113 59 26MB
German Pages 243 [250] Year 1975
WOLF BERNHARD VON SCHWEINITZ
Rechtsberatung durch Juristen und Nichtjuristen, insbesondere durch Wirtschaftsprüfer
Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 16
Rechtsheratu ng durch Juristen und Nichtjuristen, insbesondere durch Wirtschaftsprüfer Eine Studie zur Entwicklung und zum Umfang der Rechtsberatungsbeschränkungen
Von
Dr. Wolf Bernhard von Schweinitz
DUNCKER &
HUMBLOT I
BERLIN
Alle Rechte vorbehalten
© 1975 Duncker & Humblot, Berlin 41
Gedruckt 1975 bei Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany ISBN 3 428 03270 5
Vorwort Die vorliegende Arbeit hat im März 1973 der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld als Dissertation vorgelegen. In der jetzigen Fassung wurden auch die bis November 1974 veröffentlichten höchstrichterlichen Entscheidungen berücksichtigt. Herrn Prof. Dr. Manfred Rehbinder, der mir die entscheidenden Anregungen gab und ohne dessen Förderung und dessen Toleranz die Arbeit nicht möglich gewesen wäre, möchte ich auch an dieser Stelle danken. Ebenso bin ich Herrn Prof. Dr. Bruno Rimmelspacher für wertvolle Hinweise sehr verpflichtet. Vor allem aber bin ich Herrn Dr. J. Broermann sehr verbunden für die Aufnahme dieser Arbeit in die "Schriften zum Wirtschaftsrecht". Im Dezember 1974
Wolf Bernhard von Schweinitz
Inhaltsverzeichnis Einführung
17
Te i 1 I Entwicklung des Rechtsberatungswesens
1. Abschnitt Festlegung der Begriffe "Rechtsbesorgung" und "Rechtsberatung"
19
2. Abschnitt Das spätmittelaUertiche Rechtsberatungswesen
23 23 1. Die Rechtsberater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 a) Die Advokaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 b) Die Prokuratoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2. Die Wettbewerbslage der Rechtsberater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 § 2. Der Interessenschutz nach der Regelung des Rechtsberatungswesens 26 1. Geringer Schutz der Rechtsuche~den . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Vorrangiger Schutz der Prokuratoren ..... . ........ : . . . . . . . . . 27 § 3. Das Rechtsberatungswesen und das Zunft- und Gewerberecht 28
§ 1. Die Regelung des Rechtsberatungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Abschnitt Das Rechtsberatungswesen im Deutschen Reich von 1871 § 4. Die Regelung des Rechtsberatungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1. Die Rechtsberater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
30 30 30 30 32 35 35 35 35
a) Die Rechtsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Rechtskonsulenten ............ . .. ... ; . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Wettbewerbslage der Rechtsberater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 5. Der Interessenschutz nach der Regelung des Rechtsberatungswesens 1. Erweiterter Schutz der Rechtsuchenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. - Geringer Schutz der Rechtsberater . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 6. Das Rechtsberatungswesen als Ausdruck einer liberalen Wirtschaftsauffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
4. Abschnitt Das R echtsberatungswesen im Dritten Reich, insbesondere ab 1935 § 7. Die Regelung des Rechtsberatungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Änderung des Rechtsberatungswesens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38 38 38
8
Inhaltsverzeichnis 20 Die Rechtsberater 00000000000000000000000000000000000000000000 a) Die erlaubnispflichtigen Rechtsberater (Rechtsbeistand, Helfer in Steuersachen) 000000000000000000000000000000000000000000 b) Die erlaubnisfreien Rechtsberater (Rechtsanwalt, Notar, Patentanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer Uo ao) 00000000 3o Die Wettbewerbslage 000000000000000000000000000000000000000000 a) Die allgemeine Wettbewerbslage der Rechtsberater 00000000 b) Die besondere Wettbewerbssituation der Rechtsberater untereinander 0000000000000000000000000000000000000000000000o00o
39 39 41 43 43 44
§ 8o Der Zweck der Regelung des Rechtsberatungswesens 00000000000000 45 1. Der Interessenschutz der Rechtsberater 0000000000000000000000 45
a) Der generelle Schutz der rechtsberatenden Berufe 0000o0oooo b) Der besondere Schutz der zugelassenen Anwälte 000000o0oooo 20 Der Schutz der Rechtsuchenden 000000o0000o00o000o. 00o. oooooo 30 Der Schutz staatlicher Interessen 000000o00000o. 00000000o0oooo a) Das Interesse an der Aufsicht über die Berufsausübung der Rechtsberater 000000000000000000000000000. 0000. 0000000000000 b) Das Interesse an der Qualifikation der Rechtsberater 00000. 00 c) Das Interesse an der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Rechtsberater 0000. 000000000000000000000000000000. 0. 0. 0. 0000 4o Der Ausschluß der Juden von der Rechtsberatung 000000000oo.
45 46 48 49
50 51 52 53
§ 9o Die .Berücksichtigung nationalsozialistischen Gedankenguts bei der
Neuregelung des Rechtsberatungswesens o0oo00ooo0oo000o00oooooo 56 5o Abschnitt Das Rechtsberatungswesen in der Bundesrepublik Deutschland
60
§ 100 Die Änderung des Rechtsberatungswesens 00oo00o0o0o000oooooooooo 60 1. Die Aufhebung antijüdischer Regelungen 0000000000000000000000 60
20 Die Fortgeltung des grundsätzlichen Verbotes der geschäftsmäßigen Rechtsberatung, auch im Rahmen der Prozeß- und Behördenvertretung 0. 00000000000000000000. 0. 0000000000. 000000 a) Die Anwendung des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbots bei der Prozeß- bzwo Behördenvertretung 0000o0oo00oooooooo b) Die Auswirkung des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbots im Behörden- und Gerichtsverfahren 00000ooo. 0oo00o. 0o0ooo c) Die Auswirkung des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbots bzwo des § 157 Abso I ZPO im (streitigen) Zivil- und Sozialgerichtsverfahren 00000000000000000000000000000000000000oooo d) Die Auswirkung des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbots im Straf- und Bußgeldverfahren 00000. 0. 0000000000000. 0. 00 3o Die Lockerung des Rechtsberatungsmonopols 00000000000. 0000o0 a) Die Zunahme der Ausnahmen von dem grundsätzlichen Rechtsberatungsverbot 00000000000000000000000000000000000o b) Die Erweiterung der Befugnisse einiger Teilrechtsberater 00 c) Die Erleichterungen des Zugangs zur Rechtsberatungstätigkeit aa) Der Wegfall der Bedürfnisprüfung 00000000000000000000 bb) Die Erleichterung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen bei den Rechtsanwälten im Gegensatz zu einigen steuerberatenden Berufen 00oo0ooo000000oo00oo0ooooooooo § 11. Vergleich des geltenden Rechtsberatungswesens mit den früheren Regelungen oo0000o0000000000000000000o00000000o000000o000ooooo0o0
61 61 62 71
76 79 79 80 86 86 90 93
Inhaltsverzeichnis § 12. Überblick über die Befugnisse zur geschäftsmäßigen Rechtsberatung
9
an Hand einer Tabelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
96
§ 13. Die Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . .
97
Teil II Der Wirtschaftsprüfer
1. Abschnitt Die Entstehung des Wirtschaftspr.ü ferberufs
103
§ 14. Die Vorläufer des Wirtschaftsprüferberufs .................... . ... 103
§ 15. Die Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs in Deutschland . . . . . . 106 § 16. Die Regelung der Wirtschaftsprüfertätigkeit seit 1931 . . . . . . . . . . . . . . 110
2. Abschnitt Die Tätigkeitsbereiche des Wirtschaftsprüfers
114
§ 17. Die Prüfungstätigkeit .... . ............... . .................... .. . 114 1. Die Prüfungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Die Prüfungsbefugnis bei Pflichtprüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Die Prüfungsbefugnis bei freiwilligen Prüfungen . . . . . . . . . . 117
2. Der Vorrang des Wirtschaftsprüfers bei der Prüfungstätigkeit . . 118 § 18. Die Steuerberatungstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Der Umfang der Steuerberatungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Die Steuerberatungsbefugnis der Einzelwirtschaftsprüfer . . . . . . 128 3. Die Steuerberatungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ...................................... . ................... 130
a) Die generelle Steuerberatungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemäß § 107 a Abs. 2 Ziff. 3 AO . . . . . . . . . . 130 b) Die Vertretungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gegenüber den Finanzbehörden gemäß § 107 Abs. 2, 3 AO 130 c) Die Prozeßvertretungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemäß § 62 FGO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
§ 19. Die Wirtschaftsberatungs-, Treuhand- und sonstigen Tätigkeiten
des Wirtschaftsprüfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Te i 1 III
Die Befugnis des Wirtschaftsprüfers zur "allgemeinen Rechtsberatung"
1. Abschnitt Der grundsätzliche Ausschluß des Wirtschaftsprüfers von der "allgemeinen Rechtsberatung" nach Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG § 20. Die "Besorgung fremder Angelegenheiten" durch den Wirtschafts-
140
prüfer" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Die Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers im allgemeinen .. ........ .... .... .. ............ . . . ....... . ........ ... 140
10
Inhaltsverzeichnis
2. Die Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers bei der Durchsetzung ihm formell zustehender Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Fremdbesorgungstätigkeit bei der Durchsetzung "einziehungshalber" erworbener Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers bei der Durchsetzung "erfüllungshalber" oder "an Erfüllungs statt" erworbener Rechte ............... . . .................... . .. c) Keine Fremdbesorgungstätigkeit bei der Durchsetzung "sicherungshalber" erworbener Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Keine Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers bei der Durchsetzung ihm als "Mitberechtigtem" zustehender Rechte .......... . .................. . ................. . .... § 21. Die Besorgung fremder "Rechtsangelegenheiten" .............. . . .. 1. Die Besorgung von "Prozeßangelegenheiten" .............. .. .. 2. Die Besorgung von "Behördenangelegenheiten" ........... . . . .. 3. Die Besorgung von "Privatangelegenheiten" ........... . .. .. .. § 22. Die "geschäftsmäßige" Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten
141 141 143 145 146 146 149 151 153 157
2. Abschnitt
Die Befugnis des Wirtschaftsprüfers zur "allgemeinen
Rechtsberatung" aufgrund allgemeiner Ausnahmevorschriften
159
§ 23. Die Rechtsberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers als Gutachter
oder Schiedsrichter (Art. 1, § 2 RBeratG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159
§ 24. Die Rechtsberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers als behördlich bestellter Verwalter (Art. 1, § 3 Ziff. 6 RBeratG) . . ........... . . ... 162 § 25. Die Rechtsberatungsbefugnis des mit der Haus-, Vermögens- oder
ähnlicher Verwaltung "privat beauftragten" Wirtschaftsprüfers (Art. 1, § 5 Ziff. 3 RBeratG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Haus-, Vermögens- oder mit ähnlichen Aufgaben privat beauftragte Verwalter ............. . .. . ............... : . .. .. .. 2. Der "unmittelbare Zusammenhang" zwischen der Verwaltungstätigkeit und der Rechtsberatung . .. .. . . . . . . . . . . . .. .... ... ..... 3. Die Rechtsberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers nach Art. 1, § 5 .Ziff. 3 RBeratG bei außergerichtlichen Vergleichen und ähnlichen Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 26. Die Rechtsberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers in Lastenausgleichssachen (Leistungsseite) gemäß § 327 Abs. 2 LAG . . . . . . . . . . . . § 27. Keine Rechtsberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers gemäß Art. 1, § 5 Ziff. 1 RBeratG ...... . . .. . .......... .. ... . ............... . . . . § 28. Die Rechtsberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers als Rechtsbeistand (bzw. als Prozeßagent) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die allgemeinen Voraussetzungen für die Zulassung zum Rechtsbeistand (bzw. Prozeßagenten) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vereinbarkeit der Tätigkeit eines Wirtschaftsprüfers mit der Zulassung als Rechtsbeistand .............. . ................... 3. Die Vereinbarkeit der Zulassung eines Wirtschaftsprüfers als Rechtsbeistand mit der standesrechtlichen Vorschrift des § 43 Abs. 3 Ziff. 1 WPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Auslegung des § 43 Abs. 3 Ziff. 1 WPO nach Sinn und Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die verfassungsmäßige Auslegung des § 43 Abs. 3 Ziff. 1 WPO
164 164 165 169 170 171 172 173 175 177 177 183
Inhaltsverzeichnis
11
3. Abschnitt Die Befugnis des Wirtschaftsprüfers zur "allgemeinen Rechtsberatung" aufgrund der speziellen Ausnahmevorschriften des Art. 1, § 5 IZiff. 2 RBeratG
187
§ 29. Die Auslegung des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG durch die höchstrich-
terliche Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187
§ 30. Die wörtliche und systematische Auslegung des Art. 1, § 5 Ziff. 2
RBeratG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die konkret-extensive Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die abstrakten Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die (abstrakt-)extensive Ansicht ...... ... .... . ........ .. .... b) Die (abstrakt-)restriktive Ansicht ... ... ............ . ....... § 31. Die historische Auslegung des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBcratG . . . . . . . . . . § 32. Die genetisch-systematische Auslegung des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG an Hand des § 2 Abs. 1 WPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die abschließende inhaltliche Festlegung des Begriffs "Aufgaben des Wirtschaftsprüfers" in § 2 Abs. 1 WPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die inhaltliche Bestimmung der "Aufgaben des Wirtschaftsprüfers" in Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG durch § 2 Abs. 1 WPO ........ § 33. Die teleologische Auslegung des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG im Wege der Abwägung zwischen dem Interesse des Wirtschaftsprüfers und den sonstigen, durch das RBeratG geschützten Interessen . . . . . . . . . . 1. Schutz der Interessen der Wirtschaftsprüfer innerhalb des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Schutz der Interessen der übrigen Rechtsberater, insbesondere der Rechtsanwälte, innerhalb des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG 3. Schutz der Interessen der Rechtsuchenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schutz des persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Rechtsuchendem und Rechtsberater innerhalb des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG .... .. ...... . ........ . .............. . ...... . b) Schutz einer geordneten Rechtsberatung innerhalb des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schutz einer qualifizierten Rechtsbe ratung innerhalb des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG ...... .. ................ .... ...... .. ..
190 191 192 194 195 197
220
Literaturverzeidtnis
224
Stichwortverzeichnis
241
202 203 206 213 213 214 216 216 219
Abkürzungsverzeichnis AnwBL AO ArbRspr BAG BayrObLG BayrVGH BB BBauG BEG BEG-SchlußG BFH BFG BGB BGBL BGH(Z) BGHSt BlfPMZ BR BRAGebO BRAO BSG BStBL BT BVerfG
Anwaltsblatt Reichsabgabenordnung vom 25. Mai 1931, RGBl. I, S. 161 Rechtsprechung in Arbeitssachen Bundesarbeitsgericht, auch Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts Bayerisches Oberstes Landesgericht, auch Entscheidungssammlung in Zivilsachen Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Der Betriebs-Berater Bundesbaugesetz vom 23. Juni 1960, BGBl. I, S. 341, BGBl. III, 2 Nr. 213 - 1 Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung vom 29. Juni 1956, BGBL I, S. 562, BGBl. III, 2 Nr. 251- 1 Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes vom 14. September 1965, BGBL I, S. 1315 Bundesfinanzhof, auch Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs Beweissicherungs- und Feststellungsgesetz vom 1. Oktober 1969, BGBl. I, S. 1897 Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896, RGBl., S. 195, BGBL III, 4 Nr. 400-2 Bundesgesetzblatt, Teil I, II u. III Bundesgerichtshof, auch Entscheidungen in Zivilsachen Bundesgerichtshof, Entscheidungen in Strafsachen Blatt für Patent-, Muster- und Zeichenwesen Bundesrat Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte vom 26. Juli 1957, BGBl. I, S. 907, BGBl. III, 3 Nr. 368- 1 Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1. August 1959, BGBl. I, S. 565, BGBL III, 3 Nr. 308 - 8 Bundessozialgericht Bundessteuerblatt Bundestag Bundesverfassungsgericht, auch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
Abkürzungsverzeichnis BVerwG BVFG
DAR DAV DB Diss. DJ DNotZ DR DStR DStZ DVBl. EAO 1969
EStG EsVGH FG FGG FGO FR GeschOBT GewArch GG GoldA GS IdW JMBL
JR Just JW
13
Bundesverwaltungsgericht, auch Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz) in der Fassung vom 23. Oktober 1961, BGBl. I, S. 1882, BGBl. III, 2 Nr. 240-1 Deutsches Autorecht Deutscher Anwaltverein e. V. Der Betrieb Dissertation Deutsche Justiz Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Recht Deutsches Steuerrecht Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A Deutsches Verwaltungsblatt Entwurf einer Abgabenordnung, veröffentlicht vom Bundesministerium der Finanzen, Reform der Reichsabgabenordnung, Bericht des Arbeitskreises für die Reform der Reichsabgabenordnung und ihrer Nebengesetze über seine Tätigkeit, Heft 13 der Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Bonn 1970 Einkommensteuergesetz in seiner jeweils geltenden Fassung Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Entscheidungen der Staatsgerichtshöfe beider Länder Feststellungsgesetz vom 1. Oktober 1969, BGBl. I, S. 1885 Reichsgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 17. Juni 1898, RGBl., S. 189, BGBl. III, 3 Nr. 315-1 Finanzgerichtsordnung vom 6. Oktober 1965, BGBl. I, S. 1477, BGBl. III, 3 Nr. 350- 1 Finanzrundschau/Deutsches Steuerblatt Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 28. Januar 1952, BGBl. II, S. 389, BGBl. III, 1 Nr. 1101 - 1 Gewerbearchiv Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Juni 1949, BGBl., S. 1, BGBl. III, 1 Nr. 100 - 1 Goltdammers Archiv für Strafrecht Preußische Gesetzsammlung Institut für Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. Justizministerialblatt Juristische Rundschau Die Justiz, Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg Juristische Wochenschrift
14 JZ KGaA KG KGJ LAG LG LSG LwVG MDR MStB NJW NJW/RzW NWB OGH OLG OVG OWiG RAG RBeratG
RJM RdL RGBI. RGmbH RLA Rpfleger RStBl. RT RVBl. SeuffA SG
Abkürzungsverzeichnis Juristen-Zeitung Kommanditgesellschaft auf Aktien Kammergericht Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts, AbteilungA Gesetz über den Lastenausgleich (Lastenausgleichsgesetz) in der Fassung vom 1. Oktober 1969, BGBl. I, S. 1909, BGBl. III, 6 Nr. 621 - 1 Landgericht Landessozialgericht Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 21. Juli 1953, BGBI. I, S. 667, BGBI. III, 3 Nr. 317-1 Monatsschrift für Deutsches Recht Mitteilungsblatt der Steuerberater, ab 1962: Der Steuerberater Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht, Beilage zur Neuen Juristischen Wochenschrift Neue Wirtschafts-Briefe Oberster Gerichtshof für die britische Zone, auch Sammlung der Entscheidungen Oberlandesgericht (mit Ortsnamen), zugleich Sammlung der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte 0 berverwal tungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968, BGBl. I, S. 481, BGBl. III, 4 Nr. 454- 1 Reichsarbeitsgericht, zugleich amtliche Sammlung der Entscheidungen Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung vom 13. Dezember 1935, RGBI. I, S. 1478, ab 1958: Rechtsberatungsgesetz, BGBI. III, 3 Nr. 303-12 Reichsjustizminister Recht der Landwirtschaft Reichsgesetzblatt, Teil I u. li Rundschau für GmbH Rundschau für den Lastenausgleich Der Deutsche Rechtspfleger Reichssteuerblatt Reichstag Reichsverwaltungsblatt Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten Sozialgericht
Abkürzungsverzeichnis
15
Sozialgerichtsgesetz in der Fassung vom 23. August 1958, BGBl. I, S. 613, BGBl. 111, 3 Nr. 330 - 1 Sozialrecht, Rechtsprechung und Schrifttum, bearbeitet SozR von den Richtern des Bundessozialgerichts StB Der Steuerberater, bis 1962: Mitteilungsblatt der Steuerberater StBerG Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten (Steuerberatungsgesetz) vom 16. August 1961, BGBl. I,_S. 1301, BGBl. 111, 6 Nr. 610- 10 StPO Strafprozeßordnung in der Fassung vom 12. September 1959, BGBl. I, S. 629, BGBl. 111, 3 Nr. 312- 12, Neufassung vom 17. September 1965, BGBl. I, S. 1433 Verwaltungsgericht VG vgl. oben vergleiche oben, Verweis auf Erörterungen in der Arbeit, und zwar entweder auf den Text (z. B. vgl. oben § 2, 1) oder auf eine Fußnote (z. B. vgl. oben § 2 Fn. 10) VersR Versicherungsrecht VerwRspr Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland VO zum RBeratG Verordnung zur_ Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes, und zwar die 1. VO vom 13. Dezember 1935, RGBl. I, S. 1481; BGBl. III, 3 Nr. 303-12 -1; 2. VO vom 3. April 1936, RGBl. I, S. 359, BGBl. III, 3 Nr. 303- 12- 2; 3. VO vom 25. Juni 1936, RGBl. I, S. 514, BGBl. III, 3 Nr. 303- 12- 3; 4. VO vom 13. April 1937, RGBl. I, S. 456, BGBl. 111, 3 Nr. 303 - 12- 4; 5. VO vom 29. März 1938, RGBl. I, S. 359, BGBl. 111, 3 Nr. 303 - 12 - 5 VwGO Verwaltungsgerichtsordnung vom 21. Januar 1960, BGBl. I, S. 17, BGBl. 111, 3 Nr. 340-1 WiSta Wirtschaft und Statistik WRV Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. August 1919, RGBl. WM Wertpapier-Mitteilungen, Frankfurt/M., Teil IV B Wertpapier- und Bankfragen WPg Die Wirtschaftsprüfung WPO Gesetz über die Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) vom 24. Juli 1961, BGBl. I, S. 1049, BGBl. III, 7 Nr. 702- 1 ZPO Zivilprozeßordnung in der Fassung vom 12. September 1950, BGBl. I , S. 535, BGBl. 111, 3 Nr. 310- 4 ZZP Zeitschrift für Zivilprozeß SGG
Einführung Gegenstand der Erörterung ist die Rechtsberatung durch Juristen und Nichtjuristen, dargestellt am Beispiel des Wirtschaftsprüfers. Generell bedarf jede geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten der Erlaubnis, die nur unter bestimmten Voraussetzungen zu gewähren ist (vgl. Art. 1, § 1 RBeratGt; § 107 a Abs. IV S. 1 AO). Von dieser Erlaubnispflicht sind vor allem Rechtsanwälte und Notare als "Volljuristen" ausgenommen, in beschränktem Maße aber auch einige Berufe, die keine volljuristische Ausbildung voraussetzen. Diesen "Nichtjuristen" steht jedoch immer nur eine beschränkte Rechtsberatungsbefugnis zu, die sich nach verschiedenen Einzelvorschriften bemißt. Der Umfang der Rechtsberatungsbefugnis ist häufig fraglich, da die Tatbestandsvoraussetzungen der maßgeblichen Einzelvorschriften zum Teil unbestimmt gefaßt sind. Dies gilt insbesondere für die Befugnis zur Steuerberatung (§§ 107, 107 a AO) bzw. Steuervertretung (§ 62 FGO) und für die in Art. 1, § 2, § 3 Ziff. 6, § 5 Ziff. 2 und 3 RBeratG vorgesehenen Ausnahmen von dem grundsätzlichen Rechtsberatungsverbot des Art. 1, § 1 RBeratG. Da von der Auslegung dieser Bestimmungen der Umfang der Rechtsberatungsbefugnis der Nichtjuristen abhängt, steht sie im Mittelpunkt des Interessenwiderstreits der betroffenen Berufe. Die nichtjuristischen Berufe fordern eine extensive Auslegung, um ihre beruflichen Möglichkeiten auszuweiten. Die hauptberuflich.en Rechtsberater, insbesondere die Rechtsanwälte, bestehen dagegen auf einer restriktiven Auslegung, um vor einer weiteren Konkurrenz geschützt zu sein. Der Interessenwiderstreit ist noch nicht zugunsten der einen oder anderen Interessengruppe entschieden. Zwar ist die Rechtsberatungsbefugnis von Nichtjuristen in den letzten Jahren mehrfach Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen gewesen. Die Entscheidungen 1 "Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung" vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1478). Es wurde entsprechend dem Gesetz über die Sammlung des Bundesrechts vom 10. Juli 1958, insbesondere des § 2 Abs. IV (BGBl. I, S. 437), als "Rechtsberatungsgesetz" in die amtliche Sammlung des Bundesrechts aufgenommen (BGBl. III, 303 - 12 (S. 124). In der folgenden Erörterung wird für das Gesetz einheitlich die Bezeichnung "Rechtsberatungsgesetz" (abgekürzt "RBeratG") verwendet.
2 v. Schwelnltz
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Einführung
haben jedoch nur Lösungen für den Einzelfall gebracht, ohne sich auf eine grundsätzliche Auslegung der in Frage kommenden Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes festzulegen. Wegen der weitreichenden wirtschaftlichen Konsequenzen des Rechtsberatungsgesetzes ist eine grundsätzliche Entscheidung erforderlich. Hierzu soll die nachfolgende Darstellung eine Hilfe sein. Sie sucht an Hand der Erörterung der Rechtsberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers die allgemein für die Rechtsberatungsbefugnis von Juristen und Nichtjuristen geltende Problematik aufzuzeigen und systematisch einzuordnen.
Te i I I
Entwicklung des Rechtsberatungswesens 1. Abschnitt
Festlegung der Begriffe "Rechtsbesorgung" und "Rechtsberatung" Für die Erörterung einer möglichen Rechtsbesorgungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers sind zwei Begriffe wesentlich, nämlich "Rechtsbesorgung" und "Rechtsberatung". "Rechtsbesorgung" ist jede Tätigkeit, durch die konkrete fremde Rechtsangelegenheiten unmittelbar gefördert werden1 • Sie kann in der Verwirklichung schon bestehender Rechte liegen, indem diese durchgesetzt, gesichert und klargestellt werden2 • Sie kann aber auch in der Gestaltung von Rechtsangelegenheiten bestehen, indem ein neues Rechtsverhältnis geschaffen bzw. ein vorheriges verändert wird3 • Wie die "Rechtsbesorgung" von der "Rechtsberatung" abzugrenzen ist, ist oft unklar, da der Gesetzgeber den Begriff "Rechtsberatung" in unterschiedlicher Bedeutung verwendet. So wird die Rechtsberatung durch die Bezeichnung des einschlägigen Gesetzes als "Rechtsberatungsgesetz" einerseits zum Oberbegriff qualifiziert. In Art. 1, § 1 desselben Gesetzes wird aber andererseits die "Rechtsbesorgung" als Oberbegriff und die "Rechtsberatung" als deren Unterart verstanden4 • 1 Vgl. Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 8; Jonas, S. 13 ; Bayr. ObLG, AnwBl. Hl64, S. 143 (1431144). 2 Vgl. BGH, NJW 1956, S. 591 (592); OLG Hamm als Vorinstanz, NJW 1954, S. 516 (518) ; OLG Hamburg, MDR 1951, S. 305; KG, DJ 1938, S. 384; KG, DJ 1939, S. 1668 (1669); AV des RJM v. 13. 7. 1940, DJ 1940, S. 823 (825); Altenhoff/ Busch I Kampmann, Rn. 8; Schorn, Rechtsberatung, S. 1051106; 92; Erbs I Kohlhaas, R 55,§ 1 Anm. 2; Jonas, S. 12. 3 Vgl. AV des RJM v . 13. 7. 1940, DJ 1940, S. 823 (825); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 8; Schorn, Rechtsber a tung, S. 1051106; 92; Jonas, S. 12; vgl. auch BGHZ 38, S. 71 (75); BGH, NJW 1967, S. 1558 (1561). 4 Insoweit auch Schorn, Rechtsberatung, S. 90191.
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I, 1.: Festlegung der Begriffe
Art. 1, § 1 RBeratG lautet: "Die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung ..., darf geschäftsmäßig nur von Personen betrieben
werden, denen dazu die Erlaubnis erteilt worden ist."
Da in dieser Generalklausel des Art. 1, § 1 RBeratG der Begriff "Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten" dieselbe umfassende Bedeutung hat wie der Begriff "Rechtsberatung" in der Überschrift dieses Gesetzes, sind "Rechtsbesorgung" und "Rechtsberatung (i. w. S.)" insofern synonym. Unter beiden Begriffen ist jegliche Hilfeleistung in fremden Rechtsangelegenheiten zu verstehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Rechtsberatende den Ratsuchenden lediglich im Innenverhältnis berät, oder ob er für ihn im Außenverhältnis gegenüber Dritten rechtsbesorgend tätig wird5 • Diese Unterscheidung nach Art und Weise der Rechtsbesorgungstätigkeit ist erst für die engere Bedeutung des Begriffs der Rechtsberatung wichtig. Mit "Rechtsberatung i. e. S." ist nämlich ausschließlich die Hilfeleistung in fremden Rechtsangelegenheiten gegenüber dem Ratsuchenden im Innenverhältnis gemeint6 • Nur dann ist die Bezeichnung der Rechtsberatung in Art. 1, § 1 RBeratG als eine Unterart der Rechtsbesorgung (bzw. der Rechtsberatung i. w. S.) verständlich7 • 5 Vgl. KG, DJ 1939, S. 1668 (1669); Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 2; ebenso für den Begriff der "Rechtsbesorgung" Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 8 und Schorn, Rechtsberatung, S. 105. 6 Insoweit auch BGH, DB 1970, S. 1221 (1222) = BB 1970, S. 778 (779) = MDR 1970, S. 656 (657); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3 und Schorn, Rechtsberatung, S. 105. Ähnlich auch Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (811), der allerdings in Ausnahmefällen auch eine sich auf das Innenverhältnis beschränkende Tätigkeit unter die "Rechtsbesorgung" fassen will. Diese Auslegung erklärt sich daraus, daß Dumoulin den Begriff der Rechtsberatung von dem der Rechtsbesorgung nach der subjektiven "Zweckrichtung" des Beraters abgrenzt. Wegen ihrer größeren Eindeutigkeit ist jedoch die aufgrund objektiver Gesichtspunkte gewonnene Definition Kampmanns vorzuziehen. "Rechtsberatung" (i. e. S.) ist daher die Sammelbezeichnung für jegtiche Hilfeleistung im Innenverhältnis. In dieser engen Bedeutung wird der Begriff der "Rechtsberatung" auch in Art. 1, § 3 Ziff. 1 RBeratG verwandt, vgl. VGH Kassel, AnwBl. 1969, S. 408 (409); Bayr. VGH, VerwRspr Bd. 14 Nr. 168, S. 619 (622); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 59; wohl auch Brangsch, Anmerkung zu AG Göttingen, AnwBl. 1953, S. 190 (191). 7 Kampmann verwendet den Begriff der Rechtsberatung ausschließlich in seiner engeren Bedeutung; vgl. Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3; insoweit auch Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (811). Mit dieser einengenden Festlegung des Begriffs steht er in Widerspruch zur Terminologie des Gesetzes, das von einer doppelten Bedeutung des Begriffs der Rechtsberatung ausgeht. Unter Zugrundelegung der Kampmannsehen Auffassung müßten alle Personen, die auf irgendeine Weise Rechtsrat erteilen, als "Rechtsbesorger"
I, 1. : Festlegung der Begriffe
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Der Begriff der Rechtsberatung i. e. S.8 umfaßt also nicht die rechtliche Hilfeleistung im Außenverhältnis ("Rechtsvertretung" 9) , gleichgültig, ob sich diese im Rahmen eines Prozesses (Prozeßvertretung)1° gegenüber einer Behörde (Behördenvertretung) 11 oder gegenüber einem Privaten (Privatvertretung) auswirkt.
Will man den Begriff der Rechtsberatung optisch darstellen, ergibt sich entsprechend der vorangegangenen Erörterung folgendes Bild: Rechtsbesorgung ( = Rechtsberatung i. w. S.)
I
I
Im Außenverhältnis ( = Rechtsvertretung) I
im Rahmen eines Prozesses (Prozeßvertretung)
I
Im Innenverhältnis (= Rechtsberatung i. e. S.)
I
gegenüber gegenüber Behörden Privaten (Behörden- (Privatvertretung) vertretung)
bezeichnet werden. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, dem insoweit der Art. 1, § 1 Abs. II RBeratG folgt, werden sie jedoch treffend "Rechtsberater" genannt. Ebenso wie Kampmann versteht Schorn - in Abweichung von der ersten Auflage seines Kommentars - den Begriff der Rechtsberatung nur in seiner engeren Bedeutung (Schorn, Rechtsberatung, S. 105). Dem steht jedoch schon der Titel seines Buches entgegen. Als Konsequenz seiner Begriffsdefinition hätte der Titel "Die Rechtsbesorgung" und nicht "Die Rechtsberatung" lauten müssen. Anders als Schorn und Kampmann haben Altenhoff I Busch in der ersten Auflage richtig erkannt, daß zwischen einer Rechtsberatung "i. e. S." und "i. w. S." zu unterscheiden ist (vgl. Altenhoff I Busch, RBeratG, 1. Aufl., Münster 1957, Rn. 2, 8; vgl. auch Rn. 1 a. E.). Nach ihrer Ansicht soll jedoch die "Rechtsbesorgung" wiederum eine Unterart der "Rechtsberatung i. w. S." sein und nur die Beratung im Außenverhältnis bezeichnen. Nach der gesetzlichen Terminologie des Art. 1, § 1 RBeratG soll aber die "Rechtsbesorgung" auch die "Rechtsberatung i. e. S." miterfassen ("insbesondere"), also sowohl eine Beratung im Außen- wie im Innenverhältnis bezeichnen. 8 Der folgenden Erörterung wird der Begriff der Rechtsberatung grundsätzlich in seiner umfassenden Bedeutung zugrunde gelegt. Sofern er in seiner engeren Bedeutung verwandt werden soll, wird darauf ausdrücklich durch den Zusatz "i. e. S." hingewiesen. 9 Wie hier unterteilt Jonas, S. 40 den Oberbegriff "rechtsbesorgende Tätigkeit" in "Rechtsberatung" (i. e. S.) und "Rechtsvertretung" ; vgl. auch OLG Köln, NJW 1959, S. 306; Schorn, Rechtsberatung, S. 84 (Rechtsvertretung = handelnde Rechtsbesorgung). 10 z. B. §§ 78, 157 ZPO; §§ 73, 166 SGG; § 11 ArbGG; § 67 VwGO; § 13 FGG; § 62 FGO. Im Rahmen dieser Abhandlung wird unter dem Sammelbegriff "Prozeßvertretung" jede Tätigkeit in fremden Rechtsangelegenheiten bezeichnet, die gegenüber Gerichten vorgenommen wird, also auch die "Verteidigung" in Strafsachen, obwohl der Verteidiger die Stellung eines (selbständigen)
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I, 1.: Festlegung der Begriffe
Als Rechtsberater ist demnach derjenige zu bezeichnen, der einen Ratsuchenden g.eschäftsmäßig darin unterstützt, seine Rechte zu verwirklichen oder zu gestalten, sei es nur durch Beratung im Innenverhältnis oder darüber hinaus auch durch Vertretung als Beistand oder Bevollmächtigter im Außenverhältnis gegenüber Dritten. Rechtsberater zu sein, steht nicht im Belieben des Einzelnen, sondern unterliegt gesetzlichen Beschränkungen, vor allem denen des Rechtsberatungsgesetzes. Dieses Gesetz ist das Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung. Die Beurteilung seiner Regelungen setzt daher den Vergleich mit früheren Regelungen der Rechtsberatungstätigkeit voraus.
Beistandes und nicht die eines "Vertreters" i. S. des BGB hat (vgl. zur Stellung des "Verteidigers" Müller I Sax, Bd. I, Vorbem. 1 vor§ 137). Entsprechendes gilt auch für die Sammelbezeichnung "Behördenvertretung" und "Privatvertretung" (vgl. hierzu treffend Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 2 "Wahrnehmung der Rechte eines anderen n eben ihm oder für ihn"). u z. B. § 107 AO.
2. Abschnitt
Das spätmittelalterliche Rechtsberatungswesen § 1. Die Regelung des Rechtsberatungswesens 1. Die Rechtsberater
Der spätmittelalterlichen Regelung des Rechtsberatungswesens lag die aus dem kanonischen Recht1 stammende Aufteilung der Rechtsberater in Prokuratoren und Advokaten zugrunde2 • a) Die Advokaten
Wie im kanonischen Recht war den Advokaten nur ein begrenzter Tätigkeitsbereich eingeräumt. So fehlte ihnen die Befugnis, als rechtliche Berater ihrer Klienten in der mündlichen Gerichtsverhandlung aufzutreten und Prozeßhandlungen für ihre Klienten vorzunehmen. Zwar konnten sie die den Prozeß vorbereitenden Schriftsätze anfertigen, jedoch blieb schon das Unterschreiben und Einreichen dieser Schriftsätze bei Gericht den Prokuratoren vorbehalten3 • 1 So Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 110 (114, 120), nach dessen Angaben die Zweiteilung der Rechtsberater zuerst für das Jahr 1295 (Synode von Canterburg) urkundlich nachgewiesen ist; vgl. auch R. Smend, S. 342; Zycha, S. 199; Conrad, S. 386. Der Unterschied zwischen Prokurator-Advokat knüpfte nicht an der im germanischen Recht entstandenen Unterscheidung von Vorsprecher-Anwalt an, wenn auch in späterer Zeit sprachliche Verschiebungen stattfanden. Der "Vorsprecher" unterschied sich vom "Anwalt" dadurch, daß er nicht anstatt der Partei vor Gericht auftrat, sondern nur neben der Partei, d. h. nicht "sein Wille" dem Willen der Partei, sondern nur "sein Wort" dem Worte der Partei substituiert wurde. Im Gegensatz dazu war sowohl bei dem "Prokurator" wie auch bei dem "Advokaten" eine Willensvertretung grundsätzlich möglich. Beide Rechtsberatertypen unterschieden sich nur hinsichtlich des Umfangs, in dem ihnen eine Willensvertretung zustand. Nach Brunner hat sich im englischen und französischen Recht die Unterscheidung von Vorsprecher-Anwalt erhalten, und zwar im advocat-avoue bzw. counsel-attorney oder solicitor, vgl. Brunner, S. 389 (bes. 390). 2 Vgl. Kammergerichtsordnungen von 1471 und 1495, angeführt bei Brunner, S. 389 (391); vgl. auch Berneker, S. 101 (115); Döhring, S. 119. 3 Vgl. Entwurf einer Ordnung für das Berliner Kammergericht von 1517, abgedruckt bei Holtze, S. 221 (226/227), nach dessen Angaben ein Advokat nicht "procuriren" darf, es sei denn, es handele sich um die Prozeßvertretung
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I, 2.: Das spätmittelalterliche Rechtsberatungswesen
Die Advokaten waren daher von dem Bereich der Prozeßvertretung ausgeschlossen und nur zur außergerichtlichen Rechtsberatung befugt3 . b) Die Prokuratoren
Der Tätigkeitsbereich der Prokuratoren4 unterlag dagegen keinerlei Beschränkungen. Die Prokuratoren konnten die Prozeßvertretung ihres Klienten vor Gericht übernehmen und die erforderlichen Schriftsätze anfertigen, ebenso wie ihre Klienten lediglich intern im Innenverhältnis rechtlich beraten5 • Da sie ihren Klienten auf jedem Rechtsgebiet6 Hilfe zu leisten vermochten, hatten sie die Stellung eines "Vollanwalts"7, während die Advokaten- von der Prozeßvertretung ausgeschlossen- als "Minderanwalt" 7 zu bezeichnen sind. Die Prokuratoren waren zwar nicht hinsichtlich ihres Tätigkeitsbereiches Beschränkungen unterworfen, wohl aber hinsichtlich der Aufnahme ihrer Tätigkeit. Anders als bei den Advokaten8 mußte die Betätigung als Prokurator vom zuständigen Gericht zugelassen werden. Fähigkeit und Eignung des Bewerbers begründeten keinen Anspruch auf diese Zulassung, vielmehr entschied das Gericht nach eigenem, nicht nachprüfbarem Erin Armensachen; vgl. auch Berneker, S. 114/115; Conrad, Bd. I, S . 386; Döhring, S. 119; Sehröder I v. Künßberg, S. 915; Weißler, Rechtsanwaltschaft, s. 124/125, 160/161, 168/169. 4 Schon im römischen Recht gab es "procuratores" (Prozeßvertreter). Sie sind aber nicht mit den mittelalterlichen Prokuratoren zu vergleichen, weil sie weder einen Berufsstand bildeten noch ein Gewerbe ausübten. Sie erteilten ihren Rechtsrat lediglich als unentgeltlichen Freundschaftsdienst; vgl. dazu Berneker, S. 101 (109); Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 100. 5 Der Prokurator war damit "ipso iure zugleich Advokat". Eine derartige Überschneidung der Tätigkeitsbereiche war dagegen im kanonischen Recht wegen der grundsätzlichen "Unvereinbarkeit der beiden Berufsstände" noch nicht üblich gewesen. Vgl. R. Smend, S. 342; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 123/124 mit Quellenangaben; siehe auch S. 117, 121; Zycha, S. 199. Nach Döhring soll der Prokurator von seiner erweiterten Befugnis kaum Gebrauch gemacht und nur selten mit seiner Partei in unmittelbaren Kontakt getreten sein (Döhring, S. 120; anders R. Smend, S. 342). 6 Zum Teil war den Prokuratoren sogar die Stellung eines öffentlichen Notars übertragen worden (in seltenen Fällen auch bei den Advokaten); siehe Koeckling, S. 44/45. 7 So anschaulich Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 124, 609. 8 Für Advokaten bestand grundsätzlich kein Zulassungszwang, vgl. Döhring, S. 123/124; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 168, 183. Lediglich am Reichskammergericht wurden einige Advokaten ausdrücklich zugelassen (Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 143). Da jedoch neben ihnen auch auswärtige, nicht zugelassene Advokaten tätig werden durften, kann von einem Zulassungszwang im eigentlichen Sinne nicht gesprochen werden (vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 154).
§ 1. Die Regelung des
Rec..~tsberatungswesens
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messen9• Zudem war die Zulassung als Prokurator von vornherein durch einen numerus clausus beschränkt1°. Aber auch nach ihrer Zulassung unterlagen die Prokuratoren bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gewissen Bindungen. Sie waren der Beaufsichtigung durch das Gericht unterstellt11 und blieben örtlich an das Gericht gebunden, das die Zulassung ausgesprochen hatte12 • Kennzeichnend für die spätmittelalterliche Regelung des Hechtsberatungswesens war daher bei den Prokuratoren die Unbeschränktheit ihres Tätigkeitsbereiches im Gegensatz zu den Beschränkungen ihrer Zahl und ihres Wirkungsortes und bei den Advokaten die Beschränkung ihres Tätigkeitsbereiches im Gegensatz zu der Unbeschränktheit ihrer Zahl und ihres Wirkungsortes13 • 2. Die Wettbewerbslage der Rechtsberater
Die unterschiedlichen Beschränkungen für die beiden rechtsberatenden Berufe führte wettbewerbsmäßig zu einer Vorrangstellung der Prokuratoren. Da nur ihnen- unter Ausschluß der Advokaten- die Prozeßvertretung offenstand, besaßen sie das Monopol für einen wichtigen Bereich der Rechtsberatung14• Diejenigen, die einmal als Prokurator zugelassen worden waren, waren darüber hinaus noch durch den 9 Dies galt auch für das Reichskammergericht, obwohl dort ab 1555 die Ableistung einer Prüfung zur Voraussetzung für die Zulassung zum Prokurator gemacht worden war, vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 126/127. 10 Vgl. Berneker, S. 101 (115); Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 122/123, 127. 11 Vgl. Berneker, S. 118/119; Weißler, Rechtsanw altschaft, S. 130/131. 12 So z. B. die Regelung der Reichskammergerichtsordnung von 1555 ; vgl. dazu Berneker, S. 101 (115) ; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 125. 13 Die spätmittelalterliche Zweiteilung d er Rechtsberaterberufe (Advokatur-Prokuratur) blieb in einigen Gebieten Deutschlands bis in die Neuzeit erhalten, wenn auch unter teilweise anderen Bezeichnungen und erheblichen inhaltlichen Veränderungen, so z. B. in: Harnburg und Lübeck bis 1827; vgl. im einzelnen Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 524. Hannover bis 1850; vgl. im einzelnen Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 413. Den preußischen Rheinprovinzen bis 1791; vgl. im einzelnen Hagen, S. 17. Bayern bis etwa 1750. Anschließend w a ren beide Rechtsberaterberufe zur Prozeßvertretung befugt, und zwar die Prokuratoren an den Unter- und die Advokaten an den Obergerichten (vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S . 178, 421). Sachsen bis 1766. Durch die Verordnung vom 20. Februar 1766 wurde die Prokuratur mit der Advokatur vereinigt; vgl. im einzelnen Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 272/273. Altpreußen bis etwa 1738. Durch ein Edikt vom 11. Januar 1738 wurde formell die Prokuratur aufgehoben; so Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 324/325; vgl. auch Huffmann, S . 15, die allerdings auf einen späteren Zeitpunkt (1780) abstellt. Für die übrigen Gebiet e vgl. die Zusammenfassung bei Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 424- 426, 523/524. 14 Vgl. Döhring, S. 119 ; Weißler, R echtsanwaltschaft, S. 123.
I, 2.: Das spätmittelalterliche Rechtsberatungswesen
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numerus clausus innerhalb ihrer eigenen Berufsgruppe vor unbegrenzter Konkurrenz geschützt15 • Dem stand kein vergleichbarer Wettbewerbsvorteil der Advokaten gegenüber. Diese mußten vielmehr die Konkurrenz der Prokuratoren wie auch diejenige untereinander hinnehmen. § 2. Der Interessenschutz nach der Regelung des Rechtsberatungswesens
Durch diese Regelung des Rechtsberatungswesens war den Interessen der Rechtsuchenden und der Rechtsberatenden in unterschiedlichem Maße Rechnung getragen. 1. Geringer Schutz der Rechtsuchenden
Das Interesse der Rechtsuchenden an einer qualifizierten Rechtsberatung wurde kaum berücksichtigt. Die Rechtsberater, Prokuratoren wie Advokaten, konnten ihre Tätigkeit ohne den Nachweis der Eignungsei es durch Fähigkeit oder Ausbildung- ausüben1 • Selbst die Absolvierung einer juristischen Ausbildung führte nicht notwendig zu den erforderlichen Fachkenntnissen, weil sie wegen einer fehlenden Ausbildungsordnung "unmethodisch und zerfahren" 2 war. Die Prokuratorentätigkeit war zwar von der gerichtlichen Zulassung abhängig, diese erfolgte in der Regel jedoch ohne Rücksicht auf die fachliche Qualifikation des Einzelnen3 • Demzufolge verfügten die Prokuratoren häufig nur über eine juristische Halbbildung4 , wenn sie nicht sogar völlig unausgebildet5 die rechtsberatende Tätigkeit neben ihrem Hauptberuf als Handwerker oder Bauer ausübten6 • Eine Ausnahme bestand für das ReichskammergerichF. Dort wurde seit dem Jahre 1555 eine Befähigungsprüfung mit allerdings geringen 1s Vgl. Döhring, S. 121.
Vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 184- 186. So Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 185. 3 Vgl. Döhring, S. 124. 4 Die Prokuratoren hatten mit Ausnahme derjenigen am Reichskammergericht eine geringere juristische Bildung als die Advokaten; vgl. Döhring, S. 120/121; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 185. 5 Über die Unwissenheit der Prokuratoren wurde in der zeitgenössischen Literatur häufig geklagt; vgl. z. B. die Wiedergabe bei Stintzing, S. 69 (bes. 73 - 75); Wieacker, S. 155 (160/161); vgl. W eißler, Rechtsanwaltschaft, S. 169 (184); ders., Umbildung, S. 4. 6 Vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 184. 7 Nach der Reichskammergerichtsordnung von 1555 war ein akademisches Studium von unbestimmter Dauer (in der Regel 5 Jahre), ein akademischer 1
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§ 2. Der Interessenschutz nach der Regelung des Rechtsberatungswesens
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Anforderungen zur Voraussetzung der Prokuratorentätigkeit gemacht7. Neben dem Nachweis dieser bestandenen Prüfung spielten aber immer noch sachfremde Erwägungen bei der Zulassung zum Prokurator eine Rolle. So erhöhten sich z. B. die Chancen eines Bewerbers, wenn er die Tochter oder Witwe eines Prokurators zu ehelichen bereit war8 • Wegen des Einflusses solcher Umstände auf die Zulassung als Prokurator konnte eine qualifizierte Rechtsberatung letztlich auch nicht am Reichskammergericht gewährleistet werden. Für den unerfahrenen Rechtsuchenden war es bei dem zum Teil wenig qualifizierten Potential von Rechtsberatern schwer, einen geeigneten, fähigen Berater zu finden. Zudem kam es wegen der durch den numerus clausus beschränkten Zahl von Prokuratoren vor, daß eine reiche Partei sämtliche Prokuratoren oder zumindest die besten von ihnen als ihre Rechtsberater zu beauftragen suchte9 • Die letztgenannte Schwierigkeit in der Rechtsverfolgung wurde für den Rechtsuchenden erst geringer, als in späterer Zeit die Advokaten teilweise zur Prozeßvertretung und damit auch als Prokuratoren zugelassen wurden10• Diese tatsächliche Entwicklung, die die Zweigleisigkeit der Rechtsberatung aufhob, sicherte den Rechtsuchenden zumindest die freie Wahl ihrer Rechtsberater11, bot jedoch noch keine Gewähr für die Befähigung des einzelnen Beraters. 2. Vorrangiger Schutz der Prokuratoren
Die spätmittelalterliche Regelung des Rechtsberatungswesens pnvllegierte vor allem die Prokuratoren. Ihr Interesse an einer gesicherten Erwerbsmöglichkeit erfuhr einen zweifachen Schutz. Das ihnen eingeräumte Monopol für die Prozeßvertretung verhinderte eine KonkurGrad sowie eine Prüfung durch Kammerrichter und Beisitzer erforderlich, seit 1672 auch ein zweijähriger Vorbereitungsdienst. Vgl. dazu Döhring, S. 126; Sehröder I v. Künßberg, S. 915; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 126. 8 Vgl. Döhring, S. 126; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 126/127. 9 Um diesem Mißstand zu begegnen, legten die Prozeßordnungen häufig fest, daß eine Partei nur einen Prokurator und nur einen Advokaten für sich beanspruchen dürfe, so z. B. der Entwurf einer Kammergerichtsordnung für das Berliner Kammergericht im Jahre 1517, abgedruckt bei Holtze, S. 221 (226, 229). 10 So z. B. durch die Kanzleiordnung von Braunschweig und Calenberg im Jahre 1664 und die Schleswig-Holsteinische Advokatenordnung von 1740. Zur Aufhebung der Unterschiede zwischen Advokatur und Prokuratur vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 171 - 173, 289, 293, 609; siehe auch Döhring, S. 122. 11 Allerdings blieb insofern eine gewisse Einschränkung der freien Wahlmöglichkeit bestehen, als die Advokaten nach ihrer Zulassung zur Prozeßvertretung ebenfalls dem numerus clausus unterlagen; vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 187.
I, 2.: Das spätmittelalterliche Rechtsberatungswesen
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renz der Advokaten, der numerus clausus eine Konkurrenz innerhalb ihrer eigenen Reihen. Dieser doppelte Schutz des gesamten Berufsstandes hatte für die hauptberuflichen Prokuratoren die Bedeutung einer Existenzsicherung, für die nebenberuflichen Prokuratoren die Bedeutung der Sicherung ihrer Erwerbschancen. Das gleichfalls bestehende Interesse der Advokaten an einer Existenzsicherung wurde nicht berücksichtigt. Vielmehr konnte jeder, der sonst kein Auskommen fand, seinen Lebensunterhalt als Advokat zu verdienen suchen. Die Überfüllung in diesem Beruf und damit die Existenzgefährdung der einzelnen Berufsangehörigen wurde seit dem 17. Jahrhundert mehrfach kritisiert12. § 3. Das Rechtsberatungswesen und das Zunft- und Gewerberecht
Die vorrangige Berücksichtigung des Interesses der Prokuratoren stand in Übereinstimmung mit der Regelung des sonstigen Gewerberechts. Nach dem Grundsatz des Zunftzwanges 1 war die Ausübung eines selbständigen Gewerbes nur Zunftangehörigen gestattet. Die Gewerbezulassung bzw. die Aufnahme in die Zunft erfolgte jedoch nicht ohne weiteres, sondern wurde im Laufe der Zeit von immer höheren Bedingungen abhängig gemacht. Zunächst erschwerte man lediglich die althergebrachten Zulassungsvoraussetzungen, indem man z. B. die Lehr- und Wanderjahre einführte2, sie nach und nach verlängerte3 und an das Meisterstück überhöhte Anforderungen stellte4• Später wurde die Zulassung an sachfremde Bedingungen wie etwa Heirat mit der Tochter oder Witwe eines Meisters5 geknüpft, bis letztlich die Zahl der einer Zunft angehöVgl. dazu Berneker, S. 122. Die Anfänge des Zunftzwanges reichen bis zum 12. Jahrhundert zurück, zur vollen Durchführung kam es aber erst im 13./14. Jahrhundert. So bestand z. B. in Frankfurt der Zunftzwang seit 1355 für Metzger, Wollenweber, Bäkker, Schneider, Steinmetze, seit 1377 für alle Gewerbe; vgl. dazu Elkan, S. 16 ff., 48; vgl. auch Fehr, S. 94/95. Der kartellartige Zusammenschluß der Zünfte ist besonders Ende des 15. Jahrhunderts festzustellen, so Lütge, S. 176; Sehröder I v . Künßberg, S. 699/700 (mit ausführlichen Literaturangaben auf S. 698, Anm. 89 und auf S. 1059). 2 So wurde beispielsweise bei den Steinmetzen die Lehrzeit auf 5 Jahre verlängert und - entgegen der bisherigen Übung - ein Meisterstück verlangt, vgl. Wissen, S. 19. 3 z. B. mußte ein auswärtiger Handwerker für die Zulassung als Meister in Franldurt/Main im Jahre 1617 mindestens 12 Jahre seinen Beruf "gelernt" haben, siehe Elkan, S. 73. ' 4 Vgl. dazu Conrad, Bd, I, S , 209; Proesler, S. 72/73; F. R. Schmidt, S. 7. 5 Vgl. Lütge, S. 256/257; Proesler, S. 74; F. R. Schmidt, S. 7. 12
1
§ 3. Das Rechtsberatungswesen und das Zunft- und Gewerberecht
29
rigen Gewerbetreibenden durch die Einführung eines numerus clausus verbindlich festgelegt wurde6 • Durch diese Zulassungsbedingungen sollte primär nicht die fachliche Qualifikation der Bewerber gewährleistet werden. Grundgedanke des Verfahrens war vielmehr, durch einen kartellartigen Zusammenschluß die Zunftangehörigen vor unbegrenzter Konkurrenz zu schützen7 , um ihnen Erwerbstätigkeit und standesgemäßen Lebensunterhalt zu sichern8 • Dem Zunftzwang und den Zunftbedingungen entsprechen bei der Regelung für die Prokuratoren der Zulassungszwang und die Zulassungsbedingungen. Bei den zünftigen Gewerben wie bei den hauptberuflichen Prokuratoren dienen diese Tätigkeitsbeschränkungen vor allem der Sicherung der Existenzgrundlage9 • Im geringeren Umfangals Sicherung einer Erwerbschance9 - gilt dies auch für die nebenberuflichen Prokuratoren. Sowohl die zum Gewerbe wie die zur Prokuratur Zugelassenen haben ein "Kollektivmonopol" 10 inne, das sich im Laufe des 16. bis 18. Jahrhunderts auf immer mehr Personen ausdehnt. Allerdings ist bei den Prokuratoren zu beachten, daß sich ihr Monopol lediglich auf einen Teil der ihnen möglichen Rechtsberatungstätigkeit beschränkt, nämlich auf die Prozeßvertretung. Zwischen der Regelung der spätmittelalterlichen Prokuratorentätigkeit und des Zunft- und Gewerberechts besteht demnach eine grundsätzliche Übereinstimmung.
6
Vgl. Conrad, Bd. I, S. 208- 210, 212 (mit Literaturangaben); F. R. Schmidt,
s. 7.
7 Vgl. dazu Bechtel, Bd. I, S. 314/315; Brunner I v. Schwerin, S. 98; Conrad, Bd. I, S. 209; Fehr, S. 95; Lütge, S. 176, 256/257; F. R. Schmidt, S. 7- 10; Zorn, HDSW Bd. 12, S. 484 (486). 8 Die Bedeutung der Zünfte geht über diese rein wirtschaftliche Zielsetzung noch hinaus. So bedeutete die Aufnahme des Einzelnen in die Zunft erst den Erwerb der vollen Handlungs- und Rechtsfähigkeit sowie die Möglichkeit, am politischen Leben teilzunehmen, vgl. dazu Rehbinder, S. 197 (201); vgl. auch Lütge, S. 178. 9 Vgl. oben § 3 Fn. 7 sowie § 2, 2 und § 1, 2. to Vgl. Lütge, S. 261.
3. Abschnitt
Das Rechtsberatungswesen im Deutschen Reich von 1871 § 4. Die Regelung des Rechtsberatungswesens Im Deutschen Reich von 1871 wurde das Rechtsberatungswesen im wesentlichen durch die Vorschriften der Gewerbeordnung von 1869, der Zivilprozeß- sowie der Rechtsanwaltsordnung von 18781 geregelt. 1. Die Rechtsberater
a) Die Rechtsanwälte Ahnlieh wie im Spätmittelalter wurde die Prozeßvertretung von der sonstigen Rechtsberatung gesondert und grundsätzlich2 einer Hechtsberatergruppe vorbehalten3, nämlich den Rechtsanwälten4 • 1 Vgl. die Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 (RGBl. I, S. 177), in Kraft seit dem 1. Oktober 1879, gleichzeitig mit der ZPO, GVG, StPO, KO. 2 Vgl. §§ 78, 157 ZPO. s In einigen Gebieten Deutschlands war auch vor Erlaß der ZPO die Prozeßvertretung jeweils einer speziellen Rechtsberatergruppe unter Ausschluß der übrigen vorbehalten gewesen, z. B.: a) In Altpreußen (Provinzen Preußen, Brandenburg, Sachsen, Westphalen Pommern), aa) ab 1781: Den "Assistenzräten" - richterlichen Beamten -; vgl. preuß. ProzeßO vom 26. 4. 1781, Teil III, Tit. 3 = 1. Buch des Corpus Iuris Fridericianum; vgl. dazu Döhring, S. 114; Hagen, S. 17, 19ff.; Weißler, Umbildung, S. 82 ff.; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 349 ff.; Zycha, S. 200/201; bb) ab 1793: den "Justizkommissaren" - freiwählbaren Parteivertretern -; vgl. preuß. Allg. GerichtsO vom 6. 7. 1793, Teil III, Tit. 7, §§ 2- 4; vgl. dazu Döhring, S. 115; Hagen, S. 19 ff.; F. R. Schmidt, S. 160; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 358, 361, 380; Mannkopff, § 21 Anm.1; cc) ab 1849: den "Rechtsanwälten"; vgl. § 30 preuß. Gerichtsorganisations-VO vom 2. 1. 1849 ; vgl. dazu Basch, Theil III, Tit. 7, Anmerkung zu§ 4; F. R. Schmidt, S. 161; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 423. b) In den westrheinischen preußischen Gebieten, etwa ab 1820: Den "Anwälten" - Advokatenanwälten -. Die Advokaten dagegen konnten nur in deren Beistand vor Gericht Anträge stellen; vgl. dazu Hagen, S. 17/18; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 379, 405 - 408, 411. c) In Hannover, bis 1850: Den "Prokuratoren", nach 1850: den "Anwälten". Es galt wie in den westrheinischen preußischen Gebieten das System der
§ 4. Die Regelung des Rechtsberatungswesens
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Die Rechtsanwälte konnten daneben aber auch jede andere Art von Rechtsberatung wahrnehmen, so daß ihr Tätigkeitsbereich insofern dem der früheren "Prokuratoren" entsprach. Sie waren wie diese "Vollanwälte in rechtlichen Angelegenheiten". Ihre Zulassungsbedingungen waren jedoch wesentlich andere als die der Prokuratoren. Zwar blieben die örtliche Beschränkung auf ein Gericht5 und das Erfordernis einer Zulassung bestehen6, doch änderten sich die Voraussetzungen für diese Zulassung. Objektive Zulassungsbedingungen, wie sie im Spätmittelalter in Form des numerus clausus bestanden, gab es nicht mehr7 • Die Zulassung hing vielmehr ausschließlich von subjektiven Bedingungen ab. Der Nachweis fachlicher Qualifi,kation durch eine absolvierte Ausbildung und "standesgemäßes Verhalten" waren die wesentlichen Voraussetzungen für die Zulassung als Rechtsanwalt. Der Einzelne hatte einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf seine Zulassung (vgl. §§ 2, 4 RAO), wenn er diese Voraussetzungen erfüllte8 •
Advokatanwaltschaft (§§ 103, 104 der hannoveranischen Prozeßordnung vom 8.11. 1850); vgl. dazu F. R. Schmidt, S. 65 Anm. 257; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 413/414, 416/417. d) In Baden, ab 1864: Den "Anwälten". Den nichtanwaltliehen gewerbsmäßigen Rechtsberatern konnte auf Antrag eines Untergerichts vom Obergericht die Prozeßvertretung untersagt werden (§ 131 bad. ProzeßO vom 18. 3. 1864- Reg. BI. S. 263); vgl. dazu v. Freydorf, § 131 Anm. 3, 4. 4 Der Begriff "Rechtsanwalt" wurde erstmals amtlich in der bayrischen Verordnung vom 13. August 1804 verwandt. Der Begriff "Anwalt" war allerdings schon im germanischen Recht bekannt, und zwar in der Bedeutung von "Bevollmächtigter" ; so Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 107 und 421. 5 Vgl. den Wortlaut des § 78 ZPO "bei dem Prozeßgericht zugelassenen ... " Auf dem fünften Deutschen Anwaltstag in Köln am 2. Juni 1876 sprach sich die Mehrheit der Anwaltschaft für eine Lockerung des Lokalisationsprinzips und die Zulassung der Anwälte an allen Gerichten eines Oberlandesgerichtsbezirks aus, vgl. Huffmann, S. 107/108; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 582. 6 Vgl. dazu im einzelnen Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 527, 428-430. 7 Vor Erlaß der RAO am 1. Juli 1878 (RGBI. I, S. 177), war die Zulassung zum Rechtsanwalt nur noch in Preußen, Bayern und den thüringischen Staaten (außer Koburg) beschränkt. In den übrigen Gebieten war sie entweder tatsächlich oder r echtlich unbeschränkt. In den Ländern, in denen der numerus clausus schon aufgehoben war, waren pro Kopf der Bevölkerung mehr Rechtsanwälte zugelassen worden als in den übrigen Ländern. So entfielen z. B. in Bayern 1867 auf einen Rechtsanwalt 14 325 Einwohner, in Westpreußen 1876 auf einen Rechtsanwalt ca. 17 100 Einwohner, in Sachsen 1867 auf einen Rechtsanwalt nur 2930 Einwohner, in Württemberg 1867 auf einen Rechtsanwalt nur 5330 Einwohner; vgl. dazu Döhring, S. 153/154; Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 528, 596. 8 Allerdings war der Anspruch auf den Bundesstaat beschränkt, in dem der Bewerber seine Prüfung abgelegt hatte, §§ 2, 4 RAO vom 1. Juli 1878 (RGBI. I, S. 177).
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I, 3.: Das Rechtsberatungswesen im Deutschen Reich
b) Die Rechtskonsulenten An die Tätigkeit der sonstigen Rechtsberater wurden nach Erlaß der Gew0 9 für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869 zunächst keine besonderen Anforderungen gestellt1°. Diese sogenannten "Rechtskonsulenten"11 konnten ihre Tätigkeit ohne juristische Ausbildung oder sonstige fachliche Qualifikation ausüben.
Erst im Jahre 1883 wurden durch die Änderung bzw. Neufassung des § 35 Abs. I und III GewO persönliche Voraussetzungen von diesen Rechtsberatern gefordertl 2 • Nach der gesetzlichen Regelung war nun "die gewerbsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und bei Behörden wahrzunehmender Geschäfte ... " zu untersagen, "wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in bezugauf diesen Gewerbebetrieb dartun". 9 Die GewO galt zunächst nur für den Norddeutschen Bund. Ihr Geltungsbereich wurde jedoch bis zum Jahre 1872 auf das gesamte Reichsgebiet ausgedehnt. Am 26. Juli 1900 wurde sie neu publiziert; vgl. Landmann I Rohmer I Eyermann I Fröhler, Bd. I, Einleitung zu § 1, Rn. 10 und auch Rn. 1 - 9. 10 Vor Erlaß der GewO war ihre Berufstätigkeit teilweise eingeschränkt: a) Grundsätzlich waren sie von der Prozeßvertretung ausgeschlossen (vgl. dazu § 4 Fn. 3). b) Bei der Ausübung sonstiger Rechtsberatung waren sie in einigen Gebieten beschränkt. So bedurften sie z. B. in Preußen für die gewerbsmäßige "Übernahme von Aufträgen, namentlich ... (die) Abfassung schriftlicher Aufsätze für Andere", einer besonderen Genehmigung; vgl. § 49 pr. GewO vom 17. Januar 1845 und§ 68 der VO vom 9. Februar 1849 (GS, S. 93, 108), der durch Art. 3 des Gesetzes vom 22. Juni 1861 (GS, S. 441, 445) aufgehoben wurde. 11 So Schorn, Rechtsberatung, S. 173. 12 § 35 GewO wurde in folgender Reihenfolge geändert: a) Nach dem Gesetz vom 1. Juli 1883 (RGBl. S. 159, 161) lautete er: Abs. I: "Die Ertheilung von Tanz .. . unterriebt als Gewerbe ... ist zu untersagen, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf diesen Gewerbebetrieb darthun." Abs. III: "Dasselbe gilt von der gewerbsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten und bei Behörden wahrzunehmender Geschäfte, insbesondere der Abfassung der darauf bezüglichen schriftlichen Aufsätze, ... " Abs. VII: "Personen, welche die in diesem Paragraphen bezeichneten Gewerbe beginnen, haben die Eröffnung ihres Gewerbebetriebes der zuständigen Behörde hiervon Anzeige zu machen." b) Durch Art. 3 des RBeratG vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1478) erhielt § 35 Abs. 111 GewO folgende Fassung: "Dasselbe gilt - soweit nicht in dem Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung vom 13. Dez. 1935 (RGBl. I, S. 1478) oder in sonstigen reichsrechtlichen Vorschriften ein anderes bestimmt ist - von der gewerbsmäßigen Besorgung bei Behörden wahrzunehmender Geschäfte, insbesondere der Abfassung der darauf bezüglichen schriftlichen Aufsätze .. ." c) Nach der auf Grund des Gesetzes vom 5. Februar 1960 (RGBl. I, S. 61) heute geltenden Fassung des § 35 GewO wird auf das Rechtsberatungsgesetz nicht mehr ausdrücklich Bezug genommen (vgl. aber § 6 GewO).
§ 4. Die Regelung des Rechtsberatungswesens
33
Die Intention des Gesetzgebers, durch § 35 GewO n. F. eine mißbräuchliche Rechtsberatung zu verhindern, wurde jedoch wegen der engen tatbestandliehen Voraussetzungen dieser Vorschrift nur unvollkommen erreicht13• Die Behörden konnten gegen einen Rechtsberater nicht wegen mangelnder Befähigung vorgehen, sondern nur bei dessen "Unzuverlässigkeit" eingreifen14• Die Unzuverlässigkeit durfte auch nicht allgerneiner Art sein, sondern mußte sich speziell auf die Rechtsberatung beziehen. Die Regelung nach§ 35 GewO n. F. bot auch nicht von vornherein eine Handhabe gegen einen gegenwärtigen Rechtsberatungsmißbrauch, sondern hinderte als nachträgliche Verbotsnorm nur einen weiteren Rechtsberatungsmißbrauch. Zudem war die Gewerbepolizei für den Ausspruch des Verbots zuständig, nicht dagegen die Behörde, wie z. B. die Justizverwaltung, die sich ständig mit der Rechtsberatungstätigkeit zu befassen hatte. Die Gewerbepolizei erfuhr daher nur selten und in der Regel nur durch einen Hinweis anderer Dienststellen von der gewerbsmäßigen Rechtsberatung15 • Aber selbst wenn die Gewerbepolizei Kenntnis von diesen Umständen erlangt hatte, war der Nachweis der persönlichen "Unzuverlässigkeit" schwer zu führen, da dieses Tatbestandsmerkmal auf eine subjektive Eigenschaft abstellt. Die Beschränkung, die die Tätigkeit der Rechtskonsulenten auf dem Gebiet der allgemeinen Rechtsberatung durch § 35 Abs. I und III GewO n. F. erfuhr, war demnach gering. In um so stärkerem Maße wurde der prozessuale Tätigkeitsbereich der Rechtskonsulenten von den Vorschriften der ZPO eingeschränkt, die neben § 35 GewO galten16 • 13 Vgl. dazu die amtliche Begründung zum RBeratG, RStBl. 1935, S. 1526 (1528) ; Spohr, S. 9; vgl. auch die Begründung zum Entwurf der Patentanwaltordnung 1966, Blf PMZ 1966, S. 333 (335/336).
14 Nach der damaligen Rechtsprechung wurde allerdings "Unzuverlässigkeit" auch dann angenommen, wenn der Rechtsberater nicht über die erforderlichen Mindestkenntnisse verfügte. Da diese völlige Unfähigkeit sich jedoch nur schwer nachweisen ließ, wurden tatsächlich trotz der weiten Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Unzuverlässigkeit kaum unfähige Personen von der geschäftsmäßigen Rechtsberatung ausgeschlossen; vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 39. Zur Auslegung des Begriffs der "Unzuverlässigkeit" vgl. Oldenb. OVG, GewArch. 13, S. 601 (602/603); Preuss. OVG, GewArch. 10, S. 427 (427/428); 20, S. 467 (470- 472); 3, S. 593 (594); 1, S. 646;
1,
s. 643 (644/645).
Vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 38. Da die Gewerbepolizei trotz solcher Hinweise häufig untätig blieb, wurde in späteren Regelungen der anzeigenden Behörde das Recht eingeräumt, die Gewerbepolizei zum Einschreiten zu zwingen; so z. B. ab 1919 dem Finanzamt gemäß § 201 AO in der Fassung vorn 13. Dez. 1919 (RGBl., S. 1993) = § 200 AO in der Fassung vom 22. Mai 1931 (RGBI. I, S. 161). 16 Aus diesem Grund erlosch auch die Befugnis eines "Prozeßagenten" 15
3 v. Schwelnltz
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I, 3.: Das Rechtsberatungswesen im Deutschen Reich
Den Rechtskonsulenten war das Auftreten vor den höheren Gerichten, vom Landgericht angefangen, generell versagt17• Bis 1933 konnten sie zwar grundsätzlich in Prozessen vor den Amtsgerichten auftreten18 • Nach 1933 waren sie jedoch auch hier generell ausgeschlossen, sofern sie nicht ausdrücklich als Prozeßagent zugelassen worden waren (§ 157 Abs. I ZPO)l 9 • Wegen dieser prozessualen Regelung durch die ZPO blieb den Rechtsanwälten die Prozeßvertretung weitgehend vorbehalten20• (§ 157 III ZPO), wenn ihm die gewerberechtliche Befugnis auf Grund des
§ 35 III GewO versagt wurde; vgl. BVerfG 10, S. 185 (194) und die dort ange-
gebenen Quellen. 17 Vgl. § 74 Abs. I ZPO in der Fassung vom 30. Jan. 1877 (RGBl., S. 83), der wörtlich mit § 78 Abs. I ZPO der heute geltenden Fassung übereinstimmt (Neufassung der ZPO vom 20. Mai 1898, RGBl., S. 410). 18 Bis 1933 war für die Prozeßvertretung vor den Amtsgerichten nur eine fakultative Ausschlußmöglichkeit vorgesehen. Mit Ausnahme der Rechtsanwälte und ab 1898 der Prozeßagenten "konnte" jeder geschäftsmäßige Rechtsberater von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen werden (vgl. § 143 Abs. II und IV ZPO in der Fassung vom 30. Jan. 1877 (RGBl., S. 83, 108) sowie§ 143 Abs. IV ZPO in der Fassung vom 17. Mai 1898 (RGBl., S. 256, 263)). § 143 Abs. II und IV wurde bei der anschließenden Neufassung der ZPO am 20. Mai 1898 unverändert als § 157 Abs. II und IV ZPO übernommen (RGBL, s. 410, 439). Erst 1933 wurden alle Rechtskonsulenten kraft Gesetzes ("sind") von der Prozeßvertretung vor den Amtsgerichten ausgeschlossen, so daß von diesem Zeitpunkt an die Prozeßvertretungsbefugnis allein den Rechtsanwälten und Prozeßagenten verblieb; § 157 Abs. I und III ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung einiger Vorschriften der RRAO, der ZPO und der ArbGG vom 20. Juli 1933 (RGBl. I, S. 522). 19 Das Institut des "Prozeßagenten" wurde 1898 neu geschaffen, um eine gleichmäßige Handhabung des Ausschlusses von geschäftsmäßigen Prozeßvertretern vor den Amtsgerichten zu erreichen (§ 143 Abs. IV ZPO = § 157 Abs. IV ZPO; vgl. oben § 4 Fn. 18); vgl. dazu RT Verh., Bd. 162. S. 566 und Bd. 164, S. 2076. Die Zulassung zum Prozeßagenten wurde kurz danach von einer Bedürfnisprüfung abhängig gemacht, und zwar in Preußen durch die AV vom 25. September 1899 (JMBl., S. 272) und im gesamten Reichsgebiet durch § 157 Abs. IV, S. 2 ZPO in der Fassung vom 1. Juni 1901 (RGBl., S. 475). Diese Zulassungsbeschränkung wirkte sich erst ab 1933 voll aus, da erst von diesem Zeitpunkt an ausschließlich Prozeßagenten und Rechtsanwälten die Prozeßvertretungsbefugnis vorbehalten war (vgl. oben § 4 Fn. 18; Schorn, Rechtsberatung, S. 173/174). 20 Eine weitere Einschränkung der Rechtsberatungstätigkeit wurde 1919 für die Steuerberatung eingeführt. Ab 1919 "konnte" mit Ausnahme weniger Berater, wie z. B. der Anwälte, grundsätzlich jeder unfähige geschäftsmäßige Rechtsberater von den Finanzämtern im Einzelfall zurückgewiesen werden (§ 88 Abs. I AO in der Fassung vom 13. Dez. 1919 (RGBl. S. 1993, 2013) = § 107 Abs. II, III AO in der Fassung vom 22. Mai 1931 (RGBl. S. 161, 177)). Eine entsprechende Regelung galt für das Rechtsmittelverfahren (§§ 238 Abs. I, 88 Abs. I, S. 3 AO in der Fassung vom 13. Dez. 1919 (RGBl. S. 1993, 2050) = §§ 254 Abs. I, S. 2, 107 Abs. II, III AO in der Fassung vom 22. Mai 1931 (RGBL I, S. 161, 197)). Auch in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren "konnten" - mit Ausnahme der Rechtsanwälte und Verwaltungsräte -
§ 5. Der Interessenschutz nach der Regelung des Rechtsberatungswesens
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2. Die Wettbewerbslage der Rechtsberater
Die Regelung des Rechtsberatungswesens im Deutschen Reich führte - ähnlich wie im Spätmittelalter - auf dem Gebiet der Prozeßvertretung zum Monopol einer Rechtsberatergruppe, in diesem Fall der Rechtsanwälte. Allerdings bedeutete dieses Monopol nicht einen solchen Wettbewerbsvorteil, wie er den Prokuratoren im Spätmittelalter zugute gekommen war. Da die zahlenmäßige Beschränkung durch einen numerus clausus weggefallen war, waren die Rechtsanwälte der uneingeschränkten Konkurrenz innerhalb ihrer eigenen Reihen ausgesetzt. Zudem genossen sie gegenüber den Rechtskonsulenten trotz ihrer Ausbildung und Befähigung außer bei der Prozeßvertretung keinerlei gesetzliche Vergünstigungen, da die Neufassung des§ 35 GewO die Rechtskonsulenten nur geringfügig beschränkte. § 5. Der Interessenschutz nach der Regelung des Rechtsberatungswesens 1. Erweiterter Schutz der Rechtsuchenden
Anders als im Spätmittelalter wurde durch die Regelung des Hechtsberatungswesens im Deutschen Reich das Interesse des Rechtsuchenden an der Möglichkeit der Auswahl eines kundigen Rechtsberaters geschützt. Infolge der Ausbildungserfordernisse und Befähigungsnachweise der Anwälte standen dem Rechtsuchenden qualifizierte Rechtsberater zur Verfügung. Diese waren durch die Berufsbezeichnung "Rechtsanwälte"1 auch für den Rechtsunkundigen als Fachkraft erkenntlich. Die Wahl eines Anwalts als Rechtsberater garantierte somit für kundige Beratung, während es bei der Wahl eines Rechtskonsulenten noch immer darauf ankam, aus einer Vielzahl die wenigen qualifizierten Personen herauszufinden. Eine Vorauswahl durch Eignungsprüfungen, die dem Rechtsuchenden die Wahl hätte erleichtern können, fand nicht statt. 2. Geringer Schutz der Rechtsberater
Die Änderung des Rechtsberatungswesens zugunsten der Rechtsuchenden führte nicht zu einer Verbesserung der Stellung der rechtsgeschäftsmäßige Rechtsberater zurückgewiesen werden; so § 73 Abs. II des preußischen Gesetzes über die allgemeine Landverwaltung vom 30. März 1883 (GS, S. 195). In beiden Fällen war der Ausschluß jedoch nur fakultativ und keineswegs zwingend vorgesehen. Auf Grund dieser Vorschriften wurden daher tatsächlich nur wenige geschäftsmäßige Rechtsberater ausgeschlossen; vgl. Ziemer I Birkholz, § 62 Anm. 1. 1 Vgl. zur Entstehung dieser Bezeichnung Weißler, Rechtsanwaltschaft, s. 421-423.
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I, 3.: Das Rechtsberatungswesen im Deutschen Reich
beratenden Berufe. Ihr Interesse an einer Existenzsicherung wurde in geringerem Maße berücksichtigt als im Spätmittelalter. Die Rechtskonsulenten waren - wie im Spätmittelalter die Advokaten - der uneingeschränkten Konkurrenz untereinander wie auch der der Rechtsanwälte ausgesetzt. Darüber hinaus war jedoch nun ihr Tätigkeitsbereich durch die Vorschriften der ZPO und in Einzelfällen auch des § 35 GewO eingeschränkt. Eine gesetzliche Sicherung ihrer Erwerbsgrundlage wurde ihnen demnach nicht gewährt. Sie stand aber auch nicht den Rechtsanwälten zu. Zwar verblieb diesen grundsätzlich der Tätigkeitsbereich, den schon die Prokuratoren innegehabt hatten, insbesondere das Monopol für die Prozeßvertretung. Die Aufhebung des Privilegs des numerus clausus führte jedoch zu einer erheblichen Beeinträchtigung ihres Interesses an einem gesicherten Existenzminimum. Infolge des Wegfalls des numerus clausus nahm besonders in den Mittel- und Großstädten die Zahl der Rechtsanwälte sprunghaft zu2• Da die Zahl der Bevölkerung nicht entsprechend stieg3, minderten sich die Verdienstmöglichkeiten der Anwaltschaft. Wegen der geringen Berücksichtigung der anwaltliehen Interessen bildete sich vielfach ein "Anwaltsproletariat" 4 • § 6. Das Rechtsberatungswesen als Ausdruck einer liberalen Wirtschaftsauffassung
Das Berufsrecht im Deutschen Reich war von einer liberalen Wirtschaftsauffassung geprägt. Entsprechend dem Prinzip der Gewerbefreiheit wurden grundsätzlich alle Zulassungserfordernisse und -beschränkungen aufgehoben1 • Die Sicherung der wirtschaftlichen Existenz oblag ausschließlich dem persönlichen Können und Durchsetzungsvermögen des einzelnen Berufstätigen. Es sollten nicht staatliche Beschränkungen zugunsten einzelner Berufsangehöriger das Berufsleben bestimmen, sondern das "freie Spiel der Kräfte", "Angebot und Nachfrage" sollten die Auswahl der Besten und Leistungsfähigsten übernehmen. 2 Nach Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 381, 528/529, 603 gab es in Berlin im Jahre 1878 78 Rechtsanwälte, im Jahre 1879 300 Rechtsanwälte, im Jahre 1888 ca. 630 Rechtsanwälte, im Jahre 1905 ca. 1 000 Rechtsanwälte, im Jahre 1933 ca. 3 430 Rechtsanwälte; vgl. für 1933 Heinken, S. 14; vgl. auch Döhring, S. 154; Feuchtwanger, S. 146 (bes. 150/151). 3 Nach Bechtel, Bd. III, S. 286 nahm die Bevölkerung in Deutschland von 1822 - 1907 nur um annähernd 36 °/o zu. 4 Vgl. Döhring, S. 154/155; vgl. auch Feuchtwanger, S. 150/151. 1 Vgl. § 1 GewO; vgl. auch Art. 111 WRV (Freiheit, jeden Nahrungszweig zu betreiben) und Art. 151 Abs. 111 WRV (Freiheit des Handels und Gewerbes).
§
6. Rechtsberatungswesen als Ausdruck liberaler Wirtschaftsauffassung
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Der Neuregelung des Rechtsberatungswesens lag dieselbe Wirtschaftsauffassung zugrunde2 • Im freien Spiel der Kräfte sollte die Entscheidung "automatisch" zugunsten der leistungsfähigsten und besten Rechtsberater ausfallen. Dabei ging der Gesetzgeber naiverweise davon aus, daßtrotzdes grundsätzlich freien Wettbewerbs die Rechtsuchenden die fachlich besser ausgebildeten Rechtsanwälte gegenüber den nichtanwaltliehen Rechtsberatern bevorzugen würden. Eine Ausnahme von dieser liberalen Auffassung bilden lediglich die Sonderregelungen, die für die nichtanwaltliehen Rechtsberater durch die §§ 78, 157 ZPO für die Prozeßvertretung getroffen wurden. Diese Beschränkungen sollten jedoch nicht primär die Anwaltschaft wettbewerbsmäßig bevorzugen, sondern vornehmlich den Schutz der Rechtsuchenden gewährleisten. Ihr Interesse an einer qualifizierten Prozeßvertretung wurde insofern höher geachtet als das "freie Spiel der Kräfte".
2
Vgl. Pfundtner I Neubert, Bd. II a, Nr. 17, Einführung, Jonas, S. 4; ders.,
DJ 1935, S. 1817 (1817).
4. Abschnitt
Das Rechtsberatungswesen im Dritten Reich, insbesondere ab 1935 § 7. Die Regelung des Rechtsberatungswesens 1. Die Änderung des Rechtsberatungswesens
Das Rechtsberatungswesen im Dritten Reich wurde maßgeblich durch das am 13. Dezember 1935 erlassene "Gesetz zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiete der Rechtsberatung" 1 bestimmt. Das Hechtsberatungsgesetz erging unmittelbar zur Änderung des § 35 Abs. 111 Gew02 , führte jedoch mittelbar zur Umgestaltung des gesamten Rechtsberatungswesens. Es hob die Rechtsberatung "aus dem Bereich gewerbepolizeilicher Behandlung heraus" 3 und unterstellte sie einem speziellen Berufsrecht. Die Regelung der Rechtsberatung durch das RBeratG wich in der Konzeption wesentlich von den früheren Zeiten ab. Nach Erlaß der GewO von 1869 hatte entsprechend dem Prinzip der Gewerbefreiheit jedermann Rechtsberatung betreiben können; das Verbot dieser Tätigkeit war die Ausnahme (vgl. § 35 GewO a. F.). Nach der Regelung des Rechtsberatungsgesetzes stellte dagegen das Verbot jeder geschäftsmäßigen Rechtsberatung den Regelfall dar und die Erlaubnis zur Ausübung der geschäftsmäßigen Rechtsberatung die Ausnahme4 (Art. 1, § 1 Abs. I, Art. 2, § 2 RBeratG) 5• 1 Vgl. oben Einführung, Fn. 1. Am selben Tag wie das RBeratG wurde auch die Änderung der RAO erlassen (2. Ges. zur Änderung der RAO vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1470)), die später zur Grundlage einer Neufassung gemacht wurde (RRAO vom 25. Februar 1936 (RGBL I, S. 107)). 2 Zum Wortlaut des § 35 GewO nach der Neufassung durch das RBeratG; vgl. oben§ 4, Fn. 12. Da § 35 Abs. 111 GewO neben dem RBeratG nur subsidiär anzuwenden war, hatte diese Vorschrift tatsächlich kaum noch e ine Bedeutung; vgl. Landmann I Rohmer I Eyermann I Fröhler, Bd. I, § 35 Anm. 8. 3 So Jonas, DJ 1935, S. 1817 (1817); vgl. auch Altenhoff!BuschiKampmann, Rn. 1; Brangsch, Anm. zu LG Kreuznach, NJW 1951, S. 807 (807). 4 Vgl. Jonas, S. 4; Schorn, Rechtsberatung, S. 135 und Brangsch, NJW 1951, S. 807 (807) unter Hinweis auf ein unveröffentlichtes Gutachten vom 10. Juni 1951 von Friesenhahn. 5 Durch Art. 1, § 1 Abs. I RBeratG wird nur die "Beratung in allgemeinen Rechtsangelegenheiten" unter Erlaubniszwang gestellt. Unter "allgemei-
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Durch das RBeratG wurde aber nicht nur das Verhältnis von Regelfall und Ausnahme umgekehrt, sondern gleichzeitig der Geltungsbereich des jetzt zur Regel erhobenen Rechtsberatungsverbots erweitert. Das Verbot des Art. 1, § 1 Abs. I, Art. 2, § 2 RBeratG erstreckte sich auf den gesamten Bereich möglicher Rechtsberatungstätigkeit. Jede Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten - auch die Rechtsberatung im Innenverhältnis (Rechtsberatung i. e. S.) - war von dem Rechtsberatungsverbot betroffen. Im Spätmittelalter dagegen stand die Rechtsberatung i. e. S. grundsätzlich jedermann offen, lediglich für die Prozeßvertretung bestand zugunsten der Prokuratoren ein Ausübungsvorbehalt, der sich gegenüber allen übrigen Personen als Verbot auswirkte. Der Geltungsbereich des Art. 1, § 1 Abs. 1, Art. 2, § 2 RBeratG war aber auch im Verhältnis zu dem Rechtsberatungsverbot des § 35 GewO umfassender.§ 35 Abs. Ill GewO bezog sich zwar wie das grundsätzliche Verbot des Art. 1, § 1 RBeratG auf den gesamten Bereich möglicher Rechtsberatung. Er griff aber nur bei "gewerbsmäßiger" Rechtsberatung und nicht schon bei "geschäftsmäßiger" Tätigkeit ein, die ohne Gewinnerzielungsabsicht wahrgenommen wurde. Eine unentgeltliche Rechtsberatungstätigkeit konnte daher nicht nach § 35 Abs. Ill Gew08 , wohl aber nach Art. 1, § 1, Art. 2, § 2 RBeratG verboten werden. 2. Die Rechtsberater
a) Die erlaubnispflichtigen Rechtsberater (Rechtsbeistand, Helfer in Steuersachen) Wer von dem Verbot des Art. 1, § 1, Art. 2, § 2 RBeratG ausgenommen sein wollte, bedurfte regelmäßig für seine Beratungstätigkeit einer besonderen Zulassung durch einen aufgrund des Rechtsberatungsgesetzes bzw. § 107 a AO erlassenen Verwaltungsakts (sog. "erlaubnispflichtige Rechtsberatung"). Für die "allgemeine Rechtsberatung" 7 war ner Rechtsberatung" ist jegliche Rechtsberatung mit Ausnahme der Beratung in Steuerfragen und den sonstigen in Art. 1, § 4 Abs. I RBeratG aufgezählten Angelegenheiten zu verstehen. In Art. 2, § 2 RBeratG wird darüber hinaus ein Verbot der geschäftsmäßigen Rechtsberatungstätigkeit auch für diese Sondergebiete - mit Ausnahme der Beratung in Devisensachen - ausgesprochen, das in § 107 a Abs. I, S. 1 AO i. d. Fassung des RBeratG durch die Anordnung eines Erlaubniszwanges und in § 107 a Abs. III, S. 1 AO i. d. Fassung des StBerG vom 16. August 1961 (BGBI. I, S. 1301) ausdrücklich wiederholt wird. Auch die Beratung in Devisensachen war grundsätzlich verboten (vgl. Art. 3 a RBeratG i. d. Fassung des Außenwirtschaftsgesetzes vom 28. Januar 1961 (BGBI. I, S. 481) und zur früheren Rechtslage die VO vom 29. Juni 1936 (RGBI. I, S. 529)). Demnach wurde durch das RBeratG ein grundsätzliches Rechtsberatungsverbot angeordnet, allerdingsaufgrundverschiedener Einzelvorschriften. 6 So Landmann I Rohmer I Eyermann I Fröhler, Bd. I, § 35 Anm. 8. 7 Zum Begriff der "allgemeinen Rechtsberatung" vgl. oben§ 7, Fn. 5.
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I, 4.: Das Rechtsberatungswesen im Dritten Reich, insbes. ab 1935
eine Zulassung als "Rechtsbeistand" 8 (Art. 1, § 1 RBeratG) und für die Steuerberatung eine Zulassung als "Helfer in Steuersachen" 9 erforderlich (§ 107 a AO in der Fassung des Art. 2, § 1 RBeratG). Tatsächlich wurde diese Zulassung nur ausnahmsweise erteilt, da die gesetzlich geforderten Voraussetzungen nur selten erfüllt wurden. Nach den neu erlassenen Regelungen bestand nämlich neben den subjektiven Voraussetzungen Zuverlässigkeit, Eignung und Sachkunde auch die objektive Bedingung eines "Bedürfnisses" für die Zulassung10• Von den ursprünglich ca. 9000 "wilden" Rechtsberatern erlangten daher nur ca. 1000 die Zulassungaufgrund des Rechtsberatungsgesetzes11 • Eine solche Häufung von Zulassungserfordernissen sowohl subjektiver als auch objektiver Art hatte es weder im Deutschen Reich von 1871 noch im Spätmittelalter gegeben. Im Spätmittelalter hing die Zulassung als Prokurator zwar von der objektiven Bedingung des numerus clausus ab, der in etwa einer Bedürfnisprüfung entspricht. Sie war jedoch an keine oder nur an geringfügige subjektive Voraussetzungen gebunden. Im Deutschen Reich war die Rechtsberatungstätigkeit dagegen nicht an eine objektive Bedingung geknüpft, dafür aber gemäß § 35 Abs. III GewO an die subjektive Voraussetzung der persönlichen Zuverlässigkeit. Im Spätmittelalter wie im Deutschen Reich gab es daher entweder nur subjektive oder 8 Die Berufsbezeichnung "Rechtsbeistand" darf nur derjenige führen, dem die unbeschränkte Erlaubnis für die "allgemeine Rechtsberatung" erteilt worden ist (§ 4 Abs. I S. 1 der 2. VO zum RBeratG). Die Erlaubnis nach Art. 1, § 1 RBeratG kann zwar auch für bestimmte Teilgebiete erteilt werden, wie z. B. für die Beratung im Versicherungsrecht oder im Sozialversicherungsrecht; vgl. die Aufzählung bei Prellberg, AnwBl. 1969, S. 426 ff. Diese Teilrechtsberater dürfen sich jedoch nicht Rechtsbeistände nennen; vgl. auch AV des RJM vom 13. Juli 1940, DJ, 1940, S. 823. 9 Vor Erlaß des § 107 a AO und der hierzu erlassenen Durchführungsverordnung vom 17. Januar 1936 (RGBl. I, S. 11) konnte unter der Berufsbezeichnung "Helfer in Steuersachen" jedermann tätig werden, wobei er lediglich den Beschränkungen der AO (vgl. oben § 4, Fn. 20) und des § 35 Abs. III GewO unterlag; vgl. Fuhr, Bd. I,§ 6 Anm. 10 (S. 17). Für die Helfer in Steuersachen wurde 1961 die Berufsbezeichnung "Steuerbevollmächtigter" eingeführt (§ 2 StBerG). Gleichzeitig wurde ihnen eine umfassende Steuerberatungsbefugnis eingeräumt, so daß sie nicht mehr - wie bei Erlaß des RBeratG gern. § 107 a Abs. VII AO in der Fassung des Art. 2, § 1 RBeratG von der Vertretung vor den Steuerbehörden ausgeschlossen waren; vgl. § 107 a Abs. I AO i. d. Fassung des StBerG vom 16. August 1961 (RGBl. I, S. 1301). Der Zugang zum Beruf des Steuerbevollmächtigten ist nach einer Obergangsfrist für die Zukunft völlig ausgeschlossen, vgl. § 118 a Abs. V StBerG i. d. Fassung vom 11. August 1972 (BGBl. I, S. 1401). 10 So Art. 1, § 1, Abs. II RBeratG für die "Rechtsbeistände" und § 2 der VO zur Durchführung des § 107 a der Reichsabgabenordnung vom 11. Januar 1936 (RGBI. I, S . 11) für die "Helfer in Steuersachen". 11 So Ostler, S. 20.
§ 7. Die Regelung des Rechtsberatungswesens
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nur objektive Zulassungsbedingungen. Die Verbindung beider im Dritten Reich erklärt sich aus der Wandlung der Rechtsberatung von einer grundsätzlich erlaubten zu einer grundsätzlich verbotenen Tätigkeit. Die Verschärfung der Zulassungsvoraussetzungen verhinderte nämlich, daß das grundsätzliche Rechtsberatungsverbot des Art. 1, § 1, Art. 2, § 2 RBeratG durch eine im Einzelfall erteilte Ausnahmeerlaubnis unterlaufen wurde.
b) Die erlaubnisfreien Rechtsberater (Rechtsanwalt, Notar, Patentanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer u. a.) Von dem Verbot des Art. 1, § 1, Art. 2, § 2 RBeratG waren außer den Rechtsbeiständen und Helfern in Steuersachen enumerativ aufgezählte Berufsgruppen ausgenommen. Ihnen war schon kraft Gesetzes und nicht erst aufgrund besonderer verwaltungsrechtlicher Zulassung die Erlaubnis zur Rechtsberatung übertragen. Zwar war für die Zulassung zu ihrem Beruf ein Verwaltungsakt erforderlich. Rechtsgrundlage dieses Verwaltungsaktes waren jedoch die einschlägigen Berufs- oder Sondergesetze. Einer Zulassung aufgrund des Rechtsberatungsgesetzes bzw. des- durch das RBeratG eingefügten-§ 107 a AO bedurfte es nicht. Insoweit sind sie im Sinne des Rechtsberatungsgesetzes als "erlaubnisfreie Rechtsberater" zu bezeichnen. Die den erlaubnisfreien Rechtsberatern zustehende Befugnis galt nicht unumschränkt. Sie eröffnete lediglich eine Teilbefugnis, deren Umfang durch gesetzliche Spezialregelungen genau festgelegt war. Eine über diesen Rahmen hinausgehende Rechtsberatungstätigkeit unterfiel wieder dem grundsätzlichen Verbot der Art. 1, § 1, Art. 2, § 2 RBeratG. Als "unzulässige Rechtsberatung" war sie mit strafrechtlichen oder anderen Sanktionen bedroht12 • So war beispielsweise den Genossenschaften gern. Art. 1, § 3, Ziff. 7 RBeratG die rechtliche Betreuung ihrer Mitglieder erlaubt. Diese Befugnis bestand jedoch nur, soweit die Genossenschaft 12 Die unzulässige Beratung in allgemeinen Rechtsfragen wurde bis 1968 strafrechtlich verfolgt, danach nur als Ordnungswidrigkeit; vgl. Art. 1, § 8 RBeratG in der Fassung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1478), neugefaßt durch Art. 37 des Einführungsgesetzes zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (RGBL I, S. 503, 520). Die unzulässige Steuerberatung wurde 1936 mit einer Ordnungsstrafe belegt; vgl. § 107 Abs. III AO i. d. Fassung des RBeratG und § 413 AO i. d. Neufassung vom 22. Mai 1931 (RGBl. I, S. 161). Ab 1939 wurde sie als Ordnungswidrigkeit verfolgt; vgl. § 413 AO i. d. Fassung von AOÄndG vom 4. Juli 1939 (RGBl. I, S. 1181); § 409 AO i. d. Fassung des 2. AOStrafÄndG vom 12. August 1968 (RGBl. I, S. 953).
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I, 4.: Das Rechtsberatungswesen im Dritten Reich, insbes. ab 1935
1. im Rahmen ihres Aufgabenbereichs tätig wurde (Art. 1, § 3, Ziff. 7 RBeratG),
2. sich auf die Betreuung13 der Genossen beschränkte (Art. 1, § 3, Ziff. 7 RBeratG) und 3. keine Steuerberatung betrieb (Art. 1, § 4, Abs. II RBeratG). Darüber hinaus war sie von der Prozeßvertretung für ihre Genossen ausgeschlossen, zwar nicht aufgrund des RBeratG, aber aufgrund der prozeßrechtlichen Vorschriften (vgl. §§ 78, 157 ZPO). Auch die Steuerberater14 waren gemäß § 107 a Abs. III, Ziff. 2 AO in der Fassung des Art. 2, § 1 RBeratG von dem grundsätzlichen Rechtsberatungsverbot ausgenommen. Die ihnen kraft Gesetzes zustehende Befugnis erstreckte sich lediglich auf Steuer- und Finanzangelegenheiten, nicht aber auf die sonstigen Rechtsgebiete16 (Verbot der "allgemeinen Rechtsberatung", Art. 1, § 4, Abs. III RBeratG)I 6 • 13 Der Begriff "Rechtsbetreuung" hat fast dieselbe Bedeutung wie der Begriff "Rechtsberatung i. e. S."; vgl. im einzelnen Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 59; Schorn, Rechtsberatung, S. 1381139. 14 Die Berufsbezeichnung "Steuerberater" wurde gesetzlich erstmalig 1933 verwandt; vgl. Gesetz über die Zulassung von Steuerberatern vom 6. Mai 1933 (RGBl. I, S. 257). Der damit angesprochene Personenkreis wurde jedoch schon durch frühere Regelungen erfaßt: Ab 1919 konnten von den Landesfinanzämtern Rechtsberater generell zur geschäftsmäßigen Steuerberatung zugelassen werden. Diese konnten dann nicht mehr - wie grundsätzlich die übrigen geschäftsmäßigen Rechtsberater (vgl. oben § 4, Fn. 20) vom Finanzamt im Einzelfall zurückgewiesen werden; vgl. § 88 Abs. 1, S. 3, 2. Hs. AO in der Fassung vom 13. Dezember 1919 (RGBl. S. 1993, 2050) = § 107 Abs. III, Ziff. 3 AO in der Fassung vom 22. Mai 1931 (RGBL I, S. 161) = § 107 Abs. III, Ziff. 2 in der Fassung des Gesetzes über die Zulassung von Steuerberatern vom 6. Mai 1933 (RGBl. I, S. 257). Von 1933 bis 1937 wurden keine allgemeinen Zulassungen "als Steuerberater" aufgrund des neuerlassenen Gesetzes vom 6. Mai 1933 erteilt, da in dem Runderlaß vom 6. April 1933 (RStBl. S. 414 Anm. 1) eine Zulassungssperre angeordnet worden war. Zudem wurde erst am 18. Februar 1937 die erforderliche Durchführungsverordnung (RGBl. I, S. 245 = RStBl. S. 313) erlassen, in der die Bedingungen für die Zulassung als Steuerberater im einzelnen festgelegt wurden (modifiziert durch Runderlaß des RMF vom 18. Februar 1941 (RStBl. S. 143). Vgl. zu a1lem Gmelch, S. 7; Maassen, S. 112 ff.; Spohr, S. 11, 61, 94. 15 Im RBeratG selbst war den Steuerberatern keine Befugnis zur "allgemeinen Rechtsberatung" erteilt worden. Mittelbar stand einigen von ihnen jedoch bis 1945 eine entsprechende Teilrechtsberatungsbefugnis zu. Gemäß § 5 der 2. VO zum RBeratG vom 3. April 1936 (RGBl. I, S. 359) konnten "Wirtschaftstreuhänder, die der Reichsfachgruppe Wirtschaftsrechtier des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen angehörten, in Angelegenheiten, mit denen sie beruflich befaßt sind, auch die rechtliche Bearbeitung übernehmen, soweit sie mit ihren Berufsaufgaben in unmittelbarem Zusammenhang steht." Zu der Gruppe der "Wirtschaftstreuhänder" gehörten auch die Steuerberater; vgl. Mönckmeier, DR 1934, S. 6 (7). Mit der Auflösung dieser Reichsfachgruppe ist nach h. M. auch diese (mittelbare) Teilrechtsberatungsbefugnis
§ 7. Die Regelung des Rechtsberatungswesens
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Entsprechende Beschränkungen der Rechtsberatungsbefugnis galten grundsätzlich auch für die übrigen sogenannten "erlaubnisfreien Berufe". Zu diesen erlaubnisfreien Berufen zählte auch der des Wirtschaftsprüfers. Während ein Wirtschaftsprüfer vor dem Erlaß des Rechtsberatungsgesetzes bis auf die Prozeßvertretung jegliche Art von Rechtsberatung vornehmen konnte, war nun seine Rechtsberatungsbefugnis auf bestimmte Bereiche beschränkt (vgl. insbesondere Art. 1, § 5 Nr. 2 RBeratG). Erst infolge dieser Regelung entstand die Frage, in welchem Umfang ein Wirtschaftsprüfer sich auch mit der rechtlichen Beratung seiner Klienten befassen durfte. Zu den kraft Gesetzes zur Rechtsberatung befugten Berufen gehört vor allem der Rechtsanwalt. Im Gegensatz zu den sonstigen erlaubnisfreien Berufen war die Rechtsberatungsbefugnis für den Rechtsanwalt sachlich unbeschränkt. Er war lediglich örtlich an ein bestimmtes Gericht gebunden17 • Ein Rechtsanwalt konnte sowohl in allgemeinen Rechtsfragen (Art. 1, § 3 Ziff. 2 RBeratG) wie in Steuersachen (§ 107 a Abs. II, Ziff. 2 AO in der Fassung des RBeratG) Rechtsrat erteilen, wie auch die prozessuale Vertretung der Klienten wahrnehmen(§§ 78, 157 ZPO). Er war demnach der "berufene, unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten". Er allein hatte nach der Regelung des RBeratG die volle Rechtsberatungsbefugnis inne, während den sonstigen "erlaubnisfreien Berufen" nur eine Teilbefugnis zustand und den übrigen Personen sogar grundsätzlich jegliche Rechtsberatungsbefugnis fehlte. 3. Die Wettbewerbslage
a) Die allgemeine Wettbewerbslage der Rechtsberater Durch den Vorbehalt der Rechtsberatung zugunsten bestimmter Berufsgruppen wurden wettbewerbsmäßig die Berufe benachteiligt, für Steuerberater entfallen; so BGH, BB 1962, S . 324; OVG Lüneburg, AnwBl. 1961, S. 73 (74); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 81; Schorn, Rechtsberatung, S. 216; ders., NJW 1961, S. 993 (994); Rechtsanwaltskammer Köln, Gutachten, angeführt von Kampmann, AnwBl. 1960, S. 41 (42143); a . A. Fachinstitut der Steuerberater e. V., Köln, Gutachten, MStB 1959, S. 117 (118); Hauffen, MStB 1956, Sonderbeilage zu Heft 1, S. 14 (16); Bühring, § 22 Anm. 7 (S. 109); Rawald I Mittelsteiner, DStR 1962163, S. 544 (5471548). 16 Vgl. oben§ 7, Fn. ·s. 17 Vgl. §§ 18, 23, 25, 164, 171 BRAO. Nach der Rechtsprechung soll das Verbot der Simultanzulassung nicht verfassungswidrig sein; so BGH, NJW 1970, S. 566 und die dort angeführte Literatur; a. A. Sauer, NJW 1970, S. 230 (232).
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I, 4.: Das Rechtsberatungswesen im Dritten Reich, insbes. ab 1935
die nach der Regelung des Rechtsberatungsgesetzes nicht zu den zugelassenen Rechtsberatern zählten, deren Tätigkeit sich aber bisher auf die Rechtsberatung-mitAusnahme der Prozeßvertretung- erstrekken konnte. Betroffen waren vor allem die kaufmännischen und wirtschaftsberatenden Berufe. Ihre Tätigkeit mußte sich nun auf die reine Wirtschaftsberatung beschränken. Die "privilegierten" Rechtsberater dagegen konnten sowohl die Beratung in Rechts- wie in Wirtschaftsfragen übernehmen18•
b) Die besondere Wettbewerbssituation der Rechtsberater untereinander Trotz dieser Privilegierung der Rechtsberater vor den sonstigen Berufen hatten sie im Konkurrenzkampf untereinander nicht die gleiche Ausgangsposition. Hier war vielmehr der Umfang der ihnen eingeräumten Rechtsberatungsbefugnis ausschlaggebend. Je weiter der gesetzliche Rahmen für die Beratungstätigkeit des Einzelnen gesteckt war, desto größer war sein Vorsprung vor den anderen Rechtsberatern. Da den meisten Rechtsberatern lediglich eine auf bestimmte Rechtsgebiete beschränkte Teilbefugnis zustand, waren sie wettbewerbsmäßig dem Rechtsanwalt als dem Inhaber einer sachlich unbeschränkten Beratungsbefugnis unterlegen. Für die Stellung der Rechtsberater im Wettbewerb untereinander war daneben die gleichzeitig mit dem RBeratG verfügte Begrenzung der Zulassung von erheblicher Bedeutung. Bei den Rechtsanwälten wurde die wirtschaftliche Position der eingesessenen Anwälte durch die Erschwerung der Neuzulassung gesichert. Die Zulassung zum Anwalt war nicht mehr schon nach der Ableistung der Referendarzeit und der Assessorprüfung möglich; die Ausbildungszeit wurde vielmehr um ein weiteres Jahr als Probeassessor und drei Jahre als Anwaltsassessor verlängert1 9 (§§ 2, 5, 10, 14 RAO vom 13. Dezember 1935). Selbst nach Absolvierung dieser Ausbildung blieb die endgültige Zulassung noch von einer Bedürfnisprüfung ab-
18 Insoweit auch Rene König und Wolfgang Kaupen, die allerdings diese Wirkung des Rechtsberatungsgesetzes zu negativ darstellen, indem sie als Zweck nur den "Ausschluß unliebsamer Konkurrenz von außen" und nicht die übrigen Auswirkungen des Gesetzes angeben; vgl. König I Kaupen, S. 356 (367). 19 Vgl. §§ 2, 5, 10 der RAO in der Fassung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1470) = §§ 2, 5, 10 der RRAO vom 24. Februar 1936 (RGBl. I, S. 107). Das Institut des Anwaltsassessors wird von v. Sauer treffend als "verkappter numerus clausus" bezeichnet; vgl. v. Sauer, Juristen-Jahrbuch 1960, S. 150 (154).
§ 8. Der Zweck der Regelung des Rechtsberatungswesens
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hängig 20 • Als "beati possidentes" hatten die eingesessenen Anwälte ähnlich wie früher die Prokuratoren- insoweit eine gesicherte Wettbewerbsposition inne, die sich insbesondere hinsichtlich der Prozeßvertretung vorteilhaft auswirkte. Darüber hinaus war die Wettbewerbsposition der Anwälte - wie auch der sonstigen erlaubnisfreien Berufe - durch die sehr begrenzte Zulassung von Rechtsbeiständen und Helfern in Steuersachen begünstigt. Die Zulassung zu diesen beiden Berufen wurde nämlich von der Behörde erst in Erwägung gezogen, wenn an dem Niederlassungsort des Antragstellers die Nachfrage nach Rechtsberatern "nicht bereits durch eine hinreichende Zahl von Rechtsberatern gedeckt" war21 • Während sich regelmäßig eine Bedürfnisprüfung nach der Zahl der Angehörigen desselben Berufes richtet, wurde für die Zulassung zum Rechtsbeistand und Helfer in Steuersachen nicht nur die Zahl der vorhandenden Berufsangehörigen, sondern ebenfalls die der übrigen Rechtsberater - wie z. B. Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer - mitberücksichtigt. Damit wurde die Existenzgrundlage der "erlaubnisfreien Rechtsberater" auf Kosten der Rechtsbeistände und Helfer in Steuersachen gesichert22 • § 8. Der Zweck der Regelung des Rechtsberatungswesens 1. Der Interessenschutz der Rechtsberater
a) Der generelle Schutz der rechtsberatenden Berufe Die Berücksichtigung des Interesses der Rechtsberater durch das RBeratG unterschied sich in doppelter Hinsicht von der reichsgesetzlichen Regelung. Es blieb nicht bei der Versagung der Prozeßvertretungsbefugnis, die dem Anwalt vorbehalten war, vielmehr wurde darüber hinaus die vorher generelle Beratungsbefugnis auf spezielle Rechtsgebiete beschränkt. Das Interesse der rechtsberatenden Berufe an einem möglichst weiten Tätigkeitsbereich wurde damit weniger als bisher berücksichtigt. Ihrem Interesse an der Sicherung ihrer Erwerbsmöglichkeiten wurde dagegen über die vorherige Regelung hinaus Rechnung getragen, indem ihnen allein die Rechtsberatungsbefugnis Vgl. § 15 Abs. II der RAO in der Fassung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. = § 15 Abs. II der RRAO vom 25. Februar 1936 (RGBl. I, S. 107). 21 So Art. 1, § 1 Abs. II RBeratG; vgl. auch§ 9 der 1. VO zum RBeratG. 22 So sollte z. B. nach Jonas, S. 65, ein "Bedürfnis" für die Zulassung von Rechtsbeiständen nur für die "Bagatellrechtsbetreuung"bestanden haben. 20
I, S. 1470)
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I, 4.: Das Rechtsberatungswesen im Dritten Reich, insbes. ab 1935
vorbehalten war. Der Ausschluß der sonstigen Berufe von der Rechtsberatung bedeutete den Schutz des Interesses der Rechtsberater an einer gesicherten Existenzgrundlage. b) Der besondere S,c hutz der zugelassenen Anwälte
Im Verhältnis zu den beruflichen Interessen der übrigen Rechtsberater wurde bei der Regelung des Rechtsberatungswesens im "Dritten Reich" den Interessen der Anwälte der Vorrang eingeräumt1• Ihre Wettbewerbsposition war durch die Neufassung der RRAO und des RBeratG gesichert2 • Sie wurde darüber hinaus noch indirekt verbessert, indem die Zuständigkeit des Landgerichts, bei dem Anwaltszwang bestand (§ 78 ZPO), erweitert wurde. Durch diese Bevorzugung der anwaltliehen Interessen sollte die schlechte wirtschaftliche Lage der Anwälte verbessert werden. Während die Zahl der Anwälte ständig zugenommen hatte, war ihr Durchschnittseinkommen gesunken. Entwicklung der Anwaltschaft von 1923 bis 19383
Tabelle 1
Jahr
Zahl der Rechtsanwälte relativ absolut (1923 = 100 Ofo)
I
1923
12 729
1930
16 416
1933 Anfang 1934
19 208 18 432
Anfang 1935 Anfang 1936
18 771
Anfang 1937
18 002
Anfang 1938
17 360
18 820
=
100 Ofo
= =
145 Ofo
= =
136 Ofo
= 129 Ofo 151 Ofo
= 148 Ofo = 148 Ofo 141 Ofo
1 Vgl. Pfundtner I Neubert, Bd. II a Nr. 17 Einführung; Schorn, Rechtsberatung, S. 50; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 1 (S. 8). 2 Vgl. oben§ 7, 3 a und b. 3 Zahlenangaben nach Noack, S. 5; Heinken, S . 13; Weniger, JW 1937, s. 1391. Die Zahl der neuzugelassenen Rechtsanwälte in den Jahren 1933 und danach war erheblich höher als die Tabelle erkennen läßt, da bis 1938 die jüdischen Anwälte ausgeschlossen wurden. So wurden von 1933 - 1934 etwa 1500 jüdische Rechtsanwälte ausgeschlossen; vgl. Heinken, S. 13; Noack, S. 6.
§ 8. Der Zweck der Regelung des Rechtsberatungswesens
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Die Neuordnung des Rechtsberatungswesens im Jahre 1935 ist daher eine Maßnahme "zur Behebung der Not des Rechtsanwaltsstandes" 4 • Die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Anwälte wurde aber nicht erst im Dritten Reich für erforderlich gehalten. Vielmehr gab es schon vorher in einzelnen Gesetzen Ansätze mit dieser Zielrichtung. Dazu zählt schon die Vorschrift des § 35 Abs. III GewO vom 1. Juli 18835 , die allerdings nur geringe praktische Auswirkungen hatte6 • Auch die ab 1909 vorgesehene Bedürfnisprüfung für Prozeßagenten7 bezweckte die Besserstellung der Anwälte. Diese Einzelmaßnahmen reichten jedoch nicht zur Behebung der Notlage des Anwaltsstandes aus. Auf die Forderung nach Einschränkung der nichtanwaltliehen Rechtsberatungstätigkeit wurde daher während der Weimarer Republik eine Novelle vorbereitet, aufgrund deren die Prozeßvertretung auch beim Amtsgericht ausschließlich den Rechtsanwälten und Prozeßagenten eingeräumt wurde8• Gleichzeitig wurde die Zulassung zum Prozeßagenten erschwert, indem sie außer von einem Bedürfnis auch von einer Eignungsprüfung abhängig gemacht wurde (§ 157 Abs. I und III ZPO). Die im Dritten Reich durchgeführte Neuordnung des Rechtsberatungswesens beruhte daher zum Teil auf schon in der Weimarer Republik beabsichtigten und begonnenen Maßnahmen9•
• Vgl. Noack, S. 47; Gürtner, DJ 1935, S. 1789; Freisler, DJ 1935, S. 1790 (1790); vgl. auch die Präambel zum 2. Gesetz zur Änderung der Reichsrechtsanwaltsordnung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1470). 5 Die Regelung des § 35 Abs. 3 GewO sollte zur Einschränkung des unerwünschten "Winkelkonsulententums" führen; vgl. RT Verh., Bd. 72, S. 10/11. Mit einer ähnlichen Begründung wurde die schon 1877 vorgesehene fakulta-
tive Ausschlußmöglichkeit geschäftsmäßiger Rechtsberater von der amtsgerichtlichen Prozeßvertretung begründet; vgl. oben § 4, Fn. 18, RT Verh., Bd. 36, S. 384 (431, 447), Drucks. Nr. 6 zu§§ 73, 137 des ZPO-Entwurfes). e Vgl. oben § 4, 1 b. 7 Unmittelbarer Anlaß für die Einführung der Bedürfnisprüfung war die Erhöhung der Streitwertgrenze für das Amtsgerichtsverfahren von 300,Mark auf 600,- Mark und der damit verbundene Rückgang der Prozesse mit Anwaltszwang; vgl. § 23 Nr. 1 GVG in der Fassung vom 1. Juni 1909 (RGBl., S. 475). Gleichzeitig wurde aber auch der Vorrang der Rechtsanwälte für die amtsgerichtliche Prozeßvertretung betont; vgl. RT Verh., Bd. 246, S. 4561, 4567; Bd. 254, S. 8031. s Vgl. oben § 4, Fn. 18. 9 Schon während der Weimarer Republik wurde eine Ergänzung des § 35 GewO von der Reichsregierung vorbereitet, siehe dazu die Mitteilung des Preußischen Justizministers, wiedergegeben von der Anwaltskammer Berlin,
s. 39.
48
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2. Der Schutz der Rechtsuchenden
Wesentlicher Zweck des RBeratG war es, den Rechtsuchenden vor den Nachteilen zu schützen, die ihm "aus der Inanspruchnahme nicht sachkundiger oder unzuverlässiger Personen erwachsen" 10 konnten. Dieses Interesse des Rechtsuchenden an einer "qualifizierten" und "ordnungsmäßigen" Rechtsberatung wurde aufgrundverschiedener Regelungen erreicht. Wegen des grundsätzlichen Verbots des Art. 1, § 1 Abs. I RBeratG lag die Befugnis zur Rechtsberatung regelmäßig bei den erlaubnisfreien Berufen, die ihre Qualifikation durch Leistungsnachweise bestätigen mußten und deren Zuverlässigkeit durch standesoder disziplinarrechtliehe Aufsicht kontrolliert wurde. Da auch die Rechtsbeistände der behördlichen Kontrolle hinsichtlich ihrer Eignung und Zuverlässigkeit unterlagen (Art. 1, § 1 Abs. II RBeratG), bestand erstmals die Gewähr für eine qualifizierte und ordnungsgemäße Rechtsberatung. Daneben wurde durch das RBeratG auch das Interesse des Rechtsuchenden an einem persönlichen Vertrauensverhältnis zu seinem Rechtsberater geschützt, indem die Rechtsberatung grundsätzlich natürlichen Personen vorbehalten wurde, bei denen wegen ihrer unbeschränkten persönlichen Haftung und ihrer Weisungsunabhängigkeit eher die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren als bei juristischen Personen. Diese wurden dagegen weitgehend von der Rechtsberatung ausgeschlossen und konnten nur in Sonderfällen als Rechtsbeistand zugelassen werden (vgl. § 10 Abs. I der 1. VO zum RBeratG). Auch der Vorbehalt der Beratungsbefugnis zugunsten einzelner Berufsgruppen mit fest umrissenem Tätigkeitsbereich bedeutete für den Rechtsuchenden grundsätzlich einen Vorteil, weil die Rechtsberater auf ihrem Tätigkeitsbereich über Spezialkenntnisse verfügten. Die Beschränkung der Beratungsbefugnis auf Teilrechtsgebiete konnte jedoch im Einzelfall für den Rechtsuchenden den Nachteil eines organisatorischen und finanziellen Mehraufwandes mit sich bringen. Eine umfassende Beratung war nämlich nur bei einem Rechtsanwalt möglich, nicht aber bei den sonstigen rechtsberatenden Berufen. So konnte ein Rechtsuchender sich zwar von einem zugelassenen Rechtsbeistand einen Vertragstext aufsetzen lassen, nicht dagegen von ihm auch Aufklärung über die steuerlichen Konsequenzen dieses Vertrages verlangen. Ein Steuerberater durfte zwar den Rechtsuchenden über die 10 So Jonas, S . 4; ders., DJ 1935, S . 1817 (1817); vgl. BGHZ 15, S. 315 (317); BGHZ 34, S . 64 (67); BGHZ 37, S. 258 (260); BVerwG, NJW 1970, S. 1059 (1060); OLG Hamm, NJW 1954, S. 516 (517) mit Anmerkung von Brangsch, Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 1; Schorn, Rechtsberatung, S . 49.
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steuerlichen Folgen einer beabsichtigten Rechtsänderung informieren, nicht aber auch die Formulierung des beabsichtigten Rechtsgeschäftes vornehmen. Der Rechtsuchende mußte deshalb vielfach für eine Rechtsangelegenheit mehrere Rechtsberater in Anspruch nehmen. Da diese tatsächliche Schwierigkeit jedoch durch die Wahl eines Rechtsanwalts ausgeräumt werden konnte, wirkte sich die Regelung des Rechtsberatungsgesetzes für die Rechtsuchenden als Schutz ihrer Interessen an einer qualifizierten Rechtsberatung positiv aus. 3. Der Schutz staatlicher Interessen11
Der nationalsozialistische Gesetzgeber verfolgte mit der Neuordnung des Rechtsberatungswesens nicht nur die Interessen der unmittelbar Betroffenen, nämlich der Rechtsberater und Rechtsuchenden, sondern wegen des Zusammenhangs zwischen Rechtsberatung und staatlicher Normsetzung auch ein Eigeninteresse. Ein Zusammenhang zwischen Rechtsberatung und staatlicher Normsetzung besteht insofern, als sich die Rechtsberatung mit der Anwendung und Durchsetzung gesetzter Normen im Einzelfall befaßt. Der Rechtsberater "vermittelt" 12 dem unkundigen Rechtsuchenden die fremde Rechtsmaterie und sucht, dessen Interessen im Rahmen der gesetzlichen Normen zu verwirklichen. Unterliegt er bei dieser "Rechtsanwendung" keinerlei Bindungen und ist er bereit, die Interessen seines Mandanten möglicherweise auch contra legem durchzusetzen, so bedeutet seine Rechtsberatung eine Beeinträchtigung der vom Staat mit den geschaffenen Gesetzen beabsichtigten Lenkung13• Die Möglichkeiten einer Korrektur solcher Gesetzesverstöße durch die Judikative sind begrenzt, weil die Gerichte nur mit einem geringen Teil von Rechtsangelegenheiten befaßt werden, an denen Rechtsberater mitgewirkt haben. Daher hängt die Wirksamkeit staatlicher Normsetzung bzw. staatlicher Lenkungsmittel wesentlich von der Regelung der Rechtsberatungstätigkeit ab. 11 Es wurde der Ausdruck "staatliche Interessen" dem der "öffentlichen Interessen" vorgezogen, um einerseits auf das originäre Interesse des Staates an der Rechtsberatung und andererseits auf die Möglichkeit hinzuweisen, daß der Inhalt dieses Interesses durch den einfachen Gesetzgeber festgelegt wird und damit seiner Dispositionsbefugnis unterliegt. 12 So treffend König I Kaupen, S. 356 (362) unter Hinweis auf Talcott Parsons. 13 Rabe, NJW 1971, S. 1385 (1386) kennzeichnet diese Aufgabe des Anwalts treffend als "Dienst an der Institution", die im "funktionsimmanentem Widerspruch" zu seiner Aufgabe stehe, "... für die Veränderung bestehender Institutionen" zum Schutze der "Integrität des Individuums" einzutreten.
4 v. Schweinltz
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a) Das Interesse an der Aufsicht über die Berufsausübung der Rechtsberater Um eine gesetzestreue Rechtsberatung zu gewährleisten, hatte der nationalsozialistische Gesetzgeber ein Interesse daran, die Berufsausübung der Rechtsberater nicht völlig frei zu gestalten, sondern einer Aufsicht zu unterstellen. Diese Aufsicht sollte eine Kontrolle dafür bieten, daß die rechtliche Beratung "redlich, gewissenhaft und ordnungsgemäß"14 erfolgte. Bei den "erlaubnisfreien", "kraft Gesetzes" befugten Rechtsberatern war regelmäßig eine wirksame Beaufsichtigung schon aufgrund der bestehenden Berufsausübungsvorschriften vorgesehen15. So wurden die Rechtsanwälte16, Notare17 und Patentanwälte1s zur Erfüllung ihrer Berufspflichten durch das Rügerecht ihrer Berufskammern und durch Androhung eines Ehrengerichts- oder Disziplinarverfahrens angehalten. Bei Zwangsverwaltern19, Konkursverwaltern20 und Nachlaßpflegern21 wurde die Aufsicht durch die zuständigen Gerichte wahrgenommen, bei den Steuerberatern22 durch die Landesfinanzämter. Die Genossenschaften23 unterlagen mittelbar der staatlichen Aufsicht, da ihre Tätigkeit von staatlich kontrollierten Prüfungsverbänden überwacht wurde24. 14 So speziell für Rechtsbeistände und Prozeßagenten: § 1 der 2. VO zum RBeratG vom 3. April 1936 (RGBl. I, S. 359). 15 Vgl. die amtliche Begründung zum Rechtsberatungsgesetz, RStBl. 1935, s. 1528 (1528). 16 Vgl. zum Rügerecht § 52 RAO in der Fassung vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1470); § 57 RRAO vom 21. Februar 1936 (RGBl. I, S . 107); § 75 BRAO vom 1. August 1959 (BGBI. I, S. 565); zum ehrengerichtliehen Verfahren vgl. §§ 62 ff. RAO; §§ 64 ff. RRAO; §§ 193 ff. BRAO. 17 Vgl. §§ 68 ff. RNotO vom 13. Februar 1937 (RGBl. I, S. 191); §§ 65 ff., 92 ff. BNotO vom 24. Februar 1961 (BGBl. I, S. 98). 1B Vgl. zum Rügerecht § 22 PatAG vom 28. September 1'933 (RGBI. I, S. 669); § 70 PatAO vom 7. September 1966 (BGBI. I, S. 557); zum ehrengerichtliehen Verfahren §§ 37 ff. PatAG, §§ 95 ff. PatAO. 1s Vgl. § 153 Abs. 1 ZVG. 20 Vgl. § 83 KO. 2t Vgl. §§ 1960, 1837, 1962 BGB. 22 Vgl. § 107 Abs. III, Ziff. 3 AO in der Fassung vom 22. Mai 1931 (RGBI. I, S. 161, 177). Ab 1933 war der Widerruf der Zulassung nicht mehr gerichtlich überprüfbar; vgl. § 107 Abs. III, Ziff. 2 AO in der Fassung des Gesetzes über die Zulassung von Steuerberatern vom 6. Mai 1933 (RGBl. I, S. 257). Heute werden die Steuerberater durch ihre Berufskammern und die Androhung eines ehrengerichtliehen Verfahrens zur Wahrung ihrer Berufspflichten angehalten; vgl. § 39 und §§ 46 ff. StBerG und zur früheren Rechtslage das Gutachten des RFH vom 10. April1937, JW 1937, S. 1748 (1748, 1749: Zum Steueraufsichtsverfahren der Finanzämter über Steuerberater und Wirtschaftsprüfer). 23 Vgl. §§53, 64 GenG. In dieser Aufsicht liegt der Grund für das Genossen-
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Auch die durch das Rechtsberatungsgesetz neu geschaffenen Berufe der Rechtsbeistände und Helfer in Steuersachen wurden einer wirksamen Aufsicht unterstellt. Während vor Erlaß des Rechtsberatungsgesetzes ihre Tätigkeit der wenig relevanten Kontrolle des § 35 Abs. III GewO unterlag25 , wurde sie jetzt einer wirksamen Kontrolle durch die Zulassungsbehörden unterstellt. So war der für die Zulassung zum Rechtsbeistand zuständige Amtsgerichts- oder Landgerichtspräsident zum Widerruf der erteilten Zulassung schon dann befugt, wenn die übernommenen Geschäfte nicht redlich, gewissenhaft und ordnungsgemäß ausgeführt worden waren26 • Die für die Zulassung zum Helfer in Steuersachen zuständigen Finanzämter waren sogar "jederzeit" zum Widerruf der erteilten Erlaubnis berechtigt27• Durch die Regelung des Rechtsberatungswesens war daher die Möglichkeit einer weitgehenden Kontrolle über die Ordnungsmäßigkeit der geschäftsmäßigen Rechtsberatung gegeben.
b) Das Interesse an der Qualifikation der Rechtsberater Neben der Aufsicht über die Berufsausübung der Rechtsberater diente auch das Erfordernis von Qualifikationsnachweisen dem Ziel einer ordnungsmäßigen Rechtsberatung. Nach der amtlichen BegrünSchaftsprivileg des Art. 1, § 3 Ziff. 7 RBeratG; so BGH, DB 1969, S. 1332; Jonas, S. 32; Schorn, Rechtsberatung, S. 258. Beachte auch § 35 Abs. IX, S. 1 i. V. m. Abs. I, VIII GewO in der Fassung vom 5. Februar 1960 (BGBl. I, S. 61). Danach kann heute die Tätigkeit der Genossenschaften bei Unzuverlässigkeit untersagt werden. 24 Für berufsständische Vereinigungen wurde eine zusätzliche staatliche Aufsicht durch das RBeratG eingeführt; vgl. Art.l, § 7 Satz 2 RBeratG i. V.m. § 16 der 1. VO zum RBeratG; vgl. auch § 107 a Abs. IV, III Ziff. 7 AO in der Fassung des Art. 2 RBeratG vom 13. Dezember 1935 (RGBL I, S. 1478) = § 107 a Abs. IV, II Ziff. 7 AO in der Fassung vom 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301). Auch die Rechtsberatungstätigkeit von Angestellten zugelassener Rechtsberater wurde aufgrund des RBeratG staatlicher Aufsicht unterstellt; vgl. Art. 1, § 6 Abs. II RBeratG; § 107 a Abs. IV, III Ziff. 8 und 9 AO in der Fassung des Art. 2 RBeratG vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1478) = § 107 a Abs. IV, II Ziff. 9 und 10 AO in der Fassung vom 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301). 2s Vgl. oben § 4, 1 b. 26 Vgl. §§ 3, 1 Abs. I Satz 1 und 3 der 2. VO zum RBeratG i. V. m. § 14 der 1. VO zum RBeratG. Der gleichen Aufsicht wurden Prozeßagenten unterstellt; vgl. § 3 und § 1 Abs. I Satz 2 der 2. VO i. V. m. § 14 der 1. VO zum Rech tsbera tungsgesetz. 27 Vgl. § 107 a Abs. VI AO in der Fassung des Art. 2 RBeratG vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1478). Heute ist die Aufsicht über die Steuerbevollmächtigten ( = "Helfer in Steuersachen") entsprechend derjenigen über die Steuerberater geregelt; vgl. oben§ 8, Fn. 22.
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dung hatte der Staat an der Einführung dieser Qualifikation insofern noch ein weiteres Interesse, als vor Erlaß des Rechtsberatungsgesetzes "durch die Tätigkeit nicht hinreichend sachkundiger Vertreter" die Arbeit der staatlichen Organe "wesentlich erschwert" wurde 28• Die Tätigkeit der staatlichen Organe sollte nicht mehr durch die Bearbeitung unbegründeter Anträge und Rechtsbehelfe belastet werden, zu denen unausgebildete "Rechtsberater" ihren Mandanten in Verkennung der Rechtslage eher raten als mit Spezialkenntnissen ausgestattete Rechtskundige. Zudem sollten die Behörden und Gerichte bei Anträgen und Rechtsbehelfen auf die Vorarbeit rechtskundiger Rechtsberater zurückgreifen können. Die Qualifikation der Rechtsberater diente also auch der praktischen Erwägung, die Arbeit der staatlichen Organe zu erleichtern20 •
c) Das Interesse an der wirtschaftlichen Unabhängigkeit der Rechtsberater Da dem nationalsozialistischen Gesetzgeber an einer gesetzestreuen Rechtsanwendung gelegen war, hatte er auch ein Interesse daran, die wirtschaftliche Unabhängigkeit der Rechtsberater zu gewährleisten. Eine gesicherte Existenzgrundlage bietet nämlich neben dem unmittelbaren Vorteil für die Rechtsberater eine tatsächliche Gewähr für die Integrität ihrer Beratung30• So erliegt ein finanziell gesicherter Rechtsberater seltener der Gefahr, rechtlich unannehmbaren Wünschen seines Mandanten nachzukommen, als ein Rechtsberater, der auf jedes Mandat zur Sicherstellung seiner Existenz angewiesen ist. Eine gesetzestreue Rechtsanwendung bleibt daher ein theoretisches Postulat, wenn nicht die materiellen Grundbedingungen für die Möglichkeit ihrer Durchführung geschaffen werden31 • Eine gesicherte Existenzgrundlage bedeutet zwar keine Garantie, aber doch eine Voraussetzung für die Unabhängigkeit der Rechtsberatung. Hinsichtlich der Rechtsanwälte sah sich der nationalsozialistische Gesetzgeber laut der amtlichen Begründung des Rechtsberatungsgesetzes 28 Vgl. die amtliche Begründung zum RBeratG, RStBl. 1935, S. 1526 (1528); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 1 (S. 8). 29 Mit der ,.Entlastung" der Gerichte durch einen sachkundigen Prozeßvertreter wird heute vom BVerwG auch die Beschränkung der Vertretungsbefugnis in § 67 Abs. I VwGO begründet; vgl. BVerwG, NJW 1970, S. 2314 (2315). 3 0 Vgl. dazu Euler, zitiert bei Reidnitz, S. 45. 31 So schon im Jahre 1909 Soldan, zitiert bei Reidnitz, S. 98 oben; vgl. auch Rabe, NJW 1971, S. 1385 (1387).
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sogar zur Gewährleistung der Erwerbsmöglichkeiten "verpflichtet" 82• Gerade die Anwälte seien einer langjährigen Ausbildung, der Bindung ihres Verdienstes an eine Gebührenordnung und zudem noch der Bindung an berufs- und standesrechtliche Vorschriften unterworfen. Wegen dieser eingreifenden staatlichen und sonstigen Bindungen des Anwaltstandes müsse wenigstens auch von Staats wegen für ausreichende Erwerbsmöglichkeiten dieses Standes gesorgt und der Schutz vor dem Wettbewerb anderer, die gleichwertigen Beschränkungen nicht unterworfen seien, gewährleistet werden88 • 4. Der Ausschluß der Juden von der Rechtsberatung
Mit der Neuordnung des Rechtsberatungswesens wollte der nationalsozialistische Gesetzgeber neben dem Schutz der genannten Interessen seine antisemitischen Vorstellungen durchsetzen. Schon unmittelbar nach der Machtergreifung im Jahre 1933 wurde ein Teil der jüdischen Beamten und Richter entlassen und ein Teil der jüdischen Anwälte von der Anwaltsliste gestrichen34 • Nach und nach wurden sie auch von der sonstigen Rechtsberatung ausgeschlossen. Ab 1933 konnten sie nicht mehr als Prozeßvertreter vor den Amtsgerichten auftreten. Die Befugnis zur Prozeßvertretung war nämlich neben den Rechtsanwälten ausschließlich den Prozeßagenten übertragen worden (§ 157 Abs. I ZP0)85• Eine Zulassung zum Prozeßagenten wurde jüdischen Bewerbern jedoch nicht erteilt36• Ebenfalls im Jahre 32 Vgl. die amtliche Begründung zum RBeratG, RStBI. 1935, S. 1526 (1528), nach der der Staat den Anwälten "ein ausreichendes Arbeitsfeld ... sichern muß". Vgl. auch Jonas, S. 4; ders., DJ 1935, S. 376 (378); ders., DJ 1935, S. 1817 (1817). 33 Diesem Teil der amtlichen Begründung folgt der BGH ausdrücklich; vgl. BGHZ 15, S. 315 (317); BGH, NJW 1955, S. 422 (424); BGHZ 37, S. 258 (261); BGHZ 34, S. 63 (68); BGH, NJW 1956, S. 749 (750); ebenso Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 1 (S. 8); Schorn, Rechtsberatung, S. 50; vgl. auch BGH, NJW 1967, S. 1558 (155911560 Ziff. 3), wo noch auf die Verpflichtung der Rechtsanwälte verwiesen wird, in Armensachen zu geringeren Gebühren und unter Ausschluß der Rechtsform einer juristischen Person tätig zu werden. 34 Von den im April 1933 zugelassenen 4500 jüdischen Rechtsanwälten konnten Ende 1933 nur noch etwa 2900 und Anfang 1938 nur noch 1753 ihren Beruf ausüben (Zahlenangaben von Heinken, S. 14; vgl. auch Kaupen, S. 111). Die ersten Maßnahmen gegen jüdische Rechtsanwälte wurden schon Anfang 1933 erlassen (§ 1 des Gesetzes über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7. April 1933 (RGBI. I, S. 188)). 1938 wurde den letzten jüdischen Rechtsanwälten und Patentanwälten die Zulassung entzogen (5. VO zum Reichsbürgergesetz vom 27. September 1938 (RGBI. I, S. 1403) und 6. VO zum Reichsbürgergesetz vom 31. Oktober 1938 (RGBI. I, S. 1545)); vgl. zum Ausschluß der Juden aus den übrigen Berufen Schorn, Gesetzgebung des Nationalsozialismus, S. 84 ff.). as Vgl. oben § 4, Fn. 18. 36 Vgl. § 6 der AV des RJM zur Zulassung von Prozeßagenten vom 23. März 1935, DJ 1935, S. 486.
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1933 wurde für Juden die Befugnis zur Steuerberatung beschränkt. Juden wurden als Steuerberater nicht mehr zugelassen und die schon erteilten Zulassungen wurden den jüdischen Steuerberatern wieder entzogen37 • Einige der jüdischen Rechtsanwälte und Steuerberater, denen die Zulassung entzogen worden war, versuchten, als Rechtskonsulent tätig zu werden. Diese Möglichkeit bestand nach Erlaß des RBeratG im Jahre 1935 :nicht mehr, da ihnen eine Zulassung als Rechtsbeistand nicht gewährt wurdess. Einige wenige von ihnen erhielten zwar die Zulassung als "jüdischer Rechtskonsulent" 39• Da deren Tätigkeit jedoch auf die Beratung der aus dem Wirtschaftsleben weitgehend ausgeschlossenen jüdischen Rechtsuchenden beschränkt war 40, konnten sie die ihnen formell zustehende Teilrechtsberatungsbefugnis tatsächlich nicht oder kaum mehr ausüben. In erschreckender Konsequenz wurden die Juden daher von allen Bereichen der Rechtsberatung ausgeschlossen und den jüdischen Rechtsberatern die wirtschaftliche Existenzgrundlage entzogen. Ihnen stand auch kaum mehr die Möglichkeit offen, auf die Tätigkeit eines Wirtschaftsberaters auszuweichen. Zwar wurde ihnen zunächst diese Tätigkeit selbst nicht versagt, jedoch deren Ausübung erheblich erschwert. So mußten sie zum Zwecke einer späteren Konfiszierung ihr Vermögen41 , insbesondere ihren Gewerbebetrieb42 anmelden. Die Diskriminierung innerhalb der Rechtsberatung traf die Juden besonders schwer, weil ihr Anteil unter den Rechtsberatern, vor allem 37 Vgl. Art. 1, § 1 des Gesetzes über die Zulassung von Steuerberatern vom 6. Mai 1933 (RGBl. I, S. 257); vgl. auch die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Zulassung von Steuerberatern vom 6. Mai 1933 (RStBl. 1933, S. 414, Anm. 1). Zunächst wurden noch Juden zur Steuerberatung zuge-
lassen, sofern sie als Rechtsanwalt oder Notar tätig werden durften. 38 Vgl. §§ 5, 11 Abs. II der 1. VO zum RBeratG vom 13. Dezember 1935 (RGBl. I, S. 1481). 39 Vgl. AV d. RJM vom 17. Oktober 1938 über die "Angelegenheiten der jüdischen Konsulenten" (DJ 1938, S. 1666 ff.) und die Bekanntmachung des RJM vom gleichen Tage über die "Niederlassungsorte der jüdischen Konsulenten" (DJ 1938, S. 1670 ff.). 40 Vgl. Ziff. III e der AV des RJM, DJ 1938, S. 1667. 41 Vgl. § 7 der Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 26. April 1938 (RGBl. I, S. 414) und die hierzu erlassene DVO vom 18. Juni 1938 (RGBl. I, S. 640). 42 Diese Bestimmungen konnten auch nicht umgangen werden, da der Begriff des "jüdischen Gewerbebetriebes" sehr weit ausgelegt (vgl. 3. VO zum Reichsbürgergesetz vom 14. Juni 1938 (RGBl. I, S. 627), besonders §§ 3 und 4) und eine Scheinübereignung des Gewerbebetriebes an einen anderen deutschen Staatsangehörigen ausgeschlossen wurde (vgl. Verordnung gegen die Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe vom 22. April 1938 (RGBl. I, S. 404).
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unter den Rechtsanwälten43 erheblich höher als ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung war. Nach Weißler sollen schon 1905 fast die Hälfte aller Berliner Anwälte Juden gewesen sein44, 1932 waren es nach einer Mitteilung44 a der Reichs-Rechtsanwaltskammer 54 °/o. Im gesamten Reichsgebiet waren im April 1933 24 °/o der Rechtsanwälte jüdischer Herkunft45 • Die stete Zunahme jüdischer Rechtsanwälte erklärt sich u. a. daraus, daß Juden nur zögernd in den Staatsdienst aufgenommen wurden, obwohl ihnen in Preußen schon im Jahre 1813 das Bürgerrecht und ab 1850 das Recht auf Zugang zu allen öffentlichen Ämtern eingeräumt worden war46 • Viele Juden, die sich vergeblich um eine Einstellung in den juristischen Staatsdienst beworben hatten, hatten sich als Rechtsanwalt niederlassen können. Dabei bevorzugten sie zumeist die großen Handelsund Wirtschaftszentren'7 • Diese Tatsache legt die Vermutung nahe, daß sich die jüdischen Anwälte in besonderem Maße mit Wirtschaftsberatung befaßten. Sie berechtigt jedoch nicht zu der Folgerung, "weite Kreise" der übrigen Anwälte habe der Wirtschaftsberatung "fremd oder sogar feindlich" gegenübergestanden48• Dabei wird nämlich übersehen, daß in den Wirtschaftszentren immer noch die größere Anzahl von Anwälten nichtjüdischer Herkunft war47 • Die für die jüdischen Anwälte geltende 43 Vgl. Heinken, S. 14; Kaupen, S. 111. Schon 1876 waren von den 12 000 Rechtsanwälten etwa ein Achtel jüdischer Herkunft (vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 438). 44a Zitiert von König I Kaupen, S. 112, Anm. 15. ' 5 Am 1. April 1933 wurden von 3433 Berliner Rechtsanwälten etwa 1800 (= 54 °lo) als Juden bezeichnet. Anfang 1938 war ihr Anteil auf 27 Ofo gesunken; vgl. Heinken, S. 14. 46 Vgl. Weißler, Rechtsanwaltschaft, S. 438; vgl. auch Kaupen, S. 107 ff., bes. Tabelle 38 - 40. 47 Vgl. Klinkenberg, S. 309- 384 (376); Balte I Kappe, S. 73; Kaupen, S. 109/110, Tabelle 38-40. Dagegen ist die Konzentration jüdischer Rechtsanwälte in den Wirtschaftszentren nicht mit der von Kaupen für das Jahr 1938 aufgestellten Tabelle exakt n achzuweisen (K aupen, S. 113, Tabelle 43). In den ersten J ahren nach der Machtergreifung bis zum Erlaß des Reichsbürgergesetzes vom 15. September 1935 (RGBl. I, S. 1146) gab es keine einheitliche Regelung, wer von den Nationalsozialisten als Jude angesehen wurde und wann die Zulassung eines jüdischen Rechtsanwaltes zu widerrufen war. Das Widerrufsrecht wurde daher an den verschiedenen Orten höchstwahrscheinlich unterschiedlich ausgeübt, so daß die örtliche Verteilung der jüdischen Rechtsanwälte im Jahre 1938 nicht mit derjenigen vor 1933 übereinstimmt. 48 So aber Kaupen, S. 112 ff., bes. 114, 115 und auch König I Kaupen, S. 356 (367). Kaupen sucht seine These mit dem Rückgang des anwaltliehen Durchschnittseinkommens der Jahre 1934- 1936 im Verhältnis zu den J ahren 1928
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Vermutung, sich in den Wirtschaftszentren mehr mit Wirtschaftsberatung befaßt zu haben, gilt daher auch für die übrigen, dort ansässigen Anwälte. Mit dem Ausschluß der Juden hat sich zwar die absolute Zahl von Wirtschaftsjuristen verringert. Damit ist jedoch nicht der Nachweis erbracht, daß sich der relative Anteil der Wirtschaftsjuristen unter der Anwaltschaft entscheidend vermindert hat. Insofern ist auch die Annahme einer "Wirtschaftsfremdheit" der Anwälte im Dritten Reich nicht hinreichend belegt.
§ 9. Die Berücksichtigung nationalsozialistischen Gedankenguts bei der Neuregelung des Rechtsberatungswesens Typisch nationalsozialistisch an der Regelung des Rechtsberatungswesens ist die speziell die jüdischen Rechtsberater betreffende Einzelregelung, also der in § 5 der 1. VO zum RBeratG vom 13. Dezember 1935 (RGBL I, S. 1481) vorgesehene Ausschluß der Juden von der Zulassung als Rechtsbeistand. Daneben verfolgten die Nationalsozialisten bei der Neuordnung des Rechtsberatungswesens den von ihnen vertretenen ständischen Ordnungsgedankent, einzelne Personen gemäß ihrer ausgeübten Funktion in Organisationen zusammenzufassen. Die organisatorische Zusammenfassung sollte nicht so sehr der Wahrnehmung der Interessen der einzelnen Mitglieder dienen, sondern vornehmlich dem Zweck, "den Willen von Partei und Führung auf die Massen zu übertragen" 2 • Zum Zwecke dieser "gesellschaftspolitischen Gleichschaltung"3 wurden frühere, selbständige Vereinigungen entweder aufgelöst und durch neue nationalsozialistische "Gliederungen" oder "Verbände" ersetzt oder zumindest der NSDAP angegliedert. Aus diesem Grunde wurden ähnlich wie beispielsweise die Bauern im "Reichsnährstand" 4 oder die Arbis 1931 zu belegen (Kaupen, S. 116). Nach seiner Meinung soll dieser Rückgang durch den teilweisen Ausschluß der jüdischen Anwälte verursacht worden sein, da diese sich mehr mit Wirtschaftsfragen befaßt und deshalb auch mehr verdient hätten. Die Minderung des Durchschnittseinkommens beruht jedoch auf einem anderen Grund, nämlich dem erheblichen Rückgang der Prozeßtätigkeit. Während im Jahre 1931 an den Amts- und Landgerichten mehr als 18 Millionen Rechtsstreitigkeiten dur.chgeführt wurden, waren es 1933 weniger als 10,1 Millionen (Zahlenangaben nach Noack, S. 8). 1 Vgl. hierzu Lütge, S. 561; F. Bülow, S. 54 ff.; speziell für die Rechtsanwaltschaft: Noack, 2. neubearbeitete Auflage 1937, Vorbem. VI (S. 15/16). 2 So Bracher, S. 237, 240. 3 Vgl. Bracher, S. 241, 237. 4 Vgl. die 4. DV über den vorläufigen Aufbau des Reichsnährstandes vom 4. Februar 1935 (RGBL I, S. 170). Auch mit der Bildung des Reichsnährstandes sollte erreicht werden, daß "der Allgemeinheit nicht eine Fülle selbständiger Interessengruppen (gegenüberstand), sondern diese Gruppen zu einer höheren Einheit zusammengefaßt und gebunden" wurden; so Greiffenhagen, WPg 1957, s. 185 (188).
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beitnehmer und Arbeitgeber in der "Deutschen Arbeitsfront" 5 die mit der Rechtsanwendung befaßten Personen in einer Organisation erfaßt, nämlich dem "NS-Rechtswahrer-Bund"6 • Wegen ihrer nationalsozialistischen Zielsetzung wurden diese und ähnliche Verbände 1945 aufgelöst. Zwischen der Ausgestaltung des "NS-Rechtswahrer-Bundes" und der des Rechtsberatungswesens aufgrund des Rechtsberatungsgesetzes besteht zwar eine gewisse Übereinstimmung. In beiden Regelungen kommt insofern das gleiche Ordnungsschema zum Ausdruck als bisher für wesensfremd gehaltene Berufe - wie z. B. Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer - zusammengefaßt und von den sonstigen Berufen getrennt wurden. Erstmalig wurde damit die gemeinsame Funktion dieser Berufe im Hinblick auf die Rechtsanwendung zum Ausgangspunkt einer gemeinsamen Regelung genommen. Eine weitere Übereinstimmung bestand jedoch nicht. Der Kreis der im "NS-Rechtswahrer-Bund" zusammengefaßten Personen war nämlich nicht mit dem durch das Rechtsberatungsgesetz angesprochenen Personenkreis identisch. So ist das Rechtsberatungsgesetz insofern umfassender, als es alle Rechtsberater betraf und nicht nur diejenigen, die Mitglied der NSDAP oder des "NS-Rechtswahrer-Bundes" waren. Auf der anderen Seite erfaßte das Rechtsberatungsgesetz einen engeren Personenkreis, weil es sich nur an die Rechtsberater wandte und nicht an die übrigen zum "NS-Rechtswahrer-Bund" gehörenden rechtanwen5 Die als größte NS-Massenorganisation gegründete "Deutsche Arbeitsfront" war ein der NSDAP "angeschlossener Verband"; vgl. VO zur Durchführung des Gesetzes zur Sichernng der Einheit von Partei und Staat vom 29. März 1935 (RGBl. I, S. 502) und das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. Januar 1934 (RGBl. I, S. 45); vgl. im übrigen die Aufstellung bei Zenter, S. 290/291. 6 1928 wurde der "Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen" gegründet, der bis 1933 nur etwas über 1000 Mitglieder hatte (vgl. dazu Frank, JW 1938, S. 2632). Nach der Machtergreifung wurden zunächst die freien Verbände der rechtsanwendenden und einiger anderer Berufe (z. B. Dolmetscher) und später - nach der Auflösung dieser Verbände - unmittelbar deren Mitglieder in den BNSDJ eingegliedert (vgl. hierzu ausführlich Weinkauff, S. 102 ff., bes. 103, 106). 1936 wurde der BNSDJ in den "Nationalsozialistischen Rechtswahrer-Bund" umbenannt, der ebenfalls den Status eines an die NSDAP angeschlossenen Verbandes hatte (vgl. Frank, DJ 1936, s. 797/798). Der "NS-Rechtswahrer-Bund" bzw. der BNSDJ gliederte sich in "Reichsfachgruppen", z. B. für Richter und Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Notare, Rechtspfleger, Rechtswahrer der Verwaltung, Wirtschaftsrechtier und Hochschullehrer des Rechts (vgl. die Anordnung Nr. 20/34 des Reichsleiters Frank, DR 1934, S. 539). Zur Reichsgruppe "Wirtschaftsrechtler" gehörten neben den Volkswirten die "Wirtschaftstreuhänder" und zu diesen wiederum u. a. die Steuerberater und Wirtschaftsprüfer; so Mönckmeier, DR 1934, S. 6/7; vgl. im einzelnen Liß, S. 181 (bes. 220- 222, 238) ; Mönckmeier, S. 1, 50 ff.; zur erweiterten Rechtsberatungsbefugnis vgl. oben§ 7, Fn. 14.
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I, 4.: Das Rechtsberatungswesen im Dritten Reich, insbes. ab 1935
denden Personen, wie z. B. die Richter und Staatsanwälte. Aus der in etwa gleichzeitigen Zusammenfassung der rechtsanwendenden Berufe im "NS-Rechtswahrer-Bund" ergibt sich daher nicht, daß das Rechtsberatungsgesetz insgesamt typisch nationalsozialistisch ist. Typisch nationalsozialistisch und damit nichtig ist dagegen das Verbot für Juden, als Rechtsbeistand tätig zu werden (§ 5 der 1. VO zum RBeratG). Mit diesem Verbot mißbrauchte die nationalsozialistische Gesetzgebung die mit dem Rechtsberatungsgesetz geschaffene Berufsordnung als Mittel zur Durchsetzung antisemitischer Vorstellungen. Wenn dieses Verbot für die betroffenen jüdischen Rechtsberater auch einschneidende Auswirkungen hatte, so stellt es im Rahmen des Rechtsberatungsgesetzes doch nur eine Regelung dar und ist für die Beurteilung des gesamten Gesetzes nicht allein entscheidend. Hätte der nationalsozialistische Gesetzgeber nämlich mit dem Rechtsberatungsgesetz ausschließlich einen antisemitischen Zweck verfolgen wollen, so hätte er sich darauf beschränken können, ein grundsätzliches Rechtsberatungsverbot lediglich für jüdische Rechtsberater auszusprechen. Tatsächlich gilt das grundsätzliche Rechtsberatungsverbot jedoch für jeden Rechtsberater. Auch sind für die in Art. 1, § 2-6 RBeratG vorgesehenen Ausnahmen von dem grundsätzlichen Rechtsberatungsgesetz nicht rassische Vorurteile maßgebend, sondern die aufgezählten Tätigkeitsbereiche oder die berufliche Qualifikation der Berater. Abgesehen davon ist der Ausschluß der Juden von der Rechtsberatungstätigkeit nicht Inhalt des eigentlichen Rechtsberatungsgesetzes, sondern Teil der Ausführungsverordnungen (§ 5 der 1. VO zum RBeratG). Ebensowenig wie andere damals erlassene Berufsordnungen, wie beispielsweise die Reichsrechtsanwaltsordnung, nicht schon wegen einer antijüdischen Einzelregelung insgesamt typisch nationalsozialistisch sind, hat das Rechtsberatungsgesetz insgesamt wegen des Ausschlusses der jüdischen Rechtsberater diesen Charakter7 • Mit dem Rechtsberatungsgesetz wurden daher sowohl antisemitische Vorstellungen wie auch sonstige Zweckrichtungen verfolgt. Beim Rechtsberatungsgesetz bestehen die neben den antijüdischen Vorstellungen verfolgten Zwecke in dem Schutz der Interessen der Rechtsberater8 und der Rechtsuchenden9 und dem Schutz des staatlichen Interesses10• Dabei ist der stärkere Schutz der Interessen der Rechts7 Vgl. h. M.; Altenhoff I Busch I Kampmann, Einleitung; Heßdörfer, S. 1; BGH, BB 1957, S. 52 (52); OLG Hamm, NJW 1954, S. 516 (517); OLG Frankfurt, NJW 1951, S. 814 (815); OLG München, NJWIRzW 1953, S . 201 (201); OLG NeustadtiWeinstr., AnwBI. 1956, S. 92 (93). 8 Vgl. oben § 8, 1. 0 Vgl. oben § 8, 2. 10 Vgl. oben § 8, 3.
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beraterund Rechtsuchenden im Vergleich zu der reichsgesetzlichen Regelung das Ergebnis einer geschichtlichen Entwicklung, die schon vor 1933 eingesetzt hatte11 • Der Ausgangspunkt der liberalen Wirtschaftssysteme, die Auswahl der Besten dem freien Spiel der Kräfte zu überlassen, wurde schon im Deutschen Reich nicht mehr uneingeschränkt beibehalten, da sich nicht die Fähigsten, sondern die wirtschaftlich Stärksten durchgesetzt hatten. In der Weimarer Republik setzte sich diese Entwicklung insofern fort, als in die gemäß Art. 11, 153 Abs. 111 WRV formell garantierte Berufs- und Gewerbefreiheit unbegrenzt durch einfache Gesetze eingegriffen werden konnte. So wurde der Grundsatz der Gewerbefreiheit bis 1932 allein durch 60 Novellen zur Gewerbeordnung eingeschränkt12 • Schon vor 1933 wurden für zahlreiche Berufe, beispielsweise für Gastwirte13, Stellenvermittler14 , Hebammen15 und Pfandleiher16 Berufsordnungen erlassen, in denen auch eine Bedürfnisprüfung vorgesehen war. Die in diesen abgeschlossenen Berufsordnungen vorgesehene staatliche Vorauswahl sollte einmal die Qualifikation der Berufsangehörigen gewährleisten und zum anderen ihre Erwerbsmöglichkeit sichern. Dieser Ausschlußcharakter der Berufsordnungen bedeutet eine Annäherung an das spätmittelalterliche Berufsrecht. Die entsprechend verlaufende Ausgestaltung des Rechtsberatungswesens im Dritten Reich durch das Rechtsberatungsgesetz knüpft insoweit an eine allgemeine Entwicklung des Berufsrechts an17• Die antijüdische Einzelregelung ist dagegen "typisch nationalsozialistisch". 11 So für den Schutz der Interessen der Rechtsanwälte: F. R. Schmidt, S. 1641165; und für den Schutz der Interessen der Rechtsuchenden: OLG Hamm, NJW 1951, S. 815 (815); OLG Hamm, NJW 1954, S. 516 (517). 12 Vgl. Landmann I Rohmer I Eyermann I Fröhler, 1. Bd., 12. Auf!., Einl., Rn.15. 13 Für die Zulassung von Gastwirten konnte ab 1879 durch landesrechtliehe Vorschriften eine Bedürfnisprüfung eingeführt werden. Ab 1923 war sie im gesamten Reichsgebiet vorgeschrieben; vgl. § 33 Abs. III GewO i. d. Fassung vom 23. Juli 1879 (RGBI., S. 267); § 33 Abs. li GewO i. d. Fassung des Notgesetzes vom 24. Februar 1923 (RGBl. I, S. 147); § 1 Abs. II Caststättengesetz vom 18. April 1930 (RGBL I, S. 146). Die Bedürfnisprüfung wurde aufgehoben durch das Urteil des BVerwG, NJW 1954, S. 524 (525). 14 Vgl. § 2 Abs. II Nr. 2 Stellenvermittlungsgesetz vom 2. Juni 1910 (RGBl., S. 860). 15 Vgl. § 7 preußisches Hebammengesetz vom 20. Juli 1927, (GS. S. 179). 16 Die meisten Länder, z. B. Preußen, Sachsen und Bayern, machten von der ihnen ab 1879 zustehenden Befugnis Gebrauch, die Zulassung zum Pfandleiher von einer Bedürfnisprüfung abhängig zu machen; vgl. § 34 Abs. I, S. 1 GewO i. d. Fassung vom 23. Juli 1879 (RGBl., S. 267). 1 7 Vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 147; OLG Hamm, NJW 1954, S. 516 (517); OLG Hamm, NJW 1951, S. 815 (815); vgl. auch Jonas, S. 6 zu der entsprechenden Entwicklung in Österreich.
5. Abschnitt
Das Rechtsberatungswest>n in der Bundesrepublik Deutschland § 10. Die Änderung des Rechtsberatungswesens 1. Die Aufhebung antijüdischer Regelungen
Das Rechtsberatungsgesetz war aufgrund des "Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. 3. 1933" (Ermächtigungsgesetz1) erlassen worden. Mit der Aufhebung des Ermächtigungsgesetzes durch das Kontrollratsgesetz Nr. 12 wurde das Rechtsberatungsgesetz selbst nicht rechtswidrig, da die Aufhebung des Ermächtigungsgesetzes keine rückwirkende Kraft hatte 3 • Nur die Einzelvorschriften, die die Juden diskriminiert' oder den Angehörigen nationalsozialistischer Organisationen besondere Rechtsberatungsbefugnisse eingeräumt hatten5 , traten außer Kraft. Dagegen galten- nach anfänglichem Streit für die amerikanische Besatzungszone6 - die übrigen Bestimmungen 1 =Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. März 1933 (RGBl. I, S. 41). 2 = Kontrollratsgesetz Nr. 1 vom 20. September 1945 (Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, Britisches Kontrollgebiet, S. 35). 8 Vgl. hierzu BVerfG 9, S. 3 (12) ; BVerfG 12, S. 341 (346/347); BVerfG, NJW 1967, S. 1555 (1556); Hamann I Lenz, Art. 129 Anm. 12 (m. w. Lit.). 4 Als antijüdische Regelungen wurden z. B. durch Art. 1 der Proklamation Nr. 3 des Kontrollrates vom 20. Oktober 1945 außer Kraft gesetzt: für die Zulassung als Rechtsbeistand: § 5 der 1. VO zum Rechtsberatungsgesetz; vgl. OLG Karlsruhe, AnwBl. 1969, S. 410 (410); für die Zulassung als Prozeßagent: § 6 der AV des RJM vom 23. März 1935, DJ 1935, S. 486; vgl. auch Schorn, Rechtsberatung, S. 296. 5 Vgl. z. B. Art. 1, § 3 Ziff. 1, 2. und 4. Alt. RBeratG oder § 5 der 2. VO zum RBeratG; vgl. oben§ 7, Fn. 14. 6 In der amerikanischen Zone war die Weitergeltung des RBeratG aus folgendem Grunde umstritten: grundsätzlich durfte die Zulassung zu den "freien Berufen" nicht von besonderen Voraussetzungen abhängig gemacht werden (Befehl der amerik. Mil.-Reg. vom 11. Januar 1949 (Reg. BI. d. Mil.Reg. von Württemberg-Baden 1949, S. 36). Die Rechtsbeistände im weitesten Sinne wurden weder ausdrücklich in der Aufzählung der weiterhin zulassungspflichtigen Berufe genannt noch in dem Berufskatalog der Direktive vom 28. März 1949 aufgenommen. Die Fortgeltung des RBeratG wurde deshalb abgelehnt vom VGH Württemberg-Baden, NJW 1950, S. 963; hiergegen die Anmerkung von Werner, NJW 1950, S. 963/964; vgl. zur damaligen Regelung: Friesenhahn, NJW 1949, S. 701 (7011702).
§ 10. Die Änderung des Rechtsberatungswesens
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des Rechtsberatungsgesetzes weiter7• 1958 wurde das Rechtsberatungsgesetz unter Änderung der Überschrift in die Sammlung des Bundesrechts aufgenommens. 2. Die Fortgeltung des grundsätzlichen Verbotes der geschäftsmäßigen Rechtsberatung, auch im Rahmen der Prozeß- und Behördenvertretung
a) Die Anwendung des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbots bei der Prozeß- bzw. Behördenvertretung Nachdem dieFortgeltung desRechtsberatungsgesetzes bzw.des § 107a AO durch die Rechtsprechung geklärt war, versuchte eine Minderansicht9 den Anwendungsbereich des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbotes durch eine einengende Auslegung zu begrenzen. Nach dieser Meinung sollte sich Art. 1, § 1 RBeratG nicht auf die Prozeßvertretung beziehen, weil diese durch die verfahrensrechtlichen Vorschriften wie z. B. §§ 157, 78 ZPO abschließend geregelt worden sei. Diese Ansicht stimmt jedoch nicht mit der Regelung des Rechtsberatungsgesetzes überein. Gemäß Art. 1, § 1 Abs. I RBeratG unterfällt die "Einziehung einer Forderung" - eine besondere Art der Rechtsberatung im Außenverhältnis - ohne Einschränkung dem grundsätzlichen Rechtsberatungsverbot. Die Einziehung einer Forderung umfaßt aber auch deren gerichtliche Geltendmachung. Damit erstreckt sich das grundsätzliche Rechtsberatungsverbot auch auf die Prozeßvertretung. Ausdrücklich wird dies - allerdings nur für die Steuerberatung durch die Vorschrift des § 107 a AO klargestellt. Nach § 107 a Abs. I, S. 2 AO erfaßt die erlaubnispflichtige Hilfeleistung in Steuersachen auch die Verteidigung in einem Steuerstrafverfahren. Damit unterfällt auch die geschäftsmäßige Beratung in einem Gerichtsverfahren dem grundsätzlichen Rechtsberatungsverbot des § 107 a Abs. III, S. 1 AO. Da § 107 a AO eine Wiederholung des allgemeinen Rechtsberatungsverbots für die Steuerberatung darstellt, gilt für das Gebiet der allgemeinen Rechtsberatung nichts anderes. Das grundsätzliche Rechtsbera7 Vgl. OLG Hamburg, MDR 1951, S. 305; Stein I Jonas I Fohle, § 157 Fn. 1 (m. w. Lit.). 8 Vgl. oben Einführung, Fn. 1. 9 So für die Steuerberatung: Immesberger, DStZ/Ausgabe A 1961, S. 351 (352); für die allgemeine Rechtsberatung, speziell die Beratung in Lastenausgleichssachen: vgl. Lubitz, l:tLA 1959, S. 321 (322). Runge will umgekehrt den Anwendungsbereich des RBeratG auf die Prozeß- und Behördenvertretung beschränken; vgl. Runge, NJW 1957, S. 301 (302); dagegen richtig Schorn, Rechtsberatung, S. 282; OLG Köln, AnwBL 1960, s. 203 (203).
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I, 5.: Das Rechtsberatungswesen in der BRD
tungsverbot erstreckt sich daher auf jegliche geschäftsmäßige Rechtsberatungstätigkeit10 einschließlich der Prozeß- und Behördenvertretung.
b) Die Auswirkung des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbots im Behörden- und Gerichtsverfahren Während die grundsätzliche Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes bzw. des § 107 a AO auf die Behörden- und Prozeßvertretung heute allgemein10 anerkannt wird, ist weiterhin streitig, ob und wie sich die Beschränkungen der Rechtsberatungstätigkeit durch das Rechtsberatungsverbot im einzelnen Verfahren auswirken. Geklärt sind diese Fragen für die Steuerberatung, da hier ausdrücklich bestimmt ist, daß sich die Beschränkung des § 107 a AO auf die Behörden- und Prozeßvertretung erstrecken sollen11 • Gleiches gilt im Rahmen der "allgemeinen Rechtsberatung" für die Bereiche, in denen eine über die Grenzen des Rechtsberatungsgesetzes hinausgehende Regelung besteht, wie z. B. für die Prozeßvertretung im Zivil-12, Arbeits-13 und Sozialgerichtsverfahren14 oder die Vertretung vor dem Patentamt15. Von erheblicher praktischer Bedeutung sind diese Fragen allerdings dort, wo eine solche ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt, z. B. bei der Prozeßvertretung in der freiwilligen 16 oder der Verwaltungs10 Zur h. M. vgl. Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3 m. w. N.; Bühring, DStZ 1961, S. 373 (374); Heidrich, RLA 1957, S. 8 (10), insoweit anders als Lubitz, RLA 1959, S. 321 (322); vgl. auch BVerfG 10, S. 185 (194/195); BGH, NJW 1956, S. 749 (750). 11 Vgl. § 62 Abs. II, S. 2 FGO, § 107 Abs. II, S. 2 AO in der Fassung des Reichsabgabenänderungsgesetzes vom 15. September 1965 (BGBL I, S. 1365). Zur früheren Rechtslage BFH, BStBl. 1955, III, S. 121 (Untersagungsverfügung des Finanzamtes möglich); Foerster, DB 1963, S. 941 (942); vgl. auch oben § 4, Fn. 20. t2 Vgl. §§ 78 ff., 157 Abs. 1 ZPO. 13 Vgl. § 11 ArbGG. u Vgl. §§ 73 Abs. VI, 166 Abs. II SGG. 15 Zur berufsmäßigen Vertretung bei der Anmeldung eines Patentes bei dem Patentamt sind grundsätzlich nur Patentanwälte und Rechtsanwälte befugt (§ 16 PatG i. V. m. §§ 3, 186 PatAO vom 7. September 1966 (BGBl. I, S. 557). Eine Ausnahme besteht u. U. für Patentassessoren und für die - nach früherem Recht möglichen- "Erlaubnisscheininhaber" (§§ 11, 155 und§ 177, 178 bzw. § 182 Pat AO; vgl. KrausseI Kathlun I Lindenmaier I Zeunert, § 16 Rn. 6; § 26 Rn. 6). Alle anderen geschäftsmäßigen Rechtsberater sind von der Vertretung ausgeschlossen (so Reimer I Neumar, § 16 PatG Rn. 8). 18 Vgl. § 13 FGG, der nach der h. M. nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 157 Abs. 1 ZPO eingeschränkt wird; so BGH, NJW 1971, S. 42 (43); KG, OLGZ 1966, S. 112 (113); Jansen, § 13, Rn. 35; Baur, § 15, Fn. 15; Stein/ Jonas I Pohle, § 157 Anm. I, 3 ; insoweit auch Keidel, § 13, Anm. 23. Dies gilt auch in einem "Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit" (so Jansen,
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gerichtsbarkeit, bei der Prozeßvertretung außerhalb der mündlichen Verhandlung vor einem Amts-12 und einem Sozialgericht14 oder bei der Vertretung gegenüber den meisten Behörden. Nach der von Schorn17 vertretenen Ansicht soll jeder Rechtsberater, der mit seiner Beratung gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt, kraft Gesetzes von der Vertretung im Verfahren vor Behörden und Gerichten ausgeschlossen sein. Seine in den Verfahren vorgenommenen Handlungen und Erklärung.en sollen kraft Gesetzes unwirksam sein. Diese weitreichenden Folgen des Verstoßes gegen das Rechtsheratungsg.esetz im behördlichen und prozessualen Verfahren sollen sich nach Schorn aus dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes ergeben, den "Schutz der Rechtspflege" zu gewährleisten. Schorn beruft sich zur Begründung seiner Ansicht nicht auf eine bestimmte Vorschrift, wenn er auch in diesem Zusammenhang § 157 Abs. I ZPO erwähnt. § 157 Abs. I ZPO betrifft aber nur das Auftreten eines Beraters "in der mündlichen Verhandlung". Der von Schorn vertretene generelle Ausschluß der gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Berater von der gesamten Vertretungstätigkeit - also auch von derjenigen außerhalb einer mündlichen Verhandlung- kann daher nicht auf§ 157 Abs. I ZPO gestützt werden. Dies gilt um so mehr, § 13, Rn. 35), in Landwirtschaftssachen (so OLG Celle, RdL 1957, S. 109 (1091110); Barnstedt, § 14 Anm. 72 (S. 164); Herminghausen, Anm. zu OLG
Hamm, RdL 1956, S. 77 (78)) oder in Rückerstattungssachen (OLG Düsseldorf, NJWIRzW 1951, S. 260 (261); OLG Hamburg, NJWIRzW 1951, S. 214 (215); Artl, Anm. zu WK Düsseldorf, NJWIRzW 1951, S. 19 (20); Blessin I Wilden, § 27, Rn. 13; im Ergebnis ebenso Schorn, Rechtsberatung, S, 96; a. A. Keidel, § 13 Rn. 23; ders., JZ 1953, S. 272 (272); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 22 c; OLG Frankfurt, NJWIRzW 1952, S. 200 (200), das allerdings Ausnahmen zuläßt). Allerdings bestehen auch im FGG-Verfahren Beschränkungen der Rechtsberatungstätigkeit, beispielsweise: a) Unterschriftsleistung bei weiterer Beschwerde nur durch Rechtsanwalt, Notar oder Behörde(§ 29 Abs. I, S. 2, 3 FGG; § 80 Abs. I, S. 2, 3 GBO). b) Zurückweisung der Rechtsberater wegen fehlender Sachkunde (§ 157 Abs. 11 ZPO analog; so KG, OLGZ 1966, S. 112 (113); Baur, § 15 Anm. A III, 2; Keidel, § 13 Rn. 23; Jansen, § 13 Rn. 34; Schlegelberger, § 13 Rn. 18; a. A. OLG Stuttgart, RdL 1957, S. 244 (245)). c) Ausschluß juristischer Personen und sonstiger Personenmehrheiten (§ 79 ZPO analog). d) Anwaltszwang in Landwirtschaftssachen vor dem BGH (§ 29 LwVG vom 21. Juli 1953 (BGBl. I, S. 667)) oder in Angelegenheiten aufgrund des Wahrnehmungsgesetzes vor dem OLG (§ 15 Abs. III des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. September 1965 (BGBl. I, S. 1294). e) Vorbehalt der Vertretungsbefugnis in Sonderfällen zugunsten einiger weniger Berufe und Stellen, insbesondere der Rechtsanwälte (z. B. § 99 Abs. III, S. 4 AktG); vgl. Jansen, § 13 Rn. 47 und Vorbem. vor§ 5 Rn. 6-12. 11 Vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 2921293, 148.
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als § 157 Abs. I ZPO auf die Behördenvertretung und auf die Prozeßvertretung in der freiwilligen18 und der Verwaltungsgerichtsbarkeit18 nicht anwendbar ist. Der generelle Ausschluß der gegen Art. 1, § 8 RBeratG verstoßenden Berater läßt sich auch nicht aus § 157 Abs. II ZPO herleiten. Zwar ist diese Vorschrift im Gegensatz zu § 157 Abs. I ZPO in allen Gerichtsverfahren18a anwendbar. Nach ihrem Wortlaut gilt § 157 Abs. II ZPO jedoch nur für den mündlichen "Vortrag" und nicht für ein Tätigwerden außerhalb der mündlichen Verhandlung. Zudem stellt § 157 Abs. II ZPO lediglich auf die tatsächliche Eignung des Beraters ab. Bei einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz fehlt dem Berater die Eignung aber nicht aus tatsächlichen, sondern aus Rechtsgründen. Eine analoge Anwendung18b des § 157 Abs. II ZPO für eine Zurückweisung aus Re,chtsgründen kommt nicht in Betracht, da die Zurückweisung aus Rechtsgründen ausdrücklich dem§ 157 Abs. I ZPO vorbehalten ist. Diese Ansicht Schorns läßt sich auch nicht mit § 134 BGB i. V. m. Art. 1, § 8 RBeratG begründen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Beratungsvertrag als Verstoß gegen Art. 1, § 8 RBeratG gemäß § 134 BGB nichtig ist. Die Nichtigkeit des Grundverhältnisses erstreckt sich nämlich nicht auf die Vollmacht, da diese als abstraktes Rechtsgeschäft nicht von der Wirksamkeit des zugrunde liegenden Beratungsvertrages abhängig ist19. Entscheidend ist daher allein, ob die Vollmacht 18 § 157 Abs. I ZPO ist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. oben § 10, Fn. 16) und der Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. unten § 10, Fn. 67) nicht anwendbar. 18a § 157 Abs. II ZPO ist insbesondere in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. oben § 10, Fn. 16) und der Verwaltungsgerichtsbarkeit (so BVerwG 19, S. 339 (344)) entsprechend anwendbar. 18 b So aber BVerwG 19, S. 339 (344). Gegen diese Begründung des Zurückweisungsrechts: BVerwG, VerwRspr 19 Nr. 30, S . 120 (121). Im Ergebnis hält das BVerwG auch in der zuletzt angeführten Entscheidung ein Zurückweisungsrecht des entgegen dem RBeratG auftretenden Beraters für möglich, allerdings über § 176 GVG. Allein mit dieser sitzungspolizeilichen Maßnahme wird jedoch der mit dem RBeratG bezweckte Schutz des Rechtsuchenden nicht erreicht, da die Zurückweisung sich nur auf die "Sitzung" beschränkt und eine darüber hinausgehende Tätigkeit des Beraters, z. B. in Schriftsätzen, nicht ausschließt. 19 So KG, OLGZ 1966, S. 112 (115); Rosenberg I Schwab, § 54 Anm. II, 2; Stein I Jonas I Pohle, § 80 Anm. I; Enneccerus I Nipperdey, § 184 Anm. III, 2; Habscheid, NJW 1964, S. 1502 (1505); Jansen, DNotZ 1964, S. 707 (712); vgl. auch RGZ 97, S. 273 (275). Dagegen besteht zwischen der entgegen dem RBeratG vorgenommenen Abtretung einer Forderung zur Einziehung und dem zugrunde liegenden Auftragsverhältnis ein "untrennbarer Zusammenhang", so daß die Nichtigkeit des Auftragsverhältnisses sich auf die Abtretung erstreckt; so BGH, DAR 1967, S. 191 (192) = NJW 1967, S. 1759 (1760); vgl. auch OLG Oldenburg, VersR 1967, S. 362 (362); OLG Köln, NJW 1967, S . 3991400 L; OLG Düsseldorf, AnwBl. 1966, S. 99 (100) mit ausführlicher Anmerkung v. Chemnitz; OLG
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selbst als Verstoß gegen § 134 BGB i. V. m. Art. 1, § 8 RBeratG nichtig ist. Nach dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes ist aber eine Unwirksamkeit der Vollmachtserteilung ausgeschlossen. Zwar wird mit dem Rechtsberatungsgesetz ein staatliches Interesse bzw. nach der Formulierung von Schorn17 "der Schutz der staatlichen Rechtspflege" verfolgt. Dieser Zweck erfordert jedoch nicht, daß eine entgegen dem Rechtsberatungsverbot erteilte Vollmacht nichtig, sondern gerade, daß sie wirksam ist. Andernfalls entstünde eine erhebliche Unsicherheit im Rechtsverkehr und damit eine Mehrbelastung für Behörden und Gerichte. Jegliche Erklärung, die ein entgegen dem Rechtsberatungsgesetz bevollmächtigter Berater gegenüber Behörden und Privatpersonen abgibt, wäre nämlich nicht dem Vertretenen zuzurechnen. Dies hätte beispielsweise zur Folge, daß sich die Behörden u. U. später noch einmal mit dem Vorgang befassen müßten. Dieselbe Rechtsunsicherheit ergäbe sich - die Ansicht von Schorn zugrunde gelegt - auch bei Prozeßerklärungen eines entgegen dem Rechtsberatungsgesetz bevollmächtigten Beraters. Wenn Schorn hier von der Nichtigkeit der Prozeßerklärung ausgeht, so setzt er - allerdings ohne es zu sagen - voraus, daß die Erteilung einer Prozeßvollmacht keine Prozeßhandlung ist20 , und ihre Wirksamkeit sich nach materiell-rechtlichen Vorschriften bestimmt. Eine Nichtigkeit der Prozeßvollmacht gemäß § 134 BGB allein wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz hätte dann zur Folge, daß die Partei nicht ordnungsgemäß vertreten ist. Da ein rechtskräftiges Urteil, in dem dieser Mangel übersehen worden ist20 a, mit der Nichtigkeitsklage anfechtbar wäre (§ 579 Abs. I Ziff. 4 ZP0) 20 b, würde die Nichtigkeit einer entgegen Koblenz, VersR 1966, S. 93 (93); LG Aurich, NJW 1950, S. 955 (956); LG Nürnberg-Fürth, AnwBl. 1966, S. 171 (1731174); LG Düsseldorf, VersR 1966, S. 1138; OLG Dresden, JW 1938, S. 859; Staudinger I Coing, § 134 Rn. 18 a; a . A. insoweit KG, JW 1938, S . 1844 (1845: keine Nichtigkeit der Abtretung, aber Zurückweisung des Beraters = Zessionars). 20 So auch Rosenberg, Stellvertretung im Prozeß, S. 60 Fn. 1, 62 Fn. 1; Rosenberg I Schwab, § 54 Anm. li 1 und 1 a; A. Blomeyer, § 9 Anm. III 1; im Ergebnis auch RG, SeuffArch 90 Nr. 90, S . 122; a. A. BGH, LM Nr. 10 zu § 325 ZPO (Bl. 513 R); OGHZ Br.Z Köln, NJW 1951, S. 72 (72173 Ziff. 3); Stein I Jonas I Pohle, § 80 Anm. li, Vorbem. XI, 1 vor § 128; Baumbach I Lauterbach, § 80 Anm. 1 C; Baumgärtel, S. 173-182, bes. S. 173-175 mit ausführlicher Lit. und Rspr.; Hellwig, Bd. 2, S. 409 (Ziff. 3 a); Thomas I Putzo, Vorbem. I vor § 78, der aber ihre Wirksamkeit nach dem BGB beurteilen will, so Thomas I Putzo, § 80 Anm. 1 a. Da aufgrund der Gegenansicht (Prozeßvollmachtserteilung = Prozeßhandlung) nicht die außerhalb eines Prozesses bestehende Rechtsunsicherheit beseitigt wird, kann für die Erörterung des § 134 BGB i. V. m . Art. 1, § 8 RBeratG dahinstehen, welcher Ansicht zu folgen ist. 20a Diese Voraussetzung für die Nichtigkeitsklage verlangen Stein I Jonas I Grunsky, § 579 Anm. I; Rosenberg I Schwab, § 161 Anm. I 3. 20b So Rosenberg I Schwab, § 55 Anm. li 4; vgl. auch BGHZ 40, S. 197 5 v. Schweinltz
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dem Rechtsberatungsgesetz erteilten Vollmacht zu einer mit diesem Gesetz nicht beabsichtigten Mehrarbeit der Gerichte führen. Die Annahme der Nichtigkeit der Vollmachtserteilung würde aber vor allem dem weiteren Zweck des Rechtsberatungsgesetzes zuwiderlaufen, gerade den Rechtsuchenden zu schützen. Die von dem entgegen dem Rechtsberatungsgesetz bevollmächtigten Berater abgegebenen Erklärungen gegenüber Behörden und Privatpersonen wären nämlich ohne Rücksicht darauf wirksam, ob sie für den Rechtsuchenden vorteilhaft sind oder nicht. Das gleiche würde - unter den oben angeführten Voraussetzungen - für die Prozeßhandlungen des Beraters gelten, da eine wirksame Bevollmächtigung eine Prozeßhandlungsvoraussetzung200 ist. Auch wären die von dem Berater erhobenen Klagen wegen des Mangels einer ordnungsgemäßen Klagerhebung20d als unzulässig abzuweisen. Diesen Nachteil könnte der Rechtsuchende nicht einmal durch eine nachträgliche Genehmigung vermeiden, wie sie sonst bei dem Handeln eines vollmachtlosen Prozeßvertreters möglich ist20 e. Die Genehmigung würde nämlich ihrerseits wie eine erneute Bevollmächtigung gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen und wäre deshalb nach Ansicht Schorns gemäß § 134 BGB nichtig. (199 l. Abs.). Die Nichtigkeitsklage bei dem Mangel der bevollmächtigten Vertretung lassen auch Stein I Jonas I Grunsky, § 579 Anm. II 4 i. V. m. § 551 Anm. II 5 zu (ebenso Stein I Jonas I Fohle, § 88 Anm. IV; Thomas I Putzo, § 579 Anm. 2 i. V. m. § 551 Anm. II 5). Sie lehnen allerdings - anders als Schorn - eine Nichtigkeit der Prozeßvollmachtserteilung gern. § 134 BGB wegen ihres Charakters als Prozeßhandlung ab (vgl. oben § 10, Fn. 20; OGHZ Br.Z Köln, NJW 1951, S. 72 (72/73 Ziff. 3); Baumbach I Lauterbach, § 579 Anm. 4). 20 c Vgl. Thomas I Putzo, Vorbem. I vor § 78; Einl. III 2 c m. w. Lit.; Lent I Jauernig, § 21 Anm. VIII 1. 20d So Thomas I Putzo, Vorbem. I vor § 78; Vorbem. A 1 h und B vor § 253; Lent I Jauernig, § 21 Anm. VII 2; § 33 Anm. IV 2 e; Stein I Jonas I Fohle, § 88 Anm. III 2, III 2 a u. III 3, nach denen die ordnungsgemäße Klagerhebung eine Prozeßvoraussetzung ist. Rosenberg I Schwab sehen zwar die ordnungsgemäße Klagerhebung nicht als eine Prozeßvoraussetzung an (so 10. Aufl., § 97 Anm. li a. E.; a. A. 9. Aufl., § 89 Anm. I 2 a. E.). Auch nach ihnen ist die von einem vollmachtslosen Vertreter eingelegte Klage aber als unzulässig abzuweisen, und zwar wegen Fehlens eines "Prozeßbegründungsaktes", so Rosenberg I Schwab, § 55 Anm. II 2; vgl. im übrigen BGHZ 40, s. 197 (198). 20e Vgl. §§ 89 Abs. 2, 551 Ziff. 5, 579 Abs. I Ziff. 4 ZPO. So BGH, MDR 1951, S. 732 (733 a. E.); BGHZ 10, S. 147 (148) BVerwG 14, S. 209 (212); BFH, NJW 1968, S. 910 (911); BSG SozR, § 73 SGG Da 10; Lentl Jauernig, § 21 Anm. VIII 1; Stein I J onas I Fohle, § 80 Anm. I a. E., § 89 Anm. V 1; Thomas I Putzo, § 89 Anm. 3; Rosenberg I Schwab, § 56 Anm. IV für die unwirksame Prozeßvollmacht; a. A. BAG, NJW 1965, S. 1041 (1042), nach dem die nachträgliche Genehmigung nur im Verhältnis des Prozeßbevollmächtigten zu der vertretenden Partei, nicht aber im Verhältnis von dieser zu der Gegenpartei und zum Gericht den Mangel heilen soll.
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Da diese aufgezeigten Konsequenzen dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes widersprechen, ist entgegen der Ansicht von Schorn eine Vollmacht auch dann wirksam, wenn ihre Erteilung gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt21 • Von diesen Erwägungen geht auch der BGH22 in einem neueren Beschluß zu § 13 FGG aus. Danach soll die Beschwerde eines Vertreters nicht deshalb unzulässig sein, "weil er damit vielleicht gegen Art. 1, § 8 RBeratG verstößt". Allerdings brauchte der BGH auf die konkreten Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Art. 1, § 8 RBeratG nicht ausführlich einzugehen, da er für den ihm vorliegenden Sachverhalt schon die Anwendbarkeit des Rechtsberatungsgesetzes verneinen konnte22a. Infolgedessen blieb unerörtert, ob statt des von Schorn geforderten Ausschlusses des Beraters kraft Gesetzes nicht vielmehr eine Zurückweisung im Einzelfall durch konstitutiven Beschluß in Frage kommt. Die Notwendigkeit des Ausschlusses der entgegen dem Rechtsberatungsgesetz auftretenden Rechtsberater von dem einzelnen Behördenoder Gerichtsverfahren ergibt sich aus dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes, den Rechtsuchenden zu schützen. Der Rechtsuchende selbst kann als juristischer Laie die Fähigkeiten seines jeweiligen Beraters nicht beurteilen. Um eine sachgemäße Vertretung seiner Interessen zu gewährleisten, trifft das Rechtsberatungsgesetz eine Vorauswahl unter den möglichen Beratern, indem es die nicht genügend ausgebildeten und beaufsichtigten Personen von der Rechtsberatungstätigkeit generell ausschließt23• Werden diese Personen dennoch tätig, sieht das Rechtsberatungsgesetz als Sanktion lediglich ein Bußgeldverfahren vor. Dieses reicht jedoch nicht aus, um den Schutz des Rechtsuchenden sicherzustellen. Das Bußgeldverfahren ermöglicht nämlich wegen des langen Ermittlungszeitraums erst ein nachträgliches Vorgehen gegenüber dem verbotswidrig handelnden Rechtsberater. ber Rechtsbera21 So im Ergebnis auch Stein I Jonas I Pohle, § 79 Anm. 1 (S. 433); Wieczorek, § 79 Anm. A II b; Rosenberg, § 44 Anm. I, 1 b (aber nicht mehr in der 10. Aufl., § 45 Anm. I, 1 b enthalten); Friedländer, JZ 1955, S. 305 (308); Jansen, § 13
Anm. 35; ders., DNotZ 1964, S. 707 (712); Habscheid, NJW 1964, S. 1502 (1505); Bühler, Die Justiz 1964, S. 173 (176); KG, OLGZ 1966, S. 112 (1141115); vgl. auch VGH Baden-Württemberg, VerwRspr Bd. 15 Nr. 221, S. 756 (760). 22 Vgl. BGH, NJW 1971, S. 42 (43) entgegen OLG Stuttgart, DNotZ 1964, S. 738 (740). Allerdings wurde das Urteil des OLG Stuttgart insoweit bestätigt, als es die Verletzung einer Standespflicht annahm, und zwar durch BGH, NJW 1969, S. 929 (9311932). 22 a Vgl. BGH, NJW 1971, S. 42 (43); vgl. auch Altenhoff/ Busch I Kampmann, Rn. 63; Bühler, Die Justiz 1964, S. 173 (1741175); weitergehend Habscheid, NJW 1964, S. 1502 (1504/150511506: kein Verstoß des Notars gegen BNotO); Keidel, § 29 Anm. 24 a und Jansen, DNotZ 1964, S. 707 (713: überhaupt keine Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes auf Notare). 23 Vgl. oben § 8, 2. Zugleich wird hiermit ein staatlicher Zweck verfolgt; vgl. oben § 8, 3. s•
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ter könnte daher tatsächlich für den Rechtsuchenden tätig werden, obwohl er die im Interesse des Rechtsuchenden erforderliche Qualifikation nicht besitzt. Sein Handeln wäre selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn gegen ihn schon einmal ein Bußgeld wegen eines Verstoßes gegen Art. 1, § 8 RBeratG verhängt worden ist. Die Gewährleistung einer sachgerechten Rechtsberatung macht daher den sofortigen Ausschluß des gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßenden Beraters noch innerhalb des jeweiligen Behörden- oder Gerichtsverfahrens erforderlich. Nur auf diesem Wege ist auch die Gefahr zu vermeiden, daß ein unzulässigerweise auftretender Berater in dem Bemühen, die Verbotswidrigkeit seines Handeins zu verschleiern, die Interessen seines Mandanten nicht mit dem gebotenen Nachdruck gegenüber einer Behörde oder der Gegenpartei in einem Prozeß durchsetzt. Aus ähnlichen Überlegungen haben "Gerichte und Behörden" solche Rechtsanwälte23a, Patentanwälte23b, Steuerberater23c und Wirtschaftsprüfer23d, die entgegen einem Vertretungsverbot tätig werden, "zurückzuweisen", weil sonst "das Verbot sinnlos" wäre23 e. Bei der allgemeinen Rechtsberatung fehlt eine ausdrückliche Regelung, die das nach dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes erforderliche Zurückweisungsrecht für Behörden und Gerichte vorsieht. Im Gegensatz dazu sind für die Steuerberatung als einer speziellen Art der Rechtsberatung ausdrückliche Bestimmungen getroffen worden. Nach den§§ 62 Abs. II S. 2 FGO, 107 Abs. II S. 2 AO sind die entgegen dem Rechtsberatungsverbot auftretenden Berater von den Behörden bzw. Gerichten durch konstitutiv wirkende Verfügungen bzw. Beschlüsse zurückzuweisen. Zwischen der Steuerberatung und der allgemeinen Rechtsberatung besteht kein Unterschied hinsichtlich der zu schützenden Interessen. Zum Schutz der Rechtsuchenden ist daher die für die Steuerberatung gesetzlich vorgesehene Regelung auf die allgemeine Rechtsberatung entsprechend anzuwenden. Hierfür spricht auch die Regelung des Ver23a Vgl. §§ 155 Abs. V S. 1, 156 Abs. II BRAO ( = §§ 91 b Abs. II S. 3, Abs. IV RAO in der Fassung der VO des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Finanzen, der Wirtschaft und der Rechtspflege vom 18. März 1933 (RGBl. I, S. 109, 120/121) = § 96 Abs. II S. 3, Abs. IV RAO vom 21. Februar 1936 (RGBl. I , S. 107, 116)). 23b Vgl. §§ 137 Abs. V, 138 Abs. II PatAO vom 14. September 1966 (BGBl. I, S. 557) = § 48 Abs. II S. 3, Abs. IV PatAGes vom 28. September 1933 (RGBl. I, s. 669). 23c Vgl. §§ 96 Abs. V S. 1, 97 Abs. II StBerG. 23d Vgl. §§ 116 Abs. IV S. 1, 117 Abs. II, 130 WPO. 23 e So Kalsbach, BRAO, § 156 Rn. 2.
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tretungsverbots bei den Rechtsanwälten233, Patentanwälten23b, Steuerberatern23c und Wirtschaftsprüfern23d. Wenn schon eine Zurückweisung dieser innerhalb ihres Teilrechtsberatungsgebiets ordnungsgemäß ausgebildeten Rechtsberater möglich ist, muß dies erst recht für diejenigen Berater gelten, denen die nach dem Rechtsberatungsgesetz erforderliche Qualifikation überhaupt fehlt. Von dieser Auffassung ging auch schon das Reichsjustizministerium24 aus, dessen Anweisungen im Dritten Reich bindenden Charakter hatten. So wurde in der AV des RJM vom 13. Juli 1940 darauf hingewiesen, daß schriftliche Anträge unbefugter Bevollmächtigter in geeigneten Fällen zurückgewiesen werden können. Auch Jonas243, der an der Ausarbeitung des Rechtsberatungsgesetzes maßgeblich beteiligt war, hielt für die allgemeine Rechtsberatung ausdrücklich ein ·zurückweisungsrecht für gegeben, auch wenn es nicht "gesetzlich" in den einzelnen Verfahrensordnungen festgelegt war. Die analoge Anwendung des Zurückweisungsrechts bietet keinen Anlaß zu den Bedenken, die gegen die Ansicht von Schorn sprechen. So entsteht - anders als bei einem Ausschluß kraft Gesetzes - bei der Zurückweisung durch Einzelanordnung keinerlei Rechtsunsicherheit. Die vor der Zurückweisung vorgenommenen Handlungen des Rechtsberaters bleiben nämlich wirksam, da diese Anordnung konstitutiv und damit ex nunc wirkt. Unterbleibt diese Zurückweisungsanordnung, so sind auch die Urteile mit der Nichtigkeitsklage nicht anfechtbar, die unter Mitwirkung des entgegen dem RBeratG auftretenden Rechtsberaters ergangen sind. Die Zurückweisung des Beraters innerhalb des einzelnen Verfahrens wirkt sich auch nicht zum Nachteil des Rechtsuchenden aus. Die von dem später ausgeschlossenen Berater erhobenen Klagen und eingelegten Rechtsmittel werden nicht als unzulässig abgewiesen, da der Zurückweisungsbeschluß keine rückwirkende Kraft hat. Der Rechtsuchende braucht daher nicht eine neue Klage zu erheben, der unter Umständen Fristablauf oder Verjährung entgegenstünde, sondern kann das alte Verfahren durch einen zugelassenen Berater fortführen. Mit der erneuten Mandatserteilung sind für den Rechtsuchenden keine zusätzlichen Kosten verbunden, da der ausgeschlossene Berater wegen der Nichtigkeit des Beratungsvertrages keine Gebühren verlangen kann24b. Vgl. AV des RJM vom 13. Juli 1940 (3712-1Vb3 1285), DJ 1940, S. 823 = DR 1940, S. 1270 (1271). Allerdings kann diese AV selbst nicht als Ermächtigungsgrundlage für ein Zurückweisungsrecht ausgelegt werden, da in ihr nur auf eine schon vorher bestehende Rechtslage "hingewiesen" und kein neues Zurückweisungsrecht begründet wurde. Zudem ist eine Zurückweisung nur in "geeigneten Fällen" vorgesehen. 24a So Jonas, S. 16/17; vgl. auch Jonas, DJ 1935, S. 1817 (1818). 2'
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Die Begründung eines solchen Zurückweisungsrechts gerade im Prozeß ist auch nicht deshalb bedenklich, weil es in den jeweiligen Verfahrensgesetzennicht ausdrücklich vorgesehen ist25. In den Prozeßgesetzen ist nämlich, wie die Regelung des angeführten Vertretungsverbots für Rechtsanwälte23 a, Patentanwälte23 b, Steuerberater230 und Wirtschaftsprüfer23d zeigt, die Postulationsfähigkeit nicht abschließend geregelt. Nach allem ist es daher erforderlich und gerechtfertigt, das für die Steuerberatung bestehende Zurückweisungsrecht auf die allgemeine Rechtsberatung zur Ausfüllung der vorhandenen Lücke anzuwenden25a.
Dies wird später in § 13 ausführlich dargelegt. So aber Friedländer, JZ 1955, S. 305 (3071308); Rosenberg (9. Aufl.), § 44 Anm. I 1 b a. E. (fehlt in der 10. Aufl., § 45 Anm. I 1 b). 25a Im Ergebnis ebenso: KG, JW 1938, S. 1844 (1845); Baumbach I Lauterbach, § 79 Anm. 1; § 157 Anm. 2 B; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 28 (S. 43144); Chemnitz, AnwBl. 1964, S. 243 (246); Stein I Jonas I Pohle, § 79 Anm. I (S. 433); Artl. Anm. zu WK Düsseldorf, NJWIRzW 1951, S. 19 (20); speziell für das Verwa!tungsgerichtsverfahren: BVerwG, VerwRspr Bd. 19, Nr. 30, S . 120 (121); BVerwG 19, S. 339 (344) = AnwBl. 1965, S. 175 mit zustimmender Anm. von Chemnitz; OVG Lüneburg, NJW 1971, S. 840; OVG Hamburg, AnwBl. 1968, S. 65 (65); VGH Kassel, AnwBL 1969, S. 408 (408); Bayr. VGH, VerwRspr Bd. 14, Nr. 168, S. 619 (619/620); OVG Berlin, DVBl. 1961, S. 561 (562); Redeker I v. Oertzen, § 67 Rn. 20, 22; Eyermann I Fröhler, § 67 Anm. 32, 34, 35; Klinger, § 67 Anm. C, 2 c (S. 346); Schunck I De Clerck, § 67 Anm. 3 f (S. 326); Koehler, § 67 Anm. VI 3 zu a (S. 506); für den inhaltlich gleichlautenden § 42 MRVO Nr. 165; OVG Münster, MDR 1952, S. 443; OVG Münster, NJW 1960, S. 595 (596); und zu § 40 Abs. IV VVG; OVG Rheinland-Pfalz, AnwBl. 1960, S. 141 (142); a. A. VGH Baden-Württemberg, VerwRspr Bd. 15, Nr. 221, S. 756 (759/760) = AnwBl. 1964, S. 258 (259); und speziell für das freiwillige Gerichtsverfahren: OLG Celle, NJW/RzW 1952, S. 86 (86); OLG Koblenz, NJWIRzW 1958, S. 279 (280); OLG München, NJW/ RzW 1953, S. 201 (202), bestätigt durch Court of Restitution Appeals Nürnberg, NJWIRzW 1954, S. 38; OLG Hamm, NJWIRzW 1955, S. 77; OLG Stuttgart, DNotZ 1964, S. 734 (736) = AnwBL 1964, S. 144 (145); OLG Stuttgart, DNotZ 1964, S. 738 (741); OLG Celle, RdL 1957, S. 109 (110) = AnwBl. 1957, S. 242 (243); Keidel, § 13 Rn. 24; Bühler, Die Justiz 1964, S. 173 (176); vgl. auch WK Düsseldorf, NJW/RzW 1951, S. 19 (20); LG Bamberg, AnwBl. 1956, S. 96 (97); grundsätzlich auch OLG Düsseldorf, NJWIRzW 1951, S. 260 (260); OLG Hamm, bestätigt durch Board of Review, AnwBl. 1952, S. 13 mit Anm. Brangsch; a. A. OLG Hamburg, NJWIRzW 1951, S. 214 (215), das aber eine Zurückweisung über § 183 GVG für möglich hält; vgl. auch Friedländer, J'Z 1955, S. 305 (308); Jansen, DNotZ 1964, S. 734 (736) und ihnen - teilweise wörtlich - folgend KG, OLGZ 1966, S. 112 (115), die allerdings entweder den Unterschied zwischen einem "Ausschluß kraft Gesetzes" und einer "Zurückweisung durch einen konstitutiven Beschluß" verwischen (so Jansen und KG) oder nur die Unwirksamkeit "kraft Gesetzes" behandeln (so Friedländer). Aus diesem Grunde erkennen sie auch nicht, daß die Rechtssicherheit und der Schutz des Rechtsuchenden nur bei einem "Ausschluß kraft Gesetzes", nicht aber bei einer "Zurückweisung durch Beschluß" gefährdet ist. Ub
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c) Die Auswirkung des grundsätzlichen Hechtsberatungsverbots bzw. des§ 157 Abs. I ZPO im (streitigen) Zivil- und Sozialgerichtsverfahren Die Vorschriften über das (streitige) Zivil- und Sozialgerichtsverfahren enthalten keine spezielle Regelung für die Vertretung durch einen Rechtsberater außerhalb der mündlichen Verhandlung. Insoweit gilt die oben erörterte generelle Regelung, daß der Rechtsberater, der entgegen dem Rechtsberatungsgesetz tätig wird, durch konstitutiven Beschluß des Gerichts zurückzuweisen ist (vgl. oben§ 10, 2 b). Das Auftreten eines Beraters innerhalb der mündlichen Verhandlung bestimmt sich dagegen nach den ausdrücklichen Vorschriften des § 157 Abs. I ZPO und des § 73 Abs. VI SGG i. V. m. § 157 Abs. I ZPO. Danach ist nicht jeder nach dem Rechtsberatungsgesetz zugelassene geschäftsmäßige Berater befugt, in der mündlichen Verhandlung aufzutreten, sondern grundsätzlich nur Rechtsanwälte und Prozeßagenten und - im Sozialgerichtsverfahren - die in § 73 Abs. VI SGG genannten Personen. Die übrigen geschäftsmäßigen Rechtsberater sind nach h. M.2e unmittelbar kraft Gesetzes von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen, so daß ein Zurückweisungsbeschluß - sofern er überhaupt erlassen wird26a - nur deklaratorische Bedeutung hat. Diese Wirkung des § 157 Abs. I ZPO soll sich aus seinem Wortlaut ergeben, nach dem- anders als bei § 157 Abs. II ZPO- die unzulässigerweise auftretenden Berater "ausgeschlossen ... sind". 26 So für § 157 Abs. I ZPO: Altenhofft Busch I Kampmann, Rn. 28 (S. 41); Rosenberg I Schwab, § 45 Anm. I 1 b u. I 2; Stein I Jonas I Pohle, § 157 Anm. Ill 1; Thomas I Putzo, § 157 Anm. 1 c; Wieczorek, § 157 Rn. C Ill; LG Landshut, AnwBI. 1967, S. 125; ebenso für § 73 Abs. VI SGG i. V. m. § 157 Abs. I ZPO; BSG, SozR, § 73 SGG, Nr. 5, Da 2 RIDa 3. 26a Nach der h. M., nach der der Berater kraft Gesetzes ausgeschlossen sein soll, ist ein Zurückweisungsbeschluß an sich nicht erforderlich. Vielmehr genügt eine Zurückweisung in den Gründen des Endurteils; vgl. Stein I Jonas I Pohle, § 157 Anm. III 2 u. 3; Wieczorek, § 157 Rn. C III b 1. Erfolgt die Zurückweisung durch Beschluß, so soll der vertretenen Partei - zumindest nach überwiegender Ansicht - ein Beschwerderecht zustehen (§ 567 ZPO analog); so OLG Schleswig, SchlHA 1956, S. 203; LG Duisburg, JMBl. NRW 1955, S . 87 (87188); Baumbach I Lauterbach, § 157 Anm. 1 B; Rosenberg I Schwab, § 45 Anm. I 1 b m. w. Lit. (Fn. 3); Stein I Jonas I Pohle, § 157 Anm. III 3, bes. Fn. 22; Thomas I Putzo, § 157 Anm. 1 c; ebenso, aber mit nicht überzeugender Begründung ("gewohnheitsrechtlich"): Wieczorek, § 157 Rn. C Ill b 1 m. w. Lit.; a. A. OLG Düsseldorf, NJW 1959, S. 1373 (1374) = JMBl. NRW 1959, S . 111 (111); OLG Düsseldorf, JW 1937, S. 1435 (1436). Kein eigenes Beschwerderecht hat dagegen der ausgeschlossene Rechtsberater: so OLG Schleswig, SchlHA 1956, S. 203; Baumbach I Lauterbach, § 157 Anm. 2 B; Stein I Jonas I Pohle, § 157 Anm. Ill 3, bes. Fn. 23; Thomas I Putzo, § 157 Anm. 1 c; insoweit auch Wieczorek, § 157 Rn. C III b 1; a. A. (für das FGG): KG, Rpfleger 1966, S. 209 (209 Ziff. 1). Gegen die Zulassung des Beraters steht der Gegenpartei keine Beschwerde zu; so OLG Hamburg, VersR 1958, S. 854 (855); OLG Schleswig, SchlHA 1960, S. 205; Baumbach I Lauterbach, § 157 Anm. 1 A.
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Die wörtliche Auslegung ist jedoch nicht eindeutig. In § 73 Abs. VI S. 1 SGG, der auf § 157 ZPO verweist, wird nämlich von einer "Zurückweisung" der Rechtsberater gesprochen und nicht von ihrem "Ausschluß" - wie es bei einer kraft Gesetzes eintretenden Rechtsfolge an sich erforderlich wäre. Da die wörtliche Auslegung des § 157 Abs. I ZPO nicht eindeutig ist, kommt es entscheidend auf den Zweck dieser Vorschrift an. Durch den in § 157 Abs. I·ZPO vorgesehenen Ausschluß der geschäftsmäßigen Rechtsberater mit Ausnahme der Rechtsanwälte wird die geschäftsmäßige Prozeßvertretung grundsätzlich dem Beruf der Rechtsanwälte vorbehalten, der kraft seiner Ausbildung und standesrechtlichen Aufsicht über die erforderliche Qualifikation verfügt27 • Zweck dieser staatlichen Vorauswahl ist einmal der Schutz des Rechtsuchenden. Da dieser die Fähigkeiten seines Prozeßvertreters nicht selbst beurteilen kann, liegt es in seinem wohlverstandenen Interesse, daß er - sofern er die Kosten einer geschäftsmäßigen Prozeßberatung übernehmen will - den hierfür am besten vorgebildeten Prozeßvertreter wählt. Zum anderen soll durch die staatliche Vorauswahl eine Mehrbelastung der Gerichte durch eine unqualifizierte Verhandlungstätigkeit des Prozeßvertreters verhindert werden. Die in§ 157 Abs. I ZPO vorgesehene staatliche Vorauswahl wird auch bei der Annahme eines Ausschlusses kraft Gesetzes erreicht, aber mit Auswirkungen, die dem aufgezeigten Zweck widersprechen. Zwar trifft den Rechtsuchenden bei einem Auftreten seines entgegen dem § 157 Abs. I ZPO bestellten Prozeßvertreters nicht der Nachteil, daß seine Klage wegen eines Mangels bei der Klagerhebung als unzulässig abgewiesen wird28 • Nach § 157 Abs. I ZPO ist der Vertreter näm27
Zum Zweck des § 157 ZPO ausführlich : vgl. unten § 10, 3 c, aa, bes. zu
§ 10 Fn. 83 c.
28 Im Ergebnis ebenso: Lent I Jauernig, § 33 Anm. IV 2 a. E.; Thomas I Putzo, § 157 Anm. 1 d; a. A.: Rosenberg I Schwab, § .45 Anm. I 1 b. Soweit ersichtlich, gehen Rosenberg I Schwab hierbei von ihrer Ansicht aus, daß die einem Postulationsunfähigen erteilte Vollmacht und die Klage deshalb - wie auch sonst grundsätzlich bei einer Klagerhebung durch einen vollmachtlosen Prozeßvertreter (vgl. oben zu § 10 Fn. 20 d) - abzuw eisen ist; vgl. Rosenberg I Schwab, §54 Anm. II 5 b; ebenso für§ 78 ZPO: RG, JW 1926, S. 2574 (2575 I. Sp.) mit Anm. von Scanzoni; insov.•eit bestätigt durch RGZ 115, S. 71 (73) ; ebenso für§ 11 ArbGG: RAG 4, S. 341 (344) = ArbSlg Bd. 8, S. 33 (36137); a. A.: Rosenberg, 9. Aufl., §50 Anm. II 5 und die in§ 10 Fn. 31 a zit. Lit. Rosenberg I Schwab übersehen, daß unabhängig von dem Streit, ob die Postulationsfähigkeit Voraussetzung einer wirksamen Vollmachtserteilung ist, ein entgegen § 157 Abs. I ZPO bevollmächtigter Berater ordnungsgemäß eine Klage erheben kann. Die Wirkung des § 157 Abs. I ZPO beschränkt sich nämlich auf die "mündliche Verhandlung", so daß die Vollmacht höchstens für diesen Bereich unwirksam ist (so auch BSG, SozR, § 73 SGG Nr. 10, Da 5,
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lieh nur von einem Auftreten in der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen. Die Klagerhebung selbst liegt außerhalb der mündlichen Verhandlung283, so daß die Klage von dem Vertreter ordnungsgemäß trotz des § 157 Abs. I ZPO erhoben werden kann28b. Sofern daher der Verstoß gegen § 157 Abs. I ZPO noch während des Verfahrens dem Gericht28c bekannt wird, ist es wegen der gleichen Rechtsfolgen ohne Bedeutung, ob der Vertreter schon kraftGesetzesoder erst durch einen konstitutiven Beschluß von der Verhandlung ausgeschlossen wird: Wegen des Ausschlusses seines Vertreters gemäß § 157 Abs. I ZPO ergeht gegen den von ihm betreuten Rechtsuchenden auf Antrag ein Versäumnisurteil, so daß der Rechtsuchende seine Rechte nur noch durch Einlegung eines Einspruchs und Beauftragung eines zugelassenen Terminvertreters wahren kann. Eine dem Zweck des § 157 Abs. I ZPO widersprechende Folge tritt aber dann ein, wenn ein Urteil ohne Berücksichtigung des Verstoßes gegen § 157 Abs. I ZPO ergeht. Hat der entgegen § 157 Abs. I ZPO bevollmächtigte Vertreter nämlich ein für den Rechtsuchenden obsiegendes29 Urteil erreicht, so könnte die Gegenpartei das Urteil unter Hinwenn es den gemäß § 157 Abs. I ZPO ausgeschlossenen Berater weiterhin für den richtigen Zustellungsempfänger ansieht). Eine Abweisung der Klage als unzulässig aus anderen Gründen, z. B. wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnissen, ist natürlich weiterhin möglich; so richtig Thomas I Putzo, § 157 Anm. 1 d und die - von Rosenberg I Schwab unrichtigerweise zur Bestätigung ihrer Ansicht zitierte - Entscheidung des OLG Nürnberg, Bay. JMBl. 1953, S. 272 (273: Abweisung der Klage eines Zessionars wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses, der die Klagforderung entgegen Art. 1, § 1 Abs. I S. 2 RBeratG bzw. § 157 Abs. I S. 2 ZPO erworben hatte) = (auszugsweise) AnwBI. 1954, S. 36. 28a Aus dem gleichen Grund wird auch die Festsetzung des Termins für die mündliche Verhandlung nicht dadurch gehindert, daß die Klage von einem entgegen § 157 Abs. I ZPO bevollmächtigten Berater unterschrieben worden ist; vgl. hierzu Lent I Jauernig, § 33 Anm. IV 2 a. E. 28b Im Gegensatz dazu wirkt sich das RBeratG auch außerhalb der mündlichen Verhandlung aus. Die Klage, die ein entgegen dem RBeratG bevollmächtigter Vertreter erhebt, wäre als unzulässig zu verwerfen, wenn die Prozeßvollmacht wegen des Verstoßes gegen das RBeratG kraft Gesetzes nichtig wäre; so Schorn, Rechtsberatung, S. 292 (293), entgegen der oben vertretenen Ansicht; vgl. oben § 10, 2 b, bes. § 10 Fn. 20 d. 28 C Dieser Ausschluß des entgegen § 157 Abs. I ZPO auftretenden Terminsvertreters erfolgt von Amts wegen, wie sich aus dem Wortlaut des § 157 Abs. I ZPO ergibt ("sind") bzw. der entsprechenden Anwendung des § 56 ZPO; so - allgemein für den Ausschluß Postulationsfähiger - Wieczorek, § 78 Rn. D. 29 Dagegen fehlt der Berufung bzw. Revision der Gegenpartei gegen ein für sie günstiges Urteil die erforderliche Beschwer, da der Gegenpartei zugesprochen worden ist, was sie beantragt hat und sie die Gefahr einer Nichtigkeitsklage dadurch ausschließen kann, daß sie die Frist des § 586 Abs. I, III ZPO in Lauf setzt; so auch Rimmelspacher, S. 216; Stein I Jonas I Fohle,§ 551 Anm. II 5 b; Wieczorek, § 551 Rn. B V b 1; a. A.: RGZ 126, S. 261 (263); Baumbach I Lauterbach, § 551 Anm. 6; Thomas I Putzo, § 551 Anm. 2 Nr. 5.
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weis auf den Verstoß gegen § 157 Abs. I ZPO mit der Berufung bzw. Revision30 anfechten, sofern dem § 157 Abs. I ZPO eine kraft Gesetzes eintretende Ausschlußwirkung zuerkannt wird. Entgegen dem Zweck des § 157 Abs. I ZPO würde dann sowohl der Rechtsuchende benachteiligtsoa als a1Jch die Gerichte mehr belastet. Darüber hinaus könnte gegen ein sokhes Urteil nach Rechtskraft unter Umständen die Nichtigkeitsklage (§ 579 Abs. I Ziff. 4 ZPO) von der Gegenpartei erhoben werden. Die Möglichkeit der Nichtigkeitsklage wird allerdings von Pohle und Grunsky 31 verneint. Sie gehen davon aus, daß generell bei einem Verstoß gegen Postulationsvorschriften die Nichtigkeitsklage nicht eingreife, weil die Postulationsfähigkeit Voraussetzung für eine wirksame Prozeßvollmachtserteilung sei. Ein entgegen § 157 Abs. I ZPO bevollmächtigter Rechtsberater trete deshalb mit einer wirksamen, wenn auch "gehemmten" Prozeßvollmacht aufsu.. Diese Begründung überzeugt jedoch nicht. 30 So unter Hinweis auf § 551 Ziff. 5 ZPO: Rosenberg I Schwab, § 45 Anm. II 3 b; § 54 Anm. II 5 c (im Gegensatz zur 9. Auf!., § 44 Anm. II 3); Schorn, Rechtsberatung, S. 292; ebenso für § 11 ArbGG: RAG, ArbRspr 1928, S. 229 (230); RAG, ArbRspr 1931, S. 51 (51). Eine a uf die§§ 549, 550 ZPO gestützte R evision wegen des Verstoßes gegen Postulationsvorschriften halten grundsätzlich für möglich: Stein I Jonas I Grunsky, § 551 Anm. II 5 a, 2. Abs.; Wieczorek, § 551 Rn. B V a 6. Nach ihrer - zu § 551 Ziff. 5 ZPO geäußerten - Ansicht soll die Gegenpartei allerdings auch gegen ein für sie ungünstiges Berufungsurteil keine Revision wegen einer fehlenden Beschwer erheben können: so Stein I Jonas I Grunsky, § 5"51 Anm. II 5 b; vgl. auch dies., § 579 Anm. II 4; Wieczorek, § 551 Rn. B V a 6; § 157 Rn. C III a. Wegen des für die Gegenpartei nachteiligen Urteils bestehen jedoch keine Bedenken hinsichtlich ihrer Beschwer. Zudem liegt eine ordnungsgemäße Vertretung bei der hier angenommenen Ausgangslage nicht nur im Interesse des Vertretenen, sondern auch im Inter esse der Gegenpartei. W ird die Gegenpartei nämlich aufgrund eines Urteils zur Leistung v erpflichtet, das ein nicht ordnungsgemäß Bevollmächtigter erstritten hat, so besteht die Gefahr, daß die Gegenpartei nach Leistung auf das Urteil unter Umständen noch einmal von dem angeblich Vertretenen in Anspruch genommen wird, da sie sich diesem gegenüber nicht auf das Urteil berufen kann. Der unterlegenen Gegenpartei fehlt daher nicht bei jedem Verstoß gegen die Vorschriften einer ordnungsgemäßen Vertretung die Beschwer für ein Rechtsmittel; so auch für§ 579 Abs. I Ziff. 4 ZPO : OLG Schleswig, NJW 1959, S. 200. 30" Diesen Nachteil kann der R echtsuchende auch nicht durch eine nachträgliche Genehmigung d es Urteils umgehen, w ie sie grundsätzlich bei dem Handeln eines vollmachtlosen Prozeßvertreters möglich ist (vgl. oben § 10 Fn. 20 e). Da durch § 157 Abs. I ZPO auch ein öffentliches Interesse verfolgt wird, ist eine Genehmigung des Rechtsuchenden ausgeschlossen; so richtig Rosenberg I Schwab, § 54 Anm. II 5 c ; § 55 Anm. IV; § 68 Anm. I 2 (S. 327); insoweit auch Wieczor ek, § 551 Rn. B V a 6. 31 So Stein I Jonas I Grunsky, § 579 Anm. II 4, 1. Abs. a. E.; § 551 Anm. II 5, 2. Abs.; Stein I Jonas I Pohle, § 80 Anm. II 4; a. A.: Rosenberg I Schwab, § 45 Anm. II 3; §54 Anm. II 5 c ; Schorn, Rechtsberatung, S. 292.
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In § 579 Abs. I Ziff. 4 ZPO wird nicht darauf abgestellt, ob eine Prozeßvollmacht "wirksam" erteilt worden ist, sondern darauf, ob eine Partei im Verfahren "nach Vorschrift der Gesetze" vertreten ist. Da auch die Postulationsvorschriften die Vertretungstätigkeit betreffen, ist ein Rechtsuchender, der für sich einen kraft Gesetzes postulationsunfähigen Prozeßbevollmächtigten handeln läßt, nicht "nach Vorschrift der Gesetze" vertreten, wie ja auch Pohle selbst im Widerspruch zu seiner oben angeführten Begründung im Rahmen des § 246 ZPO annimmt32. Dennoch ist der A11ffassung von Pohle und Grunsky im Ergebnis darin zuzustimmen, daß die Aufhebung eines rechtskräftigen Urteils durch eine Nichtigkeitsklage allein wegen des Verstoßes gegen § 157 Abs. I ZPO nicht dem Zweck dieser Vorschrift entspricht. Dies gilt allerdings ebenso für die Aufhebung des Urteils durch die Berufung oder Revision. Dem aufgezeigten Zweck des § 157 Abs. I ZPO wird somit lediglich eine Auslegung gerecht, die nicht von dem Ausschluß des entgegen § 157 Abs. I ZPO auftretenden Beraters kraft Gesetzes ausgeht, sondern einen konstitutiven Beschluß für erforderlich hält. Da der Prozeßbevollmächtigte erst durch diesen Beschluß seine Postulationsfähigkeit verliert, ist ein in Unkenntnis des Verstoßes gegen § 157 Abs. I ZPO ergangenes Urteil weder mit der Berufung noch der Revision anfechtbar. Auch die Nichtigkeitsklage ist ausgeschlossen, weil der Prozeßbevollmächtigte wegen des fehlenden Ausschließungsbeschlusses postulationsfähig und die Partei somit nach "Vorschrift des Gesetzes" im Sinne des § 579 Abs. I Ziff. 4 ZPO vertreten war. Bei der hier vertretenen Ansicht besteht auch nicht mehr die Schwierigkeit, die sich für die h. M. 33 bei einer Zurückweisung des Vertreters durch Beschluß ergibt: Da dieser Beschluß nach der h. M. nur feststellende Wirkung hat und damit kein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückweist, kommt die h. M. nur über eine entsprechende Anwendung des § 567 ZPO zu einem Beschwerderecht zugunsten des vertretenen Rechtsuchenden. Nach der hier vertretenen Ansicht hat der Beschluß dagegen konstitutive Wirkung, so daß die Beschwerde dem Rechtsuchenden schon unmittelbar gemäߧ 567 ZPO zusteht33". 31 a So Stein I Jonas I Fohle, § 80 Anm. II 4, bes Fn. 15 m. w. Lit. Die dort angeführten Entscheidungen des RG sind allerdings z. T. nicht auffindbar (soRG, JW 98, 432 f.), z. T. nicht zutreffend (so RGZ 115, S. 71 (73)). 32 So Stein I J onas I Fohle, § 246 Anm. 11 1; § 80 Anm. li 4 a. E. 33 Vgl. die in § 10 Fn. 26 a zit. Lit. u. Rspr., insbes. OLG Düsseldorf, NJW 1959, S. 1373 (1374) = JMBl. NRW 1959, S. 111 (111 r . Sp.). 33a Einen weiteren Vorteil hat die hier vertretene Ansicht dadurch, daß sie die Zurückweisung nur durch einen Beschluß und hiergegen nur eine Beschwerde zuläßt. Nach der h . M. ist dagegen eine Zurückweisung sowohl
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Genauso wie bei einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz, den § 157 Abs. II ZPO oder die Vertretungsverbote für bestimmte Berufe23a·23d, sind die entgegen dem § 157 Abs. I ZPO auftretenden Personen daher durch einen konstitutiven Beschluß zurückzuweisen.
d) Die Auswirkung des grundsätzlichen RechtBberatungsverbots im Straf- und Bußgeldverfahren Zur Durchsetzung des Rechtsberatungsgesetzes im Straf- und Bußgeldverfahren34 ist eine analoge Anwendung der Zurückweisungsvorschriften des Steuerrechts wegen der besonderen Regelung des § 138 StPO nicht erforderlich. Soweit nämlich statt der nach § 138 Abs. I StPO zugelassenen Rechtsanwälte35 "andere Personen" mit der Verteidigung beauftragt werden sollen, ist ohnehin eine gerichtliche Entscheidung über ihre Befugnis erforderlich36 • Diese Entscheidung erfolgt nach "freiem pflichtgemäßem Ermessen" 37 unter besonderer Berücksichtigung des Interesses des Rechtsuchenden38• Im Interesse des Rechtdurch Beschluß als auch in den Gründen eines Endurteils möglich (vgl. § 10 Fn. 26 a). Für sie besteht deshalb eine Schwierigkeit bei der Festlegung des jeweils erlaubten Rechtsbehelfs; vgl. hierzu Wieczorek, § 157 Rn. C III b 1, 2. Abs. und Stein I Jonas I Fohle,§ 157 Anm. III 3 a. E. 34 § 138 StPO ist gemäß §§ 46, 71 OWiG im Bußgeldverfahren entsprechend anwendbar, so H. Meier, § 60 Erläuterung; Göhler I Buddendiek, § 60 Anm. 2 C u. D; Rebmann I Roth I Herrmann, § 60 Fn. 16; Rotberg I Kleinewefers I Boujong I Wilts, § 60 Rn. 3; Kleinknecht, § 60 OWiG, Anm. 1; a. A., aber inzwischen überholt: Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 22 d. Während im Strafverfahren § 138 Abs. II StPO keine große praktische Bedeutung hat (so Henkel, S. 138, Fn. 10), spielt er im Bußgeldverfahren eine erhebliche Rolle. 35 Im Steuerstraf- und Steuerbußgeldverfahren können auch Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte ohne weiteres als Verteidiger gewählt werden; vgl. §§ 427 Abs. I, 447 Abs. I, Ziff. 3 AO. s& Vgl. § 138 Abs. II StPO. Dagegen können nur Rechtsanwälte und nicht auch "andere Personen" zum Beistand oder Vertreter bestellt werden a) für den Kläger im Privatklageverfahren (h. M.: Bayr. ObLG St 1952, S. 188 (1891190); Müller I Sax, § 378 StPO Anm. 1 a (mit Lit.); a. A. Schorn, Rechtsberatung, S. 185- 187; LG Dortmund, Rpfleger 1954, S. 105 (105, 107)); b) für den Nebenkläger (so Kleinknecht, § 397 Anm. 1; LG MönchenGladbach, AnwBl. 1962, S. 314; c) für den Angeklagten im Privatklageverfahren (sehr str.) dafür: OLG Hamburg, MDR 1966, S. 256; Brangsch, NJW 1952, S. 650 (651); Kleinknecht,§ 387 Anm. 3; dagegen: LG Berlin, Rpfleger 1953, S. 591; LG Wuppertal, Rpfleger 1949/50, S. 335; LG Göttingen, Rpfleger 1952, S. 598 (599); differenzierend : Eb. Schmidt, § 387 Rn. 11. 37 So Eb. Schmidt, § 133 Rn. 11; vgl. auch RG, JW 1931, S. 2369 (2369); Löwe I Rosenberg, § 138 Anm. II 1. sa Vgl. OLG Nürnberg, NJW 1968, S. 944; OLG Oldenburg, NJW 1958,
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suchenden steht aber vornehmlich die sachliche Qualifikation des Verteidigers39. Diese sachliche Qualifikation des vorgeschlagenen Verteidigers kann das Gericht im Zeitpunkt des Zulassungsbeschlusses aus eigener Kenntnis regelmäßig nicht beurteilen, da der Beschluß noch vor einem Tätigwerden des Verteidigers ergeht. Es muß daher in der Regel allgemeine Erfahrungsgrundsätze seiner Entscheidung zugrunde legen. Einen vom Gesetzgeber festgelegten und damit verbindlichen Maßstab dafür, wer als qualifiziert gelten kann, gibt das Rechtsberatungsgesetz. Da dessen gesetzliche Festlegung gerade den Schutz des Rechtsuchenden bezweckt, sind entgegen dem RBeratG beauftragte Personen nicht als Verteidiger gemäߧ 138 Abs. II StPO zuzulassen. Die Berücksichtigung des Rechtsberatungsgesetzes innerhalb des § 138 Abs. II StPO ist auch nach dem Zweck dieser Vorschrift erforderlich. Nach den Motiven ist mit § 138 Abs. II StPO "vorzugsweise" an die Fälle gedacht worden, in denen der Angeklagte ein "besonderes Interesse daran hat, von einer bestimmten Person verteidigt zu werden"40. Dem Rechtsuchenden sollte jedoch kein unbeschränktes Auswahlrecht zustehen, sondern "ungeeignete Personen" 41 sollten vom Gericht ausgeschlossen werden. Aus diesem Grunde wurde dem Rechtsuchenden in § 138 Abs. II StPO kein freies, sondern nur ein gerichtlicher Entscheidung unterworfenes Wahlrecht eingeräumt. Geschützt wird daher im Rahmen des § 138 Abs. II StPO nicht die freie Willensentscheidung des Rechtsuchenden, sondern nur diejenige, die das Gericht als im Interesse des Rechtsuchenden liegend zuläßt. Da das Hechtsberatungsgesetz aber gerade regelt, was im Interesse des Rechtsuchenden liegt, entspricht die aufgrund des Rechtsberatungsgesetzes erfolgende Beschränkung des Auswahlrechts dem Zweck des § 138 Abs. II StPO: Auf der einen Seite bleibt dem Rechtsuchenden die Möglichkeit erhalten, eine Person als Verteidiger zu wählen, mit der ihn ein besonders enges persönliches Vertrauensverhältnis verbindet, z. B. zwischen Verwandten, die eine Lebens- und Haushaltsgemeinschaft bilden. ZwiS. 33; LG Kassel, Rpfleger 1956, S. 166 (166); Müller I Sax, § 138 Anm. 2 c; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, § 138 StPO, Anm. 3. 39 Eine sachliche Qualifikation für eine Zulassung als Verteidiger gern. § 138 Abs. II StPO fordern: OLG Nürnberg, NJW 1968, S. 944; OLG Oldenburg, NJW 1958, S. 33; OLG Bremen, NJW 1951, S . 123; Eb. Schmidt, § 138 Rn. 10 und Nachtragsband I, § 138 Rn. 4; Henkel, S. 158 Fn. 10; Göhler I Buddendiek, § 60 Anm. 2 D; Kleinknecht, § 138 Anm. 2 A; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, § 138 StPO, Anm. 4; a . A. Löwe I Rosenberg, § 138 Anm. 111, 2 a, der aber widersprüchlich in Anm. II, 1 von dem vorgeschlagenen Berater "in besonderem Maße" eine Befähigung fordert. 40 So die Begründung des Abgeordneten Dr. Wolffson, auf dessen Antrag hin der § 138 Abs. II StPO in den Regierungsentwurf eingefügt wurde. Vgl. Hahn, S. 952. 41 So Dr. Wolffson; vgl. Hahn, S. 953.
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sehen ihnen besteht ein so enges Verhältnis, daß der Berater durch das Verfahren in seinem persönlichen Bereich betroffen ist und i. S. des Art. 1, § 1 RBeratG keine "fremde", sondern "eigene" Rechtsangelegenheit erledigt'2 • Abgesehen davon können sich die engsten Verwandten (Ehegatten und gesetzliche Vertreter) gemäß § 149 StPO auch zum Beistand bestellen lassen. Auf der anderen Seite wird der Rechtsuchende gezwungen, wenn er sich an einen geschäftsmäßigen Rechtsberater wenden und den damit in der Regel verbundenen Kostenaufwand tragen will, denjenigen zu beauftragen, bei dem aufgrund seiner Ausbildung die größte Gewähr für eine sachgemäße Beratung besteht. Diese Beschränkung liegt aber im Straf- und Bußgeldverfahren wegen des hier drohenden weitreichenden Eingriffs noch mehr im Interesse des Rechtsuchenden als in den übrigen Verfahrensarten43 • Die Beschränkungen des Rechtsberatungsgesetzes sind daher in jedem einzelnen Verfahren von den Behörden und Gerichten zu beachten, auch von den Strafgerichten und den Bußgeldbehörden44 •
42 So Bay. ObLG, NJW 1969, S. 1452 (1453) ; Schorn, Rechtsberatung, S. 253, 103; Altenhofft Busch I K ampmann, Rn. 10 (S. 17) ; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 6 Anm. 6; offengelassen in BGH, AnwBL 1964, S. 52 (52). Darüber hinaus
kann es bei der Beratung eines nahen Verwandten oder Freundes auch an der nach Art. 1, § 1 RBeratG erforderlichen "Geschäftsmäßigkeit" fehlen; so Schorn, Rechtsberatung, S. 116; vgl. auch OLG Hamm, NJW 1951, S. 315; a. A. (aber zu weitgehend) Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 15 (S. 20121). 43 Die in § 10, 2 b) dargelegten Gründe gelten hier entsprechend. Andernfalls ergäbe sich ein Widerspruch : ein Rechtsberater wäre - im Falle einer verbotenen Rechtsberatung - bei einem bloßen Schriftwechsel mit einer Behörde zurückzuweisen. Dagegen müßte dieselbe Behörde ihn zulassen, wenn im Verlaufe dieses Schriftwechsels seinem Mandanten eine Ordnungswidrigkeit angelastet wird, obwohl gerade in Bußgeldsachen wegen der weitreichenderen Folgen für den Betroffenen eine qualifizierte Rechtsberatung gewährleistet sein muß. 44 So im Ergebnis auch OLG Braunschweig, GoldA 1956, S. 182 (184/185) = AnwBL 1955, S. 218 (219); Müller I Sax, § 138, Anm. 2 c; H. Meier, § 60 Erläuterung; Chemnitz, Anm. zu AG Kaiserslautern, AnwBl. 1969, S. 254 (254); Schorn, Rechtsberatung, S. 182; grundsätzlich auch (nur gegen örtLiche Beschränkung) OLG NeustadtiWeinstraße, MDR 1956, S. 437 = Rpfleger 1956, S. 239; wohl auch (es werden nur nach dem RBeratG zugelassene Berater aufgezählt) Rehmann I Roth I Herrmann, § 60 Rn. 26; vgl. auch Bayr. ObLG, NJW 1953, S. 755 (756), in dem auch wegen eines Gesetzesverstoßes (Standespflichtverletzung) die Zulassung gern. § 138 Abs. I StPO verweigert wird; a. A. Eb. Schmidt, § 138 Rn. 8, 9 ; wohl auch Löwe I Rosenberg, § 138, Anm. III, 2 a; Göhler I Buddendiek, § 60 Anm. 2 D (letzter Satz); Bayr. ObLG, NJW 1954, S. 1212; Bayr. ObLG, Rpfleger 1956, S. 239, da es überhaupt eine "allgemeine Ablehnungserwägung" im Rahmen des § 138 Abs. II StPO für unzulässig hält.
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3. Die Lockerung des Rechtsberatungsmonopols
a) Die Zunahme der Ausnahmen von dem grundsätzlichen Rechtsberatungsverbot Wenn auch heute noch das grundsätzliche Rechtsberatungsverbot weitergilt, so ist es doch über die früher bestehenden Ausnahmen hinaus durch weitere Sonderregelungen eingeschränkt worden. Für einige Teilbereiche wurde das Rechtsberatungsverbot aufgehoben. So kann heute auf dem Gebiete der Kriegsopferversorgung45 Wld der Flurbereinigung46 jedermann geschäftsmäßig Rechtsrat erteilen, ohne daß er einer besonderen Zulassung zur Beratung bedarf. Eine ZurückweisWlg ist nur im Einzelfall "aus wichtigem Grunde" 45 bzw. "bei fehlender Eignung" 46 möglich. Auch der Kreis der zur Rechtsberatung befugten Vereinigungen wurde erweitert. Obwohl sie nicht, wie nach der Regelung des RBeratG erforderlich, "auf berufständischer oder ähnlicher Grundlage" 47 gebildet worden waren, wurde den Organisationen der Vertriebenen und Flüchtlinge48 sowie der Verfolgten49 und den Beauftragten einiger 45 Vgl. § 10 Abs. I des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung vom 2. Mai 1955 (BGBl. I, S. 202). Zum Bevollmächtigten kann jede natürliche Person bestellt werden, die geschäftsfähig ist, also nicht ein Verband oder eine Organisation; so Schönleitner I Hennig, § 10, Erläuterung Nr. 1. Dagegen sind in dem anschließenden Gerichtsverfahren vor den Sozialgerichten - außer den Rechtsanwälten, Prozeßagenten und einigen Verbänden - alle anderen Rechtsberater als Prozeßvertreter ausgeschlossen; vgl. §§ 73 Abs. VI, 166 Abs. II SGG vom 3. September 1953 (BGBl. I, S. 1239). Den Kriegsopferverbänden, die nach §§ 73, 166 SGG postulationsfähig sind, steht nach Art. 1, § 7 RBeratG die Rechtsberatungsbefugnis zu; so Schorn, Rechtsberatung, S. 196, 204/205 und (einschränkend) Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 69 (S. 78). 46 Vgl. § 120 Abs. I Flurbereinigungsgesetz vom 14. Juli 1953 (BGBL I, S. 591). Zwar ist in dem FlurBG nicht ausdrücklich festgelegt worden, daß das RBeratG nicht anwendbar ist. Dies ergibt sich jedoch mittelbar aus den §§ 121, 122 FlurBG. Gemäß § 122 FlurBG ist nämlich das Zurückweisungsrecht wegen fehlender Eignung gemäß § 121 FlurBG nicht anzuwenden bei "Rechtsanwälten und Personen, denen die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten von der zuständigen Behörde gestattet ist". Bei dieser Regelung wird also davon ausgegangen, daß außer den durch das RBeratG zugelassenen Rechtsberatern noch andere Berater tätig werden können, die im Einzelfall wegen fehlender Eignung zurückgewiesen werden können. Auf diese findet daher das grundsätzliche Rechtsberatungsverbot keine Anwendung. 47 Vgl. Art. 1, § 7 RBeratG und § 107 a Abs. III, Ziff. 7 AO in der Fassung des Art. 2, § 1 RBeratG = § 107 a Abs. li, Ziff. 7 AO in der Fassung des StBerG vom 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301). 48 Gemäß § 95 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) vom 19. Mai 1953 (BGBl. I, S. 201) in der Neufassung vom 23. Oktober 1961 (BGBl. I, S. 1883) können sie zwar, ohne einer Erlaubnis zu bedürfen, Vertriebene und Sowjetzonenflüchtlinge "im Rahmen ihres Aufgabenkreises in Rechts-, Steuer- und Wirt-
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Religionsgemeinschaften5° eine Teilrechtsberatungsbefugnis eingeräumt. Entsprechendes gilt im Hinblick auf die Steuerberatung für die Personenvereinigungen, "deren Aufgabe die Hilfeleistung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ... "51 bzw. "in Lohnsteuersachen" 52 ist.
b) Die Erweiterung der Befugnisse einiger Teilrechtsberater Das Rechtsberatungsmonopol ist nicht nur durch die Zulassung neuer Rechtsberater, sondern auch durch die Erweiterung der Befugnisse einiger Teilrechtsberater gelockert worden. Durch die Neufassung des schaftsfragen" unentgeltlich beraten. Ihnen fehlt jedoch die Postulationsfähigkeit. Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen wurde ihnen auch nicht bei der Neufassung des § 107 a AO genommen(§ 107 a Abs. II, Ziff. 7, 2. Hs. AO in der Fassung des StBerG). Da sie keine auf "berufsständischer oder ähnlicher Grundlage" gebildete Organisation i. S. d. Art. 1, § 7 RBeratG sind, ist § 95 BVFG nicht nur eine Spezialregelung des Art. 1, § 7 RBeratG (so aber Ehrenforth, § 95 Rn. 1), sondern eine Erweiterung der Zahl der "erlaubnisfreien Rechtsberater (so Brangsch, NJW 1953, S. 432 (434); von Kopp, § 95 Anm. 1 (S. 125); Leitreitcr, § 95 Anm. zu Abs. I; Strassmann I Nitsche I Rösler I Krüzner, § 95 Anm. 1; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 52. 49 Von der Landesjustizverwaltung zugelassene Organisationen der Verfolgten sind befugt, ihre Mitglieder vor den Entschädigungsbehörden (§ 183 Abs. II des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung (BEG) in der Fassung der Anlage zu Art. 1 des Gesetzes vom 29. Juni 1956 (BGBl. I, S. 559)), nicht jedoch vor den Entschädigungsgerichten zu vertreten (§ 209 BEG i. V. m. § 79 ZPO); so Schorn, Rechtsberatung, S. 266, 42; Blessin I Giessler, § 183 BEG Anm. 2 a; weitergehend für die Tätigkeit im Landgerichtsverfahren: Blessin I Ehrig I Wilden, § 183 Rn. 8 und 1. Auch heute noch werden zahlreiche Organisationen aufgrund dieser Rechtsberatungsbefugnis tätig (vgl. die Aufzählung bei Kossoy, § 183 BEG). Bis 1956 konnten auch Rechtsbeistände speziell für diese Tätigkeit nach dem BEG zugelassen werden; vgl. Art. 111, Nr. 17 des dritten Gesetzes zur Änderung des BEG vom 29. Juni 1956 (BGBl. I, S . 559); Winkelmaier, § 183 BEG Anm.1. 50 Beauftragte einer Religionsgemeinschaft, die eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bildet, können Wehrdienstverweigerer beraten. Diese Befugnis erstreckt sich auch auf das Verfahren vor dem Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht; vgl. § 26 Abs. VIII Wehrpflichtgesetz in der Fassung vom 28. September 1969 (BGBl. I, S. 1773). ~ 1 Vgl. § 107 a Abs. II, Ziff. 8 und Abs. IV AO in der Fassung des StBerG vom 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301). 52 Vgl. § 107 a Abs. III, Ziff. 4, Abs. IV und V AO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Reichsabgabenordnung vom 29. April 1964 (BGBl. I, S. 297). Die Personenvereinigungen in Lohnsteuersachen können Steuerpflichtigen auch bei der Veranlagung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 46 EStG Hilfe leisten. Einen guten Überblick über die Auseinandersetzung bei der Einführung dieser Regelung gibt "Der Spiegel" vom 29. April 1969, Nr. 18 des 23. Jahrgangs, S. 44; zur früheren Rechtslage vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 262. Die gleiche Rechtsberatungsbefugnis wird den Personenvereinigungen auch in dem Entwurf der AO 1969 eingeräumt, wenn auch ein Teil des Ausschusses eine zusätzliche Vorschrift für erforderlich hielt, um die Beratung durch sachkundige Personen sicherzustellen; vgl. § 79 EAO 1969 mit Begründung; vgl. auch Koch, BB 1970, S. 361 (368).
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§ 107 a AO erhielten die Steuerbevollmächtigten (=Helfer in Steuersachen) die Befugnis, vor den Finanzbehörden aufzutreten53• Ihnen steht damit nicht nur das Recht zu, den Steuerpflichtigen im Innenverhältnis zu beraten, vielmehr können sie ihn auch vor den Finanzbehörden vertreten. Die Steuerbevollmächtigten haben daher die gleiche umfassende Steuerberatungsbefugnis wie die Steuerberater54 • Diese Gleichstellung war für den Gesetzgeber - neben anderen Überlegungen - der Anlaß, durch die Neufassung des Steuerberatungsgesetzes im Jahre 1972 beide Berufe für die Zukunft zu einem einheitlichen Beruf mit der Bezeiclmung "Steuerberater" zusammenzufassen54a. Gleich für mehrere Teilrechtsberater wurde das RBeratG hinsichtlich der Vertretung vor den Lastenausgleichsbehörden (Feststellungsbehörden) aufgehoben55• Die Befugnis zur Beratung des Rechtsuchenden, der aufgrund des Lastenausgleichsrechts Forderungen geltend machen kann, steht nämlich auch einigen, an sich nur zur Steuerberatung befugten Rechtsberatern zu56• Nach der Regelung des RBeratG57 53 Vgl. § 107 a Abs. I AO in der Fassung des StBerG vom 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301) und § 2 Abs. I StBerG. 54 Vgl. die Gleichstellung von Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten im § 107 a Abs. I AO in der Fassung des StBerG und in § 2 Abs. I StBerG. Der Unterschied zwischen beiden Berufen besteht nur noch hinsichtlich der Zulassungsvoraussetzungen (vgl. §§ 5 ff. StBerG i. d. Fassung vom 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301) und §§ 5, 118 a StBerG i. d. Fassung vom 11. August 1972 (BGBl. I, S. 1401)). Eine Ausnahme macht allerdings der Wortlaut des § 162 Abs. II VwGO, der von einer Prozeßvertretungsbefugnis für Steuerberater, nicht aber der Steuerbevollmächtigten in "Steuersachen" ausgeht. Unter Steuersachen i. S. der VwGO fallen verwaltungsgerichtliche Klagen wegen "öffentlichrechtlicher Abgaben" (=Steuern, Gebühren und Beiträge, die ein Hoheitsträger aufgrund seines Hoheitsrechtes erhebt); vgl. Köhler, § 67 Anm. VI, 3 b (S. 567), § 162 Anm. B III, 2 (S. 1208); vgl. auch Klinger, § 67 Anm. C, 2 b (S. 346); a. A. (enger) OVG Münster, NJW 1967, S. 1054 (1055); vgl. auch OVG Lüneburg, AnwBl. 1961, S. 73 (74), wo allerdings auch nach der Definition von Köhler keine Beratung in "Steuersachen" vorliegt. Für eine Tätigkeit in "Steuersachen" kann der Steuerberater seine Gebühren nur bis zur Höhe der BRAGebO ersetzt verlangen; so OVG Münster, NJW 1966, S. 2184 (2185) = BB 1966, S. 1089 (1090) = WPg 1966, S. 618; VG Schleswig, WPg 1967, S. 100 (101). s4 a Vgl. §§ 118 a, 118 b StBerG i. d. Fassung vom 11. August 1972 (BGBL I, S. 1401); vgl. unten § 10, Fn. 100 - 105. 55 Von der Beratung eines Rechtsuchenden, dem aufgrund des Lastenausgleichsrechts Forderungen zustehen (Leistungsseite), ist die Beratung des Steuerpflichtigen zu unterscheiden, der aufgrund des Lastenausgleichsrechts Abgaben zu erbringen hat (Abgabenseite). Da die Verwaltung der Lastenausgleichsabgaben den Finanzbehörden übertragen ist, steht gern. Art. 2, § 2 RBeratG die Beratungsbefugnis den in § 107 a AO genannten Personen zu, so auch Heßdörfer, S. 98. 58 Neben den in Art. 1, § 1 und § 3 RBeratG erwähnten können auch die in § 107 a Abs. I und Abs. II, Ziff. 2 - 4 AO genannten Personen, Behörden und Personenvereinigungen in Lastenausgleichssachen tätig werden; so § 327 Abs. II, Ziff. 1 und 2 LAG in der Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBL I, S. 1909); § 30 Abs. I Feststellungsgesetz (FG) in der Fassung vom 1. Oktober
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müßten sie an sich ausgeschlossen sein, da die Beratung in diesen Lastenausgleichssachen zur "allgemeinen Rechtsberatung" zählt58• Damit ist für die Vertretung vor den Lastenausgleichsbehörden59 (Feststellungsbehörden) die in dem RBeratG getroffene Trennung zwischen "allgemeiner Rechtsberatung" und der "Steuerberatung" weitgehend aufgehoben. Die Befugnisse einiger Teilrechtsberater wurden auch durch die Neufassung bzw. Einführung außerhalb des RBeratG liegender Verfahrensvorschriften ausgedehnt. So sind von dem Zurückweisungsrecht der Finanzbehörden60 und -gerichte61 nicht mehr nur Rechtsanwälte, Notare 1969 (BGBl. I, S. 1885); § 32 Abs. I Beweissicherungs- und_Feststellungsgesetz (BFG) in der Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I, S. 1897); vgl. auch das 19. ÄndG LAG vom 3. Mai 1967 (BGBl. I, S. 509). Eine entsprechende Regelung war schon 1953 geschaffen worden (§ 2 Abs. II, III der VO über die Vertretung vor den Ausgleichsbehörden und Feststellungsbehörden (4. LeistungsDV-LA = 2. FeststellungsDV) vom 24. August 1953 (BGBl. I, S . 1026)). Diese VO wurde jedoch vom BVerfG für nichtig erklärt; BVerfG 19, S. 370 (376) = BGBl. I, S. 318 = NJW 1966, S. 1067 L). Neben der Ausweitung der Befugnisse einiger Teilrechtsberater wurde durch die Neuregelung eine neue Teilrechtsberatergruppe geschaffen, indem auch Personenvereinigungen, die nicht auf berufsständischer Grundlage gebildet worden sind, zugelassen werden ("Geschädigtenverbände", vgl. § 327 Abs. II, Ziff. 3 LAG und früher § 2 Abs. II der VO vom 24. August 1953). In der früheren Regelung konnten darüber hinaus auch noch andere Personen zur "Vertretung vor den Ausgleichsbehörden" zugelassen werden; vgl. § 2 Abs. I, §§ 3, 7 der VO vom 24. August 1953 und hierzu die Übergangsregelung in§ 5 des 19. AndGLAG vom 3. Mai 1967 (BGBl. I, S. 509). 57 Vgl. Art. 1, § 4 RBeratG. 58 Vgl. BGH, NJW 1956, S. 749 (750); Altenhoff/ Busch I Kampmann, Rn. 3; wohl auch Heßdorfer, S. 99. 59 Das gleiche gilt heute auch für die Prozeßvertretung in Lastenausgleichssachen (Leistungen). Nach § 327 Abs. III LAG vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I, S. 1909) sind nämlich die zur Vertretung vor den Ausgleichsbehörden zugelassenen Personen und Personenmehrheiten auch zur geschäftsmäßigen Redltsberatung in Ausgleichssachen befugt. In diesen Angelegenheiten sind sie daher nicht nur für die Behördenvertretung, sondern für die gesamte Rechtsberatungstätigkeit von den Beschränkungen des RBeratG ausgenommen; ebenso Harmening I Schubert I Bauer I Faber I Falk I Strauch I Weber, LAG, § 327 Rn. 9, 10. Den verfahrensrechtlichen Beschränkungen der Hechtsberatungstätigkeit unterfallen diese Rechtsberater dagegen weiterhin, z. B. § 67 Abs. I VwGO; vgl. auch§ 30 FG und§ 32 BFG und oben§ 10, Fn. 57. Im Gegensatz zu der geltenden Regelung war früher ihre Rechtsberatungsbefugnis auf die Behördenvertretung beschränkt, da die übrige Rechtsberatungstätigkeit gemäß § 13 der VO vom 24. August 1953 (BGBl. I, S . 1026) dem RBeratG unterfiel; so auch Heidrich, RLA 1957, S . 8 (10); a. A. VG Darmstadt, WPg 1964, S. 105 (106); Lubitz, RLA 1959, S. 321 (3231324); Heßdörfer, S. 991100. 60 Vgl. § 107 Abs. 111 AO in der Fassung des RAOÄndG vom 15. September 1965 (BGBl. I, S. 1365). Sachlich wurde diese Regelung schon durch § 119 Abs. 1 StBerG vom 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301) eingeführt; vgl. oben § 4, Fn. 20 und§ 7, Fn. 13. 61 Vgl. § 62 Abs. II, S. 1 FGO vom 6. Oktober 1965 (BGBl. I, S. 1477) i. V. m. § 107 Abs. III AO.
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und Steuerberater ausgenommen, sondern u. a. auch Wirtschaftsprüfer und Steuerbevollmächtigte62 . Nach dem Entwurf der AO 1969 soll diese Reg~!lung auch in Zukunft beibehalten werdensa. Auch das Vertretungsrecht vor den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten ist- im Gegensatz zum Vertretungsrecht vor dem Bundesverwaltungsgericht64- durch die Einführung des§ 67 Abs. II VwGO vom 21. Januar 1960 (BGBl. I, S. 17) erweitert worden. Vorher konnten in einigen Ländern65 mit Ausnahme der Rechtsanwälte, Verwaltungsräte und Vertreter einiger Vereinigungen - alle geschäftsmäßigen Rechtsberater zurückgewiesen werden. Ein derartiges Zurückweisungsrecht ist im Verwaltungsgerichtsverfahren nicht mehr vorgesehen. Es kann auch nicht über eine entsprechende Anwendung des § 157 Abs. I ZPO i. V. m. § 167 VwGO mit der Folge wieder eingeführt werden, daß nur Rechtsanwälte und Prozeßagenten zur geschäftsmäßigen Rechtsberatung befugt sind66 . Eine analoge Anwendung des § 157 Abs. I ZPO kommt nämlich wegen des insoweit abschließenden Charakters des § 67 Abs. II S. 3 VwGO nicht in Betracht. Danach ist ausdrücklich 62 Bei Erlaß des RBeratG war den Helfern in Steuersachen (Steuerbevollmächtigten) noch nicht einmal die Vertretungsbefugnis vor den Finanzbehörden zuerkannt worden; vgl. oben § 7, Fn. 9. In dem ersten Entwurf der Bundesregierung für ein Steuerberatungsgesetz wurde ihnen zwar das Vertretungsrecht vor den Finanzbehörden, aber nicht vor den Finanzgerichten zuerkannt; vgl. Reichelt, WPg 1954, S. 92; Dieterich, WPg 1954, S. 501 (503); ders., WPg 1961, S. 573 (573). Die Prozeßvertretungsbefugnis erhielten sie erst durch § 62 Abs. li FGO. Gleichzeitig wurden sie von dem Zurückweisungsrecht wegen fehlender Eignung ausgenommen; vgl. BFH, BStBl. Ill
1967,
s. 295.
Die Regelung des§ 107 Abs. 11, III AO wurde wörtlich in§ 100 RAO 1969 übernommen; ebenso wie auch § 107 a AO durch§ 79 Abs. li- VII EAO 1969. 64 Der Anwaltszwang vor dem Bundesverwaltungsgericht ist erst durch die VwGO eingeführt worden; vgl. im einzelnen: Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, Einleitung III (S. 11). Entgegen dem Wortlaut des § 67 Abs. I VwGO besteht allerdings eine Ausnahme für die "Vertreter des öffentlichen Interesses"; vgl. § 36 Abs. IV VwGO und Ule, Verwaltungsprozeßrecht, § 20 Anm. I (S. 71/72). 65 Vgl. § 61 Abs. IV der Gesetze über die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Bayern: Gesetz Nr. 39 vom 25. September 1946 (GVBI., S. 281); in Hessen: Gesetz vom 31. Oktober 1946, (GVBI., S. 194) in der Fassung vom 30. Juni 1949 (GVBI., S. 137); in Württemberg-Baden: Gesetz Nr. 110 vom 16. Oktober 1946 (Reg.Bl., S. 221); vgl. Eyermann I Fröhler I Hofmann, Verwaltungsgerichtsgesetz, § 61 Anm. 11, 2 a, d; für die Britische Zone: bejahend Klinger, § 42 Anm. A 1, S. 2931294 (über den gesetzlichen Wortlaut hinaus); a. A. insoweit OVG Münster, MDR 1952, S. 443. 66 So aber VGH Kassel, AnwBI. 1969, S. 408 (4091410); Schäfer, DVBl. 1961, S. 539 (542) mit ausführlicher Darstellung; Tietgen, Anm. zu OVG Hamburg, DVBI. 1961, S. 296 (297); Klein, Anm. zu OVG Münster, DVBl. 1967, S. 945 (946); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 22 e; Schorn, NJW 1961, S. 993 (996); Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit, § 67 Anm. II, 1 (S. 245); Köhler, VwGO, § 67 Anm. VI, 3 zu a (S. 506), der allerdings - widersprüchlich - einen Rechtsbeistand auch dann als Vertreter zulassen will, wenn er nicht als Prozeßagent zugelassen ist. 63
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"jede Person, die zum sachgemäßen Vortrag fähig ist", zur Prozeßvertretung zugelassen. Zur geschäftsmäßigen Prozeßvertretung vor den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten sind daher heute nicht nur Rechtsanwälte und Prozeßagenten berechtigt, sondern auch alle übrigen natürlichen Personen, soweit sie nach dem RBeratG dazu befugt sind67• Zugunsten der Rechtsanwälte besteht daher ein ausschließlicher68 Vorbehalt nur noch im Zivilprozeß69 und Strafverfahren70 ab Landgericht aufwärts und im Verfahren vor dem Bundesverwaltungs- und 67 So auch Hess. VGH, EsVGH Bd. 20, S. 147 (150); OVG Münster, NJW 1967, S. 1340 (1341) = DVBl. 1967, S. 944 (945); OVG Münster, NJW 1966, S. 2232 (2233); VGH Mannheim, DVBl. 1962, S. 185 (1861187) mit zustimmender Anm. v. Koehler (vgl. aber oben § 10 Fn. 66 a. E.); Eyermann I Fröhler, § 67 Rn. 27; Redeker I v. Oertzen, § 67 Rn. 11; Schunck I De Clerck, § 67 Anm. 3 e; Klinger, § 67 Anm. C 2 b (S. 3451346); Schorn, Rechtsberatung, S. 1921193; Baumbach I Lauterbach, § 157 Anm. 5; insoweit auch VGH Baden-Württemberg, VerwRspr. Bd. 15 Nr. 221, S. 756 (757/758 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien); ebenso zu § 42 MRVO Nr. 165: OVG Münster, MDR 1952, S. 443; offengelassen in BVerwG 19, S. 339 (340); BVerwG, VerwRspr. Bd. 19 Nr. 30, S. 120; im Ergebnis auch Schorn, NJW 1961, S. 993 (996). Ebenso für die freiwillige Gerichtsbarkeit vgl. oben § 10 Fn. 16 und § 10 Fn. 24. 68 Bei dieser Zusammenstellung wurde die Prozeßvertretungsbefugnis der "Rechtslehrer" nicht berücksichtigt, z. B. nach § 138 StPO und § 67 Abs. I VwGO, da sie nur von einem eng begrenzten Personenkreis ausgenutzt werden kann. Nach der Auslegung des BVerwG fallen unter den Begriff "Rechtslehrer" nämlich nicht wissenschaftliche Assistenten und Lehrbeauftragte; so BVerwG, NJW 1970, S. 2314 (2315) im Anschluß nach Thieme, S. 2961297; a. A. Peters, JZ 1956, S. 288 (290). Diese können sich aber u. U. als Rechtsbeistände (vgl. BVerwG, NJW 1970, S. 1059 (1060) mit ablehnender Anm. v. Chemnitz) oder als Rechtsanwälte (vgl. BVerwG, NJW 1970, S. 2313 (2313)) zulassen lassen. 69 Vgl. § 78 Abs. I ZPO (Anwaltszwang); vgl. auch§ 162 Abs. III S. 2 BBauG (Anwaltszwang erst ab Antragstellung zur Hauptsache). Eine Ausnahme von dem in § 78 Abs. I ZPO festgelegten Anwaltszwang besteht zwar für die Vertretung in Entschädigungssachen vor dem Landgericht (§ 224 Abs. 1 BEG i. d. Fassung vom 29. Juni 1956 (BGBl. I, S. 559)), jedoch sind zur Vertretung in der mündlichen Verhandlung außer Rechtsanwälten nur - gesondert zugelassene- Prozeßagenten befugt; vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 1991200, 161; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 22 a (S. 26). Der Sinn und Zweck des Anwaltszwanges wird ausführlich dargestellt im Bericht der Kommission zur Vorbereitung einer Reform der Zivilgerichtsbarkeit, herausgegeben vom Bundesjustizministerium, Bonn 1961, S. 274 ff. 70 Nach § 138 Abs. II StPO kann zwar jede nach dem RBeratG hierzu befugte Person als Wahlverteidiger zugelassen werden, und zwar auch vor den höheren Gerichten (vgl. oben § 10, 2 b u. c). Da diese Wahlverteidiger jedoch bei einer notwendigen Verteidigung nur in Gemeinschaft mit einem Rechtsanwalt auftreten dürfen (§ 238 Abs. II, 2. Hs. StPO) und bei einer erstinstanzliehen Hauptverhandlung vor dem Land- und Oberlandesgericht immer eine notwendige Verteidigung vorliegt (§ 140 Abs. I, Ziff. 1 StPO), kann vereinfacht davon gesprochen werden, daß im Strafverfahren ab Landgericht aufwärts ein Vertretungsvorbehalt zugunsten der Rechtsanwälte besteht. Als Pflichtverteidiger können nur Rechtsanwälte bestellt werden (§ 142 StPO). Auch muß von ihnen die Revisionsbegründungsschrift unterzeichnet werden (§ 345 Abs. II StPO).
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Bundesarbeitsgericht; ein begrenzter Vorbehalt dagegen im Zivilprozeßverfahren vor dem Amtsgericht71, im Verfahren vor dem Arbeitsund Landesarbeitsgericht72 und im Sozial-73 und Disziplinargerichts71 Prozeßvertretungsbefugt sind nur Rechtsanwälte und Prozeßagenten; vgl. § 157 Abs. I, III ZPO. § 157 Abs. I ZPO ist nicht anwendbar: im Patentverfahren für die Patentanwälte (§ 4 Abs. III PatAO) und für das Anhörungsrecht der Patentassessoren (§ 156 S. 2 PatAO), im Verfahren der freiwilligen Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit vgl. oben § 10, Fn. 16 und § 10, Fn. 67), und im Verfahren über Kartellsachen für das Anhörungsrecht der Wirtschaftsprüfer und anderer sachkundiger Personen (§ 67 Abs. II GWB). 72 Prozeßvertretungsbefugt sind(§ 11 ArbGG): a) Rechtsanwälte (siehe aber § 11 Abs. I, S. 2-4 ArbGG); bei Streitwert über 300,- DM Zulassungsbeschluß erforderlich, der "ex tune" wirkt; so BAG, NJW 1969, S. 111. b) Vertreter von aa) Gewerkschaften, bb) Vereinigungen der Arbeitgeber, cc) Zusammenschlüssen dieser Verbände (nur freiwillige, so BAG, AnwBI. 1961, S. 72 (73)), dd) selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung (nur vor dem Arbeitsgericht). c) Andere geschäftsmäßige Rechtsberater sind ausgeschlossen, und zwar nicht nur von der mündlichen Verhandlung, sondern von der gesamten Prozeßvertretungstätigkeit, da in § 11 Abs. I, S. 1 und Abs. II, S. 1 ArbGG der Kreis der befugten Vertreter abschließend aufgezählt wird; vgl. auch Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 22 b; Schorn, Rechtsberatung, S. 191; Stein I Jonas I Fohle,§ 157 Anm. VI, 1. Zu b: Im Gegensatz zu der geltenden Regelung waren bis 1953 die Vertreter der unter b, dd) genannten Vereinigungen von der Prozeßvertretung ausgeschlossen. Dagegen stand den Vertretern der übrigen unter b) genannten Vereinigungen eine Prozeßvertretungsbefugnis zu bzw. nach ihrer Eingliederung in die deutsche Arbeitsfront deren Rechtsberatungsstellen; vgl. § 11 ArbGG in der Fassung vom 20. März 1935 (RGBI. I, S. 386) und § 11 ArbGG in der Fassung vom 23. Dezember 1926 (RGBI. I, S. 507) wieder in Kraft seit 1946 durch Art. X des Kontrollratsgesetzes Nr. 21 vom 30. März 1946 (AmtsBI. d. Mil. Reg. Deutschland - Brit. Kontrollgebiet - Nr. 9,
s. 195).
73 Prozeßvertretungsbefugt sind (§§ 73, 166 SGG): a) Rechtsanwälte, b) Bevollmächtigte, die Mitglieder oder Angestellte von aa) Gewerkschaften, bb) selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung (Mindestmitgliederzahl: 1000; so BSG, NJW 1970, S. 1288), cc) Vereinigungen der Arbeitgeber, dd) Vereinigungen der Kriegsopfer (nach Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 69 nur für Versorgungssachen; a. A.: Fr. Schmidt, Die Sozialgerichtsbarkeit 1968, S. 137 (1411142); wohl auch Schorn, Rechtsberatung, S. 196 (2041205) sind, c) Prozeßagenten (nur vor dem Sozial- und Landessozüilgericht). Zu b: Im Gegensatz zu der geltenden Regelung waren von 1946 bis zum Erlaß des SGG am 10. August 1954 und vor 1936 die unter b) genannten Vereinigungen nicht zur Rechtsberatung befugt. Allerdings stand von 1936
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verfahren74 . In allen anderen Gerichtsverfahren, insbesondere im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit'\ vor den Finanzgerichten und dem Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht sind alle nach dem RBeratG zugelassenen, natürlichen Personen zur Prozeßvertretung befugt.
c) Die Erleichterungen des Zugangs zur Rechtsberatungstätigkeit aa) Der Wegfall der Bedürfnisprüfung Eine weitere Lockerung des Rechtsberatungsmonopols brachte der Wegfall der Bedürfnisprüfung bei den rechtsberatenden Berufen. So verstößt bei den Rechtsbeiständen die Bedürfnisprüfung, die zum Schutze der übrigen Rechtsberater, insbesondere der Rechtsanwälte, eingeführt worden war, nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts76 gegen Art. 12 GG. Mit der in Art. 12 Abs. I, S. 1 GG garantierten Freiheit der Berufswahl ist eine Bedürfnisprüfung grundsätzlich nicht vereinbar, da der Bewerber auf diese objektive Zulassungsvoraussetzungen keinen Einfluß nehmen und ihm daher der Zugang zum Beruf versperrt sein kann. Eine Bedürfnisprüfung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn sie zum Schutze besonders wichtiger ("überragender") Gemeinschaftsgüter zwingend erforderlich ist77 • Zwar ist die geordnete Rechtspflege in einem Rechtsstaat eine der wesentlichen Grundlagen der staatlichen
bis Kriegsende nur den Leitern der von der deutschen Arbeitsfront eingerichteten Rechtsberatungsstellen und· - in Versorgungssachen - einigen Verbänden eine Prozeßvertretungsbefugnis zu; vgl. Art. 1, § 3 Ziff. 1-4 RBeratG; Casselmann, Die Sozialgerichtsbarkeit 1967, S. 361 (362). 74 Vor den Bundesdisziplinargerichten sind prozeßvertretungsbefugt (§ 40 Abs. II BDO in der Fassung vom 20. Juli 1967 (BGBl. I, S. 751); ähnlich schon§ 30 e BDO in der Fassung vom 14. Juli 1953 (BGBI. I, S. 551)) : a) Rechtsanwälte und Rechtslehrer an deutschen Hochschulen b) Vertreter der Beamtengewerkschaft c) Ruhestands- und andere Beamte. Im Gegensatz zur geltenden Regelung waren vor 1953 nur prozeßvertretungsbefugt: a) Rechtsanwälte und Rechtslehrer an deutschen Hochschulen b) Verwaltungsräte; vgl. dazu Dernedde, DVBl. 1952, S. 709 ff. 7 5 Vgl. oben§ 10, Fn. 16. 76 Vgl. BVerwG, NJW 1955, S. 1532 ff. mit Anm. von Reuß. 77 So BVerfG 7, S. 377 (405, 408) = NJW 1958, S. 1035 (1038) (Apothekenurteil).
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Gemeinschaft78 • Sie wird jedoch nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts79 nicht durch eine Zunahme der Zahl der Rechtsberater, sondern nur bei ihrer fehlenden Eignung und Sachkunde gefährdet. Da die Bedürfnisprüfung bei den Rechtsbeiständen nicht auf Eignung und Sachkunde, sondern lediglich auf ein Zahlenverhältnis abstellt, sei sie unzulässig. Die Bedürfnisprüfung wurde dementsprechend auch bei Rechtsanwälten, Steuerberatern und Steuerbevollmächtigten aufgehoben, dagegen nicht bei den Notaren80• Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts sind diese dem Berufsrecht des öffentlichen Dienstes so nahe gerückt, daß bei ihnen in Anlehnung an Art. 33 GG Sonderregelungen möglich sind. Auch für die Prozeßagenten81 hat das Bundesverfassungsgericht die Rechtmäßigkeit der Bedürfnisprüfung bejaht. Die Tätigkeit des Prozeßagenten stellt nach Auffassung des Gerichts kein selbständiges Berufsbild dar, sondern nur eine Betätigungsweise des Berufs "Rechtsbeistand". Durch die Regelung der Tätigkeit des Prozeßagenten werde daher in die Freiheit der Berufsausübung82 , nicht dagegen in die der Berufswahl eingegriffen, so daß die Bedürfnisprüfung schon durch Zweckmäßigkeitserwägungen gerechtfertigt sei. Auch im amtsgerichtliehen Verfahren sei es zweckmäßig, die Prozeßvertretung grundsätzlich den Rechtsanwälten vorzubehalten, da sie über die gleiche Vorbildung wie die Richter verfügten. Die Begründung durch das Bundesverfassungsgericht ist insofern bedenklich, als der Prozeßagent nicht als Unterart des Rechtsbeistandes angesehen werden kann83• Dem Prozeßagenten stehen nämlich erheblich weitere Rechtsberatungsbefugnisse zu. Über die Tätigkeitsbereiche des Rechtsbeistandes hinaus (Art. 1, § 3 Ziff. 3 RBeratG) ist er zur Steuerberatung(§ 107 a Abs. II Ziff. 2 AO) und zur Vertretung vor dem zulassenden Amtsgericht (§ 157 Abs. 111 ZPO) sowie - mit besonderer Zulassungssa. - vor den Sozial- und Landessozialgerichten (§ 73 Abs. VI 78 So BVerwG, NJW 1955, S. 1532 (153311534); ebenso BVerwG, NJW 1955, S. 1534 (1535); BVerwG, DVBl. 1960, S. 774 (775); vgl. auch BVerfG 21, 173
(179).
79 So BVerwG, NJW 1955, S. 1532 (1534) ; vgl. auch Bayr. ObLG, VerwRspr. Bd. 7, Nr. 227, S. 993 (994). 80 Vgl. BVerfG 17, S. 371 (377) = BB 1964, S. 740. 81 So BVerfG 10, S. 185 = NJW 1960, S. 139 = DVBl. 1960, S. 62; BVerwG, NJW 1969, S. 546 (547); BVerwG, NJW 1956, S. 883 (884); BVerwG, NJW 1955, S. 1534 (1535); a. A. OVG Lüneburg, DVBl. 1953, S. 476 (4771478). 82 So BVerwG 10, S. 185 (193 - 197); ebenso Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 21. 83 Insoweit auch BVerwG, NJW 1959, S. "546, das Rechtsbeistände und Prozeßagenten als "zwei selbständige Berufe" bezeichnet. 83"- Der Prozeßagent bedarf für die Prozeßvertretung vor den Sozialgerichten einer zusätzlichen Zulassung, da in § 73 Abs. VI, S. 1 SGG ohne Ein-
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SGG) befugt. Durch die in § 157 Abs. III ZPO vorgesehene Bedürfnisprüfung wird daher in das Recht der Berufswahl eingegriffen83b. Auch als Eingriff in die Berufswahl ist die Bedürfnisprüfung des § 157 Abs. III ZPO allerdings mit Art. 12 Abs. I GG vereinbar - wie das Bundesverwaltungsgericht830 in seinem der Entscheidung des BVerfG zugrunde liegenden Urteil richtig ausführt. Wie sich aus der geschichtlichen Entwicklung83d und der systematischen Stellung ergibt, stehen§ 157 Abs. I ZPO und§ 157 Abs. III ZPO in engem Zusammenhang. Wenn der Gesetzgeber nach§ 157 Abs. I ZPO mit Ausnahme der Rechtsanwälte alle Personen von der geschäftsmäßigen Rechtsberatung vor Gericht ausschließt, so hat er damit die Zulassung zu dieser Tätigkeit von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht, die nur die Rechtsanwälte erfüllen. Die Festlegung dieser subjektiven Zulassungsvoraussetzungen gerade für die geschäftsmäßige Rechtsberatung vor Gericht ist zur Erreichung einer geordneten Rechtspflege als einem besonders wichtigen Gemeinschaftsgut78 erforderlich. Bei einer Prozeßvertretung muß der Berater nämlich im Interesse des vertretenen Rechtsuchenden in stärkerem Maße über exakte Rechtskenntnisse verfügen als bei einer außergerichtlichen Beratung. Einmal muß der Berater zusätzlich die dem Rechtsuchenden weitgehend unbekannten prozessualen Vorschriften kennen, um mögliche Nachteile, z. B. wegen Fristversäumnis, Präklusion oder Verspätung zu vermeiden. Gleiches gilt im Ergebnis auch für das materielle Recht. Fehler des Beraters wirken sich nämlich bei der Prozeßvertretung wegen der kontroversen schränkung auf § 157 ZPO verwiesen wird; so auch BVerwG, NJW 1963, S. 2242 (2243: zur Bedürfnisprüfung vgl. unten § 10, Fn. 84); OVG Hamburg, DVBL 1961, S . 294 (295) mit zust. Anm. von Tietgen; Schorn, Rechtsberatung, S. 194 ff.; Altenhoff! Busch I Kampmann, Rn. 22 f., 69 (S. 80181); ebenso mit anderer Begründung: Peters ISauterI Wolff, § 73 Anm. 2 (S. 258- 1- 3) im Gegensatz zur früheren Auflage; vgl. auch Bayr. VGH, VerwRspr Bd. 14, Nr. 96, S. 353 (357). Dagegen bedarf der Prozeßagent keiner besonderen Zulassung für die Prozeßvertretung vor den Finanzgerichten (vgl. BFH, BStBl. III 1954, S. 266) und den Verwaltungsgerichten (vgl. oben § 10, Fn. 68; anders z. T . die Verwaltungspraxis, vgl. BVerwG, NJW 1969, S. 2218 a. E.). 83b Für die Klage auf Zulassung als Prozeßagent ist daher gern. § 40 VwGO das Verwaltungsgericht zuständig. Demgegenüber hält das BVerwG jetzt ausgehend von der Ansicht des BVerfG - die ordentlichen Gerichte gern. § 23 EGGVG für zuständig (so BVerwG, NJW 1969, S. 2218 im Gegensatz zu seinen dort angeführten früheren Entscheidungen). Dies führt zu der auch praktisch nicht zu rechtfertigenden Konsequenz, daß ein Berater für die Zulassung als Prozeßagent die Klage vor dem ordentlichen Gericht und für die Zulassung als Rechtsbeistand die Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben muß. 83c So BVerwG, NJW 1959, S. 546 ff.; vgl. auch BVerwG, NJW 1955, S. 1534 ff.; BVerwG, NJW 1956, S. 883 ff. 83d So (ausführlich) BVerwG, NJW 1955, S. 1534 (1534); BVerwG, NJW 1956, s. 883 (884).
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Ausgangslage unmittelbar zu Lasten des Beraters aus, während dies für die außergerichtliche Beratung nur in beschränktem Maße gilt. Wenn der Gesetzgeber daher für die geschäftsmäßige Rechtsberatung vor Gericht die gleichen Eignungsvoraussetzungen verlangt wie von dem Richter, so ist dies im Interesse des Rechtsuchenden ebenso erforderlich wie im Interesse einer Arbeitserleichterung der Gerichte. Die somit verfassungsgemäßen Zulassungsvoraussetzungen für die geschäftsmäßige Rechtsberatung vor Gericht haben - genauso wie bei anderen Berufen wie beispielsweise den Handwerkern oder Wirtschaftsprüfern - eine Ausschlußfunktion gegenüber den Personen, die diese Voraussetzung nicht erfüllen. Der Zugang zum Beruf des Prozeßagenten hätte daher- ohne daß ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. I GG vorläge - auch vollkommen ausgeschlossen werden können. Wie auch das BVerwG8Se richtig ausführt, ist deshalb der geringere Eingriff die Zulassung nach einer Bedürfnisprüfung - mit Art. 12 Abs. I GG vereinbar. Diese Begründung der Verfassungsmäßigkeit des § 157 Abs. III ZPO steht auch im Einklang mit den Ausführungen des BVerwG79 zu der Bedürfnisprüfung des Art. 1, § 1 Abs. II RBeratG. Auch im Rahmen des § 157 Abs. III ZPO soll mit der Bedürfnisprüfung nicht etwa die Eignung und Sachkunde des einzelnen Prozeßagenten festgestellt werden. Durch die Bedürfnisprüfung des § 157 Abs. III ZPO werden vielmehr die Orte festgelegt, in denen nicht genügend Rechtsanwälte als die für die Prozeßvertretung am besten vorgebildeten Berater zur Verfügung stehen und in denen daher zur Sicherstellung einer geordneten Rechtspflege die in geringerem Umfang vorgebildeten Prozeßagenten zugelassen werden müssensse. Anders als für die von einem Amtsgericht zuzulassenden Prozeßagenten (§ 157 Abs. III ZPO) hat das BVerwG84 die Bedürfnisprüfung für die von den Sozialgerichten zuzulassenden Prozeßagenten (§ 73 Abs. VI SGG i. V. m. § 157 Abs. III ZPO) für verfassungswidrig erklärt. Das BVerwG begründet seine Ansicht damit, daß der Gesetzgeber mit der Zulassung der in§ 73 Abs. VI S. 3 SGG aufgezählten Verbände für sae Entsprechend diesem Zweck ist für die Feststellung des Bedürfnisses nicht allein auf die Zahl der Rechtsanwälte abzustellen, sondern darauf, ob die Parteien genügend Möglichkeit haben, sich eines Rechtsanwalts als Terminsvertreter zu bedienen, so (ausführlich) BVerwG, NJW 1959, S. 546 (547). s• So BVerwG, NJW 1963, S. 2242 (2243) = DVBl. 1964, S. 36 (38 unter unrichtiger Datenangabe); hierzu kritisch Schorn, Rechtsberatung, S. 68 ff., 76 ff. Nach der jetzt vom BVerwG, NJW 1966, S. 2218 vertretenen Ansicht (vgl. oben § 10, Fn. 83 b) ist es für die Entscheidung dieser Frage nicht mehr zuständig.
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das sozialgerichtliche Verfahren den Grundsatz aufgegeben habe, die Terminsvertretung den Rechtsanwälten vorzubehalten. Mit dieser Begründung verkennt das BVerwG, daß für die Prozeßvertretung vor den Sozialgerichten aus den gleichen Gründen wie für die Prozeßvertretung vor den ordentlichen Gerichten gesteigerte Rechtskenntnisse der Berater erforderlich sind. Entgegen dem BVerwG ist aus der ausnahmsweisen Zulassung der in § 73 Abs. VI S. 3 SGG aufgezählten Verbände nicht zu entnehmen, daß der Gesetzgeber die durch § 157 Abs. I ZPO grundsätzlich geforderten Zulassungsvoraussetzungen für diese Tätigkeit aufgeben wollte. Abgesehen davon, daß gemäß § 73 Abs. VI S. 1 SGG der § 157 Abs. I ZPO weiterhin Anwendung findet, wird durch § 73 Abs. VI S. 3 SGG der Grundsatz des § 157 Abs. I ZPO nicht- wie das BVerwG unterstellt - aufgehoben, sondern lediglich eine auf gesonderten Überlegungen beruhende Ausnahme geschaffen. Nach § 73 Abs. VI S. 3 SGG werden nämlich nicht sämtliche Berater zugelassen, sondern nur die für bestimmte enumerativ aufgezählte Verbände handelnden Personen. Diese Ausnahme findet ihren sachlich gerechtfertigten Grund darin, daß diese Verbände, wie z. B. die Gewerkschaften, entweder über eine eigene Rechtsabteilung verfügen oder sich kraft ihrer besonderen Zweckrichtung speziell mit dem Sozialrecht befassen und wegen ihrer größeren Mitgliederzahl (Mindestzahl: 1000 Mitglieder85) über ein gewisses Maß von Unabhängigkeit gegenüber dem jeweilig Beratenden verfügen. Entgegen dem BVerwG ist daher auch die in§ 73 Abs. VI SGG i. V. m. § 157 Abs. III ZPO vorgesehene Bedürfnisprüfung für die Zulassung der Prozeßagenten verfassungsgemäß. bb) Die Erleichterung der subjektiven Zulassungsvoraussetzungen bei den Rechtsanwälten im Gegensatz zu einigen steuerberatenden Berufen Der Zugang zum Beruf des Rechtsanwalts wurde nicht nur durch den Wegfall der Bedürfnisprüfung, sondern auch durch die Änderung einiger subjektiver Zulassungsbedingungen erleichtert. Das Erfordernis einer dreijährigen Zeit als Anwaltsassessor86 wurde aufgehoben und die dreieinhalbjährige Referendarzeit im Jahre 1965 auf zweieinhalb Jahre87 und ab 16. Juni 1972 auf zwei Jahre88 verkürzt. Allein durch die So BSG, NJW 1970, S. 1288. . . .legung bleiben die genannten Bedenken gegen die geltende Regelung bestehen, da auch durch diese zusätzlichen unbestimmten Rechtsbegriffe keine angemessene Ausbildung gewährleistet ist. 86 Vgl. oben § 7, Fn. 19. 87 § 5 Abs. III DRiG i. d. Fassung vom 18. August 1965 (BGBl. I, S. 891). 85
§ 10. Die Änderung des Rechtsberatungswesens
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erste Verkürzung der Referendarzeit erhöhte sich der Zugang zu dem Beruf der Rechtsanwälte von 1,8 Ofo im Jahre 1965 auf 4,3 Ofo im Jahre 196989. Nach der in Zukunft möglichen Zusammenfassung der theoretischen und praktischen Ausbildung90 wird sich die Zeit bis zur Zulassung als Rechtsanwalt noch einmal verkürzen, und zwar von der augenblicklichen Durchschnittsdauer von ca. 8 Jahren91 auf eine Mindestdauer von 51/2 Jahren 92 • Im Gegensatz zu den Rechtsanwälten wurden bei einigen steuerberatenden Berufen die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen verschärft. So wird, anders als vor dem Zweiten Weltkrieg, von den Wirtschaftsprüfern93 und- bis zur Neufassung des StBerG im Jahre 1972 -den Steuerberatern94 - grundsätzlich eine Hochschulausbildung verlangt. Gleichzeitig wurde der Zugang zu dem Beruf des "vereidigten Buchprüfers" mit seinen im Verhältnis zum Wirtschaftsprüferberuf leichteren Zulassungsvoraussetzungen versperrt95• Ein weiterer Schritt auf dem Wege zu einer "Monopolisierung" 96 der Steuerberatungstätigkeit war die Festlegung der Zulassungsbedingungen für Steuerbevollmächtigte97 (=Helfer in Steuersachen): Nach einer Lehrzeit (oder Viersemestrigen Fachausbildung) ist grundsätzlich noch eine vierjährige Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens erforderAllerdings wurde diese Verkürzung der Referendarzeit teilweise durch die -faktische -Verlängerung der Universitätsausbildung wieder aufgehoben. 88 § 5 a Abs. I, S. 1 DRiG i. d. Fassung vom 10. September 1971 (BGBl. I, s. 1557). In der DDR beträgt die Ausbildungszeit ab 1. Juli 1970: vierjähriges Studium und anschließend, allerdings nur für Rechtspflegejuristen, eine einjährige Assistentenzeit (=ähnlich einer Referendarzeit); vgl. K. H. Lebmann, JuS 1970, S. 481 (481); ders., JuS 1969, S. 195 (195). 89 Vgl. DAV, AnwBl. 1969, S. 125 (mit ausführ!. Zahlenmaterial). 90 Sog. "einphasige Ausbildung" ; vgl. § 5 b DRiG i. d. Fassung vom 10. September 1971 (BGBl. I, S. 1557). 91 Vgl. DAV, AnwBl. 1971, S. 74 (75 1. Sp.). 92 So § 5 b Abs. I, S. 1 DRiG i. d. Fassung vom 10. September 1971 (BGBl. I, s. 1557). 93 Vgl. § 8 WPO; zur früheren Regelung vgl. Koch, S . 205, 65/66. 94 Vgl. § 5 Abs. I StBerG i. d. Fassung v om 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301) und für die Ausnahmen § 5 Abs. II und 111 StBerG in derselben Fassung. Ab 1941 wurde für die Zulassung als Steu erberater grundsätzlich eine sechssemestrige Universitä ts- oder Handelshochschulausbildung gefordert, von der in Einzelfällen Ausnahmen zugelassen wurden; vgl. Abschnitt II des RdF.-Erlasses vom 18. Februar 1941 (RStBl. I, S. 143). 95 Vgl. §§ 128 ff. WPO. 96 So für den Beruf des "Steuerbevollmächtigten" die treffende Formulierung des BVerfG 21, S. 173 (180). 07 Vor Erlaß des StBerG mußten die "Helfer in Steuersachen" ihre Sachkunde zwar grundsätzlich durch eine Prüfung nachweisen (§ 3 Abs. I des Erlasses der Gemeinsamen Steuer- und Zollabteilung über die Zulassung als
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lich98 • Durch diese formalisierten subjektiven Zulassungsvoraussetzungen sollte einerseits eine bessere Ausbildung erreicht werden, damit die Steuerbevollmächtigten ihrem neuen umfassenden Tätigkeitsbereich gerecht werden können. Andererseits sollte aber auch ein Abwandern qualifizierter Beamter aus der Finanzverwaltung verhindert werden. Da dieser Zweck mit der bisherigen Regelung nicht erreicht worden ist (vgl. unten Tabelle 2, § 10 a. E.), sind die Zulassungsvoraussetzungen bei der Neufassung des StBerG im Jahre 1972 noch einmal verschärft worden. Tabelle 2 Zahl99 der abgewanderten, voll ausgebildeten Steuerbeamten (ohne Bayern) Jahr
Zahl der Abgewanderten
1964 1966 1969
566 697 863
-----
Nach der Neufassung des StBerG im Jahre 1972 sollen die Berufe der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten zu einem einheitlichen Beruf mit der Bezeichnung "Steuerberater" zusammengeiaßt werden, indem die bisherigen Steuerbevollmächtigten nach einer erleichterten Übergangsprüfung100 als Steuerberater zugelassen werden und - nach einer Übergangsfrist101 - der Zugang zu dem Beruf des Steuerbevollmächtigten ausgeschlossen wird. Zugleich wurden die Voraussetzungen für die Zulassung als Steuerberater erweitert. Diese wirken sich als eine weitere Verschärfung der Zulassungsbedingungen für die bisherigen Steuerbevollmächtigten aus. So müssen Finanzbeamte nicht mehr Helfer in Steuersachen vom 7. März 1949 (StuZBl. 1949, S. 97) auf der Rechtsgrundlage de s § 2 der VO zur Durchführung des § 107 a AO vom 11. Januar 1936 (RGBl. I, S. 11)), jedoch war keine langjährige Ausbildungszeit vorgeschrieben. Zudem waren Prüfungen als Nachweis der Sachkunde nicht obligatorisch; so BFH, BStBl. III 1955, S. 121 (122). 98 Vgl. § 6, bes. Abs. I Ziff. 3 StBerG i. d. Fassung vom 16. August 1961 (BGBI. I, S. 1301) und § 118 a , bes. Abs. I Ziff. 3 StBerG i. d. Fassung vom 11. August 1972 (BGBI. I, S . 1401). Ende der fünfziger Jahre war eine "Rechtsbeistandsordnung" geplant, nach der - entsprechend der für die Steuerbevollmächtigten geltenden Regelung - für die Rechtsbeistände eine Eignungsprüfung und ein Befähigungsnachweis eingeführt werden sollte; vgl. v. Coelln, NWB, Fach 30, S. 41 ff. 99 Zahlenmaterial veröffentlicht vom "Bund Deutscher Steuerbeamter im Deutschen Beamtenbund", Der Steuerbeamte (Beilage zur Steuer-Warte) 1969, S. 78 und 1970, S. 66. 100 Vgl. § 118 b StBerG i. d. Fassung vom 11. August 1972 (BGBl. I, S. 1401). 101 Vgl. § 118 a Abs. V StBerG i. d. Fassung vom 11. August 1972 (BGBI. I, s. 1401).
§ 11. Vergleich des geltenden mit dem früheren Rechtsberatungswesen
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-wie nach der bisherigen Regelung (so § 6 Abs. II Ziff. 2 StBerG a. F.) - 5 Jahre als Sachbearbeiter tätig sein, sondern 7 Jahre102, um zur Prüfung zugelassen zu werden (so § 5 Abs. II StBerG n. F.). Auch der Wegfall der bisher erforderlichen zusätzlichen fünfjährigen Tätigkeit bei der Finanzverwaltung gleicht diese Verschärfung nicht aus, da hierauf die Zeit der Ausbildung oder einer sonstigen Beschäftigung bei der Finanzverwaltung angerechnet wurden. Alle anderen Bewerber müssen entweder ein abgeschlossenes Hochschulstudium nachweisen103 (Bisher für Steuerbevollmächtigte nicht erforderlich, sondern nur "Mittlere Reife+ Lehrzeit bzw. viersemestrige Verwaltungsakademiezeit. Allerdings soll die anschließende praktische Ausbildungszeit von 4 auf 3 Jahre verkürzt werden.);
oder
eine zehnjährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens nachweisen, davon 5 Jahre als Mitarbeiter bei enumerativ aufgezählten Personen oder Personengruppen104 (bisher für Steuerbevollmächtigte nicht erforderlich, sondern nur eine Ausbildungszeit von etwa 6 Jahren, davon eine 4jährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens bei einer freigestelZten Ausbildungsstelle) 105•
Mit diesem Eingriff in das Recht auf freie Berufswahl (durch die Verschärfung der formalisierten subjektiven Zulassungsvoraussetzungen) und das Recht auf freie Wahl der "Ausbildungsstätte" (durch die Beschränkung der Zahl der Ausbildungsstätten) setzt die Neufassung des Steuerberatungsgesetzes die in der Steuerberatung schon vorher begonnene Monopolisierung in stärkerem Maße fort. § 11. Vergleich des geltenden Rechtsberatungswesens mit den früheren Regelungen
Das geltende Rechtsberatungswesen nimmt eine Mittelposition zwischen der reichsgesetzlichen und der nationalsozialistischen Regelung 102 Der der Neufassung des StBerG zugrunde liegende Entwurf ging sogar noch darüber hinaus, indem er eine Tätigkeit als Sachgebietsleiter forderte; vgl. § 5 Abs. II des Entwurfs (BT-Drucks. VI/1424). Vgl. im übrigen den weiteren Entwurf (BT-Drucks. VI/1617), nach dem ein Einheitsberuf "Wirtschaftsprüfer-Steuerberater" geschaffen werden sollte. 103 Vgl. § 5 Abs. I S. 1 Ziff. 1 StBerG i. d. Fassung vom 11. August 1972 (BGBl. I, S. 1401). 104 Vgl. § 5 Abs. I S. 1 Ziff. 2 StBerG i. d. Fassung vom 11. August 1972 (BGBl. I, S. 1401). Zu den Erleichterungen für Hochschulabsolventen vgl. § 5 Abs. I S. 1 Ziff. 2 c und Abs. I S. 2 StBerG n. F. 1os Da den bisherigen Steuerbevollmächtigten - soweit ersichtlich - eine mangelhafte Ausbildung nicht vorgeworfen wird, ist m. E. die Neufassung auf ihre Vereinbarkeit mit Art. 12 GG zu überprüfen.
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ein: Es gewährt nicht so weitreichende Freiheiten wie die reichsgesetzliche Regelung, legt aber auch nicht so viele Beschränkungen auf wie die nationalsozialistische. Im Deutschen Reich konnte jedermann Rechtsberatung - mit Ausnahme der Prozeßvertretung - übernehmen. Zulassungsbeschränkungen durch Qualifikationsnachweise bestanden nur für Rechtsanwälte. Diese "Freiheit für jedermann" bei der nichtprozessualen Rechtsberatung besteht heute nicht mehr. Die gesamte Rechtsberatungstätigkeit wird vielmehr einem Personenkreis vorbehalten, der durch seine berufliche Qualifikation bestimmt wird. Da die Zulassung zu den Rechtsberaterberufen regelmäßig an die Ableistung der vorgeschriebenen Ausbildung gebunden ist, besteht im heutigen Rechtsberatungswesen nur noch eine "Freiheit für die Ausgebildeten". Auch nach der nationalsozialistischen Regelung war die Zulassung zur Rechtsberatung grundsätzlich von der Ableistung einer Ausbildung abhängig. Insoweit stimmen die heutige und die nationalsozialistische Regelung überein. Der Unterschied zwischen beiden Regelungen besteht - neben dem damals vorgesehenen Ausschluß der jüdischen Rechtsberater - darin, daß bei der Neuordnung des Rechtsberatungswesens im Jahre 1935 vorrangig ein weiteres Ziel verfolgt wurde, nämlich die Beschränkung des Wettbewerbs zugunsten der zugelassenen Rechtsberater, insbesondere der Rechtsanwälte. Nicht jeder Ausgebildete wurde deshalb als Rechtsberater zugelassen, sondern die Zahl der Bewerber durch eine Bedürfnisprüfung und übersteigerte subjektive Voraussetzungen gemindert. Es bestand keine generelle Freiheit für die Ausgebildeten, sondern nur für einen zahlenmäßig begrenzten Teil unter ihnen. Seit dem Wegfall dieser wettbewerbsbegrenzenden Beschränkungen ist die Zulassung allein von der Ausbildung abhängig. Die gesteigerte Bedeutung des Ausbildungsprinzips zeigt sich auch darin, daß die in der nationalsozialistischen Regelung für die Steuerberatung vorgesehene bedeutsame Ausnahme von dem Ausbildungserfordernis aufgehoben worden ist. Während damals für die Zulassung zum Helfer in Steuersachen (Steuerbevollmächtigten) kein Ausbildungszwang vorgeschrieben war, ist er heute nach Erlaß des Steuerberatungsgesetzes erforderlich. In der heute nahezu uneingeschränkten Durchführung des Ausbildungsprinzips zeigt sich eine Wandelung in der Bewertung der beteiligten Interessen. Im Spätmittelalter wurden die Interessen der Rechtsuchenden an einer qualifizierten Rechtsberatung nur wenig geschützt, weil an die Ausbildung und Zuverlässigkeit der Rechtsberater nur
§ 11. Vergleich des geltenden mit dem früheren Rechtsberatungswesen
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geringe oder keine Anforderungen gestellt wurden. Im Deutschen Reich bestand zwar ein Ausbildungszwang für Rechtsanwälte und damit ein erweiterter Schutz für die Rechtsuchenden. Da den Rechtsanwälten ein Monopol nur für die Prozeßvertretung zustand, wirkte sich der mit ihrer Ausbildung verbundene Schutz der Rechtsuchenden vorwiegend in diesem Teilbereich aus. Erst im Dritten Reich wurde den Rechtsuchenden insoweit ein umfassenderer Schutz gewährt, als grundsätzlich jeder Rechtsberater'- neben seiner Zuverlässigkeit die Absolvierung einer Ausbildung nachzuweisen hatte. Der mit dem Ausbildungszwang erreichte Interessenschutz erfuhr jedoch dadurch eine Einschränkung, daß die Auswahlmöglichkeit der Rechtsuchenden durch die Festlegung der Zahl der Rechtsberater gemindert wurde. Diese zahlenmäßige Begrenzung der Rechtsberater durch Bedürfnisprüfung und ähnliche Maßnahmen diente dem Schutz ihres Interesses an einer gesicherten Existenzgrundlage. Damals wurde also der Schutz der Rechtsuchenden im Interesse der Rechtsberater eingeschränkt und damit dem Interesse der Rechtsberater eine größere Bedeutung beigemessen. Heute dagegen ist umgekehrt - nach Wegfall der Bedürfnisprüfung und der übersteigerten subjektiven Zulassungsvoraussetzungen- dem Interesse der Rechtsuchenden der Vorrang eingeräumt. Zwar genießen auch heute noch die Rechtsberater einen gewissen Schutz, indem aufgrund des allgemeinen Rechtsberatungsverbots ein Wettbewerb durch die übrigen Berufstätigen ausgeschlossen ist. Dieser Schutz ist auch beabsichtigt: Da die zugelassenen Rechtsberater selbst beruflichen und standesrechtlichen Beschränkungen unterliegen, sollen sie nicht dem Wettbewerb von Personen ausgesetzt sein, für die diese Beschränkungen nicht gelten. Auch wenn der Schutz der Rechtsberater insofern mitbezweckt ist, verfolgt das allgemeine Rechtsberatungsverbot heute in erster Linie den Schutz der Rechtsuchenden. Der Ausschluß unausgebildeter und unzuverlässiger Personen ist nämlich notwendige Voraussetzung, um eine qualifizierte Rechtsberatung zu gewährleisten. Ihm kommt auch nicht mehr die weitreichende wettbewerbsbeschränkende Bedeutung zu wie früher. Einmal steht der Zugang zu den Rechtsberaterberufen grundsätzlich jedem Ausgebildeten offen, ohne daß die Ausbildungsanforderungen übersteigert sind. Zum anderen hat sich die Zahl der zur Rechtsberatung zugelassenen Berufs- und Personengruppen erweitert. Hinzu kommt, daß die Tätigkeitsbereiche einzelner Rechtsberater nicht mehr so scharf voneinander abgegrenzt sind. So ist der strenge Vorbehalt zugunsten der Rechtsanwälte eingeschränkt worden und besteht vor allem auf dem an Bedeutung gewinnenden Gebiet der Finanzgerichtsbarkeit nicht mehr.
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Das heutige Rechtsberatungswesen ist daher durch den Vorrang des Schutzes der Rechtsuchenden1 und ein Zurücktreten des Schutzes der Rechtsberater gekennzeichnet. § 12. Vberblick über die Befugnisse zur geschäftsmäßigen Rechtsberatung an Hand einer Tabelle Die folgende Tabelle soll einen Überblick über die Befugnisse einzelner Rechtsberater geben. Erklärungen zur Tabelle 3
unbeschränkte und unbeschränkbare Rechtsbesorgungsbefugnis. unbeschränkte, aber beschränkbare Rechtsbesorgungsbefugnis. beschränkte, aber unbeschränkbare Rechtsbesorgungsbefugnis beschränkte und beschränkbare Rechtsbesorgungsbefugnis. Beschränkte Rechtsbesorgungsbefugnis heißt:
Die Befugnis ist für jeden Berufsangehörigen begrenzt, und zwar entweder durch das RBeratG bzw. § 107 a AO oder durch die speziellen Verfahrensvorschriften oder durch die speziellen Berufsregelungen. Beschränkbare Rechtsbesorgungsbefugnis heißt:
Die Befugnis ist nicht generell für jeden Berufsangehörigen, sondern nur im Einzelfall für den jeweils handelnden Berufsangehörigen begrenzbar, z. B. wegen Unfähigkeit gemäß § 157 Abs. 2 ZPO.
Bei der Tabelle ist zu beachten: 1. Nur den im RBeratG bzw. im § 107 a AO ausdrücklich genannten Personen oder Personenmehrheiten steht eine Rechtsberatungsbefugnis zu (grundsätzliches Rechtsberatungsverbot)la. Die Tabelle erfaßt nicht alle, aber die meisten von ihnen. 1 Ähnlich auch OLG Hamm, NJW 1954, S. 516 (517/518), wenn es als "Hauptzweck" des RBeratG den Schutz des einzelnen Staatsbürgers und als "Nebenzweck" den Schutz des Rechtsberaters ansieht. 1a Für die außerhalb des Rechtsberatungsgesetzes bzw. des § 107 a AO bestehende Rechtsberatungsbefugnis vgl. oben § 10, Fn. 45 (Kriegsopferversorgung), § 10, Fn. 46 (Flurbereinigung), § 10, Fn. 47, 48 (Organisationen der Vertriebenen, Flüchtlinge und Verfolgten) und § 10, Fn. 56, 59 (Geschädigtenverbände).
rtretung
geschäftsmäßigen Rechtsbesorgung (Rechtsberatung i. w. S.)
angelegenheiten
ZPO FGG !§§7_9_L127Abs .1~2 §§13,79 außerh~Jinnerh. FGG i.V. m.§ 157 d.mündlichen Abs. 2 Verhandlung ZPO
Zivi1e:erichts Amtsgericht
-~
I
Prozeßve Strafle:erichtsbarkeit barkeit Amts- LG,OLG Lü, OLG, le:ericht BGH BGH 1s 345 §7~!:'~PO §§~';;'29 Abs. 2, 79 FGG §§ 138,140 StPO . i.V.m. § 157 Abs 2 ZPO
Tabelle 3: Vbersicht ilber die Befugnisse zur
v. Schweinltz
§ 13. Die Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen
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2. Der Umfang der jeweiligen Rechtsberatungsbefugnis ist abhängig: a) von den durch das RBeratG bzw. § 107 a AO festgelegten Beschränkungen. In der Tabelle sind die jeweils zutreffenden Vorschriften vertikal untereinander, in der zweiten Spalte von links angeführt; b) von den unabhängig vom RBeratG bzw. § 107 a AO bestehenden Rechtsberatungsbeschränkungen, und zwar · aa) aufgrund spezieller verfahrensrechtlicher Vorschriften, z. B. §§ 157, 78 ff. ZPO, § 13 FGG2 , § 138 StP03 ,§ 67 VwG04 .In der Tabelle sind die jeweils zutreffenden Vorschriften horizontal nebeneinander, in der dritten und vierten Spalte von oben angeführt; bb) aufgrund Berufs- und sonstiger Sondervorschriften für den einzelnen Rechtsberater, z. B. bei den Notaren die Beschränkung ihrer Vertretungsbefugnis aus der Pflicht zur Unparteilichkeit gemäߧ 14 Abs. 1 S. 1 BNot05• Die einzelnen Vorschriften sind zwar nicht in der Tabelle gesondert angeführt, jedoch für das Ergebnis herangezogen worden. § 13. Die Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen
Die Beschränkungen der Rechtsberatungstätigkeit sollen über verschiedene Vorschriften durchgesetzt werden, die bei unzulässiger Rechtsberatung negative Rechtsfolgen androhen. Eine spezielle Sanktion bei einem Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz bzw. § 107 a AO sehen Art. 1, § 8 RBeratG1 bzw. § 409 AO 2 In der Tabelle ist nur die grundsätzliche Regelung angegeben. Für die Einzelregelung vgl. § 10, Fn. 16. 3 In der Tabelle ist die Befugnis, Verteidiger in einem Straf- oder Bußgeldverfahren zu sein, zur Übersichtlichkeit vereinfacht dargestellt. So ist die Sonderregelung für die Verteidigung in Steuerangelegenheiten (§§ 427 Abs. I, 447 Abs. I Ziff. 3 AO in der Tabelle nicht mit angegeben (vgl. oben § 10, Fn. 35}}. Auch ist aus den in § 10, Fn. 70 genannten Gründen nur der Rechtsanwalt als Verteidiger ab Landgericht aufwärts angeführt worden. 4 Für die in der Tabelle nicht angeführten Sonderregelung bei den Steuerberatern vgl. oben § 10, Fn. '54 und für die Prozeßvertretung in Lastenausgleichssachen vgl. oben § 10, Fn. 59. 5 Vgl. dazu BGH, NJW 1969, S. 929 (931); BGH, NJW 1970, S. 42 (43); vgl. oben § 10, Fn. 22. 1 Bei Erlaß des Rechtsberatungsgesetzes stand die gegen Art.1, § 1 RBeratG verstoßende Rechtsberatung unter Strafandrohung. Durch das "Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten" vom 24. Mai 1968 (BGBl. I, S. 503) wurde diese Tat als Ordnungswidrigkeit eingestuft; vgl. oben§ 7, Fn. 12.
7 v. Schwelnltz
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mit der Androhung eines Bußgeldes vor. Diese eigens zur Verhinderung der unzulässigen Rechtsberatung geschaffene Sanktion eignet sich tatsächlich jedoch nur wenig, den verfolgten Zweck zu erreichen. Das Bußgeld kann nämlich nur bei Tätern verhängt werden, die mit dem erforderlichen Unrechtsbewußtsein handelten. Da die Vorschriften des Hechtsberatungsgesetzes bzw. des § 107 a AO dem Laien nicht immer bekannt sind, zudem der Anwendungsbereich vieler Einzelregelungen umstritten ist, kann sich der Täter häufig auf entschuldbaren Verbotsirrtum berufen2• Nach einer Entscheidung des Bayr0bLG3 soll das Unrechtsbewußtsein bei einem rechtsunkundigen Täter sogar erst dann gegeben sein, wenn er vorher auf die Rechtswidrigkeit der vorgenommenen Rechtsberatung ausdrücklich hingewiesen worden ist. Anders als im Bußgeldverfahren setzen die sonstigen Rechtsfolgen, die in einem behördlichen oder gerichtlichen Verfahren zur Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen vorgesehen sind, lediglich den objektiven Tatbestand einer unzulässigen Rechtsberatung voraus. Dennoch kommen diese Beschränkungen der Rechtsberatungstätigkeit nicht immer in vollem Umfang zur Anwendung, abgesehen von so eindeutigen Vorschriften wie z. B. § 78 ZPO (Anwaltszwang). So liegt z. B. bei § 157 Abs. I ZPO (Ausschluß aller geschäftsmäßigen Rechtsberater mit Ausnahme der Rechtsanwälte und Prozeßagenten) die Schwierigkeit in der Feststellung des Sachverhalts. Die zum Ausschluß von der Verhandlung erforderliche "Geschäftsmäßigkeit" des Handeins läßt sich bei der einzelnen Rechtsberatungshandlung nur schwer erkennen, da sich die Wiederholungsabsicht nach außen dokumentiert haben muß. Bei den meisten übrigen verfahrensrechtlichen Beschränkungen ergeben sich die Schwierigkeiten daraus, daß die vorgesehenen Rechtsfolgen von der Ausübung eines Ermessens oder der Ausfüllung eines unbestimmten Rechtsbegriffs abhängt. So muß z. B. das Tatbestandsmerkmal "Unfähigkeit zum geeigneten Vortrag" für eine Zurückweisung gemäß § 62 Abs. I, S. 1 FGO erst durch den Richter konkretisiert werden4. Die damit für den Richter tatsächlich bestehende Entscheidungsfreiheit wird in Grenzfällen häufig insofern zugunsten des Rechtsbera2 Vgl. BayrObLG, NJW 1969, S. 1452 (1453) und OLG Celle, AnwBl. 1966, S. 169 (170 mit Literaturangaben); vgl. auch OLG Hamm, NJW 1951, S. 815
(816).
3 Vgl. BayrObLG, NJW 1969, S. 1452 (1453). In diesem Urteil werden die bei der Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen auftretenden Schwierigkeiten sehr deutlich. Der Täter war schon in mindestens 32 Zivilprozessen unzulässigerweise aufgetreten, ehe er auf die Rechtswidrigkeit seines Handeins ausdrücklich hingewiesen wurde. 4 Ähnlich bei § 107 Abs. 2 S. 1 AO und§ 157 Abs. 2 ZPO, der im Verfahren der freiwilligen, Verwaltungs-, Sozial- und Arbeitsgerichtsbarkeit entsprechend anwendbar ist; vgl. oben§ 10, Fn. 16, § 10, Fn. 67; § 73 Abs. 6 SGG, § 11 ArbGG.
§ 13. Die Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen
99
ters ausgeübt, als von einer so schwerwiegenden Sanktion wie dem Ausschluß des Beraters Abstand genommen und statt dessen dem leichteren Eingriff einer vorsichtigen Korrektur seiner Verhandlungsführung der Vorzug gegeben wird. Im Ergebnis führt daher die dem Richter bzw. der Behörde eingeräumte Entscheidungsfreiheit teilweise zu einer nur begrenzten Anwendung der hier bestehenden Rechtsberatungsbeschränkungen. Neben5 diesen speziell zur Einschränkung einer unzulässigen Rechtsberatung angeordneten Rechtsfolgen (Bußgeld oder Zurückweisung des Beraters) sind für die Durchsetzung der Beschränkungen des Rechtsberatungsgesetzes bzw. des § 107 a AO ebenfalls die allgemeinen Vorschriften von Bedeutung. Hier kommen vor allem § 1004 BGB und § 1 UWG in Betracht. Mit den danach gegebenen Unterlassungsansprüchen6 können die zugelassenen Rechtsberater bzw. ihre Verbände7 gegen eine nach dem RBeratG verbotene Rechtsberatung vorgehen. Ihnen steht auch die Klagebefugnis zu, weil die Regelung des Rechtsberatungsgesetzes bzw. des§ 107 a AO u. a. den Schutz ihrer Interessen bezwecken8 , wenn auch heute in abgeschwächter Form9 • Diese Unterlassungsklagen bieten eher die Möglichkeit zur Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen als etwa das Bußgeldverfahren. Einmal erhalten die zugelassenen Rechtsberater aufgrund ihrer Tätigkeit leichter Kenntnis von einer unzulässigen Rechtsberatung als eine staatliche, regelmäßig auf Anzeigen Dritter angewiesene Verfolgungsinstanz10• Zum anderen liegt es im Eigeninteresse der zugelassenen Rechtsberater, die Verfolgung zu intensivieren. Auch die sonst einer Klagerhebung möglicherweise entgegenstehenden 5 Die Unterlassungsklage ist neben einer Strafanzeige möglich, da ihr nicht das Rechtsschutzbedürfnis fehlt; vgl. BGH, NJW 1967, S. 1558 (1559 Ziff. 2). 6 Außer den Rechtsberatern bzw. ihren Verbänden steht auch den (Vertrags-)Gegnern des verbotswidrig vertretenen Rechtsuchenden ein Unterlassungsanspruch gegenüber dem auftretenden Berater zu; vgl. LG Itzehoe, AnwBl. 1962, S. 285. Betreibt der Berater entgegen dem Rechtsberatungsverhot für seinen Klienten die Zwangsvollstreckung, so kann der Vollstreckungsschuldner (= Vertragsgegner) u. U. den Mangel der Vertretung gern.§ 766 ZPO geltend machen; vgl. KG, JW 1938, S. 1844 (1845). 7 So BGHZ 48, S. 12 (14- 17) = NJW 1967, S. 1558 (1559) = MDR 1967, S. 651 (651/652) = BB 1967, S. 690 = WPG 1967, S. 327 (328) unter Aufhebung von OLG Hamburg, WPG 1966, S. 495 (496/497); vgl. auch BGHZ 15, S. 315 (317) = NJW 1955, S. 422 (423); BGH, NJW 1956, S. 591 = LM, Nr. 3 zu § 1 RBeratG; BGH, NJW 1961, S. 1113 = MDR 1951, S. 305 (L). 8 Vgl. BGHZ 34, S. 63 (67/68); BGHZ 37, S. 258 (261); BGH, NJW 1956, S. 749 (750); vgl. auch § 13, Fn. 7. 9 Vgl. oben § 11 a. E. 10 Auch das Auskunftsrecht der Verfolgungsbehörde beseitigt diese Schwierigkeit nicht, da sie zunächst einmal Kenntnis von der unzulässigen Rechtsberatung haben muß; vgl. zum Auskunftsrecht bei unzulässiger Steuerberatung: Weissenborn, DStR 1962/63, S. 357 (357 mit Lit.).
7•
I, 5.: Das Rechtsberatungswesen in der BRD
100
Bedenken des Einzelnen, durch die Rechtsverfolgung persönliche Nachteile zu erleiden, sind hier ausgeschlossen, da die Verbände die Unterlassungsklage erheben können. Abgesehen von diesen Eingriffsmöglichkeiten Dritter wird die Einhaltung der Rechtsberatungsbeschränkungen dadurch erreicht, daß der unzulässig Rechtsrat Erteilende in seinem Innenverhältnis zum Mandanten mit Nachteilen belastet wird. Bei einer unzulässigen Rechtsberatung entfällt nämlich sein Anspruch auf die vertraglich vereinbarten Gebühren, da der entgeltliche Geschäftsbesorgungsvertrag gern. § 134 BGB i. V. m. Art. 1, § 8 RBeratG bzw. § 409 AO nichtig ist. Art. 1, § 8 RBeratG bzw. § 409 AO sind Verbotsgesetze i. S. des § 134 BGB und nicht nur Ordnungsnormen11 • Sinn und Zweck dieser Vorschriften besteht in erster Linie im Schutz der Rechtsuchenden vor einer Beratung durch unzuverlässige und unausgebildete Personen12 • Dieser Zweck wird nicht schon durch die Verhängung des Bußgeldes erreicht, sondern erst durch den Wegfall der vertraglichen Verpflichtung zur Rechtsberatung. Andernfalls wäre der Berater trotz seiner fehlenden Ausbildung gezwungen, seine Beratung fortzusetzen13• Der Zweck des Rechtsberatungsgesetzes bzw. des § 107 a AO erfordert daher die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages14 • Im Hinblick auf diesen Verlust der vereinbarten Gebühr hat jeder Rechtsberater letztlich ein Eigeninteresse an der Einhaltung der ihm auferlegten Beschränkungen. Dies gilt um so mehr, als sich gern. § 139 BGB die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages regelmäßig auf dessen rechtmäßigen Teil und damit auf den zulässigen Teil der Rechtsund Wirtschaftsberatung erstreckt15• Auch ein Anspruch auf Aufwen11
37,
So aber LG Kreuznach, NJW 1951, S. 807; dagegen ausdrücklich BGHZ
s. 258 (261).
Vgl. oben§ 11 a. E. und§ 8, 2. So BGHZ 37, S. 258 (261/262) = NJW 1962, S. 2010 (2010/2011) = BB 1962, S. 898 = MDR 1962, S. 814 (815) = AnwBl. 1962, S. 303 (304) mit Anm. Rietsehe!, LM, Nr. 10 zu § 1 RBeratG; Bestätigung des genannten Urteils durch BGH, NJW 1970, S. 609 (610/611) und BGH, NJW 1966, S. 1508 (1509). 14 So h. M.; vgl. oben§ 13, Fn. 13; OLG Stuttgart, DNotZ 1964, S. 734 (737); OVG Lüneburg, AnwBI. 1961, S. 73 (74); OLG Dresden, JW 1938, S. 859; LG Wuppertal, AnwBl. 1969, S. 455; LG Braunschweig, MDR 1961, S. 935; LG München, AnwBI. 1966, S. 170 (171); LG Augsburg, AnwBl. 1962, S. 230 (231); LG Oldenburg, AnwBI. 1959, S. 153 (154); Brangsch, Anm. zu LG Kreuznach, NJW 1951, S. 807/808; Staudinger I Coing, § 134 Rn. 18 a; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 27; Schorn, Rechtsberatung, S. 2871288; weitergehend (auch Nichtigkeit der entgegen dem Art. 1, § 1 RBeratG vorgenommenen Abtretung); BGH, DAR 1967, S. 191 (192) und die in § 10, Fn. 19 angegebene Literatur und Rechtsprechung. 15 Vgl. BGH, NJW 1968, S. 1329 (1330); OLG Karlsruhe, Die Justiz 1965, S. 59 (61); LG Wuppertal, AnwBI. 1969, S. 455 (456) ; OLG Karlsruhe, BB 1965, S. 602 (602 Ziff. 4). 12 13
§ 13. Die Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen
101
dungsersatz gemäß §§ 683, 670 BGB entfällt, da der Berater bei einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot die gemachten Aufwendungen nicht "für erforderlich" halten durfte16• Ihm steht lediglich ein Anspruch gemäß §§ 812, 818 Abs. 2 BGB auf die "übliche" oder (mangels einer solchen) auf die "angemesse!le" Vergütung zu17• Die Höhe dieses Anspruchs liegt aber regelmäßig unter der vereinbarten Vergütung18. Schon erhaltene Beträge sind daher vom Berater bis zu dieser Höhe an den Rechtsuchenden zurückzuzahlen (§§ 681 S . 1, 667 BGB) 19 • Zudem ist bei einem bewußten Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz bzw. § 107 a AO ein Anspruch sogar gemäß § 817 S . 2 BGB ausgeschlossen20 • Die Durchsetzung des Vergütungsanspruchs kann aber auch wegen
18 Vgl. BGHZ 37, S. 258 (263/264); LG Wuppertal, AnwBI. 1969, S. 455 (456). Dagegen können die nach Art. 1, § 7 RBeratG zugelassenen Vereinigungen ihre Aufwendungen ersetzt verlangen; so BGHZ 15, S. 315 (318/320) = VerwRspr. Bd. 7, Nr. 226, S. 988 (990); ebenso Casselmann, BB 1960, S. 785 (786). Diese Entscheidung ist von erheblicher praktischer Bedeutung, da erst durch diese Ersatzmöglichkeit die Vereinigungen ein Interesse an der Rechtsberatung ihrer Mitglieder haben. 17 So BGHZ 36, S. 321 (323) = NJW 1962, S. 807 = MDR 1962, S. 396 = BB 1962, S. 324 (325) mit zust. Anm. von Rietschel, LM, Nr. 9 zu § 1 RBeratG; BGHZ 37, S. 258 (264); LG Bamberg, AnwBI. 1956, S. 96 (97); weitergehend: (völlige Ablehnung eines Bereicherungsanspruches) W endenroth, Anm. zu BGH, AnwBI. 1962, S. 306 (Anscheinsbeweis gegen Berater); Schorn, Rechtsberatung, S. 291. 18 Nach BGH, NJW 1962, S. 2010 (2011, insoweit nicht in BGHZ 37, S. 264 ff.) kann der entgegen dem RBeratG tätige Berater über § 812 BGB höchstens die Gebühren eines Rechtsbeistandes verlangen, die etwa der Hälfte einer Rechtsanwaltsgebühr entsprechen; vgl. Art. IX, § 1 Abs. 2, S. 2 KostÄndG vom 26. Juli 1957 (BGBI. I, S. 861, 931). Er erhält damit sehr viel weniger als in der AllGO für die steuerberatenden Berufe vorgesehen ist; vgl. BGH, a .a.O. und BGH, LM, Nr. 9 zu § 1 RBeratG, wonach dem Helfer in Steuersachen nur etwa ein Achtel der Gebühren zugesprochen wurde, die ihm sonst nach der "Gebührenordnung der Steuerberatung für das Saarland" zugestanden hätten. 19 Vgl. BGHZ 37, S. 258 (263). Nach Schorn, Rechtsberatung, S. 290/291 muß der Berater sogar alle Zahlungen zurückerstatten; ebenso (nach §§ 812, 818 Abs. 3 BGB) AG Heidelberg, AnwBI. 1969, S. 64 (65). 20 Vgl. BGH, NJW 1968, S. 1329 (1330) = BB 1968, S. 730 = JZ 1968, S. 431 = AnwBI. 1968, S. 260 (261); weitergehend (schon bei objektivem Verstoß gegen das RBeratG) LG Wuppertal, AnwBI. 1969, S. 455 (455/456); Schorn, Rechtsberatung, S. 290; im Ergebnis auch nach der einschränkenden Ansicht von Fabricius zu § 817, S. 2 BGB, da das RBeratG den Charakter eines Verbotsgesetzes zum Schutze des Rechtsuchenden (= Empfänger der Leistung) und nicht zum Schutze des Leistenden (= Rechtsberater) hat (vgl. Fabricius, JZ
1963, s. 85 (89/90). Durch § 817 S. 2 BGB werden allerdings nicht die Bereicherungsansprüche
ausgeschlossen, die aus dem zulässigen Teil des Beratungsvertrages begründet sind, auch wenn dieser Teil des Vertrages gern. § 139 BGB nichtig ist; vgl. BGH, NJW 1968, S. 1329 (1330); vgl. auch BGH, NJW 1962, S. 1148 (1149); OLG Karlsruhe, Die Justiz 1965, S. 59 (61); a. A. (insoweit) LG Wuppertal, AnwBl. 1969, S. 455 (457).
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I, 5.: Das Rechtsberatungswesen in der BRD
Wegfalls der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) und speziell wegen der Anwendung der Saldotheorie21 scheitern. Neben diesem Nachteil einer geringeren Vergütung übernimmt der Berater mit einer unerlaubten Rechtsberatung auch ein erhebliches Risiko. Er muß nämlich u. U. dem Rechtsuchenden den gesamten Schaden ersetzen (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. dem RBeratG), der diesem durch die unerlaubte Rechtsbesorgung entstanden ist, da der in rechtlichen Dingen unerfahrene Rechtsuchende sich kein Mitverschulden (§ 254 BGB) entgegenhalten lassen muß22• Bei einer fehlerhaften Rechtsberatung läuft der Berater zudem Gefahr, den dadurch entstandenen Schaden selbst tragen zu müssen, da die Haftungspflicht seiner Berufsversicherung regelmäßig auf den erlaubten Aufgabenbereich der Rechtsberatung beschränkt ist und eine unzulässige Rechtsberatung nicht mit umfaßt23 • Trotz dieses umfassenden Katalogs von rechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen besteht eine Diskrepanz zwischen der abstrakten Androhung und der tatsächlichen Durchsetzung. Im Bereich der Prozeß- und Behördenvertretung ist die Durchsetzung der Rechtsberatungsbeschränkungen am ehesten gewährleistet, da hier alle der angeführten negativen Rechtsfolgen eingreifen können. Anders ist es dagegen bei der Privatvertretung und besonders bei der Rechtsberatung im engeren Sinne. Da bei dieser Beratung überwiegend juristisch nicht vorgebildete Privatpersonen beteiligt sind, erhalten weder Gerichte noch Behörden und selten nur die sonstigen zugelassenen Rechtsberater unmittelbar Kenntnis von dem Gesetzesverstoß. Die Durchsetzung der Beschränkungen in diesem Bereich ist daher weitgehend darauf beschränkt, daß Privatpersonen von ihrem Recht zur Zahlungsverweigerung Gebrauch machen oder Anzeige erstatten. Die Beschränkungen der Rechtsberatungstätigkeit werden daher am wenigsten im Bereich der Privatvertretung und dem der Rechtsberatung i. e. S. durchgesetzt. Vgl. hierzu LG München, AnwBl. 1960, S. 200 (201). So AG Heidelberg, AnwBl. 1969, S. 64 (65). Danach soll die Schadensersatzpflicht nicht nur dem Berater selbst, sondern sogar demjenigen obliegen, der den Rechtsuchenden an den Berater vermittelt hat (= Beklagten zu 2.). Diese Folgerung ist jedoch zu weitgehend. 23 Vgl. LG Köln, AnwBl. 1963, S. 118 (bes. 118). Allerdings gilt für Entschädigungssachen heute eine andere gesetzliche Regelung; vgl. oben § 10, Fn. 56. Vgl. auch Rawald I Mittelsteiner, DStR 1962/63, S. 544 (546); BGH, NJW 1963, S. 2027 (2028) = BB 1963, S. 787 (788) = AnwBl. 1963, S. 308 (309) = LM, Nr. 12 zu Art. 1, § 1 RBeratG unter Verweis auf§§ 1, 2 der "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung von Vermögensschäden aus der wirtschaftlichen Prüfungs-, Treuhand- und Beratungstätigkeit (AVB)". 21
22
Teil II
Der Wirtschaftsprüfer 1. Abschnitt D~e
Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs
§ 14. Die Vorläufer des Wirtschaftsprüferberufs
Die Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" 1 ist erstmals 1931 in Deutschland zur Kennzeichnung eines Berufes verwandt worden. Vorläufer dieses Berufes gab es jedoch schon in sehr viel früherer Zeit. So entstand während der italienischen Renaissance2 mit der Entwicklung der Buchhaltungskunst3 der Beruf des Buchhalters. Dieser auch bald in Deutschland' bekannte Beruf unterscheidet sich allerdings noch sehr von dem des Wirtschaftsprüfers. Die Buchhalter befaßten sich mit der reinen Buchführung, nicht aber mit der Wirtschaftsberatung. Die Verbindung von Buchhaltungskenntnissen und wirtschaftlicher Beratung entwickelte sich erst später, vor allem im angelsächsischen Wirtschaftsraum6 • So traten in den Jahren des nordamerikanischen Aufschwungs wirtschaftlich vorgebildete "Treuhänder" auf, die teils Kapital anzulegen, 1 Die Bezeichnung "Wirtschaftsprüfer" wurde zuerst in der Ländervereinbarung vom Jahre 1931 verwandt, die zur Verordnung des Reichspräsidenten vom 15. Dezember 1931 erging (1. VO des Reichspräsidenten zur Durchführung der aktienrechtlichen Vorschriften der Verordnung über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 15. Dezember 193'1 (RGBl. I, S. 760); die Ländervereinbarung ist als Anlage veröffentlicht). In der Notverordnung selbst wurde noch die Bezeichnung "Bilanzprüfer" gewählt (vgl. Art. 5 der VO), ebenso in § 262 e HGB (eingefügt durch die VO des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19. September 1931 (RGBl. I, S. 493, 498)). Vgl. dazu Eisfeld, WPg 1956, S. 450 (451). 2 Vgl. Möhle, WPg 1954, S. 529. Nach Heßdörfer soll 1581 in Venedig der erste Berufsverband der Revisoren gegründet worden sein, vgl. Heßdörfer,
s. 31.
Vgl. Bechtel, Bd. II, S. 312. So wird z. B. in Art. 4 der "Neuen Bankerotterirer- und Falliten-Ordnung in Harnburg vom 1. Oktober 1647" ein "Buchhalter" erwähnt; vgl. Kellenbenz, WPg 1970, S. 621 ff. (mit ausführ!. Lit.). 5 Vgl. Möhle, WPg 1954, S. 529. 3
4
104
II, 1.: Die Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs
teils wirtschaftliche Zusammenbrüche abzuwickeln hatten5 • Diese Treuhänder wurden auch als "Berater" herangezogen, insbesondere durch die englische Krone5 und die Magistrate der Gemeinden. Die Treuhänder unterscheiden sich von den Buchhaltern auch durch ihre wirtschaftlich unabhängige Stellung. Während die Buchhalter regelmäßig weisungsgebundene Angestellte6 waren, waren die Treuhänder meist selbständige Kaufleute7 • Ihre im eigenen Interesse wahrgenommene Tätigkeit als Kaufmann konnte sie jedoch in Konflikt mit der übertragenen Treuhandaufgabe bringen. Um diese Interessenkollision auszuschließen und die Integrität der Beratungs- und Prüfungstätigkeit zu gewährleisten, wurde 1954 in Schottland der Beruf eines "Chartered Accountant" 8 geschaffen. Als "Chartered Accountant" wurde nur zugelassen, wer sich zur Einhaltung der Berufsgrundsätze, insbesondere zur Verschwiegenheit, Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit verpflichtete9 • Die Entwicklung vom weisungsgebundenen Buchhalter zum unabhängigen Revisor hat in Deutschland später als im angelsächsischen Wirtschaftsraum eingesetzt. So gab es erst nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 eine größere Zahl von freiberuflich tätigen Revisoren1o. Ab 1887 wurden einige von ihnen als "beeidigte Bücherrevisoren" öffentlich bestellt11 • Auch die selbständige Treuhand6 So wird in Art. 4 der "Neuen Bankerotterirer- und Falliten-Ordnung in Harnburg vom 1. Oktober 1647" der "Buchhalter" mit dem "Diener" bzw. dem "sonstigen Personal" gleichgestellt. 7 Die ersten freiberuftich tätigen Buchhalter gab es in Schottland schon Ende des 18. Jahrhunderts; so Koch, S. 55; vgl. auch Möhle, WPg 1954, s. 529 (530). 8 Entgegen der wörtlichen Bedeutung ihrer B erufsbezeichnung (account = Rechnung) ist die Tätigkeit des "Charter ed Accountant" nicht auf das überprüfen der Buchführung beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die sonstigen Tätigkeiten eines Wirtschaftsprüfers. 9 Vgl. Möhle, WPg 1954, S. 529 (530). 10 Nach Eisfeld stieg die Zahl der freiberuflich tätigen Revisoren in Harnburg erst ab 1877 sprunghaft an, und zwar von 71 im Jahre 1877 auf 144 im Jahre 1881; vgl. Eisfeld, Zeitschrift für Handelswissenschaftliche Forschung 1936, S. 541 (554). 1905 wurde der "Verband d eutscher Bücherrevisoren" gegründet; vgl. Koch, S. 55. 11 Von 1887 bis 1889 wurden erstmalig in Deutschland, und zwar in den Hansestädten, "beeidigte Bücherrevisoren" öffentlich bestellt; vgl. Eisfeld, WPg 1956, S . 450; Möhle, WPg 1962, S. 197. Durch Art. 4 der Novelle vom 30. Juni 1900 (RGBl., S. 321) wurde durch eine Ergänzung des § 36 GewO die Möglichkeit geschaffen, im gesamten Reichsgebiet Bücherrevisoren öffentlich zu vereidigen. 1943 wurde § 36 GewO insoweit außer Kraft gesetzt und die Vereidigung der nunmehr als "vereidigte Buchprüfer" bezeichneten P erson en aufgrund der §§ 4 und 8 der VO über den Zusammenschluß auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Treuhandwesens vom 13. März 1943 (RGBl. I, S. 157) vorgenommen. Bis 1943 war es zwar möglich, das Gewerbe des
§ 14. Die Vorläufer des Wirtschaftsprüferberufs
105
tätigkeit, insbesondere durch juristische Personen, entwickelte sich erst ab 1890 mit der Gründung der ersten deutschen Treuhandgesellschaftl2. In den folgenden Jahren erweiterte sich kontinuierlich der Tätigkeitsbereich dieser selbständigen Revisoren und Treuhandgesellschaften. Er beschränkte sich nicht mehr nur auf die Prüfungs- und Treuhandtätigkeit, sondern erfaßte auch die Wirtschafts- und Steuerberatung13. Während die Wirtschaftsberatung14 wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Expansion immer mehr an Bedeutung gewann, wurde die Steuerberatung wegen der zunehmenden Steuergesetzgebung und Steuerbelastung für den Einzelnen immer wichtiger15• Auch mit der Einführung der Abgabenordnung, insbesondere des § 88 A016 im Jahre 1919, wurden die Bücherrevisoren nicht von der Steuerberatung ausgeschlossen, da sie regelmäßig eine generelle Erlaubnis für die Steuerberatung erhielten17• Vor der Entstehung des Berufes der "WirtschaftsBücherrevisors auszuüben, ohne vereidigt zu werden. Diese nicht vereidigten Bücherrevisoren durften jedoch nach Erlaß des RBeratG nicht die rechtliche Bearbeitung einer Sache übernehmen (vgl. Art. 1, § 5 Nr. 2 RBeratG; LG Zwickau, JW 1938, S. 2843; Jonas, S. 39); vgl. zur Geschichte der Bücherrevisoren, IdW, WP-Handbuch 1963, Bd. II, S. 79 (80). 12 Die "Deutsche Treuhandgesellschaft" wurde 1890 von einigen Banken gegründet, um die Interessen von europäischen Inhabern amerikanischer Wertpapiere zu vertreten. Daneben befaßte sie sich zunächst nur mit der Sanierung von Wirtschaftsunternehmen, erst ab 1902 auch mit Revisionen; vgl. die Ausführungen in KGJ 42, S. 155 (156/157); Koch, S. 56; Eisfeld, WPg 1956, S. 450 (450/451). Nach der Jahrhundertwende sind weitere Treuhandgesellschaften gegründet worden, und zwar bis 1912 etwa 50 (so KG; einschränkend Eisfeld) und bis 1930/1931 insgesamt 493 (so Koch, S. 56 ff.; Ertel, Treuhand-Verzeichnis 1930/1931, S. 6; ders., Die Betriebswirtschaft 1932, s. 318 (319)). 13 So beschäftigen sich nach einer etwa 1927 vom Verband der Treuhandgesellschaften durchgeführten Befragung die Treuhandgesellschaften zu 40 °/o mit Buch- und Bilanzrevision, zu 36 °/o mit Vermögens-, Konkursverwaltung oder ähnlichen Geschäften und zu 20 Ofo mit steuer-, Wirtschaftsberatungs- und gutachterlieber Tätigkeit; so Ertel, Treuhandbuch 1927, S. 72/73, im Gegensatz zur Schätzung von Prion, nach der 60 Ofo auf die Buchund Bilanzrevision entfallen sollen; vgl. Prion, S. 10; vgl. im übrigen Dopfer, BB 1962, S. 1216 (1217) m . w . Lit. 14 Vgl. Möhle, WPg 1962, S. 197 (199). 15 So wurden beispielsweise 1891 erstmalig die progressive Einkommensteuer (§ 17 des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891 (GS 1891, S. 175)) und 1893 Vermögenssteuer erhoben (Ergänzungssteuergesetz vom 14. Juli 1893 (GS 1893, S. 134)); vgl. Buck, S . 1, 2. Nach der Erzberger'schen Finanzreform nahm der Anteil der öffentlichen Hand am Sozialprodukt dann noch einmal sprunghaft zu; vgl. Möhle, WPg 1962, S. 197 (200). 16 Zu dieser Regelung vgl. oben § 7 Fn. 14. 17 So führte E. Becker, der Verfa sser der AO, die beeidigten Bücherrevisoren als die Berufsgruppe an, der die generelle Zulassung zur Steuerberatung gern. § 88 Abs. 1, S. 3, 2. Hs. AO vom 13. Dezember 1919 (RGBl., S. 1993) durch das Finanzamt erteilt werden kann. Diese Befugnis war ihnen nur deshalb
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li, 1.: Die Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs
prüfer" im Jahre 1931 gab es daher schon selbständige Prüfer und Berater in Wirtschaftsangelegenheiten. § 15. Die Entstehung des Wirtschaftsprüfer-
berufs in Deutschland
Zugleich mit der Einführung der Pflichtprüfung für Aktiengesellschaften1 wurde in Deutschland der Beruf des Wirtschaftsprüfers durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom 15. Dezember 1931 2 und der dazu erlass€nen Ländervereinbarung3 geschaffen. Diese gesetzliche Regelung beruhte auf Vorarbeiten, die schon in den zwanziger Jahren begonnen hatten. 1927 hatte sich eine Arbeitsgruppe des Reichstages4 speziell mit der Frage der Pflichtprüfungen bei Aktiengesellschaften befaßt, nachdem sich das Reichsjustizministerium in einer Fragebogenaktions über die Ansichten der Betroffenen informiert hatte. Die Weltwirtschaftskrise unterbrach zwar die geplante Reform des gesamten Aktienr€chts, nicht jedoch die Arbeiten an einer Einführung der Prüfungspflicht für aktienrechtliche Jahresabschlüsse. Die Notwendigkeit einer solchen Prüfungspflicht hatte sich während der Wirtschaftskrise bei den zahlreichen Zusammenbrüchen von Wirtschaftsnicht schon kraft Gesetzes zuerkannt worden, weil damals gegen einzelne ungeeignete Bücherrevisoren nicht durch ehrengerichtliche Maßnahmen vorgegangen werden konnte ; vgl. E. Becker, § 88 Anm. 2 c. 1 Vgl. § 262 a HGB i. d. Fassung der Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19. September 1931 (RGBI. I, S. 493, 498) = § 135 AktG i. d. Fassung vom 30. Januar 1937 (RGBI. I, S. 107, 135). 2 Vgl. Art. 5 der 1. VO des Reichspräsidenten zur Durchführung der aktienrechtlichen Vorschriften der Verordnung über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 15. Dezember 1931 (RGBI. I , S. 760). Die Rechtsgrundlage für die Vereidigung der Wirtschaftsprüfer wurde durch eine Änderung des § 36 GewO geschaffen; vgl. Teil 7, Kapitel VI der 2. VO des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5. Juni 1931 (RGBl. I, S . 279, 313) und die VO zur Ausführung des § 36 Abs. 3 der Gewerbeordnung (öffentliche Bestellung von Wirtschaftsprüfern) vom 21. Oktober 1931 (RGBI. I, S. 658). Während zunächst die nach Landesrecht befugten Behörden oder Körperschaften zur Beeidigung befugt waren, wurden die Wirtschaftsprüfer ab 1943 durch das Reichswirtschaftsministerium bestellt und vereidigt; vgl. § 3 der VO über den Zusammenschluß auf dem Gebiete des wirtschaftlichen Prüfungs- und Treuhandwesens vom 23. März 1943 (RGBl. I, S. 157). 8 Die Ländervereinbarung ist als Anlage zu der Durchführungsverordnung vom 15. Dezember 1931 veröffentlicht worden (RGBI. I, S. 760). 4 Die Dritte Arbeitsgruppe des I. Untersuchungsausschusses eines Enquete-Ausschusses des Reichstages, wiedergegeben bei Eisfeld, WPg 1956, s. 450 (451). 5 Die Fragen 59 bis 68 im Teil III des Fragebogens befaßten sich mit der Pflichtprüfung von Aktiengesellschaften, wiedergegeben bei Eisfeld, WPg 1956, s. 450 (451).
§ 15. Die Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs in Deutschland
107
unternehmen wie z. B. der Vabag, Nordwolle und Karstadt AG herausgestellt6. Zwar bestand schon seit 1889 für die Genossenschaften7 die Pflicht zur Überprüfung ihrer Jahresabschlüsse. Bei den Aktiengesellschaften dagegen waren die Jahresabschlüsse lediglich vorzulegen8 und zu veröffentlichen 9, nicht jedoch durch unabhängige, außerhalb der Gesellschaft stehende Personen zu überprüfen. Nur die Gründungsund Unterschlagungsrevisionen10 wurden von solchen unbeteiligten Dritten ausgeführt. Zwar hatten zahlreiche Aktiengesellschaften ihre Jahresbilanzen freiwillig durch Bücherrevisoren überprüfen lassen. Diese Prüfungen beschränkten sich jedoch häufig auf die formale Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung11 , so daß beispielsweise die Bewertung von Wirtschaftsgütern iücht kontrolliert wurde. Diese freiwilligen Prüfungen konnten daher eine Überbewertung des Betriebsvermögens nicht verhindern1!. Um diesen Mißständen abzuhelfen, wurde 1931 eine generelle Prüfungspflicht für die Jahresabschlüsse der Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien eingeführtl3 • Diese bezog sich Vgl. Eisfeld, WPg 1956, S. 450 (452); Koch, S. 60 ff. Vgl. §§ 51 ff. i. V. m. § 31 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1. Mai 1889 (RGBL S. 55) = §§ 53 ff. i. V. m. § 33 GenG i. d. Fassung vom 20. Mai 1898 (RGBL, S. 810). Die zunächst übliche Ausgestaltung der genossenschaftlichen Pflichtprüfung hatte allerdings nicht verhindern können, daß zahlreiche Genossenschaften während der Weltwirtschaftskrise in Schwierigkeiten kamen und 300 Mill. Mark allein an verlorenen Zuschüssen zu ihrer Sanierung benötigten. Deshalb wurden 1933 genaue Bilanzierungsvorschriften erlassen (§§ 33 a - h GenG i. d. Fassung der VO über die Bilanzierung von Genossenschaften vom 30. Mai 1933 (RGBL I, S. 317); vgl. Greiffenhagen, WPg 1957, S. 185. 8 Nach Art. 239 Abs. I ADHGB in der Fassung vom 31. Mai 1861 (GS 1861, S. 480, 530) oblag dem Vorstand die Pflicht, den Aktionären eine Bilanz vorzulegen. 9 1870 wurde erstmalig die "Veröffentlichung" der Jahresbilanz vorgeschrieben; vgl. Art. 239 Abs. I, S. 2 ADHGB in der Fassung des Gesetzes vom 11. Juni 1870 (BGBL des Norddeutschen Bundes 1870, S. 375); Fischer, DB 1970, S. 501 (502). 10 Durch Art. 209 h ff. HGB i. d. Fassung vom 18. Juni 1884 (RGBI., S. 123) wurde eine Gründungsrevision für Aktiengesellschaften eingeführt. 11 Vgl. Eisfeld, WPg 1956, S. 450 (450/451); Heßdörfer, S. 30. Nach 1931 wollte ein Teil der Unternehmer die Prüfungsbefugnis der Wirtschaftsprüfer auf eine formelle Überprüfung des Rechnungswesens beschränken; vgl. Hax, WPg 1966, S. 564 (567). 12 Beispielsweise kam das Unternehmen Nordwolle während der Weltwirtschaftskrise in Zahlungsschwierigkeiten, obwohl die Bilanz den üblichen Prüfungsvermerk eines beeidigten Bücherrevisors trug; vgl. Eisfeld, WPg 1956, S. 450 (452); vgl. im übrigen Bredt, WPg 1956, S. 446. 13 Vgl. besonders§ 262 a Abs. 2 i. V. m. § 260 ff. HGB in der Fassung der VO vom 19. September 1931 (RGBL I, S. 493), den inhaltlich weitgehend § 135 Abs. 2 i. V. m. §§ 125 ff. AktG in der Fassung vom 30. Januar 1937 (RGBL I, S. 107, 135) entsprechen. 6
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li, 1.: Die Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs
nicht nur auf die formale Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung, sondern auch auf die Überprüfung von Gliederung und Ansatz der einzelnen Posten des Jahresabschlusses unter Einbeziehung des Geschäftsberichts14. Um die Durchführung dieser Pflichtprüfungen durch unabhängige und qualifizierte Personen zu gewährleisten, wurde der zur Prüfung berechtigte Personenkreis gesetzlich festgelegt. Als Bilanzprüfer für Aktiengesellschaften wurden nur Wirtschaftsprüfer und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zugelassen, bei denen mindestens einer der Inhaber, Vorstandsmitglieder oder Geschäftsführer die Qualifikation als Wirtschaftsprüfer hatte. Damit entschied der Gesetzgeber die umstrittene Frage, ob die Prüfungsbefugnis den Treuhandgesellschaften15, den Bücherrevisoren16 oder einem neuen Berufsstand zustehen sollte17, zugunsten eines neuen Berufsstandes. Dieser war keine bloße Spezialisierung eines bisherigen Berufes18, insbesondere nicht des Bücherrevisors, obwohl sich die Tätigkeitsbereiche überschneiden konnten. Einmal war der Zugang zu dem Beruf des Wirtschaftsprüfers nicht nur den Bücherrevisoren vorbehalten, sondern jedermann möglich, z. B. auch Rechtsanwälten19, sofern sie eine dreijährige Prüfungstätigkeit20 nachgewiesen und die Zulassungsprüfung bestanden hatten21 . Schon 14 Allerdings waren die Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit einem Grundkapital unter 3 Mill. Reichsmark zunächst von den Pflichtprüfungen ausgenommen; vgl. Art. 3 der Verordnung vom 15. Dezember 1931 (RGBl. I, S. 760); Dieterich, WPg 1956, S. 452 (453). 15 In dem Fragebogen des Reichsjustizministeriums (wiedergegeben bei Eisfeld, WPg 1956, S. 450 (451)) wird bei der Erörterung der Pflichtprüfung nur von "Treuhandgesellschaften" gesprochen. 16 So der "Verband Deutscher Bücherrevisoren" ; ähnlich auch die "Vereinigung Berliner Handelsredakteure", die allerdings nur diejenigen Bücherrevisoren als Pflichtprüfer zulassen wollte, die sich zu "Revisionsverbänden" zusammengeschlossen hatten (wiedergegeben bei Eisfeld, WPg 1956, S. 450 (451). Ähnliche Überlegungen lagen auch einem 1930 im Reichstag eingebrachten Entwurf zugrunde; vgl. Friedländer, JW 1931, S. 2351 (2352). 17 Ähnlich auch der "Reichsverband der deutschen Industrie" und der "Deutsche Anwaltverband", wiedergegeben bei Eisfeld, WPg 1956, S. 450 (451). 18 Anders Prion, S. 26; Heßdörfer, S. 32, 91 ; Dopfer, BB 1962, S. 1216 (1217/1218). 19 So Demuth, Der Wirtschaftsprüfer 1932, S. 329 (330); Goldmann, JW 1931, S . 2353; Güldenagel, JW 1932, S. 1103 (1106). 20 Die Zulassungsstellen ließen zunächst auch Bewerber zu, die noch nicht 3 Jahre als Prüfer tätig gewesen waren; vgl. Koch, S. 65/66. 21 Dies verkennt Heßdörfer , S. 32, wenn er ausführt, daß "nur die Spitzenkräfte ... der vereidigten Bücherrevisoren und Leiter von Treuhandgesellschaften als Wirtschaftsprüfer bestellt w urden"; ähnlich auch Möhle, WPg 1962, s. 197 (197/198).
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1938 waren beispielsweise 23 Rechtsanwälte als Wirtschaftsprüfer zugelassen22. Zudem unterschieden sich die Berufe des Wirtschaftsprüfers und des Bücherrevisors sowohl in ihrem gesetzlich zugewiesenen Aufgabenkreis als auch in ihren Berufsausübungsregelungen.
Der Beruf des Wirtschaftsprüfers war speziell zur Durchführung von Pflichtprüfungen konzipiert worden, während der Bücherrevisor davon - bis auf wenige Ausnahmen23 - ausgeschlossen war. Bei der Ausübung seines Berufes war der Wirtschaftsprüfer im Gegensatz zum Bücherrevisor einerseits durch seine größere Bindung an gesetzliche Vorschriften gekennzeichnet, insbesondere an die detaillierten Vorschriften über die Gliederung und den Ansatz des Betriebsvermögens in den aktienrechtlichen Jahresabschlüssen24 • Auf der anderen Seite hatte er aber gegenüber dem Auftraggeber eine unabhängigere Stellung inne: Nach § 262 c Abs. 2 HGB 25 war er als Prüfer ausgeschlossen, wenn die zu prüfende Gesellschaft maßgeblichen Einfluß auf seine Geschäftsführung hatte. Wegen dieser wesentlichen Unterschiede ist der Beruf des Wirtschaftsprüfers daher als ein "neuer Beruf" 26 zu werten. Die Rechtsgrundlagen für diesen Beruf wurden vom Gesetzgeber nicht auf einmal, sondern nacheinander geschaffen. Nach§ 262 e HGB in der Fassung der Verordnung vom 19. September 1931 waren als Bilanzprüfer noch nicht ausdrücklich die Wirtschaftsprüfer vorgesehen, sondern generell "in der Buchführung ausreichend ausgebildete Personen". Erst in Art. 5 der Verordnung vom 15. Dezember 193127 wurden die Bilanzprüfungen speziell den aufgrund einer Ländervereinbarung "öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfern" vorbehalten28 • Nach der LänderSo Düring, DJ 1938, S. 1185 (1188). z. B. bei Lagerhausunternehmen gemäß § 9 Abs. 1 S. 2 der VO über Orderlagerscheine vom 16. Dezember 1931 (RGBI. I, S. 763 und RGBI. I. 1932, s. 424). 24 Vgl. § 262 a Abs. 2 i. V. m. §§ 260 ff. HGB in der Fassung der VO vom 19. September 1931 (RGBl. I, S. 493). 25 Vgl. § 262 c HGB i. d. Fassung der VO des Reichspräsidenten über Akt ienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19. September 1931 (RGBl. I, S. 493) = § 137 Abs. 2 AktG vom 30. Januar 1937 (RGBl. I, S. 107); Flume, NJW 1952, S. 484. 26 So auch Bredt, WPg 1956, S. 446 (446/447); vgl. auch Hasenack, WPg 1955, S. 418 (421); Frielinghaus, S. 2; Schmaltz, Die Betriebswirtschaft 1932, S. 254; Siebert, JW 1932, S. 1102. 27 Art. 5 der 1. VO des Reichspräsidenten zur Durchführung der aktienrechtlichen Vorschriften der Veror dnung Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 15. Dezember 1931 (RGBI. I , S. 760). 28 Entsprechendes galt für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften mit der Maßgabe, daß sie bei einer von d er "Hauptstelle für öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer" zu führenden Liste eingetragen sein mußten. 22
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II, 1.: Die Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs
vereinbarung29 konnte nur derjenige von der zuständigen Landesregierung als Wirtschaftsprüfer "öffentlich bestellt" werden, der eine "Fachprüfung"30 bestanden hatte. Die Voraussetzungen für die Prüfung sollte eine beim Deutschen Industrie- und Handelstag gebildete "Hauptstelle für die öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer (Hauptstelle)" 31 bestimmen. Die Befugnis für die Landesregierungen, den Wirtschaftsprüfer zu vereidigen und öffentlich zu bestellen, wurde durch eine Änderung des§ 36 GewO geschaffens2. § 16. Die Regelung der Wirtschaftsprüfertätigkeit seit 1931
Die im Jahre 1931 erlassenen Verordnungen trafen für die Berufspflichten des Wirtschaftsprüfers nur allgemeine Anordnungen. Sie legten unter anderem fest, daß er "gewissenhaft, unparteiisch und verschwiegen" handeln müsse1• Diese Pflichten hatte wiederum die "Hauptstelle für öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer" näher auszugestalten2. Trotz einer organisatorischen Veränderung der Hauptstelle3 galten die von ihr erlassenen Richtlinien bis 1945 fort4 und bildeten die Grundlage für die in den einzelnen Besatzungszonen und Ländern geltenden Regelungen6 • 29 Veröffentlicht als Anlage zu der Durchführungsverordnung vom 15. Dezember 1931 (RGBL I, S. 760). 3° Für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1935 war unter bestimmten Voraussetzungen die Fachprüfung nicht erforderlich, um als Wirtschaftsprüfer bestellt zu werden; vgl. Ziff. V der Ländervereinbarung. Ab 1940 bis Kriegsende wurde die Fachprüfung vereinfacht durchgeführt; vgl. Koch, s. 89. 31 Zur Entstehung der Hauptstelle vgl. Dieterich, WPg 1956, S. 452 (453). 32 Vgl. oben § 15, Fn. 2 und die ausführliche Darstellung von Frielinghaus, S. 4 ff. Durch § 29 EGAktG vom 30. Januar 1937 (RGBI. I, S. 166 (170)) wurde dem Reichswirtschaftsministerium die B efugnis erteilt, im Einverständnis mit dem Reichsjustizminister die öffentliche Bestellung im Einzelnen zu regeln. Diese Ermächtigung blieb jedoch ungenutzt; vgl. Landmann I Rohmer I Eyermann, Bd. I, 11. Auf!.,§ 36 Anm. 8 a (S. 480). 1 Vgl. § 262 g HGB in der Fassung vom 19. September 1931 (RGBI. I, S. 493, 499). 2 Diese die Berufspflichten konkretisi.erenden "Richtlinien" wurden von der Hauptstelle in Zusammenarbeit mit dem "Institut der Wirtschaftsprüfer" ausgearbeitet, bei dem- im Gegensatz zu seiner augenblicklichen Konstruktion - ab 1934 jeder Wirtschaftsprüfer Mitglied sein mußte. Ab 1943 wurden die Befugnisse des Instituts auf die "Reichskammer der Wirtschaftstreuhänder" übertragen; vgl. Dieterich, WPg 1956, S. 452 (455/456). 3 1943 wurde für Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und vereidigte Buchprüfer eine gemeinsame "Hauptstelle für das Wirtschaftsund Treuhandwesen" geschaffen; vgl. § 2 der Verordnung über den Zusammenschluß auf dem Gebiet des wirtschaftlichen Prüfungs- und Treuhandwesens vom 23. März 1943 (RGBI. I, S. 157). 4 Vgl. IdW, WP-Handbuch 1968, S. 3/4.
§ 16. Die Regelung der Wirtschaftsprüfertätigkeit seit 1931
111
Auch in dem 1961 geschaffenen Berufsgesetz für alle Wirtschaftsprüfer (WP0) 6 werden die Berufspflichten nur grundsätzlich festgelegt (§ 43 WPO). Gemäß § 57 Abs. 2 WPO wurden aber von der Wirtschaftsprüferkammer die Berufsrichtlinien7 ausgearbeitet. In diesen Richtlinien wird außer den genannten Berufspflichten vor allem die Pflicht zur unabhängigen und unbefangenen Berufsausübung konkretisiert. So besteht z. B. nach den Berufsrichtlinien die "Besorgnis der Befangenheit" (§ 49 WPO) schon dann, wenn eine verwandtschaftliche, geschäftliche oder sonstige nahe Beziehung des Wirtschaftsprüfers zu einem an der Sache Beteiligten anzunehmen ist8• Diese standesrechtliche Regelung reicht daher weiter als § 164 AktG, nach dem ein Prüfungsauftrag nur bei Mitgliedschaft im Vorstand oder Aufsichtsrat oder bei einem Angestelltenverhältnis mit der zu prüfenden bzw. der damit verbundenen Gesellschaft abzulehnen ist. Die Überwachung der Berufspflichten ist ähnlich wie in der Bundesrechtsanwaltsordnung ausgestaltet: Bei leichten Pflichtverletzungen steht dem Vorstand der Wirtschaftsprüferkammer ein Rügerecht zu9 • Im übrigen ist ein dreistufiges, von der Staatsanwaltschaftl 0 einzuleitendes ehrengerichtliches Verfahren11 möglich. Als grundlegende Neuerung bringt die WPO die Vereinheitlichung aller im Prüfungswesen öffentlich bestellten Berufe. Die früher mögliche Sonderzulassung als genossenschaftlicher Wirtschaftsprüfer wurde aufgehoben12• Zugleich wurde auch der Zugang zum Beruf des vereidig5 Das nach 1945 bis zum Erlaß der WPO geltende Berufsrecht ist in § 139 WPO angeführt. 6 Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) vom 24. Juli 1961 (BGBl. I, S. 1049). 7 Berufsrichtlinien der Wirtschaftsprüferkammer vom 9. Juli 1964, veröffentlicht in ihrem Mitteilungsblatt Nr. 10; vgl. auch IdW, WP-Handbuch 1968, s. 47 ff. 8 Vgl. Ziff. 1 der "Richtungsweisenden Feststellungen" zum Abschnitt 1 der Richtlinien, veröffentlicht in IdW, WP-Handbuch 1968, S. 50. 9 § 63 WPO, vergleichbqr mit§ 74 BRAO. 10 § 85 WPO, vergleichbar mit § 12f BRAO. 11 §§ 67 ff. WPO, vergleichbar mit §§ 113 ff. BRAO. Ein Unterschied besteht jedoch u. a. in der Besetzung des erstinstanzliehen Gerichts: In der Kammer für Wirtschaftsprüfersachen sind neben zwei Wirtschaftsprüfern drei Berufsrichter tätig (§ 72 Abs. 2 WPO), während das anwaltliehe Ehrengericht nur aus Rechtsanwälten besteht (§ 94 Abs. 1 BRAO). 12 Vgl. §§ 25, 26 WPO. Im § 25 Ziff. 1- 4 WPO sind die früher geltenden Sonderregelungen für genossenschaftliche Wirtschaftsprüfer angegeben; vgl. dazu Dieterich, WPg 1961, S. 401 (407). Den schon zugelassenen genossenschaftlichen Wirtschaftsprüfern wurde in der WPO eine umfassende Prüfungsbefugnis eingeräumt (§ 134 Abs. 1 WPO).
112
II, 1.: Die Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs
ten Buchprüfers ausgeschlossen13 • Aufgrund einer Übergangsregelung14 konnten Buchprüfer unter vereinfachten Voraussetzungen als Wirtschaftsprüfer zugelassen werden. Nach Abschluß dieser Entwicklung kommt für eine öffentliche Bestellung zur Prüfungstätigkeit nur noch der Beruf des Wirtschaftsprüfers in Frage. Eine weitere Regelung der WPO betrifft die Zulassungsvoraussetzungen. In einer Fachprüfung15 (Hausarbeit, drei Klausuren, mündliche Prüfung) muß der Bewerber ausreichende Kenntnisse im wirtschaftlichen Prüfungswesen, in der Betriebswirtschaft, im Wirtschaftsrecht und im Steuerrecht nachweisen. Der Zugang zu dieser Fachprüfung steht dem Bewerber aber erst nach einer sechsjährigen Tätigkeit im Wirtschaftsleben16 - davon vier Jahre im Prüfungswesen17 - und einem abgeschlossenen Hochschulstudium18 offen. Wenn auch nach § 8 Abs. 2 WP019 ausnahmsweise von einem Hochschulstudium abgesehen werden kann, wird tatsächlich von dieser Möglichkeit wenig Gebrauch gemacht. So haben in der Zeit vom 1. November 1961 bis 31. Dezember 1966 etwa 96 °/o20 der aufgrund der Fachprüfung Neuzugelassenen ein Hochschulstudium absolviert. 13 Vgl. §§ 128 ff. WPO. Im Gegensatz zur deutschen Regelung gibt es in den übrigen westeuropäischen Ländern und in den USA, soweit nicht überhaupt jedermann als Prüfer tätig werden kann, weiterhin zwei Berufsgruppen, die als Prüfer tätig werden können; vgl. im einzelnen Loitlsberger, Handwörterbuch des Rechnungswesens, Spalte 1450 ff.; Stollberg, WPg 1971, S. 100. 14 Die Übergangsprüfung für vereidigte Buchprüfer bestand in der Regel nur aus einer mündlichen Prüfung. Eine schriftliche Hausarbeit, Klausuren und ein mündlicher Vortrag wurden nicht verlangt; vgl. § 4 der VO über eine Übergangsprüfung für vereidigte Buchprüfer vom 31. Juli 1962 (BGBl. I, S. 535); IdW, WP-Handbuch 1968, S. 17/18. 15 Vgl. §§ 5, 6 der Prüfungsordnung für Wirtschaftsprüfer vom 31. Dezember 1962 (BGBl. I, S. 529). 16 Vgl. § 8 Abs. 1 Ziff. 2, § 9 WPO. Diese praktische Ausbildungszeit wurde von mehr als der Hälfte aller seit 1961 neuzugelassenen Wirtschaftsprüfer bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften absolviert; so Potthoff, Handbuch des Rechnungswesens, Spalte 1951 (1954). 17 Nach der 1931 geltenden Zulassungsordnung genügte eine dreijährige Prüfungspraxis, wobei diese Voraussetzung zunächst nicht von allen Bewerbern gefordert wurde; vgl. Koch, S. 205, 65/66. 1s Vgl. § 8 Abs. 1 Ziff. 1, Abs. 2 WPO. 19 Vgl. dazu die enge Auslegung des BFH zu der ähnlichen Vorschrift des § 5 Abs. 3 Nr. 1 StBerG, nach der ein nichtakademischer Bewerber nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit und durch "überdurchschnittliche" fachliche Leistung sich "deutlich" aus dem Kreis der Nichtakademiker hervorheben muß (so BFH, BStBl. III, S. 542 (543)). Allerdings wird in § 8 Abs. 2 Ziff. 1 WPO nur eine "Bewährung" und nicht - wie in § 5 Abs. 3 StBerG eine "besondere Bewährung" gefordert. 20 Zahlenangaben von Dieterich, WPg 1967, S . 217 (218); vgl. auch IdW, WPg 1959, S. 22 und IdW, WP-Handbuch 1968, S. 11 Anm. 26.
§ 16. Die Regelung der Wirtschaftsprüfertätigkeit seit 1931
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In den früheren Jahren, besonders vor dem Zweiten Weltkrieg, hatte dagegen ein größerer Teil der Wirtschaftsprüfer die erforderliche Qualifikation auch ohne ein Hochschulstudium erreicht21 • So hatten in den Jahren 1953- 1957 nur 92 Ofo22 und von den älteren, überwiegend vor dem Zweiten Weltkrieg zugelassenen Wirtschaftsprüfern sogar nur 61 Ofo ein Hochschulstudium abgeschlossen23 (vgl. Tabelle 4). Der Beruf des Wirtschaftsprüfers hat sich daher in Deutschland immer mehr zu einem "akademischen Beruf" entwickelt24 • Tabelle 4 Aufgliederung der am 1. Januar 1967 zugelassenen Wirtschaftsprüfer nach ihrem Alter und ihrer Vorbildung20 Wirtschaftsprüfer 65 Jahre u. älter 50-64 Jahre 50 Jahre u. jünger25 insgesamt
Akademiker
Gesamtzahl
absolut
440 838
I
Nichtakademiker
relativ
absolut
relativ
270 627
61 Ofo 75 Ofo
170 211
39 Ofo 25 Ofo
855
768
90 Ofo
87
10 Ofo
2133
1665
78 "/o
468
22 °/o
21 Nach der vor dem 2. Weltkrieg erlassenen Prüfungsordnung war ein abgeschlossenes Hochschulstudium für die Zulassung als Wirtschaftsprüfer nicht erforderlich. Die Hochschulabsolventen hatten nur den Vorteil, daß sie sich von einzelnen Fächern in der mündlichen Prüfung befreien lassen konnten. Entsprechende Regelungen galten teilweise, z. B. in Berlin, bis zum Erlaß der WPO; vgl. Koch, S . 221 ff., 205, 97; vgl. auch Demuth, Der Wirtschaftsprüfer 1932, S. 330; Obst, Die Betriebswirtschaft 1932, S. 260. 22 Von den 1953- 1957 neuzugelassenen 255 (184 + 71) Wirtschaftsprüfern waren ca. 92 °/o (= 234 = 169 + 65) Akademiker; vgl. IdW, WPg 1958, S. 642. 23 Noch deutlicher ist dies aus älteren Zahlenangaben für Bayern zu entnehmen. Danach sollen nur 54 Ofo der in Bayern im Oktober 1948 bestellten Wirtschaftsprüfer eine Hochschulausbildung absolviert haben, von den damals über 50jährigen bayerischen Wirtschaftsprüfern sogar nur 42 Ofo; vgl. Eckardt, WPg 1949, S. 378 (379). 24 Der Darstellung, daß schon 1931 das "Akademikerprinzip" für die Zulassung als Wirtschaftsprüfer "selbstverständlich" gewesen sei, kann daher in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden; so aber Möhle, WPg 1962, S. 197 (198); wie hier einschränkend Hax, WPg 1966, S . 564 (567); Koch, S . 221 ff., 97; Boppel, Der Praktische Betriebswirt 1931, S. 537 (537). 25 Da das Durchschnittsalter der Neuzugelassenen etwa 35 bis 36 Jahre beträgt (vgl. Dieterich, WPg 1961, S. 401 (404); ders., WPg 1967, S. 217 (218)), zählen zu dieser Gruppe nur die nach 1952 zugelassenen Wirtschaftsprüfer.
8 v. Schweinltz
2. Abs.chnitt
Die Tätigkeitsbereiche des Wirtschaftsprüfers § 17. Die Prüfungstätigkeit 1. Die Prüfungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers
a) Die Prüfungsbefugnis bei Pflichtprüfungen
Nach der WPO ist es die "berufliche Aufgabe" des Wirtschaftsprüfers, "betriebswirtschaftliche Prüfungen ... durchzuführen und Bestätigungsvermerke über die Vornahme und das Ergebnis solcher Prüfungen zu erteilen" (§ 2 Abs. 1 WPO). Damit ist dem Wirtschaftsprüfer u. a. die Befugnis eingeräumt, Pflichtprüfungen vorzunehmen. Der Kreis der prüfungspflichtigen Unternehmen erstreckte sich schon bald nach der Entstehung des Wirtschaftsprüferberufs nicht nur auf die Aktiengesellschaften, sondern auch auf die Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand1 sowie die Lagerhausanstalten2 und Rabattsparvereine3. In der Folgezeit - abgesehen von den Kriegs- und ersten Nachkriegsjahren4 - wurde die Prüfungspflicht immer weiter ausge1 Vgl. die 3. VO des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 6. Oktober 1931 (RGBl. I, S. 537, 562), insbesondere Teil 5, Kapitel VIII, § 1; § 7 der VO zur Durchführung der Vorschriften über die Prüfungspflicht der Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand vom 30. März 1933 (RGBl. I, S. 180). Diese Verordnungen wurden zunächst in die Sammlung des Bundesrechts aufgenommen (BGBl. 111, S. 63- 6- 1). Inzwischen sind sie jedoch als Bundesrecht außer Kraft getreten; vgl. § 119 Abs. 2 Ziff. 5 u. 6 der Bundeshaushaltsordnung vom 19. August 1969 (BGBl. I, S. 1284) und hierzu die Verlautbarung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen, veröffentlicht in WPg 1970, S. 546. 2 Vgl. § 9 der Verordnung über Orderlagerscheine vom 16. Dezember 1931 (RGBl. I, S. 763 und RGBL I, 1932, S. 424). 3 Vgl. § 4 Abs. 2 des Gesetzes über Preisnachlässe (Rabattgesetz) vom 25. November 1933 (RGBL I, S. 1011 und BGBl. 111, S. 43- 5-1) und § 7 der VO zur Durchführung des Rabattgesetzes vom 21. Februar 1934 (RGBl. I, S. 120; BGBl. 111, 43- 5-1- 1). ' Am 4. September 1939 wurden die Vorschriften der §§ 135 ff. AktG in der Fassung vom 30. Januar 1937 (RGBl. I, S. 107, 135) über die Pflichtprüfungen des Jahresabschlusses außer Kraft gesetzt. Zwar wurde für die Jahresabschlüsse 1940 und 1941 wieder eine Pflichtprüfung gefordert, jedoch beschränkte sich diese auf die Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Rechnungslegung (sog. "Kriegsprüfungen"). Erst ab der Reichsmarkschlußbilanz
§ 17. Die Prüfungstätigkeit
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dehnt, so daß heute für einen großen Teil der Wirtschaftsbetriebes eine Überprüfung der Jahresabschlüsse vorgeschrieben ist, z. B. für Kreditinstitute6, private Versicherungsunternehmungen und Bausparkassen7 , gemeinnützige Wohnungsunternehmen8 , Verwertungsgesellschaften9 und vor allem Konzerne10• Einen wesentlichen Teil der Pflichtprüfungstätigkeit bildet auch heute noch die Prüfung der Aktiengesellschaften11 • So umfaßte der in ihren Bilanzen ausgewiesene Umsatz knapp 40 Ofo des Gesamtumsatzes der deutschen Industrie12 (so 1954) und 19 Ofo des Gesamtumsatzes aller Wirtschaftsbetriebe13 (so 1956). Die für die Aktiengesellschaften erlassenen Vorschriften sind auch deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie für die Ausgestaltung der Pflichtprüfung einiger anderer Unternehmen entweder Vorbild oder Verweisungsgrundlage14 darstellen. vom 20. Juni 1948 wurden die Bilanzen wieder in dem vom Aktiengesetz vorgesehenen Umfang überprüft; vgl. Greiffenhagen, WPg 1966, S . 559 (562); ders., WPg 1949, S. 290 (291). 5 Eine Prüfungspflicht besteht auch für Parteien, § 23 Abs. 2 Parteigesetz in der Fassung vom 24. Juli 1967 (BGBl. I, S. 773), obwohl diese keine "Wirtschaftsbetriebe" sind. 6 Vgl. §§ 27 ff. des Gesetzes über das Kreditwesen vom 10. Juli 1961 (BGBl. I, s. 881). 7 Vgl. §§ 57, 112 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen (VAG) vom 6. Juni 1931 (RGBL I, S. 315; BGBl. III, 7631- 1) in der Fassung des EGAktG vom 6. September 1965 (BGBl. I, S . 1185, 1194). 8 Vgl. § 26 des Gesetzes über die Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen (WGG) vom 29. Februar 1940 (RGBl. I, S. 438; BGBl. III, 2330- 8). 9 Vgl. § 9 Abs. 4 des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. September 1965 (BGBl. I, S. 1294). 10 Vgl. §§ 329 ff. AktG. Vor 1965 brauchte die Konzernbeziehung in der R echnungslegung der AG und der KGaA grundsätzlich nur "sichtbar" gemacht zu werden (anders zeitweise bei den Montanunternehmen); so IdW, WP-Handbuch 1968, S. 657/658. 11 Die besondere Bedeutung der aktienrechtlichen Prüfung kommt auch darin zum Ausdruck, daß der Begriff "Wirtschaftsprüfung" teilweise definiert wird als "Oberbegriff für die durch einen externen Prüfer durchgeführte aktienrechtliche Prüfung" ; so Minz, Handwörterbuch des Rechnungswesens, Spalte 1957. 12 Statistisches Bundesamt, WiSta 1956, S. 235 (235); Baudisch, WPg 1956, s. 461 (462). 13 An dem Gesamtumsatz aller Wirtschaftsbetriebe (= 503 232 000 DM} waren im Jahre 1956 zu 19 °/o Aktiengesellschaften beteiligt, d. i. 95 429 300 DM; vgl. Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch 1958, S. 390 und S. 170. Im gleichen Jahr machte der Personalaufwand der in eine Untersuchung einbezogenen Aktiengesellschaften allein 42,6 °/o der zur Industrieberichterstattung gemeldeten Löhne und Gehälter aus; vgl. Statistisches Bundesamt, Statistik der Bundesrepublik Deutschland, Bd. 204, S. 6. 14 z. B. für die Pflichtprüfung von Kommanditgesellschaften auf Aktien (§ 273 AktG). Kreditinstituten in der R echtsform einer Einzelfirma, OGH, KG oder GmbH (§ 27 Abs. 2 KWG vom 10. Januar 1961 (BGBl. I, S. 881)), privaten 8*
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II, 2.: Die Tätigkeitsbereiche des Wirtschaftsprüfers
Bei der jährlichen Pflichtprüfung der Aktiengesellschaften obliegt dem Wirtschaftsprüfer die Prüfung des Jahresabschlusses unter Einbeziehung der Buchführung und des Geschäftsberichts (§ 162 Abs. 1 S. 1 AktG)1 5• Voraussetzung für eine sachgemäße Prüfung der einzelnen Posten der Jahresbilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung sind neben betriebswirtschaftliehen Kenntnissen auch umfangreiche Rechtskenntnisse. Allerdings hat der Abschlußprüfer nicht die materielle Rechtslage einzelner Vorgänge zu überprüfen, sondern sie nur insoweit in seine Prüfung mit einzubeziehen, als sie sich auf den Jahresabschluß und den Geschäftsbericht auswirken16• In diesem Rahmen sind juristische Fachkenntnisse außer im Gesellschafts-17, Steuer- und Lastenausgleichsrecht18 beispielsweise erforderlich 1. im Eigentumsrecht: Grundstücke, Erbbaurechte, Bauten, Maschinen und sonstige Sachanlagen sind nur zu aktivieren, wenn sie im Eigentum des Unternehmens stehen (§ 151 Abs. 1 auf der Aktivseite Nr. II A AktG).
2. Im Recht der Hypotheken und sonstigen Grundpfandrechte: Bei der Bilanzierung der Verbindlichkeiten sind die Grundpfandrechte gesondert auszuweisen (§ 151 Abs. 1 auf der Passivseite Nr. V, VI AktG). Von ihrem Bestand und Umfang hängt auch die Rücklage für ungewisse Verbindlichkeiten ab (§ 151 Abs. 1 auf der Passivseite Nr. II, 2 AktG). 3. Im Darlehens- und Bürgschaftsrecht: Bei der Bilanzierung der Verbindlichkeiten sind diese Verpflichtungen auszuweisen (§ 151 Abs. 1 auf der Passivseite Nr. V, VI und Abs. 5 AktG). Zudem beeinflußt ihr Bestand und Umfang die Höhe der Rücklage (§ 151 Abs. 1 auf der Passivseite Nr. II, 2 AktG). 4. Im Schuldrecht: Die Aktivierung erworbener Rohstoffe ist nicht schon bei Abschluß des Vertrages, sondern erst bei GefahrenüberVersicherungsunternehmen und Bausparkassen (§ 57 Abs. 2 V AG in der Fassung vom 6. September 1965 (BGBl. I, S. 1185, 1194)); vgl. auch §§ 5, 6 des Gesetzes über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen vom 15. August 1969 (BGBL I, S. 1189). 15 Insoweit übereinstimmend mit § 262 a Abs. 1 HGB i. d. Fassung der VO vom 19. September 1931 (RGBl. I, S. 493, 498) und § 135 Abs. 1 AktG in der Fassung vom 30. Januar 1937 (RGBl. I, S. 107, 135). Zur Frage, ob der Wirtschaftsprüfer auch die .,wirtschaftliche Lage" der Gesellschaft zu überprüfen hat, vgl. IdW, Fachgutachten Nr. 111970; WPg 1970, S. 614 (6141615), Scherpf, Bd. 2, VI. Teil, Rn. 6451646. Vgl. zum AktG 1937: BGHZ 16, S. 117 ff.; weitergehend Ludewig, S. 104/105; 145/146; a. A. Moxter, WPg 1956, S. 273 (274). 16 So Adler I Düring I Schmaltz, § 162 Rn. 76; Gadow I Heiniehen I Mellerowicz, § 135 Anm. 15; Scherpf, Bd. 2, VI. Teil, Rn. 651. 17 Vgl. die Aufstellung bei Scherpf, Bd. 2, VI. Teil, Rn. 650. 18 Vgl. Adler I Düring I Schmaltz, § 135 Rn. 37.
§ 17. Die Prüfungstätigkeit
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gang (z. B. § 446 BGB) möglich (§ 151 Abs. 1 auf der Aktivseite Nr. III A, 1 AktG). 5. Im Allgemeinen Teil des BGB: Die auf fremdem Grund und Boden errichteten Bauten sind nur auf den Abbruchwert abschreibbar, wenn sie Scheinbestandteile i. S. des § 95 BGB darstellen(§ 151 Abs. 1 auf der Aktivseite Nr. II A, 4 AktG). 6. Im Recht der Lizenzen, Konzessionen und sonstigen gewerblichen Schutzrechte: Die Abschreibung dieser immateriellen Rechte ist von Bestand und Dauer möglicher Überlassungs- und Nutzungsverträge abhängig(§ 151 Abs. 1 auf der Aktivseite Nr. A, 8 AktG). 7. Im Wechsel-, Scheck- und übrigen Wertpapierrecht (§ 151 Abs. 1 auf der Aktivseite Nr. II N, Nr. III B 2 und 3; auf der Passivseite Nr. VI 2 und Abs. V Ziff. 1 und 2 AktG). Diese Rechtskenntnisse19 sind auch insofern erforderlich, als der Wirtschaftsprüfer nicht nur den Jahresabschluß und den "Erläuterungsbericht"20 des Vorstandes zu überprüfen21 , sondern darüber hinaus sein Ergebnis im Prüfungsbericht schriftlich niederzulegen r-at22. Auch soweit der "Lagebericht" 23 des Vorstandes wegen einer unrichtigen Beurteilung von Rechtsfragen einen falschen Eindruck hervorrufen sollte, bedarf der Wirtschaftsprüfer zur Stellungnahme in seinem Bericht juristischer Kenntnisse. Anders als bei den Aktiengesellschaften erstreckt sich bei den Genossenschaften die Prüfungspflicht sogar auf den Erfolg der "Geschäftsführung"24. Damit werden von dem Prüfer weitgehende spezielle Rechtskenntnisse zur Beurteilung der einzelnen Rechtsgeschäfte des Vorstandes verlangt. b) Die Prüfungsbefugnis bei freiwilligen Prüfungen
Die Befugnis des Wirtschaftsprüfers, "betriebswirtschaftliche Prüfungen" durchzuführen (§ 2 Abs. 1 WPO), ist nicht auf Pflichtprüfungen 19 Die angeführte Aufzählung ist nur beispielhaft. Es wären u. a. noch zu nennen: Kenntnisse im Sozialversicherungs- und Wettbewerbsrecht sowie in den Devisen- und Preisvorschriften, allerdings nur in dem Umfang, der zur Überprüfung erforderlich ist, ob diese Vorschriften im Jahresabschluß richtig zum Ausdruck kommen; vgl. Adler I Düring I Schmaltz, § 135 Rn. 38; Gadow I Heiniehen I Mellerowicz, § 135, Anm. 15. 20 Vgl. § 160 Abs. 2, 3 AktG (2. Teil des Geschäftsberichtes). 2t Vgl. § 162 Abs. 2, S. 2 AktG. 22 Vgl. § 166 Abs. 1 AktG. 23 Vgl. § 160 Abs. 1 AktG (1. Teil des Geschäftsberichts). 24 Vgl. § 53 Abs. 1 i. V. m . § 55 GenG; zum Unterschied zwischen Prüfungen nach§ 53 GenG und§ 135 AktG 1937; vgl. Greiffenhagen, WPg 1957, S. 185.
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Il, 2.: Die Tätigkeitsbereiche des Wirtschaftsprüfers
beschränkt, sondern besteht auch für freiwillige Prüfungen25 • Hierzu zählt die Überprüfung der Bilanzen und Jahresabschlüsse, wie sie in den Gesellschaftsverträgen einiger offener Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung26 vorgesehen ist. Solche Vereinbarungen werden vielfach getroffen, um die vorgesehene Verteilung des Gewinns durch einen unparteilichen und sachkundigen Dritten zu gewährleisten27 • Zu den betriebswirtschaftliehen Prüfungen zählen darüber hinaus aber auch "Prüfungen anderer Art", wie Kostenprüfungen, Untersuchungen der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens, Rentabilitätsprüfungen, Organisationsprüfungen28 • In welchem Umfang Wirtschaftsprüfer hierbei auch Rechtsangelegenheiten ihrer Klienten erledigen dürfen, bestimmt sich nach Art. 1, § 1 und Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG. 2. Der Vorrang des Wirtschaftsprüfers bei der Prüfungstätigkeit Nach der gesetzlichen Regelung ist den Wirtschaftsprüfern eine ausschließliche Prüfungsbefugnis nur für Aktiengesellschaften29 , Kommanditgesellschaften auf Aktien30, Konzerne31 und einige andere Unternehmen32 eingeräumt worden. Tatsächlich reicht der ihnen ausschließlich vorbehaltene Tätigkeitsbereich jedoch weiter. So sind nach dem gesetzlichen Wortlaut außer ihnen zwar noch die vereidigten Buchprüfer zu einigen Pflichtprüfungen zugelassen, wie z. B. bei Lagerhausunternehmen33 und bei Kapitalerhöhungen einer GmbH aus Gesellschaftsmitteln34 • Da dieser Beruf jedoch ausstirbt, 25 Nach Greiffenhagen sollen die freiwilligen Jahresabschlußprüfungen "zahlreicher" als die gesetzlichen sein; vgl. Greiffenhagen, WPg 1966, S. 605 (606/607). 26 Grundsätzlich ist die Jahresbilanz einer GmbH nicht prüfungspflichtig; vgl. § 42 a GmbHG. Eine Ausnahme besteht jedoch z. B. für eine KonzernObergesellschaft (§ 28 EGAktG) oder ein Kreditinstitut in der Form einer GmbH (§ 27 KWG) oder im Falle einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 4 Abs. 2 KapErhG). 27 Vgl. Hasenack, WPg 1955, S. 418 (421). 28 So die Regierungsbegründung zu § 2 WPO/Reg. Vorl. BT-Drucks. II/784, S. 42 Ziff. 2. 29 Vgl. § 164 Abs. 1 AktG. 3o Vgl. §§ 278, 164 Abs. 1 AktG. 31 Vgl. §§ 336 Abs. 1 S. 4, 164 Abs. 1 AktG. 32 z. B. Kreditinstitute (§ 27 Abs. 2 KWG i. V. m. § 164 Abs. 1 AktG), private Versicherungsunternehmen und Bausparkassen (§§57 Abs. 2, 112 VAG i. V. m. § 164 Abs. 1 AktG), Wirtschaftsbetriebe der öffentlichen Hand mit Ausnahme in Bayern und Württemberg (§ 7 Abs. 1, 2 der DVO vom 30. März 1953; vgl. oben§ 17, Fn. 1). 33 Vgl. § 9 Abs. 1 S. 2 der VO über Orderlagerscheine vom 16. Dezember 1931 (RGBI. I, S. 763 und RGBI. I, S. 424). 34 Vgl. § 4 Abs. 2 KapErhG.
§ 17. Die Prüfungstätigkeit
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bleibt auch diese Befugnis immer mehr den Wirtschaftsprüfern ausschließlich vorbehalten. Die Wirtschaftsprüfer sind daher die Hauptträger der Pflichtprüfungstätigkeit35 und haben insoweit eine "monopolartige R~chtsstellung" 36 • Bei den freiwilligen und einigen wenigen Pflichtprüfungen besteht zwar kein gesetzlich eingeräumter Vorbehalt zugunsten der Wirtschaftsprüfer. Tatsächlich werden sie jedoch wegen ihrer Kenntnisse und ihres Ansehens bevorzugt auch mit der Durchführung dieser Bilanzprüfungen beauftragt. Aufgrund dieses gesetzlich eingeräumten und- eingeschränkt- tatsächlich bestehenden Vorbehalts zugunsten der Wirtschaftsprüfer ist bei der Bilanzprüfungstätigkeit eine Konkurrenz durch andere Berufe nur in begrenztem Umfang möglich, bei den "Prüfungen anderer Art" dagegen in größerem Maße. Die Wirtschaftsprüfer sind insoweit ein "privilegierter Berufsstand". Diese Privilegierung hat deshalb besondere Bedeutung, weil sie nur einer begrenzten Personenzahl zugute kommt. Eine Konkurrenz durch jüngere Jahrgänge wird wegen des hohen Durchschnittsalters der Neuzugelassenen erheblich eingeschränkt. Das Durchschnittsalter liegt nämlich wegen der langen Ausbildungszeit (Hochschulstudium37 und sechsjährige praktische Ausbildung 38) zwischen 35 und 36 Jahren39• Zudem wird die Zahl der Bewerber durch die verhältnismäßig hohe Durchfallquote bei der Fachprüfung zur Zulassung zum Wirtschaftsprüf~r verringert40. Die aufgrund dieser Fachprüfung erfolgten Zulassungen glich in den letzten Jahren nur knapp die Lücke aus, die durch das wegen der ungünstigen Altersstruktur41 erhöhte Ausscheiden von Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern entstanden war42. So auch Greiffenhagen, WPg 1966, S. 605 (606). So Völschau, S. 15. 37 Vgl. § 8 Abs. 1 Ziff. 1 WPO und die Ausnahme in § 8 Abs. 2 WPO. 38 Vgl. § 8 Abs. 1 Ziff. 2, § 9 WPO; zur früheren Rechtslage vgl. oben § 16, Fn. 17 Wld Fn. 21. 39 Vgl. Dieterich, WPg 1961, S. 401 (403); ders., WPg 1967, S. 217 (218). Nach 1945 war das Durchschnittsalter der neuzugelassenen Wirtschaftsprüfer als Folge des Krieges noch höher als heute, z. B. 39 Jahre in Bayern im Jahre 1948 ; vgl. Eckardt, WPg 1949, S. 378. Das Durchschnittsalter aller Wirtschaftsprüfer betrug im Jahre 1956 55,2 Jahre; vgl. Melchner, S. 67 (86). ' 0 Die Fachprüfung für die Zulassung zum Wirtschaftsprüfer bestanden: von 1948 bis 1952 in Nordrhein-Westfalen nur 72,3 Ofo, von 1953 bis 1957 im gesamten Bundesgebiet ca. 75 Ofo der Bewerber. Neueres Zahlenmaterial ist, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht worden. Vgl. Ruberg, WPg 1956, S. 411 (412); ders., WPg 1953, S. 66; IdW, WPg 1958, S. 642; vgl. auch Götze, WPg 1960, S. 307. 41 Auf die kriegsbedingte ungünstige Altersstruktur bei den Wirtschafts35
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II, 2.: Die Tätigkeitsbereiche des Wirtschaftsprüfers
Zwar hat die Zahl der Wirtschaftsprüfer seit 1951/1952 in größerem Umfange zugenommen (vgl. Tabelle 5, Spalte 2). Diese Zunahme beruht jedoch in erheblichem Maße auf der einmaligen, inzwischen abgeschlossenen Übernahme von vereidigten Buchprüfern43, die gemäß § 131 WPO nur eine vereinfachte Übergangsprüfung abzulegen hatten44 • Die Gesamtzahl der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer - und d_amit der Kreis der für die Pflichtprüfungstätigkeit ausdrücklich zugelassenen Personen- hat sich dagegen seit 1951/1952 nur wenig erhöht (vgl. Tabelle 5, Spalte 4). Die Zuwachsrate betrug in neunzehn Jahren (1951/1952 bis 1969) etwa 14 °/o und in den letzten vier Jahren (1964 bis 1969) etwa 2 Ofo. Tabelle 5
Entwicklung der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer45 Zeit
Zahl der Wirtsch.prüfer
770 15. 8. 1934 31. 12. 1944 1360 1951/195247 1271 1384 1. 9. 1956 1. 10. 1960 1528 1. 11. 1961 1591 Inkrafttreten der WPO 1853 1. 4. 1964 31. 12. 1966 2133 31. 12. 1969 2521
Zahl der vereid. Buchpr.
Gesamtzahl48 der Wirtschaftsprüfer und vereid. Buchprüfer absolut relativ
I
?
? 1285 ? 1177 1151
1020 753 393
2556
= 100 Ofo
2705 2742
= 106 Ofo = 107 Ofo
2873 2886 2914
= 112 Ofo = 113 Ofo = 114 Ofo
prüfern verweisen Götze, WPg 1960, S. 307, Hasenack, WPg 1955, S. 418 (420). Inzwischen hat sich nach Aussage von Dieterich das Durchschnittsalter der Wirtschaftsprüfer verringert; vgl. Dieterich, WPg 1970, S. 230 ff. 42 Von 1961 bis 1967 wurden 469 Wirtschaftsprüfer aufgrund der normalen Fachprüfung zugelassen (=etwa 90 pro Jahr), während gleichzeitig 270 Wirtschaftsprüfer und 291 ·vereidigte Buchprüfer (zusammen 461) durch Tod oder Verzicht aus ihrem Beruf ausschieden; vgl. Dieterich, WPg 1967, S. 217 (218/219). Inzwischen b eträgt der jährliche Zuwachs etwas mehr als 100 Nachwuchskräfte; vgl. Dieterich, WPg 1970, S. 230 (231). 43 Vom 1. 11. 1961 bis zum 31. 12. 1969 wurden 564 vereidigte Buchprüfer (= 22 0/o der 2521 Wirtschaftsprüfer) im Wege der Übergangsprüfung zum Wirtschaftsprüfer bestellt; vgl. Dieterich, WPg 1970, S. 230. 44 Vgl. Dieterich, WPg 1967, S. 217 (218). 45 Zahlenangaben (teilweise nur als Fundstelle angegeben) für 1933- 1944 von Koch, S . 89 (wegen des unterschiedlichen örtlichen Geltungsbereiches nur begrenzt vergleichbar); Frielinghaus, Die Betriebswirtschaft 1932, S. 256 (258); DJ 1938, S. 453; für 1951/1952 von Dieterich, S. 71; ders., WPg 1961, S. 401 (403); für 1953/1954 von Berger, BB 1954, S. 389; für 1956 vom IdW,
§ 17. Die Prüfungstätigkeit
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Der gesetzliche Prüfungsvorbehalt zugunsten der Wirtschaftsprüfer steht formell allen Wirtschaftsprüfern im gleichen Umfang zu. Nach einer älteren Untersuchung von Ludewig48 wird die Abschlußprüfung bei Aktiengesellschaften jedoch hauptsächlich von Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und einigen Einzelwirtschaftsprüfern vorgenommen. Abgestellt wurde bei der Untersuchung auf das Grundkapital aller deutschen Aktiengesellschaften. So wurden in dem untersuchten Zeitraum (1950/1951) nur 21 Einzelwirtschaftsprüfer und 33 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften von insgesamt etwa 1200 Wirtschaftsprüfern49 zu mehr a ls 50 Ofo aller Pflichtprüfungen herangezogen50 • Der hiernach angedeutete Vorrang der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei der aktienrechtlichen Prüfung wird noch offensichtlicher, wenn auf das Grundkapital der untersuchten Aktiengesellschaften abgestellt wird. Es wurden nämlich 89 Ofo des in die Untersuchung einbezogenen GrundkapiWP-Verzeichnis 1956, S. XI, wiedergegeben bei Koch, S. 146/7; vgl. auch Dieterich, WPg 1956, S. 452 (456); für 1958 vom IdW, WPg 1959, S. 22 ; für 1960 von Dieterich, WPg 1961, S. 401 (403); für 1961 von Dieterich, WPg 1970, S. 230; ders., WPg 1967, S. 217 (218); Gierlich, DB 1963, Beilage Nr. 7 (am Ende); für 1962 vom IdW, WPg 1962, S. 217; wohl auch Heßdörfer, S. 88 Anm. 152; für 1964 vom IdW, WP-Handbuch 1963, Bd. II, S. 32; für 1965 von Hirschfeld, WPg 1966, S. 380; für 1966 von Greiffenhagen, WPg 1966, S. 605; ders., WPg 1966, S. 559 (561); für 31. 12. 1966 von Dieterich, WPg 1967, S. 217 (218); ldW, WP-Handbuch 1968, S. 38; für 31. 12. 1969 von Dieterich, WPg 1970, s. 230 ff. 46 In die Gesamtzahl der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfern ist die Zahl der Wirtschafts- und Buchprüfungsgesellschaften nicht aufgenommen worden, da die bei diesen tätigen Wirtschafts- und Buchprüfer schon in den Zahlenangaben der Spalten 2 und 3 berücksichtigt wurden. Von einer Berücksichtigung der Personen, die gern. § 28 Abs. 2 WPO ohne die Qualifikation eines Wirtschafts- oder Buchprüfers in diesen Gesellschaften beschäftigt werden, ist abgesehen worden, weil ihre Zahl - soweit ersichtlich - konstant geblieben ist ; vgl. dazu IdW, WP-Handbuch 1963, Bd. II, S. 32 und IdW, WP-Handbuch 1968, S. 39. 47 Die Zahlenangaben beziehen sich bei den Wirtschaftsprüfern auf den 1. 1. 1951, dagegen bei den Buchprüfern auf den 1. 1. 1952; vgl. Dieterich, WPg 1961, S. 401 (403). 48 Vgl. Ludewig, S. 129 ff.; ders., WPg 1959, S. 327 (328). Die Untersuchung erstreckte sich auf 2700 Aktiengesellschaften mit etwa 75 °/o (11,79 Mill. DM) des 1950/1951 insgesamt zu prüfenden Grundkapitals (16,08 Mill. DM). Zu der Aussagekraft der Untersuchung vgl. Greiffenhagen, WPg 1957, S. 133 (137/138). 49 Die Gesamtzahl der Wirtschaftsprüfer exakt für den untersuchten Zeitraum (1950/1951) ist nicht bekannt. Es konnten daher nur die Angaben für 195111952 (1271 Wirtschaftsprüfer) zugrunde gelegt werden. Dabei wurde nach unten abgerundet. Die abweichenden Angaben von Moxter (1384 Wirtschaftsprüfer) erklären sich daraus, daß er für diese Zahlenangabe auf den 1. 1. 1956 abgestellt hat; vgl. Moxter, WPg 1957, S. 273 (274 Fn. 14). 50 Nach Ludewig wurden in dem untersuchten Zeitraum überhaupt nur 475 Einzelwirtschaftsprüfer (Gesamtzahl im Jahre 1956: 826) und 95 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (Gesamtzahl im Jahre 1956: 154) mit aktienr echtlichen Pflichtprüfungen betraut; vgl. Ludewig, S. 131, 132; ders., WPg 1959, s. 327 (328).
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II, 2.: Die Tätigkeitsbereiche des Wirtschaftsprüfers
tals51 von den 33 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und nur 11 Ofo von den 31 Einzelwirtschaftsprüfern geprüft52 . Der Grund für diesen Vorrang53 der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bei der Prüfungstätigkeit liegt in dem erheblichen personellen und materiellen Aufwand, der für die Prüfung der Aktiengesellschaften erforderlich ist54• Dies gilt insbesondere für die größeren und weitverzweigten Aktiengesellschaften. Die bei ihrer Prüfung anfallende Arbeitslast kann ein einzelner Wirtschaftsprüfer regelmäßig nicht bewältigen55. Obwohl die Untersuchung Ludewigs sich nur auf die Jahre 1950/1951 bezieht, hat sein Ergebnis auch noch heute Gültigkeit, da die Gründe für den Vorrang der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht an den untersuchten Zeitraum gebunden sind. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß auch heute ein tatsächlicher Wettbewerbsvorrang zugunsten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften für die Prüfungstätigkeit besteht56, insbesondere für diejenige bei den größeren Aktiengesellschaften. § 18. Die Steuerberatungstätigkeit 1. Der Umfang der Steuerberatungsbefugnis
Außer zur Durchführung von Prüfungen sind Wirtschaftsprüfer "befugt, ihre Auftraggeber in steuerlichen Angelegenheiten ... zu beraten und zu vertreten" (§ 2 Abs. 2 WPO)l. Der Umfang dieser Steuerberatungsbefugnis wird nicht durch die berufsrechtliche Regelung des § 2 Abs. 2 WPO festgelegt, sondern soll sich ausdrücklich "nach Maßgabe 51 = 1127 Gesellschaften mit 10 388 Mill. DM Grundkapital; vgl. Ludewig, S. 133- 135. Vgl. auch die ähnliche Schätzung für das Jahr 1938 von Megow, DJ 1938, S. 453, Nach der 80 Ofo des Aktienkapitals aller Aktiengesellschaften der Pflichtprüfung durch 20 (von 93) Wirtschaftsprüfungsgesellschaften unterworfen worden waren. 52 = 307 Gesellschaften mit 1329 Mill. DM Grundkapital; vgl. Ludewig, s. 132, 133. 53 Die Behauptung Köhlers, 95 Ofo der aktienrechtlichen Pflichtprüfungen würden durch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durchgeführt, geht allerdings zu weit; vgl. Köhler, RGmbH 1956, S. 113(117). 54 Vgl. hierzu Koch, S. 181 (m. w. Zahlenangaben für die Prüfungstätigkeit vor dem 2. Weltkrieg). 55 So Greiffenhagen, WPg 1957, S. 133 (137). 56 Nach Greiffenhagen sollen durch diese Tätigkeit "noch keine 20 Ofo" des Gesamthonoraraufkommens des Berufsstandes verdient werden; vgl. Greiffenhagen, WPg 1957, S. 133 (137/ 138). 1 Vgl. auch § 129 Abs. 2 WPO mit dem gleichen Wortlaut für vereidigte Buchprüfer.
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der bestehenden Vorschriften" bestimmen, also insbesondere nach Maßgabe des§ 107 a A02 • Gemäß § 107 a Abs. 2 Ziff. 2 und 3 AO sind heute zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sowohl Einzelwirtschaftsprüfer als auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften befugt. Bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften ist die Steuerberatungsbefugnis allerdings auf die Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und persönlich haftenden Gesellschafter beschränkt, die zu einem der in § 107 a Abs. 1 und Abs. 2 Ziff. 2 AO genannten Berufe zugelassen sind, beispielsweise als Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt. Diese Steuerberatungsbefugnis erstreckt sich einmal auf die Hilfeleistung in Rechtsangelegenheiten, allerdings nur in Steuer-, Monopolund sonstigen von den Finanzbehörden verwalteten Angelegenheiten, mit Ausnahme der Devisensachen (Art. 2, § 2 Abs. 1 RBeratG). Dazu zählt auch die Beratung in Steuerstrafsachen3 oder -ordnungswidrigkeiten4 (§ 107 a Abs. 1 S. 2 AO). Diese Befugnis umfaßt aber auch die Hilfeleistung in Buchführungspflichten6 (§ 107 a Abs. 1 S. 2 AO), obwohl diese Beratung keine Re,chtsberatung darstellt. Das Rechtsberatungsgesetz unterscheidet zwischen dieser zusammenfassend als "Steuerberatung" zu bezeichnenden Tätigkeit und der "allgemeinen Rechtsberatung" (Art. 2 RBeratG i. V. m. § 107 a AO und Art. 1 RBeratG). Nach der ausdrücklichen Regelung des Art. 1, § 4 Abs. 3 RBeratG ermächtigt die Befugnis zur "Steuerberatung" nicht auch zur Beratung in allgemeinen ("sonstigen") Rechtsangelegenheiten6. Dennoch wird vertreten7 , daß eine solche Rechtsberatung erlaubt 2 § 107 a AO wurde durch § 19 Abs. 2 StBerG vom 16. August 1961 (BGBl. I, S. 1301) neu gefaßt. 3 So schon § 1 der VO zur Durchführung des § 107 a RAO vom 11. Januar 1936 (RGBl. I, S. 11). 4 Eingefügt durch Art. 2 Ziff. 6 des 2. AOStrafÄndG vom 12. August 1968 (BGBI. I, S. 953). 5 Das Privileg zugunsten der Wirtschaftsprüfer und der anderen in § 107 a AO genannten Berufe besteht allerdings nicht für die "rein technische Buchhaltungstätigkeit", wenn sie unabhängig von einer Steuerberatungstätigkeit ausgeübt wird. Insoweit kann jedermann in Buchführungspflichten Hilfe leisten, und zwar unabhängig davon, ob er freiberuflich (vgl. BGH, NJW 1971, S . 40 (41142) oder als angestellter Stundenbuchhalter tätig wird; vgl. Peter, NWB Fach 30, S. 237 (239 Anm. VI, 1); Lohmeyer, FR 1962, S. 105. 6 Vgl. BGHZ 36, S. 321 (322) = NJW 1962, S. 807 = MDR 1962, S . 396 = LM Nr. 9 zu Art. 1, § 1 RBeratG; ausführlich Schorn, NJW 1961, S. 993 (993); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 81; Kampmann, NJW 1968, S. 137; Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (812); insoweit auch Rawald I Mittelsteiner, DStR 1962163, S. 544; OVG Lüneburg, AnwBI. 1961, S . 73 (74). 7 So ausführlich Hauffen, MStB 1956, Sonderbeilage zu Heft 1, S. 14 (16, Ziff. 2); HübschmanniHeppiSpitaler, § 107 Rn. 6; Bühring, S. 109 ; Rawaldl Mittelsteiner, DStR 1962163, S . 544 (545- 547); Paulick, S. 2, zum Teil wieder-
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sei, wenn sie mit der Hilfeleistung in Steuersachen in "unmittelbarem Zusammenhang" stehe, ähnlich wie es in Art. 1, § 5 RBeratG für einige Berufe vorgesehen ist8• Speziell für die steuerberatenden Berufe fehlt jedoch eine dem Art. 1, § 5 RBeratG entsprechende Vorschrift. Dies gilt auch für den Wirtschaftsprüfer, soweit er eine fremde Steuerangelegenheit erledigt, da die Steuerberatung keine "Aufgabe" i. S. d!is Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG ist9 • Zwar gehört diese Tätigkeit im berufsrechtlichen Sinn zum Berufsbild des Wirtschaftsprüfers10• Die Aufzählung dieses Tätigkeitsbereichs gilt jedoch nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 2 Abs. 2 WPO nur für die WPO, während seine Grenzen "nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften" bestimmt werden. Die im RBeratG getroffene Trennung von allgemeiner Rechtsberatung (Art. 1 RBeratG) und Steuerberatung (Art. 2 RBeratG i. V. m. § 107 a AO) wurde daher durch diese berufsrechtliche Regelung nicht berührt. Dafür spricht auch, daß die übrigen Personen (z. B. Rechtsanwälte, Notare, Prozeßagenten, Zwangsverwalter, Konkursverwalter usw.), die zur Beratung in allgemeinen Rechtsund Steuerangelegenheiten befugt sind, sowohl in Art. 1 RBeratG als auch in Art. 2 RBeratG i. V. m. § 107 a AO erwähnt werden, der Gesetzgeber also von der strengen Trennung in der einzelnen gesetzlichen Regelung ausging. Zudem ist eine ausnahmsweise Ausweitung der Steuerberatungsbefugnis zugunsten der Wirtschaftsprüfer mit der bei Erlaß des RBeratG bestehenden Regelung unvereinbar. Damals "konnte" der Wirtschaftsprüfer im Einzelfall von den Finanzbehörden und -gerichten zurückgewiesen werden11 • Mit dieser "beschränkbaren" Steuerberatungsbefugnis stünde es in Widerspruch, wenn diese Befugnis über Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG erweitert würde, während die abgedruckt bei Hübschmann I Hepp I Spitaler, § 107 Rn. 6; Hüffer, StB 1962, S. 74; Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer vom 22. November 1962, wiederabgedruckt in Kolbeck I Peter I Rawald, Gruppe 632, S. 1 ff.; eingeschränkt auch OVG Hamburg, AnwBl. 1968, S. 65 (66) mit ablehnender Anm. von Chemnitz. 8 So früher ausdrücklich auch für die "Wirtschaftsrechtler"; vgl. oben § 7 Fn. l5. 9 A. A. Heßdörfer, S . 120, 138, 139; Späth, DStR 1966, S. 644 (646). 10 So auch Abschnitt VII der "Richtlinien für die Berufsausübung der Wirtschaftsprüfer und vereidigten Buchprüfer gern. §57 I WPO", wiederabgedruckt bei Nake I Hache I Mühlhäußer I Haaga, R 300, S. 1 (12); Girgensohn, BB 1962, S. 1308 (1310); insoweit auch richtig Heßdörfer, S. 139 und Späth, DStR 1966, S . 644 (646), die jedoch- unrichtig- aus dieser berufsrechtlichen Regelung ohne w eiteres eine besondere Auslegung des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG folgern. 11 Vgl. §§ 107 Abs. 2, 1. Alt., 254 Abs. 1 S. 2 AO i. d. Fassung vom 22. Mai 1931 (RGBl. I, S. 166).
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Steuerberater mit ihrer schon damals unbeschränkbaren Steuerberatungsbefugnis diese Möglichkeit bei Erlaß des RBeratG nicht hatten. Der Bereich der Steuerberatung des Wirtschaftsprüfers läßt sich daher nicht über eine direkte Anwendung des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG ausdehnen12. Aber auch für die analoge Anwendung des Art. 1, § 5 RBeratG13 im Rahmen der Steuerberatung ist kein Raum 14, da wegen der ausdrücklichen Regelung des Art. 1, § 4 Abs. 3 RBeratG keine gesetzliche Lücke besteht. Die Befugnis zur Steuerberatung erstreckt sich daher nicht auf die allgemeine Rechtsberatung wie etwa die Herbeiführung eines Moratoriums15, den Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs16, die Einziehung von Forderungen17 oder die Regulierung eines Schadensersatzanspruchs aus einem VerkehrsunfalP8 • Sie umfaßt nur eine Vertretung vor den Finanzbehörden und -gerichten, dagegen nicht vor den übrigen Behörden und Gerichten, beispielsweise in einem Verfahren auf Erlaß bzw. Widerruf einer Konzession19 oder in einem Schiedsgerichts-20 oder Handelsregisterverfahren21 . Steuer- und allgemeine Rechtsberatung können sich allerdings im Einzelfall überschneiden, wenn "allgemeine Rechtsbegriffe" in den Steuerrechtstatbestand übernommen worden sind, wie z. B.22 in § 102 Ebenso Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 93. So (wohl) Erbs I Kohlhaas, R. 55, § 4 Anm. 4 ; Jonas, S. 35. Allerdings ist für die dort angeführten Beispiele eine analoge Anwendung des Art. 1, § 5 RBeratG nicht erforderlich, da sie schon von der Steuerberatungsbefugnis gedeckt werden; insoweit richtig Kampmann, NJW 1968, S. 137 (138). 14 So auch LG Itzehoe, NJW 1963, S. 210 (212) und (ausführlich) Schorn, Rechtsberatung, S. 2161217; ders., NJW 1961, S . 993 (994); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 81 (S. 95); Kampmann, NJW 1968, S . 137; Feyock, DNotZ 1964, S . 526 (5281529); Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (8111812); Späth, DStR 1966, s. 644 (647). 15 So OLG Karlsruhe, Die Justiz 1965, S . 59 (60 und Leitsatz Nr. 2); Späth, DStR 1966, S. 644 (645). 16 So BGHZ 36, S. 321 (322) mit ablehnender Anmerkung von Hüffer, StB 1962, S. 74 (74) unter versehentlich unrichtiger Datenangabe; wie der BGH (ausführlich) auch Späth, DStR 1966, S. 644 ff. (mit Lit.); a. A. OLG Hamm, angeführt von Späth, DStR 1966, S. 644 (648). 17 So A V d es RJM vom 12. M ä rz 1940, DR 1940, S . 716 (717). 18 So LG Köln, AnwBl. 1963, S . 117 (118). 19 So OVG Lüneburg, AnwBl. 1961, S. 73 (74); AG Köln, AnwBl. 1960, S. 64 (Beschwerdeverfa hren); a. A. (für Schankkonzession) LG Koblenz, BB 1961, S . 1101. Entgegen d em LG Koblenz sieht der BGH, NJW 1967, S. 1562 (1563 Ziff. c) im Anschluß an KG, DJ 1939, S . 56 diese Beratung als allgemeine Rechtsberatung i. S. d. Art. 1, § 1 RBeratG an, da er diese Beratung erst im Rahmen des Art. 1, § 5 Ziff. 1 RBeratG erwähnt. 20 Vgl. LG Itzehoe, AnwBl. 1962, S . 285 (287). 21 Vgl. OLG Hamburg, AnwBl. 1963, S. 87 (Anmeldungen zum Handelsr egister). 22 Vgl. auch die ausführliche Aufzählung in d er Stellungnahme der Bun12
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AO ("Geschäftsfähigkeit", "Vertretung"), § 113 AO ("persönliche Haftung der Gesellschafter") oder § 5 StAnpG ("Anfechtung"), § 6 StAnpG ("Rechtsmißbrauch"), § 7 StAnpG ("Gesamtschuldner"), § 8 StAnpG ("Rechtsnachfolge"). Auf Grund· der Eingliederung sind diese allgemeinen Rechtsbegriffe "Teil" des Steuerrechts geworden und stehen mit diesem nicht nur in "unmittelbarem Zusammenhang". Welche Folgerung sich hieraus für den Umfang der Steuerberatungsbefugnis ergibt, ist im einzelnen umstritten. Unstreitig darf der zur Steuerberatung Befugte alle Verträge und Gesetze auslegen, soweit dies zur Steuerberatung "zwangsläufig" erforderlich ist, z. B. die Klausel eines Gesellschaftsvertrages zur Errechnung des auf seinen Mandanten entfallenden Gewinnanteils23 • Ebenfalls unstreitig erfaßt die Steuerberatungsbefugnis die Berechtigung zur Aufklärung der eingegliederten allgemeinen Rechtsbegriffe, soweit es sich um ihre steuerliche Auswirkung handelt2 4 • Andernfalls wäre die "sachgemäße" Durchführung der Steuerberatung ausgeschlossen, da sie notwendig und unvermeidbar die Klärung dieser allgemeinen Rechtsfragen voraussetzt. Dieser Gesichtspunkt trifft aber ebenso auf den Fall zu, daß die Steuerberatung eine Beratung über diese eingegliederten, allgemeinen Rechtsbegriffe enthält, ohne sich auf die bloße Aufklärung der steuerlichen Folgen zu beschränken. Auch wenn sich diese Beratung im Ergebnis auf allgemeine Rechtsangelegenheiten auswirkt, bleibt sie Steuerberatung, solange nur steuerliche Gesichtspunkte den Anlaß für die Beratung bilden und im Vordergrund der Tätigkeit stehen. Zu diesem Ergebnis kommt auch der BGH in seiner Entscheidung vom 27. Mai 196325 • Er rechnet nämlich eine Tätigkeit noch zur Steuerberatung, dessteu erberaterkammer v om 22. November 1962, wiederabgedruckt in Kolbeck I Peter I Rawald, Gruppe 632, S. 1 ff. (S. 1 unter Ziff. 2 und S. 3). 23 Vgl. BGH, NJW 1970, S. 461 (Ziff. II, 2). Die Erwähnung des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG in dieser Entscheidung ist daher unnötig und unrichtig. 24 So die engste Ansicht von Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 81 (S. 96). In einer späteren Veröffentlichung räumt Kampmann den steuerberatenden Berufen jedoch auch die Befugnis ein, die zi vHrechttichen Folgen eines steuerlichen Rates darzulegen, allerdings nur abstrakt und nicht konkret auf die Auswirkungen im speziellen Einzelfall bezogen; vgl. Kampmann, NJW 1968, S. 137 (141). Er bezieht sich hierbei auf Dumoulin, obwohl bei diesem die Beschränkung der Beratungsbefugnis auf die nur "abstrakte" Darlegung der zivilrechtliehen Folgen fehlt; vgl. Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (812). 25 Vgl. BGH, LM Nr. 12 zu Art. 1, § 1 RBeratG (BI. 1 R) = NJW 1963, S. 2027 (2029) = AnwBl. 1963, S. 308 (309), insoweit nicht veröffentlicht in BB 1963, S. 787 = MDR 1963, S. 745. Für den dieser Entscheidung zugr unde liegenden Sachverhalt vgl. NJW 1963, S . 2027 (2028) und AnwBl. 1963, S. 308 (309). Die in der Entscheidung gebrauchte Formulierung, daß "in Ausnahmefällen" steuerberatende Personen" in den Aufgabenbereich hinübergreifen
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wenn "im Rahmen einer steuerlichen Beratung ein (über das Steuergebiet hinausgehender) rechtlicher Rat erteilt" wird, dagegen zur allgemeinen Rechtsberatung, wenn "im Rahmen einer (allgemeinen) Rechtsberatung auf steuerliche Fragen hingewiesen" wird. Daraus folgt, daß ein Wirtschaftsprüfer berechtigt ist, seinen Klienten über die zivilrechtliehen Folgen26 einer aus steuerlichen Gründen zu fällenden Entscheidung "aufzuklären", beispielsweise über die verschiedene Rechtsstellung bei der Begründung eines "Darlehens" oder einer "stillen Gesellschaft". Zur Steuerberatung gehört aber nicht nur die "Aufklärung" der verwandten allgemein-rechtlichen Begriffe, sondern auch ein konkreter Vorschlag, wie die verwandten Rechtsinstitute zu gestalten sind. Infolgedessen kann ein Wirtschaftsprüfer seinem Mandanten auch die vom steuerlichen Gesichtspunkt günstigste Vertragsgestaltung beispielsweise einer Gesellschaft vorschlagen27 • Kampmann28 will einen solchen Vorschlag in der Form eines "Vorentwurfs" zulassen, lehnt aber eine Befugnis zu einem Vorschlag in der Form einer endgültigen Vertragsklausel ab. Die Steuerberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers von der Form seines Vorschlags abhängig zu machen, ist jedoch nicht gerechtfertigt. Zwischen Vorentwurf und endgültiger Vertragsklausel besteht kein qualitativer, sondern lediglich ein gradueller Unterschied. Außerdem bestimmt nicht der Berater, sondern der Rechtsuchende, ob ein angefertigter Vorschlag als "Vorentwurf" oder als "endgültige Vertragsklausel" verwandt werden soll. Der Umfang der Steuerberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers hängt jedoch von der Willensentscheidung des Rechtsuchenden nicht ab. Auch der BGH29 macht entgegen Kampmann keinen Unterschied zwikönnen, der einem Rechtsberater vorbehalten ist", ist mißdeutig. Bei dem vom BGH gebrachten Beispiel handelt es sich nämlich immer noch um "Steuerberatung" und nicht um - ausnahmsweise - erlaubte allgemeine Rechtsberatung; insoweit richtig Kampmann, NJW 1968, S. 137 (137/138; 140/141); ähnlich wie der BGH dagegen Schorn, Rechtsberatung, S. 218; ders., NJW 1961, S. 993 (995) und Späth, DStR 1966, S. 644 (648). 28 Im Ergebnis auch BGH, LM Nr. 12 zu § 1 RBeratG, Bl. 1 R ; Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (812); Schorn, Rechtsberatung, S. 222; weitergehend Hauffen, MStB 1956, Sonderbeilage zu Heft 1, S. 14 (S. 16, Ziff. 1); zur Ansicht Kampmanns vgl. oben § 18, Fn. 24. 27 Insoweit auch Schorn, Rechtsberatung, S. 218; ders., NJW 1961, S. 993 (995); Kampmann, NJW 1968, S. 137 (141); Jonas, S. 35. 28 Vgl. Kampmann, NJW 1968, S. 137 (141, 1. Sp. unten); ebenso Feyock, DNotZ 1964, S. 526 (529) und Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (812 Fn. 22); im Ergebnis auch Rawald I Mittelsteiner, DStR 1962, S. 544 (546 unter III, 2); enger Schorn, Rechtsberatung, S. 218, 220; ders., NJW 1961, S. 993 (995), wenn er die juristische Formulierung eines Gesellschaftsvertrages generell ablehnt; ähnlich auch Jonas, S. 35 Anm. 3; weitergehend (Formulierung des gesamten Vorvertrages erlaubt) Maassen, S. 8; Gmelch, Anm. 64 (S. 48). 29 Vgl. BGH, LM Nr. 12 zu Art. 1, § 1 RBeratG, Bl. 2.
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sehen Vorentwurf und endgültiger Ausgestaltung einer VertragsklauseL Er hat nicht von vornherein verneint, daß die Steuerberatungsbefugnis auch zur Abfassung solcher Vertragsklauseln berechtigt, sondern diese Frage ausdrücklich "offengelassen". Auch die Begründung, mit der der BGH in dem ihm vorliegenden Fall von einer Entscheidung absah, spricht für die oben entwickelte Auslegung. Der BGH hielt nämlich eine Abgrenzung zwischen Steuer- und Rechtsberatung deshalb nicht für erforderlich, weil "... der Abschluß des Gesellschaftsvertrages ... nicht auf Grund steuerlicher Erwägungen vorgesehen" war und der Vertrag "keine Einzelbestimmungen" enthielt, "deren Ausgestaltung im Hinblick auf ihre steuerrechtliehen Auswirkungen den Rat eines Steuerkundigen erforderlich gemacht hätten". In den vom BGH vorgegebenen Grenzen ist daher ein Wirtschaftsprüfer kraft seiner Steuerberatungsbefugnis zur Formulierung einzelner Vertragsklauseln berechtigt, auch wenn diese Vertragsklauseln zugleich eine Gestaltung der zivilrechtliehen Rechtslage enthalten. Steuerliche Gesichtspunkte müssen allerdings den Anlaß für diese Beratung bilden und im Vordergrund bei der Formulierung der Vertragsklausein stehen. Zur Formulierung der übrigen Vertragsklauseln oder gar eines gesamten Gesellschaftsvertrages30 ist der Wirtschaftsprüfer aufgrund seiner Steuerberatungsbefugnis nicht berechtigt, sondern nur insoweit, als er aufgrund besonderer Ausnahmevorschriften zur "allgemeinen Rechtsberatung" befugt ist. 2. Die Steuerberatungsbefugnis der Einzelwirtschaftsprüfer
Der Einzelwirtschaftsprüfer konnte schon immer seine Mandanten in Steuersachen beraten. Bei Entstehung des Berufs ergab sich diese Befugnis aus der allgemein jedermann zustehenden Möglichkeit zur Steuerberatung31 • Allerdings konnte der Wirtschaftsprüfer wie grundsätzlich jeder andere geschäftsmäßige Rechtsberater im Einzelfall von den Finanzbehörden und den Rechtsmittelinstanzen zurückgewiesen werden32 • Diese Zurückweisungsmöglichkeit wurde auch nicht bei der 80 Vgl. BGH, LM Nr. 12 zu Art. 1, § 1 RBeratG, BI. 2; Rawald I Mittelsteiner, DStR 1962, S. 944 (946 unter III, 5); insoweit richtig LG Hamburg, AnwBl. 1962, S. 264; Schorn, Rechtsberatung, S. 218; ders., NJW 1961, S . 993 (995); Kampmann, NJW 1968, S. 137 (141); Feyock, DNotZ 1964, S. 526 (529); Gmelch, Anm. 64 (S. 48); a. A. Thoma, Steuerberater-Jahrbuch 1963/64, S. 9 (16). 31 Teilweise wurde den Wirtschaftsprüfern allerdings damals die Eignung für die Steuerberatung abgesprochen und deshalb ihre Zulassung als "Helfer in Steuersachen" für ausgeschlossen gehalten; so Anwaltskammer in Berlin, s. 41. 32 Vgl. §§ 107 Abs. 2, 1. Alt., 254 Abs. 1 S. 2 AO i. d. Fassung vom 22. Mai 1931 (RGBl. I, S. 166, 177); vgl. hierzu IdW und Bundesverband der vereidigten Buchprüfer, WPg 1954, S. 476 (477); vgl. auch oben§ 4, Fn. 20.
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Neuregelung des Rechtsberatungswesens im Jahre 1935 aufgehoben, obwohl § 107 AO in der Fassung des Art. 2, § 1 RBeratG die Wirtschaftsprüfer von dem allgemeinen Rechtsberatungsverbot ausnahm und ihnen ausdrücklich eine Steuerberatungsbefugnis zuwies. Hinsichtlich der Vertretung gegenüber den Steuerbehörden bzw. den Hechtsmittelinstanzen war daher die Befugnis der Wirtschaftsprüfer "beschränkbar", während ihre Befugnis zur Steuerberatung im Innenverhältnis (Steuerberatung i. e. S.)33 keiner Eingriffsmöglichkeit unterlag. Die formelle Ausschlußmöglichkeit im Vertretungsrecht hatte jedoch nur geringe praktische Bedeutung: einmal war der Ausschluß nur fakultativ vorgesehen {"kann"}34, zum anderen konnten ihn die Wirtschaftsprüfer durch eine gleichzeitige Zulassung als Steuerberater umgehen. So waren am 1. Januar 1967 beispielsweise von 2133 Wirtschaftsprüfern 43,5 OJo gleichzeitig als Steuerberater zugelassen35 • Die Aufhebung der formellen Ausschlußmöglichkeit durch das Steuerberatungsgesetz36 bzw. die Finanzgerichtsordnung37 brachte daher insofern keine wesentliche Neuerung38, sondern vollzog lediglich eine Entwicklung, die tatsächlich schon vorher eingesetzt hatte.
33 Zur Abgrenzung der Rechtsberatung bzw. Steuerberatung i. w. S. von der Rechtsberatung bzw. Steuerberatung i. e. S. vgl. oben 1. Abschnitt. 34 Vgl. oben§ 4, Fn. 20. 35 Von den 2133 am 1. Januar 1967 zugelassenen Wirtschaftsprüfern sind 24 (= 1,1 Ofo) zusätzlich als Rechtsanwalt und Steuerberater, 904 ( = 42,4 Ofo) zusätzlich als Steuerberater und 29 ( = 1,4 Ofo) zusätzlich (nur) als Rechtsanwalt zugelassen. Der Anteil derjenigen, die gleichzeitig als Steuerberater zugelassen sind, ist unter den neu zugelassenen Wirtschaftsprüfern noch erheblich höher, da sie in den Genuß der nach § 13 WPO möglichen verkürzten Prüfung kommen wollen. Zahlenangaben von Dieterich, WPg 1967, S. 217 (219); vgL auch für 1961: Dieterich, WPg 1961, S. 573; und für 1958: IdW, WPg 1959,
s. 22.
36 Vgl. § 119 Abs. 1 StBerG vom 16. August 1961 (BGBL I, S. 1301). Diese Vorschrift nahm sachlich die heute in § 107 Abs. 3 AO i. d. Fassung des AOÄndG vom 15. September 1965 (BGBL I, S. 1365) getroffene Regelung vorweg. 37 Durch § 62 Abs. 2 S. 1, 2. Hs. FGO vom 6. Oktober 1965 (BGBI. I, S. 1477) wurde der Wirtschaftsprüfer erstmalig auch für das finanzgerichtliche Verfahren von dem Zurückweisungsrecht ausgenommen. Zur Entstehungsgeschichte des § 62 FGO vgl. Ziemer I Birkholz, § 62 Rn. 2 - 10. 38 So auch Ziemer I Birkholz, § 62 Rn. 1; Kalbeck I Rawald, Gruppe 320, § 119 Anm. 1; vgl. auch den Bericht des Finanzausschusses des Bundesrates, auf dessen Vorschlag hin § 119 StBerG eingeführt wurde, zitiert von Dieter ich, WPg 1955, S. 269 (271).
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3. Die Steuerberatungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften
a) Die generelle Steuerberatungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemäߧ 107 a Abs. 2 Ziff. 3 AO Im Gegensatz zu der generellen Steuerberatungsbefugnis der Einzelwirtschaftsprüfer war diejenige der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nach Erlaß des Rechtsberatungsgesetzes umstritten. Nach dem Wortlaut des § 107 a Abs. 3 Ziff. 2 AO in der Fassung des Art. 2, § 1 RBeratG waren nämlich nur "Wirtschaftsprüfer", nicht aber ausdrücklich auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vom allgemeinen Rechtsberatungsverbot ausgenommen worden. Der BFH39 wollte aus diesem Grunde den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als solchen keine Steuerberatungsbefugnis zugestehen. Da jedoch regelmäßig die einer juristischen Person40 oder Handelsgesellschaft41 erteilte Vollmacht als Vollmachtserteilung zugunsten ihrer gesetzlichen Vertreter bzw. der sonst für sie handelnden Personen umgedeutet werden kann, hatte der theoretische Streit um die generelle Steuerberatungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften keine allzu große praktische Bedeutung. An Stelle der damals formell ausgeschlossenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften konnten regelmäßig ihre persönlich zur Steuerberatung befugten Vertreter steuerberatend tätig werden. Auch wenn heute den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemäß § 107 a Abs. 2 Ziff. 3 AO in der Fassung des § 119 Abs. 2 StBerG formell das Recht zur Steuerberatung zusteht, darf es nur von ihren persönlich zur Steuerberatung befugten Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern oder persönlich haftenden Gesellschaftern ausgeübt werden.
b) Die Vertretungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gegenüber den Finanzbehörden gemäߧ 107 Abs. 2, 3 AO Die generelle Steuerberatungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemäß § 107 a Abs. 2 Ziff. 3 AO ist auch im Einzelfall nicht So BFH, BStBl. III 1951, S. 104; a. A. Th. Becker, DR 1936, S. 417 (418). BGH, RdL 1953, S. 75 = LM Nr. 4 zu § 12 LVO; OLG Rostock, JW 1922, S. 517; LG Berlin, NJWIRzW 1965, S. 400; Baumbach I Lauterbach, § 79 Anm. 1; Brangsch, NJW 1955, S. 1823 (1824); Schorn, Rechtsberatung, S. 94; Stein I Jonas I Pohle, § 79 Anm. 1; Thomas I Putzo, § 79 Anm. 2 b, aa; Jansen, § 13 Rn. 33; Keidel, § 13 Rn. 11; Eyermann I Fröhler, § 67 Rn. 11; Schunck I De Clerck, § 67 Anm. 3 c; Becker I Riewald I Koch I Kampe, § 62 FGO Anm. 3 Abs. 7; Tipke I Kruse, § 62 FGO Rn. 2; Ziemer I Birkholz, § 62 Rn. 15. 41 KG, OLGRspr 4, S. 466 (467); Stein I Jonas I Pohle, § 80 Anm. II, 3 a; Jansen, § 13 Rn. 33; Baumbach I Lauterbach, § 79 Anm. 1. 39
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einschränkbar. Die Zurückweisungsmöglichkeit des § 107 Abs. 2 S. 1 A0 42 trifft nämlich auf Wirtschaftsprüfungsgesellschaften nicht zu. Zwar werden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften als solche nicht mehr ausdrücklich über § 107 Abs. 3 AO von dem Zurückweisungsrecht des § 107 Abs. 2 AO ausgenommen, wie es noch die Übergangsvorschrift des § 119 Abs. 1 StBerG42 vorsah. Einer solchen ausdrücklichen Ausnahme der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bedarf es jedoch nicht. Sie war auch im Rahmen des§ 119 Abs. 1StBerG überflüssig43 • § 107 Abs. 2 S. 1 AO stellt auf die "Fähigkeit" ab, einen mündlichen oder schriftlichen Vortrag zu formulieren. Diese Fähigkeit ist nur natürlichen Personen eigen, nicht dagegen juristischen Personen oder sonstigen Personenvereinigungen. Da letztere nicht als solche, sondern nur über ihre Vertreter handlungsfähig sind, sind sie nicht nur subjektiv "unfähig", sondern objektiv "ungeeignet" zum mündlichen oder schriftlichen Vortrag. Adressaten des § 107 Abs. 2 S. 1 AO können daher nur natürliche Personen sein, also hinsichtlich der juristischen Personen nur die einzelnen für sie handelnden Vertreter. Die Fähigkeit dieser natürlichen Personen zum geeigneten Vortrag bleibt im Rahmen des § 107 Abs. 2 S. 1 AO zu überprüfen. Speziell für die im Auftrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tätigen Personen ist diese Überprüfung allerdings durch die Regelung des § 107 Abs. 3 AO ausgeschlossen, da die zur Vertretung in Steuersachen gemäß § 107 a Abs. 2 Ziff. 3 AO befugten Personen einen der in § 107 Abs. 3 AO genannten Berufe ausüben. Der Berufskatalog des § 107 a Abs. 2 Ziff. 3 i. V. m. den Ziffern 1 und 2 stimmt nämlich - bis auf zwei hier unbeachtliche Ausnahmen44 - mit dem des § 107 Abs. 3 42 Ein entsprechendes Zurückweisungsrecht wegen mangelnder Fähigkeit gibt es schon seit der Einführung der AO (vgl. oben § 4, Fn. 20), das auch gegenüber Wirtschaftsprüfern angewendet werden konnte. Erst 1961 wurden sie von dem Zurückweisungsrecht ausgenommen, und zwar zunächst durch eine den § 107 AO ergänzende Vorschrift (§ 119 Abs. 1 StBerG), ehe auch der Text des § 107 AO durch das AOÄndG vom 15. September 1965 (BGBL I, S. 1356) geändert wurde. Die gleiche Regelung ist auch in dem Entwurf der AO enthalten (§ 100 EAO 1969). 43 So auch Bühring, § 119 Anm. 1. 44 In § 107 a Ziff. 2, 3 AO werden zwar noch im Gegensatz zu § 107 Abs. 3 AO - "Prozeßagenten" angeführt. Da diesen jedoch regelmäßig die gern. § 28 Abs. 2 WPO erforderliche "erhöhte Befähigung" fehlen wird, können sie nur ausnahmsweise Vorstandsmitglied, Geschäftsführer oder persönlich haftender Gesellschafter einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sein. Ihre Erwähnung in § 107 Abs. 3, 2 AO hat daher keine große Bedeutung. Auch der Verweis auf die "Verwaltungsräte" in § 107 Abs. 2 Ziff. 3, 2 AO ist inhaltsleer, da seit 1959 der Zugang zu diesem Beruf versperrt und die bisherigen Verwaltungsräte in der Rechtsanwaltschaft aufgegangen sind; vgl. §§ 232 Abs. 2, 209 BRAO vom 1. August 1959 (BGBl. I, S. 565).
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AO überein. Eine Beschränkung der generellen Steuerberatungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften durch eine Zurückweisung der für sie handelnden Vertreter ist daher nicht möglich45 • c) Die Prozeßvertretungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gemäß § 62 FGO
Während die generelle Steuerberatungsbefugnis der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften heute durch eine eindeutige gesetzliche Regelung festgelegt ist, ist ihr Prozeßvertretungsrecht mangels einer ausdrücklichen Vorschrift umstritten. Nach ganz h. M. 46 sind die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften - wie alle anderen juristischen Personen, Handelsgesellschaften, Verbände und Behörden- gemäß § 79 ZPO i. V. m. § 52 ZPO von der Prozeßvertretung im Zivilprozeß ausgeschlossen, da ihnen die Prozeßfähigkeit ("prozessuale Geschäftsfähigkeit") fehlt; sie können sich nicht selbständig, sondern nur durch ihre Organe bzw. sonstigen Vertreter "durch Verträge verpflichten" und Rechte erwerben. 45 Ebenso für den gleichlautenden § 62 Abs. 2 S. 1 FGO Hübschmann I Hepp I Spitaler I v. Wallis I List, § 62 FGO Rn. 8 ; vgl. auch BFH 88, S. 79 (81) zu den Steuerbevollmächtigten. 46 So Brangsch, NJW 1955, S. 1823; Thomas I Putzo, § 79 Anm. 2 b , aa; Baumbach I Lauterbach, § 79 Anm. 1, § 52 Anm. 1 B a; Rosenberg I Schwab, § 44 Anm. II, 1; Schorn, Rechtsberatung, S. 2631264; Stein I Jonas I Fohle, § 79 Anm. 2; Schönke I Sehröder I Niese, § 25 Anm. III, 1, § 24 Anm. II, 3 a; a. A.: W. Huber, NJW 1956, S. 780; Ludewig, ZZP 1952, S. 168 (172- 175, aber nur für OHG, KG, GmbH und KGaA); wohl auch Hellwig, S. 402 Anm. 2 und S. 3721373 bes. Anm. 18; Lent I Jauernig, § 20 Anm. II (die angeführten BGHUrteile passen allerdings nicht); so spezieLL für die freiwillige Gerichtsbarkeit: KG, WM 1956, S. 736 (737) ; KG, WM 1962, S. 828; OLG Rostock, JW 1922, S. 517; LG Berlin, NJWIRzW 1965, S. 400; Keidel, § 13 Rn. 11; Jansen, § 13 Rn. 33, 15; Barnstedt, § 15 Anm. 71 (S. 164); vgl. auch Bauer, § 15 Anm. A III, 1; KG, OLGZ 1966, S. 112 (113); insoweit auch BGH, RdL 1953, S. 75; so spezieLL für die Verwaltungsgerichtsbarkeit: Schäfer, DVBl. 1961, S. 539 (541); Klinger, § 67 Anm. C, 2 b (S. 344); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 130 a (S. 140); Eyermann I Fröhler, § 67 Rn. 10, 11; Ule, Verwaltungsgerichtsbarkeit,§ 67 Anm. II, 1 (S. 246); Koehler, § 67 Anm. III, 10 ; Redeker I v. Oertzen, § 67 Rn. 13, 14; Schunck I De Clerck, § 67 Anm. 3 c; vgl. auch für die vor Erlaß der VwGO geltende Rechtslage : OVG Berlin, DVBl. 1953, S. 309; im Ergebnis ebenso: Baumbach I Lauterbach, § 79 Anm. 2; Klein, Anm. zu OVG Münster, DVBl. 1967, S. 945 (946); a. A.: HessVGH, EsVGH 20, S. 147 (1491150); Noack, DVBl. 1962, S. 850 (851); im Ergebnis ebenso, allerdings ohne eine Erörterung des § 79 ZPO, OVG Münster, NJW 1967, S. 1340 (1341) = DVBl. 1967, S. 944 (945); so speziell für die Strafgerichtsbarkeit: BayrObLG 52, S. 267 (268); OLG Neustadt a. d. W., NJW 1953, S . 1606; OLG Hamm, MDR 1950, S. 755; AG Kaiserslautern, AnwBl. 1969, S. 254 mit zustimmender Anm. von Chemnitz; Kleinknecht, § 138 StPO Anm. 2 A; Göhler I Buddendiek, § 60 Anm. 2 D; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann,§ 138 StPO Anm. 3; Müller I Sax, § 138 Anm. 2.
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Eine dem § 79 ZPO entsprechende Vorschrift, die die Vertretung vor den Finanzgerichten von der Prozeßfähigkeit abhängig macht, fehlt in der FGO, obwohl in § 62 FGO einige der mit der Vertretung vor den Finanzgerichten entstehenden Fragen angesprochen werden. Nach der Generalverweisung des § 155 FGO auf die Vorschriften der ZPO käme daher eine entsprechende Anwendung des§ 79 ZPO in Betracht. Nach einem Beschluß des BFH47 (Großer Senat) soll die sinngemäße Anwendung des § 79 ZPO ausgeschlossen sein, da § 62 FGO einen abschließenden Charakter habe. In § 62 Abs. 1 S. 1 FGO werde die Prozeßvertretung gerade nicht wie in § 79 ZPO an die Prozeßfähigkeit gebunden. Diese Abweichung des Wortlauts beider Vorschriften sei "nicht ohne Grund" erfolgt. Der BFH erkennt deshalb in dem ihm vorliegenden Fall der Oberfinanzdirektion das Prozeßvertretungsrecht zu, darüber hinaus aber auch - obwohl nicht entscheidungserheblich - den Steuerberatungsgesellschaften48. Diese Auffassung zugrunde gelegt, müßte auch Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, den sonstigen juristischen Personen und Handelsgesellschaften und vor allem den Verbänden ein Prozeßvertretungsrecht zustehen, soweit sie nach § 107 a AO zur Steuerberatung befugt sind. Den grundsätzlichen Erwägungen des BFH kann jedoch nicht gefolgt werden, da § 62 FGO keine abschließende Regelung bezüglich der Prozeßvertretung von Behörden, juristischen Personen und sonstigen Personenmehrheiten trifft. Zwar hat die Vorschrift des§ 62 Abs. 1 S. 1 FGO insoweit abschließenden Charakter, als sie sich auf denselben Regelungsbereich wie § 79 ZPO bezieht. Der Regelungsbereich beider Vorschriften stimmt darin überein, daß das Recht der Parteien festgelegt wird, sich durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten zu lassen. Dagegen wird das Recht 47 Vgl. BFH (Großer Senat), Beschl. v. 10. März 1969, BStBl. II, 1969, S. 435 (437) = BFH 95, S. 366 (370/371) = DStR 1969, S . 462; ebenso der vorlegende III. Senat des BFH, Beschl. vom 25. Oktober 1968, BStBl. II 1969, S. 94 (ohne Begründung) a. A.: BFH (II. Senat), Beschl. v. 14. Mai 1968, BStBl. II, 1968, S. 586 (588) = BFH 92, S. 426 (430/431). Der II. Senat des BFH hat den Großen Senat erneut zur Entscheidung über diese Rechtsfrage angerufen (Beschl. v . 16. Dezember 1969, BStBl. II 1970, S. 383 (ohne Bgründung) = BFH 98, S. 314 ff. = StRK, § 62 FGO Rechtsspruch Nr. 16. Der II. Senat stützt seine Ansicht in seinem erneuten Beschluß im wesentlichen auf einen Vergleich mit anderen Vorschriften der FGO und anderer Verfahrensgesetze. Dagegen beschäftigt er sich nicht oder nicht ausreichend mit der wörtlichen und historischen Auslegung speziell des § 62 FGO und erörtert vor allem nicht den mit dem Ausschluß von Behörden und Personenvereinigungen verfolgten Zweck. Auf diese Frage wird in der folgenden Erörterung besonders eingegangen. 48 Vgl. BFH (Großer Senat), Beschl. v. 10. März 1969, BStBl. II 1969, S. 435 (438). Der Große Senat hat sich allerdings insoweit eine abweichende Entscheidung vorbehalten.
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der Berater, im Prozeß auftreten zu dürfen, nur in§ 79 ZPO, nicht aber auch in § 62 Abs. 1 S. 1 FGO geregelt49 • In § 79 ZPO wird nämlich die Prozeßvertretungsbefugnis, die gern. § 78 ZPO vom Landgericht an nur den Rechtsanwälten zusteht, jeder prozeßfähigen Person zuerkannt. Dagegen wird in Abs. 1 S. 1 des § 62 FGO die Frage, ob und wem die Prozeßvertretungsbefugnis zustehen soll, nach seinem Wortlaut nicht angesprochen. Wie sich aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift ergibt, sollte sich ihr Regelungsbereich - entgegen dem BFH (Großer Senat) - auch nicht auf diese Frage erstrecken. Der erste Regierungsentwurf50 zur FGO enthielt die dem § 62 Abs. 1 S. 1 FGO fast wörtlich entsprechende Vorschrift des § 55 Abs. 1. In den weiteren Absätzen des § 55, nämlich den Abs. 2 und 3, wurde gesondert eine Regelung darüber getroffen, wer als Prozeßbevollmächtigter auftreten durfte. Diese Aufteilung entspricht der in § 107 AO für das Verfahren vor den Finanzbehörden getroffenen Regelung. Auch dort wird die Vertretungsbefugnis der Berater(§ 107 Abs. 2, 3 A0) 51 getrennt von dem Recht der Steuerpflichtigen behandelt, sich vertreten zu lassen (§ 107 Abs. 1 A0) 52• Die in dem ersten Regierungsentwurf enthaltene Aufteilung wurde in den folgenden Regierungsentwürfen53 beibehalten 49 Insoweit auch Rüggeberg, NJW 1970, S. 309 (310). Das von ihm gegen die Ansicht des BFH (Großer Senat) vorgetragene rechtspolitische Argument, die Entscheidung verhindere die Vereinheitlichung der Prozeßordnungen, ist dagegen nicht überzeugend. Auch in einem einheitlichen Verfahrensgesetz muß m. E. nämlich die Vertretungsbefugnis vor den Finanzgerichten abweichend von den übrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren geregelt und einer größeren Zahl von Personen zuerkannt werden. In dem unter Mitarbeit von Rüggeberg entstandenen Entwurf eines einheitlichen Verwaltungsgesetzes wird diese Frage ausgeklammert, indem sie einem besonderen Bundesgesetz vorbehalten wird; vgl. §§ 83, 84 des unter Leitung von Ule ausgearbeiteten Entwurfs eines Verwaltungsgesetzes zur Vereinheitlichung der Verwaltungsgerichtsordnung, der Finanzgerichtsordnung und des Sozialgerichtsgesetzes. 50 Vgl. §55 der Reg. Vorl./FGO, BT-Drucks. II/1716. 51 Insoweit auch schon die frühere Regelung; vgl. §§ 107 Abs. 2, 254 Abs. 1 S. 2 AO vom 30. Mai 1931 (RGBl. I, S. 161) in der Fassung vom 6. Mai 1933 (RGBI. I, S. 257). 52 Insoweit auch schon die frühere Regelung; vgl. §§ 107 Abs. 1 und 254 Abs. 1 S. 1 AO a. F. Nach der geplanten Neuregelung soll dem Rechtsuchenden - abweichend von der geltenden Regelung, aber entsprechend dem § 62 Abs. 1 S . 1 FGO und § 240 AO - das Recht, sich vor den Finanzbehörden vertreten zu lassen, unbegrenzt zuerkannt werden; vgl. § 100 Abs. 1 S. 1 EAO 1969 und auch § 79 Abs. 1 S. 1 EAO 1969. 53 Vgl. für das Recht des Rechtsuchenden, sich vertreten lassen zu können bzw. zu müssen: § 62 Abs. 1 der Reg.Vorl./FGO, BT-Drucks. III/127; § 59 Abs. 1, 3 der Reg.Vorl./FGO, BT-Drucks. IV/1446 und IV/3523. Vgl. für das Vertretungsrecht der Berater: § 62 Abs. 2, 3 der Reg.Vorl./FGO, BT-Drucks. III/127; § 59 Abs. 2, 4 der Reg.Vorl./FGO, BT-Drucks. IV/1446 und .IV/3526. (Fortsetzung der Fußnote 53 aufS. 135)
§ 18. Die Steuerberatungstätigkeit
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und zur Grundlage der parlamentarischen Erörterung gemacht. Der Gesetzgeber hat daher das Vertretungsrecht der Berater selbständig behandelt und erörtert und deshalb mit der Übernahme der Regelung des§ 55 Abs. 1 Reg. Vorl./FGO in§ 62 Abs. 1 S. 1 FGO nur die Befugnis des Rechtsuchenden regeln wollen, sich vertreten zu lassen. Das Vertretungsrecht der Berater wird zwar in § 62 Abs. 2 FGO angesprochen. Die Begründung eines Prozeßvertretungsrechts für juristische Personen und sonstige Personenvereinigungen sollte jedoch auch hier nicht erfolgen. Durch den Satz 2 des § 62 Abs. 2 FGO wurde nämlich das Prozeßvertretungsrecht nicht erweitert, sondern lediglich entsprechend der früheren Regelung (§ 254 Abs. 1 S. 2 AO a. F.)54 - die Regelung des§ 107 Abs. 2 S. 2 AO ins Prozeßrecht übernommen. Ein Prozeßvertretungsrecht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder anderer Personenmehrheiten wird auch nicht dadurch begründet, daß die in§ 107 Abs. 3 AO genannten Berufe von der Zurückweisungsmöglichkeit des § 62 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. FGO ausgenommen werden. Die Befreiung dieser Rechtsberater von der im Einzelfall möglichen Beschränkung ihrer Tätigkeit stellt nur eine Ausgestaltung ihres bestehenden Prozeßvertretungsrechts, nicht aber die Begründung einer neuen Prozeßvertretungsbefugnis dar55 • Darüber hinaus sind weder Wirtschaftsprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaften noch sonstige Personenmehrheiten Adressaten des § 62 Abs. 2 S. 1 FGO. Die Zurückweisungsmöglichkeit des § 62 Abs. 2 S. 1 FGO ist ebenso wie die des§ 107 Abs. 2 S. 1 A056 an die subjektive "Fähigkeit" zum mündlichen oder schriftlichen Vortrag gebunden. Diese Fähigkeit kommt nur natürlichen Personen, nicht dagegen juristischen Personen oder sonstigen Personenvereinigungen zu. Auch die in § 62 Abs. 1 S. 1 FGO vorgesehene Ausnahme für die in § 107 Abs. 3 AO genannten Beruf-e betrifft daher weder WirtschaftsprüfungsDie unterschiedlichen Regelungen zwischen den ersten beiden und dem letzten Entwurf erklärt sich vor allem daraus, daß in dem letzten Entwurf ein Vertretungszwang vor dem BFH vorgesehen war. Diese Regelung wurde allerdings von dem Bundestag "zunächst" nicht übernommen, um einer geplanten einheitlichen Regelung der Vertretung vor den obersten Bundesgerichten nicht vorzugreifen; vgl. Bericht des Rechtsausschusses des Bundestages, abgedruckt in BT-Drucks. IV/3523/S. 7 zu § 59; vgl. auch Heßdörfer, Juristen-Jahrbuch 1960, S. 44 (54). 54 Vgl. §§ 254 Abs. 1 S. 2, 107 Abs. 2 AO vom 22. Mai 1931 (RGBI. I, S. 166, 177). 55 Vgl. auch § 157 Abs. 2 ZPO, die dem § 62 Abs. 2 S. 1 FGO in der ZPO entsprechende Vorschrift. Auch diese setzt voraus, daß das Prozeßvertretungsrecht in anderen Vorschriften begründet wird, nämlich in §§ 157 Abs. 1 und 79 ZPO. 56 Vgl. ausführlich oben § 18, 3 b.
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gesellschaften noch sonstige Personenmehrheiten und kann somit auch kein Prozeßvertretungsrecht für sie begründen57 • Die Anerkennung einer Prozeßvertretungsbefugnis für alle gemäß § 107 a AO zur Steuerberatung befugten Personenvereinigungen ist auch solange bedenklich, als sie sowieso nur ausnahmsweise zur Rechtsberatung befugt sind. Grundsätzlich sind juristische Personen von der Rechtsberatung ausgeschlossen (vgl. §§ 3, 10 d. 1. VO zum RBeratG) 58 • Zwischen ihnen und den Rechtsuchenden wird nämlich regelmäßig kein so enges persönliches Vertrauensverhältnis entstehen können wie zwischen einer natürlichen Person und dem Rechtsuchenden. Dies scheitert daran, daß bei ihnen beispielsweise weder die Unabhängigkeit der Rechtsberatung noch der Grundsatz der unbeschränkten persönlichen Haftung noch die Konzentration der Rechtsberatung in einer Hand in vollem Umfang gewährleistet sind. So wäre etwa die Unabhängigkeit der Prozeßvertretung gefährdet, wenn ein Verein als Prozeßvertreter seiner Mitglieder auftreten könnte und das vertretende Vorstandsmitglied im Innenverhältnis Einzelweisungen des gesamten Vorstandes (§ 28 BGB) oder der Mitgliederversammlung (§ 32 BGB) zu befolgen hätte. Auch die grundsätzlich unbeschränkte Haftung des Prozeßvertreters59 könnte bei juristischen Per57 Die hier vertretene Ansicht wird teilweise auch direkt mit dem Hinweis auf § 62 Abs. 2 S. 1, 1. Hs. FGO begründet. Da die Behörden und Personenvereinigungen nicht selber, sondern nur über ihre gesetzlichen Vertreter einen mündlichen Vortrag halten könnten, seien sie "unfähig" i. S. dieser Vorschrift und daher von der Prozeßvertretung ausgeschlossen (so Rüggeberg, NJW 1970, S. 309 (311); und für die entsprechende Vorschrift des § 67 Abs. 2 S. 3 VwGO: Baumbach I Lauterbach, § 79 Anm. 2; Redeker I v. Oertzen, § 67 Rn. 13). Dabei wird jedoch verkannt, daß sich das Zurückweisungsrecht wegen Unfähigkeit weder zur Begründung noch zur Ablehnung eines Prozeßvertretungsrechts eignet. Adressat ist nämlich nicht der Prozeßvertreter selbst, sondern die Person, die die jeweilige Verfahrenshandlung vornimmt. Beide sind nicht immer identisch, z. B. wenn ein Angestellter (Bürovorsteher) des Prozeßvertreters in der mündlichen Verhandlung auftritt. Im Rahmen des § 62 Abs. 1 S. 1 FGO ist dann die "Fähigkeit" des Angestellten und nicht die des Prozeßbevollmächtigten zu überprüfen; vgl. Tipke I Kruse, § 62 FGO Rn. 6; vgl. auch Bühring, DStZ 1961, S. 373 (375). Die hier vertretene Ansicht (Ausschluß von Personenmehrheiten) läßt sich daher nicht direkt mit § 62 Abs. 1 S. 1 FGO oder dem gleichlautenden § 107 Abs. 2 S. 1 AO begründen, sondern nur mit der entsprechenden Anwendung des § 79 ZPO i. V. m. § 155 FGO. 58 Vgl. BGH, NJW 1967, S . 1558 (1560 l. Sp.); BVerwG, NJW 1959, S. 1986 (1987); LG Frankenthal, AnwBl. 1955, S. 220; Jonas, S. 66; Schorn, Rechtsberatung, S . 133; Brangsch, Anm. zu OLG Hamm, NJW 1954, S. 516 (517); ebenso BVerfG 21, S. 227 (232), wenn es die Ausübung der Steuerberatung in der Form einer juristischen Person nur "in besonders begründeten Ausnahmen" zuläßt. 59 Nach § 38 Abs. 1 der Richtlinien der Bundesrechtsanwaltskammer von 1963 ist eine Haftungsbegrenzung nur in "besonderen Ausnahmefällen" möglich; vgl. auch § 16 Abs. 1 der Berufsgrundsätze für Steuerberater von
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sonen und sonstigen Personenmehrheiten infolge der hier möglichen weitreichenden Haftungsbeschränkungen umgangen werden. Die Konzentration der Prozeßvertretung in der Hand einer Person wäre nicht gewährleistet60 , da ein ständiger Wechsel unter den vertretungsberechtigten Personen einer Personenvereinigung nicht auszuschließen wäre. Um diese Schwierigkeiten zu umgehen, ist die Rechtsberatung heute grundsätzlich natürlichen Personen vorbehalten. Für die Prozeßvertretung gilt dies in besonderem Maße. Einmal ist es den beiden Hauptprozeßvertretern, den Rechtsanwälten und Prozeßagenten61 verwehrt, sich zu juristischen Personen und ähnlichen Vereinigungen zusammenzuschließen. Zum anderen läßt der Gesetzgeber die Prozeßvertretung durch die Vertreter von Behörden oder Personenvereinigungen nur ausnahmsweise zu, z. B. für das Arbeitsgerichtsverfahren in § 11 Abs. 1 S. 2-4 ArbGG62 , für das Sozialgerichtsverfahren in §§ 73 Abs. 6 S. 3, 166 Abs. 6 S. 1 SGG63 und für das Verwaltungsgerichtsverfahren in § 36 Abs. 1 S. 2 VwG064 und§ 26 Abs. 8 WPflG65 • Da in der FGO eine entsprechende Ausnahmevorschrift fehlt, bleibt es über § 155 FGO bei dem in§ 79 ZPO enthaltenen allgemeinen Grundsatz, nämlich dem Ausschluß der Behörden, juristischen Personen und sonstigen Personenmehrheiten von der Prozeßvertretung vor den Finanzgerichten56 • Dieser Ausschluß von Personenmehrheiten hat allerdings speziell für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften keine große Bedeutung. Ihr formeller Ausschluß entspricht nämlich heute nicht mehr den tatsächlichen Gegebenheiten. Die den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften erteilte Vollmacht zur Prozeßvertretung wird regelmäßig als Vollmachtserteilung zugunsten ihrer Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer und 1964; ähnlich auch § 18 Abs. 1 der Standesrichtlinien für Steuerbevollmächtigte von 1965. Vgl. zur Auslegung dieses Begriffs OLG Hamburg, NJW 1968, S. 302 (3031304) und weitergehend (Ausschluß generell für leichte Fahrlässigkeit) Boergen, NJW 1969, S. 913 (914). Die Standesrichtlinien sind veröffentlicht bei Nake I Hoch I Mühlhäußer I Haaga, R 100, R 200, R 400. 60 Vgl. hierzu ausführlich Rüggeberg, NJW 1970, S. 309 (3111312). 61 Die Zulassung als Prozeßagent (§ 157 Abs. 3 ZPO) ist insoweit über § 79 ZPO eingeschränkt. 62 Vgl. oben § 10, Fn. 72. 63 Vgl. oben § 10, Fn. 73. 64 Vgl. oben § 10, Fn. 64. ss Vgl. oben § 10, Fn. 50. 66 Im Ergebnis ebenso Becker I Riewald I Koch I Kampe, § 62 FGO Anm. 2 Abs. 1, Anm. 3 Abs. 1 -7; Rüggeberg, NJW 1970, S. 309 (bes. 310); Tipke I Kruse, § 62 FGO, Rn. 2, 4; Ziemer I Birkholz, § 62 FGO, Rn. 15, 21; Hübsch I Heppmann I Spitaler, 48. Lfg., Okt. 1966, § 62 FGO, Rn. 4; a. A. Hübsch I Heppmann I Spitaler, ab 64. Lfg., April 1970, § 62 FGO, Rn. 2, 4; Kühn I Kutter, § 62 FGO, Anm. 1.
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persönlich haftenden Gesellschafter umgedeutet67 , so daß sie - tatsächlich - über diese Personen die ihnen übertragene Prozeßvertretung wahrnehmen können68• De lege ferenda wäre es daher zu begrüßen, wenn diesem Sachverhalt auch formell Rechnung getragen und mit Rücksicht auf die intensive Ausbildung der Wirtschaftsprüfer in Steuersachen ihren Prüfungsgesellschaften ausnahmsweise ein Prozeßvertretungsrecht in Steuerangelegenheiten zuerkannt würde. Einer solchen Neuregelung kommt auch die ohnehin schon für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften bestehende Sonderregelung entgegen. Bei ihnen ist nämlich im ~ergleich zu den sonstigen Personenvereinigungen eine größere Mindest-Haftungsgrundlage gewährleistet, da selbst bei der Gründung in der Form einer GmbH gemäß § 28 Abs. 5 WPO ihr Stammkapital 50 000,- DM betragen und voll eingezahlt sein muß69 • Auch die Konzentration der Prozeßführung ist bei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften eher gegeben. Gemäß § 107 a Abs. 2 Ziff. 3 AO steht nur den dort genannten Personen die Befugnis zu, die Steuerberatung auszuüben. Damit wäre auch die Ausübung der Prozeßvertretungsbefugnis diesem Personenkreis vorbehalten. Da diese Personen gemäß § 44 WPO eigenverantwortlich zu handeln haben, wäre auch die Unabhängigkeit der Prozeßführung weitgehend gewährleistet7°. Soweit dennoch im einzelnen die augenblicklichen Regelungen den Anforderungen für eine Prozeßvertretung nicht voll' gerecht werden (z. B. die Einschränkung der Eigenverantwortlichkeit nach § 44 Abs. 3 WPO und die größere Vgl. oben § 18, Fn. 40 und 41. Im Gegensatz zu dieser Regelung bei den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kann der formelle Ausschluß eines Verbandes oder der Oberfinanzdirektion von der Prozeßvertretung r egelmäßig nicht umgangen werden. So kann die Bevollmächtigung einer Oberfinanzdirektion grundsätzlich nicht in eine Vollmachtserteilung zugunsten des handelnden Beamten umgedeutet werden; so BFH, II. Senat, Beschl. v . 14. Mai 1968, BStBI. II 1968, S. 586 (588). Bei den Verbänden ist zwar eine Umdeutung zugunsten des Verbandsvertreters möglich. Dieser kann jedoch nur dann als Prozeßvertreter tätig werden, wenn ihm "als Privatperson" eine Steuerberatungsbefugnis zusteht. Das ihm nach § 107 a Abs. 2 Ziff. 10 i. V. m. Ziff. 7 AO zuerkannte Steuerberatungsrecht steht ihm nämlich nur in seiner Funktion "als Angestellter" und nicht "als Privatperson" zu; so auch Brangsch, NJW 1955, S. 1823 (1824) ; Schäfer, DVBl. 1961, S. 539 (5401541) ; Redeker I v. Oertzen, § 67 Rn. 13; Koehler, § 67, Anm. VI, 3 a ; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 103; wohl auch Schunck I DeClerck, § 67 Anm. 3 f (S. 126) ; OVG Münster, NJW 1960, S. 595 (596 letzter Abs.); a. A.: W. Huber, NJW 1956, S. 780; Eyermann I Fröhler, § 67, Rn. 29. 69 Vgl. hierzu BVerwG, NJW 1959, S. 1986 (1987), in dem als Haftungsgrundlage ein Kapital von DM 500 000,- für ausreichend angesehen wird. Vgl. auch die persönliche Haftung der Wirtschaftsprüfer bei der Pflichtprüfungstätigkeit gern. § 168 AktG und hierzu Schäuble, S. 167/168. 70 Vgl. (ausführlich) zur Einschränkung des Direktionsrechts Schäuble, 67
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s. 192- 196.
§ 19. Die Wirtschaftsberatungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers
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Distanz und Anonymität zwischen Rechtsuchendem und Berater71), müßten sie bei einer Neuregelung entsprechend geändert werden. § 19. Die Wirtschaftsberatungs-, Treuhand- und sonstigen Tätigkeiten des Wirtschaftsprüfers
Neben der Wirtschaftsprüfung und der Steuerberatung sind als weitere Aufgaben des Wirtschaftsprüfers u. a. die Treuhand- und Sachverständigentätigkeit zu nennen (§ 43 Abs. 4 Ziff. 4, § 2 Abs. 3 WPO). Hierzu zählt auch die Wirtschaftsberatung (§ 43 Abs. 4 Ziff. 1 WPO), die in Zukunft insbesondere als Organisations- und Unternehmensberatung immer größere Bedeutung gewinnen wird. So wird - nach einer Darstellung von Vaterrodt1 - für die in den USA tätigen Wirtschaftsprüfer erwartet, daß sie 1975 mehr als 70 °/o ihrer Honorare aus beratender Tätigkeit erwerben werden2 • Da die WPO lediglich die berufsrechtliche Zulassung zu den genannten Tätigkeitsbereichen erteilt, richten sich Umfang und Grenzen nach den allgemeinen Regelungen, insbesondere denen des Rechtsberatungsgesetzes. Da sowohl den Einzelwirtschaftsprüfern als auch (praktisch) den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Befugnis zur Steuerberatung zusteht, kommt eine Beschränkung der Tätigkeitsbereiche allerdings nur hinsichtlich der "allgemeinen Rechtsberatung" in Betracht. Generelle Grenze ist hier das in Art. 1, § 1 RBeratG festgelegte Rechtsberatungsverbot.
Vgl. Schäuble, S. 216- 219. So Vaterrodt, DB 1968, S. 809 (809); vgl. auch die ähnliche, schon 1956 aufgestellte Prognose von Salin, S. 29 (41/42). 2 Zum Vergleich: Im Jahre 1927 sollen die Treuhandgesellschaften zu etw 20 Ofo mit Beratungsaufgaben und gutachterlicher Tätigkeit beschäftigt gewesen sein; vgl. oben§ 15, Fn. 13. 11
1
Teil III
Die Befugnis des Wirtschaftsprüfers zur "allgemeinen Rechtsberatung" 1. Abschnitt
Der grundsätzliche Ausschluf3 des Wirtschaftsprüfers von der "allgemeinen Rechtsberatung" nach Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG In Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG wird die "allgemeine Rechtsberatung" 1 grundsätzlich jedermann, also auch dem Wirtschaftsprüfer, verboten. Der gesetzliche Verbotstatbestand erfaßt nur die "Besorgung" einer "fremden" Angelegenheit (vgl. unten § 20), und zwar auch nur, soweit es sich um "Rechtsangelegenheiten" handelt (vgl. unten § 21) und die Besorgung "geschäftsmäßig" (vgl. unten § 22) ausgeführt wird. Dem Wirtschaftsprüfer und jedem anderen Berater ist daher eine Tätigkeit untersagt, die diese Voraussetzungen erfüllt, sofern er sich nicht auf eine Ausnahmevorschrift berufen kann (vgl. unten§§ 23 ff.). § 20. Die "Besorgung fremder Angelegenheiten" durch den Wirtschaftsprüfer 1. Die Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers im allgemeinen
In Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG wird mit dem Tatbestandsmerkmal "Besorgung" wie in § 662 BGB eine Tätigkeit bezeichnet, die "an sich der Sorge des (Auftraggebers) obliegen würde, durch die ... (dessen) Interesse gefördert wird" 2 • Diese Tätigkeit im fremden Interesse kann sowohl durch Erteilung eines Rates im Innenverhältnis gegenüber dem Auftraggeber als auch durch Hilfeleistung im Außenverhältnis vorgenommen werden. Erforderlich ist nur, daß die Wahrnehmung des fremden Interesses sich nicht in einer Belehrung allgemeiner Art äußert, wie etwa bei der Darstellung der vom Einzelfall abstrahierten 1 2
Vgl. oben§ 18, 1., b es. § 18, Fn. 6, und§ 7, Fn. 5. So RGZ 97, S. 61 (65/66).
§ 20. Die "Besorgung fremder Angelegenheiten"
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Probleme in einer Fachzeitschrift3• Vielmehr muß die konkrete Angelegenheit eines anderen unmittelbar gefördert werden4 • Diese Voraussetzung trifft auf die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers regelmäßig zu, da er gerade für seinen Mandanten und zur Lösung dessen spezieller Probleme tätig wird5 • Stellt er daher beispielsweise bei einer Behörde für seinen Klienten einen Antrag, berät er diesen über die Auslegung eines Vertragstextes oder formuliert er Gesellschafts- oder Sicherungsübereignungsverträge, so "besorgt" er eine "fremde" Angelegenheit i. S. des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG. Dieser Charakter seiner Tätigkeit ändert sich auch nicht dadurch, daß ihm für seine Beratung ein Vergütungsanspruch oder ein sonstiger Vorteil zusteht bzw. Nachteil erwächst6 • Andernfalls würde nämlich mit jeder beruflichen Besorgungstätigkeit ein "eigenes" Interesse verfolgt, so daß Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG inhaltsleer wäre. 2. Die Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers bei der Durchsetzung ihm formell zustehender Rechte
a) Die Fremdbesorgungstätigkeit bei der Durchsetzung "einziehungshalber" erworbener Rechte Die Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes auf die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers könnte ausgeschlossen sein, wenn er selbst Inhaber des geltend gemachten Rechtes ist. Regelmäßig ist die Wahrnehmung eigener Rechte eine "eigene" Angelegenheit, so daß das RBeratG nicht anzuwenden ist. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG ist jedoch die Durchsetzung "zu Einziehungszwecken" abgetretener Forderungen die 3 Vgl. zur Anwendung des RBeratG auf Zeitschriften: BGH, LM, Nr. 1 zu Art. 1, § 5 RBeratG (Bl. 212 R); BGH, NJW 1956, S. 591; (ausführlich) Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 4 und 5; Schorn, Rechtsberatung, S. 275 ff., bes. 2821283; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 2 b; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 2; vgl. zur weitergehenden Anwendung der §§ 13, 1, 3 UWG gegen Zeitschriften, die zu fingiert en konkreten Rechtsangelegenh eiten Auskunft geben , OLG Hamburg, NJW 1966, S . 841. 4 Vgl. BGH, DB 1970, S . 1221; BGH, NJW 1956, S. 749 (750); BGH, NJW 1956, S. 591 (592); OLG Hamburg, NJW 1966, S . 841; BayrObLG, AnwBl. 1964, S. 143 (1431144); OLG Hamm, NJW 1954, S. 516 (518) mit Anm. v on Brangsch; KG, DJ 1939, S. 57; KG, DJ 1938, S. 384; OLG Celle, DJ 1938, S. 604; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 8, 9; Dalcke I Schäfer, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 1, 1. Abs.; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 2 a und b; Jonas, S. 13; Schorn, Rechtsberatung, S. 92 ; vgl. auch BGH, NJW 1967, S . 1558 (1561). 5 Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG ist auf Wirtschaftsprüfer u . U. nicht anwendbar, wenn sie für nahe Verwandte tätig werden; vgl. oben§ 10, Fn. 42. 6 z. B. durch eine vertragliche Haftung des Beraters; vgl. Jonas, S . 14 (unten), 38.
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III, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
Besorgung einer fremden Angelegenheit. Obwohl der Handelnde formell-rechtlich Inhaber der Forderung ist, verstößt sein Vorgehen aus diesen Forderungen - beispielsweise im Wege des Mahn- 7 oder Vollstreckungsverfahrens8 - gegen das Rechtsberatungsverbot des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG. Diese Regelung erklärt sich daraus, daß bei der Abtretung zu Einziehungszwecken letztlich der Zedent (Rechtsuchender) und nicht der Zessionar (Rechtsberater) das mit der Durchsetzung der Forderung verbundene Risiko trägt. Ein unsachgemäßes Vorgehen des Zessionars geht nämlich zu Lasten des Zedenten, da der Zessionar auf den Zedenten Rückgriff nehmen kann, falls er aus der abgetretenen Forderung nicht befriedigt wurde. Aus diesem Grunde stellt Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG für die Bestimmung, ob eine Angelegenheit fremd ist, nicht auf die formelle Rechtslage ab, sondern auf das mit der Durchsetzung der Forderung verfolgte "wirtschaftliche Interesse" 9 • Entscheidend ist nicht, daß der Beauftragte die Forderung im eigenen Namen geltend macht, sondern daß er- aufgrund der besonderen Ausgestaltung des Innenverhältnisses - im Interesse des Auftraggebers (z. B. Treugebers) tätig wird10• Ausdrücklich bezieht sich Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG zwar nur auf die Einziehung von Forderungen. Aus der beispielhaften Aufzählung in Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG ("insbesondere") kommt jedoch eine allgemeine Wertung des Gesetzgebers zum Ausdruck. Auch die Durchsetzung zu Einziehungszwecken abgetretener Rechte fällt daher unter den Anwendungsbereich des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG.
7 Vgl. Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 2; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3 (S. 10 unter 4 b und c). 8 Vgl. BGH, NJW 1969, S. 2202 (Vollstreckungsbefehl); vgl. ausführlich zu Inkassounternehmen: Schorn, Rechtsberatung, S. 356; OLG Nürnberg, BayJMBl. 1953, S. 272 (273 insoweit nicht in AnwBl. 1954, S. 36), nach dem eine Forderung an ein Inkassounternehmen "regelmäßig" zur Einziehung überwiesen wird. 9 Vgl. BGH, NJW 1961, S. 1113 (1114) = AnwBl. 1961, S. 139 (140) = LM, Nr. 3 zu Art. 1, § 5 RBeratG (BI. 2 R); BGH, NJW 1967, S. 1562 (1563); OLG Stuttgart, AnwBl. 1966, S. 98 = NJW 1966, S. 665; LG Nürnberg-Fürth, AnwBl. 1966, S. 171 (172); LG Freiburg, AnwBl. 1960, S. 250 (251); AG Kelheim, AnwBl. 1965, S. 155; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 10 (S. 16); Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B 111 15, Art. 1, § 1 Anm. 1, 2. Abs.; Erbs I Kohlbaas, R 55, § 1 Anm. 4; Heinken, S. 3; Jonas, S. 14; Schorn, Rechtsberatung, S. 116; insoweit auch Prölss, VersR 1958, S. 69 (71), der allerdings das wirtschaftliche Interesse zu eng definiert; vgl. auch BGH, NJW 1967, S. 1759. 10 Vgl. BGH, NJW 1967, S. 1558 (1560) Ziff. II, 2); Altenhoff! Busch I Kampmann, Rn. 13; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B 111 15, Art. 1, § 1 Anm. 1, 2. Abs.; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 4; vgl. auch BGH, LM, Nr. 3 zu Art. 1, § 5 RBeratG (Bl. 2).
§ 20. Die "Besorgung fremder Angelegenheiten"
143
Der Anwendungsbereich des Rechtsberatungsverbots wird noch über diese beispielhafte Aufzählung hinaus durch § 1 der 5. VO zum RBeratG11 ausgedehnt. Selbst wenn nämlich mit einer zu Einziehungszwecken abgetretenen Forderung ausnahmsweise der Zessionar (Rechtsberater) nicht das Interesse des Zedenten (Rechtsuchender) verfolgt, sondern sein eigenes, bestimmt sich der geschäftsmäßige Erwerb der Forderungen nach Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG. Der Kauf oder sonstige Erwerb 12 dieser Forderungen ist daher grundsätzlich verboten. Im Ergebnis unterliegt also jegliche geschäftsmäßige Inkassotätigkeit des Wirtschaftsprüfers dem allgemeinen Rechtsberatungsverbot, und zwar entweder unmittelbar nach Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG (Einziehung in "fremdem" Interesse) oder über § 1 der 5. VO zum RBeratG (Erwerb zum Zwecke der Einziehung auf "eigene" Rechnung). Sofern keine Ausnahmebestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes eingreifen, ist der Wirtschaftsprüfer weder zur gerichtlichen noch zur außergerichtlichen Einziehung der ihm zu diesem Zwecke abgetretenen Rechte befugt.
b) Die Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers bei der Durchsetzung "erfüllungshalber" oder "an Erfüllungs Statt" erworbener Rechte Obwohl das RBeratG selbst keine ausdrückliche Regelung für die Einziehung einer "erfüllungshalber" abgetretenen Forderung trifft, wird teilweise vertreten, daß auch die Geltendmachung einer solchen Forderung stets13 unter das RBeratG falle. Dies hätte zur Folge, daß jede geschäftsmäßige Einziehung einer erfüllungshalber erworbenen Forderung durch den Wirtschaftsprüfer gegen das Rechtsberatungsverhot verstieße und gemäß § 134 BGB nichtig wäre14, falls der Wirtschaftsprüfer sich nicht auf Ausnahmebestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes berufen kann. 11 § 1 der 5. VO zur Ausführung des Rechtsberatungsgesetzes vom 29. März 1938 (RGBl. I, S. 359, BGBl. 111, 303- 12- 5) ist mit Art. 12 GG vereinbar, da diese subjektive Zulassungsvoraussetzung zum Schutze der Rechtspflege (=überragend wichtiges Gemeinschaftsgut) erforderlich ist; so BVerwG, DVBl. 1960, S. 774 (775); vgl. auch VG Frankfurt, AnwBl. 1965, S. 385 (386). 12 Zur Auslegung des Begriffs "Erwerb" vgl. LG FrankfurtiM., AnwBl. 1967, S. 168 (169); LG FrankfurtiM., BB 1965, S. 1048 (1049); VG FrankfurtiM., AnwBl. 1965, S. 385 (386); Chemnitz, Anm. zu OLG Düsseldorf, AnwBl. 1966, s. 100 (101). 13 So Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 14 (S. 19) ; vgl. auch Chemnitz, Anm. zu OLG Düsseldorf, AnwBl. 1966, S . 100 (101); a. A. Jonas, S . 14; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 4 A. 14 Vgl. BGH, NJW 1967, S. 1759 (1760); Schorn, Rechtsberatung, S. 116; vgl. auch oben § 10, Fn. 19.
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III, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
In dieser Allgemeinheit kann dies wegen der unbilligen Ergebnisse im Einzelfall jedoch nicht gelten. Vielmehr ist auch hier eine "wirtschaftliche Betrachtungsweise" zugrundezulegen. Zwar ist nicht zu verkennen, daß in der Regel der Zessionar der erfüllungshalber abgetretenen Forderung im fremden Interesse, nämlich dem des Zedenten tätig wird, da dieser letztlich das Einziehungsrisiko trägt15• Wird die Forderung nämlich nicht erfüllt, so haftet der Zedent als der eigentliche Schuldner dem Zessionar weiter in Höhe der ausgefallenen Forderung. Ausnahmsweise wird der Zessionar aber dann im eigenen Interesse tätig, wenn der Rückgriffsanspruch gegenüber dem Zedenten tatsächlich nicht durchsetzbar ist, etwa in dem Fall, daß die Forderung gerade wegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Zessionars abgetreten wurde. Bei einer solchen Sachlage ist es gerechtfertigt, im Hinblick auf die Verfolgung eines ausschließlich eigenen Interesses das RBeratG nicht anzuwenden. Ebenso wie bei einer Abtretung erfüllungshalber ist bei einer Abtretung an Erfüllungs Statt nicht allein der formal-juristische Übertragungsakt für die Frage entscheidend, ob eine "fremde" Angelegenheit besorgt wird. Vielmehr ist auch hier der wirtschaftliche Zweck der Abtretung zu berücksichtigen. Bei der Abtretung an Erfüllungs statt liegt - anders als bei der Abtretung erfüllungshalber - das Einziehungsrisiko regelmäßig nicht bei dem Zedenten, sondern bei dem Zessionar, da hier die ursprüngliche Forderung durch die Abtretung erlischt (§ 364 Abs. 1 BGB). Obwohl daher der Zessionar grundsätzlich die Einziehung im eigenen Interesse vornimmt16, kann dennoch im Einzelfall das fremde Interesse im Vordergrund stehen. Das mit der Abtretung verfolgte Interesse verlagert sich beispielsweise, wenn der Zedent der an Erfüllungs statt abgetretenen Forderung die Garantie dafür übernimmt, daß der Zessio15 So für die erfüllungshalber an ein Mietwagenunternehmen oder eine Kfz-Werkstatt abgetretenen Unfall-Schadensersatzansprüche: BGH, NJW 1967, S. 1759 (1759); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 14 (S. 19); Schorn, Rechtsberatung, S. 1151116; Chemnitz, AnwBl. 1966, S. 100 (101); im Ergebnis ebenso: OLG Stuttgart, AnwBl. 1966, S. 98 (98) = NJW 1966, S. 665; OLG Köln, NJW 1967, S. 3991400 L; LG Nürnberg-Fürth, AnwBl. 1966, S. 171 (172); LG Freiburg, AnwBl. 1960, S. 250 (251) und hierzu OLG Karlsruhe, AnwBl. 1963, S. 117 ; a. A. (aber zu eng) OLG Nürnberg, BB 1965, S. 1048. Die Zessionare solcher Forderungen können sich auch nicht auf Art. 1, § 5 Ziff. 1 RBeratG berufen; vgl. VG Frankfurt, AnwBl. 1965, S. 385 (386) und die oben angeführte Rechtsprechung. 16 Insoweit richtig Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 14 (S. 20). Auch bei der Einziehung einer an Erfüllungs statt erworbenen Forderung kann das RBeratG anwendbar sein, allerdings nur unter den verschärften Voraussetzungen der 5. VO zum RBeratG; vgl. BGH, NJW 1969, S. 922 (923) (Abtretung von Schadensersatzansprüchen an eine Kfz-Werkstatt an Erfüllungs statt).
§ 20. Die "Besorgung fremder Angelegenheiten"
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nar aus der abgetretenen Forderung befriedigt wird. Aufgrund dieser Garantie trägt letztendlich der Zedent das Einziehungsrisiko, so daß der Zessionar mit der Einziehung, wirtschaftlich betrachtet, ein "fremdes" Geschäft besorgt. Erwirbt der Wirtschaftsprüfer ein Recht an Erfüllungs statt oder auch erfüllungshalber, so ist für die Anwendung des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG entscheidend, welches Interesse mit der Einziehung verfolgt wird. Auch hier fällt die Abtretung und Einziehung im Fremdinteresse unter das grundsätzliche Rechtsberatungsverbot.
c) Keine Fremdbesorgungstätigkeit bei der Durchsetzung "sicherungshalber" erworbener Rechte Im Gegensatz zur Abtretung an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber handelt der Wirtschaftsprüfer bei der Durchsetzung sicherungshalber erworbener Rechte ausschließlich im eigenen Interesse. Das RBeratG findet daher ausnahmslos keine Anwendung. In einem derartigen Sicherungsverhältnis nimmt der Wirtschaftsprüfer als Treuhänder zwar auch das Interesse des Treugebers wahr, so daß er im Sinne des Auftragsrechts nach h. MP eine "fremde" Angelegenheit besorgt. Im Auftragsrecht kommt es aber nur darauf an, daß der Handelnde überhaupt ein fremdes Interesse wahrnimmt. Ohne Bedeutung ist es dagegen, ob er gleichzeitig auch oder sogar überwiegend18 "eigene" Interessen verfolgt. Im Gegensatz dazu ist es aber für die Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes erforderlich, daß das "fremde" Interesse überwiegt1 9 • Nur in diesem Fall ist nämlich der mit der Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes verbundene Eingriff in die Berufstätigkeit und Handlungsfähigkeit des Einzelnen gerechtfertigt und zum Schutze des Rechtsuchenden erforderlich. Bei der Sicherungsabtretung überwiegt das Sicherungsinteresse des Treuhänders20, 17 Vgl. BGH, NJW 1960, S. 958 (959); Palandt I Thomas, § 662 Anm. 3; Palandt I Heinrichs, § 398 Anm. 6. 18 So BGHZ 40, 28 (30); Palandt I Thomas, § 662 Anm. 3. 19 Vgl. BGHZ 38, 71 (80). Danach besorgen Haftpflichtversicherer, die in Haftpflichtprozessen gegen ihren versicherten Kunden für diesen auftreten, überwiegend "eigene" und nicht "fremde" Rechtsangelegenheiten. In der Begründung ebenso, wenn auch mit anderem Ergebnis: für Rechtsschutzversicherer BGH, LM. Nr. 3 zu § 5 RBeratG (Bl. 2 R) und für Versicherungsmakler BGH, NJW 1967, S. 1562 (1563). 20 Vgl. Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 14 (S. 18); im Ergebnis auch Erbs/Kohlhaas, R 55,§ 1 Anm. 4; BGH, NJW 1967, S. 1759. Ebenso für die Abtretung einer Forderung an eine Bank zur Sicherung eines Kredites, so BGH, NJW 1972, S. 1715 (1715) für das "unechte Factoring". Gewährt die Bank den Kredit dagegen zur Finanzierung einer unzulässigen Rechtsberatung, so ist die Abtretung nach Art. 1 § 1 RBeratG unwirksam, so BGH, NJW 1974, S. 50 (53/54) und NJW 1974, S. 557 (558) für die Finanzierung einer unzulässigen "Unfallhilfe".
10 v. Schwelnltz
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III, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
da er sich primär aus der gesicherten Forderung befriedigt und erst bei deren Nichterfüllung auf die abgetretene Forderung zurückgreift. Anders als bei der Abtretung "zur Einziehung" besorgt der Wirtschaftsprüfer bei der Abtretung "zur Sicherheit" keine "fremde" Angelegenheit i. S. des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG, sondern eine eigene.
d) Keine Fremdbesorgtvngstätigkeit des Wirtschaftsprüfers bei der Durchsetzung ihm als "Mitberechtigtem" zustehender Rechte Ist der Wirtschaftsprüfer nicht Allein-, sondern Mitinhaber eines Rechtes, so verfolgt er mit der Durchsetzung neben seinen eigenen auch fremde Interessen. Im Sinne des Auftragsrechts besorgt er daher ein fremdes Geschäft, wenn er beispielsweise als Miteigentümer gegen einen Störer vorgeht(§§ 1011, 432 BGB). Die Belange der übrigen Miteigentümer werden aber nur wahrgenommen, weil sie "notwendig gleichzeitig" mit der Verfolgung seines eigenen Interesses verbunden sind. Da der Schutzzweck des Rechtsberatungsgesetzes nicht darauf gerichtet ist, die Wahrnehmung eigener Rechte und Interessen zu verhindern, fällt die Tätigkeit des Wirtschaftsprüfers nicht unter das Rechtsberatungsgesetz, wenn er zur Durchsetzung eines Rechtes auftritt, an dem er selbst mitberechtigt oder mitverpflichtet ist21 • § 21. Die Besorgung fremder "Rechtsangelegenheiten"
Die Besorgung fremder Angelegenheiten ist dem Wirtschaftsprüfer nach Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG untersagt, wenn es sich um die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten handelt, er also eine konkrete Rechtsangelegenheit unmittelbar fördert': Hierbei sind die "Wirtschafts"- von den "Rechts"-angelegenheiten abzugrenzen. Nach der überwiegenden Ansicht ist diese Abgrenzung danach vorzunehmen, ob "die rechtliche Erörterung im Vordergrund steht" 2 bzw. der "Schwerpunkt auf wirtschaftlichem Gebiet"S liegt. 21 Altenhoff/ Busch I Kampmann, Rn. 10 (S. 16117); Jonas, S. 14 (unten); Schorn, Rechtsberatung, S. 103; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 1, 2. Abs.; Erbs I Kohlhaas, R 55,§ 1 Anm. 4. 1 Vgl. oben § 20, Fn. 4. 2 So BGH, NJW 1956, S. 591 (592) = LM, Nr. 3 zu § 1 RBeratG (am Ende); vgl. auch BGH, DB 1970, S. 1221; BGHZ 36, S. 321 (322) mit zustimmender Anmerkung von Rietschel, LM, Nr. 9 zu§ 1 RBeratG; BGH, NJW 1956, S. 749 (751); BayrObLG, AnwBl. 1964, S. 143 (144); OLG Dresden, DJ 1939, S. 927; OLG Celle, DJ 1938, S. 604; LG Köln, AnwBl. 1963, S. 118 (119); LG Koblenz, BB 1961, S. 1101; Schorn, Rechtsberatung, S. 1001101; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 3. 3 So KG, DJ 1938, S. 384 und KG, DJ 1938, S. 57; vgl. auch LG Heidelberg, WPg 1965, S. 75 (77 r. Sp.).
§ 21. Die Besorgung fremder "Rechtsangelegenheiten"
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Nach Ansicht von Kampmann4 soll dagegen die wirtschaftliche Seite eines Geschäftes unberücksichtigt bleiben, "auch wenn sie noch so stark im Vordergrund" steht. Es soll lediglich darauf ankommen, ob die Geschäftsbesorgung "für einen anderen Rechtswirkungen auslöst". Eine Fremdbesorgungstätigkeit ohne "Rechtswirkungen" ist aber kaum denkbar. Definiert man "Recht" nämlich als die "durch einen staatlichen Sanktionsapparat geschützte soziale Ordnung" 5 , so kann sich die Fremdbesorgung nur in den Grenzen der durch den staatlichen Sanktionsapparat gesetzten Normen äußern. Insoweit hat sie regelmäßig "Rechtswirkungen" und ist damit "Rechtsbesorgung". Das gilt auch für die reine Wirtschaftsberatung, etwa für die Beratung beim Kauf von Aktien, da auch sie nur innerhalb der speziellen bürgerlichoder bankrechtlichen Vorschriften erfolgt. Eine derartig weitreichende Auslegung6 des Begriffs der "Rechts"angelegenheit geht über den eigentlichen Zweck des Rechtsberatungsgesetzes hinaus. Das RBeratG behält zwar die "Rechtsbesorgung" einigen wenigen Personengruppen, insbesondere den Rechtsanwälten, vor. Durch diesen Vorbehalt soll zum Schutze des Rechtsuchenden eine sachkundige und zuverlässige Beratung sichergestellt werden. Dieser Schutz ist jedoch nur für den Bereich erforderlich und wirksam, in dem die zugelassenen Berater über besondere Kenntnisse verfügen. Nach dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes entfällt daher der Grund für die Anwendung des grundsätzlichen Rechtsberatungsverbots, wenn bei der Fremdbesorgungstätigkeit nicht diese speziellen, sondern andere Kenntnisse im Vordergrund stehen. Die bloße "Rechts"-wirkung einer Fremdbesorgung reicht deshalb zur Abgrenzung der "Rechts"von den "Wirtschafts"-angelegenheiten nicht aus. Vielmehr ist mit der h. M. eine Angelegenheit nur dann als "Rechtsangelegenheit" zu qualifizieren, wenn der Schwerpunkt der Fremdbesorgungstätigkeit auf rechtlichem Gebiet liegt. 4 So Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 9 (S. 15) und LG Köln, AnwBI. 1960, S. 61. Kampmann weicht allerdings mit seinen Beispielen teilweise von seiner eigenen Ansicht ab. Darauf verweist richtig Schorn, Rechtsberatung, S. 100; vgl. auch BVerwG, NJW 1966, S. 796, das aber bei der Subsumption wiederum von "Hilfsgeschäft" und "eigentlicher Aufgabe" spricht (S. 797 I. Sp.). 5 So die hier verkürzt wiedergegebene - Definition von E. E. Hirsch, "Recht ist die auf einen Sanktionsapparat gestützte soziale Ordnung eines zentral organisierten politischen Gebildes", Wörterbuch der Soziologie, Stichwort "Recht". 6 Im Ergebnis gegen diese extreme Auslegung auch BGH, NJW 1956, S. 749 (750). Danach sind "wirtschaftliche Vorgänge noch nicht deswegen Rechtsangelegenheiten, weil sie auch eine rechtliche Seite haben". Ebenso auch Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 1.
10°
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III, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
Bei der Entscheidung, ob bei einer Angelegenheit die rechtliche Seite im Vordergrund steht, ist der mit dem RBeratG beabsichtigte Schutz des Rechtsuchenden zu berücksichtigen. Kann ein Rechtsuchender die Vor- und Nachteile eines Geschäftes nicht ohne weiteres überblicken, weil ihm die Kenntnisse der im RBeratG genannten Berufe, insbesondere der Rechtsanwälte, fehlen, so ist die Angelegenheit eine "Rechtsangelegenheit" i. S. des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG. Dabei kommt es nicht auf das Einsichtvermögen des betroffenen, sondern eines durchs.c hnittlichen Rechtsuchenden an (objektiver Maßstab)1. Andernfalls würde der mit dem RBeratG verfolgte Schutz des Rechtsuchenden nicht erreicht, da der rechtsunkundige Laie häufig der irrigen Meinung ist, eine Rechtsangelegenheit sei einfach und könne ohne fachkundige Beratung geklärt werden. Wegen des Schutzzwecks des Rechtsberatungsgesetzes kommt es für die Beurteilung einer Angelegenheit als "Rechtsangelegenheit" auch nicht auf die subjektive Vorstellung des Beraters an. Allerdings wird die subjektive "Zielrichtung" des Beraters von Dumoulin8 gerade für das entscheidende Kriterium zur Feststellung der Beratung oder Besorgung von Rechtsangelegenheiten gehalten. Diese subjektive Auslegung bietet für den Rechtsuchenden aber keinen ausreichenden Schutz vor unqualifizierter Beratung. Allein die (objektive} Tatsache, daß Rechtsangelegenheiten besorgt werden, führt - bei unqualifizierter Beratung - zu einer Schädigung des Rechtsuchenden. Dabei ist es gleichgültig, ob der Berater selbst mit dem Bewußtsein oder gar der Absicht handelt, Rechtsangelegenheiten zu So BGH, NJW 1967, S. 1558 (1561). Vgl. Dumoulin, NJW 1966, S. 810 (812). Die Ansicht Dumoulins ist jedoch aus folgenden Gründen unzutreffend: a) Die Begriffe "Besorgung" und "Beratung" schließen sich nicht - wie Dumoulin ohne weiteres behauptet (S. 811 Ziff. III) - gegenseitig aus, sondern der Begriff der "Rechtsberatung" hat im RBeratG eine doppelte Bedeutung, und zwar ist "Rechtsberatung i. w. S." Rechtsbesorgung, zu der die "Rechtsberatung i. e. S." nur einen Unterbegriff darstellt (vgl. oben, 1. Abschnitt). b) Selbst wenn es sich um Gegensatzbegriffe handeln sollte, ist nicht erwiesen, weshalb sie sich gerade durch ihre Zweckrichtung unterscheiden sollen. c) Die von Dumoulin für die Begriffe "Besorgung" und "Beratung" getroffene Abgrenzung bringt keine Aufklärung über das hiervon zu unterscheidende Tatbestandsmerkmal der "Rechts"-angelegenheit. d) Dumoulin verkennt (S. 812 Ziff. IV), daß die von ihm zur Abgrenzung der "Rechts"- von den "sonstigen" Angelegenheiten gebrachten Kriterien nicht auch zur Abgrenzung der beiden Arten von "Rechtsangelegenheiten", nämlich der "allgemeinen Rechtsangelegenheiten" (allgemeine Rechtsberatung) und der "Steuerangelegenheiten" (Steuerberatung) dienen können, da sonst dem in unterschiedlichem Maße erforderlichen Schutz des Rechtsuchenden nicht genügend Rechnung getragen wird. 7
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§ 21. Die Besorgung fremder "Rechtsangelegenheiten"
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besorgen oder nicht. Um diese Schädigung des Rechtsuchenden zu verhindern, kommt es für die Feststellung von Rechtsangelegenheiten nicht auf die Willensrichtung des Beraters an. Andernfalls würde der mit dem RBeratG verfolgte Schutz des Rechtsuchenden von der Willensrichtung desjenigen abhängen, vor dessen Tätigwerden der Rechtsuchende gerade geschützt werden soll. Die Willensrichtung des Beraters, zur Besorgung von Rechtsangelegenheiten tätig zu werden, ist nicht schon in Art. 1, § 1 RBeratG, sondern erst im Bußgeldverfahren (Art. 1, § 8 RBeratG) von Bedeutung. Es kommt für die Bestimmung, ob es sich um die Besorgung von Rechtsangelegenheiten handelt, daher allein auf den oben dargelegten objektiven Maßstab an. Mit dieser Auslegung kann zwar keine generelle, jeden Einzelfall umfassende Definition des Begriffs "Rechtsangelegenheit" gegeben werden. Auf dieser Grundlage läßt sich aber der Anwendungsbereich des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG eingrenzen, da drei Fallgruppen gebildet werden können. Die beiden ersten Fallgruppen führen regelmäßig zu einem eindeutigen Ergebnis, nämlich zur Anwendung des Rechtsberatungsgesetzes, während bei der letzten Fallgruppe die Entscheidung nur an Hand des Einzelfalls getroffen werden kann. 1. Die Besorgung von "Prozeßangelegenheiten"
Zur ersten Fallgruppe zählt die Besorgung aller Angelegenheiten, die nur unter Beachtung eines Prozeßgesetzes erledigt werden können (z. B. ZPO, FGG, GBO, FGO). Unter solchen "Prozeßangelegenheiten" ist nicht nur die Vertretung des Rechtsuchenden vor Gericht zu verstehen, sondern auch die Beratung im Innenverhältnis über die Prozeßführung. Die Nachteile, die einer Partei in einem Gerichtsverfahren allein durch Unkenntnis entstehen können (beispielsweise infolge Fristversäumung oder Präklusion), vermag ein durchschnittlicher Rechtsuchender nicht zu überblicken. Wenn er daher Rechtsrat verlangt und ohnehin gewillt ist, die mit einer Mandatserteilung verbundenen Kosten zu übernehmen, liegt es in seinem wohlverstandenen Interesse, diese Beratung nur den dafür ausgebildeten und deshalb qualifizierten Beratern zu überlassen. Zum Schutze des Rechtsuchenden erfaßt das grundsätzliche Rechtsberatungsverbot daher diese "Prozeßangelegenheiten", damit die Mandatserteilung tatsächlich an die vom RBeratG als qualifiziert vorgesehenen Berater erfolgt. Der Antrag eines Wirtschaftsprüfers auf Erlaß eines Zahlungsbefehls9, einer einstweiligen Verfügung10 oder auf Eintragung einer Vor9
Vgl. BGH, NJW 1969, S. 2202; Schorn, Rechtsberatung, S. 106.
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III, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
merkung11 fällt deshalb unter den Anwendungsbereich des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG. Aber auch die bloße Erörterung über die Erfolgsaussichten12 eines Prozesses im Innenverhältnis mit dem Mandanten berührt "prozessuale" Fragen, so daß schon diese Rechtsberatung i. e. S. dem Rechtsberatungsverbot des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG unterliegt. Das gleiche gilt für die Beratung darüber, ob zu einem Rechtsstreit ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden soll oder nicht19 bzw. der Berater die Vertretung vor Gericht selbst übernimmt14• Davon ausgenommen ist die rein detektivische Arbeit15 für einen anderen, bei der der für die Rechtsverfolgung notwendige Sachverhalt zusammengetragen wird16, ohne daß die prozessualen Auswirkungen in Betracht gezogen werden. So besorgen Wirtschaftsprüfer keine fremden "Rechtsangelegenheiten" im Sinne des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG, wenn sie für einen Klienten durch Testkäufe feststellen, ob die in einem Preisbindungsvertrag vorgesehenen Preise unterboten werden17. Auch soweit die Wirtschaftsprüfer aus der Fülle der Angebote der überprüften Unternehmen diejenigen aussondern, in denen Unterpreisverkäufe vorliegen, liegt noch keine "Rechts"-besorgung vor. Der Maßstab, an Hand dessen diese Aussonderung erfolgt, muß nämlich nicht erst durch eine rechtliche Vorprüfung des Preisbindungsvertrages gewonnen werden, sondern ist mit dem - auch für jeden Rechtsunkundigen feststellbaren vereinbarten Preis vorgegeben. Eine unter Art. 1, § 1 RBeratG fallende Tätigkeit beginnt erst mit der rechtlichen Vorprüfung des Preisbindungsvertrages auf seine Wirksamkeit17", mit der Beratung des Klienten über die ihm gegenüber den vertragsbrüchigen Unternehmen zu10 Vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 106; generell für Anträge an das Grundbuchamt Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 1, 2. Abs. 11 Vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 106. 12 So BGH, LM, Nr. 3 zu§ 5 RBeratG (Bl. 1 R); KG, DJ 1939, S. 57. 13 So BGH, NJW 1956, S. 591 (592 a. E.) = LM, Nr. 3 zu § 1 RBeratG; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 1, 3. Abs.; einschränkend ("meist nicht") Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 2 a (a. E.). 14 Vgl. LG Itzehoe, NJW 1963, S. 210 (211) = BB 1962, S . 1301; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 2. 15 Vgl. ausführlich für die Arbeit von Detekteien Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3 (S. 10111), der allerdings ihre Tätigkeit zu sehr einschränkt; Schorn, Rechtsberatung, S. 2331234. t6 Unstreitig; vgl. z. B. BGH, NJW 1961, S. 1113 = LM, Nr. 3 zu§ 5 RBeratG (BI. 1 Rl2); J onas, S. 13; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 3; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 1; KG, DJ 1938, S. 384. 17 Vgl. hierzu BGH, NJW 1967, S. 1558 (1560); LG Frankfurt/M., BB 1968, s. 1265. t 7 a Vgl. BGH, NJW 1967, S. 1558 (1561 1. Sp.); LG Frankfurt/M., BB 1968, S. 1265 (1265 r. Sp.).
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stehenden rechtlichen Möglichkeiten17b oder der Hilfe bei der Durchsetzung der gegen diese Unternehmen beschlossenen Sanktionen17c. Bei der vom grundsätzlichen Rechtsberatungsverbot nicht erfaßten detektivischen Tätigkeit unterliegt der Wirtschaftsprüfer keiner Beschränkung. Er kann daher durch Überprüfung der Buchhaltung oder andere Erkundigungen Tatsachenmaterial zusammentragen18, das der Auftraggeber in einem Prozeß verwenden wi1119• Allerdings darf er dieses Tatsachenmaterial nicht selbständig nach bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten auswählen20 oder es selbst einer rechtlichen Vorprüfung21 dahingehend unterziehen, ob es beispielsweise als Beweis für eine rechtsbegründende Behauptung ausreicht22 • Mit dieser Einschränkung können Wirtschaftsprüfer das Tatsachenmaterial auch durch Einsichtnahme in das Grundbuch oder ein Register23 beschaffen. 2. Die Besorgung von "Behördenangelegenheiten"
Als zweite Fallgruppe ist die Besorgung von "Behördenangelegenheiten" zu nennen, bei denen der Berater entweder den Mandanten im Außenverhältnis gegenüber einer Behörde vertritt oder mit dem Klienten im Innenverhältnis das Vorgehen gegenüber einer Behörde erörtert. Auch hier greift der Schutzgedanke des Rechtsberatungsgesetzes ein. Der einzelne Rechtsuchende steht einem ihm in der betreffenden Angelegenheit überlegenen Beamten gegenüber. Dieser verfügt, wenn nicht schon aufgrund seiner Ausbildung, so doch aufgrund der Erfahrung in Vgl. ausführlich LG FrankfurtiM., BB 1968, S. 1265 (1265). c Vgl. ausführlich BGH, NJW 1967, S. 1558 (156011561, Ziff. 3). 18 So BGH, LM, Nr. 3 zu § 5 RBeratG (BI. 1 R). 19 Vgl. KG, DJ 1938, S. 384; vgl. auch KG, DJ 1939, S. 57, das allerdings fälschlich - schon "die der Beschaffung der Grundlagen für künftige Rechtsverfolgung dienende Tätigkeit" als Rechtsbesorgung ansieht, nicht erst deren Bewertung und Verwertung für einen Prozeß. Aus dem gleichen Grunde ist auch die Formulierung des Bundesverwaltungsgerichts, NJW 1966, S. 686 (687), zu weitgehend, daß schon die "geschäftsmäßige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen" eine Rechtsberatung sei. 20 Vgl. Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 1; vgl. auch den vom BFH, BStBl. II 1971, S. 455 wiedergegebenen Sachverhalt. Dort hatte der Berater (=Steuerpflichtiger) nicht nur rein mechanisch Ablichtungen von einigen angegebenen Seiten aus angegebenen Gerichtsakten angefertigt, sondern das zuständige Gericht selbst festgestellt und die abzulichtenden Seiten selbst ausgewählt (S. 457 a. E.). Deshalb benötigte er richtigerweise - eine Erlaubnis als Rechtsbeistand. 21 Vgl. LG FrankfurtiM., BB 1968, S. 1265; KG, JW 1938, S. 173 (L). 22 Vgl. KG, DJ 1938, S. 384; Schorn, Rechtsberatung, S. 234. 23 A. A. Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 96 (S. 114), wenn er die Einsichtnahme in ein Register erst im Rahmen des Art. 1, § 5 RBeratG prüft. 17b
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III, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
seinem Spezialgebiet, über ein größeres Wissen als der Rechtsuchende. Eine Kontrolle der behördlichen Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit kann der durchschnittliche Rechtsuchende selbst nicht vornehmen. Zu seinem Schutze fällt daher die Besorgung dieser "Behördenangelegenheiten" unter das Rechtsberatungsverbot des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG, so die Formulierung von Anträgen, die bei Behörden eingereicht werden24, z. B. ein Antrag an das Wohnungsamt25 • Dies wird dadurch bestätigt, daß auch neuere gesetzliche Regelungen von der Anwendung des RBeratG auf die Besorgung von "Behördenangelegenheiten" ausgehen. So wird etwa für die Tätigkeit gegenüber dem Patentamt (§ 18 PatA0)26 oder den Lastenausgleichsbehörden (§ 327 Abs. 2 LAG)27 ausdrücklich auf das RBeratG Bezug genommen, ähnlich wie schon immer bei der Steuerberatung (§ 107 Abs. 2, 3 AO). Ebenso wie bei den "Prozeßangelegenheiten" greift das Rechtsberatungsverbot jedoch nicht ein, wenn mit einer Anfrage an die Behörde nur ein Sachverhalt festgestellt werden soll. Bei Erlaß des Rechtsberatungsgesetzes war zwar auch für diese Fälle ein Einschreiten gegen den Rechtsberater vorgesehen, jedoch außerhalb des Rechtsberatungsgesetzes über§ 35 Abs. 3 GewO in der Fassung des Art. III RBeratG28 • Danach konnte die "Besorgung bei Behörden wahrzunehmender Geschäfte", die nicht unter das RBeratG fielen, unter bestimmten Voraussetzungen untersagt werden. Diese subsidiär geltende Vorschrift betraf nur die Anfragen an Behörden, die zur Aufklärung eines Sachverhaltes, beispielsweise zur Sippenforschung29 , gestellt wurden. Mit der Neufassung der GewO im Jahre 1960 entfiel diese Vorschrift, ohne daß gleichzeitig der Anwendungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes erweitert worden ist30• Deshalb darf heute der Wirtschaftsprüfer, wie jeder andere Berater, bei Behörden insoweit Anfragen stellen, als sie lediglich die Aufklärung eines Sachverhalts bezwecken. Anfragen, ob ein Bebauungsplan 24 So BGH, AnwBl. 1954, S. 69; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3 (S. 10 Ziff. 4 c); Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 2. 2s Vgl. BGH, Gold A 1956, S. 350. 26 Vgl. § 186 PatAO vom 7. September 1966 (BGBI. I, S. 557). 27 Vgl. § 327 Abs. 2 LAG i. d. Fassung vom 1. Oktober 1969 (BGBl. I, S. 1909); vgl. auch § 5 des 19. LAGÄndG vom 3. Mai 1967 (BGBL I, S. 509); vgl. oben § 10, Fn. 55 und 56. 28 Vgl. oben § 4, Fn. 12 zum Text des § 35 Abs. 3 GewO. 29 Vgl. Jonas, S. 13; PreußOVG, RVBI. 1937, S . 661. Entgegen Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 179 fällt die Sippenforschung nicht schon dann unter Art. 1, § 1 RBeratG, wenn sie Teil einer Nachlaßregulierung ist. Eine Rechtsberatung liegt erst vor, wenn das mit Hilfe der Sippenforschung gefundene Ergebnis unter rechtlichen Gesichtspunkten bewertet, z. B. der Erbanteil eines Familienmitglieds bestimmt, wird. 30 A. A. '(wohl) Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 179 (letzter Satz).
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oder ein Flächennutzungsplan erlassen oder verändert worden ist, sind daher erlaubt. Empfiehlt der Wirtschaftsprüfer allerdings seinem Mandanten, gegen den Bebauungsplan vorzugehen, so besorgt er entgegen dem grundsätzlichen Verbot des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG eine "Rechts"-angelegenheit. Das gleiche gilt, wenn er einen Antrag auf eine behördliche Erlaubnis selbst formuliert (z. B. auf Genehmigung eines Gaststättenbetriebes) 81 oder den Bescheid einer Behörde nicht nur rechnerisch, sondern auch auf seine Rechtmäßigkeit hin nachprüft (z. B. einen Rentenbescheid)32, 3. Die
Besorgun~
von "Privatangelegenheiten"
Soweit die Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers nicht in die ersten beiden Fallgruppen einzuordnen ist, handelt es sich um die Besorgung von "Privatangelegenheiten". Diesen "Privatangelegenheiten" ist gemeinsam, daß bei ihrer Erledigung die Mitwirkung staatlicher Stellen (Gerichte, Behörden) weder gegeben ist noch (im Innenverhältnis) in die Erörterung einbezogen wird. Sie sind nur dann "Rechtsangelegenheiten", wenn bei ihnen die rechtliche Seite im Vordergrund stehtss. Bei Privatangelegenheiten steht die rechtliche Seite nahezu ausnahmslos im Vordergrund, wenn es um die "Durchsetzung, Sicherung oder Klarstellung von Rechten" geht. Diese "Rechtsverwirklichung"34 ist nämlich nur eine Vorstufe der Besorgung von "Prozeßangelegenheiten", so daß die dort erörterten Gesichtspunkte auch hier gelten. Ausgehend von dem Schutz des Rechtsuchenden ist es gleichgültig, ob der mit der Rechtsberatung befaßte Wirtschaftsprüfer auch die spätere Prozeßführung übernehmen will oder nicht. Nach dem Wortlaut des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG erstreckt sich nämlich das Rechtsberatungsverhot uneingeschränkt auf die "Einziehung fremder Forderungen". Es greift daher nicht nur ein, soweit die Einziehung sich als "Prozeßangelegenheit'' darstellt, sondern auch, soweit sie nur eine "Privatangelegenheit" ist. Die "Einziehung fremder Forderungen" ist in Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG aber nur als Beispiel für die Verwirklichung frem31 So BGH, NJW 1967, S. 1562 (1563, Ziff. c) unter Verweis auf KG, DJ 1939, S. 56, wenn er die Beratung eines Antragstellers für eine Schankerlaubnis unter die Ausnahmevorschrift des Art. 1, § 5 Ziff. 1 RBeratG einordnet. A. A. LG Koblenz, BB 1961, S. 1101. 32 So BVerwG, NJW 1966, S. 796 '(796/797); dagegen verstößt die Rentenberatung durch einen Anwaltsangestellten nicht gegen das RBeratG; vgl. BVerwG, NJW 1966, S. 686 (687). 33 Vgl. oben§ 21, bes. § 21, Fn. 2. 34 Vgl. Jenas, S. 12; vgl. oben 1. Abschnitt, Fn. 2.
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III, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
der Rechte genannt ("insbesondere"). Die Mahnung 35 oder Zahlungsaufforderung36 eines Wirtschaftsprüfers fällt daher unter Art. 1, § 1 RBeratG ebenso wie die von ihm abgefaßte Aufforderung zu vertragsgemäßem Handeln und die Androhung einer Vertragsstrafe37. Hierzu zählt auch die Beratung des Mandanten im Innenverhältnis über die Begründetheit und Durchsetzbarkeit38 eines Anspruchs, z. B. darüber, ob eine solche Vertragsstrafe verhängt werden soll39 . Soll durch eine Fremdbesorgungstätigkeit des Wirtschaftsprüfers kein Recht "verwirklicht" werden, sondern ein neues Rechtsverhältnis geschaffen oder ein vorheriges geändert werden ("Rechtsgestaltung") 40 , so bedarf es der Prüfung im Einzelfall, ob der Schwerpunkt dieser Besorgung auf rechtlichem oder auf wirtschaftlichem Gebiet liegt. Auf wirtschaftlichem Gebiet liegt er regelmäßig bei der Beratung über Finanzierungsmöglichkeiten, über den Wert zu verkaufender Grundstücke41 oder Waren. Auch die Unterstützung bei Auktionen von Rohstoffen42 , die Beratung in Organisationsfragen etwa bei der Aufstellung einer EDV-Anlage oder der Umgliederung von Abteilungen eines Betriebes zählen dazu. Der Schwerpunkt dieser an sich wirtschaftlichen Angelegenheiten verlagert sich jedoch auf die rechtliche Seite, wenn beispielsweise bei der Ausarbeitung von Finanzierungsmöglichkeiten der Wirtschaftsprüfer auch die Darlehens- und Sicherungsverträge formuliert43 • Die organisationsmäßige Umgestaltung eines Betriebes wird zur Gestaltung von Rechtsangelegenheiten, wenn der Wirtschaftsprüfer nicht nur eine andere innerbetriebliche Organisation, sondern eine andere juristische Form vorschlägt und den dafür erforderlichen Gesellschaftsvertrag44 ausarbeitet. Vgl. Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3 (S. 10 unter 4 b). Vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 106. 37 Vgl. BGH, NJW 1967, S. 1558 (156011561), dort als "3. Stufe" angeführt; vgl. auch die detaillierten Angaben im Tatbestand (S. 1559). 88 So KG, JW 1938, S. 384 unter Verweis auf die 4. VO zum RBeratG vom 13. April 1938 (RGBl. I, S. 465). 39 So LG FrankfurtiM., BB 1968, S. 1265 (1265, Antrag a) = AnwBl. 1968, S. 228; vgl. auch BGH, NJW 1967, S. 1558 (1560 "2. Stufe"). Dagegen geht der im LG-Urteil angeführte Antrag b) schon über eine Beratung im Innenverhältnis hinaus. 40 Vgl. Jonas, S. 12; vgl. oben 1. Abschnitt, Fn. 3. 41 Vgl. Schorn, Rechtsberatung, S. 100 und für die "Vermittlung" eines Grundstückskaufvertrages SächsOVG, JW 1939, S. 64. 42 Ebenso Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 9 (S. 15). Mit diesem Ergebnis setzt er sich allerdings in Widerspruch zu seiner Ansicht, daß nur auf die "Rechtswirkung" abzustellen sei. 48 Vgl. BGH, NJW 1963, S. 2027 (2028); OLG Dresden, DJ 1939, S. 927. 44 Vgl. BGH, NJW 1963, S. 2027 (2028). Eine (beschränkte) Befugnis zur 35
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Der Schwerpunkt der Besorgungstätigkeit wird von vornherein auf rechtlichem Gebiet liegen, wenn die Beratung des Wirtschaftsprüfers sich auf die Abfassung eines Testamentes, eines Bauaufsichts-45 , Versicherungs-46 oder Grundstückskaufvorvertrages bezieht. Gleiches gilt für die Formulierung und Auslegung von Einheitsmiet-47 und Pachtverträgen48 oder allgemeinen Geschäftsbedingungen49 einer Firma. In all diesen Fällen bleibt letztendlich aber die Entscheidung, ob es sich um die Besorgung einer Rechtsangelegenheit handelt, der Abwägung im Einzelfall vorbehalten. Ausnahmsweise entfällt nach dem Zweck des Rechtsberatungsgesetzes die Anwendung des Rechtsberatungsverbotes, obwohl die Abwägung ergibt, daß im Mittelpunkt der zu besorgenden Angelegenheit eine Rechtsfrage steht. Dies ist der Fall bei den sog. "Alltagsgeschäften", deren Besorgung sich "in jedermann geläufigen Formen abspielt und daher ihrer Art nach überhaupt nicht mehr als Betätigung auf rechtlichem Gebiet empfunden wird" 50• Zu diesen Angelegenheiten gehören beispielsweise Kaufverträge über Gegenstände des täglichen Lebens. Der durchschnittliche Rechtsuchende kann die Vor- und Nachteile solcher Alltagsgeschäfte selbst überblicken und daher auch einen Dritten, den er mit der Durchführung beauftragt hat, kontrollieren. Die besonderen Sachkenntnisse der im RBeratG genannten Berufe sind dazu keineswegs erforderlich, so daß kein Grund für die Anwendung des Rechtberatungsverbots besteht. Das Rechtsberatungsverbot kommt darüber hinaus bei den Privatangelegenheiten ebenso wi~ bei Prozeß- und Behördenangelegenheiten nicht zur Anwendung, wenn es sich um die bloße Feststellung eines Sachverhalts handelt51 • So kann ein Wirtschaftsprüfer die Vergleichsbereitschaft durch Anfragen bei dem Gläubiger seines Mandanten erforschen52 bzw. sonstige '
Formulierung einzelner Klauseln eines Gesellschaftsvertrages kann sich allerdings aus der Steuerberatungsbefugnis ergeben; vgl. oben § 18, 1, bes. § 18, Fn. 29 und 30. 45 Vgl. hierzu Schorn, Rechtsberatung, S . 101. 48 Vgl. OLG Celle, DJ 1938, S. 604 (605); Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 89 (S. 105). 47 Vgl. KG, JW 1938, S. 885; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3 (S. 10, nach 4 c); Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 3. 48 Vgl. LG Düsseldorf, NJW 1963, S. 1500. 49 Vgl. Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 3 (S. 10, nach 4 c). so So Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 9 (S. 15); vgl. auch LG Köln, AnwBl. 1960, S. 61 (61162); OLG Köln, NJW 1959, S. 306. 51 Vgl. auch oben § 21, Fn. 16- 23 und § 21, Fn. 29- 32 und die dort angeführten Beispiele. 52 Vgl. BGH, LM, Nr. 3 zu § 5 RBeratG (BI. 2).
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!II, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
Erkundigungen etwa über die Höhe der Forderungen einziehen53 . Er kann auch einen Vermögensstatus54 aufstellen und die für die einzelnen Gläubiger zur Verfügung stehenden Quoten errechnen und abführen55 . Er wird jedoch nicht mehr zur Feststellung eines Sachverhaltes tätig, wenn er darüber hinaus die Vergleichsbereitschaft erst ,.herbeizuführen"56 sucht, indem er beispielsweise eine Stundungsvereinbarung57 , eine Ratenzahlung5s, einen Teilerlaß59 oder einen sonstigen Sanierungsplan vorschlägt60, sei es dem Gläubiger oder nur dem Schuldner61 gegenüber. Der Wirtschaftsprüfer geht auch über die bloße Sachverhaltsfeststellung hinaus, wenn er die Begründetheit der Forderung eines Gläubigers nachprüft62, dessen Vergleichsbereitschaft mit seinem Mandanten erörtert63 oder "die erhobenen Ansprüche durch eine Erwiderung zu erschüttern sucht"64 • 53 Vgl. BGH, LM, Nr. 3 zu § 5 RBeratG (Bl. 1 R) und BGH, DB 1970, S. 1221 (. .. "Schulden . . . feststellt"), insoweit nicht abgedruckt in MDR 1970, S. 656 und BB 1970, S. 779. Ist dagegen die Höhe der Forderungen umstritten, so fällt eine Hilfe bei den Verhandlungen über diesen Streitpunkt wieder unter Art. 1, § 1 RBeratG; vgl. LG Itzehoe, NJW 1963, S. 210 (211). 54 So AG Siegen, WPg 1950, S. 523; Kampmann, NJW 1968, S. 137 (140 Ziff. III 1). 55 So BGH, DB 1970, S. 1221. Der rechnerischen (technischen) Tätigkeit entspricht bei der Steuerberatung die ,.rein buchhalterische" Tätigkeit, die nach BGH, NJW 1971, S. 40 (41) auch nicht unter § 107 a AO fällt, soweit sie nicht mit einer Steuerberatung verbunden ist. 56 Vgl. BGH, LM, Nr. 3 zu § 5 RBeratG (Bl. 2); vgl. auch Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 3 (a. E.); LG Hamburg, AnwBl. 1954, S. 52. 57 Vgl. BGH, DB 1970, S. 1221; BGHZ 36, S. 321 (322); OLG Saarbrücken, AnwBl. 1967, S. 29 (30); OLG Köln, AnwBl. 1960, S. 203; OLG Dresden, DJ 1939, S. 927; LG Köln, AnwBl. 1960, S. 61 (62); LG Kiel, l'{JW 1963, S. 2175 (2176); LG Hamburg, AnwBl. 1969, S. 143 (144). Nach BGH, DB 1970, S. 1221 (r. Spalte) fällt hierunter nicht nur die rechtlich wirksame Stundungsvereinbarung, sondern schon der Versuch des Beraters, ein faktisches Stillhalten der Gläubiger zu erwirken, z. B . durch ein Schreiben an den Mandanten, das von diesem an die Gläubiger weitergeleitet wird; vgl. zum Inhalt dieses Schreibens BB 1970, S. 778 und MDR 1970, S. 656; insoweit nicht in DB 1970, S. 1221 enthalten. 58 Vgl. BGH, DB 1970, S. 1221; OLG Köln, AnwBl. 1960, S. 203; OLG Dresden, DJ 1939, S. 927; LG Köln, AnwBl. 1960, S. 61 (62); LG Kiel, NJW 1963, S. 2175 (2176); AG Heidelberg, AnwBl. 1969, S. 64. 59 Vgl. BGHZ 36, S. 321 (322); vgl. auch BGHZ 37, S. 258 (259/260); BGH, BB 1970, S. 778 = MDR 1970, S. 656. 60 Vgl. BGHZ 36, S. 321 (322); vgl. BGHZ 37, S. 258 (259/260); BGH, DB 1970, S. 1221 (1221); vgl. auch die Aufzählung bei Späth, DStR 1966, S. 644 (645 r. Sp.); a. A. Heßdörfer, S. 128- 130, der jedoch verkennt, daß der Berater in den "Vergleichsverhandlungen" u. U. auch rechtsberatend tätig wird (vgl. unten § 21, Fn. 63 und 64). n Vgl. BGH, DB 1970, S. 1221 (1222) = BB 1970, S. 778 (779) = MDR 1970, s. 656 (657). 62 Vgl. BGH, LM, Nr. 3 zu§ 5 RBeratG (BI. 1 R); KG, DJ 1939, S . 57. 63 Vgl. BGH, LM, N. 3 zu § 5 RBeratG (BI. 1 R); a. A. Heßdörfer, S. 128;
§ 22. Die "geschäftsmäßige" Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten 157
Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß die Feststellung von Sachverhalten und die Erledigung von Alltagsgeschäften keine Besorgung von "Rechtsangelegenheiten" i. S. des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG sind. Die Besorgung von "Prozeß"- oder "Behördenangelegenheiten" durch den Wirtschaftsprüfer stellt dagegen generell die Besorgung von Rechtsangelegenheiten dar. Im Gegensatz dazu ist bei den "Privatangelegenheiten" die Anwendung des Rechtsberatungsverbots erst von der Abwägung im Einzelfall abhängig, ob die Besorgung ihren Schwerpunkt auf rechtlichem oder wirtschaftlichem Gebiet hat. Soweit es sich bei diesen Privatangelegenheiten um eine "Rechtsverwirklichung" handelt, wird allerdings regelmäßig die rechtliche Seite im Vordergrund stehen. § 22. Die "geschäftsmäßige" Besorgung
fremder Rechtsangelegenheiten
Das allgemeine Rechtsberatungsverbot des Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG erfaßt nicht jede, sondern nur die "geschäftsmäßige" Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Im Gegensatz hierzu steht die "gelegentliche" Rechtsbesorgung1 • Nach Ansicht von Jonas2 soll die Geschäftsmäßigkeit bei der- objektiv - tatsächlichen Wiederholung der Tätigkeit gegeben sein. Diese Auslegung berücksichtigt jedoch den eigentlichen Zweck des Hechtsberatungsgesetzes nicht genügend. Mit dem RBeratG sollte als Verbesserung zu § 35 GewO a. F. ein Eingreifen gegenüber unausgebildeten Rechtsberatern zu einem möglichst frühen Zeitpunkt ermöglicht werden, um eine weitere Schädigung des Rechtsuchenden zu verhindern3 • Im Hinblick auf diesen Schutzzweck ist die "Geschäftsmäßigkeit" daher schon dann anzunehmen, wenn der Berater bei der ersten Verbotshandlung subjektiv "beabsichtigt, sie (bei sich bietender Gelegenheit) in gleicher Art zu wiederholen und sie dadurch ... zu einem wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen" 4 • Heßdörfer erörtert diese Frage - systematisch nicht korrekt - im Rahmen des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG. 64 Vgl. BGH, LM, Nr. 3 zu § 5 RBeratG (Bl. 2). 1 BayrVGH, VerwRspr. Bd. 14, Nr. 168, S . 619 (620); LG Hamburg, AnwBl. 1956, S. 286; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 15; Schorn, Rechtsberatung, S. 111; PfundtneriNeubertiJonas, II a 17, Art. 1, § 1 Anm. 5; ErbsiKohlhaas, R 55, § 1 Anm. 6. 2 Vgl. Jonas, S. 15; ebenso Pfundtner I Neubert I Jonas, II a 17, Art. 1, § 1 Anm. 4, wenn er nur auf die objektive "Häufigkeit" abstellt; so auch der Leitsatz des OLG Hamm, NJW 1952, S. 315. 3 Vgl. oben § 4, 1 b und § 8, 2.
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III, 1.: Der Ausschluß von der "allgemeinen Rechtsberatung"
Diese subjektive Wiederholungsabsicht ist bei der Rechtsbesorgung durch einen Wirtschaftsprüfer regelmäßig5 gegeben, da er sie im Rahmen seiner Berufstätigkeit6 und gegen Entgelt7 vornimmt. Sucht ein Berater mit einer Tätigkeit nämlich seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, so handelt er in der Absicht, "sie zu einem wiederkehrenden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen". Allerdings kann Art. 1, § 1 RBeratG auch bei unentgeltlicher, aus Gefälligkeit8 vorgenommener oder nebenberuflicher Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten anwendbar sein. In diesen Fällen muß sich die "Geschäftsmäßigkeit" des Handeins jedoch aus besonderen Umständen ergeben. Neben der Wiederholungsabsicht setzt die Geschäftsmäßigkeit voraus, daß die Rechtsbesorgung selbständig9 in eigener Entschließung und Verantwortung und nicht nach den Weisungen eines Arbeitgebers10 vorgenommen wird. Der bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angestellte Wirtschaftsprüfer kann daher persönlich nicht gegen Art. 1, § 1 Abs. 1 RBeratG verstoßen. Seine Rechtsbesorgungstätigkeit wird aber seinem Arbeitgeber zugerechnet11, wie sich aus Art. 1, § 6 RBeratG in Anlehnung an die allgemeinen Regeln der §§ 164 ff. BGB ergibt (vgl. auch § 107 a Abs. 2 Ziff. 10 AO). Die Wirtschaftsprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft handelt aber ihrerseits selbständig und in eigener Verantwortung.
4 So RGSt 72, S. 313 (315) = JW 1938, S. 3226 = DJ 1938, S. 1920; OLG Hamburg, MDR 1951, S. 693 (6931694) mit zust. Anm. von Marquordt (S. 695); KG, JW 1938, S. 585; LG Köln, AnwBl. 1962, S. 118 (119); Altenhoff/ Busch I Kampmann, Rn. 15 (S. 20); Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 6 a; Kampmann, NJW 1968, S. 137 (139); Schorn, Rechtsberatung, S. 108/109; Schorn, NJW 1961, S. 993 (996); Petersen, Anm. zu AG Düren, JW 1938, S. 1844; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Anm. 3; vgl. auch RGSt 61, S. 47 (51- 53). Nach LG Itzehoe, NJW 1963, S. 210 (211) soll die subjektive Wiederholungsabsicht schon vorliegen, wenn der Berater die Rechtsberatung unrichtigerweise für seine Aufgabe hielt. 5 Vgl. zu den sehr weit ausgelegten Ausnahmen LG Flensburg, WPg 1963, S. 244 (245 r. Sp.); AG Heidelberg, WPg 1963, S. 488. 6 Vgl. OVG Münster, NJW 1966, S . 2232 (223212233). 7 Ebenso Schorn, Rechtsberatung, S. 111; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 6a. 8 Vgl. LG Hamburg, AnwBl. 1956, S. 286. 9 Vgl. KG, JW 1938, S. 585; LG Düsseldorf, JR 1952, S. 205; Altenhoff I Busch I Kampmann, Rn. 15; Jonas, S. 15; Schorn, Rechtsberatung, S. 109; Erbs I Kohlhaas, R 55, § 1 Anm. 6 b; Dalcke I Schäfer I Fuhrmann, B III 15, Art. 1, § 1 Anm. 3. Für § 157 Abs. 1 ZPO vgl. LAG Frankfurt, NJW 1969, s. 1791. 10 Vgl. BVerwG, NJW 1966, S. 686 (687). u Vgl. BGHZ 38, S. 71 (75).
2. Abschnitt
Die Befugnis des Wirtschaftsprüfers zur "allgemeinen Rechtsberatung " aufgrund allgemeiner Ausnahmevorschriften Auch wenn die Fremdbesorgung eines Wirtschaftsprüfers ihren Schwerpunkt auf rechtlichem Gebiet hat und somit "Rechtsbesorgung" ist, kann sie ausnahmsweise erlaubt sein. Das Rechtsberatungsgesetz läßt die Rechtsberatung einmal aufgrund "allgemeiner Ausnahmevorschriften" unabhängig vom Beruf des Einzelnen (vgl. unten §§ 23 ff.), zum anderen speziell für den Beruf des Wirtschaftsprüfers aufgrund der Sondervorschrift des Art. 1, § 5 Ziff. 2 RBeratG (vgl. unten §§ 29 ff.) zu. § 23. Die Rechtsberatungsbefugnis des Wirtschaftsprüfers als Gutachter oder Schiedsrichter (Art. 1, § 2 RBeratG)
Nach Art. 1, § 2 RBeratG ist- außer der Betätigung als Schiedsrichter - die Erstattung "wissenschaftlich begründeter Gutachten" von dem grundsätzlichen Rechtsberatungsverbot ausgenommen. Der Regelungsbereich dieser Vorschrift ist allerdings gering. Das RBeratG - und damit auch Art. 1, § 2 RBeratG - erfaßt nämlich ohnehin nicht die Gutachten, in denen nichtjuristische Fragen erörtert1 oder in denen zwar Rechtsfragen behandelt werden, aber als abstraktes Problem, losgelöst von einem konkreten Einzelfall2 • Ohne weiteres erlaubt ist daher die juristische Vortrags- oder schriftstellerische Tätigkeit8. Der Anwendungsbereich des Art. 1, § 2 RBeratG erstreckt sich somit nur auf diejenigen Fälle, in denen geschäftsmäßig für bestimmte Einzelfälle Gutachten über Rechtsfragen erstattet werden. Wenn der Gesetzgeber diese besondere Gutachtertätigkeit grundsätzlich für erlaubnispflichtig erklärt (Art. 1, § 1 RBeratG), so folgt er dem mit dem Vgl. Jonas, S. 22 (Ziff. a a. E.). Vgl. oben § 20, Fn. 3, 4; Altenhoff/ Busch I Kampmann, Rn. 55 (S. 63); Schorn, Rechtsberatung, S. 135. 3 Vgl. Altenhoff/ Busch I Kampmann, Rn. 57; Jonas, S. 24 (Ziff. 3); Schorn, Rechtsberatung, S. 137. 1
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160 111,2.: Rechtsberatungsbefugnis nach Art. 1, §§ 1-5 Ziff. 1 u. 3 RBeratG
RBeratG verfolgten Zweck. Da grundsätzlich jeder als "Gutachter" tätig werden kann, fehlt es bei Gutachtern sowohl an einer generellen Eignungsprüfung wie an einer laufenden berufsständischen oder sonstigen staatlichen Kontrolle der Berufsausübung. Dieser Mangel wird auch nicht durch die gewerberechtliche Untersagungsmöglichkeit des § 35 GewO beseitigt, da diese nur nachträgliche Wirkung hat und nur bei nachgewiesener Unzuverlässigkeit eingreift4 • Wenn Art. 1, § 2 RBeratG trotzdem "wissenschaftlich begründete Gutachten" zuläßt, so handelt es sich um eine eng5 auszulegende Ausnahmeregelung. Wegen besonderer Rechtskenntnisse ("wissenschaftlich") werden einige Personen, wie insbesondere die Hochschullehrer6, von dem Erlaubniszwang des Art. 1, § 1 RBeratG insoweit freigestellt, als sie "begründete Gutachten" erstellen. Die durch Art. 1, § 2 RBeratG zugelassene "Gutachtertätigkeit" hat mit derErteilungeines "Rates" gemeinsam, daß die Sach- und Rechtslage geprüft wird und hieraus Schlußfolgerungen gezogen werden. Bei derErteilungeines Rates wird aber- anders als bei einem Gutachten - nach Prüfung des Für und Wider im wesentlichen nur die Schlußfolgerung mitgeteilt7. Dem Auftraggeber kommt es hier in erster Linie auf das Ergebnis und nicht so sehr auf die Begründung an8 • Dagegen enthält das Guta