Preußisches evangelisches Kirchenrecht: Führer durch das Recht der Landeskirche der neun älteren Provinzen, insbesondere für Geistliche und Selbstverwaltungs-Organe, Verwaltungsbeamte und Juristen [Reprint 2020 ed.] 9783112381786, 9783112381779


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German Pages 596 Year 1899

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Preußisches evangelisches Kirchenrecht: Führer durch das Recht der Landeskirche der neun älteren Provinzen, insbesondere für Geistliche und Selbstverwaltungs-Organe, Verwaltungsbeamte und Juristen [Reprint 2020 ed.]
 9783112381786, 9783112381779

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preußisches evangelisches

Airchenrecht. Führer durch das Recht der Landeskirche der neun älteren Provinzen

insbesondere für

Geistliche «nd Selöstverwalümgs - Krgane, Uerwattungsöeamte «nd Juristen von

Gotzner Sonststortalrath.

Aerli«. I. I. Heines Verlag.

Anhalt. Buchdruckerei Gutenberg, e. G. m. b.H., Dessau.

Vorwort. -Vie Kraft der evangelischen Kirche, so auch ihrer Daseins­ form, welche dies Buch beschäftigt, beruht auf lebendiger Theilnahme

ihrer Glieder. Das Leben der Kirche als einer äußeren Gemein­ schaft von Menschen hat nothwendig seine Ordnung, welche über die Willkür des Einzelnen den Gesammtwillen stellt. Mit dieser Ordnung, d, i. dem Rechte der Kirche, darf nicht unbekannt sein, wer an ihrem Leben gestaltend theilnehmen will; und solche Theil­ nahme läßt das Bedürfniß nach Kenntniß wachsen. Das Recht der Kirche ist kein einfaches. Von verschieden­

artigen Schöpfern, im Wechsel der Zeiten und unter entgegen­ gesetzten Grundanschauungen erzeugt, stellt es sich in einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen dar, deren Erfassung als einheit­ liches Ganze ohne fachkundige Leitung schwierig ist. Andererseits erscheint für die praktische Verwerthung der Einblick in die Rechts­ quellen selbst wünschenSwerth.

Daher will dies Buche solche — doch gesichtet — im Wortlaut bringen, sie planmäßig ordnen, in ihren Einzelheiten erläutern und schließlich verbinden und ergänzen durch eine fortlaufende Uebersicht, die auf geschichtlicher Grundlage den inneren Zusammenhang wahrt. Auf diese Weise wird eine verständnißvolle Betrachtung des Ganzen möglich, wie es anderer­

seits leicht ist, sich über Einzelfragen schnell zu unterrichten. So soll das Buch, wie sein Titel sagt, ein Führer sein durch das Recht der preußischen evangelischen Landeskirche. Möge es sich zur Erschließung desselben Manchem dienlich erweisen und somit

in dem angedeuteten Sinne zur Förderung der Kirche ein Scherflein

beitragen. Kiel, Weihnachten 1898.

Ooßnev.

Irchattsverzeichniß. Erstes Buch: Die Kirche. Uebersicht. 1. Die Kirche überhaupt........................................................................... 2. Die Preuß, ev. Landeskirche................................................................. 3. Deren Union............................................................................................. 4. Verhältniß zum Staat............................................................................. 5. Kirchenzugehörigkeit.................................................................................. 6. Kirchenrecht...................................................................................................

1 2 2 3 11 12

Gesetze und Verordnungen. Kirche u. Staat. Kirchenmitgliedschaft. Preuß. Verfassungs-Urümde v. 31 Jan. 1850 .................................. 15 Verordnung betr. Versammlungs- u. Vereinigungsrecht v. 11 März 1850 .................................................................................................................. 17 Allg. Landr. Th. II Tit. 11 §§ 17-45 (II, 2 §§ 74-84) ... 19 Gesetz betr. den Austritt aus der Kirche v. 14 Mai 1873 .... 24 B. Verhalten gegen andere Religionsgesellschasten. Erlaß betr. die gemischten Ehen v. 11 April 1883 ............................ 27 Erlasse betr. Dissidenten v. 10 Juni 1851 u. 21 Febr. 1860... 31 Erlaß betr. sektirische u. separatistische Bewegungen v. 15 Dez. 1884 . 33 C. Union. A. K. O. v. 27 Sept. 1817, 30 April 1830, 28 Febr. 1834, 6 März 1852, 12 Juli u. 11 Okt. 1853 .............................................................. 36

A.

Zweites Buch: Die Berfassung. Uebersicht. 1. Geschichte u. Wesen der Verfassung...................................................... 2. Der König................................................................................................... 3. Die Behörden............................................................................................. 4. Die Verwaltungseintheilung................................................................. 5. Die Selbstverwaltung............................................................................. 6. Das Patronat..............................................................................................

40 45 47 56 59 64

Gesetze und Verordnungen.

A. Die neueren Verfassungsgesetze. Kirchengemeinde- u. Synodalordnung v. 10 Sept. 1873................. A. E. betr. die Stolbergschen KreiSjynoden v. 30 Dez. 1874 ... Kirchengesetz betr. die Berliner Stadtsynode u. die Parochialverbände v. 17 Mai 1895 ........................................................................................... Kirchenordnung für Westfalen u. die Rheinprovinz v. 5 März 1835

68 116

118 126

JnhaltSverzeichmb.

V Seite

Airchenges. v. 8 Juni u. Staatsges. v. 28 Juli 1891 betr. Form der schristl. Willensertlärungen.............................................................................. 131 Kirchenges. betr. vermögensrechtl. Vertretung der Kreis- u. ProvinziaLsynodalverbände v. 16 Juni 1895 ..................................................... 162 — nebst König!. Verordnung v. 3 Aug. 1895 ......................................... 163 Generalsynodal-Ordnung v. 20 Jan. 1876 .............................................. 163 Staatsgesetz betr. Kirchengem.- u. Syn.-Ord. v. 25 Mai 1874 . . 176 Staatsgesep betr. die ev. Kirchenverfassung v. 3 Juni 1876 ... 177 Staatsgesetz betr. Abänderung und Ergänzung vorgen. beider Ges. v. 28 Mai 1894 .............................................................................................. 186 Staatsgesetz betr. Berliner Stadtsynode und Parochialverbände vom 18 Mai 1895 .............................................................................................. 187 Staatsgesetz betr. vermögensrechtl. Vertretung der Kreis- u. Prov.Syn.-Berbände v. 18 Juni 1895 ..................................................... 188 König!. Verordnung v. 9 Sept. 1876 .......................................................... 189 — v. 5 Sept. 1877 ....................................................................................... 190 — v. 20 Okt. 1896 ....................................................................................... 191 Bk Die älteren Behördenbestimmungen. Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Prov.-Behörden vom 30 Apr. 1815...................................................................... 193 Dienstinstrustion für die Prov.-Konsistorien v. 23 Okt. 1817 . . . 193 Ressort-Reglement der Prov.-Behörden v. 1 Ott. 1847 ..... 194 Ressort-Reglement für die ev. Kirchenverwaltung v. 29 Juni 1850 . 199 Instruktion für die Generalsuperintendenten v. 14 Mai 1829 . . . 202 Allg. Landr. Th. II Tit. 11 §§ 150—155 (Superintendenten) . . 207 CL Parochie u. Patronat. Allg. Landr. Th. H Tit. 11 §§ 108—111 u. 237—317 (Parochie). 208 — §§ 568—617 (Patronat).................................................................................. 219 — Verordnung v. 30 Aug. 1816....................................................................... 221

Drittes Buch: Die Kirchendiener. Ulebersicht. 1. Die Geistlichen................................................................................................... 227 2. Ihre Anstellung.................................................................................................. 228 3. Ihre Rechte und Pflichten................................................................................... 234 4. Die weltlichen Kirchendiener...........................................................................245 Gesetze und Verordnungen.

Ak. Geistliche. Allg. Landr. Th. II Tit. 11 §§ 58—106 (Rechtsstellung der Geistlichen) 251 — §§ 318—527 (Anstellung^ Urlaub, Vertretung).................................... 256 Kirchengesetz betr. Anstellungsfähigkeit u. Vorbildung der Geistlichm v. 15 Aug. 1898......................................................... 265 Kirchengeietz betr. Pfarrwahlrecht v. 15 März 1886 ............................. 273 Kirchengesetz betr. Pfarrwahlrecht v. 28 März 1892 ...... 277 Staatsgesetz betr. Vorbildung u. Anstellung der Geistlichen v. 11 Mai 1873 ................................................................................................................ 278 Staatsgesetz betr. kirchl. Disziplinargewalt v. 12 Mai 1873 . . . 282 Kirchengesetz betr. Dienswergehen der Kirchenbeamten und unfreiwillige Versetzung in den Ruhestand v. 16 Juli 1886 ................................... 283 Kirchengesetz betr. Dienstatter der Geistlichen v. 17 April 1886 . . 302 Kirchengesetz betr. Diensteinkommen der Geistlichen v. 2 Juli 1898 . 304 — Satzungen betr. die Alterszulagekasse........................................................... 311

VI

Inhaltsverzeichnis Selte

Staatsgesetz betr. Diensteinkommen der evangel. Pfarrer v. 2 Juli 1898 317 Kirchengefep betr. Ruhegehalt der Geistlichen v. 26 Jan. 1880 . . 320 StaatSgefetz betr. Ruhegehalt der Geistlichen v. 15 Mürz 1880 . . 330 Kirchengesetz betr. Sterbe- u. Gnadenzeit bei Psarrstellen v. 18 Juli 1892 .................................................................................................................. 331 Staatsgesetz betr. Sterbe- u. Gnadenzeit bei Pfarrstellen v. 8 März 1893 ............................................................................................................. 334 Kirchengesetz betr. Fürsorge für Wittwen u. Waisen der Geistlichen v. 15 Juli 1889 ................................................................................................ 334 Staatsgesetz betr. Fürsorge für Wittwen u. Waisen der Geistlichen v. 15 Juli 1889 ................................................................................................. 345 Kirchengesetz betr. Verwaltung des Psarr-Wittwen- u. Waisenfonds v. 31 März 1895 .............................................................................. 347 Staatsgesetz betr. Verwaltung des Pfarr-Wittwen- u. Waisenfonds v. 31 März 1895 .............................................................................. 351 Kirchengesetz betr. Hülfsgeistlichenfonds v. 18 Febr. 1895 .... 352 Kirchengesep betr. landestirchlichenHülfsfonds v. 16 Aug. 1898 . . 353 B. Weltliche Kirchendiener. Allg. Landr. Th. II Tit. 11 §§ 550—567 .............................................. 354 Kirchengesetz betr. Ruhegehalt u. Hinterbliebenensürsorge d. Organisten Kantoren u. Küster........................................................................................ 355 Staatsgesetz betr. Diensteintommen d. Lehrer an öffentl. Volksschulen v. 3 März 1897 ...................................................................................... 364 Erlaß betr. niedere Küsterdienste v. 27 April 1894 ............................. 370

BiertrS Buch: Das kirchliche Leben. Uebersicht. 1. Allgemeines..................................................................................................... 372 2. Gemeindegottesdienst.......................................................................................... 375 3. Besondere gottesdienstliche Handlungen...................................................380 a) Taufe '...........................................................................................................380 b) Konfirmation................................................................................................ 381 c) Trauung..................................................................................................... 383 d) Begräbniß......................................................................................................386 e) Kirchenbücher............................................................................................... 389 f) Stolgebühren............................................................................................... 390 4. Seelsorge........................................................................................................... 391 5. Kirchenzucht......................................................................................................394 6. Militärseelsorge................................................................................................396 7. Verhältniß zur Schule..................................................................................... 397 Gesetze und Verordnungen.

Allg. Landr. Th. II. Tit. 11. §§ 418—505 .............................................. 401 Bürgert. Gesetzbuch: Buch IV, Abschn. 1 (bürgerl. Ehe).............................. 407 Reichsgesetz betr. Beurkundung des Personenstandes u. Eheschließung v. 6 Febr. 1875 .................................................................................................... 416 Kirchengesetz betr. Trauungsordnung v. 27 Juli 1880 ............................. 426 Kirchengesetz betr. Verletzung kirchl. Pflichten in Bezug aus Tause, Kon­ firmation u. Trauung v. 30 Juli 1880 .................................................... 431 Instruktion zu Vorst. Ges. v. 23 Aug. 1880.................................................... 434 Staatsgesetz betr. Grenzen des Rechts zum Gebrauche kirchl. Straf- u. Zuchtmittel v. 13 Mai 1873 .......................................................................... 440 Kirchengesetz betr. Aushebung von Stolgebühren v. 28 Jttli 1892 . . 441

Jnhaltsverzeichnitz.

Staatsgesetz betr. Aufhebung von Stolgebühren v. 3 Sept. 1892. Kirchengesetz betr. Einführung der erneuerten Agende v. 13 Juni Kirchengesetz betr. liturgischen Gebrauch der Perikopen v. 17 Juni

VII

. . 1895 1898

Seite 444 445 446

Schule.

Allg. Landr. Th. n, Tit. 12 (einzelne §§)..............................................................447 Staatsgesetz betr. Beaufsichtigung des Unterrichts- u. Erziehungswesens v. 11 März 1872 ................................................................................................ 448 Erlaß betr. Ertheilung, Leitung u. Aufsicht des Religionsunterrichts v. 18 Febr. 1876 ...................................................................................................... 448

Fünftes Buch: Das kirchliche Vermögen. Uebersicht. 1. Rechtspersönlichkeit.................................................................................................452 2. Vermögensgegenstände.......................................................................................... 453 3. Kirchliche Abgaben................................................................................................ 455 4. Aussicht........................................................................................................................ 463 Gesetze u. Verordnungen.

Allg. Landr. Th. II, Tit. 11, §§ 160—236 ...................................................... 465 — — — —§§ 618—938 ...................................................... 470 — Th. II, Tit. 12, §§ 37 f., Verord. v. 2 Mai 1811 u. 21 Juli 1846 482 Gesetz betr. Ablösung von Reallasten v. 27 Apr. 1872 ............................... 489 Gesetz betr. Verlheilung der öffmtl. Lasten v. 25 Aug. 1876.... 493 K. O. betr. Einziehung der Kirchen- u. Pfarrabgaben v. 19 Juni 1836 494 Gesetz betr. Erweiterung des Rechtsweges v. 24 Mai 1861 .... 495 Verordnung betr. Verwaltungszwangsverfahren v. 7 Sept. 1879. . . 497 Anweisung betr. Ausführung der kirchlichen Gemeindeumlagebeschlüsse v. 499 15 Jan. 1881............................................................................................................ Verordnung betr. Festsetzung u. Ersatz von Defekten v. 24 Jan. 1844 . 502 Gesetz betr. Genehmigung zu Schenkung und letztw. Zuwendung v. 23 Febr. 1870 ....................................................................................................... 505 Kirchengesetz betr. kirchliche Aussicht über Vermögensverwaltung der Kirchengemeinden vom 18 Juli 1892 nebst König!. Verord. vom 8 März 1893 ........................................................................................................ 506 Staatsgesetz betr. kirchliche Aufsicht über Vermögensverwaltung der Kirchen­ gemeinden v. 8 März 1893 .......................................................................... 509 Kirchliche Vermögensverwaltungsordnung für die östl.Prov. v. 17 Juni 1893 510

Abkürzungen. A. = Anmerkung. a. a. O. — am angeführten Orte. a. E. — am Ende. A. E. = Allerhöchster Erlaß. A. H. = Aktenstücke aus der Ver­ waltung des Ev. Ober-Kirchenraths, Heft. Aktenst. =- Tlktenstücke aus der Ver­ waltung der ev. Abtheilung des Kultusministeriums.

A. K. O. (auch A. O. od. K. O.) = Allerh. Kabinetsordre. A. L. R. — Preuß. Allgemeines Land­ recht. B. — Band. Begr. — Begründung (des betreffenden Gesetzes). B. G. Bl. — Bundesgesetzblatt. Centr. = Centralblatt der Unterrichts­ verwaltung.

vin

Abkürzungen.

C. P. O. — Reichscivilprozeßordnung. d. G. — dieses Gesetzes. d. T. = des Titels 11 THU A. L. R. d. B. — dieser Verordnung. E. O. = Erlaß des Ev. Oberkirchenraths. E. O. K. = Evangelischer Oberlirchenrath. Erl. = Erlaß. G. (ob. Ges.) — Gesetz. G. A. — Goltdammer Archiv für preußisches Strafrecht. Gen. Syn. Verh. — GeneralsynodalVerhandlungen. G» K. R. = Gemeinde-Kirchenrath. G. S. = Preuß. Gesetzsammlung. G. S. O. — Generalsynodalordnung. I. M. — Justizminister, Erlaß des­ selben. I. M. Bl. = Justizministerialblatt. Jnstr. = Jnstmktion. Kam. G.—Kammergericht, Entscheidung desselben. Kam. E. — Jahrbuch für Entschei­ dungen des Kamnrergerichts von Johow u. Küntzel. K. G. — Kirchenäesetz. K. G. Bl. (auch K. G. u. V. Bl.) = Kirchliches Gesetz- u. Berordnungsbl. K. G. O. = Kirchengemeinde- und Synodalordnung v. 1873. Kirch. O. — Rhein.-Wests. Kirchen­ ordnung. Komp. G. — Gerichtshof zur Ent­ scheidung der KompetenLkonflikte. Kons. — Konsistorium, Erlaß desselben. K. u. K. = Kunze u. Kautz, Rechts­ grundsätze des Oberverwaltungs­ gerichts. Mil. Kirch. O. — Militärkirchenordnung.

Min. — Ministerialblatt für die gesammte innere Benvaltung. Min. d. F. — Finanzminister, Erlaß desselben. Min. d. g. A. = Minister der geistl. Angelegenheiten, Erl. desselben. Min. d. I. — Minister des Innern, Erl. desselben. Ob. Tr. — Obertribunal u. die Ent­ scheidungen desselben. O. B. G. = Oberverwaltungsgericht u. die Entscheidungen desselben. Pr. B. Bl. — Preußisches VerwaltungSblatt. Regl. — Reglement. R. G. = Reichsgericht und die Ent­ scheidungen desselben in Civilsachen. R. G. Bl. — Reichsgesetzblatt. s. — siehe. S. = Seite (dieses Buches, wenn kein and eres Werkvorgenannt). St. G. — Staatsgesetz. St. G. B. = Reichsstrafgesetzbuch. St. M. Beschl. — Staatsministerialbeschlutz. Stölzel = Rechtsprechung des Gerichts­ hofs zur Entscheidung der Kompetenz­ konflikte V. Stölzel. St. P. O. = Reichsstrafprozeßordnung. Str.A. — Striethorst Archiv fürRechtSfälle des ObeNribunals. V. = Verordnung. V. A. G. = Kirchl. BermögensaussichtSgesetz v. 18 Juli 1892. Verf. 11. — Preußische VersassungSurkunde. v. K. — von Kamptz Annalen der Preuß, innern Staatsverwaltung. B. O. = Vermögensvenvaltungsordnung f. d. östl. Prov.

Erstes Buch: Die Kirche. HlebevficHL. 1. Im weitesten Sinne begreift man unter Kirche die Gemeinschaft der Bekenner Christi. Ihre Einheit aber, auf welche Ursprung und erste Entwickelung Hinweisen, ist im Laufe bejc Zeit auf dem Gebiete der Lehre wie der Ordnung geschwunden. Nach Spaltung in die morgenlLndische und abendländische (griechisch- und römisch-katholische) Kirche ist innerhalb der letzteren durch die Reformation des 16. Jahrhunderts die evangelische Kirche entstanden und die geschichlliche Entwickelung hat eS gefügt, daß auch sie wiederum in getrennten Zweigen, der lutherischen und der reformirten Konfession, erwachsm mußte. So giebt eS mehrere Bekeuutuißkircheu. Nach ihrem Lehrbegriff ist die evangelische Kirche die Versammlung der Glälchigen, in welcher daS Evangelium rein gelehrt und die heiligen Sakramente laut deS Evangelii gereicht werden. Als reine Glaubens­ gemeinschaft ist sie eine unsichtbare Kirche; sofern sie durch Bethätigung nach Außm zur Erscheinung kommt, auch eine sichtbare. Rechtlich verfaßt ist nur die sichtbare Kirche. Wie aber die evangelische Rtchttkirche keine universale Gestaltung gewonnen hat, so auch auf deutschem Boden insonder­ heit keine nationale. AlS durch die Reformation die bisherige Ver­ bindung der Evangelifchm mit der römisch-katholischen Kirche gelöst wmde, war daS aste deutsche Reich als Staat schon im Zerfall begriffen. Seine Surften wußten der Reichsgewalt gegenüber ihre Landeshoheit durchzu­ setzen und übernahmen auch die durch die Reformation bü>iugte Neu­ organisation deS Kirchenwesens in ihren Ländern unter engem An­ schluß an die politische Verfaflung. So entstand der Biecheit der Territorien entsprechend eine Vielheit deutscher Landeskirchen*). Sie sind vornehmlich die rechllichen ErscheinungSsormen der Bekenntnißkirche. Aber wie diese Staatsgrenzen nicht kennt, so ist Im Besonderen unter ben deutschen Kirchen daS GemeinschasiSbewußtsein von je auf mannigfache Weise gepflegt worben. Seit Mitte bieseS Jahrhunderts besteht namentlich auch ein amtlicher Zusammenhang durch die alle *) Ueber Entwicklung und Sebeutuxg des Verhältnisse- von Staat und Kirche vortteffltch Kahl, Lehrsystem deS KirchenrechtS und der Kirchenpolitik. Boßner, Stichairecht.

1

2

Buch I: Uebersicht.

zwei Jahre zusammenkommende Eisenacher Konferenz der deutschen evangelischen Kirchenregierungen seinschl. der ev. Kirche Oestr.-Ung.), welche auf Grundlage des Bekenntnisses — unbeschadet der Selb­ ständigkeit jeder Kirche — die einheitliche Entwickelung der Landes­ kirchenordnungen durch freien Austausch über wichtigere Fragen des kirchlichen Lebens fördern ioU1). In Preußen ist auch die synodale Vertretung der Landeskirche durch Gesetz auf die Weiterentwickelung des Gemeinschaftsbaudes hingewiesen-). 2. Unter den deutschen evangelischm Landeskirchen nimmt die be­ deutsamste Stellung die Preußische ein. Genauer muß man eine Gruppe von Kirchen bezeichnen, die im Gebiete deS preußischen Staates seinen politischen Schicksalen zufolge bestehen. Neben a) der evang. Landeskirche im engeren Sinne, welche die neun älteren Provinzen Ost- und Westprenßen, Brandenburg, Pommern, Posen, Schlesien, Sachsen, Westfalen und Rheinland umfaßt, übrigens aber den letzteren beiden wiederum eine gewisse Sonderstellung läßt, giebt es b) die cv.-luth. Kirche und die ev.-ref. Kirche der Provinz Hannover, c) die cv.-luth. Kirche der Provinz Schleswig-Holstein seiuschließlich des Herzogthums Laxenburg imb der Insel Helgoland), d) die evang. Kirchen des Konsistorialbezirks Kassel und des Kons.-Bez. Wiesbaden; und die luth. u. res. Kirche von Frankfurt a. M. Alle diese Kirchen sind geeint in dem über sie geübten Kirchenregimente des Königs, sonst aber als selbständige korporative Genossen­ schaften verfaßt. (Einige gemeinsame Einrichtungen, welche die neueste Zeit inS Leben gerufen, weist Buch Hl Uebers. 3 B u. D auf.

3. Die preußische evangelische Landeskirche i. e. S. (Altpreußische) erhält ihr besonderes Gepräge durch die Union, in der sie die lutherische und ref. Konfession zu einer Kirchengemeinschaft vereinigt. Die auf eine solche Vereinbarung abzielende Bewegung wurde schon eingeleitet, als in Kurbrandenburg Kurfürst Johann SiegiSmund int Jahre 1613 zum «form. Bekenntniß übertrat. Wie er einerseits die hergebrachten Rechte der Lutherischen erhielt, so gewährte er andererseits auch den Reformirten offene fttie Religionsübung; den Gegmsatz beider suchte er durch das Gebot der Toleranzübung zu dämpfen. Auch seine Nachfolger, unter denen sich durch Aufnahme der vertriebenen französischen Reformirten und Erwerb neuer Landestheile die Zahl der reformirten Unterthanen und die Bedeutung ihres KirchenwefenS im Lande wesentlich hob, bethätigten mehr­ fach ihren UnionSgeist, doch ohne durchschlagende Erfolge. Ueber daS Maß bloßer gegenseitiger Duldung aber ging es schon hinaus, alS zu Ende deS vorigen JahrhunderS das allgemeine Landrecht für die preu*) Veröffentlichungen der Konferenz erfolgen im Allgemeinen Kirchenblatt für das evangelische Deutschland, das in Stuttgart erscheint. *) § 19 G. S. O. (in Buch !!)•

Hischen Staaten**) eine Cultusgemeinschaft für den Fall des einzelnen Be­ dürfnisses anordnete. DaS eigentliche Werk der Union jedoch war Friedrich Wilhelm in. Vorbehalten. Der überzeugungsvolle Eifer, mit welchem er unter Theilnahme hervorragender Theologen wie Schleiermacher die Auf­ gabe erfaßte, begegnete günstigen Zeitverhältnissen in Wissenschaft und Leben der Kirche. Die dritte Jahrhundert-Feier der Reformation regte an zu einer bedeutsamen religiösen That. So erging unter dem 27.September 1817 die grundlegende Unionsurkunde, derAufmf des Königs zu einer »in der Einigung der Herzen gegründeten religiöse» Vereinigung der beiden protestantischen Kirchen in eine neu belebte evangel. christliche Kirche int Geiste ihres heiligen Stifters". Weitere Verordnungen der 30 und 50 er Jahre wahren der Union gegenüber, die einen Confessionswechsel nicht enthalten soll, das Bekenntniß, betonen aber auch wieder die Einheit der ev. Landeskirche (S. 36 ff). Ihrem Wesen nach bedeutet die Union eine Glaubensgemeinschaft in dem Sinne, daß sie das Uebereinstimmende der beiderseitigen Bekenntnisse als daS Wesentliche deS christlichen Glaubens erklärt. Die Unterscheidungs­ lehren, welche unangetastet bleiben, hindern ferner nicht die vollständige Gemeinschaft des Gottesdienstes, der Sakramente und der kirchlichen Gemeinderechte, noch die Berfaffungsgemeinschaft, die in dem gemeinsamen Regiment des Königs und seiner konststorialen Behörden, auch dem die Union nicht berührenden*) synodalen Bestandtheile zum Ausdruck gelangt. In den einzelnen Gemeinden der ev. Landeskirche, die nach freier Ent­ schließung der Union beitreten sollten, hat sich ihre Erscheinung nicht überall gleichmäßig ausgeprägt. Neben Consensusgemeinden, die auf dem Grunde des Gemeinsamen beider Bekenntnisse zu einer völligen Glaubenseinheit gelangt sind, giebt es andere, welche mit ober ohne ausdrücklichen Vor­ behalt ihres SondernamenS (luth. oder res.) beibehalten, den Unionsritus d. i. das Brechen des Brodes bei bet Austhellung des Abendmahles, als den symbolischen Ausdruck des Beitritts zur Union3), angenommen oder nicht angenommen haben. Die Verwaltung des Cultus nach den Regeln eines Sonderbekenntnisses und ein konfessionell gemischter Mitglieder­ bestand der Gemeinde sind nach dem Wesen der Union vereinbar*). 4. Für die preußische Landeskirche wie jede andere ist ihr Ver­ hältniß zum Staate von wesentlicher Bedeutung. Die für Staat und Kirche gleich nothwendige Ausgabe, ihre beiderseitigen Lebensgebiete abzugrenzen, ist aus deutschem Boden in der Entwickelung der Geschichte sehr verschieden

*) Th. n. Zit. 11 § 39: Protestantische Kirchengesellschasten des AugSburgschen Glaubensbekenntnisses sollen ihren Mitgliedern wechselseitig die Theil­ nahme auch an ihren eigenthümlichen RrligtonShandlungen nicht versagen, wenn dieselbm keine Kirchenanstalt ihrer eigenen Religionspartei, deren sie sich be­ dienen können, in der Nähe haben. *) G. S. O. § 1 und Kirch. O. § III (in Buch II). •) s.v.K.B. 14 S. 324. *) s. auch Sinnt, zu §§ 260 u. 303 A. L. R. II11 (in Buch II).

4

Buch I: Uebersicht.

gelöst. Als Staat und Kirche sich noch einheitlich gegenüberstanden, führte sie zu dem gewaltigen Kampfe des Mittelalters zwischen Kaiser und Papst, den Vertretern beider. Karl der Große war daS unbestrittene Haupt der abendländischen Christenheit, der Papst seines Reiches erster Bischof ge­ wesen. Die kommenden Jahrhunderte, welche die gewaltigsten Männer auf dem päpstlichen Stuhle sahen, brachten einen gründlichen Umschwung, die völlige Ueberordnung der Kirche über den Staat, der ihre Befehle zu voll­ ziehen hat (Kirchenstaatsthum). Doch der Umstand, welcher für die Machtstellung, des Papstes ausschlaggebend geworden war, hals sie auch zer­ brechen. Als die deutschen Fürsten aus ihrer ursprünglichen Stellung heraus­ wuchsen und ihr Amtsgebiet zu selbstständigen Herrschaften (Territorien) zu erheben suchten, hatte das Papstthum in seinem Kampf wider dasKaiserthum diese Bewegung zu fördem und zu nutzen gewußt. Aber die erstarkten Fürsten widerstrebten demnächst auch der päpstlichen Macht und nahmen mit der gewonnenen Staatsgewalt auch die Hoheit über die Kirche in Anspruch. In die Zeit der emporstrebenden Landeshoheit fiel weiter die Reformation, welche die Einheit der Kirche vernichtete. Der evang. Confession gegen­ über, deren Daseinsfrage auf ihre Hülfe gestellt, die ihre kirchliche Be­ thätigung billigte und forderte, machte sich die territoriale Staatsgewalt im erhöhten Maaße geltend. Der Landeshni: galt als der Wächter nicht nur über die zweite, auch die erste Tafel deS Gesetzes (custos prioris tabulae), der seine Unterthanen in geistlichen ebenso wie in weltlichen Dingen zu regieren, für ihren rechten Gottesdienst z»l sorgen hatte. So wurden die evangelischen Kirchenbildungen nichts anderes denn eine Einrichtung des Staatswesens (Staatskirchenthum). Auf diesem Standpunkte steht auch das preußische Allg. Landrecht von 1794, das in TH.II. Tit. 11 eine Kodifikation des Kirchenrechtes giebt. Eine vom Staat verschiedene evang. Kirche im Rechtssinne kennt es nicht. Wenn das Gesetzbuch von Protestant. Kirchengesellschaften deS AugSburgischen GlaubensbekenntnisieS spricht^), so versteht eL darunter nur die örtlichen Gemeinden der luth. und ref. Religionsparteien. Letztere selbst auch in ihrer Beschränkung auf daS Staatsgebiet sind ihm keine eigenen Rechtswesenr), jene Kirchengesellschaften aber untergeordnete Korporationen des StaateS. Nicht auf der Linie deS alten Staatskkrchenthums lag freilich mehr die Toleranz, die das A. L. R. verkündet. Brandenburg-Preußen war in dieser Hinsicht seiner Zeit vorausgeeilt. Es ist schon erwähnt, wie nach Uebertritt Johann Sigismunds die beiden evang. Confessionen im Staate gleichberechtigt nebeneinander standen. Ebenso blieb in den zuer­ worbenen kathol. Gebieten auch deren Bekenntniß unangetastet, und selbst

') s. S. 3 A. 1. *) § 36 A. L. G. II. 11: Mehrere Kirchengesellschaften, wenn sie gleich zu einerlei ReligionSpattei gehören, stehen dennoch unter sich in keiner noth­ wendigen Verbindung. Vgl. auch R. G. v. 21. Januar 1886