227 92 41MB
German Pages 140 [141] Year 1978
Band 185 (1977)
Heft 2
Zeitschrift für Psychologie mit Zeitschrift für angewandte Psychologie
Schriftleitung Friedhart Klix, Berlin • Hans-Dieter Schmidt, Berlin • Hubert Sydow, Berlin Redaktion: Jürgen Mehl, Berlin • Friedrich Kukla, Berlin
Unter Mitwirkung von G. Clauß, Leipzig H. Düker, Marburg H.-J. Eysenck, London P. Fraisse, Paris J . J . Gibson, Ithaca, N. Y. W. Hacker, Dresden H. Hiebsch, Jena A. Kossakowski, Berlin D. Koväc, Bratislava
|
A. N. Leontjew, Moskau B. F. Lomow, Moskau A. R. Luria, Moskau D. A. Oschanin, Moskau J . Piaget, Genf H. D. Rösler, Rostock W. P. Sintschenko, Moskau W. Straub, Dresden D. Wendt, Hamburg
Z. Pgyohol.
E V P 12,50 M je Heft
JOHANN AMBROSIUS BARTH LEIPZIG
INHALT HUYBRECHTS, R. (Berlin). Sequentielles Lernen und Gedächtnismäßige Strukturbildungen. Teil 1. Mit 15 Abbildungen
177
SCHMIDT, H.-D. (Berlin). Einige Bemerkungen zum Problem der biologischen Grundlagen der Persönlichkeit
214
BABDIN, K. W. (Moskau). Der Schwellenbegriff und die psychophysischen Methoden . . . .
225
VORWERG, M. (Leipzig). Adaptives Training der Leistungsmotivation. Mit 1 Abbildung . . .
230
WLEDL, K. H. (Trier). Struktur und Persönlichkeitskorrelate von ästhetischer Präferenz für visuelle Komplexität
237
KRAUSE, B. (Berlin). Skalierungsmodelle in der Psychodiagnostik. Mit 6 Abbildungen . .
257
Buchbesprechungen
288
Manuskripte
für Originalabhandlungen
und Referate
werden an Dr. J. Mehl, Sektion
Psy-
chologieder Humboldt- Universität, DDR —102 Berlin, Oranienburger Straße 18, erbeten. Für diese Zeitschrift werden grundsätzlich nur Arbeiten angenommen, die vorher weder im Inland noch im Ausland veröffentlicht worden sind. Das Manuskript ist satzfertig einzusenden, damit das Lesen der Korrektur bei Zeitmangel von der Redaktion veranlaßt werden kann. Jede Abhandlung ist mit einer kurzen Zusammenfassung in 3facher Anfertigung f ü r die Übersetzung in russischer und englischer Sprache abzuschließen. Mit der Annahme des Manuskriptes und seiner Veröffentlichung geht das alleinige Piecht der Vervielfältigung, Verbreitung und Übersetzung auf den Verlag über. Von Originalarbeiten
liefert der Verlag an Stelle eines Honorars 50 Sonderdrucke. Buchbe-
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ZEITSCHRIFT FÜR P S Y C H O L O G I E Band 185, 1977
Heft 2
mit Zeitschrift für angewandte Psychologie
Band 93
Aus der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität Berlin Lehrbereich Arbeits- und Ingenieurpsychologie
Sequentielles Lernen und Gedächtnismäßige Strukturbildungen 1 Teil 1 V o n R. HUYBRECHTS
Mit 15 Abbildungen
1. Theoretischer Teil 1.1. Einleitung Die Fähigkeit, Informationen zu speichern, ist eine der wesentlichen Voraussetzungen f ü r ein angepaßtes Verhalten des Menschen an seine Umwelt. Dabei ist nicht n u r die A r t der gespeicherten Information, sondern auch die F o r m der Gedächtnisorganisation entscheidend. Denn, u m Informationen schnell u n d sicher aus dem Gedächtnis reproduzieren zu können, ist es notwendig, daß sie in bestimmten, den jeweiligen Verhaltensanforderungen a d ä q u a t e n Ordnungen gespeichert werden. Untersuchungen von Prinzipien menschlicher Gedächtnisorganisation tragen deshalb wesentlich zur E r k l ä r u n g insbesondere der kognitiven Grundlagen der menschlichen Leistungsfähigkeit bei. In unserer Arbeit begrenzen wir uns auf einen Teilaspekt: U n t e r s u c h t werden solche Prinzipien der Gedächtnisorganisation, wie sie zur Aufbewahrung sequentieller Ereignisstrukturen a u f g e b a u t werden. Mit dieser Themenstellung wird ein Problem aufgeworfen, das bereits in der klassischen Assoziationspsychologie (so von EBBINGHAUS 1885), später auch in der sogenannten ¿"--R-Psychologie u n t e r s u c h t wurde. Das erneute Aufgreifen dieses Problems ist in zweierlei Hinsicht motiviert: Erstens existiert trotz der historischen Verwurzelung der Fragestellung noch kein hinreichend verifiziertes theoretisches Konzept, das eine einheitliche I n t e r p r e t a t i o n experimentell unterschiedlicher, inhaltlich aber zusammengehörender Untersuchungsresultate liefern würde. Die theoretische Unklarheit ist zudem in den letzten J a h r e n v e r s t ä r k t worden, da insbesondere durch linguistische u n d psychologische Untersuchungen zum Sprachverhalten von der Assoziations- bzw. »S-Zi-Psychologie abweichende Erklärungsmöglichkeiten aufbereitet wurden. 1
Die Untersuchungen wurden im R a h m e n einer Dissertation, die v o n Prof. Dr. F. K u x
betreut und 1974 abgeschlossen wurde, an der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt. 12
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Ein zweiter Grund leitet sich aus dem Untersuchungsgegenstand selbst ab, da das Erlernen und gedächtnismäßige Behalten sequentieller Reizmuster, schließlich aber auch ihr Erzeugen durch motorische Aktivitäten eine wesentliche Verhaltensgrundlage des Menschen bilden. Die Notwendigkeit solcher Verhaltensaktivitäten entspringt zunächst den natürlichen Einschränkungen sensorischer und motorischer Organe des Menschen. Ein gebotenes Reizmuster ist nur in seltenen Fällen simultan wahrnehmbar; die natürliche Form ist, daß es durch Augenbewegungen abgetastet werden muß und damit als Sequenz elementarer Wahrnehmungseinheiten wirksam wird. Entsprechend ist auf der Seite der Motorik z. B. die Ausführung eines Tätigkeitsplanes im allgemeinen Fall nur durch eine Sequenz von Handlungen oder Operationen möglich. Neben dieser peripher-organismischen Einschränkung unterliegen auch interne Verarbeitungssysteme des Menschen (z. B. das Kurzzeitgedächtnis) natürlichen Kapazitätsbegrenzungen. Das sind wesentliche Ursachen dafür, daß die sequentielle Informationsaufnahme und -erzeugung einen vorgegebenen Rahmen zahlreicher, unterschiedlich komplexer kognitiver Verarbeitungsprozesse des Menschen darstellen. Die Lösung eines Problems wäre z. B. nicht möglich, wenn keine zeitliche Aufgliederung in oft nur mental, zumeist aber auch motorisch realisierte Lösungsschritte erfolgen würde. Die Erzeugung einer sprachlichen Äußerung erfordert die sequentielle Aufgliederung in (phonologische, syntaktische) Spracheinheiten. Dementsprechend erfordert die komplementäre Leistung, die Sprachwahrnehmung, die Verarbeitung sequentiell aufgenommener Sprachinformationen. Die Beispiele machen deutlich, daß die sequentielle Informationsverarbeitung in gleichem Maße, wie sie eine Realisierungsbedingung solcher Aktivitäten nach außen (in der Auseinandersetzung mit der Umwelt) ist, eine Organisationsbedingung nach innen (auf die Verarbeitungsprozesse bezogen) darstellt. Ohne den Aufbau gedächtnismäßiger Ordnungen über Sequenzen von Informationseinheiten wäre weder die Wahrnehmung einer Musterstruktur noch die Lösung eines Problems oder die sprachliche Kommunikation möglich. Daß es sich hierbei trotz unterschiedlicher informationsverarbeitender Prozesse um vergleichbare Prinzipien der Gedächtnisorganisation handelt, durch die die Informationseinheiten erzeugt werden, ist eine Annahme, die experimentell gestützt werden kann. Das belegen u. a. solche Untersuchungen, in denen mit Hilfe gleicher Beschreibungsmittel für den Grad sequentieller Strukturiertheit interner Ordnungsbildungen Prädiktionen verschiedenartiger Verhaltensleistungen verifiziert werden konnten (so KLIX 1974, für die Erkennung visueller Musterstrukturen; KBASSA 1973, für das Erlernen transformativer Problemstrukturen). In der nachfolgenden Arbeit wird von einigen methodologischen Voraussetzungen ausgegangen, die sowohl die theoretischen Positionen als auch die experimentelle Planung der Untersuchung mitbestimmen. Da nicht immer auf solche Voraussetzungen explizit Bezug genommen werden wird, sollen sie als Thesen kurz skizziert werden: 1. Die Verhaltensanpassung des Menschen an seine Umwelt steht in zweifachem Bezug zur Form interner Ordnungsbildungen. Sie erfordert erstens, daß sich in
R. HUYBKECHTS, Sequentielles Lernen und gedächtnismäßige Strukturbildungen
179
ihnen die objektiven Gesetzmäßigkeiten bzw. Ordnungen der Umwelt adäquat widerspiegeln, um die gespeicherten Informationen als Grundlage einer aktiven Verhaltenseinwirkung nutzen zu können. Wir sprechen in diesem Sinne vom Widerspiegelungscharakter interner Ordnungsbildungen. Daneben bedingt sie zweitens auch die Effektivität der Gedächtnisorganisation. Es ist davon auszugehen, daß die Ausbildung interner Gedächnisordnungen unterschiedlichen vorgegebenen Grenzen menschlicher Informationsverarbeitung unterworfen ist (den Kapazitätsbegrenzungen unserer Sinnesorgane, des Kurzzeitgedächtnisses usw.). In diesem Zusammenhang werden solche Ordnungsbildungen als effektiv angesehen, die im Rahmen solcher organismisch vorgegebenen Grenzen eine größtmögliche Widerspiegelungsadäquatheit gewährleisten. 2. In unserer Untersuchung werden gedächtnismäßige Ordnungsbildungen unter strukturellem Aspekt betrachtet. Allgemein kann nach KLIX und KRAUSE (1969) eine Struktur als eine Menge von Ereignissen bzw. Zuständen und eine Menge von Morphismen, die durch die Ereignisrelation, -Operationen oder -abbildungen bestimmt sind, definiert werden. Bei internen Strukturbildungen werden die Ereignisse als die gedächtnismäßigen Einheiten und die Morphismen als die gedächtnismäßig gebildeten Verkettungen zwischen ihnen zu bestimmen sein. 3. Die Begrenzung auf die strukturelle Betrachtungsweise impliziert, daß von den informationsverarbeitenden Prozessen, die der Ausbildung gedächtnismäßiger Strukturen zugrunde liegen, weitgehend abstrahiert wird. Diese Trennung ist aber relativ, da jedes psychische Gebilde „eigentlich der psychische Prozeß in seinem resultativen Ausdruck" (RUBINSTEIN 1964) ist. Aus diesem Zusammenhang leitet sich eine wesentliche methodische Konsequenz ab. Da gedächtnismäßige Strukturen mit psychologischen Methoden nicht direkt erfaßt werden können, ist es notwendig, sie aus dem Prozeß ihrer Ausbildung bzw. Verwendung zu erschließen. In unserer) Untersuchungen werden wir uns dabei vor allem auf die Betrachtung des lernabhängigen Aufbaus der Gedächtnisorganisation stützen. 1.2. Strukturbildungen i m Gedächtnis beim Erlernen sequentieller Ereignisstrukturen
1.2.1. Theorien zum serialen Lernen Mit den Arbeiten zum serialen Lernen (SL) ist eine Reihe bereits als klassisch zu bezeichnender Methoden und Theorien der experimentellen Gedächtnisforschung verbunden, deren historischer Ursprung auf die Arbeiten von EBBINGHAUS (1885) z u r ü c k g e h t (vgl. YOUNG 1968).
Gemeinsam ist den verschiedenen Untersuchungen ihr theoretisches Anliegen: Es geht um Ordnungsbildungen im Gedächtnis beim Erlernen von Folgen von Ereignissen, von denen angenommen werden kann, daß für sie kein anderer Zusammenhang subjektiv besteht als der einer raum-zeitlichen Kontiguität. Daraus resultiert eine für die Untersuchung im serialen Lernen charakteristische Lernanforderung. 12*
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Stets werden den Vpn Ereignissequenzen zum Erlernen dargeboten, die einen höchstmöglichen Grad an Homogenität aufweisen. Eine Strukturierung der Ereignisfolgen, die phänomenal zur Auszeichnung bestimmter Ereignisse oder Ereignisverkettungen führen können, wird zumeist durch die Wahl des Versuchsmaterials und der Versuchsbedingungen implizit zu vermeiden versucht. Eine solche Folge wird dann, stets mit unveränderter Ereignisabfolge, so oft wiederholt, bis ein bestimmtes Reproduktionskriterium erreicht wird. Welche gedächtnismäßigen Ordnungsbildungen werden beim Erlernen solcher Ereignissequenzen gebildet? Unter dem Blickwinkel der »S-fi-Theorie wird die Frage nach internen Ordnungsbildungen beim SL auf die assoziativen Bindungen zwischen den „funktionalen" und „nominalen" Stimulus zurückgeführt. Unter dem nominalen Stimulus wird die interne Repräsentation des experimentell gesetzten Reizes (Items) verstanden, hingegen stellt der funktionale Stimulus den phänomenal repräsentierten antwortauslösenden Reiz dar ( U N D E R W O O D 1 9 6 3 , K A U S L E R 1 9 6 6 ) . Die wesentlichen theoretischen Ansätze dazu seien kurz skizziert: 1. Die Spezifitätshypothese ( Y O U N G 1962/68). Es wird angenommen, daß im S L vorwärtsgerichtete Assoziationen zwischen den phänomenalen Repräsentanten benachbarter Items gebildet werden. Beim Erlernen folgender Itemsequenz wird nach dieser Hypothese die unten schematisierte Gedächtnisstruktur gebildet: Itemfolge: ABC DE... Hypothetische Gedächtnisstruktur: A-*B, B^-C, C^-D, D^-E, . . . 2. Die seriale Positionsthypothese In ihrer strengen Fassung ist die Positionshypothese als Alternative zur Spezifitätsannahme postuliert worden: Angenommen wird, daß die seriale Position jedes Itefns in der Folge den antwortauslösenden Stimulus bildet ( Y O U N G 1 9 6 2 / 6 8 , E B E N HOLTZ 1 9 6 3 , Y O U N G , P A T T E R S O N und B E N S O N 1 9 6 3 , S L A M E C K A 1 9 6 4 ) . Die nach dieser Hypothese gebildeten Gedächtnisstrukturen veranschaulicht folgendes Schema: Itemfolge: ABC DE... Seriale Position: 1 2 3 4 5... Hypothetische Gedächtnisstruktur: 1— A, 2 — B, 3->C, i-+D, 5 — E 3. Die Komponenten-Hypothese Die vielen sich widersprechenden experimentellen Ergebnisse, die zur Bestätigung beider obengenannten Theorien erhoben wurden, machten in neueren, auf dem iS-jR-Konzept basierenden Arbeiten zum SL eine Aufweichung dieser Hypothesen notwendig. Angenommen wird, daß sowohl die Itemposition als auch die Items als antwortauslösende Stimuli im SL wirken.
R. HTJYBBECHTS, Sequentielles Lernen und gedächtnismäßige Strukturbildungen
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a) YOUNG (1962/68), YOUNG, PATTEESON u n d BENSON (1963) n e h m e n a n , d a ß in
der Mitte einer Itemfolge assoziative Bindungen zwischen den Positionen und den Items, hingegen bei randständigen Gliedern paarweise Itembindungen aufgebaut werden (siehe folgendes Schema). ABC D E F Itemfolge Seriale Position: 1 2 3 4 5 6 Hypothetische Gedächtnisstruktur: A^B, B — C, 3 — C, 4 -+D, D-*E, E + F b) D e n u m g e k e h r t e n F a l l nehmen EBENHOLTZ (1963), BATTIG, BROWN u n d SCHILD
(1964) an: Itemfolge: ABC DE F Seriale Position: 1 2 3 4 5 6 Hypothetische Gedächtnisstruktur: 1 —yl, 2 - 5 , B^C, 4. D i e
C—D, D^E,
5 6 - * F
Verbandshypothese
Nicht ein einzelnes Item, sondern ein Verband von mehreren Vorgängeren wird m i t einem nachfolgenden I t e m assoziiert (YOUNG 1962; HOKOWITZ und IZAWA 1963).
Für die folgende Itemfolge ist eine hypothetische Gedächtnisstruktur angegeben für den Fall, daß jeweils assoziative Bindungen zwischen einem Item und seinen zwei Vorgängern gebildet werden: ABC DE F Itemfolge: Hypothetische Gedächtnisstruktur: AB^C, BC^D, CD^E, DE-F 5. Die
RA-Hypothese 2
Die dargestellten Hypothesen implizieren zwei Grundannahmen über Ordnungsbildungen im Gedächtnis: 1. Es werden stets assoziative Bindungen zwischen elementaren Einheiten betrachtet (dies trifft nicht ganz für die Verbandshypothese zu, da hier eine Art Clusterung der Folge vorausgesetzt wird), und 2. es werden stets einseitige, vorwärtsgerichtete assoziative Bindungen angenommen. In der zum ersten Mal von EBBINGHAUS (1885) untersuchten /M-Hypothese wird die 2. Einschränkung nicht gemacht. Es wird angenommen, daß im ¿X-Prozeß zwischen allen Gliedern einer Itemfolge direkte wechselseitige Bindungen herausgebildet werden (SLAMECKA 1964, BTJGELSKI 1965, LANDER 1968/1969), deren S t ä r k e v o n Die Abkürzung RA ist in der Literatur eingebürgert. Sie geht auf die englische Bezeichnung entfernter Assoziationen (remote associatiön) zurück. 2
182
Z. P s y c h o l . B d . 185 (1977) H . 2
a) der serialen Itemposition, b) von der Itemdistanz und c) von der Richtung der assoziativen Bindung abhängt. Abbildung 1 veranschaulicht die nach der / M - H y p o t h e s e implizierte Gedächtnisstruktur. Itemfolge :
A
B
C
D
Z
hypothetische Gedächtnisstruktur:
A b b . 1. E r l ä u t e r u n g i m T e x t 1.2.2.
H i e r a r c h i s c h e S t r u k t u r b i l d u n g e n im S p r a c h v e r h a l t e n
Vorstellungen über hierarchische Strukturbildungen im Sprachverhalten sind im Rahmen der strukturellen Linguistik von der generativen Grammatiktheorie ( C H O M S K Y 1 9 6 3 / 6 7 ) sowie in zahlreichen psycholinguistischen Arbeiten entwickelt bzw. auf ihre psychologische Realität hin untersucht worden. Der Grundgedanke derartiger Ansätze ist, daß sie als Strukturmodell des Sprachverhaltens nicht in einem Katalog aller möglichen Strukturen bestehen kann, sondern gedacht werden muß als ein Konstruktionsschema, das eine potentiell unendliche Menge von Sprachstrukturen erzeugt ( M I L L E R 1 9 6 2 ) . Ein solches Konstruktionsschema, also eine unendliche Menge von Regeln, durch die eine unendliche Menge von möglichen Satzstrukturen erzeugt werden kann, ist die generative Grammatik. Können aus diesem Ansatz im Rahmen der Grammatiktheorie und den Annahmen angeschlossener psycholinguistischer Untersuchungen Aussagen über Formen der gedächtnismäßigen Organisation beim Erlernen sequentieller Reizfolgen gewonnen werden? Zur Beantwortung dieser Frage seien einige wesentliche Vorstellungen der generativen Grammatik skizziert. J e d e r sprachliche Satz ist in verschiedenen strukturellen Beschreibungsebenen repräsentiert, in einer phonetischen, einer syntaktischen und einer semantischen Ebene. Im folgenden beschränken wir uns auf die Betrachtung der syntaktischen Struktur. Sie ist die vermittelnde Komponente zwischen der Laut- und der Bedeutungsstruktur eines Satzes und damit ein wesentlicher Bestandteil der Grammatik. In diesem Rahmen sollen weiterhin nur syntaktische Hierarchiebildungen, die sich in der Konstituentenstruktur von Sätzen ausdrücken, betrachtet werden. Die Konstituentenstruktur eines Satzes kann durch S t a m m b ä u m e dargestellt werden, in denen die Verzweigungspunkte für syntaktische Kategorien stehen und die Aste die Verbindung der syntaktischen Grundelemente kennzeichnen. In Abbildung 2 ist eine solche S t a m m b a u m s t r u k t u r für einen einfachen Satz dargestellt. Die Knotensymbole bezeichnen hier die einzelnen syntaktischen Kate-
R. HUYBRECHTS, Sequentielles Lernen und gedächtnismäßige Strukturbildungen
183
gorien: S o steht NP für Nominal-Phrase, VP für Verbal-Phrase, Vt für transitives Verb, D für Determinationselement und N für Nomen.
Der
Schüler
schreibt
den
Aufsafz
A b b . 2. Beispiel für die G r a m m a t i k eines deutschen S a t z e s
Formal kann eine Konstituenten-Grammatik ganz im Sinne der eingeführten Strukturdefinition als eine Menge von Ereignissen (terminalen Symbolen und syntaktischen Einheiten) und eine Menge von Morphismen (hier Ersetzungsregeln) d e f i n i e r t w e r d e n (vgl. CHOMSKY u n d M I L L E R 1 9 6 3 ) : G=[V„,VT,~,S]
V sei eine endliche Menge von Symbolen und sei Vokabular genannt. V ist eine Vereinigung der disjunkten Menge VT und VN: V— VT\J VN V T sei als terminales Vokabular, \ N als nicht-terminales (bzw. Hilfs-) Vokabular bezeichnet. Das Zeichen steht für eine endliche, zweistellige, irreflexible und asymmetrische Relation über Folgen aus V. E i n Paar (), das in der Relation-»-enthalten ist, wird als Ersetzungsregel bezeichnet und mit xl) dt d2 d3 P(H0)
A2
B2
B1
.25 .60 .60
.83 .54 .60
.00 .34 .40
.33 .60 .60
.25 .17 .80
.83 .83 .80
.00 .20 .20
.33 .15 .20
.35 .00 + .35
.29 .06 + .23
.34 .06 + .28
.27 .00 + .27
.08 .03 + .05
.00 .03 - .03
.20 .00 +.20
.18 .05 + .13
.001
.011
.605
.001
In den Experimenten Ai, A2 und B2 liegt eine statistisch gesicherte, bessere Anpassung der bedingten Prädiktionshäufigkeiten an die Wahrscheinlichkeiten Pr i xí/ x3> x2) v o r > a ' s a n die objektiven Übergangswahrscheinlichkeiten. In BÍ kann eine solche Schlußfolgerung aus der statistischen Prüfung nicht gezogen werden. Das widerspricht jedoch nicht unserer Annahme, da hier die pR { x j x 3 , ¿Ejj-Werte mit den objektiven Ubergangswahrscheinlichkeiten fast übereinstimmen. (Die bedingten Prädiktionshäufigkeiten müssen sich dadurch, auch bei Ausnutzung der Regelwahrscheinlichkeiten im Prädiktionsverhalten, den objektiven Ubergangswahrscheinlichkeiten gut anpassen.) (5) Die bisherigen Auswertungen bestätigten eindeutig die Annahme l a . Die Annahme (2a) über assoziative Strukturbildungen kann deshalb verworfen werden. Damit fällt auch die Hypothese 2b, in der — unter Voraussetzung der Prävalenz assoziativer Ordnungsbildungen — ein Übergang zum Erlernen der Regelstruktur postuliert wurde. Kann aber umgekehrt der Übergang zu assoziativen Ordnungsbildungen belegt werden (vgl. Annahme lb) ?
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Dieser Wechsel im Strukturbildungsprozeß wäre, wie oben begründet wurde, in den Experimenten AI und A2 zu erwarten. Als Ausdruck eines solchen Verhaltens könnte die in Abbildung 9 und 10 erkennbare Abspaltung der Kurven bedingter Prädiktionshäufigkeiten für Itempaare mit jeweils gleichen bedingten Erfolgswahrscheinlichkeiten der Regeln gewertet werden. Diese Abspaltung erfolgt in Richtung der objektiven Bindungswahrscheinlichkeiten 2. Ordnung, die stärker ausgeprägt sind als die bedingten Regelwahrscheinlichkeiten. Daraus wäre ableitbar, daß mit fortschreitendem Lernprozeß die assoziativen Ereignisbindungen x2, x3 zusätzlich bzw. verstärkt aufgebaut und verhaltenswirksam werden. Statistisch läßt sich der Unterschied zwischen den Kurvenverläufen aber nicht sichern, so daß zunächst eine Entscheidung über die Richtigkeit der Annahme l b nicht getroffen werden kann. Wir wenden uns dieser Hypothese deshalb in der Auswertung nachfolgender Untersuchungen noch einmal zu. 2.6. Weiterführende Experimente Die folgenden Experimente dienten der Überprüfung und Konkretisierung der aus den vorangegangenen Versuchen abgeleiteten Annahmen. In der Methodik glichen sie diesen Versuchen, nur wurden hier die einzelnen /M-Listen durch Itempaare des Typs x1x2->-x3 aufgebaut. Hierbei reduziert sich gegenüber den iM-Listen, die aus Ereignisquadrupeln aufgebaut waren, die Menge der Regeln vom dargestellten Typ auf 2 : Regel ab-* a ab^-c
Vi V2
Auch hier wurden aus den bedingten Erfolgswahrscheinlichkeiten der Regeln die Werte der Wahrscheinlichkeiten pR {x3/x2, x¡) ermittelt. Sie sind neben den Werten der Übergangswahrscheinlichkeiten 2. Ordnung wieder rechts von den Kurven der bedingten Prädiktionshäufigkeiten 2. Ordnung eingetragen. Zunächst wurden PA-Listen untersucht, die sowohl hinsichtlich ihrer assoziativen Struktur als auch der Regelstruktur mit den vorangegangenen identisch waren. Durch diese, primär auf eine Rehabilitatsprüfung orientierten Experimente konnten die bereits beschriebenen Ergebnisse bestätigt werden. Im folgenden beschränken wir uns auf die Darstellung zweier weiterführender Untersuchungen. 2.6.1. E x p e r i m e n t C Durch die Ausprägung der Erfolgswahrscheinlichkeiten der Regeln in den bisher verwendeten / M - L i s t e n konnten die Vpn stets einen mehr oder weniger großen Lernerfolg durch Erlernen dieser Regelwahrscheinlichkeiten erreichen. Zum anderen bestätigten die Vpn, daß die Regeln sehr leicht erkennbar waren und ihnen bereits
R . HUYBRECHTS, Sequentielles Lernen und gedächtnismäßige Strukturbildungen
207
zu Beginn der Versuche auffielen. Es stellt sich daher die Frage, ob die statischen Verkettungen 2. Ordnung nur deswegen nicht erlernt wurden, weil eine erfolgversprechende und leicht erkennbare Alternative durch das Versuchsmaterial induziert wurde oder ob solche assoziativen Verkettungen von den Vpn gar nicht erlernt werden können. Dieser Frage wurde im folgenden Versuch nachgegangen. Geprüft wurde, welche Wirkung auf das Prädiktionsverhalten eine /M-Liste haben wird, in der alle Regeln gleiche Erfolgswahrscheinlichkeiten haben, die Ubergangswahrscheinlichkeiten 2. Ordnung aber stark von der Gleichwahrscheinlichkeit abweichen. Dazu wurde die Liste C konstruiert mit pR (x^/x^, x^) = 0,5 und den objektiven Ubergangswahrscheinlichkeiten p(x3/x2, a^) von 0,75 (bzw. 0,25) und 0,33 (bzw. 0,67). In Abbildung 13 sind die Ergebnisse dieser Versuche dargestellt. Nur eine der beiden (nicht komplementären) Kurven zeigt eine geringe Abweichung von der 0,5-Linie in Richtung der statistischen Bindung. Gegen eine Interpretation dieser Abweichung im Sinne eines beginnenden Währscheinlichkeitslernens spricht aber, daß es sich hierbei um die Prädiktionshäufigkeiten für Ereignisse mit den weniger stark ausgeprägten objektiven Übergangswahrscheinlichkeiten in dieser Liste handelt. Zu vermuten wäre aber, daß die plxjfoft)
Ppräd iXj/X?,*?)
pR(xi/x2lx,)
1.00
.90 .80
.70 .60
.50 AO .30 .20
.10 1+2
J_
3H Wiederholungen
5+S
A b b . 13. Verläufe der bedingten Prädiktionshäufigkeiten i m E x p e r i m e n t C
stärker von der Gleichwahrscheinlichkeit abweichenden Ubergangswahrscheinlichkeiten im Lernprozeß früher erlernt werden als die weniger stark ausgeprägten. Ein Vergleich der prozentualen Fehlerhäufigkeiten in den drei Abschnitten des
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Lernprozesses bestärkt uns in der Annahme, daß hier kein Wahrscheinlichkeitslernen vorgelegen hat. Wiederholungen 1. und 2. 3. und 4. 5. und 6. F%
43,8
49,5
44,5
Chi*
0,32 n. s.
0,002 n. s.
0,25 n. s.
Zwar liegen die Fehlerprozente geringfügig unter dem Zufallsriiveau, doch sind die Abweichungen in keinem Fall statistisch signifikant (geprüft mit dem Chi 2 Test, a = 0,05). Auch ist die Abweichung für die ersten beiden Wiederholungen größer als am Ende des Versuchs (5. und 6. Wiederholung). Das ist mit der Hypothese, daß die statistischen Ereignisverkettungen 2. Ordnung das Prädiktionsverhalten der Ypn beeinflußt haben, kaum vereinbar. Dieser Befund widerlegt die Annahme l b : Da in der untersuchten P^4-Liste ein Verhaltenserfolg durch Erlernen der Regelstruktur nicht zu erreichen war, wäre nach dieser Hypothese ein Wechsel zu assoziativen Strukturbildungen (zumal sie eindeutig größere Prädiktionssicherheit garantiert hätten) besonders zu erwarten. Die Ergebnisse widersprechen dem. Methodenkritisch muß allerdings angemerkt werden, daß durch den gewählten Abbruch nach 6 Wiederholungen jeder PA-Liste ein solcher assoziativer Lernprozeß möglicherweise verhindert wurde. Dafür sprechen Befunde aus gleichartigen Experimenten mit optischer Darbietung der Itempaare (ZOCHER 1970). In dieser Modalität, die bei diesem Typ von Experimenten wahrscheinlich einen stärkeren gedächtnisunterstützenden Einfluß besitzt, konnten solche Effekte gezeigt werden. 2.6.2. E x p e r i m e n t D Die Fragestellung dieser Versuchsserie basiert auf der den vorangegangenen E x perimenten zugrunde gelegten Annahme, daß mit der Erkennung dargestellter Regeln eine gedächtnismäßige Einheitenbildung verbunden ist, die mit dem Aufbau hierarchischer Strukturbildungen vergleichbar ist. Der durch die gewählte /Jyl-Methode bedingte Unterschied zu solchen Strukturbildungen beim Erlernen deterministischer Ereignissequenzen besteht darin, daß die Abfolge der über den Ereignisverkettungen gebildeten Gedächtniseinheiten selbst nicht determiniert werden konnte, da die einzelnen Itempaare in zufälliger Aufeinanderfolge dargeboten wurden. Wenn die Annahme richtig ist, daß die Vpn in unseren Grundbausteine hierarchischer Strukturbildungen wie beim scher Ereignissequenzen ausgebildet haben, müßten sie eine sche Struktur, die durch eine zusätzliche Verknüpfungsregel
Versuchen tatsächlich Erlernen deterministivorgegebene hierarchifür die zu Gedächtnis-
R . HTJYBRECHTS, Sequentielles Lernen und gedächtnismäßige Strukturbildungen
209
einheiten zusammengefaßten Itempaare gestiftet wird, erkennen und dadurch die Abfolge der Itempaare determinieren können. Das müßte auch dann zutreffen, wenn die statistische Oberflächenstruktur der Itemliste beibehalten wird. Zur Prüfung dieser Annahme wählten wir ein Experiment, das im Grenzbereich zwischen der PA- und der serialen Lernmethode angesiedelt war. Es wurde eine Liste von Itempaaren konstruiert, deren Abfolge (wie in den vorangegangenen Experimenten) zufällig war. Das betraf allerdings nur die konkreten Ereignisverknüpfungen, denn der PA-Liste wurde zugleich eine hierarchische Struktur zugrunde gelegt, die eine deterministische Abfolge der Itempaare nach den bereits verwendeten Regeln bestimmte. Wenn diese deterministische Tiefenstruktur 5 von den Vpn erkannt werden sollte, kann angenommen werden, daß auch gedächtnismäßig eine hierarchische Ordnung ausgebildet wurde. Daher wäre dieser Befund eine Bestätigung dafür, daß die bereits experimentell ermittelten Strukturbildungen zwar unvollständige, aber vom Typ her analoge hierarchische Ordnungsbildungen darstellen. Die methodische Realisierung dieses Experiments war folgende: Es wurde eine /M-Liste konstruiert, die hinsichtlich ihrer statistischen Oberflächenstruktur mit der schon verwendeten Liste C identisch war. Sie war also durch die gleichen Übergangswahrscheinlichkeiten 1. und 2. Ordnung bestimmt. Auch die bedingten Erfolgswahrscheinlichkeiten der Regeln waren hier gleich verteilt. Die Liste D unterschied sich von C nur in einem Punkt: der zufälligen Abfolge der Itempaare auf der Oberfläche wurde zusätzlich eine strenge Periodizität in der Tiefe, d. h. in der zugrunde liegenden Regelstruktur, zugrunde gelegt. Nach jeweils drei Itempaaren, die nach der Regel yi gebildet waren, folgten drei Itempaare, die nach der Regel y2 aufgebaut waren . . . usw. Zur Veranschaulichung soll der folgende Abschnitt aus der Versuchsdarbietung dienen:
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Xy
x2
A B C B C A B
B C A A B C C
Regel
72
7l y2
usw.
5 Wir werden diese, aus der Linguistik entlehnte, inzwischen aber auch in der Psychologie eingebürgerte Begriffsunterscheidung ebenfalls i m folgenden T e x t verwenden. Unter d e m Begriff der Oberflächenstruktur werden allgemein solche Ereignisbeziehungen einer Informationsquelle verstanden, die weitgehend ohne höhere kognitive Informationsverárbeitung phänomenal wirksam werden können. I m Unterschied dazu soll von einer Tiefenstruktur gesprochen werden, wenn zugrunde liegende, aus der Kenntnis objektiver Gesetzmäßigkeiten erst kognitiv zu erschließende, Ereignisbeziehungen gemeint sind.
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Die strenge Periodizität der Regelabfolge ist also die in der Tiefenstruktur vorgegebene feste Verknüpfungsregel zwischen den Itempaaren. Wenn sie erlernt wird, können die Reaktionen x 3 eindeutig determiniert werden. Erlernt werden kann sie aber nur, wenn die Vpn die einzelnen Itempaare im Sinne der dargestellten Regeln „umkodieren", also zu gedächtnismäßigen Einheiten zusammenfassen. E s sei aber darauf hingewiesen: D a s Erlernen dieser Gesetzmäßigkeiten ist nicht möglich, wenn sich die Vpn nach den konkreten Ereignisverkettungen richten. Ihre Aufeinanderfolge wurde von Wiederholung zu Wiederholung (bei Beibehaltung der Regelperiodizität) zufällig variiert. In Abbildung 14 ist die hypothetische Erzeugungsstruktur dieser P^l-Liste dargestellt. In der ersten Ebene werden terminale Ereignistripel, die nach den dargestellten Regeln verknüpft sind, zu Einheiten coi bzw. co2 zusammengefaßt. Diese S
12 13)
(13 2)
13 2 1)
(1 2 1)
(3 1 3)
(2 3 2)
Abb. 14. Hypothetische Erzeugungsstruktur der PA-Liste im Experiment D
S t u f e ist Voraussetzung für die übergeordnete Hierarchieebene, auf der jeweils die Abfolgen von drei gleichen Einheiten zu einer Einheit (0)3 bzw. co4) zusammengefaßt werden. Der übergeordnete Zusammenschluß im Knoten co5 bedeutet, daß hier eine Gedächtniseinheit gebildet wird, in der die Abfolge 5 gebildete Teilstruktur beliebig wiederholbar. So kann eine unbegrenzt lange Sequenz aufeinanderfolgender Itempaare hinsichtlich des jeweiligen Reaktionsitems (a;3) determiniert werden. Hinsichtlich der Versuchsmethodik war dieser Versuch mit den vorangegangenen Experimenten identisch. Auch hier wurden die Vpn instruiert, auf die Häufigkeiten einzelner Ereignisübergänge zu achten und nach keinen Regelhaftigkeiten zu suchen. E s wurde ihnen ebenfalls gesagt, daß die zu prädiktierenden Ereignisse durch die vorangestellten Ereignisverkettungen nicht streng determiniert seien, so daß Prädiktionsfehler nicht absolut vermieden werden könnten. Die Vpn waren in diesem Sinne falsch instruiert und bewußt auf das Erlernen der stochastischen Eigenschaften der Oberflächenstruktur orientiert. Wir gingen davon aus, daß, wenn die obigen Annahmen richtig sind, sie dennoch das Aufbauprinzip dieser / M - L i s t e erfassen müßten.
R. HUYBBECHTS, Sequentielles Lernen und gedächtnismäßige Strukturbildungen
211
In der Abbildung 15 ist das Ergebnis dieses Experiments dargestellt: verglichen werden die relativen Fehlerhäufigkeiten p(F) für die /M-Listen C und D. Die Liste C dient hier als Kontrollexperiment.
j
1
2
i
1
1
3 Wiederholungen
4
-
1
5
u
6
Abb. 15. Verläufe der relativen Fehlerhäufigkeiten in den Experimenten D und C
Die Verläufe bestätigen unsere Erwartung: In D wurden durchschnittlich weniger Prädiktionsfehler als in C gemacht. Eine statistische Sicherung dieser Aussage erübrigt sich, da die Ursache eindeutig ist: Von den 7 Vpn haben 5 Vpn in diesem Versuch das Aufbauprinzip der .Pvl-Liste D erkannt und danach keine Prädiktionsfehler mehr gemacht (3 Vpn haben dieses Aufbauprinzip bereits bei der ersten Darbietung der Liste erkannt, eine Vp in der zweiten Wiederholung und eine Vp in der letzten, in der sechsten Wiederholung). 2.7. Zusammenfassende Diskussion der Ergebnisse Der Ausgangspunkt für die dargestellten Experimente war die Frage, welcher Typ von Strukturbildungen beim Erlernen strukturierter deterministischer Ereignissequenzen aufgebaut wird. Hypothetisch wurden zwei Möglichkeiten angenommen: die Ausbildung assoziativer Bindungen zwischen Ereignissen einerseits oder gedächtnismäßige Verkettungen der Ereignisse durch hierarchische Zusammenfassungen von Ereignisgruppen andererseits. Mit der zur Prüfung dieser hypothetischen Vorstellungen gewählten P/l-Methodc können beide Strukturbildungen auf einer elementaren Ebene untersucht werden: Bei der assoziativen Gedächtnisorganisation wurde angenommen, daß Ereignisverkettungen zwischen den Reaktionsitems und den entsprechenden funktionalen Reizen bzw. Reizverbänden ausgebildet werden. D a stochastisch aufgebaute .P.4-Listen untersucht wurden, hätte eine solche Strukturbildung im Erlernen der stochastischen Ereignisverknüpfungen zwischen Reiz- und Reaktionsitems zum Ausdruck kommen müssen. Hierarchische Strukturbildungen sollten hingegen in einer gedächtnismäßigen Einheitenbildung über Itempaaren, die zwar terminal unterschiedlich, aber nach einer 14*
212
Z. Psychol. Bd. 1 8 5 (1977) H. 2
gleichen Verknüpfungsregel aufgebaut waren, zum Ausdruck kommen. Es wurde angenommen, daß solche Einheitenbildungen elementare Bausteine hierarchischer Gedächtnisordnung beim Erlernen deterministischer Ereignissequenzen darstellen. Die nach der Antizipationsmethode durchgeführten PA-Experimente erbrachten folgende Resultate: Es wurde festgestellt, daß nur in wenigen der untersuchten /M-Listcn die relativen Prädiktionshäufigkeiten mit der Stärke der stochastischen Ereignisverkettungen zwischen Reiz- und Reaktionsitem gleichsinnig variierten. In einigen der untersuchten Listen (.¡41 und A2) war sogar ein-gegensinniger Trend zu beobachten. Reaktionsitems, die durch niedrige Ubergangswahrscheinlichkeiten 2. Ordnung bestimmt waren, wurden am Ende des Lernprozesses bevorzugt häufig prädiktiert (und umgekehrt). Es wurde gezeigt, daß diese für eine assoziative Gedächtnisorganisation widersprüchlichen Ergebnisse einheitlich interpretiert werden können, wenn angenommen wird, daß die Vpn vorgegebene deterministische Regeln, nach denen die verwendeten Itempaare aufgebaut waren, erlernt haben und ihre Prädiktionen den objektiven bedingten Erfolgswahrscheinlichkeiten dieser Regeln angepaßt haben. Insbesondere durch das letzte Experiment (D) ist die Aussage bekräftigt worden, daß dieser Lernprozeß auf interne hierarchische Ordnungsbildungen zurückzuführen ist. Durch die gedächtnismäßige Einheitenbildung über Itempaare mit gleicher Aufbauregel konnte eine vorgegebene hierarchische Erzeugungsstruktur dieser PA-Liste erlernt werden und dadurch konnten die Beziehungen zwischen" Reizund Reaktionsitems determiniert werden. Dies konnte für mehr als die Hälfte der untersuchten Vpn eindeutig nachgewiesen werden. Welche Schlußfolgerungen zur Beantwortung der Fragestellung unserer Arbeit können aus diesen ersten Ergebnissen abgeleitet werden, oder konkret gefragt, was sind die Ursachen für das Ausbleiben assoziativer Strukturbildungen und welche Verallgemeinerung können aus diesem experimentellen Befund gezogen werden? Die Ergebnisse der ersten 4 Versuche (AI bis BT) belegen zunächst, daß der Ausbildung einer internen assoziativen statistischen Ereignisstruktur ein effektiveres Vorgehen, das im Erlernen der als Regeln oq, a2> ßi u n < i ßi bezeichneten Aufbauprinzipien der verwendeten Itempaare und der Erfolgswahrscheinlichkeiten dieser Regeln bestand, vorgezogen wurde. Als effektiv ist dieses Vorgehen deshalb anzusehen, weil dadurch der notwendige gedächtnismäßige Aufwand stark reduziert wurde. S t a t t die Menge der verschiedenen assoziativen Ereignisverkettungen und die Menge der zugehörigen Bindungswahrscheinlichkeiten zu erlernen (bei den Ereignisbindungen vom Typ waren es z. B. 12 verschiedene), haben die Vpn einen gleichen Verhaltenserfolg durch das Erlernen von nur 4 bzw. 2 Regeln und ihren Erfolgswahrscheinlichkeiten erzielen können. Daß das unter unseren Versuchsbedingungen nicht nur eine effektive Strategie, sondern auch ein notwendiges Vorgehen war, belegt das Experiment C. Hier waren die Erfolgswahrscheinlichkeiten aller Regeln gleich, so daß eine über den Zufall gehende Prädiktionssicherheit auf der Grundlage solcher Strukturbildungen nicht erreicht werden konnte. Und obwohl in dieser PA-Liste die Übergangswahrschein-
R. HUYBKECHTS, Sequentielles Lernen und gedächtnismäßige Strukturbildungen
213
lichkeiten 2. Ordnung stark von der Gleichwahrscheinlichkeit abwichen, wurden sie von den Ypn nicht assimiliert. Dieses Ergebnis macht die Annahme wahrscheinlich, daß das Erlernen der assoziativen Ereignisstruktur die Aufnahmekapazität des Menschen überschreitet. Relativiert wird diese Aussage aber durch Ergebnisse aus der Arbeit von ZOCHER (1970), in der eine optische Darbietung der Ereignisse gewählt wurde (als Signale diente das Aufleuchten verschiedener Lampen auf einem Display). Wie in unseren Versuchen war bei den P^l-Listen mit starker Ausprägung der bedingten Erfolgswahrscheinlichkeiten der Regeln (B1 und BT) das charakterisierte Verhalten zu beobachten. Im Unterschied zu den eigenen Befunden wurden bei Listen mit geringer Ausprägung der Erfolgswahrscheinlichkeiten der Regeln (AI und A2) die stochastischen Bindungen der Ereignisse (die hier sehr stark ausgeprägt waren) stärker zur Prädiktion herangezogen. Die Prädiktionskurven in diesen Experimenten streben im Lernverlauf den objektiven Ubergangswahrscheinlichkeiten 2. Ordnung zu. Diese Ergebnisse sprechen dafür, daß die optische Darbietung der Ereignisse eine gedächtnisunterstützende Wirkung hat. (Das scheint einsichtig, da auch nach dem Aufleuchten der Lampen durch die räumliche Fixation auf dem Display die Ereigniskettchen leichter reproduzierbar sind als eine Abfolge von gesprochenen Silben). Die Vpn haben hier zwar ein gedächtnismäßig belastenderes (davon zeugen auch die geringeren Lernanstiege als bei vergleichbaren Experimenten, in denen nach den Regeln prädiktiert wurde), doch ein unter den gegebenen experimentellen Bedingungen (B1, BT) angepaßteres, da größere Verhaltenssicherheit gewährendes, Vorgehen gewählt. Doch stimmen die Ergebnisse von ZOCHER in einem wesentlichen Punkt mit den eigenen Resultaten überein. Auch sie belegen die Prävalenz hierarchischer gegenüber assoziativen Ordnungsbildungen, die unseres Erachtens auf eine geringere Gedächtnisbeanspruchung durch eine solche Speicherorganisation und damit auf eine günstigere Ausnutzung der Möglichkeiten menschlicher Informationsverarbeitung entscheidend zurückzuführen ist. Unsere Experimente haben dies nur erneut bestätigen können. Die Wirkung hierarchischer Einheitenbildung im Gedächtnis auf kurzzeitige Behaltensleistungen hat G. A. MILLER bereits 1956 eindeutig belegt. In einem anderen Zusammenhang, im Bereich des Sprachverhaltens, ist gerade in der Auseinandersetzung, mit assoziationstheoretischen Konzeptionen die Überlegenheit hierarchischer Ordnungsbildungen eindrucksvoll belegt worden (z. B. M I L L E R , CHOMSKY 1 9 6 3 , M I L L E R u . a . 1 9 6 0 ) . E s k a n n d a h e r a n g e n o m m e n w e r d e n ,
daß die ermittelten Ordnungsbildungen in unseren Versuchen nicht künstlich durch die speziellen experimentellen Bedingungen hervorgerufen wurden, sondern Ausdruck eines allgemeinen Prinzips menschlicher Informationsverarbeitung und -speicherufig sind. (Teil II mit Literatur und Zusammenfassung wird im folgenden Heft der Zeitschrift veröffentlicht.) Anschrift des Verfassers: Dr. RICHARD HTJYBRECHTS, Sektion Psychologie der Humboldt-Universität, D D R — 102 Berlin, Oranienburger Str. 18
Aus der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität Berlin Bereich Grundlagen der Psychologie
Einige Bemerkungen zum Problem der biologischen Grundlagen der Persönlichkeit Von H.-D.
SCHMIDT1
I. Wenn man die Fachliteratur aus nicht-sozialistischen Ländern liest, dann findet man ein weitverbreitetes Vorurteil hinsichtlich marxistischer Positionen im Verständnis und in der Analyse von Mensch-Umwelt-Beziehungen. Das Vorurteil besagt, der Marxismus interpretiere menschliches Verhalten und Bewußtsein vor allem als Kopie externer Umstände, speziell sozialer Umstände. Hier handelt es sich faktisch um die Unterstellung einer philosophischen Tabula-rasa-Theorie der Persönlichkeit: Der Marxist, so wird gesagt, denkt und handelt so, als gäbe es zwar biologische Eigenschaften des Menschen, aber als seien diese Eigenschaften ohne jede Relevanz für Probleme der Persönlichkeit. Unterstellungen dieser Art werden begünstigt durch gewisse vage Standpunkte in marxistischen Publikationen, beispielsweise in dem Buch „Marxismus und Theorie der Persönlichkeit" von LTJCIEN SBVE [32], Es enthält eine falsche Konzeption über die Position der Humanbiologie im Kontext der Persönlichkeitstheorie. In allen diesen Fällen handelt es sich um die Vermischung mechanischer und dialektischer Konzepte des Determinismus und der Kausalität. Zunächst können Vorurteile dieser Spezifik durch Kernaussagen der Schöpfer des historischen Materialismus widerlegt werden. In der „Deutschen Ideologie" v o n MARX u n d ENGELS (1845—1846) stehen die f o l g e n d e n S ä t z e : „Die erste Voraussetzung aller Menschengeschichte ist natürlich die Existenz lebendiger menschlicher Individuen. Der erste zu konstatierende Tatbestand ist also die körperliche Organisation dieser Individuen und ihr dadurch gegebenes Verhältnis zur übrigen Natur . . . Alle Geschichtsschreibung muß von diesen natürlichen Grundlagen und ihrer Modifikation im Laufe der Geschichte ausgehen."
Das ist ein klares Wort. — In seinen „Ökonomisch-philosophischen Manuskripten" (1844) bringt MARX diesen Gedanken auf die kürzestmögliche Formel: „ D a ß das physische und geistige Leben des Menschen mit der N a t u r zusammenhängt, hat keinen anderen Sinn, als daß die Natur mit sich selbst zusammenhängt, denn der Mensch ist Teil der Natur." Gastvortrag auf dem 3. Kongreß der Finnischen Gesellschaft für Psychologie, Oktober 1976 in Turku. 1
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Grundwahrheiteil dieser Art verdichten sich bei marxistischen Philosophen und Psychologen in dem Standpunkt, daß der Mensch ein natürliches Wesen ist und daß sein soziales Wesen, seine Soziabilität, Teil seiner Natur ist — nicht aber ihr Gegensatz. (Soziabilität — das bedeutet: Fähigkeiten der sozialen Kommunikation und Kooperation, der Vergegenständlichung menschlicher Kräfte in Arbeitsprodukten, des Erwerbs von Kultur und Technologie durch Sozialisation, kurz: Fähigkeiten, um die Gesellschaft zu erzeugen, innerhalb der Gesellschaft zu handeln und die Gesellschaft zu verändern.) KLIX und HIEBSCH haben diese Aussagen in eine Form transformiert, die innerhalb der Psychologie unmittelbar praktikabel ist. KLIX ([15], S. 18) sagt: „ E s ist unbestreitbar, daß alle psychischen Prozesse in den Funktionsprinzipien der hochorganisierten materiellen Strukturen des Nervensystems ihre Grundlage und ihre Entsprechung haben. E s gibt keine gesellschaftlichen Faktoren oder Prozesse, die nicht über Sinnesorgane und Nervensystem wirken. Sie alle — physikalische, biologische, gesellschaftliche, soziale Ereignisse — werden nur dann verhaltenswirksam, wenn sie die nervalen Trägerprozesse psychischen Geschehens beeinflussen." U n d HIEBSCH ([10], S . 37) f ü h r t a u s : „Die Dialektik von Information und Verhalten verwirklicht sich innerhalb der. . . physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften und Gesetzmäßigkeiten. E s handelt sich also um einen durchgängigen und lückenlosen Naturprozeß. 'Wer die Frage nach dem Verhältnis des Biologischen zum Sozialen im Menschen beantworten will, der muß von diesen unwiderleglichen, materialistischen Tatsachen ausgehen . . . und dann zeigen, wie in den Signalen Informationen über die den Menschen umgebende Gesellschaft mit all ihren . . . Eigenschaften verschlüsselt werden können, und wie die Menschen ontogenetisch in die Lage versetzt werden, diese Informationen zu entschlüsseln, in umgearbeiteter Form aufzubewahren und ihnen gemäß zu handeln."
Die Richtung dieser Argumentation ist klar: KLIX und HIEBSCH weisen eine Gegenüberstellung der menschlichen Biologie und Soziabilität zurück, sie akzeptieren nicht einen apriorischen Antagonismus von menschlicher Natur und Gesellschaft, sie wenden sich gegen einen „biosozialen Dualismus" [19]. II. Die Annahme einer biosozialen Einheit wird durch Ergebnisse einer Analyse der menschlichen Evolution gestützt. Empirische Befunde der Ethologie, Anthropologie und vergleichenden Psychologie belegen in Fülle die folgenden Linien der Evolution [4, 6, 7, 9, 11, 13, 20, 30, 31]. 1. Im menschlichen Verhalten sind phylogenetische Erwerbungen auffindbar, die aus Frühstadien der Phylogenie (bis hin zu den Säugetieren) stammen. Ihr Funktionieren garantiert die erfolgreiche Interaktion mit den durchschnittlichen ökologischen Bedingungen und repräsentiert einen hohen Selektionswert. Sie regulieren nicht nur fundamentale Lebensprozesse (der Assimilation, Aktivation, Informationsverarbeitung usw.), sondern auch hocheffektive Fähigkeiten des Lernens und Behaltens, der nicht-verbalen Kommunikation. Für einige Probleme der Persönlichkeitsforschung ist es wichtig, daß biologische Aktivierung, Grundlagen
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des sozialen Kontaktverhaltens und Ursprünge der subjektiven Selbstrepräsentation (Körperschema) bereits auf dem Niveau der Säugetiere auffindbar sind. 2. Diese phylogenetischen Erwerbungen werden vervollständigt durch Dispositionen, die der Primatenevolution und der Anthropogenese der Hominiden entstammen. In dieser Evolutionsphase läßt sich eine Struktur von Fähigkeiten spezifizieren, die sich wechselseitig tragen und durchdringen: — Die Primaten explorieren permanent ihre Umgebung. Sie erzeugen und sammeln Information durch Manipulation. — Primaten verfertigen Werkzeuge auf der Basis aktuellen Bedürfnisdrucks, die Hominiden tun es, indem sie künftige Typen von Lebenserfordernissen antizipieren. Die Werkzeugherstellung indiziert Fähigkeiten, um Objektbedeutungen (also nicht nur figurale Reizqualitäten) kognitiv zu modellieren, was u. a. die Relevanz semantischer Informationsverarbeitung belegt [12]. — Primaten entwickeln stabile, hierarchisch organisierte soziale Gruppenstrukturen, auch als Feld des Beobachtungslernens und der Übertragung von Verhaltensgewohnheiten und -traditionen. Soziale Strukturen sind Grundlagen der kognitiven Modellierung von Personbedeutungen — was wiederum die Entstehung semantischer Informationsverarbeitung hervorhebt. — Die Hominiden verbinden das soziale Leben mit der Werkzeugherstellung und dem Gebrauch dieser Geräte. Daraus resultieren frühe Formen der kooperativen Arbeit und — in diesem Kontext — effektivere Systeme symbolischer Kommunikation (Sprachen). Die jüngere Primatenforschung hat gezeigt, daß der Bedürfnisdruck in einer experimentellen Situation latente Möglichkeiten des Verstehens und Verwendens visueller Symbole für Objekte und Operationen bereits bei Schimpansen zu realisieren vermag [27]. 3. Mit dieser Evolutionslinie stellt sich nicht nur die Frage nach den Bedingungen, die für die sogenannte Instinktreduktion, für die Entstehung höherer Niveaus der Verhaltensplastizität verantwortlich sind, sondern auch nach den Konsequenzen, die aus der wachsenden Entropie der Verhaltensstrukturen erwachsen. Diese zunehmende Verhaltensunsicherheit ist ein Ergebnis der Abnahme erblich fixierter Aktionsmuster für die unmittelbare und schnelle Anpassung. Hinsichtlich dieser Problematik hat U. Holzkamp-Osterkamp [13] eine interessante Hypothese entwickelt. Wenn diese fixierten Aktionsmuster — instinktiv organisierte Appetenzen, Auslösemechanismen und Endhandlungen — reduziert werden, so meint sie, wenn die Unsicherheit des Organismus zunimmt wegen der Gefahren, das Überleben primär durch erlerntes Verhalten zu sichern — wenn dies der Fall ist, dann mußte eine neue Strategie der Evolution gefunden werden. Die Hominiden haben nach ihrer Meinung die folgende Alternative der Lebenssicherung gefunden: Sie erreichten eine Zunahme der Sicherheit, Stabilität und des Selektionswertes des Verhaltens durch völlig neuartige „fixierte" Verhaltensmuster, nämlich durch die Vergegenständlichung der kooperativen Arbeit in der Kulturwelt des Menschen. Biologisch gesprochen handelt es sich hier um eine hochentwickelte Form der Nischenbildung. Die Bedingungen, Mittel und Resultate der Produktion, Technologie, Kultur,
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Gesellschaft — alle diese Konsequenzen kooperativer Arbeit verkörpern die oben genannte neue Alternative der Lebenssicherung. Soziale Erfahrungen kumulieren sich in den vergegenständlichten, „materialisierten" Strukturen und Institutionen der Gesellschaft. Der Ursprung von Arbeit, Produktion, Kultur, Gesellschaft war eine notwendige Konsequenz des Evolutionsprozesses eines Organismus, der sich darauf spezialisierte, zu explorieren, zu lernen, zu manipulieren und zu denken. Dieser Prozeß wurde zunächst durch die wohlbekannten biologischen Gesetze der natürlichen Selektion beherrscht, um dann, auf höheren Stufen, mehr und mehr der Wirkung autonomer sozialer Gesetze R a u m zu geben. Der Mensch wurde ein zivilisiertes und vergesellschaftetes Wesen, und von diesem Zeitpunkt an konnte er nicht und kann nicht leben, handeln, sich entwickeln und sich wohlfühlen außerhalb sozialer Strukturen, außerhalb der Gesellschaft. In Anbetracht dieser Evolution haben FEIEDEICH ENGELS' Bemerkungen über den Affen, der durch die Arbeit Mensch wurde, und KAEL MAEX' Hinweis, Produktion und Industrie seien das aufgeschlagene Buch der menschlichen Psychologie, und MAEX' FEUEEBACH-These, das menschliche Wesen sei im Ensemble der gesellschaftlichen Bedingungen verborgen, einen sehr modernen Klang. 4. Die Entstehung dieser neuen Alternative der Lebenssicherung war verbunden mit einer qualitativen Veränderung insofern, als sich der Übergang von prähistorischen zu historischen Phasen der menschlichen Evolution vollzog [21]. E r läßt sich als Dezeleration der somatischen Evolution und als relative Dominanz sozialer Bedingungen und Gesetze charakterisieren. Darüberhinaus zeigt dieser Ubergang die Fähigkeit des Menschen an, evolutionsaktiv zu werden [32] und einen neuen Typ der Menschheitsentwicklung und der individuellen Entwicklung hervorzubringen. Potenzen und Möglichkeiten der menschlichen Entwicklungsprogression sind primär in den sozialen und kulturellen Bedingungen der Umwelt verborgen. Die genetischen Kapazitäten des menschlichen Organismus generell — abgesehen von individuellen Differenzen und Variationen — sind hinreichend, um diese externen Bedingungen in interne Verhaltensentwicklungen umschlagen zu lassen. So gesehen, erhält das Wort „biosoziale Einheit" Inhalt und Sinn: Innerhalb der biologischen Basisprozesse, die in der Phylogenese der Säuger, Primaten und Hominiden entstanden und sich organisierten, liegen alle Möglichkeiten, um externe Bedingungen der Gesellschaft und .Kultur in entsprechende Niveaus menschlicher Verhaltensentwicklung zu verwandeln. Die konkreten Formen und Inhalte der Gesellschaft differieren hinsichtlich der Sicherung gleichartiger individueller Entwicklungschancen, um optimale Progressionsraten zu erzielen, die auf der Grundlage des individuellen genetischen Potentials erreichbar sind. Der neuartige Evolutionstyp, von dem oben die Rede war, läßt sich als „Sozialisation" beschreiben, und zwar in einem spezifischen Sinne: Die historische und individuelle Entwicklung repräsentiert die Dialektik der Aneignung aktionaler und sozialer Kompetenz auf der einen Seite, der Vergegenständlichung dieser Kompetenz in der Sphäre von Produktion und Kultur, von gesellschaftlicher Basis und gesellschaftlichem Überbau auf der anderen Seite. Dieser Sozialisationsprozeß wird beherrscht durch Gesetze der
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sozialen Determination, die korrespondierende biologische Strukturen und F u n k tionen in Anspruch nehmen. Die Sozialisation läßt die individuelle Persönlichkeit entstehen, sofern wir mit der Meinung von MABX übereinstimmen, daß Persönlichkeit die „soziale Q u a l i t ä t " des Individuums ist, faßbar durch die Einschätzüng der aktionalen und sozialen Kompetenz im Bewährungsfeld konkreter Lebenssituationen einer konkreten Gesellschaft. III. W i r wollen es als gegeben annehmen, daß Sozialisation und Persönlichkeitsentwicklung von Gesetzen der sozialen Determination beherrscht werden, die sich korrespondierender biologischer Strukturen und Funktionen des menschlichen Nervensystems „bedienen". — Dieser Ausgangspunkt führt zu der Konsequenz, daß die traditionelle psychobiologische Forschung — Psychophysiologie, Neuropsychologic, Verhaltensgenetik — nach wie vor eine wohlbegründbare, unentbehrliche Funktion in Programmen der Persönlichkeitsforschung besitzt. Lediglich eine Vorbedingung für fruchtbare und verantwortliche wissenschaftliche Arbeit in diesen Gebieten muß erfüllt sein: Theorien und methodologische E l e m e n t e der psychobiologischen E r klärung und Interpretation entsprechender F a k t e n und Daten müssen die biologischen und verhaltensmäßigen Unterschiede zwischen Tier und Mensch, die neue Qualität der Dialektik biologischer und sozialer Bedingungswirkungen im menschlichen Verhalten, zur Kenntnis nehmen. Mit anderen W o r t e n : Sie müssen eine kurz£chlüssige „organismische" Sichtweise, wie sie manchen Konzeptionen innewohnt, die Persönlichkeitsentwicklung primär als Wachstumsprozeß inhärenter Funktionen beschreiben, unbedingt vermeiden. Solche Konzeptionen involvieren die Gefahr des Mißbrauchs. Dafür gibt es instruktive Beispiele; der Rassismus ist nur eines unter vielen. F ü r die Lösung drängender Probleme der Persönlichkeitsforschung sind psychobiologische Forschungsdaten mehr oder weniger produktiv — in Abhängigkeit von der spezifischen Problemorientierung. Ich möchte 3 Beispiele für eine produktive Orientierung, wie ich sie sehe, anführen: 1. Die traditionellen Gebiete der psychophysiologischen Forschung über E m o t i o n und Aktivation sind nach wie vor unentbehrlich für die solide theoretische und angewandte Persönlichkeitspsychologie. 2. Mit der Entdeckung von Problemen der verbalen Kodierung und Dekodierung von O b j e k t - und Personbedeutungen bei der semantischen Informationsverarbeitung ist ein neues Feld psychophysiologischer Forschung ins Blickfeld ger ü c k t worden. Diese Probleme der allgemeinen Psychologie sind auch für die Persönlichkeitsforschung relevant. Speicherung und Verarbeitung semantischer Information sind wesentliche Vorbedingungen dafür, das Natur-, Sozial-, Gesellschafts- und Selbstverständnis durch interne Repräsentation auf den Niveaus der imaginativen, begrifflichen und symbolischen Kognition zu realisieren. Semantische Informationsverarbeitung ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Entstehung von Welt- und Lebensanschauung, von ideologischen Meinungen
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und Überzeugungen. Die Mitarbeit der Psychophysiologie in diesem Feld gewährleitet die Aufklärung nervaler Mikroprozesse, die der semantischen Informationsverarbeitung zugrunde liegen. In unserer Sektion hat Professor K u x ein solches interdisziplinäres Forschungskollektiv aufgebaut. Die Psychologen dieser Gruppe versuchen, die kognitiven Operationen der Kodierung, Dekodierung und Komparation visueller und verbaler Information zu identifizieren und zu kontrollieren. Sie verwenden u. a. die Methode der Reaktionszeitzerlegung in Experimenten mit der Methode des Bild-Satz-Vergleichs (ein Paradigma, das von C H A S E , C L A R K , T B A B A S S O und anderen entwickelt wurde). Die folgenden Resultate wurden bereits publiziert [17, 18] : — Die notwendige Zeit für die Zuordnung eines gegebenen Satzes zu einem anschaulichen Referenzsachverhalt läßt sich als ganzzahliges Vielfaches einer Grundzeit von etwa 250 msec bei unterschiedlichen Bedingungen darstellen. Das kann man im Sinne von kognitiven Elementaroperationen interpretieren, die im Prozeß der Bedeutungsrealisierung des Satzes in einem festen Zeittakt abgearbeitet werden. — Der unterschiedliche' Zeitverbrauch ist eine monotone Funktion der semantischen Korrespondenz oder Nichtkorrespondenz visueller und verbaler Information, die sich aus unterschiedlichen Testschritten, bezogen auf logische Bedingungen, ableiten läßt. — Es ist möglich, theoretische Modelle zu konstruieren, um die Sequenzen notwendiger Testschritte der Dekodierung und des Vergleichs semantischer Information zu beschreiben; diese Modelle erlauben den Vergleich empirischer und' theoretischer Daten. Ausgehend von diesen psychologischen Ergebnissen, führten die Psychophysiologen der Gruppe Experimente mit identischen Methoden durch, wobei sie zusätzlich Meßwerte evozierter Potentiale des EEG simultan registrierten. Sie fanden, daß die Komponente (und in gewissem Umfang auch die Komponenten N2 und P2) adäquate physiologische Parameter sind, die den psychologischen Daten entsprechen und in der Lage sind, ebenfalls theoretische Modelle zu testen [28]. 3. Es scheint mir sehr wesentlich zu sein, die gegenwärtig wieder sehr breite Forschung über das soziale Verhalten der Primaten (einschließlich Beobachtungslernen und symbolischer Kommunikation), über Werkzeugherstellung und -gebrauch fortzusetzen. Diese Forschungsrichtungen vermögen den Ursprung semantischer Informationsverarbeitung in vormenschlichen Evolutionsstadien aufzuhellen, sofern die Interpretation der Daten mit dem anthropologischen Wissen über das „Tier-Mensch-Ubergangsfeld" [5, 8] verbunden wird. Die Vervollständigung unserer Erkenntnis muß in diesem Forschungssektor darauf abzielen, die phylogenetischen Erwerbungen, die aus verschiedenen Evolutionsphasen stammen (Mammalia, Primaten, Hominiden), sorgfältig voneinander zu trennen. Nur eine solche Aufspaltung führt zu einem umfassenden Verständnis der phylogenetischen Wandlungen von biologischer zu sozial-gesellschaftlicher Lebenssicherung innerhalb der vormenschlichen und menschlichen Evolution.
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In diesem Zusammenhang ist es notwendig, die Einstellung der Humanethologie zu dieser Frage zu prüfen. Die Humanethologie, vor allem repräsentiert durch LORENZ [22, 23] und E I B L - E I B E S F E L D T [2, 3], ist eine außerordentlich wirksame Disziplin, welche die gegenwärtige wissenschaftliche und öffentliche Meinungsbildung in einem solchen Maße beeinflußt hat, daß der Nobelpreis 1973 für LORENZ und TINBERGEN eine geradezu natürliche Konsequenz dieser Wirkung war. Ich bin weit davon entfernt, den großen wissenschaftlichen Wert der Tier-Ethologie, wie sie von W H I T M A N , HEINROTH, LORENZ und TINBERGEN begründet wurde, zu bestreiten. Warum und wie sollte ich das auch, wenn ich an meine eigene wissenschaftliche Laufbahn denke, die mit einer Doktordissertation über ethologische Probleme des Konfliktverhaltens von Haushunden begann [29]. Aber Verhaltensforschung an Tieren und am Menschen ist zweierlei. Wohlfundiertes Wissen im erstgenannten Bereich ist keine Garantie für ein entsprechendes Wissen über den Menschen. Der Vergleich tierischen und menschlichen Verhaltens wird sehr häufig durch ein philosophisches und ideologisches Vorurteil verdunkelt, das man „Biologismus" nennt. Soweit ich sehe, trifft genau dieser Fall auf die Humanethologie zu. Die kritische Reflexion über die Humanethologie führt zu wichtigen Ergebnissen — auch für Fragen der Persönlichkeitsforschung (vgl. dazu SCHMIDT ( 3 0 ) , PLACK [26]. HOLZKAMP-OSTERKAMP [ 1 3 ] , W E R N E C K E [ 3 3 ] , J O H S T [ 1 4 ] ) :
— Die Humanethologie ist gekennzeichnet durch eine merkwürdige, aber charakteristische Senkung des methodischen Anspruchsniveaus hinsichtlich der Exaktheit des Tier-Mensch-Vergleichs. Es war und ist eine der imponierendsten Leistungen der Verhaltensforschung an Tieren, den Inter-Species-Vergleich an die Identifizierung von Verhaltenshomologien zu binden [34]. Und genau das Gegenteil dieses Prinzips beherrscht die Humanethologie: Allzu oft werden reine Analogien als Homologien interpretiert; auf diese Weise werden nichtexistierende phylogenetische Beziehungen konstruiert. — Es ist bemerkenswert, daß die experimentell fundierte Konzeption der „aktionsspezifischen Energie" in dem Augenblick aufgegeben wurde, als man eine Theorie der menschlichen Aggression zu formulieren versuchte. Das hatte zur Folge, heterogene Bedingungen und Quellen der Aggression zu ignorieren, mit anderen Worten: sehr unterschiedliche Aktivitäten — von der Benutzung eines Schimpfwortes bis hin zu kriegerischer, militärischer Aggression — einfach in einen Topf zu werfen. — Der Tier-Mensch-Vergleich der Humanethologen bezieht primär nur rezente Tiere in die Betrachtung ein, vor allem Primaten, die nicht direkte Vorfahren des Menschen sind. Die Humanethologie nimmt kaum Notiz von anthropologischen Daten. — Die Humanethologen, vor allem KONRAD LORENZ, bieten eine biologische Theorie der Gesellschaft an, die folgende ernsthaften Fehler aufweist. Das soziale Bezugssystem, das menschliches Leben charakterisiert, wird lediglich als eine Variante des Systems interpersonaler und Intergruppen-Kommunikation gesehen, das als Grundmodell auch dem Primatenverhalten zugrunde liegt (natürlich beim
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Menschen auf einem höheren Niveau der verbalen Kommunikation). LORENZ ignoriert die autochthon wirkenden nicht-biologischen Gesetze, die menschliche soziale Prozesse und die materiellen Bedingungen der Kultur beherrschen, er ignoriert die spezifisch menschliche Evolution der Gesellschaft und Kultur, wie sie durch den Arbeitsprozeß erzeugt wird. Er verkürzt die Entwicklung menschlicher Produktionsmethoden (und dadurch die menschliche Lebensweise) auf eine reine Bewahrung und Ubetragung von Moden und Gebräuchen. Die Aussage, das biologische Selektionsprinzip sei auch die entscheidende treibende Kraft der gesellschaftlichen Entwicklung, „naturalisiert" den Konkurrenzcharakter des Kapitalismus und entlarvt die ethologische Gesellschaftstheorie als Variante des Sozialdarwinismus. Diese kritische Bemerkungen werfen die Frage auf, wie fruchtbare, wissenschaftlich vertretbare Verhaltensforschung am Menschen — diese auch als Grundlagendisziplin der Persönlichkeitspsychologie — möglich ist. Soweit ich es sehe, sollte die Verhaltensforschung am Menschen zurückgreifen auf die alte Problemstellung der Entdeckung echter Verhaltenshomologien — wie in der klassischen vergleichenden Anatomie und Ethologie. Ferner sollten die Humanethologen denjenigen Bedingungen der biologischen Evolution ihre Aufmerksamkeit zuwenden, die den Menschen befähigen, Objekt und Subjekt der Sozialisation im oben gekennzeichneten Sinne zu sein. Diese beiden Forschungsprobleme und ihre schrittweise Lösung verlangen einen grundsätzlichen Verzicht auf die Konstruktion falscher, biologistischer Gesellschaftstheorien [14]. IV. Und nun — dies ist der letzte Abschnitt meines Vortrags — lassen Sie mich eipen kurzen Blick werfen auf das Problem der Beziehungen zwischen psychobiologischer Forschung und psychologischen Modellen der Persönlichkeit. Um den Mißbrauch psychobiologischer Forschungsdaten zu vermeiden, ist es notwendig, die Einbettung der Psychobiologie in einen angemessenen theoretischen Modell-Kontext sorgfältig zu überprüfen. Vier Fragestellungen können als Instrument einer solchen Prüfprozedur verwendet werden: 1. Schließt ein bestimmtes Persönlichkeitsmodell lediglich Annahmen über die prähumanen biologischen Verhaltensgrundlagen ein — oder auch über explizit humane? 2. Wie interpretiert ein bestimmtes Persönlichkeitsmodell die Interaktion MenschUmgebung—als grundsätzlichen Antagonismus zwischen Mensch und Umgebung, bei dem der Mensch in die Defensive gedrängt ist, oder als Einheit beider Entitäten, wobei der Mensch auf die Umgebung einwirkt, um sie mit der Intention ihrer Anpassung an seine Bedürfnisse zu verändern? 3. Wie interpretiert ein bestimmtes Persönlichkeitsmodell den Charakter der menschlichen Umgebung — als einen naturhaften Sachverhalt oder als soziale und kulturelle Gegebenheit, repräsentiert durch Strukturen und Prozesse der Gesellschaft?
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4. Wie interpretiert ein bestimmtes Persönlichkeitsmodell die individuelle E n t wicklung — als Reifungs- oder Wachstumsprozeß inhärenter Potenzen, oder als Lernprozeß individueller Sozialisation, der entsprechende Basisprozesse der menschlichen biologischen Konstitution beansprucht? Der amerikanische Psychologe MADDI [24] hat eine vernünftige Klassifikation (oder Typologie) von Persönlichkeitsmodellen vorgeschlagen. E r unterscheidet „Erfüllungsmodelle" (z. B . ROGERS und MASLOW), „Konfliktmodelle" (vor allem der psychoanalytischen Schulen), „Übereinstimmungsmodelle" (KELLY, MCCLELLAND, MADDI selbst) und Modelle des klassischen oder gemäßigten Behaviorismus (z. B . SKINNER). Wenn man die oben genannten Testfragen auf diese Modelltypen anwendet, dann ist man gezwungen, mit Ausnahme des Übereinstimmungsmodells alle anderen zurückzuweisen. Diese Aussage bedeutet nicht, daß spezielle Probleme physiologischer Bedürfnisse, der Selbstaktualisierungstendenz, des Konfliktverhaltens, der Prinzipien und Gesetze der Lernbekräftigung ohne Relevanz für die psychologische und psychobiologische Persönlichkeitsforschung sind. Sie besagt lediglich, daß die Übereinstimmungsmodelle eine Richtung künftiger Theoriebildung markieren, die falsche Sichtweisen des Menschen (Menschenbilder) vermeidet. Warum tun sie das? — MADDI sagt ([24), S. 146): In den Übereinstimmungsmodellen „wird die Persönlichkeit in wesentlich stärkerem Maß durch die Rückwirkungen ihrer Interaktion mit der Welt determiniert als durch inhärente Eigenschaften des Menschen." E r trifft den Nagel auf den Kopf: Die Persönlichkeit ist ein interagierendes Wesen, ihre Entwicklungsprogression wird angetrieben durch kognitive, motivationale und aktivationale Diskrepanzen zwischen internen Zuständen des Selbst und reflektierten externen Erfordernissen und Anforderungen. Psychobiologische Forschungen über den Aufbau und über die Beseitigung solcher Diskrepanzen sind ein wichtiger Beitrag für die Persönlichkeitstheorie. Entsprechende Forschungsdaten, z . B . von FISKE, MADDI und BERLYNE [1], belegen diese
Behauptung. Die künftige Theoriebildung auf der Grundlage der gegenwärtigen Übereinstimmungsmodelle muß zwei Zielsetzungen im Auge behalten. Sie muß reinen Gleichgewichtsmodellen aus dem Wege gehen. Solche Konzeptionen übersehen die wichtige Tatsache, daß der Mensch unter Umständen auch aktiv Diskrepanzen erzeugt (z. B . kognitive Unsicherheit bei der Entdeckung und Lösung von Problemen, bei der Informationssuche und bei der Entscheidungsfindung). Und sie muß den Menschen, die Persönlichkeit in einem strikten Sinne als gesellschaftliches Wesen — genauer: als natürliches Wesen, dessen Gesellschaftlichkeit Teil seiner Natur ist — begreifen. Es mag hinzugefügt werden, daß die Verhaltenstatsachen der Selbstaktualisierungstendenz und des Konflikts (Kern-Charakteristika anderer Modelle) eine adäquate Funktion und Position innerhalb der Regelungsinstanzen und-mechanismen von Übereinstimmungsmodellen erhalten müssen. Unter dem Aspekt all dieser Forderungen erscheinen marxistische Standpunkte der Persönlichkeitsforschung als lokalisierbar im Trend von Übereinstimmungsmodellen, wodurch belegt sein mag, daß die marxistisch orientierte Theoriebildung
H.-D. SCHMIDT, Zum Problem der biologischen Grundlagen der Persönlichkeit innerhalb
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b e s t i m m t e r R i c h t u n g e n d e r i n t e r n a t i o n a l e n F o r s c h u n g liegt u n d n i c h t
völlig a u ß e r h a l b .
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d e f i n i e r t e d e n M e n s c h e n als ein W e s e n , d a s die N a t u r , d i e
G e s e l l s c h a f t u n d d a b e i sich s e l b s t d u r c h A k t i o n e n v e r ä n d e r t . D i e s i s t die philosop h i s c h e K u r z f o r m e l eines Ü b e r e i n s t i m m u n g s m o d e l l s als R e g e l u n g s m o d e l l — a b e r d a b e i n a t ü r l i c h B e z u g n e h m e n d auf d e n v e r g e s e l l s c h a f t e t e n , k o o p e r a t i v a r b e i t e n d e n M e n s c h e n . D i e s e r w i c h t i g e P u n k t d a r f nie v e r g e s s e n w e r d e n . Zusammenfassung Es wird davon ausgegangen, daß innerhalb der marxistischen Philosophie und in der marxistisch orientierten Psychologie die Einheit von Natürlichkeit und Gesellschaftlichkeit des Menschen die Beziehungen zwischen Persönlichkeitstheorie und Psychobiologie definiert. Dieses Prinzip der biosozialen Einheit kann durch Daten der Evolution des Menschen belegt werden. Auf der Grundlage dieses Prinzips erfolgt eine Prüfung der Position und Funktion der Psychobiologie im Kontext der Persönlichkeitspsychologie. In diesem Zusammenhang erweist sich eine kritische Auseinandersetzung mit bestimmten humanethologischen Konzeptionen als notwendig. Summary This is the.starting-point of our paper: Within Marxian philosophy and within psychology on the basis of Marxian positions the unity of nature and sociability in human being is defining the relations between personality theory and psychobiology. This principle of biosocial unity can be verified by data of human evolution, and starting from this principle we are able to examine the position and function of psychobiology within the context of personality models. It is necessary to make human ethology for discussion in order to clarify the question of relations between psychology of personality and psychobiology. Pe3ioMe PaÖOTaHCXORHT H3TOrO,HTO B p a M K a X MapKCHCTCKOit (J)HHOCO$HH H B 0pH6HTHp0B&HH0FT H a M a p K CH3M6 n c H x o j i o r i i H E^HHCTBO 6CTecTB6HHocTH H O6II^6CTB6HHIJX OTHOHieHHfi q e J i o B e K a BaaHMO-OTHOHieHHH M e a t f l y T e o p n e f i JIHHHOCTH H n c n x o 6 n o J i o r n e f l . Horo
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Eingegangen am 6. 1. 1977. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. sc. nat. H A N S - D I E T E R SCHMIDT Sektion Psychologie der Humboldt-Universität DDR—102 Berlin, Oranienburger Str. 18
Aus dem Institut für Psychologie der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Moskau
Der Schwellenbegriff und die psychophysischen Methoden Von K. W. BABDIN
Der Begriff „Schwelle" ist einer der Grundbegriffe der Psychophysik seit ihrer Entstehung. Verschiedene Autoren geben ihm jedoch abweichende inhaltliche Bedeutungen. Wenn man den Inhalt analysiert, der hinter dem Begriff „Schwelle" bei unterschiedlichen Autoren steht, dann wird klar, daß all seine Vielgestaltigkeit auf zwei Grundaussagen zurückgeführt werden kann. In der ersten Bedeutung wird die „Schwelle" als Prinzip verstanden, auf das die Arbeit des sensorischen Systems aufbaut. In diesem Fall wird die Schwelle bestimmt entweder als Punkt des Reizkontinums, der dieses Kontinum in Wahrnehmbares und Nicht wahrnehmbares scheidet, oder als Barriere, die überwunden werden muß, um eine Empfindung entstehen zu lassen, oder aber als untere Empfindlichkeitsgrenze. Derartige Schwellendefinitionen werden im weiteren als theoretischer Schwellenbegriff bezeichnet. In ihrer zweiten Bedeutung tritt uns die „Schwelle" als ein zahlenmäßiger Indikator gegenüber, den wir bei Reizänderungen vorfinden, wenn wir irgendwelche Standardisierungsregeln einführen. In diesem Fall bestimmt sich die „Schwelle" entweder als Punkt der 50%igen Reizentdeckung oder der 75%igen Reizdifferenzierung oder als Mittelwert zwischen dem Auftreten und Verschwinden einer Empfindung oder aber als eines der üblichen statistischen Streuungsmaße. Benutzen wir eine dieser Schwellendefinitionen, dann stellen wir uns weder auf die Position der Diskretheit noch auf die Position der Kontinuität sensorischer Reihen. Die „Schwelle" wird hier als empirisches Kriterium betrachtet. Eine derartige Schwellendefinition nennen wir im weiteren operational. Die Untersuchungspraxis kennt drei Lösungen der Frage nach den Beziehungen zwischen theoretischen und operationalen Schwellen. Leider werden in der Untersuchungspraxis theoretische und operationale Schwellen oft vermischt. Wenn Messungen durchgeführt werden und irgendein entsprechendes Kriterium sich ergibt, das traditionsgebunden als „Schwelle" bezeichnet wird, dann nimmt der Untersucher in seinen weiteren Darlegungen an, daß er damit auch die untere Empfindlichkeitsgrenze des sensorischen Systems gefunden hat. Tut er das, dann begeht er aber dabei einen wesentlichen logischen Fehler: Im Experiment hat er die operationale Schwelle bestimmt, nutzt sie aber im weiteren als theoretische. Auf die Verbreitung derartiger Fehlschlüsse wird schon in der Literatur hingewiesen (siehe EGAN und CLARKE 15
Z. Psychologie 185-2
[4]).
226
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Uns scheint, daß es die Psychophysik nötig hat, Ordnung in ihren terminologischen Apparat zu bringen. Außerdem w ä r e es wünschenswert, die „Schwelle" zu einem eindeutigen Begriff zu machen. Man kann nicht sagen, daß derartige Versuche nicht schon früher unternommen worden wären. Die erste hierbei mögliche Lösung haben wir gerade besprochen. Das ist die Gleichstellung der operationalen und theoretischen Schwelle. Sie schließt einen logischen Fehler ein, und es ist deshalb nicht nötig, darauf im folgenden näher einzugehen. Die zweite Lösung besteht in der Zuwendung zur operationalen und damit in der Abwendung von der theoretischen Schwelle. Das ist die Position der Begründer der klassischen Konzeption der Kontinuität sensorischer Reihen. Die dritte Lösung besteht in der Abwendung sowohl vom theoretischen als auch vom operationalen Schwellenbegriff. Dies ist die Position derjenigen Untersucher, die auf der Basis der Signal-Entdeckungs-Theorie arbeiten. Wir möchten die Aufmerksamkeit auf die Existenz einer vierten Alternative richten: die Beibehaltung des theoretischen Schwellenbegriffs und der Abwendung vom operationalen. Diese Alternative erscheint uns auch als die beste. Es gibt eine hinreichende Menge von Argumenten dafür, daß die Abkehr vom theoretischen Schwellenbegriff ein Schritt wäre, der mit dem heutigen Wissensstand nicht in Übereinstimmung stünde. Natürlich wurden die klassischen psychophysischen Methoden der Messung der sensorischen Empfindlichkeit auf der Basis der klassischen Schwellenkonzeption entwickelt, die gegenwärtigen psychophysischen Methoden jedoch auf der Kontinuitätskonzeption. Dies bedeutet aber nicht, daß die Entwicklung produktiver Ideen in dieser Wissenschaft von den Vorstellungen über den diskreten Charakter der Arbeit des sensorischen Systems — wie in der Anfangsetappe — zu Vorstellungen über die Kontinuität — wie in der heutigen Etappe — vor sich ging. Auch in der Periode des Beginns der Psychophysik war die Diskrctheitskonzeption nicht die einzige innerhalb des theoretischen Arsenals dieses Wissensgebietes. Es existierte bereits die dazu alternative Kontinuitätskonzeption, auf deren Grundlage man die gleichen Resultate erfolgreich erklären konnte, die vermittels der auf der Diskretheitskonzeption beruhenden Methoden gewonnen wurden. Die Methoden, die auf der Basis der einen Theorie entwickelt wurden, erwiesen sich auch als verwendbar für die andere, entgegengesetzte Theorie, so daß einige Wissenschaftler, die auf der Kontinuitätsposition standen, aktiv an der Vervollkommnung dieser Methoden teilnahmen. Eben deshalb folgt eine Abkehr vom theoretischen Schwellenbegriff nicht aus der Tatsache, daß die gegenwärtigen Methoden der Empfindlichkeitsbewertung (Ja-Nein-Antworten, Zwangswahlantworten) auf der Grundlage des Kontinuitätsprinzips entwickelt wurden. Es genügt darauf hinzuweisen, daß parallel zum Modell der Signalentdeckung, auf deren Grundlage diese Methoden entstanden, die Modelle B l a c k w e l l s , Luces und Atkinsons existieren, die auf anderen theoretischen Prinzipien aufbauen,
K . W . BABDIN, Schwellenbegriff und psychophysische Methoden
227
aber nichtsdestoweniger auf gleichartigem Niveau experimentellen Daten annäherbar sind, wie das Modell der Signalentdeckung. So gesehen kann man ohne den theoretischen Schwellenbegriff erstens die geschichtliche theoretische Entwicklung der Psychophysik, die Vorgeformtheit und Verbindungen der heutigen Konzeptionen mit ihren Ausgangspunkten nicht nachvollziehen und zweitens ist die Abkehr vom theoretischen Schwellenbegriff gleichermaßen eine unausgesprochene Anerkennung der Kontinuitätskonzeption. Dieser letztgenannte Schritt aber würde mit neuesten Untersuchungstatsachen nicht übereinstimmen (siehe z. B. BAEDIN [1]). Wesentlich ist auch, daß selbst solche Wissenschaftler, die auf der Grundlage der Signalentdeckungstheorie arbeiten, in letzter Konsequenz zu der Erkenntnis fanden, daß es unmöglich ist, die Existenz einer Schwelle im afferenten K a n a l endgültig auszuschließen, wenngleich auch diese Idee zu Recht als konstruktiv angesehen wurde[5]. Schließlich gibt es Gründe für die Annahme, daß Diskretheit und Kontinuität nicht als zwei einander ausschließende Prinzipien angesehen werden müssen, sondern zwei extreme Regimes darstellen, nach denen das sensorische S y s t e m arbeiten kann [2, 3]. All das spricht dafür, daß die Abwendung vom theoretischen Schwellenbegriff sicherlich verfrüht wäre. Anders ist das mit dem operationalen Schwellenbegriff. Für den Untersucher ist die klare Abgrenzung zwischen theoretischen und operationaler Schwelle nur erforderlich, um einige zahlenmäßige Kriterien zu bezeichnen, die man mit den klassischen psychophysischen Methoden erhält. Jedoch gibt es auch hier — im Rahmen des operationalen Schwellenbegriffs — terminologische Verwicklungen, weil einige Autoren als Schwellwerte verschiedene Mittelwerte, andere Streuungsmaße verwenden. Deshalb wäre es nach unserer Meinung einfach und natürlich, die Schwellenterminologie gegen die allgemein übliche statistische auszutauschen. Die Charakterisierung der Resultate von Experimenten vermittels üblicher statistischer Parameter würde die Uneinheitlichkeit des Verständnisses des realen Sinnes der aufgefundenen Daten völlig ausschließen. Nehmen wir z. B . die Analyse der Daten nach der Herstellungsmethode, dann ist klar, daß hier die Schwellenterminologie ohne Mühe gegen die allgemein übliche statistische austauschbar ist, wobei durch diesen Wechsel die Genauigkeit der Resultatsbeschreibung gewänne. Die Feststellung beispielsweise, daß bei Nutzung dieser Methode der Medianwert der erhaltenen Daten gleich einer bestimmten Größe ist, h a t einen völlig klaren und eindeutigen Sinn. Die Feststellung aber, daß bei Nutzung dieser Methode die differentielle Schwelle gleich eben dieser Größe ist, kann recht beliebig verstanden werden, weil auch im Rahmen des operationalen Schwellenbegriffs diesem Parameter einige verschiedene Konkretisierungen gegeben werden können. Zu ähnlichen Schlußfolgerungen gelangt man, wenn die Konstanzmethode benutzt wird. Schwieriger stellt sich das Problem bei dem Grenzverfahren, aber auch hier sind auftretende Schwierigkeiten umgehbar, wenn die experimentell erhaltenen Daten nicht in Schwellenterminologie, sondern in Begriffen der Änderung der Antwortkategorie interpretiert werden. 15-
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A u s d e m Gesagten'wird ersichtlich, daß bei der Beschreibung klassischer psychophysischer Methoden solche B e g r i f f e wie „ P u n k t s u b j e k t i v e r Gleichheit", stimmtheitsintervall", „ K o n s t a n t e r Fehler" nicht ersetzungsbedürftig
„Unbe-
erscheinen,
w e n n sie e m p i r i s c h g e f u n d e n e W e r t e b e z e i c h n e n , die n i c h t s m i t d e m B e g r i f f S c h w e l l e zu tun haben. Letzten Endes eine statistische Daten
ist der A u s t a u s c h der Schwellenterminologie
s c h o n ein V o r b e r e i t u n g s s c h r i t t
in Ü b e r e i n s t i m m u n g m i t s t a n d a r d i s i e r t e n s t a t i s t i s c h e n R e g e l n
u n d ihre R e s u l t a t e in s t a n d a r d i s i e r t e n stellen. ist n a c h
d a z u , daß die U n t e r s u c h e r
Die Bezeichnung
irgendeines
statistischen dieser
ihre
aufbereiten
Repräsentationswerten
Repräsentationswerte
gegen
als
dar-
Schwelle
unserer Meinung für diese Prozedur überflüssig.
S o gesehen
ist
griffe nicht nur
das Ersetzen möglich,
der Schwellenterminologie
sondern
erstrebenswert.
durch
Folglich
statistische Be-
ist der
Schwellenbegriff nicht notwendig. Die Beibehaltung des theoretischen
operationale Schwellen-
begriffs im B e g r i f f s a p p a r a t der P s y c h o p h y s i k hingegen ist aus den oben dargelegten G r ü n d e n unerläßlich. Zusammenfassung In der Psychophysik haben zwei unterschiedliche Arten der Definition des Begriffs Schwelle Eingang gefunden, deren Verwechselung zu beträchtlichen Verwirrungen führen kann. Unter Schwelle wird dabei einerseits ein Arbeitsprinzip des sensorischen Systems, andererseits eine Maßzahl zur Beschreibung von Unterscheidungsleistungen verstanden. Die erste Definitionsform wird als „Theoretische Schwelle", die zweite als „Operationale Schwelle" bezeichnet. E s werden Argumente dafür gebracht, daß auf den theoretischen Schwellenbegriff z. Z. nicht verzichtet werden kann, dagegen anstelle des Terminus „Schwelle" für operationale Schwellendefinitionen vorteilhaft die üblichen Termini der Statistik verwendet werden' können.
Summary Two different definitions of the term 'threshold' are being used in psychophysics. Mistaking one meaning for the other m a y result in considerable confusion. B y the term 'threshold' is understood an operating principle of the sensory system, on the one hand, and a numerical value for describing the resolution power on the other. The first form of definition is referred to as the „theoretical threshold" and the second, as the „operational threshold". Reasons are presented to show that it is not a t present possible to dispense with the term 'theoretical threshold', whereas the usual terms of statistics should be used in place of 'threshold' denoting 'operational threshold'.
Pe3iOMe ^ B a pa3JiHiHHx BHjja orrpeflejieHHH iiohhthh n o p o r a boiiijih b nciixo(J)M3HKy, npiineM hx CMernehh6 MOJKeT npHBecTH k 3Ha^HTejibH0{t nyTamme. I l o a noHHTiieM n o p o r a c orhoíí cTopoHti noHHMaiOT paßoHHii npiiHijHn MyBCTBHTejitHoii cticTeMti c apyroii CTopoHti — H3MepHTenbHoe ihcjio ßjiH oimcamia aKTOB pasJiiweHim. IlepBaH $opMa onpe^eneHUH o6o3HaiaeTCH nan „TeopeTiwecKHii n o p o r " , BTopan nan „onepamiOHHiiö n o p o r " . IIphbohhTch apryivieHTM b nojn>3y Toro, hto o t TeoperaqecKoronoHHTHH nopora BHacTOHinee Bpe.vm 0TKa3aTtCH Henb3H, ojjHaKo, bmöcto hohhthh „ n o p o r a " HJia onepaqaoHHux onpeAeJieiraft n o p o r a bhtohho ncn0Jib30BaTb oSbwuue TepMHHU CTaTHCTHKH.
K. W. BARDIN, Schwellenbegriff und psychophysische Methoden
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Institut für Psychologie der Akademie der Wissenschaften der U d S S R Moskau/UdSSR
Aus der Sektion Psychologie der Karl-Marx-Universität Leipzig W B Persönlichkeitspsychologie
Adaptives Training der Leistungsmotivation Von M. VOBWEEG Mit 1 Abbildung
1. B. WEINER [18] hat ausgehend von der begründeten Annahme, daß die Leistungsmotivation durch Änderungen der Kausalattribuierung modifiziert werden kann, in einem vorzüglichem Sammelreferat über erziehungsrelevante Ergebnisse der Attribuierungsforschung einschlägige Modifikationsexperimente diskutiert. Dabei betonte er die Rolle des internen Sprechens für die Verhaltenssteuerung, die auch von ANANJEW [1] ausführlich begründet wurde. Zugleich wurde (vorausgesetzt WEINERS Ubersicht ist repräsentativ und einigermaßen vollständig) deutlich, — wie wenig eindeutig interpretierbare sichere Daten auf diesem Gebiet vorliegen und — welche Perspektiven sich für die einschlägige Verhaltensmodifikation (für Erziehung und Therapie) ergeben könnten. WEINER findet drei Typen von Modifikationsprogrammen, die bisher erprobt worden sind: 1. Programme, die Verhaltensänderungen über Mißattribuierungen interner Erregung (durch Placebo-Effekte) oder über Mißattribuierung von „overt behavior" zu erreichen suchen. Die Verhaltensänderungen bezogen sich auf emotionales Ausdrucksverhalten und Schmerztoleranz [4, 11, 13, 14]. Die Ergebnisse dieser Änderungsexperimente können als eindeutig und gesichert angesehen werden. 2. Programme, die Leistungsänderungen durch Attribuierungstraining anzielen. Diese Programme beruhen auf dem selfresponsibility-Konzept und teilen infolgedessen auch die bekannten Mängel (und Ungeklärtheiten) dieses Konzeptes. Deshalb ist es nicht überraschend, daß die Ergebnisse recht widersprüchlich, jedenfalls aber nicht eindeutig interpretierbar sind [3, 9, 10]. 3. Laboratoriums- und Feldtrainingsprogramme mit direkter Nutzung der Attribuierungstheorie [2, 5, 8, 17]. Dieser Programmtypstellt gegenüber den beiden erstgenannten einen wichtigen Fortschritt dar und ist wegen der gesicherten Ergebnisse tendenziell entwicklungsfähig. 2. Die bisher bekannten Anderungsprogramme dieses Verhaltensbereichs sind,
M. VoEWBEG, Adaptives Training der Leistungsmotivation
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wie auch WEINER, dessen Urteilskompetenz auf diesem Gebiet außer Zweifel steht, bestätigt, in der Regel sehr einseitig. Sie richten die Modifikationsbemühungen auf die Änderung von Ursachenzuschreibung bei Mißerfolgen und ignorieren die Attribuierung von Erfolgen. Deshalb ist der Forderung W E I N E R S nach Programmen mit adaptiven Attribuierungsstrategien uneingeschränkt zuzustimmen. In einem Trainingsprogramm erreichte „angemessene" Mißerfolgsattribuierung braucht das Verhalten in Leistungssituationen durchaus nicht „angemessen" zu steuern, wenn die Kausalinterpretation von erfolgreichem Leistungsverhalten nicht ebenso geübt wird. Überhaupt scheint ein Mangel der Attribuierungstheorie (wenigstens für den Bereich der Verhaltensänderung) darin zu bestehen, daß die durch Kausalaiiribuierung erzeugte Motivation zwar die Afferenzsynthese (vgl. Abb. 1) über die „motivationale Reafferenz" steuern kann, die Leistungseinstellung damit jedoch nicht zwangsläufig geändert sein muß. Um Leistungseinstellungen zu modifizieren, ist
Abb. 1. Schema des Verhaltenszyklus
es erforderlich, kognitive Differenzierungsfähigkeiten zu üben, die eine für „angemessene" Handlungsmodelle nötige Kausalinterpretation der über die „resultative Reafferentation" (vgl. Abb. 1) eintreffende Information ermöglicht. Über die „kogintive Reafferentation" wird vermutlich das Wechselspiel von Kausal attribuierung und Kausalinterpretation in einen einheitlichen Informationsverarbeitungsprozeß
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interpretiert, dessen Ergebnis wir als Leistungseinstellung bezeichnen. Die Leistungseinstellung (Einstellung im Sinne von Verhaltensentwurf) steuert das Leistungsverhalten; nicht die Leistungsmotivation allein h a t eine solche Steuerungsfunktion. 3. Wir berichten im folgenden von Trainingsergebnissen, die durch Programme mit adaptivem Charakter (im Sinne WEINERS) in Diplomarbeiten unter meiner Leitung [6,12] erzielt wurden. Dabei fassen wir, ausgehend von der Theorie U s n a d s e s [15], Leistungseinstellung als einen Verhaltensentwurf auf, dessen (hypothetische) S t r u k t u r in Abbildung 1 dargestellt ist. Dabei erzeugen die Feedback-Prozesse einen motivierenden Effekt für die Leistungseinstellung. Die motivationale Reafferenz bewirkt eine Leistungsemotion mit informationsfilternder Wirkung, die kognitive Reafferenz ermöglicht die Leistungsantizipation und auf dieser Grundlage in Abhängigkeit von der resultativen Reafferenz die Kausalinterpretation. Die darauf folgende Leistungshandlung und deren Ergebniskontrolle erfolgt vermittelt durch die resultative Reafferentation. Wir gingen von der Hypothese aus, daß der Trainingszugriff am ehesten über die kognitive Reafferenz erfolgen könnte. Feedback-Information über aktuelle oder fiktive Leistungsergebnisse (resultative Reafferenz) erzeugt bekanntlich keine Änderung der Leistungseinstellung (auch nicht der Leistungsmotivation). Eher erfolgt eine Kausalattribuierung in Richtung der bei einer Person dominanten Leistungsmotivation. Das geschieht unseres Erachtens deshalb, weil dabei die Kausalinterpretation als die entscheidende kognitive Leistung ebenso nicht geändert wird wie bei direkten Eingriffen in das Motivierungsfeedback-Teilsystem. Die wiedersprüchlichen Ergebnisse der Attribuierungstrainingsprogramme dürften von dem unkontrolliertem Einfluß auf das Teilsystem der kognitiven Reafferenz, also auf die Kausal interpretation, zurückzuführen sein. Man darf vermuten, daß das kognitive Feedbacksystem wegen seiner zentralen Stellung im Verhaltensentwurf vielmehr die Motivierung einer Person kontrolliert und auf der Grundlage entsprechender Leistungsemotionen die Perzeption von einschlägigen Informationen ebenso steuert wie es die resultativen Informationen entsprechend der kognitiven Situationsinterpretation konsistent hält. Unser Trainingsprogramm wurde deshalb in Anlehnung an Grundsätze des sozialpsychologischen Verhaltenstrainings [16] so aufgebaut, daß es als adaptives kognitiv-differenzierendes Kausalinterpretationsprogramm bezeichnet werden könnte. Es h a t t e folgende S t r u k t u r : 1. In Übereinstimmung mit USNADSES Theorie wurde die bestehende Leistungseinstellung bei den Vpn objektiviert und damit der Selbstreflexion zugänglich gemacht. Das geschah durch die Aufforderung, u n t e i Anleitung des Trainers Aussagen mit erfolgsmotiviertem Charakter und solche mit mißerfolgsmotiviertem Charakter zu analysieren. Dabei informierte der Trainer die Vpn a) über das Phänomen der Kausalattribuierung in Leistungssituationen; b) auf der Grundlage der Theorie von GALPERIN [7] über die Bedeutung von Orientierungsgrundlagen für die Kausalinterpretation;
M. VORWERG, Adaptives Training der Leistungsmotivation
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c) darüber, daß sie wegen der bei ihnen ermittelten diagnostischen Daten als mißerfolgsorientiert gelten und daß dies unerwünscht sei. 2. Danach übten die Vpn den kognitiven Umgang mit Erfolgs- und Mißerfolgskriterien durch die Herstellung (Formulierung) von entsprechenden Aussagen über Leistungsaufforderungen und deren resultative Interpretation. Damit sollte der Leistungseinstellung genannte Yerhaltensentwurf modifiziert werden. 3. Um die erfolgte Modifikation zu stabilisieren (und zwar in Richtung auf Erfolgsantizipation!), hatten die Vpn in Rollenspielen erfolgsmotiviertes Verhalten zu realisieren. Das Ziel war, die Kriterien des neuen Verhaltens zu interiorisieren (GALPERIN) u n d z u i m p u l s i v i e r e n (USNADSE).
4. Das Trainingsprogramm umfaßte 10 Übungseinheiten von je 90 Minuten. E s wurde erfolgreich angewendet bei 35 Schülern, die nicht nach Erfolgs- bzw. Mißerfolgsmotivation bezüglich ihrer Leistungseinstellung in der Schule selegiert waren. Gegenwärtig wird es für die Änderung der Leistungseinstellung im Sportunterricht in der Schule erprobt. Hier soll berichtet werden von einer Untersuchung an 236 Lehrerstudenten einer Pädagogischen Hochschule. Mit Hilfe des HECKHAUSENschen Leistungsmotivations-TAT wurden Extremgruppen gebildet: — 40 Vpn mit hoher Erfolgsmotivation — 47 Vpn mit hoher Mißerfolgsmotivation. Aus den 47 Mißerfolgsmotivierten wurden die Trainingsgruppe (TV = 2 0 ) und die Kontrollgruppe (N= 27) gebildet, die hinsichtlich der Nettohoffnung homogenisiert waren. E s wurden gemessen und verglichen: 1. Die Studienleistungen (Zensuren) in den letzten 6 Monaten. 2. Der soziometrische Status (über einen Partnerwahlversuch für reale Aufgaben). 3. Testwerte des Faktors I (Unentschlossenheit und Entscheidungsunsicherheit) und des Faktors I I I (Risikobereitschaft in Entscheidungssituationen) des Ents c h e i d u n g s - Q - S o r t s v o n WOLFRAM.
4. Das Anspruchsniveau, gemessen über den Z^-Wert (Einschätzung der Aufgabenbewältigung), den D2-Wert (Abstimmung von Leistung und Zielsetzung) und den D 3 -Wert (Reaktion auf Mißerfolg) nach dem Test von SCHEILER. 5. Neurotizismus und Rigidität über den I-N-R von BÖTTCHER. Die Resultate sind in Tabelle I zusammengefaßt. Zwischen Erfolgs- und Mißerfolgsmotivierten, operationalisiert durch den T A T von HECKHAUSEN, fanden sich signifikante Unterschiede — in den Studienleistungen, — im soziometrischen S t a t u s , — in der Einschätzung der Aufgabenbewältigung (wobei beide Gruppen im negativen Bereich lagen!), — in der Abstimmung von Leistung und Zielsetzung, — in der Reaktion auf Mißerfolge,
234
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2 Tabelle I. Erläuterungen im Text Erfolgsmotiviert Zensurenmittel Soziometrischer Status EQS I EQS III Di
D2 D3 N R
(INR) (INR)
2,35 0,225 4,80 5,17 - 8,60 1,28 - 0,70 78,42 80,04
Mißerfolgsmotiviert 2,83 0,092 5,25 5,23 -10,74 1,92 - 0,24 79,47 84,77
Signifikanz 0,05 0,05 n. s. n. s. 0,05 0,05 0,05 n. s. 0,05
— im Neurotizismus, der für beide Gruppen über dem Durchschnitt, aber noch im Streuungsbereich lag und — in der Rigidität, die jedoch für beide Gruppen unter dem Durchschnitt lag. Die Experimentalgruppe wurde der geschilderten Trainingsprozcdur im Verlauf von 3 Wochen unterzogen. Die Vpn nahmen freiwillig an dem Training teil, das in ihrer Freizeit stattfand. Der Trainer war der Psychologielehrer der Vpn. Tabelle II. Erläuterungen im Text Experimentalgruppe (t)
EQS I EQS III Dt D2 D3 N (INR) R (INR)
1,98 0,27 2,03 2,30 0,76 2,13 2,23
ta = 1,73 signifikant 0,05
Kontrollgruppe (t) 0,75
-
1,03 0,159
-
0,75 0,44
Die Ergebnisse des Trainings im Vergleich zur Kontrollgruppe sind in Tabelle II dargestellt und zeigen, daß — die Einschätzung der Aufgabenbewältigung, — die Abstimmung von Leistung und Zielsetzung, — Unentschlossenheit und Entscheidungsunsicherheit und — Neurotizismus und Rigidität bei der trainierten Gruppe sich in positiver Richtung verändert haben, wenn die signifikanten Unterschiede zwischen Experimental- und Kontrollgruppe zugrunde gelegt werden. 5. Diese Ergebnisse kann man im Sinne unserer Ausgangsüberlegungen so interpretieren, daß das Training bei den Vpn der Experimentalgruppen eine realistische Bewertung ihrer Leistungskompetenz erreicht. Dazu diente die Orientierungs-
M. VORWERG, Adaptives Training der Leistungsmotivation
235
grundlage, die während des Trainings interiorisiert und durch Rollenspiel gefestigt werden konnte (kognitive Orientierung für Kausalinterpretation). Das erhöhte ihre Entschlossenheit in Entscheidungssituationen (kognitive Reafferenz). Das wiederum ermöglichte eine bessere Kausalattribuierung (resultative Orientierung), deren Kriterien während des Trainings objektiviert worden waren. Dies nun führte zu besserer Harmonisierung zwischen selbstgesetzten Zielen und vorausgegangenen Leistungen (resultative Reafferenz). Auf der Basis von adäquaten Kausalattribuierungen hat die kognitive Orientierung einen positiven Effekt auf die motivationale Orientierung, was zu adäquater Kausalinterpretation führt. Die Kausalinterpretation wird gefestigt durch die Konsistenz von kognitiver und resultativer Orientierung, d. h. durch die Konsistenz von Leistungskompetenz-Bewertung und Kausalattribuierung (motivationale Reafferenz), was dann als Erfolgsmotivation (in den Grenzen der Leistungsfähigkeit einer Person!) imponiert. Die damit verbundene Stabilisierung der Person dürfte über die im Training normalisierten N- und R-Werte signalisiert sein. Zusammenfassung Bisher bekannte Trainingsprogramme zur Modifikation von Leistungsmotivation richten sich auf die Änderung von Ursachenzuschreibung bei Mißerfolgen und vernachlässigen die Attribuierung von Erfolgen. Vorgestellt werden Ergebnisse, die durch ein Trainingsprogramm mit adaptiven Attribuierungsstrategien gewonnen worden sind. Es wurden bei den Probanden kognitive Orientierungen geschaffen, die über Feedback-Techniken die Leistungseinstellung ändern sollten. Die so modifizierten Verhaltensentwürfe konnten durch Rollenspiele, in denen erfolgsmotiviertes Verhalten initiiert wurde, interiorisiert werden. Signifikante Änderungen in positiver Richtung sind als Trainingseffekt gesichert für: die Einschätzung der Aufgabenbewältigung, die Abstimmung von Leistung und Zielsetzung, Unentschlossenheit und Entscheidungsunsicherheit, Neurotizismus und Rigidität. Das Training hat bei den Probanden demnach für die kontrollierten Merkmale eine realistischere Sellbstbewertung ihrer Leistungskompetenz und damit verbunden eine höhere Konsistenz von Leistungsbewertung und Kausalattribuierung erreicht. Das ist eine wichtige Voraussetzung für erfolgsmotiviertes Verhalten in Leistungssituationen.
Summary Training programs hitherto used to modify the need for achievement are aimed at changing the attribution of failures to causes and fail to give proper attention to the attributing of successes. Presented in this paper are results which were obtained by a training program employing adaptive attributing strategies. Cognitive orientations were produced in test subjects, by which it was intended to alter, through the use of feedback techniques, the attitude toward achievement The behaviour patterns thus modified could be interiorized by role playing where success-motivated behavior was initiated. Evidence of positive alterations as effects of training has been obtained for the evaluation of the capacity to deal with and solve problems, the balancing of achievement and objectives, hesitation and insecurity over decision-making, neuroticism and rigidity. Accordingly, training resulted in a more realistic selfjudgment of the competence for achievement and, thus, a higher degree of consistency of forming opinions concerning achievement and attributing achievement to particular causes. This is an important prerequisite of success-motivated behavior in situations where special significance is placed upon achievement.
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PesiOMe M a B e c T H u e n o CHX n o p n p o r p a M M H T p e H H p o B K H R J m MORHIJAIKANHH MOTHBAQHH p a ß o T o c n o c o 6HOCTH H a n p a B J i e H H HA H3MGH6HH6 n p m i H c a H H H NPIMWH B
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Sektion Psychologie der Karl-Marx-Universität DDR — 703 Leipzig, Tieckstr. 2
Aus dem Fachbereich I — Psychologie der Universität Trier
Struktur und Persönlichkeitskorrelate von ästhetischer Präferenz für visuelle Komplexität 1 Von K . H. WlEDL
Problem Die Stimulusvariable „Komplexität" erwies sich im Verlauf der zunächst allgemeinpsychologisch betriebenen Analyse ästhetisch motivierten Verhaltens als bedeutsame Bedingung ästhetischer Präferenzen (BERLYNE 1963, 1970, 1973, WALKER 1970, 1973, W E R B I K 1971, SMETS 1973). D i e
differentialpsychologische
Relevanz der Variable „visuelle Komplexität" (zusammenfassend siehe BERLYNE 1971, S. 198f.; zur Operationalisierung siehe unten ) wird durch eine Reihe neuerer Untersuchungen nahegelegt. Sie zeigen den Einfluß der Geschwisterpositión (EISENMAS 1965a), des Geschlechts (LOOFT und BARANOWSKI 1971), des Alters (STERNS 1970), der sozialen Schicht (FRANCÉS 1970) sowie der Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Kulturkreisen (SOTJEIF und EYSENCK 1971), Berufen und Studienrichtungen
(EYSENCK 1972, EYSENCK u n d
CASTLE
1970)
und
klinisch-psychologischen
Gruppen (EISENMANN 1965b) auf den Ausprägungsgrad der ästhetischen Präferenz für dieses Merkmal. Im engeren Sinne persönlichkeitspsychologische Studien wurden vor allem von EYSENCK (1941, 1954) angeregt und durchgeführt. Bei der Analyse vielfältigen ästhetischen Materials. (Vasen, Bilder, Gedichte, Polygone u. a. m.) fand dieser Autor, daß Präferenz für Einfachheit vor allem bei Extravertierten, für Komplexität vor allem bei Introvertierten auftritt. BARRON und WELSH (1952) und BARRON (1953) zeigten, daß Präferenz für Komplexität, gemessen mit der Barron Welsh Art Scale — einer inhaltlich heterogenen Zusammenstellung unterschiedlicher Formen von visueller Komplexität — mit Introversionsneigung, Aspekten sozialer Unangepaßtheit, Unabhängigkeit der Urteilsbildung, Impulsivität, Originalität und der Güte des ästhetischen Urteils korreliert. Personen mit hoher Einfachheitspräferenz scheinen dagegen rigider zu sein und zu Verhaltenskonformität zu neigen. Neuere Untersuchungen sind vor allem mit dem Zusammenhang von Komplexitätspräferenz und Extraversión sowie Neurotizismus befaßt. Sie zeigen eine eher geringere Komplexitätspräferenz bei introvertierten Versuchspersonen (EYSENCK 1965, DAY 1965). 1 Gekürzte Fassung eines Teils der vom Fachbereich I der Universität Trier-Kaiserslautern in Trier angenommenen Dissertation „Untersuchungen zur persönlichkeitspsychologischen Fundierung von ästhetischer Präferenz für visuelle Komplexität". Das Literaturverzeichnis sowie Abbildungen und weiteres Tabellenmaterial kann über die Zentralstelle für psychologische Information und Dokumentation (ZPID) an der Universität Trier bezogen werden.
238
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
B R Y S O N und D R I V E R (1972) ermittelten Präferenz für mittlere Grade von Komplexität bei Extravertierten. Für Introvertierte scheint es hingegen, daß die Effekte kognitiver Moderatorvariablen in Rechnung gestellt werden müssen. Andere Arbeiten ( B R E T S C H N E I D E R 1969, E Y S E N C K 1972) können keine signifikanten Beziehungen zwischen Extraversion und ästhetischer Präferenz ermitteln und deuten somit eine Nullkorrelation an. Auch für die zweite im Normalbereich relevante Persönlichkeitsdimension des Eysenckschen Systems — Neurotizismus — scheint eher eine Nullkorrelation vorzuliegen (EYSENCK 1972), obgleich einige der Befunde von B A R R O N und W E L S H auf eine positive Beziehung zwischen Neurosetendenz und Komplexitätspräferenz verwiesen hatten.
Heterogene Ergebnisbilder von der Art des berichteten können ihre Ursache vor allem in mangelnder Vergleichbarkeit der Methoden der Datengewinnung und Aufbereitung, insbesondere jedoch der Operationalisierung der zu untersuchenden Konzepte haben. Eine weitere Bedingung mangelnder Konsistenz kann jedoch auch darin liegen, daß aus einem komplexen Interaktionsgefüge von Reiz- und Persönlichkeitsmerkmalen jeweils einzelne Variable herausgegriffen und ohne Berücksichtigung ihrer Verankerung in übergreifenden Systemen der figuralen Struktur bzw. der Persönlichkeit in isolierter Weise auf Zusammenhänge untersucht werden (vgl. W I E D L 1974). In der vorliegenden Arbeit wird versucht, die dargestellten persönlichkeitspsychologischen Ansätze fortzuführen. Unter Berücksichtigung der zuletzt vorgetragenen kritischen Anmerkungen ist hierzu jedoch eine Untersuchungsstrategie zu entwikkeln, die einen vergleichsweise integrativen methodischen Ansatz vorsieht, die vermutete Komplexität und Mehrdimensionalität der Zusammenhangsstrukturen in Rechnung stellt und Perspektiven dahingehend liefert, mit Hilfe welcher, gegebenenfalls neu zu konzipierender persönlichkeitspsychologischer Konstrukte die differentialpsychologische Fassung von Präferenz für visuelle Komplexität am ehesten geleistet werden kann. Der Terminus „persönlichkeitspsychologisch" ist dabei als Synonym zu „charakterologisch" zu verstehen. Es sollen somit lediglich sogenannte „Temperamentsveriable" auf ihre Bedeutung für spezifische Formen ästhetischer Präferenz untersucht werden. Eine Analyse kognitiver Variablen erfolgt an anderer Stelle (WIEDL 1976). Eine weitere Einschränkung trifft die Form der zu untersuchenden Präferenzen. Es wird hier lediglich die Kategorie der eher rezeptiven ästhetischen Zuwendung zu vorgegebenem figuralem Material analysiert, nicht jedoch Prozesse und ästhetische Produkte aktiv-manipulatorischer Tätigkeiten (vgl. L I L L I 1973, MCWHINNIE 1973).
K. H. WIEDL, Struktur und Persönlichkeitskorrelate von ästhetischer Präferenz
239
Untersuchung 1. Planungsgesichtspunkte 1.1. Zur Explikation des Gegenstandes „Präferenz für visuelle Komplexität" Allgemeinpsychologische oder dimensionsanalytische Arbeiten lassen vermuten, daß visuelle Komplexität eine mehrdimensionale Struktur aufweist (BROWN und ANDREWS 1 9 6 8 , E Y S E N C K
1 9 6 8 , MOYLES, TUDDENHAM u n d
BLOCK 1 9 6 5 ,
RAAB
1972, SCHNEIDER 1973, WIEDL 1975). Für die vorliegcde Arbeit wird diese Stimulusvariable daher in ihrer Beziehung zu ästhetischer Präferenz als potentiell multivariat aufgefaßt. Als Stimulusstichprobe werden eine Reihe unterschiedlicher Formen komplexer Abbildungen ausgewählt, die a) Konfusionen mit anderen, vor allem semantischen Aspekten möglichst vermeiden, b) sich in vorliegenden Studien als relevant erwiesen haben und/oder aus wahrnehmungspsychologischer Sicht bedeutsam sind. Als Maßzahlen für individuelle Präferenz sollen die Faktorscores der Versuchspersonen auf Präferenzfaktoren dienen, die sich aus einer Faktorisierung der interkorrelierten Präferenzen unserer Vpn gegenüber den unterschiedlichen Abbildungen ergeben. Ausgangspunkt der Analyse sind somit nicht isoliert erfaßte Präferenzen für a priori als ästhetisch relevant und repräsentativ erachtete mehr oder weniger komplexe Figuren, sondern faktoriell ermittelte, mehrdimensionale Präferenzmuster bzw. -strukturen. Präferenz für visuelle Komplexität wird also operational definiert als die Ladungen der Vpn auf einem S a t z von Präferenzfaktoren, die die Variation der ästhetischen Bewertung bei verschiedenen Abbildungen unterschiedlicher metrischer Komplexität beschreiben. 1.2. Zur Präzisierung des Terminus „Präferenz" Ästhetische Präferenz im hier verstandenen Sinne kann nach BERLYNE (vgl. 1971, S. 207ff.) expliziert werden nach den Modi der „interestingness" (Interessantheit) und „pleasingness" (Wohlgefälligkeit). Dies entspricht der Ausdifferenzierung zweier Manifestationsformen der intrinsischen Motivation, der spezifischen und diversiven Exploration. 1.3. Zur Relevanz der Variable „Betrachtungszeit" Die Mehrzahl der vorliegenden Untersuchungen vernachlässigt die Kontrolle der aus wahrnehmungs- und aktivationstheoretischer Sicht relevanten Variable „Betrachtungszeit" (vgl. WIEDL 1975). Relative Stabilität des Präferenzverhaltens über unterschiedliche Expositionszeiten hinweg ist jedoch Voraussetzung für die Analyse stabiler interindividueller Differenzen und die Vergleichbarkeit der ermittelten Befunde. In vorliegender Arbeit werden nur solche Abbildungen verwendet, die sich in der obengenannten Studie gegenüber der Variablen „Betrachtungszeit" als unabhängig erweisen.
240
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
1.4. Auswahl der zu erfassenden Persönlichkeitsmerkmale Die angenommene multivariate Charakteristik der Zusammenhänge von Präferenz- und Persönlichkeitsvariablen erfordert auch die Verfügbarkeit einer möglichst umfassenden und differenzierten Stichprobe von Persönlichkeitsvariablen. Dies schien am ehesten bei den 15 Temperaments-Primärfaktoren des 16 P F (CATTEL, E B E R und TATSTJOKA 1 9 7 0 ) gegeben 2 . Als zweites Verfahren wurden die Skalen des Variationsmotivationsfragebogens (VMF; F I S C H E R und W I E D L 1 9 7 3 , 1 9 7 5 ) verwendet. Dieser Test mißt die Tendenz, StimulationsVariation in der Umwelt aufzusuchen bzw. selbst herzustellen. Subskala VMF t ist auf interne, VMF 2 auf externe Stimulation gerichtet. VMF a erfaßt generalisierte Stimulationstendenz. Die im Gegensatz zu den Trait-Faktoren stärker akzentuierte Situationsbezogenheit (vgl. hierzu B O W E R S 1 9 7 3 ) des VMF weist dieses Verfahren als für unsere Fragestellungen besonders interessant aus. 1.5. Analysenmethode Von der Methode der Datenaufbereitung ist zu fordern, daß sie komplexe Beziehungen zwischen zwei Variablensätzen, für die nach den oben angestellten Überlegungen jeweils Mehrdimensionalität angenommen wird, aufzeigen kann. Es bietet sich daher ganz besonders die auf HOTELLING ( 1 9 3 6 ) zurückgehende kanonische Korrelationsanalyse an, die eine Ausweitung des multivariaten Ansatzes der multiplen Regressionsanalyse auf die Kriteriumsseite darstellt. Dieses Verfahren liefert für vorliegende Fragestellung paarweise diejenigen Linearkombinationen (kanonische Variable) aus Merkmalen der Präferenz für visuelle Komplexität einerseits und der Persönlichkeit andererseits, deren Projektion in den jeweils anderen Variablenbereich ein Maximum erreicht. Da kanonische Variable durch Linearkombinationen der Ausgangsvariablen generiert werden und eine orthonormale Konfiguration im Variablenraum darstellen, können sie als Faktoren aufgefaßt werden (vgl. BRANDTSTÄDTER 1 9 7 0 ) , denen angesichts des Abstraktionsniveaus der Ausgangsvariablen der Status von Sekundärfaktoren der Komplexitätspräferenz bzw. der Persönlichkeit zukommen dürfte. Kanonische Variable tragen dadurch zur geforderten integrativen Ordnung komplexer Datenbestände bei. Für die zur Ergänzung dieses Verfahrens gegebenenfalls anzustellenden Analysen der Beziehungen von Einzelfaktoren ästhetischer Präferenz zum System der Persönlichkeitsvariablen wird die multiple Korrelationsanalyse verwendet werden. Weiterhin sollen an geeigneter Stelle Faktorstrukturkoeffizienten ermittelt werden. Diese ergeben sich über die Division der Einzelvaliditäten durch den multiplen Korrelationskoeffizienten und zeichnen sich gegenüber den Betagewichten der In einem hier nicht wiedergegebenen Analyseschritt wurde die faktorielle Validität des 16 P F überprüft. E s zeigten sich die Sekundärfaktoren Emotionalität, Gefühlsbetontheit sowie zwei Extraversionsfaktoren (vgl. WIEDL 1974). 2
K. H. WIEDL, Struktur und Persönlichkeitskorrelate von ästhetischer Präferenz
241
m u l t i p l e n R e g r e s s i o n s a n a l y s e u n t e r a n d e r e m d u r c h hohe S t a b i l i t ä t a u s (vgl. a u c h d a s P r o b l e m der S u p p r e s s o r f u n k t i o n ; COOLEY u n d LOHNES 1971). Mit gleicher B e g r ü n d u n g wird sich a u c h die I n t e r p r e t a t i o n der k a n o n i s c h e n K o r r e l a t i o n s a n a l y sen n i c h t auf die G e w i c h t s v e k t o r e n der jeweiligen Y a r i a b l e n g r u p p e n f ü r die k a n o n i s c h e n V a r i a t e , s o n d e r n auf die jeweiligen L a d u n g s m a t r i z e n s t ü t z e n . 2. U n t e r s u c h u n g s m a t e r i a l E i n e detaillierte D a r s t e l l u n g u n d B e g r ü n d u n g der A u s w a h l b z w . K o n s t r u k t i o n d e s f i g u r a l e n M a t e r i a l s e r f o l g t a n a n d e r e r S t e l l e (WIEDL 1974). F ü r die A n a l y s e ä s t h e t i s c h e n W o h l g e f a l l e n s k o n n t e n 68, f ü r die A n a l y s e ä s t h e t i s c h e n
Interesses
6 3 der 80 schwarz-weißen A u s g a n g s f i g u r e n als s t a b i l g e g e n ü b e r Z e i t e f f e k t e n verw e n d e t werden. 2.1. Asymmetrische Polygone mit unterschiedlicher Eckenzahl (VG): Das hier realisierte figurale Prinzip wird als „Anzahl unabhängiger Einheiten" (BERLYNE 1971, S. 199ff.) bezeichnet und erklärt die bei Komplexitätsschätzungen auftretende Varianz zu 83% (ATTNEAVE 1957). Es wurde eine Serie von 8 Figuren verwendet, die 4, 6, 8, 12, 16, 21, 30 und 40 Ecken aufweisen und hinsichtlich ihres Assoziationsgehalts voranalysiert sind (VANDERPLAS und GARVIN 1959). 2.2. Symmetrische Polygone mit unterschiedlicher Eckenzahl (MK): Diese Figuren werden analog den asymmetrischen Polygonen konstruiert. Sie stellen aber dennoch einen eigenständigen K o m p l e x i t ä t s a s p e k t d a r ( v g l . MOYLES, TTJDDENHAM u n d BLOCK 1965, DAY 1968). E s w u r d e eine
auf MUNSINGER und KESSEN (1964) zurückgehende Polygonserie erstellt, die Figuren mit 6, 10, 14, 16, 20, 26, 30, 36 und 42 Ecken enthält. 2.3. Zufallswege (RdW): Die hierunter fallenden Abbildungen stellen je unterschiedlich lange „Wege" dar, die aus verschieden vielen aneinandergereihten Teilschritten gleicher Länge bestehen (VITZ 1966). Der Winkel zwischen zwei aneinanderstoßenden „Schritten" wird nach dem Zufall bestimmt. Es wurden Abbildungen mit 16, 32, 128, 256 und 512 Schritten verwendet. 2.4. Punktschwärme (Pkt): Kennzeichnendes Merkmal ist hier die Anzahl der Punkte, die in Zufallsverteilung auf einem Hintergrund arrangiert werden (vgl. BALTES und WENDER 1971). Die verwendeten Abbildungen weisen 4, 6, 10, 16, 25, 40 und 63 Punkte auf. 2.5. Birkhoff-Polygone ( B I R ) : BIRKHOFF (1932) entwickelte eine Formel zur „objektiven" Bestimmung des ästhetischen Wertes M von Gegenständen aus dem Verhältnis ihrer Ordnungselemente (0) zu den Komplexitätselementen C. Für vorliegende Untersuchung wurden aus BERKHOFFS Polygon-Serie die Figuren mit M = 2, 25, 44, 64, 74, 81, 84 und 86 ausgewählt (zur Analyse dieser Figuren siehe auch EYSENCK 1968). 2.6. Flächenmuster unterschiedlicher Rastergröße (Mo): Differenzierendes Merkmal ist hier die Körnigkeit von Mosaiken (DORFMAN und MCKENNA 1966). Es wurden quadratische Muster mit einer Rastergröße von 4, 6, 8, 10, 12 und 14 Elementen pro Achse ausgewählt. Das Verhältnis der schwarzen zu den weißen Elementen wurde auf 1 : 2 festgelegt (vgl. FRANK 1964). Zwei weitere Aspekte der internen Struktur, der Balancekoeffizient und der Koeffizient der relativen Interaktion (DÖRNER 1970) wurden ebenfalls konstant gehalten. 2.7. Figuren von BARRON und WELSH (BW): Auf der Grundlage einer Voruntersuchung wurde eine Anzahl von 10 Abbildungen der Barron-Welsh-Art-Scale (BARRON und WELSH 1952) so ausgewählt, daß bei angemessener Trennschärfe (vgl. LIENERT 1967) alle im Test vorgesehenen Inhaltskategorien berücksichtigt wurden. Dies sind die Items 81 und 38 („ruled simple"), 10 („ruled complex"), 12 („figure-ground-reversal"), 85 („shading"), 28 und 80 („free hand complex"), 9 und 78 („combined ruled free hand") und 76 („confined"). 2.8. Figuren von LEEUWENBERG ( L E E ) : LEEUWENBERQ (1968) konstruierte diese Linienbezeichnungen auf der Gfundlage einer strukturell-sequentiellen Theorie der Informationsaufnahme. 16 Z. Psychologie 185-2
242
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
Die Abbildungen erscheinen phänomenal insgesamt als geometrisch strukturiert und korrelieren mit dem Komplexitätseindruck mit r = .90 bis r = .98. E s wurden die Figuren 3j, 4h, 5x, 6f, 7b, 8m, 9c, 10z, 110 und 12s verwendet. 2.9. Berlyne-Figuren (B-r/B-h): Diese Abbildungen repräsentieren das Prinzip der Regularität der Anordnung von Elementen (B-r) bzw. der Homogenität der Elemente innerhalb einer Anordnung (B-h). E s wurden die von BERLYNE (1971) für jeden der beiden Aspekte aufgeführten je 8 Abbildungen verwendet.
3. Ypn-Stichprobe und Untersuchungsablauf Als Vpn nahmen 219 Oberschüler beiderlei Geschlechts im Alter von etwa 17 bis 19 Jahren an der Untersuchung teil. Die Größe der Klassen schwankte zwischen 10 und 20 Ypn. Untersuchungsort war jeweils ein dosiert verdunkelbarer Raum (Film- oder Zeichensaal). Für die Darbietung der Abbildungen war ein Diaprojektor vorgesehen. Projektionsabstand (etwa 7 m) und damit Projektionsgröße wurden annähernd konstant gehalten. Verdunkelt konnte nur so weit werden, als das Bearbeiten der Skalen dadurch nicht behindert wurde. Die Vpn saßen etwa 6 bis 9 m von der Leinwand entfernt. Bei etwa der Hälfte der Vpn betrug die Expositionszeit 6,5 Sekunden, bei den übrigen Vpn 1,0 Sekunden. Die beiden Teilstichproben konnten später für die Datenaufbereitung hinsichtlich ihrer Präferenz für diejenigen Abbildungen zusammengefaßt werden (siehe oben), die keinem Effekt der Betrachtungszeit unterlagen. An anderer Stelle erfolgt eine detaillierte Beschreibung des Untersuchungsablaufs (WIEDL 1974, 1975) Hier soll lediglich der für das Verständnis des experimentellen Ablaufs notwendige Teil der Instruktion wiedergegeben werden: . . . Sie sollen die Ihnen gezeigten Abbildungen nämlich nach 2 unterschiedlichen Gesichtspunkten bewerten. Einmal danach, wie gut sie Ihnen „gefallen". Dabei geht es darum, festzustellen, wie „ s c h ö n " oder „angenehm" Sie die Abbildungen empfinden. Als zweites sollen Sie die Abbildungen danach beurteilen, wie „interessant" sie Ihnen erscheinen. „Interessant" soll hier bedeuten, daß Sie die Abbildungen gern noch länger oder häufiger ansehen würden, weil Sie nämlich den Eindruck haben, sie noch nicht genügend betrachtet und untersucht zu haben, u m sie wirklich zu kennen . . .
Ergebnisse 1. Präferenzstrukturen Von den 219 untersuchten Vpn konnten 211 für die Datenanalyse herangezogen werden. Es wurde nach dem Hauptkomponentenmodell faktorisiert. Die Kommunalitätenschätzüng erfolgte über R 2 . Rotiert wurde nach dem Varimaxprinzip. Ein wesentliches Kriterium für die Bestimmung der Faktorenzahl war, neben methodisch-statistischen Erwägungen, die psychologische Bedeutsamkeit und Differenziertheit der Faktorlösung (siehe hierzu WIEDL 1974). Im folgenden werden Faktoren der Wohlgefälligkeitspräferenz mit WPF, Interessantheitspräfercnzfaktoren mit I P F abgekürzt.
K. H. WlEDL, Struktur und Persönlichkeitskorrelate von ästhetischer Präferenz
243
1.1. Wohlgefälligkeitspräferenz E s konnten 11 stabile und zugleich inhaltlich sinnvolle F a k t o r e n extrahiert und rotiert werden. Sie erfassen 7 0 , 4 2 % der g e s a m t e n Varianz. Bei der folgenden Darstellung der rotierten F a k t o r e n wird in K l a m m e r n jeweils deren Prozentanteil an der gemeinsamen Varianz aufgeführt. WPF I: Ablehnung geometrisch-regelhafter Zeichnungen unterschiedlicher Komplexität (24,28%); die höchsten Ladungen auf diesem Faktor (.80 bis .72) haben die Figuren der LEESerie. Substantielle Ladungen haben weiterhin die Serien B-h und B-r sowie die BW-Figuren „ruled-simple". Der Faktor repräsentiert somit den Aspekt geometrisch-konstruktivistischer zeichnerischer Elemente mit geraden, kurvenfreien Linien. Er besitzt jedoch keine interne Differenzierung nach a-priori-Komplexitätskriterien. WPF II: Wohlgefallen an symmetrischen und asymmetrischen Polygonen mit hoher Konturdifferenzierung (7,99°/0); ungeachtet der Symmetrieeigenschaften der Abbildungen steht hier das Komplexitätskriterium der Eckenzahl von schwarz-weiß-Polygonen im Vordergrund (MK, VG; Ladungen von .80 bis .64). BIR-Figuren weisen keine substantiellen Ladungen auf. WPF III: Wohlgefallen an Unregelhaftigkeit bei Linienzeichnungen und figuralen Anordnungen (10,48%); höchste Ladungen besitzen hier die komplexen Abbildungen der RdW-Serie (.75 bis .61). Relevant sind weiterhin heterogene (h) und unregelmäßige (r) Figuren der B-Serien. WPF IV: Ablehnung regelhaft-kompakter Figuren mit geringer Konturdifferenzierung (5,36%); dieser Faktor wird durch sehr einfache Abbildungen der Serien VG, BW und BIR gekennzeichnet (.68 bis .40). Die Figuren weisen sich phänomenal durch Geschlossenheit der Kontur und geringe Konturdifferenzierung aus. Sowohl schwarz-weiße (VG, BIR) als auch nur umrißhaft gegebene Polygone (BW) kennzeichnen diesen Faktor. WPF V: Ablehnung von Mosaiken mit starker und schwacher Strukturierung (7,68%); der Faktor wird fast ausschließlich durch Abbildungen vom Typ Mo repräsentiert (.77 bis .62). Am höchsten laden den Faktor das komplexeste und das einfachste Muster dieser Serie. Präferenzkriterium ist hier somit nicht linear aufgefaßte Komplexität sondern eher der Aspekt der richtungsunspezifischen Abweichung von einem Indifferenzwert des Komplexitätskontinuums. WPF VI: Ablehnung einfacher figuraler Anordnungen (5,61%); Kennzeichen für diesen Faktor sind einfache Anordnungen der B-r und B-h-Serien (.72 bis .62). Der Faktor thematisiert somit die Relation unterschiedlicher Elemente einer Anordnung zueinander, wobei Homogenität und Einfachheit im Vordergrund stehen. WPF VII: Ablehnung von Punktmustern mit geringer Elementenzahl (8,36%); bedeutsame Ladungen haben lediglich Abbildungen aus der Serie Pkt (.78 bis .31). Da die höchsten Ladungen auf einfache Punktmuster entfallen, kann eine Tendenz zur Ablehnung von Einfachheit angenommen werden. WPF VIII: Ablehnung vorwiegend asymmetrischer Polygone mit geringer Konturdifferenzierung (13,53%); charakteristisch für diesen Faktor sind wenig komplexe schwarz-weiß-Polygone der Serien VG und BIR (.80 bis .51). Als weiteres gemeinsames Merkmal der hoch ladenden Abbildungen scheint eine starke Penetranz einer oder einiger weniger Ecken vorzuliegen. WPF I X : Ablehnung komplexer Freihandzeichnungen (7,56%); alle den Faktor kennzeichnenden Abbildungen stammen aus der BW-Serie (.74 bis .49). Im Vordergrund stehen die Merkmale der Unregelhaftigkeit, Schattierung und Figur-Grund-Vertauschung, vor allem bei Freihandzeichnungen. WPF X : Wohlgefallen an regelhaften und nicht-regelhaften figuralen Anordnungen (4,76%); hohe Ladungen auf diesem Faktor haben in erster Linie Abbildungen der B-r-Serie (.53, .49). Eine Komplexitätsdifferenzierung liegt nicht vor. Möglicherweise kommt auch liier eine Interpretation im Sinne der richtungsunspezifischen Abweichung vom Indifferenzwert (vgl. oben Faktor V) in Frage. 16*
244
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
W P F X I : Ablehnung symmetrischer Polygone mit geringer Konturdifferenzierung (4,23°/ 0 ); kennzeichnend sind symmetrische hochstrukturierte schwarz-weiß-Polygone mit geringer Konturdifferenzierung aus den Serien B I R und MK.
1.2. Interessantheitspräferenz E s konnten wiederum 11 Faktoren extrahiert und rotiert werden. Sie erklären 69,65% der gesamten Varianz. I P F I : Ablehnung von Komplexität bei geometrisch-regelhaften Zeichnungen (15,49%); die höchsten Ladungen auf diesem Faktor haben auch hier die Abbildungen der Serie L E E (.74 bis .54), weiterhin Abbildungen aus B-r und B-h. Im Unterschied zu W P F I liegt für die LEE-Figuren hier eine eindeutige Komplexitätsdifferenzierung vor: ihre Ladungshöhe korreliert positiv mit ihrer metrisch bestimmten Komplexität. I P F I I : Ablehnung von Komplexität bei Freihandzeichnungen (11,58%); dieser Faktor ist fast identisch mit W P F I X . Er wird vor allem durch die komplexen Abbildungen der BW-Serie gekennzeichnet (.73 bis .56). Komplexe Abbildungen der Serie B-h, B-r und VG laden ebenfalls bedeutsam. I P F I I I : Interesse an mittleren Ausprägungen von Unregelhaftigkeit bei Linienzeichnungen (10,02%); dieser Faktor ist ähnlich dem W P F III. Im Unterschied dazu besitzen hier jedoch mittel komplexe Abbildungen von Zufallswegen (RdW) die höchsten Ladungszahlen (.75, .74). I P F I V : Ablehnung von Punktmustern ohne Komplexitätsdifferenzierung (9.83%); wie oben W P F VII wird dieser Faktor in erster Linie durch Punktmuster charakterisiert (.77 bis .46). Diese sind hier jedoch weniger stark hinsichtlich ihres Komplexitätsgrades differenziert. Unter Umständen liegt eine Tendenz zu mittlerer bis geringer Komplexität vor. I P F V : Interesse für einfache, symmetrisch-regelhafte Polygone (9,09%); charakteristisch sind symmetrische bzw. rotationssymmetrische schwarz-weiß-Polygone der Serien M K und B I R , die geringe Konturdifferenzierung aufweisen (.71 bis .40). Der Faktor ist W P F V I I I ähnlich. I P F V I : Interesse für symmetrische Polygone mit hoher Konturdifferenzierung (5,94%); der Faktor wird eindeutig beschrieben über komplexe schwarz-weiß-Polygone der Serie MIv (.76, .69). Niedrigere Ladungen weisen BIR-Polygone auf. I P F V I I : Ablehnung regelhaft-kompakter Figuren mit geringer Konturdifferenzierung (7,34%); dieser Faktor ist fast identisch mit obigem W P F IV (Geschlossenheit der Kontur, geringe Konturdifferenzierung, schwarz-weiße und lediglich umrißhaft gegebene Polygone; Ladungszahlen von .65 bis .41). I P F V I I I : Ablehnung von Mosaiken mit starker und schwacher interner Strukturierung (9,05%); auch dieser Faktor repliziert einen der obigen W P F m (V) und thematisiert den Aspekt der richtungsunspezifischen Abweichung vom Indifferenzwert bei Mosaiken (.74 bis .55). I P F I X : Ablehnung von Polygonen mit geringer Konturdifferenzierung (5,36%); der Faktor beschreibt den Aspekt des generalisierten Desinteresses gegenüber schwarz-weiß-Polygonen (MK, VG, B I R ; .57 bis .37). Er ist W P F X I ähnlich. I P F X : Ablehnung homogen-regelhafter figuraler Anordnungen und Linienzeichnungen (11,66%); der Faktor repräsentiert den Gesichtspunkt der Einfachheit und Überschaubarkeit bei geometrisch angelegten Linienzeichnungen vom Typ B-r, B-h, L E E und B W (.67 bis .54). Er ist W P F IV relativ ähnlich. I P F X I : Interesse für Polygone und geometrische Zeichnungen mit hoher Kontur- und Strukturdifferenzierung (4,64%); der Faktor repräsentiert generalisiertes Interesse für komplexe Polygone und Zeichnungen (MK, VG, L E E ; .57 bis .31). Er ist W P F II ähnlich.
K. H. WIEDL, Struktur und Persönlichkeitskorrelate von ästhetischer Präferenz
245
1.3. Diskussion
Die faktorenanalytische Aufbereitung der Präferenzratings bestätigt im wesentlichen die oben vorgetragenen Erwartungen. Präferenz für visuelle Komplexität ist nicht als homogen, sondern vielmehr als mehrfaktoriell aufgegliederte Präferenzstruktur aufzufassen. Es zeigt sich, daß visuelle Komplexität bzw. Einfachheit — aspekthaft differenziert — sowohl präferiert als auch abgelehnt wird (vgl. z. B. WPFn II, I X ; IPFn V, VI). Einige Präferenzfaktoren sind vorwiegend durch spezifische Operationalisierungsformen gekennzeichnet, ohne jedoch komplexitätsspezifische Differenzierungen aufzuweisen (WPF I, I P E IV). Andere Faktoren sind ebenfalls spezifisch für bestimmte Operationalisierungsformen, zeigen jedoch eine interne Akzentuierung der Komplexitätsdimension (vgl. z. B. W P F II, I P F V). Andere Präferenzdimensionen repräsentieren schließlich Komplexitätsaspekte, die über unterschiedliche Operationalisierungsformen hinweg generalisierbar sind (z. B. W P F IV, I P F X I ) . Innerhalb der komplexitätsspezifischen Präferenzfaktoren scheinen mindestens 2 Formen von Präferenz-Komplexitätsbeziehungen vorzuliegen (zu diesem Problem siehe vor allem SMETS 1972, WALKER 1973): Während die meisten dieser Faktoren (positive oder negative) lineare Komplexitäts-Präferenzfunktionen nahelegen (vgl. z. B. WPFn II, IV; IPFn V, XI), scheinen andere Faktoren WPFn V, X ; I P F VIII) eher einen Zusammenhang im Siniie der Adaptationstheorie und der daraus abgeleiteten Schmetterlingsfunktion anzuzeigen (vgl. SCHÖNPFLUG 1970, HELSON 1973). Nach jenem Modell werden diejenigen Objekte präferiert, die vom Indifferenzwert des Komplexitätskontinuums optimal abweichen. Die Bichtung der Abweichung ist irrelevant. Ein Vergleich der beiden Präferenzstrukturen zeigt schließlich, daß die Muster der Wohlgefälligkeits- und Interessantheitspräferenz über 6 sehr ähnliche oder identische Faktoren verfügen. Die beiden Modi ästhetischer Präferenz zeigen somit Überlappungen, sind jedoch nicht identisch. Dieser Sachverhalt stützt die von BERLYNE (vgl. z. B. 1973) formulierten Annahmen zu einer in Abhängigkeit von spezifischen figuralen Merkmalen gegebenen Uberschneidung der beiden Konzepte. Die berichteten Ergebnisse zeigen insgesamt, daß der hier gewählte multivariate und unterschiedliche Präferenzmodi verwendende Ansatz eine umfassendere und damit wohl auch Bedingungen und Merkmalen biotischen Wahrnehmens und Verhaltens angemessenere Erfassung der interessierenden Variablen gestattet. Die ermittelten Präferenzmuster sind allerdings, wie oben bereits postuliert, nicht mehr als „Präferenz für visuelle Komplexität" sondern als Dimensionen der Präferenz gegenüber Objekten unterschiedlicher vorgegebener metrischer Komplexität aufzufassen. Sie abstrahieren die ästhetisch relevanten Merkmale der verschiedenen Komplexitätsserien. Die weitere Aufklärung solcher Präferenzstrukturen sollte vor allem in experimentellen Untersuchungen und unter Einbeziehung von wahrnehmungs- und kodierungspsychologischen Ansätzen (vgl. LETZRING 1972, DÖRNER und VEHRS 1974) erfolgen.
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
246
2. Die Ergebnisse der kanonischen Korrelationsanalysen und angeschlossener Verfahren Der Umfang der Ergebnisse gestattet es auch hier nicht, alle einschlägigen Tabellen darzustellen. Im folgenden werden nur die Ladungsmatrizen der Variablengruppen auf den kanonischen Faktoren und die relevanten Faktorstrukturkoeffizienten dargestellt. 2.1. Wohlkeitspräferenz Nur eine kanonische Merkmalsverbindung (U1V1) erwies sich als signifikant (Rk=.52,
^ 2 = 6 2 , 5 8 , df= 2 8 , p < . 0 0 1 ) .
Tabelle I. Ladungsmatrix der Variablengruppe A (16 PF/VMF) für den ersten kanonischen Vektor Persönlichkeitsvariable
UI
Persönlichkeitsvariable
A C E F G H I
Zyklothymie Emotionale Integration Dominanz Überschwenglichkeit Willenskontrolle Soziale Initiative Feinfühligkeit
-.006 .326 .397 .120 -.287 .181 .132
N 0 QI Q2 QA Q4 VMa
L
Argwohn
-.374
VM t
.429
VM 2
M Unkonventionalität
Gesellschaftliches Geschick Furchtsamkeit Radikalismus Eigenständigkeit Selbstkontrolle Spannung Variationsmotivation (allgemein) Variationsmotivation (aktiv) Variationsmotivation (passiv)
UI -.133 .019 .337 .050 .138 .071 .527 .098 .003
Faktor U l : Die höchsten Ladungen besitzt hier VMF a (generalisierte VM) Substantielle Ladungen haben auch M (Unkonventionalität, pos.), L (Argwohn, neg.), E (Dominanz, pos.), Q1 (Radikalismus, pos.) sowie C (emotionale Integration, pos.) VM a , M und Q i implizieren die Tendenz, extreme bzw. von der Norm abweichende Situationskontexte und Verhaltensweisen zu präferieren. E, L und C umschreiben die Aspekte der Durchsetzungsbereitschaft bezüglich persönlicher Ziele sowie der gelungenen Affektkontrolle und emotionalen Stabilität. Eine Interpretation im Sinne von Unkonventionalität und Egozentrizität (VMF a , M, E, Q t ) bei gleichzeitiger emotionaler Integration und Stabilität (G) liegt nahe. Faktor VI : Wohlgefallen an regelhaft-kompakten Figuren mit geringer Konturdifferenzierung (IV) korreliert am höchsten mit diesem Faktor. Niedrigere, jedoch bedeutsame Ladungen haben die Präferenzvariablen III (Präferenz für Unregelmäßigkeit bei Linienzeichnungen) sowie VII (Ablehnung von Punktmustern mit geringer Eckenzahl). Am ehesten ist eine Interpretation als „différentielles Wohlge-
K. H. WiEDL, Struktur und Persönlichkeitskorrelate von ästhetischer Präferenz
247
Tabelle II. Ladungsmatrix der Variablengruppe B (Präferenzvariable) für den ersten kanonischen Vektor. Wohlgefallen bedeutet +, Ablehnung bedeutet — Präferenzvariable
Vi
Geometrisch-regelhafte Zeichnungen unterschiedlicher Komplexität (Regelhaftigkeit)
.023
+
Symmetrische und asymmetrische Polygone mit hohen Kontur differenzierungen
.272
III
+
Unregelmäßigkeit bei Linienzeichnungen und figuralen Anordnungen
.366
IV
—
V
-
VI
-
Einfache figurale Anordnungen
.017
VII
-
Punktmuster mit geringer Elementenzahl
.336
VIII
—
Vorwiegend asymmetrische Polygone mit geringer Konturdifferenzierung
.006
I
—
II
Regelhaft-kompakte Figuren mit geringer Kontur differenzierung
-.747
Mosaike mit starker und schwacher interner Strukturierung
-.137
IX
-
Komplexe Freihandzeichnungen
X
+
Regelhafte vs. nicht-regelhafte figurale Anordnungen
.231
XI
—
Symmetrische Polygone mit geringer Konturdifferenzierung
.199
-.076
fallen an einfachen und komplexen Abbildungen vs. Ablehnung spezifischer Einfachheitsaspekte" angemessen. Die aus Gründen einer differenzierten Interpretation angeschlossene Analyse der Beziehungen einzelner Präferenzvariablen zum vorliegenden Satz von Persönlichkeitsvariablen erbrachte nur für WPF IV ein signifikantes Ergebnis (R = A2, p = .002). In Tabelle V werden die daraus ermittelten Faktorstrukturkoeffizienten aufgeführt, die einen Betrag von .30 überschreiten. Tabelle III. Bedeutsame Faktorstrukturkoeffizienten der Tempe' ramentsvariablen für WPF IV C
L
M
Qi
-.41
.49
-.42
-.36
VMa -.37
Nach Multiplikation mit ( — 1) zeigt sich, daß zur Beziehung zwischen Präferenz für regelhaft-kompakte Figuren mit geringer Konturdifferenzierung und Persönlichkeit die Variablen „geringer Argwohn" (L), „hohe Unkonventionalität" (M), „emotionale Integration" (C), „generalisierte Variationsmotivation" (VMFa) und
248
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
„Radikalismus" (Q t ) den stärksten Beitrag leisten. Für die Betrachtung der kanonischen Merkmalsverbindung ist daraus zu folgern, daß die dort ebenfalls gegebene Komplexitätspräferenz und Simplizitätsablehnung ( W P F n III, VII) vermutlich durch die Ergänzung des in Tabelle V dargestellten Variablensystems durch E (Dominanzstreben), einen der Primärfaktoren des Extraversionsbereichs, vermittelt wird. Der Schnittpunkt der Kombination von Persönlichkeitsvariablen, die sich mit Orientierung auf diese sowohl Wohlgefallens- als auch Ablehnungsaspekte umfassende Konfiguration ästhetischer Präferenz ergibt, wird am besten durch die positiv ladende VMF a -Skala beschrieben. Die kanonische Merkmalsverbindung U1V1 kann somit wohl am ehesten als generelle Umweltaufgeschlossenheit aufgefaßt werden, die sich einerseits in differenzierender Präferenz für unterschiedliche Komplexitäts- bzw. Einfachheitsaspekte, andererseits in den genannten Konfigutationen von Persönlichkeitsvafiablen der Unkonventionalität und Egozentrizitär bei gegebener emotionaler Integration und Stabilität manifestiert. 2.2. Interessantheitspräferenz Es ergeben sich drei signifikante kanonische Merkmalsverbindungen ( R k i = . 5 2 , d f = 2 8 , p = .001; R k 2 = -43, r = 3 9 , 3 0 , d f = 2 6 , p = .048; R k 3 = A 2 , X 2 = 3 8 , i ß , d f = 2 4 , p = .036). Die erste kanonische Merkmalsverbindung W1Z1 (Pers./IPFn): F a k t o r W l : Dieser Faktor hat bedeutsame negative Ladungen in A (Zyklothymie), H (soziale Initiative), F (Uberschwenglichkeit), VMF t und VMF 2 (intern und extern X 1 =62,58,
Tabelle IV. Ladungsmatrix der Variablengruppe A (16 PF/VMF) für die ersten drei kanonischen Vektoren Persönlichkeitsvariable A C E F G H I L M
'
Zyklothymie Emotionale Integration Dominanz Überschwenglichkeit Willenskontrolle Soziale Initiative Feinfühligkeit Argwohn Unkonventionalität N Gesellschaftliches Geschick 0 Furchtsamkeit Radikalismus QI Eigenständigkeit Q2 Selbstkontrolle Q3 Spannung Q4 VMa Variationsmotivation (allgemein) VMj Variationsmotivation (aktiv) VM 2 Variationsmotivation (passiv)
wt
w2
-.470 .036 .049 -.435 -.170 -.467 .158 -.090 .272 -.163 -.024 -.091 .392 .220 -.202 .154 -.305 -.376
-.130 .274 -.427 -.236 .554 -.186 -.132 -.097 -.433 .064 -.165 -.197 .308 .275 -.282 -.623 -.551 -.342
w3 -.108 .463 .327 .008 -.282 .215 -.433 -.386 -.214 -.322 -.527 -.078 -.011 .145 -.255 .083 .264 .159
K. H. WlEDL, Struktur und Persönlichkeitskorrelate von ästhetischer Präferenz
249
Tabelle V. Ladungsmatrix der Variablengruppe B (Präferenzvariable) für die ersten drei kanonischen Vektoren. Interesse bedeutet + , Ablehnung bedeutet — Präferenzvariable I II III IV V VI VII VIII IX X XI
—
—
+ —
+ + —
—
—
-
+
Komplexität bei geometrischregelhaften Zeichnungen
Zi
z2
z3
-.146
.247
-.068
Komplexität bei Freihandzeichnungen
.127
.508
.109
Mittlere Ausprägungen von Unregelhaftigkeit vei Linienzeichnungen
.533
-.369
-.287
Punktmuster ohne Komplexitätsdifferenzierung
.426
.112
.153
Einfache, symmetrisch-regelhafte Polygone
.117
.166
-.091
Symmetrische Polygone mit starker Kontur differenzierung
.008
-.176
.702
-.235
.526
-.079
Mosaike mit starker und schwacher interner Struktur
.170
-.074
.401
Polygone mit geringer Konturdifferenzierung
.540
.336
-.019
Homogen-regelhafte figurale Anordnungen und Linienzeichnungen
.025
.141
-.357
-.134
-.345
-.312
Regelhaft-kompakte Figuren von geringer Konturdifferenzierung
Polygone und geometrische Zeichnungen mit hoher Kontur- und Strukturdifferenzierung
orientierte VM) sowie eine positive Ladung bei Q2 (Eigenständigkeit). Mit Ausnahme von E (Dominanzstreben) sind alle Primärdimensionen des Extraversionsbereichs repräsentiert, so daß der kanonische Faktor eindeutig als sekundärer Introversionsfaktor interpretiert werden kann. Diese Konfiguration wird ergänzt durch die Tendenz, nur geringe Beträge an variierender Stimulation zu präferieren. Faktor ZI: Charakteristische Ladungen weisen hier die IPFn III (mittlere Ausprägungen von Unregelhaftigkeit bei Linienzeichnungen, Präferenz), IX (Polygone mit geringer Konturdifferenzierung, Ablehnung) und IV (Punktmuster ohne Komplexitätsdifferenzierung, Ablehnung) auf. Der Faktor repräsentiert somit Interesse für mittlere Grade von Komplexität und Ablehnung von Simplizität. Die zweite kanonische Merkmalsverbindung W2Z2 (Pers./IPFn): Faktor W2: Diesen Faktor kennzeichnen die 16-PF-Faktoren G (Willenskontrolle, pos.), C (emotionale Integration, neg.), M (Unkonventionalität, neg.) sowie Q2
250
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
(Eigenständigkeit, pos.). Die höchsten Ladungen weisen VMF a und VMFj auf (generalisierte und extern orientierte VM, neg.). VMF 2 (externe VM) lädt ebenfalls negativ. Das heterogene Ladungsbild kann am ehesten als „zwanghaft-pedantische Neurosetendenz" aufgefaßt werden, die insbesondere durch geringes Bedürfnis nach variierender Stimulation gekennzeichnet ist. Faktor Z2: Hier haben die Präferenzfaktoren VII (Einfachheit bei symmetrischregelhaften Polygonen), II (Komplexität bei Freihandzeichnungen), III (mittlere Ausprägung von Komplexität bei Linienzeichnungen), XI (Polygone und geometrische Zeichnungen von hoher Kontur- und Strukturdifferenzierung) und IX (Polygone mit geringer Konturdifferenzierung) bedeutsame Ladungen, die jeweils als Ablehnung bzw. Desinteresse zu interpretieren sind. Der Fvktor umschreibt somit generalisiertes Desinteresse an den dargebotenen Objekten, ungeachtet der visuellen Komplexität oder weiterer ästhetisch relevanter Merkmale. Die dritte kanonische Merkmalsverbindung W3Z3 (Pers./IPFn): Faktor W3: Bedeutsame Ladungen haben 0 (Furchtsamkeit, neg.), C (emotionale Integration, pos.), E (Dominanzstreben, pos.), I (Feinfühligkeit, neg.) und L (Argwohn, neg.). 0 , C und L sind Primärfaktoren des Neurotizismusbereichs. Der kanonische Faktor kann somit als sekundärer Neurotizismusfaktor im Sinne Cattells aufgefaßt werden. I (neg.) und E (pos.) ergänzen diesen Persönlichkeitszug der geringen Ausprägung von Neurotizismus in Richtung auf emotionale Robustheit und Durchsetzungsstreben. Faktor Z3: Der Präferenzpol dieses Faktors wird besonders durch Interesse für symmetrische Polygone mit starker Konturdifferenzierung (VI), weniger stark ausgeprägt auch für homogen-regelhafte figurale Anordnungen und Linienzeichnungen (X) charakterisiert. Ablehnung umfaßt vor allem Faktor VIII (Mosaike mit starker und schwacher interner Struktur), daneben auch XI (Polygone und geometrische Zeichnungen mit hoher Kontur- bzw. Strukturdifferenzierung). Hervortretend ist der Aspekt der Komplexität bei gleichzeitiger Strukturiertheit als Korrelat ästhetischen Interesses. Ablehnung bzw. Desinteresse wird am ehesten durch den Gesichtspunkt der richtungsunspezifischen Abweichung vom Indifferenzwert (VIII) Tabelle VI. Bedeutsame Faktorstrukturkoeffizienten der Temperamentsvariablen für IPF III F -.31
H
M
0
-.32
.41
.34
VMa .37
gekennzeichnet. Der Faktor scheint somit 2 unterschiedliche Präferenzmodelle zu repräsentieren: auf seinem Präferenzpol das der positiv linearen oder kurvilinearen Beziehung von Interesse und Komplexität, auf seinem Ablehnungspol den Aspekt der negativen Beziehung von Interesse und Abweichung vom Indifferenzwert des Komplexitätskontinuums. Die wiederum angeschlossenen Zusatzberechnungen ergaben für die Interessant-
K. H. WIEDL, Struktur und Persönlich keitskorrelate von ästhetischer Präferenz
251
heitspräferenzfaktoren III (R — AO, p = .008) und IX (R = .38, p = .03) signifikante multiple Korrelationskoeffizienten. Zur Beziehung von Interesse für mittlere Ausprägungen von Unregelhaftigkeit bei Linienzeichnungen und den Persönlichkeitsvariablen leisten somit die Introversionsaspekte F (Überschwenglichkeit, neg.) und H (soziale Initiative, neg.) weiterhin Unkonventionalität (M) und Variationsmotivation (VMF a ) sowie Furchtlosigkeit (0) einen relativ hohen Beitrag. Tabelle VII. Bedeutsame Faktorstrukturkoeffizienten der Temperamentsvariablen für IPF I X A
E
H
I
QI
-.42
-.30
-.33
-.32
-.39
Q2
.53
VMT
VM 2
-.34
-.39
Für das Zustandekommen der Beziehung von Persönlichkeitsvariablen zu Ablehnung von Polygonen mit geringer Strukturdifferenzierung leisten die Introversionsaspekte A (Zyklothymie), E (Dominanz), H (soziale Initiative) und Q2 (Eigenständigkeit) einen positiv gewichteten bedeutsamen Beitrag, während Feinfühligkeit (I), Radikalität (Ql) und die inputspezifischen Varianten von VM (VMFj, VMF 2 ) mit negativen Vorzeichen in die Korrelation eingehen. Die nochmalige Betrachtung der kanonischen Merkmalsverbindung läßt die folgenden Ergänzungen zu: Die kanonische Merkmalsverbindung W1Z1 beschreibt die Beziehung zwischen der Dimension Extraversion-Introversion und Variablen des ästhetischen Interesses. Durch Einbeziehung der Analyse der Faktorstrukturkoeffizienten wird nahegelegt, daß in Interaktion mit unterschiedlichen Komplexitätsaspekten unterschiedliche Introversionsaspekte relevant werden. Während für den Aspekt des Interesses für mittelkomplexe Linienzeichnungen (III) innerhalb des genannten Präferenzmusters die Dimensionen F und H, allerdings mit nur geringem Gewicht, bedeutsam sind, stehen für den Aspekt der Ablehnung einfacher schwarz-weiß-Polygone die Extraversionsprimärfaktoren A und Q2 stärker im Vordergrund. Die Ergebnisse zeigen somit, daß bei Vorgabe einer umfassenden Stichprobe von Beurteilungsgegenständen der Zusammenhang zwischen Introversion und Komplexitätspräferenz als ein relativ heterogenes Beziehungsnetz zu sehen ist. Bei isolierter Betrachtung einzelner Variablen des ästhetischen Interesses scheint hingegen IPF IX am besten geeignet, Merkmale der introvertierten Persönlichkeit für die vorliegende Form der ästhetischen Zuwendung relevant werden zu lassen. Ein ähnlich komplexer Zusammenhang scheint auch dem Beitrag der VMF-Skalen zu dieser Merkmalsverbindung zugrunde zu liegen. So korreliert VMF a positiv mit Interesse für mittlere Komplexität (IPF III), VMF 4 und VMF 2 negativ mit Ablehnung von Einfachheit (IPF IX). Die Bedeutung der mit der kanonischen Merkmalsverbindung W1Z1 konfundierten VM-Variablen wird deutlich bei der Betrachtung der Merkmalsverbindung W2Z2. Diese durch generelles Desinteresse gegenüber unterschiedlichen Abbildungsformen sowie zwanghaft-pedantische Neurosetendenz
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Z. Psycho!. Bd. 185 (1977) H. 2
gekennzeichnete Merkmalsverbindung beschreibt ein Syndrom negativistischer Umweltbeziehung. Dieses hat im System der Persönlichkeitsvariablen die höchste Ladung im VMF a . Die offenbar vorliegende negative Beziehung zwischen VM und Desinteresse für unterschiedliche neue Stimulationen, wie sie unsere Abbildungen darstellen, kann auch zur Interpretation der negativen Ladungen der VMFi und VMF 2 -Skala auf der ersten kanonischen Merkmalsverbindung sowie der negativ gewichteten Faktorstrukturkoeffizienten für I P F I X und der Ausgangskorrelationen herangezogen werden: VMF 4 scheint mit Ablehnungstendenzen generell negativ in Beziehung zu stehen und konsistent Umweltinteresse zu vermitteln. Für die Merkmalsverbindung W3Z3 kann in Anbetracht fehlender Zusatzinformationen über signifikante Faktorstrukturkoeffizienten keine differenzierende Aussage gemacht werden. W3Z3 beschreibt das mit der Neurotizismusdimension verbundene Muster ästhetischen Interesses. Personen mit niedrigen Ausprägungen der einzelnen N-Varianten tendieren zu Präferenz von Objekten, die zugleich komplex und strukturiert sind. Sie lehnen Abbildungen ab, die vom Indifferenzwert des Komplexitätskontinuums abweichen. Diskussion In den folgenden Überlegungen soll auf die persönlichkeitstheoretische Relevanz des Yerhaltensbereichs „Präferenz für visuelle Komplexität", auf hiermit zusammenhängende Möglichkeiten der persönlichkeitspsychologischen Konstruktbildung sowie auf Implikationen für eine Theorie ästhetischer Präferenz eingegangen werden, die sich aus den dargestellten Ergebnissen ableiten lassen. Die in der kanonischen Korrelationsanalyse ermittelten Linearkombinationen von Präferenzdimensionen sind in der Mehrzahl nicht einsinnig auf der Komplexitäts-Simplizitäts-Dimension beschreibbar, sondern stellen heterogene Systeme spezifischer Formen von Präferenz und Ablehnung dar. Isoliert erfaßte Aspekte von Präferenz für — im Sinne von a-priori-Definitionen verstandener — visueller Komplexität weisen in einigen Fällen Beziehungen zu Persönlichkeitsvariablen auf. An der persönlichkeitspsychologischen Relevanz einzelner Komplexität^präferenzvariablen kann daher nicht gezweifelt werden. Allerdings zeigt vor allem die — hier nicht mitgeteilt — Inspektion der Matrizen der Ausgangskorrelationen ebenfalls das in der Literatur vorliegende heterogene Zustandsbild. Dies läßt Zweifel aufkommen, ob die Komplexitätsvariable für differentialpsychologisch-charakterologisch angelegte Analysen ästhetischer Präferenz hinreichend integrativ ist. Offenbar sind auf einer begrifflich höheren Ebene angesiedelte Beschreibungskategorien eher geeignet, die komplexen Zusammenhänge abzubilden. Für die Entwicklung solcher Kategorien können die ermittelten kanonischen Faktoren Hinweise geben. Danach wären Merkmale wie Generalität der Präferenz bzw. Ablehnung, die inhaltliche Differenzierung der Präferenz über verschiedene Merkmalskategorien, die subjektive Verfügbarkeit unterschiedlicher Präferenzmodelle usw. von Bedeutung. Der Stellenwert einzelner Komplexitätsaspekte wäre innerhalb solcher relativ allgemeiner Konzepte neu zu bestimmen.
K. H. WTEDL, Struktur und Persönlichkeilskorrelate von ästhetischer Präferenz
253
Weiterhin kann für künftige persönlichkeitspsychologische Forschung im Bereich ästhetischer Präferenzen der eher technische Hinweis gegeben werden, daß der Modus der Interessantheitspräferenz für die vorliegende Materialklasse offenbar ergiebiger ist als der Wohlgefälligkeitsmodus. Die Unterschiedlichkeit der aufgefundenen Zusammenhangsstrukturen für Wohlgefallen und Interesse stützt außerdem die Vermutung, daß die divergenten Ergebnisse einer Reihe von empirischen Studien unter Umständen auch durch mangelnde Präzisierung und Kontrolle des Präferenzmodus zu erklären sind. Weiterhin zeigt die Tatsache, daß auf allen kanonischen Präferenzfaktoren schwarz-weiß-Polygone höchste oder hohe Ladungen besitzen, daß für die Analyse von Präferenz-Temperamentsbeziehungen den Polygonserien vermutlich besondere Bedeutung zukommt. Dies gilt, obgleich die betreffenden Präferenzfaktoren nur vergleichsweise geringe Varianzbeträge aufweisen. Die Betrachtung der auf den kanonischen Variaten bedeutsam ladenden Persönlichkeitsvariablen zeigt für Wohlgefälligkeitspräferenz, daß die klassischen Persönlichkeitsfaktoren Extraversion und Neurotizismus für den untersuchten Verhaltensbereich keine Relevanz besitzen. Für Interessantheitspräferenz zeigt sich hingegen, daß Introversionsneigung mit der Tendenz in Beziehung steht, spezifische Aspekte visueller Komplexität zu präferieren und (andere) Aspekte visueller Einfachheit abzulehnen. Die unabhängigen Dimensionen der Präferenz und Ablehnung sind — isoliert betrachtet — durch unterschiedliche figúrale Merkmale gekennzeichnet und korrelieren mit unterschiedlichen Primärkomponenten des Extraversionsbereichs. Der vorliegende persönlichkeitstheoretische Zusammenhang ist somit nur eindeutig in seiner Relativierung durch Aspekte der multivariaten Präferenzstruktur, der vorgegebenen Präferenzmodi sowie einzelner Primärfaktoren des Extraversionsbereichs. 3 Für den Persönlichkeitsbereich Neurotizismus kann eines der ermittelten kanonischen Varíate im Sinne eines sekundären Neurotizismusfaktors interpretiert werden. In der Tendenz scheint hier die Gesetzmäßigkeit einer Präferenz für (strukturierte) Komplexität und Ablehnung von Extremvarianten des Komplexitätskontinuums bei geringer Ausprägung der verschiedenen Neurosekomponenten vorzuliegen. Neben dieser auf dem kanonischen Variat charakterologisch relativ homogen abgebildeten Persönlichkeitsdimension scheinen Primäraspekte emotionaler Anpassung im Kontext weiterer Variablen ebenfalls für den Bereich ästhetischer Präferenz relevant, die Beziehungen sind jedoch nicht einsinnig. Sie sind zudem vergleichsweise wenig gewichtig. Die oben gemachte Einschränkung bezüglich der Bedeutung des Extraversionskonzeptes muß somit auch hier gemacht werden. Da die Primärfaktoren von N mit „der Intensität und Kontrolle emotionaler Reaktionen" zusammenhängen sollen (PAWLIK 1968, S. 380), ist das auf der Ebene der kanonischen Varíate aufgetretene Ergebnis einer geringeren Präferenz für komplexe und daher stärker stimulierende Reize bei Personen mit hohen Neurose 3 Ein anderer Zusammenhang scheint für Extraversionsprimärfaktor E vorzuliegen. Hier korreliert Wohlgefälligkeitspräferenz, vor allem bei komplexen Linien und Punktmustern, mit Extraversionsneigung (WPFn I I I , V I I , X). Dieses Ergebnis wird an dieser Stelle jedoch nicht
weiter verfolgt (vgl. WLEDL 1974).
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werten plausibel. Daß dieses Ergebnis jedoch weiter zu differenzieren und analysieren ist, geht aus der Heterogenität der übrigen Befunde hervor. Das für den Extraversionsbereich vorgefundene Hauptergebnis eines erhöhten Interesses Introvertierter für visuelle Komplexität widerspricht jedoch theoretischen Annahmen, wonach diese Personen auf Grund ihres habituell erhöhten Aktivationsniveaus niedrigere Komplexitätswerte präferieren sollten (vgl. EYSENCK 1967). Hinweise auf einen Zusammenhang wie dem in vorliegender Arbeit berichteten finden sich hingegen bei BERLYNE (1971). Danach soll Evidenz dafür bestehen, daß Introvertierte auf komplexe Reizmuster stärker als Extravertierte mit explorativ-kognitiven Aktivitäten reagieren. Den unterschiedlichen Einfluß kognitiver Variablen bei Extraversión und Introversion haben auch Befunde von BRYSON und DRIVER (1973) nahegelegt. Künftige Forschung sollte derartige in Interaktion mit Temperamentsvariablen stehende kognitive Variablen mit einschließen. Insgesamt scheinen die beiden klassischen Temperamentsdimensionen nur einen begrenzten, durch vielfältige Moderatoren relativierten Beitrag leisten zu können. Hinweise auf ergänzende, für den vorliegenden Verhaltensbereich relevante Konstrukte lassen sich aus je einer kanonischen Merkmalsverbindung pro Präferenzmodus gewinnen. Es sind dies ein als „allgemeine Umweltaufgeschlossenheit" bezeichneter Faktor, der mit differenziertem Wohlgefallen gegenüber Objekten variierender Komplexität in Zusammenhang steht, sowie der Faktor eines „zwanghaft-pedantischen Neurotizismus", der mit generalisiertem Desinteresse an unterschiedlichen Abbildungen ungeachtet ihrer jeweiligen figuralen Merkmale einhergeht. Auf der Präferenzseite dieser Merkmalsverbindungen liegen jeweils Muster vor, die im Sinne der oben geforderten allgemeinen, über das Komplexitätskonzept hinausgehenden Beschreibungskategorien zu sehen sind. Die beiden Persönlichkeitssysteme innerhalb dieser Zusammenhangsstrukturen werden jeweils am stärksten durch die VMF-Skalen markiert. Die zuletzt angestellten Überlegungen erhellen auch die Bedeutung des VMKonzeptes: Während Introversionsneigung (wenngleich theoriekonträr) mit Interesse für Komplexität korreliert und Neurotizismus zumindest in der Tendenz die erwartete Beziehung zu Interesse für Einfachheit aufweist, scheint Variationsmotivation spezifische Richtungen der Präferenz nicht vorzuschreiben. Bei hoher Ausprägung von VM ist differenziertes Wohlgefallen an komplexen wie einfachen figuralen Strukturen möglich, bei geringer Variationsmotivation werden hingegen unterschiedliche figúrale Aspekte in nicht-differenzierender Weise abgelehnt bzw. mit Desinteresse bedacht. Die vorgestellten Ergebnisse haben insgesamt gezeigt, daß — für jeden der vorgegebenen Präferenzmodi in anderer Weise — in Abhängigkeit von je unterschiedlichen Aspekten der figuralen Struktur je unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale als Korrelate relevant werden. Vorliegende Ansätze, die versuchen, aus wenigen motivations-
und
aktivationstheoretischen
(vgl. BERLYNE
1967) oder kognitionspsychologischen G r u n d a n n a h m e n
1960,
1971,
(MTJNSINGER u n d
EYSENCK KESSEN
1964, WALKER 1964, 1970) interindividuelle Differenzen ästhetischer Präferenz
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255
abzuleiten, müssen daher als zu eng angesehen werden. Die evident gewordene Interdependenz der auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelten Bedingungsgrößen läßt einen systemtheoretischen Ansatz (HALL und FAGEN 1968) als adäquater erscheinen. Dieser sollte eher in der Lage sein, die komplexen Interaktionen zwischen psychologisch mehrdimensionaler figuraler Merkmalsstruktur und mehrdimensionaler Persönlichkeitsstruktur bei unterschiedlichen Formen ästhetischer Präferenz zu klären. Zusammenfassung E s wird postuliert, daß a) ästhetische Präferenz nach unterschiedlichen Modalitäten differenziert werden muß, b) jede der unterschiedlichen Modalitäten von ästhetischer Präferenz für visuelle Komplexität am adäquatesten über einen multivariaten Ansatz beschreibbar ist und c) mit diesem Verhaltensbereich assoziierte Persönlichkeitsmerkmale noch weitgehend unbekannt und daher erst empirisch-synthetisch zu konzipieren sind. Präferenzobjekte waren 80 Abbildungen, die unterschiedliche Ausprägungsgrade und Formen visueller Komplexität darstellten. Sie wurden nach den Modalitäten „Wohlgefälligkeit" und „Interessantheit" beurteilt. Zur Messung von Persönlichkeitsvariablen wurden der 16 P F und der Yariationsmotivationsfragebogen (VMF) gegeben. Aus den Präferenzurteilen wurde faktoriell pro Modalität je eine 11-dimensionale Präferenzstruktur ermittelt. Beide Strukturen reflektieren die Mehrdimensionalität ästhetisch relevanter Merkmale unterschiedlich komplexer Figuren und geben Hinweise auf unterschiedliche Komplexitäts-Präferenzfunktionen. Zur Kennzeichnung der Vpn wurden Faktorscores berechnet. Mit Hilfe kanonischer Korrelationsanalysen und Regressionsanalysen lassen sich für ästhetisches Wohlgefallen eine, für ästhetisches Interesse drei signifikante Zusammenhangsstrukturen ermitteln. Sie zeigen persönlichkeitstheoretisch relevante, durch figurale Merkmale beschreibbare Muster von ästhetischer Präferenz für visuelle Komplexität einerseits und für die Erklärung ästhetischer Präferenzen bedeutsame Konstellationen von Persönlichkeitsvariablen andererseits.
Summary It is proposed that a) different modes of esthetic preference have to be differentiated, b) the modes of esthetic preference for visual complexity can be most accurately delineated with multivariate methods, and c) possibly associated personality variables are widely unknown and therefore should be conceived by means of empirical-synthetic analysis. 80 slides representing different types and degrees of visual complexity were judged for their pleasingness and interestingness. The 16 P F and the V M F (a stimulus variation preference scale) were given to measure personality variables. For each mode of preference, a factorial preference pattern, containing 11 dimensions, was computed. Both structures show the proposed multivariate nature of their esthetically relevant stimulus characteristics, and indicate different types of complexity preference functions. Factor scores are computed for measures of individual preference. B y means of canonical correlation analysis and additional regression techniques, one correlational structure can be found for esthetic pleasure, and three for esthetic interest. These structures yield figural patterns of preference for visual complexity which are of interest in general personality theory, and constellations of personality variables which are relevant for psychological esthetics.
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Anschrift des Verfassers: Dr. KARL HEINZ WIBDL
Fachbereich I der Universität Trier D — 5500 Trier, Schneidershof
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Aus der Sektion Psychologie der Humboldt-Universität zu Berlin, Bereich Grundlagen der Psychologie
Skalierungsmodelle in der Psychodiagnostik V o n B . KRAUSE
Mit 6 Abbildungen
1. Aufgabenstellung der Psychodiagnostik und Stellung der Skalierung in einem psychodiagnostischen Verfahren Für das Anliegen unseres Beitrages wollen wir uns, natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit, darüber einigen, was wir allgemein von der Psychodiagnostik erwarten, d. h. was ihr Gegenstandsgebiet ist und worin ihre Aufgabenstellungen bestehen. Als Grundlage der Diskussion dieser Fragestellung kann eine Definition gelten, wie sie von PAWLIK [27] gegeben wurde. „Die traditionelle psychologische Diagnostik versteht als ihr Ziel die Darstellung von Probanden (Patienten, Klienten, Versuchspersonen) in einer begrenzten Zahl von Variablen (Persönlichkeitseigenschaften), welche mit individuellen Verhaltensunterschieden in konkreten Situationen korrelieren und daher (je nach Fragestellung) eine Klassifikation oder Vorhersage des Probandenverhaltens gestatten." Diese komprimierte Definition enthält mehrere Aspekte, die die psychologische Diagnostik kennzeichnen (vgl. auch HÖRMANN [18]): a) Die psychologische Diagnostik hat die Aufgabe, Probanden an Hand von Kenngrößen zu klassifizieren. Dabei können wir z. B. ganz einfach Klassifikationen der Körpergröße in groß, mittelgroß und klein oder eineS bestimmten Grades des Neurotitismus z. B. manisch depressiv denken. In beiden Fällen wird ein Individuum z. B. auf Grund des Parameters Körpergröße = 190 cm bzw. des Wertes in einem Neurosefragebogen im Unterschied zu anderen Individuen klassifiziert. Analog ist es, wenn ein Proband mit einem IQ-Wert von 135 bezüglich seiner intellektuellen Leistungsfähigkeit als „äußerst begabt" klassifiziert und damit von anderen Probanden unterschieden wird. b) Diagnostizieren bedeutet, Probanden bezüglich von Eigenschaftsausprägungen zu kennzeichnen, wobei eine quantitative Charakteristik auf einer Skala ange1 Der Beitrag wurde auf der Frühjahrsschule der Sektion Allgemeine Psychologie der Gesellschaft für Psychologie der D D R zur Thematik „Skalierungsmodelle und ihre Anwendung in der Psychologie" im März 1976 in Warnemünde gehalten.
17
Z. Psychologie 185-2
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strebt wird. Dies geschieht am obigen Beispiel für die Eigenschaft „Intelligenz" Intelligenzalter z. B . an der Skala des Intelligenzquotienten (IQ = • 100). Lebensalter. c) piagnostizieren bedeutet, Unterschiede zwischen Probanden bezüglich der Verhaltenseigenschaften herauszustellen, die die Grundlage ihrer Klassifikation bilden. Dies erfolgt bei vielen Skalen dadurch, daß die Abweichungen vom Mittelwert der Skala entsprechend der Streuung der Meßwerte eingestuft werden, also bei der IQ-Skala die Abweichungen vom Mittelwert 100 um 1 a, 2er oder 3er. Als Beispiel für IQ-Skalen kann a = 15 in den WECHSLEK-Skalen oder cr= 16 in den B i n e t - S k a l e n angesehen werden. Dabei stellt der Mittelwert der Skala etwa einen mittleren Normwert der Population dar. d) Der diagnostische Kennwert, die Diagnose, soll eine Vorhersage des Probandenverhaltens ermöglichen (praktischer Aspekt). Will eine Diagnose nicht nur Selbstzweck sein, dann ist die Frage der diagnostischen Kennzeichnung direkt und notwendig mit dem Problem der Bedeutung dieser Diagnose verbunden. In Modifikation der Definition P a w l i k s wollen wir dabei Bedeutung in zweifacher Hinsicht verstehen: — den Bedeutungsgehalt der einzelnen Klassen im Rahmen einer Persönlichkeits theorie, zu denen die Probanden auf Grund der Diagnose zugeordnet werden — die Bedeutung der diagnostischen Werte und/oder Klassen bezüglich einer Vorhersage künftiger Verhaltenseigenschaften des Probanden (diagnostische Valenz, z. B . bezüglich der Kennwerte Reliabilität und Validität). Uns ist klar, daß für den praktischen Diagnostiker der so gefaßte letzte Aspekt der Psychodiagnostik nicht voll befriedigt, da sich für ihn die Frage nach der Veränderungswirkung therapeutischer Interventionen zentral stellt. Im Sinne von S c h u l t e [33] ist dieser letztgenannte Problemkreis jedoch mit einer Erweiterung diagnostischer Verfahren auf die Erfassung der „Verhaltensbedingungen" verbunden, die z. Z. noch aussteht und uns im Rahmen dieses Beitrages nicht interessiert. Aus dem Gesagten wird deutlich, daß die psychologische Diagnostik eine Verkettung von Verhaltenseigenschaften einzelner Probanden bis hin zu deren Verhaltensprädiktion ist, wie sie im folgenden Schema dargestellt ist (vgl. Abb. 1). Von diesem Schema interessiert uns hier genau die erste Etappe, in der die Aufgabe besteht, den Vpn bezüglich vorgegebener Verhaltenseigenschaften quantitative Charakteristika zuzuordnen. Sie ist der Ausgangspunkt jeder Diagnose und wird unter allgemeinerem Gesichtspunkt als Problem des Messens in der Psychologie bezeichnet. Dabei erscheint es uns hier nicht notwendig, die Meßbarkeit des „Psychischen" nachzuweisen oder zu begründen, vielmehr wollen wir in aller Kürze die methodische Grundproblematik kennzeichnen. Sie entsteht dadurch, daß viele psychische Phänomene einer direkten Messung nicht zugänglich sind. Dies hat zur Konsequenz, daß im Rahmen der Modellmethodik versucht wird, aus beobachtbaren Verhaltenseinheiten und dem Reizangebot auf den ablaufenden psychischen Prozeß zu schließen. Erschwert wird diese Modellkonstruktion zusätzlich noch dadurch, daß die Verhaltensbeobachtungen nur Erscheinung eines Wesens, nämlich
B. K r a u s e , Skalierungsmodelle in der Psychodiagnostik
259
Verhaltenseigenschaft quantitative Eigenschaftscharakteristik
Probanden Segenstandsbereich der Skalierung
Verhaltensprädiktion
Klasseneinteilung J
am Beispiel des psychodiognostischen Verfahrens HAWIE zur Intelligenzmessung: IQ-Skala Pb. 1 2 i
->• IQ Ii) = 135
J
IQ ( j ) = 65
Klassen W±k-8
Eignung zum Hochschulstudium
J£(i]_
sehr geeignet
• K(j)
ungeeignet
h Normwert IQ-700 Streuung s - 15
4
-Abweichung der individuellen Kennwerte von der Norm -Kennzeichnung interindividueller Differenzen über die Eigenschaftskennwerte Abb. 1. Darstellung der Rahmenbeziehungen der Psychodiagnostik und ihre Demonstration am Beispiel der Intelligenzmessung mittels H a w i e
eines psychischen Prozesses, sind. Damit sind die Verhaltensbeobachtungen durch die Zufälligkeit und Einmaligkeit ihres Auftretens als Erscheinung zu verstehen, die als Gesamtheit im dialektischen Wechselverhältnis das Wesen des psychischen Prozesses konstituieren. Dies zeigt sich z. B. in einer Reihe von Modellen dadurch, daß als Bestandteil eines jeden Beobachtungsergebnisses eine Fehlerwirkung angenommen wird, die die Realisierung einer (meist normalverteilten) Zufallsgröße ist. Gleichzeitig legen die Überlegungen nahe, statistische Modelle zur theoretischen Beschreibung diagnostischer Verfahren bzw. des Diagnostizierens zu verwenden. Es mag verwundern, daß bisher der Begriff der Skalierung in unseren Betrachtungen noch keine Rolle gespielt hat. Wir wollen ihn zur Vereinfachung der Darstellung synonym zum Begriff des Messens verstanden wissen, in dem Sinne, daß sowohl Messen als auch Skalieren über einen Modellansatz eine quantitative Charakteristik eines Phänomens erzeugen. Fassen wir zusammen: Ziel der psychologischen Diagnostik ist die quantitative Kennzeichnung von Eigenschaftsausprägungen auf einer S k a l a so, daß sie eine Klassifikation und/oder Vorhersage des Probandenverhaltens ermöglicht. Wir werden uns hier im wesentlichen mit dem ersten Teil der Psychodiagnostik befassen, nämlich mit der Frage nach den Möglichkeiten, eine solche quantitative Charakteristik zu gewinnen. Bedingt durch die methodischen Restriktionen der Verhaltenseigenschaften allgemein bedeutet das, Modellansätze dieses Meßproblems vorzustellen und zu diskutieren. Dies wird der Gegenstand unseres Beitrages sein. Dabei 17*
260
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
wollen wir die Modellansätze entsprechend ihrer historischen Entwicklung in 2 Klassen unterteilen: a) die eindimensionalen Modellansätze, die sich auf die Erfassung genau einer Verhaltenseigenschaft beziehen b) die mehrdimensionalen Modellansätze, die davon ausgehen, daß ein beobachtetes Ereignis im allgemeinen von einem Komplex von Verhaltenseigenschaften verursacht wird, also z. B. ein Intelligenztestergebnis durch mehrere Dimensionen der Intelligenz formiert wird. 2. Über eindimensionale Modellansätze in der psychodiagnostischen Verîahrenstheorie Betrachten wir die Entwicklung psychodiagnostischer Verfahren der letzten 100 Jahre, dann dominiert ein Modellansatz, der der klassischen Testtheorie, ganz eindeutig und ist auch heute noch für den Praktiker der grundlegende theoretische Ansatzpunkt seiner Diagnostik. Dokumentiert und ausgewiesen wird die klassische T e s t t h e o r i e z. B . bei LIENERT [23] und auch bei LORD u n d NOVICK [25]. S i e f a n d
ihre mathematische Begründung u. a. in den Ansätzen zur Intelligenzdiagnostik, wie sie von SPEARMAN [37] vorgestellt wurden und als Zwei-Faktoren-Theorie der Intelligenz in die Literatur eingegangen sind. Doch schon bald wurden Mängel dieser Theorie deutlich: Zuerst inhaltliche im Rahmen der Intelligenzdiagnostik. Sie führten zu Erweiterungen des klassischen Ansatzes, von denen eine z. B. die multiple Faktorentheorie der Intelligenz ist, wie sie durch THURSTONE [40] begründet wurde. Aber es wurden auch, und dies vor allem in den letzten Jahren, theoretische Probleme des klassischen Modellansatzes immer deutlicher herausgestellt und ihre Konsequenzen für die praktische Anwendung erörtert (siehe z. B. FISCHER [7], KRAUSE u. a. [19]). Ansätze zu ihrer Uberwindung entstanden in zwei Richtungen: a) bezüglich der Unzulänglichkeiten des Reliabilitäts-und Validitätsproblems durch die Theorie der Verallgemeinbarkeit von Meßergebnissen [6]. Iiier wird im Prinzip der grundlegende Begriff der parallelen Messung, der die Grundlage des Reliabilitäts- und Validitätskonzeptes der klassischen Testtheorie ist, durch den auf ein inhaltlich definiertes Testkontinuum bezogenen Begriff des „nominalen Paralleltests" ersetzt. Damit erhalten die Grundaussagen einer diesbezüglichen Testtheorie einen inhaltlichen Bezug auf das Testkontinuum und sind hierauf bezogen als „verallgemeinerte" Befunde anzusehen. Es werden gleichzeitig inhaltliche Probleme der Réhabilitât und Validität gelöst. b) bezüglich theoretischer Unzulänglichkeiten, die sich vor allem aus der Populationsabhängigkeit klassischer testtheoretischer Befunde ergeben durch die Entwicklung probabilistischer Modellansätze. Den ersten Schritt in diese Richtung vollzog GTJTTMAN [14] und formulierte wesentliche Grundgedanken, die dann von den Ansätzen der latenten Strukturanalyse [20, 22] aufgegriffen und erweitert wurden. Von besonderer Bedeutung vor allem unter theoretischem Aspekt, aber in den letzten Jahren auch zunehmend in praktischen Untersuchungen,
B. KRAUSE, Skalierungsmodelle in der P s y c h o d i a g n o s t i k
261
sind die auf den G r u n d g e d a n k e n v o n RASCH [28] a u f b a u e n d e n logistischen Testmodelle. E s ist naheliegend, unter dem T h e m a des Beitrages g e r a d e diese zweite E n t wicklungslinie darzustellen, wobei wir die Modellansätze kurz erörtern und vergleichen wollen und uns dann der F r a g e ihres praktischen Nutzens (besonders des RASCH-Modells) zuwenden. 2.1. Zum Modellansatz der klassischen Testtheorie (KTT) Historisch aus der Intelligenzdiagnostik hervorgegangen postuliert der A n s a t z der klassischen Testtheorie, daß sich ein beobachtetes Testergebnis aus zwei Bestandteilen, d e m „ w a h r e n " T e s t p u n k t w e r t und einem Fehlerwert additiv zusammensetzt:
X = t + E. S e t z t m a n im G e d a n k e n e x p e r i m e n t die Möglichkeit unabhängiger Meß Wiederholungen v o r a u s , dann sind X und E als Zufallsgrößen a u f f a ß b a r , wobei die Fehlervariation gerade die b e o b a c h t e t e Variation u m den wahren T e s t p u n k t w e r t a u s m a c h t . F ü r diesen A n s a t z wird dann der wahre Wert t als E r w a r t u n g s w e r t der Beobachtungswerte definiert: t=S(X) oder gleichbedeutend der mittlere Fehler als Null:
• • -5
kr)
X
lr)
im Gruppenraum. Bezeichnen wir die subjektive Reizempfindung mit y, dann impliziert dieser Ansatz den folgenden Zusammenhang der Koordinaten zwischen Gruppen- und Individualraum: yki = Y w i j X k i .
280
Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
SCHULZ [ 3 5 , 3 6 ] formulierte den allgemeineren, linearen Zusammenhang zwischen Gruppen- und Individualraum in der Form:
YP=XAP, wobei Yp den Individualraum, X den Gruppenraum und Ap eine personenspezifische lineare Transformation darstellt. Bevor wir dies Modell an einem einfachen Schema demonstrieren, vermerken wir, daß SCHÖNEMANN [32] für das Modell von CABROLL und CHANG [5] sowie SCHULZ [35, 3 6 ] modelltheoretische Probleme der Existenz und Eindeutigkeit der Lösungen diskutieren. Zur Demonstration bedienen wir uns des Beispiels von SCHULZ [36]: Gehen wir davon aus, daß wir ein Experiment zur Farbskalierung durchführen. Dann, und das belegen die Experimente von H E L M und T U C K E R [16], wird der Gruppenraum durch zwei grundlegende Dimensionen aufgespannt -Dj Rot-Grün-Dimension D2 Blau-Gelb-Dimension (Da hier eine Demonstration beabsichtigt ist, wollen wir Probleme des Farbsehens und deren Dimensionsansätze hier nicht erörtern.) Es seien Xt, X2, u n d X 3 drei Farbreize, die bezüglich der oben genannten Dimensionen die Koordinatendarstellung * I = (0,3)
*2=(M)
und £3= (0,2) haben sollen. Dann können wir den Gruppenraum dieser Reize in den beiden Dimensionen entsprechend der Abbildung 4 darstellen. Für jede Vp, genauer ihr Ähnlichkeitsurteil, ist nun wesentlich, wie sie diesen Gruppenraum widerspiegelt, d. h. in welcher Form die subjektive Reizrepräsentation y aus der Reizgegebenheit x hervorgeht. Dies soll an zwei fiktiven Vpn demonstriert werden: D2 A - *7
D,
D,
3 ?-
,m
m
JI*. 7
Abb. 4
3 Dj
2
Abb. 5
Abb. 4. Darstellung des Gruppenraumes (vgl. Text) Abb. 5. Darstellung des Individualraumes Ij (vgl. Text) Abb. 6. Darstellung des Individualraumes I 2 (vgl Text)
_L 3
ß,
0*
1
2
Abb. 6
3
Du
B. KRAUSE, Skalierungsmodelle in der Psychodiagnostik
281
Yp 1 sei gekennzeichnet durch die Dimensionsgewichtungen w11 = l , 0
und
W21 = 0,25 .
Dann wird ein Reiz x £ = (xn, xi2) von dieser Vp 1 entsprechend dem Gewichtungsmodell als subjektive Repräsentation der Form Yf-> = (y[li, y $ ) = {iw^a> iw n x i2> wahrgenommen. Der entsprechende Individualraum /j dieser Vp ist in Abbildung 5 dargestellt. Wir sehen, daß für das Ähnlichkeitsurteil der Yp 1 beide Dimensionen bedeutsam bleiben, wobei intern die Abstände bezüglich D> halbiert werden. Dies führt dazu, daß im Individualraum die Ähnlichkeiten von xt mit x2 und von x2 mit x3 gegenüber dem Gruppenraum wesentlich angenähert werden. Vp 2 gekennzeichnet durch die Dimensionsgewichtungen (v21 = 1,0 und w22 = 0. Die subjektiven Reizrepräsentationen yf* = {yfi, Va)= {^w2ixai Vw2zri2) ergaben den Individualraum Y 2 der Abbildung 6. Wesentlich ist, daß die Vp 2 die Dimension D 2 ignoriert, d. h. sie ist blau-gelbblind. Damit reduziert sich das Schätzurteil der Vp 2 auf einen eindimensionalen Reizvergleich bezüglich der Dimension Z)j. Offensichtlich, und dies demonstriert das Beispiel nochmals, haben die subjektiven Reizempfindungen einen wesentlichen Einfluß auf das Schätzurteil einer Vp. Gleichzeitig dienen différentielle Kenngrößen (z. B . die Dimensionsgewichtungen) zur Erklärung einer Urteilsbildung und ermöglichen einen Zugang zu differentiellen Fragestellungen aus dem Urteilsverhalten. Wir wollen vermerken, daß die Schätzung der Modellparameter der Dekompositionsmodelle der MD S ein z. T. kompliziertes und mathematisch noch nicht vollständig gelöstes Problem darstellt (vgl. dazu die zitierten Literaturstellen). 3.3. Zur Anwendung der MDS mit individuellen Differenzen in der Psychodiagnostik Wenn man die Literatur zur Anwendung MDS mit differentiellen Werten durchsieht, dann fällt auf, daß es zwar im Bereich der Wahrnehmungspsychologie eine Reihe von Beispielen gibt, jedoch für die Ableitung psychodiagnostischer Aussagen konnten wir kein überzeugendes Anwendungsbeispiel finden. Dies kann eine Ursache darin haben, daß für die oben genannte Verfahrensklasse mit dem Ausgangspunkt 1963 und den wesentlichen Entwicklungen ab 1970 noch ein ziemlicher Neuheitsgrad verbunden ist. Dies gilt vergleichsweise ja auch für die Entwicklungen der L S A und der logistischen Testmodelle, die ja in den 50er Jahren entwickelt wurden und erst in den 70er Jahren zum wirksamen Anwendungseinsatz kamen. Für die geringe Beziehung der MDS zur Psychodiagnostik gibt es jedoch noch eine Reihe weiterer theoretisch z. T. ungelöster Probleme, die für die fehlenden psychodiagnostischen Anwendungen verantwortlich sind. Wir wollen diese thesenhaft anführen: — Die potentielle Anwendbarkeit der Dekompositionsmodelle mit individuellen Differenzen in der Psychodiagnostik ist durch die Bestimmung von Individual-
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Z. Psychol. Bd. 185 (1977) H. 2
räumen jedes Probanden gegeben. Die Schätzung der Gewichtsvektoren tüy für jede Vp j gibt uns Daten in die Hand, die es gestatten, eine Aussage über den psychologischen R a u m der Reizwahrnehmung eines jeden Probanden abzuleiten. Daraus resultieren diagnostische Möglichkeiten z. B . der Klassifikation teilweiser Farbblindheit, wie im obigen Beispiel als individueller Diagnostik und auch Möglichkeiten.des interindividuellen Vergleichs, wobei hier das Problem der statistischen Beurteilung von Gewichtsdifferenzen z. Z. offen ist. — Als zweiter wesentlicher Gesichtspunkt aus der Psychodiagnostik ist die Frage nach den Gütekriterien der Befunde zu stellen. Hierzu wollen wir aus der Literatur zwei Gruppen von Aussagen referieren: a) Zu den meisten angeführten Modellansätzen der M D S mit individuellen Differenzen sind Simulationsexperimente als Modelluntersuchungen durchgeführt worden, die belegen, daß für die künstlichen Objektbereiche durch die MDS sinnvolle Ergebnisse entstehen. b) Von RÖSLER (1972) s t a m m t ein Beitrag zur Validierung des Modells von CARROLL und CHANG. Er ging von einem bekannten Datensatz aus, dessen Reize sich in zwei Dimensionen unterscheiden. Bezüglich des diagnostischen Aspektes formulierten sie: „Will man die Personenparameter der Dimensionen als Maße für die Aufmerksamkeitsverteilung ansehen, so müßte es sich um psychologisch sinnvolle interpretierbare Bezugsachsen handeln . . .". Ihr Befund ergab jedoch.eine Dimensionsstruktur, die um etwa 45° gegenüber der objektiven Merkmalsdarstellung verdreht war und die sich nur sehr schwer interpretieren ließ. Wesentlich für uns ist die dann durchgeführte Diskussion zur Erklärung dieses Faktes. E s konnte gezeigt werden, daß weder das numerische Schätzverfahren (lokales Minimum) noch die unterschiedlichen Individualräume der Vpn als Ursache eine Erklärung liefern können. Als dritte Ursache wurde die Metrikeigenschaft des Modells geprüft (City-blook-Metrik). E s zeigte sich, daß auch die Metrik, nach der die Distanzen bestimmt werden (hier City-blook und Euklidische), k a u m einen Einfluß auf die Lösung haben. Damit kommt RÖSLER zu dem Schluß, daß es unmöglich ist zu entscheiden, ob die L a g e der Bezugsachsen ein Artefakt der Methode ist, der durch eine unglückliche Wahl der Reiz- oder Personenstichprobe entsteht, oder ein psychologisch begründeter Effekt. Hier werden weitere Aufklärungen notwendig und angestrebt. — Als dritter Aspekt kann allgemein die Frage nach der Interpretation der Befunde einer MDS gestellt werden. Wir folgen hier einigen kritischen Bemerkungen von BORTZ (1972, 1974), wobei keine vollständige Diskussion des allgemeinen Ansatzes der MDS angestrebt wird. Hier entsteht einmal das Metrikproblem mit zwei offenen Fragestellungen: a) Bei der Verwendung der allgemeinen Minkowski-p-Metrik wird in der Regel eine optimale Anpassung durch den Metrikkoeffizienten angestrebt. Dies kann jedoch im allgemeinen durch mehrere voneinander verschiedene Metriken erreicht werden. Welche dieser Metriken nun a d ä q u a t ist, bleibt offen.
B . KRAUSE, Skalierungsmodellc in der P s y c h o d i a g n o s t i k
283
b) Was bedeutet das p der Metrik für die interne, psychische Reizdarstellung? Welche Bedeutung hat eine Metrik mit p = 0,8 gegenüber p = 1,7 oder p — 2,3? Zum anderen entsteht das Problem der Eindeutigkeit der MDS bei fester Metrik. BORTZ konnte nachweisen, daß die Lösungskonfigurationen nicht eindeutig sind, d. h. für nicht-euklidische Metriken kann gezeigt werden, daß zu den Ahnlichkeitsurteilen stets mehrere partialisometrische Lösungen erhalten werden können. Damit entsteht die vorerst noch nicht entscheidbare Frage danach, welche dieser Lösungen nun der Realität des Phänomens entspricht. Wollen wir an dieser Stelle zusammenfassen, dann können wir feststellen, daß es im Rahmen der mehrdimensionalen Modellansätze neben den hier nicht erörterten Erweiterungen der L S A und der logistischen Modelle, für deren Einschätzung etwa die gleichen Argumente wie im eindimensionalen Fall gelten, mit den Ansätzen der Dekompositionsmodelle der MDS eine weitere Modellklasse gibt, die einen Zugang zu differentiellen Fragestellungen ermöglicht (vgl. SCHMIDT [31]). Aus einfachen Experimenten in der Wahrnehmungspsychologie und aus Simulationsexperimenten erweisen sich die Modellansätze als eine brauchbare Analysenmethode, die vernünftige differentielle Aussagen abzuleiten gestatten (vgl. BAHRO [1]). Trotzdem sind sie noch mit einer Reihe von Problemen verbunden, deren Beantwortung den Wert und die Anwendbarkeit der MDS im Rahmen der Psychodiagnostik wesentlich bestimmen werden. Darüber werden Entwicklungen der nächsten J a h r e Aufschluß geben. Wir wollen hier noch einen letzten Problemkreis andeuten. 3.4. Zur Drei-Weg-Faktorenanalyse In Erweiterung der Dekompositionsmodelle der MDS wurde von TUCKER [43, 44] der Ansatz der 3-Weg-Faktorenanalyse vorgeschlagen. Mit den Dekompositionsmodellen ist eine Voraussetzung verbunden, deren Interpretation zu einem differentiellen Problem führt. E s ist dies die allgemeine Voraussetzung der MDS, eine Unabhängigkeit der Dimensionen des psychologischen Raumes zu postulieren. Bezogen auf individualspezifische Aussagen geht TUCKER nun von der Überlegung aus, daß die gleichen Dimensionen für verschiedene Vpn durchaus nicht den gleichen Abhängigkeitsgrad besitzen müssen. Er demonstriert diesen F a k t an einem hypothetischen Beispiel von Einstellungsitems bezüglich des Kommunismus und bezüglich der Kirche und argumentiert so: Für einige der Vpn werden diese Dimensionen unabhängig voneinander sein, während für andere Vpn diese Dimensionen abhängig sind, z. B. dann, wenn Beziehungen der Form Pro-Kommunismus — Anti-Kirche und umgekehrt die Einstellung der Vp kennzeichnen. Hieraus leitet TUCKER die Frage ab, ob es möglich wird, aus den Ahnlichkeitsurteilen von Vpn deren subjektiven R a u m so zu bestimmen, daß die interindividuellen Unterschiede über das dimensionale Bezugssystem ausgewiesen werden können. Dies bedeutet natürlich eine weitere Differenzierung der diagnostischen Aussagen. Sie wird durch den Ansatz der Drei-Weg-Faktorenanalyse vorgeschlagen, der folgendes Grundprinzip realisiert: Ausgangspunkt sind alle drei möglichen
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Variationen einer F a k t o r e n a n a l y s e , die Personen, die Variablen und die Situationsstichproben und es wird im Gegensatz zur traditionellen F a k t o r e n a n a l y s e eine gem e i n s a m e Analyse aller drei Variationen durchgeführt. Dabei entsteht mit der L ö s u n g eine K e r n m a t r i x , die mit dem G r u p p e n r a u m der Dekompositionsmodelle der M D S vergleichbar ist, und die den Ü b e r g a n g zu 3 L ö s u n g s m a t r i z e n je Variation ermöglicht (vergleichbar den Individualräumen).
Zusammenfassung Der Beitrag erörtert den Einsatz von Skalierungsmodellen in der Psychodiagnostik. Entsprechend der historischen Entwicklung werden dabei zuerst die eindimensionalen Skalierungsmodelle diskutiert. Hierzu gehören die klassische Testtheorie, die Modellansätze der latenten Strukturanalyse und die logistischen Modelle von R A S C H und B I R N B A U M . Diese Entwicklungslinie wird vor allem unter problemorientierter Aspektierung dargestellt, wobei die Bedeutung der Probleme für psychodiagnostische Fragestellung demonstriert und erläutert wird. Der zweite Teil des Beitrages behandelt mehrdimensionale Modellansätze in der Psychodiagnostik. Neben der Erweiterung der eindimensionalen Modelle der latenten Strukturanalyse und der logistischen Testmodelle werden gerade diejenigen Ansätze vorgestellt, die im Rahmen klassischer Skalierungsexperimente (über Ähnlichkeits- oder Dominanzurteile) den Aspekt interindividueller Unterschiede in die Analyse einbeziehen. Dies führt zur Klasse der Dekompositionsmodelle der MDS und einer Erweiterung zur Drei-Weg-Faktorenanalyse. Aus Wahrnehmungsexperimenten wird die Bedeutung individueller Kennwerte für die Erklärung eines Urteils belegt und die diagnostische Relevanz dieser individuellen Kennwerte erörtert. Eine Diskussion der z. Z. offenen Probleme der Modellansätze der MDS deutet auf Schwierigkeiten, die für den Einsatz dieser Modellklasse bei der Beantwortung differentieller Fragestellungen entstehen.
Summary This paper discusses the use of scaling models in psychodiagnosis. One-dimensional scaling models including the classical theory of testing, tentative models of latent structural analysis, and the logistic models of Rasch and Birnbaum are discussed in the first part. This line of development is discussed from the standpoint of problem orientation, the importance of problems to questions of psychodiagnosis being demonstrated and explained. The second part of the article deals with tentative multidimensional models used in psychodiagnosis, discussing not only the extension of one-dimensional models of latent structural analysis and logistic test models, but especially those models where the aspect of interindividual differences is included in the analysis within the framework of classical experiments of scaling (by similarity or dominance judgments). This leads to the class of decomposition models of MDS and an extension to include the three-way factor analysis. Perceptual experiments are used to verify the significance of individual characteristics for the explanation of a particular judgement and discuss the diagnostic relevance of these individual characteristics. A discussion of presently unresolved problems associated with tentative models of MDS shows that there are various difficulties which usually arise when this class of models is used for finding answers to differential questions. Pe3H)Me flaHHa«
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B. KRAUSE, S k a l i e r u n g s m o d e l l e in d e r P s y c h o d i a g n o s t i k
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Anschrift des Verfassers: D r . BODO
KRAUSE
Sektion Psychologie der Humboldt-Universität DDR - 102 Berlin, Oranienburger Str. 18
Buchbesprechungen MÖNKS, F. J., und KNOERS, A. M. P . : Entwicklungspsychologie. von
F . J . VAN D E R
STAAY. 1 9 2
S. m i t
14 A b b . u n d
Eine Einführung.
Tab.,
Unter Mitarbeit
Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz:
Verlag W. Kohlhammer 1976. Leinen. Hier handelt es sich um eine aus dem Holländischen übersetzte Einführung in die Entwicklungspsychologie, die, wie im Vorwort ausgesagt wird, ein „vorläufiges (End)resultat einer langjährigen Unterrichtserfahrung mit Studenten" (S. 9) ist. Inhaltlich gesehen, versuchen die Autoren, chronologische Phasenaspekte und thematische Orientierungslinien miteinander zu verflechten. In 7 Kapiteln werden Gegenstands- und Methodenfragen behandelt, ferner pränatale und Säuglingsphase, Krippen-, Kindergarten- und Schulkindalter, Jugend- und Erwachsenenetappen dargestellt. Das Bemühen, die theoretische und methodologische Orientierung dem neueren Stand der Forschung anzupassen, ist unverkennbar, gelingt aber nicht durchgängig. Kritikbedürftig sind in dieser Hinsicht z. B. die mageren Äußerungen zum Mutter-Kind-Bindungsproblem und zum Erwachsenenalter, die Zentrierung auf die Piaget-Forschungen bei der Darstellung der kognitiven Entwicklung des Kindes oder auch Äußerungen auf diesem Niveau: „ I n den Ostblockländern wird die Milieutheorie vorgezogen, die von der marxistischen Ideologie her die Entwicklung als Widerspiegelung sieht, als eine Dialektik, die sich im Kennen und Handeln des Menschen mit seiner Umgebung manifestiert" (S. 17). Das ist Sehen durch eine Brille mit sehr dunklen Gläsern, gefertigt aus bürgerlicher Ideologie, die auch an anderen Stellen des Buches — wenn auch nicht immer so unverhüllt — in Erscheinung tritt. Das Anspruchsniveau des Buches ist — insgesamt gesehen — niedrig, wenn man den Datenpool, die theoretische Fundierung und die Tiefe der (methodologisch-methodischen oder theoretischen) Diskussion in Rechnung stellt. Für welche Studenten welches Faches ist das Buch eigentlich gedacht? Sind Studenten in Holland so bescheiden? — Schade; der Rezensent kennt den Erstautor als soliden Entwicklungs-, vor allem Jugendpsychologen; hier jedoch ist er weit unter seinen Möglichkeiten geblieben. H . - D . SCHMIDT
W I T K I N , H . A . , D Y K , R . B . , FATERSON, H . F . , GOODNOTJGH, D . R . , u n d K A R P , S . A . :
(Berlin)
Psychological
differentiation, Studies of development. Mit einem Vorwort von HEINZ WERNER. X I I , 389 S. mit Abb. und Tab. im Text, New York-Totonto-London-Sydney: John Wiley & Sons 1974. Gebunden 8,00 £. WLTKIN und seine Mitarbeiter sind seit langem bemüht, Bereiche der psychologischen Forschung miteinander zu vereinen, die allgemein recht isoliert, mit grundverschiedenen Methoden untersucht werden: Die Persönlichkeitspsychologie und die kognitive Psychologie. Die engen Grenzen gestaltpsychologischer und ähnlicher Interpretationsansätze erkennend, versuchten sie zur Erklärung von Wahrnehmungsphänomenen neben allgemeinen Mechanismen individuelle Faktoren heranzuziehen. Die davon abgeleitete und experimentell gestützte Theorie der persönlichkeitsabhängigen Wahrnehmungsstile — der Feldabhängigkeit und -Unabhängigkeit wurde seinerzeit in dem Werk „Personality through Perception" dargelegt.
Buchbesprechungen
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E s folgten umfangreiche Weiterentwicklungen und Differenzierungen, die schließlich über die Wahrnehmung hinaus den gesamten kognitiven Stil einbezogen, der in mehreren bipolaren Dimensionen beschrieben und diagnostiziert wurde. Als nächster Schritt folgte die Einbeziehung von Zeit- und Prozeßkomponenten, da die Autoren mit Recht annahmen, daß nur aus der Genese der individuellen Kognition eine wirkliche Erklärung derselben gewonnen werden kann. Charakteristisch für diese Betrachtungsweise ist die Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen der Selbstdifferenzierung und der Differenzierung der sozialen und objektbezogenen Umwelt des Kindes. Auch damit werden Bereiche zusammengef ü h r t , die gegenwärtig vorzugsweise getrennt untersucht werden. Dazu bedurfte es einer enormen theoretischen und methodischen Weiterentwicklung, die in dem vorgelegten Band dargestellt ist. E s werden so bedeutsame Fragen, wie die Selbstkonstanz in kognitiven Funktionen, der Mitwirkung früher Lebenserfahrungen bei der Etablierung dieser Funktionen und deren Stabilität in verschiedenen Entwicklungsphasen angeschnitten. Die Breite der Thematik, die Strenge der Methodik und die Sorgfalt in den Schlußfolgerungen lassen das Buch f ü r Forscher vieler Bereiche der allgemeinen und der Entwicklungspsychologie bedeutsam werden. Und dies umso mehr, als auch in der allgemeinen Psychologie immer häufiger die Frage gestellt wird, ob nicht Persönlichkeitseigenarten der Versuchspersonen wesentlichen Anteil a m Untersuchungsergebnis haben und in der Entwicklungspsychologie ein ausgesprochener Mangel an integrativen theoretischen Modellen herrscht. M. GRABOWSKI (Berlin)
HODGKIN, R. A.: Born curious. New perspectives in educational theory. X, 131 S. mit Abb. und Tab., London-New York-Sydney-Toronto: J o h n Wiley & Sons 1976. Gebunden 5,50 £. Der Autor dieses Buches verfügt über reiche praktische E r f a h r u n g als Erzieher und bei der postgradualen Ausbildung von Lehrern an der Universität Oxford. Dabei wurde ihm der krasse Widerspruch bewußt, der zwischen der pädagogischen Theorie und der alltäglichen Praxis des Lehrers an englischen Schulen besteht. Anliegen des Buches ist es, Ursachen für diese unbefriedigende Situation zu analysieren und philosophische Grundlinien für eine neue Theorie der Erziehung zu skizzieren. Am Beispiel des Buches von P. H. HIRST und R. S. PETERS „The logic of education" (London 1970), das bei der Aus- und Weiterbildung von Lehrern in England weit verbreitet ist, kritisiert HODGKIN Grundannahmen einer veralteten Erziehungstheorie. Demnach sei das Ziel aller Erziehung der „gebildete" Mensch, welcher über umfangreiches Wissen und gefestigte moralische Verhaltensweisen verfügt. Erziehung könne nur durch Erzogene erfolgen, diese — die Eltern und Lehrer — würden ihr Wissen und ihre Gesinnung der heranwachsenden Generation in Form der „Übertragung" vermitteln. HODGKIN betrachtet diese Thesen als Ausdruck eines „passivistischen" Menschenbildes und einer „statischen" Auffassung vom menschlichen Wissen. Im Gegensatz dazu vertritt er den Standpunkt, der Mensch sei grundsätzlich ein aktives Wesen, das selbständig nach neuem Wissen strebt, Fragen stellt, Neugierverhalten zeigt, Information sucht und sein internes Modell von Umgebungszuständen durch Handeln und Denken ständig umstrukturiert. Zur Stützung dieser Thesen referiert der Verfasser Befunde von T. G. R. BOWER, der Konditionierungsexperimente mit neugeborenen Kindern durchführte und dabei nachweisen konnte, daß bereits in den ersten Monaten der nachgeburtlichen Entwicklung erstaunlich komplexe Lernleistungen auftreten. Das aktive Frageverhalten ist offenbar ein grundlegendes Merkmal menschlicher Informationsverarbeitung. Die Erzieher sollten — so empfiehlt der Autor — diese gattungstypische „Neugier" und Bereitschaft zu aktiver Informationssuche für den Aneignungsprozeß nützen, an sie anknüpfen, sie stimulieren, richten und fördern. Dies verspreche wesentlich bessere Ergebnisse, als wenn sich der Erzieher von der Annahme leiten lasse, er müsse alles Wissen und Können auf den Lernenden „übertragen". 19
Z. Psychologie 185-2
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Die herbe Kritik an der in kapitalistischen Ländern noch vorherrschenden lebensfremden Erziehungsphilosophie ist berechtigt, ebenso der Appell an den Erziehungstheoretikern, typisch menschliche Formen aktiver Informationssuche und Informationsverarbeitung als grundlegend für den Prozeß der Erziehung zu betrachten. Freilich wurden solche Forderungen auch im Lager der bürgerlichen Pädagogen schon seit langem und wiederholt erhoben. Als. bloße Postulate bleiben sie wirkungslos, wenn es nicht gelingt, auch praktikable Methoden vorzuschlagen und Wege anzugeben, mit denen dieses Ziel erreichbar ist. In diesem Punkt enttäuscht das vorliegende Buch. Zwar widmet sich der dritte Teil möglichen „Modellen", die eine Transformation erziehungsphilosophischer Theoreme in unterrichtspraktisches Vorgehen (Lehrplangestaltung, Unterrichtsführung) ermöglichen sollen, doch ist dieser Teil so fragmentarisch und allgemein gehalten, daß kaum Anstöße zur spürbaren Verbesserung der Erziehungspraxis erwartet werden können. Die praktischen Erfahrungen und theoretischen Verallgemeinerungen, die seit Jahrzehnten im Bildungswesen sozialistischer Länder gewonnen wurden, sind geeignet, das erziehungstheoretische Dilemma zu überwinden. Der Verfasser nimmt darauf keinerlei Bezug. G. CLAUSS (Leipzig) G., und EIBL-EIBESFELDT, I . : Hominisation und Verhalten. XIV, 471 S. mit 75 Abb. und 7 Tab., Stuttgart: Gustav Fischer Verlag, 1975. Ganzleinen 86,— DM.
KTTBTH,
Es ist ein weites, ein problemhaltiges und ein bedeutendes Gebiet, das im vorliegenden Band abgehandelt wird: Die Kennzeichnung der Ausgangsbasis und der evolutionsgeschichtlichen Mechanismen, die den Prozeß der Menschwerdung vor etwa 11 Millionen Jahren eingeleitet haben. Im ersten Teil werden die Voraussetzungen behandelt; also die Verhaltensregulationen und -leistungen hochentwickelter Primaten. CHR. VOGEL behandelt hier „Evolutionstrends als subhumane Vorgaben"; M. KAWAI gibt einen überblick über das Sozialverhalten der berühmt gewordenen japanischen Makaken und die ersten Beispiele für eine vor-menschlicheTraditionsbildung; W . ANGST und H . KUMMER fassen ihre neuen Untersuchungen über die soziale Organisation von Paviangruppen zusammen. Eine umfangreiche Arbeit hat J . v. LAWICK-GOODALL über ihre Beobachtungen an freilebenden Schimpansen angefertigt. Der Inhalt, gestrafft und auf den Begriff gebracht, entspricht weitgehend dem ihres bekannten Buches „Wilde Schimpansen". B. S. FOUTS berichtet über die zu recht Aufsehen erregenden Ergebnisse über kommunikative Potenzen der Schimpansen: die Befunde von PREMACK und SARAH sowie die der GARDNERS und seine eigenen mit der Taubstummensprache ASL an washoe. Es ist danach kein Zweifel, daß Schimpansen vermittels begrifflicher Klassifizierungen kommunizieren können. Dennoch: sie bilden ein Verständigungsmittel dieser Art unter sich nicht aus. Im zweiten Teil des Buches steht die Hominisation, genauer: stehen die biologischen Grundlagen der Menschwerdung im Vordergrund (vertreten durch D. STARK über evolutive Makroeffekte auf die Hirnstruktur; durch L. G. FREEMAN über früheste Faustkeilindustrien während der Eiszeit und der Zwischeneiszeit; B. SCHOLICH über kommunikative, strukturelle und morphologische Aspekte der natürlichen Sprache). Der dritte Teil enthält Aussagen über Strukturen der (bürgerlichen) Gesellschaft, ihre sozialen Zerfalls- und Vermassungsphänomene (H. P. BAHROT: Soziologische Überlegungen zum Begriff „Massengesellschaft"; E. TIMAETJS mit „Die moderne Großgesellschaft im Licht der Sozialpsychologie", G. KURTH: „Bevölkerungsbiologie und menschliches Verhalten". Der Feder von H . PETRI entstammt ein Aufsatz über „Gruppengliederung und Gruppenzusammenhang bei Naturvölkern", in dem die sozialpsychologische Funktion des „Totemismus" am Beispiel australischer Naturvölker behandelt wird. I. EIBL-EIBESFELDT hat eine Arbeit über „Stammesgeschichtliche und kulturelle Anpassungen im menschlichen Verhalten" beigesteuert, die eine einseitige Überbetonung von Erbwirkungen im menschlichen Verhalten enthält und in der die Rolle sozialer und gesellschaftlicher Faktoren in ihrer konstituierenden Wirkung auf menschliches Verhalten vernachlässigt wird.
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Im ganzen aber ohne Zweifel: Es ist nicht nur ein höchst bedeutsames Thema behandelt, sondern es ist auch auf ebenso kompetente wie bedeutsame Weise ausgeführt. Rezensenten steht es nicht an, Zensuren zu verteilen. Gleichwohl darf man feststellen, daß die Beiträge von J. v. LATWICK-GOODALL, FOUTS und F R E E M A N zum durchdachtesten und bedeutsamsten gehören, was derzeit im Gegenstandsgebiet ihrer Überlegungen zu finden ist. F. K L I X (Berlin) LRLE, M.: Lehrbuch der Sozialpsychologie. 558 S. mit zahlr. Abb., Göttingen-Toronto-Zürich: Verlag für Psychologie Dr. C. J. Hogrefe 1975. Broschiert 78,— DM. Das „Lehrbuch der Sozialpsychologie" von I R L E ist das erste deutschsprachige Lehrwerk über das breite Gebiet der Sozialpsychologie, das einen möglichst vollständigen Überblick über die gegenwärtige Forschung zu geben beabsichtigt. Es ist keine Einführung und setzt Kenntnisse verschiedener psychologischer Gebiete, besonders der Allgemeinen Psychologie, voraus. — Wer die heutzutage sehr weitgetriebene Differenzierung der Psychologie und die damit verbundene Spezialisierung der Psychologen auf allen Gebieten der Psychologie, u. a. auch der Sozialpsychologie, kennt, wird sich beim ersten Durchblättern dieses Werkes zunächst wundern, daß ein Einzelner als Autor auftritt. Daß dies möglich und auch noch gelungen ist, verdient besonders hervorgehoben zu werden. Daß unter diesen Gesichtspunkten keine Referatesammlung über verschiedene Forschungsgebiete der Sozialpsychologie entstanden ist, sondern ein relativ geschlossenes Werk, ist dem hohen methodologischen und methodischen Anspruch des Verfassers zu verdanken, vor allem der Strenge in der Begriffsbildung und der Theorien- und Hypothesenprüfung — und der klugen Beschränkung auf die experimentelle Sozialpsychologie (vgl. des Autors „Plädoyer für eine experimentelle Sozialpsychologie", S. 40ff.). Dabei sieht der Verfasser die kritischen Probleme des Experiments und seiner intendierten Praxisrelevanz, wie sie dem gegenwärtigen Entwicklungsstand der Sözialpsychologie entsprechen, vermag aber keine andere Lösung anzubieten als das permanente Fortschreiten auf diesem Weg. Von einem Versuch, auf der Grundlage der gewonnenen empirischen Erkenntnisse und der begrenzten Theorien zu umfassenderen Theoriebildungen oder gar philosophischen Verallgemeinerungen überzugehen, scheint er zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nichts zu halten. Dies sowie sein Verzicht auf eine Gegenstandsbestimmung von Sozialpsychologie („Was in der Sozialpsychologie betrieben wird, ist durch Theorien definierbar, der derzeit als sozialpsychologische Theorien bezeichnet werden", S. 16) ist angesichts der Situation der bürgerlichen Sozialpsychologie zwar verständlich, aber nicht befriedigend. Der Aufbau des „Lehrbuchs" weicht von den meisten der bekannten umfangreicheren Textbooks ab und ist am ehesten noch mit den 1967 erschienenen „Foundations of Social psychology" von J O N E S und G E R A R D zu vergleichen. Mit diesem Werk hat es auch die Anlehnung an die Systematik der allgemeinen Psychologie und an die Theorie der Informationsverarbeitungsprozesse gemeinsam. Das ist ohne Zweifel ein Fortschritt und kommt der Gesamtdarstellung zugute. Freilich mußten im Aufbau gewisse Kompromisse zur (allerdings unbestimmten) Systematik der traditionellen Sozialpsychologie gemacht werden. — Nach dem ersten Kapitel mit Einleitungscharakter sind die nächsten beiden der sozialen Determination von perzeptiven und kognitiven Prozessen gewidmet. Das vierte diskutiert die Probleme des Antriebs bzw. der Motivation sozialen Verhaltens, das fünfte dessen Erwerb (Lernen), i. e. die Sozialisationsprozesse, das sechste und siebente befaßt sich mit Attitüden und ihren Wandlungen. — Wie man sieht, ist diese Folge an einer Theorie des interpersonellen Verhaltens, die noch nicht existiert, orientiert: daraus werden die Eingangsbedingungen und die Hypothesen über die wichtigsten intervenierenden Variablen kritisch diskutiert. Nach Meinung des Rezensenten sollten hier die Ideen der „ Kritischen Psychologie" ( H O L Z K A M P U. a.) als möglicherweise zusammenhangsstiftende Gedanken mitdiskutiert werden (so z. B. beim Problem der interpersonellen Wahrnehmung, S. 118 ff. wofür das HOLZK A M P s c h e Konzept der „personalen Gegenstandsbedeutung" bedeutsam sein könnte). 19*
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D a s 8. K a p i t e l behandelt die Interaktionsprozesse und das 9. die sozialen Beziehungen in und zwischen Gruppen. D a s letzte n i m m t gegenüber früheren T e x t b o o k s einen vergleichsweise geringeren R a u m ein. K a p i t e l 10 ist ein Ausblick auf praktische Anwendungen sozialpsychologischer Erkenntnisse, das der Verfasser in späteren Auflagen zu einem umfangreicheren B e i t r a g auszubauen hofft. Dabei ist er sich der P r o b l e m a t i k der Anwendungen in einer kapitalistischen Gesellschaft durchaus bewußt. Hervorzuheben ist die Darstellung, die es dem Leser ob der strengen, abstrahierenden und verdichtenden Aussageweise nicht leicht m a c h t ; dafür h a t sie den Vorzug der Prüfbarkeit v o n Aussagen. S t a t t Zusammenfassungen werden a m E n d e jedes Abschnitts F r a g e n an den Leser gestellt, die sowohl zur Reproduktion als auch zum produktiven Weiterdenken anregen. H. HIEBSCH ( J e n a )
ARGYLE, M., und COOK, M.: Gaze and, mutual gaze. X I I , 210 S. mit Abb. und T a b . , LondonNew York-Melbourne: Cambridge University Press 1976. G e b u n d e n 6,50 £ . Die ältere, mehr phänomenologische E r f o r s c h u n g des A u s d r u c k s und des A u s d r u c k s / E i n d r u c k s Prozesses wurde vor k a u m 20 J a h r e n durch die experimentelle F o r s c h u n g abgelöst, nun leider nur noch negativ als nonverbale K o m m u n i k a t i o n bezeichnet. D a z u verhalfen technische Fortschritte (Videorekorder, Interaktionsrekorder), sozialpsychologische Theorien (des Wahrnehmungs- und des Kommunikationsverhaltens) und größere methodische Strenge, z. B . B e s c h r ä n k u n g auf ein zentrales Glied und dessen Zusammenhänge. Einleitend skizzieren die Autoren die neuere Geschichte der Blick-Forschung und heben hervor, daß Blicke sowohl nach Kanalgesichtspunkten (offen oder geschlossen) als auch nach Signalaspekten ( H a n d l u n g s k o n t e x t , A u s d r u c k s b e d e u t u n g , Kodierung/Dekodierung) untersucht werden. D a n n schildern sie Ergebnisse der Blickforschung an Tieren sowie in der E n t w i c k l u n g v o n Säuglingen, beziehen humanphysiologische und psychophysiologische Ergebnisse ein und berichten über kulturvergleichende Arbeiten, denn die Sozialisation führt zu recht unterschiedlichem Blickverhalten, wobei Umgangssitten, z. B . das Auf-demRücken-Tragen der Kleinkinder, und Rollenvorschriften (wer wem wann in die Augen sehen darf) zusammenwirken. D a s zweite Kapitel ist der Messung des Blickverhaltens gewidmet (Anordnungen, Meßgüte). Im dritten wird der Blick als Signal für interpersonell gerichtete Einstellungen und Gefühle analysiert, besonders hinsichtlich des Mögens, der Distanz, der Feindseligkeit, der Dominanz, des S c h a m gefühls, der Verlegenheit, des K u m m e r s . Das Modell des Vertrautheits-Gleichgewichts (von ARGYLE und DEAN 1965 für die E r k l ä r u n g der like/look-Relation entworfen) scheint sich zu bewähren, vor allem seit die dyadische Interaktion auch auf Rückkoppelungen hin untersucht wird. I m 4. K a p i t e l verschiebt sich der Akzent auf die Wahrnehmung des Blickverhaltens des anderen und wie solche Wahrnehmungen interpretiert werden, z. B. als A u f m e r k s a m k e i t des anderen, als freundliche Bewertung, als Dominanz und Bedrohung, als Äußerung dieser oder jener E i g e n s c h a f t . I m folgenden Abschnitt werden Untersuchungen zu komplexeren Fragestellungen referiert: Blick und B l i c k k o n t a k t werden betrachtet als Teile einer Abfolge v o n Interaktionen, erst von zwei, dann von mehr Personen, dann unter verschiedenen Situationsbedingungen, z. B . der Öffentlichkeit. I m 6. K a p i t e l geht es differentiell-psychologisch weiter, z. B . k a n n extreme Blickabwehr und -abwendung S y m p t o m von Schizophrenie (Autismus) sein. D a s Blickverhalten wurde auch bei Depression und Neurose untersucht, ferner bei E x t r a v e r s i o n , bei Dominanz versus Abhängigkeit, auf verschiedenen Altersstufen und geschlechter-vergleichend. Die E r k l ä r u n g individueller Differenzen m ü s s e immer berücksichtigen, daß Verhalten P r o d u k t der Interaktion v o n Personen und Situationen sei. Auch gesellige Personen haben wenig B l i c k k o n t a k t in Wettstreit-Situationen. In einem weiteren K a p i t e l steht die Nicht-Sichtbarkeit des Partners zur Diskussion, wie sie z. B . bei Telefonieren gegeben ist. Bei Nicht-Sichtbarkeit des Gesprächspartners steigt der Fragenanteil,
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sinkt die Anzahl und der zeitliche Anteil von Unterbrechungen, werden die Äußerungen kürzer, d. h. es kommt zu Kompensationen des Fehlens visueller Information. Für Verhandeln und Problemlösen („Kommunikationseffizienz"), Anziehung, Meinungsbildung über den anderen usw. sind andere Bedingungen gegeben. Im letzten Kapitel erörtern die Autoren Schlußfolgerungen: Sie kritisieren das Fehlen der Blickproblematik in den meisten Untersuchungen und Theorien des menschlichen sozialen Verhaltens, obgleich der Blick nicht nur der Wahrnehmung des anderen dient, sondern zugleich für diesen ein nonverbales Signal ist und eine besondere Rolle in der gesamten, auch der verbalen Kommunikation spielt. Auch praktische Fragen klingen (sehr knapp) a n : die Entwicklung von Videophon-Systemen u. ä. H . R . BÖTTCHER ( J e n a )
KELLER, MONIKA : Kognitive Entwicklung und soziale Kompetenz. Zur Entstehung der Rollenübernahme in der Familie und ihrer Bedeutung für den Schulerfolg. 303 S. mit Abb. und Tab., Stuttgart: Ernst Klett Verlag 1976. Kartoniert 28,— DM. Der Untertitel legt nahe anzunehmen, das Hauptthema dieser Dissertation sei der Einbezug der Kinder in die familiäre Aufgabenverteilung. Hier ist aber, abweichend vom üblichen Rollenbegriff, mit Rollenübernahme die kognitive Erfassung der Perspektive des jeweiligen Interaktionspartners gemeint. Der Autorin geht es vor allem um den Nachweis, daß die Ontogenese des Denkens und die der interpersonellen Beziehungen eng zusammenhängen und daß genau diese Verbindung für die Persönlichkeitsformung wesentlich ist, was sich auch am Schulerfolg zeige. KELLER macht sich Ergebnisse PIAGETS zunutze, die die Überwindung des kleinkindlichen Egozentrismus durch die Entwicklung des Denkens und der Sprache, vor allem dek rekursiven Denkens, betreffen („Dezentrierung"). Im empirischen Teil werden (vom Kind erlebte) emotionale Faktoren der Familie berücksichtigt, die geeignet sind, modifizierende Bedingungen solcher „Entwicklung zu sozialer Kompetenz" zu sein: Zuwendung, Unterstützung, Strenge, Bestrafung u. a. KELLER beachtet auch Schicht-, Geschlechts- und Intelligenzvariablen. Diese Arbeit zeichnet sich dadurch aus, daß sie in einige gut bekannte korrelative Zusammenhänge (Erziehungsstil der Eltern/Schulleistung der Kinder) prozeß- und kausalanalytisch eindringt mit Hilfe der Verknüpfung denk- und sozialpsychischer Mechanismen der Ontogenese. Die Autorin bemerkt kritisch selber, daß sie sich mithilfe der szenischen Skizzen und Gedankenanfänge FEFFERS ( R T T 1959) ihrem Gegenstand mehr statisch annähert und daß es wünschenswert wäre, eine mehr prozessuale Operationalisierung zugrunde zu legen. Würde man tatsächliches Eltern/Kind-Verhalten in motivational relevanten Situationen beobachten, wäre mit früheren Zeitpunkten dieses Fähigkeitserwerbs zu rechnen, als sich aus Experimenten auf Zeichenbasis ableiten läßt. H . R . BÖTTCHER ( J e n a )
SELG, H., und BAUER, W.: Forschungsmethoden der Psychologie. Eine Einführung. 3. überarbeitete Aufl. 151 S. mit Abb., Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer 1976. Urban-Taschenbuch, Bd. 121. Kartoniert 10,— DM. Mit der dritten Auflage ist eines der wertvollen, einführenden Bücher in die Psychologische Methodik wieder erschienen, das charakteristisch ist für die zunehmende Erkenntnis, daß „die Bedeutung der Methodenlehre . . . für die Psychologie so groß" ist, „daß eine Vielzahl sich ergänzender Veröffentlichungen zu fordern ist, in denen Fachvertreter mit unterschiedlichen Meinungen und Akzentsetzungen das Wort ergreifen". Das vorliegende Buch will — so formulieren es zumindest die Autoren — weniger als eine „Einführung in die Methodenlehre" sein, dagegen soll es den
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Psychologiestudenten die Einarbeitung in das Fach erleichtern und allen, die sich als , Laien' mit Fragen der Psychologie auseinandersetzen müssen, helfen können, den Veröffentlichungen nicht mit blindem Glauben, sondern mit kritischer Distanz zu begegnen. Zieht man zu einer Gesamteinschätzung auch noch die nur 133 Taschenbuchseiten als Umfang heran, dann haben die Autoren diese Zielsetzung sehr überzeugend realisiert. Im einzelnen ist das Buch wie folgt aufgebaut: Nach einführenden, begriffbestimmenden Darlegungen (z. B. was ist Erleben, Verhalten, Handeln, Verstehen, Erklären usw.) wird in einem knappen Exkurs auf einige „Denkmethoden" verwiesen (Deduktion, Reaktion usw.), wie sie aus der Methodologiegeschichte bekannt sind. Der eigentliche Hauptteil (Abschnitt 4) ist „Empirische Arbeitsweisen der Psychologie" überschrieben. In ihm werden nacheinander Methodengebiete, wie z. B. „Beobachtungsmethoden", „Stichprobentechniken", „Durchführung und Registrierung der Beobachtungen" sowie „Datenverarbeitung und Statistik" dargestellt. Das Darstellungsniveau ist elementar und anschaulich, die Beispiele sind gut gewählt. Eine stärkere Kontextbetonung hätte allerdings das Verständnis bestehender Abhängigkeitsbeziehungen zwischen manchen methodischen Vorgehensweisen (z. B. Stichprobenplanung und Datenverarbeitung, Kontrolltechniken und Gütekriterien) noch erhöhen können. Ein reichhaltiges weiterführendes Literaturverzeichnis komplettiert dieses brauchbare Taschenbuch. L.
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MANDEL, H., und ZIMMERMANN, A.: Intelligenzdifferenzierung. (Kohlhammer Standards Psychologie. Studientext, Teilgebiet Entwicklungspsychologie). 94 S. mit Abb. und Tab., StuttgartKöln-Mainz: Verlag W. Kohlhammer 1976. Kartoniert 18,— DM. Das Buch stellt eine elementare „Einführung in den Problemkreis der Differenzierungshypothesen der Intelligenz" dar, die sich vor allem an Studienanfänger wendet. In knapper, übersichtlicher, graphisch gut veranschaulichter Form behandelt es zunächst definitorische und methodische Probleme der Intelligenzmessung„Intelligenzbegriff", „Intelligenztests", „Intelligenzentwicklung", „Faktorenanalyse" usw.). Der zweite Abschnitt ist der Darstellung einiger Varianten der „Differenzierungshypothesen der Intelligenz" („Altersdifferenzierungshypothese", „Begabungsdifferenzierungshypothese", „ Leistungsdifferenzierungshypothese", „Geschl echtsspezifische Differenzierung der Intelligenz" usw.) gewidmet. Der dritte Abschnitt ist der „Kritik und Diskussion" dieser Varianten gewidmet. Wenn auch die darin vorgestellten Befunde teilweise recht widersprüchlich sind, so dominieren doch die Erkenntnisse der Sozialisationsforschung, durch die die früher nicht selten stärker endogenistischen Interpretationen einiger Ergebnisse korrigiert wurden. Ein kurzer Ausblick auf neuere Untersuchungsbefunde sowie eine Zusammenfassung schließen das Buch ab. Kontrollfragen zu jedem Abschnitt, ein Anhang mit den richtigen Antworten sowie ein reichhaltiges Literaturverzeichnis erhöhen den didaktischen Wert dieses instruktiven Büchleins. L.
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(Berlin)
PAWLIK, K. (Hrsg.): Diagnose der Diagnostik. Beiträge zur Diskussion der psychologischen Diagnostik in der Verhaltensmodifikation. 206 S. mit Abb. und Tab., Stuttgart: Ernst Klett Verlag 1976. Kartoniert 2 2 , - DM. Die 7 Beiträge des Buches stellen die erweiterten und überarbeiteten Fassungen der Vorträge dar, die während eines Symposions 1974 gehalten wurden, in dem es um Standortfragen der Diagnostik ging. Das Kapitel 1 (K. PAWLIK) trägt insofern einführenden Charakter als in ihm versucht wird, verschiedene diagnostische Funktionen und Konzepte vergleichend zu diskutieren. Die Kapitel 2 ( G . K A M I N S K I ) , 3 ( H . W E S T M E Y E R ) und 4 ( W . T A C K ) sind der Darstellung unterschiedlicher theoretischer Diagnostikkonzepte aus „taxonomischer" (G. KAMINSKI), „normativ-
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d i a g n o s t i s c h e r " ( H . WESTMEYER) u n d „ d i a g n o s e s t r a t e g i e b e z o g e n e r " ( W . TACK) S i c h t g e w i d m e t . Die K a p i t e l 5 (B. ROLLETT), 6 (D. SCHULTE) u n d 7 ( W . REULECKE u n d B . ROLLETT) sind D i a g n o s t i k a n s ä t z e n m i t speziellen a u s w e i s b a r e n A p p l i k a t i o n s b e r e i c h e n g e w i d m e t . So bei B. ROLLETT d e r „ k r i t e r i u m s o r i e n t i e r t e n P r o z e ß d i a g n o s t i k " , bei D. SCHULTE der „ P s y c h o d i a g n o s t i k z u r E r k l ä r u n g u n d M o d i f i k a t i o n v o n V e r h a l t e n " u n d schließlich bei W . REULECKE u n d B. ROLLETT d e n „ l e r n z i e l o r i e n t i e r t e n T e s t s " . D a s B u c h g i b t e i n e n g u t e n E i n d r u c k v o n einigen, seit m e h r e r e n J a h r e n l a u f e n d e n B e m ü h u n g e n , die der p a r t i e l l e n Ü b e r w i n d u n g der „ k l a s s i s c h e n P s y c h o d i a g n o s t i k " m i t i h r e n g e g e n s t ä n d l i c h e n (z. B. p s y c h i s c h e n E i g e n s c h a f t s f o r m e n ) , m e t h o d i s c h e n (z. B. P a r a l l e l k o n z e p t d e r Messung) u n d v e r f a h r e n s t h e o r e t i s c h e n (z. B . S t i c h p r o b e n a b h ä n g i g k e i t der P a r a m e t e r ) R e s t r i k t i o n e n g e w i d m e t sind. A n d e r e r s e i t s w e r d e n a u c h die t a t s ä c h l i c h e n Schwierigk e i t e n dieser W e i t e r e n t w i c k l u n g e n i n R i c h t u n g einer n e u e n P s y c h o d i a g n o s t i k h i n s i c h t b a r , die w o h l in der n o c h b e s t e h e n d e n U n p r a k t i k a b i l i t ä t z a h l r e i c h e r t h e o r e t i s c h e r V o r s t e l l u n g e n i h r e n deutlichsten Ausdruck finden dürfte. L . SPRUNG (Berlin)
ROSENTHAL, R . : Experimenter effects in behavioral research. Enlarged Edition. X I I I , 500 S. m i t versch. Tab., N e w Y o r k - L o n d o n - T o r o n t o - S y d n e y : Irvington Publishers, Inc., Halsted P r e s s Division 1976. G e b u n d e n 11,50 £ ; 19,50 $. Mit der e r w e i t e r t e n A u f l a g e liegt — auf d a s J a h r g e n a u 20 J a h r e n a c h ROSENTHALS einschlägiger D i s s e r t a t i o n — eine u m f a n g r e i c h e M o n o g r a p h i e ü b e r z a h l r e i c h e U n t e r s u c h u n g e n ( u n d a u c h Gel e g e n h e i t s b e o b a c h t u n g e n ) v o r , die e i n e m d e r b e d e n k e n s w e r t e s t e n m e t h o d o l o g i s c h - m e t h o d i s c h e n „ E f f e k t e " der v e r h a l t e n s w i s s e n s c h a f t l i c h e n F o r s c h u n g g e w i d m e t w o r d e n sind, d e m s o g e n a n n t e n „ V e r s u c h s l e i t e r - " , „ P y g m a l i o n - " o d e r „ R o s e n t h a l e f f e k t " . I n drei K a p i t e l n u n d e i n e m E p i l o g w e r d e n d i e b e k a n n t e n E f f e k t v a r i a n t e n m i t z a h l r e i c h e n Beispielen a u s d e r h u m a n w i s s e n s c h a f t l i c h e n u n d t i e r p s y c h o l o g i s c h e n F o r s c h u n g b e l e g t u n d a u s f ü h r l i c h d a r g e s t e l l t sowie einige m e t h o d o l o g i s c h m e t h o d i s c h e K o n s e q u e n z e n d a r a u s d i s k u t i e r t . D a b e i ist d a s K a p i t e l I der V o r s t e l l u n g v e r s c h i e d e n e r V a r i a n t e n des d i r e k t e n u n d des i n d i r e k t e n „ E f f e k t s " sowie d e r e n B e d i n g u n g e n g e w i d m e t . D a s K a p i t e l I I e n t h ä l t U n t e r s u c h u n g e n ü b e r die V e r s u c h s l e i t e r e r w a r t u n g s e f f e k t e bei M e n s c h und Tieruntersuchungen. I m Kapitel III werden methodologisch-methodische Konsequenzen f ü r die V e r s u c h s p l a n u n g , die B e d i n g u n g s k o n t r o l l e , die s t a t i s t i s c h e A n a l y s e u s w . v o r g e s t e l l t , die j e d o c h n o c h n i c h t sehr ü b e r z e u g e n k ö n n e n . D e r E p i l o g — f ü r die e r w e i t e r t e A u f l a g e v e r f a ß t — d e u t e t einige a l l g e m e i n e r e K o n s e q u e n z e n a n , die f ü r die E n t w i c k l u n g einer M e t h o d e n t h e o r i e der F o r s c h u n g e n auf v e r h a l t e n s w i s s e n s c h a f t l i c h e n G e b i e t e n — a n g e s i c h t s der e r d r ü c k e n d e n Beispielf ü l l e — ins A u g e g e f a ß t w e r d e n m ü ß t e n , so beispielsweise die V e r w e n d u n g v o n E r w a r t u n g s k o n t r o l l s t i c h p r o b e n i n d e r V e r s u c h s p l a n u n g . E s ist z u h o f f e n , d a ß d e r a r t i g e m e t h o d i s c h e F o r s c h u n g e n d e n k ü n f t i g e n S c h w e r p u n k t a u s m a c h e n w e r d e n , d a die w e i t e r e B e i s p i e l v e r m e h r u n g k e i n e n N u t z e n m e h r e r b r i n g e n d ü r f t e . I m G e g e n t e i l k ö n n t e d u r c h ein f e h l v e r s t a n d e n e s „ R o s e n t h a l - E f f e k t S a m m e l v e r h a l t e n " e h e r eine n e u e „ Krise der P s y c h o l o g i e " — g l e i c h s a m als u n e r w ü n s c h t e r „ P y g malioneffekt" — herbei — „erwartet" werden. L. SPRUNG (Berlin)
SCHRAML, W . J . , u n d BAUMANN, U . ( H r s g . ) : Klinische Psychologie I: Theorie und Praxis. 3. ü b e r a r b e i t e t e u n d e r w e i t e r t e A u f l . , 756 S . ; Klinische Psychologie II: Methoden, Ergebnisse und Probleme der Forschung. 1 . A u f l . , 601 S. m i t 34 A b b . u n d 14 T a b . B e r n - S t u t t g a r t - W i e n : Verlag H a n s Huber I : 1975; I I : 1974. Gebunden I : 7 7 , - D M ; I I : 4 9 - D M . O b sich die Klinische P s y c h o l o g i e w e d e r v o n i h r e r M e t h o d i k n o c h v o n i h r e m G e g e n s t a n d o d e r g a r v o n i h r e m T ä t i g k e i t s f e l d h e r d e f i n i e r e n l ä ß t , — wie die H e r a u s g e b e r m e i n e n — b l e i b e d a h i n g e s t e l l t ; a b e r w e n n dieser S t a n d p u n k t e i n g e n o m m e n w i r d , b l e i b t n u r die Möglichkeit, Klinische
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Psychologie sehr allgemein zu verstehen als „Anwendung der Erkenntnisse, Techniken und Methoden der psychologischen Grundlagenfächer und ihrer Nachbardisziplinen . . . im breiten klinischen Felde von der Beratungsstelle . . . bis zu Krankenhäusern" und zu versuchen, ihre speziellen Aufgabenstellungen zu präzisieren, wozu diese beiden, zusammen etwa 1350 Seiten umfassenden Bände beitragen wollen. Der 1. B a n d „Theorie und P r a x i s " wurde bereits 1970 zum ersten Mal aufgelegt, 1975 erfuhr er die 3. Auflage, in der nun 6 neue Beiträge hinzugekommen sind und 9 Beiträge an den inzwischen angewachsenen Erkenntnisstand angepaßt wurden. So enthält der Band, an dem 30 Autoren mitgearbeitet haben, jetzt in 4 Teilen 24 Kapitel und einen Anhang über S t a t u s und Ausbildung des klinischen Psychologen. I m ersten Teil werden verschiedene soziale Gesichtspunkte im Zusammenhang mit psychischer Erkrankung behandelt. Dies betrifft epidemiologische, pathogenetische und ökologische Fragen ebenso (PFLANZ) wie solche der Krankenhausstruktur und -Situation in ihrer Bedeutung für den psychisch erkrankten Patienten (ROHDE und ROHDE-DACHSER) und Probleme der Prävention u n d R e h a b i l i t a t i o n (STBOTZKA).
Daß der zweite Teil über die klinisch-psychologische Diagnostik nur die Hälfte der Seiten des dritten und vierten Teils über psychotherapeutische Fragen enthält, zeigt deutlich einen beachtenswerten Trend in der Verschiebung der Proportionen der wichtigsten Anwendungsgebiete der Klinischen Psychologie an und macht zudem — besonders im Kapitel 4, wo es u m Forschungsmethoden in der Psychotherapie geht — sichtbar, daß im Sektor Psychotherapie und Verhaltensmodifikation die wissenschaftliche Erforschung ihrer Grundlagen, Prozesse und Wirkungen erhebliche Fortschritte macht. D a s S p e k t r u m der Informationen über Psychodiagnostik im Klinischen Bereich ist dessen ungeachtet aber sehr breit: Diagnostische Verfahren bei Schizophrenie und organischen Psychosyndromen (KERSCHBAUM), bei Depression und Sucht (HOBI), bei Hirnschäden (HARTJE) und bei umschriebenen hirnorganisch bedingten Leistungsdefekten (Aphasie, Agnosie, Apraxie) (ORGASS). E s betrifft ferner die Anwendung psychodiagnostischer Verfahren im Zusammenhang mit psychotherapeutischen Fragestellungen (HOUBEN) sowie die damit aufgeworfenen Beziehungen zwischen Diagnostik und Therapie (VOGEL). Spezielle psychodiagnostische Fragen und Methodenanwendungen werden im R a h m e n der Kinderpsychiatrie und Erziehungsberatung abgehandelt (BOEHM, HÄFFTE»). Die Formen diagnostischer Gespräche, ihre Anwendungsmöglichkeiten und ihr Informationswert (SCHRAML) schließen diesen Teil ab. Durch die Lektüre der im 3. Teil lehrreich dargestellten und meistens didaktisch gut aufbereiteten psychotherapeutischen Methodik wird natürlich kein Leser in die Lage versetzt, die vorgestellten Methoden nun auch anwenden zu können. Nicht dies, sondern eine knappe und dennoch instruktive Einführung kann hier nur das Darstellungsziel sein: Allgemeine Beratungsregeln und psychagogische Hinweise (DÄUMLING), Verhaltenstherapie (BERGOLD und SELG), Gesprächsp s y c h o t h e r a p i e ( T A U S C H u n d SCHULZ V. T H U N ) , P s y c h o a n a l y s e ( B E C K E R ) e i n s c h l i e ß l i c h n e o a n a lytischer R i c h t u n g e n (BACH), G r u p p e n t h e r a p i e f o r m e n (HEIGL-EVERS u n d
SCHULTZE-DIERBACH,
BATTEGAY), S o z i a l a r b e i t u n d M i l i e u t h e r a p i e ( D w O R S C H A K u n d STROTZKA),
Supervisionsprobleme
(MOHR und SCHMIDT), Hypnose und Entspannung (WIESENHÜTTER) und —wie leider meistens nur sehr knapp — Kinderpsychotherapie (BIERMANN). F a s t schon in den 2. B a n d gehört eigentlich der 4. Teil über Methoden der Psychotherapieforschung (BASTINE), der dem mit Forschungsproblemen befaßten und vertrauten klinischen Psychologen sicher sein Problembewußtsein erweitern hilft. Die im Anhang vorgestellten S t a t u s und Ausbildungsfragen (SCHRAML) erscheinen dem Rezensenten wegen ihres zu ausgewählten Charakters sehr erweiterungsbedürftig, zeigen aber auch in dieser Form den v o m U m f a n g und der Qualität her sehr unterschiedlichen Ausbildungsmodus in verschiedenen Ländern. Mehr, als die hier vorhandenen Andeutungen wünscht man sich über die Beziehungen der Ausbildung und ihres Charakters zu den unterschiedlichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in denen sich Klinische Psychologie im Gesundheitswesen vollzieht. Im 2. B a n d mit seinen ebenfalls in 4 Teilen geordneten 15 Kapiteln wird in beträchtlicher Breite
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die klinisch-psychologische Forschung mit ihren Methoden und Ergebnissen von 26 Autoren zusammengestellt. Die Klinische Psychologie zum Teil überschreitende methodische und methodologische Probleme bilden den Inhalt des ersten Teils. In den Prozeß von der Datengewinnung bis zur Theoriebildung und besonders Modellkonstruktion führt MOSER in seinem Beitrag ein, in dem kybernetische, systemtheoretische und mathematische Aspekte berücksichtigt und die Bedeutung der Computersimulation an drei Beispielen über neurotische Prozesse (Abwehrmechanismen, psychoanalytische Persönlichkeitstheorie, Konflikt) erläutert werden. Gerade hier wird überdeutlich, wie stark die Erkenntnisqualität der in solchen Modellen formalisierten Theorien von der empirischen Differenziertheit und besonders von der Validität der Theorien selbst abhängt. Weiterhin gehören zu diesem Teil Gruppierungsverfahren bei der Identifikation von diagnostischen Einheiten (BAUMANN), sowie andere statistische Prozeduren der Klassifikationsmethodik (multivariate Statistiken), Datendokumentation und -Verarbeitung (MESSNEB) und das Kapitel über V e r s t e h e n u n d H e r m e n e u t i k (KRAMBECK und
LORENZER).
Die Psychotherapieforschung und ihre Ergebnisse, in den letzten beiden Jahrzehnten besonders durch Gesprächspsychotherapie und Verhaltenstherapie vorangetrieben, werden im ¿weiten Teil bezogen auf diese beiden Gebiete und auf die Psychoanalyse dargestellt. Was im Kapitel zur Psychoanalyse von BECKMANN, MÜLLER-BRAÜNSCHWEIG und PLATTM vorgestellt wird, weist aus, daß man auch hier allmählich beginnt trotz des hohen Allgemeinheitsgrades psychoanalytischer Begriffe Operationalisierungen anzustreben, die für die Forschungsarbeit grundlegend sind. Insofern kann der Rezensent dem pessimistischen Fazit der Autoren — jedenfalls für die Zukunft — nicht zustimmen: „ E x a k t e Forschung ist nicht zuletzt gleichzeitig totale Manipulation des Patienten durch vorher festliegende Theorien, Hypothesen, Erfassungsmethoden und Auswertungsschemata". Dient exakte Forschung nicht gerade dazu, Theorien zu entwickeln, reifer und realitätsgemäßer zu machen? Vielleicht haben Psychoanalytiker ein wenig Angst vor einer durch die Forschung sich anbahnenden Überwindung ihrer theoretischen Spekulationen. MINSEL und LANGER stellen Aspekte der Forschungssituation in der „client-centered" Gesprächspsychotherapie dar. Dieser Versuch weist auf das vielseitige und komplexe Variablengefüge der gesprächstherapeutischen Situation hin, bleibt aber insgesamt auf der Ebene einer Ergebnissystematisierung ohne engeren theoretischen oder methodologischen Bezug. Wichtige Forschungsprobleme in der Verhaltenstherapie werden von BERGOLD in klarer einführender Weise dargestellt; er beklagt dabei zu Recht das Fehlen einer „integrativen Theorie therapeutischen Handelns". Ein interessantes scheinbares Paradoxon: Zurückhaltung und Kargheit in der Theorie bei den forschungsintensiven Ansätzen der Gesprächstherapie und Verhaltenstherapie, theoretischer „Überfluß" bei der bisher weniger forschungsbemühten Psychoanalyse. Der 3. Teil umfaßt den eigentlich traditionellen Sektor der Klinischen Psychologie, die Psychodiagnostik. SARRIS und LIENERT fassen die Konstruktionsprinzipien von Testverfahren sowie die Untersuchung ihrer Bewährung in übersichtlicher Weise zusammen, wobei auch die Einzelfalldiagnostik, der Test als Forschungsmittel sowie ethische und sozial-politische Probleme berührt werden, letztere allerdings mit nur ungenügendem Bezug zur gesellschaftsspezifischen Situation. Eine gute Ergänzung zu dem Kapitel über die Verhaltenstherapieforschung bietet die von SCHMOOK BASTINE,
HENKEL,
K O P P u n d MALCHOW d a r g e s t e l l t e V e r h a l t e n s a n a l y s e ,
ein
therapeutisch-dia-
gnostisches Prozeßmodell therapiebegleitender Diagnostik in Anlehnung an KANFER. Hier exemplifiziert sich offenbar die Notwendigkeit einer Integration von Prozeß- und Erfolgsforschung in der Psychotherapie am deutlichsten. Im Anschluß an die Abhandlung allgemeinerer Probleme der Interviewforschung ( SEIDENSTUCKER und SEXDENSTÜCKER) stellen die gleichen Autoren zusammen mit MOSER Modelle des klinischen Gesprächs dar und zwar sowohl interview- als auch therapiebezogene. Dabei erscheint der bisher immer etwas utopisch anmutende Aspekt der Computersimulation therapeutischer Gespräche gegenwartsnäher als mancher vermuten mag. Der letzte Teil des Buches enthält breitgefächert experimentalpsychologische Forschungsansätze aus verschiedensten Teilgebieten der Klinischen Psychologie: EEG-Forschung (PAWUK), und zwar sowohl methodische Probleme als auch Ergebniszusammenstellungen zur Aktivierung, zum Wahrnehmen und Lernen, zur Persönlichkeitsforschung und zu verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten ein-
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schließlich therapeutischer Art; COHEN und M E I E R - O S T E R K A M P geben einen Überblick über experimental-psychologische Untersuchungen in der psychopathologischen Forschung, speziell hinsichtlich schizophrener Verhaltensstörungen; BERGOLD diskutiert kritisch die Verwendung psychophysiologischer Parameter, die gewöhnlich als Angstindikatoren gelten und kommt zudem Schluß, daß „die bisherigen Studien daraufhindeuten, daß die Veränderung der physiologischen Reaktionen in der Therapiesituation noch keine Aussagen über die physiologische Reaktion in der realen Situation zulassen". Neuropsychologische Forschungen über Händigkeit und Sprachdominanz, sensorische Prozesse, Wahrnehmung und Denken, Gedächtnis und Motorik (PERRET) und Probleme der pharmakopsychologischen Forschung ( D I T T B I C H ) beschließen diesen Teil. In beiden Bänden „Klinische Psychologie" ist ein so umfangreiches theorie-, methoden- und ergebnisbezogenes Wissen aus den wichtigsten Teilgebieten zusammengetragen worden, daß man fast von einer für die Gegenwart gültigen Gesamtdarstellung sprechen möchte. Der Rezensent fragt sich aber zweierlei, nämlich 1., warum die in den sozialistischen Ländern stark in der Entwicklung begriffene klinisch-psychologische Forschung mit ihrer eigenen Spezifik kaum von den Herausgebern zur Kenntnis genommen oder zumindest nicht berücksichtigt wurde, wenn man von einigen DDR-Autoren absieht und 2., welche ideologischen Positionen und Reflexionslücken dazu geführt haben mögen, die in ihren Auswirkungen beträchtlichen Beziehungen zwischen theoretisch-methodologischen Aspekten der Klinischen Psychologie und ihrer ökonomisch-gesellschaftlichen, historisch bedingten Spezifik fast gänzlich auszuklammern. J. H E L M (Berlin)
P., und A C H T E , K . A . : The course and prognosis of schizophrenic psychoses in Helsinki. A comparative study of first admissions in 1950,1960 and 1965. Monographs from the Psychiatric Clinic of the Helsinki University Central Hospital Nr. 4/1972.
NISKANEN,
Ziel der vorliegenden, sich auf Hospitalisationsdaten stützenden epidemiologischen Studie ist es, Wert und Effektivität der Umgestaltung der psychiatrischen Versorgung zu prüfen. Die Veränderungen in der Praxis der Psychiatrie in Finnland werden folgendermaßen charakterisiert: Positive Einstellung zur Psychiatrie und zum psychiatrischen Krankenhaus in der Bevölkerung, Einführung der Psychopharmakotherapie, wachsende Bedeutung psychotherapeutischer Aktivitäten, Milieutherapie, Übergang zum Offenen-Tür-System sowie Entwicklung differenzierter extramuraler ambulanter Behandlungseinrichtungen. Die Ergegnisse weisen im Untersuchungszeitraum eine eindeutige Verkürzung der Hospitalisationsdauer, eine Abnahme der Zahl von Patienten, die einer vollstationären Behandlung bedürfen nach sowie eine Verringerung der Patienten, die an schweren psychotischen Symptomen leiden. Ebenso bedeutsam sind die Veränderungen in der Arzt-Patient-Beziehung, die sich manifestieren in einer Abnahme der unfreiwilligen Aufnahmen sowie in einer Verringerung von Zuständen der Aggressivität und Agitation und einer zunehmend positiven Einstellung des Patienten zur Behandlung. Die Studie zeichnet sich durch kurze, gestraffte Darstellungen und durch exakte statistische Verarbeitung der Daten und übersichtliche graphische Darstellungen aus. K.
WEISE
(Leipzig)
G OLDFARB, W.: Growth and change of schizophrenic children: a longitudinal study. XVI, 271 S. mit zahlr. Tab., New York-Toronto-London-Sydney: John Wiley & Sons 1975. Leinen 6,00 £. Die psychische Entwicklung von 40 als schizophren diagnostizierten Kindern wird im Verlauf ihrer 3jährigen stationären Behandlung vom 7. bis 10. Lebensjahr in einer kinderpsychiatrischen Klinik in New York verfolgt. Ausgehend von dem psychoanalytischen Ich-Konzept wird die
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Schizophrenie als Störung der selbstregulativen Funktionen aufgefaßt und nach 9 diagnostischen Kriterien von CREAK (1961) bestimmt, von denen die folgenden bei den untersuchten Kindern immer zu finden waren: Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Beziehungen, Defekt in der personellen Identität, exzessive Ängstlichkeit bei Veränderungen der Lebensumstände, Störungen der Sprache und des Sprechens. Die Behandlung der „korrektiven Sozialisation" umfaßt ausschließlich psychotherapeutische Methoden wie Einzel-, Milieu-, Gruppen- und Familientherapie, Kommunikations- und Funktionsübungen. Unter den 40 im Zeitraum von 1962 bis 1967 verfolgten Kindern überwiegen die der Mittel- und Oberklasse, solche mit einem IQ unter 90 und die Knaben. Auf Grund einer neurologischen Untersuchung (Reflexe, Sensorik, Motorik, E E G ) werden zwei Drittel der Probanden als hirnorganisch auffällig bezeichnet; dennoch dominiert nach Meinung des Autors bei drei Vierteln der Kinder die psychosoziale Genese der Ichstörung. Bei der Aufnahme und am Ende eines jeden Behandlungsjahres wurden 40 Variablen erhoben, deren Verlauf vom ersten bis vierten Untersuchungstermin verfolgt wird. Sie umfassen die Einschätzung der Ich-Entwicklung, Prüfung der Schulfertigkeiten, sozialen Verrichtungen, des neurologischen Status, rezeptiven Verhaltens, der Begriffsbildung, Motorik, Konzentration, Intelligenz, Sprache und die Verhaltensbeobachtung während der Untersuchung. Die sorgfältig ausgewerteten und in vielen Tabellen mitgeteilten Ergebnisse lassen sich dahingehend zusammenfassen, daß die kindlichen Patienten in den meisten überprüften Bereichen zwar einen Entwicklungszuwachs zeigen, mit dem sie aber in der Regel nicht die Normalwerte ihrer Altersstufe erreichen. Sie verbleiben also auch nach der Behandlung in ihrer Diagnosegruppe. Dabei weisen die hirnorganisch auffälligen Kinder sowohl die niedrigsten Anfangs- und Endwerte als auch geringsten Verbesserungen auf. Die Ergebnisse werden als Beweis für die psychische Entwicklungsfähigkeit schizophrener Kinder gewertet, die durch die Therapie stimuliert worden ist, und nicht weiter diskutiert. Man vermißt eine differenzierte Erörterung des Schizophreniebegriffes, der j a zuweilen sehr weit und nicht im prozeßhaften Sinne gefaßt wird, eine Kontrollgruppe, nicht oder anders behandelter Kinder der gleichen Diagnose, und eine Auseinandersetzung mit dem nicht zu übersehenden liirnorganischen Psychosyndrom. Hier bietet sich die von LEMPP (1973) vertretene Auffassung der psychotischen Störung des Realitätsbezuges als zerebrale Teilleistungsschwäche geradezu an, doch wird nur das anglo-amerikanische Schrifttum berücksichtigt und so dessen einseitige Sicht des Schizophrenieproblems fortgesetzt. H.-D. RÖSLER (Rostock)
HIRSCH, S. R., u n d J . P. LEFF : Abnormalities in parents { schizophreriics. V I I I , 200 S.^ 1 5 , 5 x 2 5 cm, London: Oxford University Press 1975. Institute of Psychiatry, Maudsley Monographs, No. 22. Leinen 5,50 £ . Frühe Untersuchungen zur Rolle der Eltern Schizophrener bei der Entstehung der Erkrankung lassen sich bis in die Mitte der dreißiger J a h r e zurückverfolgen. Seit 1960 kann man eine Expansion solcher Arbeiten beobachten. Inzwischen gibt es auch eine Reihe von Übersichten zu verschiedenen Aspekten des Forschungsgegenstandes. Eine umfassende Synopsis über die in verschiedenen Fachrichtungen mit einer Vielzahl von theoretischen Ansätzen betriebenen Forschungen fehlte aber bislang. Diese Lücke versuchen die Autoren im ersten Teil ihrer Monographie zu füllen. Dabei legen sie das Schwergewicht auf die Darstellung methodologischer Aspekte. Aus dieser Sicht prüfen sie die Zuverlässigkeit der bisher erzielten Ergebnisse. In fortlaufenden Kapiteln werden verschiedene methodische Ansätze beschrieben: Fragebogenstudien, sozialpsychologische Techniken zur Erforschung der Interaktion in kleinen Gruppen, psychologische Tests für abnorme Denkprozesse bei Eltern und moderne Arbeiten über abnorme Kommunikation. Die Autoren versuchen, die verschiedenen Methoden zu den prinzipiellen Konzepten über die Rolle der Eltern in der Ätiologie der Schizophrenie in Beziehung zu setzen. Es werden verschiedene Modelle des
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Zusammenwirkens bekannter Faktoren präsentiert, und deren Bezug zur Rolle der Eltern in der Schizophrenieätiologie wird diskutiert. Im zweiten Teil des Buches stellen die Autoren eine eigene Untersuchung zu Kommunikationsdefekten bei Eltern Schizophrener dar, die eng an bekannte Arbeiten von WYNNE und SINGER angelehnt ist. In einer Art Doppelblindversuch wurde die Hypothese geprüft, daß die Eltern Schizophrener signifikant mehr Kommunikationsstörungen und -abweichungen in ihrer Sprache unter kontrollierten Bedingungen zeigen als die Eltern von Neurotikern. Die sorgfältig zusammengestellte Yersuchsgruppe bestand aus den Elternpaaren von 20 akut Schizophrenen, die Vergleichsgruppe aus den Elternpaaren von 20 zum Zeitpunkt der Untersuchung in stationärer Behandlung befindlichen Neurotikern. Erfaßt wurden das Sprachverhalten (mit einer speziellen RORSCHACH-Technik), die verbale Intelligenz sowie Bildungsgrad, Berufsausbildung und die soziale Position (letztere drei Parameter mit an die Verhältnisse in England angepaßten Skalen von HOLLINGSHEAD und REDLICH, die gemeinsam mit den speziellen RORSCHACH-Konventionen und einer Datentabelle im Anhang zu finden sind). Die Arbeitshypothese konnte bestätigt werden, allerdings wurde, im Gegensatz zu den Ergebnissen von WYNNE und SINGER, eine recht starke Überlappung der beiden Gruppen gefunden. Das interessanteste Ergebnis stellt meines Erachtens der gefundene signifikante Unterschied in der Anzahl gesprochener Wörter dar. Die Eltern Schizophrener sprachen in einer definierten Periode deutlich mehr als die Eltern von Neurotikern. Dabei zeigte sich bei den Müttern keine Differenz. Der Unterschied wird von den bedeutend mehr sprechenden Vätern Schizophrener verursacht. Die erzielten Resultate werden vorsichtig interpretiert. Das Buch gibt denjenigen Anregungen, die sich mit der Aufklärung der Ätiologie der Schizophrenie befassen, R . GÜNTHER
(Rostock)
BELLAK, L., HTJRVICH, M., und GEDIMAN, H. K . : Ego functions in schizophrenics, neurotics and normals. X I V , 571 S. mit Abb. und Tab., New York-London-Sydney-Toronto : John Wiley & Sons. 1973. Gebunden 1 0 , - £ . Das Buch behandelt einleitend die psychoanalytische Auffassung über Id-, Super-Ego und EgoFunktionen. Dabei betonen die Autoren, daß die ausschließliche Beschäftigung mit den Ego-Funktionen, wie sie im Hauptteil des Buches unternommen wird, auf der Basis einer orthodox-psychoanalytischen Grundeinstellung entwickelt wird. Die in den ersten vier Kapiteln dargestellten psychoanalytischen Grundauffassungen stellen in ihrer Kompaktheit die Hauptpositionen orthodoxer Psychoanalyse heraus, wobei allerdings die
Aneinanderreihung
verschiedener
Auffassungen
(WELL,
FREUD,
ERICKSON,
MABCOWITZ
BELLAK, usw.) eine gewisse Langatmigkeit hineinträgt. Es folgt dann im 2. Hauptteil eine ausführliche Darstellung von 12 Ego-Funktionen. Die EgoP s y c h o l o g i e , w i e s i e v o n HARTMANN, RAPOPORT, N U N B E R G U. a . e n t w i c k e l t w u r d e , i s t j a b e k a n n t -
lich eine psychoanalytische Domäne, die der bürgerlichen „akademischen Psychologie" am nächsten steht und die sich im Vergleich zu anderen psychoanalytischen Untersuchungsgebieten relativ frei von spekulativen Konzeptionen gehalten hat. Das zeigt sich auch in der ausführlichen Besprechung der 12 Ego-Funktionen, mit denen sich die Untersucher befassen: — Realitätsprüfung, — Urteilsvermögen, — Sinn für die Realität der Welt und des Selbst, — Regulation und Kontrolle der Triebe, — Affekte und Impulse, — Objektbeziehungen, — gedankliche Prozesse, — adaptive Regressionen im Sinne der Selbsterhaltung,
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Buchbesprechungen
— defensive Mechanismen, — Reizbarrieren bzw. Reizschwellen, — Autonomie, — synthetisch integrative Tätigkeit, — Meisterschaft-Kompetenz, und die verschiedenen Wechselbeziehungen zwischen diesen einzelnen Ego-Funktionen. Die Autoren stellen zur Untersuchung dieser verschiedenen Ego-Funktionen im Anhang des Buches eine standardisierte Interview-Anleitung und eine Beurteilungsskala vor. Im 3. Hauptteil des Buches werden die unterschiedlichen Ergebnisse, die mit diesem Instrument bei Neurotikcrn, Schizophrenen und Normalen erzielt wurden, gegenübergestellt und damit die Eignung dieser Methode für eine Differentialdiagnostik demonstriert. Im folgenden Teil des Buches schließlich werden Diagnose, Behandlung und Prognose an Fallbeispielen demonstriert. Das Buch endet mit einer Abhandlung über die Entwicklung früher Ego-Funktionen und einer damit im Zusammenhang stehenden Prophylaxe schizophrener Entwicklung bei Kindern. Die diagnostische Methode selbst ist recht umfangreich und erfordert ein tiefgründiges Studium und Ei narbeitung. Es ist daher für den Referenten nicht möglich, ein abschließendes Urteil zu fällen. A.
KATZENSTEIN
(Berlin)
HAU, T. F. (Hrsg.): Klinische Psychotherapie in ihren Grundzügen. Mit Beiträgen von 24 Autoren. 352 S., 13,5x20 cm, Stuttgart: Hippokrates Verlag 1975. Kartoniert 42,— DM. Vorliegendes Buch soll in Ausbildung befindlichen Ärzten und Psychologen grundsätzliche Informationen über das Gebiet der „Stationären Psychotherapie" vermitteln. Die meisten Beiträge der 24 Autoren sind z. T. in anderer Fassung schon in verschiedenen Fachzeitschriften erschienen. Sie sind nach Themenkreisen geordnet. Nach einer Einführung in die klinische Psychotherapie werden Probleme der Indikation und Diagnostik abgehandelt. Zu Fragen der Therapie werden ausführlich therapeutische Modelle und Konzepte bei psychoneurotischen, psychosomatischen und psychotischen Patienten sowie bei Kindern und Jugendlichen dargestellt. U. a. wird hier auf die Grundprinzipien der Fokal- und Kurztherapie, auf die Gruppentherapie und die Methodenkombinationen eingegangen. In einem eigenen Abschnitt wird über die Bedeutung der Psychopharmaka für die klinische Psychotherapie berichtet. Die Beiträge bieten sicher eine Fülle von interessanten Fachproblemen und wichtigen Therapiehinweisen. Kritisch muß aber gesagt werden, daß bei zwar unterschiedlichen methodischen Verfahrensweisen der einzelnen Autoren alle hier referierten Arbeiten von einer psychoanalytischen Grundkonzeption ausgehen und der unangemessene Anspruch erhoben wird, damit den gültigen Rahmen für die klinische Psychotherapie abgesteckt zu haben. H. SCHMIESCHECK (Berlin) KLOPFER, W. G., und REED, M. R. (Eds.): Problems in psychotherapy: An eclectic approach. XIV, 189 S. mit einigen Tab., New York-Toronto-London-Sydney: John Wiley & Sons 1974. The series in clinical psychology. Gebunden 6,45 £. Der Sammelband spricht verschiedene den Psychotherapeuten interessierende praktische und theoretische Probleme seines Fachgebietes an. Eingeführt wird durch eine historische Darstellung der Psychotherapie. Teil II enthält allgemeinere phänomenologisch orientierte Beschreibungen von Patientengruppen (wie der „argwöhnische", der „verführerische" und der suizidale Patient, Patienten mit psychosomatischen Störungen sowie Enuresis und Enkopresis bei Kindern) und den
Z. Psycho!. Bd. 185 (1977) H. 2 entsprechenden psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten — meist unter dem Blickwinkel eklektischer praktischer Erfahrungen oder psychoanalytischer Orientierung, zum geringeren Teil mit Bezug auf verhaltenstherapeutische Techniken. Teil I I I enthält die Darstellung zu speziellen psychotherapeutischen Fragen: zur Indikation und zu Kombinationsbedingungen der Verhaltenstherapie, zur Möglichkeit der Unterstützung von Eltern behinderter Kinder sowie zur Situation „Schweigen in der Gruppe". Die Problematik eines solchen aus Einzelartikeln zusammengestellten Sammelbandes liegt auf der Hand und zeigt sich meines Erachtens auch in diesem Band deutlich: Dem „Anfänger" wird ein unvollständiges (nach welchen wissenschaftlichen Prinzipien?) gefiltertes Mosaik geboten — für den auf diesem Gebiet Versierten sind die Darstellungen nicht umfassend und tiefgründig genug. I N G E FROHBTTRG (Berlin) UCHTENHAGEN, A., BATTEGAY, R . , und FRIEDEMANN, A. (Hrsg.): Gruppentherapie
und
soziale
Umwelt. Vorträge, Workshops und Diskussionen des 5. Internationalen Kongresses für Gruppenpsychotherapie Zürich 19. bis 24. 8. 1973. 888 S., Bern: Verlag Hans Huber 1975. Kartoniert 9 8 , - Fr.; 9 4 , - DM. Während auf früheren internationalen Kongressen — wie U C H T E N H A G E N einleitend ausführt — vor allem Informationen über gruppentherapeutische Techniken und ihre Kombinationsmöglichkeiten im Vordergrund standen, zeichnet sich in der Praxis jetzt eine deutliche Erweiterung des Anwendungsfeldes von Gruppenmethoden auch auf den außertherapeutischen Bereich ab. Gruppenmethoden sollen zur besseren Bewältigung von Problemen des Zusammenlebens, zur Lösung von Konflikten des einzelnen und unterschiedlicher Gruppen (wie Familien, Wohngemeinschaften, Arbeits- und Studienkollektive) sowie zur Erweiterung der individuellen Erlebensmöglichkeiten verhelfen. Diese Entwicklung der Gruppentherapie bzw. Gruppenarbeit in ihrem Verhältnis zur sozialen Umwelt bestimmt daher auch die Schwerpunkte des Kongresses. Es geht um Gruppenarbeit unter den verschiedensten institutionellen Voraussetzungen (z. B. in Universitäten und Schulen, im Strafvollzug, in Wohnsiedlungen und Therapiestationen) bzw. mit unterschiedlichen Personenund Patientengruppen (Familien, Eltern, Paare, Sportler, psychiatrische Patienten, Neurotiker, Alkohol- und Drogenabhängige). Praktische Erfahrungen, theoretische Überlegungen, Denkmodelle und zum geringeren Teil empirische Untersuchungsergebnisse der Autoren werden mitgeteilt und diskutiert. Dem umfangreichen Band mit Arbeiten von 250 Autoren und allein 9 Seiten Inhaltsangaben inhaltlich detailliert zu besprechen, ist im Rahmen dieser Rezension nicht zuletzt auch wegen der Heterogenität des Dargebotenen nicht möglich. Insgesamt läßt der Band eine allgemeine Begeisterung für Gruppenmethoden deutlich erkennen; er zeigt jedoch gleichzeitig, daß theoretische Fundierungen weitgehend fehlen. Zu den mit der Gruppenarbeit verbundenen weltanschaulichen Implikationen und Konsequenzen wird unseres Erachtens nicht im erforderlichen Maß kritisch Stellung genommen. Die thematische Vielfalt der behandelten Aspekte in dieser Dokumentation (in der auch Kollegen aus der DDR und den sozialistischen Ländern zu Wort kommen) dürfte für Forschungsarbeiten zur Verbesserung der Kommunikation in sozialen Gruppen unter Berücksichtigung sozialpsychologischer Kenntnisse und des gesellschaftlichen Kontextes insgesamt recht anregend sein. INGE
FROHBURG
(Berlin)
Theorie und Praxis der Kinderpsychotherapie. Grundlagen — Konzepte — Vorschläge. 331 S. München: J . Pfeiffer 1976. „Leben lernen", Nr. 21. Paperback.
BATJMGÄKTEL, F . : /
In den letzten Jahren zeichnet sich die klientzentrierte Richtung der Kinderpsychotherapie dadurch aus, daß hier neue konzeptionelle Diskussionen, Erweiterungen der methodischen Grund-
303
Buchbesprechungen
Sätze sowie interessante empirische Untersuchungsansätze zu verzeichnen sind. Anregungen dazu gehen in erster Linie von lernpsychologischen Untersuchungen, kommunikationstherapeutischen Erwägungen sowie langjährigen Erfahrungen mit den von A X L I N E (1947) formulierten kinderpsychotherapeutischen Richtlinien aus. Das vorliegende Buch setzt die Monographien zu diesem Themenkreis fort und beinhaltet u. a. eine Zusammenfassung der konzeptionellen Überlegungen, die dem ersten programmierten Trainingskurs für Kinderpsychotherapie in deutscher Sprache (BATJMGÄRTEL, BTTKER und STEFFEN, 1975) zugrundelagen. Die Ausführungen werden insgesamt von 3 Zielstellungen bestimmt: Sie sollen als Ausgangsp u n k t für weiterführende theoretische Arbeiten dienen, dem Kindertherapeuten Anregungen für die unmittelbar praktische Gestaltung der therapeutischen Situation vermitteln und außerdem interessierte Laien in das Gegenstandsgebiet einschließlich der dazu notwendigen Grundlagen einführen. Auf diese Heterogenität der Zielstellungen m a g es zurückzuführen sein, daß der mehr theoretisch interessierte Fachmann die Breite der Ausführungen bedauert, die auf Kosten einer detaillierteren Auseinandersetzung mit konzeptionellen Fragen geht. Der Laie hingegen wird die Frage stellen, in welcher Form das kindertherapeutische Vorgehen einen direkten Bezug auf die aufgeführten Grundlagenkenntnisse nimmt und damit ein generelles Problem der kindertherapeutischen Literatur — die oft unzureichende Integration allgemein-psychologischer Kenntnisse — ansprechen. Die einzelnen Abschnitte des Buches lassen sich inhaltlich nach folgenden Schwerpunkten gliedern: 1. Einführung in allgemeine Grundlagenkenntnisse (kurzer Abriß einiger Gebiete der allgemeinen Psychologie; allgemeine Entwicklungsbedingungen der Persönlichkeit; Grundprinzipien der analytischen und der klientzentrierten Psychologie sowie eines kommunikationstherapeutischen Ansatzes in Anlehnung an BEIER), 2. Darstellung der therapeutischen Grundpositionen des Autors, die er als „integriertes Konzept" der vorgenannten therapeutischen Ansätze definiert, jedoch an dieser Stelle über die verwendeten neurosentheoretischen Grundbegriffe und nicht über eine systematische Ableitung von Prinzipien des Therapeutenverhaltens kennzeichnet, 3. allgemeine Probleme bei der praktischen Durchführung der Kindertherapiestunden sowie der Elternarbeit, die allerdings ohne engere Bezugnahme auf die Konzeption des Autors, sondern vielmehr unter Berücksichtigung der Erfahrungen in der Literatur ( D Ü H R S S E N , GINOTT, SLAVSON, T A U S C H ) behandelt werden, 4. offene Fragen und Probleme in der kindertherapeutischen Forschung und in diesem Zusammenhang 5. Darstellung der unter der Leitung von BATJMGÄRTEL entwickelten Beurteilungsskalen zur Einschätzung des Therapeutenverhaltens (10 Skalen), zur Erfassung des Verhaltens des Kindes (11 Skalen) sowie zur inhaltlichen Klassifikation seiner Betätigung, die eine gute Basis für empirische Untersuchungen darstellen. Den größten Teil des Buches bilden die Ausführungen zum ersten und dritten Punkt, während die anderen inhaltlichen Schwerpunkte recht kanpp und nur mehr a m Rande abgehandelt werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß das vorliegende W e r k eine Fülle von Anregungen und wertvollen Hinweisen für die Praxis und Forschung in der Kinderpsychotherapie vermittelt und daher ungeachtet der oben genannten kritischen Anmerkungen eine wesentliche Ergänzung der kindertherapeutischen Literatur darstellt. Allerdings erfolgte bisher keine konsequente Auseinandersetzung mit den methodologischen Grundpositionen, die die (zweifellos vorhandenen!) Grenzen einer Integrierbarkeit der verschiedenen Ansätze aufgezeigt hätte. U. SYDOW ( B e r l i n )
BATJMGÄRTEL, F . , B Ü K E R , U . , u n d STEFFEN, E . :
Training
der Kinderpsychotherapie.
Unterweisung
und Verhaltensschulung programmiert. Teil I (Lehrbuch) 310 S. und Teil II (Arbeitsbuch) 123 S., München: J . Pfeiffer 1975. „Leben lernen", Nr. 19. Paperback. Mit dem vorliegenden W e r k wird erstmals eine breite programmierte Anleitung zum Training praktischer Fähigkeiten für Kinderpsychotherapie in deutscher Sprache vorgelegt. Die Vielseitigkeit der Übungsserien wird wesentlich durch die Tatsache bestimmt, daß die Autoren ein „inte-
304
Z. Psycho!. Bd. 185 (1977) H. 2
griertes Therapiekonzept" aus Elementen der klientzentrierten, der analytischen und der lernpsychologischen Orientierung vorstellen, das durch Anregungen aus dem Kommunikationsmodell von BEIER (1966) ergänzt wurde. Die Form der Integration tritt allerdings in den praxisbezogenen Ausführungen wesentlich deutlicher zutage, als in dem konzeptionellen Teil (vgl. die Rezension zu BATTMOÄBTBL 1976), der hinsichtlich der theoretischen Grundorientierung insgesamt etwas unbestimmt bleibt. Nach dem Trainingsprogramm zu urteilen, ist die Behandlungsform in erster Linie als eine Variante der klientzentrierten Kinderpsychotherapie einzuordnen, in der der Therapeut als übergeordnete Zielstellung seiner Aktionen die Akzeptierung der Persönlichkeit des Patienten ansieht und einer nichtwertenden und gewährenden Grundhaltung gegenüber dem Kind eine entscheidende Bedeutung beigemessen wird. Diese klientzentrierte Grundorientierung wurde durch praktisch-therapeutische Anregungen aus dem Bereich der analytischen Literatur sowie Anregungen aus dem Kommunikationsmodell von BEIER ergänzt, ansonsten jedoch im wesentlichen beibehalten, während die lernpsychologische Betrachtungsweise vor allem bei einer Begründung der veranschlagten Wirksamkeit der therapeutischen Maßnahmen Anwendung fand. Das Trainingsprogramm umfaßt 2 Bände: Der 1. Teil ist als Lehrbuch und der 2. Teil als Arbeitsbuch für die im 1. Band gestellten Übungsaufgaben konzipiert. Das Lehrbuch beinhaltet eine kurze Einführung in verschiedene Therapieansätze (die klassischen analytischen Richtungen der Kinderpsychotherapie, die klientzentrierte Spieltherapie und das Kommunikationsmodell von BEIER), der eine gleichfalls kurz gehaltene Darstellung des „integrierten Therapiekonzeptes" der Autoren folgt. Der größte Teil des Buches ist dem Lehrprogramm gewidmet, das aus drei Trainingseinheiten besteht: 1. allgemeine Verhaltensmerkmale des Kindertherapeuten (konzentriertes Interesse gegenüber dem Kind; Richtlinien bzgl. Lenkung; Sicherheit im Auftreten; einfühlende Distanz und allgemeine Verhaltenskonsistenz), 2. kommunikative Prozesse zwischen Therapeut und Kind (Einschätzung der Äußerungen des Kindes nach Sachgehalt und Darstellungsform, möglichen Ursachen und Appellfunktion; Formulierung von Zielen der nachfolgenden Therapeutenreaktion; Indikation und Anwendung verschiedener Antworttechniken) und 3. Reaktion des Therapeuten in speziellen Situationen, die eine Anwendung der Kenntnisse aus den vorangegangenen Trainingsschritten auf bestimmte Problemsituationen zum Gegenstand hat (z. B. wie sollte der Therapeut Fragen beantworten, sollte er auf Spielangebote eingehen, inwiefern und wie sollte er einschränkend in das Verhalten des Kindes eingreifen). Jede Trainingseinheit setzt sich aus einer Reihe verschiedener Trainingsscricn (im wesentlichen zu den aufgeführten Themen) zusammen. In den beiden erstgenannten großen Trainingseinheiten werden durch Instruktion und an Hand von Demonstrationsbeispielen Kriterien zur Beurteilung von Verhaltensweisen des Therapeuten und von Äußerungen des Kindes vorgegeben. Die Anwendung dieser Kenntnisse soll der Leser danach in einer Reihe von schriftlichen Therapieausschnitten üben. Innerhalb des vorgegebenen Konzeptes führt das rationelle Trainingsprogramm nach den Erfahrungen der Autoren zu verbesserten, d.h. weniger subjektiv determinierten Reaktionstendenzen gegenüber therapierelevanten Anforderungen. U . SYDOW
(Berlin)
ORFF, G.: Die Orff-Musiktherapie, aktive Förderung der Entwicklung des Kindes. 164 S. mit zahlr. Abb. und 12 Bildseiten, München: Kindler-Verlag 1976. Paperback 22,— DM. GERTRUD ORFF hat die Orff-Musiktherapie entwickelt, in mehreren Ländern bei geistig behinderten Kindern und Verhaltensgestörten angewendet und sich internationalen Ruf erworben. Sie geht in ihrem Buch von theoretischen Erwägungen hirnorganisch bedingter Störungen und ihren entsprechenden sensomotorischen Abläufen aus. Sie erläutert ihre Einstellung als Therapeut dem Kind und seinen Eltern gegenüber. Hauptanliegen ist, mit Hilfe des ORFFschen Instrumentariums möglichst intensiv alle Sinne des Kindes anzusprechen, um es aus seiner Isolation zu
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locken u n d R e a k t i o n e n h e r v o r z u r u f e n . D a b e i l e g t sie großen W e r t auf den ersten K o n t a k t , der m ö g l i c h s t zu neuen A k t i v i t ä t e n f ü h r e n soll. D a s will sie, ohne F o r d e r u n g e n zu stellen (z. B . Blickk o n t a k t erreichen), auf n i c h t d i r e k t i v e m W e g d u r c h E i n s a t z der I n s t r u m e n t e erreichen. Mit E i n f ü h l u n g s v e r m ö g e n v e r s u c h t sie, die F ä h i g k e i t e n des K i n d e s zu e r f a s s e n , S t e r e o t y p i e n zu u n t e r b r e c h e n u n d kurzzeitige A u f m e r k s a m k e i t zu erreichen, u m auf diese Weise soziale K o n t a k t e herzustellen, wiederholen zu l a s s e n u n d a u f r e c h t z u e r h a l t e n . B e s o n d e r e r W e r t wird auf die e m o t i o n a l e B e z i e h u n g zwischen T h e r a p e u t u n d K i n d gelegt, sowie a u f d a s E n t s t e h e n eines S p a n n u n g s z u s t a n d e s , der die K i n d e r zu längerer A k t i v i t ä t u n d A u f m e r k s a m k e i t v e r a n l a s s e n soll. S t e t s wird a n g e s t r e b t , d a s K i n d in die A r b e i t m i t einer h o m o g e n e n oder h e t e r o g e n e n G r u p p e einzubeziehen. E s w e r d e n a b e r a u c h Beispiele v o n E i n z e l t h e r a p i e beschrieben. A n H a n d v o n F a l l d a r s t e l l u n g e n wird der breite E i n s a t z v o n I n s t r u m e n t e n , S p r a c h e , B e w e g u n g m i t ihren v i e l f ä l t i g e n inhaltlichen G e s t a l t u n g s m ö g l i c h k e i t e n u n d s i t u a t i o n s b e d i n g t e n flexiblen V a r i a t i o n s m ö g l i c h k e i t e n bei verschiedenen B e h i n d e r u n g s a r t e n dargestellt. I h r e M e t h o d e n w e n d e t sie bei h i r n o r g a n i s c h b e d i n g t e n V e r h a l t e n s g e s t ö r t e n u n d A u t i s t e n a n . Die T h e r a p i e e n t h ä l t E l e m e n t e der Desensibilisierung u n d Generalisierung in v e r h a l t e n s t h e r a p e u t i s c h e m S i n n e , allerdings ohne direkte u n d p l a n e n d e A n w e n d u n g . Die E l t e r n w e r d e n in d a s T h e r a p i e g e s c h e h e n m i t einbezogen u n d zur allmählichen A b l ö s u n g v o m T h e r a p e u t e n b e f ä h i g t . A u f d a s V e r h ä l t n i s T h e r a p e u t — E l t e r n w i r d b e s o n d e r s e i n g e g a n g e n . GERTRUD ORFF v e r s t e h t es in i h r e m B u c h , den k o m p l e x e n T h e r a p i e v o r g a n g so zu s y s t e m a t i s i e r e n u n d darzustellen, daß a u c h ohne direkte T e i l n a h m e m ö g l i c h k e i t a n der T h e r a p i e a n w e n d b a r e r Gewinn für den L e s e r zu verzeichnen ist. BRIGITTE MEHL
RUGE, H . : Der Aphasiker und seine fachpädagogische Pädagogen, Psychologen, Logopäden, Therapeuten). E r n s t K l e t t V e r l a g 1976. K a r t o n i e r t 2 9 , - D M .
(Berlin)
Rehabilitation (ein Handbuch für Arzte, 300 S . m i t A b b . u n d T a b . , S t u t t g a r t :
In einem b r e i t a n g e l e g t e n E i n f ü h r u n g s t e i l stellt der A u t o r historische u n d n e u e A n s c h a u u n g e n zur A p h a s i e v o r , b e t o n t die b e s o n d e r e P r o b l e m a t i k der A p h a s i e t h e r a p i e u n d beschreibt die E i g e n gesetzlichkeiten der l o g o p ä d i s c h e n B e h a n d l u n g S c h w e r s t s p r a c h g e s c h ä d i g t e r . F ü r den interessierten F a c h k o l l e g e n stehen die B e s c h r e i b u n g der L e h r m i t t e l ( S . 145—163) u n d die A u s f ü h r u n g e n zur f a c h p ä d a g o g i s c h e n A p h a s i e t h e r a p i e ( S . 164—266) i m M i t t e l p u n k t . In den abschließenden K a p i t e l n w e r d e n F r a g e n der beruflichen R e h a b i l i t a t i o n S c h w e r s t s p r a c h b e h i n d e r t e r , die n a c h g e h e n d e S p r a c h f ü r s o r g e , die E r s t e l l u n g v o n B e h a n d l u n g s b e r i c h t e n u n d S c h l u ß f o l g e r u n g e n für die A u s b i l d u n g v o n S p r a c h t h e r a p e u t e n auf d e m H i n t e r g r u n d der großen eigenen E r f a h r u n g e n des V e r f a s s e r s d i s k u t i e r t . A l s N a h z i e l der S p r a c h b e h a n d l u n g f o r m u l i e r t der V e r f a s s e r die a l s b a l d i g e Wiedergew i n n u n g einer einfachen U m g a n g s s p r a c h e , als Fernziel die R e s t i t u i e r u n g der p r ä m o r b i d e n Verkehrssprache. A l s L e h r m i t t e l bei der A p h a s i e t h e r a p i e w e r d e n F i l m e , A n s c h a u u n g s m a t e r i a l i e n (z. B . ein b u n t e s B i l d e r - A B C ) u n d der „ L a n g u a g e M a s t e r " m i t v e r s c h i e d e n e n S p r a c h ü b u n g s p r o g r a m m e n a u s f ü h r lich dargestellt. F ü r j e d e A p h a s i e f o r m , für die B e h a n d l u n g v o n A g r a p h i e u n d A k a l k u l i e sind F a l l beispiele m i t A p h a s i s t a t u s , l o g o p ä d i s c h e m B e f u n d , jeweiliger B e h a n d l u n g s a r t u n d A u s w e r t u n g mitgeteilt. D i e v o m V e r f a s s e r h e r v o r g e h o b e n e n S c h w e r p u n k t e für weitere F a c h d i s k u s s i o n e n zeigen, d a ß m i t d i e s e m W e r k theoretische u n d p r a k t i s c h e P r o b l e m e zur weiteren K l ä r u n g g e b r a c h t w e r d e n können. S o ist erneut ein erfolgversprechender A n s t o ß g e g e b e n , u m die interdisziplinäre Zus a m m e n a r b e i t z u fördern u n d T h e r a p i e m a ß n a h m e n u n d -erfolge a u s z u t a u s c h e n . D a b e i sollten F r a g e n der E f f e k t i v i t ä t d u r c h p s y c h o m e t r i s c h e U n t e r s u c h u n g e n bei L ä n g s s c h n i t t k o n t r o l l e n u n d spezifische A p h a s i e t h e r a p i e m e t h o d e n bei einzelnen zerebralen S t ö r u n g e n m i t ihrer A b h ä n g i g k e i t z u m L e b e n s a l t e r einbezogen werden. E i n e Ü b e r a r b e i t u n g der L i t e r a t u r z u s a m m e n s t e l l u n g wird v o r einer Z w e i t a u f l a g e erforderlich. K . FRÜHAUF (Berlin) 20
Z. Psychologie 185-2
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LEBRUN, Y., und HOOFS, R. (Ed.): Intelligence and aphasia (Neurolinguistics 2). 140 S. mit 3 Abb., Amsterdam: Swets and Zeitlinger B. V. 1974. Kartoniert 25,— dutch guilders. In dem vorliegenden Band werden 18 Vorträge aus verschiedenen Aphasieforschungszentren veröffentlicht, die im Dezember 1973 anläßlich einer internationalen Konferenz in Brüssel gehalten wurden. Im Mittelpunkt der Referate stehen die drei Probleme Intelligenz und Sprache (u. a. mit Beiträgen von BRIHAYE und COERS), Intelligenz und Aphasie (u. a. mit Beiträgen von BAY, BUYSSENS, GHEORGHITA,
GOODGLASS,
KREINDLER u n d M i t a r b e i t e r n ,
PORTIELJE u n d
BOERS-VAN
DIJK,
WEPMAN u n d LAUSER) u n d zentrale Hörstörungen ( m i t e i n e m B e i t r a g von HEMEYER u n d HOOFS).
Weitere Referate beschäftigen sich mit der Entwicklung der Aphasieforschung, mit Denkprozessen bei Aphatikern und mit operationaler Kapazität und Aphasie. Als zentrales Problem der Diskussionen kann das Verhältnisvon Intelligenz — Sprache — Aphasie angesehen werden. Allgemeine Ubereinstimmung herrscht insofern vor, als die Intelligenzmessung zur Erfassung aphatischer Störungen nicht ausreicht. Die verbalen Leistungen der Aphatiker sind durch traditionelle Intelligenztests nur teilweise zu objektivieren. Intelligenz wird als eine Zuständigkeit verstanden, die nur indirekt erfaßt werden kann und die den vielfältigen Variationen der Sprachaktivität unterliegt. Ein Teil der Intelligenz ist die Sprache. Aphasie kann dann so verstanden werden, daß sie die Entfaltung der Intelligenz durch die Sprache schwächt bzw. behindert. Die interessierten Fachkollegen werden in dieser Zusammenstellung einen guten Überblick über die verschiedenen Aspekte der Aphasieforschung finden und über die Arbeitsmethoden auf diesem Gebiet in verschiedenen Kliniken und Institutionen informiert. K . I'RÜHAUF
WING, J . K. (Hrsg.): Friihkindlicher Autismus, klinische, pädagogische und soziale mit 20 Abb., Weinheim und Basel: Beltz-Verlag 1973. Paperback 1 6 , - DM.
Aspekte.
(Berlin)
340 S.
Der Begriff Autismus scheint Gefahr zu laufen, eine „Modediagnose" zu werden. Vor allem aus psychoanalytischer Sicht gibt es eine \ielzahl von spekulativen Ansätzen mit aufwendigen therapeutischen Konsequenzen. Um so begrüßenswerter erscheint es, daß im vorliegenden Werk von der klärenden Definition „frühkindlicher Autismus" auf der Basis der Fallbeschreibung von KANNER ausgegangen wir.d. Die Autoren dieses Buchcs beschränken sich demnach auch bei der Behandlung der Fragen des Erscheinungsbildes, seiner Ursachen, der daraus zu folgernden klinischen und diagnostischen Probleme, sowie der pädagogisch-psychologischen Aufgaben, auf diese strenge Definition. Auch die Gliederung des Buches entspricht ganz der logischen Folge der auftretenden Probleme und spiegelt sich in den Kapiteln — klinische, pädagogische und psychologische, sowie soziale und organisatorische Aspekte — wider. In der differentialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Krankheitsbegriffen und Bildern wird herausgearbeitet, daß es sich bei dem frühkindlichen Autismus um eine Mehrfachbehinderung handelt. Sie weist eine Vielzahl von Kombinationen primärer Wahrnehmungs- und Sprachstörungen auf, denen sich dadurch verursachte Fehlverhaltensweisen und affektive Störungen als Sekundärschäden aufpfropfen. Eine epidemiologische Übersicht vermittelt Einblick in die Häufigkeit des Vorkommens des Krankheitsbildes mit Berücksichtigung der Geschlechtervfcrteilung, Geschwisterstellung und dem Sozialstatus der Eltern. Eine gründliche Vergleichsstudie von RUTTER zeigt den Unterschied von geistig Behinderten und den Autisten auf, sowie den Entwicklungsverlauf im Jugend- und Erwachsenenalter. In der Diskussion über mögliche medizinische Behandlungen kommt CONNEL zu der Schlußfolgerung, daß eine medikamentöse Beeinflussung der Störungen möglich und unterstützend sein
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kann, daß aber verstärkte pädagogische Maßnahmen im Vordergrund stehen müßten. So sei die Unterbringung der Kinder weniger in Krankenhäusern, als in pädagogisch gelenkten Heimschulen angemessen und notwendig. Von besonderem Wert erscheint der von J. K. WlNG und L. WlNG dargestellte pädagogische Aspekt. Der Verzicht auf Lenkung wird strikt abgelehnt, dafür brauchbare Prinzipien der kleinsten Schritte, logische Aufeinanderfolge von Forderungen und vor allem eine gut durchprganisierte Umwelt in Beispielen angeboten. Es schließt sich ein guter historischer Uberblick über die Pädagogik geistig Behinderter mit speziell herausgearbeiteten methodischen Hinweisen für Autisten an, da hierbei nicht auf eine lange Tradition, wie z. B. in der Blindenpädagogik, zurückgegriffen werden kann. Der Beitrag von S. ELGAR bietet hierzu ergänzende methodische Mittel, wie vor allem die Lernblockierungen der Autisten überwunden werden könnten. Im Anschluß an die erfahrungsreichen Hinweise wird das Modell einer Schule für autistische Kinder entwickelt. L. W I H O stellt dann seine Erfahrungen mit der Arbeit mit Familien zur Verfügung, in denen autistische Kinder leben. Wie im gesamten Buch, so setzt er sich noch einmal sehr kritisch mit dem weit verbreiteten Vorurteil auseinander, daß eine Störung in der Eltern-Kind-Beziehung primär auslösend für das Zustandsbild autistischer Kinder sei. In einem Anhang von WENDELER wird ausgehend von der deutschsprachigen Einführung in theoretische und praktische Probleme der Verhaltenstherapie von GOTTWALD und REDLIN die erfolgreiche Anwendung verhaltenstherapeutischer Methoden vor allem zur Verhaltensmodifikation und zur Anbahnung von lebenspraktischen Fertigkeiten bei autistischen Kindern beschrieben. Ein ausführliches Autoren- und Sachregister, eine Erklärung von Fachausdrücken und ein großer Literaturüberblick ermöglichen auch Lesern nichtmedizinischer Berufe und Eltern eine klare Verständigung über den Problemkreis. BRIGITTE MEHL (Berlin) Folgen enzephalitischer Erkrankungen bei Kindern. Untersuchungen zum Problem der sogenannten frühkindlichen Hirnschädigung. XI, 96 S. mit 21 Abb. und 23 Tab., Stuttgart: Ferdinand Enke Verlag 1972. Bücherei des Pädiaters, Beihefte zur Zeitschrift „Klinische Pädiatrie", Heft 67. Kartoniert 38,80 DM.
NEUHÄUSER, G . :
Aus dem Untertitel der Monographie geht hervor, daß es dem Autor nicht nur um das Aufzeigen der mannigfaltigen klinischen und paraklinischen Symptome sowie den Folgen einer Enzephalitis bei den von ihm untersuchten 286 Kindern (152 Knaben, 134 Mädchen) schlechthin geht, sondern daß daraus abgeleitet dem „Problem der sogenannten frühkindlichen Hirnschädigung" nachgegangen werden soll. NETTHÄTJSER bedient sich dabei der differenzierten klinisch-neurologischen Untersuchung nach PRECHTL und TOUWEN der Elektroenzephalographie, Echo-Enzephalographie, der Verhaltensbeobachtung und einer breit angelegten „Neuropsychologischen Untersuchung". Erfaßt werden die Intelligenz (Mental Maturity Scale CMM), die perzeptiven Funktionen (Figur-Grund-Test, Mosaik-Test, visueller Behaltens-Test), die Konzentrations- und Gedächtnisleistungen (Hasentest, Kreispunktieren, Zahlen-Nachsprechen) und es werden in Anlehnung an SCHILLING die psychomotorischen Funktionen geprüft. Die vorgelegten, statistisch abgesicherten und an einer gesunden Kontrollgruppe überprüften Ergebnisse zeigen, daß bei fast einem Drittel der untersuchten Kinder ein neurologisches bzw. oder psychisches Defektsyndrom besteht. Die Ausprägung des Defektsyndroms nach enzephalitischen Erkrankungen hängt weitestgehend vom Reifegrad des Zentralnervensystemes ab. Jener „Zeitfaktor" spielt auch für den Wandel der Folgezustände im Verlauf der Entwicklung eine wichtige Rolle, so daß die Schwierigkeit der Abgrenzung eines einheitlichen psychischen Defektsyndroms auch hier ihre Ursache haben dürfte. Im Rahmen des Defektsyndroms sind die für eine „früh20*
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kindliche Hirnschädigung" charakteristischen Symptome in „unterschiedlicher Legierung" zu beobachten. Die verwendeten Testverfahren haben sich dabei als geeignetes Instrument zur Abgrenzung von Leistungsstörungen im perzeptiven, visuell-motorischen, kognitiven Bereich erwiesen. Eine umfangreiche Literaturzusammenstellung wird im Text verarbeitet. Die im Anhang befindliche Kasuistik unterstreicht an Hand von Vcrlaufsformen die derzeit aktuelle Problematik enzephalitischer Erkrankungen bei Kindern. Die Monographie beweist an Hand der Ergebnisse und deren Interpretation einmal mehr die Bedeutung von psychologischen Elementen im Bereich der Kindorneuropsychiatrie. K . - J . N E U M Ä R K E R (Berlin)
BAUER, M., BOSCH, G. u. a . : Psychiatrie. 2. überarbeitete und erweiterte Aufl. XIV, 363 S. mit 11 Abb. und 11 Tab., Stuttgart: Georg Thieme Verlag 1976. Flexibles Taschenbuch 18,80 M. Wie bereits in der ersten Auflage (Besprechung von D. FELDES in Band 183, Heft 4 von 1974 dieser Zeitschrift) kommt auch in der zweiten, überarbeiteten und erweiterten Auflage das sozialpsychiatrische Engagement zum Ausdruck. Durch die Gewinnung von F R E Y B U R G E R und W U L F F als Mitautoren wird dieses Anliegen noch deutlicher. Es wird eine Basisinformation gegeben, die die Belange der Praxis hinreichend berücksichtigt. II.
WILLIAMS, R . L., KARACAN, I., u n d HURSCH, C. J . : Electroencephalography
SCHLEGEL
(EEG) of human
(Berlin)
sleep:
Clinical applications. XVI, 169 S. mit Abb. und Tab., New York-London: John Wiley & Sons 1975. Gebunden 8,00 $. Das vorliegende Buch faßt die Ergebnisse einer 13jährigen, systematischen Aufzeichnung von Schlaf-EEGs zusammen, die in mehr als 1000 Ableitungen an Versuchspersonen verschiedenen Alters und Geschlechts gewonnen wurden. Die EEG-Forschung der Schlaf- und Wachseinsperioden hat in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer Anhäufung unterschiedlichster Fakten geführt. Es ist deshalb ein Verdienst der Autoren, sowohl im methodischen als auch in den experimentellen und klinischen Teilen des Buches neben den eigenen Erfahrungen und Ergebnissen eine Systematisierung der Daten anderer Forschungsgruppen vorgenommen zu haben. Das Hauptanliegen des vorliegenden Buches besteht darin, eine Übersieht über die Variationsbreite der einzelnen Schlafstadien und REM-Perioden bei gesunden Personen zu geben. Hierbei konnte auf die EEG-Analyse der Ableitungen von drei Arealen jeweils einer Hemisphäre an gesunden Vpn im Alter von 3 bis 75 Jahren zurückgegriffen werden. Neben der Bestimmung des charakteristischen Kurvenbildes für die einzelnen Schlafstadien wurden insgesamt 12 Indizies, vorwiegend chronometrischer Natur, auf ihre Variabilität untersucht. Die Angabc von Mittelwerten und Streuungsmaßen für die einzelnen Schlafperioden in Abhängigkeit von Alter und Geschlecht ermöglichte den Autoren, einen ersten Abriß der Schlafstadicngenese beim Menschen vorzunehmen. Wenn die detaillierte Übersicht der Kennziffern für jede der 11 Altersgruppen insbesondere dem Arzt eine Normorientierung bei der Behandlung von Schlafstörungen geben soll, so enthält die vergleichende Darstellung der Schlafbesonderheiten verschiedener Altersstufen auch für den sich mit ontogenetischen Fragen befassenden Psychologen eine Reihe interessanter Fakten. So zeigt sich zum Beispiel bei der Genese der einzelnen Schlafkomponenten bis zum 10. Lebensjahr ein wesentlich schnelleres Entwicklungstempo bei Mädchen als bei Jungen, eine Tatsache, die bereits von anderen psychischen Funktionen bekannt ist. Interessant ist auch der U-förmige Verlauf der Schlafperiodenzeitkurve in Abhängigkeit vom Alter, wobei der Anstieg bei Individuen über 45 Jahre auf eine größere Häufigkeit des Phasenwechsels und Erwachens, also einer abnehmenden Schlafeffizienz zurückzuführen ist. Im klinischen Teil des Buches weisen die Autoren in einer Zusammenstellung bisheriger Ergebnisse auf die Notwendigkeit einer EEG-Untersuchung bei der Diagnostik von Schlafstörungen
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einer R e i h e psychischer u n d neurologischer K r a n k h e i t e n hin. Hierbei wird wie a u c h i m resümierenden A b s c h n i t t eine s t ä r k e r e K o o p e r a t i o n m i t V e r t r e t e r n verschiedener n a t u r w i s s e n s c h a f t l i c h e r Disziplinen g e f o r d e r t . D a s B u c h e r l a n g t i n s g e s a m t d u r c h seine g e d r ä n g t e u n d übersichtliche D a r s t e l l u n g s w e i s e den C h a r a k t e r eines N a c h s c h l a g w e r k e s u n d wird den a u f d e m G e b i e t der S c h l a f f o r s c h u n g t ä t i g e n P h y siologen, Ä r z t e n u n d P s y c h o l o g e n wertvolle A n r e g u n g e n geben können. R . RICHTER (Berlin)
MSD-Manual der Diagnostik und Therapie. 2. A u f l . X V I , 2177 S . m i t 57 A b b . u n d 96 T a b . , M ü n c h e n - B e r l i n - W i e n : U r b a n & S c h w a r z e n b e r g 1976. G e b u n d e n 75,— M. Die zweiLc A u f l a g e s t ü t z t sich auf die g r u n d l e g e n d n e u b e a r b e i t e t e 12. A u f l a g e des in englischer S p r a c h e erschienenen W e r k e s . I n d i e s e m i n t e r n a t i o n a l a n e r k a n n t e n W e r k wird ein u m f a s s e n d e r E i n b l i c k in die Allgemeinm e d i z i n dargestellt. Die 25 K a p i t e l s p a n n e n sich v o n den A t m u n g s o r g a n e n ü b e r die N e u r o l o g i e , P s y c h i a t r i e bis zu den V e r g i f t u n g e n . E i n e W ü r d i g u n g der einzelnen K a p i t e l ist bei der F ü l l e des d a r g e b o t e n e n M a t e r i a l s nicht möglich. D i e z u n e h m e n d e S p e z i a l i s i e r u n g in der Medizin läßt es w ü n s c h e n s w e r t erscheinen, d a s n o t w e n d i g e medizinische G e r ü s t zu o r d n e n u n d g e r a d e n o c h ü b e r s c h a u b a r darzustellen, d a m i t sich a u c h der F a c h f r e m d e , der sich m i t medizinischen F r a g e s t e l l u n g e n b e s c h ä f t i g t , wie z u m Beispiel der klinisch t ä t i g e P s y c h o l o g e , orientieren k a n n . D a s M S D - M a n u a l wird in g e s t r a f f t e r K ü r z e den E r f o r d e r n i s s e n der P r a x i s u n d d e m n e u e s t e n S t a n d der W i s s e n s c h a f t gerecht. H. SCHLEGEL (Berlin)
3. n e u b e a r b e i t e t e A u f l . X V I , 4 2 2 S . m i t 9 1 A b b . u n d 22 T a b . , BerlinPOECK, K . : Neurologie. H e i d e l b c r g - N e w Y o r k : S p r i n g e r - V e r l a g 1974. G e h e f t e t 4 8 , — D M . A u c h der klinisch t ä t i g e P s y c h o l o g e , der in i m m e r s t ä r k e r e m Maß a n der D i a g n o s t i k der neurologischen K r a n k h e i t s b i l d e r beteiligt ist, w i r d diese A u s f ü h r u n g e n m i t G e w i n n lesen, z u m a l besonderer W e r t auf die n c u r o p s y c h o l o g i s c h e n P r o b l e m e gelegt wird ( A p h a s i e , A p r a x i e , A n o s o g n o s i e , L e i t u n g s s t ö r u n g e n u. a.). A m A n f a n g des B u c h e s w e r d e n die U n t e r s u c h u n g s m e t h o d e n der klinischen Neurologie v o r g e stellt, d a r a n anschließend w e r d e n alle wichtigen neurologischen K r a n k h e i t s b i l d e r a b g e h a n d e l t . Der A n s i c h t des A u t o r s ( S . 105), daß U n t e r s u c h u n g s v e r f a h r e n die a d h o c auf die S i t u a t i o n des P a t i e n t e n hin e n t w o r f e n werden, h e u t e obsolet sind u n d die m i t ihnen gewonnenen E r g e b n i s s e e b e n f a l l s , k a n n v o l l u n d g a n z z u g e s t i m m t w e r d e n u n d sollte ein A n r e i z für die P s y c h o l o g i e sein, V e r f a h r e n zu entwickeln die p s y c h o p a t h o l o g i s c h e B e f u n d e bei neurologischen K r a n k h e i t e n sichern helfen. H . SCHLEGEL (Berlin)
3. n e u b e a r b e i t e t e u n d erweiterte A u f l . X I I , 3 8 5 S . mit SCHULTE, W . , u n d TÖLLE, R . : Psychiatrie. 10 T a b . , B e r l i n - H e i d e l b e r g - N e w Y o r k : S p r i n g e r - V e r l a g 1975. G e h e f t e t 3 8 , - DM. In der R e z e n s i o n zur zweiten A u f l a g e dieses W e r k e s i m B a n d 184 (1974) H e f t 1 dieser Zeitschrift w u r d e v o n 0 . BACH d a s K o n z e p t der m u l t i f a k t o r i e l l e n Genese p s y c h o p a t h o l o g i s c h e r S y n d r o m e , v o n d e m die A u t o r e n a u s g e h e n , b e s o n d e r s h e r v o r g e h o b e n , a u ß e r d e m w u r d e a u f die g u t e D a r s t e l l u n g der t h e r a p e u t i s c h e n Möglichkeiten in der P s y c h i a t r i e hingewiesen.
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Auch in der nach kurzer Zeit folgenden dritten, neubearbeiteten und erweiterten Auflage wurde die Konzeption nicht verändert. Die Erweiterungen bestehen im wesentlichen aus einer Anleitung zum Abfassen von psychiatrischen Krankengeschichten, aus einem Kapitel über Herzneurose und sensitive Persönlichkeitsentwicklungen. Die besondere Kenntnis des Mitautors T Ö L L E über den Nikotinabusus schlägt sich in einem ebenfalls neu aufgenommenen Abschnitt nieder. H.
HAWEL, W.: Datenverarbeitung in der Psychologie. W. Kohlhammer 1975. Kartoniert 19,80 DM.
SCHLEGEL
(Berlin)
128 S. mit versch. Abb., Stuttgart: Verlag
Die Entwicklung der Datenverarbeitung ist eng verbunden mit der erheblichen Erweiterung des Instrumentariums psychologischer Forschungsmethoden. Der vorhegende Sammelband, hervorgegangen aus einem Symposium, (Regensburg 1972) versucht, einen Überblick über Grundprinzipien und Einsatzmöglichkeiten der Datenverarbeitung im Rahmen der psychologischen Forschung zu geben. Dabei geht es sowohl um die neuen Möglichkeiten, die der Psychologischen Statistik vor allem bezüglich komplexer Auswertungsmethoden erschlossen werden, als auch um mögliche Anwendungsbereiche von Simulationsstudien und on-line-Datenverarbeitungsprozessen. Dabei werden Überblicke über psychologische Forschungsstatistiken (MOOSBRTTGGER) und über den Computereinsatz im Experiment (LANGHEINRICH, MARKERT) vor allem bezüglich der automatischen Versuchssteuerung und Datenauswertung gegeben. Als typisches Beispiel des on-line Einsatzes wird die Methode der Rückkopplung physiologischer Prozesse (Biofeedback) bezüglich der Parameter des E E G , EMG, Temperaturregulation, Blutdrucks und der Herzfrequenz dargestellt ( KENKMANN und V A I T L ) . Die beiden letzten Kapitel sind Anwendungen der Datenverarbeitung im Bereich der klinisch-psychologischen Forschung gewidmet. Im Abschnitt über Diagnose und Therapie ( S E I D E N S T Ü C K E R ) werden Probleme der Diagnostik, des Interviews und der psychologischen Beratung und Behandlung erörtert, während der zweite Beitrag die Kontrolle und Auswertung des Sprechverhaltens von Therapeut und Patient (ZEUZ und BRAHLER) behandelt. Insgesamt enthält das Büchlein eine Reihe interessanter Aspekte, die für den Einsatz der Datenverarbeitung in der Psychologie bedeutsam sind. B.
KRAUSE
(Berlin)
COMRAY, A. L . : A first course in factor analysis. X I I , 316 S. mit zahlr. Abb. und Tab., New York and London: Academic Press 1973. Gebunden 12,95 $. Die Monographie stellt eine Einführung in die theoretischen Grundlagen und Anwendungsmöglichkeiten der faktoranalytischen Methoden dar. Im Rahmen englischsprachiger Publikationen über die Faktorenanalyse zeichnet sich das Buch dadurch aus, daß es als Einführung auf die Belange von Studenten und praktisch tätigen Psychologen zugeschnitten ist. In den einzelnen Kapiteln werden die Hauptetappen der Durchführung einer Faktorenanalyse begründet und demonstriert. Hierzu gehören die Abschnitte über das faktorenanalytische Modell, die Zentroidmethode, die Hauptachsenmethode sowie die Rotationsproblematik (orthogonal und schiefwinklig). Zwei gesonderte Kapitel behandeln Probleme der Planung faktorenanalytischer Untersuchungen sowie der Interpretation und Anwendung faktorenanalytischer Befunde. Abschließend wird am Beispiel der Entwicklung einer Persönlichkeitsskala die Anwendung der faktorenanalytischen Methode demonstriert. Ein Überblick über ein vom Autor erstelltes Programmpaket vervollständigt die Monographie. Zusammenfassend kann man feststellen, daß das Buch seiner Zielstellung, eine Einführung in die Faktorenanalyse zu geben, voll gerecht wird. Die gut verständlichen Darstellungen werden durch Beispiele ergänzt, die zur besseren Veranschaulichung beitragen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die vorliegende Monographie gegenüber den bekannten englischsprachigen Stan-
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dardwerken z. B. von THTJRSTONE und H A R M A N ausgezeichnet. Dieser Vergleich fällt bezüglich anderer Publikationen nicht so günstig aus. Hier erscheint uns unter einführend theoretischem Aspekt die Monographie von Ü B E R L A besser gelungen und vollständiger, während unter methodischem und Anwendungsgesichtspunkt das Buch von P A W L I K weit ausführlicher ist. Unter theoretischem Gesichtspunkt, der mit vorhegender Monographie nicht direkt angezielt ist, verdient die Publikation von W E B E R zusätzliche Beachtung. In der starken Einschränkung auf die englischsprachige Literatur liegt auch ein Mangel der Monographie. B . KRAUSE
(Berlin)
AHRENS, H.: Multidimensionale Skalierung. Methodik, Theorie und empirische Gültigkeit mit Anwendungen aus der differentiellen Psychologie und Sozialpsychologie. 334 S. mit 40 Abb., Weinheim und Basel: Beltz-Verlag 1974. Beltz Monographien. Gebunden 48,— DM. Gegenüber der eindimensionalen Skalierung h a t die mehrdimensionale Skalierung (MDS) Attribute zum Gegenstand, die in mehreren Dimensionen variieren. Die Notwendigkeit einer Lösung dieses allgemeinen Meßproblems entspringt der wissenschaftlichen Fragestellung nach den Gesetzmäßigkeiten in der W a h r n e h m u n g und Beurteilung multivariater Objektbereiche im Erkenntnisprozeß. Eine Vielzahl von Objektmannigfaltigkeiten wie Farben, geometrische Muster, Worte, Einstellungen u. a. sind bisher mit unterschiedlichen Zielstellungen skaliert worden. Die praktische Lösung geht davon aus, daß Objekte immer mehr oder weniger ähnlich erscheinen. Solche empirisch ermittelten Ähnlichkeiten werden auf Grund einer angenommenen dimensionalen S t r u k t u r der Objektvariationen zu Distanzen in mehrdimensionalen Räumen in Beziehung gesetzt. Dies kennzeichnet die MDS als ein Dekompositionsmodell, da komplexe Phänomene (Ähnlichkeiten, Präferenzen) in eine Menge von Grundfaktoren (Dimensionen) in Übereinstimmung mit einer spezifischen Kombinationsregel (Distanzfunktion) zerlegt werden. Entsprechend dieser Charakteristik kann die MDS als Hilfsmittel zur Reduktion von Datenmengen sowie zur Veranschaulichung von Beziehungen in ihnen und als Methode zur Aufdeckung bisher unbekannter Strukturen in dem betrachteten Objektbereichen eingesetzt werden. Zudem läßt sich das MDSModell als Strukturhypothese über einen Urteilsvorgang interpretieren. Der Autor verfolgt mit seinem Buch das Ziel, gerade unter den letztgenannten Aspekten den theoretischen Erklärungswert der MDS innerhalb der Psychologie der Urteils- und Entscheidungsfindung zu prüfen. Dazu werden neben entsprechenden empirischen Untersuchungen theoretische Grundlagen und Verfahren der MDS dargestellt. Im ersten Teil werden das Repräsentationskonzept der Messung nach P. STTPPES und J . L. Z I N N E S sowie eine Datentheorie behandelt. Im zweiten Teil erfolgt die Darstellung der praktischen Verfahren der Abbildung von Relationen empirischer Ähnlichkeiten in Relationen zwischen Distanzen eines metrischen Modellraumes. Die Eigenschaften der wichtigsten Distanzfunktionen werden diskutiert. Ausführlich wird als erstes Verfahren das nach W. S. T O R G E R S O N vorgestellt, das als Teilschritte die Umrechnung der Ähnlichkeiten in euklidische Distanzen sowie danach deren Repräsentation in einen mehrdimensionalen R a u m beinhaltet. Ergänzt wird diese Darstellung durch Hilfsmittel zur Interpretation der Dimensionen des sich ergebenden Modellraumes, eine kritische Stelle der MDS. Als nächstes Verfahren stellt der Autor die Methode von L. R. TUCIKER und S. J . M E S S I C K vor, die eine Analyse inter- und intraindividueller Differenzen möglich macht. Auf diese Art der Verknüpfung allgemeinpsychologischer mit differentialpsychologischer Fragen ist auch die Verfahrensklasse von J . D. CARROLL und J . J . CHANG ausgerichtet, auf die ebenso wie auf andere neuere Entwicklungsrichtungen eingegangen wird. Den Abschluß dieses Teils bilden die nichtmetrischen Verfahren nach R. N. S H E P A R D und J . B. KRTJSKAL, welche die Entwicklung der MDS nachhaltig beeinflußt haben. Neben der ausführlichen Diskussion der iterativen Prozedur zur E r m i t t l u n g mehrdimensionaler Räume mit nichteuklidischen Metriken auf der Grundlage ordinaler Information über empirische Ähnlichkeiten
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werden auch die theoretischen Grundlagen der MDS nach R. BEALS, D. II. KRANTZ und A. TVERSKY behandelt. Im dritten Teil erfolgt dann die Darstellung einiger Anwendungen dieser Verfahren bei der Analyse der strukturellen Basis von Verhaltenstheorien. Die sich daraus ergebenden Konsequenzen für eine Überprüfung der gewonnenen Aussagen im Rahmen eines theoretischen Konzeptes wissenschaftlicher Erklärungen werden abgeleitet. Die empirischen Untersuchungen sind auf die Analyse der Strukturierung politischer Urteilsbildungen und auf die Bestimmung von Verhaltensdimensionen gerichtet, die auch für Präferenzentscheidungen Erklärungswert haben. Eine weitere Untersuchungsgruppe enthält MDS-Analysen von Urteilsvorgängen, wie sie durch diagnostisches Material induziert werden. Für verschiedene Versuchspersonengruppen konnten hypothetische Wahrnehmungsregeln formuliert werden. Obwohl der Autor sich nicht das Ziel gestellt hat, einen Überblick über die MDS zu geben, ist das Buch für jeden, der den Einsatz der MDS plant, von Interesse, zumal dem Buch eine umfassende Literaturzusammenstellung beigegeben ist. Nochmals besondörs hinzuweisen ist auf die im Buch erfolgte Problematisierung des Zusammenhangs der MDS mit der Theorienbildung in der Psychologie, auf den sich weitere Arbeiten zur MDS konzentrieren sollten. Trotz einiger Mängel der MDS, die in der Eindeutigkeit der erhaltenen Lösungen liegen sowie in den Schwierigkeiten der Interpretation von Lösungen, hat die MDS einen festen Platz in dem Methodeninventar des empirisch arbeitenden Psychologen. Dies zeigen gerade die neueren Anwendungen in der Psycholinguistik und der Gedächtnispsychologie. Ii. HAGENDORF (Berlin)
CHAPAKTS, A. (Ed.): Ethnic variables in human factors engineering. X X , 290 S. mit 122 Abb. und Tab., Baltimore and London: The John Hopkins University Press 1975. Leinen Preis 9,60 £. Nationale Unterschiede anthropometrischer Art, in der Sprache und den kognitiven Stilen spielen auch für die Ergonomie eine immer größere Rolle, vor allem bei der Entwicklung und Gestaltung exportabhängiger Industriewaren. Das Buch von CHAPAOTS liefert einen Überblick über das gegenwärtige Wissen, das beim Systementwurf, dem Entwurf von Arbeitsplätzen, der Aufgabengestaltung u. a. unter diesen Aspekten zu beachten ist. Fünf Klassen derartiger Unterschiede werden besprochen: Maße, Sprache, Physiologie und Psychologie sowie Sitten und Gebräuche. Außerdem werden praktische Fragen beim Entwurf von Instruktionen, Schrifttafeln, Verkehrszeichen usw. behandelt. Das Buch ist für alle arbeitswissenschaftlich Tätige von Interesse, vor allem, wenn ihr Aufgabengebiet mit der Gestaltung exportfähiger Güter verbunden ist. Die Publikation ist sehr anregungsreich, da das Augenmerk auf ein entwicklungsträchtiges Gebiet gelankt wird, dessen Resultate in Zukunft sicherlich verstärkt in den arbeitswissenschaftlichen Gestaltungsvorschlägen zu berücksichtigen sind. Ii. P. TIMPE (Berlin)
Verantwortlich für die Redaktion: Prof. Dr. F. Klix, Sektion Psychologie, DDR—102 Berlin, Oranienburger Str. 18, für den Anzeigenteil: DEWAG-LEIPZIU, D D R - 7 0 5 Leipzig, Oststr.lOS, Ruf 7 97 4303. Verlag Johann Ambrosius Barth, 701 Leipzig, Salomonstr. 18 B, Ruf 29 52 45 Gesamtherstellung: IV/2/14 VEB Druckerei »Gottfried Wilhelm Leibniz«, 445 Gräfenhainichen • 920 Printed in the German Democratic Republic Veröffentlicht unter der Lizenz-Nr. 1394 des Presseamtes beim Vorsitzenden des Ministerrates der DDR AN (EDV) 75015
Kommunalhygienische Probleme bei Trinkwassertalsperren T r i n k was s ert a 1 s p e r r e ns y s t e m B o d e w e r k im O s t h a r z Von MR Dr. med. S I E G F R I E D H E I L M A N N , Wernigerode, und Dipl.-Chem. Dr. rer. n a t . H O R S T H E I E R , Wernigerode (Reiträge zur Hygiene und Epidemiologie. Band 23) 1977. 132 Seiten, 30 Abbildungen, 35 Tabellen Broschiert 27,50 M • Bestell-Nr. 793 452 1
Nach einem Überblick über die Ursachen und die historische Entwicklung des Baues von Trinkwassertalsperren werden Schlußfolgerungen über erforderliche hygienische Maßnahmen im Einzugsbereich des Bodewerkes gezogen sowie grundlegende hygienische Postulate f ü r Trinkwassertalsperren mit besiedelten und wirtschaftlich genutzten Einzugsgebieten aufgestellt.
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A M B R O S I U S
B A R T H
L E I P Z I G
Hirn- und Myeloszintigraphie bei raumfordernden Prozessen Von Dr. sc. med. J Ü R G E N D I E T R I C H , Leipzig, Dr. sc. techn. S I E G F R I E D G U R S K Y , Leipzig, und Doz. Dr. sc. med. J O H A N N E S LÖBE, Leipzig 1977. 214 Seiten, 163 Abbildungen, davon 59 farbig, 46 Tabellen Leinen 1 1 0 , - M • Bestell-Nr. 793 467 9 Die Studie ermittelt den Stellenwert der Szintigraphie in der Skala der technischen Untersuchungsmethoden bei der Diagnose von raumfordernden Prozessen des Gehirns und des Rückenmarks und sichert die Untersuchungsergebnisse im Gruppenvergleich zu Echoenzephalographie, Pneumenzephalographie und Angiographie ab. Aufbauend auf den gewonnenen Erfahrungen bei der Untersuchung von 1600 Patienten wird die Szintigraphie in allen wichtigen Abschnitten des zerebralen und spinalen Bereichs und ihrer Stellung zu den anderen Untersuchungsmethoden dargestellt; Einsatz und Aussagemöglichkeiten dieses Verfahrens werden behandelt.
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B A R T H
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Praxis der Kardiotokographie Von Dr. sc. med. J Ü R G E N H E I N R I C H , Oberarzt der Frauenklinik Rostock-Südstadt, und MR Prof. Dr. sc. med. G Ü N T E R S E I D E N S C H N U R , Chefarzt der Frauenklinik Rostock-Südstadt unter Mitarbeit von Dr. med. Eckhard Koepcke und Dr. med. H a r t m u t H o p p 1977.84 Seiten, 76 Abbildungen, 23 Tabellen Leinen 55,80 M • Bestell-Nr. 793 487 1 Die Methodik der Kardiotokographie wird einschließlich klinischer Organisationsformen einer zentralisierten Fetalüberwachung und dem Entwicklungstrend einer kardiotokographischen Meßwertverarbeitung ausführlich dargestellt. Die Klassifikation und Interpretation kardiotokographischer Befunde konzentriert sich auf klinisch praktische Entscheidungsfindungen, wie notwendige Zusatzuntersuchungen, konservative Therapieformen oder Indikationen zu geburtsbeendigenden Operationen. Das aktuelle Thema der Weheninduktion und Tokolyse findet Berücksichtigung. Die Kardiotokographie m u ß in jeder geburtshilflichen Abteilung praktiziert werden.
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JOHANN
AMBROSIUS
BARTH
LEIPZIG
Allgemeine und anorganische Chemie in Frage und Antwort Von Dr. Dr. h. c. E R I C H T H I L O , emer. Professor mit Lehrstuhl f ü r Anorganische Chemie an der Humboldt-Universität zu Berlin, und Dr. G E R T B L U M E N T H A L , Zentralinstitut für Anorganische Chemie der Akademie der Wissenschaften der D D R (Berlin) 15., neubearbeitete Auflage 1976. 286 Seiten, 30 Abbildungen Plasteinband 10,40 M; Ausland 1 2 , - M • Bestell-Nr. 793 4 1 9 3 Der Band enthält eine Fülle auf dem neuesten Wissensstand basierenden Stoffes der allgemeinen und anorganischen Chemie. Auch wichtige chemische Details und Reaktionen werden aufgeführt. Um eine bessere Übersicht zu erreichen, sind die Hauptabschnitte in Form der Dezimalklassifikation untergliedert, die einzelnen Fragen dagegen durchnumeriert. Das Werk vermittelt wie bisher die Fakten, die theoretischen Zusammenhänge und die Probleme.
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JOHANN
AMBROSIUS
BARTH
LEIPZIG B 34131