Zivilprozessordnung und Nebengesetze: Band 1,Teil 1 ZPO, 1. Buch: Allgemeine Vorschriften, §§ 1-107 [Reprint 2012 ed.] 9783111566177, 9783111194776


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German Pages 844 [848] Year 1957

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Vorwort
Inhaltsverzeichnis zu Band I Teil 1
Allgemeines (A)
Zivilprozeßordnung vom 30. 1. 1877 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. 9.1950 (BGBl. 533) mit den ihr nachfolgenden Änderungen (vgl. AV c 1)
Erstes Buch. Allgemeine Bestimmungen
Erster Abschnitt: Gerichte
Erster Titel: Sachliche Zuständigkeit der Gerichte (§§1–11)
Zweiter Titel: Gerichtsstand (§§ 12–37)
Dritter Titel: Vereinbarung über die Zuständigkeit der Gerichte (§§ 38–40)
Vierter Titel: Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen (§§ 41–49)
Zweiter Abschnitt: Parteien
Erster Titel: Parteifähigkeit, Prozeßfähigkeit (§§ 50—58)
Zweiter Titel: Streitgenossenschaft (§§ 59–63)
Dritter Titel: Beteiligung Dritter am Rechtsstreit (§§ 64–77)
Vierter Titel: Prozeßbevollmächtigte und Beistände (§§ 78–90)
Fünfter Titel: Prozeßkosten (§§ 91–107)
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Zivilprozessordnung und Nebengesetze: Band 1,Teil 1 ZPO, 1. Buch: Allgemeine Vorschriften, §§ 1-107 [Reprint 2012 ed.]
 9783111566177, 9783111194776

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G r o ß k o m m e n t a r e der P r a x i s

Zivilprozeßordnung und Nebengesetze auf Grund der Rechtsprechung kommentiert von B e r n h a r d Wieczorek Rechteanwalt beim Bnndeegerichtehof

Band I Teü 1: ZPO, 1.Buch: Allgemeine Vorschriften, §§ 1—107

Berlin 1957 Walter de Gruyter & Co., Berlin W 3 5 vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung · J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer · Karl J . Trübner · Veit & Comp.

Arohiv-Nr. 22 47 57 Satz: Walter de Gruyter & Co.· Berlin W 35 Druck : Otto v. Holten« Kunst- und Buohdruekerel GmbH., Berlin W 35 Alle Reohte, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, vorbehalten

Vorwort In dem von Dr. Sydow begonnenen, von Dr. L. und H. Busch weiterbearbeiteten und von Dr. Krantz und Triebel fortgeführten Handkommentar zur Zivilprozeßordnung und zum Gerichtsverfassungsgesetz wurde die Rechtsprechung auf prozessualem Gebiet wiedergegeben. Der Verlag versucht nun, nachdem dieser Kommentar nicht mehr verlegt wird, mit der vorliegenden Arbeit dem Leser behilflich zu sein. Die Erläuterungen gehen von dem in Westdeutschland (BRD und Westberlin) geltenden Recht aus, wenn auch ostdeutsche und saarländische Entscheidungen zur Klärung des gemeinsam geltenden Rechts mitgeteilt worden sind. In den gerichtlichen Erkenntnissen spiegelt sich das wider, was Recht sein soll. Die Individualität der Menschen führt indes dazu, daß sie mikrokosmisch unterschiedlich denken. So kommt es, daß die Praxis nicht einheitlich ist. Von der Idee einer möglichen irdischen Gerechtigkeit aus ist dies unbefriedigend und zu vermeiden, weil die Unterschiedlichkeit unsicher macht und — auf die Spitze getrieben — Ordnung und Recht vernichtet. Auseinanderstrebende Meinungen und Irrtümer lassen sich aber durch Logik, Vernunft und Gesetz eindämmen und auf die mittlere Linie bringen, welche die Praxis braucht, wenn sie zu einer irdischen Gerechtigkeit kommen will. Was hierzu im einzelnen zu tun ist, zeigt der einzelne Vorgang; wie man in anderen Fällen oder auch allgemein darüber gedacht hat, das soll diese Zusammenstellung dem Leser vermitteln helfen. Es wurde nach Möglichkeit versucht, Irrtümer, Druck- und Denkfehler zu vermeiden; eine Gewähr dafür, daß indes all das, was zusammengestellt und für richtig befunden ist, allgemein oder auch im besonderen tatsächlich richtig ist, kann und soll nicht übernommen werden. Der Leser wird selbst urteilen, eine irrige Meinung verwerfen und der richtig wiedergegebenen sich anschließen. Allen, die mir behilflich waren, dieses Buch vorzulegen, danke ich hiermit sehr. 1956

Der Verfasser

V

Inhaltsverzeichnis zu

Band I Teil 1 Seite Vorwort

.

Allgemeines (A)

V 1

ZPO 1. Buch: Allgemeine Vorschriften I. Abschnitt: Gerichte 1. Titel: Sachliche Zuständigkeit der Gerichte (§§1—U)

36 36 36

2. Titel: Gerichtsstand (§§ 12—37)

154

3. Titel: Vereinbarung über die Zuständigkeit der Gerichte (§§ 38—40)

280

4. Titel: Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen (§§ 41—49)

301

I I . Abschnitt: Parteien

331

1. Titel: Parteifähigkeit, Prozeßfähigkeit (§§ 50—58)

331

2. Titel: Streitgenossenschaft (§§ 59—63)

494

3. Titel: Beteiligung Dritter am Rechtsstreit (§§ 64—77)

528

4. Titel: Prozeßbevollmächtigte und Beistände (§§ 78—90)

594

5. Titel: Prozeßkosten (§§ 91—107)

669

A b k ü r z u n g s - und S t i c h w o r t v e r z e i c h n i s b e f i n d e n s i c h im V I . B a n d . VII

Allg emeines I a b c II a b c 1 2 3

d 1 2 e III a 1 2 3 b 1 2 3

c IV a

1 2

b c

1 2 1 2

Übersicht Begriff Verhältnismäßigkeit und Tendenz Geschichte der Norm Die wissenschaftliche Grundlage für den Prozeß Begriff des Rechts Begriff des Verfahrensrechts Begriff der Wahrheit Tatsachenwahrheit bei der Feststellung der Rechtsgesetze Tatsachenwahrheit bei der Feststellung des Sachverhalts Die Mittel zur Wahrheiterfassung Öffentlichkeit, rechtliches Gehör, Parteiinteresse mit Offizial- und Verhandlungmaxime Das Prinzip der Rechtssicherheit Ausschaltung der privaten Gewalt Verfahrenssicherung Rechtsschutzbedürfnis Konzentrationmaxime Der metaphysische Zwang im Prozeßrecht Auslegung des Gesetzes nach dem Erklärten nach allgemeinen Begriffen nach juristischen nach besonders gesetzlich gebildeten Auslegungsarten die historische die der Entwicklung entsprechende die universelle Zwingendes Recht und Parteiabreden Geschichte des Zivilprozesses und seiner Gerichtsverfassung Eine Wurzel im germanischen Recht mit volksgerichtlichem und standesgerichtlichem Verfahren Zweite Wurzel im römischen Recht mit seinem Individual- und Staatsprozeß Zusammenfluß in der Rezeption Im langobardischen Recht In der geistlichen Gerichtsbarkeit mit dem römisch kanonischen und dem de piano Verfahren

d 1 2 3 4 e 1 2 3 V a 1 2 3 b 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 c 1 2 3 4 VI a b c d e f

Die folgende Entwicklung in Deutschland mit dem Kammergerichtsdem sächsischen dem gemeinen Prozeß und der PrAGO Entwicklung des französischen Prozesses mit seinem Einfluß auf die Gesetzgebung der deutschen Länder die der Bundes- und Reichsgesetzgebung in der Zivilprozeßordnung und im Gerichtsverfassungsgesetz Änderungen seit dem lnkrafttreten der Ziviljustizgesetze die allgemeinen Änderungen in der Gerichtsverfassung in dem Verfahrensrecht die Neigungen zum sog. Naturrecht die einzelnen geschichtlichen Änderungen im allgemeinen im Anschluß an das BGB (Nov. 1898) zur Entlastung des RG i(Nov. 1905 u. 1910) die Beschleunigung in der AG Nov. 1909 in dem Krieg von 1914—1918 mit der abschließenden Nov. 1924 bis zur Nov. 1933 der nationalsozialistische Einbruch und die Übernahme der Justiz durch das Reich die Entwicklung in der Kriegszeit 1939 bis 1945 die Entwicklung nach dem Zusammenbruch des Reiches bis zur BRD die Nov. 1950 die Zeit danach Übersicht über.die einzelnen Änderungsgesetze : zur ZPO zum EG ZPO zum GVG zum EG GVG Kurze Literaturübersicht Periode bis zur ZPO Periode von 1879—1900 Periode von 1900—1924 Periode von 1924—1933 Periode von 1933—1950 nach 1950

Bevor das Verfahrensrecht im einzelnen erläutert wird, ist all das zu klären, was A I das geschriebene Recht als allgemein bekannt voraussetzt und nicht regelt, obwohl es sich dessen bedient. Diese nicht normierten Voraussetzungen gehen auf das den Menschen gemeinsame Lebensgut zurück (das Gegebene), das zu erläutern oder gar festzusetzen im Regelfalle nicht erforderlich ist, weil es allen Verständigen desselben Lebensbereiches (etwa eines Volkes) gleich geläufig (und auch klar) ist. Nur an den Grenzen muß das Grobe verfeinert und das Feine vergröbert werden, muß ein anderer, nicht allen geläufiger Maßstab gewählt werden, um richtig urteilen zu können. Alles gesetzte Recht (also das positive, was im besonderen von dem Richter als A l a gegeben hinzunehmen, Art. 97 I GG — vgl. GVG § 1, nicht etwa von ihm selbst zu 1

Wieczorek, ZPO I.

1

Allgemeines

Ala

bilden ist) knüpft an den Sinn von Gegebenem an, baut auf dem im Wort niedergeschlagenen Begriff auf; das geschriebene Gesetz legt es in ihm fest, das ungeschriebene· (das Gewohnheitrecht) achtet auf seinen Gebrauch und tendiert dahin, es in der Formel festzulegen, weil es sonst verloren geht und auch sein Sinn sich verflüchtigt. Mit Hilfe der wortmäßig festgelegten Begriffe wird eine Organisation geschaffen (etwa in der Gerichtsverfassung) und ihr Verhalten und das Verhalten vor ihr geregelt (etwa im Verfahrensrecht), wird ein Tatbestand normiert und an ihn eine Rechtsfolge geknüpft (etwa im außerprozessualen Recht). Soweit nun kein besonderer Rechtsbegriff festgelegt wird (was selten geschieht; vgl. etwa die — unvollkommene — Umschreibung des Begriffs „unverzüglich" in B G B § 121 I), bedienen sich die Gesetze der allgemeinen Begriffe, die sie als bekannt voraussetzen. Regeln sie ein Verhältnis, so unterstellen sie ferner den gleichen Maßstab in der (geregelten) Norm, obwohl sie auch darüber nichts äußern. Und schließlich bilden die einzelnen Normen eine Einheit und sind aufeinander abzustimmen, obwohl auch das kein Gesetz sagt. Diese Abstimmung aufeinander ist zunächst ein (metaphysisches) Postulat; denn der Gesetzgeber bedenkt diese Einheit nur selten. Aber die Einheit in dem bewußten menschlichen Wesen zwingt dazu, so wie es bei jedem Einzelmenschen zu beobachten ist und wie dies erkennbar (vielleicht von hier) auf das Lebensverhältnis einer Mehrheit der Menschen übertragen wird (etwa auf den Staat). J e besser die Gesetze aufeinander abgestimmt werden, um so harmonischer, gerechter ist das (Rechts)Leben geregelt. Dabei kann der allgemein bekannte Begriff einfach oder zusammengesetzt sein; aber auch der einfache, den Sokrates mit der Frage nach dem, was ist, abzugrenzen versuchte, wird an seinen Grenzen unklar und geht zu anderem über, wenn es nicht gelingt, durch einen verfeinernden oder vergröbernden Maßstab auch hier noch abzugrenzen, ein Vorgang, der aus der höheren Mathematik bekannt ist. Soweit er in das einzelne geht, wird dazu das nähere bei den einzelnen Bestimmungen erläutert; soweit aber den Normen allgemeine Begriffe zugrunde liegen, wird darauf unter A II etwas näher eingegangen. Alb

Die gesetzliche Regelung zielt auf die eines Verhältnisses (zumindest im außerprozessualen Recht, aber auch im reinen Verfahrensrecht, also abgesehen vom Organisationsrecht) ; dabei bleibt das Verhältnismäßige auch dann noch gerecht, wenn sich seine Zusammensetzungen (Bausteine, Elemente) in gleicher Weise zueinander verändern. Im Strom des Geschehens (vgl. Heraklits „alles fließt") verändern sich aber auch die Elemente ungleichartig; läßt sich indes hier noch das Verhältnis ihrer Änderung ergründen, so kann gerecht geblieben werden, wenn die fortschreitende Änderung bedacht wird. Die erkannte Änderung darf man als Tendenz kennzeichnen. Sie ist nicht ohne Erfahrung (a posteriori, aus dem Vergleich des Gegenwärtigen mit dem Vergangenen, dem Vorangegangenen usw.) erkennbar, aber auch nicht ohne die des Ziels (die im a priori widerscheint), denn es würde, wenn in einer Zeit die (Einzel-)Willkür zunimmt, diese Feststellung den Richter nicht dazu berechtigen, ihr zu folgen, da man beim Richten von einer — möglichen — Gerechtigkeit ausgehen muß, die im Widerspruch zu der Willkür steht. Denn man denkt das (außerprozessuale) Recht, in der Gemeinschaft entstanden ausdem Bedürfnis, Frieden zu halten; das prozessuale aus dem, einen Streit darüber in geordneten Formen auszutragen; beides, um die Willkür der Gewalt zu verdrängen und um an ihre Stelle das Recht zu setzen, was aber nur geht, wenn man Gleiches gleich behandelt (vgl. Aristoteles, Politik, übersetzt von Brasch, 1893, S. 418; GG Art. 3). Beständen die Gerechtigkeit und das Recht tatsächlich in der Einzelwillkür der Mächtigen, so könnten sie nur noch einen Sinn haben, wenn die Bedrückten an sie glauben; denn sonst könnte sie allenfalls die Angst vor den Rechtsfolgen dazu bringen, das Gesetz zu achten ; und auch das Gesetz befolgen könnten sie nicht, solange sie die Grenzen der Willkür nicht kennen. Der Glaube an die Gerechtigkeit birgt die Forderung (als Postulat) nach ihr in sich; die Existenz des Postulats beweist hier die Tendenz, sie gelten zu lassen. Wer nach dem Recht richten will, darf deshalb der Willkür nicht folgen. Der entgegengesetzten Tendenz einer (korrupten) Zeit darf deshalb der Richter

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Die wissenschaftliche Grundlage für den Prozeß

Alb

nicht folgen. Durch sie wird das (Rechts-)Leben nur komplizierter; der Gesetzgeber sieht sich genötigt, alles im einzelnen zu regeln, um einer solchen Zeit Herr zu werden; und es wird zunehmend mehr ein Spezialistentum herangezüchtet, das sich immer weiter von den Grundlagen des Rechts entfernt und wurzellos wird. Nur wenn man den Maßstab hält, ist es möglich, den einzelnen Tendenzen zu entsprechen; sie wird sich im guten Richterspruch ohne Reflexion (ungewollt) niederschlagen und wird von all denen befolgt, die Judiz haben. Ihr nachzuspüren, ist die Aufgabe der einzelnen Erläuterungen; im allgemeinen steht sie unter dem Zweck des Rechtes als Befriedung und gehört damit zu den Grundaufgaben der im Staate zusammengeschlossenen Gemeinschaft in zweifacher Gestalt: einmal daß sie das Recht setzt und sodann, daß sie seine Beachtung durchsetzt. Beide Funktionen hat man in der Norm getrennt, was zweckmäßig ist, um die Willkür des Gesetzgebers von dem gesetzesgebundenen und deshalb nicht willkürlichen Richten zu trennen. Diese beiden Funktionen hat man wieder von den übrigen Aufgaben des Staates geschieden, wo er nicht bloß im allgemeinen (wie bei der Gesetzgebung) willkürlich ist, sondern auch im einzelnen Falle (bei der Verwaltung). Der moderne Staat befriedet aber nicht bloß, sondern er übt selbst eine Macht aus (er herrscht) sowohl über die, welche seiner Gewalt unterliegen, wie über andere, wenn er nur glaubt dies durchsetzen zu können; und nur das allmählich sich unter den Staaten bildende (Völker-) Recht könnte auch hier an die Stelle der Gewalt in irgendeiner Zukunft den Frieden und das Recht setzen. Auch hier gibt es wieder allgemeine, in den Normen als bekannt angenommene Voraussetzungen, welche unter A I I I abzuhandeln sind, wie in das einzelne gehende, welche zur Erläuterung der Einzelbestimmungen gehören. Die Norm schweigt auch über ihre Geschichte, obwohl diese bei der Auslegung ent- A l e scheiden kann. Unter A IV gehört nur eine allgemeine — formale — kurze Übersicht über die Entwicklung bis zum Erlaß der Reichsziviljustizgesetze (1877) und von da ab bis zum geltenden Recht über die des GVG und die der ZPO (AV). Die wissenschaftliche Grundlage für den Prozeß ist die Logik. Ohne die Beachtung A II ihrer Regeln ist eine gerechte Entscheidung nicht möglich. Zwar ist die Logik selbst ein allgemeines Verfahrensrecht; aber weil es sowohl die Voraussetzung des Prozeßrechts wie des außerprozessualen Rechts ist, wird es doch nicht als zu jenem, sondern vom Standpunkte des Prozeßrechts aus zum außerprozessualen Recht gezählt (was also in der Revisionsinstanz auch ohne Rüge zu beachten ist, vgl. die Erl. zu § 549). Die Logik (ihre Gesetzmäßigkeit) muß hier als bekannt unterstellt werden. Aber auch die folgenden Grundbegriffe werden nur andeutungsweise umschrieben. Der Begriff des Rechts deutet auf ein Richtiges ; darin liegt ein — logisches — Urteil Α Π a und die Richtung auf das Wissenschaftliche; das Recht muß deshalb etwas sein, was jedermann, der dazu fähig ist, zum selben Ergebnis führt (wenn es richtig sein soll) ; dem Recht liegt also ein Gleichsein zugrunde, dessen Erkenntnis jedem (der die geistigen Voraussetzungen dafür erfüllt) möglich sein muß. Es ist aber nicht nur die Möglichkeit der gleichen Beurteilungsweise (was Voraussetzung jeder wissenschaftlichen Erkenntnis ist), sondern darüber hinaus die Zubilligung der gleichen Behandlung für jeden Menschen (der in Betracht kommt) ; damit spielt der Begriff des Rechts in den der Gerechtigkeit hinüber. Schon Aristoteles (Politik, in der Übersetzung von Brasch, 1893, S. 418) erklärt, daß Gerechtigkeit (unter ähnlichen nichts anderes als) das Gesetz der Gleichheit sei und (Ethik, in der Übersetzung von Rolf, 2. Aufl., 1914, S. 93f.) daß das Gerechte in dem Gesetzlichen liege, das der Gleichheit entspreche. Diese beiden Sätze (gleiche Beurteilung und gleiche Behandlung) bilden den Grund des gesamten Rechtslebens; der erste davon bezieht sich auf ein Logisches und gipfelt in dem Begriff der Wahrheit, der zweite dagegen auf das geltende (positive) Recht und setzt, zwar nicht logisch zwingend, aber doch tatsächlich das Rechtsgesetz voraus ; der Gedanke ist in GG Art. 31 niedergeschlagen worden. Das Verfahrensrecht setzt das positive materielle den Streit um das materielle Recht auf rechtlichem Rechts) auszutragen; es dient damit der allgemeinen muß überall beachtet werden; wo es kein Recht zu l·

Recht voraus. Sein Ziel ist es, A II b Wege (mit den Prinzipien des (Rechts-)Sicherheit. Dieses Ziel schützen, keinen Streit um das

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Allgemeines

AHb

materielle Recht zu schlichten gibt, wird das Verfahren unzulässig (das tritt in der Rechtsprechung bei der Frage des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses hervor). Es kann aber nur erreicht werden, wenn die Willkür (Gewalt) ausgeschaltet wird, und dies geschieht im Verfahrensrecht auf dem Wege des Rechts, nämlich durch gleiche Beurteilung und gleiche Behandlung, wobei die letzte wieder auf dem geltenden (positiven) formellen Recht (was noch im einzelnen zu erörtern sein wird), die erste auf dem Prinzip der Wahrheit beruht. Alle

Der Begriff der Wahrheit (als erster Grundsatz) liegt (also) jedem Verfahren zugrunde. Alle Verfahren, in denen über Recht oder Unrecht entschieden wird, befassen sich in irgendeiner Weise bis zu irgendeinem Grade mit der Ermittlung von (wahren) Tatsachen. Dies geschieht in den verschiedenen Verfahren in mannigfacher Art, ja selbst innerhalb gesetzlich geschlossener Verfahrensordnungen noch unterschiedlich, etwa in der Zivilprozeßordnung bisweilen nach dem Verhandlungsgrundsatz und in anderen Fällen nach der Offizialmaxime. Diese Unterschiedlichkeit könnte einmal darauf beruhen, daß die Wahrheit selbst verschiedengestaltig ist, oder sodann, daß es ein oder mehrere Mittel gibt, sie zu erforschen. Darauf, daß es etwas für alle (Menschen) gleich Wahres gebe, ruht die Möglichkeit (der Wissenschaft wie) des Rechtslebens, was sich im Begriff der Gerechtigkeit (der Gleichheit aller vor dem Gesetz, die es angeht; Aristoteles, Politik) widerspiegelt; sie muß sich aus dem Begriff der Wahrheit ergeben. Wahrheit ist nichts anderes als richtiges logisches Urteil; d. h. wenn die im Objekt enthaltene Behauptung über das Subjekt zutrifft, dann ist die Aussage wahr; oder das ist nicht der Fall, dann ist sie unwahr. In diesem Sinne fassen den Begriff Leibniz (Opuscule et fragments inédits de Leibniz ed. L.Conturat, 1903, S. 518folg.) undRehmke (Logik oder Philosophie als Wissenlehre, 1910, S. 549); auch Kant (Kritik der reinen Vernunft, 1787, bei Cassirer III 85) hebt das Beziehungsmäßige des Begriffs hervor, wenn er sagt, Wahrheit sei die Übereinstimmung einer Erkenntnis mit den allgemeinen und formalen Gesetzen des Verstandes und der Vernunft. Wenn sich nun auch die Wahrheit in der Beziehung erweist, so ist sie selbst doch nicht relativ (wie Plechanow, Über materialistische Geschichtsauffassung, deutsche Übersetzung, 1946, S. 27 vermeint), sondern von der Beziehung auf sich selbst gelöst; das Urteil ist entweder wahr oder falsch; sie ist aber auch nicht insoweit absolut (so Nicolai Hartmann, Ethik, S. 216) oder Substanz (so Aristoteles, Über die Seele, übersetzt von Busse, 1911, S.28; Heidegger, Vom Wesen des Grundes, in der Festschrift des Jahrbuches für Philosophie und phänomenologische Forschung, 1929, S. 71 folg.), als sie ohne Bezug auf das Urteil wäre; und wenn auch Urteil nicht ohne den Urteilenden möglich ist (so erklärt — unrichtigerweise — Husserl, Logische Untersuchungen II/I 22: das Seiende hänge von seinem Erkanntwerden ab), so ist sie doch nicht an die individuelle Person des Urteilenden gebunden, keine persönliche Wahrheit (wie Scheler, Ethik, S. 409f., sagt); sondern sie bleibt allgemein, d. h. jeder, der etwas beurteilt, muß zum selben Urteil kommen, wenn sein Urteil wahr sein soll. Der Grund der abweichenden Auffassungen liegt in der Annahme eines falschen (Übersetzung-)Verhältnisses; ihnen näher nachzugehen, erübrigt sich für die Verfahrensrechte, da sie es jedenfalls allein mit der Wahrheit im logischen Urteil zu tun haben können; denn sie befassen sich (bei der Urteilfindung) mit logischen Urteilen, nämlich: in der Feststellung der tatsächlichen Vorgänge, in der der geltenden Rechtssätze, in der der Rechtsfolge auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse im einzelnen Fall. Die festgestellten tatsächlichen Vorgänge werden auf den Tatbestand des Gesetzes bezogen ; und die Rechtsfolge des Gesetzes wird dann wieder auf den Einzelfall bezogen und im Tenor des Erkenntnisses ausgesprochen (erkannt). Aber schon die für diese logischen Urteile feststehenden Glieder bedürfen bei ihrer Ermittlung wieder des logischen Urteilens, nämlich dessen, ob etwas Tatsache ist (d. h. ob sich das Besondere, was betrachtet wird, als Tatsache bietet, unter diesen — Edlgemeinen — Begriff fällt) oder ob etwas Rechtsgesetz ist (d. h. ob ein tatsächlich ermittelter Rechtssatz unter den Begriff des Rechtsgesetzes fällt, also allgemeinverbindlich, nicht bloße — interne —

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Die wissenschaftliche Grundlage für den Prozeß

Alle

Verwaltungsanordnung ist, ob er ζ. Ζ. — schon oder noch — gilt) und was er anordnet (welche Rechtsfolge aus ihm allgemein hergeleitet wird). In all diesen Fällen kommt es also auf den richtigen Schluß an, den man im Rechtsverfahren als wahr kennzeichnet, also muß man es hier mit Satz- oder Aussagewahrheit zu tun haben. Das, worüber etwas Wahres bei der Urteilsfindung ausgesagt wird, ist in allen Fällen etwas Tatsächliches (im logischen Sinn) : während aber im ersten das Geschehen, im zweiten das Tatsächliche dem logischen Urteil zugrunde liegt, wird es im dritten erst durch das richterliche Urteil (das Erkenntnis, den Ausspruch der Rechtsfolge im Einzelfall) geschaffen (denn nur so kann die Rechtsfolge unter den Beteiligten, auf die es ankommt, im Staatswesen durchgesetzt werden). Das Ziel eines jeden rechtlichen Verfahrens ist die und das wahre (richtige) Erkenntnis, wodurch eine neue Tatsache geschaffen wird (die das Verfahren beendet). Vom Verfahren aus gesehen, ist sein Ergebnis etwas Zukünftiges, noch kein Tatsächliches (zukünftige Tatsachen sind keine, sondern werden es erst) ; zu ihm gelangt man aber auf Grund von Tatsachen (nämlich durch logisches Denken). Diese Tatsachen sind aber selbst wieder logische Urteile, nämlich die über das Geschehen; sie sind nicht das Geschehen selbst, sondern ein erkanntes Geschehen. In der Beziehung der Erkenntnis (durch das Denken) auf das Wirkliche (und seine Richtung auf die Einmaligkeit) liegt das Wesen des Tatsächlichen ; es verweist auf die Übereinstimmung des Wirklichen mit dem darüber Gedachten; wird dieses Verhältnis richtig erkannt, so trifft es die Tatsächlichkeit. Das bloß vorgestellte Haus besteht tatsächlich nicht als Haus, wohl aber als Vorstellung eines wirklichen Wesens, nämlich des Vorstellenden. Andererseits braucht das Tatsächliche nicht zur gegenwärtigen Erkenntnis eines Menschen zu gehören; aus dem Wirklichen kommend, muß es ohne Rücksicht darauf, ob und wann es beobachtet wird, (für das Denken in Potenz) gegeben sein (nämlich insoweit über es überhaupt etwas beobachtet werden kann; denn nur so kann es erkannt werden). Die (richtige) Erkenntnis des (wahren) Verhältnisses kennzeichnet den Begriff der Tatsache; sie ist ein logisches Urteil über ein Geschehen und wegen ihres Bezuges auf dieses an das Wirkliche (das auch ohne Denkendes bestehen kann) gebunden, wegen ihres Bezuges auf jenes aber so allgemein, daß jedermann, der dazu in die Lage versetzt wird, nur denselben wahren Schluß ziehen kann. Dadurch bekommt die Tatsachenerkenntnis ihr festes Rückgrat. Wenn Rosenberg (Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, § 114 II 1) sagt, Tatsachen seien die konkret nach Raum und Zeit bestimmten, vergangenen oder gegenwärtigen Zustände der Außenwelt und des menschlichen Seelenlebens, so übersieht er, daß in dem Begriff der Tatsache schon das Urteil über ihre Wahrheit steckt; unwahre Tatsachen gibt es nicht, wohl aber die Vorspiegelung von etwas als einer Tatsache (durch falsche — bewußt unwahre — Behauptungen, vgl. dazu S t G B § 263 und Leipziger Kommentar [Nagler] Anm. I I 1). Das, woran Rosenberg und mit ihm übereinstimmend Schönke (§ 282 Anm. I I 1) denken, ist das Geschehen selbst, nicht seine (richtige) Erkenntnis, auf die der Begriff der Tatsache zielt. Daß das Geschehen durch den Menschen mit verschiedenen Mitteln erkannt werden kann, nicht etwa bloß durch ein einziges Mittel, ergibt die Betrachtung des Gegebenen (man denke allein an die Wahrnehmung durch verschiedene Sinne, an die durch Anschauung und die durch Errechnung gewonnene Erkenntnis u. dgl. m.). Es gibt also eine Tatsachenwahrheit und verschiedene Möglichkeiten, sie zu ermitteln. In diese Möglichkeit, auf verschiedenen Wegen die Wahrheit zu ermitteln, kann die Verfahrensordnung allein eingreifen, etwa derart, daß sie eine oder mehrere Ermittlungsmöglichkeiten allein gelten läßt (sie kann aber nicht entgegen dem — natürlichen — Gesetz der Logik anordnen, daß etwas Unwahres wahr ist). Hiervon zu unterscheiden ist die Möglichkeit, daß das Gesetz aus einem anderen Tatbestand dieselbe Rechtsfolge ableitet, wenn etwa bei einem bestimmten Tatbestand etwas unmittelbar als wahr behandelt wird, was nur mittelbar aus ihm erschlossen werden kann. Dies geschieht etwa, wenn eine Verfahrensordnung Beweisregeln gibt. Verfährt die Prozeßordnung dabei untendenziös und knüpft sie nur an eine durch viele Wissende und gute Beobachter gewonnene Erfahrung an, so zieht sie nur diese von diesen gewonnene Beobachtung der doch immer beschränkten Erfahrung des einzelnen Richters vor. So sind die Beweisregeln des gemeinen Prozesses zu erklären, welche eine

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Alle

Allgemeines weite, allgemein gewonnene Erfahrung nutzbar machten. Der geschichtlichen Tendenz, das Individuum aus den Banden der Allgemeinheit zu lösen, entsprach es, aus der Erkenntnis, daß hierdurch im Einzelfall die Wahrheit zu kurz kommen könne, diese Bindungen fallen zu lassen. So löste die ZPO v. 30.1.1877 manche Fessel (man denke an den Grundsatz der freien Beweiswürdigung, § 286) ; noch weiter ging man in der Novelle v. 27.10.1933, durch die weitere, bis dahin aufrechterhaltene Beweisregeln gestrichen wurden. Aber auch sie ist noch nicht am Ziel, wenn es auch hier, etwa bei der Bindung der Richter an Schiedsgutachten, rückläufige Tendenzen gibt. Diese moderne Tendenz hat nicht bedacht, daß sie die Willkür des einzelnen Richters vermehrt und damit zugleich die allgemeine Rechtssicherheit vermindert.

ΑΠ c1

Am weitesten war die moderne Tendenz, nur die Tatsachenwahrheit gelten zu lassen, bei der Feststellung der Rechtsgesetze durchgeführt, d. h. das Rechtsgesetz als solches — Tatbestand und Rechtsfolge — muß von jedem, der zum Richter in einer bestimmten Sache berufen ist, durch eigenes logisches Urteil festgestellt werden (vgl. § 1 Β I b 1) ; der Richter muß nachprüfen, ob ein Gesetz ordnungsmäßig verkündet und, wenn es Landesrecht ist, ob es mit dem Bundesrecht in Einklang steht (GG Art. 31), ob erlassene Verordñungen mit den Gesetzen zu vereinbaren sind (vgl. Anschütz, Komm. z. RV, 1930 Art. 70 Anm. 5) ; oder ob ein Gesetz verfassungsmäßig zustandegekommen (RG v. 4. 11. 1925 V E 111/320 [325]; dagegen Anschütz, Art. 102 Anm. 4) ist. Die Nachprüfung ist jetzt durch GG Art. 100, Westberliner Verfassung Art. 64 II in mannigfacher Weise eingeschränkt worden (vgl. § 1 Β I b 1 und die Erl. zu GG Art. 100). Aber auch abgesehen von diesen Einschränkungen ist die Nachprüfung begrenzt. Die Verfassungsmäßigkeit der Verfassung (von Änderungen abgesehen) ist nicht nachprüfbar, wie es auch nicht die gesetzliche Einsetzung der Gerichte auf Grund der Verfassung ist. Selbst bei sich widersprechenden Verfassungsbestimmungen derselben Verfassung, die zur gleichen Zeit veröffentlicht worden sind, sind sie nur gegeneinander durch Auslegung abzugrenzen, nicht aber kann das (sonst dazu berufene) Verfassungsgericht eine von ihnen als nichtig erklären, m. a. W., die Gesetzmäßigkeit des höchstrangigen Gesetzes ist nicht nachprüfbar. Dies galt auch für das von den Besatzungsmächten gesetzte Recht (BGH v. 6. 4.1951 I E 1/363 = NJW 51/519; OG Η ν. 1. 7. 1948 E 1/42 [49]; OLG Koblenz, NJW 49/1089), welche nach dem Wegfall der Souveränität des Reiches am 8. 5.1945 de facto die Gesetzgebungsgewalt ausgeübt haben (für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland kam dabei nur die der drei Westmächte in Betracht, die in den einzelnen Zonen in mancher Beziehung noch voneinander abweichend ausgeübt wurde; vgl. dazu AH KG 13 Art. 3 I). Doch erlangten Gesetze, welche unmittelbar von einem inländischen Gesetzgeber, wenn auch im Auftrage der Besatzungsmacht, erlassen wurden, nicht den Rang der einzelnen Gesetze der Besatzungsmacht und waren, auch soweit diese nicht auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen waren, wie die sonstigen inländischen Gesetze nachprüfbar (OGH ν. 1.7.1948 E 1/87 [96]; OLG Düsseldorf HEZ 1/240 [241]). Darüber hinaus ist noch weiter die richterliche Nachprüfung beschränkt. Soweit von einem (untergeordneten) Gesetzgeber ein Gesetz nach seinem Ermessen, seiner Zweckmäßigkeit erlassen werden darf, wird grundsätzlich die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit der angeordneten Maßnahme nicht richterlich (d. h. vom ordentlichen Richter) nachgeprüft (vgl. zu RV Art. 48: Anschütz, Anm. 9; a. M. war aber der Verfasser der RV, Preuß, Zeitschrift für Politik, 13/97). Dies gilt besonders fürVerwaltungsanordnungen (wie überhaupt für Verwaltungsakte), die nur auf ihre Rechtmäßigkeit (von den ordentlichen Gerichten im Rahmen ihrer Zuständigkeit, vgl. GVG § 13) geprüft werden (BGH v. 29. 11.1951 IVE 4/77, RG v. 21. 12. 1934 III E 146/257 [259folg.] m. N.; v. 10.10. 1941 III HRR 42/21 : es komme nicht darauf an, ob eine erlassene VO erforderlich oder sittlich zu rechtfertigen sei; dagegen aber OLG Stuttgart SJZ 46/236). Doch wird man auch in diesen Fällen richterlich die offenbare Mutwilligkeit (Willkür) nicht gelten lassen (RG v. 21. 12. 1934 III E 146/260folg. m. N. ; vgl. § 1 Β I b 3). Für Verwaltungsakte der Besatzungsbehörden galt hier indes wieder die Ausnahme des AHKG 13 Art. 3 II, die es den inländischen deutschen Gerichten verbot, auch ihre Rechtmäßigkeit nachzuprüfen, BGH v. 31. 1. 1952 IV E 4/389; wogegen BGH v. 9. 5. 1951 II E 2/77 deutsche

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Die wissenschaftliche Grundlage für den Prozeß

ΑΠ c 1

-Gegenvorstellungen verlangte, wenn eine Anordnung im Widerspruch zu Rechtsnormen -der Besatzungmacht stand. Jedenfalls zeigt sich in all dem Geschilderten die moderne Tendenz, die Wahrheit des Rechtsgesetzes richterlich zu ermitteln (vgl. Anschütz, Art. 102 Anm. 4, der darauf hinweist, daß die h. M. im kaiserlichen Deutschland die Nachprüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes — noch •— nicht zuließ). Die Feststellung des tatsächlich geltenden und zur Anwendung kommenden Gesetzes und die seiner Rechtsfolgen ist mit den genannten Einschränkungen die Aufgabe der Richter des ersten und des zweiten (vgl. § 537) Rechtzuges, für die Revisionsinstanz gilt dagegen (noch) die weitere Einschränkung des GG Art. 99 (vgl. die dortigen Erl.) wie die des § 549 (soweit er nicht durch GG Art. 99 überholt ist), d. h. einige vorgeprüfte inländische und alle vorgeprüften ausländischen Rechtssätze (vgl. die Erl. zu § 549: über die letzten sowie Gewohnheitsrecht und Statuten darf übrigens Beweis erhoben werden, vgl. § 293; während für die sonstigen inländischen der Grundsatz „iura novit curia" gilt) darf das Revisionsgericht nicht nachprüfen, sondern muß das Urteil des unteren Gerichts gelten lassen (vgl. §562), auch wenn es von dessen Unrichtigkeit überzeugt ist. Das modernere Revisionsrecht der AbgabenO kennt diese Beschränkung nicht (vgl. AbgabenO §288 und Handkomm. z. Abgaben-O von Hübschmann und Hepp, 1943, § 288 Anm. 4), doch gilt auch hier jetzt GG Art. 99. Abgesehen von der Besonderheit •des GG Art. 99 wie der des § 549 wird aber auch im Zivilprozeß vom Revisionsgericht ein eigenes Urteil über das bestehende Recht verlangt (und sogar ein eigener Urteilsspruch zur Sache, vgl. §§ 563, 565 I I I und nur in den Fällen der §§ 564, 565 I, I V der formale der Aufhebung und Zurückverweisung), also nicht etwa bloß das über das Urteil der unteren Gerichte (wie ganz klar § 563 ergibt). Wenn in den Fällen der Zurückverweisung dann das untere Gericht in ein und derselben Sache an die Beurteilung des höheren bzw. das Revisionsgericht an die Entscheidung des bzw. der großen Senate (in den Teilen, auf die es für den Urteilsspruch ankommt, vgl. die Erl. zu § 565; GVG § 138 I I I ) gebunden wird, so folgt dies daraus, daß das Gesetz über die Beurteilung des höheren Gerichts kein Urteil (des unteren wie des Revisionsgerichts bei zweiter Revision mehr) zuläßt (was § 565 II ausdrücklich bestimmt), was abpr auch dann gilt, wenn das Berufungsgericht an das des ersten Rechtszuges unter Aufhebung zurückverweist (vgl. die Erl. zu §§538,539,575) ; und was aus §318 (a.M. dieh.M.) und der Lehre von der Rechtskraft gefolgert werden darf; denn auch das Revisionsgericht bleibt an seine Entscheidung gebunden (vgl. die dortigen Erl.; Schönke § 565 Anm. II 2 will hiervon allerdings abweichen, wenn inzwischen der große Senat nach GVG § 138 abweichend entschieden hatte). Hierdurch wird für den einzelnen Fall aber nur die — erforderliche — Rechtssicherheit begründet (welche spätere Willkür verhindern soll). Selbstverständlich kann im Einzelfall das Urteil des unteren Gerichts richtig, deis des höheren falsch sein; das Gesetz geht aber von der sichereren Wahrheitsfindung der höheren Gerichte aus; der bewußt falschen Wahrheitsfindung auch der höchsten Gerichte wird dabei durch § 580 14, der einer möglicherweise fahrlässig falschen durch § 579 I 1—3 begegnet (über die Anwendung des B G B § 826 bei objektiv unrichtigen Urteilen vgl. § 322). Darüber hinaus kann aber der Richter nichtige positive Gesetze nicht anwenden, •ohne gegen das Gesetz der Logik zu verstoßen. Ist eine Norm in sich unlogisch, so ist sie nichtig (vgl. GVG §§ 11, 1; B G B § 1588); steht sie zu anderen Normen in Widerspruch, so ist der Geltungsbereich der einzelnen Normen unter dem Gesichtswinkel der Einheit des Rechtes gegeneinander abzugrenzen, was durch Auslegung geschieht. Die Einheit des Rechtes aber fordert das Prinzip der Gerechtigkeit (vgl. GG Art. 3). Es gibt indes auch natürliche Gesetze (lies: die von menschlichem Denken unabhängigen), welche das Rechtsgesetz vernichten, indem sie allmählich seine Autorität beseitigen und es so unwirksam machen (dies gilt besonders für Verstöße der Rechtsgesetze gegen die ökonomischen Gesetze) : sie werden meist von den Gerichten noch angewandt, obwohl die Bevölkerung sie seit langem nicht mehr befolgt und deren Anwendung das Rechtsleben des Volkes korrumpiert. Aber so, wie man zufließendes Wasser dann nicht mehr durch einen Staudamm am Weiterfließen hindern kann, wenn der Damm zum Stauen nicht mehr ausreicht, so ist es auch mit den ökonomischen Naturgesetzen. Diese Verstöße führen, um in überkommenen Begriffen zu reden, zur Anfechtbarkeit der Rechtsgesetze; gekennzeichnet dadurch, daß ihnen sich jeder, der es

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Allel

nur irgend kann, zu entziehen versucht. Sie im rechten Augenblick — bevor noch der Damm bricht — für nichtig zu erklären, ist eine richterliche Aufgabe. Mit der Anwendung der Naturgesetze im Rechtsleben ist indes nicht das Streben der sog. Naturrechtler zu verwechseln; denn auch die Naturgesetze haben ihr festes Fundament,, während die Naturrechtler einem Vernunftrecht das Wort reden, das, so lange es nicht gelingt, ihm eine feste auf einer Religion oder einer Weltanschauung beruhende Grundlage zu geben, nur dies sein kann, was der Vernunft des einzelnen Richters entspricht und was sich dann dem, der diese Vernunft nicht billigt, als Willkür darstellt. Die persönliche Vernunft soll also die allgemeine, die durch das Gesetz ausgedrückt werden soll, ersetzen. Dann wäre es aber nur folgerichtig, wenn man den mit positivem Gesetzeswissen belasteten Berufsrichter über Bord wirft und den reinen Laienrichter einführt, der bar jedes Gesetzeswissens nach seinem „unverdorbenen" Gefühl — metaphysisch — richtet. In einer Zeit wie der Modernen, der es an Demut fehlt und die keine allen gemeine Religion oder Weltanschauung kennt, geschweige denn gelten läßt, würde dies allerdings die Auflösung des Staates bedeuten. Der Staat muß deshalb den Richter an das positive Gesetz binden, wie dies ja auch GVG § 1, GG Art. 97 I vorschreiben. Wenn dem gegenüber Geiger: Bemerkungen zur Stellung, zur Aufgabe und zum Verfahren des BVG (Bundesanzeiger Beil. zu Nr. 218/51) meint, der Gesetzgeber habe sich vorgestellt, daß GG Art. 20 III die Möglichkeit, vernunftrechtlich zu entscheiden, eröffne, so ist dieses Motiv jedenfalls nicht hinreichend erklärt worden, auch nicht durch den Ausdruck „Gesetz und Recht", solange nicht gesagt wird, daß das gesetzte Recht kein Recht mehr ist oder doch sein könnte. Vom Standpunkt des positiven Rechts aus darf es nur dann nicht befolgt werden, wenn es infolge wissenschaftlicher Erkenntnis des ranghöheren Naturgesetzes ungültig ist. Vom Standpunkt einer metaphysischen Grundlage aus wäre positives Recht dann weiter nicht zu praktizieren, wenn es gegen die festgelegte metaphysische Grundlage verstoßen würde, die aber erst einmal als gegeben aufgewiesen werden müßte. Ohne die Bindung an die gegebenen Gesetze gibt es jedenfalls kein Richten, sondern nur noch Verwalten, wobei sich in totalen Staaten die Verwaltung nach dem Staat, in schwachen nach dem einzelnen Richter (und hier auflösend wirkend) richtet. ΑΠe2

Die aufgezeigte Tendenz der Modernen tritt auch bei der Feststellung der tatsächlichen Vorgänge hervor. Nur an diesen Fall pflegt der Zivilprozeßrechtler zu denken, wenn er von den Tatsachen spricht. Sie werden (in der Regel) von den Parteien behauptet; durch die Beweisaufnahme festgestellt (aber nicht nur sie, sondern auch Erfahrungssätze und sogar Rechtsnormen — § 293 —werden es; vgl. Rosenberg, Lb. § 114, der hervorhebt, daß die Erfahrungssätze wie die Rechtsnormen Tatsachen im Sinne der Logik sind) ; und die erste und die Berufungsinstanz werden als Tatsacheninstanzen bezeichnet, weil sie sich hauptsächlich mit ihrer Feststellung befassen, während regelmäßig in der Revisionsinstanz für ihre Beurteilung diese Tatsachen als festgestellt zugrunde zu legen sind (vgl. § 561 I). Und auch hier sind das Geschehen und seine Erkenntnis in der Tatsache selbst, und nicht etwa bloß die Urteile über Tatsachen, Gegenstand des Verfahrens, wie sich aus § 138 I, eingeführt durch Nov. 1933, ergibt. Noch auf dem alten Prozeßrecht fußend, meint Rosenberg (Lb. § 60 I 2b, § 114 II 2), durch Urteile über Tatsachen — die Behauptungen der Parteien — werde das Tatsächliche in den Prozeß eingeführt (es gibt aber auch Behauptungen, die etwas bewußt wahrheitwidrig als Tatsache hinstellen, was keine ist, also keine Behauptungen von Tatsachen sind, sondern die über eine vorgespiegelte Tatsächlichkeit), durch Urteile der Zeugen, Sachverständigen wie des Richters selbst (im Augenschein- und Urkundenbeweis) werde es als wahr erwiesen. Aber schon der letzte Fall zeigt, daß der Richter, der die Tatsächlichkeit festzustellen hat, selbst urteilt, und zwar nicht über sein Urteil, sondern darüber, ob etwas tatsächlich ist. Dasselbe wird auch in den ersten Fällen deutlich, wenn der Richter, über die Widersprüche in den Bekundungen hinausgehend, zu entscheiden hat, was nun tatsächlich geschehen ist (man denke an den Fall einer oder mehrerer sich widersprechender Zeugenaussagen oder daran, daß eine Bekundung nicht mit sonstigen Beweisanzeichen, den Erfahrungssätzen im allgemeinen oder der Erfahrung des Richters im besonderen — vgl. § 291 — übereinstimmt) ; er hat also in jedem Falle zu ent-

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scheiden, ob eine Bekundung als wahr anzusehen ist oder nicht. Diese selbe Prüfung hat die Berufungsinstanz ebenso zu vollziehen wie der erste Richter; es ergibt sich hier dieselbe Lage, wie sie oben bei der Feststellung der Gesetze geschildert worden ist; und nicht anders liegt der Fall in der Revisionsinstanz, soweit diese überhaupt zur Nachprüfung einer solchen Tatsächlichkeit berufen ist (§§ 561 1 1, 554 III 2b); soweit allerdings die Revisionsinstanz das Urteil der unteren hinnehmen muß (vgl. § 561 II), fällt sie nur ein Urteil unter Zugrundelegung eines anderen Urteils (also über ein Urteil); daß es aber auch hier Grenzen für die Hinnahme des fremden Urteils gibt, hat die Rechtsprechung gezeigt (worauf noch weiter unten eingegangen werden soll; die moderne Tendenz geht hier dahin, dem Revisionsrichter in möglichst weitem Umfange die Nachprüfung dieser Tatsächlichkeit zu gestatten; so schreibt AbgabenO § 288 I 1 vor, daß Verstöße gegen den klaren Akteninhalt zu berücksichtigen sind, was übrigens auch das Reichsgericht schon getan hat). Vom Tatrichter wird jedenfalls stets das eigene Urteil gefordert; er darf (der Norm nach) nicht das fremde Urteil (als feststehend) übernehmen; er muß vielmehr den im Tatsachenbegriff enthaltenen Wahrheitsschluß auf Grund des gesamten Geschehens unmittelbar ziehen (vollziehen oder auch nachvollziehen) und prüfen, ob das Fortwirken des Geschehenen eine darüber abgegebene Bekundung zu rechtfertigen vermag; so hat er sich von dem (fremden) Vorurteil zu lösen; so wird das Geschehen selbst Gegenstand des eigenen richterlichen Urteils. Und das Geschehene hängt nicht von dem Wunsche des Betrachtenden ab, wie er es gern gestaltet sehen würde; m.a.W., es ist unabhängig von seinem Wollen; die Feststellungen darüber können nur einem Wissen entsprechen. So darf der richterliche Augenschein sich nur auf (die hier nur betrachteten) Tatsachen beziehen (vgl. § 371 A), der Urkundenbeweis nur auf die Feststellung der (selben) Tatsächlichkeit über das in ihr Erklärte; nicht aber etwa auf das, was ein Richter (kraft seiner Willkür) dem Inhalte des Augenscheins oder der Urkunde entnehmen will. So, wie der Richter sich nur seines Wissens bei der Feststellung der Tatsächlichkeit bedienen darf, so darf er auch nur ein fremdes Wissen darüber, nicht aber ein auf den Inhalt der Tatsächlichkeit bezogenes fremdes Wollen benutzen, denn es geht bei der Tatsachenerforschung nur darum, festzustellen, wie etwas ist oder gewesen ist, nicht aber darum, was jemand als Tatsache angesehen wissen will. Die Erklärungen über diese Tatsächlichkeit — mögen sie nun von den Parteien oder den Beweismitteln stammen — dürfen deshalb nur als Wissenserklärungen, nicht als Willenserklärungen zugelassen werden. Das ist unstreitig für das, was Zeugen (vgl. § 373 A II und Schönke § 282 Anm. II, Vorb. I, III vor § 373), Sachverständige (vgl. § 402 Β und Schönke Vorbem. I vor § 402) und die Parteien im Falle ihrer Vernehmung (vgl. die Erl. zu § 445 und Schönke § 445 Anm. I, II) zu erklären haben, wird aber (ζ. Z. noch — und zu Unrecht —) für die sonstigen Erklärungen der Parteien bestritten (so Schönke Vorb. IV 3a vor § 128). Nach § 138 I müssen die Erklärungen der Parteien über die tatsächlichen Vorgänge im Geschehen wahr sein; sie müssen deshalb Wissenserklärungen sein. Wenn man nach früherem Recht diese Erklärungen der Parteien auch als Willenserklärungen auslegte, so folgte dies daraus, daß man die Lüge nicht untersagte ; dies ging soweit, daß man ein bewußt unwahres Geständnis selbst bei offenbarter Lüge gelten ließ (vgl. Rosenberg Lb. § 115 I l d , Seuffert-Walsmann § 288 Anm. la). Diese Auffassung ist seit der Einführung des § 138 I durch die Nov. 33 nicht mehr vertretbar. Die Parteierklärungen über die (umrissenen) Tatsachen unterliegen der Bestimmung ohne Rücksicht darauf, ob das Gericht die Erklärungen einer Nachprüfung unterziehen muß (was im Offizialverfahren stets der Fall ist und aus §§ 622, 640 I, 641 I, 653, 663 II, 670 I folgt) oder ob in den anderen Verfahren es selbständig Beweise erheben darf (vgl. §§ 142 I, 143, 144 I, 272b II 2, 448, 452, H GB §§ 45, 47, 102) und nur in den sonstigen Fällen an die Parteianträge gebunden ist. Welche Folgerungen daraus im einzelnen zu ziehen sind, ist noch weiter unten (vgl. § 138 C) zu erläutern. Ohne Wahrheit ist jedenfalls ein gerichtliches Verfahren undenkbar. Zur Durchführung des Grundsatzes der Wahrheitserforschung und des der Gerechtig- A II e 8 keit hat man sich verschiedener Mittel bedient. So arbeitet das Zivilprozeßrecht mit dem Grundsatz der Öffentlichkeit (GVG § 169). Damit sollte jedermann Gelegenheit haben, sich davon zu überzeugen, daß der Wahrheit 9

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gemäß und gerecht geurteilt werde. Wie ernst die ZPO einen Verstoß hiergegen nimmt, zeigt §551. Doch ist dieses Prinzip durchbrochen, wie die Vorschriften desGVG §§170folg. und das schriftliche Verfahren (§ 128 II) ergeben. Übersehen wird dabei auch, daß es heute dem Laien gar nicht mehr möglich sein kann, die richtige Rechtsanwendung zu erkennen (er kennt die Rechtssätze gar nicht mehr), und daß in Zivilprozessen der Sachverhalt überwiegend nicht mehr mündlich vorgetragen wird, sondern durch die Bezugnahme auf die Akten (vgl. § 137 III) ersetzt wird (wohl nur in der Revisionsinstanz wird der Sachverhalt grundsätzlich in jedem Streit noch vollständig vorgetragen und auch da wird er — etwa vom 3. ZS — zurückgedämmt). Zivilprozessual entsteht, wenn nicht öffentlich verhandelt wird, keine Gefahr (jede Partei darf sich an die Öffentlichkeit wenden), sofern nur nicht den Parteien verborgen wird, was als Verfahrensgrundlage dient, und dies soll der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verhindern. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs bedeutet, daß jeder Beteiligte (Gericht und Partei) den gesamten Sachverhalt kennenlernen darf und Gelegenheit haben muß, zu ihm Stellung zu nehmen. Er wurde voll gewährleistet durch den Grundsatz der (vollen) mündlichen Verhandlung (§§ 136, 137). Einer besonderen Hervorhebung dieses Grundsatzes bedurfte es deshalb nur in den Fällen, wo nicht mündlich verhandelt wurde, also außerhalb des Erkenntnisverfahrens (§ 128 I). Aber auch in diesen Fällen geht die ZPO davon aus, daß die Parteien zu hören sind (vgl. § 573); nur in den Ausnahmefällen, wo •eine Partei nicht gehört werden soll, ordnet sie dies ausdrücklich an. Dies geschieht im Falle des § 336 I 2 zur Herstellung der gleichen Rechtslage (um der Gerechtigkeit willen — die Regelung ist unvollkommen), in den Fällen der §§ 834, 922 III, 936 wie, wenn Arrest und einstweilige Verfügung durch Beschluß angeordnet werden (vgl. §§ 921 I, 937 II), um vollstreckungsfeindliche Maßnahmen des Schuldners zu verhindern (der Gegner kann sich das Gehör aber in allen Fällen dann wieder verschaffen, indem er einen Rechtsbehelf einlegt). Niemals läßt die ZPO es zu, daß jemand endgültig nicht gehört werden darf. Wie stark die moderne Tendenz hier ist, zeigt die Bestimmung des § 1041 I 4. Die ältere Rechtsprechung, wonach gewisse zur Beurteilung eines Rechtsstreits herangezogene Akten den Parteien u.U. nicht zugänglich gemacht werden dürfen (worauf noch näher einzugehen ist), steht zu dieser Tendenz in unvereinbarem Widerspruch. GG Art. 103 I kann im Zivilprozeß allerdings nicht angezogen werden, weil er sich nur auf den Strafprozeß bezieht. Der Grundsatz der Gewährung des rechtlichen Gehörs hat um so größere Bedeutung, je mehr das mündliche Verfahren (§ 128 I) tatsächlich .(§ 137 III) wie rechtlich (§ 128 II) in das schriftliche überführt wird. Tatsächlich herrscht das Prinzip der Mündlichkeit heute nämlich nicht mehr. In der Wandlung der erörterten Grundsätze, des der (allgemeinen) Öffentlichkeit zu dem der Offenlegung des Sachverhalts gegenüber der Partei (dem des rechtlichen Gehörs), -des der Mündlichkeit zu dem der Schriftlichkeit, spiegelt sich die Tendenz wider, im Zivilprozeß das öffentliche Interesse dem Parteiinteresse nachzusetzen. Im Gegensatz hierzu findet sich bei der Wahrheitsermittlung die umgekehrte Tendenz : die Offizialmaxime der Verhandlungsmaxime voranzustellen ; was mit der modernen Tendenz nach Wahrheitsermittlung zusammenhängt. Durch sie soll das Gericht in die Lage versetzt werden, sich, über die Parteierklärungen hinausgehend, Gewißheit über die (wahre) Tatsächlichkeit zu verschaffen. Diese Tendenz darf aus einer Reihe von Vorschriften entnommen werden. So darf das Gericht, ohne an die Parteianträge gebunden zu sein, sich (bestimmte) Urkunden vorlegen lassen (vgl. §§ 142 I, 143, 272b II 2, HGB §§ 45, 47,102, im letzten Falle allerdings nur zum Vergleich mit anderen Beweismitteln), einen Augenschein einnehmen (§ 144 I, vgl. auch § 3), Sachverständige hören (§ 144 I, vgl. auch §§ 3, 287 I, 372 I, 442), eine Auskunft von Beamten (und Behörden) •einholen (vgl. § 272b II 2) und die Parteien anhören, um den Sachverhalt zu klären (§141 I), auf Beweisantritte hinwirken (§ 139 I) und sogar (wenn auch erst nach der Erhebung der von den Parteien angebotenen Beweise) als Beweismittel die Parteien vernehmen (§§ 448, 452 I). Daraus folgt, daß (dem Gesetz nach) das Gericht in den gewöhnlichen Verfahren nur in zwei Fällen bei der Beweiserhebung an Parteianträge gebunden ist, nämlich einmal bei der Vernehmung von Zeugen (§ 373) einschließlich der von sachverständigen Zeugen; aber ausschließlich der Möglichkeit, eine Auskunft

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von Beamten zu erfordern (§ 272 b II 2, die allerdings, wenn sie nicht erteilt wird, allenfalls durch eine von der Antragstellung der Parteien abhängige Zeugenvernehmung erzwungen werden darf) und sodann bei der Vorlegung von Urkunden durch dritte (§§ 428—432) ausschließlich der Möglichkeiten, welche § 272b II 2, HGB § 102 bieten; da das Gericht indes den dritten in diesen Fällen nicht zwingen darf, muß es, falls Zwang erforderlich wird, diesen den Parteien überlassen, ist deshalb insoweit wieder von deren Verhalten abhängig (vgl. Düringer-Hachenburg-Hoeniger, Komm. z. HGB, 1930, Anm. zu § 102). Und selbst in diesen Fällen (der Abhängigkeit des Gerichts vom Parteiverhalten) hat es auf die Beweisanträge nicht einzugehen, wenn es die Tatsächlichkeit kennt (§ 291), eine Vorschrift, welche die richterliche Erkenntnis über die Parteierklärungen, im besonderen auch über das Geständnis (§ 288), setzt; und auch die noch verbleibende Abhängigkeit von den Parteianträgen ist in allen Sonderverfahren, soweit die Offizialmaxime gilt, völlig beseitigt (vgl. §§ 622, 640 I, 641 I, 653, 663 II, 670 I). Aus all diesen Vorschriften ist zu entnehmen, daß das Rechtsgesetz die Ermittlung der (wahren) Tatsächlichkeit anordnen will. Und so richtig dies bei der Erhebung von Beweisen ist, so bedenklich erscheinen bezüglich der Parteierklärungen inquisitorische Regeln (an denen schon die PrAGO v. 1793 gescheitert ist). In der Praxis herrscht zudem auch in den Offizialverfahren fast ausschließlich die Parteiinitiative. Für Regelverfahren gilt allerdings für die Parteierklärungen die Verhandlungsmaxime. In Verbindung mit dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs darf damit gerechnet werden, daß die an ihren Erklärungen gegensätzlich interessierten Parteien den wahren Streitstand verdeutlichen. Der Prozeßökonomie wie dem Ziel, dem Standpunkt der Parteien gerecht zu werden, entspricht es durchaus, davon auszugehen, daß das Unstreitige der Wahrheit entspricht, so daß das Gericht die Wahrheitsermittlung auf das Streitige beschränken darf. Durch die Einführung des Inquisitionsgrundsatzes (wie dies in den Sonderverfahren geschehen ist) kann es leicht zu einem (gemeinschaftlichen) gegensätzlichen Interesse der Parteien zu dem des Staates (vertreten durch das Gericht) kommen, wobei der Staat stets im Nachteil bleiben muß (wenn Ehegatten geschieden werden wollen und das Gericht ihre Gründe nicht billigt, werden dem Gericht — trotz § 138 I — unaufdeckbar gesetzliche Scheidungsgründe vorgetragen werden). Vom Standpunkt des Rechtsstaates aus sollte man in allen zivilprozessualen Verfahren den Verhandlungsgrundsatz einführen, und das Gericht sollte nur in den Fällen, wo eine Partei hilfsbedürftig ist, fürsorglich ihr die Möglichkeit, wie sie zu verfahren habe, zeigen (§ 139) dürfen. Die Gerichte sollten jedenfalls der Tendenz des modernen Staates, in die Freiheit des einzelnen möglichst weitgehend einzugreifen, auf dem prozessualen Gebiete entgegenwirken; denn diese Entwicklung führt zum Ende der Gerechtigkeit. Der Zweck eines gerichtlichen Verfahrens ist die Verhinderung der Gewaltanwendung Α Π d im Staatsbereich durch den Staat, weshalb das Zivilprozeßrecht zum öffentlichen Recht gehört; zum Ziel des Prozesses gehört deshalb die Rechtssicherheit. Daraus folgt einmal, daß die private Gewaltanwendung in der Regel gesetzlich un- Α Π d 1 erlaubt ist und nur noch unter bestimmten Voraussetzungen gebilligt wird, die gesetzlich eng umgrenzt worden sind, nämlich in den Fällen der Selbsthilfe (vgl. BGB §§ 227—231, 561, 859, 904, 962, EGBGB Art. 191, vgl. auch StPO § 127 I). Ersetzt ist die private Gewalt durch die Zwangsvollstreckung (die staatliche Gewalt), die aber erst auf Grund eines Titels zugelassen wird, der regelmäßig sich aus einem vorangegangenen Verfahren (dem Erkenntnisprozeß), bisweilen aber auch aus sonstigen Gründen (nach § 794 oder nach vorausgegangenen Arrest- oder Einstweiligen-Verfügungsverfahren) ergibt. Der zivile Erkenntnisprozeß dient dazu, außerprozessuale Ansprüche festzulegen mit A II d 2 einer Reihe allgemeiner Folgen, wie die der Unumstößlichkeit rechtskräftiger Entscheidungen (vgl. § 322 und die Auflösungserscheinung in der Modernen mit Hilfe von BGB § 826) ; der Vollstreckungsprozeß dazu, das Erkenntnis durchzusetzen. Doch gehört schon die Verfahrenssicherung hierher, so daß ein Verfahren nur zugelassen wird, wenn die Friedenssicherung, das Rechtsschutzbedürfnis besteht, so daß, wenn etwa ein und dieselbe Rechtsperson Zweifel an einer Rechtslage hat (§ 253 Β III al)

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ΑΠά2

oder wenn die Parteien nur „Tatsachen" festgestellt haben wollen (§ 256 Β II a), derProzeß nicht zugelassen wird. Nicht vereinbar mit diesem Grundsatz sind allerdings die Bestimmungen, wo der Staat sich von den Gerichten Gutachten erstatten läßt (an die sie zudem nicht gebunden werden dürfen, wenn sie im Einzelfall zu entscheiden haben, wenn man nicht das prozessuale Gleichgewicht stören will). A II e

Die Moderne tendiert allerdings nicht bloß nach Rechtssicherheit, sondern auch danach, möglichst schnell ein Verfahren beenden zu wollen. Diesem Ziel dient die Konzentrationsmaxime, der Zwang für die Parteien, den gesamten Streitstoff umgehend vorzubringen. Dadurch wird dann allerdings möglicherweise gerade das Vorbringen ausgeschlossen, das erst zur Ermittlung der vollen Wahrheit führen kann. Ein so gewonnenes Ergebnis befriedet nicht.

Α ΠΙ

Die Logik und der Zwang zur Einheit des Rechts zwingen zur Auslegung. Die Einheitlichkeit des Rechts fordert die (jedenfalls gedachte) Bewußtseinseinheit des Menschen, das Recht, die Gerechtigkeit, die Tendenz, auch bei veränderten und sich verändernden Gegebenheiten, der Veränderung gerecht zu werden; sie beherrscht das Prozeßrecht, das um des Friedens willen gegeben ist. Mit dem Stückwerk, das die Gesetzgebung (des positiven Rechts) bietet, und dem des ihm kenntlich gemachten Sachverhalts muß der Richter zu einer Harmonie kommen (die er nur erreichen kann, wenn er gerecht ist). Diese Vereinigung (Vereinfachung) läßt sich nur erzielen durch Erkenntnis; das sich ihm als Mittel dazu Bietende muß er begreifen; soweit es ihm in Übersetzung (durch Wort oder Schrift) gebracht wird, muß er es nach dem Sinn auslegen. Die Auslegung der Erklärungen der Parteien, der Zeugen, der Sachverständigen ist die Aufgabe der Richter, die im Einzelfall zu entscheiden haben. Hier soll nur noch etwas zur Gesetzesauslegung gesagt werden.

Α ΠΙ a

Mit dem an die Allgemeinheit (Öffentlichkeit) gerichteten Gesetz wird etwas erklärt, was jedermann verstehen können muß, wenn er den Sinn der Regelung erkennt.

ΑΙΠ a 1

Es gilt deshalb grundsätzlich das Erklärte nach allgemeinen oder doch nach besonderen in der Rechtssprache oder im einzelnen Gesetz festgelegten Begriffen, nicht das, was nicht erklärt, aber gewollt ist (durch die Motive, mögen sie auch in Materialien niedergelegt sein). Wenn eine Norm einen bestimmten Erklärungsinhalt hat, so darf ihr gegenüber nicht auf Zweckmäßigkeit oder gar darauf verwiesen werden, daß es nur auf den Sieg des materiellen Rechts ankomme und daß man deshalb sich beliebig über formelles Recht hinwegsetzen dürfe. Das Schlagwort ist falsch und hervorgeholt, um einen Willkürakt zu rechtfertigen, der gegen das Prinzip des Rechts steht (so richtig die im Einzelfall bei dem Streit über die örtliche Zuständigkeit getroffene Entscheidung in RG v. 9. 4.1937 II E 154/299 (302) war, so bedenklich war es jedoch, den erwähnten allgemeinen Rechtssatz herauszustellen; ebenso bedenklich ist deshalb dieser Ausspruch in RG v. 30. 6.1938 GSZ E 158/53 (55), vgl. dagegen auch RG v. 25. 8.1938 V E 158/145 (155); gutes formelles Recht ist nicht weniger wichtig als gutes materielles Recht ; in dem umgekehrten Standpunkt kommt eine nicht unbedenkliche Überheblichkeit des in seinem Können und Erkennen nur sehr beschränkten Individuums zum Ausdruck. Auch besteht doch bei dem, der sich über formelles Recht, ohne die allgemeine Vernunft auf seiner Seite zu haben, glaubt hinwegsetzen zu dürfen, keine Gewähr dafür, daß er sich nicht auch über materielles Recht hinwegsetzt. Und in der Tat zeigt die Praxis, daß, wenn in irgendeinem Falle formell willkürlich gerichtet wird, der Spruch oft auch von materieller Willkür nicht frei ist. Mit Recht hat RG v. 5.1.1937 VII E 153/200 (209) deshalb hervorgehoben, daß die formellen Voraussetzungen des Vollstreckungsrechts nicht durch Billigkeitserwägungen ersetzt werden dürfen, wenn selbstverständlich auch ein durch das Gesetz selbst nicht zu rechtfertigender Formalismus nicht zu beachten ist, wie bei der fristgemäßen Klageerhebung im Defektenverfahren vor dem unzuständigen Amtsgericht (RG v. 12. 5.1936 III E 151/233 [238]), besonders wenn der Staat durch seine Überorganisation die Öffentlichkeit verwirrt; doch ist die persönliche Unterschrift des Postulationsfähigen kein solcher überflüssiger Formalismus (RG v. 15. 5.1936 GSZ

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Amai

Der metaphysische Zwang im Prozeßrecht E 151/82 [86]), wenn das Gesetz sie fordert. Wenn eine zusammenfassende Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, so darf als solche nicht gewertet werden die reine Bezugnahme auf die von dem Postulationsfähigen nicht gefertigten Schriftsätze der ersten Instanz (RG v. 20. 8.1940 VII Β 164/390 [396]) wie die offenbar unvollständige (RG v. 30. 4.1935 III E 147/313 [316]). Andernfalls dürfen Verfahrensvorschriften mit Formenstrenge nicht für alle Fälle angewendet werden, für die sie nicht gegeben worden sind (RG v. 15. 6. 1939 IV E 160/293 [296]).

Die allgemeine Begriffskennzeichnung muß indes zurücktreten, wo ein besonderer Α ΠΙ a 2 juristisch, gesetzlich oder gewohnheitsrechtlich festgelegter Begriff (der j u r i s t i s c h e B e g r i f f ) gebraucht wird, etwa im BGB der Begriff des dritten (d.h. desjenigen, der nicht Vertragspartner ist), der Begriff des Rechtsmittels, des Rechtsbehelfs, des Beweismittels u. dgl. m. in der ZPO. Als Spezialbegriff hat der juristische Begriff dann den Vorrang vor dem allgemeinen. Mißlich aber ist es, wenn die Gesetzgebung, obwohl sie gute alte juristische Begriffe hat, wie etwa den des wichtigen Grundes, plötzlich sich anderer Begriffe bedient, wie etwa des triftigen Grundes (§ 372a). Soweit ein Gesetz einen besonderen (Speziai-) Begriff gebildet hat, hat er den Α ΠΙ a 8 Vorrang vor dem allgemeinen wie dem allgemein juristischen Begriff. Doch ist bei der Auslegung nicht am Einzelwort (am Buchstaben: RG v. 23. 2.1939 Α ΠΙ b V E 159/357 [361] allerdings hier in einem Fall, wo der Buchstabe erst von der Rechtsprechung gesetzt wurde, während er im erklärten Gesetz nicht enthalten ist, vgl. § 251a a.F.) zu haften, sondern von dem vernünftigen Sinn auszugehen, der sich aus dem gesamten Recht, nicht bloß aus einer Einzelbestimmung ergibt (allerdings sollte auch der Gesetzgeber vereinfachen, statt zu komplizieren; er soll ja nicht bloß verwalten). Beachtet man den Sinn der Norm und den des Verfahrensrechts, so ist eine vorgeschriebene Form nur ihrem Sinn nach zu erfüllen. Förmelei ist dabei durchaus unangebracht. (RG v. 8.12.1922 III E 105/422 [427], ν. 3. 2. 1923 I E 106/264 [265], v. 18. 3. 1929 VI E 123/406, v. 13. 5. 1930 III E 129/31 [33], v. 12. 7. 1933 III E 141/347 [350], v. 11. 3. 1936 V E 150/357 [363]). Zu den Elementen der Auslegung gehört als geläufigste die historische Auslegungsart. Α ΠΙ b 1 Hier wird angenommen, daß ein bestehender Zustand bleiben sollte, auch wenn das Erklärte unzulänglich und nach allgemeinen Begriffen anders auszulegen ist (vgl. im besonderen auch die Auslegung des GVG § 13). Dafür ein Beispiel: weil man keine Rechtskraftwirkung annahm, wenn ein ordentliches Gericht seine Unzuständigkeit erkennt (GVG § 13), läßt man die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu, daß auch es seine Zuständigkeit verneint (vgl. dazu MilRegVO 165 § 28). Vgl. aber auch BVerwaltungGG §81.

Die nach der Entwicklung strebende Auslegung ist bei weitem schwieriger; auch A i n b 2 ist hier die Möglichkeit der Willkür sehr groß. Wenn GG Art. 6 V (früher RV Art. 121) den unehelichen Kindern durch Gesetzgebung eine den ehelichen Kindern entsprechende Stellung verspricht, so darf das Gericht ein neues Gesetz, das dem nicht entspricht, nicht für gültig halten, weil es dem GG Art. 6 V widersprechen würde (vgl. GG Art. 1 III). Soweit nun durch Rechtsprechung hier eine Angleichung möglich ist, wird man dieser Tendenz in gewissem Umfang Rechnung tragen dürfen. Die Rechtsprechung verhält sich hier meist noch ablehnend, weil man nicht in das Gefüge der Ehe zerstörend eingreifen will; so hat OGH v. 14. 3.1949 II ZS 39/48 (vgl. SJZ 49/469) den Widerspruch der Ehefrau nach EheG § 48 durchdringen lassen, obwohl vier uneheliche Kinder legitimiert werden sollten; auch der BGH pflegt der Frage der Legitimation unehelicher Kinder im Rahmen des EheG § 48 kein Gewicht beizumessen (BGH v. 22. 2. 1954 IV MDR 352 = JZ 360, = J R 261) ; wobei hier der Frage der Abwägung der Interessen ehelicher Kinder im Verhältnis zu unehelichen nicht gedacht ist. Je mehr die Rechtsprechung gegen eine vom Gesetzgeber aufgewiesene Tendenz verstößt, um so eher wird dieser wieder auf den Plan gerufen. Aber einer etwa schlechthin korrumpierenden Tendenz darf selbst auf die Gefahr hin nicht nachgegeben werden, daß sie dann in voller Schärfe durch den Gesetzgeber verordnet wird.

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Allgemeines Α ΠΙ b 3

Immer muß auf die Einheit des gesamten Rechts Rücksicht genommen werden. Dies darf man als universelle Rechtsauslegung bezeichnen. Dem steht nicht entgegen, daß die Rechtsprechung grundsätzlich nur über den Einzelfall zu erkennen hat (von den Entscheidungen des BVG abgesehen, zu denen hier nicht Stellung genommen werden soll). Es sei hier der Entwicklung des prima facie Beweises im Schiffahrtsrecht gedacht, die zu einer allgemein gültigen Regel des Prozeßrechts geführt hat. Umgekehrt sind Auflockerungen auf Spezialrechtsgebieten immer bedenklich, wenn sie allgemeinen Entscheidungen zuwiderlaufen (vgl. dazu BGH v. 22. 6. 1954 I ZR 225/53).

Α ΠΙ c

Das Verfahrensrecht ist als öffentliches Recht überwiegend zwingend. Im Verfahren muß die Partei frei von sonstigen Bindungen sein; sie muß einen Prozeß führen dürfen, ohne in ihrer Handlungsfreiheit beengt zu werden. Für nachgiebiges Recht ist deshalb nur dort Raum, wo die Prozeßordnung den Parteien „Vereinbarungen" gestattet (vgl. §§ 38, 108, 224, 816, 1025, 1034 II, 1048: bei der Gestaltung des Schiedsverfahrens in gewissen Grenzen, ArbGG § 101 ; vgl. aber auch BGB § 315 und die Schiedsgutachterverträge). Die h.M. läßt darüber hinaus weitgehend Verpflichtungen zu, Prozeßhandlungen vorzunehmen oder zu unterlassen (RG v. 1. 6. 1921 V E 102/217: für die Verpflichtung zur Klagerücknahme; RG v. 4. 4. 1939 I E 160/241 : für die Verpflichtung, nicht im Urkundenprozeß zu klagen) ; indes können sie dort nicht wirksam sein, wo die Partei im Prozeß frei sein soll. Es kann sich niemand wirksam dazu verpflichten, in keiner Weise (auch nicht vor dem Schiedsgericht) zu klagen oder ein gegnerisches Vorbringen im Prozeß nicht zu bestreiten oder es zuzugestehen bzw. den Anspruch im Prozeß anzuerkennen oder auf ihn zu verzichten oder Unwahres zu behaupten oder Beweisantritte zu unterlassen oder zu erklären, oder dazu, daß Beweise in gewisser Art zu würdigen seien ( Beweis Verträge : RG v.23. 5.1919 II E 96/57 [59]) u.dgl. m.—Mit Rücksicht auf den Rechtsschutz durch das Verfahren ist auch insoweit die Lage anders wie im außerprozessualen Recht. Wohl aber kann eine Partei sich entsprechend einer solchen Verpflichtung im Prozeß — allerdings nicht immer rechtswirksam — verhalten. Andererseits wirkt, selbst wenn zwingendes Recht im Prozeß verletzt wird, dies nur in Ausnahmefällen so, daß das Verfahren nichtig oder auch nur anfechtbar ist.

AIV

Die Entwicklung des Zivilprozesses und seiner Gerichtsverfassung in Deutschland ist zwiespältig. Deutschlands geographische Lage inmitten Europas ohne feste natürliche Grenzen nach Ost und West setzte es einer Fülle von Einflüssen aus. Es erlebte an der Wende der Neuzeit den Versuch, das Individuum aus den Banden der Gemeinschaft zu lösen; es sollte befreit werden von der Kirche, in der Reformation zunächst von der Römischen Kirche, im Kommunismus von jeder Kirche; von dem Staat, wobei sich zunächst die Fürsten vom Kaiser lösten, bis der Staat sich von den Fürsten löste. Doch wird in dieser Entwicklung nicht das einzelne Individuum, das neben dem anderen nur durch Selbstbeschränkung gedeihen könnte, zu einer größtmöglichen Freiheit gebracht, vielmehr überwuchern einige wenige das Leben der anderen und binden sie fester denn je durch Staats- und Wirtschaftsgewalt, m.a.W. diese Überbetonung des Individuellen vergißt die Grenzen seiner Wirkensmöglichkeit und seine Verbundenheit mit dem großen Geschehen, dem sich doch niemand entziehen kann. Wenn noch im Mittelalter der Künstler namenlos schuf, wird nunmehr sein Name genannt; ja der Schaffende wird als der Erfinder angesehen, ohne daß man noch daran denkt, daß er in der Gemeinschaft wurzelt. Das Individuum bläht sich auf, besonders die Parasiten: es verliert die Fessel der Gemeinschaft, verliert die Demut und die Möglichkeit der Selbsterkenntnis und ruft dann Kräfte hervor, welche die Mehrzahl stärker binden als eine Obrigkeit, die sich in Demut und Erkenntnis der geringen Wirkungsmöglichkeit der Menschen bescheidet. Ohne diese Selbstbescheidung derer, die im Verhältnis zu den anderen Menschen große Gewalt haben, verhindern nur die, welche sich nicht selbst binden können und wollen, daß das Ziel eines naturnotwendig vorhandenen Zusammenlebens erreicht wird; und sie müssen gebunden werden, wenn nicht die übrigen Individuen verderben sollen; so sollte, wenn nicht das Ganze untergehen soll, die Mitte zwischen der Befreiung des Individuums von der Gemeinschaft und seiner Bindung in ihr gesucht werden. Vom Mittelalter zur Neuzeit entwickelt sich der Individualismus sprunghaft, und die, welche in einer Zeit leben, können sich weder dem Alten noch dem Neuen entziehen. Die katho-

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Geschichte des Zivilprozesses und seiner Gerichtsverfassung

AIV

lische Kirche reformiert sich selbst, die Protestanten geraten in einen Dogmatismus. Die Träger des Alten fördern das Neue, die des Neuen kehren zum Alten zurück. Und doch gibt es unter ihnen keine Übereinstimmung, keinen gemeinschaftlichen Weg; gemeinsam ist ihnen nur die Zeit, in der sie leben. Sie leben nicht in der Harmonie von Schlag und Gegenschlag, sondern in der ungebändigten Disharmonie der Moderne. Die gebändigte Unruhe im Nacheinander des Polyphonen ist ihnen fremd; es will niemand warten, bis er an der Reihe ist. So kommt es zu einer steten Zersetzung. Die Rechtsentwicklung ist nicht von der kulturellen zu trennen, und das, was man schildern kann, bewegt sich meist in Formen, über die man ihren Inhalt vergißt. Im deutschen Rechtsleben wird der Bruch mit dem Überkommenen durch die Re- AIV a zeption gekennzeichnet. Bis dahin galt das, was man germanisches Recht nennt. In ihm dominierte der Strafprozeß. Doch führte der Gedanke, das Delikt zu sühnen, zum Schadensersatz des Zivilprozesses. Als der Bruch sich zum Ausgang des 13. Jahrhunderts zu vollziehen begann, hatte das germanische Recht (vgl. dazu Planck, Das deutsche Gerichtsverfahren im Mittelalter, 1879) seine Entwicklung hinter sich. In der geschichtlichen Zeit liegen die Anfänge des Verfahrensrechts im volksgericht- AIV a 1 liehen Verfahren durch den Schieds- und Sühnevertrag, dem sich beide Parteien, am Anfange aus freiem Willen, später durch die Mitbürgen moralisch und endlich durch das Gemeinwesen rechtlich gezwungen, unterwarfen. Einen solchen Vertrag zu schließen, konnte der verlangen, der sich verletzt fühlte und dafür den Ausgleich forderte. Über den Streit entschieden die Gemeindegenossen (die am Verfahren als Parteien nicht beteiligt waren), soweit sie in der Gemeindeversammlung eine Stimme hatten (als freie Männer) ; doch wurden dazu die gehört, welche als rechtskundig galten (wohl zunächst die Alten), sie wurden später Schöffen (Rechtschöpfer) genannt und schlugen der Gemeinde den Urteilsspruch vor. Mit der Vergrößerung der Gemeinden gewannen die besonderen Rechtskenner, die Schöffen, als Richter immer mehr Einfluß. Den Vorsitz der Versammlung führte der Gaufürst, in der fränkischen Zeit der König oder sein Vertreter, der Graf; doch stellte er nur das von der Gemeinde gefällte Urteil fest (er verkündete es). Die Verhandlung wie die Beratung waren also öffentlich (wie heute noch in der Schweiz). Betrieben wurde das Verfahren von den Parteien. Das Verfahren unterstand dem Verhandlungsgrundsatz, wobei das Gericht die Verhandlung selbst nicht beeinflußte ; es lief aber unter gewissen festgelegten Formeln ab, die für Klage und Klagebeantwortung gebraucht werden mußten ; allein daraus ergibt sich, daß auch hier schon eine Rechtsentwicklung vorliegen muß, nämlich die zu einem formelhaft festgelegten (Schieds-)Verfahrensvertrag; wer sich an sie nicht hielt, unterlag im Prozeß. Hatte der Beklagte den Anspruch geleugnet, so erging ein durch Beweiserhebung bedingtes Urteil; der Beklagte mußte dann aber geloben für den Fall, daß der Beweis mißlang, eine Buße zu leisten. Zu dieser wurde er noch nach der lex salica verurteilt. Bewiesen wurden aber nur Rechtsbehauptungen für Freie durch den Eid von Gemeindegenossen (die ihre Meinung, den Beklagten treffe keine Schuld, beschworen), für Unfreie (später auch für Freie) aber durch sog. Gottesurteil (Feuerprobe, Wasserprobe, Beweisorakel, Zweikampf). Der Spruch wurde im Verfahren von einem Schöffen vorgeschlagen; doch durfte er gescholten werden (woraus sich die Rechtsmittel entwickelten). Die Schelte führte in der alten Zeit dazu, durch Kampf zwischen dem Sprecher und dem Scheiter den Streit auszutragen; später nur zum Spruch durch die Gemeinde, der endgültig war. Vollstreckt wurde durch Privatpfändung, die durch Bußen unterstützt wurde und zur Friedloslegung des Beklagten führte, wenn er sich dem Verfahren völlig entzog. Die Friedloslegung verbot allerdings nur den Gemeindegenossen, dem Friedlosgelegten zu helfen. Neben diesen Gerichten entwickelt sich aber von der fränkischen Zeit ab das Staats- A IV a 2; gericht, das Königsgericht. Es gewinnt mit der Zunahme der königlichen Macht, aber auch durch sein Verfahren : die Lösung von dem förmlichen Klage- und Beweisverfahren, die Amtsleitung, wie überhaupt dadurch, daß das Gericht auf die Verhandlungsführung einwirkt. Über jeden Parteiantrag wurden die Schöffen befragt, die dann nach festen Regeln mit bestimmten Beweismitteln Beweise erheben und dann später über den Antrag der Partei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Spruch erkennen.

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Allgemeines

AVIa2

Die Privatpfändung geht allmählich in die gerichtliche über. Zivil- und Strafverfahren liefen dabei immer noch im gleichen Gang. Es bildeten sich die Land- und die Stadtgerichte wie die Hof-, Lehen- und Ministerialgerichte. An Stelle des Königs trat der Kaiser; seine Gerichte wurden aber bald durch die der Fürsten verdrängt (nur einige kaiserliche Landgerichte hielten sich noch am Ausgang des Mittelalters). Für die Unfreien gab es dagegen die Eigengerichte der Herren, im besonderen gerieten die Strafgerichte allmählich in ihre Abhängigkeit. AIV b

Auch der römische Ziyilprozeß (vgl. Sohm, Institutionen des römischen Zivilprozesses, 1925; ebenfalls nach einer schon stattgehabten Entwicklung) knüpfte an den Schiedsvertrag der Parteien an.

AlVbl

In der (fortgeschrittenen) Geschichte der Republik war es aber ein Individaalverfahren, in dem die Parteien gemeinschaftlich den privaten Richter bestellten. Dieser mußte sodann von der Staatsmacht (dem praetor) eingewiesen werden, und dies geschah in einem förmlichen Verfahren mit vorgeschriebenen Worten (im Legisactionenprozeß mit dem gesprochenen, im Formularprozeß mit dem geschriebenen Wort). Soweit dieses formularmäßig durchzuführende Verfahren mangels Form für die Klage nicht durchführbar war, wurde durch Wettversprechen (Sponsionverfahren) oder durch Interdiktenverfahren (mit der Behauptung, die Gegenpartei habe gegen ein prätorisches Edikt verstoßen) geholfen. In ihm wurde festgestellt, unter welchen Bedingungen der Kläger, unter welchen der Beklagte obsiegen sollte, und dies vom Staat sanktioniert. Der Schiedsrichter (iudex) hatte dann seinen Spruch nach dieser mündlich oder schriftlich festgestellten Formel zu fällen, und zwar nach Maßgabe dessen, was die Parteien mündlich oder schriftlich vortrugen. Die Verhandlung war formlos und von der Verhandlungsmaxime beherrscht. Waren Beweise zu erheben, so geschah dies unmittelbar vor dem Schiedsrichter; er würdigte ihr Ergebnis frei. Rechtsmittel gegen den Spruch gab es nicht. Soweit das Verfahren mündlich war, war es öffentlich. Vollstreckt wurde der Spruch erst durch einen weiteren der Staatsgewalt. Brachte der Verurteilte neue Einwendungen vor, so führte dies zum neuen Streitverfahren ; unterlag der Verurteilte, so wurde er auf das doppelte verurteilt. Das Verfahren unterschied sich vom römischen Strafprozeß merklich; es war entwickelbarer als der germanische Prozeß.

AIV b 2

Neben diesem Privatprozeß entwickelte sich aber auch im Römischen Recht der Staatsprozeß, das Verfahren extra ordinem (das sog. Kognitionverfahren). Zunächst bestellte nur der Praetor an Stelle der Parteien den Schiedsrichter. Später fiel dann diese Zweiteilung weg, obwohl auch hier noch einzelne richterliche Funktionen auf bestimmte andere Richter übertragbar waren. Dieses Verfahren wuchs aus der Provinzialgewalt der Beamten, in Rom selbst über einzelne neue Verwaltungsangelegenheiten. Die staatliche Richtermacht wuchs mit der Stärke des Prinzipats. Hier entwickelte sich statt des Parteibetriebs der Amtsbetrieb, die Beweisaufnahme wurde zur richterlichen Untersuchung, doch wurde der Richter an Beweisregeln zunehmend stärker gebunden, im besonderen gewann die Urkunde an Gewicht. Es wurde aber auch die Mündlichkeit durch die Schriftlichkeit ersetzt (die Klage mußte unter Justinian schriftlich eingereicht werden, der Beklagte erhielt ihre Abschrift bei der amtlichen Ladung, das Urteil wurde schriftlich abgesetzt) und dadurch verschwand die Öffentlichkeit. Andererseits bildete sich ein Instanzenzug, wonach zunächst ein Oberrichter zu urteilen hatte (durch Appellation) und wonach der Kaiser angerufen werden durfte (durch Supplikation). In diesen Verfahren durfte auch bei Abwesenheit des Beklagten entschieden werden. Das Verfahren wurde zunehmend förmlicher.

AIV c

Die Rezeption begann damit, daß die vier Gerichtsformen verschmolzen wurden. Da sie auf eine wachsende Staatsmacht stieß, hatten die Staatsprozesse ein größeres Gewicht. Im übrigen ist es aber bei dieser Verschmelzung zu verschiedenen Ergebnissen gekommen.

A IV c 1

Im langobardischen Recht wurde zunächst das germanische Volksrecht verdrängt. Es blieb bei dem Königsgericht, das durch den Herzog, den Grafen oder einen sonstigen Lehensmann des Königs ausgeübt wurde. Beraten wurde der Richter durch rechts-

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Geschichte des Zivilprozesses und seiner Gerichtsverfassung

AIYcl

gelehrte Beisitzer, welche die Schöffen (die rechtsgelehrten Volksmitglieder) ersetzten. Auch hier waren Gegenstand des Verfahrens Rechtsbehauptungen der Parteien in formell vorgeschriebener Gliederung. Die Beweiserhebung wurde durch Zwischenurteil angeordnet. Der Beweis wurde vom Gericht erhoben und ging über Tatsachen. Das Ergebnis der Behauptung und der Beweisaufnahme führte zum Endurteil. Dieses war -durch Anrufung des Königs angreifbar. Die geistliche Gerichtsbarkeit (vgl. Brunner, Einleitung in die Theorie der sum- AIV c 2 manschen Prozesse, 1889) bevorzugte zunächst den römischen Staatsprozeß der Kaiserzeit (erklärlich daraus, daß der Papst in Rom seinen Sitz hatte). Der Prozeß wurde allmählich immer bedeutsamer; während die geistliche Gerichtsbarkeit zunächst beschränkt auf nur kirchliche Angelegenheiten war, erstreckte sie sich später auf die causae mixtae (auf Ehe-, Kindschaft-, Testament-, Dotalsachen u. dgl. m.) und wuchs darüber hinaus und vermischte sich mit. dem langobardischen Prozeß. Doch wird auch der römisch-kanonische Prozeß durch den germanischen Prozeß beeinflußt. Auch hier ging man von den Rechtsbehauptungen der Parteien aus. Das Verfahren war schriftlich. Es begann mit der Klage; sodann mußte sich der Beklagte erklären (weigerte er sich, so gab es gegen ihn zugunsten des Klägers die missio in bona oder die Acht oder den Bann). Lag seine Zustimmung vor, so war dies die Grundlage für den Urteilsspruch. Die Erklärungen haben sich auch hier in knappen Formeln gehalten. Sie waren in bestimmter Reihenfolge zu bringen (Behauptung, Einwendung, Einrede, Replik, Replikation usw.) und in dieser gerichtlich zu erledigen. Soweit Behauptungen usw. bestritten waren, kam es zu besonderen Beweisurteilen mit daran schließender Beweisaufnahme, wobei allerdings ihre nach germanischem Recht zugelassene Anfechtbarkeit immer mehr zurückgedrängt wurde. Die Beweiswürdigung war durch Beweisregeln begrenzt. Der Spruch war als sententia iniqua anfechtbar bei formellen Verstößen durch das auf Nichtigkeit des Verfahrens abzielende Rechtsmittel. Hieraus entwickelte sich der gemeine Prozeß in Deutschland (A IV d 3). Durch das Exil in Avignon kam der Papst mit dem französischen Rechtsdenken in Verbindung; •das französische Recht begann das gemeine Recht in seiner Schwerfälligkeit aufzulockern. Nach dem Vorgang der Ordonnanz Philipp IV. für Toulouse von 1303 löste Clemens V. durch die Clementina Saepe von 1306 den Richter von dem förmlichen Verfahren und gestattete ihm, simpliciter und de piano (de piain), von den Prozeßformen gelöst, zu entscheiden, im besonderen wurde dem Richter gestattet, die Reihenfolge der Termine zu ändern und auch gegen den abwesenden Beklagten zu urteilen. Das französische Recht entwickelte dieses Verfahren fort (vgl. A IV e). In Deutschland (vgl. Johann Christoph Schwarz, Vierhundert Jahre deutsche Zivil- AIV d prozeßgesetzgebung, 1898) wurde das Römische Recht im 14. und 15. Jahrhundert rezipiert. Damit ging Hand in Hand die Übernahme des formellen römisch-kanonischen Rechts. Aus dem kaiserlichen Gericht des Mittelalters, wo der König bis in das 13. Jahr- AIV d l hundert selbst zu Gericht saß, wurde das des Pfalzgrafen (zunächst für minder wichtige Sachen und dadurch, daß er beisaß). Friedrich II. von Hohenstaufen setzte im Landfrieden von Mainz c 14 im Jahre 1235 einen ständigen Hofrichter ein, woraus sich dann das ständige Reichshofgericht entwickelte, das 1450 aufhörte; dann indes neu gegründet und durch den westfälischen Frieden (1648) aufgelöst wurde. Daneben bestand seit 1442 das Reichskammergericht (zwischen Hofgericht und Kammergericht bestand eine konkurrierende Gerichtsbarkeit); es wurde durch die Ordnung v. 24.10. 1471 Friedrich des III. zur ständigen Einrichtung (wenn auch mit sehr beschränkten Kompetenzen). Die Kammergerichtsordnung wurde verschiedentlich verändert (1500, 1507, 1555). Während noch die von 1500 eine beschränkte Schriftlichkeit vorsah, ging die von 1507 auf die volle Schriftlichkeit über. Dies entsprach dem römisch-kanonischen Prozeß. Nach dem förmlichen Verfahren der Klage und der Klagebeantwortung kam es zur Litiskontestation: der Begründung des Prozeßstandes, wobei beide Parteien den Gefährdeeid schwören mußten. Dann erst kam es zu der Aufstellung der Klagetatsachenbehauptungen usw. Die Spezifikation des Parteivorbringens war im Nacheinander vor2

Wieczorek, ZPO I.

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Allgemeines

A IT d l

geschrieben (Positionensystem), dem sich ein entsprechend durchzuführendes Beweisverfahren anschloß (Artikularsystem). Parteieide wurden in Gegenwart der Parteien geschworen. Zeugen wurden in Abwesenheit der Parteien vernommen. Die Parteien hatten im Anschluß daran das Recht, dazu Stellung zu nehmen. Erschien der Beklagte nicht, so konnte der Kläger in die Güter des Beklagten eingewiesen (missio in bona) oder der Beklagte geächtet werden ; doch hatte der Kläger daneben die Wahl, zu beweisen. Das Reichskammergericht war in erster Instanz nur für Reichsunmittelbare zuständig, als Rechtsmittelinstanz für Austrägalerkenntnisse und, wenn kein Privilegium de non appellando gewährt war. Dies erhielten indes viele Fürsten, die dann eigene Appellation-, Kammer- oder Hofgerichte schufen. Im bürgerlichen Rechtsstreit wurde in den einzelnen Ländern zu den drei Instanzen des justinianischen Prozesses übergegangen mit Oberappellationsgerichten und Obertribunalen, die an die Stelle der kaiserlichen Gerichtsbarkeit traten, die zunächst über den früheren Appellationsgerichten bestehen geblieben war. Das Reichskammergericht hatte zum Präsidenten einen Fürsten, Grafen oder Freiherrn, zwei Senatspräsidenten und Assessoren, der Reichshofrat einen Präsidenten und Räte. A IT d 2

Dem Reichskammergerichtsverfahren entsprachen die meisten Verfahrensordnungen der übrigen Städte- und Fürstengerichte. Die Hofgerichte waren mit nur adligen und gelehrten Beamten besetzt. Allmählich gewannen die gelehrten Richter das Übergewicht. Die Ländergerichte selbst verdrängten die Gemeindegerichte und damit auch die alten Schöffengerichte. Doch gab es noch eine Reihe besonderer Gerichte mit untergeordneten Funktionen, wo die Schöffen bis in das 19. Jahrhundert tätig blieben (Holz-Märkedinge, Feldgerichte, Gerichte zur Vornahme von Rechtsgeschäften. Über die jetzige Rechtslage vgl. GYG § 14). Aber nicht nur in der Gerichtsverfassung waren die Länder- und die Gemeindegerichte selbständig, sondern sie konnten auch die Verfahrensordnungen gestalten. So wiesen im besonderen der sächsische Prozeß, zurückgehend auf die Konstitution des Kurfürsten August I. von 1572 und die Kursächsische Gerichtsordnung von 1622, Besonderheiten auf, indem sie das Positionen- und das Artikularsystem verwarfen. Der Kläger mußte sogleich den Tatsachenstoff vorbringen, der Beklagte alsbald seine sämtlichen Einreden und Einwendungen bringen (Eventualmaxime). Das anfechtbare Beweiserkenntnis trennte das Verfahren. Die beweisbelastete Partei hatte den von ihr geforderten Beweis (innerhalb von sechs Wochen und drei Tagen) zu bringen, der nach formellen Beweisregeln zu würdigen war.

AIT d3

Durch den Jüngsten Reichsabschied von 1654 wurde das reichskammergerichtliche Verfahren entsprechend reformiert. Daraus wuchs der gemeine Prozeß. Er galt in ganz Deutschland, soweit nicht die Länder Sondergesetze schafften, und neben ihnen subsidiär. Vgl. dazu die Österreichische GerichtsO v. 12. 4.1540, 18. 2.1557, 16. 9. 1534, 28.1.1628, die der Steiermark von 1533, die von Krain von 1685, die Österr. Allg. Gerichts- und KO v. 17. 5.1781; den codex juris bavarici iudiciarius v. 14.12. 1753, das Württembergische Landrecht von 1610 und die HofgerichtsO v. 29. 3. 1654. Das Verfahren begann mit der Klageerhebung, die vollständig das enthalten sollte, was der Kläger vorbringen wollte, ihr stand die Beantwortung des Beklagten entgegen, die ebenfalls vollständig sein und innerhalb besonderer Frist eingereicht werden sollte (Verhandlungs- und Eventualmaxime). Danach folgten in bestimmten Fristen Repliken, Dupliken usw. Der Beklagte wurde zur Einlassung aber nicht gezwungen. Soweit Beweise zu erheben waren, wurde ein anfechtbares Beweisurteil mit geregelter Beweislast erlassen, welches späteres Beweis vorbringen ausschloß. Die Beweiswürdigung unterlag festen Beweisregeln. Danach wurde zum Schlüsse vorgetragen; das Verfahren endete durch Endurteil (das u. U. durch Parteieid bedingt war).

A IT d 4

Über den gemeinen Prozeß hinaus ging man in Preußen unter der AGO ν. 6. 7.1793, welche die Verhandlungsmaxime durch die Inquisitionsmaxime ersetzte und den Parteien beamtete Beistände, die „Justizkommissare" autoritär beigab. Dieses Verfahren

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Geschichte des Zivilprozesses und seiner Gerichtsverfassung

AIVd4

erwies sich bald für den Zivilprozeß als untauglich. Die PrVO v. 1. 6.1833 (GS 33) und v. 21. 7.1846 (GS 291) gingen auf den gemeinen Prozeß zurück, indem der Verhandlungsgrundsatz und die Eventualmaxime wieder eingeführt wurden. Darüber hinaus knüpfte man aber an den französischen Prozeß an und führte die Mündlichkeit der Schlußverhandlung ein. Gemeinrechtlich war das Instruktionsverfahren, die Schriftlichkeit der Klage; — war sie schlüssig und formell ordnungsgemäß erhoben, so wurde sie dem Beklagten zur Beantwortung zugestellt; diese dem Kläger zur Replik usw. Nachdem dieser Teil des Verfahrens beendet war, wurden die Parteien zur Verhandlung geladen. In ihr berichtete zunächst ein Gerichtsmitglied auf Grund seines schriftlichen Votums den Sachverhalt, sodann erhielten die Parteien das Wort. Beweise mußten spätestens in der mündlichen Verhandlung angetreten werden. Nach der Beweiserhebung wurden die Parteien erneut geladen, aber es wurde nach Aktenlage entschieden, wenn sie nicht erschienen. Der französische Prozeß (vgl. A IV c 2) hatte sich nach einem von vornherein ver- AIV e einfachten (de plain) Verfahren, zunächst besonders bei den Marktgerichten, entwickelt (vgl. Huvelin, Essai sur le droit des marchés). Das starke Königtum in Frankreich setzte dann in der Ordonnanz Ludwig XIV. von 1667 das Verfahren mit mündlicher Verhandlung fest und beseitigte das Beweisinterlokut. Darüber hinaus ging noch der Code de Procédure Civile von 1806, der das Prinzip der Mündlichkeit, der Öffentlichkeit, der Beweisverbindung und der freien Beweiswürdigung mit einem den Parteien überlassenen Prozeßbetrieb kannte (vgl. Perrot, Verfassung, Zuständigkeit und Verfahren der Gerichte der Preußischen Rheinprovinzen in bürgerlichen Rechtssachen, 1842). Zwar wechselten auch hier die Prozeßvertreter der Parteien Schriftsätze, aber sie wurden dem Gericht nicht mitgeteilt ; und erst wenn die Parteivertreter die Sache für entscheidungsreif hielten, setzten sie die Sache auf die Prozeßliste, die „Rolle", nach der die Termine bestimmt wurden. Im ersten Termin wurden die Anträge verlesen und eine kurze schriftliche Begründung überreicht. Zustellung und Vollstreckung wurden durch besondere Beamte betrieben, welche die Parteien beauftragten. Bei vertraglichen Ansprüchen mußte der Klagegrund, wenn sie eine gewisse Wertgrenze überstiegen, urkundlich belegt werden. Dadurch wurde die Zeugen- und Parteibeweiserhebung zurückgedrängt. Auch durfte das Gericht Beweisanträge bei Verschleppung zurückweisen. An Gerichten gab es die Friedensgerichte (in Einzelrichterbesetzung), während es Kollegialgerichte nur in den großen Städten gab, hier auch Handelsgerichte, die nur von Kaufleuten besetzt waren. Darüber standen dann die Appellationsgerichte mit ordentlichen und außerordentlichen Rechtsbehelfen, so daß im wesentlichen — im Gegensatz zu dem gemeinen Prozeß — nur zwei Instanzen bestanden. Die Staatsanwaltsschaft wirkte als Aufsichtsbehörde mit, die in jeder Sitzung anwesend war, ihre Anträge stellte, soweit sie dazu gesetzlich berufen war, und Gutachten abgab. Dieses Verfahren galt in den linksrheinischen Teilen Deutschlands bis zur Einführung der ZPO und des GVG (1.10.1879). Das französische Verfahren beeinflußte die Gesetzgebung der deutschen Länder; so AIV e 1 wurde in Hamburg (in Hamburg und Bremen galt weitgehend französisches Recht) durch die HandelsgerichtsO v. 15.12.1815 die mündliche Verhandlung angeordnet, wenn nicht das Gericht das schriftliche Verfahren bestimmte; auch in Posen wurde, durch PrVO v. 9. 2.1817 (GS 37) im wesentlichen das mündliche Verfahren eingeführt. Dann folgten in Preußen die Novellen der Jahre 1833 und 1846 (vgl. A IV d 4). Die Revolution von 1848 kam mit dem aus Frankreich kommenden Ideengut dazu, in den Grundrechten v. 27.12. 1848 §§ 45, 48, 50 und in der Reichsverfassung v. 28. 3. 1849 §§ 148 folg. die Forderung nach der Öffentlichkeit und der Mündlichkeit des Verfahrens zu erheben, was praktisch in den folgenden Jahren von einigen deutschen Ländern schrittweise verwirklicht wurde. In der Braunschweigischen Prozeßordnung v. 19. 3.1850 findet sich noch das gemeine Recht, aber schon mit der mündlichen Schlußverhandlung. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Prozeßordnung von Hannover v. 8.11. 1850 (die Adolf Leonhardt zusammenstellte); sie ging auf die Genfer Prozeßordnung v. 29. 9.1819 zurück, die von dem reinen Parteibetriebprinzip des französischen Rechts 2'

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AlVel

dadurch abwich, daß sie den Einfluß des Richters auf den Prozeß verstärkte und sonstige Formalismen des französischen Prozesses beseitigte. Im Anschluß an das gemeine Recht gab es aber auch hier noch das Beweisinterlokut. Das Verfahren war mündlich; der Termin wurde vom Gericht angesetzt. Das Oldenburgische Prozeßgesetz v. 2.11.1857 versuchte Mündlichkeit und Schriftlichkeit zu verbinden und gab der letzten größeren Raum als die Hannoversche Prozeßordnung. Bei dem Lübeckschen Prozeßgesetz v. 28. 4.1862 überwog dagegen noch das gemeine Recht, wenn auch die mündliche Schlußverhandlung zugelassen wurde. Dagegen beruhte die Badische Prozeßordnung v. 28. 3.1864 auf dem Mündlichkeitsprinzip, während in Bremen gegenüber der ProzeßO von 1820 durch VO v. 24. 5.1864 die mündliche Verhandlung wieder eingeführt wurde. Ebenso herrschte das Prinzip der Mündlichkeit in der Württembergischen ProzeßO v. 3. 4.1868; die Bayrische Prozeßordnung v. 29. 4.186.9 hielt dagegen noch zurück, wenn sie sich auch schon im Verfahrensgang im wesentlichen nach dem französischen Prozeß richtete. Die Entwürfe Österreichs (1861,1867,1876), Sachsens (1864), Hessens (1867) wurden (bis zum Erlaß der ZPO) nicht mehr Gesetz; es waren Verfahrensordnungen mit dem Mündlichkeitsgrundsatz. AIV e 2

Unter dem Einfluß des französischen Rechts kam es im Anschluß an die Entwicklung in den Ländern zur Bundes- und Reichsgesetzgebung. Der Deutsche Bund berief durch die Beschlüsse v. 6. 2., 17. 7., 19. 9.1862 eine Kommission zur Beratung einer gemeinsamen ZPO. Der erste Entwurf Schloß sich der Hannoverschen Prozeßordnung an, ließ aber das Beweisinterlokut fallen und ging zu dem System der Beweisverbindung über. Er ließ aber auch der Landesgesetzgebung weiten Raum. Nachdem die Anträge, die dann zu den Bundesratbeschlüssen führten, gestellt waren, berief der preußische König eine eigene Kommission. Ihr Entwurf wurde 1864 veröffentlicht. Der Entwurf des Bundes blieb infolge der eigensüchtigen Politik Preußens, das ihn sprengte, liegen. Preußen verfolgte seinen Entwurf in dem von ihm gegründeten Norddeutschen Bund weiter, der aber stark geändert und 1870 vor Ausbruch des französisch-deutschen Krieges fertiggestellt wurde. Er wurde später von dem preußisch gewordenen Justizminister Leonhardt 1871 veröffentlicht. Nach Gründung des kleindeutschen Reiches wurde er in einer Kommission zusammen mit den süddeutschen Ländern beraten und wenig geändert 1871 bekanntgemacht. Sodann wurde er vom Bundesrat im Herbstl874 dem Reichstag zugeleitet, der ihn einer Kommission unter Miquél zuwies. Nach verschiedenen Änderungen wurde er unter dem 30.1.1877 als Gesetz erlassen.

AIV e 3

Mit der Umgestaltung des Prozeßrechts ging die der Gerichtsverfassung einher. Man knüpfte an den Dreiinstanzenzug des gemeinen Verfahrens an; doch begegnete man großen Schwierigkeiten, weil die Länder ihre Souveränität nicht zurückstellen wollten. Der Entwurf des Bundesrats des deutschen Bundes nahm darauf weitgehend Rücksicht. Der vom norddeutschen Bund umgewandelte preußische Entwurf griff schon weiter in ihre Souveränität ein ; er fand auch schon das Bundesoberhandelsgericht vor. Auf Ersuchen des Bundesrats v. 21. 2.1870 ließ dann der Kanzler einen Entwurf ausarbeiten, den er Ende 1873 dem Bundesrat vorlegte. Er wurde vom PrJustizministerium überarbeitet und dann noch in den Kommissionen, vom Reichstag und vom Bundestag abgeändert. Zwischen beiden Organen kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen, die aber schließlich durch ein Kompromiß überbrückt wurden. Unter dem 27.1.1877 wurde das GVG als Gesetz erlassen.

AV

Die Normen der ZPO und des GVG wurden 1879 praktisch. Sie trafen eine Zeit des Liberalismus im Geistes- und Wirtschaftsleben, die trotz wirtschaftlicher Schwankungen höhere Bedürfnisse befriedigte, die Technik entwickelte, aber auch von althergebrachten Banden löste und zu einer Überwertung des Individuums führte. So trennt man es in der Folgezeit von der Familie — etwa durch Ehescheidungen, vom Staat — etwa durch den Nihilismus. Seine Willkür gilt alles, es löst sich zunehmend von der Allgemeinheit und ihrem Leben und führt von der Sicht der Kurzsichtigen über die der Fehlsichtigen in die der Geisteskranken mit den Folgen allgemeiner Disharmonie. Es kommt zu Kriegen, die das Individuum fesseln. Aber auch, nachdem sie beendet sind, wird in

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Änderungen seit Inkrafttreten der Ziviljustizgesetze Deutschland das Individuum nur partiell frei, während es andererseits stark bedrückt wird. Die gewaltigen Schwankungen dieser Zeit beeinflußten das Rechtsleben und auch das Prozeßrecht, wie die vielen großen und kleinen unmittelbaren und mittelbaren Änderungen der Prozeßgesetze erkennen lassen. Dabei lassen sich folgende Entwicklungsstufen beobachten :

AYa

In der Gerichtsverfassung besteht die Tendenz vom Richter auf den Rechtspfleger, A V a 1 vom größer besetzten auf das kleiner besetzte Gericht zu gehen. Zwar blieb noch das vierstufige Gerichtssystem (AG—LG—OLG— RG) zunächst (äußerlich) bestehen, doch wurde es schon in der Vorkriegszeit für die streitige Gerichtsbarkeit durch die Nov. 1905 für die einzelne Rechtssache auf höchstens drei Instanzen beschränkt, und seit der Nov. 1910 werden Beschwerden, über die vom LG in erster Instanz zu entscheiden ist, rechtskräftig vom OLG beschieden, während es immer noch Beschwerden mit drei Instanzen gibt, wenn ein AG im ersten Rechtszuge entschied. Für kurze Zeit während des Krieges wurden die OLG Berufungsinstanz auch für die AG (doch wurde diese Vorschrift noch im Kriege wieder aufgehoben und bei dem LG eine dreiköpfige Berufungskammer gebildet) ; schließlich wurde im Kriege der Rechtsgang grundsätzlich auf einen Rechtszug (durch die 2. KriegsmaßnahmenVO v. 27. 9.1944 [RGBl. I 229]) mit der Möglichkeit einer Revision durch Zulassung des iudex a quo beschränkt. Daneben kamen viele Prozesse durch die Ereignisse — Einziehungen zur Wehrmacht, später durch die Bombenangriffe oder die Besetzung — zum Erliegen. Gar vielfach wurden sie ausgesetzt. In der Ostzone Deutschlands gibt es jetzt nur noch zwei bzw. drei Instanzen auch der Gerichtsgliederung nach. Die ordentlichen Gerichte wurden schwächer besetzt, Funktionen des Richters auf den Rechtspfleger übertragen; übergangweise war im Krieg die erste Instanz bei dem LG (von Patentsachen abgesehen) nur mit einem Richter besetzt; das OLG entscheidet durch drei, das RG entscheidet durch fünf und übergangsweise durch drei Richter, wie es auch der OGH tat, während der BGH wieder durch fünf Richter entscheidet. Die Schöffen-(Handels-)richter waren übergangsweise abgeschafft. Die Restauration der Nov. 1948 für die BZ, der Nov. 1950 für die BRD stellte die Schöffengerichtsbarkeit, die Besetzung der Gerichte nach der Nov. 1924, den alten Instanzenzug, wieder her. Darüber hinaus soll noch ein Oberstes Bundesgericht errichtet werden — also das fünfte Gericht — und es gibt schon als Oberinstanz das BVG (was praktisch zu einer Sechsgliedrigkeit führen muß). Nicht so klar ist die Restauration derNov. 1950 in der Frage, ob der Rechtsgang zu beschneiden, zu belassen oder zu erweitern ist. Man wollte ihn dem Grundsatze nach vielleicht erweitern und hat dies jedenfalls in vermögensrechtlichen Streiten getan dadurch, daß die Bagatellgrenze auf 50,— DM herabgesetzt wurde, wobei noch der geringere Kaufwert der DM im Verhältnis zur RM zu bedenken ist. Aus demselben Grunde ist auch die Erwachsenheitsumme für vermögensrechtliche Revisionen wertmäßig kleiner geworden, wenn es auch bei der Zahl von mehr als 6000,— geblieben ist. Eine Erweiterung bedeutet auch die richterliche Rechtsmittelzulassung von Streiten unter dem Revisionsbeschwerdewert; dagegen hat man die Revision in nicht vermögensrechtlichen Streiten durch den Zulassungzwang beschränkt. Diese Lösung ist unbefriedigend. Auch klagt der BGH, er sei überlastet. Wohl auch, um hier nicht noch weitere Rechtsbehelfe zu schaffen, hat man bisher das in GG Art. 95 vorgesehene Oberste Bundesgericht nicht errichtet. Dagegen ist seit der Errichtung des BVG die Verfassungbeschwerde zulässig. Im Verfahrensrecht ist man immer mehr von dem Parteibetrieb abgekommen und auf A V a 2 den G e r i c h t s b e t r i e b auf Parteiveranlassung übergegangen; nur bei der Zustellung der Urteile gibt es in den Regelfällen noch die Parteizustellung (aber auch nicht mehr in arbeitgerichtlichen Verfahren). Die Tendenz steuert auch in den verbliebenen Fällen auf den Gerichtsbetrieb zu, selbstverständlich abgesehen vom Vollstreckungverfahren, wozu ein neuer Anstoß durch die Partei erforderlich ist. Auf diesem Gebiet wäre eine Auflockerung zugunsten der Parteiinitiative zu wünschen ; doch ist dies nur in geringem Umfange geschehen, während die größten Teile des Vollstreckungnotrechts durch Aufnahme in ZPO und ZVG verfestigt worden sind. 21

Allgemeines AΤa3

Unverkennbar strebt die Moderne zur Auflösung des (positiven) Rechts durch das sog.Naturrecht. Zu dem (positiven) Recht gehört auch das Gewohnheitsrecht, das allerdings gegenüber dem geschriebenen Recht zurückgetreten ist. Es hat aber seine Wurzel in der Praxis; daß es Recht ist, wird immer erst dann geklärt, wenn eine Gewohnheit plötzlich als Unrecht angegriffen wird. Ergibt es sich dann, daß das, was man, ohne sich darüber Rechenschaft abzulegen, ob es Recht ist, der Gewohnheit gemäß befolgte, auch nach bewußtem Durchdenken richtig ist, so ist es (historisch gewordenes) Recht. Es wird gewissermaßen nur so entdeckt, wie man auch sonstige natürliche Gesetze aufdeckte, sie in eine Formel brachte, ohne damit etwas Neues zu schaffen. Umgekehrt will das sog. Naturrecht bewußt Gesetze fortbilden (GVG § 137 i. F. des G v. 28. 6.1935 [RGBl I 844]), d.h. bewußt neues Recht schaffen, Gesetzgeber im Einzelfall sein. Das verstößt nicht bloß gegen den schon von Aristoteles erkannten Grundsatz der dreigeteilten Staatsgewalt, sondern führt zur Auflösung des Rechts. Sehr wesentlich zu dieser Entwicklung hat die Gesetzesinflation, der die Moderne ausgesetzt ist, beigetragen, weil den meisten Juristen es nicht mehr möglich ist, sich in ihr zurecht zu finden. An beiden Tendenzen wird in der jetzigen Übergangzeit nichts zu ändern sein; sie führen entweder zur völligen Auflösung des Rechts und des Staates oder zu einer Kodifikation des gesamten Rechts, wenn dazu noch die Kraft vorhanden sein wird.

AVb

Im einzelnen haben die großen Änderungen das folgende Ergebnis gehabt:

AYb1

Die Nov. 1898 paßte das Verfahrensrecht dem neu eingeführten BGB und dem nach ihm geänderten HGB an. Sie ergriff auch das GVG etwa bei der Bestimmung des Begriffs der Handelssachen, bei der Einordnung von Miet-, Pacht- und Gesindestreiten; gleichzeitig wurde die Strafgerichtsordnung geändert. Weit erheblicher wirkte indes das geänderte materielle Recht auf das Verfahren der ZPO ein. Sie wurde so vielgestaltig geändert, daß sie in neuer Paragraphenfolge (die alten sind jeweils in Klammern gesetzt) bekannt gemacht wurde. Im Zusammenhang damit steht die Einführung des ZVG durch G ν. 24. 3. 1897 (RGBl. 135) und die der GBO v. 24. 3. 1897 (RGBl. 139).

AVb2

Dem Anfall der Streitigkeiten war die Verfahrensordnung aber nicht gewachsen. Man wollte das Verfahren beschleunigen und mußte dabei die letzte Instanz abbauen. So kam es zu den Nov. 1905 und 1910, durch die das RG entlastet wurde. Die Nov. 1905 erhöhte die Revisionsumme von 1500 auf 2500 Mark (§546), führte den schriftlichen Revisionbegründungzwang ein, beschränkte die Beschwerdemöglichkeit, erleichterte auch schon die Vollstreckung der OLG-Urteile. Die Nov. 1910 erhöhte nochmals die Revisionsumme auf 4000 Mark und machte die Zulässigkeit der Revision von dem Nachweis der bezahlten Prozeßgebühr abhängig, eine Bestimmung, die inzwischen gefallen ist; Schloß den gewöhnlichen Beschwerdeweg zum RG aus und erleichterte weiter die Vollstreckung oberlandesgerichtlicher Urteile (§ 717 III). Außerdem ließ Art. XII des G ν. 22. 5. 1910 (RGBl. 767) bei demRGzu, daß bis zum 31.12.1913 Hilfsrichter bestellt werden durften; die Bestimmung wurde durch G ν. 8.12. 1913 (RGBl. 779) bis zum 1. 6. 1914 verlängert.

A Yb3

Daneben versuchte man, das AG-Verfahren durch die Nov. 1909 zu beschleunigen. Sie erweiterte die Zuständigkeit der AG, indem die Wertgrenze von 300 auf 600 Mark erhöht wurde, ging zum Amtsbetrieb über und ließ den Richter den Prozeß fördern (vgl. jetzt § 272b). Daneben sind aber noch eine Reihe anderer Bestimmungen geändert worden.

A Vb4

In der Kriegzeit von 1914—1918 und der Nachkriegzeit wurde vieles geändert. Wieder trachtete man nach Beschleunigung und Vereinfachung. Durch EntlBek. v. 9. 9.1915 (RGBl. 562) wurde ein obligatorisches Mahnverfahren, die Berufungsumme mit 50 Mark eingeführt, der landgerichtliche Prozeß dem amtsgerichlichen angeglichen. Weiter wurden eine Reihe richterlicher Geschäfte auf den Rechtspfleger durch EntlG v. 11. 3. 1921 übertragen, während durch die EntlVO i. F. v. 13. 5.1924 (RGBl. I 552) das Bagatell- und Schiedsurteilverfahren, das Urkundenzahlungbefehlverfahren und die Vollstreckung wertbeständiger Titel geregelt wurde. Die EntlVO blieb aber zunächst neben 22

Änderungen seit Inkrafttreten der Ziviljustizgesetze

AVb4

der Prozeßordnung bestehen und ist erst allmählich, zuletzt durch die Nov. 1950, in die Prozeßordnung eingearbeitet worden (bis auf die Vollstreckung wertbeständiger Titel). In dieser Zeit kamen viele Verfahren zum Erliegen; in der Nachkriegszeit wurde das RG zusätzlich mit Verfahren gegen Kriegsverbrecher beansprucht; man entschloß sich deshalb, in anderen Verfahren Hilfsrichter zu bestellen (Art. II des G ν. 24. 3.1920 RGBl. 20/341). Die abschließende Regelung dieser Zeit ist die NOT. 1924. Durch sie wird die Parteiherrschaft eingeschränkt, die Richtermacht gestärkt, die Parteien zur Konzentration gezwungen, das Einzelrichterverfahren im LG und die schriftliche Entscheidungsmöglichkeit sowie der Berufungbegründungzwang eingeführt (doch blieb Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen statthaft) .ferner wurde das Güteverfahren bei dem AG eingeführt (was durchNov. 1950 aufgehoben worden ist). Auchsiewollte beschleunigen, setzte die Richterzahl am OLG von fünf auf drei (für den Zivilprozeß) und am RG (von sieben auf fünf) herab. Das Schwurgericht mit getrennter Geschworenenbank wurde abgeschafft. Die Änderung desGVG war so stark, daß man sich zur Bekanntgabe in neuer Paragraphenfolge entschloß (die alten sind in Klammern gesetzt). Auch in der weiteren Zeit kam es immer wieder zu einer zu starken Belastung des BG. A Y b 5 Das G v. 27. 3.1930 (RGBl. I 31) gestattete erneut, daß Hilfsrichter für das RG bis zum 1. 4.1933 hinzugezogen wurden, was durch NotVO v. 18. 3.1933 (RGBl. I 109, 119) bis 1. 4.1936 verlängert wurde. Darüber hinaus wurden auch sonst Gerichte aufgehoben und zusammengelegt, was durch NotVO v. 23.12.1931 (RGBl. I 779) gestattet wurde (vgl. dazu auch das G ν. 6. 12. 1933 (RGBl. I 1037)). Weitere einschneidende Neuerungen brachte die Nov. 1938. Sie verstärkte nochmals die Richtermacht, beseitigte noch bestehende Beweisbindungen, ersetzte den Parteieid durch die Parteivernehmung (und schob damit dem Gericht die Verantwortung für die Auslegung der Parteierklärung zu) ; sie statuierte gesetzlich die Wahrheitslast der Parteien (§ 138 I), welche die h. M. — gegen Hellwig Lb I 402f. — früher nicht annahm. Sie führte den verstärkten Berufungsbegründungzwang ein. Ihre Änderungen sind sehr begrüßt worden. Doch haben sie auch die richterliche Willkür vermehrt und das Prozeßrecht auf den Weg der Auflösung verwiesen (ein Weg, der auch im außerprozessualen Recht durch die Billigkeitsrechtsprechung gegangen wird). Sie reicht in ihren Vorarbeiten auf die Zeit vor 1933 zurück, ist indes ein Zeichen ihrer Zeit. Der Einbruch der Nationalsozialisten machte sich in der Gerichtsverfassung be- A V b β merkbar. Man „säuberte" das Berufsrichtertum durch das BerufsbeamtenG und erklärte die laufende Wahlperiode der Schöffen, der Geschworenen und der Handelsrichter zum 30. 6. 1933 für beendigt (G v. 7. 4.1933 [RGBl. 1188]); setzte nunmehr „Parteigenossen" ein. Weiter wurde durch G ν. 24. 4.1934 (RGBl. I 341) der Volksgerichtshof eingeführt, der dem RG aus politischen Gründen die Zuständigkeit in Hoch- und Landesverratsachen nahm. Seine Zuständigkeit wurde später noch erweitert (vgl. VO v. 21. 2. 1940 [RGBl. I 405]; VO v. 29. 1. 1943 [RGBl. I 76]). Außerdem wurde durch VO v. 20. 3.1935 (RGBl. I 403) die Gerichtsverfassung ein- A V b 7 heitlich geregelt und durch G ν. 16. 2.1934 [RGBl. I 91]) die Justiz auf das Reich überführt, was die Restauration wieder rückgängig gemacht hat. Die Kriegzeit von 1939—1945 brachte eine Fülle von Änderungen der Gerichtsver- Α Τ b 8 fassung und des Verfahrens mit sich. Es wurde bis auf den Volksgerichtshof allmählich die gesamte Laiengerichtsbarkeit beseitigt ; die Oberlandesgerichte und das Reichsgericht entschieden in der Besetzung von drei Richtern, u. U. in der von zwei Richtern, die Landgerichte in der von einem Richter '(von Berufungs- und Patentkammer abgesehen). Durch die l.VereinfachungVO v. 1.9.1939 (RGBl. 1 1658) und die 2. VereinfachungsVO v. 18. 9.1940 (RGBl. 1 1253) wurde es dem Justizminister gestattet, Gerichtssitze aufzuheben, Gerichte zu verlegen, Richter beliebig innerhalb der Justiz, der Justizverwaltung und der Staatsanwaltschaft zu verwenden. Die Zuständigkeit der Schöffengerichte wurde auf den Amtsrichter, die der Schwurgerichte auf die Strafkammern in der Besetzung von drei Berufsrichtern übertragen; das Oberlandesgericht entschied in der

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Allgemeines

AYb8

Besetzung von drei Richtern auch in der ersten Instanz. Das Landgericht entschied ire der Besetzung von einem Richter. Berufungsinstanz wurde das OLG. Die Beisitzer der· Arbeitsgerichte wurden abgeschafft (vgl. dazu auch die 1. DVO v. 8. 9.1939 [RGBl. I 1703] und die 2. DYO v. 4 . 1 0 . 1 9 3 9 [RGBl. I 1994]). Zugleich wurde die SchutzVO v. 1. 9.1939 (RGBl. 1 1656) — in neuer Fassung v. 4 . 1 2 . 1 9 4 3 (RGBl. I 666) — erlassen, die für vom Kriege Betroffene (Wehrmachtsangehörige) weitgehend die Prozesse stoppte;, darüber hinaus sind die Vollstreckungen beschränkt worden. Die 2. VereinfachungsVO v. 18.9.1940 (RGBl. 1 1253) stellte die landgerichtliche Zuständigkeit inBerufungssachen (mit dreiköpfiger Besetzung) her; die3. VereinfachungsVO v. 16. 5.1942 (RGBl. I 333) gestattete die Hinzuziehung von Referendaren zur staatsanwaltschaftlichen und richterlichen Tätigkeit, schränkte das Vorbringen in der Berufungsinstanz und die Beschwerdemöglichkeit ein, ließ die Verwerfung von Berufungenund Revisionen als offenbar unbegründet zu und gestattete abgekürzte Erkenntnisbegründungen. Die 4. VereinfachungsVO v. 1 2 . 1 . 1 9 4 3 (RGBl. I 7) beschnitt die Rechtsmittel-, die Arrest- und einstweiligen Verfügungs- und das Ablehnungsverfahren; sie erleichterte Zustellung und Klagerücknahme. Die 2. KriegsmaßnahmenVO v. 29. 9.1944 (RGBl. I 229) beschränkte das Verfahren auf eine Tatsacheninstanz (ließ indes die Revision zu, falls sie der iudex a quo gewährte) und strich das amtsgerichtliche Güteverfahren. Im Zusammenhang mit der Vereinfachung steht die REntlVerf. v. 3.7.1943 (DJ 339) mit Änderungen in D J 39/389, 44/185. Diese EntlVerf. gilt noch. Darüberhinaus ließ der Staat durch G über die Mitwirkung des Staatsanwaltes in bürgerlichen Rechtssachen v. 15. 7.1941 (RGBl. I 383) weitere Eingriffe im eigenen Interesse zu (das G ist aufgehoben, worden). A Vb9

Mit der Besetzung Deutschlands wurden die Gerichte geschlossen und erst, beginnend" mit dem AG, allmählich wieder eröffnet, und zwar in der BZ über die OLGPräsidenten. An die Stelle des RG trat in der BZ mit Wirkung v. 9. 2.1948 durch BMilRegVO 98 der Oberste Gerichtshof der BZ bis zum 30. 9.1950, der in der B R D ab 1 . 1 0 . 1 9 5 0 durch den Bundesgerichtshof ersetzt worden ist. Grundlage für diese Regelung war im Westen (mit der fortschreitenden Besetzung) das MilRegG2 (das schon vor der Zoneneinteilung galt), welches dann indie Κ Proklamation 3 und K R G 4 aufgenommen worden ist. Danach wurde das GVG i. F. der Nov. 24 wiederhergestellt. Es galt nach der Zoneneinteilung als Zonengesetz in der USZ und BZ, wurde aber in beiden Zonen geändert. Innerhalb der Länder, welche zur USZ gehörten, war die Regelung einheitlich. Württemberg-Baden hat indes dann noch das Friedensgericht durch G v. 29. 3. 1949 (RegBl. 47) mit VO v. 8. 6.1949 (RegBl. 120) eingeführt. In der BZ wurde MilRegG 2 geändert durch BMilRegVO 29. Einzelheiten wurden: durch technische Anweisungen der BMilReg. geregelt, die dann durch Verfügungen derOLGPräsidenten durchgeführt wurden. Die den Zivilprozeß betreffenden Bestimmungen des GVG wurden in der BZ durch MilRegVO 15 aufrechterhalten. Durch MilRegVO 41 ist das Zentraljustizamt für die BZ errichtet worden, das in einer Reihe von VO das GVG änderte und schon praktisch — mit der Nov. 1948 — den Zustand herbeiführte, der dann durch die Nov. 1950 für das gesamte Bundesgebiet und Westberlin erreicht wurde. In der FZ galt zunächst die Instruktion der MilReg. (vgl. ABl. für Süd-Württemberg 46/12), die dann durch die Rechtsanordnungen der Länder der FZ, die im. wesentlichen übereinstimmten, abgelöst worden ist. Die A r b e i t s g e r i c h t s b a r k e i t ist wieder eröffnet worden durch KRG 21 — in der BZ und USZ und in Westberlin zunächst ohne Revisionsinstanz, die in der FZ aufgesplittert auf die einzelnen Länder bestand — und die dazu erlassenen Gesetze der Zonenbefehlshaber. Die Anerbengerichtsbarkeit wurde durch KRG 45 und die daran schließenden VO und Gesetze (in der BZ die MilRegVO 84, LVO und LVR), die deutschen Rheinschiffahrtsgerichte durch USG 9, BMilRegVO 65 (über die alliierten vgl. BMilRegVO 68) hergestellt. In der Bizone (US und B) wurde schließlich durch USMilRegProklamation 8 und BMilRegVO 127 das deutsche Obergericht eingerichtet, das inzwischen wieder geschlossen worden ist.

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Änderungen seit Inkrafttreten der Ziviljustizgesetze

AVb»

In West-Berlin galt zunächst die AO der Alliierten Kommandantur v. 28. 3. und 28. 7. 1947 (BerlVOBl. 1 116, 170, 225). Die Eingriffe in das Zivilprozeßrecht waren ähnlich groß. In dem Verfahren vor dem deutschen Obergericht war man auf den Stand der Nov. 33 zurückgegangen, sonst hatte man aber mehrfach an neues Recht angeschlossen. Diese ganze Entwicklung mündete in der Gesetzgebung der NOT. 1950. West-Berlin hat A V b 10 sie durch G ν. 9.1.1951 (Berliner GVB1. I 99) übernommen. Dadurch wurde im GVG der Zustand vor 1933 wieder hergestellt, jedoch ist die Stellung der großen Amtsgerichte darüber hinaus verselbständigt worden, die besondere Stellung der Richter des RG ist gefallen. Neu ist die jetzt im GG verankerte Richterwahl, die sich bisher schleppend, verzögernd und im Grunde nichts ändernd ausgewirkt hat. Den Durchbruch zum sog. Naturrecht (GVG § 137) hat man bestehen lassen; ebenso die Bildung großer Senate an Stelle des Plenums beim BGH. Die Zivilprozeßordnung wurde erneut durchgekämmt. Das amtsgerichtliche Güteverfahren fiel. Sonst ist im wesentlichen der Stand des Verfahrensrechts der BZ übernommen worden. Danach ist es noch zu dem Güber das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und A V b 11 Rheinschiffahrtssachen v. 27. 9. 1952 (BGBl. I 641) undFundierung der Arbeitsgerichtsbarkeit und zu der Eröffnung des Bundesarbeitsgerichts durch ArbGG v. 3. 9. 1953 (BGBl. I 1267) gekommen. Das ZuständigkeitsergänzungsG v. 7.8.1952 (BGBl. 1407) hat in den Zivilprozeß eingegriffen. In gewisserWeise spielen auch das G über das BVG v. 12. 3.1951 (BGBl. I 243), das LVG v. 21. 7.1953 (BGBl. I 667) in den Zivilprozeß hinein. Die Notgesetzgebung zur Vollstreckung ist durch G ν. 20. 8.1953 (BGBl. I 952) in ZPO und ZVG eingearbeitet worden. Im übrigen sind die Ziviljustizgesetze wie aus dem folgenden ersichtlich geändert A Y c worden : Unmittelbare Änderungen der ZPO: AVc1 1. G betr. die Ergänzung des § 809 (jetzt § 929) ZPO v. 30. 4.1886 (RGBl. 130), 2. G wegen Abänderung des G betr. die Beschlagnahme des Arbeit- oder Dienstlohnes und der ZPO v. 29. 3. 1897 (RGBl. 159), 3. G betr. Änderungen der ZPO v. 17. 5.1898 (RGBl. 256) = Nov. 98, mit einer Bekanntmachung = Β 98 (RGBl. 410), 4. G betr. Änderungen der ZPO v. 5. 6. 1905 (RGBl. 536) = Nov. 05, 5. G betr. Änderungen des GVG, der ZPO, des GKG und der RAGebO ν. 1. 6.1909 (RGBl. 475) = Nov. 09, 6. G betr. die Zuständigkeit des Reichsgerichts v. 22. 5.1910 (RGBl. 767) = Nov. 10, 7. G betr. Änderung der ZPO v. 24. 6. 1914 (RGBl. 233), 8. G zur Ergänzung des § 323 ZPO v. 13. 8. 1919 (RGBl. 1448), 9. G über Teuerungszuschläge zu den Gebühren der Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher v. 18. 12. 1919 (RGBl. 2113), 10. G betr. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit v. 17. 8. 1920 (RGBl. 1579), 11. G zur Entlastung der Gerichte v. 11. 3. 1921 (RGBl. 229) mit den dazu ergangenen Vorschriften der Landesjustizverwaltungen, 12. Wehrgesetz v. 23. 3. 1921 (RGBl. 329), 13. G betr. die Pfändbarkeit von Gehaltsansprüchen v. 23. 12. 1921 (RGBl. 1658), 14. G zur Vereinfachung des Aufgebotsverfahrens v. 8. 3. 1922 (RGBl. I 269), 15. 1. G zur weiteren Entlastung der Gerichte v. 8. 7. 1922 (RGBl. I 569), 16. G über die Zulassung der Frauen zu den Ämtern und Berufen der Rechtspflege v. 11. 7. 1922 (RGBl. I 573), 17. G zur Änderung der Vorschriften über die Pfändbarkeit von Gehaltsansprüchen v. 26.10. 1922 (RGBl. I 805), 18. G zur Änderung des GKG v. 21. 12.1922 (RGBl. 1923 1 1), 19. 2. G zur weiteren Entlastung der Gerichte v. 27. 3. 1923 (RGBl. I 217), 20. GeldstrafenG v. 27. 4. 1923 (RGBl. I 254),

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Allgemeines

AVc 1

21. G v. 18. 8.1923 über die Gebühren der Rechtsanwälte und die Gerichtskosten (RGBl. I 813), 22. Weitere YO zur Entlastung der Gerichte v. 13.12. 1923 (RGBl. I 1186), 23. VO v. 22.12.1923 zur Beschleunigung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (RGBl. I 1239), 24. VO v. 15.1.1924 zur Entlastung des Reichsgerichts (RGBl. I 29), 25. VO v. 13. 2.1924 über das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (RGBl. I 135,562,640) = Nov. 24, mit einer Bekanntmachung Β 24 (RGBl. I 437), bei der die Änderungen durch VO über Vermögensstrafen und Bußen v. 6. 2.1924 (RGBl. I 44), VO v. 14. 2.1924 über die Einschränkung öffentlicher Bekanntmachungen (RGBl. I 119) berücksichtigt sind, 26. 2. VO zur Durchführung des MünzG v. 12. 12.1924 (RGBl. I 775), 27. G zur Entlastung des Reichsgerichts v. 21. 12. 1925 (RGBl. I 475), 28. Weiteres G zur Entlastung des Reichsgerichts v. 17. 12. 1926 (RGBl. I 503), 29. Weiteres G zur Entlastung des Reichsgerichts v. 28. 3. 1928 (RGBl. I 120), 30. Weiteres G zur Entlastung des Reichsgerichts v. 8. 2.1929 (RGBl. 119), 31. VO über die Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten v. 21.12.1925 (RGBl. I 476) ; 2. VO über die Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten v. 8. 2.1929 (RGBl. I 19), 32. G zur Verlängerung der Geltungsdauer der VO über Lohnpfändung v. 17.12.1926 (RGBl. I 503) und v. 27. 2. 1928 (RGBl. I 45), NotVO v. 23. 12. 1931 (RGBl. I 779/786) und NotVO v. 14. 6. 1932 (RGBl. I 285/294), 33. G zur Ergänzung der Vorschriften über den Vorsitz bei den Kollegialgerichten v. 30. 3. 1928 (RGBl. I 134), 34. G zur Änderung der Bezeichnungen „Gerichtsschreiberei", „Gerichtsschreiber" und „Gerichtsdiener" v. 9. 7.1927 (RGBl. 1175), VO über die Abänderung des Wortlauts verschiedener G und VO aus Anlaß des Fortfalls der Bezeichnungen „Gerichtsschreiberei" und „Gerichtsschreiber" v. 30.11. 1927 (RGBl. I 334), 35. G über die Rechtsverhältnisse des Reichskanzlers und der Reichsminister (ReichsministerG) v. 27. 3. 1930 (RGBl. I 96), 36. G zur Änderung einiger Vorschriften der ZPO über das schiedsrichterliche Verfahren v. 25. 7. 1930 (RGBl. I 361), 37. NotVO des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen ν. 1.12. 1930 (RGBl. I 517, Berichtigung 608), 38. NotVO v. 6. 10. 1931 (RGBl. I 537/564), 39. NotVO v. 14. 6.1932 (RGBl. I 285), 40. VO zur Vereinfachung der Zustellungen v. 17. 6. 33 (RGBl. I 394), 41. G zur Änderung einiger Vorschriften der RAnwO, der ZPO und des ArbGG v. 20. 7. 1933 (RGBl. I 522), 42. EinführungG zum ScheckG v. 14. 8. 1933 (RGBl. I 605), 43. G zur Änderung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten v. 27. 10. 1933 (RGBl. I 780) = Nov. 33, mit einer Bekanntmachung (RGBl. I 821, Berichtigung 1020) = Β 33, 44. 2. G über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung v. 22. 3. 1934 (RGBl. I 231), 45. G zur Änderung von Vorschriften über die Zwangsvollstreckung v. 24.10.1934 (RGBl. I 1070), 46. 1. DVO zum EheG v. 27. 7. 1938 (RGBl. I 923), 47. 2. DVO zum EheG v. 28. 9.1938 (RGBl. 1 1323), 48. VerschollenheitsG v. 4. 7. 1939 (RGBl. 11186), 49. VO auf dem Gebiete des bürgerlichen Streitverfahrens, der Zwangsvollstreckung, des Konkurses und des bürgerlichen Rechts ν. 1. 9.1939 (RGBl. 1 1656), 50. 1. VereinfachungsVO ν. 1. 9. 1939 (RGBl. I 1658), 51. VO über weitere Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung v. 31. 10. 1939 (RGBl. I 2139), 26

Änderungen seit Inkrafttreten der Ziviljustizgesetze

AYcl

52. 2. VereinfachungsVO v. 18. 9.1940 (RGBl. 1 1253), 53. YO zur VereinfachungsVO — Vereinheitlichung des Zustellungsrechts v. 9.10. 1940 (RGBl. 1 1340), 54. LohnpfändungsVO v. 30.10.1940 (RGBl. 11451), 55. DVO des G über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffbauwerken v. 21. 12. 1940 (RGBl. I 1609), 56. G über die Mitwirkung des Staatsanwalts in bürgerlichen Rechtssachen v. 15. 7.1941 (RGBl. I 383), 57. 4. DVO zum EheG v. 25. 10. 1941 (RGBl. I 654), 58. 3. VereinfachungsVO v. 16. 5.1942 (RGBl. I 333), 59. 4. VereinfachungsVO v. 12. 1. 1943 (RGBl. I 7), 60. KriegsmaßnahmenVO v. 12. 5.1943 (RGBl. I 290), 61. DVO zur KriegsmaßnahmenVO v. 12. 5. 1943 (RGBl. I 292), 62. Reichsentlastungsvfg. v. 3. 7. 1943 (DJ 339), 63. VO zur Anpassung der RZPO an die StrafrechtsangleichungsVO v. 26.10.1943 (RGBl. I 631), 64. SchutzVO v. 4.12. 1943 (RGBl. I 666), 65. 2. KriegsmaßnahmenVO v. 27. 9.1944 (RGBl. I 229), 66. KRG 1 y. 30. 8. 1945 (KRABI 6), MilRegG Nr. 1 (MRAB1. Nr. 3 S. 1), 67. KRG 38 v. 30.10. 1946 (KRABI. 22), 68. MilRegG 61, 1. G zur Neuordnung des Geldwesens (USMilReg. ABl. Nachdruck J v. 1. 8.1948 S. 6 VOB1BZ 1948 S. 139); MilRegVO 158 FZ über die Geldreform (JO 1948 S. 1506), 69. RechtsmittelG Bayern v. 10. 4.1946 (GVB1. 300), Hessen v. 7. 9.1946 (GVB1.174), Württemberg-Baden v. 25. 4.1946 (RegBl. 163), Bremen VO über Rechtsmittel in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten v. 28.1.1946 (GBl. 9), mit Änderungen, 70. G zur Aufhebung des G ν. 15. 7.1941 über die Mitwirkung des Staatsanwalts in bürgerlichen Rechtssachen Bayern v. 8. 9. 1947 (GVB1. 174), Bremen ν. 1. 9.1947 (GBl. 195), Hessen v. 16. 8.1947 (GVB1. 65), Württemberg-Baden v. 11. 9.1947 (RegBl. 93), 71. G über Wiedereinführung der Vorpfändung Bayern v. 18. 7. 1949 (GVB1. 184), Bremen v. 25. 7.1949 (GBl. 153), Hessen v. 15. 7. 1949 (GVB1. 89), Württemberg-Baden v. 20. 7.1949 (RegBl. 184), 72. VOen der Oberlandesgerichtspräsidenten in der Britischen Zone über die Wiedereröffnung der Gerichte Braunschweig VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 10.12.1945 (JB1.46,3), AusfVO dazu v. 18. 2.1946 (JB1. 4), Celle VO z. vorl. Regelung des Verfahrens in Angelegenheiten der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit f. d. Bezirk d. OLG Celle v. 7. 3.1946 (HannRpfl. 18) VO zur Überleitung von Verfahren der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 15. 3.1946 (HannRpfl. 19), Düsseldorf VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 12. 3.1946 (JB1.12), Hamburg VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 22. 9.1945 (GVB1. 21) mit AusfVO v. 14.12.1945 (GVB1. 46), Hamm VO betr. Rechtsmittel v. 18. 2. 1946 (JB1. 23), Kiel VO über die Wiedereröffnung der Gerichte des OLG Bezirks Kiel und die vorläufige Regelung des Verfahrens in Strafsachen, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ν. 1.12. 1945 i. d. F. d. VO v. 28. 6. 1946 (SchlHA 287) mit DVOen, 27

Allgemeines

A Vc1

Köln 1. VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 28. 2.1946 (JB1. 20, Berichtigung 29), Oldenburg VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 15.12.1945 (JB1.19} mit AusfVO v. 10. 2.1946 (JB1. 31), 73. VOen der Oberlandesgerichtspräsidenten in der Britischen Zone über die Wiedereinführung des § 845 ZPO Braunschweig v. 13. 8.1946 (JB1.112), Bremen v. 2. 8. 1946 (GBl. 84), Gelle v. 14. 8. 1946 (HannRpfl. 81), Düsseldorf v. 11. 8. 1946 (JB1. 58), Hamm v. 2. 8. 1946 (JB1. 115), Köln v. 9. 8. 1946 (JB1. 89), Oldenburg v. 20. 8.1946 (JB1. 94), Schleswig-Holstein v. 6. 8. 1946 (SchlHA 335), 74. VOen der Oberlandesgerichtspräsidenten in der Britischen Zone über die Wertgrenzen für die Zulässigkeit der Berufung Braunschweig v. 15. 6.1946 (JB1. 61), Celle VO v. 11. 9.1946 über die Zulässigkeit der Berufung gegen Urteile in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aus der Zeit vor dem 15.10.1944 (HannRpfl.98), Düsseldorf v. 21. 6. 1946 (JB1. 45), Köln v. 24. 6.1946 (JB1. 67), 75. VO des Zentraljustizamts BZ v. 9. 5.1947 über das Βerufungsverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (VOB1. BZ 76), 76. VO des Zentraljustizamts BZ v. 17. 6.1947 über Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung (VOB1. BZ 93), 77. VO des Zentraljustizamts BZ v. 17.11.1947 zur Durchführung der MilRegVO 98 über die Errichtung eines Obersten Gerichtshofes für die BZ (VOB1. BZ 149), 78. VO des Zentraljustizamts BZ zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts v. 2 7 . 1 . 1948 (VOB1. BZ 13, 95), Diese VO hat praktisch den Rang einer Nov., wenn auch in ihr von einer Bekanntmachung der 5. Fassung der ZPO Abstand genommen worden ist. 79. VO des Zentraljustizamts BZ v. 12. 7.1948 zur Ausführung des EheG (VOB1. BZ 210), 80. RAO über Gerichtsverfassung und Verfahren v. 9. 7.1946 (ABl. Baden 44), 81. RAO über Gerichtsverfassung und Verfahren im bayerischen Kreis Lindau (Amtl. Anz. 47 Nr. 50), 82. LandesVO über Gerichtsverfassung und Verfahren v. 11. 4. 1947 (VOB1. RhPf 155) mit Änderungen, 83. RAnO über die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren v. 13. 8.1946 (ABl. Württemberg-Hohenzollern 230), 84. G über Bekanntmachungen v. 17. 5. 1950 (BGBl. 1183), Berliner G ν. 9 . 1 . 1 9 5 1 (GVBl. Berlin I 240, 241); 85. G zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts v. 12. 9. 1950 (BGBl. 455), Berliner G ν. 9 . 1 . 1 9 5 1 (GVBl. Berlin I 99) mit anschließender Bekanntmachung der Gesamtfassung (BGBl. 533, Berliner GVBl. I 123 = Nov. 50). 86. G zur Ergänzung von Zuständigkeit auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts v. 7. 8.1952 (BGBl. I 407), Berliner G ν. 7. 11.1952 (GVBl. I 1017), 8 7. G über Maßnahmen auf dem Gebiet der Zwangsvollstreckung v. 20.8.1953 (BGBl. 1952 ), Berliner G ν. 2. 9.1953 (GVBl. 1016). AVc2

Das EG ZPO v. 30.1.1877 (RGBl. 244) ist unmittelbar, wie folgt, geändert worden durch: 1. EinführungsG zu dem G, betr. Änderungen der ZPO v. 17. 5.1898 (RGBl. 332), 2. G betr. die Zuständigkeit des Reichsgerichts v. 22. 5.1910 (RGBl. 767), 28

Änderungen seit Inkrafttreten der Ziviljustizgesetze

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3. G betr. die bei einem obersten Landesgericht einzulegenden Revisionen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten v. 20. 2.1911 (RGBl. 59), 4. VO über Änderung des Gerichtsverfahrens in Bayern v. 19. 3.1935 (RGBl. I 383), 5. G zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts v. 12. 9. 1950 (BGBl. I 455, 468), 6. G über Maßnahmen auf dem Gebiete der Zwangsvollstreckung v. 20. 8.1953 (BGBl. I 952, 959). Unmittelbare Änderungen des GVG: AVo3 1. G betr. Abänderung des § 137 GVG v. 17. 3. 1886 (RGBl. 61), 2. G betr. die unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfindenden Gerichtsverhandlungen v. 5. 4. 1888 (RGBl. 133), 3. G betr. Änderungen des GVG und der StPO v. 17. 5.1898 (RGBl. 252), mit Bekanntmachung (RGBl. 371), 4. G betr. das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe v. 22. 6.1899 (RGBl. 319), 5. G betr. Änderung des § 113 GVG v. 20. 3.1905 (RGBl. 179), 6. G betr. Änderungen des GVG v. 5. 6.1905 (RGBl. 533), 7. G betr. Änderungen des GVG, der ZPO, des G KG und der RAGebO v. 1. 6.1909 (RGBl. 475), 8. G betr. die Zuständigkeit des RG v. 22. 5.1910 (RGBl. 767), 9. G betr. die Beschäftigung von Hilfsrichtern beim Reichsgericht v. 8.12.1913 (RGBl. 779), 10. G betr. die Entschädigung derSchöffen und Geschworenen v. 29.7.1913 (RGBl. 617), 11. G betr. Vereinfachung der Strafrechtspflege v. 21.10.1917 (RGBl. 957), 12. G v. 24.3.1920 zur Ergänzung des G zur Verfolgung v. Kriegsverbrechen u. Kriegsvergehen v. 18. 12. 1919 (RGBl. 1920/341), 13. G betr. Erhöhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche v. 8. 4.1920 (RGBl. 499), 14. G betr. Aufhebung der Militärgerichtsbarkeit v. 17. 8.1920 (RGBl. 1579), 15. G zur Entlastung der Gerichte v. 11. 3.1921 (RGBl. 229), 16. G zur Erweiterung des Anwendungsgebiets der Geldstrafen und zur Einschränkung der kurzen Freiheitsstrafen v. 21. 12.1921 (RGBl. 1604), 17. G betr. die Entschädigung der zur Auswahl der Schöffen und Geschworenen berufenen Vertrauensmänner v. 5. 2.1922 (RGBl. I 207), 18. G über die Heranziehung der Frauen zum Schöffen- und Geschworenenamte v. 25. 4.1922 (RGBl. I 465), 19. G über die Entschädigung der Schöffen, Geschworenen und Vertrauenspersonen v. 4. 7.1922 (RGBl. I 561), 20. 1. G zur weiteren Entlastung der Gerichte v. 8. 7.1922 (RGBl. I 569, 717), 21. G über die Zulassung der Frauen zu den Ämtern und Berufen der Rechtspflege v. 11. 7. 1922 (RGBl. I 573), 22. JugendgerichtsG v. 16. 2.1923 (RGBl. 1135), 23. 2. G zur weiteren Entlastung der Gerichte v. 27. 3.1923 (RGBl. I 217), 24. G betr. das Zusatzübereinkommen zur Elbschiffahrtakte v. 27.1.1923, v. 14.12. 1923 (RGBl. II 485), 25. VO über Gerichtsverfassung und Strafrechtspflege v. 4.1.1924 (RGBl. 115) mit Bekanntmachung v. 22. 3.1924 (RGBl. I 299), 26. 2. VO zur Durchführung des MünzG v. 12. 12. 1924 (RGBl. I 775), 27. G zur Änderung des GVG v. 13. 2. 1926 (RGBl. I 99), 28. G zur Abänderung des G zum Schutze der Republik v. 31. 3.1926 (RGBl. 1190), 29. ArbGG v. 23. 12. 1926 (RGBl. I 507), 30. VglO v. 5. 7. 1927 (RGBl. 1139), 31. G zur Änderung der Bezeichnungen „Gerichtsschreiberei", „Gerichtsschreiber" und „Gerichtsdiener" v. 9. 7. 1927 (RGBl. I 175), 32. G über die Zuziehung von Hilfsrichtern zum RG v. 1. 3. 1930 (RGBl. I 31), 33. ReichsministerG v. 27. 3.1930 (RGBl. I 96), 29

Allgemeines

AVc8

34. VO des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen v. 1.12.1930 (RGBl. 1 517, 608), 35. NotVO v. 6. 10. 1931 (RGBl. I 537, 564), 36. VO des Reichspräsidenten zum Schutze der Wirtschaft v. 9. 3. 1932 (RGBl. 1121), 37. VO des Reichspräsidenten über Maßnahmen auf dem Gebiete der Rechtspflege und Verwaltung v. 14. 6.1932 (RGBl. I 285), 38. VO des Reichspräsidenten zur Beschleunigung des Verfahrens in Hochverratsund Landesverratssachen v. 18. 3.1933 (RGBl. 1131), 39. G über die Neuwahl der Schöffen, Geschworenen und Handelsrichter v. 7. 4.1933 (RGBl. 1188), 40. VO zur Vereinfachung der Zustellung v. 17. 6.1933 (RGBl. I 394), 41. G zur Änderung der Vorschriften des GVG über die Präsidien der Gerichte v. 4. 7. 1933 (RGBl. I 451), 42. G zur Änderung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten v. 27.10.1933 (RGBl. I 780), 43. AusführungsG zu dem G gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung v. 24.11.1933 (RGBl. 1 1000), 44. G zur Änderung des GVG v. 13. 12. 1934 (RGBl. I 1233), 45. G über die Beseitigung der Gerichtsferien v. 7. 3.1935 (RGBl. I 352), 46. VO zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung v. 20. 3.1935 (RGBl. I 403), 47. G zur Änderung von Vorschriften des Strafverfahrens und des GVG v. 28. 6. 1935 (RGBl. I 844), 48. G über die Zuständigkeit der Amtsgerichte in vermögensrechtlichen Streitigkeiten v. 13. 12. 1935 (RGBl. 1 1469), 49. G über das Verfahren in Binnenschiffahrtssachen v. 30.1.1937 (RGBl. I 79), 50. G über die Geschäftsverteilung bei den Gerichten v. 24.11.1937 (RGBl. 1 1286), 51. VO zur Durchführung und Ergänzung des EheG v. 27. 7.1938 (RGBl. I 923), 52. VO über die Befähigung zum Richteramt, zur Staatsanwaltschaft, zum Notariat und zur Rechtsanwaltschaft v. 4.1.1939 (RGBl. I 5), 53. VO zur weiteren Überleitung der Rechtspflege im Lande Österreich und in den sudetendeutschen Gebieten v. 28. 2.1939 (RGBl. I 358), 54. VereinfachungsVO v. 1. 9.1939 (RGBl. I 1658), 55. VO über die Zuständigkeit der Strafgerichte, die Sondergerichte und sonstige strafverfahrensrechtliche Vorschriften v. 21. 2. 1940 (RGBl. I 405), 56. VO zur Durchführung der VO v. 21. 2. 1940 v. 13. 3.1940 (RGBl. I 489), 57. 2. VereinfachungsVO v. 18. 9.1940 (RGBl. I 1253), 58. VO zur weiteren Vereinfachung der Strafrechtspflege v. 13. 8.1942 (RGBl. I 508), 59. VO zur Ergänzung und Änderung der ZuständigkeitsVO v. 29.1.1943 (RGBl. I 76), 60. KriegsmaßnahmenVO v. 12. 5. 1943 (RGBl. I 290), 61. VO zur weiteren Kräfteersparnis in der Strafrechtspflege v. 29. 5.1943 (RGBl. I 346), 62. JugendstrafrechtsVO v. 6.11. 1943 (RGBl. I 635), 63. 2. KriegsmaßnahmenVO v. 27. 9.1944 (RGBl. I 229), 64. KRG 4 (KRABI. 1945 S. 26), 65. Allg. Anweisung an Richter Nr. 2 AHKAB1. 50/169, 66. AH KG 13 v. 25.11.1949 (AHKAB1. 54) mit Änderungen und Durchführungsbestimmungen, 67. USMilRegG 2 (MilRegABl. 113, III 4), mit Änderungen und Durchführungsbestimmungen, 68. MilRegG 2 BZ (SchlHA 46 S. 1), mit Änderungen und Durchführungsbestimmungen, 69. MilRegG 61,1. G zur Neuordnung des Geldwesens (USMilRegABl. Nachdruck J v. 1. 8. 1948 S. 6 (VOB1. BZ 1948, S. 139), 70. MilRegVO 158 FZ über die Geldreform (JO 1948, S. 1506), 71. RechtsmittelG Bayern v. 10. 4. 1946 (GVB1. 300), Hessen v. 7. 9. 1946 (GVB1. 174), Württemberg-Baden v. 25. 4.1946 (RegBl. 163),

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Änderungen seit Inkrafttreten der Ziviljustizgesetze

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74. 75. 76. 77. 78. 79. 80. 81. 82. 83. 84. 85.

86.

Bremen YO über Rechtsmittel in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten v. 28.1.1946 (GBl. 9), mit Änderungen, StrafrechtspflegeO 1946 EG StrafrechtspflegeO 1946 Bayern v. 30. 3. 1946 (GVB1. 98), Bremen v. 27. 6.1947 (GBl. 129), Hessen v. 21. 2.1946 (GVB1.1946, S. 13, 1947 S. 94), Württemberg-Baden v. 21. 3. 1946 (RegBl. 89), mit Änderungen, G zur Abänderung des GVG Bayern v. 19. 10. 1948 (GVB1. 240), Bremen v. 25. 10. 1948 (GBl. 219), Hessen v. 25.10. 1948 (GVB1. 133), Württemberg-Baden v. 21. 10.1948 (RegBl. 153), BayVO über die Wiedereinführung der Schöffengerichte v. 18. 2.1947 (GVB1. 177) mit Änderungen, BayVO über die Besetzung der Strafkammern mit Schöffen v. 16. 9.1947 (GVB1. 203) mit Änderungen, BayVO über die Wiedereinführung der Schwurgerichte v. 14. 7.1948 (GVB1. 243), BremVO über die Wiedereinführung der Schöffengerichte und Schwurgerichte und über die Mitwirkung von Schöffen bei Strafkammern v. 7.10.1947 (GBl. 237) mit Änderungen, HessVO über die Errichtung eines OLG für Großhessen v. 23. 5.1946 (GVB1.137) mit Änderungen und Ergänzungen, HessAO über die Bildung von Schöffengerichten und Schwurgerichten v. 17. 4.1947 (GVB1. 49) mit Änderungen und Ergänzungen, HessAO über die Besetzung der Strafkammern mit Richtern und Schöffen v. 12.1. 1948 (GVB1. 23), WürttBadVO über die Wiedereinführung der Schöffengerichte v. 7. 7.1947 (RegBl. 86) mit Änderungen, WürttBadVO. über Rheinschiffahrtsgerichte v. 20. 4.1948 (RegBl. 62), WürttBadVO des Justizministeriums über die Besetzung der Strafkammern mit Richtern und Schöffen v. 21.10.1948 (RegBl. 150), WürttBadG über die Bildung von Schwurgerichten in Württemberg-Baden v. 3. 3. 1949 (RegBl. 43) mit Durchführungsverordnungen, VOen der Oberlandesgerichtspräsidenten in der Britischen Zone Braunschweig VO über die Wiedereröffnung der Gerichte des OLGBezirks Braunschweig v. 10. 12. 1945 (JB1. 46, Sp. 3), Celle VO zur Überleitung von Strafverfahren v. 18. 3.1946 (Hann. Rpfl. 18), VO zur vorl. Regelung des Verfahrens in Angelegenheiten der streitigen und freiwilligen Gerichtsbarkeit für den Bezirk des OLG Celle v. 7. 3.1946 (Hann. Rpfl. 18), Düsseldorf VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 12. 3.1946 (JB1. Düsseldorf 12), Hamburg VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 22. 9.1945 (GVB1. 21), Hamm VO betr. Rechtsmittel v. 18. 2.1946 (JB1. 23), Kiel VO über die Wiedereröffnung der Gerichte des OLGBezirks Kiel und die vorläufige Regelung des Verfahrens in Strafsachen, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit v. 1.12. 1945 i. d. F. d. VO v. 28. 6. 1946 (SchlHA 287) mit Durchführungsbestimmungen, Köln 1. VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 28. 2.1946 (JB1. 20, 29), Oldenburg VO über die Wiedereröffnung der Gerichte v. 15.12.1945 (JB1.19), mit AusfVO v. 10. 2. 1946 (JB1. 31), VO des Zentraljustizamtes BZ zur Aufhebung von Vereinfachungsmaßnahmen auf dem Gebiete der Strafrechtspflege v. 2.1.1947 (VOB1. BZ 18),

31

Allgemeines 87. VO des Zentraljustizamtes BZ zur Änderung des § 152 GVG und der §§ 81a, 98 und 105 StPO v. 14. 1. 1947 (VOB1. BZ 20), 88 VO des Zentraljustizamtes BZ über die Besetzung der Zivilkammern und der Kammern für Handelssachen bei den Landgerichten v. 20.6.1947 (VOB1. BZ 163, 164), 89 VO des Zentraljustizamtes BZ zur Wiedereinführung von Schöffen und Geschworenen in der Strafrechtspflege v. 22.8.1947 (VOB1. BZ 115, 124) mit Änderungen und Ergänzungen, 90 VO des Zentraljustizamtes BZ zur Durchführung der MilRegVO 98 über die Errichtung eines Obersten Gerichtshofes für die BZ v. 1 7 . 1 1 . 1 9 4 7 (VOB1. BZ 149), 91 VO des Zentraljustizamtes BZ zur Änderung von Vorschriften auf den Gebieten der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege und des Kostenrechts v. 2 7 . 1 . 1948 (VOB1. BZ 13), 92, VO des Zentraljustizamtes BZ über die Altersgrenze der Richter v. 30.3.1948 (VOB1. BZ 73), 93, VO des Zentraljustizamtes BZ über die Geschäftsverteilung bei den Amtsgerichten V. 9. 9. 1948 (VOB1. BZ 261), 94 VO des Zentraljustizamtes BZ zur Änderung und Ergänzung von Übergangsvorschriften auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung v. 2 2 . 1 2 . 1948 (VOB1. BZ 384), 95, 2. VO des Zentraljustizamtes BZ zur Änderung von Übergangsvorschriften auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung v. 21. 6. 1949 (VOB1. BZ 240), 96, VO des Zentraljustizamtes BZ zur Änderung des § 36 I I I des GVG v. 29. 6 . 1 9 4 9 (VOB1. BZ 269), 97. Bad.RAnO über Gerichtsverfassung und Verfahren v. 9. 7 . 1 9 4 6 (ABl. Baden 44), Bad. LandesG zur Wiedereinführung der Schöffen und Geschworenen in der Straf98, rechtspflege in Baden v. 30. 12. 1947 (GVB1. 48, S. 39), RAnO über Gerichtsverfassung und Verfahren im bayerischen Kreis Lindau (Amtl99, Anz. 47, Nr. 50), RAnO zur Wiedereinführung der Schöffen und Geschworenen im bayerischen Kreis 1 0 0 . Lindau v. 26. 4 . 1 9 4 9 (ABl. Nr. 18), RhPf. LandesVO über Gerichtsverfassung und Verfahren v. 11. 4. 1947 101. (GVB1. I 155), RhPf. G v. 22. 10. 1948 über Deutsche Schiffahrtsgerichte, .das Verfahren in 1 0 2 . Schiffahrtssachen und die Führung des Schiffsregisters (GVB1. I 388, 1949 I 247), 103. RhPf. G zur Wiedereinführung der Schöffen und Geschworenen in der Strafrechtspflege v. 2. 9. 1949 (GVB1. I 374), 104. WürttHohenzRAnO über die Gerichtsverfassung und das gerichtliche Verfahren v. 13. 8. 1946 (ABl. Württ.-Hohenz. 230), 105. WürttHohenzVO über die Neugliederung der Amtsgerichtsbezirke und die Zuständigkeit der Friedensrichter v. 27. 2. 1948 (RegBl. 60), 1 0 6 . WürttHohenzG zur Wiedereinführung der Schöffen und Geschworenen in der Strafrechtspflege v. 14. 5. 1948 (RegBl. 85), 107. WürttHohenzG zur Änderung des Gerichtsverfassungsrechts v. 8. 4 . 1 9 4 9 (RegBl. 139), 108. G zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts v. 12. 9. 1950 (BGBl. I 455) mit anschließender Neubekanntmachung (BGBl. I 513), Berliner G ν. 9 . 1 . 1 9 5 1 (GVBl. I 99) mit Neubekanntmachung (GVBl. 1107) = Nov. 1950, 109. StrafrechtsänderungG v. 30. 8 . 1 9 5 1 (BGBl. I 739), BerlinerG v. 30. 10. 1952 (GVBl. I 994), 1 1 0 . G über das gerichtliche Verfahren in Binnenschiffahrts- und Rheinschiffahrtssachen v. 27. 9. 1952 (BGBl. I 641), BerlinerG v. 2. 12. 1952 (GVBl. I 1051), 111. J G G v. 4. 8. 1953 (BGBl. I 751), BerlinerG v. 10. 8. 1953 (GVBl. I 769), 1 1 2 . 3. StrafrechtsänderungsG v. 4. 8. 1953 (BGBl. I 735), BerlinerG v. 10. 8 . 1 9 5 3 (GVBl. I 758),

32

AVe8

Kurze Literaturübersicht 113. G über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu der Konvention v. 9.12. 1948 über die Verhütung und Bestrafung der Völkermordes v. 9. 8.1954 (BGBl. II 729),

Das EG GVG ist unmittelbar, wie folgt, geändert worden durch: ΑΥβ4 1. G betr. die Geschäftssprache der gerichtlichen Behörden in Elsaß-Lothringen v. 12. 6.1889 (RGBl. 95), 2. G betr. Änderungen des GVG und der StPO v. 17. 5.1898 (RGBl. 252 [332]), 3. G betr. die Zuständigkeit des RG v. 22. 5.1910 (RGBl. 767), 4. G betr. die bei einem obersten Landesgericht einzulegenden Revisionen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten v. 20. 2.1911 (RGBl. 59), 5. VO über Änderung des Gerichtswesens in Bayern v. 19. 3.1935 (RGBl. I 383), 6. VO über strafgerichtliche Zuständigkeit v. 13. 3.1940 (RGBl. I 489), 7. G zur Wiederherstellung der Rechtseinheit auf dem Gebiete der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen Rechtspflege, des Strafverfahrens und des Kostenrechts v, 12. 9. 1950 (BGBl. I 455, 468). Die zivilprozessuale Literatur ist sehr umfangreich, namentlich in der vergangenen A V I Zeit, wo auf eine gewisse Form geachtet wurde. In den hierzu zusammengestellten Erläuterungen tritt sie entsprechend dem Zweck des Buches zurück, nur an einzelnen Stellen wird auf sie verwiesen. Doch sollen wenigstens im folgenden die Hauptwerke, die sich mit dem gesamten Gebiet befassen, genannt werden, obwohl auch diese Aufstellung nicht vollständig sein kann. Bis zur Einführung der Zivilprozeßordnung waren von Bedeutung:

A TI a

1. für den g e m e i n e n Zivilprozeß: Endemann — das Deutsche Civilprozeßrecht (1867/1868), Renaud — das Lehrbuch des Gemeinen deutschen Civilprozeßrechts (1873), Wetzell — das System des ordentlichen Civilprozesses (3. Auflage 1878), 2. für den p r e u ß i s c h e n Zivilprozeß: Koch — der preußische Civilprozeß (1871), 3. für das r h e i n i s c h e Recht: Schlink — Kommentar über die französische Givilprozeßordnung (1856), 4. für die h a n n o v e r s c h e Prozeßordnung: der Kommentar von Leonhardt (1867). Aus der ersten Periode der Zivilprozeßordnung sind die folgenden zu nennen, wobei A Yl b Literatur, die in den späteren Perioden fortgesetzt worden ist, bei den späteren Perioden genannt wird : 1. Materialien: Hahn — die gesamten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, fortgesetzt von Mugdan: Bd. 1 GVG, Bd. 2 ZPO, Bd. 5 ZVG; 2. Hand- und Lehrbücher: v. Bar — das deutsche Civilprozeßrecht (1880), Hellmann — Lehrbuch des deutschen Civilprozeßrechts (1886), Julius Wilhelm Planck — Lehrbuch des deutschen Civilprozeßrechts (1887/1896), Adolf Wach — Handbuch zum CPR; 3. Kommentare: v. Bülow — (1882), Endemann — der deutsche Civilprozeß (1878/1879), Förster — CPO (1884/86), Puchelt — CPO (1877/78), Seuffert —CPO (1885), v. Wilmowski — Levy — Kommentar zur CPO (1895). 3

Wieczorek, ZPO I.

33

Allgemeines A Vic

In die zweite Periode des Zivilprozeßrechts von 1900 bis 1924, eingeleitet durch die Nov. 1898, gehören: 1. Materialien: Hahn — Mugdan — Bd. 8 Nov. 1898 zur ZPO, die Materialien zur Nov. 1905 und 1909 sind als Beihefte zur OLG-Rechtsprechungssammlung herausgekommen. 2. Hand- und Lehrbücher: Konrad Hellwig — Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts (1903/07/09), Konrad Hellwig—System des Zivilprozeßrechts (1912), vollendet von Oertmann (1919), Kohler — Zivilprozeß (1903), Schmidt — Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts (1906 mit Nachtrag 1910), Stein — das Zivilprozeßrecht (1900), Weismann — Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts (1903/05), 3. Kommentare: Neukamp — Handkommentar zur ZPO (1911), Neumiller — die ZPO (1910), Petersen — Remelé— Anger — in 5. Auflage 1904/05 erschienen mit dem Nachtrag: von 1910, Reincke — Wienstein — (1910), Skonietzki — Gelpcke — (Bd. I — 1910; Bd. II bis § 703 ZPO — 1912 — 1916), Struckmann — Koch in 9. Auflage (1910).

A VI d

Für die Periode bis 1983 gilt folgendes: Materialien : 1. Für die Nov. 1924 gibt es keine Materialien, die gesammelt herausgegeben wurden2. Hand- und Lehrbücher: Goldschmidt — Zivilprozeßrecht (1932), Kisch — deutsches Zivilprozeßrecht (1929), Kleinfeller — Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts (1925), 3. Kommentare : Förster — Kann — ZPO (1910/1926 mit Nachtrag von 1926), Freudenthal — Sauerländer — (1926), Warneyer — (1931),

A Vie

Für die Zeit bis zur Nov. 1950 kommt die folgende Literatur in Betracht : 1. Materialien : vgl. das Rundschreiben des Reichsjustizministers v. 29.1.1934 (DJ 143 m. N.) r 2. Hand- und Lehrbücher: Bernhardt — Rechtsstreit (1939), de Boor — Rechtsstreit (1940), 3. Kommentare : Seuffert — Walsmann — (1932/33 mit Nachtrag 1934), Sydow — Busch — Krantz — Triebel (1941).

A Vif

Für die Periode von der Nov. 1950 ab kommen in Betracht : 1. Materialien : vgl. zur Nov. 1948 Zentraljustizblatt BZ 48/40 folg., 2. Hand- und Lehrbücher: Bruns — Zivilprozeßrecht (1949), Kern — Gerichtsverfassungsrecht (1949), Lent — Zivilprozeßrecht (1949), Nikisch — Zivilprozeßrecht (1950), Rosenberg — Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts (1954), Schönke — Zivilprozeßrecht (1951), Kommentare : Baumbach — Lauterbach — ZPO, 22. Auflage (1954), Gaupp—Stein—J onas—Schönke—Pohle—Kommentar zur ZPO, 18. Auflage (1953}, Meyer — Zöller — ZPO/GVG — 7. Auflage (1954).

34

Zivilprozeßordnung vom 30. 1. 1877 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. 9.1950 (BGBl. 533) mit den ihr nachfolgenden Änderungen (vgl. AY c 1)

Erstes Buch

Allgemeine Bestimmungen Erster Abschnitt

Gerichte Erster Titel Sachliche Zuständigkeit der Gerichte §1(1) Die sachliche Zuständigkeit der Gerichte wird durch das Gesetz über die Gerichtsverfassung bestimmt. 1

I

I

a

b c

1 2 3 4

II III a

1 2

b c d Ì

I

II

a b

c a

b

36

1 2 3

1 2 3 4 5

das Verfahren nach der ZPO Übersicht über das 1. Buch der ZPO über den ersten Abschnitt: den 1. Titel den 2. Titel den 3. Titel den 4. Titel den 2. Abschnitt den 3. Abschnitt die folgenden Bücher der ZPO Geltung der Bestimmungen der ZPO vor Sondergerichten dem Arbeitsgericht dem Rheinschiffahrtsgericht vor dem BVG vor den Verwaltungsgerichten vor den Verwaltungssondergerichten die Zuständigkeit dreigeteilte Staatsgewalt die verschiedenen Aufgaben Zuständigkeitsüberschreitung und ihre Wirkung in bezug auf Gesetze in bezug auf Richtersprüche in bezug auf Verwaltungsakte Zuständigkeitsüberlagerung der gerichtliche Zuständigkeitskreis staatliche und private Gerichtsbarkeit, Schiedsgerichtseinrede, entsprech, Fälle die staatliche Gerichtsbarkeit die Besatzungsgerichte die ordentlichen die Sondergerichte die Verwaltungsdie Verwaltungssondergerichte

III

a b

1 2

IV a b

V

1 2 3 4

a

1 2 b 1 2 :

die sachliche Zuständigkeitsabgrenzung in bezug auf Arbeits- und Rheinschifffahrtsgerichte innerhalb der ordentlichen Gerichte die ausschließliche sachliche Zuständigkeit die Vereinbarung dieser Zuständigkeitsverteilung unter verschiedene Organe Geschäftsverteilung funktionelle Zuständigkeit der Richter der Laienrichter der Richtergehilfen der sonstigen Beteiligten mit Organschaftsaufgaben die Instanzen Kollisionen höhere Instanz hat den Vorrang Instanzvertauschung Instanzänderung die Verlagerung innerhalb der Gerichtsgruppen die Verlagerung über die Gerichtsgruppen hinaus

Wirkung der Parteihandlungen bei angegangenen unzuständigen Gerichten I Unwirksamkeit und Heilung a mit Wirkung ex tunc 1 bei Angehen eines höheren ordentlichen Gerichts 2 bei Instanzenkollision b BGB § 212 I I II Verstöße gegen Geschäftsverteilung III Verstöße gegen die funktionelle Zuständigkeit

Sachliche Zuständigkeit der Gerichte

§1 A

Die ZPO regelt das Verfahren des bürgerlichen Rechtsstreits.

Ihr erstes Buch enthält „Allgemeine Bestimmungen", die grundsätzlich für alle zivil- A I prozessualen Verfahren gelten, wenn sie nicht durch Sondernormen ausgeschlossen werden, was des öfteren geschieht. Es zerfällt in drei Abschnitte. Der erste Abschnitt des ersten Buches betrifft die — ordentlichen (vgl. GVG § 12) — A l a „Gerichte" in ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit der ersten Instanz, deren Organisation das GVG regelt. Er befaßt sich ferner mit einem Teil der funktionellen Zuständigkeit, nämlich soweit Gerichtspersonen (Richter, Urkundsbeamte) ausgeschlossen sind. Der in der ZPO geregelte Abschnitt befaßt sich also nur mit der sachlichen (1. Titel), der örtlichen (2. Titel), der vereinbarten Zuständigkeit der Gerichte (3. Titel), sowie der Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen (4. Titel). Vom e r s t e n T i t e l (sachliche Zuständigkeit) verweist §1 auf das GVG und be- A l a i schränkt damit die Vorschriften des Titels auf die dort geregelte erstinstanzliche Zuständigkeit (vgl. GVG §§ 23, 70, 71), soweit diese Normen nach dem Streitwert die Zuständigkeit des AG von der des LG abgrenzen (§ 2). Die Regelung des GVG ist allerdings nicht erschöpfend, ergänzend sind die Vorschriften anderer Gesetze heranzuziehen (vgl. GVG § 23). §§ 3—9 regeln die Streitwertbemessung für das Verfahren des ersten Rechtszuges; sie gelten in der Berufungs- (§ 511a II) und in der Revisionsinstanz (§ 546 111) entsprechend und gelten auch im (ersten) Β eschwerde verfahren, soweit es hier auf den Beschwerdewert ankommt (vgl. § 567 II), obwohl hier ihre Anwendung nicht ausdrücklich vorgeschrieben worden ist (OLG Kiel Η RR 28/1644) ; im Falle des § 709 I 4 ist ihre Anwendung vorgeschrieben; sie wirken aber auch in dem des § 866 III. Im Kostenrecht werden diese Bestimmungen nur mit Einschränkungen angewandt (vgl. GKG §§ 9 folg., RAGebO § 10). § 3 stellt die Streitwertbemessung in das Ermessen des Gerichts, soweit nicht in den §§ 4—9 davon abgewichen wird; § 4 läßt Nebenforderungen unberücksichtigt; § 5 regelt den Wert für mehrere Klage-(Widerklage-(ansprüche und verbietet die Zusammenzählung von Klage- und Widerklagewerten für die erste Instanz. § 6 bewertet die Gegenstände nach ihrem gemeinen Wert für die Sicherstellungsrechte, § 7 die Grunddienstbarkeit, § 8 die Miet- und Pachtverhältnisse, § 9 die wiederkehrenden Leistungen. § 10 spricht den Vorrang des LG vor dem AG aus, indem er Verstöße gegen die sachliche Unzuständigkeit des AG vom Urteil des LG ab übergeht; § 11 bindet das ordentliche Gericht an die rechtskräftige sachliche Unzuständigkeitsentscheidung eines seiner Gerichte. Der zweite Titel regelt die örtliche Zuständigkeit. AI a 2 §§ 12—19 normieren den allgemeinen Gerichtsstand. § 12 gibt seinen Begriff, § 13 regelt den des Wohnsitzes, § 15 den des im Ausland angestellten Staatsbeamten, § 16 den des Aufenthalts und des letzten inländischen Wohnsitzes, § 17 den der juristischen Person, § 18 den des Fiskus, § 19 den durch Bestimmung der Justizverwaltung für Behörden. Die §§ 20—32, 34 befassen sich mit den besonderen Gerichtsständen, davon § 20 mit dem des Berufs, § 21 dem der Niederlassung, § 22 dem der Mitgliedschaft, § 23 dem des Vermögens. §§ 24—26 bestimmen den dinglichen Gerichtsstand, § 24 den ausschließlichen, §25 den des Sachzusammenhangs, §26 den für mit dinglichen Klagen verbundenen persönlichen. §27 gibt den Gerichtsstand für Erbschaften, §28 den erweiterten für Nachlaßverbindlichkeiten. § 29 gewährt den Gerichtsstand des Erfüllungsortes, § 30 den des Meß- und Marktortes, § 31 den der Vermögensverwaltung, § 32 den der unerlaubten Handlung, § 34 den des Hauptprozesses. § 33 regelt den Gerichtsstand der Widerklage. § 35 gibt dem Kläger das Wahlrecht unter mehreren Gerichtsständen; § 36 läßt bei nicht wählbarem Gerichtsstande die Bestimmung durch das Gericht zu, § 37 regelt das Verfahren hierzu. Der dritte Titel läßt Parteivereinbarungen über sachliche und örtliche Zuständigkeit A I a 3 zu; § 38 regelt den „Vertrag", § 39 die Rügelast, § 40 die Grenzen der Vereinbarung. 37

§1

ZPO I. Buch

AI β4

Im vierten Titel bestimmt § 41 die Ausschließung der Richter kraft Gesetzes, § 42 die kraft Ablehnung, § 43 die Rügelast für die Ablehnung; § 44 regelt das Ablehnungsgesuch, § 45 bestimmt die darüber entscheidende Stelle, § 46 das Verfahren. § 47 ermächtigt den abgelehnten Richter, unaufschiebbare Handlungen wirksam vorzunehmen. § 48 befaßt sich mit der vom Gericht ausgehenden Ablehnung eines Richters, § 49 mit der Ablehnung des Urkundsbeamten.

Alb

Der zweite Abschnitt befaßt sich mit den Parteien, ihren Bevollmächtigten, der Sicherheitsleistung und dem Armenrecht.

Ale

Der dritte Abschnitt regelt allgemeine Verfahrensgrundsätze : die mündliche Verhandlung, Zustellungen, Ladungen, Termine, Fristen (die Folgen ihrer Versäumung, die Wiedereinsetzung, Unterbrechung und Aussetzung).

ΑΠ

Das zweite Buch befaßt sich mit dem Verfahren der ersten Instanz, das dritte mit den ordentlichen, das vierte mit den außerordentlichen Rechtsmitteln. In den folgenden Büchern werden die besonderen Verfahren geregelt, im fünften das Urkunden-, Wechsel und Scheck-, im sechsten das Ehe-, Kindschafts- und Entmündigungs-, im siebenten das Mahn-, im achten das Vollstreckungs-, im neunten das Aufgebots· und im zehnten das schiedsrichterliche Verfahren.

Α ΠΙ

Das Recht der ZPO gilt vielfach (meist subsidiär) auch für sonstige Verfahren,

A HI a

im besonderen in dem der Sondergerichte.

Α ΠΙ a l

Im a r b e i t s g e r i c h t l i c h e n Verfahren gilt das Recht der ZPO grundsätzlich (vgl. ArbGG §§ 46 I 1, 64 II 1, 72 III, 78, 79). Doch ergeben sich aus den Besonderheiten dieses Verfahrens Abweichungen, für den ersten Abschnitt des ersten Buches dér ZPO die, daß das arbeitsgerichtliche Verfahren keine getrennten ersten Instanzen kennt; soweit hier besondere Kammern (Angestellten-, Fachkammern, ArbGG § 17) gebildet worden sind, geht es um die Geschäftsverteilung, nicht um die sachliche Zuständigkeit. Für die örtliche Zuständigkeit gelten der 2. und 3. Titel, wobei zu beachten ist, daß die arbeitsrechtlichen Sonderkammern auch verschiedene örtliche Bezirke umfassen können (vgl. ArbGG § 17 III). Der 4. Titel ist durch das besondere Ablehnungsverfahren in ArbGG § 49 modifiziert.

Α ΠΙ a 2

Auch die R h e i n s c h i f f a h r t s g e r i c h t e kennen keine getrennten ersten Instanzen. Über ihr Verhältnis zu den ordentlichen Gerichten vgl. GVG § 1 4 B III c.

Α ΠΙ b

Β VGG enthält keine allgemeine Verweisung auf die ZPO (sondern nur die auf einige ihrer Normen). Jedenfalls sind der erste bis dritte Titel der ZPO unanwendbar. Ausschluß und Ablehnung der Richter ist in BVGG §§ 18, 19 selbständig geregelt. BVGG § 18 I entspricht indes § 41 11—3 mit Ausnahme der Fälle, wo ein Richter im Verhältnis des Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regreßpflichtigen steht; diese führen vor dem BVG nicht zu seinem Ausschluß. BVGG § 18 I faßt die Fälle des § 41 I 4, 6 zusammen und erweitert sie dahin, daß, wer auch nur „von Amts oder Berufs wegen" in derselben Sache tätig war, ausgeschlossen ist; dazu wird aber auch gelegentliches Tätigsein zu zählen sein. Mitwirkung bei der Gesetzgebung (auch als Beamter einer Partei, Ministerialbeamter u. dgl. m.) schließt den Richter aber nicht aus (BVGG §18 III). BVGG § 19 I entspricht § 45 I, bei der Selbstablehnung gilt BVGG § 19 I I I (der in etwa dem § 48 entspricht). § 42 sollte man auch hier entsprechend anwenden. BVGG § 19 II 2 fordert, daß die Ablehnung vor Beginn der mündlichen Verhandlung vorzubringen ist (in die Vorschrift wird man aber § 43 hineinlesen müssen). § 44 wird entsprechend anzuwenden sein; § 44 II (IV) ist durch BVGG § 19 II 1 ersetzt worden. Danach genügt bloße Darlegung (das Gesetz sagt „Begründung"), also ohne Glaubhaftmachung. Das BVG wird im Zweifelsfalle Beweisantritte fordern und die angeblichen Beweise erheben müssen. BVGG § 19 II entspricht dabei dem § 44 III. Entschieden wird nach BVGG § 25 auf Grund mündlicher Verhandlung (die Regelung in § 46 I ist zweckmäßiger). § 47 gilt entsprechend, auch § 48 sollte man in vollem 38

Sachliche Zuständigkeit der Gerichte

§ 1 Λ IH b

Umfange entsprechend anwenden. Für Urkundsbeamte gilt § 49 entsprechend, es kommt also nicht das Verfahren nach BVGG §§ 18,19 zum Zuge, das unter dem Gesichtswinkel •der beschränkten Richterzahl steht. Im v e r w a l t u n g s g e r i c h t l i c h e n Verfahren gilt die ZPO ergänzend (BVerwal- A l i l e tungsGG v. 23. 9.1952 [BGBl. I 625] § 26, VGG § 34, eine Bestimmung, die nicht in die MilRegVO 165 eingegangen ist). Allerdings gelten der erste bis dritte Titel der ZPO hier nicht. Doch gibt es auch hier unterschiedliche erste Instanzen (Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht in der BZ, Verwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof in der USZ). In der BZ konnten Oberverwaltungsgerichte nur in erster Instanz als Verfassungsgerichte tätig werden (BMilRegVO 165 § 27d), soweit das betreffende Land keinen Staatsgerichtshof hatte (was bis zum G ν. 2. 10. 1953 [Hbg. GVB1. 231] in Hamburg der Fall war) ; in der USZ haben sie dagegen eine besondere sachliche Zuständigkeit (vgl. ζ. B. VGG §§ 21, 50). Insoweit gelten ersatzweise auch §§ 10, 11 (vgl. VGG §34). Daß es aber keine erweiterte Zuständigkeit gibt, stellt VGG § 27 ausdrücklich klar. Die örtliche Zuständigkeit ist in der USZ nach VGG § 26 besonders geregelt; in der BZ ist es der Sitz der Behörde, die angegriffen wird (vgl. § 17) bzw. um deren Hoheitsakt es geht (aber auch bei negativen Feststellungsklagen, soweit man diese für zulässig hält). §§ 36, (37) gelten auch hier entsprechend (VGG § 26 II sagt dies ausdrücklich für § 36). Wegen der Ablehnung (vierter Titel) verweist BVerwaltungsGG § 13 I auf §§ 41—49; VGG § 17 11 auf die ZPO (i. F. der Nov. 1924), wobei noch zusätzlich der als Richter ausgeschlossen wird, der bei Erlaß des angefochtenen Aktes mitgewirkt hat (ebenso BVerw Der Beitritt des Nebenintervenienten erfolgt durch Einreiehung eines Schriftsatzes bei dem Prozeßgericht und, wenn er mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbunden wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Rechtsmittelgericht. Der Schriftsatz ist beiden Parteien zuzustellen und muß enthalten: 1. die Bezeichnung der Parteien und des Rechtsstreits : 2. die bestimmte Angabe des Interesses, das der Nebenintervenient hat; 3. die Erklärung des Beitritts. " Außerdem gelten die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze. I Nov. 50. A

Form der Beitrittserklärung der Beitritt der Widerruf Form der Beitrittserklärung im einzelnen 1 Parteibezeichnung 2 Interessenangabe 3 Beitrittserklärung II Mängel a von Gerichts wegen zu beachtende I a b

b III Β I a II

die sonstigen sonstige Prozeßerklärungen Prüfung von Gerichts wegen besondere Prozeßbedingungen der Streit· hilfe Fälle Beitritt nicht gegen Klageverbot

§ 70 regelt die Form der Beitrittserklärung des (selbständigen wie des unselbständigen) A Streitgehilfen. Der Beitritt ist eine prozessuale, dem Gericht gegenüber abzugebende Willenser- A I klärung (§ 38 Β II). Sie wird wirksam mit dem Zugang bei dem Gericht und ist widerruflich bis zur rechtskräftigen Beendigung des Streites (§ 705) und nach der hier vertretenen Ansicht auch noch danach (wegen der Möglichkeit des Wiederaufnahmeverfahrens). Der Widerruf beseitigt aber nicht die Wirkungen des § 68 (die des § 69 im Verhältnis A l a zum Dritten kann er nicht aufheben). Er ist eine prozessuale, dem Gericht gegenüber abzugebende Willenserklärung (§ 38 Β II), die ebenfalls schriftsätzlich oder in der mündlichen Verhandlung abgegeben werden darf (§ 271 II, RG v. 25. 10.1905 V Gruch. 50/697 [699], v. 19.11.1903 VI E 56/28, a. M. RG v. 23. 9.1905 V E 61/286 [291]), die durch erneuten Beitritt widerruflich ist. Einer Zustimmung der Beteiligten bedarf die Er567

Ale

Alb

Albi

AI b 2

A I b3

§ 7 0

ZPO I. Buch

klärung nicht (RG v. 25.10.1905 V Gruch. 50/697 folg.; anders wie u. U. die Klage^ rücknahme, § 271 I). Dies gilt auch für den selbständigen Streitgehilfen des § 69. Wegen des möglichen Beitritts des (gewöhnlichen) Streitgehilfen auf Seiten der Gegenpartei vgl. § 66 A II, § 69 A II. Die Beitrittserklärung soll schriftlich (im amtsgerichtlichen Verfahren auch zu Protokoll der Geschäftsstelle, § 496 II 1) abgegeben werden und die folgenden Angaben enthalten : 1. die Bezeichnung der Parteien und des Rechtsstreits (§ 70 11), 2. die Angabe seines Interesses am Beitritt (§ 70 I 2), 3. die Erklärung des Beitritts (§ 70 I 3), und zwar in der Form der vorbereitenden Schriftsätze (§§ 70 II, 130 folg.). In Anwaltprozessen (§ 78 I) unterliegt sie dem Anwaltszwang. Sie ist beiden Parteien (RG v. 12. 4. 1911 VI E 76/168, ν. 24.11.1898 VI E 42/403) von Gerichts wegen (§§ 261b I, 496 1) zuzustellen (bloße Mitteilung genügt nicht, §§ 261b II, 496 IV sind nicht anzuwenden) und ist bestimmender (§ 129 A l b i ) Schriftsatz; da indes durch die Zustellung keine Notfrist in Lauf gesetzt wird, gilt § 187; sie geht an den Prozeßbevollmächtigten (§ 176); doch ist die Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten der Hauptpartei, der auch den Streitgehilfen vertritt, überflüssig (OLG Düsseldorf JW 36/216958). Der Beitritt ist schon durch die Erklärung gegenüber dem Gericht vollzogen (anders nach überholtem Recht, wo er erst durch Zustellung wirksam wurde: RG v. 24.11.1898 VI E 42/401 [405], ν. 15. 1.1886 III E 15/397). Wird nicht zugestellt, so wird dadurch regelmäßig keine der Parteien beschwert; doch sind auch andere Fälle denkbar (etwa wenn vor dem OLG ein Streitgehilfe zugesteht, daraufhin Urteil gegen die Hauptpartei ergeht und diese nun mit der Revision rügt, daß ihr der Streitgehilfe und sein — unrichtiges — Zugeständnis unbekannt geblieben waren, wenn auch υ. U. Versäumnisurteil gegen sie hätte ergehen dürfen, das sie aber nicht um die Tatsacheninstanz brachte). Das Entsprechende gilt für die Widerrufserklärung des Streitgehilfen, die beiden Parteien zuzustellen ist (nur sind hier im Falle des Unterlassens leichter die Rügen der unterstützten Hauptpartei denkbar). Die mündliche Erklärung genügt dazu grundsätzlich nicht. Zur Bezeichnung der Parteien genügt hier (im Gegensatz zur Klage, §§ 253 II 1, 130 11) die kurze Kennzeichnung der Parteien und des Gerichts, vor dem der Rechtsstreit schwebt (vgl. § 253 II 1), am besten durch die Angabe des Aktenzeichens. Wird der Schriftsatz in der mündlichen Verhandlung überreicht, so genügt sogar die kurze Angabe der Parteien allein, weil durch die Übergabe in der Verhandlung des Rechtsstreits dieser hinreichend gekennzeichnet wird. Die Angabe des Beitrittsinteresses trifft das zwischen dem Streitgehilfen und der Hauptpartei bestehende Rechtsverhältnis (§68 A l b ) ; sie entspricht der des Streitgegenstandes zwischen der Gegenpartei und dem Streitgehilfen nach § 69, wie der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des sich ergebenden Anspruchs (§ 253 II 2, RG v. 22. 4.1897 VI JW 285 1 : der Schriftsatz entspreche der Klage für den Anspruch auf Zulassung). Die Verweisung auf einen Streitverkündungsschriftsatz (RG v. 26. 4. 1929 VII E 124/142 [145], v. 14. 6. 1921 VI E 102/276, der jetzt stets über das Gericht zuzustellen ist) oder die stillschweigende auf den Akteninhalt genügt (die entgegenstehende ältere Rechtsprechung hierzu ist überholt, vgl. z. B. RG v. 24. 2. 1899 III JW 2233, v. 22. 4. 1897 VI JW245 1 ). Inwieweit die Behauptungen über Tatsachen, welche den Beitritt rechtfertigen, beizubringen (RG v. 10. 3.1902 IV Β 58/02 Ν § 70/2), glaubhaft zu machen oder gar zu beweisen sind, vgl. § 66 Β Ic 2. Es muß ferner der Beitritt erklärt werden. Die Erklärung ist unwirksam, wenn sie bedingt abgegeben wird. Nur sog. Rechtsbedingungen sind unschädlich ; wird also unter der Bedingung, daß der Schriftsatz zugestellt werde, beigetreten, so ist die Erklärung wirksam; dasselbe gilt, wenn unter der Bedingung beigetreten wird, daß der Klageanspruch besteht oder nicht besteht, weil dies eine Bedingung ist, über die im Rechtsstreit gerade entschieden werden soll; anders ist es, wenn der Beitritt von der Bedingung über den nicht zur Entscheidung stehenden Anspruch zwischen der Hauptpartei und dem Beitretenden abhängig gemacht wird; doch 568

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§

7 0

AIb3

ergibt schon die Berühmung einer Partei u. U. den Interessenanspruch des Beitretenden (vgl. dazu § 72 A II). Sie braucht nicht wörtlich abgegeben zu werden; die Einlegung des Rechtsmittels — das zugleich mit ihrer Abgabe eingelegt werden darf — genügt, wenn der Streitgehilfe sich als solcher in der Rechtsmittelschrift bezeichnet (RG v. 26. 4.1929 V I I E 124/142 [145], v. 14. 6. 1921 II E 102/276). Die Zeit zwischen den Instanzen rechnet dabei (wie regelmäßig) zu der unteren Instanz (RG y. 9. 4 . 1 9 0 8 VSZ E 68/247 [250], KG OLG 23/97 [98]) ; wird aber ein Rechtsmittel zugleich mit der Beitrittserklärung eingereicht, so muß der Anwalt der Rechtsmittelinstanz beides erklären. Die Erklärung ist jetzt gegenüber dem Prozeßgericht abzugeben (§§ 261 b I, 496 II 1). Die Erklärung gegenüber dem beauftragten Richter genügt. Der ersuchte Richter soll sie dem Prozeßgericht (ohne Antrag) weiterreichen; die Bedingung des Streitgehilfen, daß er dies nicht tun dürfe, macht seine Beitrittserklärung unwirksam. Zu der Erklärung gehört, daß sich der Streitgehilfe so deutlich kennzeichnet (§ 130 1 1 in entsprechender Anwendung), wie dies vom Kläger in der Klage zu verlangen ist (vgl. § 253 II 1 und § 253 G sowie R G v. 22. 4. 1897 VI J W 285 1 ), d. h. so, daß er ermittelt werden kann (u. U. über seinen ihn nennenden Prozeßbevollmächtigten), was nach § 139 zu klären ist. Fehlt jede Möglichkeit seiner Ermittlung, so mangelt es an einer Prozeßvoraussetzung für die Streitgehilfenschaft. Mängel der Schriftform und der Erklärung werden nur auf Rüge beachtet (RG v. 15. Α Π 1 . 1 8 8 6 I I I E 15/396, v. 8. 6. 1904 V 582/03 Ν §70/1, v. 30. 10. 1924 I V Seuff. 79/81, ebenso das Fehlen ihrer Zustellung: R G v. 2 4 . 1 1 . 1 8 9 8 V I E 42/401 folg., des Interesses: R G v. 1 4 . 1 0 . 1 9 0 1 IV J W 799 3 ; v. 30. 10.1924 IV J W 25/7 7 3 27 im Falle des Abschlusses eines Prozeßvergleichs über Hinzuziehung eines Dritten). Die Fehler heilen, soweit sie nicht rechtzeitig gerügt sind (§ 295, R G v. 2 8 . 1 0 . 1 9 1 1 VI E 77/360 [364]) ; sonst werden sie nachgeprüft (RG v. 13. 6. 1896 I J W 369 1 ) ; ist deshalb nur aus sachlichen Gründen der Zulassung widersprochen worden, so sind andere (formale) Mängel geheilt (RG v. 1 5 . 1 . 1 8 8 6 I I I E 15/396). Ist nur der Antrag gestellt, das Rechtsmittel des Streitgehilfen zu verwerfen, so liegt darin noch nicht die Rüge des Fehlens einer Prozeßvoraussetzung der Streithilfe (RG v. 16. 2 . 1 9 0 4 I I I J W 17 8 22, v. 14. 10.1901 IV J W 799.3), und die Partei, welche den Beitritt selbst veranlaßt hat, etwa durch Streitverkündung, hat die Rüge nicht (KG OLG 41/250; nach der hier vertretenen Auffassung aber regelmäßig auch nicht die Gegenpartei, § 67). Diese formalen Mängel sind behebbar bis zur rechtskräftigen Zurückweisung des Streithelfers. Doch wird nach R G v. 24. 2 . 1 8 9 9 I I I J W 223 3 , v. 2 4 . 1 1 . 1898 VI E 42/401 (405) nach überholtem Recht der inzwischen eingetretene Rechtsverlust dadurch nicht mehr behoben. Das Entsprechende gilt, wenn nur ursprünglich bestehende Mängel erst in der Beschwerdeinstanz durch Nachholen behoben werden, was nach § 570 zulässig ist. Inwieweit der Mangel noch zu beheben ist, wenn das Gericht den Streitgehilfen rechtskräftig zurückgewiesen hat, darüber vgl. § 71 C I I . Praktische Bedeutung hat dies alles, wenn der Streithelfer durch einen Rechtsbehelf in den Streit eintritt. Sein Rechtsbehelf wird insoweit nicht von Gerichts wegen verworfen (wenn etwa die Darlegung seines Interesses fehlt), sondern nur auf rechtzeitige, begründete Rüge (RG v. 14. 10. 1901 IV J W 799 3 ). Nur soweit Mängel von Gerichts wegen zu beachten sind (§ 70 B), ist die Rüge gleich- Α Π a gültig; dies gilt nach der hier vertretenen Auffassung auch dann, wenn ein Streitgenosse der Gegenpartei beitritt (a. M. R G v. 13. 3.1940 VI E 168/361 [365], wie schlechthin: BGH v. 1 3 . 1 1 . 1 9 5 2 I I I E 8/72). Die Zustellung des Beitritts an die Parteien ist für die Wirksamkeit der Streithilfe Α Π b ohne jeden Einfluß (über die Rügen, welche hier erhoben werden dürfen, vgl. § 70 A Ib). Über die Behebbarkeit sonstiger Mängel vgl. § 70 A I I . Wird ein behebbarer Mangel gerügt, so räumt die Nachholung in mangelfreier Form die Rüge aus. Neben der Beitrittserklärung in der Form des § 7 1 1 können noch andere Erklärungen Α ΠΤ abgegeben und Prozeßhandlungen vorgenommen (im besonderen Rechtsmittel einge-

569

A m

§ 7 0

ZPO I. Buch

legt) werden. Diese Erklärungen folgen den für sie vorgeschriebenen Formen (vgl. ζ. B . §§ 130—133; 518, 519, 533, 554, 569, 577). Β

Von den Prozeßbedingungen der Streithilfe sind von Gerichts wegen nur die folgenden zu beachten.

Β I

Yon Gerichts wegen werden geprüft die unverzichtbaren Prozeßbedingungen,

Bla

wie die Kennzeichnung des Streitgehilfen, seine Partei- und Prozeßfähigkeit (einschließlich der richtigen gesetzlichen Vertretung) wie die Tatsache der unbedingten Beitrittserklärung (vgl. § 70 A I b 3; erklärt der Streitgehilfe, nur beitreten zu wollen, wenn ihm seine Kosten von dem Gegner erstattet werden, so ist der Beitritt unwirksam, selbst wenn die Bedingung später eintritt und der Gegner dies nicht gerügt hat; doch ist in diesen Fällen nach § 139 aufzuklären) und die Unmöglichkeit seines Beitritts zu der von ihm gewählten Partei. Hierher gehören die Fälle, in denen jemand, gegen den der Anspruch wirkt, also der notwendige Streitgenosse, der Gegenpartei beitritt (§ 66 A I I b 2), aber auch der beitretende Streitgenosse, der noch nicht rechtskräftig ausgeschieden ist und der notwendige, selbst wenn er rechtskräftig ausgeschieden ist (vgl. auch § 70 A II a).

Β Π

Weiter werden von Gerichts wegen die (seltenen) Klageverbote des außerprozessualen Rechts beachtet; denn soweit jemand nicht gegen eine Partei klagen darf, darf er auch nicht der Gegenpartei als Kläger oder Streitgehilfe beitreten. So ordnete B G B § 1394 bezüglich des eingebrachten Guts der Frau bei dem früher gesetzlichen Güterstand, jetzt dem ihm entsprechenden vertraglichen (§52B) an, daß die Frau gegen den Mann während der Dauer seiner Verwaltung und Nutznießung einen ihr hieraus erwachsenen Anspruch nicht geltend machen darf, wovon er das Recht auf Sicherheitsleistung nach B G B § 1391 und den Anspruch auf Verwendung der Reinüberschüsse zu ihrem und der gemeinschaftlichen Abkömmlinge Unterhalt ausnimmt (BGB § 1389 II). Die Vorschrift ist für das Sondergut der allgemeinen Gütergemeinschaft (BGB §§ 1439, 1525 II), für das eingebrachte Gut der Errungenschaftsgemeinschaft (BGB § 1525 11) und der Fahrnisgemeinschaft (BGB §§ 1550 II, 1525 II) entsprechend anzuwenden. Das Entsprechende gilt nach BGB §1467 für den Aufschub von Forderungen der Ehegatten untereinander (was ein Gatte zum Gesamtgut schuldet oder die Frau zum Vorbehaltsgut des Mannes, ist erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten; nur wenn die Frau zur Befriedigung der Schuld hinreichend Vorbehaltsgut hat, hat sie sie schon vorher zu berichtigen; Forderungen des Mannes gegen das Gesamtgut können erst nach Beendigung der Gütergemeinschaft gestellt werden), eine Vorschrift, die bei fortgesetzter Gütergemeinschaft aber nur für den überlebenden Gatten (und nur für ihn) entsprechend gilt (BGB §§ 1487 II, 1557, 1549), wie für das Gesamtgut der Fahrnisgemeinschaft schlechthin (BGB § 1549). Bei dem Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft ist sie nach B G B § 1541 modifiziert bezüglich der Schulden (nicht bezüglich der Forderungen des Mannes gegen das Gesamtgut), nämlich dahin, daß Schulden eines Gatten gegen das Gesamtgut, wie Schulden der Frau zum eingebrachten Gut des Mannes bis zur Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft aufgeschoben sind, soweit die Frau nicht aus ihrem eingebrachten und Vorbehaltsgut die Schuld berichtigen kann (bezüglich des eingebrachten Guts der Frau gilt aber B G B § 1394, vgl. BGB § 1525 II). Soweit ein solches Klageverbot gilt, kann der, dem die Klage gegen den anderen verboten ist, nicht dem Gegner als Streitgehilfe beitreten.

§ 7 1 (68) Über den Antrag auf Zurückweisung einer Nebenintervention wird nach mündlicher Verhandlung unter den Parteien und dem Nebenintervenienten entschieden. Der Nebenintervenient ist zuzulassen, wenn er sein Interesse glaubhaft macht. II ' Gegen das Zwischenurteil findet sofortige Beschwerde statt. III Solange nicht die Unzulässigkeit der Intervention rechtskräftig ausgesprochen ist, wird der Intervenient im Hauptverfahren zugezogen. I

570

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit A I II a b III a b Β

Zurückweisungsverfahren nicht im Fall des § 69 aber bei der Prüfung von Gerichts wegen die Fälle Folgen die sonstigen Fälle Wesen des Antrags zwischenzeitliche Stellung Entscheidung

I II

§ 7 1

III IV

bei Erledigung des Streits sonstige Entscheidung Beweislast und Glaubhaftmachung Entscheidung Rechtsmittel Kostenrecht

I II

Wirkung der Zwischenentscheidung bei Zulassung bei Zurückweisung

a b

C

§ 71 schreibt das Verfahren bei der Entscheidung über die Zurückweisung des Streit- A gehilfen vor. Er gilt in allen Fällen, wo nur über die Streitgehilfenschaft zu entscheiden ist, welche A I zur Interventionswirkung des § 68 führt. Dabei ist es gleichgültig, ob der Streitgehilfe von Gerichts wegen oder auf Antrag zurückgewiesen wird. In den Fällen des § 69, wo es um die außerprozessuale Rechtskraftwirkung geht, ist dies anders ; sie gehören deshalb auch nicht unter § 70 — hier ist durch kontradiktorisches Endurteil zu erkennen, gegen das die Rechtsmittel der Berufung bzw. der Revision gegeben sind (RG v. 19. 10.1901 I Β 70/01 + ν. 28. 5. 1898 I Β 50/98 Ν § 71/2). Von Gerichts wegen ist der Streitgehilfe nur zurückzuweisen, wenn die zu § 70 Β er- Α Π läuterten Voraussetzungen gegeben sind. Hier wendet die h. M. §71 nicht an (OLG Kiel J W 33/222715, Sydow-Busch §71 Α Π a Anm. 1, die § 275 I entsprechend anwenden wollen; Rosenberg Lb. § 46 III 3, BaumbachLauterbach § 71 Anm. 1 A). Tatsächlich handelt es sich aber auch hier um einen Zwischenstreit entsprechend dem des § 71, also in allen Fällen, wo die Prozeßvoraussetzungen der Streithilfe fehlen und sie deshalb auf den Hauptprozeß gar keinen Einfluß hat, die Prozeßhandlungen des Streitgehilfen also unwirksam sind und damit zugleich die Wirkungen des § 68 nicht eintreten; denn der Streitgehilfe ist nicht Partei (vgl. § 67 A I), und deshalb darf er auch nicht in vollem Umfang wie eine solche behandelt werden Ivgl. aber §§ 68 A II b, D, § 69 A I b). Allerdings sind, wenn aus einem solchen Grunde der Streitgehilfe zurückzuweisen ist, Α Π b seine Prozeßhandlungen auch ohnedies unwirksam. Hatte nur er einen Rechtsbehelf eingelegt, so ist er als unzulässig zu verwerfen. Auch seine sonstigen Prozeßhandlungen wirken nicht zugunsten oder zu Lasten der Hauptpartei, wenn sie sie sich nicht zu eigen gemacht hat, was sie aber durch Genehmigung wie in den Fällen des § 69 nicht kann, weil dort der falsus procurator auf die gewillkürte Vollmacht der Hauptpartei aufbaut, während diese hier gerade fehlt. Im übrigen ist der Streitgehilfe nur auf Antrag der unterstützten Hauptpartei oder Α ΠΙ der Gegenpartei (RG v. 24.11.1898 VI E 42/401 [404]) oder einer ihrer anderen Streitgehilfen zurückzuweisen (der auch in dem zu § 70 A II erläuterten Falle gestellt werden darf). An diesen Regelfall denkt § 71. In ihm ist also die Entscheidung von Gerichts wegen unzulässig (RG v. 15.1. 1886 III E 15/396, ν. 14. 10. 1901 IV JW 7993). Der Antrag ist eine dem Gericht gegenüber abzugebende prozessuale Willenserklärung Α ΠΙ a (bei der streitig ist, ob sie der Form des §297 unterliegt: bejahendSchönke §71 Anm. 12; verneinend Baumbach-Lauterbach § 71 Anm. 1 B), die bis zur rechtskräftigen Entscheidung über sie widerruflich ist. Sie unterliegt im Regelfall des § 71 dem Rügeverlust •nach § 295 (RG v. 13. 3. 1940 VI E 163/361 [365], ν. 9. 3. 1904 I Β 26/04 Ν § 71/5, ν. 15. 3.1893 I JW 1962; also nicht, soweit auf die Prozeßvorgänge von Gerichts wegen zu achten ist), was im besonderen gilt, wenn sie widerrufen wird. Ein Rügeverzicht ist indes nicht darin gesehen worden, daß gegen den nichterschienenen Streitgehilfen Versäumnisurteil genommen wurde (RG v. 20. 6.1900 I Β 52/00 Ν § 76/1) ; doch wird die Entscheidung nicht aufrechtzuerhalten sein, da über die Streithilfe auch bei Säumnis des Streitgehilfen zu entscheiden ist (§ 71 Β II). Auch kann ihn derjenige, der dem Streit,gehilfen den Streit verkündet hat, nicht wirksam stellen (KG OLG 41/250; anders ist dies in dem Falle, wo der Antrag sich auf die zu § 71 A II erläuterten Voraussetzungen bezieht) ; wem der Streitverkündete beitritt, ist dabei regelmäßig gleichgültig (a. M. RG v. 571

Α ΠΙβ

§ 7 1

ZPO I . B u c h

9. 3. 1904 I Β 26/04 Ν § 71/6 für den Fall, daß er dem Gegner beitritt, Jonas § 71 Anm. I 2, OLG Dresden 13/84 folg., KG OLG 41/250); anders ist dies nur in den zu § 71 A I erläuterten Fällen. Im übrigen darf der Antrag aber im Laufe des Urteilsverfahl'ëns bis zur Endentscheidung jederzeit gestellt werden (OLG Dresden 13/84 folg.). In den Z w i s c h e n i n s t a n z e n (nach Erlaß der Endentscheidung) ist der Antrag unzulässig, da über ihn nur auf Grund mündlicher Verhandlung entschieden wird, diese aber nur in den Fällen der §§ 320, 321, 716 nach Erlaß der Endentscheidung zugelassen ist und stets hierbei ein vor der letzten Verhandlung gestellter, aber übergangener Antrag vorausgesetzt wird. Ist allerdings der Antrag vor Erlaß des Schlußurteils gestellt, also übergangen worden, so wird über ihn gemäß § 321 zu entscheiden sein (RG v. 29.*12. 1885 III J W 86/38 6 , a. M. Jonas § 71 Anm. I 4), wenn nicht die Entscheidung darüber schon dem Schlußurteil zu entnehmen ist. Nur wenn der Beitritt erst nach Erlaß des Endurteils oder nach dem Verhandlungsschluß erklärt wird, läßt sich der Gegenantrag auf Zurückweisung rechtfertigen; doch sollte man die Entscheidung darüber auch hier der nächsten Instanz überlassen. Ein Rechtsmittel nur zu dem Zwecke, einen Streitgehilfen aus dem Streit zu weisen, würde mangels Beschwer nicht zulässig sein; anders ist dies, soweit nur die zugunsten des Streitgehilfen ergangene Kostenentscheidung angegriffen wird (was aber voraussetzt, daß dem nicht § 99 I entgegensteht). In dem Antrag auf Verwerfung des Rechtsmittels des Streitgehilfen als unzulässig mit der Begründung, daß die Streithilfe unzulässig sei, liegt der Antrag auf Zurückweisung des Streitgehilfen (a. M. Jonas § 71 Anm. II 1; anders ist dies, wenn nur Zurückweisung des Rechtsbehelfs beantragt wird, vgl. RG v. 16. 2. 1904 III J W 178 22 , v. 14.10.1901 IV J W 799 3 , weil hierin ein Rügeverzicht liegt; der indes erst in der mündlichen Verhandlung, wo der Antrag gestellt wird, eintritt, wenn nicht nach § 128 II verfahren wird). Amb

Nach § 71 III hat der nur von diesen Mängeln betroffene Streitgehüfe die Rechtsstellung des Streitgehilfen bis zur Rechtskraft des Zwischenurteils. Die von ihm bis dahin vorgenommenen Prozeßhandlungen sind also wirksam und bleiben es, selbst wenn er rechtskräftig aus dem Prozeß gewiesen wird. Sein Rechtsmittel darf deshalb nicht verworfen werden (OLG Hamburg 15/73), auch darf so lange nicht Versäumnisurteil gegen die unterstützte Partei ergehen, wie er anwesend verhandelt oder nicht hinzugezogen worden ist. Dies gilt auch dann, wenn er den Rechtsbehelf (etwa die Berufung) noch nach Erlaß aber vor Rechtskraft des Zwischenurteils einlegt (vgl. RG v. 14.10.1901 IV J W 7')93). Seines Antrages auf Hinzuziehung bedarf es also nicht (vgl. RG v. 13. 1. 1897 I J W 106 5 ). Über die Folgen seiner Nichthinzuziehung vgl. § 68 A I l l a . Selbst wenn beide Parteien verhandeln wollen, ist, wenn er nicht geladen wurde, zu vertagen; es sei denn, daß ihm daraus kein Nachteil erwachsen kann (OGH v. 26.11. 1948 I E 1/253, RG v. 15. 4.1908 VI 596/07 Ν § 71/7, ν. 26. 1.1903 VI 314/02 Ν § 71/3, v. 8. 11. 1894 VI E 34/388).

Β

Entschieden wird über die Zurückweisung auf Grund mündlicher Verhandlung bzw. im Einverständnis aller Beteiligten schriftlich (§128 11). Soweit der Streitgehilfe von Gerichts wegen zurückzuweisen ist, ist er gemäß § 139 auf die Bedenken zuvor hinzuweisen. Nach § 78 I herrscht vor den Kollegialgerichten der Anwaltszwang. Ist der Streitgehilfe von Gerichts wegen zurückzuweisen, so kann er beide Parteien auf seiner Seite oder auch gegen sich haben. Im übrigen wird der Streit zwischen dem Streitgehilfen und der (oder den) rügenden Partei(en) ausgetragen; regelmäßig wird der Streitverkündende den Streitgehilfen unterstützen, weil er sonst den Vorteil der Wirkung des § 68 verliert.

ΒI

Der Streit um den Streithelfer kann sich erledigen, wenn etwa das ursprüngliche Interesse inzwischen weggefallen ist oder wenn der Streitgehilfe seinen Beitritt zurücknimmt. Dann ist nur noch über die Kosten zu entscheiden; aber erst mit dem Schlußurteil, sofern die Kostenentscheidung davon abhängen würde, also nicht, wenn sie sowieso zu Lasten des Streitgehilfen geht; praktisch wird dies besonders in den Fällen, wo der nach-

572

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§71 m

trägliche Wegfall des rechtlichen Interesses geltend gemacht wird, was zulässig ist (OLG Dresden 13/85; a. M. OLG Nürnberg 25/63, OLG Hamburg 33/148, OLG Kassel JZ 53/53 will hier entsprechend § 91a verfahren; doch ist dies nicht angängig; auch sollte §93 nicht entsprechend angewandt werden; vielmehr ist es nur darauf abzustellen, ob die Hauptpartei obsiegt). Eine solche Entscheidung ist auch im Verhältnis zum Streitgehilfen keine isolierte Kostenentscheidung i. S. des § 99 I, wenn gleichzeitig über den Hauptanspruch erkannt wird. Erledigt sich der Streit um den Streithelfer nicht, so ist darüber kontradiktorisch zu Β Π entscheiden. Ein V e r s ä u m n i s v e r f a h r e n gibt es hier n i c h t (RG v. 15. 10. 1884 I E 15/429). Entschieden wird nach Anhörung der nicht säumigen Beteiligten, im übrigen nach Aktenlage; dies geschieht auch, wenn alle Beteiligten ausbleiben. Jonas § 71 Anm. I 3 meint, daß, wenn beide Beteiligten ausbleiben, das Gericht auch vertagen dürfe. Ist abgesonderte Verhandlung angeordnet, so ist auf diese, sonst in dem zur Verhandlung des Hauptstreites anberaumten Termin zu entscheiden. Der Streitgehilfe hat die B e w e i s l a s t für seinen (nicht im Rechtsstreit befangenen) Β Π a Anspruch bzw. dafür, daß er gegen ihn besteht (wobei die ihm ungünstige Entscheidung des Rechtsstreits als Voraussetzung zu unterstellen ist). Zum Nachweise seines Interesses ist Glaubhaftmachung (§ 294) erforderlich und genügend (§71 1 2 ; KG J W 28/1152 11 ). Die Gegenglaubhaftmachung ist zuzulassen, aber nicht, soweit sie sich auf selbständige Einwendungen gegen den glaubhaft gemachten Anspruch bezieht (KG J W 28/1152 11 ). Entschieden wird durch Zwischenurteil (§ 303: doch wirkt auch der fehlerhafte Be- Β ü b schluß wie das Urteil; vgl. RG v. 3. 3. 1939 I DR A 6 7 0 43) ; im Verfahren vor dem Patenta m t wird durch Beschluß entschieden (BGH v. 13. 11.1951 I E 4/5 = N J W 52/381 = GRUR 52/260 = MDR Β 425/52). Maßgebend ist der Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung (im Falle des § 128 II derjenige, wo die Formel des Zwischenurteils abgesandt wird). In diesem muß das rechtliche Interesse bestehen, aber es genügt auch, wenn es e r s t in ihm besteht (KG OLG 41/250). Das Urteil geht auf Zulassung oder Zurückweisung des Beitritts; die Zulassung bloß bezüglich einzelner Angriffs- oder Verteidigungsmittel ist unzulässig (RG v. 3. 2. 1896 VI J W 146 3 = Gruch. 40/657); geschieht sie dennoch, so tritt die Wirkung des § 68 nicht ein; in der höheren Instanz darf die Beschränkung durch Neuzulassung beseitigt werden. Das die Zulassung aussprechende Urteil darf mit dem Endurteil verbunden werden ; es darf im besonderen stillschweigend ergehen, etwa wenn die Kosten der Streithilfe dem Gegner auferlegt worden sind (KG J W 19/458 1 ). In dem Zwischenurteil ist zugleich über die Kosten des Zwischenstreits zu entscheiden, sie sind dem Streitgehilfen aufzuerlegen, wenn sein Beitritt zurückgewiesen wird (OLG Hamburg 23/124), sonst gehören sie zu den Kosten des Hauptstreites, d. h. sie treffen den Streitgehilfen, auch wenn seinem Antrag stattgegeben wurde, sofern die unterstützte Partei unterliegt (a. M. OLG Hamburg 23/124). Erledigt sich der Hauptstreit nach § 91 a, so wird auch über die Kosten der Streithilfe nach dieser Norm entschieden. Gegen das Zwischenurteil gibt es nur das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde Β ΠΙ (§ 71 II), auch wenn die Entscheidung zugleich mit dem Endurteil (RG ν. 1. 7. 1938 II J W 2833 26 , v. 20. 11.1913 IV Seuff. 69/153 = J W 14/154 18 = Warn. 14/95, v. 16.2. 1904 III J W 178 22 , v. 24. 11. 1896 II E 38/402, ν. 3. 5. 1887 II E 18/140, v. 19. 2. 1886 III E 15/413) oder — irrtümlich — als Beschluß (vgl. RG v. 3. 3. 1939 I DR A 67043) ergeht. Ist der Streitgehilfe in dem Schlußurteil zurückgewiesen worden, so deckt seine Berufung nicht zugleich die erforderliche sofortige Beschwerde, wenn die Frist dafür schon verstrichen ist. Sodann ist die Berufung unzulässig. Über die sofortige Beschwerde vgl. § 577. Die Frist beginnt ab Zustellung des Zwischenurteils; betrieben wird die Zustellung nur von einer Partei, auch der nicht antragstellenden (vgl. RG v. 15. 3. 1893 I J W 196 2 ), dem Streitgehilfen, von Gerichts wegen nur in den Fällen der §§ 625, 640.

573

»in

§ 7 1

ZPO I. Buch

Gegenüber der Entscheidung des LArbG (vgl. ArbGG § 70), des OLG (§ 567 III) wie der ihnen übergeordneten Gerichte ist aber das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nicht zulässig (OLG Hamburg 27/30). Wenn deshalb das OLG eine Berufung des Streitgehilfen mit der Begründung verwirft, daß die Streithilfe unzulässig ist, so muß das Revisionsgericht das dagegen eingelegte Rechtsmittel des Streitgehilfen als unzulässig verwerfen, weil das OLG rechtskräftig über die Nichtzulassung des Streitgehilfen entschieden hat (RG v. 20. 11. 1913 IV JW14/154 1 8 = Warn. 14/95 = Seuff. 69/153). Anders ist dies nur in den Fällen, wo eine selbständige Streitgehilfenschaft nach § 69 in Frage steht oder wo nunmehr die Hauptpartei die Revision mit der Begründung einlegt, daß die Berufung des Streitgehilfen doch zulässig war. Dagegen ist die weitere sofortige Beschwerde (§§ 568, 577) gegen die landgerichtlichen Beschlüsse unter der Voraussetzung des § 568 wie der der eigenen Beschwer gegeben ^RG v. 24.11. 1898 VI E 42/402, OLG Breslau JW 30/3332"), wie auch die sofortige Beschwerde, welche gegen die Verweigerung der Zulassung, die das Landgericht in der Berufungsinstanz ausspricht, eingelegt werden kann. Erforderlich ist aber, daß derjenige, der sofortige (weitere) Beschwerde einlegt, auch beschwert ist, d. h. nur der unterlegene Antragsteller und der unterlegene Streitgehilfe und in diesem Falle auch die unterstützte Partei bzw. der Streitverkündete (wegen der Wirkung des § 68). Erledigt sich die Streithilfe während der Beschwerdeinstanz (etwa durch rechtskräftiges Urteil oder so, daß ein Beitritt dann nicht mehr möglich wäre, vgl. § 66 A Ib), so muß die Beschwerde auf Antrag für erledigt erklärt und sodann noch über die Kosten nach § 91a entschieden werden (nachträglich unzulässig wird die Beschwerde hierdurch aber nicht, wenn sie vorher eingelegt war, vgl. auch RG v. 10. 12. 1941 GSZ E 168/355). Die Wiederaufnahmebeschwerde (§ 577 II 3) ist nur zulässig, wenn gegen die Entscheidung eine Beschwerde zulässig wäre und der Rechtsstreit noch läuft. JB IV

Kostenrechtlich ist der Streitwert der Streithilfe nach dem hier vertretenen Standpunkt nicht höher als der Hauptanspruch zu bemessen, er kann im übrigen geringer sein und ist nach dem Anspruch (vgl. BGH v. 24. 2. 1953 I NJW 7455, RG v. 21.10. 1925 I E 111/410), der für oder gegen den Streitgehilfen besteht, zu bemessen, und zwar nach §§3 folg. (RG v. 12.1.1942 II DR A 59123, OLG Hamburg 23/125, OLG Dresden 35/163 = JW 18/7413, KG OLG 23/65, KG JW 29/8 7 9 28) ; eine andere Meinung will nach § 3 frei schätzen (KG OLG 25/63; nach h. M. müßte er, wenn Teilansprüche eingeklagt werden, indes höher als die Klagesumme sein, vgl. dagegen § 68 A I a3). An Gerichtsgebühren entstehen bei der Streithilfe nur im Zulassungsstreit eine volle (Urteils)Gebühr, falls ein Zwischenurteil ergeht (GKG §§ 20 I 3, 25); doch gibt es diese Gebühr nicht im arbeitsgerichtlicehn Verfahren der ersten Instanz (ArbGG §12 I). Die Anwaltsgebühr entsteht nur, soweit nicht die Prozeßgebühr entstanden ist oder noch entsteht (RAGebO §§ 29 I 2, 23 I 1), in Höhe von 3/10. Im Beschwerdeverfahren entsteht die volle Gerichtsgebühr nach GKG § 38, die Rechtsanwaltsgebühren nach RAGebO § 41 I 1 (also 3/10 Gebühren).

C

Die Zwischenentscheidungen wirken wie folgt:

CI

Ist der Streitgehilfe rechtskräftig zugelassen, so wird, wenn er tätig wird (etwa Revision einlegt) nicht mehr geprüft, ob dies zu Recht geschehen ist (RG v. 2. 3. 1916 IV 356/15 Ν § 66/25).

C II

Ist er rechtskräftig aus dem Streit gewiesen, so darf der Streitbeitritt neu versucht werden, wenn die Hindernisse beseitigt worden sind, welche der Zulassung entgegenstanden. So wirken fehlende Prozeßbedingungen in der Person des Streitgehilfen (mangelnde Partei-, Prozeßfähigkeit einschließlich der richtigen gesetzlichen Vertretung) nur Rechtskraft, soweit sie nicht nach der Entscheidung behoben werden (wurde deshalb der Streitgehilfe zurückgewiesen, weil er geisteskrank war, so darf nicht mit der Begründung, er sei nicht mehr geisteskrank, der Beitritt erneuert werden, selbst wenn er noch geisteskrank ist ; anders ist dies, wenn behauptet wird, daß er nach Rechtskraft der Entscheidung erst licht geworden ist oder sein gesetzlicher Vertreter in seinem Namen beitritt). 574

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§

7 1

CH

Ist das rechtliche Interesse verneint, so darf der bereits geltend gemachte Anspruch nicht erneuert werden (RG v. 1 3 . 2 . 1 8 8 9 1 E 23/342 folg.) ; anders ist dies, wenn ein nicht geltend gemachter Anspruch des Streitgehilfen oder (im Fall des § 69) gegen den Streitgehilfen ins Feld geführt wird (RG v. 13. 2 . 1 8 8 9 I E 23/342). Ist der Streitgehilfe rechtskräftig — gleichviel aus welchen Grunde — zurückgewiesen, so entfallen die Bedingungen des § 68 auch dann, wenn dies zu Unrecht geschehen ist (daß umgekehrt § 68 stets dann gilt, wenn eine Streithilfe vorliegt, möge sie auch nicht zulässig sein, ist bei § 68 A I I b erläutert).

§ ™

(69)

Eine Partei, die für den Fall des ihr ungünstigen Ansganges des Rechtsstreite «inen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung gegen einen Dritten erheben zu können glaubt oder den Anspruch eines Dritten besorgt, kann bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Rechtsstreits dem Dritten gerichtlich den Streit verkünden. « Der Dritte ist zu einer weiteren Streitverkündung berechtigt. 1

I

a

b II

1 2 1 2

a 1

Streitverkündung ihre besonderen Prozeßbedingungen die der Streithilie Rechtshängigkeit des Verfahrens vor inländischen Gerichten weitergehende in bezug auf die Parteiseite besondere Prozeßbedingungen die besonderen Prozeßbedingungen der Streitverkündung im Verhältnis zur Streithilfe Ansprüche bei Unterliegen des Streitverkünders gegen den Streitverkündeten aus Vertrag und Gesetz

2 nicht hierher gehörende Ansprüche Ansprüche bei Unterliegen des Dritten gegen den Streitverkünder c das Unterliegen des Streitverkündeten

b

5

:

III

die Wirkung der Streitverkündung auf das anhängige Verfahren kein Recht zur negativen Feststellungsklage Verpflichtung zur Streitverkündung

I II III

andere Verfahren arbeitsgerichtliches Verfahren verwaltungsgerichtliches Verfahren Steuerverfahren

I II

Die Streitverkündung des § 72 ähnelt der Streithilfe des § 66; während aber diese vom A Streitgehilfen und ohne Zutun einer Partei ausgeht, so kommt jene von der Partei, einem Streitgehilfen oder einem Streitverkündeten (§ 72 I I ) ; diese besteht in der Beteiligung am Prozeß, jene wirkt auch und gerade, wenn der, dem der Streit verkündet ist, sich nicht am Prozeß beteiligt. Insoweit gibt es dann auch unterschiedliche Prozeßbedingungen im Verhältnis dieser zu jener. Tritt indes der, dem der Streit verkündet worden ist, dem Streitverkünder bei, dann kommt es darauf, ob die Voraussetzungen der Streitverkündung gegeben sind, nicht an ; schließlich wird der Streitverkünder — nach der hier vertretenen Auffassung — nicht damit gehört, daß die Bedingungen der Streithilfe nicht gegeben sind, selbst wenn der, dem der Streit verkündet worden ist, der Gegenpartei beitritt (§ 66 A II, § 69 A II). Sind die Prozeßbedingungen der Streitverkündung (neben den allgemeinen) gegeben, A I so tritt die Interventionswirkung auch dann ein, wenn der Streitverkündungsgegner dem Streitverkünder nicht beigetreten ist (§ 74 I I I ) . Zu den Prozeßbedingungen der Streitverkündung gehören zunächst all die der Streit- A l a hilfe; denn die Streitverkündung muß die Möglichkeit der Streithilfe voraussetzen (vgl. § 7 4 1). Dahin gehört es, daß ein Verfahren rechtshängig ist (§66 A l a ) . Die h. M. (Jonas A l a i § 72 Anm. I I I 2, Sydow-Busch § 72 Anm. 4) verneint dies auch für das amtsgerichtliche Zahlungbefehlsverfahren (anders bezüglich der Zulassung der Streitverkündung ist die hier vertretene Ansicht, vgl. § 66 A l a 1). Die Streitverkündungsschrift darf indes schon vor Zustellung der Klage usw. eingereicht werden, weil all diese Schriftstücke von Gerichts wegen zuzustellen sind (vgl. § 73 A l i l a ) . 37

Wieczorek, ZPO. I.

575

Alai

§ 7 3

ZPO I. Buch

Nach rechtskräftiger (§ 705) Entscheidung ist die Streitverkündung unzulässig, eine etwa noch zugestellte unwirksam (vgl. RG v. 1. 4.1933 V 74/33 Ν § 74/16). Es kann also nicht eine Streitverkündung zu dem Zwecke bewirkt werden, daß der Streitverkündete eine Wiederaufnahmeklage erhebt ; wohl aber ist auch noch in Wiederaufnahmeverfahren die Streitverkündung wirksam. Nur wird sie hier wie schon in der Revisionsinstanz deswegen nicht mehr so wirksam sein, weil die tatsächlichen Feststellungen hier nur beschränkt bzw. erst nach der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs angreifbar sind. Im übrigen darf, wenn etwa die Klage wegen unrichtiger gesetzlicher Vertretung als unzulässig abgewiesen worden ist, dieselbe Rechtsperson sich nicht gegen die rechtskräftige Entscheidung nach der hier vertretenen Auffassung bei unverändertem Sachverhalt darauf berufen, daß dieser Vertreter sie dennoch vertritt; m. a. W., ihr anderer gesetzlicher Vertreter darf nicht auf den ersten verweisen, selbst wenn er zuständig gewesen wäre. Ala 2

Alb AI b 1

Das -Verfahren muß vor den inländischen (§ 12 A II a 1 ) staatlichen Gerichten schweben (die Streitverkündung in einem ausländischen Verfahren hat nicht die an die Streitverkündung geknüpfte Interventionswirkung, RG v. 20.10. 1905 II JW 7164, v. 3. 7. 1903 II E 55/236folg. — beiläufig — wohl aber die sonstige außerprozessuale, vgl. RG a. a. O. für die Unterbrechung der Verjährung nach BGB § 209 II 4). Anders ist dies nur im Rückgriffsprozeß wegen der Entschädigungsansprüche nach CIM + CIV Art. 50 § 1. Hier ist die gesetzlich bindende Wirkung der Streitverkündung auch an das Entschädigungsverfahren, das vor einem ausländischen Gericht schwebt, vorgeschrieben (vgl. auch § 72 A I b 2). Der Streitverkündete steht indes in verschiedener Weise freier als der StreitgehilfeDies gilt hinsichtlich der Parteiseite, der der Streit verkündet werden darf, weil für sie die bloße Möglichkeit der Streithilfe, nicht ihr tatsächlicher Vollzug zu fordern ist. Wie bei der Streithilfe darf ein Streitgenosse dem anderen derselben Parteiseite den Streit verkünden (RG v. 19. 2. 1896 I JW 176"). Weitergehend besteht die Möglichkeit, daß eine Partei dem Streitgehilfen der Gegenpartei den Streit verkündet, soweit er die Parteiseite wechseln kann (§ 66 A II, § 69 A II) ; auch dürfen beide Parteien derselben Rechtsperson, die nicht im Streit ist, den Streit verkünden. Der Streitgehilfe einer Partei kann nicht seiner Hauptpartei den Streit verkünden (weil die Entscheidung sowieso gegen sie wirkt; die abweichende h. M. müßte dies indes zulassen, vgl. §66 A l i b i ) ; wohl aber einem Streitgenossen seiner Hauptpartei, nicht aber der Gegenpartei selbst, weil diese die Streitseite nicht wechseln kann. Doch kann er die Gegenpartei beiladen, soweit er die Parteiseite wechseln kann und damit die Interventionswirkung herbeiführen, falls ihm daran ausnahmsweise liegen sollte; nur kann er dann nicht wirksam Streitgehilfe der Gegenpartei bleiben. Nach § 72 II darf auch der, dem der Streit verkündet worden ist, ohne beizutreten, einem Dritten — aus eigenem (vom Widerspruch des Streitverkündenden unabhängigen) Recht — den Streit verkünden. Unbedenklich ist dies für jeden, der noch nicht im Streit ist; er darf es aber auch an einen Streitgehilfen, gleichviel, auf welcher Seite sich dieser im Streit befindet, soweit dieser die Parteiseite wechseln könnte (§ 66 A II, § 69 A II), und an eine Partei, die Streitgenosse des Streitverkünders ist. Dasselbe gilt von Streitgehilfen unter sich und von ihnen in bezug auf die Streitverkündung an einen Streitgenossen ihrer Hauptpartei. Darüber hinaus wird man die weitere Streitverkündung des Streitverkündeten auch an die Gegenpartei des Streitverkünders zulassen dürfen, solange er sich aus dem Streit hält, soweit er, um die Interventionswirkung herbeiführen zu können (vgl. dazu § 68 A), auch dem Gegner beitreten könnte. Tritt sie aber trotz eigener Streitverkündung nicht dem bei, dem sie den Streit verkündet hat, sondern dem Gegner, so wird ihre Streitverkündung (rückwirkend) unwirksam. Folgt man gar der Rechtsprechung des BGH v. 13. 11. 1952 III E 8/72 = MDR Β 254/53 (vgl. dagegen RG v. 5. 5. 1936 VII E 151/210folg., § 66 A II b 1), wonach auch Streitgenossen dem Gegner beitreten könnten, so gibt es für die Zulässigkeit der Streitverkündung auch die hier aufgezeigten Grenzen nicht mehr. Nach der hier vertretenen Auffassung ist dagegen im besonderen die Streitverkündung von einem Kläger an einen Beklagten (doch darf der Kläger seinen Anspruch im Prozeß auf diesen Beklagten ausdehnen) oder umgekehrt unwirksam (RG v. 15. 3. 1912 III 576

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§ 1%

Albi

Warn. 257 = J W 64012). Dies gilt auch, wenn diese Partei im Prozeß anders vertreten wird als bei der Streitverkündung (ist der Fiskus im Streit, so kann nicht einer anderen Behörde desselben Fiskus der Streit wirksam verkündet werden, RG v. 15. 3. 1912 III Warn.257, v. 4.10. 1880 IV E 2/392). Dabei wird, wenn der Streitverkünder sich aus dem Streit hält, auch die Streitverkündung an beide Parteien zugelassen werden müssen, weil auch — bei einem Parteiwechsel des Streitgehilfen bzw. wenn ihm die Gegenpartei den Streit verkündet hatte — die Interventionswirkung nach beiden Parteiseiten eintreten kann. Die Streitverkündung ist unwirksam, wenn auf seiten des Streitverkündeten eine A I b 2 Prozeßbedingung fehlt, also wenn er nicht partei- oder prozeßfähig ist (einschließlich der richtigen gesetzlichen Vertretung, § 66 Β II). Wird dei Streitverkündete aber später partei- oder prozeßfähig (oder der richtige gesetzliche Vertreter), so treten die Wirkungen von da ab ein (doch wird die Streitverkündung, die an einen benannten falschen gesetzlichen Vertreter gerichtet ist, nicht schon dadurch wirksam, daß sie dem richtigen zugeht, sofern man im übrigen § 187 anwendet). Die Streitverkündung wirkt nicht, wenn einem Gerichtsbefreiten zugestellt wird (GVG §§18folg.); tritt er als Streitgehilfe ein, so genehmigt er die Zustellung, auch wird er sich dann die des Gegners gefallen lassen müssen. Im übrigen darf er auch sonst in die Streitverkündung an ihn einwilligen, womit sie dann wirksam wird. Allerdings bedeuten diese Einwilligungen noch nicht, daß sich der Gerichtsbefreite auch für den Hauptprozeß der inländischen Gerichtsbarkeit unterworfen hat. Auf das Verhältnis des Streitverkündeten zum Streitverkünder sollte es dabei nicht abgestellt werden, so daß sich die Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges nicht bietet (vgl. § 66 Β I c l ) . Anders ist es nur, soweit ein den ordentlichen Gerichten übergeordnetes Gericht allein zur Entscheidung dieses Streits berufen ist (vgl. GG Art. 100 und das aufgehobene AHKG Art. 4). Die besondere Prozeßbedingung der Streitverkündung besteht darin, daß der, welcher Α Π sie ausspricht, wenn er unterliegt, einen Anspruch gegen den Streitverkündeten bzw. dieser einen gegen ihn haben muß. Es muß also im Fall des Unterliegens des Streitverkünders entweder er selbst einen Α Π a positiven Anspruch gegen den Streitverkündeten haben, den das Gesetz als „auf Gewährleistung oder Schadloshaltung" gerichtet kennzeichnet oder den negativen, daß der Dritte ihn dann in Anspruch nehmen könnte. Die Gewährleistungsansprüche aus Vertrag sind unmittelbar bei Garantieverträgen, A II a 1 Bürgschaften, bei Scheck und Wechsel gegeben, aber auch mittelbar bei Gewährleistungsansprüchen auf Wandlung, Minderung, Schadensersatz aus Kauf (BGB §§ 433 folg., H GB §§ 377folg.), Hergabe an Erfüllungs Statt (BGB § 365), Tausch (BGB §515), Werkvertrag (BGB §§ 633folg„ 651), Vermächtnis (BGB §§2182folg.) möglich. Die Ansprüche auf Schadloshaltung stehen, soweit sie negativer Art sind, jenen gleich; hierher gehören insbesondere die aus Versicherungsverträgen (RG v. 29. 11. 1930 I E 130/299). Als Ansprüche aus Gesetz kommen im besonderen die aus unerlaubter Handlung in Betracht (RG v. 17. 9. 1904 I 206/04 + v. 1. 5. 1907 I 452/06 = Ν § 72/1: wenn bei Schiffszusammenstößen der Reeder des schuldigen „Schiffes" Regreß gegen ein anderes nehmen will). Doch gehören nicht hierher die Ansprüche, die der Kläger von vornherein gegen Α Π a 2 mehrere nebeneinander hätte erheben können (RG v. 17. 12. 1938 II E 159/86 [88]), denn die Streitverkündung wird dort wegen Prozeßüberlagerung (§ 253 D I) gegenstandslos, wo an ihrer Stelle sofort hätte geklagt werden können (vgl. OLG Hamburg H R R 35/670). Dagegen ist die Streitverkündung zuzulassen, wo nur eine alternative Inanspruchnahme möglich ist (BGH v. 13. 11. 1952 III E 8/72 = N J W 53/420, RG v. 29. 11. 1930 I E 130/299, ν. 4. 1. 1929 VII E 123/95 [96], v. 14. 3. 1912 VI E 79/83 = Warn.276, v. 3.2. 1912 VI Gruch. 56/1049, v. 28.10. 1911 VI E 77/360 [365], v. 1.5. 1907 I Seuff. 63/36, v. 27. 4. 1904 I E 58/76 [80]), da die eventuale Verklagung einer Partei unzulässig ist (§ 253 F II). 37·

577

§ 7 3 ΑΠb

ΑΠ e

Β ΒI

ΒΠ

BDI

C ç χ

CH

C III

ZPO I. Buch

Das Entsprechende gilt für die Ansprüche, die ein Dritter gegen eine Partei erheben kann, wenn sie unterliegt. Hierher gehören im besonderen die aus Speditions-, Fracht-, Kommissionsgeschäft wie die aus Versicherung für fremde Rechnung stammenden und die aus fiduziarischen Verhältnissen oder die der Pfandgläubiger, Pfändungspfandgläubiger, Nießbraucher gegenüber dem Eigentümer oder Schuldner oder beiden oder in den Fällen der §§ 76folg. oder in denen des § 75, sofern der Beklagte etwa nicht hinterlegen kann (vgl. RG v. 28. 6. 1900 VI E 46/404). Ob der Anspruch des Streitverkündeten oder' gegen ihn auf Grund eines Angriffsoder eines Verteidigungsmittels zur Entstehung gelangen kann, ist gleichgültig. Die Streitverkündung ist nur insoweit zulässig, wie Ansprüche im Felle des Unterliegens des Streitverkünders gegeben sind (RG ν. 1.10. 1912 III JW 13/3220, v. 6. 7. 1929 I Seuff. 83/203 in bezug auf die Verjährung). Wer einen positiven Anspruch (nach der hier vertretenen Auffassung auch der Beklagte gegenüber der negativen Feststellungsklage, §256 F II) geltend macht, unterliegt, wenn er ihm abgesprochen wird. Hat er in diesem Falle einen positiven Regreßanspruch (§ 72 A II b), so ist die Streitverkündung gegen den, der dafür einzutreten hat, wirksam. Befürchtet er Ansprüche gegen sich, wenn er obsiegt, so ist die Streitverkündung unwirksam. Befürchtet er im Falle des Verlustes einen Regreß (erwächst also gegen ihn ein negativer Anspruch), so besteht die Streitverkündung zu Recht. D. h., wird auf einen positiven Anspruch negativ erkannt, so kann der Kläger (im negativen Feststellungsprozeß der Beklagte) den Streit wirksam einem Dritten verkünden, der dann gegen ihn oder gegen den er dann einen Anspruch hat; er kann es nicht, wenn er den Anspruch hat, soweit er obsiegt. Wer einen negativen Anspruch hat (der Beklagte, im negativen Prozeß der Kläger) kann wirksam dem den Streit verkünden, der ihm dafür aufzukommen hat, wenn positiv erkannt wird bzw. wenn er dann dafür einzustehen hat. Doch kann er es nicht, wenn er obsiegt. Über die prozessuale und die außerprozessuale Wirkung der Streitverkündung vgl. § 74 B, C. Ob die Voraussetzungen der Streitverkündung vorliegen, wird im anhängigen Prozeß regelmäßig nicht geprüft. Auf den Fortgang des Verfahrens hat die Streitverkündung regelmäßig keinen Einfluß. Nur in den Fällen des internationalen Eisenbahnrechts CIM + GIV Art. 50 § 1 ist dem Streitverkündeten eine Frist (die von einem Monat dürfte angemessen sein) zum Beitritt zu setzen und bis dahin das Verfahren zu vertagen. Nach Ablauf der Frist darf das Verfahren aber auch hier ohne den Streitverkündeten fortgesetzt werden. Die Streitverkündung gibt noch nicht das ßecht zur Erhebung der negativen Feststellungsklage gegen den Verkünder; nämlich insoweit nicht, wie der Anspruch gegen den Streitverkündeten vom Ausgang des Rechtsstreits selbst abhängt (RG v. 18. 4. 1913 III E 82/170folg.), weil insoweit Klageüberlagerung vorliegen würde (§ 253 D I); anders ist dies aber, wenn der Anspruch gegen den Streitverkündeten in keinem Fall besteht (RG v. 18. 4. 1913 III E 82/170folg.). Eine Verpflichtung zur Streitverkündung besteht nur nach §841. Die Unterlassung dieser Verpflichtung macht die Partei schadensersatzpflichtig; doch kann sie sich noch darauf berufen, daß, auch wenn sie die Streitverkündung nicht unterlassen hätte, der Rechtsstreit verlorengegangen wäre, was sie allerdings zu beweisen hat. Im arbeits-*und verwaltungsgerichtlichen Verfahren gilt folgendes: Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gelten keine Besonderheiten. ArbGG §11 stellt nur einen Ausschluß der Postulationsfähigkeit dar, der überall dort nicht gilt, wo der sonst Ausgeschlossene Partei oder gesetzlicher Vertreter einer Partei ist. Ihm darf deshalb auch der Streit verkündet werden (aber nicht bloß wegen der Kosten, vgl. § 66 A III b) und er darf dem Streit auch beitreten. Das Verwaltungsstreitverfahren kennt nur die Beiladung, die aber von jedem Beteiligten beantragt werden darf. Das Verwaltungsgericht sollte ihr stets stattgeben, wenn ein Fall des § 72 vorliegt. Im Steuerverfahren vgl. AbgabenO § 241 II 2. 578

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§ 73

§

73

(70)

1

Zum Zwecke der Streitverkündung hat die Partei einen Schriftsatz einzureichen, in dem der Grnnd der Streitverkündung und die Lage des Rechtsstreits anzugehen ist. Der Schriftsatz ist dem Dritten zuzustellen und dem Gegner des Strcitverkünders in Abschrift mitzuteilen. Die Streitverkündung wird erst mit der Zustellung an den Dritten wirksam. Nov. 1950. Form und Inhalt der Streitverkündung A I Schriftsatz a mit erklärter Streitverkündung b unter Angabe der Lage des Streits c Verhältnis des Streitverkünders zum Streitverkündeten II kein Anwaltszwang III Zustellung

a b Β I II C

an den Streitverkündeten an den Prozeßgegner Mängel und Kosten Mfingel Kosten arbeitsgerichtliches Verfahren

§ 73 bestimmt die Form und den Inhalt der Streitverkündung.

A

Vorgeschrieben wird die Form eines Schriftsatzes. Er ist ein bestimmender (vgl. A I § 129 A l b i ) . Er soll deshalb die Angaben des § 130 11 enthalten und ferner in gleicher Weise die Nämlichkeit des Streitverkündeten bezeichnen (übliche Form: Streitverkündung des Klägers bzw. des Beklagten zu 1 oder 2 usw. in dem Rechtsstreit des . . . Klägers gegen den . . . Beklagten an den in der Form des § 130 I 1 zu kennzeichnenden Streitverkündeten) ; jedenfalls muß er aber im selben Umfang die Nämlichkeit der Parteien treffen wie die Klage im Falle des § 253. Auch das Gericht, vor dem der Rechtsstreit schwebt, muß bezeichnet werden. In ihm muß ferner (an Stelle des Klagebegehrens) die Streitverkündung ausgedrückt A l a werden (wörtlich oder unzweideutig aus dem Gesamtinhalt zu entnehmen sein). Er muß ferner die Lage des Rechtsstreits angeben. Man sollte hierzu die Kennzeich- A l b nung des erhobenen Anspruchs nach § 253 II 2 genügen lassen durch Abschrift der Klage oder eines vollständigen Urteils mit Tatbestand und Entscheidungsgründen — ohne weitere Anlagen, sofern der Klageantrag aus ihm eindeutig ersichtlich ist, was die Regel ist; es besteht aber kein Zwang hierzu, der Streitverkünder darf auch mit seinen Worten den erhobenen Anspruch kennzeichnen, im ersten Falle wird man ihm aber die mangelhafte Kennzeichnung durch die Klage oder das Urteil regelmäßig nachzusehen haben, es sei denn, daß diese Abschriften dem Streitverkündeten über die Lage des Rechtsstreits allein gar kein Bild zu geben vermögen, im besonderen, wenn sie überholt sind. Die h. M. (Jonas § 73 I 2, Sydow-Busch § 73 Anm. 2) verlangt nicht so viel; sie meint, daß die Mitteilung des Klageinhalts nicht erforderlich sei, sondern daß für die Streitverkündeten die Möglichkeit der Akteneinsicht nach § 299 genüge. Doch kann der Streitverkündete schlecht sein Interesse glaubhaft machen (§ 294 II), solange er nicht den Klagegrund kennt. Auch verursacht er sich schon damit möglicherweise Kosten. Die Mitteilung, daß zwischen irgendwelchen Parteien ein Rechtsstreit schwebt, wird man deshalb nicht als hinreichend ansehen können; doch wird regelmäßig aus der Angabe seines angeblichen Interesses für ihn hinreichend deutlich werden, ob er betroffen wird. Darüber hinaus muß er aber auch prüfen können, ob und welches Wagnis für ihn besteht, je nachdem, ob er in den Rechtsstreit eintritt oder ihm fernbleibt. Deshalb müssen ihm der Klagegrund (und nach der hier vertretenen Auffassung auch der Klageantrag) mitgeteilt werden, und zwar unter Erneuerung der Streitverkündung bei einer Klageänderung (vgl. § 68 A I a 3). Ferner muß aber auch die Prozeßlage angegeben werden, d. h. wann Termin ansteht; falls ein Beweisbeschluß erlassen, ist davon zu berichten; ist ein Urteil ergangen, so wird mitzuteilen sein, wann es erlassen und ob und wann es zugestellt worden ist (Rechtsbelehrungen über die Möglichkeit, hiergegen Rechtsmittel einlegen zu können, sind nicht vorgeschrieben). 579

§ 7 3

ZPO I. Buch

Ale

Es soll ferner der Grund angegeben werden, der die Streitverkündung rechtfertigt, also das sie voraussetzende Rechtsverhältnis zwischen dem Streitverkünder und dem Streitverkündeten (vgl. § 72 A). Dieses Verhältnis soll dem Grunde (nicht der Höhe) nach wie bei § 253 II 2 in einer Klage (also mit Ausnahme des Klageantrages) hinreichend gekennzeichnet werden. Bei einer weiteren Streitverkündung (§ 72 II) muß sowohl das Verhältnis des zweiten Streitverkünders zum ersten, wie das des zweiten Streitverkündeten zum zweiten Streitverkünder (usw.) angegeben werden.

ΑΠ

Nach der h. M. besteht auch in Anwaltsprozessen zur Streitverkündung kein Auwaltzwang, da sich die Streitverkündung noch außerhalb des Rechtsstreites abspielt (Jonas §78 Anm. IV 2, Sydow-Busch §73 Anm. 1, Rosenberg Lb. §47 1112, a. M. Seuff.-Walsmann § 73 Anm. 3). Nimmt man keinen Anwaltzwang an, so darf die Streitverkündung auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden (§ 78 II in entsprechender Anwendung, §496 11).

Α ΠΙ

Der streitverkündende Schriftsatz muß dem Streitverkündeten zugestellt werden.

Alila

Die Zustellung wird (jetzt) durch das Gericht bewirkt (§§ 261 b I, 496 II, 208folg.). Formlose Mitteilung (§§ 261 b II, 496 IV) genügt nicht (a. M. Jonas § 73 Anm. I 1), weil § 73 die Zustellung ausdrücklich vorschreibt (schließlich müssen auch sonst die bestimmenden Schriftsätze förmlich zugestellt werden). Doch gilt auch hier § 187. Heilung nach § 295 tritt nur im Fall des Beitritts ein. Zum Termin wird der Streitverkündete nicht geladen (RG v. 13.11. 1883 II E 10/292, v. 15. 2. 1882 I E 6/390 [392], v. 3. 11. 1880 I E 4/359 [363]). Darüber, daß ihm im Schriftsatz der Termin mitzuteilen ist, sofern er ansteht, vgl. § 73 A I b. Bei der Zustellung der Streitverkündung prüft das Gericht nicht ihre Zulässigkeit und auch nicht die Wahrung der Form (RG v. 28. 10. 1911 VI E 77/360 [364]). Eine Aufklärungspflicht für das Gericht nach § 139 besteht nicht. Nur in den Fällen des GIM + GIV Art. 50 § 1 muß es eine Frist zum Beitritt der Bahn, welcher der Streit verkündet wird, setzen und bis dahin sich der Entscheidung enthalten. Sonst aber hat es auf die Streitverkündung als solche überhaupt nicht zu achten, auch nicht darauf, ob sie u. U. wegen Klageänderung zu erneuern gewesen wäre (vgl. § 73 A I b). Nur darauf, daß demnächst und ordnungsmäßig der ihm zur Zustellung übergebene Schriftsatz zugestellt wird, hat das Gericht zu achten und, wenn die Zustellung scheitert, dies dem Streitverkünder mitzuteilen (die richtige Anschrift des Streitverkündeten zu ermitteln, ist auch hier nicht Sache des Gerichts). Für die Zustellungsfehler wird eine Haftung des Gerichts (BGB § 839, GG Art. 34) begründet. Der Streitverkünder braucht sich nicht durch Akteneinsicht davon zu überzeugen, ob die Streitverkündung überhaupt bzw. richtig zugestellt worden ist.

AHtb

Eine Abschrift der Streitverkündung soll dem (jedem) Gegner mitgeteilt werden (§ 73 II), aber auch der (jeder) Streitgenosse des Streitverkünders sollte sie erhalten, obwohl dies § 73 II nicht vorschreibt. Die Mitteilung wird vom Gericht bewirkt, die erforderlichen Abschriften soll der Streitverkünder (§§ 208, 169 I) übergeben. Das Unterlassen dieser Pflicht hat aber auch auf die Wirksamkeit der Streitverkündung keinen Einfluß (RG v. 11.12. 1937 V Warn. 38/36, OLG Rostock 7/281).

Β ΒI

Verstöße gegen die Form des § 73 machen die Streitverkündung unwirksam. Doch kann sich der ungenau gekennzeichnete Streitverkündete nicht darauf berufen, wenn ihm zugestellt ist und er auch gewußt hat, daß er gemeint war. Das Entsprechende gilt für die ungenaue Kennzeichnung der Parteien, des Klagegrundes, des Klageantrags, der Lage des Streits usw. Wird ihm indes ein anderer geringerer Antrag mitgeteilt, so darf er sich darauf nach der hier vertretenen Auffassung berufen (während er, wenn ihm gar kein Antrag genannt wird, zumindest wird nachzufragen haben). Wird ihm die Verfahrenslage ungenau mitgeteilt, so kann dies für seine Entschlüsse entscheidend gewesen; insoweit wird er die Unwirksamkeit rügen müssen, während die (prozessuale) Beweislast für die Wirksamkeit der Streitverkündung bei dem Streitverkünder bzw. dem, der Rechte aus ihr gegen ¡den Streitverkündungsgegner herleitet, liegt. Umgekehrt darf sich (nach der hier vertretenen Auffassung) auch bei mangelhafter Streitverkündung der

580

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§ 73

BI

Streitverkünder gegenüber dem Streitverkündeten nicht darauf berufen, weil er dies auf Unklarheiten, die er selbst hervorgerufen hat, nicht darf, da er sich über sie nicht im unklaren war. Tritt der Streitverkündete dem Rechtsstreit bei, so werden alle Mängel, die er nicht rügt, nach § 295 geheilt. Tritt er nicht bei, so verliert der Streitverkündete das Rügerecht ebenfalls nach § 295, dann aber erst im Folgeprozeß in dem erstmöglichen Zeitpunkt (Jonas § 73 Anm. I 2). Die Kosten der Streitverkündung dienen der Rechtsverteidigung des Streitverkünders. Β Π Ob sie zu den notwendigen Prozeßkosten des schwebenden Rechtsstreits gehören, ist streitig (bejahend RG v. 12.10. 1885 IV JW 3323, v. 24. 5. 1882 I JW 157, OLG Rostock 7/281, Königsberg 17/105, OLG Königsberg HRR 31/536; verneinend OLG Hamburg Seuff. 52/166, Jonas § 73 Anm. III, Sydow-Busch § 74 Anm. I). Man sollte .sie nicht dazu zählen, weil regelmäßig die Streitverkündung und im besonderen die weiteren Streitverkündungen (§72 II) den Prozeßgegner nichts angehen (es gibt auch sonst Kosten, die den Gegner nicht notwendig treffen). Im arbeitsgerichtlcheni Verfahren ergeben sich keine Besonderheiten.

C

§ 7 4 (71) Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, so bestimmt sich sein Verhältnis au den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention. II Lehnt der Dritte denBeitritt ab oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt. III In allen Fällen dieses Paragraphen sind gegen den Dritten die Vorschriften des § 68 mit der Abweichung anzuwenden, daß statt der Zeit des Beitritts die Zeit entscheidet, zu welcher der Beitritt infolge der Streitverkündung möglich war. I

Β

Prozessuale Wirkungen der Streitverkündung Einmischung des Streitverkündeten in den Prozeß a Hauptintervention b Streiteintritt nach §§ 75 folg. II Streithilfe a Beitritt b auf der Parteiseite 1 des Streitverkünders 2 auf der des Gegners 3 Rügen beider Parteien prozessuale Wirkung der Streitverkündung

I II III 1 I II a b III

vor Beitritt des § 68 mit Vorwirkung Prüfung der Rechtmäßigkeit der Streitverkündung im Nachprozeß außerprozessuale Wirkung der Streitverkündung als Anzeigeersatz Unterbrechung der Verjährung ausländische Streite Ausschlußfristen die Interventionswirkung

§ 74 regelt die prozessualen Wirkungen der Streitverkündung.

A

Die Streitverkündung kann zu einer Einmischung des Dritten in den Prozeß führen. A I Die Hauptintervention (§ 64) ist aber keine Einmischung, selbst wenn sie durch eine A l a Streitverkündung ausgelöst wird. Dann steht der Streitverkündungsgegner so, wie wenn •er dem Streit nicht beitritt. Der Fall des Streiteintritts (§§ 75—77) unter Ausscheiden des Streitverkünders führt A l b unmittelbar zur Rechtskraftwirkung zwischen dem Streitverkündungsgegner und der •Gegenpartei einerseits, wie dem Streitverkündeten andererseits. An den Regelfall des Streitbeitritts als Streithelfer denkt § 74 I. ΑΠ Besonderheiten gibt es dabei nicht; vielmehr sind §§ 66—71 unmittelbar anzuwenden Α Π a {RG v. 6.12. 1894 VI Β 34/390, im besonderen für den Beitritt durch Einreichung eines Schriftsatzes nach §70; RG v. 26. 4. 1929 VII E 124/142 [145], KG OLG 37/93 hat deshalb in der bloßen Meldung zu den Gerichtsakten noch keinen Streitbeitritt gefunden). Dies gilt auch für die Frage, ob eine gewöhnliche oder selbständige Streithilfe (§ 69) vorliegt.

581

§ 7 4

ZPO I. Buch

ΑΠb Tritt der S treitvei kündete Α Π b 1 dem Streitverkiinder bei, so darf der Gegner rügen, daß ein Fall der Streithilfe nicht vorliege, sodann ist nach § 71 zu entscheiden (RG v. 28. 10. 1911 VI E 77/360 [364], OLG Hamburg 11/50, Seuff. 70/91, Jonas § 74 Anm. II) ; der Streitverkünder darf dem Beitritt auf seiner Seite grundsätzlich nicht widersprechen (KG OLG 41/250, OLG Hamburg 5/23, Seuff. 70/91; a. M. OLG Hamburg 15/72 bei „unverständlicher Streitverkündung"). Ob die Streitverkündung rechtlich begründet ist oder ob das Rechtsverhältnis zwischen Streitverkünder und Streitverkündungsgegner begründet ist, darauf kommt es nicht an (OLG Hamburg 5/23, Jonas § 74 Anm. II; a. M. OLG Hamburg 15/72, 27/30 wenn die Streitverkündeten und Nebenintervenienten selbst erklären, sie hätten kein rechtliches Interesse), also auch nicht darauf, ob der Streitverkündete das vom Streitverkünder behauptete Rechtsverhältnis zwischen diesem und ihm anerkennt (OLG Hamburg 17/103, Seuff. 59/239); durch seinen Beitritt erkennt er deshalb dieses Rechtsverhältnis noch nicht an (Jonas § 74 Anm. II). Tritt der Streitverkündungsgegner dem Streitverkündeten bei und wird er dann zurückgewiesen, so entfällt die Interventionswirkung. ΑΠb2

Der Streitverkündete darf auch dem Gegner des Streitverkünders beitreten (RG v. 3. 2. 1912 VI JW 469" = Gruch. 56/1049, OLG Hamburg 11/50). Dann steht er im "Verhältnis zum Streitverkünder wie jemand, der nicht beigetreten ist (RG v. 29. 11. 193fr I E 130/297 [299], ν. 3. 2. 1912 VI JW 469") ; nur daß er sich auf die Mängel der Streitverkündung regelmäßig nicht berufen kann. Sodann hat die Partei, der er beitritt, die· Rüge (wie sie sie auch im Verhältnis zu den Streitgehilfen der Gegenpartei hat). Dem Streitverkünder sollte man sie indes verwehren, weil er die Beteiligung des Streitverkündeten am Streit auf seiner Parteiseite nicht erzwingen kann, andererseits indes die Beteiligung des Verkündeten am Prozeß herbeiführen will.

Α Π b8

Einen Widerspruch haben indes alle Beteiligten, soweit der Streithelfer von Gerichts wegen aus dem Streit gewiesen wird (vgl. § 66 Β II c). Bis zum Eintritt hat die Streitverkündung (abgesehen von den Fällen des CIM + CIV Art. 50 § 1) auf den Prozeß keinen Einfluii. Der Prozeßgegner kann die Streitverkündung nicht ablehnen. Der Streitverkündete· darf als Zeuge oder Sachverständiger vernommen werden (doch ist seine Ablehnung als Sachverständiger möglich). Auch bleibt ein Verhältnis des Richters zum Streitverkündeten, der nicht beitritt, nach § 41 außer Betracht (doch rechtfertigt es möglicherweise seine Ablehnung nach §§ 42, 48). Tritt der Streitverkündungsgegner nicht dem Streitverkünder bei, so tritt für wie gegen ihn die Interventionewirkung des § 68 zwischen beiden (nicht im Verhältnis zum Gegner) ein (§ 74 III), und zwar von dem Zeitpunkt ab, wo ihm sein Beitritt infolge der Streitverkündung möglich war (nicht aber, wenn es an einer Prozeßbedingung hierzu fehlt, § 72 A I b 2; doch wirkt die Streitverkündung auch gegen die Erben des Streitverkündeten: OLG Schleswig SchlHA 51/110 bzw. wenn es im Hauptstreit nicht zur sachlichen Entscheidung kommt, § 68 A I a 1). Die Folgen des möglichen, aber nicht rechtzeitigen Beitritts gehen also zu l a s t e n des Streitverkündeten. Die Prozeßlage wirkt schon von da ab gegen ihn (RG v. 4. 8. 1936 III JW 30473, v. 1. 4. 1933 V Η RR 1887), sowohl wenn er verspätet wie gar nicht, oder dem Gegner beitritt (RG v. 29.11. 1930 I E 130/299).

Β ΒI

ΒΠ

Bm

ç Ol

Die Wirksamkeit der Streithilfe wird — wenn der Streitverkündete nicht beitritt — erst im Folgeprozeß zwischen Streitverkündetem und Streitverkünder geprüft (RG v. 28. 10. 1911 VI E 77/360 [364] = JW 12/413β). An außerprozessuaien Wirkungen kommen die folgenden in Betracht: Die Streitverkündung übermittelt die Mängelanzeige, die Mängelrüge und die Benachrichtigung, die BGB §§ 478folg., 485, 639; Η GB §§ 414, 423, 439 vorschreiben, auch in den Fällen des Η GB § 377, BGB §§ 542, 1042, 1166, AnfG § 4 (RG v. 22. 11. 1935 VII JW 36/57 87, wo dies entsprechend gilt, obwohl in diesen Vorschriften die Streitverkündung als Anzeigeersatz nicht genannt wird). 582

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§74

Die wirksame (nicht die unwirksame, RG v. 15. 3. 1912 III Warn. 257, v. 27. 4. 1904 C II I E 58/76 [80]) Streitverkündung unterbricht die Verjährung (BGB § 209 II 4, RG v. 2. 5. 1935 Y Warn. 111, v. 1. 5. 1907 I Seuff. 63/36, v. 27. 4. 1904 I E 58/76 [79] indes nur im Falle des ungünstigen Ausgangs des Erststreits — RG v. 1.10. 1912 III JW 13/32ao) und die Ersitzung (BGB §§ 941 I 2, 927 I 2, G über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken § 5 1 4), was allerdings schwerlich praktisch werden dürfte, weil die Entscheidung nur selten davon abhängen wird (Rosenberg Lb. § 47 IV 1 meint : nie). Ob diese Folgen auch in den Fällen der Streitverkündung vor ausländischen Ge- C Π a richten eintreten, ist streitig (Jonas § 74 Anm. III: es sei Auslegungsfrage des BGB; RG v. 20.10. 1905 II E 61/390 [393] hat dies für die demande en garantie des französischen Rechts bejaht). Für gesetzliche Ausschluüfristen gilt dies nur, soweit BGB §209 für anwendbar CHI» erklärt wird (RG v. 12. 4. 1918 VII Recht 1111), regelmäßig also nicht (RG v. 23. 2. 1925 V Recht 438). Für vertragliche Ausschlußfristen wahrt die Streitverkündung die zur Klageerhebung vereinbarte Frist (OLG Hamburg HRGZ 1929/B 387 = HRR 30/201). Die Folgen entfallen nicht schlechthin durch Klagerücknahme (sie entfielen rückwirkend: OLG Hamburg HRR 35/670) usw., wohl ist dann aber BGB §215 11 entsprechend anzuwenden (Rosenberg Lb § 47 IV 1 ; a. M. OLG Hamburg HRR 35/670). Nach der hier vertretenen Auffassung gibt es keine außerprozessual wirksamen Ver- C ΠΙ einbarungen, die Interventionswirkung gelten zu lassen (vgl. § 68 A IV a; a. M. RG v. 19.5. 1938 V JW 228724 durch Vertrag); darüber, daß aber der Prozeßbevollmächtigte, der den Prozeß geführt hat, sich auf die Entscheidung verweisen lassen muß, wenn ihm daraus ein Vorwurf zu machen ist, vgl. § 68 A IV b, RG v. 17. 5.1938 III E 158/130 (136) in dem Falle, wo im Regreßprozeß gegen den Fiskus aus Amtspflichtverletzung seiner Partei aus seinem Verhalten BGB § 839 I 2 entgegenzuhalten war; über die entsprechende Lage im Verhältnis zum gesetzlichen Vertreter vgl. daselbst; im übrigen kann aber eine Partei sich nicht darauf berufen, daß sie der anderen den Streit hätte verkünden können, um die Interventionswirkung herbeizuführen, wenn sie es nicht getan hat (BGH v. 23. 2. 1954 I ZR 252/52 = MDR Β 665/54).

§ 75

(72)

1

Wird von dem verklagten Schuldner einem Dritten, der die geltend gemachte Forderung für sich in Ansprach nimmt, der Streit verkündet und tritt der Dritte in den Streit ein, so ist der Beklagte, wenn er den Betrag der Forderung zugunsten der streitenden Gläubiger unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt, auf seinen Antrag aus dem Rechtsstreit unter Verurteilung in die durch seinen unbegründeten Widerspruch veranlaßten Kosten zu entlassen und der Rechtsstreit über die Berechtigung an der Forderung zwischen den streitenden Gläubigern allein fortzusetzen. Dem Obsiegenden ist der hinterlegte Betrag zuzusprechen und der Unterliegende auch zur Erstattung der dem Beklagten entstandenen, nicht durch dessen unbegründeten Widerspruch veranlaßten Kosten, einschließlich der Kosten der Hinterlegung, zu verurteilen. S. 1 Nov. 98 A

§75 Ausgangspunkt und auBerprozessuales Recht II Hinterlegung a Voraussetzung nach § 75 b frühere Hinterlegung c Teilhinterlegung I

1 Klageart 2 Prozeßart III Ausscheiden auf Antrag a nicht ohne b wenn 1 kein Streit 2 bei Streit IV Entscheidung a Verwerfung des Antrags

583

§ 7 5 b c 1 2 3 d

ZPO I. Buch Stattgabe Kostenentscheidung zu Lasten des Beklagten zu Lasten der unterlegenen Partei Gerichtskosten Angriffe gegen die Entlassung

Ì I II III a IV

Fortsetzung des Streites der Antrag der Klagegrund Endurteil Kosten Rechtsbehelie

A

Die Praxis kennt den Fall des § 75 kaum ; deshalb treten die Schwierigkeiten seiner Auslegung wenig hervor. Die Theorie hat sich mit ihm eingehend befaßt und ist zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen (vgl. dazu Hellwig, Anspruch und Klagerecht 421 folg., System l/589folg. m. N.). Er liegt etwa vor, wenn ein näherer und ein entfernterer Verwandter des Erblassers denselben Pflichtteilsanspruch — aber jeder aus seinem Recht — gegen den Erben geltend machen (RG v. 6. 6. 1918 IV E 93/193 [196]).

AI

§75 geht davon aus, daß eine Schuld besteht, die der Schuldner erfüllen will, aber glaubt, nicht erfüllen zu dürfen, weil er mehreren Prätendenten gegenübersteht. Bei unverschuldeter (BGB § 276) Ungewißheit über die Person des Gläubigers wird dem Schuldner für hinterlegungsfähige Sachen, d. h. Geld, Wertpapiere, Urkunden, Kostbarkeiten (wo der Wert der Sache im Verhältnis zu ihrer Größe und ihrem Gewicht besonders hoch ist; vgl. BGB § 372, HinterlegungsO v. 10. 3. 1937 [RGBl. I 285] §§1, 5, 27, 30, AusfVorschriften v. 15. 3. 1937 [DJ 426] §§ 1—3) außerprozessual die Möglichkeit gegeben, sie zu hinterlegen (BGB § 372 I 2); für nicht hinterlegungsfähige, die verderblich sind oder deren Aufbewahrung unverhältnismäßig hohe Kosten bereitet, ist ihre Versteigerung und die Hinterlegung des Erlöses zugelassen (BGB § 383 I 2; der Fall des HGB § 37 3 gehört dagegen nicht hierher). H at der Schuldner sich dieser Möglichkeiten bedient und auf sein Rücknahmerecht verzichtet (BGB § 376 II), so wird er von der Leistung frei (BGB § 378). Wird er dann von einem Prätendenten verklagt, so ist die Klage mit Rücksicht auf die wirksame Hinterlegung als unbegründet abzuweisen, weil der Schuldner schon erfüllt hat. Nur wenn die Hinterlegung unberechtigt war, dringt sie noch durch. Dieses Risiko bleibt hier beim Schuldner. Andererseits ist der Schuldner nicht gezwungen, so zu verfahren; er darf es also auf die Klage ankommen lassen, besonders im Fall des BGB §410, wenn ihm die Urkunde nicht übergeben wird. Aber auch sonst treffen ihn nicht notwendigerweise die Prozeßkosten, wie § 94 ergibt (vgl. auch § 93). Die Ungewißheit, ob seine Hinterlegung außerprozessual gerechtfertigt ist, kann er dabei hier dadurch vermeiden, daß er alle Prätendenten (soweit sie nicht schon im Streit sind) in den Streit zieht, die Außenstehenden durch Streitverkündung, wodurch die Interventionswirkung nach §§ 74 III, 68 eintritt. Hier bleibt ihm das Prozeßkostenrisiko, wenn der Streitverkündete nicht in den Prozeß eintritt. Tritt der Prätendent dem Kläger bei, so liegt darin seine außerprozessuale Einwilligung zur Leistung an ihn, und der Beklagte darf dann nur noch (unter sofortiger Leistung) sofort anerkennen und versuchen, daß nach § 93 dem Kläger die Kosten auferlegt werden. Tritt er aber dem Beklagten bei, so greift § 75 ein.

ΑΠ

§ 75 ermächtigt zur Hinterlegung mit schuldbefreiender Wirkung, ohne daß zu prüfen ist, ob der Schuldher ohne Verschulden den Gläubiger nicht zu kennen braucht.

Alla

Sind mehrere Prätendenten im Streit, sei es als Kläger oder Streithelfer des Klägers u n d zumindest einer auf Seiten des Beklagten, sei es als sein Streitgenosse oder sein Streithelfer u n d hat der beklagte Schuldner seinem oder seinen Streitgenossen den Streit verkündet (weil sonst die Interventionswirkung des § 68 nicht eintritt; wogegen es der Streitverkündung an seinen Streithelfer nicht bedarf, weil sie hier schon unmittelbar gegeben ist; Hellwig System 1/59, a. M. Jonas § 68 Anm. III 3, einer Streitverkündung an den Streitgenossen bedarf es nur in den Fällen nicht, wo der Prätendent nicht beigetreten ist, sondern Hauptinterventionsklage erhoben habe: Jonas §64 Anm. IV 4), so darf er hinterlegungsfähige Gegenstände (BGB § 372; also nicht bloß Geld; Rosenberg §41 II 2 b β) hinterlegen (HinterlegungsO §5 nennt dieselben Gegenstände wie BGB §372); auch wird man ihm die nach BGB §383 zulässige Versteigerung und Hinterlegung des Erlöses zubilligen dürfen. Diese Hinterlegung wirkt ohne Rücksicht darauf, ob der Schuldner ohne Verschulden über die Person des Gläubigers im unklaren sein durfte; die Tatsache, daß ein Forderungsprätendent auf seiner Seite steht, muß aus-

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§ 75

Alla

reichen (a. M. Baumbach-Lauterbach § 75 Anm. 2 unter Hinweis auf RG v. 26.10. 1907 V E 66/409 [412], das aber nicht den Fall des §75 trifft), wenn auch alle sonstigen Voraussetzungen der schuldbefreienden Wirkung nach außerprozessualem Recht, im besonderen der Rücknahmeverzicht des Schuldners, gegeben sein müssen. Ob dies auch dann gilt, wenn noch einige oder auch nur ein anderer Forderungsprätendent, im besonderen, wenn ihm nicht der Streit verkündet war, außerhalb des Prozesses steht, ist eine Frage des außerprozessualen Rechts, die man allerdings bejahen sollte. Ein Fall des § 75 liegt indes dann in bezug auf die von ihm sonst gezogenen Rechtsfolgen nicht vor, weil der Beklagte nicht ausscheiden darf, wenn auch nur ein Prätendent sich nicht im Verfahren befindet (mag ihm auch der Streit verkündet sein). Die auch dann befreiende Wirkung der Hinterlegung führt allerdings dazu, daß der Kläger den Streit für erledigt erklären muß, wonach dann nach § 91 a über die Kosten zu entscheiden ist. Hat der Beklagte vor Beginn des Prozesses hinterlegt, so braucht er es mit Rücksicht Α Π b auf § 75 nicht erneut zu tun, sondern darf darauf verweisen. Hat der Beklagte nur einen Teil des von ihm Geforderten so hinterlegt, so bleibt er Α Π c mit dem Rest im Streit, auch wenn es sich hierbei nur um Nebenansprüche (vgl. § 4 C I) handelt (RG v. 9. 10. 1889 I JW 4304, OLG Hamburg 37/94, 38/95); nur bezüglich der Kosten des Rechtsstreits braucht er nicht zu hinterlegen. Der eingeklagte Ansprach muß sich mit dem des Streithelfers voll decken (OLG Α Π c 1 Naumburg JW 31/3570", RG v. 15.12. 1894 I E 34/400 [403]). Deshalb können nur Leistungsklagen, die auf den gleichen Anspruch gerichtet sind, für § 75 in Betracht kommen, nicht etwa Gestaltungsklagen, Leistungsklagen auf nicht hinterlegungsfähige Gegenstände oder auf Vornahme, Duldung oder Unterlassung von Handlungen, grundsätzlich auch nicht Feststellungsklagen, abgesehen von den bezifferten (vgl. § 256 Β IV a, A IV a). Die Aufrechnung löst die Lage des § 75 nicht aus. Die Prozellart, in der der Anspruch geltend gemacht wird, ist dagegen gleichgültig. Α Π c 2 Für hinterlegungsfähige Ansprüche kommen allerdings nicht alle Prozeßarten in Betracht, sondern nur der allgemeine Prozeß wie der Urkunden-, Wechsel- und Scheckprozeß. Der Beklagte scheidet nur aus, wenn er es beantragt. Sein Antrag ist eine prozessuale, Α ΠΙ dem Gericht und dem Gegner, aber auch gegenüber seinen Streithelfern abzugebende Willenserklärung, die bis zum tatsächlichen Ausscheiden widerruflich ist (später darf er dem Beklagten noch als Streithelfer beitreten); er ist Sachantrag (§297). Stellt er den Antrag nicht, so bleibt es bei der Streithilfe (Hellwig System 1/592), A m a wenn auch der Streitverkündete noch die Hauptinterventionsklage erheben darf (§ 64). Stellt der Beklagte den Antrag, so braucht, wenn kein Streit über sein Ausscheiden entsteht, werden (vgl. § 75 A IV c). Der Prozeß wird dann maligen Streitgehilfen des Beklagten als neuem also voll in die Parteistellung des alten Beklagten

Α ΠΙ b nur über die Kosten entschieden zu Α ΠΙ b 1 zwischen dem Kläger und dem eheBeklagten fortgesetzt; dieser rückt ein.

Über die Entlassung des Beklagten ist im Streitfall auf Grund mündlicher Verhand- Α ΠΙ b 2 lung (§ 128 I) bzw. im schriftlichen Verfahren (§ 128 II) zu entscheiden. Liegen die Voraussetzungen der Entlassung nur teilweise vor, so ist Teilentlassung möglich. Widerspricht der Kläger der Entlassung des alten Beklagten, so ist nur zu prüfen, ob er für den Kläger (bzw. für ihn und seinen Streithelfer, wenn ihm ein Beklagter den Streit verkündet hat) und bzw. oder für den Streitgehilfen des Beklagten hinterlegt hat und ob sein oder seine Streitgehilfen Prätendenten im Verhältnis zum Kläger sind (ohne daß es der Glaubhaftmachung dieser Forderung bedarf, vgl. RG v. 15.12. 1894 I E 34/400 [403], über die ja noch zu entscheiden ist). Will der Streitgehilfe widersprechen, so kann er sich der Streitübernahme als Beklagter nur durch rechtzeitige Zurücknahme der Streithilfe entziehen (§67 D I c). Ein Widerspruchsrecht hat der Streitgehilfe nur, wenn die Prozeßbedingungen des § 75 585

Amb2 § 75

AIV AIV

a

ZPO I. Buch

nicht vorliegen (also nicht unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme vom Beklagten hinterlegt ist oder, falls dies nicht in vollem Umfange geschehen ist, in bezug auf den Rest der Klageforderung). Dagegen hat er kein Widerspruchsrecht etwa, weil er selbst gegen den Beklagten eine hohe Forderung geltend machen will bzw. aus sonstigen Gründen (a. M. Jonas § 75 Anm. II 4, OLG Karlsruhe l/429folg., Hamburg 13/88). Wird der Antrag durch Urteil (oder unrichtig durch Beschluß) verworfen, so ist dies Zwischenurteil (§ 303, Jonas § 75 Anm. 3, OLG Karlsruhe 1/430, KG OLG 37/94), wenn es nicht in den Gründen des Endurteils geschieht. Das Zwischenurteil halten Sydow-Busch § 75 Anm. 2, Baumbach-Lauterbach § 75 Anm. 3 für eine dem §71,11 entsprechende Entscheidung, die mit der sofortigen Beschwerde angreifbar ist.

AlVb

Wird dem Antrag stattgegeben, so ist es Endurteil (OLG Hamburg Seuff. 45/218, KG OLG 37/94, OLG Karlsruhe 1/429, Karlsruhe 13/87). Gegen das Endurteil hat die beschwerte Partei, regelmäßig der Kläger, das Rechtsmittel, das aber nicht darauf gestützt werden kann, daß erst in zweiter Instanz dem Antrag des Beklagten stattgegeben wurde (selbst vom abweichenden Standpunkt aus nach § 270 in entsprechender Anwendung) ; der Streitgehilfe hat es nur, soweit nicht (voll) hinterlegt ist oder der Beklagte nicht auf das Rücknahmerecht verzichtet hat.

AIV e

Das den Antrag des Beklagten verwerfende Zwischenurteil enthält keine Kostenentscheidung (anders das auf sofortige Beschwerde ergehende, das sie zurückweist nach § 97), das ihm stattgebende hat die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen, soweit er unbegründet widersprochen hat (vgl. §96).

AIV c 1

Ein solcher Widerspruch ist aber nicht schon darin zu sehen, daß der Beklagte die Forderung des Klägers deshalb bestritten hat, weil er (ohne Verschulden) nicht gewußt hat, an wen er zahlen soll. Hat er aber nur aus von ihm zu vertretenden Gründen die Zählung abgelehnt, so ist sein Widerspruch unbegründet, weil er dann früher hätte hinterlegen müssen (vgl. OLG Hamburg 13/88, Celle NdsRpfl. 52/151, Jonas § 75 Anm. III, welche die unberechtigte Verteidigung gegen die „objektive Existenz" der Schuld entscheiden lassen) ohne Rücksicht darauf, ob später der Kläger obsiegt. Die Kostenentscheidung wird also von der Person des Gläubigers abstrahiert. Werden dem — beschwerten — Beklagten Kosten auferlegt, so hat er dagegen die sofortige Beschwerde (§91 a l l in entsprechender Anwendung; früher ergab sich dies aus § 99 III a. F., der zwar durch Nov. 50 gestrichen worden ist, wobei aber nicht an den Fall des § 75 gedacht wurde).

AIV c 2

Sind dem Beklagten Kosten nicht aufzuerlegen, so bleibt die Entscheidung offen bis zur Erledigung des Folgestreits, wo sie dann dem Unterliegenden aufzuerlegen sind. Insoweit bleibt er Partei (Hellwig System 1/595) und darf auch im eigenen Namen die Ergänzung des Endurteils beantragen (vgl. §§300 11, 321, wobei die Wochenfrist ihm gegenüber nicht zu laufen beginnt, bevor ihm selbst das Urteil zugestellt wird) ; er darf aber auch dann die Entscheidung fordern, wenn derProzeß durch Vergleich (vgl. § 98) oder sonstwie allein aus dem Willen der Parteien so zum Ruhen gekommen ist, daß eine einer vergleichsweisen Regelung entsprechende Lage eingetreten ist (§98 in entsprechender Anwendung), oder wenn die Klage zurückgenommen worden ist (vgl. § 271 III 2, 3) oder wenn anerkannt (§ 307) oder verzichtet (§ 306), ohne daß noch Urteil genommen wurde. Ob die Kostenentscheidung auf einem kontradiktorischen oder einem Versäumnisurteil beruht, ist gleichgültig, ebenso, ob sie noch angreifbar oder schon rechtskräftig ist,

AIV c 3

An Kosten entsteht für das Urteil die volle Gerichtsgebühr des GKG § 20 I 3. Der Unterlegene, dem die Kosten auferlegt werden, hat nur im Fall der isolierten Kostenentscheidung oder nach § 99 II die sofortige Beschwerde, sonst nur das Rechtsmittel zugleich mit dem Hauptanspruch (§ 99 I). In den Fällen, wo sich die Prozeßlage des § 75 durch einen Hauptintervenienten ergibt, ist im Erstprozeß nur noch über die Kosten, soweit sie dem Beklagten aufzuerlegen sind, zu entscheiden, der Beklagte als (notwendiger) Streitgenossse des Beklagten des Zweitprozesses zu entlassen und die Kostenentscheidung über den Erstprozeß, soweit sie nicht den Beklagten trifft, in den Zweitprozeß zu ziehen. 586

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§ 7 5

Wird die Entlassung des Beklagten angegriffen, so ist, wie bei sonstigen Sachent- AIV d Scheidungen, das Rechtsmittel gegeben. Die Rechtsmittelkosten treffen dann den Rechtsmittelkläger, wenn er unterliegt; andernfalls werden sie Kosten des Gesamtrechtsstreits. Für die Kosten des weiteren Rechtsmittels gilt das Entsprechende, wobei es nur darauf abzustellen ist, zu welchem Enderfolg dies führt. Wird die Entlassung verweigert, so geschieht dies durch Zwischenurteil (§ 303) oder in den Gründen des Endurteils; legt dagegen der Beklagte ein Rechtsmittel ein und bleibt es ohne Erfolg, so treffen ihn die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels, andernfalls treffen sie seinen Rechtsmittelgegner, der aber kein Rechtsmittel mehr hat, wenn er nur die Kostenlast angreifen will. Nach Ausscheiden des (alten) Beklagten wird der Streit zwischen dem Kläger und Β dem ehemaligen Streithelfer (des Beklagten) als Beklagtem fortgeführt, gegen den der Anspruch nunmehr unmittelbar geltend gemacht wird (vgl. RG v. 6. 5.1919 VII Sächs. ARpfl. 20/113, v. 15.12.1894 I E 34/400 [403], OLG Naumburg J W 31/3570" sprechen von einer Hauptintervention). Es geht um denselben Streitgegenstand, den jeder der Parteien erlangen will. Der Antrag des Klägers darf auf Einwilligung in die Auslieferung des Hinterlegten Β I an ihn, der des neuen Beklagten muß nicht bloß auf Klageabweisung, sondern durch Widerklage auf die Einwilligung in die Auslieferung an ihn lauten (vgl. Jonas § 75 Anm. IV, 1; RG v. 18. 5.1906 II E 63/319 [322] fordert überhaupt keinen förmlichen Antrag; doch sollte man dem wegen der Vorschrift des § 308 I nicht folgen, zumal nach § 139 auf Klarstellung der Anträge zu dringen ist). Ein eigentlicher Feststellungsstreit i. S. des § 256 ist dies nicht, doch hat auch RG v. 15. 6.1906 III 31/06 Ν § 75/2 solche Feststellungsklagen zugelassen. Im Verhältnis zum alten Streit wird indes über einen neuen Antrag mit einem neuen Β Π Klagegrund entschieden. Es ergibt sich demnach eine neue Prozeßlage, ähnlich der der Hauptintervention (vgl. RG v. 18. 5.1906 II E 63/320, ν. 15. 12.1894 I E 34/400 [403], OLG Hamburg 37/94), in der alte Prozeßvor- und -nachteile gegenstandslos werden (dies gilt also auch für Geständnisse). Dennoch ist die Prozeßlage nicht mit der Hauptintervention identisch. Diese beginnt immer mit der ersten Instanz, der Eintritt nach § 75 ist auch in zweiter möglich. Die erste verlangt immer eine Klage, die zweite nur den Antrag des Erstbeklagten. Da der fortzusetzende Streit das Verhältnis anderer Parteien betrifft, ist zu seiner Entscheidung jedenfalls eine neue Tatsachenverhandlung erforderlich. Konstruiert man die Parteienänderung entsprechend der Klageänderung (oder hält man sie für diese, vgl. § 264 E), so ist sie in der Revisionsinstanz nicht mehr durchführbar, also unzulässig (so: Sydow-Busch §75 Anm.l, Baumbach-Lauterbach §75 Anm.2; a.M. Jonas §75Anm.III; vom abweichenden Standpunkt müßte man wie in dem Fall des § 717 III verfahren, wenn noch neue Tatsachen zu klären sind, d. h. aufheben und zurückverweisen), wohl aber in der zweiten Instanz, und zwar ohne daß dies das Gericht für zulässig zu erachten hat bzw. die anderen Beteiligten zustimmen (auf den Verlust der ersten Instanz darf es also nicht abgestellt werden). Bezüglich der Behauptungs- und Beweislast gilt folgendes : Jede Partei muß ihren Anspruch behaupten und beweisen; wollte man nur dem Kläger diese Last auferlegen, so würde er ungleich schlechter gegenüber dem eingetretenen Beklagten stehen, obwohl die Parteirolle hierfür stets gleichgültig sein muß (hat der dritte Hauptintervention erhoben, so ist er Kläger und der frühere Kläger Beklagter, vgl. § 64). Ohne gegen den Grundsatz der Gerechtigkeit zu verstoßen, muß man deshalb eine doppelte Entscheidung treffen (vgl. Hellwig, Anspruch und Klagerecht 422f., Krückmann ZZP 46/407; a.M. Jonas Anm. IV 1). Ist der Anspruch des Beklagten aber ebenfalls unbegründet, so muß auch sein Antrag zurückgewiesen werden. In einem solchen Falle wirkt die Entscheidung zugunsten des ausgeschiedenen Beklagten Rechtskraft entsprechend § 68 und der Erstbeklagte erwirbt den Anspruch auf Rücknahme des Hinterlegten (entsprechend BGB § 382 I, 2. Halbsatz), obwohl er verzichtet hatte. Jedenfalls hat RG v. 30. 6.1908 VI 336/07 Ν § 75/3 nicht darüber entscheiden lassen, ob der neue Beklagte aus anderen Rechtsgründen Anspruch auf den Klagegegenstand hatte. 587

ΒΠ

§

75

ZPO I. Buch

Wird aber nicht über den außerprozessualen Anspruch auf Einwilligung entschieden, sondern über Prozeßvoraussetzungen, so wird kein Recht zur Rücknahme durch eine Klageabweisung im Zweitprozeß begründet. Auf den Mangel dieser kann sich aber weder der Kläger des Erstprozesses noch der Eintretende noch der Beklagte des Erstprozesses für wie gegen den Erstbeklagten berufen, wenn er durch rechtskräftiges Urteil (§ 705) aus dem Rechtsstreit entlassen worden ist. Nur soweit in der Person des Erstbeklagten diese Mängel bestanden haben, darf dieser nach §§ 578folg. die Wiederaufnahme betreiben. Wurde aber nicht durch Urteil entschieden (§ 75 A III b 1), so darf der alte Streit fortgesetzt werden; der neue Streit ist sodann wie eine Hauptinterventionsklage zu behandeln. Β ΠΙ

Das Endurteil im Zweitstreit darf bezüglich des außerprozessualen Anspruchs nur von dem Prätendenten angegriffen werden. Der Erstbeklagte darf auch dann kein Interesse· mehr geltend machen, wenn er das Gericht zu einer gegen beide Prätendenten abweisenden Entscheidung bringen will. Über den selbständigen Angriff des Erstbeklagten gegen die Kostenentscheidung vgl. § 75 A IV a. Man wird ihm, wenn die Kosten unter den beiden Parteien verteilt werden, auch die sofortige Beschwerde zubilligen dürfen (§ 99 I I I a. F. in entsprechender Anwendung).

Β ΠΙ a

Die Kosten des Zweitstreites treffen im Verhältnis vom Kläger und Zweitbeklagten den Unterliegenden; insoweit ergeben sich keine Besonderheiten; wenn sowohl der Kläger wie der Beklagte unterliegt, ist § 92 anzuwenden. Gleichzeitig sind aber dem Unterliegenden die Kosten des Erstbeklagten aufzuerlegen (soweit diese ihn nicht wegen unbegründeten Bestreitens allein treffen; vgl. § 75 A IV c 1). Unterliegen beide (ganz oder teilweise), so sind die Kosten des Beklagten entsprechend zu verteilen. Eine gesamtschuldnerische Haftung tritt also nicht ein. Trotz der Vorschrift des § 91 a kann über diese Kosten nicht durch Beschluß entschieden werden, weil die Kostenentscheidung über den Erststreit mit der über den Zweitstreit unlöslich verbunden ist.

ΒIV

Bezüglich der Rechtsmittel gilt für die Parteien des Zweitstreites nichts Besonderes, für die Kostenentscheidung § 99 I. Sie dürfen auch die Entscheidung wegen der ihnen auferlegten Kosten des Erstbeklagten nur zugleich mit dem Rechtsmittel angreifen. Aber auch dann können sie noch geltend machen, daß der Widerspruch des Erstbeklagten unbegründet war. Der Erstbeklagte hat nur die sofortige Beschwerde (vgl. OLG Hamburg 13/88, er hat kein Hauptrechtsmittel).

§ 7 6 (73) I W e r als Besitzer einer Sache verklagt ist, die er a u ! Grund eines Rechtsverhältnisses der im § 868 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art zu besitzen behauptet, kann vor der Verhandlung zur Hauptsache unter Einreichung eines Schriftsatzes, in dem er den mittelbaren Besitzer benennt, und einer Streitverkündungsschrift die Ladung des mittelbaren Besitzers zur Erklärung beantragen. Bis zu dieser Erklärung oder bis zum Schluß des Termins, in dem sich der Benannte zu erklären hat, kann der Beklagte die Verhandlung zur Hauptsache verweigern. II Bestreitet der Benannte die Behauptung des Beklagten oder erklärt er sich nicht, so ist der Beklagte berechtigt, dem Klageantrage zu genügen. Wird die Behauptung des Beklagten von dem Benannten als richtig anerkannt, so ist dieser berechtigt, mit Zustimmung des Beklagten an dessen Stelle den Prozcß zu übernehmen. Die Zustimmung des Klägers ist nur insoweit erforderlich, als er Ansprüche geltend macht, die unabhängig davon sind, daß der Beklagte auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im Abs. 1 bezeichneten Art besitzt.

588

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§ 7 6

Hat der Benannte denProzeß übernommen, so ist der Beklagte auf seinen Antrag von der Klage zu entbinden. Die Entscheidung ist in Ansehung der Sache selbst auch gegen den Beklagten wirksam und vollstreckbar. lv

II

I, I I I Nov. 98; I Nov. 50. A

I

a b

1 2

1 2 3 4

II III Β I

Verhältnis zu § 75 Klage gegen einen Besitzer Klagegrund nicht zutreffender gehäufter Beklagter als Fremdbesitzer Besitzdiener Art des Fremdbesitzes Besitz des Besitzmittlers Darlegung und Beweiserfordernis Klage- und Prozeßart die Parteiseite des Beklagten Wirkungen die Streitverkündung an den Dritten

a b

III

C I II III

1 2

a b

1 2 3

1 2 3

die Erklärung des Dritten Ablehnung ihr Widerruf Folgen der Ablehnung Eintritt Übernahme Zustimmung des Beklagten Zustimmimg des Klägers Entscheidung Rechtskraftwirkung Kosten bei Streit der Erstpartei bei Entlassungsablehnung bei Eintritt des Dritten WZG § 11 Besonderheiten allgemeines Verfahren Patent- und Gebrauchsmusterrecht

So wie § 75 dem (gegenüber dem Kläger wie dem eintretenden Dritten) erfüllenden A Beklagten die Möglichkeit gibt, sich dem Prozeß zu entwinden, so gibt § 76 dem (unmittelbaren oder mittelbaren) Besitzer ( B G B §§ 854folg.) die Möglichkeit, seinem mittelbaren Besitzer den Streit zu überlassen, wenn er nur dessen Recht dem Kläger entgegensetzen will. Während im Fall des § 75 aber der Beklagte uninteressiert ist, hat er in dem des § 76 das Interesse an der Aufrechterhaltung seines Besitzes. Die praktische Bedeutung der Bestimmung ist gering. Über die Ausdehnung auf andere Rechtsstellungen des Beklagten vgl. § 77 und WZG §11 I I I . Prozeßbedingung des § 76 ist die Klage gegen einen Besitzer ( B G B §§ 854folg.).

AI

Ob dies der Fall ist, richtet sich zunächst nach dem Klagegrunde. In Betracht A l a kommen die Klagen aus Eigentum ( B G B §§ 985, 1004) und alle dinglichen Klagen, die aus der entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften herzuleiten sind (ErbbaurechtVO § 11, B G B §§ 1027, 1065, 1090 II, 1227); die auf Vorlegung beweglicher Sachen und (schriftlicher) Urkunden ( B G B §§ 809, 810) und die aus B G B § 1007 I ; nicht dagegen die nach B G B § 867 (a. M. Baumbach-Lauterbach § 76 Anm. 2) ; denn hier A l a ! besteht kein Besitzmittlungsverhältnis in bezug auf den Klagegegenstand; die aus B G B § 1007 II (anders aber die aus B G B § 1007 I) und die aus B G B §§ 861, 862 (Jonas § 76 Anm. II 1, Sydow-Busch § 76 Anm. 1; a. M. Baumbach-Lauterbach § 76 Anm. 2), wail dem Anspruch ein fremdes Recht bei fehlerhaftem Besitz ( B G B § 858 II) gar nicht entgegengehalten werden darf. Bei Klagen aus schuldrechtlicher Verbindlichkeit gilt § 76 nicht (OLG Colmar 20/300, OLG Hamburg 42/3), also nicht bei einem Grundstückskauf, soweit das Grundstück zwar schon übergeben, aber noch nicht aufgelassen ist (OLG Celle 27/166 — der Besitzer ist hier Eigenbesitzer, B G B § 872); auch die Klage des Mannes gegen die Frau auf Herausgabe von Sachen, gestützt auf eheliches Güterrecht, haben R G v. 2 1 . 1 0 . 1 8 9 3 I E 32/26 (31), OLG Frankfurt Seuff. 74/111 (unter dem Gesichtswinkel des schuldrechtlichen Anspruchs) nicht hierher gerechnet. Gehäuften Klagegründen kann sich der Beklagte nicht entziehen, wenn auch nur einer A l a der Gründe nicht unter § 76 fällt. Ob die Behauptung des Klägers über die anderen Gründe zutrifft, wird nicht geprüft. Der Beklagte muß als mittelbarer oder unmittelbarer Besitzer und selber nur als A l b Fremd-, nicht als Eigenbesitzer ( B G B § 872) in Anspruch genommen worden sein. Das erste trifft zu, wo er nicht Besitzdiener ( B G B § 855) ist, der aber unter § 77 fällt. A l b

589

§ 7 6

ZPO I. Buch

AIb2

Als Besitzer kann er (bewegliche wie unbewegliche) Sachen (BGB § 90) oder Rechte (BGB §§ 1029, 1090 II) ganz oder zum Teil (BGB § 865), allein oder mit mehreren gemeinschaftlich (BGB § 866) besitzen. Auf die Art des Fremdbesitzes kommt es nicht an. Es genügt dabei jedes (dingliche oder persönliche oder nur aus dem Besitz stammende) Recht zum Besitz (BGB § 868) gegenüber einem Dritten (also nicht bloß dem Kläger gegenüber). Ein dingliches Recht zum Besitz (ein Erbbaurecht, vgl. ErbbaurechtsVO § 1 ; eine Grunddienstbarkeit, vgl. BGB § 1029; ein Nießbrauch, BGB §1036 1; eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit, BGB §1090 11; ein Pfandrecht an beweglichen Sachen, BGB § 1205) oder ein persönliches (d. h. ein vertragliches, das zum Besitz einer beweglichen oder unbeweglichen Sache — Rechtsbesitz gibt es hier nicht — berechtigt; BGB § 868 nennt beispielsweise Pacht [BGB § 581], Miete [BGB § 536], Verwahrung [BGB § 688, vgl. R G v. 3. 6. 1899 V J W 454"; H GB § 416]; auch Lieferungs-, Dienstund Werkvertrag können eine solche Rechtsstellung ergeben [RG v. 4.12.1939 IV H R R 40/214], wie irgendein ähnliches Verhältnis, da der Kreis der vertraglichen Rechte vom Gesetz nicht fest umgrenzt worden ist; hierher gehört auch der Kauf unter Eigentumsvorbehalt [BGB § 455] vgl. R G v. 18. 9. 1908 VII E 69/197, v. 28. 4.1903 II E 54/396, Speditions- und Frachtverträge u. dgl. m.) oder ein nur aus dem Besitz stammendes erfüllen den Tatbestand des BGB § 868.

AIb3

Der Dritte, dessen Besltzmittler der Beklagte zu sein behaupten muß, kann im Falle des gemeinschaftlichen Besitzes (BGB § 866) sogar auch unmittelbarer Besitzer der Sache sein; im Verhältnis zum Beklagten muß er sonst aber mittelbarer (BGB § 868) sein. Ist der Besitz mehrfach gestuft: der Beklagte verwahrt die Sache eines Mieters, der Nießbraucher des Beklagten ist (dabei hat der Beklagte den unmittelbaren, der Mieter den ersten mittelbaren, der Nießbraucher den weiteren mittelbaren, der Beklagte selbst auch den l e t z t e n m i t t e l b a r e n , d. h. den Eigenbesitz, BGB § 872), so kann der Beklagte nur insoweit auf den Mieter verweisen, wie dieser seine Rechte von einem — gutgläubigen — Nießbraucher ableitet, nicht aber soweit er auf sich selber als angeblichen Eigentümer verweisen müßte. Auch bleibt es dem Mieter unbenommen, an den Nießbraucher zu verweisen; doch darf dieser an den Beklagten nicht zurückverweisen, was aus § 76 IV 2 folgt. Der Eigenbesitzer (BGB § 872, d. i. der, welcher kein weiterer Besitzmittler mehr ist), kann deshalb niemals an einen dritten verweisen; dies gilt aber stets, wenn ein höher gestufter Besitzer an einen nicht so hohen verweisen will, mag er auch u. U. sein Besitzmittler sein können (vgl. dazu Wieczorek, Der strafrechtliche Besitz). Verwiesen werden darf regelmäßig nur an den unmittelbar übergeordneten mittelbaren Besitzer des Beklagten (vgl. die Worte „dem mittelbaren Besitzer" § 76 I). Dieser kann allerdings dann nach § 76 weiterverweisen (sofern der Vierte nicht schon einmal Beklagter war; an diesen ist die Verweisung unzulässig, weil das Urteil gegen den Beklagten in jedem Falle Rechtskraft wirkt).

AI b4

In bezug auf das Besitzmittlungsverhältnis genügt die schlüssige Behauptung des Beklagten. Glaubhaftmachung oder gar Beweis sind nicht erforderlich. Der Kläger hat keine Möglichkeit, die Behauptung anzugreifen (OLG Hamburg 42/3 folg., OLG Hamburg Seuff. 56/88, vgl. auch LG Bonn MDR 48/415 170 , a. M. Baumbach-Lauterbach $ 76 Anm. 2, der den Beweis fordert).

ΑΠ

Als Klagearten sind sowohl die Leistungs- (nicht aber die Gestaltungs-) wie die positive Feststellungsklage zulässig, die der bezifferten i. F. des § 75 entspricht (a. M. Jonas §77 Anm. 1); die negative Feststellungsklage, wo der „Beklagte" die Parteirolle des Klägers hat, ist ausgeschlossen, weil der Kläger sich nicht nach § 76 dem Prozeß entwinden kann; er braucht nicht zu klagen. An Prozeßarten sind denkbar der allgemeine, der Urkunden- (nicht aber derWechselund Scheck-)prozeß; nicht das Mahnverfahren, weil es nicht die hier in Betracht zu ziehenden Klageansprüche erfassen kann (§ 688).

Α ΠΙ

Die Benennung eines Streitgenossen des Klägers oder eines ihm beigetretenen Streitgehilfen ist unwirksam. Tritt auf die Streitverkündung des Beklagten der Dritte dem Kläger bei, so entfällt die prozeßhindernde Einrede des § 76 von da ab.

590

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§ 7 6

Unter den Prozeßbedingungen des § 76 A I, III darf der Beklagte sich vor Yerhand- Β lung zur Hauptsache (§ 274 C III a 2, Verhandlungen über Prozeßvoraussetzungen und Prozeßhindernisse sind also unschädlich) auf den mittelbaren, ihm übergeordneten Besitzer durch Benennung und Streitverkündung an ihn (sofern er nicht schon Streitgehilfe ist) beziehen. Eine Verpflichtung des Beklagten zur Streitverkündung und zur Erklärung wird weder prozessual noch außerprozessual begründet. Beides steht also in seinem Belieben. Er darf, wenn er nach § 76 verfährt, (innerhalb bestimmter Frist) die Einlassung verweigern, d. h. der Beklagte hat bis dahin eine prozeßhindernde Einrede (a. M. Jonas § 76 Anm. IV; aber sie hindert den Erlaß der Sachentscheidung; diese gibt es auch nach CIM + CIV Art. 50 § 1 und dort sogar mit der Wirkung, daß sie auch von Gerichts wegen zu beachten ist) ; § 274 III wird demnach nicht anzuwenden sein (darüber, ob § 275 anwendbar ist, vgl. daselbst; seine Anwendung verneinen Jonas § 76 Anm. IV, Sydow-Busch § 76 Ànm. 5). Späterhin darf der Beklagte nur im allseitigen (u. U. stillschweigenden, § 295) Einvernehmen aus dem Prozesse noch ausscheiden. Zu benennen ist der Dritte schriftsätzlich (§§ 76 I, 73 I; im Verfahren vor den Amts- Β I gerichten auch zu Protokoll der Geschäftsstelle, § 496 II) in der Streitverkündung gegenüber dem Gericht. Außer den Erfordernissen der Streitverkündung (§ 74) muß dieser Schriftsatz die Benennung des Dritten und die Aufforderung an ihn, in den Streit einzutreten, enthalten. Er wird außerdem den Antrag, den Dritten zu laden, enthalten. Doch darf dieser letzte Antrag auch in der mündlichen Verhandlung gestellt werden. Der Kläger erhält hiervon eine Abschrift (vgl. § 73 II). Das Gericht stellt (die Streitverkündung und) die Erklärung des Beklagten dem Β Π Dritten förmlich (§§ 261 b II, 496 IV entsprechend, nach Jonas § 76 Anm. III 2 unmittelbar) zu (§§261 b I, 496 I). Ferner soll das Gericht den Dritten zu einem Termin zur Erklärung laden (§§ 261a, 497; schriftliches Verfahren ist hier nur möglich, wenn auch der Dritte zustimmt, § 128 II) und vor dem Landgericht ihn auffordern, einen Anwalt zu eeinem Vertreter zu bestellen (§§ 214, 215). Mängel des Verfahrens werden auch hier nach §§ 187, 295 geheilt (RG v. 30.10.1888 V E 22/393 [395]). Der Dritte kann sich ablehnend erklären (die Erklärung ist Prozeßhandlung und eine Β Π a prozessuale, dem Gericht gegenüber abzugebende Willenserklärung, die nach der Abgabe unwiderruflich wird, in Anwaltsprozessen der Form des § 78 bedarf), ausdrücklich oder stillschweigend — indem er dem Gegner beitritt wie dadurch, daß er zu dem Termin nicht erscheint und die Erklärungsfrist verstreichen läßt. Der Widerruf der Ablehnung kann indes nach § 295 (im Einvernehmen mit allen Β Π a 1 Beteiligten) Bedeutung gewinnen; aber der Beklagte verliert die prozeßhindernde Einrede. Trotz Ablehnung darf der Benannte noch hauptintervenieren (§ 64) oder (dem Beklagten wie seinem Gegner) als Streitgehilfe beitreten (vgl. R G v . 15.10.1880 JW 81/4). Im Verhältnis des Dritten zum Kläger tritt bei Ablehnung aber keine Rechtskraftwirkung nach § 76 II ein; will der Kläger die Interventionswirkung gegen den Dritten herbeiführen, so muß er ihm den Streit verkünden (§ 74 III; soweit er nicht sein Streitgegner ist, § 68). Lehnt der Dritte ab, so darf der Beklagte den Klageanspruch anerkennen und be- Β Π a 2 friedigen (§ 76 II), ohne daß er dem Benannten wegen der Herausgabe haftet (sofern die Förmlichkeiten in Ordnung sind, im besonderen Prozeß- und Parteifähigkeit des Benannten). Sodann wird der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, doch werden den Beklagten die Kosten treffen (vgl. § 91 a Β I b). Der Beklagte behält aber seine Rechte gegenüber dem Benannten. Doch darf der Beklagte auch den Rechtsstreit fortführen. Der Dritte darf sich aber auch als mittelbarer Besitzer bekennen und an der Stelle des Β II b Beklagten in den Prozeß eintreten.



WIeczorek, ZPO. L

591

§ 7 6

ZPO I. Buch

Β II b 1

Dazu bedarf es einer besonderen Erklärung des Dritten. Gibt er sie nicht ab, so darf er als Streitgehilfe im Prozeß verbleiben und hat dann die Stellung eines solchen (RG v. 21.10.1893 I E 32/26 [31]). In diesem Falle darf aber der Beklagte dem Anspruch des Klägers genügen; § 76 II ist entsprechend anzuwenden, weil der Beklagte sein eigenes Recht nicht zu verteidigen braucht (abweichend Jonas § 76 Anm. V 3). Führt aber der Beklagte den Prozeß fort, so gelten §§ 74 III, 68 neben § 76 II.

Βüb 2

Das Gesetz verlangt ferner die Zustimmung des Beklagten (§76 1111). Doch liegt diese schon in der Aufforderung des Beklagten zur Erklärung (sonst kann er sich mit der gewöhnlichen Streitverkündung begnügen). § 76 III 1 begrenzt dann nur die Widerrufsmöglichkeit mit der Erklärung, und zwar § 76 IV 1 bis zum Antrag des Beklagten, ihn von der Klage zu entbinden (abweichend Jonas § 76 Anm. V 2, der noch eine förmliche Zustimmung des Beklagten fordert, ihn aber dann an diese bindet; stellt dann aber der Beklagte den Antrag nach § 76 IV 1 nicht, so bleibt er im Prozeß als Beklagter; a. M. Jonas § 76 Anm. V 4).

Βüb 3

Der Zustimmung des Klägers (§ 76 III 2) bedarf es nur, soweit er seinen Anspruch nicht bloß auf die für § 76 I in Betracht kommenden Ansprüche stützt (§ 76 A I a 2), also etwa zugleich auf ein schuldrechtliches Verhältnis (bei einem korrespondierenden schuldrechtlichen Anspruch des Klägers auf Ersatz von Früchten, RG v. 21.10.1893 I E 32/26 [31]; oder aus Verwahrung: OLG Colmar 20/300, oder auf Ersatz wegen einer eigenen Handlung des Beklagten; ob dazu auch die aus dem Güterrecht gehören, so OLG Frankfurt Seuff. 74/111, kommt darauf an, ob man diese als dingliche oder persönliche ansieht). Bei den reinen Ansprüchen aus § 76 I hat also der Kläger kein Widerspruchsrecht. Widerspricht er wegen der persönlichen Ansprüche, so bleibt der Erstbeklagte Partei, aber nur wegen dieser Ansprüche, während der Benannte wegen der anderen an die Stelle des Erstbeklagten tritt. Stimmt der Kläger zu, so muß der Benannte auch diese persönlichen Ansprüche gegen sich gelten lassen.

Β ΠΙ

Stellt der Beklagte den Antrag auf Entlassung aus dem Prozeß, so ist über ihn vorab zu entscheiden, sofern Streit über die Voraussetzungen der Entlassung entsteht, andernfalls genügt die formlose Feststellung (vgl. § 75 A III b 1), und zwar nach mündlicher Verhandlung (§ 128 I) oder auch im schriftlichen Verfahren nach § 128 II. Wird der Antrag zurückgewiesen, so liegt ein Zwischenurteil nach § 303 vor (Jonas §76 Anm. V 4 ; abweichend OLG Hamburg 33/30, 42/3, die es als Endurteil ansehen; a. M. Sydow-Busch §76 Anm. 8, Baumbach-Lauterbach §76 Anm. 5: Beschluß), das auch hier mit der sofortigen Beschwerde angreifbar ist (§71 II entsprechend); andernfalls, wenn dem Antrage stattgegeben wird, ist es Endurteil, wogegen nur der Kläger (sofern er nicht zugestimmt hat) die ordentlichen Rechtsmittel hat. Darüber, ob der Einzelrichter den Streit entscheiden darf, vgl. § 349 C i e .

Β ΠΙ a

Die Entscheidung wirkt Rechtskraft (§ 322) auch im Verhältnis zu dem Erstbeklagten (§ 76 IV 2). Dies gilt auch dann, wenn der Erstbeklagte besondere, dem Zweitbeklagten gar nicht zustehende Rechte hatte und diese mit Erfolg dem Kläger hätte entgegensetzen können. Doch berühren spätere Klageerweiterungen oder -änderungen den Erstbeklagten nicht. Darüber hinaus ist aber nach § 76 IV 2 auch die Vollstreckung gegen den Erstbeklagten zulässig. Dieser muß wegen des § 750 in der Vollstreckungsklausel namentlich aufgeführt werden. §§ 727, 730 brauchen deshalb hier nicht entsprechend angewandt zu werden.

Β ΠΙ b Β ΠΙ b 1

Bezüglich der Kosten gilt Folgendes : Wird der Prozeß zwischen den Erstparteien zu Ende geführt, so trägt sie der Unterliegende (§91). Genügt der Beklagte dem Anspruch des Klägers, so könnte er nur nach § 93 die Kosten auf den Kläger abwälzen; doch wird ein solcher Fall schwerlich praktisch werden (vgl. § 93 B). .592

Beteiligung Dritter am Rechtsstreit

§ 7 6

Wird die Entlassung des Erstbeklagten abgelehnt, so gehören die Kosten zu denen Β ΠΙ b 2 des Rechtsstreits; im Rechtsmittelverfahren fallen sie indes dem Beklagten, der nicht entlassen wird, endgültig zur Last (§ 97) ; erholen kann er sich deswegen aber nach dem außerprozessualen Recht an dem Benannten, wenn dieser sich verpflichtet hatte oder gesetzlich (als Ehemann oder Nießbraucher u. dgl. m.) ihm verpflichtet ist. Wird der Entlassung des Erstbeklagten stattgegeben, so treffen die Kosten der Ent- Β III b S lassung den Erstbeklagten (Jonas § 76 Anm. VII; a. M. OLG Hamburg Seuff. 51/58, das die Kosten dem Benannten aufbürdet, wenn der Kläger siegt; vgl. auch OLG Köln NJW 54/238, das sagt, daß das Entlassungsurteil keine Kostenentscheidung enthalte) im Verhältnis zum Kläger endgültig, wenn er sich auch möglicherweise an dem Eintretenden erholen darf (vgl. § 75 Β III b 2). Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens treffen den Unterliegenden (also möglicherweise den Kläger selbst, wenn dem Antrag des Erstbeklagten auf Entlassung stattgegeben wird). Die Seite der möglichen Kläger wie die der möglichen Beklagten wird durch WZG C § 11 Π, ΠΙ erweitert. Die Bestimmung lautet : II D e r Antrag auf Löschung ist d u r c h Klage geltend zu machen u n d gegen den als I n h a b e r des Zeichens Eingetragenen oder seine Rechtsnachfolger zu richten. III Ist vor oder n a c h Erhebimg der Klage das Warenzeichen auf einen anderen übergegangen, so ist die Entscheidung in der Sache selbst auch gegen den Rechtsnachfolger wirksam u n d vollstreckbar. F ü r die Befugnis des Rechtsnachfolgers, in den Rechtsstreit einzutreten, gelten die Bestimmungen der §§66 bis 69 u n d 76 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

Die Löschungs klage des WZG § 11 ist gegen den eingetragenen Zeicheninhaber oder C I seinen Rechtsnachfolger zu richten, auch wenn dieser ζ. Z. der Rechtshängigkeit noch nicht eingetragen war. War in diesem Zeitpunkt aber schon der Rechtsnachfolger eingetragen, so ist die Klage gegen den früher eingetragenen abzuweisen, weil er nicht passiv legitimiert ist. Wird sie gegen den eingetragenen Zeicheninhaber gerichtet, so steht diesem das Recht, seinen Rechtsnachfolger in den Streit zu ziehen, nicht zu (WZG § 8 II). Wird sie dagegen gegen den noch nicht eingetragenen Rechtsnachfolger ausgebracht, so darf sich dieser durch Benennung des eingetragenen Zeicheninhabers oder eines seiner — des Beklagten — nichteingetragenen Rechtsvergänger berufen (wobei hier das Entsprechende gilt, was bei der Besitzkette erläutert worden ist, § 76 A I b 3). Nicht berufen kann sich auch hier der Rechtsnachfolger darauf, daß er inzwischen einem anderen weiterveräußert hat ; denn die Urheberbenennung greift nur auf die aufsteigende, nicht die absteigende Kette zurück. Für das Verfahren gilt § 76 entsprechend. ç π Auch §§ 70—74 sind entsprechend anzuwenden, obwohl sie WZG § 11 II nicht erwähnt (Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 2. Aufl., S. 204). Ob man diese Vorschrift im Patent- und Gebrauchsmusterrecht wird entsprechend C ΠΙ anwenden dürfen, ist zweifelhaft (bejahend für das Patentrecht: RG v. 20.11.1909 I E 72/242, v. 8.1.1937 VII E 153/210, v. 9. 6.1937 I 263/36 Ν § 265/45 [dagegen Jonas § 77 Anm. 1], dafür Schönke §77 Anm. 1, Sydow-Busch §77 Anm. 2, Baumbach-Lauterbach § 77 Anm. 1). Noch zweifelhafter ist dies im Firmenrecht (ΗGB §37 II) oder gar im Namenrecht (BGB § 12, weil dieses Recht von der Registrierung überhaupt unabhängig ist). Auch hier entscheiden die Genannten entsprechend.

§ 77

(-)

1

Ist von dem Eigentümer einer Sache oder von demjenigen, dem ein Recht an einer Sache zusteht, wegen einer Beeinträchtigung des Eigentums oder seines Rechtes Klage auf Beseitigung der Beeinträchtigung oder auf Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen erhoben, so sind die Vorschriften des § 76 entsprechend an38*

593

§ 77

ZPO I. Buch

zuwenden, sofern der Beklagte die Beeinträchtigung in Ausübung des Rechtes eines Dritten vorgenommen zu haben behauptet. Nov. 98.

I

Inhalt des § 77

II

In Ausübung eines Rechts Behauptung des Beklagten

A

§ 77 betrifft den nicht besitzenden Beklagten, der in Ausübung des Rechtes eines anderen den in § 76 genannten Ansprüchen Dritter (§ 76 A I b 1) entgegenhandelt. Die Vorschrift erweitert also nur die Seite der möglichen Beklagten (nicht die der Kläger).

AI

In Ausübung eines Rechts handelt der, welcher zur Aneignung von Früchten (BGB § 99) befugt ist, ohne Besitzer der Muttersache zu sein (BGB §§ 954, 956 I i — 2. Alternative —, II im selben Fall; 957 — 2. Alternative —), oder der, welcher zur Ausübung eines Rechts an einer Sache (oder der eines Rechts, soweit der Besitz an dem Recht in Frage steht), ohne den (Sach- oder Rechts-)Besitz zu haben, berechtigt ist (vgl. BGB §§ 1059 I 2, 1092 1 2 — hier also nur, wenn im Überlassungsvertrag es gestattet ist — etwa in Ausübung eines Weiderechts: RG v. 4. 5.1901 V 103/01 Ν § 77/1) ; dagegen muß der Pfandgläubiger, auch wenn er nicht unmittelbarer Besitzer ist, wenigstens mittelbaren Besitz haben; dies gilt auch bei den gesetzlichen Pfandrechten des Kommissionärs (HGB §§397, 404); des Spediteurs (HGB §410); des Lagerhalters (HGB §421); der Frachtführer aller Art (HGB §§ 440—443; 457); der Verfrachter des Seerechts hat aber nur ein Zurückbehaltungsrecht nach HGB § 615, das den Besitz voraussetzt, wobei in all diesen Fällen der mittelbare Besitz im besonderen bei Verfügungsgewalt durch Konnossement, Lade- und Lagerschein ausreicht; daß dabei das Pfandrecht noch drei Tage nach Ablieferung fortwirkt, ist eine Sondernorm, die seinen mittelbaren Besitz erhält (HGB §440 111); schließlich darf man auch das Pfandrecht des Vermieters bzw. des Verpächters als auf mittelbarem Besitz beruhend ansehen (BGB §§559, 585); die Schiffspfandrechte (vgl. HGB §§ 754folg.) entsprechen dagegen schon weitgehend der Behandlung der Buchrechte, die weder zum Besitz noch zur Ausübung eines Besitzes berechtigen.

A II

Die Behauptung des Beklagten (die auch hier genügend ist, OLG Hamburg Seuff. 56/88) muß ferner dahin gehen, daß er zur Ausübung des fremden Rechts befugt ist (nicht aber zur Ausübung eines eigenen Rechts). Ob hierher auch die Fälle gehören, wenn jemand nur namens des anderen, also als dessen Vertreter handelt oder als dessen Besitzdiener (BGB § 855), kann zweifelhaft sein; doch wird man dem Eigentümer usw. nicht verwehren dürfen, gegen den vorzugehen, der handelt; dann ist aber auch der Vertreter bzw. der Besitzdiener passiv legitimiert (OLG Hamburg Seuff. 56/88, Jonas § 77 Anm. 2). Vierter Titel ProzeBbevollmächtigte u n d Beistände

§ 78

(74) Vor den Landgerichten und vor allen Gerichten des höheren Rechtszuges müssen die Parteien sich durch einen bei dem Prozeßgericht zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (Anwaltsprozeß). II Diese Vorschrift ist auf das Verfahren vor einem beauftragten odor ersuchten Richter sowie auf Prozcßhandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden. ι· 1 Ein bei dem Prozeßgericht zugelassener Rechtsanwalt kann sich selbst vertreten. I

II G v. 9.12.1927 Übersicht Ober den 4. Titel I Postulationsfähigkeit a Beschränkung im ordentlichen Prozeß b Beschränkung im arbeitsgerichtlichen Prozeß

594

II

ProzeBbevollmächtigte der Anwaltprozeß I Rechtsanwaltschaft a Rechtsanwaltsordnung 1 In BW

Prozeßbevollmächtigte u n d B e i s t ä n d e 2 3 4 5 6 7 8 9 10 b 1 2 II a 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 b c d 1 2 3 4 e 1 2 3 4 5 β 7 8 f 1 2 III a 1 2 b 1 2 IV a 1 2

in Bay. in Westberlin in Bremen in Hamburg in Hessen in Nds. in NRW in RhPf. in SchiH Stellung des Rechtsanwalt wie seiner Vertreter seiner Anwaltsassessoren Lokalisation Simultanzulassung bei LG und OLG in BW in Bay. in Westberlin in Bremen in Hamburg in Hessen in Nds. in NRW in Rh.-Pf. in SchlH Simultanzulassung bei Gerichtsänderung Grenzen der Beschränkungen postulationsfähige Anwälte bei Verweisungen im Rechtsmittelzug bei der KlagerUcknahme bei Vergleichen Anwälte ohne Lokalisation für die mündliche Verhandlung ausländische Anwälte nach Truppenvertrag Art. 13 II für Binnenschiffahrtsstreite bei dem BayObLG nach dem BEG in der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Strafsachen bei LArbG und BArbG Mischprinzip bei Streiten des gewerblichen Rechtsschutzes bei der Zuständigkeitsänderung Der Anwaltsprozeß im allgemeinen f ü r alle Parteien Ausnahmen die Eigenvertretung Kostenrecht Verbandsvertreter Wirkung des Anwaltszwanges auf Prozeßerklärungen im Prozeß im schriftlichen Verfahren bei Vergleichen

3 bei außerprozessualen Erklärungen Bezugnahme 1 in der mündlichen Verhandlung 2 im schriftlichen Verfahren

b

C I a b 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 II a b c d III a b D I a 1 2 b c II a b c III IV E I II a b

§ 7 8

Befreiung vom Anwaltzwang § 78 II Handlungen vor dem beauftragten bzw. dem ersuchten Richter die gegenüber der Geschäftsstelle vorzunehmenden Handlungen Ablehnungsgesuche Kostensachen Aussetzung Zwischenstreite mit Dritten Beweissicherung amtsgerichtliches Verfahren Beschwerdeverfahren Entmündigungsverfahren Arrest und einstweilige Verfügung Verfahren vor den Rechtspflegern Erinnerungen Weitere Fälle der Prozeßordnung gegenüber dem Gericht vorzunehmende Handlungen gegenüber der Geschäftsstelle vorzunehmende gegenüber dem GV vorzunehmende sonstige Fälle Grenzen Fall des § 36 wo sonst Urkundbeamte tätig werden Verfahren Erkenntnis der ersten Instanz Mängel beim Kläger beim Beklagten Versäumnisentscheidungen bei wechselnder Parteistellung Mängel in der zweiten Instanz bei Rechtsmitteleinlegung Versäumnisverfahren Wechselnde Parteistellung Mängel der dritten Instanz Wiederaufnahmeklagen Arbeitsgerichte Postulationszwang Besonderheiten Zulassung aller Anwälte Zulassung der Verbandsvertreter vor den Arbeitsgerichten

F

Verwaltungsgerichtliches Verfahren

G

Verfahren vor dem BVG

Der vierte Titel des zweiten A b s c h n i t t s (Parteien) des ersten Buches (allgemeine A B e s t i m m u n g e n ) b e f a ß t sich mit den Prozeßbevollmächtigten u n d B e i s t ä n d e n der Parteien. § 78 I, III regelt den A n w a l t s z w a n g , §§ 78 II, 79, die Postulationsfähigkeit in den übrigen Verfahren. § 80 b e s t i m m t die F o r m der V o l l m a c h t , § 81 ihren U m f a n g , § 82 die gesetzliche Erweiterung, § 83 die mögliche rechtsgeschäftliche Beschränkung. § 84 regelt die Stellung mehrerer Bevollmächtigter zueinander, § 85 die W i r k u n g e n der H a n d l u n g e n des B e v o l l m ä c h t i g t e n im Verhältnis zur Partei, § 86 die Erneuerung der Vollmacht, § 87 die Kündigungsmöglichkeit. § 88 normiert, inwieweit das Gericht die bestehende Vollm a c h t zu prüfen h a t . § 89 b e f a ß t sich mit der Stellung des vollmachtlosen Vertreters, § 90 m i t der des Beistandes.

595

§ 7 8

ZPO I. Buch

AI

An die Regelung der Parteifähigkeit (§50) und die der Prozeßfähigkeit der Partei (§§ 51 folg.), wozu die Ergänzung der eigenen Prozeßfähigkeit durch rechtliche Zuordnung ihres gesetzlichen Vertreters gehört, schließt die der Postulationsfähigkeit an. Postulationsfähig ist, wer Prozeßhandlungen (§ 38 Β II c) wirksam vornehmen kann, sei es in der mündlichen Verhandlung (man spricht deshalb auch von der Verhandlungsfähigkeit), sei es außerhalb ihrer, wobei allerdings abzugrenzen ist, welche Qualifikation für die einzelnen Prozeßhandlungen erforderlich ist. Nicht jeder Prozeßfähige (vgl. § 79 A I) ist postulationsfähig, während es der Prozeßunfähige niemals ist; zumindest ist deshalb für die Postulationsfähigkeit Prozeßfähigkeit erforderlich (Schönke § 78 Anm. V 3; a. M. Hellwig Lb. 2/317, Rosenberg Lb. § 68 V 1 b). Dagegen wird die Postulationsfähigkeit nicht durch Verfügungsbeschränkungen, wenn diese auch zur Zurücknahme der Zulassung zur Anwaltschaft führen können (nicht müssen, RAO BZ § 28) und auch nicht durch ein Berufs- oder Vertretungsverbot (RAO BZ § 112 IV) beeinträchtigt; doch haben die Behörden und Gerichte Verstöße gegen das Verbot unverzüglich unmittelbar den Kammerpräsidenten und dem OLGPräsidenten (beim BGH dem Präsidenten dieses Gerichts) auf dem Dienstwege mitzuteilen (RAO BZ § 112 VI), können aber den Anwalt nicht an wirksamen Handlungen hindern. Die Bestimmung wird in den Fällen eines Verstoßes gegen RAO BZ § 124 II entsprechend anzuwenden sein, sofern ein Revisionsanwalt bei einem anderen Gericht unzulässigerweise auftritt (d. h. also in der mündlichen Verhandlung; im schriftlichen Verfahren gibt es keine der RAO BZ § 38 II entsprechende Bestimmung) ; andererseits wird man dem Revisionsanwalt, wenn er selbst Partei oder gesetzlicher Vertreter ist, es nicht verwehren dürfen, vor einem Gericht aufzutreten, wo er sonst nicht auftreten darf (vgl. RAO BZ § 112 III); auch der an der Berufsausübung verhinderte Anwalt wird es nämlich nicht in eigenen Sachen, d. h. auch nicht in denen seiner Ehefrau und minderjährigen Kinder, wie überhaupt soweit er gesetzlicher Vertreter ist, sofern nicht die besondere anwaltliche Postulationsfähigkeit gefordert wird (RAO BZ §112 III).

Ala

Doch legen §§ 78f. die näheren ProzeßbedLngungen der Postulationefähigkeit (einschränkend) fest. Sie ist im sog. Parteiprozeß dahin geregelt, daß die prozeßfähige Partei bzw. der für die prozeßunfähige Partei bestellte Prozeßfähige (gesetzliche Vertreter, vgl. § 51 D) auch postulationsfähig ist (§ 79), während im Anwaltsprozeß (§ 78 I) nur der (juristisch vorgebildete) Anwalt, im arbeitsgerichtlichen Verfahren der zweiten Instanz auch gewisse Verbandsvertreter handeln dürfen, wobei im Anwaltsprozeß vor den ordentlichen Gerichten es regelmäßig der bei dem erkennenden Gericht zugelassene sein muß.

Alb

In den arbeitsgerichtlichen Verfahren der ersten Instanz sind die Rechtsanwälte von der Vertretung bei Streitwerten unter 300.— DM, soweit sie nicht von dem Vorsitzenden bzw. dem Gericht zugelassen sind, ausgeschlossen (ArbGG § 11; kommt er indes selbst als Partei oder als ihr gesetzlicher Vertreter, so ist er postulationsfähig: LArbG Schleswig-Holstein NJW 48/56812); insoweit sind sie postulationsunfähig. Im Fall des § 157 darf das Gericht den Beiständen die Postulationsfähigkeit in der mündlichen Verhandlung durch Beschluß entziehen (vgl. auch GVG § 187). Entzieht indes das Gericht der Partei das Wort (oder ihrem gesetzlichen Vertreter nach § 157 II, GVG § 187), so wird damit — beschränkt auf die mündliche Verhandlung — die Prozeßfähigkeit beschränkt; nur der Partei, welche es kraft Abtretung geworden ist, wird sogar die Klagebefugnis (wenn nicht gar die Parteifähigkeit; vgl. § 157 C II) genommen. Während aber die gesetzliche Vertretung nicht auf der Willkür der Partei beruht, sondern gerade von ihrer Willkür unabhängig ist, steht dem Prozeßfähigen die Wahl des Postulationsfähigen frei, gleichviel ob es sich um einen Anwalts- oder einen sog. Parteiprozeß handelt; diesen gewählten Postulationsfähigen (der also zumindest selbst prozeßfähig sein muß, vgl. § 79 A I) nennt das Gesetz den Prozettbevollmächtigten bzw. den Beistand. Der Prozeßbevollmächtigte ist der für den Prozeß (vom Prozeßfähigen) gewählte Vertreter der Partei (nicht ihres Prozeßfähigen, des gesetzlichen Vertreters), wie es außergerichtlich der Vertreter des BGB § 164 ist. Er ist Wissens- wie Willenserklärungsvertreter; der Beistand ist dagegen nur Wissenserklärungsvertreter. Beide können es zu recht oder zu unrecht sein. In dem letzten Fall trifft § 89 eine Regelung für

ΑΠ

596

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 78

ΑΠ

den vollmachtlosen Prozeßbevollmächtigten, sofern dies im Verfahren aufgedeckt wird; -welche Folgen bei v e r s p ä t e t e r A u f d e c k u n g auftreten, darüber vgl. § 89 A I. Daneben berücksichtigt die Prozeßordnung aber auch noch den außerprozessualen Vertreter (wie etwa aus § 141 I I I 2 erhellt) und schiebt diesen im Anwaltsprozeß zwischen Partei und ihren allgemeinen Prozeßbevollmächtigten als besonderen prozessualen (beistandsähnlichen) Vertreter der Partei ein. Außer diesen kennt die Prozeßordnung noch den Erklärungsempfangsvertreter. Dieser ergibt sich aus dem Zustellungsrecht (vgl. §§ 171 folg., wo auch die Frage des unberechtigten Zustellungsempfängers behandelt wird), wie aus außerprozessualen Regeln, welche die Partei zur Bestellung eines Erklärungsempfängers nötigen (vgl. § 80 B). Reine Erklärungsübermittler (Boten) haben im Prozeß keine Selbständigkeit; sie dürfen auch nicht als Erklärungsempfänger benutzt werden (sofern sie es nicht schon gesetzlich sind), sondern unterliegen der einseitigen Bestimmung ihres Auftraggebers (regelmäßig werden sie zur Überbringung von Schriftstücken verwandt, doch können sie auch mündlich — etwa die Erkrankung der nicht erschienenen Partei — dem Gericht berichten ; ihnen darf aber nicht aufgegeben werden, der Partei etwas auszurichten, wie dies häufig geschieht). Über die Prozeßvollmacht vgl. §§ 80 Β II d, 81 B. Die Vorschriften des vierten Titels beziehen sich auf die Prozeßbevollmächtigten und Beistände der Parteien. Doch ist dieser Begriff weit zu fassen, er ergreift jeden, der gegenüber dem Gericht nicht bloß Wissenserklärungen, sondern auch Willenserklärungen abzugeben hat, und zwar sowohl für die Parteien wie auch für deren Streitgehilfen, für die Zeugen und die Sachverständigen wie die Vertreter der im Zwischenstreit nach §§ 89, 102, GVG §§ 177 folg. in Anspruch Genommenen. § 78 I umschreibt die Postulationefälligkeit damit, daß die Parteien in landgericht- Β liehen Verfahren und denen der ihnen übergeordneten Gerichte durch einen bei diesen Gerichten zugelassenen (Lokalisationsprinzip) Rechtsanwalt vertreten sein müssen. Die Geschichte der Anwaltschaft wies lange Zeit Unterschiede in der Rechtsberatung Β I (Beistandschaft: sollicitor) und der Prozeßvertretung (barrister) auf; so war es im alten römischen Recht, wo erst in der späteren Kaiserzeit der Unterschied zwischen Prokuratur und Advokatur verwischte. Im älteren deutschen Recht war die Stellvertretung im Prozeß unzulässig, dagegen ließ man den „Einspruch" zu. Mit der Rezeption — der Aufnahme des dem Volke unbekannten Rechts — wird aber die Stellvertretung unvermeidlich. Doch bleibt man bei der Unterscheidung von Prokuratur und Advokatur, die auch heute noch in Großbritannien, Frankreich, Spanien, Italien besteht. Anwaltszwang gibt es vor den hohen Gerichten. Friedrich II. von Preußen beseitigte 1784 die Prokuratur, erhielt aber die Advokatur; schon 1780 wurden an Stelle der Prokuratoren die beamteten Assistenzräte eingeführt, 1783 gestattete man wieder die Parteivertretung, doch durch beamtete Justizkommissarien, 1846 auch für Advokaten, ab 1849 waren es Rechtsanwälte. Im Gegensatz dazu waren in Süddeutschland die Advokaten nicht beamtet. Seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde um die freie Advokatur gekämpft. Sie wurde in der RAO ν. 1. 7. 1878 (RGBl. 177) verwirklicht mit der freien Zulassung aller, welche anwaltsfähig sind, unter Beschränkung auf ein bestimmtes Gericht (oder bestimmte Gerichte) mit Residenzpflicht am Ort der Niederlassung und dem Anwaltzwang bei Kollegialgerichten und der Zusammenfassung von Beistandschaft und Prozeßvertretung. Der Anwaltzwang führt zu einem Vertretungszwang (weshalb der Ausschluß von der Prozeßvertretung jetzt als Ausnahme behandelt wird, vgl. §§ 478, 610, 619, 640). Diese Prinzipien sind in der Folgezeit sehr geändert worden, sowohl was die Lokalisation, wie auch was die Zulassungsfähigkeit anging. Während indes zur Aufhebung der Lokalisation eher ein Anwaltsmangel, denn die Überfüllung des Berufes hätte führen sollen, ist es bei der Zulassungsbeschränkung die Überfüllung des Berufes gewesen, die zu einem (vorläufigen) Stop geführt hatte. Die Rechtsberatung war zunächst unentgeltlich, später wurde sie entgeltlich. Um Übervorteilungen der Rechtsuchenden zia verhindern, kam es zu Gebührenordnungen, die zunächst Höchstgrenzen vorschrieben. Mit der Übersetzung des Berufs kommt es dann auch zu Unterbietungen, die als standeswdrig angesehen werden. Über das jetzt geltende Gebührenrecht vgl. E G § 2 A IV B.

597

§ 7 8

ZPO I. Buch

Bla

In den einzelnen Ländern gilt z. Z. noch das folgende Recht, wobei für die Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof nach Nov. 50 Art. V I I I 89 die RAO BZ anzuwenden ist (vgl. EG §1 Β II c 5 ) .

ΒI a 1

In B W : in den Regierungsbezirken Südbaden und Südwürttemberg des Landes Baden-Württemberg hat die R R A O noch Gültigkeit, in Südbaden ergänzt und geändert durch G ν. 19. 7. 1946 (ABl. Baden 43) und v. 28. 4. 1949 (GVB1. Baden 251), in Südwürttemberg durch G ν. 22. 12. 1948 (RegBl. Württ.-Hohenz. 49/4) und G ν. 1 9 . 1 2 . 1951 (RegBl. 18). In den Regierungsbezirken Nordbaden und Nordwürttemberg gilt die RAO v. 4. 3. 1948 (RegBl. 101) i . V . m. G ν. 30. 11. 1948 (RegBl. 49/3) sowie die AusfVO v. 13. 4. 1949 (RegBl. 207).

Β I a 2

In Bay. gilt die RAO ν. 6 . 1 1 . 1946 (GVBl. 371) mit AusfVO ν. 9 . 1 . 1947 (GVBl. 86) sowie G i. F . v. 1 5 . 1 1 . 1950 betr. die Rechtsanwaltschaft beim BayObLG (GVBl. 215); vgl. auch Entscheidung des BayVGH v. 10. 3. 1951 betr. die Nichtigkeit einzelner Artikel der BayRAO (GVBl. 43).

ΒI a3

In Westberlin gilt dem Prinzip nach die alte R R A O nach dem G ν. 6. 5. 1952 (GVBl. 311).

Β la 4

In Bremen gilt sie mit ÜbergangsG v. 3. 3. 1949 (GBl. 43) und G ν. 18. 7. 1950 (GVBl. 83).

Β la 5

In Hamburg, Nds., NBW und SchlH wird einheitlich die RAO BZ v. 10. 3. 1949 (VOB1. BZ 80) angewendet.

Β I a6

In Hessen gilt die RAO ν. 1 8 . 1 0 . 1948 (GVBl. 126) i. V. m. G v. 13. 12. 1948 (GVBl.. 49/1) und BundesänderungsG v. 2 0 . 1 2 . 1952 (BGBl. I 830).

ΒI a 7

Über Nds. vgl. Hamburg.

Β I a 8

Über NEW vgl. Hamburg.

Β I a9

In Kh.-Pf. gilt die RAO von 1878 i. d. F. wie am 3 0 . 1 . 1 9 3 3 i. V. m. ErgänzungsG v. 5. 9. 1949 (GVBl. 419), sowie dem Präsidialerlaß für Rheinl.-Hessen-Nassau ν. 1 8 . 1 0 . 1946 (ABl. 228) und die RAnO d.ORegPräs. Hessen-Pfalz v. 31.8. 1946 .(AmtlMitt. 524).

Β I a 10 BIb

Über SchlH vgl. Hamburg. Rechtsanwalt ist, wer als solcher von der Landesjustizverwaltung bzw. am B G H vom Bundesminister der Justiz (wobei die Kammer bzw. die Kammervereinigung· gehört wird), in der BZ vom Vorstand der Anwaltskammer (mit Beschwerderecht des Abgelehnten an das OLG) zugelassen und in die Liste der Rechtsanwälte eines inländischen Gerichts eingetragen ist (RAO BZ §§ 30, 25, R G S t . 61/104), gleichviel ob die Voraussetzungen hierfür (RAO BZ §§ 3 , 1 1 folg.) vorliegen oder nicht. Doch ist sie dann zurückzunehmen (RAO BZ § 26) bzw. kann sie zurückgenommen werden (RAO BZ §§27folg.). Erst mit der Eintragung in die Liste beginnt die Befugnis zur Berufsausübung (RAO BZ § 25), mit der Löschung endet sie (RAO BZ § 30; abweichend Rosenberg Lb. § 2 8 V i a : die Löschung wirke nur berichtigend, konstitutiv nur durch freiwillige Aufgabe). Auch ohne Löschung endet sie bei Tod des RA (RAO BZ § 30), durch Verurteilung zu Zuchthaus ( S t G B § 31), Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte (StGB §§ 33, 31 II), durch ehrengerichtliche — rechtskräftige — Ausschließung (RAO BZ § 104) und durch Eintritt der Prozeßunfähigkeit (a. M. Rosenberg Lb. § 28 V 1 b). Zugelassen werden soll nur, wer rechtsfähig (RAO BZ § 3), im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte und amtsfähig ist ( S t G B §§ 31, 34 I 3, 45 II) nach anwaltlichem Anwärterdienst von einem J a h r (RAO BZ § 4) ; bei dem BayObLG im Alter von mindestens 40 Jahren und nach mindestens 10jähriger Anwaltstätigkeit bzw. beim BGH im Alter von mindestens 35 Jahren (Nov. 50 Art. V I I I 89). Die Probeassessorentätigkeit ist wieder beseitigt worden. Über die Versagung der Zulassung vgl. RAO BZ § 6. Für die Revisionsanwälte besteht ein besonderes Zulassungsverfahren (Nov. 50 Art. V I I I 89, RAO BZ §§122foIg.); sie dürfen nur am B G H auftreten (RAO §124 I I ) , soweit nicht der Bundesminister der Justiz eine anderweite Vertretung gestattet, wie dies beim B V G (Erlaß des Bundesministers der Justiz v. 7. 5. 1951), dem BArbG (Erlaß

598

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 78 Bib

des Bundesministers für Arbeit v. 8. 4. 1954) geschehen ist. Verstöße hiergegen machen ihre Vertretung vor anderen Gerichten, soweit nicht Lokalisationszwang besteht, nicht unwirksam. Über den Ausschluß des Anwalts bei kollidierender Vollmacht vgl. § 80 Β II a 3. Dem Anwalt gleichgestellt ist sein Stellvertreter (RAO BZ § 32) und der Kanzlei- Β I b 1 Verwalter (RAO BZ § 34), selbst wenn er sich neu bestellt; OLG Düsseldorf JMB1. NRW 52/6 hat ihn noch als Armenanwalt beigeordnet, wenn das Armenrechtsgesuch schon in der Kanzlei des Anwalts, für den er bestellt ist, bearbeitet war. Dies gilt auch für die Untervertretungen des Vertretenen und bezieht sich auch auf die eigenen Angelegenheiten (a. M. Jonas § 78 Anm. V 2, nur auf die, wo sich der Anwalt tatsächlich selbst vertrete; vgl. aber ArbGG §11). Der Vertreter wird dadurch bestellt, daß der Anwalt, wenn es ein an demselben Gericht zugelassener Anwalt ist, jedem Vorsitzenden (dem aufsichtführenden Richter des AG, dem Präsidenten), bei dessen Gericht er zugelassen ist (also nicht dem der einzelnen Kammer oder des einzelnen Senats) und dem AG, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz (BGB § 7) hat, es anzeigt (gemeint ist der Wohnsitz am Ort der Kanzlei, RAO BZ § 20, und der am Ort seiner Zweigkanzlei, RAO BZ § 21). Da in der Bevollmächtigung an einen solchen Anwalt aber die Erteilung einer wirksamen Untervollmacht liegt, kann sie schon gegenüber dem Bevollmächtigten wirksam erklärt werden und sogar gegenüber dem Prozeßgegner (BGB § 167, RG v. 4. 5. 1917 II E 90/192, ν. 7. 6. 1918 II Gruch. 63/232) ; an der Postulationsfähigkeit dieses Unterbevollmächtigten ändert sich dadurch nichts. Diese Bestellung wirkt auch dann, wenn sie entgegen einem Berufsund Vertretungsverbot ergangen ist (RAO BZ § 112 IV, RG v. 30. 5. 1938 IV E 157/359 bezüglich Bestellung eines Anwaltsassessors). Daß der unterzeichnende Anwalt dais Vertretungsverhältnis besonders kennzeichnet, ist nicht erforderlich (vom BGH auch bisher nicht beanstandet, Jonas JW 31/18523 gegen LG Köln a. a. O.); es ergibt sich ohne weiteres aus der Unterzeichnung des vertretenden Anwalts unter einem Schriftstück, das den Vertretenen kennzeichnet (etwa im Briefkopf). Abgesehen davon wird ein anderer Stellvertreter durch den zuständigen LGPräsidenten bestellt (RAO BZ § 32 II, beim Revisionsgericht durch den Bundesminister der Justiz, RAO BZ § 123). Bestellt werden sollen nur ein anderer Anwalt, ein Anwaltsassessor, ausnahmsweise ein sonstiger Richterfähiger und sogar ein Referendar, der 18 Monate Ausbildungszeit zurückgelegt haben soll. Die dagegen verstoßende Bestellung ist wirksam. Sie begründet also in jedem Falle die Postulationsfähigkeit des Stellvertreters. Bestellt der Anwalt selbst eine solche Person oder überhaupt einen Nichtjuristen, so hat eine solche Bestellung nur außerprozessuale Wirksamkeit (BGB §§164folg.), begründet aber für den Vertreter keine Postulationsfähigkeit. Die Vertretungsmacht und die Postulationsfähigkeit des Vertreters gehen über den Tod des Vertretenen hinaus (RAO BZ § 33) ; verliert aber der vertretende Anwalt seine eigene Postulationsfähigkeit, so hat er sie auch nicht für den Vertretenen. Denn seine Postulationsfähigkeit muß aus eigenem Recht bestehen. Der zuständige OLGPräsident (für die Revisionsanwälte kommt diese Einrichtung nicht in Betracht) darf für einen verstorbenen oder aus dem Beruf ausgeschiedenen Rechtsanwalt einen Rechtsanwalt oder Anwaltsassessor zum Kanzleiverwalter bestellen, der abwickeln soll (RAO BZ § 34). Er erlangt mit der Bestellung die Postulationsfähigkeit an Stelle des Verstorbenen (seine Stellung ähnelt dem Testamentsvollstrecker). Schließlich steht noch dem Anwalt sein Anwaltsassessor (RAO BZ § 7 III 2) gleich Β I b 2 (RG v. 30. 5. 1938 IV E 157/359, ν. 2.12. 1938 I Warn. 39/51). Probeassessoren dagegen erlangten nicht die Postulationsfähigkeit (RG v. 19. 4. 1940 III E 163/377), auch Referendare, die neben dem Anwalt die Parteirechte in der mündlichen Verhandlung ausführen (RAO BZ § 32 III), werden nicht postulationsfähig (können deshalb auch nicht auf Rechtsmittel verzichten oder „über den Prozeß im Ganzen verfügen", BGH v. 10. 5. 1951 IV N J W 52/2612 = MDR Β 236/51) und auch nicht Assessoren-Hilfsarbeiter (die nicht Anwaltsassessoren sind; OLG Kiel SchlHA 47/144). Der Anwalt wird nur bei einem bestimmten ordentlichen Gericht zugelassen (RAO Β Π BZ § 13 I), wobei auswärtige Kammern für Handelssachen als besondere Gerichte anzu-

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ΒΠ

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ZPO I. Buch

sehen sind (RAO BZ § 13 II 1). Die Zulassung kann also bei dem Amtsgericht (obwohl hier auch Nichtanwälte postulationsfähig sind) wie bei einem höheren Gerichte genommen werden. Wird sie bei einem Amtsgericht genommen, so ist sie auf Antrag (des Anwalts) auf das übergeordnete Landgericht auszudehnen (RAO BZ § 14 11), und zwar auch auf die zu diesem gehörenden auswärtigen Kammern für Handelssachen (RAO BZ §14 12), wie der bei einer solchen Kammer zugelassene Anwalt auch seine gleichzeitige Zulassung am zugehörigen Landgericht fordern darf (RAO BZ § 13 II). ΒΠa Β II a l

Eine Simultanzulassung yon LG und OLG ist zulässig, „wo es nach der bisherigen Entwicklung üblich war" (RAO BZ § 14 II), aber auch darüber hinaus. In BW ist die Zulassung der Rechtsanwälte im G über die Oberlandesgerichte v. 27. 4. 1953 (GBl. 31) neu geregelt. Danach sind sämtliche bei einem LG im OLG-Bezirk Stuttgart (Nord- und Südwürttemberg) zugelassenen Rechtsanwälte auch zur Vertretung vor dem OLG befugt (G §§ 6, 7). Im Bereich des OLG Karlsruhe besteht nur für die nordbadischen Anwälte Simultanzulassung, während von den Anwälten des RegBez. Südbaden (Bereich des früheren OLG Freiburg) nur besonders zugelassene am OLG auftreten dürfen (G §5), die jedoch nicht bei den unteren Gerichten postulationsfähig sind.

In Bay. ist zur Vertretung vor den OLG besondere Zulassung erforderlich. Über die Postulationsfähigkeit vor dem BayObLG vgl. G über dessen Wiedereinrichtung i. F. der Bek. v. 23. 11. 1953 (GVB1. 191). In Westberlin besteht Simultanzulassung bei KG und LG nach dem G ν. 6. 5. 1952 ΒΠaS (GVBl. 311) Art. III. In Bremen besteht Simultanzulassung bei LG und OLG nach Herkommen, Β Ha 4 ebenso in Hamburg. Hier können die Anwälte eines zum LG in Hamburg gehörenden ΒΠa5 Amtsgerichts, die zugleich am LG in Hamburg zugelassen sind, auch am Hanseatischen OLG in Hamburg zugelassen werden. Β II a 2

ΒΠa6

In Hessen müssen die OLG-Anwälte auf ihre Zulassung beim LG verzichten (RAO §15). Β IIa 7 In Nds. gibt es die Simultanzulassung zwischen LG- und OLG-Anwalt nach überkommenem Recht nicht (RAO BZ § 14 II), ΒHa8 ΒΠa9 Β Π a 10

ebenso nicht in NEW. In Rb.-PÎ. können nur besonders zugelassene Rechtsanwälte vor den OLG auftreten. In SchlH gilt dasselbe nach Herkommen (RAO BZ § 14 II).

Β üb

Über die Simultanzulassung bei Gerichtsänderung vgl. G ν. 6.12. 1933 (RGBl. I 1037) Art. 1 §8 1,111, wonach die Anwälte, welche zunächst für den anhängigen Rechtsstreit postulationsfähig waren oder es hinterher bei diesem Gericht werden, auch bei dem neuen Gericht, auf das der Rechtsstreit übergegangen ist, für diese Sache postulationsfähig bleiben.

ΒΠc

Selbst soweit eine getrennte Anwaltschaft besteht, verhindert dies aber nicht die Anwälte des LG, mit denen des OLG eine Sozietät einzugehen. Diesen Bestrebungen ist man bislang nicht entgegengetreten. Auch werden die OLG-Anwälte nicht gehindert, an den AG aufzutreten.

ΒΠd

Soweit die Postulationgfähigkeit an die Zulassung bei einem bestehenden Gericht (oder mehreren bestimmten) gebunden ist, hat sie nur der dort zugelassene Anwalt. Prozeßgericht i. S. des § 78 I ist deshalb nur das Gericht, vor dem die Handlung vorzunehmen ist (RG v. 25. 6. 1898 VSZ E 41/428). Darauf, welche dem Anwaltzwang unterliegende Prozeßhandlung vorzunehmen ist, kommt es nicht an.

ΒΠ41

Wird verwiesen, so ist dies mit der Verkündung des Beschlusses (vgl. §§ 276, 506, 697 I), im schriftlichen Verfahren mit der schriftlichen Mitteilung (vgl. §§ 128 II, 697 II) das neue Gericht.

600

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 7 8

Blldl

Doch haben RG v. 12. 3. 1931 VSZ E 132/92, BGH v. 11. 2. 1953 U L M — ZPO § 78 Nr. 3 die bei dem BayObLG eingelegte Revision noch nach Verweisung an das RG bzw. den BGH von einem bei jenem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt zurücknehmen lassen (was nicht unbedenklich ist, vgl. § 78 Β II d 3, indes nicht zu den weiter reichenden Folgerungen führt, die zu ziehen sind, wenn man die Klagerücknahme durch nicht postulationsfähige Anwälte zuläßt). Im Instanzenzug kommt es darauf an, wo sich gerade der Streit befindet bzw. bei Β Π d 2 welchem Instanzgericht die Prozeßhandlung vorzunehmen ist. In der ersten Instanz ist es dieses, in der Berufungsinstanz das Berufungs-, in der Revisionsinstanz das Revisionsgericht. Die Zeit bis zum Rechtsmittel, das als Berufung und Revision bei dem vorgeordneten Gericht einzulegen ist — die Zwischeninstanz nach Erlaß der Endentscheidung der Instanz — gehört dabei zur unteren Instanz (RG v. 9. 4. 1908 VSZ E 68/247 folg. für § 246). Vgl. auch § 78 Β II d 3. Bei der Einlegung der Beschwerde ist es das Gericht, wo die Beschwerde eingelegt wird, also bald das untere (OLG Stuttgart NJW 54/273®), bald das Beschwerdegericht (§§569,577 II, RG v. 29.4.1880 VSZ E 1/431 folg., v. 19.10.1883 II E 10/373, ν. 17.9.1896 VI JW 5845, v. 15. 11. 1897 VI JW 98/10", v. 11. 10. 1898 II JW 603", v. 25. 1.1901 VII Β 8/01 -f v. 26. 2. 1901 VII Β 18/01 = Ν § 78/3, v. 31. 5. 1938 VII Β 3/38 Ν §78/23, OLG Frankfurt NJW 50/70516, Kiel SchlHA 48/32). Die Klage kann in erster Instanz (einschließlich der Zwischeninstanz: § 78 Β II d 2) B i l d 3 nur der erstinstanzliche Anwalt zurücknehmen (vgl. §271 II, III); in der Berufungsinstanz nur noch der Berufungsanwalt, in der Revisionsinstanz nur noch der Revisionsanwalt (RG v. 5.11. 1910 IV Gruch. 55/1051, v. 15. 5. 1912 VI JW 802"; a. M. BGH v. 10. 7. 1954 III E 14/210: durch den zweitinstanzlichen (!) Anwalt, so lange sich kein Revisionsanwalt gemeldet habe: damit ist nicht zu vereinbaren die Ansicht des BGH v. 29. 5. 1951 IV E 2/227 = NJW 51/802», wonach, wenn die Partei stirbt oder prozeßunfähig wird, das Verfahren der Rechtsmittelinstanz unterbrochen wird, wenn der Rechtsmittelbeklagte in der Rechtsmittelinstanz noch nicht durch einen postulationsfähigen Anwalt vertreten ist. Aber auch wenn man dieser Entscheidung nicht folgt, wie dies hier vertreten wird, besteht der Widerspruch zu all den Entscheidungen, wo Prozeßhandlungen außerhalb der mündlichen Verhandlung in der Rechtsmittelinstanz durch die bis dahin vertretenden Anwälte, die vor dem Rechtsmittelgericht nicht postulationsfähig sind, vorgenommen werden, was nicht zugelassen wurde, etwa für die Erwirkung eines Verlustigkeitsbeschlusses; (vgl. § 78 Β IV, BGH v. 11.2. 1953 II MDR Β 471/53 = LM — ZPO § 78/3, oder für den Antrag auf Aufhebung einer einstweiligen Einstellung durch das OLG: BGH v. 30. 4. 1953 IV ZR 75/53) ; dabei kann auch nicht eingewandt werden, daß die Klagerücknahme nicht notwendigerweise ein Handeln des Prozeßgerichts auslöst; jedenfalls kann sie es (§271 III 3); auch wäre es nicht folgerichtig, wenn man die Klagerücknahme durch einen nicht postulationsfähigen Anwalt zuläßt, dies auf den Fall zu beschränken, daß noch kein Rechtsmittelanwalt bestellt ist bzw. gerade auf den vorinstanzlichen, und das Entsprechende gilt dann für Rechtsmittelrücknahmen u. dgl. m.; die Rechtsmittelrücknahme bei der am BayObLG eingelegten Revision darf insoweit anders behandelt werden, wie dann alle weiteren Beschlüsse vom BayObLG zu fassen sind, wobei dann allerdings der beim BGH zugelassene Anwalt dort keinen Verlustigkeitbeschluß nehmen kann. Über den Abschluß von Vergleichen vgl. § 78 Β IV a 2. Β II d 4 Soweit das Lokalisationsprinzip nicht gilt, aber Anwaltszwang besteht, kann deshalb Β II e jeder bei irgend einem inländischen Gericht in die Liste der Anwälte eingetragene Anwalt auftreten bzw. vertreten. Dann ist es nur erforderlich, daß irgend ein Anwalt handelt, aber ein Anwalt muß es sein (auch im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Reichsarbeitsgericht; RArbG v. 17. 11. 1927 ArbRspr. 28/109, v. 30. 11. 1927 E 1/55). Die Fälle sind umfangreich. Nach RAO BZ § 38 II darf jeder Rechtsanwalt (nicht aber jeder sonstige Volljurist) Β II e 1 in der mündlichen Verhandlung (aber nicht außerhalb ihrer und nicht im schriftlichen Verfahren nach § 128 II, RG v. 8.11. 1928 II JW 29/962) auftreten (sodann entspricht

601

Β Πβΐ

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ZPO I. Buch

seine Stellung der des Beistandes, § 90, auf dem Gebiete der Postulationsfähigkeit) und im Einvernehmen mit dem (lokalisierten) Prozeßbevollmächtigten auch die Vertretung der Partei schlechthin in ihr übernehmen (RG v. 14. 2. 1881 I I I E 3/404, ν. 26. 6. 1913 I V E 83/1, selbst wenn dies standesrechtlich sich als Mißbrauch darstellen sollte; nur das letzte — Übertragung der Vertretung — ist vor dem B G H — aber auch prozeßrechtlich — ausgeschlossen; RAO BZ § 125 hat indes theoretisch nur geringe Bedeutung, weil — abgesehen von den Anträgen — Willenserklärungen nicht in Betracht kommen; dennoch pflegen die Vorsitzenden der Senate in Übereinstimmung mit der Gepflogenheit des R G es nicht zuzulassen, daß die sonstigen Parteivertreter die Vertretung in den Revisionsstreiten schlechthin übernehmen). Diese Bestimmung bezieht sich aber nicht auf ausländische Rechtsanwälte, sondern nur auf die, welche von irgend einem inländischen Gericht als Anwalt zugelassen wurden. Der Inlandbegriff erstreckt sich (noch) auf Ost- und Westdeutschland. Im Saarland dürfen neben saarländischen Rechtsanwälten die französischen, andere deutsche aber nur mit Genehmigung des Gerichts auftreten und vertreten, VO v. 13. 9 . 1 9 4 8 (ABl.1242) § 3 (vgl. den Abdruck in Band V). Β II e 2

Nach Truppenvertrag Art. 13 II sind ausländische Anwälte als Beistände (§90) eines Mitgliedes der Streitkräfte neben den inländischen Anwälten zugelassen (vgl. GVG § 18 Β IVh).

Β Πe3

Im Rhein- und Binnenschiffahrterecht gilt für die Vertretung vor dem OLG das entsprechende nach SchiffahrtsverfahrensG v. 27. 9. 1952 (BGBl. I 641) § 12, wobei indes der Begriff des inländischen Anwalts schon auf den gerichtsinländischen reduziert worden ist (vgl. G §12 A in Band V).

Β Π e4

Über die Einlegung der Revision vor dem BayObLG durch jeden beim L G oder OLG oder dem BayObLG (nicht bei dem BGH) zugelassenen Anwalt vgl. E G § 8 I 2, EG § 8 A.

Β Πe5

N a c h d e m B E G v- 29· 6· 1 9 5 6 ( B G B 1 - 1 5 5 9 > § 2 2 4 herrscht vor dem L G kein Anwaltszwang, auch nicht vor dem OLG für das in Anspruch genommene Land (wenn die Bestimmung wirksam ist, vgl. GG Art. 3 I) ; vor dem B G H herrscht er mit der Maßgabe, daß dort jeder bei einem OLG zugelassene Anwalt vertreten darf (in der Ostzone gibt es keine OLG mehr).

Β Πe6

̧ÌÌ Über den Anwaltszwang au! dem Gebiete der freiwilligen Gerichtsbarkeit vgl. F G G § 29, L V G § 29, GBO § 80, SchiffsregisterO § 88. Im Rückerstattungsverfahren herrscht Anwaltszwang, in der FZ auch im ersten Rechtszug für die Rückerstattungspflichtigen (OLG Neustadt DRZ 49/377, OLG Koblenz R z W 49/34, DRZ 50/66; a. M. OLG Freiburg R z W 50/262").

Β Π e7

In Strafsachen vgl. StPO § 172.

Β Π e8

Über die Vertretung der Anwälte vor dem LArbG und dem BArbG vgl. § 78 E.

Β Πî

Es gibt indes für gewisse Streite auch' noch ein Miechprinzip.

BDf 1

Β Πf2

In Patentstreitsachen, wo bestimmte besondere ordentliche Gerichte gebildet worden sind, dürfen auch die Rechtsanwälte des LG, das ohne die Bildung des besonderen Gerichts zuständig wäre, als Prozeßbevollmächtigte vertreten (PatentG § 51 I I I 1 ; die Mehrkosten sind allerdings nicht erstattungsfähig, PatentG § 51 IV) ; das Entsprechende gilt für die Berufungsanwälte, wenn sie am Berufungsgericht, das ohne die Bildung des besonderen Gerichtsbezirkes zuständig geworden wäre, zugelassen sind (PatentG § 5 1 I I I 2). Das Entsprechende gilt im Gebrauchsmusterrecht (GebrauchsmusterG § 19 I I I , IV) und im Warenzeichenrecht (WZG §32), soweit Warenzeichengerichte eingerichtet worden sind. Über den Fall des ZuständigkeitsänderungsG Art. 1 § 8 vgl. § 78 Β II.

Β ΠΙ

Wo nur Anwälte postulationsfähig sind, herrscht der Anwaltsprozeß (§ 78 I), andere Verfahren nennt man ungenau Parteiprozesse.

Β ΠΙ a

Der Anwaltszwang besteht vor den Landgerichten (einschließlich der Einzelrichter und vor den auswärtigen Kammern für Handelssachen, GVG § 93 II) und allen ordent-

602

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 7 8 Β ma

lichen Gerichten höherer Ordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (dem OLG, dem BayObLG, dem BGH). Dies gilt grundsätzlich für alle Verfahrensarten mit Ausnahme der Handlungen des § 78 II und nach BaulandbeschaffungsG v. 3. 8. 1953 (BGBl. I 720) § 36 I (in mißverständlicher Formulierung). Über das arbeitsgerichtliche Verfahren vgl. § 78 E, § 79 Β I, über das verwaltungsgerichtliche Verfahren § 78 F, § 79 G, über das vor dem BVG § 78 G. Soweit hier noch oder wieder die landesgesetzliche Vorbehaltsgesetzgebung gilt (EG § 15), sind auch von § 78 abweichende gesetzliche Regeln denkbar (RG v. 3. 3. 1922 VII E 104/137, vgl. EG § 15 C). Soweit der Anwaltszwang herrscht, besteht er für jede Partei, die vor dem Gericht Β ΠΙ a 1 Prozeßerklärungen abgeben will, also auch für den Streitgehilfen, wie für hinzugezogene Dritte (vgl. § 78 Β IV a 2). Darauf, ob der Vertretene selber rechtskundig ist (ja sogar Anwalt am anderen Gericht ist, RG v. 19.10. 1883 II E 10/373, ν. 5. 2. 1906 VI Gruch. 50/1060 — zu § 102 —), kommt es nicht an. Auch die öffentlich-rechtlichen Körperschaften, einschließlich des Staates unterliegen dem Anwaltszwang (RG v. 26. 6. 1885 II E 14/29). Nur soweit der Staat durch den Staateanwalt in Ehe-, Familienstands- und Ent- Β ΠΙ a 2 mündigungsverfahren vertreten wird, ist der vertretende Staatsanwalt postulationsfähig (BGH v. 3. 4. 1952 IV ZR 141/51 LM — BGB § 1595a/1). Ferner ist er bis zum OLG nach BEG § 224 postulationsfähig (falls die Bestimmung verfassungsgemäß ist; vgl. I 78 Β II e 5). Ist aber der zugelassene Anwalt Partei oder ihr gesetzlicher Vertreter (OLG Hamburg Β ID fc Η RR 27/308: als Pfleger; RG v. 22. 4. 1913 III Warn. 330: „als Partei kraft Amtes"), so verliert er dadurch seine bestehende Postulationsfähigkeit nicht (§ 78 III). Doch steht nichts im Wege, daß er sich durch einen anderen Anwalt vertreten läßt. Dann ist aber §84 anzuwenden; er kann sich in diesem Falle nicht seiner Postulationsfähigkeit entledigen (a. M. Jonas § 78 Ν 9 und BayObLG BlfRA 60/60), jedenfalls muß er seine Vertretung nicht erst anzeigen (§ 210 a, RG v. 30. 3. 1903 IV Gruch. 48/393). Ist er (noch) durch einen anderen Anwalt vertreten, so sind, wenn er stirbt oder seine gesetzliche Vertretung wegfällt, die gewöhnlichen Regeln (§§ 86, 246) anzuwenden. Stirbt der sich selbst vertretende Anwalt, so liegen die Fälle der §§239, 241, 244 im Zugbich vor und das Verfahren wird unterbrochen; fällt er als gesetzlicher Vertreter weg, so sollte §246 angewandt werden. RG v. 12.10. 1914 IV Warn. 15/305 hat die Norm gelten lassen, wo der Rechtsanwalt ursprünglich Prozeßbevollmächtigter und — nach Einleitung eines Entmündigungsverfahrens — zum vorläufigen Vormund des Beklagten bestellt war, wo vor Zustellung des erstinstanzlichen Urteils durch Zurücknahme des Antrags das Entmündigungsverfahren aufgehoben wurde (dagegen aber Jonas § 78 Anm. II). Fällt er als Testamentsvollstrecker weg, so hat RG v. 22. 4. 1913 III Warn. 330 § 241 entsprechend angewandt, nicht aber § 246, so daß der weggefallene Testamentsvollstrecker nicht befugt ist, noch Rechtsmittel einzulegen. Gebtihrenrechtlich erhält er, wenn er sich selbst vertritt, die vollen Gebühren er- Ε m b 1 stattet (RAGebO §7), nicht aber die Verkehrsanwaltsgebühren (vgl. § 91 E IV b 3), auch darf er als Armenanwalt der von ihm gesetzlich vertretenen Partei beigeordnet werden (§ 115 I 3). Das Entsprechende gilt für die vor dem LArbG zugelassenen Verbandsvertreter Β ΠΙ b 2 (RArbG v. 3.10. 1931 E 9/204, das auf diese § 89 entsprechend anwendet). Doch hat RArbG v. 7.10. 1931 214/31 Ν § 78/18 sie nur im allgemeinen bei Rechtsanwälten entsprechend behandelt (RArbG v. 11. 2. 1933 E 12/304, aber gerade nicht im Falle des § 78 III). Vgl. auch § 78 E II b. Der Anwaltszwang, soweit er gesetzlich besteht, fordert, daß der postulationsfähige β IV Anwalt handelt bzw. daß ihm gegenüber gehandelt wird. Er erstreckt sich grundsätzlich (über die Ausnahme vgl. §78 II) auf jede Proieß- ΒIV a handlung (Wissens- und Willenserklärungen), nicht bloß für die mündliche Verhandlung, sondern für das gesamte Verfahren vor dem Gericht (RG v. 21. 6. 1881 II E 5/374, ν. 603

Β IV a

§ 7 8

ZPO I. Buch

2.3. 1883 II E 10/346, v. 27.4. 1883 II E 9/348, v. 3.1. 1887 VSZ E 17/394folg., v. 15.2. 1890 IV E 25/404, v. 11.1. 1907 II E 65/81 [83]), wie gegenüber dem Prozeßgegner (RG v. 5.11. 1910 IV Gruch. 55/1051, für Klagerücknahme aber auch durch Rechtsmittelrücknahme, vgl. §§ 271, 515, 566; a. M. Schönke § 271 Ν 28a; für die Einwilligung in die Klagerücknahme: OLG Schleswig SchlHA 49/41, die auch vor dem beauftragten oder ersuchten Richter erklärt werden dürfe; die Rechtslage nach dem Kriegsrecht war anders, vgl. dazu OLG Tübingen DRZ 50/210; vgl. ferner § 78 Β II d 3; für den Rechtsmittelverzicht: KG OLG 19/63, RG v. 15. 5. 1912 VI JW 802", v. 20.1. 1942 VI DR A 8123S, v. 9.1. 1905 IV E 59/346f„ OLG Schleswig SchlHA 49/39, LG Wuppertal JMB1. NRW 51/225, LG Gießen JZ 51/560 = DR IV [410] 60a, OLG Düsseldorf AnwBl. 53/119 = DR IV [410] 66d; OLG Stuttgart DRZ 46/191, OLG Halle NJW 49/428; abweichend Rosenberg Lb. § 48 III 2 c, wenn er außerhalb der mündlichen Verhandlung erklärt wird; BGH v. 10. 5. 1951 IV E 2/112 für die nur an den Gegner außerhalb der Verhandlung gerichteten Rechtsmittelverzichte; ließe man dies zu, so müßte man, wenn man folgerichtig ist, auch in der Verhandlung die ohne Anwaltszwang abgegebene Erklärung gelten lassen; im vollen Gegensatz hierzu stehen dann die Entscheidungen, welche auch den durch den Anwalt erklärten „formalen Rechtsmittelverzicht" nicht gelten lassen wollen: RG v. 20.10. 1943 IV DR 44 A 466, was weder nicht zu billigen ist; denn an der wirksamen Bevollmächtigung sollte auch kein Zweifel bestehen; anders, wenn keine Vollmacht erteilt ist: OLG Kiel SchlHA 49/366; ob der Anwalt richtig belehrt, das ist seine Sache; er macht sich u. U. regreßpflichtig, wenn er dies unterläßt; ob dies auch für den Terminsvertreter gilt, hängt davon ab, ob er nach Abschluß der Verhandlung noch Vollmacht hat, was von BGH v. 10. 5. 1951 IV N J W 52/26, OLG Hamm NJW 49/29 verneint wird; vgl. dazu § 81 A II f 2). Der Anwaltszwang gilt im besonderen für Tatbestandsberichtigungen (RG v. 15. 2. 1890 IV E 25/404), für Wiedereinsetzungsanträge (früher auch für Fälle des § 519 IV: RG v. 7. 11. 1911 II E 77/161, ν. 5. 10. 1931 VIII Β 29/31 Ν § 78/17; nur für die Prozeßgebühren: RG v. 24. 8. 1936 VI Β 14/36 Ν § 78/22). Der Anwaltszwang gilt auch für die Empfangnahme von Erklärungen in der mündlichen Verhandlung (a. M. Rosenberg Lb. § 48 III 2 b) wie im schriftlichen Verfahren (§128 11). Schließlich besteht auch für den als Prozeßbevollmächtigten bestellten Anwalt ein (passiver) relativer (d. h. nur soweit ein solcher Prozeßbevollmächtigter bestellt ist, sonst darf derNaturalpartei unmittelbar zugestellt werden) Zustellungszwang (§176), und zwar hier auch im sog. Parteiprozeß, d.h. sämtliche prozessualen Erklärungen müssen an den bestellten Anwalt gerichtet werden. Über die Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten der höheren Instanz vgl. § 210a A II c. Über die Befreiung der (aktiv) zu beurkundenden Zustellung vom Anwaltszwang vgl. § 210 a. Dies gilt auch für den Antrag auf Erlaß des Verlustigkeitsbeschlusses (BGH v. 11. 2. 1953 II MDR Β 471/53 = LM — ZPO § 78/3, OLG Neustadt JZ 53/185 = DR IV [410] 68f.). Β IV a 1

Im schriftlichen Verfahren wird zunächst die persönlich abzugebende, eigenhändige Unterschrift des Postulationsfähigen gefordert, wozu auch der bestellte Vertreter und die Anwaltsassessoren gehören (RG v. 30. 5. 1938 IV E 157/359), nicht aber die jetzt nicht mehr bestehenden Probeassessoren (RG v. 6. 11. 1939 V E 162/84); die Vertretung in der Unterschrift ist also — anders wie im außerprozessualen Recht — unzulässig (RG v. 15. 5. 1936 GSZ E 151/82; ausgenommen wird hier indes von der h. M. die telegraphische Einreichung, vgl. § 129 A II a 4). Die Schriftsätze sollen deshalb von dem postulationsfähigen Prozeßbevollmächtigten persönlich unterschrieben werden (§ 13016), die bestimmenden müssen es sein (RG v. 15. 5. 1936 GSZ E 151/82). Auch gibt es hier (im Gegensatz zu der Vertretung in der mündlichen Verhandlung) nicht die Vertretung durch einen bei dem Gericht nicht zugelassenen Rechtsanwalt (RG v. 8. 11. 1928 II JW 29/962). Hat indes ein anderer zugelassener Anwalt mit eigenem Namen unterschrieben, so ist der Formzwang gewahrt, selbst wenn die Stellvertretung nicht weiter gekennzeichnet wird (Rosenberg Lb. § 48 III 2 b; a. M. LG Köln JW 31/18523). Immer aber

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Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 7 8

BIVal

muß der Anwalt die Verantwortung selbst übernehmen (lehnt er sie ausdrücklich ab, so gilt die Erklärung nicht). Über die Bezugnahme vgl. § 78 Β IV b 2. Anwaltszwang besteht auch im Vollstreckungsprozeß, soweit ein Kollegialgericht (als Prozeßgericht) tätig wird (vgl. §§ 887 folg.) und soweit er vor diesem besteht (RG v. 14. 10. 1893 I J W 501"). Anwaltszwang besteht auch bei ProzeBvergleichen (vgl. über ihren Charakter § 794 ΒIV a 2 11), und zwar sowohl für die Partei wie für den hinzugezogenen Dritten, die sich vergleichen wollen, da nur der nach § 794 1 1 geschlossene Vergleich einen Vollstreckungstitel abgibt (Schönke § 78 Anm. II). Zwar kann der nicht durch Anwälte geschlossene Vergleich als außerprozessuales Rechtsgeschäft voll wirksam sein (BGH v. 6.3.1952 IV MDR 416 257 ); soll dieser aber vollstreckbar sein, so muß die Urkunde in der Form des § 794 I 5 abgeschlossen werden oder durch den Postulationsfähigen im Prozeß (KG OLG1/1 ; dies gilt auch im Verfahren vor dem Einzelrichter, OLG Stuttgart J W 28/74728 = H R R 28/1036, Düsseldorf J W 26/851 21 , Hamburg J W 29/147", MDR 50/292166, doch mit der Einschränkung bei Sühneverfahren nach § 296 — vgl. darüber 296 A III ; a. M. OLG Hamburg H R R 28/2051, OG Danzig J W 30/5601, OLG Dresden Seuff. 53/185). Über die Abgabe außerprozessualer Erklärungen durch Anwälte vgl. § 81 Β III. Ein Β IY a S Anwaltszwang besteht insoweit nicht, auch nicht der Zustellungszwang an sie, wohl aber werden außerprozessuale Erklärungen unter Anwälten üblicherweise nicht unmittelbar der Gegenpartei weitergegeben, sondern ihrem Anwalt; in dringenden Fällen ist standesrechtlich die gleichzeitige Benachrichtigung des Gegenanwalts geboten; wirksam werden diese allerdings auch, wenn sie nur der Gegenpartei gegenüber abgegeben worden sind. Nicht unter den Anwaltszwang fallen auch die vorprozessualen Erklärungen (vgl. § 38 Β II d) und die Dienstaufsichtsbeschwerden gegen den Richter. Wenn auch der Anwalt sich selbst erklären muß, so ist ihm doch die Beziehung auf Β TV b fremdes Handeln soweit gestattet, wie darunter seine Erklärungsverantwortung nicht leidet. In der mündlichen Verhandlung steht sein Vortrag im Vordergrund. ΒIV b 1 Erklärt sich indes auch seine (prozeßfähige) Partei (tatsächlich) bzw. ihr gesetzlicher Vertreter, so wird man davon ausgehen dürfen, daß der Anwalt sich auf sie stillschweigend bezieht (anders bei Reclitsausführungen, soweit er sich nicht ausdrücklich erklärt). Dies ist ferner für die Ausführungen eines anderen Sachkundigen an Stelle der eigenen Partei, etwa eines Patentanwalts, anzunehmen; dennoch muß er selbst (schon) die Wissenserklärungen abgeben, wenn ihm die Partei dabei auch widersprechen darf (§85 12); gibt er sie nicht ab, auch wenn die Partei es so erklärt, dann liegt kein Geständnis (RG v. 18.2. 1902 VI J W 5293, RG v. 2.12. 1935 VI J W 36/177815, Förster-Kann §85 Anm. 2 c, Rosenberg Lb. § 48 III 2 c; a. M. Schönke § 78 Anm. VI, RG v. 12. 10. 1915 II J W 1437 12 , v. 2. 11. 1922 IV 98/22 Ν § 78/13), aber auch keine Parteierklärung i. S. des § 138 vor, weder die der Partei noch die des Anwalts, denn der Anwalt hat kein Recht, gegenüber dem Widerspruch der Partei nach § 85 I 2 selbst noch einen solchen auszubringen (RG v. 15.12. 1883 I E 10/423; abweichend hiervon wollen Rosenberg Lb. § 48 III 2 c und BGH v. 17. 12.1952 VI E 8/235 [237, 239] bei sich widersprechenden Erklärungen die Grundsätze des § 286 anwenden). Will das Gericht oder die Gegenpartei die Parteierklärung als Beweismittel werten, so muß das Gericht die Parteivernehmung beschließen bzw. die Gegenpartei dies beantragen. In sog. Parteiprozessen ist dies aber von vornherein schon insoweit anders, wie die prozeßfähige Partei durch ihre Erklärung die ihres Bevollmächtigten vernichtet und die ihre an deren Stelle setzt. Bei der Vernehmung der Partei nach §§ 445folg. sind dagegen allein die Erklärungen der Partei maßgebend (§478), sie dient als Beweismittel; die Erklärungen des Prozeßbevollmächtigten sind dabei bedeutungslos. Dasselbe gilt für die Vernehmungen nach §§ 619, 640, 654, 671 I, 679 IV, wenn man sie zur Beweisaufnahme rechnet (vgl. § 619 A), nicht aber die dahin nicht gehörenden, nach §§ 141, 272 b, 296 II abgegebenen Erklärungen (vgl. RG v. 15. 12. 1883 I E 10/423). In den Fällen des § 610 III 1 — einem Falle des Parteiprozesses •— müssen die Parteien persönlich erscheinen, doch ist ihre zusätzliche „Vertretung" nicht unzulässig.

605

Bivbi § 78

ZPO I. Buch

Noch deutlicher tritt die Stellung des Postulationsfähigen bei der Abgabe prozesenaler Willenserklärungen hervor. Die Anträge muß er selbst stellen (§ 297 I), auch muß er prozessuale Willenserklärungen selbst abgeben (anerkennen, verzichten, die Klage erweitern, zurücknehmen, auf Rechtsmittel verzichten, RG v. 20. 1. 1942 VI DR A 81236, u. dgl. m.); erkennt die Partei an, nicht aber ihr Anwalt, so wirkt das Anerkenntnis möglicherweise außerprozessual (BGB § 781, HGB §§ 350, 351), es darf aber kein Anerkenntnisurteil ergehen. Verzichtet der Prozeßbevollmächtigte der Partei nicht auf Rechtsmittel, so liegt kein wirksamer Verzicht vor, selbst wenn die Partei es tut (wenn die Partei ihren Willen durchsetzen will, wird sie also ihren Anwalt wechseln müssen). Vergleicht sich die Partei, so ist der Anwalt zu befragen, ob er diesen Vergleich als Vollstreckungstitel gelten lassen will (§ 794 I 1, vgl. § 78 Β IV a 2). ΒIV b 2

Auch Im schriftlichen Verfahren sind Bezugnahmen zulässig. Darüber, inwieweit der Postulationsfähige sich selbst schriftlich zu erklären hat, also nicht Bezug nehmen darf, schwankt die Praxis noch. So hat OLG Kiel SchlHA 48/123 die Bezugnahme auf eine Anlage zur Klage als Rechtsmittelbegründung (§ 519 Β I b 2) nicht zugelassen, wenn diese von einem Postulationsfähigen ausging und von ihm nicht unterschrieben war. Diese Rechtsprechung verhindert nicht, daß der Anwalt das abschreibt oder sogar bloß unterschreibt, was ihm ein anderer vorschreibt, und dies wird in allen Fällen als genügend angesehen (wenn es auch standesrechtlich möglicherweise zu beanstanden ist). Die Bezugnahme auf Rechtsgutachten, die auf technische Ausführungen eines Patentanwaltes, sind jedenfalls zulässig, da sie überhaupt nicht gemacht zu werden brauchen (iura novit curia). Bezugnahmen auf tatsächliche Ausführungen sollte man zulassen (zumal man dies auch in der mündlichen Verhandlung tut; im Grunde nimmt der Anwalt stets auf sie Bezug; denn eigenes Wissen wird er nur sehr selten erklären, und die Form der Erklärung sollte man ihm überlassen), besonders wenn technische Vorgänge von einem Patentanwalt geschildert werden. Es gibt Erklärungen der Partei oder ihrer Sachkundigen, etwa der Patentanwälte, die in ihrem Wortlaut ausgezeichnet sind und die besser gar nicht durch einen anderen wiedergegeben werden können. Die Bezugnahme auf solche, die ja stets die Billigung des Postulationsfähigen enthält, muß genügen. Die Bezugnahme auf prozessual wirksam werdende Willenserklärungen wird aber nur in beschränktem Umfange zulässig sein. Doch steht nichts im Wege, wenn der Rechtsmittelanwalt auf einen in einer früheren Instanz gestellten Antrag Bezug nimmt, indem er ihn in seinen Antrag einbezieht (etwa wenn der Berufungsanwalt beantragt, „unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach dem Klageantrage zu erkennen" oder der Revisionsanwalt „unter Aufhebung des angefochtenen Urteils nach dem aus dem Tatbestande dieses Urteils ersichtlichen letzten Antrage des Klägers zu erkennen"). Eine Bezugnahme ist schließlich auch in den Fällen zulässig, wo eine postulationsunfähige Partei sich erst im Laufe des Verfahrens durch einen Postulationsfähigen vertreten läßt und dieser auf das vorangegangene Verfahren verweist (damit werden die bis dahin vorgenommenen Handlungen durch Neuvornahme wirksam, also ex nunc, vgl. BGB §141).

O

Vom Anwaltszwange befreit sind die unter § 78 II fallenden Prozeßhandlungen.

CI

§ 78 II nennt dabei die vor beauftragten oder ersuchten Richtern (auch vor den Urkundbeamten) abzugebenden Erklärungen.

€Ia

Über den beauftragten (§361 A I b) oder den ersuchten Richter (vgl.GVG §156A) und dazu die Fälle im Beweisverfahren (vgl. §§360 I 3, 361, 362, 372 II, 375, 402, 434, 451, 479, 619 II); der ersuchte Richter ist stets der desAG(GVG§157 A; vgl. aberBVGG§27 für das Verfahren vor dem BVG). Hier ist das gesamte Verfahren vom Anwaltszwang frei. Ein vor diesen Gerichten geschlossener Vergleich entspricht auch, wenn der Anwalt ihn nicht abschließt, der Form des § 794 1 1 (OLG Stuttgart J W 28/747*·), ebenso wirken vor diesem abgegebene Geständnisse (§§ 118a, 288, 296).

606

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 78 Cía

Die Anrufung des Prozeßgerichts nach § 576 I, I I I gegen die Entscheidung des beauftragten oder ersuchten Richters unterliegt nicht dem Anwaltszwang (RG v. 10. 6. 1907 VI E 66/203), wohl aber, wenn dies überhaupt zulässig ist, die Entscheidung des Prozeßgerichts hierüber (vgl. §§ 576 II, 567). Kein ersuchter Richter ist aber der Vorsitzende (vgl. GVG § 157) oder der Einzelrichter (§§ 348folg., 523, 523a; vgl. auch § 537a; OLG Hamburg J W 29/147 63 ). Weiter gehören hierher die Verfahren vor den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. C I b Hierunter fallen die Erklärungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden dürfen, ohne Rücksicht darauf, ob dies tatsächlich so oder anders (also privatschriftlich oder durch einen nicht zugelassenen Anwalt) geschieht ( R G v. 17. 12. 1880 I I I E 3/372, ν. 3 . 2 . 1894 I I I J W 1 1 8 6 , v. 3 . 2 . 1910 V I Β 23/10 Ν §78/9), und zwar die Ablehnungsgesuche gegen Richter (§44), Urkundsbeamte (§49), Sachverständige (§406 II), Dolmetscher (GVG § 1 9 1 ) ;

Cibi

die Kostenfestsetzungsanträge (§ 103), einschließlich der Festsetzung nach § 124 wie C I b 2 der Umschreibung der Titel auf den eigenen Namen nach § 124 (BGH v. 6. 3.1952 IV MDR 416 2 5 '), die Kostenänderung (§ 107) wie überhaupt das gesamte Kostenfestsetzungsverfahren (§§103 folg.) ; auch das Verfahren in Kostensachen gegenüber dem Gericht (Staat) ist für die Gerichtskosten (GKG § 4 I I I ) ausdrücklich vom Anwaltszwang auch in den Beschwerdeinstanzen befreit worden; dies gilt sogar für die Gebührenwertfestsetzung (GKG § 18, vgl. §2D II c) nicht aber für die Streitwertfestsetzung und für die Festsetzung der Verzögerungsgebühr des G K G §39 (GKG §39 I I ) ; soweit hier der Rechtsanwalt auf die Kostenfestsetzung nach RAGebO § 12 im eigenen Namen einwirken darf, gilt das Entsprechende, obwohl RAGebO § 12 das G K G § 4 I I I nicht erwähnt (vgl. OLG Dresden SächsAnn. 21/442, R G v. 24. 10. 1902 II J W 6 1 0 " ; a. M. früher R G v. 19. 10. 1883 II E 10/373, v. 17. 9. 1896 VI J W 584 6 ). Vgl. auch die Fälle der KostenO §§13 I I I , 25 I I I , 156 IV. Weiter gehören hierher die Verfahren der Zeugen und Sachverständigen auf Erstattung ihrer Gebühren nach Z + S G e b O § 2 0 11, die gegen die Gerichtsvollzieher gerichteten Verfahren wegen ihrer Kosten (GVGebO §25), die Anträge auf Rückgabe einer Sicherheit (§§ 109, 705), das Armenrechtsverfahren (§§118, 118a), einschließlich des dazugehörigen Beschwerdeverfahrens (§§ 127, 569 II 2; weshalb auch die Beschwerde gegen ein zurückgewiesenes Ablehnungsgesuch gegen einen Richter, der im Armenrechtsverfahren mit zu entscheiden hat, vom Anwaltszwang frei ist: OLG Bamberg BayJMB1. 53/156); das Aussetzungsgesucli (§248),

CI b 3

die prozeßrechtlichen Erklärungen der Zeugen ( § 3 8 1 : die Entschuldigung; §§ 386, C I b 4 387 I I : der Zwischenstreit über die Zeugnisverweigerung, einschließlich der über Untersuchungen, § 372a) und die der Sachverständigen (§ 402) und in den Fällen der Untersuchungen auch die der Partei bzw. ihrer gesetzlichen Vertreter nach § 372 a (aber nur für die hierauf gerichteten Erklärungen), einschließlich der Verfahren vor den Beschwerdeinstanzen (§ 569 11 2, R G v. 1 7 . 1 2 . 1 8 8 0 I I I E 3/372), wie überhaupt die Zwischenstreite mit Dritten ; der Antrag auf Beweissicherung (§ 486), das amtsgerichtliche Verfahren §924 I I 3),

CI b 6

(§ 496 II, vgl. auch die besondere Erwähnung — C I b 6

das Beschwerdeverfahren nach §§569 11 2, 573 II 2, soweit ein a m t s g e r i c h t l i c h e s C I b 7 Verfahren des ersten Rechtszuges betroffen wird, gleichviel ob in zweiter oder höherer Instanz (vgl. § 569; R G v. 2 . 1 1 . 1895 VI E 36/362), im Entmündigungsverfahren die Anträge nach §§ 647, 676 I I I , 680 I I I , 685,

CI b 8

das Gesuch um Erlaß von Arresten und einstweiligen Verfügungen (§§ 920 I I I , 936, vgl. C i b i bezüglich der letzten § 937) ; dies gilt in diesen Fällen auch, wenn zugleich ein Gesuch um öffentliche Zustellung nach§ 204 I angebracht wird (RG v. 9 . 1 1 . 1917 V I I E 91/113, 39

Wleczorek, ZPO. Χ.

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CIb9

§ 7 8

ZPO I. Buch

KG OLG 6/424), dasselbe gilt für einstweilige Anordnungen nach §§ 627 folg. (OLG Braunschweig NdsRpfl. 51/155) wie ferner für den Aufgebotsantrag (§ 947 1 1), für den regelmäßig (GVG § 23 I 2) das Amtsgericht zuständig ist; darüber, ob es überhaupt nach Landesrecht — EG § 11 — andere Aufgebotsgerichte gibt, vgl. § 946 A III a. C I b 10

Wenn aber schon die dem Gericht gegenüber abzugebenden Prozeßerklärungen vom Anwaltszwang insoweit befreit sind, wie sie vom Urkundsbeamten zu Protokoll genommen werden dürfen, so muß dies erst recht für die Fälle gelten, wo der Urkundsbeamte an Stelle des Gerichts entscheiden darf. Dahin gehören die Erklärungen, über die der Urkundsbeamte auf Grund REntlVfg. § 11 nach dem EntlG Art. VI § 1 allein zu entscheiden hat. Praktisch kann dies nur in den Fällen der §§ 926 I, 936 werden (EntlG Art. VI § 1 II 5, REntlVfg. § 11 I g: OLG Karlsruhe J W 31/3568» noch nach BadEntlVorschrift v. 10. 8.1926; denn in allen anderen dort genannten Fällen sind entweder die AG oder auch sonst schon Urkundsbeamte im Vorwege tätig).

Clbll

Weiter sind die Erinnerungen nach §§104, 576 1, III, 732 vom Anwaltszwang frei (RG v. 10. 6. 1907 VI E 66/202 [204]). Weiter gehören hierher die folgenden Fälle, die im Gesetze nicht besonders hervorgehoben sind, sich aber doch aus ihm unmittelbar ergeben:

CΠ Clla

Dazu zählen von den gegenüber dem Gericht vorzunehmenden Handlungen die folgenden : Die Bestimmung des Gerichts nach § 36 (vgl. § 37 A II a); das Β eschwerde verfahren gegen Kosten, die nach § 102 auferlegt wurden (GKG § 39, Jonas § 78 Anm. IV; a. M. noch RG v. 5. 2.1906 VI Gruch. 50/1060); die Bestellung eines Prozeßpflegers nach § 57 (§57 Β I); die Streitverkündung (§74); der Widerruf durch die Partei nach § 8 5 1 2 (vgl. § 78 Β IV b 1) ; die Anhörung des Schuldners nach §831 (Jonas §78 Anm. IV; a. M. OLG Köln J W 36/108443) ; die Beschwerde gegen die Beiordnung oder die Ablehnung eines Anwalts nach RAO BZ § 45 (vgl. auch RG v. 18. 2.1882 I E 6/392); das Gesuch um Bestellung eines besonderen Vertreters in Miet- und Pachtstreiten nach dem G ν. 20. 7.1933 (RGBl. I 521). Ob auch der Sühneversuch nach § 296 hierher gehört, vgl. § 296 A III.

CΠb

Dazu gehören ferner alle von der Geschäftsstelle oder gegenüber der Geschäftsstelle vorzunehmenden Handlungen, wie die Vorlegung von Urkunden nach § 134 (OLG Darmstadt DJZ 03/55211), die Akteneinsicht wie die Anträge auf Erteilung von Abschriften nach § 299 (OLG Celle Seuff. 48/142, OLG Breslau 1/414), die Einreichung von Schriftsätzen, der Antrag auf Bewirkung der Zustellung (§166, RG v. 3. 1.1887 VSZ E 17/392, ν. 1. 2. 1887 III E 17/412, ν. 20. 11. 1900 II E 47/397 [399], v. 27. 10. 1902 VI E 52/367), wie die aktive Bewirkung (über die Empfangnahme vgl. § 210 a) der Zustellung überhaupt, auch wenn die Vermittlung der Geschäftsstelle nicht in Anspruch genommen wird.

•C Π c

Weiter sind die gegenüber einem GV vorzunehmenden Handlungen nicht dem Anwaltszwang unterworfen, im besonderen die (aktiv) veranlaßte Zustellung; vielmehr darf die Partei den Gerichtsvollzieher usw. unmittelbar darum angehen (RG v. 3.1.1887 VSZ E 17/392, ν. 20. 11. 1900 II E 47/397 [399]). Deshalb kann derprozeßbevollmächtigte Anwalt den nicht prozeßbevollmächtigten für die Zustellung bevollmächtigen und dieser kann dann rechtswirksam beglaubigen (RG v. 1.2. 1887 III E 17/411 [415], ν. 28.10.1889 IV E 24/418, v. 4. 6. 1894 VI E 33/399 [401], v. 16. 1. 1900 III 279/99 Ν § 78/1, v. 27. 9. 1910 VII Gruch. 55/119, ν. 16. 5. 1940 II E 164/52 [55]), wie es auch der GV im Anwaltsprozeß darf (RG v. 21.11. 1882 III E 8/346); auch wird die Zustellung durch den Nichtbevollmächtigten durch Genehmigung des Prozeßbevollmächtigten oder der Partei wirksam (RG v. 17. 12. 1892 V E 30/389 [393], aber nicht mit rückwirkender Kraft; §§ 187, 295 sind jedenfalls hier nicht anzuwenden, RG v. 30. 4.1900 IV JW 52 9 24). Die Zustellung wird auch wirksam, wenn beide Parteien denselben Zustellungsbevollmächtigten haben und diesem (von Gerichts wegen) zugestellt wird (RG v. 10. 3. 1938 IV E 157/168; aber an sich selbst kann er nicht wirksam zustellen, BGB § 181, eineFrage, die RG a. a. O. offen läßt). ß08

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 78

cne

Das Entsprechende gilt für die Handlungen des GV gegenüber einer Partei (die Anwaltsvertretung muß aber bei Zustellungen beachtet werden, § 176). Vgl. auch § 78 Β II b.

Cnd

Die Befreiung vom Anwaltszwang erstreckt sich aber nur auf die befreiten Prozeß- C ΠΙ handlangen einschließlich der zu ihnen gehörenden Nebenhandlungen (ζ. B. bei einem Arrestgesuch die öffentliche Zustellung, RG v. 9.11.1917 VII E 91/113). Eine auf § 519 b gestützte sofortige Beschwerde unterliegt deshalb stets dem Anwaltszwang, selbst wenn sie darauf gestützt war, daß über ein Armenrechtsgesuch nicht entschieden worden ist (RG v. 21.12. 1934 VII Warn. 35/29). Daraus, daß ein Gesuch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden darf, folgt aber noch nicht, daß auch für das gegen die daraufhin ergehende Entscheidung eingeleitete Verfahren Freiheit vom Anwaltszwang besteht. Die Freiheit besteht nur, sofern nicht eine der erwähnten Ausnahmen Platz greift (RG v. 22. 2.1895 III E 35/348, ν. 2.11. 1895 VI E 36/362, v. 14. 9.1900 I JW 7142). Das gilt selbst dann, wenn ein Verfahren anwaltsfrei eröffnet werden durfte (RG v. 16. 10. 1882 IV E 7/403, ν. 26. 6. 1883 II E 9/390, v. 20. 5.1896 I JW 355a, v. 15.11. 1897 VI JW 98/10", v. 23. 5. 1898 VI JW 4131, v. 7. 1. 1899 I JW71 2 , v. 29. 3. 1899 V JW 2776, v. 14. 9. 19001 JW 714«), wie durch Einlegung der Beschwerde zu Protokoll der Geschäftsstelle, selbst wenn das weitere schriftliche Verfahren vom Anwaltszwang frei bleibt (§ 573 II), sofern mündliche Verhandlung angesetzt wird (Sydow-Busch § 78 Anm. 7, RG v. 26. 6.1883 II E 9/390, v. 7.1. 1899 I JW 712, v. 29. 3. 1899 V JW 277s), abgesehen von den Fällen, wo die erste Instanz schlechthin anwaltsfrei (also ein AG) war (RG v. 26.11.1901 VII E 50/347). Doch haben, wenn die Bestimmung des zuständigen Gerichts abgelehnt und dagegen c ΠΙ a Beschwerde eingelegt wurde, noch Anwaltszwang angenommen: RG v. 7. 7.1902 IV Β 196/02 + v. 28. 12. 1904 V Β 345/04 Ν § 78/7. Ob man darüber hinaus jetzt in allen Fällen, wo zunächst allein der Urkundsbeamte C M b tätig wurde, das weitere Verfahren vom Anwaltszwang befreit, ist noch streitig; doch sollte man § 569 II 2 entsprechend anwenden (a. M. Jonas § 104 Anm. V 6). Praktisch werden all diese Fälle kaum noch, da in der Beschwerdeinstanz in ihnen kaum noch mündlich verhandelt wird. Der Mangel der Postulationsfähigkeit ist innerhalb derselben Instanz von Gerichts D wegen zu beachten (§56 in entsprechender Anwendung). Er ist nach § 295 verzichtbar (RG v. 14.10.1893 I JW 50111), soweit er keine von Gerichts wegen zu beachtende Prozeß -(fortsetzungs-)bedingung betrifft. Auf Büge des Gegners — aber auch ohne sie — darf durch Zwischenurteil (Beschluß D I sollte nicht ergehen) erkannt werden, wenn die Rüge zurückzuweisen ist. Doch genügt auch die Entscheidung im Endurteil. Ist die Rüge begründet, so ist der Postulationsunfähige durch Zwischenurteil aus dem Streit zu weisen (wogegen in entsprechender Anwendung des § 71 II die sofortige Beschwerde zulässig ist). Damit ist der Streit beendet, wenn von der Einreichung der Klage ab alle Prozeßhandlungen des Klägers von dem Postulationsunfähigen vorgenommen worden sind; ihm sind die gesamten Kosten nach § 89 I 3 in entsprechender Anwendung aufzuerlegen (seine Vollmacht allein hilft nicht; hat er indes keine Vollmacht, so gilt § 89 I 3 auch noch unmittelbar). War indes die Klage von einem Postulationsfähigen eingereicht oder das Verfahren von einem solchen betrieben, tritt aber (gleichviel auf welcher Parteiseite) ein Postulationsunfähiger auf, so ist er durch Beschluß (unter Auferlegung der durch sein Eingreifen entstandenen Kosten) aus dem Streit zu verweisen, während im übrigen nach §§ 330folg. zu verfahren ist. Für die erste Instanz gilt das Folgende :

Dia

Lag der Mangel bei dem im ersten Rechtszuge obsiegenden Kläger und ist die Klage D i a l nicht wirksam erhoben, so ist der unterlegene Beklagte hierdurch beschwert, was er im Rechtsmittelverfahren anbringen darf. Wird indes hier der Kläger durch einen Postulationsfähigen vertreten, so darf dieser das Verfahren bestätigen; dann muß der Beklagte 39*

609

Dial

§ 7 8

ZPO I.Buch

sich sachlich wehren. Dasselbe gilt, wenn die Klageerhebung wirksam war (etwa ein Zahlungsbefehl oder eine Klage in richtiger Form vor dem Amtsgericht oder einem anderen Landgericht vor Verweisung) ; denn hier wird der unterlegene Beklagte nicht mit der Begründung gehört, daß gegen den Kläger nach § 330 hätte Versäumnisurteil ergehen sollen, weil er nicht durch einen Postulationsfähigen vertreten war. Der obsiegende Kläger selbst ist nicht beschwert. Der Kläger wird aber nicht nach §§ 529 II, IV, 279, 279a, 281 II wegen Verspätung zurückgewiesen werden dürfen, wohl aber nach § 529 III und stets der Beklagte. Lag der Mangel bei dem unterlegenen Kläger und ist kein Versäumnisurteil ergangen (wie es nach §330 hätte geschehen sollen), so ist Berufung (Sprungrevision, §566a, kommt wegen des Mangels der Zustimmung des Postulationsfähigen nicht in Betracht) zulässig (wobei streitig ist, ob nicht Einspruch eingelegt werden sollte, vgl. § 511 Β IVe 3). Regelmäßig wird der Mangel nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung führen (§ 539), doch dürfen dann den Kläger keine Verspätungsfolgen treffen. Der obsiegende Beklagte hat dagegen kein Rechtsmittel. Geheilt wird der Mangel nur durch Bestätigung (d. i. Neuvornahme, vgl. BGB § 141): die Bezugnahme genügt (vgl. § 78 Β IV b), wirkt aber erst von der Neuvornahme an, also nicht mit rückwirkender Kraft (RArbG v. 11. 11.1941 Warn. 42/37). DIa2

Lag der Mangel bei dem in erster Instanz obsiegenden Beklagten, so kann die Berufung des Klägers hierauf allein nicht gestützt werden; dies folgt aus § 331 II ; auch das unechte Versäumnisurteil darf nicht auf Grund der Tatsache, daß der Beklagte nicht erschienen war, in der Rechtsmittelinstanz aufgehoben bzw. abgeändert werden, sondern nur auf Grund des Sachvortrags. Der Beklagte ist aber nicht beschwert. Lag der Mangel bei dem in erster Instanz unterliegenden Beklagten und ist gegen ihn entgegen § 331 kein Versäumnisurteil ergangen, so hat der obsiegende Kläger kein Rechtsmittel, weil er nicht beschwert ist. Der Beklagte hat die Berufung (wobei allerdings streitig ist, ob er nicht Einspruch einlegen darf, vgl. § 511 Β IV e 3); die formelle Belastung wird indes regelmäßig nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung führen (§ 539), wenn auch Verspätungsfolgen (§§ 529 II, 279, 279a, 283 II, 529 IV, V) dann ihm nicht entgegengehalten werden dürfen.

DU

Kam es zu einer nicht kontradiktorischen Versäumnisentscheidung (§§330folg.) in derselben Instanz und wird Einspruch von einem nicht Postulationsfähigen eingelegt, so ist er wirkungslos. Wird der Mangel indes nicht bemerkt und kommt es zur weiteren Endentscheidung, so wird durch sie das noch nicht rechtskräftige Versäumnisurteil beseitigt und kann also nicht mehr rechtskräftig werden. Ist es aber — durch Zustellung und Fristablauf — vor dem Erlaß der weiteren Endentscheidung rechtskräftig geworden und stimmt damit die spätere Endentscheidung nicht überein, so ist die letzte auf dem Wege des Rechtsmittelverfahrens bzw. dem der Wiederaufnahmeklage nach § 580 I 7a (unter deren sonstigen Voraussetzungen, vgl. § 586) zu beseitigen.

Die

Ist eine Partei sowohl (Wider-)Kläger wie (Wider-)Beklagter, auch Rechtsmittelkläger wie Rechtsmittelbeklagter, so gilt das Gesagte für sie in bezug auf ihre Parteistellung und nur insoweit.

DΠ DΠa

Für die zweite Instanz gilt folgendes : Hat ein Postulationsunfähiger das Rechtsmittel eingelegt oder begründet, so sind diese Prozeßhandlungen unwirksam. Läßt man Bezugnahmen eines Postulationsfähigen zu (vgl. dagegen aber § 78 Β IV b 2), so könnten die Mängel mit seinem Eintritt (ex nunc) geheilt werden (also soweit dann nicht Rechtsmittel- bzw. Rechtsmittelbegründungsfrist verstrichen sind) ; andernfalls ist die Berufung unzulässig. Wird im weiteren Verfahren der Rechtsmittelkläger von einem Postulationsunfähigen unbemerkt vertreten, so bleibt die Berufung zulässig. Dem obsiegenden Rechtsmittelkläger darf der Rechtsmittelbeklagte mit der Revision (eventuell durch Wiederaufnahmeklage) die Unzulässigkeit des Rechtsmittels entgegenhalten, aber nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung allein wegen der Postulationsunfähigkeit des Rechtsmittelklägers.

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Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 78

DDa

Der unterlegene Rechtsmittelkläger darf sich nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels berufen und, wenn sein Rechtsmittel zulässig war, nur die gewöhnlichen Rügen anbringen, wozu allerdings auch die der mangelhaften Vertretung unter nachgebrachtem Material gehört. Für das Versäumnisverfahren gilt mit der Modifikation des § 542 das für die erste D Π b Instanz Gesagte. Ist eine Partei sowohl Rechtsmittelkläger wie Rechtsmittelbeklagte, so gilt das Ent- D Π e sprechende nur für die Rechtsmittelklägerstellung; dasselbe gilt für den Anschlußrechtsmittelkläger. Wird in der dritten Instanz die Postulationsfähigkeit übersehen, so wird das Instanz- D III urteil regelmäßig vor dem Revisionsurteil rechtskräftig geworden sein; der Mangel ist dann nach § 580 I 7a u. U. behebbar, aber nur so, daß ein abweichendes Revisionsurteil beseitigt wird. Wird erst nach Erlaß eines der Revision stattgebenden Urteils der Mangel bemerkt, so ist das Revisionsversäumnisurteil auf rechtzeitigen Einspruch aufzuheben und die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die postulationsunfähige Vertretung des Rechtsmittelbeklagten ist im kontradiktorischen Verfahren unschädlich. Hatte er Einspruch eingelegt und wird dann abgeändert, so ist, wenn das Versäumnisurteil bereits rechtskräftig war, die zweite Revisionsentscheidung u.U. nach § 580 1 7a angreifbar, sonst wird sie voll wirksam. Wird die Revision zurückgewiesen, so ist dies für den postulationsunfähigen Rechtsmittelkläger wie für den postulationsunfähigen Rechtsmittelbeklagten ohne weitere Bedeutung. Soweit nicht gegen ein rechtskräftiges Urteil verstoßen wird, gibt es jedenfalls keine D IV Wiederanfnahmeklage. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren steht das ArbG dem AG gleich (ArbGG § 46, vgl. j¡ dazu § 79 Β I), das LArbG aber dem LG (in Berufungssachen vgl. ArbGG §§ 64folg.), allerdings mit der Besonderheit, daß gegen einige seiner Urteile die Revision zulässig ist. und das Revisionsgericht (vgl. ArbGG §§72folg.) dem ordentlichen Revisionsgericht gleicht. Über das Beschlußverfahren vgl. ArbGG §§ 80folg. Für die Rechtsmittelinstanzen gilt ArbGG § 11 II, der wie folgt lautet: II Vor den Landesarbeitsgerichten und vor dem Bundesarbeitsgericht müssen die Parteien sich durch Rechtsanwälte als Prozeßbevollmächtigte vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt ist jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt. An ihre Stelle können vor den Landesarbeitsgerichten Vertreter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände treten, wenn sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und der Zusammenschluß, der Verband oder deren Mitglieder Partei sind.

In ihnen herrscht Anwalts- bzw. Postulationszwang im selben Umfange wie auch E I sonst vor den ordentlichen Gerichten; § 78 II ist also anzuwenden (RArbG v. 30.11.1927 E 1/57, v. 4. 6.1930 E 6/182, v. 7. 2.1931 E 8/166, v. 20.1.1932 E 10/102). Dazu gehören auch die Revisionsbeschwerde (ArbGG § 77) wie die Rechtsbeschwerde (ArbGG § 92 II; RArbG v. 17.11. 1927 ArbRspr. 28/109, v. 30. 11. 1927 E 1/55). Bezüglich der Postulationsfähigkeit gibt es aber zwei Besonderheiten. ΕΠ In den Rechtsmittelinstanzen ist „jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene E l l a Rechtsanwalt" (also auch der der Ostzone und des Saarlandes) postulationsfähig. Vor den Landesarbeitsgerichten sind postulationsfähig aber auch die Vertreter der Ε Π b Gewerkschaften und die der Arbeitgeberverbände in demselben Umfange wie bei den Arbeitsgerichten (LArbG Bayern N J W 49/918 ae : die Geschäftsführer wie die Angestellten, nicht aber die Mitglieder, vgl. § 79 Β II b). Doch können diese Angestellten sowohl Anwälte wie Rechtsbeistände sein. Die Umgehung der Bestimmung, daß die Mitglieder sich selbst nicht vertreten dürfen, wird als unzulässig angesehen (RArbG v. 11. 2.1933 E 12/304). Die Stellung des vor den LArbG postulationsfähigen Nichtanwalts ist mit der des Anwalts nur insoweit nicht gleichzusetzen, wie in Vorschriften darauf Bedacht genommen

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Eüb

§ 7 8

ZPO I. Buch

worden ist, daß der sich ordnungswidrig benehmende Anwalt als solcher ausgeschlossen werden kann. Die Anordnung der für den Anwalt geltenden Zustellungsvorschriften der §§ 183 11, 196, 212a (RArbG v. 9.3.1929 E 3/291, ν. 18.6.1930 ArbRspr. 238, v. 22.10.1930 ArbRspr. 31/16), einschließlich der nach § 170 gewährten Beglaubigungsbefugnis gelten für den Verbandsvertreter nicht. Dasselbe gilt in den Fällen der §§ 135 (a. M. Jonas § 135 Anni. IV), 397 II (Schönke § 78 Anm. VII c). GVG §§ 177folg.; ZPO § 158 werden dagegen auf sie angewandt (nicht aber § 157 I, II nach ArbGG § 11 III). Volle Prozeßfähigkeit muß auch von ihnen gefordert werden (vgl. § 51 D II a, § 79 A I; a. M. Schönke § 78 Anm. VII c). F

Nur vor dem Β Verwaltung G gibt es im beschränkten Umfange den Anwaltszwang nach BVerwaltungsGG § 24, der, wie folgt, lautet: I Die Parteien können sich in jeder Lage des Verfahrens durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Vollmacht ist schriftlich zu erteilen oder zu bestätigen, sie k a n n nachgereicht werden; der Vorsitzende k a n n bierfür eine Frist bestimmen. II Ist ein Bevollmächtigter bestellt, so sind die Zustellungen a n i h n zu richten. III I n der mündlichen Verhandlung k ö n n e n die Parteien a u c h in Begleitung von B e i s t ä n d e n erscheinen. IV Als Bevollmächtigte u n d Beistände sind n u r Rechtsanwälte u n d Rechtslehrer a n deutschen H o c h schulen zugelassen. V D u r c h Beschluß k a n n angeordnet werden, d a ß sich Parteien d u r c h die in Absatz 4 genannten Personen vertreten lassen müssen. VI Die Vorschriften der Absätze 4 u n d 5 gelten nicht f ü r den Bund, die Länder, Gemeindeverbände u n d Gemeinden sowie die Körperschaften u n d Anstalten des öffentlichen Rechts, soweit sie sich durch B e a m t e oder Angestellte m i t der Befähigung z u m R i c h t e r a m t oder höheren Verwaltungsdienst vert r e t e n lassen.

£

Vor dem BVG gibt es den Anwaltszwang nur nach BVGG v. 12. 3.1951 (BGBl. 1243) § 22 (vgl. den Abdruck in Band V). Das BVG hat auch andere Personen als Anwälte mit dem Ziele der Vertretung zugelassen (vgl. BVG v. 18. 12. 1951 E 1/91, ν. 12. 3. 1952 1 BVR 384/53).

§ 7 9 (75) ι Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, können die Parteien den Rechtsstreit selbst oder durch jede prozeßfähige Person als Bevollmächtigten fähren. A I II a 1 2 b 1 2 III a b 1 2 3 c d 1 2 e f 1 2 IV a

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Parteiprozeß Volle Prozeßfähigkeit des Vertreters Der Begriff des Bevollmächtigten Anwälte ihr Sonderrecht selbständige Rechtsstellung sonstige allgemeine RechtsmißbrauchsG f ü r Angestellte >md B e a m t e der öffentlichen H a n d Vertretungsbefugnis in der mündlichen Verhandlung Prozeßagenten Patentanwälte Wirkungsbereich Patentanwaltsrecht technische Berater Mieterschutzvértreter sonstige Fürsorgevertreter andere Vertreter n a c h T r u p p e n v e r t r a g Nicht hierher gehörende Fälle Verwaltungsrechtsräte Prozeßpfleger Innenverhältnis Lasten

Β I a 1 2 b 1 2 3 c II a b C

Arbeitsgerichtliches Verfahren in der ersten Instanz beschränkter Ausschluß der Anwälte u n d der Rechtsbeistände die den Anwälten gleichstehenden die Rechtsbeistände W i r k u n g des Ausschlusses Zulassung in eigener Sache oder in der, wo sie gesetzlich vertreten B e s c h r ä n k u n g auf das ArbG Kostenfestsetzung Verstöße gegen ArbGG § 11 I I Besondere Postulationsfähigkeit des Verbandsvertreters Begriff des Verbandes Stellung des Verbandsvertreters

Bundesverfassungsgerichtliches Verfahren D Verwaltungsgerichtliches Verfahren I Verwaltungsrechsräte u n d Heimkehrervertreter II Sonderverwaltungsgerichtliche Verfahren a n a c h SGG 1 n a c h Bundesversorgungsrecht b n a c h LAG III Steuerrecht

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 7 9

Im sog. Parteienprozeß (vgl. § 78 C), also im Verfahren vor den AG und überall dort, A "*vo kein Anwaltszwang besteht (§ 78 II), dürfen sich die prozeßfähigen Parteien selbst oder durch prozeßfähige Bevollmächtigte vertreten lassen (§ 79). Über die Frage, inwieweit gesetzliche Prozeßvertreter voll prozeßfähig sein müssen, A I vgl. § 51 D II a. Über die Frage, inwieweit es Richter sein müssen, vgl. § 41 Β I a. Für •den gewillkürten Vertreter fordert § 79 die volle (nicht bloß die relative, also die des beschränkt Geschäftsfähigen, vgl. BGB §§ 107, 165) Prozeßfähigkeit (§ 51 D II a). Eine juristische Person kann deshalb nicht (postulationsfähiger) Bevollmächtigter sein (doch darf eine für sie ausgestellte Vollmacht als die zur Vertretung durch ihre gesetzlichen Vertreter und nach OLG Rostock J W 22/5 1 750 sogar auf ihre gewillkürten, wie Prokuristen und Handlungsbevollmächtigte, ausgelegt werden). Ein nicht (voll) Prozeßfähiger ist zurückzuweisen, auch seine einstweilige Zulassung ist nicht gestattet (§89); seine Handlungen sind unwirksam; sie müssen deshalb neu vorgenommen werden (BGB §141), was allerdings regelmäßig auch durch (stillschweigende) Bezugnahme geschehen darf ( § 7 8 B I V b ) . Gegen die nicht vertretene Partei muß dann Versäumnisurteil gegeben werden (§§ 330,331). Wird der Mangel übersehen, so gilt das Entsprechende wie bei der mangelnden Postulationsfähigkeit (vgl. § 78 A I) ; denn sie ist ein Fall dieser (abweichend Jonas § 79 Anm. I, der hier § 579 I 4 trotz bestehender Vollmacht stets anwenden will). Über die der notwendigen Streitgenossen vgl. § 62, über die des selbständigen Streitgehilfen vgl. § 69. § 79 gilt also auch für Terminbevollmächtigte wie für Vertreter ohne Vertretungs- Α Π macht nach § 89 (RG v. 22. 5. 1901 VII E 48/413, v. 6. 6. 1911 VII 350/10 Ν § 79/1). Die Vollmacht des Prozeßfähigen kann sowohl eine Prozeßvollmacht i. S. der §§ 81 f. wie eine nach § 83 I beschränkte sein; sie kann sich aber — im Gegensatz zum Anwaltsprozeß — auch auf einzelne Prozeßhandlungen beschränken (§83 11); sie kann an mehrere erteilt werden (§ 84). In dem Widerspruch der Partei gegen eine Prozeßhandlung liegt insoweit die Entziehung der Vollmacht und die Selbstvornahme der Handlung bzw. das bewußte Unterlassen der Handlung. Insofern ist die Stellung der Partei also anders wie im Anwaltsprozeß, wo sie selbst nicht wirksam handeln kann (vgl. § 78 Β III, IV). Die Vollmacht ist regelmäßig postmortal (§86); auch §87 1 erster Halbsatz, II gelten, der zweite Halbsatz des ersten Absatzes dagegen nur in Anwaltsprozessen, wie auch § 88. Ist eine Vollmacht an einen Anwalt erteilt, so darf er im Parteiprozeß auch dem Α Π a Stationsreferendar Untervollmacht erteilen, der ihn dann vollgültig (und mit allen gebührenrechtlichen Folgen, vgl. § 91 E IV a 3) vertritt (RAGebO § 32 III 2). Für Anwälte (und deren Vertreter, vgl. §78 Β I b i , einschließlich der Stations- A l l a i referendare) gelten dann — gleichviel, ob sie im Anwalts- oder Parteiprozeß vertreten — noch weitere Bestimmungen, die auf andere Parteivertreter nicht entsprechend anzuwenden sind: §§ 104 II 2 (Versicherung des Anwalts über das Entstehen von Porti und Fernsprechgebühren); 135 (Übermittlung von Urkunden; hier ist streitig, ob die Vorschrift entsprechend auf andere Personen anzuwenden ist, vgl. §135 D); 157 (doch ist diese Vorschrift auch auf andere Personen anzuwenden, vgl. §157 Β II); 170, 198, 212a, 317 IV 2 (Beglaubigung und Zustellung, soweit hier nicht andere Personen noch genannt sind); 397 II (das Recht, die Zeugen zu befragen). Schließlich können sie auch nicht nach GVG §§ 177,180 aus der Sitzung entfernt oder nach GVG §§ 178,180 in eine Ordnungsstrafe genommen werden. Dagegen ist es möglich, auch sie nach GVG § 183 I 2 zu verhaften. Der Grund für diese verschiedenen Vorschriften liegt darin, daß Anwälte der Ehrengerichtsbarkeit unterworfen sind, welche die Anwälte zur Rechenschaft zieht. Bezüglich der Erstattung von Anwaltskosten vgl. § 91 II (und § 91 E IV). Ein eigenes Recht haben sie für die Gebührenwertfestsetzung (RAGebO § 12) und Α Π a 2 nach § 124 (auf Erstattung der Differenzkosten gegenüber der unterlegenen Gegenpartei

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ΑΠa2

ΑΠb

ΑΠb1

§ 7 9

ZPO I. Buch

im eigenen Namen und ferner das Recht auf Bezahlung der Armenanwaltskosten gegenüber der Staatskasse). In der Auswahl der prozeßfähigen Personen zu ihren Bevollmächtigten ist die Partei grundsätzlich unbeschränkt. Auch hier darf aber nicht der Gegner oder der gesetzliche Vertreter des Gegners ihr Bevollmächtigter sein (vgl. § 51 E IV). Ferner gibt es eine Reihe besonderer Vorschriften, die bestimmte Personen von der Prozeßvertretung ausschließen. Der Verstoß gegen diese Vorschriften wirkt im Prozeß nur nach § 157 (d. h. also für die mündliche Verhandlung). Es müssen also auch die Eingaben von nicht zugelassenen Rechtsbeiständen beachtet werden (a. M. Schönke § 79 Anm. I ; aber die Strafbestimmung des RechtsberatungsG Art. 1 § 8 trifft nur den nicht zugelassenen Rechtsbeistand). Die schriftliche Hilfe in Rechtssachen unterliegt dem G zur Verhütung von Mißbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung v. 13. 12.1935 (RGBl. I 1478) mit der AVO v. 13.12. 1935 (RGBl. I 1481), der 2. AVO ν. 3. 4.1936 (RGBl. I 359), der 3. AVO v. 25. 6. 1936 (RGBl. I 514), der 4. AVO ν. 13. 4. 1937 (RGBl. I 465), der 5. AVO ν. 29. 3.1938 (RGBl. I 359). Danach besteht für Rechtsbeistände Erlaubniszwang (vgl. dazu die AVv. 13. 7.1940 [DJ 823] und für Haus- und Nachlaßverwalter die AV v. 12.3.1940 [DJ 368]). Den Begriff kennzeichnet 2. AVO §4 dahin, daß es die Einzelpersonen, welche nach G Art. 1 § 1 die Erlaubnis zur Rechtsberatung haben, und die zugelassenen Prozeßagenten nach § 157 III sind. Die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten oder die Rechtsberatung (das Gesetz hält auch eine unentgeltliche geschäftsmäßige für möglich und meint anscheinend damit die Häufung einer unentgeltlichen Tätigkeit) bedarf der Erlaubnis (G Art. 1 § 1); vgl. GewO § 35 III. Nicht darunter fallen die wissenschaftliche Gutachtertätigkeit und die als Schiedsrichter (G Art. 1 § 2), Konkursverwalter, Nachlaßverwalter, Zwangsverwalter u. dgl. m. (G Art.l § 3 I 6). Nicht unter das G fallen Behörden (G Art. 1 § 3 11), Notare, Personen, welche ein öffentliches Amt ausüben, Rechtsanwälte, Verwaltungsrechtsräte, Patentanwälte (G Art. 1 § 3 I 2), Prozeßagenten (G Art. 1 § 3 I 3) und diejenigen, die in Patent-, Gebrauchsmuster· und Warenzeichensachen nach PatentanwaltsG §§ 56, 60 tätig sein dürfen (G A r t . l §3 16), wie schließlich Genossenschaften, genossenschaftliche Prüfverbände, die Spitzenverbände genossenschaftlicher Treuhandverbände und ähnliche genossenschaftliche Stellen, soweit sie Mitglieder oder Einrichtungen der Genossenschaft im Rahmen ihres Aufgabenbereiches betreuen (G Art. 1 § 3 I 7). Auch dürfen gewerbliche Unternehmer ihre Kunden beraten, soweit dies mit einem Geschäft ihres Gewerbebetriebs im Zusammenhang steht (G Art. 1 § 5 11). Öffentlich bestellte Wirtschaftsprüfer und vereidigte Bücherrevisoren dürfen beraten, soweit diese Tätigkeit mit ihren Aufgaben in unmittelbarem Zusammenhang steht (G Art. 1 § 5 I 2). Vermögensverwalter (Hausverwalter u. dgl. m.) dürfen die mit ihrer Verwaltung in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Rechtsangelegenheiten erledigen (G Art. 1 §5 13). Schließlich dürfen auch Angestellte die Rechtsangelegenheiten ihres Arbeitgebers (G Art. 1 § 6 11) und die fremder Personen erledigen, sofern sie ihr Arbeitgeber erledigen darf (G Art. 1 § 6 I 2). Berufsständische oder auf ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen dürfen ihren Mitgliedern Rat erteilen und rechtliche Hilfe gewähren (G Art. 1 § 7 11). Die 5. AVO § 1 11 bestimmt dann, daß der, welcher geschäftsmäßig Forderungen, um sie einzuziehen, erwirbt, dem Erlaubniszwang unterliegt. Die l.AVO regelt das Zulassungsverfahren. Die Bedürfnisfrage ist nicht mehr zu stellen (BVerwaltungsG N J W 55/15 3 2 23). Die mündliche Beratung (nicht die schriftliche) wird für einen bestimmten Ort erteilt, u. U. mit Zweigstellen (1. AVO § 1 I). Die 2. AVO fordert für die Rechtsbeistände einen geordneten Schriftverkehr und unterstellt sie der Aufsicht des AG- bzw. LGPräsidenten ; nach § 1 III wird ein Werbeverbot ausgesprochen, das aber nach der 3. AVO für die, welche erlaubterweise geschäftsmäßig Forderungen für eigene Rechnung erwerben und die auf wirtschaftlichem Gebiet tätig werden, aufgehoben worden ist. Über die Gebühren der Rechtsbeistände vgl. § 91 E V b.

ΑΠb2

Daneben gibt es für die Angestellten und Beamten des Staates noch besondere allgemeine und zum Teil auch besondere Beschränkungen (wie ζ. B. für die Gerichtsvollzieher) .

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Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 7 9

Die Vertretung vor Gericht in der mündlichen Verhandlung steht den Anwälten und Α ΠΙ einigen, aber nicht allen, Rechtsbeiständen zu (über die Folgen unzulässiger Vertretung vgl. § 157 C III). Dazu gehören die ProzeOagenten (§157 1, III; vgl. das entsprechende Verhältnis Α Π Ι β zwischen Steuerhelfern und Steuerberatern nach AbgabenO §§107, 107 a; über deren Zulassung vgl. AV v. 23. 3. 1935 DJ 486). Die Erlaubnis wird regelmäßig für ein bestimmtes Gericht (AG), u.U. für mehrere erteilt, also nicht für alle; sie ermächtigt aber zur Wahrnehmung von auswärtigen Beweisterminen vor anderen Amtsgerichten, sofern der Prozeßagent an dem ersuchenden Gericht zugelassen ist. Sie darf auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt, zeitlich begrenzt oder auch widerruflich erteilt werden. Die Vorschriften des RechtsberatungsG (vgl. § 79 A II b 1) gelten auch für die Prozeßagenten vgl. auch § 79 D IIa. Weiter gehören hierher die Patentanwälte (vgl. PatentG §51, abgedruckt in Band V). A U l b Nach den folgenden (in BandV abgedruckten) Gesetzen gibt es den Vertretungs- A l l i b i zwang durch Patent- oder Rechtsanwälte für die, welche im Inland keinen Wohnsitz bzw. keinen gewöhnlichen Aufenthaltsort haben und die am inländischen Patentverfahren teilnehmen wollen: PatentG §16; für das Gebrauchsmusterrecht: GebrauchsmusterG § 20; sonst ist es diesen vor dem Patentamt (vgl. PatentanwaltsG § 10) wie im Berufungsverfahren vor dem BGH (VO über das Berufungsverfahren am RG in Patentsachen v. 30. 9.1936 [RGBl. II 316] § 13) gestattet, die Vertretung zu übernehmen (ihre Vertretung ist nicht gesetzlich geregelt; die für sie geltenden Vorschriften gelten also nicht für einen Vertreter, der nicht Patentanwalt ist) ; ihnen ist auf Verlangen der Partei vor Gericht das Wort zu gestatten in Patent-, Warenzeichen- und Gebrauchsmusterangelegenheiten (PatentanwaltsG §9 111); das Entsprechende wird für Geschmacksmustersachen zu gelten haben. Über die Patentanwälte vgl. das G ν. 28. 9.1933 (RGBl. I 669). Auch die Patent- A m b i anwälte unterliegen der Ehrengerichtsbarkeit (PatentanwaltsG §§ 37folg.). Man wird sie deshalb wie die Anwälte (i. S. der §§ 104 II 2, 135, 157, 397 II und des GVG §§ 177 folg.) zu behandeln haben. Über Gebühren der Patentanwälte vgl. § 91 E V a. Über die Kostenerstattung vgl. § 91 E V a. Auch wird man ihnen das Recht aus RAGebO § 12 zuzubilligen haben. § 124 ist nach G über die Beiordnung von Patentanwälten in Armensachen v. 5. 2.1938 (RGBl. I 116) § 1 II ausdrücklich für anwendbar erklärt. Die Parteien dürfen sich aber auch in den Verfahren vor dem Patentamt und in Α ΠΙ b S dem Berufungverfahren vor dem BGH technischer Berater als Beistände (§90) bedienen (vgl. VO v. 30. 9. 1936 — RGBl. II 316 — § 13, abgedruckt im BandV). Im Aufhebungsstreit vor dem AG, der dem MSchG unterliegt (also für die dem Mieter- Α ΠΙ c schütz unterliegenden Miet- und Pachtverhältnisse), darf eine Partei, die einem Hausbesitzer· oder Mieterverein angehört, durch einen Beauftragten des Vereins (der sich durch einen privatschriftlichen Vertretungsausweis auszuweisen hat), und wenn sich der Aufhebungsstreit auf ein Dienst- oder Werkvertragsverhältnis erstreckt (MSchG §§ 20 bis 23b), auch durch den Beauftragten der Arbeitnehmer- oder Arbeitgebervereinigung, der die Partei angehört, vertreten werden (MSchG § 12), ohne daß § 157 anzuwenden ist. Die Vereinigungen selbst fallen unter RechtsberatungsG Art. 1 § 7. Soweit Behörden fürsorgerechtlich Personen im Rahmen ihres Aufgabenbereiches Α ΠΙ d betreuen, dürfen ihre Vertreter nicht nach § 157 zurückgewiesen werden (vgl. RechtsberatungsG Art. 1 § 3 11). Die Betreuungen durch diese Behörden treten in erster Linie in der freiwilligen Gerichtsbarkeit hervor (etwa die der Jugendämter). Soweit sie in der streitigen Gerichtsbarkeit eine Rolle spielen, besteht bei den Jugendämtern die gesetzliche Vertretung, welche grundsätzlich zur Vertretung in der mündlichen Verhandlung ermächtigt, oder aber es besteht ein besonderes Antragsrecht wie nach § 680 (vgl. § 680 C).

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§ 7 9 Α ΠΙ d 1

ZPO I. Buch

Hierher gehört die Norm der Reichsgrundsätze über Voraussetzung, Art und Maß der öffentlichen Fürsorge v. 1. 8. 1931 (RGBl. I 441) § 27 I, die, wie folgt, lautet: I Die soziale Fürsorge soil Beschädigte und Hinterbliebene in Versorgungs-, Fürsorge- und Familienangelegenheiten beraten oder diese Beratung vermitteln.

Am d2 A nie Amt

Über sonstige Vertreter vgl. § 79 Β II b; § 78 C I, II ; § 157 Β II. Über die Vertretung der Angehörigen der Streitkräfte nach Truppenvertrag Art. 13 vgl. GVG §18 Β IV h. Nicht hierher gehören:

Α ΠΙ f I die preußischen Verwaltungsrechtsräte nach PrG v. 25. 5.1926 (GS 163). Über ihre Gebühren vgl. § 91 Ε VI d 1 ; und andererseits Α Ι Π Ι 2 die Prozeßpfleger (§ 57 C), die nach G über Ergänzung und Änderung der Vorschriften über Miet- und Pachtstreitigkeiten v. 20. 7. 1933 (RGBl. I 521) Art. 1 §2, die nach ZuständigkeitsergänzungsG § 10 : sie dürfen so wenig wie die sonstigen gesetzlichen Vertreter beschränkt werden. Die Gebührenregelung der letzten findet sich im angeführten G. AIV

A IV a

Β

Das Innenverhältnis zwischen Rechtsbeistand und der vertretenen Partei entspricht dem des Anwalts (vgl. § 80 B). Unzulässig ist es, zur Erreichung unlauterer oder unerlaubter Zwecke mitzuwirken oder eine Tätigkeit fortzusetzen, wo eine solche Einwirkung schon vorlag (1. AVO § 1 II). Doch sind Erfolgshonorare zulässig. Über die Erstattungsfähigkeit der Gebühren vgl. § 91 E V b. Über den Mangel der Vollmacht gilt auch hier das zu § 89 Erwähnte. Soweit in der Person des Bevollmächtigten eigene Lasten und ihnen entsprechende eigene Pflichten bestehen (vgl. etwa §102), darf diese der Bevollmächtigte im eigenen Namen ausüben. Bestehen sowohl Rechte für die Partei wie für den Bevollmächtigten, so ist gegebenenfalls aufzuklären, ob der Bevollmächtigte im eigenen Namen oder namens der Partei handelt. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt von § 79 abweichendes Recht nach ArbGG § 11 I, III, der, wie folgt, lautet (über den Abdruck des ArbGG § 11 II vgl. § 78 E) : I Die Parteien können vor den Arbeitsgerichten den Rechtsstreit selbst führen oder sich vertreten lassen durch Vertreter von Gewerkschaften oder von Vereinigungen von Arbeitgebern oder von Zusammenschlüssen solcher Verbände, wenn diese Personen kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und für den Zusammenschluß, den Verband oder deren Mitglieder auftreten und nicht neben dieser Vertretung die Tätigkeit als Rechtsanwalt ausüben oder, ohne Rechtsanwalt zu sein, das Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig gegen Entgelt betreiben; das gleiche gilt für die Prozeßvertretung durch Vertreter von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung. Vor den Arbeitsgerichten sind als ProzeßbevoIImächtigte oder Beistände Rechtsanwälte nur zugelassen, wenn die Wahrung der Rechte der Parteien dies notwendig erscheinen läßt. Über die Zulassung entscheidet der Vorsitzende des Arbeitsgerichts. Wird die Zulassung abgelehnt, so kann die Partei die Entscheidung der Kammer des Arbeitsgerichts beantragen; diese entscheidet endgültig. Beträgt der Streitwert mindestens 300 Deutsche Mark, so sind Rechtsanwälte zur Prozeßvertretung zugelassen. III § 157 Abs. 1 und 2 der Zivilprozeßordnung gilt entsprechend. Dies gilt nicht für die in Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 genannten Personen.

ΒI

In der ersten Instanz stehen die Arbeitsgerichte den AG verfahrensmäßig gleich (ArbGG § 46). Es gilt deshalb grundsätzlich § 79 (vgl. § 79 A).

Bla

Vor ihnen sind aber Rechtsanwälte als ProzeßbevoIImächtigte und Beistände ausgeschlossen (vgl. § 157), sofern der Streitwert unter 300 DMark liegt, wenn nicht ihre Vertretung zur Wahrnehmung der Rechte der Parteien notwendig erscheint (worüber zunächst der Vorsitzende des ArbG und, falls dieser ablehnt, die Kammer endgültig entscheiden). Dasselbe gilt für Rechtsbeistände (vgl. § 79 A II b, III).

Blal

Dem Anwalt steht der Anwaltsvertreter gleich; doch ist der dem Anwalt bloß zur Ausbildung überwiesene (anders der ihm zum Vertreter nach RAO BZ § 32 II bestellte) Referendar nicht sein Stellvertreter und hat auch nicht die Rechte des Anwalts (die Anwendung des §157 ist nach RAO BZ §32 III ausdrücklich ausgeschlossen worden; eine Pflicht zur Bezahlung des Referendars für den Anwalt besteht nicht) ; dennoch hat LArbG Dresden ZZP 56/62 einen solchen Referendar zurückgewiesen, der in einer Sache

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Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 7 9

Bla 1

kam, wo der Anwalt selbst Partei war; dies beruht auf einer irrigen Auslegung des § 78 III; denn dem ArbGG § 11 steht nicht entgegen, daß der Anwalt in eigener Sache selbst erscheint. Daß der Referendar gemäß RAO BZ § 32 III nicht den Anwalt (in Untervollmacht) vertreten darf, folgt aus ArbGG § 11; aber auch in Hauptvollmacht darf er für die Partei (regelmäßig) nicht auftreten (nämlich soweit die Sache bei dem Stationsanwalt geführt wird, weil das Anwaltsverbot dadurch nicht umgangen werden darf; außerhalb dieser nicht, weil er gegen Entgelt nicht auftreten darf; auch das vereinzelte Entgelt, das der Referendar erhält, ist berufsmäßig — i. S. des ArbGG § 11 als gewerbsmäßig — erworben; nur soweit er gefälligkeitshalber eine nicht von seinem Stationsanwalt beratene Partei vertritt, wird auch gegen sein Auftreten nichts einzuwenden sein; a. M. Schönke § 78 Anm. VII A 1 C, der stets den Stationsvertreter ausschließen will). Ob andere Referendare vor dem Arbeitsgericht auftreten dürfen, beurteilt sich nur nach § 157. Soweit ein Referendar gemäß § 116 der Partei beigeordnet ist, darf er vertreten (vgl. auch § 116 Β III, C). Andere Vertreter als Rechtsbeistände, die gegen Entgelt tätig werden, fallen unter Β I a 2 § 157 11 und sind aus diesem Grunde zurückzuweisen. Auch in der Vereinbarung eines einzelnen Entgelts liegt schon das Gewerbsmäßige, wenn dies nicht vereinzelt bleiben sollte; die von vornherein vereinzelte deutet nicht auf Gewerbsmäßigkeit (abweichend LArbG Duisburg-Hamborn ArbRspr. 30/87). Von wem ihnen das Entgelt bezahlt wird, ist gleichgültig und auch, in welcher Form es geschieht. Es fallen deshalb auch Anwaltsangestellte darunter (vgl. LArbG Chemnitz JW 28/16917, LArbG Hamburg ArbRspr. 29/168) ; es sind aber auch die unentgeltlich beschäftigten Volontäre derer, die gegen Entgelt gewerbsmäßig tätig werden, auszuschließen. Dagegen darf der Angestellte der Partei nicht um deswillen ausgeschlossen werden, weil er von ihr bezahlt wird; die Angestellten des Konkursverwalters, des Anwalts u. dgl. m. dürfen (wie der Konkursverwalter, der Anwalt ist, es auch persönlich darf) für diese verhandeln. Darauf, ob ein Ausgeschlossener eine ProzeßVollmacht (nicht aber eine abgeleitete Untervollmacht) erteilt hat, darf es nicht abgestellt werden (LArbG Hamburg ArbRspr. 29/168). Der Ausschluß der Genannten erstreckt sich auf alle Prozeßhandlungen vor dem Β I b ArbG, gleichviel ob sie in der mündlichen Verhandlung oder in dem schriftlichen Verfahren vorgenommen werden. Sie dürfen weder als Prozeßbevollmächtigte noch in Untervollmacht (RArbG v. 20. 2. 1932 E 10/213 [220]) noch als sonstige gewillkürte Bevollmächtigte auftreten (also auch nicht als Generalbevollmächtigte oder Prokuristen); sie dürfen auch keine einzelnen Prozeßhandlungen vornehmen (vgl. §83 11). N i c h t a u s g e s c h l o s s e n ist aber die beratende Tätigkeit. Wohl aber sind sie als Partei (vgl. für die Partei „kraft Amtes" RArbG v. 13. 5. 1931 Β I b 1 ArbRspr. 257) oder als gesetzliche Vertreter der Partei (RArbG v. 3.10.1931 E 9/204) zuzulassen und dürfen sich als solche auch vertreten lassen, aber wieder nicht durch andere Anwälte (LArbG Görlitz ArbRspr. 31/96; a. M. ArbG Hamburg JW 29/2647), oder Rechtsbeistände. § 157 I 2 ist aber entsprechend anzuwenden (Schönke § 78 Anm. VII A 2 a). Daß der Anwalt als Partei oder als gesetzlicher Vertreter nicht nach RAGebO § 7 Kosten ersetzt verlangen darf, folgt aus ArbGG § 61 I (vgl. LArbG Altona J W 30/5852 und Jonas daselbst). Auch ist der Ausschluß der Anwälte und Rechtsbeistände vor den ArbG auf diese Β I b 2 beschränkt. Er besteht nicht vor einem ersuchten AG (ArbGG § 13 I 2), nicht im schiedsrichterlichen Verfahren, das dem arbeitsgerichtlichen vorangeht; soweit aber hier eine Mitwirkung der ArbG in Betracht kommt, gilt wieder ArbGG § 11 I (vgl. LArbG Berlin ArbRspr. 29/280 für den Fall des jetzigen ArbGG § 106 II). Für das Kostenfestsetzungsverfahren besteht gewohnheitsrechtlich eine Ausnahme Β I b 3 für die Erstattungsansprüche nach den Rechtsmittelinstanzen (LArbG Altona ArbRspr. 29/245, LArbG Gleiwitz ArbGer. Verb. 34/345, Hagen JW 29/9612; a. M. Schönke §78 Anm. VII A 2 b). Eine weitere gewohnheitsrechtliche Ausnahme besteht in dem Fall, wo es in einem höherinstanzlichen Verfahren zu einer Beweisaufnahme vor dem ArbG als ersuchtem Gericht kommt (LArbG Berlin ArbRspr. 29/54). 617

BIb8

§ 7 9

ZPO I. Buch

F ü r Rechtsanwälte dürfte dies nicht mehr praktisch werden, weil sie von vornherein in Streiten von 300 DMark ab tätig sind, die als solche berufungsfähig sind (ArbGG §§ 11 I 5, 64 I) ; praktisch werden könnte der Fall also bei Rechtsanwälten noch, wenn bei geringerem Streitwert die Berufung zugelassen wird; dann sollte indes stets auch schon vor den ArbG der Anwalt nach A r b G G § 11 I 2 zugelassen werden. Β I c

Verstöße gegen ArbGG § 11 I I sind in der ersten Instanz zu beachten. LArbG Dresden ZZP 53/174 wendet hierbei § 157 entsprechend an; die abweichende Ansicht der h. M. (Schönke § 78 Anm. V I I 3) führt zu einer Unsicherheit im Verhältnis zu § 157, was sich besonders in den Grenzfällen stark auswirkt. Praktisch wird allerdings die h. M. gemildert, wenn man Bezugnahmen in weitem Umfange zuläßt (vgl. § 78 Β I V b) und außerdem bedenkt, daß die Klage auch in mündlicher Verhandlung erhoben werden darf (§ 500 I 3, A r b G G § 46 I) ; so werden sich hier nur dann nachteilige Folgen ergeben, wenn die Partei im Termin vor dem ArbG durch einen nicht Postulationsfähigen vertreten ist. Hier sollte dann Versäumnisurteil ergehen (wenn nämlich das der mündlichen Verhandlung zugrunde liegende schriftliche Verfahren in Ordnung ist, andernfalls prozeßabweisendes Endurteil). Wird der Mangel in der ersten Instanz aber nicht beachtet und ergeht ein Urteil, so ist das gewöhnliche Rechtsmittel zulässig, ohne daß im Rechtsmittelverfahren auf den Mangel der Postulationsfähigkeit in diesem Falle zurückgegriffen werden darf, wenn er auf seiten des Beklagten bestand (RArbG v. 5 . 1 2 . 1928 E 3/20); liegt auf Seiten des Klägers dagegen gar keine ordnungsmäßige Klage vor (und ist der Mangel noch nicht geheilt, §295) und fordert man keine besondere Zurückweisung (wie hier vertreten), dann wäre auf das Rechtsmittel und Rüge des Beklagten die Klage durch Prozeßurteil abzuweisen.

Β Π

Zugelassen sind dagegen Geschäftsführer und Arbeitnehmer (ArbGG § 11 spricht von Vertretern und Angestellten, dies ist aber zu eng) von Gewerkschaften und wirtschaftlichen Vereinigungen der Arbeitgeber und die Vereinigungen solcher Vereinigungen, wobei sie alle kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sein müssen und die Vertreter keine Rechtsanwälte oder Rechtsbeistände sein dürfen (ArbGG § 11 1 1 ) .

Β Π a

Unter Gewerkschaft ist der Arbeitnehmerverband zu verstehen, welcher unter K R D i r . 31 fiel, unter Arbeitgeberverband der der Technical Instruction Nr. 12 v. 23. 8. 1946 (SchIHA 47/11) mit DVO des Zentralamts für Wirtschaft v. 28. 10. 1946 (SchlHA 47/11). E s wird auf ihre Tariffähigkeit abgestellt (TarifvertragsG § 2, vgl. LArbG Bayern Zweigstelle Nürnberg v. 9. 8. 1952 Ber. Reg. Nr. Ν 183/52/1; B V G v. 18. 11. 1952 — 1 B v R 629/29). Die Innungen, Innungsverbände haben diese Aufgaben nicht (vgl. HandwerksO § 49, der diese Aufgaben nicht enthält). Kraft Satzung ist das zuständige Organ des Verbandes berufen, kraft Vollmacht oder Satzung der vom Verbände beauftragte Arbeitnehmer (RArbG v. 20. 2. 1932 E 10/213, ν. 11. 2. 1933 E 12/304). Ein Vertragsverhältnis zwischen diesem Arbeitnehmer und der Partei kommt nicht zustande, sondern nur das zwischen der Partei und dem Verbände.

Β Π b

Unter den Begriff des Vertreters der Verbände gehören ihre gesetzlichen, unter den des Angestellten alle bei ihr gegen Entgelt beschäftigten physischen Personen. Der vertretende Angestellte des Verbandes darf nicht Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand sein (auch nicht der Verbandssyndikus-Anwalt, wie Schönke § 78 Anm. V I I A 1 b β annimmt; zwar stünde dem ArbGG § 11 nicht entgegen, wohl aber R A O BZ § 37 II). Die Vertreter müssen für die Gewerkschaft oder den Arbeitgeberverband oder deren Mitglieder auftreten; doch genügt es, wenn die Partei Mitglied eines Verbandes ist, der zu dem „vertretenden" Verband im Mitgliedsverhältnis steht (RArbG v. 29. 3 . 1 9 3 0 E 5/288). Auch wird man anzunehmen haben, daß die Vertretungsmacht des Verbandes sich auf seine satzungsmäßigen Ziele beschränkt; jedenfalls kann nicht der Angestellte eines Arbeitnehmerverbandes für sein Mitglied auftreten, wenn es als Arbeitgeber beansprucht wird (RArbG v. 28. 3. 1931 E 8/188), wie umgekehrt ein Arbeitgeberverband sein Mitglied, das als Arbeitnehmer auftritt, nicht vertreten darf. Nur soweit die Satzung auch einem Rechtsnachfolger Vertretungsschutz gewährt (bei Hinterbliebenen ζ. B.), darf a u j h ein Nichtmitglied durch den Verbandsvertreter vertreten werden (LArbG Frank-

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Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 79

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furt ArbRspr. 28/477). Soweit die Arbeitnehmerschaft als solche Partei ist (ArbGG §§10, 2 15), genügt es, wenn eines ihrer Mitglieder dem Verbände angehört (LArbG Berlin JW 28/10801, LArbG Breslau ArbGer. Verb. 34/198, LArbG Dortmund ArbRspr. 28/424; a. M. LArbG Gleiwitz ArbRspr. 28/249). Ob der Verband gewerbsmäßig oder berufsmäßig handelt, ist gleichgültig. Die einzelnen Vertreter dürfen nicht noch nebenher gewerbs- oder berufsmäßig selbständige Rechtsvertreter sein. Im Verfahren vor dem BVG vgl. BVG G § 22 (abgedruckt in Band V).

c

In verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor den Instanzgerichten gilt § 79, abgesehen D vom BVerwaltungsG uneingeschränkt (VGG § 61 und BMilRegVO 165 § 42) ; doch gilt auch hier das RechtsberatungsmißbrauchG. Auch im Verfahren vor dem BVerwaltungsG besteht grundsätzlich kein Anwaltszwang. Wenn sich die Parteien aber vertreten lassen, können als Bevollmächtigte (ebenso als Beistände) nur Rechtsanwälte und Rechtslehrer deutscher Hochschulen auftreten (BVerwaltungsGG § 24 I u. IV). Auch darf das Gericht anordnen, daß sich die Parteien vertreten lassen müssen (BVerwaltungsGG § 24 V, vgl. § 78 F. Als den Anwälten entsprechende Vertreter kommen die Verwaltungsrechtsräte (§79 D I A III e 1) in Betracht. Im Heimkehrerentschädigungsverfahren dürfen sich die Heimkehrer von den zuständigen Dienststellen vertreten lassen (KgfEG v. 30. 1. 1954 [BGBl. 15] §36 — wenn auch ihr persönliches Erscheinen angeordnet werden darf). In verwaltungsrechtlichen Sonderverfahren gibt es noch weitere Vertreter bzw. Ver- D Π tretungsmöglichkeiten. Für die Vertretung vor den Sozialgerichten bestimmt SGG § 73 VI i. d. F. des D Π a ÄnderungsG ν. 10. 8. 1954 (BGBl. I 239) Art. 1 I 4 Folgendes: § 157 Abs. 1 der Zivllprozeßordnung gilt nicht für Bevollmächtigte, die Mitglieder und Angestellte von Gewerkschaften, von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern und von Vereinigungen der Kriegsopfer sind, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozeßvertretung befugt sind.

Der SchlH Minister für Arbeit, Soziales und Vertriebene hat eine erweiterte Zulassung für Vertreter vor dem Sozialgericht durch Anordnung ν. 1. 6. 1955 (ABl. 303 = SaBl. 1212) ausgesprochen. Über die Zulassung von Prozeßagenten bei den Sozialgerichten vgl. für Hamburg AnO v. 23. 9. 1955 (Hamburg. GVB1. II 901), für NRW VO v. 5. 6. 1956 (GVB1. NRW 161). In V e r s o r g u n g s s a c h e n gilt SGG v. 3. 9.1953 (BGBl. 1 1239) i. V. m. ErgänzungsG D l l a 1 zum SGG v. 10. 8. 1954 (BGBl. I 239) Art. 1 IV. Für die Verfahren vor den Ausgleichsbehörden nach dem LastenausgleichsG ist nach D Π b VO v. 24. 8. 1953 (BGBl. 1 1026) §§ 2folg. eine besondere Zulassung erforderlich, jedoch nicht für Interessenverbände. Im S t e u e r r e c h t gilt AbgabenO § 102 II, wonach Bevollmächtigte zuzulassen sind, D ΠΙ allerdings nach AbgabenO § 107 I im Steuerermittlungs- und Steuerfestsetzungsverfahren mit der Beschränkung, daß der Steuerpflichtige selbst an der Erfüllung seiner Pflichten verhindert sein müsse, was aber weit ausgelegt wird (etwa auch auf geschäftliche oder rechtliche Unerfahrenheit bezogen wird, Hübschmann-Hepp-Spitaler § 107 Anm. 2). Im Rechtsmittelverfahren gilt AbgabenO § 107 II, wonach grundsätzlich Bevollmächtigte zuzulassen sind (und zwar ohne die in AbgabenO § 107 I gegebene Beschränkungsmöglichkeit: AbgabenO § 254 I 1; doch darf das Gericht sie nach AbgabenO § 254 I 2 zurückweisen). Nach AbgabenO § 107 II dürfen Bevollmächtigte, die aus der Erteilung von Rat und Hilfe in Steuersachen ein Geschäft machen (d. h. Entgelt erhalten, wenn auch Gewerbsmäßigkeit nicht erforderlich ist) oder die nicht geeignet sind, mündlich vorzutragen oder sich schriftlich angemessen auszudrücken, zurückgewiesen werden, abgesehen von Rechtsanwälten, Notaren und (vom Oberfinanzpräsidenten zugelassenen) Steuerberatern (AbgabenO §107 a VII).

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ZPO I. Buch

§ 8 0 (76) I

Der Bevollmächtigte hat die Bevollmächtigung durch eine schriftliche Vollmacht nachzuweisen und diese zu den Gerichtsakten abzugeben. II Das Gericht kann auf Antrag des Gegners die öffentliche Beglaubigung einer Privaturkunde anordnen. Wird der Antrag zurückgewiesen, so ist dagegen kein Rechtsmittel zulässig. Bei der Beglaubigung bedarf es weder der Zuziehung von Zeugen noch der Aufnahme eines Protokolls. II S. 1 Nov. 24.

a b II a b a 1 2 3 b 1 2 II a 1 2 3 b 1

Die Bestellung als Prozeßbevollmächtigter Bestellung Abgabe Widerruf Wirkung Handeln ohne Vollmacht Genehmigung des Postulationsfähigen Geschäftsbesorgungsvertrag außerprozessualer Art Charakter des Vertrags der Anwaltsvertrag der mit Verwaltungsrechtsräten, Patentanwälten der mit Rechtsbeiständen Inhalt Haftung des Bevollmächtigten der Partei gegenüber Prozeßbevollmächtigter als Erfüllungsgehilfe der Partei Vertretung mit der Vollmacht Gegenseitige Einwirkung Kündigung des Vertrages Beschränkung der Vollmacht Haltung der Parteiseite Charakter der Vollmacht Willenserklärung

2 3 4 c 1 2 d III

I II a b

c

III a b c D E F G H J

außerprozessuale einseitige Form die Vollmachterklärung Auslegung bei Beiordnung der Inhalt der Vollmacht Genehmigung der Prozeßführung Urkunden der Inhalt der Nachweis durch Überreichung der Urkunde im Anwaltsprozeß Folgen Beglaubigung der VoUmacbt auf Antrag Entscheidung Verfahren nach Anordnung Nachweis der gesetzlichen Vertretungsmacht vor den Arbeitsgerichten Adhäsionsverfahren vor Verwaltungsgerichten vor Finanzgerichten vor dem BVG

A

Während §§78,79 die Postulationsfähigkeit umschreiben, regeln §§80folg. die Prozeßvollmacht. Die Prozeßordnung fordert, daß der Prozeßvertreter der Partei von ihr (d. h. wenn sie selbst prozeßfähig ist, sonst von ihrem gesetzlichen Vertreter oder einem, der von diesem selbst Prozeßvollmacht hat) Prozeßvollmacht hat. Die nicht postulationsfähige „Partei" (s. o.) muß, wenn sie sich vertreten lassen will, sie einem Postulationsfähigen erteilen; aber auch der Postulationsfähige darf sie einem anderen erteilen. In jedem Falle bedarf es dazu ihrer Willenserklärung (der Vollmachterteilung), während Partei- und Prozeßfähigkeit gesetzlich begründet sind.

ÂI

Von der Prozeßvollmacht ist die Anzeige des Postulationsfähigen an das Gericht (das sie dem Gegner mitteilt, wenn dies nicht in seiner Gegenwart in mündlicher Verhandlung geschieht) zu unterscheiden. § 87 geht noch von dem früheren Verfahren aus, wenn er es auf die Anzeige gegenüber dem Gegner abstellt ; dies wird nur bei unmittelbaren Zustellungen — also denen, die nicht über das Gericht gehen, vgl. § 198 — aber auch für die außerprozessualen Erklärungen — noch bedeutsam, wirkt aber gerade in den letzten Fällen — wie auch sonst die Vollmachterteilung und ihr Widerruf — außerprozessual (vgl. BGB §§167, 171folg.).

Ala

Die Anzeige des Postulationsfähigen ist eine prozessuale, empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird nicht durch die Erteilung der Prozeßvollmacht ersetzt; denn trotz ihrer Erteilung darf der Postulationsfähige es ablehnen, die Partei zu vertreten. Auch dürfen ihm nicht schon auf Grund der Prozeßvollmacht die Lasten auferlegt werden, die sich sonst aus seiner Prozeßführung ergeben können (vgl. § 102, GKG § 39), im besonderen darf er nicht aus dem Streit gewiesen werden, wenn ein falscher gesetzlicher 620

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 80 Ala

Vertreter ihn „bestellt" u. dgl. m. Anders ist dies bei der Benennung von bloßen Zustellungsbevollmächtigten (vgl. §175); diese brauchen sich nicht zu erklären; aber ihre Benennung ist auch Prozeßhandlung. Die Anzeige ist widerruflich, im Anwaltsprozeß (§ 78 I) indes nur dadurch, daß sich A l b ein anderer Postulationsfähiger bestellt (§87; darüber, ob der bisherige Postulationsfähige durch den neuen abberufen werden kann, vgl. § 87 A III), im sog. Parteienprozeß (§ 79 A) aber schon dadurch, daß die „Partei" (s. o.) widerruft. Der Widerruf ist eiñe einseitige, dem Gericht gegenüber abzugebende prozessuale Willenserklärung (§ 38 Β II, das diese dem Gegner mitteilt und die, wenn sie ihm unmittelbar gegenüber abgegeben wird, nur nach §87 wirkt). Die Anzeige des Postulationsfähigen wirkt auch dann, wenn er keine ProzeßvoIImacht Α Π hat (§§ 80, 81, 89, RG v. 18. 3. 1902 VII E 51/98, § 89 A I), es sei denn, daß er rechtskräftig zurückgewiesen worden ist. Die rechtskräftige Zurückweisung wirkt aber auch, selbst wenn er ProzeßvoIImacht hat (aber sie etwa nicht nachweisen konnte bzw. nicht nachgewiesen hat). Hatte er keine Vollmacht, so wirken seine Prozeßhandlungen von der Zeit ab, wo sie A I I a vorgenommen wurden, für und gegen die Partei, wenn ihm noch rechtzeitig — d. h. vor rechtskräftiger Zurückweisung — im Laufe (und wenn der Fehler nicht bemerkt wird, auch noch nach Beendigung) des Prozesses die ProzeßvoIImacht erteilt wird (RG v. 19. 2. 1915 III E 86/246). Dies gilt auch für Pfändungsankündigungen, zu denen nicht rechtzeitig Vollmacht erteilt wurde (RG v. 24.10. 1906 V E 64/211 [217]) und im Zustellungsrecht (RG v. 20. 2. 1923 II E 107/161 [165]). Wird die Vollmacht verweigert, so werden die bis dahin vorgenommenen Handlungen wirkungslos. Im Gegensatz zu dieser Rechtslage wirken die Handlungen eines Postulationsunfähigen Α Π b nicht, selbst wenn er ProzeßvoIImacht hatte bzw. wenn seine Handlungen von einem Postulationsfähigen genehmigt werden; es kann nur in der Genehmigung u. U. die Neuvornahme durch den Postulationsfähigen mit der Wirkung ex nunc zu sehen sein. Von der ProzeßvoIImacht ist ferner der Geschäftsbesorgungsvertrag zu unterscheiden, Β der regelmäßig zwischen dem Bevollmächtigten und dem Bevollmächtigenden geschlossen sein wird. Das der Vollmachterteilung zugrunde liegende Verhältnis ist rein außerprozessualer Β I Art und auch in der ZPO nicht geregelt (BayObLG HRR 33/986). Regelmäßig wird es ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag sein, der den B l a Charakter eines Dienstvertrages (höherer Art) hat (BGB §§ 675, 611 folg., vgl. RG v. 3. 1. 1911 III E 75/98 [105], ν. 5. 5. 1916 III E 88/223 [226], v. 30. 1. 1925 III E 110/139 [141]), aber auch den des Werkvertrages (BGB §§ 631 folg.) in sich schließen kann (RG v. 5. 5. 1916 III E 88/223), aber auch in einem Auftrag (BGB §§ 662folg.) oder in einem Gesellschaftsvertrag (BGB §§ 705folg.) seine vertragliche Grundlage haben kann. Besonderheiten gelten für die Anwaltsvertretung. ΒI a1 Soweit der Prozeßbevollmächtigte Anwalt ist, tritt der werkvertragliche Charakter des Vertrages stets zurück; die Vereinbarung der Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs in bezug auf die Gebühren ist nach RAGebO § 93 II 5 unwirksam (es ist auch keine Beteiligung zulässig, RG v. 17.12. 1937 III E 158/100 [111]) ; Gebührenvereinbarungen, durch die gesetzliche Gebühren unterboten werden, sind wirksam, aber als Unterbietungen für den Anwalt standeswidrig. Deshalb wird in der Regel kein Auftrag vorliegen können. Werden gesetzliche Gebühren überschritten, so ist dies nur zulässig, wenn der Anwalt der Partei nicht durch das Gericht beigeordnet worden ist (RAGebO § 93 I), aber nur, wenn Schriftform beachtet oder vorbehaltlos erfüllt wird und ein anderer Betrag in bestimmter bzw. bestimmbarer Höhe vereinbart wurde (RG v. 18. 6. 1912 III JW 88558: Bezugnahme auf das Ermessen eines der Vertragsschließenden sei ausgeschlossen; vgl. dagegen aber OLG Hamburg JW 25/1662®: die Angemessenheit eines Sonderhonorars könne von der versprechenden Partei — in der Inflationszeit — bestimmt werden), und auch dann kann die Partei noch die Herabsetzung fordern, wenn 621

Blal

§80

ZPO I. Buch

sie unter Berücksichtigung aller Umstände (auch einer kaufmännischen Tätigkeit, RG v. 17.12. 1937 III E 158/lOOfolg.) zu hoch war (RAGebO §93 11), wobei auch eine Rückforderung bereits gezahlter Gebühren möglich ist, der regelmäßig keine Verwirkung entgegengehalten werden darf (RG v. 17.12. 1937 III E 158/100 [109]). Eine Gewährleistungspflicht für den Ausgang des Rechtsstreits besteht für den Anwalt nicht (vgl. RG v. 20.11. 1939 V i l i E 162/171 [174] mit Hinweis auf österr. ABGB §1014); davon zu unterscheiden ist die Haftung für Verschulden des Anwalts nach BGB § 276, wonach er bei verschuldet wertloser Arbeit keine Gebühren fordern darf (vgl. RG v. 20.11. 1939 V i l i E 162/171 [174], bezogen auf österr. ABGB § 920). In dem gerichtlichen Streitverfahren (einschließlich der Schiedsverfahren, nicht aber für die, welche vor den Gerichten der freiwilligen Gerichtsbarkeit verhandelt werden) darf auch der Anwalt, der zu seinem Auftraggeber in einem Arbeitnehmerverhältnis steht, nicht tätig werden (RAO BZ § 37 II). Schließlich darf er nicht tätig werden für eine pflichtwidrige Handlung (RAO BZ § 37 11), wenn er in derselben Rechtssache einer anderen Partei im entgegengesetzten Interesse seine Berufstätigkeit gewährt hatte (RAO BZ § 37 I 2), wozu auch die Fälle gehören, daß er selbst Gegenpartei oder gesetzlicher Vertreter der Gegenpartei ist oder auch war; und in einer streitigen Angelegenheit, an deren Entscheidung er als Richter teilgenommen hat (RAO BZ §37 I 3). Der Rechtsanwalt darf grundsätzlich den Vertretungsantrag ablehnen, doch muß er dies unverzüglich (vgl. BGB § 121 I) erklären, da er sonst auf Schadensersatz haftet (RAO BZ §40; BGB § 663). Im Falle gerichtlicher Beiordnung (RAO BZ §§ 43folg.) darf er dies nur, sofern er seine Berufstätigkeit versagen muß (RAO BZ § 37 I). Gegen die Beiordnung haben die Partei wie der Rechtsanwalt die Beschwerde nach §§ 567folg., doch ist gegen die Entscheidung des Vorsitzenden des Zivilsenats vom OLG ab aufwärts keine Beschwerde möglich (§ 567 III 1), da §576 unanwendbar ist; andererseits ist der Vorsitzende nicht an seinen Ausspruch der Beiordnung gebunden, er kann ihn also ändern und wird dies auf Vorstellung des Anwalts in den Fällen der RAO BZ § 44 i. V. m. §§ 115 I 3, 116 (Beiordnung als Armenanwalt) regelmäßig auf bloßen Antrag tun (kein Anwalt durfte aus Prinzip es ablehnen, Armensachen zu behandeln, ohne standeswidrig zu handeln, solange die Armensachen unentgeltlich vertreten wurden; ob dies auch jetzt noch gilt, kann zweifelhaft sein, seitdem der Staat etwas bezahlt und sich genügend Anwälte •— zu Recht — bereit finden, Armensachen zu übernehmen). Jedenfalls wird, wenn ein Anwalt ablehnt, die Aufdeckung der persönlichen Gründe des Einzelfalls vom Vorsitzenden nicht gefordert werden können, es sei denn, daß Mehrkosten entstehen würden; in diesen wie in den Fällen der RAO BZ § 43 (Beiordnung eines Zwangsanwalts), § 668 wird der Vorsitzende verlangen müssen, daß der Anwalt seine Gründe vorträgt. In den Fällen der RAO BZ § 37 muß der Vorsitzende auch in diesen Fällen den Anwalt abberufen, dem er bzw. der Staat für ihn aus Schadensersatz haftet (BGB § 839, GG Art. 34), in allen übrigen Fällen entscheidet sein Ermessen; der Anwalt wird auch nicht ohne schwerwiegenden Grund an das Gericht mit einem solchen Gesuch der Entbindung herantreten. Für die Beurteilung des Vertragsverhältnisses ist regelmäßig das Recht am Sitz des Anwalts maßgebend (RG v. 20. 3. 1936 III E 151/193 [199]); doch darf auch anderes Recht vereinbart werden, soweit es nicht gegen die zwingenden dargelegten Grundsätze des inländischen Rechts verstößt (vgl. EG BGB Art. 30). Ihre gesetzlichen Gebühren sind nach § 91 II erstattungsfähig. BIa2

Der Vertrag mit den Verwaltungsrechtsräten ( § 7 9 A I I I e l ) und Patentanwälten (§79 A III b) ähnelt dem Anwaltsvertrag so stark, daß man das Anwaltsrecht anzuwenden haben wird; nur das Verbot, ein Erfolgshonorar vereinbaren zu dürfen, wie das der nur beschränkt zulässigen Gebühren Vereinbarung der RAGebO § 93 II wird man auszunehmen haben (wobei aus dem bürgerlichen Recht sich ergebende Einwendungen aber unberührt bleiben, vgl. BGB § 138 II). Über die Erstattungsfähigkeit der Gebühren vgl. § 91 E VI d 1.

ΒI a3

Auch das Recht der Rechtsbeistände ( § 7 9 A I I b l , l i l a ) ähnelt dem Anwaltsrecht. Die wesentlichen Abweichungen sind folgende: 622

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ SO Β I a 8

Für die Rechtsbeistände kommt die Beiordnung von Gerichts wegen grundsätzlich nicht (allenfalls bei kleinen AG, wo nicht genügend Anwälte verfügbar sind) in Betracht. Auch können sie Erfolgshonorar und sonstige Gebühren vereinbaren und die Gewährleistung für den Ausgang eines Verfahrens rechtswirksam übernehmen. Soweit sie ein Mandat nicht übernehmen wollen, haben auch sie — bei ihnen sonst drohender Schadensersatzpflicht — das Mandat abzulehnen (BGB § 663). Über die Erstattungsfähigkeit ihrer Gebühren vgl. § 91 E V b. Der Inhalt des Prozeßvertretungsvertrags geht dahin, für die Prozeßführung zu Β I b sorgen. Soweit der Prozeßbevollmächtigte nicht postulationsfähig ist, also selber nicht den Β I b 1 Prozeß führen kann, kann er dies nur tun, indem er einen Postulationsfähigen zum Prozeßbevollmächtigten bestellt (vgl. §81 A). Bei der Übertragung an einen Postulationsfähigen wird regelmäßig zwischen diesem und der Partei unmittelbar ein Vertrag zustande kommen (BGB § 664 I 2) ; im Zweifel liegt dies dann vor, wenn die „Partei" (s. o.) die Prozeßvollmacht für den Postulationsfähigen unterzeichnet, selbst wenn sie ihn nicht unmittelbar beauftragt hat (BGB J§177 1, 184 1), falls nicht ausdrücklich zwischen dem Prozeßbevollmächtigten und •dem Übertragenden etwas anderes vereinbart worden ist (was angesichts des BGB §164 11 geschehen muß) oder die Partei dies anläßlich der Unterzeichnung (etwa im Übersendungsschreiben) zum Ausdruck bringt. In solchen Fällen kommt also ausnahmsweise der Vertrag zwischen dem Postulationsfähigen und dem (Zwischen-)Bevollmächtigten der Partei in dessen Person zustande, der nach BGB § 328 unmittelbar zugunsten •der Partei wirkt. Wird einem Postulationsfähigen Prozeßvollmacht erteilt, so wird er regelmäßig (im Innenverhältnis) nicht befugt sein, die Prozeßvollmacht zu übertragen (BGB §§ 664 1 1, 675); denn dann ist er in der Lage, den Prozeß selbst durchzuführen (KG KGB1 05/79f.). Unterschreibt aber auch hier die Partei die Vollmacht für den neuen Postulationsfähigen, so gilt das oben Gesagte. Aber selbst wenn dies nicht geschieht und der Prozeßbevollmächtigte also im Innenverhältnis die Vollmacht nicht übertragen darf, darf er es doch kraft der Vollmacht im Außenverhältnis wirksam tun (§ 81 A II d und wohl auch unter Verpflichtung der Partei auf das Entgelt). Das Entsprechende gilt,wenn sich ein Postulationsfähiger eines Unterbevollmächtigten zur Vornahme bestimmter Prozeßhandlungen bedient, wozu er kraft der Prozeßvollmacht berechtigt ist (§ 81 A II f). Hier wird die Partei dem Unterbevollmächtigten (der In ihrem Namen auftritt: OLG Frankfurt N J W 53/1834 = DR IV [475] 71 e, f), der nur die Untervollmacht vom Prozeßbevollmächtigten erhält, aber nicht verpflichtet, wenn von dem Postulationsfähigen erwartet werden durfte, daß er die Handlung selbst vornimmt (OLG Frankfurt NJW 53/1834 = DR IV [475] 71 e, f; für die Gebühren des Unterbevollmächtigten hat also der Prozeßbevollmächtigte als Auftraggeber aufzukommen, OLG Kiel Seuff. 75/12, KG KGB1. 05/79); anders ist dies, wenn der Postulationsfähige die Handlung nicht vorzunehmen braucht, wie etwa bei der Wahrnehmung auswärtiger Beweistermine (LG Darmstadt JW 29/1528); der Unterbevollmächtigte haftet der Partei nach BGB §328; der Prozeßbevollmächtigte für den Unterbevollmächtigten außerdem nach BGB § 278. In gleicher Weise haftet der Anwalt für seinen amtlich bestellten Vertreter (vgl. § 78 Β I b 1, also nach BGB § 278: RG v. 19. 4. 1940 III E 163/377, OLG Marienwerder HRR 36/1354; sein Verschulden steht auch bei Wiedereinsetzungsanträgen dem des Anwalts gleich: BGH v. 17. 1. 1951 III MDR 15188) und seinen Unterbevollmächtigten (RG v. 28. 1. 1935 IV JW 2430® für den Zustellungsbevollmächtigten, der vom RA Vollmacht hierzu hatte) wie für seine sonstigen Erfüllungsgehilfen (etwa für das Versehen eines Bürovorstehers, der die Partei nicht vom Erlaß des Urteils benachrichtigt hat, RG v. 28.1. 1921 III E 101/248), nicht aber für den Kanzleiverwalter (RAO BZ § 34). Der Inhalt des Prozeßführungsvertrags ist so weit, wie die Prozeßvollmacht geht (vgl. § 81 A). Er erstreckt sich deshalb, selbst wenn nur ein Teilanspruch geltend gemacht wird, auch auf die Belehrung über den Lauf einer Ausschluß- (RG v. 10. 11.1936 III E 152/330 -40

Wleczorek, ZPO. I.

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Bibi

§ 8 0

ZPO I. Buch

[344]) oder Verjährungsfrist bezüglich des nicht geltend gemachten Teils, weil die Vollmacht den Prozeßbevollmächtigten zur Erweiterung der Klage ermächtigt (ob dies auch für den Revisionsanwalt gilt, der die Klage gar nicht erweitern darf, kann zweifelhaft sein) ; dies gilt aber nicht, wenn zur Zeit des Ausscheidens des Prozeßbevollmächtigten diese Gefahr noch nicht beachtet zu werden brauchte (RG v. 13. 5. 1938 III E 158/113 [119] in dem Falle, als z. Z. des Todes des Prozeßbevollmächtigten noch ein Jahr bis zum Verstreichen der Frist lag), während andererseits ein Verschulden (bei Verstreichen der Frist des BGB § 1594 I) nicht einmal dann als hindernd angesehen wurde, sofern dabei auch höhere Gewalt eine Rolle spielte (RG v. 3.11. 1938 IV E 158/357 [361]), die Frist also als gewahrt angesehen wurde. Die Fristversäumnisse in Rechtsmittelsachen geben bisweilen noch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. §§233folg.). Soweit hier das Prozeßrecht an den Vertreter anknüpft (§ 232 II), wird sein Verschulden von dem seiner angestellten, untergeordneten Erfüllungsgehilfen unterschieden (für das er im Vertragsverhältnis auch der Partei gegenüber haftet). Soweit er hier die Möglichkeit der Wiedereinsetzung hat, darf diese aber die Partei nicht vereiteln, ohne gegen BGB § 276 zu verstoßen. Hierher gehören auch die Belehrungspflichten, soweit der Streit anderen Personen zu verkünden ist, deshalb auch, soweit Regreßpflichtige in Betracht kommen oder die Klage auf andere nicht im Streit befindliche auszudehnen ist und nun die Ansprüche gegen diese verjähren u. dgl. m. RG v. 17. 5.1938 III E 158/130 (134) hat die Belehrung an die Partei darüber gefordert, daß sie gegen ihre (früheren) Prozeßbevollmächtigten Regreßansprüche hat (doch muß der Prozeßbevollmächtigte auch die Entscheidung gegen sich ohne Streitverkündung gelten lassen, wenn sein eigenes Verhalten durch sie getroffen wird ; insoweit kann er sich nicht mit schlechter Prozeßführung entlasten. Eine Belehrungspflicht des Prozeßbevollmächtigten an die Partei gegen sich selbst besteht nicht). Die Rechtsprechung geht noch weiter, wenn sie verlangt, daß der Prozeßbevollmächtigte seine Maßnahmen so einrichtet, daß die Partei auch bei „unrichtiger Gesetzesauslegung", wenn diese zu „befürchten" ist, gedeckt ist (RG v. 15. 5. 1936 III E 151/259 [264]). Angesichts der dem positiven Recht widrigen Billigkeitsrechtsprechung muß jeder Bevollmächtigte befürchten, daß die Gerichte das Gesetz nicht wissenschaftlich, mathematisch-logisch, sondern metaphysisch, „naturrechtlich" auslegen. Gewiß wird ein sorgfältiger Prozeßbevollmächtigter möglichst sicher gehen, es geht aber nicht an, ihm einen Vorwurf daraus zu machen, wenn nachher das Gericht gefühlsmäßig anders entscheidet. Auch darf man nur bedingt von ihm fordern, jede nur als möglich erkannte Schädigung von der Partei fernzuhalten; RG v. 2. 11. 1926 III E 115/187 verlangte von dem Prozeßbevollmächtigten der Berufungsinstanz, in nach Tagen zu bemessender Frist sich mit dem Prozeßstoff (Handakten) bekanntzumachen und entsprechende Maßnahmen — hier zur Unterbrechung der Verjährung — zu treffen, während dies nach der hier vertretenen Auffassung erst innerhalb der Begründungsfrist zu geschehen braucht. Hat er es indes — vor Einlegung der Berufung — übernommen, sich gutachtlich zu äußern, so wird er schon innerhalb der Berufungsfrist zu prüfen haben; als Beklagter wird er es in angemessener Frist — etwa innerhalb eines Monats nach Zugang der Sache bzw. der Berufungsbegründung — zu tun haben, falls nicht ein früherer Termin ihn hierzu vorher nötigt; für den Revisionsanwalt wird das Entsprechende gelten, nur daß als Rechtsmittelbeklagter ihm hier zunächst die Prüfung obliegt, ob eine Anschlußrevision (noch) möglich ist und ihm im übrigen als Revisionsbeklagten, wenn dies nicht der Fall ist, eine längere Prüfungszeit zuzubilligen sein wird. Vom Anwalt wird man nur „durchschnittliche" Aufmerksamkeit (d. h. die, welche seine ordentlichen Berufskollegen zu üben pflegen) fordern dürfen und, daß er dabei auch auf mögliche Einwendungen und Einreden hinweist (RG v. 7. 2.1933 III E 139/358 [361]). Einem Anwalt darf es nicht zum Vorwurf gemacht werden, wenn er sich an ein Sachverständigengutachten hält, selbst wenn dieses eine (ihm nicht offenbar gewordene) unrichtige Beurteilung enthält (RG v. 9. 1. 1939 IV E 159/109, das hier die Wiedereinsetzung gegen Versäumnis der Berufungsfrist gab, wenn der Irrtum unverschuldet später aufgedeckt wurde). 624

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 80 Β Ibi

Daß ein Schaden jedenfalls nicht dadurch entsteht, daß ein aussichtsloses Rechtsmittel durch Versehen des Rechtsanwalts nicht eingelegt wird, sodann aber früher vollstreckt wird, hat R G v. 2 6 . 1 0 . 1939 V i l i E 162/65 erkannt. Die Aufgabe des Anwalts der Rechtsmittelinstanz besteht für den Rechtsmittelkläger in der Bekämpfung des ersten Urteils (RG v. 20. 8. 1940 V I I E 164/390 [393folg.]). Anders ist dies, wenn der Bevollmächtigte etwa einen der Schriftform bedürftigen Vertrag unvollständig faßt (RG v. 1 2 . 2 . 1937 I I I E 154/41 folg.) und die Partei im Hinblick auf die ungewisse Rechtslage einen Vergleich schließt. Die Ansprüche der Partei gegen den Anwalt wegen Pflichtverletzungen aus dem Vertrage verjähren in fünf Jahren (RAO BZ § 42) ab ihrer Entstehung ( B G B § 192) ohne Rücksicht auf die Kenntnis der Partei hiervon (RG v. 23. 3. 1917 III E 90/82 [84], ν. 15. 3. 1935 III J W 2 2 7 6 " , v. 15.12. 1939 III E 163/9 [13]). Der Prozeßbevollmächtigte wird gegenüber Dritten als Erffillungs- bzw. Verrich- Β I b 2 tungsgeliilîe der Partei angesehen, so in den Fällen des B G B § 839, wenn er kein Rechtsmittel einlegt ( B G B § 839 I I I , R G v. 18. 3. 1940 V E 163/121 [124]). Im Verhältnis des Prozeßbevollmächtigten zur Partei ist der Korrespondent der Partei ihr Erfüllungsgehilfe in bezug auf die Übermittlung der Korrespondenz an die Partei. Ob dies ein Anwalt oder ein Nichtanwalt ist (RG v. 29. 10. 1937 I I I E 156/208 [211]), ist selbst dann gleichgültig, wenn der Anwalt standesrechtlich gehalten wäre, unter Übergehung des Nichtanwalts (des Rechtskonsulenten) sich mit der Partei unmittelbar in Verbindung zu setzen (RG v. 2 9 . 1 0 . 1937 I I I E 156/208 [212]). Diese Korrespondenten sind aber nicht Erfüllungsgehilfen der Partei, insoweit wie sowohl der Prozeßbevollmächtigte als auch sie eine Vertragspflicht gegenüber der Partei haben, welche jeder von ihnen verletzt. Der Prozeßbevollmächtigte, der es unterlassen hat, die Partei auf den Lauf der Verjährungsfrist für einen nicht geltend gemachten Teil eines Anspruchs (bzw. Klagegrundes) hinzuweisen, kann sich deshalb gegenüber der Partei nicht darauf berufen, daß dies auch der Verkehrsanwalt hätte tun müssen (RG v. 25.4. 1941 I I I E 167/76folg. ; in diesem Falle hatte der Berufungsanwalt einen Antrag gemäß § 713 II zu stellen unterlassen; seine Haftung wurde indes verneint, weil der Schaden in erster Linie auf das Verschulden des Generalbevollmächtigten und möglicherweise auf das des Revisionsanwalts zurückzuführen sei und der Generalbevollmächtigte von dem Berufungsanwalt ausdrücklich auf die Einstellungsmöglichkeit nach § 719 II hingewiesen worden war; nach der derzeitigen Rechtsprechung des B G H zu § 719 scheidet das Verschulden des Revisionsanwalts praktisch aus). Sich überschneidende (gesamtschuldnerische) Haftungen ergeben sich im besonderen, wenn mehrere Prozeßbevollmächtigte für dieselbe Partei tätig waren; so haftet der der unteren Instanz noch in der Zwischeninstanz (d. h. nach Erlaß des Endurteils und vor Bestellung des Anwalts der höheren Instanz, vgl. auch § 210a), und im besonderen dafür, daß rechtzeitig der Rechtsmittelanwalt den Auftrag auf Rechtsmitteleinlegung erhält. Der Rechtsmittelanwalt, der ihn rechtzeitig erhält, haftet für rechtzeitige Einlegung; erhält er das zugestellte Urteil übersandt, so muß er die Zustellungszeit nachprüfen, andernfalls darf er sich auf die ihm vom Anwalt der unteren Instanz mitgeteilte verlassen (praktisch werden die Fragen bei der Wiedereinsetzung, vgl. § 233 Β II d 2 und bei der Erhebung der Restitutionsklage, wenn etwa zu prüfen ist, ob der erstinstanzliche Anwalt einer Partei, wenn er Berufung nicht einlegen läßt, schuldhaft gehandelt hat — besonders, wenn er damit beauftragt war, die Aussichten der Berufung zu prüfen, R G v. 1 8 . 1 2 . 1900 II 266/10 Ν §81/1). Regelmäßig wird auf Grund des Prozeßführungsvertrages die Prozeßvollmacht Β II erteilt. Soweit das außerprozessuale Recht unwiderrufliche Vollmachten kennt, gilt dies nicht für das Prozeßrecht. Jedenfalls bestehen zwischen beiden Wechselwirkungen.

Β Π a

Der Prozeßführungsvertrag darf deshalb auch regelmäßig jederzeit ohne Einhaltung Β Π a 1 einer Kündigungsfrist gekündigt werden ( B G B § 627), von dem Bevollmächtigten aber nicht zur Unzeit ( B G B §§ 675, 671 II). Damit erlischt noch nicht die Prozeßvollmacht (§ 87). 40*

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§ 8 0

ZPO I. Buch

Β II a 2

Im Innenverhältnis darf auch der Umfang der Prozeßvollmacht (was aber nach außen nicht wirkt; RG v. 3. 4. 1936 VII 321/35 Ν § 78/20; dies gilt auch für die Untervollmacht, RG v. 2.12. 1938 I JW 39/365"), auch soweit sie im Außenverhältnis nicht eingeschränkt werden kann, beschränkt werden; indes gilt die Einschränkung nur in bezug auf Handlungen und Unterlassungen, nicht aber in bezug auf die Entgegennahme von Erklärungen. Auch kann nicht wirksam verabredet werden, daß der Prozeßbevollmächtigte gegen zwingende Normen des Prozeßrechts verstößt, also etwa der Wahrheit zuwider etwas behaupten soll (§ 138 I) u. dgl. m. Verstöße gegen die im Innenverhältnis zulässigen Beschränkungen machen den Prozeßbevollmächtigten haftpflichtig.

ΒΠaΒ

Der Prozeßvertreter muß die Parteiseite halten, auf der er steht; niemand darf seinen Gegner (RG v. 22. 6. 1907 I E 66/240 [243], entschieden bezüglich des gesetzlichen Vertreters) oder gleichzeitig beide Parteien (RG v. 20.1. 1942 VI DR A 8 1 2 36 ; anders bei Zustellungsbevollmächtigten, RG v. 10. 3. 1938 IV E 157/169) oder einen Streithelfer der Gegenpartei zugleich (oder im Nacheinander, vgl. StGB § 356) vertreten, wohl aber mehrere Streitgenossen und ihre Streithelfer, selbst wenn die Vertretung untereinander kollidiert, soweit nicht ein Fall des StGB § 356 vorliegt.

Β II b

Die Prozeßvollmacht ist aber vom Prozeßführungsvertrag so gelöst, daß seine Unwirksamkeit sie nicht ergreift. Sie ist eine einseitige, empfangsbedürftige, außerprozessuale (Rosenberg Lb. § 50 II 1 a, RG v. 27.11. 1935 V Seuff. 90/59; a. M. KG DRZ 47/376: sie sei eine prozessuale) Willenserklärung (i. S. des BGB §§167folg.). Sie verpflichtet den Prozeßbevollmächtigten nicht, sondern ermächtigt ihn nur zu handeln, wie das Handeln zu unterlassen. Ob der Prozeßbevollmächtigte der Partei verpflichtet ist oder nicht, ergibt das außerprozessuale Recht, der Prozeßführungsvertrag. Sie ist die von der Partei ausgehende Willenserklärung zur Prozeßführung durch einen Dritten, d. h. also seine Ermächtigung, mit unmittelbarer Wirkung für und gegen die von ihm vertretene Partei (vgl. § 85 A) im Prozeß handeln wie das Handeln unterlassen, Wissenswie Willenserklärungen verbindlich abgeben zu dürfen.

Β Qb 1

Die Prozeßvollmacht beruht aul dem Wollen der Partei und steht damit im Gegensatz zu der gesetzlichen Vertretung der Partei, deren Bestehen von ihrem Wollen unabhängig ist (vgl. RG v. 22. 6. 1907 I E 66/240 [244]). Sie kann nur von einem (wenn auch nur relativ) Prozeßfähigen ausgehen ; ist es die Partei, so von ihr oder von einem, dem sie Prozeßvollmacht erteilt hat; ist sie aber prozeßunfähig, so von ihrem gesetzlichen Vertreter und, wenn sie von mehreren gemeinsam gesetzlich vertreten wird, von allen sie gesetzlich Vertretenden (RG v. 4.1. 1898 II JW 1132). Der Vorstand eines nicht rechtsfähigen Vereins kann in den Satzungen von den Mitgliedern zur Prozeßführung ermächtigt sein (RG v. 19. 2. 1904 III E 57/90). Darüber, wieweit im einzelnen die gesetzliche Vertretungsmacht reicht, die sich zugleich mit der Prozeßführungsmacht deckt, vgl. § 51 D, § 53 A IV a. Soweit die gesetzliche Vertretung gerade in bezug auf die Prozeßführungsmacht gegeben wird, vgl. § 57 G II (hierher gehört auch eine möglicherweise durch Staatsverträge zu begründende Vertretungsmacht der Konsuln fremder Staaten, im Rechtsstreit für die Erben ihrer verstorbenen Staatsangehörigen aufzutreten). Doch berechtigt BGB § 1357 noch nicht die Ehefrau dazu, Prozesse zu führen, weil diese Vertretungsmacht der Frau nur auf Rechtsgeschäfte ihres häuslichen Wirkungskreises beschränkt ist, wozu die Prozeßführung nicht gehört.

ΒΠb2

Als außerprozessuales Rechtsgeschäft unterliegt sie den Regeln über die außerprozessualen Willenserklärungen. Geheime Vorbehalte wirken nicht (BGB §116 11); Scheinerklärungen nur dann, wenn der den Schein kennt, dem gegenüber sie abgegeben ist (BGB §§ 116 I 2, 117 I, 118). Angefochten wird die Vollmacht nach BGB §§ 119folg. (KG DRZ 47/376). Sie ist unter einer Bedingung, die nicht gegen das Prozeßführungsrecht verstößt, wie unter einer Zweckbestimmung (die aber für die Zukunft die Partei nicht bindet) erteilbar und jederzeit widerruflich (vgl. § 87; eine unwiderrufliche Prozeßvollmacht gibt es also im Gegensatz zu anderen außerprozessualen Vollmachten nicht, vgl. BGB § 168 I 2).

Β Π b3

Sie ist einseitig und von dem Willen des Bevollmächtigten abhängig (also anders wie die Bestellung der Postulationsfähigen, vgl. § 80 A I). Dennoch läßt man Blankovoll626

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 80

Β Π 1,3

machten zu. Wird eine Blankourkunde dem Gericht von einer bestimmten Person überreicht, so gilt indes der Überreichende als Bevollmächtigter, wenn er es nicht ausdrücklich ablehnt, es zu sein (etwa wenn er sie für den beizuordnenden Armenanwalt abgibt). Die Erklärung ist an keine Form gebunden (BGB § 167 II) ; die mündlich (KG OLG Β II b 4 39/37; vgl. auch RG v. 24. 4. 1901 VII E 49/345, v. 24. 10. 1906 V E 64/212 [217] für den Vergleich; RG v. 9.11. 1907 V Warn. 08/89 für die Verpfändung einer Eigentümergrundschuld zur Abwendung der Vollstreckung) erteilte Vollmacht ist voll wirksam, da § 80 nur eine Beweis Vorschrift enthält. Soweit indes eine Urkunde eingereicht wird, gelten auch hier BGB §§172folg. Erklärt wird sie außerprozessual, und zwar entweder gegenüber dem Vertreter oder Β II c gegenüber dem Prozeßgegner (BGB § 167 I) oder gegenüber dem Gericht und wird mit ihrem Zugang (BGB § 130) wirksam, ohne daß der Erklärungsempfänger von ihr Kenntnis erlangen muß (sie muß aber von dem postulationsfähigen, im Prozeß auftretenden Bevollmächtigten angenommen werden, vgl. §80 A I ) . Ihre Abgabe kann nicht erzwungen werden (auch die arme Partei braucht sie dem ihr beigeordneten Anwalt nicht zu erteilen). Sie ist unabhängig von dem zwischen der Partei und dem Bevollmächtigten bestehenden oder nicht bestehenden Rechtsverhältnis (§ 80 Β I). Sie ist also eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (wie BGB § 166 II den Begriff der Vollmacht kennzeichnet) und nach den Regeln des BGB §§ 164folg. zu beurteilen. Die „Partei" (s. o.) kann für einen bestimmten oder eine bestimmte Art wie für alle möglichen Prozesse der Partei (im voraus, aber auch nachträglich und zugleich genehmigend, BGB § 184), soweit nicht bestimmte Vorschriften des Prozeßrechts entgegenstehen (welche sie für ein bestimmtes Verfahren fordern: vgl. §§ 613, 640 1), Prozeßvollmacht erteilen. Wann dies im einzelnen geschieht, ist Auslegungsfrage, soweit sie nicht ausdrücklich Β II e 1 sondern stillschweigend erklärt wurde (RG v. 29. 9.1903 II 61/03 Ν § 80/4: es entscheide freie Beweiswürdigung; RG v. 14. 4. 1919 VI E 95/262, ν. 28. 11. 1929 IV E 126/263, v. 12. 10. 1939 V E 161/351); nur hat R G v . 15. 1. 1944 IV DR A 342M die stillschweigende Bevollmächtigung für Zustellungsbevollmächtigte nicht zugelassen, was aber eine prozessuale Erklärung trifft. Keineswegs berechtigt die Einzelvollmacht für ein oder mehrere Rechtsgeschäfte schon zugleich zur Prozeßführung. Auch der Handlungsbevollmächtigte hat sie in der Regel nicht (HGB §54 I), sondern nur der, dem sie ausdrücklich (und dann für den Bereich seiner Handlungsvollmacht) gegeben ist (HGB § 54 II). Wohl aber hat der aus einem Vollmachtsindossament Berechtigte (WG Art. 18, 19, ScheckG Art. 23, der im Namen des Vollmachtgebers klagen muß, vgl. § 50 G II a 1) die Prozeßvollmacht (die sich schon aus der Urkunde ergibt und in anderer Form wie durch ihre Vorlegung nicht beigebracht zu werden braucht). Der Prokurist (HGB § 49 I) hat sie stets für alle Prozesse irgendeines Handelsgewerbes. Die Vertreter der im Inland nicht ansässigen Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeicheninhaber haben Prozeßvollmacht für die diese Rechtsgebiete betreffenden Streite (PatentG § 16, GebrMG § 20, WZG §35); dem inländischen Hauptbevollmächtigten des ausländischen Versicherers (VAG §§ 106 I 3, 147) ist sie zuzuerkennen (obwohl dies das Gesetz hier nicht ausdrücklich anordnet) für die in das Inland spielenden Rechtsgeschäfte des Versicherers und die sich daraus (auch außervertraglich) ergebenden Verbindlichkeiten und Forderungen. Bei der Seeunfallversicherung vertritt der Bevollmächtigte die Berufsgenossenschaft der Reeder gerichtlich und außergerichtlich (RVO §1129; AusfG [RGBl. 42/92f.] §4). Der Generalbevollmächtigte (vgl. § 173 Β I) hat auch Prozeßvollmacht; der mit einer selbständigen Vermögensverwaltung Betraute wird sie auch im Bereich seiner Verwaltung haben. Der Schiffer hat sie nach HGB § 527 II, BinnenschiffahrtsG § 15. Ob die Erteilung einer Vollmacht in dem Armenrechtsgesuch liegt, in dem die arme Β Π c 2 Partei um Beiordnung eines Anwalts bittet, ist streitig. Die Rechtsprechung hoher Gerichte verneint es. Jedenfalls ist zwischen der Bestellung durch den Postulationsfähigen (§ 80 A I) und der Vollmachterteilung zu unterscheiden. Da niemand gegen seinen Willen Prozeßver627

Β Πο2

§80

ZPO I. Buch

treter im Rechtsstreit werden kann, ist RG v. 11. 5.1936 VI HRR 1250, das in der Bewilligung des Armenrechts unter Beiordnung des von der Partei benannten Armenanwalts noch nicht die wirksame Bestellung eines Prozeßbevollmächtigten sieht, beizupflichten. Das Entsprechende gilt auch sonst für die Beiordnung eines von der Partei nicht benannten Armenanwalts auf ihren Armenrechtsantrag (vgl. RG v. 25.10.1916 I E 89/42 [44], ν. 18. 2. 1919 VII E 94/342 [346], v. 9. 3. 1932 IX J W 21443, v. 15. 3. 1932 VII E 135/304). Tritt aber der beigeordnete Anwalt auf (oder erklärt er sich auf Anfrage des Gerichts zur Übernahme der Vertretung bereit, so wird er damit ohne weiteres Prozeßbevollmächtigter der Partei, gleichviel ob die Partei seine Beiordnung namentlich erbeten hatte oder nur die irgendeines Anwalts (abweichend die erwähnte Rechtsprechung und BGH v. 29. 5. 1951 IV E 2/227, RG v. 26. 11.1926 III E 115/64, ν. 7. 3. 1935 IV E 147/154 [156], v. 19.12. 1935 IV Warn. 36/26, KG JW 39/436«; im Ergebnis wie hier OLG Marienwerder JW 21/91911: in der Beantragung der Beiordnung eines bestimmten Anwalts liege eine Blankovollmacht; RG v. 3.12.1936 HRR 37/408: wenn der Anwalt das Armenrechtsgesuch stellt, liege dem auch die Vollmacht zugrunde; Rosenberg Lb. §50 II 3a, OLG Colmar 13/119: dem Antrag auf Beiordnung irgend eines Anwalts liege Bevollmächtigung zugrunde. Jonas § 80 Anm. 14 gibt zu, daß ein Vollmachtblankett ausgestellt werden kann — wie dies am LG Hamburg grundsätzlich in allen [Ehescheidungs- usw.] Armenrechtsgesuchen geschieht, welche die Geschäftsstelle aufnimmt —; dann ist es ein bloßer Formalismus, wenn man nicht schon in dem Gesuch um Beiordnung eines Anwalts nicht ein solches Blankett sehen will). Dabei entscheidet nicht die Armenrechtsbewilligung als solche und die in ihr erfolgte Beiordnung eines Anwalts, sondern die Bevollmächtigung, die im Armenrechtsgesuch zu finden ist. Dies gilt auch, wenn die Armenrechtsbewilligung fehlerhaft ist; die Wirksamkeit der Prozeßvollmacht wie die der Anzeige der Prozeß Vertretung wird dadurch nicht berührt; der sich bestellende wird Prozeßbevollmächtigter (RG v. 14. 2.1936 V JW 196723). Die frühere Rechtsprechung knüpft an die seit 1933 nicht mehr beachtete Gepflogenheit an, daß Armenanwälte der Reihe nach beigeordnet wurden, und zwar ohne Rücksicht auf den Antrag der Parteien. Dasselbe, was für die Beiordnung des Armenanwalts gesagt ist, gilt auch für die sonstige Beiordnung irgendeines Anwalts durch das Gericht auf Antrag der Partei (§ 668, RAO BZ § 43). Über die Möglichkeit, daß der beigeordnete Anwalt ablehnt, vgl. § 80 Β I a 1; bei den Wiedereinsetzungsanträgen geht dies nicht zu Lasten der Partei. Als außerprozessuales Rechtsgeschäft darf sie auch e i n e m b e s c h r ä n k t Ges c h ä f t s f ä h i g e n erteilt werden (BGB § 165), der aber (auch im sog. Parteiprozeß) nicht postulationsfähig ist (§79 A I ) , und sogar einem Geschäftsunfähigen, nämlich einer juristischen Person. Obwohl also die Prozeßvollmacht auf die Prozeßführung geht, kann sie auch jemand erteilt werden, der tatsächlich den Prozeß nicht führen kann (vgl. RG v. 29. 9. 1903 II JW 3823, v. 19. 2.1904 III E 57/90: ein Dritter könne bevollmächtigt werden, Prozeßvollmacht zu erteilen). Daß das übertragende Zwischenglied nicht postulationsfähig (prozeßfähig) zu sein braucht, davon geht § 81 selbst aus. Eine solche Vollmacht ist also nicht unwirksam; denn jede Prozeßvollmacht berechtigt zur Bestellung eines weiteren Vertreters (§ 81 A II f), WEIS sich wieder außerprozessual abspielt, weshalb der, welcher sie hat, sie auch weiter übertragen darf (RG v. 4.10.1887 III J W 4326f. ; KG OLG 11/50, Η ell wig Lb. 2/403, Jonas § 80 Anm. II 4; a. M. RArbG v. 7.5.1930 ArbRspr. 234, welches Unwirksamkeit einer von einem Rechtsanwalt weiter erteilten Vollmacht im Verfahren vor dem ArbG annimmt). Die einem nicht Postulationsfähigen erteilte Prozeßvollmacht ist also wirksam (RG v. 2.12. 1926 IV E 115/73 für die Vollmacht zur Verkehrsführung, RG v. 7. 3. 1930 IX JW 205012 für die an den Verkehrsanwalt), wenn ihre Wirkung auch nur dahin geht, daß dieser sie einem anderen (nicht Postulationsfähigen oder Postulationsfähigen) übertragen darf (a. M. Jonas § 8 0 1 1 3 : sie sei unwirksam). Die einer juristischen Person erteilte Prozeßvollmacht darf deshalb von ihrem gesetzlichen Vertreter benutzt werden (vgl. OLG Rostock JW 22/5175", Hellwig Lb. 2/402), der dann selbst Prozeßbevollmächtigter für den Bevollmächtigenden wird. Dabei bedarf es der besonderen Bevollmächtigung der juristischen Person an den gesetzlichen Vertreter nicht, weil der gesetzliche Vertreter schon als solcher zum Handeln für die und an Stelleder juristischen Person berufen ist. Aus 628

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§

βθΒΠο

demselben Grunde der gesetzlichen Vertretung ist auch keine Sonder-(Haupt- oder Unter-)vollmacht erforderlich für den bestellten Anwaltsvertreter, Kanzleiverwalter oder den Anwaltsassessor (vgl. RAO BZ §§ 7 III 2, 32folg.), die an Stelle des prozeßbevollmächtigten Anwalts handeln. Und auch der rechtsgeschäftliche Bevollmächtigte der juristischen Person (etwa ihr Prokurist) wie auch ihre sonstigen Bevollmächtigten müssen als befugt angesehen werden, den die juristische Person Bevollmächtigenden zu vertreten bzw. die Prozeßvollmacht weiter zu übertragen. Das Entsprechende gilt, wenn sonst Partei-, aber nicht Prozeßfähigen (etwa einer oHG) Prozeßvollmacht erteilt wird, doch stellt die Vollmacht für einen nur relativ Parteifähigen nur die für sämtliche dahinter stehenden Rechtspersonen, nicht für einzelne von ihnen dar (also die an einen nicht rechtsfähigen Verein erteilte ist keine Vollmacht für seinen Vorstand). Der Inhalt der Prozeßvollmacht ist den §§ 81 folg. zu entnehmen, selbst wenn sie Β Π d «inem Postulationsunfähigen erteilt wird, obwohl die Normen es auf die dem Postulationsfähigen erteilte Prozeßvollmacht abstellen. Doch kann die dem Nichtpostulationsfähigen erteilte nicht kleiner sein (selbst wenn er sie nicht voll gebrauchen kann) ; denn er muß sie übertragen können (nemo potest transferre plus iuris quam ipse habet). Für sie gilt inländisches Prozeßrecht, gleichviel wo (ob im Inlande oder Auslande) und von wem (einem Ausländer, Staatenlosen oder Inländer oder einer Person gemischter Staatsangehörigkeit) sie erteilt ist; ja insoweit wird auch die Erteilung selbst nach dem gerichtsständigen Prozeßrecht beurteilt, obwohl sie ein außerprozessuales Rechtsgeschäft ist; dies gilt auch dafür, daß sie letzten Endes von dem nach gerichtsständigem Recht zu beurteilenden Prozeßfähigen (der prozeßfähigen Partei oder ihrem richtigen gesetzlichen Vertreter) ausgehen muß. Sie bezieht sich nicht bloß auf Prozeßhandlungen und deren Inempfangnahme wie Unterlassungen, sondern auch auf außerprozessuale, soweit sie mit dem Prozeß zusammenhängen. Doch kann, soweit sie beschränkbar ist, in der Zulassung ohne gehörige Prüfung der vorgezeigten Vollmacht für einen Prozeßvergleich eine Amtspflichtverletzung des Gerichts gegenüber dem Dritten liegen, dessen Interessen verletzt worden sind (RG v. 13. 5. 1930 III E 129/37). Die Prozeßvollmacht des Anwalts endet nicht mit der Instanz, für die er postulationsfähig ist, also im besonderen nicht dadurch, daß der Rechtsstreit an ein anderes •Gericht verwiesen worden (OLG Naumburg JW 29/12718, vgl. § 276) oder in die höhere Instanz gediehen ist. Auch die Genehmigung der Prozeßführung stellt eine Prozeßvollmacht dar (vgl. BGB Β ΠΙ § 184). Sie wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme der Handlungen des Postulationsfähigen (§§ 89 II, 551 I 5, 579 I 4). Sie ist also eine außerprozessuale, empfangsbedürftige (gegenüber dem Vertreter, dem Gegner oder dem Gericht abzugebende) Willenserklärung. § 80 schreibt vor, daß die Vollmacht durch eine schriftliche Urkunde nachzuweisen C ist. Die Vorschrift gilt für alle Klage- (§ 253 C) und Prozeßarten (§§ 33 G III c, 38 A III a), aber nicht in schiedsrichterlichen (Privat-(Verfahren (RG v. 25.10.1910 II 581/09 Ν §80/6). Darüber, ob und welche Förmlichkeiten hier vorgeschrieben werden dürfen, vgl. § 1034 C II a. Aufnahme in das Protokoll genügt (RG v. 14. 2. 1881 III E 3/404, ν. 30. 4. 1900 IV C I Gruch. 44/1170 [1175], OLG Dresden 19/139: aus dem Vermerk „begleitet von RA . . ." wurde sie nicht entnommen). Die Erwähnung der Vollmacht im Urteil ist keine beurkundete Erklärung der Partei und ersetzt diese nicht. Der Inhalt der Urkunde selbst muß die Vollmacht unmittelbar enthalten (RG v. 29. 9.1903 II JW 3823); es genügt also nicht, daß aus der Urkunde auf eine bestehende Vollmacht geschlossen werden darf; wohl aber kann ihr Inhalt durch Auslegung ermittelt werden. Orts- und Zeitbezeichnungen braucht sie nicht zu enthalten (das Datum ist gleichgültig, vgl. RG v. 27. 9.1899 I Gruch. 44/1159; a. M. OLG Dresden 19/126 bei der Einlegung einer sofortigen Beschwerde, wonach die Urkunde innerhalb der Notfrist vorgelegt werden müsse, und KG OLG 39/37, wonach die Vollmacht innerhalb der Notfrist erteilt worden sein müsse) ; sie wirkt an sich für die Zukunft ; es werden aber durch sie 629

CI

§ 8 0

ZPO I. Buch

die vor ihrer Ausstellung vorgenommenen Handlungen regelmäßig gedeckt (vgl. § 89 Β II a). Regelmäßig ist sie zu unterschreiben (§416); doch genügt die Firmenbezeichnung, wenn aus einem Handelsgeschäft geklagt wird. Daß sie in deutscher Sprache errichtet sein muß, ist nicht vorgeschrieben (GVG § 184 trifft nicht zu, wohl aber § 142 III, da es sich um eine Beweisurkunde handelt). Auch wird die Schriftform durch die öffentliche Beurkundung ersetzt (BGB § 126 III, FGG §§ 168folg.). CΠ

Nachzuweisen ist die Prozeßvollmacht gegenüber dem Gericht, und zwar hat das Gericht im sog. Parteiprozeß (§ 79 A) regelmäßig (nämlich abgesehen vom Fall des § 703) hierauf von sich aus zu achten (§ 88 II), im Anwaltsprozeß (§ 78 I B) dagegen nur in den Fällen der §§ 613 I 2, 640 I, sonst nur auf Rüge der Gegenpartei (§ 88 I).

C II a

In sog. Parteiprozessen wie in Ehe- und Kindschaftssachen muß eine besondere Urkunde eingereicht werden. Sie bleibt dann bei den Gerichtsakten, d. h. bei den Akten des einzelnen Prozesses. Allgemeine Vollmachten (die sich nicht auf Ehe- und Kindschaftspro ζ esse beziehen) können aber zu Generalakten genommen werden; eine Bezugnahme auf sie ist dann (für den Regelprozeß) ausreichend (KGB1. 06/87). Befindet sich die Vollmacht in einer öffentlichen Urkunde, so genügt die Vorlegung einer beglaubigten Abschrift (§ 435). Die sich aus dem Vollmachtindossament ergebende (WG Art. 18, 19, ScheckG Art. 23) braucht nicht noch besonders nachgewiesen zu werden (Urschrift des Wechsels und des Schecks müssen aber vorgelegt werden). Ebenso kann sich die Vollmacht erst aus einem weiteren Nachweis (bei einem nicht rechtsfähigen Verein: RG v. 19. 2. 1904 III E 57/90, bzw. einer Gesellschaft: RG v. 29. 9. 1903 II JW 3823) ergeben. Zum Nachweis der Prokura (HGB § 49) genügt die Vorlegung eines Handelsregisterauszugs ; die Prokura kann zwar auch mündlich (wenn dies auch ausdrücklich geschehen muß) erteilt werden; diese Form reicht aber für den Nachweis der Prozeßvollmacht nicht aus. Auch der Nachweis einer nach HGB §54 11 erteilten Vollmacht muß durch eine Urkunde geführt werden. Daß von dem auf Antrag der Partei durch das Gericht beigeordneten Rechtsanwalt, der auftritt, nicht die Vorlegung einer besonderen Vollmacht verlangt werden darf, ergibt sich nach der hier vertretenen Ansicht (§ 80 Β II c 2) aus dem Armenrechtsgesuch bzw. aus dem Antrag (a. M. RG v. 7. 3. 1895 IV E 35/352 im Falle des § 668; v. 3. 1. 1901 VI E 47/413 im Falle des § 613; v. 30. 4. 1900 IV Gruch. 44/1070 [1075], v. 18. 2. 1919 VII E 94/342 [346] für den Armenanwalt).

Cnb

Im Anwaltsprozeß (§ 78 I) ist nur auf Rüge des Gegners die Vollmacht vorzulegen.

CΠ c

Der Nachweis soll von der ersten Prozeßhandlung an geführt werden, also im sog. Parteiprozeß bei Einreichung der Klage durch den Kläger, bei dem Beklagten spätestens im ersten Termin und, wenn schriftliches Verfahren angeordnet wurde, mit der ersten schriftsätzlichen Erklärung. In Anwaltsprozessen, welche die Beachtung der Vollmacht durch das Gericht nicht fordern, soll auf die Rüge sofort vorgelegt werden. Obwohl das Gericht nicht darauf Rücksicht zu nehmen braucht, wenn die Vollmacht nicht sofort beigebracht wird, wird es regelmäßig den sich als Vertreter Meldenden einstweilen gemäß § 89 zulassen, namentlich wenn bei Beachtung seines Vortrage der Rechtsstreit noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Die sofortige Zurückweisung im Anwaltsprozeß sollte nur beschlossen werden, wenn der Gegner zuvor sein Verlangen auf Vollmachtvorlegung rechtzeitig angekündigt oder das Gericht ihm erklärterweise stattgegeben hatte.

CHI

§ 80 II ordnet an, daß auf Antrag einer Gegenpartei (auch eines selbständigen Streitgehilfen der Gegenpartei, § 69, oder eines unselbständigen, dem die von ihm unterstützte Partei nicht widerspricht; aber nicht des eigenen Streitgehilfen oder Streitgenossen, auch nicht des notwendigen, § 62, und nicht des selbständigen, § 69) das Gericht die öffentliche Beglaubigung (BGB § 129 I, FGG §§ 183, 184, 167, 191, NotO § 22, Konsulargerichtsbarkeit G §§ 14f.) der Unterschrift einer Privaturkunde anordnen darf. Eine auf sich selbst gestellte Prozeßvollmacht kann die Urkundsperson dabei nicht wirksam beglaubigen (KG Seuff. 58/134).

630

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 8 0

Von Gerichts wegen darf die Beglaubigung nicht angeordnet werden. Eine des C ΠΙ a Schreibens unkundige oder am Schreiben verhinderte Person kann allerdings keine schriftliche Urkunde unterschreiben, ohne ihr Handzeichen schriftlich beglaubigen zu lassen (BGB § 126 I). Der Nachweis kann hier also von vornherein nur durch eine das Handzeichen öffentlich beglaubigende Urkunde geführt werden (a. M. Jonas §80 Anm. IV). Die Anordnung setzt die unbeglaubigte Unterschrift unter der Privaturkunde voraus ; gegenüber einer bereits beglaubigten oder der beurkundeten (BGB §§126 III, 129 II, RG v. 30.10.1912 IV Warn. 13/118 = JW 13/4332) ist sie unzulässig. Doch ist bei den beurkundeten die Vorlegung der Ausfertigung allein nicht genügend, weil die Urschrift der Urkunde nach inländischem Recht bei dem Beurkundenden verbleibt; hier wird vielmehr noch die Bestätigung dessen, der die Urschrift verwahrt, daß sie nicht widerrufen ist, gefordert werden müssen, wenn sie vor der Bestellung des Postulationsfähigen beurkundet worden ist. Zur Beglaubigung einer ausländischen Urkunde gehört aber auch ihre Legalisation (soweit diese sich nicht durch Staatsverträge erübrigen sollte, vgl. § 438 B). Die Anordnung steht im Ermessen des Gerichts. Der Prozeßgegner wird deshalb gut C HU» tun, seine Bedenken vorzutragen, aus denen heraus er die Beglaubigung beantragt. Eine Anhörung der Partei, welche die Beglaubigung vornehmen soll, ist nicht vorgeschrieben, empfiehlt sich aber. Mündlich braucht darüber nicht verhandelt zu werden (RG v. 20. 9. 1924 I DJZ 993). Weder die Zurückweisung des Antrags (§ 80 II 2) noch die Anordnung (§ 567 I) sind mit der Beschwerde angreifbar. Zulässig ist die Anordnung auch noch im Beschwerde- und Vollstreckungsverfahren (RG v. 18. 3.1902 VII E 51/98). Ein zurückgewiesener Antrag darf mit neuer Begründung in derselben, mit der alten in der höheren Instanz wiederholt werden. Wird die Beglaubigung angeordnet, so wird dazu eine Frist zu setzen sein (RG v. C ΠΙ e 30. 10. 1912 IV JW 13/4332 = Warn. 13/118, vorher darf weder ein End- noch ein Zwischen urteil ergehen; § 8 9 1 2 in entsprechender Anwendung). Die Fristsetzung erübrigt sich aber, wenn der Bevollmächtigte erklärt, die Beglaubigung nicht beibringen zu können (RG v. 18. 3. 1902 VII E 51/98f., KG ZZP 31/512f.: bei seiner Erklärung, der Aufenthaltsort der Partei sei ihm unbekannt). Sonst liegt ein Mangel der Vollmacht erst nach Ablauf der Frist vor (OLG Karlsruhe BadRPr. 18/111), wenn bis dahin und darüber hinaus bis zur Entscheidung die Urkunde in öffentlich beglaubigter oder beurkundeter Form nicht vorgelegt wird. Im übrigen ist der Bevollmächtigte bis zur Beibringung der beglaubigten Unterschrift im Verfahren zu belassen (vgl. OLG Dresden SächsAnn. 35/285: nach gerichtlichem Ermessen in Anwendung von § 89; doch liegt ein solcher Fall gar nicht vor). Bis zur Zurückweisung bleibt jedenfalls der Bevollmächtigte Zustellungsempfänger nach §176 (vgl. RG v. 2. 3. 1917 III JW 605, v. 5. 5. 1925 III J R Β 1378, v. 18. 4. 1928 I E 121/63). Nach fruchtlosem Fristablauf ist bei Erlaß der Endentscheidung auf den Bevollmächtigten § 89 I 3 anzuwenden, d. h. ihm sind die durch sein Dazwischentreten entstandenen Kosten aufzuerlegen (RG v. 18. 3. 1902 VII E 51/98, nicht aber die sonstigen Kosten des Rechtsstreits, LG Berlin JW 18/621, JW 18/571' = OLG 39/38), wogegen er selbst aus eigenem Recht nach §§99 II, 91a II in entsprechender Anwendung, da die Hauptsache im Verhältnis zu ihm erledigt ist (vgl. RG v. 21.11. 1902 III E 53/65 [68]), die sofortige Beschwerde hat. Besteht die Parteiseite, von der Beglaubigung verlangt wird, aus mehreren Streitgenossen, so ist nach der dem Verlangen der Gegenpartei entsprechenden Anordnung u. U. von jedem Streitgenossen die Unterschrift beglaubigt beizubringen, bei dem klagenden nicht rechtsfähigen Verein von einem jeden Vereinsmitglied (RG v. 30.10.1912 IV Warn. 13/118 = JW 13/43 32 : das notarielle Protokoll über die Mitgliederversammlung genügt, sofern es alle Mitglieder unterschrieben haben. Die K o s t e n der B e g l a u b i g u n g sind zunächst von der Partei des Bevollmächtigten zu tragen ; unterliegt der Gegner, so sind die auf Grund seines Antrags entstandenen als notwendige i. S. des §91 zu erstatten (KG Seuff. 44/283) ; darüber hinaus hat OLG Hamburg Seuff. 42/150 die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten auch vor einem Antrag des Gegners zugebilligt, falls ein solcher Antrag zu erwarten war und dann nicht gestellt 631

C Hic

§ 8 0

ZPO I. Buch

wurde, wenn wegen weiter Entfernung vom Prozeßort die spätere Einholung den Prozeß verzögert hätte, und RG v. 26.11.1890 V JW 91/45 hat sie zugebilligt, wenn die Vollmacht schreibunkundiger Personen zu beurkunden war. D

Zu unterscheiden von dem Nachwels der Prozeßvollmacht ist der der gesetzlichen Vertretungsmacht, dieser ist auch im Anwaltsprozeß durch das Gericht ohne Rüge (Hellwig Lb. 2/418, Jonas § 80 Anm. V 1) zu verlangen. Dazu gehört auch der Nachweis, daß jemand Konsul einer fremden Macht ist, soweit daran seine Vertretungsbefugnis geknüpft ist; in der Praxis hat es sich indes eingebürgert, daß auch diese nicht nachgeprüft wird, wenn sie sich aus den Umständen ergibt (etwa der Vater oder die Mutter als gesetzlicher Vertreter des Kindes klagt), und darüber hinaus bei Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern der juristischen Personen (vgl. dazu auch § 56).

Β

Vor den Arbeitsgerichten gelten die Vorschriften der §§ 79folg. entsprechend (ArbGG §§ 46, 64 II), wobei vor dem ArbG wie sonst vor dem AG (ArbGG § 46), also im sog. Parteiprozeß (vgl. § 79 A) verfahren wird. Wegen der Streitfrage, ob ein vor dem ArbG Postulationsunfähiger Prozeßvollmacht erteilen darf, vgl. § 79 Β I a. Die Verbandsvertreter des ArbGG § 11 I, II sind Prozeßbevollmächtigte (a. M. Schönke § 80 Anm. VIII1), im Verfahren vor dem ArbG muß deshalb die Vollmacht des Verbandes wie die des Verbandes auf den Verbands Vertreter nachgewiesen werden, worauf das Gericht zu achten hat (§88 II). Das Verfahren vor dem LArbG ist dagegen ein (modifizierter) Anwaltsprozeß (§ 78 I), so daß hier § 88 I auch für die Verbandsvertreter gilt; das vor dem Β ArbG ist Anwaltsprozeß (§ 78 I).

F

Im strafrechtlichen Adhäsionsprozeß ist die Vorlegung der Vollmachtsurkunde erforderlich; sie entspricht im übrigen der Prozeßvollmacht vor den Zivilgerichten, nur daß hier stets die Normen des amtsgerichtlichen Verfahrens (jedenfalls in der ersten Instanz) anzuwenden sind.

O

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist die schriftliche Vollmacht stets dem Gericht einzureichen (BMilRegVO 165 §42, VGG §61; § 80 ist unanwendbar). Nach VGG § 61 kann die Prozeßvollmacht durch nachträgliche Genehmigung auf dem Wege schriftlicher Bestätigung ersetzt werden.

H

Ist die Einkommensteuererklärung von einem Bevollmächtigten unterschrieben, so darf das Finanzamt die Vorlegung einer schriftlichen Vollmacht fordern (ESt. DVO 50 §42 1), sofern es Zweifel an der Bevollmächtigung hat (Hübschmann-Hepp-Spitaler § 102 Anm. 4). In Steuerstrafverfahren ist die schriftliche Vollmacht nach AbgabenO § 444 vorzulegen. Im Verfahren vor den Finanzgerichten gelten dagegen die Vorschriften des bürgerlichen Rechts (AbgabenO § 102 II); auch die mündlich erteilte Vollmacht ist gültig, und ihre Erteilung kann sich aus den Umständen ergeben (RFH 34/156).

J

Im Verfahren vor dem BVG ist die schriftliche, auf das Verfahren besonders gerichtete Vollmacht vorzulegen (BVGG § 22 II). Beglaubigung der Vollmacht ist hier nicht vorgesehen.

§ 81 1

(77)

Die Prozeßvollmacht ermächtigt zu alien den Rechtsstreit betreffenden Prozeßhandlungen, einschließlich derjenigen, die durch eine Widerklage, eine Wiederaufnahme des Verfahrens und die Zwangsvollstreckung veranlaßt werden; zur Bestellung eines Vertreters sowie eines Bevollmächtigten für die höheren Instanzen; zur Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Yerzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs; zur Empfangnahme der von dem Gegner zu erstattenden Kosten. 632

Prozeßbevollmächtigte und Beistände A I a b II a 1 b 1 2 3 4 5 6 7 c 1 2 d 1

Gesetzlich bestimmter Inhalt der Prozeßvollmacht Die Bestimmung des g 81 festgelegte innerprozessuale Wirkungen und Entscheidungen Vollmachtarten Einzelvollmacht Parteirolle Gesamtrechtsnachfolge Streitgegenstand Klageerhebungsvollmacht Rechtsmittelbevollmächtigung über den Prozeß hinausgehend Zwangsvollstreckung für die Wiederaufnahmeklage Abgrenzung Ende Rechtsmittelvollmacht zweitinstanzliche drittinstanzliche Vollmachtsübertragung des Postulatlonsunfähigen

e

§ 8 1

2 auf höherinstanzliche Anwälte Untervollmacht 1 zur Zustellung 2 zur Terminswahrnehmung

Β I II a b c III a 1 2 b 1 2 c 1 d

Umfang der Prozeßvollmacht Prozessuale Wissenserklärungen Prozessuale Willenserklärungen abzugebende unterlassene in Empfang zu nehmende Außerprozessuale Willenserklärungen Empfangnahme und Abgabe Abgabe Empfangnahme Begrenzung in bezug auf Dritte in bezug auf dasselbe Rechtsverhältnis die Vollmachtserweiterung des Generalbevollmächtigten Außerprozessual wirksame Erklärungen sind keine Prozeßhandlungen

§ 81 bestimmt zusammen mit § 82 den — regelmäßigen — Inhalt der Prozeßvollmacht A (über den Begriff vgl. § 80 Β IIb), gesetzlich eingeschränkt nach §§ 613, 640 I, durch Parteiwillkür aber nur einschränkbar nach § 83. Die Vorschriften sind zwingenden Rechts. Sie gehen von der einem Postulationsfähigen erteilten Prozeßvollmacht aus und beziehen sich hauptsächlich auf die Prozeßführung, berühren aber auch ihre außerprozessualen Wirkungen und übergehen im wesentlichen nur das (Innen-) Verhältnis zwischen „Partei" und Prozeßbevollmächtigtem (§ 80 A II) sowie die Glieder, welche dazwischentreten können. Die Prozeßvollmacht hat einen gesetzlich bestimmten Inhalt.

AI

Die gesetzlich geregelten innerprozessualen Wirkungen der Prozeßvollmacht können A l a nicht erweitert werden, weil sie alle Prozeßhandlungen umfaßt; wohl aber dürfen es die außerprozessualen durch die Erklärung des Vollmachtgebers. Im Anwaltsprozeß (§ 78 I) dürfen die Prozeßhandlungen des Verzichts wie des Anerkenntnisses (§§ 306f.), d. h. die Erklärung des Vollmachtgebers ausgeschlossen werden; die außerprozessualen Wirkungen jedenfalls in bezug auf den Vergleich (§ 81 Β III a 1), im sog. Parteienprozeß (§ 79 A) darf sie sogar auf einzelne Prozeßhandlungen (unter Ausschluß der außerprozessualen Wirkung) beschränkt werden (§ 83 II). Ist eine Allgemeinvollmacht erteilt (§ 80 Β Ile, also eine, die sich von vornherein auf A l b die Vielzahl der Prozesse bezieht, für die eine Spezialvollmacht gesetzlich gefordert wird, vgl. §§ 613 I, 640 I), so richtet sie sich gegen jedermann, während die Spezialvollmacht (vgl. §§ 613, 640 I) den Gegner wie den Klagegrund fixieren muß. Zwischen beiden liegt die gewöhnliche Einzelvollmacht, die den Gegner, aber nicht den Klagegrund festlegt. Die Einzelvollmacht bezieht sich auf einen bestimmten Rechtsstreit (in dem also über Α Π bestimmte Begehren im Zugleich verfahren, ein einheitlicher Aktenvorgang gebildet wird u. dgl. m.), gleichviel welcher Anspruch erhoben und zwischen welchen Parteien er ausgetragen wird. Die Einheit wird also durch die Beziehung des Vollmachtgebers auf den konkreten Streit (Akten- und Verhandlungsvorgang) hergestellt, in dem mit ihm verfahren wird. An dieser äußeren Einheit wird festgehalten, gleichviel ob der geltend gemachte Anspruch derselbe bleibt, erweitert, beschränkt oder ein anderer an seiner Stelle erhoben wird, ob eine Partei ausscheidet oder neu hinzutritt oder eine andere Partei an ihre Stelle tritt, der Streit an ein anderes Gericht (durch Verweisung, §§ 276, 506, 697, 700, oder im Rechtsmittelzug) geht oder vor demselben bleibt, alles, solange nur der Vollmachtgeber beteiligt bleibt. Auf die Parteirolle des Machtgebers kommt es dabei nicht an; er darf also sowohl A l l a Kläger wie Beklagter sein. Die von einem als künftigem Beklagten erteilte Vollmacht berechtigt auch dazu, die negative Feststellungsklage als Kläger zu erheben, wie umge633

ΑΠ»

§81

ZPO I. Buch

kehrt die für den zukünftigen Kläger erteilte den Eintritt als Beklagten in einen Prozeß, in dem ihm sein Gegner zuvorgekommen ist, deckt. Ja, es kommt nicht einmal darauf an, ob er die Parteiseite wechselt (wie der Fall der Hauptintervention — § 64 — zeigt, § 83). Deshalb darf der Bevollmächtigte eines Streithelfers auch die Parteiseite wechseln. Ist ein solcher Seitenwechsel unzulässig, so wird die vertretene Partei davon getroffen, nicht aber wird ihre Prozeß Vollmacht unwirksam. Die Prozeßvollmacht bleibt auch bestehen, wenn der Bevollmächtigende zunächst nur Streitgehilfe war und dann Partei wird (vgl. §§ 75 folg.), während umgekehrt, wenn er als Partei ausscheidet, zu seinem erneuten Beitritt als Streitgehilfe oder -genösse eine neue Vollmacht gehört (wenn der Bevollmächtigte keine Allgemeinvollmacht hat, die ihn auch insoweit deckt), wie überhaupt regelmäßig, wenn an die Stelle des Vollmachtgebers eine andere Person tritt, soweit nicht die bisherige Vollmacht fortwirkt (§ 86, also die des Toten vor der Aussetzung nach § 246 und RG v. 10. 4.1908 VII E 68/256 für den Fall des für die verstorbene Partei vor Fristablauf eingelegten Rechtsmittels, selbst wenn der Aussetzungsantrag schon gestellt war, wobei der Prozeßbevollmächtigte der dritten Instanz von dem zweitinstanzlichen bestellt wurde). Nach Klageerhebung gegen eine Person darf indes (wegen der Rechtskraftwirkung, §§ 325f.) auch die Einwilligung in die Prozeßfortsetzung mit dem Einzelrechtsnachfolger erteilt und der Prozeß gegen diesen fortgesetzt werden (§ 265 II 2). Auch in den sonstigen Fällen der gesetzlichen Parteiänderung (vgl. §§75 folg.) braucht keine neue Vollmacht erteilt zu werden; wohl aber in den darüber hinausgehenden gewillkürten, wenn man hierin nicht die bloße Klageänderung sieht (vgl. § 264 E ; vom gegenteiligen Standpunkt aus müßte auch sie, wenn sie im Laufe des Verfahrens eintritt, von der Vollmacht gedeckt werden), im besonderen also, wenn der Kläger einen weiteren Beklagten in den Streit ziehen will. Im Anwaltsprozeß (§78 1), wo (regelmäßig) die Prozeßvollmacht nicht vorgelegt zu werden braucht, werden allerdings die Fälle der Parteiänderung, die durch die alte Vollmacht nicht gedeckt werden, nicht hervortreten, wohl aber im sog. Parteienprozeß (§ 79 A). Die Hereinnahme eines neuen Streitgenossen (auf derselben Parteiseite) ist dagegen unschädlich (gegen ihn richtet sich das Verfahren nicht) ; ebenso kommt es nicht auf die (beiderseitigen) Streitgehilfen an. Zur Streitverkündung ermächtigt die Vollmacht stets. Umgekehrt kann aber der Prozeßbevollmächtigte nicht in einem anderen Rechtsstreit als Streitgehilfe beitreten (OLG Stuttgart 39/46). Ist die Vollmacht des Beklagten gegen einen namentlich benannten Kläger ausgestellt, so muß es dieser z. Z. des Eintritts des Beklagten in den Prozeß bzw. sein Gesamtrechtsnachfolger sein (gegen weitere vorhandene Gegner gilt sie nicht) ; doch darf die Vollmacht auch auf den Rechtsstreit als solchen gestellt sein (d. h. auf alle Gegner sich beziehen). Dann richtet sie sich gegen alle Gegner, die es z. Z. der Bestellung des Prozeßbevollmächtigten waren. Bezüglich der Parteiänderung gilt hier das Entsprechende wie bei der Vollmacht des Klägers. Schließlich erstreckt sich die Vollmacht auch auf Folgeprozesse gegen dritte, die sich aus der Vollstreckung ergeben (RG v. 3. 4.1908 VII Seuff. 63/211: für den Vergleich in der Vollstreckung; vgl. § 81 A I I b 3). ΑΠa1

Die Einzelvollmacht ist gegen (eine oder mehrere) bestimmte Personen gerichtet. Dennoch wirkt sie auch gegen deren Gesamtrechtsnachfolger (arg. § 86), nicht aber gegen einen (oder mehrere) Einzelrechtsnachfolger oder sonstige Dritte.

ΑΠb

Die Einzelvollmacht fixiert die Person des Gegners, nicht notwendigerweise den Streitgegenstand. Die Angabe eines bestimmten Anspruchs bzw. Rechtsgrundes ist unbeachtlich (weil die allgemeine Prozeßvollmacht zur Klageänderung, -erweiterung usw. berechtigt), nur kann mit der Einzelvollmacht in keinen Streit gegangen werden, der eine Spezialvollmacht erfordert (§§ 613, 640 I) bzw. wo ein Klagegrund, für den Spezialvollmacht vorgesehen ist, genannt ist; Klage- (§ 253 C) wie Prozeßart (§§ 33 C IIIc, 38 A l i l a ) können in der Vollmacht nicht bindend vorgeschrieben werden. Es dürfen auf Grund der Einzelvollmacht gegen den Gegner aber nicht beliebig viel Prozesse anhängig gemacht werden, sondern nur ein Verfahren. Doch ermächtigt die für das Hauptverfahren erteilte Vollmacht zu allen Handlungen, die erforderlich sind, es

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Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 8 1

Anb

durchzuführen, während die nur für ein Vor- oder ein Nachverfahren erteilte diesen Umfang nicht hat. Die Prozeßvollmacht des Klägers ermächtigt dazu, das Verfahren zu beginnen, die Α Π b 1 Klage einzureichen, aber auch schon alles zu tun, um die Klageeinreichung bewirken zu können, und deshalb die Vorverfahren (vgl. §§ 36, 37, 57, 58, 486, 608) zu betreiben, wozu auch das Armenrechtsverfahren gehört (§§114 folg.). Die für das amtsgerichtliche Entmündigungsverfahren erteilte erstreckt sich auch auf das anschließende landgerichtliche, die für das Aufgebotsverfahren auch für die damit im Zusammenhang stehende Klage, die im Schiedsverfahren erteilte auf das gerichtliche Anhangverfahren, während umgekehrt die Prozeßvollmacht für das ordentliche Verfahren nicht dazu ermächtigt, eine Schiedsgerichtsabrede zu treffen (SydowBusch § 81 Anm. 8, Rosenberg Lb. § 50 II 6a ß ) . Soweit in ihnen der künftige Prozeßgegner in Erscheinung tritt, hat seine Vollmacht die entsprechende Wirkung. Zwei im voraus Prozeßbevollmächtigte dürfen deshalb auch eine außerprozessuale Vereinbarung nach § 38 treffen. Die Prozeßvollmacht ermächtigt ferner dazu, das Verfahren voll durchzuführen, also Α Π b 2 auch in den höheren Instanzen (wie zur Übertragung der Vollmacht auf einen anderen, besonders wenn die Postulationsfähigkeit wechselt) und für das Nach verfahren (§§ 302, 599) sowie ohne weiteres, wenn der Rechtsstreit in die untere Instanz zurückverwiesen wird (§§ 538, 539, 565). Sie ermächtigt deshalb zur Bestellung eines Vertreters (§81 Β IV). Die Prozeßvollmacht geht über den Prozeß hinaus, wie selbst nach seiner rechts- Α Π b 3 kräftigen Beendigung (aber auch schon vorher) der (erstinstanzliche) Prozeßbevollmächtigte (RG v. 26. 6. 1883 II E 9/392) die Kostenfestsetzung (§ 103), die Rückgabe einer Sicherheit (§§109, 715), die Vollstreckung (§§ 753, 754, 828 folg., 867, 887 folg., ZVG §§ 15, 146, 162, 170a I, 171, RG v. 3. 4.1908 VII Seuff. 63/211), und zwar sowohl auf der Gläubiger- wie auf der Schuldnerseite fördern darf (wenn er auch auf der Schuldnerseite bei der reinen Vollstreckung nicht beteiligt ist). Das gilt besonders für die neuen Verfahren, die sich hierbei ergeben (vgl. §§ 731 folg., 766 folg., 771 folg., 785, 786, 796 folg., 805, 836, 841, 856, 878, OLG Stettin 19/148), gleichviel ob sie unter denselben Parteien wie im Vorprozeß anhängig werden oder gegen einen Dritten zu führen sind (RG v. 3. 4.1908 VII Seuff. 63/211). Dies gilt auch für eine nur auf die Vollstreckung beschränkte Vollmacht (Rosenberg Lb. § 50 II 6 a α). Ob auch der aus § 893 folgende Prozeß durch die Vollmacht des Vorprozesses gedeckt ist, ist streitig (verneinend Schönke und Jonas § 81 Anm. I I I , Sydow-Busch § 81 Anm. 6, Baumbach-Lauterbach §81 Anm. 2c; bejahend Hellwig Lb. 2/436). Für Konkurs- und Vergleichsverfahren fordert die h. M. die Beibringung einer besonderen Vollmacht (Jaeger § 139 Anm. 4, Jonas § 81 Anm. II 4, Sydow-Busch Anm. 6 zu § 81); doch erstreckt sich die für das Vergleichsverfahren erteilte auch auf das Anschlußkonkursverfahren, die für das Konkursverfahren erteilte auch auf die sich hieraus ergebenden Prozesse (vgl. KO §146; dazu gehört aber nicht der Prozeß gegen den bestreitenden Gemeinschuldner nach KO §144 11). Die Zwangsvollstreckungsvollmacht gehört regelmäßig zu der erstinstanzlichen Be- Α Π b 4 vollmächtigung (§§ 119, 178), kann allerdings auch getrennt erteilt werden und umfaßt dann nur die noch verbleibenden Teile, nicht die auf den Hauptprozeß gerichtete, wohl aber die auf Abschluß eines Vergleichs im Vollstreckungsverfahren (RG v. 3. 4.1908 VII Warn. 397 = Seuff. 63/211) und auf die Anhangprozesse (vgl. § 81 A I I b 3). Selbst für die Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 578 folg.) reicht die alte Prozeß- A ü b 6 Tollmacht, obwohl hier die h. M. annimmt, daß für die Kenntnis nach § 586 nicht die des früheren Prozeßbevollmächtigten ausreicht. Die Prozeßvollmacht ermächtigt indes nicht zur Erhebung der Abänderungsklagen Α Π b 6 (§323; Rosenberg Lb. § 153 114b; a. M. Baumbach-Lauterbach §81 Anm. 2 B), der Ergänzungsklagen des § 324 und der selbständigen Klagen auf Schadensersatz nach §§ 302, 600, 717, 945 (a. M. Baumbach-Lauterbach § 81 Anm. 2 ß\ aber wer eine Widerklage erheben darf, darf noch nicht selbständig klagen). Soweit sich aber der Streit inner-

635

ΑΠ be

§ 8 1

ZPO I. Buch

halb des Prozesses abspielt, sei es auch durch eine Widerklage (dies gilt auch für den sog. Inzidentantrag in den letztgenannten Fällen, wenn man ihn nicht als Widerklage ansieht) oder als Zwischenstreit mit einem Dritten, deckt die Prozeßvollmacht die Handlungen des Bevollmächtigten; das Ungebührverfahren nach GVG §178 hiervon auszunehmen, geht nicht an (OLG München 27/6; a. M. OLG Jena ThürBl. 50/206, Jonas § 81 Anm. III 1). ΑΠb7 Die Prozeßvollmacht endet regelmäßig mit dem Ausscheiden des Vollmachtgebers aus dem Verfahren, also nicht schon mit dem Ende der Instanz (vgl. § 81 A l l b2; sie gilt im besonderen in den Verfahren bis zur Rechtsmitteleinlegung, in dem der Zwischeninstanz, RG v. 10. 4. 1908 VII Β 68/256; vgl. im übrigen wegen der Zustellungen §§ 178, 210 a); für den erstinstanzlichen Anwalt bleibt sie im Kosten- und Vollstreckungsverfahren bestehen, auch wenn der Prozeß in die höhere Instanz geht (RG v. 26. 6. 1883 II E 9/392) ; für den Rechtsmittelanwalt endet sie mit der Instanz, soweit diese nicht durch Aufhebung und Zurückverweisung wieder auflebt, also im besonderen bei einer weiteren Berufung gegen ein anderes Teilurteil (RG v. 22. 12. 1882 II E 8/369). Die Prozeßvollmacht endet auch nicht mit dem Wegfall der Postulationsfähigkeit, wenn dann auch der Prozeßbevollmächtigte nicht mehr wirksame Prozeßhandlungen vornehmen kann, sondern nur noch Zustellungsempfänger bleibt. ΑΠe

Daß ein nur erstinstanzlicher Anwalt nicht wirksam in der zweiten und der dritten Instanz handeln kann, wie umgekehrt es die nur zweit- oder drittinstanzlichen nicht in der ersten können, ist eine Folge der beschränkten Postulationsfähigkeit, nicht aber die der Vollmacht. Insoweit tritt für die hohen Instanzen aber die Prozeßvollmacht des erstinstanzlichen Anwalts zurück, wo sie sich nur auf die Obliegenheiten beschränkt, für die er postulationsfähig ist (dies gilt auch für sonst Postulationsunfähige, die den Postulationsfähigen die Prozeßvollmacht weiter übertragen), also im besonderen für die Überweisung in die Berufungsinstanz (nicht aber für den Betrieb in ihr, auch nicht, wenn in der zweiten Instanz ein Armenanwalt tätig wird: RG v. 16.12. 1920 IV 344/20 Ν § 81/20). Inwieweit indes noch der Anwalt der unteren Instanz in der höheren tätig werden darf, vgl. § 78 Β IIa.

ΑΠc1

Der Prozeßbevollmächtigte der höheren Instanz hat Prozeßvollmacht (RG v. 10.11.1888 V E 22/397 : ist nicht Unterbevollmächtigter des erstinstanzlichen Anwalts), und zwar sowohl bzgl. der Zustellung (§176) als auch wegen jeder Prozeßhandlung während der Instanz mit anschließender Zwischeninstanz. Diese sog. Instanzvollmacht erstreckt sich aber nicht auf die Zwangsvollstreckung (vgl. § 81 A I I b 4) einschließlich der Anhangprozesse (vgl. § 81 A I I b 3) und nicht auf die Kostenfestsetzung (§§ 103 folg.), nicht auf die Empfangnahme der Kosten; Befugnisse, die regelmäßig zur ersten Instanz gehören. Sie erlischt mit der rechtskräftigen Erledigung des eingelegten Rechtsmittels (RG v. 6. 11. 1897 V JW 6294) und erstreckt sich nicht auf ein neu, wenn auch in derselben Sache, einzulegendes. Mit dem Tode des Bevollmächtigenden (erstinstanzlichen Anwalts etwa) erlischt sie nicht zugleich. ΑΠc2 Die Prozeßvollmacht des drittinstanzlichen Anwalts ist noch weitergehend insoweit eingeschränkt, als er keine neuen Tatsachen bringen darf. Alld

àlidi

Der postulationsfähige Prozeßbevollmächtigte kann die Prozeßvollmacht — soweit er postulationsfähig ist — nicht übertragen, sondern nur insoweit er nicht postulationsfähig ist (RG v. 29. 6. 1883 II E 11/369, KG OLG 15/73, OLG Kiel Seuff. 75/12, Jonas § 81 Anm. V, Sydow-Busch § 81 Anm. 7; Baumbach-Lauterbach § 82 Anm. 3 A). Dagegen ermächtigt die Prozeßvollmacht eines Nichtpostulationsfähigen zur Bestellung eines (postulationsfähigen) Vertreters. Der Vertreter wird wie der Prozeßbevollmächtigte außerprozessual bevollmächtigt (vgl. § 80, RG v. 17. 5.1899 V E 44/360: die Bestellung des Vertreters für die höhere Instanz sei es nicht). Daneben hat die Bevollmächtigung des Postulationsunfähigen allerdings dieselbe außerprozessuale Wirkung wie die Prozeßvollmacht selbst; der Postulationsunfähige kann deshalb — außerprozessual — sich vergleichen, anerkennen, verzichten, kündigen, anfechten u. dgl. m.

636

Prozeßbevollmächtigte u n d Beistände

§ 8 1

Der Vertreter der höheren Instanz wird entweder durch die prozeßfähige Partei bzw. Α Π d 2 ihren gesetzlichen Vertreter oder einen ihrer gewillkürten Prozeßbevollmächtigten, darunter den Prozeßbevollmächtigten erster Instanz, bevollmächtigt, was auch stillschweigend durch Aktenübersendung an den f ü r die zweite Instanz bestellten Armenanwalt geschehen kann (OLG Schleswig SchlHA 49/130, wenn man sie nicht schon im Armenrechtsgesuch sieht, vgl. dazu § 80 Β I I c 2), besonders wenn der erstinstanzliche Anwalt in der zweiten Instanz nicht postulationsfähig ist, wie dies im Verhältnis der landgerichtlichen zu den oberlandesgerichtlichen Verfahren nach RAO BZ § 14 der Regelfall sein soll oder soweit f ü r die dritte Instanz eine besondere Postulationsfähigkeit gefordert wird, wie nach RAO BZ § 124 I bei den Revisionen, die an den BGH gehen; dann darf aber auch der zweitinstanzliche Anwalt bevollmächtigen. Über den U m f a n g seiner Vollm a c h t vgl. § 81 A I I c . Geht man davon aus, daß die Prozeßvollmacht bestehen bleibt, so kann auch dem Prozeßbevollmächtigten der höheren Instanz noch Vollmacht erteilt werden, selbst wenn das Verfahren unterbrochen wurde (vgl. aber § 246), wodurch der der höheren Instanz ein selbst unterbrochenes Verfahren wieder aufnehmen kann (was BGH V. 29. 5. 1951 IV E 2/227 nicht gelten ließ). Die Prozeßvollmacht des Postulationsfähigen ermächtigt zur Bestellung von Unter- Α Π e Vertretern (RG ν. 29. 6 . 1 8 8 3 II E 11/370, vgl. auch § 176). Doch unterscheiden sich diese gewillkürten Untervertreter von den nach RAO BZ bestellten noch vielfach: im Parteiprozeß muß die Untervollmacht im einzelnen Verfahren schriftlich beigebracht werden (in dem Ehestreit h a t R G v. 6. 7.1939 IV E 161/92 f. die schriftliche Unterbevollmächtigung des Unterbevollmächtigten und den E m p f a n g der Untervollmacht nicht f ü r erforderlich gehalten), durch den Tod des Prozeßbevollmächtigten erlischt die Untervollmacht (doch wird man auch hier das Fortbestehen im R a h m e n des im Innen Verhältnis geltenden BGB § 672 I 2 zulassen müssen); während beides bei den bestellten Vertretern (vgl. § 78 Β l a ) nicht der Fall ist. Unterbevollmächtigte und Terminsvertreter sind zwar auch Vertreter der Partei und müssen postulationsfähig sein (RArbG v. 20. 2. 1932 — 439/31 Ν § 81/23 f ü r das arbeitsgerichtliche Verfahren), auch ihre Vollmacht ist f ü r den Zweck, f ü r den sie bestellt sind, nicht weiter beschränkbar als die Prozeßvollmacht (wenn auch hier im Innen Verhältnis weitere Beschränkungen vereinbart werden dürfen), außerhalb ihrer Funktion, im besonderen außerhalb der mündlichen Verhandlung werden sie aber nicht Erklärungsempfänger und können sich auch nicht wirksam erklären. Über die Kosten des Unterbevollmächtigten wie die des Terminsvertreters vgl. § 78 Β I I b 1, § 80 Β I b 1. Doch darf der Untervertreter auch znr Zustellung bestellt werden; dann darf er auch Α Π e 1 Urteile zur Zustellung beglaubigen und zur Zustellung geben (RG v. 7.12. 1885 IV Gruch. 30/1108, vgl. auch § 78 Β I). Darüber, daß die Erteilung der Untervollmacht durch ein Vertretungsverbot nicht beeinträchtigt wird, vgl. § 78 Β l a . Die Vollmacht des Terminvertreters ist auf die W a h r n e h m u n g eines oder aller Ter- Α Π e 2 mine beschränkt. Seine Prozeßhandlungen außerhalb dieser sind unwirksam und deshalb auch sein Rechtsmittelverzicht (OLG H a m m N J W 49/29 1 1 ; a. M. R G v. 6. 7. 1939 IV E 161/92). Doch ist auch der Terminvertreter nach § 116 Parteibevollmächtigter (seine Dienstentlassung als Beamter wie der Tod der Partei lassen die Vollmacht unberührt, R A r b G v. 9. 4.1932 E 11/114). Die Prozeßvollmacht ermächtigt zu allenFrozeßhandlungen (vgl. § 80 Β l i d ) , die mit Β dem Rechtsstreit zusammenhängen. Dahin gehören die prozessualen Wissenserklärungen (§§ 138, 288), gleichviel ob die B I Partei die vorgebrachten Tatsachen kennt oder nicht; darüber, daß der Prozeßbevollmächtigte nicht willkürlich etwas behaupten darf, vgl. §138 1 und § 138 C I I a . Abgesehen vom Fall des J· 85 I 2 kann der Prozeßbevollmächtigte auch Erklärungen abgeben, von denen er weiß, daß die Partei dies nicht will. RG v. 22.6 1916 IV J W 1193 12 h a t aber eine Erklärung, die vom Prozeßbevollmächtigten einer Partei ohne ihr Wissen abgegeben war, nicht ihr materiell-rechtlich (als Ungehorsam des Abkömmlings) angelast e t ; regelmäßig wird dabei nur das Innenverhältnis berührt (vgl. dazu auch §83 A). Grundsätzlich darf also der Prozeßbevollmächtigte jedes Angriffs- u n d Verteidigungsmittel vor637

§ 8 1

ZPO I. Buch

bringen (vgl. RG v. 25. 9. 1901 V E 49/393, ν. 22.12.1902 VII E 56/333 [337]). Treten bei Nichtabgabe einer Erklärung Prozeßfolgen ein, so geschieht dies, wenn der Prozeßbevollmächtigte es unterläßt, sie abzugeben (vgl. § 138 III) ; soweit eine Prozeßfolge nach dem Gesetz durch Verschulden einer Partei eintritt, steht das Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten dem ihren grundsätzlich gleich (vgl. § 232 II). Β Π

Dazu gehören ferner die prozessualen Willenserklärungen.

Β Πa

Danach erstreckt sich die Prozeßvollmacht auch auf die Klageerhebung und -erweiterung, -änderung, -modifikation und -beschränkung, Rechtsmitteleinlegung und -erweiterung und -beschränkung, die Rechtsmittelbegründung, den Klageverzicht (§ 306), Rechtsmittelverzicht (§§ 514, 566, RG v. 9. 1.1905 IV E 59/346, ν. 13. 11. Ì922 IV E 105/351 [352]) und auf das Anerkenntnis (§ 307) wie auf Erhebung der Widerklage (§§33, 280). Weiter gehören die Prozeßerklärungen hierher, welche den Gang des Verfahrens betreffen (vgl. RG v. 22.12. 1902 VII E 56/333, v. 2. 10.1911 VI E 77/324 [329]), wie das Einverständnis mit der Entscheidung durch den Einzelrichter (§349 III), mit dem schriftlichen Verfahren (§ 128 II) oder die Anträge aller Art auf Terminsanberaumung, Vertagung, Aussetzung, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (RG v. 27. 9.1899 I Gruch. 44/1159), auf Erhebung von Beweisen, Verzicht auf Vernehmung und Beeidigung, auf Bewilligung des Armenrechts, auf Erlaß eines Anerkenntnis- (§ 307), Verzicht- (§ 306), Versäumnisurteils (§§ 330, 331) oder auf Entscheidung nach Aktenlage (§ 331 a) oder auf Erlaß von Verlustigkeitsbeschlüssen, auf Ergänzung des Urteils (§ 321), Berichtigung des Tatbestandes (§320) oder die einer offenbaren Unrichtigkeit (§319), aber auch die Einwilligung in die Klageänderung (§ 264), in die Klagerücknahme (§ 271) oder in die Rücknahme eines Rechtsmittels (§§ 515, 566, RG v. 7. 1. 1913 VII E 81/177), soweit die Zustimmung bei ihnen überhaupt erforderlich ist.

Β Hb Β Πc

Ihnen stehen die unterlassenen Willenserklärungen gleich (§§39, 269, 295 u. a. m.). Der Prozeßbevollmächtigte ist ermächtigt, Prozeßerklärungen des Gegners in Empfang zu nehmen, er kann die Empfangnahme nicht wirksam verweigern. Der Gegner muß sie ihm gegenüber erklären, wenn er dies durch eine von ihm oder dem Gericht zu bewirkende Zustellung tun muß (§§ 176, 178, 210a) oder wenn er dem Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung entgegentritt. Doch wird der Annahmezwang durch Zustellung eines Schriftsatzes mit Bereitwilligkeitserklärung zur Annahme geheilt (RG v. 21. 10. 1904 VII Gruch. 49/1055 [1060]). Auch genügt hier, daß der sich als bevollmächtigt Gebende als solcher auftritt, wenn seine fehlende Vollmacht unbemerkt gelassen wird.

®m

Die Prozeßvollmacht wirkt aber auch außerprozessual, d. h. bezogen auf den außerprozessualen Anspruch, der Streitgegenstand ist. Dies gilt für die Abgabe wie für die Empfangnahme von Erklärungen (RG v. 1.2.1924 VII 751/23 Ν § 81/21). Die Erklärungen dürfen mündlich wie schriftsätzlich (auch bloß vorbereitend: RG v. 5.12. 1902 II E 53/148, ν. 22. 6.1906 II E 63/411) wirksam abgegeben werden (und wirken mit Zugang bei dem Gegner, BGB § 130, nicht mit dem bei dem Gericht). Die Erklärung wirkt außerprozessual auch dann, wenn die Klage zurückgenommen wird (RG v. 23. 2. 1907 V 297/06 Ν § 81/11) oder der vorbereitende Schriftsatz nicht vorgetragen wird.

Β ΙΠ a

Β m a1

Zur Durchführung des Streits darf der Prozeßbevollmächtigte des Klägers jede außerprozessuale Handlung vornehmen, wie der des Beklagten alles seinerseits Erforderliche tun darf, um den Streit für den Beklagten siegreich zu beenden. Daraus folgt, daß eine Kündigung vom Prozeßbevollmächtigten ausgesprochen werden darf (RG v. 18. 2. 1902 III E 50/426, ν. 20. 12. 1902 V E 53/212, v. 25. 3. 1907 I 516/06 Ν § 81/12, KG OLG 2/29 [31], RG v. 5.12.1902 II E 53/148, sogar stillschweigend), aber auch die Anfechtung nach BGB §§ 119folg. (RG v. 4. 6.1901 II E 48/218f„ v. 25. 9.1901 V E 49/392f., v. 18.11.1902 II JW 213, v. 22. 6.1906 II E 63/411, ν. 15. 11.1940 VII DR 41 A 637!) und die Gläubigeranfechtung nach AnfechtungsG oder KO, welche im Prozeß vollzogen werden muß (RG v. 22. 10. 1902 V E 52/334folg„ v. 29. 3. 1904 VII E 58/44, v. 22.12.1905 II E 62/199), den Rücktritt (RG v. 22. 1. 1902 V E 50/138 [143], ν. 18.11. 1902 II JW 638

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 81 Β m

al

«3/21®, v. 5. 12. 1902 II E 53/148, v. 30. 9. 1930 II E 130/39 [47], v. 29.10. 1930 V LZ •31/501l; vgl. für alles Genannte auch RG v. 21. 12. 1901 V 310/01 + v. 13. 11. 1903 VII 276/03 + v. 1. 12. 1903 VII 320/03 + v. 21. 5. 1904 V 538/03 + v. 24. 1. 1907 IV 262/06 + v. 30. 5.1908 V 407/07 + v. 5. 5.1917 V 28/17 = Ν § 81/3), die Wandlung und die Minderung bzw. die Einwilligung dazu (RG v. 21.10.1904 VSZ Gruch. 49/1055 [1060]), die Ausübung des Wahlrechts nach BGB §§262folg. und andere Willenserklärungen, auch die Annahme der Verpfändung einer Hypothekenforderung zur Abwendung der Vollstreckung (RG v. 9.11.1907 V Warn. 08/89), und soweit das Gericht als Sicherheitsleistung eine Bürgschaft genügen läßt (vgl. § 108), auch die Abgabe der dazugehörenden Verpflichtungserklärungen. Ein anfechtbares Rechtsgeschäft darf so auch bestätigt werden (RG v. 23. 2. 1907 V 297/06 Ν § 81/11). Weiter darf die Spezifikation beim Spezifikationskauf (HGB § 375) vom Prozeßbevollmächtigten vorgenommen werden {RG v. 8. 3.1910 II 306/09 Ν § 81/16). Auch die Abgabe der Aufrechnungserklärung ist ihm gestattet (RG v. 18. 2. 1902 III E 50/426, KG Seuff. 56/173, KG OLG 1/140, 2/217, 294, OLG Hamburg 1/77, Kiel Seuff. 56/220; a. M. OLG Braunschweig BraunschwgZ 48/102). Auch die Aufforderung eines Ehegatten zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft (vgl. jetzt EheG § 50 I 3, IV) darf durch den Prozeßbevollmächtigten des Ehestreits abgegeben werden (RG v. 11. 4. 1940 IV E 163/305 [307], vgl. auch RG v. 29. 3. 1906 IV E 63/115; a. M. nach altem Recht in anderem gesetzlichem Zusammenhang: RG v. 2. 6.1904 IV E 58/227). Daß sonstige außerprozessuale Erklärungen in bezug auf Eheund Familienstandssachen nicht von einem Prozeßbevollmächtigten eines anderen Prozesses wirksam abgegeben werden können, folgt aus §§ 613, 640 I (vgl. RG v. 2. 6. 1904 IV E 58/227). §81 selbst nennt den Vergleich zur Beseitigung des Rechtsstreits und die Empfangnahme der Kosten. RG v. 14. 4. 1903 VII E 54/276 kennzeichnet das letzte als über die Prozeßführung hinausgehend. Ob der Vergleich (§§118a, 160 11, 499, 500, BGB § 779) in der Form des § 794 I 1 vorgenommen oder außergerichtlich erklärt wird (RG v. 26. 2. 1909 VII Warn. 294), ist gleichgültig; er kann auch noch in der Vollstreckungsinstanz so geschlossen werden (RG v. 9.11. 1907 V Warn. 08/89, v. 3.4. 1908 VII Warn. 397 = Seuff. 63/211 ; a. M. KG OLG 15/75). Entsprechend können auch Anerkenntnis und Verzicht außerprozessual durch den Bevollmächtigten in den Formen des bürgerlichen Rechts (BGB §§ 780folg.) wirksam erklärt werden (RG v. 30. 3. 1894 III JW 1934f. im Konkursfall), also nicht bloß als Prozeßhandlungen (a. M. Baumbach-Lauterbach § 81 Anm. 4). Obwohl der Anwalt die Kosten in Empfang nehmen darf, verwehrt ihm die h. M. die Aufrechnung gegen eine eigene Schuld (KG OLG 29/26, Sydow-Busch § 81 Anm. 2, Jonas § 81 Anm. VII). Über die besondere Vollmacht zur Empfangnahme des Streitgegenstandes, die über die Prozeßvollmacht hinausgeht, vgl. § 81 Β III b 2. Soweit ein Prozeßbevollmäehtigter eine außerprozessuale Erklärung wirksam ab- Β ΙΠ a 2 geben darf, darf bzw. muß der andere sie auch wirksam empfangen (RG v. 20. 12. 1902 V E 53/212 für die Empfangnahme der Kündigung, und zwar sowohl in der mündlichen Verhandlung wie durch Entgegennahme eines Schriftsatzes: RG v. 18.11. 1902 II JW 03/213, v. 22. 6. 1906 II E 63/411). Ihre Grenze findet die außerprozessual wirkende (Prozeß-)Vollmacht aber in der Β ΠΙ b Beziehung auf den Streitgegenstand (§ 253 Β II b). Nur soweit eine unteilbare Handlung außerprozessual vorzunehmen ist, die nicht bloß den Streitgegenstand umfaßt, sondern ihn nur mitumfaßt, ist die Handlung auch auf das nicht im Rechtsstreit Befindliche rechtswirksam, wie bei Kündigung, Wandlung u. dgl. m. (soweit diese nicht beschränkt auf den Streitgegenstand zulässig sind). Auch die Aufrechnung kann wirksam nur in bezug auf den Streitgegenstand erklärt werden. Daß dabei sich die Prozeßvollmacht nicht bloß auf auDerprozeseuale Rechtsgeschäfte Β ΠΙ b 1 mit den Parteien des Rechtsstreits erstreckt, zeigen die Fälle, wo Dritte verklagt werden dürfen, wie § 794 1 1, wonach vorausgesetzt wird, daß zur Beseitigung des Rechtsstreits auch mit Dritten ein Vergleich geschlossen werden darf (dies auf den in der Form des § 794 1 1 geschlossenen Vergleich zu beschränken, so Jonas § 81 Anm. III 3, geht nicht an) ; wenn auch nicht jedes Rechtsgeschäft mit einem Dritten durch den Prozeßbevoll41

Wieczorek, ZPO. I.

639,

Brabi

§

8 1

ZPO I. Buch

mächtigten wirksam vorgenommen werden darf (RG v. 6./21. 5. 1891 V I Seuff. 48/64), sondern nur eines, wo nicht bloß der Dritte, sondern auch die Gegenpartei beteiligt ist, ohne deren Willen der Rechtsstreit nicht zur Ruhe gebracht werden kann. In diesen Fällen wird man allerdings eine rechtliche Beziehung des Dritten zum Streitgegenstand finden müssen, so wie bei der Kündigung, die sich nicht bloß auf den Streitgegenstand bezieht. Die Hereinziehung eines Dritten, soweit sie für den Rechtsstreit bzw. seine Bereinigung unumgänglich erscheint, wird also durch die Prozeßvollmacht gedeckt. Β IH b 2

Andererseits ergreift die Prozeßvollmacht als solche nicht jede außerprozcssuale Erklärung des Bevollmächtigten, welche sich auf den Streit auswirken könnte, sondern nur die aus demselben Rechtsverhältnis (vgl. § 253 Β II b 3), das den Streitgegenstand betrifft, fließende und die Aufrechnung. Eine Gestaltung des Rechtsverhältnisses durch Verfügung ist dabei nur dann durch die Prozeßvollmacht gedeckt, wenn das Prozeßziel ersichtlich so verfolgt werden soll; in Streitigkeiten aus einem Gemeinschafts-, Gesellschafts- oder Mitgliedsverhältnis ermächtigt die Prozeßvollmacht nicht zur Aufhebung dieses Verhältnisses durch Kündigung, wenn nicht gerade die Mitgliedschaft als solche im Streit ist, und die des Gläubigers ermächtigt nicht einmal zur Kündigung nach H G B § 166, GenG § 66 (Jonas § 81 Anm. II 4), B G B §§ 725, 751 II 2; OLG Hamburg 11/106 hat so verneint, daß sich die Prozeßvollmacht auf die Anfechtung eines vom Prozeßbevollmächtigten geschlossenen Vergleichs erstreckte, was aber zu weit geht. Auch geht nach R G v. 13. 2. 1907 I E 65/177 (183) die Prozeßvollmacht nicht so weit, den Gegner zur Übersendung oder Inempfangnahme des Stückeverzeichnisses nach DepotG § 4 aufzufordern. Die Prozeßvollmacht als solche erstreckt sich weder auf die Empfangnahme einer Sicherheit, welche nach §§ 109, 715 zurückzugeben ist (KG OLG 7/309, 9/182) noch auf die des Streitgegenstandes (Recht 33/385, R G v. 14. 4. 1903 V I I E 54/276, OLG Darmstadt J W 25/1023 1 2 , OG D D R N J 51/561). Die Empfangnahme von Beweisurkunden stellt aber keine des Streitgegenstandes dar (a. M. R G v. 20. 5 . 1 8 8 9 I V J W 285), denn unter Streitgegenstand ist nur der geltend gemachte außerprozessuale Anspruch zu verstehen.

Β ΠΙ o

Indes kann die reine Prozeßvollmacht noch außerprozessnal erweitert werden.

Β ΠΙ ο 1

So kann sich die Vollmacht als außerprozessuale auch auf andere Rechtsgeschäfte erstrecken (etwa die des Generalbevollmächtigten) ; dann geht sie aber als außerprozessuale über den Kreis der Einzelvollmacht hinaus. Diese kann ganz allgemein sein (wie bei Generalbevollmächtigten, Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten u. dgl. m.), aber sich auch auf Einzelfälle erstrecken. Dahin gehört auch die Vollmacht zur Empfangnahme einer geleisteten Sicherheit wie die des Streitgegenstandes (wozu auch stillschweigend ermächtigt werden kann, durch schlüssiges Handeln: R G v. 8 . 4 . 1933 V H R R 34/123; doch hat R G a . a . O . dies, wenn der Schuldner auf zwei frühere Teilurteile hin an den Prozeßbevollmächtigten des Gläubigers gezahlt und jener die Gelder an diesen abgeführt hat, nicht für die dritte Summe angenommen, die auf das Schlußurteil gezahlt und von dem Prozeßbevollmächtigten unterschlagen wurde).

Β ΠΙ d

Soweit aber außerprozessual wirksame Erklärungen von einem Prozeßbevollmächtigten abgegeben werden, werden sie dadurch nicht zu Prozeöhandlungen (RG v. 2 2 . 1 2 . 1902 V I I E 56/333 [338] für die vormundschaftliche Genehmigung für einen Vergleich), ohne Rücksicht darauf, ob dies im Prozeß geschieht (a. M. Jonas § 81 Anm. I I I 2); sie bleiben außerprozessual und sind als Willenserklärungen des außerprozessualen Rechts zu beurteilen, also auch bezüglich der Willensmängel (RG v. 7 . 1 . 1913 V I I E 81/177 steht dem nicht entgegen, weil dort nur ausgesprochen wird, daß für die Rücknahme einer Revision nicht die Irrtumsanfechtung nach B G B §§ 119folg. zugelassen werden darf, denn dies ist eine prozessuale Willenserklärung). Erfordert die Erklärung die Abgabe in einer bestimmten Form, so ist diese zu wahren (wie etwa die Bestätigung eines nichtigen Grundstückskaufs; doch wahrt der gerichtliche Vergleich die Form). Ob ein Rechtsgeschäft gegen B G B § 181 verstößt, ist ebenfalls nach außerprozessualem Recht zu beurteilen (RG v. 10. 5. 1918 V I I 102/18 Ν § 81/19).

640

§ 8 1 Bind

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

In einem Fall, wo der Ehemann von seiner Frau ermächtigt war, sich in ihrem Namen zu verbürgen für eine ihm obliegende Schuld, durfte es nach RG v. 15. 5. 1906 VII 428/05 Ν § 81/8 auch sein Prozeßbevollmächtigter (doch sollte man dem nicht folgen, soweit die Vollmacht des Ehemannes dafür schon aus der Prozeßvollmacht des Ehemannes entnommen wurde). BGB §166 ist hier anzuwenden. Die nur dem Gericht gegenüber (etwa in Abwesenheit des Gegners) abgegebene außerprozessuale Willenserklärung ist wirkungslos, während die Prozeßhandlung regelmäßig unmittelbar gegenüber dem Gericht vorzunehmen ist, wenn sie als solche wirken soll (nur einige Zustellungen — etwa die von Urteilen nach § 317 I — und — u.U.— die Rechts-[mittel-]behelfsverzichte wirken, auch ohne daß sie von oder gegenüber dem Gericht bewirkt zu werden brauchen).

§ 83

(78)

1

Die Vollmacht für den Hauptprozeß umfaßt die Vollmacht für das eine Hauptintervention, einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung betreffende Verfahren. I II a

Umfang der Prozeßvollmacht Hauptintervention Arrest und einstweilige Verfügung einstweilige Anordnung

b

Vertilgung nach § 672 Verhältnis von Vorfahrensvollmacht

zur

Hauptver-

Über den Umfang der Prozeßvollmacht vgl. § 81 Β ; § 82 bestimmt, daß die Voll- A macht für den Hauptprozeß auch für die Hauptintervention wie für Arrest und einstweilige Verfügung wirkt. Gedacht ist an einen Fall des § 64 (vgl. aber auch §§ 75folg.). AI Der Hauptintervenient muß deshalb die Klage dem Prozeßbevollmächtigten des Erstprozesses zustellen lassen (RG v. 24. 9. 1884 I E 15/428), nicht den beklagten Parteien selbst. Der Prozeßbevollmächtigte des Hauptintervenienten selbst muß aber Prozeßvollmacht haben; denn er beginnt einen neuen Prozeß (vgl. § 64 Β II). Soweit er aber bisher Streitgehilfe einer Partei war (vgl. § 81 A II a), ermächtigt diese Prozeßvollmacht ihn auch schon zur Erhebung der Hauptintervention; ebenso darf auch der Prozeßbevollmächtigte eines Streitgehilfen als Streitgenosse eintreten (vgl. §§75folg.), ohne daß er einer neuen Vollmacht bedarf. Die Vollmacht, als Hauptintervenient zu klagen, enthält andererseits auch die, als Streitgehilfe aufzutreten; die, Partei zu sein, auch die, einer Partei als Streitgehilfe beitreten zu dürfen. Die Prozeßvollmacht für den Hauptprozeß erstreckt sich auf Arrest- und einstweilige Α Π Yerfiigungsverfahren (§§ 916folg., 935folg.). Daß der Hauptprozeß schon anhängig sein muß, ist nicht zu fordern (RG v. 30. 3. 1894 III JW 1934f.). Doch kann für das Arrestunii einstweilige Verfügungsverfahren auch ein besonderer Prozeßbevollmächtigter bestellt werden; diese Vollmacht ermächtigt dann aber nicht zur Führung des Hauptprozesses (RG v. 16. 9. 1925 V Recht 2282 = Seuff. 80/36, OLG Hamburg 21/94); doch wird diese Vollmacht auch nicht dadurch widerrufen, daß ein anderer Prozeßbevollmächtigter für den Hauptprozeß bestellt wird (OLG München 29/86) ; ob man in einem solchen Falle eine zulässige Beschränkung der Hauptvollmacht oder einen Fall des § 84 anzunehmen hat, kann zweifelhaft sein. Die Praxis, die eine Selbständigkeit des Arrestund einstweiligen Verfügungsverfahrens sogar insoweit annimmt, wie sie auch die Zustellung von Arrest und einstweiliger Verfügung an die Partei unmittelbar billigt (RG v. 17.11. 1899 VII E 45/364 [366], v. 30.4. 1909 II 731/08 Ν § 82/1), wird zur Zulässigkeit der Beschränkung tendieren. Die einstweiligen Anordnungen nach §§ 627, 627b werden für die Vollmacht wie A l l a einstweilige Verfügungen behandelt (obwohl sie jetzt von ihnen unabhängig geregelt sind), d. h. die Vollmacht für den Ehestreit erstreckt sich auch auf sie, die für sie nicht auf ihn. 41·

641

§83

ZPO I. Buch

A II b

In dem Falle des § 672 gilt noch einstweiliges Verfügungsrecht unmittelbar und deshalb auch in bezug auf die Vollmacht.

Β

Das entsprechende Problem tritt aber im Verhältnis aller Vorverfahren zum Hauptyerfahren auf (vgl. § 81 A II b 1). Man wird die Frage deshalb einheitlich behandeln müssen. Bei der Priorität der Vollmacht für den Hauptprozeß wird man zwar die Beschränkung der Vollmacht auf den Nebenprozeß für zulässig halten müssen (regelmäßig ist das Nebenverfahren ein sog. Parteienprozeß), nicht aber einen Ausschluß jener in bezug auf den Nebenprozeß annehmen dürfen. Ob dabei das Nebenverfahren sich vor einem anderen Gericht abspielt wie das Hauptverfahren, ist gleichgültig. Immer aber muß der im Verfahren Auftretende postulationsfähig, also im Parteienprozeß prozeßfähig (§ 79 A I), im Anwaltsprozeß muß der Bevollmächtigte zugelassener Anwalt sein. Über die Zwangsvollstreckungsvollmacht vgl. § 81 A II b 4.

§ 83 (79) I

Eine Beschränkung des gesetzlichen Umfanges der Vollmacht hat dem Gegner gegenüber nur insoweit rechtliche Wirkung, als diese Beschränkung die Beseitigung des Rechtsstreits durch Vergleich, Verzichtleistung auf den Streitgegenstand oder Anerkennung des von dem Gegner geltend gemachten Anspruchs betrifft. II Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, kann eine Vollmacht für einzelne Prozeßhandlungen erteilt werden. Bek. 50. A Β I II III

Beschränkung der Prozeßvollmacht Im Anwaltsprozeß ausdrückliche Erklärungsgegner außerprozessuale Erklärung ohne Vollmacht

IV V

c I II

prozessuale ohne Vollmacht Untervollmacht Parteienprozeß Norm für beschränkte Vollmacht Untervollmacht

Die Beschränkung der Prozeßvollmacht ist nur im Rahmen des § 83 zulässig. Sie bezieht sich auf den Einzelprozeß (die Einzelvollmacht, § 81 A II), aber auch auf die Spezialvollmacht, soweit sie gesetzlich zu fordern ist (§§ 613, 640 I). Enthält eine Prozeßvollmacht weitergehende Beschränkungen, so sind diese im Prozeßverhältnis, also in Beziehung auf das Gericht und zum Gegner unwirksam (BGB § 134) ; dabei ist hier davon auszugehen, daß der Bevollmächtigte sich im Prozeß vertreten lassen will, so daß nicht etwa die gesamte Vollmacht nach BGB § 139 vernichtet wird. Das Entsprechende gilt für bedingte Vollmachten; nur bedingte und u. U. aufschiebend bedingte äußern noch keine Wirkung. Die Beschränkungen dieser Art sind auch dann unwirksam, wenn Gegner und Gericht sie kennen (Rosenberg Lb. § 50 II 6 a δ ; RG v. 2. 11. 1931 VIII JW 32/1092 in bezug auf bestimmte Anträge). Dies gilt sowohl für die prozessualen wie für die außerprozessualen Wirkungen der Vollmacht (§ 81 Β III). Über die möglichen Beschränkungen des Prozeßführungsvertrages vgl. § 80 Β II a 2. Β

Im Anwaltsprozeß (§78 1) darf der Vollmachtgeber dem Prozeßbevollmächtigten untersagen, zu verzichten (§ 306) oder anzuerkennen (§ 307), wie einen Vergleich zu schließen und—nach der hier vertretenen Auffassung — diesen Vorgängen entsprechende außerprozessual wirksame Rechtsgeschäfte bzw. Rechtshandlungen vorzunehmen, im besonderen so über dingliche Rechte zu verfügen.

ΒI

Die Beschränkung muß ausdrücklich erklärt werden, da die Prozeßvollmacht regelmäßig weiter geht. Ist aber der Ausschluß prozessual in bezug auf Verzicht und Anerkenntnis ausgesprochen, so wirkt er sich auch in bezug auf die entsprechenden Rechtsfiguren des außerprozessualen Rechts aus, ohne daß dies besonders erklärt zu werden brauchte, wie umgekehrt. 642

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 8 3

BI

Darüber, daß die Vollmacht auch auf prozessual bestimmt abgegrenzte Verfahren (etwa Vorverfahren) beschränkt werden darf, vgl. §§ 81 A II b, 82 A II. Wem gegenüber die Beschränkung erklärt worden sein muß, ist nicht gesagt. Für die Β Π außerprozessual wirkende Vollmacht (einschließlich für die zum Abschluß des Vergleichs) genügt die Erklärung gegenüber dem Bevollmächtigten, wenn nicht einer der Fälle des BGB §§ 170folg. vorliegt. Für die prozessuale Wirkung wird man die Erklärung des Bevollmächtigenden oder die seines Bevollmächtigten gegenüber dem Gericht und dem Prozeßgegner fordern müssen, weil die auf den Prozeß gerichtete Erklärung formenstrenger beurteilt wird und die Regelvermutung prozessual widerlegt werden muß (übereinstimmend für den letzten Fall BGH v. 20. 1. 1955 II E 16/167). Die außerprozessuale Erklärung ohne Vollmacht ist schwebend unwirksam, im be- Β IQ sonderen ein entgegen dem Verbot abgeschlossener Vergleich (BGB §§ 177folg.). Die gegen die Vollmacht abgegebene prozessuale Erklärung von Verzicht und An- ΒIV erkenntnis ist (schlechthin) unwirksam. Ein auf sie hin erlassenes Urteil ist aber durch ordentliche Rechtsmittel anzufechten; das rechtskräftige (§ 705) ist nach § 579 I 4 zu bekämpfen (doch kann in diesen Fällen die Prozeßführung — nachträglich — ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt werden, vgl. auch § 586 III). Die Vorschrift des § 83 II hindert den Prozeßbevollmächtigten nicht, auch im An- Β V waltsprozeß Untervollmacht zu erteilen. Sie zwingt also nicht den Prozeßbevollmächtigten, selbst oder durch seinen bestellten Vertreter zu verhandeln. Die Partei kann dem Prozeßbevollmächtigten nur im Außenverhältnis (zu Gericht und zu dem Prozeßgegner) nicht die Vollmacht über § 83 I hinausgehend beschränken. Auch das Gericht kann dies nicht, wenn es der Partei einen Anwalt für einen bestimmten Anspruch beiordnet (vgl. RAO BZ §§ 43, 44); dies hat RG v. 2. 11. 1931 VII JW 32/1092 für die Bewilligung des Armenrechts erkannt, es gilt aber auch für die Beiordnung nach RAO BZ § 43. Umgekehrt darf die Partei auch in diesen Fällen den Prozeßbevollmächtigten beschränken (im Innen Verhältnis voll, im Außenverhältnis wie auch sonst). Im sog. Parteienprozeß (§ 79 A) darf darüber hinaus die Prozeßvollmacht sogar auf C einzelne Prozeßhandlimgen beschränkt werden (§83 II), und zwar derart, daß die allgemeine Prozeßvollmacht beschränkt oder überhaupt nur eine Vollmacht zur Vornahme einzelner Prozeßhandlungen erteilt wird (etwa die zur Wahrnehmung eines Beweisaufnahmetermins oder zur Bewirkung der Zustellung). Auch auf so beschränkte Vollmachten sind §§ 80, 84—89 anwendbar (Sydow-Busch C I § 83 Anm. 7, Jonas § 83 Anm. II); inwieweit § 81 anzuwenden ist, ist Auslegungsfrage (Jonas § 83 Anm. II; Sydow-Busch § 83 Anm. 7 hält ihn für unanwendbar). Auf den, der nur Vollmacht zur Vornahme einer bestimmten Prozeßhandlung hat, ist § 176 nicht anzuwenden (dies gilt im besonderen für den Terminsbevollmächtigten, vgl. über dessen Vollmacht § 81 A II e 2). Regelmäßig wird der zur Einzelvornahme Bevollmächtigte dies weitergeben dürfen. Je nach dem Umfang der Vollmacht wird man auch zu bestimmen haben, inwieweit sie außerprozessuale Wirkungen äußert. Wer auch nur einen Termin wahrnehmen soll, muß zumindest als Erklärungsempfänger für außerprozessuale Willenserklärungen gelten. Das Recht, sie abzugeben, kann aber ausdrücklich beschränkt werden. Im Parteienprozeß kann auch das Recht, Untervollmacht zu erteilen, ausgeschlossen C II werden (vgl. §83BV).

§ 8 4 (80) 1

Mehrere Bevollmächtigte sind berechtigt, sowohl gemeinschaftlich als einzeln die Partei zu vertreten. Eine abweichende Bestimmung der Vollmacht hat dem Gegner gegenüber keine rechtliche Wirkung. 643

§84 A Β

I II

C

ZPO I. Buch Vertretung durch mehrere Prozeßbevollm&chtigte Außenverhältnis Einzel- und Kollektiwertretung Verhältnis der Partei zu den Bevollmächtigten Berufung mehrerer zur Prozeßführung

I II III D

a b

widersprechende tatsächliche Erklärungen Unterlassungen Empfangnahme von Erklärungen Urteilszustellung Wiedereinsetzung Innenverhältnis

A

§ 84 gibt jeder Partei das Recht, sich durch mehrere Bevollmächtigte im Zugleich vertreten zu lassen. Dies können sowohl Prozeßbevollmächtigte mit außerprozessual erweiterter, prozessualer Regelvollmacht wie mit beschränkter Prozeßvollmacht im Anwaltsprozeß (§ 78 I), im sog. Parteienprozeß (§ 79 A) sowohl Prozeßbevollmächtigte wie für einzelne Handlungen Bevollmächtigte sein. Daß jeder dieser Bevollmächtigten eine gleich weit reichende Vollmacht haben muß, ist nicht zu fordern, auch nicht, daß die Vollmachten zur gleichen Zeit erteilt worden sein müssen (doch kann die Erteilung der späteren zugleich den Widerruf für die früher erteilte enthalten, vgl. §87 A III). Schließlich können Haupt- wie Untervollmachten in Betracht kommen, nur daß die Untervollmacht von dem Hauptbevollmächtigten, von dem sie ausgeht, jederzeit ganz oder teilweise widerrufen werden darf; insoweit kann also ein Fall des § 84 I 2 nicht eintreten. Das Entsprechende gilt im Parteienprozeß zwischen dem Prozeßbevollmächtigten und der Partei, während im Anwaltsprozeß im Fall des § 85 I 2 wieder § 84 entsprechend gilt.

Β

Im Außenverhältnis ist die Handlung eines jeden gleichberechtigt berufenen Bevollmächtigten schon allein wirksam, gleichviel, ob er gemeinschaftlich mit den anderen oder einzeln auftritt. Eine Kollektivvollmacht der Prozeßbevollmächtigten gibt es also regelmäßig nicht.

ΒI

Diese Regelung ist also anders wie in den Fällen gesetzlicher Vertretung, in denen bisweilen Kollektivvertretung vorgeschrieben ist (vgl. § 51 Ε II a), selbst wenn das erst durch den Gesellschaftsvertrag so bestimmt ist (wie etwa nach BGB §§ 28 I, 714, 710 I 2 oder AktienG §71); aber auch in den Fällen der Gesamtprokura (HGB §48 II) oder in denen der Koppelung eines gesetzlichen Vertreters mit einem gewillkürten wie nach HGB §§ 125 II, 161 II, AktienG §§ 71 III, 219 II. In all diesen Fällen besteht die Kollektivvertretung auch für die Prozeßführung, was im Falle des HGB § 48 II die Vorschrift des § 84 I 2 durchbricht. Abgesehen hiervon gilt aber § 84 I 2. Wird deshalb mehreren Handlungsbevollmächtigten nach HGB §54 II Prozeßvollmacht, sonst aber Kollektivvollmacht erteilt (oder die Vollmacht dieser mit einem Prokuristen oder gesetzlichen Vertreter im Innenverhältnis gekoppelt), so gilt § 84 I 2. Der Hauptfall des BGB § 139 wird durch diese Sondervorschrift ausgeschlossen.

Β II

§ 84 gilt ferner nur Im Verhältnis za den Bevollmächtigten einer Partei, nicht in dem mehrerer Bevollmächtigter mehrerer Parteien zueinander, von denen etwa jeder Streitgenosse je einen hat (über die Erstattungsfähigkeit all dieser Kosten vgl. § 91 E IV b 1). Doch können auch mehrere Streitgenossen nur einen Prozeßbevollmächtigten (Anwalt) haben (er erhält dann nur regelmäßig einmal die Gebühren für denselben Streitgegenstand, vgl. RAGebO § 51 ; über die Haftung der einzelnen Auftraggeber im Innenverhältnis vgl. RAGebO § 3 ; in einem solchen Falle sind aber auch nur diese Gebühren erstattungsfähig, vgl. §91 E IV b 6). Dann kann der Anwalt aber nicht sich widersprechende tatsächliche Erklärungen für die Einzelparteien abgeben, selbst wenn es mehrere Bevollmächtigte tun könnten (vgl. § 78 Β IV b 1). Soll er es, so muß der Bevollmächtigte die Vertretung eines Streitgenossen niederlegen. Für die Abgabe von prozessualen Willenserklärungen gilt dies nur, soweit einheitlich entschieden werden muß (im besonderen bei notwendiger Streitgenossenschaft, § 62). Dagegen darf der Prozeßbevollmächtigte für eine Partei anerkennen, für die andere Klageabweisung beantragen (entsprechend darf er auch das Bestehen des Vertrags mit einer Partei zugestehen, mit der anderen nicht bestreiten; nur darf er nicht denselben Vorfall für die eine Partei zugestehen und für die andere bestreiten wollen). Das entsprechende gilt, wenn der Prozeßbevollmächtigte zugleich einen Streitgehilfen vertritt (obwohl der Widerspruch des

644

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 84: Β Π

gewöhnlichen Streitgehilfen gegen den Vortrag der Partei nicht wirkt, kann der gemeinschaftliche Bevollmächtigte ihn nicht vortragen, sondern muß die Vertretung einer Partei niederlegen). Soweit mehrere gleichzeitig zur Prozeßführung bzw. zur Vornahme einzelner Prozeß- C handlungen im Zugleich von der Partei berufen sind, ist die Handlung wie die Unterlassung eines jeden gesondert zu beurteilen. Darüber, wenn zweifelhaft ist, ob einer oder mehrere Bevollmächtigte bestellt sind, vgl. RG v. 6.11. 1895 I JW 5985, v. 26. 3. 1929 II Warn. 85. Bei sich widersprechenden tatsächlichen Erklärungen mehrerer Bevollmächtigter CI will die h. M. (Jonas § 84 Anm. II, Sydow-Busch § 84 Anm. 2) freie Beweiswürdigung (§ 286, d. h. hier die Wahl des Gerichte, welcher Erklärung es folgen will) gelten lassen. Von sich widersprechenden Willenserklärungen gilt aber keine als abgegeben (Jonas § 84 Anm. II); dies muß auch für die sich widersprechenden tatsächlichen Erklärungen gelten. Nur Erklärungen, die bindend geworden sind, also Geständnis, Anerkenntnis, Verzicht, gelten schon, wenn auch nur einer sie erklärt (Rosenberg Lb. § 50 II 6 a γ), ohne daß der andere sofort widersprochen hätte (vgl. § 84 C II und § 85 I 2, der auch hier gilt). Andererseits wirken Unterlassungen nur dann gegen die Partei, wenn sie von allen C Π gleichzeitig Auftretenden begangen werden. Die mündliche Verhandlung ist dabei als •eine Einheit aufzufassen. § 85 I 2 gilt auch hier. Im schriftlichen Verfahren entscheidet .regelmäßig der Zugang bei dem Gericht. Aber nicht bloß für das Handeln und das Unterlassen der Partei, sondern auch be- CΙΠ züglich der Empfangnahme von Erklärungen des Gerichts wie der Gegenpartei gilt § 84, d. h. Zugang an einen von ihnen genügt. So setzt die Zustellung des Urteils an einen der mehreren Prozeßbevollmächtigten CHI a

indes nur, wenn ihre Hauptpartei nicht widerspricht (§67); nicht den Streitgenossen oder Streitgehilfen der Partei, deren Vertretung beanstandet wird (über das Einschreiten dieser gegen solche Mängel vgl. § 88 Β IV; ist der Streitgehilfe indes unselbständig, so wirkt seine Rüge, wenn ein vollmachtloser Vertreter sich ihm widersprechend erklärt). Auf die Rüge kommt es zu einem Zwischenstreit der Parteien (OLG Colmar 9/54). Β Π e Das Gericht muß die Vorlegung der Vollmachturkunde (auf besonderen und begründeten Antrag eines Gegners mit öffentlich beglaubigter Unterschrift) anordnen. Die Rüge nötigt aber nicht zu sofortiger Prüfung. In einem Verfahren, über das mündlich zu entscheiden ist, dient die mündliche Verhandlung gerade der Behebung solcher Mängel (§§ 139, 355); entschieden wird sodann über die Rüge in der mündlichen Verhandlung (OLG Marienwerder JW 21/91111). Deshalb geht es nicht an, die Terminsanberaumung abzulehnen, solange nicht die Vollmachturkunde im sog. Parteienprozeß beigebracht worden ist (so aber Rosenberg Lb. § 51 II 1). Im schriftlichen Verfahren hindert die erhobene, aber nicht beschiedene Rüge die Endentscheidung; doch darf in diesem wie im mündlichen das Gericht stets (auch stillschweigend) nach § 89 verfahren und wird es (regelmäßig) tun (müssen, vgl. auch § 139 II). Die unbegründete Rüge darf in den Gründen der Endentscheidung beschieden werden. Wird auch in der mündlichen Verhandlung die Urkunde nicht sofort beigebracht (dies gilt auch in den Fällen des § 88 II), so soll sie das Gericht herbeischaffen lassen und wird hierzu den angeblichen Bevollmächtigten regelmäßig nach § 89 zulassen oder wenigstens vertagen (vgl. auch OLG Hamburg JW 32/289815). Zu der Verhandlung um die Vollmacht eines Vertreters ist dieser als Parteivertreter hinzuzuziehen. Zu dem Termin ist der Bevollmächtigte als Parteivertreter zu laden, nicht etwa die Partei selbst (RG v. 30.11.1907 I 56/07 Ν § 89/9). Selbst wenn er zurückgewiesen wird, darf er namens der Partei (mit der Begründung eines prozeßordnungswidrigen Verfahrens) Beschwerde einlegen (RG v. 18. 3. 1902 VII E 51/98f.) und dort vertreten. Die Vollmacht des Bevollmächtigten ist Prozeßbedingung (§ 274 A I a; hier findet Β ΙΠ sich in der Literatur der Streit, ob sie Prozeßvoraussetzung oder Prozeßhandlungsvoraussetzung ist; der Unterschied besteht darin, daß im sog. Parteienprozeß — § 79 A — im letzten Fall vor Beibringung der Vollmachtsurkunde kein Termin angesetzt werden dürfe: so Rosenberg Lb. § 51 II 1). Der Umfang, in dem hier das Gericht von sich aus nachzuprüfen hat, ist aber unterschiedlich weit, je nachdem, ob es sich um einen Anwaltsprozeß (§ 78 I) oder einen sog. Parteiprozeß (§ 79 A) handelt (meist wird dies — ungenau — so formuliert, daß der Vollmachtmangel im Anwaltsprozeß gerügt, im sog. Parteienprozeß dagegen von Gerichts wegen beachtet werden müsse: RG v. 11.11.1901 IV Β 154/01 Ν § 89/3). Doch weicht der Begriff des Parteienstreits hier von dem zu §§ 78, 79 gegebenen B m a insoweit ab, wie die Prozeßvollmacht des postulationsfähigen Anwalts auch In den in § 78 Π erwähnten Verfahren nicht nachgeprüft wird, soweit dies in denen nach § 78 I nicht geschieht (also in den Regelverfahren — abgesehen von denen nach §§ 613, 640 für den Kläger — RG v. 10.11. 1884 IV JW 296a, ν. 6. 3. 1911 VI Warn. 306, KG JW 34/4941, OLG Kiel 2/209, Bamberg 3/215, LG Berlin III JW 30/15261, KGB1. 96/70, LG Berlin JW 37/1091", Jonas § 88 Anm. II 1, Sydow-Busch § 88 Anm. 3; Rosenberg Lb. §50 II 8 a; a. M. RG v. 17.5. 1897 VI JW 342* für das Armenrechtsverfahren ; KG OLG 6/424 bei einer einstweiligen Verfügung; KG KGB1. 04/6 bei der Zwangsvollstreckung; bei Anträgen gegenüber der Geschäftsstelle auf Erteilung von Abschriften oder Ausfertigungen forderte KG OLG 2/293 keine Vollmachtsurkunde, dagegen noch OLG Breslau 1/414). Dies gilt auch in den Verfahren vor dem beauftragten oder dem ersuchten Richter und für den Zustellungsbevollmächtigten des Anwalts (RG v. 28.1. 1935 IV JW 2430e). War indes der Anwalt im Hauptverfahren (vgl. § 78 I) nicht aufgetreten, so ist die Vollmacht in den Verfahren nach § 78 II wie im sog. Parteiprozeß nachzuprüfen (KG J W 25/23428). Andererseits deckt die im sog. Parteienprozeß nachgewiesene Vollmacht alle unter § 81 fallenden Handlungen (LG Berlin JW 37/1091").

659

§ 8 8 Β III b

Β ΠΙ c

Β IV

ΒIV a

ΒIV b

ZPO I. Buch

Die Nachprüfungspflicht des Gerichts im Anwaltsprozeß ist stets eingeschränkt, doch wird man ihm auch ohne Rüge die Nachprüfung der Vollmachterteilung zubilligen müssen, wenn sich besondere Gründe dafür ergeben, daß die Vollmacht (nicht die Vollmachtsurkunde) nicht erteilt ist; denn kein Gericht darf in einem Verfahren mitwirken, das der Vernichtung durch eine Wiederaufnahmeklage (vgl. § 579 I 4) ausgesetzt ist, sofern hinreichende Anhaltspunkte einen solchen Verdacht begründen (nicht so weitgehend Jonas §88 Anm. II 1). Ist gar eine Vollmacht deshalb unwirksam, weil die Partei prozeßunfähig ist, so hat dem das Gericht nach § 56 nachzugehen. Regelmäßig wird in Anwaltsprozessen der Mangel der Vollmacht wie der Vollmachturkunde nur auf Rüge nachgeprüft werden (§ 88 I — abgesehen von der Vollmacht des Klägers bzw. des Widerklägers nach §§ 613, 640 I). Dies gilt auch in den höheren Instanzen (RG v. 17. 4. 1891 III Gruch. 35/1179) und auch, wenn dort die Zustellung (§§ 176, 210) von Gerichts wegen nachzuprüfen ist und wenn die Voraussetzungen eines zu erlassenden Versäumnisurteils nachgeprüft werden (RG v. 31.12. 1892 I E 30/398 [402], OLG München BayZ 06/324; § 335 I 1 trifft im Fall des § 88 I nicht zu) oder wo die Parteien sich vergleichen (RG v. 24. 4. 1901 VII E 49/345f.). In den übrigen Verfahren ist die Vollmachtsurkunde einzureichen (§§ 80 II, 613 I 2, 640). Auf die Beschaffung der Vollmacht durch Schreiben (an Dritte) hinzuwirken, ist nicht Aufgabe des Gerichts ; doch genügt es, daß bei demselben Gericht die Vollmachturkunde greifbar ist (vgl. § 80 C II). Die Echtheit der Vollmacht braucht es nur nachzuprüfen, wenn besondere Umstände dies mit sich bringen. Es ist dann nach § 139 I zu verfahren. Kennt das Gericht die Unechtheit der Vollmacht, so ist der schriftliche Nachweis nicht geführt, und zu verfahren, wie wenn keine Vollmachtsurkunde beigebracht wäre. Eine Beglaubigung der Unterschrift darf das Gericht von sich aus nicht fordern (vgl. § 80 C l i l a ) . Liegt diese aber vor (und ist der Beglaubigungsvermerk echt), so darf das Gericht nicht mehr fordern. Vgl. auch § 88 Β II a. Inwieweit die eigene Partei die Vollmacht des Scheinbevollmächtigten rügen darf, wird in § 88 nicht berührt. Die eigene Partei darf den Mangel der Bevollmächtigung (nicht den der fehlenden Urkunde) jederzeit rügen (vgl. RG v. 16. 12. 1896 V E 38/406 folg., solange sie nicht Vollmacht erteilt oder, was dem gleich steht, die Prozeßführung genehmigt hat) durch Eintritt in das Verfahren, auch durch Rechsmittel (§§ 539, 551 I 5, vgl. RG v. 3.1. 1901 VI E 47/413) und durch Wiederaufnahmeklage (§579 1 4, RG v. 6. 7. 1939 IV E 161/92). In diesen Verfahren wird dann gerade die Nichtgenehmigung geltend gemacht. Doch wird es bei der Wiederaufnahmeklage nicht bloß zur formalen Entscheidung kommen (vgl. § 590 I), da nunmehr die Partei vertreten ist und der Streit auch sachlich auszutragen ist (wobei möglicherweise eine Instanz verloren geht; nur wenn der Streit in der Revisionsinstanz schwebt, wird regelmäßig durcherkannt werden, was dann allerdings nur formal geschehen kann). Wer die Kosten in diesem Fall zu tragen hat, ist streitig. Unterliegt die nicht vertreten gewesene Partei, so sind sie ihr aufzubürden, unterliegt der Gegner, so trägt vom Eintritt ab die Kosten die Gegenpartei, welche sich dagegen zur Wehr setzt (sofortige Anerkenntnisse bzw. Verzichte über den außerprozessualen Anspruch gibt es hier nicht, so daß §93 nicht anwendbar ist). Nur wenn es zu einer rein formalen Entscheidung kommt (Klageabweisung als unzulässig wegen NichtVertretung), könnten sie dem vollmachtlosen Vertreter für das vorangegangene Verfahren auferlegt werden (soweit sie ihm dann überhaupt aufzuerlegen sind, vgl. § 102 A II b; Rosenberg Lb. § 51 II 4 und LG Hamburg ZZP 52/159 wollen stets so entscheiden). Das Recht des Eintritts hat aber nur die Partei selbst gegenüber ihrem vollmachtlosen Vertreter, nicht einer ihrer Streitgenossen oder ihr Streitgehilfe. Wenn diese aber auch kein Rügerecht haben, so dürfen sie doch das Gericht und den Gegner darauf aufmerksam machen. Über das Recht des unselbständigen Streitgehilfen vgl. aber § 88 Β IIb. Geht gar die Streitverkündung von einem vollmachtlosen Vertreter aus, so braucht sie nicht beachtet zu werden. Auch sollte man hier bei nachträglicher Genehmigung nicht rückwirkende Kraft annehmen und die Genehmigung nur wirken lassen, wenn sie dem Streitverkündeten mitgeteilt wird, weil er außerhalb des Prozesses bleibt.

660

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 8 8

Solange keine Zweifel bestehen oder die bestehenden behoben werden, bedarf es C keiner Entscheidung. Die Entscheidung erübrigt sich ferner, wenn der „Bevollmächtigte", den das Gericht formlos — zu Recht oder zu Unrecht — zurückweist, zurücktritt. Nur im Anwaltsprozeß (§ 78 I) ist der formlose Rücktritt wegen des § 87 I nicht durchführbar; hier wird also stets der Zurückweisungsbeschluß zu ergehen haben. Auf stillschweigendes Ausscheiden eines postulationsfähigen Anwalts darf sich niemand berufen. Abgesehen hiervon, hat das Gericht nur ausdrücklich zu entscheiden, wenn dies von einer Partei, welche durch die Zurückweisung bzw. NichtZurückweisung beschwert ist, beantragt wird. Wird auf Bestehen der Vollmacht erkannt bzw. darauf, daß die vorgelegte Urkunde CI echt oder daß die Beglaubigung der Unterschrift nicht erforderlich ist, so kann dies entweder durch Zwischenurteil oder in den Gründen des Endurteils geschehen. Das Zwischenurteil ist nicht besonders anfechtbar, wohl aber zusammen mit dem Endurteil (§§ 512, 548), wenn man nicht § 275 11 entsprechend anwendet. Der Angriff kann auch nur Erfolg haben, wenn der Prozeßbevollmächtigte der nächsten Instanz ebenfalls keine Vollmacht hat oder er sie zwar hat, aber die des vorinstanzlichen nicht bestätigt (vgl. §88 A l b ) . Ob bei ausdrücklicher Prüfung ein Verfahren nach § 579 I 4 ausgeschlossen ist, sagt die ZPO nicht. Nur im Fall des § 579 I 2 wird eine solche positive Regelung getroffen. Man sollte deshalb die entsprechende Anwendung hier verneinen, weil der nicht vertretenen Partei der Rechtsbehelf nicht abgeschnitten werden darf. Doch kann hier dann der Angriff nur von der nicht vertretenen Partei, nicht vom Gegner geführt werden. Auch kann der Bevollmächtigte selbst die Entscheidung nicht mit der Begründung angreifen (lassen), daß er keine Vollmacht (gehabt) habe. Steht der Mangel der Vollmacht (vgl. § 88 B) fest und ist er auch nicht (mehr) be- C Π hebbar (wird also die Urkunde trotz — regelmäßig — angeordneter Fristsetzung — selbst nach Fristablauf, vgl. § 89 Β —• bis zum Erlaß der Entscheidung nicht beigebracht), so ergehen zwei Entscheidungen. Der nicht legitimierte Vertreter ist aus dem Rechtsstreit zu weisen (wehrt er sich C Π a nicht, so darf diese Entscheidung unterbleiben, sofern nicht der Gegner eine KostenEntscheidung gegen ihn begehrt). Hinausgewiesen wird der „Bevollmächtigte" durch Beschluß (nicht durch Zwischen- C II a 1 urteil, da er ein eigenes Recht nicht verliert; die Rechtslage ist also anders wie in den Fällen der Zwischenurteile nach §§ 71, 387, 402); doch genügt auch die Zurückweisung in den Gründen der Endentscheidung. Die h. M. hält auch im Erkenntnisverfahren für die Zurückweisung keine mündliche Verhandlung für erforderlich (RG v. 14. 2. 1881 III E 3/404, Jonas § 88 Anm. III, Sydow-Busch § 88 Anm. 4). Hält man sie indes im Fall des § 89 für notwendig, so wird man auch hier so verfahren müssen ; denn, wenn schon der Fall offenbarter Prozeßvertretung ohne Vollmacht usw. zur mündlichen Verhandlung zwingt, so sollte erst recht der der nicht offenbarten dazu führen. Doch darf auch hier an die Stelle der mündlichen Verhandlung unter den auch sonst dafür erforderlichen Voraussetzungen das schriftliche Verfahren treten, das schlechthin in allen Verfahren mit bloß freigestellt mündlicher Verhandlung gilt (§ 128 II). Über die gegen den angeblichen Vertreter zu erlassende Kostenentscheidung vgl. § 89 Β II. Ist der Vertreter aus dem Streit gewiesen, so darf er als solcher auf Grund neuer Tatsachen auftreten, selbst wenn die Entscheidung rechtskräftig ist und stets in der neuenlnstanz (soweit er dort postulationsfähig ist, vgl. § 78 Β II), weil jede Instanz über die Prozeßbedingung der Vollmacht besonders entscheidet. § 87 II ist aber unanwendbar. Darüber, inwieweit der Vertretene das sodann ergehende Urteil angreifen darf, vgl. §88 C II a 2. Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat die Partei, deren Bevollmächtigter zurück- C Π a 2 gewiesen wird, das Rechtsmittel der einfachen Beschwerde und deshalb muß es auch dem zurückgewiesenen Vertreter namens der Partei (nicht aber im eigenen Namen) zustehen (RG v. 18. 3. 1902 VII E 51/98).

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§ 8 8

ZPO I. Buch

Keinen Rechtsbehelf hat der Zurückgewiesene im eigenen Namen, abgesehen davon, wenn ihm Kosten auferlegt wurden; gegen ihn selbst treffende Kostenentscheidungen darf er aus eigenem Recht die sofortige Beschwerde einlegen (§§ 102, 567 II, III, RG v. 28. 12. 1901 VII JW 02/89*, v. 21. 11. 1902 III E 53/68f., v. 14. 3. 1918 IV JW361 1 , OLG Dresden 9/56), nicht die Berufung (im Fall des §89: RG v. 21.11. 1902 III E 53/65folg., v. 5. 6. 1923 II E 107/56). Die sofortige Kostenbeschwerde ist dabei § 567 II unterworfen (RG v. 18. 3. 1902 VII E 51/98; a. M. RG v. 11. 11. 1901 I V B 154/01 Ν § 89/2, OLG Naumburg HRR 37/586), denn über sonstige „Schäden" wird nicht hier, sondern im besonderen Rechtsstreit entschieden, vgl. § 89 Β II a 1; auch gilt § 568 III (vgl. aber §102CV). Die Gegenpartei hat das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde, wenn die Kostenentscheidung, die sie entlastet, verweigert wird. Darüber hinaus hat sie keinen Rechtsbehelf, da sie verfahrensmäßig nicht die Vertretung ihres Gegners durch einen bestimmten Prozeßbevollmächtigten erzwingen kann, sondern diesem die Wahl seines Prozeßbevollmächtigten überlassen muß. CΠ a3

CΠ b

Ist jemand vom Gegner zu Unrecht als Prozeßvertreter eines Dritten bemannt worden, so darf er zur Klarstellung, daß er nicht Prozeßvertreter ist, in das Verfahren eintreten (etwa wenn ihm eine Klage zugestellt wird). Sodann ist darüber zu entscheiden ; ist er Prozeßvertreter, so wird dies durch Zwischenurteil oder in den Gründen des Endurteils erkannt; ist er es nicht, so wird er auch hier aus dem Streit gewiesen, aber zur Kostenlast des Gegners, der ihn zu Unrecht als Prozeßbevollmächtigten genannt hatte (Rosenberg Lb. § 51 II 2). Wird sachlich erkannt, so hat der Vertreter keinen Rechtsbehelf (denn er hat kein eigenes Recht und leugnet selbst, Prozeßvertreter der Partei zu sein; mit diesem Argument darf er insoweit nicht gehört werden, anders aber, wenn er aus anderen Gründen als diesen namens der Partei das Erkenntnis angreifen will), wohl aber die belastete Partei mit der Begründung, es sei nicht ihr Vertreter, aber nicht der Gegner. Wird der Vertreter mit der Kostenbelastung des Gegners aus dem Streit gewiesen,, so hat nur dieser die sofortige Beschwerde, nicht der Vertreter und nicht seine Partei, die ja seine Prozeßvertreterstellung nicht erzwingen kann. Für die Hauptentscheidnng gilt folgendes:

CΠb1

Wurde die Klageerhebung schon durch den bestehen gebliebenen Mangel betroffen,. so ist die Klage durch Prozeßurteil abzuweisen (RG v. 31.12. 1892 I E 30/398 [401], KG OLG 33/30, OLG Karlsruhe BadRPr. 18/111). Das Urteil ist dabei auf den Namen der Partei zu stellen (Jonas §88 Anm. III 1 b; abweichend: KG ZZP 31/512f„ OLG Hamburg 1/449) ; doch sind in diesem Falle die Kosten dem Vertreter aufzuerlegen, falls §102 oder §89 gegeben sind (vgl. § 8 8 A I V b l , Jonas §88 Anm. III 1 c, LG Hamburg ZZP 52/159), andernfalls treffen sie die nicht vertretene Partei (möglicherweise hat diese dann den außerprozessualen Anspruch gegen den Vertreter). Ein Versäumnisurteil darf hier jedenfalls nicht erlassen werden (Jonas § 88 Anm. III 2 a; a. M. OLG Augsburg BayZ 07/51), gleichviel ob der Erlaß eines solchen oder die Entscheidung nach Lage der Akten beantragt wurde (vgl. §§ 330folg.). Anders ist dies, wenn die Klageerhebung mangelfrei war und nur der mit dem Mangel der Vollmacht behaftete Vertreter später auftritt, dann ist auf Antrag durch Versäumnisurteil bzw. (unter den erforderlichen weiteren Voraussetzungen) nach Aktenlage zu entscheiden. Wird nach Aktenlage entschieden, so darf dem nicht legitimierten Vertreter nicht mehr zugestellt werden (vgl. §§251 a 13, 331a), wie an ihn (nach rechtekräftigem Ausscheiden) überhaupt nicht mehr zugestellt werden darf (Jonas §88Anm. III; a. M. KG OLG 15/74). Gegen den Beklagten, der durch einen nicht legitimierten Vertreter vertreten ist, darf, wenn der Partei selbst oder ihrem legitimierten Vertreter zugestellt worden ist, Versäumnisurteil (§ 331) ergehen; ist dagegen dem nicht legitimierten Vertreter zugestellt worden, so ist zu vertagen (§ 335 I 2) und neu zu laden.

CΠ b 2

In der Rechtsmittelinstanz sind eine Reihe von Fällen zu unterscheiden (das entsprechende gilt für Einspruchsverhandlungen nach erlassenem Versäumnisurteil). 662

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 8 8

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Ist der Kläger von Klageerhebung an (und auch in der Rechtsmittelinstanz, vgl. § 88 A I b) mangelhaft vertreten, so ist auf das Rechtsmittel, gleichviel wer es eingelegt hat, die Klage durch Prozeßurteil (als unzulässig) abzuweisen (vgl. RG v. 9. 4.1884 IV E ll/93f.); die Kosten treffen sodann den Kläger. Ist dagegen die Klage ordnungsmäßig erhoben worden und ist der Rechtsmittelkläger von Anfang der Rechtsmittelinstanz an (bis zu ihrem Schluß) mangelhaft vertreten, so ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (§§ 519 b, 554 a; BGH v. 26.11. 1953 IV MDR Β 259/54 = LM — ZPO § 97/4, RG v. 3. 3. 1930 IV JW 14896; a. M. RG v. 31.12. 1892 I E 30/398 [401]). Tritt nach ordnungsmäßiger Einlegung und Begründung ein nicht legitimierter Vertreter für den Rechtsmittelkläger auf, so ist durch Versäumnisurteil gegen den Rechtsmittelkläger zu erkennen (RG v. 30.11.1907 IE67/149f.). Ist das Rechtsmittel zwar durch den Bevollmächtigten eingelegt, aber durch einen Nichtbevollmächtigten begründet, so ist es ebenfalls zu verwerfen, während im umgekehrten Fall die Einlegung durch den legitimierten Bevollmächtigten genehmigt wird. Ist die Klage nicht ordnungsmäßig erhoben und war der Kläger von Anfang an (bis zum Schluß der Rechtsmittelinstanz) nicht durch einen legitimierten Vertreter vertreten, hat aber das Rechtsmittel ein nicht legitimierter Vertreter des Beklagten eingelegt, so ist dieses als unzulässig zu verwerfen; nur wenn zugleich der Beklagte von der ersten Zustellung an nicht ordnungsmäßig vertreten war, ist die Klage durch Prozeßurteil abzuweisen. Für Versäumnisurteile ist hier kein Platz. Sind die Klage und das Rechtsmittel des Klägers in Ordnung, ist aber der Beklagte von der ersten Zustellung an mangelhaft vertreten, so ist eine ordnungsmäßige Zustellung zu bewirken (und, falls er sich dann vertreten läßt, gegebenenfalls aufzuheben und zurückzuverweisen; §§539, 565). Versäumnisurteil gegen den Beklagten darf nur ergehen, wenn er ordnungsmäßig geladen worden und nicht vertreten ist. Betraf der Mangel n u r das Rechtsmittel der Berufung, so ist in der Revisionsinstanz die Berufung als unzulässig zu verwerfen, falls der Berufungskläger auch noch in der Revisionsinstanz mangelhaft vertreten ist (denn er kann das Berufungsverfahren genehmigen), gleichviel wer das Rechtsmittel der Revision eingelegt hat. Iii aaderen Verfahren als in Erkenntnisverfahren und in ihnen, soweit nicht auf Gilbt Grund mündlicher Verhandlung zu entscheiden ist bzw. entschieden wird, gilt das Gesagte entsprechend, nur daß es hier kein Versäumnisverfahren gibt. § 88 betrifft den Prozeßbevollmächtigten, nicht aber den Erklärungsvertreter des D § 141 II 2 im Anwaltsprozeß, wohl aber die Vertreter im Parteiprozeß (wegen der Vollmacht zum Abschluß eines Vergleichs; a. M. Rosenberg Lb. §50 II 8 a: stets; OLG Colmar ElsZ 24/133 für Sonderbevollmächtigte im Anwaltsprozeß; hier hatte ein Rechtsanwalt für den Kläger eine Kostenrechnung eingereicht). Das arbeitsgerichtliche Verfahren entspricht im ersten Rechtszug dem amtsgericht- E liehen (ArbGG § 46 II), in den übrigen den höherinstanzlichen; im ersten gilt § 88 II, in den weiteren § 88 I. Über die Besonderheiten der Postulationsfähigkeit vgl. § 78 E. Im Verfahren vor dem BVG ist die schriftliche Vollmacht vorzulegen (BVGG § 22 II). Ρ Im verwaltun gegerichtlichen Verfahren wird die schriftliche Vollmacht stets vom Gericht nachgeprüft (BVerwaltungsGG § 24 I, BMilRegVO 165 § 42 I, VGG § 61 I). Im Verfahren vor den Finanzgerichten hat sich der Bevollmächtigte nach AbgabenO § 254 II auf Verlangen des Gerichts auszuweisen. § 8 9

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Handelt jemand für eine Partei als Geschäftsführer ohne Auftrag oder als Bevollmächtigter ohne Beibringung einer Vollmacht, so kann er gegen oder ohne Sicherheitsleistung für Kosten und Schäden zur Prozefiführung einstweilen zugelassen werden. Das Endurteil darf erst erlassen werden, nachdem die für die Beibringung der Genehmigung zu bestimmende Frist abgelaufen ist. Ist zu der Zeit,

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§ 89

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zu der das Endurteil erlassen wird, die Genehmigung nicht beigebracht, so ist der einstweilen zur Prozeßfiihrung Zugelassene zum Ersatz der dem Gegner infolge der Zulassung erwachsenen Kosten zu verurteilen; auch hat er dem Gegner die infolge der Zulassung entstandenen Schäden zu ersetzen. » Die Partei muß die Prozeßfiihrung gegen sich gelten lassen, wenn sie auch nur mündlich Vollmacht erteilt oder wenn sie die Prozeßfiihrung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat. I Nov. 98. A I a b II

Der vollmachtlose Vertreter Nichtaufdeckung des Mangels Aufdeckung Mischfälle

fehlende Urkunde und Urkunde ohne Vollmacht a einstweilige Zulassung b stillschweigende 1 Verhandlung über den Nachweis 2 Wille des Vertreters 3 Sicherheitsleistung c Anfechtbarkeit des Beschlusses

Β

Wirkung der einstweiligen Zulassung keine endgültige Entscheidung a Prozeßvergleich b Säumnisentscheidung II Bestehen des Mangels a Genehmigung b Nichtgenehmigung 1 Schaden in einem Prozeß 2 Prozeßkosten c Umfang der Kostenlast C Verwaltungsrecht D Arbeitsrecht I

A

§ 89 I behandelt den vollmachtlosen Prozeßvertreter und den, der eine Vollmachtsurkunde bzw. die mit beglaubigter Unterschrift in den Fällen des § 80 II nicht beibringen konnte (vgl. RG v. 30. 11. 1907 I E 67/149 [150], ν. 30. 10. 1912 IV Warn. 13/118).

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Die Norm gilt aber nicht, wo zwar die Vollmacht mangelt, der Mangel aber nicht beachtet bzw. aufgedeckt wird. Fordert etwa im Anwaltsprozeß der Gegner nicht die Vorlegung der Vollmacht, so wird regelmäßig weder einstweilen zugelassen noch darf dann eine Nachweisfrist gesetzt werden (RG v. 11. 11. 1901 IV JW 8344, v. 30. 11. 1907 I E 67/149 [151]), und vor allem gibt es keine Kosten- und Schadensregelung nach § 89. Ob nach außerprozessualem Recht sich solche Ansprüche ergeben können, richtet sich allein nach diesem, während sie im Fall des § 89 nach dieser Bestimmung gegeben sind, selbst wenn sonstige außerprozessuale Gründe (im besonderen ein erforderlich werdendes Verschulden des Vertreters) nicht gegeben sind.

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Wird der Mangel im ProzeO aufgedeckt, ohne daß es zu einer einstweiligen gerichtlichen Zulassung i. S. des § 89 kommt, so ist auch die Kosten- und Schadensregelung dieser Bestimmung nicht unmittelbar anzuwenden. Hängt derMangelmit der Prozeßunfähigkeit der Partei zusammen, so treffen den Vertreter die Kosten nicht (RG v. 21.11. 1902 III E 53/65 [67]; a. M. aber im patentamtlichen Nichtigkeitsverfahren RG v. 6.3. 1926 1 496/24 Ν §89/14: der falsus procurator trage sie), weil erst über die Prozeßfähigkeit zu entscheiden ist und die Entscheidung darüber mit der über die Wirksamkeit der Vollmacht zusammenfällt, m. a. W., die erste Entscheidung nicht von der letzten getrennt werden kann. Darüber hinaus haben die Entscheidung über Kosten vor der gerichtlichen einstweiligen Zulassung abgelehnt: KG JW 25/114316, OLG Dresden JW 19/2553. Doch ist die Rechtsprechung nicht einheitlich; denn man hat auch dem unrichtigen gesetzlichen Vertreter bzw. dem, der seine gesetzliche Vertretungsmacht überschreitet, Kosten entsprechend § 89 auferlegt. (§ 56 C IV b; vgl. auch § 98 A II a 1). Ist dagegen eine Vollmachtsurkunde dem Gericht vorzulegen (Hauptfall: §88 11) oder fordert dies der Gegner (Hauptfall: §88 I), so darf das Gericht der Norm nach einen solchen Vertreter sofort zurückweisen (auch stillschweigend; im Streitfalle aber durch Beschluß, vgl. § 88 C II a 1), aber auch nach seinem Ermessen, das in der Revisionsinstanz nicht nachprüfbar ist (RG v. 16. 11. 1914 IV JW 15/146" = Gruch. 59/490) nach § 89 I 1 einstweilen zulassen. Dasselbe gilt für die sonstigen Vertreter ohne Vollmacht. Von der sofortigen Zurückweisung wird fast nur im sog. Parteiprozeß (§ 79 A) Gebrauch gemacht und schwerlich gegen einen Anwalt. In diesem letzten Fall wird man

Alb

ΑΠ

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§ 89 α π

von einem Gewohnheitsrecht sprechen dürfen; dann aber wird man es nach GG Art. 3 I auch gegenüber Nichtanwälten gelten lassen müssen. R G v. 25. 2. 1902 VII Β 30/02 Ν § 89/5 hat es sogar nicht beanstandet, daß das Gericht einen Prozeßvertreter ohne Nachweis der Vertretungsmacht einstweilen zuließ, obwohl der Gegner schon vor der Verhandlung die Vorlegung der Vollmachtsurkunde gefordert hatte. Wird die Beglaubigung der Unterschrift gefordert und angeordnet (§80 11), so bleibt der Vertreter es zunächst, bis die Erfüllungsfrist verstrichen ist (§80 G i l l c). Ermessen ist aber keine unbegrenzte Willkür; auch nicht einstweilen zugelassen A l l a werden darf, wer einen Mangel nicht beheben kann, wie der Vertreter, welcher erklärt, ihn nicht beheben zu können oder zu wollen (OLG Dresden 9/56) ; zuzulassen ist, wer ohne Kenntnis von den Regeln des Prozeßrechts oder zum Schutze eines anderen auftreten will, dessen Einwilligung aus einem von ihm nicht zu vertretenden Grunde noch nicht herbeigeführt werden konnte, im besonderen Konsuln als Vertreter ihrer Staatsangehörigen (RG v. 30. 4.1884 I E 14/430 [432]), soweit diese nach den bestehenden Staatsverträgen nicht zugelassen werden müssen (vgl. GVG § 21 A) ; aber auch der, von dem die Nachholung des Nachweises erwartet werden darf. Die Praxis ist weitherzig; doch darf man wohl erwarten, daß binnen Monatsfrist der Mangel behoben wird. Gefahr im Verzuge ist zur einstweiligen Zulassung — im Gegensatz zu § 57 — nicht erforderlich. Einstweilig zugelassen wird regelmäßig stillschweigend, also ohne ausdrücklichen A II b Beschluß, wenn der Gegner nicht widerspricht (RG v. 30.11. 1907 I E 67/149 [151]). Doch ist die bloße Verhandlung über den Nachweis, zu welcher stets der vollmachtlose A II b 1 Prozeßvertreter heranzuziehen ist, noch keine einstweilige Zulassung, während bis zur Zurückweisung des Prozeßbevollmächtigten er als solcher auch ohne einstweilige gerichtliche Zulassung zu behandeln ist (§ 88 G II a); in der bloßen Vertagung mit der Auflage, Vollmacht beizubringen, sollte man deshalb noch nicht die einstweilige gerichtliche Zulassung sehen (a. M. R G v. 30. 11. 1907 I E 67/147Í.). Auch die stillschweigende gerichtliche Zulassung setzt jedenfalls den Willen des Α Π b 2 Vertreters voraus, die Vertretung (fort-)zu führen (OLG Dresden SächsAnn. 35/285). Ausdrücklich ist über sie nur im Streitfalle (durch Beschluß) zu entscheiden, wenn einstweilen zugelassen wird oder wenn dies nur gegen Sicherheitsleistung geschieht. Der Beschluß wird im Erkenntnisverfahren auf Grund mündlicher Verhandlung (bzw. im schriftlichen Verfahren nach §§ 128 II, 251a, 331a bzw. bei freigestellt mündlicher Verhandlung schriftlich) erlassen. Daß das Gericht die einstweilige Zulassung von einer Sicherheitsleistung (§ 108) Α Π b 8 abhängig macht, kommt in der Praxis selten vor und ist allenfalls dort gerechtfertigt, wo die Beibringung der Urkunde voraussichtlich lange Zeit dauern wird. Darüber entscheidet das richterliche Ermessen. Macht das Gericht hiervon Gebrauch, so ist eine Frist für den Nachweis der Sicherheitsleistung zu setzen, bis dahin darf entweder der Vertreter einstweilen ohne Sicherheitsleistung zugelassen werden (a. M. BaumbachLauterbach § 89 Anm. 1 A) oder es muß vertagt werden. Die Sicherheit dient dem Gegner für die Prozeßkosten wie für sonst ihm entstehende Schäden, falls die Vollmacht nicht nachgewiesen wird (nicht dem Staat für die Gerichtskosten, R G v. 17. 4. 1926 I Seuff. 80/141). Höchstschaden ist dabei die Summe der Prozeßkosten, welche infolge der einstweiligen Zulassung entstehen können, und der Klageanspruch (wenn er durch die Verzögerung verloren geht). Zurückzugeben ist diese Sicherheit, sobald die Vollmacht nachgewiesen ist (wegen der Durchführung der Rückgabe vgl. §§ 109folg.). Der Beschluß, der einstweilen zuläßt, ist unanfechtbar (Jonas §89 Anm. I mit A l l e Hinweis auf § 567; Sydow-Busch § 89 Anm. 4, Baumbach-Lauterbach § 89 Anm. 1 A), wenn in ihm zugleich eine Frist zur Behebung des Mangels gesetzt worden ist. Wird die Frist nicht gesetzt, so ist die Beschwerde nach § 252 in entsprechender Anwendung zulässig. Ist ein Vertreter indes einstweilen ohne Fristsetzung zugelassen, so genügt nicht, daß ihm eine Auflage zur Beibringung der Vollmachtsurkunde gemacht wurde und dann (selbst nach angemessener Zeit) die Klage mangels Beibringung der Vollmacht abge-

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wiesen wird ; es muß vielmehr zuvor die Fristsetzung nachgeholt werden. Ergeht danach Urteil und bringt der zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte, soweit erforderlich, die Vollmacht bei (etwa im Scheidungsverfahren), so ist sachlich zu erkennen (falls keine sonstigen Prozeßbedingungen fehlen). Die Fristsetzung erübrigt sich, wenn der Vertreter darauf verzichtet (OLG Dresden 9/56). Ihr Ablauf braucht nicht abgewartet zu werden, wenn der Mangel inzwischen behoben oder unbehebbar geworden ist (bzw. der Anwalt dies erklärt hat: OLG Dresden 9/56), oder der Gegner die Rüge hat fallen lassen (vorbehaltlich ihrer erneuten Erhebung, vgl. § 88 Β III b). Über die Abkürzung wie die Verlängerung der Frist entscheidet § 224 II. Β

Die einstweilige Zulassung bewirkt, daß der Vertreter wie ein Bevollmächtigter behandelt wird (RG v. 30. 11. 1907 I E 67/149 [151], § 88 C II a), und zwar bis zu seiner Zurückweisung (die aber nicht rechtskräftig zu werden braucht), so daß er also nicht bloß, während die Frist läuft (dann allerdings stets, OLG Hamburg 33/75), sondern auch danach als Bevollmächtigter zu behandeln ist (RG v. 30.11. 1907 I E 67/149Í. : für die Ladung zum Termin). Auch kann er noch nach Fristablauf den Mangel beheben (OLG Celle 40/353, OLG Hamburg 42/4); maßgebend ist, ob der Mangel bis zum Erlaß des Zurückweisungsurteils bzw. -beschlusses behoben worden ist (vgl. RG v. 30. 4. 1884 I E 14/430 folg., v. 31.12.1892 I E 30/398 [400], OLG Hamburg 42/4, die es auf den Verhandlungsschluß abstellen). Mit der Zurückweisung (also dem Erlaß des Beschlusses und für den Gegner mit der Bekanntgabe an ihn, weshalb er ihm zugestellt werden sollte) erlischt die Bevollmächtigtenstellung des einstweilen (gerichtlich) zugelassenen (oder auch nicht zugelassenen) Vertreters, selbst wenn der Beschluß noch nicht rechtskräftig ist, vorbehaltlich des Wiederauflebens im Beschwerdeverfahren bzw. durch die Beschwerdeentscheidung. Auf die Rechtskraft dieses Beschlusses kann nicht gewartet werden, weil nur die Partei, deren Vertreter zurückgewiesen wurde, dieses Rechtsmittel hat und, da es eine einfache Beschwerde ist, beliebig von ihm während des Verfahrens Gebrauch machen darf. Andererseits sollte man, wenn Beschwerde eingelegt ist, nach Möglichkeit es nicht zu einer endgültigen Entscheidung (vgl. § 89 Β I) kommen lassen. Die Endentscheidung macht das Beschwerde verfahren gegenstandslos; in der neuen Instanz darf auch der von der unteren zurückgewiesene Vertreter wieder auftreten, sofern er dort postulationsfähig ist.

ΒI

Wenn auch die einstweilige Zulassung grundsätzlich für und gegen die übrigen Prozeßbeteiligten wie die Bevollmächtigung wirkt, so darf doch grundsätzlich keine Entscheidung erlassen werden, welche endgültige Wirkungen äußert, so lange die Zulassung bloß als einstweilige besteht. § 89 I 2 spricht zwar davon, daß Endurteile nicht ergehen sollen; doch nimmt die h. M. die entsprechende Anwendung für alle bindend werdenden Entscheidungen an (Baumbach-Lauterbach § 89 Anm. 1 B). Jedenfalls gehören zu den Endurteilen auch die, welche auf Zurückverweisung lauten (§§ 538, 539, 565), wie die auf Verweisung lautenden Beschlüsse nach §§ 276, 506 (Jonas § 89 Anm. II, Sydow-Busch § 89 Anm. 5), weil durch sie das Verfahren vor dem zulassenden Gericht beendet wird. Endurteile sind auch die nach Aktenlage (§§ 251a, 331a) ergehenden Urteile (und die das Verfahren abschließenden Beschlüsse), sofern nicht in einem vorangegangenen Termin mit der Partei oder einem vom Mangel nicht betroffenen Bevollmächtigten verhandelt worden ist (§ 251a I I ) ; ferner dürfen nicht erlassen werden die Vorbehaltsurteile (§§ 302, 599) und die Zwischenurteile (§§ 275, 304; RG v. 30. 10. 1912 IV Warn. 13/118). Auch die besonderen Wirkungen des Prozeßvergleichs — nämlich seine Vollstreckbarkeit — können im sog. Parteiprozeß (vgl. § 79 A) erst eintreten, wenn der Mangel behoben ist. Wird im Anwaltsprozeß die fehlende Vollmacht gerügt, so wird regelmäßig im Vergleichsschluß die Rücknahme der Rüge zu sehen sein, womit sie sich im Zweifel erledigt. Daß aber auch sonst für die Wirksamkeit des Vergleichs (ohne die Vollstreckbarkeitswirkung) die mündliche Vollmacht genügt, haben RG v. 24. 4. 1901 VII E 49/345, v. 19. 5. 1925 VI 45/25 Ν § 89/13 (sogar mit dieser) erkannt. Jedenfalls darf der Vergleichsschluß nicht verweigert werden.

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Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 8 9

Ob man zu einer Endentscheidung als Säumnlsentseheidung kommen darf, wenn der Β I b einstweilig Zugelassene (oder seine Partei) nicht erscheint, ist zweifelhaft, wird aber von der h. M. bejaht (Hellwig Lb. 2/426, Jonas § 89 Anm. II; a. M. Schönke § 89 II 1; vgl. dazu § 88 C II b 1). Darüber, wie zu verfahren ist, wenn der — endgültige — Mangel feststeht, vgl. § 88 Β Π G II. § 89 I 3 regelt dann gegenüber dem, welcher einstweilen (gerichtlich) zur Prozeßführung zugelassen war, die Eoston· und Schadenslast Genehmigt die Partei die Prozeßführung (§88 A l b i ) , oder hatte sie auch nur Β IIa mündlich Prozeßvollmacht erteilt, so muß die Partei die Prozeßführung gegen sich gelten lassen (§ 89 II). Der Beweis dieser mündlichen Bevollmächtigung bzw. der mündlichen Genehmigung {RG v. 2.10. 1906 V E 64/212 [217], ν. 12. 10. 1914 IV JW 15/3610, ν. 19. 2. 1915 III E 86/245f.) ist durch jedes Beweismittel (nicht bloß durch Urkunden, wie sie § 80 vorschreibt) zu führen (es gilt freie Beweiswürdigung nach § 286, vgl. auch RG v. 23. 3. 1901 I J W 331") ; schon aus der bloßen Anwesenheit der Partei im Termin kann auf sie geschlossen werden, wenn sie auch die Vollmachturkunde nicht erübrigt (OLG Dresden SächsAnn. 30/237 und § 87 I 2). Mündliche Vollmacht genügt also auch für die Klageerhebung (RG v. 6. 7. 1900 III JW653», v. 12.10. 1914 IV JW 15/36 i0 = Gruch. 59/492; die Klage ist deshalb zunächst zuzustellen, auch wenn der Nachweis der Bevollmächtigung fehlt) oder für die Vorpfändung (§ 845, RG v. 24. 9. 1906 V E 64/212 [217]) oder für die Einlegung von Rechtsmitteln u. dgl. m. (vgl. RG v. 12.10. 1914 IV JW 15/36*° = Gruch. 54/492, § 88). Wird dem bisherigen vollmachtlosen Vertreter Vollmacht erteilt, so ist ohne weiteres seine frühere Prozeßführung genehmigt (RG v. 27. 9. 1899 I Gruch. 44/1159, v. 24. 9. 1906 V E 64/212 [217], v. 19.2. 1915 III E 96/245f.; abweichend Jonas §89 Anm. V: nur im Zweifel). Für die zukünftige Prozeßführung darf aber trotz dieses Nachweises die Vorlegung der Vollmachtsurkunde nach § 88 I gefordert werden bzw. muß es nach § 88 II, weil die Genehmigung sich nur auf vergangenes Handeln, nicht auf die zukünftige Prozeßführung erstreckt (Jonas § 89 Anm. IV 2). Über den Umfang der Genehmigung vgl. § 88 A I b. Die Kosten- und Schadenlast besteht 'nur, wenn die Partei die Prozeßführung nicht Β Π b genehmigt (OLG Hamburg 42/4). Da der Schaden im neuen Prozeß geltend zu machen ist, besteht für den Vertreter Β Π b 1 {des Vorprozesses) nur die Beweislast für die Vollmacht bzw. die Genehmigung; und der Schadensersatzanspruch entfällt auch, wenn sie noch nach Beendigung des ersten Prozesses erklärt worden ist. Andererseits besteht der Anspruch auch, wenn den Vertreter des Erstprozesses kein Verschulden trifft. Hierunter kann auch der Schaden fallen, welcher der Gegenpartei entsteht, weil sie durch die Verzögerung nicht mehr rechtzeitig vollstrecken und zur Befriedigung gelangen konnte (es sei denn, daß gerade und gleichviel wann durch ihre Vollstreckung diese Folge ausgelöst wird). Der Anspruch nach § 89 kann mit anderen Schadenersatzansprüchen konkurrieren. Die Prozeßkostenentscheidung darf dagegen auch ohne die Prüfung, ob der Vertreter Β Π b 2 mündlich bevollmächtigt ist oder seine Handlungen genehmigt wurden, gefällt werden (vgl. OLG Düsseldorf JW 33/2960* ; in diesen Fällen hat der Vertreter aber den Rückgriff gegenüber dem Vertretenen nach außerprozessualem Recht, BGB §§ 670, 675). Es ist nicht Aufgabe dieses Verfahrens, insoweit Beweise zu erheben. Nur wenn schon der Beweis geführt ist, darf auch die Kostenentscheidung nicht gegen den Vertreter ergehen. Tritt also die Partei durch Klagerücknahme (OLG Düsseldorf JW 30/57430, Rosenberg Lb. § 50 II 2) oder Rechtsmittel genehmigend ein, so treffen sie die Kosten. Im Erkenntnisprozeß wird über die Kosten auf Grund einer mündlichen Verhandlung entschieden bzw. nach § 128 II, und auch erst nach Fristablauf. Doch gibt es hier kein Säumnisverfahren.

667

ZPO I. Buch

§ 8 9 Β Π c

Die Haftung des als Vertreter Aufgetretenen (wo er nur als falscher Erklärungsempfänger benutzt wird, ist er nicht aufgetreten und haftet nach § 89 nicht, OLG Dresden 29/53, es sei denn, daß er die Zustellung an sich veranlaßt hatte) und einstweilig Zugelassenen bezieht sich nur auf die durch sein Verhalten entstandenen Kosten, d. h. nicht die des gesamten Rechtsstreits, im besonderen sind es nicht die vor dem Auftreten und der einstweiligen Zulassuung liegenden und nicht die des Endurteils über den Hauptstreit ( R G v. 21. 11. 1902 I I I E 53/65 [67], K G OLG 13/91, O L G Hamburg 9/57, Karlsruhe 11/171, L G Berlin J W 1 8 / 6 2 1 ) . Insoweit dem vollmachtlosen Vertreter die Kosten aufzubürden sind, haftet die Partei nicht ( R G v. 3. 3. 1930 I V J W 1489 5 , v. 11. 11. 1901 I V J W 834 4 f., v. 21. 11. 1902 I I I E 53/65 [67], ν. 20. 4. 1907 I E 66/37 [39], O L G Hamburg 1/449; a. M. O L G Hamburg 9/59; O L G Dresden J W 18/571', K G ZZP 31/512f., daß es nicht auf das Auftreten allein, sondern auch auf die einstweilige Zulassung abzustellen sei). Wird der Vertreter durch Beschluß (§ 88 C I I a 1) aus dem Rechtsstreit gewiesen, so sind ihm zugleich die ihn betreffenden Kosten aufzuerlegen (auch ohne Antrag des Gegners, O L G Dresden J W 18/571'); tritt er freiwillig ab, so genügt die Kostenentscheidung allein (vgl. § 91a, Hellwig Lb. 2/428). Die Kostenbelastung darf der Vertreter, die Versagung der Entscheidung der Gegner mit der sofortigen Beschwerde (OLG Hamburg 42/4) angreifen (Jonas § 8 9 Anm. I V l a wendet § 1 0 2 entsprechend an; R G v. 18. 3. 1902 V I I E 51/98 [100], v. 21. 11. 1902 I I I E 53/65 [68] den früheren § 99 I I I ; vgl. auch R G v. 5. 6. 1923 II E 107/56 [58], O L G Naumburg J W 37/553 2a = H R R 37/586). Der Unterschied dieser Meinungen führt zu folgendem: Nach § 9 9 wäre § 567 11 anzuwenden ( R G v. 18. 3. 1902 V I I E 51/98 [lOOf.]; dagegen wendet sich aber O L G Naumburg H R R 37/586 = J W 37/553 22 ); § 569 I I I müßte gelten ( R G v. 18. 3. 1902 V I I E 51/98f., aber vor der Plenarentscheidung des R G v. 27. 11. 1906 V S Z E 64/377 f. zu § 102; dagegen R G v. 11. 11. 1901 I V J W 834 4 , K G O L G 13/91Í.). § 567 I I I gilt dagegen stets ( R G v. 27. 8. 1936 I V Β 42/36 Ν § 567 η. F./19 und auch § 568 I I I ) . Ob die Kostenentscheidung mit in das Endurteil der Parteien aufgenommen worden ist oder nicht, kann dabei keinen Unterschied begründen. Im Verhältnis zu dem Vertreter liegt in der ihn belastenden Kostenentscheidung niemals ein Fall des § 99 I vor (a. M. K G J W 26/844 6 : es sei deshalb nur Berufung möglich), deshalb hat auch die beschwerte Partei, wenn dem Vertreter die Kosten nicht auferlegt werden, nur das R e c h t der sofortigen Beschwerde und nicht das der Berufung ( R G v. 5. 6. 1923 I I E 107/56 [58]). Gegen die Entscheidung hat der beschwerte Vertreter (nicht aber die Partei, R G v. 2 8 . 1 2 . 1901 V I I J W 02/892) das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde, gegen ihre Unterlassung hat es die Gegenpartei (nicht der Vertretene).

C

Im Verwaltungsrecht sind die Fälle der einstweiligen Zulassung unbekannt, ebenso vor dem B V G .

D

Im Arbeitsrecht gilt die Vorschrift entsprechend ; hier gilt die Vorschrift im besonderen für den sonstigen Vertreter nach A r b G G § 11 (RArbG v. 3. 10. 1931 E 9/204f.).

§ 9 0 (86) Insoweit eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, kann eine Partei mit jeder prozeßfähigen Person als Beistand erscheinen. I

Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von der Partei vorgebracht, insoweit es nicht von dieser sofort widerrufen oder berichtigt wird.

II

I II I

668

Der Beistand seine Erklärungen Kosten Ähnliche Fälle Im Anwaltsprozeß

II III IV V

In Patentsachen Im Verwaltungsgerichtsverfahren Im Abgabeverfahren Nach BVGG § 22

Prozeßbevollmächtigte und Beistände

§ 9 0

§ 90 regelt die Stellung des prozessualen Beistandes. Seine Stellung erstreckt sich nur A auf die mündliche Verhandlung in Gegenwart der Partei (vgl. § 90 II). Im Anwaltsprozeß ist er grundsätzlich nicht zugelassen (§ 78 I ; vgl. aber Truppenvertrag Art. 13 in GVG § 18 Β IV h; § 78 Β II e 2), sondern nur im sog. Parteiprozeß (vgl. § 79A), doch darf der Beistand auch hier noch nach § 157 und im Ehesühneverfahren zurückgewiesen werden (§610). Alle Erklärungen des Beistandes (nicht bloß die im Umfange des § 85 I 2) darf die A I (prozeßfähige) Partei widerrufen. Des Beistandes darf sich die Partei oder ihr gesetzlicher Vertreter bedienen, nicht aber der Beistand selbst eines anderen. Da aber der Beistand Erklärungen abgibt, muß auch er postulationsfähig, d. h. voll prozeßfähig im Parteiprozeß sein (§§ 79, 90 I). Bezüglich der erstattungsfähigen Kosten vgl. § 91 E V. Dem Rechtsanwalt, der als A II Beistand erscheint, stehen die Gebühren des Prozeßbevollmächtigten zu (RAGebO §4). Rechtsähnliche Bestimmungen finden sich

Β

in BAO BZ § 38 Π, wonach einem anderen Anwalt die Ausführung der Parteirechte in Β I der mündlichen Verhandlung übertragen werden kann, in RAO BZ § 32 II, wonach ein zur Ausbildung überwiesener Referendar im Beistande des Rechtsanwalts Parteirechte wahrnehmen darf, in Patentanwalts G § 9 I I I , wonach in Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichen- Β Π sachen der Patentanwalt mitwirken darf. Über die technischen Beistände in Patentstreiten vgl. BerufungsverfahrenVO v. 30. 9. 1936 § 15 II (abgedruckt in Band V) und §91 D I a l . Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dürfen die Parteien in der mündlichen Ver- Β III handlung mit Beiständen erscheinen (BVerwaltungsGG § 24 I I I , BMilRegVO 165 §42, VGG § 61 I I I , RhPf. VGG § 40 III). Das entsprechende gilt in Steuerverfahren nach AbgabenO § 107 V.

ΒIV

Im Verfahren vor dem BVG darf dasselbe Beistände zulassen (BVGG § 22 I, vgl. Β V den Abdruck im Band V). Fünfter Titel Prozeßkosten § 9 1

(87)

Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfaßt auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden. I

Die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten mußte. II

1,1 Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Abs. 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung

669

§ 9 1

ZPO I. Buch

eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigong des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist. I Nov. 98; 09; III, IV eingef. Nov. 24; III, IV als I I I gefind.; N o r . 50. A

Übersicht über den 5. Titel a Normen für Kostengrund und HOhe 1 Kosten der Gehilfen 2 Anfechtbarkeit der Grundentscheidung b Höheverfahren II Weitere Normen a Ergänzungen zu § 91 1 Notwendige Kosten 2 Unterliegen 3 gegen den Staat b Ergänzung zu § 95 c Ergänzung zu § 96 d Ergänzung zu § 102 III sonstige Verfahren nach ZPO a bundesrechtlich geregelte b landesrechtlich geregelte IV Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit V Arbeitsgerichtliche Verfahren VI Verwaltungsstreitkosten VII Bundesverfassungsgericht I

Β I a b 1 2 3 II a b 1 2 c 1 2 3 4 5 β d 1 2 « 1 2 3 f 1 2 3 4 g 1 2 3

670

Die Kostenentscheidung Allgemeine Normen Parteirolle im Kostenfestsetzungsverfahren Parteien kraft Amtes gesetzliche Vertreter Streitgehilfen Charakter des Anspruchs prozessuale Folgen außerprozessuale Folgen Sicherung Haftungsbeschränkung der außerprozessuale Anspruch vorprozessuale Kosten über den Kostenerstattungsansprueh hinausgehende nachprozessuale Vergleich Ubergangene Prozeßkostengrundentscheidungen (§321) sonstige Vereinbarungen der Parteien untereinander der Anspruch gegen Dritte im Fall des § 102 sonst Entstehung Zeitpunkt vorherige Zeit Rechtskraft der Prozeßkostenanspruch als außerprozessualer Anspruch Umfang des prozessualen Verfügungsrechts Umfang des außerprozessualen Verfügungsrechts Aufrechnung keine Anwartschaftsklage Wirkung der außerprozessualen Verfügung im Prozeß Bestehenbleiben der prozessualen Verfügungsgewalt Aufrechnung sonstige Verfügungen

4 gewohnheitsrechtliche Beachtung 5 Vollstreckungsgegenklage β Widerklagen bezüglich beigetriebener Kosten 7 Zinsen von den Kosten S Ersatzansprüche der den Armen Beigeordneten III Die Entscheidung a bel Schlußentscheldungen 1 im Erkenntnisverfahren 2 Zwischenstreite mit Dritten 3 §109 4 Arreste und einstweilige Verfügungen 5 Entmündigungsverfahren β bei Klage- und RechtsmittelrückmaJime und Verzichten b unzulässige Kostenentscheldungea 1 Armenverfahren 2 Zwischenentscheidungen 3 Endentscheidungen aufhebender u>d berichtigender Art 4 Beweissicherung 5 Ehesühneverfahren β Kostenstreit 7 Vollstreckungsverfahren 8 Wirkung der unzulässigen Entscheidung c Kostenentscheidung auf Antrag IV Grund- und Höheentscheidung a Grundentscheidung b ziffernmäßige Entscheidung C die Kostenlast I des Unterliegenden a Maßstab der Hauptanspruch 1 mehrere Klagegründe 2 Haupt- und Hilfsanspruch 3 Kostenansprüche b Veränderung nach Klageerhebung 1 bei Erledigungserklärung bzw. Erfüllung 2 In der Zwischeninstanz II teilweises Unterliegen, Mehrheit der Parteien D I a 1 2 b 1 2 3 II a 1 2 b 1 2 c III E I a b II

Erstattungsfähigkeit Vorverfahren allgemein Verwaltungsvorverfahren das gerichtliche Vorverfahren nicht erstattungsfähige Kosten Devisengenehmigung Schiedsverfahren Armenrechtsverfahren Hauptverfahren Grenze Vollstreckungskosten höhere Instanzen Zwischenverfahrenskosten die nicht bloß zurückweisen nicht Kosten des Streitverkündetea Vergleichskosten Rechtsmittelverfahrenskosten Notwendigkeit der Prozeßkosten Verhältnismäßigkeit Durchschnittsaufwand keine besondere Sparsamkeit Gerichtskosten

Prozeßkosten a b c

Erstattung gezahlter Höhe, Zeugen, Haltende Gleichgültigkeit der Veranlassung ihrer Entstehung III Parteikosten (außergerichtlicher Kostenaufwand) a Verhältnismäßigkeit 1 Zeitversäumnis 2 Reisekosten 3 Porti 4 Schreibarbeiten 5 Übertragungen 6 Beglaubigungskosten b Beweisermittlungskosten 1 Augenschein 2 Zeugen 3 Gutachten IV Anwaltskosten im allgemeinen a Gebührenrecht 1 Verhältnis des Armenanwalts 2 des Anwalts 3 Begriff des Anwalts i. S. des Gebührenrechts 4 BEG § 227 b Verhältnismäßigkeit bei den Anwaltskosten 1 Vertretung durch mehrere Anwälte 2 Beweisanwälte 3 Verkehrsanwälte 4 Notwendiger Anwaltswechsel 5 bei Verweisung 6 Vertretung von Streitgenossen c Anwaltsauslagen 1 Auslagen (Porti) 2 Übersetzungskosten 3 Generalunkosten 4 Umsatzsteuer 5 Reisekosten V Sonstige Beistandskosten a Patentanwaltskosten 1 besondere Streite 2 Gebührenvereinbarung mit Anwälten b Rechtsbeistände

VI

c d e f g a b 1 2 3 c 1 2 3 4 5 6 7 d 1 2

F

§ 9 1 Hausbesitzer- und Mieterverbände Vertreter des abgewanderten Mieters Prozeßpfleger Armenvertreter nach § 116 Gerichtsvollzieher Nichterstattungsfähige Kosten Aufwendungen für Prozeßkosten sonstige der Partei Zeitversäumnisse anderer und GeneralUnkosten außerprozessuale Handlungen prozeßvorbereitende, die zu keinem Prozeß fuhren Anwaltskosten bei auswärtiger Kanzlei in Streiten des gewerblichen Rechtsschutzes Rheinschiffahrtssachen Generalunkosten Gebühren nach RAGebO § 24, wenn andere Gebühren zu ersetzen sind Hebegebühren in Konkursverfahren Kosten sonstiger Rechtskundiger der Verwaltungsrechtsräte der Treuhandstellen

Kosten bei Abgabe an andere Gerichte Abgabe an ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit a Hausratgericht b Wohnungeigentumsstreite c Landwirtschaftsgerichte II Arbeitsgerichtliche Verfahren a allgemeine Modifikationen b erster Instanz 1 Beschränkung der Parteikosten 2 Beschränkung der Parteivertreterkosten c der Rechtsmittelinstanzen 1 Reisekosten der Anwälte III Friedensgerichte IV Verwaltungsgerichte I

Stichwortverzeichnis Abgabe (an ein anderes Gericht) F Abschriften E I I b, E I I I a Abtretung E VI b 2 Abwesenheitsgelder E IV c 5 Adhäsionsverfahren A I I I b Affidavit E I I I b 1 Aktionär Β I I d 2 Anerkenntnis Β II f 1 Anfechtung E VI b 2 Angriffs- und Verteidigungsmittel nachträglich vorgebrachte A I I c Ansprüche Hilfs- C I a 2 Veränderung C I b Anordnung, einstweilige D I a 2 Angestellte E I I I a 2, E IV b 1 Anwalt, vgl. Rechtsanwalt Arbeitsgerichtsverfahren F I I Armenanwalt, vgl. Rechtsanwalt Armenrechtsverfahren Β I I I b 1, D I b 3 Armenvertreter E V f Arrest E IV b 5, E IV a 2, Β I I c 5, Β I I I a 4 — gericht Β I I c 2 — Vollziehung D I I a 1 Aufhebung des Termins E i a Aufhebungsverfahren D I a 2 Aufklärung, außerprozessuale E I I I b 43

Wleczorek, ZPO. I.

Aufrechnung C I b Aufsichtsrat E I I I a 2 Aufwendungen E I — außergerichtliche E I I I — an Zeit Β II c 1 Ausfertigungen D I I a 1, E I I c Auslagen E IV c Bankbürgschaft E VI a Bank Deutscher Länder E I I a Bauförderungsgesetz § 40 Β I I d 2 Beglaubigungskosten E I I I a 6 Beitreibungsrecht E I I b Bereicherung, ungerechtfertigte E I I b Berater, technische D i a , E V a 1 Beratung E VI b 3 Berichtigungsverfahren D I I a 2 Beschwerde D II a 2, D I I b 1 Besichtigung der örtlichkeit E I I I b 1 Beweis — aufnähme im Ausland E IV c 5 —· erhebung, außerprozessuale E I I I b — gebühr E II b — Protokolle, Abschriften E I I c — Sicherung Β I I c 1

— sicherungsverfahren Β I I I b 4, D I a 2 — termin im Ausland E IV b 2

671

§

9 1

ζρο

Bücher Beschaffung wissenschaftlicher E V I c 4 Bürgschaft Β I I c 2, Β I I d 2, E IV b 6 Bürovorsteher E IV a 3 Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung E I I a Bundesbahn E I I a Bundespost E I I a Bundesverfassungsgericht A V I I Bundesverwaltungsgericht A V I , F IV Detektiv E I I I b 2 Devisen D I b 1 Ehe — leute E I I b, E IV b 6 — sachen E IV b 3 — sühneverfahren D I a 2, Β I I I b 5 Eidesstattliche Versicherung E I I I a Einstellung nach § 707, 719 D I I b 1 — beschlüsse Β I I I b 7 — einstweilige D I a 2 — deren Zurückweisung D I I a 2 Eintragungskosten E V I a einstweilige Anordnungen E IV a 2, E ' I V b 3 vgl. auch Verfügung E I I a, Β I I c 5, Entmündigungsverfahren A I I a 2 Erbschein E I I I b 1, D I b 1 Erforderlichkeit E V a 1 Erfüllung nach Klageerhebung C i b i Ergänzungsverfahren D I I a 2 Ersatzkräfte E V I b 1 Erstattungsanspruch Β I I Abtretbarkeit Β I I f 2, Β I I g 3 auf außerprozessuale Klagegründe gestützter Β I I a Aufrechenbarkeit Β I I f 3, Β I I g 2 Ausschluß Β I I c 1 außerprozessuale Folgen Β I I b außerprozessuale Verfügung über den Kostenerstattungsanspruch — Β I I g des Armenanwalts Β I I g 8 Einrede gegen den — Β I I g 3 Erlaß Β I I g 3 als Folgeanspruch Β I I f 1 keine Haftungsbeschränkung Β I I b 2 Herabsetzung durch Vergleich Β I I g 3 Pfändbarkeit Β I I f 2, Β I I g 3 prozessuale Folgen Β I I a prozessuale Sicherungen Β I I b 1 keine Sicherung nach BGB § 648 Β I I b 1 sonstige Tilgung Β I I g 3 Verzicht Β I I g 3 Zeitpunkt der Entstehung, früheste Β I I e späteste Β I I e 3 Zinsen Β I I g 7 kein Zurückbehaltungsrecht Β I I b 1 Ζwangsvergleich Β I I g 3 Erstattungsfähigkeit (allgem.) D II, E IV c 5 keine Feststellungsklage Β I I f 4 zeitliche Grenze D II, D I I a, Erstattungspflicht Belastung für Gerichtskosten E I I b Übergang auf Dritte E I I b Fahrgeld E IV c 5 Feststellungswiderklage E IV b 5 FGG: A IV, D I c, D I a 1, A IV Gerichte der — E IV b 5 Flugzeugkosten E IV c 5 Folgeverfahren D i a 2, D I b 2 Fotokopie E V I b 1, E IV c 3, E I I I a Friedensgericht F I I I

672

ι.

Buch Fristsetzung E V I b 2 Futterkosten E V I b 2 Gebrauchsmustersachen E V I c 2 Gebühren —

befreiter E

II a



Schuldner E V g

— herabsetzung E IV a 2 — niederschlagung E I I b

— teilung, vereinbarte, vgl. Rechtsanwalt —

Vereinbarung E I V a 1, E I V a 2

E IV b 2, E IV c 4 — wert E I I b Gelderhebungsgebühr, vgl. Rechtsanwalt Generalunkosten E IV c 3, E I I I a 4 Gerichtskosten E I I b, E I I Anordnung E I I c Entstehung E I I c Gerichtsstandbestimmung D I a 2 Gerichtsvollzieher — gebühr E V g — kosten E IV c 4 Gesamt — gut Β I I d 2 — partei E IV b 6 — Schuldner E I I b Gesetzlicher Vertreter E I I I a 1 Gewinn, entgangener E V I b 2 Großbank E V I b 1 Grundbucheinsicht E I I I b 1 Grundschuld E V I a Grundverfahren Β I Gütestelle D i a l Gutachten, private E I I I b 3 Rechts- D I a — ausländische D i a — für Rechtsmittel D i a Haager ZPA E I I b Haft des Gegners E I I b Haftkosten nach ρ 911 A l i a i Haftpflichtversicherer bzw. -versicherter Β I I d 2 Haftung, kostenrechtliche — des Ehemannes bei vertraglichen Güterständen Β I I b 2 — des Eigentümers Β I I b 2 — des Erben Β I I b 2 — des Gegners im Anfechtungsprozeß Β IIb 2 — des Konkursverwalters Β I I b 2 — des Reeders Β 11 b 2 — des Vermögensübernehmers Β I I b 2 HandelsregisterauszUge E I I I b 1 Hauptsache, Erledigung C I b Hausbesitzerverein E V c Hausratsgericht F l a H i l f s a r b e i t e r , Wissenschaft]. E I V a 3

Hinterlegung E V I b 2, A I I a 1, E V I a Höheverfahren Β I Information E I I I a, E I I I a 2, E I I I a 5 — kosten E V I b 1 — taxenkosten E I I I b 2 Inkassobüro E V I b 1 Kanzleiverwalter E IV a 3 Kindesvermögen B I I d 2 Klage — abschritt E I I I a 4 — änderung Γ, I b — erweiterung Ε V I b 3 Kompetenzkonflikt D i a l Konkurs-verfahren E V I c 7 —

— —

Verwalter B I b 1 mehrere E I V b 1

Prozeßkosten Konzern Ε V I b 1 Korrespondenzanwalt E I I I a 2 — kosten E I I I a 2 Kosten (allgemein) D den Prozeß vorbereitende E I I I b2, E V I b 3 notwendige D — Vorschüsse E II b Kostenfestsetzungsrecht des Obsiegenden B l a Kostengrundentscheidung B , B I I c abstrakte Β IV a Antrag auf Erlaß einer Β I I I c Antrag nicht Voraussetzung Β I I I ausländische Β II g 2 bei Rücknahme des Antrags im Entmündigungsverfahren Β I I I a 5 im Rechtsmittelverfahren Β I I I a 6 bei den das Verfahren beendenden Beschlüssen (§§ 916 folg., 1042a I, 1044 I, 1044a I I I ) Β I I I a 4 bei den verschiedenen Urteilsformen Β III a 1 im Fall der ZPO § 109 Β I I I a 3 durch Ergänzung nach § 321 Β I I c 5 fehlende Β II c 5, E IV b 5 bei Zwischenentscheidungen gegen Dritte Β III a 2 Kosten — pflicht C — schuld E I I b — titel, verlorengegangener Β I I a Kreditaufnahme Β I I c 2, E V I a Kündigung E V I b 2 Laborkosten E I I I b 2 Lagergeld E VI b 2 Landwirtschaft — behörde F I c — gerichte F I c Leistungsangebot E VI b 2 Lichtbilder E I I I b 2 Mahn — schreiben E V I b 2 — verfahren E IV b 5, D I a 2 Massekosten A I I I a Mieteinigungsamt D i a l Mieterverein E V c Minderung E V I b 2 Modelle E I I I b 2 Nachforschung nach Beweismitteln E I I I b 2 nach Zeugen E I I I b 2 Nachverfahren A II a 2 Nachweis der Zahlung E I I a, E IV a Nachzahlungsanordnung E IV b 4 Nichtigkeitsverfahren Β II a Nießbraucher Β II d 2 Notverkauf E VI a, Β I I c 2 Obergutachter E I I I b 3 Offenbarungseid D II Ortspolizeibehörde D i a l Partei E IV b 3 ausländische E IV b 3 — kraft Amtes Β I b 1 — rolle B l a Patent —. anwälte E V, D i a — armenanwalt E V a — rechtsstreit Β II a Pauschalgebühr E II b Pfandgläubiger Β I I d 2 43*

§ 9 1

Pläne E I I I b Porto E I I I a 3, E IV c 1 Postgebühren E II b Protokollabschriften E IV c 3 Prozeß — agent E V b — fähigkeit E IV b 4 — gebühr E II b — kosten D I I a

nachprozessuale Β I I c 3 vorprozessuale Β I I c 1 — pfleger E V e — Vereinbarung Β I I c 6 — Vorbereitung D i a

Raterteilung E VI b 2 Rechtsanwalt E IV a 3 — assessoren E IV a 3, E IV c 5 Armen- E IV a 1, E IV b 4 ausländischer E IV b 2, E IV b 3, E IV c 5 Beweisanwalt E IV b 4, E IV b 2 Beweisarmenanwalt E IV b 2 — gebühren E IV Gebührenteilung, vereinbarte E V a 2 Gelderhebungsgebühr E V I c 6 — kosten E II b mehrere E IV b 1 Prozeßfähigkeit E IV b 3 als Partei F I I b 2 Reisekosten E IV c 5 persönliche Verhinderung E IV b 1 Verkehrsanwalt E IV b 2, E IV b 3, EVal — Wechsel E I V b 1, D I a 2 Rechtsbeistand E V b

in eigener Sache E V b, E V I b 1 Rechtsgutachten D i a —, ausländisches D i a Rechtshilfeverträge E I I b Rechtskundige E V I d, F I I b 2 Rechtsmittelgutachten D i a Rechtszersplitterung E IV b 3 Referendare E IV c 5, E IV a 3 Registerauszug D I e 1, E I I I b 1 Reisekosten E I I I a 2, E IV b 3, E IV c 5 — vorschuß E I I b Rheinschiffahrtssachen E V I c 3 Sachverständige, säumige A I I b, Β I I d 1 Schiedsverfahren D I b 2, E I I b Schiffszusammenstoß E I I I b 3 Schreib — arbeiten E I I I a 4 — gebühren Β II c 2, E I I b Schriftsatzabschriften E IV c 3 Schuldverschreibung G § 14 IV Β I I d 2 Sicherheitsleistung Β I I c 2, E I I b, E V I c 6, E Via Sonder — gerichte E IV b 5 — gut Β II d 2 — honorar Β I I c 2 Sozialversicherungsträger E I I a Sprungrevision E IV a 2 Staatsanwalt Β I b 1 Strandamt D i a l Streit — gehilfe Β II d 2, Β I b 3 — genösse E IV b 6, E I I b — verkündung D I I b 1 Stufenklage E IV a 2 Sühnetermin E IV Syndikus E I I I a 2

673

§ 9 1

ZPO

Tagegeld E IV c 5 TeU — ansprüche E IV b 5 — prozesse E l b Telefongespräche E III a 3 Telegramme E III a 3 Terminswahrung E III a 1 Testamentsvollstrecker B I b l , E I V b l Treuhänder Β II d 2 Treuhandstelle, genossenschaftliche E VI d 2 Übernachtungsgeld E IV c 5 Übersetzungen E III a 5, E IV c 2 Umsatzsteuer E IV c 4, E IV a 2 Unterbevollmächtigter E IV c 5 Unterliegen allgemein A II a 2 bei Aufrechnung C I b Bemessung nach Hauptanspruch C I a bei nach Klageerhebung entstehendem Ereignis C I b 1 bei Erfüllung C i b i bei Erledigung der Hauptsache C I b mit dem Hilfsanspruch C I a 2 teilweises C I I bei Veränderung des Anspruchs C I b Urkunden, fremdsprachige E I I I a 5 — gebühr E II b Vater Β II d 2 Veränderung des Anspruchs C I b Verbandsvertreter F II c Verbringung der Sache ins Pfandlokal A II a 1 Verfügung, einstweilige Β II c 5 vgl. auch Arrest Vergleich Β II c 4, Β II e 1, D II c — gebühr E IV b 3 „alle Kosten', = alle notwendigen Kosten Β Ile4 — kosten, Umfang Β II c 4 — Verhandlung vor Prozeßbeginn E VI b 2 Verhältnis zu Dritten B i l d , B I I d 2 Verhältnismäßigkeit der Kostenaufwendungen E, E I a, E I b, E III a, E IV b Verklarung D I b 1 Verkehrsanwalt vgl. Rechtsanwalt E V a 1 Verkehrsbeistand E V b Verkündungstermin E I I I a 2 VerlustigkeitsbeschlUsse E II c, E IV a 2 Versäumnis urteil A II b — Verfahren D I a 2 Versteigerung Β II c 3 Verteilungsverfahren Β II c 3 Vertragsrechtspezialist E III b 3 Vertreter E III a — amtlich bestellter E IV a 3 — gesetzlicher Β I b 2 — mehrere Β I b 2, E IV b 1 — des abgewanderten Mieters E V d

I.Buch — ohne Vollmacht A II d, Β II d 1 Verwaltung — gerichte E IV b 5 — rechtsräte E VI d 1 — streitverfahren A V Verweisung F I — beschlüsse Β III b 2 — nach ZPO § 276 E IV b 5 Verzicht, bedingter auf Gebühren E IV a 2 Verzugsschaden Β II c 2 Vollstreckbarerklärungen D II a 2 Vollstreckung D II a 1 — befehl D I a 2, Β IV b — gegenklage Β II g 5 — kosten Β II c 3, D II a 1 Vollziehungsfrist bei Arrest und einstweiliger Verfügung Β II e Vorbehaltsgut Β II d 2 Vorgriff der Rechtsmittelinstanz D I I I Vornahme außerprozessualer Handlungen E VI b 2 vertretbarer Handlungen A II a 1 Vorschußlast E II b Vorschußpflicht Β II d 2 Vorstand E III a Vorverfahren D I, D I a 2, E IV Wandelung E VI b 2 Warenzeichensachen E VI c 2 Widerklage keine über die Anwartschaft der Prozeßkostenerstattung Β II f 4 Widerspruch E IV b 5 Wiederaufnahme Β II b 2 Wiedereinsetzung A II b Wohnungseigentum F I b Zahlungsbefehl Β IV b Zeitversäumnisse E VI b, E III a 1 Zessionar Β II d 2 Zeuge E III b 2 Gestellung E i a säumiger A II b, Β II d 1 Zeugnis, ärztliches E III b 2 Zinsen Β II g 7, E VI a — Verlust E VI a, Β II c 2 ZurUckforderung der Kosten Β I I g 6 Zurückverweisung E IV b 5 Zuschlagsbeschluß A III a Zustellung E III a von Anwalt zu Anwalt A II a 1 durch Gerichtsvollzieher A II a 1 — kosten E IV c 4, E III a durch Post A II a 1 des Urteils E IV a 2 ZVG § 10 II A III a Zwangsverwalter B I b l Zwangsvollstreckung A II a 2, III Zwischenverfahren D II b

A

Der fünfte Titel des zweiten Abschnitts (Parteien) des ersten Buches (Allgemeine Bestimmungen) der ZPO beschäftigt sich mit dem Anspruch einer Partei gegen die andere auf Ersatz ihrer Prozeßkosten. E r bezieht sich sowohl auf den Kostengrund als auf die Kostenhöheentscheidung. Seine Vorschriften werden durch weitere Bestimmungen ergänzt.

AI

Der Titel regelt die Erstattungspflicht, die Anfechtung isolierter dungen und das Kostenfestsetzungsverfahren.

Ala

Kostenentschei-

§ 91 normiert die Erstattungspflicht allgemein, § 91 a die bei für erledigt erklärter 674

Prozeßkosten

§ 91

Ala

Hauptsache; § 92 behandelt ihre Verteilung im allgemeinen, § 93 die Kostenentscheidung bei sofortigem Anerkenntnis, §93a die im Ehestreit. § 94 verhält sich über Kosten des Rechtsnachfolgers, § 95 über die der Säumnis, § 96 über die erfolgloser Angriffs- und Verteidigungsmittel. § 98 ordnet die Kostenfolge bei Vergleich, § 97 entscheidet über die Rechtsmittelkosten. § 100 bestimmt die Kostenlast im Falle der Streitgenossenschaft, § 101 die der Streithilfe. § 102 gibt dem Gericht die Möglichkeit, dem Vertreter der Parteien wie den Gehilfen des Gerichts — nicht dem Gericht selbst (vgl. aber GG Art. 34, BGB § 839, Ansprüche, die im besonderen Rechtsstreit gegen den Staat geltend zu machen sind) — Kosten aufzuerlegen.

A l a i

§§ 91 a I I , 99 regeln die Anfechtung der getrennten (isolierten) Kostenentscheidung. A I a 2 § 103 leitet das Feststellungsverfahren ein und fordert den Antrag als Verfahrens- A l b bedingung; § 104 umschreibt das Kostenfestsetzungsverfahren, § 105 das vereinfachte Festsetzungsverfahren, § 106 das bei Aufteilung nach Quoten. § 107 regelt schließlich noch das Verfahren bei nachträglicher Änderung der Streitwertfestsetzung. Neben den Vorschriften dieses Titels kennt die ZPO noch eine Reihe weiterer Vor- A I I schriften, welche die Erstattungspflicht regeln. Eine Reihe von ihnen ergänzt § 91,

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und zwar nennt als notwendige Prozeßkosten § 75 I 2 die der Hinterlegung des Streit- A I I a 1 gegenständes, was ohne die Sondervorschrift schon aus § 91 zu entnehmen wäre. § 197 stellt klar, daß zu den notwendigen Kosten nicht die der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher gehören, wenn billiger durch die Post hätte zugestellt werden können (dagegen braucht nicht nach § 198 zugestellt zu werden: R G v. 14.1.1898 I I E 40/410f. mit der Begründung, daß die Wirksamkeit der Zustellung von der Annahme des Anwalts abhänge; K G D R 39 A 87710 bejaht die Erstattungsfähigkeit, wenn die Anwälte ihr Büro nicht am selben Ort haben). In der Vollstreckungsinstanz sind die Kosten der §§ 885 I I I (Verbringung der Sachen in das Pfandlokal), 887 I I (die zur Vornahme vertretbarer Handlungen) und die Haftkosten (§ 911) notwendig. Bezüglich der Frage des Unterliegens regeln §271 I I I die Folgen der Klagerück- A I I a 2 nähme und §§ 276 I I I , 506 I I die der Verweisung. Daß nur der in letzter Linie Unterliegende der Unterliegende ist, stellen §§ 302 I V 1, 600 klar. Daß die Vorschriften auch für das Nachverfahren gelten, besagen allgemein §§692, 698, 699, im Entmündigungsverfahren u. a. die §§ 682, 684 IV, 685, 686 IV, in der Zwangsvollstreckung § 788. Auch § 97 ist hierzu Sonderrecht, einschließlich der Regelung des Unterliegens bei Rücknahme von Rechtsmitteln (§§ 515 I I I , 566, wobei B G H v. 19. 5. 1952 I V Z R 53/51 allerdings die entsprechende Anwendung des § 97 I I in der Revisionsinstanz nicht zugelassen hat). §§ 637, 640 1, 658, 673, 677, 679 I V stellen klar, daß auch den als Partei unter- A I I a 8 liegenden Staat, wenn er durch den Staatsanwalt vertreten wird, die Kosten treffen. §95 wird ergänzt durch §§ 238 (Kosten der Wiedereinsetzung), 344 (Kosten bei A ü b Erlaß des Versäumnisurteils) und 380 I (Kosten gegen den säumigen Zeugen), 409 I (die gegen den säumigen Sachverständigen). § 96 wird erweitert durch die Säumniskostenfolgen mit dem Charakter von Prozeß- Α Π c strafen (vgl. auch § 102) durch §§ 278 I I (Kosten aus nachträglich vorgebrachten Angriffs- oder Verteidigungs-), 283 I I (oder Beweis-mitteln). § 102 wird ergänzt durch § 89 (Kosten, die der Vertreter ohne — urkundlich nach- A l l d gewiesene — Vollmacht zu tragen hat). An das zivilprozessuale Kostenrecht schließen sich die in Anlehnung an die ZPO Α Π Ι geregelten Verfahren an.

675

§ 9 1 Alila

A nib

ZPO I. Buch

Nach ZYG § 10 I I gehören zu den notwendigen Verfahrenskosten auch die der Kündigung und die der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Die Kosten des Zuschlagsbeschlusses trägt der Erwerber (ZVG § 58). Von den Kosten der (reinen) Zwangsvollstreckung, die vorweg zu entnehmen sind, ist in ZVG § 155 die Rede. Über die Massekosten des Konkursrechts vgl. KO § 58. Über die Kosten nach dem B E G ν. 18. 9. 1953 (BGBl. I 1387) i. d. F. des G v. 29. 6. 56 (BGBl. I 559) vgl. B E G § 227 (abgedruckt bei § 91 Ε IV a 4). Über die Möglichkeit landesrechtlicher Sondervorschriften in den nach Landesrecht geregelten Verfahren vgl. E G § 15 C. (RG v. 19. 10. 1894 II E 34/194). Für strafrechtliche Verfahren gelten die besonderen Normen der StPO §§464folg.; für das Adhäsionsverfahren vgl. GVG § 13 D I I I .

AIV

Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt die besondere Kostenregelung nach der KostenO wie nach Sondervorschriften, vgl. L V G §§33folg., 6. DVO EheG §§ 20folg., VHG §§ 19folg.

AV

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt die Sondervorschrift des ArbGG § 12 und in der ersten Instanz die des ArbGG § 61 I (vgl. § 91 F II a, b).

AVI

Im Verwaltungsstreitverfahren gelten BVerwaltungsGG §§64folg., BMilRegVO 165 §§ 98folg., V G G §§ 123folg., Rh.-Pf. V G G §§ 87folg. BMilRegVO 165 § 98 I bestimmt, daß der unterliegende Teil die Kosten zu tragen hat (ebenso V G G § 124, Rh.-Pf. V G G § 88 I, BVerwaltungsGG § 65), BMilRegVO 165 § 103 die Erstattungsfähigkeit (VGG § 132, BVerwaltungsGG §§ 71, 72, Rh.-Pf. V G G §§95, 96) ; beide zusammen entsprechen dem § 91, wobei indes von den Reisekosten des Anwalts keine Rede ist, doch gelten insoweit die Vorschriften der RAGebO (BMilRegVO 165 § 105), während keine sonstigen Auslagen nach BMilRegVO 165 § 103 I als erstattungsfähig anerkannt sind; hier werden die Verwaltungsrechtsräte den Rechtsanwälten — auch gebührenmäßig — gleichgestellt. Zeitversäumnisse der Partei werden nach BMilRegVO 165 aber überhaupt nicht ersetzt (denn sie sind keine Aufwendungen), und dies muß auch für alle Generalunkosten und die Zeitaufwendungen Dritter für die Partei gelten, welche nicht unter den Begriff des Rechtsbeistandes fallen. Nach V G G § 132 wird Entschädigung für Zeitversäumnis und Reisekosten nur gewährt, wenn das Gericht das persönliche Erscheinen einer Partei angeordnet hatte oder für angemessen hält. Die Entscheidung ist im Urteil zu treffen (ebenso Rh.-Pf. V G G § 95, BVerwaltungsGG § 71) ; BMilRegVO 165 § 100 II beschränkt die Erstattungspflicht des Staates für den öffentlichen Vertreter (vgl. §91 A II a 3). BMilRegVO 165 § 99 I, V G G § 124 I, Rh.-Pf. V G G § 88 II entsprechen dem § 92 (vgl.BVerwaltungsGG § 65 I I ) ; BMilRegVO 165 § 99 II den §§ 95, 96 (vgl.VGG § 124 II, Rh.-Pf. V G G § 88 I I I , BVerwaltungsGG § 65 III), 278 II, 283 II (vgl. § 91 A II a, sowie V G G §124111, BVerwaltungsGG §65 I I I ) ; BMilRegVO 165 §9811 dem §97; BMilRegVO 165 § 99 I I I (VGG § 124 IV, Rh.-Pf. V G G § 88 IV, BVerwaltungsGG § 65 II) den §§ 271 I I I , 515 I I I , 566; BMilReg\O 165 §99 IV (VGG §125, Rh.-Pf. V G G §89, BVerwaltungsGG § 66) dem § 238 I I I ; BMilRegVO 165 § 100 I, V G G § 124, Rh.-Pf. V G G § 91, BVerwaltungsGG § 68 verweisen auf § 100. Eine dem § 102 entsprechende Regelung fehlt in der BMilRegVO 165, da jeder „Beteiligte" (BMilRegVO 165 § 39) der Partei der ZPO gleichsteht (vgl. ferner V G G § 34, BVerwaltungsGG §26). BMilRegVO 165 § 101 I 2, V G G §126, Rh.-Pf. VGG §90, BVerwaltungsGG §67 enthalten die Regel des §98; BMilRegVO 165 § 101 I 1 entspricht auch dem sonst geltenden Recht der Vertragsfreiheit (vgl. ferner BMilRegVO 165 §101 I 2). BMilRegVO 165 §102 I 1, VGG §128 I 1, Rh.-Pf. V G G §92 I 1, BVerwaltungsGG § 6 9 1 1 weisen auf § 308 11 hin; BMilRegVO 165 § 1 0 2 1 2 , V G G § 128 I 2, Rh.-Pf. V G G § 92 I 2, BVerwaltungsGG § 69 I 2 geben auch den in der ZPO jetzt vorherrschenden Grundsatz, daß die reine Kostenentscheidung durch Beschluß zu erlassen ist, wieder (vgl. § 91 a I 2). BMilRegVO 165 § 102 II, V G G § 131, Rh.-Pf. V G G § 94 I,BVerwaltungsGG §69 II betreffen das Festsetzungsverfahren und entsprechen den §§ 103, 104 I 1. BMilRegVO 165 § 106, Rh.-Pf. V G G § 94 II, BVerwaltungsGG § 67 I I I regeln die Anfechtbarkeit von Kostenentscheidungen (vgl. ferner V G G §§ 116, 121). Das G K G gilt mit den Einschränkungen der BMilRegVO 165 § 104 entsprechend. BMilRegVO 165 § 104 II ordnet an, daß nur die halbe Prozeßgebühr zu zahlen ist, wenn 676

Prozeßkosten

§ 91

ohne mündliche Verhandlung entschieden wird; BMilRegVO 165 § 104 I I I , daß nur die halbe Urteilsgebühr zu entrichten ist, soweit es bei einem Vorbescheid bleibt. BMilRegVO 165 § 104 IV setzt die Bestimmung der Gebührenfreiheit für die juristischen Personen des öffentlichen Rechts außer Kraft (GKG § 90), woraus folgt, daß die Gerichtskosten auch in diesem Verfahren als erstattungsfähig festgesetzt werden (vgl. § 97 I I I ) . Die GebührenO für Zeugen und Sachverständige ist in vollem Umfang anzuwenden (BMilRegVO 165 § 105, V G G § 130, Rh.-Pf. V G G § 93, BVerwaltungsGG § 70). Die GVGebO wird hier nicht erwähnt, weil der Gerichtsvollzieher in Verwaltungsgerichtsverfahren keine Funktion hat. Für die Rechtsanwälte und Verwaltungsrechtsräte gilt die RAGebO (BMilRegVO 165 § 105). Das \ G G definiert in § 129 nur den Begriff „Kosten" als die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Auslagen. Wie diese anzusetzen sind, ist landesgesetzlich geregelt (vgl. hierzu für Bayern KostenG v. 16. 2. 1921 [GVB1.134] und G ν. 9. 7. 1949 [GVBl. 181], Bremen 5. ÁVO ζ. V G G v. 2 7 . 1 2 . 1948 [GBl. 49/4], in den beiden badischen Reg.-Bezirken von BadenWürttemberg BadVerwGebG i. d. F. v. 2 7 . 8 . 1923 [BadGVBl. 283] §§6, 21foIg., für die beiden württ. Reg.-Bezirke Württ.LandesgebO in Nr. 45 b des Geb Verzeichnisses hierzu v. 2 2 . 1 2 . 1930 [WürttRegBl. 393], in Rheinland-Pfalz sind die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtskosten G ν. 16. 7. 1952 [GVBl. I l l ] maßgebend). Für R e c h t s a n w ä l t e gilt in Verwaltungsstreitverfahren die RAGebO (BMilRegVO 165 §105), während für das Vorverfahren noch die Landesgebührenordnungen für Rechtsanwälte gelten. Nach V G G §132 II gelten Aufwendungen, die durch Zuziehung eines Bevollmächtigten verursacht werden, als notwendig, soweit die Partei die Zuziehung für erforderlich halten durfte. Hierüber hat das Gericht im Urteil zu entscheiden. Welche Anwaltsgebühren erstattungsfähig sind, ergibt sich aus den Sätzen der GebO. Die RAGebO findet Anwendung in Bremen (3. AVO ζ. V G G Art. 6 III), in Hessen sowie in den beiden württ. Landesteilen von Baden-Württemberg (WürttRAGebO v. 25. 7. 1927 [RegBl. 76] Art. 2) ; in den beiden badischen Landesteilen ist sie teilweise abgeändert durch die VO betr. die Gebühren der Rechtsanwälte in Verwaltungsstreitigkeiten v. 30.5.1924 (GVBl. 143) bzw. VO v. 4.5.1925 (GVBl. 101). In Bayern sind zu beachten die VO v. 26. 3. 1902, betr. die Gebühren der Rechtsanwälte in Angelegenheiten der VerwRpfl. (GVBl. 144), ferner VO v. 28. 3. 1919 (GVBl. 128) und VO v. 29. 12. 1927 (GVBl. 415); in Rh.-Pf. gilt ebenfalls die RAGebO (VerwGKG v. 16.7.1952 [GVBl. 111] § 34), ebenso für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht BVerwaltungsGG § 70 I I ; ersetzt werden Gebühren und Auslagen (einschließlich der Reisekosten). Dasselbe gilt für die Ansprüche der Verwaltungsrechtsräte; von Patentanwälten spricht BMilRegVO 165 nicht; doch wird man auch ihre Kostenerstattung nach derselben Gebührenordnung voraussetzen dürfen, soweit Patente, Gebrauchsmuster, Warenzeichen, Geschmacksmuster Gegenstand des Verwaltungsrechtsstreits werden. Für Rechtsbeistände hat das zu § 91 E V b Erläuterte zu gelten. Im Verfahren vor den Sozialgerichten vgl. über die Höhe der von den Körperschaften des öffentlichen Rechts nach S G G § 184 zu entrichtenden Gebühren VO v. 31. 3. 1955 { B G B l . 1180). Im Steuerverfahren gilt AbgabenO § 316, der wie folgt lautet: I Soweit einem Beteiligten, der nicht Finanzbehörde ist, die Kosten nicht auferlegt werden, sind ihm seine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten. II Wird ein Bevollmächtigter oder Beistand zugezogen, so sind die dadurch entstehenden Kosten nur zu erstatten, soweit sie für Personen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, in Verfahren vor den Finanzgerichten entstehen. Sind Rechtsanwälte zugezogen, so werden für deren Tätigkeit in Verfahren vor den Finanzgerichten die vollen Gebühren nach Maßgabe der Gebührenordnung für Rechtsanwälte erstattet. Sind andere Personen zugezogen, die geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, so werden bis zum Erlaß amtlicher Gebührenordnungen für die Tätigkeit dieser Personen die von ihnen erhobenen Gebühren bis zur Höhe der in Satz 2 genannten Gebühren erstattet. Steht der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis zu einem Beteiligten, so werden die durch seine Zuziehung entstandenen Kosten nicht erstattet. III Im übrigen findet § 91 Abs. 1 und 2 ZPO entsprechende Anwendung.

Nach AbgabenO § 316 I I I i. V. mit § 91 Abs. 1 sind dem Steuerpflichtigen auch die Aufwendungen notwendiger Reisen und die durch notwendige Wahrnehmung von 677

AVI

A VI

§ 91

ZPO I. Buch

Terminen entstandene Zeitversäumnis zu ersetzen. Dabei gelten die für die Entschädigung von Zeugen bestehenden Vorschriften entsprechend. Auch für Angestellte, die mit der Wahrnehmung der Rechte des Steuerpflichtigen beauftragt sind, dürfen die notwendigen Auslagen erstattet werden. Die Auslagenerstattung gilt auch für das Einspruchsverfahren vor dem Finanzamt. Im Lastenausgleichsverfahren werden Anwaltskosten nicht erstattet, soweit kein Anwaltszwang besteht (LAG § 334, FeststellungsG § 39), also abgesehen vom Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, wenn dieses nach BVerwaltungsGG § 24 V die Vertretung durch Anwälte besonders angeordnet hat. A VII

Für das Verfahren vor dem BVG bestimmt BVGG § 34 : I D a s Verfahren des Bundesverfassungsgerichts ist kostenfrei. II Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den B u n despräsidenten (g 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder d e m Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung z u ersetzen. III In den übrigen Fällen k a n n das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise E r s t a t t u n g der Auslagen anordnen. IV W i r d eine Verfassungsbeschwerde oder eine Beschwerde gemäß Art. 41 Abs. 2 des Grundgesetzes (§ 13 Nr. 3) als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen, so k a n n das Bundesverfassungsgericht d e m Beschwerdeführer eine Gebühr von zwanzig deutsche Mark bis zu eintausend deutsche Mark a u f erlegen, wenn die Einlegung der Beschwerde einen Mißbrauch darstellt.

Im übrigen soll die Gebührenerhebung noch gesetzlich geregelt werden. Β

Die Prozeßkostenerstattung setzt regelmäßig einen Titel (§103), die Koetengnindentscheidung, voraus, auf Grund deren die zu erstattenden Kosten der Höhe nach festgesetzt werden (wenn auch die freiwillige Erstattung ohne Titel und ohne Festsetzung möglich bleibt). Im Ausnahmefall werden indes die zu erstattenden Kosten — ohne vorausgegangene Kostengrundentscheidung — sogleich der Höhe nach festgestellt. Davon zu unterscheiden ist die Festsetzung auf dem Titel nach § 105, welche ein beschleunigtes Höhefestsetzungsverfahren ist.

ΒI

Für Grund- und Höheverfahren gibt es eine Reihe gemeinschaftlicher Normen. §§ 91 folg. regeln sowohl, welche Kostengrundentscheidung zu fällen ist, wie welche Kosten im Höhe verfahren, dem Kostenfestsetzungsverfahren, zu berücksichtigen sind. So bestimmt § 91 einmal, daß die Kosten dem Unterliegenden (dem Grunde nach) aufzuerlegen sind, sodann für das (Höhe-)Erstattungsverfahren, daß nur „notwendige" zu ersetzen sind und besagt dann auch, was im allgemeinen und auch in besonderen Fällen darunter zu verstehen ist. Beiden Verfahren liegt ein veränderter Parteibegriff zugrunde.

Bis

Die Parteirolle entscheidet über Titel und Festsetzungsrecht auf die Kostengrundentscheidung hin. Die Kostenentscheidung ergeht regelmäßig unter den Prozeßparteien, einschließlich derer, welche im Prozeß als Partei auftreten, ohne es zu sein. Sie werden im Titel genannt; zum Kostenfestsetzungsantrag berechtigt ist dann allein die im Titel als berechtigt erklärte (obsiegende) Partei (§103); die unterliegende hat kein Kostenfestsetzungsrecht; nur bei Verteilung nach Quoten darf jede Partei die Kostenfestsetzung betreiben (§ 106). Zu richten ist die Kostenfestsetzung gegen die im Kostentitel genannte Partei.

ΒIb

Als Parteien der Kostenstreite und -verfahren sind zunächst die Parteien des (Haupt-) Prozesses, aus dem die Prozeßkostenentscheidung stammt, beteiligt.

ΒIb1

Bei den sog. Parteien kraft Amtes (§ 50 Β IV b) treffen die Kosten die — gesetzlich vertretene — Partei (nicht den sog. Amtsträger) persönlich (RG v. 4.4. 1894 V E 33/367, v. 31.1. 1901 IV JW 183, OLG München JW 22/15946 für den Konkursverwalter; vgl. auch RG v. 23. 2. 1934 II 162/33 Ν § 91/77, wo gesagt wurde, daß sie den nachfolgenden Testamentsvollstrecker, RG v. 17.12.1935 II JW 36/82139, daß sie den späteren Zwangsverwalter träfen, womit die verwaltete Masse, d. h. die vertretene Partei gemeint war; jedenfalls ist der Wechsel der sog. Amtsträger ohne Belang, RG v. 2. 8. 1935 III HRR 678

Prozeßkosten

§ 9 1 ΒI b 1

1685: für den Fall der Amtstheorie und RG v. 17. 12. 1935 II HRR 36/290: ohne Rücksicht darauf, wer im Urteil genannt worden ist). Doch wurde dem KV gestattet, die Kosten noch nach Beendigung des Amtes festsetzen zu lassen (BayObLG J W 18/1031, OLG Köln RheinArch. 94 I S. 174). Anders ist dies bei Entscheidungen nach § 102, welche den Vertreter (den KV usw.) persönlich treffen. Dahin gehören auch die Schadensersatzansprüche gegen den Konkursverwalter nach KO § 82 (vgl. KG OLG 10/303, das der Amtstheorie folgt, wenn diese Vertreter als Partei in Anspruch genommen werden). Es kann indes auch nach der h. M. der Konkursverwalter in Person als Partei in Anspruch genommen werden; dann hat er das Erstattungsrecht wie die Erstattungspflicht nur in seiner Person (doch verlangt KG DR 41 A 89234 dann, daß dies im Titel klargestellt ist). In dem von RG v. 13. 7. 1904 VII J W 4 9 1 " entschiedenen Fall hatte der KV eine Anfechtungsklage erhoben, die nach Rechtskraft des Zwangsvergleichs vom Gemeinschuldner nur wegen der Kosten fortgeführt wurde, was für zulässig erachtet wurde. Auch den in Ehe-, Kindschaft- und Entmündigungssachen auftretenden Staatsanwalt treffen die Kosten nicht persönlich, sondern den von ihm vertretenen Staat (§§ 637, 673, 677). Über mehrere gesetzliche Vertreter vgl. § 91 Β I b 2. Unstreitig treffen auch den gesetzlichen Vertreter der Partei keine Kosten (von der Β I b 2 Auferlegung nach § 102, GKG § 39 abgesehen). Hat eine Partei mehrere Vertreter (etwa der Staat bei einem Anspruch aus Amtspflichtverletzung seiner Beamten, die zu verschiedenen Behörden gehören) und unterliegt sie (auch bloß wegen eines Beamten), so treffen sie dennoch die gesamten Kosten (RG v. 2. 8. 1935 III H R R 1685 für die Partei kraft Amtes). Zu den Parteien (§ 50) des Kostenfestsetzungsverfahrens, die im Kostentitel genannt ® sind, gehören auch die Streitgehilfen (§§66folg.); diese haben selbständige Erstattungsansprüche (§101), wenn sie obsiegen, über die selbst bei unselbständiger Streithilfe (§ 68) ihre Hauptpartei nicht verfügen kann, während umgekehrt (selbst) der (selbständige) Streitgehilfe (§ 69) nicht in das Kostenfestseizungsverfahren in bezug auf die Hauptpartei wirksam eingreifen kann, weil sie insoweit von ihm völlig gelöst ist. Es ist ja auch keine Streithilfe bloß mit dem Interesse am Kostenerstattungsanspruch zu rechtfertigen (§ 66 A III b). Unterliegen die Streitgehilfen im Rechtsmittelverfahren, wo sich die Hauptpartei selbst nicht beteiligt hatte, so treffen sie allein die Kosten des Rechtsmittelverfahrens, also nicht die Hauptpartei (§ 67 D I I ; BGH v. 20. 3. 1952 IV ZR 111/51, RG v. 16. 2. 1931 VI JW1805 1 4 ). Der Eretattungeanspruch ist ein aus dem Prozeßverhältnis (§ 38 Β III a) entstandener Β Π Anspruch und deshalb auch ausschließlich nach den Regeln der ZPO zu beurteilen (RG v. 3. 12. 1888 VI E 22/421 [423], OLG Hamburg 13/93, Celle 13/95); er ensteht mit der Kosten-(grund-)entscheidung (auflösend bedingt durch eine sie aufhebende) und ohne Rücksicht auf Verschulden und auf ein (außerprozessuales) Rechtsverhältnis. Soweit er entstanden ist, überdeckt er jeden außerprozessualen Anspruch schlechthin und nimmt ihm jede Kraft. Dies führt zu prozessualen Folgen. Β Π& Soweit die Möglichkeit der Prozeßkostenerstattung in der ZPO auf Grund eines Kostentitels geregelt ist, gibt es keine außerprozessuale Kostenerstattungspflicht unter den am Streit Beteiligten. Einer Klage würde (regelmäßig) die rechtskräftig entschiedene Sache entgegenstehen (§322, RG v. 7.11. 1930 II E 130/217 f.) ; prozessual abgesprochene Kosten können also sachlich rechtlich nicht gegen die Gegenpartei geltend gemacht werden (RG v. 28. 3. 1939 I DR A 1796»), es sei denn, daß der Titel als solcher wieder herzustellen wäre und dies anderweit nicht möglich ist (vgl. § 322 Β II a, ZuständigkeitsergänzungsG § 3). Dies gilt selbst dann, wenn der Erstattungsanspruch auf außerprozessuale Klagegründe (Vertrag; a. M. Rosenberg Lb. § 79 IV 3, OLG Hamm SJZ 50/588, LG Berlin J R 51/568, wonach über die Kosten des Scheidungsstreits nach Maßgabe einer Partei679

ΒΠ a

§ 9 1

ZPO I. Buch

Vereinbarung zu erkennen sei; unerlaubte Handlung u. dgl. m.: RG v. 15. 5. 1936 VI Warn. 129 im Fall des BGB § 826 — vgl. dazu § 322 C III b 2, a. M. OLG Bamberg BayZ 08/443, Hamburg JW 31/18221, RG v. 23.3. 1926 II JW 15425) gestützt wird; die prozessual geregelte Erstattung und das besonders geregelte Kostenfestsetzungsverfahren schließen — nach der hier vertretenen Auffassung — jede Klage auch aus sonstigen Klagegründen grundsätzlich aus. KG DR 40 A 2 1 8 3 24 hat keine Erstattung von Prozeßkosten im Patentrechtsstreit zugelassen, der vom Patentamt im Nichtigkeitsverfahren abgeurteilt war. Anders ist dies, wenn keine Kostengrundentscheidung ergangen ist. ΒΠb

Es gibt aber auch außerprozessuale Folgen.

ΒΠb1

So wird die Prozeßkostenerstattung als solche nicht außerprozessnal abgesichert, weil der reine Prozeßkostenerstattungsanspruch aus keinem Rechtsverhältnis der Parteien stammt. Er wird deshalb auch nicht nach BGB § 648 gesichert (OLG Posen 1/398), seinetwegen kann kein Zurückbehaltungsrecht nach BGB § 273 geltend gemacht werden (OLG Dresden 16/358f.). Wurde indes auf Grund desselben Rechtsverhältnisses im Vorprozeß geklagt und ist dort ein vollstreckungsreifer Kostenerstattungsanspruch entstanden, so darf im Folgeprozeß auch seinetwegen das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden (RG v. 16. 6. 1914 III Warn. 241). Für den Prozeßkostenanspruch gibt es dagegen in beschränktem Umfange prozessuale Sicherungen (§ 274 II 5, 6 in bezug auf folgende Prozesse und § 110 in bezug auf denselben).

ΒΠb2

Ihm können auch nicht die aus dem außerprozessualen Rechtsverhältnis stammenden Haftungsbeschränkungen entgegengehalten werden, welche den übrigen Ansprüchen entgegengesetzt werden dürfen. Prozessiert deshalb der Erbe, so haftet er, auch wenn er für die sonstigen Ansprüche nur beschränkt haftet, für die Prozeßkosten unbeschränkt (RG v. 11. 11. 1911 V Recht 3923 = JW 12/4647, v. 26. 11. 1929 III HRR 30/455, OLG Kassel 19/137, KG OLG20/301, OLG Braunschweig 22/371, DJZ 10/189, die beschränkte Haftung wird insoweit in den Kostenfestsetzungsbeschluß nicht aufgenommen, OLG Jena DJZ 11/209). Hatte indes schon der Erblasser im Streit gestanden, so ist der wegen seiner Prozeßführung entstandene Erstattungsanspruch beschränkbar, wenn die Erben den Streit nicht fortführen (a. M. auch wenn sie ihn fortführen, für die vor ihrem Eintritt entstandenen Kosten: OLG Naumburg HRR 37/700). Doch haften die Erben auch dann unbeschränkt für die Beerdigungskosten (für die Kosten der Aufnahme des Rechtsstreits zur Rücknahme der vom Erblasser eingelegten Revision: RG v. 26. 11. 1929 III HRR 30/455; vgl. auch KG OLG 20/301). Das entsprechende gilt für die auf das Schiff beschränkte Haftung des Reeders (RG v. 29. 11. 1893 I E 33/79 [87]), für die des Ehemannes in vertraglichen Güterständen, wenn er für Frauengut — u. U. auf Duldung der Vollstreckung (vgl. aber § 52 B) — in Anspruch genommen wird (RG v. 9. 6. 1894 V JW 374), ferner für die des Vermögensübernehmers, der nach BGB § 419 seine Haftung beschränken darf (LG Verden ZZP 55/251), für die des Gegners im Anfechtungsprozeß und die des Eigentümers, der nur dinglich haftet, u. dgl. m. Nicht anders darf aber der Konkursverwalter gestellt werden, der in den Prozeß eintritt; mit dem Eintritt werden die gesamten Kosten Masseschulden (vgl. RG v. 13. 12. 1893 I JW 94/56», v. 2. 4. 1895 II JW 22614, v. 15. 1. 1896 I JW 103«, v. 19. 11. 1910 V J W 1 1 / 1 1 4 " , OLG Naumburg 27/169, Hamburg 39/39, Karlsruhe 10/203, Oldenburg 10/202, Frankfurt Seuff. 47/256, Dresden Seuff. 48/304, Jaeger KO § 59 Anm. 2, allerdings — zu Unrecht—dies auf die Instanz beschränkend; a. M. Gaedeke J W 39/733, der es auf die Akte des Konkursverwalters im Prozeß abstellen will). Der Konkursverwalter braucht nicht in den Prozeß einzutreten, und er kann ihn auch wirksam auf einen teilbaren Teil bei dem Eintritt beschränken ; ja er darf schließlich den Prozeß auch beenden. Hier dürfen ihn dann nur die Beendigungskosten treffen; doch gibt es auch Fälle, die sein Handeln zur Aufnahme eines Prozesses erforderlich machen (vgl. KO § 10 und § 240 G I a), so daß auch sein außerprozessuales Verhalten, durch das keine Prozeßkosten entstehen, die Prozeßkostenlast abwenden kann.

680

Prozeßkosten

§ 9 1

Grundsätzlich gibt es keine Kostenerstattung ohne Kosten-(grund-)entscheidung (RG Β Π c v. 3.12. 1888 VI E 22/421Í., OLG Braunschweig 17/17Í.), selbst wenn sonst ein außerprozessualer Anspruch gegeben wäre, dieser aber durch den prozessualen überdeckt ist. Doch müssen davon die Prozeßkosten ausgenommen werden, welche entstehen, Β Π ο 1 wenn noch gar kein Prozeß läuft, so daß es zu keiner Kosten-(grund-)entscheidung kommen kann (also bei den vorprozessualen Prozeßkosten). Dieser Prozeßkostenanspruch darf durch besondere Klage geltend gemacht werden (vgl. RG v. 7.11. 1930 II E 130/217f., RArbG v. 21. 6. 1930 E 6/98, OLG Karlsruhe Η RR 35/1241), mag es auch zur Klageerhebung gekommen sein (OLG Karlsruhe 13/9è, a. M. OLG Königsberg JW 32/116018) oder der Prozeß ohne Kostengrundentscheidung geendet haben (RG v. 7. 6. 1907 II E 66/186 [198]) oder möge Kostenersatz gefordert werden, welcher keine Prozeßkosten betrifft (RG v. 20. 12. 1935 II E 150/37, ν. 28. 3. 1939 I DR A 1796e). Dahin gehören die Kosten der Beweissicherung, der kein Prozeß nachfolgt (RGv.28.1. 1885 III E13/325, KG KGB1.20/61, OLG Karlsruhe 5/165,15/79; vgl. auch§91a Aid), aber auch sonstige. Der Anspruch ist nur begründet, wenn er einem (außerprozessualen) Rechtsverhältnis der Parteien entspringt und alle Voraussetzungen des außerprozessualen Rechts für ihn gegeben sind (also die des Β GB § 249 und regelmäßig — im Gegensatz zum Prozeßrecht — auch Verschulden, vgl. BGB §§ 286, 285, 276; OLG Karlsruhe 5/165, Königsberg J W 32/116018). Weiter ist der Anspruch selbst allen Beschränkungen des außerprozessualen Rechts unterworfen (also auch den Haftungsbeschränkungen) ; er darf durch Klage oder Widerklage (RG v. 21. 4. 1896 II E 37/46 [49]) vor dem zuständigen Gericht (das nicht notwendig das Prozeßgericht ist, wo er als Kostenanspruch anhängig geworden wäre, KG KGB1. 08/13), auch durch Klagehäufung mit dem Restanspruch nach § 260 (RG v. 7. 6. 1907 II E 66/186 [198]; a. M. KG OLG 15/146) geltend gemacht werden (OLG Rostock Seuff. 56/168); denn er ist insoweit außerprozessual. Aber auch in diesen Fällen entscheidet grundsätzlich das Prozeßrecht über die Frage der Erstattungsfähigkeit der Kosten (RG v. 23. 3.1926 II JW 15425, abweichend RG v. 7. 6. 1907 II E 66/186f. für die vor Klageerhebung entstandenen Kosten und RG v. 20.12. 1935 II E 150/37 [42] für die Aufwendungen an Zeit, welche nach § 91 gerade nicht zu ersetzen sind), im besonderen auch, wenn das Prozeßrecht die Kostenerstattung ausschließt (RArbG v. 21. 6. 1930 E 6/98, ν. 27. 7. 1938 E 20/88 [98] für den Fall des ArbGG § 61). Auf welche außerprozessualen Rechtsgrundlagen der Kostenerstattungsanspruch gestützt wird, ist dabei gleichgültig. Jedenfalls kann er nicht anders sein als der, welcher gegeben wäre, wenn es zum Prozeß käme. Ist der Hauptanspruch ζ. Z. der Klageerhebung (§ 253 I) erledigt, so dürfen die Kosten — ziffernmäßig berechnet — als Hauptanspruch, gestützt auf Schadensersatz u. dgl. m., im anhängigen Verfahren geltend gemacht werden (RG v. 20. 2. 1903 III E 54/37, ν. 3. 7. 1903 III Β 188/03 Ν § 91/29) ; war die Klage noch nicht zugestellt, so ist kein Verfahren rechtshängig (RG v. 22.10. 1928 IV JW 29/96), doch darf es dann wegen der vorprozessualen Kosten rechtshängig gemacht werden (vgl. auch § 91 a A I d). Wird der Prozeß anhängig, so ist nur in ihm (RG v. 21. 4. 1896 II E 37/49, ν. 7. 6. 1907 II E 66/186) auch über diese Kosten zu entscheiden. Wird, nachdem die Kostenklage erhoben ist, der Hauptprozeß anhängig, so wird jene unzulässig. Ist aber über die Kosten, bevor die Hauptklage anhängig wurde, rechtskräftig entschieden, so wird die Vorentscheidung von der Kostenentscheidung auszunehmen sein (vgl. sonst § 580 I 7 a). Ob es über die Prozeßkosten hinausgehende außerprozessuale Kosten gibt, hängt Β Π o 2 davon ab, ob man den außerprozessualen Prozeßkostenersatzanspruch ebenso weit abzugrenzen hat wie den prozessualen (vgl. § 91 Β II c 1) und ob es jenseits dieser Grenze noch Ersatzansprüche gibt. So hat die Rechtsprechung unter dem Gesichtswinkel des Schadensersatzes weitergehende — außerprozessuale —• Ansprüche zugebilligt, die indes durch § 717 II, III in entsprechender Anwendung beschränkt werden. Hierhin gehören die Schäden, welche dadurch entstanden sind, daß jemand, um Prozeßkosten aufwenden zu können, zu Notverkäufen gezwungen war und dadurch Schaden erlitt (RG v. 20.12.1935 II E 150/37 [40]) bzw. daß er Zinsen zu ihrer Aufbringung leisten muß (OLG Rostock 31/23 hat sie nicht als erstattungsfähig im Kostenfestsetzungsverfahren angesehen; mag der Zins-

681

ΒΠ c 2

§ 9 1

ZPO I. Buch

Verlust auch durch Abhebung von Geldern von einem Bankkonto entstanden sein : OLG Stuttgart Η RR 32/1163, 1598, JW 32/2 9 0 5 28, KG DR 42 A 62918). Auch die Kosten für eine Bürgschaftsleistung, wenn die Durchführung der Vollstreckung gegen Bürgschaftsleistung bewilligt war, gehören nicht in das Prozeßkostenerstattungsrecht nach RG v. 16. 7. 1928 VII Β 12/28 Ν § 91/62, Jonas § 91 Vorb. III 4, OLG Darmstadt JW 31/2379», 252010. Ebenso hat RG v. 25. 10. 1934 VI E 145/298folg. (doch wollen hier RG v. 18. 9. 1925 II JW 27532, OLG Hamburg 43/129 die Kosten dem Gegner nach BGB § 286 außerprozessual aufbürden) die Kosten zur Leistung einer Sicherheit nicht unter die erstattungsfähigen Kosten gebracht (vgl. dazu § 788 Β II). Bedenklich ist die Rechtsprechung, soweit sie an sich unter das Kostenrecht fallende, nicht erstattungsfähige Kosten durch besondere Klage geltend machen läßt, im besonderen etwa bei dem die gesetzlichen Gebühren übersteigenden Sonderhonorar (RG v. 23. 3.1926 II JW 15426), aber auch bei Schäden anläßlich der Kostenaufbringung, abgesehen von denen, die nach §71711,III zu ersetzen sind. Unter dem Gesichtswinkel des Verzugsschadens sind solche Ansprüche zugebilligt worden von RG v. 25.10. 1935 VI E 145/298f., OLG Dresden DRiZ 33/594««», München JW 32/11611», Stuttgart JW 30/178", HRR 30/350, Naumburg JW 31/184861, JW 35/317322, Düsseldorf JW 31/11111», JW 34/1740", für Schreibgebühren und Kosten der Kreditaufnahme: KG JW 34/30751; dagegen aber OLG Darmstadt 31/2379», 25201» [m. N.], Köln JW 34/174113, Hamburg JW 28/453", Braunschweig JW 29/14558, Nürnberg JW 29/1755', Stuttgart JW 28/19 7 9 24 ; dagegen bezüglich der Kosten der Bankbürgschaft bei Sicherheitsleistungen: KG JW 34/1738®). Vgl. auch § 91 E VI a. Soweit eine endgültige Kosten-(grund-)entscheidung vorliegt, kannsieaußerprozessual nicht mehr beseitigt werden ; der mit dem Arrestgesuch kostenrechtlich zurückgewiesene Antragsteller behält sie auch dann, wenn er mit dem Hauptanspruch durchdringt, während umgekehrt § 945 dem Antraggegner, wenn er in der Hauptsache obsiegt, Ersatzansprüche wegen Arresten und einstweiliger Verfügungen, die zu Unrecht gegen ihn erlassen wurden, gewährt. ΒΠ c3

Prozeßkosten nach Beendigung des Prozesses fallen unter §§ 91 folg., im besonderen die der Vollstreckung, wo an den vorangegangenen Titel angeknüpft wird; hier brauchen die Vollstreckungskosten nicht festgesetzt zu werden (§ 788; vgl. LG Berlin JW38/1842 55 ), können es aber (und sodann ist auch dafür die Kostenfestsetzungsgebühr zu erstatten; a. M. OLG Hamm JMB1. 53/271 = DR IV[410]78 d). Dies gilt einschließlich des Verteilungsverfahrens (§ 874 II) und in der Versteigerung nach ZVG für die Kosten dieser Verfahren (nicht aber für die des Zuschlagsbeschlusses, vgl. § 91 A l i l a ) .

ΒΠ c4

Kommt es während des Prozesses zum Vergleich, so gilt § 98, falls nicht die Parteien die Kostenlast besonders regeln ; hier wird bei gerichtlichen Vergleichen auf Grund des Vergleichs festgesetzt (RG v. 5.1. 1912 VII E 78/286Í.). Läßt der Vergleich die Kostenentscheidung offen, so hat nach BGH v. 24.10. 1951 II E 3/248 = NJW 52/1004 (vgl. auch RG v. 30. 7. 1905 III JW 49626 nach früherem Recht) das Gericht wie bei erledigter Hauptsache zu entscheiden (vgl. dazu §98 A III; jedenfalls kann dem Gericht von den Parteien nicht vorgeschrieben werden, unter welchem Gesichtswinkel es über die Kosten entscheiden soll; RG a. a. O.). Bei einem gerichtlichen Vergleich ist der Kostenanspruch nicht einklagbar, anders im Falle eines außergerichtlichen Vergleichs, der eine bestimmte Kostenregelung trifft (wie jeder Anspruch aus dem außergerichtlichen Vergleich: RG v. 7.11.1930 II E 130/218 bei Vergleich vor Klageerhebung). Welche Kosten zu ersetzen sind, bestimmt das Festsetzungsrecht; wer „alle Kosten" übernommen hat, hat nur die notwendigen nach § 91 zu erstatten (RG v. 22. 9.1902 VI Β 147/02 Ν §91/22; OLG Zweibrücken JW 37/143442). Die Parteien dürfen allerdings durch Vergleich sich auch auf die Erstattung der sonst nicht erstattungsfähigen Kosten einigen, was aber ausdrücklich geschehen muß (KG JW 37/279542), während sonst auch im Vergleich nur die erstattungsfähigen zu erstatten sind, selbst beim außergerichtlichen. Wie weit der Vergleich reicht, ist Auslegungsfrage; vergleichen sich die Parteien im Hauptprozeß, so sind nach OLG Hamburg 29/222 die Kosten eines vorangegangenen Arrestverfahrens nicht ohne weiteres mit umfaßt. 682

Prozeßkosten

§ 9 1

Ob dies auch dann gilt, wenn zwar über den Anspruch mit Ausnahme der Verfahrens- Β Π c 5 kosten entschieden ist, kann zweifelhaft sein. Ist der Kostenausspruch übergangen worden, so findet wegen der dadurch eingetretenen Isolierung keine Berichtigung von Gerichts wegen statt (vgl. § 319), sondern nur die Ergänzung nach § 321 auf Antrag einer Partei (diese Bestimmung gilt entsprechend für die Ergänzung von Beschlüssen, in denen die Kostenentscheidung unrichtigerweise unterblieben ist, KG JW 28/27292). RG v. 3. 12. 1888 VI E 22/421f„ v. 8. 3. 1899 I JW 2764, v. 20. 9. 1929 III E 126/99 (102) haben die Klage, wenn die (Kosten-)Titulierung versehentlich unterblieben und auch nach § 321 nicht mehr nachholbar war, nicht zugelassen ; dies ist auch für Arreste und einstweilige Verfügungen von KG JW 36/2575" erkannt worden (a. M. Baumbach-Lauterbach § 91 Anm. 3 C, Jonas § 91 Vorb. III 1). Doch lassen RG v. 7.11.1930 II E 130/217 (218), v. 28. 3.1939 I DR A 1796 die Klage zu, wenn der Titel fehlt. Zugelassen ist die Klage auch nicht vor rechtskräftiger Entscheidung des Hauptstreits, weil auch die höheren Instanzen über die Kosten entscheiden, selbst wenn die unteren die Entscheidung übergangen haben und die Frist des § 321 fruchtlos verstrichen war. Keinesfalls dürfen die Parteien aber auf den Klageweg verwiesen werden (KG JW 35/34835e). Darüber hinaus gibt es indes Prozeßkostenvereinbarungen der Parteien, etwa wenn die eine Partei einen Prozeß durchführen will, um eine höchstrichterliche Entscheidung zu erhalten und der Gegenpartei verspricht, die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu übernehmen. Allerdings wird so ein Scheinstreit durchgeführt, die Vereinbarung sollte deshalb als nichtig behandelt werden; doch steht der Rückforderung der geleisteten Kosten dann BGB §§ 814, 817 entgegen. Im Verhältnis zu Dritten gibt es keine Klageüberlagerung. Unterläßt das Gericht eine mögliche Kostenentscheidung nach §102, so ist es der Partei nicht verwehrt, gegen den eigenen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter aus Vertrag, unerlaubter Handlung usw. durch Klage auf Kostenerstattung unter dem Gesichtswinkel von Schadensersatzansprüchen vorzugehen. Dies gilt auch, soweit Urkundsbeamte oder Gerichtsvollzieher sich einer Partei gegenüber eine Amtspflichtverletzung haben zuschulden kommen lassen (GG Art. 34, BGB § 839). Der Gegner hat diese Ansprüche gegen den Dritten aber nicht ohne weiteres (KG OLG 10/303; vgl. aber auch § 91 Β II d 2). Liegt indes eine Entscheidung nach § 102 vor, so ist die Klage wegen dieses Anspruchs ausgeschlossen, und es darf nur das Kostenfestsetzungsverfahren beschritten werden. Andererseits kann sich der nach § 102 in die Kosten Verurteilte nicht anderweit an der Partei erholen (möglicherweise aber an einem Dritten aus unerlaubter Handlung usw.). Wurden einem nicht legitimierten Vertreter nach § 89 Kosten auferlegt, so kann er sich durch Klage gegen die Partei wenden, welche er vertreten hat, wenn sie ihn mündlich bevollmächtigt hatte und er die Nichtbeibringung der Vollmachtsurkunde bzw. der Beglaubigung der Unterschrift nicht zu vertreten hat (wobei es aber hier keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gibt, weil eine Willensvermutung zur Prozeßführung nicht anzuerkennen ist). Dafür ist der Klageweg offen. Dagegen hat die „eigene" Partei keine Ansprüche gegen den Prozeßführer, die sie mit der Klage verfolgen könnte, und die Gegenpartei ist auf das Kostenfestsetzungsverfahren verwiesen. Soweit Zeugen und Sachverständigen Kosten auferlegt sind, ist der Partei, welche sie sonst aufzuwenden hätte, der Erstattungsanspruch im Kostenfestsetzungsverfahren gegeben, aber auch andernfalls hat sie nicht den Klageweg. Die Zeugen und Sachverständigen können sich aber u. U. auch an der Partei erholen (etwa auf Grund ihrer unerlaubten Handlung). Ob die Partei einen Ersatzanspruch gegen einen Dritten hat oder ob ihr Gegner einen solchen gegen einen Dritten hat, richtet sich ausschließlich nach den Bestimmungen des außerprozessualen Rechts (wozu auch die Kosten eines nach BGB § 839 I 2 geführten Vorprozesses gehören können: BGH v. 27. 10. 1955 III NJW 56/571), soweit nicht besondere Kostentitel gegen den Dritten bestehen (§ 91 Β II d 1). Der Ersatzanspruch der Partei gegen den Dritten (d. h. den als Partei am Rechtsstreit Unbeteiligten) für Prozeßkosten ergibt sich möglicherweise aus einem Vertrag, den die Partei mit diesem Dritten geschlossen hat, oder aus dem Gesetz unmittelbar. 683

ΒΠeβ

Süd ΒΠ dl

Β II d 2

Bild 2

§ 9 1

ZPO I. Buch

Die vertragliche Ersatzpflicht eines Dritten gegenüber der Partei kann sich aus einem unmittelbar darauf gerichteten Vertrag ergeben, aber auch mittelbar aus Geschäftsbesorgungsverträgen (vgl. B G B §§ 670, 675), etwa wenn ein Treuhänder oder auch der Zessionar eine ihm zahlungshalber abgetretene Forderung geltend macht, oder wenn dies der Pfandgläubiger oder der Nießbraucher tun. Aber auch der unterlegene Beklagte kann solche Forderungen haben, etwa wenn der Bürge verklagt wird oder wenn dem Beklagten gegenüber ein Dritter verpflichtet ist, ihn von der Schuld zu befreien (vgl. B G B § 415 I I I ) . Soweit der Ersatz der Kosten nach B G B § 670 gefordert werden darf, ist das Verschulden des Dritten nicht erforderlich ; in sonstigen Fällen, wo der Anspruch als Schadensersatzanspruch geltend gemacht wird, wird es nach dem Gesetz regelmäßig gefordert. Besondere Regelungen gelten im Verhältnis von Nießbraucher und Eigentümer nach B G B § 1047, von Vater bzw. Mutter und Kind nach B G B §§ 1660,1684, 1685 ( B G H v. 13. 7.1956 V B l w . 67/55 gibt den Anspruch nur, wenn tatsächlich der Nutznießung unterworfenes Vermögen vorhanden ist) und der Ehegatten zueinander nach B G B §§ 1387, 1463 I 3, 1464, 1535foIg., 1529 I I , 1549 I ; sie gelten ferner im Verhältnis von bestimmten Aktionären im Verhältnis zu der Aktiengesellschaft nach AktienG §§ 123 IV, 229 I I 2, sowie im Verhältnis des Haftpflichtversicherers zum Haftpflichtversicherten ( W G § 150) und nach Schuldverschreibungs G § 14 IV, BauforderungsG § 40. Bei der Bürgschaft haftet nach B G B § 767 I I der Bürge dem Gläubiger für die Prozeßkosten im Streit gegen den Schuldner. Die Haftung ergibt sich hier in all den Fällen, wo jemand für die Verbindlichkeiten eines anderen haftet, etwa in den Fällen des B G B §§ 4 1 9 , 1 0 8 8 1 1 , 1 9 6 7 I oder nach H G B § 28 (soweit diese Bestimmung anzuwenden ist) oder bei Anfechtungen nach dem AnfechtungsG, der KO u. dgl. m. Darüber hinaus können aber auch sonstige Ansprüche aus dem Gesetz in Betracht kommen, etwa die aus B G B §§ 823folg. Schließlich kann auch die Haftung aus mehreren Klagegründen bestehen (also etwa aus Vertrag und aus unerlaubter Handlung). Möglicherweise besteht in diesen Fällen auch eine Vorschußpflicht, doch muß dies stets aus dem Gesetz oder Vertrag zu entnehmen sein. W G § 150, H G B § 393 I, B G B § 669 ergeben die Vorschußpflicht des Dritten unmittelbar. Gewohnheitsrechtlich hat man sie angenommen zwischen Nutznießer und Eigentümer (im Falle der Vorschußpflicht des Mannes zur F r a u ; vgl. für den Eheprozeß § 627 C H I b 2, R G v. 1 2 . 1 1 . 1900 I V E 47/72folg., v. 20. 11. 1919 V I E 97/175f., sonst B G B § 1387; doch hat man sie auch sonst anzunehmen; vgl. für die des Vaters zum Kinde bei nutzbarem Kindesvermögen: K G OLG 7/73, 14/253, O L G Hamburg Seuff. 74/90). Bei einem Streit zwischen Mann und Frau, in dem die Frau endgültig unterliegt und sie die Kosten nach B G B § 1416 zu tragen hat, haben dem Mann für die an die Frau zur Prozeßführung geleisteten Vorschüsse die Erstattungspflicht im Kostenfestsetzungsverfahren zugesprochen: R G v. 20. 3. 1897 I V J W 207», K G O L G 20/309, O L G Hamburg 29/55, K G D R 3 9 A 1587 1 6 , O L G Köln D R 41 A 1 8 5 4 " , O L G Celle NdsRpfl. 49/200; a. M. O L G Braunschweig Seuff. 54/51, Dresden D R 40 A 741 1 β . Auch kann eine solche Ersatzpflicht unter mehreren Streitgenossen untereinander bestehen oder im Verhältnis der Partei zu ihrem Streitgehilfen wie ihrem Vertreter, nicht dagegen im Verhältnis zur Gegenpartei. Darüber, ob trotz der Vorschrift des § 101 der unselbständige Streitgehilfe von seiner mit den Kosten unterlegenen Hauptpartei nach außerprozessualem Recht in Anspruch genommen werden kann, vgl. § 101 Β I I I a. Unterliegt er selbst, so hat er möglicherweise gegen die Partei, der er beigetreten ist, Rückgriffsansprüche (wenn er zu spät in den Prozeß gekommen ist oder als unselbständiger Streitgehilfe durch den Widerspruch der unterstützten Partei gehindert wurde und er einen auf Schadensersatz gehenden Anspruch hat). E s ist dabei nicht ausgeschlossen, daß eine solche Verpflichtung des Dritten beiden Parteiseiten gegenüber (möglicherweise aus gesetzlich verschieden zu begründenden Klagen, etwa der einen gegenüber aus Vertrag, der anderen gegenüber aus Gesetz, aber auch aus demselben Grunde, etwa B G B §823 I I , S t G B §263) besteht. In diesemFalle hat also der Dritte die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen, unabhängig davon, welche Partei obsiegt (eine solche Lage kann sich auch für den Hauptschuldner ergeben, wenn ein Gläubiger zunächst versucht, den Bürgen in Anspruch zu nehmen, diesem gegenüber aber an B G B § 771 scheitert).

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Prozeßkosten

§ 91 ΒΠ d2

Das außerprozessuale Gesetz kann aber auch dem Prozeßgegner einen gesetzlichen Anspruch gegen den Dritten geben, wenn dieser für die Kosten seiner Gegenpartei ihm haftet. So haftet der Ehemann dem Prozeßgegner seiner Frau, wenn er mit ihr im jetzt nur noch vertraglichen (nicht mehr gesetzlichen — vgl. § 52 B) Güterstande der Verwaltung und Nutznießung lebt, nach BGB § 1388 als Gesamtschuldner für die Kosten eines Rechtsstreits seiner Frau- (BGB § 1387 I 1), soweit diese nicht dem Vorbehaltsgut zur Last fallen (BGB §§ 1415, 1416). Ob die Frau in dem Prozeß Klägerin oder Beklagte ist, ist gleichgültig. Es kommt aber darauf an, daß der Prozeß das eingebrachte Gut betrifft und jedenfalls nicht unter BGB §§ 1415, 1416 fällt (RG v. 12. 11. 1900 IV E 47/72 [74], v. 30. 9. 1927 III J W 28/60) ; ist dies der Fall, so kommt es aber wieder nicht darauf an, ob die Gegenpartei auch die Duldung der Vollstreckung wegen des Hauptanspruchs gegen den Ehemann erwirken könnte; wegen der Kosten haftet deshalb auch das eingebrachte Gut, selbst wenn der Hauptanspruch dem Ehemann gegenüber nicht durchgesetzt werden kann (BGB §1412 II). Die entsprechende Regelung gilt bei der allgemeinen Gütergemeinschaft in bezug auf das Gesamtgut (BGB §§ 1460 II, 1459 II 1, RG v. 26. 11.1903 VI E 56/73f.); für Prozeßkosten des Sonderguts (BGB § 1439) haftet ebenfalls das Gesamtgut (BGB § 1460 II); für das Vorbehaltsgut haftet das Gesamtgut auch für die Prozeßkosten nicht (BGB §§ 1461, 1462). Bei der Fahrnisgemeinschaft gilt das Recht der allgemeinen Gütergemeinschaft (BGB § 1549 I, RG v. 20. 9.1904 III Gruch. 49/638). Bei der Errungenschaftsgemeinschaft haftet das Gesamtgut entsprechend der allgemeinen Gütergemeinschaft und somit auch der Mann persönlich und als Gesamtschuldner gegenüber dem Prozeßgegner für die Prozeßkosten der Frau (BGB §§ 1530 II 1, 1529 II, 1387 I 1,1531, 1532), und zwar im selben Umfange wie beim — vertraglichen — Güterstand der Verwaltung und Nutznießung, also nicht, soweit die Kosten dem Sondergut der Frau zur Last fallen (BGB §§ 1415, 1416, 1516). In all diesen Fällen kommt es aber nicht darauf an, ob hinreichendes Frauenvermögen überhaupt vorhanden ist oder ob der Mann leistungsfähig ist (OLG Stuttgart J W 30/1014). Auch haftet der Vater so als Gesamtschuldner, wenn er am Kindesvermögen nutzungsberechtigt ist (BGB §§ 1654, 1388), soweit nicht die Kosten dem nutzungsfreien Kindesvermögen zur Last fallen, und nach BGB §§ 1684,1685 II die nutzungsberechtigte Mutter. Die h. M. beschränkt diese Haftung aber (RGSt. 45/407, RG v. 20. 11. 1919 VI E 97/175, KG OLG 7/73, 14/253, OLG Hamburg Seuff. 74/90, OLG Hamburg 30/80, München 27/227, Celle 24/31, KG DR 41 A 788"; dagegen aber OLG Breslau 5/472, Naumburg 24/31, Rostock 21/264, weil das geschriebene Gesetz diese Beschränkung nicht kennt). Für das Zivilrecht wird man die Haftungsbeschränkung nicht gelten lassen können, der Vater muß, wenn er der Haftung entgehen will, auf das Nutzungsrecht verzichten (BGB § 1682). Haftet ein Dritter dem Prozeßgegner kraft seines Verhältnisses zur Partei, so kann der Prozeßgegner gegen den Dritten nur vollstrecken, wenn er einen Titel gegen ihn hat. Dennoch kann der Dritte nicht von vornherein als Streitgenosse der Partei mitverklagt werden, sofern er nicht auch sonst haftet, weil der Kostenerstattungsanspruch erst am Ende des Rechtsstreits entsteht (Jonas § 91 Vorb. V 1) und weil die Streitverkündung sich nur auf den außerprozessualen Anspruch bezieht (vgl. § 66 A III b). Jonas (§91 Vorb. V 1) will indes hier § 742 entsprechend anwenden und den Titel gegen den Mann umschreiben lassen. Der Kostenerstattungsanspruch wird ausgelöst durch den vollstreckbaren Kosten- Β Π β titel (die vollstreckbare Kostenentscheidung — die auch nach Ablauf der Vollziehungsfrist bei Arresten und einstweiligen Verfügungen gegeben ist: OLG Hamburg N J W 52/550) bzw. durch Prozeßhandlungen, an welche die Prozeßordnung die Kostenlast knüpft (vgl. §§ 271 III, 515 III, 566) bzw. durch einen Prozeßvergleich (§ 98), in dem die Koste'nlast aber selbständig geregelt werden kann. Die außerprozessuale Vereinbarung der Parteien über die Kostenerstattungspflicht hat ihre besondere Bedeutung im Fall des außergerichtlichen Vergleichs über einen Prozeßgegenstand (sie gibt indes nur einen außerprozessualen Rechtsgrund ab, der bei Nichterfüllung durch Klage verfolgbar ist) ; aber auch sonst kommen Prozeßkostenübernahmeverträge in der Praxis vor, die aber

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Β ne

§ 9 1

ZPO I. Buch

außerhalb des Prozeßkostenerstattungsrechts stehen und allenfalls außerprozessual wirken (vgl. § 91 Β II c 6). ΒΠe1

Über die Entstehung des Anspruchs entscheidet der Zeitpunkt, in dem die Kostengrundentscheidung vollstreckbar wird; er ist auflösend bedingt durch die Rechtsbeständigkeit der Kostengrundentscheidung bzw. durch den Vergleich (RG v. 27. 4.1901 I JW 425\ so auch RG v. 5. 3.1929 II E 124/2, RArbG v. 5. 5. 1937 E 18/226f. = JW 2614», OLG Hamburg 33/32, Colmar 33/129, Dresden HRR 37/233, Rosenberg Lb. § 79 IV 2; vgl. auch OLG Celle JW 36/307855: er entstehe mit dem Erlaß der Entscheidung). Ist die Vollstreckung aufschiebend bedingt (durch Sicherheitsleistung), so ist es auch er. Wird die Entscheidung, auf der er beruht, aufgehoben, so fällt auch er weg (dies gilt auch von der Beseitigung rechtskräftiger Entscheidungen, etwa im Falle der §§ 578folg. oder der §§ 302, 599).

Β Πe2

Die Möglichkeit, daß er entstehen könnte, beginnt für den Kläger gegen den Beklagten damit frühestens ab Zugang der Klage (des ersten Antrags) bei dem Gericht, der des Beklagten mit der Klageerhebung (§ 253 I), und soweit gegen ihn ohne vorangegangene Benachrichtigung entschieden wird (gleichviel ob dies zulässig war, wie bei Arresten, oder nicht) mit der gegen ihn gerichteten Entscheidung bzw. wenn er ohne Klagezustellung in ein Verfahren eintritt, mit seiner dem Gericht gegenüber abzugebenden Eintrittserklärung. Darauf, ob einseitig durch den Kläger (also ohne Zustimmung des Beklagten) die Klage (der Antrag) noch zurückgenommen werden kann, kommt es nicht an (vgl. §2711). Man darf hier von der Anwartschaft des noch gar nicht bestimmten Obsiegenden sprechen. Darüber hinaus nehmen einige an, daß der Kostenerstattungsanspruch von diesem Zeitpunkt ab schon — aufschiebend — bedingt entstanden sei (vgl. RG ν. 1. 5. 1903 II JW 2375, das von der Existenz des Anspruchs ab Klageerhebung spricht; RG v. 23. 10.1907 V Recht 3781, v. 12. 6. 1934 VII E 145/13 [15] = JW 24673 spricht von dem ab Rechtshängigkeit bedingten Anspruch auf Prozeßkostenerstattung ; nach RG v. 15. 2. 1929 VII HRR 1206 entstehen sie aufschiebend bedingt mit ihrem Erwachsen; sie werden fällig mit der Vollstreckbarkeit der Entscheidung, Baumbach-Lauterbach § 91 Üb. 3 B, RG v. 16.12.1905 V E 62/198f.), weil die Verpflichtung, die Prozeßkosten zu tiagen, von da ab schon entstehe (vgl. RG v. 21.10. 1902 VII E 52/330Í., v. 12. 6. 1934 VII E 145/13Í., OLG Karlsruhe HRR 34/212, JW 34/7781). Um eine privatrechtliche Verbindlichkeit handelt es sich aber gar nicht, und man sollte das prozeßrechtliche Geschehen auch hier nicht privatrechtlich beurteilen wollen ; denn es ist sehr wohl möglich, daß die Prozeßkostenerstattung gar nicht praktisch wird, etwa wenn der Prozeß (ohne Vergleich) nicht weiter betrieben wird u. dgl. m. Nach RArbG v. 5. 5. 1937 E 18/226 sind sie vor der Entscheidung nicht einmal aufschiebend bedingt vorhanden.

Β II e 8

Abgeschlossen ist die Entwicklung spätestens mit der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung, weil danach der Partei, welche obgesiegt hat, keine Kosten mehr auferlegt werden können, bzw. mit Fristablauf (§ 321 II), wenn die Hauptentscheidung ergangen, die Kostenentscheidung aber (versehentlich) unterblieben ist (ob man hier noch außerprozessuale Ansprüche gewährt, die auf dem Wege der Klage verfolgbar sind, darüber vgl. § 91 Β II c 5) oder wenn der Kostengrundanspruch in den Fällen der §§271 III, 515 III, 556 verjährt ist (was zugleich mit dem Kostenerstattungsanspruch geschieht, der in dreißig Jahren verjährt, OLG Dresden JW 38/3161", KG DR 43 A 15430, vgl. aber BGB § 196 I 15: sind danach die Rechtsanwaltsgebühren verjährt, so darf dies der Erstattungsschuldner nur einwenden, wenn der Besiegte sich darauf schon gegenüber seinem Rechtsanwalt berufen hat, KG DR 40 Α 3382β). Andererseits wird der gegen die unterlegene Partei ausgeurteilte Kostenanspruch durch die Rechtskraft der Grundentscheidung bedingt.

Β Πf

Der Kostenerstattungsanspruch ist ein außerprozessualer Anspruch (vgl. RG v. 28. 4.1925 I E 110/400), wenn die Partei auch innerhalb des Prozesses über den Anspruch nicht verfügen kann und, soweit er nicht Hauptanspruch ist, weder auf ihn verzichten noch ihn anerkennen kann, abgesehen von den Fällen, wo getrennte Kostenentscheidungen (etwa im Fall des § 93) zulässig sind (§ 308 II).

686

Prozeßkosten Die Partei kann also, soweit der Kostenanspruch Folgeanspruch ist, über ihn allein Β Π 1 1 nur bedingt prozessual bestimmen. Hat sie im Prozeß durch ein der Klage stattgebendes Erkenntnis obgesiegt, so kann sie trotz dessen den Kostenerstattungsanspruch des Gegners anerkennen (vgl. § 93). Auch darf sich die Partei darüber wirksam vergleichen (geschieht dies allerdings außerprozessual, so ist das Gericht daran nicht gebunden und es hat über die Kosten mitzuentscheiden, LG Hagen JR 51/26). Ist aber die Klage abgewiesen, so ist das Anerkenntnis des Beklagten auf Kostenerstattung gegenüber dem Kläger unwirksam, selbst wenn eine negative Feststellungsklage erhoben war (die Anwendung des § 93 ist hier nicht denkbar) ; das prozessuale Kostenanerkenntnis in diesem Falle ist aus dem Prozeßrechtsverhältnis heraus nicht denkbar. Gewiß kann der Beklagte dem Kläger freiwillig die Kosten erstatten, womit er — womöglich — eine Nichtschuld begleicht (vgl. BGB §814), er kann aber nicht dazu verurteilt werden; die Paiteien können auch nicht auf das Kostenerkenntnis des Gerichts verzichten (arg. § 308 II), soweit dieses nicht getrennt zu fällen ist (also jetzt in der Regel als reiner Kostenbeschluß — vgl. aber § 99). Bin Verzicht auf den Ausspruch wie auf die Kostenerstattung befreit das Gericht nicht davon, über die Kosten zu entscheiden. Nur die isolierte Kostenentscheidung gibt der Partei das volle prozessuale Verfügungsrecht. Er ist deshalb auch (schon als Anwartschaft) abtretbar (OLG Jena DR 40 A 111722), Β Π Ι 2 denn auch Anwartschaften sind abtretbar (RG v. 17. 3.1908 VII E 67/425) und erst recht nach seiner Entstehung als bedingter (über die Abtretbarkeit bedingter Ansprüche vgl. RG v. 8. 3.1915 VI Recht 1047) und gar als unbedingter. Dementsprechend ist er auch pfändbar (Jonas §91 Vorb. II 4, Rosenberg Lb. § 79 IV 2) und verpfändbar von demselben Zeitpunkte an. Er ist zum Konkurs anzumelden (RG v. 21. 10.1902 VII E 52/330 [332]). Aufrechenbar ist er allerdings erst nach Fälligkeit (vgl. BGB § 387), also keinesfalls Β Π Ι 8 vor seiner Entstehung (RArbG v. 5. 5.1937 E 18/226 = JW 261461, RG v. 27. 4.1901 I J W 4221, v. 23.10.1927 V 70/07 Ν § 91/44, das aber zu Unrecht vorher schon die Einrede des nichterfüllten Vertrags gewähren will). Muß etwa noch ein gesonderter Kostenfestsetzungsbeschluß ergehen, so tritt die Fälligkeit erst mit der Möglichkeit, ihn zu vollstrecken, ein (vgl. § 798). Praktisch ist also die Aufrechnung vor Erlaß des Kostenfestsetzungsbeschlusses auch in den anderen Fällen nicht zulässig, weil ja nicht feststeht, von welcher Möglichkeit der Urkundsbeamte Gebrauch machen wird (§ 105, vgl. OLG Karlsruhe JW 34/708 11 : der Kostenerstattungsanspruch ist an die Kostenfestsetzung gebunden). Abweichend hiervon läßt die Aufrechnung schon früher zu: OLG Hamburg Η RR 30/1974; RG v. 12. 6.1934 VII E 145/13 f. = JW 24677 verlangt sie sogar schon im Prozeß. Eine Feststellungsklage über die Anwartschaft der Prozeßkostenerstattung ist unzu- Β Π 1 4 lässig (§ 256), ebenso auch die Widerklage wegen des Kostenerstattungsgrundanspruchs (vgl. OLG Bamberg BayZ 08/443). Im Sinne des § 23 ist der Anspruch nicht als Vermögensrecht anzusehen (weil diese Bestimmung ein gegenwärtiges Vermögen, nicht das zukünftige betrifft), und er kann deshalb auch nicht allein durch Arrest gesichert werden (§916 11; a. M. BaumbachLauterbach § 91 Üb. 3 B), ist aber im Kostenpauschquantum des Antragstellers mit zu sichern. Die außerprozessuale Verfügung über den Kostenerstattungsanspruch begründet den Β Π g auf Umschreibung der Vollstreckungsklausel wie bei einer nach Rechtskraft eingetretenen Rechtsnachfolge und muß im Verfahren nach §§ 727, 731 geltend gemacht werden. Die außerprozessuale Verfügung ist aber im Prozeß bedeutungslos. ΒΠg1 Die Partei kann sich des prozessualen Bestimmungsrechts über den Kostenanspruch nicht begeben. Ob ihr außerprozessual der Kostenanspruch zusteht oder nicht, ist gleichgültig. Prozeßrechtlich bleibt sie Herr des Anspruchs. Deshalb kann auch die arme Partei sich zusammen mit der Hauptsache über die Kosten vergleichen oder über die Hauptsache mit der Kostenfolge des § 98, selbst wenn dadurch die Gebühren ihres Armenanwalts und auch der Ersatzanspruch des Staates betroffen werden. 44

Wleczorek, ZPO. I.

687

ΒΠ g 1 § 91

ZPO I. Buch

Der Übergang des Anspruchs (die Abtretung usw.) wird im Prozeß nicht (auch nicht durch Umstellung des Kostenantrags) beachtet (§§ 265, 266 sind unanwendbar). Auf Grund einer Parteivereinbarung können der Partei die Kosten nicht auferlegt werden (Rosenberg Lb. § 79 IV 2, OLG Hamm SJZ 50/588). ΒΠg2

Rechnet eine Partei eine außerprozessuale Forderung gegen den Kostenerstattungsanspruch auf, so berührt dies weder die Kostengrundentscheidung noch hindert die Aufrechnung das Festsetzungsverfahren (a. M. OLG München J W 36/358347 bei der Vollstreckbarkeitsklage ausländischer Kostenentscheidungen nach Haager ZPA Art. 18, 19) noch die Erteilung eines vollstreckbaren Kostenfestsetzungsbeschlusses auf den Namen der Partei; es tritt aber auch nicht die Wirkung des §322 II ein; der Vollstreckung kann nur nach § 767 entgegengetreten werden (die Frage ist streitig; im Ergebnis wie hier Jonas § 108 Anm. II 6a mit der Begründung, der bezifferte Anspruch ergebe sich erst durch das Kostenerstattungsverfahren; RG v. 5. 3. 1929 II E 124/2, RArbG v. 5. 5.1937 E 18/226f. = J W 261461, OLG Rostock 39/73, Düsseldorf DRiZ 35/6 5 6646, Celle J W 36/3078"; der Kostenerstattungsanspruch erstehe erst durch das Urteil, die Aufrechnung brauche deshalb nicht vor Erlaß des Urteils erklärt zu werden, OLG Celle J W 36/307855, OLG Stuttgart H RR 30/1650; a. M. RG v. 16. 12. 1905 V E 62/188 [189], KG OLG 29/186, OLG Hamburg HRR 30/1974, die Aufrechnung müsse schon vorher erklärt werden), gleichviel wann aufgerechnet wird. § 767 II steht dem nicht entgegen, da dieser einen Anspruch, der seine Wurzel im außerprozessualen Recht hat, voraussetzt (RArbG v. 5. 5. 1937 E 18/226Í. = J W 2614«; a. M. RG v. 12. 6.1934 VII E 145/13f. = J W 2467'). Dabei ist es gleichgültig, ob die außerprozessuale Forderung, die zur Aufrechnung gestellt wird, sich im selben Prozeß befindet oder nicht. Daß der Kostenanspruch aus dem Prozeß nicht mit dem der Gegenseite aufrechenbar ist, sondern als einheitlicher entsteht, ergeben die §§ 91 folg. Im besonderen bleibt auch die Aufrechnung mit den Säumniskosten, welche stets die säumige Partei treffen, unbeachtlich. Wird aber mit einem Kostenerstattungsanspruch aus einem anderen Verfahren aufgerechnet, so ist der vollstreckungsreife und fällige Kostenanspruch beachtlich, der sonstige aber unbeachtlich (BGB § 387; Jonas § 104 Anm. II 6a). Die Ausschlußwirkung des § 767 II kann nur gegenüber solchen Ansprüchen auftreten.

ΒΠ g3

Das entsprechende gilt für die Abtretung, die Pfändung, die Verpfändung wie jede außerprozessuale Verfügung, die zulässig ist, im besonderen auch für die Zahlung (RG v. 16. 2. 1905 V E 62/188f., KG OLG 31/43 [44], OLG Frankfurt 29/188, Naumburg 20/316, Nürnberg 40/354, Hamburg Seuff. 72/60; a. M. KG H R R 28/1645, OLG Rostock 37/125, 39/40, Stuttgart 42/10, Breslau 42/11). Deshalb konnten auch die Kostenvorschüsse des Mannes, die er seiner Frau gewährt hat, nicht im Kostenfestsetzungsverfahren abgesetzt werden (so OLG Rostock 17/126Í., Hamburg 17/127f., Breslau 17/128, Dresden DR 40 A 741 19 ; a. M. aber jetzt: KG J W 35/12523, J W 38/2228", DR 39 A 158716, OLG Düsseldorf JVB1. 39/298, MDRRAK 40/53, Stuttgart DR 40 A 1785 17 , Breslau H R R 41/346, Frankfurt MDRRAK 40/116' 4 , Köln DR 41 A 185421, München H R R 41/609, Dresden HRR 42/317, Hamm N J W 50/229; wenn die Zahlung der Vorschüsse unstreitig ist: OLG Hamm Rpfl. 48/120, Celle NdsRpfl. 49/200, Gera NJ 49/258). Dies gilt ferner für den Verzicht, den Erlaßvertrag (BGB § 397; KG DR 42 A 45'), für sonstige Tilgung (OLG Hamburg 20/338), für die Herabsetzung durch Vergleich (OLG Braunschweig 19/83, Dresden J W 38/172718) oder Zwangsvergleich (OLG Marienwerder 25/79; die Eröffnung des Vergleichsverfahrens ändere den Anspruch nicht, jedenfalls sei sie unbeachtlich: OLG Karlsruhe J W 34/778*) oder den Einwand, daß der Kläger sich verpflichtet habe, kein Urteil zu nehmen (OLG Naumburg J W 35/2385 4 ') oder keine Kostengrundentscheidung (KG J W 38/1186 42 für die Frage des Beschlusses nach § 515 I I I ; KG J W 38/244 17 für die Zulässigkeit einer vom Vollstreckungsgericht getroffenen Maßnahme). Auch die Einreden gehören hierher, sie werden prozessual nicht beachtet; dies gilt für die Stundung (KG OLG 17/129; a. M. RG v. 12. 6. 1934 VII E 145/13f. = JW 34/2467', das in die Kostengrundentscheidung einen entsprechenden, f ü r das Kostenfestsetzungsverfahren beachtlichen Hinweis aufnehmen will), das Zurückbehaltungsrecht (KG DR 41 A 39214), die Verjährung (BayObLG OLG 27/51 Anm. 1, 29/186; 688

Prozeßkosten

§ 91

ΒΠ g 3

a. M. KG DR 40 A 3382e, wenn die obsiegende Partei sich auf die Verjährung gegenüber ihrem Anwalt bezogen hat), die Verwirkung (OLG Jena DR 39 Β 18134; a. M. KG J W 39/170", 647 43 , OLG Dresden J W 38/316113). Ist indes der Kostenerstattungsanspruch selbst verjährt (nach Ablauf von 30 Jahren), so ist die Einrede zu beachten. Auch sonst darf grundsätzlich auf Rechte Dritter nicht verwiesen werden (wie etwa darauf, daß die obsiegende Partei ihren Anwalt noch nicht bezahlt habe: § 91 E IV a (a. M. KG DR 40 A 33826, OLG Celle NdsRpfl. 49/200, Hamm Rpfl. 48/120). In der Kostenhöheentscheidung wird über die Höhe der Zeugen-und Sachverständigengebühren nicht entschieden (wohl aber nach GKG §4, Z+SGebO §20, KG DR 39Α 2183 3β ; dagegen geben OLG Dresden DRiZ 3 2 / 3 4 6 S t u t t g a r t DR 39 A 21843», LG Berlin BüioBl. 31/120 die Beschwerde). Doch beginnt sich aber wohl ein Gewohnheitsrecht dahin zu bilden, daß liquide und Β Π g 4 unbestrittene Gegenansprüche berücksichtigt werden (so ausdrücklich KG J W 35/2901 24). Ausdrücklich angewandt wird dieses Recht jedenfalls schon bei der Festsetzung der Kosten gegen die eigene Partei nach RAGebO § 86 a. Zulässig sind hier die VoUstreckungsgegenklage (§ 767, RG v. 24. 4.1885 III E 13/361, Β Π g δ OLG Oldenburg 6/389, Dresden 6/390, Frankfurt LZ 14/1059, Darmstadt HessRspr. 13/281, München Seuff. 69/135, 70/162) bzw. die Erinnerung an das Vollstreckungsgericht (§§ 766, 775). Nachdem die Kosten erstattet sind, dürfen sie aber auf die Widerklage (vgl. § 717 II, Β Π g β III) zurückgefordert werden (RG v. 22.10. 1901 II E 49/411, also wenn die Kosten vor Festsetzung aus vorläufigem Titel gezahlt wurden, KG J W 36/2413 36 ; a. M. KG DR 40 A 1896 11 , das sie im Kostenfestsetzungsverfahren für erstattungsfähig hält; vgl. aber für die eigenen Kosten, wenn eine einstweilige Verfügung nach § 927 wieder aufgehoben worden ist, auch auf das einstweilige Verfügungs-Verfahren bezogen: KG J W 37/223363, OLG Hamm J W 35/2912 42 ; a. M. OLG Königsberg J W 28/1320"). Zinsen von Kostenerstattungsansprüchen dürfen erst nach Fälligkeit, also nicht vor Β II g 7 Kostenfestsetzung (OLG Dresden 23/163 Anm., Stettin H RR 31/1951) und also nicht im Kostenfestsetzungsverfahren (OLG Rostock 31/23) gefordert werden. Umgekehrt kann die Partei außerprozessual nicht über die Prozeßkostenersatz- Β Π g 8 ansprüche ihres Annenanwalts, des ihr beigeordneten Gerichtsvollziehers, der Gerichtskasse verfügen (wenngleich sie alle diese Ansprüche prozeßrechtlich vernichten kann). Über die Prozeßkosten ist auch ohne Parteiantrag zu entscheiden, wenn außer der Β ΙΠ Prozeßkostenentscheidung noch irgendetwas im Streit ist bzw. wenn sie bei vorangegangenem Teilurteil vorbehalten war (§ 308 II). Entschieden werden darf über die Kosten erst dann, wenn über die übrigen Streitpunkte erkannt worden ist (mag dies auch möglicherweise zugleich geschehen ; nur bei Vollstreckbarkeitsergänzungsentscheidungen nach § 716 gibt es keine Kostenentscheidung mehr). Eine solche Schlußentscheidung der Instanz liegt regelmäßig

Β ΠΙ a

bei den Erkenntnisverfahren im Vollendurteil (§ 300) ; dazu gehören auch die Versäumnis- Β ΠΙ a 1 (§§330folg.) und ferner die Vorbehaltsurteile (§§ 302,599), wie die Zwischenentscheidungen, welche die Kostenlast endgültig und ohne Rücksicht darauf, wer im Hauptstreit unterliegt, zu bestimmen haben (RG v. 29.12. 1899 VII E 45/408); deshalb ist die Entscheidung, durch welche die Aufnahme eines unterbrochenen Streits (§§ 239, 240) abgelehnt wird, mit der Kostenentscheidung zu versehen (RG v. 5. 2. 1900 VI E 46/320). Endgültige Zwischenentscheidungen sind auch die, welche Dritten gegenüber ge- Β ΠΙ a 2 troffen werden (§§ 71 II, 135 II, 387 III, 402 i. V. m. 407, 408), die auch in den Fällen des Dolmetschers (vgl. GVG §§ 184folg.) anwendbar sind, so daß auch in ihnen über die Kosten nach §308 11 zu entscheiden ist (RG v. 30.1. 1899 VI J W 1409). Auch die Kostenentscheidungen gegen Dritte nach §§ 89, 102 sind hier zu nennen (nicht aber reine Streitwertbeschlüsse, die auch keine Kostentitel sind; a. M. LG Gießen Rpfl. 52/501). 44*

689

§ 9 1

ZPO I. Buch

Β HI a 3

Im Fall des § 109 sind ebenfalls die Kosten besonders zu behandeln, wobei schon der Beschluß nach dieser Vorschrift den Kostengrundtitel abgibt (vgl. §§ 109 IV, 794 I 3, 103 I).

Β ΠΙ a 4

Abschließend wirken auch die ein Verfahren beendenden Beschlüsse und sind deshalb mit Kostenentscheidung zu versehen (wobei §§ 308 II, 321 entsprechend gelten). Dies gilt einmal für die Verfahren, welche selbständig mit einem Beschluß enden, wie im Falle der Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen und Schiedsvergleichen (§§ 1042 a I, 1044 1, 1044a III), bei Arresten und einstweiligen Verfügungen (§§ 916folg.), auch wenn es darum geht, daß dem Antragsgegner die Kosten aufzuerlegen sind (RG v. 11.1. 1901 II JW 120a, was aber streitig ist) ; werden deshalb Klage und Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen, Berufung nur wegen der Hauptsache eingelegt, so bleibt die Kostenentscheidung zu Lasten des Klägers in der einstweiligen Verfügungssache, auch wenn der Antragsteller in der Hauptsache obsiegt (RG v. 7.11.1930 II E 130/217 [220], v. 22. 2.1908 I 293/07 Ν § 91/11 ; damit wurde die abweichende Entscheidung RG v. 3. 3. 1900 I Β 20/00 Ν § 91/2 aufgegeben, wonach die Kostenentscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren erst mit der Hauptentscheidung fällt; wie hier KG JW 27/21502 beim Arrest, J W 27/2152», 28/194\ 7482», 2729a, 30/3338", 32/217733,38/154237, OLG München Seuff. 64/178, Hamm ZZP 45/218, Frankfurt JW 20/914", Celle 42/46, J W 33/17814, Breslau JW 22/1337®, Stettin JW 25/39025, Karlsruhe JW 31/184758, Braunschweig JB1. Braunschweig 46/70, LG Hamburg HRGZ 30 Β 64 20 ; a. M. KG OLG 23/199, 37/188, 39/45, 42/46, ZZP 53/168, JW 29/167822, JW 32/115915, OLG Hamburg J W 31/1112, 2144", HRGZ 28 Β 80 32, 29 Β 656, KG JW 38/1542" hält die Kostenentscheidung im Beschluß für zulässig, aber nicht für notwendig). Ohne Kostentitel in dem Arrest- oder einstweiligen Verfügungs-Beschluß sind indes die Kosten nicht festsetzbar (KG JW 30/33 4 0 22) ; vgl. dazu aber auch § 91 Β II c 6. Werden Arrest oder einstweilige Verfügung nach § 927 aufgehoben, so ist streitig, ob nach der letzten Kostenentscheidung auch die Kosten des vorangegangenen Verfahrens mit festgesetzt werden dürfen (bejahend KG JW 37/22 3363, OLG Hamm JW 35/291242; a. M. OLG Königsberg J W 28/1320»), Wird ein Antrag zurückgenommen, so treffen die Kosten den Antragsteller (KG Seuff. 59/23). Das entsprechende gilt für die einstweiligen Verfügungsverfahren nach § 672 im Entmündigungsverfahren. Dagegen ergehen im Eheverfahren einstweilige Anordnungen nach § 627 c grundsätzlich — abgesehen von den Kosten des Aufhebungsverfahrens (§ 627 b IV) — ohne Kostenentscheidungen, sondern es werden die Kosten zu denen der Hauptsache geschlagen.

ΒΠ a5

Im amtsgeriehtlicheii Entmündigungsverfahren (§§ 658, 682, 677, 685, OLG München HRR 38/688) ist über die Kosten zu entscheiden.

Β ΠΙ a 6

Im Rechtsmittelverfahren sind die das Rechtsmittel verwerfenden Beschlüsse (§§ 519 b II, 554 a II) wie die das Rechtsmittel zurückweisenden Entscheidungen mit der Kostenentscheidung zu versehen (vgl. § 97), auch im Verfahren über Beschwerden (und selbst wenn ihnen nur zum Teil stattgegeben wird, KG DR 40 A 219031). Doch will — abweichend hiervon — bei der Zurückweisung von Streitwertbeschwerden OLG Oldenburg NdsRpfl. 53/203 keinen Gegner annehmen, dessen Kosten zu erstatten wären. Auf Antrag des (Rechtsmittel-)Beklagten ergeht die Kostenentscheidung bei Klage wie bei Rechtsmittelrücknahme (§§ 271 III 2, 515 III 3, 566); OLG Celle NdsRpfl. 49/50, 80, Hamm JMB1. NRW 51/160 meinen, daß hier die Verhandlungsgebühr des Anwalts nicht entstehe, selbst wenn der Antrag in der mündlichen Verhandlung gestellt werde, weil der Beschluß ohne mündliche Verhandlung erlassen werden dürfe und dann die — halbe — Verhandlungsgebühr nicht entstehe.

Β ΠΙ b

Unzulässig sind dagegen die Kostenentscheidungen

Β m b 1 im Armenrechtsverfahren (§ 118 a IV, OLG Naumburg HRR 39/775), Β ΠΙ b 2 bei sonstigen Zwischenentscheidungen (auch wenn sie bezüglich der Rechtsmittel wie Endurteile behandelt werden); dies gilt für die Zwischenurteile nach §275 II (RG v.

690

Prozeßkosten

§

9 1

eraba

2 9 . 1 2 . 1899 V I I E 45/406 [408]), wie für die Grundurteile (§304; auch wenn die Berufungsinstanz das Grundurteil fällt: R G v. 26. 4. 1884 I E 13/390, ν. 5. 2. 1886 I E 16/316, y. 1 1 . 2 . 1902 II J W 1 8 2 , y. 1 6 . 1 1 . 1908 V I Recht 09/2134, ν. 2 9 . 1 2 . 1909 1 Warn. 10/177, v. 2 . 1 2 . 1910 II Recht 11/534, v. 9 . 1 2 . 1910 I I J W 1 1 / 1 5 5 " , ν. 1 1 . 5 . 1920 I I I 27/20 Ν § 91/52, v. 1 5 . 1 1 . 1927 II J W 28/156®). Dies gilt weiter für die Entscheidungen, die zugleich mit dem Endurteil anfechtbar sind (vgl. §§ 512 A I, 548 A), aber auch für die unanfechtbaren oder nur mit besonderen Rechtsmitteln anfechtbaren Zwischenentscheidungen (vgl. §§ 512 A I, 548 A), soweit hier nicht besondere Kostenentscheidungen angeordnet sind. Keine Kostenentscheidungen enthalten die Verweisungsbeschlüsse (§§ 276 I I I 1, 506 I I , 697, 700), weil die Kosten als Teil der bei dem angegangenen Gericht entstandenen anzusehen sind (doch entscheidet B G H v. 27. 4. 1954 I E 12/145 über die Kosten bei Verweisungen nach BVerwaltungsGG §81, vgl. § 276 A V c ) . Keiner Kostenentscheidung sind zugänglich die Endentscheidungen, durch die eine Β Π Ι b 8 Vorentscheidung nur aufgehoben und der Streit an eine untere Instanz zurückverwiesen wird (§§ 538, 539, 565, R G v. 21. 2.1902 I I I J W 185 2 0 , v. 19. 9 . 1 9 0 5 II 150/05 Ν §91/39), auch nicht die Entscheidungen bei Berichtigung des Urteils; wohl aber darf im Ergänzungsverfahren (§ 321) auch die Kostenentscheidung geändert werden. Im Beweiseicherungsverfahren ergeht keine Kostengrundentscheidung (RG v. 7 . 6 . Β Π Ι b 4 1907 I I E 66/186 [190], OLG Celle 37/132) und auch nicht in Ehesiihiieveriahren (OLG Dresden J W 36/1306 3 6 ).

B m b 5

Erst recht darf kein besonderer Beschluß über die Kosten als solche ergehen, wenn Β Ι Π b β nicht eine isolierte Kostenentscheidung zu treffen ist. Im besonderen darf in den Fällen der §§ 95, 96, 238 I I I , 278 I I , 283 I I , 344 kein getrennter Kostenbeschluß ergehen (OLG Hamm 33/38, Jonas § 9 1 Anm. I V 4), etwa wenn die Klage gegen einen von mehreren Streitgenossen abgewiesen wurde (RG v. 21. 9. 1903 V I 44/03 Ν § 91/30, ν. 7 . 1 1 . 1913 V I J W 14/155, v. 3. 3. 1933 I I I Warn. 85, OLG Hamburg 15/157, Dresden 20/130f., Jonas § 91 Anm. I V 3), mag sie auch gegenüber dem anderen dem Grunde nachfürgerechtfertigterklärtwerden (RGv. 17.1.1925 I E 110/59 [64], sodann muß die Entscheidung gegen den, gegen den sie abgewiesen wurde, die gesamte Kostenentscheidung enthalten). Jedenfalls ist eine Kostenentscheidung durch Zwischenurteil unzulässig (RG v. 12. 5. 1903 II 537/02 Ν § 91/29). Wird ein abschließendes Teilurteil mit Kostenentscheidung gefällt, so ist es — wenn es auch noch eine andere Entscheidung enthält, aber als Kostenentscheidung sich (auch) auf vorangegangene Teilurteile bezieht — nur zusammen mit der Hauptentscheidung angreifbar (§99 I); dann aber auch mit dem Rechtsmittel, das gegen das (erste) Teilurteil eingelegt wird, selbst wenn die Kostenentscheidung in einem selbständigen (Schluß-)Urteil ergangen ist bzw. selbst wenn die letzte Teilentscheidung nicht angreifbar ist; und nur mit dem Rechtsmittel (RG v. 29. 10. 1910 V J W 11/54 6 3 , v. 7. 2. 1922 I I I 323/21 Ν § 91/66, ν. 22. 9. 1924 I V LZ 25/598®, ν. 10. 4. 1930 VI J W 2784 1 2 , v. 1 2 . 1 0 . 1935 I E 148/400). Aber auch, wenn das Kostenschlußurteil nicht angegriffen ist, wird von Gerichts wegen die Kostenentscheidung abgeändert, wenn der Rechtsmittelkläger in der Rechtsmittelinstanz gegenüber dem Teilurteil obsiegt (RG ν. 1. 4. 1940 V E 163/252 [254]; a. M. BGH v. 9. 4. 56 II N J W 9 1 2 1 0 : ohne besonderen Angriff gegen die Kostenentscheidung dürfe sie nicht geändert werden; vgl. auch § 99 Β I I a 3). Einstellungsbeschlüsse, welche die Einstellung anordnen, sollen auch dann, wenn sie B H I b 7 vom Vollstreckungsgericht ausgehen, keine Kostenentscheidung enthalten; die Kosten gehören dann aber zu denen des Folgeprozesses (RG v. 3 0 . 1 1 . 1901 V E 50/356f. mit der Ausnahme, daß die Einstellung dem Prozeßgericht bekannt gewesen sein müsse, doch kommt es darauf nicht an) ; anders enthält der Beschluß, der die Einstellung zurückweist oder einen Einstellungsbeschluß aufhebt (falls man dies überhaupt zuläßt), eine Kostenentscheidung (BGH v. 6. 6. 1952 V N J W 1210 = J R 403). Ergeht in diesen Fällen eine Kostenentscheidung unzulässigerweise, so bleibt sie einst- Β Π Ι b 8 weilen in Geltung, bis sie von der späteren überholt wird, ohne daß § 580 I 7 a anzuwenden wäre.

691

§ 9 1 Β ΠΙ c

Β IT

ZPO I. Buch

Soweit nicht zugleich mit einem Hauptanspruch oder im Schlußurteil eine Kostenentscheidung von Gerichts wegen zu erlassen ist, bedarf es eines Antrags, im besonderen dann, wenn der Streit sich erledigt hat (§ 91a; a. M. LG Hagen J R 51/26, das auch ohne Antrag der Parteien bei Erledigung der Hauptsache über die Kosten entscheiden will). Über die Kosten wird regelmäßig

ΒIV a

abstrakt entschieden (die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten oder dem Kläger auferlegt oder unter ihnen aufgeteilt). Für eine positive oder negative Feststellung der Erstattungsfähigkeit bestimmter Kosten ist hier kein Raum (RG v. 9. 7. 1898 V J W 501s, OLG Darmstadt 19/97); geschieht dies doch, so ist sie unwirksam (vgl. RG v. 30. 11. 1901 V E 50/356 [359], KG KGB1. 21/47, OLG Celle 2/163). Soweit über einzelne Posten Streit besteht, ist im Erstattungsverfahren zu entscheiden, wozu aber die Kostengrundentscheidung herbeigeführt werden muß (RG v. 9. 7. 1919 I E 96/203 [204]). Die Kostenfestsetzungsbeschlüsse selbst enthalten keine abstrakte Kostenentscheidung,

ΒIV b

setzen aber die in diesem Verfahren entstehenden zu erstattenden Kosten sogleich ziffernmäßig mit fest. Auch sonst bedarf es, soweit sogleich ziffernmäßig festgesetzt wird, keiner Kostengrundentscheidung wie nachArbGG §611 oder im Mahn verfahren, wo die Kosten ziffernmäßig in den Zahlungsbefehl (§ 692) bzw. in den Vollstreckungsbefehl (§ 699 I 3) aufzunehmen sind. Hier gibt es keine Kostenfestsetzung (vgl. für das Mahnverfahren LG I Berlin JW 26/25934, JW28/1162 1 ). Kommt es allerdings zum Streit infolge des Widerspruchs des Schuldners, so sind diese Kosten Teil des Rechtsstreits (§ 698).

C

Wem die Kosten aufzuerlegen sind, sagen für das Erkenntnisverfahren §§ 91—102, die auf die anderen Verfahren entsprechend anzuwenden sind (LG Berlin JW 36/2008' 4 : für das Mahnverfahren).

CI

Regelmäßig treffen die Kosten die unterliegende Partei (darüber, inwieweit sie Dritte zu tragen haben, vgl. § 91 Β II d; in den Fällen des § 102 tragen sie die Dritten im Verhältnis zur kostenpflichtigen Partei, während sie im Verhältnis zum Gegner als Gesamtschuldner haften (RG v. 14.4. 1908 III Warn. 426, v. 7.3. 1934 V E 144/86 [88]; vgl. auch RG v. 18. 11. 1935 IV Warn. 36/19), und zwar nach §§ 91, 92, 97 (RG v. 12. 4. 1904 VII E 57/385, v. 22. 12. 1920 I E 101/162 [165]), grundsätzlich ohne daß es auf das Verschulden einer Partei ankäme, wie etwa bei den Entmündigten (§ 658 I), aber auch sonst (RG v. 18. 10. 1883 VSZ E 10/309 [310], ν. 3. 12. 1888 VI E 22/421 [423], v. 20. 2. 1903 III E 54/37, v. 3. 7. 1903 III Β 188/03 Ν § 91/25, RArbG v. 21. 6. 1930 JW 33691, OLG Hamburg GmbHRdsch. 51/112; meist wird dies dahin formuliert: der Kläger trage die Gefahr für seinen Antrag, OLG Breslau HRR 30/809). Auch die Kosten des unrichtigen Beklagten, dem die Klage zugestellt ist, werden dem Kläger auferlegt (KG OLG 29/31), wie die der unzulässigen Klage (BGH v. 21. 9. 1953 III MDR Β 73/54), die der Klagerücknahme, der Gesuchrücknahme (§ 271). Auch in Verfahren, die mit einem Beschluß enden, werden sie dem Unterliegenden auferlegt (OLG München JW 35/80952, abgesehen von denen, in denen keine Kostenentscheidung ergeht, wie bei Armenverfahren, vgl. § 118 IV, § 91 Β III b 1). Der Rechtsmittelkläger, der das Rechtsmittel zurücknimmt (§§ 515, 566) wie der, welcher auf es verzichtet (§§514, 566), unterliegt. Bei teilweisem Verzicht wird die Kostenlast u. U. nach § 92 geteilt, und nach § 98 geschieht dies beim Vergleich.

CI a

Das Unterliegen wird nach dem im Hauptanspruch bemessen, d. h. nach dem Hauptanspruch (§ 4 C I) allein, wenn die Nebenansprüche (§ 4 G I) keine besonderen Kostenfolgen auslösen (wie in der Regel, vgl. § 92 II).

CI a 1

Die Partei unterliegt mit dem Hauptanspruch auch dann, wenn nur einer von mehreren Klagegründen (RG v. 12. 4. 1904 VII E 57/381 [385], v. 13. 7. 1904 VII E 58/414Í.) bzw. der Kläger, wenn nur eine Einwendung oder Einrede durchgreift (soweit nicht § 96 eingreift). Die Kostenentscheidung knüpft grundsätzlich an das Unterliegen an (RG v. 22. 12. 1920 I E 101/162 [165]), gleichviel weshalb es dazu kam. 692

Prozeßkosten

§ 9 1

Das entsprechende gilt für Haupt- und Hilfsanspruch (RG v. 3.10. 1929 V i l i E C í a 2 126/18, wo entschieden wurde, ob ein Miet- oder ein Pachtverhältnis vorlag und die in dem Hauptanspruch unterliegende Partei hierbei obsiegte). Die reinen Prozeßkosten (welche also nicht mit dem Hauptantrag verfolgt werden C I a 8 und verfolgt werden können, vgl. § 91 Β II) bleiben völlig außer Betracht, d. h. selbst wenn eine Partei im Kostenpunkt obsiegt, ist dies unbeachtlich für die Frage, wer im Prozeß unterliegt. Sind aber nur die Kosten (als Hauptantrag oder im Kostenfest«etzungsverfahren bzw. in dem ihm folgenden Verfahren) im Streit, so wird die daran schließende (Beschwerde-) Entscheidung im Kostenausspruch wieder an dieses Unterliegen geknüpft (waren DM 100,— festgesetzt und billigt die Beschwerdeinstanz nur DM 10,— zu, so unterliegt der Antragsteller zu '/io. wenn alle Kosten im Streit waren, waren die DM 10,— nicht angegriffen, so unterliegt er voll, während der Streitwert hier aber nur DM 90,— beträgt). Grundsätzlich trägt deis Wagnis der Veränderung die unterliegende Partei, sofern C I b sie der Änderung nicht sofort Rechnung trägt (§ 93 in unmittelbarer bzw. entsprechender Anwendung). R G v. 22. 12. 1920 I E 101/162Í. hat so dem Kläger die Kosten auferlegt, wenn er die von ihm geltend gemachte Grundschuld im Lauf des Prozesses abtritt, den Antrag aber nicht ändert, selbst wenn seine Klage durch nachträgliche Gesetzesänderung unbegründet wurde ; gerade in den Fällen der Gesetzesänderung wird es indes regelmäßig zu der Erledigungserklärung kommen. Dasselbe kann eintreten, wenn ein Arrest durch Sicherheitsleistung abgewandt wird, sofern der Antragsteller ihn dadurch für erledigt erklärt (OLG Stuttgart SJZ 49/276). Vgl. § 91a Β I a 2. Hält der Kläger nach Erledigung der Hauptsache den ursprünglichen Antrag aufrecht, so treffen ihn die Kosten (RG v. 12.10. 1935 I E 148/400Í.). Dies gilt auch, wenn der Beklagte erst im Laufe des Streites eine Gegenforderung erwirbt und dann aufrechnet (RG v. 12.4. 1904 VII E 57/381), ohne daß der Kläger für erledigt erklärt. Unterliegt der Kläger durch die Aufrechnung des Beklagten, so treffen ihn die Kosten (RG v. 24. 1. 1902 VII E 50/389 [390]), aber auch dann, wenn er selbst aufrechnen konnte, die Klage aber trotz der Aufrechnungsmöglichkeit erhoben hatte. Befriedigt der Beklagte den Kläger und läßt der Kläger dies nicht gelten, so treffen ihn die Kosten, wenn er Unrecht hat (RG v. 10. 5. 1917 VI 117/17 Ν § 91/48). Tritt indes nach Klageerhebung ein Ereignis ein, das die Sach- oder Rechtslage C i b i ändert und erklärt sodann der Kläger den Streit für erledigt oder verzichtet er auf den Klageanspruch oder erkennt der Beklagte sofort an (vgl. § 93 Β II) und ist auf Erledigung, Verzicht oder Anerkenntnis zu erkennen, so ist die Kostenlast unter dem Gesichtswinkel des unmittelbar oder entsprechend anzuwendenden § 93 zu prüfen, sofern nicht die beiderseitige Erledigungserklärung die Entscheidung nach § 91 a eröffnet. Entsprechendes gilt für die Erfüllung durch den Beklagten bei Eintritt der Erfüllungszeit. Nur wenn ein verurteilendes Erkenntnis ergangen ist und vor Rechtsmitteleinlegung C I b 2 die Fälligkeit eintritt, wird die Kostenentscheidung unabänderlich. Bei teilweisem Unterliegen vgl. § 92 A I a; bei dem Unterliegen einiger Streitgenossen C II und dem Obsiegen anderer vgl. § 91 E IV b 6 ; wird vorab f ü r oder gegen eine Partei entschieden, so soll insoweit schon die Kostengrundentscheidung fallen (OLG Nürnberg BayJMBl. 53/93, falls durch Versäumnisurteil gegen einen mehrerer Streitgenossen entschieden wird), wenn nicht Fälle der §§ 75folg. gegeben sind. Die Kostenlast ist auf die Erstattung der notwendigen Kosten beschränkt. Erstattung- D fähig sind die Kosten, welche der Urkundbeamte im Kostenerstattungsverfahren ansetzen soll (vgl. BayObLG NS 15/650). Soweit keine Kostenforderung durch Verfahrenstrennung (§ 145 A) oder durch D I Kostentrennung (vgl. §§ 276 II 2, 344, 506 II, 697 I, 700 I 3; GKG § 27 I) eintritt, gehören zu den notwendigen Kosten auch die der nicht getrennten Vorverfahren (§ 91 D I a 2, R G v. 7. 6. 1907 II E 66/186 [198]). 693

§ 9 1 Dia

ZPO I. Buch

Soweit diese Handlungen nur der Prozcßyorbereitung dienen, gehören sie ausschließlich zu den Prozeßkosten (die nach außerprozessualem Recht nur dann zu ersetzen sein können, wenn es nicht zum Prozeß kommt). Rechtsgutachtenkosten werden grundsätzlich nicht erstattet (KG J W 3 6 / 2 8 1 7 " , OLG Posen 37/95 Anm. 1), besonders wenn daneben ein Volljurist als Anwalt beteiligt ist (OLG Bamberg JVB1. 35/116 für den Anwalt als Partei); im besonderen nicht die Kosten vorprozessualer Rechtsgutachten (OLG Hamburg 25/67, Stuttgart H R R 30/256, J W 3 0 / 7 3 0 1 8 ; a. M. OLG Dresden J W 3 7 / 2 4 7 3 3 , OLG Hamburg 31/25,für den—späteren— Prozeßbevollmächtigten, der seine Gebühren anrechnen müsse), und wenn dies im Laufe des Prozesses geschieht (OLG Celle Seuff. 60/108, Hamm J W 2 7 / 1 3 1 3 , Stuttgart J W 3 0 / 7 3 0 " , KG J W 38/390 2 5 ). Dies gilt auch für das Rechtsmittelgutachten des späteren Prozeßbevollmächtigten; nicht erstattungsfähig sind die Gutachtengebühren nach RAGebO § 4 4 11. Wenn K G D R 4 0 A 1690 2 1 die Erstattungsfähigkeit bejaht, weil trotz des geringfügigen eingeklagten Teiles ein hoher Anspruch davon abhing, so ist dies nicht zu billigen, auch nicht für ein Rechtsgutachten für die Berufungsinstanz (a. M. K G D R 39 A 1185 41 ). Dies gilt auch für Gutachten von Patentanwälten (OLG Darmstadt J W 35/2757 65 , Hamburg J W 37/49 3 e ), wenn diese die sonstigen Gebühren erhalten (OLG Düsseldorf G R U R 51/403), und für die sonstiger technischer Berater. Soweit ein technisches Gutachten das eines Patentanwalts ersetzt, etwa das von Patentingenieuren oder technischen Beiständen, so sind diese Kosten nur im selben Rahmen wie die der Privatgutachter zu erstatten ( K G J W 38/2288 M , G R U R 41/33, 34, D R 41 Α 2069 2β , wozu K G D R 40 A 203 1 7 auch die Kosten eines eigenen technischen Büros der Partei zählt, was nicht zu billigen ist). Begrenzt werden die Kosten durch die erstattungsfähigen des Patentanwalts (§91 E V a ) . § 9 1 1 1 1 gilt für die Vorbereitungskosten nicht (OLG Dresden H R R 38/107). In A u s n a h m e f ä l l e n haben sie erstatten lassen: R G v. 9 . 1 . 1885 II E 13/312f., KG J W 23/85 5 , OLG Hamm J W 28/2159, LArbG Hamm D B 51/744. Zuzubilligen sind sie im Fall ausländischer Rechtsgutachten (§ 293). Der Umfang der erstattungspflichtigen Kosten ist dabei so groß, wie solche Aufwendungen sonst erstattet werden, wenn sie im Lauf des Prozesses gemacht werden (vgl. § 91 Β II c). Auch die vorprozessualen Kosten müssen sich aber auf den späteren Antrag beziehen (KG J W 34/1179 3 , was nicht der Fall ist, wenn ein Dritter im mutmaßlichen Interesse der Partei Beweissicherungen vornimmt, weil ein späterer Prozeß möglich ist.

Dial

Der Prozeßvorbereitung dienen im besonderen auch die Kosten notwendiger verwaltungsbehördlicher bzw. gerichtlicher Vorverfahren, soweit in ihnen nicht besondere Kostenentscheidungen ergehen (aber nicht, wenn sie dort ergehen: R G v. 20. 9. 1929 I I I E 126/99Í. für die Kosten vor einem Mieteinigungsamt; OLG München B a y J M B l . 53/222). Im Verwaltungsgerichtsverfahren hebt dies BMilRegVO 165 §1031 ausdrücklich hervor (ebenso, aber nicht ausdrücklich: BVerwaltungsGG §64 I, VGG §124 I 2,Rh.-Pf. V G G § 87; nach Schunck-De Clerk Rh.-Pf. VGG § 87 Anm. 4 sollen die Vorverfahrenskosten nicht dazu gehören). Dies gilt aber auch für denZivilprozeß (OLGRostock 6/385, Dresden Sächs. Ann. 37/67, Braunschweig Recht 04/803 für die Kosten der Kompetenzkonfliktsgerichtshöfe; OLG Kiel H R R 30/1651 für die Kosten der Vorentscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Verwaltungsgerichts; a. M. OLG Hamburg 15/80 für die Kosten des Verfahrens des Strandamtes; OLG Hamm 37/97 für die des Kompetenzkonfliktsverfahrens; und die Literatur: Sydow-Busch § 91 Anm. 2, Jonas § 9 1 Anm. VII). Nach § 91 I I I sind ferner die Kosten der außergerichtlichen Gütestelle erstattungspflichtig, wenn zwischen Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung nicht mehr als ein Jahr liegt (wobei die Klageerhebung, § 253 I, auf die Zeit der Einreichung vordatiert wird, §§ 261 b, 496). W a r indes die angegangene Gütestelle örtlich (oder sachlich) unzuständig und wurde dies gerügt oder wurde der Antrag zurückgenommen, so bleibt für die Kostenerstattung kein Raum. Die Kosten der Ortspolizeibehörde nach AVO R J a g d G § 50 X I gehören zwar zu denen des Rechtsstreits, sind aber nur nach billigem Ermessen dem Unterliegenden aufzuerlegen. Über die sonstigen jetzt geltenden Ländervorschriften vgl. GVG § 13 F V a.

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Prozeßkosten

§ 9 1

Dial

Über den umgekehrten Fall, daß Gerichtskosten in anderen Verfahren, etwa denen der freiw. Gerichtsbarkeit oder der Verwaltungsgerichte, vor diesen zu erstatten sind, vgl. § 91 F. Weiter gehören hierher grundsätzlich die Kosten der gerichtlichen Vorverfahren, in D I a 2 denen keine besondere Kostenentscheidung ergeht. Dahin gehören die Kosten der Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 ; ferner die Kosten des Beweissicherungsverfahrens (§§ 485folg., BGH v. 30.1. 56 II E 20/4 [15], R G v. 6. 7. 1907 II E 66/186 [198], ν. 27.5.1913 III Warn. 388, KG J W 39/652 60 , OLG Celle 37/132, Karlsruhe 39/44, Posen 6/384, Dresden 9/57, KG OLG 15/146), wenn es zum Prozeß kommt (und dann auch nur in Höhe des Streitwerts des Hauptprozesses, OLG Naumburg ZZP 19/292; zur isolierten Klage über sie kann es nur kommen, wenn es nicht zum Prozeß kommt: R G v. 7. 6. 1907 II E 66/186 [198], OLG Karlsruhe 15/79); selbst wenn das Beweisergebnis im Prozeß nicht benutzt wird (OLG Dresden 9/57, Celle 29/33, 37/132, Karlsruhe 39/44, KG J W 39/652 50 ) und wenn die Kosten im Verfahren mit dem Rechtsvorgänger entstanden sind (OLG Celle 29/33), allerdings nicht, wenn die Beweisaufnahme wegen Nichtbenutzung im Prozeß wiederholt wird oder wenn der Antrag vor (vollständiger) Erledigung zurückgenommen wird (LG I Berlin KGBI. 18/20). Zu den zu erstattenden Kosten gehören die Kosten des Ehesühneverfahrens nach §§ 608folg. (RG v. 21.11. 1899 V I I E 45/367Í.) und zwar auch die Anwaltskosten (OLG Dresden J W 36/1306 36 ), vorausgesetzt, daß der Sühneversuch gescheitert ist und es dann — eine zeitige Grenze ist hier nicht gesetzt — zur Klage kommt. Weiter gehören hierher die Kosten der einstweiligen Anordnungen nach §§ 627, 627b (627c) mit Ausnahme der Kosten des Aufhebungsverfahrens (§ 627b IV). Auch die Kosten des Mahnverfahrens sind zu erstatten, wenn es durch Widerspruch zum Prozeß kommt (§ 698, selbst wenn dies im Titel nicht ausdrücklich erwähnt wird: OLG Frankfurt H R R 31/1380). Daß auch die Anwaltskosten im Mahnverfahren zu erstatten sind, ergibt § 91 II, ohne daß es also darauf ankommt, ob der Gläubiger den Anwalt hätte ersparen können (OLG Dresden J W 22/1532 3 , Hamm J W 25/2368 29 ). Doch darf nicht ein Anwalt ausgewählt werden, dessen Kosten im Klageverfahren — sei es als Prozeßbevollmächtigter, sei es als Verkehrsanwalt — nicht erstattungsfähig wären, sofern es nicht beim Mahnverfahren bleibt und deshalb ein zweiter Anwalt erforderlich wird. Wird nur teilweise Widerspruch erhoben, so gehören nur die diesen Teil betreffenden Kosten zum Hauptprozeß (KG ZZP 15/519). Dies gilt auch, wenn die Sache an das LG zu verweisen ist und nunmehr neue Kosten entstehen (KG D J Z 18/405, J W 25/808 12 , 2018 4 , J W 30/3337 1β , OLG München 25/300, Seuff. 68/109, Düsseldorf J W 15/604, 20/397 10 , Hamm J W 25/2368 29 , 23 6 9 3 3 , Karlsruhe BadRpr. 26/187; a. M. K G OLG 23/105, J W 35/872 1 , OLG Naumburg 23/275, Rostock 25/300, Dresden J W 20/63 4 , 25/2366 21 , Jena 42/21, 22, Kiel DRiZ 33/663 742 ; vgl. aber auch über den Anwaltswechsel §91 E IV b 4), auch wenn es erst nach Erlaß des Vollstreckungsbefehls dazu kommt (was aber nicht geschieht, wenn der Zahlungsbefehl kraftlos wird, § 701). Ob die Kosten eines Vollstreckungsbefehlsantrags schon entstehen, wenn auch der Vollstreckungsbefehl noch nicht erlassen wurde, ist streitig. LG Berlin J W 32/2184® verneint dies (ebenso OLG Hamm JMB1. NRW 52/169, falls der Vollstreckungsbefehlsantrag kurz nach Ablauf der Widerspruchsfrist gestellt wird; OLG Hamburg 37/1082 37 rechnet die Gebühr auf die Verhandlungsgebühr an). Man sollte sie nur erstatten (und entstehen) lassen wie im Versäumnisverfahren (a.M. OLG Frankfurt Rpfl. 50/191, KG J W 21/1252 und, falls der Vollstreckungsbefehlantrag geräumig nach Ablauf der Widerspruchsfrist angebracht wurde: OLG Düsseldorf JMB1. NRW 53/62). Die Kosten der einstweiligen Einstellung durch das Vollstreckungsgericht sind erstattungsfähige Prozeßkosten des Folgeverfahrens (OLG Dresden 9/58; doch R G v. 30. 11.1901 V E 50/356f„ KG KGBI. 09/15 mit der Einschränkung, daß das Prozeßgericht ihre Entstehung kennen müsse), anders wenn die einstweilige Einstellung abgelehnt wird (dann treffen die Kosten endgültig den Antragsteller). Nicht erstattungsfähig sind DI b die Kosten der D e v i s e n v e r f a h r e n , weil die Devisengenehmigungen auch sonst beschafft werden müssen (OLG Frankfurt B B 53/247; a. M. OLG Köln N J W 53/271, LG

695

DIb

§ 91

ZPO I. Buch

Berlin [West] JR 53/386, KG [West] AnwBl. 54/53: wenn sie zur Durchführung des Rechtsstreits erforderlich sei) ; hat allerdings nach außerprozessualem Recht die andere Partei für sie zu sorgen bzw. für die Kosten einzutreten, so ist dafür der Klageweg offen (KG JW 34/3295®, JW 36/19922, JW 36/257680, 1547"; OLG Hamburg JW S7/4937, Hamburg JVB1. 37/231; a. M. für Erstattungsfähigkeit: KG JW 34/708», das sie allerdings abspricht, weil der Antrag überflüssig war; für den Fall, daß das Gericht die Beibringung anheim gegeben hat: OLG Dresden JW 35/17205*, München JW 34/70814, HRR 39/301, Darmstadt JW 35/331632, Karlsruhe HRR 38/328, JW 33/107711, 36/257761, Naumburg JW 35/317221). Über die allgemeinen Genehmigungen zur Klage vgl. Bd. V, 3. DVO MilRegG 53. D Ib1 Nicht hierher gehören ferner die Kosten, die nicht der Prozeßvorbereitung dienen, sondern dem außerprozessualen Recht, wie regelmäßig die der freiwilligen Gerichtsbarkeit (OLG Hamburg 7/280 für die Verklarungskosten nach H GB § 522; BinnenschifffahrtG § 110: OLG Hamburg 7/281). Vgl. aber über die Kosten von Registerauszügen wie die des Erbscheins § 91 E III b 1. DIb2

Nicht erstattungsfähig sind die Kosten eines vorangegangenen S c h i e d s v e r f a h r e n s in dem gerichtlichen Folgeverfahren (RG v. 20. 10. 1894 V J W 5435) ; sie einer Partei aufzuerlegen ist Sache des Schiedsgerichts. Wird der Schiedsspruch aufgehoben, so dürfen sie in besonderer Klage zurückgefordert werden, aber auch als Widerklage im anhängigen Verfahren (vgl. § 91 Β II g 6).

DIb3

Nicht erstattungsfähig sind die Kosten des A r m e n r e c h t s v e r f a h r e n s nach § 118 a IV, die durch die Anhörung des Gegners entstehen (nicht die in ihm sonst genannten, weshalb die Kostengrundentscheidung hier schon Sinn hat, wenn abgelehnt wird), was dann aber auch gegen die arme Partei gilt (GG Art. 3; OLG Kassel DRpfl. Rspr. 36/1711·4). Dies gilt zunächst in dem Verfahren vor Klageerhebung (OLG Hamm JMB1. NRW 39/287, KG JW 37/2240" wenden die Bestimmung nur dann an, wenn es überhaupt nicht zur Klage kommt) ; jedenfalls aber nicht dann, wenn die Klage schon schwebt (Bach in JW 36/2172), soweit dann zwischen ordentlichem und Armenverfahren nicht mehr zu unterscheiden ist. Wird für die höhere Instanz ein Armenrechtsgesuch eingereicht, so gilt § 118 a IV entsprechend (für den Rechtsmittelbeklagten wegen des §119: KG JW 37/2240", JW 38/553β, OLG Düsseldorf JW 38/53 73e; a. M. OLG Naumburg JW 36/2171"2, Köln JW 31/1134", was dann aber auch für den Angreifenden nach GG Art. 3 gelten muß). Alles dies gilt auch in der Beschwerdeinstanz (OLG Düsseldorf JW 35/2850", Rpfl. 50/60), einschließlich der Anwaltskosten (KG JW 35/2586", OLG Gera RegBl. Thür. 48 II 230).

D II

Erstattungsfähig sind die Kosten des Prozesses von der Einreichung der Klage bzw. der Zustellung oder der Meldung des Beklagten bis zum Abschluß des Rechtsstreite. Schließt man die Vorverfahrenskosten (§ 91 D I a 2) ein, so sind dies alle bis zu denen der Vollstreckung, die besonders geregelt sind (§ 788) und keiner Festsetzung bedürfen (wenn sie auch ganz oder teilweise getrennt festgesetzt werden dürfen, LG Hagen N J W 48/695 für die des Offenbarungseidverfahrens) und nicht unter die Kostengrundentscheidung fallen (§ 91 D II a 1).

Dlla

Zu den Prozeßkosten im Sinne des § 91 gehören alle bis zum Beginn der Zwangsvollstreckung erforderlich werdenden.

Dllal

Die V o l l s t r e c k u n g s k o s t e n hat nach § 788 der Schuldner zu tragen, auch wenn ihm die Kosten des Rechtsstreits nicht zur Last fallen (vgl. für den Fall des § 93: OLG Colmar 25/65). § 788 I 2 rechnet die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils schon zu den Vollstreckungskosten, doch darf man diese auch noch zu denen des Rechtsstreits i. S. des § 91 zählen (OLG Stuttgart JW 30/3352«), wenn der im Hauptstreit Unterliegende der Schuldner ist, und zwar nach Wahl des Gläubigers. Die Arrestvollziehung entspricht der Vollstreckung (vgl. § 928). Die Kosten der öffentlichen Bekanntmachung eines Urteils (im Falle des unlauteren Wettbewerbs) sind Vollstreckungskosten (a. M. OLG München 23/102: Prozeßkosten).

696

Prozeßkosten

§ 9 1

Soweit das Verfahren als solches reicht, gehören zu ihm auch die h ö h e r e n I n s t a n - D Π&2 zen (unstreitig für Berufung und Revision; streitig für die Beschwerde: bejahend OLG Hamburg 17/126, Jonas § 91 Anm. VI 1, Sydow-Busch § 91 Anm. 2, soweit hier nicht ein selbständiges Verfahren gegeben ist, was stets anzunehmen ist, wenn die Beschwerde nach Rechtskraft einer [Kosten-JEntscheidung eingelegt wird, OLG Posen 25/63, wovon wieder die Fälle des § 577 II auszunehmen sind) und die Kosten des Berichtigungs- und Ergänzungsverfahrens nach §§319folg. (OLG Hamburg 18/390). Dazu gehören aber auch die auf Vollstreckbarerklärung des Urteils, auch die nach §§ 534, 566, wie die der Einstellung der Vollstreckung nach §§ 767, 771 (RG v. 30.11. 1901 V E 50/356f., OLG Dresden 9/58). Die Fälle der §§ 707, 719 rechnet Jonas (§ 91 Anm. VI 1) schon zur Vollstreckungsinstanz (jedenfalls entscheidet auch BGH v. 11. 7. 1952 V Z R 80/52 [teilweise abgedruckt in NJW 52/1210] über sie besonders, wenn er den Antrag zurückweist). Dahin gehören auch die Kosten aller Zwischenverfahren, DΠb soweit sie keine besondere Kosten-(grund-)entscheidung bringen, wie die des Beschwerde- D Π b 1 Verfahrens, wo der Beschwerde stattgegeben wird (OLG Hamburg 17/126, Braunschweig NdsRpfl. 50/160; anders für ihre Zurückweisung, vgl. § 91 Β III a 6), eines Zwischenstreits (OLG Kiel 17/106, Hamburg 17/126, KG Berliner AnwaltsBl. 29/249»), die Einstellungskosten nach §§ 707, 719 (KG DR 39 A 45626; anders die ihrer Zurückweisung, vgl. § 91 D II a 2), die Kosten der Streitverkündung (OLG Königsberg 17/105), sofern sie rechtlich begründet und der Streitverkündete, der beitreten wollte, nicht zurückgewiesen worden ist (was nicht geschehen sollte, vgl. §§ 72folg.). N i c h t aber kann der Obsiegende die K o s t e n des B e i t r i t t s s e i n e s S t r e i t h e l f e r s D ü b 2 verlangen, da diese nur der Streithelfer fordern darf, und deshalb nicht die Kosten, welche dem Dritten durch die Streitverkündung entstehen, wenn er nicht beitritt (RG v. 4. 6. 1898 I Gruch. 43/212, v. 4. 6. 1898 I Seuff. 54/52), mag er auch sonst den Streit weiter verkünden (§ 72 II) ; der Dritte kann es hier nicht, weil er nicht beitritt. Werden in einen Prozoßvergleich neue Ansprüche einbezogen, so gehören die dadurch D Π c entstehenden Kosten zu den zu erstattenden (KG JW 32/670"); dies sollte man auch bei dem Beitritt eines Dritten gelten lassen, selbst wenn er einen anderen Rechtsstreit darüber führt, der ebenfalls erledigt wird (a. M. KG JW 38/119868, das in bezug auf diesen einen außergerichtlichen Vergleich annimmt). Für außergerichtliche Vergleiche besteht allerdings kein Titel zur Festsetzung (vgl. KG JW 35/1043", OLG Kassel JW 36/521«; a. M. OLG Kiel JW 34/3015"). Über die Kostenentscheidung der ßechtsmittelinstanz vgl. § 97 A. Die Rechtsmittel- D ΠΙ instanz greift indes auch in die Entscheidung der Vorinstanz ein, im besonderen wenn diese die Entscheidung — versehentlich — unterlassen hatte, aber auch auf dem Wege des Vorgriffs (vgl. § 536 B). Darüber hinaus wird man sie zur Nachprüfung der richtigen Entscheidung für verpflichtet halten müssen. Daß sie nur nachzuprüfen hat, ob sich die untere Instanz im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens gehalten hat, wie dies des öfteren ausgesprochen worden ist (vgl. BGH v. 7. 4.1952 IV ZR 93 + 102/51), erscheint unrichtig, vielmehr muß sie die Entscheidung nach eigenem Ermessen beurteilen, soweit das Ermessen überhaupt eine Rolle spielt. Welche Prozeßkosten im Einzelfall als „notwendige" erstattungsfähig sind, bestimmt E das geschriebene Gesetz nur in den Fällen des § 91 I 2, II. Im übrigen herrscht Gewohnheitsrecht bzw. es ist Auslegungsfrage, was zu erstatten ist, worüber zunächst der Urkundsbeamte und dann das Gericht entscheiden. Dieses Recht knüpft an das geschriebene Gesetz insoweit an, wie es das Maß aus ihm entnimmt. So kommt es zu dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit des Kostenaufwands. Die Erstattungspflicht trifft grundsätzlich nur die unmittelbaren Aufwendungen EI (vgl. BGB § 670) für den Prozeß (RG v. 20. 12. 1935 II 150/37 [40]). Ist eine Partei besonders sparsam, so kann sie nicht etwa das ersetzt verlangen, was sie nicht aufgewandt hat. Ein allgemeines Haushalten wird sogar für erforderlich gehalten. 697

§ 9 1

ZPO I. Buch

Eia

Von den aufgewandten Kosten werden deshalb nur die ersetzt, welche von jedermann in der seinerzeitigen Lage in vernünftiger Erwägung aufgewandt worden wären (RG v. 30. 11. 1893 VI E 32/387 f., v. 28. 2. 1898 IV JW 198, v. 18. 11. 1904 II JW 05/50 22), mögen sie auch im Einzelfall nutzlos aufgewandt worden sein (für die einer Zeugengestellung: RG v. 2. 10. 1897 I JW 542, v. 5. 11. 1898 I JW 659«, OLG München 29/33; Kosten für Beweissicherung: Dresden 9/57), wobei im besonderen das Verhalten des Gerichts (a. M. RG v. 7. 2. 1905 III JW 17823 für einen Fall, wo die Partei mit der Aufhebung des Termins rechnen mußte und deshalb keine Reisekosten erstattet bekam) und des Gegners als unbekannt zu werten sind. Es entscheidet also nicht bloß, was die Partei für erforderlich hält (RG v. 30.11.1893 VI E 32/387f.); nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird sie, wenn sie mit einem billigeren Aufwand dasselbe erreichen kann, die Kosten niedrig halten müssen (vgl. KG JW 38/46526, OLG Dresden SächsAnn. 27/77, OLG Hamburg DRpfl. Rspr. 36/306341). Die Frage stellt sich besonders, wenn die Partei zwischen dem Aufwand von Reisekosten, Gutachterkosten u. dgl. m. im Verhältnis zur Annahme eines Korrespondenzanwalts zu wählen hat, nicht aber umgekehrt (vgl. § 91 E IV b 3).

Elb

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet aber nicht, daß besonders sparsam verfahren werden muß (RG v. 22. 9. 1893 II JW 4687, OLG Jena Seuff. 65/38), sondern nur gerade so, wie dies nach vernünftigen Erwägungen eines Durchschnittsmenschen erwartet werden darf. Der Partei wird deshalb nicht verwehrt, einen Anspruch in mehreren Teilprozessen zu verfolgen (KG JW 29/1181; der Beklagte kann sich dagegen durch Erhebung der negativen Feststellungswiderklage wehren; mehrere Prozesse, die beim selben Gericht anhängig sind, sind zu verbinden, § 147 B l a ) . Darauf, ob und zu welchem Zweck der Kläger Teilprozesse führt, darf es nicht abgestellt werden (RG v. 16. 6.1889 VII Gruch. 44/196 [201f.], v. 18. 11. 1891 I Seuff. 47/227, v. 4. 4.1898 VI Seuff. 53/251, KG OLG 19/71, OLG Posen 5/171; a. M. OLG Stuttgart Seuff. 50/208, Stettin 5/41, Braunschweig 19/70, Hamburg 31/22, 37/98, Marienwerder 25/68, Rostock Seuff. 67/264; die abweichende Meinung führt eine einseitige „Billigkeitsrechtsprechung" ein, im besonderen bei der Erhebung mehrerer selbständiger Ansprüche, OLG Celle 19/69, KG JW29/118 1 ; a. M. RG v. 18.11.1891 I Seuff. 47/227, OLG Dresden SächsA 2/802), was auch für ein später verbundenes Verfahren gilt (KG DR 39 A 87710); keinesfalls kann, wenn hier die Kostengrundentscheidung feststeht, es gebilligt werden, wenn noch im Kostenfestsetzungsverfahren die Erforderlichkeit geprüft wird (OLG Dresden 25/127; a. M. OLG Celle 19/69, Marienwerder 25/68, Hamburg 31/22, Celle 31/26, Stuttgart WürttZ 13/336). Erstattungsfähig sind stets die aufgewandten Gerichtskoeten.

ΕΠ ΕΠa

Die Aufwendung ergeben die Akten. Sind Gerichtskosten indes noch nicht b e z a h l t , so werden sie nicht festgesetzt (RG v. 11. 6. 1892 V Seuff. 47/293, v. 5. 12. 1899 VII Gruch. 45/652; doch hat OLG Jena HRR 32/1979 die Festsetzung auf Zahlung an die Gerichtskasse zugelassen, was aber unzulässig ist). Die Partei, der das Armenrecht bewilligt ist, kann deshalb nicht Festsetzung der Gerichtskosten fordern, von deren Entrichtung sie (einstweilen) befreit ist (BayObLG 13/583, es sei denn, daß sie selbst sie schon bezahlt hätte: KG JW 35/4391). Hat ein Dritter (nicht der unterlegene Gegner) die Gerichtskosten gezahlt, so sind sie für die arme Partei auf Antrag festzusetzen (OLG Naumburg JW 37/2 7 9 3 39, wo der Ehemann als Zweitschuldner einer zunächst unterlegenen Partei sie bezahlt hatte). Gerichtskosten, welche an die obsiegende Partei zurückzuzahlen sind, weil ein Gebührenbefreiter unterlegen ist (vgl. GKG § 90), werden nicht mit festgesetzt, sondern sind vom Gericht zurückzuzahlen (GKG § 90 IV; RG v. 11. 6. 1892 V Seuff. 47/293, OLG Hamburg Seuff. 43/150, München 29/11). Wohl aber darf der Gebührenbefreite, der Gerichtskosten gezahlt hat (etwa für bare Auslagen, vgl. dazu GKG § 90), diese von dem unterlegenen Gegner erstattet verlangen (KG OLG 37/222; a. M. OLG München HRR 42/84, Celle DR 42 Β 64; im übrigen fordert sie die Gerichtskasse ein). Die Gebühren· und Auslagen- (AV v. 22. 3. 1935 DJ 551) freiheit ist angeordnet für den Bund und die nach seinem Haushaltsplan für seine Rechnung verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen; doch ist der Bundespost g r u n d s ä t z l i c h keine Auslagenfreiheit 698

Prozeßkosten

§ 9 1

ΕΠα

(RWB § 58 II, AV v. 25.1.1936 [DJ 167] mit Ausnahme von Beträgen bis zu 10 DM vgl. RWB § 68 I) zugestanden worden. Die Bank deutscher Länder, die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung, die Träger der Sozialversicherung usw. haben sie nicht, wohl aber die Bundesbahn (obwohl die Reichsbahngesellschaft sie nicht hatte). Nur Gebührenfreiheit (also nicht Auslagenfreiheit, RG v. 14. 7.1939 III Warn. 142) haben die Länder und die nach deren Haushaltsplänen für ihre Rechnung verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. (Für die Deutsche Landesrentenbank vgl. BGH v. 6.4.1954 V LM-GKG §90/4). Bei den Stadtstaaten (Berlin: BGH v. 14. 7. 1954 V E 14/305, Hamburg: BGH v. 3. 5. 1954 III E 13/207, Bremen) ist nicht zwischen staatlichen und gemeindlichen Aufgaben zu unterscheiden (wie dies BGH v. 21. 8. 1951 III [FS] E 3/148 MDR Β 549/51 noch getan hatte). Gemeinden und Gemeindeverbände haben keine Gebührenfreiheit. Die Gerichtskosten, welche der Staat von den Parteien fordert und welche diese, Ε Π b wenn sie sie verauslagt haben, auch zur Erstattung stellen dürfen, sind gesetzlich (im GKG bzw. in der KostenO) festgelegt. Darüber hinaus ist im GKG (vgl. EG § 2), in Einzelbestimmungen der ZPO (vgl. §§115 I 1, 120, 123, 125 — Armenrecht; 379, 402 — Zeugen und Sachverständigenkostenvorschüsse; 911, 934 — Vollstreckungskostenvorschüsse) und in anderen Gesetzen (vgl. GVG § 164; Haager ZPA Art. 18 II i. V. m. AG § 9 und in sonstigen internationalen Rechtshilfeverträgen) geregelt, wer und in welcher Höhe vom Staat (vertreten durch die Gerichtskasse) in Anspruch zu nehmen ist. Der Staat selbst steht mit seinen Kostenforderungen und ihrer Durchsetzung an sich außerhalb des Prozesses, wenn er in einigen Fällen auch dem Richter gebietet, nicht ohne Kostenvorschüsse für eine bestimmte Partei tätig zu werden (vgl. § 253 F II b 1 und GKG § 74 II, wie die oben genannten Einzelbestimmungen der ZPO). Insoweit wirkt sich das Kostenrecht auch im Prozeß aus. Über das besondere Beitreibungsrecht (ohne Titel) vgl. die JustizbeitreibungsO § 1. Für die Kostenerstattung kommt es indes grundsätzlich nur darauf an, ob das, was der Staat gefordert hatte, berechtigt war und ob die erstattungsberechtigte Partei (oder für sie ein Dritter) diese Kosten auch aufgewandt hat. Insoweit ist das Verhältnis des Staates (vertreten durch die Gerichtskasse) zu seinen Kostenschuldnern (den Parteien) abzugrenzen, wieweit es das Erstattungsrecht berührt. Die Gerichtskosten zerfallen in Gebühren und Auslagen. Erstattungsfähig sind sie, soweit ihre Erhebung berechtigt war. Die Kostenschuldnerschaft für sie ist unterschiedlich geregelt. Die Gebühren knüpfen an den Gebührenwert (§ 3 Β I a 4) an, von dem sie in Wertklassen berechnet werden: sie gelten pauschal alle Einzeltätigkeiten ab, welche unter ihre Umschreibung fallen, etwa die Prozeßgebühr alle Handlungen, für die keine andere Gebühr vorgeschrieben ist, die Beweisgebühr für alle Beweiserhebungen, die Urteilsgebühr für alle kontradiktorischen Zwischen- und Endurteile (GKG § 20), alles in derselben Instanz (GKG § 25). Sie entstehen in voller Höhe (GKG § 8) oder für gewisse Handlungen zum Bruchteil mit oder ohne Anrechnung auf sonstige Gebühren (vgl. GKG §§33folg.). In der Berufungs- und Revisionsinstanz sind die Aktgebühren höher (GKG § 28), über die Beschwerdeinstanz vgl. GKG § 38. Auslagen werden nur nach GKG §§ 71—73 erhoben und sind im übrigen durch die Pauschalgebühr abgegolten (RG v. 15.1.1931 IV E 131/152f.). Zu den gerichtlichen Auslagen gehören auch die Ansprüche der Zeugen und Sachverständigen (nämlich soweit sie vom Gericht geladen wurden); denn diese haben nur Ansprüche gegen den Staat, nicht gegen die Parteien. Der Umfang des von ihnen zu fordernden Entgelts ist in der Z + SGebO (EG § 2 A III) geregelt; weitergehende Erstattungsansprüche haben sie weder gegen das Gericht noch gegen eine Partei, auch nicht aus anderen (besonderen) Rechtsgründen. Eine Ausnahme besteht nur für den Fall, daß eine Partei sich dem Gericht gegenüber erbietet, die Mehrkosten (etwa die eines Sachverständigen) unter Billigung des Gerichts zu übernehmen. In einem solchen Erbieten liegt aber zugleich der Verzicht auf einen etwaigen Erstattungsanspruch. Für die nach der Z+SGebO gezahlten Gebühren hat das Gericht einen Auslagenersatzanspruch gegen die Parteien. Nur die tatsächlich entstandenen und nur die berechtigten kann aber das Gericht ersetzt ver-

699

Ε Π b § 91

ZPO I. Buch

langen; sie werden mit der Entstehung zu Gerichtskosten. Übe» die von der Partei unmittelbar an diese gezahlten Gebühren vgl. § 91 Β III b 2. Daß auch das Gericht u. U. Zeugen- und Sachverständigenvorschüsse zu zahlen hat (vgl. GVG § 165 III), hat mit der Brstattungspflicht unmittelbar nichts zu tun. Weiter gehören zu den Auslagen die Armenanwaltskosten (vgl. § 91 E IV a 1) wie die von der Gerichtskasse der armen Partei geleisteten Reisekostenvorschüsse (vgl. dazu § 115 Β I b 2; AV v. 12. 8. 1935 — DJ 1171). Weiter können als Gerichtsauslagen entstehen besondere Schreib- und Postgebühren für die auf besonderen Antrag erteilten Abschriften oder für die, welche die Partei zu stellen hatte (GKG § 71); hier ist aber im Gegensatz zu der sonstigen Regelung nur der Antragsteller Kostenschuldner (GKG § 80) und der, welcher für ihn die Haftung übernommen hat oder der sonst für sie gesetzlich haftet (GKG § 79 I 2, 3). Erstattungsfähig sind sie nur, soweit die Erteilung von Abschriften als erforderlich anzusehen ist (im besonderen bei Gutachten und Protokollen). Über die Beanstandung der Kostenforderungen durch die Gerichtskasse und ihre Bemessungsgrundlage vgl. GKG § 5, über ihre Niederschlagung bei offenbar unrichtiger Behandlung GKG § 6; OLG Kiel JW29/88 3 38 . Diejenigen, welche die Gerichtskasse in Anspruch nehmen darf, sind gesetzlich bestimmt. Davon abweichende Parteivereinbarungen sind gegenüber der Gerichtskasse wirkungslos und werden von ihr nicht beachtet (KG JW 28/152013, JW 35/10393; a. M. OLG Köln HRR 36/146, Frankfurt JW 30/1516", Karlsruhe JW 27/864", LG Stettin JW 26/259618 für den Fall einer nach Urteilserlaß abweichenden Parteivereinbarung). Für die Kosten der Instanz haftet der Gerichtskasse der Antragsteller (GKG § 77 I, in der Rechtsmittelinstanz der Rechtsmittelkläger); beim Schiedsverfahren, soweit es in das gerichtliche übergeht, der Schiedskläger (GKG §§ 77 II, 30a) und derjenige, der nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts kraft Gesetzes für die Kosten des anderen haftet (GKG § 79 I 3, vgl. aber auch § 52 Β für den gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung). Doch haftet er nur im Rahmen des außerprozessualen Rechts. Ergibt sich nach diesem, daß seine zunächst bestehende Haftung entfällt, etwa wenn im Verhältnis der Eheleute zueinander endgültig (d. h. etwa durch rechtskräftiges Urteil) feststeht, daß die Frau allein die Kosten zu tragen hat (vgl. RG v. 12. 11. 1900 IV E 47/72f., v. 30. 9. 1927 III JW 28/59»), so erlischt auch die Haftung gegenüber der Gerichtskasse (KG OLG 30/46, OLG Hamburg 19/250, JW 24/17815, Naumburg 25/288, Köln LZ 19/103412, Frankfurt a. M. JW 26/16115, Breslau JW 30/10111, Hamm 46/169, Düsseldorf JW 37/57952), und zwar gleichviel, ob die Kosten von dem Mann vorher erfordert waren oder nicht (KG OLG 30/46, OLG Köln LZ 19/103412; a. M. OLG Hamburg 21/226, 30/48, Breslau 30/48). Erledigt sich aber bloß der Prozeß (durch den Tod des Mannes), so erlischt die Haftung nicht (RG v. 30. 9. 1927 III JW 28/59"). Weiter haftet derjenige, dem sie (auch) durch (noch nicht rechtskräftige) titulierte (unbedingte, d. h. also nicht beim Zahlungsbefehl, sondern erst beim Vollstreckungsbefehl) Entscheidung und ohne Rücksicht darauf, ob die Vollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung zulässig ist bzw. durch Sicherheitsleistung abgewandt werden darf bzw. überhaupt gegeben ist (OLG München HRR 31/150), auferlegt worden sind (GKG §79 I 1) sowie der für ihn nach außerprozessualem Recht gesetzlich Haftende (GKG § 79 I 3). Wird die Entscheidung aufgehoben, so entfällt die noch offenstehende Kostenschuld gegenüber dem Staat (GKG § 81 I). Es erwächst dann dem, der gezahlt hat, ein Erstattungsanspruch gegen die Gegenpartei, nicht aber der aus ungerechtfertigter Bereicherung gegenüber dem Staat (GKG § 81 II, BGB § 812); anders ist es, wenn die Erstattungspflicht nicht besteht, also in den Fällen, wo der Gegner Gebührenfreiheit genießt (GKG § 90, vgl. § 91 E II a). Streitgenossen haften bis zur Teilungsentscheidung des Gerichts als Gesamtschuldner (GKG § 87) ; doch wird man diese schon in einer getrennten Wertfestsetzung des Gerichts sehen dürfen; auch wird man bei Prozeßverbindung davon auszugehen haben, daß die ursprünglich bestimmten Werte weiter gelten. GKG § 87 ist nicht unbedenklich, wenn auch nach Bezahlung der Vorschüsse bei Quotelung im Urteil regelmäßig GKG §81 mildern wird. GKG § 88 erklärt § 100 IV für anwendbar. Über den Ersatz der Anwaltskosten vgl. § 91 E IV.

700

Prozeßkosten

§ Ol

E IIb

Ferner haftet der Dritte, welcher die Kosten in einer vor Gericht abgegebenen oder dem Gericht mitgeteilten eigenen (RG v. 7. 4.1933 VII Ε 140/262Γ.) Erklärung übernimmt, unmittelbar (GKG § 79 I 2, aber nur der Gerichtskasse; die Erstattungspflicht geht damit nicht auf ihn über, auch nicht das Erstattungsrecht, Rosenberg SJZ 50/588; dies ist ein Anwendungsfall des BGB § 328) und dieser sogar in erster Linie, also vor dem Antragsteller (GKG § 82 II) ; auch werden Beträge, welche der Dritte gezahlt hat, nicht diesem zurückgezahlt (GKG § 81 II) und auch nicht dem, welcher sie gezahlt hat, weil er für den Antragsteller gesetzlich außerprozessual auf Gebührenzahlung haftete (GKG § 79 I 3). Doch wird hier die Rechtsbeständigkeit der Erklärung — soweit sie zur Kostenübernahme erforderlich war ·— nach außerprozessualem Recht vorausgesetzt (a. M. Baumbach-Lauterbach GKG §79 Anm. 3: sie sei Prozeßerklärung). So ist es erforderlich, daß seine Erklärung dem Gericht, wenn auch nur durch eine Partei, mitgeteilt wird. Unter Gericht als Erklärungsempfänger ist dabei sowohl der zuständige Richter wie die Gerichtskasse anzusehen. Entfällt die Wirksamkeit der Erklärung, nachdem gezahlt ist, so besteht gegenüber dem Staat jedenfalls kein Anspruch aus BGB § 812 (vgl. auch BGB § 260). Da GKG § 79 I 2 zwingendes Recht ist, kann die Bestimmung des Zahlenden nicht mit der Begründung angefochten werden, daß er an den Staat nicht leisten wollte. Der bloße Auftrag, an einen Dritten zu zahlen, gibt der Staatskasse kein Recht gegen diesen, selbst wenn er sich der Partei gegenüber verpflichtet hatte (RG v. 22. 10. 1909 VII E 72/97f. = Recht 3843, OLG Hamburg 7/223). Nach GKG § 79 I 4 haftet schließlich noch der Vollstreckungsschuldner neben dem Vollstreckungsgläubiger. Mehrere Kostenschuldner haften dem Gericht als Gesamtschuldner (GKG §82 I); jedoch sollen in erster Linie die nach GKG § 79 I 1, 2 in Anspruch genommen werden, die Haftung der Gegenpartei wird zweitschuldnerisch (d. h. sie soll erst angegangen werden, nachdem in das bewegliche Vermögen des Erstschuldners vergeblich zu vollstrecken versucht wurde oder dies sonst aussichtslos erscheint, GKG § 82 II). Aus der Verletzung dieser Bestimmung ergeben sich keine Ansprüche gegen den Staat (GG Art. 34; BGB § 839), wi? aus der Regel des GKG § 81 zu schließen ist, weil der Gegner sich durch die Kostenerstattung erholen darf. Abweichend von diesen Normen ist die Vorschußlast geregelt; sie trifft regelmäßig den Antragsteller (GKG §§ 74 folg.. über den Ausländervorschuß vgl. GKG § 85) wie den Schiedskläger bei der Niederlegung des Schiedsspruchs (§1039 C III d 3). Die ZPO regelt besonders die Vorschußlast der die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen beantragenden Partei (§§ 379, 402) wie für die Haft des Gegners (§§ 911, 934, vgl. dazu GKG § 84 I). Sie kommt indes für die Erstattungspflicht unmittelbar nicht in Betracht. Sind Vorschüsse überhoben, so besteht die Erstattungspflicht nur, soweit sie tatsächlich verbraucht sind, den Rest muß die Gerichtskasse der (sie einzahlenden) Partei zurückvergüten. Ob die Gerichtskosten stets entstehen oder nur durch eine besondere gerichtliche Ε Π e Anordnung, (mag sie auch die Partei selber veranlaßt haben), ist gleichgültig, etwa die der öffentlichen Zustellung oder die Ausführung einer Beweisanordnung (OLG Hamburg 20/310) oder die der Erwirkung eines Beschlusses nach § 271 bzw. die des Verlustigkeitsbeschlusses von Rechtsmitteln nach Rechtsmittelrücknahme, die Kosten für die Abschrift von Beweisprotokollen (OLG Stuttgart J W 19/1003 14 ) — nicht aber soweit mehrfache Abschriften (etwa für den Versicherer) gebraucht werden (a. M. OLG München 27/40) und die der bei Ausfolgung der vollstreckbaren Urteilsausfertigung (KG J W 11/4201). Doch sind hier die beglaubigten Uiteilsausfe:tigung nach § 317 IV und die des Vollstreckungsbefehls (AV R J M v. 12. 4. 1937 — DJ 604) schreibgebührenfrei, einschließlich der Vergleichsausfertigung (a. M. OLG Hamburg 23/114, 25/76) wie der zweiten Ausfertigung zum Zwecke der Zustellung (OLG München 22/288, Dresden SächsAnn. 34/203; a. M. KG OLG 41/253, 27/84, 22/288, OLG Frankfurt J W 27/2641®, Dresden 23/278, Hamm 31/246, weil die Partei bzw. der Anwalt sie zustellen muß; nur bei Beschleunigungsinteresse haben die Kosten der zweiten Ausfertigung für erstattungsfähig gehalten : OLG Dresden 31/24, Karlsruhe 39/40).

701

§ 9 1

ZPO I. Buch

£ ΙΠ

An außergerichtlichen Kostenaufwendungen der Partei kommen die Yertreterkosten (vgl. § 91 E IV), die sonstiger Hilfen (vgl. § 91 E V) und schließlich die eigene Zeitversäumnis (§ 91 E III a 1) als erstattungsfähig in Betracht.

Ε ΠΙ a

Unter ihnen gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Wäre der eigene Zeitaufwand höher als Vertreterkosten zu werten, so sind nur diese als Höchstgrenze zuzubilligen, soweit der Vertreter die Partei nach vernünftigen Erwägungen ersetzen kann. Dasselbe gilt für die Erstattungsfähigkeit von Reisekosten, wenn sie die Gebühren des Korrespondenzanwalts übersteigen (vgl. § 91 E III a 2). Erscheint die Partei neben ihrem Vertreter (für den sie Kosten erstattet fordert), so ist dies besonders zu rechtfertigen (vgl. KG DR 39 A 32512, das dies bejaht, wenn der Anwalt die Reise fordert, weil er keine Information erhielt, aber vorausgesetzt, daß sie ihm nicht schriftlich mit ausreichender Deutlichkeit erteilt werden konnte). Genügt die Herstellung einer Abschrift, so dürfen nicht die teuren Aufwendungen des Fotokopierens gemacht werden. Für die Zustellung von Partei wegen vgl. §91 A II a l . Doppelte Zustellungskosten sind jedenfalls nicht erstattungsfähig (RG v. 30. 11. 1893 VI E 32/387f„ KG Κ GBl. 06/44; a. M. KG KGB1. 06/15 und für die Kosten der nicht nachweisbar ordnungsgemäßen Zustellung: OLG Celle 13/97). Ist mehreren Vertretern zuzustellen, so genügt die an einen nach § 181 III, bei der an mehrere Prozeßbevollmächtigte sind nur die Zustellungskosten an einen erstattungsfähig (RG v. 28. 2.1898 IV JW 1983); wird aber die Partei von mehreren gesetzlichen Vertretern vertreten (Aufsichtsrat und Vorstand in Anfechtungs- und Nichtigkeitsstreiten), dann ist je einem Vertreter der verschiedenen Organe zuzustellen. Die Frage der Verhältnismäßigkeit spielt dann besonders bei der Bestellung mehrerer Vertreter ihre Rolle (vgl. § 91 E IV b 1). Vgl. auch für die Kosten der Gestellung von Zeugen im einstweiligen Verfügungsverfahren statt Beibringung ihrer eidesstattlichen Versicherung § 91 E III b 2. Wendet eine Partei noch Kosten nach ihrer Befriedigung unnütz auf, so fehlt es an dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit (KG OLG 13/143 fürdie Korrespondenzkosten).

Ε ΙΠ a 1

An unmittelbar eigenem Aufwand der Partei wird für ihre Zeitversäumnis nach § 91 I 2 für notwendige Reisen zum Anwalt der Tatsacheninstanz zur Information (vgl. § 91 E III a 2) oder zur Ermittlung von Zeugen (RG v. 7. 3. 1894 V Seuff. 49/276) und für die notwendige Terminwahrnehmung Entschädigung gewährt (RG v. 20.12.1935 II E 150/37 [41]). Doch sind hier die Kosten nach der Z + SGebO §§ 2, 6 (Sydow-Busch § 91 Anm. 4; OLG Düsseldorf JVB1. 40/14 wenden §§2, 7, 8, 9 an) aber auch 7—13 (Jonas § 91 VIII 2) und 15, also wie für den Zeugen, nicht nach §§ 3, 4 a. a. O. für Sachverständige, selbst wenn die Partei sachverständig ist, zu begrenzen (OLG Hamm J W 30/151719). Das sonstige Recht der Z + SGebO ist indes nicht anwendbar (OLG Dresden 23/285 für die Frage der Verjährung nach § 19 a. a. O.; doch hat OLG Kassel JW 19/5155 dem pensionierten Beamten Tagegelder nach § 17 11 a. a. O. zugesprochen, wo der Prozeß über dienstliche Umstände geführt wurde; auch Jonas §91 Anm. VIII 2 will §17 a . a . O . anwenden, was aber zur Bevorzugung der Beamten führen würde). OLG Stuttgart WürttZ 15/165 geht dabei (prima facie) davon aus, daß der Aufwand die Zeugengebühr erreicht. Die Kosten des gesetzlichen Vertreters stehen dabei denen der Partei gleich (OLG Dresden 25/66 für die Wahrnehmung des Beweistermins durch ihn; doch für die juristische Person verneinend OLG Dresden HRR 36/1364). Abgesehen davon müssen die Kosten aber auch insoweit beschränkt werden, wie sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen dürfen (sofern nicht neben diesem ausnahmsweise die Anwesenheit der Partei erforderlich war; vgl. Jonas § 91 Anm. VI 1 und die entsprechende Regelung bei den Reisekosten § 91 E III a 2).

Ε ΠΙ a 2

Nach § 91 I 2 sind ferner der Partei die notwendigen Reisekosten zu Terminen, d. h. bei Wahrnehmung der Verhandlungs- und Beweiserhebungstermine, nicht dagegen zu Verkündüngsterminen (Sydow-Busch § 91 Anm. 3 b; a. M. Jonas § 91 Anm. VII 1; denn das Ergebnis dieser kann die Partei auch außerhalb der gesetzten Terminstunde erfragen) zu ersetzen. Auch hier werden die tatsächlichen Auslagen regelmäßig darauf zu begrenzen sein, welche Kosten die Partei für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt aufwenden 702

Prozeßkosten

§ 9 1

müßte (RG v. 7. 7. 1897 I J W 458 s , OLG Hamburg 13/99, Kiel 05/355; a. M. KG O L G 17/107). Aber auch wenn die Partei durch einen Anwalt vertreten ist, darf sie bei besonderem Anlaß (etwa einer bedeutsamen Beweisaufnahme oder, wenn sie vernommen werden soll und das Gericht dies anordnet), also in der Regel im Rahmen der Verhältnismäßigkeit, die Reisekosten aufwenden (OLG Düsseldorf J W 32/120 1 8 für die Wahrnehmung von Beweisterminen) ; die h. M. läßt dies auch für bloße — wichtige — Verhandlungen zu ( R G v. 7. 3 . 1 8 9 4 V Seuff. 49/276, v. 5. 7 . 1 8 9 5 I I I J W 381», v. 4. 2. 1897 VI J W 145«, v. 4. 1. 1899 I J W 89', v. 18. 2. 1905 V I I J W 2 0 8 " , KG Seuff. 58/107, OLG Dresden Seuff. 44/137, Bamberg Seuff. 59/271 bzw. für jede Beweisaufnahme, OLG Darmstadt J W 18/234®, Baumbach-Lauterbach §91 Anm. 5; vgl. auch OLG Karlsruhe DRiZ Rspr. 34/531*" für die Kosten der Wahrnehmung eines Beweisaufnahmetermins, selbst wenn der Zeuge sich vorbereitend schriftlich äußern sollte); ist die Partei indes nur vorübergehend von ihrem gewöhnlichen Aufenthaltsort bzw. Wohnsitz abwesend, so muß sie zunächst um Terminverlegung bitten. Weiter wird der Partei in jeder Tatsacheninstanz auch eine Reise zu ihrem Anwalt zugebilligt (OLG Hamburg H GZ 1899 Β 76, Hamm J W 23/1047") für den Fall, daß die Partei mit dem Schriftwechsel nicht auskommt (RG v. 2 9 . 1 . 1 8 8 6 I I E 15/402f., v. 27. 10. 1896 I I I J W 669 a , ν. 1 4 . 1 . 1897 IV J W 106 4 , ν. 2. 9. 1898 I I I J W 278 2 . 5 ), mag die Reise auch vor Instanzbeginn unternommen worden sein. Dies gilt, wenn der Kläger Klage erheben will, aber auch, wenn es der spätere Beklagte tun will und ihm der Kläger zuvorkommt. In der Rechtsmittelinstanz ist dem Rechtsmittelkläger eine Reise schon für die Auswahl des Rechtsmittelanwalts zuzubilligen, sobald das Erkenntnis, das anzufechten ist, ergangen ist; dem Rechtsmittelbeklagten, der nicht selbst das Rechtsmittel einlegen will, sobald das Rechtsmittel eingelegt ist (OLG Karlsruhe J W 36/2171 8 1 ); auf eine notwendige Rechtsmittelbegründung braucht er nicht zu warten; erst recht kommt es nicht darauf an, ob der Rechtsmitteltermin schon ansteht, besonders nicht inArrestund einstweiligen Verfügungsverfahren (LG Freiburg J W 36/3347 62 ). Das entsprechende gilt für Reisen der Partei zu ihrem Patentanwalt ( K G J W 38/ 3 1 2 5 " ) ; doch darf sie dabei nicht einen beliebig entfernt wohnenden wählen. Nicht erstattungsfähig sind grundsätzlich (mehrere) Reisen zum Revisionsanwalt (RG v. 4 . 1 . 1 8 8 8 I J W 92/219", v. 12. 6. 1895 V J W 357 1 , v. 9. 6. 1896 I I I Gruch. 40/1138, v. 2 . 1 2 . 1 8 9 6 V J W 97/3', KG J W 36/1690"), es sei denn, daß etwa in der Revisionsinstanz ein Vergleich geschlossen werden soll, aber auch in sonstigen großen Ausnahmefällen. Dann sind daneben weder die Kosten für einen zweiten Anwalt (RG v. 1 6 . 1 1 . 1 9 0 1 V J W 843") noch die Kosten einer Informationsreise erstattungsfähig (a. M. bei verwickeltem Sachverhalt: R G ν. 1. 6. 1883 I I I E 9/356f„ v. 29. 1. 1886 II E 15/402f„ v. 14. 12. 1894 I I I J W 95/40, v. 22. 4. 1895 VI J W 263 4 , v. 27. 10. 1896 I I I J W 669, v. 2. 12. 1896 V J W 97/3', v. 7. 7. 1897 I J W 458 2 , v. 24. 10. 1899 V I I J W 7 4 6 " bei Beteiligung einer ausländischen Partei: OLG Hamburg 29/34). Grundsätzlich nicht erstattungsfähig sind indes auch sonst erstattungsfähige Reisekosten, wenn die Partei sich eines Korrespondenten (des Verkehrsanwalts, des Patentanwalts, des Rechtsbeistandes) bedient (KG D R 39 A 890 2 2 , Sydow-Busch Anm. 3 für den Fall schwieriger Patent- und Gebrauchsmustersachen). Dasselbe gilt, wenn die Partei sich eines Verkehrsanwalts bedienen mußte, weil der Anwalt billiger ist, falls dies gleichwertig ist (OLG Breslau D J Z 02/348). K G J W 3 7 / 3 2 4 7 " , D R 39 A 1193 6 7 , JVB1. 38/175 wollen sonst erforderliche Kosten nicht zubilligen, wenn sie im Verhältnis zum Streitwert außer Verhältnis stehen; jedenfalls wird man sie auch auf die Gebühren des Korrespondenzanwalts zu begrenzen haben, während man sie andererseits, wenn sie darunter oder unter denen bleiben, welche für einen Anwalt zur Beweisaufnahme aufgewandt werden könnten, zu erstatten hat (OLG Köln J W 3 3 / 2 2 2 8 " ) . Immer aber müssen diese Kosten tatsächlich entstanden sein (a. M. OLG Dresden 25/66), gleichviel ob man sie dann als Reisekosten (OLG Kassel J W 28/2797 20 ) oder Korrespondenzgebühren usw. und in dieser Höhe als erstattungsfähig ansetzt. Ohne die erwähnte Verhältnismäßigkeit erstattungsfähig sind Reisekostenaufwendungen dann, wenn das Gericht das Erscheinen der Partei zur Parteivernehmung (KG 45

Wieczorek, ZPO. I.

703

ΕΙΠ&2

ΕΙΠα2 §

91

ZPO I. Buch 12

DR 39 A 325 ) oder nach §§ 141, 296, 619 angeordnet hat. Auch sind der Partei die Kosten zu erstatten, wenn sie vom gerichtlichen Sachverständigen zu einer Terminwahrnehmung aufgefordert wird (KG DR 42 A 59124). Soweit die Partei Reisekosten selbst aufwenden und sich vertreten lassen darf, darf sie auch die für einen sachverständigen Vertreter aufwenden (OLG Naumburg 15/83, s. u.) bzw. an Stelle der für einen Rechtsanwalt die für einen Sachverständigen (im besonderen zu einem Besichtigungstermin). Als Reisekosten der Partei sind auch die eines ihrer Angestellten bzw. ihres Syndikus erstattungsfähig (OLG Düsseldorf GRIJR 52/535), über die der Anwälte vgl. § 91 Β IVc5. Εm a3

Als weitere Auslagen der Partei kommen in Betracht die Porti (bei mehreren Prozeßbevollmächtigten nur die gegenüber einem bzw. des einen Anwalts), auch hier nur im Rahmen des Erforderlichen; regelmäßig einfaches Briefporto, bei wichtigen Mitteilungen das für Einschreiben, bei besonders eiligen Telegramme (LArbG Berlin JW 36/21 81 78) und Ferngespräche, Ortsgespräche regelmäßig schlechthin. Kleinliche Nachprüfung ist nicht am Platz (OLG Dresden JVB1. 39/174). Nachgeprüft wird nur, wenn der Auslagenaufwand zu hoch erscheint (vgl. KG DR 40 Α 3382β).

Ε ΠΙ a 4

Schreibarbeiten werden ersetzt, soweit sie nicht unter die Generalunkosten fallen und nicht von der Partei selbst ausgeführt werden (sollten) und besonders aufgewendet werden (OLG Dresden Sachs. Ann. 29/132 f.), also etwa die Schreibarbeiten für das Gericht, wie die Herstellung einer Klageabschrift zur Ausfertigung des Urteils (vgl. §317 IV, RAGebO § 76 I 2), und selbst dann, wenn das Gericht diese unentgeltlich herstellen müßte.

E IQ a 5

Auch die Übertragung stenografischer Schriftstücke zur Aufklärung des Sachverhalts zählt zu dem erstattungsfähigen Kostenaufwand (OLG Colmar 23/103). Als nicht erstattungsfähig wurden aber die Ausgaben für das Diktat einer Informationserteilung (LG Potsdam MDRRAK 36/91) angesehen. Erstattungsfähig sind die Übersetzungen für einen Ausländer (OLG Hamburg 25/67) wie die aus dem Fremdsprachigen (KG JW 33/24693; a. M. OLG Hamburg Seuff. 47/61, OLG Hamburg 29/34, weil die Gerichtssprache deutsch sei), im besonderen auch bei Verwendung fremdsprachlicher Urkunden im Prozeß (OLG Dresden Seuff. 25/279, OLG Hamburg 11/51). Auch sind die Kosten eines der fremden Sprache mächtigen und deshalb hinzugezogenen Anwalts ersetzt worden (KG JW 33/2469®, OLG Hamburg 29/34).

Ema β

Zu ersetzen sind auch die Kosten der (geforderten) Beglaubigung der Prozeß Vollmacht (vgl. § 80 C III c).

Ε ΠΙ b

Erstattungsfähig sind Kosten außerprozessualer Beweiserhebung und Aufklärung,

E n i b 1 also die zur Besichtigung der Örtlichkeit (RG v. 24.11.1890 IV JW 91/43), im besonderen zu der durch einen Sachverständigen (OLG Hamburg 31/23, besonders, wenn er zu einem Unfall hinzugezogen wird: OLG Kiel HRR 35/1333) oder um Akten an Ort und Stelle einsehen zu können (OLG Dresden HRR 39/1048), aber nur sofern dies erforderlich ist, im besonderen die Akten nicht versandt bzw. durch Dritte (billiger) eingesehen werden können (vgl. für Grundbucheinsichtkosten: OLG Hamburg 15/256). Zu erstatten sind die Kosten eines englischen Affidavits (OLG Hamburg 9/58), die von Handelsregisterauszügen der Gegenpartei, des Erbscheins der eigenen Partei bei bestrittener Legitimation. EDIb2 Die Kosten der Nachforschung nach Beweismitteln (OLG Karlsruhe 15/79), im besonderen nach Zeugen (RG v. 14. 4. 1894 V Seuff. 49/278), die Inanspruchnahme eines Detektivs sind erstattungsfähig (besonders in Ehesachen, KG JW 35/3483", DR 41 A 93611, OLG Frankfurt Rpfl. 53/537, Nürnberg JW 25/2156 1 ', Hamm J W 30/72812, Düsseldorf JMB1. NRW 51/11: falls die vorangegangene Beweisaufnahme ergebnislos verlief: doch darf es darauf nicht abgestellt werden; a. M. OLG Naumburg JW 32/116120; ist in der Bestellung eines Detektivs allerdings eine Ehewidrigkeit zu sehen, so sind die Kosten nicht erstattungsfähig), im Schadensprozeß, wenn andere Beweise fehlen (KG: JW38/2287 26 ,DR 39 A18125, DR40 A49 4 ': über Glaubwürdigkeit von Zeugen und Belastungszeugen, KG JW 38/228725, DR 40 A 49 47 : die Praxis schränkt die Erstattungsfähigkeit mit Recht stark ein, OLG Dresden SächsA 704

Prozeßkosten

§ 9 1

Enib 2

f. Rechtspfl. 40/26; soweit hier der Gegner aber die Maßnahmen veranlaßt hat, muß er auch sonst nicht erstattungsfähige Kosten ersetzen), die Informationstaxenkosten (RG v. 13.1.1898 VI JW 1144), die Einholung eines ärztlichen Zeugnisses vor Klageerhebung (LG I Berlin KGB1. 20/59), die der Gestellung von Modellen (KG JW 38/312532), von Plänen und Karten zur Verdeutlichung eines Unfalls, von Lichtbildern (OLG München BayZ 14/52), die der Begutachtung eines Hauses (OLG Hamburg DJZ 03/36), die Kosten chemischer Untersuchungen zur außerprozessualen Beweissicherung (RG v. 13. 3. 1897 V JW 2078, selbst wenn sie im eigenen Laboratorium entstanden nach KG GRUR 41/388; vgl. dazu § 91 E VI b 1), wie die der Bereitstellung von Beweismaterial (OLG Hamburg 20/310). Ob diese Handlungen vor oder im Prozeß vorgenommen worden sind, ist gleichgültig (für die Beibringung von Beweismaterial : OLG Nürnberg JW 25/215617). Inwieweit hier Kosten eines Aufwandes, der nicht zu dem gewünschten Erfolg führte, erstattungsfähig sind, hängt davon ab, ob sie ein (vernünftiger) Dritter aufgewandt hätte. Über Beweissicherungsverfahren vgl. § 91 D I a 2. Erstattungsfähig sind auch die Kosten der Gestellung von Zeugen vor dem Prozeßgericht (OLG Hamburg H RR 34/1398, Hamm JMB1. NRW 53/59 = DR IV [410] 69 b, falls dies angeordnet oder vom Gericht gebilligt wurde; bzw. wenn der Zeuge vom Gericht vernommen wurde: OLG Hamm JMB1. NRW 53/59; doch hat RG v. 7.2. 1905 III Recht 1158 die Gestellung von Zeugen im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht als erstattungsfähigen Aufwand angesehen, weil sie sich auch schriftlich hätten erklären können, während KG JW 38/223344 die Erstattung in Ausnahmefällen zuließ). Die Kosten der schriftlichen Erklärungen sind dann erstattungsfähig (doch fallen die vom prozeßbevollmächtigten Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand gefertigten unter die Prozeßgebühr, KG OLG 39/113). Die Kosten der in solchen Verfahren gestellten Zeugen sind erstattungsfähig, wenn sich eine eidesstattliche Versicherung nicht beibringen läßt (KG JW 38/2 2 3 344) und dann auch, wenn mehrere zum gleichen Beweisthema gestellt werden, selbst wenn sie nicht vernommen wurden (OLG München 29/33). Auf welcher Parteiseite die Kosten entstehen, ist gleichgültig, auch welcher Partei sie nutzen. Für die Erstattungsfähigkeit der Höhe nach gilt die Z+SGebO §§2,6; darüber hinausgehende außerordentliche Vergütungen dürfen nicht zugebilligt werden (a. M. RG v. 13. 3. 1897 V JW 206'). Generalunkosten der Partei werden nicht ersetzt (§ 91 E VI b 1). Bei der Erstattung von Kosten für die Beschaffung von Beweismaterial durch Ε ΙΠ b 8 (private) Gutachten ist die Praxis sehr zurückhaltend. In Verfahren, wo eine Glaubhaftmachung gefordert wird, sind sie regelmäßig erstattungsfähig (KG JW 35/2652«, OLG München JW 21/1257", Düsseldorf GRUR 53/46 für einen Vertragsrechtsspezialisten, im Arrestverfahren), aber auch im Straffestsetzungsverfahren nach § 890 (KG JW 35/2652«, JW 38/2 4 8 5 22). Das Entsprechende wie bei den Zeugen gilt auch hier für den gestellten Sachverständigen in solchen Verfahren (KG DR 40 A 20317, OLG München HRR 39/76). Darüber hinaus aber sind die Kosten schriftlicher Gutachten erstattungsfähig, wenn schwierige technische Fragen zu klären sind, dann aber schon für vorprozessuale Gutachten (KG DR 39 A 89022, OLG Darmstadt JW 34/118314, OLG Hamm VersR 50/135; zu Unrecht einschränkend bei technischem Gutachten, das nicht von Patentrechtlern stammt : OLG Düsseldorf GRUR52/227; bei Gutachten von Kraftfahrzeugsachverständigen: OLG Köln VRS 3/385, Celle VRS 3/321; für den Versicherer bei bestimmt erwartetem Rechtsstreit: OLG Hamburg VersR 52/160; für die Expertise bei Schiffszusammenstößen: OLG Frankfurt MDR 53/48; RG v. 15. 4. 1904 VII JW 342, v. 6. 4. 1905 VI JW 37214, OLG Hamburg 25/67, Düsseldorf JW 13/2301, 34/30114'), oder wenn die Vortragsgrundlagen von einem Sachverständigen beschafft werden und nur werden können (OLG Dresden JW 37/24733) oder wenn sie der Prozeß forderte (OLG Hamm VersR 50/135), selbst bei mittelbarer Einwirkung (OLG Düsseldorf N J W 53/1675 = DR IV [410] 76 e), oder wenn das Gericht zur Einreichung des Privatgutachtens auffordert oder es zur Einholung eines Obeigutachtens veranlassen (KG JW 38/39025, OLG Breslau JW 39/56931, Hamburg VersR 52/160) bzw. den gerichtlichen Gutachter widerlegen könnte (KG JW 45'

705

Bnib8 §

9 1

ZPO I. Buch

38/390", sofern dieses tatsächlich die Entscheidung beeinflußt; KG [West] DB 52/824, KG JW 38/248420· » , OLG Naumburg DR 41 A 200410), wie überhaupt, wenn das Gericht sich entscheidend auf ein Privatgutachten stützt (OLG Hamm BB 53/69, LG Stuttgart Grubo 52/16); immer aber nur ausnahmsweise (vgl. OLG Frankfurt N J W 55/67617, OLG München HRR 39/76), schon weil der ordentliche Beweisweg einzuhalten ist (RG v. 30. 1. 1901 I JW 1392, OLG München BayZ 05/453); also im allgemeinen gerade nicht (OLG Darmstadt JW 27/2383», JW 34/1183, Stuttgart HRR 30/256), jedenfalls nicht im Regelfall (RG v. 9.1. 1885 II Β 13/312 [314], OLG Dresden JW 37/24733, KG JW 36/2817"; und schlechthin verneinend, wenn die Gutachterkosten zunächst für ein Armenrechtsverfahren aufgewandt wurden : OLG Frankfurt Rpfl. 54/110) und überhaupt nicht, wenn schon der Anwalt der Partei das Gutachten erstatten konnte (RG v. 18. 3. 1901 I JW 3032) wie auch sonst (RG v. 26. 9. 1900 V Β 98/00 Ν §91/9 hat die Erstattungsfähigkeit verneint, wenn das Privatgutachten vor Klageerhebung erfordert wurde und RG v. 30. 1. 1901 JW 1392, v. 18. 3. 1901 I JW 3032 haben es getan, seihst wenn von ihm im Termin im Patentprozeß Gebrauch gemacht wurde — vgl. zur Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltsgebühren PatentG § 51 V —, während RG v. 16. 9. 1902 II JW 5292 die Erstattungsfähigkeit bejahte, wenn sich das Gericht dadurch belehren ließ, doch kommt es darauf nicht an; RG v. 30. 5. 1934 I 305/30 Ν § 91/75 hat die Erstattungsfähigkeit von Privatgutachten nur aus besonderen Gründen bejaht, ebenso KG DR 39 A 89022, OLG Kiel HRR 35/1333). Ersetzt man einer Partei Privatgutachten oder hält man das von der einen Partei beigebrachte für erstattungsfähig, so wird dies in der Regel auch vom privaten Gegengutachten der anderen Partei gelten (vgl. LG Köln VersR 53/105). Sind Gutachterkosten zu erstatten, so ist bei eingereichten Privatgutachten die Erstattungspflicht auch dann zu bejahen, wenn die Partei selbst sachkundig war (RG v. 6. 4. 1905 VI JW 372", OLG Hamburg DJZ 08/371). Der Höhe nach findet die Erstattungsfähigkeit der Privatgutachtenkosten ihre Grenze in den Kosten, die auch einem gerichtlichen Sachverständigen zu ersetzen wären (LG Berlin JVB1. 36/167; a. M. KG DR 39 A 890 22 : nach seinem Ermessen ohne Bindung an Z+SGebO), ohne daß hier allerdings der Nachweis der Zahlung zu fordern ist (a. M. KG JW 37/221 8 33 ). EIV

Nach § 91 II sind die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren und -auslagen stets erstattungspflichtig auch im sog. Parteienprozeß (§ 79 A), also ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit der Inanspruchnahme des Rechtsanwalts im Einzelfall (RG v. 28.11. 1890 III JW91/4 4 ) und auch in den Vorverfahren (OLG Naumburg NaumburgerZ 05/92 für die Wahrnehmung eines Sühnetermins in Ehesachen) und selbst, wenn die Partei mit der Bestellung eines Anwalts noch hätte zuwarten können (a. M. OLG Düsseldorf JW 38/126 9 38, Dresden MDRRAK 40/2811 für die Bestellung eines Verkehrsanwalts). EIV a Die Erstattungspflicht knüpft an die gesetzliche Gebührenregelung der RAGebO (EG § 2 A IV) an. Die Gebühren stehen dem Rechtsanwalt regelmäßig nur gegenüber seinem (bzw. seinen) Auftraggeber(n) zu (bei mehreren gibt es auch hier eine gesamtschuldnerische Haftung, RAGebO § 3). Ihnen gegenüber hat er auch das Recht auf Vorschüsse (RAGebO § 84). Sie dienen nur bei richtiger Errechnung als Grundlage für die Erstattungspflicht und hier ohne Rücksicht darauf, ob sie schon dem Anwalt gezahlt sind (vgl. aber § 91 E II a). Der Anwalt darf sie gegen die eigene Partei auf Grund spezifizierter Berechnung (RAGebO § 86) festsetzen lassen (RAGebO § 86 a). EIV a 1 Ist ein Rechtsanwalt einer Partei als Armenanwalt beigeordnet, so hat er nach Maßgabe des Armenanwaltsgebühren G (vgl. EGZPO §2 ΒI) Anspruch auf Bezahlung von Gebühren und Auslagen gegen den Staat (das Gericht). Die ihm von der Partei bezahlten Gebühren werden hierauf aber insoweit angerechnet, wie sein Anspruch nach der RAGebO auch die von der Staatskasse zu begleichenden, die in letzter Linie anzurechnen sind, deckt (G § 3). Gebührenvereinbarungen mit der armen Partei sind nichtig (BGB § 134). Über die von der Staatskasse zu zahlenden Beiträge hinaus hat er einen eigenen Anspruch auf Erstattung der ihm nicht gezahlten Gebühren gegen den unterlegenen Gegner. Auch 706

Prozeßkosten

§ 9 1

EIVal

seine Partei darf gegen diesen die vollen Gebühren nach der RAGebO in Ansatz bringen; doch wird dann in dem Umfange, wie der Anspruch durch den Gegner befriedigt wird, auch die arme Partei dem Rechtsanwalt verpflichtet. Dieser eigene Anspruch des Anwalts gegenüber der eigenen Partei entsteht ferner, sofern das Gericht die Nachzahlung anordnet (§125). Soweit die Staatskasse den Armenanwalt bezahlt hat, wird diese Auslage im Verhältnis zur armen Partei zu Gerichtskosten, die von ihr nur im Falle des § 125 gefordert werden dürfen; im Verhältnis zum unterlegenen Gegner geht der Erstattungsanspruch der armen Partei auf den Staat über (ArmenanwaltsgebührenG § 5) ; in diesem Falle ist aber der Anspruch des Staates nur so wie der der Partei zu verwirklichen (also bei einem unbedingt vollstreckbaren Titel). Entfällt der Anspruch der Partei und damit der auf den Staat übergegangene Erstattungsanspruch mit rückwirkender Kraft, so besteht der Anspruch des Gegners gegen den Staat nach BGB § 812 (GKG § 81 II ist also nicht anzuwenden); §124 II wird entsprechend anzuwenden sein. Auch die Gebühren des Rechtsanwalts sind Aktgebühren (Prozeß-, Verhandlungs-, E IV a 2 Beweis- und weitere Verhandlungs- wie Vergleichsgebühr, RAGebO § 13), auch sie können voll oder nur zu Bruchteilen entstehen (RAGebO §§ 17folg., 22folg.) und entstehen in den höheren Instanzen als erhöhte (RAGebO § 52). Daneben stehen dem Rechtsanwalt nur die im Gesetz bestimmten Ansprüche auf Erstattung seiner Auslagen zu (RAGebO §§ 76folg.), zu denen auch die Umsatzsteuer gehört (UStG § 10 I 2). Die gesetzlichen Gebühren gelten, soweit nicht abweichende Vereinbarungen getroffen werden dürfen (RAGebO § 93). Geringere Gebühren (im voraus) zu vereinbaren, ist zwar regelmäßig standeswidrig; dennoch haben die Abreden rechtlich Bestand. Auf die Erstattungsfähigkeit haben solche Vereinbarungen nur dann Einfluß, wenn das geringer Vereinbarte zu einer endgültigen Herabsetzung geführt hat, so daß der Partei die Aufwendung endgültig erspart wird, nicht aber wenn der Anwalt nur mit Rücksicht auf die Vermögenslage der Partei weniger liquidiert hatte, nach dem Obsiegen aber von ihr die höhere gesetzliche Gebühr fordert. Einer solchen Lage entspricht auch die Regelung des PatentG § 53. Die Gebührenherabsetzung wird deshalb regelmäßig als ein bedingter Verzicht des Anwalts gewertet, der auf das Unterliegen seiner Partei beschränkt wird (OLG Königsberg JW 34/2499", KG JW 36/217060, JW 38/30563«). Höhere Gebühren als die gesetzlichen Gebühren sind in keinem Fall erstattungsfähig (RAGebO § 94). Die Partei ist deshalb bei einer solchen Vereinbarung darauf hinzuweisen. Dies gilt auch für vereinbarte Zuschläge, selbst wenn diese alle Anwälte fordern (OLG Hamm Seuff. 75/48, Hamburg LZ 20/869, Dresden JW 20/60«, OLG Jena 40/356; a. M. OLG Augsburg 40/467, OLG Karlsruhe 39/264, Köln LZ 20/725, Hamburg LZ 20/726, LG Bielefeld JW 19/840) oder wenn Teilforderungen geltend gemacht werden, soweit sich die Vereinbarung auf die den eingeklagten Betrag übersteigenden Gebühren bezieht. Auch sonst bleibt die Erstattungspflicht im Rahmen des Prozesses; hat die Partei einen Anwalt mit der Einklagung höherer Beträge beauftragt, schränkt sie dann aber vor Klageerhebung den Antrag ein und kommt dem der Anwalt nach, so dürfen nur die Gebühren ersetzt werden, die nach dem zur Klage gestellten Betrag gefordert werden dürfen (OLG Dresden J W 39/311"). Für die Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten ist es aber nicht erforderlich, daß der Rechtsanwalt dem Parteigegner gegenüber in Erscheinung getreten ist. Auch wenn er nur beraten hat, ist diese Gebühr erstattungsfähig(dariiber, wie dieser Anspruch geltend zu machen ist, wenn es nicht zum Prozeß über die Hauptsache kommt, vgl. § 91 Β II c l ) . Ob der Anwalt gerade bei dem Gericht zugelassen ist, ist unerheblich, soweit ihm nicht die Postulationsfähigkeit fehlt (RAO BZ § 38 II; vgl. aber RAO BZ § 125 für die Vertretung beim Revisionsgericht). Beantragt aber ein beim Berufungsgericht nicht zugelassener Anwalt die Verwerfung des Rechtsmittels, so stehen ihm Kosten dafür nicht zu (die Gebühr sei nicht erstattungsfähig: OLG Darmstadt JW 35/229848). Außerhalb des Anwaltsprozesses ist die Zulassungsfrage überhaupt bedeutungslos (RG v. 30. 6. 1890 VI E 26/416 [418]). 707

91

EIV a 2 §

ZPO I. Buch

Nicht erstattungsfähig sind auch die Kosten der Anfertigung von eidesstattlichen Versicherungen im Arrest- und einstweiligen Verfügungsverfahren (hier entsteht aber auch sonst keine gesetzliche Gebühr; OLG Dresden JW 33/54435). Keinesfalls dürfen höhere als die entstandenen Gebühren ersetzt verlangt werden. Beschränkte sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Zustellung des Urteils, so wird nur die halbe Prozeßgebühr erstattet (OLG Düsseldorf JW 35/324031, Köln JW 37/2800"), wurde er indes schon früher, wenn auch nach Verhandlungsschluß tätig, so wird die volle ersetzt (OLG Dresden JW 39/31142). Willigte der erstinstanzliche Anwalt in die Einlegung der Sprungrevision, so ist die Gebühr zu ersetzen, auch wenn sie nicht eingelegt wurde (OLG Düsseldorf JW 38/229Θ32). Doch muß es dem Anwalt überlassen bleiben, welche zulässigen Anträge er stellt (abweichend OLG Düsseldorf DR 41 A 268027 bei der Stufenklage des § 254, wenn zugleich ein Zahlungsantrag gestellt wurde, hier werden die Kosten für den letzten nicht als erstattungsfähig angesehen; auch sind die Kosten des in der mündlichen Verhandlung gestellten Verlustigkeitsbeschlusses erstattungsfähig, wobei allerdings keine Verhandlungsgebühr entsteht, vgl. im Ergebnis OLG Celle NdsRpfl. 49/50, 80, OLG Hamm JMB1. NRW 51/106). E IV a 8

E IT a 4

Stellt man es auf die RAGebO ab, so ist Rechtsanwalt jeder, der nach ihr liquidieren darf, also der der DDR wie der des Gerichtsinlands (§ 12 A II a 2 ; wobei man freilich die Währung am Sitz des Anwalts zugrunde zu legen hat) und der des Saargebiets. Ausländische Rechtsanwälte fallen nur unter § 91 I (vgl. RG v. 28. 4. 1934 V JW 23345). Der Rechtsanwalt darf auch dann voll liquidieren, wenn er durch einen amtlich bestellten Vertreter (RAO BZ § 32 I, II), seinen Anwaltsassessor (RAO BZ § 7 III, OLG Düsseldorf JW 37/16501«, KG JW 37/224783), seinen Kanzleiverwalter (RAO BZ § 34, der selbst liquidieren darf), seinen ihm zur Ausbildung überwiesenen Referendar handelt (RAO BZ §32 111, LG Mainz N J W 52/55, LVG Hannover DB 54/556); ob auch sonstige Volljuristen und Referendare (LG Frankfurt JW 30/2086«, LG Dresden JW 34/2355®) ihn gebührenrechtlich ersetzen können, ist zweifelhaft (wird aber von einer wohlwollenden Praxis bejaht, für wissenschaftliche Hillsarbeiter und sonstige Volljuristen, im besonderen Assessoren: LG Verden Rpfl. 49/620, LG Bremen Rpfl. 50/144; a. M. OLG Kiel SchlHA 47/144 für die Vertretung des Armenanwalts; für Stationsreferendare a. M.: KG JW 34/9132, OLG Marienwerder HRR 39/1195, AG BerlinSchöneberg Rpfl. 49/478; für sonstige Referendare: AG Verden AnwaltsBl. 51/133; a. M. OLG Stuttgart JW 33/1542", Dresden MDRRAK 37/67, LG Plauen JW 35/291 959, Hamburg MDRRAK 37/19, Güstrow MDRRAK 37/65, Verden Rpfl. 49/620, Berlin [Ost] N J W 49/291, vgl. auch LG Frankfurt JW 30/2086®, Dresden JW 34/23556). Das Abwesenheitsgeld (RAGebO § 78) wurde dem Anwaltsassessor (LG Bremen Rpfl. 50/144; a. M. OLG Jena JW 30/207532), nicht aber dem sonstigen bzw. dem Referendar, abgesehen wenn sie Stellvertreter oder Kanzleiverwalter sind, zugebilligt (vgl. RG v. 9. 4. 1888 VSZ E 21/349f., OLG Köln JW 37/141915), für diese werden nur die baren Reiseauslagen ersetzt, dem Anwaltsassessor aber auch Tage- und Übernachtungsgelder (Jonas § 91 Anm. IX 1). Für sonstige Vertreter darf nicht liquidiert werden (LG Meiningen JW 35/3774, AG Salzungen JW 35/3781 für den selbständig nicht zugelassenen Rechtsbeistand), auch nicht für den Bürovorsteher des Anwalts (vgl. OLG Naumburg 17/108). Wurde er indes zum auswärtigen Beweistermin entsandt, so ließen die Erstattung seiner Aufwendungen zu: OLG Breslau 15/82, Naumburg 17/108, Jena 31/68, falls die Mitwirkung neben der Partei erforderlich war. Eine Sonderregelung findet sich in BEG § 227, die wie folgt lautet: I I m Verfahren vor den Entschädigungsgerichten sind Gebühren u n d Auslagen der Rechtsanwfilte nach § 91 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung zu erstatten. II H a t sich das L a n d in d e m Verfahren vor d e n Landgerichten u n d Oberlandesgerichten durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, so werden die d e m L a n d erwachsenen Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts nicht e r s t a t t e t . III F ü r die Gebühren u n d Auslagen der Rechtsanwälte sind die f ü r bürgerliche Rechtsstreitigkeiten geltenden Vorschriiten entsprechend anzuwenden. IV Absätze 1 u n d 3 finden auf die Gebühren der in § 183 Abs. 1 bezeichneten Personen entsprechende Anwendung.

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Prozeßkosten

§ 91 ElVaé

Die zitierte Norm des BEG § 183 I lautet: I Personen, die im Ausland ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt haben, früher bei einem deutschen Gericht als Rechtsanwalt zugelassen waren und deren Zulassung aus den VerfolgungsgrUnden des g 1 erloschen ist, sind in Rechtsangelegenheiten, die in diesem Gesetz geregelt sind, zur Beratung und zur Vertretung im Verfahren bei den Entschädigungsbehörden und vor den Entschädigungsgerichten erster Instanz berechtigt. Die Landesjustizverwaltung kann diese Tätigkeit untersagen, wenn sie mißbräuchlich ausgeübt wird. § 157 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet keine Anwendung.

Aber auch hier gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit der Kosten. E IV b Jede Partei hat das Recht, sich mehrerer Anwälte zu bedienen (vgl. § 84). In diesem E IV b 1 Fall regelt § 91 II 2 die Erstattungspflicht besonders, d. h. es sind nur Kosten eines Anwalts (der am Sitz des Prozeßgeiichts wohnt) zu ersetzen (OLG Jena Seuff. 65/38, Braunschweig 25/69). Dies gilt auch, wenn von einer Anwaltssozietät bald der eine, bald der andere Anwalt (KG JW33/538 l e , selbst wenn der Anwalt in die Sozietät erst aufgenommen wird und dann der erste ausscheidet : OLG Jena JW34/2173 7 , KG JW37/2217 32 ; anders wenn die Sozien nicht beim selben Gericht zugelassen sind und der Berufungsanwalt den Prozeß fortführt, KG DR 39 A 118338) oder der Anwalt und sein Stellvertreter (RAO BZ § 32) oder der Anwalt und ein von ihm bevollmächtigter Untervertreter auftritt. Und dies gilt auch im Verhältnis zum Kanzleiverwalter (RAO BZ § 34 II). Erkrankung oder Überlastung eines Anwalts rechtfertigen nicht die Hinzuziehung eines weiteren Anwalts (OLG Naumburg 17/110, Braunschweig 25/69; a. M. OLG München 40/358, wenn er unter Pflegschaft gestellt wird, und OLG München 17/312, wenn er als Zeuge vernommen wird ; wird er prozeßunfähig — vgl. § 51 Β I —, so wird allerdings der Anwaltswechsel notwendig, vgl. § 78 A I, § 91 E IV b 4). Jedenfalls können Mehrkosten, die durch persönliche Verhinderung des Prozeßbevollmächtigten entstehen, nicht ersetzt verlangt werden (RG v. 16.11. 1901 V Β 173/01 Ν § 91/15). Dies gilt auch, wenn mehrere gesetzliche Vertreter dieselbe Pai tei vertreten und jeder von ihnen einen Anwalt bestellt, im besonderen bei mehreren Testamentsvollstreckern (KG OLG 23/100 im Verhältnis vom Gemeinschuldner zum Konkursverwalter; OLG Hamm JMB1. NRW 54/67 hat die Erstattung der Kosten beider Anwälte abgelehnt, wenn der Konkursverwalter den Prozeß fortführte und er den Anwalt wechselte, weil er selbst zugelassener Anwalt war), bei mehreren Behörden desselben Staates (OLG Frankfurt JZ 53/731). Ausnahmen von dieser Regel bestehen für Verkehrs- und Beweisanwalt wie bei notwendigem Anwaltswechsel. Ob der am Sitz des Prozeßgerichts stattfindende Termin von einem zugelassenen Anwalt wahrgenommen wird, der dort nicht wohnt, ist gleichgültig, weil die Mehrkosten des auswärts wohnenden Anwalts nicht erstattungsfähig sind (RAO BZ §23; vgl. OLG Jena Seuff. 65/38, OLG München JW 29/1755®; a. M. OLG Celle MDR 51/11268). Beweis- (und Verkehrs-)anwälte sind zuzubilligen, soweit sonst Reisekosten zuzu- E IV b 2 billigen gewesen wären, die nicht billiger sind (RG v. 24. 3. 1896 III JW 24919), unter dieser Voraussetzung sind aber die Gebühren des Anwalts für die Beweisaufnahme stets erstattungsfähig (RG v. 21. 6. 1902 VSZ E 51/11 f., v. 25. 6. 1902 V Β 109/02 Ν § 91/18, BadVGH JW 30/2163); nach RAO BZ §§44 III, 46 II gilt dies aber nicht für die Beiordnung von Beweisarmenanwälten, wozu ein besonderer Beiordnungsbeschluß gefordert wird. Sind die Reisekosten geringer, so sind nur diese erstattungsfähig (OLG Darmstadt JW 33/27126); doch wird man bedenken müssen, daß es dem lokalisierten Anwalt jedenfalls bei erheblichen Entfernungen nicht zuzumuten ist (auf die Zumutbarkeit stellt es OLG Dresden DJ 36/978 ab), den auswärtigen Termin selbst wahrzunehmen. KG JW 30/19456 nimmt dies für jeden großstädtischen Anwalt an (bei solcher Verhinderung sind dann die Kosten des auswärtigen Anwalts erstattungsfähig, OLG Karlsruhe JW 35/207460, Naumburg JW 36/34645, Hamm N J W 49/429», Düsseldorf AnwBl. 54/108; a. M. bei „lebenswichtigem" Prozeß OLG Düsseldorf JMB1. NRW 54/65, wonach auch der Großstadtanwalt selbst vertreten müsse, wenn die Entfernung zum Beweisaufnahmegericht mäßig ist). Ist der Prozeßbevollmächtigte verhindert (wozu auch seine Erkrankung gehört: OLG Düsseldorf JMB1. NRW 53/101), so darf stets ein Beweisanwalt hinzugezogen werden (OLG Hamm NJW 49/429®), wenn er sonst den Termin erstattungsfähig wahrnehmen dürfte. Gebührenvereinbarungen wirken hier 709

EIV b 2

§ 91

ZPO I. Buch

nicht gegen den Unterlegenen (OLG Breslau JW 35/1717", Naumburg JW 36/947") und selbst dann nicht, wenn der Termin durch einen auswärtigen Beweisanwalt hätte· wahrgenommen werden dürfen, die Reisekosten des Prozeßbevollmächtigten aber geringer wären (KG JW 36/307141 : bei Vereinbarung eines Sonderhonorars für die Terminwahrnehmung). Dies gilt auch, wenn es sich nur um die Vernehmung eines Sachverständigen handelt (a. M. OLG Naumburg 23/106) und auch wenn ein Sachverständiger einen Lokaltermin ansetzt (OLG Düsseldorf JW 35/8723; a. M. OLG Dresden DR 40 A 138 0 22 : nur nach Lage des Falles; und schlechthin a. M. OLG Darmstadt JW 33/2712«). Hat der Prozeßbevollmächtigte seinen Wohnsitz am Sitz des auswärtigen Gerichts, so sind ihm keine Reisekosten zuzubilligen, geschweige denn die Gebühren des Beweisanwalts (OLG Hamburg 33/194). Sind indes die Reisekosten höher, so werden nur die Beweisanwaltsgebühren erstattungsfähig sein (KG JW 38/9652e für die Wahrnehmung eines Beweistermins im Auslände; a. M. aber KG JW 37/22 4 7 83, OLG Dresden JVB1. 40/96); doch hat RG v. 9. 12. 1904 II JW 05/5022 bei technischen Fragen die höheren Reisekosten des mit dem Stoff vertrauten Prozeßbevollmächtigten erstatten lassen. Bei einer Beweisaufnahme im Auslande sind die Kosten des ausländischen Anwaltserstattungsfähig (OLG Hamburg 23/105, falls sie gesetzlich geregelt sind; OLG Dresden HRR 38/1655 läßt sie insoweit erstatten, wie sie einem deutschen Anwalt zu zahlen wären). Bei einheitlicher Beweisaufnahme sind jedoch nur die Kosten erstattungsfähig, welche durch einen einheitlichen Auftrag entstehen, nicht die Mehrkosten durch getrennte Aufträge, welche höhere Gebühren auslösen (RG v. 11. 7. 1902 II Β 1/02 Ν § 91/20). E IV b 3

Die Verkehrsanwaltsgebühren wurden nach § 91 I für erstattungsfähig angesehen, soweit schwierige Rechts- und Tatfragen zu erörtern sind und von der konkreten Partei die briefliche Klärung nicht zu fordern ist (KG JRfPrV 39/1082, KG JW 29/13534, OLG Breslau JW 21/2783, JW 28/115313, Darmstadt JW 28/1154", Kiel JW 29/168743, München HRR 29/2051, Seuff. 80/88, Hamm JVB1. 33/112, 113, Köln JW 28/755 4 ', Gera RegBl. Thür. 47 II 43, München Rpfl. 50/383, Hamm Rpfl. 52/202 = BB 52/125; weiter mit Rücksicht auf die Rechtszersplitterung: OLG Frankfurt AnwBl. 54/19, LG München AnwBl. 54/18, AG Bochum-Langendreer AnwBl. 54/19; auf den Standpunkt der Parteien es abstellend: OLG Oldenburg AnwBl. 50/119; im besonderen im einstweiligen Verfügungsverfahren: OLG Düsseldorf GRUR 52/535, Koblenz RpfJ. 52/442). Korrespondenzanwälte gibt es auch in Ehesachen (OLG München Rpfl. 50/383, Hamm JMB1. NRW 52/52 und besonders wegen der bestehenden Rechtszersplitterung, den Ausnahmefall betonend: OLG Hamm JMB1. NRW 51/226, Kassel SJZ 49/50), wobei es aber genügt, wenn im Laufe des Prozesses irgendwann eine solche Lage eingetreten ist (OLG München Rpfl. 50/383), u. U. durch die Prozeßführung des Gegners (KG JW 33/54 2 28). Allerdings tritt dadurch keine Kostentrennung auf bestimmte Akte ein (KG JW 39/36 2 34, sondern sie wird für den gesamten Prozeß zugebilligt). Nicht in das Gewicht fällt dabei, wenn die Partei sich auch nur einer anderen Person als eines Rechtsanwalts hätte bedienen können (RG v. 29. 12. 1893 III JW 94/6412). Im Verkehr mit der ausländischen Partei wird die Hinzuziehung eines ausländischen Anwalts geboten sein (KG JW28/121 3 , JW29/1599 1 , AG Köln BB 53/955, dessen Kosten wie die eines technischen Beraters zu werten sind, vgl. § 91 D I a; dies gilt im besonderen für die nach Truppenvertrag Art. 9,13 hinzugezogenen Anwälte), ebenso wenn ausländisches Recht anzuwenden ist (OLG Kassel JW 24/718", München ZZP 52/308, Hamburg HRR 30/913; a. M. KG JW 28/1213). Über die dann zu erstattenden Kosten vgl. § 91 E IV b 2. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich zu den Ländern, wo Gebührenvereinbarungen üblich sind (wie in den USA) und niemand nach den dort geltenden gesetzlichen Gebühren zu arbeiten pflegt; KG J W 33/1075® hat dem deutschen, in Tientsin ansässigen Anwalt eine dreifache Verkehrsgebühr zugebilligt. Im Verhältnis von Ost zu West billigt dem Westanwalt OLG Erfurt NJ 51/189 nur den Anspruch in DM-Ost zu, umgekehrt wird der Ostanwalt nur nach DM-Ost (nach der dort geltenden Gebührenordnung) entgolten (LG Bielefeld MDR 51/305, OLG Braunschweig MDR 52/170, das in DM-West festsetzt, nicht in DM-Ost, vgl. aber BGB § 244; BGH v. 12. 2.

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Prozeßkosten

§ 9 1 EIV»>8

1954 I N J W 1200 = MDR Β 857/54 mit der Höchstgrenze der DM-Westgebühr nach der RAGebO, die im Gerichtsinland — vgl. § 12 A II a 2 — gilt). Der Verkehrsanwalt erhält eine volle Prozeßgebühr (RAGebO § 44). Wurden mehrere Prozesse später verbunden, so entsteht die Gebühr des Verkehrsanwalts nach den getrennten Objekten (RG v. 3 0 . 6 . 1899 I I I J W 532 4 , K G J W 21/905"). Wenn er am Vergleiche mitgewirkt hat, erhält er auch noch die volle Vergleichsgebühr (OLG Stuttgart 40/358, Kiel J W 25/2371 38 , Hamm JMB1. N R W 52/52, Nürnberg B B 53/69), falls die Mitwirkung notwendig war; doch dürfte diese (ähnlich OLG Hamm JMB1. N R W 52/52) Frage wohl mit der, ob es der Verkehrsanwalt war, zusammenfallen (OLG Rostock J W 35/1050 32 , Darmstadt D R 40 A 6 7 2 « ; a. M. OLG Düsseldorf J W 34/3011", Bamberg Rpfl. 50/190, nur bei besonderer Erforderlichkeit; ähnlich OLG Darmstadt D R 40 A 408 2 2 , J e n a J W 31/11214», Kiel J W 32/2907 39 , K G J W 33/54229, OLG Hamm H R R 41/138; Hamburg v. 16. 11. 1951 — 6 W 424/51 — hat die Korrespondenzgebühr für die Revisionsinstanz abgesprochen, aber die Vergleichsgebühr dem Korrespondenzanwalt zugebilligt). Daß aber gar zwei Gebühren für die mündliche Verhandlung zu bewilligen wären, wie es OLG Hamm B B 53/69 will, sollte nicht gebilligt werden. Ist der Partei kein Verkehrsanwalt zuzubilligen, ist dieser aber als Beweisanwalt tätig geworden, so erhält er dessen Gebühren (RG v. 1 5 . 1 2 . 1 8 9 7 I J W 98/68 3 ); wenn er aber zugebilligt wird, nur einmal die volle Prozeßgebühr (RG v. 2 9 . 1 2 . 1 8 9 9 V I I J W 00/124 4 : der Unterschied zum ersten Fall beträgt also nur y2 Prozeßgebühr, RAGebO §451). Auch sind die Kosten anderweiter Informationserteilung anzusetzen, falls die Verkehrsgebühr nicht bewilligt wird (RG v. 3 . 1 . 1 9 0 1 VI J W 59"), sie sind also der Partei zu erstatten. Wer einen Verkehrsanwalt in Anspruch nimmt, erhält grundsätzlich keine Reisekosten (§ 91 E I I I a 2) ersetzt, wären sie geringer, so werden nur sie erstattet (OLG Gera RegBlThür. 47 II 43, Bamberg J W 15/1273). Wer zunächst als Verkehrsanwalt, dann als Hauptprozeßbevollmächtigter tätig war, erhält die Prozeßgebühr nur einmal (OLG Stuttgart J W 33/1542 14 ). Entsprechendes gilt, wenn in Amtsgerichtsprozessen der Hauptbevollmächtigte nicht am Sitz des AG sich befindet, sondern einen Unterbevollmächtigten bestellt (vgl. RAGebO §§ 42, 43) ; mehr als die Kosten eines Hauptbevollmächtigten und die Verkehrsanwaltskosten werden hier nicht erstattet. Umgekehrt schadet es nicht, daß der Verkehrsanwalt zunächst im Armenrechtsverfahren tätig war (OLG Oldenburg AnwBl. 50/37). Die Häufung von Patent- und Verkehrsanwaltskosten sollte man n i c h t a l s e r s t a t t u n g s f ä h i g ansehen (a. M. OLG Düsseldorf G R U R 51/426). Ein Verkehrsanwalt wird der Partei nicht zugebilligt, wenn sie selbst oder durch ihre Angestellten (vgl. die Frage der Generalunkosten in § 91 E V I b 1) die Arbeit hätte leisten können (RG v. 18. 9 . 1 9 0 0 II Β 95/00 Ν §91/7). Deshalb erhält der, welcher selbst Anwalt (oder Volljurist) ist, keine Verkehrsgebühren in eigener Sache (KG J W 36/1690 26 , OLG Hamburg J W 37/83 4 84 ). Bloße Arbeitsersparnis allein rechtfertigt nicht die Bestellung des Verkehrsanwalts (OLG Frankfurt M D R R A K 40/5542, L G Münster ebenda 40/56, außer bei der Landbevölkerung, OLG Dresden H R R 38/121). Allein mangelnde Sprachkenntnisse des in Deutschland ansässigen Ausländers hat OLG Köln DRiZ 31/406600 nicht als ausreichend für die Erstattung der Prozeßgebühr angesehen. Eine Behörde kann keinen Korrespondenzanwalt in Anspruch nehmen: OLG Celle NdsRpfl. 52/103, das muß dann auch für große Unternehmen gelten. Befinden sich am Wohnort der Partei simultan zugelassene Rechtsanwälte, so wird sie regelmäßig keine Verkehrsanwaltskosten erstattet erhalten (Jonas § 91 Anm. V I I 3). Ist der Verkehrsanwalt nicht am Sitz der Partei, so wird die Gebühr (regelmäßig) nicht erstattet (KG und OLG Düsseldorf JVB1. 36/135). Jedenfalls werden, wenn die Partei und der Prozeßbevollmächtigte am selben Ort wohnen, keine Verkehrsgebühren erstattet (RG v. 5 . 1 . 1 9 0 0 VI a Β 187/99 Ν §91/1, wenn der Berufungsanwalt am Sitz der Partei wohnt, der erstinstanzliche aber auswärts; a. M. K G J W 37/20053« in Ausnahmefällen). Die Reisekosten zum Revisionsanwalt sind (regelmäßig) nicht erstattungsfähig (vgl. § 91 E I I I a 2); insoweit sind es dann auch nicht die Verkehrsanwaltskosten (RG v. 18. 4 . 1 9 0 3 I J W 237 4 , v. 18. 2. 1905 V I I J W 208 14 , OLG Hamburg v. 28. 6 . 1 9 5 1 6 W 203/51, Kiel J W 32/674«, Dresden J W 39/71026). OLG Düsseldorf (JMB1. N R W 50/244) 711

EIYb8 §

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ZPO I. Buch

billigte der Partei die Reisekosten zum Revisionsanwalt zur Besprechung zu, lehnte aber die Erstattung der Verkehrsanwaltsgebühren ab. Doch haben OLG Hamm JMB1. NRW 51/226, Düsseldorf JMB1. NRW 50/244 in besonders gelagerten Fällen; OLG Hamburg JW 32/11812", wenn erst der Berufungsanwalt den Revisionsanwalt zur Einlegung und Durchführung der Revision zu bestimmen vermochte; OLG Frankfurt JW 32/290735 bei schwierigen Rechts- und Tatfragen; OLG Hamburg JW 32/11812«, KG DR 39 A 89022, wenn das Revisionsgericht auf Klarstellung von Tatsachen diängt und OLG Hamm BB 53/69 sogar schon, wenn der Revisionsanwalt von sich aus den vorinstanzlichen Anwalt anfragt, die Korrespondenzgebühr erstatten lassen. OLG Hamburg v. 6.11.1951 —6 W 424/51 hat zwar die Korrespondenzgebühr abgesprochen, die Vergleichsgebühr aber auch dem Korrespondenzanwalt zugebilligt. Für das zweite Revisionsverfahren ist die Erstattungsfähigkeit schlechthin verneint worden von OLG München MDRRAK 41/4610. Dementsprechend haben RG v. 30. 9. 1929 VI 702/29 Ν § 78/14, BGH v. 15.1.1953 IV ZR 230/52 auch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts zum Verkehr mit dem Revisionsanwalt abgelehnt. Ε IY b 4

Bei „notwendigem" Anwaltswechsel sind auch die Kosten mehrerer Anwälte (derselben Instanz) zu erstatten. Praktisch wird die Frage nur, wenn ein solcher Wechsel eintritt (KG JW 35/258743), dann aber auch stets, gleichviel ob nun der Prozeßbevollmächtigte, ein Beweis- oder ein Verkehrsanwalt wegfällt. Dies gilt aber auch für den Wechsel des Armenanwalts (KG JW 35/79822, §§ 506, 697, 700, GVG § 99 II). Bestellt eine Partei vor Bewilligung des Armenrechts einen Wahlanwalt, so wird ihr dieser in der Regel beigeordnet werden, geschieht dies aber nicht, so ist dies kein notwendiger Anwaltswechsel nach KG JW 34/16782, JW 35/2588", OLG Frankfurt JW 32/289713, Hamm JW 34/301421 (a. M. aber OLG Kiel JW 32/217734; Düsseldorf JW 33/17347). Dies gilt auch, wenn der Armenanwalt durch Verschulden der Partei wechselt (vgl. KG JW 35/258743, 258844) ; der Anspruch eines jeden gegen die Staatskasse und im Falle einer Nachzahlungsanordnung (§125) gegen die vertretene Partei bleibt voll bestehen (die Staatskasse pflegt sich hier meist so zu sichern, daß sie den zweiten Anwalt zu dem Verzicht der Gebühren bestimmt, die schon in der Person des ersten entstanden sind, bzw. den ersten dazu bewegt, zu verzichten), gegen die Gegenpartei haben dann aber beide Anwälte nur zusammen einen Erstattungsanspruch (man wird hier eine Gesamtgläubigerschaft i. S. des BGB § 428 anzunehmen haben; BGB § 430 ist anzuwenden, soweit beiden Anwälten dieselben Prozeß-, Verhandlungs-, Beweis-, weitere Verhandlungs- und Vergleichs-Gebühren zustehen). Ein notwendiger Anwaltswechsel liegt vor, wenn der bisherige Anwalt (unfreiwillig) als Anwalt ausscheidet, ohne daß ein Kanzleiverwalter an seine Stelle tritt (RAO BZ § 34). Dies ist der Fall, wenn er stirbt (RG v. 5. 5.1894 V E 33/369f.), auch bei Selbstmord (KG JW 30/333720, JW 34/9145, 3 1 451, OLG Braunschweig HRR 36/695, OLG Naumburg JW 34/174214) und wenn der Anwalt, der nach RAGebO §7 liquidieren darf, als Partei stirbt (KG JW 35/170329). Es ist ferner der Fall, wenn er gegen seinen Willen (durch Ausschließung oder Zurückweisung der Zulassung) aus der Anwaltschaft ausscheidet (KG JW 35/357355, OLG Düsseldorf JW 36/130 6 34, OLG Kassel HEZ 1/54 21 : infolge Entnazifizierung; Jonas §91 Anm. IX 5 mit der Einschränkung, wenn die Partei im Zeitpunkt der Bestellung nicht damit zu rechnen brauchte) oder wo er- durch einen Pfleger abgelöst wird (OLG München LZ 20/184). Der Wegfall der Prozeßfähigkeit, aber auch schon die freiwillige Aufgabe der Zulassung infolge Erkrankung machen den Anwaltswechsel notwendig (OLG Kiel JW 33/54741, OLG Dresden JW 35/141'), auch die aus wirtschaftlichen Gründen (KG JW 34/22933»; a. M. KG JW 35/10404). Notwendig ist der Anwaltswechsel, wenn der Prozeß auf ein anderes Gericht kraft neuen Gesetzes übergeht, an dem der Anwalt nicht mehr zugelassen ist, gleichviel aus welchen Gründen. Notwendig ist der Anwaltswechsel, wenn der Anwalt zum Richter (wenn hier auch vorübergehend) oder in ein Beamten Verhältnis berufen wird (OLG Schleswig SchlHA 54/152). In all diesen Fällen tritt jedoch bei der Sozietät der am selben Gericht zugelassenen Anwälte der Sozius an die Stelle des Ausscheidenden, so daß dann niemals ein Anwaltswechsel notwendig wird (OLG Kiel JW 27/21611, OLG Jena JW 34/2173), selbst wenn 712

Prozeßkosten

§ 91

EIYb4

infolge des Ausscheidens des alten Anwalts ein neuer in die Sozietät aufgenommen wird. Wird der Anwalt im Prozeß als Zeuge vernommen, so braucht die Partei nicht anderweit vertreten zu werden (die Gebühr für einen anderen Anwalt wird deshalb nicht zu erstatten sein; a. M. RG v. 10. 11. 1899 VII JW 81511, OLG Darmstadt 1/333). Nicht notwendig ist der Anwaltswechsel, wenn er auf reiner Willkür des Anwalts beruht (KG JW 38/39126; a. M. OLG Dresden HRR 36/830; vgl. aber auch oben); so, wenn er die Zulassung aufgibt (KG JW 34/21701, JW 35/12512), selbst wenn dies geschieht, um dem Ausschluß zuvorzukommen (OLG Darmstadt JW 35/348865, OLG Dresden HRR 39/1057; a. M. OLG Dresden JW 35/1417), oder wenn er den Zulassungsort wechselt (KG JW 35/10404) bzw. das Gericht (KG JW 38/3912«, OLG Darmstadt HRR 39/234; a. M. OLG Dresden NJ 51/40, wenn der Anwalt in die Westzone gezogen war, auf das Rückforderungsrecht der obsiegenden Partei komme es nicht an) oder das Mandat kündigt (OLG Dresden NJ 52/459; hierher gehört der Fall, wo der als gesetzlicher Vertreter die Partei vertretende Anwalt die Vertretung niederlegt, vgl. KG JW 35/12512, vom Standpunkt der Amtstheorie aus) oder wenn er auf seinem Verschulden beruht (KG JR 51/668; a. M. OLG Düsseldorf JVB1. 36/275), wozu auch der Fall gehört, daß er verschuldeter Weise wegen Interessenkollision niederlegen muß (a. M. OLG Naumburg JW 35/180339). Nicht notwendig im Verhältnis zum Gegner ist er aber auch, wenn die Partei dem Anwalt das Mandat kündigt. Auf die Gründe der Kündigung des Anwalts oder der Partei kann es nicht ankommen (KG JW 35/170330, OLG Dresden JW 39/31038 für den Fall, daß schon ein Vertretungsverbot besteht; vgl. § 232 II; wie hier ferner Jonas § 91 Anm. IX 5 b; die Rechtsprechung schwankt: bei Kündigung des Anwalts ohne Grund hält den Wechsel für notwendig RG v. 9. 5.1899 VII JW 365", dagegen KG JW 35/170330; bei Kündigung des Anwalts, die die Partei oder der Anwalt zu vertreten haben, sei der Wechsel nicht notwendig: RG v. 21. 3. 1896 V Seuff. 52/50 = Gruch. 40/659, v. 9. 5. 1899 VII JW 365», KG JR 51/668, JW 36/2814«, OLG Hamburg 17/109, Köln JW 36/95145, Düsseldorf JW 36/130634, wohl aber bei unverschuldetem Wechsel: KG JW 37/304235, wo das gegenseitige Vertrauensverhältnis zerrüttet war; OLG Düsseldorf JW 31/357625 hält die Kosten für erstattungsfähig, wenn der erste Anwalt in erster Instanz wegen Untreue verurteilt, in zweiter aber freigesprochen wurde; bei Verschulden des Anwalts lassen die Erstattung gegen Abtretung des Rückgriffsanspruchs zu: RG v. 21. 3.1896 V Gruch. 40/659 = Seuff. 52/50, v. 9. 5. 1899 VII JW 365», OLG Dresden 25/71, Köln 25/71, Düsseldorf JW 31/357625, Naumburg JW 35/ 172773; aber die unterlegene Partei kann doch nicht dafür haftbar gemacht werden, daß der Obsiegende einem Unwürdigen sein Vertrauen geschenkt hat). Dies gilt auch, wenn eine Vertreterbestellung für den Anwalt (RAO BZ § 32) widerrufen wird und dadurch der Anwaltswechsel notwendig wird (a. M. OLG Dresden JW 38/276443). Die Verweisung nach § 276 kann zu einem notwendigen Anwaltswechsel führen, diese E IV b 5 Mehrkosten trägt stets der Kläger (§276 III 2). Deshalb darf der Kläger auch nicht die Prozeßgebühren seines Prozeßbevollmächtigten vor dem unzuständigen Gericht oder eine Verkehrsgebühr erstattet verlangen (OLG Dresden JVB1. 42/67, OLG Düsseldorf JMB1. NRW 53/247 = DR IV [410] 78), wenn sie nicht nunmehr nach der Verweisung zuzusprechen ist und zur Entstehung kommt (OLG Hamburg NJW 53/1922, MDR 52/751). Fehlt es an der nach § 276 III 2 erforderlichen Kostengrundentscheidung, so setzen diese Gebühren mit fest: OLG Kiel 37/150, Frankfurt JW 28/152328 m. N„ KG JW 33/201811, JVBI. 33/249, DR 41 A 268128, OLG Bamberg JVB1. 34/313; während sie OLG Köln 37/132, Düsseldorf JMB1. NRW 53/247, MDR 54/303, Karlsruhe JW 31/ 184767, Köln JW 19/2542 absetzen (dem wird zu folgen sein, weil die fehlende Kostengrundentscheidung nicht zugunsten, aber auch nicht zu Lasten des Beklagten gehen darf). Ergänzung nach § 321 ist allerdings zulässig (RG v. 6. 7.1934 III HRR 35/43, LG Detmold JW34/709 4 ). Andererseits darf der Beklagte auch nur zu dem Zwecke, die örtliche Unzuständigkeit des Gerichts geltend zu machen, sich eines Anwalts bedienen (anders im Mahnverfahren bei fruchtlosem Unzuständigkeitseinwand, vgl. KG JW 34/1919), gleichviel ob sich die Partei später in dem vor dem anderen Gericht fortgeführten Streit vertreten läßt oder nicht (OLG Jena JW 34/2085»).

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EIVb5 § 91

ZPO I. Buch

Über die Kostenfrage bei der Verweisung an Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit vgl. § 276 A III c, § 91 F I, bei der an Sondergerichte vgl. § 276 A IV, § 91 F II, bei der an Verwaltungsgerichte vgl. § 276 A V, VI, § 91 F IV. Bei sonstigen Verweisungen (vgl. §§ 506, 697, 700, GVG §99 11) kann es sich nur fragen, ob ein etwa eintretender Anwaltswechsel im voraus zu bedenken war. Ist die Frage zu bejahen, so ist der Anwaltswechsel nicht notwendig i. S. des Erstattungsrechts. Im Mahnverfahren wird stets mit dem Widerspruch und einer dann etwa möglichen Verweisung zu rechnen sein (OLG München HRR 39/639; a. M. OLG Dresden SächsA f. Rechtspfl. 38/25 und OLG Düsseldorf JMB1. NRW 51/248, wenn der Widerspruch mutwillig ist; und schlechthin: OLG Braunschweig MDR 51/307). Ist dies der Fall, so muß der Gläubiger das im voraus bedenken (bei hoher Wahrscheinlichkeit: KG J W 35/8721, JW 37/259®®, JW 38/4652e, 229834, OLG Naumburg J W 31/2381", Kiel JW 33/2346», DRiZ Rspr. 33/6 6 3 742, Düsseldorf JW 35/305329, Dresden JW 35/1720", Frankfurt MDRRAK 40/13286, Kassel SJZ 49/49; bei Voraussehbarkeit: OLG Braunschweig MDR 51/307, Düsseldorf JMB1. NRW 51/248 = DR IV [410] 58 b, aber nicht, wenn der Widerspruch nicht zu erwarten war nach OLG Schleswig SchlHA 53/300). Dasselbe gilt für den Beklagten, der den Widerspruch einlegt (KG JW 36/20 0 23, OLG Darmstadt MDRRAK 40/268). Grundsätzlich gibt es hier also keinen „notwendigen" Anwaltswechsel (OLG Stuttgart JW 31/111531, Hamburg JW 36/1141", JW 37/573«, Naumburg JW 36/169229; a. M. OLG Karlsruhe JW 33/2601«, Braunschweig MDR 51/307204, Dresden JW 35/17 2 069, vgl. OLG Düsseldorf JW 35/305329 mit Einschränkungen; auch OLG Kassel SJZ 49/49, allerdings mit dem Hinweis, daß die Verkehrsgebühr zu erstatten gewesen wäre; zurückhaltend KG JW 36/20023; bei der Verweisung vom AG zum LG: OLG Hamburg JW 36/114121; als Tatfrage offen lassend: KG JW 35/8721, OLG Hamburg JW 37/57343). Bei einem Arrest oder einer einstweiligen Verfügung muß mit dem Widerspruch und der folgenden mündlichen Verhandlung gerechnet werden (KG JW 34/30023, OLG Königsberg DJZ 26/1790, Dresden SächsA f. Rechtspfl. 37/65; auch KG J W 38/965", das aber Ausnahmen zuläßt; a. M. im Falle des § 942: KG JW 39/49 31 ; und sonst OLG Düsseldorf JW 30/334736, Köln JW 37/56839). Bei Teilansprüchen muß die Partei mit der Erhebung der Feststellungswiderklage und Verweisung an das LG rechnen (KG JW 34/19191; einschränkend KG J W 34/19193 auf den Fall, daß dieselbe Partei den Verweisungsantrag stellte, die den Anlaß zur Verweisung nach §506 gab; KG J W 34/19193, OLG Dresden JW 39/64742, wenn der Gegner mit dem Verweisungsantrag rechnen mußte, aber dies muß er stets; a. M. grundsätzlich KG DR 39 A 182 2ί , OLG Posen 15/85, und bei nachträglicher Erhebung der Widerklage RG v. 25. 9. 1899 VII E 44/427, KG OLG 19/71). Nicht notwendig ist der Anwaltswechsel, nachdem das Verfahren vom übergeordneten an deis untergeordnete Gericht zurückverwiesen worden ist (OLG München JW 17/981") und bei Einsprucheinlegung (a. M. OLG Dresden JW 38/126836, wenn nach neun Jahren ein gegen ein Versäumnisurteil unzulässiger Einspruch eingelegt wird). E IV b 6

Sind mehrere Parteien als Streitgenossen verklagt oder klagen sie als solche, so darf jede die Kosten ihres Anwalts ersetzt verlangen, wenn jede von ihnen durch einen anderen Anwalt vertreten wird (RG v. 16. 9. 1893 V E 31/417Í., KG J W 21/4711, OLG Hamburg HRGZ 37 Β 149). Dies gilt auch bei Eheleuten (RG v. 25. 11.1896 V Gruch. 41/1156) oder wenn mehrere zu einer Sozietät verbundene Anwälte als Gesamtschuldner verklagt werden und diese gemäß RAGebO § 7 liquidieren (KG JW 35/265447, J W 37/2243") oder bei der Klage gegen Hauptschuldner und Bürgen (RG v. 22.12.1894 I JW 95/393, wobei dem Anwalt des Bürgen auch die Beweisgebühr über die Hauptforderung zugebilligt wurde), bei gewöhnlichen wie notwendigen (§62) Streitgenossen. Das entsprechende gilt für Streitgehilfen (RG v. 8. 6. 1885 I E 13/433Í., ν. 7. 10. 1885 I E 14/395Í.). Lassen sich aber die Streitgenossen (oder die Partei und ihr Streitgehilfe) nur durch einen Anwalt vertreten, so sind nur seine Kosten erstattungsfähig (dies gilt auch für assoziierte Anwälte, die für mehrere Streitgenossen getrennt auftreten, KG JW 35/265447, wie dann, wenn sie auf den Rat des ersten Anwalts noch einen weiteren hinzuziehen, nach

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Prozeßkosten

§ 91

EIVb6

OLG Hamburg 15/84). Dabei hat OLG Braunschweig NJW 53/948 jeden der obsiegenden Streitgenossen dazu für befugt gehalten, auch das ganze Honorar einzuziehen, wenn die Kostengrundentscheidung allen die Kosten insgesamt zusprach; anders wenn dies geschieht (gleichviel aus welchen Gründen), wenn sich die Streitgenossen getrennt vertreten lassen wollen (OLG Dresden DR 41 A 1557"; abweichend OLG Düsseldorf MDRRAK 38/206 nur wegen interner Kollisionen). Unterliegen nur einige mehrerer Streitgenossen, während andere obsiegen, so vgl. § 92 A II b 2. Auch bei mitverklagten Gesellschaftern von Gesamtparteien (bei der oHG und den einzelnen Gesellschaftern, vgl. § 50 Β III c 4) liegt regelmäßig Streitgenossenschaft vor (OLG Düsseldorf JMB1. NRW 50/232; dennoch hat KG JW 21/4711 ihnen nur die Kosten für einen Anwalt zugebilligt). An sonstigen Aufwendungen des Anwalts sind erstattungsfähig EIV c Porti und sonstige Auslagen regelmäßig im selben Umfang wie für die Partei (vgl. RA- E IV c 1 GebO § 76 I). Nach § 104 II 2 wird ihre Entstehung von dem Anwalt (bei dem sie entstanden sind: KG JW 39/43437), aber nicht zugleich ihre Notwendigkeit (KG JW 39/43437, LG Hamburg JW 32/218510) versichert. Die Porti eines Verkehrsanwalts sind zu ersetzen, weil sie auch entstanden wären, wenn die Partei geschrieben hätte (LG Berlin JVB1. 37/364), selbst wenn die Verkehrsgebühr nicht als erstattungsfähig angesehen wird (OLG Schleswig SchlHA 53/271). Zu ersetzen sind auch die Übersetzungskosten (sofern der Anwalt oder eine seiner E IV β 2 ständigen Bürokräfte dies nicht selbst tun können OLG Hamburg 25/67; a. M. OLG Hamburg Seuff. 47/61 und in OLG ll/51f., 29/34). Bloße eigene Generalunkosten kann aber der Anwalt nicht ersetzt verlangen. E TV c 3 Dies gilt im besonderen für Protokoll- und Schriftsatzabschriften für die auswärtig wohnende Partei (unter RAGebO § 76 II 1 fallen diese nicht; denn es ist üblich, eigene Schriftsätze durchzuschlagen und die Abschrift der Partei zu übersenden ; für den Gegner werden regelmäßig zwei Exemplare geliefert, so daß er einen Durchschlag weitergeben kann). Protokolle werden in Gerichtsabschrift weiterzugeben sein, erstattungsfähige Abschriften durch die Anwaltskanzlei sollten hier nicht zugebilligt werden (der gewissenhafte Anwalt läßt die erforderlichen Abschriften von sich aus fertigen, gleichviel ob die Partei dies verlangt oder nicht und also ohne Rücksicht darauf, ob er Schreibgebühren erhält). Insoweit gibt es also keinen Ersatz (OLG Hamm JW 25/1800' ; a. M. OLG Düsseldorf JW 30/568 l4 ); die Rechtsprechung ersetzt ihm im Verhältnis zu seiner Partei noch häufig diese Gebühren für Abschriften der nicht am Ort wohnenden Partei (KG OLG 7/279, OLG Hamburg 11/51, 17/108; dagegen aber OLG Hamburg 9/59). Verlangt von ihm die Partei besondere Abschriften (die aus dem Rahmen des Genannten fallen), so hat sie diese zu bezahlen ; die Gebühren dafür sind aber regelmäßig nicht erstattungsfähig (KG JW 28/2161", JW 34/9133, JW 35/800«, OLG Breslau JW 35/171764); nur ausnahmsweise, etwa im Fall des § 131 III können sie auch erstattungsfähig sein (OLG Zweibrücken JW 37/108338, KG JW 39/711"), besonders wenn sie der notwendigen Unterrichtung der Partei dienen (OLG Naumburg JW 11/419: meist genügt Zusendung mit der Bitte um Rücksendung, vgl. OLG Naumburg a. a. O., aber nicht für Abschriften für die hinter der Partei stehende Versicherungsgesellschaft; a. M. OLG Stuttgart JW 32/2563"). LG Berlin (West) AnwBl. 54/34 hat die Kosten von Fotokopien für erstattungsfähig gehalten. Die Umsatzsteuer ist für die Anwälte nach UStG § 10 I 2 erstattungsfähig, weil ab- E IV e 4 wälzbar (RG v. 13. 1.1921 VI E 101/212, OLG Hamburg JW 20/45014, OLG Breslau 40/464), soweit der Anwalt gesetzliche Gebühren erhält. Der Umsatzsteuer unterliegen auch die Aufwendungen des Anwalts für die Partei (Porti, Schreib-, Reisekosten, OLG Düsseldorf JW 24/118720, KG JW 30/20278; a. M. für Reisekosten OLG Augsburg 40/466). Außer Betracht bleibt die Umsatzsteuer selbst (DVUStG § 60 I 4), die Auslagen an Gerichts-, Gerichtsvollzieher- und Zustellungskosten (UStG § 5 III). Bei vereinbarten Gebühren ist die Umsatzsteuer in Höhe der gesetzlichen erstattungsfähig. Reisekosten (vgl. für die der Partei § 91 E III a 2) des Anwalts (vgl. RAGebO §§78, E IV c 5 79) kommen bei der Wahrnehmung eines auswärtigen Beweistermins durch den Anwalt

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EIToS § 91

ZPO I. Buch

zur Erstattung, wobei man die Vertretung der Partei durch einen Anwalt als geboten voraussetzen darf (RG v. 9. 4.1888 VSZ E 21/349Í.). Die angebliche Wichtigkeit zum Kostenaufwand in Verhältnis zu bringen (so OLG Dresden HRR 38/122), ist bedenklich (RG v. 22. 2. 1899 I JW 2236); denn es ist davon auszugehen, daß das Gericht nur die erhebliche Beweisaufnahme anordnet. Ist aber auch die Partei zugegen und ist sie selbst' gereist, so sind ihre Kosten zu ersetzen (RG v. 29. 3. 1898 II JW 2782, v. 18. 3. 1899 V Gruch. 40/661); ist sie ortsansässig und könnte sie zugegen sein, so wird man es auf die Schwierigkeit der Beweisaufnahme abstellen dürfen, ob daneben noch eine anwaltliche Vertretung geboten ist (RG v. 1. 3. 1897 VI JW 2065, v. 4.1. 1899 I JW 877, v. 7. 1. 1897 V JW 97/785, wo es nicht geboten war) und ferner, ob nicht die Vertretung durch einen örtlich ansässigen Rechtsanwalt als sachlich ausreichend (OLG Hamburg 13/99, Braunschweig 20/302) angesehen werden mußte, was der Regel entspricht; dann ist nur das billigere Mittel zu wählen (RG v. 9. 1. 1885 II E 13/312 [319], ν. 11. 6.1891 VI J W 3855, v. 11. 11. 1893 V JW 5645, v. 19. 4. 1895 V JW 2622, v. 27. 11. 1895 I JW 520, v. 7. 1. 1897 VI JW 786f., v. 30. 6. 1897 I JW 4475, v. 7. 7. 1897 I JW 4582, v. 22. 2. 1899 I JW 2235, v. 21. 6. 1902 VSZ E 51/11 f., v. 9.12. 1904 II JW 05/5022), m. a. W. Reisekosten sind nicht höher als für den ansässigen Anwalt an Gebühren zu erstatten, sind aber die Gebühren höher, so findet die Erstattungsfähigkeit in den Reisekosten die obere Grenze (RG v. 21. 6. 1902 VSZ E 51/11 f., OLG Braunschweig 40/390Í., es sei denn, daß der Prozeßbevollmächtigte an der Reise verhindert war: OLG Düsseldorf JW 27/8104, Stuttgart 30/57637, Braunschweig 25/69f.; auch beim Großstadtanwalt ist dies nach Lage des Einzelfalles zu prüfen, OLG Dresden DJ 36/978, er braucht andere Termine deshalb regelmäßig nicht abzugeben, OLG Kiel JW 28/754«, 755«, Düsseldorf JW 32/12018: die am Gerichtssitz hätten regelmäßig den Vorzug). Über die Verhältnismäßigkeit des zu Erstattenden vgl. § 91 E IV a 2. Auch die Reisekosten des Unterbevollmächtigten sind zu erstatten (vgl. § 91 E IV a 1). Wohnt aber der simultan zugelassene Rechtsanwalt am Ort des Beweisaufnahmegerichts, so sind die „ersparten" Reisekosten nicht zu erstatten nach KG JW 31/11183·, OLG Frankfurt 29/36, Celle JW 26/16114, Stuttgart JW 30/2078", Breslau JW 31/ 1128e3, LG Köln VersR 53/1051; a. M. RG v. 22. 9. 1885 II E 14/377f„ OLG Dresden 19/251, Karlsruhe JW 29/318626, Breslau JW30/2073 26 , Augsburg JW32/2166 6 , Frankfurt AnwBl. 50/151, die zu einem Äquivalent gegen das Verbot der Berechnung von Mehraufwendungen, die hierdurch erspart werden, tendieren. Findet die Beweisaufnahme im Ausland statt, so werden stets die Kosten des ausländischen Rechtsanwalts zu erstatten sein (OLG Hamburg 23/105), die Vertretung durch den ausländischen Anwalt wird aber auch genügend sein (Reisekosten werden einen unnützen Mehraufwand darstellen, KG JW 38/96526). Erstattet werden mit der Höchstgrenze der tatsächlich vereinbarten die gesetzlich entstandenen (RAGebO §§78folg.), also Tage-, Übernachtungs-, Abwesenheitsgelder und Fahrtkosten (LG Osnabrück AnwBl. 52/67), und zwar bei Wahrnehmung mehrerer Geschäfte durch dieselbe Reise nach Maßgabe der RAGebO § 79 III (KG JW38/60 45 ), u. U. aber auch die allgemeinen Kraftwagenkosten (OLG Frankfurt HRR 31/710, Tübingen N J W 53/1356 für ein Taxi; a. M. OLG Celle NJW 54/480) und sogar die Flugzeugkosten (KG JW 36/21705®), die denen der ersten Fahrklasse der Eisenbahn entsprechen (das schnellere Verkehrsmittel drängt zur Verkürzung der Tagegelder, Übernachtungs- und Abwesenheitsgelder). Über die Erstattung der Aufwandsgelder für Anwaltsassessoren und Referendare vgl. § 91 E IV a 3. Liegen die allgemeinen Voraussetzungen für die Erstattung der Reisekosten vor, so sind sie auch, wenn der Termin infolge unverschuldeter Versäumung (Panne) nicht wahrgenommen wird, zu ersetzen (OLG Naumburg JW 29/169358). EV

In Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenstreiten (vgl. PatentG § 51 V, GebrMG § 19 V, WZG § 32 V) und in Geschmacksmusterprozessen (KG JW 37/221934, OLG Darmstadt JW 39/31143) darf sich die Partei neben dem Anwalt eines Patentanwalts bedienen.

E Ya

Die Höhe ihrer Gebühren ist gesetzlich nicht geregelt (vgl. aber für den Patentarmenanwalt das PatentarmenanwaltsG v. 18. 7.1953 [BGBl. I 654] § 2), wohl aber die Er716

Prozeßkosten

§ 91

ETa

stattungsfähigkeit nachPatentG § 51V. Die eine Gebühr (LG Hamburg PatBl.53/92) fällt in jeder Instanz (LG Berlin GRUR 52/437; a. M. KG DJ 38/1922: nur einmal) besonders an, in der Berufungs- und in der Revisionsinstanz in Höhe von 13/10 (OLG Frankfurt GRUR 38/194). Hinzu treten Porti und Umsatzsteuer (KG J W 38/5332) und auch (zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung) notwendige Reisekosten (OLG Düsseldorf J W 38/118 12 , JVB1. 40/14, KG J W 38/3125 32 ; doch wird die Partei regelmäßig einen Patentanwalt an ihrem Sitz oder dem Sitz des Prozeßgerichts der ersten Instanz wählen müssen; tut sie das erste, so sind die Reisekosten an Stelle der Verkehrsanwaltsgebühr und in ihrem Rahmen erstattungsfähig; tut sie das letzte, darf sie auch noch die Verkehrsanwaltskosten erstattet verlangen) und die der Herstellung von Modellen (KG J W 38/31 25 32 ). In anderen Streiten wird die Erforderlichkeit der Aufwendung geprüft (vgl. KG E Y a 1 JVBl. 33/281, OLG Düsseldorf J W 37/114020, Hamburg J W 37/49 3e , Darmstadt J W 35/275765; a. M. OLG Hamm J W 32/3637«), Soweit sonst die Partei sich technischer Berater bedienen darf (vgl. § 91 D I a), sind damit zugleich die Kosten für diese in gleicher Weise wie in PatentG § 51 V begrenzt (vgl. OLG Dresden H R R 37/587 für die Kosten der Beratung eines Warenzeichenverbandes). Wohl aber sind möglicherweise neben den Kosten des Patentanwalts noch die eines Verkehrsanwalts erstattungsfähig (KG JVBl. 33/114, OLG Frankfurt MDRRAK 41/44, GRUR 41/97) ; wohl aber nicht, wenn der Patentanwalt am Sitz der Partei wohnt. Auf die Erstattungspflicht ist es ohne Einfluß, wenn die beteiligten Rechtsanwälte Ε Τ a 2 und Patentanwälte Gebührenteilung vereinbart haben, was nach AV RJM v. 11. 6.1936 (DJ 1592) derart zulässig war, daß jeder nur die Hälfte der erstattungsfähigen Gebühren berechnet. Auch diese Vereinbarung hindert die obsiegende Partei nicht, auf alle nur möglichen erstattungsfähigen Gebühren zurückzugreifen, falls sie sie weiterzahlt (vgl. auch PatentG § 53). Die Gebühren der Rechtsbeistände und Prozeßagenten (vgl. VO v. 23. 3.1935 [DJ486], E V b G. v. 13. 12. 1935 [RGBl. I 1478], VO v. 3. 4. 1936 [RGBl. I 359] § 4) sind im geschriebenen Recht nicht geregelt, woíd aber besteht auch für sie eine Regelung ihrer Erstattungsfähigkeit, die zugleich auf die Gebührenvereinbarung mit der vertretenen Partei zurückwirkt. Sie wird auf die Hälfte der den Rechtsanwälten zustehenden Gebühren begrenzt, jedoch werden ihnen bis zu einem Streitwert von 300,— DM die vollen RAGebühren zugebilligt und bei höherem Werte mindestens diese (AV v. 16. 9. 1938 [DJ 1513] und v. 16. 1.1948 [DJ 132]; vgl. LG Berlin-Charlottenburg Rpfl. 52/432). Die Sätze werden nicht erhöht, auch wenn die Sache besonders schwierig ist (KG DR 39 A 217422). Für Auslagen und Reisekosten und die Möglichkeit der Bestellung eines Verkehrsbeistandes gilt das für die Anwälte Gesagte entsprechend, doch werden ihnen nicht die dem Anwalt zustehenden Tage- und Übernachtungsgelder voll gewährt, sondern in Höhe von % und Reisekosten in der zweiten Fahrklasse erstattet; auch wird ihnen kein Abwesenheitsgeld zugebilligt. Für sie gilt der Grundsatz der RAGebO § 7, wenn sie in eigener Sache auftreten (vgl. KG J W 37/224479) ; auch sind ihnen Porti und Umsatzsteuer zu ersetzen (LG Berlin J W 39/1682», AV RJM v. 24. 4. 1939 [DJ 702]). Ihre Schreibgebühren werden voll erstattet. Ob die Kosten von Hausbesitzer- und Mietervereinen (MSchG §12, G ν. 7. 3. 1935 E Y e [RGBl. I 352], RechtsberatungsmißbrauchsG § 7) — in Höhe der der Rechtsbeistände — erstattungsfähig sind, ist umstritten (vgl. dies bejahend LG Osnabrück WM 52/64—66, AG Osterode HMR Rspr. 50/141, AG Siegen HuW 50/71, WM 51/4, AG Hamburg HuW 50/71, AG Lage EMW 2/100, AG Soest EMW 2/101, AG Köln EMW 2/101, AG Euskirchen WM 51/4, AG Düsseldorf HuW 50/71, OVG Münster EMW 3/135, AG Karlsruhe DWW 51/123, LG Kiel DWW 52/118, LG Köln EMW 4/146, LG Oldenburg HuW 53/151, LG Essen JMB1. NRW 51/70; bei Nachweis: LG Wuppertal JMB1. N R W 50/233, 260; dies bejahen nur, wenn es zugelassene Prozeßagenten sind: AG Kiel J W 39/37149, AG Düsseldorf J W 39/64741, AG Karlsruhe-Durlach DR 39 A 1182=",

717

BT e

§ 9 1

ZPO I. Buch

vgl. dazu die AV RJM v. 16. 9. 1938 und 16.1. 1941; den Anspruch verneinen: OLG Münster AnwBl. 52/42, AG Stuttgart AnwBl. 50/150, AG München AnwBl. 52/123, LG Karlsruhe MDR 53/174, LG Trier Rpfl. 53/192, LG Wuppertal Rpfl. 50/524, LG Bayreuth N J W 54/436); BGH v. 30.11. 1954 I N J W 55/422 gewährt nur Auslagenund Aufwendungsersatz. Β ¥ d

Außerdem werden noch die Kosten des Vertreters des abgewanderten Mieters nach G v. 20. 7. 1933 (RGBl. I 521) Art 1 § 3 ersetzt. Man wird sie, wenn sie Rechtsanwälte sind, nach der RAGebO, sonst nach den erstattungsfähigen Gebühren der Rechtsbeistände abzurechnen haben.

E¥ e

Erstattet werden auch die Kosten der Prozeßpfleger, die nach §§ 57, 58 bestellt worden sind (KG J W 39/56Θ2®), die wie die zu § 91 E V d erwähnten abzurechnen sind (a. M. KG a. a. O., das sie höher festsetzt).

Β Vf

Über die Erstattung von Kosten der Armenvertreter nach § 116, die nicht Anwälte sind, vgl. § 124 A I.

Β Vg

Erstattungsfähig sind grundsätzlich auch die Gerichtsvollziehergebühren, wenn sich die Partei des Gerichtsvollziehers bedient. Die Gebühren der Gerichtsvollzieher sind in der GVGebO (EG § 2 A II) geregelt. Auch hier gibt es Aktgebühren(GVGebO §§2 folg.), die zum Teil nach Wertstufen berechnet sind (vgl. GVGebO §§ 3, 7), und Auslagenersatz (vgl. GVGebO §§ 16f.). Vereinbarungen mit der Partei sind unzulässig. Soweit der Gerichtsvollzieher von Partei wegen zugestellt hat, sind nach § 197 seine Mehrkosten nicht erstattungsfähig, wenn durch die Post billiger hätte zugestellt werden können. Für die Zustellungen von Gerichts wegen kommt diese Vorschrift nicht in Betracht (vgl. auch GKG § 73 II). Gebührenschuldner des Gerichtsvollziehers ist die Gerichtskasse, soweit sie sich seiner bedient, sonst der Auftraggeber (GVGebO §22), welcher auf Verlangen auch Vorschuß zu leisten hat (GVGebO §21), während ihre Fälligkeit erst mit Erledigung des Auftrags eintritt (GVGebO §23).

Β TI

Nicht zu den erstattungsfählgen Kosten gehören die folgenden, wobei es bedenklich wäre, den Parteien Ansprüche aus außerprozessualem Recht ihretwegen zuzubilligen (vgl. § 91 Β II c 2).

Β TI a

Nicht erstattungsfähig sind Aufwendungen, welche aus Verbindlichkeiten entstehen, die aus Anlaß des Prozesses eingegangen sind (OLG Celle 11/63), im besonderen die Sicherheitsleistung (Bankbürgschaft und Kreditaufnahme zwecks Sicherheitsleistung) zur Vollstreckung oder ihrer Abwendung (KG JW 37/1660, OLG Gelle MDR 53/557; a. M. KG OLG 39/41 für die, bei denen das erforderliche Maß gewahrt sei); dies gilt auch für Zinsen, welche für die Aufnahme von Krediten entstanden (vgl. dazu § 91 Β II c 2; OLG Rostock 31/23, KG JW 34/1738', 30751, OLG Breslau HRR 32/676), mag ein Zinsverlust auch durch Abhebung von Geldern von einem Bankkonto entstanden sein (OLG Stuttgart HRR 32/1163, 1598, JW 32/290528, KG DR 42 A 62918), wie bei sonstigen Schäden (etwa die Eintragungskosten der Umwandlung einer Grundschuld: OLG Dresden JVB1. 38/11) und bei Verlusten (soweit sie nicht als Nebenforderungen im Prozeß geltend gemacht werden können, RG v. 20. 12. 1935 II JW36/1767», OLG Celle 13/95; durch Notverkäufe, RG v. 20. 12. 1935 II E 150/37, vgl. § 91 Β II c 2), wie überhaupt für Kosten, welche aufgewandt werden, um den Prozeß (§§ 110, 274 I 5) oder seine Vollstreckung (§§710,713) vorwärts zu treiben, für die der prozessualen Hinterlegung (§§108folg., Gerichtskosten für die Hinterlegung entstehen nicht), soweit es hier nicht zu einer besonderen Klage kommt (vgl. § 109).

ETIb

Abgesehen von den zu §91 E III a l erwähnten Fällen werden Zeitversäumnlsse der Partei nicht ersetzt, also nicht die durch Abschreiben eines Schriftsatzes (KG JW 34/30751), bei der Korrespondenz mit dem Anwalt (OLG Hamburg 23/102, Rostock 31/24), bei Wegen zum Anwalt (OLG Braunschweig 13/98, Braunschweig Recht 04/254, OLG Hamburg 17/104), bei der Informationserteilung (OLG Karlsruhe 13/99, Hamburg 17/104, 23/102, Rostock 31/24, KG JW 38/1910") entstandenen.

718

Prozeßkosten

§ 9 1

Soweit die Parte eigene Zeitversäumnisse nicht in Rechnung stellen darf, erhält sie E V I b 1 auch Aufwendungen für Personen nicht ersetzt, welche ihr diese Arbeit abnehmen (abgesehen von den Prozeßvertretern, vgl. § 91 E IV, V), im besonderen erhält sie für einen Angestellten, der die Informationstätigkeit an ihrer Statt besorgt, keine Erstattung (OLG Hamm JW 30/1517"). Deshalb werden auch Generalunkosten nicht erstattet, etwa für den — gewöhnlichen — Schreibaufwand, auch von Hilfskräften (LG Berlin JW 31/2450 Abschn. C, KG JW 34/30751, OLG Hamm JW 30/1517", abweichend KG DR 42 A 59124 im Einzelfall, einschließlich der Herstellung von Fotokopien, KG JW 38/191057, vgl. aber § 91 E III a 4) oder für die Unterhaltung eines Inkassobüros (AG Hamburg Amts Bl. 53/324 = DR IV [410] 77 c, abweichend AV RJM v. 24.10. 1941 [DJ 1022] nach Lage des Falles oder für die Rechtsabteilung eines Konzerns, einer Großbank oder eines Spediteurverbandes, OLG Hamburg JW 30/349110). Dies gilt auch, wenn ihr festbesoldeter Angestellter einen Termin wahrnimmt (LG Berlin ZZP 54/68, JW 31/2450 Abschn. B, OLG Stuttgart JW 35/81164 für dessen Zeitversäumnisse, das indes hervorhebt, daß bei besonderer Vergütung die Kosten zu erstatten sein können; wenn eine Ersatzkraft eingestellt werden mußte, hat OLG Frankfurt MDR 53/48 Erstattungsfähigkeit der Kosten dieser angenommen; und schlechthin abweichend von der hier vertretenen Ansicht will OLG Düsseldorf DRiZ Rspr. 35/463451 entsprechend ihrer Besoldung anteilig erstatten lassen), es sei denn, daß das Inkassobüro usw. als selbständiger Rechtsbeistand benutzt wird (AV RJM v. 24.10. 1941 = DR 41 A 2588 = DJ 102 2 391). Auch Generalunkosten, die zur Ermittlung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners dienen, sind nicht erstattungsfähig (OLG Hamburg HRGZ 34 Β 634180; a. M. OLG Dresden SächsA f. Rpfl. 38/165, falls nicht billiger ermittelt werden konnte). Überhaupt darf eine Partei die Fähigkeiten, die sie selbst hat und durch die sie sich möglicherweise einen Kostenaufwand erspart, regelmäßig nicht in Rechnung stellen. Der Anwalt, der als Partei oder gesetzlicher Vertreter einer Partei vor dem Gericht auftritt, hat indes den Erstattungsanspruch (RAGebO § 7 ; die h. M. tendiert auch hier zur Einschränkung, vgl. RG v. 29.1. 1890 V Gruch. 34/1188, v. 28.11. 1890 III JW 91/44, v. 10. 10. 1893 II JW 4982, v. 1. 12. 1897 V JW 98/5431, OLG Karlsruhe 11/342, Braunschweig 19/70, und billigt im besonderen ihm dann keine Verkehrsgebühr zu, KG J W 36/169026, OLG Frankfurt JW22/1462 6 , Stettin JW 30/151 8 24 ). Das entsprechende muß für sonstige Rechtsbeistände in eigenen Sachen gelten, die sonst entgolten werden. Informationskosten, die dadurch entstehen, daß ihr Rechtsvorgänger sie unterrichten muß, sind nicht erstattungsfähig (RG v. 24. 2. 1894 V Seuff. 49/274). Vgl. im übrigen § 91 E III, E III b, E IV, E IV b. Nicht zu den erstattungsfähigen Prozeßkosten gehören die, welche bei Vornahme E VI b 2 auUerprozessualer Handlungen entstehen, um die Fälligkeit des außerprozessualen Anspruchs herbeizuführen, soweit die Handlungen nur den außerprozessualen Anspruch betreffen und nicht auf den Streit als solchen gerichtet sind. Prozeßkosten sind nicht die der Kündigung (vgl. BGB §§ 1118, 1210, ZVG § 10 II), auch nicht die reiner Mahnschreiben, durch die erst der Verzug begründet wird (BGB §§284folg„ OLG Karlsruhe 3/167, KG OLG 17/223, OLG Düsseldorf 17/312; a. M. OLG Rostock 15/77), nicht die der Fristsetzungen nach BGB §326 und des wörtlichen Leistungsangebots des Schuldners nach BGB § 295, aber auch nicht die der Erklärung der Wandlung und Minderung (vgl. BGB § 462), nicht die der Anfechtung (BGB § 143 I), wie selbst nicht die Kosten von Vergleichsverhandlungen vor Prozeßbeginn (vgl. OLG Rostock MecklenburgZ 14/294; anders aber, wenn es dann im Prozeß zum Vergleich kommt, OLG Hamburg 7/280), sowie für Reisen, die zu diesem Zwecke unternommen wurden (RG v. 24.11. 1890 IV JW 91/4) und nicht die Kosten der Ratserteilung durch einen Anwalt (OLG Dresden SächsAnn. 23/191). Ob diese Kosten dann durch eine Handlung des Gläubigers oder eines von ihm Beauftragten (etwa eines Inkassobüros) entstanden sind, ist dabei gleichgültig (Jonas § 91 Anm. VI 4). Dies gilt aber auch dann, wenn diese Handlungen schon während eines schwebenden Prozesses bewirkt werden, wie sich bei den Kosten der Abtretung der Klageforderung zeigt (OLG Hamburg 37/97), die niemals Prozeßkosten sind. Ebenso sind Futterkosten 46

Wieczorek, ZPO. X.

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91

E VI b 2 §

ZPO I. Buch

und Lagergeld niemals Prozeßkostenansprüche, mögen sie auch während des Prozesses auf den Streitgegenstand aufgewendet werden (KG OLG 9/119, OLG Bamberg 5/167, vgl. § 4 C I a 2). Doch können diese als außerprozessuale (Neben-)Ansprüche verfolgt werden, wo sie allerdings regelmäßig ein Verschulden der Gegenpartei voraussetzen (BGB § 276; vgl. dagegen BGB §§ 994folg.). Entgangener Gewinn wegen Nichtleistung des Streitgegenstandes gehört nicht zu den Kosten (BGB § 252). Die Kosten der bürgerlichrechtlichen Hinterlegung (BGB § 372) sind keine Prozeßkosten. Ob diese Kosten nach außerprozessualem Recht dem Gläubiger zu erstatten sind, richtet sich nach diesem (doch ist auch dieses nicht frei von dem Einfluß des Prozeßrechts, wenn etwa Anwaltskosten nur als ersatzfähig angesehen werden, sofern das Mahnschreiben eine schwierige Rechtslage klärte, vgl. OLG Hamburg Seuff. 60/96). Bei fehlender vorheriger erfolgloser Klärung durch die Partei ist die Erstattungsfähigkeit von OLG Königsberg JW 32/116018 verneint worden. E VI b 3

E VI c

Aber auch die Kosten, welche einen Prozeß vorbereiteten, sodann aber nicht zum Prozeß führten, sind keine Prozeßkosten. Dahin gehören die Kosten einer Beratung über die nicht vorgenommene Prozeßerweiterung (OLG Hamburg 25/67); dies gilt auch für die Kosten von nur angekündigten Erweiterungen oder der nur angekündigten Widerklage (RG v. 21. 6. 1902 VSZ E 51/5, doch wird der damals entschiedene Fall nach § 281 jetzt anders zu entscheiden sein), wie die der Rechtsmittelratschläge für nicht eingelegte Rechtsmittel. Nicht erstattungsfähige Anwaltskosten sind

E VI c 1 die Mehrkosten des Rechtsanwalts, der seine Kanzlei nicht am Orte des Gerichts (wo er zugelassen ist, vgl. RAO BZ §§ 20 folg.) hat (RAO BZ § 23 11); dies gilt auch für den bestellten Vertreter (OLG Dresden JW 16/869®) wie für den Kanzleiverwalter; als Armenanwalt kann er diese auch nicht von der Staatskasse ersetzt verlangen (RAO BZ § 23 I 2). Die ältere Rechtsprechung hierzu (vgl. OLG München 35/40, LG Augsburg JW 16/11453) ist überholt. E VI c 2

Auch die Mehrkosten des nicht am Orte des Patent- oder Gebrauchsmuster- oder Warenzeichengerichts ansässigen Rechtsanwalts können nicht ersetzt verlangt werden (PatentG § 51 IV; GebrMG § 19 IV, WZG § 32 IV), doch können in dem letzten Falle die Parteien den Streit bei dem Gericht, das nicht Patentgericht ist, lassen.

E VI c 3

In Bheinschiffahrtssachen hat es dagegen noch OLG Frankfurt MDR 53/48 auf die Erforderlichkeit der Hinzuziehung des auswärtigen Anwalts abgestellt (vgl. dazu G v. 27. 9. 1952 [BGBl. I 641] §12, abgedruckt in Bd. V).

E VI c 4

Nicht erstattungsfähig sind die Generalunkosten, im besonderen nicht die Anschaffung wissenschaftlicher Bücher (KG DR 41 A 392", OLG Kiel JVB1. 36/166) oder ihren Mietzins (a. M. Willenbücher S. 131).

E VI c 5

Auch Gebühren, die nach RAGebO § 24 entstehen, werden nur erstattet, wenn nicht irgendein Anwalt nach RAGebO § 35 ohne dieses besondere Entgelt hätte tätig werden können (OLG Dresden HRR 41/908).

E VI c 6

Nicht erstattungsfähig ist ferner die Gelderhebungsgebühr nach RAGebO § 87 (RG v. 3. 4. 1889 V JW 1684, v. 27. 9. 1889 III Gruch. 34/762; a. M. OLG Naumburg JW 38/118541). Sie entsteht überhaupt nicht, wenn der Antrag auf Auszahlung eines im Streit hinterlegten Betrages gestellt wird (OLG Dresden JVB1. 38/263); aber auch wenn sie entsteht, ist sie nicht zu erstatten (im Falle der Rückforderung einer nach § 710 geleisteten Sicherheit: OLG Breslau JW 23/6156; im Falle der Erwirkung der Auszahlung des hinterlegten Betrages: KG OLG 39/112, weil der Partei die eigene Abhebung des Geldes zuzumuten ist; die allgemeine Prozeßvollmacht erstreckt sich hierauf nicht, § 81, mit Ausnahme für den Kostenempfang, der auch dem eigenen Interesse des Anwalts dient; a. M. OLG Frankfurt Rpfl. 52/445, allerdings nur ausnahmsweise, KG JW 37/1660", wenn der Anwalt Gelder hinterlegt, um die bürgende Bank sicherzustellen; wenn der Schuldner aus eigenem Antrieb an den Rechtsanwalt zahlt: KG JW 35/54230, 720

Prozeßkosten

§ 91

E VI e

aa

JW 34/2499 , OLG Naumburg JW 38/1185"; wenn gemeinschaftliche Erklärungen abgegeben sind und der Anwalt den Austausch der beiderseitigen Leistungen übernehmen soll, KG JVB1. 35/42). Nicht erstattungsfähig sind die RA Gebühren im Konkursverfahren nach KO § 63 I 2 E VI o 7 (a. M. AG Dachau AnwBl. 54/35) ; wohl aber nach seiner Beendigung vom Gemeinschuldner; wird der Konkursantrag des Gläubigers zurückgewiesen, so darf der Schuldner sich seine außergerichtlichen Kosten festsetzen lassen (LG Breslau JVB1. 37/276). Die Kosten sonstiger Rechtskundiger, wenn sie vor den ordentlichen Gerichten auf- E VI d treten, werden nicht erstattet (LG Hamburg JW 31/5531). Dies ist im besonderen für die Kosten der Verwaltungsrechtsräte (über ihre Zulassung E VI d 1 vgl. G v. 12. 6.1933 [GS 209], v. 19. 4.1937 [GS 61]) ausgesprochen worden (DRpfl.Rspr. 39/24). Auch wurde die vom Verwaltungsrechtsrat geforderte Umsatzsteuer nicht für abwälzbar gehalten (RFH 26/234). Die Gebühren für die Verwaltungsrechtsräte (PrG v. 25. 5.1926 [GS 163] i. F. des Gv. 11.1.1932 [GS 9] und des G v. 4.10. 1933 [GS 367]) werden sonst wie für Rechtsanwälte berechnet. Dasselbe ist für die Kosten der Treuhandgenossenschaft oder der genossenschaftlichen E VI d 2 Treuhandstelle erkannt worden (LG Berlin JW38/2765 44 ; a. M. LG Verden JW38/204741). Darüber hinaus haben die Kosten berufsständischer Organisationen für erstattungsfähig gehalten: OVG Nürnberg EMW 4/144, Nürnberg DWW 52/46. Für nicht erstattungsfähig angesehen wurden die Kosten eines Inkassobüros, wenn danach ein Anwalt mit der gerichtlichen Beitreibung beauftragt wurde (AG Hamburg AnwBl. 53/324 = DR IV [410] 77 c). Über Vermieter- und Mietervereine vgl. aber § 91 E V c. Schließt das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten mit keiner Kostengrund- F entscheidung, sondern mit der Abgabe der Sache, so wird die Stelle, an welche die Sache abgegeben wurde, auch über die vor dem ordentlichen Gericht entstandenen Kosten zu entscheiden haben, wie umgekehrt das ordentliche Gericht, wenn es die Sache abgegeben erhält, auch über die Kosten der anderen Stelle zu entscheiden hat, sofern diese keine Kostengrundentscheidung getroffen hat. Die Fälle, in denen das ordentliche Gericht eine Sache an ein anderes abgeben soll, sind gesetzlich besonders geregelt (vgl. § 276 A III, IV, V, VI) ; doch wird nur zum Teil geregelt, ob das abgebende Gericht eine Kostenentscheidung erlassen soll. Wird die Sache an Gerichte der freiwilligen Gerichtsbarkeit „abgegeben", so gibt F I es folgende Sondervorschriften: Erhält die Sache das Hausratsgericht (6. DVO EheG §§ 1 u. 11), das im Verfahren F l a der freiwilligen Gerichtsbarkeit verfährt (§12 a.a.O.), abgegeben (§18 a.a.O.), so werden die vor dem Prozeßgericht entstandenen Kosten als Teil des Verfahrens vor dem Hausratsgericht behandelt (§ 23 a. a. O.). Die Kostengrundentscheidung ergeht dann nach dem Ermessen des Hausratsgerichts dahin, daß es nach billigem Ermessen bestimmt, wer die Gerichtskosten zu tragen hat oder wie sie zu verteilen sind und ob überhaupt und gegebenenfalls ob ganz oder zu welchem Teil außergerichtliche Kosten zu erstatten sind (§ 20 a. a. O.). Unterbleibt die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten, so werden sie nicht erstattet. Wird die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten angeordnet, so bezieht sich die Entscheidung auch auf die vor dem Prozeßgericht; wird nur über Gerichtskosten entschieden, so gilt dies auch für die vor dem Prozeßgericht entstandenen. Die Gerichtskosten selbst werden nach der KostenO (§ 1) berechnet, es wird in jeder Instanz (vgl. 6. DVO EheG § 21 III) nur eine volle Gebühr erhoben, bei richterlicher Entscheidung aber die dreifache, bei Rücknahme des Antrags und Vergleich nur die halbe. Streitwert für die Wohnung ist der einjährige Mietsertrag, sonst der Hausratswert, der aber, wenn es nur um die Benutzung geht — entgegen § 6 — nach dem Interesse an ihr (also geringer) bemessen werden soll. Er wird vom Gericht festgesetzt (§21 a. a. O.). Die Rechtsanwaltsgebühren unterliegen dem Gerichtsgebührengeschäftswert (§ 22 I 3 a. a. O.), für sie wird indes die RAGebO angewandt, aber mit der Maßgabe, daß an 46*

721

ΡI

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§ 91

ZPO I. Buch

Stelle der vollen Gebühr ihre Hälfte tritt (LG Kiel Rpfl. 49/287, abweichend L G Essen Rpfl. 50/138, wonach es nur die halben Gebühren der RAGebO § 13 gibt, d. h. nur eine halbe Gebühr für Verhandlung und weitere Verhandlung usw.), wobei in jeder Instanz besonders abgerechnet wird, aber sonst so wie in der ersten Instanz (§ 22 a. a. O.). Sind nur die Gebühren vor dem Prozeßgericht entstanden, so sind sie auf die erste Instanz zu verrechnen, d. h. die entstandenen Gebühren werden nicht vermindert, wohl aber entstehen erst dann höhere, wenn nun weitere entstehen, m. a. W., sind Prozeß- und Verhandlungs- und Beweis- und weitere Verhandlungsgebühr vor dem Prozeßgericht entstanden, so kann nur noch die Vergleichsgebühr (in halber Höhe) zur Entstehung kommen, war nur die Prozeßgebühr entstanden, so die weitere in halber Höhe. Dabei findet niemals ein notwendiger Anwaltswechsel statt, weil jeder Anwalt (bis auf den Revisionsanwalt) im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit vertreten darf und das Verfahren im Amtsbetrieb abgewickelt wird. Über die Möglichkeit der Abgabe von einer höheren Instanz vgl. § 276 Β IV c. FI b

Die entsprechende Regelung findet sich im Wohnungseigentums G § 50, wenn das Prozeßgericht nach Wohnungseigentums G § 46 den Rechtsstreit an das zuständige A G abgibt, das im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit verfährt. Dabei entsprechen die 6. DVO EheG §§ 20—23 den Bestimmungen des Wohnungseigentums G §§ 47—50 mit der Abweichung, daß der Geschäftswert der vierteljährige Mietwert der Gebäudeund Grundstückswerte ist, sofern nicht das Interesse der Beteiligten erheblich höher oder niedriger zu bewerten ist (und daß sonst grundsätzlich der Geschäftswert nach dem Interesse der Beteiligten festgesetzt wird).

FIc

In den Verfahren vor den Landwirtschaftsgerichten wird der Streit nach L V G § 12 abgegeben wie umgekehrt. Gerichts- und Anwaltskosten werden ohne weiteres als Teile des Verfahrens vor dem übernehmenden Gericht behandelt. In Landwirtschaftssachen gibt es die besonderen Kostenbestimmungen des L V G §§ 33 folg. ; nach L V G § 34 I ist über die Kosten zugleich mit der Endentscheidung zu entscheiden (vgl. § 308 I). Dabei kann (gleichzeitig) das Gericht anordnen, daß Gerichtskosten ganz oder teilweise nicht zu erheben sind (LVG § 42 I), und die Landwirtschaftsbehörde ist von Gerichtskosten befreit (LVG § 42 I I ; vgl. dazu § 91 A I V ; GKG § 90). Die Kosten — einschließlich der außergerichtlichen — werden nach „billigem" Ermessen des Gerichts verteilt (LVG §§ 44, 45) ; § 102 gilt entsprechend. Über die Gerichtskosten vgl. L V G §§ 35folg., über die Rechtsanwaltskosten L V G § 48, über Zeugen- und Sachverständigengebühren und -auslagen L V G § 49.

FH

Im Verhältnis zu den Arbeitsgerichten gelten § 276, ArbGG § 48, also grundsätzlich das Verweisungsrecht ohne besondere Kostenentscheidung des abgebenden Gerichts, soweit nicht doch nach § 276 Kostengrundentscheidungen ergehen. Das arbeitsgerichtliche Kostenerstattungsrecht ist indes modifiziert.

F IIa

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gelten die Vorschriften des GKG nur soweit, wie nicht ArbGG § 12 etwas anderes vorschreibt (ArbGG § 12 V). Fällig werden Gebühren und Auslagen erst mit der Beendigung des Verfahrens (ArbGG § 12 I I I ) oder wenn das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurde (§ 251a). Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben, soweit nach ArbGG §§ 2 I 4, 5; II, I I I ; 103 I I I , 108 I I I , 109 verfahren wird, also in Betriebsstreitigkeiten (ArbGG § 12 IV).Gebühren (wohl aber Auslagen) werden nicht erhoben in der Instanz, wo die Parteien sich vergleichen, und zwar entweder vor dem Gericht oder nach Mitteilung des Vergleichs an das Gericht (ArbGG § 12 I I 1); wird der Rechtsstreit „ohne streitige Verhandlung" (der Begriff ist hier anders als sonst) durch Versäumnisurteil oder auf Grund eines Anerkenntnisses oder einer Klagerücknahme beendet, so wird in diesem Rechtszug nur die Hälfte der sonst fälligen Gebühren erhoben (ArbGG §12 112 erster Halbsatz); bei Beendigung des Rechtsstreits im ersten Rechtszug auf Grund eines Anerkenntnisses oder einer Klagerücknahme ohne streitige Verhandlung werden keine Gebühren erhoben (ArbGG §12 II 2 letzter Halbsatz). Die Z+SGebO gilt auch hier (ArbGG §9 III), ebenso die GVGebO (ArbGG § 9 I I I ) und die RAGebO (RAGebO § 1 i. V. m. ArbGG §§ 46 II, 64 II—72 I I I ) sowie das Armenanwaltsgebührenerstattungs-Gesetz (ArbGG § 11 a I I I ) . 722

Prozeßkosten

§ 9 1

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren der ersten Instanz wird das Erstattungsrecht F ü b modifiziert durch ArbGG § 61 I 2 (die Norm gilt nicht für die höheren Instanzen). Danach werden — in Abweichung von § 91 — weder Zeitversäumnis noch Kosten eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistandes erstattet (ArbGG § 61 12). Über die im ordentlichen Verfahren zu erstattenden Zeitversäumniskosten vgl. § 91 E III a 1 ; im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird die Zeitversäumnis auch nicht für die Wahrnehmung eines auswärtigen Termins gewährt; soweit Reisekosten erstattet werden, sind also nur die Z+SGebO §§7—14 1 1 , 1 5 anzuwenden, wohl aber werden Zeitversäumnisse und Vertreterkosten ersetzt, welche im vorausgegangenen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten entstanden waren, wenn diese nach § 276 an das ArbG verwiesen haben (LArbG Altona JW 28/11671, LArbG Stuttgart ArbRS 33/212) ; dagegen gilt die arbeitsgerichtliche Regelung auch, wenn der Rechtsstreit vom ArbG an das ordentliche Gericht verwiesen wurde (ArbGG § 48) für die vor dem Arbeitsgericht entstandenen. Abgesehen von der Zeitversäumnis sind die Reisekosten der Partei zum Prozeß- F II b_l bevollmächtigten, wenn sie es sonst wären (§ 91 E III a 2), erstattungsfähig (Jonas § 91 Anm. X 1 b) ; auch darf die Partei, anstatt selbst zu reisen, sich eines Bevollmächtigten bedienen; in diesem Falle sind dessen Kosten so erstattungsfähig, wie es die der selbst reisenden Partei wären (LArbG Görlitz ArbRspr. 30/33, LArbG Frankfurt ArbRspr. 31/369; a. M. LArbG Dessau ArbRspr. 33/465). Nicht erstattungsfähig sind aber die Kosten eines beratenden Rechtskundigen, auch F II b 2 wenn dadurch die Partei Reisekosten erspart (a. M. LArbG Aachen ArbRS 28/222) und des Rechtsanwalts, der als Partei auftritt (RAGebO § 7 ist also hier nicht anzuwenden; LArbG Mannheim ArbRspr. 30/119, LArbG Chemnitz ArbRspr. 32/33). Zu den nicht erstattungsfähigen Kosten gehören nicht bloß die Gebühren, sondern auch die Auslagen des Prozeßbevollmächtigten, soweit sie nicht auch dann entstanden wären, wenn an seiner Stelle die Partei unmittelbar gehandelt hätte (also bei Porti von Schriftsätzen, die an das ArbG eingesandt werden). In den Rechtsmittelinstanzen gelten diese Beschränkungen nicht. Ob Reisekosten F Π o des nicht am Sitz des Gesetzes wohnhaften Parteivertreters erstattungsfähig sind, ist streitig (verneinend LArbG Hagen ArbRspr. 34/393, LArbG Berlin ArbRspr. 28/425; bejahend LArbG Düsseldorf ArbRspr. 28/325, LArbG Hamburg ArbRS 6/12, LArbG Frankfurt ArbRS 7/43); doch wird man die Frage im selben Umfange wie bei der Vertretung durch Anwälte im ordentlichen Verfahren zu entscheiden haben. Soweit Verbandsvertreter vor den Landesarbeitsgerichten tätig sind (ArbGG § 11 II), wird man sie Rechtsanwälten, zumindest aber den Rechtsbeiständen gleichzustellen haben. Vor den Arbeitsgerichten wird im besonderen die Erstattungsfähigkeit der Anwalts- F Π c 1 reisekosten zu den Terminen praktisch. In der Berufungsinstanz wird insoweit nichts von dem sonstigen Recht Abweichendes gelten (§91 E IV c 5). In der Revisionsinstanz wird mit Rücksicht darauf, daß hier kein numerus clausus besteht, der Tendenz des Gesetzes Rechnung zu tragen sein, daß nicht bloß in Kassel ansässige Anwälte gewählt werden dürfen (LArbG Hamm AP — ZPO §91/5; a. M. LArbG Kiel AP — ZPO § 91/2 ; vgl. auch § 91 E IV c 5). Bei Verweisungen vom Friedensgericht an das staatliche Friedensgericht wegen F U I rechtlicher Schwierigkeiten erstreckt sich die Kostenentscheidung dieser Gerichte auch auf die Kosten des Verfahrens vor dem Friedensgericht (Württ.-Bad. VerfahrensO RegBl. 49/120 §14IV5; vgl. denAbdruckin Bd.V). Keine besondere Regelung findet sich bezüglich der Kosten bei Verweisung vom Friedensgericht an das Amtsgericht nach VerfahrensO § 14 V. Bei Verweisung vom Amtsgericht an das Friedensgericht (Württ.Bad. G über die Friedensgerichtsbarkeit v. 29. 3. 1949 [RegBl. 47] § 9) tritt Kostentrennung ein, falls durch die Anrufung des Amtsgerichts Kosten entstanden sind. Verweisungen gibt es auch im Verhältnis zum Bundesverwaltungsgericht (nicht aber FIV sonst zu den Verwaltungs- und Verwaltungssondergerichten). Hier hat indes BGHv. 723

FIV

§ 91

ZPO I. Buch

5.11. 1953 III E 11/43 = MDR Β 262/54, v. 22.12. 1953 Υ E 12/52 = MDR Β 468/54, v. 27. 4. 1954 I E 13/145 = MDR Β 835/54 die Kosten, welche vor den ordentlichen Gerichten entstanden sind, sogleich voll dem Kläger auferlegt. Über die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vgl. § 91 A V.

§ 91a

(99 i n )

I

Haben die Parteien den ßechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. II Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören. Nov. 50. A

Erledigungserklärung des Klägers a unterlassene Erledigungserklärung b Inhalt der Erledigungserklärung 1 im Verhältnis zum Klageverzicht 2 im Verhältnis zur Klagerücknahme 3 im Verhältnis zum Rechtsbehelfsverzicht und -rücknahme c Erledigung von bloß angekündigten Anträgen d Erledigung vor Klageerhebimg II des Beklagten a Klageabweisungsantrag 1 bei berechtigter Klage und unberechtigter Erledigungserklärung 2 bei von vornherein unberechtigten Klagen b bei Antrag auf das Erledigungsereignis hin 1 Erledigung vor Klageerhebung 2 Umstellung auf den außerprozessualen Anspruch 3 Unterlassene Umstellung III Hauptsachenbegriff a Erledigung aller Ansprüche außer den Prozeßkosten b Erledigung der Prozeßkosten c teilweise Erledigung Β Der Inhalt der Kostenentscheidung I Kostenlast a bei Willkür des Klägers 1 wenn er „voreilig" war 2 wenn er durch den Beklagten zur Willkür veranlaßt wurde

b

bei Willkür des Beklagten 1 wenn sie durch Verhalten des Klägers veranlaßt 2 aber auch sonst c in neutralen Fällen 1 die von keiner Partei zu vertretenden Erledigungsfälle 2 Gesetzesänderung 3 Willensentscheidung beider Parteien 4 Möglichkeit der Willensentscheidung jeder Partei II Entscheidung zur Hauptsache a Kostenbeschwer b in höherer Instanz c Erledigung in der Zwischeninstanz

I

C

Beiderseitige Erledigungserklärung Ausnahmen a bei Anerkenntnis 1 §75 2 §98 3 Amtsverfahren b Aussetzung nach MSchG II Wesen der Erledigungserklärung, Widerruf III Antrag auf Entscheidung IV Anhörung der Parteien D Entscheidung I Inhalt II sofortige Beschwerde III Verfahren in der Beschwerdeinstane IV Entscheidung des Beschwerdegerichts E Sonstige Verfahren I

A

Nach § 91 a entscheidet das Gericht, wenn die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklären, über die Kosten nach billigem Ermessen durch Beschluß. Dabei spielen Klage- und Verfahrensart (a. M. für das Beschlußverfahren nach §1045: LG Nürnberg-Fürth MDR 52/751) keine Rolle.

AI

Die Hauptsache für erledigt erklären, kann nur der Kläger. Der Beklagte hat keine Gewalt über den nach § 308 I zu entscheidenden Klageantrag. Er wahrt auch seine Interessen hinreichend durch den Antrag auf Klageabweisung; denn darf der Kläger die Hauptsache nicht mehr fordern, so ist die Klage auf seine Kosten abzuweisen (RG v. 27. 9.1912 II Warn. 449, v. 17. 3.1926 V JR Β 2288, KG OLG 17/104, OLG Hamburg Seuff. 56/113, Bamberg 1/124, München 29/87, Dresden JW19/326 4 ).

Ala

Hält der Kläger nach Erledigung der Hauptsache den ursprünglichen Antrag aufrecht, so treffen ihn die Kosten (RG v. 22.12. 1906 V E 65/35f., v. 13. 4.1916 IV Warn. 724

Prozeßkosten

§ 91a

Ala

17/250, v. 12.10. 1935 I E 148/400 [404]), gleichviel aus welchen Gründen und wann die Erledigung eingetreten ist (RG v. 28. 4. 1936 III E 151/19 [34], ν. 7. 9. 1937 III E 155/296 [299]). Der Antrag ist insoweit mehr als das, was der Kläger nun noch will, nämlich in der Regel die Kostenentscheidung gegen den Beklagten (vgl. zum letzten RG v. 12.4. 1904 VII E 57/381f., ν. 13.7. 1904 VII E 58/414Í., v. 19.12. 1919 VII JW 20/557", v. 23. 12. 1927 VII HRR 28/682 = Seuff. 82/95). Die Erledigungserklärung des Klägers trifft (ganz oder zum Teil) die Hauptsache A l b •derart, daß er insoweit keine weitergehende Entscheidung beantragt (RG v. 2. 9. 1937 VI E 156/372 [376], es darf deshalb nicht der ursprünglichen Klage nach verurteilt werden). Im Verhältnis zum ursprünglichen Klageantrag liegt darin eine Beschränkung (§ 268 I 2), aber weder ein Klageverzicht (§ 306, OLG Hamburg GRUR 53/123) noch •eine Klagerücknahme (§ 271, RG v. 12. 4. 1904 VII E 57/381 [385], v. 20. 4. 1911 IV J W 5913», v. 18. 5.1912 V Warn. 449, v. 19.12. 1919 VII JW 20/55712, OLG Kiel 9/133, Düsseldorf 41/270, Jena Seuff. 61/231, KG JW 26/27043; a. M. RG v. 9.7. 1884 I E 15/424 [426], ν. 20. 2. 1903 III E 54/37folg„ ν. 22. 12. 1906 V E 65/35, OLG München 19/98, Nürnberg BayJMBl. 53/159). Verzichtet der Kläger wegen des Erledigungsereignisses auf den Klageanspruch, so A l b i läßt auch dieser Verzicht dem Beklagten keine Möglichkeit, die Erledigung zu leugnen; deshalb müssen aber auch den Kläger die Kosten treffen (RG v. 14.10. 1920 VI E 100/123f., v. 22. 12. 1920 I E 101/163), soweit nicht § 93 entsprechend anzuwenden ist. Lag indes gar kein Erledigungsereignis vor (der Beklagte hatte in Abwendung der Vollstreckung gezahlt), so bedeutet der Klageverzicht sogar den auf den (ursprünglichen) Klageanspruch und löst eine Rückgabeverpflichtung (vgl. § 717 II, III, zumindest auch aus BGB §§ 812folg.) aus. Während der Beklagte einen solchen Klageverzicht gar nicht hindern kann, bedarf A I b 2 es, wenn der Kläger infolge des Ereignisses die Klage zurücknimmt, u. U. seiner Zustimmung (§271 I); doch würde sie dem Kläger gestatten, die Klage zu erneuern, was der Kläger bei der Erledigung gar nicht können will, weil er in ihr den Grund der Befriedigung sieht; nimmt er indes zurück, so treffen ihn nach § 271 III die Kosten (RG v. 7. 7. 1926 I E 114/246 [251]) und hier sogar die Kosten eines gegen den Beklagten ergangenen Versäumnisurteils nach OLG Frankfurt HRR 31/1966 (vgl. dazu §344 Β I, § 271 Gl b 5); eine teilweise Klagerücknahme begründet eine Teilkostenlast (RG v. 23.6. 1937 I Warn. 135: Verzicht auf ein Patent im Patentnichtigkeitsstreit für die Zukunft). Das entsprechende gilt für die Rücknahme von Rechtsbehelfen bzw. -mittein (§§ 515 A I b 8 III, 566, vgl. OLG Gelle MDR 49/69828e: doch liegt in der Erledigungserklärung noch keine Rechtsmittelrücknahme) oder der Verzicht auf diese (§§ 514, 566); in diesen Fällen erledigen sich die unselbständigen Anschlußrechtsmittel ; die Kosten dafür treffen den Gegner, weil sie durch seine Willkür hinfällig geworden sind (BGH v. 17.12. 1951 GSZ E 4/229 = N J W 52/384 = J R 52/171). Die Kosten eines bloß angekündigten Rechtsmittels, wie die der angekündigten A l e Klageerweiterung (a. M. OLG Kiel 17/76) oder der angekündigten Widerklage (a. M. RG v. 21. 6.1902 VSZ E 51/5folg.; doch wird diese Entscheidung nicht mehr praktisch, weil schon durch Zustellung des Schriftsatzes nach § 281 die Ankündigung durchgeführt wird) können dagegen prozessual nicht dem Gegner zur Last fallen (Jonas § 91 Anm. II). Erledigt sich die Klage nach Einreichung, aber vor Zustellung an den Gegner, so ist A I d $ 91a nicht anzuwenden (vgl. § 91 Β II c 1 ; a. M. BGH v. 14. 7.1956 III NJW 1517s). Erklärt der Beklagte die Hauptsache für erledigt, so liegt darin ein (modifiziertes) Α Π Beharren auf dem Klageabweisungsantrag. Die Erklärung des Beklagten führt dann niemals dazu, ihn schon um seiner Erklärung willen zu verurteilen, sondern erst dann, wenn die Klage tatsächlich begründet ist. Andererseits kommen hier §§ 307, 93 nicht zum Zuge. Der Beklagte seinerseits darf aber auch auf Klageabweisung bestehen (RG v. 13. 4. A l l a 1886 III Gruch. 31/1154, v. 1.12. 1937 V Warn. 38/14, KG OLG 19/66, OLG Gera 725

Ana

§

9 1 a

ZPO I.Buch

RegBl. Thür. 47 II 441), dann ist zu entscheiden, ob die Erledigungserklärung des Klägers berechtigt ist. Allai

War die Klage berechtigt und ist keine Erledigung eingetreten, so wird die Klage mit der Kostenlast gegen den Kläger abgewiesen (RG v. 8. 5. 1907 VI 381/06 Ν §93/7, v. 24.1. 1919 II JW 50511, OLG Gera NJ 47/252 und OLG Celle MDR 49/6982M, die hierin allerdings eine Klage- bzw. Rechtsmittelrücknahme sehen), obwohl sie noch berechtigt wäre, wenn der Kläger bei ihr bleiben würde (der Kläger hat es nicht in der Hand, erst Klage zu erheben, dann auf den Klageanspruch zu verzichten, die Prozeßkosten aber vom Beklagten zu fordern, § 93 ist insoweit nicht entsprechend anzuwenden). Keinesfalls darf hier nach dem ursprünglichen Klageantrag erkannt werden, auch nicht wenn er als Hilfsantrag beibehalten wurde (KG OLG 15/259), so daß neben dem Hauptantrag auf Erledigung nicht der Hilfsantrag auf den ursprünglichen Klageantrag gehen kann (§ 253 G III d 2); auch kann das Gericht über die Erledigung nicht mehr durch Zwischenurteil entscheiden (§ 303; a. M. RG v. 27.10. 1938 V J W 39/16930), weil es sachliche Anträge nicht mehr trennen darf (anders nach § 303 a. F.). Blieb umgekehrt der Kläger bei seinem Hauptantrag und stellte er nur hilfsweise den Erledigungsantrag, so wird nur nach dem Hauptantrag erkannt, wenn er begründet ist. Wird aber der Anspruch rechtskräftig für erledigt erklärt, so kann er nicht ohne zulässige Wiederaufnahmeklage erneuert werden. Auch sollte man in diesen Fällen selbst dann, wenn der Beklagte noch kein Recht hat, die Klagerücknahme zu verhindern (vgl. § 271 I), die Erledigungserklärung nicht in die Klagerücknahme umdeuten, wie dies RG v. 24.1. 1919 II JW 50511, OLG Dresden Seuff. 68/67, Köln JW 31/2147« getan haben; denn der Kläger will sich ja gar nicht die Klageerneuerungsmöglichkeit vorbehalten.

ΑΠa2

War die Klage schon vorher unbegründet (wobei auch die Einwendungen usw. des Beklagten zu berücksichtigen sind: RG v. 19.12. 1919 VII JW 20/55712, OLG Celle MDR 49/698286), so ist die Erledigungserklärung unbegründet und die Klage wird mit der Kostenlast gegen den Kläger abgewiesen (RG v. 18. 5. 1912 V Warn. 449, v. 17. 3. 1926 V J R Β 2288, KG OLG 17/104, OLG Hamburg Seuff. 56/113, Bamberg 1/124, München 29/97, Dresden JW 19/3264). Auch hier wird der Klageanspruch mit Rechtskraftwirkung aberkannt. War dabei die Klage zwar anfänglich begründet, erledigte sich dann aber der Anspruch und wurde sie nicht für erledigt erklärt, so war sie damit unbegründet geworden. War die Klage ursprünglich unzulässig (OLG Karlsruhe BadRPr. 01/94), so treffen die Kosten auch in diesem Falle den Kläger. Die verspätete Erledigungserklärung kann deshalb an diesem Ergebnis nichts mehr ändern. Deshalb muß der Kläger „sofort" (i. S. des § 93) für erledigt erklären, wenn ihn nicht die Kosten treffen sollen (RG v. 23.10. 1930 VI JW31/1189 10 , v. 12.10. 1935 I E 148/400 [404], KG JW 36/199980, OLG Hamburg Seuff. 68/23, München HRR 36/1365, und in AG 29/87, Rosenberg Lb. § 79 III 4; a. M. BGH v. 10.1. 1951 II NJW 360, KG JW 31/258413, OLG Karlsruhe 5/168, die dann nach § 92 vorgehen wollen). Nur im Falle der „sofortigen" Erledigungserklärung darf also §93 entsprechend angewandt werden (RG v. 12.4. 1904 VII E 57/385f., v. 13. 7. 1904 VII E 58/414 [417], v. 12. 10. 1935 I E 148/400 [404], v. 19. 8. 1938 I J W 313036, OLG München 35/39, Naumburg 27/42, J W 30/17719).

Anb

War die Klage bei ihrer Erhebung (§ 253 I) begründet, erledigte sie sich indes dann durch ein Ereignis, auf das hin der Kläger sie für erledigt erklärte, so ist zwar die Erledigung begründet, die Kosten trägt indes dann die Partei, welcher die Erledigung zur Last fällt, wobei es nicht darauf ankommt, ob der Beklagte der Erledigung (unbegründet) widersprochen hatte (a. M. KG OLG 39/42), wenn die Erledigung tatsächlich festgestellt wird (vgl. RG v. 28. 4. 1936 III E 151/19 [34], ν. 7. 9. 1937 III E 155/296f.); denn ab Erledigung konnte ja der Klage nicht mehr stattgegeben werden, obwohl dann ausdrücklich über die Erledigung zu entscheiden ist (RG ν. 1. 12. 1937 V JW 38/24920).

Α Π b1

War die Klage schon vor ihrer Erhebung erledigt, so treffen grundsätzlich die Kosten den Kläger, selbst wenn er ihre Zustellung nicht mehr stoppen konnte (RG v. 20. 2.1903 III E 54/37f., v. 3. 7. 1903 III Β 188/03 Ν § 91/25). Denn war die Hauptsache nie im 726

Prozeßkosten

§ 91a

Απ b ι

Rechtsstreit, bleibt folglich auch hier für die prozessuale Kostenlast kein Raum (RG V. 18.10. 1883 VSZ E 10/309f., v. 8.12. 1900 Υ E 47/404, v. 20. 2. 1903 I I I E 54/37f.), denn nur an einen Rechtsstreit zur Hauptsache wird die prozessuale Kostenlast geknüpft (RG v. 8 . 1 2 . 1 9 0 0 V E 47/404, γ. 20. 2.1903 I I I E 54/37f., OLG Frankfurt J W 22/51135). Wohl aber darf der Kläger in diesem Falle die ihm erwachsenen Kosten nach außer- Α Π b 2 prozessualem Recht etwa auf Grund des Verzugs des Beklagten (BGB § 286, vgl. R G v. 20.2. 1903 I I I E 54/37f„ v. 13.10. 1925 VI Warn. 26/19), aus positiver Vertragsverletzung (BGB § 276) oder unerlaubter Handlung (KG J W 30/299020, ZZP 59/217) oder, wenn der Beklagte durch sein Verhalten zur Klage Anlaß gab, etwa durch Sichberühmen (OLG Hamburg HRGZ 28 Β 295 128 ; a. M. aber die ältere Rechtsprechung: R G v. 20. 2.1903 I I I E 54/37f., v. 3. 7. 1903 I I I Β 188/03 Ν § 93/6, die noch dem Kläger die Kosten auferlegte), als Hauptsache und beziffert (RG v. 22.10. 1928 IV J W 29/961) ersetzt verlangen (dies gilt auch für den erledigten Teil bei teilweiser Erledigung, worauf gemäß § 139 hinzuweisen ist), und zwar entweder auf dem Wege der Klageänderung (RG v. 28. 4.1927 IV Warn. 126, KG ZZP 59/217, OLG Stuttgart H R R 31/48, Schleswig SchlHA 51/113) oder durch neue Klage (RG v. 20. 2. 1903 I I I E 54/37f., v. 13.10. 1925 VI Warn. 26/19, Jonas § 91 Anm. II). Im ersten Falle ist § 268 I 3 entsprechend anzuwenden (Jonas § 91 Anm. III), es bedarf deshalb zu dem Übergang keiner Einwilligung des Beklagten oder des Gerichts nach §§264, 269f. (RG v. 20.4.1911IV JW591 3 »; a. M. R G v. 22.12. 1906 V E 65/35 [36], ν. 22.10. 1928 IV Warn. 29/20). Damit wird der außerprozessuale (Kosten-)Anspruch zum Hauptanspruch (und § 91a unanwendbar, a. M. OLG Köln JMB1. NRW 54/20, das ihn auch hier anwendet). Stellt der Kläger die Klage nicht um, beziffert er seinen Anspruch nicht, so ist die Α Π b 8 Klage mit der Folge des § 91 abzuweisen (RG v. 20. 2. 1903 I I I E 54/37folg., v. 1. 5. 1903 I I I J W 237 6 f., KG JW31/226 1 , OLG Hamburg Seuff. 73/83). Der Begriff der Hauptsache bezieht sich hier auf alle Ansprüche (der Haupt- wie der Α ΠΙ Nebenansprüche, vgl. § 4 C I) mit Ausnahme der Prozeßkosten. Erklärt der Kläger aber alle Ansprüche bis auf die Prozeßkosten für erledigt, so A I D a darf er über diese noch die Entscheidung beantragen, wenn die Parteien sich nicht noch (gerichtlich) vergleichen oder die eine Partei den Kostenanspruch der anderen anerkennt (§ 307), während der bloße Verzicht auf den Anspruch nicht dazu führen darf, nun der verzichtenden Partei die Kosten aufzuerlegen, sondern unwirksam ist, wenn die Gegenpartei auf der Kostenentscheidung beharrt. Der Kläger kann zwar darüber hinaus auch seine Prozeßkostenansprüche für erledigt Α ΠΙ b erklären. Dann darf nur über die Prozeßkosten entschieden werden, wenn der Beklagte oder ein Streithelfer dies beantragen, denn der Kläger kann nicht über diese Ansprüche der anderen verfügen. Sonst darf aber auch über die Prozeßkosten überhaupt nicht entschieden werden, sei es, daß auch dieser Anspruch gemeinsam für erledigt erklärt wird oder daß die Parteien keine Anträge stellen (§ 308 II gilt nur für die Nebenentscheidung über die Kosten). Dies ist auch dann der Fall, wenn die Parteien über die Prozeßkosten eine außergerichtliche Vereinbarung getroffen haben, wenn die sonstigen Ansprüche nicht weiter verfolgt werden (werden sie verfolgt, so wird ohne Rücksicht auf die Vereinbarung nach §308 II entschieden). Wird nur ein Teil der Hauptsache für erledigt erklärt und wird der Rest weiter ver- Α ΠΙ e folgt, so wird über die gesamten Prozeßkosten von Gerichts wegen nach § 308 II entschieden, gleichviel ob und welche Kostenvereinbarung die Parteien sonst getroffen haben. Dagegen will BGH v. 21.10. 1953 VI B B 54/426 = D B 54/431 = MDR Β 666/54 bezüglich des erledigten Teils § 91 a anwenden, was indes rechtsmittelmäßig zu einer Spaltung der Verfahren führen müßte, die es sonst im Kostenrecht nicht gibt (vgl. auch BGH v. 10.1. 1951 II N J W 360, dasEntscheidungen des Berufungsgerichts über § 91a nicht nachprüfen will, sofern kein Ermessensverstoß ersichtlich sei; so im Grund aber: OLG Hamburg MDR 53/740). BGH v. 1 1 . 1 . 1954 V ZR 23/52 hat deshalb auch dann, wenn Mann und Frau verklagt waren und über die Kosten gegen beide zu entscheiden war, in einem Fall, wo der Streit gegen den Mann erledigt war, nicht nach § 91 a durch Beschluß, sondern gemeinsam durch Urteil entschieden.

727

§91a Β BI Bla

Biel

ΒI β 2

ZPO I. Buch

Für die Kostenentscheidung nach Erledigungserklärung der gesamten Hauptsache (§ 91a A III a) gilt folgendes: Den Kläger treffen die Kosten, wenn die Erledigung auf einem Ereignis beruht, welches er oder eine Person, für die er einzutreten hat, willkürlich herbeigeführt hat. Dies ist der Fall, wenn der Kläger die Verlängerungsgebühren für sein Patent nicht bezahlt und dadurch den Patentverletzungsstreit nicht mehr fortsetzen kann (RG v. 12.10. 1935 I E 148/400 [404]), wenn er auf Befreiung von der Forderung eines Dritten geklagt hat, ihn aber dann befriedigt (RG v. 17. 6. 1911 V JW 76933), wenn er die Forderung abtritt, ohne den Antrag auf den Zessionar umzustellen, sondern die Sache für erledigt erklärt (RG v. 23.1. 1911 V Warn. 203, vgl. auch OGH v. 8.7. 1948 HEZ 1/313, RG v. 22.12. 1906 V E 65/35f.), selbst wenn die Klage bis dahin begründet war; wenn der klagende Verein oder Verband (UWG § 13) sich auflöst (RG v. 24.1. 1919 II Gruch. 63/500, OLG Frankfurt 37/95; a.M. KG J W 27/16552). OLG Oldenburg NdsRpfl. 49/10 hat dies auch für den Fall ausgesprochen, daß der Kläger von dem ihm nach MilRegG 63 § 20 zugestandenen Rücktrittsrecht Gebraucht gemacht hat und dadurch die Klage sich erledigte. LG Göttingen NdsRpfl. 49/10 hat darüber hinaus dem Kläger, der „voreilig" nach der Währungsreform einen Zahlungsbefehl über eine begründete Forderung erwirkte, die Kosten auferlegt, was nicht zu billigen ist. Wurde die Willkür des Klägers indes durch ein Verhalten des Beklagten (bzw. derer, für die er einzutreten hat) ausgelöst, so treffen den Beklagten die Kosten, etwa wenn der Kläger berechtigterweise nach BGB § 326 gegen den Beklagten vorgeht, vom Vertrage im Laufe des Rechtsstreits zurücktritt, gleichviel ob er dies schon früher hätte tun können oder nicht (RG ν. 1. 3. 1922 V Seuff. 77/156, v. 6. 4. 1925 I Seuff. 79/154, v. 27. 3. 1933 II 303/22 Ν § 93/11, KG JW 27/16552; a. M. KG OLG 27/73, JW 25/1481, OLG Düsseldorf JW 25/1420®, Jonas §91 Anm. III, Sydow-Busch §91 Anm. 1 b). Dies gilt auch, wenn der Beklagte in der ersten Instanz unterlegen war, Berufung einlegt und der Kläger dann nach BGB § 326 vorgeht und die Klage für erledigt erklärt (RG v. 12. 4. 1904 VII E 57/381 [385], v. 27. 3. 1923 II 302/22 Ν §91/57; vgl. auch RG V. 13. 7. 1904 VII E 58/414f., ν. 18. 2. 1920 I 204/19 Ν § 91/51). Das dazwischen liegende Ereignis hat bei der Kostenentscheidung OLG Stuttgart (Karlsruhe) SJZ 49/276 unbeachtet gelassen, wenn es die Gegenpartei veranlaßt hat (wenn ein Arrest nur infolge einer Sicherheitsleistung des Arrestgegners aufgehoben wird). Dies muß aber auch dann gelten, wenn der Beklagte (was er zu vertreten hat) in Konkurs gerät und der Kläger, der auf den Kaufpreis klagte, deshalb die Waren zurückgenommen hatte (a. M. hier RG v. 19.11.1900 I Β 91/00 Ν § 91/10, das dem Kläger wegen seiner Willkür die Kosten auferlegte). Dies gilt auch bei einem Zwangsvergléich (RG V. 23. 12. 1927 VII Η RR 28/682). Dies gilt ferner bei aus prozessualen Gründen erforderlich werdenden Erledigungserklärungen. Wird auf eine negative Feststellungsklage die entgegengesetzte Leistungs(bzw. bezifferte positive Feststellungs-)klage erhoben, so ist die erste für erledigt zu erklären, wenn sie nicht als unzulässig kostenfällig abgewiesen werden soll ; dann treffen die Kosten den, der die der Widerklage zu tragen hat (RG v. 18. 6. 1920 III 34/Î0 Ν § 91/53). Erledigt sich die Zwangslizenzwiderklage dadurch, daß die Patentverletzungsklage abgewiesen wird, so trägt die Kosten der Kläger wie bei sonstigen eventuellen Widerklagen (und Aufrechnungen). Hatte deshalb der Kläger die Unterlassungsklage für erledigt erklärt und hilfsweise den früheren Antrag gestellt, so mußte, wenn die Erledigung begründet war, auf sie und nicht nach dem Hilfsantrag erkannt werden, und zwar mit der Verurteilung des Beklagten in die Kosten (RG v. 2. 9. 1937 VI J W 310554), während, wenn die Erledigungserklärung nicht zutrifft, die Klage abzuweisen und die Kosten dem Kläger aufzuerlegen sind. RG v. 27. 2. 1932 V 290/31 Ν § 91/71 hat die Erledigungserklärung für erforderlich gehalten, wenn die Grundschuldklage erhoben, das Grundstück danach versteigert wurde und der Grundschuldbetrag dem Kläger zugeteilt wurde, selbst wenn der Eigentümer Widerspruchsklage erhoben hatte. Die Kosten treffen dann den, der unterliegt, d. h. den, dem der zugeteilte Betrag abgesprochen wird. 728

Prozeßkosten

§91a

Den Beklagten treffen die Kosten, wenn er nach Rechtshängigkeit willkürlich ge- Β I b handelt und dadurch die Erledigung herbeigeführt hat, also wenn er den Kläger befriedigt, obwohl er dies schon früher hätte tun sollen (RG v. 13. 7. 1904 VII E 58/414 [416], v. 1. 12. 1930 V i l i E 130/393f.), oder auf das angegriffene Recht verzichtet (RG v. 23. 6.1937 I Warn. 135) oder sein Berühmen aufgibt (§ 256 C V b 1) oder die Wiederholungsgefahr beseitigt. Befriedigt der Beklagte den Kläger aber zur rechten Zeit, so gilt § 93 entsprechend (RG v. 2. 7. 1900 VI Β 135/00 Ν § 93/2, v. 8. 2. 1901 III J W 187 2 , ν. 11.12. 1902 VI Β 175/02 Ν § 93/2, v. 20. 1. 1903 II J W 97 3 ), während bloßes Zugestehen des Klagegrundes ohne Anerkenntnis diese Wirkungen nicht auslösen kann (RG v. 2.7.1900 VI Β 135/00 + v. 11.12. 1902 VI Β 175/02 = Ν § 91/5, v. 8. 2. 1901 III J W 1872). Begleicht der Beklagte eine Nichtschuld oder eine noch nicht fällige Schuld, so zieht dies nicht die Kostenlast nach sich (OLG München N J W 53/949, es sei denn, daß der Anspruch anerkannt wurde). Dies gilt auch, wenn der Beklagte, der durch ein Räumungsurteil räumen mußte, später auf den Wiedereinzug verzichtet (RG v. 1.12. 1930 V i l i E 130/393 f.). Aber selbst wenn der Beklagte nicht rechtzeitig befriedigt, wird die Klage mit der Kostenbelastung des Klägers abgewiesen, wenn der Kläger die Befriedigung als solche überhaupt nicht gelten lassen will (RG v. 10. 5. 1917 VI 117/17 Ν § 91/48, ν. 16. 5. 1917 VI 117 Ν § 93/10) oder die Klage nicht sofort für erledigt erklärt (vgl. § 91 a A II a 2, § 93 Β II, R G v. 23.10. 1930 VI J W 31/1189 10 ). Hat indes der Kläger die Willkür des Beklagten durch sein Verhalten ausgelöst, so Β I b 1 treffen die Kosten den Kläger, etwa wenn der Beklagte nach BGB § 326 berechtigterweise vom Vertrage zurücktritt und dadurch sich der Klageanspruch erledigt (d. h. unbegründet wird; R G v. 1.3. 1922 V Seuff. 77/156, v. 6.4. 1925 I Seuff. 79/154, Rosenberg Lb. § 79 III 4) oder wenn er dem Beklagten Anlaß gab, wegen seiner ungetreuen Geschäftsführung das Rechtsgeschäft, aus dem er klagte, aufzulösen (vgl. OLG München DRZ 50/280). Wird der Beklagte zur Befriedigung des Klägers gezwungen, so tritt dadurch keine Erledigung ein, und es dürfen die alten Anträge beiderseits weiter verfolgt werden (RG ν. 1. 12. 1930 V I I I E 130/393f.). OLG Hamburg V R S 3/302 = DR IV (410) 61 c hat auch bei Unbegründetheit der Β I b 2 Klage dem Beklagten die Kosten auferlegt, wenn ihn ein Verschulden traf (dagegen aber OLG Celle NdsRpfl. 56/14 zu § 93; vgl. dazu aber § 91 C). Hat die Erledigung keine Partei zu vertreten, so ist wegen der Kosten grundsätzlich B l e so zu erkennen, wie vor dem Eintritt des Ereignisses zu entscheiden gewesen wäre (RG v. 21. 5.1900 IV J W 5071). Hierher gehören die gesetzlich geregelten Fälle der §§ 628, 640, die entsprechend B i e l dann gelten, wenn höchstpersönliche Rechte durch den Tod einer Partei (oder ihre Auflösung) erlöschen. Dasselbe gilt, wenn im Patentverletzungsstreit auf Unterlassung geklagt wird und das Patentrecht durch Zeitablauf (nicht dadurch, daß der Kläger, der es verlängern könnte, es nicht tut, vgl. § 91 a Β I a) untergeht (RG v. 25. 2. 1888 I E 20/430 [432], v. 7. 11. 1900 I J W 8 5 7 " , v. 8. 7. 1921 III J W 22/1450'). R G v. 13. 7. 1904 VII E 58/414f. hat hierher auch den Fall gerechnet, daß während schwebender Anfechtungsklage des Konkursverwalters der Konkurs durch Zwangsvergleich beendet wurde. War der Unterlassungsanspruch ζ. Z. der Klageerhebung begründet, fällt er indes nach Klageerhebung weg, so hat RG v. 8. 5. 1907 VI 381/06 Ν § 91/42 bei Erledigungserklärung des Klägers die Kosten dem Beklagten in entsprechender Anwendung von § 93 auferlegt; beharrte indes der Kläger auf dem Antrag, so trafen ihn die Kosten. Dasselbe hat R G v. 28. 3. 1919 III Warn. 104 bei zeitbedingtem Unterlassungsanspruch nach Ablauf der Frist und Erledigungserklärung des Klägers selbst bei Widerspruch des Beklagten ausgesprochen, ebenso RG v. 12.11. 1903 IV 179/03 + v . 28.2.1905 VII Β 33/05 = Ν §91/31. Ein weiterer Hauptfall ist die Gesetzesänderung (RG v. 19. 8. 1938 I J W 31303", Β I c 2 KG J W 33/861", OLG Düsseldorf JW34/1922 1 ®, Braunschweig HRR 35/1541; a. M. 729

Β I o2

§ 9 1 a

ZPO I . B u c h

OLG Hamburg LZ 26/5986, Naumburg H R R 35/1542, Königsberg H R R 37/1032; vgl. auch R G V. 7. 5. 1937 II J W 2195"). Die frühere Meinung ging hier dahin, dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, wenn durch die Gesetzesänderung die Klage unbegründet wurde (RG v. 21. 5. 1900 I V J W 507 1 , V. 20. 9. 1900 IV J W 726, v. 12.11. 1900 I V 319/00 + v. 19.4.1901 I I I 48/01 = Ν § 91/4, ν. 2. 3. 1901 Υ E 48/48 [50], v. 14. 5. 1901 II J W 483 a , OLG Gera RegBlThür. 47 I I 441). B G H v. 11. 1. 1954 V ZR 23/52, OVG Lüneburg D B 51/759 haben bei ursprünglich begründeter Klage und sofortiger Erledigungserklärung dagegen dem Beklagten die Kosten auferlegt, also § 93 entsprechend angewandt. Vgl. im übrigen L G Hamburg VersR 50/10, OLG Schleswig VersR 50/22, Hamm VersR 50/34, Hamburg VersR 50/34, Stuttgart (Karlsruhe) VersR 50/68. Macht indes der Kläger von einer ihm durch neues Gesetz eingeräumten Befugnis Gebrauch (etwa der des Rücktritts nach MilRegG 63 §20), so muß er diese in sein Wollen gestellte Möglichkeit kostenrechtlich gegen sich gelten lassen nach OLG Oldenburg NdsRpfl. 49/10. Doch hat der Gesetzgeber häufig Sonderregelungen getroffen, die dann den Vorrang vor § 91a haben. Vgl. dazu AufwertungsG § 82, G über die Verzinsung aufgewerteter Hypotheken v. 9. 7.1927 (RGBl. I 171) §18, VHVO § 9 (außer Kraft durch V H G § 2 1 1 4 ) , VO des Zentraljustizamts v. 28. 4. 1949 (VOB1. BZ 367) Art. 2, G über die Leistung aus Pensionsversicherungen v. 11. 6. 1951 (BGBl. I 379) § 4, AG zu Art. 131 v. 11. 5. 1951 § 83 (vgl. dazu B G H v. 20. 5. 1952 I I I ZR 54/51 LM-Ges. z. GG Art. 131 § 63/2). Β I o8

Ein weiterer Fall ist, wenn beide Parteien gemeinsam willkürlich handeln, wie bei einem außergerichtlichen Vergleich über die Hauptsache (OLG Düsseldorf J W 24/1622 16 ), wenn sie sich den Kostenpunkt offenhalten (vgl. § 98). Regeln sie außergerichtlich den Kostenpunkt, so ist — nach erledigter Hauptsache — nur noch nach der Regelung zu erkennen, wenn die Regelung einseitig ist (sonst wird man OLG Düsseldorf JMB1. N R W 52/135, das nach § 91a ohne Beweiserhebung entscheidet, zu folgen haben). Allerdings kann mit dem Vergleich nicht der Kostenanspruch des Streitgehilfen zerstört werden, wenn er dem Vergleich nicht zustimmt, wohl aber erledigt sich im Verhältnis von ihm zur Gegenpartei der Streit in der Hauptsache, so daß dann zwischen ihnen nach § 91a zu entscheiden ist (OLG Hamburg MDR 52/684, das allerdings an die von den Hauptparteien getroffene Kostenregelung im Vergleich anknüpfen will, was nicht angeht, da diese über den Kostenanspruch des Streitgehilfen kein Verfügungsrecht haben).

ΒI c4

Kann indes jede Partei für sich den Erfolg (einer Erledigung) herbeiführen, so kann sich die andere nicht darauf berufen, daß sie ihn nicht herbeigeführt hat, obwohl sie ihn hätte herbeiführen können. Dies gilt zunächst für die Abgabe der Aufrechnungserklärung. Hätte der Kläger schon vor Klageerhebung aufrechnen können, so treffen ihn die Kosten, selbst wenn der Beklagte nach Klageerhebung die Aufrechnung erklärt hat (RG v. 2 4 . 1 . 1902 V I I E 50/389f., OLG Jena 2/162, Hamburg Seuff. 73/85). Widersetzt sich der Kläger der — selbst in zweiter Instanz gebrachten, aber zugelassenen — Aufrechnung und ist der Einwand begründet, so werden ihm auch die Kosten der ersten Instanz auferlegt (RG v. 10. 1. 1905 V I I 266/04 Ν § 91/34, vgl. aber § 97 II). Tritt die Fälligkeit der Gegenforderung erst nach Klageerhebung ein, so wird man sofortige Abgabe der Erklärung fordern müssen (vgl. § 93, abweichend R G v. 12. 4. 1904 V I I E 57/381folg., welches in diesem Falle die Möglichkeit der Aufrechnungserklärung ganz außer Acht läßt). Rechnet der Beklagte nur hilfsweise auf und erkennt der Kläger die Aufrechnung sofort an, so muß er zur Feststellungsklage darüber übergehen, daß die aufgerechnete Forderung (unbedingt) getilgt ist, weil der Beklagte dies bestreitet. Die Kostenentscheidung richtet sich dann nach der Hauptentscheidung (auf seinen alten Antrag berufen darf sich auch hier der Kläger nicht; vgl. dazu Jonas § 9 l A n m . V l c ) ; erkennt der Kläger die aufgerechnete Forderung nicht an, dann entscheidet, wie gewöhnlich, das Unterliegen über die gesamten Kosten. Völlig anders ist es, wenn nur eine Partei aufrechnen konnte, aber nicht aufgerechnet hat ( B G B §§ 390, 393folg.). Über Erledigung bei Zug-um-ZugLeistung vgl. § 92 A I a 2, über die unter Vorbehalt der beschränkten Haftung bei sofortigem Anerkenntnis § 9 3 Β I I : den Erben treffen die Kosten unbeschränkbar, so-

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Prozeßkosten

§ 91a

ΒI c 4

weit sie neu entstehen, also noch nicht in der Person des Erblassers entstanden sind: OLG Köln N J W 52/1145, § 91 Β II b 2. Das entsprechende muß gelten, wenn eine behördliche Genehmigung herbeizuführen ist; sie muß der Kläger herbeiführen, bevor er in den Prozeß geht (vgl. KG ZZP 50/389, 55/407, 408, JW 29/5161, OLG Naumburg ZZP 55/408; a. M. OLG Hamm JW 26/160825). Andererseits sind dem Kläger die Kosten aufzuerlegen, wenn seine Legitimation mit rückwirkender Kraft entfällt (KG JW 21/1754: ein Beschluß des Vormundschaftsgerichts, auf den die Herausgabepflicht des Kindes gestützt wurde, wird im Rechtsmittelzuge aufgehoben). Wird die Klage — entsprechend der Erklärung des Klägers — für erledigt erklärt Β Π statt abgewiesen oder umgekehrt, so ist dies zwar Entscheidung zur Hauptsache (BGH V.12. 7.1956 IZB 3/56, OLG Frankfurt JW 28/74118), doch liegt dieBeschwer derParteien nurin der Kostenbelastung (a.M. BGH v. 12. 7.19561 ZB 3/56, RGv.6.10.1926 V E 114/230 [232], vgl. auch § 4 C III b, § 99 Β I b). In diesen Fällen erkennen BGH v. 22.2.1952 I ZR 49/51, RG v. 7.1.1910 II JW 15118, Β Π a v. 30.9. 1927 III E 118/149f„ v. 15.10. 1930 V 295/29 Ν § 546/160, v. 26.9. 1934 V J W 35/278®, OLG Frankfurt J W 26/1036" die Kostenbelastung als Beschwer an, berechnen danach aber die Zulässigkeit des Hauptrechtsmittels (dagegen RG v. 26. 9. 1901 VI 224/01 Ν §546/19, ν. 22. 12. 1906 V E 65/35, v. 20. 3. 1907 V 338/06 Ν §5 46/71, Rosenberg Lb. § 79 III 4, die den Erledigungsstreit voll nach dem Wert der Erledigung berechnen; bei einverständlicher Erledigung wurde die Beschwer stets nur im Kostenwert gesehen: RG v. 9. 10. 1901 I 174/01 Ν § 546/22). Erkennt man dagegen die Kostenlast als Beschwer an,so darf nur noch nach §§ 91 a II, 99 II in entsprechender Anwendung die sofortige Beschwerde als Rechtsmittel, nicht aber Berufung oder Revision zugelassen werden. Das entsprechende gilt, wenn nur noch über die Kosten gestritten wird, ohne daß die Hauptsache für erledigt erklärt wird (a. M. OLG Schleswig SchlHA 52/9: hier sei nur die Berufung zulässig). Anders ist die Rechtslage, wenn die Erledigung selbst erst in der höheren Instanz Β Π b erklärt wird (und werden kann, mag das Ereignis auch zwischen den Instanzen eingetreten sein). Dann ist noch die alte Beschwer maßgebend, und es wird über die Kosten aller Instanzen nach den oben geschilderten Grundsätzen entschieden (vgl. RG v. 28.3. 1919 III Warn. 104, v. 6.10.1926 V E 114/230 [232], ν. 10. 12.1928 VI ZZP 55/129). Tritt die Erledigung gerade in der Zwischeninstanz (nach Erlaß des Erkenntnisses Β Π o der Vorinstanz und vor Einlegung des Rechtsmittels) ein, so kann wegen des Kostenpunkts allein ein Rechtsmittel nicht eingelegt werden, zur Hauptsache aber nicht, weil insoweit keine Beschwer gegeben ist; das dennoch eingelegte Rechtsmittel ist unzulässig (BGH v. 24. 6. 1953 II JR 385, vgl. aber § 99 Β I b 2). Wird dagegen vor Erlaß des angefochtenen Urteils befriedigt (etwa zum Teil), dies aber nicht im Antrag berücksichtigt und deshalb trotz Befriedigung voll zuerkannt, so bleibt die volle Beschwer (RG v. 8.12. 1904 IV Β 409/04 Ν § 546/50). Erkennt der Beklagte den Erledigungsantrag des Klägers an (das Gesetz spricht von C •der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien), so wird über die Erledigung zur Hauptsache nicht entschieden (RG v. 6. 10. 1926 V E 114/230 [232]), sondern nur über die Kosten nach § 91a 11, also selbst dann, wenn die Hauptsache gar nicht erledigt ist (a. M. OLG Frankfurt N J W 53/949). Über die Erledigung vor Rechtshängigkeit vgl. § 91a A l i b i . Die Vorschrift ist noch in der Rechtsmittelinstanz, auch in der Revisionsinstanz, anzuwenden (BGH v. 12.10.1951 V ZR 39/50 MDR Β 57/52), vorausgesetzt, daß das Rechtsmittel wirksam eingelegt worden war (vgl. RG v. 10.12.1941 GSZ E 168/355f.), was von Gerichts wegen zu prüfen ist. Keine Erledigungserklärung des Beklagten liegt vor, CI wo der Beklagte den ursprünglichen Anspruch anerkennt (§ 307; dann ist §93 anzu- C í a -wenden) oder wenn er ihm nachkommt und deshalb auf Klageabweisung besteht (vgl. § 91a Β I b), denn die Gefahr der Kostenbelastung kann den Beklagten dazu zwingen,

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Cía

§

9 1 a

Z P O I.Buch

den Kläger zu befriedigen und so die Erledigung der Hauptsache herbeizuführen ( R G v. 22.12. 1906 Υ E 65/35 [36], v. 13. 4. 1916 I V Warn. 17/250). Ciel

Soweit nach § 75 zu verfahren ist, bleibt § 91a I 1 ebenfalls außer Betracht (§ 75 A I V c). Gibt aber der unmittelbare Besitzer im Rechtsstreit des Eigentümers mit dem mittelbaren dem Eigentümer den Streitgegenstand heraus, so ist der Streit i. S. des § 91a erledigt ( O L G Köln M D R 54/45).

CI a 2

Haben sich die Parteien über den Hauptanspruch verglichen, so ist § 98 — nicht § 91 a 11 — anzuwenden; denn nur eine bestimmte anderweite Kostenvereinbarung hebt den § 98 auf und diese schließt wieder § 91 a 11 aus (a. M. O L G Stuttgart N J W 53/948, Nürnberg BayJMBl. 53/205).

CIa8

§ 91a ist ferner dort nicht anzuwenden, wo in der Hauptsache zu entscheiden ist, weil das Offizialprinzip herrscht, auch wenn die Parteien übereinstimmen (vgl. § 128 Β I I I d 2, O L G Hamm JMB1. N R W 50/123; a.M. für den Fall, daß die Anfechtungsklage des Vaters sich dadurch „erledigt", daß der Staatsanwalt eintritt und auf seinen Antrag die Unehelichkeit des Kindes festgestellt wird: OGH v. 10. 3. 1950 I I E 3/198 [203]; hier erledigt sich aber gar nicht die Klage; der B G H hat deshalb zu Recht dem Beklagten die vollen Kosten auferlegt: B G H v. 3.4. 1952 I V Z R 141/51 L M — B G B § 1595a/l). Vgl. aber darüber, ob in solchen Fällen § 93 a entsprechend anzuwenden ist, § 93a B.

CI b

War ein Rechtsstreit, der eine auf MSchG § 2 gestützte Klage zum Gegenstand hatte, nach MSchG § 11 auegesetzt, so wird, falls die Fortsetzung des Verfahrens nicht (rechtzeitig) beantragt wird (MSchG § 11 I V ) , die Hauptsache für erledigt erklärt, dabei sind dann die Kosten regelmäßig gegeneinander aufzuheben. Nur im Falle des MSchG § 11 V dürfen nach „Billigkeit" die Kosten dem Vermieter ganz oder zum Teil auferlegt werden. Die Anfechtung dieser Kostenentscheidung ist unzulässig (MSchG § 11 V I 3).



Eine Bindung an die Erledigungserklärung sollte man wie beim Anerkenntnis bzw. Geständnis annehmen ( O L G Hamm JMB1. N R W 50/123 hält sie dagegen für frei widerruflich). Die schriftsätzliche Erklärung genügt nur im schriftlichen Verfahren (§128 I I ) , sonst muß sie in mündlicher Verhandlung gegeben werden (OLG Celle M D R 54/302 mit dem Hinweis, daß das Einverständnis, schriftlich zu entscheiden, widerrufen werden konnte; dies ist nach der hier vertretenen Ansicht nicht der Fall, sofern die Erledigungserklärung wirkt).

C ΠΙ

Trotz anerkannter Erledigungserklärung kommt es zur Kostenentscheidung nur, wenn (wenigstens) eine Partei dies beantragt, nicht aber, wenn die Parteien übereinstimmend erklären, daß auch die Kostenanträge erledigt sind (was wirksam erst nach Erledigung der Hauptsache, von der sie abhängen, geschehen kann) oder wenn sie sich über diese gerichtlich vergleichen oder außergerichtlich verglichen haben (vgl. § 91 a Β I c 3). Die Erledigung im Kostenpunkt kann sich auch daraus ergeben, daß alle Kosten bezahlt sind oder wenn überhaupt keine erstattungsfähigen Kosten entstanden sind ( O L G Kiel 43/137) oder die entstandenen durch Aufrechnung getilgt sind ( O L G Hamburg H R R 33/1617). Andererseits besteht schon dann noch Streit, wenn die Parteien nur noch über einige Kostenansätze streiten ( O L G Jena 40/354a, Stuttgart 42/10; a . M . O L G Naumburg 20/316, Nürnberg 40/354 b).

CIV

Die Anhörung der Parteien ergibt sich daraus, daß sie gemeinschaftlich den Streit in der Hauptsache für erledigt erklären müssen. Weitere Erklärungen brauchen nicht abgewartet zu werden (a. M. R G v. 30. 7. 1943 V I E 171/274 [276] = D R A U l i 2 0 , Rosenberg Lb. § 79 I I I 4, Schönke § 91a I I I 1 : auf Grund mündlicher Verhandlung). Zu entscheiden ist nach Aktenlage; an sich sollte nicht neu verhandelt werden, es sollten aber auch keine neuen Beweise erhoben werden (OLG Schleswig SchlHA 50/45). Dennoch kann aus der Verletzung dieser Bestimmung nichts hergeleitet werden. Ver-

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Prozeßkosten

§ 9 1 a civ

säumnisentscheidungen gibt es hier nicht. Andererseits darf keine Entscheidung nach § 91 a erlassen werden, wenn eine Partei säumig ist und ihr Anerkenntnis der Erledigung nicht vorliegt (vgl. O L G Düsseldorf JMB1. N R W 54/117, das hier die Berufung gegen ein — streitiges — Kostenurteil geben will, vgl. dazu § 511 Β I V über die Anfechtbarkeit inkorrekter Entscheidungen). Entschieden werden soll nach billigem Ermessen von der Instanz, welche mit dem D Rechtsstreit befaßt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß (§ 91a I 2). D i e Gerichte pflegen dann im allgemeinen sorgfältig abzuwägen und zu begründen, D I wer unterlegen wäre (vgl. B G H v. 24.10. 1951 I I E 3/248 = N J W 52/100, O G H v. 10. 3. 1950 I I E 3/198 [203]; O L G Schleswig S c h l H A 50/45; O L G Braunschweig NdsRpfl. 50/172 für den Arrestprozeß; doch will B G H v. 10.1.1951 I I N J W 360 11 die Erwägungen nach §93 außer acht lassen, vgl. dazu § 9 1 a A I b l ) . K o m m t man bei noch ungeklärter Sachlage zu keinem Ergebnis, wer unterlegen wäre, so sollte man die Kosten teilen. Ein begründeter Beschluß ist nur dort erforderlich, wo er mit der sofortigen Beschwerde angreifbar ist. Dagegen ermöglicht § 91 a es — abgesehen von dem Fall des § 293 — nicht, eine Rechtsfrage ungeklärt zu lassen (a. M. B G H v. 18. 2.1954 I I I N J W 1039 = JZ 361 = M D R Β 667/54). Gegen die Entscheidung des Amts- oder des Landgerichts erster Instanz ist die D Π sofortige Beschwerde zulässig ( § 9 1 a I I ) , falls der Beschwerdewert 50 D M übersteigt (§ 567 I I ) . Gegen die der Oberlandesgerichte (§ 567 I I I ) , des B G H , des B V G gibt es keine sofortige Beschwerde. Eine weitere (sofortige) Beschwerde ist unzulässig (§ 568 I I I , O L G Celle N d s R p f l . 54/85). Dies gilt auch, wenn die Entscheidung statt durch Beschluß durch Urteil ergangen ist (vgl. § 99 I I ) . Gegen die zweitinstanzliche Entscheidung des Landgerichts ist kein Rechtsmittel zugelassen; denn diese Vorschriften setzen voraus, daß auch die Hauptsache mit einem Rechtsmittel angreifbar gewesen wäre, wenn sie nicht erledigt wäre (vgl. § 99 I ; O L G Schleswig SchlHA 52/188, Celle N d s R p f l . 48/193, Nürnberg B a y J M B l . 53/205, Braunschweig NdsRpfl. 51/120; vgl. R G v. 16. 5. 1904 V S Z E 57/310 f. und O L G Celle NdsR p f l . 54/85 im Vollstreckungsschutzverfahren gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts). Die sofortige Beschwerde unterliegt, wenn sie bei dem O L G eingelegt wird, dem Anwaltszwang, wie auch wenn sie bei dem L G eingelegt wird, gegen dessen Entscheidung sie sich richtet (so daß dann ein am L G zugelassener Anwalt sie einlegen muß, nicht der am O L G zugelassene: O L G Stuttgart N J W 54/273); gegen die Entscheidungen des A G besteht kein Anwaltzwang nach § 78 I I für die Einlegung der Beschwerde. Die Rechtsmittelfrist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, gleichviel ob er auf mündliche Verhandlung oder im schriftlichen Verfahren erlassen wurde ( O L G Stuttgart N J W 54/273) und selbst wenn er auf Grund mündlicher Verhandlung hätte verkündet werden sollen, aber nur zugestellt worden ist (a. M. L G Kiel S c h l H A 53/152). Soweit danach die Beschwerde zulässig ist, ist der Gegner zu hören (§ 91a I I 2).

D ΠΙ

Danach entscheidet das Beschwerdegericht nach Aktenlage — ohne Beweiserhebung D I V und ohne Berücksichtigung des neu vorgetragenen, aber bestrittenen Streitstoffes ( O L G Schleswig SchlHA 50/45) nach seinem billigen Ermessen. Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren haben die V G G für Bayern und Hessen E eine dem §91 a entsprechende Regelung getroffen ( V G G §128 11), ebenso das südbadische V e r w R p f l G § 1 3 ; aber auch sonst wird § 91a entsprechend angewandt; dies folgt aus BVerwaltungGG § 26 (vgl. auch den in BVerwaltungGG § 1 9 I I geregelten Erledigungfall), V G G § 34 (vgl. V G H Bremen DVBI.52/637), R h - P f . V G G § 3 7 ; im Geltungsbereich der B M i l R e g V O 165 vgl. ihren § 99 ( O V G Hamburg M D R 49/57 8 23s , O V G Münster M D R 52/187116, OVG Lüneburg E O V G 4/153).

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ZPO I. Buch

§

(88)

I

Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. II Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozeßkosten auferlegen, wenn die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine besonderen Kosten veranlaßt hat oder wenn der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ausmittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war. I Nov. 98. A I a 1 2 3 b 1 2 3 II a 1 2 3 4

A

§ 92 als Anwendungsfall des § 91 Unterliegen in der Endentscheidung Verhältnis von Antrag zu Erkenntnis Teilsieg Verhältnis sich überlagernder Werte, im besonderen bei Haupt- und Hilfsantrag Verhältnis zu mehreren Streitgenossen Aufteilung der Kosten Aufhebung der Kosten verhältnismäßige Teilung verbotene Teilung Parteiseitenteilung den Obsiegenden treffen keine Kosten Regelfälle Ausdehnung auf sonstige Fälle bei Streitgehilfen bei Seitenwechsel der Streitgehilfen

b

Teilung außergerichtlicher und der Gerichtskosten 1 bei inkorrekter Entscheidung 2 bei gemeinschaftlichen Kosten c Entscheidungszeit Β § 92 II I Ermessensentscheidung II Anwendungsbereich a Geringfügigkeit der Zuvielforderung b bei Ermessensentscheidungen III Alle Verfahrensarten C Arbeitsgerichtsverfahren D Verwaltungsgerichtsverfahren E Steuerverfahren

§ 92 ist ein Anwendungsfall des § 91.

AI

Abgestellt wird es dabei nur auf die Endentscheidung, nicht wie es zu ihr gekommen ist (Unterliegen in Zwischenentscheidungen ist gleichgültig, RG v. 3. 10. 1929 V i l i E 126/18 [20]). Es ist also auch hier gleichgültig, ob die Partei nur mit einem von mehreren Verteidigungsmitteln durchgedrungen ist (auf sie ist aber u. U. § 96 anzuwenden) oder ob die Klage erst nach Klageerhebung durch späteren Eintritt von Tatsachen schlüssig geworden ist bzw. durch den Wegfall dieser unbegründet geworden ist, was auch im Fall der Aufrechnung gilt.

Ala

Das Obsiegen wird stets nur gemessen am Verhältnis von Antrag zu Urteilsspruch. Über den Begriff des Antrags vgl. § 253 G III; soweit nur der geltend gemachte Anspruch besonders erläutert wird (etwa in Form eines Feststellungantrags, während aber die Feststellung gar nicht begehrt wird, vgl. § 3 Β III c 1), ist dies nicht zu beachten, gleichviel ob darüber ein Ausspruch ergangen ist (RG v. 3. 10. 1929 Vili E 127/18f.) oder nicht. Über den Antragswert vgl. §§3 folg. ; doch kommt es nur auf den Gebührenwert (nicht auf den Streitwert) an, vgl. zu den Begriffen §§ 2 D, 3 Β I a 4. Bei einem nicht bezifferten Anspruch ist sein wahrer Wert zu berücksichtigen (RG ν. 1. 4. 1933 V E 140/211). Nebenforderungen spielen keine Rolle (§ 4, GKG § 15), so daß es gleichgültig ist, ob bezüglich dieser — unselbständigen — Nebenforderung die Partei obsiegt oder unterliegt (a. M. die h. M., Jonas § 92 Anm. I, Sydow-Busch § 92 Anm. 2 unter Hinweis auf RG v. 23. 3. 1888 IV JW 1771).

Alai

Wird ein so zu begrenzender Teilsieg erzielt (der Bruchteil eines Zahlunganspruchs oder von mehreren Klageforderungen wird nur ein Teil zuerkannt), so liegt ein Fall des § 92 I vor. Auch bei ungleichem Obsiegen sind die Kosten zu verteilen (RG v. 9. 2. 1917 VII 366/16 + v. 2. 2. 1926 III 75/25 = Ν § 92/12), soweit nicht § 92 II Platz greift. Dies gilt auch, wenn Klage und Widerklage abgewiesen werden oder beiden stattgegeben wird (RG v. 8. 4.1913 III JW 69614) oder wenn der (Patent-)Unterlassungsklage 734

Prozeßkosten

§

ÖäAIal

stattgegeben, aber die Schadensersatzklage abgewiesen wird (RG v. 8. 5. 1901 I 98/01 Ν § 92/3) oder auch bei wechselseitig eingelegten Rechtsmitteln, weil sie kostenmäßig nur Rechnungsposten sind (GKG § 13) aber auch wenn die Klage nur gegenüber einem Teil •der streitgenössischen Beklagten abgewiesen oder nur einigen streitgenössischen Klägern etwas zugesprochen wird (vgl. dazu § 100 Β II). Die Mitschulderklärung des Klägers im Ehestreit stellt stets ein Unterliegen im Hauptanspruch dar, auch wenn sie nur auf einen Mitschuldantrag hin (EheG § 52 III) ausgesprochen worden ist (RG v. 21.5.1906 IV JW426 11 , OLG Stuttgart JW 20/91521f.) und sogar wenn der insoweit Obsiegende für überwiegend schuldig erklärt wurde (RG v. 6.1. 1940 IV DR A 5783; hier werden die Kosten 2:1 geteilt, RG v. 3. 7. 1939 IV E 160/392, v. 6. 1. 1940 IV DR A 5783). Wird gar der Hauptantrag abgewiesen, dem Hilleantrag aber stattgegeben, so ist nur» A I a 2 wenn der Hauptantrag höherwertig war, der Mehrkostenteil dem Kläger aufzuerlegen (RG v. 1. 5. 1902 IV JW 3594, v. 31. 1. 1927 IV JR Β 743, ν. 19. 3. 1906 IV 437/05 Ν §92/7, v. 16. 1. 1911 IV Recht 1161; a. M. LG Münster JMBl. NRW 52/7). Dringt der Kläger nur mit einer zukünftigen Leistung an Stelle der in erster Linie geforderten gegenwärtigen durch, so ist bei gleichem Kostenwert und mangelndem sofortigen Anerkennen des Beklagten (§ 93 Β II) kein kostenmäßiges Unterliegen des Klägers festzustellen (a. M. Jonas §92 Anm. I, OLG Hamburg 17/313) ; dasselbe gilt bei einer bedingten Verurteilung an Stelle der unbedingt geforderten (etwa der auf Leistung Zug um Zug nach BGB §§274 I, 322 I: RG v. 6. 3. 1915 V Recht 1365, OLG Kassel 40/359, KG KGB1. 07/29; a. M. RG v. 24. 4. 1941 II DR A 195912, wenn über die Berechtigung der Zug-um-Zug-Leistung gestritten wurde; KG OLG 17/110, KGB1. 07/29, OLG Kassel 40/359) oder der Verurteilung unter Vorbehalt nach §§ 305, 780, immer vorausgesetzt, daß der Beklagte nicht ein hierauf gerichtetes, sofortiges Anerkenntnis abgegeben hatte (vgl. § 93 Β 11 ) oder wenn die Zurückbehaltung usw. überhaupt nur in Streit war. Bei Räumung — und Mietaufhebungsklage unterliegt der Beklagte schon durch die Räumungsklage, so daß die Abweisung der Mietaufhebungsklage kostenmäßig nicht in das Gewicht fällt (LG Hagen JMBl. NRW 49/134). Dies gilt auch, wenn nur der dingliche, nicht aber zugleich der persönliche Arrest angeordnet wird (OLG Nürnberg J W 25/836β7, SydowBusch § 92 Anm. 1; a. M. Jonas § 92 Anm. 1). Das entsprechende gilt bei einstweiligen Verfügungen, zumal hier das Gericht nach § 938 freier gestellt ist (OLG Karlsruhe BadRPr. 1935/4). Uber die Folge der Klageänderung vgl. § 91 C I b (hier will LG Münster JMBl. NRW 49/262 die Kosten der geänderten Klage dem Kläger auferlegen, wenn vor Änderung erhebliche Kosten entstanden sind). Wird eine als Gesamtschuldner in Anspruch genommene Mehrheit von Streitge- A I a 3 nossen nur nach Köpfen anteilig verurteilt, so ist zu prüfen, ob insoweit Mehrkosten dem einzelnen entstanden sind. Dies wird zu verneinen sein (so schlechthin BayObLG Seuff. 50/277), wenn die Streitgenossen durch einen Anwalt vertreten sind (vgl. RAGebO § 51), zu bejahen dagegen (so schlechthin Jonas § 93 Anm. I), wenn sie durch mehrere Anwälte vertreten waren. Am gerechtesten wäre die mathematische Aufteilung der Kosten nach dem anteiligen A l b Sieg; nach BGH v. 7. 4. 1952 IV ZR 93 + 102/51, RG ν. 1. 7. 1938 III J W 2767" entscheidet indes freies Ermessen, wobei auch das Verhalten der Partei im Rechtsstreit zu berücksichtigen sei (so auch RG v. 16. 3. 1889 V JW 1685, v. 7. 1. 1896 VI JW146 4 , v. 23.6. 1926 III JR Β 1754, OLG Düsseldorf VRS 2/370); dieses letzte Moment ist aber nicht zu billigen; im besonderen kommt es auf mangelndes Verschulden nicht an (RG v. 11. 1. 1901 VII JW 1202). Die Willkür sollte man weitgehend zurückdämmen und dem Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen wenigstens im groben Rechnung tragen. Gegeneinander (d. h. Teilung der Gerichtskosten und keine Erstattung der außer- A l b i gerichtlichen) aufheben darf das Gericht die Kosten nur, wenn dies dem ungefähren Verhältnis von Sieg und Niederlage entspricht. Das Halbieren der Kosten (bei dem nicht bloß Gerichtskosten, sondern alle überhaupt entstandenen Kosten geteilt werden) ist bei am gleichen Ort ansässigen Parteien unangebracht. Darüber hinaus hebt die Praxis auch sonst lieber gegeneinander auf, als daß sie teilt. 47

Wieczorek, ZPO. I.

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§

9 2

ZPO I. Buch

AI b2

Entspricht das Verhältnis von Sieg und Niederlage nicht der Aufhebung der Kosten, so sind sie verhältnismäßig zu teilen. Die verhältnismäßige Teilung nach Bruchteilen ist die Regel, doch darf einer Partei auch eine Summe, der anderen der Rest auferlegt werden.

AI b8

Andere Teilungen als nach Quoten oder auch summenmäßiger Abteilung sind unzulässig ( R G V. 22. 1. 1909 II Recht 859). Mit dem System der Kostengesetze ist es unvereinbar, nach Zeitabschnitten innerhalb der Instanz zu teilen (RG v. 27. 2. 1903 II BadRPr. 318; a. M. OLG Karlsruhe 5/168), wie die Kosten der Klage von denen der Widerklage zu trennen (RG v. 2. 2. 1891 VI Seuff. 47/228, v. 13. 1. 1897 I J W 106 6 f„ v. 30. 9. 1904 II 262/04 Ν § 92/6, ν. 8. 4. 1913 I I I J W 696 1 4 , OLG Karlsruhe 7/286) oder die Kostengrundentscheidung wie folgt zu formulieren: Berufungsbeklagter hat die Kosten zu tragen mit Ausnahme der durch die ursprünglich ungerechtfertigte Ausdehnung des Rechtsmittels durch den Berufungskläger entstandenen (RG v. 22. 1. 1909 II Recht 859).

ΑΠ

Besonderheiten ergeben sich, wenn eine Parteiseite zum Teil obsiegt, zum anderen unterliegt, während die anderen Parteien teils obsiegen, teils unterliegen bzw. wenn dem bei beiden Parteiseiten so ist. Dies gilt auch, wenn der Prozeß nach § 147 verbunden worden ist, so daß dann einheitlich über die Gesamtkosten (wenn nicht Fälle der §§ 95, 96 vorliegen) zu entscheiden i s t ( R G v. 20.10.1899 I Β 6/99 + ν. 12.12.1900 I 283/00 = Ν § 92/2).

ΑΠ a

Dann dürfen den, der voll obsiegt, grundsätzlich keine Kosten treffen. Im Verhältnis zu dem Unterliegenden müssen indes die alle gemeinsam beschwerenden (Gerichts-) Kosten nach § 92 mit dem Obsiegenden geteilt werden, der gegenüber einem anderen unterliegt (BGH v. 15. 1. 1953 VI E 8/325 = N J W 618 = J R 138). in den meisten Fällen wird gegen mehrere Beklagte unterschiedlich entschieden werden. Sind zwei Beklagte verklagt und wird der Klage gegen einen stattgegeben, sie gegen den anderen abgewiesen, so sind die außergerichtlichen Kosten des obsiegenden Beklagten dem Kläger aufzuerlegen (ohne den Tenor: die außergerichtlichen Kosten des Beklagten A trägt der Kläger, fehlt für den Beklagten A der zur Kostenfestsetzung erforderliche Titel: OLG Colmar 13/107, Hamburg 33/42f.), die Gerichtskosten und die außergerichtlichen des Klägers aber zwischen dem Kläger und dem unterlegenen Beklagten nach Bruchteilen zu teilen, und zwar im Verhältnis von 1 : 1 (etwa mit der Formulierung: die Hälfte der Gerichtskosten und seiner außergerichtlichen Kosten trägt der Kläger, die andere Hälfte der Gerichtskosten und die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers fallen dem Beklagten Β nebst seinen eigenen außergerichtlichen zur Last, vgl. dazu OLG Braunschweig 11/173, Colmar 17/120, Hamburg 33/42) bei sonst gleicher Beteiligung (RG v. 6. 5. 1924 II 650/23 Ν § 92/16; a. M. B G H v. 7. 5. 1954 V ZR 98/53, insoweit nicht abgedruckt in N J W 1200, das den Duldungsanspruch erheblich geringer bewertete, BGH v. 11. 1.1954 V ZR 23/52 bewertete ihn mit 7 1 0 ; vgl. dazu § 3 Β I I I b 1). Würde bei drei Beklagten die Klage gegen zwei abgewiesen, gegen einen stattgegeben, so wären dem Kläger — neben den außergerichtlichen Kosten der Obsiegenden — die Gerichtskosten zu 2 / 3 aufzuerlegen (RG v. 14. 3. 1904 VI Β 56/04 Ν § 92/5). Dagegen wäre es inkorrekt, so über die Kosten zu entscheiden, daß sie dem unterlegenen Beklagten auferlegt werden, soweit sie nicht durch die Klage gegen den anderen entstanden sind (RG v. 5. 3. 1897 I I I E 39/383, ν. 25. 4. 1898 VI E 41/399f., ν. 5. 4. 1900 VI J W 411 3 , v. 20. 1. 1904 V 452/03 Ν § 92/1, ν. 13. 2. 1908 VI Gruch. 52/1016).

ΑΠ a1

Alla2

Das entsprechende gilt, wenn von mehreren Klägern einer unterliegt, der andere obsiegt und wenn auf beiden Seiten sich solche Mischfälle ergeben. Immer ist darauf zu achten, daß die Kostengrundentscheidung den Obsiegenden von seinen außergerichtlichen und den Gerichtskosten freistellen muß.

ΑΠa3

Der selbständige Streitgehilfe (§ 69) folgt dabei kostenmäßig der Partei, welcher er beigetreten ist (§ 101 I I ) ; ist er mehreren Parteien derselben Parteiseite beigetreten, so gehören zu seinem Obsiegen das aller Parteien, deren selbständiger Streitgehilfe er ist; allerdings kann der Fall, daß er sowohl einer obsiegenden wie einer unterliegenden Partei

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Prozeßkosten

§ 93

ΑΠα3

als selbständiger Streitgehilfe angehört, bei richtiger Entscheidung nur dann praktisch werden, soweit die mehreren Streitgenossen nicht untereinander notwendige sind (§ 62), womit der Fall des § 69 entfällt. Unterstützt der Streitgehilfe mehrere teils obsiegende, teils unterliegende Parteien, so ist § 92 entsprechend anzuwenden. Ob dabei die Entscheidung gegen die mehreren Streitgenossen einzeln (KG OLG 27/50) oder zusammen ergeht, ist gleichgültig. Darüber, ob in solchen Fällen sogleich über die Kosten zu entscheiden ist, wenn ein Streitgenosse vor den übrigen aus dem Streit in der Hauptsache ausscheidet, vgl. § 99 Β II a 1; § 61 Β II, § 75 A IV c, § 76 Β III b; bei dem Ausscheiden durch Vergleich sah sich RG v. 31. 5. 1899 V Gruch. 43/1221 f. nicht in der Lage, über die auf diesen entfallenden Kosten sogleich mitzuentscheiden (anders OLG Braunschweig 20/309); das entsprechende gilt nach OLG Frankfurt JW 28/74017 in dem Falle, wo gegen einen Streitgenossen die Klage zurückgenommen wurde, während gegen den anderen die Klage anhängig blieb (hier könnte man nur durch Kostenteilentscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Ausscheidenden befinden). Für die unselbständigen Streitgehilfen gilt das entsprechende, wenn sie mehreren Parteien derselben Parteiseite beigetreten sind, von denen ein Teil obsiegt, ein anderer unterliegt. Wechselt der (unselbständige) Streitgehilfe die Parteiseite, so scheidet er mit dem A II a 4 Wechsel aus dem Streit aus und kann damit aus seiner bisherigen Parteistellung keinen Kostenanspruch mehr fordern, gleichviel welche Partei obsiegt. Maßgebend sind nur die letzte Parteiseitenstellung im Prozeß und die dafür entstandenen Kosten. Das Verhältnis der Streitgenossen zueinander ist nicht im Rechtsstreit befangen, es A H b darf auch nicht in der Kostengrundentscheidung geregelt werden (RG v. 15. 6. 1895 II JW 38319, v. 19. 11. 1897 III JW 98/12 32 f„ OLG Dresden Seuff. 65/129). Die Kostenfestsetzung gegen den unterlegenen und für den obsiegenden Streitgenossen ist grundsätzlich getrennt durchzuführen (KG JW 37/166228, OLG Düsseldorf JMB1. NRW 56/6). Hier ergeben sich indes Schwierigkeiten, wenn gemeinschaftliche Kosten — entweder durch inkorrekte Entscheidung oder weil sie so entstanden sind — aufzuteilen sind, die sowohl den obsiegenden wie den unterlegenen Streitgenossen treffen, selbst wenn für den einzelnen gar keine besonderen Kosten entstanden sind (RG v. 25. 4.1898 VI E 41/399 [400]). Bei nicht gemeinschaftlichen Kosten, etwa wo der Anwalt für einen Streitgenossen eine besondere Tätigkeit entwickelt hat (RAGebO § 3 I 2, RG v. 22. 5. 1897 I JW 3426 zugunsten des obsiegenden; RG v. 6. 7. 1900 II JW 6508 zu Lasten des unterliegenden Streitgenossen), kommt es zu dieser Problematik nicht. Bei inkorrekten Kostengrundentscheidungen muß man im Kostenfestsetzungsver- A l i b i fahren auseinanderrechnen (RG v. 25.4.1898 VI E 41/399Í., KG JW 31/2044", JW 39/362", OLG Braunschweig 30/309, Dresden JW 38/3134", SächsAnn. 21/454; a. M. KG JW 22/499«: regelmäßig nach Kopfteilen, doch wollen RG v. 6. 7. 1900 II JW 6508, KG JW 38/2766«, DR 39 A 32513 bei wesentlicher Verschiedenheit die Mehrkosten absetzen). Dies gilt im besonderen, wenn die Parteien sich wegen der Kosten so verglichen haben, wie man korrekt nicht hätte entscheiden dürfen (OLG Hamm HRR 41/138). § 100 II, III dürfen hierbei aber nicht berücksichtigt werden, da diese Last nur durch den Kostenanspruch begründet werden darf, nicht durch eine Festsetzung (RG v. 30. 9. 1886 IV JW 3143); in zweiter Instanz kann dies bei dem, der am Rechtsmittel nicht beteiligt ist, nicht nachgeholt werden (vgl. RG v. 12.11. 1896 VI JW 687», v. 6. 10. 1899 II JW 7021'). Rechnet man bei inkorrekten Entscheidungen auseinander, so gibt es keine gemeinschaftlichen Gerichtskosten mehr. Daß hier auch der Obsiegende die Zahlung nachweisen muß, darüber vgl. § 91 E II a (KG JW 35/3042); sind sie aber gezahlt, so braucht nach der hier vertretenen Auffassung jedenfalls nicht nachgewiesen zu werden, mit wessen Mitteln dies geschehen ist (KG JW 33/17346, 38/118642). Auch soweit bei den Kosten des Gegners sich Unklarheiten bei inkorrekten Entscheidungen ergeben, sind sie im Kostenfestsetzungsverfahren zu bereinigen. Entstehen für den obsiegenden wie für den unterliegenden Streitgenossen gemein- Α Π b 2 schaftliche Kosten (etwa die Anwaltskosten nach RAGebO § 51 11), so haftet jeder von 47*

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A II b 2 §

9 £

ZPO I. Buch

ihnen dem Anwalt als Gesamtschuldner (RAGebO § 3, BGB § 421). Inwieweit sie im Innenverhältnis untereinander haften, ergibt sich nach außerprozessualem Recht (vgl. BGB § 426) ; das kann ergeben, daß der eine für alle Kosten aufzukommen hat oder auch, daß sie zu verteilen sind. Streitig ist, wie dann bei der Kostenfestsetzung zu verfahren ist. Wer es nur darauf abstellen will, daß das Innen Verhältnis der Streitgenossen weder bei der Kostengrundnoch bei der Kostenhöheentscheidung zu berücksichtigen ist, läßt der obsiegenden Partei grundsätzlich wegen ihrer gesamtschuldnerischen Haftung alle Anwaltskosten ersetzen (RG v. 3. 12. 1897 III JW 98/45», OLG Naumburg DR 39 A 326", BGH v. 12. 2. 1954 I N J W 120010 = MDR Β 856/54, OLG Düsseldorf JMB1. NRW 56/6, LG Landau N J W 53/1596). Dabei wird dem Gegner nicht einmal die Befugnis eingeräumt, den Ersatz der Kosten von der Abtretung der Ausgleichsansprüche abhängig zu machen (KG JW 31/1116", 37/24632, OLG Kiel J W 35/291446, JVB1. 37/231, Breslau JW 33/54332, Naumburg JW 31/383528, Hamm JW 33/53920, Dresden DR 39 A 146230, SächsA 39/206, MDRRAK 40/2710, HRR 41/828). Der Gegner kann auch nicht etwa die dem obsiegenden Streitgenossen erstatteten Kosten auf dem Wege der Kostenfestsetzung vom unterlegenen Streitgenossen ganz oder zum Teil erstattet verlangen (OLG Naumburg D R 3 9 A 32614). Die entgegengesetzte Meinung stellt es dagegen darauf ab, daß dem Obsiegenden voller Kostenersatz zukomme, soweit ihm im Innenverhältnis der Unterliegende sie zu ersetzen hat. Da er — und nicht sein Gegner — es in der Hand hatte, diese Verbindung einzugehen, ist es zu rechtfertigen, ihn darauf zu verweisen. Schließlich hat er ja auch, wenn er unterliegt, das Risiko, daß er sich nicht am anderen Streitgenossen erholen kann, zu tragen. Sodann erhält der Obsiegende nur die anteil-(kopfteil-)mäßige Erstattung der gemeinschaftlichen Anwaltskosten (KG JW 33/10754, JVB1. 32/112; hierbei aber ohne jeden weiteren Nachweis; RG v. 23.11. 1892 V JW 93/135, v. 15.4. 1893 I Gruch. 37/1247, v. 13. 7. 1893 V I E 31/406 [409], ν. 5. 3. 1897 III E 39/383f., ν. 3. 12. 1897 III JW 98/453, OLG München Rpfl. 50/374 m.N., Hamm JMB1. NRW 50/176; bei mehreren nach dem Kopfteil: RG v. 5. 3. 1897 III E 39/383f„ KG DR 39 A 32513, OLG München Rpfl. 50/374, Hamm JMB1. NRW 50/176, OLG Hamburg JW 33/55363, wo ein Armenanwalt mehrere Streitgenossen vertreten hat) ; dem entspricht es, daß KG JW 37/246 Si , JW 38/331125 bei einer Klage gegen den Mann auf Duldung und gegen die Frau auf Leistung, wo im Innenverhältnis der Mann auch die Kosten der Frau zu tragen hatte, dem Obsiegenden entgegenhalten ließ, daß er auch im Innenverhältnis keinen Ausgleichsanspruch (mehr) gegen den unterlegenen Streitgenossen hat (a. M. OLG Dresden HRR 40/748, KG JW 38/118642, das auf eine bereits vollzogene Ausgleichung, bloß um der Vollziehung willen, Rücksicht genommen hat). Die Mittelmeinung geht dahin, ihm die vollen Kosten zu ersetzen, wenn er nachweist, daß der unterliegende Streitgenosse zahlungsunfähig ist (RG v. 13. 7. 1893 VI E 31/406f., v. 19. 11. 1897 III JW 98/122, KG JW 28/27893, JW 35/3042, JW 37/24632, OLG Colmar 19/81) oder daß er — der obsiegende Teil — sie tatsächlich verauslagt hat (KG JW 38/1186 42, OLG Naumburg JW 33/22956, Darmstadt JW 34/6213, OLG Hamm JMB1. NRW 50/176 = SJZ 50/917 = Rpfl. 52/255, OLG München Rpfl. 50/374, das sich mit Glaubhaftmachung begnügt; nach OLG Hamm JW 36/2004»° muß er darüber hinaus nachweisen, daß er sie vom unterlegenen Streitgenossen nicht ersetzt erhält). ΑΠβ

Darüber, ob dann, wenn die Klage im Vorwege gegen einen von mehreren Beklagten abgewiesen ist, die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten werden darf, vgl. § 92 A II a 3 (bejahend: RG v. 17. 1. 1925 I E 110/59 [64], ν. 3. 6. 1931 I 373/30 Ν §92/19). Regelmäßig wird indes zugleich zu entscheiden sein, im besonderen wenn gegen einen von mehreren Streitgenossen Versäumnisurteil ergeht (OLG Nürnberg BayJMBl. 53/93 = DR IV [410] 70a).

Β

Unter den Voraussetzungen des § 92 II soll das Gericht von einer Kostenteilung absehen. Die h.M. stellt die Anwendung der Vorschrift in das freie „pflichtgemäße" Ermessen des Gerichts (RG v. 21.1. 1908 VII JW 201, v. 26.11.1935 II JW 36/65314), das in der

ΒI

738

Prozeßkosten

§ 9 3

BI

Revisionsinstanz nicht nachprüfbar sei (RG v. 7.1. 1896 VI JW 1464, v. 3.12.1923 IV 720/22 Ν § 92/15, ν. 14.1.1937 VI Warn. 50; anders ist dies aber, wenn Berechnungsfaktoren aus rechtlichen Gründen erheblich sind, nach RG v. 3.12. 1903 VI 174/03 Ν §92/4). Die Vorschrift ist nicht bloß zugunsten des Klägers, sondern auch zu seinen Lasten Β II anzuwenden (OLG Breslau 17/110, Jonas § 92 Anm. III 2, Baumbach-Lauterbach § 92 Anm. 2; a. M. KG OLG 20/303, Sydow-Busch §92 Anm. 4 und entsprechend in dem Fall einer negativen Feststellungsklage, wenn sie bis auf einen geringfügigen Teil berechtigt war, RG v. 21. 4. 1913 VII Warn. 315) und auch zugunsten des Beklagten und Berufungsbeklagten (RG v. 20. 10. 1933 VII E 142/83, wobei RG v. 21. 4. 1913 VII Warn. 315, v. 22.12.1919 IV 303/19 Ν § 92/14 betonten, daß der Beklagte überhaupt nur etwas bei Widerklageerhebung fordere). RG v. 20. 11. 1931 II 365/31 Ν § 92/20 hat nach § 92 die Kosten verteilt, wenn die Revision als unzulässig verworfen wurde, ihr aber eine unselbständige Anschlußrevision mit ungleich höherem Streitwert angeschlossen war (vgl. dazu aber § 556 C V b, § 97 A II c 2). § 92 II setzt voraus, daß das Zuvielgef orderte so gering ist, daß dadurch keine be- Β II a sondere Gebührenstufe berührt wird (RG v. 3. 11. 1931 VII JW 32/647"; die h. M. läßt dies allein nicht genügen, RG v. 11.11.1898 II E 42/83 [85], OLG München 31/30, und verurteilt, trotzdem die Gebührenstufe dieselbe bleibt, mit der Begründung, es bestehe zwar ein Recht des Gerichts, § 92 II anzuwenden, aber keine Pflicht: RG v. 8.5.1918 VI 89/18 Ν § 92/13; und daß die Frage der Geringfügigkeit nach dem Gesamtobjekt zu bemessen sei — von 4 M wurden 3 M zuerkannt, 1 M sei dann nicht geringfügig — : RG v. 21. 4. 1913 VII Warn. 315; auch rechnet RG v. 11. 11. 1898 II E 42/83Í. ein Unterliegen bezüglich Nebenforderungen ein). Man muß aber davon ausgehen, daß allein nach dem Kostenrecht zu entscheiden ist ; wären dieselben Kosten entstanden, so muß es gleichgültig sein, ob zuviel gefordert wurde oder nicht. Fehlte der nach AnfG § 10 erforderliche Zusatz, so war sein Hinzufügen in der Rechtsmittelinstanz, wo um die gesamte Anfechtbarkeit gestritten wurde, kostenrechtlich ohne Belang (RG v. 14. 10. 1932 VII 117/32 Ν § 92/21). Das entsprechende gilt, wenn ein Rechtsmittel nur einen so geringfügigen Erfolg hat; dann sind trotz dieses Erfolges dem Rechtsmittelkläger die Gesamtkosten des Rechtsmittels aufzuerlegen (RG v. 21. 4. 1913 IV Warn. 378). Anders ist dies, wenn wegen des geringfügigen Teils besondere Kosten und Auslagen (etwa durch die Beweisaufnahme) entstanden sind ; denn § 96 kommt auch dem Unterlegenen zugute. Abgesehen von den zu § 92 Β II a geschilderten Voraussetzungen ist § 92 II anzu- Β II b wenden, wenn die Entscheidung über die Höhe der Forderung von richterlichem Ermessen abhängt (§ 287; BGB §§ 315, 319, 343, 655, 660, 2048, 2156, 1992; W G §64) und ein entsprechender Antrag gestellt war (etwa wenn der Kläger Feststellung alles ihm aus dem Unfall erlittenen Schadens beantragt hatte, RG v. 10. 10. 1907 VI 535/06 Ν § 92/8). Hatte die Partei — wenn auch nur in Mindestbegrenzung — einen Antrag gestellt und erreicht die Verurteilung dann nicht die Mindestgrenze, so wird diese Bestimmung des § 92 II insoweit unanwendbar ; wird indes auf die Mindestsumme oder mehr erkannt, so kommt § 92 II zum Zuge (RG ν. 1. 4. 1933 V E 140/211 f.). Das entsprechende gilt ferner, wenn erst durch Sachverständigengutachten die Forderung konkretisiert werden kann. Gedacht ist an den Fall des Η GB § 875 II 1, W G § 64. Soweit hier aber sonst das Gericht durch Urteil entscheidet, kommt es auf das gerichtliche Ermessen, nicht auf das des Sachverständigen an. Die Fälle, in denen ein sonstiger Dritter die Leistung bestimmt, fallen nicht unter § 92 II. Bevor hier geklagt wird, muß der Dritte die Leistung bestimmt haben. Schließlich gilt § 92 II auch, wenn von vorangegangener gegenseitiger Abrechnung die Ermittlung einer Forderung abhängig ist (vgl. BGB §666, H GB § 355); hier muß für den Kläger die Höhe der Gegenforderung ungewiß sein. Bei richtigem Klageantrag und unter Anwendung von § 93 wird man zum selben Ergebnis kommen. Diese Grund739

ΒΠb

§ 9 3

ZPO I. Buch

sätze wird man aber auch in die hier in Betracht kommenden sonstigen Fälle hineinzulegen haben (vgl. § 91a Β I, § 93 B, C). Β ΠΙ

Die Bestimmung gilt überall, soweit über Kosten dem Grunde nach zu entscheiden ist, aber auch im Kostenlestsetzungsverfahren bei einer Beschwerde (vgl. RG v. 11.1. 1898 III JW114 6 ).

C D

Im Arbeitsgerichtsverfahren gilt nichts Besonderes. Im Yerwaltungsgerichtsverlahren gilt § 92 — abgesehen von den Fällen der richterlichen, sachverständigen oder gegenseitigen Ausmittlung von Forderungen — entsprechend (BVerwaltungsGG § 99 I, VGG §124 II, BMilRegVO 165 §99 I, Rh.-Pf. VGG § 88 II u. V). Nach diesen Bestimmungen ist nicht erforderlich, daß durch ein geringfügiges Unterliegen keine Mehrkosten entstanden sind (das Verbleiben in derselben Gebührenstufe ist hier also gesetzlich nicht gefordert; dennoch sollte man zu einer möglichst gleichen Auslegung wie im Zivilverfahren kommen). Abweichend ist dies nach dem Wortlaut des BVerwaltungsGG § 65, der, wie folgt, lautet: I Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. II Wenn die Parteien teils obsiegen, teils unterliegen, werden die Kosten gegeneinander aufgehoben oder verhältnismäßig geteilt. Werden die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. III Kosten, die durch Verschulden des obsiegenden Teils entstanden sind, fallen diesem zur Last. IV Wird die Klage oder die Revision zurückgenommen, so trägt der Zurücknehmende die durch die Erhebung der Klage oder die Einlegung der Revision verursachten Kosten.

E

Im Steuerverfahren ist die Kostenverteilung nach AbgabenO § 307 I 2 noch weiter modifiziert; hiernach können bei teilweisem Unterliegen dem Steuerpflichtigen im besonderen die eigenen Kosten auferlegt werden.

§ 93 (89) 1

Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt. I a 1 2 3 4 5 6 b 1 2 II a 1 2 3 b 1 2 c 1 2 3

§93 Prozeßarten Verfahren ohne Anerkenntnis Offizialverfahren Kostenfestsetzung Vorverfahren Vollstreckungsverfahren Aufgebotsverfahren Schiedsverfahren sonstige Verfahren Mahnverfahren Arrest und einstweilige Verfügung Klageart Gestaltungsklage aus dem Offizialverfahren Anfechtungsund Nichtigkeitsklage gegen Gesellschafterbeschlüsse sonstige Fälle Duldungsklage Aufforderung Befriedigung sonstige Leistungsklagen bei bewirkter Leistung bei sonstigen Schulden bei Klage auf zukünftige Leistung

d

4 Verhältnis zur Vollstreckbarkeit Feststellungsklage

Β I a b 1 2 3 II a b c 1 Δ

III

Voraussetzungen des § 93 Klageveranlassung die Aufforderung des Gläubigers der Nachweis des Rechts des Klägers bei Interventionsklage nach § 771 Vermieterpfandrecht u. dgl. m. im gewerblichen Rechtsschutz Sofortiges Anerkennen Verhältnis zur Befriedigung Inhalt des Anerkenntnisses sofortiges nach Klagereife zerstörendes Verhalten Entscheidung

G

sofortiger Verzicht

D

VglO §49 Inhalt der Norm VglO § 49 I 2

I II E

Arbeitsgericht

F

Verwaltungsgericht

Der Beklagte kann dem Rechtsstreit insoweit entgehen, wie er dem Anspruch des Klägers genügt (soweit er es kann). Dazu muß der Kläger dem Beklagten Gelegenheit geben, bevor er ihn mit einem Rechtsstreit überzieht, sofern der Beklagte sich nicht 740

Prozeßkosten

§ 93 a

schon im Verzuge befindet. Tut er dies nicht, so läuft er Gefahr, wenn der Beklagte ihn befriedigt bzw. den Anspruch sofort anerkennt, zu den Kosten des Rechtsstreits verurteilt zu werden. Eine Ausnahme zu §§ 91, 92 ist dies nicht, wenn man bedenkt, daß regelmäßig der Unterliegende der ist, welcher den Streit unbegründet verursacht hatte, daß also diese Normen zusammen mit § 93 unter dem Leitsatz zusammengefaßt werden dürfen, daß der, welcher unbegründet den Streit vor das Gericht bringt, in die Kosten zu verurteilen ist. § 93 gilt nicht in allen Prozeßarten. AI Wo Prozesse ohne Bücksicht aul das Anerkennen der Gegenseite durchgeführt werden A l a müssen, weil es kein beachtliches Anerkenntnis i. S. des § 307 gibt, gilt § 93 nicht, also im Eheaufhebungs-, scheidungs- und -nichtigkeitsstreit (KG J W 00/745, KG OLG A l a i 1/344 nicht bei der Herstellungsklage; vgl. aber dazu, ob sie heute noch zulässig ist, § 606 Β I e), in Kindschaftssachen (§§ 640folg.) und in Entmündigungsverfahren (§§ 645 folg.). Vgl. dazu § 93a B. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist § 93 nicht anwendbar; wird allerdings um Über- A I a 2 Sendung der Kostenrechnung, bevor die Feststellung beantragt wurde, gebeten und dann alsbald bezahlt (RG v. 11. 4. 1883 I E 14/320), so entfällt die Kostenfestsetzungsgebühr; soweit aber ein Kostenausgleichsverfahren (§ 106) in Betracht kommt, entsteht stets die Kostenfestsetzungsgebühr, weil dieses Verfahren nur durch das Gericht durchführbar ist. Ferner gibt es kein Anerkennen i. S. des § 307 in Torverfahren (Ehesühneverfahren, A I a 3 Beweissicherungsverfahren). In der reinen Vollstreckung kommt § 93 nicht zum Zuge (wohl aber in den aus der A I a 4 Vollstreckung sich ergebenden Prozessen). Im Aufgebotsverfahren (§§ 946folg.) gibt es kein Anerkenntnis.

Ala5

Bei der Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen (vgl. § 1042) geht es nicht mehr um A I a β die Anerkennung des Anspruchs (vgl. § 1040) ; für die Anerkennung dieses Anspruchs kommt deshalb § 93 nicht mehr zum Zuge (a. M. OLG Darmstadt H R R 28/371 ; doch wäre das Anerkenntnis auch nicht mehr sofortig; der Schuldner wird hier geleistet haben müssen, abgesehen von den Gestaltungsklagen, vgl. dazu § 93 A II a). Doch gibt es ein Anerkennen in sonstigen Verfahren,

Alb

zwar noch nicht im Mahnverfahren. Deshalb darf der Beklagte in ihnen Widerspruch A l b i erheben, um dann unter Protest gegen die Kostenlast anzuerkennen (KG J W 25/2018 1 ; a. M. KG OLG 41/254, dem Zahlungsbefehl dürfe nicht schlechthin, sondern nur wegen der Koster widersprochen werden ; doch kann dann der Gläubiger wegen der unwidersprochenen Hauptforderung mit der Kostenlast bezüglich des Vollstreckungsbefehls für den Schuldner den Vollstreckungsbefehl nehmen). Ob bei Arrest und einstweiligen Verfügungen § 93 anwendbar ist, ist streitig (bejahend A I b 2 OLG Nürnberg 25/75, Hamm Seuff. 77/83, Karlsruhe J W 25/235530, Königsberg J W 28/3063 10 , verneinend: OLG München 21/94, Celle N J W 53/1871). Vom bejahenden Standpunkt aus wird man indes fordern müssen, daß dann ein etwaiger Widerspruch allein wegen der Kosten einzulegen ist, in vollem Umfang nur, wenn der Antragsgegner zur (endgültigen) Leistung bereit war (vgl. OLG Königsberg 17/204, München Seuff. 64/178) und geleistet hat bzw. den Anspruch selbst anerkennt, soweit dadurch auch der Sicherung genügt wird. Die Aufhebung des Arrestes durch Sicherheitsleistung bedeutet dabei aber kein Unterliegen des Antragstellers; doch wendet hier OLG Stuttgart (SJZ 49/276) § 93 derart an, daß der Antragsteller die Sicherheitsleistung sofort gelten lassen müsse. Die Klageart (§ 253 C) allein verhindert grundsätzlich nicht die Anwendung des Α Π § 93, wenn er auch hier in manchen Fällen wegen des Inhalts der Klagen nicht zum Zuge kommen kann.

741

§ 93

ZPO I. Buch

Alla

Dies gilt schon bei den Gestaltungsklagen (§ 253 C I b), welche nach der hier vertretenen Auffassung eine Unterart der Leistungsklagen mit der Maßgabe sind, daß sie (rechtskräftig geworden) schon den Inhalt der Entscheidung vollziehen (also eine darüber hinausgehende Vollstreckung weder zulassen noch erforderlich machen).

ΑΠa1

Von ihnen sind Ehescheidungs-, -aufhebungs- und -nichtigkeitsklagen sowie Kindschaftsanfechtungsklagen wegen ihrer besonderen Prozeßart dem Anerkenntnis entzogen (§ 93 A I a l ) und sind deshalb von vornherein auszuschalten.

A II a 2

Ein sofortiges Anerkennen ohne Klageveranlassung kommt ferner überall dort nicht in Betracht, wo die Klage sich gerade gegen eine Handlung des Beklagten richtet und das Gestaltungsurteil sie beseitigt, also bei Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen gegen Gesellschafterbeschlüsse.

ΑΠa3

Da indes (abgesehen von den zu § 93 A II a 1 genannten Fällen) der Streit auch bei Gestaltungsklagen durch freiwillige Mitwirkung des Gegners erledigt werden kann, so ist auch bei Gestaltungsklagen §93 anwendbar; der Beklagte muß allerdings das Begehren des Klägers vollständig befriedigen, wenn er der Klage entgehen will (RG v. 12. 11. 1908 IV Gruch. 53/697f. zu BGB § 1418; OLG Dresden 14/310 zu BGB § 2342),. wobei ihm zur Bewirkung der Erklärung angemessene Zeit gelassen werden muß (OLG Königsberg 41/254 bei einer Klage auf Löschung bezüglich der hierfür beizubringenden Urkunden). Dies gilt auch in den Fällen des Η GB §§ 140 I, 142 I. Gerade in diesen Fällen führt das Anerkenntnis über das rechtskräftige Urteil zur Bewirkung der Leistung; der Schuldner braucht hier also, wenn er zur Abgabe derErklärung durch Klage aufgefordert wird, nicht etwa von sich aus die freiwillige Herstellung des vom Kläger begehrten Zustandes anzubieten, bloß um der Kostenlast zu entgehen. War er allerdings vor Klageerhebung vom Kläger aufgefordert worden und hat er es abgelehnt oder sich in angemessener Frist nicht dazu bereit erklärt, freiwilligden geforderten Zustand herzustellen, so hat er Veranlassung zur Klage gegeben und dann sich deshalb der Kostenbelastung trotz Anerkenntnisses nicht entziehen.

ΑΠb

Bei Duldungsklagen, wo nur die Vollstreckung, wenn nicht geduldet wird, erzwungen wird, entspricht die Wirkung den Gestaltungsklagen.

A II b 1

Wird hier nicht vor Klageerhebung der Beklagte aufgefordert — dazu wird allerdings die Anmahnung der Schuld regelmäßig genügen, ohne daß es gerade der Aufforderung,, einen solchen Titel zu übermitteln, bedarf (Rosenberg Lb. § 79 III 3 b, a. M. OLG Hamburg Seuff. 79/48, Karlsruhe HRR 37/588, LG Düsseldorf JW 28/27403) — so ist im besonderen, wo von vornherein nur Duldung der Vollstreckung verlangt wird und werden kann (Rosenberg a. a. O., OLG Marienwerder HRR 39/901), §93 anzuwenden; wurde allerdings außerprozessual aufgefordert, so muß der Beklagte von sich aus sich der Vollstreckung unterwerfen (§§ 794 I 5, 800; KG KGB1. 08/36, OLG Posen 10/192, 19/71, Dresden Seuff. 67/45, Düsseldorf J W 30/334838; verneinend: OLG Braunschweig Recht 33/389, Kassel 13/102, Dresden 11/52, 18/163, KG OLG 23/109), also bei dinglichen Klagen die Löschungsurkunde (OLG Königsberg 41/254) bzw. bei der Klage aus der Hypothek die vollstreckbare Urkunde auf eigene Kosten beibringen (OLG Düsseldorf JW 30/334838, Hamm JMB1. NRW 52/265). Geschieht dies nicht, so wird die dingliche Klage zur Erlangung des Titels unvermeidlich (RG v. 20.1.1904 V E 56/322 [324]), was mit der Frage des Verschuldens, auf das es nicht ankommt, aber nichts zu tun hat (vgl. KG OLG 6/386 [387], OLG Dresden 11/52 [53]). Dies gilt auch für sonstige Duldungsansprüche (vgl. für den Fall des § 738 OLG Dresden 11/98, Hamburg 13/103; a.M. KG OLG 19/72, OLG Breslau 29/37), im besonderen gegen den Ehemann (OLGMarienwerder HRR 39/901 ; a.M. OLG Braunschweig Recht 33/389, während OLG Hamm JMB1. NRW 52/265, OLG Celle DR IV [410] 49a sogar meinten, der Ehemann müsse von vornherein leisten, so daß einmal die Aufforderung des Gegners abzuwarten sei, soweit er noch auf Duldung in Anspruch genommen werden kann, vgl. § 739 A I). Dasselbe gilt, wenn der Vermögensübernehmer (BGB § 419) auf Aufforderung sich der Vollstreckungnicht unterwirft oder der Anfechtungsgegner im Gläubigeranfechtungsprozeß oder die Erben, wenn sie nur beschränkt haften. Wird die Erklärung abgelehnt, so liegt darin stets die Klageveranlassung. 742

Prozeßkosten

§ 9 3

A m i

Der während der Ausschlagungsfrist verklagte Erbe hat wegen BGB § 1958 niemals Klageveranlassung gegeben. Deshalb bleibt auch eine Mahnung vor Testamentseröffnung an den Erben außer Betracht (RG v. 7. 5. 1901 III JW 39881). Befriedigen allerdings die Duldungsschuldner, indem sie über ihre Duldungspflicht Α Πto2 hinausgehen, den Gläubiger, was stets möglich ist (OLG Celle 3/319, 13/103, KG OLG 6/386, OLG Posen 9/65, Dresden Seuff. 59/113 I, 65/81, Königsberg Seuff. 59/113 II ; a. M. Marienwerder 1/259, München 23/110 [112]), so ist § 93 nicht anwendbar; dann wird der Kläger die Hauptsache für erledigt erklären müssen, weil er sonst abgewiesen wird. Dasselbe gilt, wenn der Duldungsschuldner noch nach Klageerhebung die von ihm geforderte Erklärung in außerprozessualer Form beibringt, sofern er zuvor nicht aufgefordert war; doch ist er dazu dann nicht einmal verpflichtet, wenn er nur die Kostenlast von sich abwenden will. Bei den sonstigen Leistungsklagen ist zu beachten, daß das Anerkenntnis noch nicht A II e die Leistung bewirkt. Die bewirkte Leistung wendet auch solche Klagen ab. Durch sie wird aber der Haupt- Α Π e 1 antrag des Klägers erledigt ( § 9 1 a B I b), es bleibt danach kein Raum mehr zu einer solchen Verurteilung des Beklagten, er kann deshalb gar nicht mehr anerkennen, vielmehr muß er auf der Klageabweisung bestehen, falls der Kläger den Streit nicht für erledigt erklärt. Geschieht dies, so kommt es — entweder über § 91 a oder durch das Erkenntnis (vgl. KG OLG 2/101 f.) — zur (isolierten) Kostenentscheidung. Jedenfalls kommt hier § 93 unmittelbar nicht zum Zuge. Wirkliche Leistung vor Erlaß des Urteils ist aber andererseits nur zur Abwendung der Verfahren nach §§ 722 und 1042folg. (OLG Kiel 13/251, Celle 17/117) und bei Bringschulden erforderlich, also im besonderen bei fälligen Geldschulden (BGB § 270 I, KG OLG 23/108), wobei es auf den Erfüllungsort nicht ankommt (BGB § 270 IV). Das Anerkenntnis solcher Schulden läßt es deshalb nicht zu, § 93 anzuwenden (OLG München HRR 36/418, selbst wenn schon das Entschuldungsverfahren beantragt, aber noch nicht eröffnet war) ; wird die Forderung im Laufe des Rechtsstreits fällig, so muß sie mit der Fälligkeit bezahlt werden (RG v. 12. 3. 1908 VI J W 2704, KG OLG 23/108). Dies gilt auch, wenn die Fälligkeit in der zweiten Instanz eintritt. RG v. 25. 4. 1894 I Gruch. 39/160, v. 23. 9. 1896 I J W 585» wollen dann dem Kläger stets die Kosten der Vorinstanz auferlegen, dagegen RG v. 12. 3. 1908 VI JW 2704; über die Frage des Eintritts der Fälligkeit in der Revisionsinstanz vgl. § 561 Β III b; doch darf unter den Voraussetzungen der §§ 257—259 schon auf künftige Leistungen geklagt werden, und eine tatsächlich nicht geleistete Zahlung beweist die Voraussetzungen rückwirkend, bloßes Anerkennen nach Eintritt der Fälligkeit genügt auch hier nicht (a. M. RG v. 15. 6. 1937 IV JW 27653, wenn auf Hinterlegung ohne vorangegangene Aufforderung geklagt wird, sofern der Beklagte bis zum ersten Termin hinterlegt : RG v. 6.5.1903 V JW Beilage 79; doch hat auch in diesem Falle OLG Kiel 37/100 es für erforderlich gehalten, daß der Gläubiger den persönlichen Schuldner, der nicht wußte, daß der Eigentümer nur die Zinsen nicht gezahlt hatte, aufforderte). Jedenfalls liegt in der Klageerhebung die Aufforderung zur Zahlung (vgl. § 253 C I a 1) ; wird ihr nicht sofort nachgekommen, so darf § 93 nicht angewandt werden. Das entsprechende gilt für den Bürgen (OLG Breslau 20/305), den Wechsel- oder Scheckrückgriffsschuldner (OLG Dresden SächAnn. 30/100, oder für die Aufforderung an den Konkursverwalter bei Ausund Absonderungsrecht OLG Stettin 10/189, oder in einem Falle des § 877 KG Κ GBl. 02/82) u. dgl. m. Befinden sie sich im Verzuge, so bedarf es keiner Aufforderung vor Klageerhebung mehr, im besonderen ist Klageandrohung nicht erforderlich. Bei Teilhabern einer Erbengemeinschaft hat indes OLG Celle LZ 28/207® gefordert, daß sie alles zur Begleichung der Schuld erforderliche getan haben müssen. Bei anderen (also nicht bei Bring-) Schulden wird tatsächliche Leistungsbereitschaft A II e 2 vorausgesetzt (KG OLG 2/388, OLG Dresden 5/40, Stettin 9/64, Hamburg 15/87, Celle J W 30/566"; a. M. Jonas §93 Anm. II 1, OLG Braunschweig Seuff. 69/67, Breslau 20/305) ; denn wer nicht leisten will oder kann, obwohl er es soll, muß zur Bewirkung der 743

AIIc'2 § 93

ZPO I. Buch

Leistung durch das Gericht gezwungen werden können. Es ist deshalb auch trotz sofortigen Anerkennens, aber bei tatsächlichem Beharren auf Erfüllungsverweigerung durch das Verhalten nach Klageerhebung nach § 91 zu erkennen (RG v. 19. 9. 1900 V JW 7143, v. 1. 7. 1904 II 387/03 Ν § 93/3), wenn Verzug schon vor Klageerhebung bestand (KG KGB1. 05/69, 06/16, 08/4, OLG Dresden 5/40, Königsberg 5/164, Bamberg 9/63, Stettin 9/64, Posen 19/71 ; wenn Jonas § 93 Ν 30 meint, diese Frage habe mit der ersten nichts zu tun, so kann dem nicht gefolgt werden). ΑΠ c3

Wird in diesem Falle aul künftige Leistung geklagt, so genügt Anerkenntnis nach Eintritt der Fälligkeit stets (für die Rüge der Unzuständigkeit KG OLG 41/255 und für die der mangelnden Kostensicherheit: OLG Kiel HRR 32/1238; doch kann gerade dies nicht gebilligt werden; siegt der Anerkennende ob, so darf er noch mit den eigenen Kosten aufrechnen, während die Geldschuld auch hier schon zu begleichen ist, vgl. §93 A l l e l ) . Bei der Klage auf zukünftige Leistung (§§ 257 folg.) führt das sofortige Anerkenntnis stets zur Kostenbelastung des Klägers, wenn er den Beklagten nicht zuvor um den Titel ersucht hatte. Hatte er dies indes getan und hat der Beklagte abgelehnt, dann hat er zwar die Klageveranlassung gegeben; doch steht damit noch nicht fest, ob die besonderen Prozeßbedingungen der §§ 257 folg. gegeben sind. Sind sie nicht gegeben, so treffen die Kosten den Kläger (RG v. 25. 2. 1902 I JW 17028, OLG Karlsruhe 3/213f„ Hamburg 13/103), sonst den Beklagten. Der Beklagte darf deshalb insbesondere nicht den Anspruch als solchen bestreiten, mag er auch noch nicht fällig sein (RG v. 15. 7. 1937 IV Warn. 38/72; a. M. RG v. 23. 9. 1896 I JW 585», v. 19. 9. 1900 V JW 714«, v. 29.10. 1921 V E 103/104f., wonach vorheriges Bestreiten eines nicht fälligen Anspruchs sein sofortiges Anerkenntnis bei Eintritt der Fälligkeit nicht hindert). Die Beweislast für die Prozeßbedingungen trifft den Kläger (vgl. OLG Celle HRR 41/347). Das entsprechende gilt für Arreste und einstweilige Verfügungen (vgl. § 91 Β III a 4).

ΑΠo4

Darauf, ob die Entscheidung sofort vollstreckt werden darf, kommt es also nicht an, wie im besonderen die Klage auf zukünftige Leistung zeigt (§§ 257folg.). Dies gilt auch in den Fällen der §§ 305, 780, wo die Kosten den, der sich nur auf die Vorschriften des BGB §§ 2014, 2015, 1489 II beruft, treffen müssen, zumal diese Vorschriften die Verzugsfolgen nicht beseitigen (RG v. 3.4. 1912 III E 79/201 [204], KG OLG 18/318; a. M. KG OLG 26/294, Sydow-Busch § 93 Anm. II). Entsprechend treffen auch den Miterben, der vor Nachlaßteilung nicht zahlt, die Kosten (KG OLG 23/108) und auch den Nachlaßpfleger, wenn er zuvor aufgefordert war oder sich ablehnend verhielt (OLG Kassel 21/182). Befindet sich gar der Gläubiger im Annahmeverzug (BGB §§ 293 folg.), so hat der Beklagte keine Streitveranlassung gegeben; soweit indes die Aufforderung des Gläubigers genügt, wird der Verzug durch die Klageerhebung beseitigt. Anders ist dies nur, wo die Leistung auch nicht durch das Gericht erzwungen werden darf, weil darüber durch besonderes Verfahren anderweit zu befinden ist (vgl. OLG Stettin HRR 36/130, wo ein eröffnetes Entschuldungsverfahren die Vollstreckung verbot). Vgl. dazu auch VglO § 49 und § 93 D.

Alld

Für positive und negative (RG v. 22.10. 1927 V E 118/261 f.) Feststellungeklagen gilt § 93 unbeschränkt. Hier sind aber die besonderen Prozeßvoraussetzungen des § 256 zu beachten. Liegen sie nicht vor, so treffen die Kosten stets den Kläger (so etwa, wenn er ein Beweissicherungsverfahren schon zum Anlaß der Erhebung der negativen Feststellungsklage nimmt, OLG Dresden JW 29/519'). Der Beklagte hat hier die Wahl, ob er die (besonderen) Prozeßvoraussetzungen der Feststellungsklage bestreiten oder anerkennen will (RG v. 25. 5. 1940 VI E 164/79f.). Bestreitet er nur sie, so ist darüber zu entscheiden mit der Kostenlast, für den Unterliegenden nach §§91,92; denn es fehlt hier am Anerkenntnis.

Β

Soweit Prozeß- und Klageart nicht der Anwendung des § 93 entgegenstehen (vgl. § 93 A), kommt es darauf an, daß der Beklagte den Rechtsstreit nicht veranlaßt hat und den Anspruch des Klägers sofort anerkennnt (§ 93).

744

Prozeßkosten

§

Θ3

Berechtigte Klageveranlassung hat der Beklagte gegeben, wenn sein Verhalten für Β I den Kläger ergab, daß er nicht freiwillig befriedigen werde (vgl. RG v. 22.10. 1927 V E 118/261 [264]). Maßgebender Zeitpunkt ist hier die Klageeinreichung, nicht erst ihre Zustellung (RG v. 5. 3. 1902 V 61/02 Ν § 93/4). Es entscheidet insoweit allein das vorprozessuale Verhalten des Beklagten (OLG Oldenburg 3/131, Bamberg 9/63). Dieses ist vom Kläger darzulegen und zu beweisen (OLG Dresden 10/374, Stuttgart WürttJb. 20/294, Kiel SchlHA 1912/95; a. M. OLG Hamburg ll/54f., Colmar 27/43, Jonas § 93 Anm. III, Rosenberg Lb. § 79 III 3 b, die Beweislast treffe den Beklagten, weil §93 im Verhältnis zu §91 eine Ausnahmeregelung sei). Doch genügt es regelmäßig, wenn der Beklagte nicht befriedigt, obwohl der Klage- B l a ansprach fällig und angemahnt ist; ist schon zur Feststellung (Konkretisierung usw.) eine Aufforderung erforderlich (vgl. BGB § 271), so genügt diese Erklärung; sonst aber geben Fälligkeit des Anspruchs und Nichtleistung noch nicht notwendigerweise Anlaß zur Klage. Darauf, daß der Schuldner in Verzug gesetzt worden sein muß (BGB §§ 284 folg.), kommt es allerdings nicht an, im besonderen nicht insoweit, wie der Verzug Verschulden erfordert (vgl. BGB § 285), denn auf das Verschulden der Partei ist es nicht abzustellen (KG OLG 6/386, OLG Dresden SächsAnn. 21/448f., OLG Celle 3/319f., Hamburg Η GZ 1925 B/235), obwohl eine weitere Aufforderung, wenn sich der Schuldner im Verzug befindet, nicht erforderlich ist (BayObLG NS 2/216; a. M. OLG Kiel Seuff. 73/116 = OLG 37/100, wenn der Schuldner ohne eigene Kenntnis in Verzug geraten ist). Wo aber eine Aufforderung erforderlich ist, kann die wiederholte selbst bei ausweichender Antwort des Schuldners nicht verlangt werden (a. M. OLG Rostock 20/304; daß wiederholte Aufforderungen regelmäßig keine erstattungsfähigen Kosten begründen, darüber vgl. § 91 E VI b 2). Eine Aufforderung liegt zwar auch in der Klageerhebung, doch ist in ihr allein nicht die Veranlassung zum Streit zu sehen (abweichend OLG Bamberg 3/320, Königsberg 5/164). Wenn es aber nicht um die Nächlässigkeit des Schuldners geht, sondern um sein bewußtes Handeln, so erübrigt sich die Aufforderung stets, wie bei erklärtem Bestreiten oder sonstiger Leistungsverweigerung (OLG Hamm Seuff. 77/49), in den Fällen des BGB §§ 1418, 1468 (OLG Posen Seuff. 58/190) oder bei vorsätzlicher unerlaubter Handlung (OLG Karlsruhe 5/168), im Falle des BGB § 648 (OLG Celle 3/433) oder auch bei sonstigen Angriffen gegen den Rechtsstand, wie bei Besitzentziehung oder Besitzstörung oder Verletzung entsprechender dinglicher Rechte (BGB §§ 861, 862, 1007, 985, 1004), wie überhaupt bei allen unerlaubten Handlungen im weiten Sinne, mögen sie verschuldet oder auch unverschuldet begangen sein. Doch muß die Rechtslage dem Anschein nach für den Angriff sprechen. Bestreitet der Beklagte die Forderung unbegründet, auch nur in einem Verwaltungsvorverfahren (OLG Hamburg JW 19/198®) oder nur im vorbereitenden Schriftsatz (RG v. 13. 3. 1903 II JW 175"; a. M. KG KGB1. 03/30, OLG Bamberg 3/320, Colmar ElsZ 30/480, weil erst der Vortrag der mündlichen Verhandlung gelte; anders deshalb im schriftlichen Verfahren — vgl. §§ 128 II, 251a, 331a, KG OLG 3/434 —, doch ist dieser Unterschied für die Frage der Klageveranlassung nicht zu machen, da ja das außerprozessuale Verhalten entscheidet), so belegt er, daß er zur Klageerhebung Veranlassung gegeben hat. Jedenfalls genügt das Verhalten des Beklagten im Prozeß, um die Klageerhebung zu rechtfertigen (KG KGB1. 05/69, 06/16, 08/4, OLG Dresden 5/40, SächsAnn. 30/225, Königsberg 5/164, Frankfurt 25/72, Bamberg 9/63, Stettin 9/64, Posen 19/71). Befindet sich umgekehrt der Kläger ζ. Z. der Klageerhebung in Annahmeverzug, so hat zunächst der Beklagte zu ihr keine Veranlassung gegeben. Drohende (Verwirkung oder) Verjährung oder der Ablauf einer Klageausschlußfrist sind nur dann begründeter Anlaß zur Klage, wenn die sonstigen Voraussetzungen (im besonderen die Aufforderung) gegeben sind. Daß der Schuldner auf solche Einreden und Einwendungen verzichtet (so OLG Stuttgart HRR 30/551), räumt allein die Möglichkeit der Klageerhebung nicht aus, weil er es —· abgesehen von BGB § 208 — gar nicht wirksam kann (vgl. BGB § 225). Zögert der Gläubiger zu lange, ohne daß ihn der Schuldner dazu veranlaßte, so muß er das Kostenrisiko in Kauf nehmen. Umgekehrt kommt es darauf, ob der Kläger den Prozeß unsachgemäß führt, nicht an (KG DR 40 A 21842t). 745

§ 9 3

ZPO I. Buch

Bib

Die bloße Aulforderung des Klägers reicht indes nur dort aus, wo der Beklagte seinerseits die Rechtslage überschauen kann und soll, nicht aber dort, wo ihm das Recht des Klägers verborgen ist und er von sich aus auch gar nicht aufklären kann oder doch nicht muß. In solcher Lage befindet sich der Beklagte in dem geregelten Fall des § 94,

ΒI b 1

aber auch gegenüber Interventionsklagen nach §§ 771, 805 (nicht aber im Fall der Aussonderungsklage im Konkurs: OLG Stettin H R R 31/699; a. M. OLG Bamberg N J W 53/109). Fordert in diesen Fällen der Beklagte den Kläger auf (tut er dies nicht, so gibt er zur Klage Veranlassung: OLG Breslau J W 30/572 2 '), sein Recht zu belegen, so muß der Kläger dem entsprechen. Seine bloße Behauptung reicht nicht aus (a. M. KG LZ 32/483). Der Kläger muß vielmehr sein Recht wahrscheinlich machen (KG J W 30/570 22 , OLG Dresden H R R 37/31, LG Köln N J W 49/956™ m. N. = J R 50/603, Frankenthal BB 53/868). Wie weit er dabei gehen muß, ist nach R G v. 30. 9. 1911 VI Warn. 424 Tatfrage. Regelmäßig wird der Kläger dem Beklagten Urkunden vorlegen und die Übereinstimmung der in den Urkunden bezeichneten mit den gepfändeten Gegenständen (an Eides Statt) versichern müssen (RG v. 7. 11. 1905 VII E 61/430, v. 30. 9. 1911 VI Warn. 424, KG OLG 43/130). Eidesstattliche Versicherung des Klägers ließ KG J W 25/2340» nicht ausreichen. Die eidesstattliche Versicherung des Schuldners (OLG Köln J W 27/2534') wie seiner Ehefrau genügen nicht; OLG Breslau J W 19/515* fordert keine volle Glaubhaftmachung nach § 294, im besonderen nicht die Vorlegung der Urschrift oder der beglaubigten Abschrift von Urkunden, sofern kein Anlaß zu Zweifeln bestehe; RG v. 22. 10.1914 II J W 15/294 läßt die Vorlegung einer von einem Anwalt beglaubigten Abschrift unter Identitätsversicherung des Schuldners in eidesstattlicher Form genügen; nicht einmal die Angabe der einzelnen Tatsachen forderte R G v. 21.3.1902 II JW2148. Will man den in diesen Fällen häufigen Schiebungen entgegenwirken, so wird man Vorlegung der Urkunden und Identitätsversicherungen an Eides Statt fordern müssen. Können sie nicht erbracht werden, so wird der Pfandgläubiger die Beweisaufnahme abwarten dürfen und noch nach ihrem Ausgang unter Protest gegen die Kostenlast freigeben dürfen (KG JW22/1397 2 , JW27/399 1 , JW28/2732', OLG Dresden H R R 37/31, Hamburg 23/106, Frankfurt J W 23/58', Düsseldorf J W 26/85 2 22 , Breslau H R R 30/1258, LG Köln N J W 49/956"; a. M. KG J W 28/1313 1 , J W 30/570, OLG Kiel 5/163, J W 26/268 4 , OLG Dresden 5/468, Braunschweig 13/105, 25/73, H R R 36/696, Breslau J W 28/2733 10 , J W 32/1159 17 , München ZZP 53/437, J W 31/3578 30 , Celle ZZP 56/358, Stuttgart J W 28/2737 20 , LG Berlin III J W 28/188 65, Frankfurt H R R 30/1259, Jonas § 93 Anm. II 2, vgl. auch OLG Hamburg J W 38/3056").

ΒIb2

Die entsprechende Rechtslage findet sich, wenn ein Yermieterpfandrecht geltend gemacht wird (KG OLG 27/168, OLG Hamburg 20/306; a. M. KG OLG 15/357), bei der Aussonderung (OLG Köln 9/63) und bei sonstigen noch im Rechtsverkehr erforderlichen Legitimationen (RG v. 9. 7. 1902 V E 52/141 f.). Das entsprechende gilt, wenn der Beklagte die Klage dadurch veranlaßt hat, daß er die nach § 840 erforderliche Auskunft nicht gegeben hat ; dann sind ihm die Kosten bei sofortigem Verzicht des Klägers aufzuerlegen, nachdem die Erklärung abgegeben wurde (§93 in entsprechender Anwendung; vgl. KG Seuff. 75/171, OLG Frankfurt 15/223; a. M. die h. M. OLG Colmar 15/86, Hamburg 13/93, 21/107, 39/43; vgl. auch RG v. 20. 1. 1903 III E 54/37 [40], Jonas § 91 Vorb. III 1, Sydow-Busch § 91 Anm. 1, die hier dem Kläger den außerprozessualen Anspruch auf Schadenersatz wegen der Kostenforderung geben); man hat aber auch bei sofortigem Verzicht auf den wegen veränderter Umstände (§ 927) aufzuhebenden Arrest § 93 entsprechend angewandt (OLG Nürnberg J W 29/873 14 ).

ΒI b 3

Ob in Patentverletzungsstreiten eine Verwarnung erforderlich ist, bevor auf Unterlassung geklagt werden darf, ist zweifelhaft; OLG Düsseldorf GRUR 51/402 hat es· verneint. Wurde im Hauptprozeß die Wiederholungsgefahr bestritten, so hat LG Hannover NdsRpfl. 48/155 ein Anerkennen nicht als sofortiges gelten lassen, wenn zuvor

746

Prozeßkosten

§ 93 ΒI b 3

eine einstweilige Verfügung erlassen worden war und danach der Antragsgegner nach § 926 eine Frist zur Klageerhebung setzen ließ. Ferner kommt es nach § 93 darauf an, daß sofort anerkannt wird.

Β Π

Wo nicht das Anerkenntnis, sondern die Befriedigung mit Rücksicht darauf, daß der Β Π a Beklagte nicht die Klage veranlaßt haben darf (OLG Celle J W 30/56611), zu fordern ist, kommt es auf das Anerkenntnis nicht an. Dies gilt auch, wenn der Beklagte den Streit durch die Bewirkung der nicht geschuldeten Leistung vermeiden will; dann liegt zwar in der Leistung (im Gegensatz zu den umgekehrten Regelfällen, KG KGB1. 03/30, KG OLG 3/434) keine Anerkennung der dem Anspruch zugrunde liegenden Verpflichtung (RG v. 8. 2.1901 III J W 187 2 , v. 20.1. 1903 II E 53/324, OLG Hamburg 17/112, Breslau 14/163, KG OLG 25/72) ; doch ist dies gleichgültig, da durch die Leistung der Streit darüber ausgeräumt wird (BGB §814; die Verpflichtung zu einer nicht geschuldeten Leistung steht aber der Leistung nicht gleich; OLG Naumburg J W 36/2173e3). Auch •diese Klaglosstellung erledigt den Streit (vgl. § 91 a Β I b, was nach der älteren Rechtsprechung zur entsprechenden Anwendung des §93 geführt hat: RG v. 20.1. 1903 II E 53/324f., OLG Hamburg 43/131 f. im Falle der Freigabe gegenüber einer auf § 771 gestützten Klage), und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Beklagte trotzdessen den Anspruch des Klägers leugnete (LG Leipzig J W 15/806; a. M. RG v. 20. 1. 1903 II E 53/324f., KG OLG 41/254, OLG Naumburg J W 36/2173«3) ; wenn der Kläger deshalb ein Feststellungsinteresse (§ 256 G) haben sollte, das über die Erfüllung hinausgeht, dann muß er die Klage umstellen. Das Anerkenntnis, das § 93 voraussetzt, ist eines nach § 307. Äußerungen des Be- Β II b klagten, er wolle befriedigen, ersetzen das Anerkenntnis nicht (OLG Naumburg J W 36/2173®3), besonders wenn er hinzufügt, der Anspruch sei unbegründet. Der Beklagte erkennt aber auch an, wenn er dabei -— begründete — Einschränkungen macht, wie bei der Verurteilung Zug um Zug (BGB §§ 274, 322) oder zu einem späteren Termin (vgl. RG v. 7. 5. 1901 III J W 398 8 ) oder wenn der Leistungsanspruch nur für den Kläger mit einer Duldung (als Eigentümer oder als Pfandgläubiger) begründet ist und nur der auf Leistung an beide anerkannt wird (RG v. 9. 7. 1902 V E 52/141 f.) oder wenn nur der Hilfsantrag anerkannt wird (KG J W 34/7002, OLG Hamburg 31/22, wozu der Kläger die Hauptforderung fallen lassen muß, wenn er ein Anerkenntnisurteil erwirken will; in diesem Falle wird wegen der vom Kläger durch den Hauptantrag in den Streit hineingetragenen Unklarheit sogar selbst bei fälligen Geldschulden das bloße Anerkenntnis ohne Befriedigung genügen). Fordert der Kläger ein aliud, so braucht der Beklagte nicht etwa schon sich zu der seiner Ansicht nach zu fordernden Leistung zu bekennen (OLG Karlsruhe BadRPr. 06/130; ein hilfsweises Anerkennen vor Stellung eines dazu gehörigen Antrags des Klägers wirkt entsprechend dem vorweggenommenen Geständnis, vgl. § 288 A I a 4) ; fordert er zuviel (OLG Dresden 5/164), so wird bei teilbarer Leistung der berechtigte Teil anerkannt werden müssen (vgl. RG v. 15. 7. 1937 IV Warn. 38/72, KG Seuff. 56/14, OLG 18/318, Hellwig, Anspruch und Klagerecht S. 367), sonst darf die Antragsänderung abgewartet werden (LG Münster JMB1. NRW 49/262). Vgl. auch § 93 Β II c. Wenn § 93 das sofortige Anerkennen fordert, so bedeutet dies, daß es bei der ersten Β II c Gelegenheit, die sich bietet, zu erklären ist. Dies ist im Erkenntnisverfahren der erste Verhandlungstermin (auch nach anfänglicher Verlegung oder Vertagung, OLG Oldenburg 3/131; a. M. KG OLG 33/36, OLG Dresden Sächs. A. f. Rpfl. 06/295f.). Wird nicht kontradiktorisch verhandelt, so darf der Beklagte gegen den Kläger, wenn er anerkennen will, kein Versäumisurteil nehmen; bestand indes für ihn in diesem Zeitpunkt noch kein Anlaß dazu, anzuerkennen, etwa weil ihm das Eigentum des Gegners im Interventionsprozeß noch nicht wahrscheinlich gemacht war oder weil er in diesem Falle mit der Aufgabe der Intervention rechnen durfte, so hindert ihn das gegen den Kläger erwirkte Versäumnisurteil nicht, später noch „sofort" anerkennen zu dürfen (KG KGB1. 03/30f„ KG OLG 2/101 [102]). Ist umgekehrt gegen den Beklagten Versäumnisurteil ergangen, so ist ihm der Einspruch wegen der Kosten (soweit sie ihn nicht ohnehin als Säumigen nach § 349 treffen) gegeben

747

βπc

§93

ZPO I. Buch

(um dann formell einen Fall des § 93 herbeiführen zu können, wird er erklären müssen, daß er in der Hauptsache anerkenne; vgl. Rosenberg Lb. § 79 I I I 3 b, BaumbachLauterbach § 9 3 Anm. 2 A ; a. M. K G OLG 20/301, J W 26/2460 1 , OLG Kiel 5/163, J W 26/268 1 ). Β Π e1

Im übrigen richtet sich die Sofortigkeit nach der Entscheidungsreife der Klage. Solange sie unzulässig ist, braucht selbst dann nicht anerkannt zu werden, wenn dadurch ihre Unzulässigkeit behoben werden könnte (RG v. 9. 7. 1902 VI E 52/141, OLG Köln H R R 35/1072). Besteht aber die Unzulässigkeit entgegen der Auffassung des Beklagten nicht, so kommt sein Anerkennen zu spät (RG v. 27. 6. 1932 VI E 137/71 f.). War die Klage nicht schlüssig (etwa weil der Antrag auf Leistung an den Kläger allein anstatt auf Leistung an ihn und den Pfandgläubiger gemeinsam gerichtet war), so kann erst nach Klageänderung anerkannt werden und das danach abgegebene Anerkenntnis ist noch sofortig (RG v. 27. 12. 1895 I I I J W 96/70', v. 9. 7. 1902 V E 52/141 f., OLG Hamburg H R R 31/535, Köln H R R 35/1072). Doch wird dann der Beklagte der Klageänderung nicht widersprechen dürfen bzw. dann, wenn die Klage begründet wird (OLG Köln H R R 32/1238, bei Klage vor Fälligkeit mit deren Eintritt: R G v. 15. 6. 1937 I V J W 2765 3 , OLG Königsberg J W 28/126 1 ', Breslau J W 28/1152 1 2 , sofern dann nicht schon geleistet werden muß, vgl. § 93 A II c 1) oder nachdem sie nach anfänglichem Bestreiten nicht schlüssig substantiiert wurde (KG J W 2 9 / 1 1 8 2 , OLG Hamburg 23/167). Es kann auch sonst der Wegfall einer begründeten Einwendung oder Einrede Anlaß zur sofortigen Anerkennung sein, im besonderen bei Gesetzesänderung (OLG Hamburg 43/132, Köln S J Z 49/276; im umgekehrten Fall wird der Kläger unter Protest gegen die Kostenlast den Anspruch für erledigt erklären, vgl. OLG Zweibrücken H R R 42/496). Auch in höheren Instanzen ist danach ein sofortiges Anerkenntnis denkbar; doch gibt es kein Wiederaufnahmeverfahren, bloß damit die Kostenentscheidung geändert wird.

Β Π c2

Ein (sonstiges) vorangegangenes unbegründetes Bestreiten zerstört die Möglichkeit, „sofort" anerkennen zu können (RG v. 1 3 . 3 . 1903 II J W 175 8 , OLG Kassel 11/54, Braunschweig 13/105f., Hamm J W 31/2045«; nach K G KGB1. 06/75, wenn die Klage eingehend substantiiert war, nicht aber, wenn das Klagebegehren geändert wurde, vgl. dazu § 93 Β II c 1). Nicht sofortig ist das Anerkenntnis, wenn es nicht auf die — an sich zulässige — Feststellungsklage, sondern erst nach dem Übergang zur Leistungsklage abgegeben worden ist oder wenn bei zulässigem unbeziffertem Antrag erst die spätere Bezifferung abgewartet wurde (OLG Hamm 33/56, für die durch Sachverständige zu ermittelnde Summe) und der Grund des Anspruchs bestritten wurde. Auch ein Anerkenntnis im Nachverfahren ist nicht sofortig (OLG Hamburg 29/36 für § 600 II). In den Fällen der KO § 11 II kann der Konkursverwalter — trotz anfänglichen Bestreitens des Gemeinschuldners — noch sofort mit der Wirkung anerkennen, so daß die Kosten dann nicht Masseforderung werden, sondern Konkursforderung bleiben ( R G v. 27. 6. 1932 VI E 137/71 [72], K G OLG 15/226, OLG Köln LZ 10/486). Eine Ausnahmeregelung ist dies nicht (anders VglO § 49, vgl. § 93 D). Ein sonstiger Wechsel der Partei bzw. in ihrer Vertretung ist überhaupt unerheblich. Das sofortige Anerkennen wird durch Widerruf (über die Möglichkeit dazu vgl. § 306 Β III) beseitigt. Geschieht dies oder wird das bereits ergangene Anerkenntnisurteil angefochten, so bleibt für die Anwendung des § 93 kein Raum (OLG Jena ThürBl. 42/67).

ΒΙΠ

Die Kostenentscheidung darf zugleich mit dem Anerkenntnisurteil, aber auch durch Schlußurteil erlassen werden, im besonderen wenn Streit über die Voraussetzungen des § 93 (Veranlassung — sofortiges Anerkennen) besteht und er erst durch eine folgende Beweisaufnahme zu klären ist, was hier erforderlich ist, da § 91 a 1 1 nicht gilt. Die Form der Entscheidung ist im ersten Falle das Urteil; im letzten Falle wird man sie indes jetzt auch durch Beschluß erlassen dürfen, da jedenfalls das Rechtsmittel dann dasselbe ist wie im Fall des § 91a (vgl. § 99 II). Wegen der Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung, gleichviel ob sie nun durch Urteil oder Beschluß erlassen wurde, vgl. § 99 II. 748

Prozeßkosten

§ 9 3

Der Kläger gibt zur Klageerhebung immer Veranlassung; deshalb wird der Verzicht C (§ 306) dem Anerkenntnis nicht gleichgestellt. Nur wo sich die Hauptsache durch ein Ereignis, das dem Kläger nicht anzulasten ist (§ 91 a Β I b) erledigt, darf auch an die entsprechende Anwendung des § 93 gedacht werden, wenn der Kläger, anstatt für erledigt zu erklären, verzichtet (vgl. dazu aber § 91a A I b 1). Trotz Klageveranlassung durch den Beklagten läßt VglO § 49 die Möglichkeit offen, D daß bei sofortigem Anerkenntnis dem Kläger die Kosten des Verfahrens auferlegt werden können. VglO § 49 lautet : I Erhebt ein Vergleichsgläubiger nach der Eröffnung des Verfahrens Klage auf Leistung, so fallen ihm die Prozeßkosten zur Last, wenn der Schuldner den Anspruch sofort anerkennt. Dies gilt nicht, wenn der Gläubiger bei der Erhebung der Klage die Eröffnung des Vergleichsverfahrens nicht kannte oder an alsbaldiger Erlangung des Urteils ein berechtigtes Interesse hatte.

Den Begriff des Vergleichsgläubigers gibt VglO §§ 25folg. (sie entsprechen den D I nichtbevorrechtigten Konkursgläubigern, VglO §26). Unter VglO §49 fallen ferner nicht die ausgeschlossenen Forderungen der VglO § 29. Maßgebend ist einerseits der Zeitpunkt der Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens (VglO § 21), nicht der der Einreichung des Vergleichsantrags (VglO § 2) oder der seiner Bekanntgabe (VglO §11); andererseits der Zeitpunkt der Klageerhebung (d. i. nach § 253 I der der Zustellung der Klage, da diese jedoch durch das Gericht bewirkt wird, §§ 261 b I, 496 I, kommt es insoweit auf die Einreichung bei Gericht an, §§ 261 b I I I , 496 I I I in entsprechender Anwendung, für das Zahlungsbefehlsverfahren wird man § 693 II entsprechend heranziehen dürfen) ; nach § 500 I 3 ist es der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung; für den im Laufe des Verfahrens erhobenen Anspruch gilt § 281 (also entweder die Einreichung des Schriftsatzes oder die Geltendmachung in der mündlichen Verhandlung). Liegt der erste Zeitpunkt vor dem zweiten, so treffen den Kläger die Kosten einer Leistungsklage, in der er einen Anspruch als Vergleichsgläubiger neu geltend macht (also nicht, wenn er auf Feststellung klagt, und nicht, wenn er den bereits anhängigen Prozeß ohne Klageerweiterung fortsetzt), sofern der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt (vgl. § 93 Β II). All diese Voraussetzungen stehen zur Beweislast des Beklagten. Die Bedingungen der VglO § 49 I 2 gehen zu Lasten des Klägers. E r muß also dartun, D Π daß er keine Kenntnis (fahrlässige Unkenntnis steht dem nicht gleich) vom Vergleichsverfahren und seiner Eröffnung gehabt hat oder daß er nicht annahm, Vergleichsgläubiger zu sein; doch muß sich diese letzte Annahme auf das Tatsächliche erstrecken, da die Gesetzeskenntnis als solche von keiner Partei verlangt wird. Inwieweit die Kenntnis des Vertreters in Betracht kommt, regelt B G B § 166. Aber auch bei Kenntnis treffen den Kläger die Kosten nicht, wenn er ein berechtigtes Interesse an der alsbaldigen Erlangung des Urteils hat. Dieses Interesse kann nicht in der alsbaldigen Vollstreckung bestehen; denn das Vergleichsverfahren soll diese verhindern (vgl. VglO § 28) ; es muß also aus anderen rechtlichen Gründen gegeben sein und besteht, wenn der Schuldner Anlaß zur Klageerhebung gegeben hat (§ 93 Β I, abgesehen davon, wenn er sich nur auf mangelnde Zahlungsfähigkeit usw. berufen hat) bzw. die Klage auch ohne diesen Anlaß durchgeführt werden müßte. Dies gilt hier auch, wenn die Forderung nur durch gerichtliche oder sachverständige Entscheidung im Prozeß der Höhe nach festgelegt werden kann. Im Arbeitegerichtsverfahren gibt es keine Besonderheit.

E

Im Verwaltungs- und Steuerrecht kommt die Bestimmung nicht zur Anwendung, F da hier stets ein angreifbares Vorverfahren vorliegen muß. In AbgabenO § 307 I I I klingt aber der Gedanke des § 93 durch. § 9 3 a ( —) Wird auf Scheidung oder Aufhebung der E h e erkannt oder die Ehe für nichtig erklärt, ohne daß der unterlegene Teil hieran schuldig ist, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben. 1

749

§93

ZPO I. Buch

Eingef. 2. DVO EheG. Λ I II III

Streitveranlassung als Ausgangspunkt Inhalt des § 93a Kostenentscheidung, wenn Beklagter nicht schuld ist

a b c

bei der Scheidung bei der Aufhebung der Ehe bei Nichtigerklärung der Ehe Zur entsprechenden Anwendung

A

Die Streitveranlassung als Maßstab für die Kostenlast (vgl. § 91 C I) muß dort versagen, wo der Staat den Parteien keine Möglichkeit läßt, ihre Rechtsverhältnisse ohne seine Mitwirkung freiwillig gestalten zu können, d. h. in Ehescheidungs-, -aufhebungsund -nichtigkeitsstreiten sowie in Kindschaftsanfechtungsklagen und in den Entmöndigungsstreiten (§ 93 A I a l ) .

AI

In den Ehestreiten bestimmt nun § 93a, daß dann, wenn die unterliegende Partei (im Tenor des Erkenntnisses oder zumindest in der Begründung, vgl. dazu § 91 G I a) nicht an der Scheidung, der Aufhebung oder der Nichtigkeit für schuldig erklärt wird (ob er sonst an dem Streit schuld ist, ist gleichgültig; wird also eine Ehe aus EheG § 48 ohne Schuldausspruch geschieden, obwohl auf die Klage wegen Ehebruchs des Beklagten hätte geschieden werden können, so bleibt dieser außer Betracht), die Kosten gegeneinander aufzuheben sind (vgl. § 92 I 2). Eine andere Kostenverteilung ist unzulässig, doch sind § 96 und (je nach dem eingenommenen Standpunkt auch) § 92 anwendbar, soweit es nicht bloß um die nach § 93 a zu treffende Entscheidung geht. Dabei wird daran gedacht, daß etwa nach EheG § 48 jede der beiden Parteien den gleichen Anspruch hätte erheben können und es nicht darauf ankommen kann, wer dann zuerst klagt, denn der zufällig angegriffene Beklagte könnte ja ebenso gut Kläger sein. Ob dies auch in den Nichtigkeitsstreiten gilt, ist allerdings streitig (vgl. § 93a A III c).

ΑΠ

Wird die Ehe getrennt (d. h. geschieden, aufgehoben, für nichtig erklärt) und wird der Beklagte für alleinschuldig an der Scheidung erklärt, so treffen ihn die Kosten nach § 91. Sind beide Parteien auf Klage und Widerklage für schuldig erklärt, so werden die Kosten gegeneinander aufgehoben (§ 92 I). Über die Kostenverteilung, wenn eine Partei für überwiegend schuldig erklärt ist (EheG § 52), vgl. § 92 A I a 1. Faßt man den Mitschuldantrag als eventuelle Widerklage (§33 D I b 2) auf, so kann es kostenrechtlich keinen Unterschied begründen, daß er nur eventuell geltend gemacht wird (OLG Nürnberg NJW 53/1109 will allerdings auch dann die Kosten teilen, wenn der Beklagte mit der Widerklage durchdringt und der Kläger für allein schuldig erklärt wird). Dann aber dürfen dem Teil, der ohne Schuldausspruch unterliegt, gar keine Kosten angelastet werden, wenn der Kläger für allein schuldig an der Scheidung usw. erklärt wird (a. M. für den Fall des EheG § 48: OLG Hamburg JW 39/70718, Darmstadt H RR 39/900; RG v. 13. 3. 1939 IV E 160/31 [37], OGH v. 21. 3. 1949 II E 1/368 = N J W 7544, KG JW 39/171" teilen hier 3:1 ; OLG Darmstadt DR A 1182" teilt 2:1 ; SydowBusch § 93 a Anm. 1 will die Schuldigsprechung des Obsiegenden ganz außer Betracht lassen). Dasselbe muß aber dann gelten, wenn auf Klage und Widerklage geschieden, nur eine Partei aber schuldig gesprochen wird (a. M. RG v. 13. 3. 1939 IV E 160/31 [37], das hier 3:1 teilt). Nur wenn keine Partei für schuldig erklärt wird, läßt sich die Kostenaufhebung rechtfertigen.

AΙΠ

Voraussetzung für die Anwendung des § 93 a ist, daß die Ehe ohne Verschulden des Beklagten (Widerbeklagten) und des Klägers (vgl. § 93a A II) geschieden, aufgelöst oder für nichtig erklärt wird. Die Kostenentscheidung knüpft also daran, daß kein Schuldspruch im Urteil vorhanden ist, an.

Ama

Ohne Schuldausspruch wird eine Ehe geschieden aus einem auf EheG §§ 44—46, 48 gestützten Grunde, also wegen geistiger Störung, Geisteskrankheit, ansteckender oder ekelerregender Krankheit oder Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft. In den ersten drei Fällen liegt die Veranlassung bei dem Beklagten (auf sein Verschulden kommt es im Kostenrecht nicht an), so wie sie im Entmündigungsverfahren bei dem Entmündigten liegt (§ 658). Nur im letzten Falle (EheG § 48) könnte auch der Beklagte Kläger aus dem gleichen Grunde sein.

750

§ 93a

Prozeßkosten

Ohne Schuldausspruch (vgl. § 93 a A I l l a ) kann die Ehe auch aufgehoben werden A l l l b (vgl. EheG § 37 II). Wird die Ehe mangels Einwilligung des gesetzlichen Vertreters aufgehoben (EheG § 30), so werden die Fälle, in denen keiner der Gatten diesen Mangel gekannt hat, nur selten eintreten können (der Irrtum müßte sich auf die Einwilligung als solche, nicht auf das rechtliche Erfordernis der Einwilligung beziehen). Bei dem Irrtum des einen Gatten, der zur Aufhebung nach EheG §§ 31 I, 32 I berechtigt, wird dagegen kein Schuldausspruch möglich sein ; denn wenn der andere Teil schuldig ist, hat er auch arglistig getäuscht (EheG § 33). Im Falle arglistiger Täuschung des EheG § 33 trifft dagegen den Täuschenden die Schuld (vgl. EheG § 33 II). Nur im Falle der Drohung (EheG § 34) ist eine Aufhebung ohne Schuldausspruch in den seltenen Fällen denkbar, wo der andere Ehegatte sich nicht betätigt hat (also die Drohung nicht kannte). Soweit hier kein Schuldausspruch ergeht, ist § 93 a anzuwenden. Ergeht ein Schuldausspruch allein gegen den klagenden Gatten, so unterliegt er insoweit (vgl. § 92 A I a 1). Einen Fall, in dem beide Gatten aus dem gleichen Grunde die Aufhebung verlangen könnten, gibt es im Gegensatz zu EheG § 48 nicht. Im Falle der Nichtigkeitsklage kennt die Praxis noch keinen tenorierten Schuld- A l i l e ausspruch, wohl aber wird in den Gründen darüber wegen EheG §§ 25, 26 zu entscheiden sein. Kannte indes eine Partei bei Eingehung der Ehe den Nichtigkeitsgrund, so wird sie nach EheG §§ 25, 26 wie ein schuldig erklärter Gatte behandelt. Deshalb ist auch §93a anzuwenden, wenn keine Partei den Nichtigkeitsgrund kannte (bejahend: OLG Kiel Sehl H A 49/368, Rosenberg Lb. § 79 III 2; a. M. OLG Koblenz NJW 50/391»), Dies gilt auch, wenn der Staatsanwalt die Nichtigkeitsklage erhebt (a. M. Jonas § 93a Anm. III, der die Vorschrift dann überhaupt nicht anwenden will). Auf Kindschaftsprozesse (§§ 640folg.) und Entmündigungsverfahren ist die Regel Β nicht ausgedehnt worden, auch nicht, wenn die Unwirksamkeit der nachträglichen Eheschließung ausgesprochen wird (BGH v. 18. 2. 1954 IV ZR 188/53 MDR Β 596/54, teilweise abgedruckt in LM = Nachträgl. Eheschi.G § 3/1). § 9 4

(-)

Macht der Kläger einen auf ihn übergegangenen Anspruch geltend, ohne daß er vor der Erhebung der Klage dem Beklagten den Übergang mitgeteilt und auf Verlangen nachgewiesen hat, so fallen ihm die Prozeßkosten insoweit zur Last, als sie dadurch entstanden sind, daß der Beklagte durch die Unterlassung der Mitteilung oder des Nachweises veranlaßt worden ist, den Anspruch zu bestreiten. Eingef. Nov. 98. A Β I II III IV

Kostentrennung Forderungsübergang Ansprüche Anwendungsbereich Beweis Schuldnerrolle

I II ι

Entsprechende Anwendung Legitimation des gesetzlichen Vertreters des bevollmächtigten Verwaltungsgericht Arbeitsgericht

Liest man § 94 im Rahmen der vorangegangenen Bestimmungen, also so, daß die Kosten den Streitveranlasser treffen, so führt auch § 94 nicht zur Kostentrennung (so aber Baumbach-Lauterbach §94 Anm 2), hält man sich nur an den Wortlaut, so hat auch der obsiegende Kläger die Kosten zu tragen (Rosenberg Lb § 79 III 3 a, Schönke § 94 Anm. III, OLG Hamburg 11/54f.). Praktisch ist der Unterschied nicht sehr bedeutsam, weil bei einheitlicher Beweisaufnahme § 94 unanwendbar wird; denn geht der Streit nicht bloß um die Aktivlegitimation, so wird damit dargetan, daß es auch sonst zu ihm gekommen wäre. Anders ist dies nur, wenn nach dem Legitimationsnachweis der Kläger klaglos gestellt bzw. der Anspruch sofort anerkannt wird. Dann treffen u. U. i. V. m. § 93 den Kläger die vollen Kosten. Β

§ 94 setzt einen dem Beklagten unbekannten Forderungsfibergang voraus. 48

Wieczorek, ZPO. I.

751

§ 9 4

ZPO I. Buch

ΒI

Dabei wird an den Übergang des außerprozessualen Ansprüche (vgl. BGB §194} angeknüpft. Auf einen Schuldübergang bezieht sich § 94 nicht. An den richtigen Schuldner muß sich der Kläger stets halten.

Β Π

Der Anwendungsbereich des § 94 ist gering, weil schon nach außerprozessualem Recht der Schuldner an einen neuen Gläubiger, der durch Rechtsgeschäft ( B G B §§ 398 folg.) oder in den Fällen des B G B § 412 auch kraft Gesetzes (vgl. dazu B G B §§ 268 I I I , 426 I I , 774, 1164 I, 1173 I I , 1174, 1176, 1182, RVO § 1542, W G § 67, Η GB § 804 u. a.) die Forderung erworben hat, nur dann leisten muß, wenn ihm der bisherige Gläubiger dies angezeigt hat ( B G B § 410 II) oder ihm eine von diesem stammende Abtretungsurkunde ausgehändigt wird ( B G B § 410 1 1 ) ; dementsprechend darf er im letzten Falle auch die Kündigung zurückweisen, wenn ihm die Abtretungsurkunde nicht vorgelegt ( B G B § 410 I 2) wird. Vgl. auch die entsprechende Regel für Hypothek und Grundschuld in B G B §§ 1160, 1161; 1192. Bei der Forderungspfändung tritt an die Stelle der Anzeige des früheren Gläubigers der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß (§§ 829, 835 II), während bei der Forderungsverpfändung — im Gegensatz zur Abtretung — stets die schriftliche Anzeige des bisherigen Gläubigers erforderlich ist (BGB § 1280), sofern sonst der bloß mündliche Abtretungsvertrag genügt. Bei dem Übergang der Forderung durch Erbfolge (Gesamtrechtsnachfolge) genügt stets die Vorlegung des Erbscheins (vgl. B G B § 2367, R G v. 19. 9 . 1 9 0 5 I I I J W 641 8 ), bei der Fusion von Gesellschaften die Vorlegung eines Handelsregisterauszugs (vgl. auch Η GB § 15). Entsprechend muß sich der Ehemann, der als solcher Rechte geltend macht, als Ehemann und durch das Güterrechtsregister legitimieren. Überall dort, wo dem außerprozessualen Recht genügt ist, kann § 94 nicht zum Zuge kommen, denn der Anlaß zum Bestreiten ist damit dem Beklagten genommen. Nur dort, wo dies nicht geschehen ist, kann dies noch außerprozessual und mit den außerprozessualen Mitteln nachgeholt werden und solange es nicht geschehen ist, kann es vom Beklagten mit der Kostenlast des § 94 für den Kläger gefordert werden. Ein Unterschied etwa derart, daß nach außerprozessualem Recht die dem Schuldner zugegangene Mitteilung ( B G B § 130) genügen muß, auch wenn er sie nicht kennt, § 94 dagegen volle Kenntnis fordert, ist nicht zu machen. Kannte der Schuldner den Forderungsübergang ohne Mitteilung, so muß er ihn (soweit er nicht erst durch die Mitteilung sich vollzieht) gegen sich gelten lassen. Daß im Verhältnis zum Beklagten auf Kosten des Klägers benachrichtigt wird, ist eine Regel, die auch außerprozessual gilt. Ob der Kläger gegen den bisherigen Gläubiger einen Anspruch auf Ersatz dieser Kosten hat, richtet sich nach dem zwischen ihm und seinem Rechtsvorgänger bestehenden Rechtsverhältnis (vgl. B G B §§ 402, 403).

Β ΠΙ

Weder außerprozessual noch prozessual braucht sich der Beklagte mit der bloßen Anzeige des Klägers zu begnügen (wohl aber muß er es mit der des bisherigen Gläubigers), sondern darf den Nachweis (nicht bloß die Glaubhaftmachung, § 294) fordern, regelmäßig die Vorlegung der Abtretungsurkunde (OLG Hamburg l l / 5 4 f . ) und wohl auch die des Erbscheins (abweichend R G v. 19. 9. 1900 V Gruch. 45/1034 [1036], ν. 1. 5. 1903 I I I E 54/343 [344], ν. 2 5 . 1 1 . 1 9 0 7 IV Gruch. 52/1096Í.), soweit nicht ein öffentliches Testament vorgelegt werden kann (was ausreicht, R G v. 18. 9. 1901 V Β 136/01 Ν § 94/1). Fordert er den Nachweis nicht, so treffen den Beklagten die Kosten des Bestreitens, sofern er in der Sache unterliegt (nicht aber wenn er, selbst aus anderen Gründen, obsiegt).

Β rv

Darauf, ob der Beklagte der persönliche Schuldner ist, kommt es nach § 94 nicht an (vgl. OLG Hamburg 11/55f.), wohl aber muß der Beklagte im Verhältnis zum Kläger in der Schuldnerrolle stehen, d. h. der Kläger muß seine Rechte als Forderungsgläubiger geltend machen.

C CI

Entsprechend ist die Vorschrift bei der Legitimation des gesetzlichen Vertreters anzuwenden, soweit keine gesetzliche Vertretung offenbar ist, wie dies bei Vater und Mutter Minderjähriger und bei juristischen

752

§ 9 4 ci

Prozeßkosten

Personen durch die Möglichkeit, die Register einzusehen, der Fall ist, bzw. bei sonstigen gesetzlichen Vertretern durch Einsicht von Gerichtsakten (des Vormundschafts-, des Konkurs-, u. U. des Vergleichsgerichts). Weiter gilt § 94 entsprechend für die Legitimation des bevollmächtigten Vertreters, C Π die denselben Regeln unterworfen ist (wird die Vollmacht registriert, wie die Prokura, so genügt dies, bisweilen ergibt sie sich aus der Stellung der Bevollmächtigten, wie nach Η G B § 56); vgl. im übrigen auch B G B § 174 und § 89. Im Verwaltungsgerichtsverfahren einschließlich der Steuerverfahren wird die Vor- D schrift nicht praktisch, weil hier der Beschwerte (der die Stellung des Beklagten hat) klagt. Im Arbeitsgerichtsverfahren gilt sie.

§ 95

Έ

(90)

Die Partei, die einen Tennin oder eine Frist versäumt, oder die Verlegung eines Termins, die Vertagung einer Verhandlung, die Anberaumung eines Termins zur Fortsetzung der Verhandlung oder die Verlängerung einer Frist durch ihr Verschulden veranlaßt, hat die dadurch verursachten Kosten zu tragen.

1

V

3

I

II III

a b c

I

Kostentrennung Termin- und Fristversäumung endgültiger Nachteil Einspruch Fall des § 95 Terminverlegung Fristverlängerung Entscheidung Verschulden

C

II III

D E F

I II

Titulierung Revisionsinstanz GKG § 3 9 Verschulden Entscheidung Arbeitsgerichte Verwaltungsgerichte AbgabenO

§ 95 stellt einen Fall der Kostentrennung dar. E r wird durch § 96 ergänzt. Die Praxis A kennt ihn kaum, da besondere Kosten hier nur als Auslagen (Zeugen- und Sachverständigengebühren, Reisekosten) entstehen können und bei Verschulden regelmäßig Termine auch bei Säumnis der Partei durchgeführt werden. Anders ist dies, soweit das Gericht nach G K G § 39 verfährt (vgl. § 95 C). Der erste Teil des § 95 betrifft die Versäumung eines Termins oder einer Frist.

AI

Soweit in diesen Fällen bereits ein endgültiger Nachteil für die Partei erwächst, A l a kommt die Bestimmung nicht zum Zuge; dies ist der Fall, wenn Versäumnisurteil ergeht (§§ 330, 331), wo der säumigen Partei die Kosten nach § 91 aufzuerlegen sind. Das entsprechende gilt im Mahnverfahren für die Erteilung des Vollstreckungsbefehls (§699). Ergeht eine Entscheidung nach Aktenlage (§§ 251a, 331a), so entsteht ein Nachteil (möglicherweise) nur dann, wenn die säumige Partei noch etwas vorbringen wollte und unterliegt. Im übrigen tritt aber in den Regelfällen durch eine solche Entscheidung die Säumnis als solche gar nicht hervor. Das entsprechende gilt für sonstige Fristversäumungen: wird durch sie ein endgültiger Nachteil begründet, was auch durch bewußtes Unterlassen geschehen kann, so besteht kein Raum, nach § 95 entscheiden zu können. Aber auch dann, wenn die Fristversäumungen als solche keinen Schaden nach sich ziehen, liegt § 95 nicht vor. Im Falle des Einspruchs gegen ein Versäumnisurteil bzw. einen Vollstreckungsbefehl A l b regeln §§ 344, 700 die Kostenlast. Nur in den Fällen der Aktenlageentscheidung kann der angesetzte Verkündungstermin möglicherweise, nämlich wenn die Partei unverschuldet ferngeblieben ist (§§ 251a I 4, 331a I 2), aufgehoben werden (dann liegt aber kein Fall des § 95 vor, weil er Verschulden voraussetzt). Bei der Fristversäumung kommt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf von Notfristen (§ 223 II) wie der Berufungs- und Revisionsbegründungsfrist (§§ 233folg.) in Betracht, wo in § 238 111 aber die Kostenfolge besonders geregelt ist, 48*

753

Alb

§ 95

ZPO I. Buch

nämlich daß sie den trifft, dem Wiedereinsetzung gewährt worden ist. Außerdem darf die Wiedereinsetzung nicht gewährt werden, wenn die Partei ein Verschulden trifft. Aber auch die Fälle des § 231 II gehören nicht hierher, da eine Säumnis vor der Antragstellung des Gegners (u. U. sogar bis zum Erlaß der Entscheidung — vgl. §§ 109, 113, 128 II, 694, 951) gar nicht eintritt (vgl. § 231 Β I). Alo

Nur wenn der durch die Termin- oder Fristversäumung eingetretene Nachteil beseitigt werden kann und beseitigt wird, tritt die Möglichkeit, § 95 anwenden zu können, hervor.

ΑΠ

Der zweite Fall des § 95 betrifft die von der Partei (bzw. ihrem Vertreter) verschuldete Verlegung eines Termins (wobei Aufhebung mit folgender schriftlicher Entscheidung genügen kann) und die verschuldete Fristverlängerung. Über den Begriff des Verschuldens vgl. BGB §27611, 2 (wobei an die Stelle des allgemeinen Verkehrs hier der Prozeß tritt). Durch Verschulden einer Partei (oder ihres Vertreters) muß eine Terminanberaumung bzw. die Abhaltung eines Termins nutzlos gewesen sein; ob dann auf Antrag dieser Partei, ihres Gegners oder durch das Gericht verlegt oder vertagt wurde, ist dabei gleichgültig (OLG Braunschweig 35/212). Bleiben allerdings beide Parteien aus, gleichviel ob einseitig oder beiderseitig verschuldet, so ist § 95 nicht anzuwenden, weil das Gericht die Verhandlung nicht erzwingen kann (wenn es u. U. dann auch nach Aktenlage entscheiden darf, vgl. §§ 251, 251a).

Α ΠΙ

Das entsprechende gilt für so bewirkte, aber bewilligte Fristverlängerungen (§224 II), und zwar auch hier gleichviel, ob der Gegner zustimmt oder nicht (weil er allein nicht in die Verlängerung willigen kann, § 224 I) und ob es sich um die erste oder eine weitere Verlängerung handelt. Doch ist die Nichtbeachtung von Fristen (vgl. §§ 129 I, 132, 272) erst dann erheblich, wenn der Gegner Rechte daraus herleitet und die Vertagung erzwingt. In den Fällen der §§ 141, 296 treten die Säumnisfolgen nur ein, wenn am Ausbleiben der Partei die Aufklärung oder der Sühneversuch scheitert (vgl. auch § 141 III 2) und deshalb vertagt wird. Die Folge des § 141 III 1 hat damit nichts zu tun. § 95 setzt also stets voraus, daß prozessuale Nachteile — abgesehen von der Kostenfrage — nicht eintreten. Im Ehesühneverfahren gilt § 610 II; hier kommt § 95 nicht zum Zuge.

Β

Die Entscheidung nach § 95 soll ergehen, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen.

BI

Über die Frage des Verschuldens (soweit dieses erheblich ist, vgl. § 95 A II) braucht regelmäßig kein besonderer Beweis erhoben zu werden; die Partei, welche eine Fristoder Terminsverlängerung i. S. des § 95 veranlaßt hat, wird die Gründe hierfür darzulegen haben, sobald besondere Kosten entstanden sind, um sich zu entschuldigen. Tut sie es nicht oder unzureichend, so wird das Gericht prima facie ihr Verschulden annehmen dürfen (worauf aber gegebenenfalls nach § 139 hinzuweisen ist). Bestreitet der Gegner die von der Partei vorgetragenen Gründe, so wird sich allerdings schwerlich eine Beweisaufnahme erübrigen. Soweit die verursachende Partei durch einen Bevollmächtigten vertreten wird, wird er mit Rücksicht auf § 102 dartun, daß er nicht grob schuldhaft gehandelt hat.

ΒΠ

Die Entscheidung ergeht zugleich mit der (End-)Kostengrandentscheidung, nicht im Vorwege durch Beschluß (OLG Stettin HRR 36/760) ; ist aber die Kostengrundentscheidung ein Beschluß oder befindet sie sich in einem solchen zugleich mit der Hauptentscheidung, so steht nichts im Wege, sie in den Beschluß aufzunehmen (a. M. Jonas § 95 Anm. II, IV; Sydow-Busch § 95 Anm. 2). Dem beauftragten oder ersuchten Richter steht die Entscheidung nicht zu (OLG Hamm 33/38). Darüber, ob Urteilsergänzung zulässig ist, vgl. § 321 Β II b 4.

Β ΠΙ

In der Revisionsinstanz wird die Vorschrift — wenn man von den Sondervorschriften (§§ 344, 238 III) absieht — nicht praktisch. Eine Sonderregelung gibt GKG § 89, der lautet:

C

I Ist außer dem Falle des § 335 der Zivilprozeßordnung durch Verschulden einer Partei oder eines Parteivertreters die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen

754

§ 95 c

Prozeßkosten

Termins zur mündlichen Verhandlung veranlaßt, oder ist durch nachträgliches Vorbringen von Angriffs- und Verteidigungsmitteln, Beweismitteln oder Beweiseinreden, welches zeitiger erfolgen konnte, die Erledigung des Rechtsstreits verzögert worden, so kann das Gericht der Partei von Amts wegen eine besondere Gebühr in Höhe der vollen Gebühr (§ 8) auferlegen. Die Gebühr kann bis zu einem Viertel ermäßgt werden. · II Gegen den Beschluß findet Beschwerde nach Maßgabe des § 567 Nr. 2, 3 und der §§ 568 bis 575 der Zivilprozeßordnung sowie des g 4 Abs. 3 dieses Gesetzes statt.

Obwohl in dieser Bestimmung die Voraussetzungen für die zu verhängende Straf- C I gebühr anders formuliert sind wie in §§ 95, 96, gilt doch derselbe Rahmen wie bei diesen, m. a. W., G KG § 39 ist nicht weiter als es §§ 95, 96 sind. Er setzt stets Verschulden voraus; bei grobem Verschulden des Vertreters darf das Gericht die Strafgebühr neben der Partei auch dem Vertreter auferlegen (§ 102). Die Strafgebühr ist durch besonderen Beschluß festzusetzen, gegen den Beschwerde C Π ohne Rücksicht auf den Streitwert, frei vom Anwaltszwang (GKG § 4 III), zulässig ist (GKG § 39 II), sofern nicht ein OLG (§ 567 III) oder ein höheres Gericht entschieden hat. Die weitere Beschwerde ist unzulässig (§ 568 III). Beschwert ist aber nur die mit der Strafgebühr belastete Partei (RG v. 27.11. 1893 IV E 32/392Í.) bzw. im Falle des § 102 ihr belasteter Vertreter aus eigenem Recht. Im Arbeitsgerichtsverfahren gelten beide Bestimmungen (ArbGG §§ 46, 64 II, D GKG §1). Noch allgemeiner als § 95 gefaßt sind BundesverwaltungsGG § 65 III, BMilRegVO E 165 § 99 II, VGG § 124 III, Rh.-Pf. VGG § 88 III in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, wonach Kosten, die ein Beteiligter verschuldet hat, diesem aufzuerlegen sind. Hier ist die Vorschrift bedeutsamer, weil es ein Versäumnisverfahren nicht gibt und Amtsbetrieb herrscht (BVerwaltungsGG § 38, BMilRegVO 165 § 61, VGG § 63, Rh.-Pf. VGG §52). Die Vorschrift des § 238 111 wird in BVerwaltungsGG §66, BMilRegVO 165 § 99 IV, VGG § 125 wiederholt. Hier ist also kein Parteiverschulden erforderlich. Das Verfahren der Abgaben O ist anderer Art (vgl. AbgabenO § 273 II 2) ; dieselbe F Tendenz wie § 95 verfolgt die Bestimmung der AbgabenO § 307 III 1, welche der Verfahrensverschleppung vorbeugen soll.

§ 06 (91) 1

Die Kosten eines ohne Erfolg gebliebenen Angriffs- oder Yerteidigungsmittels können der Partei auferlegt werden, die es geltend gemacht hat, auch wenn sie in der Hauptsache obsiegt. A I II Β I II

Kostentrennung Kein Verschulden Entscheidung Angriffs- und Verteidigungsmittel prozessualer und außerprozessualer Art Anwendungsbereich

III

Kostenstrafe

c

Arbeitgerichtsverfahren

D

Verwaltungsgerichtsverfahren

E

AbgabenO

Wird ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel schuldhaft zur Prozeßverschleppung A vorgebracht, so gilt GKG § 39 (vgl. § 95 C). Darüber hinaus gibt § 96 dem Gericht die Befugnis (nicht die Pflicht, RG v. 27. 5. 1913 III Warn. 388, v. 18. 12. 1915 V Warn. 17/32; nach RG v. 27. 5. 1913 III Warn. 388 soll indes das Urteil ergeben, daß das Gericht § 96 nicht übersehen hat; nach BGH v. 6. 4. 1951 I ZR 39/50 — teilweise abgedruckt in E 1/363 = MDR 419, RG v. 27. 6. 1900 V JW 6222, v. 27. 4. 1901 I JW 422, v. 2. 1. 1920 III 288/19 Ν § 96/5 ist in der Revisionsinstanz nur nachzuprüfen, ob die Grenzen der Ermessensentscheidungen innegehalten sind), die Kosten eines erfolglosen Angriffs- oder Verteidigungsmittels der Partei aufzuerlegen, die in der Hauptsache obgesiegt hat, also die Kosten zu trennen. Verschulden der Partei oder ihres Vertreters verlangt das Gesetz nicht. Voraussetzung A I ist dabei nicht nur der Sieg in der Hauptsache, sondern auch, daß durch die Mittel

755

AI

ΑΠ

§ 9 6

ZPO I. Buch

besondere Kosten entstanden sind (RG v. 20. 9. 1882 I Seuff. 38/171), da nur diese besonderen Kosten der Partei auferlegt werden dürfen. Die Entscheidung muß in die Grundkostenentscheidung aufgenommen werden (also regelmäßig in das Bndurteil, RG v. 4. 2. 1885 I E 13/411 [413], ν. 21. 10. 1896 Y JW 6532, v. 9. 12. 1910 II JW 11/15516, vgl. § 95 Β II), ob eine Ergänzung möglich ist, vgl. § 321 Β II b 4. Welche einzelnen Kosten zu erstatten sind, ist dem Kostenfestsetzungsverfahren zu überlassen; andererseits darf dieses ohne die Grundentscheidung solche Kosten nicht — als nicht notwendige — aussondern (RG v. 30. 9. 1906 III 149/06 Ν §96/4, vgl. §104).

Β

Der Begriff der Angriffs- und Verteidigungsmittel entspricht dem zu § 67 Β II Gesagten (vgl. auch §§68, 529; §146 erklärt ihn mit Klagegründen, Einreden, Repliken usw.; § 278 mit Einreden, Widerklagen, Repliken usw.; § 283 spricht von Beweismitteln und Beweiseinreden). Davon gehören aber die Widerklagen nur in ihrer Begründung EU den Angriffsmitteln. Der Klageantrag und der Widerklageantrag sind der Angriff selbst; sie fallen nicht unter den Begriff (OLG Karlsruhe 7/286), auch nicht der Eventualantrag (OLG Breslau JW 31/35752), auch nicht das Rechtsmittel; es ist Angriff und nicht Angriffs- oder Verteidigungsmittel (RG v. 12. 7.1890 I JW 333«, v. 2. 2. 1891 VI Gruch. 35/1183, v. 18. 12. 1915 V Warn. 17/32, v. 21. 10. 1896 V JW653 3 , ν. 1. 5. 1902 VI Seuff. 58/18), und auch nicht der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung nach §§ 627, 627a (a. M. OLG Schleswig SchlHA 49/211, das aber § 96 hier für entsprechend anwendbar hält, weil § 627c die besondere Kostenentscheidung verbietet).

ΒI

Ob die Angriffs- oder Verteidigungsmittel außerprozessualer oder prozessualer Art sind, ist gleichgültig. Deshalb dürfen, auch wenn eine prozeßhindernde Einrede nicht durchdringt und durch Zwischenurteil zurückgewiesen wird, die Kosten der sachlich obsiegenden Partei auferlegt werden (RG v. 27. 6. 1900 V JW 6222, v. 27. 4. 1901 I J W 4221) und hier nach OLG Karlsruhe 32/303 (304) schon im Zwischenurteil; nach RG v. 12. 7. 1890 I JW 3334, v. 21. 5. 1892 V 32/92 Ν § 96/3, ν. 21. 10. 1896 V J W 653e, v. 1. 5. 1902 VI Seuff. 58/18, v. 7. 1. 1903 V 442/02 Ν § 96/3 erst im Endurteil. Vgl. dazu als Gegenstück § 276 III 2. Ob die spätere Erhebung der Verjährungseinrede, die durchdringt, es rechtfertigt, § 96 anzuwenden, ist streitig (bejahend Jonas § 96 Anm. II, verneinend OLG Hamburg 31/27). Bei dem Aufrechnungseinwand ist zu bedenken, daß ihn regelmäßig auch der Kläger erheben darf. Er vernichtet aber den Anspruch und wirkt sich deshalb anders aus, vgl. § 91a Β I c 4. Die Gerichte wenden die Vorschrift mit Recht selten an ; dies ist um so erforderlicher, je weniger sicher es ist, vorauszusagen, wie die Entscheidung ausfallen wird und welches Angriffs- oder Verteidigungsmittel erfolglos ist. Die nächste Instanz kann darüber umgekehrt wie die erste denken. Auf die Frage der Voraussicht der Erfolglosigkeit darf man es dabei jedenfalls nicht abstellen (a. M. Jonas § 96 Anm. I), besonders nicht angesichts der heute herrschenden Billigkeitstendenz, zumal das Gesetz Verschulden der Partei oder ihres Vertreters nicht voraussetzt. Dies gilt im besonderen bei der Benennung von Zeugen, da man es nach der in Deutschland h. M. der Partei verübelt, wenn sie sich vor der Beweisaufnahme mit dem Zeugen in Verbindung setzt, um zu erfahren, was er weiß, sofern er es „wissen müßte" und man es der Partei nicht als Verschulden anrechnen darf, daß sie sich des Verdachts einer Beeinflussung von Zeugen, die mit vorheriger Befragung verbunden sein könnte, nicht aussetzen will.

ΒΠ

Β ΠΙ C D

Über die Kostenetrafe für verspätet geltend gemachte Angriffs- und Verteidigungsmittel vgl. § 278 II. § 96 gilt ferner in Arbeitsgerichtsverfahren. Im Verwaltungsgerichtsverfahren gelten BVerwaltungsGG § 65 III, BMilRegVO 165 § 99 II, VGG § 124 III, Rh.-Pf. VGG § 88 III. Diese Bestimmungen fordern stets das Verschulden der Partei oder ihres Vertreters.

756

§ 96 D

Prozeßkosten

D o c h w i r d m a n sie p r a k t i s c h aus den zu § 96 Β I I g e n a n n t e n G r ü n d e n in den hier «erörterten F ä l l e n n u r u n t e r g r o ß e r V o r s i c h t a n w e n d e n dürfen. E i n e dieser l e t z t e n V o r s c h r i f t e n t s p r e c h e n d e B e s t i m m u n g e n t h ä l t A b g a b e n 0 § 307 i l l 2 ; diese s e t z t V e r s c h u l d e n des S t e u e r p f l i c h t i g e n v o r a u s .

E

§ 9 7 (92) Die K o s t e n eines ohne E r f o l g eingelegten R e c h t s m i t t e l s fallen der P a r t e i z u r L a s t ,

I

d i e es e i n g e l e g t h a t . D i e K o s t e n d e r B e r u f u n g s i n s t a n z sind d e r o b s i e g e n d e n P a r t e i g a n z o d e r t e i l w e i s e

II

a u f z u e r l e g e n , w e n n s i e a u f G r u n d e i n e s n e u e n V o r b r i n g e n s o b s i e g t , d a s sie n a c h f r e i e m E r m e s s e n des G e r i c h t s i m e r s t e n R e c h t s z u g e g e l t e n d z u m a c h e n

imstande

w a r o d e r m i t d e m sie i m e r s t e n R e c h t s z u g e n a c h d e n § § 2 7 9 , 2 7 9 a , 2 8 3 A b s . 2 z u rückgewiesen worden

ist.

Die K o s t e n d e r Reyisionsinstanz in Rechtsstreitigkeiten ü b e r A n s p r ü c h e ,

1,1

für

w e l c h e die L a n d g e r i c h t e o h n e R ü c k s i c h t a u f d e n W e r t des S t r e i t g e g e n s t a n d e s a u s s c h l i e ß l i c h z u s t ä n d i g sind, h a t a u c h i m F a l l e d e s O b s i e g e n s die B u n d e s - o d e r die S t a a t s k a s s e z u t r a g e n , w e n n d e r W e r t des S t r e i t g e g e n s t a n d e s die S u m m e v o n f ü n f h u n d e r t D e u t s c h e M a r k n i c h t ü b e r s t e i g t u n d d e r V e r t r e t e r des B u n d e s o d e r des L a n d e s die R e v i s i o n e i n g e l e g t h a t . III A

Nov. 10; I I Nov. 24; Bek. 50. I

a b

-II

a

b

c III

1 2 1 2 1 2 3 1 2 3 1 2

a 1 2 b 1 c

Rechtsmittelkosten Übersicht Regelverfahren kostenfreies Rechtsmittelverfahren kostenfreies vorangegangenes Verfahren entsprechende Anwendung nicht bei Wiederaufnahmeklagen aber bei sonstigen Rechtsbehelfen Erfolglose Rechtsmittel Verhältnis zum Rechtsmittelantrag abweichende Ansicht abweichende Normen Anwendung des § 92 erfolgreiche Entscheidung Durcherkennen Aufhebung und Zurückverweisung bei Teilurteilen erfolglose Entscheidung formale Zurückweisung als unzulässig der Anschlußrechtsmittel Rechtsmittelverfahren — Parteien bei notwendiger Streitgenossenschaft und Streithilfe Hervortreten der Hauptpartei Hervortreten der Streitgenossen nicht legitimierte Personen Eigenlegitimierung der Vertreter Kosten der Vorinstanz

§97 II Anwendungsbereich a neues Vorbringen b frühere Vorbringemöglichkeit 1 nach vernünftiger Erwägung 2 bei Zurückweisung verspäteten Vorbringens in der ersten Instanz II Anwendung a Unterliegen durch Abtretung b Eintritt der Fälligkeit c Spezialvorschriften I

I II III D

I II III IV

E

§ 97 I I I Kollision mit § 547 1 1 Umfang Rechtsmittel des Gegners GKG § 6 Umfang der Norm Billigkeitserwägung bei schlagung Verwaltungsentscheidung AbgabenO §319

der

Nieder-

Arbeitsgerichte

F

Verwaltungsgerichte

G

Steuerrecht

§ 97 b e s c h ä f t i g t sich m i t den Kosten der Rechtsmittelinstanz.

A

S e i n e r s t e r A b s a t z gilt für alle R e c h t s m i t t e l ( B e s c h w e r d e : R G v. 6 . 4 . 1 9 0 4 I Β 52/04 Ν Α Ι § 97/4; B e r u f u n g , R e v i s i o n ) einschließlich der A n s c h l u ß r e c h t s m i t t e l (vgl. a b e r § 97 A I I • c 2 ) ; sein zweiter f ü r j e d e weitere T a t s a c h e n i n s t a n z ; sein d r i t t e r für j e d e R e v i s i o n s i n s t a n z (die keine T a t s a c h e n i n s t a n z ist). E r s e t z t im R e g e l f a l l e ein vorangegangenes Verfahren v o r a u s , das s c h o n m i t einer Kostenentscheidung g e e n d e t h a t oder d o c h e n d e n sollte, u n d ein F o l g e v e r f a h r e n (das R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n ) , in dem w e i t e r e K o s t e n e n t s t e h e n . 757

A l a

§ 9 7

ZPO I. Buch

Alai

Ist das Folgeverfahren kostenfrei, so kann er nicht zum Zuge kommen (etwa wenn auf die Beschwerde über den Streitwertfestsetzungsbeschluß dieser geändert wird, OLG Oldenburg NdsRpfl 53/206 = DR IV [410] 80 e).

AI a 2

War nur das vorangegangene Verfahren kostenfrei, so gilt er entsprechend (also im besonderen im Beschwerdeverfahren, wo der angegriffene Beschluß keiner Kostenentscheidung fähig war, vgl. OLG Karlsruhe 15/189Í.).

Alb

Für den außerordentlichen Rechtsbehelf

Albi

der Wiederaufnahmeklagen (§§ 578folg.) gilt er nicht; hier sind §§ 91 folg. unmittelbar anzuwenden. Doch ist er anzuwenden, soweit über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung über eine Wiederaufnahmeklage zu entscheiden ist (§ 591).

AI b 2

Für sonstige Rechtsbehelfe, die es innerhalb derselben Instanz gibt (Einspruch, Widerspruch, Erinnerung, Anrufen des Prozeßgerichts, § 576) darf allenfalls § 97 I entsprechend angewandt werden, dies gilt im besonderen für das Erinnerungsverfahren des § 766 (Jonas § 97 Anm. I).

ΑΠ

Nach § 97 I trägt die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels der Rechtsmittelkläger.

Alla

Ob ein Rechtsmittel Erfolg hat, ist aus dem Vergleich des Rechtsmittelantrags zur Rechtsmittelentscheidung zu entnehmen. Erfolg hat das Rechtsmittel, wenn nach dem Rechtsmittelantrag erkannt wird (RG v. 14.10. 1932 VII HRR 33/1047); dabei ist zu bedenken, daß, wenn sich der Rechtsmittelantrag mit der Vorentscheidung deckt, das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen ist und es also erfolglos bleibt (vgl. § 97 A II c 1); es kommt also auf den sachlichen Erfolg an (RG v. 29. 6. 1908 I E 69/123Í.).

ΑΠa1

Zu dieser Auffassung steht im Widerspruch die, welche annimmt, daß mit der Rechtsmitteleinlegung kostenrechtlich bereits die gesamte Beschwer (also der Unterschied zwischen dem Antrag der Vorinstanz und dem Erkenntnis dafür) zu berechnen sei, wenn nicht auf das Rechtsmittel teilweise verzichtet wurde (so BGH v. 12. 7. 1954 II ZR 69/54, v. 8.10.1954 III E 15/39folg.). Das Gesetz zwingt aber nicht dazu, den Rechtsmittelantrag und damit das, was der Rechtsmittelentscheidung zugrunde zu legen ist, von vornherein zu begrenzen; von dem Standpunkt der abweichenden Auffassung müßte man dazu kommen, das Rechtsmittel über den gestellten Antrag hinaus als erfolglos geblieben zu behandeln, obwohl seine Rücknahme gar nicht in Betracht kommt und also kein Verlustigkeitsbeschluß ergehen kann. Allerdings kann der Rechtsmittelantrag geändert werden; sodann gilt all das, was für die Klageänderung gilt (§ 91 C I b 1). Im besonderen kann in der Berufungsinstanz der Rechtsmittelantrag über die Beschwer hinausgehend gestellt werden.

ΑΠa2

Unter dem Gesichtswinkel des § 97 ist vorauszusetzen, daß über den Rechtsmittelantrag entschieden wird. Ist dies nicht der Fall, sondern erledigt sich die Hauptsache, so ist § 91 a anzuwenden ; wird infolge eines in der Rechtsmittelinstanz eingetretenen (von keiner Partei zu vertretenden) Umstandes sofort anerkannt, so gilt § 93 (vgl. § 93 B I I c l ) . Soweit (besonders früher) in Ehe- und Kindschaftssachen ein Rechtsmittel zum Klageverzicht eingelegt wurde, trafen die Gesamtkosten den Rechtsmittelkläger (vgl. § 306 D II a). Auch § 94 ist anzuwenden. In all diesen Fällen bleibt § 97 außer Betracht.

ΑΠa3

Hat das Rechtsmittel nur zum Teil Erfolg, so ist § 92 anzuwenden (OLG Bamberg JZ 51/452). Dies gilt sowohl, wenn es teilweise zurückgewiesen wie teilweise verworfen wird (RG v. 3. 11. 1880 I E 4/358 [365], ν. 11. 10. 1895 III JW 5385, ν. 1. 12. 1904 IV E 58/315 [320], ν. 4. 4. 1910 IV E 73/241 [244]). Wird aber nur wegen eines Teiles aufgehoben und zurückverwiesen, so sind auch hier die Kosten dem Schlußurteil vorzubehalten (vgl. § 97 A II b 2). In einem Falle, wo es nur insoweit Erfolg hatte, wie der nach AnfG § 10 erforderliche Zusatz in das Urteil aufgenommen wurde, hat RG v. 14.10. 1932 VII HRR 33/1047 das Rechtsmittel als erfolglos angesehen (§92 II). 758

Prozeßkosten

§ 9 7 ΑΠ a 8

§ 92 gilt auch bei wechselseitig eingelegten Rechtsmitteln (RG v. 2 2 . 1 1 . 1932 V I I J W 33/512® für den Fall der Zurückweisung oder Zurücknahme beider Rechtsmittel; bezüglich der Verwerfung vgl. § 97 A II c 1). Der Rechtsmittelantrag nimmt regelmäßig auf den außerprozessualen Anspruch A ü b (den Klageantrag, Klageabweisungsantrag) Bezug, möge er nun auf Aufhebung des vorangegangenen Verfahrens und Zurückverweisung oder auf unmittelbares (Durch-) Erkennen gerichtet sein. Wird durcherkannt, so fallen die Kosten des gesamten Rechtsstreits nach §§ 91 folg. Α Π b 1 regelmäßig (nämlich abgesehen von den Fällen der §§93 — vgl. OLG Königsberg 17/ 115 —, 94, 95, 96, 97 II, I I I ) dem Unterliegenden voll zur Last, also auch dann, wenn der Unterliegende in einer oder in mehreren vorangegangenen Instanzen obgesiegt hatte ( R G v. 22. 12. 1906 V E 65/35f., v. 9. 12. 1910 I I J W 11/15516, v. 16. 9. 1914 V J W 1039 8 ), gleichviel auf welchen Umstand dieser Sieg zurückzuführen ist, also auch dann, wenn der Streitgegenstand während des Prozesses veräußert und die Klage nach § 265 I I I abgewiesen wurde (RG v. 2 3 . 1 . 1911 V Warn. 203) und auch wenn die Vorinstanz versehentlich die Kostenentscheidung überhaupt unterlassen hatte (RG v. 20. 9. 1905 V E 61/254 [258]), ohne daß es der Anschließung zu diesem Zwecke bedürfte (RG v. 2 6 . 1 . 1914 I V J W 543 20 , OLG Kassel Seuff. 47/236), wenn diese auch zulässig ist (vgl. §308 II). Wird dagegen die Vorentscheidung aufgehoben und der Rechtsstreit zur Entscheidung Α Π b 2 an die Vorinstanz zurückverwiesen (§§ 538, 539, 565), so ist grundsätzlich der Vorinstanz die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelinstanz zu überlassen (RG v. 4. 2. 1885 I E 13/411 [413], ν. 12. 7. 1890 I J W 330 4 , v. 21. 5. 1892 V Gruch. 36/1183, v. 11. 2. 1902 II J W 182 5 , ν. 1. 5. 1902 VI Gruch. 46/1048, v. 29. 12. 1909 I Warn. 10/177 und die Praxis des OGH wie des B G H , OLG Braunschweig NdsRpfl. 50/160; OLG Düsseldorf Rpfl. 50/237 hat dies bei erfolgreicher Armenrechtsbeschwerde ausgesprochen, vgl. dazu aber § 118 a C II a). Dies gilt auch, wenn es in der Rechtsmittelinstanz zum Erlaß des Grundurteils (§ 304) kommt (RG v. 1 7 . 5 . 1904 I I I Gruch. 48/909 [911], v. 27. 2. 1908 V I Recht 1407, v. 16. 11. 1908 VI J W 09/14', v. 1. 3. 1918 I I 403/17 Ν § 97/13, v. 21. 2. 1922 I I I 353/21 Ν § 97/20, ν. 19. 4. 1928 V I E 121/77). Wird dann nach Aufhebung des Urteils auf die Revision im Folgeverfahren von dem Berufungsgericht die Berufung zurückgewiesen, so trägt die Kosten der Berufung — einschließlich der Revisionsinstanz der Berufungskläger (RG v. 4. 2 . 1 8 8 5 I E 13/411 [413]) ; wird indes dann auf die Berufung abgeändert, so wird nach §§ 91 folg. entschieden (RG V. 8 . 1 2 . 1908 I I I 80/08 Ν § 97/14). Verweist das Berufungsgericht in die erste Instanz nach § 538 zurück, so ist dem Gericht der ersten Instanz die Entscheidung über die Kosten der Berufung — wie über die der Revisionsinstanz (weiter) zu übertragen (RG V. 16. 11. 1906 II 163/06 Ν § 97/7). Soweit das Rechtsmittel gegen ein Teilurteil eingelegt war, kommt es darauf an, Α Π b 3 inwieweit es in bezug auf den ausgeurteilten Teil (endgültig) Erfolg hatte; das entsprechende gilt, wenn es sich nur gegen einen Teil der Vorentscheidung richtet (über den teilweisen Erfolg des Rechtsmittels vgl. § 97 A II a 3). Ist das Teilurteil ohne Kostenentscheidung erlassen worden, so kann, wenn das Rechtsmittel Erfolg hat, nur über die Kosten des Rechtsmittels entschieden werden; es wird indes auch in die nicht angegriffene Kostenentscheidung des inzwischen ergangenen Schlußurteils eingegriffen (RG v. 2 3 . 9 . 1922 V 613/21 Ν §97/21, OLG Bamberg 3/436, Braunschweig 43/149; a. M. OLG Hamburg 13/170; vgl. § 536 Β I I I ) ; über die (isolierte) Angreifbarkeit der Kostenentscheidung des Schlußurteils vgl. §§ 91 a, 99. Ist ein Rechtsmittel (vom Standpunkt der Rechtsmittelinstanz aus) endgültig ohne Α Π c Erfolg geblieben, so treffen den Rechtsmittelkläger nach § 97 I die Kosten endgültig (RG v. 17. 12. 1917 IV E 91/365f.; R G v. 27. 3. 1908 I I I 441/07 Ν §97/12, ν. 26. 9. 1932 V I H R R 33/956, v. 11. 2. 1937 V I J W 1 4 3 5 " = H R R 656, BGH v. 29. 5. 56 VI N J W 1 2 3 5 3 bei dem Rechtsmittel gegen ein Grundurteil, das zurückgewiesen wurde, obwohl das Betragsverfahren noch offenbleibt). Wenn hier im Falle des Grundurteils es R G v. 1 7 . 1 . 1925 I E 110/59 (64), ν. 19. 4. 1928 VI E 121/77f., ν. 11. 2. 1937 V I J W 759

Alle

§ 9 7 44

ZPO I. Buch

1435 für zulässig erachtet haben, die Entscheidung aus Zweckmäßigkeitsgründen dem Richter der ersten Instanz zu übertragen, so wurde doch daran, daß ohne Rücksicht auf den Ausgang im Betragsverfahren die gesamten Kosten des Rechtsmittels dem Rechtsmittelkläger aufzuerlegen waren, nichts geändert (RG v. 26. 9. 1932 VI HRR 33/956, v. 11. 2.1937 VI JW 1435" = HRR 656). Der Vorbehalt der Kostenentscheidung ist im besonderen hier gebilligt worden, wenn ein Beklagter nach § 304 verurteilt, gegen andere aber der Kläger abgewiesen wurde (RG v. 17. 1. 1925 I E 110/59; vgl. dazu § 92 A II c). Dasselbe gilt nach RG v. 23. 11. 1882 IV E 8/434f„ v. 4. 2. 1885 I E 13/411Í., ν. 28. 6. 1901 VII 166/01 Ν § 97/2, wenn in erster Instanz die prozeßhindemde Einrede verworfen und die dagegen eingelegte Berufung erfolglos war. A II c 1 Ob das Rechtsmittel dabei als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird, gilt gleichviel. Auch wenn der Rechtsmittelkläger auf das Rechtsmittel verzichtet (§§ 514, 566) oder es zurücknimmt (hier besonders ausgesprochen in §§ 515 III, 566), treffen sie ihn. Ohne Erfolg geblieben ist auch das aufrecht erhaltene Rechtsmittel, wenn sich die Hauptsache erledigt hat (OLG Braunschweig 40/426 [427]) und die Erledigungserklärung unterbleibt (§ 91a A II a). A II c 2 Dabei ist auch das (unselbständige) Anschlußrechtsmittel entsprechend dem Rechtsmittel zu behandeln (RG v. 8. 6. 1899 VI E 44/374f.). Indes treffen auch die Kosten der unselbständigen Anschließung den Rechtsmittelkläger, wenn das Hauptrechtsmittel als unzulässig verworfen wird (RG v. 9. 1. 1908 VI Recht 802, v. 23.10.1936 II Warn. 194, v. 7. 3. 1919 III E 95/121 f.: diese Entscheidung bezog sich auf § 554 VII, der nicht mehr gilt, RG v. 22. 11.1913 V J W 14/15680, v. 18. 4. 1914 VI Warn. 203, v. 9. 10. 1935 V JW 36/25713, v. 23. 10. 1936 II 39/36 Ν §97/31; RG v. 20.11. 1931 III HRR 32/550 verteilte die Kosten, wenn die Anschlußrevision höhere Kosten verursacht hatte), gleichviel aus welchem Grunde, also auch wenn die Rechtsmittelsumme nicht erreicht wurde (RG v. 12. 3. 1914 V Warn. 171, v. 14. 10. 1915 V JW 143711, v. 10. 3. 1925 VI JR Β 526, ν. 20. 11. 1931 III HRR 32/550) ; auch wenn die Zulässigkeit des Hauptrechtsmittels zu übersehen ist, was häufig nicht der Fall ist, trägt das Wagnis der Zulässigkeit stets der Rechtsmittelkläger, wie das der Klage der Kläger; auf Verschulden darf es dabei nicht abgestellt werden. Das entsprechende gilt, wenn das Hauptrechtsmittel — ohne Einwilligung des Anschlußrechtsmittelklägers — (wirksam) zurückgenommen wird (RG v. 22. 11. 1913 V JW 14/15680, v. 18. 4. 1914 VI Warn. 203, OLG Kiel N J W 47/26910, Köln HEZ 2/364, BGH v. 17. 12. 1951 GSZ E 4/229f. = MDR Β 441/52 unter der Betonung, daß die Revision an sich zulässig gewesen sein müsse, OLG Düsseldorf JMB1. NRW 51/151, Schleswig J R 51/605 ; a. M. OLG Hamburg JW 38/146618, Düsseldorf HRR 36/1368). Vgl. auch § 556 C V b . Wird allerdings das Hauptrechtsmittel mit Einwilligung des (unselbständigen) Anschlußrechtsmittelklägers zurückgenommen, so steht dies der Rücknahme der Anschlußrevision gleich, mag daran gedacht worden sein oder nicht (im Ergebnis OLG Stuttgart HRR 30/447, 553, Düsseldorf JMB1. NRW 51/151, VRS 1/201) oder, wenn auch das Anschlußrechtsmittel als solches (etwa mangels — rechtlicher — Begründung) hätte verworfen werden müssen (OLG Hamburg JW 37/143 4 43). Α ΠΙ Die Sosten des Rechtsmittelrerfahrens gehen zugunsten wie zu Lasten der Träger des Rechtsmittelverfahrens. Α ΠΙ a Auch bei notwendiger Streitgenossenschaft (§ 62) ist dies aber nur der Streitgenosse, welcher das Rechtsmittel eingelegt hat (RG v. 23. 3. 1938 II JW 152211) bzw. der, gegen den es eingelegt ist; geht das Rechtsmittel von dem Streitgehilfen aus, so ist es dieser allein, wenn die Hauptpartei sich in der Rechtsmittelinstanz in keiner Weise beteiligt (RG v. 18. 4. 1900 I JW 4384, v. 28. 10. 1904 II JW 2877, v. 17. 4. 1905 VI Gruch. 50/122, ν. 1. 3. 1910 II 287/09 + v. 16. 1. 1919 IV 180/18 = Ν § 97/1, BGH v. 20. 3.1952 IV ZR 111/51; a. M. RG v. 7. 4. 1904 IV 351/03 Ν § 97/5, aber aufgegeben von RG v. 22.10.1910 IV Warn. 404). Dies gilt auch, wenn der Streitgehilfe in der Berufungsinstanz durchkam, mit der Revision aber unrecht bekam, für die Kosten der Berufungs- und der Revisionsinstanz (RG v. 16. 2. 1931 VI JW 180514). 760

Prozeßkosten

§ 9 7

Anders ist dies, wenn die Hauptpartei in der Rechtsmittelinstanz hervortritt, dann A III a 1 sind ihr die Kosten des Rechtsmittels (RG v. 18. 11. 1904 II E 59/173Í.) und dem Streitgehilfen nur seine Kosten aufzuerlegen (RG v. 22. 6. 1908 VI E 69/283 [292]). Tritt ein notwendiger Streitgenosse in der Rechtsmittelinstanz hervor, obwohl er Α ΠΙ a 2 selbst nicht das Rechtsmittel eingelegt hat bzw. obwohl es nicht gegen ihn eingelegt worden ist, so ist er wie ein Streitgehilfe zu behandeln, der neben der Hauptpartei hervortritt (vgl. § 91 Β I b 3). Hat eine nicht legitimierte Person (nicht die Partei) das Rechtsmittel eingelegt, so Α ΠΙ b trifft diese die Kostenlast (RG v. 3. 7. 1899 IV JW 5 9 556, nach RG v. 20. 4. 1907 I E 66/37 [38] den nicht legitimierten Aufsichtsrat, der durch einen Rechtsanwalt das Rechtsmittel einlegen ließ; nach RG v. 3. 3. 1930 IV JW 14896 den Revisionsanwalt, der ohne Vollmacht eingelegt hatte). BGH v. 26. 11. 1953 IV BB 53/1024 hat die Kosten eines Rechtsmittels für einen Streit, dessen Führung dem Konkursverwalter zustand, dem Rechtsanwalt aufgebürdet, der Auftrag vom Gemeinschuldner hatte. Doch treffen die von dem legitimierten Prozeßbevollmächtigten eingelegten stets die Partei, selbst wenn es gegen ihren Willen geschehen ist (RG v. 8. 5. 1899 VI JW 365", vorbehaltlich des Rückgriffsanspruchs der Partei im Innenverhältnis zu ihrem Bevollmächtigten). Anders ist dies, wenn der Rechtsanwalt im eigenen Namen nach RAGebO § 12 ein A H I b l Rechtsmittel einlegt (was u. U. nach § 139 klarzustellen ist), dann treffen ihn selbst die Kosten (RG v. 28. 3. 1898 IV J W 27910). Die Kostenentscheidung der Vorinstanz darf, wenn zugunsten des Rechtsmittelklägers Α ΠΙ c erkannt wird, auch zugunsten der am Rechtsmittelverfahren unmittelbar nicht Beteiligten geändert werden (RG v. 23. 9. 1922 V 613/21 Ν § 97/21). Die (jetzt zwingende) Vorschrift des § 97 II ordnet die Kostentrennung zu Lasten Β der obsiegenden Partei an, wenn diese in einer höheren Tatsacheninstanz auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, was sie hätte früher vorbringen sollen. Das Gesetz spricht zwar nur von der Berufungsinstanz, meint aber die weitere Tat- Β I Hacheninstanz, also auch die Beschwerdeinstanz (§ 570), und das Verfahren vor dem BVG (das Verfahren ist hier auch im Revisionsverfahren ein beschränktes Tatsachenverfahren). Nur das erstinstanzliche Verfahren scheidet nach §97 II aus (RG v. 11. 6. 1888 IV JW 3054). Die Vorschrift gilt für den Rechtsmittelkläger wie für den Rechtsmittelbeklagten (RG v. 7. 6. 1890 V J W 2364, vgl. aber § 97 A II c 2). Sie gilt nicht für das Revisionsverfahren, abgesehen von dem Fall, wenn auf Grund neuer Tatsachen obgesiegt werden könnte (vgl. § 561 A, C III). Die Partei muß auf Grund (Ursächlichkeit ist also erforderlich, OGH v. 10. 3. 1950 B l a II E 3/133, RG v. 16.10. 1896 III JW 6346) neuen Vorbringens obsiegen. Darunter fällt nur tatsächliches, (nicht Rechtsausführungen) ; aber auch die Erhebung neuer Ansprüche (neuer Klagegründe, Angriffs-, Verteidigungs- und Beweismittel) wie der — begründete — Widerruf eines Anerkenntnisses, einschließlich der Nachholung der in der Vorinstanz unterlassenen oder verweigerten Erklärungen. RG v. 13. 2. 1917 III 386/16 Ν §97/17 hat dies auch bei einer auf neue Tatsachen gestützten eingeschränkten Klage erkannt. Darauf, ob dem Gegner das später Vorgebrachte schon im ersten Rechtszuge bekannt war, kommt es nicht an (RG v. 3. 3. 19®3 VII JW 175», § 138 I steht nicht entgegen). § 97 II ist auch dann nicht anzuwenden, wenn der Obsiegende nicht imstande war, Β I b schon früher die neue Tatsache vorzutragen. Dies ist nach einer „vernünftigen und gewissenhaften" Prozeßführung zu beurteilen Β I b 1 (RG v. 3.1. 1933 VII E 127/63 [65], v. 2. 12. 1935 VI HRR 36/427). Dem, der obgesiegt hat, wird man deshalb schwerlich daraus einen Vorwurf machen dürfen, wenn er weitere Tatsachen nicht vorgebracht oder sich weiterer Rechtsbehelfe nicht bedient hat (RG v. 3. 1. 1930 VII E 127/63, OLG Kiel HRR 36/428; KG JW 37/239" für die in zweiter Instanz erst erhobene Verjährungseinrede). Der Grundsatz der Gerechtigkeit (Gleichheit vor dem Gesetz) gebietet aber auch gegenüber dem in erster Instanz Unterlegenen eine gewisse Großzügigkeit. 761

ΒI b1

BIb2

ΒΠ

ΒΠa

ΒΠb

ΒΠο C

CI



§ 97

ZPO I. Buch

Ist die neue Tatsache erst nach Schluß der ersten Instanz eingetreten, so haben RG V. 8. 2.1928 V Η RR 1155, BGH v. 7. 5. 1954 V ZR 98/53 MDR Β 858/54 = LM — ZPO § 97/7 — im Fall einer herbeigeführten behördlichen Genehmigung — § 97 II selbst dann nicht angewandt, wenn die obsiegende Partei den Eintritt der neuen Tatsache schon in erster Instanz hätte herbeiführen können (a. M. OLG Kiel HRR 36/428). Wurde in der zweiten Instanz zusätzlich die Einrede der Verjährung mit durchgreifendem Erfolg erhoben, so hat RG v. 22.1. 34 VI HRR 910 nicht nachprüfen lassen, ob die sonstigen Einwendungen stichhaltig waren ; waren sie es aber, so hätte die Klage auch deshalb abgewiesen werden müssen, ohne daß der Beklagte mit Kosten belastet werden darf. OGH v. 2. 6. 1949 I E 2/102 hat betont, daß die Anwendung des § 97 II nicht davon abhänge, ob die Partei im ersten Rechtszuge zu unrecht unterlegen sei. Dabei wird nicht verkannt, daß dann häufig die Voraussetzung des § 97 II nicht nachgeprüft werden kann und daß § 97 II dann nicht angewandt werden darf. Einer Partei daraus einen Vorwurf zu machen, daß sie das Rechtsmittelverfahren beschritten hat, anstatt sich auf das (stets unsichere) Berichtigungsverfahren nach § 319 einzulassen, geht nicht an (a. M. OLG Zweibrücken JW19/696 11 ). Verschleppungsabsicht oder grobe Nachlässigkeit braucht nicht vorgelegen zu haben (RG v. 4.1. 1932 VI J W 94410, v. 2. 12. 1935 VI JW 36/177816). War eine neue Tatsache oder ein Beweismittel in erster Instanz nach §§ 279, 279a, 283 II — berechtigterweise — zurückgewiesen worden und wird diese Zurückweisung vom Berufungsgericht gebilligt (§ 529 II 2), so kommt § 97 II nicht zum Zuge, da dann nicht auf Grund dieser Tatsache die Partei obsiegen kann ; wird sie aber nicht gebilligt, so dürfen die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht vorgelegen haben. Die zweite Alternative des § 97 II sollte deshalb als gegenstandslos behandelt werden. Sind die Voraussetzungen des § 97 Π gegeben, so werden die Kosten dem In erster Instanz Unterlegenen, aber in der zweiten Instanz Obsiegenden beschränkt auf die erste Instanz auferlegt (RG v. 13.10. 1893 III JW499 3 , v. 25. 4. 1894 I Gruch. 39/157 [160], V. 11. 12. 1902 VI 175/02 Ν § 91/24, ν. 25. 10. 1919 V 190/19 Ν § 97/19). Die Vorschrift ist nicht durchdacht. Tritt der Kläger in zweiter Instanz die Forderung ab und unterliegt er nur deshalb, so treffen ihn die Kosten der ersten wie der zweiten Instanz (RG v. 23. 1. 1911 V 256/10 Ν § 97/15) ; dies muß aber selbst dann gelten, wenn er dies schon früher geltend gemacht hat, der Beklagte sich aber später erst darauf bezieht (vgl. OGH v. 8. 7.1948 HEZ 1/313). Tritt die Fälligkeit erst in der Berufungsinstanz ein, bestreitet sie der Beklagte aber auch noch danach, so treffen ihn die gesamten Verfahrenskosten (RG v. 12. 3. 1908 VI Recht 1589). Die Schwierigkeiten treten in der Praxis nicht hervor, weil sie §9711 kaum beachtet. Soweit sonstige Normen durchgreifen, ist § 97 II nicht anzuwenden (BGH v. 19. 5. 1952 IV ZR 53/51: für den Fall der Rechtsmittelrücknahme nach §§ 515 III, 566). § 97 ΠΙ knüpft an GVG § 71 II, III an. Hier ist die Revision an den BGH auch ohne Zulassung und ohne Erreichung der Rechtsmittelsumme (DM 6000,—) zulässig (§547 I 2), und zwar für beide Parteien. War diese Zulässigkeit nur mit Rücksicht hierauf gegeben und gehörte der Rechtsstreit wertmäßig sonst vor das Amtsgericht (früher einmal bei einem Streitwert bis zu DM 500,—), so griff § 97 III in der Revisionsinstanz ein, wenn der Fiskus die Revision einlegte. Die Veränderung der amtsgerichtlichen Wertgrenze ist später nicht mehr berücksichtigt worden. Nicht angewandt wurde § 97 III, wenn die Revision auch aus anderen Gründen, im besonderen nach § 547 I 1, zugleich zulässig war (RG v. 21.12. 1934 III E 146/257f.) ; doch sollte dies nicht gebilligt werden, da es § 97 III nicht auf die Frage der Zulässigkeit der Revision abstellt, sondern auf die andere erstinstanzliche Zuständigkeit. Dann ist sie aber auch anzuwenden, falls die Revision nach § 546 vom OLG zugelassen worden ist. Die Bestimmung trifft nicht bloß auf die Verhältnisse zu, wo Bundes- und Landesbeamte i. S. der genannten Bestimmung (vgl. GVG § 71 A II a 2) in Betracht kommen 762

Prozeßkosten

§ 9 7

e n

sondern auch auf die Gemeindebeamten (RG v. 12. 3. 1937 I I I E 154/257 [263]), so daß also auch die Gemeinde die Kosten der Revisionsinstanz treffen. Das entsprechende muß für alle Beamten und Beamtenhandlungen öffentlich rechtlicher Körperschaften gelten (BGH v. 14. 2. 1952 I I I N J W 586 für die Polizeiausschüsse; B G H v. 18. 2. 1954 I I I N J W 1284 = MDR Β 668/54 für die öffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften). Wird die Revision nicht von der öffentlich-rechtlichen Körperschaft eingelegt, C ΠΙ sondern von ihrem Gegner, so kommt §97 I I I nicht zum Zuge. Hat die öffentlich-rechtliche Körperschaft eine selbständige Anschlußrevision eingelegt, so gilt § 97 I I I (BGH v. 14. 2. 1952 I I I N J W 586), aber dann nur in bezug auf die Anschlußrevision. Bei dem Erstattungsrecht wird grundsätzlich nicht berücksichtigt, ob durch das D Verhalten des Gerichts ein kostenrechtlicher Nachteil entstanden ist. Für die Gerichtskosten gibt hier GKG § 6 die Möglichkeit, die entstandenen Gerichtskosten insoweit niederzuschlagen. Die Bestimmung lautet: I Gebühren und Auslagen, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, sind niederzuschlagen. Das gleiche gilt von Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlaßte Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung oder durch eine für begründet befundene Beschwerde entstanden sind. Für abweisende Bescheide sowie im Falle der Zurücknahme eines Antrags kann Gebühren- und Auslagenfreiheit gewährt werden, wenn der Antrag auf nicht anzurechnender Unkenntnis der Verhältnisse oder auf Unwissenheit beruht. II Über die Ausübung der im Abs. 1 vorgesehenen Befugnisse entscheidet das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können die gleichen Anordnungen im Verwaltungswege getroffen werden. Eine im Verwaltungswege getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungswege geändert werden.

Das Gesetz geht davon aus, daß das Gericht richtig handelt; behandelt indes eine D I Instanz nach eigener Erkenntnis eine Sache unrichtig, so hat sie die durch die unrichtige Behandlung entstandenen Gerichtskosten (Gebühren, Auslagen) niederzuschlagen (nicht die außergerichtlichen der Parteien). Kommt das Gericht zu dieser Erkenntnis nicht, sondern erst die höhere Instanz, so kann diese es tun (RG v. 24. 9. 1897 II J W 5 4 7 l e ) ; sie kann auch grundsätzlich die Rechtsmittelkosten niederschlagen (wenn dieses versehentlich verworfen wurde: R G v. 3 0 . 1 . 1897 I J W 131 3 ), nicht aber sonstige Rechtsmittelkosten bis auf die Beschwerdeinstanz für die in ihr entstandenen Beschwerdekosten des Gerichts. Das entsprechende gilt, wenn gar das Gericht richtigerweise eine Verhandlung vertagt, dies aber aus richterlichen Erwägungen tut und dabei besondere gerichtliche Auslagen entstanden sind (Gerichtsgebühren entstehen hier nicht). Darüber hinaus darf das Gericht Gebühren- und Auslagenfreiheit gewähren, wenn D Π ein Antrag ohne Verschulden zwar gestellt, aber dann (etwa auf Anraten des Gerichts oder auch sonst) wieder zurückgenommen wird. Dies ist eine reine Billigkeitserwägung. Auf das Verhältnis zur Gegenpartei darf sich dies indes nicht auswirken. Die Entscheidung des Gerichts ist so lange möglich, wie nicht im Verwaltungswege Ι) Ι Π eine solche Anordnung getroffen worden ist, im besonderen nach Rechtskraft der Entscheidung (RG v. 4. 11. 1890 V E 28/421, ν. 30. 1. 1897 I Gruch. 41/1134) oder wenn die Entscheidung im Verwaltungswege wieder geändert worden ist. Über die Entscheidung des Verwaltungswegs darf die gerichtliche Entscheidung jederzeit hinausgehen, während die Verwaltung stets an die Gerichtsentscheidung gebunden ist. Gegen die ablehnende gerichtliche Entscheidung hat die beschwerte Partei das Recht aus GKG § 4; ein Änderungsrecht von Gerichts wegen zugunsten des Staates besteht nicht. Die Entscheidung muß ergehen, wenn ihr Erlaß von einer Partei beantragt wird (die Staatskasse hat dieses Recht nicht, da sie den Verwaltungsweg hat) und die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Rechtsähnlich dem GKG § 6 ist Abgaben O § 819.

D IV

Vor den Arbeitsgerichten gilt nichts Abweichendes.

E

Im Yerwaltungsgerichtsrerfahren entspricht §97 1 der BMilRegVO 165 § 9 8 11; Ρ im BVerwaltungsGG, V G G , RhPf. V G G ist dies nicht ausdrücklich geregelt. Man kommt aber zu demselben Ergebnis über BVerwaltungsGG § 6 5 , V G G §124, RhPf. V G G § 88. Die Kosten des zurückgenommenen Rechtsmittels treffen nach BVerwaltungsGG 763

F

§ 97

ZPO I. Buch

§65 IV, BMilRegVO 165 §99 111, VGG §124 IV, Rh-Pf. VGG § 88 IV den Zurücknehmenden. Unselbständige Rechtsmittel gibt es hier nicht. Der Fall des § 97 II wird in BMilRegVO 165 § 88 I 2, VGG § 110, Rh-Pf. VGG § 76 wiederholt. Für die Beschwerde fehlt es auch hier an einer entsprechenden Bestimmung; doch wird man BMilRegVO 165 § 88 I 2, VGG § 110, Rh-Pf. VGG § 76 entsprechend anzuwenden haben. G

Im Steuerrecht entspricht §97 I der AbgabenO § 307 1 1. Die Kosten der Rücknahme des Rechtsmittels trägt der Steuerpflichtige nach AbgabenO § 307 II 1. ÜberdasVerfahren vgl. AbgabenO § 318. Für die Rechtsbeschwerdeinstanz gibt es kein Sonderrecht.

§ 98

(93)

Die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Das gleiche gilt von den Kosten des durch Vergleich erledigten Rechtsstreits, soweit nicht über sie bereits rechtskräftig erkannt ist. A I a II III IV Β

Ergänzungsregel Vergleich über die Kosten ohne den zur Hauptsache keine Kostenvereinbarung bei herausgenommener Kostenregelung Verhältnis zu Dritten Inhalt des § 98

I II c D E F

Gerichtskosten Besonderheiten Patentstreitigkeiten Arbeitsgerichtsverfahren Verwaltungsgerichtsverfahren Steuerverfahren

A

§ 98 ist eine Ergänzungsregel. Sie gilt nur, wenn die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben, dann aber auch zwingend (a. M. RG v. 30. 6. 1905 III Seuff. 61/21). Dabei wird vorausgesetzt, daß die Parteien sich vergleichen konnten.

AI

Wenn die Parteien sich auch nicht in jedem Falle über den Hauptanspruch vergleichen können, so dürfen sie es aber über die Kostenforderung stets. Die Vereinbarung kann schon vor Beginn wie während des Prozesses wie nach seinem rechtskräftigen Abschluß getroffen werden; sie wirkt sich dann aber regelmäßig im Prozeß nicht aus. Unwirksam (so RG v. 30. 6. 1905 III Seuff. 61/21, OLG Hamburg Seuff. 62/142) ist ein solcher „Vergleich" (richtiger eine solche Kostenvereinbarung) bezüglich der Kostenentscheidung und des gerichtlichen Erstattungsverfahrens (so auch LG Frankfurt NJW 50/298), aber nicht außerprozessual. Dies gilt auch, wenn sich jemand vergleichsweise verpflichtet, die Klage (vgl. RG v. 9. 7. 1919 I E 96/203 [204], KG KGB1. 1900/87; a. M. OLG Hamburg Seuff. 75/111, München Seuff. 73/21) oder ein Rechtsmittel (RG v. 23. 1. 1926 I Seuff. 80/68; a. M. RG v. 3. 3. 1900 I JW 34210, v. 20. 5. 1904 VII JW 3 6 5 29, v.10. 5.1907 VII JW 39213) zurückzunehmen; durch einen solchen Vergleich wird aber die prozessuale Kostenfolge der Rücknahme nicht abgewandt, wenn über die Kosten keine Vereinbarung getroffen worden ist (a. M. Jonas § 98 Anm. II). Ist aber etwas vereinbart, so gilt dies außerprozessual; nur beim gerichtlichen Vergleich wirkt sie schlechthin bzw. hier gilt § 98 (RG v. 9. 7. 1919 I E 96/203 [204]). Die Kostenvereinbarung kann — wie in der Regel — bloß über den Grund gehen; geschieht dies, so sind nur erstattungsfähige Kosten zu ersetzen (KG Recht 27/1021). Doch ist auch der Vergleich über die Höhe oder unter Modifikationen zulässig. Häufig werden auch Vergleiche unter festgelegtem Streitwert geschlossen. Dies bindet zwar dann das Gericht nicht, wohl aber die Parteien im Verhältnis zueinander.

Ala

Eine Kostenvereinbarung ohne die zur Hauptsache ist aber unwirksam, solange die Hauptsache nicht erledigt ist (LG Berlin JR 51/446).

A II

Treffen die Parteien über die Kosten beine Vereinbarung, so gilt § 98 I 1 stets (vgl. auch BGB §155), vorausgesetzt, daß die Rechtspersonen sich über den Hauptstreit (rechtswirksam) verglichen haben (BGB § 779) und vergleichen konnten. § 98 regelt die Kostenverteilung anläßlich eines außerprozessualen Rechtsgeschäfts der Parteien, sofern der Rechtsstreit nicht weitergeführt wurde; möge das Rechtsgeschäft vor dem 764

Prozeßkosten

§ 98

ΑΠ

Gericht als Prozeßvergleich erklärt worden sein, d. h. in der Form des § 794 1 1 (RG v. 8. 3. 1893 V J W 196 4 ; darüber, daß der Vergleich keine Prozeßhandlung ist, sondern nur die Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung dies ist, vgl. § 794 C IV a, c, § 91 Β II c 4) oder möge es außergerichtlich abgeschlossen worden sein (RG v. 29. 11. 1900 I Gruch 45/363f„ v. 5. 1. 1912 VII 78/286 [288], ν. 6. 5. 1935 IV 4/35 Ν § 98/2). Dies gilt auch, wenn es in einem anderen Verfahren (etwa im Falle des Zwangsvergleichs im Konkurse nach KO §§ 173folg. ; KG JW26/2110 1 ) oder in anderen Prozessen oder teils im unmittelbar betroffenen Verfahren, teils außerhalb (OLG Jena 39/110) vorgenommen worden ist. Nehmen die Parteien aber die Kostenregelung vom Vergleich ausdrücklich aus, A III vereinbaren sie trotz dessen (vgl. BGB § 154) aber die Wirksamkeit des Hauptvergleichs, so liegt in der Mitteilung des Vergleichs die übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien (vgl. §91a), die aber auch in einem solchen Falle die Kostenfolge des §98 nach sich zieht, so daß für eine hiervon abweichende Entscheidung nach § 91 a kein Raum bleibt (vgl. § 91a Β I c 3; RG v. 30. 7. 1905 III J W 496 25 will dagegen so entscheiden, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn die Parteien sich nicht verglichen hätten). Die Regel des § 98 gilt aber nur im Verhältnis zu den Parteien (OLG Celle J W A IV 21/475 12 ), nicht in dem zu einem Dritten (der freiwillig einen Teil der eingeklagten Forderung übernimmt: OLG Naumburg 20/306 [307]), möge dieser auch an einem in der Form des § 794 1 1 geschlossenen Vergleiche beteiligt sein (er wird also nicht von den Gerichtskosten ohne weiteres betroffen ; er hat auch keinen Anspruch auf Erstattung seiner Kosten, wenn eine Partei die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs übernimmt, OLG München ZZP 54/330). Andererseits gilt die Regel, auch wenn der Vergleich über den Prozeßgegenstand hinausgeht (OLG Jena 39/110). Befindet sich ein Streitgehilfe mit im Streit, so ist zu beachten, daß er eigene Kostenerstattungsansprüche haben kann (vgl. § 101 Β III a 2). Über seine Kostenerstattungsansprüche dürfen die Parteien nicht verfügen. Man sollte in dem genannten Fall über die Kostenentscheidung nach §91 a auf seinen Antrag entscheiden (OLG Hamburg H R R 30/812 spricht sie auf Antrag des Streithelfers durch Urteil aus). Wohl aber dürfen sie es in bezug auf den Armenanwalt. Nach § 98 I 1 werden die Kosten des Vergleichs, nach § 98 I 2 zugleich die Kosten Β des durch den Vergleich erledigten Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben, d. h. es gibt unter den Parteien wegen ihrer außergerichtlichen Kosten keine Erstattungsansprüche; bezüglich der Gerichtskosten gilt §92 12, d . h . sie werden geteilt (OLG Celle J W 21/475 12 , OLG Dresden SächsAnn. 23/276; a. M. OLG Dresden Seuff. 44/211). Insoweit gibt es möglicherweise auch Erstattungsansprüche. Im Verhältnis zur Gerichtskasse gelten GKG §§ 79 I 2, 82, 86. Gegenüber einem Β I nicht vor dem Gericht geschlossenen oder dem Gericht mitgeteilten Vergleich besteht für die Gerichtskasse kein Zugriffsrecht gegenüber dem, der die Kosten übernommen hat ; im anderen Falle soll dagegen die Gerichtskasse den Kostenschuldner des Vergleichs in erst'«· Linie in Anspruch nehmen. Sofern in dem Vergleich die Kostenlast nicht ausdrücklich geregelt ist, gilt § 98 ; hier GKG § 79 I 2 nicht anwenden zu wollen (so Jonas § 98 Anm. I 2), geht nicht an, da die Kosten kraft Ergänzungsregel übernommen sind. Eine besondere Vergleichsgebühr entsteht nur für die am Vergleich mitwirkenden Anwälte (RAGebO §13 I 3), nicht für das Gericht (vgl. GKG §20), die in derselben Instanz entstandene gerichtliche Beweisgebühr entfällt, wenn der Rechtsstreit verglichen wird (GKG § 23). Soweit der Vergleich über den Prozeßgegenstand hinausgeht, wird y4 der vollen Gebühr an Gerichtskosten gefordert (GKG § 36). Im Armenrechtsverfahren entstehen keine Gerichtsgebühren (§ 118a). Die Anwaltsgebühr ist aber auch hier die volle Gebühr wie sonst (RAGebO § 38a II). § 100 IV gilt auch für Gesamtschuldner in dem Vergleich (KG J W 33/2224'). Β Π Bei Teilvergleichen kann die Regel des § 98 sich nur auf den gleichen Hauptstreit beziehen (OLG Düsseldorf DR IV [410] 74 e = JMB1. N R W 53/172, OLG Hamm JMB1. N R W 54/63, LG Berlin-West J R 51/446). Wird in einem Verfahren nach § 627b ein über dieses Verfahren hinausgehender Vergleich geschlossen, so gilt nach OLG Stuttgart N J W 53/306 m. N„ 1800, LG Nürn765

§

9 8

Z P O I. B u c h

b e r g - F ü r t h Rpfl. 5 2 / 9 2 insgesamt § 9 8 und ü b e r h a u p t nicht § 6 2 7 c , w ä h r e n d O L G H a m b u r g Rpfl. 5 2 / 3 4 3 , M D R 5 2 / 4 3 5 , O L G S t u t t g a r t N J W 5 0 / 6 0 8 in dem F a l l des § 627 c den § 98 nicht gelten lassen. I m Patentnichtigkeitsstreit gilt § 9 8 e n t s p r e c h . ( R G v . 1 7 . 2. 1 9 3 2 I 2 5 2 / 3 1 Ν § 9 8 / 1 ) . I m Arbeltsgerichtsverfahren entfallen für den R e c h t s z u g , in dem der Vergleich geschlossen wird, alle Gerichtsgebühren ( A r b G G § 12 I I 1), sonst gelten keine B e s o n d e r heiten. I m Verwaltungsgerichtsverfahren entsprechen B V e r w a l t u n g s G G § 67, 1 6 5 § 1 0 1 , Y G G § 1 2 6 , R h P f . Y G G § 90 dem § 9 8 .

BMilRegVO

I m S t e u e r v e r f a h r e n s p r i c h t m a n n u r v o n Vereinbarungen.

§ 99 (94) Die A n f e c h t u n g der E n t s c h e i d u n g über den K o s t e n p u n k t ist unzulässig, w e n n

I

n i c h t g e g e n die E n t s c h e i d u n g i n d e r H a u p t s a c h e e i n R e c h t s m i t t e l e i n g e l e g t w i r d . II

I s t die H a u p t s a c h e d u r c h e i n e a u f G r u n d e i n e s A n e r k e n n t n i s s e s a u s g e s p r o c h e n e

V e r u r t e i l u n g e r l e d i g t , s o f i n d e t g e g e n die E n t s c h e i d u n g ü b e r d e n K o s t e n p u n k t s o f o r t i g e B e s c h w e r d e s t a t t . V o r d e r E n t s c h e i d u n g ü b e r die B e s c h w e r d e ist d e r G e g n e r zu hören. I I , I I I eingef. Nov. 98; Bek.'24; I I , I I I Nov. 50. A

Β

Anfechtbarkeit der Kostenentscheidung Der Ausgangspunkt der Regelung a Ausnahme der isolierten Kostenentscheidung b weitere Ausnahme der gegnerischen Veranlassung c die Fälle der Kostentrennung d Patenterteilungsverfahren II Unter den Parteien a Verbindung des Objekts mit der belastenden Kostenentscheidung bei Entscheidungen gegen Dritte 1 im Verhältnis zu den gesetzlichen und gewillkürten Vertretern 2 § 102 I I b Kostenentscheidungen zugunsten Dritter III die Kostengrundentscheidung a Ergänzung b vorweggenommene Kostenentscheidung IV Gekoppelte Kostenhöhe- und Grundentscheidung

b

Hauptangriffmöglichkeit bei unzulässigem Rechtsmittel bei geteiltem Rechtsmittel bei geteiltem Kostentitel kein reiner Angriff auf die Kostenentscheidung III Umfang des Angriffsverbots a bei Rechtsmitteln b nicht bei sonstigen Rechtsbehelfen 1 Angriff auf Kostenentscheidung mit einem solchen Rechtsbehelf 2 die AnschlieBung

I

I

a b

c

II

766

1 2 1 2 3 1 2

d a

1 2 3 4

§ 99 I Hauptentscheidung Unterschied nur zu den Prozeßkosten sachliche formale Erledigterklärung Normalfall zwischen den Instanzen nach Rechtsmitteleinlegung Verurteilung trotz Erledigung sachliche Verurteilung zur Erledigung ohne tatsächliche Erledigung Kostenbezifferung Verbindung mit der Hauptentscheidung bei getrennten Urteilen Teilurteile Kostenschlußurteilangriff Kostenentscheidung ohne Angriff Ergänzungsurteil

C

I

II

D

a b a b

1 2 3 4

Isolierte Kostenangriffe bei Anerkenntnisurteil nach § 307 bei kontradiktorischem Urteil Kläger MSchG § 13 I I I Angreifbarkeit der Entscheidung Verhältnis zu anderen Angriffen

gegen

Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde und Verfahren in der Beschwerdeinstanz I Zulässigkeit a § 567 I I I b § 568 I I I c Mischfälle 1 mehrere Fälle, die der sofortigen Beschwerde unterliegen 2 Fälle, die nach § 99 I unanfechtbar sind II Verfahren a der AnschlieBung b Kosten III § 75

E

Arbeitsgerichte

F

FGG

G

Verwaltungsgerichte

H

Patentamt

I

Steuerrecht

Prozeßkosten

§ 9 9

§§ 99, 91 a II handeln von der Anfechtbarkeit der Kostengrundentscheidung:. Die A Regelung ist unvollkommen und muß deshalb auf die dem Kostenrecht zugehörigen Grundsätze zurückgeführt werden. Die Kostengrundentscheidung ist eine Nebenentscheidung (§ 4 C III b 3), welche A I regelmäßig der Hauptsacheentscheidung folgt (§§ 91, 92 — wobei die Rechtsmittelentscheidung von der sonstigen getrennt wird: § 97 I), so daß sie insoweit ihre Begründung in der Hauptentscheidung findet. Sie wird nach § 99 I auch rechtsmittel- (nicht rechtsbehelfs-)mäßig mit der HauptentsCheidung derart verbunden, daß die Kostenentscheidung nicht ohne die Hauptentscheidung angreifbar ist. Der Grundsatz erlaubt dort eine A u s n a h m e , wo gar keine begründete Hauptent- A l a scheidung ergangen ist, von der sie abhängen könnte. Der G r u n d s a t z folgt der Erwägung, daß mit den Kosten der belastet wird, der zu A l b Unrecht die gerichtliche Entscheidung verlangt hat. Deshalb wird sie von der Hauptentscheidung dort gelöst, wo sie nicht darauf zurückzuführen ist, daß der Hauptanspruch bekämpft wurde (§§93, 93 a und — nach der hier vertretenen Auffassung — 94, vgl. § 94 A) ; in diesen Fällen bedarf die Kostenentscheidung der besonderen Begründung. §§ 99 II, 91a II lassen mit Rücksicht auf die geschilderten Erwägungen auch den alleinigen Rechtsmittelangriff auf die Kostengrundentscheidung zu. Darüber, ob dies f ü r alle so gelagerten Fälle oder nur für einen Teil von ihnen gilt, vgl. § 91a Β II c, § 99 Β I b 2. Besonders begründet werden zwar auch die Fälle der Kostentrennung (vgl. §§ 95, 96, A l e 97 II, 238 I I I , 276 III 2, 278 II, 283 II, 344); doch hat hier die Prozeßordnung kein isoliertes Rechtsmittel gsgan eine solche Kostenentscheidung zugelassen (RG v. 28. 10. 1936 V E 152/248f., v. 8.6. 1936 VI J W 2544 14 = Warn. 128 : für ZPO § 278 11). Darüber, ob sie zusammen mit einem anderen Rechtsbehelf angefochten werden können, vgl. § 91 D III, § 97 A, § 536 B. Im Patenterteilungsverfahren gibt es keine anfechtbare isolierte Kostenentscheidung A i d (PatentG § 33 II 3). Das geschilderte Prinzip gilt unter den Parteien, aber auch im Verhältnis zu Dritten, Α Π soweit ihnen Kosten auferlegt werden (§§ 71, 89, 102, 135, 387, 402). Ist ein Streitgehilfe nach § 71 aus dem Rechtsstreit verwiesen, so kann die Kosten- Α Π a entscheidung nur zusammen mit der Ausweisung angegriffen werden (vgl. R G v. 31. 3. 1900 V E 46/349f.). Das Entsprechende gilt für den Zeugen, dessen Verweigerungsrecht mit Kostenlast aberkannt ist (OLG Dresden 15/89, § 387), und entsprechend für die Sachverständigen (§ 402) und die Rechtsanwälte im Fall des § 135 (RG v. 17.10. 1901 V Β 253/04 Ν § 99/33 zu §§ 71, 135, 387). Wird jemand als angeblicher (gesetzlicher oder gewillkürter) Vertreter aus dem Α Π a 1 Rechtsstreit verwiesen und werden ihm deshalb die Kosten auferlegt, so hat die Partei gegen die Ausweisung das Rechtsmittel bzw. den Rechtsbehelf (etwa den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil), die auch von dem angeblichen Vertreter in ihrem Namen eingelegt werden dürfen, wobei allerdings seine Vertretungsmacht nachzuweisen bleibt. Darüber hinaus hat der Dritte das Rechtsmittel gegan die ihn belastende Kostenentscheidung aus eigenem Recht; doch würde es dann gegen § 99 I verstoßen, wenn man es mit der Begründung zuließe, er habe seine Vollmacht nachgewiesen; denn dann wäre seine Zurückweisung unbegründet (a. M. RG v. 21. 11. 1902 III E 53/65f.). Gerade in den Fällen der Streithilfe zeigt sich, daß eine solche Trennung unzulässig ist (RG v. 14. 3. 1918 IV 52/17 Ν § 99/52 hat deshalb, wenn dann die Klage als unzulässig zurückgewiesen worden war, die Berufung zugelassen). Wird die Kostenentscheidung mit der Begründung angegriffen, daß die nach § 89 vorgeschriebene Kostenbelastung überschritten bzw. — bei Beschwerde durch den Gegner —· nicht erreicht wurde (was bei den 49

Wteczorek, ZPO. I.

767

ΑΠ a l

§ 9 9

ZPO I. Buch

abstrakten Kostengrundentscheidungen aber regelmäßig nicht eintritt), so würde die Rechtsmitteleinlegung nicht gegen § 99 I verstoßen (vgl. dazu § 89 AI). ΑΠa2

Werden einem Dritten nach § 102 getrennte Kosten auferlegt, so hat er das Rechtsmittel nach § 102 II (vgl. RG v. 2. 7. 1891 IV Gruch. 37/135, v. 15. 2. 1899 V JW 1602, v. 21. 11. 1901 III Β 53/65, ν. 4. 2. 1903 V JW 122). Das Entsprechende gilt für die nach GKG § 39 auferlegten Kosten (vgl. G KG § 39 II).

Aüb

Eigene Kostenrechte Dritter kommen für die Kostengrundentscheidung nur noch für den Streitgehilfen in Betracht. Die Ansprüche der Anwälte, Gerichtsvollzieher usw. nach § 124 beeinflussen die Kostengrundentscheidung überhaupt nicht, sondern gehören in das Kostenfestsetzungsverfahren. Bei dem Streitgehifen gilt ebenfalls das Veranlassungsprinzip (§1011); doch ist die Kostenentscheidung mit der für seine Hauptpartei verbunden, unterliegt sie im Kostenpunkt, so werden auch ihm seine Kosten aufgebürdet, gewinnt sie im Kostenpunkt, so sind die Kosten des Streithelfers dem Gegner aufzuerlegen. Über die Kosten des nur vom Streitgehilfen eingelegten und durchgeführten Rechtsmittels vgl. § 97 A III a. So lange diese enge Verbindung gewahrt wird, gilt für die Rechtsbehelfe der Streitgehilfen all das, was für die der Hauptpartei zu sagen ist (RG v. 6.12. 1901 VII JW 02/183). Nur wenn entgegen der Regelung des § 101 I dem Streitgehilfen, dessen Hauptpartei im Kostenpunkt obgesiegt hat, seine eigenen Kosten auferlegt werden bzw. obwohl sie im Kostenpunkt unterlegen ist, dies nicht geschieht, sondern sie dem Gegner aufgebürdet werden, muß zur Korrektur der Kostengrundentscheidung, gestützt allein auf § 101 I, der isolierte Angriff auf die Kostenentscheidung zugelassen werden, wenn man in den Regeln der §§ 91a II, 99 II nicht eng begrenzte Ausnahmeregeln sieht.

Am

§ 99 befaßt sich nur mit der Anfechtbarkeit einer ergangenen Kostengrundentscheidung, nicht mit ihrer Herbeiführung. In welcher Entscheidungsform sie erlassen worden ist, ob durch Urteil oder Beschluß (RG v. 24. 11.1882 II E 6/339f„ ν. 6. 5.1903 I JW 2373, OLG Hamburg J W 34/3223* — soweit diese mit Rechtsmitteln angreifbar sind), ist gleichgültig (§ 99 I bezieht sich deshalb auch auf das Rechtsmittel der Beschwerde, RG v. 8. 7. 1886 III JW 27221, V. 9. 7. 1887 V JW 3515, v. 19. 1. 1901 V Β 3/01 Ν § 99/16).

Alila

Ist in einem Urteil die Kostengrundentscheidung ganz oder zum Teil unterblieben, so darf nach § 321 ihre Ergänzung beantragt werden. § 99 ist hier unanwendbar (RG v. 6. 11. 1896 II JW 6694, v. 29. 5. 1900 VII E 46/393 [394], v. 4. 7. 1907 VI 473/06 Ν § 99/9, v. 24. 3. 1909 V 255 u. 323/08 Ν § 99/9) ; doch ist § 321 nicht anwendbar, wenn die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten wurde; dann muß zunächst dieses abgewartet werden. Nichts anderes kann aber auch gelten, wenn die Entscheidung verbunden mit einem Beschluß zu erlassen war und unterlassen worden ist (KG JW 25/80811, Jonas § 329 Anm. II 2; a. M. RG v. 7. 10. 1884 III Seuff. 42/75, v. 27. 3. 1889 V JW 1698, OLG Posen 30/112, Hamm JW13/1158f„ Kassel JW 19/6884, Frankfurt J R 25 Β 1575, welche in diesen Fällen die einfache Beschwerde zulassen; vgl. auch BGH v. 7. 1. 1956 IV ZR 171/55, welcher die Kostenentscheidung eines Urteils „berichtigt" hat und § 319 Β II b l ) .

Am b

Umgekehrt darf über ein Urteil, das — zuerst — nur über die Prozeßkosten entscheidet, nicht das ordentliche Rechtsmittel zugelassen werden, sondern es muß seine Ergänzung betrieben werden (a. M. RG v. 27. 6. 1904 VI 79/04 Ν § 99/32, das hier die Berufung zuließ).

AIV

Für die sogleich (ohne Kostenfestsetzungsverfahren) bezifferte Kostenentscheidung (§ 91 Β IV b) gilt dasselbe wie für die Kostengrundentscheidung.

Β

Soweit die Kostengrundentscheidung allein durch die Hauptentscheidung zu begründen ist und begründet wird (§§ 91, 92, 97 I), kann die Kostenentscheidung allein nicht angegriffen werden, sondern nur zusammen mit der Hauptentscheidung (§99 I). 768

Prozeßkosten

§ 9 9

Hauptentscheidung ist dabei alles, was nicht reine Kostengrundentscheidung ist Β I (RG v. 6. 12. 1901 VII JW 02/183, v. 12.11. 1911 VII JW 12/2471", v. 9. 6. 1921 VI 108/21 Ν § 99/19). Hat die Begründung indes nur Bezug auf die Kostengrundentscheidung, so ist nicht jene, sondern nur diese begründet. Zur Hauptentscheidung gehören die Entscheidungen über außerprozessuale Haupt- B l a wie Nebenforderungen (§ 4 C I; etwa Zinsen, RG v. 25. 11. 1930 II JW 31/103512), mit Ausnahme der Prozeßkosten (RG v. 6.12. 1901 VII JW 02/183). Daß zur Hauptsache entschieden ist, wird sich zwar regelmäßig schon aus dem Β I a'l Urteilstenor ergeben, kann aber auch aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen erhellen (Aufhebung eines Versäumnisurteils und Kostenurteil gegen den Kläger, RG v. 23. 9. 1910 VII Gruch. 55/126). Um eine Entscheidung zur Hauptsache handelt es sich sogar dann, wenn Prozeßkosten außerprozessual erstattet verlangt werden, im besonderen wenn es nicht zum Prozesse in der Hauptsache kommt, weil sie sich vor Prozeßbeginn erledigt hat und die Kosten nunmehr durch Klageänderung als Hauptforderung geltend gemacht werden (RG v. 8. 12.1900 V E 47/404, ν. 20. 2.1903 III E 54/37, v. 13. 10. 1925 VI Warn. 26/19, v. 28. 4. 1927 IV JW 21302», v. 22. 10. 1928 IV JW 29/20, v. 8. 11. 1928 II JW 29/96, KG JW 30/299012, KG OLG 2/49; a. M. OLG Augsburg JW23/56 1 ; vgl. dazu §91a A II b 2). Hier sind also nur Berufung oder Revision bei gegebenen Erwachsenheitssummen zulässig (RG v. 8.12. 1900 V E 47/404, ν. 22.10. 1928 IV 177/28 Ν § 99/64). Auch prozessuale Entscheidungen (RG v. 27.2. 1894 III E 32/428Í.) im Falle des B l a 2 § 239 (OLG Karlsruhe BadRPr. 03/339), in dem des § 240 (RG v. 31.1.1889 VI E 23/339 [341]), in dem des § 275 (vgl. ferner KG OLG 19/77, OLG Kiel 17/119) sind Hauptentscheidungen. Es ist deshalb gleichgültig, ob die Klage in der Hauptsache als unbegründet oder als unzulässig abgewiesen worden ist. Selbst soweit es nur um die Vollstreckbarkeit zur Hauptsache und die Kostenentscheidung geht, liegt eine Entscheidung zur Hauptsache vor (RG v. 12.12. 1911 VII Gruch. 56/1050 [1052]). Dementsprechend gehören auch bei der Vollstreckbarkeitserklärung eines Schiedsspruchs bzw. der Aufhebungsklage gegen einen Schiedsspruch die in ihnen enthaltenen Schiedsgerichtskosten zur Hauptsache (RG v. 29. 10. 1940 VII E 165/140f., d. h. die Aufhebungsklage darf ohne Rücksicht auf § 99 I auch auf die Schiedsgerichtskosten beschränkt werden). Keine Begründung zur Hauptsacheentscheidung findet sich aber, wenn die Haupt- Β I b sache für erledigt erklärt, statt abgewiesen wird wie umgekehrt. Erledigt sich die Hauptsache (§ 91a A III), so darf zwar auf die Erledigung trotz Widerspruchs des Beklagten nur erkannt werden, wenn sie eingetreten ist, sonst muß die Klage abgewiesen werden. Über den Hauptanspruch wird aber gar nicht mehr kontradiktatorisch entschieden; denn er ist — gleichviel ob schon vor der Erledigungserklärung und ohne Erledigung oder durch sie und mit ihr — entfallen, und es wird im ersten Fall nur entschieden, ob die Streitveranlassung dem Kläger oder dem Beklagten zur Last zu legen ist, m. a. W., in all diesen Fällen wird stets nur die Begründung für die Kostenentscheidung, nicht die zur Hauptsache gegeben. Darüber, ob in der Rechtsmittel(Revisions-)instanz die Beschwer auch nur in dem Kostenbetrag bestehen kann, wenn ausschließlich noch um die Kosten gestritten wird (andernfalls siehe § 99 I), vgl. § 511 a Β I c 4 (die h. M. nimmt dies — entgegen dem hier vertretenen Standpunkt — an: § 91 a Β II ; RG v. 28.12.1901 VII E 50/368f., ν. 27. 10.1903 III E 56/113, v. 4. 5. 1904 I Β 51/03 + v. 18. 6. 1904 V Β 207/04 = Ν § 99/21, welche die Kosten bis zur Erledigung als Streitwert i. S. des § 568 III ansehen, nicht aber die weiteren, etwa die der Beschwerde: RG v. 13. 10. 1925 VI 153/25 Ν § 99/62, ν. 12. 12. 1940 V DR 41 A 65420; die Erwachsenheitssumme in Höhe der Kosten fordern: BGH ν. 22. 2. 1952 I ZR 49/51, RG v. 30. 9. 1927 III E 118/149Í., ν. 26. 9. 1934 V JW 35/278"). Die h. M. nimmt deshalb in dem Fall, wo nur der Kläger gegen den Widerspruch des Β I b 1 Beklagten die Hauptsache für erledigt erklärt (der umgekehrte Fall kommt nicht in Betracht, vgl. §91 a A II), eine Hauptsacheentscheidung(begründung) zu Unrecht an (so aber: RG v. 11. 7. 1900 I Recht 453, v. 28.1. 1902 II JW 162«, v. 25. 2. 1902 VII 49·

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Recht 1321, v. 18. 4. 1903 V B 89/03 + v. 27. 2.1904 I Β 22/04 + v. 29. 3. 1904 I Β 520/04 + v. 28. 6.1904 I I Β 111/04 = Ν § 99/12, ν. 14. 6. 1904 I I Recht 1660, ν . 8. 5. 1903 V I I Recht 2019, v. 25. 10. 1905 I Gruch. 50/1059, v. 4.11. 1937 I V J W 38/53 33 für die Erledigungserklärung zur Hauptsacheentscheidung; R G v. 3. 3. 1900 I Β 12/00 Ν § 99/4, wenn der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung „für begründet, aber erledigt" erklärt wird; unrichtig ist es allerdings, wenn man in der Erledigungserklärung einen Klageverzicht oder die Rücknahme sehen will, wie R G v. 14. 10. 1920 V I E 100/123). Sie läßt deshalb in diesem Falle die Anfechtung der Kostengrundentscheidung allein nicht zu ( R G ν. 1. 12. 1937 V Warn. 38/14), wohl aber die „zugleich mit der Hauptsache", d. h. wenn die Klage abgewiesen wurde, das Rechtsmittel (die Berufung, die Revision) des Klägers mit dem Begehren, sie für erledigt zu erklären und die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen (vgl. R G v. 18. 9. 1908 V I I J W 6351, v. 7. 1. 1910 I I J W 15118, v. 28. 3. 1924 I I I Recht 850; die Klage war vor ihrer Erhebung erledigt, was der Kläger nicht wußte; sie wurde trotz seiner Erledigungserklärung auf seine Kosten abgewiesen). Wurde die Klage für erledigt erklärt, so wurde dem Beklagten das Rechtsmittel mit der Begründung gegeben, die für erledigt erklärte Klage abzuweisen und die Kosten dem Kläger aufzuerlegen. Die frühere an § 99 I I I a. F. anknüpfende Rechtsprechung stellte es darauf ab, daß keine solche Entscheidung zur Hauptsache ergangen sein durfte ( R G ν. 1.12. 1900 V E 48/364, v. 18. 12. 1900 V I I Gruch. 46/141, ν. 19. 11. 1901 V I Gruch. 46/1051, v. 5. 7. 1905 V E 61/194, ν. 2. 10. 1911 V Warn. 447, v. 29. 10. 1921 V E 103/105, v. 15. 3. 1931 I I I 260/32 Ν § 99/68), wenn auch R G ν. 3. 3. 1900 I Β 12/00 Ν § 99/3 betonte, daß die Hauptsache tatsächlich erledigt sein mußte. Dies wurde bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien angenommen ( R G v. 7. 3. 1900 V Β 25/00 + ν. 7. 12. 1901 I Β 79/01 = Ν § 99/5, ν. 31. 3. 1900 V Ε 46/347, ν. 16. 5. 1900 V Gruch. 44/1161, ν. 16. 6. 1900 I J W 5861). Dann wurde daran die Streitfrage geknüpft, ob nicht dadurch, daß dies in der Rechtsmittelinstanz geschah, das Rechtsmittel unzulässig wurde (bejahend: R G v. 21. 5. 1901 V I I 107/01 Ν § 99/18, während dies R G v. 6. 12. 1912 I I I Warn. 13/172, v. 8. 7. 1921 I I I J W 22/14507f. verneinten, vgl. zu diesem Streitfall § 511a Β I b). § 91a I I schließt an diese Rechtsprechung an, wenn er es auf die beiderseitige Erledigungserklärung der Parteien abstellt. Doch zeigt schon § 628, daß es auf das Einverständnis des Beklagten nicht ankommen kann (stellt sich trotz des Bestreitens des Vertreters der Partei heraus, daß sie tot ist, so ist für erledigt zu erklären und über die Kosten so zu entscheiden, wie ohne die Erledigung entschieden worden wäre, R G v. 19. 4. 1900 I V 34/00 Ν §99/7, v. 13. 7. 1904 V I I E 58/414 [417]), und es ist nicht einzusehen, weshalb der Unterlegene dann diese Kostenentscheidung, wenn er der Erledigungserklärung des Klägers nicht zugestimmt hat, nicht angreifen darf, da ihm die Erledigung selbst nicht zur Last fällt. Besonders deutlich wird dies in den Fällen, wo die Erledigung zwischen den Instanzen eintritt. War indes ausdrücklich verzichtet (und ist die Erklärung auch nicht als Verzicht infolge Erledigung auszulegen), so treffen die Kosten den Kläger, ohne daß er dagegen eine — isolierte — Angriffsmöglichkeit hätte (bei Klageverzicht: R G v. 3. 5. 1882 I E 6/432 [436], ν. 13. 7. 1887 V E 18/418 [421], v. 25. 2. 1888 I E 20/432, v. 9. 7. 1908 I V J W 55718), es sei denn, daß er darlegt, daß sein Verzicht eine Erledigungserklärung sei (bei der Klagerücknahme R G v. 13. 10.1925 V I 253/25 Ν § 99/62) ; über die entsprechende Anwendungsmöglichkeit des § 93 bei Klageverzichten vgl. § 93 C. Wenn man nicht zu ungleichen Ergebnissen kommen will (GG Art. 3 I), muß man deshalb auch dann, wenn die Parteien in ihrer Erledigungserklärung nicht übereinstimmen — zur Abgabe einer solchen Erklärung kann ja niemand gezwungen werden — dazu kommen, nur die Rechtsmittel der §§91 a I I , 99 I I zuzulassen, wenn eine Klage auf die Erledigungserklärung des Klägers abgewiesen oder für erledigt erklärt wird; denn in beiden Fällen wird nur die Kostengrundentscheidung begründet, wie dies auch in den gesetzlich ausdrücklich geregelten Fällen geschieht. Dies wird ferner deutlich, wenn man die Versäumnisentscheidungen bedenkt, die, weil sie keine sachliche (sondern nur eine formale) Begründung zur Hauptsache enthalten, auch einen auf die Kostenentscheidung beschränkten Einspruch zulassen ( R G v. 31. 1. 1885 V E 13/327f.; vgl. über die etwas

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abweichende Lage beim Widerspruch gegen den Zahlungsbefehl § 91a und RG v. 10.1. 1908 III Recht 825, das die Mahnverfahrenskosten der Erledigungserklärung unterwarf und § 99 III a. F. anwandte) oder bei der einstweiligen Verfügung und dem Arrest den auf die Kostenentscheidung beschränkten Widerspruch (OLG Karlsruhe HRR 35/1687). Wenn eine solche formale Begründung schon den Angriff auf die Kostenentscheidung nicht hindert, so kann es erst recht nicht eine Begründung, die sich überhaupt nicht mit dem Hauptanspruch befaßt. Anders ist die Rechtslage indes, wenn die Erledigung zwischen den Instanzen eintritt, Β I b 2 weil dann (ζ. Z.) die Erledigungserklärung (vgl. aber die Regelung in § 271) nicht wirksam abgegeben werden kann. Hier ließ ein Teil der Rechtsprechung das Rechtsmittel zu, auch wenn es damit begründet wurde, daß die Hauptsache erledigt sei (RG v. 9. 7. 1884 I E 15/424 [425], v. 17. 3. 1892 VI E 29/379, ν. 6. 6. 1894 I E 33/383f., y. 2. 5. 1903 V E 54/345, ν. 29. 11. 1905 V J W 06/2525, ν. 6. 10. 1909 V J W 693 2 'f., v. 30. 4. 1918 II J W 510 11 , v. 6. 10. 1926 V E 114/230 [232], OLG Koblenz ZZP 65/285), während ein anderer Teil es als unzulässig verwarf (BGH v. 24.6. 1953 II J R 385, RG v. 2.2.1886 III E 15/405f., v. 2. 5. 1899 III J W 36610, v. 30. 11. 1907 I Gruch. 52/1113, v. 26. 5. 1922 III E 104/368 [369], v. 28. 3. 1924 III 848/23 Ν § 99/60, ν. 5. 3. 1931 VI J W 17593, v. 19. 3. 1935 VII HRR 1081, v. 18. 10. 1935 VII E 149/31 f., v. 5. 3. 1937 VII J W 1996 22 , KG J W 27/4006). Dies geschah etwa, wenn die erste Instanz die Klage abgewiesen hatte und nunmehr die Sache durch Rücktrittserklärung einer Partei erledigt wurde oder wenn der abgewiesene Kläger befriedigt wurde (hier mußte er nach RG v. 3.1.1900 V E 45/412f., v. 14.1. 1914 V Gruch. 58/1095 die Erfüllung ablehnen, sofern er nicht die Kostenlast behalten sollte) oder auf den Anspruch verzichtet hatte (vgl. RG v. 2. 5.1903 V E 54/345, ν. 30. 11. 1907 I Gruch. 52/1116; a.M. RG v. 9. 7. 1928 V ZZP 55/165) oder die Prozeßvoraussetzung des § 256 wegfiel (RG v. 26. 5. 1922 III E 104/368f.) oder wenn der verurteilte Beklagte leistete (RG v. 17. 1. 1900 V J W 1803, v. 16. 5. 1902 VII J W 3595, v. 14.10. 1935 IV E 149/31 [33], OLG Hamburg 7/284), allerdings nicht bloß um die Vollstreckung abzuwenden (RG v. 16. 5. 1902 VII J W 35915, ebenso für die Räumung zur Abwendung der Vollstreckung: RG v. 26. 3. 1931 VIII 635/30 Ν § 99/67, ν. 10. 4. 1931 VII J W 24741), was zu vermuten ist (RG ν. 1. 12. 1930 V i l i E 130/393Í., ν. 19. 3. 1935 VII HRR 1081), jedenfalls wenn er sachliche Anträge im Rechtsmittelverfahren stellt (RG v. 29. 5. 1905 V J W 06/2525). Auch die Auskunft zur Glaubhaftmachung der Rechtsmittelsumme ist keine Erledigung, selbst wenn dadurch dem Hauptanspruch genügt wurde (RG v. 7. 1. 1938 VII J W 96629). Da in diesen zwischeninstanzlichen Erledigungsfällen die Entwicklung zur Hauptsache zu beseitigen ist, sollte man das Rechtsmittel der §§ 91a II, 99 II zulassen; denn auch die nächste Instanz kann dann nur noch über die Kosten entscheiden (weil es an die Erledigungserklärung gebunden ist). Dies muß dann aber auch für einen zwischen den Instanzen geschlossenen außergerichtlichen Vergleich gelten (auch wenn die Parteien in ihm die Regelung der Kostenfrage der gerichtlichen Entscheidung überlassen wollen, was RG v. 5. 3. 1937 VII J W 1996 22 nicht gelten läßt). Für die Zwischeninstanz des OLG nach dem Berufungsurteil bedeutet dies allerdings, daß die Revision unzulässig und die sofortige Beschwerde unstatthaft ist. Hat sich die Hauptsache nach Einlegung des Rechtsmittels erledigt, so hindert dies Β I b 8 regelmäßig nicht die Durchführung des Streits wegen der Kosten in dem beschrittenen Rechtsmittelverfahren (Berufung oder Revision; RG v. 25. 10. 1890 V E 27/365 [370], v. 17. 3. 1892 VI E 29/379 [381], ν. 6. 6. 1894 I E 33/385Í., v. 7. 2. 1901 VI J W 1572, v. 16. 4. 1903 VI Β 73/03 Ν § 99/17, v. 30. 4. 1918 II J W 510», ν. 31. 5. 1933 V Β 6/33 Ν § 99/72, v. 12. 12. 1940 V Β 38/40 Ν § 99/86, das allerdings meinte, es müsse die Rechtsmittelsumme dann noch gegeben sein, worauf es aber nicht ankommt), es sei denn, daß die Erledigung dem Rechtsmittelkläger anzulasten ist (dann wird regelmäßig das Rechtsmittel unzulässig, vgl. § 511 Β II c 9; abweichend hier aber RG v. 9. 6. 1921 VI 108/21+v. 8.7.1921 III 48/21 = Ν §99/56 für denFall der Räumung infolge drohender Vollstreckung, wenn später der Beklagte freiwillig auf Wiedereinräumung verzichtet). Die Erledigung tritt aber auch hier erst durch Erledigungserklärung ein, also nicht, wenn 771

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das Rechtsmittel zur Hauptsache selbst nur um der Kosten willen (RG v. 25.10. 1890 V Β 27/365 [367], ν. 16. 3. 1898 V J W 257») und selbst mit aussichtslosem Antrag zur Hauptsache durchgeführt wird (RG v. 16. 12. 1931 V HRR 32/1239, v. 24. 9. 1904 V Β 257/04 Ν § 99/34: selbst wenn der weitere Antrag zur Hauptsache nur gestellt wird, weil der Beantragende eine ihm günstigere Kostenentscheidung herbeiführen will; RG y. 16. 12. 1931 V HRR 32/1239; a. M. RG v. 21. 6. 1921 II Β 102/290 [291] für den Fall, daß der Kläger ihn selbst für aussichtslos hält; RG v. 9. 4. 1904 II 431/06 Ν § 99/41). Bio

Brgeht aber

Biel

eine sachliche Verurteilung, obwohl die Hauptsache für erledigt erklärt war, so ist das Rechtsmittel in der Hauptsache zulässig (RG v. 7.1. 1910 II JW 151 18 f.). Auch darf eine erledigte Klage nicht aufrecht erhalten werden, wenn der Kläger nicht ihre Abweisung mit Kostenbelastung gewärtigen will (RG v. 12. 10. 1935 I E 148/400f.; doch hat RG v. 5. 6. 1908 III Warn. 666 die zwar gegenstandslos gewordene einstweilige Verfügung aufrecht erhalten, wohl weil sonst Ansprüche auf Rückgängigmachung ausgelöst worden wären).

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Wird umgekehrt die Hauptsache ausdrücklich oder stillschweigend für erledigt erklärt, während dies nicht der Fall ist, so darf das Rechtsmittel in der Hauptsache und nur dieses eingelegt werden (KG JW 35/364420, OLG Dresden JW 37/4 9 36, wenn der Kläger sich gegen die zu Unrecht ausgesprochene Erledigung wenden will). Wird dann allerdings zur Hauptsache kein Rechtsmittel wegen der Erledigung eingelegt, sondern nur die sofortige Beschwerde, so ist sie unzulässig.

Bid

An dem Charakter der Kostengrundentscheidung und ihrem Umfang kann der Kläger nichts dadurch ändern, daß er sie unter Bezifferung in den Klageantrag aufnimmt. Auch eine solche bezifferte Forderung verändert den Charakter der Prozeßkosten nicht und steht im Gegensatz zur Hauptentscheidung (RG v. 30. 11. 1901 V E 50/356 [359] für die Kosten des Einstellungsbeschlusses des Vollstreckungsgerichts; RG v. 12. 7. 1899 JW 6063 für außergerichtliche Kosten, OLG Hamburg 5/468, Karlsruhe 13/110, wenn auch die Prozeßkosten durch Widerklage nach §§ 302 IV, 600 II, 717 II, III etwa anders beziffert zurückgefordert werden — doch können diese Entscheidungen nicht gebilligt werden, weil ja Rückzahlung der Kosten gefordert wird und es insoweit nicht mehr um die Kostengrundentscheidung geht; RG v. 18. 9. 1908 VII JW 6351, v. 28. 4. 1927 J W 213029, v. 25.11. 1930 II JW 31/103512 für die Errechnung der Rechtsmittelsumme, vgl. § 717 D III b 3). Eine solche Bezifferung muß (abgesehen von dem Fall der Widerklage erstatteter Kosten) insoweit zur Abweisung der Klage als unzulässig führen, wenn auch zugleich durch die Kostengrundentscheidung solche Kosten dann zugesprochen werden dürfen (was aber nicht im Kostenfestsetzungsverfahren bereinigt werden darf).

ΒΠ

Zur Anwendung des § 99 I kommt es nur darauf an, ob die Begründung zur Kostengrundentscheidung der einer Hauptentscheidung folgt.

ΒΠa

Dies ist nicht nur dann so, wenn im selben Urteil entschieden war, sondern auch, wenn getrennte Urteile vorliegen (RG v. 29. 5. 1900 VII E 46/393, KG JW 35/17083«); nur muß die Begründung für das Kostenurteil sich auf eine Hauptentscheidung beziehen. Dies ist der Fall, wenn ein Teilurteil über die Hauptsache, das Schlußurteil allein über die Kosten (RG v. 8. 6.1936 VI JW2544 14 ) oder verbunden mit einer die angreifende Partei nicht beschwerenden oder nicht angreifbaren Hauptentscheidung ergeht. Keine der Parteien kann ein Teilurteil mit der Begründung angreifen, daß es keine Kostenentscheidung enthalte, da es kein Schlußurteil ist; auch nicht der Streitgenosse, der bis auf die Kosten durch das Teilurteil völlig ausscheidet (vgl. § 92 A II a 3; RG v. 9. 3. 1908 VI Recht 1950, v. 29. 4. 1925 V J R Β 930, vgl. aber RG v. 3. 3. 1933 III 400/32 Ν § 99/71), also wenn die Kosten dem Schlußurteil vorbehalten werden (mag auch der eine Beklagte voll gesiegt haben, aber auf ein weiteres Endurteil verwiesen werden). Enthält das Teilurteil bereits die Kostenentscheidung, so gilt diese sowohl für es wie für das Schlußurteil, das über weitere Kosten entscheidet (OLG Hamburg 9/68). Entscheidet das Urteil bereits über alle Kosten der Instanz, obwohl noch ein weiterer

Β Πal

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§ 9 9

βπ&Ι

Hauptanspruch im Streit ist, so liegt, wenn er übergangen wurde, ein Fall des § 321 vor; andernfalls gibt RG v. 5.10.1933 VI Warn. 184 das Rechtsmittel wie gegen eine Hauptentscheidung, um die Kostengrundentscheidung zu beseitigen. Ist das Teilurteil mit einem Rechtsmittel angegriffen, so ist auch das Schlußurteil in be- Β Π a 2 zug auf die das Teilurteil betreffenden Kosten mit demselben Rechtsmittel angreifbar, auch wenn es für sich allein nicht angreifbar wäre ; hier gilt also nur die Sachbeschwer des ersten Teilurteils, die Erreichung der Beschwerdesumme für das (letzte) Kostenurteil ist nicht erforderlich (RG v. 26. 5. 1922 III E 104/368, ν. 22. 9. 1924 IV LZ 25/598», ν. 3. 1. 1927 VIIHRR28/677, v. 1. 4. 1940VE 163/252f„ BGH v. 9.2.1955VINJW748 = LM — ZPO § 546/18) ; die im Teilurteil vorbehaltene Kostenentscheidung wird als durch Schlußurteil ergänzt angesehen (RG v. 24. 6.1890 III JW 274a, ν. 8. 4.1893 I JW 4442, y. 22. 9. 1924 IV LZ 25/598», ν. 12. 10.1935 I E 148/400 [403], v. 8.6.1936 VI JW2544 14 , v. 2. 11. 1936 VI Warn. 37/8, v. 1. 4. 1940 V E 163/252f.). Die h. M. gibt aber nur die Kostenentscheidung des Schlußurteils zur Nachprüfung in vollem Umfange frei (RG v. 12. 10. 1935 I E 148/400 = JW 36/182', v. 1. 4. 1940 V E 163/252 f.), nicht die auch im Schlußurteil noch enthaltene Hauptentscheidung, wenn diese nicht schon für sich selbständig angreifbar ist. Ist das Teilurteil nicht angegriffen bzw. nicht angreifbar und die Partei im Schlußurteil nur durch die Kostengrundentscheidung oder durch einen Teil, den sie mangels Erreichung der Erwachsenheitssumme nicht angreifen kann, beschwert, so kann sie auch das Kostenschlußurteil nicht angreifen (RG v. 8. 6. 1936 VI J W 2544 11 = DJ 1272). Auch ohne besondere Angriffe gegen das Kostenschlußurteil wird ohne weiteres Β Π a 8 zugleich mit der Entscheidung über das Teilurteil über die Kosten entschieden, auch über die der Vorinstanz, soweit das Teilurteil abgeändert oder aufgehoben wird (vgl. §308 II; RG v. 5. 7. 1902 I 39/02 Ν § 99/24, ν. 5. 11.1907 III Warn. 08/94, RArbG v. 7. 8.1940 E 23/289, OLG Schleswig SchlHA 54/49; a. M. RG v. 29. 10. 1910 V JW 11/54", v. 10. 4. 1930 VI JW 278712, BGH v. 9. 4.1956 II NJW 91210; vgl. auch § 91 Β III b 6), sofern auch das Kostenschlußurteil mit demselben Rechtsmittel angreifbar ist wie das Teilurteil (RG v. 15. 6. 1903 I Recht 2476, v. 7. 2. 1922 III 323/21 Ν § 99/57, auch wenn die Erwachsenheitssumme für das Schlußurteil selbst nicht erreicht wird, RG v. 22. 9. 1924 IV LZ 25/598», ν. 1. 4. 1940 V E 163/252). Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob die Kostengrundentscheidung schon erlassen, zu erlassen vergessen (vgl. § 99 Β II a 4) oder in sich schon formell rechtskräftig (§ 705) geworden ist (a. M. RArbG v. 26. 5.1937 E 18/247 [251] für die Ergänzungsentscheidung, vgl. § 99 Β II a 4), weil sie als Folgeentscheidung von der über den Hauptanspruch nicht zu lösen ist. Deshalb darf die Kostengrundentscheidung als abhängige Folgeentscheidung (§ 99 I) auch nicht durch Versäumnisurteil erlassen werden, weil § 308 II entgegensteht. Dementsprechend müßte auch in freigestellt mündlicher Verhandlung über den abhängigen Kostengrund entschieden werden dürfen, jedenfalls darf es im schriftlichen Verfahren nach § 128 II. Erläßt man vom entgegengesetzten Standpunkt aus eine Versäumnisentscheidung als Kostenschlußurteil, so muß sie jedenfalls wie sonst anläßlich des Rechtsmittelverfahrens über den (Teil-)Hauptanspruch angreifbar sein (a. M. RG. v. 8. 10. 1932 V 115/32 Ν § 99/70). Die Entscheidung von Gerichts wegen beschränkt sich aber auf den Kostenanteil, der in Beziehung zu dem Haupterkenntnis steht. Soweit danach ein Teilurteil über den Hauptanspruch nicht anfechtbar oder nicht angefochten ist, bleibt es insoweit auch bei der alten Kostengrundentscheidung (RG ν. 1. 4. 1940 V E 163/252). Das für das Teilurteil Gesagte gilt auch für das Ergänzungsurteil nach § 321 (RG Β Π a 4 v. 15. 4. 1908 VI E 68/301 [302], v. 27. 2. 1909 I 563/09 + 22/10 = Ν §99/44, v. 24.3.1909 V 255 + 323/08 Ν §99/44; a. M. RG v. 1. 7. 1937 VI JW 277614; RArbG v. 26. 5.1937 E 18/247 [251] macht den Vorbehalt, daß die Kostengrundentscheidung z. Z. der Einlegung des Rechtsmittels gegen das Teilurteil nicht rechtskräftig sein dürfe. Vgl. dazu aber § 99 Β II a 3). Aber selbst, wenn keine Kostengrundentscheidung erlassen wurde und die Frist des § 321 verstrichen ist, ist die Kostenentscheidung in der Rechtsmittelinstanz nachzuholen (§ 99 Β II a 3). 773

Β Πa4

§ 9 9

ZPO I. Buch

Daß es auch beim Ergänzungsurteil in bezug auf die begründete Kostenentscheidung· nicht auf den Streitwert ankommt, haben R G v. 5. 8. 1937 VI J W 2784 2 3 , RArbG v. 28. 3. 1931 Warn. 94 ausgesprochen. Β Πb

Ist über Hauptanspruch und Prozeßkosten entschieden, so wird regelmäßig der Wert des ersten erheblich höher sein als der der zweiten; doch kommt es nicht darauf an. Wenn in der Instanz auch nur noch ein Nebenanspruch i. S. des § 4 (etwa Zinsen) neben den Kosten im Streit ist und die Entscheidung hierüber ergeht, kann die Kostenentscheidung nur mit der über die Zinsen durch Berufung oder Revision angefochten werden, mag sich auch die Hauptforderung (etwa durch Zahlung) erledigt haben (RG v. 4. 11. 1937 IV J W 38/53 3 3 : die Erledigungserklärung macht die Kosten des früher erledigten Teils nicht zur Hauptsache).

Β Π b1

Wird die Rechtsmittelsumme nicht erreicht, so ist das Rechtsmittel unzulässig, ohne daß dabei die Prozeßkosten, mögen sie sich auch auf mehr als die übrig gebliebene Hauptforderung erstrecken, für den Beschwerdewert berücksichtigt werden (RG v. 3. 1. 1900 V E 45/412, ν. 30. 11. 1907 I J W 08/45 2 1 = Gruch. 52/1113, v. 4. 11. 1937 IV Warn. 38/24, es sei denn, daß es darauf nach § 547 I 2 nicht ankommt, vgl. R G v. 2. 5. 1939 V 12/39 Ν § 99/81). Wird ein zur Hauptsache unzulässiger Antrag gestellt und ist das Rechtsmittel deshalb unzulässig, so darf durch das Gericht ein in bezug auf die Kostenentscheidung zulässiger Antrag nicht geprüft werden (RG v. 31. 3. 1900 V E 46/347f., a. M. R G v. 6. 7. 1900 VI Β 63/00 Ν § 99/8). Die unzulässige Rechtsmitteleinlegung macht nicht die Entscheidung über den Kostenpunkt anfechtbar (RG v. 26. 5. 1922 I I I E 104/368 [369]), auch nicht der Verzicht auf Rechtsmittel in der Hauptsache (RG v. 25. 2. 1888 I E 20/430 [432], ν. 9. 7. 1908 IV J W 557 1 8 ). Dies gilt auch in den sonstigen Fällen der Unzulässigkeit des Rechtsmittels (RG v. 2. 5. 1903 V E 54/345Í.). Bei einem so unzulässigen Rechtsmittel ist allerdings die Revision selbst dann gegeben, wenn gegenüber einer isolierten Kostenentscheidung zu Unrecht mit der Berufung entschieden war (§ 99 I steht dem nicht entgegen, R G v. 12. 7. 1905 I Gruch. 50/1056, v. 26. 1. 1940 V I I DR A 654 20 ).

Β Πb2

Bezieht sich die Kostenentscheidung auf einen nur teilweise (kontradiktorisch) entschiedenen Anspruch, der mit dem Rechtsmittel angegriffen wurde, so darf die Kostengrundentscheidung in jedem Falle nur insoweit vom Rechtsmittelgericht nach § 308 II abgeändert werden, wie der von ihm entschiedene Hauptteil von ihr ergriffen wird. Ist ein Hauptteil nicht angegriffen (gleichviel ob der Angriff überhaupt zulässig war oder nicht), so bleibt die darauf sich beziehende Kostengrundentscheidung nach § 99 I für das Rechtsmittelgericht insoweit unangreifbar bestehen. Der Angriff auf sie ist unzulässig.

Β Π b3

Von dem geteilten Hauptanspruch ist die tatsächliche oder die doch mögliche Trennung der Kostengrundentscheidung — der geteilte Kostenanteil — zu unterscheiden. Bezieht sich nämlich ein Teil der Kostengrundentscheidung auf eine Hauptentscheidung, während der andere an einen erledigten oder anerkannten Anspruch anknüpft, so kann mit dem Hauptrechtsmittel nicht die auf die Erledigung bzw. auf das Anerkenntnis zu beziehende Kostenentscheidung angegriffen werden. Die wohl h. M. läßt den Rechtsmittelangriff in diesem Falle auch auf diese Kostenentscheidung zu (RG v. 12. 10.1935 I E 148/400 nach altem Recht, BGH v. 27. 6.1955 II E 17/393, das bei einem Teilanerkenntnisurteil die Anschlußberufung zuläßt; vgl. dazu § 99 A I, C). Vgl. auch § 99 Β I I I b 2.

Β Π b4

Das Kostenurteil allein ist jedenfalls nicht anfechtbar, selbst wenn es in einem besonderen Schluß- oder Ergänzüngsurteil ergangen ist, sofern nicht auch die Hauptentscheidung angegriffen worden ist (a. M. OLG Düsseldorf JMB1. N R W 54/127 bei inkorrekter Entscheidung).

Β ΠΙ

Das Verbot, eine Kostengrundentscheidung getrennt von der zu ihr gehörenden, sie mit begründenden Hauptentscheidung angreifen zu dürfen, besteht nur bei Rechtsmitteln. 774

Prozeßkosten

§ 9 9

Rechtsmittel i. S. dieser Vorschrift sind Berufung (§§ 511 folg.), Revision (§§ 545folg.) Β III a und (einfache wie sofortige) Beschwerde (§§ 567folg.), gleichviel in welchen Verfahren (RG v. 8. 7. 1886 VI J W 272 21 , OLG Celle Seuff. 51/239 in der Vollstreckung; R G v. 9. 7. 1887 V J W 351 e , v. 28. 1. 1899 I J W 139«, v. 12. 7. 1899 VII J W 606 3 f., v. 29. 11. 1900 VI J W 8946, v. 6. 5. 1903 I J W 237 3 im Wertfestsetzungsverfahren ; weiter wenn im Kostenfestsetzungsverfahren das vorläufig vollstreckbare Urteil aufgehoben und nach § 717 I keine Grundlage für die Festsetzung mehr vorhanden ist); ferner sind hierunter die Wiederaufnahmeklagen zu verstehen (§ 578 D IV d; a. M. OLG München J W 26/855»°). Nicht unter die Rechtsmittel fallen die sonstigen Rechtsbehelfe, durch die formal zu Β ΙΠ b begründende Entscheidungen angegriffen werden dürfen, also der Einspruch (RG v. 31. 1. 1885 V E 13/327 [329], OLG Colmar 19/79, Kassel 9/67, KG OLG 13/109, 17/119, OLG Marienwerder 20/308, Hamburg 5/22) ; hier darf auch nur wegen der Kosten Einspruch eingelegt werden, wenn auch nach der hier vertretenen Ansicht, wenn über die Hauptsache kontradiktorisch entschieden ist, keine Versäumnisentscheidung mehr mit Bezug auf die Kosten ergehen darf, welche sich auf die Hauptsachenentscheidung gründet. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Kostenentscheidung ohne Rücksicht auf die Veranlassung gegeben wird, denn auch dann kommen §§ 91a II, 93 zum Zuge. Die Berufung gegen ein den Einspruch im Kostenpunkt verwerfendes Urteil ist aber nicht mehr zulässig, wie RG v. 31.1. 1885 V E 13/327 (329) nach früherem Recht erkannt hat, sondern möglicherweise nur noch die sofortige Beschwerde. Über den Widerspruch im Mahnverfahren vgl. § 694 A III b ; bei der Kostenentscheidung im Arrest- bzw. einstweiligen Verfügungsverfahren (§§ 924, 935; KG DJZ 25/437, OLG Kiel 17/119, München Seuff. 64/178, Stettin ZZP 50/206, Hamburg ZZP 53/281, Karlsruhe J W 29/3323 12 ) ist der Widerspruch zulässig, ebenso die Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren (§ 104, selbst wenn nur die Kostenfestsetzungskosten und nicht die sonst festgesetzten Prozeßkosten betroffen werden, LG Plauen J W 11/415 128 ) und die im Vollstreckungsverfahren (vgl. § 766 Β III b 3). Dasselbe gilt für den Widerspruch im schiedsgerichtlichen Verfahren nach § 1042 c. Ergeht auf einen solchen Rechtsbehelf, der kein Rechtsmittel ist, eine Entscheidung Β ΙΠ b 1 (Urteil oder Beschluß) über Hauptsache und Kosten, so gilt § 99 I; waren mit ihm nur Kosten angegriffen, so kommen §§ 91a II, 99 II zur unmittelbaren bzw. entsprechenden Anwendung (KG ZZP 55/131, J W 25/2018 1 im Falle eines auf die Kosten beschränkten Einspruchs; OLG Karlsruhe H R R 35/1687, Stettin H R R 37/1669 für den Fall eines Widerspruchs gegen die Kosten einer einstweiligen Verfügung, wo die Hauptsache erledigt war und RG v. 2. 5. 1903 V E 54/345f„ v. 30. 11. 1907 I Warn. 08/242, v. 5. 6. 1908 III Warn. 666) und bei gemeinschaftlicher Erledigungserklärung, sofern nicht trotz Erledigung der Hauptsache die Rechtmäßigkeit des Erlasses der einstweiligen Verfügung als Hauptsache im Streit geblieben ist (a. M. ObG Danzig H R R 38/979, OLG Kiel 17/119, München Seuff. 64/178, Stettin ZZP 50/206, 52/72, Königsberg J W 29/31 89 32 ). Gegen die Kostenentscheidungen wird das Anschlußrechtsmittel zugelassen (RG ν. Β ED b 2 25.11. 1937 IV E 156/240 [242], ν. 19.6. 1886 I J W 2 4 5 \ ν. 12.1. 1898 J W 115e, v. 30.10.1925 VI Warn. 26/47, OLG Hamburg 9/68, JZ 51/336). Dies ist nicht bedenklich, sofern sich die Anschließung auch auf den dazugehörigen Hauptanspruch bezieht (vgl. dagegen § 99 Β II b 3). Dann ist aber über die Kosten auch ohne Anschließung von Gerichts wegen zu entscheiden (§ 308 I I ; vgl. dagegen § 99 Β II a 3). In allen übrigen Fällen, also bei Erledigungserklärung wie im Fall des § 99 II lassen sich jetzt die Anschließungsrechtsmittel nicht rechtfertigen, weil gegen die Entscheidungen mit gelöster Kostengrundentscheidung nur noch die sofortige Beschwerde zulässig ist. Darüber, ob insoweit die Kostengrundentscheidung zu trennen ist, vgl. §99 A l e , B I I b 3 . Die Anschließung kommt hier deshalb nur insoweit noch in Betracht, wie Berufung bzw. Revision auch gegen die Kostengrundentscheidung (als Schlußentscheidung bei angefochtener Teilentscheidung) zulässig sind (vgl. OLG Hamburg 9/68). Trennt sich die Begründung der Hauptentscheidung von der Kostengrundentschei- C dung, weil in dieser es in Abweichung von der ersten auf die Streitveranlassung und wem 775

C

§ 99

ZPO I. Buch

sie zur Last zu legen ist, abgestellt wird,so gibt das positiveRecht in den Fällen der §§91 a II, 99 II die getrennte Anfechtungsmöglichkeit durch sofortige Beschwerde allein gegen die Kostengrundentscheidung. Dies gilt auch dann, wenn etwa anerkannt war und das Gericht kontradiktorisch entscheidet (OLG Hamm JMB1. NRW 51/131; a. M. LG Berlin-West JR 50/602). Doch gilt diese Regel in allen hier in Betracht kommenden Fällen (§ 99 A I c), also auch in dem des § 93 a, wie dem der Erledigungserklärung durch den Kläger (§ 91a A I). CI

Erkennt der Beklagte sofort an und hat er keine Klageveranlassung gegeben (§ 93), so werden die Prozeßkosten dem obsiegenden Kläger auferlegt; geschieht dies, so hat der Kläger die sofortige Beschwerde mit der Begründung, daß die Voraussetzungen des § 93 nicht gegeben waren ; werden aber die Kosten dem Beklagten auferlegt, so hat dieser sie mit der umgekehrten Begründung.

CI»

In diesen Fällen ist Voraussetzung das förmliche Anerkenntnis nach §307 (SydowBusch §99 Anm. 6, Jonas §99 Anm. IV, RG v. 28.2. 1907 V J W 2 6 1 " = Gruch. 51/1045). Wird ein Anerkenntnisurteil nach § 307 erlassen, so ist der Angriff nach § 99 II auch dann gegeben, wenn dies prozeßordnungswidrig geschah, weil überhaupt nicht anerkannt wurde (OLG München 35/127, Dresden Seuff. 76/152) oder weil der Kläger gar nicht seinen Erlaß beantragt hatte (RG v. 30.1. 1905 VII 215/05 Ν § 99/40, v. 23. 3. 1905 V E 60/315f., v. 12. 7. 1905 I Gruch. 50/1055, v. 28. 2. 1907 V Gruch. 51/1045 [1048]; a. M. OLG Marienwerder Seuff. 57/45) oder auch wo die Parteien nur noch über die Kosten stritten (OLG Karlsruhe JW 25/235530). Ob die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil oder in einem Ergänzungsurteil (nach § 321, OLG Posen 2/253) oder im Schlußurteil enthalten ist, ist gleichgültig. Vgl. aber auch § 99 Β II b 3.

Clb

Umgekehrt darf der Kläger, dem kontradiktorisch in einem Yersäumnisurteil nach § 93 die Kosten prozeßordnungswidrig auferlegt worden sind, die Kostenentscheidung nach §99 II anfechten (a. M. RG v. 10.10. 1940 V E 165/65), und selbst dann, wenn es sich um einen Scheidungsstreit handelt (a. M. RG v. 9. 7. 1908 IV Warn. 665, weil hier nicht zur Hauptsache anerkannt werden könne).



Die dritte gesetzliche Regelung findet sich in MSchG § 13ΙΠ. Diese Bestimmung lautet : III Die Kosten des Rechtsstreits können, wenn die Aufhebung lediglich nach § 4 erfolgt, dem Vermieter ganz oder teilweise auferlegt werden, sofern dies nach Lage der Sache, insbesondere nach den Vermögens- nnd Erwerbsverhältnissen der Vertragsteile, der Billigkeit entspricht.

CH»

Die Entscheidung über die Kosten kann in diesem Falle nicht selbständig angefochten werden. Anders ist dies nur bei Umzugskosten nach MSchG § 4 III 1, sofern der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 50,— DM übersteigt; die Anfechtung erfolgt durch sofortige Beschwerde (MSchG § 4 V 2). MSchG § 4 betrifft die Fälle der Aufhebung von Miet- und Pachtverhältnissen (MSchG §§ 1, 36) auf Grund des Eigenbedarfs des Vermieters oder Verpächters (über den Anwendungsbereich des Gesetzes vgl. GVG § 23 Β III a), soweit nicht wegen der räumlichen Beschaffenheit das Geschäftsraummietengesetz (GeschRaumMG § 2 I, II) anzuwenden ist, das das Miet- oder Pachtverhältnis vom Mieterschutz ausnimmt (GeschRaumMG § 5).

Cnb

Die sofortige Beschwerde bzgl. der Umzugskostenentscheidung ist auch neben anderen Beschwerdegründen gegeben (MSchG § 14 II). Werden Berufung und sofortige Beschwerde gegen dasselbe Urteil eingelegt, so entscheidet darüber dieselbe Kammer (vgl. auch § 517).

D

In allen Fällen wird zur sofortigen Beschwerde vorausgesetzt, daß, wenn in der Hauptsache entschieden wäre, diese Entscheidung mit einem Rechtsmittel angreifbar wäre (RG v. 16. 5. 1904 VSZ E 57/310f., OLG Celle NdsRpfl. 54/85, KG Ost NJ 52/187).

DI

Sie ist deshalb nur zulässig gegen Kostenurteile der Amtsgerichte und der Landgerichte erster Instanz.

776

Prozeßkosten

§ 9 9

Gegen oberlandesgerichtliche oder höherinstanzliche Urteile ist die sofortige Be- D i a achwerde nicht gegeben (§ 567 I I I , R G v. 15. 5. 1936 V I I Warn. 129). Der Beschwerdewert muß 50,— DM übersteigen (§ 567 11); er ist nur nach den Kosten zu bemessen, nicht danach, ob der Wert der Hauptsache den Berufungswert erreicht hat (vgl. R G v. 5. 7. 1905 V E 61/194Í., v. 29. 10. 1921 Υ E 103/104 [105], v. 19. 2 . 1 9 2 6 VI J W 809 5 für den früheren Fall des § 99 II ; a. M. Jonas § 99 Anm. V 2). Maßgebend ist der Wert der Kosten in der angegriffenen Entscheidung (nicht mehr der bis zur Erledigung der Hauptsache entstandenen Kosten, wie noch nach KG J W 38/1606 3 6 ). Die weitere Beschwerde ist unzulässig (§ 568 I I I ) .

D Ib

Da es drei Arten von Kostenentscheidungen gibt, nämlich die mit der Hauptent- D i o Scheidung verknüpften, die von ihr gelösten und die der Kostentrennung, können Mischfälle eintreten. Da die letzten nicht selbständig anfechtbar sind, wird man ihre Anfechtung in Verbindung mit den beiden ersten zulassen dürfen, sofern sie nicht schlechthin unanfechtbar sind. Treffen mehrere Gründe der zweiten Art — Erledigung oder Anerkennung des Haupt- D I o 1 anspruchs — zu, so besteht jetzt die Möglichkeit einheitlicher Anfechtung (RG v. 16. 6. 1902 V J W 392' für das Zusammentreffen von § 99 II und I I I a. F . ; a. M. OLG Schleswig SchIHA 52/9, das hier nur die Berufung gibt). Bei Mischungen zwischen beiden Gruppen (es wird über einen Hauptanspruch streitig D I e 2 entschieden, ein anderer wird anerkannt oder erledigt sich) ist die Anfechtbarkeit streitig. Die äußerlich getrennte Kostenentscheidung (mag dies schon im Tenor oder auch nur in der Begründung geschehen) ist getrennt anfechtbar (RG v. 19. 2. 1926 V I J W 809 s , v. 8. 10. 1929 I I I Warn. 30/64, vgl. auch OLG Hamburg 9/68). Ist dagegen äußerlich nicht getrennt, so läßt die h. M. den isolierten Rechtsmittelangriff nicht zu ( R G v. 30. 12. 1904 V I I E 59/332f„ ν. 18. 1. 1905 V E 59/429Í., v. 12. 7. 1905 I J W 5 3 4 " , v. 9. 10. 1905 IV 145/05 Ν § 99/36, v. 30. 1. 1906 V I I J W 169 1 5 , v. 19. 2. 1926 V I 516/25 Ν § 99/63, v. 5. 11. 1928 I V Warn. 29/55, v. 15. 5. 1934 V I I E 144/318f., OLG Hamm J M B l . N R W 52/274; R G v. 20. 10. 1903 II E 55/394Í., v. 20. 6. 1904 I Β 71/04 Ν § 99/29 wenn teils zurückgenommen, teils für erledigt erklärt war). Die h. M. geht dabei davon aus, daß bei sonst gemischter Kostenentscheidung insgesamt gesehen stets eine Entscheidung zur Hauptsache vorliege, so daß § 99 I anzuwenden sei ( R G v. 2 0 . 1 0 . 1903 II E 55/394f., ν. 18. 1. 1905 V E 59/429 [431], v. 20. 9. 1909 VI E 71/416, v. 18. 2. 1911 I 328/10 Ν § 99/49, v. 5. 11. 1928 IV Warn. 29/55, v. 12. 10. 1935 I E 148/400 {403f.]; a. M. OLG Naumburg 36/429); dies auch, wenn erst Teilurteil ohne Kostenentscheidung ergangen, der Rest sich erledigt und dann Kostenschlußurteil ergeht (sofern das erste kein Teilanerkenntnisurteil war; vgl. § 99 Β II b 3, a. M. aber R G v. 16. 6. 1902 V J W 392', BGH v. 27. 6. 55 II E 17/393). Auch in dem Falle, wo die Hauptforderung durch Zahlung erledigt war, die Kosten einer Partei durch Anerkenntnisurteil, ihren Streitgenossen durch Versäumnisurteil in einheitlicher Entscheidung auferlegt waren, hat R G ν. 1. 4. 1919 II Warn. 141 keine Anfechtung der Kostenentscheidung zugelassen. Nach der hier vertretenen Ansicht darf nicht die Durchführung eines Rechtsbehelfs davon abhängen, ob das Gericht der aufgezeigten Rechtsprechung folgend die Kostenentscheidung trennt. Man sollte deshalb der Partei ohne Rücksicht auf das Verhalten des Gerichts die ihr zustehenden Rechtsbehelfe geben, wobei allerdings die Angriffe gegen die isolierte Kostenentscheidung besondere Wege gehen und nicht mehr durch Anschließung verfolgt werden dürfen. Im übrigen wird nach §§ 567folg. verfahren (förmliche Parteivernehmung ist zu- D i l lässig, vgl. R G v. 28. 12. 1901 V I I E 50/368f.). Doch gilt auch § 512a hier entsprechend (RG v. 31. 3. 1900 V E 46/347 f., v. 16. 5. 1904 VSZ E 57/311 folg., OLG Nürnberg J W 25/1665 1 0 , Stettin J W 28/745 2 4 ). Mündliche Verhandlung ist nicht geboten (RG v. 9. 4. 1901 V I I J W 326 1 ), doch muß der Gegner (nicht der Beschwerdeführer, R G v. 9. 4. 1901 V I I J W 326 1 ) gehört werden (§ 99 II 3); seine Anhörung erübrigt sich nur, wenn

777



§ 9 9

ZPO I. Buch

die Beschwerde als unzulässig oder unbegründet zurückgewiesen wird (OLG Rostock Seuff. 75/110). Ein Versäumnisverfahren gibt es hier nicht. Soweit die Kostenentscheidung (vorläufig) vollstreckbar ist, braucht ihre Rechtskraft nicht abgewartet zu werden (OLG Posen 17/125, Nürnberg 40/359; a. M. OLG Karlsruhe 2/294). § 717 II ist entsprechend anzuwenden. DΠa

Die Anschließung an die Kostenbeschwerde sollte zugelassen werden (a. M. die h. M., vgl. OLG Marienwerder 27/47).

Dllb

Gerichtskosten entstehen nach G K G § 3 8 , Anwaltskosten nach RAGebO § 4 1 I 1.

D DI

Über die Sonderregelung im Fall des § 75 vgl. § 75 A IV c.

E

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gelten keine Besonderheiten mehr (vgl. ArbGG §§ 46 I I , 64 II, 72 I I I ) , wenn man dem hier eingenommenen Standpunkt folgt.

F

Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt jetzt F G G § 2 0 a . F G G § 2 0 a l entspricht dem § 99 I ; F G G § 20a II knüpft an die Tatsache, daß eine Kostenentscheidung — gleichviel aus welchem Grunde — ergeht, die Möglichkeit der sofortigen Beschwerde bei gegebenem Beschwerdewert von mehr als 50,— DM. Ob hier die erste oder die zweite Instanz entscheidet, ist gleichgültig. Soweit als vierte Instanz der BGH zum Zuge kommt, kann ein solcher Fall nicht eintreten.

G

Im Verwaltungsgerichtsverfahren soll die Kostenentscheidung im Urteil ergehen (BVerwaltungsGG § 69 I, BMilRegVO 165 § 102 I 1, V G G § 128 I, RhPf. V G G § 92 I ) ; sodann ist sie nur als erstinstanzliche Entscheidung durch Berufung anfechtbar (BMilRegVO 165 §§ 82folg., V G G §§ lOlfolg., RhPf. V G G §§ 71folg.); sie kann auf die Kosten beschränkt durchgeführt werden (§ 99 I gilt also nicht). Ergeht keine Entscheidung zur Hauptsache, so soll über die Kosten durch Beschluß entschieden werden (BVerwaltungsGG § 69 I 2, BMilRegVO 165 § 102 I 2, VGG § 128 12, RhPf. V G G § 92 I 2) ; in diesem Falle ist gegen sie als erstinstanzliche Entscheidung Beschwerde (BMilRegVO 165 §§91folg„ V G G §§116folg„ RhPf. V G G §§ 80folg.) zulässig, und zwar ohne Rücksicht auf einen Beschwerdewert.

H

Im Verfahren vor dem Patentamt bestimmt dieses die Kosten nach billigem Ermessen. Die isolierte Kostenentscheidung ist unangreifbar (PatentG § 33 II 3).

I

Im Rechtsmittelverfahren der AbgabenO ist die Entscheidung über die Kostenpflicht (dem Grunde nach) nur zusammen mit der Entscheidung in der Hauptsache anfechtbar (RFH S t W 3 8 Nr. 112). Allein im Kostenpunkt ist ein Rechtsmittel nur statthaft, wenn eine Kostenentscheidung abgelehnt oder das Rechtsmittel zur Hauptsache als unzulässig verworfen wird (Kühn, AbgabenO, Anm. 7 zu § 307).

§ 100

(95)

ι Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. 1 1 Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden. 1 , 1 H a t ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlaßten Kosten. , v Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Abs. 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Abs. 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

IV Nov. 98.

778

Prozeßkosten I II

a b

a b c

III IV

a b

Streitgenossen Haftung bei Unterliegen nach Hauptentscheidung im Rechtsmittelverfahren als Gesamtschuldner nach außerprozessualem Recht keine gesamtschuldnerische Haftung bei verschiedenem Streitwert nach Kopfteilen Kostentrennung § 100 II § 100 III

Β

§100

Obsiegen und teilweises Obsiegen mehrere Obsiegende Sieg des einen, Unterliegen des anderen Streitgenossen III Trennung der Kostenlast a im Kostenfestsetzungsverfahren b getrennte Klausel im Verhältnis geteilter Entscheidungen zu mehreren Streitgenossen IV Haftung für Gerichtskosten C Verwaltungsgerichtsverfahren D Steuerrecht I II

§ 100 regelt die Eostenlast für mehrere unterliegende Streitgenossen. A E r gilt für jede Streitgenossenschaft (§§ 59 folg.), die einfache wie die notwendige (§ 62) und gleichviel, wie sie entstanden ist (RG v. 20. 12. 1897 V J W 98/74 3 0 , OLG Celle 13/110 im Fall der nach § 147 entstandenen). Darüber hinaus wird auch der selbständige Streitgehilfe (§ 69) wie der unterliegende Streitgenosse behandelt (§101 II). Wer unterliegt, ergibt die Entscheidung.

AI

Auch hier bezieht sich aber das Unterliegen nur auf den Hauptanspruch (nicht auf die Kostenentscheidung). F ü r die Kostengrundentscheidung kommt die Streitgenossenschaft nur bis zur Abtrennung des Prozesses im Hauptanspruch in Betracht. Abgetrennt wird durch Trennungsbeschluß (§145), aber auch durch Teilurteil ( § 3 0 1 ) ; nur bis zum Trennungszeitpunkt gilt dann § 1 0 0 (KG J W 31/2044 1 7 , OLG Frankfurt J W 15/58; in diesem Fall wollen aber § 100 I V 1 entsprechend anwenden: OLG Braunschweig 19/80, Dresden 23/164; doch geht dies nicht an; es besteht Kopfteilhaftung nach § 100 I für die Zeit bis zur Trennung, soweit nicht ein besonderer Fall des § 100 I V 1 vorliegt, OLG Braunschweig 19/80). Daß dabei die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten wird, ist für die Kostengrundentscheidung selbst unerheblich.

Ala

I m Rechtemittelverfahren ist nur der beteiligt, der das Rechtsmittel einlegt und durch- A l b führt, nicht ein sonstiger Streitgenosse. Wird indes das Rechtsmittel von einem notwendigen Streitgenossen (§ 62) eingelegt, so genügt die Beteiligung der anderen im Rechtsmittelverfahren (mögen sie selbst auch das Rechtsmittel nicht eingelegt haben), wie §§ 101 I I , 69 ergeben; nur wer sich überhaupt nicht beteiligt, darf mit Kosten nicht belastet werden (RG v. 23. 3 . 1 9 3 8 II H R R 687). Hat ein Streitgenosse das Rechtsmittel zwar eingelegt, dann aber zurückgenommen, so haftet er nur für die Kosten der Rücknahme, wird indes die Revision der anderen Streitgenossen deshalb als unzulässig verworfen, so haftet der Zurücknehmende auch für diese Kosten (RG v. 1 3 . 1 . 1 9 0 8 V I 585/07 Ν § 100/4). Werden unterliegende Streitgenossen im Hauptanspruch als Gesamtschuldner ver- Α Π urteilt, so haften sie so auch für die Prozeßkosten ( § 1 0 0 I V I ) , gleichviel ob dies in der Kostengrundentscheidung gesagt ist oder nicht. Regelmäßig wird die gesamtschuldnerische Haftung sich schon aus dem Tenor des Erkenntnisses zum Hauptanspruch ergeben; doch genügt es auch, wenn sie aus den Gründen ersichtlich ist (KG J W 33/1896 6 , OLG Dresden 23/164, Bamberg 1/465). Wer bezüglich des außerprozessualen Hauptanspruchs als Gesamtschuldner zu ver- Α Π a urteilen ist, bestimmt das außerprozessuale Recht (OLG Dresden 16/375), dem im Erkenntnis Rechnung zu tragen ist. Vgl. ζ. B . B G B §§ 421, 427, 431; 767 I I ; 830, 840 (KG J W 33/1896 6 ), 1388, 1459 II 1, 1489, 1430 II 1, 1549; 1654 I 2, 1686; 2058; H G B §§ 128, 161 II ; hierher gehören auch die Haftung des Empfängers nach H G B § 436 neben der des Absenders wie die Haftung in ähnlichen Verhältnissen. Die Verurteilung bei positiven Feststellungsklagen und die nach § 304 werden der Verurteilung zu einer Leistung gleichgesetzt (OLG Bamberg 1/465). Bei der negativen Feststellungsklage kann dann aus der Abweisung die gesamtschuldnerische Haftung der Kläger hervorgehen. 779

§100

ZPO I. Buch

ΑΠb

Wird indessen ein Streitgenosse auf Duldung, der andere auf Leistung in Anspruch genommen, so liegt keine solche gesamtschuldnerische Verurteilung vor; dies gilt im Verhältnis vom dinglichen zum persönlichen Schuldner, wie vom Ehemann zur Ehefrau (RG v. 14. 6. 1907 VIII LZ 08/73», OLG Dresden 16/375Í.; a. M. OLG Braunschweig 17/19, Dresden 11/97, Rostock 22/14, soweit eine solche Haftung noch in Betracht kommt, vgl. § 52 B), wie vom Erben zum Testamentsvollstrecker usw. Nur wenn es hier um die Duldung des Mannes wegen der Prozeßkosten geht, für die er außerprozessual als Gesamtschuldner haftet (BGB §§ 1387 I 1, 1388; KG OLG 29/49), ist er auch insoweit als Gesamtschuldner für die Prozeßkosten verhaftet (§ 100 IV 2; RG v. 14. 6.1907 VII LZ 08/73"). Eine gesamtschuldnerische Verurteilung kann aber auch nicht im Verhältnis zu den selbständigen Streitgehilfen (§§ 69, 101 II) in Betracht kommen, auch diese haften deshalb nicht als Gesamtschuldner (Jonas § 101 Anm. III). Wurden Gesamtgläubiger (oder auch Gesamthandgläubiger, vgl. BGB §§ 428, 432) abgewiesen, so haften sie nur nach Kopfteilen, nicht als Gesamtschuldner (Jonas § 100 Anm. III 3).

Alle

Sind für mehrere Streitgenossen verschiedene Streitwerte maßgebend, so haften sie nur bis zur Höhe dieser als Gesamtschuldner (KG DR 41 A 66328), nicht mit dem überschießenden Betrag. Abgesehen von der gesamtschuldnerischen Haftung (§100 IV), wird aber nur nach Kopfteilen gehaftet (§ 100 I), und zwar nach den Ordnungsnummern im Rubrum (RG v. 18. 5. 1898 V JW390 1 8 , v. 2.10.1901 V 127/01 Ν §100/2) und selbst, wenn dies inkorrekt ist (RG v. 6. 7.1900 II JW 6508 und also nach Quoten hätte aufgeteilt werden sollen). Ob dies im Urteil besonders hervorgehoben worden ist oder nicht, ist gleichgültig (RG v. 30. 9. 1886 IV JW 3143, OLG Naumburg 19/79). Die Kopfteilhaftung gilt auch, wenn die Ansprüche gegen die einzelnen Streitgenossen verschieden sind (RG v. 27. 2. 1931 VII E 131/338 [339]), und auch, wenn verschiedene Parteien unterschiedlich klagen und ihre Klage abgewiesen wird (RG v. 12.11. 1896 VI Gruch. 41/1158, KG JW 25/10195; a. M. KG OLG 31/29).

ΑΙΠ

AIV

Während grundsätzlich einheitlich über die Kosten zu entscheiden ist, ergeben § 100 II, III die Möglichkeit der Kostentrennung.

AIV a

In dem Fall des § 100 II darf das Gericht nach seinem Ermessen (das in der Revisionsinstanz nach RG v. 30. 10.1925 VI Warn. 26/47, v. 23. 10. 1931 VII Recht 838 nicht nachprüfbar ist; doch hat BGH v. 24.11.1954 11 ZR 283/53 S. 17 selbst entschieden) von Gerichts wegen bei einer verschiedenen Beteiligung am Rechtsstreit diese als Maßstab nehmen. Macht das Gericht von dem Ermessen bewußt keinen Gebrauch, so wird nach Kopfteilen gehaftet (RG v. 12.10. 1914 VI 309/16 Ν § 100/6). Verschieden ist die Beteiligung gemessen am Streitgegenstand, dem außerprozessualen Hauptanspruch (der außerprozessuale Nebenanspruch, vgl. § 4 C I, bleibt, soweit er kostenrechtlich nicht zu beachten ist, außer Betracht; auch auf das über den Streitgegenstand hinausgehende wirtschaftliche Interesse kommt es nicht an, KG OLG 25/79). Wird die verschiedene Beteiligung zum Maßstab genommen, so wird dabei das Gebührensystem des GKG bzw. der RAGebO zugrunde zu legen sein. KG OLG 25/79 hat die verschiedenartige Beteiligung verneint, wenn mehrere Pfändungspfandgläubiger wegen verschieden hoher Forderungen denselben Gegenstand gepfändet haben, dessen Besitz erstrebt wurde (vgl. §6).

AIV b

Das Verhalten der Streitgenossen im Prozeß fällt dagegen nicht unter § 100 II, sondern unter § 100 III (a. M. Jonas § 100 Anm. III 1 ; KG DR 39 A 32513). Macht ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel (vgl. § 96 B) geltend, so sind die dadurch entstandenen Mehrkosten nur diesem aufzuerlegen (§100 111). Doch wird regelmäßig anzunehmen sein, daß ein Angriffs- und Verteidigungsmittel, dessen sich der eine Streitgenosse bedient, auch das des anderen ist (vgl. § 63, aber auch § 61 A II); nur wenn diese ausdrücklich sich hiervon absetzen, ist die Vorschrift anzuwenden. Aber auch dann ist von ihr kein Gebrauch zu machen, wenn nach außerpro780

Prozeßkosten

§ 100

Aivb

zessualem Recht eine gesamtschuldnerische Kostenhaftung begründet ist (§100 IV 2) wie etwa beim Bürgen nach BGB § 767 II (was streitig ist), beim Ehemann nach BGB §§ 1387 I 1, 1388, beim Vater nach § 1654 I 2 (OLG Rostock 22/14). Das Gesetz regelt nicht die Fälle, in denen mehrere Streitgenossen obsiegen und wenn Β von mehreren Streitgenossen ein Teil obsiegt, der andere unterliegt. Ob in dem ersten Fall Gesamtgläubigerschaft besteht oder nicht, ist allein nach Β I außerprozessualem Recht zu beantworten (BGB § 428; OLG Braunschweig N J W 53/ 948 = DR IV [410] 79a läßt nur die Erstattung nach Kopfteilen zu). Haben die mehreren obsiegenden Streitgenossen denselben Anwalt, so entstehen dessen Kosten nur einmal (RAGebO § 51 I 1). Bei gemeinsamen Kosten der Streitgenossen liegt also Gesamtgläubigerschaft vor (BGB § 428). Bei getrennt entstandenen Kosten stehen aber die Kosten nur dem Teil zu, in dessen Person sie entstanden sind, selbst wenn der sonstige außerprozessuale Anspruch ihnen als Gesamt- oder Gesamthandgläubiger zusteht; die Prozeßkostenschuld als solche entsteht stets nur für und gegen die Partei, der sie zu erstatten ist, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob bürgerlich-rechtliche Ausgleichs- und Rückgriffsansprüche bestehen (Jonas § 100 Anm. IV; diese gehören auch nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren, RG v. 26.4.1912 II E 79/288f.). Der Staatskasse haften mehrere Streitgenossen stets nach GKG § 87 als Gesamtschuldner. Soweit allerdings die Festsetzung von dem Nachweis der Zahlung abhängig ist, wie bei der von Gerichtskosten (§ 91 E II a), kann ein Streitgenosse nur die von ihm gezahlten Kosten ersetzt verlangen (vgl. KG J W 33/17346, J W 35/304®). Der Unterschied tritt indes nicht hervor, wenn alle Streitgenossen gemeinschaftlich die Kostenfestsetzung betreiben (OLG Dresden H R R 41/867 hält indes hier Bruchteilfestsetzung für erforderlich, wenn der Gegner dadurch besonders berührt wird). Siegt ein Streitgenosse ob und unterliegt ein anderer, so ist im Verhältnis zum Gegner Β Π § 92 anzuwenden, in dem des Gegners zum Obsiegenden wie in dem zum Unterliegenden § 91 (vgl. § 92 A II). Bestehen der obsiegende bzw. der unterliegende bzw. beide Teile aus mehreren Streitgenossen, so sind alle Mischfälle denkbar, auf die im besonderen § 100 I, III anzuwenden sind. Über die Gleichstellung des selbständigen Streitgehilfen (§ 69) mit seiner Partei und die Auswirkungen vgl. § 92 A II a 3. Bezüglich der Eostenlast ist jeder Streitgenosse und (selbständige) Streitgehilfe Β ΠΙ (§ 101 II) selbständig. Für jeden einzelnen ist deshalb besonders zu prüfen, ob bezüglich der Kosten die Voraussetzungen des § 99 I bzw. der §§ 99 II, 91a II gegeben sind (OLG Königsberg 9/67; vgl. OLG Dresden SächsAnn. 30/325). Dies gilt auch bezüglich der Beschwer. Doch ist zu beachten, daß, wenn auch nur gegen einen der Streitgenossen die Kostengrundentscheidung von der Hauptsacheentscheidung abhängt, § 99 I gilt, soweit nicht gerade in der Person des anderen Streitgenossen die Prozeßveranlassung geleugnet werden kann. Im Kostenfestsetzungsverfahren ist der Kostenanteil ersichtlich zu machen, den jeder Β DD a getrennt zu tragen hat (KG OLG 31/29, OLG Naumburg 19/79; a. M. KG J W 33/1896«), bzw., soweit Gesamtschuldnerschaft besteht, diese. Bei einer Kostenfestsetzung für den obsiegenden und gegen den unterliegenden Β ΠΙ b Streitgenossen hält KG J W 37/166 2 28 den Erlaß von zwei Beschlüssen für erforderlich; die getrennte Vollstreckungsklausel ist jedenfalls erforderlich und notwendig. Solange keine gerichtliche Entscheidung über die Kosten besteht, haften für die Ge- Β I V richtskosten mehrere Parteien, sofern sie Antragsteller sind, als Gesamtschuldner (GKG § 87) ; doch besteht diese Haftung nur in bezug auf den Streitgegenstand, an dem sie gemeinsam beteiligt sind (RG v. 19. 2.1934 IV E 144/12) ; anders nach Verurteilung gemäß GKG § 70 I 1 (RG v. 27. 2.1931 VII E 131/338; a.M. OLG Stettin J W 32/31982"). Die Verweisung des GKG § 88 auf § 100 IV trifft nur den Fall des § 100 IV 2 (erstreckt sich die Gesamthaftung nach außerprozessualem Recht auf die Kosten, so gilt dies auch für die Gerichtskosten — im Gegensatz zu dem Fall des § 100 IV 1 stets).

781

§

1 0 0

Z P O I. Buch

I m verwaltungsgerichtlichcn Verfahren gilt § 100 nach BVerwaltungsGG § 68, V G G § 127, B M i l R e g V O 165 § 100 I, Rh.-Pf. V G G § 91. D

I m Steuerrecht gilt grundsätzlich nur die Haftung nach Kopfteilen (vgl. § 911, A b gabenO § 307 I V 1), bei erheblicher Verschiedenheit der Beteiligung können (nicht müssen) die Kosten aber nach dem Maß der Beteiligung verteilt werden (vgl. § 100 I I , AbgabenO § 307 I V 2).

§ 101

(96)

I Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit er nach den Vorschriften der § § 9 1 bis 98 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen. I I Gilt der Nebenintervenient als Streitgenosse der Hauptpartei (§69), so sind die Vorschriften des § 100 maßgebend.

I N o v . 98. A

Streithilfe Streitverkündung Zwischenstreit

I II Β

Streithilfekosten Aufwendungen des Streitgehilfen Zusammenfallen mit denen der stützten Partei b Rücknahme der Streithilfe II Rechtsstreitkosten a Rechtsbehelf des Streitgehilfen 1 Kostenlast des Streithelfers 2 Kostenlast der Partei b sonstige Hauptrechtsstreitkosten III Entscheidung a Kostengrundentscheidung I

a

unter-

1 bei Unterliegen der unterstützten Partei 2 Vergleich b Ergänzung IV Rechtsmittel a inkorrekte ProzeBkostenentscheidung b Streitwert c Festsetzung l Arbeitsgerichtliches Verfahren und das der freiwilligen Gerichtsbarkeit 3 I II III IV E

Verwaltungsgerichtliches Verfahren nach B M i l R e g V O 165 in Rh.-Pf. VGG BVerwaltungsGG Steuerrecht

A

§ 101 regelt die Kostenlast der unselbständigen Streithilfe wird den Regeln des § 100 unterworfen (§ 101 I I ) .

AI

Die Kosten der Streitverkündung sind nicht erstattungsfähig ( § 9 1 D I I b 2). Das Entsprechende gilt für die Kosten, die durch die Streitverkündung des Streitgehilfen, welche dieser im eigenen Namen vornimmt (vgl. § 91 D I I b 2), entstehen.

Α Π

Nicht hierher gehören die Kosten des Zwischenstreits um die Zulassung des Streitgehilfen (§ 71). Über diese Kosten wird in dem Zwischenstreit endgültig entschieden, und sie trägt der dort Unterliegende ohne Rücksicht darauf, ob er im Hauptstreit obsiegt ( O L G Hamburg 23/124), also der Streitgehilfe, wenn er zurückgewiesen wird ( R G v. 16. 4. 1886 I I I J W 191 2 ).

Β

die selbständige (§ 69)

Die Kosten der Streithilfe sind von den Kosten des Rechtsstreits unterschieden.

Β I

Es sind dies einmal die Aufwendungen des Streitgehilfen, welche er macht, um sich an der Prozeßführung beteiligen zu können.

Bla

Sie können mit denen der unterstützten Partei zusammenfallen (bei gemeinschaftlichem Anwalt, R A G e b O § 51 I 1 ; aber auch für den nachträglichen Beitritt des Streitgehilfen gilt R A G e b O § 51 I 2), die in § 92 A I I b erwähnte Problematik wird aber insoweit nicht praktisch, wie sich die Streithilfe stets auf das gesamte Vorbringen der unterstützten Partei bezieht (§ 66 A I I I b 1). Doch darf sich der Streitgehilfe auch einen anderen Anwalt nehmen, dem dann die Kosten ungekürzt zu ersetzen sind ( R G v. 8. 6. 1885 I E 13/433Í.). W a r der Streitgehilfe indes mehreren Parteien derselben Streitseite beigetreten, von denen eine unterliegt, die andere obsiegt, und hatte er einen besonderen Anwalt, so ist der Teil, der auf ihn als Unterliegenden fällt, ihm selbst aufzubürden (mathematisch, in

782

Prozeßkosten

§ 101

Bla

der Regel nach Kopfteilen). Ließ er sich durch einen Anwalt vertreten, der nur die obsiegende Partei vertrat, so ist sein Unterliegeanteil abzusetzen wie bei Streitgenossen (§ 92 A II a; unterlag ein Streitgenosse und siegte ein anderer ob, dem er beigetreten war, so wird er die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten zu tragen haben; der obsiegenden Partei ist dann abzusetzen, wenn man der Teilungstheorie folgt) ; hatte er denselben Anwalt wie der unterliegende Teil, so gilt das umgekehrte (d. h. er kann nur 1 / 1 erstattet verlangen). Vertrat ein Anwalt alle, so gilt nur das zu § 92 A II Erläuterte. Nimmt der Streitgehilfe die Streithilfe zurück (was jederzeit ohne Einwilligung der B I b Parteien zulässig ist, vgl. § 66 A I I c), so treffen ihn die eigenen Kosten ohne Rücksicht auf den Ausgang des Rechtsstreits (§ 271 I I I in entsprechender Anwendung, R G v. 23. 9. 1905 V E 61/286 [289] und sind ihm aufzuerlegen, nach R G v. 14. 4.1937 I J W 1996 2 3 ohne daß es eines Antrags dazu bedürfte). Bei dieser Entscheidung bleibt es auch, wenn der Streitgehilfe nunmehr der Gegenpartei beitritt (vgl. OLG Hamburg J W 30/198 e 7 ) ; aber auch wenn eine solche Entscheidung nicht ergangen sein sollte, können die Kosten der Streithilfe erst von dem maßgebenden Beitritt ab (einschließlich derer, die ihn herbeiführen sollen) berechnet werden. Hiervon zu unterscheiden sind die Kosten, welche durch das Verhalten des Streit- Β Π gehilfen Im Prozeß in bezug auf andere entstehen, also die Belastung mit Kosten; diese trifft — auch wenn sie durch Angriffs- und Verteidigungsmittel des Streitgenossen entstanden — die (unterstützte) unterliegende Partei (RG v. 1 8 . 1 1 . 1 9 0 4 II E 59/173, ν. 22. 6. 1908 V I E 69/284 [292], v. 17. 11. 1910 I V J W l l / 1 0 0 2 e , v. 27. 6. 1930 V I I J W 3 6 2 7 u ) , also innerhalb derselben Instanz auch, wenn die Partei untätig ist; das Entstehen dieser kann sie durch ihren Widerspruch (§ 67 Β II b 1) verhindern. Davon weicht die h. M. ab, wenn die unterstützte Partei in der Instanz selbst untätig Β Π a ist und nur der Streithelfer den ßechtsbehell (das Rechtsmittel) eingelegt hat. Sodann werden ihm allein die Kosten des Rechtsmittels auferlegt (RG v. 18. 4 . 1 9 0 0 I Β I I a 1 J W 438 4 , v. 17. 4 . 1 9 0 5 V I Gruch. 50/122, v. 1. 3 . 1 9 1 0 II 287/09 Ν § 101/1, ν. 22.10. 1910 I V Warn. 404, v. 20. 11. 1913 I V Warn. 14/95, v. 1. 2. 1915 IV Warn. 121, v. 3. 2. 1916 I V Warn. 17/91, v. 12. 2. 1930 V H R R 810, v. 12. 12. 1932 V I I I J W 33/1065 1 7 ; a. M. R G v. 7. 4 . 1 9 0 4 V I J W 287' [aber aufgegeben in R G v. 2 2 . 1 0 . 1 9 1 0 I V Warn. 404], OLG Hamburg 27/32,17/220). Dies gilt auch, wenn sein Rechtsmittel durch den Widerspruch der unterstützten Partei fällt (KG OLG 2/102), wie bei Unzulässigkeit der Streithilfe (OLG Dresden SächsAnn. 23/273). Wenn nur der Streitgehilfe Berufung einlegt und obsiegt, auf die Revision des Gegners aber das erstinstanzliche Urteil wieder hergestellt wird, treffen ihn danach die Kosten der Berufungs- und der Revisionsinstanz (§67 D U ) . Haben aber sowohl die Partei wie ihr Streitgehilfe ein Rechtsmittel eingelegt, so ist Β I I a 3 die Partei nicht untätig geblieben und hat auch die Rechtsmittelkosten allein zu tragen (RG V. 18. 11. 1904 I I E 59/173, ν. 22. 6. 1908 VI E 69/284 [292], v. 27. 6. 1930 V I I J W 3627 " ) ; dies gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel des Streitgehilfen (und ihr eigenes) unzulässig (aus anderen Gründen wie aus unzulässiger Streithilfe) ist (RG v. 12.12. 1932 V I I I J W 33/1065 1 7 ). Hatte nur der Streitgehilfe die Berufung eingelegt und legt dann die Hauptpartei Revision ein oder beteiligt sie sich im Revisionsverfahren, so werden die Kosten der Partei aufgebürdet, also auch die des Berufungsverfahrens. Das entsprechende gilt, wenn im erneuerten Berufungsverfahren (nach Aufhebung und Zurückverweisung) die Hauptpartei erneut hervortritt; sodann treffen sie auch die Kosten der vorangegangenen Rechtsmittelverfahren, an denen sie sich nicht beteiligt hatte. Außer seinen außergerichtlichen kann aber der Streitgehilfe auch gerichtliche Kosten Β Π b aufwenden (so den Vorschuß für Zeugen oder Sachverständige, j a sogar den zur Durchführung der Klage nach GKG § 74 II) ; tut er dies, so sind es Kosten des Rechtsstreits, die nur er erstattet verlangen kann, wenn er obsiegt, vorbehaltlich des außerprozessualen Erstattungsanspruchs gegen die von ihm unterstützte Partei, über den im Rechts50

Wieczorek, ZPO. I.

783

Β Π b

§

101

ZPO I. Buch

streit nicht zu entscheiden ist (RG v. 20.11.1889 V J W 4 9 9 2 , v. 27.10.1903 11 E 56/113Í.). Hatte der Streitgehilfe das Armenrecht erhalten, so wollte RG v. 12.12.1932 V I I I 79/32 Ν § 101/11 die Wirkung nach dem aufgehobenen § 554 VII auf ihn beschränken. Wenn indes schon der Gegner von den Kosten nach § 115 I 1 befreit ist (§ 120), so wird diese Bestimmung auch der unterstützten Partei zugute kommen müssen. Legte der Streitgehilfe gar Kosten für die unterstützte Partei vor, welche diese ohne Nachweis der Zahlung (§91 E IV a) erstattet verlangen kann (also die nicht gerichtlichen), so sind dies nicht Kosten der Streithilfe. Im Gegensatz hierzu läßt OLG Hamburg N J W 53/1873 den Streitgehilfen für die Gerichtskosten nach GKG § 77 haften, wenn er ein Rechtsmittel einlegt, ohne Rücksicht darauf, ob es auch die Partei tut. Β ΠΙ

Voraussetzung für den Erlaß der Kostengrundentscheidung ist das Unterliegen der Gegenpartei.

Β ΠΙ a

Dem unterlegenen (§§91 folg.) Gegner sind auch die Kosten der Streithilfe aufzuerlegen (§ 101 I); dies gilt auch im Fall der Rücknahme der Klage (§ 271 I I I ; RG v. 2. 7. 1904 V Seuff. 60/18 = J W 492 18 , OLG Hamburg 35/45, Seuff. 61/209, Seuff. 73/146) wie der Rücknahme eines Rechtsmittels (vgl. §§ 515, 566) und im Falle der weitergehenden Verzichte und selbst dann, wenn auf Grund eines (außergerichtlichen) Vergleichs zurückgenommen oder verzichtet wird (OLG Hamburg H R R 35/1543).

Β ΠΙ a 1

Unterliegt die unterstützte Partei oder nimmt sie die Klage usw. zurück (sogar auch vergleichsweise, OLG Hamburg H R R 35/1543), so hat der Streitgehilfe seine eigenen Kosten selbst zu tragen (OLG Düsseldorf J W 34/1187 18 ; a. M. RG v. 2. 7. 1904 V J W 492 18 = Seuff. 60/18) ohne Erstattungsanspruch gegenüber der von ihm unterstützten Partei nach Prozeßrecht (OLG Frankfurt 15/118f.; das Verhältnis dieser steht im Prozeß nicht zur Entscheidung, RG v. 20. 11.1889 V Seuff. 45/217, v. 24. 2. 1893 II J W 196 3 , v. 11. 5. 1897 II J W 3037, außerprozessuale Ersetzungspflicht ist aber beiderseits möglich). Hat aber die unterstützte Partei die Kosten des Streitgehilfen durch Vergleich übernommen, so ist dies genau so ein Titel nach § 794 1 1, wie wenn sonst ein Dritter durch einen solchen Vergleich die Kosten übernimmt (a. M. KG J W 23/696 9 : der Streitgehilfe müsse sie durch besondere Klage geltend machen). Vgl. dazu aber § 91 E II b.

Β ΠΙ a 2

Endet der Rechtsstreit dadurch, daß die Hauptparteien ihn für erledigt erklären, so sind auch die Kosten der Streithilfe bei der nach § 91 a zu erlassenden Entscheidung zu berücksichtigen. Vergleichen sich die Hauptparteien, ohne unter sich über die Kosten der Streithilfe zu befinden, so hat der Streitgehilfe das Recht, die Kostenentscheidung durch das Gericht herbeizuführen (RG v. 29. 5. 1900 VII E 46/393 [394], v. 27. 10. 1903 II E 56/ 113f., OLG Hamburg MDR 52/684). Da die Parteien nicht über die Kostenerstattungsansprüche des Streitgehilfen ohne seine Zustimmung verfügen können (OLG Hamburg H R R 30/812), darf die Entscheidung jedenfalls insoweit nicht aus dem Vergleich entnommen werden, wie sein Anspruch nicht voll gedeckt wird (a. M. RG v. 20. 4.1910 V J W 621 l e , KG West N J W 53/1872, OLG Hamburg MDR 52/684, die sie dem Vergleich entnehmen wollen, also derart, daß, wenn der Vergleich dahin ging, daß der Gegner die Gerichtskosten ganz und seine eigenen außergerichtlichen Kosten trägt, er auch die Gerichtskosten des Streitgehilfen ganz und von dessen außergerichtlichen Kosten die Hälfte trage, während die andere Hälfte der Streitgehilfe selbst zu tragen habe: RG v. 15. 1. 1938 VI J W 82043 = Warn. 52; noch weiter OLG Hamburg 14/216, HRGZ 30 Β 175: auch die Kosten des Streitgehilfen seien aufgehoben).

Β ΠΙ b

Obwohl die Kosten des Rechtsstreits von denen der Streithilfe zu trennen sind, ist über beide nach § 308 II zusammen mit der Hauptentscheidung ohne Antrag besonders zu entscheiden (RG v. 27. 10. 1903 II E 56/113 [114]). Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits enthält also keine über die Streithilfe (RG v. 16. 4. 1886 III J W 1 9 1 2 , v. 21.4.1886 V E 15/417 [419], ν. 20.11. 1889 V J W 499 2 f., v. 4. 6. 1898 I Seuff. 54/52, v. 25. 6. 1901 III J W 573 2 ). Doch genügt

784

Prozeßkosten

§

1 0 1

Β in b

es, wenn die Entscheidung aus der Begründung erhellt (RG v. 25. 6. 1901 I I I J W 573 2 ). Enthalten aber die Gründe nichts, so ist kein Titel für sie vorhanden (RG v. 21. 4 . 1 8 8 6 V E 15/417 [419], ν. 25. 6. 1901 I I I J W 573 2 ), und es muß ihre Ergänzung nach § 321 beantragt werden (RG v. 29. 5. 1900 V I I E 46/393Í., OLG Karlsruhe BadRPr. 13/78). Der Streitgehilfe hat ein Recht auf diese Entscheidung (RG v. 29. 5. 1900 V I I E 46/393 [394], v. 2 7 . 1 0 . 1 9 0 3 II E 56/113f.). Insoweit ist die Rechtslage für den selbständigen Streitgehilfen (§ 69) anders, als er stets durch die Kostenentscheidung in derselben Weise wie der Streitgenosse ergriffen wird (§§101 II, 100; OLG Karlsruhe BadRPr. 05/193). Fällt die Begründung über eine im Streit entschiedene Hauptsache mit der über die Β I V Kostengrundentscheidung zusammen, so kann auch der Streitgehilfe die Kostengrundentscheidung getrennt von der Hauptsacheentscheidung nicht wirksam angreifen (§ 99 I ( vgl. R G v. 7. 11.1898 V I J W 659 1 0 ). Nur soweit die unterstützte Partei allein die Kostenentscheidung mit der sofortigen Beschwerde angreifen darf, darf es auch ihr Streitgehilfe (vgl. §§ 91a II, 99 I I ; R G v. 29. 5. 00 V I I E 46/393 [394], v. 6. 12. 1901 V I I J W 02/18 3 ), dann aber nur für sich und aus dem eigenen Recht des Streitgehilfen ohne die Möglichkeit des Widerspruchs der unterstützten Partei (§67 D I ; OLG Dresden Seuff. 60/129), während das Recht der Partei hier der Streitgehilfe überhaupt nicht geltend machen darf. Sind die Kosten der Hauptpartei anstatt dem Streitgehilfen auferlegt, so hat RG ν. Β IV a 1 9 . 1 . 1 9 1 4 IV Warn. 342 die Entscheidung von Gerichts wegen (also ohne Rüge) in der höheren Instanz geändert (vgl. dazu § 99 Β II a 3). Sind aber die Kosten der Streithilfe dem Streitgehilfen der obsiegenden Partei — versehentlich — auferlegt worden, so hat dieser die sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung (vgl. § 99 A). Der Geschäftswelt der Streithilfe deckt sich mit dem des Prozesses (RG v. 21. 10. Β IV b 1925 1 E 111/410 [411]; a. M. RG v. 1 2 . 1 . 1942 II D R A 591 2 3 , KG J W 29/879 2 8 : er könne hinter ihm zurückbleiben). Auf Grund des Titels sind die Kosten festzusetzen, ohne daß noch zu prüfen wäre, ob Β IV e die Streithilfe zulässig gewesen ist (RG v. 13. 1. 1897 I J W 106 5 , BayObLG J W 31/1820 3 ; a. M. OLG Hamburg 15/94). Die Streithilfe ist eine zivilprozessuale Erscheinung, die es auch im arbeitsgericht- C liehen Verfahren gibt (ArbGG §§ 46 II, 64 II, 72 I I I ) . Aber schon der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist sie fremd. Für das Verwaltungsstreitverfahren gilt folgendes:

D

Nach BMilRegVO 165 gibt es nur die Beiladung (BMilRegVO 165 § 4 1 ) ; der Bei- D I geladene erhält im Verfahren die Stellung als Beteiligter (BMilRegVO 165 § 39 I c). Im Falle des Unterliegens können ihm jedoch* nur Kosten auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat (BMilRegVO 165 § 100 II). Auch das Rh.-Pf. VGG kennt nur die Beiladung (Rh.-Pf. VGG §48), wobei durch Be- D Π schluß die Beigeladenen die Rechtstellung von Beteiligten erhalten (Rh.-Pf. VGG §48 IV). Für die Kostenlast ist Rh.-Pf. VGG § 91 I 2 von Bedeutung, wonach beim Vorhandensein von Nebenparteien das Verwaltungsgericht die Kosten nach seinem Ermessen verteilt. Das VGG sieht die Beteiligung Dritter an einem Rechtsstreit sowohl durch Beiladung D III (VGG § 60) als auch in Parteistreitigkeiten durch Streithilfe und Streitverkündung unter entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung vor (VGG § 91). Soweit hierdurch die Beteiligten die Stellung von Nebenparteien erlangt haben, verteilt das Gericht die Kosten unter den zur Tragung Verpflichteten nach seinem Ermessen (VGG §127 12). Für einen streitgenössischen Nebenintervenienten gilt jedoch VGG § 127 I 1, wonach § 100 entsprechend anzuwenden ist. Für das Verfahren vor dem BVerwaltungsG ist besonders zu beachten, daß im Revi- D IV sionsverfahren eine Beiladung ausgeschlossen ist (BVerwaltungsGG § 60) ; im erstinstanzlichen Verfahren ist dagegen eine Beiladung unter den Voraussetzungen von BVerwaltungsGG § 34 zulässig. Durch den Beiladebeschluß erhält der Beigeladene die Rechts50*

785

ΒIV

§ 101

ZPO I. Buch

Stellung einer Partei (BVerwaltungsGG § 34 IV). Die Kostenverteilung ergibt sich in diesem Falle aus der entsprechenden Anwendung von § 100 (BVerwaltungsGG § 34 IV). E

Das Steuerrecht kennt die Streithilfe nicht.

§ 103

(97)

I

Urkundsbeamte der Geschäftsstelle, gesetzliche Vertreter, Rechteanwälte und andere Bevollmächtigte sowie Gerichtsvollzieher können durch das Prozeßgericht auch von Amts wegen zur Tragung der Kosten verurteilt werden, die sie durch grobes Verschulden veranlaßt haben. II Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Vor der Entscheidung ist der Beteiligte zu hören. m Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. I G V. 9. 7/1927. A I a b 1 2 c d e II a 1 2 b 1 2 III a b

A

Übersicht Die unter § 102 Fallenden Urkundsbeamte gesetzliche Parteivertreter nicht Partei und Streitgehilfen für die mit Parteistellung Prozeßbevollmächtigte Gerichtsvollzieher andere Personen Kostenumfang bei Hervortreten im Prozeß Umfang des Hervortretens nicht sonst Verschulden in bezug auf das Gericht Kostenentstehung zu Lasten desr Partei Grobes Verschulden Einzelfälle Ausschluß

Β I a b II a b C I II III IV V D E IF

Haftung auf Gerichtskosten schon bezahlte noch zu bezahlende außergerichtliche Kosten gegenüber der eigenen Partei gegenüber dem Gegner Erkenntnis der Instanz Stellung der Partelen Verfahren Beschluß Rechtsmittel Arbeitsgericht Verwaltungsgericht Steuerrecht SGG; § 192

§ 102 gibt dem Prozeßgericht die Möglichkeit, bestimmte Personen zu Prozeßkosten zu verurteilen, welche sie durch grobes Verschulden veranlaßt haben.

AI

§102 nennt die folgenden Personen:

Ala

die Urkundebeamten der Geschäftsstelle; sie gehören hierher, soweit sie solche Geschäfte wahrnehmen, nicht soweit sie an Stelle des Gerichts tätig werden (LG Braunschweig RPfl. 1931/176), also nur im ursprünglichen Rahmen der Tätigkeit der Gerichtsschreiber nach der ZPO. Doch verbietet jetzt GG Art. 34 es, sie unmittelbar zu belasten; deshalb kann jetzt insoweit nur noch GKG § 6 entsprechend angewandt werden, vgl. § 97 D. Nicht unter § 102 gehört auch das Gericht selbst, für dessen fehlerhaftes Verhalten nur GKG § 6 die Möglichkeit der Niederschlagung der Gerichtskosten vorsieht (vgl. § 97 D) und die hier nicht den (schuldhaft) handelnden Richter persönlich treffen ; wohl aber gibt es auch hier Ersatzansprüche gegen den Staat nach GG Art. 34, BGB § 839 (vgl. aber auch BGB §839 11).

Alb

Weiter zählen hierzu die gesetzlichen Vertreter der Parteien (vgl. § 51 D II, III). Während sonst diese häufig wie die Partei zu behandeln sind (also als Dritte nicht in Betracht kommen), gilt dies im Kostenrecht nicht, da die Kostenlast stets die Partei als solche trifft. Und dieses Auseinanderfallen ist eines der stärksten Kriterien, an denen man Partei und gesetzlichen Vertreter unterscheiden kann (vgl. § 51 E IV d). Dazu gehören aber nach der hier vertretenen Auffassung gerade die sog. Parteien kraft Amtes (§ 50 Β IV). 786

Prozeßkosten

§ loa

Nicht unter § 102 fallen die Partei und ihre Streitgehilfen, denn diese sind prozeß- A l b i kostenrechtlich Parteien. Sie werden nur nach §§ 91 folg. mit den Kosten belastet. Vgl. aber G KG § 39 (§ 102 A II). § 102 darf aber auch dort nicht angewandt werden, wo durch den Zwischenstreit mit A I b 2 einem Dritten besondere Kosten entstehen, über die gesondert zu entscheiden ist, weil der Dritte insoweit Parteistellung hat; hierher gehören die in den §§ 71,135, 387, 402 ausdrücklich geregelten Fälle einerseits, wie die des § 89 andererseits und die zu ihnen zählenden nicht ausdrücklich geregelten Fälle (§ 89 A I). Ferner sind die im Prozeß Bevollmächtigten hierzu zu rechnen (§§ 78 folg.), soweit die A l e Bestimmung die Rechtsanwälte besonders nennt, werden diese nur in ihrer Eigenschaft als Prozeßvertreter betroffen (nicht als Partei, OLG Königsberg PosMS 5/133, aber auch nicht als gesetzliche Vertreter, dann fallen sie aber unter § 102 A I b). Beistände (§ 90) sind nicht nach § 102 zu bestrafen, weil ihr Vortrag den Parteien unmittelbar zugeschoben wird (vgl. § 90 II). Schließlich nennt § 102 noch die Gerichtsvollzieher (vgl. GVG § 154). Da aber auch A i d für sie der Staat nach GG Art. 34 haftet, ist die Norm des § 102 nach der hier vertretenen Auffassung gegen sie nicht mehr anzuwenden. AG Berlin-Neukölln DGVZ 52/91 hat jedenfalls dahin erkannt, daß die für eine unwirksame Zustellung entstandenen Gerichtsvollzieherkosten niedergeschlagen werden können. Auf andere Personen darf die Bestimmung nicht ausgedehnt werden.

Ale

Kosten, die nach §102 den Dritten auferlegt werden dürfen, sind alle den Prozeß be- Α Π treffenden, also die nach §§ 91 folg. wie die nach GKG § 39, nicht aber sonstige Schäden (OLG Dresden Seuff. 44/217). Doch fordert die Maßregelung ein Hervortreten im Prozeß.

ΑΠa

Für den Prozeß sind nur greifbar der gesetzliche Vertreter der Partei (der prozeß- Α Π a 1 fähig sein muß) und der Prozeßvertreter, dem der vollmachtlose Vertreter gleichzusetzen ist, dessen mangelnde Vollmacht nicht aufgedeckt wird. Dazu gehört aber auch der prozeßbevollmächtigte Anwalt, der sich durch einen Untervertreter vor Gericht vertreten läßt (KG DR 40 A 21852β, OLG Hamburg 23/126: jenem dürfen deshalb auch die Kosten auferlegt werden, wenn er es unterlassen hat, seinen Bevollmächtigten zu instruieren). Die Norm gilt sowohl im mündlichen wie im schriftlichen Verfahren. Deshalb können die Kosten eines Versäumnisurteils nicht zugleich dem gesetzlichen Α Π a 2 Vertreter der Partei auferlegt werden. Auch dürfen Dritte, selbst wenn sie Prozeßvollmacht haben, diese aber nur weiterübertragen, nicht nach § 102 bestraft werden, mögen diese auch außerprozessual haften; im Prozeß haften sie nicht (vgl. § 102 A II a 1). Auferlegt werden dürfen die Kosten nur dem, den das grobe Verschulden trifft, also Α Π b von mehreren Bevollmächtigten nur dem Betroffenen (a. M. RG v. 8.12.1927 IV JW 28/7052); dem Terminvertreter, nicht dem ihn bevollmächtigenden Anwalt; dem bestellten Vertreter (RAO BZ § 32 I, II), dem Kanzleiverwalter (RAO BZ § 34), dem Anwaltsassessor (RAO BZ § 7 III), dem vertretenden Referendar (RAO BZ § 32 III 2); die herrschende Rechtsprechung weicht hiervon ab, indem sie nur dem Anwalt die Kosten auferlegt (RG v. 13. 10.1894 I Seuff. 50/204 = JW 5341, KG DR 40 A 2185M, OLG Kassel JW 34/33011 = HRR 35/282; dagegen Jonas § 102 Anm. I 2, SydowBusch § 102 Anm. 1, Baumbach-Lauterbach § 102 Anm. 2); vom Standpunkt dieser Rechtsprechung aus hätte man dann früher auch den Urkundsbeamten, den Gerichtsvollzieher freistellen und den Staat in die Kosten verurteilen müssen. Der vertretende Anwalt wurde indes nach RG v. 30. 6.1900 I JW 6461 = Gruch. 45/1094, OLG Hamburg 25/216 belangt. Haftet der Anwalt für eigenes grobes Verschulden, so wird regelmäßig der Terminvertreter nicht haften. Trifft aber beide ein grobes Verschulden, so kann jeder verurteilt werden. 787

§103

ZPO I. Buch

A II b 1

Dabei sollte man es auf das Verschulden gegenüber dem, der sonst die Kosten zu tragen hat, abstellen, also gegenüber der Partei (vgl. auch RG v. 13. 3. 1926 V JW 16681). Die h. M. meint indes, daß es auf das Verschulden „gegenüber dem Gericht" ankomme (vgl. RG v. 9.1. 1926 V ZZP 51/78, v. 22.1.1927 V JW 115318), so daß der Anwalt auch dann verurteilt werden darf, wenn er auf Verlangen der Partei handelt (RG v. 30. 6. 1900 1 JW 6461 = Gruch. 45/1094, v. 4. 12. 1900 VII JW 8931, v. 12.11.190111 JW 1835e, v. 11. 6. 1902 V JW 3928 = Gruch. 46/1052, v. 15. 1. 1904 II J W 1181», v. 9.1. 1909 VII Warn. 243, v. 13. 3. 1926 V JW 16681, v. 22. 1. 1927 V Warn. 63 = JW1153 1 8 , KG JW 35/17022e) und selbst wenn er die Partei auf die Aussichtslosigkeit des Handelns hingewiesen hatte, die Partei aber auf dem Handeln bestand (RG v. 30. 6.1900 I JW 6461 = Gruch. 45/1094, v. 4. 12. 1900 VII JW 8931, v. 24. 4. 1901 I JW 354\ v. 12. 11. 1901 II JW 835», v. 11. 6. 1902 V JW 392" = Gruch. 46/1052, v. 14. 1.1904 II J W 1181», v. 9. 1. 1909 VII Warn. 243, v. 22. 1. 1927 V Warn. 63 = JW 11531S) ; in solchem Falle soll nach der genannten Rechtsprechung der Anwalt die Vertretung niederlegen. Doch besteht hiervon schon dann eine Ausnahme, wenn er nicht niederlegen kann, wie im Falle der RAO BZ § 43. Auch als beigeordneter Armenanwalt (RAO BZ § 44) kann der Anwalt in eine schwierige Lage kommen; er wird dann das Gericht darum bitten, entbunden zu werden, ohne dies im einzelnen (wegen seiner Verschwiegenheitspflicht) begründen zu können (also nur im allgemeinen : wegen sich mit der Partei nicht deckender Auffassung) ; kommt das Gericht dem Antrage nicht nach, so wird er das unter Hervorhebung des Verlangens der Partei vortragen müssen, ohne daß ihm dann aber die Kosten nach § 102 auferlegt werden dürfen, weil das Gericht ihn veranlaßt hat. Auch kann der Anwalt durch zu wahrende Fristen in Schwierigkeiten kommen. Wenn RG v. 30. 6. 1900 I JW 6461 = Gruch. 45/1094, KG OLG 29/50 meinen, § 102 soll das Gericht vor unbegründeten Anträgen schützen, so.ist dieser Schutz unvollkommen; mehr kann über GKG § 39 erreicht werden, wobei allerdings auch die doppelte Haftung für die Partei und ihren Vertreter begründet werden darf. Und nur die praktische Handhabung kann die Partei (die dann dem Regreßprozeß des Vertreters usw. ausgesetzt wird) vor der einstweiligen Tilgung dieser Kosten bewahren (während RG v. 14. 4.1908 III Warn. 426 an einen raschen und einfachen Ersatzanspruch gedacht hat).

ΑΠb2

Jedenfalls muß die schuldhafte Handlung (oder die ihr gleichgestellte — keinesfalls jede — Unterlassung) des Prozeßvertreters (usw.) sich darauf beziehen, daß dadurch seiner Partei Kosten entstehen (a. M. Jonas § 102 Anm. II 3, der auch die dem Gegner entstehenden hierher rechnet; vgl.auchBGH v.26. 11.1953IVBB 1024 ;andersim Fall des § 89) ; denn sonst kann nicht seine Stellung als gesetzlicher Vertreter bzw. als Bevollmächtigter in Betracht kommen, auf die es aber § 102 allein abstellt. § 102 fordert grob verschuldetes Verhalten und Handeln (oder ihm gleichzustellendes — keineswegs jedes — Unterlassen). Der Begriff entspricht dem außerprozessualen (vgl. BGB § 277), bezogen auf das Verhalten im Prozeßverkehr. Als solches ist es angesehen worden, wenn der nicht postulationsfähige Anwalt ein Rechtsmittel einlegte (bei der Beschwerde: RG v. 14. 1. 1893 V JW 173, v. 6. 4. 1898 VI JW 27911, V. 13. 6. 1899 VII JW 4847, v. 28. 10. 1899 VII JW 7403, KG JW 37/22203«) oder wenn ein unzulässiges Rechtsmittel eingelegt wurde (KG OLG 21/77 : fehlende Unterzeichnung der Beschwerde), weil es an der richtigen Form (RG v. 11. 4.1901 VI Β 62/01 Ν § 102/5), der richtigen Frist, der richtigen Begründung bei Verstoß gegen § 568 II (RG v. 17. 6. 1907 VI Β 114/07 + v. 10. 3.1908 VII Β 16/04 = Ν §102/9, wobei in der letzten Entscheidung noch darauf hingewiesen wird, daß eine verschiedene Begründung der beiden zu vergleichenden Entscheidungen nicht ausreiche) oder bei Divergenzrevisionen nach ArbGG § 72 (BArbG v. 15. 12.1954 AP-ZPO § 102/1), der Beschwerdesumme fehlt oder der Rechtsbehelf aus sonstigen Gründen unzulässig ist (RG v. 12. 2. 1901 II JW 157 S ν. 24.4.1901 1 JW354 1 , v. 5.2.1902 V JW 1637, v. 4.2.1903 V JW122 1 , v. 14. 1.1904 II JW118 1 9 , v. 22.5.1906 III JW 430", v. 10. 7. 1908 II Warn. 667, v. 13. 3. 1926 V JW 16681 = J R Β 1072, RArbG v. 27. 4. 1932 E ll/129f., LG Leipzig NJ 51/138; RG v. 8. 12. 1927 IV JW 28/7052 bei Beschwerde gegen einen Beschluß des OLG, die nicht nach § 519 b II zulässig war), bei der Beschwerde entgegen § 707 II 2 (RG v. 10. 7.1908 II Warn. 667, KG JW 35/170226: bei Beschwerde namens

Α ΠΙ

A HI a

788

Prozeßkosten

§ 101

Ama

•der Partei, wo der Rechtsanwalt sie nur im eigenen Namen einlegen durfte; R G v. 12. 2. 1901 III J W 1 5 7 1 , wo nach altem Recht Beschwerde statt Berufung eingelegt wurde, aber auch, wenn nach Abschluß eines Streits durch Vergleich noch ein Richter abgelehnt wurde, R G v. 20. 9.1907 I I Β 34/07 Ν § 102/10). Diese Grundsätze gelten aber nicht bloß für unzulässige Rechtsmittel, sondern auch für unzulässige Klagen und auch für nicht schlüssig begründete ( R G v. 14. 4.1908 I I I Warn. 426, v. 23. 10.1936 V I I Warn. 191), während die aus tatsächlichen Gründen unbegründeten (a. M. Jonas § 102 Anm. I I ) nicht hierunter fallen. Jedenfalls muß man bedenken, daß für den Prozeßbevollmächtigten (anders wie regelmäßig beim gesetzlichen Vertreter) die tatsächliche Lage regelmäßig nicht zu überblicken sein wird (und nach deutschem Recht auch nicht überblickt zu werden braucht), so daß hier noch mehr als bei fehlender Rechtskenntnis Vorsicht am Platze ist ( O L G Hamburg 23/126 hat ein solches Verschulden dann angenommen, als ein inzwischen geschlossener, dem Vertreter bekannter Vergleich übersehen wurde). K G O L G 29/55, O L G München 31/30 haben noch, wenn eine einhellige ständige Rechtsprechung nicht befolgt wurde, grobes Verschulden angenommen. Ob man dies heute gelten lassen darf, ist so lange zweifelhaft, wie selbst die höchsten Gerichte unerwartet von einer sonst gefestigten Rechtsprechung abweichen (vgl. etwa O G H v. 22.10.1948 I E 1/174). V o n Verschulden kann jedenfalls dort nicht gesprochen werden, wo die ProzeßOrdnung ein Recht, so zu handeln, gewährt, etwa wenn ein Vertreter eine Frist voll ausnützt, mögen auch dadurch weitere Kosten entstehen (vgl. R G v. 11. 7. 1895 V I J W 381 u für den Fall, daß bei Einreichung eines umfangreichen Schriftsatzes die Frist des § 132 I gewahrt wurde, dennoch aber vertagt werden mußte). Die Voraussetzungen des § 102 sind ferner nicht gegeben, wenn es bei der Rechtsmitteleinlngung zweifelhaft ist, ob die Beschwerdesumme erreicht ist (im Zweifel muß dann der Anwalt das Rechtsmittel einlegen) oder wenn das unzulässige Rechtsmittel von der unteren Instanz zugelassen worden ist (Fälle, die sich bei Zulassung der Revision durch die O L G ergeben haben, R G v. 27. 5. 1899 I J W 4244, v. 15.1.1904 I I J W 118 19 f., v. 28. 1.1904 V J W 237 IS , v. 14. 4.1908 I I I Warn. 426, K G J W 37/222036, O L G Breslau JW30/563 6 ).

AIQb

§ 102 entlastet die Partei von den Kosten nicht ( R G v. 14. 4. 1908 I I I Warn. 426, ν. Β 9.1. 1926 V Z Z P 51/78, v. 13. 3. 1926 I I I J R Β 1072, ν. 22. 1. 1927 V J W 115318, ν. 7. 3. 1934 V E 144/86 [88], O L G Düsseldorf J W 30/57430), sondern begründet nur für das Gericht (den Staat) wie — jedenfalls stets v o m abweichenden Standpunkt — für den Gegner eine zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung ( R G v. 14. 4.1908 I I I Warn. 426, v. 8. 12. 1927 I V J W 28/7052, R G v. 7. 3. 1934 V E 144/68 [88], K G O L G 17/122) zu der des in die Kosten Verurteilten. Praktische Bedeutung erlangt §102 dann dort, wo der Dritte, nicht aber die von ihm vertretene Partei zahlungsfähig ist, für den Staat, soweit beide Parteien haften, nur, soweit beide es nicht sind. Für die Gerichtskosten gilt folgendes:

BI

Sind die Gerichtskosten schon gezahlt, so kann der verurteilte Dritte auf sie vom B l a Staat nicht mehr in Anspruch genommen werden. H a t sie der Gegner bezahlt, so kann dieser sie auch gegen den Dritten festsetzen lassen; hat dies aber die eigene Partei getan, die der Dritte vertrat, so muß sie aus dem außerprozessualen Rechtsverhältnis im neuen Prozeß klagen ( R G v. 26. 2.1895 I I I Seuff. 50/249 für den Gerichtsschreiber), und dies hat nur Erfolg, wenn der außerprozessuale Anspruch begründet ist; an ihrem Bevollmächtigten wird sie sich nach B G B §§ 675, 662 folg. erholen dürfen; gegen den nicht entdeckten vollmachtslosen Vertreter ist der Anspruch überhaupt nur zu konstruieren, wenn die Partei die Geschäftsführung genehmigt, andernfalls muß sie gegen die Gegenpartei nach § 679 I 4 vorgehen, und nur in dem Falle des B G B §§ 823 folg. besteht ihr Anspruch gegen den Vertreter ohne Vollmacht. Der Grad des Verschuldens kann außerprozessual weniger weit sein als nach § 102, regelmäßig wird auch leichte Fahrlässigkeit (BGB § 276 I 2) genügen, andernfalls kann auch grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen worden sein (vgl. B G B § 276 I I ) ; schließ-

789

Ble

§ 1 0 3

ZPO I. Buch

lieh darf der Partei BGB § 254 und, wenn sie das Verhalten des Vertreters veranlaßt hat, auch die Einrede der allgemeinen Arglist entgegengesetzt werden. Doch kann sich der Dritte im Folgeprozeß — wegen der besonderen Rechtskraftwirkung des Beschlusses nach § 102 — nicht darauf berufen, daß keine Mehrkosten entstanden sind und daß er nicht grob fahrlässig gehandelt hat. ΒI b

ΒΠ ΒΠ a

ΒΠb

Für die noch zu bezahlenden Gerichtskosten gilt dasselbe, wenn sie tatsächlich von anderen bezahlt werden. Werden sie von dem nach § 102 Belasteten gezahlt, so hat dieser jedenfalls keinen Ersatzanspruch gegen irgendeinen Dritten, auch nicht gegen die eigene Partei, selbst wenn er sich ihr gegenüber freigezeichnet hatte. Ersetzt ihm indes die Partei in Kenntnis des Sachverhalts die Kosten, so hat sie kein Rückforderungsrecht (BGB §814). Für die außergerichtlichen Kosten gilt folgendes : Sind sie beglichen, so gilt im Verhältnis zur eigenen Partei das zur Begleichung der Gerichtskosten Gesagte entsprechend. Sind sie noch gegenüber dem Prozeßvertreter zu begleichen, so ist der Anspruch erloschen. Wird dennoch gezahlt, so ist BGB § 814 anwendbar. Nach der hier vertretenen Ansicht hat der Gegner keinen Anspruch auf die ihm entstandenen Mehrkosten. Nur vom umgekehrten Standpunkt aus kann er sie auch von dem Dritten ersetzt verlangen, und zwar dann auf dem Wege der Kostenfestsetzung. Doch ist der Fall des § 102 von dem des § 89 zu unterscheiden, weil der Regelfall die Vertretungsmacht des Dritten voraussetzt.

C

Zuständig zur Verurteilung ist nur das Prozeßgericht, auch der Einzelrichter (aber nur wenn er nach § 349 allein zum Schluß entscheidet), nicht der beauftragte oder ersuchte Richter, niemals der Rechtspfleger, mag er auch richterliche Handlungen vornehmen (Jonas § 102 Anm. II 1), und erst recht nicht der Urkundsbeamte.

CI

Grundsätzlich ist nur die Instanz zuständig, in welcher die zu beanstandende Handlung des Dritten vorgenommen worden ist, auch noch nach Erlaß der Endentscheidung nach RG v. 14. 4.1908 III Warn. 426, KG OLG 17/122: also in der Zwischeninstanz, RG v. 14. 4.1908 III Warn. 426; aber nicht mehr nach Rechtskraft (§ 705) der Hauptkostenentscheidung (nach Sydow-Busch § 102 Anm. 2: der Hauptsache; a. M. schlechthin OLG Frankfurt HRR 36/1194) bzw. Einlegung eines Rechtsmittels (sofern die Sache nicht zurückverwiesen wird), wohl aber in der höheren Instanz von dieser, soweit das Rechtsmittelgericht über alle Kosten des Rechtsstreits entscheidet (OLG Karlsruhe 3/325). Ob in der Vollstreckungsinstanz das Vollstreckungsgericht an die Stelle des Prozeßgerichts treten darf, ist zweifelhaft. Der Wortlaut des § 102 läßt dies nicht zu. Dennoch wird die entsprechende Anwendung, bezogen auf Handlungen in der Vollstreckungsinstanz, bisweilen angenommen (OLG Dresden SächsAnn. 27/342).



Gewohnheitsrechtlich wird den Parteien kein Antragsrecht und auch kein Beschwerderecht gegeben (RG v. 2. 3.1895 V Seuff. 51/60, v. 13. 7.1897 III JW 4584, KG OLG 17/123, OLG Kiel Seuff. 61/163), und zwar weder zugunsten noch zu Lasten des Verurteilten. § 102 II 2 schreibt die Anhörung (auch die schriftliche) des zu Verurteilenden vor; die Parteien brauchen nicht gehört zu werden ; mündliche Verhandlung ist nicht notwendig (§ 102 II 1). Ob das Gericht die Entscheidung erläßt, steht in seinem Ermessen. Die Entscheidung selbst sollte durch Beschluß erlassen werden; ergeht sie zugleich mit der Prozeßentscheidung, so tritt dadurch insoweit doch keine Verbindung mit der Hauptsache i. S. des § 99 I ein. Dennoch kann sie vom Bestände der Haupt-(kosten-) entscheidung abhängig sein, etwa wenn ein Rechtsmittel als unzulässig verworfen wurde, die nächste Instanz es indes für zulässig erklärt. Dann entfällt mit rückwirkender Kraft die nach § 102 ausgesprochene Verurteilung, soweit sie von der Aufhebung betroffen wird und ohne Rücksicht, ob sie als solche rechtskräftig geworden ist oder nicht. Sie hat also keinen selbständigen Be-

C ΠΙ

CIV

790

§ 1 0 3 civ

Prozeßkosten

stand, darf aber doch vor Erlaß der Hauptentscheidung fallen (RG v. 14. 4 . 1 9 0 8 I I I W a r n . 426). Die Entscheidung ist dem Verurteilten förmlich zuzustellen (§ 329 I I I 1), den Parteien aber bloß mitzuteilen (§ 329 I I I 2). Gegen die Entscheidung ist nach § 102 I I I die sofortige Beschwerde gegeben, gleich- C Y viel ob sie durch Beschluß oder im Urteil ausgesprochen ist; § 99 I ist nicht anwendbar ( R G v. 30. 6. 1900 I J W 6 4 6 ^ . ; a. M. R G v. 30. 1 0 . 1 9 0 1 V J W 842 2 2 , woraus allerdings nicht zu ersehen ist, ob der Kreis des § 102 getroffen wird). Ob sie dem Anwaltszwang unterliegt, ist streitig (bejahend R G v. 5. 2 . 1 9 0 6 V I Gruch. 50/1060, v. 23. 1 0 . 1 9 3 6 V I I Warn. 191), soweit nicht der Rechtsstreit im ersten Rechtszuge am Amtsgericht anhängig ist oder ein Fall des § 569 I I 2 getroffen wird (RG v. 5. 2 . 1 9 0 6 V I Gruch. 50/1060) und dann auch noch für die in der Beschwerdeinstanz des Landgerichts entstandene Anordnung nach R G v. 1 2 . 1 1 . 1 9 0 1 I I J W 835«; verneinend J o n a s § 102 Anm. I I I , vgl. auch § 78 C I b 7. Gegen die Entscheidung des OLG oder eines höheren Gerichts ist keine Beschwerde zulässig (§ 567 I I I , R G v. 7. 3 . 1 9 3 4 V E 144/86f.), und zwar selbst wenn sie zugleich mit dem Beschluß, der die Berufungsverwerfung enthält, angeordnet worden ist ( R G v. 27. 8. 1936 I V J W 3046 2 ). Obwohl es sich um Prozeßkosten handelt, wenden R G v. 2 7 . 1 1 . 1906 VSZ E 64/377, v. 14. 4 . 1 9 0 8 I I I Warn. 426, K G J W 35/1040 6 § 568 I I I nicht an, geben also die weitere sofortige Beschwerde auch gegen die landgerichtlichen Beschlüsse und entsprechend auch die gegen die Beschlüsse des Landgerichts, die dieses in der Berufungsinstanz erläßt. Dem stimmt die h. M. (Jonas § 102 Anm. I I I , Sydow-Busch § 102 Anm. 4) zu, so daß man insoweit ein Gewohnheitsrecht anzunehmen hat, das sich gegen das geschriebene R e c h t durchgesetzt hat. Auch wird § 567 I I (Beschwerdesumme von 50 DM) gewohnheitsrechtlich nicht beachtet ( R G v. 30. 6 . 1 9 0 0 I J W 646 1 , v. 12. 11. 1901 I I J W 835«, v. 2 0 . 1 . 1 9 0 3 I I Β 8/03 + v. 18. 4. 1903 V Β 88/03 + v. 16. 1. 1904 I Β 6/04 = Ν § 102/1, v. 4. 10. 1905 I J W 726 1 ", v. 25. 10. 1905 V 312/05 Ν § 102/6, v. 27. 11. 1906 VSZ E 64/377, v. 12. 6. 1907 V Β 99/07 + v. 10. 3 . 1 9 0 8 I I I Β 16/08 = Ν § 102/1, K G J W 35/1040®) und nicht einmal der Umstand, ob üherhaupt solche Kosten entstanden sind ( K G J W 32/121 2 3 ). So auch Sydow-Busch § 102 Anm. 4, J o n a s § 102 Anm. I I I . Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt § 102.

I>

I m verwaltungsgerichtlichen Verfahren gilt die Bestimmung nicht, wenn man nicht E auf Grund von Generalklauseln, soweit diese vorhanden sind (vgl. BVerwaltungsGG § 26, Rh.-Pf. VGG § 37, VGG § 34), eine entsprechende Anwendung von § 102 für zulässig erachtet (vgl. Schunck-De Clerck BVerwaltungsGG § 65 Anm. 6 d, EyermannFröhler V G G § 124 Anm. 8, Schunck-De Clerck, Rh.-Pf. VGG § 89 Anm. 6 d). Im Steuerrecht gilt die entsprechende Regelung, vgl. AbgabenO §§103, 108, 109, Ρ 317. Vgl. ferner S G G § 1 9 2 .

§ 1 0 3 (98, 104) I Der Anspruch auf Erstattung der Prozeßkosten kann nur auf Grund eines zur Zwangsrollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden. I I Das Gesuch um Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges anzubringen. Die Kostenberechnung, ihre zur Mitteilung an den Gegner bestimmte Abschrift und die zur Rechtfertigung der einzelnen Ansätze dienenden Belege sind beizufügen.

II Nov. 09, G v. 9. 7.1927, VO v. 30.11. 1927 A

I

Kostenfestsetzungsverfahren Prozeßbedingungen a allgemeine 1 unerhebliche

2 3 4 b

Unterbrechung und Aussetzung bei unzulässiger Klage Zuständigkeit für das Verfahren besondere

791

§103 II a b 1 2 III a 1 2 b 1 2 Β ι a b II a 1 2 3 4 5 b 1 2 3 c 1 2 3 4 III a b 1 2 c 1 2 3 4 IV Ζ

I II a b c

III D I II III a IV V a VI

A

Verhältnis des Kosteníestsetzungsverfahrens zum Klageverfahren besondere Normen Mahnverfahren Schiedsverfahren Einwendungen und Einreden außerprozessualer Art nicht zu berücksichtigende zu berücksichtigende außerprozessualer Ausgleich unmittelbare Einwirkung mittelbare Einwirkung Der Kostentitel und Antrag Ausnahmen Vollstreckungsverfahren Vergleichsvereinbarung sonstige Titel Vollstreckbarkeit i. F. des § 794 bei Vergleichen bei Kostenfestsetzungsbeschlüssen bei sonstigen Beschlüssen im schiedsgerichtlichen Verfahren bei guarantigierten Urkunden sonstige Vollstreckbarkeit allgemeiner Ausspruch Sicherheitsleistungen Einstellung formale Prüfung keine der Richtigkeit der Kostengrundentscheidung maßgebender Zeitpunkt Aufhebung der Grundentscheidung nach Erlaß des Kostenfestsetzungsbeschlusses keine vollstreckbare Ausfertigung als Grundlage Der Antrag Antragsberechtigung Form Zeit Kostenberechnung als Anlage wiederholte Festsetzung nicht gegen Bechtskraft bei Zurückweisung als unzulässig und sonst Mehrkosten Gegner des Kostenfestsetzungsverfahrens Zuständigkeit zur Festsetzung ausschließliche Festsetzung aller Kosten aller Instanzen im Fall der Verweisung Vollstreckungskosten Verfahren Sonstige Kostenfestsetzung in der freiwilligen Gerichtsbarkeit Patentnichtigkeitsklagen Arbeitsgerichtliches Verfahren Besonderheiten des Kostenfestsetzungsverfahrens BVG Verwaltungsgerichtsverfahren Rechtsbehelfe Steuerverfahren

RAGebO §86a sachlicher Anwendungsbereich persönlicher Anwendungsbereich Rechtsanwälte Rechtsbeistände Verfahren Antrag entsprechend der Z P O ohne Festsetzungsgebühren Überlagerung im allgemeinen beim Armenanwalt

I II a b III

a b

IV a b I a 1 2 3 4 b 1 II

III

1

2 3 c 1 2 d e f 1

IV

G H

2

Armenanwalterstattungsverfahren Anwendungsbereich der Vorschriften für Armenanwälte erweiterter Anwendungsbereich Patentanwälte Rechtsbeistände Verwaltungsrechtsräte Gerichtsvollzieher Abgrenzung Notare Die Verfahrensbedingungen der Antrag Form Fälligkeit die Beiordnung Unterschied zur Prozeßvollmacht zeitliche Wirkung Beschränkung auf die Instanz allgemein erste Instanz höhere Instanzen Erweiterung des Innenverhältnisses Unterschied zwischen Geschäftsbesorgungsvertrag und Beiordnung Übereinstimmung beider Einwendungen aus Gebührenrecht im allgemeinen Einwendungen des Staates aus dem Verhältnis zum Gegner Verjährungseinrede Erstattung von Reisekosten allgemeine Erstattungsfähigkeit Vertreterkosten Vertretung des Armenanwalts Bruchteilarmenrecht Berechnung der Partei an Auslagen und Kosten Sonderhonorare Verrechnung bei freiwilliger Zahlung Das Verfahren Höhe der Entscheidung Bechtsbehelfe gegen sie Überzahlung Übergang des Erstattungsrechts auf den Staat im Verhältnis zum Anwalt und zur armen Partei beschränkte Verfügungsgewalt über den Anspruch Rückgriff gegen die arme Partei mehrere Streitgenossen Umwertung ausländischer Währungen Umstellungsrecht

Das Kosteniestsetzungsverfahren ist ein selbständiges Nachverfahren.

AI Als

Z P O I. Buch

Es unterliegt damit sowohl den allgemeinen wie besonderen Prozeßbedingungen. Daß die allgemeinen Prozeßbedingungen vorliegen, ist weitgehend durch das vorangegangene Hauptverfahren festgelegt, so daß sie nicht mehr besonders im Kostenfestsetzungsverfahren nachzuprüfen sind.

792

Prozeßkosten

§103

Auf die gegen das Hauptverfahren bestehenden Prozeßhindernisse darf im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zurückgegriffen werden, m. a. W., es werden nicht mehr die Zuständigkeit des Gerichts im weiteren Sinne (§ 1 B, vgl. § 274 II 1—3), die Rechtshängigkeit der Hauptsache (§ 274 II 4), die rechtskräftige Vorentscheidung, Partei- und Prozeßfähigkeit (§274117) geprüft; auch sind keine Kosteneinreden zulässig(§274 II 5,6).

Alai

Wird das Verfahren nach Erl aß der Kostengrundentscheidung in der Zwischeninstanz A I a 2 nach der ersten Instanz unterbrochen oder ausgesetzt, so hindert dies auch die Kostenfestsetzung. Dies gilt auch, wenn die Unterbrechung erst im Kostenfestsetzungsverfahren eintritt (RG v. 11. 3.1892 I I I J W 204 2 , v. 29.12. 1899 V I I Gruch. 44/1169, falls inzwischen das Konkursverfahren eröffnet wurde). Erlischt die Parteifähigkeit durch Tod, so gilt indes § 246. Aber selbst wenn durch den Tod der Partei das Verfahren unterbrochen wird (§ 239), so soll es nach Willenbücher, Kostenfestsetzungsverfahren, 15. Aufl. S. 87, keiner Aufnahme des Verfahrens, sondern nur des Nachweises des Erben als Rechtsnachfolger bedürfen. War das Verfahren indes schon vor Erlaß der Kostengrundentscheidung durch den Tod unterbrochen, so hindert dies die Kostenfestsetzung nicht (a. M. RG v. 21. 2. 1891 I J W 198 6 , OLG Hamburg LZ 25/972 9 ), weil, wenn die Kostengrundentscheidung bestehen bleibt, die Kosten festgesetzt werden müssen. Entsprechend sollte man die sonstigen Unterbrechungsfälle behandeln (§§ 240, 243). Traten sie vor Erlaß der Kostengrundentscheidung ein, so werden sie nicht beachtet, wohl aber danach. Da das Kostenfestsetzungsverfahren vom Anwaltszwang frei ist (§ 78 II, OLG München D J Z 15/1139), schadet der Wegfall des Anwalts (§ 244) grundsätzlich nichts (OLG Dresden Seuff. 63/98; a. M. OLG Posen 7/285). Wird erst in der höheren Instanz das Verfahren unterbrochen oder ausgesetzt, so hindert dies die Kostenfestsetzung, die in der ersten Instanz zu betreiben ist, nach KG J W 39/648 4 6 nicht. Hat die Partei keinen Prozeßbevollmächtigten oder stellt dieser den Aussetzungsantrag (§ 246) und ist sie schon im Hauptverfahren partei- oder prozeßunfähig, so sollte man dieses im Kostenfestsetzungsverfahren nicht nachprüfen; denn bleibt die Kostengrundentscheidung bestehen, so sind die Kosten festzusetzen (vgl. oben). Wird die Klage als unzulässig abgewiesen, so sind die Parteien im Kostenfestsetzungs- A I a 3 verfahren partei- und prozeßfähig, selbst wenn sie im Hauptverfahren es nicht sind, also der Beklagte, wegen dessen Partei- oder Prozeßunfähigkeit die Klage als unzulässig abgewiesen wurde, wie auch der Kläger, wenn dies seinetwegen geschah, weil die Kostengrundentscheidung auch dann gegen ihn wirkt. Über die Zuständigkeit zur Kostenfestsetzung vgl. § 104 A I .

AI a 4

Die besonderen Prozeßbedingungen des Kostenfestsetzungsverfahrens sind: ein zur A l b Zwangsvollstreckung geeigneter Titel über die Kostenpflicht und der Antrag der berechtigten Partei (§ 103 I). Vgl. dazu § 103 Β I I I . Das Kostenfestsetzungsverfahren überlagert das Klageverfahren und wird seinerseits Α Π durch besondere Normen ausgeschlossen. Darüber, daß, wenn das Kostenfestsetzungsverfahren durchzuführen ist, es keine Α Π a Klage wegen der Prozeßkosten gibt, vgl. § 91 Β II a (RArbG v. 21. 6. 1930 E 6/97 folg.; R G v. 7. 11. 1930 II E 130/217Í.). Besondere Regelungen schließen das Kostenfestsetzungsverfahren aus.

ΑΠb

Dazu gehört die im Mahnverfahren (LG Berlin J W 36/100 8 9 6 ; a. M. KG KGB1. Α Π b 1 17/39); der Hinweis auf § 794 I 4 kann dabei zur Stützung der entgegenstehenden Ansicht nicht herangezogen werden; denn auch aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen findet die Vollstreckung statt (§ 794 I 2), ohne daß sie als Grundlage zur besonderen Festsetzung der Kosten des Festsetzungsverfahrens dienen (vgl. §91 Β I V b). Nach §692 sind die Kosten sogleich in den Zahlungsbefehl und nach § 699 I 3 die etwaigen weiteren in den Vollstreckungsbefehl aufzunehmen. Ist entgegen § 691 II ein Teil der vom Gläubiger beanspruchten Kosten in den Zahlungsbefehl nicht aufgenommen worden, so hat der Gläubiger keinen Rechtsbehelf (§ 691 I I I ; OLG Hamburg LZ 20/902 2 , LG Berlin J W 36/2009 9 8 ; a. M. OLG Celle 39/66,

793

A l i b i

§

1 0 3

Z P O I. Buch

L G Altona J W 35/2291). W i l l der Urkundsbeamte dem Gesuch um Erlaß des Vollstreckungsbefehls nicht stattgeben, so soll er es dem Richter vorlegen (§ 699 I I 1), gegen dessen Zurückweisung dem Gläubiger die sofortige Beschwerde zusteht (§ 699 I I 1). Weist er indes das Gesuch unmittelbar zurück, etwa wegen der Kosten (vgl. R E n t l V f . § 11 b, § 699 I I ) , so hat der Gläubiger dagegen die sofortige Eventualbeschwerde nach § 577 I V . § 567 I I gilt aber auch hier, wenn es nur um die Kosten geht (a. M. Willenbücher S. 187). Hatte der Schuldner Widerspruch erhoben, nimmt er ihn aber zurück, so versetzt die h. M. das Verfahren in das Mahnverfahren zurück, d. h., der Gläubiger soll dann den Antrag auf Erlaß des Vollstreckungsbefehls stellen (vgl. O L G Dresden H R R 39/181, L G Berlin J W 34/3018», J W 36/200988, 2010 B). A üb 2

Α ΠΙ

Die Schiedsgerichtskosten setzen die Schiedsgerichte (im Schiedsspruch) fest (u. U. i m Ergänzungsspruch). I m gerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren können sie nicht festgesetzt werden .(RG v. 8. 11. 1904 V I I E 59/149 [150], O L G Hamburg 15/95, 19/170, Kiel 21/121, Braunschweig 25/242, Seuff. 69/24; a.M. K G JW32/3635 3 , O L G Kiel 11/191; nach R G v. 8. 5.1886 I E 19/407 f. darf vor dem ordentlichen Gericht auf Erstattung dieser Kosten geklagt werden; nach R G v. 8. 11. 1904 V I I E 59/149 [150], „wenn ein Vorgehen des Schiedsgerichts nicht mehr zu erlangen i s t " ; vgl. § 1039 Β I I b 2). Über die Entstehung der Kostenschuld vgl. § 91 Β I I e.

ΑΙΠ a

Mit außerprozessualen Einwendungen wird der Schuldner im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nicht gehört.

A IQ a 1

Die Einwendung des außergerichtlichen — dem Gericht nicht beiderseits angezeigten -— Vergleichs ( O L G Braunschweig 19/81; anders bei der des ProzeßVergleichs), des Erlasses (BGB § 397: O L G Hamburg M D R 52/751), der Aufrechnung; die Einrede der Stundung, der Verjährung oder eines Zurückbehaltungsrechts ( K G D R 41 A 392 14 ) sind im Kostenfestsetzungsverfahren unbeachtlich; hier muß der Schuldner nach §§ 767, 794, 795 vorgehen ( R G v. 24. 4.1885 I I I E 13/360Í., ν. 16.12. 1905 V E 62/188f., v. 5. 3. 1929 I I E 124/1 [2], O L G Naumburg J W 37/5139), auch § 769 ist anzuwenden ( O L G Köln J W 30/15126) ; für die Anwendung des § 767 I I ist aber kein Raum ( R A r b G v. 5. 5. 1937 E 18/226 [237], Jonas § 104 Anm. I I 5; a. M. R G v. 16.12. 1905 V E 62/188 [189], das fordert, daß die Einwendungen bereits im Hauptverfahren gebracht und erledigt werden müssen; vgl. R G v . 12. 6.1934 V I I E 145/13 [14]); auch besteht keine Vorschrift, wonach dies etwa in bestimmter Frist zu geschehen hätte ( O L G Karlsruhe H R R 34/212; a. M. O L G Dresden J W 30/727»). Hierher gehört auch der Einwand der Tilgung durch Zahlung oder Beitreibung ( R G v. 16. 12. 1905 V E 62/188 [190]; a. M. O L G Oldenburg 6/389, Dresden 6/390), sofern nicht unter den Parteien hierüber Einverständnis herrscht, da dann hierüber nicht entschieden wird ( K G J W 35/2901M).

Α ΙΠ a 2

Anders ist es mit der Einwirkung eines Zwangsvergleichs im gerichtlichen Vergleichsoder Konkursverfahren ( O L G Marienwerder 25/79) ; die dadurch eingetretene Beeinträchtigung betrifft die Höhe oder die Fälligkeit des Anspruchs oder beides und ist auch im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen (weil hier ein gerichtliches Verfahren schon vorliegt). Vgl. auch R G v. 22. 10. 1901 I I I E 49/411 f., O L G Kiel Recht 32/725, wonach die aus dem Urteil sich ergebenden Kosten, wenn sie bezahlt sind, nicht mehr festgesetzt werden dürfen. Über die Einwirkung der Umstellung vgl. §103 H, über die des gerichtlichen (Prozeß-) Vergleichs vgl. § 98 A I.

Α ΙΠ b

Auch wenn unmittelbar nach außerprozessualem Gesetz der, welcher die Kosten erstattet verlangt, sie allein zu tragen hat,

Α ΠΙ b 1

bleibt für die Kostenfestsetzung kein Raum (etwa wenn man bei einem Prozeß des Mannes gegen die Frau auf Herausgabe von eingebrachtem Gut, ihn nach B G B § 1387 I I für erstattungspflichtig hält, vgl. O L G Rostock 17/127 [128] bei Kostenvorschüssen des Mannes während der Ehe und § 91 Β I I d 2).

Α ΠΙ b 2

Inwieweit eine Partei sonst nach außerprozessualem Recht Ersatz zu leisten hat oder wie mit einem an der Entscheidung nicht unmittelbar Beteiligten der Anspruch auszu-

794

Prozeßkosten

§ 1 0 3

A m u

gleichen ist, ist nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens (vgl. KG OLG 20/309 beim Ausgleich der Bheleute untereinander und § 91 Β II d 2). Regelmäßig folgt das Kosten(höhe)festsetzungsverfahren der Kosten(grund)ent- Β Scheidung, so daß diese zu den besonderen Prozeßbedingungen des Kostenfestsetzungsverfahrens gehört. Die Übernahmeerklärung in der mündlichen Verhandlung, selbst wenn sie zu Protokoll erklärt worden ist, reicht also nicht aus; es bedarf vielmehr bei der Rücknahme der Klage oder eines Rechtsmittels eines Kostenausspruchs (RG v. 19.1.1888 VI E 20/414Í., Bad. VGH J W 30/30305). Fehlt er, so ist die Kostenfestsetzung unzulässig. Abweichend davon ist die Erstattung

ΒI

der Vollstreckungskosten unabhängig von der Kostengrundentscheidung (etwa wenn B l a •diese nach § 92 die Kosten aufteilt: OLG Dresden 15/96). Sie sind allein vom Schuldner auf Grund des Gesetzes zu erstatten (§ 788, RG v. 16. 7.1899 VII Gruch. 44/196 [202], KG OLG 13/193, JW 28/21534), und zwar von dem einzelnen, gegen den die Vollstreckung gerichtet ist, und ohne Rücksicht darauf, ob noch andere für die Prozeßkosten gesamtschuldnerisch haften (KG JW 33/22247, OLG Hamburg 5/119, Kiel 16/326, LG Berlin JVB1. 36/1981), von der außerprozessualen Erstattungspflicht (als Bürge usw.) abgesehen. Prozeßbedingung ist hier nur der vollstreckbare Titel zur Hauptsache (RG v. 5.11.1898 I JW 6586, wozu auch der Kostenfestsetzungsbeschluß des Hauptverfahrens gehört, § 794 1 2); oder auch der Vollstreckungsbefehl (§794 14; LG Berlin JW 36/ 2009"). Ob aus einem Urteil oder durch ein Urteil (vgl. §§ 722, 723) oder aus Beschlüssen oder sonst zur Vollstreckung berechtigenden Titeln (§§ 794 — vgl. auch §§ 795 folg. — 800, 800 a, 801), also auch aus landesrechtlichen, soweit nach ihnen die Vollstreckung nach den Vorschriften der ZPO stattfindet (für einen Fall des § 794 I 5 vgl. OLG München J W 27/40723), vollstreckt wird, ist gleichgültig. Deshalb sind die Kosten der Vollziehung von Arrest und einstweiliger Verfügung zu erstatten (§§ 928, 936), selbst wenn im Arrestbefehl bzw. in der einstweiligen Verfügung (unrichtigerweise) keine Kostengrundentscheidung gefällt wurde (RG v. 16. 7.1899 VII Gruch. 44/196 [202], KG JW 28/21534). Diese Kosten brauchen zwar nicht festgesetzt zu werden, sondern dürfen auch ohne Festsetzung beigetrieben werden (§ 788); sie können aber auch festgesetzt werden und müssen es auch auf Antrag (RG v. 8. 7. 1886 VI JW 27221, v. 13. 4.1887 V JW 2058, v. 2. 4. 1890 I JW 1571, v. 10. 6. 1914 IV E 85/132, KG JW 28/21534, JW 35/206944, OLG Naumburg JW 38/118541, LG Hagen NJW 48/695' für die Kosten des Offenbarungseidsverfahrens), sofern diese Kosten nicht schon in einem besonderen Beschluß mit festgesetzt worden sind wie die im Pfändungs- und Überweisungsbeschluß (OLG Posen 15/281) und es nur auf die Einziehung dieser ankommt. Über den Begriff der Vollstreckungskosten vgl. § 788 B. Gerichtliche (nicht außergerichtliche) und die ihnen nach § 794 1 1 gleichgestellten B I b Vergleiche sind, obwohl sie keine Kostengrundentscheidung, sondern allenfalls eine Kostenvereinbarung oder auch gar keine enthalten (§98), zum Kostenfestsetzungsverfahren die geeignete Grundlage, mag ihnen auch ein Urteil vorausgegangen sein (OLG Kassel J W 36/52126). OLG Hamm DR IV (410) 70b = Rpfl. 53/463 nimmt davon die nichtigen Vergleiche als Titel aus. Die Kosten aus der Vollstreckung des Vergleichs fallen unter § 788 (§ 103 Β I a). Zu den gerichtlichen Vergleichen gehören auch die des Privatklageverfahrens (LG Aachen JMB1. NRW 49/274) wie die nach § 118a III (OLG Darmstadt HRR 35/183 = JW 34/32223) sowie die in irgend einem Prozeß erklärten (auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren: a. M. OLG Hamm JMB1. NRW53/33), mögen sie auch zu anderen Akten zu Protokoll erklärt worden sein (OLG München 23/128), wie die, welche über den Prozeßgegenstand hinausgehen (RG v. 7. 7. 1900 I Β 62/00 Ν § 104/1). Dies kann auch gegen Dritte gelten, nämlich soweit sie sich an der Kostenvereinbarung beteiligen (§ 98 A IV), nicht aber für die an der Vereinbarung nicht Beteiligten, mögen sie auch im Prozeß als Hauptpartei oder Streitgehilfe beteiligt sein (§ 98 A IV). Wird in ihnen eine gesamtschuldnerische Haftung übernommen, so gilt sie im Zweifel auch für die Kosten und ist im Kostenfestsetzungsbeschluß auszusprechen (KG JW 33/22247). 795

§ 103

ZPO I. Buch

Β II

In den sonstigen Fällen bedarf es also der Kostengrundentscheidung (wobei die auf Aufhebung der Kosten ein Titel für die Gerichtskostenerstattung ist: OLG Celle NdsRpfl. 49/200). Doch genügt in ihnen noch nicht der Ausspruch allein, sondern sie muß darüber hinaus vollstreckbar sein.

ΒΠ a

Ohne besonderen Ausspruch ist die Kostengrundentscheidung vollstreckbar, wenn sie rechtskräftig (§ 705) ist (§ 704) oder wenn sie unter § 794 fällt.

ΒΠa1

Dazu gehört auch die bei Vergleichen (vgl. § 794 1 1 und § 103 Β I b).

Β II a 2

Über die Titulierung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vgl. § 794 I 2.

ΒΠa3

Zu den Beschlüssen nach § 794 I 3, auf Grund deren die Kostenfestsetzung betrieben werden darf, gehören auch die Entscheidungen nach §§ 91 a II, 99 II (aber auch wenn sie durch Urteil erlassen wurden) ; sie sind also stets Grundlage des Kostenfestsetzungsverfahrens, mögen sie noch mit der sofortigen Beschwerde angreifbar (§ 794 1 3, OLG Nürnberg 40/359) oder mögen sie rechtskräftig sein; dazu gehören ferner Beschlüsse aller Art (OLG Hamburg J W 26/85326), die nicht unter § 794 I 2, 4, 4a fallen, also auch die in einem Arrestbefehl oder einer einstweiligen Verfügung, wenn auch diese selbst in der Hauptsache nur der Sicherung des Gläubigers dienen (KG J W 24/4158, OLG Frankfurt JW20/914 1 «, J W 21/763 le , Hamburg J W 26/85 3 25, München J W 29/2626 19 ; a. M. KG OLG 39/45; bejahend für das den Arrest bestätigende Urteil [§ 925] OLG Dresden J W 30/333314) und selbst wenn Widerspruch erhoben wird (Rosenberg Lb. § SO II c; a. M. OLG Hamburg J W 27/2064«), wie die nach § 942 III (OLG München 29/54), sofern sie einen Kostenausspruch enthalten. Nur wenn die Kostenentscheidung — unrichtigerweise — hier unterblieben ist (vgl. § 91 Β III a 4), ist die Festsetzung nicht zulässig (RG v. 16. 6.1899 VII J W 483 e ), solange nicht die Entscheidung ergänzt ist (§ 321); doch darf darüber nicht mehr im Hauptverfahren entschieden werden (a. M. RG v. 25. 9.1899 VII J W 695 4 , KG J W 27/855 2 ).

ΒΠa4

Über die Festsetzung bei Vollstreckungsbefehlen vgl. §103 A l l b 1, über die bei Schiedsverfahren vgl. § 103 A II b 2. Der Beschluß, durch den Schiedssprüche und schiedsrichterliche Vergleiche für vollstreckbar erklärt werden, muß ebenfalls die gerichtliche Kostengrundentscheidung enthalten. Der Beschluß ist ohne Ausspruch vorläufig vollstreckbar (§ 1042 c I), gegen ihn ist der sofortige Widerspruch zulässig (§ 1042 d I). Solche Beschlüsse sind nach § 794 I 4 a Grundlage des Kostenfestsetzungsverfahrens für die gerichtlichen und zu ihnen gehörenden außergerichtlichen Kosten, nicht für die des Schiedsverfahrens (vgl. § 103 A II b 2).

ΒΠa5

Die in § 794 I 5, II genannten Urkunden sind Grundlage der Vollstreckung und damit zur Kostenfestsetzung der Vollstreckungskosten geeignet (OLG München J W 27/407 28 für die vollstreckbare Urkunde), nicht aber für sonstige Festsetzungen.

Β II b

Im übrigen muß die Kostengrundentscheidung, wenn sie nicht rechtskräftig (§§ 704, 705) ist, (zumindest) vorläufig vollstreckbar sein, wozu es (abgesehen von dem Falle des § 794) eines solchen Ausspruchs bedarf (§§ 708—710, 713).

ΒΠb1

Wird die vorläufige Vollstreckbarkeit auf die Hauptsache beschränkt, so bleibt kein Raum für das Festsetzungsverfahren (OLG Breslau BlfRA 73/450); häufiger findet sich dagegen umgekehrt der Ausspruch, daß das Urteil wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar ist. Ist die vorläufige Vollstreckbarkeit allgemein angeordnet, so erstreckt sie sich auf Haupt- und Kostenentscheidung. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob das Urteil über den Hauptanspruch überhaupt noch der Vollstreckung bedarf (was bei den Gestaltungsklagen nicht der Fall ist, vgl. § 894 A I) oder auch gar nicht vollstreckt werden kann wie im Falle der Klageabweisung, der positiven und negativen Feststellungsklage oder der Verwerfung oder Zurückweisung von Rechtsmitteln und Rechtsbehtlfen (auch in den Fällen der §§ 275, 304, vgl. OLG Braunschweig BraunschwZ 53/140f.). Es ist auch gleichgültig, ob das Urteil im Hauptausspruch bedingt oder befristet ist (vgl. §§ 257 folg., 726, 751) oder ob gar später der Hauptanspruch wegfällt (weil etwa der obsiegende Kläger von dem Vertrage zurücktritt) : die Kostenentscheidung ist unbedingt und unbetagt (Jonas § 99 Anm. II 1 ; a. M. RG v. 11.11. 1891 VI Seuff. 47/157, BayObLG Seuff. 796

Prozeßkosten

§

103 Β Π b 1

52/262) und trotz späteren Wegfalls des Hauptanspruchs (wogegen nach § 767 vorgegangen werden darf) unangreifbar (RG v. 2 5 . 1 . 1 9 1 1 I E 75/201). Ist dagegen die Kostengrundentscheidung als solche bedingt (etwa bei einer Teilkostenentscheidung, deren Durchführbarkeit erst die Endkostenentscheidung ergibt, KG D R 39 Β 389 2 9 β ), so ist keine Kostenfestsetzung zulässig. KG D R 39 A 876 e hat das Kostenfestsetzungsverfahren nicht zugelassen, wo dem Schlußurteil die Kostenentscheidung in Höhe von 1 / e vorbehalten war. Unerheblich ist die Erfüllung von Bedingungen der Vollstreckbarkeit. ΒΠb 2 Ist die Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht, so wird festgesetzt ohne Rücksicht darauf, ob die Sicherheit schon geleistet ist (BayObLG NS 1/349); im Kostenfestsetzungsbeschluß ist aber die Vollstreckung von der vollen Sicherheit abhängig zu machen (RG v. 4. 1. 1890 I J W 41 3 , v. 11. 5. 1891 VI J W 310 l e , OLG Kiel SchlHA 12/301, Marienwerder LZ18/1162 1 3 , Köln Z D J 13/135, LG Kiel Rpfl. 50/279««; a. M. OLG Naumburg ZZP 15/401, Karlsruhe BadRPr. 07/320 nur in Höhe der beizutreibenden Kosten: aber der Kostenfestsetzende darf die Hauptentscheidung über die Kosten nicht ändern; bei der Bemessung der Sicherheit in der Grundentscheidung darf sie, wenn sie einen weiteren, vollstreckbaren Inhalt hat, nicht auf die Kosten beschränkt werden: OLG Marienwerder LZ 18/1162 1 3 ), und die Vollstreckung darf nur betrieben werden, wenn ihre Leistung nachgewiesen worden ist (§ 751 I I ; KG ZZP 50/315, OLG Darmstadt HessRspr. 33/257, LG Kiel Rpfl. 50/279 ββ ). Ist dem Schuldner, nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, so ist diese Bedingung auch in den Kostenfestsetzungsbeschluß aufzunehmen (LG Dresden J W 34/1196 2 ); dies hat die Wirkung, daß, wenn der Kostenbetrag hinterlegt wird, die Vollstreckung unzulässig wird und daß, wenn er beigetrieben wird, vom Gerichtsvollzieher zu hinterlegen ist (§ 720). Ratenzahlungsvereinbarungen eines Prozeßvergleichs sind in den Kostenfestsetzungsbeschluß aufzunehmen, wenn sie die Kosten betreffen. Ist umgekehrt die Vollstreckung einstweilen eingestellt, so kann auch die Kosten- Β Π b 8 festsetzung nicht betrieben werden (KG J W 34/2866 3 , D R 3 9 B 389 2 9 8 ; a. M. Jonas §103 Anm. II 1). Die Prozeßbedingung des vollstreckbaren Titels wird nur formal geprüft.

ΒΠ c

Unzulässig ist es, im Kostenfestsetzungsverfahren nachzuprüfen, ob der Kostenaus- Β Π c 1 spruch der Kostengrundentscheidung richtig ist (RG v. 1 4 . 1 . 1905 V J W 149 3 3 , KG J W 34/496 2 , J W 37/248 3 6 , OLG Hamburg Seuff. 52/44, Kiel 37/150, Colmar 17/121, Darmstadt 19/97, Kiel Seuff. 74/17; a. M. OLG Breslau 40/359 [360], wo der unrichtige Vertreter zurückgewiesen und seine Teilnahmekosten dem Kläger auferlegt worden waren), geschweige denn, ob sie überhaupt hätte erlassen werden dürfen (OLG München 29/54: Aufhebung einer einstweiligen Verfügung nach § 942 durch das Amtsgericht anstatt durch das Landgericht). Auch darf nicht nachgeprüft werden, ob der Obsiegende, anstatt im Einzelverfahren vorzugehen, eine Gesamtklage hätte erheben sollen (KG D R 39 A 877 1 0 ). Eine unklare Entscheidung darf ausgelegt, aber nicht abgeändert werden (KG J W 36/200 2 3 ). So ist zu prüfen, ob der Kostenausspruch eine Gesamt- (§ 100 IV) oder eine Teilschuldnerschaft (§ 100 I) betrifft (RG v. 24. 9. 1892 VI E 30/338 [340], KG J W 34/496 2 , OLG Dresden SächsAnn 20/382), auch wieweit eine unklare nach § 92 ergangene Entscheidung reicht (RG v. 14. 1. 1898 II J W 115 7 ). Im Kostenfestsetzungsverfahren ist nur nachzuprüfen, ob die Kosten entstanden, unter das Urteil fallen und notwendig sind (RG v. 24.4.1885 III E 13/360Í.), aber nicht, ob eine Beweisaufnahme notwendig war (RG v. 24. 4 . 1 8 9 5 V J W 263 6 : selbst wenn sie der Obsiegende verschuldet hatte). Bei dem Ansatz von Vollstreckungskosten darf nicht nachgeprüft werden, ob die Vollstreckungshandlung zulässig war, etwa bei Ableistung des Offenbarungseides (KG J W 38/244 1 7 ). Nur wenn ihre Nichtigkeit oder rechtliche Unwirksamkeit feststeht, ist dies zu beachten. Die besonderen Prozeßvoraussetzungen müssen zur Zeit des Erlasses des Kostenfest- Β Π c 2 setzungsbeschlusses bestehen. Ist deshalb der Kostenausspruch als solcher aufgehoben

797

ΒΠ o2 § 103

ZPO I. Buch

(etwa das vorläufig vollstreckbare Urteil, auf dem er beruhte), so ist die Festsetzung unzulässig. Dies gilt auch für die der Vollstreckungskosten (vgl. § 788 II) und deshalb auch für die Vollziehungskosten eines Arrestes, wenn der Gläubiger in der Hauptsache unterlegen und die Aufhebung des Arrestes nach § 945 nur noch eine besondere Förmlichkeit ist (a. M. RG v. 16. 6. 1899 VII JW 483e). Ob bei Versäumung der Vollziehungsfrist bei Arrest und einstweiliger Verfügung (§§929, 936) die Kostenfestsetzung noch zulässig ist, ist streitig (bejahend Jonas § 103 Anm. II 1, verneinend Sydow-Busch § 103 Anm. 2, KG JW 24/98316, JW 28/21534); das Gesetz spricht zwar nur davon, daß die Vollziehung unstatthaft wird; man wird aber darüber hinaus annehmen dürfen, daß die gesamte Entscheidung außer Kraft tritt und also auch die Kostenentscheidung. Auf welche Weise der Titel beseitigt wird, ist gleichgültig; auch wenn es nur einstweilen geschieht (§ 717 I) oder die Vollstreckung eingestellt wird. Der Beseitigung durch Urteil der höheren Instanz stehen die Klagerücknahme, der Klageverzicht oder auch der gerichtliche Vergleich (LG Frankfurt NJW 50/298, LG Berlin-West J R 51/568, Kiel SchlHA 07/123) gleich. Β Π o8

Wird der Kostengrundtitel aufgehoben, nachdem der Köstenfestsetzungsbeschluß erlassen worden ist, so darf dieser mit den gegen ihn gegebenen Rechtsmitteln beseitigt werden, braucht es aber nicht. Er wird dann gegenstandslos (KG JW 36/30734') und teilt insoweit das Schicksal des Kostengrundausspruchs (KG JW 34/31462). Spricht der Köstenfestsetzungsbeschluß entgegen der Kostengrundentscheidung die Gesamthaftung des Verurteilten aus, so wird er nach OLG Darmstadt JW 31/111018 insoweit nicht rechtskräftig (vgl. dazu § 104 C IV b 1). Bei nachträglicher Änderung der Kostengrundentscheidung wird er jedenfalls wirkungslos, selbst wenn er als solcher rechtskräftig geworden ist (RG v. 4. 1. 1890 I JW 413) ; im Streitfalle muß auf seine Beseitigung geklagt werden. Bereits gezahlte Kosten sind nach §717 11, III zurückzufordern (KG JW 36/241 3 36 ).

ΒΠe4

Der Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Titels (Vergleichs) bedarf es nicht (OLG München 23/128, weder bezüglich des Hauptanspruchs noch bezüglich des Kostenausspruchs) ; nur soweit die Vollstreckungsklausel umzuschreiben wäre (§§ 727 folg.) bedarf es dieser (OLG München HRR 42/82). Vgl. auch § 103 Β III a. Eine Kostenerstattung durch Zahlung an Dritte gibt es nicht (KG J W 34/495 1 ; a. M. OLG Jena HRR 32/1979 bei Zahlung an den Staat — die Gerichtskasse).

Β ΠΙ

Weitere Prozeßbedingung des Kostenfestsetzungsverfahrens ist der Antrag des Gläubigers — eine einseitige, prozessuale, gegenüber dem Gericht abzugebende Willenserklärung, die bis zum Erlaß des Beschlusses frei widerruflich ist und darüber hinaus auch noch zurückgenommen werden darf (§ 271 in entsprechender Anwendung), wenn der Gegner einwilligt oder der Gläubiger verzichtet (§ 306 in entsprechender Anwendung).

Β Dia

Antragsberechtigt ist der Kostengläubiger (BayObLG NS 6/170), nicht aber sein Gegner (OLG München 20/310) — doch ist bei Kostenverteilung auch der Gegner Kostengläubiger (selbst wenn sich im Kostenfestsetzungsverfahren herausstellt, daß er nichts erstattet erhält) •— und nicht der (andere) Streitgenosse, auch nicht einmal der Streitgehilfe (dieser hat nur sein eigenes Erstattungsrecht; vgl. § 68 D I, § 101 Β II b). Kostengläubiger ist aber auch der Dritte, dem eine Kostenforderung im Zwischenstreit zu eigenem Recht zugesprochen worden ist (vgl. §§ 71, 387, 402). An Stelle des ursprünglichen Kostengläubigers ist aber der antragsberechtigt, auf den der Titel umgeschrieben (§§ 727 folg.) ist; also auch der Pfändungsgläubiger, der sich diese Forderung zur Einziehung überweisen ließ nach Titelumschreibung (vgl. § 835). Darüber, daß, wenn nach §§ 727 folg. umzuschreiben ist, die hierzu berufene Stelle, sofern sie zugleich zur Kostenfestsetzung zuständig ist (was die Regel ist), Umschreibung und Festsetzung in einem Beschluß vornehmen darf, vgl. Jonas JW 35/164121 gegen KG JW 35/1041 ·. Nicht erforderlich ist dagegen die Umschreibung des Titels in den Fällen des § 124, wo also der Armenanwalt oder der Armengerichtsvollzieher sich Kosten auf eigenen Namen festsetzen lassen. Dies können sie allerdings nur, soweit bei den Anwälten nicht 798

Prozeßkosten

§ 103

BUI a

ihr Anspruch auf die Staatskasse übergegangen ist (ArmenanwaltskostenG Art. I § 5 ; eine entsprechende Bestimmung findet sich in der GVGebO nicht, vgl. § 24 daselbst), und auch die Partei kann diesen Anspruch nicht geltend machen (KG J W 35/1044 15 ; treibt der Staat aber den Anspruch nicht bei, so kann ihm dies bei einem Nachzahlungsbeschluß entgegengehalten werden; GG Art. 34, BGB § 839). Über den Fall der Festsetzung der Anwaltskosten gegen die vollmachtgebende Partei vgl. RAGebO § 86 a und § 103 E. Der Antrag ist schriftlich (mit eigenhändiger Unterschrift: OLG München ZZP 54/86) Β ΠΙ b oder zu Protokoll der Geschäftsstelle zu erklären (weil er dem — abwesenden — Gegner mitgeteilt werden muß, §104 12), er ist vom Anwaltszwang frei (§78 11). Über die Prüfung der Vollmacht vgl. § 88 Β III a. Der Antrag darf, wie § 105 II klarstellt, schon vor Erlaß (d. h. der Verkündung, im Β I l l b 1 schriftlichen Verfahren vor Zustellung des Tenors) der Kostengrundentscheidung gestellt werden, was aber wegen der bis zum Erlaß noch auflaufenden Kosten (Gebühren und Auslagen) unpraktisch ist und nur selten geschieht. Er ist in diesem Falle schon in der Überreichung der Kostenrechnung zu sehen (wird aber auch sonst darin zu sehen sein). Liegen die Akten über den Titel der angegangenen Stelle —• wie im Regelfall — vor, so bedarf es nicht der Vorlegung des Titels (OLG München 23/128), was sonst erforderlich wird. Ist die Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung von der Rechtskraft des Urteils abhängig (bei Beschlüssen ist die Entscheidung stets vollstreckbar, § 794 I 3), so ist diese — falls aus den Akten nicht ersichtlich — vom Antragsteller nachzuweisen; aber auch in diesem Falle ist, abgesehen von ersten Versäumnisurteilen, keine Zustellung mehr erforderlich (vgl. für Arreste und einstweilige Verfügungen aber § 103 Β II c 2) ; das Verfahren ist unabhängig hiervon; der vollstreckbare Kostenfestsetzungsbeschluß ist also auch vor Zustellung des Titels auszufertigen (KG KGB1. 07/32, OLG Breslau 26/375). Das Gesuch oder eine Anlage zu ihm (die nicht unterschrieben zu werden braucht, Β III b 2 KG OLG 15/95) soll die Kostenansätze im einzelnen angeben und belegen (§ 103 II 2), soweit sie nicht Gerichtskosten betreffen, die auf Grund der Gerichtsakten feststellbar sind. Über das Verfahren im einzelnen vgl. § 104 A. Von der Kostenberechnung (nicht von den Belegen) soll eine Abschrift für den Gegner beigefügt werden (andernfalls fertigt sie das Gericht auf Kosten des Einreichenden an, GKG §71 I 1); nur in dem Falle, wo der Antrag vor Erlaß (Verkündung oder Zustellung im schriftlichen Verfahren) der Entscheidung gestellt wird, wird die Abschrift vom Gericht kostenfrei gefertigt (§ 105 II), womit der Staat versucht, das Verfahren nach § 105 I zu begünstigen. Die wiederholte Festsetzung ist grundsätzlich zuzulassen, soweit nicht die Rechts- Β ΠΙ e kraft der früheren Entscheidung entgegensteht (KG OLG 3/127). Ist dies der Fall, so dürfen auch frühere Irrtümer nicht mehr berichtigt werden. Β ΠΙ c 1 Es darf also der einmal — gleichviel aus welchem Grunde — abschlägig beschiedene 3 Posten nicht erneut zur Festsetzung gebracht werden (RG v. 23.10.1896 III J W 653 ) ; im besonderen darf für denselben Posten nicht mehr angesetzt werden, wenn für ihn ein Höchstbetrag zugebilligt worden ist (KG J W 29/877 24 , OLG Hamburg 5/469), d. h. wenn ein Mehrverlangtes abgesprochen worden ist. Es wird stets über alle Posten entschieden, deren Festsetzung beantragt ist, auch wenn sie nicht ausdrücklich aberkannt wurden; denn im Zuspruch der Höhe liegt das Aberkennen über mehr. Ein Ergänzungsverfahren nach § 321 ist deshalb nicht denkbar (im Ergebnis: RG v. 17.10.1884 III Seuff. 42/75, aber mit der Begründung, daß das Verfahren auf Beschlüsse nicht anzuwenden sei). Insoweit steht das Rechtsbehelfsverfahren aber offen (OLG Kassel ZZP 15/87, Breslau H R I t 40/1307). Beruht die Errechnung der zu erstattenden Summe auf einem Rechenfehler, so ist nach § 319 zu berichtigen (eine sonstige Berichtigung ist aber unzulässig; a. M. OLG Düsseldorf JVB1. 37/377). Gelangt das Verfahren an das (u. U. höhere) Gericht, so darf auch dieses Rechenfehler berichtigen (a. M. OLG Breslau H R R 40/1307). Darüber, ob ein solcher Bescliluß erneut durch Rechtsbehelfe angreifbar ist, ist wie bei Urteilsberichtigungen zu entscheiden (vgl. §319; bejahend OLG Hamburg 35/76; verneinend OLG Kiel 42/54). Λ1

Wieczorek, ZPO. I.

799

§ 103

ZPO I. Buch

Β ΙΠ c 2

Wird ein Kostenansatz nicht belegt, so ist die Festsetzung insoweit mit Kostenlast für den Antragsteller — als unzulässig — abzulehnen (RG v. 11. 4. 83 I E 14/320); über die Erforderlichkeit der Glaubhaftmachung vgl. §104 A l i b i . Fehlte es bisher an der Glaubhaftmachung, so darf sie noch im neuen Gesuch nachgebracht werden, weil dann das alte Gesuch nur unzulässig, nicht aber unbegründet war; ist es aber ohne Rücksicht darauf als unbegründet zurückgewiesen worden, so ist ein neues Gesuch auch bei nachgebrachter Glaubhaftmachung unzulässig.

Β ΠΙ c 8

War aber noch nichts abgesetzt, so darf auch derselbe Posten, der von vornherein nur in begrenzter Höhe gefordert und dem in dieser stattgegeben worden ist, auch nachträglich noch mit dem bis dahin nicht angeforderten höheren Betrage zur Festsetzung gebracht werden (KG J W 29/877 24 , KG OLG 3/127, OLG Jena ThürBl. 45/273; a. M. OLG Karlsruhe BadRPr. 01/310).

Β ΙΠ c 4

Die Mehrkosten der — nachträglichen — Festsetzung(en) einschließlich der außergerichtlichen fallen dem Antragsteller zur Last (RG v. 9. 2. 1891 VSZ E 27/402 [404], KG KGB1. 07/45, J W 29/877 24 , OLG Dresden SächsA 13/590, Braunschweig 29/55). Darüber hinausgehend mit „Treu und Glauben" die wiederholte Kostenfestsetzung zu verweigern (vgl. KG J W 39/170 31 , 6 4 7 43, OLG Dresden J W 38/3161 13 ), widerspricht dem positiven Recht.

ΒIV

Gegner des Kostenfestsetzungsverfahrens ist der Kostenschuldner, d. h. die in die Kosten verurteilte Partei, ihr Rechtsnachfolger und jede Person, gegen die diese Entscheidung wirkt (vgl. §§ 727 folg., 738, 742, 744, 745 II, 749), auch Dritte, welche dazu verurteilt sind (vgl. §§ 89, 102), oder die, welche sich in einem gerichtlichen Vergleich (§ 794 1 1) einer ausdrücklichen Kostenregelung unterworfen haben (selbst wenn sie im Prozeß Streitgenossen des Gläubigers waren, OLG Jena ZZP 28/317). Für sie (ihre Partei-, Prozeßfähigkeit usw.) gilt das entsprechende wie für den Gläubiger. Die Kosten werden von dem Urkundebeamten der Geschäftsstelle des Prozeßgericht der ersten Instanz festgesetzt, also von dem des Amts- bzw. des Landgerichts.

C CI

Die Zuständigkeit ist ausschließlich (§ 40 II). Zuständig ist der nach der derzeitigen Geschäftsverteilung zuständige Urkundsbeamte, nicht der, der nach einer früheren Geschäftsverteilung zuständig gewesen wäre, regelmäßig also der, bei dem sich die Akten befinden; wenn die Sache aber zur Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen gehörte, diese in erster Instanz befaßt war und, wenn solche noch bestehen, ist der Urkundsbeamte einer dieser Kammern zuständig.



Dem Urkundsbeamten des Prozeßgerichts der ersten Instanz steht die Festsetzung aller Kosten zu. Dabei kommen die Kosten aller Instanzen in Betracht und auch bei einem Vergleich, wenn dieser rechtswirksam vor einem anderen Gericht oder in einem anderen Verfahren geschlossen worden ist, einschließlich der vor einem ersuchten Gericht entstandenen, und selbst wenn das Berufungsgericht einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung erstmalig (RG ν. 1. 2. 1898 III Gruch. 43/1247, v. 4. 7. 1899 VII J W 5335, KG OLG 17/124; a. M. RG v. 2. 4. 1897 II J W 2297) oder das BVG eine einstweilige Anordnung als nicht erstinstanzliches Gericht erlassen hat oder bei den Wiederaufnahmeklagen, die vor einer höheren Instanz begonnen wurden (BayObLG Seuff. 54/123, OLG Hamburg 17/125, weil diese nur ein außerordentliches Rechtsmittel sind).

CΠ a

Cnb

CΠ c

Im Falle der Verweisung nach §§ 276, 506, 697, 700, ArbGG § 48 ist der Urkundsbeamte des Gerichts zuständig, an das als erste Instanz verwiesen worden ist bzw., wenn höherinstanzlich verwiesen wurde, an das hätte verwiesen werden müssen, wenn erstinstanzlich verwiesen worden wäre (wo auch die Akten verbleiben), und zwar zugleich f ü r die Kosten des verweisenden Gerichts. Über die Zuständigkeit bei geändertem Gerichtsbezirk vgl. das ZuständigkeitsänderungsG Art. 1 § 1, über die bei ersatzlos weggefallenem Gericht das ZuständigkeitsergänzungsG § 3 (abgedruckt in Bd. V). Wer die Kosten des Vollstreckungsverfahrens festzusetzen hat, ist streitig.

800

Prozeßkosten

§

1 0 3

ene

Das Prozeßgericht der ersten Instanz halten hierfür für zuständig: RG v. 2.7.1899 VII E 44/373, ν. 10. 6. 1914 IV E 85/132 = J W 882 21 = Seuff. 70/98, KG OLG 15/8, DR 41 A 159 1β , OLG München 26/391, Naumburg J W 30/2805 15 , J W 38/1185 41 , Dresden 15/96 (97), Marienwerder LZ 19/5498, Sydow-Busch § 103 Anm. 1; das Vollstreckungsgericht erster Instanz dagegen: KG OLG 13/192f., 23/102. Wo beide Gerichte zusammenfallen, ergibt sich das Problem nicht (OLG München BayJMBl. 52/93 im Falle des § 888). Ergeht indes im Vollstreckungsverfahren eine besondere Kostengrundentscheidung, so ist das Vollstreckungsgericht erster Instanz zuständig, also wenn die Kosten auf Grund eines Beschlusses des Vollstreckungsgerichts festzusetzen sind (so jedenfalls KG D R 4 1 A 1 5 9 1 6 , KG OLG 11/100, OLG Colmar 13/194; KG J W 28/2153 4 hält für die Kostenfestsetzung der Arrestvollziehung die Urkundsbeamten beider Gerichte für zuständig). Bei guarantigierten Urkunden ist es das Gericht, das nach § 797, und bei vollstreckbaren Tabellenauszügen das, welches nach KO §§ 164 III, 146 II zu bestimmen ist (also nicht das Konkursgericht ; OLG Celle 17/200). Wegen des Verfahrens im einzelnen vgl. § 104 A.

C ΠΙ

Die Kostenfestsetzung ist bei den verschiedenen Gerichten verschiedenartig geregelt. D Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gab es früher reichsrechtlich kein Er- ® I stattungsverfahren. Es gab allerdings schon früher die Kostenverurteilungsnormen des FGG §§ 33 1,138,151 (vgl. auch BGB §§ 1035,1067 1,1372 II, 1528 II, 1672 II, 1844 III, 2122, 2314 II). VerschollenheitsG § 34. Besonders bedeutsam ist die Kostenerstattung für die Verfahren der sog. streitigen freiwilligen Gerichtsbarkeit (GVG § 13 C I a; vgl. dazu 6. DVO EheG § 20, VHG §§20, 20 a; WohnungseigentumsG § 47; LVG § 45; 40. DVO zum UmstellungsG §6 IV; vgl. auch VerschollenheitsG § 34). In den Fällen des LVG § 45 werden §§ 102—107 entsprechend angewandt. In den Fällen des VerschollenheitsG §§ 35—38, 40 ist der Urkundsbeamte zur Kostenfestsetzung ermächtigt. Im übrigen ist nach Landesrecht auf Antrag eines Beteiligten über die Erstattung außergerichtlicher Kosten zu entscheiden nach PrFGG Art. 9—14, Württ. AG BGB Art. 6, HessAG FGG Art. 22, 25—28; von Gerichts wegen nach Bad. LFGG § 20 und Bay. AG BGB Art. 131—133; sodann wurden die Kosten durch das Gericht selbst nach Pr. FGG Art. 10 ( K G J F G 13/193, J W 25/1410 4 , LG Essen Rpfl. 50/141, OLG Schleswig SchlHA 51/123), Bay. AG BGB Art. 133 (OLG München N J W 52/882), Württ. AG BGB Art. 6, Bad.LFGG § 20 V festgesetzt (vgl. dazu EntlG und EntlVfg., abgedruckt Bd. V). Armenanwaltskosten setzt der Urkundsbeamte stets fest (LG Essen Rpfl. 50/141), ebenso die nachRAGebO §86a dem eigenenAnwalt zu ersetzenden (Berner, Rpfl. 50/108; die Norm gilt auch auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, vgl. §103 E I). Im Patentnichtigkeitsverfahren der Berufungsinstanz setzt der BGH (nicht sein D Π Rechtspfleger) die Kosten fest (vgl. die VO v. 30. 9. 1936 § 10 B, abgedruckt in Band V). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz sollen die Kosten im Urteil fest- D ΙΠ gesetzt werden, sofern der Betrag sofort ermittelt werden kann (ArbGG § 61 I 1). Diese Vorschrift schließt die erneute weitere Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle nicht aus (vgl. LArbG Altona J W 28/1167; a. M. LArbG Halberstadt ArbRS 5/6, das nach § 321 verfahren will). Im arbeitsgerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren gilt die Besonderheit, daß es D ΠΙ a auch der Anwalt höherer Instanz betreiben darf, selbst wenn er sonst vor dem Arbeitsgericht ausgeschlossen wäre (vgl. § 91 F II, LArbG Baden N J W 50/79820) und daß die Kostenwertfestsetzung im Urteil nicht angreifbar ist. Im BVGG ist keine Bestimmung über Kostenfestsetzung enthalten. Man wird jedoch D IV §§ 103, 104 sinngemäß anwenden dürfen. Auf Grund der Kostenentscheidung des Gerichts wird vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des BVG ein Kostenfestsetzungsbeschluß zu erlassen sein, aus dem sich der Betrag der dem Antragsgegner nach BVGG 51*

801

DIV

§

1 0 3

ZPO I . B u c h

§ 34 II zu ersetzenden Auslagen oder der Betrag der nach BVGG § 34 III von einem Beteiligten an den anderen zu erstattenden Auslagen ergibt. Dagegen wird die Gebühr nach BVGG § 34 IV vom BVG selbst festgesetzt (Geiger, BVGG § 34 Anm. 5). DV

D Va

Im Verwaltungsgerichtsverfahren setzt gemäß BMilRegVO 165 § 102 II, VGG § 131, Rh.-Pf. VGG § 94 I, BVerwaltungsGG § 69 II der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle erster Instanz die Kosten auf Antrag fest. Wer den Antrag stellen darf, ist nicht gesagt; doch wird man auch hier als Antragsteller nur den zulassen dürfen, der den Erstattungsanspruch hat (im Falle der Kostenverteilung hat aber jeder ein Recht dazu). Angelochten wird die Kostenfestsetzung durch den innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung (BMilRegVO 165 § 33 II, III, VGG § 30 II) und Belehrung über den Lauf der Frist (BMilRegVO 165 §35, VGG §32) zu stellenden Antrag auf gerichtliche Entscheidung (BMilRegVO 165 §§95 I I , 106, VGG §§ 121 I, 116 II), wogegen es dann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe (BMilRegVO 165 § 92, VGG § 117; d. h. Zustellung) und Belehrung (BMilRegVO 165 §35, VGG §32) die Beschwerde gibt (BMilRegVO 165 § 91 I, VGG § 116 I, II). Nach Rh.-Pf. VGG § 94 II ist gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten die Erinnerung gegeben. Diese ist innerhalb eines Monats einzulegen (Rh.-Pf. VGG § 33), wobei die Frist erst mit der Zustellung (Rh.-Pf. VGG §3211) und erfolgter Rechtsmittelbelehrung (Rh.-Pf. VGG § 35) zu laufen beginnt. Dabei werden die Fristen nach den Vorschriften des BGB berechnet. Gegen die gerichtliche Entscheidung ist Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht binnen eines Monats nach Bekanntgabe (Rh.-Pf. VGG § 81) zulässig (Rh.-Pf. VGG § 80). Vor dem BVerwaltungsG ist die Kostenfestsetzung unbefristet (BVerwaltungsGG § 69 II) ; gegen sie gibt es nur die (unbefristete) Erinnerung nach BVerwaltungsGG § 69 III (a. M. die Kommentare zum BVerwaltungsGG von Ule — § 69 III — und Schunck-De Glerck—§ 69 Anm. 3 —, wonach § 104 III 2 gemäß BVerwaltungsGG § 26 entsprechend anzuwenden sei).

D VI

Im Steuerverfahren gelten für den Kostenausspruch AbgabenO §§ 318, 319. Die Festsetzung der Kosten schließt daran an. Im Vollstreckungsverfahren werden auch hier die Kosten der Mahnung und Vollstreckung ohne besondere Festsetzung mit dem sonstigen Steueranspruch beigetrieben (AbgabenO § 342).

E

Während § 103 nur das Verhältnis der Partei (des Kostengläubigers) zu ihrem Gegner (dem Kostenschuldner) betrifft,, regelt RAGebO § 86 a die Titulierung der Forderung des Anwalts im Verhältnis zu seiner ihn bevollmächtigenden Partei. Die Bestimmung lautet: I I n bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten werden die d e m Rechtsanwalt als Prozeßbevollmfichtigten, Beistand oder Verkehrsanwalt (§ 44) gesetzlich zustehenden Gebühren u n d Auslagen auf A n t r a g des Rechtsanwalts oder des ZahlungspPichtigen durch den Urkundsbeamten der Geschältsstelle festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen. Der Rechtsanwalt h a t die Festsetzung zu beantragen, wenn der Zahlungspflichtige die Berechnung ihm gegenüber b e a n s t a n d e t oder wenn der Präsident der Rechtsanw a l t s k a m m c r es verlangt. II Der A n t r a g k a n n erst nach Fälligkeit der Gebühren (§ 85) gestellt werden. Zuständig ist der Urk u n d s b e a m t e der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren u n d die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten entsprechend. Das Verfahren 1st gebührenfrei. III E r h e b t der Antragsgegner F.inwendungen, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben, z. B. Einwendungen aus dem Auftragsverhältnis, oder b e h a u p t e t er, d a ß der Anspruch getilgt oder v e r j ä h r t sei, so unterbleibt die Festsetzung; die Beteiligten sind auf den Rechtsweg zu verweisen. H a t der Zahlungspflichtige bereits dem Rechtsanwalt gegenüber derartige Einwendungen erhoben, so ist die E r h e b u n g der Klage nicht von der vorherigen Einleitung des Festsetzungsverfahrens abhängig.

E I

Die Bestimmung gilt im Rahmen der Gebührenordnung (RAGebO §§ 1, 91) im bürgerlichen Rechtsstreit (für das Strafrecht vgl. RAGebO §86b), einschließlich des Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit (BGH v. 8.6.1956 II ARZ 1/55, LG Essen Rpfl. 50/141), im Verfahren vor den ArbG, in dem vor den Verwaltungsgerichten (BMilReg. VO 165 § 105) wie vor dem BVG, soweit die Gebührenordnung in der unteren Instanz gilt (also hier auch in Steuersachen, vgl. RAGebO § 91 13), während sonst im Verfahren gegen die Steuerbehörden für sie kein Raum ist.

802

Prozeßkosten

§103

Sie bezieht sich

ΕΠ

auf die Rechtsanwälte, die im unmittelbaren Verhältnis zur Partei stehen, nämlich Ε Π a als Prozeßbevollmächtigte (§§ 78 folg.), Beistände (§ 90), Verkehrsanwälte (RAGebO § 44) usw., nicht aber für deren Unterbevollmächtigte (Terminvertreter) oder ihre bestellten Vertreter (RAO BZ § 32) oder Anwaltsassessoren (RAO BZ § 7 III), wohl aber wieder für die Kanzleiverwalter (RAO BZ § 34). Das entsprechende gilt für die Rechtsbeistände, soweit sie an Stelle von Anwälten Ε Π b genommen worden sind (Willenbücher S. 72), wie überhaupt für alle, welche gesetzliche Gebühren fordern können und fordern (also auch für die Verwaltungsrechtsräte in Verwaltungsverfahren u. dgl. m.), nicht aber für die Patentanwälte (weil es hier keine gesetzlich festgelegten Gebühren gibt). Für das Festsetzungsverfahren gilt das oben Erläuterte mit folgenden Abweichungen: Ε ΠΙ Der Antrag kann sowohl vom Anwalt wie der Partei gestellt werden (RAGebO § 86 a Ε ΙΠ a 11). Der Rechtsanwalt soll die Festsetzung beantragen, wenn seine Berechnung von der Partei beanstandet wird (das Gesetz spricht von Zahlungspflichtigen, meint aber die Partei, nicht einen Dritten, der sich für die Partei verpflichtet h a t ; in diesem Fall kommt RAGebO § 86 a überhaupt nicht zum Zuge) oder wenn es der Präsident der Rechtsanwaltskammer verlangt (RAGebO § 86a I 4); Verstöße dagegen sind aber nur ehrengegerichtlich zu verfolgen. Die Beachtung der Vorschrift kann nur mittelbar — über Vertretungsverbot bzw. Kanzleiverwaltung — erzwungen werden (wozu regelmäßig kein Anlaß vorliegen wird). Der Antrag ist erst zulässig, nachdem die Gebühren fällig geworden sind (RAGebO § 86a II 1, also nach RAGebO § 85 bei Erledigung des Auftrags — gleichviel aus welchem Grunde — bei Beendigung der Instanz, bei einer Kostenentscheidung im Verfahren, wo über die Kostenpflicht der Gebühren entschieden ist — gleichviel ob zu- oder aberkannt worden ist). Er ist nur zulässig für die Festsetzung der dem Anwalt zustehenden gesetzlichen Gebühren und Auslagen, also nicht dann, wenn eine Gebührenvereinbarung getroffen ist (RAGebO §93 I) ; die Vereinbarung muß allerdings schriftlich getroffen werden, kann aber auch ohne diese Form freiwillig und durch Zahlung ohne Vorbehalt erfüllt werden (RAGebO § 93 II) ; entsteht aber auch nur hierüber Streit, so ist die Festsetzung nach RAGebO § 86a III unzulässig. Getilgte Beträge sind abzusetzen. Nach voller Tilgung ist die Festsetzung unzulässig; auch kann die Partei keinen Rückzahlungsbeschluß überzahlter Gebühren erwirken. Entsteht Streit über die Tilgung, so ist die Festsetzung unzulässig (RAGebO § 86a III). Dasselbe gilt, wenn sonstige Einwendungen oder Einreden erhoben werden. Die Zuständigkeit für die Festsetzung und das Verfahren entspricht im übrigen der Ε ΙΠ b ZPO (RAGebO § 86a II 3) ; eine Festsetzungsgebühr des Anwalts entsteht in diesem Verfahren aber nicht, auch ist das Verfahren sonst gebührenfrei (RAGebO § 86a II 5). Soweit das Festsetzungsverfahren vorgeschrieben ist, ist die Gebührenklage unzu- E IV lässig (LG Osnabrück Rpfl. 50/138 30 ); doch ist das Klageverfahren bei außergebührenrechtlichen Einwendungen zu beschreiten, ohne daß dazu ein vorgängiger Bescheid des Urkundsbeamten erforderlich wäre (BGH v. 3. 7.1956 VI ZR 99/55). Wird aber auf die Klage rechtskräftig erkannt, so ist die Entscheidung voll wirksam, E TV a und es ist nicht etwa ein anschließendes Festsetzungsverfahren, ob die Klage zulässig war, möglich. Doch ist das Festsetzungsverfahren unzulässig, wenn nicht bloß Einwendungen aus dem Gebührenrecht erhoben werden (RAGebO § 86a III), also aus dem Geschäftsbesorgungsvertrage oder aus außerprozessualen Erlöschungsgründen (Tilgung, Erlaß, Verjährung, aber auch Stundung). Soweit das Festsetzungsverfahren unzulässig ist, gibt es das Klageverfahren ; dies gilt sowohl für die Zahlungsklagen des Anwalts wie der negativen Feststellungsklage der Partei oder ihrer Rückforderungsklage (vgl. in den Fällen der Gebührenvereinbarungen auch RAGebO § 93 III). Ob auch das Mahnverfahren an Stelle der Klage zulässig ist, kann zweifelhaft sein ; doch wird man dies verneinen müssen, weil die Partei schon außergerichtliche Schwierigkeiten gemacht hat.

803

EIV a

§

103

Z P O I. Buch

W i r d aber unter N i c h t b e a c h t u n g einer Zulässigkeitsnorm ( P r o z e ß v o r a u s s e t z u n g ) dennoch festgesetzt, so ist die Festsetzung w i r k s a m ; in den Fällen der R A G e b O § 86a I I I w i r d dann die P a r t e i auf den W e g des § 767 verwiesen. W i r d u m g e k e h r t die Festsetzung abgelehnt, so steht j e d e r P a r t e i , auch w e n n dies zu U n r e c h t geschieht, der W e g der K l a g e o f f e n . E IV b

W e d e r die K l a g e noch das Festsetzungsverfahren gegen die arme P a r t e i hat indes der Armenanwalt, solange nicht die N a c h z a h l u n g gegen sie nach § 125 angeordnet ist ( O L G Dresden D R 4 0 A 743 2 1 ).

F

I m Verhältnis des Staates zum Armenanwalt g i b t es ein weiteres besonderes V e r f a h r e n , in d e m der S t a a t d e m A r m e n a n w a l t b e s t i m m t e B e t r ä g e ( A r m e n a n w a l t s - E r s t a t t u n g s G v . 2 0 . 1 2 . 1 9 2 8 [ R G B l . I 4 1 1 ] i. F . v . 6. 5. 1941 [ R G B l . I 2 4 6 ] m i t späteren Ä n d e r u n g e n A r t . 1 § 1, v g l . K G J R 49/477) ersetzt. Das Gesetz l a u t e t : Artikel I §1 I In bürgerlichen Rechtsstrcitigkeiten werden im Falle der Bewilligung des Armenrechts dem für die arme Partei bestellten Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen nach Maßgabe der Gebührenordnung für Rechtsanwälte mit folgenden Beschränkungen ersetzt : 1. An die Stelle der vollen Gebühr (§ 9 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte) treten bei einem Werte des Streitgegenstandes bis 20 DM 1,60 DM von mehr als 20 bis 60 D M . 3,20 „ 60 bis 100 »» · von mehr als 4,80 „ von mehr als 100 bis 150 6,40 „ von mehr als 150 bis 200 M · 8,— „ von mehr als 200 bis 300 »» · 12,— „ von mehr als 300 bis 600 »» » 16,— „ von mehr als 600 bis 800 »» · 20,— „ von mehr als 800 bis 1000 22,50 „ von mehr als 1000 bis 1500 30,— „ von mehr als 1500 bis 2000 37,50 „ von mehr als 2000 DM 45,— „

„.

„,, ..

2. In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten tritt für den Erstattungsanspruch an die Stelle der vollen Gebühr (§ 9 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte) unabhängig vom Streitwert der feste Betrag von 25,— DM. Im Verfahren über Anträge nach §§627, 627 b der Zivilprozeßordnung ist der Höchstbetrag einer Gebühr 25,— DM. 3. Die Reisekosten werden nicht vergütet, wenn die Reise nicht erforderlich war. II § 85 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte findet entsprechende Anwendung. Der Ersatzanspruch wird auch fällig, wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. V g l . dazu die A V d. R J M über die E r s t a t t u n g v o n Gebühren u n d A u s l a g e n der R e c h t s a n w ä l t e in A r m e n s a c h e n v o m 7.10.1935 ( D J 1 4 7 4 , Ä n d . 1936 S. 846; 1943 S . 1 2 2 ) . §2 A u f g e h o b e n durch A r t i k e l 8 I I 2 des Gesetzes zur W i e d e r h e r s t e l l u n g der R e c h t s e i n h e i t auf d e m G e b i e t e der Gerichtsverfassung, der bürgerlichen R e c h t s p f l e g e , des S t r a f v e r f a h r e n s und des Kostenrechts v o m 12. 9 . 1 9 5 0 ( B G B l . 455). §3 Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber oder einem Dritten vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, sind zunächst auf diejenigen Vergütungen anzurechnen, für die ein Ersatzanspruch gegen die Staatskasse nicht besteht. §4 Das Gesuch um Festsetzung des zu erstattenden Betrages ist bei der Geschäftsstelle des Gerichts der Instanz anzubringen. Die Festsetzung erfolgt durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. § 104 Abs. 2 ZPO und § 4 des Gerichtskostengesetzes finden entsprechende Anwendung, letzterer mit der Maßgabe, daß die Erinnerung auch dem Rechtsanwalt zusteht. §5 Soweit dem Rechtsanwalt wegen seiner Gebühren und Auslagen ein Anspruch gegen die Partei oder einen ersatzpflichtigen Gegner zusteht, geht der Anspruch mit der Erstattung auf die Staatskasse über. Auf die Geltendmachung des Anspruchs finden die Vorschriften über die Erhebung von Gerichtskosten entsprechende Anwendung.

804

Prozeßkosten

§ 103 F

Vgl. über den Ausgleichsanspruch der Staatskasse gegen Streitgenossen der armen Partei: A V d . R J M v. 3. 5 . 1 9 3 5 ( D J 696) und über Vorschüsse an beigeordnete Rechtsanwälte und Pflichtverteidiger: AV d. R J M vom 8 . 1 1 . 1 9 3 9 ( D J 1720). § 6 und die Art. II bis I V enthalten Änderungen anderer Gesetze, Bestimmungen über das Inkrafttreten des Gesetzes und Übergangsvorschriften. Diese Bestimmungen gelten entsprechend für das Zwangsverwaltungs- und -versteige- Ρ I rungsverfahren (aber a. M. KG J W 38/2420 3 1 = DRpflRspr. 38/250, wenn das Vormundschaftsgericht dem Vormund der armen Partei einen Anwalt für die Zwangsversteigerung beigeordnet hatte), in Vergleichs- und Konkursverfahren (LG Krefeld J W 30/3366 1 3 ), in den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (KG J W 36/1793 3 0 ; LG Guben J W 26/2595 1 3 : in Altenteilsachen; in Landwirtschaftssachen: OGH MDR 50/ 284 1 4 8 ; vgl. auch OLG Stettin J W 34/1985® im früheren Verfahren nach der PachtschutzO), in Arbeitsgerichtsverfahren, in verwaltungsgerichtlichen Verfahren, soweit den Beteiligten im Armenrecht Anwälte (vgl. BMilRegVO 165 § 107 I 2, BVerwaltungsGG §75, VGG §133, Rh.-Pf.VGG §97) beigeordnet werden. Doch kennt das Steuerrecht eine solche Beiordnung nicht. Dagegen gibt es sie im Verfahren vor dem B V G (BVG v. 31. 1. 1952 I E 1/109) unter entsprechender Anwendung der §§ 114 folg., grundsätzlich jedoch nur dann, wenn die Vertretung durch Anwälte geboten ist. Ein beigeordneter Anwalt hat seine Ansprüche nach G, betr. die Erstattung von RAGeb. in Armensachen, geltend zu machen, das in solchen Fällen herangezogen werden muß, in denen §§ 114 folg. entsprechende Anwendung finden und keine besonderen Vorschriften für die Erstattung von Armenanwaltsgebühren bestehen (BVG v. 31.1. 1952 I E 1/109 [115] = N J W 457). Über die entsprechende Anwendung des G nach ArbGG § 11 a I I I vgl. § 9 1 F I I a. Es gibt aber in Armensachen einen erweiterten Anwendungsbereich für Patentan- F l a wälte, Rechtsbeistände, Gerichtsvollzieher. Nach dem Gesetz über die Beiordnung von Patentanwälten in Armensachen v. 5. 2. F I a 1 1938 (RGBl. I 116) § 2 sind die Vorschriften des ArmenanwaltserstattungsG auf im Armenrecht beigeordnete Patentanwälte entsprechend anzuwenden. Das Gesetz lautet:

§1

I Wird in einer Patentstreitsache (§ 51 des Patentgesetzes vom 5. Mai 1936 — Reichsgesetzbl. I I S. 117), in einer Gebrauchsmusterstreitsache (§ 19 des Gebrauchsmustergesetzes vom 5. Mai 1936 — Reichsgesetzbl. I I S. 130) oder in einer Warenzeichcnstreitsache (§ 32 des Warenzcichengesetzes vom 5. Mai 1936 — Reichsgesetzbl. I I S. 134) einer Partei das Armenrecht bewilligt, so kann ihr auf Antrag zu ihrer Beratung und zur Unterstützung des Rechtsanwalts ein Patentanwalt beigeordnet werden, wenn und soweit es zur sachgemäßen Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung erforderlich erscheint. II Die Vorschriften des § 115 Abs. 2, g 118 Abs. 1, § 119 Abs. 1, der §§ 1 2 1 , 1 2 4 , 1 2 5 Abs. 1, §§ 126,127 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

§2

I Auf die Erstattung der Gebühren und Auslagen des beigeordneten Patentanwalts finden die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen, vom 20. Dezember 1928 (Reichsgesetzbl. I S. 411) und des weiteren Gesetzes über die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen vonm 13. Dezember 1935 (Reichsgesetzbl. I S. 1469) singemäß Anwendung mit folgenden Maßgaben: 1. der Patentanwalt erhält eine volle Gebühr und, wenn er eine mündliche Verhandlung oder einen Beweistermin wahrgenommen hat, insgesamt zwei volle Gebühren im Sinne der genannten Vorschriften. 2. Der dem Patentanwalt insgesamt zu ersetzende Gebührenbetrag darf den Betrag einer Gebühr nach § 9 der Gebührenordnung nicht übersteigen. 3. Reisekosten für die Wahrnehmung einer mündlichen Verhandlung oder eines Beweistermins werden nur ersetzt, wenn das Prozeßgericht vor dem Termin die Teilnahme des Patentanwalts für geboten erklärt.

Im Verfahren vor dem Patentamt kommt das ErstattungsG v. 18. 7.1953 (BGBl. I 654 [vgl. auch PatentG § 46 e A]) zum Zuge. Wird einer armen Partei ein Prozeßagent (an Stelle des Anwalts) beigeordnet, so sind Ρ I a 2 seine Gebühren und Auslagen entsprechend der AV R J M v. 9. 5.1942 (DJ 330) zu erstatten. Die AV lautet:

805

FI a 2

§ 1 0 3

ZPO I. Buch

I Der während des Krieges vorhandene Mangel a n geeigneten Armenvertretern (§116ZPO) m a c h t es erforderlich, in Ausnahmefällen die Beiordnung von Prozeßagenten im Armenrechtsverfahren zu ges t a t t e n . U n t e r A b ä n d e r u n g meiner AV v o m 1 5 . 1 2 . 1 9 3 8 (Dt. J u s t . S. 2011) bestimme ich daher folgendes: II Die Beiordnung eines Prozeßagenten als Armenvertreter durch das Amtsgericht, bei welchem e r z u m mündlichen Verhandeln zugelassen ist, darf n u r erfolgen, wenn ein ortsansässiger Rechtsanwalt oder ein auswärtiger Rechtsanwalt, der im Amtsgerichtsbezirk Sprechtage abhält, nicht beigeordnet werden k a n n u n d auch in einem N a c h b a r o r t , der nicht allzuweit e n t f e r n t liegt u n d f ü r die arme Partei ohne größeren Zeit- u n d K o s t e n a u f w a n d zu erreichen ist, ein Rechtsanwalt nicht zur Verf ü g u n g steht. III Die nach Absatz 2 notwendigen Feststellungen sind a k t e n k u n d i g zu machen. IV Die Prozeßagenten erhalten in entsprechender Anwendung des Gesetzes betreffend die E r s t a t t u n g von Rechtsanwaltsgebühren in Armensachen v o m 20. Dezember 1928 (RGBl. I S. 411) in der F a s s u n g der VO vom 6. Mai 1941 (RGBl. I S. 246) Gebühren u n d Auslagen aus der Reichskasse. Bei Gegenständen im W e r t bis zu 300,— R M erhalten sie die gleiche Vergütung wie ein Rechtsanwalt, bei Gegenständen m i t höherem W e r t eine Vergütung in Höhe der halben Rechtsanwaltsgebühren mindestens jedoch in Höhe der Rechtsanwaltsgebühren f ü r einen Gegenstand im Wert von 300 RM. Den R e c h t s beiständen sind daher bei Gegenständen im W e r t von 300 bis 1000 RM stets die gleichen Gebühren zu erstatten, d. h. soweit es sich u m eine volle Gebühr handelt, stets 12 RM. E r s t bei einem Gegens t a n d im W e r t von 1000 RM erhöht sich die volle Gebühr auf 15 RM.

F Ia3

Für Verwaltungsrechtsräte gibt es die Beiordnung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Im Verfahren vor dem BVG können nach BVGG § 22 I 3 Nichtrechtsanwälte zwar als Beistände zugelassen werden, nach der bisherigen Rechtsprechung des BVG werden diese jedoch nicht einem Beschwerdeführer, dem im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde das Armenrecht bewilligt wurde, als Vertreter beigeordnet werden können (vgl. BVG v. 31. 1. 1952 I E 1/109 = N J W 457 = MDR 281 = JZ 272).

FIa1

Dem Gerichtsvollzieher, welcher der armen Partei beigeordnet worden ist, werden von der Staatskasse die baren Auslagen ersetzt, wenn er sie vom Ersatzpflichtigen nicht beitreiben kann (GVGebO § 24); im übrigen darf er seine Kosten entsprechend §§ 124,788 vom Gegner im eigenen Namen beitreiben ; doch darf er vom Vollstreckungserlös nicht mehr als Vs hierauf verwenden (GVGebO § 23 a 11) und muß davon zuerst auch seine Auslagen decken (GVGebO § 23a I 2). Der Staat deckt also die Auslagenforderung erst in letzter Linie, der Übergang des Vollstreckungsanspruchs ist hier nicht vorgeschrieben. Gegen die Streichung der Auslagen h a t der Gerichtsvollzieher, gegen ihre Ansetzung die Staatskasse Erinnerung und Beschwerde nach G KG § 4 (wobei auch hier der Beschwerdewert gegeben sein muß, womit praktisch die Beschwerdemöglichkeit entfallen wird).

FI b

Andere Bechtsbeistände, die weder Rechtsanwälte, Patentanwälte noch Prozeßagenten sind, sind den Parteien nicht beizuordnen (AV RJM v. 15.12. 1938 DJ 2011); der trotzdessen Beigeordnete hat aber die entsprechenden Ansprüche (LG Düsseldorf JMB1. N R W 50/13; a. M. OLG Köln H R R 38/1261, LG Wuppertal JVB1. 38/231). Über die Erstattung von Auslagen der beigeordneten Referendare vgl. AV R J M v.. 16.5.1935 (DJ 767) §15IV, über die sonstiger Justizbeamter: Bauer, DDJ 39/446 III, IV.

FIb1

Auf die für eine arme Partei ausgeübte Tätigkeit des Notars ist das ArmenanwaltserstattungsG nicht entsprechend anzuwenden (KG DNotZ 30/105, J W 31/2036 2 ).

F Π

Die besonderen Yerfahrensvoraussetzungen der Armenanwaltskosten-(usw.) erstattung sind der Antrag des berechtigten Anwalts (usw.) und die Beiordnung.

FΠa

Die Antragsberechtigung bleibt, auch wenn der Berechtigte inzwischen als Anwalt ausgeschieden ist; nach seinem Tode treten seine Erben (bzw. Testamentsvollstrecker) an seine Stelle (KG J W 37/559 28 hat dies auch für den Substituten angenommen); auch der Pfändungsgläubiger darf den Antrag stellen (KG J W 37/1653 19 ; a. M. OLG Hamm JVB1. 35/179). Auf den unterlegenen Gegner darf der Anwalt nicht verwiesen werden (KG J W 34/1056 1 ).

F Πa1

Der Antrag des Anwalts (usw.) soll auf bestimmtem Formular gestellt und mit einer Abschrift eingereicht werden (AV R J M v. 7.10. 1935 — DJ 1474; Schreibgebühren hierfür kann der Anwalt nicht fordern, RG v. 6. 6. 1921 IV E 103/340 [345], ν. 24. 10.193» VII Warn. 228; die Formulare hat indes der Staat zu liefern).

806

Prozeßkosten

§ 103

FH a l

Der Antrag ist eine prozessuale, an das Gericht, das beigeordnet hat, zu richtende Willenserklärung, die bis zur Erstattung frei und danach durch Rückzahlung widerruflich ist. Über die Einrede der Verjährung vgl. § 103 F III b 3. Die Gebühren und die Auslagen (a. M. OLG Celle J W 31/1839 38 für Auslagenersatz F I I a 2 vor Fälligkeit der Gebühren) werden erst bei Fälligkeit (RAGebO § 85) ersetzt; einen Anspruch auf Vorschüsse hat der Anwalt nicht, auch nicht für seine Auslagen (KG J W 35/2512®3; ist allerdings der Anwalt nicht in der Lage, die erforderlichen Auslagen — etwa bei größeren Reisen — aus eigenen Mitteln vorzuschießen, so dürfen die Vorstände der Gerichte ihnen Vorschüsse nach AV RJM v. 8. 11. 1939 [DJ 1720] auszahlen). Fällig wird der Anspruch, sobald über die Verpflichtung, die Anwaltsgebühren zu tragen, erkannt ist. Darauf, ob ein Titel (Kostenausspruch) für die arme Partei vorliegt, kommt es nicht an (KG J W 21/181 1 , 534 4 , OLG Kassel J W 21/757'), ja der Titel kann sogar gegen die arme Partei ergehen (KG J W 22/501 u ), auch genügt es, wenn die Instanz mit einem zurückverweisenden Urteil schließt (RG v. 6. 6. 1921 IV E 103/340 [342]). Enthält es aber keine Kostenentscheidung, wie ein Teilurteil (KG J W 35/1046 22 ) oder ein Grundurteil (OLG Breslau J W 31/1120", 112 8 64, Düsseldorf J W 37/2238"; a. M. KG J W 35/802 3β , 2295 41 , JW34/1863 1 , OLG Dresden H R R 38/1656), so wird er noch nicht fällig; es sei denn, daß die Instanz zugleich wegen des Betragsverfahrens an die untere verweist. Bei (wirksamem) Vergleich (KG DR 40 A 343 33 , auch wenn er nur gegen einen Streitgenossen geht, KG J W 37/831 dann nur gegen diesen ; auch wenn in ihm nur das Ruhen des Verfahrens vereinbart wurde, OLG Kiel J W 36/6 1 768) werden die Gebühren fällig (gewohnheitsrechtlich schon mit Abschluß, nicht erst drei Monate nach dem Abschluß) wie bei jedem anderen Ruhen (vgl. OLG Kassel 41/260), wenn das Verfahren nach materiell erledigtem Streit ruht oder bei Tod der armen Partei (§ 122; KG J W 31/1125 56 , OLG Köln J W 20/4457) ; ruht das Verfahren länger als drei Monate (ArmenanwaltserstattungsG Art. 1 §1 II), so tritt die Fälligkeit auch dann ein, wenn später das Verfahren fortgesetzt wird (KG J W 35/1701 2S ) ; dies gilt auch bei der Unterbrechung (OLG Düsseldorf JVB1. 33/14; a. M. für den Konkurs: OLG Köln H R R 35/1561 *) und bei der Aussetzung des Verfahrens (KG J W 28/1871 3 ; a. M. OLG Darmstadt J W 25/2366 20 ). Das Verfahren ruht im Sinne dieser Vorschrift aber auch, wenn tatsächlich nichts geschieht (KG J W 35/2295 40 , DR 40 A 4 6 8 40), also auch, wenn infolge Todes des Gegners die arme Partei das Verfahren nicht fortsetzt (KG DR 40 A 342 32 ). Wenn indes nur auf den Termin gewartet wird, der infolge der Geschäftsüberlastung zunächst noch nicht angesetzt wird, so wird — in der Revisionsinstanz —· kein Ruhen anzunehmen sein. Ein Ruhen tritt ferner nicht ein, wenn in den Gerichtsferien nichts geschieht (sofern die Sache keine Feriensache ist) oder wenn Akten in Abständen — wenn auch vergeblich — zurückgefordert werden (KG J W 33/2599 1 ). Die Beendigung der Instanz hat neben den erwähnten Fällen keine selbständige Bedeutung, wohl aber die Erledigung des Auftrags, selbst wenn der Armenanwalt (berechtigterweise) kündigt (OLG Königsberg J W 35/1726 n , 17 9 9 37, J W 38/24 8 6 26 , OLG Naumburg J W 36/2158«, Kiel J W 37/1655 20 ). Nur wegen eines vom Anwalt zu vertretenden Umstandes darf die Entscheidung über das Erstattungsgesuch ausgesetzt werden, bis feststeht, ob solche Gebühren noch für den nachfolgenden Anwalt entstehen können (KG J W 36/739 25 f., OLG Dresden JVB1. 39/199, SächsA f. Rpfl. 39/204). Von der Fälligkeit an läuft die Verjährungsfrist (KG J W 36/1300 23 , vgl. § 103 F III b 3), im Falle des ruhenden Verfahrens also nicht erst nach dreimonatigem Ruhen (KG J W 34/1739 7 , J W 36/1300 23 ). Die Grundlage für dieses Verfahren ist der Beiordnungsbeschluß des Gerichts (der den F Π b Anwalt wie den Patentanwalt namentlich nennt — insoweit genügt Stillschweigen nicht nach KG J W 38/2770", OLG Königsberg BüroBl. 31/281, Celle JVB1. 35/314; a. M. aber OLG Naumburg J W 37/1077 29 —, den Gerichtsvollzieher aber nicht in Person, sondern nur allgemein namhaft macht). Ist er erlassen, so wird die Notwendigkeit der Beiordnung usw. nicht mehr geprüft (KG J W 34/1179 4 , OLG Naumburg J W 36/95 2 48), auch wenn er vom Einzelrichter (an sich unzulässig) erlassen wurde (KG J W 35/1045 18 , OLG Stettin J W 35/172774, OLG Neustadt DRZ 49/69; abweichend KG J W 34/620 2 , wonach der Urkundsbeamte einen

807

FHb

§

103

Z P O I. Buch

Armenrechtsbeschluß nicht zu beachten brauche, wenn in ihm dem Anwalt für die Herbeiführung der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung eines Prozeßvergleichs Gebührenersatz zugebilligt war; vgl. auch § 103 F I). Die bedingte Beiordnung ist unzulässig und deshalb ist hier die Bedingung nicht zu beachten ( K G J W 36/307244; a. M. O L G München JVB1. 40/103, wo ein Anwalt unter der Bedingung beigeordnet wurde, daß die Berufung nicht zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird). Unklare Beschlüsse belasten den Staat ( K G J W 36/61451); maßgebend ist, wenn Urschrift und Ausfertigung nicht übereinstimmen, die weitestgehende Bewilligung (vgl. R G v. 26. 10.1936 I V Warn. 192, K G D R 42 A 8 1 4 3 8 ; a. M., es gelte nur die Ausfertigung: O L G Darmstadt D R 40 A 4 6 9 « , Kiel J W 30/3492 la ; es gelte nur die Urschrift: O L G Kiel H R R 30/1282). Ihre formlose Mitteilung (auch durch schlüssiges Handeln: K G J W 38/697", O L G Breslau J W 32/2914") genügt; sie wirken ab Erlaß (vgl. K G J W 38/204338, 3259", mit der Herausgabe der Ausfertigung an die Post: K G KGB1. 31/136, O L G Kiel J W 29/25418, Köln J W 33/108328 oder durch mündliche Mitteilung R G v. 7. 5.1934 I V E 144/257 folg., O L G Naumburg D R 39 A 1186 43 ), auch durch den Berichterstatter bzw. den Urkundsbeamten, bei dem letzten, sofern er selbst beiordnet oder den Beschluß ausfertigt. F Hb 1

Der Umfang der Beiordnung deckt sich allerdings regelmäßig nicht mit dem derProzeßvollmacht, sondern beschränkt sich auf das Verfahren vor dem beiordnenden Gericht und auch dort nur in der Höhe, wie die Beiordnung ausgesprochen wurde (wenn auch dafür die Wertangabe im Beschluß nicht maßgebend ist: K G J W 36/216360), erstreckt sich also weder auf eine Klageerhöhung noch bei der Antragsänderung auf sie ( K G J W 35/ 1045", O L G Breslau J W 32/2171"), es sei denn, daß bei Klageänderung der Gebührenwert gleich bleibt. O L G Nürnberg J W 31/1134" bezieht das für die Scheidungsklage bewilligte Armenrecht ohne weiteres auf die Aufhebungsklage. K G D R 39 A 182513 ließ, wenn zunächst neben Leistung auf Feststellung geklagt, dann aber der Leistungsantrag — unter Herausnahme aus dem Feststellungsantrag —- verändert wurde, die alte Armenrechtsbewilligung gelten. O L G Düsseldorf J W 36/130227 verlangte aber bei dem Übergang von der Feststellungsklage zur bezifferten Leistungsklage eine neue Bewilligung, wenn der bezifferte Anspruch den geschätzten W e r t des Feststellungsantrags überschritt. Bei einer Gebührenwerterhöhung ist der höhere W e r t von der alten Bewilligung auch nicht bei Vergleichen, soweit das Gericht die Bewilligung nicht hierauf ausdehnt ( K G J W 34/2633°), gedeckt. ( K G J W 33/201810, O L G Frankfurt JVB1. 33/58, Kiel J W 34/1775, Naumburg J W 34/7786, Düsseldorf J W 36/1302as, Kassel J W 37/254S4 lassen deshalb die Vergleichsgebühr nur nach dem Klagegegenstand erstatten); doch kann dies auch stillschweigend (nach O L G Zweibrücken J W 38/47340, K G J W 38/242032 in besonderen Ausnahmefällen) geschehen (wobei man das Gericht, wenn es bei Vergleichsschlüssen nicht ausdehnen will, für aufklärungsbelastet ansehen sollte, §139). Die Bewilligung erstreckt sich nicht ohne weiteres auf die Widerklage bzw. auf die Verteidigung gegen sie — abgesehen von den Fällen, wo der Gebührenwert unverändert bleibt (wie bei Ehesachen, K G J W 35/79713). Nur soweit die Beiordnv ng reicht, erstattet der Staat, nicht darüber hinaus ( O L G Naumburg J W 38/119463) ; doch muß der Staat im Rahmen der Beiordnung erstatten, auch wenn der Beigeordnete darüber hinausgeht ( O L G Dresden J W 38/325840) und hinausgehen muß. W i r d etwa dem prozeßbevollmächti^ten Armenanwalt eine einstweilige Verfügung zugestellt, so kann er deshalb v o m Staat no h keine Kosten verlangen ( O L G Düsseldorf BüroBl. 31/10). Umgekehrt darf aber vor den Kollegialgerichten die zu entgeltende Tätigkeit nicht auf die dem Anwaltszwang unterliegenden Prozeßhandlungen (§ 78 I) beschränkt werden.

F Π b 2

Regelmäßig wirkt die Beiordnung vom Erlaß des Beschlusses ab ( R G v. 6. 2.1923 V I E 126/300 [301], K G J W 34/12522, J W 37/250", J W 35/170023, O L G München J W 33/10832e, Kiel J W 34/24981», Königsberg JVB1. 41/148, L G I Berlin J W 29/31902; a. M. O L G Karlsruhe J W 34/622").

808

Prozeßkosten

§ 103

FHb2

Kosten, die vor der Beiordnung entstanden sind, sind nur zu ersetzen, soweit sie auch noch ζ. Z. der Beiordnung entstehen würden, wenn sie bis dahin nicht entstanden wären (RG v. 20. 3.1925 V E 111/34f., KG J W 26/857«, J W 35/1045 19 , J W 38/1840", OLG Kiel J W 34/570', Dresden MDRRAK 40/27»; Auslagen regelmäßig nicht, die Prozeßgebühr dagegen doch, vgl. RG v. 20. 3. 1925 V Β 111/34 [35], OLG Hamm J W 29/137 40 , Dresden H R R 41/80, Düsseldorf J W 36/1306 36 , JW37/1424 26 , NaumburgJW34/3227 1 0 , KG J W 35/800 27 ; nach KG DR 40 A 2 0 2 8 27 genügt auch die Bezugnahme auf Ausführungen im Armenrechtsverfahren ; nach KG J W 36/616 55 , wenn Erlaß einer einstweiligen Verfügung schon früher beantragt und sie nach Beiordnung erlassen wurde; a. M. aber KG J W 33/228 4 , J W 35/791 2 , OLG Düsseldorf J W 36/2 1 5 7 40, Kiel J W 32/1165 30 , J W 36/ 3321 22 , JVB1. 39/171, Zweibrücken J W 37/17 4 6 49, Frankfurt MDRRAK 41/45, Nürnberg N J W 50/231 14 ); dies führt dazu, daß nur die halbe Gebühr (vgl. RAGebO § 14) bewilligt wird, auch wenn die Klage bzw. die Berufungsbegründung (OLG Köln DR 39 A 119354) schon vor der Beiordnung eingereicht war, sofern nicht späterhin noch die volle Prozeßgebühr entsteht. Klagerücknahme- (vgl. OLG Köln J W 35/1947 17 , eingeschränkt nach KG J W 33/228 4 , J W 33/2844 2 , wenn die Klage zugestellt war), Rechtsmittelrücknahmeschriften (OLG Hamm und München JVB1. 38/232, Kiel DRpflRspr. 38/3819β4) sind aber solche i. S. der RAGebO § 14, ebenso die Anzeige der Parteien im Ehestreit, daß sie sich ausgesöhnt haben (KG J W 38/1199«, OLG Kiel J W 35/8 0 8 49) und auch die bloße Mitwirkung an einem Vergleich (KG J W 37/1423 24 ; hier entsteht nur die 5/10 Prozeßgebühr). Die nachträgliche Beiordnung löst andererseits nicht die erhöhten Gebühren nach RAGebO § 51 aus, wenn der Prozeßbevollmächtigte die arme Partei schon zuvor als Wahlanwalt vertrat (RG v. 9. 12. 1936 V J W 37/237«; a. M. KG J W 34/1181 », OLG Düsseldorf J W 35/63 le , wenn er vorher Armenanwalt der anderen Streitgenossen war). Wurde der Armenanwalt nach Erlaß des Beweisbeschlusses beigeordnet (und wird kein weiterer erlassen), so erhält er keine weitere Verhandlungsgebühr nach RAGebO § 17 (OLG Breslau H R R 30/915, AG Breslau H R R 32/192, vgl. auch OLG Nürnberg J W 31/227 4 ), wohl aber die Beweisgebühr. Wird er nach Abschluß der Beweisaufnahme beigeordnet, so erhält er auch keine Beweisgebühr (OLG Breslau H R R 32/192). Über die Vergleichsgebühr vgl. § 103 F II b 3. Anders ist es, wenn der Beschluß mit rückwirkender Kraft ergeht, was bis zur Beendigung der Instanz (nach RG v. 22. 2. 1938 VII E 157/97Í., KG JVBl. 38/101 ; aber nicht mehr danach, RG v. 10. 10. 1936 I E 152/221 = J W 3185 9 , v. 22. 2. 1938 VII E 157/97 = J W 119160, auch nicht durch Ergänzung eines früheren Armenrechtsbeschlusses, OLG Naumburg BüroBl. 31/211) zulässig ist (RG v. 10. 10. 1936 I E 152/221, ν. 22. 2. 1938 VII J W 38/1191 60 ). Jedenfalls erstreckt sich die Rückwirkung nur bis zur Antragsstellung. Ob sie aus den Umständen entnommen werden darf, ist streitig (bejahend KG J W 36/3586", OLG Hamburg HRGZ 39 Β 232, OLG Breslau J W 32/672 24 für den am Tag der mündlichen Verhandlung oder nach ihr zugestellten Beschluß und besonders, wenn er erst im Verkündungstermin verkündet wurde KG J W 36/2571 66 , LG Frankfurt J W 32/1174 9 ; a. M. RG v. 9. 12.1929 VI E 126/300 [301], anders ferner KG J W 34/ 1920 5 , wenn das Prozeßgericht erklärt, es bestehe kein Anlaß dazu, ihn auf die Verhandlung zu erstrecken). Die Beiordnung und die Bewilligung erstrecken sich nur auf die Instanz, für die sie F ü b 3 ausgesprochen sind, hier aber auch auf ein Nachverfahren (die im Urkundenprozeß ausgesprochene, auch wenn von ihm Abstand genommen wird: OLG Kiel J W 26/2590 12 ) oder nach Rückverweisung (OLG Kiel J W 32/29 1 6 6 2 ; doch kann das Prozeßgericht auch anders entscheiden, KG J W 35/34 8 5 58 , aber nur wenn Anlaß dazu besteht). Dies gilt auch, wenn ein Prozeßvergleich geschlossen worden ist, dieser aber im selben Verfahren angefochten wird (die ausdrückliche Entziehung des Armenrechts ist dann angreifbar, KG DR 40 A 340 29 ). Auch bei Verweisung an ein anderes Gericht bleibt die Beiordnung bestehen, falls der Beigeordnete auch dort zugelassen ist (OLG Frankfurt H R R 30/817). Dies gilt ferner für Wiederaufnahmeklagen (KG J W 37/1425 2S ). Fertigt der bisherige Anwalt für die Partei ein Armenrechtsgesuch für die höhere Instanz, so will die h. M. diese Tätigkeit nicht ersetzen lassen (KG J W 36/1299 21 , J W 37/2791 3e , J W 39/438 44 , OLG Breslau J W 31/1839 37 ; dagegen aber Kubisch J W 36/2001 Anm. zu 84).

809

F i l b8

§

103

ZPO I. Buch

Das entsprechende gilt für das Handeln des Anwalts in der Zwischeninstanz (d. h. hier, bis für die höhere Instanz ein anderer Anwalt bestellt ist, KG J W 37/2791 3e ). F ü r Vergleiche in der Zwischeninstanz wird noch die Vergleichsgebühr erstattet ( K G J W 35/800 28 , OLG Düsseldorf J W 36/1302 29 , Naumburg J W 36/345"), nicht mehr nach Einlegung des Rechtsmittels nach KG J W 33/29247, OLG Düsseldorf J W 37/1657 21 ; nicht mehr nach Rechtskraft nach KG J W 36/2811 37 . Doch ist dies einzuschränken, einmal soweit noch kein höherinstanzlicher Anwalt für die arme Partei bestellt war — solange kann der vorinstanzliche Armenanwalt auch noch Ersatz seiner Auslagen fordern für Schriftstücke, die er weiterleitet (KG J W 37/2791 3e , OLG Stettin J W 33/ 1783 11 , Düsseldorf J W 36/617 57 ) — und sodann, soweit er als Wiederaufnahmeanwalt in Betracht kommt. E r hat also nur dann keinen Anspruch gegenüber der Staatskasse, wenn in der Rechtsmittelinstanz verglichen wird und in ihr der armen Partei ein anderer Anwalt bestellt ist, der die Vergleichsgebühr erhält (KG J W 35/798 20 ), soweit nicht etwa zugleich noch ein in der ersten Instanz befindlicher Anspruch unter seiner Mitwirkung mitverglichen wird (KG J W 35/4393, OLG Köln H R R 34/980: dann aber beschränkt auf den Wert dieses Teils), wie umgekehrt der höherinstanzliche Anwalt, wenn er nach Beendigung der Instanz bei der vergleichsweisen Regelung mitwirkt, von der Staatskasse nicht entgolten wird (KG J W 33/28247). Γ Πb4

Das im Hauptprozeß bewilligte Armenrecht für die erste Instanz erstreckt sich auch auf das Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. aber § 115 I 3). Hat der Anwalt namens der Partei (anders wenn er dies im eigenen Ñamen tut, OLG Köln H R R 36/843) die Kostenfestsetzung betrieben, so haftet dafür der Staat gebührenmäßig nach OLG Celle J W 27/859 13 , 2153 1 1 , DRpflRspr. 37/18 9 338 , Frankfurt J W 29/88133 (nicht aber wenn nur die höhere Instanz bewilligte: OLG Celle NdsRpfl. 49/57). Die Beiordnung eines Anwalts der ersten Instanz bezieht sich ferner auf die Vollstreckung, wenn sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden ist (und auch bezüglich der Kostenbeitreibung: LG Köln JMB1.NRW49/191) ; doch wird die Vollstreckung regelmäßig von der Beiordnung ausgenommen (KG J W 35/801 3 \ J W 37/2465 23 , OLG Kiel J W 24/1269 34 , J W 26/269®, Karlsruhe J W 27/2159 22 , Celle J W 28/2798 23 , Zweibrücken J W 37/83230, Düsseldorf J W 2 5 / 6 5 3 2 5 ; a. M. OLG Nürnberg JW20/1043 1 3 , Braunschweig· J W 22/502", Kassel J R 25 Β 1270, Frankfurt J W 26/2467», Nürnberg J W 29/884", Augsburg J W 30/731 le , Stuttgart H R R 32/372, Frankfurt H R R 32/1165, Königsberg BüroBl. 31/212, Darmstadt J W 33/1083 31 , die ausdrückliche Beiordnung für die Vollstreckung fordern). Ob der beigeordnete Anwalt für den Gläubiger oder den Schuldner in der Vollstreckung tätig wird, bleibt gleich (vgl. KG J W 35/2901 2e , wonach sie sich auch auf die Abwehr von Beschwerden erstreckt). Nicht gedeckt durch die Beiordnung werden aber selbständige Verfahren, die an die Vollstreckung anknüpfen, wie im besonderen die Klagen aus §§ 771, 805 (KG J W 38/3134«) und auch nicht die VolJstrekkungsbeschwerden (OLG Kiel BüroBl. 31/20, LG Berlin J W 37/2796"). Die Beiordnung bezieht sich ferner auf das Beweissicherungsverfahren (a. M. OLG Breslau H R R 32/373). Dagegen muß das Armenrecht für Arrest und einstweilige Verfügung besonders bewilligt werden (KG J W 29/1333», OLG Breslau J W 31/2382 18 ), und wenn es für das Anordnungsverfahren bewilligt ist, erstreckt es sich nicht auf das Aufhebungsverfahren (KG J W 35/801 32 ), wohl aber nach der hier vertretenen Auffassung auf die Vollziehung (d. i. die Vollstreckung, so auch: KG J W 35/796 12 ), wenn es erstinstanzlich bewilligt wird (§ 103 F II b 5). Auch die einstweiligen Anordnungen nach §§ 627foIg. werden von der Beiordnung im Ehestreit nicht erfaßt (für § 627 : KG D R 40 A 341 30 , OLG Celle NdsRpfl. 49/76, Hamm J R 50/279, München D J 38/1883, Köln D J 39/229, Düsseldorf D R 39 A 332 21 , JenaJW39/570 3 4 , KielDRA1014 3 6 , K ö l n J W 3 9 / 3 6 3 3 6 , N a u m b u r g D R 3 9 A 1 8 2 7 1 5 , F r a n k furt M D R R A K 40/116 75 , J e n a D J 39/970, Dresden D R 4 0 A 3 7 4 1 3 ; für § 627 b: KG D R 39 A 331 20 , OLG Freiburg Rpfl. 50/239, Breslau D J 40/406, Kassel S J Z 49/704; für den Unterhaltsvergleich für die Zeit nach der Scheidung: KG D R 39 A 13 4 0 42 , 18 2 7 16 ).

Γ Πb5

Für jede höhere Instanz ist die besondere Bewilligung und Beiordnung erforderlich, auch für die Beschwerdeinstanz (KG J W 35/3315 31 , D R 39 A 1468 3 7 , OLG Köln JVB1. 32/212). In den höheren Instanzen gilt die Erhöhung der RAGebO (KG J W 38/396 31 ).

810

Prozeßkosten

§

103FIIb5

Die Beiordnung für die Berufungsinstanz umfaßt niemals die Vollstreckung oder das Kostenfestsetzungsverfahren, das zur ersten Instanz gehört (OLG Celle NdsRpfl. 49/57), wohl aber Anträge aus §§ 534 (KG J W 35/798 1 ', OLG Dresden J W 36/215743), 515 III ^a. M. OLG Düsseldorf J W 37/833 33 ). Die Beiordnung zur Verteidigung gegen die Berufung (KG J W 35/79610, J W 104621) enthält nicht die für die Anschlußberufung (KG J W 35/796 10 , 80130, RG v. 27. 4. 1898 VSZ E 41/400, ν. 3. 7. 1899 VI E 44/416 [417], v. 16. 5. 1904 VSZ E 57/301 f.; a. M. BGH v. 24.11. 1953 V ZR 147/51) bzw. die Verteidigung gegen sie. Will der Rechtsmittelbeklagte ein selbständiges Rechts- oder Anschlußrechtsmittel einlegen, so bedarf es dazu der besonderen Bewilligung (RG v. 27. 4. 1898 VSZ E 41/400Í.). Ist das Armenrecht in der Berufungsinstanz für ein Zwischenurteil bewilligt, so erstreckt es sich nicht auf die Berufung zur Hauptsache (RG v. 4. 2.1925 V J W 7563) ; ist es für die Berufung gegen ein Teilurteil bewilligt, so ergreift es nicht die gegen ein anderes Teil- bzw. das Schlußurteil; war es gegen ein erstes Urteil der ersten Instanz bewilligt, so erfaßt es nicht die Berufung gegen ein zweites Urteil der ersten Instanz nach Aufhebung und Zurückweisung; das entsprechende gilt für die Revisonsinstanz. In des Erstattungsrecht nach dem ArmenanwaltserstattungsG spielt das Vertrags- F ΠΙ Verhältnis zwischen dem beigeordneten Anwalt und der armen Partei hinein. Während aber im freien Vertragsverhältnis die Partei selbst bestimmt, welche außergewöhnlichen Aufwendungen sie machen will, wird hier bisweilen die Entscheidung des Staates (vertreten durch das Gericht) erforderlich. Auch verschiebt sich das Verhältnis der Erforderlichkeit der Aufwendungen zum allgemeinen Erstattungsrecht, weil die Armenanwaltsgebühren erheblich geringer sind und deshalb häufiger an Stelle von Reisen die billigere Gestellung von Anwaltsvertretern in Betracht kommt. Darüber, daß das Vertrags- und Vollmachtsverhältnis zwischen der Partei und dem F ΠΙ a Anwalt schon mit der auf die Beiordnung folgenden Handlung des Anwalts zustandekommt, vgl. § 80 Β II c 2, die h. M. weicht davon ab und fordert eine — weitere — besondere Vollmachtserteilung durch die Partei, wenn sie auch keine schriftliche Vollmachtserteilung verlangt (KG J W 35/104623, J W 36/28170) und die durch Übersendung der Handakten der Vorinstanz (KG J W 36/28 1 70), durch nachträgliche Ausstellung der Vollmachtsurkunde (KG J W 36/61452, J W 39/43643) oder sonstige stillschweigende Genehmigung genügen läßt (KG J W 37/3050 46 ); dafür läßt sie aber bei dringenden Handlungen (wo sonst Fristablauf eintritt) gebührenersatzpflichtiges sofortiges Handeln — also nach ihrem Standpunkt auch ohne Vollmachtserteilung — auf Grund des Beiordnungsbeschlusses zu (KG J W 34/11795, J W 35/10462», 170023, OLG Naumburg J W 34/ 3226», Stettin J W 34/119433, Dresden H R R 38/1144, LG I Berlin J W 32/1596 2 ; a. M. OLG Celle DR 39 A 330 18 für den Anwalt, der als Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt). Die Kosten sind zu ersetzen, auch wenn die Partei ζ. Z. der Beiordnung schon verstorben ist (OLG Celle DRpflRspr. 37/253 441 ; a. M. KG J W 33/2159«), Allerdings erlischt nach §122 das bewilligte Armenrecht mit dem Tod (KGJVB1. 34/225, J W 3 7 / 3051 47 , OLG Hamm JVB1. 35/342); soweit aber der Armenanwalt davon nichts weiß, haftet ihm die Staatskasse (KG DR 39 A 584», OLG Düsseldorf Rpfl. 50/94). Wird derselbe Anwalt dann den Erben beigeordnet, so sind die bisher entstandenen Gebühren anzurechnen (KG J W 31/183734, OLG Kiel H R R 31/1956). Erledigt sich die Klage vor Erhebung aus anderen Gründen, so haftet der Staat nach RAGebO § 14 (OLG Breslau J W 23/84820) ; aber er haftet gar nicht, wenn der gesamte Auftrag vor Beiordnung erledigt war (KG J W 36/257064). Durch eine Entziehung des Armenrechts, selbst mit rückwirkender Kraft, werden die entstandenen Rechte der Anwälte usw. nicht berührt (LG Essen Rpfl. 48/38). OLG Braunschweig NdsRpfl. 50/60 hat indes dem, der seine Zulassung zur Anwaltschaft erschlichen hat, den Ersatzanspruch abgesprochen. Soweit die arme Partei dem Anwalt zur Bezahlung von Gebühren und Auslagen nicht ρ ΠΙ b verpflichtet wäre, ist es auch grundsätzlich der Staat nicht. Dies gilt zunächst für die dem Gebührenanspruch unmittelbar entgegenzusetzenden F ΠΙ b 1 Einwendungen. Nur die erforderlichen Aufwendungen (KG J W 35/80133, J W 37/824 21

811

F m b i

§

1 0 3

ZPO I. Buch 30

[mit Aufzählung im einzelnen], 1427 , OLG Kiel J W 31/184 1 44, J W 32/1165 31 , Dresden J W 37/828 23 ) und Gebühren des Anwalts sind zu erstatten. Im besonderen werden zugebilligt: Umsatzsteuer (KG J W 31/324 2 , OLG Hamburg J W 30/3871 20 , Jena J W 30/ 3871 22 , Naumburg BüroBl. 31/216, Celle DRiZ Rspr. 32/22 1 273 wie die Praxis des BGH), Fotokopiekosten (KG J W 30/948«), Schreibgebühren (OLG Düsseldorf J W 30/568 14 , Naumburg J W 36/2160«; a. M. OLG Stettin J W 31/1135", Kiel J W 31/2383 21 , Königsberg JVB1. 38/133, KG J W 34/913 3 , J W 35/8002»), Dolmetscherkosten (OLG Kiel J W 32/1165 31 : für Übersetzungskosten nach Lage des Falles (BGHIV ZR23/52; u. U. nach Beschluß des Gerichts: KG J W 35/792 3 , J W 37/560 29 ; LGBerlin J W 37/109 1 4 9 : nur danach) . Nicht erstattungsfähig sind die Auslagen, welche der Wahlanwalt nicht ersetzt verlangen darf, also die für Miete von Büchern, die er zu seiner Unterrichtung braucht (OLG Dresden J W 37/828 23 = H R R 37/479, vgl. §91 Ε VI c 4), oder die bei Teilnahme an der durch den Sachverständigen vorgenommenen Ortsbesichtigung (OLG Naumburg J W 38/700 44 ) bzw. Erörterung im Büro des Sachverständigen (OLG Düsseldorf MDRRAK 38/208), wie für die Fahrtkosten innerhalb des Stadtgebiets (KG JW35/802 3 9 ). Nicht zn erstatten sind die Kosten des Anwalts, in dessen Person ein Vertreterwechsel erforderlich war; also wenn der Anwaltswechsel durch willkürliches oder schuldhaftes Verhalten des Anwalts eintritt (soweit dadurch für den Nachfolgeanwalt dieselben Gebühren nochmals entstehen); bei freiwilliger Zulassungsaufgabe (KG J W 34/2496 13 , J W 35/2653 45 , J W 36/7 3 9 25, OLG Hamburg J W 36/620", Hamm J W 35/3399 3 ", Düsseldorf J W 36/6165", Königsberg J W 35/1726 70 , Dresden DR 39 A 1723 20 , bei ehrengerichtlicher Entziehung der Zulassung: OLG Düsseldorf J W 37/828 22 ; a. M. OLG Naumburg J W 38/1470 22 , Köln 37/561 30 ), bei Löschung des Anwalts durch sein Verschulden (infolge Begehungstrafbarer Handlungen: OLG Düsseldorf J W 37/828 22 , gleichviel ob der Anwalt die Löschung selbst beantragt oder nicht: OLG Königsberg JVB1. 38/284), aber auch in dem Falle des Vertretungsverbots (OLG Kiel DRpflRspr. 36/631 708 ; tritt er trotz dessen, auf, so billigt ihm KG J W 33/1782 8 keinen Erstattungsanspruch zu). Der Erstattungsanspruch entfällt aber auch bei Aufgabe wegen Alters (KG J W 36/ 342 36 ) ; in solchen Fällen muß der Anwalt zuvor um Abstandnahme von der Beiordnung bitten (KG J W 35/3S7364). Dagegen wurde bei Übernahme eines öffentlichen Amtes der Anspruch gewährt (OLG Düsseldorf J W 36/616", Darmstadt J W 37/1424 27 f.; a. M. KG J W 35/1040 4 , 1044 13 , 2293 39 ), ebenso bei Abberufung durch höhere Gewalt (Gesetzgebung, OLG Naumburg J W 38/1470 22 ), wie überhaupt, wo der Anwalt unverschuldet ausscheidet (KG J W 36/342 36 : aus Krankheit; OLG Naumburg J W 38/1470 22 : aus zwingenden wirtschaftlichen Gründen). In diesen Fällen wird die Erstattungspflicht des Gegners mit der der Staatskasse regelmäßig übereinstimmen. Doch hat die Staatskasse den ausscheidenden Armenanwalt auch dann zu entgelten, wenn der Gegner nicht die Kosten zweier Anwälte zu ersetzen braucht (vgl. KG J W 35/ 357263, J W 37/2237 e7 , J W 36/61564), wenn der Anwalt infolge des Verhaltens seiner Partei die Vertretung niederlegt (KG J W 36/34234) ; dann wird indes der Anwalt klarstellen müssen, daß er die Niederlegung nicht zu vertreten hat (vgl. KG J W 36/2161 48 ; insoweit muß ihn aber die Partei von der Schweigepflicht entbinden). Werden mehrere Anwälte versehentlich durch das Gericht (auch ohne Veranlassung der Partei, KG J W 37/2 2 3 7 67) beigeordnet, so haftet der Staat ohne Rücksicht darauf, ob die Partei mehrere Anwälte gewählt hätte (KG J W 36/615 44 ). Er haftet auch dann, wenn die Beiordnung vom unzuständigen Gericht ausgeht (KG J W 35/799 24 ). Nimmt der Anwalt Prozeßhandlungen vor, welche die eigene Partei nicht zu entgelten braucht, im besonderen wenn sie unnütz sind, so erstattet auch die Staatskasse nichts (KG J W 35/791 2 , OLG Kiel J W 32/29 1 6 62 , Braunschweig H R R 35/1684, Frankf u r t J W 32/2172 1β , Köln JVB1. 37/341), im besonderen wenn die Handlung des Anwalts aus prozessualen Gründen von vornherein erfolglos sein muß (OLG Düsseldorf JVB1. 32/ 215). Für die Einlegung eines unzulässigen Rechtsmittels darf also der Anwalt nicht berechnen, falls er die Unzulässigkeit zu vertreten hat oder bei der Einlegung kannte bzw. kennen sollte; der dadurch entstandene Schaden kann ihm aber nicht von der Staatskasse entgegengehalten werden, es sei denn, daß die Partei aufgerechnet hat. Möglicherweise kann dem Anwalt auch die unzweckmäßige Auswahl der Vollstreckungsmaß-

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Prozeßkosten

§

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Fmbi

nahmen vorgeworfen werden (KG J W 34/372 2 , JVB1. 39/188), wenn er auch regelmäßig für die Maßnahmen zu entgelten ist, selbst wenn die Vollstreckung fruchtlos ausfällt (KG J W 23/846 12 ). Die Gebühr nach RAGebO § 87 wird nicht von der Staatskasse ersetzt (KG J W 35/798 le ). Auch wenn die arme Partei dem Anwalt begründeterweise Pflichtverletzung vorwirft, braucht der Staat die Gebühren nicht zu entgelten (OLG Braunschweig H R R 35/1684; a. M. KG J W 35/789 1 ); dies gilt auch dann, wenn der Anwalt gegen Gesamtschuldner zwei Klagen angestrengt hatte, anstatt sich mit einer gemeinschaftlichen zu begnügen, es sei denn, daß besondere Gründe (KG J W 35/1705 35 , etwa die Vernehmung eines der Gesamtschuldner als Zeugen im Prozeß des anderen) dafür sprechen. Doch hat KG J W 35/789 1 nicht jeden Verstoß genügen lassen. Auch ist dem Anwalt weitgehend Ermessensfreiheit zugute zu halten. Überflüssig ist nichts, was zum prozessualen Abschluß des Streits gehört, also auch nicht die Erwirkung eines Verlustigkeitsbeschlusses (§515 111, OLG Köln J W 37/2238 68 , Breslau D R 3 9 A 333 24 , selbst wenn beide Parteien arm sind, OLG Köln H R R 39/53). Aber auch wenn der Anwalt von der Partei Auslagen ersetzt fordern darf, haftet dafür noch nicht schlechthin der Staat, so etwa für die Prozeßmaterialbeschaffung (OLG Breslau JVB1. 32/213, wohl aber in Ausnahmefällen: KG J W 37/142730, OLG Dresden H R R 37/276; abweichend OLG Kiel 42/7), wozu auch die Einholung der Auskunft des Einwohnermeldeamts gehört (KG J W 34/9133) ; einen solchen Anspruch hat auch die Partei nicht gegen den Staat (RG v. 15.1.1896 V J W 1023). Dies gilt auch für die Vollmachtbeglaubigungskosten, die zur Durchführung eines Vergleichs erforderlich waren (OLG Kiel J W 31/113272), wie für verauslagte Gerichtsvollzieherkosten (OLG Hamburg HRGZ 38 Β 2 1 7 68). Nicht ersetzt werden dem Anwalt die Kosten, welche er zur Durchführung eines Anspruchs gegen die Staatskasse aufwandte (KG J W 37/558 2e ). Kein Erstattungsrecht hat der Anwalt gegenüber dem Staat, wenn er unvertretbar Ρ ΠΙ b 2 eine bestehende Deckungsmöglichkeit aus der Hand gibt (KG J W 35/2903 2e , J W 38/ 20453β, OLG Frankfurt J W 32/2915 eo f.). Doch darf sich der Anwalt über die Kosten vergleichen (KG J W 35/799 25 , OLG Köln J W 37/2003 81 ; a. M. bei vorsätzlicher Schädigung der Staatskasse OLG Naumburg J W 37/107728, J W 36/3325 28 ; aber der Anwalt hat nur die Interessen der Partei — sogar gegen die eigenen, vgl. § 124 Β II — nicht die der Staatskasse wahrzunehmen) ; ob dabei der Anspruch schon auf die Staatskasse übergegangen war oder nicht, worauf es OLG Köln H R R 37/1272 abstellte (die Ansicht ist in DR 39 A 13 4 0 43 aufgegeben worden), ist gleichgültig. Doch wird die Partei damit zu rechnen haben, daß die Nachzahlung nach § 125 angeordnet wird; indes berührt dies die entstandenen Ansprüche des Anwalts nicht (KG J W 36/342 3e , OLG Köln D R 3 9 A 1340 43 ; a. M. OLG Kassel J W 37/200432, das dann dem Staat eine Einrede gibt). Erläßt (BGB § 397) der Anwalt dem Gegner den Anspruch, so verliert er damit auch den gegen die Staatskasse (OLG Frankfurt JVB1. 32/75). Dagegen hat auch die Staatskasse (der LG- bzw. OLG-Präsident, der von den die F I I t b 3 Gerichtskasse überwachenden Beamten anzugehen ist, nachdem der Urkundsbeamte diesem die Akten vorgelegt hat, vgl. AV RJM v. 7. 10. 1935 — DJ 1474) die Einrede der Verjährung nach BGB §§ 196 I 15, 201, RAGebO § 85, die nach zwei Jahren vom Ende des Fälligkeitsjahres an gerechnet eintritt (OLG Naumburg J W 34/1927 le , Celle DRpflRspr. 37/190340). Im übrigen gelten Besonderheiten des Armenanwaltskostenerstattungsrechts für F Π Ι e Reisekosten, da ihr Ersatz in ArmenanwaltserstattungsG § 1 I 3 geregelt ist. Zu erstatten sind hier nur die Kosten, wenn sie auch der Gegner zu erstatten hätte F Π Ι c 1 (vgl. § 91 E IV c 5) ; denn nur dann kann man von der Erforderlichkeit der Reise sprechen (OLG Nürnberg J W 26/2480 18 , bei Reiseunfähigkeit der Partei: OLG Naumburg J W 36/1303 30 , D R 3 9 A U 9 2 63, Düsseldorf MDRRAK 38/110; a. M. OLG Braunschweig J W 25/1418'). Die Rechtsprechung modifiziert hier nur äußerlich : eine Reise kann auch erforderlich sein für Vergleichsverhandlungen (KG J W 37/55827) oder für eine Ortsbesichtigung zur

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F m c i

§

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ZPO I. Buch

eigenen Information des Anwalts (KG J W 38/1195 64 ; a. M. OLG Dresden H R R 38/123), zu auswärtigen Beweisterminen (OLG Kassel J W 32/673 ae , Kiel J W 34/3076 5 , Düsseldorf J W 36/3072 42 ). Der Armenanwalt darf aber nicht, selbst soweit er reisen dürfte, einen auswärtigen Terminvertreter (anders wenn er einen Substituten auf die Reise schickt: OLG Düsseldorf J W 36/2571 56 , Kiel J W 36/2814", KG J W 36/742 2e ) bestellen und dessen Kosten zur Anrechnung bringen (a. M. KG J W 36/3588" folg., J W 33/1604 6 , OLG Kassel J W 37/1651 18 ), denn hierüber entscheidet wie bei der Bestellung des Verkehrsanwalts (KG J W 38/3061«) allein das Prozeßgericht (RAO BZ § 44 II). Allerdings braucht der Armenanwalt das Gericht nicht über die Notwendigkeit der Reise (anders der Patentanwalt, der zuvor die Zustimmung des Gerichts zur Reise benötigt, PatentanwalterstattungsG § 2 I 3) zu befragen. Befragt aber der Armenanwalt zuvor das Gericht über die Notwendigkeit der Reise und bejaht sie das Gericht, so darf sich der Anwalt darauf verlassen, wie sonst auf einen Beiordnungsbeschluß ; auch wird das befragte Gericht sich äußern müssen, und der Anwalt wie die arme Partei haben deshalb auch gegen die ablehnende Äußerung die Beschwerde (Jonas § 115 Anm. VII 1, vgl. KG J W 35/2512 e3 ; a. M. KG J W 35/3646 22 , OLG Stuttgart J W 36/1304 32) wie gegen die unterlassene Äußerung (§ 252 in entsprechender Anwendung). Daß der simultan zugelassene Anwalt keine Reisekosten ersetzt verlangen darf, ergibt RAO BZ § 23 (vgl. OLG München H R R 37/44 nach überholtem Recht). F ΠΙ c 2

Auch hier gilt aber der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Kosten (§ 91 E I), und er hat eine weitergehende Bedeutung als bei dem Wahlanwalt, weil die von der Staatskasse zu ersetzenden Kosten des Terminvertreters geringer sind als die Gebühren des Wahlvertreters. Sind deshalb die Armenanwaltskosten für einen Terminvertreter geringer, so ist dessen Beiordnung herbeizuführen (vgl. KG J W 36/17 9 2 27 , 2β, OLG Düsseldorf J W 38/826 49 ; a. M. OLG Bamberg J W 32/1163 26 , das, wenn eine Ehebruchzeugin vernommen wird, nach Erforderlichkeit die Reisekosten ersetzt, und schlechthin OLG Oldenburg J W 36/1304 31 ). Über den Antrag soll das Prozeßgericht entscheiden (KG J W 35/25 1 2 6 3 ; a. M. OLG Stuttgart J W 36/1304 32 ). Lehnt das Prozeßgericht ab, so ist dagegen Beschwerde zulässig (a. M. KG J W 35/3646 a2 ) ; bleibt es bei der Ablehnung, so sind dem Anwalt aber auch nicht Reisekosten zu erstatten (vgl. KG J W 36/3589 66 , J W 37/824 21 , wonach aber der frühere Beschluß für die Kostenfestsetzung nicht bindet; insoweit a. M. OLG Dresden DR 41 A 1501 40 ; anders wenn nachträglich Umstände hervortreten, die die Vertretung als erforderlich erscheinen ließen : OLG Dresden J W 38/ 1195 56 ). Beigeordnet wird nach OLG Stuttgart N J W 49/829 12 , Kassel N J W 49/873 24 nur, wenn die besonderen Umstände es erfordern ; doch wird damit die arme Partei dann möglicherweise schlechter gestellt. Allerdings bleibt zu prüfen, ob die Partei die Kosten aufgewandt hätte, wenn sie nicht arm wäre (vgl. KG J W 36/1792 28 ). Soweit ζ. Z. nach Bundesrecht die Beiordnung durch das Prozeßgericht nicht zulässig ist, sollte man die durch das ersuchte Gericht zulassen. Daß der Prozeßbevollmächtigte einen auswärtigen Anwalt ohne Beiordnung bestellen und dessen Kosten dann als seine Auslagen liquidieren darf (vgl. Willenbücher, Kostenfestsetzungsverfahren, 15. Aufl., S. 217), ist nicht zu billigen, zumal der Anwalt ja gar keine auf die Armenrechtsgebühren beschränkte Vertreter bestellen kann.

F ΠΙ d

So wenig die Partei von ihrem Wahlanwalt verlangen kann, daß er sie (ständig) persönlich vertritt, so wenig darf dies vom Armenanwalt gefordert werden. Auch er darf sich also durch einen anderen Anwalt (OLG Stuttgart J W 38/147 1 23, Dresden DR 41 A 150 1 40 ; OLG Köln J W 33/1086 34 ersetzt sogar die Kosten des Sozius, der nach dem Tode des Armenanwalts auftritt), seinen bestellten Vertreter (KG J W 36/28 1 4 43 , RAO BZ § 32), seinen Kanzleiverwalter (RAO BZ § 34) vertreten lassen (a. M. KG J W 37/ 5 5 9 28, OLG Frankfurt J W 36/7 4 4 29 = H R R 36/151, wenn der Anwalt sich ständig durch einen Unterbevollmächtigten vertreten läßt; dies kann allerdings standeswidrig sein), ohne gegenüber der Partei pflichtwidrig zu handeln. Auch die Vertretung durch einen Anwaltsassessor genügt gebührenrechtlich (OLG Düsseldorf J W 37/1650 16 ), aber auch durch sonstige Vertreter, sofern durch sie der Gebührenanspruch des Anwalts begründet wird (vgl. § 91 E IV a 3; also nicht für den nicht zur Ausbildung über-

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Prozeßkosten

§

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Find

wiesenen Referendar: O L G Kiel BüroBl. 31/8, Dresden M D R R A K 37/66, L G Hamburg M D R R A K 37/19; a. M. O L G Düsseldorf J W 33/142619). Ist das Armenrecht zum Bruchteil gewährt, so erstattet die Staatskasse die Ge- F Π Ι β biihren zu diesem Bruchteil der Armenrechtskosten ( O L G Naumburg D R 39 Α 1924 ιβ ) und ebenso die Auslagen ( B G H v. 2. 6.1954 V E 13/373 = L M - Z P O § 115/2, R G v. 20. 2.1932 I E 135/177L, K G J W 32/1164», O L G Stuttgart 31/113 580, Kiel J W 31/1841", Stettin J W 31/184350, Marienwerder, Naumburg, Breslau, Köln, Dresden, Jena sämtliche: JVB1. 32/259, Hamm JVB1. 33/157, Königsberg H R R 30/1283, Darmstadt J W 37/324842). W i r d indes der Partei auferlegt, einen Teil der Kosten selbst zu bezahlen (a DM), so wird dieser Teil auf die freien Gebühren des Anwalts verrechnet ( O L G Köln H R R 32/164). Umgekehrt braucht regelmäßig die arme Partei weder Gebühren noch Auslagen ab F Π Ι I Beiordnung selbst zu bezahlen (vom Bruchteilarmenrecht abgesehen), selbst wenn sie der Armenanwalt von der Staatskasse nicht ersetzt erhält. Bis zur Beiordnung haftet dagegen die arme Partei für die bis dahin entstandenen F Π Ι 11 Gebühren und Auslagen. Soweit allerdings die Staatskasse sie ersetzt, wird der Anwalt der armen Partei die Tätigkeit nicht verweigern dürfen, selbst wenn sie ihm nichts (mehr) zahlt. Hatte der Anwalt mit der Partei ein Sonderhonorar vereinbart, so sollte man annehmen, daß die Vereinbarung unwirksam wird, sobald der Anwalt beigeordnet ist (a. M. O L G Kiel J W 31/238322, Köln H R R 33/1788: sie bleibe wirksam); auch wenn dann die Partei nicht zahlt, darf der Anwalt seine Tätigkeit nicht versagen. Die nach seiner Beiordnung getroffenene Sondervereinbarung ist nichtig ( K G J W 31/1101 JW 39/41118, O L G Breslau J W 30/109631). Trotz Bewilligung des Armenrechts darf allerdings die arme Partei ihren Anwalt F Π Ι 12 freiwillig bezahlen. Doch ist sie darauf hinzuweisen, daß sie dazu nicht verpflichtet ist (Ehrengerichtshof JW35/1035 3 ). Diese Zahlungen sind zunächst auf den gesetzlichen Gebührenanspruch, wie er gegenüber der nicht armen Partei bestehen würde, anzurechnen, und nur, soweit noch ein Überschuß bleibt, ist dieser auf die v o m Staat zu ersetzenden Kosten zu verrechnen (ArmenanwaltserstattungsG A r t . I § 3, K G J W 34/ 1127 », O L G Hamm JVB1. 34/37, Dresden M D R R A K 40/96); dies gilt auch beim Bruchteilsarmenrecht ( K G J W 35/793·, wo allerdings der Anwalt nur den ihm zustehenden Bruchteil fordern darf). Empfangene Vorschüsse sind aber auf alle entstandenen Gebühren und Auslagen zu verrechnen, nicht bloß auf die bis zur Beiordnung entstandenen ( K G JW34/1127 1 ). Anzurechnen ist dabei auch das Sonderhonorar ( K G JW30/182 31 , 1518 25 ; J W 34/28664, O L G Stettin J W 33/53 3 65, Kiel J W 32/12225); ist es für mehrere Prozesse gezahlt, so sind alle gebührenmäßig voll zu bewerten (vgl. K G J W 34/28661). Dasselbe gilt, wenn nur für einen Teil das Armenrecht bewilligt worden ist ( K G D R 40 A 102319) oder wenn es um Vorschüsse geht, die nach B G B § 366 auf andere Prozesse zu verrechnen sind ( K G J W 23/84311 b ). Gelder, welche der Armenanwalt weiterleitet, sind ihm nicht anzurechnen ( O L G Naumburg J W 36/95044 für die an den Verkehrsanwalt weitergeleiteten). Die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden nach Fälligkeit Ρ I V (§ 103 F I I a 2) von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle der Instanz festgesetzt, von welcher der Anwalt beigeordnet war (ArmenanwalterstattungsG Art. 1 § 4 I), also nicht stets von dem der erstinstanzlichen Geschäftsstelle; bei Verweisung v o m verweisenden Gericht, das beigeordnet hatte, aber nach der Bekanntmachung des NdsJMin. v . 31. 7.1950 (NdsRpfl. 50/136) entsprechend der A V R J M v. 7.10.1935 (DJ 35/1474) von dem angewiesenen, es sei denn, daß der Anspruch schon beim verweisenden Gericht v o r der Verweisung fällig geworden wäre. Dieser setzt aber auch die dem Anwalt zu erstattenden Zwangsvollstreckungsgebühren und Auslagen fest, sofern der Anwalt auch hierfür von dem Prozeßgericht beigeordnet war; hat ihn die Vollstreckungsinstanz beigeordnet, so ist es der Urkundsbeamte dieser Instanz. §10411 ( K G JW35/802 1 ) ist für anwendbar erklärt worden; die übrigen Vorschriften der §§103 folg. gelten aber nicht ( O L G Naumburg J W 25/1899") ; im beson52

Wieczorek, ZPO. I.

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F IV

§ 103

ZPO I. Buch

deren ist die Anweisung des Urkundsbeamten kein Vollstreckungstitel. Hat der Anwalt die Kosten nach § 124 festsetzen lassen, so muß der Titel insoweit zurückgefordert und umgeschrieben werden, wie er die von der Staatskasse zu erstattenden Gebühren ergreift. Soweit nicht bestimmte Ansprüche (rechtskräftig) zu- oder aberkannt sind, sind Nachforderungen zulässig, im besonderen auch, wenn nachträglich noch Kosten entstanden sind (OLG Celle JW 30/3354M). Eine Gebühr für diesen Erstattungsantrag erhält der Anwalt nicht (RG v. 6. 6.1921 IV E 103/340 [344], KG JW 25/1021®, OLG Hamm JW 24/99031), auch nicht für die Erinnerung (KG JW 34/7047). FIV a

Ersetzt wird nur die gekürzte Gebührenhöhe des ArmenanwaltserstattungsG Art. I § 1 1 1 , 2 (die verschiedentlich herabgesetzt worden ist). Maßgebend sind die nach GKG §§17 folg. zu bestimmenden Streitwerte. Soweit in der Zwangsvollstreckung nach ZVG noch die Landesgebührenordnungen gelten, sind sie (OLG Naumburg JW 35/317221 für die Herbeiführung einer devisenrechtlichen Genehmigung durch den Anwalt), aber unter entsprechender Kürzung, anzuwenden (OLG Naumburg JW 37/279237).

FlVb

Gegen die Feststellung des Urkundsbeamten haben der Staat (vertreten durch die die Gerichtskasse überwachenden Beamten) wie der Anwalt die an keine Frist gebundene (KG JW 37/142223, DR 3 9 A U 9 1 6 2 ; abweichend hiervon wollen die Beschwerde nicht geben, wenn sich die Rechtsprechung später geändert hat: KG JW 31/357419, DR 40 A 120820, OLG Breslau H RR 41/662; anders wenn dies nicht der Fall war, die moderne Rechtsprechung dem Urkundsbeamten aber nicht bekannt war: KG J W 35/2654«) Erinnerung des GKG § 4 bei eigener Beschwer (LG Hamburg JVB1. 41/107) und gegen die gerichtliche Entscheidung die möglicherweise gegebene Beschwerde (vgl. § 104 C II a). Die Partei hat die Rechtsbehelfe nicht (KG J W 36/3325"), auch nicht die Gegenpartei (KG JW 35/170227, J W 36/3325"), wohl aber darf das Gericht selbst die Entscheidung ändern (ArmenanwaltserstattungsG § 4, GKG § 4 I 2, OLG Naumburg JW 25/18999). Doch darf im Beschwerdeverfahren der Beschluß nicht von Gerichts wegen zu Lasten des sich Beschwerenden geändert werden (OLG Frankfurt ZZP 52/104, JW 27/86019). Sie ist nach § 567 II an einen Beschwerdewert, der 50 DM übersteigt, gebunden. Gegen die Beschlüsse des OLG (§ 567 III, GKG § 4) und höherer Gerichte ist sie unzulässig. Die weitere Beschwerde ist nach § 568 III, GKG § 4 ausgeschlossen (OLG Breslau JW 31/2382", Stuttgart JW 33/108330). Wird sie indes daraufgestützt, daß das ArmenanwaltserstattungsG nicht angewandt ist, so hat sie RG v. 13.10.1927 IV DNotZ 28/49 zugelassen; in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist sie bei Zulassung durch das Beschwerdegericht gegeben, sofern der Beschwerde wert von über 50 DM erreicht wird (KostenO § 13 III 2, KG J W 39/439", JVB1. 40/121).

FIVc

Überzahlte Beträge sind wieder einzufordern (vgl. AV RJM v. 7. 10.1935 [DJ 1474] V 9 und KG JW 35/17022e). Allerdings darf nur innerhalb der Frist des ArmenanwalterstattungsG § 5, GKG § 5· zurückgefordert werden (OLG Kiel J W 32/291048, J W 33/222922; a. M. KG J W 31/3573 B, KG, OLG Dresden, Marienwerder alle in JVB1. 37/309; OLG Marienwerder HRR 38/709 will der Rechnungsbehörde eine angemessene Frist zur Nachprüfung zubilligen). Durchgesetzt wird der RückZahlungsanspruch nach der JustizbeitreibungsO auf dem Wege des Verwaltungszwanges (es kann also, sofern früher erstattete Beträge abgesetzt werden, nicht im Beschluß die Rückzahlung angeordnet werden: OLG Frankfurt ZZP 52/104). Auch hat KG JVB1. 33/56 die Aufrechnung der Staatskasse mit anderen auszuzahlenden Beträgen zugelassen. Will sich der Armenanwalt gegen die Aufrechnung wenden, so hat LG Altona LZ 33/1223 die Klage vor dem ordentlichen Gericht gegen den Staat zugelassen. Die Aufrechnung des Armenanwalts hat indes KG DR 39 A l 9241T in diesem Verfahren nicht zugelassen.

FV

Soweit der Staat Kosten für die arme Partei ersetzt, geht der Erstattungaanapruch der armen Partei auf ihn über, also nicht der Anspruch der armen Partei auf Ersatz ihrer Aufwendungen (KG JW 37/2799"), und nicht der Anspruch der armen Partei gegen ihren Streitgenossen (KG JW 35/4392), sofern er außerprozessual besteht. Von dem Er-

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Prozeßkosten

§ 103

FT

stattungsanspruch der armen Partei zu unterscheiden sind die Gerichtskosten (der allein in die Gerichtskosten verurteilte Gegner hat also nicht die Armenanwaltskosten seines Gegners, die außergerichtlich sind und bleiben, zu ersetzen: KG J W 35/799 2e , OLG Hamm J W 24/1267 30 , Celle J W 25/381 Breslau J W 26/268 2 ; a. M. OLG Naumburg J W 37/279339). Hatte indes die später obsiegende Partei die Staatskasse befriedigt, so darf sie diese Kosten nach OLG Kiel J W 30/349214 im daran anschließenden Kostenerstattungsverfahren ersetzt verlangen (insoweit findet sich die Parallele zu den Gerichtskosten, OLG Breslau J W 30/109230, Celle J W 30/334634). Bloß deshalb, weil der Gegner die Klage erhoben hat, trifft ihn noch keine Haftung für die Kosten des gegnerischen Armenanwalts (KG J W 25/68', 21512, ZZP 49/277, ZZP 50/146, OLG Hamm J W 24/ 1267 30 , Celle J W 25/381", Breslau J W 26/268 2 ); insofern liegt also der Fall anders wie bei den Prozeßpflegern, deren Bestellung der Gegner veranlaßt (vgl. §57 C H I ; doch haftet für ihn der Staat nicht, wenn er nicht zum Armenanwalt bestellt worden ist) ; der Staat haftet ferner noch nicht für den nach § 668 bestellten Vertreter (OLG Hamm J W 31/1129", Kiel J W 31/1133 74 , Hamburg J W 31/184041, München H RR 37/671; a. M. OLG Karlsruhe H R R 32/1514), wenn er nicht zugleich zum Armenanwalt bestellt worden ist. Gegenüber dem Armenanwalt ist der auf den Staat übergegangene Anspruch letzt- F Y a rangig (ArmenanwalterstattungsG Art. I § 5; RG v. 12. 11. 1929 III E 126/178, ν. 4.12. 1934 III H R R 35/379, KG J W 36/61350, OLG Düsseldorf J W 30/207638, Kiel DRpflRspr. 38/81 20e ). Dem Staat gegenüber darf nur nach § 124 II aufgerechnet werden (OLG Köln 30/3357 eo ), und auch eine vom Gegner geleistete Sicherheit darf der Staat nur insoweit in Anspruch nehmen, wie der Anwalt nicht geschädigt wird (RG v. 12.11.1929 III E 126/178). Dasselbe gilt im Verhältnis des Staates zur armen Partei, wenn diese Ansprüche in ihrem Namen geltend gemacht werden (OLG Dresden H R R 39/791). Dies zeigt sich besonders bei der Kostenausgleichung (§ 106, OLG Kassel J W 30/109537, auch wenn der armen Partei ein bestimmter Kostenbetrag aufgebürdet worden ist: KG J W 36/216664). Nur soweit für den Staat Rechte entstehen können, kann er auch den Ausgleichungsantrag nach §106 stellen (KG J W 36/216249, OLG Kassel J W 30/109537). Regelmäßig werden von dem Ausgleichungsantrag der Partei oder des Anwalts die auf die Staatskasse übergegangenen Kosten nach abschließender Berechnung abgesetzt, soweit sie auf den Staat übergegangen sind (KG J W 35/549 2 , 364521) ; sind sie aber — versehentlich — schon dem Armenànwalt nach § 124 angesetzt und vom Anwalt eingezogen worden, so muß er sie an die Staatskasse zurückzahlen (KG DR 39 A 1924 17 ). Andererseits hat der Gegner der armen Partei auch gegenüber der Staatskasse die Aufrechnungsmöglichkeit nur im Rahmen des § 124 II (OLG Kiel SchlHA 35/105, Hamburg MDRRAK 36/227). Trotz des Übergangs ist aber die Staatskasse nicht Herr des Anspruchs. So wie der F Y b Armenanwalt seine Rechte aus § 124 verlieren kann, kann es auch die Staatskasse (KG J W 35/1102 1 , J W 31/23797 bei Klagerücknahme des im ersten Rechtszuge siegenden Klägers). Solange die Kostengrundentscheidung nicht rechtskräftig geworden ist, dürfen sich die Parteien noch zu Lasten der Staatskasse vergleichen (KG J W 31/112568, J W 34/914 4 , 17983, J W 35/7 9 9 25. 29, J W 37/2 4 7 8 39, OLG Dresden J W 31/18 3 9 39, Kiel J W 34/3301, Köln J W 37/2003 31 ; a. M. OLG Hamburg HRGZ 39 Β 2 3 479, KG J W 34/2497" allgemein; KG J W 34/2570 2 , J W 36/3325 28 , OLG Naumburg J W 37/10 7 7 28, Kiel, Naumburg, Frankfurt: sämtlich JVBI. 37/361: wenn die Parteien sich in dem Bewußtsein vergleichen, den Staat um den Rückgriff zu bringen; OLG Dresden DR 40 A 59018 für den außergerichtlichen Vergleich). Einen Rückgriff gegen die arme Partei (derselben Parteiseite) hat der Staat nur, nach- F Y c dem der Nachzahlungsbeschluß ergangen ist (OLG Kiel J W 34/708 13 ; beschränkt dieser sich aber auf die Gerichtskosten, so darf der Staat nicht die erstatteten Anwaltskosten zurückfordern, KG J W 37/25244). Sind allerdings beide Parteien arm, so ist der Staat nicht gehindert, gegen den Unterlegenen den auf ihn übergegangenen Anspruch der obsiegenden Partei (ohne Nachzahlungsbeschluß) geltend zu machen (OLG Karlsruhe J W 34/29366, Dresden J W 35/804 44 , Hamm J W 35/2913 43 , Hamburg J W 37/25247, Zwei52·

817

Ye

§ 103

ZPO I. Buch

brücken JW 37/165521, Kassel J W 37/200432, Hamburg JVB1. 37/230; a. M. KG JW 35/1045", J W 36/3423e, OLG Köln DR 39 A 13 4 0 43). Auch wenn der Gegner der armen Partei sich ihr gegenüber verpflichtet hatte, außergerichtliche Kosten oder Gerichtskosten zu ersetzen (OLG Kiel JW 37/22397l), kann diesen Anspruch die Staatskasse nicht erheben, wohl aber kann dies Anlaß für die Kostennachzahlungsanordnung in dieser Höhe sein. Vd

Besonderheiten ergeben sich, wenn mehrere Streitgenossen derselben Parteiseite durch denselben Anwalt vertreten werden und ein Teil von ihnen obsiegt, der andere unterliegt. Waren beide durch denselben Armenanwalt vertreten und unterlag einer von ihnen, während der andere obsiegte, so werden — bei gleichem Anteil — die Kosten des Armenanwalts regelmäßig geteilt (vgl. OLG Königsberg JW 28/1158 26, Köln HRR 31/ 715, Kiel JVB1. 35/274), so daß es zu keiner Kostenerstattung kommt; vgl. dazu § 91 E IV b 6, § 92 A II. War für den einen Streitgenossen derselbe Anwalt als Wahlanwalt tätig, so bleibt er für das Erstattungsverfahren der Staatskasse außer Betracht ( KG J W 35/439 2, OLG Celle JW 35/617, OLG Düsseldorf JW 34/16784, Dresden SächsAf. Rechtspfl. 37/271; a. M. OLG Kiel HRR 35/1260; vgl. aber die AV RJM v. 3. 5. 1935 [DJ 696] und OLG Düsseldorf MDRRAK 40/2913). Nur soweit der Anwalt von dem anderen Streitgenossen die Gebühren voll erhalten hat und keine weiteren für die arme Partei entstanden sind, darf er nicht liquidieren (vgl. § 100 A II, III). Die Kosten werden nur in inländischer Währung festgesetzt, selbst wenn in ausländischer Währung oder wertbeständig verurteilt worden ist. Aufwendungen in ausländischer Währung werden nach dem Kurs des Tages umgerechnet, wo sie festgesetzt wurden; dies gilt auch für die DM-Ost (vgl. LG Bremen Rpfl. 50/277, Bielefeld MDR 51/305; vgl. auch OLG Braunschweig MDR 52/170). Hatte der Gläubiger allerdings inländische Währung aufgewandt, so sind seine Aufwendungen in inländischer Währung zu ersetzen, soweit sie dem Tageskurs der Aufwendungszeit entsprechen. Bei der sonstigen Festsetzung gilt BGB § 244. BGH v. 12. 2. 1954 I NJW 1200 berechnet die Kosten indes mit der Grenze des Höchstbetrags, den ein Westanwalt ersetzt verlangen könnte, wenn er tätig geworden wäre (vgl. dazu § 91 E IV a 3). Je nach dem Kurs der Zahlungszeit ist dann möglicherweise ein Teil noch festzusetzen bzw. der zuviel gezahlte Teil nach BGB § 812 zurückzufordern. Durch die Währungsumstellung ist für abgeschlossen entstandene Kosten nach MilRegG 63 §§ 13, 16 der Maßstab 1 : 1 0 anzulegen, bei noch nicht abgeschlossen entstandenen Gebühren (Prozeßgebühr) ist die Rechtslage dieselbe wie bei der späteren Beiordnung des bisherigen Vertrauensanwalts, sie entstehen nach der Umstellung voll in DM (u. U. nach herabgesetztem Streitwert) und werden dann entweder nach dem höheren Umstellungswert oder doch nach der gebührenmäßig besseren Wertstufe berechnet (vgl. OGH v. 22. 9.1948 II E 1/163 folg.).

§ 104

(99, 105)

I Die Entscheidung über das Festsetzungsgesuch ergeht durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle. Die Entscheidung ist, sofern dem Gesuch ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im übrigen ergeht die Mitteilung formlos. II Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, daB er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenen Auslagen an Post-, Telegraphenund Fernsprechgebühren genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, daß diese Auslagen entstanden sind. III Über Erinnerungen gegen den Festsetzungsbeschluß entscheidet das Gericht, dessen Geschäftsstelle den Beschloß erlassen h a t Die Erinnerungen sind binnen

818

Prozeßkosten

§

104:

einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Beschlusses beginnt, zu erheben. Die Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Das Gericht kann vor der Entscheidung anordnen, daß die Vollstreckung des Festsetzungsbeschlusses auszusetzen sei. Gegen die Entscheidung des Gerichts findet sofortige Beschwerde statt. Nov. 98; Nov. 09; I I G ν. 18. 8.1923; I I I G v. 9. 7. 1927; VO v. 30.11.1927; VO v. 17. 6.1933.

ι ι 1 2 3 4 III ι IV a b

c

II a b

c d III

Gang der Kostenfestsetzung Zuständigkeit des Urkundsbeamten Festsetzungsgesuch ohne Prüfung der Erforderlichkeit nur nach Kostengrundentscheidung Höchstgrenze der geforderte Betrag Prüfungsunterlagen Prüfung durch Sachverständige Versicherung der Post- und Telegraphengebühren Keine Versicherung der Aufwendung durch die Partei Behebung von Mängeln Entscheidung Hauptentscheidung Kostenentscheidimg Zustellung Das Erinnerungsverfahren sofortige Erinnerung formlos fristgemäß Rechtskraft Beschwer in bezug auf Kostenansprüche in bezug auf die Kosten des Kostenfestsetzungsverfahrens Beschwer bei Umschreibung nach § 124 Angriffe gegen den Gebührenwert Verfahren Totalität der Kostenberechnung im Verhältnis zur eigenen Parteiseite

b

im Verhältnis zu der anderen Parteiseite

c AnschlieBung

Anhörung des Gegners Entscheidung a Abänderungsrecht des Urkundsbeamten b Entscheidung des Gerichts 1 als unzulässig 2 sachliche Prüfung 3 Begründung c Erlaß des Beschlusses d Verfahren nach § 717 I I C Sofortige Beschwerde I Einlegung II Beschwer a Gebührenwertangriffe b Beschwerdewert 1 Beschwer im Hauptpunkt 2 Beschwer in Kostenfestsetzungsgebühren III Gegner IV Entscheidung a Beschluß 1 Kosten b Rechtskraft 1 ihre Beseitigung 2 Veränderung der Grundentscheidung 3 Gegenvorstellung D Einstweilige Einstellung E Vollstreckungstitel F Festsetzung in anderen Verfahren d

IV

§ 104 regelt den Gang des Kostenîestsetzungsverfahrens.

A

Der zuständige Urkundsbeamte hat richterliche Funktion, steht aber nicht in allem A I dem Richter gleich. Das Verfahren ist (jedenfalls im wesentlichen) schriftlich. Abgesehen vom Ausgleichungsverfahren (vgl. § 106) braucht der Gegner auf das schwebende Verfahren nicht aufmerksam gemacht zu werden; vorgängiges Gehör ist nicht vorgeschrieben, andererseits ist es nicht verboten, ihn zu hören ; deshalb darf auch mündliche Verhandlung angesetzt werden (Stein-Jonas-Schönke § 104 Anm. 11, Förster-Kann § 104 Anm. Ν 2; a.M. Baumbach-Lauterbach §104 Anm.l B, Seuffert-Walsmann §104 Anm. 1). Ein Versäumnisverfahren gibt es hier nicht; § 138 III gilt nicht. Auch ist weder ein Anerkenntnis- (§ 307) noch ein Verzieh tsverfahren (§ 306) möglich, obwohl der Obsiegende die Kostenschuld erlassen darf (durch Vereinbarung mit dem Unterliegenden, BGB § 397) und obwohl der Unterliegende mit dem Obsiegenden vereinbaren darf, was er ihm zu ersetzen hat. Doch liegen diese Vereinbarungen außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens und werden in ihm nicht beachtet. Grundlage der Prüfung ist das Kostenfestsetzungsgesuch, das spezifiziert die ein- Α Π zelnen Ansätze (Gebühren, Auslagen, diese unterteilt in große Gruppen wie die Postauslagen — Porti, Telefongebühren —, Reisekosen getrennt nach den einzelnen Ansätzen: Fahrtauslagen, Tagegeld, Übernachtungsgeld, Abwesenheitsgeld; Umsatzsteuer — vgl. RAGebO § 86; § 103) darlegt. Die Notwendigkeit bzw. die Zweckmäßigkeit des Hauptverfahrens hat der Urkunds- Α Π s beamte nicht zu prüfen (OLG Kiel Recht 33/526), so wenig wie er auch die Kostengrundentscheidung ändern darf (KG J W 38/1186 42 f.; vgl. § 103 Β II c 1). 819

§104

ZPO I. Buch

ΑΠb

Mehr als beantragt, darf dem Obsiegenden nicht zugebilligt werden (§ 308 I, RG v. 27. 9. 1895 II E 35/427).

ΑΠb1

Prüfungsunterlage ist die Kostenberechnung des Gesuchstellers mit ihren einzelnen Ansätzen. Soweit hier vom Streitwert auszugehen ist und soweit die einzelnen Gebühren geltend gemacht werden, werden die Angaben regelmäßig durch die Akten belegt werden (§ 291 gilt auch hier), die dazu, soweit vorhanden, heranzuziehen sind; dies gilt auch von dem Vorverfahren, etwa einem Beweissicherungsverfahren. Die Praxis verlangt dagegen den Nachweis der entstandenen Gebühren von den Antragstellern, soweit dem Urkundsbeamten die Akten nicht vorliegen; so daß ζ. B. die Akten des BGH von den Urkundsbeamten nicht angefordert zu werden pflegen. Jedenfalls hat der Urkundsbeamte von sich aus die Gebührenwerte zu ermitteln, sofern keine Streit- oder Gebührenwertfestsetzungsbeschlüsse vom Gericht erlassen worden sind. Im Zweifelsfalle darf er eine solche Festsetzung beim Gericht nach GKG § 18 anregen; doch kann er das Gericht zu ihr nicht zwingen. Bei später abweichender Festsetzung vgl. § 107. Soweit die Gerichtsakten die Ansätze nicht rechtfertigen, müssen sie glaubhaft gemacht werden. Vorlegung der Handakten der Parteien zu diesem Zweck kann der Urkundsbeamte nicht verlangen (a. M. Jonas § 104 Anm. I 2; anders wenn dies angeboten war, § 423 in entsprechender Anwendung), wenn auch die freiwillige Vorlegung zur Glaubhaftmachung von Kostenansätzen regelmäßig genügen wird (vgl. OLG Dresden SächsAnn. 28/543f. ; doch darf der Urkundsbeamte trotzdessenSpezifizierung verlangen) und auch eigene Aufzeichnungen des Anwalts als ausreichend (nämlich auf dem Wege des Urkundenbeweises) angesehen werden können (OLG Marienwerder JW 09/32428). Wird der Gegner gehört und gesteht er zu (§ 288), so bedarf es keiner weiteren Glaubhaftmachung, die sonst in § 104 II angeordnet worden ist. Insoweit hat der Antragsteller die Darlegungs-undGlaubhaftmachungslast, wobei RGSt. 19/414 die eidesstattliche Versicherung hat genügen lassen.

Α Πb2

Gewohnheitsrechtlich darf der Urkundsbeamte bei schwieriger Errechnung des Streitwerts wie auch sonst bei schwierigen Berechnungen Sachverständige heranziehen (RG v. 8.10. 1898 III J W 5983, v. 6. 4.1905 VI JW 37214). Abgesehen davon darf er Beweise nicht erheben, da er sich mit der Glaubhaftmachung begnügen muß (§ 294). Die h. M. billigt ihm indes die Beweiserhebung zu (Willenbücher S. 148, Jonas § 104 Anm. I 2 unter Hinweis auf § 1035), obwohl § 294 nur die Vernehmung gestellter Zeugen und Sachverständiger zuläßt und er Zeugen und Sachverständige nicht vereidigen darf.

ΑΠb8

Zum Belegen von Post-, Telegraphen- und Fernsprechgebühren von Anwälten (die nicht notwendigerweise Prozeßbevollmächtigte zu sein brauchen) genügt deren (einfache, d. h. nicht eidesstattliche) Versicherung (§ 104 II 2; da die falsche Versicherung einen Standesverstoß darstellt, muß das entsprechende überall dort gelten, wo es Ehrengerichtsverfahren gibt, wie ζ. B. bei Patentanwälten). Regelmäßig wird man schon in der Unterzeichnung der Kostenaufstellung eine solche Versicherung sehen dürfen, weil der Anwalt doch nur ersetzt verlangen darf, was er verauslagt hat (vgl. Jonas § 104 Anm. 7; a. M. LG München J W 25/843"). Doch müssen diese Auslagen bei dem versichernden Anwalt entstanden sein, der Prozeßbevollmächtigte kann deshalb nicht die bei dem Verkehrsanwalt entstandenen versichern (KG JW 39/43437, LG Berlin JVB1. 37/364), wohl aber darf er sie vom Verkehrsanwalt versichern lassen. Die Versicherung betrifft nur die tatsächlich entstandenen Auslagen, nicht deren Notwendigkeit (KG JW 39/434", LG Bremen Rpfl. 51/480), eine Nachprüfung in dieser Hinsicht ist dem Urkundsbeamten nicht verwehrt (doch kann er nur ihre Glaubhaftmachung fordern, also die Vorlegung einer Kostenaufstellung, der allerdings durch Vorlegung der Handakten begegnet werden darf).

ΑΠb4

Daß die Partei selbst die zu erstattenden Kosten aufgewandt haben muß, ist im Kostenfestsetzungsverfahren nicht nachzuprüfen (§ 103 Β III b 2, § 91 E IV a, RG ν. 5.12. 1899 VII Gruch. 45/652Í., Jonas § 104 Anm. II 3; a. M. KG J W 37/221833, das noch nicht bezahlte Privatgutachterkosten auf Zahlung an den Privatgutachter festsetzt, Sydow-Busch § 104 Anm. 3), abgesehen von Gerichtskosten, deren Zahlung zu be-

820

§ 104 Allb 4

Prozeßkosten

ïegen ist (§ 91 Ε I I a, § 103 Β I I I b 2, R G v. 11. 6.1892 V Seuff. 47/293, O L G Hamburg Seuff. 43/150, München J W 29/11; dies gilt auch für die Auslagen, von deren Zahlung der Gegner der armen Partei nach § 120 einstweilen befreit ist; doch reichen die Aufwendungen Dritter für die Partei stets aus, K G J W 33/17346). Andererseits können auch tatsächlich gezahlte Kosten nur im Rahmen der richtigerweise zu berechnenden erstattet verlangt werden; dabei hat eine zwischen dem Antragsteller und der Staatskasse rechtskräftige Entscheidung ( G K G § 4) nicht bindende Wirkung für das Erstattungsverfahren (RG v. 28.1.1899 I J W 1394, OLG Stettin J W 29/ 1693e0), wie umgekehrt dieses nicht die Staatskasse bindet (a. M. OLG Hamm JW30/ 732 23 : der Ausgleich sei in beiden Fällen möglich, entweder über G K G § 4 durch nachträgliche gerichtliche Änderung oder durch erneuten Festsetzungsantrag, mit Ausnahme des Falle?, wo eine Festsetzung abgesprochen worden sei ; dann hafte der Staat nach GG Art. 34, BGB § 839 auch für die unrichtige Festsetzung und müsse den Ausgleich schaffen). Sind deshalb schon gezahlte Gerichtskosten zurückzuzahlen, so dürfen diese nicht mit festgesetzt werden (RG ν. 1. 2.1894 I V J W 12220, v. 24. 10. 1898 I V J W 64314, K G J W 31/110813 zu G K G § 90; vgl. § 91 E I I a). Eine Festsetzung vorbehaltlich des Nachweises der Zahlung sollte man nicht zulassen (OLG Braunschweig 29/55, L G I I I Berlin KGB1.10/86), auch nicht die auf Leistung an die Staatskasse oder an Dritte. Fehlen Belege, so wird der Urkundsbeamte darauf hinzuweisen haben (abweichend Α Π o K G J W 39/17031, D R 40 A 4 9 47 : eine Belehrungspflicht nach §139 bestehe nicht). Soweit sind, empfiehlt sich eine Zwischenverfügung. Eine sofortige Zurückweisungist nicht zweckmäßig, besonders weil eine wegen mangelnden Zahlungsbelegs zurückgewiesene Festsetzung unter Vorlegung des Belegs erneuert werden darf (vgl. |103 Β I I I c 2 ) .

Mängel behebbar

eigene Yerant- Α ΠΙ

Der Urkundsbeamte erläßt die Kostenfestsetzungsentscheidung auf ohne an Weisungen gebunden zu sein (GVG doch darf er sich von •einem Richter beraten lassen (vgl. R EntlVfg. §§ 4, 5). Er darf aber nicht zur Entscheidung an diesen abgeben ( K G J W 36/35 8 9 65 ).

wortung und

§1),

Β II

durch Be- Alila

Sie ergeht (u. U. durch Sicherheitsleistung bedingt, vgl. § 103 b 2) den zu erstattenden Betrag ziffernmäßig fest, und zwar für jeden einzelnen getrennt ( K G OLG 31/29, J W 37/166228, KGB1. 27/115; a. M. OLG Kassel 19/81, K G J W 25/10196, die das nicht für erforderlich halten), abgesehen von der gesamtschuldnerischen Haftung.

schluß und stellt

Kosten

ziffernmäßig Α ΠΙ b

In dem Beschluß wird auch über die des Festsetzungsverfahrens durch ihre Aufnahme in den Gesamtbetrag, der zu erstatten ist, entschieden ( K G O L G 20/393, OLG Kiel 5/172, Karlsruhe BadRPr. 05/193), und zwar nach §91 von Gerichts wegen (§ 308 11). Gerichtsgebühren entstehen allerdings nicht ( G K G §1), auch nicht Schreibgebühren (zu Lasten des Unterliegenden), möglicherweise aber Auslagen für die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen (RG v. 8.10.1898 V J W 5983). Sie dürfen —- als Gerichtskosten — nur festgesetzt werden, wenn sie vom Obsiegenden bezahlt worden sind. Doch gilt auch hier noch das bewilligte Armenrecht (OLG Darmstadt 22/274, Celle J W 27/85913, DRpflRspr. 37/189338; O L G Hamburg 17/130 hat aber § 120 nicht angewandt, wenn gerade der Gegner der armen Partei die Festsetzung betreibt). An außergerichtlichen Kosten entstehen im besonderen die Rechtsanwaltsgebühren (RAGebO § 23 I 3, 30 I 3, 76, die aber bei Aufnahme der Kosten in den Vollstreckungsbefehl nicht getrennt erwachsen: L G Bielefeld Rpfl. 53/374, A G Braunschweig Rpfl. 53/376, Hamm Rpfl. 53/376; a. M. A G Neuß Rpfl. 53/379). Hatte der Unterliegende um Übersendung der Rechnung gebeten und Zahlung angeboten, so trifft ihn die Kostenlast des Festsetzungsverfahrens nicht ( R G v. 11. 4.1883 I E 14/320, K G KGB1. 18/38, OLG Oldenburg Seuff. 53/50, Rostock Seuff. 55/234) ; kommt er der Zahlung aber nicht nach, so darf die Gebühr gefordert werden. Gebührenwert für die Kostenfestsetzung ist der festzusetzende Betrag (besonders im Kostenausgleichungsverfahren: K G JVB1. 31/35, O L G Düsseldorf JVB1. 35/57); ein teil•weises Unterliegen i. S. des § 92 gibt es nicht (a. M. Willenbücher S. 167 für das gewöhn-

821

Arab § 104

ZPO I. Buch

liehe Verfahren). Durch einen Vergleich, der unter § 98 fällt, wird die Kostenfestsetzungsgebühr nicht betroffen (OLG Karlsruhe BadRPr. 01/47, BadRPr. 02/260). Mehrkosten, die durch wiederholte Erstattungsanträge entstehen, sind nicht erstattungsfähig (OLG München 23/129). § 102 ist unanwendbar (vgl. § 102 C). ÂIV

Der Beschluß wird dem Kostenscliuldner unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung (nicht der Anlagen) zugestellt, dem Kostengläubiger nur, soweit seinem Antrage nicht voll entsprochen worden ist, im übrigen wird er ihm mitgeteilt (§ 104 I 2, 3, regelmäßig durch Zusendung der vollstreckbaren Ausfertigung, in welche der Tag der Zustellung an den Schuldner aufzunehmen ist, vgl. § 798), und zwar an den Prozeßbevollmächtigten (§ 176, RG v. 4. 3.1883 II E 9/329, ν. 26. 6.1883 II E 9/390 [392], KG J W 34/701 3 , DR 42 A 7 4 8 30, OLG Hamburg 35/76), selbst wenn der Antrag von einem anderen wie dem Prozeßbevollmächtigten ausging (RG v. 24. 3.1891 II Seuff. 47/64, KG DR 42 A 748 30 ; a. M. KG OLG 11/61, OLG Königsberg J W 31/35772» für den Fall, daß die Partei die Festsetzung persönlich betreibt). Ist der Prozeßbevollmächtigte (durch Tod oder Abberufung) weggefallen, dann ist der Partei zuzustellen (vgl. OLG München DJZ 15/1139, Seuff. 69/112, §176 Β I I I ; vgl. auch KG OLG 11/61 bei der entsprechenden Zustellung an den Gegner). Auch ist, wenn der Anwalt der höheren Instanz nach § 124 die Kostenfestsetzung betreibt, diesem zuzustellen (KG J W 38/54 34 , weil er ja nicht durch den erstinstanzlichen Anwalt vertreten wird). Wird die Kostenberechnung nicht beigefügt, so ändert dies am Fristablauf nichts (OLG Darmstadt 17/129), es sei denn, daß der Beschluß auf sie als Anlage verweist und sie damit Bestandteil des Beschlusses wird (OLG Kiel 37/103). Nur im Falle des § 105 bedarf es der Zustellung nicht.

Β

Gegen die Festsetzung bzw. die Nichtfestsetzung (RG v. 20. 4.1899 IV J W 335 4 — vgl. aber § 104 Β I c) gibt § 104 III der Partei die sofortige Erinnerung (nicht ihrem Anwalt in Person, RG v. 8.12.1892 VI J W 93/37 5 , v. 8. 11.1893 V J W 563 26 , v. 11. 12. 1895 Seuff. 51/134, v. 25.1.1898 III J W 144 14 , v. 6.10.1903 VII Β 147/03 Ν § 105/2); doch hat der Armenanwalt, der ein Kostenfestsetzungsverfahren nach § 124 betreibt, selbst Parteistellung (RG v. 14. 7.1883 I E 9/389 [390]), was auch im Fall des PatentG § 53 I 4 gilt; der Staatskasse hat KG J W 35/797" das Recht aus § 124 für einen auf sie übergegangenen Anspruch aber abgesprochen.

ΒI

Die sofortige Erinnerung ist eine prozessuale, gegenüber dem Gericht abzugebende, bis zum Erlaß der auf sie folgenden Entscheidung frei widerrufliche Willenserklärung (OLG Dresden JVB1. 40/100), die nach Erlaß der Entscheidung nur noch mit Einwilligung des Gegners zurückgenommen werden darf (§ 271 I in entsprechender Anwendung), soweit nicht auf Ansprüche verzichtet wird (§ 306 in entsprechender Anwendung). Wird sie zurückgenommen, so wird die Kostenfolge des § 515 III ausgelöst, was auf Antrag auszusprechen ist (OLG Karlsruhe J W 33/18998, Düsseldorf J W 35/8724).

Bla

Sie wird formlos, mündlich wie schriftlich (RG v. 10. 6. 1907 VI E 66/203f.), auch zu Protokoll der Geschäftsstelle, nach h. M. auch telegrafisch (RG v. 29. 4.1899 V E 44/369, KG J W 25/23428) erhoben; und es genügt nach RG v. 28. 11. 1932 IV J W 33/515 9 sogar die telefonisch aufgegebene bzw. die nur telefonisch vom Telegrafenamt durchgesagte Erklärung (nach OLG Stuttgart DR 42 A 164911, Braunschweig NdsRpfl. 47/126; vgl. dagegen § 129 A II a 4). Sie ist wie das Kostenfestsetzungsverfahren selbst nicht dem Anwaltszwang (§ 78 II) unterworfen (KG J W 34/495 1 , KG OLG 27/52 Anm. 1, 27/104, 29/200, OLG Celle 29/26, Rostock 33/122 ; a. M. OLG Naumburg 27/52). Wird sie von einem Bevollmächtigten eingelegt, der nicht Prozeßbevollmächtigter ist, so ist seine Vollmacht schriftlich nachzuweisen (KG J W 34/495 1 , wenn auch die Vollmacht des Prozeßbevollmächtigten nachgeprüft werden darf: KG OLG 39/37; abweichend OLG Hamburg J W 32/2898 16 : die Vollmacht müsse zuvor wenigstens mündlich erteilt worden sein). Ihre Begründung ist nicht vorgeschrieben (KG OLG 29/200). Bestimmte Anträge brauchen nicht gestellt zu werden (RG v. 12.11.1936 VI E 152/316), wohl aber muß der Angriff auf den Beschluß ¡bestimmt bezeichnet sein.

BIb

Sie muß bei dem Gericht,dessen Urkundsbeamter entschieden hat,innerhalb der Notfrist (§ 223 III, gegen deren Versäumung es die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 822

Prozeßkosten

§ 104

B i b

gibt, §§ 233 folg.) von zwei Wochen ab Zustellung an den richtigen Zustellungsempfänger (§ 104 I I I 2) spätestens eingereicht, kann aber auch schon vor förmlicher Zustellung eingelegt werden ( R G v. 12. 7.1900 V I E 46/418, ν . 10. 7.1928 V I I Β 12/28 Ν § 104/5; vgl. auch § 105 I ; die vor Erlaß des Beschlusses eingelegte ist aber unwirksam nach R G v. 12. 7. 1900 V I E 46/418, O L G München 23/193). W i r d die Erinnerung nicht eingelegt, so wird der Beschluß rechtskräftig. Eine A b - B l e änderung derart, daß bei Verteilung unter mehrere Beteiligte anders hätte zugeteilt werden müssen, ist dann unzulässig ( K G J W 34/4962). Die einzelnen fest- bzw. abgesetzten Beträge dürfen von da ab nicht mehr geändert werden ( R G v. 9. 2. 1891 V S Z E 27/402 [403]) ; wohl aber darf noch nachgefordert werden, m. a. W . , die Gesamtbetragshöhe darf noch überschritten werden (waren 100 D M beantragt, 50 D M festgesetzt, so darf allerdings nur ein 100 D M übersteigender Teil neu zur Festsetzung gebracht werden). Mehrkosten, die dadurch entstehen, sind nicht erstattungsfähig (vgl. § 104 A I I I b). W i r d aus rein formellem Grunde die Festsetzung abgelehnt (wegen Fehlens einer Prozeßvoraussetzung), so steht einem neuen Antrag nach Behebung des Mangels nichts im W e g e ( R G v. 4. 6.1898 I Seuff. 54/52 = Gruch. 43/212; die h. M. bringt diese Fälle unter die sog. fristfreie Erinnerung des §576: O L G Stuttgart N J W 56/4268, O L G München 29/54, K G D R 41 A 7 2 6 " , mit der anschließenden einfachen Beschwerde des § 5 6 7 : R G v. 15. 2.1882 I E 6/390f., v. 4. 5.1900 I I I E 46/375, O L G Darmstadt J W 33/25993; bei fehlendem Titel: R G v. 11. 5. 1898 I J W 43610, K G D R 44 A 42 22 ; rechnet dann aber auch mit der Verwirkung, vgl. K G D R 43 A 412 26 ). Über die Möglichkeit der Berichtigung (§ 319, O L G Breslau Η R R 40/1307) und der Ergänzung (§ 321) des Beschlusses durch den Urkundsbeamten wie durch die höheren Instanzen vgl. § 103 Β I I I c 1. D i e Erinnerung kann nur von der beschwerten Partei eingelegt werden ( R G v. 27. 9 Β Π 1895 I I E 35/427, K G J W 35/2901 26 ), nicht aber bloß um einen weiteren Posten zur Erstattung zu bringen, der bisher nicht geltend gemacht war ( R G v. 27. 9. 1895 I I E 35/427, K G D R 41 A 445 e ; a. M. K G J W 35/2901 25 ), doch steht hier der Nachfestsetzung nichts im W e g e (vgl. § 103 Β I I I c 1, § 104 A I I c). Sie richtet sich dagegen, daß Kostenansätze berücksichtigt bzw. nicht berücksichtigt Β Π a wurden ( K G J V B l . 39/199, D R 41 A 726 27 ; D R 4 2 A 8 1 2 3 » , D R 4 3 A 4 1 2 2 " ) . Dahin gehört auch die Entscheidung, ob erhöhte Gebühren fällig sind, weil ein geschlossener Vergleich über den Streitgegenstand des Prozesses hinausgeht ( L G Berlin JVB1. 39/47). Dies gilt auch, wenn die Kostenfestsetzungskosten nicht berücksichtigt worden sind Β Π b (so daß also § 321 insoweit nicht anzuwenden ist). Doch kann sich die Beschwer für die Erinnerung auch auf die Kosten des Festsetzungsverfahrens allein beziehen (§ 99 I gilt hier nicht, vgl. § 99 Β I I I b, O L G Hamburg 23/117 Anm. 1, L G Plauen J W 11/415128, L G I Berlin KGB1. 18/28, J W 18/4591). Nicht angreifbar ist mit der Erinnerung, daß der Betrag anstatt an die Partei an den Β Π e nach § 1 2 4 Berechtigten geleistet werden soll ( K G D R 41 A 10918, O L G Düsseldorf JVB1. 34/23), es sei denn, daß der Berechtigte den Festsetzungsantrag im eigenen Namen gestellt, dies aber der Festsetzungsbeamte übersehen hatte. Auch darf sie nicht auf eine zu niedrige Bemessung des Gebührenwerts gegründet B i l d werden (hier greift §107 ein; O L G Bamberg 5/469, Karlsruhe 11/181; a. M. K G J W 37/24632, 304031, J W 38/305638, O L G Karlsruhe B a d R P r . 06/355), vielmehr ist diese als auf Festsetzung des Streitwerts nach G K G § 18 gerichtet anzusehen (über die Streitwertfestsetzung in der höheren Instanz vgl. R G v. 24. 6. 1899 V S Z E 44/403f., v. 16.1.1909 I E 71/321, O L G Karlsruhe 31/2). W a r indes der Streitwert festgesetzt und hatte dies der Urkundsbeamte übergangen, so ist die Erinnerung zulässig. Neue Tatsachen, gleichviel wann sie entstanden sind, dürfen vorgebracht werden (vgl. Β Ι Π § 570, R G v. 24.11.1898 V I E 42/401 [403], O L G Dresden J W 39/648"), Belege dürfen nachgebracht werden. W i r d im Laufe des Verfahrens die Gebührenwertfestsetzung geändert, so ist dies, soweit möglich, ebenfalls zu beachten.

823

Β ΠΙ

§ 104

ZPO I. Buch

Mit der Erinnerung darf auch die Gerichtskostenberechnung als solche angegriffen werden (RG v. 28.1. 1899 I JW 1394, OLG Hamburg 21/169; u . U . muß dann die Staatskasse zurückzahlen, vgl. § 104 A II b 4). Β ΠΙ a

Es ist auch zulässig, daß der geforderte Posten mit einer anderen Begründung aufrechterhalten wird (OLG Dresden JW 39/64844: an Stelle der gestrichenen Verkehrsgebühren nach RAGebO § 44 die 5/10 Gebühr nach RAGebO § 45). Auch dürfen einzelne Posten derselben Berechnung ausgetauscht werden (vgl. § 104 C II b 1). Gewohnheitsrechtlich werden alle Posten von Gerichts wegen nachgeprüft (darüber, inwieweit dies sonst gilt, vgl. § 308 E I ) , und der Erinnerung wird stattgegeben, wenn die Gesamtabrechnung dies rechtfertigt (RG v. 14. 4. 1890 VI E 26/379f., v. 3. 4. 1897 V J W 2284 = Gruch. 42/1173, OLG Dresden 39/64844, Hamm J W 24/99031). Rechtskräftig gestrichene Ansätze müssen aber außer Betracht bleiben (OLG München 33/65).

Β ΠΙ b

Eine Partei kann aber auch nicht fordern, daß nur die Auswirkung ihres Angriffs auf ihrer Seite berücksichtigt wird, nicht aber auf der Gegenseite, so lange man keine (Eventual·) Anschlußerinnerung usw. zuläßt (vgl. dazu §104 Β III c). Wird bei einer Kostenausgleichung die Absetzung der Beweisgebühr des Gegners mit der Begründung verlangt, daß keine Beweisaufnahme stattgefunden hat, so wird auch die eigene Beweisgebühr nicht berücksichtigt (OLG Dresden JVB1. 38/263).

Β ΕΠ e

Eine Anscliließung des Gegners an die Erinnerung läßt die h. M. nicht zu, vielmehr muß er selbständig Erinnerung einlegen (vgl. für die Frage der Anschlußbeschwerde KG J W 35/2Ü9338, OLG Marienwerder 27/47, Dresden 40/386), abgesehen von den Kosten des Festsetzungsverfahrens (§ 308 II). Ist nur einseitig erinnert worden, so darf das Gesamtergebnis nicht zum Nachteil des Erinnernden abgeändert werden (§§ 308, 536; RG v. 27. 9. 1895 II E 35/427, KG DR 41 A 2 6 8 1 28, OLG Frankfurt JW 27/86019), unter diesem Gesichtswinkel wollten RG v. 2. 6. 1894 V E 33/391, ν. 6.11. 1896 II JW 671" nur die Gebührenerhöhung des Anwalts der erinnernden Partei, nicht die des Gegenanwalts im Falle des § 106 berücksichtigen. Dies würde dann zur Zulassung einer unselbständigen Anschlußerinnerung zwingen. Wohl aber darf die Erinnerung auch mit der Begründung zurückgewiesen werden, daß ein anderer Posten der Gesamtrechnung dies rechtfertigt (vgl. § 104 Β III b).

Β IQd

Eine Anhörung des Gegners ist nicht vorgeschrieben; sie empfiehlt sich indes, wenn man der Erinnerung stattgeben will. Auch er ist im Erinnerungsverfahren vom Anwaltszwang befreit (§ 573 II ist entsprechend anwendbar).

ΒIV

Für die Entscheidung gilt folgendes:

ΒIV a

Auf die — zulässige — Erinnerung (nicht aber von Gerichts wegen) läßt die h. M. den Urkundsbeamten in entsprechender Anwendung des §571 (§577 III wird also nicht angewandt) seine Entscheidung abändern (KG DR 41 A 281", OLG Hamm 37/103, Braunschweig 43/132 Anm. 1, Kiel 42/54, Marienwerder LZ 19/731, LG Liegnitz JW 10/869"; a. M. LG Altona JW 21/769l) und auch, wenn schon das Gericht entschieden hatte, sofern dadurch die Erinnerung nicht berührt wird (OLG Karlsruhe 43/132 Anm. 1). Gegen die neue Entscheidung des Urkundsbeamten, die wie ein jeder neuer Kostenfestsetzungsbeschluß zu behandeln ist, ist dann aber die befristete Erinnerung des § 104 III gegeben (OLG Hamm 37/103, Kiel J W 35/349170). Soweit der Urkundsbeamte teilweise abhilft, muß er wegen des Restes dem Gericht vorlegen (RG v. 11. 2.1895 IV Gruch. 39/1144).

ΒIV b

Soweit — nach der erwähnten Rechtsprechung — der Urkundsbeamte der Erinnerung nicht abhilft, entscheidet das Prozeßgericht (§ 104 III) durch Beschluß. Der Einzelrichter ist zuständig, wenn er die Kostengrundentscheidung gefällt hat oder der Prozeßvergleich vor ihm geschlossen wurde (OLG Dresden J W 33/1669®; a. M. OLG Stettin ZZP 51/479).

ΒIV b 1

Ist die Erinnerung unzulässig, so ist sie zu verwerfen, doch sollte man § 577 II 3 entsprechend anwenden. Sie wird unzulässig, wenn sie vom Antragsteller eingelegt worden war und die Kostengrundentscheidung aufgehoben worden ist (vgl. KG J W 34/3146®, J W 36/307347). 824

Prozeßkosten

§ 104

Sonst wird sachlich g e p r ü f t . Auch dieses Verfahren ist vom Anwaltszwang frei (§78 ΒIV b 2 II), wenn nicht mündliche Verhandlung vor dem Landgericht anberaumt werden sollte, was zulässig ist (in der Praxis aber nicht geschieht). Das Gericht sollte sogleich über die Erinnerung voll entscheiden (OLG Breslau HRR 35/40). Auch sollte man nicht deshalb zurückverweisen, damit nicht eine „Instanz" verloren gehen könnte (so KG DR 41 A 726" für das Beschwerdegericht). Wenn man deshalb auch die Zurückverweisung für zulässig halten muß (vgl. § 575; a. M. OLG Colmar 23/165), so empfiehlt sie sich nicht, besonders nicht bei einer Entscheidung, in der teilweise zurückverwiesen wird (so OLG Breslau HRR 35/40). Geschieht dies aber, so wird die Partei, welche die Anweisung des Gerichts an den Urkundsbeamten bekämpfen will, sofortige Beschwerde einlegen müssen (vgl. KG DR 39 A 118541). Der Beschluß sollte mit Rücksicht auf die Beschwerdemöglichkeit stets begründet Β IV b 8 werden (vgl. OLG Hamburg HRR 30/258). Gerichtskosten werden nicht erhoben (GKG § 1) ; an Anwaltskosten entsteht die Gebühr der RAGebO § 23 I 10. Doch ist hier RAGebO § 30 III zu beachten. Nur wenn der Gegner des Antragstellers obsiegt, sind dem Antragsteller die Kosten durch besonderen Ausspruch aufzuerlegen, sonst sind sie mitfestzusetzen. Der Kostenausspruch gegen den Antragsteller ist dann ein besonderer Titel für «in neues Festsetzungsverfahren; nur im Kostenausgleichungsverfahren (§106) sollte auch dieser Posten gleich mit abgesetzt werden. Außergerichtliche Kosten des Gegners entstehen allerdings nur, wenn er der Erinnerung widersprochen hat (ObG Danzig Danz. JZ 38/88). Der Beschluß (der zwar vom vollbesetzten Gericht zu fassen, aber nur vom Vor- Β IT β sitzenden und Berichterstatter — oder einem von ihnen — unterschrieben zu werden braucht: RG v. 18.12.1880 I E 3/400, KG KGJ 3/8, OLG Breslau JW 25/234312) wird •dem, der unterliegt, zugestellt, auch wenn er schon verkündet ist (§§ 329 III, 577 II); dem Obsiegenden braucht er nur mitgeteilt zu werden (§ 104 I 2, 3 in entsprechender Anwendung). Er wird mit seinem Erlaß wirksam (§§ 329 Β I b, 516 AI); bis dahin abgegebene Erklärungen der Parteien sind zu berücksichtigen (RG v. 18. 6. 1937 II JW 30453», v. 28. 4.1939 III DR A 133436, KG KGB1. 22/20). Für die Anwendung des § 717 Π (Rückzahlung zuviel festgesetzter Kosten) ist nach Β IV d h. M. (RG v. 16. 1. 1892 V Seuff. 47/247, v. 12. 3. 1896 IV Gruch. 40/1183, v. 14. 7. 1897 I J W 46420, v. 4. 7. 1899 VII JW 5336, v. 22. 10. 1901 II E 49/411 f., v. 10. 2. 1902 IV E 50/406, v. 21. 2.1902 III E 51/41 f., OLG Celle 15/273) kein Raum; Jonas (§ 104 Anm. V 8) will dagegen, wenn kein Streit über die Zahlung besteht, die Vorschrift anwenden; man wird die Vorschrift aber entweder ohne diese Einschränkung anwenden müssen (und das geht nach dem oben § 103 Β geschilderten Verfahren nicht) oder man darf sie gar nicht anwenden, sondern muß dann den Rückzahlungsberechtigten auf einen neuen Prozeß verweisen. Gegen den gerichtlichen Beschluß ist die sofortige Beschwerde (§ 577) zugelassen C worden (§ 104 III 5), gleichviel ob er über eine ziffernmäßige Festsetzung des Urkundsbeamten entschieden hat oder ob er selbst festsetzt oder den Urkundsbeamten zur Festsetzung angewiesen hat. Sie darf bei dem Gericht, das den Beschluß erlassen hat (§569), wie bei dem Beschwer- C I degericht (§ 577 II 2) eingelegt werden und ist vom Anwaltszwang befreit, gleichviel wo sie eingelegt wird, wenn ein amtsgerichtlicher Beschluß angegriffen wird (§78 II und §78 C I b 2; RG V. 16. 10. 1882 IVE 7/403, v. 20. 5. 1896 I JW 3552, KG JW 37/222036), und ist dem Anwaltszwang unterworfen (§ 78 I, RG v. 2. 11. 1895 VI E 36/362f., OLG Nürnberg 40/361, Karlsruhe HRR 29/846), wenn ein landgerichtlicher Beschluß angegriffen wird (ob das Verfahren in der Hauptsache zuvor beim AG anhängig und erst an das LG nach §§ 276, 506, 697, 700 verwiesen wurde, ist gleichgültig, KG OLG 27/104, OLG Kiel J R 27 Β 855; vgl. auch RG v. 3. 6. 1893 I J W 349 2 ', v. 25. 4. 1895 VI E 35/384, v. 15. 11. 1897 VI JW 98/1023, OLG Nürnberg 40/361, Rostock 33/122), wobei der postulationsfähige Anwalt für das LG es für das Beschwerdegericht regelmäßig (nämlich abgesehen von der Simultanzulassung) nicht sein wird und umgekehrt (vgl. § 7 8 B I I a ; i m letzten Fall muß also die sofortige Beschwerde der Postulationsfähige 825

CI

§ 104

ZPO I. Buch

einlegen (RG ν. 29. 4. 1880 VSZ E l/431f., ν. 11. 5. 1882 IV Gruch. 26/1146, ν. 16.10. 1882 IV E 7/403, v. 25. 11. 1891 V E 37/396, KG JW 37/22203«); geschieht dies nicht, so ist sie unzulässig (RG ν. 15. 2.1899 I J W 159x) ; gibt indes das OLG dem LG die Schrift ab, so genügt es, wenn sie das LG noch rechtzeitig erreicht, sofern die Schrift der dort zugelassene Anwalt unterschrieben hatte (RG v. 16.1.1904 I JW 117 l8 ) wie umgekehrt. Erinnerung und sofortige Beschwerde zugleich können nach OLG München 23/193 nicht wirksam eingelegt werden, sondern nur die Erinnerung; anders ist dies aber dort, wo das Gericht teils abändert und neu festsetzt, teils bestätigt. CH

Das Rechtsmittel steht auch hier nur der Partei des KostenfestsetzungsVerfahrens (vgl. § 103 Β III a) zu. Die Staatskasse selbst hat gegen die Kostenfestsetzung kein Beschwerderecht (KG JW 35/79716). Abweichend hiervon macht KG JW 27/1497® eine Ausnahme für die „Partei kraft Amtes" (vgl. § 50 Β IV b), der es nach Beendigung des Amtes noch das Recht einräumt, das Kostenfestsetzungsverfahren zu betreiben.

Clla

Dem Prozeßbevollmächtigten der Partei steht das Beschwerderecht grundsätzlich nur in ihrem, nicht in eigenem Namen zu (RG v. 14. 7. 1883 I E 9/389 [390], ν. 30. 6. 1898 VI JW 50620) ; doch ist davon auszugehen, daß der Prozeßbevollmächtigte im Namen der Partei handeln will (RG v. 2. 6.1899 VII JW 43923), und, wo dies zweifelhaft ist, ist nach § 139 aufzuklären (RG v. 2.1.1900 II JW 1243). Richtet sich aber die von einem Anwalt eingelegte Beschwerde dagegen, daß die Kostenansätze wegen zu geringer Bemessung des Streitwertes zu niedrig angenommen worden seien, so ist in der Vorstellung gegen die zu geringe Streitwertfestsetzung eine Beschwerde aus eigenem Recht des Anwalts (RAGebO § 12) zu sehen, weil die Partei dadurch nicht beschwert sein kann (anders wenn es um den Rechtsmittelwert geht, über den dann aber das Rechtsmittelgericht entscheidet, das an die Vorentscheidung nicht gebunden ist; anders im arbeitsgerichtlichen Verfahren, soweit hier die Wertfestsetzung unangreifbar ist, ArbGG §§ 61 II, 64 I, 69 II, 72 I). Betreibt der Anwalt die Kostenfestsetzung als Armenanwalt im eigenen Namen (§ 124, also als Partei des Kostenfestsetzungsverfahrens), so ist der doppelte Angriff ohne weiteres zulässig, andernfalls nur, wenn man die Erklärung des Anwalts als sowohl im eigenen wie im fremden Namen abgegeben ansieht (was aber RG v. 3.10.1896 V J W 599", v. 25.1.1898 III JW 14414 nicht tun) und zunächst oder gleichzeitig mit der Kostenfestsetzung die Gebührenwertbestimmung (vgl. § 2 D) vornimmt (so im Fall der Erinnerung: RG v. 29. 9.1896 II JW 600 w ; v. 27. 5. 1898 I JW 41913 im Fall, wo noch kein besonderer Wertfestsetzungsbeschluß vorlag; RG v. 24. 6.1899 VSZ E 44/403Í., wo die Beschwerdeinstanz von Gerichts wegen den Gebührenwertbeschluß änderte), was stets geschehen sollte. Unerheblich ist dabei, daß die Gebührenwertfestsetzung mit der einfachen Beschwerde angreifbar ist; ändert schon die erste Instanz die Wertfestsetzung, so ist die zweite daran gebunden, lehnt das die erste ab, so darf über beide Beschwerden die Beschwerdeinstanz gleichzeitig entscheiden und auch in einem Beschluß sie zurückweisen oder ihnen stattgeben. Wenn aber auch die erste Instanz den Gebührenwertbeschluß ändert, so bleibt sie doch an ihren Kostenfestsetzungsbeschluß gebunden und darf diesen nicht abändern (§ 577 III).

CΠb

Die sofortige Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Beschwerdewert 50 DM übersteigt (§ 567 II), gleichviel ob die Kostenansätze als solche (KG DR 39 A 1596a4) oder formelle Fragen (etwa die Zulässigkeit der Umschreibung des Titels nach § 124, KG JW 37/247 JW 38/325942) in Betracht kommen (so wie hier auch Jonas § 104 Anm. V 7, womit aber seine Ausführungen zu V 1 widerlegt werden, vgl. § 104 Β I c). Wegen dieser Sperre sollte man die Anschlußbeschwerde zulassen (vgl. dazu aber § 104 Β III c).

CΠb1

Die Beschwerde kann nur insoweit erhoben werden, wie die Entscheidung des Urkundsbeamten schon mit der Erinnerung angegriffen war, nicht über mehr (RG v. 27. 9. 1895 II E 36/427 [428], KG JVB1. 39/199), wenn auch über weniger. Bei der Entscheidung wird auch hier gewohnheitsrechtlich nur die Berechtigung des geforderten Betrages in seiner Gesamtheit überprüft, so daß Abstriche an einzelnen 826

Prozeßkosten

§

1 0 4

CΠ b 1

Posten durch Erhöhung anderer ausgeglichen werden können (vgl. § 104 Β I I I a); doch ist hier zu beachten, daß nicht angefochtene Streichungen der Vorentscheidung nicht zum Ausgleich herangezogen werden dürfen (RG v. 2. 6 . 1 8 9 4 V E 33/391 f., v. 1 5 . 2 . 1899 I J W 1 5 9 1 ) . Ein Angriff nur wegen der Kosten des Kostenfestsetzungsverfahrens wird nach § 99 I C Π b 2 für unzulässig angesehen (RG v. 2 1 . 1 . 1 8 8 2 II E 6/339f., v. 12. 7 . 1 8 9 9 VII J W 606 3 , OLG Karlsruhe 11/174, München 29/42, Hamburg J W 34/3223 4 ). Über die Gebühren des Gegners vgl. § 106 B l d . Soweit Anwaltszwang besteht C Π Ι {§ 104 C I), ist auch der Gegner ihm unterworfen (OLG Düsseldorf M D R R A K 37/39). Doch gibt es keine Versäumnisentscheidungen. Über die sofortige Beschwerde wird, wenn sie sich gegen die Entscheidung des Ur- CIV kundsbeamten des AG richtet, durch das LG entschieden, und zwar durch die Kammer für Handelssachen, wenn der sachliche Streit eine Handelssache betraf (GVG §§ 104, 100), sonst durch die Zivilkammer (GVG § 72). Hatte der Urkundsbeamte des LG entschieden, so entscheidet über die sofortige Beschwerde der Zivilsenat des OLG (GVG § 1 1 9 11). Die Beschwerdeentscheidung ergeht als Beschluß, der unanfechtbar ist (§ 568 111, CIV a schlechthin, sofern nicht die Entscheidung des B V G herbeigeführt werden kann). Der Beschluß enthält die Kostenentscheidung über das Beschwerdeverfahren (RG v. 3 . 1 1 . 1880 I E 4/358 [365], ν. 20. 3 . 1 8 8 3 I I I Seuff. 39/53, §§ 97, 91, 92), also einen besonderen Kostenausspruch, dem ein 'selbständiges Kostenfestsetzungsverfahren folgt, OLG Kiel SchlHA 07/87). An Gerichtskosten wird die volle Gebühr erhoben, soweit die Beschwerde als unzu- CIV a 1 lässig oder als unbegründet zurückgewiesen wird (GKG § 38 II, wobei es auf die Zeit der Entscheidung für die Bemessung des Gebührenwerts ankommt: KG J W 35/550 4 ). Bei grobem Verfahrensverstoß (nicht schon bei unrichtiger Entscheidung allein) werden die Gerichtskosten niedergeschlagen (GKG § 6; KG J W 35/550 4 ). Haben beide Parteien sofortige Beschwerde eingelegt, so sind der Beschwerdewert nach GKG §§ 3 8 , 1 3 II zu ermitteln und die Beschwerdekosten u. U. nach § 92 zu verteilen (KG D R 41 A 392 1 4 ). Die Kostenfestsetzungsbeschlüsse werden rechtskräftig (RG v. 5. 2 . 1 8 9 0 V E 25/387 C I V b [390]; a. M. KG ZZP 16/157), über sie werden Rechtskraftatteste erteilt (was für die Vollstreckung im Ausland und nach HinterlegungsO § 13 II 2 von Bedeutung ist). Die Rechtskraft (§§ 705, 322) des Kostenfestsetzungsbeschlusses ist als solche aber nicht durch selbständige Wiederaufnahmeklage (§§578 folg.) zu beseitigen (§ 578 D I V d ) . Doch ist — wenn die Voraussetzungen dieser Klagen vorliegen — die sofortige Be- CIV b 1 schwerde gegen den gerichtlichen Beschluß erster Instanz noch innerhalb der für diese Klagen laufenden Notfrist zulässig (§ 577 II 3); diese Bestimmung wird in den Fällen, wo nur die Erinnerung zulässig wäre (§ 103 I I I 2), entsprechend anzuwenden sein (Jonas § 104 Anm. VI). Dagegen gibt es diesen Rechtsbehelf nicht mehr gegen die Beschwerdeentscheidungen (KG OLG 17/177). Die Rechtskraftbeständigkeit des Beschlusses ist aber von der Kostenentscheidung, auf der er beruht bzw. des Ausspruchs, auf Grund dessen die Kosten (der Zwangsvollstreckung) entstehen, abhängig. Wird die Grundentscheidung aufgehoben, so entfällt auch der Höheausspruch (OLG Hamburg 19/82, KG J W 36/3074 4 7 ; der Schuldner kann sich hier schon mit der Erinnerung nach § 766 gegen die Vollstreckung wehren, KG J W 34/3146 2 ); wird die Grundentscheidung teilweise geändert, so wird §107 entsprechend anzuwenden sein (OLG Braunschweig 27/51). Weicht der Festsetzungsbeschluß von der Grundentscheidung ab, setzt er also eine gesamtschuldnerische Haftung an Stelle der in der Grundentscheidung ausgesprochenen Teilhaftung fest, so hat ihn OLG Darmstadt J W 31/1110 1 8 für wirkungslos erklärt. Die Vollstreckungsgegenklage kann ihn nur beseitigen, wenn die Kosten bezahlt sind ( R G v. 2 5 . 1 . 1 9 1 1 I E 75/199 [201]).

827

§

1 0 4

ZPO I. Buch

CIV b 2

Wegen der Abhängigkeit der Kostenfestsetzungsentscheidung wirkt aber die Veränderung der Grundentscheidung auch hinsichtlich ihrer Vollstreckbarkeit auf die Vollstreckbarkeit des Kostenfestsetzungsbeschlusses ein. Schon die Aufhebung der Vollstreckbarkeit der Grundentscheidung (soweit diese Voraussetzung für den Erlaß des Kostenfestsetzungsbeschlusses ist, vgl. § 103 B), sei es durch Einstellung der Vollstreckung (§§ 707, 719), sei es durch Leistung einer vorbehaltenen Sicherheit (§ 713 I I , KG O L G 29/161), macht seine Vollstreckung unzulässig (RG v. 20. 9. 1890 V J W 3 6 0 2 , v. 4 . 1 . 1 8 9 0 I J W 4 1 3 , KG OLG 29/161, B a y O b L G NS 1/349, vgl. §§ 775 1 1—3, 766, 767). Wird indes nach §§ 767, 769 einstweilen eingestellt, so wird davon nicht die Kostenfestsetzung des Ersturteils betroffen (RG v. 2 5 . 1 . 1911 I E 75/199Í.), soweit nicht Zahlung der Kosten geltend gemacht wird. Die Umschreibung des Haupturteils ergreift auch ihn (OLG Stettin 5/61). Daß daneben § 775 unmittelbar auf den Kostenfestsetzungsbeschluß anzuwenden ist, bedarf keiner weiteren Ausführung.

CIV b 3

Jedenfalls gibt es gegen rechtskräftige Beschlüsse keine Gegenvorstellung Düsseldorf M D R 50/491).

D

Die Erinnerung wie die sofortige Beschwerde selbst hemmen die Vollstreckung nicht; doch darf das Gericht (nicht der Urkundbeamte) vor Entscheidung über die Erinnerung die Vollstreckung aus dem Beschluß aussetzen (§§ 104 I I I 4, 572), auch wenn die Kostengrundentscheidung sich in einem Arrestbefehl befindet (OLG München J W 3 0 / 3 3 5 0 " ; a. M. O L G Frankfurt J W 25/1898 8 ). Diese Anordnung wird ohne weiteres mit Erlaß der Entscheidung über den Beschluß hinfällig, ist als solche aber nicht anfechtbar (Willenbücher S. 184 m. N. der kammergerichtlichen Rechtsprechung, vgl. § 572 Β IV), kann jedoch vom Gericht zurückgenommen werden, auch kann das Gericht die einstweilige Aussetzung von einer Sicherheitsleistung von Gläubiger oder Schuldner, auch alternativ, abhängig machen (vgl. § 713 II).

E

Der Kostenfestsetzungsbeschluß ist Vollstreckungstitel (§ 794 I 2), der einer Vollstreckungsklausel zur Vollstreckung bedarf (§§ 795, 724) und der nach §§ 727 folg. umgeschrieben werden darf (OLG Stettin 5/61, Breslau 20/332); die Vollstreckung aus ihm setzt seine vorgängige Zustellung (nicht die der Grundentscheidung, vgl. § 103 Β I I I b 1) voraus und darf regelmäßig (d. h. abgesehen von § 105) erst nach Ablauf einer Woche seit Zustellung betrieben werden (§ 798). Über die zur Vollstreckung erforderlichen Genehmigungen gilt nichts besonderes (vgl. 3./4.DVO zu MilRegG 52 und 53, abgedruckt in Band V).

F

Über die Kostenfestsetzung im arbeitsgerichtlichen Verfahren vgl. § 103 D I I I , im Verfahren vor dem B V G vgl. § 103 D I V und im Verwaltungsstreitverfahren vgl. § 103 D V. §

1 0 5

(OLG

( - )

Der Festsetzungsbeschluß kann a a l das Urteil and die Ausfertigungen gesetzt werden, sofern bei der Anbringung des Gesuche eine Ausfertigung des Urteils n o c h nicht erteilt ist und eine Verzögerung der Ausfertigung nicht eintritt. £ i n e besondere Ausfertigung und Zustellung des Festsetzungsbeschlusses findet in diesem Falle nicht statt. Den Parteien ist der festgesetzt« B e t r a g mitzuteilen, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung der Abschrift der Kostenberechnung. Die V e r bindung des Festsetzungsbeschlusses mit dem Urteil soll unterbleiben, sofern dem Festsetzungsgesuch a u c h n u r teilweise nicht entsprochen wird. I

Der Anbringung eines Festsetzungsgesuchs bedarf es nicht, wenn die P a r t e i vor der Verkündung des Urteils die B e r e c h n u n g ihrer Kosten eingereicht h a t ; in diesem Falle ist die dem Gegner mitzuteilende Abschrift der Kostenberechnung yon A m t » wegen anzufertigen. II

Eingef. Nov. 09. 828

Prozeßkosten

a

II

b c a

b

Inhalt des § 105 Prozeßbedingungen vollstreckbare Kostengrundentscheidung Antrag erstinstanzliche Entscheidung Verfahren Zeit der Entscheidung Verzögerungsgründe

III IV

a b

§105 Durchführung durch Zustellung gegen den Schuldner durch Zustellung gegen den Gläubiger Erinnerung Arbeitsgerichtliches Verfahren Verwaltungsgerichtliches Verfahren

Der Gesetzgeber hat versucht, das Kostenfestsetzungsverfahren durch die Nov. 09 A unter Einfügung des § 105 und später in ArbGG § 61 I I (vgl. § 91 F I I b) zu beschleunigen. Die Praxis macht von § 105 wenig Gebrauch. § 105 ändert nichts an den Prozeßbedingungen für die Kostenfestsetzung, und zwar a I weder an ihren allgemeinen noch an ihren besonderen. Im besonderen wird auch hier die vollstreckbare Kostengrundentscheidung voraus- A l a gesetzt (§ 103 I). Ob der sonstige Inhalt der Entscheidung einen vollstreckbaren Inhalt hat, ist ohne Belang (Willenbücher S. 154, Baumbach-Lauterbach § 1 0 5 Anm. 2 B ; a. M. LG Braunschweig ZZP 44/269, Jonas § 105 Anm. I I I 2), wenn die Kostengrundentscheidung auch nur für vorläufig vollstreckbar erklärt worden ist. Bei Arresten und einstweiligen Verfügungen, die ohne vollstreckbare Ausfertigung vollstreckt werden (§§ 929 I, 936), ist das Verfahren nicht anwendbar, weil § 105 die Erteilung einer vollstreckbaren Urteils- bzw. Beschlußausfertigung voraussetzt (vgl. § 105 A I I ) ; denn sonst könnte aus jeder Ausfertigung vollstreckt werden (was zu mehrfacher Befriedigung des Gläubigers führen könnte). Auch darf, wenn die Vollstreckung aus dem Hauptanspruch nur bedingt, die aus der Kostengrundentscheidung aber unbedingt zulässig ist, nicht das Verfahren nach § 105 gewählt werden, weil es sonst zu einer Aufspaltung der Vollstreckungsklausel kommen müßte, was § 795 a gerade nicht will (anders wenn beide Entscheidungen unter der gleichen Bedingung — etwa einer Sicherheitsleistung — stehen, vgl. § 103 Β II b 2). Weiter ist auch hier der Antrag auf Kostenfestsetzung zu stellen (§ 103 II). § 105 I I A11» stellt indes klar, daß er auch schon vor Erlaß der Kostengrundentscheidung gestellt werden darf und in der Einreichung der Kostenrechnung vor ihrem Erlaß liegt (§ 105 II). Verfährt dann aber der Urkundsbeamte nicht nach § 105, so genügt dieser Antrag auch für das gewöhnliche Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104. § 103 II 2 wird ferner dahin modifiziert, daß in diesem Fall der Antragsteller keine Abschrift seiner Kostenberechnung einzureichen braucht (§ 105 II), was er allerdings regelmäßig doch tun wird. Fehlt aber die Abschrift, so werden für ihre Anfertigung keine Schreibgebühren angesetzt, sofern das Gesuch so rechtzeitig eingereicht ist, daß die Kosten noch auf dem Kostengrundtitel hätten festgesetzt werden können (selbst wenn dann nicht nach §105 verfahren wird). Reicht der Antragsteller das Gesuch später ein, so treffen ihn die Schreibgebühren, ohne daß er sie vom Gegner erstattet erhält. In beiden Fällen sind die — erforderlichen — Belege beizufügen. § 105 kann nur bei erstinstanzlichen Entscheidungen praktisch werden (§ 103 II 1), A l e nicht bei höherinstanzlichen, weil nur der erstinstanzliche Urkundsbeamte festsetzen darf (§ 104 I 1). Der Festsetzungsbeschluß ist auf das Urteil (bzw. den Beschluß, vgl. §§ 91 a, 659, 678 I, Α Π 683, 685 bzw. den gerichtlichen Vergleich nach § 794 I I — hierfür Jonas § 106 Anm. I ; a. M. LG II Berlin J W 28/1323 l ) zu setzen, d. h. auf seine Urschrift. Ist das Urteil in abgekürzter Form nach §313 111 erlassen und die Ausfertigung nach §317 I V erteilt worden, so ist die Urschrift auf die Klage bzw. den Zahlungsbefehl zu setzen. Dabei ist im letzten Fall darauf zu achten, daß klargestellt wird, welche Kosten insgesamt zu ersetzen sind, weil schon der Zahlungsbefehl eine Kostenforderung enthält. Damit wird der Beschluß Teil des Urteils. Deshalb steht er auch auf jeder Ausfertigung (§ 105 1 1 ) und also auch auf der vollstreckbaren, auf Grund der allein die Vollstreckung auch wegen des Kostenfestsetzungsbeschlusses betrieben werden kann, wenn es hier auch keine be-

829

Α Π

§

1 0 5

Z P O I. Buch

sondere vollstreckbare Ausfertigung für den Beschluß gibt (§ 795a), wie schon die Ausfertigung des Gesamturteils (bzw. Beschlusses) einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses durch eine Unterschrift des Urkundsbeamten gedeckt wird (§ 317 I I I ) . Die gleichzeitige Vollstreckung — nach Zustellung § 750 — mit dem Hauptanspruch wird dadurch ermöglicht, daß es in diesem Fall für die Kostenbegleichung keine Wartefrist gibt (§ 798). Alla

Das Verfahren nach § 105 11 wird deshalb unzulässig, sobald irgend eine (nicht bloß die vollstreckbare) Urteilsausfertigung erteilt worden ist (denn sie würde unrichtig werden). Im schriftlichen Verfahren kommt es aber auf die nach der Zustellung des Tenors erteilte an, weil durch die erste nur die Verkündung ersetzt wird. Verstößt indes der Urkundsbeamte dagegen, so ist allein deshalb seine Entscheidung nicht angreifbar. Daß andererseits noch nicht beantragt ist, eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen (die ohne Antrag nicht erteilt wird, § 724), ist für das Verfahren erheblich, weil der Antragsteller sie sich jederzeit erteilen lassen darf (solange die Voraussetzungen dafür vorliegen).

A üb

Der Urkundsbeamte soll ferner nicht nach §105 verfahren, wenn dadurch die Erteilung der Ausfertigung verzögert wird (also wenn bei umfangreicher Kostenberechnung eine eingehende Nachprüfung, die Heranziehung von Akten u. dgl. m. erforderlich wird), wenn er den beantragten Betrag nicht voll zubilligen kann (§105 1 4 ; zurückweisen sollte er allerdings stets in besonderem Beschluß) und wenn die Kosten nach Quoten verteilt sind (§ 106 I 3). Die Vorschriften sind für den Urkundsbeamten zwingend, verfährt er indes anders, so hat der Rechtsbehelf, der sich allein auf einen solchen Verfahrensverstoß bezieht, keinen Erfolg.

ΑΙΠ

§ 105 1 1 spricht zwar davon, daß der Urkundsbeamte so vorgehen „kann", will ihn damit aber anweisen, es zu tun, wenn seine besonderen Bedingungen gegeben sind (a. M. Schönke §104 Anm. I I : es stehe in seinem reinen Ermessen). Verstöße dagegen sind allerdings mit Rechtsbehelfen nicht verfolgbar. Ob die Partei dieses Verfahren wünscht oder nicht, darauf kommt es nicht an. Doch kann es der Antragsteller verhindern, indem er den Antrag erst später stellt.

ΑΙΠ a

§ 104 I 2 ist durch § 105 1 2 , 3 ersetzt worden. Die Zustellung des Beschlusses folgt damit der des Urteils, die regelmäßig nach §§ 496 1 1, 317 I (noch) in den Händen der Partei liegt (§105 12); §105 1 verschiebt also insoweit die Zustellungslast von dem Gericht auf die Partei. Nur soweit die Urteile (vgl. §§ 625, 640 I, ArbGG § 50) von Gerichts wegen zuzustellen sind, wie überhaupt Beschlüsse (vgl. §§ 91a, 659, 678 I, 683, 685), gilt diese Zustellung auch für den auf sie gesetzten Kostenfestsetzungsbeschluß. § 105 I 3 schreibt die Mitteilung vom Erlaß des Beschlusses an die Parteien vor; diese liegt an den Gläubiger in der Übersendung des Beschlusses auf der Urteilsausfertigung; der Schuldner soll besonders unter Beifügung der Kostenberechnung benachrichtigt werden; diese ersetzt aber nicht die Zustellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses und setzt deshalb keine Fristen in Lauf, wie umgekehrt, auch wenn sie unterbleibt, mit der Zustellung des Beschlusses die (sofortige) Erinnerungsfrist gegen den Schuldner in Lauf gesetzt wird.

A m b

§ 104 I 3 gilt auch in dem Verfahren nach § 105. Wird indes inkorrekterweise die teilweise Ablehnung auf den Titel gesetzt, so sollte man annehmen, daß die Erinnerungsfrist des Gläubigers mit der von ihm (oder vom Schuldner an ihn) bewirkten Zustellung gegen ihn läuft (vgl. § 221 I I ) .

AIV

Auch im Fall des § 105 gilt § 104 I I I unbeschränkt. Der Beginn des Fristenlaufs fällt dann regelmäßig mit dem für Rechtsmittel (über den Hauptanspruch usw.) zusammen (§ 99 I ist aber in bezug auf die Kostenhöheentscheidung unanwendbar). Nur auf die Erinnerung hin, nicht sonst von Gerichts wegen (a. M. Jonas § 105 Anm. I I ) , darf das Gericht den Beschluß von dem übrigen Titel lösen und muß es tun, wenn es einer Erinnerung des Schuldners stattgibt. Die Trennung wird durch Aufhebung des Beschlusses in dem neuen Beschluß vollzogen.

830

§105

Prozeßkosten

Über das arbeitsgerichtliche Verfahren vgl. § 103 D III: Mit Rücksicht darauf, daß Β regelmäßig die Kosten im Urteil des Arbeitsgerichts festgesetzt werden, wird das Verfahren nach § 105 schwerlich praktisch. Im Steuer- und Verwaltungsgerichtsverfahren gilt § 105 nicht, vgl. § 103 D V und VI. C § 106

(100)

1

Sind die Prozeßkosten ganz oder teilweise nach Quoten verteilt, so hat nach Anbringung des Festsetzungsgesuchs die Geschäftsstelle den Gegner aufzufordern, die Berechnung seiner Kosten binnen einer Woche bei der Geschäftsstelle einzureichen. Die Vorschriften des § 105 sind nicht anzuwenden. » Nach fruchtlosem Ablauf der einwöchigen Frist ergeht die Entscheidung ohne Bücksicht auf die Kosten des Gegners, unbeschadet des Hechts des letzteren, den Anspruch auf Erstattung nachträglich geltend zu machen. Der Gegner haftet für die Mehrkosten, die durch das nachträgliche Verfahren entstehen. Nov. 09; I G V. 9. 7.1927, VO v. 30. 11 1927, Nov. 50. I a 1 2 b 1 2 c II a b 1 2

Sinn des § 106 Quotelung Möglichkeiten in bezug auf reine Gerichtskosten inkorrekte Kostengrundentscheidungen Abgrenzung der Nichtanwendbarkeit allgemeine Fälle bei Aufteilung der Kosten nur einer Parteiseite nach § 106 inkorrekte Entscheidungen Verfahren Antrag Aufforderung an den Gegner Überflüssigkeit Bedeutung der Frist

Β

Die Abrechnung Generalbereinigung Einzelbewertung der Posten Armenanwälte PatentG §53 Kostenfestsetzungsgebühren Beschluß Nachträgliche Festsetzung 1 Kostenfestsetzungsgebühren b Verwirkung und Verjährung

I a b c d II a

G I II

Rechtsbehelfe sofortige Erinnerung sofortige Beschwerde

§ 106 gibt Regeln, wie bei der Kostenfestsetzung zu verfahren ist, wenn die Kosten- A grundentscheidung sie nach Quoten verteilt, d. h. für jede Partei ein zur Kostenfestsetzung genügender Titel geschaffen worden ist. Er ist auch anzuwenden, wenn ein Armenanwalt usw. die Festsetzung betreibt (§ 124). Die Vorschrift hebt (OLG Celle 13/114; vgl. auch OLG Stuttgart 15/97 im Fall des § 124) nicht etwa die Einseitigkeit des Kosten Verfahrens auf (wonach der Gegner zuvor nicht gehört zu werden braucht), sondern sie will nur die — sachlich gebotene — Aufrechnung vollziehen. Quotelung ist die Verteilung nach Bruchteilen.

AI

Dazu genügt es, wenn so auch nur die Kosten einer Instanz (oder, wenn auch inkor- A l a rekterweise, die eines Teils einer Instanz) nach Bruchteilen aufgeteilt worden sind (KG JW 35/3645", OLG Celle 13/114, Kiel JVB1. 39/189; a. M. OLG Stuttgart 15/97 im Fall des § 124 II). Worauf sich die Quotelung bezieht, etwa nur auf die außergerichtlichen oder nur auf die Gerichtskosten (KG JW 28/151911, OLG Dresden 29/57, Celle NdsRpfl. 49/200; a. M. OLG München 29/56), ist gleichgültig. Werden nur die Gerichtskosten gequotelt, so genügt es, daß eine Partei — gleichviel A l a i welche — die Festsetzung beantragt; eine Kostenberechnung braucht nicht eingereicht, der Gegner nicht zur Einreichung der Gegenrechnung aufgefordert zu werden; der Erstattungsanspruch wird vielmehr aus den Gerichtsakten festgesetzt (OLG München 29/56, Karlsruhe 11/174; a. M. KG JW 28/1519 n , OLG Dresden 29/57), wobei nur die tatsächlich geleisteten Zahlungen zu berücksichtigen sind (vgl. § 91 E II a). Sind deshalb die Gerichtskosten zwischen A und Β im Verhältnis von 1: 3 geteilt und betragen sie 100 DM, von denen A 75 DM und Β 10 DM bezahlt, so sind für A 50 DM festzusetzen (wobei nicht ausgeschlossen ist, daß der Staat sich wegen der restlichen 15 DM, wenn A 53

Wieczorek, ZPO. I.

831

Alai

§ 1 0 6

ZPO I. Buch

ihm dafür haftet, noch an ihn wendet und A dann nachträglich deren Festsetzung fordern muß), A muß sich also seinen vollen Kostenanteil absetzen lassen (Vi X 1 0 0 DM). Eine reine Quotelung der Gerichtskosten liegt auch dann vor, wenn die Gesamtkosen gegeneinander aufgehoben worden sind; im Gegensatz zu der hier vertretenen Ansicht läßt dann OLG Düsseldorf AnwBl. 50/119 auch die Festsetzung der Kosten zu, welche die anderen Parteien (in Ehesachen, vgl. § 627 I für den Prozeßkostenvorschuß) vorgeschossen hatten (vgl. dazu § 91 Β II d 2). AI a 2

Alb

Sind inkorrekterweise (RG v. 22. 11. 1932 V I I J W 33/512«, v. 11. 1. 1934 VI J W 691 8 ) die Kosten der Klage der einen, die der Widerklage der anderen Partei oder bei wechselseitig e ingelegtem Rechtsmittel die des Rechtsmittels der einen Partei, wie die des anderen dieser auferlegt worden, dann ist nach § 106 auszugleichen (RG v. 2. 2 . 1 8 9 1 V I J W 197 3 = Seuff. 47/228, KG J W 39/362 3 4 ; a. M. OLG Naumburg J W 33/535 1 3 , LG Berlin BüroBl. 32/81). Unanwendbar ist indes § 106

Albi

in bezug auf nicht aufgeteilte Kosten, wie die der Vollstreckung (OLG Dresden 15/96), und bei denen, die nicht nach Quoten verteilt worden sind (RG v. 2 7 . 1 0 . 1 8 8 7 I V E 19/430f., v. 18. 12. 1896 I I I J W 97/50 6 , OLG Dresden 15/96, SächsAnn. 24/463), sei es, daß einer Partei summenmäßig ein bestimmter Betrag auferlegt worden ist oder wenn inkorrekt, etwa nach Prozeßabschnitten innerhalb einer Instanz, entschieden worden ist, wie bei denen nach §§ 276, 328, 344; aber auch wenn inkorrekt eine Instanz zeitlich aufgeteilt wurde (RG v. 27. 10. 1887 I V E 19/430f., OLG Dresden SächsAnn. 24/463), aber auch wenn korrekterweise die Kosten der einen Instanz der einen, die der anderen der Gegenpartei auferlegt worden sind (OLG Düsseldorf JVB1. 38/319).

AIb2

Bezieht sich die Quotelung nur auf die außergerichtlichen Kosten der Partei, die sie erstattet verlangen kann, so ist § 106 nicht anzuwenden, also wenn etwa die Kostenentscheidung dahin lautet, daß der Beklagte Β die halben außergerichtlichen Kosten des Klägers A, seine eigenen außergerichtlichen und die Gerichtskosten zu tragen habe.

Ale

Jedenfalls wird, selbst wenn ein Beschluß nach § 106 nicht ergehen durfte, diese inkorrekte Entscheidung rechtskräftig (RG v. 18. 12. 1896 I I I J W 97/50 5 ), wenn sie nicht rechtzeitig angegriffen wird.

A II

Liegt eine Quotelung der Prozeßkosten i. S. des § 106 vor, so fordert die Geschäftsstelle (von Gerichts wegen) den Gegner auf, seine Kostenrechnung anzubringen, sobald ihm die andere Partei die Rechnung eingereicht oder den Antrag aul Ausgleichung anderweit gestellt hat (dies kann auch die Partei sein, welche Kosten zu erstatten hat). Beide Kostenrechnungen sollen spezifiziert sein; auch hat KG West Rpfl. 51/95 es nicht gelten lassen, daß der Gegner erklärte, seine Kosten seien dieselben wie die des Gegners (doch sollte man eine solche Erklärung in bezug auf die Gebühren und die dazu gehörende Umsatzsteuer gelten lassen).

Alla

Der Antrag ist eine prozessuale, dem Gericht gegenüber abzugebende Willenserklärung, die frei widerruflich nur bis zum Eingang der Gegenkostenrechnung bzw., wenn sie nicht eingeht, bis zum Erlaß des Beschlusses ist.

ΑΠb

Die Aufforderung soll die Befristung der Einreichung binnen einer Woche enthalten. Sie ist zuzustellen (vgl. § 329 I I I ) . Hat ein Armenanwalt usw. nach § 124 die Ausgleichung beantragt, so ist die von ihm vertretene Partei nicht aufzufordern, soweit der Armenanwalt sie vertritt (also Prozeßbevollmächtigter der ersten Instanz ist), wohl aber wenn der Antrag von einem Armenanwalt der höheren Instanz unmittelbar gestellt worden ist. Bei Beteiligung mehrerer Armenanwälte sind auch sie zu benachrichtigen, wenn sie nicht schon in ihrer Eigenschaft als Parteivertreter aufgefordert wurden. Stellt die Partei den Ausgleichungsantrag (oder der Armenanwalt in ihrem Namen auch für ihm sonst zustehende Kosten), so werden andere (Armenanwälte u. dgl. m.) nicht benachrichtigt (vgl. dazu aber § 124 Β I). Nicht benachrichtigt wird die Staatskasse, selbst wenn auf sie Ansprüche übergegangen sind ; doch wird dies von Gerichts wegen berücksichtigt.

832

Prozeßkosten

§106

Die Aufforderung erübrigt sich, wenn beide Parteien den Kostenfestsetzungsantrag Α Π b 1 gestellt haben, weil dann die Voraussetzungen, die durch die Aufforderung geschaffen werden sollen, schon gegeben sind. Dies ist auch dann der Fall, wenn schon eine oder beide Parteien ihre Kostenrechnungen vor Erlaß der Entscheidung (Verkündung oder Zustellung im schriftlichen Verfahren) eingereicht hatten. Die Frist ist gesetzlich bestimmt und deshalb durch Parteivereinbarung abzukürzen Α Π b 2 (§ 224 I), aber nicht zu verlängern (§ 224 II). Doch ist auch die nach Ablauf der Frist eingereichte Berechnung noch bis zu dem Zeitpunkt, wo der Beschluß zur Zustellung gegeben wird, zu berücksichtigen (§231 II in entsprechender Anwendung, abweichend OLG Stettin Recht 06/767 für den Fall, daß der Beschluß nur noch nicht ausgefertigt war, und schlechthin: Jonas § 106 Anm. IV). Wird die Wochenfrist in der Aufforderung nicht genannt, sondern eine kürzere, so ist zunächst die richtige Aufforderung nachzuholen, wird eine längere genannt, so darf nach Ablauf dieser festgesetzt werden, ist gar keine genannt, so ist die Aufforderung mit der Fristsetzung von einer Woche zu wiederholen, immer vorausgesetzt, daß die Abrechnung des Gegners nicht eingereicht worden ist. Wird festgesetzt, ohne daß der Gegner (ordnungsmäßig) aufgefordert worden ist, so h a t er die Erinnerung und darf mit ihr seine Abrechnung nachreichen. Im Kostenausgleichungsverfahren wird eine Aufrechnung (BGB § 387) mit den beider- Β seitigen Kostenforderungen im Sinne des Kostenrechts vollzogen. Die Kosten, welche eine Partei der anderen zu erstatten hat, also der Überschuß, werden ziffernmäßig festgesetzt (RG v. 5. 3.1897 III E 39/383Í.). Die Abrechnung bezieht sich auf alle Instanzen, auch wenn nur die Kosten einer Instanz bruchteilmäßig verteilt worden sind, aber nicht auf die Kosten der Vollstrekkungsinstanz, die stets dem Schuldner allein zur Last fallen (OLG Dresden 15/96Í.), sofern nicht die Kostengrundentscheidung der Vollstreckungsinstanz sie anderweitig verteilt hat. Sie ergreift alle Posten, deren Begleichung auch im einseitigen Kostenfestsetzungs- Β I verfahren gefordert werden darf, also nicht die unbeglichenen Gerichtsforderungen, für welche die Gegenpartei noch (wenn auch nur als Zweitschuldner) haftet § 106 A I a 1 ; auch hier sind also die Gerichtskosten gesondert abzurechnen; dies gilt auch für etwa zurückgezahlte Gerichtskosten, welche die Staatskasse zurückzahlt (sie sind abzusetzen, nicht zu erstatten). Je nach der Erforderlichkeit darf der einen Partei die Kostenerstattungsfähigkeit B l a eines Postens zuerkannt, der anderen aberkannt werden (KG DR 41 A 2 1 9 28), etwa wenn einer Partei Reisekosten für die Wahrnehmung des auswärtigen Termins oder die Kosten eines Verkehrsanwalts zugebilligt werden, während die andere keine erhält, weil sie am Orte wohnt. Doch müssen solche Möglichkeiten nach § 91 zu rechtfertigen sein; es geht nicht an, daß willkürlich einer Partei der Ersatz der Kosten des Verkehrsanwalts, der anderen aber nicht zugebilligt wird, wenn beide außerhalb wohnen. Bei Gesamtschuldnerschaft sind alle Gesamtschuldner zu beteiligen; sie dürfen der anderen Partei gemeinschaftlich die Erstattungsansprüche jedes einzelnen entgegenhalten (KG OLG 15/259). Sind Armenanwälte beteiligt, so sind bei Ausgleichung die vollen Kosten — ohne Β I b Abzug der ihnen aus der Staatskasse ersetzten Gebühren — anzusetzen (OLG Celle J W 30/3346 34 ). Ergibt die Kostenausgleichung einen Betrag, der zusammen mit den von der Staatskasse gezahlten Beträgen die vollen Gebühren des Armenanwalts nicht übersteigt, so ist der Betrag dem Armenanwalt voll anzusetzen (KG J W 35/2292 34 , J W 36/613 60 , OLG Dresden J W 33/2345 8 ; a. M. OLG Düsseldorf J W 35/2299 49 ), nur der die vollen Gebühren (zusammen mit den Zahlungen der Staatskasse) übersteigende Betrag verbleibt der Staatskasse und ist deshalb nicht mit festzusetzen. Sind mehrere Armenanwälte beteiligt, so ist der auf sie entfallende Anteil nach der Gesamtabrechnung besonders zu teilen; die vollstreckbare Ausfertigung muß jeden Gläubiger getrennt nennen (KG J W 38/54 34 ); bei verschiedener Quotelung in den Instanzen ist getrennt abzurechnen. 53*

833

Bib

§ 106

ZPO I. Buch

Darüber, ob auch die arme Partei zur Ausgleichung heranzuziehen ist, herrscht Streit (bejahend OLG Dresden J W 37/2796", verneinend KG J W 37/2 7 9 9 45) ; der Armenanwalt bzw. die Staatskasse haben jedenfalls ohne Nachzahlungsbeschluß keinen Anspruch auf eine höhere Zuteilung durch die von der armen Partei unmittelbar gemachten Aufwendungen, die zu erstatten sind (Lisken DR 40 Β S. 62; a. M. Meyer JVBl. 37/352, Hug JVBl. 41/102). Betreibt der Armenanwalt im Namen der Partei die Kostenerstattung, so geht auch dieser Anspruch (wie auch, wenn er im eigenen Namen vorgeht: so RG v. 12. 11. 1929 III E 126/178) der Staatskasse vor (OLG Dresden JVBl. 39/199). ΒIc

Wird für eine Partei nach PatentG § 53 ein besonderer Streitwert berechnet oder auch für beide Parteien, aber nicht der gleiche, so ergibt sich bei der Kostenausgleichung die folgende Lage. Es ist zunächst die Kostenausgleichung nach den alten bzw. den früheren Werten aufzumachen. Ergibt sich ein Guthaben der (am meisten) nach PatentG §53 begünstigten Partei, so ist dieser Betrag auf den Namen des Anwalts der begünstigten Partei insoweit festzusetzen, wie er seine Kosten von der begünstigten Partei nicht ersetzt verlangen kann. Betragen also seine vollen Gebühren a DM und hatte dann die begünstigte Partei b DM zutragen und ist der Ausgleichsbetrag von c < a — b D M , so werden c DM voll für den Anwalt festgesetzt; ist aber a—b < c, so steht der Betrag von c—(a—b) der Partei zur Verfügung. Von diesem Betrag kann aber die begünstigte Partei nur etwas erstattet verlangen, soweit ihr dies bei der Kostenausgleichung nach den geringeren Werten (die für die begünstigte Partei maßgebend sind) zusteht (vgl. dazu KG DR 40 A 138 1 23). Ergibt sich bei der Ausgleichung der hohen Werte eine Schuld der begünstigten Partei, so bleibt diese Berechnung völlig außer Betracht und es wird nun ausschließlich nach den geringeren Werten ausgeglichen.

Bid

Festzusetzen ist zugunsten desjenigen, dem bei dieser Abrechnung noch etwas zusteht; nur dieser erhält die vollstreckbare Ausfertigung über den festgesetzten Betrag (KG J W 38/54 34 ). Die Praxis berechnet dabei die Kostenfestsetzungsgebühr des Anwalts (RAGebO §§ 23 1 3, 30 1 3) nach dem festzusetzenden Ausgleichsbetrag (RG v. 7 . 4 . 1897 V Gruch. 41/1141, OLG Königsberg 1/223, Hamburg 11/63, Dresden 15/96Í.); sie wird als erstattungsfähig dem Kostenbetrag des obsiegenden Gläubigers zugesetzt (und nur diesem, OLG München J W 25/2 3 7 2 42, H R R 37/972 und ohne Quotelung der Grundentscheidung berechnet), während sie OLG Hamburg J W 30/3868" dem Unterliegenden ganz abspricht und Sydow-Busch § 106 Anm. 4 dem Anwalt die Ansetzung gegenüber seiner Partei zubilligt.

Β Π

Der Beschluß ist jeder Partei zuzustellen (§ 329 III).

ΒΠa

Wo eine Kostenberechnung (vgl. § 106 A II) nicht (rechtzeitig) eingeht, wird die Ausgleichungsforderung ohne die unbekannten Kosten des sie nicht Einreichenden berechnet (§ 106 II 1); seine bekannten Gerichtskostenerstattungsansprüche sind aber anzurechnen. Darüber hinaus sollte man seine bekannten Kosten (Anwaltskosten u. dgl. m., soweit sie aktenkundig sind, §291) berücksichtigen (was indes die h. M. nicht tut). Jedenfalls verliert der Gegner nicht das Recht auf Kostenerstattung, sondern darf es noch später ausüben (§106 12). Das entsprechende gilt von den Kosten des Antragstellers, die dieser nicht zum Ausgleich stellt, obwohl sie entstanden sind; auch dieser darf sie nachträglich festsetzen lassen, soweit sie nicht von Gerichts wegen zu berücksichtigen sind, also Gerichtskosten betreffen (vgl. § 103 Β III b 2). Die einzige Folge, die eine solche nachträgliche Festsetzung nach sich zieht, ist die, daß der Gegner nicht für die Mehrkosten haftet, welche durch das nachträgliche Verfahren entstehen (§ 106 II 2).

Β Πa1

Nach der geübten Praxis wird dabei die Kostenfestsetzungsgebühr danach berechnet, wie sich die Differenz gestaltet. Sind für A DM a mit einer Gebühr seines Anwalts von a j festgesetzt, erhält dann nachträglich Β DM b (ohne Kostenfestsetzungsgebühr) festgesetzt, so ist eine Gebühr nur festzusetzen, wenn a—a x < b , und zwar nach dem Werte von b—(a—a x ) ist, wobei als Mehrkosten die sonst gar nicht festzusetzende Gebühr a x völlig außer Betracht bleibt.

Β üb

Über die Verwirkung des Anspruchs auf Kostenausgleichung vgl. KG J W 39/6 4 7 43 ; über die Verjährung der Ansprüche vgl. § 1 0 3 A I I I a l .

834

Prozeßkosten

§106

Die Rechtsbehelfe hat jede Partei, soweit sie beschwert ist.

C

Den Rechtsbehelf der — sofortigen — Erinnerung (§ 104 III) hat jede beschwerte CI Partei ; wird er einseitig eingelegt, so darf die Entscheidung in ihrem Ergebnis nicht zuungunsten des Einlegenden geändert werden (vgl. RG v. 2. 6. 1894 V E 33/391 [392]). Auch darf hier nicht berücksichtigt werden, was der anderen Partei zu Unrecht aberkannt ist, weil sie selbständig hätte Erinnerung einlegen dürfen. Die übrigen Posten werden aber frei nachgeprüft, wie auch sonst im Kostenfestsetzungsverfahren (vgl. §104 A l l b). Ob mit der Erinnerung noch neue Posten nachgebracht werden dürfen, hat KG JW 35/2 901 25 für die bejaht, welche bis dahin der Partei nicht mitgeteilt waren. Dies gilt besonders für Gerichtskosten. Berechnet der Gegner Posten, welche auch von der anderen Partei in Ansatz gestellt werden könnten, so wird man ihre Nachbringung zulassen müssen, denn dann hätte der Urkundsbeamte schon vor Festsetzung die Partei hören sollen (vgl. §104 AI). Das Entsprechende gilt für die sofortige Beschwerde gegen den auf die Erinnerung er- C II gehenden Beschluß. Doch ist die Beschwerdesumme (§ 567 II) nur nach dem Betrag zu berechnen, der zu erstatten wäre, wenn der Angriff des Beschwerdeführers durchdringen würde (also nicht nach dem einzelnen Rechnungsposten, sondern nach dem zu erstattenden Überschuß: RG v. 7. 4.1897 V Gruch. 41/1141). Soweit indes hier eine Partei mangels Erreichung der Erwachsenheitssumme nicht in der Lage ist, selbständig Beschwerde einzulegen, muß es ihr unbenommen bleiben, die Posten in der Beschwerdeinstanz geltend zu machen, welche durch den auf die Erinnerung — gleichviel welcher Parteiseite — ergehenden Beschluß verändert werden, entweder durch Anschlußbeschwerde (§ 104 C II b) oder ohne sie, wenn man mit der h. M. die Anschlußbeschwerde nicht zuläßt. Insoweit ist die Lage anders als bei der Erinnerung. Doch darf dabei nicht auf die Lage zurückgegriffen werden, die vor Einlegung der Erinnerung bestand, weil insoweit der selbständige Angriff zulässig war. § 107

(-)

I

Ergeht nach der Kostenfestsetzung eine Entscheidung, durch die der Wert des Streitgegenstandes festgesetzt wird, so ist, falls diese Entscheidung von der Wertberechnung abweicht, die der Kostenfestsetzung zugrundeliegt, auf Antrag die Kostenfestsetzung entsprechend abzuändern. Über den Antrag entscheidet der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges. II Der Antrag ist binnen der Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle anzubringen. Die Frist beginnt mit der Zustellung und, wenn es einer solchen nicht bedarf, mit der Yerkiindung des den Wert des Streitgegenstandes festsetzenden Beschlusses. 1,1 Die Vorschriften des § 104 Abs. 3 sind anzuwenden. Eingef. Nov. 98, Nov. 09; II G ν. 9. 7. 1927, VO ν. 30. 11. 1927, Bek. 50.

II

Veränderung der Berechnungsgrundlage nach Kostenfestsetzung Maßgeblicher Zeitpunkt Erlaß des Kostenfestsetzungsbeschlusses Erlaß des Streit- oder Gebührenwertbeschlusses Verhältnis zur Erinnerung und Kostenbeschwerde Voraussetzungen nach § 107 Verfahren

a b

die veränderte Festsetzung der Tenor der Entscheidung III Angriffe *» nach § 104 b nach § 107 Β Vollstreckungsgegenklage C Arbeitsgerichte D Verwaltungsgerichte

§ 107 regelt den Fall, daß nach der Kostenfestsetzung ein förmlicher (auch noch nicht A rechtskräftiger) Streitwert- oder Gebührenwertbeschluß (vgl. § 2 D), gleichviel aus welchem Grunde, ergeht, der andere (höhere oder geringere) Werte zugrundelegt als die im Kostenfestsetzungsbeschluß zugrunde gelegten. 835

§107 AI

ZPO I. Buch

Unter der Kostenfestsetzung i. S. des § 107 wird man

Ala

den Zeitpunkt des Erlasses (§104 A I l l a ) des Kostenfestsetzungsbeschlusses zu verstehen haben ; bis dahin ist nämlich der Urkundsbeamte gehalten, die Wertfestsetzung zu beachten (§ 104 A II b 1). Es kommt aber nicht darauf an, wann der Kostenfestsetzungsbeschluß zugestellt worden ist (was besonders im Fall des § 105 erheblich später möglich ist).

Alb

Andererseits kommt es nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des Streitwert(änderungs)beschlusses an, sondern darauf, wann die Parteien von ihm Kenntnis erlangen sollten, also mit der Verkündung bzw. der Zustellung (§ 329 III, vgl. § 107 II 2). Liegt dieser Zeitpunkt nach der Kostenfestsetzung, so sind die besonderen Voraussetzungen des § 107 gegeben. Ob zu dieser Zeit der Kostenfestsetzungsbeschluß noch angreifbar oder schon rechtskräftig ist, ist belanglos (OLG München BayZ 13/258).

Albi

Ist der Kostenfestsetzungsbeschluß noch nicht rechtskräftig, so ist er stets damit angreifbar, daß nach einem falschen Gebührenwert festgesetzt worden ist (§ 104 III); also auch wenn der Streitwertbeschluß nicht nach dem Kostenfestsetzungsbeschluß erlassen worden ist (§ 570; RG v. 29. 4.1891 V JW 3064, v. 30.11.1894 II J W 95/68, v. 4.1. 1899 V J W 89"). Doch braucht die Partei die ihr nach §104 111 gegebenen Rechtsbehelfe nicht einzulegen, sondern darf nach § 107 vorgehen (OLG Breslau 42/15, Freiburg Rpfl. 51/571), und die verspätet eingereichte Erinnerung ist als Rechtsbehelf des § 107 aufzufassen (OLG Bamberg 3/214). Umgekehrt kann die Erinnerung schon vor Erlaß des Streitwertfestsetzungsbeschlusses eingelegt worden sein, indem der Gebührenwert, den der Urkundsbeamte zugrundegelegt hat, angegriffen wird. Lief indes ein Erinnerungs- bzw. Beschwerdeverfahren, so wird die Streitwertfestsetzung ohne weiteres berücksichtigt, wenn auch das Ergebnis der vorangegangenen Entscheidung nicht zu Lasten des Erinnerungs- bzw. Beschwerdeführers abgeändert werden darf. Daraus folgt, daß in diesem Verfahren die Änderung zwar vorgebracht werden darf, aber nicht vorgebracht werden muß.

Alb 2

Das Verfahren nach §107 setzt den Antrag der durch die alte Entscheidung beschwerten Partei voraus. Eine beiderseitige Beschwer ist denkbar, wenn verschiedene Ansprüche im Streit waren und diese teils höher teils geringer bewertet wurden; in solchen Fällen muß aber auch derAntrag der einen Partei der anderen zustatten kommen, selbst wenn sie den Antrag nicht stellt, da ein richterlicher Wertbeschluß nur einheitlich gefaßt werden darf. Einer besonderen Aufforderung bedarf es in diesem Nachverfahren nicht mehr. Der Antrag ist wie der Kostenerstattungsantrag (§ 103 Β III) zu behandeln, er ist vom Anwaltszwang frei und richtet sich an das Gericht erster Instanz, auch wenn eine höhere den Streitwert festgesetzt hatte. Er ist in Monatsfrist zu stellen; die Frist ist keine Notfrist (§ 223 I I I ; gegen ihre Versäumung gibt es also keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) ; sie kann von den Parteien verkürzt (§ 224 I), aber nicht verlängert werden (§ 224 II). Der Lauf der Frist beginnt mit der Verkündung und, wo nicht verkündet wird, mit der Zustellung des Beschlusses (§§ 107 II 2, 329 III). Die Frist beginnt ohne Rücksicht darauf, ob der Streitwertbeschluß rechtskräftig ist und läuft trotz dagegen eingelegter Beschwerde (KG DR 39 A 192315). Zuzustellen ist dem Prozeßbevollmächtigten der Instanz, von der er erlassen wird (KG J W 34/1738«), u. U. nach § 212a. Wird nicht zugestellt, geht aber der Wertänderungsbeschluß zu, so ist § 187 anzuwenden (da die Frist keine Notfrist ist, beginnt also auch bei einfacher Mitteilung die Frist zu laufen). Doch wird so nur das Ende der Frist bestimmt. Der Antrag aus § 107 kann schon vom Erlaß des Streitwertbeschlusses ab gestellt werden (über die zuvor eingelegte Erinnerung bzw. Beschwerde vgl. § 107 A l b i ) .

ΑΠ

Das Verfahren richtet sich nach §§ 103 folg. (OLG Kiel Recht 32/720). Auch § 106 ist anzuwenden. 836

Prozeßkosten

§107

Neu festgesetzt werden nur die Gebühren, welche durch den Wertbeschluß verändert Α Π a werden. Nicht mehr nachprüfbar ist die Frage der Erstattungspflicht als solcher; auch ein inzwischen geschlossener Vergleich wird nicht berücksichtigt (OLG Dresden JW 38/1727 l8 ), wohl aber ist die Veränderung der Kostenfestsetzungsgebühr zu beachten, die bei einseitigen Festsetzungen nach dem festzusetzenden Betrage bemessen wird. Ergibt sich aus dem neuen Kostenfestsetzungsbeschluß, daß die festzusetzenden Α Π b Kosten ein Mehr sind, so ergeht nur über den Mehrbetrag ein Ergänzungsbeschluß (wobei aber die Mehrkosten des Kostenfestsetzungsverfahrens entgegen § 106 II 2 zu berücksichtigen sind) ; ergibt sich ein Plus für den Gegner, so ist der alte Beschluß aufzuheben und das Plus für den Gegner festzusetzen, ergibt sich ein bloßes Minus im Verhältnis zum alten Beschluß, so ist der alte Beschluß insoweit aufzuheben, wie mehr festgesetzt war. Eine Anordnung, gezahlte Beträge zurückzuzahlen, ist nicht zulässig (KG JW 25/2362®, OLG Köln JW 28/126 16 ; vgl. § 104 Β IV d; a. M. Jonas § 107 Anm. III). Der Beschluß ist wieder ein Kostenfestsetzungsbeschluß und

Α ΠΙ

nach § 104 III angreifbar (§ 107 III). Ama Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei (GKG § 1), bezüglich der Anwaltsgebühren entsteht nur die einheitliche Kostenfestsetzungsgebühr (verbunden mit dem Vorverfahren; RAGebO §§ 23 1 3, 30 I 3), besonders aber die des Erinnerungsverfahrens nach RAGebO §§ 23 1 10, 30 I 3, in der Beschwerdeinstanz entstehen die Gerichtsgebühren nach GKG § 38 II, Anwaltsgebühren nach RAGebO § 4111. Auch ein neuer Antrag aus § 107 ist denkbar, wenn nach seinem Erlaß die Wertfest- Α ΠΙ b Setzung erneut geändert wird. Nach OLG Köln JW 28/126", Jonas § 107 Anm. I, Rosenberg Lb. § 80 VII, Baum- Β bach-Lauterbach § 107 Anm. 2 ist auch noch nach Ablauf der Frist des § 107 die Vollstreckungsgegenklage des § 767 zulässig, sofern erst nach Ablauf der Frist des § 107 II vollstreckt wird, und nach Vollstreckung die Bereicherungsklage nach Jonas a. a. O., Baumbach-Lauterbach a. a. O. und KG JW 25/2362'. Nach der hier vertretenen Auffassung ist § 767 II nicht entsprechend anzuwenden (§ 767 D I d 2). Im arbeitsgerichtlichen Verfahren bleibt für die Anwendung des § 107 nur Raum, C wenn die erste, zweite oder dritte Instanz nicht mit einem Urteil endet (also etwa durch Vergleich) bzw. wenn in der höheren Instanz der Streit nicht in Höhe der vollen Beschwer durchgeführt wird. Verwaltungsgerichts- und Steueryerfahren kennen die Vorschrift nicht.

D

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