Zur absoluten Geometrie, Mitteilung 2 [Reprint 2019 ed.]
 9783111558554, 9783111188003

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Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften S t i f t u n g Heinrich. L a n z

Mathematisch - naturwissenschaftliche Klasse A b t e i l u n g A. =

J a h r g a n g 1925.

1. A b h a n d l u n g .

Zur absoluten Geometrie II. M i t t e i l u n g Seinem lieben Freund und Lehrer Carl

Koehler

in

Heidelberg

zum 70. Geburtstag am 6. März 1925 gewidmet von

Lothar Heffter in Freiburg i. Br.

Eingegangen am 19. Februar 1925 Vorgelegt in der Sitzung am 21. Februar

B e r l i n und L e i p z i g

1925

W a l t e r de G r u y t e r & Co. vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung I J. Guttentag, V e r l a g s buchhandlung / Georg Reimer / Karl J. Trübner I Veit & Comp.

=

Zur absoluten Geometrie. IL Mitteilung. In einer ersten Mitteilung1) — hier als A. zitiert — habe ich die Bedeutung der quadratischen Form in Punkt-, Ebenen- oder Linienkoordinaten, die, gleich Null gesetzt, das absolute Gebilde einer Geometrie darstellt, als M a ß f u n k t i o n für diese Geometrie hervorgehoben und dabei sog. N o r m a l k o o r d i n a t e n mit Erfolg benutzt. Auf L i n i e n - , F l ä c h e n - und V o l u m e n e l e m e n t e und die durch Integration aus ihnen erzielten Ausdrücke bin ich damals nicht eingegangen. Da ja aber ebenso wie in dem absoluten Gebilde oder in der Maßfunktion auch in dem Linienelement die ganze Geometrie in nuce enthalten ist, so ist selbstverständlich letzteres durch jene mitbestimmt. Wie einfach sich Linien-, Flächen-, Volumenelement aus den in A. aufgestellten Formeln ergeben und unmittelbar durch die Maßfunktion ausdrücken lassen, wird hier gezeigt. Zum Schluß wird kurz dargetan, wie auch bei Aufstellung der Bewegungsgleichungen in der absoluten Geometrie die Maßfunktion den Weg zeigt. Treten auch manche der gegebenen Formeln hier und da in der Literatur schon auf 2 ), so scheint doch die Einheitlichkeit und zugleich die Einfachheit ihrer Herleitung aus wenigen Grundformeln in A. noch nicht beachtet worden zu sein. Alle Formeln sind so gestaltet, daß sie für e = 0 unmittelbar die der Euklidischen Geometrie liefern. ') Diese Sitz.-Ber. Math.-nat. Klasse. Abteilung A. Jahrg. 1924. 4. A b - * handlung. Dort ist S. 3 letzte Zeile hinter „Ebenen* einzufügen: „ , solange die Koordinaten der reellen Elemente reell gewählt sind,". — S. 5 nach Formel (12) ist einzuschalten: „ein Punkt X und eine Ebene u, wenn Uj ,* t^ : Ug : U4 = ¿ ^ j ; ex2 : ex3 : x4 oder aSj : : a^ : a;4 = Wj : m2 : w8 : cu4". — S. 6 in Formel (13) ist das erste Glied mit e zu multiplizieren und im zweiten Glied demgemäß der Faktor von e mit dem von s freien Glied zu vertauschen. — S. 6 Zeile vor Formel (15) ist hinter „wird" einzufügen: „in der elliptischen Geometrie". — S. 6 Zeilenach Formel (16) ist hinter „Dist." einzufügen: „In der hyperbolischen Geometrie tritt an Stelle des Sinus der hyperbolische Sinus." In der geometrischen Benennung der in A. behandelten, aus den Koordinaten von 2, 3 oder 4 Elementen gebildeten Ausdrücke schwankt die Literatur sehr. Siehe darüber schon D'OVTDIO, Su varie questioni di metrica proiettiva. Atti della B. Acc. delle Scienze di Torino. Vol. 28 (1892-93) S. 566 ff. — Vgl. auch OOOLIDGE, The elements of non-euclidean geometry, Oxford 1909. S. 170 ff. 2 ) Vgl. z. B. DABBOÜX, Principes de Géométrie analytique, Paris 1917.

4

LOTHAR HEFFTER:

I.

Grundgebilde I. Stufe, z. B. Punktreihe.

xlt x2 und Mj, u2 seien zueinander kontragrediente homogene projektive Punktkoordinaten, das absolute Gebilde (1)

f(u,u)

=

u\ +eu\

= 0

I

F { x , x ) = e x \ + x l = 0,

e = + 1, — 1 oder 0. Das „Streckenquadrat" zweier in Normalkoordinaten gegebenen Punkte wird analog wie in A. definiert durch XX'

(2)

2

= (xx')\

Ist X in Normalkoordinaten gegeben und X + dX ein zu X benachbarter Punkt, so ist F ( x , x ) = 1, F ( x , d x ) = Q,

(3)

also auch X -f- dX in Normalkoordinaten gegeben, weil nach (3) F(x + dx, x -f dx) bis auf Größen II. Ordnung in den Differentialien gleich 1 ist. Also ist das Quadrat des durch X und X +• dX bestimmten „ L i n i e n e l e m e n t e s " ds nach (2) und unter Addition von sF(x, dx) 1, das nach (3) gleich Null ist, (4)

ds 2 =

dx%—x^

d x j

2

+ e (sx1 dxi

- f x2 dx2) 2

= dx\ -)- sdx\,

d . h.

(5) ds = f ( d x , dx), eine Formel, bei deren Ableitung e % = 1 gesetzt wurde, die aber auch für den Euklidischen Fall e = 0 gilt, da dann x\ = 1 ist, und die besagt: D a s Q u a d r a t d e s L i n i e n e l e m e n t e s i s t g l e i c h d e r a u s d e n D i f f e r e n t i a l i en dxlt dx2 g e b i l d e t e n M a ß f u n k t i o n f . Um das Linienelement zur Integration geeignet zu machen, muß man nach (3) dx2 durch dxi und x, durch xl ausdrücken und erhält 2

//.»

td)

dx

'

Die Integration von ds liefert also im Falle e = 0, wo ja x\ = 1, xx Abszisse ist, eine durch die Einheitslänge gemessene S t r e c k e , im Falle s= 1 einen A r c u s s i n u s , im Falle e= — 1 eine A r e a s i n u s hyperbolici. n.

Grundgebilde II. Stufe, z. B. Ebene.

x l > x i , x 3 und u1)u2,u3

seien homogene projektive P u n k t -

und

Linienkoordinaten, (7)

f(u,u)

=

u\+ul+Eul

= 0 I F { x , x )=

s(xl+xl)+ci

2

=

0

das absolute Gebilde als Kurve II. Klasse und II. Ordnung. L i n i e n e l e m e n t . — Das „Streckenquadrat" zweier in Nornialkoordinaten gegebenen Punkte X,X' wird analog wie in A. jetzt definiert durch

Zur absoluten Geometrie II.

5

(8) X X ' 2 =f(v, v) = (xx')\ + (xx')l+e(xx% Ist X in Normalkoordinaten gegeben, so ist (9) F (x, x) = 1, F (x, dx) = 0, und demgemäß hat auch X-\-dX Normalkoordinaten. Durch analoge Rechnung wie in I. ergibt sich dann als Linienelement (10) ds2 = dx\ + dx\ + e dx\, d. h. genau wie in (5) (11) ds2 f(dx, dx). Wird in (11) nach (9) dx3 durch äxx, dxz und x2 durch xv x, ausgedrückt, so ergibt sich (12) ds* = AX1 dx\ + 2A„ dx, dxt + Att dx\, wo 1 -ex: ex, x„ 22 2 — 2> -^2 -ex\ — ex\- " " \-ex\— ex\' 1 — ex\-ex\' F l ä c h e n e l e m e n t . — Das Quadrat der „Dreiecksfläche" dreier durch ihre Normalkoordinaten gegebenen Punkte X, X', X" wird analog wie in A. definiert durch (14) (XX'X")2 = (xx'x'y. Hat X Normalkoordinaten, so haben auch die Nachbarpunkte X-{-dXf X-\-dX' solche, da die Gleichungen (15) I (x, x) = 1, F (x, dx) = 0, F (x, dx') = 0 erfüllt sind. Also ergibt sich nach (14) für das F l ä c h e n e l e m e n t da2 =

(16)

x1 x2 x3 dxt dxi äxt dx'1 dx\ dx\

Hieraus folgt, wenn zunächst e2 = 1 vorausgesetzt wird, (17) da'- =

d. h. (18)

F (x, x) F{dx,x) F(dx',x)

Fix, dx) F{dx,dx) F(dx',dx)

= e (dxdx')l +

F (x, dx) F(dx,dx')' F(dx, dx') £

(dxdx')l +

do* = F {(dxdx'),

=l

F (dx, dx) F(dx, dx') F (dx',dx) F(dx',dx')

(dxdx')\, (dxdx')),

d a s Q u a d r a t d e s F l ä c h e n e l e m e n t e s i s t g l e i c h d e r a u s den D e t e r m i n a n t e n (dxdx')i (i — l, 2, 8) der D i f f e r e n t i a l i e n dxi, dx/ g e b i l d e t e n M a ß f u n k t i o n F. Stellt man die Orthogonalitätsbedingung A. (12) für die beiden Geraden ds und ds' auf, die X mit X~rdX und X-\-dX' verbinden, so ergibt sich nach leichten Umformungen (19)

f (dx, dx') = eF (dx, dx') - 0,

6

LOTHAR HEFFTEE:

wobei s i 0 vorausgesetzt wurde. Ist aber diese Bedingung (19) erfüllt, so ist nach (17) und (11) (20) do2 = F{dx, dx) F {dx', dx') = f{dx, dx) f(dx', dx') = ds1 • ds'2. D.h. S i n d ds und ds' o r t h o g o n a l z u e i n a n d e r , so i s t d a s durch ds und ds' b e s t i m m t e F l ä c h e n e l e m e n t (21) da = ds• ds', ein Resultat, das auch iïir e = 0 gilt. Wählt man bei X + dX speziell dx2 = 0 und drückt dx3 nach (9) durch dxl aus, bei X-{-dx' dx\ = 0, dx\ = dx.l und drückt wieder dx\ durch dx\ = dx2 aus, so folgt (22

)

d a ^ - ^

r

=

v T

= —

î x i

.

Andrerseits ist die Determinante aus den Koeffizienten A ^ der quadratischen Differentialform (12) nach (13) (23)

A„ Ati -A\% = -T-—L—j-

,

sodaß man die bekannte Beziehung hat (24) da = VA^A^-A.l dx,dxx• (22) und (24) sind unmittelbar zur Integration geeignet. III. Grundgebilde III. Stufe: Raum. Wie in A. sei jetzt (25) f{u,u) = u\ -\-u\ +u\-\-su\ F (x, x) = e (.x\ +xl+x;)+ 9o{q,q)=q\3+q\1+q\i

x\

^fap^pli+plt+plt

L i n i e n e l e m e n t . — Ist X in Normalkoordinanten gegeben, ^o gilt das auch für den Nachbarpunkt X + dX, da (26) F (x, x) = 1, F (x, dx) = 0. Ihr „Streckenquadrat" oder das Quadrat des Linienelcmentes ist dann nach A. (14a) (27)

ds2 = 0 (v, v) = (x dx)\i + (x dx)lt + (x dx);, + e[(xdx)l3+(xdx)li+(xdx)li}. Entwickelt man hier alle Quadrate und addiert den Ausdruck eF(x, dx)'1, so folgt unter Rücksicht auf (26)

(28)

ds2 = f (dx, dx)

wie in Formel (5) und (11). (26) dxt und xlt so folgt (29)

Eliminiert man mittelst der Gleichungen

ds2 = lA^ dx{ dxk,

(i, A = 1,2,3)

Zur absoluten Geometrie II.

wo

F l ä c h e n e l e m e n t . — X + dXund X + d X ' seien zwei zu X b e nachbarte, nicht mit X kollineare Punkte, die mit X selbst in Normalkoordinaten gegeben sind, da dann (31) F (x, x) = 1, F (x, dx) = 0, F {x, dx') = 0. Nach A. (18a) ist das durch sie bestimmte Flächenelement da*=f(v,v),

(32)

wo fiir die v. die 4 Determinanten der Matrix ®i

i x * xt dxj dx, dx3 dxi dx\ dx\ dx[ dx\

(33)

x

zu setzen sind. Oder, wenn bei der Rechnung zunächst wieder e2 = 1 vorausgesetzt wird, F (x, x)

(34)

da'1 =

F (x, dx)

F (x, dx')

F (dx, x) F (dx, dx)

F (dx, dx')

F(dx',x)

F (dx', dx)

F(dx',dx')

oder unter Benutzung von (31) (35)

da'

=

F (dx, dx)

F (ehe, dx')

F(dx',dx)

F(dx',dx')

= (dxdx')l, + (dxdx')\, + (dxdx')\, + e \{dxdx')\+dxdx')lt

+ (dxdx")^],

d. h. endlich (36)

da1 = V ({dxdx'),

(dxdx')),

d a s Q u a d r a t des F l ä c h e n e l e m e n t e s ist gleich der d e n D e t e r m i n a n t e n (dxdx')a d e r D i f f e r e n t i a l i e n

aus

dxit dxî

g e b i l d e t e n M a ß f u n k t i o n