Wirtschaften als kulturelle Praxis: Die Florentiner Salviati und die Augsburger Welser auf den Märkten in Lyon (1507–1559) 3515124918, 9783515124911

Im frühen 16. Jahrhundert zählten die europaweit agierenden Florentiner Salviati und Augsburger Welser zu den bedeutends

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German Pages 724 [730] Year 2020

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
I.1 Exposition
I.2 Forschungsstand
I.3 Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen
I.4 Begriffliche Klärungen
II. Buchführung, Buchführungssubjekte und Rationalität
II.1 Historische Buchführung in der Forschung
II.2 Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung
II.3 Die Buchführung als Handlungsträgerin
III. Die Akteure
III.1 Einführung: Akteure
III.2 Akteursgruppen in Lyon
III.3 Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen
III.4 Die storia interna der Salviati und der Welser
III.5 Zwischenfazit: Komplexe Handlungsgeflechte in Lyon
IV. Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser
IV.1 Die Konstituierung von Geschäftsbeziehungen
IV.2 Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern
IV.3 Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion
IV.4 Die Besonderheiten der Kooperation zwischen den Salviati und den Welsern
V. Kooperationsformen und spezialisierte Märkte
V.1 Der Levantehandel als spezialisierter Markt
V.2 Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte
VI. Communities of Practices und Wissensgemeinschaften
VI.1 Ausbildung für wirtschaftliches Handeln
VI.2 Praktikengemeinschaften
VI.3 Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript
VII. Schluss und Ausblick
VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis
VIII.1 Quellen
VIII.2 Literatur
VIII.3 Internetquellen
IX. Währungen
X. Stammbäume
X.1 Stammbaum der Salviati
X.2 Stammbaum der Welser
XI. Glossar
XII. Siglen
XIII. Verzeichnis von Tabellen, Schaubildern und Graphiken
XIV. Register
XIV.1 Personen- und Firmenregister
XIV.2 Sachregister
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Wirtschaften als kulturelle Praxis: Die Florentiner Salviati und die Augsburger Welser auf den Märkten in Lyon (1507–1559)
 3515124918, 9783515124911

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Heinrich Lang

Wirtschaften als kulturelle Praxis Die Florentiner Salviati und die Augsburger Welser auf den Märkten in Lyon (1507–1559)

Geschichte Franz Steiner Verlag

VSWG – Beiheft 248

Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Herausgegeben von Mark Spoerer, Jörg Baten, Markus A. Denzel, Thomas Ertl, Gerhard Fouquet und Günther Schulz Beiheft 248

Heinrich Lang

WIRTSCHAFTEN ALS KULTURELLE PRAXIS Die Florentiner Salviati und die Augsburger Welser auf den Märkten in Lyon (1507–1559)

Franz Steiner Verlag

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung, Köln

Umschlagabbildung: Einband des Buches über den Seidenzoll (Scuola Normale Superiore di Pisa, Archivio Salviati, ser. I, no. 506, 1532–1542). Der Umschlag zeigt die beiden Handelsmarken der beteiligten Unternehmungen: Salviati und Welser. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Archivs der Scuola Normale Superiore di Pisa und der Familie Salviati. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2020 Layout und Herstellung durch den Verlag Satz: DTP + TEXT Eva Burri, Stuttgart Druck: Beltz Grafische Betriebe, Bad Langensalza Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-515-12491-1 (Print) ISBN 978-3-515-12496-6 (E-Book)

Vorwort

Mit der Fertigstellung dieses als Habilitationsschrift an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg im August 2016 eingereichten Buches schließt sich ein langer biographischer Kreis, der mit der ersten Archivreise nach Pisa zum Archivio Salviati an der Scuola Normale Superiore im November 2005 seinen Anfang nahm. Mark Häberlein, der der Betreuer meiner Dissertation und anschließend der wichtigste Mentor meiner Habilitation wurde, hatte bereits lange das Ziel verfolgt, eine umfassende Edition aller Dokumente der Augsburger Handels- und Bankgesellschaft der Welser unter Anton und Bartholomäus vorzulegen. Die geschätzten Kollegen Kurt Weissen und Götz-Rüdiger Tewes hatten ihm den Hinweis auf das Vorkommen der Welser in den Rechnungsbüchern der Florentiner Kaufmannbankiers Salviati gegeben. Man würde mit dem Nachweis der Welser am bedeutenden Handelsplatz Lyon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ein neues Kapitel süddeutscher Handelsgeschichte schreiben können. Diese Einschätzung erwies sich als ebenso zutreffend wie folgenreich. Der Wirtschaftshistoriker und Spezialist für das Augsburger Patriziat im Spätmittelalter, Peter Geffcken, nahm sich gemeinsam mit Mark Häberlein der Dokumentation der Welser an. Er besuchte im April 2005 das Salviati-Archiv für eine erste Sondierung (mit einer Freiherrlich Welserschen Digitalkamera). Anhand der dabei generierten Digitalisate führte mich Peter Geffcken in das strukturelle Denken der Buchführung ein. Mit ihm – und Kurt Weissen – konnte ich mich bei meinen ersten buchhalterischen Lesestudien austauschen. Mark Häberlein, der zum Wintersemester 2004/2005 seinen Lehrstuhl an der Otto-Friedrich-Universität in Bamberg antrat, nahm mich unter seine Fittiche: Nach dem Abschluss meiner Promotion im November 2006 bearbeitete ich zunächst ein Fritz Thyssen-Projekt zur Edition des Welser-Materials, das sich als zunehmend reichhaltig entpuppte. Mark Häberlein war auch der geduldige Erstleser der frühen Fassungen der vorliegenden Arbeit. Im November 2004 lernte ich seinen damaligen Mitarbeiter Christof Jeggle kennen: Mit Christof verbinden mich nicht nur fruchtbare Jahre der fachlichen Zusammenarbeit, sondern auch eine tiefe Freundschaft. Durch die zahlreichen Gespräche, in deren Verlauf ich ihm meine jeweils neuesten Entdeckungen präsentieren konnte, ist Christof der wichtigste wissenschaftliche Pate der vorliegenden Arbeit – und meiner künftigen wirtschaftshistorischen Vorhaben.

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Vorwort

Gemeinsam mit Christof und mir gründete Sven Schmidt, der im Anschluss an seine Magisterarbeit über die Nürnberger Preiscouranten eine Dissertation zum Gewerbebuch der Christoph-Welser-Gesellschaft verfasst hat, im Herbst 2006 den informellen „Arbeitskreis für Wirtschaftsgeschichte“. Die Idee bestand darin, gemeinsam an Fragestellungen der Wirtschaftsgeschichte zu arbeiten, vorzugsweise an konkreten Problemen wie der Interpretation von Geschäftsvorfällen aus der Buchführung. Einen großen Teil unserer jeweils gehaltenen Vorträge haben wir zuvor in diesem Arbeitskreis intensiv diskutiert. Diesem Arbeitskreis gehörte phasenweise der Lehrer für Buchhaltung, Georg Zwack, an. Im Jahr 2010 stieß Steffen Dörre dazu, der damals Mitarbeiter bei der Bamberger Globalgeschichte war. Steffen konnte mit seiner eigenen Praxiserfahrung in einem außeruniversitären Unternehmen und seinem quirligen Ideenreichtum den Arbeitskreis entscheidend voranbringen; überdies ist auch aus dieser fachlichen Beziehung eine schöne, wichtige Freundschaft entstanden. Sven Schmidt hat mir das tiefere Verständnis der Buchführung vermittelt – außerdem hat er mich durch seine konsequente und unnachgiebige Art stets dazu angespornt, jede einzelne beschriebene Transaktion nachvollziehen zu wollen. Nach seinem schrecklichen Tod am 26. November 2012 habe ich mir geschworen, die Buchführunggeschichte ins Zentrum meiner Arbeit zu rücken, so dass die vorliegende Arbeit auch als sein Vermächtnis begriffen werden kann. Sven fehlt uns. Als befreundete Kolleginnen und Kollegen haben die Erfurter Historikerin Susanne Rau, der Wirtschaftshistoriker-Kollege aus Pavia, Andrea Caracausi, sowie der Wirtschaftshistoriker Francesco Guidi Bruscoli ihren jeweiligen Sachverstand in meine Arbeit einfließen lassen. Mit der in Venedig lebenden Historikerin Evelyn Korsch verbindet mich seit dem Studium in Bonn eine wunderbare Freundschaft: Evelyn ist darüber auch zu einer geschätzen Fachkollegin geworden, die mir in jedem venezianischen Belang zur Hand gegangen ist. Die zentrale Bezugsperson in Florenz ist mein Freund Lorenz Böninger, mit dem ich alle Florentiner Themen wälzen kann. In den letzten Jahren entwickelte sich der emeritierte US-Amerikaner und Wirtschaftshistoriker Richard A. Goldthwaite zu einem wesentlichen Gewährsmann meiner Arbeit; er ist ein befreundetes Vorbild und ein stets diskussionsfreudiger Gesprächspartner. Ihm verdanke ich meine Entschlossenheit, Accounting Historian aus voller Überzeugung zu sein. Thank you, Richard, for all the jolly dinners we shared. Mein Freund, der Philosoph Gerhard Hofweber, hat mir im letzten Jahr meiner Habilitation das erforderliche Selbstbewusstsein, die Arbeit in Gelassenheit zuende zu bringen, geschenkt. Die Wirtschaftshistoriker Markus A. Denzel in Leipzig, der zudem das auswärtige Gutachten meiner Habilitationsschrift vorgenommen hat, und Gerhard Fouquet in Kiel sind zu den entscheidenden Förderern meiner Arbeit auf der Zielgeraden geworden. Dem Bamberger Kunsthistoriker Wolfgang Brassat, der bereits mein Promotionsverfahren begleitet hat, sowie der Frankfurter Frühneuzeithistorikerin Birgit Emich danke ich für die Übernahme meines Habilitationsmentorats, gemeinsam mit Mark Häberlein. Den Mentor*innen Emich, Denzel, Brassat und Häberlein bin ich für die Abfassung ausgesprochen erfreulicher Gutachten sehr dankbar.

Vorwort

Die vorliegende Monographie ist die leicht überarbeitete Fassung meiner Habilitationsschrift „Wirtschaften als kulturelle Form. Die Florentiner Kaufmannbankiers Salviati und die Handelsgesellschaften der Augsburger Welser auf den Märkten des Messestandortes Lyon (1507–1559)“. Das Projekt begann als Postdoc-Projekt im Rahmen des DFG-Projektbündels „Märkte – Netzwerke – Räume“ unter dem Titel „Verflechtung von Eliten am Beispiel der Salviati und der Welser, 1494–1557. Internationale Handelsverflechtungen zwischen Geschäft und Macht“. Die Abfassung des eigentlichen Buches wurde durch das Forschungsstipendium „Elitennetzwerke und die Konstituierung von Märkten: Die Florentiner Kaufmannbankiers Salviati und die Augsburger Handelsgesellschaften der Welser in Lyon (1507–1551)“ von der Gerda Henkel Stiftung und durch das Projekt mit Eigener Stelle „Frühneuzeitliche Staatsbankrotte. Akteurszentrierte Analyse der europäischen Kreditmärkte um 1550“ von der Fritz Thyssen Stiftung finanziert. Beiden Forschungsförderinnen – der Gerda Henkel Stiftung und der Fritz Thyssen Stiftung – möchte ich für die gewährten finanziellen Mittel ausdrücklich danken. Die Überarbeitung des Manuskriptes konnte ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Historischen Instituts in Rom von November 2016 bis August 2017 leisten. In diesem Zusammenhang möchte ich insbesondere dem Direktor des Instituts, Martin Baumeister, und seinen Stellvertretern, Lutz Klinkhammer und Alexander Koller (die sich für meine Arbeit stark eingesetzt haben), herzlich danken. Am DHI konnte ich auf die unkomplizierte und rasche Hilfe nicht nur der Verwaltung, sondern auch der Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter zählen. Überdies lernte ich am DHI meinen Kollegen und Freund Carlo Taviani kennen, mit dem ich auch in Zukunft noch gemeinsame Projekte angehen kann. Ein wissenschaftliches Buch bedarf nicht nur der Unterstützung durch die erwähnten Forschungsförderer. Vielmehr ist das Mitwirken der komplexen Infrastruktur für die Forschung vonnöten. Quanto all’Archivio Salviati, vorrei ringraziare innanzitutto la famiglia dei Duchi Salviati per aver reso disponibile agli studiosi la loro documentazione, sia familiare che aziendale, presso la Scuola Normale Superiore di Pisa. Ringrazio i responsabili dello stesso archivio, Milletta Sbrilli, Stefano Pieroni e Maddalena Taglioli. Quest’ultima è „l’archivio in persona“: senza di lei l’Archivio Salviati non continuerebbe a vivere. Sono ulteriormente grato al personale dell’Archivio di Stato di Firenze per il servizio che sta svolgendo da anni a favore dei miei studi, iniziati in questa sede nel 1997. Un ringraziamento particolare rivolgo ai Marchesi Lorenzo Bartolini Salimbeni e Filippo Niccolini, rispettivamente per avermi consentito l’accesso all’Archivio Bartolini Salimbeni (Vicchio) e all’Archivio Naldini del Riccio (Firenze). Infine ringrazio il personale della Biblioteca Apostolica Vaticana, presso la quale ho avuto modo di consultare i documenti dell’Archivio Salviati negli anni 2016 e 2017. Les collaborateurs du archive departementale du Haute Rhône à Lyon veuillent créer à mes sentiments les plus distingués. In Süddeutschland bedanke ich mich beim Kurator des Fugger-Archivs (Dillingen), Franz Karg, beim Nürnberger Stadtarchiv, beim Nürnber-

7

8

Vorwort

ger Staatsarchiv, beim Staatsarchiv Augsburg, beim Stadtarchiv Augsburg, beim Stadtarchiv Ulm und dem Historischen Archiv des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg. Was die wissenschaftlichen Bibliotheken angeht, so wirkte im Hintergrund stets hilfreich und zuvorkommend die Bayerische Staatsbibliothek; in Bamberg geht mein persönlicher Dank an die Staatsbibliothek und die Universitätsbibliothek – bei letzterer insbesondere an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Teilbibliothek 5. Abschließend möchte ich noch den Ansprechpartnerinnen beim Franz Steiner Verlag – Katharina Stüdemann, Programmplanung, und Sarah Schäfer, Herstellung, sowie der Setzerin – für ihren Einsatz zum Gelingen des Buches aufrichtig danken. Am Lehrstuhl haben Noah Bilski das Personen- und Firmenregister sowie Jakob Eißner eine letzte Korrekturlesung unternommen, Euch ein herzliches Dankeschön. Im familiären Zusammenhang danke ich den Großeltern Wilhelm und Elisabeth Albrecht, die mich dereinst auf jede mögliche italienische Fährte gesetzt haben. Meinen Eltern Verena und Walter Lang verdanke ich die Möglichkeit, den Lebensweg als Historiker einschlagen gekonnt haben zu können; Justus Albrecht hat mich mit jedem nötigen juristischen Sachverstand des Seerechtes ausgestattet. Meinen Kindern Pauline und Julius gebührt der Dank eines Vaters an seine Kinder, dass sie sein Herz mit Freude erfüllt haben. Die weiteste Wegstrecke durch das Leben eines Historikers hat mich meine Frau Annette begleitet. Ein besonderer Dank gilt endlich den Cellistinnen Sol Gabetta und Kathrin Neitz, dem Sänger Andreas Scholl sowie den felinen Vierbeinern des Hauses. Das Buch widme ich geliebter A. Rom/Bamberg, Sommer 2017

Heinrich Lang

Inhaltsverzeichnis

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I. I.1 I.1.1 I.1.2 I.1.3 I.2 I.3 I.4

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exposition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirtschaftliches Handeln und Wirtschaftsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exposé der Thematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Forschungsstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriffliche Klärungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 13 15 22 25 27 44 68

II. II.1 II.1.1 II.1.2 II.1.3 II.1.4 II.2 II.2.1 II.3 II.3.1

Buchführung, Buchführungssubjekte und Rationalität . . . . . . . . . . . . . . . 71 Historische Buchführung in der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Die frühen Rechnungsbücher in der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Die Sprachgeschichte der Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Soziale, ökonomische sowie kulturelle Rahmenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . 83 Praktiken der Buchführung und Forschungsagenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung . . . . . . . . . . 91 Die ‚Rationalität‘ des Kaufmannbankiers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 Die Buchführung als Handlungsträgerin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Ebenen der Buchführung und methodische Folgen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

III. III.1 III.1.1 III.2 III.2.1 III.2.2

Die Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung: Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Konstituierung der Akteure anhand der Buchführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Akteursgruppen in Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die italienischen Kaufmannbankiers in Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die süddeutschen Kaufmannbankiers in Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Vorwort

113 114 115 121 131 138

10

Inhaltsverzeichnis

III.3 III.3.1 III.3.2 III.3.3 III.3.4 III.3.5 III.4 III.4.1 III.4.1.1 III.4.2 III.4.3 III.4.4 III.5

IV. IV.1 IV.2 IV.2.1 IV.2.2 IV.2.3 IV.2.4 IV.2.5 IV.2.6 IV.2.7 IV.3 IV.4

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

154 Die französischen Könige und die Lyoner Messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 Die Habsburger und die Lyoner Messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 Die städtische Obrigkeit und die Messen in Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 Die notaires und die Sensalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Die nationes der Kaufmannschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 Die storia interna der Salviati und der Welser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 Die Florentiner Kaufmannbankiers Salviati . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Die Handels- und Bankgesellschaften der Salviati . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 Die Handelsgesellschaften der Salviati in Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Die Augsburger Kaufmannbankiers Welser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 Die Welser in Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 Zwischenfazit: Komplexe Handlungsgeflechte in Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser . . . . . . . . . . . . . . . . 282 Die Konstituierung von Geschäftsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Die frühen Geschäftskontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Die Kommanditgesellschaft Naldini-Vöhlin in Toulouse (1507/8) . . . . . . . . . . . . 305 Die Beziehungen der Welser-Vöhlin-Gesellschaft mit Lanfredino Lanfredini . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 Die Quantifizierung der Geschäftsbeziehungen von Salviati und Welser in Lyon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 Formen der Transferbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Die Lyoner Salviati-Gesellschaft und die Faktorei der Welser in Antwerpen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Formen der Kooperation mit der Faktorei der Welser in Antwerpen . . . . . . . . . . 384 Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion . . . . . 403 Die Besonderheiten der Kooperation zwischen den Salviati und den Welsern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419

V. V.1 V.2

Kooperationsformen und spezialisierte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Levantehandel als spezialisierter Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

423 425 477

VI. VI.1 VI.2 VI.3

Communities of Practices und Wissensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . Ausbildung für wirtschaftliches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktikengemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript . . . . . . . . . . . . . . .

538 542 555 567

Inhaltsverzeichnis

VII.

Schluss und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606

VIII. VIII.1 VIII.1.1 VIII.1.2 VIII.2 VIII.3

Quellen- und Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619 Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619 Archiv-Quellen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619 Edierte Quellenbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 622 Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 668

IX.

Währungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 670

X. X.1 X.1.1 X.1.2

X.2.2

Stammbäume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672 Stammbaum der Salviati . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672 Stammbaum der Salviati (ab Alamanno, 1389–1456). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672 Stammbaum der Salviati (ab Alamanno, 1459–1510: Stammlinie zu den Marchesi) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 672 Stammbaum der Welser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 673 Stammbaum der Welser (ohne Nachfahren des Bartholomäus V) . . . . . . . . . . . 673 Stammbaum der Welser (Nachfahren des Bartholomäus V). . . . . . . . . . . . . . . . . 673

XI.

Glossar

XII.

Siglen

XIII.

Verzeichnis von Tabellen, Schaubildern und Graphiken. . . . . . . . . . . . . .

XIV. XIV.1 XIV.2

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694 Personen- und Firmenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 716

X.2 X.2.1

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684 691

11

I.

Einleitung

I.1

Exposition

In einem Brief vom 6. Dezember 1518 schreibt Lionardo Spina, der Leiter der Florentiner Handels- und Bankgesellschaft der Salviati in Lyon, an den Antwerpener Faktor des Augsburger Handelshauses von Bartholomäus Welser & Mitverwandte folgende bemerkenswerte Zeilen: Amicj Car(issi)mj[.] abiamo a rispondere .ij. v(ost)re dj f(ier)a[,] e l’ultima è de dj xxv d’ottob(r)e jn nome d’Ant(oni)o Belzerj e c(ompagni) e da q(uest)i v(ost)rj v’abiamo jnteso che gli è piaciuto a Dio tirare a se la buona memoria del maygiore [!] v(ost)ro m(esser) Ant(oni)o […] li dettj v(ost)rj ci ànno djtto che p(er) l’avenire t(ut)ti le loro ragioni djranno in B(ar)tt(olome)o Belzerj et c(ompagni) e che a tal nome schriviamo chose si farà che Djo dj[a] buon mano. […] C(on)vennutto n’avette t(rat)to p(er) li n(ost)rj [[Salviati]] dj Firenze che sono stattj ∇ 1150 ne’ v(ost)rj si sono p(r)omes[s]e e paghattj e postj a loro chonto e valzonj justo loro ordjne simile abiamo paghattj li ∇ 5449 12⁄69 dj m(archi) che n’avete trattj p(er) più n(ost)rj chonntj ne’ detti v(ost)rj e posto t(ut)to al iusto e ci tegniamo da voj. benifemo sodisfarj e abiamo inteso che li v(ost)rj che tenghono li lib(r)j no(n) sanno tennere tanttj chonntj[,] p(er) l’avenire si farà uno / o / ij chontj chome djtte[,] ma qualche volta no(n) si può fare alt(r)imenttj p(er)chè atenghonno a djversa. p(er) avixo.1

Scuola Normale Superiore di Pisa, Archivio Salviati, serie I [künftig: SNS, AS, I], Nr. 472, c. 8rv: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen, 6.12.1518: Liebe Freunde. Wir müssen auf zwei Eurer Messebriefe antworten. Der letzte ist vom 25. Oktober, im Namen von Anton Welser & Co. Von den Eurigen haben wir erfahren, dass es Gott gefallen hat, die gute Erinnerung Eures Regierers, des Herrn Anton, zu sich zu holen. […] Die besagten Eurigen haben uns gesagt, dass sie künftig alle ihre Firmen Bartholomäus Welser & Co nennen werden und dass wir an diesen Namen alle Dinge schreiben werden, von denen Gott ein gutes Schicksal machen würde. […] Zudem habt Ihr auf die Unsrigen in Florenz [[einen Wechsel]] gezogen; es waren 1.150 scudi [di marchi] für die Eurigen, die versprochen, gezahlt und auf ein Loro-Konto gesetzt sind, bewertet gemäß der Eurigen Anweisung, gleichenfalls haben wir die 5.449 12⁄69 scudi di marchi bezahlt, die Ihr zulasten verschiedener unserer Konten gezogen habt, berechnet für besagte Eurige und richtig gesetzt, [[wie]] wir von Euch haben. Wir schreiben gut auszugleichen (eigentlich: um zu befriedigen) und wir haben gehört, dass die Eurigen, die die Bücher führen, nicht wissen, entsprechende (eigentlich: so viele) Konten zu führen. In Zukunft wird man ein oder zwei Konten, 1

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Einleitung

In diesem Schreiben kommunizieren mit den Salviati und Welsern zwei der großen Handels- und Bankgesellschaften der europäischen Wirtschaft des 16. Jahrhunderts miteinander. Die Salviati gründeten im Jahr 1508 die compagnia Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Lyon, die Welser-Vöhlin-Gesellschaft etablierte dort bereits in den 1490er Jahren eine Niederlassung. Der zitierte Brief ist nicht nur das früheste Zeugnis für die Restrukturierung der Augsburger Unternehmung nach dem Tod Anton Welsers als Bartholomäus Welser & Mitverwandte, sondern verweist auch auf die enormen Geldsummen, die zwischen Lyon, Antwerpen und Florenz gewechselt wurden. Weiter formuliert der Autor des Schreibens eine Reihe geschäftlicher Details und belehrt sein Gegenüber schließlich in Sachen Kontenführung. Obwohl die europäische Wirtschaftsgeschichte des 16. Jahrhunderts als sehr gut erforscht gilt, sind die Praktiken des Handels, die konkreten Kooperationsformen der Unternehmungen und die Konstituierung von Märkten bisher eher hinter den großen Linien der Forschung zurückgeblieben.2 Handelsgeschichte betrieb man bislang als quantitative Auswertung von Gütern und Handelsbeziehungen im Kontext europäischer Entwicklungen. Die detailreiche Fülle der Informationen zu Aktivitäten von Kaufmannbankiers hatte als Handelsgeschichte Konjunktur.3 Durch die jüngst verstärkte, editorische Aufmerksamkeit auf Dokumente der merkantilen Überlieferung in Rechnungsbüchern und Korrespondenzen werden neue Erkenntnisse gewonnen und andere Schwerpunkte gesetzt. Das publizierte Material macht einerseits Zusammenhänge zwischen Handelsrouten, Kapitalverflechtungen und personellen Netzwerken sichtbar. Andererseits wird durch eine textorientierte Analyse von kleinteiligen geschäftlichen Vorgängen und Handlungsmustern eine neue Interpretation kooperativer Verfahrensweisen möglich. Die Rekonstruktion ökonomischer Techniken und Praktiken verweist auf die Entstehung und die Dynamiken vorindustrieller Märkte. Die in den jüngsten Editionen präsentierten Geschäftsunterlagen offenbaren die soziokulturelle Färbung von Handlungslogiken und geben die Vorstellungswelten frühkapitalistischer Kaufmannbankiers zu erkennen.4

welche Bezeichnung Ihr wählt (eigentlich: wie Ihr sagt), [[ führen]]; aber fallweise kann man nicht anders verfahren, weil sie (die Konten) an Verschiedenes angehören. Durch Nachricht. 2 Vgl. Christof Jeggle, Die Konstituierung von Märkten. Soziale Interaktion, wirtschaftliche Koordination und materielle Kultur auf vorindustriellen Märkten, in: Annales Mercaturae. Zeitschrift für internationale Handelsgeschichte 2 (2016), S. 1–32. 3 Bei diesem Befund handelt es sich auch und gerade um die Musterung der deutschsprachigen Forschung; in anderen Forschungs-„Landschaften“ werden diese Themenbereiche sehr wohl schon länger in den Blick genommen: vgl. Josef Ehmer / Reinhold Reith, Märkte im vorindustriellen Europa, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 2 (2004), S. 9–24. 4 Peter Geffcken / Mark Häberlein (Hgg.), Rechnungsfragmente der Augsburger Welser-Gesellschaft (1496–1551). Oberdeutscher Fernhandel am Beginn der neuzeitlichen Weltwirtschaft (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit. Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 22), Stuttgart 2014; Sven Schmidt (Hg.), Das Gewerbebuch der Augsburger Christoph-Welser-Gesellschaft (1554–1560). Edition und Kommentar (Documenta Augustana, 22), Augsburg 2015;

Exposition

I.1.1

Wirtschaftliches Handeln und Wirtschaftsgeschichte

Die Krisen der Weltwirtschaft und der globalen Finanzmärkte in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts haben in besonderer Weise die verschiedenen Formen des „modernen“ Wirtschaftens in Frage gestellt. Anders als zuvor haben sich Debatten um die Möglichkeiten der neoliberalen und marktökonomisch orientierten Wirtschaftsweisen entsponnen. Das Platzen der New Economy-Blase von 2000/01 und der Kollaps der Immobilien-Märkte im Jahr 2008, die anschließende Banken- und Finanzkrise sowie die Staatsschuldenkrise in der Europäischen Union haben grundsätzliche Diskussionen zum Umgang mit ökonomischem Scheitern und Instrumenten der Rettung eröffnet.5 Vielfach wird der Blick in die Vergangenheit nur für den Verweis auf die geschichtliche Genealogie ökonomischer Krisenszenarien genutzt. Während sich die Wirtschaftsgeschichte vor allem als Geschichte moderner Wirtschaften der industrialisierten Welt, die sich in eine post-industrielle Globalwirtschaft wandelt, versteht, reagiert die vorindustrielle Wirtschaftsgeschichte zögerlich auf die fachlichen Herausforderungen.6 Zum Teil mag diese schweigende Verweigerung der Geschichtswissenschaft des Mittelalters und der Frühen Neuzeit mit dem ebenso verfänglichen wie abschreckenden Hang der liberalen Wirtschaftswissenschaften zur Modellbildung und zur über-mathematisierten Analyse von Volkswirtschaften zusammenhängen. Zum Teil

Heinrich Lang (Hg.), Internationale Kapital- und Warenmärkte, transalpiner Handel und Herrscherfinanzen. Die Kooperation zwischen den Handelsgesellschaften der Augsburger Welser und den Florentiner Kaufmannbankiers Salviati (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit. Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, n. n.) (in Vorbereitung). 5 Thomas Piketty, Capital in the Twenty-First Century, Cambridge (Mass.) 2014 (Thomas Piketty, Le Capital au XXIe siècle, Paris 2013): Hier ist insbesondere die politisch orientierte Diskussion von Lösungswegen aus den ökonomischen Krisen sozialer Ungleichheit und staatlicher Überschuldung zu beachten, S. 515–539. Durch die Identifizierung von „capital“ mit „wealth“ (S. 47 f.) verschwimmen die Kategorien historischer Vergleichbarkeit; capital ist hier real property, financial capital und professional capital, nicht human capital, wozu Piketty auch skills, abilities und labor power rechnet. In Anlehnung an Simon Kuznet folgt inequality – soziale Ungleichheit – einer bell curve, die sich am Verhältnis von Einkommen und Wachstum berechnet. Die von Piketty als „Metamorphose des Kapitals“ bezeichnete Entwicklung von 1700 bis 2010 bezieht sich auf die Verteilungsproportion von agricultural land, housing, other domestic capital und net foreign capital (= foreign possessions) (S. 116 f.; fig. 3.1/3.2 sowie für national capital bestehend aus private capital und public capital: S. 127–129; fig. 3.5/3.6). Damit vergibt Thomas Piketty die Chance, die eine Historisierung des „Kapitals“ und die Dimension der „sozialen Ungleichheit“ in sich tragen. Vgl. zum Einsatz der historischen Kategorie der „sozialen Ungleichheit“: Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte. Erster Band: Vom Feudalismus des Alten Reiches bis zur Defensiven Modernisierung der Reformära 1700–1815, 2. Auflage: München 1989, S. 124–133. 6 Stuart Jenks ist der einzige „vormoderne“ Wirtschaftshistoriker, der sich in einem Essay in der Perspektive eines Mittelalterhistorikers zu den jüngsten Bank- und Finanzkrisen geäußert hat; er betont, dass bei seinem Versuch der in der longue durée ausgedehnten Darstellung die „graue“ Literatur der Wirtschaftswissenschaften eine herausragende Rolle spielt: Stuart Jenks, Banken und Finanzkrisen (Handel, Geld und Politik, 11), Lübeck 2012.

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Einleitung

trägt die kulturwissenschaftliche Wende in den Geschichtswissenschaften zu ökonomievergessenen Ansichten historischer Prozesse bei.7 Aber die Gräben gegenseitigen Unverständnisses zwischen quantitativ, idealtypisch operierender Wirtschaftswissenschaft und kulturwissenschaftlicher Geschichte werden zunehmend überbrückt – durch die Verschiebung von Perspektiven. Der Blick auf ökonomische Zusammenhänge orientiert sich verstärkt an den Handelnden und verlagert damit die Aufmerksamkeit zugunsten der wirtschaftlichen Akteure.8 Anthropologische oder handlungstheoretische Ansätze bilden kreative Scharniere zwischen beiden Disziplinen, zwischen quantitativ und qualitativ denkenden Wissenschaften. Denn die historische Vergleichbarkeit wird über die Enthüllung andersartiger Bedingungen erzielt. Ähnliche Verhaltensweisen treffen auf historisch unterschiedliche Zusammenhänge.9 Dies gilt umso mehr, als der neo-liberal geprägte homo oeconomicus aus der Pflicht zur umfassenden Erklärung wirtschaftlichen Handelns entlassen worden ist. Entscheidend dabei ist die Erkenntnis, dass ökonomische Akteure – Menschen, Unternehmen und andere – zu paradoxen Handlungslogiken neigen, weil sie eben nicht im Sinne einer reinen Nutzens- und Gebrauchsmaximierung unter dem Prinzip von rational choice agieren. Vielmehr sind ökonomisch Handelnde soziokulturell eingebettet und bewegen sich in Handlungsnetzen.10 Wirtschaftliches Handeln entwickelt Handlungsmuster, welche aus komplexen Repertoires generiert werden, und es folgt kontingenten Bedingungen unter bounded rationality.11 Insbesondere die auch oft mit „Soziologie der Konventionen“ beschriebene oder übersetzte économie des conventions („Ökonomie der Konventionen“) verbindet wirtschafts- und kulturwissenschaftliche Analysen, wenn es um die Entstehung von Handlungs- und Entscheidungsmustern geht. Die Fügung von Routinen als ein Extrem und die Kontingenz von ökonomisch wirksamen Entscheidungen als ein anderes markieren den Spielraum, innerhalb dessen sich die Verzahnung von Kultur- und Wirtschaftswissenschaften abzeichnet.12

Vgl. Christof Dejung / Monika Dommann / Daniel Speich Chassé, Einleitung, in: Diess.(Hgg.), Auf der Suche nach der Ökonomie. Historische Annäherungen, Tübingen 2014, S. 3–15. 8 Vgl. Hartmut Berghoff / Jakob Vogel, Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte. Ansätze zur Bergung transdisziplinärer Synergiepotentiale, in: Diess. (Hgg.), Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte. Dimensionen eines Perspektivenwechsels, Frankfurt am Main 2004, S. 9–41, hier S. 14–18. 9 Vgl. Jakob Tanner, Die ökonomische Handlungstheorie vor der ‚kulturalistischen Wende‘, in: Hartmut Berghoff / Jakob Vogel (Hgg.), Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte. Dimensionen eines Perspektivenwechsels, Frankfurt am Main 2004, S. 69–98. 10 Mark Granovetter, Economic Action and Social Structure. The Problem of Embeddedness, in: American Journal of Sociology 91 (1985), S. 481–510. 11 Das Konzept von buonded rationality hat Herbert Simon entwickelt: Herbert Simon, Models of Bounded Rationality, 2 Bde., Cambridge, Mass. 1982; in der Zusammenfassung: Tanner, Die ökonomische Handlungstheorie vor der ‚kulturalistischen Wende‘, S. 83–86. 12 Rainer Diaz-Bone, Einführung in die Soziologie der Konventionen, in: Ders. (Hg.), Soziologie der Konventionen. Grundlage einer pragmatischen Anthropologie (Theorie und Gesellschaft, 73), Frankfurt/ 7

Exposition

Die Beschreibung von menschlicher Kultur als erweiterbare Ansammlung eingespielter und präferierter Verhaltensweisen beim zwischenmenschlichen und lebensweltlichen Verfahren ermöglicht, laut Gadi Algazi, unter der Fragestellung Wer-machtwas-wie? die Interpretation von gestaltendem Handeln als Form. Kultur wird somit nicht als kanonische Liste begriffen, sondern als Muster der Möglichkeiten. Wirtschaft wird als Wirtschaften begriffen, den menschlichen Lebewesen dabei eine aktive Rolle zugeschrieben und Praktiken als konstituent gesehen.13 Kern des Wirtschaftens ist der Transfer. Auf Märkten als Kernstücke des Transfers und bei marktähnlichen Strukturen findet die Übertragung von Verfügungsrechten statt. Märkte sind die organisierten Foren des Transfers, welcher zumeist aus einer wechselseitigen Verpflichtung zusammengesetzt ist. Ein Gut oder eine Leistung werden für ein Gegengut oder eine Gegenleistung übertragen. Ein wesentlicher, prozessualer Vorgang dabei besteht in der Bewertung von Gütern und Leistungen als wirtschaftlich sinnstiftendem Verfahren. Auch bei Transfers ohne Märkte greift diese kulturelle Neigung als abstrahierende Denkfigur.14 Die Handlungszentrierung bedeutet in Bezug auf Märkte, dass aus den transfer-orientierten Interaktionen heraus soziale Zusammenhänge gestiftet werden und Marktgeschehen aus der Vernetzung von Handlungsketten heraus begriffen wird.15 Mit Blick auf die Handlungen wird der Transfer zur Leitfigur und unter komplexen Bedingungen zum Ferment der Konstitution marktwirtschaftlichen Handels. Die Möglichkeit verschiedener Anbieter oder Abnehmer bedingt Konkurrenz, die um ein bestimmtes Transfergeschehen zur Entstehung oder zum Betrieb eines Marktes führen kann. Der Wettbewerb mindestens auf der Anbieter- oder der Abnehmerseite unterscheidet New York 2011, S. 9–41. – Vgl. Tim Neu, Koordination und Kalkül. Die ‚Economie des conventions‘ und die Geschichtswissenschaft, in: Historische Anthropologie 23 (2015), S. 129–147. 13 Gadi Algazi ist derjenige, der in einem programmatischen Aufsatz kurz und prägnant argumentierend den üblicherweise eng gefassten Kulturbegriff derart weitet, dass Kultur geradezu im Sinne Kants als „Gestaltung des Daseins nach seinen [i. e. des Menschen, H. L.] Zwecken und Entfaltung seiner eigenen Kräfte“ verstanden werden kann (Rudolf Eisler, Kant Lexikon. Nachschlagewerk zu Kants sämtlichen Schriften, Briefen und handschriftlichem Nachlaß, Hildesheim u. a. 1989, S. 322, wie: Immanuel Kant, Idee zu einer allgemeinen Geschichte in Weltbürgerlicher Absicht, in: Ders., Werke in zehn Bänden, hrsg. von Wilhelm Weischedel, Band 9: Schriften zur Anthropologie, Geschichtsphilosophie, Politik und Pädagogik: Darmstadt 1983, S. 33–50, VI 7–15): Gadi Algazi, Kulturkult und die Rekonstruktion von Handlungsrepertoires, in: L’ Homme 11 (2000), S. 105–119. 14 Roger Guesnerie, L’économie de marché, Paris 1996. – Märkte werden in dieser Arbeit im Plural adressiert: Weil man nicht nur von einem einzigen Markt ausgehen kann, sondern von verschiedenen, systematisch voneinander zu trennenden Märkten; Märkte entstanden um die auf ihnen gehandelten Güter und Leistungen. Auch die gesamte Terminologie wie „spezialisierte“ Märkte (specialized markets) oder auch „angelagerte“ Märkte (vielleicht: secondary markets) bezieht sich auf diese Pluralität von Märkten: vgl. Terminologie bei Christof Jeggle, Interactions, Networks, Discourses and Markets, in: Andrea Caracausi / Christof Jeggle (Hgg.), Commercial Networks and European Cities, 1400–1800 (Perspectives in Economic and Social History, 32), London 2014, S. 45–64, hier: S. 51–58. 15 Vgl. Bruno Latour, Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie, Frankfurt am Main 2007.

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Einleitung

Märkte von anderen ökonomischen Transfersituationen. Dabei sind Unsicherheiten, die durch den bedingt offenen Ausgang eines Transfers entstehen, die Voraussetzung für Profitaussichten.16 Die Neue Institutionenökonomie ist eines der Angebote für die Einhegung menschlichen Handelns, das im ökonomischen Kontext unter Informationsdefiziten leidet und vielfältige Motivationen kennt. Sie richtet sich an den „Rahmenbedingungen ökonomischer Prozesse“ aus und fragt dabei nach Instanzen, die das Verhalten auf Märkten regulieren und normieren. Dabei unterscheidet die Neue Institutionenökonomie nach ‚formgebundenen‘ oder ‚externen‘ Institutionen wie positivem Recht und regulierenden Einflussnahmen einerseits, nach ‚formlosen‘ oder ‚internen‘ Institutionen wie Gebräuchen und ethischen Normen andererseits.17 Demgegenüber interpretiert die hier eingenommene handlungsorientierte Perspektive die Konstituierung von Märkten aus Handlungsnetzen, die durch die Verkettung von Interaktionen in sich assoziierenden Sozialgefügen entstehen. Dadurch wird nicht in Rahmung und Handlungen unterschieden, sondern die ökonomisch Handelnden bringen Handlungsnetze hervor und erzeugen, unter den Bedingungen der Konkurrenz um Transfers, Märkte. Der praxeologische Ansatz hebt Institutionen als Glieder von Handlungsketten auf und zeigt Regulierungen als Interaktionsgeflecht von Beteiligten.18 Das wichtigste Instrument zur Bewertung und zur praktischen Durchführung des Geschäfts, die „unternehmerische“ Buchführung, dachte überhaupt gar nicht an den Gewinn, sondern nur an die Balancierung auf Null. Die Idee, dem geschäftlichen Wirtschaften Mittel zu entziehen und umzuwidmen (etwa durch den Erwerb von Grund), wurde von außen an die betriebliche Rechnungshaltung herangetragen. Persönliche Rechnungsbücher, die im Kontext der Florentiner Renaissance einen stark verfeinerten und hoch spezialisierten Grad an Entwicklung erreicht hatten, legen ihrerseits die Kapitalbeziehungen zwischen geschäftlichem und persönlichem wirtschaftlichen Handeln in diesem Sinne kaum offen.19 Auch die der Aristotelischen Oikonomia verwandte und von Rainer Beck konzipierte „naturale Ökonomie“ – als Form agrarökonomischen Wirtschaftens vor der Profitorientierung der Industrialisierung – bezieht

Jens Beckert / Rainer Diaz-Bone / Heiner Ganßmann (Hgg.), Einleitung: Neue Perspektiven für die Marktsoziologie, in: Diess. (Hgg.), Märkte als soziale Strukturen, Frankfurt am Main 2007, S. 19–39, hier S. 30 f. 17 Douglass C. North, Institutionen, institutioneller Wandel und Wirtschaftsleistung, Tübingen 1992; Eirik Furubotn, Neue Institutionenökonomik. Eine Einführung und kritische Würdigung, Tübingen 1996. – In der Zusammenfassung: Berghoff/Vogel, Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte, S. 19. 18 Vgl. Mitchel Y. Abolafia / Nicole Woolsey Biggart, Competition and Markets. An Institutional Perspective, in: Amitai Etzioni / Paul R. Lawrence Hgg.), Socio-Economics. Toward a New Synthesis (Studies in Socio-Economics), London 1991, S. 211–231. 19 Vgl. Richard A. Goldthwaite, Florentine household accounts, fourteenth to seventeenth centuries, in: Renaissance Studies 32 (2018), S. 219–235. 16

Exposition

sich auf gleichgewichtige Autosubsistenz und damit auf eine nicht wachstumsorientierte Wirtschaftsform.20 Die Verbindung der handlungstheoretischen Perspektive mit wirtschaftlichem Handeln führt zu einem mikrohistorischen Ansatz, in dessen Mittelpunkt die Buchführung als wirtschaftliche Praxis steht. Denn die Buchführung ist nicht nur die dichteste Beschreibung ökonomischer Vorgänge, vielmehr ist ihr die Handlungslogik des Wirtschaftens schlechthin eingeschrieben. Durch die Rückbesinnung auf die Buchführung wird das wirtschaftliche Handeln wieder in den Blick gerückt, werden Handlungsmuster entziffert und ökonomische Entwicklungen ausgehend von den wirtschaftlich Handelnden ausgelotet. Gelten diese Einsichten epochen- und kulturübergreifend, wird doch innerhalb der Genealogie europäischer Wirtschaftsformen differenziert werden müssen. Um die Kultur des Wirtschaftens als vergleichbare Größe herauszuarbeiten, werden die Bedingungen und die Zusammenhänge für die Entstehung von Märkten in den Fokus gerückt. Denn Märkte sind in Netzwerke aus Interaktionen und normative Zeichensysteme eingelassen. Mag die ökonomische Kernfigur des Transfers von Verfügungsrechten allgemeine Gültigkeit beanspruchen können, ist das kulturelle Gefüge, in welchem die ökonomische Übertragung vollzogen wird, ko-evolutionären Entwicklungsprozessen unterworfen. Die Handlungshorizonte der am wirtschaftlichen Geschehen Beteiligten sind höchst wandelbar und mit erheblichen Konsequenzen für die wirtschaftlichen Formen verwoben. Allein der Umstand, dass die materiellen Strukturen einer Gesellschaft für bestimmend gehalten werden und die Entstehung des Kapitalismus europäischer Prägung eng mit einem Wandel materieller und normativer Formationen verbunden ist, beschreibt die Veränderung der kulturellen Bedingungen von Wirtschaft(en).21 Während sich Wirtschaftswissenschaft als exakte Wissenschaft versteht und mit quantifizierenden Methoden arbeitet, orientieren sich die Kultur- oder Geisteswissenschaften vornehmlich an qualitativ operierenden Verfahren. Für den hier verfolgten wirtschaftshistorischen Ansatz sollte allerdings bedacht werden, dass – wie Lorraine Daston beim systematischen Vergleich von Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften argumentiert – auch Wirtschaft, Wirtschaften und Wirtschaftswissenschaft(en) als kulturell eingebettet begriffen und als kulturelle Verfahrensweisen charakterisiert werden müssen. Bei der kulturellen Einbettung von Wirtschaft(en) lässt sich auch von science in context sprechen. Dabei wird – nicht mehr und nicht weniger – ausgesagt, als Rainer Beck, Naturale Ökonomie. Unterfinning: Bäuerliche Wirtschaft in einem oberbayerischen Dorf des frühen 18. Jahrhunderts (Forschungshefte, 11), München 1986. 21 Jens Beckert, Die soziale Ordnung von Märkten, in: Jens Beckert / Rainer Diaz-Bone / Heiner Ganßmann (Hgg.), Märkte als soziale Strukturen, Frankfurt am Main 2007, S. 43–62. – Jüngst in der Diskussion: Thomas Welskopp, Zukunft bewirtschaften. Überlegungen zu einer praxistheoretisch informierten Historisierung des Kapitalismus, in: Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung 26/1 (2016), S. 81–97. 20

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Einleitung

dass auch Wirtschaft(en) und die Wissenschaften darüber inhaltlich kontextabhängig sind. Weiter erklärt Daston aber, dass sich Kultur in Praktiken artikuliert und Wirtschaft(en) sowie in der Folge auch Wirtschaftswissenschaften als kulturelle Praktiken zu interpretieren wären. Das bedeutet zugleich, dass sowohl die ökonomische Wirklichkeit als auch ihre epistemologischen Werte und Bedeutungen kulturell geformt und damit historisierbar sind. Die vermeintliche Objektivität oder auch Rationalität, welche wirtschaftliche (buchhalterische) Zahlenwerke beschreiben und die in ökonomische Modellrechnungen überführt werden können, sind ihrerseits nicht minder kulturelle Praxis. Sie sind im praktischen Vorgang von Menschen in Zusammenhängen gefügt, welche erhebliche Implikationen für eben diese Objektivität haben. Auf diese Weise sind nicht nur Wirtschaft(en) und Wirtschaftswissenschaften kulturell kontaminiert, sondern eben auch die ihnen eingeschriebene strukturelle wie strukturierende Logik kulturell konstituiert.22 Von Wirtschaften zu sprechen, bedeutet auch, dass das Ökonomische der Ökonomie fokussiert wird. Einer jüngeren Tendenz in der Forschung folgend werden Ökonomien in verschiedenen Lebensbereichen entdeckt.23 Und mit einigem Recht werden soziale Zusammenhänge, in denen Bewertetes ausgetauscht wird, als Ökonomien bezeichnet. Diese Überlegung illustriert die „Ökonomie der sozialen Beziehungen“.24 Allerdings bezieht sich Wirtschaften auf eine Form der Ökonomie, in der kein akkumuliertes Kapital gegen ein anderes Kapital konvertiert werden soll.25 Die wirtschaftliche Ökonomie, die in die Richtung der Aristotelischen Chrematistik26 weist (finanzielle Mittel werden zu Kapital durch Zins), zielt auf das Geschäft und damit auf die Konsumption. Das heißt nicht, dass die Menschen des Geschäfts, die Kaufmannbankiers, bloß einen Profit vor Augen gehabt und nicht zugleich andere Ziele wie sozialen Aufstieg

Lorraine Daston, Die Kultur der wissenschaftlichen Objektivität, in: Otto Gerhard (Hg.), Naturwissenschaft, Geisteswissenschaft, Kulturwissenschaft: Einheit – Gegensatz – Komplementarität (Göttinger Gespräche zur Geschichtswissenschaft, 6), Göttingen 1998, S. 9–39, hier S. 37: „Der zweite Punkt, daß nämlich bestimmte wissenschaftliche Praktiken und Ideale zugleich kognitive und kulturelle sein können, ist gegen den gleichermaßen tiefsitzenden und fragwürdigen Gegensatz zwischen dem Rationalen und dem Kulturellen gerichtet. Wenn es sich herausstellt, daß ein wissenschaftliches Ergebnis seine Wurzeln in kulturellen Überzeugungen hat, dann folgt daraus nicht zwangsläufig, daß deswegen dieses Ergebnis ungültig ist.“ 23 Christof Dejung / Monika Dommann / Daniel Speich Chassé (Hgg.), Auf der Suche nach der Ökonomie. Historische Annäherungen, Tübingen 2014. 24 Gabriele Jancke / Daniel Schläppi (Hgg.), Die Ökonomie sozialer Beziehungen. Ressourcenbewirtschaftung als Geben, Nehmen, Investieren, Verschwenden, Haushalten, Horten, Vererben, Schulden, Stuttgart 2015. 25 Vgl. Ingrid Gilcher-Holtey, Kulturelle und symbolische Praktiken. Das Unternehmen Pierre Bourdieu, in: Wolfgang Hardtwig / Hans-Ulrich Wehler (Hgg.), Kulturgeschichte Heute (Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft, 16), Göttingen 1996, S. 111–130. 26 Aristoteles, Politica, ediert von W. D. Ross, Oxford 1957, S. 16–19 (1257b–1258b). 22

Exposition

(die Standeserhöhung) verfolgt hätten.27 Die Forschungsdiskussion um Ökonomien wirkt nunmehr auf die Wirtschaftsgeschichte zurück, wenn beispielsweise Konsum und Schuldbeziehungen aus der Perspektive der Geschlechtergeschichte interpretiert werden.28 Die europäische Wirtschaftsgeschichte des 16. Jahrhunderts gilt als eine der am gründlichsten untersuchten Gegenstände der Geschichtswissenschaft.29 Allerdings sind die entsprechenden Studien erst in jüngster Zeit auf die ökonomischen Praktiken, die technische Tiefe wirtschaftlichen Handelns und transkulturelle Verflechtungen angelegt.30 Einerseits ist die archivalische Situation insbesondere mit Blick auf die europäischen Schnittstellen günstig, andererseits finden sich gerade hinsichtlich der Drehscheibe Lyon hochentwickelte Kooperationsformen zwischen Kaufmannbankiers verschiedener kultureller Herkunft, aber auch Diversifizierungsprozesse wie etwa das Auseinanderdriften von Waren- und Kreditmärkten. Die bislang noch nicht umfassend ausgewerteten toskanischen Rechnungsbücher, die ein feines Instrumentar zur Erschließung und Interpretation wirtschaftlicher Handlungsmuster bereit halten, bilden die Grundlage für die Charakterisierung ökonomischer Prozesse und die Konstituierung von Märkten. Eine historische Studie muss in der Lage sein, historische Alteritäten aufzuzeigen. Im konkreten Zusammenhang geht es darum, die andere Rationalität des Wirtschaftens und damit die andere Handlungslogik, die der Konstituierung von Märkten im Europa des 16. Jahrhunderts zugrunde liegt, auszuloten. In ihrem Werden sind wirtschaftliche Praktiken und die mit ihnen verknüpften kognitiv eingelagerten Bewertungen, die die ökonomischen Korrelate in der vorhandenen Welt zusammenfügen, kulturell bedingt und zugleich Vorgehensweisen, die kulturelle Praktiken ausmachen und damit erhebliche soziale Konsequenzen zeitigen.31 Auf diese Weise erscheint die vor-industrielle

Vgl. Stephanie Haberer, Ott Heinrich Fugger (1592–1644). Biographische Analyse typologischer Handlungsfelder in der Epoche des Dreißigjährigen Krieges (Veröffentlichungen der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Reihe 4, 29. Studien zur Fuggergeschichte, 38), Augsburg 2004. 28 Margareth Lanzinger / Sandra Maß / Claudia Opitz-Belakhal, Editorial, in: L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft (Themenheft: Ökonomien, hrsg. v. dens.), 27 (2016), S. 9–14; speziell im selben Heft: Kim Siebenhüner, Calico Craze? Zum geschlechterspezifischen Konsum bedruckter Baumwollstoffe im 18. Jahrhundert. Ein Blick von England zur Alten Eidgenossenschaft, ebd., S. 15–32 und Maria Rosaria De Rosa, Die vielen Gesichter des Vertrauens. Persönliche Beziehungen und Kreditvermittlung in Neapel um 1900, ebd., S. 55–71. 29 Hierzu: Fernand Braudel, Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts, Band 2: Der Handel; Band 3: Aufbruch zur Weltwirtschaft, München 1986 [zuerst als Civilisation matérielle, économie et capitalisme, XVe – XVIIIe siècle: 1979]. Vgl. Immanuel Wallerstein, Das moderne Weltsystem I. Die Anfänge kapitalistischer Landwirtschaft und die europäische Weltökonomie im 16. Jahrhundert, Wien 2004 [zuerst 1974]. 30 Vgl. Mark Häberlein / Christof Jeggle (Hgg.), Praktiken des Handels. Geschäfte und soziale Beziehungen europäischer Kaufleute in Mittelalter und früher Neuzeit (Irseer Schriften, 6), Konstanz 2010. 31 Vgl. Cheikh Moctar Ba, Les Cosmogonies et cosmologies africaines et grecques, centralité et implications sociales, Paris 2013, S. 15–20: „Les cosmologies sont des lectures du monde non comme un amas d’elements indépendents les uns des autres, ni une masse opaque d’objets arbitrairement mis en place ; 27

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Einleitung

Vergangenheit weniger als Folie, vor der sich eine gewandelte und gegenteilige post-industrielle Gesellschaft zeigt, als vielmehr ein Vergleich im menschlichen Handeln, der spätere Entwicklungen verständlich macht und als hier pour demain darzustellen vermag, wie anders Wirtschaften gehen kann. I.1.2

Exposé der Thematik

Die Zusammenarbeit zwischen den Augsburger Handelsgesellschaften Konrad Vöhlins, Anton und Bartholomäus Welsers sowie den Florentiner Kaufmannbankiers Iacopo, Alamanno, Averardo und Piero Salviati am Messe- und Handelsstandort Lyon im Frankreich der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bildet den Leitfaden, von dem aus die Konstituierung von vorindustriellen Märkten analysiert wird. Anhand der Beziehungen, die die Süddeutschen mit den Florentiner Merchant bankers knüpften, kann eine exemplarische Fallstudie geschrieben werden.32 Die Perspektive auf die beiden Unternehmen und deren Beitrag zur Entstehung, Persistenz und Dynamik von Märkten, die sich an der Wirtschaftsmetropole Lyon entwickelten, ist handlungsorientiert und damit mikrohistorisch ausgerichtet. Ausgehend von der Buchführung der Handels- und Bankgesellschaften der Salviati und der Welser werden die Aktivitäten der Unternehmen firmenhistorisch ausgeleuchtet. Beide Häuser dehnten ihre geschäftlichen Tätigkeiten über europäische Metropolen hinweg aus und bemühten sich um den Zugriff auf die Marktchancen, die sich im französischen Königreich anboten. Im Mittelpunkt der Interpretation stehen dabei die kooperativ angelegten Formen der bilateralen Kollaboration. Bei der Vernetzung des Güter- und Leistungsverkehrs an der Achse von Lyon nach Brügge/Antwerpen sowie der Integration weiterer, für beide Handelshäuser wichtiger Standorte wie Florenz, Augsburg, den Kastilischen Messen und dem südfranzösischen Raum implementierten die Salviati und die Welser ihren Zugriff auf die verschiedenen Märkte und schickten sich an, durch kooperative Handlungsweisen bestehende oder neue Märkte zu gestalten. Insbesondere die Konstituierung spezialisierter Märkte wie des Levantehandels oder der an die Herrscherfinanzen angelagerten Kredit- und

mais un cosmos vivant, articulé et significatif. […] L’idée de cosmologie traduit un système universaire de l’univers dans lequel tous les aspects de la vie (organsation sociale, économique, politique entre autres) se retrouvent dans leur interdépendence avec les systèmes de croyances. […] Réfléchir sur la place et la fonction des cosmogonies et cosmologies dans les pensées gecques et africaines, c’est prendre en charge toute une dimension de la pensée en général, en tenant de comprendre les différents mouvements et leurs justifications ou fondements.“ 32 Heinrich Lang, Internationale Handelsverflechtungen in der Frühen Neuzeit am Beispiel der Kooperation der Handelsgesellschaft Welser mit dem Bankhaus Salviati, 1496–1551. Ein Projektbericht, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hgg.), Neunhofer Dialog I: Einblicke in die Geschichte des Handelshauses Welser, St. Katharinen 2009, S. 41–58.

Exposition

Wechselmärkte wird im Verhältnis zur Kooperation zwischen den Süddeutschen und den Florentiner Unternehmen dargestellt. Das Handeln auf den verschiedenen Standard- und Statusmärkten im transalpinen Kontext erzeugte Wissensbestände, die erlernt werden mussten und deren Anwendung dann zur Geltung kam. Hierfür eigneten sich die an den europäischen Standorten präsenten Kaufmannbankiers die erforderlichen fach- und handelssprachlichen Register an und mussten auf pragmatisches Wissen rekurrieren können. Die beiden Handels- und Bankgesellschaften der Welser und der Salviati werden als Beteiligte und Exponenten einer Wissens- und Praktikengemeinschaft (communities of practices) gezeigt.33 Die Darstellung wirtschaftlichen Handelns sowie von interfirm organization bezieht sich gleichzeitig auf materielle und kulturelle Transfers. Insbesondere im Levantehandel zirkulierten Konsumgüter wie orientalische Knüpfteppiche, die kulturelle Transferleistungen geradezu versinnbildlichen.34 Die geschäftsalltägliche Koordination etwa auf Wechselmärkten betraf auch den Transfer von praktischem Wissen – von Buchführungswissen wie im eingangs zitierten Brief erwähnt. Innerhalb der Kreise von Kaufmannbankiers bildete sich eine Gruppe spezialisierter Vermittler von Leistungen.35 Es handelt sich um eine ‚Fallstudie‘, weil der vermeintliche ‚Zufall‘ der Überlieferung eine konzise Serie an Geschäftsunterlagen einer Florentiner compagnia für Lyon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts bereithält.36 Die Rechnungsbücher und Briefkopiare, welche die Aktivitäten der Merchant bankers Salviati in der neben Antwerpen

Vgl. Patrik Aspers, Wissen und Bewertung auf Märkten, in: Berliner Journal für Soziologie 17 (2007), S. 431–449; ders., Markets, Cambridge 2011, S. 85 ff. 34 Vgl. Heinrich Lang, The Import of Levantine Goods by Florentine Merchant Bankers: The Adaption of Oriental Rugs in Western Culture, in: Georg Christ / Franz-Julius Morche / Roberto Zaugg / Wolfgang Kaiser / Stefan Burkhardt / Alexander D. Beihammer (Hgg.), Union in Separation. Diasporic Groups and Identities in the Eastern Mediterranean (1100–1800), Roma 2015, S. 505–525; ders., Teppiche, in: traverse. Zeitschrift für Geschichte. Revue d’Histoire 22 (2015, 1), S. 157–168. 35 Sven Schmidt, Einführung, in: Ders. (Hg.), Das Gewerbebuch der Augsburger Christoph-Welser-Gesellschaft (1554–1560). Edition und Kommentar (Documenta Augustana, 22), Augsburg 2015, S. 11–96, hier S. 11–17; vgl. Heinrich Lang, Wissensdiskurse in der ökonomischen Praxis. Kaufmannbankiers als Experten der Märkte im 16. Jahrhundert, in: Marian Füssel / Philip Knäble / Nina Elsemann (Hgg.), Wissen und Wirtschaft. Expertenkulturen und Märkte vom 13. bis zum 18. Jahrhundert, Göttingen 2017, S. 141–168. – Zur Vergemeinschaftung über den Transfer von Gütern: Ders., Renaissance Economies: Markets, Tastes, Representations, in: Brendan Dooley (Hg.), Renaissance now! The value of the Renaissance past in contemporary culture, Oxford u. a. 2014, S. 57–80. 36 Arnold Esch, Überlieferungs-Chance und Überlieferungs-Zufall als methodisches Problem des Historikers, in: Historische Zeitschrift 240 (1985), S. 529–570. – Allerdings kann man mit Fug und Recht diskutieren, ob und warum das Salviati-Archiv in dieser einmaligen Menge und Qualität wirtschaftshistorische Unterlagen bereit hält; es ist durchaus denkbar, dass die Überlieferung weniger dem Zufall geschuldet ist, als vielmehr einer familienstrategischen Absicht oder einer Argumentation in Erbprozessen folgte. Selbst für Florentiner Verhältnisse ist die Überlieferungsdichte für die Phase zwischen 1450 und 1600 außergewöhnlich. 33

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wichtigsten europäischen Wirtschaftsmetropole von 1507 bis 1558 dokumentieren, ermöglichen verschiedene Fragstellungen. Die Salviati pflegten demnach Geschäftsbeziehungen, die sich vorwiegend auf ihre florentinischen Partner konzentrierten. Als ein bedeutender Handelspartner erschien aber auch das Handelshaus Welser. Die Niederlassung der Salviati in Lyon und die dortige Faktorei der Welser gingen graduell unterschiedliche Formen der Kooperation ein, die überdies einem dynamischen Wandel unterworfen waren.37 Als ‚exemplarisch‘ mag diese Fallstudie gelten, weil die Beziehungen zwischen den Handelsgesellschaften Welser und Salviati besonders dicht belegt sind und zumindest phasenweise eng verwoben waren. Aufgrund der Dynamik des sich wiederholt vertiefenden und formalisierenden Verhältnisses lässt sich die volle Bandbreite sozialer Beziehungen im ökonomischen Kontext zeigen und im Vergleich zu anderen Beziehungen konturieren. Beide Unternehmen waren starke Spieler in der europäischen Wirtschaftswelt der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Das Handelshaus der Welser kann auf einer Ebene mit den Augsburger Fuggern betrachtet werden38, die Salviati gehörten der Florentiner Elite an – der Gründer der Firma in Lyon, Iacopo Salviati, war Schwiegervater des berüchtigten Giovanni de’ Medici, genannt dalle Bande Nere, dessen Sohn Cosimo wiederum zum ersten Herzog der Toskana aufstieg.39 Die Darstellung der Beziehungsformen zwischen Kooperation und Konkurrenz beider Unternehmungen wirft ein helles Licht auf die Konstituierung von Märkten. Beide Akteure operierten auf den wichtigen Geschäftsfeldern des Handels mit Luxusgütern oder Krediten aktiv und trugen zur Integration der europäischen Netze von Handels- und Wechselgeschäften beispielhaft bei.40 Das hier schwerpunktmäßig behandelte zeitliche Intervall findet seine Begründung zunächst in der Überlieferungssituation. Die ‚Unternehmensgruppe‘ Salviati, auf deren Konvolut zur Geschäftstätigkeit in Lyon diese Studie zu weiten Teilen basiert, expandierte 1507 mit der Errichtung einer Kommende, einer accomandita, in Toulouse nach Südfrankreich. Als die Gesellschaft 1558 in die Hände Lionardo Spinas überging, verließen die Rechnungsbücher die Firma der Salviati und kehrten nicht in deren Archiv zurück. Mit der Absorption der Augsburger Handelsgesellschaft Anton Welsers in die Vgl. Mark Häberlein, Fugger und Welser: Kooperation und Konkurrenz 1496–1614, in: Mark Häberlein / Johannes Burkhardt (Hrsg.), Die Welser. Neuere Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses (Colloquia Augustana, Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg, 16), Berlin 2002, S. 223–239; vgl. Kurt Weissen, Florentiner Bankiers und Deutschland, 1275– 1475. Universität Basel 2001, unveröffentlichte Habilitation. 38 Häberlein, Fugger und Welser; ders., Aufbruch ins globale Zeitalter. Die Handelswelt der Fugger und der Welser, Darmstadt 2016. 39 Heinrich Lang, Der italienische condottiero im Film. Historische Authentifizierung und die verfilmte Kriegsführung des Giovanni dalle Bande Nere, in: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit (Themenheft: Mehr Krieg als Leidenschaft: Die filmische Darstellung von Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, hrsg. von Alexander Kästner / Josef Matzerath) 15 (2011), S. 311–355. 40 Lang, Internationale Handelsverflechtungen. 37

Exposition

Memminger Vöhlin-Gesellschaft 1496 auf der anderen Seite wird dann die Tätigkeit der Süddeutschen in Lyon greifbar.41 Die enge Beziehung zwischen den Welsern und den Salviati bröckelte in den späten 1540er Jahren ab, nach der Übernahme der Firma Welser durch Bartholomäus’ Sohn Christoph setzte nicht nur die Restrukturierung des Handelshauses der Welser ein42, sondern auch die geschäftlichen Kontakte zu den Salviati ließen nach. Des weiteren bildete die Besetzung der Messestadt an Saône und Rhône durch die protestantische Partei 1561 eine tiefe Zäsur, die einen Einschnitt in die Erzählung durchaus rechtfertigt.43 Die Insolvenz der französischen Krone im Jahr 1559 markiert hier das Enddatum. I.1.3

Aufbau der Arbeit

Am Beispiel der Salviati und Welser wird der Anspruch einer ‚vorindustriellen‘ Unternehmensgeschichte eingelöst.44 Im Rückgriff auf die jüngsten Editionen von Materialien zur Firmengeschichte der Welser, die für die Phase der beiden Führungsfiguren Anton und Bartholomäus Welser (1496–1551)45 von Peter Geffcken und Mark Häberlein besorgt und für die Christoph-Welser-Gesellschaft46 von Sven Schmidt bearbeitet wurde, und die für eine eigene editorische Arbeit zusammengestellten Archivalien zu den Aktivitäten der Welser im transalpinen Geschäft aus italienischen Archiven wird eine ebenso empirisch wie theoretisch motivierte Darstellung vorindustrieller Kooperationsmuster und Marktgestaltung durch zwei europaweit agierende Handels- und Bankgesellschaften angestrebt (Forschungsstand und theoretische Ansätze, Kapitel I.2–I.3). Vor allem die konzise Überlieferung der Florentiner Salviati eröffnet die Perspektive der Buchführung auf die ökonomischen Geschehnisse. Aus den Rechnungsbüchern und den Korrespondenzen ist erkennbar, inwieweit die Buchführung ein Buchführungssubjekt erzeugte, das gerichtetes wirtschaftliches Handeln vorgab. Der konsePeter Geffcken, Die Welser und ihr Handel 1246–1496, in: Mark Häberlein / Johannes Burkhardt (Hgg.), Die Welser. Neue Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses (Colloquia Augustana. Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg, 16), Berlin 2002, S. 27–167. 42 Schmidt, Das Gewerbebuch. 43 Vgl. Richard Gascon, Grand commerce et vie urbaine au XVIe siècle. Lyon et ses marchands (environs de 1520 – environs de 1580) (Civilisations et Sociétés. École pratique des hautes études, Sorbonne. VIe section: Sciences économiques et sociales. Centre de recherches historiques, 22), Paris 1971. 44 Pier Angelo Toninelli, Storia d’impresa. Seconda edizione: Bologna 2012 [zuerst 2006], S. 189–191. – Pier Angelo Toninelli hat selbst zwar die Geschichte einer ‚modernen‘ Unternehmung – Edison – auf der Grundlage der Buchführung nachgezeichnet, bezieht sich aber bei seiner Forderung ausdrücklich auf die lange, ins Mittelalter zurückreichende Traditionslinie der contabilità für die Unternemensgeschichte: vgl. Pier Angelo Toninelli, La Edison. Contabilità e bilanci di una grande impresa elettrica (1884–1916), Bologna 1990. 45 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente. 46 Schmidt, Das Gewerbebuch. 41

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Einleitung

quente Bezug zur Buchführung verweist auf eine bisher unterschätzte Erzählung: die Geschichte der Buchführung als Handlungsträgerin in ökonomischen Prozessen und auf Märkten (Kapitel II.).47 Die Darstellung der Entwicklung beider Handels- und Bankgesellschaften liefert eine exemplarische Schilderung zweier Unternehmungen des 16. Jahrhunderts. Dabei wird die Verzahnung von firmenhistorischen Eigendynamiken mit der Implementierung auf europäischen Märkten sichtbar. Dieses Vorgehen orientiert sich an der von Federigo Melis entwickelten storia interna und zeigt die Ansatzpunkte für die daran anknüpfende Geschichte von geschäftlichen Beziehungen und Kooperationen (Kapitel III.).48 Weil die benutzten Zeugnisse der Buchführung die Rekonstruktion personeller und finanzieller Verflechtungen sowie die Analyse geschäftlicher Abläufe erlauben, werden Praktiken des Handels- und Bankwesens als eine in komplexe Netzwerke eingebettete Beziehungsgeschichte zwischen zwei europäischen Playern geschildert. Deshalb leistet die vorliegende Untersuchung einen wichtigen Beitrag zur Kooperationsforschung. Aus den sichtbaren Handlungsmustern lassen sich Vorgehensweisen erkennen, die unterschiedliche Grade an koordinatorischer Verdichtung aufweisen. Indem die Leitlinie von interfirm organization verfolgt wird, erscheinen aufgrund der Analyse des komplexen Buchführungssystems überdies die gleichzeitigen Abläufe auf verschiedenen Handlungsfeldern, die wie Messehandel und Schuldbeziehungen nebeneinander hergingen (Kapitel IV.).49 Auf der Grundlage der eingespielten kooperativen Vorgehensweisen betrieben die Lyoner Salviati und die dortige Welser-Faktorei strukturierende Formen der Zusammenarbeit, um auf spezialisierte Märkte wie den Levantehandel Zugriff zu entwickeln und selbst neue Märkte zu generieren. Das Ziel der beiden Unternehmen bestand offenkundig in der Gestaltungsmacht über Märkte, wenn sie zur Finanzierung von Kronanleihen angelagerte Wechsel- und Kreditmärkte erschlossen. Indes musste die Marktmacht genügend kompetitiv angelegt sein, um die Wechselmärkte dynamisch zu halten. Diese Wechsel- und Kreditmärkte waren, wie sich zeigen wird, in die vorhandenen Märkte zwischen Lyon, Antwerpen und den Kastilischen Messen eingelassen und trugen zur Expansion des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Europa bei. Da sich der Bereich der Herrscherfinanzen ohnehin geschäftlich als prekär erwies, ist die Darstellung von Kooperation auf spezialisierten Märkten auch eine Schilderung von unternehmerischer Resilienz (Kapitel V.).50 Vgl. Peter Miller, The margins of accounting, in: Michel Callon (Hg.), The Laws of the Markets (Sociological Review), Oxford 1998, S. 174–193. 48 Vgl. Federigo Melis, Aspetti della vita economica medievale (Studi nell’Archivio Datini di Prato), Siena 1962. 49 Vgl. Häberlein/Jeggle, Praktiken. 50 Vgl. Andreas Wieland / Carl Marcus Wallenburg, The Influence of Relational Competencies on Supply Chain Resilience: A Relational View, in: International Journal of Physical Distribution & Logistics Manage47

Forschungsstand

Die Koordinierungstätigkeit im Verlauf von geschäftlichen Transfers und Kooperationen wurde im Kommunikationsmedium des Briefes verschriftlicht. Die im Salviati-Archiv überlieferten Schreiben sind Zeugnisse des Informations- und Wissenstransfers. Im Vorgang der schriftlichen Kommunikation stellten die Kaufmannbankiers der Salviati eine Praktiken- und Wissensgemeinschaft mit ihren Ausgburger Geschäftspartnern her. Das voraussetzungsvolle wirtschaftliche Handeln wird anhand der Korrespondenzen der Salviati als community of practices dargestellt und damit werden die kulturellen Grundlagen für die Formen des Wirtschaftens konturiert (Kapitel VI.).51 I.2

Forschungsstand

Die Perspektive der vorliegenden Arbeit erfordert es, unterschiedliche Forschungsfelder zusammenzuführen. Diese können in der Folge nicht detailliert, sondern nur auf den Fokus der Arbeit hin erfasst werden. Insbesondere wird in den einzelnen Kapiteln die Art des jeweiligen Zugriffes erneut umrissen und die spezifische Fragestellung mit Hinweisen zur Spezialliteratur versehen. Weil die Wirtschaftsgeschichte des 16. Jahrhunderts besonders gut erforscht ist, erscheint hier zunächst nur ein Überblick über die Studien zu den süddeutschen und Florentiner Handels- und Bankgesellschaften, die am Messestandort Lyon aktiv waren. Im weiteren werden grundsätzliche Überlegungen zum wirtschaftlichen Handeln und zur Kulturgeschichte der Wirtschaft zitiert. Darüber hinaus rückt der Forschungsstand zum Leitmotiv des Buches in den Blick: Kooperationsformen von Unternehmen und die Konstituierung von Märkten in der Frühen Neuzeit. Lyon und die Handels- und Bankgesellschaften Die Geschichte der internationalen Handelsbeziehungen über den Messestandort Lyon des 16. Jahrhunderts ist bisher mit Ausnahme von Richard Ehrenbergs Interpretation als „Zeitalter der Fugger“52 und Fernand Braudels Einbettung der Handelswege

ment 43/4, 2013, S. 300–320; Markus A. Denzel, Monetary and Financial Innovations in Flanders, Antwerp, London and Hamburg: Fifteenth to Eighteenth Century, in: Peter Bernholz / Roland Vaubel (Hgg.), Explaining Monetary and Financial Innovation. A Historical Analysis, Heidelberg/New York 2014, S. 253–282. 51 Vgl. Etienne Wenger, Communities of Practice. Learning, meaning, and identity, Cambridge 1998; Markus A. Denzel, „Wissensmanagement“ und „Wissensnetzwerke“ der Kaufleute. Aspekte kaufmännischer Kommunikation im späten Mittelalter, in: Das Mittelalter. Perspektiven mediävistischer Forschung 6 (2001), S. 73–90. 52 Richard Ehrenberg, Das Zeitalter der Fugger. Geldkapital und Kreditverkehr im 16. Jahrhundert. Band 1: Die Geldmächte des 16. Jahrhunderts. Band 2: Die Weltbörsen und Finanzkrisen des 16. Jahrhunderts, Hildesheim/Zürich/New York 1990 [zuerst 1896].

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Einleitung

in den Mittelmeerraum53 vor allem in nationaler bzw. landsmannschaftlicher Perspektive54 oder in Konzentration auf den Handelsplatz Lyon55 geschrieben worden.56 Vergleichbares gilt für die die Handelsstadt Genf57, über die insbesondere die süddeutschen Kaufmannbankiers ihre Güter im Austausch mit Lyon transportierten58, oder für die Hafenstädte bzw. Wechselhandelszentren Brügge in Flandern und Antwerpen

Fernand Braudel, Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II. Zweiter Teil: Kollektive Schicksale und Gesamtbewegungen, Frankfurt am Main 1994 [zuerst 1949/1966]; ders., Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts. 54 Für die süddeutschen bzw. deutschen Kaufmannbankiers: Karl ver Hees, Die oberdeutschen Kaufleute in Lyon im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte 27 (1934), S. 235–244; Gerhard Pfeiffer, Die Privilegien der französischen Könige für die oberdeutschen Kaufleute in Lyon, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Nürnbergs 53 (1965), S. 150– 194; ders., Die Bemühungen der oberdeutschen Kaufleute um die Privilegierung ihres Handels in Lyon, in: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, hrsg. v. Stadtarchiv Nürnberg, Nürnberg 1967, S. 407–455; Nikolas Jaspert, Dem Reich verbunden: Gemeinschaftsbildung und Frömmigkeit deutscher Kaufleute und Handwerker in Lyon (um 1500), in: Marie-Luise Heckmann / Jens Röhrkasten (Hgg.), Von Nowgorod bis London. Studien zu Handel, Wirtschaft und Gesellschaft im mittelalterlichen Europa. Festschrift für Stuart Jenks zum 60. Geburtstag (Nova Mediaevalia. Quellen und Studien zum europäischen Mittelalter, 4), Göttingen 2008, S. 489–511; Mark Häberlein, Commerce, formation et réseaux de compatriots: la ville de Lyon vue par des marchands de l’Allemagne du Sud au XVIe et au début du XVIIe siècle, in: Jean-Louis Gaulin / Susanne Rau (Hgg.), Lyon vu/e d’ailleurs (1245–1800) échanges, compétitons et perceptions (Collection d’histoire et d’archéologie médiévales, 22), Lyon 2009, S. 141–159. – Für die Eidgenossen: Ella Wild, Die eidgenössischen Handelsprivilegien in Frankreich 1444–1635 (Archiv zur vaterländischen Geschichte, 22), St. Gallen 1922. – Ein synthetischer Überblick mit der wichtigsten Literatur: Giovanna Petti Balbi, Le ‚nationes‘ italiane all’estero, in: Franco Franceschi / Richard A. Goldthwaite / Reinhold C. Mueller (Hgg.), Commercio e cultura mercantile (Il Rinascimento italiano e l’Europa, 4), Treviso 2007, S. 397–423. – Für die italienischen Kaufmannbankiers: Emile Picot, Les Italiens en France au XVIe siècle, in: Bulletin italien 1901, S. 92–137; Jacqueline Boucher, Présence italienne à Lyon à la Renaissance. Du milieu du XVe à la fin du XVIe siècle, Lyon 1994; dies., Les Italiens à Lyon, in: Jean Balsamo (Hg.), Passer les mons: Français en Italie – l’Italie en France (1494–1525). Xe colloque de la Société française d’étude du Seizième Siècle (Bibliothèque Franco Simone, 25), Paris/Fiesole 1998, S. 39–46. – Für die Florentiner mit der Literatur: Bruno Dini, I mercanti banchieri italiani e le fiere di Ginevra e di Lione, in: Francesco Salvestrini (Hg.), L’Italia alla fine del medioevo: i caratteri originali nel quadro europeo, 1, Firenze 2006, S. 433–456. 55 Gascon, Grand commerce et vie urbaine au XVIe siècle. Lyon et ses marchands (environs de 1520 – environs de 1580) (Civilisations et Sociétés. École pratique des hautes études, Sorbonne. VIe section: Sciences économiques et sociales. Centre de recherches historiques, 22), Paris 1971; vgl. Gaulin/Rau, Lyon vu / e d’ailleurs. Vgl. Jean-François Bergier, De nundinis rehabendis frivola prosecutio. La politique commerciale de Genève devant la crise des foires de Lyon, 1484–1494, in: Jean-Pierre Gutton (Hg.), Lyon et l’Europe. Hommes et sociétés. Mélanges d’histoire offerts à Richard Gascon, vol. 1, Lyon 1980, S. 33–46. 56 Vgl. Laura Galoppini, Mercanti toscani e Bruges nel tardo medioevo, Pisa 2009. 57 Jean-François Bergier, Genève et l’économie européenne de la Renaissance, Paris 1963. 58 Jean-François Bergier, De Nuremberg à Genève. Quelques notes sur l’activité des marchands d’Allemagne aux foires des Genève, autour de 1500, in: Hermann Kellenbenz / Jürgen Schneider (Hgg.), Wirtschaftskräfte und Wirtschaftswege. I: Mittelmeer und Kontinent (Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte, 4), Stuttgart 1978, S. 581–602; Michele Cassandro, Le élites internazionali a Ginevra e Lione nei secoli XV–XVI, in: Mario Del Treppo (Hg.), Sistema di rapporti ed élites economiche in Europa (secoli XII–XVII) (Europa Mediterranea. Quaderni), Napoli 1994, S. 231–248. – Für Frankreich des Ancien Regime: Dominique Margairaz, Foires et marchés dans la France préindustrielle, Paris 1988. 53

Forschungsstand

in Brabant.59 Auch der Band Mercatura è arte von 2012, der einen gelungenen Überblick über die im Spätmittelalter „auswärts“ tätigen Kaufmannbankiers aus der Toskana gibt, hält sich an dieses Schema. Zwar leuchten die Autorinnen und Autoren verschiedene Fragestellungen wie nach Netzwerkbildungen oder rechtlichen Besonderheiten im Fernhandel zugleich aus, aber das Hauptaugenmerk liegt auf der jeweiligen regionalen Marktintegration – ohne Lyon zu berücksichtigen.60 Oscar Gelderblom verknüpft in seiner jüngst verfassten Darstellung die Grundzüge der ökonomischen Entwicklung, welche Brügge, Antwerpen und Amsterdam in eine chronologische Verbindung bringt, mit konkreten Handelspraktiken, in deren Mittelpunkt der Antwerpener Kaufmannbankier Hans Thijs (Geschäfte von 1588–1612) steht, und deren Auswirkungen auf institutionelle Rahmenbedingungen. Auf diese Weise erscheinen gerichtliche oder staatsgenetische (herrschafts-formierende) Vorgänge als integrale Bestandteile wirtschaftlichen Handelns, wodurch im Sinne der Regulierungsforschung das Zusammenspiel von „staatlichen“ Stellen und unternehmerischen Kräften das Spektrum der klassischen Akteure erweitert wird.61 Dieser Befund hängt vor allem mit der nationalstaatlichen Fragmentierung der Geschichtswissenschaften zusammen, auch wenn mit verschiedenen Initiativen wie den seit 1969 abgehaltenen Settimane di Studi des auf Initiative des italienischen Wirtschaftshistorikers Federigo Melis im Jahr 1967 gegründeten Istituto Internazionale di Storia Economica „F. Datini“ in Prato die Internationalisierung der vorindustriellen Handels- und Wirtschaftsgeschichte in Anpassung an die einstigen Gegebenheiten unternommen wird.62

Jan A. Goris, Étude sur les colonies marchandes méridionales (Portugais, Espagnols, Italiens) à Anvers de 1488 à 1567. Contribution à l’histoire des débuts du capitalisme moderne, vols. 2, New York 1971 [zuerst 1915]; Renée Doehaerd, Études Anversoises, documents sur le commerce international à Anvers 1488–1514. Vol. I: Introduction; vol. II: Certificats 1488–1510; vol. III: Certificats 1512–1513, Lettres échevinales 1490–1514, Paris 1962–63; Herman van der Wee, The Growth of the Antwerp Market and the European Economy (fourteenth-sixteenth centuries). I: Statistics, II: Interpretation, III: Graphs, The Hague 1963; Donald Harreld, High Germans in the Low Countries. German Merchants and Commerce in Golden Age Antwerp (The Northern World. North Europe and the Baltic c. 400–1700 AD. Peoples, Economics and Cultures, 14), Leiden/Boston 2004. 60 Lorenzo Tanzini / Sergio Tognetti (Hgg.), ‚Mercatura è arte‘. Uomini d’affari toscani in Europa e nel Mediterraneo tardomedievale, Roma 2012. Vgl. Elisa Maria Soldani, I mercanti catalani e la Corona d’Aragona in Sardegna. Profitti e potere negli anni della conquista, Roma 2017. 61 Oscar Gelderblom, Cities of Commerce. The Institutional Foundations of International Trade in the Low Countries, 1250–1650 (The Princeton Economic History of the Western World), Princeton/Oxford 2013. – Eine sehr ausführliche Charakterisierung der Zusammenhänge von wirtschaftlicher und herrschafts-formierender Entwicklungen als ko-evolutionäre Prozesse findet sich jüngst bei: Oliver Krause, Die Variabilität frühneuzeitlicher Staatlichkeit. Die niederländische „Staats“-Formierung der Statthalterlosen Epoche (1650–1672) als interkontinentales Regiment (Beiträge zur Europäischen Überseegeschichte, 105), Stuttgart 2018. 62 Im Überblick: URL www.istitutodatini.it. Die „Sprachenpolitik“ der Leitung der Settimane di Studi verweist zunächst auf die angestrebte Internationalisierung der Tagungsreihe; doch muss man feststellen, 59

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Einleitung

Im Sinn der hier angestrebten Darstellung der Kooperation zweier Handels- und Bankgesellschaften ist auf die Arbeiten zu einzelnen Firmen zurückzugreifen. Im Fall der süddeutschen Kaufmannbankiers liegt eine Reihe von Studien vor, die sich mit der jeweiligen europäischen Geschäftstätigkeit auseinandersetzen. Hierzu zählen die monumentalen Arbeiten zu Jakob und Anton Fugger von Götz von Pölnitz63, der die Geschichte des Handels- und Bankhauses auf die Erzählung der Firmenpatriarchen fokussiert, zu den Welsern64, deren Archivsituation sich wesentlich disparater und eher fragmentiert zeigt, zu den Augsburger Manlich65, die phasenweise auch im Süden Frankreichs aktiv waren, und den Paumgartnern66, die besonders aufgrund der Informationen aus Lyon hier wichtig sind, ebenso zu den Nürnbergern Tucher67, Hirsch-

dass mit Italienisch, Französisch und Englisch nur auf eine recht enge europäische Tradition der Handelsund Wirtschaftsgeschichte verwiesen wird. 63 Götz Freiherr von Pölnitz, Jakob Fugger. Band 1: Kaiser, Kirche und Kapital in der oberdeutschen Renaissance, Tübingen 1949; Band 2: Quellen und Erläuterungen, Tübingen 1951; ders., Anton Fugger. Band 1: 1453–1535 (Studien zur Fuggergeschichte, 13), Tübingen 1958; Band 2: 1536–1548. Teil 1: 1436–1543 (Studien zur Fuggergeschichte, 17), Tübingen 1963; Band 2: 1536–1548. Teil 2: 1543–1548 (Studien zur Fuggergeschichte, 20), Tübingen 1967; Bd. 3: 1548–1560. Teil 1: 1548–1554 (Studien zur Fuggergeschichte, 22), Tübingen 1971; Bd. 3: 1548–1560. Teil 2: 1555–1560 (Studien zur Fuggergeschichte, 29), Tübingen 1986. Vgl. ders., Die Fuggersche Generalrechnung von 1563, in: Kyklos 20 (1967), S. 355–370. – Eine kritische Würdigung: Mark Häberlein, Die Fugger. Geschichte einer Augsburger Familie (1367–1650), Stuttgart 2006; ders., Die Fugger: Konkurrenten der Hanse im Ostseeraum? Hansischer Handel im Strukturwandel, in: Hansische Studien 25 (2016), S. 49–65. – Mark Häberlein hat überdies eine Studie zu den Aktivitäten von Götz von Pölnitz vorbereitet. 64 Mark Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft. Fernhandel, Familienbeziehungen und sozialer Status an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, in: Wolfgang Jahn (Hg.), Geld und Glaube. Leben in evangelischen Reichsstädten. Katalog zur Ausstellung im Antonierhaus, Memmingen, 12. Mai bis 4. Oktober 1998 (Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur. Haus der Bayerischen Geschichte, Augsburg, 37), Augsburg 1998, S. 17–37; Mark Häberlein / Johannes Burkhardt, Einleitung, in: Diess. (Hgg.), Die Welser. Neuere Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses (Colloquia Augustana, 16), Berlin 2002, S. 9–24. 65 Gerhard Seibold, Die Manlich. Geschichte einer Augsburger Kaufmannsfamilie (Abhandlungen zur Geschichte der Stadt Augsburg, 35), Sigmaringen 1995; vgl. Hermann Kellenbenz, From Melchior Manlich to Ferdinand Cron. German Levantine and Oriental Trade Relations, in: The Journal of European Economic History 19 (1990), S. 611–622. 66 Wilhelm Krag, Die Paumgartner von Nürnberg und Augsburg. Ein Beitrag zur Handelsgeschichte des XV. und XVI. Jahrhunderts. Mit einem Anhang: Die bayerischen Baumgartner von Kufstein und Wasserburg (Schwäbische Geschichtsquellen und Forschungen. Schriftenfolge des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg, 1), München/Leipzig 1919; Karl Otto Müller, Einleitung, in: Ders. (Hg.), Quellen zur Handelsgeschichte der Paumgartner von Augsburg (1480–1570) (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit herausgegeben durch die Historische Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften, 9), Wiesbaden 1955. Mechthild Isenmann, Die Paumgartner, eine Familiengesellschaft des 15. und 16. Jh. im Spiegel von Selbst- und Fremdzeugnissen, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hgg.), Person und Milieu. Individualbewusstsein? Persönliches Profil und soziales Umfeld (Neunhofer Dialog, 3), Husum 2013, S. 181–209. 67 Michael Diefenbacher, Die Tucherisch Compagnia. Ein Nürnberger Handelshaus um 1500, in: Hans-Peter Becht / Jörg Schadt (Hgg.), Wirtschaft – Gesellschaft – Städte. Festschrift für Bernhard Kirchgässner zum 75. Geburtstag, Ubstadt-Weiher 1998, S. 79–94; Michael Diefenbacher / Stefan Kley, Tucher-Briefe. Eine Nürnberger Patrizierfamilie im 16. Jahrhundert. Eine Ausstellung des Museums für Kom-

Forschungsstand

vogel68 und Imhoff69 – wobei vor allem die Tucher und die Imhoff (sowohl die Nürnberger als auch die Augsburger Linie) in Lyon auftraten. Diese Perspektive auf die Handelsgeschichte verdankt sich der mindestens in der deutschsprachigen Literatur bis vor wenigen Jahren gültigen Annahme, dass das „Goldene Zeitalter“ des süddeutschen Handels vor den Krisen des späten 16. Jahrhunderts von den „großen“ Gesellschaften hervorgebracht worden wäre.70 Die Studien zum Standort Lyon basieren in der Regel auf Archivbeständen einzelner Handels- und Bankgesellschaften. Für die im späten 15. und 16. Jahrhundert in Lyon tätigen Florentiner und Luccheser Kaufmannbankiers gibt es zwar attraktives Material, mit dem das Wirken der in einem weit ausgedehnten Handelsnetz agierenden Unternehmen dargestellt werden kann. Aber bisher konzentrieren sich nur wenige Arbeiten auf die toskanischen Kaufmannbankiers an dem für die europäische Weltwirtschaft so bedeutenden Standort.71 Michele Cassandro bezieht sich auf das Familienarchiv der Florentiner Martelli72, Richard Gascon und Françoise Bayard auf munikation und des Stadtarchivs Nürnberg im Museum für Kommunikation Nürnberg vom 28. November 2008 bis 1. Februar 2009, Nürnberg 2008; Michael Diefenbacher, ‚Je lenger, je unfleysiger‘. Sebald X. Tucher und die Niederlassungen der Tucherschen Handelsgesellschaft in Genf und Lyon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Axel Gotthard / Andreas Jakob / Thomas Nicklas (Hgg.), Studien zur politischen Kultur Alteuropas. Festschrift für Helmut Neuhaus zum 65. Geburtstag (Historische Forschungen, 91), Berlin 2009, S. 359–402; vgl. Mechthild Isenmann, Strategien und Handlungskonzepte oberdeutscher Handelshäuser zur intra- und interfamiliären Konfliktlösung im 15. und „langen 16. Jahrhundert“ (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Beihefte 249), Stuttgart 2020. 68 Christa Schaper, Die Hirschvogel von Nürnberg und ihr Handelshaus (Nürnberger Forschungen. Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, 18), Nürnberg 1973. 69 Johannes Müller, Die Geschäftsreisen und die Gewinnanteile Endres Imhoffs des Älteren, als Teilhaber der Handelsgesellschaft „Peter Imhoff und Gebrüder“ von 1518 bis 1525, in: Vierteljahrschrift für Sozialund Wirtschaftsgeschichte 13 (1916), S. 153–179; Helga Jahnel, Die Imhoff. Eine Nürnberger Patrizier- und Grosskaufmannsfamilie, eine Studie zur reichsstädtischen Wirtschaftspolitik und Kulturgeschichte an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit (1351–1579), Würzburg 1950, Diss. Phil. Maschschr.; Werner Schultheiß, Der Nürnberger Großkaufmann und Diplomat Andreas Imhoff und seine Zeit 1491–1579, in: Mitteilungen aus der Stadtbibliothek Nürnberg 6 (1957), S. 3–12; Gerhard Seibold, Die Imhoffsche Handelsgesellschaft in den Jahren 1579–1635, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 64 (1977), S. 201–214. 70 Erich Landsteiner, Kein Zeitalter der Fugger: Zentraleuropa 1450–1620, in: Friedrich Edelmayer / Peter Feldbauer / Marija Wakounig (Hgg.), Globalgeschichte 1450–1620. Anfänge und Perspektiven (Edition Weltregionen, 4), Wien 2002, S. 95–123; Christof Jeggle, Coping with the Crisis. Italian Merchants in Seventeenth Century Nuremberg, in: Andrea Bonoldi / Markus A. Denzel / Andrea Leonardi / Cinzia Lorandini (Hgg.), Merchants in Times of Crisis (16th to mid-19th Century) (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 127) Stuttgart 2015, 51–78; Heinrich Lang, Dan auf disen vornemen handelsplatzen ist gelt vollauf. Zu transalpinen Transferbeziehungen zwischen Süddeutschen und Florentiner Handelsgesellschaften während des Dreißigjährigen Krieges, in: Annales Mercaturae 2 (2016), S. 65–108, hier S. 65 f. 71 Vgl. Francesco Guidi Bruscoli, Bartolomeo Marchionni „homem de grossa fazenda“ (ca. 1450–1530). Un mercante fiorentino a Lisbona e l’impero portoghese (Biblioteca Storica Toscana. Deputazione di storia patria per la Toscana, 73), Firenze 2014. – In dieser Studie verweist Guidi Bruscoli nicht nur wiederholt auf die herausragende Bedeutung der Verbindungen der in Lissabon niedergelassenen Florentiner zu ihren landsmannschaftlichen Kaufmannbankiers in Lyon und Antwerpen, sondern er nutzt auch u. a. den Bestand des Ginori-Archivs. 72 Michele Cassandro, Le fiere di Lione e gli uomini d’affari italiani nel Cinquecento, Firenze 1979.

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die Lucchesen Buonvisi.73 Im Zuge seiner Untersuchungen zum Grand Parti, der regulierten königlichen Aufnahme von Kronanleihen nach 1555, hat Roger Doucet auch die Papiere der Nachfolge-Firma des nach Lyon ausgewanderten Florentiners Tommaso Guadagni herausgegeben74, und Angela Orlandi hat die Geschäftsunterlagen des Florentiners Giambattista Botti analysiert.75 Die erste konzise Studie, die dem Postulat von Richard A. Goldthwaite zur Erforschung der Wirtschaftsgeschichte im Lyon des 16. Jahrhunderts am Beispiel der toskanischen Archive entspricht76, hat Sergio Tognetti über die Florentiner Kaufmannbankiers Gondi verfasst.77 Die Expansion des Florentiner Unternehmens von Iacopo und Alamanno Salviati nach Lyon im Jahr 1508 hat auf der Grundlage der Bestände des Archivio Salviati, das an der Scuola Normale Superiore in Pisa untergebracht ist, in den letzten Jahren verstärkte Aufmerksamkeit erfahren. Zunächst ist auf die Forschungsleistung von Federigo Melis zu verweisen, der eine Reihe von tesi di laurea (italienische Magisterarbeiten) mit den dort aufbewahrten Schuldbüchern verfassen ließ.78 Vor der Jahrtausendwende hat sich Valeria Pinchera intensiv mit dem Archivio Salviati beschäftigt.79 In einer groß angelegten Untersuchung zum Exil der Florentiner Medici nach 1494 und der Vorbereitung von deren Rückkehr als Herren der Stadt, wobei sie auf ein feinmaschiges Unternehmensnetzwerk zurückgreifen konnten, von Götz-Rüdiger Tewes führen die Spuren zu den Salviati nach Lyon.80 Parallel dazu hat der Autor der vorliegenden Arbeit mit einer Edition, die die Verbindungen der Gesellschaften Anton und Bartholomäus Welsers zu Florentiner Kaufmannbankiers dokumentieren wird, insbesondere mit dem Material des Salviati-Archivs begonnen und erste Erträge publizieren können.81

Richard Gascon, Structure et géographie d’une maison des marchands de soie à Lyon au XVIe siècle, in: Revue de Géographie de Lyon 27 (1952), S. 145–154; Françoise Bayard, Les Bonvisi, marchands banquiers à Lyon, 1575–1629, in: Annales E. S. C. 26 (1971), S. 1234–1269. 74 Roger Doucet, La banque Capponi à Lyon en 1556, Lyon 1939. 75 Angela Orlandi, Le Grand Parti. Fiorentini a Lione e il debito pubblico francese nel XVI secolo (Fondazione Carlo Marchi. Quaderni, 14), Firenze 2002. 76 Richard A. Goldthwaite, The Economy of Renaissance Florence, Baltimore 2009, S. 164–166. 77 Sergio Tognetti, I Gondi di Lione. Una banca d’affari fiorentina nella Francia del primo Cinquecento (Biblioteca Storica Toscana, LXX), Firenze 2013. 78 Vgl. Federigo Melis (Hg.), Documenti per la storia economica dei secoli XIII–XVI, Firenze 1972; Bruno Dini, Aspetti del commercio di esportazione dei panni di lana e di drappi di seta fiorentini in Costantinopoli, negli anni 1522–1532, in: Luigi De Rosa (Hg.), Studi in memoria di Federigo Melis, IV, Napoli 1978, S. 1–52. 79 Valeria Pinchera, Mercanti fiorentini ad Anversa nel Cinquecento: I Salviati, in: Incontri. Rivista di studi italo-nederlandesi 4 (1989), S. 157–165; dies., L’Archivio Salviati. La storia degli affari attraverso un Archivio familiare, in: Società e storia 13 (1990), S. 979–986. Ihre Beschäftigung mit der Archivdokumentation der Salviati führte zu einer größeren Arbeit, die sich vornehmlich mit dem Wandel der Betätigungsfelder der vermögenden Florentiner Familie auseinandersetzt: Valeria Pinchera, Lusso e decoro. Vita quotidiana e spese dei Salviati di Firenze nel Sei e Settecento (Quaderni dell’Archivio Salviati, Scuola Normale Superiore di Pisa, 3), Pisa 1999. – Ich danke Valeria Pinchera für die Überlassung ihres Buches. 80 Götz-Rüdiger Tewes, Kampf um Florenz. Die Medici im Exil 1494–1512, Köln/Weimar/Wien 2011. 81 Lang, Internationale Handelsverflechtungen; vgl. Heinrich Lang, Herrscherfinanzen der französischen Krone unter Franz I. aus Sicht italienischer und oberdeutscher Bankiers. Die Rolle der Florentiner 73

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In den letzten Jahren lief ein von Jacques Bottin und Mathieu Arnoux geleitetes Projekt der Agence nationale pour la recherche de France (ANR) unter dem Titel „Entreprise, négoce et production en Europe (XIVe–XVe). Les compagnies Salviati (ENPrESA)“, in dessen Umfeld zwei Dissertationen entstanden sind.82 Die Studie von Nadia Matringe zu Handels- und Bankgeschäften von Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon während der 1540er Jahre bettet die Formen des Transfers in die Firmengeschichte ein.83 Im Sinne der Unternehmensgeschichte knüpft das vorliegende Projekt an den Darstellungen zu den Florentiner Handels- und Bankgesellschaften an. Demnach baut die Geschichte der Kooperation der Salviati und der Welser auf der Rekonstruktion der beiden Häuser auf, wobei der Schwerpunkt auf den Lyoner Niederlassungen liegt. Für die Salviati-Gesellschaften lässt sich eine auf der Buchführung basierende storia interna nachzeichnen, so dass den Ansprüchen von Federigo Melis entsprochen werden und die Lyoner compagnia in die Zusammenhänge der Salviati-Gruppe eingefügt zu werden vermag.84 Demgegenüber kann die Entwicklung der Welser-Gesellschaften lediglich anhand der etwas fragmentarischen Überlieferung in süddeutschen und toskanischen Archiven skizziert werden.85 Wirtschaftliches Handeln und Kulturgeschichte der Wirtschaft Wirtschafts- und handelsgeschichtliche Studien sowie wirtschaftshistorische Überblicksdarstellungen haben ein hohes Reflexionsniveau erreicht, wobei zunehmend Praktiken des Handels und kulturelle Hintergründe bzw. Bedingungen in den Blick rücken. Dadurch entsteht ein weit gefasstes Bild der ökonomischen Welten des 16. Jahrhunderts. Ein resümierendes Handbuch von 2007 fasst verschiedene Dimensionen des italienischen Handels- und Bankwesens sowie der Produktionsbedingungen in einer von Franco Franceschi, Richard A. Goldthwaite und Reinhold C. Mueller her-

Salviati als Financiers der französischen Regierung, in: Peter Rauscher / Andrea Serles / Thomas Winkelbauer (Hgg.), Das Blut des Staatskörpers. Forschungen und Perspektiven zur Finanzgeschichte der Frühen Neuzeit (Historische Zeitschrift, Beiheft 56), München/Wien 2012, S. 457–508, hier bes. S. 475–481. 82 Vgl. Agnès Pallini-Martin, L’installation d’une famille de marchands-banquiers florentins à Lyon au début du XVIe siècle, les Salviati, in: Jean-Louis Gaulin / Susanne Rau (Hgg.), Lyon vu / e d’ailleurs (1245– 1800) échanges, compétitons et perceptions (Collection d’histoire et d’archéologie médiévales, 22), Lyon 2009, S. 71–90. 83 Nadia Matringe, La Banque en Renaissance. Les Salviati et la place de Lyon au milieu du XVIe siècle (Collection ‚Histoire‘), Rennes 2016. – An dieser Stelle möchte ich Nadia Matringe dafür danken, dass sie mir in den Stand ihrer Forschungen Einblick gewährt und ihr publiziertes Buch umgehend geschickt hat. 84 Federigo Melis, Aspetti; in ausdrücklicher Nachfolge: Sergio Tognetti, Il Banco Cambini. Affari e mercati di una compagnia mercantile-bancaria nella Firenze del XV secolo (Biblioteca Storica Toscana, 37), Firenze 1999; zu den Serristori: ders., Un’industria di lusso al servizio del grande commercio. Il mercato dei drappi serici e della seta nella Firenze del Quattrocento (Biblioteca Storica Toscana, 41), Firenze 2002. 85 Vgl. Häberlein / Burkhardt, Einleitung.

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ausgegebenen Wirtschaftsgeschichte zusammen.86 Während Jochen Hoock den Stand der europäischen Kaufmannsgeschichte des Jahres 1996 im Überblick zusammentrug und Peter Spufford eine inzwischen verbreitete Einführung zum europäischen Handel im Mittelalter und den merkantilen Praktiken geschrieben hat87, ist der von den US-amerikanischen Kunsthistorikern Roger Crum und John Paoletti herausgegebene und mit „Renaissance Florence. A Social History“ verheißungsvoll betitelte Band in Bezug auf ökonomische Aspekte irritierend blind.88 Umfassend hingegen ist der Sammelband zu verschiedenen Facetten der „Praktiken des Handels“, der auf die Tagungen des Irseer Arbeitskreises für Wirtschafts- und Sozialgeschichte von 2003–2005 zurückgeht und den Mark Häberlein und Christof Jeggle herausgegeben haben.89 In besonderer Weise hat Francesco Guidi Bruscoli auf der Basis von Rechnungsbüchern die Unternehmensgeschichte des Florentiners Benvenuto Olivieri mit den verschiedenen Geschäftsfeldern eines Papstbankiers verbunden.90 Diese Analyse Guidi Bruscolis spielt für die vorliegende Arbeit eine besondere Rolle, weil zum einen zwischen Lyon und Rom finanzielle Mittel in großem Umfang verschoben wurden, zum anderen aber auch, weil die geschäftlichen Verfahren der päpstlichen Bankiers denjenigen der Handels- und Bankhäuser in Lyon strukturell ähnelten. Eine Produktlinie, die in Lyon auf Distributionsmärkten gehandelt wurde, war Seide. Die Organisation des Seidenhandels sowie die Vorgehensweisen durch die Florentiner Kaufmannbankiers am südfranzösischen Standort hat sich dieser Autor vorgenommen und im Kontext der Diskussion um „Luxusgüter“ verankert.91 Der europäische Messehandel ist in zahlreichen Studien bearbeitet worden und erscheint geradezu in einer eigenen, sehr fruchtbaren Forschungstradition.92 Besondere Franco Franceschi / Richard A. Goldthwaite / Reinhold C. Mueller (Hgg.), Commercio e cultura mercantile (Il Rinascimento italiano e l’Europa, 4), Treviso 2007. 87 Jochen Hoock, Zum Stand der europäischen Kaufmannsgeschichte, in: Ders. / Wilfried Reinighaus (Hgg.), Kaufleute in Europa. Handelshäuser und ihre Überlieferung in vor- und frühindustrieller Zeit. Beiträge der Tagung im Westfälischen Wirtschaftsarchiv 9. bis 11. Mai 1996 (Untersuchungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte, 16), Dortmund 1997, S. 11–23; Peter Spufford, Handel, Macht und Reichtum. Kaufleute im Mittelalter, Darmstadt 2002 (engl. Power and Profit: The Merchant in Medieval Europe, London 2002). 88 Roger J. Crum / John T. Paoletti (Hgg.), Renaissance Florence. A Social History, Cambridge 2006. 89 Häberlein/Jeggle, Praktiken des Handels. 90 Francesco Guidi Bruscoli, Benvenuto Olivieri. I mercatores fiorentini e la camera apostolica nella Roma di Paolo III Farnese (1534–1549) (Fondazione Carlo Marchi. Quaderni; 6), Firenze 2000; ins Englische übertragen und gekürzt: ders., Papal Banking in Renaissance Rome. Benvenuto Olivieri and Paul III, 1534–1549, Aldershot 2007. 91 Heinrich Lang, Seide aus Florenz. Eine Luxusindustrie am Beispiel der der Florentiner Salviati im 16. Jahrhundert, in: Christof Jeggle / Andreas Tacke / Markwart Herzog / Martin Przybilski / Mark Häberlein (Hgg.), Luxusgegenstände und Kunstwerke vom Mittelalter bis zur Gegenwart: Produktion – Handel – Formen der Aneignung, Konstanz 2015, S. 407–439. 92 Michael North, Von den Warenmessen zu den Wechselmessen. Grundlagen des europäischen Zahlungsverkehrs in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Peter Johanek / Heinz Stoob (Hgg.), Europäische Messen und Marktsysteme in Mittelalter und Neuzeit (Städteforschung. Veröffentlichungen des Instituts 86

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Aufmerksamkeit haben dabei die Wechselmessen gefunden, weil sich im Laufe des 16. Jahrhunderts das Wechselgeschäft vom Warenhandel zu trennen begann. Diese zukunftsweisende Entwicklung war im wesentlichen auf die Verfeinerung der Instrumente im Wechselverkehr zurückzuführen. Allerdings wird diese Arbeit vorführen, dass auch die Expansion der in die Wechselmärkte eingebetteten Geschäfte mit Kronanleihen einen Impuls in diese Richtung gab (Kapitel V.2). Insbesondere der für die Messen von Besançon – den Bisenzone-Messen, die 1578 erstmals nach Piacenza verlegt wurden und deren Messeort eher instabil blieb – charakteristische ricorsa-Wechsel (cambium cum pacto), der auf einer vertraglichen Regelung über Rückzahlungen zu entsprechenden Kursen und der Verschreibung von Messe zu Messe beruhte, wurde eingehend diskutiert.93 Die dazu erschienene Forschung verlegt den Ursprung dieser eigenwilligen Tendenz in die Lyoner und Antwerpener Wechselgebräuche sowie auf die Einrichtung der Messen in Besançon im Jahr 1537.94 Aber davon abgesehen bewegen sich die Erkenntnisse zu diesem Themenkomplex weitgehend außerhalb der hier diskutierten Phänomenologie. Anknüpfend an die Werke Raymond de Roovers zur Bank der Florentiner Medici95 und zur frühen Phase des Einsatzes von Wechselbriefen im bargeldlosen Zahlungsverkehr sowie im Kreditwesen96 hat sich Richard A. Goldthwaite auf verschiedenen

für vergleichende Städtegeschichte in Münster, 39), Köln/Weimar/Wien 1996, S. 223–238; Edoardo Demo, Sete e mercanti vicentini alle fiere di Lione nel secolo XV, in: Paola Lanaro (Hg.), La pratica dello scambio. Sistemi di fiere, mercanti e città in Europa (1400–1700), Venezia 2003, S. 177–200; Jacques Bottin, Les foires de Lyon et les Italiens autour de 1600: déclin ou reconfiguration, in: ebd., S. 201–218. 93 Giulio Mandich, Le Pacte de Ricorsa et le marché italien des changes au XVIIe siècle (École pratique des hautes études. Vie section centre de recherches historiques. Affaires et gens d’affaires, 7), Paris 1953; vgl. Isabella Cecchini, Piacenza a Venezia: la ricezione delle fiere di cambio di ‚Bisenzone‘ a fine Cinquecento nel mercato del credito lagunare (Note di Lavoro. Università Ca’ Foscari Venezia, Dipartimento di Scienze Economiche, 18), Venezia 2006; vgl. Claudio Marsilio, Dove il denaro fa denaro. Gli operatori finanziari genovesi nelle fiere di cambio nel XVII secolo (Biblioteca di cultura moderna e contemporanea, 2), Novi Ligure 2008, S. 38–40. 94 José-Gentil Da Silva, Banque et crédit en Italie au XVIIe siècle. Tome I: Les foires de change et la dépréciation monétaire (Publications de la Faculté des Lettres et Sciences Humaines de Paris-Nanterre. Thèses et Travaux, 8), Paris 1969, S. 32–34; Domenico Gioffrè, Gênes et les foires de change de Lyon à Besançon (Affaires et Gens d’affaires, 21), Paris 1960, S. 115–119; Claudio Marsilio, Dove il denaro; ders., O dinheiro morreu. Paz à sua alma danada. Gli operatori finanziari del XVII secolo tra investimenti e speculazioni (Studi e ricerche – Mediterranea. Ricerche storiche), Palermo 2012, S. 49 f.; über den Zusammenhang von Wechselmessen mit Bargeld: Marie-Thérèse Boyer-Xambeu / Ghislain Deleplace / Lucien Gillard, Monnaie privée et pouvoir des princes. L’économie des relations monétaires à la Renaissance, Paris 1986; zum Verhältnis von Wechselmessen zu bargeldlosem Zahlungsverkehr: Markus A. Denzel, Das System des bargeldlosen Zahlungsverkehrs europäischer Prägung vom Mittelalter bis 1914 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte, 201), Stuttgart 2008. 95 Raymond de Roover, Money, Banking and Credit in Medieval Bruges: Italian Merchant-Bankers, Lombards and Money-Changers: A Study in the Origins of Banking, Cambridge 1948; ders., L’évolution de la lettre de change XIVe–XVIIIe siècles (Affaires et Gens d’affaires, 4), Paris 1953. 96 Raymond de Roover, Il banco Medici dalle origini al declino (1397–1494) (Strumenti. Ristampe anastatiche, 94), Firenze 1988.

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Ebenen der Florentiner Wirtschaftsgeschichte mit Produktionswegen, dem Handel und dem Bankwesen auseinandergesetzt und dabei die Befunde De Roovers erheblich modifiziert. Seine eingehende Beschäftigung mit diesem Themenkomplex bündelte er in seinem fundamentalen Buch „The Economy of Renaissance Florence“. Darin beschreibt er auch die Vernetzung des Florentiner Fernhandels und die symptomatische Verflechtung der europaweit agierenden Handels- und Bankgesellschaften.97 Kurt Weissen hebt hervor, dass die politischen Gegensätze in der Heimat durchaus zu scharfen Konflikten zwischen den auswärts auftretenden Florentiner Kaufmannbankiers führen konnten.98 Die Praktiken im Wechselhandel haben mit Blick auf die süddeutschen Bankhäuser weitaus weniger Aufmerksamkeit gefunden. Hier sind es nach Jakob Strieder99 besonders Überblicksdarstellungen wie diejenigen von Markus A. Denzel, die den bargeldlosen Zahlungsverkehr im deutschsprachigen Raum mit einbeziehen.100 Der Schwerpunkt liegt bei der Analyse der Praktiken süddeutscher Handelgesellschaften eher im Kreditwesen.101 Für die späteren Handelspraktiken kann man an den Studien von Jacques Bottin anknüpfen.102 Jüngere Darstellungen der Handelsgeschichte beinhalten grundlegende methodische Überlegungen, die im Kontext der Interpretation von verschiedenartigem Archivmaterial und Praktiken des Wirtschaftens einschlägige Ansätze entwickelt haben. Im Rahmen des seit 2001 laufenden Projektes „The Borromei Bank Research Project“, das sich auf eine datenbankgestützte Auswertung des Schuldbuches von Filippo Borromei & Co in Brügge aus dem Jahr 1438 bezieht, untersuchen Jim Bolton und Francesco Guidi Bruscoli die Aussagekraft von Rechnungsbüchern für die (vor allem räumliche) Verlagerung von Handelsaktivitäten.103 Während Lambert F. Peters am Beispiel der Reichsstadt Nürnberg Strukturkomponenten eines lokalen Marktes mit überregionaler Bedeutung und dessen vertikaGoldthwaite, The Economy. Kurt Weissen, Die Bank von Cosimo und Lorenzo de’ Medici am Basler Konzil (1433–1444), in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 82 (1995), S. 350–386. 99 Jakob Strieder, Aus Antwerpener Notariatsarchiven. Quellen zur deutschen Wirtschaftsgeschichte des 16. Jahrhunderts (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 4), Wiesbaden 1962 [zuerst 1930]. 100 Denzel, System des bargeldlosen Zahlungsverkehrs; Denzel, Monetary and Financial Innovations. 101 Stuart Jenks, Kredit im Londoner Außenhandel um die Mitte des 15. Jahrhunderts, in: Michael North (Hg.), Kredit im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa, Köln/Wien 1991, S. 71–102; John Munro, Die Anfänge der Übertragbarkeit: einige Kreditinnovationen im englisch-flämischen Handel des Spätmittelalters (1350–1540), in: Michael North (Hg.), Kredit im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa, Köln/Wien 1991, S. 39–70. 102 Jacques Bottin / Jochen Hoock, Structures et formes d’organisation du commerce à Rouen au debut du 17e siècle: le cas de Michel van Damme, in: Francois M. Crouzet (Hg.), Le négoce international XIIIe– XXe siècle (Collection économies et sociétés contemporaines), Paris 1989, S. 59–93. 103 Jim L. Bolton / Francesco Guidi Bruscoli, When did Antwerp replace Bruges as the commercial and financial centre of north-western Europe? The evidence of the Borromei ledger for 1438, in: Economic History Review 61 (2008), S. 360–379. 97 98

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len sowie horizontalen Integrationsmechanismen in zwei groß angelegten Studien benannt hat104, entwickelte Clé Lesger anhand der Dynamiken von Handelswegen und regionalen Märkten als Kommunikationszentren sein Gateway-Konzept.105 In den Arbeiten von Rita Mazzei werden auf der Basis von Luccheser Geschäftsunterlagen die über deutsche Schnittstellen laufenden Beziehungen toskanischer Kaufmannbankiers nach Polen und Litauen dargestellt.106 Bei der Auswertung der Briefbestände, die die Handelsdiaspora sephardischer Kaufmannbankiers in Livorno dokumentieren, hat Francesca Trivellato die Handelspraktiken zwischen „Fremden“ und den einheimischen sowie christlichen Handelsleuten charakterisiert.107 Die trade diasporas italienischer merchant bankers in Antwerpen und London haben Donatella Calabi und Derek Keene beschrieben und dabei die Vernetzungen innerhalb der landsmannschaftlichen Gruppen sowie die Verbindungen zu den Gesellschaften, in denen sie sich bewegten, skizziert.108 Kooperationsformen und die Konstituierung von Märkten In der deutschsprachigen Wissenschaft gibt es seit dem späteren 19. Jahrhundert eine Tradition, innerhalb derer wirtschaftliches Handeln und unternehmerische Organisation grundlegend erforscht wurden: Als Schüler des Handelsjuristen Levin Goldschmidt (1829–1897)109 trat Max Weber (1864–1920)110 im Jahr 1889 mit einer DissertaLambert F. Peters, Der Handel Nürnbergs am Anfang des Dreißigjährigen Krieges. Strukturkomponenten, Unternehmen und Unternehmer. Eine quantitative Analyse (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte; Beihefte, 112), Stuttgart 1994; ders., Strategische Allianzen, Wirtschaftsstandort und Standortwettbewerb. Nürnberg 1500–1625, Frankfurt am Main 2005. 105 Clé Lesger, The Rise of the Amsterdam Market and Information Exchange. Merchants, Commercial Expansion and Change in the Spatial Economy of the Low Countries, c. 1550–1630, Aldershot 2006; ders., Het winkellandschap van Amsterdam. Stedelike structuur en winkelbedrijf in de vorgemoderne en moderne tijd, 1550–2000, Hilversum 2013. 106 Rita Mazzei, Traffici e uomini d’affari italiani in Polonia nel Seicento, Milano 1983; dies., Itinera mercatorum. Circolazione di uomini e beni nell’Europa centro-orientale 1550–1650, Firenze 1999; dies., La trama nascosta. Storie di mercanti e altro (secoli XVI–XVII) (Viaggi e storia, 8), Viterbo 2006. 107 Francesca Trivellato, Juifs de Livourne, Italiens de Lisbonne, Hindous de Goa. Réseaux marchands et échanges interculturels à l’époque moderne, in: Annales (Histoire, Sciences sociales) 58 (2003), S. 581–603; dies., The Familiarity of Strangers: The Sephardic Diaspora, Livorno, and Cross-Cultural Trade in the Early Modern Period, New Haven 2009; in der Übersetzung: dies., Il commercio interculturale. La diaspora sefardita, Livorno e i traffici globali in età moderna, Roma 2016. 108 Donatella Calabi / Derek Keene, Merchant’s lodgings and cultural exchange, in: Donatella Calabi / Stephen Turk Christensen (Hgg.), Cultural Exchange in Early Modern Europe. Volume II: Cities and Cultural Exchange in Europe 1400–1700, Cambridge 2007, S. 315–348. 109 Lothar Weyhe, Levin Goldschmidt. Ein Gelehrtenleben in Deutschland. Grundfragen des Handelsrechts und der Zivilrechtswissenschaft in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Hamburger Rechtsstudien), Berlin 1996. 110 Michael Sukale, Max Weber – Leidenschaft und Disziplin. Leben, Werk, Zeitgenossen, Tübingen 2002. 104

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tion zu den formalen Bedingungen der italienischen Handels- und Bankgesellschaften in Erscheinung.111 Goldschmidt selbst arbeitete an einer Abhandlung zum Deutschen Handelsrecht, dem er einen von Auflage zu Auflage erweiterten historischen Teil voranstellte.112 Zuvor hatten sich bereits Robert Pöhlmann mit der „Verkehrsfreiheit“ als Voraussetzung für ökonomischen Aufstieg113 und Gustav Lastig mit der Organisation des Florentiner Handels114 auseinandergesetzt. Aufgrund der fabelhaften Überlieferungssituation im Florentiner Staatsarchiv konzentrierte sich die Forschung in der Nachfolge von Alfred Doren (1869–1934)115 auf die Bedingungen in den Florentiner Zünften, vorwiegend auf die Wollzunft.116 Allerdings dauerte es bis 1980, bis von Hidetoshi Hoshino eine umfassende Studie aus diesem Kontext der Wirtschaftsgeschichte zu Florenz nachgelegt wurde.117 Bei den Organisationsformen der Handels- und Bankgesellschaften ist es nach Jakob Strieder vor allem Clemens Bauer (1899–1984), der in seiner vergleichenden Interpretation die Aktivitäten im Bereich der Produktion, des Fernhandels und der Anleihen nach formalen Strukturen beschrieb.118 Elmar Lutz wiederum deutete den Aufbau der süddeutschen Handelsgesellschaften aus juristischer Perspektive119, so dass er wie Clemens Bauer in der Nachfolge Goldschmidts stand. Max Weber, Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter. Nach südosteuropäischen Quellen, in: Gerhard Dilcher / Susanne Lepsius (Hgg.), Max Weber. Zur Geschichte der Handelsgesellschaften im Mittelalter. Schriften 1889–1894. Max Weber, Gesamtausgabe (Kommission für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Abteilung I, Bd. 1), Tübingen 2008, S. 139–340. 112 Levin Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts. Universalgeschichte des Handelsrechts. Band 1: Die Grundprobleme – Das Altertum – Das Mittelalter: Die Weltmächte und die Kirche, Die Mittelmeerstaaten. Ergebnisse der romanischen Rechtsbildung im Mittelalter: Geschichte der einzelnen Rechtsinstitute, Aalen 1973 [2. Neudruck der Ausgabe Stuttgart 1891]. – Vgl. Albrecht Cordes, The German Discussion about Past and Future of Company Law before 1900 within the Workshop „The Genealogy of Corporations. Revising Concepts and Tracing Origins of Financial Institutions (12th–18th centuries)“. Gehalten im KNIR und im DHI in Rom, 15.–16. Juni 2016 (unveröffentlichter Vortrag). 113 Robert Pöhlmann, Die Wirthschaftspolitik der Florentiner Renaissance und das Princip der Verkehrsfreiheit (Preisschriften gekrönt und herausgegeben von der Fürstlichen Jablonowski’schen Gesellschaft zu Leipzig, 21), Leipzig 1878. 114 Gustav Lastig, Florentiner Handelsregister des Mittelalters (Academia Eridericianae Halensis cum Vitebergensi consociatae rector Alfredus Boretius […]), Halle 1883. 115 Perdita Ladwig, Das Renaissancebild deutscher Historiker 1898–1933, Frankfurt am Main/New York 2004, S. 34–114. 116 Alfred Doren, Das Florentiner Zunftwesen vom vierzehnten bis zum sechzehnten Jahrhundert (Studien aus der Florentiner Wirtschaftsgeschichte, 2), Stuttgart/Berlin 1908. 117 Hidetoshi Hoshino, L’Arte della lana in Firenze nel Basso Medioevo. Il commercio della lana e il mercato dei panni fiorentini nei secoli XIII–XV (Biblioteca Storica Toscana, 21), Firenze 1980. 118 Jakob Strieder, Die sog. Fürlegung. Eine Institution des deutschen Gesellschaftsrechtes im Zeitalter des Frühkapitalismus, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 10 (1912), S. 521–527; Clemens Bauer, Unternehmung und Unternehmungsformen im Spätmittelalter und in der beginnenden Neuzeit (Münchener Volkswirtschaftliche Studien; Neue Folge, 23), Jena 1936. 119 Elmar Lutz, Die rechtliche Struktur süddeutscher Handelsgesellschaften in der Zeit der Fugger. Band 1: Darstellung. Band 2: Urkunden (Studien zur Fuggergeschichte, 25), Tübingen 1976. 111

Forschungsstand

Bei der Erforschung der Organisationsformen florentinischer Unternehmungen hat insbesondere die sog. accomandita („Kommende“) Aufmerksamkeit gefunden. Dabei wurde zunächst auf den Fundus der traditionell starken italienischen Rechtsgeschichte zurückgegriffen.120 Im Florentiner Fall ist die Entwicklung der accomandita ko-evolutionär mit insbesondere sozioökonomischen Tendenzen, innerhalb derer sich Vertreter der Führungsschicht zunehmend aus dem operationalen Geschäft zurückzogen und die einstmals grundlegende Wirtschaftsordnung auf der Basis der Zünfte einer Veränderung unterwarfen, verwoben.121 Die nicht nur für das Mittelalter einflussreichste Arbeit zu den auf Märkten wirkenden Institutionen und zur Organisation von Märkten stammt von Avner Greif, der einer der Protagonisten für die Etablierung der Institutionenökonomik in der Geschichtswissenschaft ist.122 Mit der räumlichen und rechtlichen Formation von Märkten und Marktplätzen in Italien hat Dennis Romano eine Untersuchung zur Strukturierung von Foren des materiellen Austausches vorgelegt.123 Die Tendenzen in der Forschung zur wirtschaftlichen Entwicklung der italienischen Renaissance haben Franco Franceschi und Luca Molà im Rahmen des erwähnten, umfangreichen Handbuchs erläutert.124 Darin geht es allerdings vor allem um die Bewertung der ökonomischen Konjunkturen zwischen der Lopez-These und der Sichtweise, die das Italien der Renaissance als Inkubationsraum für die später einsetzende „Konsum-Revolution“ deutet.125 In der Lesart Richard A. Goldthwaites kam es im Verlauf des 15. Jahrhunderts in Italien zu einer enormen Vermögensumschichtung zugunsten Giorgio Fierli, Della società chiamata accomandita e di altre materie mercantili secondo le leggi, e statuti veglianti in Toscana, Firenze 1803; vgl. Albrecht Cordes, Art. „Kommanditgesellschaft“, in: Handwörterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte (HRG), 2. Auflage, 2. Band, Berlin 2012, 1966–1969. 121 Maurice Carmona, Aspects du capitalisme toscan aux XVIe et XVIIe siècles. Les sociétés en commandite à Florence et à Luques, in: Revue d’Histoire Moderne et Contemporaine 11 (1964), S. 81–108; kritischer Umgang damit: Jordan Goodman, Tuscan Commercial Relations with Europe 1550–1620, in: Firenze e la Toscana dei Medici nell’Europa del Cinquecento. Strumenti e veicoli della cultura, relazioni politiche e economiche (Biblioteca di storia, 1), Firenze 1980, S. 327–341, hier S. 329–331; intensiv genutzt hat die Unterlagen des Florentiner Handelsgerichtes, der Mercanzia, zu diesem Thema: Robert Burr Litchfield, Emergence of a Bureaucracy: The Florentine Patricians, 1530–1790, Princeton, N. J. 1986. Jüngst hat Clemens Butzert die verdienstvolle Arbeit unternommen, aus rechtshistorischer Perspektive die Entstehung der Florentiner accomandita und die verschiedenen Typen der Beteiligung „nicht geschäftsführender Anleger“ an verschiedenen Gesellschaftsformen zu untersuchen: Clemens Butzert, Investitionen und ihre Risiken. Zur Lage der nicht geschäftsführenden Anleger in Unternehmen des Späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit in Italien und Deutschland (Schriften zur Rechtsgeschichte, 177), Berlin 2016, S. 103–146. 122 Avner Greif, Institutions and the Path to the Modern Economy. Lessons from Medieval Trade, Cambridge 2005; ders., Coercion and Exchange. How Did Markets Evolve?, in: Avner Greif / Lynne Kiesling / John V. C. Nye (Hgg.), Institutions, Innovation and Industrialization, Princeton/Oxford 2015, S. 71–96. 123 Dennis Romano, Markets and Marketplaces in Medieval Italy c. 1100 to c. 1440, New Haven/London 2015. 124 Franco Franceschi / Luca Molà, L’economia del Rinascimento: dalle teorie della crisi alla ‚preistoria del consumismo‘, in: Marcello Fantoni (Hg.), Il Rinascimento italiano e l’Europa. 1: Storia e storiografia, Venezia 2005, S. 185–202. 125 Vgl. William Caferro, Contesting the Renaissance, Chichester 2011, Kapitel The Economy. 120

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des Stadtpatriziats der führenden Handelsstädte und der im Entstehen begriffenen Renaissance-Höfe. Diese Entwicklung schuf zahlungskräftige Konsumenten-Gruppen, die insbesondere den Sektor des Luxushandels nachfragten.126 Eine solche Interpretation korrespondiert mit der These der „kreativen Elite“, die von Peter Burke veranschlagt worden ist und die sich über die materiellen Grundlagen für Kunstpatronage hinaus auf die Involvierung Kunst- und Kulturschaffender durch die städtischen und höfischen Eliten erstreckt.127 Die Konzentration von finanziellen Mitteln in den Händen von Adeligen und Patriziern führte auch zu einer seltener untersuchten Akkumulation von Kapital, das nicht nur in den europäischen Handel, sondern auch in Bankund Darlehengeschäfte investiert wurde.128 Für die süddeutschen Reichsstädte und die Fürstentümer auf dem Boden des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation muss diese Entwicklung ebenso wie für die französischen Städte und die Aristokratie angenommen werden.129 In den letzten Jahren hat eine zunehmende Anzahl an Arbeiten die Bedeutung von Netzwerken für den europäischen Handel analysiert.130 Diese netzwerk-typologische Ausrichtung gehört zu einem breit verhandelten Ensemble historischer Netzwerkanalysen, wie jüngst ein Themenheft der Österreichischen Zeitschrift für Geschichtswissenschaften gezeigt hat.131 Dabei wird der Begriff häufig übernommen, ohne die möglichen methodischen Implikationen abzustecken. Vielmehr dient der Terminus der

Richard A. Goldthwaite, Private Wealth in Renaissance Florence. A study of four Families, Baltimore 1968; ders., Wealth and the Demand for Art in Italy, 1300–1600, Baltimore/London 1995, S. 33–54; vgl. Paolo Malanima, Florentine Nobility and Finance in the Age of Decline, in: Herman Diederiks / David Reeder (Hgg.), Cities of Finance (Koniklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen Verhandelingen, sfd. Letterkunde, Nieuwe Reeks, 165), Amsterdam u. a. 1996, S. 207–221; vgl. Guido Guerzoni / Alessandro Usai, Relational Capital and Economic Success in Early Modern Institutions: The D’Este Courts in the Sixteenth Century, in: European Yearbook of Business History 2 (1999), S. 211–236. 127 Peter Burke, Die Renaissance in Italien. Sozialgeschichte einer Kultur zwischen Tradition und Erfindung, Berlin 1987. 128 Maria Stella Rollandi, Da mercanti a rentiers. La famiglia dei Bringnole Sale (secc. XVI–XVIII), in: John A. Davis (Hg.), Tra rendita e investimenti. Formazione e gestione dei grandi patrimoni in Italia in Età moderna e contemporanea (Atti del terzo Convegno Nazionale, Torino 22–23 novembre 1996. Società Italiana degli Storici dell’Economia), Bari 1998, S. 105–124, hier S. 107–111; vgl. Valeria Pinchera, Arte e consumo della nobiltà fiorentino nel Sei e Settecento, in: Simonetta Cavaciocchi (Hg.), Economia e Arte secc. XIII–XVIII. Atti della „Trentatreesima Settimana di Studi“, 30 aprile – 4 maggio 2000 (Atti delle „Settimane di Studi“. Istituto Internazionale di storia economica „F. Datini“, Prato, 33), Firenze 2002, S. 635–648; dies., Arte ed economia. Una lettura interdisciplinare, in: Rivista di storia economica (22) 2006, S. 241–266. 129 Jakob Strieder, Zur Genesis des modernen Kapitalismus. Forschungen zur Entstehung der großen bürgerlichen Kapitalvermögen am Ausgange des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit, zunächst in Augsburg, München/Leipzig 1935; Paolo Malanima, Pre-modern European Economy. One Thousand Years (10th–19th Centuries) (Global Economic History Series, 5), Leiden/Boston 2009. 130 Guido Guerzoni, Network Analysis e ricerca storica, in: Annali di Storia dell’impresa 10 (1999), S. 447–469. 131 Albert Müller / Wolfgang Neurath, Editorial, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (Themenheft: Historische Netzwerkanalysen, hrsg. v. Albert Müller / Wolfgang Neurath), 23/I (2012), S. 5–15. 126

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Beschreibung von Bindungen, die auf verschiedenen Organisationsebenen geknüpft wurden und die Handungsweisen konfigurierten.132 Stephan Selzer und Ulf Christian Ewert haben wiederholt gemeinsam zur Netzwerkforschung Stellung bezogen. Dabei definieren sie „Netzwerkstrukturen als vorherrschende Organisationsstrukturen“ im Geschäftsleben des Mittelalters. Netzwerkstrukturen, so argumentieren sie, ersetzten ‚eigene‘ Infrastrukturen und senkten dadurch Transaktions-, Informations- und Organisationskosten. Im Rekurs auf die Untersuchung von Gunnar Dahl zum Verhältnis von Handelswegen und Netzwerken im Italien des Spätmittelalters erklären sie die räumliche und sachliche Spezialisierung zum Charakteristikum der ökonomischen Entwicklungen im 15. und 16. Jahrhundert in Europa. Netzwerkstrukturen generierten demnach die Ressource des Vertrauens.133 Besondere Aufmerksamkeit schenkt Christian Marx „Ökonomische[n] Verflechtungen“ im jüngst erschienen „Handbuch Historische Netzwerkforschung“. Der Autor des Beitrags greift insbesondere die Debatte um die Effizienz von Netzwerkbeziehungen als strukturierende Organisationsmuster für wirtschaftliches Handeln auf und deutet Netzwerke in diesem Zusammenhang als strategisches Instrument zur Erschließung von materiellen Ressourcen. Das „Netzwerkkonzept“ erscheint als Bindeglied zwischen der ökonomischen Makro- und Mikroebene.134 Mit Blick auf die vorindustrielle Handels- und Wirtschaftsgeschichte haben verschiedene Studien Netzwerkstrukturen wie Vertreter- oder Kommissionärsnetzwerke charakterisiert, aber eigentliche ‚historische‘ Kooperationsforschung wird bislang nicht betrieben. Ana Sofia Ribeiro bezieht sich in ihrer Untersuchung des geschäftlichen Netzwerkes des spanischen Kaufmannbankiers Simon Ruiz (1525/6–1597) auf die intentional verstandene, psychologische Definition von Johnson & Johnson für Kooperation135, aber sie schließt ohne weiteres kurz auf die Interpretation von Kooperation als ein work together und operiert auf der Grundlage des Briefarchivs Ruiz’ mit der NetzwerkanalyVgl. Gerhard Fouquet, Netzwerke im internationalen Handel des Mittelalters – eine Einleitung, in: Ders. / Hans-Jörg Gilomen (Hgg.), Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters (Vorträge und Forschungen. Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte, 72), Ostfildern 2010, S. 9–20. 133 Stephan Selzer / Ulf Christian Ewert, Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters. Konzepte – Anwendungen – Fragestellungen, in: Gerhard Fouquet / Hans-Jörg Gilomen (Hgg.), Netzwerke im europäischen Handel des Mittelalters (Vorträge und Forschungen. Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte, 72), Ostfildern 2010, S. 21–47, hier S. 35–38. – Gunnar Dahl, Trade, Trust, and Networks. Commercial Culture in Late Medieval Italy, Lund 1998. 134 Christian Marx, Forschungsüberblick zur Historischen Netzwerkforschung. Zwischen Analysekategorie und Metapher, in: Marten Düring / Ulrich Eumann / Martin Stark / Linda von Keyserlingk (Hgg.), Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung, 1), Münster u. a. 2016, S.63–84, hier S. 77–84. 135 D. Johnson / R. Johnson, Psychology of cooperation and competition, in: Neil Smelser / P. Baltes (Hgg.), International Encyclopedia of the Social and Behavioral Sciences, Oxford 2001, S. 2747–2751, hier S. 2749: „Cooperation exists when individuals work together to accomplish shared goals. When a situation is cooperatively structured, individual goal achievements are positively related; individuals perceive that they can reach their goals if, and only if, the others in the group also reach their goals.“ 132

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se als methodische Option für das Verständnis von Prozessen der Selbstorganisation.136 Da Ribeiro die Briefe des Simon Ruiz in einem Schema der vermittelten Informationen auswertet und die Schriftwechsel nicht als Bestandteil der interfirm organization von der Buchführung aus betrachtet, stößt sie nicht zur kommunikativen Praxis vor. Vielmehr verbleibt sie damit auf der Ebene der Funktionsanalyse und bewegt sich in der Richtung der quantitativen Netzwerkanalyse.137 Indes liefert sie mit ihrer Untersuchung einen bahnbrechenden Beitrag zur ökonomischen Kooperationsforschung. Im Rahmen von regulierungstheoretischen Analysen werden sehr wohl Formen der Kooperation auch in historischer Dimension ausgeleuchtet. Die graduellen Intensitäten und Organisationsformen im Spiel von Verflechtung und Kooperation hat Yochai Benkler vorgestellt.138 Als entscheidendes Moment der Kooperation von mindestens zwei Akteuren tritt das Konzept der Reziprozität von Beziehungen auf. Allerdings beinhaltet Kooperation auch ein Verhalten, das Ziele durch den Einsatz Anderer zu erreichen strebt. Charakteristisch ist dabei die kooperative Anlage von Handlungsweisen auf verschiedenen, einander überlappender Ebenen, so dass mehrschichtige Verflechtungsgefüge in verschiedenen Handlungsrichtungen entstehen.139 Die jüngere Forschung zur Regulierung verweist auf komplexe Prozesse wechselseitiger Anpassung140, die die konzeptionelle Trennung von „öffentlichen Institutionen“ und „privatwirtschaftlicher Organisation“ aufhebt, wie insbesondere der Ökonom Joseph Stiglitz formuliert.141 Die merkantilen Praktiken zeigten sich wesentlich verbunden mit den Kommunikationsmedien der Kaufmannbankiers. In Geschäftsbriefen artikulierten sich technische Vorgehensweisen ebenso wie eine markante ökonomische „Mentalität“.142 Neu-

Ana Sofia Ribeiro, Early Modern Trading Networks in Europe. Cooperation and the case of Simon Ruiz (Perspectives in Economic and Social History, 39), Oxon 2016, S. 7 f.; S. 20–34. 137 Ribeiro, Early Modern Trading Networks, S. 145 f. 138 Yochai Benkler, Law, Policy, and Cooperation, in: Edward J. Balleisen / David A. Moss (Hgg.), Government and Markets. Toward a New Theory of Regulation, Cambridge 2010, S. 299–332. 139 Benkler, Law, Policy, and Cooperation, S. 306; S. 311; S. 312–314 140 Vgl. Cento G. Veljanovski, The New Law-and-Economics: A Research Review, in: Anthony I. Ogus / Cento G. Veljanovski (Hgg.), Readings in the Economics of Law and Regulation, Oxford 1984, S. 12–24. 141 Joseph E. Stiglitz, Government Failure vs. Market Failure: Principles of Regulation, in: Edward J. Balleisen / David A. Moss (Hgg.), Government and Markets. Toward a New Theory of Regulation, Cambridge 2010, S. 13–51. 142 In dieser Arbeit ist der Begriff der „Mentalität“ mit aller Vorsicht gebraucht und bezieht sich nur lose auf die histoire des mentalités, welche als „Mentalitätsgeschichte“ in den 1990er Jahren in die deutsche Geschichtswissenschaften einsickerte, vgl. Ulrich Raulff (Hg.): Mentalitäten-Geschichte. Zur historischen Rekonstruktion geistiger Prozesse. Berlin 1989; vgl. Peter Dinzelbacher, Europäische Mentalitätsgeschichte. Hauptthemen in Einzeldarstellungen, Stuttgart 1993. Gedacht ist der Begriff in diesem Zusammenhang als provisorische Übersetzung des im Englischen eher unbekümmert verwendeten Ausdruck „accounting mentality“: vgl. Miller, The margins. Tatsächlich würde im Englischen desweiteren von „culture of accounting“ gesprochen werden, wenn man die Praktiken des Buchführens als kulturelle Form charakterisiert: vgl. Richard A. Goldthwaite, The Practice and Culture of Accounting in Renaissance Florence, in: Entreprise & Society 17 (2015), S. 1–37. 136

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ere Arbeiten verweisen auf die zentrale Steuerungs- und Koordinationsfunktion der kaufmännischen Kommunikation und führen zugleich vor Augen, inwieweit Kommunikationsgemeinschaften die Voraussetzung für gemeinsame Wissensbestände und Transfers bildeten.143 Diese Funktion der brieflichen Kommunikation illustrieren die Studien von Oswald Bauer und Magnus Ulrich Ferber.144 Durch die merkantilen Korrespondenzen entstanden Wissensgemeinschaften und geteilte technische Verfahrensweisen.145 Die Verbindung von Kooperationsforschung, Kommunikationsgeschichte und Wissensgeschichte liegt in der Divergenzforschung. Dabei geht es grundsätzlich um die Debatte, welche Gründe dazu geführt haben, dass sich verschiedene Teile der Welt unterschiedlich entwickelt haben. Als bevorzugtes Vergleichspaar werden das „westliche“ Europa und China bemüht. Joel Mokyr argumentiert in diesem Zusammenhang, dass es in erster Linie die kulturellen und institutionellen Unterlagen für technologische Entwicklungsprozesse waren („the cultural (and institutional) underpinnings of technological progress“), die die ‚Kulturen‘ der Welt haben auseinanderdriften lassen. Diese Überlegung ist nicht ohne Bedeutung für die hier angestellten Beobachtungen, weil die diskursive Ebene der technischen Handlungsmuster – wie im eingangs zitierten Beispiel der Buchführung – ein technologisches Wissen hervorbrachte, welches in die Koordinationspraktiken auf die Wechsel- und Kreditmärkte einfloss. Denn den kulturellen Implikationen, die mit dieser Handlungslogik verbunden waren, inhärierte, so Mokyr, ein zumeist unausgesprochener Fortschrittsglaube.146 Jochen Hoock, Kommunikationsstrukturen und räumliche Erfahrung in der geschäftlichen Welt des 18. Jahrhunderts, in: Michel Espagne / Michael Werner (Hgg.), Transferts. Les relations interculturelles dans l’espace franco-allemand (XVIIIe et XIXe siècle), Paris 1988, S. 49–58; Hilario Casado Alonso, Relaciones comerciales y financieras entre mercaderes de Burgos y de Lucca durante la primera mitad del siglo XVI en Lyon, in: Rita Mazzei / Tommaso Fanfani (Hgg.), Lucca e l’Europa degli affari, secoli XV–XVII. Convegno internazionale di Studi organizzato a conclusione delle manifestazioni per il Cinquecentenario di fondazione della Banca del Monte di Lucca, Lucca 1–2 dicembre 1989, Lucca 1990, S. 109–120; Denzel, „Wissensmanagement“. 144 Oswald Bauer, Pasquille in den Fuggerzeitungen. Spott- und Schmähgedichte zwischen Polemik und Kritik (1568–1605) (Quelleneditionen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 1), Wien/ München 2008; Magnus Ulrich Ferber, „Scio multos te amicos habere“. Wissensvermittlung und Wissensspeicherung im Späthumanismus am Beispiel des Epistolariums Marx Welsers d. J. (1558–1614) (Documenta Augustana, 19), Augsburg 2008. 145 Jochen Hoock / Pierre Jeannin, Ars Mercatoria. Handbücher und Traktate für den Gebrauch des Kaufmanns 1470–1820. Band 1: 1470–1600, Paderborn u. a. 1991; Jacques Bottin, Modèles de comptabilité et practique commercial en France, fin XVIe-début XVIIe siècle, in: Simonetta Cavaciocchi (Hg.), L’impresa. Industria Commercio Banca, secc. XIII–XVIII. Atti della settimana di studi, 3 aprile-4 maggio 1990. (Atti delle „Settimane di Studi“. Istituto Internazionale di storia economica „F. Datini“, Prato, 22), Firenze 1991, S. 407–415; Jochen Hoock / Wolfgang Kaiser, Les manuels plurilingues à l’usage des marchands à l’époque moderne, in: Gilbert Buti / Michèle Janin-Thivos / Olivier Raveux (Hgg.), Langues et langages du commerce en Méditerranée et en Europe à l’époque moderne (Le temps de l’histoire), Aix-en-Provence 2013, S. 71–79. 146 Joel Mokyr, Progress, Useful Knowledge, and the Origins of the Industrial Revolution, in: Avner Greif / Lynne Kiesling / John V. C. Nye (Hgg.), Institutions, Innovation and Industrialization, Princeton/ 143

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I.3

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

In der vorliegenden Arbeit stehen die Texte zur Erschließung wirtschaftlichen Handelns mit dem Ziel, die kooperativen Vorgehensweisen und die daraus hervorgehende Konstituierung von Märkten am Fallbeispiel zweier am zentralen Marktort Lyon tätigen Unternehmen des frühen 16. Jahrhunderts darzustellen, im Mittelpunkt. Das Anliegen dieser Arbeit richtet sich auf die Neuorientierung von Wirtschaftsgeschichte als Kulturgeschichte.147 Dabei soll nicht die sogenannte Neue Kulturgeschichte mit Zahlenmaterial oder einer wirtschaftlichen Grundlage ausgestattet werden. Vielmehr geht es darum, Wirtschaften als kulturelle Praxis zu beschreiben und somit wirtschaftliches Geschehen zu historisieren bzw. kulturell einzubetten. Damit wird die oftmals vorgenommene Trennung von Lebensbereichen wie Politik, Kunst oder Wirtschaft unterlaufen und aufgezeigt, dass Praktiken menschlichen Handelns Lebensbereiche zusammenführen und dass diese durch die Handelnden und ihre Absichten miteinander verwoben sind.148 Kultur wird dabei neuen kulturhistorischen Ansätzen wie bei Gadi Algazi folgend nicht im engen Sinn als Erzeugung und Reproduktion von Momenten der Identitätsstiftung oder als dichtes Zeichensystem im menschlichen Verhalten verstanden. Kultur wird nicht als nur ein Bereich menschlichen Lebens gedeutet. Grundsätzlich wird Kultur hier als ein Repertoire sozialer Praktiken begriffen: Menschliches Handeln entwickelt kontextabhängige Konventionen des Verfahrens und reproduziert die eigene Form situativ und objektbezogen als How to do what. Insofern lässt sich menschli-

Oxford 2015, S. 33–67, hier S. 34; ausformuliert als Ursachenbündel: ebd., S. 37: „[…] between 1500 and 1700, the market for ideas changed in dramatic ways in large parts of Europe, paving the way for the Enlightenment. The changes occurred on all three dimensions: the material interests of an urban mercantile („capitalist“) class became much more prominent; the rules of the market changed, with entry become much more free and the capability of incumbents to suppress ‚heresy‘ weakening over time; and the importance of experimental data and systematic observations coupled to more formal methods became a more accepted means of persuasion. None of those were entirely new in 1500, but their impact on cultural evolution in Europe underwent a sea change.“ – Diese Sichtweise Joel Mokyrs hängt damit zusammen, dass er vor allem die ökonomische Entwicklung Englands während der Aufklärung vor Augen hat: Joel Mokyr, The Enlightened Economy. An Economic History of Britain 1700–1850, New Haven/London 2009. Weiterhin: Ders., A culture of growth: the origins of the modern economy, Princeton, N. J. [u. a.] 2017. – Vgl. Prasannan Parthasarathi, Why Europe Grew Rich and Asia Did Not: Global Economic Divergence, 1600–1850, Cambridge 2011. 147 Sjoerd Beugelsdijk / Robbert Maseland, Culture in Economics. History, Methodological Reflections, and Contemporary Applications, Cambridge 2013, S. xiii f. 148 Bruno Latour, Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft. Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie, Frankfurt am Main 2007: Auf diese Weise muss Handlungsmacht (Wirkungsmacht) nicht auf menschliche Lebewesen beschränkt bleiben; vielmehr können auch pflanzliche oder tierliche Lebewesen als Handelnde angenommen werden. Entsprechend vielgestaltiger zeigen sich kulturelle Formen. – Dazu: Gesine Krüger / Aline Steinbrecher / Clemens Wischermann, Animate History. Zugänge und Konzepte einer Geschichte zwischen Menschen und Tieren, in: Diess. (Hgg.), Tiere und Geschichte. Konturen einer Animate History, Stuttgart 2014, S. 9–33.

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

ches Handeln stets historisieren, in Handlungsmuster bündeln und relativ zu anderen Handlungsweisen darstellen.149 Die Innsbrucker Europäische Ethnologin Silke Meyer hat erst jüngst daran erinnert, dass bereits der österreichische Nationalökonom Ludwig von Mises (1881–1973) in seiner immer wieder erweiterten „Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens“ aus dem Jahr 1940 den Zusammenhang von theoretischer Handlungsorientierung und ökonomischer Logik hergestellt hat:150 Alles Menschliche steht zur Wahl, jedes Ziel und jedes Mittel, Materielles und Ideelles, Hohes und Gemeines, Edles und Unedles stehen in einer Reihe und werden durch das Handeln gewählt oder zurückgestellt. Nichts, was Menschen begehren oder meiden wollen, bleibt der Ordnung und Reihung durch die Wertskala und durch das Handeln entzogen. Die subjektivistische Nationalökonomie erweitert das von den Klassikern bearbeitete Forschungsgebiet: aus der politischen Ökonomie geht die allgemeine Lehre vom menschlichen Handeln, die Praxeologie, hervor. […] Keine Behandlung nationalökonomischer Probleme kann darauf verzichten, von den Wahlakten auszugehen. Die Nationalökonomie wird zu einem Teil, wenn auch zum wichtigsten Teil, einer allgemeineren Wissenschaft, der Praxeologie.151

Den Begriff der Praxeologie nimmt Ludwig von Mises vom französischen Philosophen Alfred Espinas (1844–1922), der in seiner Schrift „Les Origines de la technologie“ mit einem weit gefassten Praxisbegriff operiert.152 Entscheidend bei diesen Vorüberlegungen aber ist, dass es sich bei dem praxeologischen Ansatz weniger um eine eigene Theorie handelt als vielmehr um eine (spezifische) Perspektive auf historische Abläufe, die dafür einige theoretische Anleihen tätigt. In ihrer Einleitung zu einer Bestandsaufnahme von 2015 erklären Lucas Haasis und Constantin Rieske die historische Praxeologie als eine Herangehensweise an historische Zusammenhänge, indem sie (die

Algazi, Kulturkult; vgl. Andreas Reckwitz, Die Materialisierung der Kultur, in: Friederike Elias / Albrecht Franz / Henning Murmann / Ulrich Wilhelm Weiser (Hgg.), Praxeologie. Beiträge zur interdisziplinären Reichweite praxishistorischer Ansätze in den Geistes- und Sozialwissenschaften, Berlin u. a. 2014, S. 13–25. 150 Silke Meyer, Money Matters. Wirtschaftspraktiken als kulturelle Identitätsstiftung, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (Themenheft: Geld Markt Akteure Money Market Actors, hrsg. v. Oliver Kühschelm), 26,1 (2015), S. 75–97, hier S. 76 f. 151 Ludwig von Mises, Nationalökonomie. Theorie des Handelns und Wirtschaftens, Genf 1940, S. 3. 152 Alfred Espinas, Les origines de la technologie (Étude sociologique), Paris 1897, S. 8: „Le mot de pratique comporte sans doute un sens plus étendu ; il peut être facilement pris comme substantif concret (une pratique, les pratiques) ; il convient à toutes les manifestations collectives du vouloir, à celles qui sont spontanées comme à celles qui sont réfléchies. Il fournit pour désigner la science de cet ordre de faits dans son ensemble un terme excellent : la Praxéologie. […] le second (Praxéologie) la partie la plus absolument générale, le premier (Technologie) la partie immédiatement inférieure en généralité du même groupe de recherches.“ 149

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historische Praxeologie) „die Vergangenheit und deren ‚Sozialwelt(en)‘ als eine Verkettung von Praktiken“ deutet.153 Die zitierten Praktiken sind eingelassen in soziokulturelle Zusammenhänge, wobei man unter Praktiken im wesentlichen mit Michel de Certeau Handlungsweisen, Vorgangsweisen und Handlungsmuster verstehen kann.154 Der historischen Praxeologie kommen bei der textorientierten Rekonstruktion praktischer (Alltags-)Muster vergangenen menschlichen Tuns und Sprechens laut der Einführung von Haasis und Rieske drei Komponenten zu, deren Bedingungen in der Konstitution alltäglicher Handlungsbedingungen liegen: Materialität, Prozessualität und Historizität.155 Materialität bezieht sich dabei auf die Objekte als Artefakte der Vergangenheit, in die sich Praktiken eingeschrieben haben; Prozessualität von Praktiken verweist auf Verlaufsformen zwischen sich wiederholenden Routinen und pragmatischen Spielräumen; Historizität von Praktiken ist mit Sinnbildungsprozessen im historischen Kontext verbunden. Beim Entwurf der praxeologischen Perspektive auf Geschichte geht es also darum, wie Handlungen – Handlungsmuster, Handlungsweisen und Vorgehensweisen im Unterschied zu individuellen und vereinzelten Handlungen – in ihrem historischen Kontext anhand greifbarer Einschreibungen sichtbar gemacht werden können. Damit erhebt die historische Praxeologie überhaupt nicht den Anspruch, das diskursanalytische Theorieangebot, die raumsoziologischen Grundannahmen oder die kulturwissenschaftliche Materialitätsforschung zu ersetzen. Vielmehr bündelt die historische Praxeologie diese Ansätze, um methodische Wege vorzuschlagen.156 Neue Wirtschaftssoziologie und Konventionenökonomie Für die hier angestrebte Interpretation wirtschaftlichen Handelns, kooperativer Handlungsweisen und der Konstituierung von Märkten sind zwei theoretische Ansätze, die wirtschaftliche Logiken und die praxeologische Forschungsperspektive miteinander verknüpfen können, entscheidend: Zum einen lassen sich handlungsorientierte Analyseschritte mit wirtschaftssoziologischen Mitteln durchführen. Zum anderen ist es die Konventionenökonomie, die das Entstehen und den Wandel von eingespiel-

Lucas Haasis / Constantin Rieske, Historische Praxeologie. Zur Einführung, in: Diess. (Hgg.), Historische Praxeologie. Dimensionen vergangenen Handelns, Paderborn 2015, S. 7–54, hier S. 13. Den Zusammenhang mit der „Sozialwelt“ entlehnen sie von: Andreas Reckwitz, Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken. Eine sozialtheoretische Perspektive, in: Zeitschrift für Soziologie 32 (2003), S. 282–301, hier S. 294. 154 Michel de Certeau, Kunst des Handelns, Berlin 1988, S. 11. 155 Haasis/Rieske, Historische Praxeologie, S. 16 f. Die Bindung von Praktiken an die Alltäglichkeit von doings und sayings stammt von: Theodore R. Schatzki, Social Practices. A Wittgensteinian Approach to Human Activity and the Social, Cambridge 1996. 156 Haasis/Rieske, Historische Praxeologie, S. 27–32; S. 33–35; S. 38–43. 153

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

ten wirtschaftlichen Handlungsmustern darstellen kann. Die vorrangig von Richard Swedberg zusammenfassend erläuterte Wirtschaftssoziologie argumentiert, erstens, mit dem interagierenden Akteur (actor-in-interaction) als Voraussetzung und operiert, zweitens, mit Pierre Bourdieus strukturierender Theorie der Handlungsfelder sowie, drittens, mit der Annahme von Institutionen als Rahmenbedingungen von Märkten (market frames).157 Demgegenüber hat sich die Konventionenökonomie von Bourdieu gelöst und verfolgt die handlungstheoretisch ausgelegte Entstehung von kollektiven Konstruktionen, die sie Koordinationsmodi oder Koordinationsregime nennt.158 Im ökonomischen Zusammenhang werden Märkte dabei unstrittig als Arenen des Transfers von Verfügungsrechten definiert. Mit Jens Beckert wirken auf Märkte, die ein Setting für die Lösung von Koordinationsaufgaben beim Tausch bilden, soziale Kräfte aus personellen Netzwerken (personal networks), Institutionen (institutions) sowie kognitive Strukturen (cognitions). Die von Beckert eingehend diskutierten, miteinander in Wechselwirkung stehenden sozialen Kräfte können sowohl Hindernisse oder Zwänge für die auf Märkten Handelnden bedeuten, als auch vorteilhaft ausgeschöpft werden, um die jeweiligen Positionen auf Märkten zu verbessern. Insbesondere kooperative Herangehensweisen können Marktbeteiligten dazu dienen, Risiken und Unsicherheiten einzuhegen.159 Patrik Aspers definiert Märkte als soziale Strukturen für den Tausch von Verfügungsrechten, wobei entsprechende Angebote bewertet („gepreist“) werden und verschiedenartige Akteure durch ihre Angebote konkurrieren. Auf Märkten teilten und teilen Akteure (actors) Praktiken und kognitive Rahmenbedingungen, so dass Märkte im Sinne der Wissenssoziologen Peter Berger und Thomas Luckmann als voraussetzungsvolle Institutionen der alltäglichen Wirklichkeit begriffen werden müssen.160 Aus der sozialanthropologsichen Perspektive des Dänen Brian Moeran stellen sich Märkte als Rahmen (frames) dar, innerhalb derer wirtschaftliches Handeln als soziales bzw. personalisiertes Handeln vollzogen wird. Bei der historischen Forschung müsse daher ein Neil J. Smelser / Richard Swedberg, Introducing Economic Sciology, in: Diess. (Hgg.), The Handbook of Economic Sociology, 2. Auflage: Princeton/Oxford/New York 2005, S. 3–25. 158 Luc Boltanski / Laurent Thévenot, Die Soziologie der kritischen Kompetenzen, in: Rainer Diaz-Bone (Hg.), Soziologie der Konventionen. Grundlage einer pragmatischen Anthropologie (Theorie und Gesellschaft, 73), Frankfurt/New York 2011, S. 43–68, hier S. 47. 159 Beckert, Die soziale Ordnung, S. 49; Jens Beckert, How Do Fields Change? The Interrelations of Institutions, Networks, and Cognition in the Dynamics of Markets, in: Organization Studies 31 (2010), S. 605–625. 160 Patrik Aspers, Markets, Evaluations and Rankings, in: Historical Social Research / Historische Sozialforschung (Themenheft: Change of Markets and Market Societies: Concepts and Case Studies, hrsg. v. Klaus Nathaus / David Gilgen), 36/3 (2011), S. 19–33, hier S. 22: „A market is a social structure for the exchange of rights in which offers are evaluated and priced, and compete with one another, which is shorthand for the fact that actors – individuals and firms – compete with one another via offers.“ Der Bezug zu: Peter L. Berger / Thomas Luckmann, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie. Mit einer Einleitung zur deutschen Ausgabe von Helmuth Plessner, Frankfurt am Main 1980 [zuerst 1966]. 157

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Schwerpunkt auf die Art der Rahmung der strukturellen und begleitenden sozialen Interaktionen gelegt werden.161 Die rechtshistorische Sichtweise orientiert den Markt-Begriff an den rechtlichen Rahmenbedingungen, so dass „Markt“ in erster Linie als „rechtl. Institution“ wahrgenommen wird. Dabei geht es vor allem um das Recht, einen Markt abhalten zu dürfen. Auch zeigt sich, dass die Begrifflichkeiten von Markt und Messe in Mittelalter und Frühneuzeit einander überlappten. Daher habe die Forschung, so die Rechtshistoriker Albrecht Cordes und Alexander Krey, ein wirtschaftliches Reichweitenmodell entwickelt, um Märkte – Jahres- und Wochenmärkte, ständige Märkte – voneinander zu unterscheiden. Aufgrund der Verbindung von Markt- und Stadtrecht besonders in der ottonischen und frühsalischen Zeit rückt die königliche Privilegierung in den Blick sowie im weiteren die Messegerichtsbarkeit.162 Im Verlauf der hiesigen Erörterung wird sich allerdings zeigen, dass diese rechtshistorische Perspektive der Privilegierung von Märkten und Messen nicht primär in den Ansatz zur Interpretation wirtschaftlichen Handelns einzufügen ist – sehr wohl aber Überlegungen zur Messegerichtsbarkeit. Die Neue Wirtschaftssoziologie richtet ihre Aufmerksamkeit insbesondere auf die Lösung des Unsicherheitsproblems, das im ökonomischen Tausch durch eingeschränkte Informationsmöglichkeiten und Konkurrenzsituationen auftritt, durch sozial eingebettete Koordinationsleistungen, wie sie im Anschluss an Mark Granovetter gedeutet werden. Sie schlägt einen Ansatz zwischen unter- und übersozialisierten Konzeptionen wirtschaftlichen Handelns vor und erkennt ‚reale‘ Märkte als gesellschaftliche Veranstaltungen, die – insbesondere mit dem von Fernand Braudel als Mischform aus internen und externen Märkten charakterisierten Messewesen – über eine historische Tiefendimension verfügen.163

Brian Moeran, Trade Fairs, Markets and Fields: Framing Imagined as Real Communities, in: Historical Social Research / Historische Sozialforschung (Themenheft: Change of Markets and Market Societies: Concepts and Case Studies, hrsg. v. Klaus Nathaus / David Gilgen), 36/3 (2011), S. 79–98, hier S. 80: „Markets are frames […] a social anthropologist who believes that social activity is often […] economic and that economic activity is always profoundly social, even when seemingly impersonal […]“. Die Aufgabe der Forschung bestünde darin „to analyse how, and for what purposes, such a structure and concomitant social interaction are framed.“ Die Forschung müsse auf sowohl einer Mikro- als auch auf einer Makroebene stattfinden „that can lead to a social understanding of economic processes and provide an alternative to the rational actor model of economic theory“. 162 Albrecht Cordes / Alexander Krey, Art. „Markt“, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), 2. Auflage, Band 3: Berlin 2016, Sp. 1308–1319. Dabei verweist Cordes insbesondere auf das Reichweitenmodell von: Michael Rothmann, Die Frankfurter Messen im Mittelalter (Frankfurter Historische Abhandlungen, 40), Stuttgart 1998. Die überregionalen „Verteilermessen“ lassen sich als ‚Messen‘ bezeichnen. Vgl. Albrecht Cordes, Art. „Messe“, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), 2. Auflage, Band 3: Berlin 2016, Sp. 1468–1473. 163 Klaus Nathaus / David Gilgen, Analysing the Change of Markets, Fields and Market Society: An Introduction, in: Historical Social Research / Historische Sozialforschung (Themenheft: Change of Markets and Market Societies: Concepts and Case Studies, hrsg. v. Klaus Nathaus / David Gilgen), 36/3 (2011), S. 7–16, hier S. 8 f. Vgl. Richard Swedberg, Markets in Society, in: Neil J. Smelser / Richard Swedberg (Hgg.), 161

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

Für die Handels- und Wirtschaftsgeschichte bieten sich eine Reihe von Anknüpfungspunkten an die Neue Wirtschaftssoziologie an. Zunächst wird zu klären sein, wer oder was ein Akteur im ökonomischen Geschehen ist und wie die Akteure in Beziehungen zueinander treten. Denn die sozialen Interaktionen münden in Schnittstellen, die unter bestimmten (historischen) Rahmenbedingungen handeln. Netzwerke, kognitive Strukturen sowie institutionelle Bedingungen müssen in ihrer Wirkung auf Marktteilnehmer analysiert und die Konfiguration der sozialen Kräfte durch ökonomisches Handeln eingefasst werden. Für die Differenzierung ökonomischen Transfers im allgemeinen und von Markttransfers im besonderen ist die Charakterisierung verschiedener in Koordinationsleistungen erbrachter Kooperationsformen richtungsweisend. Die Qualitäten der Kanten in Akteurs-Netzwerken stehen dabei zur Disposition. Die in Frankreich entwickelte Soziologie der Konventionen oder auch économie des conventions setzt an einer pragmatischen Handlungsorientierung an.164 Für wirtschaftliches Handeln ist diese Herangehensweise fundamental, wie Christof Jeggle erörtert165; denn im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht das koordinatorische Vorgehen von Akteuren, die ihre Handlungen beim Anstreben gemeinsamer Ziele wie der Verwirklichung eines ökonomischen Tausches situativ auf Konventionen hin abstimmen.166 Koordination lässt sich in diesem Zusammenhang allgemein als der Vorgehensmodus individueller und kollektiver Akteure begreifen, wobei sich das Handeln situativ und wechselseitig aufeinander bezieht. In seiner Einführung zur Verknüpfung von Konventionenökonomie und Geschichtswissenschaft verweist Tim Neu darauf, dass koordinative Handlungsweisen Aggregationen erzeugen, innerhalb derer die koordinierten Handlungskomplexe „strukturierend auf künftige Situationen wirken“.167 In diesem Sinn entstehen Märkte als soziale Formationen aus der Verflechtung von koordinatorischen Handlungsweisen und pragmatisch generierten strukturellen Transformationen. Für marktförmige Transfers treten auf Märkten preisbewusste Akteure miteinander in Beziehungen, die über die Begegnung von Angeboten und Nachfragen The Handbook of Economic Sociology, 2. Auflage: Princeton/Oxford/New York 2005, S. 233–253. – Der Begriff von embeddedness stammt von: Granovetter, Economic Action. 164 Vgl. Nicolas Dodier, Konventionen als Stützen der Handlung: Elemente der soziologischen Pragmatik, in: Rainer Diaz-Bone (Hg.), Soziologie der Konventionen. Grundlage einer pragmatischen Anthropologie, Frankfurt a. M./New York 2011, S. 69–97, hier S. 71 f. 165 Jeggle, Interactions. – In diesem Aufsatz formuliert Christof Jeggle erstmals für die Geschichtswissenschaften die produktive Bedeutung der Zusammenführung von Marktsoziologie in der Prägung Harrison Whites mit der hier diskutierten économie des conventions: vgl. Christof Jeggle, Pre-industrial World of Production: Conventions, Institutions and Organization, in: Historical Social Research (special issue: Conventions and Institutions from a Historical Perspective, eds. Rainer Diaz-Bone / Robert Salais), 36/4 (2011), S. 125–149; Harrison C. White, Markets from Networks: Socioeconomic Models of Production, Princeton, N. J. 2002. 166 Diaz-Bone, Einführung, S. 9: „Akteure koordinieren demnach in Situationen mit Bezug auf Konventionen ihre Handlungen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen.“ 167 Tim Neu, Koordination und Kalkül. Die ‚Économie des conventions‘ und die Geschichtswissenschaft, in: Historische Anthropologie 23 (2015), S. 129–147, hier S. 131.

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reguliert werden und die sich an die Entwicklung der Situation des Geschehens anpassen – mit der eventuellen Konsequenz, dass das wiederholte Scheitern von Transfers zum Kollaps eines Marktes führen kann.168 Im Rückgriff auf den Entwurf von Wertigkeitsordnungen der französischen Soziologen Luc Boltanski und Laurent Thévenot169 schildert Rainer Diaz-Bone „Marktkonventionen als kollektive Konstruktionen von Wertigkeit“. Er stellt Konventionen als soziokulturell verankerte Handlungslogiken dar, die der Koordination gegen Unsicherheitsfaktoren im ökonomischen Tausch dienen.170 Diese Darstellung führt Diaz-Bone auf die Soziologen Michael Storper und Robert Salais zurück, deren Definition er ins Deutsche überträgt: Konventionen ähneln ‚Hypothesen‘, die von Akteuren formuliert werden, die ihre Handlungen mit den Handlungen anderer Akteure abstimmen müssen, um ein Ziel zu erreichen. Wenn Interaktionen erfolgreich und immer wieder in vergleichbaren Situationen erfolgen, dann werden die Handlungsmuster zu inkorporierten Routinen und man neigt dazu, den anfänglichen hypothetischen Charakter der Konventionen zu vergessen. Konventionen werden dann zur vertrauten Geschichte, die in das Handeln eingelagert ist. […] Dennoch müssen Konventionen in jedem Moment durch die Individuen evaluiert und re-evaluiert werden, wenn diese entscheiden müssen, ob sie entsprechend einer Konvention handeln sollen oder nicht.171

Den Vorgang beschreibt Diaz-Bone mit der treffenden Charakterisierung von „Konventionen als eine durch das koordinierende Handeln für das koordinierende Handeln hervorgebrachte Realität“.172 Auf Märkte, die als soziale Formationen aus Handlungsgefügen entstehen, bezogen lässt sich die économie des conventions als praxeologischer Ansatz deuten. Märkte erscheinen dann weniger wie in der Institutionenökonomik als in institutionelle Rahmungen, die soziale Regelsysteme ausmachen, eingebettet. Die Institutionenökonomik veranschlagt „weiche“ (und „harte“) institutionelle Bezugsgrößen, innerhalb derer gehandelt wird und durch die entgegen den Informationsdefiziten und dem Misstrauen auf Märkten des internationalen Fernhandels ein „Systemvertrauen“ hervorgerufen wird. Damit macht die Institutionenökonomie insbesondere darauf

Neu, Koordination und Kalkül, S. 134: „Der Markt ist damit nicht einfach nur als ein Mechanismus unter anderen, sondern als ein vollständiges Kalkül zu begreifen, das es erlaubt, mit nur einer Klasse von Grundelementen (preisbewusste Akteure) und einer Regel (Angebot und Nachfrage) jede beliebige Situationsformation (Koordination) und alle aus der Verkettung von situativ koordinierten Handlungen entstehenden strukturellen Transformationen (Aggregation) zu beschreiben und zu erklären.“ 169 Luc Boltanski / Laurent Thévenot, On justification. Économies of worth, Princeton, N. J. 2006. 170 Diaz-Bone, Einführung, S. 23 f. 171 Michael Storper / Robert Salais, Worlds of Production. The action framework of the economy, Cambridge 1997, S. 16 f. Übersetzung: Diaz-Bone, Einführung, S. 30. 172 Diaz-Bone, Einführung, S. 30. 168

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aufmerksam, dass die Untersuchung von Transaktionen und Marktentwicklungen organisatorische Rahmenbedingungen wie das Konstrukt der ‚Unternehmung‘ oder Regulierungsinstrumente voraussetzt.173 Diese sehr einflussreiche Strömung innerhalb der Wirtschaftsgeschichte, die oftmals unausgesprochen der Vorstellung von ökonomischem Handeln beigemessen wird, denkt in Verträgen als Unterlagen des (Aus-)Tausches, indem Unsicherheiten durch vertragliche Vereinbarungen mit dem Koeffizienten des Vertrauens aufgehoben werden. Hier konstruiert die Institutionenökonomik Vertrauen als eine soziale Reputation, die sich in ein symbolisches Kapital verdichtet.174 Dieses Konzept verweist auf die Habitus-Theorie von Pierre Bourdieu, bei der Subjekte zur Vermittlung sozioökonomischer Wirklichkeiten mit intersubjektiven Ansprüchen auf verschiedenen Handlungsfeldern konvertibles Kapital akkumulieren können. Der pragmatische Ansatz dieser Deutung zur Nutzung von Ressourcen für das Handeln eröffnet nun auch die Perspektive für handlungsorientierte Interpretationen. Denn die ökonomisch Handelnden legen kein Vertrauen an den Tag, sondern schöpfen im Zuge von Vollzugshandeln aus einem „sich in Alltagstechniken materialisierenden praktischen Wissen“.175 Insofern ließe sich gegen eine statische Modellierung, die auf die Genese und die Stärke einbettender Institutionen als Bezugsgrößen rekurriert, eine vorgängige Vertrauensbildung, die in Koordinierungsleistungen und „konventioneller Handhabung“ wirksam wird, setzen.176 Das Koordinationsregime der économie des conventions bezieht sich auf Handlungsmuster und pragmatische Vorgängigkeiten, die doppelte Kontingenzen zu vermitteln geeignet sind und in die ein gemeinsames praktisches Wissen eingeschrieben ist.177

Paul Johnson, Making the Market. Victorian Origins of Corporate Capitalism, Cambridge 2010, S. 12 f. Paul Johnson greift zurück auf: Naomi Lamoreaus, Constructing firms: partnerships and alternative contractual arrangements in early 19th century American business, in: Business and Economic History 24 (1995), S. 43–71: „firms are constructed, not natural entities, and that the way they have been constructed reflects both conceptual processes and specific social and cultural contexts“. 174 Vgl. Stefan Gorißen, Der Preis des Vertrauens. Unsicherheit, Institutionen und Rationalität im vorindustriellen Fernhandel, in: Ute Frevert (Hg.), Vertrauen. Historische Annäherungen, Göttingen 2003, S. 90–118, hier S. 111–116. 175 Marian Füssel, Die Praxis der Theorie. Soziologie und Geschichtswissenschaft im Dialog, in: Arndt Brendecke (Hg.), Praktiken der Frühen Neuzeit. Akteure – Handlungen – Artefakte (Frühneuzeit-Impulse. Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im Verband der Historikerinnen und Historiker Deutschlands e. V., 3), Köln/Weimar/Wien 2015, S. 21–33, hier S. 30. 176 Vgl. Boltanski/Thévenot, Die Soziologie der kritischen Kompetenzen, S. 45–49. 177 Vgl. Heiner Ganßmann, Doppelte Kontingenz und wirtschaftliches Handeln, in: Jens Beckert / Rainer Diaz-Bone / Heiner Ganßmann (Hgg.), Märkte als soziale Strukturen, Frankfurt am Main 2007, S. 63– 77, hier S. 69–71. Unter doppelter Kontingenz versteht Ganßmann eine Konstellation, „in der zwei Akteure nicht nur jeweils von sich selbst denken, dass sie ihre Handlungen frei wählen können, so dass das, was sie tun, kontingent ist, sondern dass sie auch ihrem Gegenüber die gleiche Wahlfreiheit zuschreiben (müssen), so dass beide um die doppelte Offenheit der Handlungsmöglichkeiten wissen.“ (ebd., S. 63). 173

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Praxeologie wirtschaftlichen Handelns Da Märkte als Bühnen (Arenen) des Transfers von Verfügungsrechten zu begreifen sind, entstehen sie aus gesonderten Handlungsweisen für ein Koordinationsregime zur Übertragung von Verfügungsrechten. Die soziale Verhaltensweise, über Güter oder Leistungen, die man nicht selbst hervorgebracht hat, verfügen zu wollen, geht der Entstehung von Märkten voraus. Mit Max Weber („Wirtschaft und Gesellschaft“) lässt sich wirtschaftliches Handeln folgendermaßen charakterisieren: „Wirtschaftlich o r i e n t i e r t “ soll ein Handeln insoweit heißen, als es seinem gemeinen Sinne nach an der Fürsorge für einen Begehr nach Nutzleistung orientiert ist. „Wirtschaften“ soll eine f r i e d l i c h e Ausübung von Verfügungsgewalt heißen, welche p r i m ä r , „rationales Wirtschaften“ eine solche, welche zweckrational, also p l a n v o l l , wirtschaftlich orientiert ist.178

Damit wird an der Verbindung von wirtschaftlicher Logik und Praxeologie, wie sie der zitierte Ludwig von Mises vorgeschlagen hat, angeknüpft. Die Besonderheit wirtschaftlichen Handelns besteht darin, dass wirtschaftliches Handeln unter Knappheitsbedingungen, die für das Entstehen von Nachfrage sorgen und Wertigkeitsordnungen vorstellbar machen, läuft. Allerdings hat es, und darin gleicht es jedem anderen Handeln, immer eine soziale (assoziierende) Dimension.179 Die von Max Weber definierte Rationalität („rationales Wirtschaften“ eine solche, welche zweckrational, also p l a n v o l l , wirtschaftlich orientiert) wird im folgenden mit wirtschaftlicher Handlungslogik beschrieben.180 Die Handlungsorientierung der Wirtschaftssoziologie und der Konventionenökonomie ermöglicht die Verbindung von akteurszentrierter Perspektive mit der Entstehung, Persistenz und Dynamik von Märkten. Die Soziologen John F. Padgett und Walter W. Powell erklären das Verhältnis von Koordinationsleistungen zur Konstituierung von Märkten prägnant mit: „actors refers to organizations and relations to markets“.181 Damit vertreten die beiden US-Amerikaner einen homologischen Ansatz, der Relationalität als Prinzip der Transformation charakterisiert. Der Blick fällt auf die soziale Konfiguration (Formation) von Netzwerken: Denn Padgett und Powell begreifen Handeln und vergleichbare biogenetische oder chemische Bewegungspro-

Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie. Fünfte, revidierte Auflage, besorgt von Johannes Winckelmann: Tübingen 1980 [zuerst: 1921/22], S. 31 (Kap. 2, § 1); Hervorhebungen im Zitat von Max Weber. 179 Ganßmann, Doppelte Kontingenz, S. 65. 180 Der Begriff der Handlungslogik ist vielleicht die beste Übersetzung für denjenigen Terminus, den Max Weber als Rationalität ausweist; rational bedeutet zunächst nichts weiter, als dass eine Gesetzlichkeit Handlungsweisen bestimmt. 181 John F. Padgett / Walter W. Powell, The Problem of Emergence, in: Diess., The Emergence of Organizations and Markets, Princeton/Oxford/New York 2012, S. 1–30, hier S. 3. 178

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

zesse in deren strukturierendem Wirken. Im Vollzug bildet Handeln Netzwerke, die Netzwerkstrukturen „natürlicher“ Prozesse vergleichbar sind. Auf diese Weise lösen die beiden Soziologen – möglicherweise ungewollt – die Forderungen der auf die Differenzierung von Geistes- und Naturwissenschaften zurückführenden Erklären-Verstehen-Kontroverse ein. Die soziologisch gewendete ‚Kritik der Ordnungskraft‘ zeigt sich zunächst in der Untersuchung sozialer Ordnungsbildung.182 Überdies lenkte die US-amerikanische Sprachwissenschaftlerin Judith Butler die Aufmerksamkeit auf den soziokulturellen Konstruktcharakter der Trennlinien zwischen Natur und Kultur oder Geschlechtern.183 Für die Geschichtswissenschaften resultieren aus diesen theoretischen Vorüberlegungen im wesentlichen zwei Ausgangspunkte für die Perspektive auf historische Zusammenhänge: Zum einen stellt sich die Frage danach, wer ein Akteur (actor) sein kann, und zum anderen danach, welcherlei Handlungen sich in die Beziehungen (relations) eingeschrieben haben. Beide Aspekte gehören zwar zur historischen Praxeologie, aber sie zergliedern sich in zwei Schwerpunkte: einerseits die Akteur-Netzwerk-Theorie, andererseits die historische Netzwerkanalyse. Die Blickrichtung weist aus der mikrohistorischen Interpretation von Handlungsmustern auf die inhärente Strukturierung makrohistorischer Phänomene (Gruppen-Phänomene) und Entwicklungen hin. Akteur-Netzwerk-Theorie Während der Stand der Akteur-Netzwerk-Theorie inzwischen in einem deutschsprachigen Handbuch von Andréa Belliger und David J. Krieger zusammengetragen worden ist184, läuft demgegenüber die Debatte um agency unentschieden weiter. Der grundlegend strittige Punkt ist derjenige, wie historische Akteure zu charakterisieren sind. Im Deutschen finden sich mit „Wirkungsmacht“, „Handlungsmacht“ und „Handlungsträgerschaft“ graduell abgestufte Begriffe, die insbesondere im Kontext der soziokulturell ausgelegten Einschätzung über agency von Tieren gegeneinander abgewogen werden. Hier berufen sich kreative Autorinnen wie Donna Haraway auf ein becoming with, was vor allem ein Verwobensein unterschiedlicher Grade der Einschreibung in Handlungsmuster meint.185 Gesa Lindemann, Weltzugänge. Die mehrdimensionale Ordnung des Sozialen, Weilerswist 2014, S. 27–37. 183 Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, 17. Aufl.: Frankfurt a. M. 2015. – Die ausführliche Diskussion über das Auseinanderfallen von Natürlichkeit und kultureller Einschreibung (auch zwischen Erklären und Verstehen): Lindemann, Weltzugänge, S. 37–45. 184 Andréa Belliger / David J. Krieger (Hgg.), ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie, Bielefeld 2006. 185 Donna J. Haraway, When species meet (Posthumanities, 3), London 2008, S. 3–35. 182

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Zwar bieten die Politikgeschichte, die Internationale Geschichte und die Diplomatiegeschichte einen „klassisch“ kollektivierten Akteursbegriff an, allerdings ist diese Entscheidung auf dem ökonomischen Feld weniger einfach zu treffen.186 Aufgrund der engen Assoziation des Akteursbegriffs mit Handlungsorientierung verweisen die bisher erörterten Ansätze auf die differenzierende und eher weite Interpretation von agency-Konzepten. Die Akteur-Netzwerk-Theorie, die sich mit dem agency-Problem als zentralem Motiv auseinandersetzt, wurde zunächst vom französischen Soziologen Bruno Latour (mit Michel Callon und John Law) entwickelt. Sein Ausgangspunkt bildet die gegen Émile Durkheim (1858–1917) formulierte These des französischen Kriminologen und Philosophen Gabriel Tarde (1843–1904), dass das Soziale ein Verbindungsprinzip sei und daher das Ganze durch das Einzelne erklärbar werde.187 Der Gehalt dieser Stellungnahme liegt insbesondere darin, dass das Soziale kein eigener Bereich (keine eigene Ebene, kein eigenes Feld) ist, der andere wie Wirtschaften absichert oder als unterliegende Begründung herhält. Bruno Latour setzt die Soziologie der Assoziationen gegen die Soziologie des Sozialen ab, wobei er der Soziologie des Sozialen unterstellt, sie verweise auf (soziale) Ordnungen, wohingegen sich die Soziologie der Assoziationen auf performatives Handeln bezieht: „Sobald man aufhört, Gruppen zu bilden und umzubilden, gibt es keine Gruppen mehr.“188 Die daraus erwachsenden Folgen sind allerdings weitreichend: Der große Nutzen einer performativen Definition liegt darin, daß sie in die entgegengesetzte Richtung weist: Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf die erforderlichen Mittel, um die Gruppen unablässig aufrechtzuerhalten, und auf den entscheidenden Beitrag, der durch die spezifischen Ressourcen des Analytikers geliefert wird.189

Der handlungstheoretische Befund zeigt, dass soziale Verknüpfungen durch die „Zirkulation verschiedener Träger“ erreicht werden. Das Soziale gleicht daher keiner Spur (trace), sondern ist selbst dynamische Praxis, bei der keine Assoziation durch eine andere substituierbar ist.190 In diesem Prozess erzeugen Mittler Gruppen – Aggregationen. Vgl. Stefanie Rüther, Der Krieg als Grenzfall städtischer ‚Außenpolitik‘? Zur Institutionalisierung von Kommunikationsprozessen im schwäbischen Städtebund (1376–1390), in: Christian Jörg / Michael Jucker (Hgg.), Politisches Wissen, Spezialisierung und Professionalisierung. Träger und Foren städtischer „Außenpolitik“ während des späten Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Wiesbaden 2010, S. 105–120. 187 Gabriel Tarde, Die Gesetze der Nachahmung, Frankfurt am Main 2003 [zuerst 1890], S. 73: Tarde behauptet, dass das „Soziale kein spezieller Bereich der Realität sei, sondern ein Verbindungsprinzip; […] daß Soziologie tatsächlich eine Art von Inter-Psychologie sei […]“; damit nähme das Soziale in der Lesart Latours etwas Fluides an: „Existieren heißt differieren, die Differenz ist gewissermaßen die substanzielle Seite der Dinge, sie ist dasjenige, was sie gleichzeitig als eigenstes und gemeinsamstes haben.“ 188 Latour, Eine neue Soziologie, S. 62 f. 189 Ebd., S. 64. 190 Ebd., S. 66: „Es ist nur eine Bewegung, die einzig indirekt erfasst werden kann, wenn es einen Wandel, wie winzig auch immer, in einer älteren Assoziation gibt, die in eine etwas neuere oder andere mutiert.“ 186

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

Für Latour nehmen diese Mittler (oder Zwischenglieder) eine verbindende, eine assoziierende Rolle ein, wobei nicht vorhergesagt werden kann, welche Art von Gruppe entstehen kann: Mittler andererseits zählen nicht automatisch als eine bestimmte Einheit; bei ihnen ist vielmehr jeweils offen, ob sie überhaupt nicht, als eine Einheit, als mehrere oder als unendlich viele zählen. Aus ihrem Input läßt sich ihr Output nie richtig vorhersagen; stets muß ihre Spezifizität berücksichtigt werden. Mittler übersetzen, entstellen, modifizieren und transformieren die Bedeutung oder die Elemente, die sie übermitteln sollen.191

Auf diese Weise wird das Entstehen von sozialen Gruppen als ein dynamischer Prozess von Vermittlungstätigkeit betrachtet. Für die Geschichtswissenschaft bedeutet dies zunächst, dass die Konstituierung von Gruppen oder sozialen Formationen (Latour: Figurationen) aus konventionalen Handlungen (Handlungsmustern) gedacht werden muss – wobei nicht vorausschauend definiert werden kann, welchen Charakter und welche Substanz eine Handlung und ihre Zusammenhänge haben müssen. Das auf Vermittlungstätigkeit gestützte Konzept des Handelns umfasst ebenso komplexe wie heterogene Momente und entspricht damit der Definition Max Webers von sozialem Handeln: ‚Soziales Handeln‘ aber soll ein solches Handeln heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist.192

Aufgrund dieser Offenheit (Unbestimmtheit) des Handlungskonzeptes sieht Bruno Latour einen Akteur nicht als impulssetzenden Ausgangspunkt einer strahlenförmig gerichteten Handlung, sondern als Ziel von verschiedenartigen Vermittlern (Entitäten), die auf ihn hinströmen: „Akteur ist, wer von vielen anderen zum Handeln gebracht wird.“193 Das „Handelnd-Werden“ ist auf diese Weise das Indiz für agency, die durch die Fülle von Übersetzungen wie Existenzform (forme d’existence), Agent oder Handlungsträger (actant) wiedergegeben wird.194 Die Suche nach dem Akteur führt in Ebd., S. 70: Latour nennt diese relative Offenheit für entstehende Gruppen eine Unbestimmtheit (die erste Unbestimmtheit). 192 Weber, Wirtschaft, S. 1. 193 Latour, Eine neue Soziologie, S. 81; die Definitionen, die Bruno Latour anfügt, begründen diese Sichtweise: erstens „Ein ‚Akteur‘ in dem Bindestrich-Ausdruck Akteur-Netzwerk ist nicht der Ursprung einer Handlung, sondern das bewegliche Ziel eines riesigen Aufgebots von Entitäten, die zu ihm hinströmen.“ Zweitens „Das Wort ‚Akteur‘ zu verwenden bedeutet, daß nie klar ist, wer und was handelt, wenn wir handeln, denn kein Akteur auf der Bühne handelt allein.“ Drittens „Handeln ist definitionsgemäß nicht lokalisierbar, sondern stets verlagert, verschoben, dislokal. Handeln wird entlehnt, verteilt, suggeriert, beeinflußt, dominiert, verraten, übersetzt. Wenn es von einem Akteur heißt, er sei ein Akteur-Netzwerk, unterstreicht dies vor allem, daß er die Hauptquelle der Unbestimmtheit über den Ursprung der Handlung darstellt.“ (ebd., S. 82). 194 Ebd., S. 79. 191

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die Metaphorik der Theatralität: Denn Handeln wird sichtbar als performatives Handeln und ist kein Einzelhandeln (keine singuläre Handlung). Handeln vollzieht sich wie auf einer Bühne als interaktives Handeln, bei dem eine Pluralität von Aktanten (actants) Rollen spielen.195 Latour charakterisiert die Selbstauskunft der Handelnden als Infrasprache. Aus der Sicht der Geschichtswissenschaften verweist dies auf den praxeologischen Zugriff, der die prozesshaften Einschreibungen von Handlungen, Handlungsmustern und Handlungsweisen in historische Materialität wahrnimmt. Das performative Handeln konfiguriert soziale Formationen und wirkt in den Einschreibungen, die ein Netz von verketteten Handlungen nachvollziehbar machen. Die handlungstheoretische Perspektivumkehr (jemanden dazu bringen, etwas zu tun) stellt Handlungsträger „als etwas tuend oder ein Tun veranlassend“ dar. Dadurch entstehen Handlungsgefüge, in deren Verlauf Ursache und Wirkung bloße Vermittler sind und ihrerseits andere Mittler in Bewegung setzen (so dass unvorhersehbare Situationen – Neuanordnungen – entstehen). Einem Agierenden wird hierbei keine „soziale Erklärung“ nachgeschoben, sondern es erhält eine zu rekonstruierende Gestalt. Akteure verfügen in diesem Sinn über eine eigene Sprache, die die Grammatik des Handelns ausmacht und die nicht die Sprache des Beobachters ist. Die Qualität von agency bemisst sich als Art und Weise des Handelns (nach dem wie) und nicht nach dem Kriterium der Grundsetzung (Kausalität).196 Aufgrund dieser komplexen Anlage der Vermittlung von Impulsen für Handlungen lassen sich, laut Latour, zwei Wege beschreiten: Zum einen entsteht eine Kartographie der Handlungsträger und der Beziehungen zwischen ihnen, zum anderen erscheint eine Welt als „Verkettung von Mittlern“ über Knotenpunkte.197 Im Verständnis der Soziologie der Assoziationen, die der Akteur-Netzwerk-Theorie unterliegt, bezeichnet der Begriff sozial eine Bewegung, die bislang Disparates in eine Assoziation zu fügen in der Lage ist und die die Wirklichkeit von Handlungen in ihrer Ausübung hat. Diese Zusammenstellung von Teilen zu Verbindungsgliedern in Ketten charakterisiert die Akteur-Netzwerk-Theorie als Netzwerk.198 Ein Kollektiv entsteht durch die Assoziation zuvor nicht assoziierter Entitäten (Handlungsträger), die Gesellschaft entwickelt sich aus zusammengeführten Entitäten. Handlungsketten, die von sich aggregierenden

Ebd., S. 81. Diese Akteurs-Problematik als Rollenspiel ist bereits dargestellt bei: Erving Goffman, Interaktionsrituale. Über Verhalten in direkter Kommunikation, 3. Auflage: Frankfurt am Main 1994 [zuerst 1967]. 196 Latour, Eine neue Soziologie, S. 92–97. 197 Ebd., S. S. 102–106. 198 Ebd., S. 111 f.: „[Der Begriff ‚sozial‘] bezeichnet keinen Realitätsbereich und keinen bestimmten Gegenstand, sondern ist eher die Bezeichnung für eine Bewegung, eine Verschiebung, eine Transformation, eine Übersetzung, eine Anwerbung.“ Die Neukombination von Teilen, die neue Ausrichtung auf Pfade wird als „Netzwerk“ bezeichnet: „Also bezeichnet ‚sozial‘ für die ANT einen besonderen Typ von Assoziationen zwischen bislang ‚unassoziierten‘ Kräften.“ Zum Sozialen als Ausübung: ebd., S. 115. 195

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

Handlungsträgern gefügt werden, generieren das Soziale, das auf diese Weise zur Substanz von Kollektiven und Gesellschaften wird, keine Eigenschaft des einzelnen möglichen Handlungsträgers ist. Die am weitesten reichende Konsequenz aus dieser Handlungstheorie ist die Aufhebung der Differenz von Subjekt und Objekt. Denn soziales Handeln erstreckt sich über heterogene Akteursgruppen, die in unterschiedlichen Handlungsarten diverse materielle Erscheinungsformen miteinander verknüpfen. Latour erfindet dafür, dass verschiedenartige Akteure Handlungsquellen (Vermittler von Handlungsketten) sein können, den Begriff des Aktanten (actant). Namentlich Dinge verändern als Handlungsträger Handlungen und nehmen somit die Existenz eines Beteiligten an Handlungen (oder auch: Vermittler in einer Handlungskette) an.199 Für die historische Forschung ist diese Akteurs-Konzeption insofern richtungsweisend, als der Kreis der möglichen Handlungsträger auf die verbliebenen Artefakte ausgeweitet wird und auf diese Weise Einschreibungen für Handlungsgefüge als Geschichte erzählbar werden: Wenn wir dagegen bei unserer Entscheidung bleiben, von den Kontroversen um Akteure und Handlungsquellen auszugehen, dann ist j e d e s D i n g , das eine gegebene Situation verändert, indem es einen Unterschied macht, ein Akteur – oder, wenn es noch keine Figuration hat, ein Aktant.200

Durch die Verkettung von Handlungen, die ohne „soziale Hinterwelt“ durch Mittler gefügt werden, entstehen Handlungsnetze. Am Anfang der Untersuchung können wir noch nicht wissen „wie alle diese Akteure verknüpft sind“, so dass über die Modi des Assoziierens die Handlungszusammenhänge wie ein Marktgeschehen wahrgenommen werden können.201

Latour, Eine neue Soziologie, S. 122: „Soziales Handeln wird nicht nur von Aliens weitergetragen, sondern es wird auf verschiedene Akteursgruppen verlagert oder delegiert, die fähig sind, das Handeln durch andere Aktionsmodi, andere Typen von Materialien zu transportieren. […] Wenn wir dagegen bei unserer Entscheidung bleiben, von den Kontroversen um Akteure und Handlungsquellen auszugehen, dann ist jedes Ding, das eine gegebene Situation verändert, indem es einen Unterscheid macht, ein Akteur – oder, wenn es noch keine Figuration hat, ein Aktant.“ Das heißt: Alle möglichen Handlungsträger werden ins Auge gefasst mit der Frage, „Macht er einen Unterschied im Verlauf der Handlung irgendeines anderen Handlungsträgers oder nicht? Gibt es irgendeine Probe, einen Versuch, der es jemandem erlaubt, diesen Unterschied zu ermitteln?“ Latour bezieht sich ausdrücklich auf das Beispiel der Buchführung, dass es einen Unterschied macht, ob eine Unternehmung mit oder ohne Buchhaltung betrieben wird; ebd., S. 123. 200 Ebd., S. 123. 201 Ebd., S. 186: Von vorneherein wissen wir nicht, „wie alle diese Akteure verknüpft sind“ – nur soviel, „daß alle Akteure, die wir ausschwärmen lassen werden, auf eine Weise assoziiert sein können, daß sie andere dazu bringen, Dinge zu tun. Nicht dadurch, daß sie ein Art von getreuem Zwischenglied eine Kraft weiter transportieren. welche durchgäng dieselbe bliebe, sondern indem sie Transformationen hervorbringen, die sich in vielen unerwarteten Ereignissen bei den anderen Mittlern manifestieren, die auf sie in der Kette folgen.“ [Hervorhebungen von Bruno Latour]. 199

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Die epistemologische Errungenschaft dieser Anlage von Akteur-Netzwerken liegt in der Offenheit für heterogene Akteure, die sich aus ihrer aufeinander bezogenen Bewegung zu Netzwerken verknüpfen. Dadurch werden Handlungen und Vermittlungstätigkeit selbst zum Gegenstand der Analyse, so dass die historische Praxeologie grundgelegt ist. Die Darstellung von ökonomischem Handeln wird nicht durch Determinanten des Handelns wie vorher bestimmte Einbettung festgelegt, sondern einzig aus den Vorgängigkeiten in ökonomischen Zusammenhängen als wirschaftlich assoziierend interpretiert. Den Zeugnissen der Handlungen ist eingeschrieben, welche Art der Assoziationen generiert wird. Bruno Latour definiert diese Eigenschaft der Akteur-Netzwerk-Theorie als Irreduktionsprinzip: Es gibt keine Gesellschaft, keinen sozialen Bereich und keine sozialen Bindungen, s o n dern es existieren Übersetzungen zwischen Mittlern, die aufzeic h e n b a r e A s s o z i a t i o n e n g e n e r i e r e n k ö n n e n .202

Allerdings produziert dieser theoretische Ansatz ein Netzwerk-Konzept, das sich nicht deckungsgleich mit den weithin angewendeten netzwerktheoretisch fundierten Herangehensweisen zeigt. Obwohl die Akteur-Netzwerk-Theorie insbesondere der Logik der historischen Praxeologie entspricht, wird die Historische Netzwerkanalyse als eigenständige Methode dargestellt und auf einige für die Untersuchung wichtige Grundlagen verwiesen. Technikpragmatismus Aber der Handlungsbegriff der Akteur-Netzwerk-Theorie ist als „flacher“ Handlungsbegriff kritisiert worden. Denn die Akteur-Netzwerk-Theorie beschränkt sich darauf, Handlungen auf die Erzeugung von „Wirkung in einem Netzwerk“ zu reduzieren. Damit lösen sich komplexere Wirkungsformen techno-sozialer Prozesse im „verteilten Handeln“ auf. Gesa Lindemann und Werner Rammert argumentieren weniger mit der Wiedereinführung einer konstitutiven Trennung von Subjekt und Objekt. Vielmehr geht es ihnen um eine „konzeptuell differenzierte Beschreibungssprache“.203 Für die folgenden Überlegungen ist die Überwindung der streng ausgelegten Akteur-Netzwerk-Theorie insofern von Bedeutung, als es sich bei der hier behandelten Buchführung um eine dialogisch angelegte Mensch-Technik-Beziehung handelt. Der Buchhalter, der die Bücher ‚hält‘, und die Bücher, die eine reproduzierbare technische Verarbeitung von Daten erzeugen. Werner Rammert definiert Technik mit einem erweiterten Horizont: Ebd., S. 188. Lindemann, Weltzugänge, S. 45–56; vgl. Werner Rammert, Technik-Handeln-Wissen. Zu einer pragmatischen Technik- und Sozialtheorie, Wiesbaden 2007. 202 203

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

Unter Technik verstehen wir demnach die Gesamtheit der in der Gesellschaft kreativ und künstlich eingerichteten Wirkzusammenhänge, die aufgrund ihrer Form, Funktionalität und Fixierung in verschiedenen Trägermedien zuverlässig und dauerhaft erwünschte Effekte hervorbringen.204

Der Buchhalter verschriftlicht geschäftliche Vorfälle in den Rechnungsbüchern seiner Buchhaltung durch den Prozesses der Datenverarbeitung. Der in die Welt gesetzten Logik der Rechnungsbücher muss er, der Buchhalter, indes konsequent folgen, so dass sich die Rechnungsbücher auch als Maschine in einem interaktiven Dialogverhältnis von Mensch und Maschine verstehen lassen. Die techno-soziale Mensch-Maschine-Beziehung von Buchhalter und Rechnungsbüchern weist über die bloße Materialität der Buchführung hinaus und charakterisiert die Subjektwerdung der Buchführung als einen komplexen Wirkungszusammenhang der mensch-maschinellen Binnenkommunikation.205 Bei dieser technikpragmatischen Konzeption ist die praxeologische Perspektive entscheidend: Die handlungsorientierte Interpretation des Prozesses der Buchführung setzt bei den überlieferten Texten an und sieht die Unternehmensüberlieferungen als Schritte im Prozess der analogen Datenverarbeitung auf dem Weg zur Evaluierung von Transfervorgängen. Die innere Logik der Buchführung verweist dabei auf Handlungspräskripte für die Geschäftstätigkeit.206 In dieser Hinsicht erscheint die komplexe Anlage des Mensch-Technik-Dialogverhältnisses der Buchführung als sozial assoziierender Akteurszusammenhang der elementaren Ordnungsbildung. Bei einer solchen Darstellung wird der Kreis der sozialen Akteure offen gehalten. Insbesondere verweist dieser Ansatz auf die Konstitution ökonomischer Akteure im Handlungsprozess. Eine in diesem Verständnis charakterisierte Buchführung erscheint als mitweltliches Ko-Subjekt im Kreis der geschäftlich gesetzten Sozialität ökonomischer Akteure.207

Werner Rammert, Technik, Handeln und Sozialstruktur: Eine Einführung in die Soziologie der Technik (Technical University Technology Studies. Working Papers TUTS-WP-3-2006), Berlin 2006, S. 9. 205 Vgl. Michel Callon, Akteur-Netzwerk-Theorie: Der Markttest, in: Andrea Bellinger / David J. Krieger (Hgg.), ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie, Bielefeld 2006, S. 545–560. 206 Heinrich Lang, Das Subjekt der Buchführung. Ökonomische Subjektwerdung in der Mensch-Maschine-Beziehung von Buchhalter und Rechnungsbüchern der frühneuzeitlichen Wirtschaftsordnung, in: Rudolf Schlögl / Isabelle Schürch (Hgg.), Subjekt und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit, Konstanz (im Druck). 207 Vgl. Lindemann, Weltzugänge, S. 54. 204

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Historische Netzwerkanalyse Ein Handbuch zur „Netzwerkforschung“ der deutschen Soziologen Christian Stegbauer und Roger Häußling aus dem Jahr 2010 trägt einen Überblick über den entsprechenden Wissensstand zusammen.208 Dieses lässt sich ergänzen durch eine Sammelpublikation jüngeren Datums unter der Überschrift „Handbuch Historische Netzwerkforschung“.209 Der historischen Forschung kann man einen relativen Methodenpluralismus unterstellen, der nicht zuletzt mit der oft zitierten „Netzwerkeuphorie“ zusammenhängt.210 Hierbei handelt es sich im wesentlichen um Netzwerktypologien, die vor allem beschreibende Funktionen erfüllen. Auf unterschiedlichen Ebenen werden Netzwerkstrukturen rekonstruiert als Handelsnetzwerke, Kapitalverflechtungen, Informationsnetzwerke und Innovationsnetzwerke.211 Der Einsatz der Analyse relationaler Netzwerke leuchtet nicht die vorausgesetzte Existenz sozialer Beziehungen aus, sondern richtet sich danach, wie soziale Beziehungen ineinander greifen, ablaufen und in hierarchischen Verhältnissen zueinander stehen.212 Indes dürfte hierfür auch die Besonderheit der Geschichte des „vorstatistischen Zeitalters“ eine Rolle spielen. Denn aufgrund der Textbasis wird vorwiegend die Frage nach „potentiellen“ Handlungen, die im Rekurs auf mehrschichtige Beziehungsgefüge erwachsen, gestellt.213 Demnach ist es vor allem der Qualität der greifbaren Texte – der Archivsituation also – geschuldet, inwieweit kliometrische Verfahren wie das von John Padgett und Christopher Ansell auf die inner-florentinische Führungsschicht Christian Stegbauer / Roger Häußling (Hgg.), Handbuch Netzwerkforschung (Netzwerkforschung, 4), Wiesbaden 2010. 209 Marten Düring / Ulrich Eumann / Martin Stark / Linda von Keyserlingk (Hgg.), Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung, 1), Münster u. a. 2016. 210 Morten Reitmayer / Christian Marx, Netzwerkansätze in der Geschichtswissenschaft, in: Christian Stegbauer / Roger Häußling (Hgg.), Handbuch Netzwerkforschung (Netzwerkforschung, 4), Wiesbaden 2010, S. 869–880, hier S. 871 f. 211 Hartmut Berghoff / Jörg Sydow, Unternehmerische Netzwerke – Theoretische Konzepte und historische Erfahrungen, in: Diess. (Hgg.), Unternehmerische Netzwerke. Eine historische Organisationsform mit Zukunft?, Stuttgart 2007, S. 9–43: Hier erklären die beiden anschaulich den Unterschied zwischen Netzwerktheorien, „deren primärer Zweck die Erklärung der Existenz und des Wandels bzw. Nicht-Wandels entsprechender organisatorischer Arrangements“ ist, und Netzwerktypologien im Rückgriff auf: Jörg Sydow / Stephan Duschek / Guido Möllering / Markus Rometsch, Kompetenzentwicklung in Netzwerken. Eine typologische Studie, Wiesbaden 2003, S. 54 f.: „Netzwerktypologien bezeichnen entsprechend Klassifizierungssysteme für die Zuordnung und damit Unterscheidung von Netzwerken“. 212 Claire Lemercier, Formale Methoden der Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften: Warum und Wie?, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (Themenheft: Historische Netzwerkanalysen, hrsg. v. Albert Müller / Wolfgang Neurath), 23/I (2012), S. 16–41. 213 Vgl. Mark Häberlein, Netzwerkanalyse und historische Elitenforschung. Probleme, Erfahrungen und Ergebnisse am Beispiel der Reichsstadt Augsburg, in: Regina Dauser / Stefan Hächler / Michael Kempe / Franz Mauelshagen / Martin Stuber (Hgg.), Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahrhunderts, Berlin 2008, S. 315–328; Lemercier, Formale Methoden, S. 23 f. 208

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

angewendete Blockmodelling-Verfahren realisiert werden können.214 Hierbei werden grob gerasterte Kategorien verwendet, wie sie Dale Kent in ihrer Studie zum Aufstieg des Medici-Regimes – Familie (parenti), Verwandtschaft (parentado), Freundschaft (amicizia), Nachbarschaft (neighbourhood) – erarbeitet hatte.215 In der Wirtschaftsgeschichte für die Zeit vor der Industrialisierung ging es bisher in besonderer Weise um die Verflechtung von Personen und Kapital.216 Während sich für die Industrialisierung die Überlieferungssituation grundsätzlich gewandelt darstellt, verfügen die mittelalterliche und die frühneuzeitliche Wirtschaftsgeschichte über weitaus weniger Archivbestände, die statistisch belastbare Personen-, Kapitalund Güternetzwerkdaten anbieten. Für die Entwicklung der Florentiner Wirtschaft der Renaissance erweist sich die Situation auswertbarer Texte auch für das 15. und 16. Jahrhundert als genügend reichhaltig.217 Grundsätzlich beschäftigen sich die Geschichtswissenschaften vorwiegend mit den Kanten (vertices) von Netzwerken. Ein Schwerpunkt der Aufmerksamkeit lag seit den späten 1970er Jahren auf der Charakterisierung von Patronage-Netzwerken der Frühen Neuzeit. Vor der Entstehung des „modernen Anstaltsstaates“ Max Weberscher Prägung stabilisierten Verwandtschafts- und Patronagebeziehungen herrschaftliche Verhältnisse. Die Verdichtungsdynamik von Führungsgruppen stand in einem Wechselverhältnis zu staatsgenetischen Entwicklungen.218

John F. Padgett / Christopher K. Ansell, Robust Action and the Rise of the Medici 1400–1434, in: American Journal of Sociology 98/2 (1993), S. 1259–1319. 215 Dale Kent, The Rise of the Medici-Faction in Florence. 1426–1434, Oxford/New York 1978: Dale Kent arbeitete mit Kategorien (der Netzwerkkanten) wie parenti (Eltern: patrilineare Verbindungen), parentado (Verwandtschaft), consorteria (Familienkreis), amico („Freund“; Parteigänger), vicini (Nachbarschaft), padri (Paten) und business partners (S. 33–135); dabei werden Briefe (letters) und die Bank wie Medien der Verbindung verstanden. In den für die Florenzforschung sehr kreativen 1980er und 1990er Jahren erschienen eine Fülle von Studien, die sich jeweils mit einer dieser Kategorien (Beziehungstypen) vorwiegend auf der Basis der Bestände des Florentiner Staatsarchivs befassten; verwiesen sei nur auf folgende Studien: Nicholas A. Eckstein, The District of the Green Dragon. Neighbourhood Life and Social Change in Renaissance Florence (Quaderni di Rinascimento, 22), Florenz 1995; und seine Aktualisierung: ders., Neighborhood as Microcosm, in: Roger J. Crum / John T. Paoletti (Hgg.), Renaissance Florence. A Social History, Cambridge 2006, S. 219–239. Vgl. Christiane Klapisch[-Zuber], Parenti, Amici, e Vicini. Il territorio urbano d’una famiglia mercantile nel XV secolo, in: Quaderni Storici 33 (1976), S. 953–982. – In Florenz liegt dafür die Auswertung des catasto fiorentino von 1427 vor: David Herlihy / Christiane Klapisch-Zuber, I toscani e le loro famiglie. Uno studio sul catasto fiorentino del 1427, Bologna 1988. 216 Zur Forschungsaufgabe aus der Perspektive der jüngeren wirtschaftswissenschaftlichen Forschung (inwieweit sich Kapitalverflechtungen auf Handlungsmuster auswirkten): Thomas Koenig / Robert Gogel, Interlocking Corporate Directorship as a Social Network, in: American Journal of Economics and Sociology 40 (1981), S. 37–50; Alix Valenti / Stephen V. Horner, Corporate Directors’ Social Capital: How Centrality and Density Impact Board Monitoring, in: Journal of Applied Business and Economics 11, Nr. 4 (2010), S. 117–127. 217 Vgl. Paul D. McLean / John F. Padgett, Was Florence a perfectly competitive market? Transactional evidence from the Renaissance, in: Theory and Society 26 (1997), S. 209–244. 218 Vgl. Antoni Mączak, Der Staat als Unternehmen. Adel und Amtsträger in Polen und Europa in der Frühen Neuzeit (Schriften des Historischen Kollegs, Vorträge), München 1989; vgl. den synthetisieren214

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Während die französisch- und englischsprachigen Forschungen zu Patronagesystemen und Klientelismus stark von sozialanthropologischen Debatten inspiriert waren219, hat die deutschsprachige Netzwerkanalyse für die Frühneuzeitforschung ihren Ausgangspunkt in der programmatischen Darlegung von Wolfgang Reinhard unter dem Titel der Verflechtung.220 Reinhard bezog sich auf das Papsttum des Barock und dessen reichhaltige römische Überlieferung. In einer großangelegten Serie von Fallstudien um das Borghese-Pontifikat von Paul V. (1605–1621) wurde das Konzept der Mikropolitik ausformuliert.221 Ein Analyseinstrument besteht in der prosopographischen Arbeit, in deren Zuge Personennetzwerke anhand von Profilen ausgewiesen werden.222 Hierbei ging es primär um die Qualität der Beziehungen, die in Beziehungstypen klassifiziert werden. Zugleich bedeutet die Interpretation von Sozialbeziehungen als konstitutive Komponenten bei der Genese und Dynamik von Netzwerken ein Scharnier zwischen der quantitativen Netzwerkanalyse und einem qualitativ ausgelegten Verständnis von Netzwerken.223 Paul McLean hat mit seiner Studie „The Art of the Network“ von 2007 die historische Netzwerkforschung von der Diskussion der Beziehungskategorien gelöst und insbesondere durch die eingehende Untersuchung des Patronagesystems der Medici patronage als Kommunikationsmedium und dessen Sprachweisen gedeutet.224 Im Anden Entwurf: Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1999; Johannes Burkhardt, Die Friedlosigkeit der Frühen Neuzeit. Grundlegung einer Theorie der Bellizität, in: Zeitschrift für Historische Forschung 33 (1997), S. 509–574. – Zum Anstaltsstaat: Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, Kapitel IX. § 2 („Die Stadt des Okzidents“), hier S. 743. 219 Exemplarisch: Sharon Kettering, Patrons, Brokers, and Clients in the Seventeenth-Century France, New York/Oxford 1986. Ausgangspunkt: Jeremy Boissevain, Friends of Friends. Networks, Manipulators, and Coalitions, Oxford 1974. 220 Wolfgang Reinhard, Freunde und Kreaturen. „Verflechtung“ als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen. Römische Oligarchie um 1600 (Schriften der Philosophischen Fachbereiche der Universität Augsburg, 14), München 1979. 221 Programmatisch: Wolfgang Reinhard, Amici e creature. Politische Mikrogeschichte der römischen Kurie im 17. Jahrhundert, in: Quellen und Forschungen aus Italienischen Archiven und Bibliotheken 76 (1996), S. 308–334. In der Zusammenstellung der Ergebnisse: Wolfgang Reinhard (Hg.), Römische Mikropolitik unter Papst Paul V. Borghese (1605–1621) zwischen Spanien, Neapel, Mailand und Genua (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, 107), Tübingen 2004. 222 Wolfgang Reinhard (Hg.), Augsburger Eliten. Prosopographie wirtschaftlicher und politischer Führungsgruppen (1500–1620), Berlin 1996. Vgl. Wolfgang Reinhard, Herkunft und Karrieren der Päpste 1417– 1963. Beiträge zu einer historischen Soziologie der römischen Kurie, in: Meddelingen van het Nederlands Instituut te Rome 38 (1976), S. 87–108. 223 Heiko Droste, Patronage in der Frühen Neuzeit – Institution und Kulturform, in: Zeitschrift für Historische Forschung 30 (2003), S. 555–590; Birgit Emich / Nicole Reinhardt / Hillard von Thiessen / Christian Wieland, Stand und Perspektiven der Patronageforschung. Zugleich eine Antwort auf Heiko Droste, in: Zeitschrift für Historische Forschung 32 (2005), S. 233–265. 224 Paul D. McLean, The Art of the Network. Strategic Interaction and Patronage in Renaissance Florence, Durham/London 2007. – Die Florenz-Forschung hat nicht zuletzt aufgrund der hervorragenden Überlieferungssituation eine ausgeprägte und diversifizierte Patronage-Forschung, deren synthetische Darstellung für das frühe 15. Jahrhundert von Dale Kent stammt, entwickelt: Dale Kent, Cosimo de’ Medici and

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

schluss daran hat der Autor der vorliegenden Untersuchung inter-elitäre Netzwerke als mehrschichtige Patronagegefüge nach verschiedenen Handlungsfeldern aufgefächert und den Einsatz der Netzwerkzusammenhänge im Wechselspiel für den Ausbau von Machtpositionen aufgezeigt.225 In der vorindustriellen Wirtschaftsgeschichte wurde der Blick auf die sich überlagernden Personen-, Kapital-, Verwandtschafts- und Handelsnetzwerke gerichtet.226 Mark Häberlein hat bei der internen und nach außen orientierten Verflechtung der Augsburger Kaufmannbankiers und Patrizier die verschiedenen Ebenen der historischen Netzwerkanalyse ausgeleuchtet und miteinander verbunden. Auch hier – sowohl bei der quantitativen Netzwerkrekonstruktion, als auch bei der qualitativen Bewertung der Sozialbeziehungen zwischen Personen, Handels- und Bankgesellschaften sowie wirtschaftlichen Transaktionen – bezogen sich die vorgebrachten Argumente wesentlich auf die Aussagekraft verschiedener Kantentypen.227 In seiner Studie zu den Bergenfahrern der Hanse im Spätmittelalter markiert Mike Burkhardt die Umrisse der Entstehung von Netzwerken mit einem Kriterienkatalog: Netzwerke sind dadurch gekennzeichnet, dass die Teilnahme an ihnen freiwillig ist, dass ein gemeinsames Ziel bestehen muss, dass Vorteile aus Netzwerktransfers resultieren müssen, dass sie flache Hierarchien haben, dass jeder Akteur (actor) im Netzwerk über mindestens zwei Bindungen verfügen muss (triadische Beziehung) und dass schließlich keine formale Mitgliedschaft in einem Netzwerk bestehen darf. Burkhardt vergleicht dabei die losen Strukturen eines ökonomischen Netzwerkes, die aufgrund von Partnerschaften und Gelegenheitsgesellschaften auf der Basis kurzfristig terminierter Verträge hervorgebracht wurden, mit der höheren Dichte an Kreditbeziehungen und insbesondere an Beziehungen, die durch die Bestimmungen in Testamenten entstanden.228

the Florentine Renaissance. The Patron’s Oeuvre, New Haven/London 2000. Dabei legte bereits 15 Jahre zuvor Anthony Molho ein Resümee für die englischsprachige Patronageforschung zu Florenz vor: Anthony Molho, Il patronato a Firenze nella storiografia anglofona, in: Ricerche storiche 15 (1985), S. 5–16. Für die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts hat Francis William Kent ein Fazit gezogen: Francis William Kent, Individuals and Families as Patrons of Culture in Quattrocento Florence, in: Alison Brown (Hg.), Language and images of Renaissance Italy, Oxford 1995, S. 171–192. 225 Heinrich Lang, Cosimo de’ Medici, die Gesandten und die Condottieri. Diplomatie und Kriege der Republik Florenz im 15. Jahrhundert, Paderborn u. a. 2009. 226 Reitmayer/Marx, Netzwerkansätze, S. 874 f. 227 Mark Häberlein, Brüder, Freunde und Betrüger. Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts (Colloquia Augustana, 9), Berlin 1998. 228 Mike Burkhardt, Networks as Social Structures in Late Medieval and Early Modern Towns: A Theoretical Approach to Historical Network Analysis, in: Andrea Caracausi / Christof Jeggle (Hgg.), Commercial Networks and European Cities, 1400–1800 (Perspectives in Economic and Social History, 32), London 2014, S. 13–43, hier S. 15; S. 20–37. Die theoretische Analyse geht zurück auf die empirische Untersuchung: Mike Burkhardt, Der hansische Bergenhandel im Spätmittelalter: Handel, Kaufleute, Netzwerke, Köln 2009.

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John Padgett und Paul McLean haben sich zur Rekonstruktion von Kreditnetzwerken und deren Einbettung in die Florentiner Gesellschaft mit Geschäftsbriefen auseinander gesetzt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Organisation von Krediten im Florenz des 15. Jahrhunderts in hohem Maße mit anderen Sozialbeziehungen verkoppelt war. Allerdings hatten die „Logik der Buchführung“ und Kreditbeziehungen Einfluss auf die Bindungstypen, die insbesondere zum Repertoire der Klientelbeziehungen gehörten.229 Eine quantitative Erhebung auf der Basis von Hermann Helbigs Theorie der „multilayered extended semantic networks“230 leistet Maximilian Kalus bei der Rekonstruktion von Netzwerken des Pfefferhandels der Georg Fuggerischen Erben. Dabei hat er die historisch-semantische Datenbank histcross entwickelt. Die Verknüpfung des objektrelationalen und des vorgangsbezogenen Ansatzes ermöglicht die Implementierung der Datenstruktur historischer Texte in ein raum-zeitlich dynamisches Datenbankmodell. Davon ausgehend werden den Akteuren Rollen in mehrschichtigen und wandelbaren Netzwerken zugewiesen. Die Ergebnisse führt Kalus in einer prosopographisch strukturierten Darstellung der überlappenden Netzwerke zusammen.231 Diese vorgangsbezogene Modellierung einer historisch-semantischen Dantenbank bietet den Vorzug, dass sie offen ist für unbestimmte Akteure und für wandelbare Beziehungstypen im Sinne des Handlungskonzeptes der Akteur-Netzwerk-Theorie. Hierbei könnte künftig die Arbeit mit historisch-semantischen Datenbanken in Anlehnung an das MultiNet-Modell eine Scharnierfunktion zwischen kliometrischen Arbeitstechniken und einer qualitativen historischen Netzwerkanalyse bilden. Dabei aber stellt sich die grundlegende Frage danach, ob die Entwicklung solcher Datenban-

John F. Padgett / Paul D. McLean, Economic Credit in Renaissance Florence, in: The Journal of Modern History 83 (2011), S. 1–47, hier S. 2: „Our conclusion will be that commercial credits among Florentine companies were indeed highliy correlated with a wide range of noneconomic, social relationships among the partners of these companies […] New business transactions did not displace the oligarchic social networks of the time, we argue; rather, they built on and formalized these relationships into markets.“ Zum Verhältnis von Kreditbeziehungen zu Klientelbeziehungen: „The logic of accounting and credit infused social and political relations of the time, transforming categorial social distinctions into negotiable gradients of status. […] Because of these correlations between social and economic ties, Florentine economic credit was built on the social models of friendship and gift-giving reciprocity, and it formalized these in mathematically sophisticated ways. Reputations cleared markets, as much as did prices.“ (Ebd., S. 2 f.); vgl. David Nicholas, Commercial Credit and Central Place Function in Thirteenth-Century Ypres, in: Lawrin Armstrong / Ivana Elbl / Martin M. Elbl (Hgg.), Money, Markets and Trade in Late Medieval Europe. Essays in Honour of John H. A. Munro (Later Medieval Europe, 1), Leiden/Boston 2007, S. 310–348. 230 Hermann Helbig, Die semantische Struktur natürlicher Sprache. Wissensrepräsentation mit MultiNet, Berlin 2001. 231 Maximilian Kalus, Pfeffer – Kupfer – Nachrichten. Kaufmannsnetzwerke und Handelsstrukturen im europäisch-asiatischen Handel am Ende des 16. Jahrhunderts (Materialien zur Geschichte der Fugger, 6), Augsburg 2010. – Im Zuge seiner Fallstudie der Verflechtungen im Europakontrakt und der Beziehungen der Georg Fuggerischen Erben beschränkt sich Kalus aber auf die beiden weit gefassten Beziehungstypen Geschäftskontakte und Verwandtschaftsverhältnisse. 229

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

ken und das Einpflegen großer Datenvolumina in einem angemessenen Verhältnis zu gewinnbringenden Erkenntnissen stehen.232 Die vorindustriellen Handelsnetzwerke, wie sie von Ulf Christian Ewert und Stephan Selzer beschrieben werden, beziehen sich auf die Steuerungsfunktionen unternehmerischen Handelns im Fall der Hanse-Kaufleute. Die hierbei eingesetzte Netzwerkfunktion zielte auf den Ersatz von eigener Infrastruktur durch geschäftlich verbundene Handelspartner über einen weiten Raum.233 Gemeinsam mit Marco Sunder bringt Ewert eine agent-orientierte Simulation (agent-based simulation) zum Einsatz, die bei der Projektion von Mikro- auf Makrostrukturen bei räumlich verteilten Ressourcen mangelnde Dokumentation ‚überspielen‘ soll.234 Die Netzwerk-Simulation ist besonders fruchtbringend für die Überlegung, inwieweit Rechnungsbücher durch ihre Kontenstrukturen (Personen- und Warenkonten) und ihre räumlichen Gliederungen (Handelsstandorte und Währungsräume) Netzwerke zur Darstellung bringen.235 Buchführung, économie des conventions und Akeur-Netzwerk-Theorie Wirtschaften wird im vorliegenden Projekt als kulturelle Praxis begriffen, zunächst weil die monetäre Bewertung von Gütern und Leistungen in einem abstrahierenden Maß- und Zahlensystem einer kulturellen Leistung entspringt. Diese als Voraussetzung betrachtete Abstraktionsleistung schlägt sich als Prozess der Datenverarbeitung

Denn im Fall des Lyoner Bestandes der Salviati-Gesellschaften wäre mit einer überwältigenden Masse an Daten zu rechnen, so dass die Einrichtung einer Datenbank allenfalls exemplarisch erfolgen könnte. Die Arbeit von Maximilian Kalus zeigt, so dass der Aufwand für seine Datenbank www.histcross.org (unter diesem Link sollte die Datenbank aufrufbar bleiben, aber offensichtlich wurde die Datenbank nach 2014 abgeschaltet) nicht nur bewunderswert groß war, sondern auch dass der Erkenntnisgewinn nur wenig Fortschritt gebracht hat; die methodische Diskussion über die Darstellbarkeit von Sozialbeziehungen in Netzwerk-Datenbanken (ein Abdruck von „Schnappschüssen“ zerstört die entwicklete raum-zeitliche Dynamik) oder die Zuweisung entsprechenden taggings („Datenerkennung“) ist bisher unterblieben. – Weiterhin zur Problematik der Eingaberoutinen im Zusammenhang mit der Transponierung von Rechnungsbüchern in Datenbanken: Georg Vogeler, Digitale Edition von Wirtschafts- und Rechnungsbüchern, in: Gudrun Gleba / Niels Petersen (Hgg.), Wirtschafts- und Rechnungsbücher des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Formen und Methoden der Rechnungslegung: Städte, Klöster, Kaufleute, Göttingen 2015, S. 307–328. 233 Ulf Christian Ewert / Stephan Selzer, Netzwerkorganisationen im Fernhandel des Mittelalters: Wettbewerbsvorteil oder Wachstumshemmnis, in: Hartmut Berghoff / Jörg Sydow (Hgg.), Unternehmerische Netzwerke. Eine historische Organisationsform mit Zukunft?, Stuttgart 2007, S. 45–70. 234 Ulf Christian Ewert / Marco Sunder, Trading Networks, Monopoly and Economic Development in Medieval Northern Europe. An Agent-Based Simulation of Early Hanseatic Trade, in: Sunhild Kleingärtner / Gabriel Zeilinger (Hgg.), Raumbildung durch Netzwerke? Der Ostseeraum zwischen Wikingerzeit und Spätmittelalter aus archäologischer und geschichtswissenschaftlicher Perspektive. Beiträge des am 28. und 29. Oktober in Kiel veranstalteten internationalen Workshops, Bonn 2012, S. 131–153, hier S. 132. 235 Vgl. Ewert/Sunder, Trading Networks, S. 134: Darstellung „borderlines“, strukturierte Abläufe in simulierten Netzwerken: ebd., S. 135 ff. 232

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Einleitung

innerhalb der Buchführung nieder. Die Geschichte der Buchführung toskanischer und süddeutscher Handelsgesellschaften bildet den Hintergrund für die Untersuchung von Transfervorgängen im transalpinen Wirtschaftsgefüge des 16. Jahrhunderts.236 Bei der Interpretation der Buchführung führt die von André Orléan entwickelte Theorie des Wertes, letztlich eine Theorie des Geldes, zu grundlegenden Erwägungen, mit denen sich die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit darstellen lässt.237 Wirtschaftliche Transaktionen sind bedingt durch die Fähigkeit der Beteiligten, im Tausch eine Gegenleistung, eine contrepartie, anzubieten zu können. Die Qualität der contrepartie wird durch die Bewertung, die validation, bemessen. Begreift man die Validierung als Logik der Gegenleistung im Tauschvorgang, dann erfüllt Geld, monnaie, diese Funktion. Orléan sieht Geld als abstraktes Maß (l’unité de compte), denn es ermöglicht die gleichmäßige Bewertung von Ungleichem.238 Entscheidend bei der Etablierung einer Währung (einer Bewertungseinheit) ist die Anerkennung durch die Beteiligten. Dabei gewährleistet ein sozialer Prozess der Konventionalisierung die Akzeptanz einer monnaie als Bewertungsmaßstab für ungleiche Güter (sie ist „condensé de tous les biens“). Die Genese von Konventionen ruht auf Mechanismen der Anpassung, auf einem processus imitatif.239 Zur Marktförmigkeit von Transaktionen kommt es durch die séparation marchande von Verfügungsrechten, die marktwirtschaftliche Separierung. Die an Transaktionen Beteiligten verfügen individuell über Eigentum(srechte).240 Aufgrund der wechselseitigen Abhängigkeit der producteurs-échangistes entsteht im Transfergefüge eine Konkurrenzsituation, auf der Marktförmigkeit basiert. Die Stabilisierung dieser Konkurrenzsituation zu Transanktions-Beziehungen stellt Geld her (Konkurrenz ist der individuelle/subjektive Antrieb zum Tausch). Geld ist die Gegenleistung für jedes Angebot schlechthin. Bei der Suche nach Gegenleistungen für angebotene Güter erfüllt Geld also eine Stabilisierungsfunktion.241 Zwei wesentliche Momente charakterisieren die Konvention von Geld als Validationsinstrument: eine zirkuläre Selbstreferenzialität und die Sedition in Krisenmomen-

Peter Miller, Accounting as social and institutional practice: an introduction, in: Anthony G. Hopwood / Peter Miller (Hgg.), Accounting as Social and Institutional Practice, Cambridge 1994, S. 1–39; Heinrich Lang, Rechnungsbücher zwischen Institutionen und Unternehmen: Die Pacht des Seidenzolls an der Rhône durch Iacopo Salviati und Bartholomäus Welser (1532–40), in: Gudrun Gleba / Niels Petersen (Hgg.), Wirtschafts- und Rechnungsbücher des Mittelalters und der Frühen Neuzeit. Formen und Methoden der Rechnungslegung: Städte, Klöster, Kaufleute, Göttingen 2015, S. 173–197. 237 André Orléan, L’empire de la valeur. Refonder l’économie, Paris 2011. 238 Frédéric Lordon / André Orléan, Genèse de l’État et genèse de la monnaie: le modèle de la potentia multitudinis, in: Yves Citton / Frédéric Lordon (Hgg.), Spinoza et les sciences sociales. De la puissance de la multitude à l’économie des affects, Paris 2008, S. 127–170, hier S. 136 f.; Orléan, L’empire, S. 59 f. 239 Orléan, L’empire, S. 66; S. 119; Zitat: Lordon/Orléan, Genèse, S. 144. 240 Lordon/Orléan, Genèse, S. 136 f. 241 Ebd., S. 136 f.: Hier argumentieren Lordon/Orléan mit der Analogie zwischen Naturzustand (état naturelle) und der Konvention (conatus). 236

Theoretische Ansätze und methodische Grundlagen

ten. Zunächst etabliert sich Geld als correlans für Bewertungsmechanismen. Durch seine Existenz wird es zur eigenen Begründung seiner Funktionalität. In Krisensituationen infolge des Verlusts an Anerkennung durch die Beteiligten an Märkten treten Konkurrenzwährungen als alternative Maßstäbe auf (monnaies privées). Es kommt zu einer Fragmentierung der Bewertungsmaßstäbe: Entweder setzt sich die Alternativwährung (beispielsweise die Dollar-Bindungen des Peso convertible in Cuba gegenüber der Landeswährung, dem Peso cubano) durch oder die angestammte monnaie behauptet sich gegenüber den Alternativwährungen (der Peso cubano verliert nicht an Akzeptanz gegenüber dem Peso convertible, der Konventionswährung mit Dollarbindung). Das Momentum besteht im Anpassungszwang zugunsten nur einer Währung, die von den meisten – möglichst vielen – Marktbeteiligten akzeptiert wird.242 Das Thema der Buchführung ist die validation. Die Buchführung ist ein Datenverarbeitungsprozess, in dessen Zug Güter und Leistungen in ein abstrahierendes System der Bewertung eingepasst werden. Durch die Verwendung von Buchgeld – Rechengeld – setzt die Buchführung für getätigte Transfers abstrakte contreparties ein. In der Logik der Buchführung werden Transfers unter Marktbedingungen ermöglicht, weil die einzelnen Transfers mit einheitlich bewertenden Korrelaten des Tausches (Rechenwährung) versorgt werden. Allerdings arbeitet die Buchführung gegen Konkurrenzsituationen an, weil sie nach Koordinierung von Handlungen zugunsten der Angleichung der Transfers von Gütern mit contreparties strebt. Der Rückgriff der Historikerinnen und Historiker besonders auf Rechnungsbücher und Korrespondenzen als Zeugnisse der historischen Buchführung bedingt ein Rückwärts-Lesen wirtschaftlichen Handelns. Die historische Erzählung tendiert dazu, Konkurrenzsituationen zu übersehen, weil die eingetragenen Transaktionen (Transfers und Verrechnung) als tatsächliche Geschäfte gesehen werden. In der Argumentation hier verfügt die konventionalisierte monnaie über keine intrinsische Qualität. Denn als Maßstab (mesure) benötigt sie eben keinen Eigenwert wie ein gehandeltes Gut, sondern erfüllt einzig die Aufgabe einer Recheneinheit (l’unité de compte). Im Untersuchungszeitraum war Bargeld allerdings materiell wertvoll – auch wenn der Wert von Edelmetall einer Wertkonvention entsprang. Die Buchführung, wie noch zu erläutern sein wird, operierte ihrerseits nur mit Rechenwährungen: Das Buchgeld bestand als reines Wertkorrelat der Validierung. Das bedeutet, dass in der Buchführung die monnaie (das Buch-, Rechen- oder „Wert“-Geld), welche im Verständnis Orléans die Aufgabe der validation erfüllte, eingesetzt wurde. Auf diese Weise entsprach die Buchführung der Konvention zur Bewertung von Gütern und Leistungen und übte in der Logik ihrer Prozessualität einen Anpassungsdruck auf die Markt-

242

Ebd., S. 145–150.

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Einleitung

beteiligten aus. In der Buchführung wurden Transfers auf die abstrakte Ebene eines nur noch quantitativen Arguments gehoben.243 Die von den Marktbeteiligten genutzte Buchführung erzeugte einen Bewertungsmaßstab, der die Akzeptanz eines eigenwertlosen „Zahlungsmittels“ („un signe sans valeur intrinsèque comme la monnaie“) erforderte.244 Damit entwickelte sie zugleich ein konkurrierendes System zu anderen sozialen Distinktionssystemen. Sie verwirklichte den in Wechselbriefen durchgeführten bargeldlosen Zahlungsverkehr. Das bedeutet allerdings auch, dass die Buchführung in ihrer eigenen Welt Konsistenzen schuf, die die tatsächlichen Umstände von Zahlungsunfähigkeiten übersehen ließ: Die als Instrument der Verrechnung von Transfers mit einem abstrakten Bewertungskorrelat allgemein anerkannte Buchführung konnte die Wirklichkeit von komplexen Transaktionsvorgängen simulieren und dadurch den Verlust der bewerteten Güter überspielen. Die Buchführung vollzog in ihrem Datenverarbeitungsprozess die Homogenisierung von Heterogenem: Denn sie behandelte die verschiedenen Formen des Transfers verschiedener Güter und Leistungen durch ihr Validierungsverfahren einheitlich im Maßstab des abstrakten und prozessual generierten Buchgeldes. Sie entwickelte sich – wie noch auszuführen sein wird – in ihrer Handlunsglogik zu einem Subjekt, das sich als handelnd für die durch Kapitalanteile repräsentierte Handels- und Bankgesellschaft ins Verhältnis zu anderen Buchführungen setzte, indem sie interfirm organization in Schuldbeziehungen transponierte. Im Sinne der Akteur-Netzwerk-Theorie nahm sie auf diese Weise die Position einer Handlungsträgerin ein, denn ihr Steuerungsdenken zielte auf die Saldierung gegen Null und motivierte dabei die Firmen zu geschäftlichen Transaktionen. In dieser Perspektive erscheint die Buchführung als ‚Akteurin‘ bei der Konstituierung von Märkten (Kapitel II.). I.4

Begriffliche Klärungen

Begriffliche Klärungen müssen an dieser Stelle nachgeschoben werden. Dabei werden auch wichtige Eigenheiten der Organisation des Florentiner Wirtschaftslebens angesprochen. Die Florentiner organisierten ihren Handel durch die Gründung von Handelsgesellschaften (= compagnia, pl. compagnie). Die einzelne compagnia mit ihren Teilhabern (soci oder auch compagni, durch „& Co“ im Namen der Handelsgesellschaft benannt) charakterisiert die wichtigste Organisationseinheit unternehmerischen Handelns.245 Die korrekte Übersetzung des Begriffes der compagnia ist also „Gesell-

243 244 245

Vgl. ebd., S. 143 f. Ebd., S. 146. Vgl. De Roover, Il banco Medici.

Begriffliche Klärungen

schaft“. Im ökonomischen Sinne handelte es sich um Unternehmungen (Unternehmen) – Begriffe, die daher als Synonyme eingesetzt werden.246 Da eine compagnia auf einem Gesellschaftsvertrag basierte, war die Handelsgesellschaft zeitlich terminiert, zumeist drei bis fünf Jahre. Diese auf dem Gesellschaftsvertrag gegründete Handelsgesellschaft nannten die Florentiner ragione, was man mit „Firma“ (aber auch mit „Rechnung“ wiedergeben) könnte. Der Begriff „Firma“ aber bezieht sich in der handelsrechtlichen Fachsprache ausschließlich auf den Namen der compagnia (firma = „Unterschrift“). Seit den großen Bankrotten der fünften Dekade des 14. Jahrhunderts dimensionierten die Florentiner die einzelne compagnia kleiner als zuvor. Hatten die großen Kaufmannbankiersfamilien wie die Bardi, die Acciaiuoli und die Peruzzi ihre Handelsgesellschaften durch ein weit verzweigtes Netz an Faktoren auswärts agieren lassen, so gründeten die Florentiner im späten 14. Jahrhundert Tochtergesellschaften an verschiedenen Handelsplätzen, wenn sie expandieren wollten. Diese Tochtergesellschaften allerdings waren formaljuristisch betrachtet eigenständige compagnie, Handelsgesellschaften.247 Jede Gründung wirtschaftete eigenständig und trug ihr Risiko selbst. Allerdings pflegten die Investoren in diese auswärtigen oder Tochterkompanien dieselben zu sein wie in die „Muttergesellschaft“ in Florenz. Aufgrund dieser Kapitalstruktur, die eine „Tochtergesellschaft“ als abhängige Filialgründung einer Muttergesellschaft erscheinen ließ, betitelte der belgische Buchhaltungs- und Wirtschaftshistoriker Raymond de Roover in den 1940er Jahren diese an den compagnie der Medici – der „Medici-Bank“ – erforschte Organisations- und Kapitalstruktur florentinischer Handelsgesellschaften als Holding.248 In seiner Wirtschaftsgeschichte von Renaissance-Florenz bezeichnet Richard A. Goldthwaite diese organisatorische Struktur unternehmerischen Agierens als Business partnership agglomerate – was man im Deutschen als „Unternehmensgruppe“, in ökonomischer Perspektive oder als „Handelsgesellschaftsgruppe“ oder „Gesellschaftsgruppe“ bezeichnen könnte.249 Die süddeutschen Handels- und Bankgesellschaften, von denen im 16. Jahrhundert die Rede ist, hatten einen Unternehmenssitz und verfügten über ein „Faktoreisystem“. Der jeweilige Vertreter in einer Faktorei war der Faktor, den man als Führer (Leiter) des operativen Geschäftes beschreiben kann. In seiner Faktorei arbeiteten seine Agen-

Vgl. Anja Amend-Traut, Art. „Handelsgesellschaften“, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), 2. Auflage, Band 2: Berlin 2012, Sp. 703–712. 247 Armando Sapori, La crisi delle compagnie mercantili di Bardi e Peruzzi (Biblioteca Storica Toscana, 3), Firenze 1926. 248 Armando Sapori, Dalla ‚Compagnia‘ alla ‚Holding‘, in: Rivista delle Società 1 (1956), S. 72–84. 249 Goldthwaite, The Economy, S. 70. – Hierbei bezieht sich Richard A. Goldthwaite auf den von Federigo Melis gebrauchten Terminus sistema d’aziende für die Organisationsstruktur der gesellschaftlichen Partnerschaften. 246

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Einleitung

ten (Handelsmänner) und Handelsdiener (Handlungsgehülfe).250 Eine Entsprechung gab es bei den Florentiner Gesellschaften nicht, deshalb wird der Leiter des operativen Geschäfts der Florentiner compagnie als Geschäftsführer, Leiter oder auch Direktor (behelfsweise) bezeichnet. Im Zusammenhang mit der Begrifflichkeit Partner oder Geschäftspartner wird hier eine weite Bedeutung bevorzugt, die auch die Partner in einem Wechselgeschäft (als Trassant, Trassat, Remittent oder Begünstigter) bezeichnen kann – und nicht nur im strengen Sinn die Geschäftspartnerschaft in einer formalisierten Beziehung (wie der Teilhabe an einer Gesellschaft als socio). Der Begriff der Kooperation, der ein Schlüsselterminus in der vorliegenden Arbeit ist, wird ebenfalls eher weit im Sinne von Yochai Benklers Kooperationsforschung als das engere Konzept bei Guido Möllering, der Kooperation als strategische Zusammenarbeit deutet, verstanden.251

Alfred Schirmer, Wörterbuch der Deutschen Kaufmannssprache auf geschichtlichen Grundlagen mit einer systematischen Einleitung, Straßburg 1911, S. 45 (Art. Diener); S. 58 (Art. Faktor). 251 Guido Möllering, Kartelle, Konsortien, Kooperationen und die Entstehung neuer Märkte, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung 62 (2010), S. 770–796, hier S. 778: „Kooperationen sollen daher im Folgenden enger als eine partnerschaftliche Koordinationsform verstanden werden, bei der Unternehmen die eigenen Leistungsprozesse wesentlich auf Leistungsprozesse ihrer Partner einstellen, von diesen teilweise abhängig machen und gemeinsam und gemeinsam mit den Partnern entwickeln.“ – Vgl. Kapitel V. 250

II.

Buchführung, Buchführungssubjekte und Rationalität

Im Zentrum der im folgenden unternommenen Rekonstruktion wirtschaftlichen Handelns und der Interpretation von ökonomischen Praktiken als kulturelle Praxis stehen Geschäftsunterlagen: Rechnungsbücher und briefliche Korrespondenzen. Denn mit und in Rechnungsbüchern sowie Korrespondenzen haben die Kaufmannbankiers selbst die Spuren ihrer Tätigkeiten hinterlassen. Wirtschaftliches Handeln ist in die Buchführung eingeschrieben. Die Unternehmensunterlagen – Rechnungsbücher und Briefkorrespondenzen – sind daher die zentrale Textgrundlage der vorliegenden Arbeit. Beide Textgattungen sind als Speicher- und Kommunikationsmedien Bestandteil merkantiler Kultur und wirtschaftlichen Handelns. Sie gehören zum Prozess der Verschriftlichung, welcher für das 12. Jahrhundert den qualitativen Wandel des europäischen Fernhandels im Zuge der Kommerziellen Revolution charakterisiert.1 In den nachfolgenden Jahrhunderten erwies sich der Gebrauch der Schrift als in den Wahrnehmungsapparat internalisierte und im Verhalten verstetigte Kulturtechnik, die in ihrer Selbstverständlichkeit wesentlicher Bestandteil des Habitus merkantilen Handelns wurde.2 Beide Gattungen, Rechnungsbücher und briefliche Korrespondenzen, müssen als einander ergänzende Komponenten merkantiler Buchführung und Kommunikation betrachtet werden. Die Buchführungssystematik, wie sie die Kaufmannbankiers entwickelten, umfasste die eigentliche unternehmensinterne, aber auch externe Kommunikation sowie die Speicherung als bedeutungsvoll erachteter Daten.3 Dabei übernahm die Buchführung – bestehend aus dem Buchhalter und seinen Büchern – die

Vgl. Michael North, Kommunikation, Handel, Geld und Banken in der frühen Neuzeit (Enzyklopädie Deutscher Geschichte, 59), München 2000, S. 46. 2 Braudel, Sozialgeschichte des 15.–18. Jahrhunderts. Der Handel, S. 634–636. 3 Denzel, „Wissensmanagement“. 1

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Buchführung, Buchführungssubjekte und Rationalität

entscheidende Aufgabe, den Prozess der Verarbeitung durch Abstraktions- sowie Organisationsleistungen erzeugter Daten zu gestalten.4 Deshalb soll in diesem Kapitel der interpretatorische Horizont dieser speziellen Gattungen an Textquellen ausgeleuchtet werden. Denn zusammengenommen konstituieren die von einem Buchhalter in die Welt gesetzten Rechnungsbücher und Korrespondenzen die unternehmerische (betriebswirtschaftliche) Buchführung. Die verwendeten Rechnungsbücher und Briefsammlungen repräsentieren darüber hinaus einen bestimmten Stand in der Entwicklung historischer Buchführung und verweisen somit auf die kognitive sowie kommunikative Dimension ökonomischer Praktiken im allgemeinen und von Märkten insbesondere. Daher soll in einem ersten Abschnitt die Forschung zur historischen Buchführung dargestellt werden (II.1).5 Weiterhin wird auf dem Fundament dieses Forschungsberichts die Bewertung der Buchführung als Quellentext für die vorliegende Arbeit dargestellt. In einem anschließenden zweiten Abschnitt werden die Ebenen der Analyse der verwendeten Buchhaltung dargestellt (II.2), bevor in einem dritten Abschnitt die Konsequenzen für den Aufbau der Arbeit erarbeitet werden (II.3). Die Behandlung der Buchführung als Lesart für eine eigene Interpretation erzeugt methodische Leitlinien, die der Arbeit unterliegen und die immer wieder zum Tragen kommen. Der buchhaltende Kaufmannbankier tritt später deutlich in Erscheinung, wenn der buchhalterische Datenverarbeitungsprozess auf die Entwicklung der Kooperationsformen und der Kooperation auf Märkten in der Perspektive der vorhandenen Quellentexte interpretiert wird (Kapitel VI.). II.1

Historische Buchführung in der Forschung

Die merkantile Buchführung wird in der wirtschaftshistorischen Forschung vorrangig als Quellengattung betrachtet. Denn auf der Grundlage von Rechnungsbüchern sowie Korrespondenzen, aber auch Verträgen zwischen Kaufleuten (z. B. Gesellschaftsverträgen oder Notariatsakten) lassen sich geschäftliche Aktivitäten rekonstruieren.6 Die Im folgenden werden diese Leistungen der Buchführung und die Qualifizierung von Rechnungsbüchern als kognitive Artefakte dargestellt, besonders Kapitel: II.2.1. 5 Die Begriffe Buchhaltung und Buchführung werden zwar weitgehend synonym gebraucht, doch gibt es wohl Unterschiede: Die Buchhaltung bezieht sich vor allem auf die Institution bzw. den Ort, wo Rechnungsbücher durch einen Buchhalter geführt wurden; die Buchführung bezieht sich, grundsätzlicher, auf den Vorgang des Führens von Rechnungsbüchern; diese terminologische Trennung lehnt sich auch an das Englische Accounting (in der Verlaufssform) an; im 16. Jahrhundert sprach man im Italienischen dabei von chi tiene i libri di conti (tenere = „halten“). Vgl. Gottfried Bähr / Wolf F. Fischer-Winkelmann, Buchführung und Jahresabschluss, 8., überarb. Auflage: Wiesbaden 2003, S. 3: „Buchführung ist die planmäßige, lückenlose, zeitgerechte und geordnete Aufzeichnung aller Geschäftsvorfälle in einer Unternehmung.“ 6 Jüngst in der Zusammenfassung aus der archivalischen Perspektive mit dem Schwerpunkt Westfalen: Reininghaus, Kaufmännisches Schriftgut. 4

Historische Buchführung in der Forschung

Geschichtsschreibung zu Handel und Bankwesen nutzt die Buchführung als Quelle für die Erschließung betriebswirtschaftlicher oder gesamtwirtschaftlicher Dynamiken ebenso wie für die Untersuchung rechts- und sozialhistorischer Aspekte. Nicht zuletzt die Editionstätigkeit von historischen Rechnungsbüchern demonstriert diesen Umstand eindrucksvoll.7 Allerdings bedingen vor allem Sprachgrenzen bisweilen höchst unterschiedliche Forschungstraditionen sowohl bei der Edition von Rechnungsbüchern als auch bei der Interpretation von Entwicklungen in der Buchführung.8 In den „Deutsche[n] Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit“, herausgegeben durch die Historische Kommission bei der bayerischen Akademie der Wissenschaften, beispielsweise hat sich ausgehend von Editionsprojekten aus dem Kontext der „großen“ deutschen Handelsgeschichte eine Perspektive auf Rechnungsbücher süddeutscher Handelsgesellschaften entwickelt, die nicht nur bis heute anspruchsvolle Textausgaben hervorbringt, sondern auch eine eigene, faktengesättigte Forschungspraxis der Handelsforschung begründet.9 Im Rahmen der „Deutschen Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit“ werden Akten zur Geschichte des norddeutschen Raumes sowie der Hanse ebenfalls editorisch bearbeitet.10 Für die Edition italienischer Rechnungsbücher wurde in den letzten Jahrzehnten der Zugriff auf Archivdokumentation erheblich erweitert. Neben den Projekten am Staatsarchiv in Florenz wurden die Bestände im Archivio dell’Ospedale degli Innocenti11 mit einem großen Fundus an Rechnungsbüchern geöffnet. Ähnliches trifft auf die Beinecke Library an der Yale University12 oder den Archivio Salviati an der Scuola Normale Superiore in Pisa zu. Einen wichtigen Beitrag zur Erschließung von Material hat auch die Digitalisierung des Mediceo avanti il Principato, dessen online-Fassung erst im Jahr 2016 renoviert worden ist, für die Wirtschaftsgeschichte geleistet.13

Sergio Tognetti, Mercanti e libri di conto nella Toscana del basso medioevo: Le edizioni di registri aziendali dagli anni ’60 del Novecento a oggi, in: Anuario de Estudios Medievales 42 (2012), S. 867–880. 8 Vgl. Stephan P. Walker, Structures, territories and tribes, in: John Richard Edwards / Stephan P. Walker (Hgg.), The Routledge Companion to Accounting History, London/New York 2009, S. 11–29, hier S. 17–19. 9 Jüngst: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente. 10 Beispielsweise im Rahmen der „Deutsche[n] Zolltarife des Mittelalters und der Neuzeit“: Ernst Pitz (Hg.), Die Zolltarife der Stadt Hamburg (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 12), Wiesbaden 1961. Jüngst: Michail P. Lesnikov / Walter Stark (Hgg.), Die Handelsbücher des Hildebrand Veckinchusen. Kontobücher und übrige Manuale (Quellen und Darstellungen zur Hansischen Geschichte, 62), Köln u. a. 2013. 11 Vgl. Tognetti, Il Banco Cambini. 12 Vgl. Philip Jacks / William Caferro, The Spinelli of Florence. Fortunes of a Renaissance Merchant Family, University Park, Pennsylvania 2001. 13 Vgl. Heinrich Lang, Power in Letters. Political Communication and Writing in the Medici Letters, in: Jan Marco Sawilla / Rudolf Schlögl (Hgg.), Medien der Macht und des Entscheidens. Schrift und Druck im politischen Raum der europäischen Vormoderne (14.–17. Jahrhundert) (The Formation of Europe. Historische Formationen Europas, 5), Hannover 2014, S. 83–102. 7

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Buchführung, Buchführungssubjekte und Rationalität

Auch die editorische Tätigkeit selbst hat sich in der eigenen Traditionslinie weiterentwickelt und in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit gefunden. Im Vergleich zu den Editionen im deutschsprachigen Raum werden italienische Rechnungsbücher (immer noch) ohne Orientierung an der graphisch angepassten Wiedergabe abgedruckt. Auch sorgen offenbar Sprachbarrieren und ‚nationale‘ handelsgeschichtliche Interessen dafür, dass die italienischsprachigen Archivdokumente vor allem im entsprechenden Forschungskontext aufgearbeitet werden und demgegenüber die deutschsprachigen Archivalien vorrangig durch die ‚deutsche‘ Geschichtswissenschaft beachtet werden.14 Vom Mittelalter an bis ins 17. Jahrhundert kann die italienische Buchführung als diejenige mit dem am weitesten fortgeschrittenen Entwicklungsstand für (früh)kapitalistisches Rechnungswesen und rationalisierte Organisationsstrukturen angesehen werden.15 Aber mit der Entwicklung eigener buchhalterischer Techniken der Vereenigten Oostindischen Companie seit der Zulassung des Handels mit Anlagepapieren im Jahr 1612 gewann die aktienrechtlich ausgelegte Buchführung an Kontur.16 Erst in der Industrialisierung veränderten sich die Anforderungen an die buchhalterische Datenverarbeitung, die dann Organisationsprozesse umzugestalten begann. Diese Entwicklung wird vor allem mit der englischen Buchführung ab dem späten 18. Jahrhundert und den Gesellschaften für den Eisenbahnbau im nordamerikanischen Raum in Verbindung gebracht.17 Insbesondere bei der anglo-amerikanischen Forschung ist die Tendenz der langezeit führenden italienischen Buchführung wirksam, weil die wirtschaftshistorischen Bibliotheken der ökonomischen Institute vorwiegend über entsprechend ausgerichtete Literatur verfügen. Deshalb konzentrieren sich die Fallbeispiele gerade von Autorinnen und Autoren englischsprachiger Prägung auf das Italien des Mittelalters und der Renaissance sowie auf das England der (Proto)Industrialisierung und die amerikanischen Infrastrukturprojekte.18

Vgl. Richard A. Goldthwaite / Marco Spallanzani / Enzo Settesoldi, Due libri mastri degli Alberti. Una grande compagnia di Calimala, 1348–1358, Firenze 1995; Tognetti, Mercanti. 15 Robert A. Bryer, Accounting for the social relations of feudalism, in: Accounting and Business Research 95 (1994), S. 209–228; vgl. ders., The History of accounting and the transition to capitalism in England. Part one: theory, in: Accounting, Organizations and Society 25 (2000), S. 131–162, hier S. 131–133. 16 Vgl. Oscar Gelderblom / Abe de Jong / Joost Jonker, The Formative Years of the Modern Corporation: The Dutch East India Company VOC, 1602–1623, in: The Journal of Economic History 73 (2013), S. 1050–1076, hier S. 1068; S. 1071. 17 Vgl. Bryer, The History. 18 Vgl. Bruce G. Carruthers / Wendy Nelson Espeland, Accounting for Rationality: Double-Entry Bookkeeping and the Rhetoric of Economic Rationality, in: American Journal of Sociology 97 (1991), S. 31–69, hier S. 35; vgl. Jane Gleeson-White, Die doppelte Buchführung und die Entstehung des modernen Kapitalismus, Stuttgart 2015 [zuerst 2011]. 14

Historische Buchführung in der Forschung

Neben der Analyse von Buchführungen in der Wirtschaftsgeschichte existiert das eigenständige Forschungsfeld der Buchführungsgeschichte.19 Innerhalb dieses Feldes haben sich verschiedene Argumentationslinien formiert. Eine lang vorherrschende Richtung bemüht sich um die Dokumentation des frühesten Auftretens von Rechnungen und der Entstehung der Doppelten Buchführung. Eng damit verwandt ist die zweite Richtung einer sprachgeschichtlichen Interpretation der frühen Rechnungsfragmente.20 Während ein Teil der Forschung zur Geschichte der Buchführung aus den Wirtschafts- bzw. Buchhaltungswissenschaften herrührt, hat die Geschichte der Buchführung zunächst eine sozialhistorische, dann eine kulturhistorische Wendung genommen. Grundsätzlich zeigen sich zwei entgegengesetzte Wahrnehmungen: Die eine nimmt die Veränderungen der Buchführung eher als Anpassungsprozess an sozialen und ökonomischen Wandel wahr, die andere erkennt im Verhältnis zwischen Buchführung und sozioökonomischen Bedingungen hingegen ein Wechselspiel. Größten Anteil an der Geschichte der Buchführung haben die Buchführungswissenschaften der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten insbesondere anglo-amerikanischer Prägung. Die historische Orientierung der Accounting accademics ist in diesem Kontext ein Ergebnis subdisziplinärer Diversifizierung, die vor allem aus der Erweiterung des Faches der Buchführung selbst resultiert. Dabei haben sich Buchführungswissenschaftler zunehmend von historischen Fragestellungen inspirieren lassen.21 In den letzten Jahren ist in umgekehrter Richtung die Entwicklung der Buchführung zum Argument für die großen historischen Erzählungen zur Entstehung der ökonomischen Rationalität, ja sogar des Kapitalismus geworden. Dabei wird unterschiedlich tiefgehend mit der Doppelten Buchführung argumentiert – zumeist allerdings verbleiben die Autorinnen wie Jane Gleeson-White22 oder Autoren wie Jacob Soll23 auf der Ebene des Buchführungsmanuals, indem sie sich auf die Diskussion von Luca Paciolis Beitrag zur Formulierung der Buchhaltung als Wissensbestand beschränken. Der hier vorgelegte Forschungsüberblick vertieft die Historiographie der Buchführung an vier Bereichen: Zunächst wird das Aufkommen der Buchführungsgeschichte anhand der Suche nach den frühesten Rechnungsbüchern skizziert (II.1.1.); dann die Verbindung von Buchführungsgeschichte zu den Sprachwissenschaften nachgezeichnet (II.1.2.); im weiteren werden die Debatten zu den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen aufgegriffen (II.1.3.) und die vielseitige Ausrichtung der anglo-amerikanischen Buchführungsgeschichte zusammengefasst (II.1.4.). Abschließend wird die Vgl. Christopher J. Napier, Historiography, in: John Richard Edwards / Stephan P. Walker, The Routledge Companion to Accounting History, London/New York 2009, S. 32–35. 20 Die Verbindung beider Tendenzen wird besonders deutlich in der Interpretation der frühen Rechnungsbuchfragmente des italienischen Mittelalters: vgl. Alfredo Schiaffini, Testi Fiorentini del Dugento e dei Primi del Trecento, Firenze 1927. 21 Walker, Structures, S. 12 f. 22 Gleeson-White, Die doppelte Buchführung. 23 Jacob Soll, The Reckoning. Financial Accountability and the Rise and Fall of Nations, New York 2014. 19

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Buchführung, Buchführungssubjekte und Rationalität

kulturwissenschaftliche Wende in der Buchführungsgeschichte (II.2.) charakterisiert und mit dem hier verwendeten Textbestand konfrontiert. Die ersten drei Abschnitte verfolgen die traditionellen Zugänge zur Geschichte der Buchführung und verweisen damit auf Entstehungszusammenhänge des Forschungsgebietes. Die letzten beiden Punkte haben besondere Bedeutung für die weiteren Ausführungen, weil einerseits die institutionelle Verdichtung des wissenschaftlichen Feldes der Buchführungsgeschichte als fachliche Spezifizierung gezeigt, andererseits mit der kulturwissenschaftlichen Wende die jüngste Tendenz markiert wird. II.1.1

Die frühen Rechnungsbücher in der Forschung

Eine Traditionslinie der Erforschung der historischen Buchführung, die bereits Autoren wie Ernst Ludwig Jäger (1874)24 und Giuseppe Cerboni (1889)25 vor der nationalökonomischen Debatte um die Bedingungen der Entstehung des „Protokapitalismus“ im Italien und im Flandern des Spätmittelalters begründeten, verfolgt anhand der frühen Zeugnisse von Rechnungsbüchern die Entwicklung der hoch- bzw. spätmittelalterlichen Buchhaltung hin zur Doppelten Buchführung.26 Seit den ersten Studien Jägers und Cerbonis zieht sich die Suche nach den frühesten Zeugnissen merkantiler oder Doppelter Buchführung wie ein roter Faden durch die Geschichte der Buchführung.27 Für die „deutschsprachige“ Buchführung gilt dies in besonderem Maße beim (immer noch nicht ersetzten) Werk des Leipziger Wirtschaftswissenschaftlers Balduin Penndorf (1873–1941), der in seine Überblicksdarstellung neben süddeutschen, auch westdeutsche und hansische Dokumente einbezogen hat.28 Hierbei arbeitet die Forschung stark dokumentarisch, indem Fallbeispiele aus verschiedenen mittel- und norditalienischen Kommunen zusammengetragen und ältere Dokumentationen revidiert werden.29

Ernst Ludwig Jäger, Beiträge zur Geschichte der Doppelbuchhaltung, Vaduz/Liechtenstein 1978 [zuerst: 1874]. 25 Giuseppe Cerboni, Elenco cronologico delle opere di computisteria e ragioneria venute alla luce in Italia dal 1202 sino al 1889, Roma 1889. Neudruck als 2. Band der Biblioteca storica di economia aziendale, 1987. 26 Raymond De Roover, The Development of Accounting prior to Luca Pacioli according to the Account Books of Medieval Merchants, in: A. C. Littleton / Basil Yamey (Hgg.), Studies in the History of Accounting, London 1956, S. 114–174. 27 David Oldroyd / Alisdair Dobie, Bookkeeping, in: John Richard Edwards / Stephan P. Walker (Hgg.), The Routledge Companion to Accounting History, London/New York 2009, S. 95–119, hier S. 106–108. Vgl. Guido Astuti, Il libro dell’entrata e dell’uscita di una compagnia mercantile senese del secolo XIII (1277– 1282), Torino 1934. 28 Balduin Penndorf, Geschichte der Buchhaltung in Deutschland, Leipzig 1913: Auch in seinem Fall richtet sich das Erkenntnisinteresse sehr stark auf die Rezeption der doppelten Buchführung, bes. S. 41–106. 29 Vgl. Napier, Historiography, S. 32 f. 24

Historische Buchführung in der Forschung

Zunächst erkannte man in Genua die Wiege der Doppelten Buchführung, wobei sich Federigo Melis und Edward Peragallo auf die Bücher der Genueser Massai – des kommunalen Schatzamtes – bezogen: Die erhaltenen Rechnungen stammen aus dem Jahr 1340 und wurden von den beiden Kaufmannbankiers Cristiano Lomellini und Domenico de Garibaldis nach eigener Auskunft ad modum banchi geführt.30 Als früheste Erzeugnisse Doppelter Buchführung gelten inzwischen aber die Rechnungsbücher der Florentiner Handelsgesellschaften Rinieri Fini & fratelli (1296–1305) sowie Giovanni Farolfi & Co (1299–1300).31 Bis heute orientiert sich diese Forschungsrichtung an der Frage nach frühen Zeugnissen differenzierter merkantiler Rechnungslegung wie im Fall des Gallerani-Archivs und dem darin enthaltenen Libro dell’entrata e dell’uscita der aus der Toskana stammenden Gallerani in London (1305–1308).32 Insbesondere die Untersuchung der frühen italienischen Buchführungsfragmente verweist auch auf grundlegende sprachliche Prozesse. Geoffrey A. Lee erklärt ein markantes Spannungsverhältnis zwischen in Rechnungsbüchern linear verfasstem Text und dem Bezug dieses Textes zur evaluierten Realität: Stets bleiben bei der Lektüre von Rechnungsbüchern Schwierigkeiten der Interpretation, welche Transfervorgänge darin eigentlich bezeichnet werden.33 In den überlieferten Verträgen werden Geschäftsabschlüsse dokumentiert und der rechtliche Klärungsbedarf zur Abwicklung eines Transfers durch einen Notar mit einem rechtlich verbindlichen Text beantwortet. Demgegenüber musste bei der Rechnungslegung der Standpunkt eines ökonomischen Akteurs eingenommen und damit zugleich eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Sprache entwickelt werden, die überdies vor Gerichten Bestand haben musste.34 Vor diesem Hintergrund werden besonders die verwendeten Techniken der Buchführung und damit die Mittel sprachlicher Organisation untersucht: Im Verlauf des

Edward Peragallo, Origin and Evolution of Double Entry Bookkeeping. A Study of Italian Practice from the Fourteenth Cenutry (Selected Classics in the History of Bookkeeping, ser. I, 9), Osaka 1974 [zuerst: 1938], S. 5 f. Federigo Melis, Storia della ragioneria, Bologna 1950. 31 Geoffrey A. Lee, Development of Italian Bookkeeping: 1211–1300, in: Abacus December 1973, S. 137– 155, hier S. 154; ders., The Coming of Age of Double Entry: The Giovanni Farolfi Ledger of 1305–1308, in: Accounting Historians Journal 4 (1977), S. 79–95. 32 Christopher W. Nobes, The Gallerani Account Book of 1305–1308, in: The Accounting Review 57 (1982), S. 303–310, hier S. 9. Roberta Cella, La documentazione Gallerani-Fini nell’Archivio di Stato di Ghent (1304–1309), Firenze 2009. 33 Geoffrey A. Lee, The Florentine Bank Ledger Fragments of 1211. Some new Insights, in: Journal of Accounting Research 11 (1973), S. 47–61, hier S. 56–60. Vgl. Mechthild Isenmann, Before Bankruptcy: Conflict Solution Strategies of Upper German Trading Companies in the Fifteenth and ‚Long‘ Sixteenth Centuries, in: Albrecht Cordes / Margrit Schulte Beerbühl (Hgg.), Dealing with Economic Failure. Between Norm and Practice (15th to 21st Century), Frankfurt am Main u. a. 2016, S. 27–52, hier S. 31. 34 Lee, The Florentine Bank, S. 60. Hier formuliert Geoffrey Lee in Anlehnung an Pietro Santini: „[…] in view of the determination of medieval legislators to preserve Latin forms in legal documents, accounts in Italian must have been in use for a long time among merchants and bankers to have broken down the prejudice of lawyers against them.“ Vgl. Pietro Santini, Frammenti di un libro di banchieri fiorentini scritto in volgare nel 1211, in: Giornale Storico della Letteratura Italiana 10 (1887). 30

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13. Jahrhunderts diversifizierten sich die in den Büchern eröffneten Konten und die darin formulierten Transaktionen. Zudem setzten sich Querverweissysteme zwischen den Konten und den verwendeten Büchern durch. Geoffrey A. Lee diskutiert diesen Verfeinerungsprozess am Beispiel der Florentiner Fragmente von 1211, den Rechnungen von Castra Gualfredi (1259–1267), den ersten Schuldbüchern des Bene Bencivenni (1262–1275), der Besitzverwaltung des Baldovino di Iacopo Riccomanni (1272–1278) und den Rechnungen Gentile de’ Sassettis (1274–1310).35 In dieser Perspektive erfolgte die Entstehung der frühen italienischen Buchführung vor allem als Anpassungsleistung an die komplexen Geschäftsvorgänge im See- und Fernhandel des 14. und 15. Jahrhunderts.36 Sprachgebrauch und Organisation der Bücher erscheinen somit als Folge wirtschaftlichen und sozialen Wandels.37 Dabei verweisen die Artikulation einer Buchführungssprache und die Anordnung der textuellen Struktur auf die einschneidenden Leistungen bei der Entwicklung der Buchführung, mit welchen sich die Forschung eingehend auseinandergesetzt hat.38 Die Rekonstruktion der Geschichte des Aufkommens der Buchführung und dann der Doppik tendiert dazu, in der Formulierung von Handbüchern zur Buchführung, zuerst von Benedetto Cotrugli aus Ragusa (ca. 1410–1455)39 und insbesondere von Luca Pacioli, den einstweiligen Endpunkt der Genese des Rechnungswesens italienischer Prägung wahrzunehmen.40 Der ursprünglich in der Schrift Summa de Arithmetica, Geometria, Proportioni et Proportionalità des aus dem südosttoskanischen Borgo San Sepolcro (Sansepolcro) stammenden Mönchs und Mathematikers Luca Pacioli (1445–1514/1517) eingearbeitete Traktat über die Buchführung (das Kapitel Particularis de computis et scripturis) von 1494 galt lange Zeit als Ausweis des theoretischen Stands besonders der Florentiner Buchführung am Ende des 15. Jahrhunderts.41 In der Sprachgeschichte wird Paciolis Kapitel über die Buchführung, soweit die Sprache der

Lee, Development, S. 139; S. 139–148. Edward Peragallo, The Ledger of Jachomo Badoer: Constantinople September 2, 1436 to February 26, 1440, in: The Accounting Review 52 (1977), S. 881–892: „The Renaissance bookkeeper, faced with an ever-growing volume of commerce which was increasing in complexity, was forced to devise ways to improve the bookkeeping system to make it more efficient. Only when the need for these changes became widespread would the improvements in bookkeeping gain general currency.“ 37 Nobes, The Gallerani Account Book. 38 Vgl. ebd., S. 309: „[…] was written in Italian, using typically Tuscan expressions and with a characteristically Sienese format […]“. 39 Michele Luzzati, Art. „Cotrugli (Contrugli, Cotrulli, Kotrulja, Kotruljević, Kotrulj, Kotruljić), Benedetto (Benko)“, in: Dizionario Biografico degli Italiani 30 (1984); Daniela Parisi, Benedetto Cotrugli. Il contributo italiano alla storia del pensiero economico, in: treccani.it – Enciclopedia, URL: http://www.treccani. it/enciclopedia/benedetto-cotrugli_%28Il-Contributo-italiano-alla-storia-del-Pensiero:-Economia%29/ (11.11.2014). 40 Peragallo, Origin, S. 54 f. Vgl. Oldroyd/Dobie, Bookkeeping, S. 103–106. 41 Vgl. Balduin Penndorf, Einleitung, in: Ders.: (Hg.), Nach dem italienischen Original von 1494 ins Deutsche übersetzt und mit einer Einleitung über die italienische Buchhaltung im 14. und 15. Jahrhundert und Paciolis Leben und Werk, Stuttgart 1933, S. 1–82, hier S. 51–68. 35 36

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Buchführung betroffen ist, als Schlüsseltext für die Formalisierung sprachlicher Artikulation des Rechnungswesens gedeutet.42 Das Wissen sowie der Wissenserwerb der Kaufmannbankiers wurde auf diese Weise unter dem Schlagwort der Ars mercatoria zu einem eigenen Themenfeld.43 Entsprechend tiefgreifend und ausführlich ist auch die Erforschung von Kaufmannsmanualen.44 Vor allem französische und deutsche Wirtschaftshistoriker haben sich dieser Textgattung angenommen, um die Techniken merkantilen Handelns und den entsprechenden Wissenserwerb nachzuverfolgen.45 Durch diese Konzentration auf die frühen Zeugnisse merkantilen Rechnungswesens und die Analyse von Kaufmannsmanualen vernachlässigen die Autoren allerdings die weitere Ausgestaltung der tatsächlichen Buchführung im 16. Jahrhundert: Denn gerade die buchhalterische Erfassung komplexer Produktionsgesellschaften erreichte erst im Verlauf der gut drei Jahrhunderte andauernden Entwicklung der Buchführung von ca. 1300 bis ca. 1600 einen höheren Grad an Diversifizierung.46 II.1.2

Die Sprachgeschichte der Buchführung

Die Frage nach dem frühesten Erscheinen von Rechnungsbüchern weist enge Verbindungen zu sprachgeschichtlichen Forschungen der Romanistik auf. Hier setzte eine Forschungsrichtung an, welche im Zusammenhang mit dem italienischen Risorgimento gesehen werden muss. Italienische Sprachwissenschaftler wollten das frühe Auftreten des Volgare, der italienischen Volkssprache, erfassen und mit einer Fortschrittsgeschichte in Verbindung bringen. Dabei spielen Gelehrte aus der Toskana

Ondina Gabrovec Mei, Il linguaggio contabile. Itinerario storico e metodologico, 2. Auflage: Torino 1999, S. 77–82. – Ich danke Ondina Gabrovec Mei für die liebenswürdige Schenkung ihres Buches. 43 Jochen Hoock / Pierre Jeannin, La contribution de l’imprimé à la diffusion du savoir commercial en Europe au XVIe siècle, in: Bernard Lepetit / Jochen Hoock (Hgg.), La ville et l’innovation. Relais et réseaux de diffusion en Europe XIVe–XIXe siècles, Paris 1987, S. 45–58. Einführend auch: Denzel, „Wissensmanagement“. 44 Jochen Hoock / Pierre Jeannin, Ars Mercatoria. Handbücher und Traktate für den Gebrauch des Kaufmanns 1470–1820. Band 1: 1470–1600, Paderborn u. a. 1991. Zusammenfassend und unter Verweis auf die nötige Literatur: Markus A. Denzel, Handelspraktiken als wirtschaftshistorische Quellengattung vom Mittelalter bis in das frühe 20. Jahrhundert. Eine Einführung, in: Ders. / Jean Claude Hocquet / Harald Witthöft (Hgg.), Kaufmannsbücher und Handelspraktiken vom Spätmittelalter bis zum beginnenden 20. Jahrhundert. Merchant’s Book and Mercantile Pratiche from the Late Middle Ages to the Beginning of the 20th Century (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte; Beihefte, 163), Stuttgart 2002, S. 11–46. 45 Pierre Jeannin, Les manuels de comptabilité, in: Ders. (Hg.), Marchands d’Europe. Pratiques et savoirs à l’époque moderne. Textes réunis par Jacques Bottin et Marie-Louise Pelus-Kaplan, Paris 2002 [zuerst 1991], S. 341–351. 46 Richard A. Goldthwaite, The Florentine Wool Industry in the Late Sixteenth Century: a Case Study, in: Journal of European Economic History 32 (2003), S. 527–554. 42

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eine gewichtige Rolle, weil sie den Nachweis zu erbringen suchten, dass das Toskanische den Kern des späteren Italienischen ausmachte.47 Nach Stand der Dinge stammen die frühesten überlieferten Textstücke mit merkantilen Rechnungsfragmenten von 1211 aus Florenz. Bereits Alfredo Schiaffini (1895–1971) macht in seiner Dokumentation Florentiner Texte des 13. Jahrhunderts auf die Fragmente eines Schuldbuches aufmerksam, worin ein Buchhalter Transferoperationen zwischen Florenz, Bologna und Pisa in italienischer Sprache registrierte.48 Im Gegensatz zu den Genuesen, welche ihre Rechnungen auf Latein abfassten, formuliert hier der wohl aus Bologna stammende Schreiber erstmals Schuldverhältnisse im Volgare. Die markanteste Beziehung wird mit den Formen der Verben avere und dare (die/dino dare = „er/sie sollen geben“ bzw. die/dino avire = „er/sie sollen haben“) eingeführt.49 Ausgehend von dieser spezifischen lexikalischen Verwendung zur Charakterisierung von Schuldverhältnissen50 und durch die Übernahme von algebraischen Terminologien (z. B. zero für das Zahlwort „null“) sowie Fachwörtern (sensale = „Makler“ oder tariffa = „Gebühr“), die sich aus dem Arabischen ableiten, entstand eine ökonomische Fachsprache. Hierbei fügte man semantische Verschiebungen, lexikalische Neuerungen und die Italianisierung von ‚Fremdwörtern‘ sinnstiftend zusammen. Die stark toskanisch geprägte buchhalterische Fachsprache bildete den Ausgangspunkt für die Rezeption sowohl von verschiedenen Arten des Transfers als auch von Buchführungsoperationen in andere Sprachen.51 Während sich der Buchführungshistoriker Geoffrey A. Lee stark mit der semantischen Ausprägung der Sprache der Buchführung beschäftigt, um die den schriftsprachlichen Formulierungen unterliegenden Konzepte zu erkennen52, machten andere wie der italienische Wirtschaftshistoriker Federigo Melis darauf aufmerksam, dass in den

Diese Argumentation zur italienischen Wissenschaftsgeschichte im 19. Jahrhundert müsste gesondert belegt werden: vgl. Rosanna Pavoni, Vivere con il Rinascimento nel XIX secolo, in: Marcello Fantoni (Hg.), Storia e storiografia (Il Rinascimento italiano e l’Europa, 1), Treviso 2005, S. 603–615. 48 Schiaffini, Testi Fiorentini. 49 Santini, Frammenti. 50 Vgl. Kathleen Loach Bramanti, La funzione sintattica dei verbi ‚dare‘ e ‚avere‘ in relazione alla somma di denaro nella partita contabile dei primi secoli, in: Studi di grammatica italiana 4 (1974), S. 5–15. 51 Roman Sosnowski, Origini della lingua dell’Economia. Dal XIII al XVI secolo, Milano 2006, S. 43–51. Eva-Maria Wilhelm, Italianismen der Handelssprache im Deutschen und Französischen. Eine diachrone Spurensuche, in: Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit, 15.–17. Jahrhundert. Mitteilungen, 1, 2010, S. 14–23: zur Lehnwortforschung S. 14 f. Vgl. Ekkehard Westermann / Markus A. Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz von 1548 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte; Beihefte, 215), Stuttgart 2011, S. 26 f.; vgl. Heinrich Lang, Fremdsprachenkompetenz zwischen Handelsverbindungen und Familiennetzwerken. Augsburger Kaufmannssöhne aus dem Welser-Umfeld in der Ausbildung bei Florentiner Bankiers um 1500, in: Mark Häberlein / Christian Kuhn (Hgg.), Fremde Sprachen in frühneuzeitlichen Städten. Lernende, Lehrende und Lehrwerke (Fremdsprachen in Geschichte und Gegenwart, 7), Wiesbaden 2010, S. 75–91. 52 Lee, The Florentine Bank Ledger, S. 60: Lee sagt, dass der Verwendung der Listenform und der Trennung in avere- und dare-Kolumnen das Konzept von Schuldverhältnissen in debit und credit unterlag. 47

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Rechnungsbüchern des 13. Jahrhunderts die fortlaufende Listenform entwickelt wurde. Melis’ Argument ist, dass die Buchhalter Platz und somit teures Papier sparen wollten.53 Beide Überlegungen verweisen auf parallele Prozesse, die mit der Entstehung der Buchführung in Verbindung zu bringen sind. Die romanistische Sprachwissenschaft stuft diese Phänomene anders ein. Zum einen lässt sich aus der Anlage von Geschäftsvorgängen, die insbesondere im See- und Fernhandel aufgrund der zu überwindenden raumzeitlichen Distanzen zunehmend komplexer aufgebaut waren, und aus den sprachlichen Registern in Rechnungsbüchern bei der Aufzeichnung ebendieser Geschäftsvorgänge ein Wechselspiel von terminologischer Präzisierung und geschäftlichen Transfers erkennen. Zum anderen zeigen Rechnungsbücher als Medien ökonomischer Kommunikation Bedingungen pragmatischer Verschriftlichung auf, weil eine schriftsprachliche Organisation gefunden werden musste, welche eine möglichst effektive Datenverarbeitung erlaubte.54 Die Praxis der Buchführung erzeugte eine zunehmend standardisierte mikrostrukturelle Organisation der Sprache durch die syntaktische Gestaltung der phraseologischen Wiedergabe von Geschäftsvorgängen. Ebenso generierte die buchhalterische Praxis eine makrostrukturelle, graphische Gestaltung von Kontenbüchern. Sprachwissenschaftler wie Peter Koch heben die formelhafte Sprache und die syntaktisch stereotype Anordnung von grundlegenden Informationen – die Beteiligte, Gegenstand, Wert, Art, Ort und Zeit einer Transaktion präzise und stichhaltig charakterisierten – sowie lexikalisch spezialisierte Formulierungen als Merkmale dieser Organisationsprinzipien hervor.55 Vor allem die listenartig formulierten, tabulatorisch eingerichteten Einträge repräsentierten, so Koch weiter, „eine jeweils relevante Similaritätsbeziehung“.56 Auf dieser sprachgeschichtlichen Ebene hat sich eine eigene kultur- und bildungshistorische Tendenz innerhalb der Buchführungsgeschichte formiert.57 In diesem

Melis, Storia della ragioneria. Manuel Barbera / Ludwig Fesenmeier, Rifare i conti: Überlegungen zu einer (Neu-)Edition altitalienischer Kontobücher, in: Sabine Heinemann / Rembert Eufe (Hgg.), Romania urbana. Die Stadt des Mittelalters und der Renaissance und ihre Bedeutung für die romanischen Sprachen und Literaturen (Mittelalter und Renaissance in der Romania, 3), München 2010, S. 127–146. Speziell: Ludwig Fesenmeier, I libri dei conti tra manoscritto e internet, in: Franz Rainer / Achim Stein (Hgg.), I nuovi media come strumenti per la ricerca linguistica (sprache im kontext, 18), Frankfurt a. M. u. a. 2003, S. 27–42, hier S. 27 und S. 29–31. 55 Peter Koch definiert „Liste“: „Listen sind eines der fundamentalen graphischen, aber zugleich auch noch sprachlichen Instrumente, mit denen Gegenstände und Sachverhalte systematisch (und das heißt doch wohl: fachlich) verarbeitet werden können.“ Peter Koch, Fachsprache, Liste und Schriftlichkeit in einem Kaufmannsbrief aus dem Duecento, in: Hartwig Kalverkämper (Hg.): Fachsprachen in der Romania (Forum für Fachsprachen-Forschung, 8), Tübingen 1988, S. 15–60, hier S. 34. 56 Peter Koch, Von Frater Semeno zum Bojaren Neacşu. Listen als Domäne früh verschriftlichter Volkssprache in der Romania, in: Wolfgang Raible (Hg.): Erscheinungsformen kultureller Prozesse (ScriptOralia, 13), Tübingen 1990, S. 121–165, hier S. 140. 57 Die Ironie dieser Bemerkung liegt darin, dass sich die beiden Disziplinen – Buchführungsgeschichte und Sprachgeschichte – wechselseitig nicht zur Kenntnis nehmen; insofern ist diese hier vorgenommene Einordnung begründet durch den verbreiterten Ansatz zur Interpretation von Rechnungsbüchern. 53 54

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Zusammenhang wird Sprachgeschichte nicht als rein lexikales, semantisches, morphologisches sowie grammatikalisches Phänomen begriffen, sondern auch syntaktische, phraseologische und graphische Organisationsprinzipien gehören zum sprachgeschichtlichen Forschungsfeld.58 In der romanistischen Forschung stehen Aspekte der Sprachgeschichte und der Geschichte der Verschriftlichung nebeneinander. Die Formulierung von rechtlichen Begriffen für das Handels- und Zivilrecht sowie die Herausbildung tabulatorischer Anordnung schriftlicher Fixierung von Daten in den stadtrepublikanischen Kanzleien dürften in die Entwicklung der Buchführung hineinspielen, ebenso wie umgekehrt Formen merkantiler Verschriftlichung und terminologischer Präzisierung zur Gestaltung juristischen und institutionellen Schrifttums beitragen.59 Die divergierenden Ansätze zur Erklärung des Gebrauches unterschiedlicher Zifferntypen in Rechnungsbüchern exemplifizieren die Vielgestaltigkeit der sprachwissenschaftlichen Perspektiven auf die Buchführungsgeschichte. Einerseits bieten Autorinnen und Autoren verschiedene Erklärungsmodelle dafür an, dass bei der Wiedergabe monetärer Beträge und bei der Summenbildung in Konten bis weit ins 16. Jahrhundert die römischen Zahlzeichen verwendet wurden. Das am häufigsten auftauchende Argument besagt, dass die römischen Ziffern weniger fälschungsanfällig gewesen seien als die arabischen Zahlzeichen.60 Die Benutzung arabischer Ziffern signalisiert indessen nicht nur einen Kulturtransferprozess, sondern lässt auch Schlüsse auf die Ausbildungswege der nachkünftigen Buchhalter zu – beides, so John W. Durham, ist nicht allein auf die Erfordernisse merkantiler Praktiken zurückzuführen.61 Denn ein weiteres gängiges Argument, die Rechenoperationen mit römischen Ziffern seien durch den Gebrauch des Abakus problemlos möglich gewesen, überzeugt nicht zwingend.62 Während der Einsatz arabischer Zahlzeichen im akademisch-universitären Umfeld vom frühen 13. Jahrhundert an Verbreitung fand, traten arabische Ziffern in Rechnungsbüchern zunächst nur vereinzelt auf. Erst im Verlauf des 15. und besonders des 16. Jahrhunderts fand die Arithmetik ver-

Zur Sprachgeschichte: vgl. Barbera/Fesenmeyer, Rifare i conti. Hagen Keller, Vorschrift, Mitschrift, Nachschrift: Instrumente des Willens zu vernunftgemäßem Handeln und guter Regierung in den italienischen Kommunen des Duecento, in: Hagen Keller / Christel Meier / Thomas Scharf (Hgg.), Schriftlichkeit und Lebenspraxis im Mittelalter. Erfassen, Bewahren, Verändern (Akten des Internationalen Kolloquiums, 8.–10. Juni 1995) (Münstersche Mittelalter-Schriften, 76), München 1999, S. 25–41. Franz-Josef Arlinghaus, Zwischen Notiz und Bilanz: Zur Eigendynamik des Schriftgebrauchs in der kaufmännischen Buchführung am Beispiel der Datini/di Berto-Handelsgesellschaft in Avignon (1367–1373) (Gesellschaft, Kultur und Schrift. Mediävistische Beiträge, 8), Frankfurt am Main 2000, S. 25–89. 60 Goldthwaite, The Practice. 61 John W. Durham, The Introduction of „Arabic“ Numerals in European Accounting, in: The Accounting Historians Journal 19,2 (1992), S. 25–55, hier S. 27. 62 Vgl. Karl Menninger, Zahlwort und Ziffer. Eine Kulturgeschichte der Zahl, 2. Auflage: Göttingen 1958, II, S. 88. 58 59

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stärkt Eingang in universitäre und schulische Curricula.63 In diesem Zusammenhang reflektiert die Rezeptionsgeschichte des Luca Pacioli die zunehmende Bedeutung der „Universitätsmathematik“.64 Dieses bildungs- und kulturhistorische Fundament der Argumentation hinsichtlich der sukzessiven Ausbreitung der arabischen Zahlzeichen in Rechnungsbüchern führt zu Fragen nach den kulturellen Rahmenbedingungen der Entwicklung der Buchführung und ökonomischer Praktiken. Entscheidend für die Langlebigkeit römischer Ziffern in Rechnungsbüchern dürfte allerdings gewesen sein, dass die Handelsgerichtsbarkeit sowie Zunftstatuten die Notierungen mit römischen Zahlzeichen schlicht vorschrieben und der Buchhalter sich somit aus rechtlichen Gründen gezwungen sah, auf den tradierten Bestand zurückzugreifen.65 In den Akten des Florentiner Handelsgerichts, der Mercanzia, werden mindestens bis ins 17. Jahrhundert keine Zahlzeichen bei der Einlage von Kapital in Gesellschaften verwendet, sondern Zahlwörter ausgeschrieben.66 Ebenso benutzen die Juristen bei der Abfassung von Notariatsdokumenten in Lyon während des 16. Jahrhunderts Zahlwörter.67 II.1.3

Soziale, ökonomische sowie kulturelle Rahmenbedingungen

Mit dem berühmten Diktum „Man kann schlechthin Kapitalismus ohne doppelte Buchhaltung nicht denken“ stellte Werner Sombart in „Der moderne Kapitalismus“ explizit und markant die Verbindung zwischen Buchführung und Wirtschaftsform her.68 Ähnlich grundsätzlich wertet Max Weber die Buchführung als Ausdruck der Kalkulierbarkeit und damit der Rationalität der frühkapitalistischen Kaufmannbankiers.69 Vor allem Sombart und Weber vermeinten, der doppelten Buchführung eine inspirierende Rolle für das historische Auftreten einer „rationalen Weltsicht“ zuschreiben zu können.70 Die Charakterisierung des von den mittel- und norditalieni-

Durham, The Introduction, S. 36–39; S. 46–49. Richard H. Macve, Pacioli’s Legacy, in: Thomas Alexander Lee / Ashton C. Bishop / Robert Henry Parker (Hgg.), Accounting History from the Renaissance to the Present: a Remembrance of Luca Pacioli, New York/London 1996, S. 3–30. Dazu ausführlich: Nadia Ambrosetti, L’eredità arabo-islamica nelle scienze e nelle arti del calcolo dell’Europa medievale, Milano 2008, S. 247–256. 65 Giulia Camerani Marri (Hg.), Statuti dell’Arte del Cambio di Firenze (1299–1316) con aggiunte e correzioni fino al 1320 (Fonti sulle corporazioni medioevali, 4), Firenze 1955, S. 72 f.: […] quod nullus de hac arte [sc. Abbaco, H. L.] audeat vel permictat per se vel per alium scribere vel scribi facere in suo libro vel quaterno vel in aliqua parte eius, in quo vel quibus scribat data et accepta, aliquid quo per modum vel licteram abbachi intelligatur, set aperte et extense scribat per licteram. 66 Archivio di Stato di Firenze (künftig: ASFi), Mercanzia, Nr. 10383 und folgende. 67 Archives Départementales du Rhône, Lyon (künftig: ADR), 3 E 4493 (Pierre Dorlin, 1536). 68 Werner Sombart, Der Moderne Kapitalismus, Leipzig 1924, S. 118–124. 69 Weber, Wirtschaft, S. 49 f. 70 Carruthers/Nelson Espeland, Accounting, S. 33. 63 64

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schen Städten ausgehenden Zusammenhangs der Verschriftlichung von Geschäften seit dem 12. Jahrhundert mit der Entwicklung der europäischen Wirtschaft rückt die Buchführung nicht nur generell ins Zentrum wirtschaftshistorischer Fragestellungen, sondern hat auch eine eigene Richtung innerhalb der Geschichte der Buchführung angeregt.71 Bevor allerdings diese verschriftlichte und in ein Zahlensystem überführte Form abstrakten Rechnungswesens als Inbegriff kapitalistischen Denkens charakterisiert wurde, werteten Autoren des späten 19. Jahrhunderts wie der bereits erwähnte Robert Pöhlmann (1878) die gewerbliche Freiheit als Motor ökonomischer Entwicklungsschübe und erklärten auf diese Weise den Aufstieg der toskanischen Wirtschaft zum Gravitationszentrum der europäischen Ökonomie im 14. und 15. Jahrhundert.72 Der Grund für diese Perspektive auf die Bedingungen der Kommerziellen Revolution und deren Folgen besteht in der damals vorherrschenden handelsrechtlichen Ausrichtung der wirtschaftshistorischen Forschung, welche im deutschen Sprachraum insbesondere mit dem zuvor genannten Namen Levin Goldschmidts verbunden ist.73 In der italienischen Wissenschaftslandschaft war Giorgio Fierli einer der prominentesten Vertreter des 19. Jahrhunderts.74 Vom handelsrechtlichen Standpunkt aus wurde der Buchführung eine Schlüsselfunktion bei der Behandlung des „Societätgutes“ zugewiesen. Max Weber beispielsweise betont in seiner frühen, oben zitierten Schrift zu den „Handelsgesellschaften im Mittelalter“ (1889), dass die statuarischen Festlegungen der Zunft der Wollkaufleute, der Arte di Calimala, ebenso wie die stadtrepublikanische Gesetzgebung im Florenz des 14. Jahrhunderts der Buchführung der Handelsgesellschaften Beweiskraft zusprachen. Die Entwicklung des Grundkapitals einer Societät wurde in der zumeist alle zwei Jahre stattfindenden Generalrechnung saldiert und jede Einlage in ein Kapitalkonto übertragen.75 Der Zusammenhang aus Vergesellschaftung von Kapital in Handelsunternehmungen mehrerer Investoren sowie operativer Geschäftspartner und dem AufRobert A. Bryer, Double-entry Bookkeeping and the Birth of Capitalism: Accounting for the Commercial Revolution in Medieval Northern Italy, in: Critical Perspectives on Accounting 4 (1993), S. 113–140, hier S. 113–115, S. 121. 72 Pöhlmann, Die Wirthschaftspolitik, S. 10: „F r e i h e i t d e r B e w i r t h s c h a f t u n g d e s l ä n d l i c h e n G r u n d b e s i t z e s und des Ve r k e h r s m i t G r u n d u n d B o d e n .“ Die „staatliche“ Wirtschaftspolitik habe sich vor allem an der „Bewegungs- und Verkehrsfreiheit“ orientiert und damit ein „Marktgeschehen“ erzeugt, das die Florentiner Regierung auch dem Umland aufgedrückt hätte (ebd., S. 35). Die Politik charakterisiert Pöhlmann folgendermaßen: „Der Ausdehnung des Zwanges entsprechend ist aber auch hier die R e a k t i o n d e s Ve r k e h r s z u G u n s t e n d e r F r e i h e i t am mächtigsten gewesen.“ (ebd., S. 57), um wenig später zu bemerken, dass „staatliche“ Eingriffe den freien Waren- und Güterverkehr kaum eingeschränkt hätten, selbst gegen Wucher sei man zögerlich vorgegangen (ebd., S. 86). 73 Goldschmidt, Handbuch. 74 Fierli, Della società. 75 Weber, Zur Geschichte, S. 135; S. 142. Die Statuten der Republik Florenz von 1324 legen fest: Et quicunque recipere debet aliquam pecuniae quantitatem adscriptam alicujus libri societatis alicujus quilibet sociorum et obligatur in solidum. 71

Historische Buchführung in der Forschung

kommen der (Doppelten) Buchführung wurde durch eine solche Argumentationskette zu einem entscheidenden Diskussionsgegenstand der Buchführungsgeschichte.76 In einem programmatischen Aufsatz diskutiert der englische Buchführungswissenschaftler Robert A. Bryer77 das Verhältnis von Doppelter Buchführung und Entstehung des Kapitalismus. Bryers Ausgangspunkt ist die von Karl Marx ins Spiel gebrachte These von der Sozialisierung investierten „individuellen“ Kapitals durch die Zusammenfassung in Handelsgesellschaften.78 Hierbei hält Bryer die an den Produktionsverhältnissen ansetzende Gesellschaftstheorie, wonach Veränderungen der Eigentumsordnungen zwischen feudalistischer und kapitalistischer Herrschaftsstruktur zu einer verschiedenartigen Bewertung in der Rechnungsführung überleiteten, gegenüber den Erklärungsmodellen von Sombart und Weber für überlegen.79 Aus der Socialization of Capital-Hypothese wurde das Bedürfnis abgeleitet, Doppelte Buchführung zur Berechnung der Rückflüsse des Kapitals der Anteilseigner einzusetzen. Denn das „Doppelte“ an der Doppelten Buchführung sei die gedoppelte Aufzeichnung einer jeden Transaktion, um deren jeweilige Auswirkung auf Vermögensbestände und den Zahlungsausgleich zu zeigen.80 Die wohl wichtigsten Figuren der Geschichte der Buchführung vor der institutionellen Verstetigung des Faches waren der US-Amerikaner und gelernte Eisenbahner Ananias Charles Littleton (1886–1974)81, der Belgier und einstige Buchhalter Raymond Adrien de Roover (1904–1972)82 sowie der Südafrikaner und Ökonom Basil Selig Yamey (* 1919)83, die jeweils markante Positionen in der Frage des Verhältnisses von Buchführung zu gesellschaftlichen Rahmenbedingungen bezogen. Ananias C. Littleton, der sich insbesondere auf Manuale des Rechnungswesens stützt, beschreibt Wechselverhältnisse zwischen dem Aufkommen der Buchführung und Rahmenbedingungen wie Schriftlichkeit, Arithmetik, Privateigentum sowie der Verdichtung von Geschäftstätigkeit.84

Bryer, Double-entry Bookkeeping, S. 113–140. Vgl. http://www2.warwick.ac.uk/fac/soc/wbs/subjects/accountinggroup/groupmembers/academics/ -rob_bryer/ [14.07.2017]. 78 Vgl. zur Rolle des Marxistischen Ansatzes für die Buchführungsgeschichte: Napier, Historiography, S. 37. 79 Bryer, Accounting; ders., Why Marx’s labour theory is superior to the marginalist theory of value: the case from modern financial reporting, in: Critical Perspectives on Accounting 5 (1994), S. 313–340. 80 Bryer, Double-entry Bookkeeping, S. 113–140. 81 Biographische Angaben: http://fisher.osu.edu/departments/accounting-and-mis/the-accountinghall-of-fame/membership-in-hall/ananias-charles-littleton/ [16.12.2014]. 82 David Herlihy, Raymond de Roover, Historian of Mercantile Capitalism, in: Journal of European Economic History 1 (1972), S. 755–762. 83 Robert H. Parker, Basil Yamey, accounting historian, in: Accounting, Business and Financial History 6 (1996), S. 235–246. 84 Ananias C. Littleton, Accounting Evolution to 1900, New York 1933. 76 77

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Raymond de Roover wendet sich den Rechnungsbüchern der Medici zu und leuchtet den Bedeutungshorizont des Wechselbriefes für das operative Geschäft aus.85 De Roover erkennt in den Seegeschäften, welche von Partie zu Partie abgerechnet wurden, den zunächst wichtigsten Impuls für die Entwicklung der Buchführung. Durch die Verstetigung kleiner Partnerschaften in Kommenden (italienisch accomandite) sei das Erfordernis erwachsen, den Profit auf investiertes Kapital zu errechnen. Gerade die Unternehmung der Sienesen Salimbeni (1277–1282)86 oder der Florentiner compagnia der Alberti87 führen die Notwendigkeit vor Augen, Gewinnanteile auf Kapitaleinlagen zu bestimmen. Diese komplex angelegten Investitionsformen unterschiedlicher Größenordnung und aktiven Engagements in Unternehmungen hätten die Einführung der Doppelten Buchführung stimuliert.88 Skeptischer hinsichtlich der Zielsetzung und des Einsatzes Doppelter Buchführung äußert sich Basil S. Yamey. Er sieht die Entwicklung der Buchführung vor allem als ein Phänomen der Methodologisierung des Geschäftslebens (‚methodising‘ of business life), wobei für die Kaufleute besonders die Verfügbarkeit von Verwaltungsunterlagen im Vordergrund gestanden habe. Allerdings schließt Yamey die Bedeutung der Berechnung von Kapitalerträgen für den Einsatz der Doppelten Buchführung nicht aus.89 Wiewohl die merkantile Buchführung Gewinn- und Verlustentwicklungen für einzelne Warenverkäufe nachzeichnete und für die komplexen Transferaktionen die Doppelte Buchführung als adäquates Instrument angewendet wurde, spielte sie für die strategische Planung, so Yamey, eine eher untergeordnete Rolle. Dies hing, wie im Verweis auf die Buchführung der Verenigten Oostindischen Companie exemplifiziert werden kann, insbesondere mit den langen Geschäftszyklen, die zwischen Investition und Verkauf von Waren lagen, zusammen.90 Neben De Roover und Yamey ist für die Geschichte der Buchführungsforschung noch der Florentiner Federigo Melis (1914–1973)91 zu nennen, der auf der Basis toskanischer Handelsarchive vor allem dokumentarisch gearbeitet und systematische bzw. technologische Grundlagenforschung betrieben hat. Seine herausragende Leistung besteht insbesondere in der Rekonstruktion der Buchführungspraktiken aus den De Roover, L’Evolution; ders., Il banco Medici; ders., The Development. Edward D. English, Entreprise and Liability in Sienese Banking, 1230–1350 (Speculum Anniversary Monographs, 12), Cambridge, Mass. 1988, S. 20–25. 87 Raymond de Roover, The Story of the Alberti Company in Florence as revealed in its account books, in: The Business History Review 32 (1958), 14–59. 88 De Roover, The Development, S. 130. Vgl. Butzert, Investitionen, S. 130–134. 89 Basil S. Yamey, Scientific Bookkeeping and the Rise of Capitalism, in: Economic History Review 1, 2–3 (1949), S. 100–113; vgl. ders., Accounting and the Rise of Capitalism: Further Notes on a Theme by Sombart, in: Journal of Accounting Research 2, 2 (1964), S. 117–136. 90 Basil S. Yamey, The ‚Particular Gain or Loss upon Each Article we Deal In‘: an Aspect of Mercantile Accounting, 1300–1800, in: Accounting, Business and Financial History 10 (2000), S. 1–12, hier S. 6 f. 91 [Dizionario biografico degli italiani: „*“], Art. „Melis, Federigo“, in: Dizionario biografico degli italiani, Band 73, Roma 2009, S. 299–302. 85 86

Historische Buchführung in der Forschung

Rechnungsbüchern des aus Prato stammenden Francesco di Marco Datini im Verhältnis zur Entwicklung von dessen Handelsgesellschaften.92 Umstritten bleibt in der Forschung die Frage nach dem Zusammenhang von Buchführung und Geschäftsstrategien. Obschon grundsätzlich eine Verbindung zwischen Techniken der Informationsspeicherung und deren unternehmerisch orientierten Auswertung angenommen wird, fällt deren Nachweis nicht leicht. Basil S. Yamey beurteilt die Doppelte Buchführung weniger als Grund für die differenzierte Auswertung von Kapital- und Transfergewinnen, als vielmehr als Folge der komplexen Organisation von Geschäften und Gesellschaften. Die Buchführung habe durch die doppelte Anlage der Rechnung zusätzliche Möglichkeiten zur firmeninternen Rekonstruktion der Entwicklung von Kapital und Geschäften eröffnet.93 Allerdings habe sich die Bilanzierung wesentlich nur auf jeweils einen Transfervorgang oder das Vorteilskonto der Kapitaleinleger bezogen, nicht auf die Gesamtbilanz einer Unternehmung. Diese angesprochenen Operationen würde man allerdings auch mit einfacher Buchführung unternehmen können (wie verschiedene Autoren hervorheben).94 Im Sinne der kausalen Verbindung von Diversifizierung buchhalterischer Techniken mit zunehmender geschäftlicher Komplexität verweisen verschiedene Autoren auf die Entstehung der erforderlichen Wissensbestände – gerade wenn eine verfeinerte Buchführung keine Konsequenzen für die Entwicklung von Geschäftsstrategien haben sollte. Entgegen der von Buchführungshistorikern wie Richard H. Macve und Keith W. Hoskin vorgetragenen Thesen, dass universitärer und schulischer Unterricht zur Verbreitung auch der buchhalterischen Wissensbestände entscheidend beigetragen hätten95, ist der akademische Einfluss auf die Entwicklung der Buchführung allerdings fragwürdig. Zumindest in den „öffentlichen“ Schulen süddeutscher Städte oder in Florenz wurden Buchführung und Rechnungslegung nicht als Fächer unterrichtet.96

Melis, Aspetti. Basil S. Yamey, Introduction, in: Ananias C. Littleton / Basil S. Yamey (Hgg.), Studies in the History of Accounting, London 1956, S. 1–13, hier S. 8 f. 94 John Richard Edwards, Financial Accounting Practice 1600–1970: Continuity and Change, in: Thomas Alexander Lee / Ashton C. Bishop / Robert Henry Parker (Hgg.), Accounting History from the Renaissance to the Present: a Remembrance of Luca Pacioli, New York/London 1996, S. 31–70, hier S. 34; vgl. Basil S. Yamey, Balancing and Closing the Ledger: Italian Practice, 1300–1600, in: Robert H. Parker / Basil S. Yamey (Hgg.), Accounting History, Oxford 1994 [zuerst 1972], S. 250–267, hier S. 250–252. 95 Keith W. Hoskin / Richard H. Macve, Accounting and the Examination: A Genealogy of Disciplinary Power, in: Accounting, Organizations and Society 11 (1986), S. 105–136. Die von Hoskin und Macve hier vorgetragenen Überlegungen basieren nicht unwesentlich auf der Konzeption vom „Herrschaftswissen“ Michel Foucaults. 96 Vgl. Hanns-Peter Bruchhäuser, Kaufmannsbildung im Mittelalter. Determinanten des Curriculums deutscher Kaufleute im Spiegel der Formalisierung von Quantifizierungsprozessen, Köln 1989; Tim Carter / Richard A. Goldthwaite, Orpheus in the Marketplace. Jacopo Peri and the Economy of Late Renaissance Florence (I Tatti Studies in Italian Renaissance History), Cambridge, Mass. 2013, S. 122 f.; Goldthwaite, The Practice. 92 93

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Vielmehr muss man davon ausgehen, dass sowohl das fachsprachliche Register der Buchhaltungssprache und die graphische Gestaltung der Rechnungen als auch die technischen Operationen im buchhalterischen Rechnungswesen in der Praxis eingeübt wurden. Die jungen auszubildenden Söhne der Merchant bankers lernten im Kontor und in der Schreibstube anderer Kaufmannbankiers; sie wurden zu Aufenthalten in der Fremde weggeschickt, um auch und gerade den Standard des ‚transkulturellen‘ Fernhandels an Standorten wie Venedig, Lyon oder Antwerpen zu erlernen (vgl. Kapitel VI.1).97 Dennoch ist ein kultureller Kontext merkantilen Schreibens vorauszusetzen, in welchem Kaufmannbankiers ihre buchhalterische Schreibtätigkeit rezipierten und entwickelten. Während sie einen spezifischen rhetorischen Stil und eine an die pragmatischen Bedürfnisse angepasste Präsentationsform ihrer Daten wählten, verfeinerten sie ihren Schriftgebrauch im Speichermedium Buch in Adaption und im Austausch mit dem von Juristen getragenen Prozess der Verrechtlichung sozialer Beziehungen: Die Aufzeichnung von Geschäftsvorgängen in Rechnungsbüchern entsprach im 14. Jahrhundert verstärkt juristisch motivierten Sicherungstechniken. Zudem entlehnten merkantile Schreiber phraseologische Gestaltungselemente (zum Beispiel den Ersatz von Item durch E in derselben performativen Funktion) oder die Kanzleikursive, die erst am Ende des 14. Jahrhunderts durch die mercantesca (die kaufmännische Kursivschrift) verdrängt wurde, von juristischen Praktiken.98 In den letzten Jahren hat die deutsche Wirtschaftsgeschichte damit begonnen, die Zeugnisse der Buchhaltung der Hanse-Kaufleute im Zusammenhang mit technischen Fragestellungen zu untersuchen. Denn zum einen führten die Hanse-Kaufleute zumindest in 16. Jahrhundert schon Rechnungsbücher und übernahmen Elemente der Doppelten Buchführung. Dabei weist zum anderen ihre Systematik mit derjenigen einer Faktoreibuchhaltung, die mit Kladden, Handels- oder Warenbüchern und Vormünderbücher (auch Rentebücher oder Schiffspartenbücher) einen eigenen Charakter entwickelte, Ähnlichkeiten auf.99

Lang, Fremdsprachenkompetenz, S. 75–91; vgl. Mark Häberlein / Hans-Jörg Künast / Irmgard Schwanke, Einleitung, in: Diess. (Hgg.), Die Korrespondenz der Augsburger Patrizierfamilie Endorfer 1620–1627. Briefe aus Italien und Frankreich im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges (Documenta Augustana, 21), Augsburg 2010, S. 9–62; Helmut Glück / Mark Häberlein / Konrad Schröder, Mehrsprachigkeit in der Frühen Neuzeit. Die Reichsstädte Augsburg und Nürnberg vom 15. bis ins frühe 19. Jahrhundert (Fremdsprachen in Geschichte und Gegenwart, 10), Wiesbaden 2013, Kapitel 2. 98 Arlinghaus, Zwischen Notiz, S. 25–89. 99 Marie-Louise Pelus-Kaplan, Zu einer Geschichte der Buchhaltung im hansischen Bereich: Die Handelsbücher der Lübecker Kaufleute vom Anfang des 16. bis zum Ende des 17. Jahrhunderts, in: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 74 (1994), S. 31–45, hier S. 38–41. 97

Historische Buchführung in der Forschung

II.1.4

Praktiken der Buchführung und Forschungsagenden

Unter dem Titel Accounting History hat sich ein Zweig in den anglo-amerikanischen Wirtschaftswissenschaften gebildet, der seit gut 40 Jahren Formen historischer Buchführung in Unternehmen (besonders Aktiengesellschaften) und Institutionen beleuchtet. Während die Accounting Historians keine sonderlich prominente Position in der universitären Ökonomie einnehmen – im Vergleich zu den Historikerinnen und Historikern, die sich mit Buchführung eigens beschäftigen – handelt es sich gleichwohl um eine starke Forschungsrichtung, die beginnend mit der Gründung der Academy of Accounting Historians 1973 eine institutionelle Struktur gefunden hat.100 Mit Reihen wie The Accounting Historians Journal der internationalen Academy of Accounting Historians (seit 1974)101, der eher soziologisch ausgerichteten, 1975 von Anthony Hopwood gegründeten Zeitschrift Accounting, Organizations and Society102, dem Periodikum Critical Perspectives on Accounting103 oder dem Accounting History Review104 verfügt dieses Feld, welches auch (aber keineswegs ausschließlich) historische Analysen umfasst, über seine eigenen Publikationsorgane.105 Die Untersuchungsschwerpunkte liegen in der Rekonstruktion von komplexen Unternehmens- und Gesellschaftsbuchhaltungen des 19. und 20. Jahrhunderts, aber auch auf aktuellen Fragen wie den Wechselbeziehungen zwischen Buchführung, Geschäftsmodellen und der seit 2009 andauernden globalen Finanzkrise.106 Seit der Konferenz der Accounting Historians Society im Jahre 1991 hat die anglo-amerikanische Buchhaltungsgeschichte allerdings eine spezifische Wende erfahren, indem Buchführungsentwicklung und organisationssoziologische Vorgänge unter dem Titel agency relationships in Beziehung miteinander gesetzt werden.107 Diese interdisziplinäre Neuausrichtung der Perspektive auf die Geschichte der Buchführung lenkt die Aufmerksamkeit auf die Innovationsfähigkeit von Buchführung. Die entscheidende Annahme Walker, Structures, S. 15. Hier: http://www.olemiss.edu/depts/general_library/dac/files/ahj.html (11.11.2014). Hier: http://www.journals.elsevier.com/accounting-organizations-and-society/ (11.11.2014). Hier: http://www.journals.elsevier.com/critical-perspectives-on-accounting/ (11.11.2014). Hier: http://www.tandfonline.com/loi/rabf21#.VGJADGdQRI0 (11.11.2014). Diese Zeitschrift ist 2011 hervorgegangen aus Accounting, Business & Financial History (1990–2010). 105 Walker, Structures, S. 20–23. Zum Anteil von Artikeln mit historischen Inhalten an der Gesamtmenge von in den erwähnten Periodika veröffentlichten Artikeln: ebd. 19 f. (Tabelle zu Accounting History / Accounting, Business & Financial History). 106 Die Gründung der Società Italiana di Storia della Ragioneria (SISR: Siehe http://www.sisronline.it/) datiert ins Jahr 1984. Sie wurde in Pisa beim 4. Weltkongress der Accounting Historians in Pisa ins Leben gerufen und gibt mit Contabilità e cultura aziendale auch eine eigene Zeitschrift heraus (http://www.sisronline. it/rivista.html). Die SISR ihrerseits verfügt keineswegs über den Einfluss der anglo-amerikanischen Institutionen, was sich auch in der – sprachlich einseitigen – internationalen Wahrnehmung der Verläufe der Buchführungsgeschichte widerspiegelt. 107 Stephan P. Walker, Accounting in History, in: Accounting Historians Journal 32 (2005), S. 233–259, hier S. 237–239. 100 101 102 103 104

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hierbei ist, dass die von Buchhaltern vorangetriebene Differenzierung der Buchhaltung zur Erfassung komplexer Produktionsprozesse das Entstehen organisatorischer und unternehmerischer Diversifizierungen generierte. In diesem Sinne werden handelsrechtliche Reglementierungen, ökonomische Organisationvorgänge und die Entwicklung der Buchführung als parallele, sich wechselseitig beeinflussende Prozesse verstanden.108 Insbesondere die Rezeption des Foucaultschen Ansatzes leistete einen wichtigen Beitrag zur Buchführungsgeschichte, weil im „kalkulierbaren Menschen“109 die regulierende Kraft von Buchführung sichtbar wurde. Auf diese Weise trat die Kontextualisierung von Buchführung in den Vordergrund des wissenschaftlichen Interesses, indem Buchführung selbst als Regulierungsinstrument im Wechselverhältnis zur sozialen Organisation begriffen wird.110 Peter Miller spricht in seinem programmatischen Aufsatz des Jahres 1994 von der Historisierung der Buchführung, wobei die jeweilige Art und Weise, wie sich kalkulatorische und organisatorische (wirtschaftliche) Praktiken zueinander verhalten, historische Alteritäten markiert. Demnach stellt sich Buchführung als eigene Entität dar, die Techniken und Praktiken verschiedener Aktionsfelder in sich aufnimmt und synthetisiert.111 Die hierbei artikulierten multiple agendas für die Forschung können durchaus auch für die Geschichte vorindustrieller Buchführung gelten, obwohl vor allem die Veränderungen in Firmen- und Gesellschaftsstrukturen während der Industrialisierung im Zentrum dieser Überlegungen stehen: Erstens erweisen sich in ethnographischer Perspektive Buchführungspraktiken als Erfahrungshorizont einzelner Akteure, deren Lebenswirklichkeit in der Kommunikation von Wirklichkeit durch Buchführung konstituiert wird. Zweitens schreiben sich widerstreitende politische und wirtschaftliche Interessen in den Vorgang der Buchführung ein, indem Buchführungssysteme zugleich Kontroll- und Machtinstrumente sind. Drittens beeinflusst die Buchführung die Umsetzung organisatorischer Prozesse, weil organisatorische Entscheidungsfindungen von buchhalterischen Informationssystemen vorgezeichnet werden können.112 Die Eigenschaft der Buchführung als Kommunikations- oder Transformationsmedium von Wirklichkeit, aber auch die handlungsmächtige Logik realisierter buchhalterischer Praktiken gelten für vorindustrielle Buchführungssysteme grundsätzlich in gleicher Weise wie für die anvisierten Prozesse im Zuge der Industrialisierung.

Miller, Accounting, S. 7–9; Christopher S. Chapman / David J. Cooper / Peter B. Miller, Linking Accounting, Organizations, and Institutions, in: Dies. (Hgg.), Accounting, Organizations, and Institutions. Essays in Honour of Anthony Hopwood, Oxford 2012 [zuerst 2009], S. 1–29. 109 Michel Foucault, Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses, Frankfurt am Main 1994 [zuerst 1975]. 110 Napier, Historiography, S. 38; S. 42 f. Andrea Mennicken / Peter Miller, Accounting, territorialization and power, in: Foucault Studies 13 (2012), S. 4–24. 111 Miller, Accounting, S. 20. 112 Miller, Accounting, S. 15–19. 108

Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung

II.2

Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung

Während die merkantile Buchführung ihre eigenen betriebswirtschaftlichen Absichten verfolgte, lassen sich die ihr zugrundeliegenden Prinzipien und kognitiven Kategorien sowie ihre Praktiken als Erzeugnisse kommunikativer Prozesse interpretieren. Kaufmannbankiers mochten Rechnungsbücher anlegen, um Veränderungen in ihren Vermögensverhältnissen und in denjenigen ihrer Partner nachzuzeichnen. Insbesondere entsprachen sie dem handelsrechtlichen Erfordernis, Beweisstücke für Streitfragen vorhalten zu können. Bisweilen konnte die merkantile Buchhaltung durchaus auch Kontrollfunktionen, etwa zwischen Prinzipal (maggiore) und Agent, übernehmen. Durch die Verschriftlichung ihrer Transferbeziehungen operierten Kaufmannbankiers mit Momentaufnahmen der Bestandsentwicklung ihrer Geschäftstätigkeit, welche sie in komplexen kommunikativen Vorgängen zu notieren suchten.113 Hinter diesem Vorgang der Verschriftlichung stand die Bereitschaft, lebensweltliche Zusammenhänge in Zeichensysteme zu übertragen und diese in Büchern schriftlich zu fixieren. Ein solcher synthetischer Denkablauf bildete die Voraussetzung für die Entlehnung von verschriftlichten Erzeugnissen aus der materiellen Welt und damit für die sinnstiftende Rückwirkung von Aufzeichnungen auf lebensweltliche Zusammenhänge.114 Darin besteht ein kulturell konstitutives Verfahren im Verhältnis von eigener, konkreter Lebenswelt mit abstrahierter Schriftwelt als Bedingung der Möglichkeit von Rechnungsbüchern. Im Sinne der Kommunikation auf mehreren Ebenen erfüllten die Erzeugnisse der Buchführung die Leistungen kognitiver Artefakte (cognitive artifacts), wie Yannick Lemarchand, Cheryl McWatters und Laure Pineau-Defois argumentieren. Rechnungsbücher sind demnach als Produkte der Datenverarbeitung zu deuten, welche mit dem Prozess der Datenverarbeitung durch die Buchhalter verwoben waren. Aufgrund ihres Charakters als materielle Schnittstellen in einem Kommunikations- und Informationsprozess oblag ihnen eine historische Handlungsmacht.115 Denn sie veränderten die Wahrnehmung eines buchführenden Kaufmannbankiers im Hinblick auf die notierten Transaktionen, die in ihrer verschriftlichten Form eine wirtschaftliche Dynamik ausmachen und repräsentieren sollten. Die Rechnungsbücher beeinflussten die rech-

Die Kontrollfunktion betont der Fugger-Buchhalter Matthäus Schwarz: vgl. Alfred Weitnauer, Venezianischer Handel der Fugger. Nach der Musterbuchhaltung des Matthäus Schwarz (Studien zur Fuggergeschichte, 9) Leipzig/Münster 1931, S. 175 f. 114 Hans Blumenberg, Die Lesbarkeit der Welt, Frankfurt am Main 1986, S. 11 f. 115 Donald A. Norman, Les artefacts cognitifs, in: Bernard Conein / Laurent Thévenot / Nicolas Dodier (Hgg.), Les objects dans l’action, Paris 1993, S. 15–34. Vgl. Sue Llewellyn / Markus J. Milne, Accounting as a Codified Discourse, in: Accounting, Auditing & Accountability Journal 20 (2007), S. 805–824: Die beiden Autoren begreifen Rechnungsbücher (accounting) weniger als „written, instructional, codified text“, sondern eher Texte, die in organisatorischen Rahmengefügen wahrgenommen und operationalisiert werden. 113

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nerische und interpretatorische Analysefähigkeit von wirtschaftlichen Situationen, welche der Kaufmannbankier zu begreifen suchte.116 Die Verschriftlichung von Gütertransfers in Rechnungsbüchern versinnbildlicht Abstraktions- und Organisationsprozesse, welche eigenen kulturellen Leistungen entsprangen. Diese Prozesse zeigen die Entwicklung der Buchführung seit ihrem ersten Auftreten im frühen 13. Jahrhundert bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Die erwähnten sprachlichen und graphischen Standardisierungen vollzogen sich wesentlich bereits im 14. Jahrhundert. Zeitgleich mit der visuellen Darstellung von Transaktionen im bilateralen Tabellenformat reduzierten die Buchhalter auch die Fehlerhaftigkeit ihrer Rechnungen.117 Der konkrete materielle oder finanzielle Transfer wurde bei der Verschriftlichung in einem Rechnungsbuch in abstrakte Rechengrößen umgelegt. Florentiner Rechnungsbücher wurden generell in Rechengeld notiert: In der Florentiner Buchführung von Krämern118 oder Handwerkern119 ebenso wie von europaweit tätigen Handelsgesellschaften, nicht minder in persönlichen Rechnungsbüchern (welche einen großen Anteil an den überlieferten Büchern in toskanischen Archiven haben), registrierten die jeweiligen Schreiber keine Münzgrößen, sondern bewegten sich in abstrakten Währungssystemen von Rechengeld. Selbst Kassenhefte kennen keine Münznotierung. Das bedeutet zugleich, dass Florentiner Buchhalter auf der Basis dieses Abstraktionsvorganges in monetären Relationen zu denken und zu rechnen gewöhnt waren.120 Die Entstehung der Doppelten Buchführung als Sonderform der Rechnungslegung und als systematische Weiterentwicklung der einfachen Buchführung lässt sich am chronologischen Auftreten ihrer Komponenten idealtypisch nachzeichnen: Erstens entstand das Konzept eines Buchführungssubjektes (accounting entity), zweitens das Konzept rechnerischer Entgegensetzungen (zwischen Zuwachs und Abnahme einer Barkasse; zwischen Zunahme und Abnahme von Schuldverhältnissen), drittens das Konzept einer Bezugswährung (kohärente Rechenwährung), viertens das Konzept der Rechnung respektive des Ausgleichs von Guthaben oder Vermögen und Verbind-

Yannick Lemarchand / Cheryl McWatters / Laure Pineau-Defois, The Current Account as Cognitive Artefact: Stories and Accounts of ‚la Maison Chaurand‘, in: Pierre Gervais / Yannick Lemarchand / Dominique Margairaz (Hgg.), Merchants and Profit in the Age of Commerce, 1680–1830 (Perspectives in Economic and Social History, 30), London 2014, S. 13–32, hier S. 14 f. 117 Goldthwaite, The Practice. 118 Vgl. Alessia Meneghin, The Trade of Second Hand Clothing in Fifteenth-century Florence, in: Giampiero Nigro (Hg.), Il commercio al minuto. Domanda e offerta tra economia formale e informale, secc. XIII–XVIIII (Istituto internazionale di storia economica F. Datini. Settimane di studio, 46), Firenze 2015, S. 319–336. 119 Vgl. Carter/Goldthwaite, Orpheus, chap. 1. Vgl. Die Ricordanze A des Florentiner Handschriftenkopisten Lorenzo Guidetti: Lorenzo di Francesco Guidetti, Ricordanze, hrsg. v. Lorenz Böninger (Libri, Carte, immagini, 8), Roma 2014. 120 Goldthwaite, The Practice. 116

Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung

lichkeiten, fünftens das Konzept von Gewinn und Verlust, sechstens das Konzept einer Rechnungsperiode.121 Entscheidend für die Doppelte Buchführung aber wurde – und hierin zeigt sich der Organisationsprozess in Rechnungsbüchern – der Einsatz verschiedener Buchtypen, welche durch das System von Querverweisen in den Konten des Schuldbuches repräsentiert werden. Dieses System erlaubte während des 16. Jahrhunderts in zunehmendem Maße die Erfassung komplexer Buchführungsmaterien. Insbesondere in Unternehmungen, die Wolltuch herstellten, gelang die Diversifizierung von Kostenarten in Kontensystemen, welche sich auf entsprechende Rechnungsreihen entlang des Produktionsverfahrens bezogen.122 Die Überlagerung eines Buchgefüges durch Kontensysteme im Schuldbuch, in welchem die Doppik angewendet wurde, charakterisiert den organisatorischen Verfeinerungsprozess der Florentiner Buchführung zwischen 1300 und 1600.123 Dabei muss festgestellt werden, dass Luca Paciolis Erklärungen zur Buchführung mitnichten den tatsächlichen Stand der buchhalterischen Praktiken in Florenz oder Venedig darstellten. Vielmehr formulierte der Mathematiker und Mönch grundlegende Prinzipien der Buchführung als Teilbereich der Arithmetik. Seine Ausführungen bleiben hinter der Komplexität des Abstraktions- und Organisationsprozesses der Buchführung am Ende des 15. Jahrhunderts deutlich zurück.124 Durch die einander ergänzenden Abstraktions- und Organisationsleistungen florentinischer Rechnungsbücher entstanden „Buchführungswelten“, die in sich kohärent und praktisch funktionierten. Die Florentiner Buchführungswelten waren der Kosmos von Buchführungssubjekten, welche die Veränderung ihrer Vermögensbestände durch geschäftliche Transfers abbildeten. Materielle und finanzielle Entwicklungen nahmen sie durch die Übertragung in abstrakte monetäre Bewertungssysteme wahr und bezifferten dementsprechend Zuwachs oder Abnahme in der Perspektive auf das in sie jeweils eingesetzte Vermögen. Dabei dachten die Buchführungssubjekte in Währungsräumen und abstrahierten Schuldverhältnisse von konkreten Warentransfers auf geographischen Handelsrouten, indem die Buchhalter die materiellen oder finanziellen Außenbeziehungen in monetären Rechengrößen erfassten, somit

Lee, The Coming, S. 85. Vgl. Ders., The Florentine Bank, S. 51–60. Goldthwaite, The Florentine Wool. Richard A. Goldthwaite, Le aziende seriche e il mondo degli affari a Firenze alla fine del ’500, in: Archivio Storico Italiano 169 (2011), S. 281–341. 124 Kurt Weissen, Dove il Papa va, sempre è caro di danari. The Commercial Site Analysis in Italian Merchant Handbooks form the 14th and 15th Centuries, in: Markus A. Denzel / Jean Claude Hocquet / Harald Witthöft (Hgg.), Kaufmannsbücher und Handelspraktiken vom Spätmittelalter bis zum beginnenden 20. Jahrhundert. Merchant’s Book and Mercantile Pratiche from the Late Middle Ages to the Beginning of the 20th Century (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte; Beihefte, 163), Stuttgart 2002, S. 63–73; Goldthwaite, The Practice. 121 122 123

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aus ihren physisch-räumlichen Kontexten lösten und einer spezifischen Zeitstruktur unterordneten.125 Die abstrakt konstituierte Buchführungswelt zog allerdings Grenzen zwischen einem fiktiven Innenraum und dem Außenraum der Buchführungswelt: Dabei konnte der Kontakt nach außen, vor allem zu nicht-florentinischen Geschäftspartnern und -freunden, schwieriger werden. Nicht selten mussten notarielle Instrumente, auch im 16. Jahrhundert noch, zur rechtlichen Bestätigung (eigentlich von Rechnungsgrößen) eingesetzt werden. Insbesondere außerhalb von Florenz zeigt sich die Verschiedenheit Florentiner und nicht-Florentiner Buchführung. In der Praxis des Fernhandels musste die Buchführung eines Florentiner Unternehmens durch sanktionierte Beglaubigung abgesichert werden. Dies veranschaulichen etwa die Notariatsregister Lyoner Juristen, welche Schuldverhältnisse zwischen toskanischen Kaufmannbankiers und französischen Geschäftsleuten und Adeligen vertraglich fixieren mussten.126 Die in der vorliegenden Arbeit ausgewerteten Schuldbücher der Handelsgesellschaften der Salviati in Lyon exemplifizieren durch den Gebrauch unterschiedlicher Währungssysteme diesen Zusammenhang.127 Die Buchführungswelt der in Lyon gehaltenen Schuldbücher rechnen mit dem scudo di marchi. Der scudo di marchi war die Messewährung im Silberstandard, den die Florentiner Kaufmannbankiers bei der Übersiedlung von Genf nach Lyon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als Rechenwährung mitgebracht hatten. Im französischen Königreich nutzte man als Rechenwährung, die sich auf das Umlaufgeld bezog, hingegen die livre tournois.128 Wenn die in den Schuldbüchern abgebildeten Schuldverhältnisse die Rechenrealität der Währungsaußenwelt artikulierten, stellte der Buchhalter der Salviati Letztere in einer zweiten Rechenkolumne dar. Die Gutschriften und Belastungen nach dem Wert des An- oder Verkaufs von Waren oder Girowechseln übertrug er in die Rechenwährung der Lyoner Messen. Sowohl den Rechnungsausgleich als auch Gewinne oder Verluste notierte er im scudo di marchi. In der Buchführungswelt der Florentiner Kaufmannbankiers wurde am Standort Lyon in der Lyoner Messewährung gedacht und bewertet.129 Heinrich Lang, La pratica contabile come gestione del tempo e dello spazio. La rete transalpina tra i Salviati di Firenze e i Welser d’Augusta dal 1507 al 1555, in: Mélanges de l’École française de Rome – Italie et Méditerranée modernes et contemporaines (Themenheft: Famiglie al confine – Cultures marchandes – Varia) 125–1 (2013), S. 143–151. Die Theorie zu diesen Überlegungen von „Zeitordnungen“ und räumlicher „Systembildung“ bei: Rudolf Schlögl, Anwesende und Abwesende. Grundriss für eine Gesellschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit, Konstanz 2014, S. 90–102; S. 117–123. 126 ADR, 3 E 4493 (Pierre Dorlin, 1536). Argument bei Goldthwaite, The Practice. 127 Markus A. Denzel, Art. „Währungssystem“, in: Michael North (Hg.), Von Aktie bis Zoll. Ein historisches Lexikon des Geldes, München 1995, S. 409–411. 128 Frederic J. Baumgartner, France in the Sixteenth Century, Houndsmills/London 1995, S. IX. 129 Vgl. Lang, La pratica contabile. Vgl. Lee, The Florentine Bank, S. 55: Der frühe Gebrauch von verschiedenen Währungssystemen und der Einsatz einer Referenzwährung (im konkreten Fall der Pisaner denaro in Silber) lässt sich schon für das 13. Jahrhundert nachweisen. 125

Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung

Anhand der Übertragung von konkreten geschäftlichen Transaktionen, die in der geographischen Umgebung stattfanden, in eine nach Währungen gegliederte, abstrakte Räumlichkeit zeigen sich spezifische räumliche Denkmuster.130 Das Konzept des Währungsraums bezog sich auf einen konkreten Ort der Verrechnung (des Zahlungsausgleichs: Clearings) und überlagerte somit einen Wirtschaftsraum, hier das Königreich Frankreich. Dort liefen mit der erwähnten Messewährung (scudo di marchi) und dem französischen Libra-Solidus-System (écu d’or und livre tournois) zwei Währungssysteme parallel.131 Die chronologische Organisation in den Rechnungsbüchern der Salviati erfolgte gemäß dem Florentiner Rechnungsjahr. Dieses begann allerdings erst zu Mariä Erscheinung am 25. März (incarnazione) eines Jahres, so dass die von Florentiner Kaufleuten geführten Rechnungsbücher – auch in Umgebungen mit anderer Kalenderzählung – mit der Ostermesse als erster Messe eines Rechnungsjahres (vom 25. März eines Jahres bis zum 24. März des Folgejahres) anfangen.132 In Lyon ergab der Messekalender folgenden Ablauf: Ostermesse (fiera di pasqua), Augustmesse (fiera d’agosto beginnend am 4. August), Allerheiligenmesse (fiera di tutti santi, beginnend am 3. November) und schließlich Apparitionsmesse (fiera d’apparizione). Tatsächlich lag die auch foire du roi genannte Apparitionsmesse (apparitio Domini) am Beginn eines (heutigen) Kalenderjahres (Montag nach Dreikönig).133 Die bei den Salviati in Südfrankreich geführten Bücher übernahmen den chronologischen Ablauf des französischen Kalenderjahres nicht, so dass die Florentiner Buchführungswelt dem Rhythmus der Florentiner Kaufmannbankiers folgte. In zeitlicher Dimension kann eine rechnerische Ordnung, die auf Abstraktion und konventioneller Abfolge basierte, beobachtet werden: Auch sie beruhte auf einer kulturellen Konstruktionsleistung („Zeitstruktur“).134

Susanne Rau, Räume. Konzepte, Wahrnehmungen, Nutzungen (Historische Einführungen, 14), Frankfurt/New York 2013, S. 117 f. 131 Markus A. Denzel / Oskar Schwarzer, Art. „Währungsraum“, in: North (Hg.), Von Aktie bis Zoll. Ein historisches Lexikon des Geldes, München 1995, S. 409. 132 Das gilt auch für das Jahr 1516, als Ostern auf den 23. März fiel: Adriano Cappelli, Cronologia, Cronografia e Calendario perpetuo. Dal principio dell’era cristiana ai nostri giorni. Settima edizione riveduta, corretta e ampliata a cura di Mariano Viganò, Milano 1998, S. XIII, S. 38. Denn der Termin der Ostermesse lag auf dem Montag nach Quasimodo (erster Sonntag nach Ostern) zwischen dem 31. März und dem 3. Mai: Karl Otto Müller, Welthandelsbräuche (1480–1540) (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 5), Wiesbaden 1962, S. 71. Zur Auswertung: Heinrich Lang, Seide für Lyon. Der Seidenzoll an der Rhône als Indikator für die Strukturen von Märkten einer europäischen Handelsmetropole in der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Peter Rauscher / Andrea Serles (Hgg.), Wiegen – Zählen – Registrieren. Handelsgeschichtliche Massenquellen und die Erforschung mitteleuropäische Märkte (13.–18. Jahrhundert) (Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas, 25), Innsbruck, Wien, Bozen 2015, S. 387–409. 133 Markus A. Denzel, Währungen der Welt IX. Europäische Wechselkurse von 1383 bis 1620 (Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 59), Stuttgart 1995. 134 Paolo Quattrone, Is Time Spent, Passed or Counted? The Missing Link Between Time and Accounting History, in: Accounting Historians Journal 32 (2005), S. 185–208. Vgl. Wolfgang Behringer, Art. „3. Zeit 130

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Als kognitives Artefakt operierte die Buchführung nicht nur mit Abstraktions- und Organisationsprozessen, die eigens strukturierte Buchführungswelten entstehen ließen, sondern verarbeitete auch Informationen, die sie in soziale Aggregationsmuster fügte.135 Zum einen bilden Rechnungsbücher in den eingeführten Konten Netzwerkstrukturen ihrer Außenbeziehungen ab. Zum anderen wirkte Buchführung ihrerseits als Konstituente in Netzwerken, indem sie die Selbstorganisation sozialer und wirtschaftlicher Beziehungen durch Wissenstransfer unterstützte.136 Die Kontrollfunktion, die die Buchführung einer Handelsgesellschaft auszuüben vermochte, generierte pragmatisches Vertrauen nach innen und nach außen zu Geschäftsfreunden, die nach Teilhabe am Informationsfluss strebten. Die Zirkulation von Informationen ist eine wesentliche Komponente der Beziehungen mit aggregierender Wirkung. Durch die kommunikative Leistung der Buchführung veranschaulichen Rechnungsbücher dynamische Netzwerke auf räumlicher, objektiver und personeller Ebene: Sie zeigen die Überlagerungen von Güterbewegungen, finanziellen Transfers, Marktstrukturen und personellen Netzwerken.137 Die Buchführungswelten, die durch die ihnen eigenen Anschauungsformen in räumlicher und zeitlicher Strukturierung, also durch die perzeptive Organisation in Währungsräumen und Messeabläufen nach kalendarisch gegliederten Rechnungsperioden, entstanden, waren die ‚kartographische‘ Leistung der Buchhalter. In der Welt der Buchführung, die ein eigenes Gefüge abstrahierter Verhältnisse als Projektionsfläche zwischen sich und die Außenwelt blendete, konnte ein Raster eingeschoben werden, das lineare und äquivalente Berechnung bedingte.138 Synthetische Rechnungsbücher nahmen die Gestalt gedoppelter Konten in Listenform mit systematischer Verweisung auf andere Bücher an. Dies trifft in besonderem Maße auf das zentrale Modul der Buchführungswelten zu: In diesem Sinne wären Schuldbücher, libri debitori e creditori, als Ergebnis der Zusammenfügung verschiedener Komponenten-Bücher zu deuten.139 Durch die Repräsentation ihrer Strukturierung von Raum und Zeit in der medialen Materialisierung mit den Rechnungsbüchern und deren Konten verfügten die Buchführungswelten über eine performative

als kulturelles Konstrukt“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 15: Stuttgart 2012, Sp. 358–368. Vgl. Edith Koller, Art. „Zeitordnung“, in: ebd., Sp. 385–391, hier Sp. 387 („3. Städtische Zeitstrukturen“); vgl. dies., Art. „Zeitrechnung“, in: ebd., Sp. 391–398. 135 Vgl. Latour, Eine neue Soziologie, S. 109–149. 136 Cheryl S. McWatters / Yannick Lemarchand, Merchant Networks and Accounting Discourse: the Role of Accounting in Network Relations, in: Accounting History Review 23 (2013), S. 49–83, hier S. 54. 137 McWatters/Lemarchand, Merchant Networks, S. 55. Die beiden Autoren greifen die Mehrebenen-Darstellung von Netzwerken auf, wie sie Guillaume Daudin in seiner Studie zur Überlagerung von Netzwerken und wirtschaftlicher Entwicklung im Frankreich des Ancien Regime entwickelt hat: Guillaume Daudin, Commerce et prospérité. La France au XVIIe – XVIIIe siècles, Paris 2005. 138 Vgl. Norman, Les artefacts congnitifs. 139 Vgl. Melis, Aspetti.

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Darstellungsebene.140 Das kartographische Artefakt des synthetischen Rechnungsbuches erwuchs im Dialog von Abstraktions- sowie Organisationsleistungen mit materiellen Repräsentationsformen, welcher sich über ökonomisches Transfergeschehen entspann.141 In diese raumzeitlichen Raster fügten sich personelle und materielle Netzwerke ein.142 Die Buchführungswelten koordinierten materielle und finanzielle Transferbeziehungen in abstrakt berechneten Größen und gliederten den operativen Vorgängen folgend die Kontenstrukturen innerhalb des eigenen raumzeitlichen Bezugsrahmens. Aufgrund der Übertragung von Transferbeziehungen in abstrahiert bewertete Schuldverhältnisse geben Rechnungsbücher in der Perspektivumkehr sowohl Umfang und Dichte als auch personelle und objektive Konstellationen geschäftlicher Netzwerke zu erkennen. Da sie überdies qualitative Daten für die Außenbeziehungen von Handelsgesellschaften aufweisen – also verschiedene Transferarten, kooperative Strukturen und Anhaltspunkte für Wissenstransfer zwischen den Akteuren darstellen –, manifestieren sich in der Buchführung Organisation und Praktiken von Netzwerken und Märkten.143 Yannick Lemarchand und Cheryl McWatters haben bei ihrer Formulierung des Zusammenhanges von Buchführung und Netzwerken die vertrauensstiftende Wirksamkeit der Führung von Rechnungsbüchern vor Augen. Sie werten den Vorgang der Rechnung als Institution, welche Vertrauen (trust) unter den Geschäftspartnern schafft.144 Bereits Balduin Penndorf übersetzt Luca Paciolis venezianisches Sprichwort145 im 29.

Vgl. Erika Fischer-Lichte, Ästhetik des Performativen, Frankfurt am Main 2004, S. 187–209 (zur Konstruktion von Raum); S. 227–239 (Zeit und Rhythmus). Hiermit vollzöge sich der der Cultural turn auch in der Buchführungsgeschichte: Reckwitz, Die Materialisierung, S. 13 ff. 141 Der theoretische Ansatz räumlicher Gestaltung und Denkkartographie wird am konsequentesten entwickelt bei: Richard Sennett, Fleisch und Stein. Der Körper und die Stadt in der westlichen Zivilisation, Berlin 1995. – Aus der Sicht medienhistorischer Überlegungen können Rechnungsbücher auch als „mediale Apparaturen“ begriffen werden: vgl. Walter J. Ong, Orality and Literacy. The Technologizing of the World, London 2000; der Begriff der „medialen Apparatur“ lehnt sich an: Lev Manovich, The Language of New Media, Cambridge (Mass.) 2001; vgl. Andreas Reckwitz, Die Materialisierung: Dort zu den theoretischen Implikationen der kulturhistorischen Medienanalyse. Der hier skizzierte Vorgang lässt sich als Spacing denken: Martina Löw, Raumsoziologie, Frankfurt am Main 2001, S. 158–172. 142 In der kulturtheoretisch gewendeten Geschichtswissenschaft hat die praxeologische Deutung von Raumkonzepten die Oberhand gewonnen: vgl. Löw, Raumsoziologie; in der Einordung in den Cultural turn: Reckwitz, Die Materialisierung. Aber dabei ist die zeitliche Verlaufsform als historische Figur der handlungstheoretisch begriffenen Ausgestaltung des Raumes in den Hintergrund getreten; zu unrecht, wie die Rhythmisierung merkantilen Handelns vor Augen führt. Vielleicht ist hier an der anthropologischen Theatralitätsforschung Anleihe zu tun: vgl. Helmar Schramm, Karneval des Denkens. Theatralität im Spiegel philosophischer Texte des 16. und 17. Jahrhunderts, Berlin 1996. 143 McWatters/Lemarchand, Merchant Networks, S. 65–76. 144 Ebd., S. 65–76. 145 Vgl. Ernesto Kosovitz, Dizionario – Vocabolario del dialetto triestino e della lingua italiana, Trieste 1890, S. 24 (Eintrag: amiziza, auch amistà). 140

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Kapitel seines Buchhaltungstraktates ragion spessa, amistà longa146 mit „Häufige Rechenschaft bringt lange Freundschaft“.147 Paciolis Empfehlung bestand darin, die Schuldbücher alljährlich zu schließen.148 Mit Blick auf die Praxis scheint Pacioli allerdings nicht intensiv rezipiert worden zu sein: Die Organisationsform der Handelsgesellschaft (compagnia), welche in der Toskana eine Schlüsselfunktion innehatte, trat im Veneto kaum auf. Der häufige bilancio, der „Jahresabschluss“, fand demnach in Venedig zumindest im 15. und 16. Jahrhundert weitaus seltener Anwendung als in Florenz.149 Verschiedene Methoden standen zur Auswahl: Erstens der Übertrag der nominalen Konten in ein Vorteilskonto und von dort in ein Kapitalkonto; zweitens ein Ausgleichskonto für alle offenen Konten; drittens ein Ausgleichskonto, welches beim Übertrag von einem alten Schuldbuch zur Eröffnung eines neuen Schuldbuches aufgenommen wurde; viertens der Übertrag eines Ausgleichskontos in ein Kapitalkonto.150 Obwohl Bilanzzettel, Ausgleichskonten zum Übertrag, Kapitalkonten oder Geheimbücher mit Kapitalkonten durchaus geführt wurden – und für die hier verwendeten Buchhaltungen auch überliefert sind –, muss von einer vielgestaltigen Praxis ausgegangen werden: Florentiner Handelsgesellschaften schlugen unterschiedliche Wege ein und adaptierten eigene Verfahren zur Bilanzierung.151 Bilanzexzerpte sind zumeist als Beiblätter oder Beilagen zu finden. Im Archiv der Medici-Handels- und Bankgesellschaften sind einige Instrumente zur Bilanzierung wie dasjenige der Mailänder Niederlassung der Bank Piero und Giovanni de’ Medicis 1459/60 vorhanden und in der Forschung diskutiert worden.152 Diese Art an Jahresabschlüssen verbreitete sich bis ins 15. Jahrhundert auch in Produktionsunternehmen wie der Seidengesellschaft der Serristori.153 Laut ihres Geheimbuchs führte die Augsburger Gesellschaft von Anton Haug, Hans Langenauer & Ulrich Linck zwischen den Jahren 1532 bis 1562 Inventuren nur gelegentlich und Generalrechnungen nach Bedarf durch.154

Annalisa Conterio (Hg.), Luca Pacioli, Trattato di Partita Doppia. Venezia 1494. Edizione critica a cura di Annalisa Conterio. Introduzione e commento di Basil Yamey. Nota filologica di Gino Belloni, Venezia 1994, S. 96. 147 Penndorf, Luca Pacioli, S. 138. 148 Yamey, Balancing, S. 255. Hier finden sich auch die Verweise auf Balduin Penndorf und Luca Pacioli. 149 Flavio Pilla, Il bilancio di esercizio nelle aziende private veneziane, in: Studi Veneziani 16 (1974), S. 243–278. 150 Yamey, Balancing, S. 252 f. 151 Ebd., S. 265. 152 Curzio Mazzi, La Compagnia mercantile di Piero e Giovanni di Cosimo dei Medici in Milano nel 1459, in: Rivista delle Biblioteche e degli Archivi 18 (1907), S. 17–31; De Roover, Il banco Medici, S. 377–391. Vgl. Heinrich Sieveking, Die Handlungsbücher der Medici (Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien. Philosophisch-Historische Klasse; 151, 5), Wien 1905. 153 Tognetti, Un’industria. 154 Julius Hartung, Aus dem Geheimbuche eines deutschen Handelshauses im 16. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Social- und Wirthschaftsgeschichte 6 (1898), S. 36–87, hier S. 65–67. 146

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Aber diese Phänomenologie spiegelt nicht grundsätzlich die Praxis vom 14. bis zum 16. Jahrhundert wider. Überdies haben in der Geschichte der Buchführung ökonomischer Prägung, welche im angloamerikanischen Raum besonders reflektiert und theorieorientiert ist, die Editionsarbeiten jüngeren Datums oder die Bestände italienischer Rechnungsbücher erstaunlich wenig Anklang gefunden. Die aus Rechnungsbüchern gezogene Argumentationsbasis der „Nachfolger“ von Raymond de Roover und Basil Yamey ist oft erschreckend dünn.155 Umgekehrt ist Richard A. Goldthwaite einer der wenigen, die ihre profunden Kenntnisse der Buchführungspraxis und der reichhaltigen Überlieferung in toskanischen Archiven für theoretische – oder auch kulturhistorische – Überlegungen nutzen.156 Der Großteil der Autoren hat hier einen Schwenk hin zur Verwendung englischer oder auch französischer Rechnungsbücher des 17. und 18. Jahrhunderts vollzogen.157 Rechnungsbücher erscheinen auf diese Weise nicht nur als Materialisierung von abstrahierenden Denkformen wie der monetären Bewertung verschiedenartiger Transferprozesse, der Organisation in einer eigenen – innerbuchhalterischen – Zeitrechnung sowie der Raumkonstitution oder der Einschreibung sozialer Beziehungen in materielle (finanzielle) Transfers, sondern auch als Produzenten konventionalisierter Denk- und Handlungsmuster im merkantilen Milieu. Tatsächlich stifteten sie Momente einer merkantilen Identität. Die hier skizzierte kulturhistorische Sicht auf die Buchführung erweitert den Horizont der Betrachtung, indem nicht nur das Texterzeugnis „Rechnungsbuch“ als Teil merkantiler, unternehmerischer oder sozialer Praxis interpretiert, sondern überdies der Habitus der Erzeuger thematisiert wird. Das kognitive Artefakt „Rechnungsbuch“, welches in seiner Logik einen eigenen Beitrag zu kulturellen Prozessen beisteuert, reflektiert die Haltung sowie die Bedingungen der Disposition von rechnungslegenden Kaufmannbankiers bzw. Buchhaltern. Dies gilt umso mehr für die Florentiner Merchant bankers, weil deren hier zugrunde gelegte Buchführung einen hohen Grad an dispositiver Entwicklung erreicht hatte, obwohl sie, zumindest scheinbar, über keine buchhalterische Schulbildung verfügten.158

Dies gilt auch und besonders für durchaus schöne Essays wie denjenigen von Jane Gleeson-White über den Zusammenhang der Doppelten Buchführung mit der Entstehung des „modernen“ Kapitalismus: Das anregende Buch greift nur auf die Arbeiten einiger Granden von Accounting History und vor allem auf Luca Pacioli zurück (Gleeson-White, Die doppelte Buchführung). Gerade die Beobachtungen von Richard A. Goldthwaite sind in dieser Beziehung besonders beachtenswert: Denn seine Interpretationen, die er nun nach jahrzehntelanger Arbeit in italienischen Archiven vorlegt, ruhen auf dem Fundament des umfassenden Studiums aller erdenklichen Rechnungsbücher. 156 Vgl. Goldthwaite, Le aziende, und ders., The Practice. 157 Vgl. Bryer, Birth, I und II; vgl. Lemarchand/McWaters, Merchant Networks. 158 An diesem Paradox hängt auch Richard A. Goldthwaite seine Argumentation auf: The Practice. 155

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II.2.1

Die ‚Rationalität‘ des Kaufmannbankiers

Vor dem Hintergrund der oben skizzierten Forschungsrichtungen stellt sich die Frage, weshalb die Kaufmannbankiers überhaupt Buch führten. Denn das Material – Papier, gebundene Bücher, Tinte und Feder – war nicht gerade billig. Die wichtigste Überlegung bezieht sich auf die Darstellung von Kapitalerträgen in Handelsgesellschaften mit verschiedenen Anteilseignern. Diese Rechenschaftspflicht leitete sich aus handelsrechtlichen Erfordernissen und der sozioökonomischen Perspektive der veränderten Investitionsstrategien der Genueser, Venezianer und Florentiner Kaufmannbankiers im Zuge der Kommerziellen Revolution her. In diesem Zusammenhang haben verschiedene Autoren, wie oben angedeutet, vom ‚Geist des Kapitalismus‘, in dessen Verwirklichung die Buchführung als zentraler Baustein ‚rationaler‘ Kapitalrechnung fällt, gesprochen.159 In seinem Buch „The Reckoning“ greift der US-Amerikaner Jacob Soll das Konzept von Rechnungsbüchern als Instrumente des Kalkulierens und der Kontrolle auf. Ausgehend von merkantiler Buchführungspraxis besteht sein Ziel darin, die statistisch gewendete Rationalität von hohen Amtsträgern über den Zusammenhang des merkantilen mit dem administrativen Milieu herzuleiten. Das durch die Buchführung manifestierte Gewinnstreben von Kaufmannbankiers wie Francesco Datini oder Cosimo de’ Medici sei der wesentliche Impuls für kalkulative Steuerung geworden. Dabei unterstellt Soll allerdings ohne Analyse der buchhalterischen Praxis eine merkantile Mentalität, deren Existenz sich aus der Interpretation der vorhandenen Buchführung nicht herleiten lässt.160 Der Blick auf die Bilanzierung von Handelsgesellschaften zeigt indes eher einen Mangel ‚kapitalistischen Geistes‘ („lack of spirit“). Obschon gerade die Florentiner Kaufmannbankiers über eine perfektionierte Buchführung verfügten und bis ins 15. Jahrhundert hinein die Instrumente zur Bilanzierung ihrer geschäftlichen Tätigkeiten entwickelten161, zogen sie eben nicht eine jährliche Gesamtbilanz, die den geschäftlichen Verlauf der Handelsgesellschaften oder gar der Gesellschaftsgruppe dargestellt hätte. Umfassende ‚Weißbücher‘ der Unternehmungen existieren nicht. Auch, so scheint es zumindest, hätten die Florentiner Merchant bankers ihre Doppelte Buchführung nicht dazu genutzt, um unternehmerische Strategien auszudenken. Eine geschäftliche Expansion erfolgte über die Gründung einer weiteren compagnia. Strategische Planung auf der Grundlage der in der Buchführung erhobenen Daten lässt sich Vgl. Diskussion bei: Gleeson-White, Die doppelte Buchführung, S. 191 ff. Soll, The Reckoning, S. 11: „The medieval Italian merchants did what the ancient Greeks, Persians, and Romans, the great Asian kindoms, and the feudal lords could not: Without fanfare or public recognition, they invented double-entry bookkeeping, making the revolutionary leap into the calculation of profit.“ – Das klingt zwar schön, aber lässt sich nicht belegen: Vom heutigen Standpunkt aus wollen wir Buchführung als Instrument zur Kalkulation von Gewinn sehen. Die folgende Analyse zeigt allerdings, dass das ein Anachronismus ist, der auf die falsche Fährte führt. 161 Goldthwaite, Le aziende, S. 311 f. 159 160

Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung

kaum wahrnehmen. Buchhalterische Perfektion diente offenbar nicht der zielgerichteten ökonomischen Absicht, die Rentabilität der gesamten Unternehmung permanent im Blick zu haben.162 Insofern ist auch der Interpretation von Andreas Nutz, der die Handelsgesellschaft von Jakob und Felix Grimmel in Memmingen bzw. Konstanz zwischen 1550 und 1560 untersucht, entgegenzutreten. Er überblendet seine aufmerksame und gelungene Beschreibung der geschäftlichen Aktivitäten der Gebrüder Grimmel mit der „entscheidungsorientierte[n]“ Betriebswirtschaftslehre, um „Strategien“ des „frühkapitalistischen Unternehmers“ abzuleiten. Dabei folgt er der anachronistischen Darstellung Fritz Redlichs zum Ziel einer Unternehmung:163 [da] die Unternehmung ohne Gewinnerzielung nicht dauernd existenzfähig ist, ist Gewinnstreben im kapitalistischen Wirtschaftssystem conditio sine qua non, nicht aber letzte Triebfeder des Unternehmers. Als solche kommen daneben Lust am Schaffen, Bauen, am Befehlen und an der Macht, Familiensinn, Streben nach gesellschaftlichem Prestige und andere Motive in Betracht.“164

Mit diesem Zitat belegt Andreas Nutz, dass er Unternehmensziel und -planung in die Geschäftsunterlagen hineinliest, nicht etwa den ihm vorliegenden Rechnungsbüchern und Einzelstücken – auszügen, beschlußzeddeln (= Liquidationsbilanzen“), Hauptkonten und Kontokorrenten – induktiv entnimmt.165 Auch seine Editionsarbeiten haben keine Dokumente zutage gefördert, die ihm entsprechende Behauptungen erlaubt hätten.166 Kaufmannbankiers und ihre Buchführer hielten sich bei der Darstellung von Geschäftsverläufen grundsätzlich zurück. Diese Haltung war auf einen komplexen ZuGoldthwaite, The Practice. – Diese Skepsis gegenüber einer strategischen Funktion der Buchführung hatte schon Basil Yamey geäußert (s. o.): Yamey, The ‚particular gain…‘, S. 6 f. 163 Andreas Nutz, Unternehmensplanung und Geschäftspraxis im 16. Jahrhundert. Die Handelsgesellschaft Felix und Jakob Grimmel zwischen 1550 und 1560 (Beiträge zur südwestdeutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 20), St. Katharinen 1996, S. 14 f. 164 Fritz Redlich, Art. „Unternehmer“, in: Handbuch der Sozialwissenschaften 10 (1956), S. 486–498, hier S. 491. 165 Nutz, Unternehmensplanung, S. 14; S. 24–41; S. 93–147, S. 314–324. Insbesondere die Ausführungen S. 314: „Die Kategorien G r ü n d u n g s p l a n u n g und laufende Planung sowie die einzelnen Entscheidungstatbestände a l l g e m e i n e s U n t e r n e h m e n s z i e l , P r o d u k t p r o g r a m m , S t a n d o r t , U n t e r n e h m e n s f o r m und - g r ö ß e haben sich in der Tat als ein brauchbares Schema erwiesen, um die vielen Einzelaktionen in der Geschichte des Grimmelschen Unternehmens zu strukturieren und einen sinnvollen Zusammenhang zwischen ihnen herzustellen. […] Weniger bekannt sind hingegen die konkreten Auswirkungen, die diese Umstände [Bedeutung der informellen und persönlichen Beziehungen in der vorindustriellen Wirtschaft, H. L.] auf unternehmerisches Handeln hatte.“ [Hervorhebungen im Text]. 166 Frank Göttmann / Andreas Nutz (Hgg.), Die Firma Felix und Jakob Grimmel zu Konstanz und Memmingen. Quellen und Materialien zu einer oberdeutschen Handelsgesellschaft aus der Mitte des 16. Jahrhunderts (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 20), Stuttgart 1999. – Auch Hermann Kellenbenz äußert sich eher zurückhaltend: Hermann Kellenbenz, Buchhaltung der Fuggerzeit, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 58 (1971), S. 221–229, hier S. 226 (dieser Beitrag ist eine Rezension von Harmut Schiele und Manfred Ricker, Betriebswirtschaftliche Aufschlüsse). 162

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sammenhang aus ökonomischen und normativen Komponenten zurückzuführen. Unter dem Eindruck des drohenden Verlusts des eigenen Seelenheils haftete dem Gewinn aus geschäftlicher Aktivität ein spiritueller Makel an, der nur schwer zu kompensieren war. Profit unterlag der Anforderung, legitimiert sein zu müssen. Dieser normative Kontext umfasste keineswegs nur das grundsätzliche Wucherverbot. Das Anwachsen des eigenen Vermögens musste im Denken ausgeglichener Salden, in denen jedem Kredit eine Schuld gegenüberstand, zulasten eines anderen Geschäftsmanns gehen.167 Mit der Restitutionslehre entstand in der Toskana des Quattrocento zwar die Möglichkeit der Reinvestition von Gewinnen in das Allgemeinwohl in Form von Stiftungen.168 Doch änderte dieser von führenden Theologen ersonnene Ausweg wenig am eigentlichen spirituellen Problem. Die theoretische Behandlung der Buchführung durch Luca Pacioli eröffnete, so die Argumentation von John Aho, eine rhetorische Legitimierungsstrategie in den Rechnungsbüchern selbst. Der Mönch Pacioli formulierte einen Rechtfertigungsdiskurs für buchhaltende Kaufmannbankiers, in welchem die Korrektheit der Buchführung den Gestus der Legitimation erfüllte. Versinnbildlicht wird diese These durch die invocatio zu Beginn eines jeden Buches, durch das Kreuzzeichen oder auch das Christuszeichen auf jeder neuen Seite.169 Dem hält Basil S. Yamey entgegen, dass auch jede noch so elaborierte und korrekte Doppelte Buchführung keine Transaktion würde rechtfertigen können, die im übrigen als illegitim oder moralisch verwerflich eingestuft worden wäre.170 Diese Spur führt zur Frage nach dem Adressaten von Rechnungsbüchern. Zweifelsohne zählte Gott zu den stillen Lesern, an die die Buchhalter dachten. Bruce Carruthers und Wendy Nelson Espeland zeigen anhand der Einbettung der Buchführung in einen theoretischen Diskurs, wie sich im Verlauf von Jahrhunderten die Wertesysteme der mitunter fiktiven Leserschaft von Rechnungsbüchern wandelten. Im 17. und 18. Vgl. Diana Wood, Medieval Economic Thought, Cambridge 2002; vgl. Paolo Quattrone, Accounting for God: accounting and accountability practices in the Society of Jesus (Italy, XVI–XVII centuries), in: Accounting, Organizations and Society 29 (2004), S. 647–683: Paolo Quattrone zeigt, dass die Entwicklung der Buchführung – in diesem Fall derjenigen des Jesuitenordens – nicht nur „betriebswirtschaftlichen“ oder organisatorischen Prinzipien folgte. 168 Vgl. Dale Kent, The Buonomini di San Martino: Charity for ‚the glory of God, the honour of the city, and the commemoration of myself ‘, in: Francis Ames-Lewis (Hg.), Cosimo ‚il Vecchio‘ de’ Medici, 1389– 1464. Essays in Commemoration of the 600th anniversary of Cosimo de’ Medici’s birth… Oxford 1992, S. 49–67; vgl. David Spencer Peterson, Archbishop Antoninus. Florence and the Church in the earlier Fifteenth Century, Ph. D.-thesis: Cornell University 1985; vgl. Giacomo Todeschini, Sentirsi poveri alla fine del Medioevo. Disprezzo, compassione, onore, in: Andrea Fara / Donatella Strangio / Manuel Vaquero Piñeiro (Hgg.), Oeconomica. Studi in onore di Luciano Palermo (Nova Collectanea), Viterbo 2016, S. 279–296. 169 John Aho, Rhetoric and the Invention of Double-Entry Bookkeeping, in: Rhetorica 3 (1985), S. 21–43. 170 Basil S. Yamey, The Historical Significance of Double-entry Bookkeeping: Some Non-Sombartian Claims, in: Accounting, Business and Financial History 15 (2005), S. 77–88, hier S. 81: „The double-entry system was not capable of sanitizing transactions that, at the particular time and place, were generally regarded as illicit, morally reprehensible or inequitable.“ 167

Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung

Jahrhundert wollte der Buchführer insbesondere seine Tugendhaftigkeit durch sauber und korrekt gehaltene Geschäftsunterlagen darstellen.171 Indem die Rechnungslegung über persönliche Güter sowie die Aufzeichnung privater Vermögensverhältnisse die Verschriftlichung in ‚private‘ Haushalte trug, produzierte der Florentiner Kaufmannbankier, der sein persönliches Schuldbuch führte, ein Transportmittel für ‚öffentliches‘ Wissen. Mary Poovey versucht damit den Habitus des Kaufmannbankiers zu erklären, der einer möglichen Leserschaft persönliches Wissen zur Verfügung stellte.172 Damit vermag sie zwar zu schildern, welche langfristige Entwicklung dem Druck von Geschäfts- und Bilanzunterlagen vorangegangen war. Über die Motive und die Haltung der buchführenden Kaufmannbankiers der italienischen Renaissance sagt dies indes wenig aus. Zumal – und das scheinen Bruce Carruthers, Wendy Nelson Espeland und Mary Poovey zu vergessen – die Handelsgesellschaften keineswegs willens waren, von Gott abgesehen überhaupt jemanden in ihre Bücher schauen zu lassen. Aktiengesellschaften gingen im 17., spätestens im 18. Jahrhundert dazu über, Bilanzen zu veröffentlichen und statistisches Wissen zu produzieren. Die Unternehmen des Spätmittelalters und der Renaissance taten dies hingegen sicher nicht. Einen Teil ihrer Zahlen oder im Fall eines Bankrottverfahrens ihre verbliebenen Bücher mussten sie ohnehin bei Handelsgerichten vorlegen (können). Dieser Umstand mag es denn auch gewesen sein, der es schwierig gestaltet, den einzelnen, in den Rechnungsbüchern notierten Transaktionen zu entnehmen, wie ein möglicher Gewinn überhaupt entstand. Bei Geschäften mit verschiedenen Währungen bilden sich Arbitragegewinne bis zum gewissen Grade ab. Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass das in Rechnungsbüchern erscheinende Zahlenwerk derart gestaltet wurde, dass der Wucherverdacht verwischt werden konnte (sollten die Bücher doch einmal vor Gericht Verwendung finden).173 Vor allem blieb ‚Gewinn‘ ein ebenso vielschichtiger wie inhomogener Begriff. Denn Gewinn folgte aus keinem einheitlichen Konzept und bezog sich auf keine standardisierte Größe. Ein Ertrag aus der Nutzung von Land, die wohl wichtigste Form des ‚Gewinns‘, wurde nicht als Profit verstanden, sondern war das Produkt der Nutzung (usufructus). Bei Wechselgeschäften oder Warenverkäufen stellte sich die Frage nach Gewinn schwieriger, zumal moralisch prekär dar.174 Die Doppelte Buchführung generierte zudem keineswegs eine regelmäßige Abfolge von Bilanzen. Insbesondere zeigte die Buchführung, welche hier thematisiert Carruthers/Nelson Espeland, Double Entry Bookkeeping; vgl. Mary Poovey, A History of the Modern Fact. Problems of Knowledge in the Sciences of Wealth and Society, Chicago/London 1998, S. 55. 172 Poovey, A History, S. 32–37. 173 Vgl. Weissen, Florentiner Bankiers: Dort zu Friedrich Humpiss in Venedig als Vertreter der Ravensburger Gesellschaft (1465). 174 Pierre Gervais / Yannick Lemarchand / Dominique Margairaz, Introduction, in: Diess. (Hgg.), Merchants and Profit in the Age of Commerce, 1680–1830 (Perspectives in Economic and Social History, 30), London 2014, S. 1–12, hier S. 2–6. 171

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Buchführung, Buchführungssubjekte und Rationalität

wird, eine klar erkennbare Aufmerksamkeit für den Zuwachs auf investiertes Kapital, das Einleger zugeschossen hatten.175 Die vorliegenden Rechnungsbücher übertragen in Vorteilskonten Gewinn oder Verlust aus einzelnen Geschäften. Warenkonten, die sich auf einen Transfer beziehen, notieren die aufgewendeten Mittel und die gutgeschriebenen Erträge. Diese Konten werden durch den entsprechenden Übertrag ins Vorteilskonto ausgeglichen. Aber die Entwicklung der Geschäfte und die Produktivität des eingelegten Kapitals beziehen sich nur auf die Serie von getätigten Transaktionen.176 Selbst die Bilanzen ziehen keine Gesamtbilanz im modernen Verständnis: Der Betriebsaufwand in Personal oder in die Infrastruktur werden zumeist nicht in die Rechnung mit Vorteilskonten einbezogen. Das Gesamtvermögen einer Unternehmung wird nicht erfasst. Selbst bei den Handelsgesellschaften der Medici, welche im 15. Jahrhundert über die Zentrale in Florenz miteinander als Holding, wie es Raymond de Roover nennt, verbunden waren177, geben die überlieferten Geheimbücher, die die Kapitalentwicklung der einzelnen Zweigstellen aufführen, keinen umfassenden Aufschluss: Die anderen Investitionen der Medici wie in Land tauchen dort nicht auf. Ein Kassensturz findet genauso wenig Berücksichtigung wie die Geschäftsentwicklung über einen bestimmten Zeitraum hinweg.178 Allein Kassenbestände und Kapitalinvestitionen werden mit der Geschäftstätigkeit in Beziehung gesetzt. Am Ende einer Rechnungsperiode kann ein Kapitaleinleger sehen, welchen Zuwachs sein Anteil erzielt hat.179 Entsprechend wenig differenziert verfuhren die Florentiner Kaufmannbankiers mit ihrem geschäftlichen Aufwand: Der Betriebsaufwand wurde im Fall der an der compagnia beteiligten Personen – der Direktoren, der Agenten und der Handlungsdiener – in die jeweiligen Kontokorrente eingespeist. Für Reisen, Boten oder Briefkosten legten die Buchhalter eigene Konten an, für die Miete und die Ausstattung der räumlichen Strukturen ebenfalls – die Vorteilskonten oder die Kapitalkonten blieben hiervon unbehelligt.180 Mit Blick auf den Erwerb von Rohstoffen bei Produktionsgesellschaften können ähnliche Beobachtungen gemacht werden: Während die einzelnen Transaktionsarten penibel registriert wurden, differenzierte man nicht nach Qualitäten der

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240.

Gervais/Lemarchand/Margairaz, Introduction, S. 6–8. Lang, Rechnungsbücher. Raymond de Roover, I libri segreti del Banco de’ Medici, in: Archivio Storico Italiano (1950), S. 236–

Goldthwaite, The Practice. Lang, Rechnungsbücher. Die Konten für Reisen oder strukturelle Ausgaben (massarizie di casa) wurden als Ausgaben mit Gegenkonten verbucht; daraus konstruierte der Buchhalter keine Bestände. Auch die Inventarien listeten die Waren im Kontor, nicht die Ausstattung des Firmenhauses; Letztere wurden durchaus auch inventarisiert, aber nicht in die Gewinn- und Verlustrechnung der Unternehmung eingefügt. 178 179 180

Die kulturhistorische Wende in der Geschichte der Buchführung

Rohstoffe. Auch die Organisation des Vertriebs wurde weder qualitativ noch topographisch untergliedert, wie Richard A. Goldthwaite einleuchtend argumentiert.181 Obwohl die Kaufmannbankiers ganz offensichtlich über eine grundsätzliche Neigung zur Kalkulation verfügten, gab es, wie Basil S. Yamey schon bemerkte, strukturelle Gründe für ein unterentwickeltes Bewusstsein für die Darstellung von Gewinnen. Aufgrund der risikoreichen Realität des kapitalintensiven Fernhandels rechneten die Kaufmannbankiers mit unvorhersehbaren Wechselfällen und konzentrierten sich insbesondere auf die Finanzierung ihrer einzelnen Geschäfte bzw. Partien.182 Diese Beobachtung hängt mit den Organisationsstrukturen Florentiner Unternehmungen zusammen. Bei ihnen handelte es sich um eher klein dimensionierte Partnerschaften, die mindestens bis ins 17. Jahrhundert hinein auch nicht über bemerkenswert hohe Kapitaleinlagen verfügten. Erst ein grundsätzlicher Wandel im Investitionsverhalten als Reaktion auf die wirtschaftlichen Krisen kurz vor 1600 bewirkte eine Veränderung, so dass Florentiner Investoren zunehmend hohe Beträge in Kommenden einlegten.183 Im Zeitraum, der in vorliegender Arbeit untersucht wird, veränderten sich die Größenordnungen eingelegter Kapitalien am Handelsplatz Lyon primär durch einen Wandel der Organisation von Kronanleihen wie im Grand Parti.184 Die Kreise der Kapitaleinleger – seien es Hauptinvestoren, stille Kapitalgeber oder Anteilseigner – waren eher eng und auf verwandtschaftliche Zusammenhänge beschränkt. Das bedeutete, dass sich Florentiner Kaufmannbankiers nicht auf freien Kapitalmärkten (impersonal markets) um Einlagen oder Kredite bewerben mussten.185 Die Einkommen (returns) auf Investitionen mussten nicht in Konkurrenz dargestellt werden. Jährliche Ansprüche oder Forderungen nach einer prozentual bemessenen Geschäftsentwicklung wie später bei Aktiengesellschaften entfielen.186 Die Florentiner hatten die Anlage von Rechnungsbüchern als Habitus verinnerlicht. Ob Handwerker, Krämer oder Kaufmannbankier – sie führten selbst für ihre eigenen Haushalte Bücher.187 Francesco di Viviano, ein Wollkaufmann aus dem südtoskanischen Arezzo, legte das Rechnungswesen der militärischen compagnia des Söldnerkapitäns Micheletto Attendoli, dessen Buchhaltung er von 1422 bis 1448 führte, so an, als handelte es sich um ein wirtschaftliches Unternehmen. In fortlaufenden Schuldbüchern, libri debitori e creditori, dokumentierte er die finanzielle Entwicklung der Söldnerkompanie. Aber er zieht keine Bilanzen und inventarisiert nicht – das heißt, er

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Goldthwaite, The Practice. Yamey, The ‚Particular Gain…‘, S. 6 f.; vgl. ders., Accounting, S. 136. Litchfield, Emergence, S. 201–261. Lang, La pratica contabile, S. 147–150; Lang, Herrscherfinanzen. Vgl. McLean/Padgett, Was Florence. Goldthwaite, The Practice. Vgl. Goldthwaite, Florentine household accounts.

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imitiert die Doppelte Buchführung nur.188 Das Barkassenkonto indes gehört wie auch das Vorteilskonto zum integralen Bestandteil ausgeprägter Doppelter Buchführung.189 Florentinern aus verschiedenen Gesellschaftsschichten war die abstrahierende Buchführung eine Komponente des Wahrnehmungsapparates geworden – gleichsam ihre ‚zweite Natur‘ der Wahrnehmung der objektiven Welt. Diese Wahrnehmungsweise gründete auf den oben charakterisierten kulturellen Leistungen, die Transferbeziehungen und die ihnen unterliegenden materiellen und finanziellen Veränderungen in ein perzeptives Raster, ein abstraktes Bewertungssystem überträgt und messbar macht. Michael Baxandall hat von der „Haltung des Auges“ gesprochen. Die Art und Weise, wie ‚der Florentiner‘ der Renaissance – anthropologisch begriffen – die Welt ansieht, lässt ihn seine materielle Umgebung mit einem messenden Blick anschauen. Die florentinische Wahrnehmung der Welt vollzog sich gleichsam in der Zentralperspektive der Buchführung: Der Blick in die Welt ordnete Menschen in messbare Konstellationen und gestaltete Gegenständliches in messbaren Formen.190 Im Anschluss daran hat Mario del Treppo die Florentiner Eigenheit der Buchführung als eine forma mentis charakterisiert.191 Der weitere Kontext besteht in einer „Kultur der Aufzeichnung“ (Note-taking), welche sich als parallel laufende Einstellung gegenüber verschiedenen Bereichen der Lebenswelt zeigte. Im schulischen Unterricht, welchen auch Kaufmannssöhne besuchten, wurden im humanistischen Verständnis Notizen von den vorwiegend sprachlich-literarischen Lerninhalten gemacht und auf diese Weise ein verschriftlichendes Verhalten eingeübt. Dabei erwies sich der Einsatz von Aufzeichnungen als kommunikativer Vorgang der Datenverarbeitung. Die Verwendung von Notizzetteln und Beiblättern wurde zu einem Muster der Behandlung von Informationen. Das in verschiedenen Lebensbereichen erzeugte Schriftgut – private Aufzeichnungen, Korrespondenzen, Register von Institutionen und Notaren, merkantile Bücher – nahm gerade im 15. Jahrhundert stark zu, so dass sich die quantitative Ausweitung sowie die Verfeinerung der Verschriftlichung ökonomischer Vorgänge in einer allgemeinen Tendenz bewegten.192

Archivio della Fraternità dei Laici, Arezzo, Nr. 3356, Nr. 3555, Nr. 3561, Nr. 3564, Nr. 3566, Nr. 3567, Nr. 3568, Nr. 3570, Nr. 3571, Nr. 3579, Nr. 3592, Nr. 3593, Nr. 3596, Nr. 3604, Nr. 3606, Nr. 3607. Vgl. Lang, Cosimo de’ Medici, S. 386–396. 189 Vgl. zum Barkassenkonto und dessen Übertragung in den libro debitori e creditori: Pacioli, Summa, Kap. 15 (Penndorf, Abhandlung, S. 110 f.). 190 Vgl. Michael Baxandall, Die Wirklichkeit der Bilder. Malerei und Erfahrung im Italien des 15. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1987 [zuerst 1972]. Vertiefend diskutiert bei: Volker Breidecker, Florenz. Oder: Die Rede, die zum Auge spricht. Kunst, Fest und Macht im Ambiente der Stadt, 2. Auflage: München 1992; Hans Belting, Florenz und Bagdad. Eine westöstliche Geschichte des Blicks, München 2012 [zuerst 2008], S. 126–139. 191 Mario del Treppo, Introduzione, in Federigo Melis, L’azienda del Medioevo (Opere sparse di F. Melis, 1), Firenze 1991 S. XI–XXXVI. 192 Ann Blair, The Rise of Note-Taking in Early Modern Europe, in: Intellectual History Review 20 (2010), S. 303–316, hier S. 310–313. 188

Die Buchführung als Handlungsträgerin

Richard A. Goldthwaites Erklärung knüpft daran an, indem aus seiner Sicht eine Besonderheit zum Impuls der Buchführung wird: Rechnungsbücher geben ein verinnerlichtes „historisches Bewusstsein“ zu erkennen. Denn beginnend mit den ersten Aufzeichnungen Florentiner Familienbücher habe sich eine historisch-narrative Mentalität herausgebildet, der zufolge weite Teile der toskanischen Stadtgesellschaften zur schriftlichen Rechenschaft tendierten und daher auch ihre geschäftlichen Vorgänge in eine adäquate Form der Berichterstattung gefasst hätten.193 Die ‚Rationalität‘ Florentiner Kaufmannbankiers war verwoben mit dem Narrativ der familiären Rechenschaft. Die in Schule und Ausbildung eingeübte Praxis schriftlicher Aufzeichnungen zeigte sich mit einer bemessenden, evaluierenden Weltwahrnehmung verknüpft. Spezifische kulturelle Leistungen standen demnach hinter der Verarbeitung von Daten mittels Buchführung. Die ökonomische Praxis ließ den Kaufmannbankier seine Geschäftsaktivität von der Organisation und der Finanzierung aus denken. Hierfür setzte er seine Buchführung ein, die die dementsprechend konfigurierten Daten auswerten können musste und Erfolg an der Erfüllung organisatorischer und finanzieller Vorleistungen bemaß. Hierbei diente die Buchführung zur Systematisierung in Konten und Büchern, so dass das eingebrachte Kapital verfolgt und ein komplexes Informationsmanagement betrieben werden konnte.194 II.3

Die Buchführung als Handlungsträgerin

In der vorliegenden Arbeit wird die Buchführung als Prozess der Datenverarbeitung im Rechnungsbuch-Buchhalter-Zusammenhang begriffen. Ihre Zeugnisse, die Bücher, erscheinen als kognitive Artefakte, die in eine Handlungskette eingefügt waren und in denen im praxeologischen Verständnis Praktiken eingeschrieben sind.195 In der Buchführung wurden Transfervorgänge verschriftlicht und dabei in ein komplexes System von Querverweisen und Büchern übertragen. Dabei vollzogen sich in der Buchführung zwei kulturelle Leistungen, die das ‚Subjekt‘ der Buchführung (noi: „wir“) konstituierten und eine Buchführungswelt entstehen ließen: eine Abstraktionsleistung, bei der Transfers von Gütern und Leistungen in ein eigenes raumzeitliches Koordinatensystem (Währungsräume und Abrechnungsrhythmus) transponiert wur-

Goldthwaite, The Practice. Vgl. Christian Bec, Les marchands écrivains, Paris 1967. Yamey, The ‚particular gain…‘, S. 7: „Success depended on such things as efficiency in acquiring and interpreting market intelligence, ability to foresee changes in market conditions, flexibility in the development of funds, adequacy of reserves or credit so as to survive setbacks, market power and luck. Accounts showing the profit or loss on recent ventures or transactions would have been little if any help in achieving success in further dealings.“ 195 Vgl. Kapitel I.3. 193 194

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Buchführung, Buchführungssubjekte und Rationalität

den, und eine Organisationsleistung, in der Transfers in Büchern auf verschiedenen Ebenen erfasst und in einem Kontensystem dargestellt wurden.196 Das Buchführungssubjekt sah sich anderen Subjekten gegenüber (loro: „sie“), wobei die Qualität des Gegenübers keine Rolle spielte: Es konnte sich um eine Person, eine Unternehmung, ein Abstraktum (wie den Seidenzoll) oder eine Ware handeln. Der entscheidende Schritt im Prozess der Buchführung ist die Homogenisierung von Heterogenem: In ihrer Welt erscheinen die Beziehungen zu anderen gleich, unabhängig von deren jeweiligen Eigenschaften. Im Zusammenhang mit der Werttheorie von André Orléan bestand das Geschäft der Buchführung in der Validierung.197 Die Eigenschaft als kognitive Artefakte versetzte die Rechnungsbücher in die Lage, auf die Kaufmannsbankiers handlungsmotivierend zu wirken. Im Sinne der Akteur-Netzwerk-Theorie erscheint die Buchführung als Handlungsträgerin, denn einerseits verfuhren Kaufleute mit Buchführung anders, als es Kaufleute taten, die über keine Buchführung verfügten. Andererseits bewegte sich die Buchführung – immer als Zusammenhang von Buchhalter und Rechnungsbüchern gedacht – in ihrer eigenen Handlungslogik auf den Nullpunkt des balancierten Kontos zu. Zwar gab die Buchführung durch die Teilhaberkonten über die Situation einer Handels- und Bankgesellschaft, über das rechtliche Subjekt, Auskunft und wies die quantitative Entwicklung investierten Kapitals aus. Aber sie begriff den Vorteil oder den Nachteil nur als rechnerischen Unterschied zwischen den Beträgen des ausgeglichenen Kontos. In ihrer Logik mussten Konten gemäß der Messechronologie zyklisch saldiert werden. Die eigentlichen Profite, die die Kaufmannbankiers vor allem aus Wechseltransfers bzw. Wechselgeschäften zogen, werden somit nicht dargestellt – nur die Differenz zwischen Forderungen und Verpflichtungen wurde notiert. Die Buchführung war in diesem Verfahren Handlungsträgerin in einer ökonomischen Handlungskette und repräsentiert dadurch die Rationalität des Kaufmannbankiers.198 Hinter (bzw. in) dieser Entwicklung stand mit dem Buchhalter ein Alter-Ego, der die Verschriftlichung vornahm und an dessen Fähigkeiten es hing, ob die Buchführung erfolgreich operierte. Es wird sich überdies zeigen, inwieweit sich die Buchführung mit der skizzierten Handlungslogik beim alltäglichen und über längere Zeiträume ablaufenden Geschäft als Störfaktorin erweisen konnte. In der Marktdefinition von Roger Guesnerie bestehen Märkte aus Organisationsprozessen, in deren Verlauf kalkulierende agencies miteinander konkurrieren und in Koordinierungsverfahren Preisbildung zugunsten von Transferentscheidungen beLang, Rechnungsbücher, S. 184–190; vgl. Lang, Das Subjekt. Siehe Kapitel I.3. Vgl. Kaufmann, „Friends?“ – Ambivalente Beziehungen von Bergsteigern zu ihren Objekten, in: Tristan Thielmann / Erhard Schüttpelz (Hgg.), Akteur-Medien-Theorie, Bielefeld 2013, S. 483–510, hier S. 498–500: Hier erklärt Stefan Kaufmann die mikrokosmische Veränderung der Welt von Bergsteigern durch die Wirkung eines Kletterinstruments, das in Felsspalten eingelassen wird und das sich dort selbst widerhakenmäßig verkantet (friends). 196 197 198

Die Buchführung als Handlungsträgerin

treiben.199 Der Ökonom Michel Callon, einer der Mitbegründer der Akteur-Netzwerk-Theorie, verweist zwar auf die Instrumente der Kalkulation, aber er erkennt in ihnen nicht die kalkulierenden Handlungsträger.200 Die Buchführung indes arbeitete mit unterschiedlichen Netzwerktypologien, die in Kontenbeziehungen zusammengefügt wurden. Der Logik des Ausgleichs folgend ‚denkt‘ sie in Netzwerkspielen. Callon hätte dadurch, dass Buchführung Ontologien konfiguriert und nicht als Netzwerk schlicht Entitäten miteinander verbindet201, die Buchführung als eigentliche calculative agency wahrnehmen müssen. II.3.1

Ebenen der Buchführung und methodische Folgen

Die Rechnungsbücher und Korrespondenzen, auf denen die vorliegende Arbeit aufbaut, gehören einerseits verschiedenen süddeutschen – Augsburger und Nürnberger – Handelshäusern an, andererseits den compagnie aus der Gruppe um die Florentiner Merchant bankers Salviati. Da im Mittelpunkt der Untersuchung die Konstituierung von Märkten an Schnittpunkten zwischen beiden Kaufmannbankiers-Kreisen steht, müssen zunächst die entsprechenden Rahmenbedingungen für die Buchführungen abgesteckt werden. Die raumzeitliche Ordnungsstruktur insbesondere der toskanischen Buchführung betrifft vor allem die französische Messestadt Lyon als Gateway in das französische Königreich. Die Konstruktion des Wirtschaftsraumes mit Lyon als Gravitationszentrum (nach dem Währungsraum der Messewährung) erfordert die Ausleuchtung der politischen und organisatorischen Komponenten des Marktgeschehens am Zusammenfluss von Saône und Rhône.202 Zu diesen Rahmenbedingungen, welche in den kommunikativen Prozess der Datenverarbeitung durch die Buchführung eingehen, gehören neben der thematisierten Zeitspanne die Akteure auf Märkten und die Objekte in Märkten – gekoppelt an die räumliche und kulturelle Strukturierung und Dynamik des jeweiligen Ortes. Die Buchführung der Salviati bezieht sich auf die Investitionen aus der Salviati-Gruppe. Im Fall der Überlieferung für Lyon ermöglicht das weitgehend erhaltene System der Rechnungsbücher für die Zeit des Bestehens der Salviati-Firmen zwischen 1508 und 1558 die Rekonstruktion der Buchführung der dortigen Niederlassung. Auf Guesnerie, L’économie. Michel Callon, Introduction, in: Ders. (Hg.), The Laws of the Markets (Sociological Review), Oxford 1998, S. 1–57, hier S. 23 f. 201 Vgl. Callon, Akteur-Netzwerk-Theorie, S. 550: Im Rückgriff auf Mark Granovetter wird dieser Netzwerkbegriff formuliert. Die Buchführung ist der Datenverarbeitungsprozess, innerhalb dessen berechnet und koordiniert wird. 202 Für den städtischen Sonderraum Lyon: Susanne Rau, Räume der Stadt. Eine Geschichte Lyons 1300– 1800, Frankfurt am Main 2014. 199 200

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der Grundlage dieser selbstreferenziellen Dimension können Geschäftsverläufe und die Entwicklung des Vermögensbestandes quantifiziert werden. Wenn die Serie der Lyoner Bücher mit anderen Buchführungen der Salviati konfrontiert wird, kann das Gefüge der gesamten Salviati-Gruppe nachgezeichnet werden.203 Infolge der Überlieferungssituation der Lyoner Serie lässt sich die Buchführungswelt der Salviati-Handelsgesellschaft präzise und umfassend charakterisieren. Dieser storia interna genannte Analyseschritt geht auf Federigo Melis und seine wegweisenden Forschungen zu den compagnies des Francesco di Marco Datini aus Prato zurück.204 Die Lyoner Serie der Salviati besteht aus knapp 160 Rechnungsbüchern. Diese sind ins Familienarchiv der Salviati, in den Archivio Salviati, übergegangen und werden an der Scuola Normale Superiore in Pisa aufbewahrt. Für die Periode seit der Gründung der compagnia der Salviati in Lyon 1508 bis zum Übergang in eine Nachfolgefirma 1558 ist die Reihe der Schuldbücher (libri debitori e creditori mit den Signaturen A bis Z) vollständig erhalten ebenso, großenteils, die den Schuldbüchern vorangehenden Messe-, Ricordanz-, Journal-, Kassen- und Briefbücher. Ab 1532 tritt ein beigeordnetes ‚Kundenbuch‘ oder ‚Kommissionsbuch‘ hinzu (der libro dei committenti). Überdies sind im Lyoner Bestand der Salviati ein Geheimbuch (libro segreto), das Buch des Seidenzolls, welchen das Konsortium Iacopo Salviati und Bartholomäus Welser zwischen 1532 und 1540 gepachtet hatte, und einige Spezialbücher (Nebenrechnungen) wie der libro della drapperia (= „Buch des Seidentuchs“) überliefert. Der Fundus der Rechnungsbücher ermöglicht überdies die Darstellung des Aufbaus des gesamten Gesellschaftsgefüges (business partnership agglomerate) der Salviati. Das Ziel dieser Rekonstruktion besteht darin, die compagnia der Salviati in Lyon in der Unternehmensgruppe zu verorten und ihren Aufgabenhorizont auszuleuchten. Die von Federigo Melis entworfene und in den Darstellungen von toskanischen Handelsgesellschaften oft stillschweigend als erster Analyseschritt vorgenommene Rekonstruktion der storia interna bezieht sich auf diese komplexe Organisations- und Kapitalstruktur, auf den Aufbau der Florentiner compagnie. Für die storia interna werden zunächst Geheimbücher, libri segreti, benötigt. Diese Sonderform von Rechnungsbüchern präsentiert die Teilhaber an einer compagnia und dokumentiert die Volumenentwicklung ihrer Anteile im Ablauf der Rechnungsperioden. Zudem werden Beteiligungen der jeweiligen compagnia ausgewiesen. In zweiter Linie erfüllen die Schuldbücher, die libri debitori e creditori, diese Funktion. Ihre Bedeutung wird dadurch gesteigert, dass nur in seltenen Fällen die libri segreti erhalten sind. In ihnen werden anhand von Kapitalstockkonten, den conti del corpo, die Anteilseigner sichtbar. Vorteilskonten lassen die Verläufe von Einzelgeschäften einer compagnia erkennen. Die Übertragskonten von einem Buch in das nächste summieren Aktiva SNS, AS, Inventario; Valeria Pinchera, L’Archivio Salviati. La storia degli affari attraverso un Archivio familiare, in: Società e storia 13 (1990), S. 979–986. 204 Melis, Aspetti. 203

Die Buchführung als Handlungsträgerin

und Passiva, so dass in Momentaufnahmen investiertes Fremdkapital registriert ist. Weil die libri debitori e creditori Schuldverhältnisse der jeweiligen Firma repräsentieren, kann überdies gezeigt werden, wie Gewinne und Verluste transferiert werden – zumeist handelt es sich dabei um Beträge, die in der Bilanz der jeweiligen ragione nicht auftauchen; denn diese Transfers sind Komponenten des Geschäftsablaufs. In einem zweiten Analyseschritt werden die Beziehungen der compagnia der Salviati in Lyon – entlang der und über die Innen-Außen-Grenzen der Buchführungswelt – zu anderen Handelsgesellschaften und deren Faktoren dargestellt. Diese „Außenbeziehungen“ der Handelsgesellschaft, interfirm organization, markieren das eigentliche ökonomische Feld, auf dem die Veränderungen des geschäftlichen Umfangs der Handelsgesellschaft ausgemacht werden. Die Außenbeziehungen führen auf die Bühnen der Märkte, auf denen die Transferbeziehungen zwischen den verschiedenen Akteuren ausgehandelt wurden. Den Schuldbüchern (libri debitori e creditori) sind im raumzeitlichen Raster ihrer Buchführungswelt die geschäftlichen Interaktionen zu anderen Unternehmungen als Transferbeziehungen, welche in Schuldverhältnisse übersetzt sind, eingeschrieben. Auf diese Weise geben Personen- und Warenkonten mehrschichtige Netzwerke (verschiedene Netzwerktypen) zu erkennen: Handelsrouten, die Überlappung von Währungsräumen, die Verbindungen zu anderen Kaufmannbankiers und die Relevanz der Beziehungen zu diesen.205 Exemplarisch wird ein Netzwerksegment herausgegriffen: Die Beziehungen zwischen den Lyoner Salviati und den Handelsgesellschaften Anton, Bartholomäus und Christoph Welsers. Der entstehende Längsschnitt veranschaulicht die den geschäftlichen Verbindungen unterliegenden Dynamiken genauso wie die verschiedenen Ebenen mehrschichtiger Beziehungen zwischen den Personen eines Unternehmens und der gesamten Handelsgesellschaft. Die Schuldbücher erlauben die Rekonstruktion der Veränderung von Praktiken des Handels und des Bankgeschäfts. Ihnen sind konventionalisierte Verhaltensmuster eingeschrieben, die die verschiedenen Netzwerke der süddeutsch-florentinischen Geschäftspartnerschaft typologisieren helfen. In einem dritten Analyseschritt werden kulturelle Transfervorgänge beschrieben. Obschon die Buchführung (süd)deutscher Handelshäuser nach traditioneller Forschungsmeinung der Entwicklung der toskanischen Buchführung hinterherhinkt, ist der Vergleich von Geschäftspraktiken und der Technologie der Buchführung bisher nicht angestellt worden. Die Unterschiede, so kann vorwegnehmend festgestellt werden, zwischen den unterschiedlichen Büchertypen sind südlich und nördlich der Alpen keineswegs so diametral, wie angenommen. Die erhaltenen Rechnungsbücher und Korrespondenzen belegen vielmehr, dass die Florentiner Kaufmannbankiers

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McWatters/Lemarchand, Merchant Networks.

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durchaus der Auffassung waren, mit ihren deutschen Geschäftsfreunden komplexe Transferoperationen durchführen zu können.206 Daran anknüpfend wird bei der Analyse spezialisierter Märkte als Arenen des Transfers besonderer Güter und Leistungen darauf gesehen, wie die Buchführungen auf die jeweiligen Anforderungen reagierten. In einem reziprok angelegten Prozess mussten sich Buchführungen an besondere Formen des Transfers anpassen und Mechanismen entwickeln, durch die sie entsprechende Validierungsverfahren integrieren konnten.207 Entscheidend dabei ist, dass die Florentiner Merchant bankers wie im konkreten Fall die Salviati auf süddeutsche Handelsleute als Vermittler zurückgriffen, um kulturelle Gräben zu überbrücken. Die Buchführung der Salviati in Lyon zeigt in klaren Umrissen, dass die Salviati mit den Welsern Informationsaustausch pflegten und einen gemeinsamen Erfahrungsschatz schufen – indem die Florentiner nicht nur eine dichte Korrespondenz mit den Welsern führten, sondern auch wiederholt Verwandte ihrer süddeutschen Freunde bei sich zur Ausbildung aufnahmen. In ihren regelmäßigen Korrespondenzen generierten sie einen merkantilen wie allgemeinen Wissensbestand, auf den beide Gruppen wechselseitig zugreifen konnten. Diese direkten Kontaktfelder stellten die Ebenen des Transfers von materiellen und finanziellen Gütern sowie technologischen und informativen Daten her. Die Buchführungswelten der süddeutschen und toskanischen Kaufmannbankiers erweisen sich somit als benachbarte Welten.208

Kurt Weissen, Fortschrittsverweigerung? Die Haltung der deutschen Handelsherren gegenüber der italienischen Banktechnik bis 1475, in: Hans-Joachim Schmidt (Hg.), Tradition, Innovation, Invention. Fortschrittsverweigerung und Fortschrittsbewusstsein im Mittelalter (Scrinium Friburgense. Veröffentlichungen des Mediävistischen Instituts der Universität Freiburg Schweiz, 18), Berlin/New York 2005, S. 161–178, hier S. 161 f. 207 Vgl. Miller, The margins, S. 177. 208 Weissen, Fortschrittsverweigerung, S. 174–177; Lang, Fremdsprachenkompetenz; Häberlein/Geffcken, Rechnungsfragmente; Schmidt, Gewerbebuch (Einleitung). 206

III.

Die Akteure

Der junge Handelsdiener Wolf Behaim (1474–1507)1 schreibt aus Lyon 1491 an seinen Bruder Michael nach Nürnberg: […] vnd man peschickt dye dewtschen / das[s] sye auf das rathaws kom[m]en / man wolt yn[en] etwas sagen / vnd da kom[m]en bey den 30 oder pey 40 dewtsch kawfflewt vnd etlich hantquerck auf das rathaws vnd wollten horen, was in[en] ein erberger rat wolt sagen. Da saget in[en] erberger rat, das[s] itlicher ein ied(er) sol[l]t schweren, das[s] er den dewtschen nit wol[l]t hylflich sein oder des gleichen. Da schwurn sye all, dye in der rat stuben wassen, vnd man schrieb sye all an dye geschworn hetten; vnd ich was auch in der ratt stuben vnd, da dye andern al[l] hetten geschworn, da hett mich mein Her[r] gesehen in der ratt stuben vnd ruffett mir / aber ich schwig styll vnd pehilt mich ich, hett sorg, ich must auch schwern.2

Wolf Behaim schildert nicht nur eine politisch heikle Situation, in welcher die Loyalität der in Lyon anwesenden deutschen Kaufleute und Handwerker durch einen Schwur bekräftigt werden sollte. Infolge der Annullierung der Ehe König Karls VIII. mit Margarethe von Österreich fühlte sich der spätere Kaiser Maximilian düpiert, und der französische Monarch meinte, sich des Rückhalts der in seinen Gebieten tätigen deutschen Kaufleute versichern zu müssen.3 Damit benennt Behaim zugleich wichtige Gruppen, die als Akteure für die Märkte der Handels- und Messestadt Lyon konstitutive Rollen spielten. Auf der einen Seite ist von der dreißig bis vierzig Mann starken

Peter Fleischmann, Rat und Patriziat in Nürnberg. Die Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. Band 2: Ratsherren und Ratsgeschlechter (Nürnberger Forschungen 31/2), Neustadt an der Aisch 2007, S. 324. 2 Stadtarchiv Nürnberg [künftig StadtAN], E 11/II, Behaim, 583, Nr. 2: Wolf Behaim, Lyon, an Michael Behaim, Nürnberg, 22.11.1491. 3 Yvonne Labande-Mailfert, Charles VIII. Le vouloir et la destinée, Paris 1986, S. 174: Aufgrund der Heirat zwischen Karl und der Anne de Bretagne wurden einige vertragliche Regelungen getroffen; der Vertrag von Arras von 1482, der angelegentlich der Hochzeit mit Margarethe von Österreich geschlossen wurde, verlangte im Fall einer Lösung der Ehe die Abgabe der Picardie und Burgunds – eine Bestimmung, der Karl am 5. Dezember 1491 Folge leistete. 1

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Die Akteure

deutschen Kaufmannschaft sowie einigen Handwerkern die Rede, auf der anderen vom städtischen Rat, welcher in Vertretung des obrigkeitlichen Interesses erscheint.4 III.1

Einführung: Akteure

In diesem Kapitel wird zunächst die Perspektive der Akteure auf den Märkten in Lyon eingenommen. Die Interaktionen der Akteure bildeten die personellen, organisatorischen, institutionellen und gegenständlichen Konstellationen des Marktgeschehens. Soweit es sich um natürliche Personen, Personengruppen und Institutionen handelte, waren sie die Produzenten der Quellentexte, die im Zuge ihres Interagierens entstanden und als Manifestationen ihrer Handlungen gelten können. Sie zeigen die Spuren komplexer Handlungsgefüge, in denen auch andere (nicht-personelle oder nicht-institutionelle) Akteursgruppen aufscheinen. Die zu Gütern des Transfers auf Märkten gemachten Gegenstände und Leistungen verfügten ihrerseits über Handlungsmacht, denn sie vermittelten als eigene (wiewohl flache) Handlungsträger an unterschiedlichen Positionen innerhalb von Interaktionsketten Handlungen, d. h. sie motivierten andere Akteure zu Handlungen. Die in Handelsarchiven überlieferten Rechnungsbücher, Korrespondenzen und Manuale geben Aufschluss über die Gegenstände und Leistungen, welche das Interesse der Kaufmannbankiers auf sich zogen. Danach dehnten die Handelsgesellschaften ihre Geschäftstätigkeit in den südfranzösischen Raum aus und ließen sich vorwiegend in Lyon nieder. Insofern traten die Gegenstände und Leistungen ihrerseits wie Handlungsträger auf. In diesem Kapitel werden sie zunächst als Objekte des Transfers den Merchant bankers, die die Rechnungsbücher produzierten, zugeordnet und somit als Motivatoren dargestellt.5 In einem ersten Schritt wird die Konstituierung der Akteure aus der Perspektive der Buchführung Florentiner und süddeutscher Kaufmannbankiers dargelegt. Durch die

Aus der Überlieferung der Ratsbeschlüsse der Stadt Lyon ist nicht ganz klar, worauf sich die Fallgeschichte des Wolf Behaim beziehen könnte; am 22.11.1491 beschließt man Fortifikationsarbeiten an der Stadt: Archives Municipales de Lyon [künftig: AML], Actes consulaires BB 19, fol. 245t. 5 Mir ist bewusst, dass die Akteur-Netzwerk-Theorie eine Reihe von Problemen aufwirft, die sich nicht beiseite wischen lassen; das rigorose Einebnen der Subjekt-Objekt-Differenz ist theoretisch schwer haltbar (weil ein abgeflachtes Handlungskonzept nicht problemlösend dient). Aber ausgehend von der Akteur-Netzwerk-Theorie ist tatsächlich zu überlegen, wie Akteure – hier im ökonomischen Kontext – konstituiert sein können oder müssen, um sinnvolle Handlungsträger sein zu können (etwa wäre neben dem Buchhalter, dem Kaufmannbankier oder der Handelsgesellschaft an Gott oder Heilige als adressierte Mitleser zu denken, wenn man die Buchführung analysiert): vgl. Lindemann, Weltzugänge, S. 49–53. Im hiesigen Kontext hilft die Akteur-Netzwerk-Theorie, den Blick auf das Marktgeschehen so anzupassen, dass die durch gehandelte Waren bewirkte Handlungsstrukturierung (die aggregierende Wirkung) sichtbar wird (bei einem praxeologischen Zugriff); ebenso schärft sie die Aufmerksamkeit für die Komplexität von Akteuren (wie der Buchführung im Sinne des Technikpragmatismus als Zusammenhang von Mensch und Maschine). 4

Einführung: Akteure

handlungstheoretische Deutung von Rechnungsbüchern lässt sich der jeweilige Charakter von Akteuren, die an transalpinen Handels-, Kredit- und Bankgeschäften über den Standort Lyon miteinander vernetzt wurden, erläutern. In einem zweiten Schritt werden diese Akteure und ihre Rolle auf den Märkten in Lyon charakterisiert. Denn die räumliche Erschließung des Lyoner Rechnungs- und Währungsraumes markiert auf der Grundlage der Buchführung verschiedene Akteursgruppen und füllt gewissermaßen den Raum der Buchführung mit Leben. In einem dritten Schritt werden die für die Untersuchung beiden wichtigsten Akteurskomplexe – die Handels- und Bankgesellschaften der Salviati und der Welser – vorgestellt. Infolge der Rekonstruktion aus der Buchführung erscheinen beide Unternehmungen in einer firmengeschichtlichen Binnenperspektive.6 III.1.1

Die Konstituierung der Akteure anhand der Buchführung

Die Textgattung der Buchführung beeinflusst die Wahrnehmung dessen, was als Akteur (Aktant) einerseits und was als Handlungsraum andererseits charakterisiert werden kann. Beginnend mit den Kapitalkonten wurden zunächst die Investoren des Stammkapitals aufgeführt. Die Konten, in denen die Überträge von Buch zu Buch notiert wurden (Eingangs- und Schlusskonten; Übertragskonten), sowie die Einlagekonten stellten die in die Unternehmung investierten Fremdkapitalien dar. Die Übertragskonten können auch als eine Art „Zwischensaldierung“ gelesen werden; allerdings stellten diese lediglich eine willkürliche Momentaufnahme zum Ende eines vollgeschriebenen Buches bzw. am Beginn des nachfolgenden Buches dar.7 Zwei Dimensionen sind hierbei nachzuverfolgen: Zunächst ist die Buchführung als Text des Organisationsprozesses von Datenverarbeitung zu sehen, dann als Medium der Unternehmensorganisation. Buchführung als Text des Organisationsprozesses von Datenverarbeitung Erstens ist festzuhalten, dass Rechnungsbücher als Medien der prozessualen Datenverarbeitung keineswegs stumme, eindimensionale Überreste von Kommunikationsvorgängen repräsentieren. Indem sie eine eigene Welt der Buchführung konstituierten,

Der Begriff der storia interna wurde von Federigo Melis als Inbegriff der Auswertung von Rechnungsbüchern dargestellt; unausgesprochen gilt diese Vorgehensweise – zunächst die Darstellung der unternehmensgeschichtlichen Binnenperspektive und dann die hier interfirm organization genannten Unternehmensaußenbeziehungen – als Standard der Unternehmensgeschichte: vgl. Tognetti, Il Banco Cambini, S. 2; S. 10. 7 Vgl. Melis, Aspetti. 6

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Die Akteure

belebten sie eine zugehörige Netzwerk-Realität. Der Vorgang des Lesens charakterisiert dabei einen Re-Konvertierungsprozess, in welchem komplex angelegte Geschäfte in ihrer Abfolge entlang der unterschiedlichen Textebenen der Kontenquerverweise und des Büchersystems wieder zusammengefügt werden müssen. Der Buchhalter seinerseits hatte die Geschäfte in eine lineare, in Konten gegliederte Leserichtung eingeschrieben.8 Die hier verwendeten Rechnungsbücher erzeugten im Mensch-Maschine-Zusammenhang von Buch und Buchhalter verschiedengestaltige Akteure als konventionalisierte Instanzen, die in der Buchführung als solche objektiviert (zum Gegenüber gemacht) werden – auch wenn diese Gegenüber tatsächlich wie Ko-Subjekte behandelt werden. Zumindest die toskanische Buchführung begriff die compagnia, die Gesellschaft, als ein ihr korrelierendes Subjekt (das Buchführungssubjekt: noi). In der Buchführung überlagern sich daher die Netzwerke aus Unternehmen sowie handelnden Einzelpersonen. Handelsgesellschaft und Einzelpersonen (seien es Teilhaber, seien es Geschäftspartner) wurden miteinander verknüpft – eine Differenz, die oftmals hinter den voneinander scharf abgegrenzten Buchführungswelten der jeweiligen Unternehmen zugunsten der kategorischen Wahrnehmung ausschließlich von Gesellschaften oder Rechtssubjekten zurücktrat. Aus der Perspektive der Buchführung war jedes Buchführungssubjekt als Inhaber eines Kontos klar ab- und eingegrenzt; ein Buchführungssubjekt respektive Konteninhaber trat mit anderen in Transferbeziehungen. In den „Personenkonten“9 beschreiben die Schuldbücher der Salviati in Lyon Schuldverhältnisse zwischen der eigenen Firma (ragione nostra) und zumeist einer anderen Gesellschaft, wobei völlig unklar bleibt, welcher Vertreter des jeweils anderen Unternehmens im konkreten Fall agierte. Die Unterscheidung von Handels- und Bankgesellschaften, die in Lyon aktiv waren und auf diese Weise Eingang in Buchführungen oder Notariatsakten fanden, von den residenten Vertretern ihrer Firmen sowie den im Auftrag der Unternehmen handelnden, dort ansässigen Agenten liegt nicht immer auf der Hand.10 Bei Ein- oder Auszahlungen von Bargeld tauchen hin und wieder die Vermerke portò (= „trug“/„nahm mit“) oder recò (= „brachte“/„holte“) gemeinsam mit der Nennung eines Namens des handelnden Gegenübers auf. Da dieser ‚Botengänger‘ selbst aber kein Schuldverhältnis zur compagnia einging, interessierte sich die Buchführung nicht für dessen Identität als Akteur (als Ko-Subjekt oder Alter-Ego). Die Buchführung begriff nur denjenigen als Akteur, der ein Schuldverhältnis einging, also eine andere Unternehmung etwa. Die Buchführung der Salviati-compagnia in Lyon assoziierte durch diesen Organisationsprozess die im Süden Frankreichs für die Florentiner aktiven Handelsleute mit den investierten Kapitalbeständen und fügte – ablesbar an ihrem Kontensystem – die 8 9 10

Vgl. Koch, Fachsprache; Arlinghaus, Zwischen Notiz. Schirmer, Wörterbuch, S. 142 (‚persönliches Konto‘ im Gegensatz zu „Real- oder Sachkonten“). Goldthwaite, The Economy, S. 105.

Einführung: Akteure

Verflechtung von Personal mit Kapital zu einer rechtlich verfassten Gesellschaft zusammen.11 Die Personenkonten, die auf das eigene Personal (z. B. nostro giovane) verweisen, zeigen ebenso wie die Kassenkonten (cassa in mano di) die personelle Aufstellung der Lyoner Niederlassung: Das Gefüge personeller Handelnder belebte die Gesellschaft als ein komplexes Handlungssystem, innerhalb dessen die Buchführung die ökonomische Schnittstelle war. In der storia interna – in der unternehmensinternen Geschichte – werden personelle, materielle und finanzielle Beziehungsgefüge entflochten.12 Die Korrespondenzen als Kommunikationsmedium der Buchführung mit anderen Buchführungssubjekten legen diese Einstufung der Beziehungen von Handelsgesellschaften als Schuldverhältnisse – Transaktionen, auf denen Schuldverhältnisse beruhen oder die durch Schuldverhältnisse (in Form von Krediten etwa) erforderlich sind – und Informationssysteme offen. Die wechselseitige Führung von Konten, die durch Bezeichnungen per conto nostro oder per conto suo angezeigt und in Briefen durch die Erklärungen von Handlungsmotiven (per ordine di, valetevi, per nostra lettera, per vostra lettera etc.) beschrieben wird, lässt die Überschneidung von Buchführungswelten als Kontaktzonen von Unternehmen zutage treten.13 Der hohe Abstraktionsgrad der toskanischen Buchführung zu Beginn des 16. Jahrhunderts zeigt, dass die Buchführung der Salviati mit eigener Handlungsmacht, zu deren Voraussetzungen die Abstraktion von Personen als wirtschaftlichen Akteuren gehört, ausgestattet war. Die compagnia betrachtete andere Akteure durch den Wahrnehmungsfilter der Buchführung, so dass nur schuldfähige Subjekte erfasst wurden. In diesem Sinne war die Buchführung eine Handlungsträgerin in einem Handlungsgeflecht, weil sie verschiedene handelnde Subjekte erzeugte. Ein Warenkonto begriff die gehandelten Güter und Leistungen nicht etwa als „tote“ oder „passive“ Objekte, sondern erkannte in ihnen Mithandelnde („mitweltliche Ko-Subjekte“) – wenn nämlich eine Ware einen gewissen Betrag schuldete oder einen Zahlungsausgleich ‚für sich‘ verbuchen konnte. Über die Buchführung der Augsburger Welser lässt sich, soweit nach den überlieferten Fragmenten zu urteilen ist, die gleiche Aussage treffen, wie

Diese Argumentation ist der Kern der Akteur-Netzwerk-Theorie: Denn durch die Lektüre der Rechnungsbücher als kognitive Artefakte wird es möglich, unterschiedliche Dinge und Menschen in eine soziale Gruppe zu bringen. Für die Buchführung war es unerheblich, ob ein Mensch, ein lebendiges Wesen oder ein nicht belebtes Objekt ein Schuldverhältnis zum Buchführungssubjekt einging. Die spezifische Leistung der Buchführung war eben die Trennung von compagnia und Beteiligten bzw. Gesellschaftern. Letzteres ist gänzlich unstrittig (siehe voriges Kapitel); was vielleicht überraschen mag, ist die Umkehr des Narrativs, dass Buchführung nicht als ein schieres Erzeugnis eines Buchhalters begriffen wird, sondern eben als ein Aktant (ein Handelndes) in einer Handlungskette, welches Vermittlungen leistet (Aggregationen generiert): also als prozesshafte Vorgängigkeit einer Mensch-Maschine-Beziehung. 12 Melis, Aspetti. 13 Dazu in Kapitel VI.2 ausführlich. 11

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Sven Schmidt insbesondere für die Gesellschaft Christoph Welsers nach der Jahrhundertmitte herausgearbeitet hat.14 Die materiellen Figurationen der Märkte werden in der Buchführung der Salviati durch eigene Warenkonten repräsentiert: Sie bilden eine spezifische Gruppe der Buchführungsubjekte, die ihrerseits als Handlungsträger gedacht werden.15 Denn zwischen der Ware und der compagnia entstanden Schuldverhältnisse, die das Konto in eigenständigen Vorgängen verzeichnete. Für die Buchführung spielte es keine Rolle, ob eine Partnergesellschaft, ein Handlungsdiener oder eine Ware agierte. Entscheidend waren nur die in entstandenen Schuldverhältnissen erfassten Transaktionen.16 In dieser Perspektive zeigt sich zudem, dass die gehandelten Objekte keine (historisch relevante) materielle Existenz vor ihrer Integration in den Wirtschaftskreislauf hatten. Die Nachfrage nach bestimmten Waren fügte diese in ein diskursives System ein, so dass sie den symbolischen und repräsentativen Charakter erhielten, welcher sie als Bestandteil von kultureller Identität auswies.17 Insofern ist die Frage nach den Formen des Konsums ein wesentlicher Aspekt der handlungsorientierten Interpretation des Handels mit Gütern und Leistungen, die Märkte konstituierten.18 Gegenstand („Objekte“) der Buchführung waren die Transaktionen selbst, welche die jeweilige Richtung der Schuldverhältnisse ausmachten.19 Bemerkenswert ist, dass finanzielle Objekte, also Kredite oder Wechsel, nicht als Waren begriffen wurden, sondern als Transaktionsmodus innerhalb eines Schuldverhältnisses.20 Gold und Silber, Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 56–72. SNS, AS, I, 435 (Averardo Salviati & Co setaiuoli di Firenze DebCred F), c. 8/VIII: Das Warenkonto – zum Beispiel Drappi di più sorte di nostro conto der Seidenhandlung Averardo d’Alamanno Salviati & Co im Buch Libro pagonazzo segnato F im Jahre 1517 „deono dare“ und „deono avere“ – macht durch die Formulierung das Handelsgut – im Beispiel der Drappi di più sorte – zu einer handelnden Entität. 16 Die Ware, wie sie im Warenkonto repräsentiert wurde, „schuldete“ der Firma (oder „hatte“ bei der Firma „gut“); das heißt: Das Schuldverhältnis bestand zwischen der Ware und der Firma, unabhängig davon, zu wessen Gunsten oder Ungunsten – im Beispiel di nostro conto – verrechnet wurde (wer die Ware auf wessen Kommission verkaufte oder einkaufte). 17 Sophie Woodward, Object interviews, material imaginings and ‚unsettling‘ methods: interdisciplinary approaches to understanding materials and material culture, in: Qualitative Research 16 (2016), S. 359–374. 18 An der performativen Re-Codierung von Gütern und Leistungen durch kulturelle Praktiken zeigt sich das Potential, das die Materialität von Objekten birgt (wie Bedeutung über Materialität konstruiert wird), vgl. Lang, The Import, S. 518–520. 19 Die Charakterisierung eines Vorgangs unter dem Eintrag dare (der Belastung des Kontos) mit facciamo buoni per loro a’ nostri di qui di ragione nuova („machen wir gut für sie an die Unsrigen von hier der neuen Firma“) – im Beispiel des Kontos Averardo e Piero Salviati propri di Firenze per loro conto di corpo messo in questa ragione der Gesellschaft Averardo e Piero Salviati & Co di Lione am 30.11.1538 (SNS, AS, I, 537, c. 1) – zeigt die Transaktion, die ‚hinter‘ dem Schuldverhältnis „deono dare“ von 8.000 scudi di marchi (im konkreten Fall: eine ‚Umbuchung‘, denn der Geldbetrag ist nicht ‚geflossen‘; sondern er wurde nur ‚übertragen‘) stand. 20 Der operative Vorgang ist zum Beispiel eine Rimesse, hier von Averardo e Piero Salviati & Co di Lione als Belastung des Kontos Averardo e Piero Salviati & Co di Firenze per nostro conto corrente (SNS, AS, I, 542, c. 180), dargestellt mit deono dare in fiera d’agosto addì 13 settemb(r)e m(arch)i 130 d’oro a 𝛻 64 3⁄4 d’oro di sole per marco r i m i s s i loro per noi e nostri di qui di ragione nuova per dì 20 d’ottobre prox(imo) sotto lor 14 15

Einführung: Akteure

aus denen ausgemünztes Geld bestand, wurden in Warenkonten geführt und nahmen somit Subjektstatus ein.21 Dies exemplifiziert die Registrierung venezianischer Dukaten als Handelsgut, welche mit anderen Objekten in Warenposten geführt wurden.22 Ob im Rahmen einer Wechsel- oder Kreditoperation zwischen der Salviati-Gesellschaft und einem Korrespondenten aus Edelmetall ausgemünztes Bargeld eingesetzt wurde, lässt sich nur an der Verbuchung im Kassenkonto überprüfen.23 Dort allerdings ist die Operation auch nur in der abstrakten Form der Messewährung verbucht, weil das Kassenkonto die Einträge aus dem Kassenheft und nachfolgend die Ein- und Ausgänge im Journal von Messe zu Messe synthetisiert.24 Das bedeutet zugleich, dass der im Kassenkonto aufgenommene Geldwert ausschließlich in der Messewährung erfasst wird, nicht aber dessen konkreter materieller Wert in Silber oder Gold. Die Einzahlung von Wechseltransfers erscheint in scudi di sole: Dadurch verweist der Eintrag auf einen Wert im Silberstandard einer ausgemünzten Bargeldform. Die Wechsel selbst wurden in marchi d’oro notiert, das heißt im Referenzwert des Goldstandards. Auf diese Weise rechnete die Buchführung die Messewährung in die Wechselwährung um, so dass sie in den fremden Währungsraum übertragen konnte. Für einen Wechsel benötigte man zwei Orte mit unterschiedlichen Währungen.25 Die Buchführung erkennt die Reglementierung von Marktgeschehen durch die Obrigkeit der jeweiligen Stadt bzw. des betreffenden Territoriums nur in Form rechtlicher Rahmensetzungen, wie etwa die Ausweisung von Abgaben an die Gemeinschaft (die natio fiorentina) oder die Abführung eines Zolls an die einhebende Institution. In Briefen werden die Interventionen von Reglementierungsinstanzen – Obrigkeiten oder die Gemeinschaft der Kaufmannbankiers – kommentiert. Allerdings, und dies

conto aparte P p e r l o r o l e t t e r a d a l o r o m e d e x i m i in somma di m(arch)i 212 d’oro li quali nostri di ragione nuova posti avere al per noi corrente ac 177 (Hervorhebungen H. L.). Die Operation rimissi vermittels eines Wechselbriefes der Konteninhaber auf sich selbst (per loro lettera da loro medesimi) verweist auf den Transfer (hier: Trockenwechsel), der für den Buchungsvorgang (Belastung und posti avere) sorgte. – Für die Buchführungen der Welser lässt sich der gleiche Befund aussprechen: Geffcken/Häberlein, Rechnungsbuchfragmente; Schmidt, Das Gewerbebuch. 21 Warenkonten arienti oder auch danari contanti; machmal oro a conto nostro / a conto loro. 22 In einer Schiffsladung nach Alexandrien im Jahr 1539 wurden 800 venezianische Golddukaten transportiert, die wie eine andere Waren in der Lieferungsliste aufgeführt werden; allerdings wurden sie aufgrund ihrer besonderen Qualität als Münzgeld in der Barkasse verbucht (für die Abrechnung wie die anderen Güter der Liste ebenso) – das bedeutet zugleich, dass die Buchführung diese venezianischen Dukaten eben nicht als Bargeld, sondern als Ware wahrgenommen hat: SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. CLVII: Et addì 14 di maggio in fiera di pasqua lb 1970.θ tt(ornesi) e sono p(er) valuta di duc 800 d’(or)o jn (or)o l(argh)i venetianj mandati a M(ar)silia a Amiel Alb(er)tas jn vna piastra messa jn vna balla di pannj bastardi di n° 67 mandatalj p(er) Claudo Girault mulatt(ier)e d’Ays che si co(n)tono detty duc(at)i a ß 49.3 tt(ornesi) p(ost)i a v(scit)a [ac] 68 cassa. 23 Das ist der Fall, wenn als Gegenbuchung eines Eintrags cassa angegeben ist. 24 Siehe vorhergehendes Kapitel II.2. 25 Dazu ausführlich: Denzel, Bargeldloser Zahlungsverkehr; Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch.

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Die Akteure

wird gleich noch zu erläutern sein, waren diese Instanzen keineswegs neutrale Institutionen, die das Marktgeschehen schlicht einrahmten. Buchführung als Medium der Unternehmensorganisation In zweiter Dimension neben dieser buchführungsorganisatorischen Aufschlüsselung werden die personellen, institutionellen und materiellen Figurationen der compagnia durch die Buchführung der Salviati selbsterklärend dargestellt. Dabei handelte es sich um die Vertragspartner der Gesellschaft, die durch ihre Beteiligung am utile, dem Gewinn aus der Rechnung über dem Einlagekonto des Stammkapitals, erfasst wurden. Die Partner, soci (= compagni), waren sowohl Einzelpersonen als auch Stammhäuser als Hauptgesellschafter wie bei der Gründung der Firma Alamanno e Iacopo Salviati & Co di Lione, in deren corpo der Geschäftsführer Francesco Naldini sowie die Firmen Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Florenz und Lanfredino Lanfredini & Co banco di Firenze investierten.26 Überdies registrierte die Buchführung die Einleger von Kapital, die Kapitalverflechtungen und die -verschiebungen zwischen verschiedenen Standorten. Die Darstellung der Akteure aus der Perspektive der Buchführung hat als storia interna (Unternehmens- oder Unternehmensbinnengeschichte) die Aufgabe, die Beteiligten an den Transfers in und über Lyon zu profilieren. Vor allem die Repräsentation der komplexen Zusammensetzung einer Unternehmung in Gestalt von Kapital und Personal – im Sinne des hier als zweiten Punkt angeführten Begriffs von Akteuren in der Buchführung – steht im Mittelpunkt dieses Kapitels. Die Rechnungslegung von Personen-Kapitalgesellschaften verfolgte nicht zuletzt einen legitimatorischen Zweck, der die Dokumentation des Rückflusses auf investiertes Kapital zum Inhalt hatte.27 Dadurch, dass die Investoren und geschäftlich Handelnden mit den jeweiligen Familienstrukturen weitgehend deckungsgleich waren, erscheinen die Transaktionen und die dazugehörigen Räume in enger Verbindung mit anderen, „nicht-ökonomischen“ Beziehungstypen.28 Die Florentiner und süddeutschen Rechnungsbücher weisen eine buchhalterische Doppelstruktur des Raumes auf: Einerseits bezogen sie sich auf bestimmte Standorte, an denen ein eigener Messerhythmus herrschen konnte, andererseits auf WährungsSNS, AS, III, 5 (L Libro segreto rosso), c. 3/III. Siehe vorhergehendes Kapitel. Padget/McLean, Economic Credit. – Hier soll nicht wie tendenziell bei John Padgett und Paul D. McLean davon gesprochen werden, dass wirtschaftliche Zusammenhänge in soziale Netzwerke eingebettet sind. Vielmehr ist darauf zu achten, dass verschiedene Handlungsketten eine jeweils eigene Handlungslogik entfalteten, die zur Aggregation (Assoziation) von Akteuren führten. Damit wendet sich der hier vertretene Ansatz auch gegen das kritische Paradigma „unter-sozialisierter“ oder „über-sozialisierter“ ökonomischer Marktmodelle: vgl. Granovetter, Economic Action. 26 27 28

Akteursgruppen in Lyon

räume. In diesem raumzeitlichen Koordinatensystem ordnete die Buchführung (soziale) Güter, Menschen und Insititutionen relational an.29 Die Buchführung erzeugte unabhängig von ortsgebundenen rechtlichen Bedingungen, die aber nicht selbst Gegenstand der Buchführung waren, eine verräumlichte Konstruktion, die etwa in der schriftlichen Kommunikation im Rahmen von interfirm organization zum Ausdruck kam.30 III.2

Akteursgruppen in Lyon

Das Zitat zu Beginn dieses Kapitels verweist auf Akteursgruppen, die am Handelsund Messestandort Lyon präsent waren. Damit wird auf die komplexen Verhältnisse verwiesen, in denen sich Marktteilnehmer bewegten. Die städtischen Institutionen, die Repräsentanten der Obrigkeit und die Lyoner Patrizier waren ebenso wie die Kaufmannbankiers des Fernhandels wirtschaftlich handelnd. Denn ihre Aktivitäten kreuzten einander auf den Märkten, die sich in der Handels- und Messestadt bildeten.31 Die übliche Sichtweise auf die Konstitution von Märkten ist eine ‚Draufsicht‘, die auch in der Marktsoziologie als ‚Vogelperspektive‘ verwendet wird. Denn hierbei werden Märkte als Arenen beschrieben, um die Rahmenbedingungen von Märkten zu erfassen. Der Sehepunkt der Buchführung ist allerdings mit der ‚Froschperspektive‘ vergleichbar: In Anlehnung an die zunächst eingehend erläuterte Akteurs-Konzeption der Buchführung werden nun einige Akteursgruppen vorgestellt – die aus der Sicht der Buchführung als Innenperspektive auf die Konstruktionsprinzipen von Märkten erscheint.32 Konsumenten Zunächst stellten vor allem die Konsumenten wie die französischen Adeligen oder die französischen, flämischen, süddeutschen und italienischen Städte die Absatzmärkte dar und lockten Anbieter der nachgefragten Güter an. Entlang der Produktlinien der Objekte und der spezifischen Handlungsspuren der jeweiligen Güter lassen sich die Konsumentengruppen sowie die Organisation der Beschaffung, der Vermittlung und des Verkaufs nachweisen.33 Die Kaufmannbankiers, welche durch die gehandelten GüLöw, Raumsoziologie, S. 155. Vgl. Rau, Räume, S. 157–164. Vgl. Gelderblom, Cities, bes. Kap. 5 und 6. Vgl. Beckert, Die soziale Ordnung, S. 44: Im Vergleich zur ‚planaren‘ Darstellung der üblichen Draufsicht bemerkt Beckert: „Vogelperspektive ist hingegen mehrdimensional“. 33 Die Konstituierung von Märkten als „spezialisierte Märkte“ an Produktlinien zeigt: Christof Jeggle, Economies of Quality as a Concept of Research on Luxury, in: Rengenier C. Rittersma (Hg.), Luxury in the 29 30 31 32

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Die Akteure

ter die Entstehung von Märkten und die Einrichtung von Marktplätzen anregten, kamen an Orte, an denen sie unter dem Schutz der Obrigkeit Handel treiben konnten. Um die gehandelten Güter und Leistungen konstituierten sich Märkte.34 Im Fall Lyons als Eingangstor zu den französischen Märkten fanden sich besonders die Vertreter toskanischer und süddeutscher Handelsgesellschaften zusammen, um die Allokation und Distribution von Konsumgütern vorzunehmen. Durch die Teilnahme der Lyoner Kaufleute an den von auswärtigen Kaufleuten besuchten Messen wurden die europäischen Verteilungsmärkte des Finanz- und Fernhandels an die regionalen Absatzmärkte angebunden. Die südfranzösischen Produktionsorte für Farbstoffe, Mandeln und Wolle waren für die Ansiedlung von Umschlagsmärkten ebenso wichtig wie die über den Süden Frankreichs geleiteten Absatzwege von spanischer (aragonesischer) Wolle und Safran. Höherwertige Güter wie Seidentuch wurden wahrscheinlich primär an aristokratische Haushalte abgesetzt. Französische Adelige lebten in ihren Stadthäusern innerhalb der Stadtgesellschaften, formierten allerdings eine eigene Welt des Konsums. Nicht-Adeligen war wenigstens die stadtöffentliche Zurschaustellung prunkvoller Kleidungsstücke untersagt. Zum einen aber ließ die Umsetzung restriktiver Luxusbestimmungen mindestens im späteren 17. Jahrhundert nach. Zum anderen eröffneten kirchliche Festveranstaltungen und städtisches Zeremoniell den Patriziern Möglichkeiten, sich als Amtsträger aufwändig zu präsentieren.35 Da es sich bei einem großen Teil der vermarkteten Objekte nicht um bereits fertige Waren, die an Endverbraucher veräußert wurden, handelte, speisten die Kaufleute ihre Güter in die lokale Produktion ein oder verkauften sie an Händler etwa aus den süddeutschen Reichsstädten zum Export (Weiterexport). Richard Gascon hat sich Low Countries. Miscellaneus Reflections on Netherlandish Material Culture, 1500 to the Present, Brussels 2010, S. 25–44. Vgl. Richard A. Goldthwaite, Economic Parameters of the Italian Art Market (15th to 17th Centuries), in: Marcello Fantoni / Louisa Matthew / Sara F. Matthews-Grieco (Hgg.), The Art Market in Italy (15th-17th centuries) – Il mercato dell’arte in Italia (secc. XV–XVII), Ferrara 2003, S. 423–444. 34 Vgl. Romano, Markets. – Man könnte auch anders herum formulieren: Die Güter formten Märkte, an deren Beteiligung sie Kaufmannbankiers wie Konsumenten motivierten. In diesem Sinne verstehen sich die gehandelten Objekte (Rohstoffe, Produkte) und Leistungen (Dienstleistungen, Finanzprodukte) als Handlungsträger (Aktanten). 35 Daniel Roche, A History of Everyday Things. The Birth of Consumption in France, 1600–1800, Cambridge 2000, S. 40 f. Vgl. Noch König Karl VIII. beschränkte den Einsatz von draps d’or ou d’argent ou de soyes en robes ou doublures auf nobles vivant noblement – auf den Lebensstil des Adels. Allerdings definierte sich in diesem Zusammenhang „Adel“ nach einem Einkommen aufgrund von mindestens 2.000 livres im Jahr: Françoise Piponnier, Le costume nobiliaire dans la France du bas Moyen Age, in: Heinrich Appelt für das Institut für Mittelalterliche Realienkunde Österreichs (Hg.), Adelige Sachkultur des Spätmittelalters. Internationaler Kongress Krems an der Donau 22. bis 25. September 1980 (Veröffentlichungen des Instituts für Mittelalterliche Realienkunde Österreichs; 5. Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse; Sitzungsberichte, 400), Wien 1982, S. 343–364, hier S. 346. Vgl. M. Fogel, Modèle d’Etat et modèle social de dépenses: les lois somptuaires en France, in: Jean-Philippe Genêt (Hg.), Genèse de l’état moderne. Prélèvement et redistribution; actes du colloque de Fontevraud, 1984, Paris 1987, S. 227–235.

Akteursgruppen in Lyon

eingehend dieser Verbindung von weitreichenden Fernhandelsrouten mit der lokalen Wirtschaftsstruktur in Lyon beschäftigt. Anhand der Importe aus der Levante, den Tuchen aus Florenz sowie Spanien oder der Rohseide lässt sich anschaulich zeigen, dass – aus der Perspektive der Florentiner oder reichsstädtischen Kaufmannschaft – ein wichtiger Konsumentenkreis in lokalen Tuchhändlern, Gewürzhändlern (speciers) oder Handwerksbetrieben wie Kleidermachern bestand.36 Geschäftsfelder der Kaufmannschaften und die Lyoner Messen Im südlichen Frankreich führte eine für das europäische Wirtschaftsgefüge charakteristische Entwicklung von den Messen in der Champagne, die vor allem von Warentransfers geprägt waren, zu den Lyoner, auf das Clearing spezialisierten Messen.37 Die Instrumente des Warenhandels und dessen Finanzierung entstanden im Zusammenwirken innerhalb der verschiedenen Kaufmannschaften und bei kooperativem Verhalten, das die Grenzen der nationes überbrückte. Die französischen Messen wurden maßgeblich von der Begegnung italienischer sowie flämischer und deutscher Kaufleute bestimmt.38 Eine wesentliche Voraussetzung, die zur Kommerziellen Revolution des Hochmittelalters führte, bestand in der Verdichtung von merkantilen Kommunikationsnetzen im Nordbogen des westlichen Mittelmeeres.39 Denn ein effektives System zur Nachrichtenübertragung bedingte die Ausbreitung des wichtigsten Kreditinstrumentes:

Vgl. Gascon, Grand commerce; Häberlein, Brüder; Roche, A History, S. 43–46; Lang, Seide aus Florenz, S. 433 f. 37 Pierre Racine, Die Messen in Italien im 16. Jahrhundert – die Wechselmessen von Piacenza, in: Rainer Koch (Hg.), Brücke zwischen den Völkern – Zur Geschichte der Frankfurter Messe, Bd. 1: Frankfurt im Messenetz Europas, hrsg. v. Hans Pohl unter der Mitarbeit von Monika Pohle, Frankfurt am Main u. a. 1991, S. 155–170. Vgl. Michael North, Von den Warenmessen zu den Wechselmessen. Grundlagen des europäischen Zahlungsverkehrs in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, in: Peter Johanek / Heinz Stoob (Hgg.), Europäische Messen und Marktsysteme in Mittelalter und Neuzeit (Städteforschung, 39), Köln/Weimar/ Wien 1996, S. 223–238. Jürgen Schneider, Messen, Banken und Börsen (15.–18. Jahrhundert), in: Banchi pubblici, banchi privati e monti di pietà nell’Europa preindustriale. Amministrazione, tecniche operative e ruoli economici. Atti del Convegno, Genova, 1–6 ottobre 1990 (Atti della Società Ligure di Storia patria, n. s.; 31, 1–2), 2 Bände: Genova 1991, S. 133–169. 38 Vgl. Franz Irsigler, Überregionale Verflechtungen der Papierer. Migration und Technologietransfer vom 14. bis zum 17. Jahrhundert, in: Knut Schulz (Hg.), Handwerk in Europa. Vom Spätmittelalter bis zur Frühen Neuzeit (Schriften des historischen Kollegs, hg. v. der Stiftung Historisches Kolleg. Kolloquien, 41), München 1999, S. 255–275. 39 Federigo Melis, Intensità e regolarità nella diffusione dell’informazione economica generale nel Mediterraneo e in Occidente alla fine del Medioevo, in: Mélanges en l’honneur de Fernand Braudel, vol.: Histoire économique du monde méditerranéen, 1450–1650, Paris 1953, S. 389–424b. North, Von den Warenmessen. 36

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des Wechselbriefes.40 Der Wechselbrief – zugleich ein Sonderfall verschriftlichter Kommunikation – ermöglichte den bargeldlosen Zahlungsverkehr, welcher erforderlich war, um den die Vorräte mitgebrachten Bargeldes übersteigenden finanziellen Bedarf flexibel zu decken.41 Grundsätzlich boten sich den Kaufmannbankiers, so Richard A. Goldthwaite, in Lyon wie auch in Brügge und Antwerpen drei wirtschaftliche Felder: erstens Warenhandel (commerce); zweitens Bankgeschäfte (banking); drittens Herrscherfinanzen (government finance).42 Die Lyoner Messen erwiesen sich als einer der wichtigsten europäischen Standorte für den Absatz von Waren aus eigener Produktion. Florentiner und Luccheser Kaufmannbankiers traten als Exporteure von Seidentuch und hochwertigen Wollstoffen aus toskanischer Herstellung auf. Überdies wurden Rohseide und Färbemittel dort gehandelt. Der Anteil von Seide – Seidenprodukte und Rohseide – am gesamten Warenhandel der italienischen Handelsgesellschaften in Lyon betrug mindestens ein Viertel des Gesamtumsatzes. Allerdings lässt sich anhand des Erwerbs und Verkaufs von Seidentuch und Rohseide zeigen, dass der Lyoner Messehandel als business-to-business-Märktegeschehen betrieben wurde. Die aus Südspanien importierte Rohseide wurde von Florentiner Merchant Bankers an andere Handelshäuser oder lokale Seidenkaufleute vertrieben, nicht aber nach Italien eingeführt. Seidentuch setzten Geschäftspartner im Auftrag der Produzentinnen, zumeist anderer Handelsgesellschaften aus Florenz, über den Gateway an der Rhône ab. Auch Seidenmischgewebe, welches zum Teil – wie Ziegenhaar-Seidenstoff (mucciardi oder mucciarri)43 – aus dem vorderen Orient kam, wurde durch toskanische Kaufmannbankiers importiert. Bei den Textilimporten handelte es sich in der Regel nicht um zugeschnittene und genähte Kleidungsstücke, sondern um Tuch in Bahnen und nach Gewicht; das Seidentuch wurde daher, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht an Konsumenten verkauft. Die Palette gefertigter Waren, welche auf den Messen in Lyon gehandelt wurden, gehörte aufgrund ihrer vorrangig hohen Preise dem Luxussegment an.44 Die auf den Lyoner Messen abgewickelten Bankgeschäfte bestanden insbesondere in Wechseltransaktionen, die zwischen dem Standort an Saône und Rhône sowie den flämischen Messen in Brügge oder seit dem frühen 16. Jahrhundert in Antwerpen getätigt wurden. Dabei nutzen die Kaufmannbankiers die Schwankungen der Währungskurse des auf den Lyoner Messen verwendeten scudo di marchi, dem Pfund flämisch und den italienischen Währungen. In geringerem Maße realisierten die in Lyon ansässigen Bankhäuser Wechselgeschäfte mit den Wechselmessen Kastiliens. Ein wesent-

Vielleicht lässt sich dieser Zusammenhang auch umgekehrt darstellen, dass die sich ausbreitende Nutzung des Wechselbriefes die briefliche Kommunikation expandieren ließ: vgl. De Roover, L’évolution. 41 Denzel, „Wissensmanagement“. 42 Goldthwaite, The Economy, S. 232–260. 43 Antonina Licatese, Stoff- und Seidenbezeichnungen im mittelalterlichen Italien, Saarbrücken 1989. 44 Gascon, Grand commerce; Lang, Seide aus Florenz, S. 407–439. 40

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liches Segment des Banking waren Finanzierungsgeschäfte: Sowohl die Einlage von Kapital als auch die Kreditfinanzierung gehörten dabei zu den gängigen Verfahren.45 Die toskanischen Kaufmannbankiers, die im Süden Frankreichs präsent waren, hatten seit den Champagne-Messen ein komplexes Gefüge aus Wechseltransfers entwickelt. Der kirchenrechtlich durchaus heikle Bereich des bargeldlosen Zahlungsverkehrs verblieb zum überwiegenden Teil in ihren Händen. Die Finanzierung ihrer Wechselgeschäfte sicherten die toskanischen Kaufleute durch komplexe Operationen in Netzwerken des Wechselverkehrs und der Kredite ab. Wechselbriefe hatten grundsätzlich zwei Funktionen: Zum einen waren sie ein Zahlungsinstrument, das desto besser griff, je mehr Kaufleute einer Kaufmannsgruppe oder eingespielter Geschäftsfreundschaften sich an einem Ort konzentrierten; zum anderen hatten sie die Aufgabe eines Kreditpapiers, das die Florentiner in ihrem eigenen transregionalen Verflechtungssystem verfeinerten.46 Die Kreditmärkte in Lyon und anderen Handelszentren waren eng verknüpft mit den Märkten für Silber. Die Silberlieferungen zunächst aus der Levante, dann aus Tirol, Ungarn und Böhmen sowie später aus Mittel- und Südamerika bildeten die Nabelschnur für den Zahlungsausgleich der Kreditoperationen.47 Nach Venedig wurde im 15. Jahrhundert Genf nicht nur zur Schnittstelle zwischen der toskanischen und der süddeutschen Einflusssphäre, sondern auch zum vorrangigen Handelsplatz für Silber. Die Währungsstabilität war somit ausschlaggebend für die Bedeutung eines Standortes für Geldmärkte. Der Fürstbischof zu Genf garantierte die Währungsstabilität des dort gebräuchlichen écu, indem er festlegte, wie viele écus aus einer Mark Gold, zu 226 Gramm Feingold, ausgemünzt werden durften: Das Verhältnis von 66 écus auf eine Mark Gold blieb schließlich gültig und wurde in Lyon übernommen. Weil diese Fixierung von den Kaufmannbankiers akzeptiert wurde und sich die Genfer Messen (Epiphanie, Ostern, August und Allerheiligen) zu erfolgreichen Wechselmärkten entwickelten, wurde die Mark, der marco, zur international anerkannten Rechenwährung. Die Messewährung zu Genf, der écu de marc oder scudo di marchi (florentinisch; scudo di marche genuesisch) etablierte sich als Buchgeldwährung und wurde von den Florentiner Kaufmannbankiers auf die Lyoner Messen mitgebracht. Mit diesem StandarCassandro, Le fiere; Dini, I mercanti. Goldthwaite, The Economy, S. 222 f. Einführung zur Entwicklung der europäischen Wechselmärkte: Herman van der Wee, Monetary, Credit and Banking Systems, in: E. E. Rich / C. H. Wilson (Hgg.), The Cambridge Economic History of Europe, vol. V: The Economic Organization of Early Modern Europe, Cambridge 1977, S. 290–392. Zum Wechselbrief einführend (dort auch weitere Literaturhinweise): Markus A. Denzel, Art. „Wechsel 1. Wirtschaft“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 14, Stuttgart 2011, Sp. 729–732. 47 Mauricio Drelichman / Hans-Joachim Voth, Funding Empire. Risk, Diversification, and the Underwriting of Early Modern Sovereign Loans, in: Avner Greif / Lynne Kiesling / John V. C. Nye (Hgg.), Institutions, Innovation and Industrialization, Princeton/Oxford 2015, S. 129–147: Mauricio Drelichman und Hans-Joachim Voth zeigen auf der Basis einer quantitativ angelegten Analyse sehr präzise, welche Konsequenzen Schwankungen in der Zufuhr von Silber für verschiedene Marktsegmente und konjunkturelle Verläufe hatten. 45 46

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disierungsprozess wuchsen nicht nur die Chancen auf Arbitragegewinne, sondern wie im Fall der Florentiner Handelsgesellschaft Antonio della Casa, Simone Guadagni & Co auch die Bedeutung des Wechselgeschäfts gegenüber dem Warenhandel. Infolge dieser unternehmerischen Ausrichtung flossen beträchtliche Mengen Silber vom Clearing-Ort Genf nach Florenz.48 Die Verknüpfung der verschiedenen geschäftlichen Aktivitäten im komplexen Bereich der Herrscherfinanzen wird im weiteren in Kapitel V.2 eingehend charakterisiert werden: Denn die Verschiebung der Transfertätigkeit Florentiner, Luccheser und Süddeutscher Kaufmannbankiers insbesondere an den Standorten Lyon und Antwerpen in die spezialisierten Märkte der Herrscherfinanzen, die seit den frühen 1540er Jahren massiv expandierten, hatte die Etablierung der beiden anderen genannten Geschäftsfelder zur Voraussetzung. Wie zu zeigen sein wird, waren die an die Herrscher vorgestreckten Darlehen, in die Wechselmärkte zwischen Lyon, Antwerpen und den Kastilischen Messen eingebettet und zugleich Motor der Ausweitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, der die Stabilisierung des Geldwertes beförderte. Der Raum für die Messen: Die städtische Umgebung Mit der Privilegierung der Messen in Lyon 1462/1463 durch König Ludwig XI. (reg. 1461–1483)49 setzte die schrittweise Abwanderung der toskanischen Kaufmannbankiers aus Genf nach Frankreich ein. Zum einen illustriert dieser Vorgang die entscheidende Rolle, die Herrschern bei der Entstehung von Märkten zukam. Nach der Wiedereingliederung der Provence unter die französische Krone und nach Ende des Hundertjährigen Krieges benötigte der König die Finanzkraft der Kaufmannschaften zur Behauptung seiner Macht – ein Projekt, welches er nicht zuletzt gegenüber den Burgunder Herzögen mit einer dynastisch und diplomatisch nach Italien orientierten Bündnispolitik untermauerte.50 Der rechtliche Schutz der Kaufmannbankiers und deren geschäftliche Aktivitäten durch die Krone wurden zu einem wirkungsvollen Hebel der königlichen Politik. Überdies versprachen die günstigere geographische Lage Lyons am Zusammenfluss von Rhône und Saône, die Verbindung zu den flämischen Städten sowie die kaufkräftigen Haushalte der Aristokraten und der städtischen Ober-

Goldthwaite, The Economy, S. 223 f.; Michele Cassandro, Il Libro giallo di Ginevra della Compagnia fiorentina di Antonio Della Casa e Simone Guadagni, 1453–1454 (Istituto internazionale di storia economica F. Datini, Prato. Pubblicazioni, I, 3), Prato 1976. – Die Literatur spricht von der akzeptierten Fixierung des marco d’oro bei 66 scudi di marchi; wenn man allerdings die Berichte, die in das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz eingegangen sind, zurate zieht, so variierte der Kurs zwischen 65 und 66 scudi di marchi für eine Mark Gold (siehe ausführliche Diskussion in Kapitel VI.2). 49 Paul Murray Kendall, Ludwig XI.: König von Frankreich, 1423–1483, München 1979. 50 Vincent Ilardi, France and Milan. The Uneasy Alliance, 1452–1466, in: Gli Sforza a Milano e in Lombardia e i loro rapporti con gli stati italiani ed europei (1450–1530), Milano 1982, S. 415–446. 48

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schichten attraktive geschäftliche Möglichkeiten für die Florentiner, Luccheser und süddeutschen Handelsgesellschaften.51 Lyon wurde zum Gateway für die Handelsrouten ins französische Königreich, wobei die Messen die europäischen Märkte mit den regionalen und den lokalen Märkten in Verbindung traten. Aus der Handels- und Handwerkerstadt des Spätmittelalters wurde ein Zentrum von europäischem Rang.52 Die Einwohnerzahl der Stadt wuchs beträchtlich: Im 16. Jahrhundert zählte Lyon an die 55.000 Köpfe. Die zugezogenen oder phasenweise anwesenden Kaufmannschaften benötigten Wohnstätten, Lager, Verkaufsstellen und repräsentative bauliche Strukturen. Der Messehandel begann die architektonische Stadtstruktur zu überformen. Die entstehenden Gebäude wurden aus Stein errichtet, auch die Straßen wurden gepflastert.53 Die italienischen Kaufleute, die besonders aus der Lombardei, Genua und der Toskana stammten, brachten ihre eigenen Vorstellungen von patrizisch-merkantilen Bauvorhaben mit.54 Rein quantitativ bemessen berechnet Roger Doucet bei seinen handels-, bank- und finanzhistorischen Forschungen für die Jahrgänge 1522 bis 1523 einen Umsatz von neun bis zehn Millionen livres tournois auf den Lyoner Messen – eine Summe, die deutlich über den Gesamteinnahmen der königlichen recettes (der königlichen Akzise) von 1523 lag.55 Die französischen Könige verfolgten mit der Ansiedelung der toskanischen Kaufmannbankiers in Lyon insbesondere die Absicht, an Kronanleihen und Kredite zu kommen. Die Herrscherfinanzen entwickelten sich auf den Lyoner Messen und mit den dort aktiven Bankhäusern zu einem zentralen Geschäftsfeld. Die ambitionierte Politik der französischen Könige, insbesondere im Zusammenhang mit den Italienfeldzügen Karls VIII. (1494–1498), Ludwigs XII. (1499–1513) und Franz’ I. (1521–1526, 1526–1529), bedingte den Aufstieg der Lyoner Messen zum Gateway Frankreichs. Allerdings betrafen die Herrscherfinanzen keineswegs nur die unmittelbaren Darlehen an die Könige, sondern umfassten auch Finanzserviceleistungen wie den Transfer der Serviten und Annaten der französischen Bistümer im Namen der Apostolischen Goldthwaite, The Economy, S. 224 f. Heinrich Lang / Susanne Rau, Art. „Weltwirtschaftszentren 10. Lyon“, in: Mark Häberlein / Heinrich Lang / Thomas Weller / Clé Lesger / Margit Schulte Beerbühl / Jürgen G. Nagel / Susanne Rau, „Weltwirtschaftszentren“, in: Enzyklopädie der Neuzeit Online, Ed. Friedrich Jäger. Consulted online on 02 November 2017 53 Jacques Rossiaud, Lyon, 1500–1562. La soie, le sang, les haillons et les rêves, in: Ders., Lyon 1250–1550. Réalités et imaginaires d’une métropole. Textes réunis par Jean-Louis Gaulin et Susanne Rau, Seyssel 2012, S. 13–44. – Der Umstand, dass die Gebäude aus Stein errichtet wurden, deutet auf zwei Sachverhalte hin: zum einen darauf, dass teure Baumaterialien verwendet wurden, die Bauherren also eine erhebliche finanzielle Kaufkraft mitbringen mussten; zum anderen darauf, dass in den merkantil und urban geprägten Städten des nordwestlichen Mittelmeerbogens bauliche Strukturen insbesondere aus Stein bestanden; vgl. Sennett, Fleisch, S. 240. 54 Giuseppe Iacono / Salvatore Ennio Furone, Les marchands banquiers Florentins et l’architecture à Lyon au XVIe siècle, Paris 1999. 55 Roger Doucet, L’état des finances de 1523 (Bulletin philologique et historique, année 1920), Paris 1923, S. 115–123. 51 52

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Kammer in Rom, Bankgeschäfte mit Adligen und Höflingen. Zunehmende Bedeutung erlangten die Vermittlung von Krediten und die Organisation der Darlehen an die Herrscher. Die Kronanleihen wurden durch verschiedene Zahlungszusagen aus Einkommen der Krone, vor allem aber durch die Verpachtung der Einhebung von Steuern und Zöllen gedeckt.56 Wie stark politische Konstellationen Einfluss auf die Entwicklung der Messen hatten, lässt sich auch daran ablesen, dass die Genueser Kaufmannschaft infolge ihrer Verbindungen zum Haus Habsburg eigene Wechselmessen gründeten. Weil der Doge Gio Andrea Doria 1528 einen bündnispolitischen Schwenk zugunsten von Kaiser Karl V. vollzog, verbaute König Franz I. von Frankreich den Genuesen fortan den Weg nach Lyon.57 Die Genueser Bankiers, die Karl mit Darlehen ausgestattet hatten, fielen unter ein Handelsverbot. Aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Karl V. und den Valois wichen die Merchant bankers aus Ligurien ins benachbarte Burgund aus und trafen sich seit 1537 in Besançon zu Messen, die parallel zu denjenigen Lyons gelegt wurden. Damit sollten die Wechselgeschäfte, die sich gegenläufige Messetermine zunutze machten, unterbunden werden. Erst 1541 erlaubte König Franz den Genueser Kaufmannbankiers die Rückkehr nach Lyon.58 Auf den Gegenveranstaltungen zu den Lyoner Messen kontrollierten Genueser Kaufmannbankiers das Geschehen und integrierten den in den 1530er Jahren einsetzenden Zufluss des südamerikanischen Silbers über Sevilla in ihr Finanzierungssystem, welches das Königreich Spanien mit Genua, Antwerpen und Besançon verknüpfte.59 Diese auf der Silbereinfuhr basierende Finanzierungsfunktion für die Habsburger sollte zu einer wichtigen Konstante in der europäischen Wirtschaftsgeschichte des folgenden Jahrhunderts werden, auch wenn die Messen unter dem Namen „Messen von Besançon“ (in der italienischen Formulierung: „Bisenzone-Messen“) ihren Standort wiederholt wechselten. Die physische Ortlosigkeit der Bisenzone-Messen symbolisiert die abstrakte Bedeutung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs geradezu. Damit steht die Einrichtung der Wechselmessen zugleich am Beginn der längerfristigen Tendenz, die Märkte für Waren- und Geldhandel voneinander zu trennen.60

Dazu eingehend: Kapitel V.2; Lang, Herrscherfinanzen; vgl. Goldthwaite, The Economy, S. 258–262. Zur innenpolitischen Perspektive auf die Definition der Genueser Aristokratie 1528 und die Außenpolitik des „neuen“ Regimes: Rodolfo Savelli, La Repubblica oligarchica. Legislazione, istituzioni e ceti a Genova nel Cinquecento (Collana degli Annali della Facoltà di Giurisprudenza dell’Università di Genova, 49), Milano 1981, S. 81–138. 58 Hermann Kellenbenz, Les foires de Lyon dans la politique de Charles-Quint, in: Cahiers d’histoire 5 (1960), S. 17–31, hier S. 18. 59 Neuerdings eine spannende These, die die Allianz der spanischen Krone mit Genua als eine Art Herrschaftskonzeption im Zeichen des Katholizismus charakterisiert: Céline Dauverd, Imperial Ambition in the Early Modern Mediterranean. Genoese Merchants and the Spanish Crown, Cambridge 2015. 60 Vgl. Da Silva, Banque. 56 57

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Die Entwicklung der Messen in Lyon verlief keineswegs geradlinig. Schon vor ihrer Einrichtung durch König Ludwig XI. hatte sich die Stadt zu einem wirtschaftlichen Zentrum gemausert. Krisenjahre waren das Ergebnis von Missernten, epidemischen Krankheiten und militärischen Konflikten. Vor allem das Jahrzehnt zwischen 1521 und 1531 schien wenig erfreulich zu verlaufen. In einigen Jahren war Lyon mittelbar oder unmittelbar in Kampfhandlungen (wenn auch nur kurz) einbezogen, so etwa 1513, 1523 und 1536. Allerdings muss mit Blick auf den Pestzug von 1521–23 bemerkt werden, dass bei einer Gesamtsterblichkeit von 17,5 Prozent das reichste Viertel der Stadtbewohnerschaft mit nur zwei Prozent betroffen war. Die Maßnahmen zur Besteuerung des Handels in Lyon durch Franz I., der für seine ambitionierten Vorhaben eine solide finanzielle Basis benötigte, schürten ein Bewusstsein für die Verletzlichkeit der Wirtschaft.61 Insbesondere für die italienischen Kaufmannbankiers nahm Lyon als capitale du crédit eine zunehmend wichtige Position ein. Während die süddeutschen Handelshäuser Lyon als Absatzmarkt für ihre Bunt- und Edelmetalle begriffen, sorgten ganz besonders die toskanischen Bankiers für einen Abfluss von Gold und Silber aus dem französischen Königreich. Der venezianische Gesandte Andrea Navagero charakterisierte die Situation während seiner 1528 angetretenen Reise nach Spanien und Frankreich mit eingängigen Worten:62 È Lion ben abitato, ed ha buone case. Il più delle gente che vi / abita, è forestiera di varie nazioni, ma il più però, anzi quasi tutto, italiana di varie città, per le fiere che se vi fanno, e gran contratto di mercanzia e cambii che vi è. Il più de i mercatanti che stanno in Lion, son Fiorentini e Genovesi. Se vi fanno quattro fiere a l’anno, nelle quali si pagono infiniti danari per ogni parte, di sorte che Lion è il fondamento del danaro di tutta Italia, e buona parte di Spagna e Fiandra, che corra per i cambii; e questo è il guadagno e fondamento de i mercatanti.63

Während der Ort Lyon mit den verschiedenen Märkten für das französische Königreich identifiziert wird, erwies sich die Bezeichnung der Wechselmessen mit Bisenzo-

Rossiaud, Lyon, S. 14–16; S. 20 f. Ebd., Lyon, S. 17 f. M. N. Tommaseo (Hg.), Relations des Ambassadeurs Vénetiens sur les Affaires de France au XVIe siècle (Collection de documents inédits sur l’histoire de France. Première série histoire politique, 51/1–2), Paris (Imprimerie Royale) 1838: Viaggio d’Andrea Navagero in Spagna ed in Francia, 1528, S. 10–39, hier S. 34; S. 36 (Lyon ist gut bewohnt und hat gute Häuser. Die Mehrheit der Menschen, die dort wohnt, ist aus verschiedenen ‚nationes‘ zugewandert, davon die meisten [Zuwanderer] wiederum stammen aus verschiedenen italienischen Städten. Während der Messen, die dort abgehalten werden, ist ein großer Umsatz an Waren und Wechseln. Die meisten Kaufleute, die sich in Lyon aufhalten, sind Florentiner und Genuesen. Man hält vier Messen im Jahr ab, auf denen unendlich viel Geld für alles bezahlt wird, auf die Art, dass Lyon die Grundlage der Geldes für ganz Italien ist und zum guten Teil für Spanien und Flandern, welches durch die Wechsel läuft; und dies ist der Gewinn und das Fundament der Kaufleute.). 61 62 63

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ne-Messen als Synonym für die pure Funktion der bargeldlosen Refinanzierung von Herrscherfinanzen.64 Insgesamt lässt sich mit Richard Gascon die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts als Phase ökonomischen Wachstums in Lyon beschreiben. Zugleich differenzierte sich die städtische Binnenstruktur. Der Kreis an Ratsmitgliedern, die zu den am höchsten besteuerten Bürgern zählten und deren Frequenz im Stadtrat besonders dicht war, zog sich zusehends enger. Mit der Wiedereinrichtung des Almosens 1534 offenbart sich überdies ein zentraler Bestandteil der innerstädtischen Ökonomie, weil die umfangreich geförderten Bruderschaften neben den eigentlichen spirituellen Aufgaben auch die Versorgung der Armen übernahmen.65 Die Stadt Lyon entwickelte sich auch zu einem Zentrum des französischen Humanismus. Mit dem italienischen Architekten Sebastiano Serlio und dem französischen Gelehrten Barthélmy Aneau wirkten zwei herausragende Akteure in der Metropole. Die baulichen Strukturen wandelten sich in Anpassung an den Stil der zunächst stark italienisch geprägten Renaissance sowie an die Bedürfnisse der sich hier kreuzenden Handelsrouten und der in der Stadt niedergelassenen Kaufleute. Städtebauliche Erfordernisse für den Güterverkehr und die auswärtigen Kaufleute sowie die stilistische Orientierung an italienischen Vorbildern gingen hier eine eigenwillige Synthese in Form der italianisierten französischen Renaissance ein. Zudem stieg Lyon zum führenden Büchermarkt für Werke des französischen Humanismus auf. Überdies wurde die Wirtschafts- und Kulturmetropole in den Jahren 1515, 1533 und 1548 Schauplatz königlicher Einzüge.66 Infolge der Besetzung Lyons durch die protestantische Partei 1561/62 ließ sich eine zunehmende anti-italienische Stimmung erkennen. Richard Gascon nennt die Entwicklung eine montée de nationalisme économique, die sich in verschiedenen Maßnahmen wie einer entsprechend höheren Besteuerung von Importen Bahn brach.67 Allerdings blieb Lyon ein herausragender Wirtschaftsstandort, wie die anhaltende Geschäftstätigkeit italienischer und süddeutscher Kaufmannbankiers zeigt. Im Verlauf des späten 16. und des 17. Jahrhunderts verlagerte sich die wirtschaftliche Geometrie Frankreichs zu den Häfen des Atlantiks.68 Vgl. Marsilio, Dove il denaro. Rossiaud, Lyon, S. 27–33. Gabriel-André Pérouse, Humanisme et élites urbaines à Lyon au XVIe siècle, in: Klaus Malettke / Jürgen Voss (Hg.), Humanismus und höfisch-städtische Eliten im 16. Jahrhundert / Humanisme et élites des cours et des villes au XVIe siècle (23. Deutsch-französisches Historikerkolloquium des Deutschen Historischen Instituts in Verbindung mit dem Fachbereich Geschichtswissenschaften der Philipps-Universität in Marburg vom 6.–9. April 1987) (Pariser Historische Studien, 27), Bonn 1989, S. 223–235; Rossiaud, Lyon, S. 20–24; 35–44; Lang/Rau, Art. „Weltwirtschaftszentren 10. Lyon“. 67 Gascon, Grand commerce, S. 698–700; Henry Heller, Anti-Italianism in Sixteenth-Century France, Toronto/Buffalo/London 2003. 68 Vgl. Olivier Le Gouic, Lyon et la mer au XVIIIe siècle. Connexions atlantiques et commerce colonial, Rennes 2011; Lang/Rau, Art. „Weltwirtschaftszentren 10. Lyon“. 64 65 66

Akteursgruppen in Lyon

Die Einwanderung von italienischen Kaufmannbankiers war nicht die einzige Form des Zuzugs über die Alpen nach Frankreich. Adelige, Söldnerkapitäne, Gelehrte und Geistliche fanden ebenfalls den Weg ins französische Königreich. Insbesondere Vertreter der Genueser Familie Fregoso traten in den Dienst der Flotte Franz’ I.; mit Giano Fregoso, der zuvor als General für den König tätig war, erklomm ein Mitglied des stadtadeligen Genueser Albergo der Fregoso 1555 auch den Bischofsstuhl von Agen.69 Der Genuese Guido Rangone, der für Franz I. im Kontext der Schlacht von Pavia 1525 in der Lombardei an Feldzügen teilgenommen hatte, erhielt 1536 die Kommandantur der französischen Streitkräfte in Italien. Der König schenkte ihm 1537 die Einkünfte der Herrschaft von La Tour du Pin in der Dauphiné und setzte ihn schließlich auf die seigneurie von Belleville im Beaujolais. Rangone war der Bruder von Costanza Rangone, die der ebenfalls in Frankreich in Amt und Würden aufgerückte Cesare Fregoso heiratete.70 Der Napolitaner Francesco Chiaramonti bekleidete 1536 die Funktion des Gouverneurs von Montmélian im Namen des Herzogs von Savoyen und ließ sich von Franz zur Verteidigung der französischen Seite abwerben.71 Der Sohn von Filippo degli Strozzi, Piero, emigrierte 1541 nach Frankreich, um in die Dienste des Königs zu treten. Bereits Filippo hatte sich zuvor, im Jahr 1527, gezwungen gesehen, aus politischen Gründen nach Lyon zu fliehen. Piero degli Strozzi aber wurde Generalkommandeur der italienischen Infanterieeinheiten nördlich der Alpen (1547) und kam 1558 bei der Belagerung von Thionville zu Tode. Sein Bruder Lorenzo (1523–1571) wurde 1544 ebenfalls in Frankreich naturalisiert und absolvierte eine Laufbahn als hoher Kleriker.72 III.2.1

Die italienischen Kaufmannbankiers in Lyon

Seit der Einrichtung der vier Messen in Lyon und der Etablierung des königlichen Schutzes über den Messehandel stieg die Zahl der am Zusammenfluss von Saône und Rhône aktiven italienischen Kaufmannbankiers rasch an. Ihre geschäftlichen Interessen, die sich sowohl am Absatz ihrer hochwertigen Produkte, an ihrem ausgedehnten Wechselhandel als auch an der engen finanziellen Verbindung mit den phasenweise in Avignon residierenden Päpsten sowie mit den französischen und burgundischen Füh-

Emile Picot, Les Italiens en France au XVIe siècle, in: Bulletin italien, Bordeaux 1901, S. 92–137, hier S. 94–98. 70 Ebd., S. 114. 71 Ebd., S. 122 f. 72 Ebd., S. 130 f. Lorenzo degli Strozzi wurde 1547 Bischof von Béziers, 1561 Erzbischof von Albi und 1568 Erzbischof von Aix. 69

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rungsschichten orientierten, führten die Vertreter vor allem der Luccheser, Genueser und Florentiner Handels- und Bankgesellschaften in den Süden Frankreichs.73 In der Phase von 1466 bis 1480 hatten sich mit den Medici, Pazzi, Capponi, Mannelli, Martelli und Frescobaldi führende Handels- und Bankgesellschaften aus Florenz und mit den Buonvisi und Bernardi prominente Luccheser Häuser in Lyon angesiedelt.74 Um 1500 zählte die natio fiorentina, die Florentiner Kaufmannschaft, 46 Köpfe. Sie blieb nach der Wiederaufnahme der Messen im Jahr 1494 die zahlenstärkste und einflussreichste auswärtige Kaufmannschaft. Die ebenfalls in Lyon ansässigen Strozzi sowie die Unternehmung Antonio di Antonio e Pierantonio di Alessandro Gondi & Co waren zwei der bedeutendsten Florentiner Firmen zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Zur selben Zeit wie die Salviati – 1507 – eröffnete Antonio Gondi gemeinsam mit Giovanni Vecchietti eine Niederlassung.75 Allerdings wies die Florentiner Kaufmannschaft in Lyon eine charakteristische Besonderheit auf: Ein großer Teil der Kaufmannbankiers, der sich im Süden Frankreichs aufhielt, stand in Opposition zu dem am heimischen Arno herrschenden Regime oder war gar Exilierte.76 Bereits der Vater des zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Lyon etablierten Tommaso Guadagni, Simone, wurde nach der Rückkehr Cosimo de’ Medicis im Jahr 1434 in die Verbannung geschickt. Er hatte sich zunächst am Messeplatz Genf niedergelassen77, von wo er kurz vor seinem Tod 1468 nach Lyon übersiedelte. Sein Sohn Tommaso (1454–1533), der zu einem wichtigen Bankier der französischen Könige werden sollte, heiratete ins Lyoner Patriziat ein und kehrte nicht in die Toskana zurück.78 Diese Tendenz lief dem üblichen Verhalten der Florentiner Kaufmannbankiers zuwider. Sie bevorzugten das Konnubium mit Florentinerinnen und verweilten nur im Kontext ihrer geschäftlichen Tätigkeiten fernab der Heimat. Ihr sozialer Bezugspunkt

Arnold Esch, Bankiers der Kirche im großen Schisma, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 46 (1966), S. 277–397; Yves Renouard, Les relations des Papes d’Avignon et des compagnies commerciales et bancaires de 1316 à 1378, Paris 1941; Bart Lambert, The City, the Duke and Their Banker: The Rapondi Family and the Formation of the Burgundian State (1384–1430) (Studies in European Urban History, 1100–1800), Tournais 2006. 74 Cassandro, Le fiere, S. 28: Guglielmo de’ Pazzi e Francesco Nasi, Falconeri e Amerigo Corsini, Neri Capponi e Bartolomeo Buondelmonti, Giovanni Bischeri e Luca Cambi, Giovanni Mannelli, Bartolomeo Nasi, Giovanni Portinari e Matteo Ghini, Antonio e Carlo Martelli, Filippo Frescobaldi e Francesco Bini. 75 Cassandro, Le fiere, S. 29 f. Zu den Strozzi einführend: Ingeborg Walter, Die Strozzi. Eine Familie im Florenz der Renaissance, München 2011; Melissa Meriam Bullard, Filippo Strozzi and the Medici. Favor and finance in sixteenth-century Florence and Rome (Cambridge Studies in Early Modern History), Cambridge 1980. Auf der Grundlage des reichhaltigen Gondi-Archivs: Tognetti, I Gondi. 76 Vgl. Heinrich Lang, Art. „Kaufmannsdiaspora 6. Florentinische Kaufmannsdiaspora“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 6, Stuttgart 2007, coll. 499–502. 77 Dazu: Cassandro, Il libro giallo. 78 Edouard Lejeune, La saga Lyonnaise des Gadagne, Lyon 2004, S. 18 f.; S. 28–33. 73

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blieben Florenz und die dortigen Besitztümer. Zumindest im 14. und 15. Jahrhundert zog es die meisten der Fernhandelskaufleute wieder zurück an den Arno.79 Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Florentiner Kaufmannschaft in Lyon ist ihre enge Verflechtung mit hohen Würdenträgern, so dass in ihrem Handeln wirtschaftliche und politische Interessen miteinander verknüpft waren. Sowohl Filippo Strozzi als auch Iacopo Salviati waren mit Frauen aus der Familie der Medici verheiratet. Mit Giovanni de’ Medici als Papst Leo X. (1513–1521) regierte ein Schwager als Kirchenfürst.80 Bei der Kaiserwahl im Jahr 1519 sahen sich die florentinischen Bankiers in der Pflicht, im Sinne der Medici-orientierten Bündnispolitik den französischen König Franz mit entsprechenden Anleihen zu unterstützen.81 Weil die Handelshäuser Frescobaldi und Gualterotti von Antwerpen aus dagegen die Wahl Karls zum Kaiser finanzkräftig beförderten, entschloss sich Franz 1521 dazu, die Güter der Florentiner Kaufmannbankiers sequestrieren zu lassen. Die in Lyon angesiedelten Florentiner verweigerten dann dem Kaiser tatsächlich angefragte Kredite. Demgegenüber hofften oppositionell eingestellte und nach Lyon ausgewichene Handelsleute, dem Zugriff der seit dem Jahr 1512 in ihrer Heimatstadt am Arno wieder eingesetzten Medici und ihrem Regime entgehen zu können. Ein guter Teil der an Saône und Rhône ansässigen Florentiner entstammte Familien, die aufs engste mit dem Medici-Regime verbunden waren und nach dem Aufstieg der Medici zu Herzögen in die Gruppe der Höflinge hineinwuchsen.82 Zu Beginn des 16. Jahrhunderts hatten sich mit den Spinola, Doria, De Negro, Lomellini, Sauli, Grillo, Selvago und Vivaldi aus Genua sowie mit den erwähnten Buonvisi, den Cenami, Bernardini, Parenzi, Burlamacchi, Micheli und Franciotti aus Lucca namhafte Unternehmen in Lyon niedergelassen.83 Die Gesamtdarstellung zur Entwicklung der Messestadt Lyon von Richard Gascon setzt den Höhepunkt der italienisch dominierten wirtschaftlichen Konjunktur kurz vor 1550 an. In den frühen 1550er Jahren traten die ersten Fallimente auf, wie der Bankrott der Lucchesen Cenami und Parenzi 1552 illustriert. Die Insolvenz der französischen Krone 1559 sowie die anschließende Besetzung Lyons durch die protestantische Partei zog die Messen stark in Maria Elisa Soldani, Alleanza matrimoniali e strategie patrimoniali nella Barcellona del XV secolo: i mercanti toscani fra integrazione e consolidamento della ricchezza, in: Archivio Storico Italiano 162 (2004), S. 667–696. 80 Walter, Die Strozzi; insb. Bullard, Filippo Strozzi. Vgl. Lang, Internationale Handelsverflechtungen. 81 Zur Kaiserwahl und dem Verhalten von Kaufmannbankiers: Mark Häberlein, Jakob Fugger und die Kaiserwahl Karls V. 1519, in: Johannes Burkhardt (Hg.), Die Fugger und das Reich. Eine neue Forschungsperspektive zum 500jährigen Jubiläum der ersten Fuggerherrschaft Kirchberg-Weißenhorn (Studien zur Fuggergeschichte, 41), Augsburg 2008, S. 65–81. 82 Jacqueline Boucher, Les Italiens à Lyon, in: Jean Balsamo (Hg.), Passer les monts: Français en Italie – l’Italie en France (1494–1525). Xe colloque de la Société française d’étude du Seizième Siècle (Bibliothèque Franco Simone, 25), Paris/Fiesole 1998, S. 39–46, hier S. 45. Zur Entwicklung in Florenz: Litchfield, Emergence. 83 Gioffrè, Les Gênes, S. 32–39; Cassandro, Le fiere, S. 30; Petti Balbi, Le ‚nationes‘, S. 413–419. 79

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Mitleidenschaft.84 Allerdings kehrten die Florentiner Kaufmannbankiers zurück. Die Rechnungsbücher der Firma Carlo e Cosimo Martelli & Co in Lyon verweisen auf eine rege florentinische Kaufmannschaft in den späten 1560er Jahren – ein Bestand, den Michele Cassandro und jüngst Ilario Mosca zum Gegenstand ihrer Untersuchungen zum nämlichen Zeitraum gemacht haben.85 Im Steuerregister aus dem Jahr 1571 waren von 183 eingetragenen „Ausländern“ 154 Italiener, davon wiederum 132 Florentiner. Um 1600 dürfte sich kaum mehr ein Florentiner Kaufmannbankier in Lyon aufgehalten haben.86 Bereits auf den Genfer Messen hatten die Florentiner und Luccheser Unternehmungen grundlegende Formen von Finanzierungsgeschäften entwickelt. Beim Wechselhandel profitierte etwa die in Genf angesiedelte Firma Simone Guadagni & Co in erheblichem Umfang vom Transfermodell des contra-cambium, dem Rückwechsel auf der Basis der Kursdifferenz zwischen dem Zahlungsort Genf und einem anderen Auftragsort.87 Diese Techniken bestimmten für sie auch das Anforderungsprofil an die Lyoner Messen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Der Vertrieb von Seidengütern – der Handel mit Rohseide genauso wie der Eigen- und Kommissionsverkauf von Seidentuch – war, wie schon angedeutet, der umfangreichste Einzelposten in den Umsatzbilanzen der Florentiner, Genueser und Luccheser Kaufmannbankiers.88 Im Verlauf des 16. Jahrhunderts wurde die Produktion Florentiner Seide stetig gesteigert. Ein wachsender Anteil dieses wertvollen Erzeugnisses, dessen Qualität überdies verbessert wurde, gelangte zum Verkauf auf den Messen in Lyon.89 Selbst wenn die Genueser Seidenkaufleute dort nicht persönlich anwesend waren, wurde doch Genueser Tuch, insbesondere Velours, in großem Umfang an die Rhône transportiert.90 Auch Seidentuch aus Mailänder Fertigung wurde nicht von den lombardischen Produzenten selbst nach Lyon geliefert. Vielmehr erreichte die Florentiner Handels- und Bankgesellschaft Antonio Gondi & Co in den Jahren 1521–23 über ein Drittel ihres Umsatzes durch den Vertrieb Mailändischen Tuchs.91 Rohseide führten spanische Konsortien nach Frankreich ein und ließen ihre Florentiner sowie Luccheser Korrespon-

Richard Gascon, Quelques aspects du role des Italiens dans la crise des foires de Lyon du dernier tiers du XVIe siècle, in: Cahiers d’Histoire 5 (1960), S. 45–64, hier S. 48–52. 85 Cassandro, Le fiere, S. 35; Gascon, Grand Commerce, S. 908: Liste der 1571 in Lyon aktiven Florentiner Firmen; Ilario Mosca, Les Martelli de Florence et de Lyon. Stratégies et relations socio-économiques à l’époque préindustrielle, Thèse de doctorat d’Histoire; École Pratique des Hautes Études – Università di Pisa, Paris 2016. 86 Gascon, Grand commerce, S. 908. 87 Cassandro, Il libro giallo, S. 101–191. 88 Lang, Seide aus Florenz. Vgl. M. Bresard, Les foires de Lyon aux XVe et XVIe siècles, Paris 1914, S. 197: Der Umsatz der drapperia in Lyon soll 1487 insgesamt 900.000 franchi (scudi) betragen haben. 89 Goodman, Tuscan Commercial Relations; Tognetti, I Gondi. 90 Lang, Seide für Lyon. Vgl. Renzo Sabbatini, Cercar esca. Mercanti lucchesi ad Anversa nel Cinquecento (Quaderni di storia urbana e rurale, 5), Firenze 1985. 91 Dini, I mercanti, S. 445. 84

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denten das teure Gut weiterverkaufen. Spanische Rohseide, die nach Italien exportiert wurde, ging nicht über Lyon.92 Für Lyon erwies sich die Lage an der Rhône als besonders günstig: Denn der Fluss eignete sich als Verkehrsweg, welcher die Häfen in der Provence (vor allem Aigues-Mortes und Marseille) mit dem Inneren Frankreichs verband. Die Messestadt entwickelte sich somit zum Eingangtor für den Import von Gütern ins französische Königreich. Überdies fungierte Lyon als Umschlagsort für den Weitertransport – zumeist auf dem Landweg – nach Brügge und dann Antwerpen. Die Schiffsverbindung der toskanischen Häfen Livorno und Pisa mit Marseille und Aigues-Mortes wies eine hohe Frequenz auf.93 Aus Ungarn oder Tirol eingeführtes Silber weckte die Aufmerksamkeit der italienischen Merchant bankers in besonderem Maße: Allein in ihrem ersten Jahr des Bestehens in Lyon erwarben Alamanno e Iacopo Salviati & Co gute 3.350 Mark Silber Gewicht von fünf verschiedenen süddeutschen Kaufmannbankiers. Das Edelmetall im Wert von rund 23.000 scudi di marchi exportierten die Salviati nach Italien und nach Spanien.94 Die Geschäftsbücher der Unternehmung zeigen, dass sie Rohseide durch Francisco de Salamanca aus Burgos nach Lyon importieren ließen und im Gegenzug Salamanca mit süddeutschem Silber bezahlten.95 Ein weiteres, ebenso teures wie begehrtes Gut, das in Lyon gehandelt wurde, war Pfeffer.96 Die Florentiner Handelsgesellschaften, die wie Antonio Gondi & Co in Lyon niedergelassen waren, betrachteten den Pfefferimport über Antwerpen, über das westliche Mittelmeer und über Venedig als einträglichen Sektor auf den Lyoner Messen.97 Von Lyon aus erhielten die Kaufmannbankiers auch Zugriff auf die südwestfranzösischen Märkte für Farbstoffe. Die Salviati selbst betrieben eine kleine Einkaufsgesellschaft in Toulouse im Namen Domenico Naldinis, wobei der gebürtige Sienese Piero Cerretani die Geschäfte leitete.98 Nicht zuletzt entstand in Lyon ein europaweit renommierter Büchermarkt. Die aus Asti stammende Familie da Gabiano etablierte mit den Brüdern Bartolomeo († 1517) und Luxemborgo einen Buchhandel, der von 1502 an die Lettern des Venezianers Aldo Manuzio benutzte. Gemeinsam mit den Aliprandi grünLang, Seide aus Florenz. Dini, I mercanti, S. 446. Vgl. Dini, Aspetti. – Im weiteren zum Konzept des Gateway: Lesger, The Rise. Bruno Dini, L’economia fiorentina e l’Europa centro-orientale nelle fonti fiorentine, in: Archivio Storico Italiano 153 (1995), S. 633–655. Vgl. Pallini-Martin, L’installation. 95 Dini, I mercanti, S. 449 f. 96 Hans Jürgen Teuteberg, Art. „Gewürze. 4. Pfeffer und Salz“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 4: Stuttgart 2006, Sp. 886–888. 97 Dini, I mercanti, S. 447 f. Zum Vertreib von Pfeffer über Lissabon und die Netzwerke der Florentiner Kaufmannbankiers zwischen Portugal und Lyon: Tognetti, I Gondi, S. 39 f.; Francesco Guidi Bruscoli, Bartolomeo Marchionni „homem de grossa fazenda“ (ca. 1450–1530). Un mercante fiorentino a Lisbona e l’impero portoghese (Biblioteca Storica Toscana, Deputazione di storia patria per la Toscana, 73), Firenze 2014. 98 Tewes, Kampf, S. 710–712. Vgl. Gilles Caster, Le commerce du pastel et de l’épicerie à Toulouse de 1450 environ à 1561 (Mémoires et Documents, 15), Toulouse 1962. 92 93 94

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deten die da Gabiano die compagnia d’ Yvry, welche auch über eine Niederlassung in Venedig verfügte.99 Ein entscheidender Aspekt war die oben angesprochene Kaufkraft des französischen Adels, der als wichtiger Abnehmer der luxuriösen Güter aus italienischer Produktion fungierte.100 Die italienischen Kaufmannbankiers hatten dabei seltener unmittelbaren Kundenkontakt, sondern veräußerten ihre Importe im business-to-business-Handel an Seidenkaufleute aus Tours oder Händler aus Lyon. Obwohl Seidentuch in Lyon auch an süddeutsche Kaufleute abgegeben wurde, lieferten Florentiner Kaufmannbankiers wie die Saliti, Antinori oder Olivieri das hochwertige Gut selbst nach Nürnberg.101 Vorrangiges Instrument auf den europäischen Kreditmärkten war der Handel mit Wechseln. Lyon entwickelte sich in nur wenigen Jahrzehnten vom Ende des 15. Jahrhunderts an zu einem führenden europäischen Standort für Wechselgeschäfte. Die Kurse für auswärtige Währungen waren in Lyon zumeist relativ hoch, so dass der Gläubiger fast immer Gewinn aus seiner Wechseloperation zog. Durch die Übersiedlung der meisten Florentiner Kaufmannbankiers von Brügge nach Antwerpen fungierte die Stadt an der Schelde als Ort für Wechselkorrespondenzen.102 Daneben nutzen die Bankhäuser die kastilischen Messen als Korrespondenzorte für Arbitragegewinne. Dabei traten Wechselbriefe in zwei sehr lukrativen Formen auf: Zum einen zogen die Bankiers Rückwechsel auf Lyon, um von der Differenz im Wert von Währungen beim Transfer von Kapital zu profitieren. Zum anderen griffen sie auf Einlagen als Investitionsinstrument zurück. Diese als depositi bezeichneten Kredite konnten von Messe zu Messe verschrieben werden und somit Kreditlinien nach Bedarf verlängern.103 Effektiv verschoben die Florentiner Kaufmannbankiers ihre Kredite über Lyon. Die Unternehmung Antonio e Bernardo Gondi & Co illustriert diesen Vorrang der Stadt mit ihren Wechseltransaktionen während der Jahre 1522 und 1523. Die Niederlassung in Lyon sandte 433 Wechselbriefe mit einem Gesamtwert von rund 294.000 scudi di marchi nach Florenz und empfing demgegenüber 615 Wechselbriefe für ca. 472.000 scudi di

Boucher, Les Italiens, S. 43. Vgl. Lang, Renaissance Economies. Marco Spallanzani, Le compagnie Saliti a Norimberga nella prima metà del Cinquecento (un primo contributo dagli archivi fiorentini), in: Hermann Kellenbenz / Jürgen Schneider (Hgg.), Wirtschaftskräfte und Wirtschaftswege. I: Mittelmeer und Kontinent (Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte, 4), Stuttgart 1978, S. 603–620; Francesco Guidi Bruscoli, Drappi di seta e tele di lino tra Firenze e Norimberga nella prima metà del Cinquecento, in: Archivio Storico Italiano 164 (2001), S. 359–394. 102 Vgl. John L. Bolton / Francesco Guidi Bruscoli, When did Antwerp replace Bruges as the commercial and financial centre of north-western Europe? The evidence of the Borromei ledger for 1438, in: Economic History Review 61 (2008), S. 360–379; vgl. Francesco Guidi Bruscoli / John L. Bolton, The Borromei Bank Research Project, in: Lawrin Armstrong / Ivana Elbl / Martin M. Elbl (Hgg.), Money, Markets and Trade in Late Medieval Europe. Essays in Honour of John H. A. Munro (Later Medieval Europe, 1), Leiden/Boston 2007, S. 460–488. 103 Gioffrè, Les Gênes; Dini, I mercanti, S. 451. 99 100 101

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marchi aus Florenz.104 Überdies war die Rolle der in Paris angesiedelten Kaufmannbankiers eng mit dem Wirken als Hoffaktoren verknüpft. Die Bankhäuser in Lyon spielten sowohl bei Kreditgeschäften und Finanztransfers als auch beim Luxuswarenhandel an den Hof eine entscheidende Rolle als Vermittler und Importeure.105 Florentiner Bankhäuser wickelten den Zahlungsverkehr der Kirche oder von Fürsten über Lyon ab. Marco del Nero übernahm im Neapolitanischen Krieg 1528–30 phasenweise die Aufgabe eines militärischen Kommissars, der an der Seite der Florentiner Kontingente am Feldzug der französischen Truppen unter dem Kommando des Generals Odet de Foix, Vicomte de Lautrec, teilnahm, und streckte die erforderlichen Gelder „aus eigener Tasche“ vor, mit denen die Söldner bezahlt werden mussten. Die Wechsel zur Finanzierung seiner Vorhaben zog er über die Niederlassung der Del Nero in Lyon.106 Auch der Marchese von Mantua, Federico Gonzaga, der politisch überdies zwischen der französischen Krone und Habsburg hin- und hergerissen war, unterhielt finanzielle Beziehungen zu den florentinischen Bankhäusern im Süden Frankreichs (um sich mit benötigten Geldmitteln zu versorgen).107 Den Höhepunkt erreichte das Geschäft mit Kronanleihen freilich im Grand Parti von 1555, als die königliche Finanzadministration die schwebende Schuld in ein reguliertes und niedriger verzinstes Anleihesystem zu überführen versuchte. Neben den Florentiner und Luccheser Banken beteiligten sich insbesondere süddeutsche Kaufmannbankiers am Grand Parti.108 Selbst nach dem Scheitern dieses Anleihemechanismus’ im Jahre 1559 mit der Insolvenz König Heinrichs II. verlor die Krone nicht gänzlich die Aufmerksamkeit der kooperativ und konsortial zwischen toskanischen und süddeutschen Bankhäusern organisierten Kreditmärkte in Lyon (Kapitel V.2).109 Dadurch, dass sich die toskanischen Kaufmannbankiers verstärkt in den Herrscherfinanzen engagierten und in etwa zeitgleich ihr Engagement in Geschäften mit Wechseln verstärkten, setzten sie eine Entwicklung in Gang, die den Warenhandel sowie den Handel mit Wechselpapieren und Krediten auseinanderdriften ließ. Weil sich die

Dini, I mercanti, S. 452: Der von Bruno Dini betrachtete Zeitraum erstreckte sich vom 30.12.1521 bis zum 25.10.1523. Bruno Dini greift dabei auf eine unveröffentlichte tesi di laurea zurück: G. Giani, Una delle maggiori compagnie del periodo aureo di Lione: la compagnia di Antonio e Bernardo Gondi nel 1521–1523, Università di Firenze a. a. 1970–71. Vgl. Tognetti, I Gondi. 105 Lang, Herrscherfinanzen. 106 Maurizio Arfaioli, The Black Bands of Giovanni, Pisa 2005, S. 135 f. 107 Vgl. Raffaele Tamalio, Francesco et Federico Gonzaga (1494–1525). Trente ans des politique entre France et Empire, in: Jean Balsamo (Hg.), Passer les monts: Français en Italie – l’Italie en France (1494– 1525). Xe colloque de la Société française d’étude du Seizième Siècle (Centre d’Études Franco-Italiennes – Centro di studi franco-italiani. Université de Turin et de Savoie – Università della Savoia e di Torino. Bibliothèque Franco Simone, 25), Paris/Firenze 1998, S. 47–57. 108 Roger Doucet, Le grand parti de Lyon, in: Revue Historique 171 (1933), S. 472–513; 172 (1933), S. 1–41. Angela Orlandi, Le Grand Parti. Fiorentini a Lione e il debito pubblico francese nel XVI secolo (Fondazione Carlo Marchi. Quaderni, 14), Firenze 2002. 109 Ehrenberg, Das Zeitalter, S. 246–251; Häberlein, Brüder. 104

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Merchant bankers auf den Lyoner Messen um die Steigerung von Wechselgewinnen (Arbitragegewinnen) durch Trockenwechsel (oder ricorsa-Wechsel) bemühten und Einlagekonten (deposito-Konten) als Instrumente kurz- und mittelfristiger Kredite einsetzten, entkoppelten sie den Warenhandel und den Handel mit Wechselpapieren voneinander. Denn die Funktion von Wechseln zur Finanzierung von Warengeschäften trat gegenüber ihrer Funktion als Kredite zum Zwecke der Abschöpfung von Währungskursdifferenzen in den Hintergrund. Insbesondere der enorme Bedarf an Krediten für die Anleihen an die französische Krone erforderte die massive Ausweitung des Handels mit Wechselpapieren. Auf diese Weise griffen beide Tendenzen ineinander und etablierten den Wechselhandel als spezialisierten Markt für den Handel mit Krediten (vgl. Kapitel V.2). Diese Form des Wechselgeschäfts wurde zur gängigen Praxis der Messen in Besançon. Die süddeutschen Kaufleute komplementierten ihren Warenhandel mit derselben Ausrichtung, indem sie den ‚spezialisierten Markt‘ für Kredite mit Gegenwerten in Form von Edelmetall und Kreditinvestitionen versorgten.110 III.2.2

Die süddeutschen Kaufmannbankiers in Lyon

Hinsichtlich der süddeutsch-reichstädtischen Handels- und Bankhäuser muss man infolge der eher disparaten Überlieferung von Geschäftsunterlagen auf eine Fülle verschiedener Einzeldaten zugreifen. Das dabei entstandene Bild ist wenig kohärent. Während im Fall der Florentiner Kaufmannbankiers sogar quantifizierende Untersuchungen möglich sind, beschränkt sich die Darstellung der Aktivitäten der Süddeutschen demgegenüber auf eng umrissene Bereiche. Anhand des Briefkorpus’ der Tucher im Stadtarchiv Nürnberg aber lassen sich die Geschäfte im Süden Frankreichs in einem Fall gut nachvollziehen. Dabei nimmt der Warenhandel mit Safran und Tuch breiten Raum ein.111 Der Transfer dieser Güter wurde über Lyon verrechnet und anschließend über Genf ins Alte Reich abgewickelt. Allerdings blieben auch diese Tätigkeiten nicht von den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Habsburgern und den Valois verschont, wenn etwa 1544 die Nürnberger Waren an der Rhône festgesetzt wurden. Die Korrespondenzen Gabriel Tuchers (1526–1588) mit seinem Vater Linhart in Nürnberg zeigen nicht nur den Ausbildungsweg des jungen Mannes, der

Vgl. Einführend zu den Wechselmessen und ihrer Ansiedelung in Piacenza: Umberto Benassi, Per la storia delle fiere di cambi, in: Bolletino storico piacentino 10 (1915), S. 5–15; S. 62–71. Diese Konsequenzen betont auch: Racine, Die Messen, S. 166 f. 111 Vgl. Diefenbacher/Kley, Tucher-Briefe; insb. Michael Diefenbacher, „Je lenger, je unfleysiger“; jüngst auch: Walter Bauernfeind, Marktinformationen und Personalentwicklung einer Nürnberger Handelsgesellschaft im 16. Jahrhundert – Das Briefarchiv von Anthoni und Linhart Tucher in der Zeit von 1508 bis 1566, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hgg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger (Neunhofer Dialog, 2), Husum 2011, S. 23–60. 110

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im Alter von 17 Jahren nach Lyon gekommen war112, sondern auch die beklemmende Situation des Kriegsgeschehens. Denn die protestantischen Vertreter der Tucherschen Handelskompanie sahen sich angesichts des Vorrückens kaiserlicher Truppen gezwungen, aus Lyon zu fliehen. Dabei wichen sie wie Gabriel ins kalvinistisch geprägte Genf aus.113 Der Buchhorner Bürger Jacob Reuter, der seit 1533 in den Diensten der Tucher stand, musste gemeinsam mit Gregor Heipel in Lyon ausharren, während die Lyoner Niederlassung von Genf aus verwaltet wurde. Erst nach dem Frieden von Crépy zwischen Kaiser Karl und König Franz am 18. September 1544 konnten die Tucher wieder an die Saône zurückkehren.114 Die süddeutschen Kaufmannbankiers bewegten sich zwischen den beiden Polen der habsburgisch-genuesischen und der toskanisch-französischen Einflusssphäre. Denn sie waren von ihren Heimatstädten aus – vor allem Augsburg und den schwäbischen Reichsstädten, aber auch Nürnberg – eng vernetzt mit der kaiserlichen Finanzadministration und betrieben intensive Geschäfte auf der iberischen Halbinsel.115 Die Person des Konrad Peutinger (1465–1547) illustriert dies mit den Verflechtungen ihrer Tätigkeiten als Kaiserlicher Rat, Augsburger Stadtschreiber und Vertreter der Welser-Gesellschaft; mit den Welser war er als Schwiegersohn Antons verwandt.116 In diesem Zusammenhang lassen sich die süddeutschen Handelshäuser als wichtigste Akteure des Waren- und Kredithandels im Dreieck zwischen Süddeutschland, Spanien und Antwerpen darstellen. Ihre Expansion in den südfranzösischen Raum hing einerseits mit dem bereits angesprochenen, nach Spanien orientierten Warenhandel zusammen. Andererseits liefen die im französischen Königreich ausgetragenen Aktivitäten immer auch Gefahr, mit der politischen Konstellation in Konflikt zu geDiefenbacher, „Je lenger…“, S. 378–381. Zu den Briefen Gabriel Tuchers aus Lyon: Kuhn, Generation, S. 166–185. Zuvor, 1531/32 war auch Anton II. Tucher zur Ausbildung nach Lyon gekommen, wie die Briefwechsel mit Pankraz Reich und Vinzenz Perckhamer verdeutlichen. 113 Diefenbacher, „Je lenger…“, S. 393 f. 114 Ebd., S. 395. 115 Dabei genügt ein Blick in die Briefbücher der Reichskanzlei, z. B. Wien, Österreichisches Staatsarchiv, Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Reichskanzlei, Maximiliana, Kt. 19, Konv. 1, fol. 28rv: Paulus von Liechtenstein an die Raitkammer, 11. März 1508 (in diesem Schreiben wird über die Finanzierung von Kriegszügen durch die Welser, Höchstätter und Paumgartner berichtet); oder in das Tiroler Landesarchiv, Innsbruck, Tiroler Landesregierung, Missiven an Hof, fol. 1rv: Tiroler Statthalter und Kammer zu Innsbruck an die kgl. Majestät. Innsbruck, 26. Dezember 1530 (Pölnitz, Anton Fugger, I, S. 450 Anm. 121: „Von den 42 779 Gld. Kosten, welche der Feldzahlmeister Herzog Heinrichs von Braunschweig, Lienhard Strauß, beim Zug der Truppen seines Herrn nach Italien verrechnete, wurden 5600 Gld. durch Fugger und 10 000 Gld. durch Barth. Welser bereitgestellt.“). Hermann Kellenbenz (Hg.), Fremde Kaufleute auf der iberischen Halbinsel (Kölner Kolloquien zur internationalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 1), Köln/Wien 1970. Ders., Die Fugger in Spanien und Portugal bis 1560. Ein Großunternehmen des 16. Jahrhunderts (Studien zur Fuggergeschichte, 32/1–3) München 1990. 116 Hans-Jörg Künast / Jan-Dirk Müller: Art. „Peutinger, Conrad“, in: Neue Deutsche Biographie, Band 20, Berlin 2001, S. 282–284. Ausführlich: Mark Häberlein, Expertenwissen und Verflechtung. Die Familie Peutinger und die Welser-Gesellschaft, in: Gernot M. Müller / Rolf Kießling (Hgg.), Conrad Peutinger (1465–1547). Ein uomo universale zwischen Mittelalter und Neuzeit, Berlin 2017, S. 47–65. 112

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raten. Die zunehmende Bedeutung Lyons als Markt für Anleihen der Krone lockte zahlungskräftige und in etablierte Kreditnetzwerke integrierte Unternehmungen aus Süddeutschland an.117 Während Richard Ehrenberg vor allem die Bedeutung von Lyon als „Kapitalmarkt“, der vorrangig von Florentiner Kaufmannbankiers geprägt worden war, unterstreicht118, kamen süddeutsche Kaufleute wie die Welser tatsächlich insbesondere für den Absatz von Metallen und einfacheren Textilen sowie für den Einkauf hochwertiger Güter, von Färbemitteln, Lebensmitteln und Safran dorthin. Denn die meisten dieser Güter wurden auf dem Weg von Katalonien durch den Süden Frankreichs transportiert.119 Die Handelswege der süddeutschen Handelsgesellschaften über Lyon Um 1500 traten verschiedene süddeutsche Handelsgesellschaften mit ihren Repräsentanten in Lyon und Südfrankreich auf. Die Große Ravensburger Gesellschaft konzentrierte sich auf den Warenhandel, wobei sie insbesondere Barchent absetzen und Rohseide für den Vertrieb an Mailänder und Pariser Kaufleute erwerben wollte.120 Wie Wechselschulden von Lukas Fugger im Jahr 1478, Endres Tucher 1479 und der Vöhlin-Welser 1503 auf Lyon andeuten, kauften die Handelsleute die Güter auf den Märkten der Umgebung ein (weil man die Abgaben am Standort Lyon umgehen wollte). Während sich die Ravensburger Gesellschaft nicht in größerem Umfang in Bankgeschäften engagierte, wandten sich Augsburger und Nürnberger Kaufleute diesem aufsteigenden Zweig verstärkt zu.121 Überdies wurden die Häfen von Marseille und Aigues-Mortes sowie Avignon als Brückenköpfe genutzt. Die genannten drei Orte waren auf diese Weise auch Umschlagplätze für Waren: Insbesondere Stoffe, Wolle und Zucker wurden gehandelt. Avignon hielt sich auch lange nach Ende des päpstlichen Konzils als eigener Finanzstandort.122 Die reichsstädtischen Handelshäuser zog es aus ähnlichen Gründen wie die italienischen Merchant bankers nach Lyon. Ihre Handelswege führten sie über Basel, Bern, Freiburg im Uechtland und Genf nach Frankreich. Sie unterhielten Niederlassungen entlang dieser Route.123 Besonders zahlenstark waren die Augsburger, Nürnberger und

Ehrenberg, Das Zeitalter. Hermann Kellenbenz, Die Konkurrenten der Fugger als Bankiers der spanischen Krone, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 24 (1979), S. 81–98. 118 Ehrenberg, Das Zeitalter, II, S. 69–81. 119 Kellenbenz, Die Fugger, I, S. 1 f.; S. 166; S. 461. 120 Aloys Schulte, Geschichte der grossen Ravensburger Handelsgesellschaft, 1350–1530 (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 1), Nachdruck: Wiesbaden 1964 [zuerst: 1923], I, S. 377–392. 121 Schulte, Ravensburger Handelsgesellschaft, I, S. 369–383. 122 Ebd., S. 383–392. 123 Schulte, Ravensburger Handelsgesellschaft; ders., Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß von Venedig, 2 Bände, Leipzig 1900. 117

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Ulmer Kaufmannschaften an Saône und Rhône nicht: Im Jahr 1515 zählten neben dem Augsburger Leonhard Jungmann einzig Anton Welser und seine Gesellschaft zu den reichsstädtischen Hausbesitzern. Eine Liste des an der Rhône erhobenen Zolls von 1522/23 kennt insgesamt 16 Deutsche, von denen elf aus süddeutschen Reichsstädten stammten.124 Für die reichstädtischen Handelshäuser war die Drehscheibe Lyon auch ein beliebter Ausbildungsort für ihre Söhne, um sie an die Gepflogenheiten, Techniken und Sprachen der transalpin tätigen Kaufmannbankiers heranzuführen. Im Zuge ihrer Ausbildung schickten sie die jungen Männer in ihre eigenen Kontore oder diejenigen ihrer italienischen sowie spanischen Geschäftspartner (speziell Kapitel VI.1). Der Memminger Handelsmann Eberhard Zangmeister, der sich 1522 selbst im Süden Frankreichs aufhielt, sandte später seinen Sohn, Eberhard d. J., dorthin. Eberhard d. J. blieb zwischen 1540 und 1559 in Lyon, wo er von seinem Bruder Hans im Jahre 1542 aufgesucht wurde.125 Die Handelsgesellschaft Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte exemplifiziert diese geschäftliche Ausrichtung reichsstädtischer Kaufmannbankiers. Die Übernahme der wirtschaftlichen Verbindungen der Memminger Vöhlin durch die Augsburger Welser mit dem Einstieg Anton Welsers in die gut etablierte Handelsgesellschaft im Jahr 1479 und die Gründung der Welser-Vöhlin-Gesellschaft 1496 verweisen zunächst auf die Bedeutung der Produktion von Tuch und des Tuchhandels im regionalen Einzugsgebiet für die geschäftliche Entwicklung. Die Firma dehnte ihre Tätigkeit über Genf nach Lyon aus. Bereits in den späten 1490er Jahren müssen auch die Geschäftspartner Konrad Vöhlin und Anton Welser über eine Niederlassung in Lyon verfügt haben.126 Konkret nachweisbar ist sie in den Rechnungsfragmenten der Welser von 1498/99.127 Als junger Handelsdiener kam Lukas Rem (1481–1541)128 nach seiner Lehrzeit in Venedig 1498 nach Lyon in die Faktorei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft. Der dortige Vertreter, Narziß Lauginger, ließ Rem die Rechnungen des Kontors prüfen und schickte den jungen Mann von 1499 bis 1502 wiederholt zwischen Augsburg und Lyon hin und her. Lukas Rem wählte dabei die Route über Genf, Freiburg im Uechtland sowie Bern, wo die Welser mit Bartholomäus May d. Ä. über einen Kommissionär verfügten. Im

Ver Hees, Die oberdeutschen Kaufleute, S. 77; S. 78–80: Liste (AML, CC, 136, c. 321 f.). Hektor Ammann, Oberdeutsche Kaufleute und die Anfänge der Reformation in Genf, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 13 (1954), S. 150–193, hier S. 190; Häberlein, Brüder, S. 83. 126 Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft; Geffcken, Die Welser, S. 145 ff. – Ausführlich zu den Welsern in Lyon: Kapitel III.4.4. 127 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 29. 128 Jüngst zu Lukas Rem und seinem Tagebuch: Harm von Seggern, Bewertung und Gefühle. Ausdrücke der Emotionen im sog. Tagebuch des Kaufmanns Lukas Rem (1481–1541), in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hgg.), Person und Milieu. Individualbewusstsein? Persönliches Profil und soziales Umfeld (Neunhofer Dialog, 3), Husum 2013, S. 241–260. 124 125

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Jahr 1500 besuchte er Avignon etlicher gescheft der mintz halb. Ein wichtiges Geschäftsfeld, das Lukas Rem kennen lernte, stellten die südfranzösischen und aragonesischen Safranmärkte dar. Später, im Sommer 1509, reiste Rem von Marseille über Lyon und Paris nach Antwerpen. Auch im Frühjahr 1510 befand er sich am Zusammenfluss von Saône und Rhône, wo nunmehr Anton Welser d. J. die Geschäfte führte.129 Lyon in süddeutschen Handelsmanualen In Aufzeichnungen des Manuskriptes Driffas von kauffmanschaft 1514/1515 charakterisierte der Nürnberger Endres Imhoff die kurz zuvor in Lyon besuchten Messen als attraktiven Finanzplatz.130 Der Abschnitt Lion in Frankreich berichtet in ausführlichen Tabellen von Münzgewichten und Währungen. Als Geschäftspartner hatte Imhoff den nach Frankreich bereits vor 1517 ausgewanderten, gebürtigen Nürnberger Hans Kleeberger (1485/86–1546)131 gewinnen können und in diesem Zusammenhang nachhaltige Erfahrungen mit den Wechselkursrelationen zwischen Lyon und seiner Heimatstadt gemacht. Das Wirken der italienischen Bankhäuser dort kommentiert er folgendermaßen: Item als die namhaftigen penck oder creditori in Lion auf dito 1514 jar: zoe: Nasi, Alimano Salviati, Anchenori, Parchelini, Beni, Manelli, Bortt(olomeo) Panzati, Antt(oni)o Gonndi, all von Florentz, Bonfissi von Lucha, Sauli de Genoa.132

Greiff, Tagebuch, S. 6–7; 11–12; 15. Karl ver Hees, Oberdeutscher Handel nach Lyon am Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Historisches Jahrbuch 55 (1935), S. 75–80, hier S. 77, S. 80; Häberlein, Brüder, S. 82. Zum Safran-Handel der Welser in der zitierten Literatur noch eine Information: 1522/23 zahlten Bartholomäus und seine Gesellschaft 36 livres tournois an Einfuhrzoll für zwölf Ballen Safran aus der Provence, aus Aragón und Zaragoza. 130 Krag, Die Paumgartner. Die Zuschreibung zu Hans Paumgartner d. J. wurde angezweifelt: Theodor Gustav Werner, Repräsentanten Der Augsburger Fugger und Nürnberger Imhoff als Urheber der wichtigsten Handschriften des Paumgartner-Archivs über: Welthandelsbräuche im Spätmittelalter und am Beginn der Neuzeit, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 52 (1965), S. 1–41. – Ich danke Mark Häberlein für diesen wertvollen Hinweis. 131 Krag, Die Paumgartner; zu Hans Kleeberger jüngst: Helge Weingärtner, Hans Kleeberger porträtiert von Dürer – gezeichnet von Pirckheimer, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 97 (2010), S. 125–194. Das Leben des Hans Kleebergers im Überblick: Eugène Vial, Jean Cleberger, in: Revue d’Histoire de Lyon 11 (1912), S. 81–102; S. 273–308; S. 321–340; 12 (1913), S. 146–154; S. 241–250; S. 364–386. 132 Müller, Welthandelsbräuche, S. 271: zoe ist Venezianisch und steht für cioè (= „d. h.“; „d. i.“ oder auch „das sind“); die Namensliste umfasst tatsächlich einen guten Teil der großen italienischen Handels- und Bankhäuser, allerdings dürfte es sich bei einem Teil der „ch“s um Verlesungen handeln für „th“: Bartolomeo Nasi & Co (Nasi), Redi di Alamanno Salviati & Co (Alimano Salviati), Francesco Antinori & Co (Anchenori), Lorenzo Bartolini & Co (Parchelini), Giovannfrancesco Bini (Beni), Giovanni Mannelli & Co (Manelli), Bartolomeo Panciatichi & Co (Bortt(olomeo) Panzati; der Name Panciátichi oft mit Panciati abgekürzt), Antonio Gondi & Co (Antt(oni)o Gonndi); Ludovico Buonvisi & Co (Bonfissi von Lucha), Sauli & Co (Sauli de Genoa). 129

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Allerdings beschränkte Endres Imhoff seine Aufmerksamkeit nicht etwa auf das Wechselgeschäft, sondern registrierte auch den Umgang mit den Handelsgütern Seide, Wolle und Leinen. Detailliert fiel seine Wahrnehmung des Handels mit Safran aus. Das zum Färben und Garen benutzte Handelsgut wurde nach der jeweiligen Herkunft (mendes, loschos, avernisch aus Aragón) differenziert. Speziell über Safran aus Katalonien führte er aus: aber kattalonisch ort verdruckt die benannten all für Oesterreich und Pehaim ze kaufen. Bei den weiterhin aufgelisteten Waren – darunter Pfeffer, Ingwer, Mandeln, Feigen, Spezereien – beschäftigten ihn vorrangig Maße und Gewichte. Nicht zuletzt notierte Imhoff noch die auf die Einfuhr erhobenen Zölle sowie die Verpflichtung zum underkauf (zum Einsatz von Sensalen). Die besondere Rolle des Wechselhandels zeigt sich darin, dass Imhoff noch zwei Muster für wexselbrief: Av[i]xo di pagament[o] als Anlage an seinen Abschnitt zum Standort Lyon anfügt.133 Ein vergleichbares Bild ergeben die Geschäfte der Handelsgesellschaft des Wilhelm Rehlinger aus Augsburg von 1507/08, welche über Antwerpen und Lyon mit Seide, Safran und Gewürzen eine vergleichbare Warenpalette nach Süddeutschland einführte.134 Die in seinem Handelsbuch für den Zeitraum zwischen ca. 1530 und 1557 zusammengestellten Beobachtungen des aus Nürnberg stammenden Lorenz Meder konzentrieren sich hingegen auf den Safran- und den Silberhandel. Unter der Überschrift Leoner handlung betreffend analysiert Meder detailgenau das Handelsgut safron, für welches Lyon eine Drehscheibe darstellte. Die Nürnberger exportierten ihrerseits insbesondere Silber nach Frankreich, das auf den Lyoner Messen abgerechnet wurde.135 Demgegenüber legen die Aufzeichnungen des Nürnberger Handelsherrn Hans Welser, in dessen Besitz sich ein Exemplar des Mederschen Handelsbuchs befand, im Rahmen der sogenannten Nachträge zu Meder für die Zeit von 1559–61 einen anderen Schwerpunkt: Die Geschäftstätigkeit in Lyon wurde demnach vor allem vom Wechselhandel bestimmt – allerdings primär zu Finanzierungsgeschäften von Waren. Die Lyoner Messen kommen in den Nachträgen des Miteigners der Handelsgesellschaft Jakob und Hans Welser & Gebrüder nur punktuell vor, beispielsweise im Zusammenhang mit Zimt, der aus der Levante eingeführt wurde (Canel di Venetia per Lion; näher im Kapitel V.1).136

Müller, Welthandelsbräuche, S. 268–279; Safran S. 274; die übrigen Handelsgüter (piper, zenzero, negel, nuß, mandel, feigen, rusin, specerei) und deren Bemessung; zum underkauf: Item zu underkauf [zalt] der verkaufer ain konigs Δ [schilt] und der kaufer 25 ß von der pallen, davon zu wegen der kaufer 10 d, zauzen pintten 5 ß von yeder pallen; S. 277 sowie für das Beispiel eines Wechselbriefes S. 278 f. 134 Franz Josef Schöningh, Die Rehlinger von Augsburg. Ein Beitrag zur deutschen Wirtschaftsgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts, Paderborn 1927, S. 11. 135 Hermann Kellenbenz (Hg.), Handelsbräuche des 16. Jahrhunderts. Das Meder’sche Handelsbuch und die Welser’schen Nachträge. Wiesbaden 1974. Zum Handelsbuch des Lorenz Meder: ebd., S. 69–71; der Abschnitt zu Lyon: ebd., S. 227–233. 136 Kellenbenz, Handelsbräuche, S. 75 f. (für die Nachträge zu Meder) und S. 382 f. (für den Zimt aus Venedig). 133

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Im Kaufmannsnotizbuch des Augsburger Hauptbuchhalters von Jakob und Anton Fugger, Matthäus Schwarz, aus dem Jahr 1548 stehen indes die Wechselkurse der in Lyon gehandelten Währungen von europäischen Wechselstandorten im Vordergrund. Die Vorlagen für die Ausführungen zu Lyon müssen bereits um 1520 entstanden sein. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Fugger an der Rhône nicht durch eine eigene Niederlassung vertreten waren, sondern ihre Wechsel- und Geldgeschäfte mit diesem so bedeutenden Handelsplatz über Mittelleute abwickelten. Die erwähnten Guadagni und Sebastian Weyer tätigten im Auftrag der Augsburger Handelsgesellschaft Fugger mindestens von den 1530er Jahren an Geschäfte mit Safran, Kupfer, Silber und Wechselpapieren. Der in Lyon etablierte Tommaso Guadagni gilt sogar als einer der Gewährsleute des Matthäus Schwarz. Zwischen 1538 und 1544 wirkte sogar Simon (Sigmund) Niklas, der Kommissionär der Welser in Lyon war, für die Fugger. Ebenso erfüllte Matthias Manlich (1499–1559), der auch als Kapitalgeber der Firma Hans Paumgartners auftrat, geschäftliche Aufträge für Anton Fugger. Schwarz spricht im Kaufmannsnotizbuch Lyon am häufigsten aus der Perspektive der jeweiligen Wechselstandorte wie Venedig, Antwerpen oder den kastilischen Messen an und unterstreicht damit die zentrale Rolle der Stadt in diesem Geschäftsfeld.137 Warenhandel: Safran138 Safran übte eine besondere Anziehungskraft auf die süddeutschen Kaufleute aus. Die Pflanze aus der Krokus-Familie (crocus sativus) erzeugte einen Geschmack und einen Farbton, welche ganz offenbar die Sinne der Konsumenten erfreuten. Man färbte nicht nur sprichwörtlich Speisen, sondern auch Textilien jeder Art und Holz. Nicht minder stieß Safran als vielseitiges Arzneimittel und Aphrodisiakum auf Interesse. Allerdings konnte die Produktion kaum mit dem großen Bedarf Schritt halten, weil die Gewinnung von Safran-Fäden ein ebenso arbeitsaufwändiges wie zeitraubendes Unterfangen darstellt. Entsprechend den unterschiedlichen Einsatzbereichen differenzierten die Produzenten und Händler nach sehr verschiedenen Qualitätsstufen – welche in der Regel durch die Bezeichnung der Provenienz kenntlich gemacht wurden.139 Sowohl in Kaufmannsbüchern als auch in den Korrespondenzen nimmt der Einkauf von Safran großen Raum ein. Zum einen kommunizierten die ausgesandten Vertreter Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 115–124 (Lyon im Einleitungstext), S. 349–361 (Lyon im Editionstext). 138 Mark Häberlein, Art. „Safran [Hinzugefügt 2017]“, in: Enzyklopädie der Neuzeit Online, ed. Friedrich Jaeger, URL: [15.08.2017]. 139 Kurt Weissen, Safran für Deutschland. Kontinuität und Diskontinuität mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Warenbeschaffungsstrukturen, in: Angelika Westermann / Stefanie Frfr. von Welser (Hgg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger (Neunhofer Dialog, 2), Husum 2011, S. 61–78, hier S. 61 f. 137

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der Kaufleute – in der Regel Spezialisten auf dem Feld des Safranhandels – mit ihren Firmensitzen wie der im Namen der Großen Ravensburger Gesellschaft im Süden Frankreichs reisende Wolff Apenteger, der die Lyoner Augustmesse 1513 besuchte.140 Dabei waren die stark schwankenden Preise ein wichtiger Indikator für den Verlauf der wirtschaftlichen Aktivitäten. Zum anderen beschäftigte die häufige Fälschung oder Vermengung des Pflanzenerzeugnisses die Einkäufer. In Lyon trafen sie dabei eine besondere Vielfalt südfranzösischer und aragonesischer Anbausorten an.141 Neben dem Zwischenhandel auf den Messen in Lyon bereisten die Händler die Märkte im räumlichen Umfeld der Produktion, so dass die Vertreter der Handelsgesellschaften nicht selten weite Wege zurücklegten, um die Safrangebiete im Süden Frankreichs oder in Aragón zu besuchen – mindestens ebenso stark frequentiert waren die Anbauregionen in den Abruzzen oder in Apulien.142 Aufgrund ihrer massiven Präsenz an den Handelsplätzen für Safran in und um Zaragoza trugen die Nürnberger Imhoff und die Augsburger Welser wohl den spanischen Spitznamen safraneros.143 Zur Kontrolle des Safran-Handels bildeten die Nürnberger Kaufmannbankiers Hans Welser, Linhart Tucher und Endres Imhoff gemeinsam mit den Sankt Gallener Zollikofern die sogenannte Spanische Safran-Companie. Diese Einkaufsgesellschaft verfolgte das Ziel, den Erwerb des wertvollen Erzeugnisses zu kontrollieren und entsprechend die Spekulationsrisiken für die Beteiligten abzufedern.144 Safran wurde insbesondere im Raum um Toulouse angebaut. Überdies stellte Toulouse ein Zentrum für den Handel mit Gewürzen und dem Farbstoff Pastell dar. In den 1550er Jahren betrieb die Christoph-Welser-Gesellschaft gemeinsam mit den Nürnberger Firmen der Fütterer und der Imhoff ein Einkaufskartell für Pastell. Allein im Jahr 1560 erwarb man knapp 3.300 Zentner Pastell für einen Warenwert von bald 13.300 Gulden. Mit Ulrich Schütz ließ sich die Unternehmung des Augsburgers Christoph Welser durch einen eigenen Faktor in Toulouse vertreten, der den spanischen sowie den französischen Gewürzhandel zu bedienen hatte. Die Nürnberger Faktorei der Welser hatte 1555 Safran aus Aragón, Katalonien und der Auvergne in 138 2⁄3 Säcken lagern. Im Jahr 1560 verfügte sie über 6.700 Pfund Safran in ihrem Magazin.145 Die Lyoner Gewürzhändler, die als Spetzier bezeichnet wurden, hatten eingespielte

Schulte, Geschichte, III, S. 215–217, Nr. 23: „Bericht Wolff Apentegers über seine Tätigkeit auf der Lyoner Augustmesse und auf dem Heimwege. Konstanz 1513 September 16“. 141 Schulte, Geschichte, II, S. 150–172, bes. allgemein: S. 150 f.; zu Lyon S. 155; Fälschung S. 169 f. 142 Müller, Welthandelsbräuche, S. 44–47. Weissen, Safran, S. 66–70. 143 Weissen, Safran, S. 70. 144 Ebd., S. 72. 145 Theodor Gustav Werner, Bartholomäus Welser. Werden und Wirken eines königlichen Kaufmanns der Renaissance, in: Scripta Mercaturae 2 (1968), S. 75–102, hier S. 87–89; vgl. Caster, Le commerce, S. 179 f. Im Zusammenhang mit den Schuldnern und Gläubigern David Weyers: Häberlein, Brüder, S. 89–90. 140

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Geschäftskontakte zu dem Augsburger David Weyer, für den sie insbesondere Safran einkauften.146 Warenhandel: Metalle, Quecksilber und Tuche Unter den Metallwaren erfreute sich insbesondere das aus Ungarn oder Tirol importierte Kupfer großen Interesses.147 Das hängt vor allem damit zusammen, dass Kupfer bei der Produktion von Kanonen, aber auch Haushaltswaren und Kleinmünzen verwendet wurde. Bereits im Jahr 1515 erschienen Simon und Hans Manlich, Schwäger Hans Weyers d. Ä., als Verkäufer von Kupfer in Südfrankreich. Ab 1517 ließ sich ein Zweig der Familie Manlich dauerhaft in Genf nieder, um von dort aus Kupfer zu liefern.148 Die Hauptrechnung der Gesellschaft Haug-Langnauer-Linck von 1549 weist die Weyer in Lyon im Zusammenhang mit Kupferlieferungen als Schuldner von 1.050 Gulden aus. Ebenso die Handelsgesellschaft der Neidhart (ain Conto vom Kupffer vns vnd Herrn Neithart fl 2100). Als Abnehmer von Tiroler Kupfer bei der Unternehmung Haug-Neidhart standen die Weyer im Jahr 1551 bereits mit 8.426 Gulden in der Kreide. In den 1560er Jahren wuchs die Bedeutung Lyons als Absatzmarkt für Kupfer durch süddeutsche Handelshäuser noch weiter.149 Wie die Aktivitäten der Geschäftspartner Felix Hünlin in Lindau und Franz Zangmeister in Genf – letzterer war besonders für seine Verwandten in Augsburg und Memmingen tätig – zeigen, legte das Kupfer einen Weg über den Fernpass, Kempten, Lindau, Konstanz, Zürich, Bern und Genf nach Lyon zurück.150 Ein wichtiges Handelsgut, das die reichsstädtischen Kaufleute über die Lyoner Messen feilboten, war Quecksilber.151 Das beim Amalgamierungsprozess (der Auslösung von Silber aus silberhaltigem Erz) und beim Fixieren von Farbstoffen eingesetzte Quecksilber wurde im wesentlichen nur im heute slowenischen Idria oder im spanischen Almadén abgebaut. Beide Rohstoffquellen standen unter dem Regal der Habsburger. Der Ertrag der Minen wurde von den Habsburgern zur Deckung von aufgenommenen Anleihen verwendet. Daher verfügten einige Augsburger Kreditgeber und

Häberlein, Brüder, S. 90 f. Mark Häberlein / Christoph Bartels / Torsten Fried, Art. „Kupfer“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 7, Stuttgart 2008, coll. 381–390; Reinhold Reith, Art. „Metall“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 8, Stuttgart 2008, coll. 414–422. 148 Ammann, Oberdeutsche Kaufleute, S. 186–188; Häberlein, Brüder, S. 83. 149 Häberlein, Brüder, S. 87. 150 Ebd., S. 87 f. 151 Hubert Weitensfelder, Art. „Quecksilber“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 10, Stuttgart 2009, coll. 583–585. 146 147

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Financiers Kaiser Karls V. wiederholt über das Privileg zur Nutzung.152 In den 1520er Jahren hielten die Augsburger Höchstetter, im folgenden Jahrzehnt die Paumgartner die Rechte in Idria. Zeitgleich hatten die Höchstetter eine Niederlassung in Lyon, vor allem um das Quecksilber dort zu verkaufen. Allerdings fallierte die Höchstetter-Gesellschaft, und damit verschwand auch die Faktorei an Sâone.153 Eine Liste, die die Schuldner und Gläubiger David Weyers in Lyon 1557 dokumentiert, weist vor allem Korrespondenten aus Südfrankreich und Nordspanien auf. Kaufleute aus Avignon verkauften demnach insbesondere Samt, Seide und Baumwollgarn auf den Messen an der Rhône. Händler aus Carcassonne bedienten zwar die Märkte für Safran, aber vor allem lieferten sie Wolltuche aus dem Languedoc. Daneben erscheint Montpellier als Zentrum der Produktion von Wolltuch und des Handels mit Textilien.154 Die Bedeutung von Lyon als Drehscheibe des Seidenhandels exemplifiziert der Lyoner Tuchhändler Claude Capaillon. Er importierte luxuriöse Tuche aus Italien (vermutlich aus Genua) über die Rhône nach Frankreich und setzte sie im Königreich ab, wo auch David Weyer zu seinen Kunden zählte.155 Der Absatz von gefärbtem Tuch und Leinwand aus Ravensburg über Genf nach Zaragoza sowie Lyon durch Hans Wigermann von der Ravensburger Gesellschaft im Jahr 1478 zeigt das Interesse der Kaufleute vor allem aus dem oberschwäbischen Raum, Wolltuche und Mischgewebe aus der eigenen Produktion auf den Messen abzusetzen.156 Auch tauschten sie Zucker gegen Baumwolle.157 Zur Gegenfinanzierung des Einkaufs von Safran stand den süddeutschen Händlern Leinwand aus Isny, Staufen, Konstanz und St. Gallen zur Verfügung. Die in Lyon verrechnete Leinwand wurde im Namen der Ravensburger Gesellschaft nach Avignon oder nach Aigues-Mortes zum

Helfried Valentinitsch, Das landesfürstliche Quecksilberwerk Idria 1575–1659. Produktion – Technik – rechtliche und soziale Verhältnisse – Betriebsbedarf – Quecksilberhandel (Forschungen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark. Historische Landeskommission für Steiermark), Graz 1981. 153 Häberlein, Brüder, S. 83; Thomas Max Safley, Der Konkurs der Höchstetter 1529 in Abhängigkeit von Beschaffungs- und Absatzmärkten für Quecksilber, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hgg.), Beschaffungs- und Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger (Neunhofer Dialog, 2), Husum 2011, S. 273–286. 154 Häberlein, Brüder, S. 88 f.; Gascon, Grand commerce, S. 96, S. 117 f., S. 131, S. 234 ( Jean Peche möglicherweise identisch mit Jean del Peix, den Richard Gascon als Mitglied einer der bedeutendsten Carcassonner Tuchhändlerfamilien bezeichnet). – Tuch aus Carcassonne ist auch in den Rechnungsfragmenten der Welser nachzuweisen: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 117. 155 Richard Gascon, Structure et géographie d’une maison des marchands de soie à Lyon au XVIe siècle, in: Revue de Géographie de Lyon 27 (1952), S. 145–154. Häberlein, Brüder,S. 91. 156 Schulte, Geschichte, III, S. 201, Nr. 16 „Recordanz für Hans Wigermann, geführt auf seiner Reise von Ravensburg nach Lyon und zurück. 1478 Juni bis in den Juli“. 157 Schulte, Geschichte, III, S. 206 f., Nr. 18: „Messzettel von der Ostermesse zu Lyon, geschrieben von Hans Hinderofen 1477 vor 23. Mai“. 152

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Weitertransport ausgeführt. Die Rückpartie des Jahres 1507/08 sollte ausdrücklich aus Safran bestehen.158 Eine besondere Episode, die die komplexen Beziehungsnetze des über Lyon abgewickelten Handels zwischen Deutschland und Frankreich illustriert, hat Mark Häberlein herausgearbeitet: Stephan Loitz aus Stettin, der mit seinen Brüdern Hans, Michel und Simon in der Mitte des 16. Jahrhunderts eines der bedeutendsten Handelshäuser des Ostseeraumes leitete, handelte vor allem mit agrarischen Produkten wie Getreide und Ochsen. Zusätzlich trat er als Investor in Bergwerke im Harz auf. Im Jahr 1556 erhielt Stephan Loitz einen Passbrief von König Heinrich II. für den Export von 2.000 Last Weizen aus Frankreich, welcher über Marseille durchgeführt werden sollte. Für dieses Geschäft ging er eine Gelegenheitsgesellschaft mit dem Straßburger Georg Obrecht und dem bereits erwähnten Augsburger David Weyer ein. Im Auftrag der Gesellschafter erwarb ein Pierre Rayot das Korn und speicherte es in Lyon. Allerdings durchkreuzte der Stadtrat von Lyon die Pläne der Handelsleute, weil er Aufruhr der lokalen Bevölkerung befürchten musste. Er zwang die Gesellschaft, das Getreide unter den vereinbarten Preisen abzugeben. David Weyer beziffert den Verlust mit 4.000 livres. Im Jahr 1560 unternahm Loitz den gewagten Versuch, den Salzhandel im Ostseeraum zu dominieren. Mit erheblichen Fremdkapitalien ausgestattet ließ er auf eigenen Schiffen französisches Meersalz importieren.159 Überdies engagierte sich die Firma der Weyer im Lyoner Buchhandel.160 Süddeutsche Kaufmannbankiers zwischen politischen Fronten Allerdings gerieten die Handelsrouten nach Lyon immer wieder in akute Bedrohung. Der französische König Franz I. erbte die ambitionierte, hegemonial ausgerichtete Politik seines Onkels Ludwig XII. und verstrickte sich gleich zu Beginn seiner Regierungszeit in Auseinandersetzungen mit den Schweizer Kantonen. Während der Ostermesse 1515 bewegte sich der erwähnte Konstanzer Wolff Apenteger zwischen Lyon und dem nahegelegenen Genf. Die Aussichten für das Geschäft auf den Messen an der Rhône beschrieb er als wenig erfreulich, weil sich der König in Kriegsvorbereitungen befand und daher sein Verhältnis zu alla natzionen und cofflöt getrübt war, insbesondere zu unß Tützen von Reychstetten.161 Marx Rusch aus Nürnberg bestätigte diese skeptische Haltung und erläuterte: Ebd., S. 213–215, Nr. 22: „Instruktion für Heinrich Stüdlin für die Lyoner Zwölfer Messe 1508. Geschrieben Dezember 1507“. 159 Häberlein, Brüder, S. 91 f. zu den Loitz: Johannes Papritz, Das Handelshaus der Loitz zu Stettin, Danzig und Lüneburg, in: Baltische Studien, N. F. 44 (1957), S. 73–94. 160 Häberlein, Brüder, S. 92–94. 161 Schulte, Geschichte, III, S. 217–221, Nr. 24: „Memoria für Wolff Apenteger für die Ostermesse zu Lyon und Genf, aufgesetzt von Alexius Hilleson. Ravensburg vor 18. April 1515.“, hier insb. S. 221. 158

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Item lieber Wolff von ayns glaytz vagen von den ietzigen nuyen king, welt wir gern haben per mar und per tera. Acht wir wol, ander Tuischen Velser und ander werdent och dar nach stelen, dä mach din kontschaft durch guet frind, wie wir ainß mochtint iber komen fuir ain lange zit. Je lenger tit war, ie lieber uns war, aber dennocht wolt wir nit gern zu fil drum geben.162

Als sich der „junge Welser“ – wahrscheinlich Bartholomäus Welser, der damals 23 Jahre alt war – in Lyon aufhielt, wurde eine Schiffsladung von Handelsgütern auf dem Weg von Flandern nach Marseille von Korsaren aufgebracht: Item lieber laus uns wyssen, wie aes ain gestalt mit dem schiff hab, so zu Marselya zu komen ist, und der patron da gefangen haut, ist ein corsary, haut ain rich schiff in Flandern, so per Lysbona für, gefangen, dar uff fill Tutzen fill gutz, sonder silber uff hond gehept, Auxsporger und Nornberger, sonder Välser layt. Ist der jong Välser glich selbs hin ab geryten, in hoffnong, inna solle ir silber und guter wider werden.163

Welser trat in der Folge als Vermittler auf. Im konreten Fall hatte der Korsar Capperon ein Schiff, das von Antwerpen nach Lissabon unterwegs war, gekapert und nach Marseille verschleppt.164 Die Stadträte von Fribourg und Bern verwendeten sich wiederholt als Interlokutoren zwischen den Kaufmannbankiers und der französischen Krone.165 Aufgrund der politischen Konstellation zwischen den französischen Königen und dem Haus Habsburg sahen sich Jakob und Anton Fugger gezwungen, auf eine Faktorei in Lyon zu verzichten. Zu sehr waren sie in das Habsburger Finanzierungssystem eingebunden, als dass sie am ökonomisch wichtigsten Standort des Widersachers von Karl V. durch ihre eigenen Vertreter hätten aktiv sein können. Allerdings, wie bereits im Zusammenhang mit der Analyse des Standortes im Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz angesprochen, hinderte dieser Zusammenhang die Fugger nicht daran, Geschäfte über Kommissionäre tätigen zu lassen. Die Augsburger Weyer spezialisierten sich auf den französischen Handel, seit sie ab Mitte der 1530er Jahre in Lyon präsent waren. Zwar äußert sich Götz von Pölnitz widersprüchlich zu diesem Umstand, doch scheint es zweifelsfrei, dass Sebastian Weyer, der selbst in Lyon weilte, Transaktionen

Ebd. Ebd., S. 213–215, Nr. 22: „Instruktion für Heinrich Stüdlin für die Lyoner Zwölfer Messe 1508. Geschrieben Dezember 1507“, hier S. 214. 164 Renée Doehaerd, Études Anversoises, documents sur le commerce international à Anvers 1488–1514. Band I: Introduction; Band II: Certificats 1488–1510; Band III: Certificats 1512–1513, Lettres échevinales 1490–1514, Paris 1962/62, II, S. 256–259; Mark Häberlein, Handelsgesellschaften, Sozialbeziehungen und Kommunikationsnetze in Oberdeutschland zwischen dem ausgehenden 15. und der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Carl A. Hoffmann / Rolf Kießling (Hgg.), Kommunikation und Region (Forum Suevicum. Beiträge zur Geschichte Ostschwabens und der benachbarten Regionen; 4), Konstanz 2001, S. 305–326, hier S. 305 f. – Ich danke Mark Häberlein für den Hinweis auf diese Belegstelle. 165 Vgl. Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft; ders., Brüder. – Vgl. Kapitel IV.2.5. 162 163

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im Auftrag der Fugger abwickelte.166 Weyer erwarb beispielsweise Silber von Anton Fugger zu Schwaz, um es in Lyon zu verkaufen.167 Im Jahre 1539 überwies Anton Fugger seinem Geschäftspartner Sebastian Weyer 3.000 scudi di sole, die Letzterer ihm vorgestreckt hatte.168 Die in Lyon ansässigen Handelsleute Simon Niklas und Hans Rieger transferierten 9.750 Gulden aus Lyon an die Fugger. Als Mittelsmänner sprangen dabei Sebastian Weyer, Bartholomäus Welser, Hans Herwart sowie der Nürnberger Hans Welser ein.169 Diese Anweisung bezieht sich auf drei Geschäfte mit einem Volumen von insgesamt knapp 16.400 Gulden, welche die Augsburger Zentrale Anton Fuggers zwischen dem 13. Januar und dem 15. November 1539 in ihrer Rechnung verzeichnete. Daneben erstatteten die Nürnberger Jakob und Hans Welser & Gebr. Fugger 4.853 Gulden. Schließlich remittierte der Unterkäufel Lienhart Pfister 1.668 Gulden an das Bankhaus, welche er in ihrem Auftrag von den Münchner Ligsaltz in Lyon zu Wechsel genommen hatte und die an besagten Hans Rieger anzuweisen waren.170 Anton Hörmann, der sich bei einem italienischen Kaufmannbankier namens Raffael in der Schreibausbildung in Lyon befand171, erklärte seinem Vater Georg im Dezember 1540, dass man einen Sohn des Sebastian Weyer zum Antwerpener Faktor Anton Fuggers, Veit Hörl, schicken sollte. Denn, so Anton Hörmann weiter, die Weyer würden dies den Fuggern danken. Mark Häberlein wertet diese Briefstelle als Indikator dafür, dass die Handelsgesellschaft der Augsburger Weyer durch ihre Spezialisierung auf die Geschäfte in Frankreich für die Fugger, die eben über keine eigene Organisationsstelle in Lyon verfügten, ein Ansprechpartner für französische Geschäftsinteressen waren.172 Allerdings brachten solche geschäftlichen Verbindungen den Fuggern auch auf französischer Seite keineswegs nur Freunde ein. Bereits im Jahr 1516 ließ König Franz Handelsgüter der Firma Jakob Fuggers sequestrieren, weil sich der Bankier bei der Finanzierung von Schweizer Söldnern für die französische Krone zurückgehalten hatte. Der Großschatzmeister Kaiser Maximilians wusste darüber zu berichten:

Häberlein, Brüder, S. 84. Ebd., S. 87: Die Inventur der Fugger von 1536 verzeichnet Sebastian Weyer als Schuldner von 2.144 Gulden. 168 Ebd., S. 84 f. 169 Ebd., S. 85. 170 Pölnitz, Anton Fugger, II/1, S. 427 (Anm. 6): Dillingen, Fugger-Archiv [künftig: FA], 2,1,22c. 171 Pölnitz, Anton Fugger, II/1, S. 505 (Anm. 42). – Um welchen italienischen Kaufmannbankier es sich hierbei handelt, lässt sich einstweilen nicht klären. 172 Häberlein, Brüder, S. 85: „Rolle der Weyer im System des Augsburger Handels um 1540. Auch wenn die Firma hinsichtlich ihrer Kapitalbasis und des Radius ihrer Unternehmungen zweifellos einige Nummern kleiner war als die der Fugger, so erfüllten die Weyer doch aufgrund ihrer geographischen Spezialisierung und ihres daraus resultierenden geschäftlichen Know-How eine Mittlerfunktion, die selbst für die größte oberdeutsche Firma ihrer Zeit von nicht zu unterschätzender Bedeutung war.“ 166 167

Akteursgruppen in Lyon

Der kunig von Franckreich ist uber den Fugker ubl zufriden, zeigt an, wo er nit gewest were, so hette daz gelt zu aufbringung der Sweizer nit so bald mügen berait werden und hat allenthalben in Franckreich lassen fragen, wo er kaufmannsgueter het, die wolt er ime genommen haben; also ist nichts gefunden worden, dann bei 1000 guld weert zyn, das haben die Frantzosen dem Fugker genomen.173

Sebastian Weyer erschien auch für andere Augsburger Geschäftspartner als Vertreter in Lyon. Der Patrizier Leo Ravensburger, der ein ehemaliger Faktor der Welser-Vöhlin-Gesellschaft auf Madeira war und der nach der Verfassungsänderung Karls V. als einer der ersten beiden Stadtpfleger Augsburgs fungierte, sandte seinen Sohn Christoph im Jahre 1539 zur Ausbildung nach Lyon. Ihm schrieb er: Der Sebastien Weyer unnd sein bruoder werden sich befleysen, dich zu ainem Rechschaffnen Herrnn zu thonn, da Erber from leuyt sennd / und was du bedarffst zu deiner notturft, dir verordnen, es seyen clayder unnd anders.174

In der folgenden Dekade erledigten die Weyer Geschäfte für Hans Paumgartner in Marseille, wobei der ebenfalls in Frankreich aktive und durch einen Faktor präsente Matthäus Manlich die Erstattung von 112 Gulden übernahm.175 Die Erben Sebastian Weyers knüpften an die Serie von Kommissionsgeschäften für andere Augsburger Kaufleute in Lyon an. Für die Handelsgesellschaft Anton Haug und Ulrich Linck übernahmen sie Lieferungen, die zwischen Süddeutschland und Südfrankreich transportiert wurden. Im Jahr 1552 erwarben Dominikus und David Weyer von einem Vertreter des Kaufmannbankiers Gio Battista Grimaldi fünf Kisten vollonos fins de gennes (vermutlich genuesische Samtstoffe), um sie nach Augsburg zu importieren. Eine Abrechnung von 1555 zeigt Hans und David Weyer als Einkäufer von sechs Ballen Rohseide für knapp 3.500 livres im Auftrag der Firma Hieronymus Kraffter.176 Wechsel- und Kreditgeschäfte Während die Florentiner Wirtschaftsgeschichte die Bedeutung von Lyon als Standort für Wechsel- und Kreditgeschäfte auch schon für das frühe 16. Jahrhundert betont, beziehen sich die Beispiele süddeutscher Kaufmannbankiers vorwiegend auf die 1550er Jahre und somit auf den Zusammenhang mit den Kronanleihen unter König Hein-

Zitiert nach Max Jansen, Jakob Fugger der Reiche. Studien und Quellen, Leipzig 1910, S. 216. – Ich danke Mark Häberlein für dieses sehr anschauliche Zitat. 174 Häberlein, Brüder, S. 85. 175 Ebd., S. 84 f. 176 Ebd., S. 86 f. 173

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rich II. Michael Sailer177 illustriert diesen Befund. Der für die Christoph-Welser-Gesellschaft als Faktor in Lyon präsente Handelsmann178 tätigte auch im Namen anderer Handels- und Bankhäuser Geschäfte. Zwischen 1556 und 1558 nahm er beispielsweise für die Augsburger Karl und Hieronymus Reihing sowie für Lukas Rehlinger Ausgabenrechnungen vor.179 Der Conto corrente, der für die Erben des Konstanzers Felix Grimmel im Jahr 1559 angelegt wurde, weist die Wechselgeschäfte als ein unvermindert wichtiges Feld auf, wiewohl gerade erst der französische König seine Insolvenz hatte eingestehen müssen. Das im Nachlass Grimmels hinterlegte Konto zeigt ein über Lyon abgewickeltes Wechselgeschäft: Adi 15 Jungno fl 851.6.8. Sovil hab ich auf datum dem Hanß Lunser alhie bar geben, soll ers mit im gen Lyon fürren unnd alda verhanndlen, nemlich 430 scudi+ de Ittalia zu 92 kr, mer 120 scd+ de f Rantza zu 96 kr, tut wie ob Notta noch soll er in Sannt Gallen empfachen 500 scd+, so der Britzius dem schweger Hannß Lynner auß Costenntz hinauff gesannt hat, die soll gemelter Lunser zu Lyonn auch verhanndlen per avisa.180

Ebenso wie im Fall der italienischen Kaufmannbankiers gerieten die Herrscherfinanzen im Verlauf des 16. Jahrhunderts zunehmend ins Blickfeld der reichsstädtischen Handelshäuser. Insbesondere nach 1542, als abermals heftige Auseinandersetzungen zwischen König Franz I. und Kaiser Karl V. aufbrachen, traten die königlichen Kreditvermittler verstärkt auf den Plan, um für die königliche Schatzkammer Darlehen anzuwerben. Die ambitionierte Kriegs- und Subsidienpolitik König Heinrichs II. erforderte eine geradezu explodierende Kreditfinanzierung, die nur durch große Konsortien aufgebracht werden konnte. Mark Häberlein hat die wichtigsten Gruppen der Augsburger Darlehensgeber herausgearbeitet: Es handelte sich zunächst um Sebastian Neidhart und den phasenweise in Spanien und Antwerpen für die Welser tätigen Hieronymus Sailer181, ferner um Bartholomäus Welser und seinen Schwiegersohn Hans

Schmidt, Das Gewerbebuch: Michael Sailer (den Mark Häberlein zurecht nur als „Vetter“ des Hieronymus Sailer apostrophiert: Häberlein, Brüder, S. 136) taucht im Gewerbebuch der Christoph-Welser-Gesellschaft vielfach auf. 178 Jetzt eingehend: Schmidt, Das Gewerbebuch; dazu ausführlicher in Kap. IV. und insbesondere in Kap. V.2. 179 Häberlein, Brüder, S. 84. 180 Göttmann/Nutz, Die Firma, S. 101. 181 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 325 f. (SpH 3: 1531); S. 512 (Sev 1: 1531); S. 531 (Sev 3: 1536)S. 351 (SpH 5: 1538); S. 371 (SpH 5.319: 1539); S. 435 (SpH 7: 1540); S. 501 (SpH: in Sevilla 1541). Im September 1538 hielt sich Sailer nach Auskunft des Briefkopialbuches von Averardo e Piero Salviati & Co di Lione in Antwerpen auf: SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 234 (An Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen, 15.09.1538). In dem Schrieben heißt es q(uest)a f(ier)a abiamo più v(ost)re sotto nome d(i) G(irola)mo Sailer el u(l)tt(im)o[.]. Es kann auch sein, dass der Briefautor allgemein von den Welsern spricht, so dass das erwähnte Schreiben Sailers wohl auch aus Spanien stammen könnte. – Zu Hieronymus Sailer ausführlich: Conradin Bonorand, Hieronymus Sailer aus St. Gallen, Schwiegersohn des Augsburger 177

Akteursgruppen in Lyon

Paul Herwart, drittens um Bernhard und Philipp Meuting, viertens um Hieronymus und David Zangmeister sowie, fünftens, um Hans und David Weyer. Von Nürnberger Seite kamen noch Endres Imhoff und sein Lyoner Faktor Paulus Behaim als zentrale Figuren hinzu.182 Wie später noch ausführlicher zu zeigen sein wird (Kapitel V.2), bestand die entscheidende Kompetenz dieser führenden Köpfe darin, kapitalkräftige Kreditnetzwerke aufzubauen und für die immensen Summen, mit denen sie zum Teil auch am Grand Parti von 1555 partizipierten, Bargeldbestände flüssig zu machen. Die aus Straßburg stammenden Bankiers Georg Obrecht und Israel Minckel spielten vor allem bei der Finanzierung der Partis in den Jahren 1555 bis 1558 eine herausragende Rolle.183 Für die Konstitution der besagten Kreditnetzwerke erwies sich nach Mark Häberlein „landsmannschaftliche“ Kooperation als Schlüsselelement, wobei die süddeutschen Bankiers darüber hinaus mit italienischen Merchant bankers zusammenarbeiteten.184 Die Kaufmannbankiers nutzten die Möglichkeit der Messeverschreibung von Krediten, um expandierende Kreditmärkte am Standort der Lyoner Messen entstehen zu lassen. Dabei wurde die Rückzahlung von Krediten von Messe zu Messe verschoben, um die hohen Kapitalien in der Form von Einlagen aufnehmen und verzinsen zu können.185 Für die Herrscherfinanzen erschien die komplexe Handlungskette von Kaufmannbankiers und deren Kreditvermittlern sowie von ausgemünztem Geld und Giro-Wechseln, welche in der Buchführung generiert wurden, als Fundament des Marktgeschehens. Vor allem die toskanischen Bankiers griffen auf diese Transaktionsformen zurück, um das zunächst vorwiegend von ihnen organisierte Anleihegeschäft weiterhin zumindest beeinflussen (wenn nicht gar kontrollieren) zu können.186 Die Korrespondenzen des Tucher-Faktors in Lyon Vinzenz Perckhamer verdeutlichen die Bedeutung des Geschäfts mit Darlehen an Herrscher. Die umfangreichen Darlehen über die Tucher an Herzog Karl III. von Savoyen von bis zu 10.000 scudi di marchi im den Jahren 1531 und 1532 stellten sich als besonders einträglich dar. Während die Tucher nach eigenem Bekunden mit Wechselgeschäften einen zwei- bis zweieinhalbprozentigen Gewinn einstrichen, konnte man mit vier Prozent pro Messe, also 16 Prozent im Jahr, bei Krediten an Herrscher rechnen.187 Dieser Fall illustriert sowohl die zeitlich früher als üblich in der Literatur beobachtete Hinwendung süddeutscher

Großkaufherrn Bartholomäus Welser, und seine Tätigkeit im Lichte seines Briefwechsels mit Vadian, in: Zwingliana 20 (1993), S. 103–125. 182 Häberlein, Brüder, S. 120–147. – Jetzt zu Paulus Behaim ausführlich: Mechthild Isenmann, Das „Handlungs- und Bilanzbuch“ Paulus I. Behaims (1519–1568). Finanzgeschäfte und Klientel eines Nürnberger Financiers. Ein Werkstattbericht, in: Annales Mercaturae 1 (2015), S. 37–60. 183 Häberlein, Brüder, S. 147–156. 184 Ebd., S. 156–167. 185 Vgl. Matringe, La Banque, S. 226–234. 186 Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée. Dazu später ausführlich: Kapitel V.2. 187 Diefenbacher, „Je lenger, je unfleysiger“, S. 388–390.

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Die Akteure

Handelshäuser zum Geschäft mit herrschaftlichen Anleihen, als auch die quer zu den politischen Konstellationen verlaufenden Kreditlinien. III.3

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

Die Untersuchung der Lyoner Messen zeigt allerdings auch, dass die institutionelle Einbettung von Märkten ein Handlungsrepertoire umfasste, welches die Beteiligten wie die Obrigkeiten selbst zu Akteuren auf Märkten machte. Es handelt sich weniger um ein Eingreifen von außen als vielmehr um die Vermittlung von Handlungen durch „interessierte“ Teilnehmer.188 Sowohl ihre Vertreter in der hohen Finanzadministration, die als Kreditvermittler auftraten, als auch die Bankiers, die die Aufnahme umfangreicher Anleihen organisierten, verbanden die Krone mit dem wirtschaftlichen Geschehen in der Stadt an Saône und Rhône und verknüpften die interventionistischen Handlungen des Königs und seiner Administration mit Handlungen, die das Marktgeschehen mit Regelungen belegte und aus möglichen Transfers auf Kreditmärkten binäre Transaktionen machte.189 Die wichtigsten Institutionen der Messeregulierung waren das Königtum und die städtische Obrigkeit. Beide waren indes keine sécretaires de marché, neutrale Zentralinstanzen eines Marktgeschehens, wie Léon Walras formuliert hat.190 Auch kann man sie mitnichten als bloße Rahmenorganisationen oder Referenzinstanzen abhandeln.191 Vielmehr erschienen sie als Akteure bzw. Akteursgruppen, die in Handlungsgeflechte durch ihre Beteiligung am Marktgeschehen integriert waren. Sie verfolgten – keines-

Vgl. Roland Czada / Susanne Lütz, Marktkonstitution als politische Aufgabe: Problemskizze und Theorieüberblick, in: Diess. (Hgg.), Die politische Konstitution von Märkten, Wiesbaden 2000, S. 9–35, hier S. 12: Allerdings werden hier die „Pflege und institutionelle Einbettung von Märkten“ als ein Tätigkeitsspektrum „unterschiedlicher Intensität“ und „auf unterschiedlichen Wegen“ begriffen, das auf die Erzeugung von Rahmenbedingungen für das Marktgeschehen zielt. Dabei erscheinen, namentlich, die staatlichen Stellen als Interventionskräfte. Gerade in dem Punkte ist sich hier zu lösen: Die Regulierungsinstanzen – französischer König, der Stadtrat, die nationes – greifen zwar auf der Grundlage ihrer juristischen Kompetenzen ein, aber nicht als „Außenstehende“, sondern als Beteiligte („Interessenparteien“). Ihre marktorientierten Handlungen lassen sich nicht aus dem Handlungsgefüge der Märkte lösen. 189 Vgl. Philippe Hamon, L’argent du roi. Les finances sous Francois Ier (Comité pour l’histoire économique et financière de la France), Paris 1994; vgl. Lang, Herrscherfinanzen. 190 Léon Walras, Éléments d’économie politique ou théorie de la richesse sociale, Paris 1952 [zuerst 1900]. 191 Die Institutionenökonmie erweckt den Anschein, als gäbe es soziale und formaljuristische Institutionen, die Marktgeschehen einhegen und Transaktionen auf Märkten absichern. Das ist nicht in jedem Fall falsch, aber verwässert den Blick auf die Qualitäten der hier vorgestellten Institutionen der Governance von Märkten als Akteure. Die normative Behandlung oder Wirkungskraft auf Märkte ist nicht ein rein exogenes Phänomen, sondern ist nur in Rückkopplung im Zuge eines kommunikativen Prozesses denkbar. Überdies hatten die Reglementierungsinstitutionen durchaus ein „Eigeninteresse“ am Marktgeschehen. 188

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

wegs homogene – eigene Interessen im Marktgeschehen und bei der Reglementierung der Messen.192 Allgemein geben zunächst die Normvorstellungen einer Gesellschaft Anlass, in das Märktegeschehen einzugreifen (etwa weil bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen als Fehlentwicklungen bewertet werden). Allerdings erscheinen nicht nur die Motivationen hierfür höchst unterschiedlich, vielmehr kommen auch verschiedenartige Instrumente zur Intervention in ökonomische Prozesse sowie unterschiedliche Handlungsebenen zum Einsatz. Regulierung oder auch, im engeren Verständnis eines Autoritätsgefälles, Reglementierung vollziehen sich in Form von komplexen Vorgängen, wobei die strikte Trennung zwischen Reglementierenden (etwa Regierungen) und Reglementierten (etwa Unternehmungen eines ökonomischen Sektors) verschwimmt.193 Kommunikative Prozesse der Aggregation von Informations- und Wissensbeständen führen zu koordiniertem Verhalten. Diese Koordinierungsleistungen bilden die Grundlage für die Gestaltung der Regulierungsvorgänge, welche von allen Beteiligten an den ökonomischen Handlungsgefügen getragen werden. Dabei werden verschiedene Momente der Handlungsanpassung entwickelt, wie sich anhand der Integration religiöser (spiritueller) Normen illustrieren lässt. Deren Durchsetzung wurde keineswegs nur von der Kirche als religiöse Norminstanz betrieben, sondern auch von den Kaufmannbankiers selbst (etwa durch Stiftungen) oder in der Buchführung durch die Eröffnung von Rechnungsbüchern mit der invocatio Gottes und der Heiligen angewendet. Je nach Motivation kamen unterschiedliche Kooperationsprozesse in Gang. Die verschiedenen Ebenen der juristischen Absicherung von Kreditgeschäften vor einem Notar der Stadt, in Einträgen in Kaufmannsbüchern und der Zustellung von Briefen an Korrespondenten zeigen das komplexe Netz sowohl der Beteiligten an Reglementierungsprozessen als auch die differenzierte Ausgestaltung von Regulation.194 III.3.1

Die französischen Könige und die Lyoner Messen

Der „reglementierungspolitische“ Schlüssel zum Erfolg der Lyoner Messen bestand in der Privilegierung durch den französischen König. Das Ausmaß des Handels mit Waren und Wechselbriefen hing von der rechtlichen Beschaffenheit der Messekonzessionen ab.195 Die gewährten Freiheiten bezogen sich insbesondere auf die Bedürfnisse des Fernhandels. Als Vorbilder dienten die Privilegien, die die Könige den ChampaHier hilft die Akteur-Netzwerk-Theorie, die Blöcke der Institutionen – der König, der Stadtrat, das Handelsgericht – aufzubrechen und in ihrem Eigenleben und ihren Widersprüchlichkeiten als Akteursgruppen zu analysieren. 193 Vgl. Stiglitz, Government, S. 13–51. 194 Vgl. Yochai Benkler, Law, Policy, and Cooperation, in: Edward J. Balleisen / David A. Moss (Hgg.), Government and Markets. Toward a New Theory of Regulation, Cambridge 2010, S. 299–332. 195 Abdruck der Messeprivilegien vom Jahr 1487 durch Karl VIII.: Alexis Charanosonnet / Jean-Louis 192

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Die Akteure

gne-Messen erteilt hatten. Das wohl wichtigste Element dabei waren die Bewegungsfreiheiten der Kaufleute und deren Waren sowie deren Geldes während der Messen. Überdies genossen die Schweizer und Süddeutschen eine um 15 Tage verlängerte Messefreiheit. Dazu kamen noch die spezielle Messegerichtsbarkeit durch den Conservateur des foires, die Erlaubnis der verzinsten Anleihe, die Aussetzung des droit d’aubaine (Fremdenrecht) sowie steuerliche Exemptionen.196 Mit dem Messedekret vom 8. März 1463, welches die vier Messetermine zu Lyon vorsah, richtete Ludwig XI. die Conservation des Messehandels ein. Er erklärte den Sénéchal von Lyon zum Conservateur et gardien des privilèges des foires. Der Stadtmagistrat, der Consulat de Lyon, diente fortan als Schiedsstelle zwischen den Kaufleuten und den königlichen oder städtischen Instanzen. Die Rechtssprechung über die Handelsund Bankgesellschaften erfuhr im Jahr 1535 eine Präzisierung, der Parlement de Paris wurde dabei als Appellationsorgan benannt. Nach 1545 erhielt der städtische Consulat die Aufgabe, im Falle des Bankrotts einer Handelsgesellschaft deren Unterlagen zu beschlagnahmen. Am Ende des Jahrhunderts, 1594, wurde schließlich die Conservation zum dauerhaften Handelsgericht.197 Eine wesentliche Bedingung für die Entwicklung Lyons zum herausragenden Wechselstandort war die Erlaubnis zur Erstattung von Obligationen auf den Messen, ohne dass die Zahlungsverpflichtungen dem kanonischen Verbot der Zinsnahme unterworfen worden wären.198 Die Rückerstattung bzw. die Übertragung von Zahlungsverpflichtungen von Messe zu Messe ermöglichte den Kaufmannbankiers den ungehinderten Handel mit Geld, Waren und Wechseln. Die Verschreibung von Messetermin zu Messetermin übertragbarer Zahlungsverpflichtungen stiftete, wie bereits erwähnt, die Voraussetzung dafür, kreditfinanzierte Warengeschäfte über mittelfristige Zeitspannen auszudehnen und die Kredite selbst zu handelbaren Titeln zu machen. Die in der Messestadt ansässigen Notare registrierten die Zahlungsverpflichtungen zwischen Kaufmannbankiers verschiedener nationes, so dass die erhaltenen Notariatsakten lebhaftes Zeugnis vom Zahlungsverkehr auf den Messen ablegen.199 Auch in der Strafjustiz – deren Fälle in der vorliegenden Arbeit nicht zitiert werden – gaben die französischen Könige ihren Anspruch, in der Stadt Lyon ihr Gericht abhalten zu lasGaulin / Pascale Mounier / Susanne Rau (Hgg.), Lyon, entre Empire et Royaume (843–1601). Textes et documents (Bibliothèque d’histoire médiévale, 14), Paris 2015, S. 524–528. 196 Jean Vaesen, La juridiction commerciale à Lyon sous l’ancien régime. Étude historique sur la conservation des privilèges royaux des foires de Lyon (1463–1795), Lyon 1879. Gascon, Grand Commerce, S. 676 f. 197 Jean-Pierre Gutton, Art. „Conservation“, in: Lucien Bély (Hg.), Dictionnaire de l’Ancien Régime. Royaume de France XVIe–XVIIIe siècle, Paris 1996, S. 326–327. Justin Godart, La juridiction consulaire à Lyon, la conservation des privilèges royaux des foires 1463–1791, le tribunal de commerce 1791–1905, Lyon 1905. 198 Zur Freigabe des Wechselgeschäfts (außer mit England) schon im Mai 1462: Wilhelm Köpf, Beiträge zur Geschichte der Messen von Lyon mit besonderer Berücksichtigung des Anteils der oberdeutschen Städte im 16. Jahrhundert, Ulm 1910, S. 58 f. 199 Gascon, Grand Commerce, S. 254 f.

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

sen, nicht auf. Dabei übten der Bailli von Mâcon und der Sénéchal die entscheidenden Funktionen aus, weil in ihren Händen die entsprechenden Kompetenzen zusammenliefen.200 Privilegierungen Die Privilegierung der Lyoner Messen folgte allerdings einem klar definierten Eigeninteresse des Königs. Denn die Regelung von Zahlungsverpflichtungen gestattete dem französischen Monarchen die Aufnahme von Anleihen von den auf den Wechselmessen aktiven Kaufmannbankiers.201 Dabei war die Gewährung von Privilegien an die auswärtigen Kaufmannbankiers durchaus umstritten. Insbesondere der Abfluss von ausgemünztem Geld durch die Handels- und Kreditaktivitäten erregte Anstoß. Während sich die Stadt Lyon selbst sehr wohl darüber bewusst war, dass die Messegeschäfte der wichtigste Wirtschaftsfaktor der Stadt waren und Lyon zum Scharnier zwischen den europäischen und regionalen Märkten machten, teilten die Generalstände von Tours diese Auffassung nicht durchweg oder sahen sich durch diese Position der Saône-Metropole im Nachteil. Daher fühlten sich die französischen Könige wiederholt genötigt, fiskalische Belastungen und Beschränkung der Bewegungsfreiheit von Kaufleuten und deren Gütern zu verhängen. Aber die Krone benötigte die Kredite vor allem der italienischen Kaufmannbankiers, so etwa Karl VIII., als er 1494 seinen Italienzug finanziert wissen wollte, und beließ den Messekaufleuten ihre Freiheiten. Erst in diesem Jahr, 1494, wurden die Lyoner Messen nach einigen klammen Jahren am Ende der Regierungszeit Ludwigs XI. wieder vollumfänglich hergestellt. Die Könige nutzten nun im Gegenzug den florierenden Handel und verhängten ergiebige Importzölle wie fünf Prozent auf Seidentuch oder vier Prozent auf Gewürze. Die Stadt Lyon artikulierte wiederholt ihren Unmut über die Importzölle und die Kronanleihen, weil beides mit dem Abfluss finanzieller Mittel aus der Kommune verbunden war.202 Wiewohl die grundsätzlichen Privilegien für den Fernhandel bis zu den Religionskriegen nicht infrage gestellt wurden, hatten doch die politischen und militärischen Wendungen erheblichen Einfluss auf die Bewegungsfreiheit der Kaufmannbankiers und ihrer Güter. Die Konstellationen entschieden, welche natio sich auf Repressalien gefasst machen musste. Der erwähnte bündnispolitische Schwenk Gio Andrea Dorias 1528 zu Karl V. zeitigte schwere Konsequenzen für die Genueser Kaufmannbankiers. Während der Verdichtung der Konflikte zwischen 1531 und 1536 verfügte König Franz

Nicole Gonthier, Délinquance, justice et société dans le Lyonnais Médieval de la fin du XIIIe siècle au début du XVIe siècle, Paris 1993, S. 35–39. 201 Gascon, Grand Commerce, S. 255–258; vgl. Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 145–149. 202 Gascon, Grand Commerce, S. 677–680.; vgl. Tewes, Kampf, S. 25–57. 200

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die Konfiskation der genuesischen Güter und wies die Vertreter der genuesischen natio aus.203 Eine weitere Kehrseite der Privilegierung der auswärtigen Kaufleute bestand in der pauschalen Besteuerung der Kommune. Im Jahr 1529 verfiel der französische König darauf, der Stadt Lyon 35.000 livres als Kontributionszahlung abzuverlangen. Auch die dort ansässigen Handelsleute hatten ihren Beitrag zu leisten, für den der Stadtrat einen Verteilungsschlüssel finden musste. Insgesamt 51 Kaufleute wurden gelistet, um auf ihre Besitztümer in Lyon eine Abgabe zu entrichten.204 Erst 1544 erlaubte sich Franz einen abermaligen Zugriff auf die zugewanderten Kaufmannbankiers: Speziell der Florentiner sowie der Luccheser natio wurde ein gemeinsames zinsloses Darlehen an den König abgenötigt.205 Für die Messetage waren Ein- und Ausfuhr von Gütern zwar von Zöllen befreit, aber auf den Import von Seidentuch wurde dennoch eine gabelle – ein faktischer, als taille urbaine verbrämter Zoll – in Höhe von fünf Prozent erhoben.206 Ab dem Jahr 1522 legte der Monarch eine generelle Steuer auf alle Waren. Die Ambitionen des Königs im Herzogtum Mailand führten zu dieser speziell eingeführten Abgabe. Auch gegen den Widerstand vonseiten der Kaufmannbankiers wie dem Florentiner Antonio Gondi intendierte Franz I., zwei deniers pro livre Warenwert zu erheben. Nach zähen Verhandlungen, bei denen Kardinal François de Tournon (1489–1562)207 zwischen den Kaufmannschaften, dem Stadtrat und der königlichen Regierung vermittelte, einigte man sich darauf, anstelle der Steuer eine einmalige Gebühr von 10.000 livres an den König abzutreten.208 Allerdings kam die königliche Fiskaladministration wiederholt auf die Warenbesteuerung mit zwei deniers auf die livre (lb 0,0,2 pro livre) zurück. InGascon, Grand Commerce, S. 684. – Die Verdrängung der Genueser Kaufmannbankiers aus Frankreich lässt sich in den Messebüchern der Salviati nachvollziehen: SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), 1528–1531. Die Allerheiligenmesse von 1528 weist einen massiven Einbruch der Umsätze auf. Zuvor belief sich der Umsatz zwischen den Salviati und beispielsweise Francesco Palavisino & Girolamo Gentili di Lione auf immerhin knapp 9.900 scudi di marchi bei der Ostermesse 1528 (SNS, AS, I, 498, c. 21/XXI). Eine Erholung stellte sich zur Augustmesse 1530 ein, als Andrea & Francesco Spinola mit 1.200 scudi di marchi und Agostino & Giovanbattista Lomellini mit 3.570 scudi Umsatz bei den Salviati firmierten (ebd., c. 227/CCXXVII). Insgesamt begann, gemessen an den Umsätzen, wie vom Florentiner Bartolomeo Panciatichi (dessen Umsätze in den Salviatibüchern mit 18.000 scudi di marchi am höchsten waren; ebd., c. 190/CLXXXX) im Laufe des Jahres 1530 eine schrittweise Kompensation des Genueser Fernbleibens. Eindeutig war diese Entwicklung aber nicht. Auch ist die Frage, wie weit sich diese Beschränkungen grundsätzlich auf die konjunkturelle Entwicklung niederschlug, mitnichten klar zu beantworten. Aus der Perspektive der Genuesen mag die Situation unerfreulich gewesen sein, allerdings erhielten sie mit der Einrichtung der Messen in Besançon ihre eigene Plattform. Zudem wurde Genueser Tuch über Kaufleute anderer nationes importiert: Lang, Seide für Lyon. 204 Gascon, Grand Commerce, S. 688. 205 Ebd., S. 689. 206 Ebd., S. 689 f. 207 Michel François, Le Cardinal François de Tournon. Homme d’État, diplomate, mécène et humaniste (1489–1562), Paris 1951. 208 Gascon, Grand Commerce, S. 691. 203

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

folge der Hungersnot von 1531 wurde während der Augustmesse 1533 die Abgabe tatsächlich eingezogen.209 Zwischen Juli 1544 und Januar 1545 konnte die Stadt aufgrund ihrer misslichen fiskalischen Lage vom König verbrieft sogar sechs deniers auf die livre Warenwert (lb 0,0,6 pro livre) einziehen. Im Jahr 1551 erlaubte der König der Kommune, anstelle des einmaligen Einzugs von 69.500 livres sechs deniers auf die livre von allen gehandelten Waren einzuheben. Im Jahr 1558 presste die Stadt im Namen König Heinrichs II. den Kaufleuten anstelle der generellen Warensteuer eine Einmalzahlung ab, zu der die Straßburger Obrecht & Minckel 56.000 livres sowie Lionardo Spina 15.000 livres beizusteuern hatten.210 König Heinrich II. erließ 1550 eigens Messeprivilegien, in denen er zugunsten von Kaufmannbankiers aus Mailand, Florenz, Lucca und Bologna den droit d’aubaine zurücknahm. Diese Bestimmung sollte auch für Kommissionsgüter gelten – mit weitreichenden Konsequenzen. Denn aufgrund der Regelungen im Fremdenrecht mussten in den merkantilen Geschäftspapieren sowohl die Namen als auch die Waren der Kommittenten präzise angegeben werden.211 Die Privilegien der süddeutschen Reichsstädte Insgesamt vermochten solche steuerlichen Zumutungen die Aussichten auf gewinnträchtige Geschäfte nicht so weit zu trüben, dass die Niederlassungen der Handels- und Bankgesellschaften abgewandert wären – auch wenn es sich um flagrante Verletzungen der Messeprivilegien handelte. Letztere waren wiederholt Gegenstand von Verhandlungen, insbesondere wenn ein neuer König an die Stelle seines Vorgängers trat oder ein Krieg politische Fronten zwischen die Kaufmannsgemeinschaften und die Interessen des Königs zog. Die Gewährung von Privilegien zugunsten des reichsstädtischen Handels folgte dem Muster eingeübter handelspolitischer Verfahren, welche die Reichsstädte entwickelt hatten. Dabei trafen sie vertraglich abgesicherte Absprachen über Märkte, Rechtsstellungen und Zölle mit den jeweiligen Territorialherren – anderen Reichsstädten oder fürstlichen Herren. Im jeweiligen Einzelfall beriefen die Stadträte, welche ihr Vorgehen häufig mit anderen reichsstädtischen Ratsgremien koordinierten, Delegationen, deren Mitglieder zumeist über juristische Schulung verfügen mussten und die zu den entsprechenden Verhandlungspartnern reisten.212 Nach der Inthronisierung Franz’ I. im Jahr 1515 führte Wolf Apenteger von der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft Gespräche über das freie und sichere Geleit der reichsstädtischen Kaufleute, welche in eine Urkunde vom 14. März 1516 münde209 210 211 212

Ebd., S. 691 f. Ebd., S. 692 f. Köpf, Beiträge, S. 60 f. Köpf, Beiträge, S. 86–98; Lutz, Die rechtliche Struktur, S. 43 f.

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ten.213 Gegenstand der Privilegien waren insbesondere der Import von Silber, Metall und Waffen, die freie Bewegung der Faktoren, Diener und Unterkäufer auch in Kriegszeiten, die ungehinderte Warenausfuhr auch noch 15 Tage nach dem Ende der Messe sowie die uneingeschränkte Zirkulation von Geld, Silber, Waren und Schuldscheinen.214 Allerdings waren im nämlichen Jahr 1516 mit den Repräsentanten der Imhoff, der Tucher und der Welser lediglich fünf süddeutsche Kaufleute neben dem fest in Lyon etablierten gebürtigen Nürnberger und Berner Bürger Hans Kleeberger in Lyon ansässig.215 König Franz hatte aber gleichwohl Interesse daran, dass die Lyoner Messen von reichsstädtischen Kaufmannbankiers aufgesucht würden. In einem Schreiben an die Reichsstadt Straßburg formulierte er mit mercaturas suas exercendo die Motivation, die Beschränkungen auf den Handel der süddeutschen Unternehmungen nach Frankreich zu lockern.216 Im Frühjahr 1528 ließ Franz I., der seit seiner Rückkehr aus der Madrider Gefangenschaft 1526 insbesondere die fiskalpolitischen Verhältnisse in seinem Sinne zu reformieren trachtete, kurzer Hand die süddeutschen Kaufleute und ihre Gehilfen festsetzen. Aufgrund des abermaligen Kriegsausbruches in Italien zwischen dem französischen Monarchen und dem Kaiser konnte ein durch die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft von Augsburg über Lyon nach Spanien umgesetzter Wechsel in Höhe von 90.000 Dukaten nicht geduldet werden. König Franz arretierte den in Lyon weilenden Hans Welser. Die reichsstädtischen Unterhändler bewirkten die Restituierung der deutschen Vorrechte.217 Für die Belange der auswärtigen Kaufleute setzte sich wiederholt der bereits erwähnte Kardinal François de Tournon, Erzbischof von Embrun und dann Bourges, als Vermittler von Seiten der königlichen Administration ein.218 Auf der Seite der deutschen Kaufmannbankiers war es der genannte Hans Kleeberger, der die Interessen gegenüber dem Monarchen vertrat wie in den Jahren 1533 und 1540, als ein königlicher

Gerhard Pfeiffer, Die Bemühungen der oberdeutschen Kaufleute um die Privilegierung ihres Handels in Lyon, in: Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, Nürnberg 1967, S. 407–455, hier S. 410 f. 214 Gerhard Pfeiffer, Die Privilegien der französischen Könige für die oberdeutschen Kaufleute in Lyon, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Nürnbergs 53 (1965), S. 150–194, hier S. 155 (Nr. 1). 215 Pfeiffer, Die Privilegien. Vg. Vial, Jean Cleberger, S. 86. 216 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 412. 217 Pfeiffer, Die Privilegien, S. 156 (Nr. 2); S. 412. Zum Kontext: Robert J. Knecht, Renaissance Warrior and Patron: The Reign of Francis I, Cambridge 1994, S. 274–282. – Im Verzeichnis von Ramón Carande zu den Jahrgängen 1527 und 1528 lässt sich ein Transfer von 90.000 Dukaten durch Bartholomäus Welser nicht nachweisen; zum Jahresende 1527 finden sich sehr wohl Kredite durch Jakob Fugger und Bartholomäus Welser (u. a. drei asientos), ebenso im Januar 1528: Ramón Carande, Carlos V y sus banqueros, Madrid 1967, III, S. 132–135. Die Festsetzung Hans Welsers fällt in den Kontext der Vorbereitung der Venezuela-Verträge zwischen den Welsern und der spanischen Regierung (Abschluss am 20.2.1528); in dieser Phase ist keine Überweisung über Lyon bekannt (die angesprochenen Kredite, an denen die Welser beteiligt sind, waren zumeist in Antwerpen zahlbar): Großhaupt, Die Welser, S. 174 f. 218 Vgl. Lang, Herrscherfinanzen. 213

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

Einfuhrzoll in Lyon erhoben werden sollte.219 Laut eines Privilegs von 1542 erfreuten sich die Kaufleute aus den deutschen Reichsstädten an der Freiheit von Ausfuhrzöllen, wie es auch die Schweizer taten.220 Die beinahe permanenten kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Herrscherhäusern Valois und Habsburg brachten die Kaufmannbankiers der verschiednen nationes immer wieder in prekäre Situationen, die ihre Freizügigkeit, die Zirkulation von Gütern sowie Nachrichtenbriefen einschränkte oder gar zum Erliegen brachte. Im Zuge der Auferlegung einer Salzsteuer, einer gabelle, im Königreich kam es zu einer Revolte. In seiner finanziellen Not presste der König den süddeutschen Kaufmannbankiers in Lyon 1542 eine Zwangsanleihe über 50.000 scudi ab – allein Bartholomäus Welser & Mitverwandte steuerten dazu 12.000 scudi bei. Überdies wurde der Nürnberger Gabriel Nützel inhaftiert.221 Über die Bewegungsfreiheit wurde im darauffolgenden Jahr erneut verhandelt.222 Als Franz I. und Karl V. im Jahr 1544 die Kampfhandlungen infolge der englisch-kaiserlichen Invasion in der Picardie bzw. in der Champagne abermals aufnahmen, verfügte der Sénéchal von Lyon die Ausweisung der süddeutschen Kaufmannschaft, die sich dagegen an die entsprechenden Instanzen der Stadt Lyon wandte. Die städtischen Räte wiederum bemühten sich bei Kardinal Tournon um eine Intervention beim König.223 Nur ein Jahr später erlegte König Franz der Nürnberger Gesellschaft Jakob Welser & Co sowie dem Ulmer Hans Weickmann ein zu leistendes Darlehen über 50.000 scudi d’oro auf.224 Zunächst wollte er sogar Zoll auf alle Importe aus den Reichsstädten in Höhe von zwei Prozent – 6 deniers pour livre – erheben. Im September des nämlichen Jahres ließ er allerdings das Vorhaben fallen.225 Bei den Spannungen zwischen dem von der französischen Seite unterstützten Schmalkaldischen Bund und Kaiser Karl V. ließ sich Franz I. den Erhalt der Privilegien für den süddeutschen Handel im Königreich durch hohe Anleihen vergolden: Während die Augsburger Haug 36.000 scudi aufbrachten, steuerten die Kaufleute Neidhart, Sailer und Grimmel insgesamt sogar 150.000 scudi (300.000 livres) bei.226 Allerdings trübte der Tod Hans Kleebergers am 4. September 1546 in Lyon die Aussichten auf weitere erfolgreiche Verhandlungen mit der Krone.227 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 413. Pfeiffer, Die Privilegien, S. 156 (Nr. 3). Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 415. Zu Welsers Darlehen: Doucet, Grand Parti, S. 478. Zum Kontext: Knecht, Renaissance Warrior, S. 480–489. 222 Pfeiffer, Die Privilegien, S. 156 (Nr. 4). 223 Gascon, Grand Commerce, S. 685. Zum Kontext (die englisch-kaiserliche Invasion in Frankreich im Frühjahr 1544): Knecht, Renaissance Warrior, S. 490–493. 224 Doucet, Grand Parti, S. 477. 225 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 415. 226 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 416; Marcel Vigne, La Banque à Lyon du XVe au XVIIIe siècle, phil. Dissertation Lyon, 1903, S. 178. 227 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 416. 219 220 221

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Den neuen König Heinrich II. ersuchten die Kaufmannschaften abermals um die von seinem Vater bewilligten Privilegien. Man schickte den Ulmer Dr. Georg Rothenbach als gemeinsamen Gesandten der süddeutschen Reichsstädte an den französischen Hof.228 Eine angesichts der politischen und militärischen Spannungen zwischen Frankreich und dem Kaiser entscheidende Erweiterung konnte der Krone abgerungen werden: Wenn ein reichsstädtischer Kaufmannbankier beim Sénéchal von Lyon eingeschrieben war, galten für ihn die gewährten Vorrechte ebenfalls, selbst wenn die Herrschaft, aus der er stammte, politisch auf Konfrontationskurs mit dem König gegangen sein sollte.229 Diese weitreichende Regelung blieb bis zum Dreißigjährigen Krieg der Bezugspunkt für weitere Verhandlungen um die Privilegien der süddeutschen Handelsleute.230 Einer der Verhandlungsführer der Reichsstädte gegenüber der Krone war Johann Chrysostomus Peutinger, der Sohn des Augsburger Stadtschreibers und Humanisten Konrad Peutingers231, welcher für Augsburg sprach und hernach als Investor im Anleihegeschäft erschien.232 Im Sinne der jüngsten Erweiterung der Privilegien für die Reichsstädte gewährte König Heinrich im Jahr 1548 auf Bitten von Bartholomäus Welser & Mitverwandten die entsprechenden Vorrechte den Augsburgern Hans Paul (der ein Schwiegersohn Welsers war) und Johann Heinrich Herwart, obschon die Reichsstadt Augsburg zu den Gegnern Frankreichs zählte.233 Im selben Jahr konnte die Straßburger Kaufmannschaft eine günstige Regelung im Hinblick auf ihre Freizügigkeit erwirken.234 Im Juni 1551 spezifizierte die königliche Regierung die Steuer-, Zoll- und Abgabenleistungen, welche die reichsstädtischen Kaufleute grundsätzlich zu entrichten hatten.235 Sechs Jahre später belegte die Stadt Lyon verschiedene eingeführte Warengruppen mit Zöllen, von denen allerdings gemäß königlichem Erlass die süddeutschen sowie die schweizerischen Importe ausgenommen sein sollten.236 Im Juli 1549 stellte Heinrich II. den Welsern eigens eine Urkunde aus, der zufolge ausdrücklich die von der Augsburger Handelsgesellschaft realisierten Einfuhren von Gold, Silber und Metallwaren zollfrei bleiben sollten. Der Text brachte zum Ausdruck, wie wichtig dem Monarchen die wirtschaftlichen und insbesondere die Kreditleistungen der Welser erschienen. Für diese Bedeutung der Anleihegeschäfte spricht auch der Stadtarchiv Ulm [künftig: StadtAU], Bestand A, Nr. 2914: Acta der Handtierenden in Franckreich Privilegien betreffend ab A(nno) 1540 ad 1678, c. 60 (Nr. 21): Lateinische Furschrift Credentz jnn Franckreich, Juni 1547. 229 Pfeiffer, Die Privilegien, S. 156 f. (Nr. 5). 230 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 419. 231 Johann Chrysostomus Peutinger, Sohn der Margaretha Welser (Tochter von Anton Welser, Schwester Bartholomäus’): Reinhard, Augsburger Eliten, S. 617 (Lfdnr.: 931); Häberlein, Brüder, S. 80. 232 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 417. – Vgl. Kapitel V.2; weiterhin: Häberlein, Expertenwissen. 233 Pfeiffer, Die Privilegien der französischen Könige, S. 157 (Nr. 6). 234 Ebd., S. 158 (Nr. 7). 235 Ebd., S. 159 (Nr. 11). 236 Ebd., S. 160 (Nr. 14). 228

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Umstand, dass die Welser ihre Söhne zum Spracherwerb nach Frankreich geschickt hatten.237 In den Zusammenhang mit Anleihegeschäften fielen auch die im Juli 1557 für die Straßburger Georg Obrecht und Israel Minckel ausgestellten Passierscheine.238 Zum neuen König Franz II. (1544–1560), dem gerade erst fünfzehnjährigen ältesten Sohn Heinrichs II. und Caterina de’ Medicis239, schickten die süddeutschen Reichsstädte abermals Georg Rothenbach, wobei sie ihm diesmal Thomas Zangmeister zur Seite stellten. Im Jahr 1559 sollten die beiden Verhandlungsführer dieselben Privilegien erwirken, wie sie auch König Heinrich konzediert hatte.240 Die geschilderten Bemühungen der Kaufmannbankiers aus den süddeutschen Reichsstädten um die Privilegierung ihres Handels im französischen Königreich wurden von den Stadträten initiiert. Hinter den Initiativen standen Koordinierungsbestrebungen der verschiedenen Räte, die untereinander gemeinsame Positionen festlegen mussten. Die überlieferten Korrespondenzen zeugen von intensivem diplomatischen Austausch der Reichsstädte wie Nürnberg, Augsburg, Ulm, Frankfurt am Main und Straßburg über ihr Vorgehen oder über die Besetzung der Gesandtschaften.241 Eine Stellschraube bestand in der Reglementierung des Wechselhandels und hier insbesondere in der Einschränkung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs. Denn immer benötigte die königliche Administration ausgemünzte Edelmetalle und bemühte sich daher wiederholt um den Zugriff auf die im bargeldlosen Zahlungsverkehr bewegten Summen. Der Leiter der Salviati-Niederlassung in Lyon, Lionardo Spina, beschwerte sich in einem Schreiben an die Welser-Faktorei in Antwerpen im Dezember 1522 darüber, dass eine „neue Gesetzgebung“ (nuove legge)242 die Bezahlung von Wechseln in monete valutate vorsah. Der genaue Zeitpunkt, zu dem die Regelung in Kraft trat, blieb zunächst umstritten, so dass Spina seine Antwerpener Geschäftsfreunde darüber aufzuklären suchte, wann der günstigste Moment für die Ausstellung eines Wechsels gekommen wäre.243 Ebd., S. 158 f. (Nr. 9); vgl. Lang, Fremdsprachenkompetenz. Pfeiffer, Die Privilegien, S. 160 (Nr. 15). Rainer Babel, Franz II., in: Peter Claus Hartmann (Hg.), Französische Könige und Kaiser der Neuzeit, München 1994, S. 91–98. 240 StadtAU, Bestand A, Nr. 2914: Acta der Handtierenden, Nr. 45 (November 1559). 241 StadtAU, Bestand A, Nr. 2914: Acta der Handtierenden, c. 21–c. 47: In den Jahren zwischen 1541 und 1547 während der Verschärfung der Konflikte zwischen König Franz und Kaiser Karl korrespondierten die Reichsstädte intensiv miteinander, um ihre Verhandlungsstrategien auszumachen. 242 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 98r: Salviati in Lyon an Welser in Antwerpen, 26.3.1522: Desiderestj voy et tuttj altri merchatanty che li paghame(n)ty s’adirizasino tuttj jn Anv(er)sa quanto y noy ne siamo chontenty[.] apare ci è qualche che no(n) li pare si debba fare nuove legge[.] stimiamo che alla fine si farà che tuttj si faccino chostj et dal chanto n(ost)ro ne faremo chome e il desideryo v(ost)ro. 243 Ebd., c. 124r: Salviati in Lyon an Welser in Antwerpen, 18.12.1522: Et s’è inteso q(uan)to dite ch(e) alli pagham(enti) v’è stato che ha voluto ess(er) paghato i(n) monete valutate et ch(e) n’è stato delle d(i)fferenzie assai a chausa di dette monete ch(e) lo crediamo / c[i] arestj tuttj desiderato ch(e) si fussi detto in la l(etter)a ch(e) moneta s’aveva a paghare / li spacci di chostà arrivor[o]no um [!] pocho tardj ch(e) di già s’era delib(er)ato canbiare se(n)za essi et le v(ost)re lett(ere) arrivor[o]no un giorno davantj l’ac[i]eptazio(n)e et di già s’era fatto di moltj 237 238 239

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Der französische König als Akteur Diese kurze Skizze zeigt den französischen König in seiner Rolle als Herrscher mit zwei Gesichtern. Einerseits oblagen ihm die Privilegierung und der Schutz des Handels und Bankwesens. Auf dieser Ebene hatte er vor allem die Aufgabe, die in Lyon angesiedelten Kaufmannschaften zu fördern, um die wirtschaftliche Stellung der Metropole zu festigen. Die Finanz- und Fiskalpolitik der königlichen Verwaltung musste in mitunter zähen Verhandlungs- und Aushandlungsprozessen die verschiedenen Interessen, die auf das Steuer-, Zoll- und Abgabensystem wirkten, ausgleichend beeinflussen. Andererseits trat der französische König als ambitionierter Herrscher auf, der eine expansive dynastische Politik verfolgte. Franz I. wie auch Heinrich II. waren selbstbewusste Monarchen, deren Augenmerk dem ökonomischen Geschehen in ihrem Königreich vor allem aus der Perspektive der dringend benötigten Anleihen zur Finanzierung ihrer militärischen oder repräsentativen Vorhaben galt.244 Im Rahmen der Reglementierungsvorgänge waren der König, seine Regierung, seine hohen und niedrigeren Amtsträger sowie seine Vermittler höchst heterogene Akteure, die ihre eigenen Anliegen verfolgten und ihre eigenen Regeln einbrachten. Zwar verfügten sie über ein beachtliches Potenzial hoheitlicher Rechtssetzung, doch leisteten sie nur einen Beitrag unter mehreren zur Ausbildung von Konventionen in der Wirtschaftswelt. So sehr der König als herrschaftliche Figur wiederholt im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, so wenig war er in der Entwicklung des Marktgeschehens entscheidend. Handlungspotential entfalteten vor allem die königlichen und hochadeligen Repräsentationsbedürfnisse sowie die symptomatische Neigung zur militärischen Aktivität. Denn sie konfigurierten spezialisierte Märkte wie die an die Herrscherfinanzen angelagerten Wechsel- und Kreditmärkte oder die Märkte für Luxusgüter. III.3.2

Die Habsburger und die Lyoner Messen

Aufgrund der Konkurrenzsituation zwischen dem französischen Königshaus Valois und den spanisch-österreichischen Habsburgern – vor allem mit Blick auf die Funktion von Lyon zur Finanzierung von Anleihen an Herrscher – war auch Kaiser Karl V. canbi p(er) costà et chi haveva p(r)eso no(n) lj arebbe voluto dire in monete valutate et choxj p(er) adverso vedete d(i) costà di fare legge infra voi ch(e) le lett(er)e d(i) chanbio s’abbino a paghare in tal modo o / alla p(r)ox(im)a si farà di q(uest)a[.] comandate di miglior hora lo spaccio / ch(e) no(n) fare p(er)o lunghata et se no(n) era ch(e) s’aspettava lo spaccio di costà si saria chanbiati xv giornj avanttj[.] p(er) advixo. 244 Diese Perspektive kommt sowohl in den Studien zu Renaissance-Frankreich als politisch-militärisches Phämomen zu kurz, als auch in der Handelsgeschichte: Der nexus rerum pecunia zeigt sich in den fiskalpolitischen Reformen, aber er konstituiert die Verbindung von dynastischer Machtausübung mit der Entwicklung der europäischen Märkte, vgl. Goldthwaite, The Economy, S. 222–228.

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

ein Akteur auf den Lyoner Messen.245 Zwar war sein Wirken eher negativ, aber seine verschiedenen finanz- und wirtschaftspolitischen Schritte hatten unmittelbare Auswirkungen auf die Messen in der Saône-Stadt. Sowohl die Handelsrouten als auch die Netzwerke verschiedener Transfersysteme liefen quer zu den „politischen“ Grenzen. Die besondere Bedeutung einiger Handels- und Bankhäuser Süddeutschlands, der Toskana oder Genuas erwuchs aus der Verflechtung beider Wirtschaftswelten an den Nahtstellen Lyon und Antwerpen. Ein Schreiben des Ulmer Rates an Kaiser Karl V. von 1542 illustriert die wechselseitige Abhängigkeit reichsstädtischer Kaufmannbankiers sowohl in Frankreich als auch in den Territorien der Habsburger. Die Wege nach Antwerpen und in Burgund erschienen dabei besonders gefährdet.246 Die Kaufmannbankiers waren sich sehr wohl bewusst, wie prekär die Spannungen zwischen den gekrönten Häuptern für ihre Aktivitäten sein konnen, wie ein Brief Lionardo Spinas im Namen der in Lyon angesiedelten Salviati an die Faktorei der Welser in Antwerpen von 1522 unmissverständich zum Ausdruck bringt: Noj abiamo avuto vna f(ier)a dolentissima chome la vo(st)ra e no(n) è gram maraviglia sino che questa ghuerre no(n) si posano[.] Iddio metta pace tra q(uest)j p(r)incipj xpnj[.] altrjmentj tutto se ne va in ruina[.] la p(r)ox(i)ma f(ier)a d’aghosto sia p(r)olunghata al più chorto sino a mezo settemb(r)e e sino al tempo no(n) si farà li chambj che arete tempo a mandare li spaccj[.] chon q(uest)a arete vna v(alu)ta di m(er)chanzie[.] servitevene bisognando vij e di t(ut)to si fa pocho[.] Iddio megliorj stagione che ce n’è bisognyo.247

Hermann Kellenbenz, Les foires de Lyon dans la politique de Charles-Quint, in: Cahiers d’histoire 5 (1960), S. 17–31. 246 StadtAU, Bestand A, Nr. 2914: Acta der Handtierenden, c. 19–c. 20: Ir. Kay. Mt. wissen sich auß hechstbegabtem vnnd erleuchtetem verstand aller Guedigst zuerjnnern / was trefflichen nuzens vnd fruchtbarkait die gemeine Comercia vnd handierungen der Kauff vnd gewerbeleut biß dahier nit allain der Teutschen, sonder auch allen andern Nationen / Königreichen, Furstenthumben, vnd wol zu melden dem gantzen Hay. Rö. Reich zugebracht, Allso das ye ain land, dem Andern nit hin vnd Wider sendung aus jeden Wahren Fruchten vnd gewächs nach seiner Art vnd gelgenhait, handtraichung pethen […] Dan jn sollcher vorsteender virrnus der Kriegs Empörungen haben die gewonlichen Jarmarckt vnd messen / Dar vff ettliche E. Stett privilegiert vnd befreit, nit allain besucht nach gehalten, sonder auch die Päsß vnd strassen jn die Niderland, Italiam Franckreich vnd andere ort nit gepawen werden können. Dieweil die Chur Fursten Fursten vnd and(er)e Stendt von wegen jetz angeregter Kriegsempörung vnd tumult vnsich(er)hait der strassen vnnd der beschwerlichen Landfruth bruchigen Blackareyen, die gewerbs Leut vnnd deren gueter mit furwendung, allerley vrsachenn vnd bewegungen nit mehr nach gewenlichen herkomen verglaiten wellen. 247 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 101: Salviati in Lyon an Welser in Antwerpen, 15.7.1522: Wir haben eine sehr betrübliche Messe gehabt wie Ihr auch, und dies ist kein großes Wunder, solange sich diese Kriege nicht beruhigen. Gott stifte Frieden zwischen diesen christlichen Fürsten. Andernfalls geht alles den Bach hinunter. Die kommende Augustmesse ist verlängert worden um eine möglichst kurze Zeit bis Mitte September; und bis dahin wird man keine Wechsel ausstellen, und Ihr werdet Zeit haben, die Nachrichten zu verschicken. Mit diesem [Brief] habt Ihr eine Wertaufstellung der Handelsgüter. Behelft Euch damit nach Bedarf, und bei Allem geschieht wenig [= es wird in allen Bereichen des Messehandels wenig Umsatz gemacht]. Gott verbessere die Zeiten, weil es nötig ist. 245

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Zunächst ergriff das Oberhaupt des Heiligen Römischen Reiches und Spaniens die Initiative zur Gründung und Privilegierung der Messen in Besançon in der Freigrafschaft Burgund. Seine Bemühungen galten der Schaffung eines Kreditmarktes auf den Bisenzone-Messen unter der Führung der finanzkräftigen Genueser Kaufmannbankiers.248 Im Jahre 1544 führte Kaiser Karl V. in Madrid eine Anhörung durch, die den Zweck verfolgte, ein Reglementierungskonzept für die Messen von Besançon zu entwickeln. Hierfür lud er die spanischen Faktoren der Fugger und der Welser, Georg Stecher und Bartholomäus May vor. Überdies waren die Spanier Rodrigo de Dueñas und Francisco de Burgos zugegen, nebst den Genuesen Niccolò Grimaldi, Francesco Lomellini und Pantaleon De Negro.249 Man kam zum Ergebnis, dass den süddeutschen und italienischen Kaufmannbankiers der Besuch der Lyoner Messen untersagt, stattdessen die Teilnahme an den Bisenzone-Messen nahegelegt werden sollte. Diese Strategie blieb weitgehend folgenlos. Der Kaiser reagierte mit Strafmaßnahmen, die er über die Handelstätigkeit einiger süddeutscher, in Lyon aktiver Unternehmungen verhängte.250 Hierbei handelte es sich insbesondere um die Welser, den für die Fugger tätigen, oben erwähnten Michael Sailer, die Grimmel, Guaspare Ducci sowie Simone Pecori, welche sowohl in Antwerpen als auch in Lyon Anleihegeschäfte mit dem französischen König abwickelten.251 Ihrerseits versuchten die Unternehmungen, an den immer wieder ausbrechenden Kampfhandlungen mit Darlehen oder dem Transfer von Waffenlieferungen zu verdienen.252 Dieses Vorgehen illustriert der Verkauf von Kupfer im Auftrag der Fugger durch Simon Niklas und Hans Rieger in Lyon im Kriegsjahr 1544.253 Kaiser Karl nötigte die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft dazu, ihm weitere Kredite einzuräumen, obwohl sich die finanzielle Situation des Unternehmens im Jahre 1547 zugespitzt hatte. Denn Karl warf ihr die Verletzung des Bannbriefes gegen seinen französischen Widersacher vor und ließ ihr Eigentum konfiszieren.254 Vertreten durch seine Statthalterin Maria von Österreich ließ der Kaiser eine Prohibitivsteuer von über 60 Prozent auf Silber in Antwerpen erheben, um Druck auf die Kaufmannbankiers, die ihre Kredite mit Wechseln finanzierten, auszuüben. Dies kam einem faktischen Verbot für die Antwerpener (und in Antwerpen ansässigen) Handelsgesellschaften mit Korrespondenten, die in Lyon residierten, gleich, Handel bzw. Wechselgeschäfte zu betreiben.255 Im Jahre 1552 untersagte Karl ausdrücklich jedwede

Kellenbenz, Les foires, S. 18 f. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2,, S. 31. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2,, S. 17 f.; S. 32; Kellenbenz, Les foires, S. 20; Häberlein, Brüder, S. 81. Ehrenberg, Das Zeitalter, I, S. 222; Kellenbenz, Les foires, S. 21. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2,, S. 18 (vgl. S. 607). Ebd., S. 32: FA, 2, 1, 27a (3), c. 14 und 2,1,27b, c. 30; S. 611. Großhaupt, Die Welser, S. 173; S. 178–187; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 29. Kellenbenz, Les foires, S. 19; S. 24–30 (Vollzitat des entsprechenden Edikts vom 12. Oktober 1542 auf Französisch und Spanisch). 248 249 250 251 252 253 254 255

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

Wechselgeschäfte zwischen Antwerpen und Lyon per Mandat. Aber diese Maßnahme zeitigte keine besonderen Wirkungen, weil sich bis ins Jahr 1555 sogar noch ein Anstieg der Wechseltransfers zwischen den beiden zentralen Wechselstandorten nachweisen lässt.256 Im Jahr 1550 überführte die Brüsseler Regierung Hieronymus Sailer, den Schwiegersohn Bartholomäus Welsers257, und den Italiener Guaspare Ducci eines verbotenen Währungsspekulationsgeschäfts. In diesen Vorgang waren noch weitere reichsstädtische und italienische Unternehmen verstrickt. Sailer musste aus der anschließenden Haft ausgelöst werden und konnte nur durch gemeinsame Anstrengungen vor dem Konkurs bewahrt werden. In der Folge presste der Kaiser der Unternehmung Bartholomäus Welsers noch weitere Darlehen ab.258 Auf dem Reichstag zu Augsburg in den beiden Jahren 1550 und 1551 zwangen die kaiserlichen Agenten die süddeutschen Bankiers zu zusätzlichen Anleihen an den Kaiser.259 Allerdings setzten die Augsburger Gesellschaften Welser und Neidhart auch nach dem Sieg Kaiser Karls V. in Süddeutschland im Jahre 1553 ihre Geschäfte in Lyon fort.260 Das Engagement beider Unternehmen in den französischen Kronfinanzen lässt sich sogar detailliert nachvollziehen.261 Des Kaisers Versuche, die Geschäftstätigkeit vor allem der ihm nahestehenden Augsburger Handelsleute und Bankiers von Frankreich abzulenken, müssen insgesamt als wenig erfolgreich beschrieben werden. III.3.3

Die städtische Obrigkeit und die Messen in Lyon

Während sich die Stadt Lyon durchaus der wirtschaftlichen Schubkraft der Messen, deren vorrangige Komponenten die Bewegungsfreiheit von fremden Kaufmannbankiers und ihrer Güter durch königliche Privilegien waren, bewusst war, wurde im Rat der Stadt immer wieder über die Auswirkungen auf das lokale Gewerbe durch die Einfuhr fertiger Waren durch den Fernhandel verhandelt. Überlagert wurde diese Konfliktlinie von Auseinandersetzungen der Lyoner Kaufmannschaft mit Teilen des Handwerks, wobei es nicht zuletzt um die Frage der juristischen Vertretung ging und sich der Erzbischof seinerseits die Handwerker als Verbündete im städtischen Macht-

Häberlein, Brüder, S. 81. Bonorand, Hieronymus Sailer, S. 106 f.: In Augsburg hatte Sailer im Jahr 1533 Bartholomäus Welsers Tochter Felicitas geehelicht. 258 Häberlein, Brüder, S. 126–132, S. 136 f. 259 Kellenbenz, Fugger in Spanien, I, S. 95 f. 260 Kellenbenz, Les foires, S. 23. 261 Stadtarchiv Augsburg [künftig: StadtAA], Kaufmannschaft und Handel, I, Nr. 11: Erben Sebastian Neidhart Lioner Rechnung von 1562 bis 1567, c. 85–97: auf c. 86 unter Lauß Deo 1559 Adj vltimo December in Augspurg wird erklärt, dass König Heinrich (aus dem Grand und Petit Parti) der Gesellschaft Sebastian Neidhart selig insgesamt knapp 76.500 scudi unausgesetzt schuldig bleibt. Vgl. Häberlein, Brüder, S. 126–132. 256 257

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kampf gesucht hatte. Den Kaufleuten der Stadt gelang es im Jahre 1512 schließlich, die Freiheiten des für sie vorteilhaften Messehandels wieder durchzusetzen. Der Rat der Stadt befürwortete im Zuge des Konflikts die Messefreiheit (franchise des foyres) und die Privilegierung des Handels (liberté du commerce).262 Die Stadt Lyon verfügte im Jahre 1522 auf eigene Rechnung einen fünfprozentigen Zoll auf Ein- und Ausfuhren, weil König Franz I. selbst auf die Lyoner Messen der Stadtgemeinschaft eine Anleihe aufzuerlegen gedachte. Darauf reagierten die reichsstädtischen Kaufleute, indem sie einen Brief formulierten unter Hinweis auf die „althergebrachten“ Schutzprivilegien. In dem von dem Nürnberger Stadtschreiber Lazarus Spengler entworfenen Schreiben forderten sie, die Abgabe nicht entrichten zu müssen.263 Allerdings fand sich die Stadt erst 1532 dazu bereit, den Zoll wieder aufzuheben.264 Bemerkenswert ist das Verhalten der Stadt mit Blick auf die akzeptierte Höhe von Zinssätzen: Die oftmals klamme Kommune sah sich gezwungen, von den in ihr weilenden Kaufmannbankiers Anleihen aufzunehmen. Die wichtigsten Gläubiger des Gemeinwesens waren die Luccheser Bankiers. Dabei setzten die Stadträte einen Zinssatz fest, welcher die Gebühren der Bankiers für die eigens gebildeten Anleihekonten bezifferte. Die „öffentlichen“ Notare wie M. Dutroncy fixierten die Bedingungen, unter denen die Stadt Kredite einhob. Im ersten Jahr des Grand Parti, 1556, durften die Bankiers 10 13⁄30 Prozent Zins auf ihre Kredite nehmen. In den Folgejahren sank der Satz auf rund 8,5 Prozent, bevor er wieder anstieg auf 10 1⁄4 Prozent im Jahr 1559, dem Jahr der Insolvenz des Königs. Mit 8 14⁄20 Prozent im Jahr 1561 schien eine Art Normalmaß zurückgekehrt zu sein. Die Stadt hatte sich also nach den Bedingungen der Anleihemärkte auf den eigenen Messen zu richten, wobei der Stadtrat einen jährlichen Zins auf kommunale Anleihen von über acht Prozent für durchaus gerechtfertigt hielt.265 Die auswärtigen Kaufmannbankiers waren ihrerseits bemüht, gute Verbindungen zu den städtischen Institutionen aufzubauen. Der wohl bedeutendste Fall exemplifiziert diese Tendenz. Am 21. Dezember 1545 wurde Hans Kleeberger zum conseiller-échevin, zum „Beirat“, erhoben. Weil der aus Nürnberg stammende Kaufmannbankier das städtische Almosen mit hohen Beträgen unterstützte, verlieh man ihm den Beinamen le bon allemand.266 Auch in den Schuldbüchern der Salviati in Lyon lassen sich Konten für die Bereitstellung von Abgaben an das städtische Almosen finden.267 Die Kommune von Lyon, vertreten durch ihren Stadtrat, verfolgte (wie der König oder seine Finanzgeneräle) eigene Interessen gegenüber den Messebesuchern. Die ReGascon, Grand Commerce, S. 676–683; vgl. Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 149–151. 263 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 412. 264 Zu diesem Zoll (AML, CC, Nr. 134): ver Hees, Oberdeutscher Handel, S. 76. 265 Die Zahlen bei: Gascon, Grand Commerce, S. 259–263. 266 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 416 (AML, BB Actes consulaires, 64); vgl. Vial, Jean Cleberg. 267 Beispielsweise: SNS, AS, I, 485 (L DebCred G). 262

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

glementierungsversuche gehorchten den finanziellen oder fiskalischen Motiven, welche die Gestaltung des Handlungsrepertoires des Stadtrates bestimmten. Auch wenn aus dem Text der verwendeten Rechnungsbücher und Korrespondenzen der Stadtrat von Lyon als ein kollektiver Akteur in wirtschaftlichen Zusammenhängen erscheint, kann nicht von einer einheitlichen patrizischen Führungsschicht gesprochen werden. III.3.4

Die notaires und die Sensalen

Die geschäftlichen Transfers zwischen Kaufmannbankiers verschiedener Herkunft wurden unter bestimmten Umständen ortsansässigen, öffentlich zugelassenen Notaren (notari publici, notaires) vorgelegt.268 Dies betraf im wesentlichen Zahlungsverpflichtungen, die über die einzelne Messe hinaus gelten sollten. Im Rahmen eingespielter Wechseltransaktionen verzichteten die Geschäftsfreunde einer natio auf juristischen Beistand. An Standorten wie Lyon, wenn Kaufmannbankiers verschiedener nationes miteinander ins Geschäft kamen oder die Bankhäuser geschäftliche Transaktionen mit Herrschenden eingingen, griff man zunächst auf die Dienste von Notaren zurück. Allerdings erwies sich der bargeldlose Zahlungsverkehr als Motor für standardisierte Operationen, die ohne das Zutun von Notaren abgewickelt wurden.269 Abgesehen von Rechnungsbüchern und Korrespondenzen sind dementsprechend die Notariatsarchive wesentliche Bestände zur Rekonstruktion wirtschaftlicher Vorgänge, konkret, des Messehandels und der Geschäftstätigkeit in Lyon. Allerdings ist dabei die Perspektive der notariellen Unterlagen auf das Marktgeschehen zu berücksichtigen. Während sich die Buchführung für die Transaktionen als Rechengröße interessierte, um Konten auszugleichen, stand für die Parteien, die vor dem Notar erschienen, die Absicherung von Rechtstiteln im Vordergrund. Die Notariatsakten beziehen sich daher auf die Übertragung von Verfügungsrechten als Bezugsgröße ökonomischen Handelns. Der Fokus der notariellen Unterlagen liegt weniger auf unternehmerischem Handeln, sondern eröffnet vielmehr eine spezifische Sicht auf die Kulturgeschichte wirtschaftlichen Handelns.270 Die wenigen in Lyon überlieferten Messehefte von Notaren aus dem 16. Jahrhundert verweisen auf eine Schlüsselfunktion des jeweiligen „Messenotars“: Ein von den Kaufmannschaften beauftragter notaire registrierte die für eine Messe festgelegten Vgl. Hans van Houtte, The Law of International Trade, London 1995: Stichwort Lex Mercatoria, 1.33 (S. 26–28). 269 Vgl. Kapitel II.2. Vgl. Anja Amend-Traut, Konfliktlösung bei streitigen Wechseln im Alten Reich. Der Kaufmannstand zwischen der Suche nach Alternativen zur gerichtlichen Geltendmachung von Forderungen und strategischer Justiznutzung, in: Rolf Lieberwirth / Heiner Lück (Hgg.), Akten des 36. Deutschen Rechtshistorikertages Halle an der Saale, Stuttgart 2008, S. 153–175. 270 Vgl. Ernst Pitz, Kapitalausstattung und Unternehmensformen in Antwerpen 1488–1514, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 53 (1966), S. 53–91, hier S. 54. 268

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Die Akteure

Wechselkurse zwischen den verschiedenen Währungen.271 Eines der Beispiele hierfür sind die cambia-Notierungen, die der Notar Nicolas Dorlin bei der Königsmesse (fiera d’apparizione) 1556 in Anwesenheit des Florentiner Kaufmannbankiers Giovanni Orlandini aufzeichnete.272 Durch dieses juristisch gedeckte Fixing wurden die für die Zahlungstermine einer Messe gültigen Wechselkurse festgehalten.273 Bei der Wahrnehmung dieser wichtigen Funktionen bildeten sich verwandtschaftliche Netzwerke unter den Notaren heraus. Der Vater von Nicolas Dorlin, Pierre, übernahm bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zahlreiche Rechtsakte insbesondere für die in Lyon tätigen Florentiner Kaufmannbankiers. Die Notariatsarchive des Departements der Rhône benennen noch zwei weitere Vertreter dieser Familie, die gleichenfalls im 16. Jahrhundert aktiv waren: einen Pierre Nicolas Dorlin (1515–1592) und einen Jacques Dorlin.274 Das von Georges Cuer erstellte Inventar verfügt im Falle des Pierre Dorlin lediglich über Nachweise für den Zeitraum von 1536 bis 1556.275 Die von ihm protokollierten Testamente erstrecken sich indes über eine deutlich längere Phase: Dorlin registrierte das Testament von Tommaso di Simone Guadagni im Jahre 1512 und auch dessen Modifikationen von 1526 und 1533.276 Damit zählte einer der prominentesten Florentiner Kaufmannbankiers in Lyon zu seinen Mandanten.277 Unter den von den Dorlin aufgenommenen Testamenten befindet sich auch das Protokoll des letzten Willens der Selonne de Bousin, Witwe des Hans Kleeberger, aus dem Jahr 1556.278 Die Buchführung der Salviati kennt Pierre Dorlin als einen Vertrauensmann. Im Zuge der Vertragsverhandlungen zwischen den königlichen Vertretern und dem Konsortium der beiden Handelsgesellschaften Bartholomäus Welser & Mitverwandte und Redi di

ADR, 3 E 4495–4500: Die Carnets des foires von Nicolas Dorlin (1555.1; 1555.2; 1556.4; 1564.1; 1570.2; 1570.3). Georges Cuer (Hg.), Archives Notariales. Première partie: Notaires de Lyon, tome 1 (Archives Départementales du Rhône, sous-série 3 E), Lyon 1992, S. 221. 272 ADR, 3 E 4497 (Carnet de la foir des Rois de 1557 – es muss tatsächlich 1556 heißen – von Nicolas Dorlin), c. 397r (27.3.1556). Gascon, Grand Commerce, S. 242–248: Die Währungswechselkurse wurden nach einem geregelten Vorgehen durch den Konsul der Florentiner natio gemeinsam mit den Vertretern der anderen nationes zusammengestellt und dann dem notarius publicus der Messe zur Registrierung vorgelegt (siehe unten: III.3.5). 273 Vgl. Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 190–195. 274 Cuer, Archives Notariales, S. 219 f.: Möglicherweise ist der hier als Pierre Dorlin aufgeführte Notar identisch mit Pierre Nicolas, von dem es heißt, er habe Nachweise zwischen 1515 und 1547 hinterlassen. 275 Cuer, Archives Notariales, S. 221. 276 ADR, E familles 2240: Inventaire des registres du protocole des Dorlins. Dazu aber eben auch Cuer, Archives Notariales, S. 220. 277 Vgl. Lejeune, La saga, S. 18 f. 278 ADR, E familles 2240: Inventaire des registres du protocole des Dorlins: Register No. 3. Vgl. Vial, Jean Cleberger, S. 363–386. 271

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

Alamanno Salviati & Co di Lione zur Übernahme der Seidenzollpacht in den Jahren 1526 bis 1528 beispielsweise beglaubigte Dorlin die dabei aufgesetzten Schriftstücke.279 Ein weiterer Gewährsmann der Salviati war der Notar Maître Jean Brucyl. Im November 1538 verzeichnete der Buchhalter der Florentiner Unternehmung die Erstattung von Reisekosten des Lyoner maestro Giovanni Brucyl über 45 livres. Die in Südfrankreich niedergelassene Handels- und Bankgesellschaft schickte den Juristen nach Tours, um eine Reihe von Schuldnern zur Zahlung ihrer Verbindlichkeiten zu motivieren. Brucyl hielt sich demzufolge einen Monat lang an der Loire auf.280 Das für die Lyoner Messen gültige Handelsrecht verfügte den Einsatz von Sensalen (= „Makler“, auch in der Augsburger Diktion der Zeit „Unterkäufel“ genannt).281 Diese Personen hatten Geschäftsabschlüsse zu ‚vermitteln‘ oder zu testieren. Hierbei fiel eine Gebühr an. In den Journalen der Kaufmannbankiers wurden die engagierten Sensalen vermerkt.282 Der sensale Bartolomeo Galli illustriert diese Tätigkeit im Fall der Transaktionen, die zwischen süddeutschen Handelsleuten und den Salviati zwischen 1528 bis 1530 durchgeführt wurden.283 Für den süddeutschen Kaufmann Florimon Hortel sprang Gregor Trenta als Sensale ein.284 III.3.5

Die nationes der Kaufmannschaften

Die in Lyon ansässigen Kaufmannschaften fanden sich in rechtlich verfassten nationes zusammen, die gegenüber den obrigkeitlichen Stellen Vertretungsaufgaben wahrnahmen. Die Florentiner natio formierte sich bereits 1447 in Genf und zog nach 1466 nach SNS, AS, I, 495 (L LibRic I), c. 247v–248r: Copia di uno conto datocj e’ Belzerj di spese fatte p(er) la gabella, 1528. 280 SNS, AS, I, 524 (L DebCred N), c. 323/CCCXXIII: In Tours zahlte Gian Brucil 967,2,6 livres an Bernardo Fortia. Dieser Notar kann für Lyon nicht nachgewiesen werden; es könnte sich um einen Notar aus Tours handeln. 281 Eberhard Schmieder, Unterkäufer im Mittelalter. Ein Beitrag zur Wirtschafts- und Handelsgeschichte vornehmlich Süddeutschlands, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 30 (1927), S. 229–260; Christof Jeggle, Les courtiers sur les marches de Nürnberg, in: Vincent Demont / Anne Wegener Sleeswijk / Mathieu Scherman (Hgg.), Le pouvoir des courtiers. Univers marchand et acteurs du courtage en Europe (XIVe–XVIIIe s.), Paris 2018, S. 87–112; S. 216–221. 282 Vgl. Schirmer, Wörterbuch, S. 174 (Art. Sensal < arab. simsâr); S. 199 (Art. Unterkauf); vgl. Friedrich Blendinger, Zwei Augsburger Unterkaufbücher aus den Jahren 1551 bis 1558. Älteste Aufzeichnungen zur Vor- und Frühgeschichte der Augsburger Börse (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit, 18), Stuttgart 1994. 283 SNS, AS, I, 497 (L Gior I), c. 1 ( Jakob Welser & Gebrüder); c. 16 (Michael Imhoff & Söhne); c. 18v ( Jakob Welser & Söhne [!]); c. 28 (Simon und Johann Manlich); c. 28 (Linhart Tucher); c. 28v (Bartholomäus Welser & Co). 284 SNS, AS, I, 497 (L Gior I), c. 20. Wohlmöglich handelt es sich im Falle von Florimon Hortel um den Nürnberger Kaufmann Florenz Örtel: Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 412. – Das Lyoner Stadtarchiv kennt für die Jahrgänge 1522/23 einen Florimond Ortel (AML, CC, 134), vgl. ver Hees, Oberdeutscher Handel, S. 79. 279

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Die Akteure

Lyon um. Sie nahm eine Führungsrolle bei der Vertretung auswärtiger Kaufmannschaften gegenüber dem König und der Stadt ein. Im Jahr 1501 gab sie sich capitoli, in denen auf die Genfer Traditionslinie hingewiesen wurde – dem Schriftstück liegt die Auflistung der Teilnehmer des Gremiums bei. Man versammelte sich im Firmenhaus der compagnia Bernardo di Bartolomeo Nasis, wobei neben den vierundzwanzig Handelsleuten der Konsul (console) der natio, Temperano Temperani, ein Stellvertreter, Luigi Martelli sowie der Rat (consigliere) Gerolamo degli Alberti und der Schatzmeister (camerlengo) Lutozzo di Piero Nasi zugegen waren.285 Im nämlichen Jahr bestimmte man Niccolò del Bene zum Konsul sowie Tommaso Guadagni und Giovanni Vecchietti zu Konsularräten (consiglieri).286 Formal gesehen waren die Florentiner nationes den in ihrer Heimatstadt ansässigen republikanischen Kapitänen der Parte Guelfa (den capitani della Parte Guelfa) sowie den Consoli del Mare nachgeordnet. Als sich die natio in Lyon 1501 neue capitoli gab, wurden diese zur Approbation nach Florenz geschickt.287 Die Reglementierungstendenz der Kaufleutmannbankiers und ihrer Vertretungen zeigt sich in Korrespondenzen und den Bestimmungen der nationes. Das bedeutet, dass die Handels- und Bankgesellschaften einerseits selbst auf die Regulierung der Modalitäten ihres wirtschaftlichen Handelns hinwirkten, dass sie andererseits nach einem kollektiven Zugriff auf Reglementierungsverfahren strebten. Beim Marktregime vergemeinschafteten sie in den nationes ihre Interessen, um sich durch ihren Konsul gegenüber den obrigkeitlichen Stellen oder anderen Kaufmannschaften besser vertreten zu lassen.288

Gino Masi, Statuti delle colonie fiorentine all’estero (secc. XV–XVI) (Università commerciale Luigi Bocconi. Istituto di storia economica), Milano 1941, S. 201–234; Cassandro, Le fiere, S. 37–39. 286 Cassandro, Le fiere, S. 40. 287 A. Rouche, La Nation florentine à Lyon au commencement du XVIe siècle, in: Revue d’Histoire 1 (1912), S. 25–65. Zu den Consoli del Mare und ihren Aufgaben im Rahmen der Florentiner Handelspolitik; Michael Mallett, The Florentine Galleys in the Fifteenth Century, Oxford 1967. 288 Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 190–195. Zu dieser systemischen Erweiterung von „[…] rule making and oversight mechanisms that depend on non state actors, often from within the business community itself “: Edward J. Balleisen / David A. Moss, Introduction, in: Diess. (Hgg.), Government and Markets. Toward a New Theory of Regulation, Cambridge 2010, S. 1–9, hier S. 6. Aus diesem Band speziell an einem Fallbeispiel: Edward J. Balleisen, The Prospects for Effective Coregulation in the United States: A Historian’s View from the Early Twenty-First Century, in: ebd., S. 443–481. – Die für die Industrialisierung beschriebenen Phänomene von multifaktorieller regulation von Märkten ist zunächst eine Beobachtung, die die Analyse der Reglementierungsprozesse („Regulierung“) von der Fixierung auf staatliche Stellen löst; im weiteren ist die Deutung von Regulierung als einem mehrschichtigen Prozess gerade der vorindustriellen (und „vorstaatlichen“) Situation „loser“ Staatlichkeit viel eher angemessen, als es die hierarchisierende Vorstellung von Märkten, die durch eine Obrigkeit reglementiert werden, sein könnte. Im südfranzösischen Raum der Lyoner Messen während des 16. Jahrhunderts treten eben nicht nur die städtische Obrigkeit, sondern auch das Stadtpatriziat als Regulierungsinstanzen auf; nicht nur der König, sondern auch die Aristokratie und der hohe Klerus, daneben die Kirche als eigenständige Instanz, die Finanzgeneräle bzw. die hohe Finanzadministration, weiterhin räumlich abwesende Institutionen wie der Kaiser oder der Apostolische Stuhl; und eben die Kaufmannbankiers und ihre kaufmannschaftlichen Vertretungen zudem. Diese Perspektive tritt besonders bei Studien zum Merkantilmagistrat in Bozen zuta285

Die obrigkeitliche Reglementierung der Lyoner Messen

Abgesehen von der Repräsentation der jeweiligen Kaufmannschaft bei den Instanzen der Obrigkeit und in juristischen Angelegenheiten erfüllten die nationes soziale und religiöse Organisationsaufgaben. Seit ihrer Übersiedlung nach Lyon bemühten sich die Florentiner Kaufmannbankiers auch um die Etablierung ihres religiösen Lebens in der Stadt. Im Gegenzug für ihre Anleihen, die die Florentiner Bankiers dem König für die militärische Operation in Italien des Jahres 1494 zur Verfügung gestellt hatten, räumte ihnen Karl VIII. das Recht ein, die Jakobiner-Kirche Notre-Dame de Confort (die Dominikaner-Kirche Unsere Lieben Frauen im Quartier St. Just) für ihre natio als kirchlichen Sitz zu nutzen. In diesem nunmehr auch église des Florentins genannten Gotteshaus richtete die Kaufmannschaft aus der Toskana eine eigene Kapelle unter dem Patronat des St. Johannes des Täufers, dem Florentiner Stadtpatron, ein. Im Dominikanerkonvent Notre-Dame de Confort hatten sich zuvor bereits eine ganze Reihe aus Florenz stammender Brüder eingefunden. Die Florentiner Kaufmannbankiers statteten ihre Kapelle mit reichen Stiftungen aus.289 Mit den 1501 verfassten Kapiteln wandte sich die natio insbesondere auch der Aufgabe zu, sich um die Kapelle von San Giovanni Battista zu kümmern. Dazu hatte sie die Erlaubnis, zwölf Prozent der Gebühren für Sensalen bei Geschäften mit Florentiner Beteiligung einzuziehen. Über die Verwendung der Mittel sollte der auf drei Jahre gewählte Kämmerer der natio (der camerlengo) – einer der wichtigsten Beiträge der senseria genannten Gebühren – wachen.290 Diese Gebühren – die senseria und die Abgabe für die natio – wiesen die Buchhalter in den entsprechenden Warenkonten sowie in eigens eigerichteten Betriebskonten aus. Während der Stadtrat von Lyon, der Consulat, der Aufgabe nachkam, die Bestimmungen des Königs umzusetzen, intervenierten die in Lyon angesiedelten Kaufmannschaften vor diesem Gremium gegen Beschlüsse, wenn sie ihnen zuwider liefen. Als im Sommer 1551 der französische König auf eine Supplikation der Lyoner Kaufleute hin die Zahlungsbedingungen zwischen Gläubigern und Schuldnern zuungunsten der von den italienischen Kaufmannbankiers benutzten Mark Gold – der marc d’or (Florentinisch: marco d’oro / Genuesisch: marca d’oro eingeteilt in Mark, Unzen, Denare und Gran), welcher als Messewährung in scudi di marchi umgerechnet wurde (1 marc d’or = 66 scudi di marchi) – zu modifizieren trachtete, trat der Konsul der Florentiner natio, Lionardo Spina, vor den Rat und verwies entschieden auf die bestehenden Regelungen der Zahlungsbedingungen. Der Erlass des Königs indes bezweckte, dass die Messebankiers ihre Zahlungen in livres tournois oder Münzwährung angeben sollten, um Kursdifferenzen zwischen einer Bezahlung in scudi di marchi und einer Zahlung in livre tournois zu vermeiden. Letztendlich konnten die italienischen Kaufmannbange: Andrea Bonoldi, La fiera e il dazio. Economia e politica commerciale nel Tirolo del secondo Settecento (Collana di monografie / Società di Studi Trentini di Scienze Storiche, 61), Trento 1999. 289 Iacono/Furone, Les Marchands, S. 241–247. Vgl. Jaspert, Dem Reich. 290 Masi, Statuti, S. 201 f.; Cassandro, Le Fiere, S. 39–41.

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Die Akteure

kiers ihre eingeübte Praxis beibehalten.291 Dieser Fall, dessen Entscheidung erhebliche Konsequenzen für die Florentiner Kaufmannbankiers gehabt hätte, exemplifiziert die bedeutende Mittler- und Repräsentationsfigur des der natio vorstehenden Konsuls bei konkreten politischen Verhandlungen. Die verfasste Kaufmannschaft erwies sich als eine Mitspielerin bei der Reglementierung von wirtschaftlichen Gepflogenheiten. Bei der Festsetzung der Wechselkurse und der Zahlung von Wechseln während einer Messeperiode kam den nationes eine besondere Bedeutung zu: Vor dem Konsul wurden anlässlich des Fälligkeitstermins von Wechselzahlungen die Akzeptanzen ausgemacht, um dann zwei bis drei Tage später die Wechselkurse bestimmen zu können. Die leitende Funktion übte dabei der Konsul der Florentiner natio aus, der sowohl die Initiative bei der Erstellung der Wechselbilanzen für jede Messe hatte als auch die Vertreter der anderen nationes bei sich versammelte, um die Kurse registrieren zu lassen.292 Ebenso genossen die Konsuln der nationes bei der Benennung von Sensalen, den erforderlichen Maklern, ein Prärogativrecht: Sie schlugen dem Stadtrat ihre jeweiligen Kandidaten zur Ernennung vor. Der Conservateur der Messen beanspruchte das Privileg der Ausstellung von Maklerbriefen, doch 1510 ging diese Aufgabe an das Konsulat über. Der Conservateur konnte in der Folge nur noch seine Bestätigung anbringen.293 Die Sensalen für Waren- und Wechselhandel auf den Messen stammten im wesentlichen aus den Reihen der einflussreichsten nationes: Florentiner, Lucchesen, Genuesen, Mailänder, Piemontesen, Süddeutsche und Flamen.294 III.4

Die storia interna der Salviati und der Welser

Die Buchführungen der Salviati und der Welser sind die Medien, die für die angestrebte Interpretation entscheidend sind. Für das Untersuchungsinteresse des wirtschaftlichen Handelns als (trans)kulturelles Handeln zwischen den Augsburger und den Florentiner Kaufmannbankiers ist die Rekonstruktion der beiden Unternehmungen

AML, BB, 72, c. 63v: Sitzung am 30.7.1551; der Stadtrat verwarf in der Folge die Umsetzung des Edikts: ebd., c. 68v-71. Denn die Notierung der Zahlung in Wechselbriefen in marchi d’oro verwies auf die reine Rechnungswährung und wurde in scudi di marchi umgerechnet (abgerechnet), die sich nominell von der Umlaufwährung, dem livre tournois (auch eine Rechenwährung), unterschied (das Verhältnis scudo di marchi zu livres tournois wurde wiederholt angepasst: 1551 galt ein fixierter Kurs von 1 scudo di marchi = 45 sous bei 20 sous zu 1 livre tournois); Probleme traten erst auf, wenn die Notierung von Wechselkursen in scudi di marchi von den offiziellen Kursen in livre tournois differierten und daher die Bezahlung von Gütern in scudi di marchi und livre tournois durch den unterschiedlichen Wechselkurs gegenüber ausgemünztem Geld auseinanderdriftete; die italienischen Kaufmannbankiers setzten sich letztlich mit der Beibehaltung der bestehenden Praxis durch: Gascon, Grand Commerce, S. 568–571. 292 Gascon, Grand Commerce, S. 242–248; vgl. Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 190–195. 293 Gascon, Grand Commerce, S. 248 f. 294 Ebd., S. 250. 291

Die storia interna der Salviati und der Welser

wesentlich. Auf der Basis der jeweiligen buchhalterischen Überlieferung, die im Fall der Welser durch Peter Geffcken, Mark Häberlein und Sven Schmidt ediert worden und die im Fall der Salviati bisher nur in deren Archiven sowie im Florentiner Staatsarchiv zugänglich ist, lassen sich die beiden Firmengeschichten darstellen.295 Die hierfür verwendete Methode ist die oben bereits erwähnte storia interna. Dieses insbesondere von Federigo Melis entwickelte Verfahren stützt sich in erster Linie auf die Rekonstruktion der Buchführung einer compagnia.296 Die spezifische Differenz zwischen den Florentiner Salviati-Gesellschaften und den Unternehmungen der Augsburger Welser besteht darin, dass die Augsburger Handelsgesellschaft als Faktorei-System komplexer als die toskanischen compagnie strukturiert war. Bei den Florentiner Unternehmen bildete jede compagnia eine eigenständige rechtliche Einheit.297 Das business partnership agglomerate der Salviati hingegen war ein engmaschiges Verflechtungsgefüge aus investiertem Kapital sowie aktivem und passivem Personal.298 III.4.1

Die Florentiner Kaufmannbankiers Salviati

Die Florentiner Kaufmannbankiers gehörten seit der republikanischen Ordonnanz von 1293 statuarisch und politisch der Führungsschicht der Stadt an. Die Zunftverfassung garantierte den Mitgliedern der großen Zünfte, der Arti maggiori, die wichtigsten Ämter.299 Diese Stellung veränderte sich erst fundamental mit der schrittweisen Transformation der Republik in ein Herzogtum von den 1530er Jahren an. Aufgrund dieser engen Verzahnung von wirtschaftlichem Geschehen und politischer Bedeutung kam der sozialen Position des Familienverbandes eine herausgehobene Bedeutung zu.300 Dies betrifft die Salviati in besonderer Weise, weil sie einen zügigen Ausbau ihrer Stellung im 15. Jahrhundert betreiben konnten. Sie knüpften – wie einige andere Familienverbände auch – ihr Fortkommen an die Geschicke des inneren Kreises des Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente; Schmidt, Das Gewerbebuch. Melis, Aspetti. Nach der schweren Krise der großen Florentiner Handels- und Bankgesellschaften in den 1340er Jahren, in deren Verlauf mit den Bardi, den Peruzzi und den Acciaiuoli die damals prominentesten Bankhäuser fallierten, organisierten sich die Unternehmungen als Konglomerate einzelteiliger Gesellschaften (die nach Zunft und Niederlassungsort aufgeteilt waren). Die einzelnen compagnie waren über ihren Hauptkapitaleigner miteinander verbunden, wohingegen die geschäftsführenden Teilhaber am jeweiligen Standort die wirtschaftliche Verantwortung trugen. Das Risiko wurde auf diese Weise an die einzelne – juristisch eigenständige – compagnia delegiert. Die Kapitalverflechtungen zwischen den verschiedenen compagnie, die über den Firmennamen als von einer oder zwei Hauptteilhabern dominiert ausgewiesen wurden, stellten die juristisch komplizierten Zusammenhänge zwischen den einzelnen compagnie her. Zusammenfassend: Goldthwaite, The Economy, S. 63–79. 298 Siehe Kapitel II.5 – Vgl. Melis, Aspetti; vgl. Guido Guerzoni, Network Analysis e ricerca storica, in: Annali di Storia dell’impresa 10 (1999), S. 447–469. 299 Najemy, A History, S. 76–87. 300 Litchfield, Emergence, S. 203–233. 295 296 297

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Die Akteure

Medici-Regimes. Daher muss zunächst eine kurze Einordnung der Salviati in das merkantil-patrizische Milieu der Republik Florenz erfolgen.301 Die familienbiographische Perspektive auf die Salviati, die sich aufgrund ihrer archivalischen Dokumentation selbst für florentinische Verhältnisse außergewöhnlich gut konturieren lässt, verweist auf den engen Zusammenhang von verwandtschaftlichen und ökonomischen Netzwerken. Sowohl das Narrativ eines familiären Aufstiegs der Salviati aus dem patrizischen „Mittelfeld“ zu Beginn des 15. Jahrhunderts zu Adeligen unter dem Großherzog im frühen 17. Jahrhundert als auch das Konzept der Verquickung ökonomischer und sozialer Ressourcen im Sinne von Pierre Bourdieus Akkumulation symbolischen Kapitals greifen auf dieselben wirtschaftlichen Grundlagen zurück.302 Der Aufstieg einer Familie im Florenz des 15. und 16. Jahrhunderts Die Salviati vollzogen als Gefolgsleute des Medici-Regimes unter Cosimo de’ Medici d. Ä. (1389–1464) einen bemerkenswerten Aufstieg.303 Alamanno di Iacopo Salviati (1389–1456) heiratete 1409 Caterina de’ Medici, die eine Tochter Averardo de’ Medicis, des damaligen Kopfes der Medici-Familien, war (siehe X.1.1. Stammbaum der Salviati).304 Stärker noch als die ehelichen Verbindungen, die die beiden Familien der Salviati und der Medici seit den frühen Jahren des 15. Jahrhunderts miteinander verzahnten und damit eine wichtige Beziehungskonstante stifteten, wog Alamanno Salviatis Engagement zugunsten des gleichaltrigen Cosimo, als die Medici 1434 in die Verbannung geschickt wurden. Alamanno reüssierte nicht nur als vermögender Geschäftsmann,

Padgett/Ansell, Robust Action; vgl. Lang, Cosimo de’ Medici. Das Narrativ des Aufstiegs auf der Grundlage von „ökonomischem“ und „sozialem“ Kapital gehört inzwischen zum Standardrepertoire der Geschichtswissenschaft. In den 1990er Jahren adaptierte besonders die Renaissance-Forschung diese Ansätze, z. B. im Fall der „Aufstiegsgeschichte“ des Federico da Montefeltro in der Verknüpfung der biographischen Konzeption mit der Idee des Self-Fashioning wie bei Steven Greenblatt: Bernd Roeck / Andreas Tönnesmann, Die Nase Italiens. Federico da Montefeltro, Herzog von Urbino, Berlin 2005. Dabei wird auf das Konzept der Umwandlung von verschiedenen Kapitalformen zurückgegriffen – ein Konzept, das im wesentlichen von Pierre Bourdieu entwickelt worden ist. Allerdings hat sich in der soziologischen Forschung eine markante Absatzbewegung von Bourdieu und seinen Nachfolgern ergeben. Das hängt neben wissenschaftsspezifischen Entwicklungen vor allem damit zusammen, dass die Soziologie der jüngeren Zeit insbesondere auf die Figur der Konventionen rekuriert, dazu: Diaz-Bone, Einführung, S. 14–18. 303 Pierre Hurtubise, Art. „Salviati“, in: Volker Reinhardt (Hg.), Die großen Familien Italiens. Stuttgart 1992, S. 475–479. Der Vater von Alamanno Salviati, Iacopo (1360–1412), hinterlässt die Cronica di Jacopo Salviati (ediert in Delizie degli eruditi italiani XVIII). 304 Pierre Hurtubise, Une Famille-témoin. Les Salviati, Rome 1985, S. 47 f.: Sechs Jahre später, 1415, ging Giovanni di Forese Salviati eine eheliche Verbindung mit Valenza de’ Medici, Tochter des Vieri de’ Medici ein; die Schwester des Alamanno Salviati, auch eine Caterina, wurde überdies mit Andrea de’ Pazzi, Leiter der Bank Averardo de’ Medici in Rom, verheiratet. 301 302

Die storia interna der Salviati und der Welser

sondern wirkte als prominenter Gesandter, Mitglied der Dieci di Balìa (das in Krisenzeiten für Außenpolitik zuständige Gremium) und als Teilnehmer der entscheidenden Räte der Stadt (in den Balìe und den Consulte e pratiche) in den Ämtern mit, durch die sich das Medici-Regime politisch und institutionell festigte.305 Ein Salviati, Francesco, erlangte den Sitz des Erzbischofs von Pisa, wurde allerdings aufgrund seiner Beteiligung an der Verschwörung der Pazzi gegen das Medici-Regime unter Lorenzo il Magnifico 1478 in vollem kirchlichen Ornat gehängt.306 Aber die Verbindungen zum vorherrschenden Regime waren hinreichend eng, um diese unvorteilhafte Verstrickung Francesco Salviatis nicht zum dauerhaften Nachteil für die ganze Familie werden zu lassen. Im Gegenteil, Alamanno Salviati (1461–1510) ging 1482 eine Ehe mit Lucrezia Capponi ein, und Iacopo Salviati (1462–1533) heiratete 1487 sogar eine Tochter Lorenzo il Magnificos, ebenfalls eine Lucrezia.307 Deren Bruder wiederum, Lorenzos zweitgeborener Sohn Giovanni (1475–1521), der im zarten Alter von 13 Jahren auf Druck seines Vaters einen Kardinalshut erhielt, wurde im Jahr 1513 als Leo X. zum Papst gewählt. Durch diese Ehen verbanden sich die Salviati am Ende des 15. Jahrhunderts verwandtschaftlich mit den beiden prominentesten Clans des Medici-Regimes (X.1.1. Stammbaum).308 Obwohl sich die führenden Salviati, Iacopo und sein Vetter Alamanno, politisch nicht immer eindeutig verhielten, erreichten sie aufgrund ihrer verwandtschaftlichen, geschäftlichen und politischen Verbindungen mit den exilierten Medici eine hervorragende Position nach der Rückkehr des Familienverbandes an die Macht in der Republik Florenz.309 Nicht zuletzt auf der Basis ihres geschäftlichen Erfolgs führten sie ihre eigene Familie durch die Wechselfälle der Herrschaft Girolamo Savonarolas und des auf Lebenszeit bestimmten Gonfaloniere di giustizia Pier Soderini. Sie spielten in der Oligarchie der wiederbelebten Republik nach 1494 eine bedeutende Rolle, und zumindest ihr Neffe Giuliano Salviati war wie so viele republikanisch gesinnte Patrizier ein dezidierter Anhänger des Bußpredigers des Konventes von San Marco.310 Iacopo und Alamanno Salviati sicherten das Netzwerk der Medici ab und beteiligten sich entscheidend an der Wiedereinrichtung des Medici-Regimes nach dem Fall Lang, Cosimo de’ Medici, S. 478. Vgl. Nicolai Rubinstein, The Government of Florence under the Medici (1434–1494) (Oxford-Warburg Studies), 2° Edition: Oxford 1997; Najemy, A History. 306 Lauro Martines, Die Verschwörung. Aufstieg und Fall der Medici im Florenz der Renaissance, Darmstadt 2004; Lorenzo de’ Medici hatte 1474 als Nachfolger von Pietro Riario einen Verwandten, Filippo de’ Medici, durchgesetzt – ohne die Salviati vorher ins Vertrauen zu ziehen; diese Zurücksetzung empfand Francesco als einen Makel, der ihn zum Gegenspieler der Medici werden ließ und zum bereitwilligen Parteigänger der Riario-Pazzi-Verbindung: Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 53–59. 307 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 59 f. 308 Pieraccini, I Medici. – Die Capponi pflegten wohl ein eher distanziertes Verhältnis zu den Medici; allerdings firmierten ihre wichtigsten männlichen Vertreter als prominente Figuren des Regimes; vgl. insb. Lang, Cosimo de’ Medici; Rubinstein, The Government. 309 J. N. Stephans, The Fall of the Florentine Republic, 1512–1530 (Oxford-Warburg Studies), Oxford 1983. 310 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 63 f.; S. 67. 305

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des Pier Soderini unter der Führung Papst Leos X., der für die nach Rom ausgewichenen Medici und ihre Verbündeten die Funktion eines Schutzherrn ausübte.311 Wiewohl Iacopo bereits nach Aussage des Chronisten Benedetto Varchi an der Rückkehr der Medici an die Schalthebel der Macht in der Stadt am Arno mitwirkte, stemmte er sich doch der Erhebung Lorenzo de’ Medicis zum Stadtoberhaupt im Jahr 1518 genauso wie der Ernennung des Usurpators Alessandro de’ Medici zum Herzog durch eine Medici-gesinnte Stadtregierung 1532 entgegen.312 Mit der Wahl Giovanni de’ Medicis zum Papst 1513 verschob sich das Gravitationszentrum der Florentiner Politik an den Tiber. Dies betraf nicht nur die päpstliche Einflussnahme auf die Verhältnisse in Florenz selbst, vielmehr wuchs auch die Anziehungskraft Roms für die geschäftlichen Aktivitäten der Florentiner Kaufmannbankiers weiter an. Leo X. berief Iacopo Salviati 1515 in das Amt des Schatzmeisters (tesaurius) der Kirchenprovinz Romagna. Die Niederlassungen der Florentiner Handelsgesellschaften im Umfeld der Kurie avancierten zu Partnern im Transfer finanzieller Mittel insbesondere aus Italien, dem Deutschen Reich und Frankreich an die Apostolische Kammer und in den Wechselgeschäften zwischen Lyon und der heiligen Stadt.313 In diese Zeit datiert auch die Grundlegung eines dauerhaft in Rom etablierten aristokratischen Haushalts der Salviati.314 Ein Sohn Iacopo Salviatis und Lucrezia de’ Medicis, Piero, der ein Großneffe Papst Leos war, wurde in die Priorie von Rom eingesetzt und erhielt damit die formale Leitung des Johanniterordens von Jerusalem bzw. der Ritter von Rhodos.315 Einem weiteren Sohn, Giovanni (1490–1553), verlieh Papst Leo die Kardinalswürde, wodurch Giovanni Salviati zugleich zum Gouverneur von Cività Castellana, der wichtigsten Festung der Kirchenprovinz Viterbo, wurde.316 Durch die Tewes, Kampf. Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 66–70; S. 144: In der Zeit des gonfaloniere di giustizia auf Lebenszeit Piero Soderini wurde Iacopo Salviati gemeinsam mit Francesco Gualterotti als Gesandter zu Cesare Borgia geschickt; aufgrund des Wechsels der politischen Konstellation in Florenz wurde 1518 anstelle des „regime-kritischen“ Lanfredino Lanfredini dann Francesco Vettori zum Herzog von Urbino aufgeboten. 313 Nachweise bei: Lang, Herrscherfinanzen. 314 Vgl. Irene Fosi, La presenza fiorentina a Roma tra Cinque e Seicento, in: Büchel, Daniel / Reinhardt, Volker (Hgg.), Modell Rom? Der Kirchenstaat und Italien in der Frühen Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 43–62. Und allgemeiner zum Phänomen: Arne Karsten (Hg.), Jagd nach dem roten Hut. Kardinalskarrieren im barocken Rom, Göttingen 2004. 315 Vgl. zu Bedeutung und Entwicklung dieses Amtes: Elisa Maria Soldani, Combattre sur la frontière de Méditerranée orientale. Économie de guerre, interculturalité, commerce et finance à Rhodes, in: Daniel Baloup / Manuel Sánchez Martínez (Hgg.), Partir en croisade à la fin du Moyen Âge (Croisades Tardives, 4), Toulouse 2015, S. 257–286. 316 Giovanni Salviati nahm den Florentiner Maler Francesco de’ Rossi (1510–1563) in seinem Dienst auf; Francesco malte für seinen Gönner zahlreiche Werke und nannte sich selbst sogar Francesco „Salviati“ (unter diesem Namen ist er auch bekannt): Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 152–54. Überdies erscheint Giovanni Salviati als eine diplomatisch einflussreiche Figur, wie seine Briefwechsel mit Kaiser Karl V. und den französischen Königen Heinrich II. und Franz II. zeigen: Biblioteca Apostolica Vaticana [künftig: BAV], Archivio Salviati, 58 (Miscellanea). Vgl. Luigi Fiorani, Archivio Salviati. Il fondo Salviati della Biblioteca Apostolica Vaticana, in: Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae 17 (2010), S. 29–101, hier S. 46. 311 312

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Erhebung Bernardo Salviatis (1508–1568) zum Kardinal 1524 durch den zweiten Medici-Papst, Clemens VII., festigte sich die Verankerung der Familie im kurialen Umfeld noch und der soziale Aufstieg der Kaufmannbankiers Salviati im Verbund mit den Medici erreichte einen Kulminationspunkt.317 Die sozial und geschäftlich enge Bindung der Salviati an den Medici-Papst Leo konnte sich jedoch auch verhängnisvoll auswirken. Der venezianische Chronist Marino Sanudo meint, dass der Krieg um das Herzogtum Urbino, welches in der von Iacopo Salviati verwalteten Kirchenprovinz der Romagna lag, beinahe den Ruin des Kaufmannbankiers herbeigeführt hätte. In seiner Familienbiographie erklärt Pierre Hurtubise, dass der mit 80.000 Dukaten bezifferte Verlust als Teil einer Steuerpacht über insgesamt 100.000 Dukaten aus einer Überweisung an die Apostolische Kammer herrührte.318 Demgegenüber bedeutete der verfrühte Tod Papst Leos mit nur 47 Jahren eine ernsthafte Bedrohung: Im Übergangsjahr 1522/23 bevorzugte der aus Utrecht stammende Adrian als Papst Hadrian VI. süddeutsche Bankiers in der apostolischen Finanzarchitektur. Mit der Wahl Giulio de’ Medicis, des jüngeren Bruders des vorangegangenen Medici-Papsts, zum Kirchenoberhaupt unter dem Namen Clemens VII. (1523–1534) rückten die Salviati gemeinsam mit anderen Florentiner Bankhäusern wieder in die privilegierten Positionen ein.319 Aus der ehelichen Verbindung zwischen Iacopo Salviati und Lucrezia de’ Medici ging mit Maria (1499–1543) die Stammmutter der herzoglichen Medici-Linie hervor. Sie wurde mit Giovanni di Giovanni de’ Medici (1498–1526) verheiratet, der aus dem Familienzweig des jüngeren Bruders Cosimos il vecchio hervorgegangen war. Der Sprössling der Ehe Marias mit dem als Giovanni dalle Bande Nere bekannten Medici war Cosimo (1519–1574) (X.1.1. Stammbaum). Cosimo de’ Medici wiederum wurde mit nur 18 Jahren der faktische Nachfolger seines Großonkels und des Usurpatoren Alessandro de’ Medici, der 1532 von den republikanischen Gremien zum erblichen Herzog bestimmt und 1537 von einem entfernten Cousin, Lorenzino, ermordet wurde. Durch den militärischen Sieg über die republikanische Opposition unter der Führung Filippo degli Strozzis in der Schlacht von Montemurlo stabilisierte Cosimo seine Herrschaft.320 Papst Clemens VII. berief Kardinal Giovanni Salviati 1524 zum Generallegaten, den er zunächst in das von französischen Kräften besetzte Herzogtum Mailand sandte. In der Periode bis Sommer 1525 korrespondierte Giovanni eng mit seinem Vater, aber auch mit seinen Schwagern Filippo de’ Nerli, welcher dem Titel nach als Gouverneur von Modena fungierte, und dem condottiero Giovanni dalle Bande Nere sowie mit dem Florentiner Piero Spina, dem Hofbankier der Salviati-Niederlassung in Lyon, und dem Ge317 318 319 320

Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 144 f. Ebd., S. 155 f. Ebd., S. 157–161. Najemy, A History; Stephans, The Fall. Zusammenfassend: Lang, Condottieri.

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schäftsmann Alessandro del Caccia, der gewinnträchtige Wechsel zwischen Lyon und Mailand im Auftrag der Handelsgesellschaft der Salviati abwickelte. Sein Amt als Kardinallegat führte Giovanni Salviati im Juli 1525 über Barcelona nach Madrid an den Hof des spanischen Königs, des Kaisers Karl V., wo sich im Gefolge der Niederlage von Pavia der französische König Franz I. in Gefangenschaft befand. Bis zur Unterzeichnung des Vertrags von Madrid im Januar 1526 hielt sich Giovanni Salviati dort auf. Im August 1526 traf er auf seiner Durchreise nach Paris in Lyon ein. Bis zum Vertrag von Cambrai 1529, an dessen Entstehung er mitgewirkt haben dürfte, blieb er in Frankreich.321 Im Vorfeld der zweiten Machtübernahme durch die Medici im 16. Jahrhundert opponierte Iacopo Salviati wie erwähnt gegen die Pläne der abermaligen Etablierung eines Regimes. Als im Jahre 1529 von Rom aus die Vorbereitungen eines Feldzuges gegen die Republik liefen, intervenierten Roberto Pucci und Iacopo Salviati, der immerhin Geheimer Sekretär seines Schwagers, Clemens VII. Medici, war, beim Papst, um die Belagerung ihrer Heimatstadt durch kaiserliche Streitkräfte abzuwenden. Wenig später, im Jahr 1532, stellte sich Iacopo gegen die Einsetzung einer Signorie (Stadtregierung), die die Erhebung Alessandro de’ Medicis zum Herzog unterstützte. Im selben Jahr versuchten Iacopo und seine Gattin Lucrezia überdies, die Heirat von Caterina de’ Medici mit dem französischen Thronfolger Heinrich II. zu hintertreiben.322 Laut Benedetto Varchi nahmen 1534 am Treffen verschiedener florentinischer Gruppen, die sich gegen den Usurpator Alessandro in Stellung zu bringen bemühten, mit französischen Abgesandten in Bologna die führenden Köpfe des Florentiner Zweiges der Familie, Averardo und Piero, sowie Averardos Sohn Filippo teil.323 Dennoch zeichnete sich die politische Nähe der Salviati zum Regime der Medici-Herzöge ab. Als Mitglieder im Senat der 48, der 1532 geschaffen wurde und sich zu einem zentralen Organ der Partizipation der Florentiner Elite am herzoglichen Regierungssystem entwickelte, nahmen die Salviati an einem auch politisch konnotierten Aristokratisierungsprozess teil, der zwischen Anpassung und Verweigerung oszillierte. Zwar gehörten sie nicht zum engen Kreis des Regimes wie die Rucellai, die Florentiner Strozzi, die Albizzi und die Ridolfi. Aber im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts gelang es ihnen fraglos, sich gut in der Florentiner Führungsschicht mittels Konnubium zu vernetzen.324

Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 167–184: Hurtubise nimmt eine wichtige Rolle Giovanni Salviatis bei den Vorbereitungen zum Frieden von Cambrai an, weil Karl V. ihn 1533 zu abermaligen Verhandlungen zwischen Kaiser und französischem König als Gesprächspartner anforderte. 322 Ebd., S. 165. 323 Cochrane, Florence, S. 22; Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 205: Benedetto Varchi. 324 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 227–232. Nach Furio Diaz waren die Salviati folgendermaßen im Consigio dei 48 vertreten: Lorenzo di Iacopo 1532, Averardo di Alamanno 1534, sein Bruder Piero 1553, Lotto di Lorenzo 1564, Filippo di Averardo 1571, Lorenzo di Giovanni 1575, Averardo di Filippo 1588 (Diaz, Il Granducato, S. 175 f.). Zu den Familienverbindungen: Alamanno di Averardo d. Ä. war mit Lucrezia Capponi verheiratet, Averardo di Alamanno mit Nannina Alamanni, sein Bruder Piero mit Ginevra Salimbeni, 321

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Während zwei Söhne Iacopo Salviatis, Giovanni und Bernardo, kirchliche Karrieren durchliefen, leiteten die Söhne Alamannos, Averardo (1489–1553) und Piero (1504– 1564), die europaweit tätige Handelsgesellschaft. Ihr Nachfahre Vincenzo Salviati (1585–1654) intensivierte nicht nur die Kapitalanlagen in Immobilien, sondern erwarb im Jahre 1622 auch als erstes Mitglied der patrizisch-höfischen Führungsschicht den Titel eines Marchese (XI.1.2 Stammbaum). Formell verfügte Vincenzo als Hauptteilhaber noch über eine kapitalkräftige Firma, aber er trat selbst nicht mehr als Unternehmer in Erscheinung.325 Nach dieser Lesart stand der Aufbau eines weit verzweigten Business partnership agglomerate, in das die führenden Köpfe des Familienklans mindestens als Investoren integriert wurden, im Dienst einer auf Statuserhöhung abzielenden politischen und sozialen Strategie. In der Historiographie, die sich insbesondere mit dem Aufstieg des Medici-Regimes während des 15. Jahrhunderts beschäftigt, gilt ökonomischer Wohlstand als wichtigster Indikator für gesellschaftliche Prosperität.326 In einer urbanen Gesellschaft, in der Kaufmannbankiers und Patrizier tonangebend waren, mag dies durchaus zutreffend sein. Die Parallelität von ökonomischem Erfolg und sozialem Aufstieg lässt sich an den führenden consorterie, den konzentrisch um die Haushaltsvorstände der stärksten Familienzweige angeordneten Klans, wie den Medici, den Strozzi oder den Capponi in der Republik Florenz ablesen. Diese Familienverbände sowie die mit ihnen aufgestiegenen Clans der Salviati oder der Rucellai bildeten während des Medici-Regimes einen sich in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zunehmend exklusiveren elitären Kern, der letztlich über die Brüche politischer Regierungsformen hinweg die die Stadt beherrschende Oberschicht ausmachten.327 III.4.1.1 Die Handels- und Bankgesellschaften der Salviati Die Salviati-Gesellschaften begannen in Florenz auf dem typischen Niveau von Kaufmannbankiers und erweiterten ihren Aktionsradius zunehmend.328 Im Handel nach Katalonien zählten sie während der 1420er und 1440er Jahre zu den bedeutenden Francesco di Giuliano mit Laudomina di Lorenzo de’ Medici; die verwandtschaftliche Vernetzung betraf zwischen den Salviati und den Medici die Canigiani, die Vettori, die Tornabuoni, die Strozzi, die Nerli, die Salimbeni, die Ridolfi, die Bandini, die Alessandrini, die Nasi, die Serristori, die Bartolini, die Gualterotti, Alamanni, die Bardi, die Capponi, die Guicciardini (Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 229–231). 325 Diese Entwicklung wird herausgearbeitet in: Lang, Dan auf disen vornemen Handelsplatzen, S. 71–73. 326 Erstmals in den verschiedenen Dimensionen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens: Dale Kent, The Rise of the Medici-Faction in Florence. 1426–1434, Oxford/New York 1978. Zugespitzt und stärker auf netzwerkanalytische Überlegungen bezogen: Dale Kent, The Dynamic of Power in Cosimo de’ Medici’s Florence, in: Kent, Francis William / Simons, Patricia (Hgg.): Patronage, Art, and Society in Renaissance Italy. Canberra/Oxford 1987. S. 63–77. Padgett/Ansell, Robust Action. 327 Litchfield, Emergence, S. 11–52. 328 Vgl. Goldthwaite, The Economy.

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Handelsgesellschaften.329 Im Jahr 1421 trat Galvano Salviati mit seinem Florentiner Geschäftspartner Giovanni Ventura als Teilhaber an einer accomandita der Serristori in Barcelona in Erscheinung.330 Aus der Perspektive des frühen 15. Jahrhunderts nahmen der Handel über den nordwestlichen Mittelmeerbogen und dabei insbesondere mit Barcelona als Gateway ins reiche Katalonien für den Florentiner Handel eine Schlüsselposition ein.331 Die beiden Brüder Giovanni (1419–1472), der Vater des im folgenden ausführlicher behandelten Iacopo, und Averardo (1424–1496) Salviati führten zwischen 1438 und 1464 gemeinsam die Handelsgesellschaften der Familie.332 Zu ihrer wichtigsten Zweigstelle entwickelte sich die 1438 ins Leben gerufe Handels- und Bankgesellschaft in Pisa.333 Die Unterlagen des Salviati-Archivs dokumentieren ein zweihundertjähriges Bestehen der compagnia am zentralen Eingangstor der Toskana unweit der Mündung des Arno und des Hafens Porto Pisano. Bis zur Gründung des Freihafens Livorno durch Großherzog Ferdinand im Jahr 1582 war Pisa der wichtigste Ausfuhrhafen für die toskanische Exportwirtschaft.334 Ähnlich wie mit der Expansion nach Katalonien verhielt es sich mit der Gründung einer Gesellschaft der Salviati in London wenig später, im Jahr 1445. Diese Niederlassung, welche bis 1466 Bestand haben sollte, diente insbesondere dem Anschluss an den englischen Wollhandel.335 Im selben Jahr eröffneten die Salviati eine Gesellschaft in Lissabon, welche bis 1479 existierte.336 Im Jahr 1461 gründeten sie noch in Brügge eine compagnia, die allerdings ihre Arbeit nach nur wenigen Jahren, 1470, einstellte.337 Am Ende des 15. Jahrhunderts bemühten sich die Salviati noch um die Erweiterung ihrer Präsenz nach Konstantinopel durch die Gründung einer Niederlassung in Pera.338 Dort hatten bereits andere toskanische Kaufleute als Kommissionäre für die Florentiner Zentrale der Salviati gewirkt, während zuvor die Partien in die Levante von Pisa aus organisiert worden waren – und dies lange vor den Unternehmungen in der Zeit Lorenzo il Magnificos im Zusammenhang mit dessen diplomatischen Initiativen gegenüber dem osmantürkischen Sultan Beyazit II.339 Ein im Handel aktives Familien-

Del Treppo, I mercanti, S. 284 f.; S. 474 f.; S. 799 f. Tognetti, Un’industria, S. 55. Tognetti, Un’industria, S. 55; S. 58. Soldani, Alleanza. Antonio Carlomagno, Il banco Salviati di Pisa: commercio e finanza di una compagnia fiorentina tra il 1438 e il 1489, Pisa 2009 (PhD): http://etd.adm.unipi.it/t/etd-11112009-115303/, I, S. 45. 333 Carlomagno, Il banco Salviati. 334 Hurtubise, Une Famille-témoin; Lang, Dan auf disen vornemen Handelsplatzen, S. 41. 335 George Holmes, Anglo-Florentine Trade in 1451, in: English Historical Review 108 (1993), S. 371–386. 336 Valeria Pinchera, Mercanti fiorentini ad Anversa nel Cinquecento: I Salviati, in: Incontri. Rivista di studi italo-nederlandesi 4 (1989), S. 157–165, hier S. 157. Vgl. Luisa D’Arienzo, La presenza degli italiani in Portogallo al tempo di Colombo, Roma 2003, S. 806 f. 337 Pinchera, Mercanti, S. 157. 338 Pinchera, L’Archivio Salviati, S. 983. 339 Carlomagno, Il banco Salviati; vgl. Mallett, Florentine Galleys. 329 330 331 332

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mitglied, Lionardo Salviati, fungierte im Jahr 1488 als Konsul der florentinischen natio in Pera.340 Die Expansion zu Beginn des 16. Jahrhunderts Zu Beginn des 16. Jahrhunderts veränderte sich der räumliche Zuschnitt der Handels- und Bankgesellschaften der Salviati sukzessive. Nachdem die compagnie entlang des Seewegs vom nordwestlichen Mittelmeer über Lissabon bis nach Flandern und London ihre Tätigkeiten eingestellt hatten, orientierten sich die Salviati zunehmend nach Rom hin und ins Königreich beider Sizilien. Im Jahre 1506 gründeten Averardo di Alamanno Salviati und Francesco Davanzati eine Firma in Neapel, die sie gemeinsam leiteten.341 Ihre Aufgaben bestanden insbesondere im Export von Rohseide aus Kalabrien nach Florenz für das dortige Seidengewerbe und im Gegenzug im Verkauf von Luxusgütern an Kunden im Umfeld des zahlungskräftigen Hofes des Vizekönigtums. In Neapel waren die Salviati zumindest nach 1517 mit einer Seidenhandlung präsent, in der Bernardo di Ridolfo da Sommaia die Geschäfte leitete. Die Da Sommaia waren eine Florentiner Familie, die besonders im Seidenhandel aktiv war und die Erzeugnisse ihrer Produktion vor allem nach Rom und Süditalien lieferte.342 In Rom, wo sich ein Teil der Familie niedergelassen hatte, suchten die Salviati unter der Führung von Iacopo in geschäftlicher Hinsicht an die Schaltstellen der Apostolischen Kammer zu gelangen und die Funktionen der Papstbankiers einzunehmen. Eine ähnliche Ausprägung erfuhren auch die Unternehmen der reichen Strozzi.343 Der Vater des besagten Averardo und Cousin Iacopos, Alamanno Salviati, erweiterte die Geschäfte der Familie im Jahr 1508 nach Lyon. Im Kontext der europäischen Geschäftswelt um 1500 erschien dieser Schritt besonders attraktiv, weil über Lyon sowohl Levantehandel als auch der Handel mit luxuriösen Exportartikeln betrieben wurde. Zudem legte die starke Ausrichtung des Florentiner Handels und Exportgewerbes an der französischen Wirtschaftsmetropole infolge der Verlagerung der wichtigen Wechselmessen von Genf an die Rhône eine solche Expansion nahe. In diesem Zusammenhang nahm die Gesellschaft der Salviati in Pisa eine unternehmensinterne Drehscheibenfunktion ein. Denn in Pisa – oder in Livorno, das zum Rechnungsraum Pisa zählte – kreuzten sich die Wege der Güter, welche die Salviati aus der Levante kommen ließen oder vom Süden Frankreichs und dem Nordosten der Iberischen Halbinsel aus einführten und weiterleiteten.344 In Pisa riefen die Salviati im Jahre 1509 zudem die

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Masi, Statuti, S. 46. Pinchera, L’Archivio Salviati, S. 984. Dini, Aspetti, S. 6; Lang, Seide aus Florenz, S. 426. Bullard, Filippo Strozzi. Vgl. Goldthwaite, The Economy, S. 162–165; S. 225. Carlomagno, Il banco Salviati.

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Magona ins Leben – eine Unternehmung, die für Viehzucht sowie den Handel mit Tierhäuten und Lebensmitteln zuständig war. Diese später mit dem Bankhaus in Pisa fusionierte Firma existierte laut Rechnungsbüchern bis 1641.345 Neben den Handels- und Bankgesellschaften verfügten die Salviati seit 1474 über eine eigene Seidenhandlung: Die zunächst in Kooperation mit den Tanagli dell’Ancisa in diesem Jahr gegründete Unternehmung für die Produktion von Seidentuch vertrat einen Zweig innerhalb der Florentiner Wirtschaft, der vom späten 15. Jahrhundert an zunehmend an Bedeutung gewann. Iacopo Salviati erzielte in diesem Bereich einen Umsatz von rund 75.000 fiorini im Rechnungsjahr 1491/92.346 Die setaiuoli erwarben Seide aus den Anbauregionen von Maulbeerbäumen vorwiegend in Kalabrien, ließen das natürliche Erzeugnis der Seidenraupen spinnen und färben, dann zu dichten Tuchen weben sowie mit Gold- und Silberfäden wirken und schließlich über Kommissionäre oder eigene Handelsfirmen vertreiben.347 Die oben erwähnten Da Sommaia waren seit 1517 mit einem Anteil von gut einem Drittel bei Averardo Salviati & Co setaiuoli eingestiegen. Die Cousins des genannten Bernardo, Antonio und Girolamo, engagierten sich persönlich in der Seidenhandlung der Salviati: Girolamo führte nicht nur das Hauptbuch der Seidengesellschaft, sondern vertrat die Unternehmung 1526 auch in Konstantinopel.348 Das Seidengeschäft von Averardo Salviati in Florenz steuerte 1517 die bemerkenswert hohe Summe von 6.000 fiorini zum Stammkapital der Wollfirma Antonio di Bernardo Martellini & Co lanaiuoli in San Martino bei.349 Die eigene Seidenhandlung der Salviati in Neapel – Averardo d’Alamanno Salviati & Co setaiuoli di Napoli350 – brachte 1518 überdies 1.840 ducati in die Wollfirma der Erben von Francesco da Sommaia in

Pinchera, L’Archivio Salviati, S. 984. – Magona meint in diesem Zusammenhang eigentlich eine Bergbau-Firma. Aber eine größere Aktivität in diesem Bereich lässt sich jedoch nicht ausmachen. Detailliert hingegen ist die Verwaltung von Landgütern im Besitz der Magona nachzuweisen; auf entsprechenden Flächen wurden vor allem Milchkühe, Ochsen und Büffel gehalten. – Das Wort kommt offenbar aus dem Arabischen: ma’una und bedeutet caritas (vgl. Sure des Koran 107); wahrscheinlich wurde das Wort über Südspanien rezipiert (Maona von Ceuta, 1235–1237; für den Handel nach Marokko zum dortigen Sultan; von da an änderte sich die Bedeutung in Richtung Zollregister oder auch Strafbuch als kitab al-ma’un): Für diese Hinweise danke ich Marco di Branco (Rom). Die maona etablierte sich als eine gesellschaftsrechtliche Form: Für diese Erklärung bedanke ich mich bei Carlo Taviani. 346 Lang, Seide aus Florenz, S. 423. Vgl. Sergio Tognetti, I drappi di seta, in: Franco Franceschi / Richard A. Goldthwaite / Reinhold C. Mueller (Hgg.), Commercio e cultura mercantile (Il Rinascimento italiano e l’Europa; 4), Treviso 2007, S. 143–170. 347 Pinchera, L’Archivio Salviati, S. 984. Dini, Aspetti. 348 Lang, Seide aus Florenz, S. 426 (bes. Fn. 100): SNS, AS, I, 435 (Averardo Salviati & Co setaiuoli di Firenze DebCred F), c. 211. 349 Lang, Seide aus Florenz, S. 427. 350 Das Stammkapital der Seidenhandlung betrug knapp 11.400 ducati, was der damaligen Größenordnung eines setaiuolo grosso durchaus entsprach: Zu drei gleichen Teilen legten Iacopo Salviati, Rede d’Alamanno Salviati und Rede di Francesco da Sommaia 3.789 ducati in die Seidenhandlung in Neapel ein (= 12.900 ducati karlini). 345

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Florenz ein.351 Beide Seidengeschäfte der Salviati – in Florenz und Neapel – erwirtschaften Gewinne. In Neapel fuhr die Firma einen Gewinn von annähernd 7.000 ducati im Rechnungszeitraum von 1517 bis 1521 ein.352 Die Unternehmung Averardo Salviatis in Florenz erbrachte in der 1523 abgelaufenen Vertragsperiode einen Ertrag von mehr als 9.100 ducati, an welchem die Teilhaber Iacopo und Averardo Salviati sowie die Erben Francesco da Sommaias zu gleichen Teilen partizipierten.353 Eine gemeinsame Unternehmung der Salviati und der da Sommaia war in Süditalien unter dem Namen Averardo Salviati e Bernardo da Sommaia & Co di Napoli in der Mitte der 1530er Jahre aktiv. Diese Gesellschaft handelte mit verschiedenen Gütern und betrieb rege Warenfinanzierungsgeschäfte mit der Lyoner Niederlassung der Salviati.354 Von 1517 bis 1528 führte Averardo di Alamanno Salviati das Seidengeschäft seines Großcousins Iacopo.355 Weitere Produktionsstätten auf dem Feld der Tuchindustrie gehörten zur Salviati-Unternehmensgruppe. Im Jahr 1491 kam eine gemeinsam mit den Alessandri betriebene Goldschmiede in Florenz hinzu. Die battiloro-Firmen standen aufgrund ihrer Produktion von Goldfäden, die in die schweren Seidentuche gewirkt wurden, in enger Verbindung mit den Seidenhandlungen. Überdies existierte seit 1471 ein gemeinsamer Wollhandel von Iacopo und seinem Cousin Giuliano in San Martino in Florenz.356 Zwischen 1525 und 1539 besaß Averardos Bruder Piero einen Wollhandel im Florentiner Stadtteil Garbo.357 Daneben verfügten Averardo Salviati & Co di Firenze noch über eine bottega im Ospedale di Santa Maria Nuova, wo Seidentuch gefertigt und verkauft wurde.358 Diese Form der Integration verschiedener Produktions-, Distributions- und Bankgeschäfte in den Händen einer Investoren-Gruppe ist charakteristisch für die Florentiner Wirtschaftsorganisation im 15. und 16. Jahrhundert, weil insbesondere der Handel mit Seide erhebliches Kapital erforderte.359 Denn die Seidenzyklen erstreckten sich über einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren und erforderten die Vorfinanzierung der Geschäfte. Aber Kaufmannbankiers wie Giuliano Salviati beschränkten sich keines-

Lang, Seide aus Florenz, S. 427: Redi di Francesco da Sommaia & Co lanaiuoli in Garbo. Ebd., S. 427 (bes. Fn. 106). Ebd., S. 427 (bes. Fn. 105). SNS, AS, I, 522 (L DebCred M verde), c. 47/XLVII. – Allerdings ist das für die Bearbeitung des Bestandes im Archivio Salviati in Pisa unausweichliche Findbuch nicht zuverlässig. Die Reihe der für die compagnia der Salviati in Neapel vorhandenen Rechnungsbücher beispielsweise suggeriert ein Ende der Firma 1514: vgl. Pinchera, L’Archivio Salviati, S. 984. Tatsächlich musste sie, wie die Einträge in Unterlagen anderer Salviati-Gesellschaften belegen, bis mindestens 1532 angedauert haben; die Geschäftspartner Da Sommaia führten die compagnia sogar noch länger. 355 Pinchera, L’Archivio Salviati, S. 984. 356 Lang, Seide aus Florenz, S. 423: SNS, AS, Inventario, S. 16 (Giuliano e Iacopo Salviati & Co lanaiuoli in San Martino di Firenze); Carlomagno, Il banco Salviati, S. 26. 357 Pinchera, L’Archivio Salviati, S. 984. 358 Lang, Seide aus Florenz, S. 427 (bes. Fn. 107). 359 Vgl. Goldthwaite, The Economy, S. 63–79. 351 352 353 354

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wegs auf nur einen einzigen ökonomischen Sektor; Giuliano war auch immer wieder auf Einkaufsreisen für die Seidenhandlung der Salviati in Coscenza.360 Verwandtschaftiche Verbindungen wie durch die Ehe Alamanno Salviatis mit Lucrezia Capponi untermauerten nicht nur die Geschäftspartnerschaften. Vielmehr wurden auf diese Weise auch Kapital verflochten und geschäftliche Synergien erzielt. Die Beziehung zu den Da Sommaia als Seidenkaufleute und Gestalter des operativen Geschäftes ähnelt nicht nur dem Muster der Verflechtung der Medici mit den Portinari in der Bankenwelt des 15. Jahrhunderts, sondern rekurrierte auch auf die Ressourcen der Seidenkaufleute Da Sommaia und verkoppelte die Finanzkraft der Gesellschaften der Salviati mit dem Einsatz ihrer Partner. Auch die Capponi waren ihrerseits als Seidenkaufleute tätig und avancierten zu wichtigen geschäftlichen Mitstreitern in Lyon. Überdies waren die Capponi fest in der merkantil-patrizischen Elite der Republik Florenz integriert.361 Die Teilung der Salviati-Gruppe von 1528 bis 1542 Das Florentiner Bankhaus der Salviati ging 1518 in die Leitung von Averardo, Alamannos Sohn, und Battista Salviati, Sohn Iacopos, über, so dass in den Jahren um 1520 ein Generationswechsel vollzogen wurde.362 Dieser Übergang von Iacopo Salviati auf seine Söhne Battista und Lorenzo sowie auf seinen Großcousin Averardo und dessen Brüder markiert allerdings nicht nur den Schritt von einer Generation zur nächsten, sondern auch das Auseinanderdriften zweier Familienzweige: Während Iacopo und zwei seiner Söhne im aristokratischen Milieu und in Rom verblieben, orientierten sich Averardo, seine Brüder und die Söhne am florierenden Handels- und Bankgeschäft. Iacopos Sohn Battista, der zunächst mit in das Bankgeschäft eingetreten war, starb schon 1524, nur 25-jährig. Dies bedeutete allerdings nicht, dass die beiden Familienzweige sich einander nicht ergänzt hätten. Die Aufgaben im kurialen Umfeld, die Iacopo als Papstbankier an sich gezogen hatte, spielten den Bank- und Handelsgesellschaften sehr wohl in die Hände.363 In Florenz gründeten Averardo und Piero Salviati ihr Bankhaus am 12. November 1528 auf den Fundamenten der laufenden Unternehmung. Dabei begannen sie mit einem relativ geringen Kapitalstock von 8.000 fiorini d’oro larghi. Als Hauptgesellschafter investierten sie 7.500 fiorini und holten sich als Geschäftsführer und Juniorpartner den

Roberta Morelli, La seta fiorentina nel Cinquecento, Milano 1976; Dini, Industria, S. 115; S. 17–19; Lang, Seide aus Florenz, S. 415 f.; S. 423. 361 Dini, Aspetti, S. 29; Dini, Richezza, S. 22; Morelli, Seta fiorentina, S. 19; Hurtubise, La Famille-témoin, S. 59–61; Lang, Seide aus Florenz, S. 427. 362 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 147. 363 Vgl. ebd., S. 206–212. 360

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Florentiner Kaufmannbankier Calandro di Piermaria Calandri in das Haupthaus – Calandri steuerte die restlichen 500 fiorini zum Kapitalstock der Bank bei. Im Gründungsvertrag setzten sie eine Gewinnverteilung von Dreivierteln zu einem Viertel zugunsten der Salviati fest.364 Diese Bankgesellschaft lief erfolgreich, denn bei der Reorganisation der Unternehmensgruppe im Jahre 1542 registrierten die Salviati einen Eigenkapitalzuwachs von annährend 44.000 ducati d’oro.365 Bereits vor dem Tod des wichtigsten Investors der Salviati-Unternehmensgruppe, Iacopo Salviati, am 5. September 1533 unternahm man den Versuch, die in den gemeinsamen Unternehmungen angelegten Vermögen voneinander zu trennen. Die aufgrund der Sammlungstätigkeit von Carlo di Tommaso degli Strozzi im Jahr 1670 in einer Mappe zusammengebrachten Papiere lassen nicht eindeutig erkennen, von wem die Initiative hierfür ausging und was den Hintergrund für die Beendigung langjähriger, Familienzweige übergreifender Verflechtungen von Vermögen und Aktivitäten in verschiedenen Geschäften bildete. Auch die überaus bemerkenswerten Berichte über die gemeinsamen Geschäfte existieren nur als Abschriften und sind nicht eindeutig zuzuweisen.366 Der Familienbiograph der Salviati, Pierre Hurtubise, macht politische Verwicklungen dafür geltend: Iacopo Salviati agierte von Rom aus und war in seiner Heimatstadt am Arno offenbar nicht sonderlich willkommen, weil er im Jahr des Bruchs mit dem Medici-Regime, 1527, auf der Seite Niccolò Capponis gestanden hatte – wie auch Filippo degli Strozzi, der ebenso in Rom ansässig war und gleichenfalls als Papstbankier auftrat.367 Im Jahr 1527/28 sahen sich seine Großcousins Averardo und Piero sogar gezwungen, sich „öffentlich“ von ihrem Verwandten zu distanzieren.368 Der als Erbe des Firmenanteils Iacopos vorgesehene Sohn Battista verschied allerdings, wie erwähnt, verfrüht im Jahre 1524 in Rom. In der Folge musste Iacopo dem Florentiner Familienzweig unter der Leitung Averardos die Geschäfte in Pisa, Florenz und Lyon (widerwillig) überlassen. Geschäftlich war Iacopo Salviati im Umfeld der Kurie – er stand bis zu seinem Tod fast permanent in den Diensten seines Verwandten Clemens VII. Medici – offenbar ziemlich erfolgreich. Denn eine geheime Bilanz von 1532 weist einzig für Rom und Florenz ein Aktivvermögen von 350.000 ducati di camera

SNS, AS, I, 761 (Fi Libro segreto verde), c. 80r–81r: Vertragsreproduktion vom 12.11.1428. – Calandro di Piermaria Calandri ist keine besonders profilierte Figur: Pierre Hurtubise kennt Calandri aus den Unterlagen der Salviati, andernorts finden wir kaum Hinweise auf ihn (sein Haushalt müsste in der Decima nachgewiesen werden; allerdings müsste hierzu das gesamte Material gekämmt werden, weil wir bisher nicht wissen, in welchen Stadtteil Calandri wohnte). 365 SNS, AS, I, 761 (Fi Libro segreto verde), c. 81v–82r: Ricordo zur Neuaufsetzung der Gesellschaft am 7.11.1542; ebd. c. I (Rede d’Alamanno Salviati proprio); c. II (Calandro di Piermaria Calandri proprio). 366 ASFi, Carte Strozziane, I, 334 (Lettere, scritture, memorie diverse spettanti alla famiglia de Salviati, raccolti da Carlo di Tommaso Strozzi 1670). 367 Bullard, Strozzi; Walter, Die Strozzi, S. 186–190. 368 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 206–212. 364

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gegenüber Passiva von 90.000 ducati aus. Im Fall einer der Pisaner Unternehmungen, dem dortigen Bankhaus, gelang es den Brüdern Averardo und Piero Salviati, das Geschäft durch einen Betrag von 11.000 ducati d’Italia an ihren Großonkel abzugelten.369 Schwieriger gestaltete sich der Übergang für die compagnia in Lyon: Hier musste der Richter am Handelsgericht, Grimaldo de’ Nobili da Vezzano, einen Teilungsvertrag aushandeln. Dieses Schriftstück vom 26. Mai 1540 sah die Auslösung der Salviati-Gesellschaft zugunsten von Averardo und Piero Salviati an ihre Großcousins durch die Auszahlung der Hälfte sowohl des Kapitalstamms als auch des utile vor.370 Eine Rimesse von 7.680 scudi di marchi im Jahr 1542 scheint den Kompromiss vom 21. August 1540 zu bekräftigen. Die Erben von Iacopo bestanden indes auf einer Ausgleichszahlung von 26.000 scudi. Demgegenüber weist eine Bilanz von Iacopo Salviati Aktiva von über 37.000 ducati d’Italia im Dezember 1532 auf.371 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 206–212. SNS, AS, filza I, 8, fasc. 4, Nr. 7: Vertrag des Handelsgerichts vom 26. Mai 1540 durch Richter Grimaldo de’ Nobili da Vezzano; seine Sei di mercanzia waren Agnolo di Andreuolo Sacchetti, Bernardo di Francesco del Tovaglia, Niccolò di Battista Dini, Giovambattista di Tommaso Ginori, Lodovico di Niccolò Doffi, Giuliano di Francesco del Zaccheria. Elf mercatanti wurden für die borsa del ricorso eingesetzt: Giovanni di Piero Franceschi, Pierfrancesco di Ruberto de’ Ricci, Giovanni di Gherardo Machiavelli, Bernardo di Andrea Carnesecchi, Cristofano di Bernardo Rinieri, Raffaello di Pandolfo Corbinelli, Alamanno d’Antonio de’ Pazzi, Francesco di Daniello Canigiani, Lorenzo di Spinello Lucalberti, Raffaello di Luca Torrigiani und Maso di Bernardo de’ Nerli – alle samt aus profilierten Kaufmannbankiers-Familien und der patrizischen Elite zugehörig; zum Teil stammten sie aus Familien, die geschäftliche Partnerschaften mit den Salviati eingegangen waren. Demnach wurde die Sentenz von Alamanno di Iacopo Salviati gegenüber der Gesellschaft seiner Kousins Averardo und Piero d’Alamanno Salviati in Lyon erbeten. Folgende Feststellung wird gemacht: […] la detta compagnia di che in quello cantante in d(e)c(t)o Averardo et Piero Salviati e compagni di Lione esser(e) stata fatta et creata overo continuata intra d(e)c(t)o quondam Iacopo et d(e)c(t)i Averardo et Piero Salviati co(n) participatione sotto nome di d(e)c(t)i Averardo et Piero per meta della participatione di d(e)c(t)i Averardo et Piero et così essere durata et continuata dal d(e)c(t)o suo principio in sino nel dì di d(e)c(t)a data domanda et durare, et così mentr(e) che visse d(e)c(t)o Iacopo come dopo la sua morte intra d(e)c(t)o Alamanno in d(e)c(t)i nomi et d(e)c(t)o Avererdo et Piero in d(e)c(t)i nomi a render(e) vero iusto leal conto di d(e)c(t)a compagnia a d(e)c(t)o Alamanno in d(e)c(t)i nomi p(er) d(e)c(t)a partecipatione et dichiariamo per d(e)c(t)o m(esser) Alamanno in d(e)c(t)i nomi essere stato fatto et per tutto bene messo et dimandato […]. Das heißt, dass bis auf den Tag der Sentenz die Lyoner Gesellschaft zu gleichen Anteilen auf Gewinn und Verlust zu Iacopo und dessen Nachfahren sowie Averardo und Piero Salviati angehörte. 371 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 206–212. Pierre Hurtubise bringt als geheime Bilanz ein Schriftstück von 1532 bei (SNS, AS, filza I, 112, fasc. 13: hier finden sich zwei Bilanzen – eine Bilanz und ein Extrakt – von 1532, welche aus den Büchern Iacopos in Rom gezogen wurden); die Bilanz von Iacopo Salviati im Dezember 1532 (SNS, AS, filza I, 213, fasc. 13: diese kann ich nicht verifizieren, weil an der entsprechenden Stelle im Archivio Salviati keine weitere Bilanz aufzufinden ist); dazu ein Heft zur ragione (ASFi, Carte Strozziane, I, Nr. 334); der Entscheid von Richter Grimaldo de’ Nobili (Hurtubise schreibt „Rainaldo“) (SNS, AS, filza I, 8, fasc. 4, Nr. 7). – Bemerkenswert an der Überlieferung der im Salviati-Archiv erhaltenen Einzelstücke aus den Mappen (filza I, 8; 112) ist, dass sie zunächst zu den Papieren des römischen Familienzweiges gehört hatten; diese gelangten beim unter der letzten Vertreterin der römischen Linie und Nachfahrin von Alamanno di Iacopo, Zefferina Salviati, 1754 erzielten Vergleich in den Besitz der Florentiner Linie. Denn man führte nach dem Tod des letzten männlichen Vertreters des römischen Zweiges, Herzogs Antonio Maria, einen rund 50 Jahre andauernden Prozess um die Verteilung der Familiengüter, wobei alle Schriftstücke, die die Bedeutung der römischen Besitzungen der Familie zu unterstreichen vermochten, hervorgezogen wurden. Diese Absicht erklärt nicht zuletzt, weswegen die bilanci Iacopos, die insbesondere 369 370

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Der Schlichtungsvorschlag des Grimaldo de’ Nobili zeigt zugleich, dass sich die Streitigkeiten um die Entflechtung über beinahe ein Jahrzehnt hinzogen. Ein Bericht, welcher in den Familienpapieren enthalten ist, gibt einen Hinweis darauf, dass diese Bemühungen schon im Herbst 1531 begonnen haben dürften.372 Bis zu Iacopos Tod wechselten die beiden Köpfe der Familienzweige – der deutlich ältere Iacopo und sein Großcousin Averardo – eine Reihe von Briefen, die zum Teil überliefert sind.373 Bereits vor dem ersten vermittelten Vergleich vom 4. Juli 1534 verfolgte Iacopos Sohn Lorenzo (1492–1539) die geschäftlichen Interessen des römischen Familienzweiges. Danach ergriff vor allem Alamanno (1510–1571), derjenige Sohn Iacopos, der um 1530 in seine Heimatstadt am Arno zurückgekehrt war, die Initiative für den „römischen“ Familienzweig. Doch erst 1540 schien man sich vor dem Handelsgericht geeinigt zu haben.374 Auch die Magona in Pisa war im Jahr 1533 zunächst von Averardo und Piero di Alamanno Salviati einerseits sowie von Lorenzo und Alamanno, den Söhnen von Iacopo, andererseits geführt worden. Allerdings verfügte der erwähnte Vergleich zwischen den beiden Linien der Familie vom Sommer 1534 die gemeinsame Anlage der Unternehmung durch die Nachfahren Iacopos und Alamannos, wobei Alamanno di Iacopo als procuratore für die Erben seines verstorbenen Bruders Lorenzo fungieren sollte. Die für weitere 14 Jahre aufgesetzte Magona sollte unter dem Namen Averardo e Piero Salviati e figliuoli di Iacopo Salviati von 1539 bis 1553 von beiden Linien gemeinsam betrieben werden. Die Bestände der Magona – darin enthalten sind sowohl der Besitz an Grund im contado von Pisa als auch die darauf gehaltenen Nutztiere – wurden unter den beiden Erbengemeinschaften aufgeteilt, aber nicht dem Betrieb entzogen.375 In Pisa existierte nach Aussagen Lorenzo Salviatis aus den Jahren 1533 bis 1536 daneben eine dritte Firma: die concia.376

die römischen Geschäftsergebnisse positiv darstellen, überliefert sind: Fiorani, Archivio Salviati, S. 30. – In der Übereinkunft vom 3. Juli 1534 werden die einzelnen compagnie aufgelistet und die Bestände säuberlich gegeneinander getrennt. Die Magona wird gemeinsam betrieben, die debitori buoni aus dem bilancio zum Libro grande und die Barkassenbestände werden gegenseitig verrechnet (Nr. 56, c. 136r); ebenso die tutti li debitori da libro grande dal quaderno di chassa e quadernuccio di chassa e da libro di Firenze sowie die debitori cattivi dubiosi e lunghi (c. 136v). Weiterhin werden die sostanze behandelt (c. 137rv). 372 ASFi, Carte Strozziane, ser. I, no. 334: Nr. 60, c. 146r: Bericht über die ragione in Lyon, hier c. 147r: Per mostare ad im[[…]]to che erono rimasti d’accordi Iac(op)o et Av(erar)do in Roma / si [[…]][ragio]ne di q(ue)lla di Lione si producono più l(ette)re l’uno al altro scritte: et pri[mo][[…]] Iacopo de dì vij d’ottobre 1531 / poi ch(e) detto Aver(ar)do era [[…]] ch(e) dice. Quanto alle cose vostre di qua, so[[…]] cosa alcuna senza v(ost)ra saputa prima / non s’accon[ciò][[…]]. 373 ASFi, Carte Strozziane, ser. I, no. 334: Dokumente Nr. 81–85 (zum Teil Autographe). 374 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 206–212; vgl. Britta Schneider, Fugger contra Fugger. Die Augsburger Handelsgesellschaft zwischen Kontinuität und Konflikt (1560–1597/98) (Studien zur Fuggergeschichte, 45), Augsburg 2016, S. 129–202. 375 ASFi, Carte Strozziane, ser. I, no. 334: Dokument Nr. 56, c. 135r–136r. 376 ASFi, Carte Strozziane, ser. I, no. 334: No. 66, c. 166r–169r: Bericht für Lorenzo Salviati über die ragione der Salviati in Lyon, hier c. 166r: […] et di più tre altre scritte di Comp(agni)e di Pisa, cioè una del banco, l’altra della Magona del bestiame, et la terza della concia de coiami; et le mandamo tutt’a quattro insieme così

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Averardo e Piero Salviati & Co 1528/42–1553 Auch nach der grundlegenden Reorganisation des business partnership agglomerate der Salviati markierten die Standorte Florenz, Pisa und Lyon das Kräftefeld, in dessen Rahmen sich die Geschäfte primär entwickelten. Das ökonomische Rückgrat dieser räumlichen Struktur bildete das Florentiner Wirtschaftsleben. Das Herzstück der Unternehmensgruppe war das Florentiner Bankhaus. Von dort aus organisierten die Salviati ihre Kapitalverflechtungen mit den verschiedenen Niederlassungen und den firmeneigenen Seiden- und Wollhandlungen. Averardo e Piero Salviati & Co di Firenze di banco hatten sich seit 1532 mit 7.000 fiorini bei der eigenen Seidenhandlung Alamanno e Filippo d’Averardo Salviati & Co setaiuoli beteiligt.377 Ebenso hielt das Bankhaus zwischen 1535 und 1541 einen Anteil von 3.000 fiorini an der Wollhandlung von Antonio di Bernardo Martellini & Co lanaiuoli in San Martino.378 Im Jahre 1565 rief Filippo Salviati (1515–1572) mit Alfonso degli Strozzi eine neue battiloro-Gesellschaft in Florenz ins Leben.379 Neben einer seit 1533 nachweisbaren Färberei, die wohl schon Averardo Salviati gegründet hatte, führte besagter Filippo gemeinsam mit Nero und Francesco del Nero diese Firma weiter.380 Zwischen 1541 und 1544 waren Averardo e Piero Salviati & Co in einer accomandita an einer Gerberei von Giovan Domenico Ghettini e Agostino Biagi & Co beteiligt.381 Die Florentiner Wollhandlung der Salviati lässt sich ab 1519 nachverfolgen, zwischen 1544 und 1553 betrieben die Salviati die Unternehmung gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Francesco Puccini und von 1560 bis 1570 mit Benedetto und Alessandro de’ Medici.382 Die Salviati-Gruppe nach Averardos Tod 1553 Nach Averardo Salviatis Tod setzte eine abermalige räumliche Expansion ein. Sein Sohn Filippo gründete im Jahr 1554 eine Bankgesellschaft in Venedig, deren Unterlagen bis 1579 erhalten sind.383 Diese Unternehmung verfügte über Beziehungen im

soscritte in Firenze; et furono accetattate le tre comp(agni)e, del banco, Magona, concia di Pisa: le quali per più conti si dimostravono essere di poca utilità et di gran pericolo. 377 SNS, AS, I, 761 (Fi Libro segreto verde), c. 11 (14.3.1532). 378 Ebd., c. 13 (11.2.1535). 379 SNS, AS, I, 1204 ff. Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 216. 380 SNS, AS, I, 95–96; 997 ff. Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 216. 381 SNS, AS, I, 761 (Fi Libro segreto verde), c. 15. 382 SNS, AS, I, 81–87; 89–91. Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 216. 383 SNS, AS, I, 1104–1119. Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 216. – Im Quaderno di cambi segnato D (SNS, AS, I, 1109, c. 184r) befindet sich der Verweis auf das Journal, welches im Jahr 1554 beginnt – und nicht erst im Jahr 1555, wie Pierre Hurtubise annimmt. Bemerkenswert ist dabei die Signatur: Die Reihe von Filippo di Averardo Salviati & Co di banco in Venezia erscheint mit „D“; das bedeutet, dass es davor schon irgend-

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Wechselhandel zur Unternehmung in Lyon.384 Etwa zur selben Zeit hatten die Salviati auch eine Niederlassung in Neapel, über eine accomandita, in welche Piero (1504– 1564) und sein Neffe Filippo Salviati gemeinsam investierten.385 Die unter dem Namen Vincenzio Giraldo & Co di Napoli betriebene Unternehmung erhielt ab 1554 von Piero e Filippo d’Averardo Salviati & Co di Firenze einen Anteil von 8.571,8,7 scudi d’Italia.386 Beginnend mit den Brüdern Averado und Piero di Alamanno traten die Salviati verstärkt als Investoren auf, wobei sie insbesondere das Instrument der Kommende, der accomandita, nutzen. Dabei gelang es ihnen, ihre Geschäftsfelder in unterschiedliche Sektoren und räumliche Einflusssphären hinein auszudehnen. Nach dem Tod Averardo Salviatis im Jahr 1553 setzte die Nachfolgeunternehmung Piero e Filippo Salviati & Co diese Tendenz fort. Besonders hohe Summen legten sie in Bankgeschäfte in Neapel ein, so dass sie einem allgemeinen Trend der wirtschaftlichen Ausrichtung der Kaufmannbankiers Genuas, Venedigs und Florenz’ am spanischen Herrschaftsbereich in Süditalien folgten. Im Jahr 1554 waren es 10.000 ducati, die sie für vier Jahre in eine Bankunternehmung investierten; 1572 hatten sie 20.000 ducati für drei Jahre angelegt. Diesem Bild entspricht auch die Verwendung von zunächst 4.500 ducati im Jahr 1559 für eine Bankkommende in Sevilla und abermals 1563 mit nunmehr 9.000 ducati und 1577 mit 15.000 scudi d’Italia. In derselben geschäftlichen Orientierung investierten sie 1561 in Bari 8.500 ducati auf drei Jahre, 1573 nochmals 8.000 scudi d’Italia in eine accomandita für Bankgeschäfte in Palermo und 1577 18.000 ducati in Rom. Zwischen 1589 und 1596 hatten sie 18.000 fiorini (bzw. ab 1593 9.000 fiorini) in Seidenhandlungen in Pisa eingelegt. Wesentlich geringere Investitionssummen benötigten die Lederproduktionen und die Lebensmittelbetriebe, deren Schwerpunkt im Pisaner Umland, in der Maremma und in Florenz lag.387 Dem Familienarchiv ist Pierre Hurtubise zufolge die Ausrichtung eines Teils des business partnership agglomerates der Salviati in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu entnehmen. Dabei wird allerdings der Logik der genealogischen Aufrechnung nach

eine geschäftliche Tätigkeit der Salviati in Venedig gegeben haben muss (über die aber offenbar nichts bekannt ist) – oder dass die Handlung in Venedig einen anderen Vorläufer gehabt haben muss. 384 SNS, AS, I, 1110 (Ve DebCred D), c. 19/XVIIII: Piero Salviati e co di Lione per n(ost)ro conto di fiera d’apparizione; dort folgen Buchungen für Mai 1555; SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 225/CCXXV (1559.2–28.2.1562). 385 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 217. – Ob diese accomandita identisch ist mit den Salviati di Napoli, welche 1560/61 geschäftliche Kontakte zur compagnia in Lyon unterhielt, ist nicht klar (SNS, AS, I, 604, c. 225/CCXXV). 386 SNS, AS, I, 761 (Fi Libro segreto verde), c. 48. 387 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 222: tableau IV (ASFi, Mercanzia, 10832; 10833; 10836): Lederproduktion: 1541 mit 2.000 fiorini in Florenz, abermals in Florenz 1552, 1559 mit 3.000 ducati in Florenz, abermals in Florenz 1561, 1565 mit 7.000 fiorini in Pisa; Fleischhandel: 1544 mit 250 fiorini in Pisa, 1580 mit 570 scudi d’Italia in Pisa, abermals in Pisa mit 700 fiorini; Ölhandlung: 1566 in Palaia (Pisa) mit 707 ducati; Getreidehandel: 1566 in der Maremma mit 500 ducati. Vgl. Lang, Dan auf disen vornemen Handelsplatzen, S. 44–47; vgl. Butzert, Investitionen, S. 137–145.

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nur der jeweilige Anteil der Salviati dargestellt. Demnach verfügte das Florentiner Bankhaus zwischen 1528 und 1542, bevor die Trennung zwischen den beiden oben genannten Linien erfolgte, über einen Kapitalstock von 8.000 fiorini, von welchen 7.500 fiorini allein den Salviati gehörten. Diese Unternehmung kam auf einen jährlichen Profit von immerhin 2.785 ducati.388 Bei der Reorganisation der compagnia di banco 1554 reinvestierten die Gesellschafter große Teile des ursprünglichen Kapitalstocks und des Zuwachses an Eigenkapital. Piero d’Alamanno Salviati und Filippo d’Averardo Salviati legten jeweils 18.000 fiorini in die ragione ein, der erwähnte Calandro Calandri immerhin 14.000 fiorini (wobei sie bei der Aufteilung des Gewinns von drei Vierteln zugunsten der Salviati gegenüber einem Viertel für Calandri blieben).389 Die Bank in Venedig hatte von 1555 bis 1579 einen Kapitalstamm von 14.700 ducati, von denen die Salviati 10.000 ducati investiert hatten. Die Bank-Unternehmung am Arno wurde von 1578 bis 1581 mit einem corpo in Höhe von 36.266 scudi d’Italia betrieben, wovon die Salviati 24.266 scudi eingesetzt hatten. Dieses Bankhaus warf einen Jahresgewinn von 3.658 scudi d’Italia ab. Als diese Firma von 1595 bis 1598 mit einem Stammkapital von 23.000 scudi d’Italia weiter geführt wurde, hatten die Salviati 20.000 scudi d’Italia investiert und registrierten einen stattlichen Jahresprofit von etwas über 5.370 scudi. Die Fortsetzung der Unternehmung zwischen 1598 und 1602 erfolgte mit einem corpo von 30.000 scudi d’Italia, einem Anteil der Salviati von 27.000 scudi und einem schrumpfenden Jahresüberschuss von 3.654 scudi. Die Seidenhandlung in Pisa verfügte im Jahr 1590 über einen Kapitalstock von 16.000 fiorini, von denen die Salviati 14.000 fiorini eingelegt hatten. Der Jahresgewinn betrug knapp 2.000 fiorini.390 Nach der Einrichtung der Bisenzone-Messen in Piacenza ist zudem eine Niederlassung der Salviati am Standtort der Wechselmessen nachweisbar.391 Grundsätzlich können die hier am Beispiel der Salviati aufgewiesenen Tendenzen an anderen Florentiner Unternehmungen bestätigt werden. Sowohl die deutliche Zunahme der eingebrachten Kapitalstöcke im Verlauf des 16. Jahrhunderts als auch die schwankenden Renditen der Salviati-Unternehmungen weisen Parallelen mit anderen Familienunternehmen wie den von Paolo Malanima dokumentierten Riccardi auf.392 Allem Anschein nach betrieben die Salviati ihre Handels- und Bankgesellschaften bis kurz vor der Mitte des 17. Jahrhunderts unausgesetzt weiter. Allerdings lässt sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts eine schrittweise Umschichtung von Vermögenswerten nachvollziehen. Während Alamanno Salviati, der Stammvater der Florentiner Linie und ältere Cousin Iacopos, bei seinem Tod 1510 ein in Immobilien und Land invesHurtubise, Une Famille-témoin, S. 218: SNS, AS, filza I, 213, fasc. 20; I, 761; I, 997; I, 1049; I, 1060. SNS, AS, I, 761 (Fi Libro segreto verde), c. XLV (Filippo d’Averardo Salviati); c. XLVI (Piero Salviati); XLVIII (Calandro Calandri), alle am 18.6.1554. 390 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 218: SNS, AS, filza I, 213, fasc. 20; I, 761; I, 997; I, 1049; I, 1060. 391 Lang, Dan auf disen vornemen Handelsplatzen, S. 71–73. 392 Paolo Malanima, I Riccardi di Firenze. Una famiglia e un patrimonio nella Toscana dei Medici (Biblioteca di Storia Toscana moderna e contemporanea. Studi e documenti; 15), Firenze 1977. 388 389

Die storia interna der Salviati und der Welser

tiertes Vermögen im Wert von 40.000 scudi d’Italia hinterließ, vermachte sein Urenkel Antonio di Filippo (1554–1619) im Jahr 1619 mit 300.000 scudi seinen Erben knapp das Siebeneinhalbfache. Überdies verkehrte sich innerhalb der Vermögenstruktur das Verhältnis von Handels- und Geschäftskapital zu Immobilienbesitz. Betrug die Verteilung von Vermögenswerten in Alamannos Testament rund vier zu eins zugunsten des geschäftlichen Vermögens, stellte sich im Falle Antonios die Situation mit drei zu sieben zugunsten des Immobilienvermögens umgekehrt dar.393 Die Köpfe der Familie Salviati verfügten zur Zeit der oben skizzierten Trennungsstreitigkeiten um 1532/33 über Landbesitz im Wert von 50.000 fiorini.394 Im Zuge der Transformation der einstigen merkantilen Patrizier-Führungsschicht der Republik Florenz in eine adelig-höfische Elite des Herzogtums seit der Erhebung Cosimos I. zum Granduca im Jahr 1537 verlagerten sich die Investitionsstrategien der vermögenden Kaufmannbankiers auf Landbesitz und die Anlage ihres Kapitals in Beteiligungsgesellschaften, den accomandite.395 Der Erwerb von Grundbesitz durch die Kaufmannbankiers folgte einer doppelten Logik: Einerseits intendierte der Kauf von Grund und Boden die Steigerung des sozialen Status’. Andererseits nutzten die Kaufmannbankiers die arrondierten Flächen für die agrarische Produktion.396 Infolge dieser Entwicklungen vermehrte sich das Vermögen, das hinter den geschäftlichen Aktivitäten stand. Daneben tat sich mit der verstärkten Anlage von Geldwerten in den accomandite ein weiteres Feld für neue Investitionsstrategien auf:397 Auch hier erschienen neben den ökonomischen Absichten, Risiko zu streuen und mit relativ niedrigen Transaktionskosten in neue Märkte vorzudringen, soziale Zielsetzungen wie die stille Teilhaberschaft (die nicht geschäftsführende Anlage), welche ein verdecktes geschäftliches Engagement erlaubte.398 Das Motiv der Standeserhöhung durch die Umwandlung ökonomischen in soziales Kapital bildete ohne Zweifel die Triebfeder des wirtschaftlichen Handelns der Florentiner Kaufmannbankiers und Patrizier.399

Pinchera, Lusso, S. 10 f. ASFi, Decima Granducale, no. 3594, fol. 260v–265v. Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 212–218; Lang, Dan auf disen vornemen Handelsplatzen, S. 39–41. 395 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 222: tableau IV; Lang, Dan auf disen vornemen Handelsplatzen, S. 39–44. 396 Pinchera, Lusso, S. 10 f.; zu den fattorie der Salviati: Irene Polverini Fosi, Feudi e nobiltà: i possessi feudali dei Salviati nel Senese, sec. XVII–XVIII, in: Bullettino senese di storia patria 82 (1975), S. 239–274; Valeria Pinchera, La richezza dei Salviati. Una famiglia e un patrimonio tra Granducato e stato della chiesa all’inizio del XVIII secolo, in: Antonio Di Vittorio (Hg.), Tra rendita e investimenti. Formazione e gestione dei grandi patrimoni in Italia in Età moderna e contemporanea. Atti del terzo Convegno Nazionale, Torino 22–23 novembre 1996 (Società Italiana degli Storici dell’Economia), Bari 1998, S. 191–210, hier S. 197 f. 397 Carmona, Aspects, S. 96–104; zusfd.: Goldthwaite, The Economy. 398 Lutz, Die rechtliche Struktur. Litchfield, Emergence, S. 37. 399 Die Darstellung und die Interpretation dieser letzten Gesichtspunkte (die Investitionsstrategien der Salviati um 1600) in: Lang, Dan auf disen vornemen Handelsplatzen, S. 69 f. 393 394

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Die Akteure

III.4.2

Die Handelsgesellschaften der Salviati in Lyon

Die Gründung der Handels- und Bankgesellschaft der Salviati in Lyon war eingebettet in ein Gefüge aus Florentiner Personen- und Kapitalverflechtungen. Denn die compagnia der Salviati in Südfrankreich erscheint als Projekt der Gruppe um die von Götz-Rüdiger Tewes als „Mediceer“ apostrophierten Nachfolger und Parteigänger der 1494 ins Exil getriebenen Kernfamilie der Medici.400 Nach dem Tod Lorenzo de’ Medicis im Jahr 1492 existierte die Niederlassung der Familie an der Rhône unter dem Firmennamen Piero de’ Medici, Lorenzo Tornabuoni & Co di Lione unter der Leitung von Lorenzo Spinelli und Cosimo Sassetti weiter. Die faktischen Verwalter der Unternehmung, die formal unter dem Namen von Lorenzos Sohn Piero bis zu dessen Enteignung bei der Verbannung im Jahr 1494 weiterlief, erwarben die Gesellschaft im November 1496 und gründeten mit dem darin enthaltenen Medici-Kapital die Firma Lionardo di Bartolomeo Bartolini & Co di Lione. Der ehemalige Leiter der Medici-Bank, Giambattista di Marco Bracci (1458–?)401, erhielt im Auftrag der Liquidatoren des Vermögens der Familie Medici die Verfügung über den Kapitalstock, den er an den Parteigänger und Medici-Freund Bartolomeo Bartolini veräußerte.402 Der Medici-Agent in Lyon, Bernardo de’ Rossi, rief dort spätestens im Jahr 1497 eine eigene Unternehmung ins Leben, die sich ebenfalls aus dem ursprünglichen Vermögen der Medici-Gruppe, vermutlich vermittelt durch die Nachlassverwalter Giambattista Bracci und Lorenzo Tornabuoni, speiste. Die Gesellschaft Lionardo Bartolinis sowie diejenige Bernardo de’ Rossis wurden 1498 in eine gemeinsame Firma unter dem Namen Lionardo Bartolini, Bernardo de’ Rossi & Co di Lione überführt. Diese Unternehmung finanzierte sich aus den Beständen der Investoren in die Lyoner Geschäfte – Tornabuoni, Sassetti, Spinelli – und erzielte bis 1502 einen Gewinn von 28 Prozent auf ihr investiertes Kapital.403 Lionardo di Bartolomeo Bartolini (1464–?)404 gründete in Lyon 1502 eine neue Firma unter seinem Namen, welche bis 1512 Bestand hatte. Ihr Stammkapital setzte sich zusammen aus Lionardos Anteil in Höhe von 7.000 scudi di marchi und dem Anteil seines Vaters, der Haupteigner der Florentiner Bartolini-Bank war, über 5.000 scudi di marchi.405 In Florenz selbst war die Bankgesellschaft Lanfredino Lanfredini & Co die zentrale Unternehmung der Bank der Medici-Erben. In ihr vereinigten sich nach Ausweis des Geheimbuches Lanfredinis in Drittelparität der Namensgeber und Politiker LanfreTewes, Kampf, S. 639. Vgl. Roberto Zapperi, Art. „Bracci, Marco“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, 13, Roma 1971, URL: www.treccani.it/enciclopedia/marco-bracci_(Dizionario-Birografico)/. 402 Tewes, Kampf, S. 234 f. 403 Ebd., S. 236–242. 404 Ebd., S. 145 f. 405 Ebd., S. 242–250; S. 603–605. 400 401

Die storia interna der Salviati und der Welser

dino Lanfredini (1456–1520)406, der wiederholt als Investor und Geschäftsführer genannte Giambattista Bracci sowie Lionardo Bartolinins Bruder Giovanni. Von 1508 an waren überdies in Rom Giovanni Bartolini & Co und die dortige Buonvisi-Bank – Antonio di Benedetto Buonvisi & Co – als Tochtergesellschaften vom Haupthaus Lanfredino Lanfredinis am Arno abhängig.407 Die Erweiterung des business partnership agglomerate von Iacopo Salviati sowie von seinem ein wenig älteren Cousin Alamanno nach Lyon begann mit der Gründung einer accomandita in Toulouse im Jahr 1507. Einer Übereinkunft vom 10. Juni 1508 zufolge beendeten die Partner Domenico Naldini (1475–?)408 und der aus Memmingen stammende Hans Vöhlin (1488–1556)409 die gemeinsame compagnia am Vortag nach nur einem Jahr Laufzeit. Demnach hatte die Faktorei der Welser-Vöhlin in Lyon 7.000 livres zum Kapitalstock beigetragen, Hans Vöhlin 1.000 livres in seinem eigenen Namen. Zusätzlich hatte die Naldini-Vöhlin-Firma in Toulouse bei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft Verpflichtungen in Höhe von 3.800 livres. Auf Florentiner Seite investierte Francesco Naldini 5.000 livres, Domenico Naldini brachte weitere 2.000 livres als Eigenanteil (per sua persona) ein. Dabei kam die gemeinsame accomandita auf knapp 1.225 livres Gewinn. Der Teilungsvertrag zeigt, dass hinter Domenico Naldini dessen Cousin Francesco stand, der wiederum das nötige Kapital von den Gesellschaften Salviati und Lanfredino Lanfredini in Florenz erhalten hatte.410 Die genannte Übereinkunft war zwischen Domenico und seinem Cousin Francesco Naldini angelegt und intendierte die Fortsetzung der accomandita in Toulouse als Naldini-Gesellschaft. Sie integrierten in der Folge den aus Siena gebürtigen Handelsdiener (zunächst giovane) Piero Cerretani in die im Südwesten Frankreichs angesiedelte Einkaufsgesellschaft, die seit 1509 den Namen Francesco e Domenico Naldini & Co di Tolosa trug und von den Teilhabern Lionardo Bartolini & Co di Lione, der 1508 gegründeten Gesellschaft der Salviati in Lyon sowie Domenico Naldini ihr Kapital erhielt.411 Vanna Arrighi, Art. „Lanfredini, Lanfredino“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 63, Roma 2004, 602–605; Tewes, Kampf, S. 129 f. Während Lanfredino Lanfredini durchaus als politische Figur profiliert ist, hat erstmals Götz-Rüdiger Tewes die eminente Bedeutung Lanfredinis als Firmenchef herausgearbeitet. 407 Tewes, Kampf, S. 620–629. 408 Ebd., S. 642. 409 Reinhard, Augsburger Eliten, S. 858 f.; vgl. Lang, Fremdsprachenkompetenz, S. 87. 410 Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze [künftig: „BNCF“], Manoscritti, II, V, 13: V. Lettere e scritture varie t. VII (1455–1611), c. 209r–210v: Kopie der Konvention zwischen Francesco Naldini e compagnia mit Salviati und Lanfredini aus Lyon auf der einen Seite sowie Domencio Naldini und Hans Vöhlin aus Toulouse auf der anderen Seite, 10.6.1508. – Dazu ausführlich in Kapitel IV. 411 Tewes, Kampf, S. 643: Partizipationsschlüssel gemäß Rechnungsbücher im Archivio Bartolini Salimbeni: Lyoner Bartolini-Gesellschaft und Lyoner Salviati-Gesellschaft mit je 6 soldi, 5 denari; Domenico Naldini mit 5 soldi, 8 denari sowie Piero Cerretani mit 1 soldo, 5 denari. – Piero Cerretani blieb in Bordeaux; sein Neffe Matteo spielte später als etablierter Kaufmannbankier in der Stadt eine bedeutende Rolle: Bernard Allaire, Crépuscules ultramontains. Marchands italiens et grand commerce à Bordeaux au XVIe siècle, Bordeaux 2008, S. 101–112. 406

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Die Akteure

Die Gründung der Salviati-Gesellschaft in Lyon 1508 und die Firmen bis 1528 Im Herbst 1508 überführten die Protagonisten der Medici-Nachfolger ihre Aktivitäten in Lyon in eine gemeinsame Handels- und Bankgesellschaft unter der Führung der Cousins Iacopo und Alamanno Salviati. Sie gründeten die Firma Alamanno e Iacopo Salviati & Co di Lione, deren Kapitalstamm von insgesamt 15.000 scudi di marchi (= 27.000 livres) zu je einem Drittel von Alamanno e Iacopo Salviati & Co di Firenze, Lanfredino Lanfredini & Co di banco di Firenze und Francesco Naldini selbst finanziert wurde (siehe Tabelle 1).412 Dabei stand hinter Francesco Naldini fraglos Giambattista Bracci, der Direktor des Bankhauses von Lanfredino Lanfredini. Francesco Naldini, der 1490 Agent der Medici-Bank in Pisa gewesen war und unter dramatischen Umständen 1497 aus seiner Heimatstadt Florenz hatte fliehen müssen, lebte seitdem im Süden Frankreichs und wurde zu einem wichtigen Vertreter Braccis in Lyon. Er leitete die compagnia der Salviati am Zusammenfluss von Saône und Rhône bis zu seinem Tod 1518 (siehe Tabelle 2).413 Vergleicht man aus der Perspektive des investierten Kapitalstamms die Handelsund Bankgesellschaft der Salviati in Lyon mit Unternehmen von ähnlicher Bedeutung, bewegte sich die Anfangsinvestition von 15.000 scudi di marchi in einer durchaus repektablen Größenordnung. Der corpo der 1490 restrukturierten Unternehmung Piero Capponi & Co belief sich auf 20.000 fiorini (bei einem damals etwas niedriger angesetzten Florin im Verhältnis zum scudo di marchi); im Jahre 1513 verfügte die Niederlassung der Capponi am Zusammenfluss von Saône und Rhône unter dem Namen Redi di Piero Capponi & Co nur noch über ein Stammkapital von 12.166,13,4 fiorini. Im Unterschied zur compagnia der Salviati in Lyon investierten indes die verschiedenen

Die Grundlage der Ausführungen über die Zusammensetzung der Kapitalien (v. a. Stammkapital = corpo) bildet das Geheimbuch, der Libro segreto rosso: SNS, AS, III, 9. In seinen Bemerkungen zur Handelsund Bankgesellschaft der Salviati in Lyon bezieht sich Pierre Hurtubise auf die Dokumente, die anlässlich zur Trennung der Geschäfte und Bestände zwischen den beiden Cousin-Linien, Iacopo Salviati und Averardo mit Piero di Alamanno Salviati, erstellt wurden; diese Trennung wurde 1532 von den beiden Verwandten Iacopo und Averardo, der deutlich jünger als sein Großcousin war, angestrebt. Die Dokumentation dieses Trennungsvorgangs wurde mit dem Gerichtsverfahren vor der Mercanzia, dem Florentiner Handelsgericht, begonnen und setzte nach dem Tod Iacopos am 5.9.1533 an (hierbei wird zum Teil rückwirkend berichtet). Die dabei umrissenen Anteile an der Lyoner Firma sind aus der Perspektive Iacopo und Averardo Salviatis beschrieben, so dass die Anteile, die die anderen – nicht verwandten – Teilhaber wie Francesco Naldini oder Lionardo Spina in die Unternehmung beisteuerten, nicht erfasst sind. Daher ist die Darstellung von Pierre Hurtubise „familienbiographisch“ verzerrt: ASFi, Carte Strozziane, ser. I, no. 334, Nr. 60, c. 146r–157r (Bericht über die ragione in Lyon): Apersono adunq(ue) ragione et traffico in Lione di Francia l’anno 1508, et ca(n)tò in nome d’Alamanno Sal(via)ti e comp(agn)i. El corpo ch(e) toccò a mettere p(er) la parte d’Alamanno et di Jacopo Salviati, fu inseime, ch(e) furono 𝛻 cinq(ue)mila di m(archi). Ein- und irreführend: Martin-Pallini, L’installation. Dagegen: Lang, Herrscherfinanzen. – Die Vorschrift des Gesellschaftsvertrages befindet im Archivio Salviati: SNS, AS, filza II, 1, fasc. 27. Dazu: Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 146. 413 Zu diesem Zusammenhang: Najemy, A History, S. 397 f.; Tewes, Kampf, S. 140–142. 412

Die storia interna der Salviati und der Welser

Tab. 1 Die Gesellschaften der Salviati in Lyon und deren Gesellschafter Name

Laufzeit

Alamanno e Iacopo Salviati 1508– & Co 15.09.1513

Kapitalstock (corpo)

Gesellschafter (soci)

15.000 scudi Alamanno e Iacopo Salviati & Co di Firenze

messa in corpo 5.000 scudi

Lanfredino Lanfredini & Co di banco di Firenze

5.000 scudi

Francesco Naldini

5.000 scudi

Iacopo e Redi d’Alamanno Salviati & Co

15.09.1513– 17.08.1517

15.000 scudi Iacopo e Redi d’Alamanno 8.400 scudi Salviati & Co di Firenze

Redi di Alamanno e Battista Salviati & Co

17.08.1517– 30.04.1520

22.000 scudi Iacopo e Redi d’Alamanno 11.900 scudi Salviati & Co di Firenze

Francesco Naldini

Francesco Naldini / Domenico Naldini Redi di Alamanno e Battista Salviati & Co

30.04.1520– 24.03.1522

Redi di Alamanno Salviati & Co

24.03.1522– 30.06.1528

12.100 scudi Redi di Alamanno Salviati

Redi di Alamanno Salviati & Co

30.06.1528– 09.09.1532

12.600 scudi Redi di Alamanno Salviati

Iacopo Salviati

Iacopo Salviati

Averardo e Piero Salviati & Co

Averardo e Piero Salviati & Co

Averardo Salviati & Co

09.09.1532– 09.12.1539

09.12.1539– 01.10.1543

01.10.1543– 15.09.1544

15.09.1544– 13.09.1549

10.100 scudi

20.300 scudi Iacopo e Redi d’Alamanno 12.100 scudi Salviati & Co di Firenze Giambattista Bracci

Averardo e Piero Salviati & Co

6.600 scudi

12.000 scudi Averardo e Piero Salviati (Alamanno und Bernardo di Iacopo; Averardo und Piero)

8.200 scudi 6.050 scudi 6.050 scudi 6.300 scudi 6.300 scudi 8.000 scudi

Lionardo Spina

2.000 scudi

Lorenzo Pasquali

2.000 scudi

20.400 scudi Averardo e Piero Salviati & 15.000 scudi di Firenze Lionardo Spina

2.700 scudi

Lorenzo Pasquali

2.700 scudi

20.400 scudi Averardo e Piero Salviati & 15.000 scudi di Firenze Lionardo Spina

2.700 scudi

Lorenzo Pasquali

2.700 scudi

20.400 scudi Averardo Salviati

15.000 scudi

Lionardo Spina

2.700 scudi

Lorenzo Pasquali

2.700 scudi

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198

Die Akteure

Name

Laufzeit

Kapitalstock (corpo)

Averardo Salviati & Co

13.09.1549– 12.12.1550

20.400 scudi Averardo Salviati

Averardo Salviati & Co

12.12.1550– 07.03.1554

Piero Salviati & Co

07.03.1554– 1557

Piero Salviati e Lionardo Spina & Co

1557– (1565)

Gesellschafter (soci)

2.700 scudi

Lorenzo Pasquali

2.700 scudi

20.700 scudi Averardo Salviati

14.400 scudi

Lionardo Spina

3.000 scudi

Lorenzo Pasquali

3.300 scudi

13.000 scudi Piero Salviati

10.000 scudi

Lionardo Spina

3.000 scudi

Piero Salviati

?

Lionardo Spina

? ?

(1565–1570?)

?

Filippo Salviati & Co

30.12.1570– 07.03.1573

20.000 scudi Filippo Salviati

(07.03.1573– 30.05.1575/ 1578?)

15.000 scudi

Lionardo Spina

(Piero Salviati & Co?)

(Redi di Filippo Salviati & Co?)

messa in corpo

14.400 scudi

Giambattista Bartolomei

5.600 scudi

?

?

Giambattista Bartolomei

?

Gesellschaften der Capponi bzw. von Piero Capponis Erben in die gemeinsam betriebene Unternehmung in Lyon.414 In einer vergleichbaren Größenordnung erschienen weitere florentinische Firmengründungen in Lyon. Die Gesellschaften Antonio Gondis oder Lorenzo di Filippo Strozzis, der in seine compagnia 12.000 scudi di marchi investierte, begannen mit ähnlich großen Kapitalstöcken. Von insgesamt 20.000 scudi di marchi des Stammkapitals

BNCF, Libri di commercio dei Capponi, Nr. 2: Libro segreto di Piero, Neri, Cappone, Alessandro e Girolamo fratelli e figluoli di Gino Neri Capponi compagni di Lione (1485–1516). Ebd., c. 60/LX: Konto Piero Capponi e co della ragione vecchia di questo libro vom 10.6.1494. Die Teilhaber verteilen sich insgesamt: Niccolò Capponi & Co battiloro, & Co setaiuoli mit je fl 5.600, per uno conto apparte fl 1.007, Neri Capponi & Co di Pisa fl 4.461,4,3 per uno conto aparte fl 1.118,1,6, Piero Capponi & Co del banco fl 6.863,14; ebd. c. 85/LXXXV: Konto Rede di Piero Capponi e co della ragione nuova. Die Verteilung gestaltete sich folgendermaßen: fl 4.500 per tanti consegnato loro per debitore Niccolò Capponi e co battilori per il corpo di quella ragione ac 85; 8.8.1513 mit fl 4.000 debitore Niccolò e Giuliano Capponi e co di Pisa per il corpo; 8.8.1513 mit fl 3.666,13,4 per tanti consegnato loro per debitore Rede di Piero Capponi e co della ragione del libro azzuro S; insg. fl 12.166,13,4; Gutschriften: 8.8.1513 mit fl 6.900 Niccolò e Giuliano di Piero Capponi propri ac 77; Cappone di Gino Capponi 414

Die storia interna der Salviati und der Welser

der Firma Lorenzo Strozzi & Co di Lione kamen 8.000 scudi di marchi von Piero di Gianfrancesco Bini – einem Florentiner Kaufmannbankier, der sich in Lyon etabliert hatte und insbesondere in den 1520er Jahren über ausgezeichnete Kontakte zum französischen Königshof verfügte.415 Um die Jahreswende 1508/09 investierte die gerade ins Leben gerufene Unternehmung Alamanno e Iacopo Salviati & Co di Lione in eine accomandita mit Guglielmo Duglione di Rodez e Bernardino Silvestro di Piemonte & Co di Lione etwas über 1.550 scudi di marchi. Diese Kommende existierte allem Anschein nach bis 1512 (Tabelle 3).416 Infolge des Todes des Mitgründers Alamanno Salviati im Jahre 1510 unterzog man die Lyoner Niederlassung am 15. September 1513 einer Restrukturierung. Die Größe des corpo beließen die Eigner bei 15.000 scudi di marchi, allerdings verteilten sich die Einlagen nun etwas anders. Der Florentiner Stammsitz Iacopo e Redi d’Alamanno Salviati & Co di Firenze steuerte nunmehr 8.400 scudi bei, und Francesco Naldini erhöhte seinen Anteil auf 6.600 scudi (Tabelle 1).417 Formal gesehen zog sich Lanfredino Lanfredini als Anteilseigner zurück. Die neue Firma, die ragione nuova, sollte eine Laufzeit von knapp vier Jahren bis zum 17. August 1517 haben. Als Mitarbeiter verfügte die Unternehmung über Giovanbattista di Piero Corboli sowie die giovani Lionardo di Francesco Spina und Bernardo Magalotti (Tabelle 2).418 Tab. 2 Personal der Gesellschaften der Salviati in Lyon Name

Laufzeit

Alamanno e Iacopo Salviati & Co Iacopo e Redi d’Alamanno Salviati & Co

Leiter

Mitarbeiter

cassa in mano di

1508–1513 Francesco Naldini

Teghiaio Davanzati, Piero Carretani

Francesco Naldini, Piero Cerretani, Teghiaio Davanzati

1513–1517 Francesco Naldini

Giovanbattista Corboli

Georg Rem, Bernardo Magalotti

giovani

Lionardo Spina, Bernardo Magalotti

mit fl 3.162,10 ac 87, Girolamo di Gino Capponi propri fl 1.437,10 ac 78 und Gino di Neri Capponi fl 666,13,4 ac 84. Vgl. Francis William Kent, Household and Lineage in Renaissance Florence. The Family Life of the Capponi, Ginori, and Rucellai, Princeton 1977, S. 250. Zu verschiedenen compagnie der Capponi: Guidi Bruscoli, Benvenuto Olivieri, ad indicem. 415 Morelli, Seta fiorentina, S. 79–82 (im Verweis auf: ASFi, Carte Strozziane V, Nr. 1090, c. 2/II); zu Piero di Gianfrancesco Bini & Co di Lione: Guidi Bruscoli, Benvenuto Olivieri, ad indicem. 416 SNS, AS, III, 9 (L LibSegr rosso), c. 10rv. 417 SNS, AS, III, 9 (L LibSegr rosso). ASFi, Carte Strozziane, ser. I, no. 334, c. 146r: Der Bericht über die Trennung der beiden Familienlinien behauptet den Tod Alamannos für 1509 s. f. und die Neuorganisierung für eben dasselbe Jahr mit der Folge des neuen Namens bereits für die ragione vor 1513: Et quello delli altri compagni fu in disparte et à ciascuno di loro dua toccava la metà, si dell’utile, come et Dio del an(n)o di quello si divideva co’ compagni et per la morte d’Alamanno 1509 si mutò il nome, et cantò di poi in nome d’Iacopo et Rede d’Alamanno Sal(via)ti e co et seguitorno i Salviati di mettere il corpo insieme ch(e) fu di 𝛻 8400 di m(archi) e ciaschuno di loro haveva à havere dell’utile si divideva co’ compagnj p(er) meta di quello restava, di falcata la parte de comp(agn)i. 418 SNS, AS, III, 9 (L LibSegr rosso). propri

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200

Die Akteure

Name

Mitarbeiter

cassa in mano di

giovani

Redi di Alamanno 1517–1520 Francesco e Battista Salviati Naldini & Co (bis 1518), Lionardo Spina (ab 1518)

Laufzeit

Leiter

Giovanbattista Corboli

Bernardo Magalotti, Giovanbattista Corboli, Lorenzo Pasquali

Lorenzo Pasquali

Redi di Alamanno 1520–1522 Lionardo Spina e Battista Salviati & Co

Giovanbattista Corboli, Lorenzo Pasquali

Redi di 1522–1528 Lionardo Spina Alamanno Salviati & Co

Lorenzo Pasquali

Redi di 1528–1532 Lionardo Spina Alamanno Salviati & Co

Lorenzo Pasquali, Francesco Corboli

Averardo e Piero Salviati & Co

1532–1539 Lionardo Spina

Lorenzo Pasquali, Bernardo Vecchietti, Tommaso Corbinelli

Lionardo Spina, Filippo Pinadori

Bernardo Vecchietti, Niccolò Nettoli, Filippo Pinadori

Averardo e Piero Salviati & Co

1539–1543 Lionardo Spina

Lorenzo Pasquali, Bernardo Vecchietti

Lionardo Spina, Filippo Pinadori, Carlo Signesi

Filippo Pinadori, Carlo Signesi, Matthäus Welser

Averardo e Piero Salviati & Co

1543–1544 Lionardo Spina

Lorenzo Pasquali, Bernardo Vecchietti

Carlo Signesi, Filippo Pinadori, Bernardo Carnesecchi

Averardo Salviati & Co

1544–1549 Lionardo Spina

Lorenzo Pasquali, Bernardo Vecchietti, Filippo Pinadori

Filippo Pinadori

Averardo Salviati & Co

1549–1550 Lionardo Spina

Lorenzo Pasquali, Bernardo Vecchietti

Bernardo Carnesecchi

Bernardo Carnesecchi

Averardo Salviati & Co

1550–1554 Lionardo Spina

Lorenzo Pasquali

Bernardo Carnesecchi

Bernardo Carnesecchi, Giovanni Nettoli

Piero Salviati & Co

1554–1557 Lionardo Spina

Bernardo Carnesecchi

Bernardo Carnesecchi

Giovanni Nettoli

Piero Salviati e Lionardo Spina & Co

1557 (–1565?)

Giambattista Bartolomei, Matteo Bartolomei

(Piero Salviati & Co?) / Redi di Lionardo Spina & Co

(1565– 1570?)/ 1565

Filippo Salviati & Co

1570

Lionardo Spina

(Giambattista Bartolomei, Matteo Bartolomei?) Giambattista Bartolomei

Matteo Bartolomei

Lorenzo Pasquali

Matteo Brandolini

Die storia interna der Salviati und der Welser

Die Lyoner Handels- und Bankgesellschaft der Salviati bemühte sich darum, ihre Liquidität durch die Aufnahme von zusätzlichem Kapital, dem sogenannten sopraccorpo, zu vergrößern. Dieses Muster wurde bereits im 14. Jahrhundert charakteristisch für Florentiner compagnie. Es speiste sich aus Investitionen in Einlagekonten, welche zu guten Teilen von Familienmitgliedern, aus Gesellschafterkreisen und von engen geschäftlichen Korrespondenten stammten. Die Tochtergesellschaft Francesco e Domenico Naldini & Co di Tolosa brachte eine Einlage von knapp 4.600 scudi di marchi ein und verschaffte der Lyoner Firma auf diese Weise ein sopraccorpo von annähernd einem Drittel ihres Kapitalstocks.419 In größerem Umfang beteiligten sich vom 15. September 1513 bis zum 17. August 1517 die Florentiner Geschäftspartner in London, Girolamo Frescobaldi & Co420, mit einem Betrag von 8.000 scudi di sole an Iacopo e Redi d’Alamanno Salviati & Co di Lione.421 Demgegenüber bewegten sich die Einlagekonten – Depositi presi per nostro conto – in diesen frühen Jahrgängen der Existenz der Salviati-compagnia in Lyon in überschaubaren Dimensionen. In den Jahren 1511/12 kamen zwar etwas über 5.700 scudi di marchi zusammen, von denen der Exil-Florentiner Tommaso Guadagni allein 1.000 scudi beisteuerte. Aber die übrigen Einleger besaßen für die Gesellschaft geringere Bedeutung, zumal sich ihre jeweiligen Einlagen auf lediglich 510 scudi im Fall von Bernardo Fortia, Giovanni di Piero Antinori oder Gianott Serventt beliefen.422 Die drei von den Salviati eingesetzten Instrumente zur Aufnahme von zusätzlichem Kapital entsprachen dem Repertoire, welches Florentiner Handels- und Bankgesellschaften erfolgreich erprobt hatten. Die participazione, die Teilhabe, stellte eine formalisierte, mittelfristig angelegte Form der Einlage in eine Unternehmung dar, wobei sich ein Investor ausdrücklich an einer compagnia, einer Gelegenheitsgesellschaft oder einem Finanzierungsgeschäft beteiligte. Daneben existierte auch der Kredit in einem apparte-Konto, welcher erst nach Beendigung des Geschäfts oder nach dem Verstreichen eines (oft wohl vorher mit einer cedula vereinbarten) Zeitraumes zurückgezahlt wurde. Die zunächst eher kurzfristigen Einlagen in depositi-Konten423 durften in Lyon

SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. LXVI. Goldthwaite, The Economy, S. 235–238; vgl. Tewes, Kampf, S. 679–684. Zur Unternehmung der Frescobaldi in England im 14. Jahrhundert: Armando Sapori, La compagnia dei Frescobaldi in Inghilterra, Firenze 1947. 421 SNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 69: Francesco Naldini per suo conto aparte R. A. (fattone creditori Girolamo Freschobaldi e co di Londra per loro chonto aparte R. A. per resto di questo conto). Dabei bezieht sich R. A. auf Redi d’Alamanno. 422 SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 59/LVIIII; c. 171/CLXXI. 423 Vgl. Florence Edler De Roover, Glossary of Medieval Terms of Business. Italian Series 1200–1600 (The Mediaeval Academy of America), New York 1970 [zuerst 1934], S. 104 (Art. Deposito). – Die Schreibweise alteriert: Die Florentiner Buchhalter schreiben überwiegend „dipositi“, wohingegen das Hochitalienische „depositi“ verlangt. 419 420

201

202

Die Akteure

von Messe zu Messe verschrieben werden. Damit eröffnete sich die Möglichkeit, Einlagekapital aufzunehmen und erst nach Ablauf mehrerer Messen zurückzuerstatten.424 Die Salviati-Gesellschaft in Lyon ihrerseits beteiligte sich an zwei Kommenden, die eine richtungsweisende Geschäftsstrategie erkennen lassen (Tabelle 3). Zum einen investierte sie zur Allerheiligenmesse 1513 etwas mehr als 1.600 scudi di marchi in eine accomandita mit den Papstbankiers Bernardo da Verrazzano e Buonaccorso Rucellai & Co di Roma, deren Gesamtkapital 4.500 ducati di camera betrug. Daneben brachte sie zur Allerheiligenmesse 1510 noch 1.121,17,6 scudi di marchi in eine Kommanditgesellschaft mit dem als Bankier am französischen Hof eingesetzten Verwandten Bernardo Salviati ein.425 Bernardo di Giannozzo Salviati integrierte sich in den französischen Adel, indem er 1527 Françoise Doucet, Tochter eines königlichen Finanzgenerals aus der Zeit Ludwigs XII., heiratete. Ihre Nachkommen wie die Tochter Cassandra siedelten sich im Umfeld des Hofes an.426 Diese beiden accomandite speisten sich aus 3.000 livres des Haupterben Alamanno Salviatis, Averardo (1489–1553), an Bernardo da Verrazzano e Buonaccorso Rucellai & Co di Roma und 2.000 livres an Bernardo Salviati. Überdies konnte die Lyoner Firma der Salviati auf eine Investition von 8.000 scudi di sole (= 8.552,14,8 scudi di marchi) von ihrem Geschäftspartner Girolamo Frescobaldi & Co di Londra zugreifen.427 Die Salviati-Gesellschaft in Lyon verfügte am 31. Oktober 1515 über ein „laufendes“ Fremdkapital von 47.900 scudi di marchi, welches im Umfang von 19.000 scudi di marchi aus Kreisen der Teilhaber, weiteren compagnie der Teilhaber oder unmittelbar Verwandten stammten.428

Richard A. Goldthwaite, Banking in Florence at the End of the Sixteenth Century, in: The Journal of European Economic History 27 (1998), S. 471–536, S. 485; S. 488; S. 494. – Im Personenkonto notierte der Buchhalter mit der Formulierung participava, participavano oder participirono das entsprechende Schuldverhältnis. Die in den apparte-Konten eingetragenen Kredite wurden nicht selten in den ricordanze als cedola ausgewiesen. Zu den depositi-Konten weiter unten ausführlicher. Eine vierte Methode kam hinzu, von der ich nicht genau sagen kann, wie ich sie im Verhältnis zum sopraccorpo einzustufen habe: Insbesondere am Fall des späteren Teilhaber Lionardo Spina kann gezeigt werden, wie die geschäftlichen Aktivitäten der Unternehmung auf dessen Konto anwuchsen. Dabei handelte es sich nicht um zusätzlich eingelegtes Kapital, sondern um eine Zunahme des verwendeten Geldvolumens innerhalb des Gesellschafterkreises. – Die Möglichkeit der Verlängerung eines depositum von Messe zu Messe war nach dem kanonischen Recht prinzipiell unzulässig. Denn auf diese Weise wurde Zinsgewinn generiert, dem keine eigentliche Leistung (labor) der Bankiers entsprach; allerdings kann ich die Konzession dieses Verfahrens, das in den Messeprivilegien oder den Beschlüssen des Sénéchal institutionalisiert sein müsste, nicht nachweisen (vielleicht ist das Vorgehen der in Lyon aktiven Bankiers schlicht nicht sanktioniert worden; in der ausdrücklichen Verbotsregelung Papst Pauls V. im Jahr 1571 hingegen wurde es explizit verboten: vgl. Marsilio, ‚O dinheiro morreu‘, S. 64–73). 425 SNS, AS, III, 9 (L LibSegr rosso), c. 7. Lang, Herrscherfinanzen. Zu Buonaccorso Rucellai (* 1472): Kent, Household, S. 210 f. 426 Zu Cassandra: Pierre Dufay, Autour de Cassandre, les Salviati, in: Revue de la Renaissance 1910, S. 73–86; Picot, Les italiens, S. 85; Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 198 f. 427 SNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 69/LXVIIII. 428 SNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 1–3/I–III. 424

Die storia interna der Salviati und der Welser

Tab. 3 Beteiligungen der Lyoner Salviati (1508–1550) Rom

franz. Hof

Rodez

1508

Guglielmo Duglione scudi 1.514

1509

x

1510

Bernardo di Giannozzo Salviati scudi 1.222 x

x

1512

x

x

x

x

Bernardo da Verrazzano e Buonaccorso Rucellai & Co / scudi 1.600

1514

x

x

1515

x

x

1516

x

x

1517

x

x

1518

scudi 4.130

1519

x

1520

x

1521

Bernardo da Verrazzano & Co / scudi 11.348

Antwerpen

x

1511

1513

Gabella

x

(Gabella mit Bartholomäus Welser & Mitverwandte / scudi 27.228)

1522

(x)

1523

(x)

1524

(x)

1525

(x)

1526

(x)

1527

(x)

1528

Gabella mit Bartholomäus Welser & Mitverwandte / scudi 27.228

1529

x

1530

x

1531

x

203

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Die Akteure

Rom

franz. Hof

Rodez

Gabella

Antwerpen

1532

x

1533

x

1534

x

1535

x

1536

x

1537

x

1538

x

1539

x

1540

x

Averardo e Piero Salviati & Co / scudi 20.400

1541

x

x

1542

x

x

1543

x

1544

x

1545

(x)

1546

(x)

1547

(x)

1548

(x)

1549

(x)

1550

Quantitativ gesehen bildete der Warenhandel, insbesondere der Handel mit Rohseide und Seidenprodukten das vorrangige Geschäftsziel. Auch wenn ein guter Teil des Handels auf dem Export Florentiner Produktion beruhte, betätigte sich die Salviati-Gesellschaft vor allem als vermittelnde Zwischenhändlerin von Seide verschiedener Provenienz an andere Florentiner Handelshäuser oder französische Seidenhändler.429 Daneben beteiligten sich die Salviati am Wechselhandel, welcher weitgehend Finanzierungsgeschäften (insbesondere des Warenhandels) diente.430 Sowohl zur Kapitalverflechtung als auch zur Intensivierung von Kapitaltransfers trug die Geschäftspartnerschaft mit den erwähnten Frescobaldi bei. Hierbei stechen die Aktivitäten des in London angesiedelten Kaufmannbankiers Lionardo Frescobaldi hervor. Zum einen engagierte sich dieser in erheblichem Umfang im Wechselhandel mit den Beteiligungsgesellschaften der Lyoner Salviati, wie im Fall einer Tratte von annähernd 3.400 scudi di marchi an Verrazzano e Rucellai nach Rom im

429 430

Das ist das Kernargument bei: Lang, Seide aus Florenz. Vgl. Pallini-Martin, L’installation.

Die storia interna der Salviati und der Welser

März 1516, nachdem die genannten Empfänger auch schon als Geber in Lionardo Frescobaldis Namen von 5.200 scudi di marchi an die Florentiner Papstbankiers Ricasoli e Bardi mitgewirkt hatten. Zum anderen integrierten die Frescobaldi die Salviati und weitere ihrer Geschäftspartner in umfangreiche Transaktionen. Dies illustriert die Zahlung des bemerkenswert hohen Betrags von 15.000 scudi di sole durch Girolamo Frescobaldi & Co di Londra an ihren Korrespondenten Giovanni Frescobaldi in Augsburg während des Februars 1516. Dazu stellte die Unternehmung der Salviati im Auftrag Lionardo Frescobaldis den entsprechenden Bargeldbetrag zur Verfügung. Diesen holte der in Lyon weilende Hans Welser, ein Sohn des Firmenleiters Anton (I.) Welser, für seine Handelsgesellschaft am 3. Februar ab, woraufhin die Welser einen Wechselbrief an ihre Zentrale in Augsburg ausstellten. Dort zahlten die Welser die Summe an Giovanni Frescobaldi aus. Der Umsatz des Lionardo Frescobaldi bei den Salviati in Lyon belief sich allein während der Appationsmesse 1516 auf insgesamt fast 62.250 scudi di marchi.431 Nach Ablauf des Gesellschaftsvertrages der ragione nuova kam es am 17. August 1517 zu einer abermaligen Neuorganisation der Handlung in Lyon. Die Firma hieß jetzt Redi di Alamanno e Battista Salviati & Co di Lione.432 Zunächst erhöhte man den Kapitalstamm auf 22.000 scudi di marchi, indem der corpo um den Ertrag auf das zuvor investierte Kapital aufgestockt wurde. Als Vertragsdauer veranschlagten die Partner eine Laufzeit bis zum 30. April 1520. Der Florentiner Hauptsitz des business partnership agglomerate Iacopo e Redi d’Alamanno Salviati & Co erzielte einen Gewinn von 11.000 scudi di marchi und reinvestierte 11.900 scudi in die Lyoner Niederlassung. Francesco Naldini steuerte nunmehr 10.100 scudi in seinem Namen bei (Tabelle 1). Im nämlichen Jahr war in der Lyoner Unternehmung der Salviati Fremdkapital von etwas über 108.800 scudi di marchi eingelegt. Die Teilhaber bzw. ihre Firmen brachten davon allein 55.680 scudi di marchi ein, der übrige Anteil von 53.125 scudi di marchi entfiel auf Geschäftsfreunde. Einzig der Hauptgesellschafter Iacopo Salviati verfügte über depositi als sopraccorpo in Höhe von knapp 52.350 scudi.433 Als Francesco Naldini 1518 verschied434, trat sein Cousin Domenico an seiner Stelle ein. Giambattista Bracci trug als Erbe des Naldini-Anteils 1520 beim Abschluss des neuen Vertrages 8.200 scudi di marchi bei. Die Differenz zur einstigen Einlage Francesco Naldinis über 10.100 scudi di marchi wurde zuzüglich Gewinn (insgesamt 5.416 scudi di marchi) an Domenico Naldini ausgezahlt. Die bereits angesprochene accomandita in Rom erwies sich offenbar als Erfolgsmodell, jedenfalls wuchs im Zuge der nunmehriSNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 133: Lionardo Frescobaldi di Londra per lui aparte (datierend auf den 28.2.1516). Die Salviati berechneten die Überweisung von besagten 15.000 scudi di sole mit insgesamt 16.357,5 scudi di marchi. Das Bargeld wurde zum 3.2.1516 aus Brügge angeliefert: ebd., c. CXXXIII (Eingang von 16.677,16,6 scudi di marchi). 432 SNS, AS, I, 463, Vorsatzblatt (L DebCred D). 433 SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. 1–3/I–III. 434 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 146. 431

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Die Akteure

gen Restrukturierung der Anteil der Salviati-Gesellschaft in Lyon an der Gesellschaft Bernardo da Verrazzano & Co di Roma auf knapp 4.130 scudi di marchi (= 3.766 2⁄3 ducati di camera) an. Die gemeinsame Kommende umfasste vom 5. Mai 1518 an 6.194,5 scudi di marchi (5.650 ducati di camera) (Tabelle 3). Am 15. Juni errechneten die Gesellschafter dieser accommandita einen Ertrag von insgesamt 11.349 scudi di marchi, den man wieder reinvestierte. Das der Firma zur Verfügung stehende Fremdkapital war bis zum 15. Oktober 1518 auf 123.640 scudi di marchi angewachsen.435 Neuer Direktor der Salviati-Gesellschaft in Lyon wurde Lionardo Spina, der zunächst als giovane dort engagiert gewesen war.436 Giovanbattista Corboli, der Spina fortan zur Seite stand, führte phasenweise die Kasse der compagnia (Tabelle 2).437 Mit Beginn des neuen Rechnungsjahres 1520, etwas vorzeitig also, riefen die Gesellschafter eine auf zwei Jahre angelegte Nachfolgefirma in Lyon ins Leben. Sie verfügte über ein Stammkapital von 20.300 scudi di marchi und trug mit der Bezeichnung Redi di Alamanno e Battista Salviati & Co di Lione denselben Namen wie zuvor. Mit dem Eintritt der Erben Alamannos, Averardo und Piero Salviati, und Battista Salviatis, des Sohnes von Iacopo, als Hauptinvestoren in die Lyoner Niederlassung hatte sich auch hier zumindest formal der Generationenwechsel innerhalb der Firmengruppe Salviati vollzogen.438 Als Erbe Francesco Naldinis und anstelle Domenico Naldinis trat nunmehr Giambattista Bracci mit 8.200 scudi di marchi als Gesellschafter ein. Von Iacopo e Redi di Alamanno Salviati & Co di Firenze empfing die Lyoner compagnia wie vereinbart zum 30. April 1520 einen abermals erhöhten Betrag von 12.100 scudi di marchi als Beitrag zum Kapitalstock.439 Offenbar wurden innerhalb der Salviati-Gesellschaft in Lyon jeweils 8.000 scudi di marchi dieses Kapitalstocks den beiden Schlüsselfiguren – dem Geschäftsführer der Firma Lionardo Spina und dem Mitarbeiter Giovanbattista Corboli – zugeschrieben (Tabelle 1). Giambattista Bracci hielt seinen Anteil am Stammkapital der Lyoner Unternehmung bis Juli 1538 offenbar unfreiwillig. Im Oktober des nämlichen Jahres vereinbarten die Erben der einstigen Firmengründer Iacopo und Alamanno Salviati mit Bracci die Auflösung ihrer Geschäftsbeziehungen. Mit Blick auf die Lyoner Unternehmung bezogen sich die Vertragspartner auf die Gesellschaft, die Redi di Alamanno Salviati & Co di Lione hieß und an der Bracci bis 1525 beteiligt gewesen war. Am Haupthaus in Florenz war Giambattista Bracci sogar noch bis 1528 Gesellschafter.440

SNS, AS, I, 468 (L DebCred E bigio), c. 1–3/I–III. SNS, AS, I, 459 (L DebCred C; 1516–1517). SNS, AS, I, 490 (L DebCred H bianco), c. 30/XXX (1525). Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 147. SNS, AS, III, 9 (L Libro segreto rosso). Vgl. Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 146n. BAV, Archivio Salviati, no. 56: Miscellanea, tomo 1: Salviati, compagnie del commercio e interessi vari, lettere di Alamanno Salviati, c. 1r–2v: Vertrag über die Trennung der Beteiligungen an der compagnia in Lyon und der Bank in Florenz von Giovambattista di Marco Bracci einerseits und den Salviati-Erben (den Erben der Anteile Alamanno Salviatis und Iacopos), 30. Oktober 1538: Con ciò sia che Giovambatista di Marcho 435 436 437 438 439 440

Die storia interna der Salviati und der Welser

Beim Schluss des überlieferten Lyoner Geheimbuches im Jahre 1528 galt er mit 5.300 scudi di marchi unausgesetzt als Teilhaber der Unternehmens-Gruppe. Während ihm dieser Betrag Anfang 1538 ausbezahlt wurde, musste er auf die restlichen ihm zustehenden knapp 3.000 scudi di marchi (möglicherweise sein Gewinnanteil) bis nach einer Vereinbarung, die mit Domenico Naldini am 31. Juli 1538 vor einem Notar geschlossen wurde, warten. Einen Teilbetrag in Höhe von annähernd 2.550 scudi di marchi hatte er an Domenico Naldini auszuzahlen, in dessen Namen er einst als Gesellschafter in das Lyoner Unternehmen eingetreten war.441 Zumindest die Buchführung der Salviati-Unternehmung in Lyon verfügte bis zu einem Vergleichsverfahren über den ehemals von Bracci beigesteuerten Anteil am Gesellschaftsvermögen. Der Fall des Gesellschafters Giambattista Bracci exemplifiziert somit die dauerhafte Bindung von Kapital. Der Auflösungsvertrag vom 30. Oktober 1538 erkennt eine verbliebene Schuld der Erben Iacopo und Alamanno Salviatis aus der Lyoner compagnia gegenüber Bracci von 430,4,5 scudi di marchi an. Mit der entsprechenden Auszahlung an Bracci und der Verrechnung mit noch offenen Geschäften sollten die Konten, die Bracci bei Redi di Alamanno Salviati & Co di Lione innegehabt hatte, als „ausgeglichen“ (pari) gelten.442 Am 26. März 1521 wird durch den Übertrag vom Schuldbuch E auf das nachfolgende Buch F mit etwas über 69.400 scudi di marchi das in der Handels- und Bankgesellschaft der Salviati in Lyon angelegte Fremdkapital sichtbar. Davon stammten nur knapp 15.770 scudi di marchi aus dem Kreis der Teilhaber. Die größten Anteile kamen von den spanischen Geschäftsfreunden Salamanca y Carrión443 mit knapp 7.300 scudi di marchi und von der Lyoner Faktorei der Welser mit über 7.800 scudi di marchi, welche als Depositen in der Unternehmung angelegt waren. Dem standen beinahe 87.000 scudi di Bracci ciptadino fiorentino avessi fatto comp(agni)a e fussi compagno jn vna compagnia e ragione che cantò jn Redi di Alamanno Salviatj e co di Lione la quale finj sino la fiera di agosto 1525 nella quale erono compagnj Jac(op)o di Giovan(n)j Salviatj p(er) ß 5 d(anar)i 6 p(er) lb / Redi di Alamanno Salviatj p(er) altri ß 5 d(anar)i 6 p(er) lb / detto Giovambat(tist)a B(r)acci p(er) ß 5 p(er) lb / Lionardo di Franc(esc)o Spina p(er) ß 2 p(er) lb / e Giovambat(tist)a di Piero Corboli p(er) li altri lb 2 p(er) lb tutti ciptadinj fiorentini come p(er) la script(ur)a di detta comp(agni)a sotto dj 25 di m(ar)zo 1520 appar(e) //. 441 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G rosso), c. 325/CCCXXV: Giambattista di Marco Bracci proprio di Firenze per lui corrente. Gutschrift Apparitionsmesse 1538 per tanti fattolo debitore a libro rosso segreto ac 23 per resto di quel conto di corpo posto detto libro segreto al quale restava creditore ac 30. Augustmesse 1538 ci fa buoni per Domenico di Giovanni Naldini per lo che ci doveva fino la fiera d’aghosto 1525 gemäß einem accordo vom 31.7.1538 rogato da Francesco da Samminiato. Dazu ferner das Konto des Libro segreto: ebd., c. 389 zu 1537.4 mit ∇ 5.302 per lui a Giambattista Bracci. Vgl. SNS, AS, III, 9 (L Libro segreto rosso), c. XXIII; c. 30. 442 BAV, Archivio Salviati, no. 56, t. 1, c. 1v: li promettono cavarlo d’ognj danno che venire gli potesse p(er) alquno tempo p(er) tal compagnia renuntiando a ognj leggie (h)o patto che fussi contro a questo achordo quale dichiarano ciasquno di loro sia fine d’ognj e qualunque chosa che fussi stato p(er) il pax(a)to fra loro di comp(agni)a della compagnia di Lione e che hognj scripta fra di loro fatta di compagnia restj nulla e di nulla valore e li conti di detto Braccj tanto correntj che tempi correnti sieno pari a Lione in detta compagnia disobrigando detto Giovambatista d’ognj hobrigo potessi avere p(er) detta compagnia di Lione jntendendo tutto a buona fed(e) merchantilmente e dare a lj merchantj // ----. 443 Lang, Seide aus Florenz.

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Die Akteure

marchi an Außenständen gegenüber. Diese rührten zum größten Teil von den Konten Piero Spinas in Höhe von über 23.800 scudi di marchi, den Einlagen Iacopo Salviatis mit fast 10.000 scudi di marchi, dem französischen Finanzgeneral Jacques de Beaune mit 3.500 scudi di marchi sowie Einlagen Piero Spinas von 3.100 scudi di marchi und Feo Belcaris & Co444 aus Florenz in Höhe von mehr als 3.400 scudi di marchi her.445 Auf diese Differenz zwischen aufgenommenem Fremdkapital und Außenständen wird gleich zurückzukommen sein. Das Gefälle zwischen Aktiva und Passiva schlug sich als Schuld der Unternehmung aus dem Rechnungszyklus G gegenüber der Nachfolgefirma im Rechnungszyklus H nieder. Während sich der Bestand des Fremdkapitals am 31. Oktober 1525 auf nur 24.830 scudi di marchi belief, schuldete die ragione vecchia ihrer Nachfolgerin etwas über 20.700 scudi di marchi. Der Anteil des eingelegten Kapitals aus dem Kreis der Gesellschafter und der Familienmitglieder betrug lediglich 1.632 scudi di marchi. Die Außenstände gingen insbesondere auf eng mit der Unternehmung verbundene Investoren zurück wie Bernardo Bracci & Co di Roma mit fast 9.300 scudi di marchi und Averardo Salviati & Co di Firenze mit knapp 5.600 scudi di marchi.446 Diese Situation stellte die Buchführung der ragione nuova vor besondere Herausforderungen. Denn die Bücher des vorhergehenden Rechungszyklus’ konnten nicht geschlossen werden, solange die Verbindlichkeiten weiterliefen. Dabei handelte es sich keineswegs um Ausfälle, sondern um Investitionen, deren Rückzahlung auf einen späteren Zeitpunkt verschoben worden war. Während die Geschäfte der Handels- und Bankgesellschaft schlicht fortgesetzt wurden, hing die Buchführung an diesem Überstand (der sich nicht ohne weiteres ausgleichen ließ). Konkret waren die Außenstände bei der Finanzierung der Gebühren des Pachtvertrages für den Seidenzoll im französischen Königreich aufgelaufen.447 Über die Verfahrensweise der Buchführung, welche parallel zum geschäftlichen Geschehen lief, wird im folgenden Abschnitt zu sprechen sein. Die Beteiligungen der Lyoner Salviati-Gesellschaft entwickelten sich indessen positiv. Die Kommende mit Bernardo da Verrazzano & Co di Roma hatte ein auf 17.023 scudi di marchi (= 15.714 ducati di camera) angewachsenes Stammkapital, welches sich im wesentlichen aus der genannten Reinvestition von 11.349 scudi di marchi am 15. Juni 1521 speiste (Tabelle 3). Die geschäftlichen Beziehungen zwischen der compagnia in Feo Belcari und seine compagnia sind zwar prominent in den Salviati-Unterlagen vertreten, in der Literatur habe ich ihn irritierenderweise nicht angetroffen. 445 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F tanè), c. 1–2/I–II. 446 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H bianco), c. 1–2/I–II. Die Außenstände werden dokumentiert unter Redi d’Alamanno Salviati e co di Lione ragione vecchia am 30.6.1528 mit 20.708,9,7 scudi di marchi. Gemäß der Aufwertung des scudo di marco 1528 betrug diese Verbindlichkeit 19.880,2,10 scudi di marchi (ebd., c. III). Auf diese Summe lautet auch der Eintrag in L DebCred I azzurro. Das bedeutet zugleich, dass die Außenstände „mitgeschleppt“ werden mussten. – Zu Bernardo Bracci & Co: Guidi Bruscoli, Papal Banking, S. 114. 447 Lang, Rechnungsbücher. 444

Die storia interna der Salviati und der Welser

Lyon und der accomandita in Rom umfassten in erster Linie Wechselgeschäfte, die allem Anschein nach die Aufgabe des Kapitaltransfers zu erfüllen hatten.448 Diese accomandita finanzierte mit ihrer Reinvestition in Höhe von 10.476 ducati di camera (zitierte 11.349 scudi di marchi) eine Filiale im Hafen von Livorno. Hinter dieser Investition standen offenbar Iacopo und Bernardo Salviati. Diese Teilhaberschaften wiesen einen im Hinblick für die Verknüpfung von Fernhandel mit lokaler Produktion hohen Grad an Kapitalverflechtung auf. Laut Geheimbuch der Lyoner Salviati bestand in den folgenden Jahren die compagnia mit einem reduzierten Kapitalstock von nur noch 12.100 scudi di marchi vom 24. März 1522 bis zum 30. Juni 1528. Sie erschien nun unter dem Namen Redi di Alamanno Salviati & Co di Lione und erhielt ihr Stammkapital zu je 6.050 scudi di marchi von den Erben Alamanno Salviatis in Florenz und Iacopo Salviati als stiller Teilhaber (Tabelle 1).449 Denn Letzterer zog sich schrittweise vom operativen Geschäft zurück und überließ seinem Großcousin Averardo und dessen jüngerem Bruder Piero die Florentiner Handels- und Bankgesellschaft. Iacopos Sohn Battista, der zuvor Namensgeber der Unternehmung in Lyon war, starb wie erwähnt schon im Jahr 1524.450 Der zweite Sohn Iacopos, Lorenzo, taucht im Zusammenhang mit der Lyoner Unternehmung zunächst gar nicht auf. Diese Verlagerung auf den älteren Familienzweig spiegelt sich auch in der Zusammensetzung des Gesellschafterkreises der Lyoner Niederlassung wider, wobei eben im Fall der compagnia an Rhône und Saône zumeist ein Phasenverzug charakteristisch war. An der Lyoner Salviati-Gesellschaft wird eine markante Tendenz nach dem Jahr 1518 sichtbar: die sprunghafte Zunahme der deposito-Konten. Zunächst wuchsen die eingelegten Beträge stark an, dann verlängerte sich die Zeitdauer der jeweiligen Einlagen. Die als depositi eingelegten finanziellen Mittel stiegen im Frühjahr 1519 um eine Einlage des Augsburgers Hans Paumgartner (d. J., 1487–1549)451 in Höhe von über 16.500 scudi di marchi an. Im Januar 1520 hinterlegte derselbe Hans Paumgartner einen Bargeldbetrag von 20.000 scudi di marchi zu einem mit viereinhalb Prozent relativ hohen Zinssatz

SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 87/LXXXVII: Bernardo da Verrazzano e co di Roma per loro conto corrente im Mai 1521. 449 SNS, AS, III, 9 (L Libro segreto rosso), c. 22. 450 ASFi, Carte Strozziane, I, 334, c. 146v: Auch hier befinden sich wieder einige Unstimmigkeiten zwischen der Dokumentation gemäß Geheimbuch in Lyon und dem nachträglich erstellten Bericht: Et durò sino all’anno 1517 et di nuovo si riformò, et cantò in nome di Rede d’Alamanno et Batista Salviati e co, et durò sino all’anno 1520, et alsi si riformò el corpo dissono fussi di 𝛻 22000 di m(arch)i e per la parte d’Iacopo et delle Rede d’Alamanno si mettessi di corpo insieme 𝛻 12100 di m(archi) p(er) trarne ß xj p(er) lb de quali tocca a Iacopo ß v 0⁄ ij et a rede d’Alamanno ß v 0⁄ ij. Il restate della tratta era de comp(agni) rispetto alla messa loro e cantò in detti nomi sino all’anno 1523 et per la morte di Battista Salviati, si dimeße il suo nome, et cantò in Rede d’Alamanno Salviati e co, senza alterare compagni, corpo, messa / o / tratta. 451 Reinhard, Augsburger Eliten, S. 24–26; Isenmann, Die Paumgartner, S. 201 f.: Hier auch ein Kurzporträt des Kaufmannbankiers Hans Paumgartners d. J., der Regina, eine Schwester Anton Fuggers, geheiratet hatte und spätestens ab 1514 Mitgesellschafter des väterlichen Unternehmens war. 448

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bei den Salviati.452 Paumgartners Einlage lief zunächst über Iacopo Salviati, der für die compagnia von anderen Investoren Kapital aufnahm.453 Über das Konto des stillen Teilhabers und (mutmaßlichen) Hauptinvestors Iacopo Salviati – per suo chonto aparte S. – nahm die Lyoner Handels- und Bankgesellschaft während der Ostermesse 1521 jeweils 4.535,18,2 scudi di marchi von den Augsburgern Bartholomäus Welser & Mitverandte (vermittelt über die Lyoner Faktorei) sowie von dem Nürnberger Hans Kleeberger als depositi auf. Auf der Apparitionsmesse 1522 war Kleebergers Beitrag auf beinahe 11.400 scudi di marchi angewachsen. Weitere Investoren wie der Mailänder Bernardino Maravilla mit knapp 2.060 scudi di marchi Anfang 1523 und Lorenzo Salviati, Iacopos Sohn, mit 1.220 scudi di marchi kamen hinzu.454 Anfang des Jahres 1522 umfasste das Volumen der depositi bereits gut 32.650 scudi di marchi.455 Ebenso nahmen die Salviati verstärkt Investitionen von „stillen Teilhabern“ auf, welche wie im Jahr 1524 die Markgräfin von Monferrato, Margherita Paleologa del Monferrato (1510–1567)456, nicht den familiären oder familiennahen Teilhaberkreisen angehörten.457 Bemerkenswert ist zudem, dass sich um 1520 die Kapitalverflechtun452 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. LXXIII: Dipositi di nostro conto. Der Umsatz des depositi-Kontos betrug von der Ostermesse 1519 bis zur Ostermesse 1520 nicht weniger als 49.281,7,5 scudi di marchi. Die auf diesem Konto fortgeführten depositi erschienen am 11.5.1520 mit 11.050,3,8 scudi di marchi, welche per uso di pagamenti von Hans Paumgartner aufgenommen waren; dazu kamen noch eine Einlage von Iacopo Salviati selbst über 10.381,2,8 scudi di marchi sowie weitere vom Florentiner Geschäftspartner Feo Belcari mit 4.136,0,4 scudi di marchi und dem Bruder des Leiters der Lyoner Unternehmung Piero Spina mit 4.599,16,5 scudi di marchi: ebd., c. 507/DVII. 453 Ebd., c. 15/XV: Iacopo Salviati di F(iren)zze p(er) lui aparte S. per conto di dipositi. Diese Einlagen stammten offenbar noch von vor Oktober 1518, denn darin enthalten waren insgesamt 24.000 scudi di marchi, die er an Hans Paumgartner überwies, und 5.512,10 scudi di marchi, die er an Tommaso Guadagni rücküberschrieb. Über dieses Einlagenkonto, das auf seine Rechnung lief, machte er zwischen dem 15.10.1518 und der Allerheiligenmesse 1521 einen Umsatz von insgesamt 123.640,4 scudi di marchi. 454 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F tanè), c. 78; c. 251/CCLI: Das Konto Iacopo Salviati di Firenze per suo chonto aparte S. erfüllte zunehmend die Funktion eines Bindegliedes zu wichtigen Geschäftsfreunden und zum Transfer von Bargeldsummen, denn die zu Wechsel gegebenen Beträge wurden in die Barkasse einbezahlt (ebd., c. CCLV: Ostermesse 1522). Fortsetzung dieses Kontos: ebd., c. 305/CCCV; c. 323/CCXXIII. Über dieses Konto wurden zudem Wechsel zugunsten der Salviati-Gesellschaft in Neapel verrechnet: am 30.9.1522 über deutlich mehr als 10.000 scudi di marchi. Unter den Dipositi di nostra ragione von der Allerheiligenmesse 1520 rangierten folgende nennenswerte Einlagen: Feo Belcari mit 2.392,5 scudi di marchi, Giovanni Doni aus Avignon mit 1.776,6 scudi di marchi, Piero Spina mit 3.019,0,9 scudi marchi, Iacopo Salviati mit 6.000 scudi di marchi, Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Lyon mit 7.687,10 scudi di marchi sowie ein Gian alamanno mit 399,8,4 scudi di marchi – bei dem es sich höchstwahrscheinlich um Hans Vöhlin gehandelt haben dürfte: SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 708/DCCVIII. 455 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F tanè), c. 263: Dipositi di nostro chonto. Hier zeichnete Hans Kleeberger einen Anteil von 7.410 scudi di marchi. 456 Raffaele Tamalio, Art. „Margherita Paleologo, duchessa di Mantova e marchesa del Monferrato“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Band 70, Roma 2008, S. 148–151. 457 Im konkreten Fall stand die Marchesana von Monferrato hinter der römischen Unternehmung Bernardo Braccis; sie zahlte einen Bargeldbetrag von über 6.400 scudi di marchi ein: SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 564/DLXIIII: Bernardo Bracci e co di Roma per loro aparte (zur Ostermesse 1524 wurden 6.000 scudi di sole verrechnet per mano di Lucio Fabiano di che gl’abbiamo fatto sino a sechonda quitanza et promesso che la faremo tenere quita sino a detta somma del nostro M(esser) Iacopo Salviati rechò Giambattista Corboli con-

Die storia interna der Salviati und der Welser

gen zwischen den süddeutschen Handelshäusern und dem Florentiner Unternehmen der Salviati offenbar intensivierten. Ein ähnliches Vorgehen kann für die gleichzeitig in Lyon aktiven Florentiner Antonio e Pierantonio Gondi & Co nicht nachgewiesen werden, obschon sie sich in ähnlichem Umfang wie die Salviati im Handels- und Bankgeschäft betätigten.458 Eine signifikante Parallele zeigte sich in der Entwicklung des Verhältnisses von aufgenommenem Fremdkapital zu Außenständen und in derjenigen des Volumens der Einlagekonten. Mit der Verschuldung der Vorgänger-Gesellschaft gegenüber ihrer Nachfolgerin schmolz der Umfang der depositi rapide ab. Der durch die Einlagen erzielte sopraccorpo betrug in der ersten Jahreshälfte 1527 lediglich knapp 7.000 scudi di marchi, wobei die Einlage von Tommaso Guadagni & Co di Lione von Messe zu Messe auf schließlich etwas mehr als 4.550 scudi di marchi anwuchs. Ähnlich verhielt es sich mit den depositi der in Lyon fest etablierten Florentiner Kaufmannbankiers Piero und Giovanfrancesco Bini, die zu Beginn des Jahres 1528 mehr als 8.600 scudi di marchi eingelegt hatten. Zanobi Bracci (als Erbe von Giambattista Bracci?) verfügte über eine Einlage von knapp 2.300 scudi di marchi. Langsam nur stieg das Volumen der Einlagen wieder an. Zur Apparitionsmesse 1528 waren die Einlagen wieder auf gut 26.600 scudi di marchi angewachsen. Allerdings waren darin auch die Investitionen enthalten, welche mit etwas mehr als 6.100 scudi di marchi Giovan Alberto Maravilla und Bernabò Visconti als Einleger in die ragione vecchia beigesteuert hatten.459 Mit der Zunahme des Umfangs der eingelegten Summen ging eine ausgeprägte Tendenz zur Überschreibung der Einlagen von einem Messetermin zum nächsten einher – so wenig das Instrument an sich eine neue Erfindung war. Überdies wandelte sich mit den wachsenden Summen und den verlängerten Überschreibungen auch der Zweck der Kapitalaufnahmen. Dienten die depositi zunächst zur Ausweitung der verfügbaren Kapitalbasis zur Finanzierung des Warenhandels, trat die Finanzierung von Anleihegeschäften nunmehr in den Vordergrund.

tanti). Vermutlich stammte diese Verbindung aus der Zeit, als Iacopo Salviati tesoriero der Kirchenprovinz der Romagna war; denn die minderjährige Margherita Paleologa del Monferrato war die letzte Paleologa del Monferrato, Tochter des Guglielmo IX., der allerdings bereits 1518 starb. Auf Vermittlung des Papstes Clemens VII. Medici seit 1531 mit Federico II. Gonzaga, dem Herzog von Mantua, anstelle ihrer Schwester Maria (mit der die Ehe nie vollzogen wurde) verheiratet. – Bei diesen Einlagen handelte es nicht um deposita oder formalisierte Teilhaberschaften wie im Fall der soci, sondern um Darlehen, durch welche die Geschäftstätigkeit der Unternehmung finanziert wurde; wie die Unternehmung mit den Darlehen verfuhr, oblag der Geschäftsführung. 458 Tognetti, I Gondi, S. 75–92. 459 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H bianco), c. 321/CCCXXI (1527.1–2); c. 476/CCCCLXXVI (1527.2: Überschreibung der Einlagen von der ragione vecchia in die laufende Firma); c. 523/DXXIII (1527.4 notiert wieder ein Anwachsen auf frühere Höhen mit 26.602,5,2 scudi di marchi).

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Die Schuld der neuen Salviati-Gesellschaft und der Seidenzoll (1521–1542) Mit dem Ende des Libro rosso segreto der Lyoner Salviati im Jahr 1528 wird die Rekonstruktion der Kapitalverhältnisse komplexer, zumal das Geheimbuch nicht ausgeglichen schloss. Vielmehr verzeichnete der Libro rosso segreto Außenstände gegenüber der ragione nuova, der neuen Firma, in einer Gesamthöhe von 45.859 scudi di marchi. Das bedeutete, dass die Gesellschaft Averardo e Piero Salviati & Co, wie die Unternehmung in Lyon von 1532 an hieß (Tabelle 1), Rückzahlungen an die Vorgängerfirma vornehmen musste. Dies hing damit zusammen, dass die ragione vecchia, die alte Firma, der Salviati durch die Gebühr für die Pacht des französischen Seidenzolls an der Rhône, welche im Juli 1521 vorvertraglich vereinbart worden war, ein erhebliches Darlehen an die französische Krone gegeben hatte. Dieses Darlehen verbuchte man als Kredit der Vorgängergesellschaft gegenüber ihren Nachfolgerinnen. Die Schuld mussten die Nachfolge-Unternehmungen erst ausgleichen, indem sie die Erträge aus der eigentlichen Pachtperiode als Gutschriften einsetzte. Diese Phase begann allerdings erst mit der Augustmesse 1532 und sollte bis zur Ostermesse 1540 andauern, wie ein Hauptvertrag zur Regulierung der Seidenzollpacht vom Sommer 1528 festschrieb.460 Möglicherweise führte die Salviati-Gesellschaft in Lyon im Anschluss an den Libro rosso segreto ein weiteres Geheimbuch – welches aber weder erhalten ist, noch in den Konten der Schuldbücher nach 1528 Erwähnung findet. Die Außenstände der alten Unternehmung von 1521 wurden auf das nachfolgende Schuldbuch, welches 1524 einsetzte, als Kredit des vorhergehenden Schuldbuches übertragen.461 Der Ausgleich der Verbindlichkeiten der neuen Firma erfolgte erst auf das Ende der Pachtperiode mit der Ostermesse 1539. Zuvor hatte man bereits damit begonnen, Auszahlungen an die Teilhaber und damit zugleich an die Investoren in die Seidenzollpacht in Höhe von 29.700 scudi di marchi zu leisten. Diese Ausschüttung blieb einstweilen als Verlust der vorhergehenden Unternehmung bestehen und wurde als ausstehender Kredit der ragione vecchia gegenüber der Nachfolgefirma eingetragen.462 Zu diesem Zeitpunkt, also zur Ostermesse 1539, legte der Buchhalter der Lyoner Salviati-Gesellschaft eine tavola, ein Hilfsbuch für den Ausgleich der bestehenden Außenstände, an.463 In diesem Hilfsbuch, welches die Buchhaltung Libro debitori e creditori G rosso per l’adreto nannte, verzeichnete der Rechnungsführer die Außenstände der ragione vecchia als Fremdkapital in der Gesamthöhe von 45.859 scudi di marchi, das Vgl. Lang, Rechnungsbücher, S. 192–194. SNS, AS, I, 485 (L DebCred G rosso), c. 3/III (Übertrag als Belastung des Buches L DebCred G gegenüber dem Vorgängerbuch L DebCred F in Höhe von 45.859 scudi di marchi zur Ausgleichsbuchung ac. CCCLXXXVIIII). 462 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G rosso), c. 389/CCCLXXXVIIII (1537.4: Libro rosso segreto als Außenstand über 29.700 scudi di marchi). 463 Diese Art von Hilfsbuch kommt in der von Federigo Melis entworfenen Systematik der Buchführung nicht vor: vgl. Melis, Aspetti. 460 461

Die storia interna der Salviati und der Welser

schrittweise abgetragen werden musste.464 Bis zur Ostermesse 1542 erbrachte die Gabella, der Seidenzoll, einen bereinigten Gewinn von 26.120 scudi di marchi, welcher an die ragione nuova zum Ausgleich von deren bestehenden Verbindlichkeiten „rückübertragen“ wurde. Damit wies der Buchhalter einen ersten Teil des Darlehens der Salviati-Gesellschaft an die Krone als ausgeglichen aus.465 Die Buchhaltung der Salviati-Gesellschaft kopierte die Konten aus dem Hilfsbuch per l’adreto in das Schuldbuch rosso der neuen Firma, um die übernommenen Außenstände gegenüber der ragione vecchia gleichzusetzen und schließlich im Jahre 1546 die durch die Zahlung der Pachtgebühr eingegangenen Verbindlichkeiten gänzlich aufzuheben.466 Die Salviati-Gesellschaft in Lyon von 1528 bis 1540/42 Bis zur Neugründung der compagnia in Lyon im September 1532 lief die Firma unter dem Namen Redi di Alamanno Salviati & Co di Lione und wies Iacopo Salviati sowie die Erben Alamanno Salviatis – Averardo und Piero – als gleichberechtigte Gesellschafter mit jeweils 6.300 scudi di marchi, also ein Stammkapital von insgesamt 12.600 scudi di marchi, aus. Der Anteil der Erben Alamanno Salviatis verblieb mit deutlich über 5.000 scudi di marchi an Eigenkapitalzuwachs, an utili, als sopraccorpo bis Anfang 1542 „zusätzlich“ in der Lyoner Unternehmung, obwohl Averardo und Piero bei der Restrukturierung des Firmenkapitals den Kapitalstock erneut erhöhten.467 Allerdings bildete sich die gerade diskutierte Verpflichtung der alten Salviati-Gesellschaft als Differenz zwischen eingelegtem Fremdkapital und Außenständen von gut 19.600 scudi di marchi in der Buchführung des Unternehmens ab. Dieser Unterschied resultierte aus dem Gefälle von 99.000 scudi di marchi als Passiva zu 79.400 scudi di marchi als Aktiva. Das Ertragskonto der Unternehmung von 1531 notierte diese Verpflichtung als adrieto, also als durch Einkünfte abzutragenden Rückstand, des Vorgängerunternehmens.468 Neben dieser laufenden Verbindlichkeit baute die Handels- und

SNS, AS, I, 485bis (L DebCred G rosso per l’adreto), c. 1r (der Buchhalter trug den resto von 46.200 scudi di marchi als credito des Libro debitori e creditori F im Bezug auf das Schuldbuch Libro debitori e creditori G rosso c. 3 ein; neben den ursprünglichen Außenständen in Höhe von 45.859 scudi di marchi trat noch die Abwertung des scudo di marchi von 1528 als zusätzlich Erhöhung der Außenstände von 341 scudi di marchi auf). 465 SNS, AS, I, 485bis (L DebCred G rosso per l’adreto), c. 8/8r (Gabella mit Eintrag über 26.120 scudi zur Ostermesse 1539 und einem Erlös in eben der Höhe als Gewinn der Gabella zur Ostermesse 1542, vgl. c. 17). 466 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G rosso), c. 305; c. CCCV (Gegenbuchung), c. 415/CCCCXV (Ausgleich des credito an die Gabella). 467 SNS, AS, I, 499 (L DebCred I), c. 318/CCCXVIII (conti del corpo messo in questa ragione, 1529/30); SNS, AS, I, 500 (L DebCred K giallo), c. 1–2/I–II; c. 24/XXIII (Übertrag am 1.9.1531; Konten von Redi di Alamanno Salviati propri di Firenze und Iacopo Salviati proprio mit der Angabe über die Einlage in den corpo). 468 SNS, AS, I, 500 (L DebCred K giallo), c. 1–3/I–III. 464

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Bankgesellschaft der Salviati in Lyon wieder einen ansehnlichen sopraccorpo von um die 20.000 scudi di marchi auf, indem die getätigten Einlagen messeweise verlängert und erhöht wurden. Der Fall des in Montpellier angesiedelten Investors Piero Creixelles (Crexels) illustriert diese Vorgehensweise, weil er auf der Augustmesse 1531 über ein deposito von knapp 2.200 scudi di marchi verfügte, das zur Allerheiligenmesse auf gut 2.400 scudi di marchi und zur Apparitionsmesse 1532 auf über 3.050 scudi di marchi anwuchs. Die umfangreichste Einlage stammte auf der Ostermesse 1532 von den Augsburgern Bartholomäus Welser & Mitverwandte mit 10.630 scudi di marchi.469 Indes hat es den Anschein, als hätten die von Florenz ausgehenden Querelen um die Neustrukturierung der Lyoner Handlung zumindest phasenweise eine hemmende Wirkung auf die Geschäfte gehabt. Iacopo Salviati strebte um diese Zeit seinen Rückzug aus den Geschäften an und zog seinen Namen aus den gemeinsamen Aktivitäten – aus dem Stammhaus in Florenz, den Pisaner Gesellschaften und der compagnia in Lyon – zurück. Künftig wollte er sich auf die Rolle des stillen Teilhabers beschränken. Diese strategischen Planungen gingen offenbar auf ein Gespräch zurück, welches Iacopo und Averardo Salviati im Jahr 1531 in Rom geführt hatten.470 Man hatte sich darauf geeinigt, die Lyoner Gesellschaft noch bis zum August 1532 laufen zu lassen, um dann eine Neugründung ohne Iacopo und dessen Söhne durchzuführen. Dadurch ergab sich indes ein massiver Termindruck, den Beginn der Pachtperiode des Seidenzolls in die Laufzeit der ragione vecchia zu legen.471 Denn die Buchführung der neuen compagnia musste mit dem ReSNS, AS, I, 500 (L DebCred K giallo), c. 46/XLVI; c. 186/CLXXXVI; c. 257/CCLVII: Dipositi di nostro conto (1532.2–1532.3–1532.4). Auch der Übertrag ins folgende Buch nach der Neuaufsetzung der compagnia greift diese stattliche Einlage von Bartholomäus Welser & Mitverwandte auf: SNS, AS, I, 508 (L DebCred L pagonazzo), c. II. 470 ASFi, Carte Strozziane, I, 334, c. 146rv: Et durò sino adì primo di settembre 1532 / benché di nuovo si riformassi p(er) insino l’anno 1531, prima ch(e)’l tempo della vecchia spirassi, da Averardo et Piero Sal(via)ti di volontà et consenso d’Iac(op)o p(er) cominciarla di poi adì primo di settembre 1532 / finita ch(e) fussi q(ue)lla ch(e) vegliava / Il che di poi feciono sotto nome d’Aver(ar)do et P(ie)ro Sal(via)ti si come erano rimasi d’accordo in Roma Iacopo et Aver(ar)do tra loro et questo faceva Iac(op)o p(er)ch(è) non voleva [c. 146v] apparißi il suo nome [[…]] alcuna ragione et voleva no(n) dimeno eßer in compag[nia][[…]]cato, et questa riforma feciono d(e)c(t)o Aver(ar)do et Piero Salv[iati][[…]] una che medesimi compagni della ragione d’ava(n)ti, [[…]] ch(e) prima vi era ministro: la qual cosa si era usata [[…]] dal 1508 insino a q(ue)l tempo. et trassesi p(er) detti Sal(via)ti il [[capitale della]] vechia p(er) mettere nella nuova, come erono soliti, sotto [[…]] Sal(via)ti et detto Iacopo nel tempo visse, da poi la d(e)c(t)a riforma, sapiendo d’esser(e) compagno in essa ragione nuova / p(er)ch(è) cosí erano rimasi d’accordo insieme lui et Aver(ar)do in Roma, come si è detto et si dicano cavò mai della vecchia ne della nuova alcuna cosa per lasciarle guadagnare et farvi maggior capitale. – Die umfangreichen Auslassungen resultieren aus einem Loch im Papier des Geheftes. 471 Ebd., no. 90, c. 228r–229v: Brief Averardo Salviati an Iacopo Salviati, 17.11.1531 (Autograph): Hier thematisiert Averardo diesen Zusammenhang unmissverständlich (c. 228rv): Veglio vi maravigliate assaj dalla notizia datovj L(ionar)do dello ari[[…]]scritto alcune ch(e) faccino ricordo come la ragione sia finita et a voj no(n) abbia dato aviso alchuno q(uan)to così fussj aresi ragione ebero vero ch(e) riceuandomj L(ionar)do quel era l’animo mio di fare[.] disseli avendo promesso a Vostra M(agnificen)t(i)a dj seghuitare la ragione sino a agosto prossimo et così ero p(er) fare ch(e) così voglio fare ma ch(e) al tempo de sej mesj jnna(n)zi alla fine la djsdjrej et alluj è venuto bene gli facc[i]a tale sei [?] ina(n)zi p(er) sua commodita mostrando d’avere qualche praticha ch(e) 469

Die storia interna der Salviati und der Welser

finanzierungsplan für die Außenstände aus der Gabella rechnen können, um die Verpflichtungen zwischen Vorgänger- und Nachfolgeunternehmung abzutragen. Die Neustrukturierung der Gesellschaft in Lyon gestaltete sich aus der Perspektive der Hauptinvestoren in Florenz und Rom durchaus heikel. Während die Großcousins Iacopo und Averardo über die Trennung der Geschäfte verhandelten, warteten sie auf die angeforderten Geschäftsunterlagen Lionardo Spinas, des Direktors der Niederlassung. Der zweite Mann an Saône und Rhône, Lorenzo Pasquali, war zwar zum Rapport in Florenz erschienen, hatte allerdings die vorbereiteten Schriftstücke zur Neugründung der Firma wieder im Gepäck zurück nach Lyon dabei. Iacopo bezichtigte Lionardo Spina der Eigenmächtigkeit und zeigte sich verstimmt über dessen Geschäftsgebaren. Insbesondere der Pacht der Gabella, deren vertragliche Festschreibung bereits auf das Jahr 1521/28 zurückdatierte, stand der einstige Prinzipal und nominelle Vertragspartner des französischen Königs skeptisch gegenüber.472 Diese Sichtweise übernahm Iacopos Sohn Lorenzo, der als gut 30-jähriger Mann in den Jahren 1521 und 1522 selbst in Frankreich geweilt hatte.473 Damals hatte er auf Anweisung seiner Mutter Lucrezia aus den Händen Piero Spinas, des Vertreters der Lyoner Niederlassung beim französischen Hof, einen Kredit von annähernd 2.000 scudi di marchi erhalten, welchen er im Namen seines Verwandten, des Papstes Leo X., am Hof verwenden sollte. Allerdings legte Piero Spina dem Salviati-Spross den geliehenen Betrag mit Zinsen zur Last. Diesen Kredit von einst zog Lionardo Spina, so die Darstellung Lorenzo Salviatis, von den Ausschüttungen an Iacopo, den Vater des Letzteren, ab.474 Überdies warf Lorenzo di Iacopo Salviati dem Geschäftsführer der compagnia in

p(er) me paso no(n) glj potere manchare e così se seghuirà sino aghosto e allora saremo jntratj jn nella ghabella e jn q(uest)o mezzo fatto op(er)a dj resquotere et è dj corte ch(e) se à detto tempo no(n) si farà fatto qualch(e) buona condisione[.] sarà da sperare pocho et quello jn fatto ch(e) no(n) nulla et al tempo de sej mesi no(n) araj fatto cosa alchuna sanza [[volgia…]]pati ch(e) dj q(uest)o voglio ne stiate dj buono animo […]. 472 ASFi, Carte Strozziane, I, 334, c. 147rv: Briefkopie Iacopo Salviati, Rom, an Averardo Salviati, Florenz, 5.2.1532: Lo havere tu disdetta a L(ionar)do Spina la ragione, no(n) m(e) è mai piaciuto come t’ho scritto p(er) altre mia, per conto de debitori che s’han(n)o a risquotere in corte et ancora p(er) la gabella di Lione, la quale ho gran(dissi)mo dubio ch(e) no(n) ci habb[i] [[…]] ogni volta che si vegga ch(e) noi no(n) vi habbiamo ragio[ne] [[…]]a mutao [?] padrone: et di quanta importanza [[…]] cosa qn. seguissi, lo puoi pensare. Io t[[…]] no(n) ti vorrai ingannare penso ch(e) conosca sarà delle g[[…]]mo havere. 473 Wenn ich richtig sehe, sollte Lorenzo (1492–1539) als zweitältester Sohn Iacopos eine diplomatische Karriere einschlagen; sein jüngerer Bruder Giovan Battista (1498–1524) hingegen war für das Geschäft vorgesehen; da Letzterer aber früh verstarb, mussten sich die älteren Brüder um die geschäftliche Nachfolge ihres Vaters kümmern. Nach dem Tod Iacopos im Jahre 1533 war es dann inbesondere sein jüngster Sohn Alamanno (1510–1571), der sich der Belange der Unternehmung annahm; seine älteren Brüder Giovanni (1490–1553) und Bernardo (1508–1568) übten als Kardinäle eine Art Schutzfunktion für Iacopos Familienzweig aus (s. X.1.2. Stammbaum). Lorenzo hielt sich also nicht zu geschäftlichen Zwecken in Frankreich auf, umso mehr musste ihn überraschen, dass ihm seine damals getätigte Leihe auf Rechnung der Lyoner Firma später „vorgerechnet“ wurde. 474 ASFi, Carte Strozziane, I, 334, no. 66, c. 166r–169r: Bericht von Lorenzo Salviati über die ragione der Salviati in Lyon, hier: c. 166v: La prima difficultà et maggiore nasce, che l’anno 21 et 22, quando io ero in Francia io hebbi da Piero Spina circa a scd duomilia di marchi, et da Salviati 400 [[…]] 900. Piero mi pagò questi danari

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Lyon Versäumnisse bei dessen Tätigkeiten vor: Zum einen hätte Lionardo Spina das päpstliche Mandat zum Einzug des Zehnten auf die französische Kirche zum Schaden der Unternehmung verschleppt (weil er die mangelnde Organisationsfährigkeit seines Bruders Piero verschleiern wollte), zum anderen habe Spina die Geschäftspartner und Investoren Frescobaldi verprellt.475 In einem ausführlichen Schreiben vom November 1532 bezog Lionardo Spina gegenüber seinem padrone Iacopo Salviati schließlich Stellung zu den Vorwürfen. Dabei berief er sich auf die mit Averardo getroffenen Absprachen – nämlich, dass Lorenzo per com(m)issione di mia madre, che così h[aveva l’or]dine da Papa Leone se: re:. Fu tanta la negligentia di Piero di procurare a [mia][[…]] madre di essere satisfatto, et di mia madre di procurare il medesimo con papa Leone, ch’el Papa morse; et io restai debitore di Piero; et i disordini di Piero (et tutti per colpa di Lionardo) erano infiniti. Occorse che da Roma mi furono rimessi mille 𝛻 di mie entrate: i quali io ordinai a Salviati ch(e) gli facessino buoni a Piero Spina. Lionardo per coprire i disordinj di Piero, li fece buoni mille, ch(e) io gli ordinai, et altri mille di più. Poi a Lione mi fece sottoscrivere non so che partite. et questo è certo ch(e) i Salviati no(n) ebbono mai com(m)issione da me di pagare questi danari a Piero Spina: Il che apparisce manifesto: perche ancora hoggi d’una parte d’essi in su libri di Salviati n’è debitore Piero Spina per un conto aparte .L. Furo[no] i Salviati et Lion(ar)do molte volte alle mani con mio padre per q(ue)sta partita et si contentavano del principale (come sa Lorenzo Gondi) ancorché l’intentione di mio padre fussi buona di pagare i danari, et metterli a spese, et cassarne molti altri, de quali contro a ogni ragione, io sono estato debitore, come colse la mia trista sorte, sopragiunto dalla morte, lasciò le cose così. – In den entsprechenden Rechnungsbüchern habe ich bisher weder das Konto Piero Spina di corte aparte L gefunden, noch die entsprechenden Verbuchungen in den Konten des Lorenzo Salviati: SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 53/LIII. Dort befindet sich ein Konto Messer Lorenzo di Iachopo Salviati p(er) suo chonto chorrente, worin in der Tat einige Wechselgeschäfte für Lorenzo Salviati über den Papstbankier Bernardo da Verrazzano & Co in Rom verbucht sind (zum 15.6.1521); auch verzeichnete die Buchführung in diesem Konto eine Einlage Lorenzos über 1.220 scudi di marchi unter der Augustmesse 1521. Unter der selben Messen erhielt Lorenzo auch eine Gutschrift über 1.000 scudi di sole im Auftrag des Kardinals Giovanni Salviati. 475 ASFi, Carte Strozziane, I, 334, no. 66, c. 166r–169r: Bericht von Lorenzo Salviati über die ragione der Salviati in Lyon, hier: c. 167v–168r: Primo la Se. Re. [Papa] di Lione concesse al Re Franco di Francia una Xma sopra i preti: et per fare benefitio a mio padre, lo fece depositario di quella Xma et […] fu dato ferma intentione a mio padre di farli havere per ricompenso di q(ue)sta Deposita X mila duc et così succedeva / se e’ non era assassinato da Lion(ar)do Spina et da Franco Naldini in mano de quali furono mandate da Roma le bolle con ordine […] Lion(ar)do et Franc(esc)o per ingratiarsi, et per altri loro interessi, dettono le bolle senza havere cura alcuna dello interesso di mio padre: Per il qual conto dopo un certo tempo fu promesso loro quattro m[ila] scudi, ch(e) ancora no(n) sono riscossi. Li dieci tornorno a Quattro […] et tutto per la loro negligentia. Occorse di poi a Lion(ar)do per [[gli]][s]viluppi di P(ie)ro suo fr(ate)llo (i quali erano, et sono ancora, infiniti) et per altre cause della ragione, andare in corte, et donare non so che. et p(er) assassinare bene mio padre […] Ne contento a questo messe una miseria simile in su i cambi senza considerare gl’infiniti utili et com(m)odi, che q(ue)lla ragione haveva ogni dì da mio padre […] Il medesimo accade per non so ch(e) conti de’ Freschobaldi: i quali da una banda ei tenghono in su i cambi; Dall’altra si rimette quello che avanza. Tanto ch(e) mio padre viveva, mene rapportò alle conventioni, ch(e) gli hanno con eßo lui […] Non l’havendo loro fatto, io non penso esser tenuto: et mi pare uno grande intereßo, l’essersi appropriato una mia ragione di tre(n)ta anni, che da loro tre et quattro mila scudi di provisione p(er) cia[s]cuno anno. – Die von Lorenzo Salviati angesprochenen lediglich 4.000 scudi d’oro di sole (als 4.000 ducati) gegenüber den ursprünglich vereinbarten 10.000 ducati für die Decima können nachgewiesen werden (allerdings nicht, ob tatsächlich zunächst 10.000 ducati angesetzt waren): SNS, AS, I, 485 (L DebCred G rosso), c. 302: Jacobo de Beona S(igno)re di Sant Blancey. Hier ist der Eintrag datierend auf den 6.11.1525 als Gutschrift an Iacopo Salviati notiert: Et addì detto 𝛻 4000 d’oro di sole facciamo buoni p(er) lui a Iacopo Salviatj al p(er) luj de’ tempi p(er) tantj p(er) lie ne doveva più fa p(er) lb 8000 tornesj che il X(ianissi)mo Re hordinò li fussino donatj p(er) chausa della ß(econ)da Decima concessolj Papa Leone X di ch’è detto S(igno)re d(i) Samblancey n’ebbe li mandamentj di sua X(ianissi)ma M(aes)tà (e) quitanza di epsa som(m)a del detto Jacopo.

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seine Gläubiger mit verzinstem Aufschlag würde zufrieden stellen müssen.476 Die Verpflichtungen gegenüber den Frescobaldi nahm Spina offenbar eher als ein nüchternes Rechenspiel, welches den Geschäftspartnern noch nicht einmal zum Vorteil hätte gereichen können, wahr.477 Aus seiner Sicht hätten die Verhandlungen über die Trennung der Geschäfte zwischen den beiden Familienlinien bereits im Jahr zuvor vollzogen werden können. Er rechtfertigte sich dafür, dass er mit den Erben Alamannos und seinen amici – insbesondere Lorenzo Pasquali – eine restrukturierte compagnia in Lyon eingegangen war, und wollte nunmehr von Iacopo die Anweisungen einholen, wie dieser mit seinem Anteil am Stammkapital umzugehen gedachte.478 ASFi, Carte Strozziane, I, 334, no. 86, c. 216r–220v: Brief von Lionardo Spina an Iacopo Salviati, 2.11.1532 (Autograph!): jn detta v(ost)ra narrate voler paghare quello e’ debitori Lorenzo Salviati essendo quito dell’interessi et chon le altre chondizioni ch(e) jn detta v(ost)ra narrate et p(er)ch(è) tale assunto vi [[non?]] posso jo p(r)endere causa comessione dj Averardo[.] allui ne schrissi dal quale ebbe aviso voi aver gliene schripto el medesimo et che erono chose da pensarlle et ch(e) jn b(r)eve se ne solverebbe la qual resoluzione maj […] et qua(n)to a questa materia di Lorenzo jo come vi dissi quando arò chostà sono co(n)tento poi ch(e) altrimenti no(n) volete fare ch(e) paghate come jn detta v(ost)ra replichare d(i)cho ch(e) sono co(n)tento quanto allapparte ch(e) a me tocha et ve ho scripto et schriverro a Averardo el parer mio[.] però vi p(r)egho questa chosa no(n) vadi più in lungha […]. 477 Ebd., c. 216v: Sop(r)a la chosa de’ Frescobaldi ho visto qua(n)to schrive Dom(eni)co Chanig[i]ani et sarey jn qua(n)to a me dopenio [?] ne d’assettarlla con quelli chreditori d(i) Firenze qua(n)do no(n) ci chostassi molto[,] ma a questo bix(ogni)a desporre Averardo al quale n’ò scripto et schriverrò et ma(n)darelli le lett(ere)[.] schrivo sop(r)acc[i]ò a Dom(eni)co Chanig[i]ani et gli ordinerò ch(e) vi avertischi di sua deliberazione el male d(i) queste similie chose e l’avere a chomferire co(n) tanti p(er) vna ch(e) sono jn più luoghi chome averne a nnoi ch(e) jnanzi ch(e) habi vna risposta l’uno dall’altro[.] ne va vn tempo e poi e anch(e) jn resoluta et chosì p(e)rciputa ognj arà chosa: jo farò mettere j’nota e con loro come restavono qua(n)do e fallir[o]no. tutto come doma(n)date et sarà p(er) altra. Daneben ging es offenbar um die Bezahlung der Schweizer, die zwischen Bartholomäus Welser & Mitverwandte gemeinsam mit den Lyoner Salviati von Rom nach Bern abgewickelt wurde (SNS, AS, I, 468, c. 518/DXVIII; 1520.1): Del paghame(n)to si fece a Suyzeri che vi dolete della valuta di duc(ati) avete torto che s’è fatto quello s’è possuto et avete avuto più ch(e) v(ost)ro dovere p(er)ch(è) ducati vagliono più jn fatto ch(e) no(n) si sono valutati et vna rag(i)one solo vi doverre bastare ch(e) se ponete mo(n)ta le quitanze fatte p(er) mano d’notaio v’àrrano apunto tal valutazione come vi s’è posto jn co(n)to s’è dat’a loro chreditore voi ch(e) noi volessimo torre a voj p(er) dare a Suyzeri[.] vi p(r)egho chredermi ch(e) avete avuto v(ost)ro dovere et ch(e) la chosa è passata p(er) mia mano ch(e) no(n) vi farcj torto s’uno dan(ar)io. 478 Ebd., c. 217v: Io come vi schrissi l’anno passato et come sapete partì d(i) Firenze sanza chonchlusione alchuna chon Averardo salvo ch(e) lla rag[i]one finissi ne dj (h)ordinati[.] voi mi richordati ne mancho potteti avere chonchlusione alchuna et visto questo et dessendo necessitato no(n) mancho p(er) li affari v(ost)ri ch(e) p(er) li mia di restare jn piè chon qualch(e) apogg[i]o convenni chon certi mia amici di fare vna comp(agni)a ch(e) chominc[i]assi ap(r)esso la fine del[l]’altra ch(e) jo ero ob(r)ighato et venimo tanto avanti ch(e) jo ero leghato et p(r)omesso et tutto : jn questo mezo Lorenzo Pasquali andò a Firenze et chon Averardo recompose nuova comp(agni)a dove anchora jo vi fu messo et ma(n)datomi la scripta la sottoschrissi / et con li mia amici fuy d’achordo et solo p(er) el respetto v(ost)ro furono co(n)tenti lasc(i)rami seghuire con Averardo: jn la qu(a)le scripta chome so voi sapete v’è spazio p(er) vno [!] comp(agni)a ch(e) mi sono semp(r)e dato a jntendere abiate a ess(er)e voi como dandoci però: tam(en) no(n) ho poi jnteso altro et jn questo chaxo lasc(i)o deliberare a voi et Averardo la qual nuova comp(agni)a chominciò a dj 9 d(i) settenb(r)e passato et da ttal [!] dj jn qua seghuiamo p(er) tal nuova comp(agni)a et s’è mutato el nome come sapete[.] ora jo desid[e]rò da voi jntendere come voi la jnte(n)dete et jn qua(n)to al corpo ch(e) voi aresti amettere ch(e) sarieno 𝛻 8M se no(n) tutti la mag[i]or parte vsciranno della vecchia comp(agni)a[.] bisogni[a] tale chose risolverlle et no(n) tenerlle più jn ponte[,] però sute co(n)tento p(er) la p(r)ima dirne v(ost)ra volontà Averardo à schripto qua avervi ma(n)data la copia di detta scripta et ch(e) da voi no(n) andava risposta. Auch stritt Lionardo Spina ab, eigenmächtig zu handeln: E no(n) voglio lasc(i)are di durvi ch(e) jo mi dolgho 476

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Inwieweit die Anschuldigungen Lorenzo Salviatis gegen die Geschäftsführung in Lyon zutreffend waren, lässt sich schwer entscheiden. Einerseits zeigte sich bereits Lorenzos Vater Iacopo im Verlauf der Teilungsverhandlungen über das Familienvermögen seines, d. h. des römischen, und Alamannos, also des florentinischen Zweiges, eher abgeneigt gegenüber Lionardo Spina.479 Andererseits hielten Averardo und Piero d’Alamanno Salviati offenbar zum Direktor der Lyoner Gesellschaft – nicht nur, weil sie ihm ohnehin die Geschäfte weitgehend übertragen hatten. Vielmehr blieb Spina Geschäftsführer der Salviati-Unternehmungen in Frankreich, solange deren Aktivitäten in Lyon nachweisbar sind. Er wurde bei der Restrukturierung im September 1532 überdies noch Mitgesellschafter. Zudem erfreute er sich der Wertschätzung der Florentiner Kaufmannschaft, der natio, deren Konsul er in den 1550er Jahren wurde. Auch die Kooperation mit den angeblich brüskierten Frescobaldi lief nach 1532 weiter, zumal Lionardo selbst die Schuldbeziehungen zu den Frescobaldi in London als weitaus weniger prekär bewertete.480 Die beteiligten Kaufmannbankiers fanden sich schließlich zu einem Vergleich über die Anteile und Haftungsfolgen der Lyoner Niederlassung der Salviati bereit, der zwischen September 1533 und 1539 – den Todesdaten zunächst Iacopos und dann Lorenzos, seines Sohnes – anzusetzen ist. Die Absprache tätigten Domenico Naldini

di voi et d’Averardo ch(e) jo sia stato tantj mesi jn Ytalia ne maj abia saputo chonchludere chosa nessuna conesso voi et di subito ch(e) Lorenzo Pasquali fu a Firenze chonchluse conesso luy : et jn(n)oltre mi dolgho no(n) abia voluto farmi vantagg[i]o alchuno dallui jn la stima ne altro e p(er)ch(è) sapiate / la comp(agni)a ch(e) jo avevo p(r)atichata chon altri amicj mia m’era di più p(r)ofitto pure assai che questa (h)o ffatta con Averardo et solo la p(er)sona m’era stimata 𝛻 iijM sanza altri vantaggi et qua(n)do vogliate vederne altro ch(e) parole ve lo mostrerò. ma jo ch(e) mi sono d(i)sposto tanto ch(e) jo arò vita s(er)vire e’ Salviati no(n) ho ghuardato a mio jnteresso et quello ch(e) solo mi duole jn questo chaso si è che voi ve sute schononsce(n)tj et jn ogni chosa mi trattate male et no(n) secondo la mia s(er)vitù et fede et molto pegg[i]o mi tratta anch(e) Averardo pure sto paziente. – Diese Sichtweise auf die gemeinsamen Abmachungen zwischen Averardo Salviati, Lorenzo Pasquali und Lionardo Spina bestätigt ein Schreiben eines der Beteiligten, Averardo Salviati, an Iacopo Salviati: ASFi, Carte Strozziane, I, 334, no. 81, c. 204rv: Brief Averardo Salviati an Iacopo Salviati, 23.3.1532 (Autograph): Anchora con Lorenzo Pasqualj et L(ionar)do Spina reformamo p(er) cominc[i]are al p(r)imo dj settemb(r)e prossimo jnna(n)zi sia detto tempo potremo rimanere d’acordo jnsieme et p(er) avere portato L(orenz)o le scritte alcone a farle sotto scrivere e L(ionar)do no(n) vi possi diresj particulare come si riabbia vi si djrà et t(utto) ho fatto jn nome nostro e saremo d’acordo. 479 ASFi, Carte Strozziane, I, 334, no. 81, c. 204rv: Briefkopie Iacopo Salviati an Averardo Salviati, 4.11.1531: Dicemi anchor Lionardo per le sua havea havuto notitia come tu hai scritto a Lione che s’avino ricordo a libri de la compagnia come tu intendi che la sia finita et che ma [?] marzo in là non seguiti più quella qual cosa mi maraviglio che tu non mi habbia scripto […] parso di farlo non te n’ho a sforzare ma ben ti dico che parte et per mi pare che habbia stato in male partite perché havendo a risquotere come tu sai da nave persona meglio di 𝛻 xM et mio le(ttere) havendo a entrare molto assegnamento che tu sai di ducati xxxxM a agosto mi pareva et pare che il bisogno nostro sarebbe suto che havessimo lasciato continuare quella ragione uno anno più tanto che si dessi fatto prova di risquotere e’ debitori di corte uscire delli altri sviluppi che la ci trare nelle assegnamente di ducati xxxxM et alestirla el più che fussi possibile. Il ch(e) certo si sarebbe fatto e non miglior animo et con più autorita et meglio ser Lionardo che per nessuno altro se li parra di farlo come ho detto io lo giudico molto a proposito se non ti pare fà come in nnoj perche delle cose tua el doverne porta che non faccia a suo modo […]. 480 Vgl. SNS, AS, I, 522 (L DebCred N) und die nachfolgenden Schuldbücher.

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als Rechtsnachfolger seines Cousins Francesco, Giambattista Bracci als Hauptinvestor und Manager der Bankzentrale in Florenz, ferner Francesco Corboli, der Bruder des Giovanbattista Corboli und Faktor in Lyon, die Florentiner Salviati und endlich der Kardinal Bernardo Salviati. Dabei übergingen sie allerdings die Ansprüche Lorenzos, der sich gegen die Haftung für den einstmals durch Piero Spina gewährten Kredit heftig zur Wehr setzte.481 Infolge dessen gelangte der Streitfall, wie oben erwähnt, vor das Florentiner Handelsgericht, wo der Richter Grimaldo de’ Nobili urteilte, dass die Erben Iacopos und Alamannos zu gleichen Teilen ihre einstigen Anteile mit Gewinn wahrnehmen dürften.482 Von 1532 bis 1542 blieb die von den Lyoner Vertretern der Salviati-Handelsgesellschaft offenbar weitgehend eigenmächtig vertraglich festgeschriebene Unternehmung strukturell unverändert. Am 9. September 1532 eröffnete die ragione nuova unter dem Namen Averardo e Piero Salviati & Co di Lione. Zum corpo in Höhe von 12.000 scudi di marchi steuerten die Namensgeber Averardo und Piero Salviati 8.000 scudi di marchi bei, die in Lyon ansässigen Lionardo di Francesco Spina und Lorenzo di maestro Giovanni Pasquali jeweils 2.000 scudi di marchi (Tabelle 1).483 Lorenzo Pasquali war zugleich von 1531 an auch in Florenz an der Seiden-bottega der Salviati beteiligt.484 Die neu gegründete Unternehmung übernahm Außenstände von ihrer Vorgängerin in Höhe von etwas über 19.000 scudi di marchi.485 Einen guten Teil dieser Verpflichtungen rechnete die Buchführung der neuen ragione als sopraccorpo. Das bedeutete, dass die Buchführung die Schulden der Nachfolger-Gesellschaft in Form von Einlagekrediten (über den Kapitalstock hinaus) ihrer Vorgängerin und deren Teilhaber eintrug.

ASFi, Carte Strozziane, I, 334, no. 66, c. 166r–169r: Bericht von Lorenzo Salviati über die ragione der Salviati in Lyon, hier: c. 166v–167r: Et io p(er) no(n) litigare con mio fratello, con grandissimo mio danno et pregiuditio, venni seco (che così volse Mos. Rxmo) a una fine et a uno staglio. Hora i Salviati senza autorità neßuna et senza haverne mai da me una minima co(m)missione hanno tenuto co(n)tinuamente questa partita in su i cambi, et condottola nello infinito. Al ch(e) per no(n) haverne mai dato com(m)issione, io no(n) penso essere tenuto, et veggo per experientia ch(e) Dom(eni)co Naldini, Giovamb(attis)ta Bracci, et Franc(esc)o Corboli, nello staglio ch(e)glino hanno fatto con esso noi (come quegli che sanno ch(e) io non sono tenuto a questi interessi) hanno messo questa partita per niente. 482 Siehe oben: SNS, AS, filza I, 8, fasc. 4, Nr. 7. 483 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L pagonazzo), c. I: als Hauptgesellschafter Averardo e Piero Salviati p(ro)p(r)i di Firenze p(er) loro conto del corppo messa [[in questa ragione]] deono avere addì viiij° di settemb(r)e 1532 / 𝛻 (h)otto mila d’(or)o di marchi fattone d(i) loro hordine debit(ori) li nostri di qui di ragio(ne) vechia del lib(r)o giallo s(egna)to K; als zweiter Gesellschafter: Lionardo di Fran(cesc)o Spina p(ro)p(r)io p(er) suo conto del corppo messa; als dritter Gesellschafter: Lorenzo di m(aestr)o Giovan(n)i Pasquali p(ro)p(r)io p(er) suo conto del corppo messa. Ebd., c. IIII: Lorenzo Pasquali p(er) suo compto ap(ar)te. Sein Anteil am corpo von 2.000 scudi di marchi stammte aus einer Einlage (diposito) und wurde entsprechend in das corpo-Konto umgebucht. 484 SNS, AS, I, 761 (Fi Libro segreto verde), c. VIIII: Lorenzo Pasquali hat ab dem 10.11.1531 mit 500 ducati d’oro teil an der Seiden-bottega von Alamanno e Filippo Salviati & Co, welche über die compagnia in Lyon auf dieses Konto aparte L. P. überwiesen und darauf verrechnet werden. 485 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L pagonazzo), c. II: Redi di Alamanno Salviati e co di Lione di ragio(ne) vechia de lib(r)o giallo s(egna)to K. 481

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Man verbuchte somit mehr als 17.500 scudi di marchi als depositi unter den Passiva.486 Das eingelegte Kapital der Vorgängergesellschaft integrierte man in die Wechselgeschäfte innerhalb des Kreises der Partnerschaften und Investoren, um intern Arbitragegewinne und Kredite miteinander zu verbinden.487 Auf diese Weise waren die verschiedenen Gesellschaften verkoppelt und ein buchhalterisches Kontinuum hergestellt. Der katalanische Bankier Bartholomeo de Paretes aus Avignon488 steuerte im Jahr 1532 mit über 12.500 scudi d’oro di sole weitere Einlagen in die ragione nuova bei, Bartholomäus Welser mit 12.220 d’oro di sole, Margherita Visconti aus Mailand mit gut 4.200 scudi d’oro di sole sowie Antonio e Lodovico Buonvisi & Co di Lione, der in Lyon ansässige Piero Bini, Ghiraot Deity (Deilt) de San Juan de Luz (ein wichtiger Verbindungsmann zu den Messen Kastiliens) und der Korrespondent in Paris489, Bernardo Canigiani, mit jeweils etwas über 2.000 scudi d’oro di sole zum sopraccorpo.490 Der Kreis der Einleger wurde schrittweise auf verschiedene Gruppen von Geschäftsfreunden

Ebd., c. 475/CCCCLXXV: Redi d’Alamanno Salviati e co di Lione p(er) l’adrieto p(er) lor(o) (c)hontto (c)horre(n)te app(ar)te dipositi. Dieser Eintrag von der Allerheiligenmesse 1533 verweist durch die Formulierung per l’adrieto darauf hin, dass es sich um Rückstände aus der Vorläufergesellschaft handelte; der Ausdruck per loro chonto chorrente apparte dipositi zeigt an, dass man die Form eines Apartkontos wählte, in dem dieses Rückstände als Einlagen (depositi) eingestuft werden. Mit dem Ende des Buches wurden diese Einlagen in drei Haupttranchen verbucht (Allerheiligenmesse 1533 5.712,10 scudi di marchi; am 27.2.1534 noch 7.531,0,7 scudi di marchi – eingetragen in scudi di sole, so dass klar ist, dass es sich um Kapital handelt, nicht um einen laufenden Kredit in der Messewährung; für die Ostermesse 1535 noch 3.991,5 scudi di marchi) und als Bestand übertragen (am 14.4.1534 insgesamt 17.519,6,8 scudi di marchi). Ebd., c. CCLXXVI: Dipositi p(er) ispartire p(er) contto d’amici. Hier belief sich zur Ostermesse 1533 die Einlage von e’ n(ost)ri di ragio(ne) del lib(r) rosso p(er) lor(o) (c)hore(n)te aparte dipositi noch auf 16.059,5 scudi di marchi. 487 Ebd., c. 70/LXX: Reddi di Alamanno Salviati e co di Lione di ragion vechia del lib(r)o rosso s(egna)to G p(er) lor compto app(ar)te ghabella. Die Beträge dieses Kontos werden in den Wechselverkehr eingebunden, insgesamt 31.611,3,8 scudi di marchi; c. 407/CCCCVII: Redi d’Alamanno Salviati e co di Lione di ragio(ne) vechia de lib(r)o rosso s(egna)to G p(er) lor(o) contto corrente. Während dieses Konto mit einem Betrag in knapp der Höhe der dipositi mit 16.058,5 scudi di marchi belastet wurde, wurden die Gutschriften in die Wechselgeschäfte ausgelagert und in kleinen Portionen transferiert: Et add(ì) detto [[15.12.1533]] m(arch)i 124.7.12.21 d’(or)o a d(uca)ti 65 7⁄8 p(er) m(ar)co p(er) lor(o) sotto n(ost)ro contto app(ar)te r. c. a Firenze a’ n(ost)ri Salviati e co p(er) d(ì) xv di gennaio p(r)ox(i)mo in lor(o) medex(i)mi chontti a nnoj e rim(ess)o m(arch)i 36.1.20.22 d’(or)o p(er) M(onn)a Margherita Vischo(n)te d(are) in q(uest)o a (c.) 374 𝛻 ijMCCCLv. ß iiij°. d j° und davon weitere 2.996,19,7 scudi di marchi an Bernardo Canigiani aus Paris sowie an die Salviati selbst 2.769,1 scudi di marchi. Die Anlage dieser Wechsel spricht allerdings dafür, dass es sich um Teilhaber handelt, deren Einlagen als sopraccorpo der Vorgängergesellschaft weiterlief. Daher wurde das Konto mit einer entsprechenden Einlage bei der Nachfolgegesellschaft belastet. 488 Vgl. Matringe, La Banque, S. 140; S. 162. 489 Ein Fall von mehreren, bei denen die wichtige Rolle eines Korrespondenten aus den Geschäftsunterlagen sichtbar wird; aber ansonsten lässt sich diese Figur – die zudem in verschiedenen Schreibweisen auftritt – in der Literatur nicht nachweisen. 490 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L pagonazzo), c. CVIII; c. CVIIII. Insgesamt: 37.132 scudi di marchi. Ebd., c. CCLXXVI: Dipositi p(er) ispartire p(er) contto d’amici. Zur Ostermesse 1533 waren diese Einlagen, deren Volumen man offensichtlich noch durch ein Wechselgeschäft vergrößerte, bereits 15.441,11,9 scudi di marchi. Das bedeutet zugleich, dass die Einlage des Bartolomeo Paretes von Messe zu Messe überschrieben wurde (vgl. ebd., c. 276) und dass sich die Einlage in derselben Größenordnung bewegte wie die Einlage der Vorgängergesellschaft Redi d’Alamanno Salviati & Co di Lione. 486

Die storia interna der Salviati und der Welser

erweitert. Dabei begannen die in Lyon ansässigen süddeutschen Kaufmannbankiers eine zunehmend wichtigere Rolle zu spielen.491 Daneben verfügte der für die Lyoner Handels- und Bankgesellschaft aktive Giambattista di Piero Corboli über einen Anteil von 1.135,12,11 scudi di marchi. Als dieser verstarb, trat sein Bruder Francesco gemäß eines am 14. November 1538 in Florenz geschlossenen Vertrags als Erbe in die Ansprüche gegenüber der Unternehmung ein.492 Dieser Vergleich verfügte die Auszahlung der Anteile des Bruders an den erbberechtigten Francesco Corboli.493 Die ragione nuova eröffnete am 9. September 1532 mit einem Fremdkapital von knapp 48.800 scudi di marchi. Davon gehörte ein Gutteil zu den erwähnten Einlagen und über apparte-Konten verrechneten Krediten, mit denen die Unternehmung ihr sopraccorpo auszuweiten versuchte. Die römischen Geschäftspartner Pandolfo della Casa & Co sowie Bindo Altoviti & Co waren Gläubiger mit annähernd 2.800 scudi di marchi und beinahe 6.900 scudi di marchi über Konten mit dem Titel aparte C. A.494 Der Kapitalanteil von 8.000 scudi di marchi, den Averardo und Piero Salviati persönlich (nicht ihre Florentiner Bank) in die Firma in Lyon investierten, setzte sich aus vier

Ebd., c. 276: Franc(esc)o Ponghart alamanno. Zur Augustmesse 1533 erhielt Franz Baumgart 1.578,17,6 scudi di marchi zurück, die er in Bargeld eingezahlt hatte. 492 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G rosso), c. CCCCVIIII: Francesco di Piero Corboli per suo conto corrente (si gli fanno buoni per via di staglio e d’acordo di quello li potessi venire per ß dua per lb che participava Giovannbattista Corboli suo fratello in questa compagnia della quale è luj la rede universale come per il contratto fatto secho a Firenze addì 14 di november 1538 per mano di Ser Francesco Mach[i]a[ve]lli; Herbstmesse 1538). 493 BAV, Archivio Salviati, Nr. 56 (Miscellanea) c. 3r–4r: Abmachung (staglio/accordo) zwischen den Vertretern der Salviati und den Erben des Giovanbattista Corboli vertreten durch dessen Bruder Francesco Corboli zum Austritt der Corboli-Erben aus der Lyoner compagnia der Salviati: Con ciò sia cosa ch(e) in vna compagnia (et) ragione ch(e) cantò Redj di Alaman(n)o Salviati e conpagni di Lione fussi fra gli altri conpagni Giovanbaptista di Piero Corboli a chi Dio perdoni per soldi dua per lira / come per la scritta di conpagnia appare sotto dì 25 di marzo 1520 ch(e) finì la fiera di agosto 1525 d(e)l quale Giovanbaptista Corboli sine sia herede Franc(esc)o di Piero Corboli suo fratello […] el quale Franc(esc)o Corboli questo dì si è convenuto et conviene con le Redi di Alaman(n)o Salviati prop(r)i ch(e) sono Averardo (et) Piero di decto Alaman(n)o Salviati / e co(n) le redi di Jac(op)o Salviatj p(ro)p(ri)e ch(e) sono Lore(n)zo e Alaman(n)o di decto Jac(op)o Salviati si come e’ dicono di essere con li heredi (et) havere dettj Lorenzo e Alaman(n)o procura dalli altri loro dua fratelli e di così si fanno forti (et) promectono ciaschuno per la meta / e co(n) Lionardo di Franc(esc)o Spina ch(e) è p(er) lui ciome [!] suo procuratore conparisce el decto Averardo di Alaman(n)o Salviatj […] Franc(esc)o Corboli herede di decto Giovanbaptista venirne affare (et) fare uno staglio di tucto / e lasciare tutto el bene ch(e) Iddio ne havessi co(n)cesso / o /concedessi / così tucto el male ne fussi successo et sucedessi di ch(e) Dio ne guardi di decta conpagnia a li dettj Averardo Piero Lorenzo e Alaman(n)o Salviati e al decto Leon(ard)o Spina s’è convenuto e conviene ch(e) tale conpagnia lo tiri d(e)bitore di 𝛻 585.12.11 di marchi ch(e) detto Giova(n)baptista Corboli restava d(e)bitore’n decta co(n)pagnia come per dettj libri appare li quali ne cetta in decto suo conto e a l’incontro convengono d’acordo ch(e) per li utili ch(e) potessino tochare i(n) decte redite di Giova(n)baptista Corboli abbi / a / havere de decta co(n)pagnia p(er) fine fatto per m(ezzo) di staglio e d’achordo 𝛻 1135.12.11 di m(archi) li quali si abbino a porre in credito di decto Franc(esc)o Corboli per tale causa e farne d(e)bitore avanzi e disava(n)zi di tal co(m)pagnia / et così decto Franc(esc)o di Piero Corboli resterà a avere a decto suo conto 𝛻 550 di marchi li quali li abbino a essere pagati da sopra nominati quattro d(i) Salviati e dal decto Leonardo Spina a chi resta tale conpagnia le fiera di pasqua proxima ch(e) diremo 1539 ---. 494 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L pagonazzo), c. 1; c. 2. – Vermutlich stehen die Abkürzungslettern „C. A.“ für „Casa & Altoviti“. 491

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gleichen Teilen zusammen. Dabei hatten die Erben Iacopo Salviatis, Alamanno und der Prior von Rom, Bernardo (anstelle des verstorbenen Lorenzo)495, sowie die Erben Alamannos, Averardo und Piero, jeweils einen Anteil von 2.000 scudi di marchi (Tabelle 1).496 Erst mit Auslaufen der ragione zur Ostermesse 1542 wurde dieser Anteil am corpo den Söhnen Iacopos erstattet.497 Überdies berechnete der Buchhalter der Salviati-Gesellschaft in Lyon einen Gewinn auf das Kapital der Unternehmung von der Augustmesse 1532 bis zur Ostermesse 1542 in Höhe von 5.140 scudi di marchi, von denen allerdings 4.184,15 scudi di marchi aufgewendet werden mussten, um die Außenstände der vormaligen Salviati-Gesellschaft des oben genannten Libro debitori e creditori G auszugleichen.498 In der Lyoner Gesellschaft von 1532 bis 1542 hatte Iacopo Salviati als stiller Investor immerhin noch einen Anteil von 6.300 scudi di marchi, welcher auf seine Erben übertragen wurde.499 Iacopos Sohn Alamanno verfügte zum Zeitpunkt seines Todes darüber hinaus noch am 11. September 1539 über ein deposito von etwas mehr als 14.600 scudi di marchi bei der Lyoner compagnia. Dieses aktive Kapital verblieb unausgesetzt im Geschäft seiner Cousins.500 Die Buchführung von Averardo e Piero Salviati & Co di Lione weist in der Fortsetzung der Bücher ihrer Vorgängerin im Jahr 1542 unter dem Konto der Erben Iacopo Salviatis den einstigen Anteil am Stammkapital in Höhe von 6.300 scudi di marchi und Gewinne von insgesamt knapp 4.940 scudi di marchi aus. Dabei wurden allerdings lediglich gut 3.200 scudi di marchi an den Prior von Rom, Sachwalter der Erbengemeinschaft seines Vaters Iacopo, überschrieben. Über 5.000 scudi di marchi setzte man zum Ausgleich der oben erwähnten Verbindlichkeiten der ragione vecchia gegenüber ihrer Nachfolgerin ein. Die verbliebenen fast 3.000 scudi di marchi lagen noch bis 1552 in der Lyoner Firma.501 Hier gibt es beispielsweise ein Buch, in welchem der verbliebene „weltliche“ Sohn Iacopos, Alamanno, und die sogenannten „Erben“ des Lorenzo di Iacopo ihre „Interessen“ an der Gesellschaft Averardo Salviati & Co in Pisa aufzeichneten: SNS, AS, III, 24 (Zeitraum 1540–1542). 496 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 1/I (30.11.1538). 497 SNS, AS, I, 500b (Anlage zu L DebCred K), c. 11/11r (Übertrag in den Libro debitori e creditori I) zur Ostermesse 1542 (angelegt wurde dieses Hilfsbuch 1537). 498 Ebd., c. 18/18r (Redi di Alamanno Salviati propri per il corpo: Ostermesse 1542) sowie c. 53 (Avanzi e disavanzi per nostro conto). 499 Ebd., c. 18/18r (Iacopo di Giovanni Salviati proprio per il corpo: Übertrag auf seine Erben zur Ostermesse 1542), vgl. ac 51. 500 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 63: Das Konto der depositi weist Alamnno di Iacopo Salviati mit einer Einlage über 14.612,7,7 scudi am 11.9.1539 auf; der Betrag war fällig zur nachfolgenden Allerheiligenmesse. Er wird in dem entsprechenden Libro dei committenti O als fortlaufender Kredit verbucht (ebd., c. 65). – Alamanno Salviatis fast vollständig überlieferte Buchführung (SNS, AS, III, 17–62; BAV, Archivio Salviati, no. 300–304) muss in dieser Richtung noch ausgewertet werden; der Autor hat ein entsprechendes Projekt entwickelt („Investitionen und Praktiken der Refinanzierung in der Krise: Analyse der Buchführung von Handels- und Bankgesellschaften sowie von Capitalist Rentiers im Florenz und im Augsburg des 16. Jahrhunderts“). 501 SNS, AS, I, 500 (L DebCred K), c. 342/CCCXLII: Redi di Iacopo Salviati di Firenze per loro conto corrente. Vgl. ebd., c. 347: Rede di Lorenzo Salviati p(er) conto corrente (1552). Vgl. SNS, AS, I, 485 (L DebCred G 495

Die storia interna der Salviati und der Welser

Beim Übertrag vom Libro grande N tanè in das nachfolgende Buch Debitori e creditori O azzurro am 30. November 1538 lässt sich bei einem Eigenkapital der Lyoner Gesellschaft von 12.000 scudi di marchi ein Fremdkapital von knapp 107.570 scudi di marchi ermitteln. Davon rührten allerdings fast 41.300 scudi di marchi aus Geschäften mit Teilhabern an den Salviati-Unternehmen; knapp 54.800 scudi di marchi schuldete die laufende Gesellschaft ihrem libro de’ committenti. Weiterhin hatten die Teilhaber 25.000 scudi di marchi an Gewinn in der Unternehmung gelassen und verfügten zudem noch über 13.500 scudi di marchi Einlagen.502 Dieser Befund zeigt eine relativ hohe Kapitalverflechtung innerhalb des Kreises der Salviati-Gesellschafter und belegt eine schwungvolle geschäftliche Aktivität. Um 1540 engagierte sich die Niederlassung in Lyon verstärkt in Schiffpartien im Levantehandel, welche einen erheblichen Kapitalbedarf hatten (vgl. V.1.). Die Restrukturierung des business partnership agglomerate von 1539/40 betraf die Lyoner Niederlassung zunächst nur mittelbar. Die Konten der Teilhaber weisen vom 9. Dezember 1539 an eine deutliche Erhöhung des Stammkapitals auf insgesamt 20.400 scudi di marchi aus, von denen 15.000 scudi di marchi von Averardo e Piero Salviati & Co di Firenze stammten, während die beiden in die Lyoner Geschäfte eingebundenen Teilhaber Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali ihre Anteile auf jeweils 2.700 scudi di marchi erhöhten (Tabelle 1).503 Diese Erweiterung des Stammkapitals dürfte nicht zuletzt von der Reinvestition von Gewinnen herrühren. Zu den Bediensteten der Lyoner Handlung zählte Bernardo di Giovanni Vecchietti, der später als Kreditvermittler und Kunstagent der Medici-Herzöge bekannt werden würde.504 In der Mitte der 1530er Jahre arbeitete zudem Niccolò Nettoli als giovane bei der Lyoner Salviati-Gesellschaft.505 Bernardo Vecchietti übte überdies im Jahr 1535 die Funktion des camarlengo (des Schatzmeisters) der natio fiorentina aus.506 Ende der 1530er Jahre firmierte Filippo Pinadori als giovane der Unternehmung, wobei er seiner-

rosso), c. 341/CCCXLI: Lorenzo di Iacopo Salviati per suo conto corrente (Belastung des Kontos zur Herbstmesse 1531 mit 4.284,7,2 scudi di marchi; Gutschrift am 12.5.1552 mit 7.004,4,9 scudi di marchi). 502 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 2; c. 30; c. 51; c. 76: Libro grande tane segnato N della corrente ragione (30.11.1538). Zum Kapitalanteil im corpo: ebd., c. CCLXXXIII (Averardo e Piero Salviati e co di Lione di ragione nuova del libro segnato P: 1539.3): Averardo e Piero Salviati propri 8.000 scudi di marchi, Lionardo Spina proprio 2.000 scudi di marchi, Lorenzo Pasqauli proprio 2.000 scudi di marchi. 503 SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. 37/XXXVII. – Irrig nimmt Pierre Hurtubise an, dass die Umstrukturierung der Gesellschaften der Salviati mit der Firmenreorganisation am Stammhaus in Florenz auch in Lyon einhergegangen sei. Er gibt an, dass die Hauptgesellschafter Averardo e Piero Salviati & Co die einzigen Eigentümer der Lyoner compagnia gewesen seien: Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 219–221. 504 Anna Teicher, Politics and Finance in the Age of Cosimo I: The Public and Private Face of Credit, in: Firenze e la Toscana dei Medici nell’Europa del Cinquecento. Strumenti e veicoli della cultura, relazioni politiche e economiche (Biblioteca di storia, 1), Firenze 1980, S. 343–362, hier S. 354. 505 SNS, AS, I, 500 (L DebCred K), c. 308/CCCVIII (1533.2–1535.3). 506 SNS, AS, I, 522 (L DebCred M verde), c. 37: Consolato di nostra nazione (paghamo chontanti a Bernardo Vechietti chamarlengho della nazione).

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seits eine Einlage von 1.640 scudi di marchi in die Gesellschaft tätigte und zwischen April 1538 und September 1539 ein Salär von sechs scudi di marchi im Monat bezog (Tabelle 2).507 Im Vergleich lässt sich zeigen, dass die Höhe des Stammkapitals der Salviati in Lyon durchaus den Kapitalstöcken anderer großer Florentiner Handels- und Bankgesellschaften entsprach. Die Strozzi-Gesellschaft verfügte zwischen 1536 bis 1540 über einen corpo von 24.000 scudi di marchi, von welchen der Papstbankier Filippo di Filippo degli Strozzi 14.000 scudi di marchi, der Florentiner Kaufmannbankier Neri di Gino Capponi 7.000 scudi di marchi sowie Palla di Lorenzo Strozzi 3.000 scudi di marchi eingelegt hatten.508 Während sich in diesen knapp eineinhalb Jahrzehnten ein Streit über die Entflechtung von Kapital und Personal zwischen dem Florentiner und dem Römer Familienzweig dahinschleppte, wirkte die Buchführung der Handels- und Bankgesellschaft in Lyon diesem Entzug von Kapital entgegen. Im Prozess der Buchführung entsprach es offenkundig einer immanenten Logik, Gewinne zu reinvestieren und eingelegte Kapitalien zu binden. Die Leitung der Unternehmung nutzte daher die Buchführung, um die in Teilungsplänen konzipierte Liquidierung von Anteilen zu umgehen. Durch die Bindung von Investitionen an bestimmte Geschäfte zielte die Buchführung auf einen Ausgleich, der sich je nach Anlageform verzögern konnte. Dadurch wurde eine rechnerische Entflechtung verhindert. Dies zeigte sich besonders bei der buchhalterischen Bearbeitung der Kredite, die im Zusammenhang mit der Pacht des Seidenzolls getätigt wurden. Um den Übergang von einer Rechnungsperiode in die nächste zu ermöglichen, wurde die an die Krone geleistete Anleihe und die hierfür aufgenommenen Kredite als Verbindlichkeiten der Nachfolgefirmen an ihre Vorgängerinnen dargestellt. Durch dieses Verfahren wurden die Firmen ineinander verzahnt und die investierten Kapitalien gebunden. Die Expansion der Salviati-Gesellschaft von Lyon nach Antwerpen 1540 bis 1544 Am 24. Januar 1540 gründeten Averardo und Piero Salviati eine compagnia in Antwerpen. Sie investierten 2.400 libre di grossi, Lionardo Spina legte 1.200 libre di grossi ein, ein weiterer Faktor und Teilhaber der Lyoner Niederlassung, Lorenzo Pasquali, steuerte ebenfalls 1.200 libre di grossi bei, und Tommaso Corbinelli, der von der Rhône an die Schelde geschickt wurde, hielt einen Anteil von 600 libre di grossi. Der Transfer des Kapitals erfolgte von der Salviati-Gesellschaft in Lyon aus (Tabelle 3).509 Ebenso SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 21/XXI. Morelli, Seta fiorentina, S. 81. SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 1: Averardo e Piero Salviati propri di Firenze per loro conto di corpo messo in questa ragione. 507 508 509

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verhielt es sich mit dem Personal: Von Lyon aus reisten Spina und Pasquali wiederholt in die brabantinische Metropole, und auch Averardo und Piero Salviati, die Prinzipale, schlugen den Weg von Florenz nach Lyon ein, um von dort an die Schelde zu reisen.510 Die compagnia der Salviati in Lyon war zu jenem Zeitpunkt mit einem Stammkapital von 20.400 scudi di marchi ausgestattet und damit eine der größeren Firmen, welche Geschäfte im Süden Frankreichs betrieben. Demgegenüber erschien die Antwerpener Niederlassung mit einem Stammkapital von 5.400 libri di grossi (= ca. 18.385 scudi di marchi) im Vergleich zu anderen an der Schelde ansässigen Handelshäusern eher als Unternehmung mittlerer Größe. Die unter dem Namen Averado e Piero Salviati & Co di Anversa betriebene Handelsund Bankgesellschaft in Brabant begann zwar mit hohen Wechseln auf die kastilischen Messen, doch bereits nach nur zwei Jahren Laufzeit bröckelte die geschäftliche Aktivität der Unternehmung langsam ab, um 1544 ganz zu versiegen.511 Die namhaften Einleger wie Erasmus Schetz, die Bonvisi und Diodati, Guaspare Ducci, Bartholomäus Welser, Giambattista Nasi und Giambattista Gondi sowie die Burlamacchi aus Lucca zogen ihre Investitionen in die Operationen der Salviati in Antwerpen zurück, obschon sie zu Beginn die Firma durch ihre Beteiligung am Wechselhandel unterstützt hatten.512 Die 1542 militärisch ausgetragenen Konflikte zwischen den Habsburgern und den Valois blockierten die für die Verbindung Antwerpen – Lyon so wichtigen Handelswege zu Land.513 Bereits zu Beginn des Jahres 1542 hatte Kaiser Karls Statthalter von Flandern mit einer gesetzlichen Bestimmung zum Anteil von Edelmetallen an den in Antwerpen ausgezahlten Wechseln die Geschäfte stark unter Druck gesetzt.514 Nach

Pinchera, Mercanti, S. 76–82; Lang, Networks, S. 116 f. Lang, Networks, S. 117 f. Jean Denucé, Italiaansche Koopmansgeslachten te Antwerpen in de XVIe–XVIIIe eeuwen, Mechelen/ Amsterdam 1940, S. 27–42. 513 Wilfrid Brulez, L’Exportation des Pays-Bas vers l’Italie par voie de terre au milieu du XVIe siècle, in: Annales. Économies sociétés civilisations 14 (1959), S. 461–491. 514 Tommaso Corbinelli erläutert in einem Schreiben an Averardo e Piero Salviati & Co di Firenze am 12.1.1542 die negativen Aussichten folgendermaßen: In qua per un emendamento della corte è stato ordinato che dal 15 marzo prossimo in là tutti i pagamenti precendenti da contratti di cambi e depositi e da altre contrattazioni di denari si paghino li 2/3 in oro e il 0/3 in moneta, il che sia difficile ad observarsi perchè dal paese ci corre pochi ori e che forestieri non molti a venire come può malvolentieri, rispetto alle basse valutazioni che la corte ha loro dato tale che ci vorrà riscuotere a quel tempo somma notabile, malvolentieri, lo potrà fare 2/3 in oro, e sarebbe mala cosa per chi avessi a riscuotere di mercanzie, pensasi che sarà moderato dalla corte medesima sendoci che fa in posa di dimostrare li incommode e danno che causa tale cosa, la più parte è stata invenzione trovata da particulari per propri disegni e l’altro se se ne intenderà ve ne faremo parte […] pensasi che questi procureranno la rivocazione di tal mendamento o almeno la prolungazione del cominciare l’observanzia a ciò che ciascuno sia provvisto e non obbligato […]“, zitiert nach Pinchera, Mercanti, S. 93 f. – Damit sollte der Abfluss von Edelmetall und das künstliche Aufblähen von Kreditvolumen verhindert werden; diese Verknappung von Bargeld zugunsten der ausbezahlten Wechsel führte zu einem Erlahmen des Warenhandels (und zu einer Drosselung des Volumens des Wechselhandels): van der Wee, The Growth, S. 202–205; S. 344–347. 510 511 512

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nur vier Jahren stellten die Salviati die geschäftlichen Aktivitäten der Niederlassung in Antwerpen aufgrund von ausbleibendem Erfolg ein.515 Während die Ursachen des Scheiterns dieser compagnia offenbar scheinen, ist die Frage nach den Gründen für die Expansion des business partnership agglomerate von Averardo und Piero Salviati nach Antwerpen weitaus schwieriger zu beantworten. Denn bis 1540 hatten die Salviati bei ihren Geschäften, für die sie einen Kaufmannbankier in Antwerpen – insbesondere beim Wechselhandel – benötigten, auf Korrespondenten gesetzt. Auch der Import von englischen Gütern, die über die Schelde südwärts transportiert wurden, ließ sich mit Kommissionären regeln. Gewiss lockten die Möglichkeiten des Gewürzhandels sowie der Wechselgeschäfte mit den kastilischen Messen in besonderer Weise. Eventuell gab auch die um 1540 anstehende grundlegende Restrukturierung der gesamten Unternehmensgruppe Anlass, Kapital in Lyon zu binden und zugleich die Investitionen durch die Expansion nach Antwerpen auszuweiten.516 Allerdings lässt sich die Spur der Salviati-Gesellschaft zu Antwerpen noch weiter verfolgen. Nachdem Averardo e Piero Salviati & Co d’Anversa am 2. Oktober 1543 mit einer Einlage über 2.000 scudi di marchi zu einem Zinssatz von drei Prozent im Schuldbuch R erschienen war517, notierte die Buchführung der Lyoner Gesellschaft am 3. Dezember 1545, also nach dem formalen Ende der Salviati in Antwerpen, eine Einlage – Dipositi per spartire a nostri amici e committenti – der Brabanter ragione von immerhin 10.126,13 scudi di marchi.518 Am 2. Januar 1548 betrug das Depositum unter dem Namen Averardo e Piero Salviati & Co d’Anversa noch 4.600 scudi di marchi519 und schließlich zur Augustmesse 1549 noch 1.267,7,4 scudi di marchi.520 Andere Konten als dasjenige unter dem Titel Averardo e Piero Salviati & Co d’Anversa per adreto per loro aparte dipoxiti tauchen für die Antwerpener Niederlassung nicht mehr auf. Die Erklärung mag buchhalterischer Natur sein. Denn tatsächlich lässt sich für die Jahrgänge nach 1545 keine geschäftliche Aktivität von Averardo e Piero Salviati & Co d’Anversa mehr nachweisen. Vielmehr dürfte zumindest ein Teil des verbliebenen Kapitalstocks der Firma von der Schelde in das Lyoner „Mutterhaus“ als Einlage rück-

Pinchera, Mercanti, S. 94–101; Lang, Networks, S. 117 f. Lang, Networks, S. 116. SNS, AS, I, 558 (L DebCred R bigio), c. CCXXXIII: ne facian debitori e’ nostri Salviati d’Anversa in conto apparte dipositi (2.10.1543); c. 34 (Notierung auf c. CCXXXIII; c. 33 in rubbrica) (das entsprechende Konto). 518 SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. CCXXIII (1545.3): ne diamo debito a’ nostri Salviati d’Anversa per adreto al per loro aparte dipoxiti per farceli buoni a detto tempo [[3.12.1545]] e sono per 𝛻 9967.2.5 di marchi al pregio spartiti loro di questo conto in questo ac 228. 519 SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. CXXXIII (1547.3). 520 SNS, AS, I, 588 (L DebCred V), c. CXIII (Einlage 1549.2, Ausgabe 1549.3 zu 3½ Prozent); laut Eingangsbuchung am 1.6.1553 war die Einlage von Averardo Salviati & Co d’Anversa (apparte depositi) auf 202,17,4 scudi di marchi zusammengeschmolzen: SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 3; c. LXXVII. 515 516 517

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übertragen worden sein. Diese Ausschüttung des verbliebenen Kapitals folgte der Logik der Verpflichtung der Antwerpener Niederlassung gegenüber dem Lyoner Haus. Der Buchhalter der Lyoner Salviati registrierte diesen Kapitaltransfer im libro de’ committenti („Kundenbuch“) zur Allerheiligenmesse 1544, indem er für Averardo e Piero Salviati & Co d’Anversa 23.224,4 scudi di marchi als Einlage verbuchte.521 Die Buchführung der Gesellschaft in Antwerpen brach nämlich nicht mit dem Kassenschluss unmittelbar ab. Zwar wurden die conti dei libri di cassa der ragione geschlossen, aber der Kassenstand war nicht ausgeglichen. Auch die Schuldner der Unternehmung zahlten ihre Verbindlichkeiten nicht vollumfänglich zurück. Valeria Pinchera, die sich mit der Antwerpener Handels- und Bankgesellschaft der Salviati beschäftigt hat, erklärt, dass die Gewinn- und Verlustvorträge des „Buches B“, welches für die Rechnungsjahre 1543 bis 1545 einen Nettoertrag von knapp 2.860 libri di grossi sowie für das Jahr 1546 noch einen Gewinn in Höhe von 1.800 libri di grossi ausweist, nur „Nominalzahlen“ gewesen seien.522 Das bedeutet letztlich, dass die Buchführung von Averardo e Piero Salviati & Co d’Anversa nach Lyon transferiert und dort fortgesetzt wurde, wiewohl das Unternehmen physisch nicht mehr existierte. Eine Schuldbeziehung über ein Einlagenkonto bei der Salviati-Gesellschaft in Lyon konnte aufrechterhalten werden. Die Spezifizierung per adreto per loro aparte dipoxiti signalisiert dabei, dass es sich um Einkünfte zum Ausgleich über das Einlagekonto handelte. Auf diese Weise führte die Niederlassung der Salviati an der Schelde ein buchhalterisches Nachleben über die eigentliche Firmenexistenz hinaus.

SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. LXVII (Libro de’ committenti): a’ nostri Salviati d’Anversa aparte dipositi aparte D (wobei sich aparte D auf die dipositi (?) bezieht, andere Gesellschafter haben auch Konten aparte D in die dipositi eingelegt); im libro de’ committententi befindet sich unter der Allerheiligenmesse 1546 ein Ausgleich für die Antwerpener Salviati in Höhe von 7.930,13,4 scudi di marchi (per adreto aparte dipositi havere, gutgeschrieben für Averardo Salviati & Co d’Anversa per adreto (SNS, AS, I, 561, c. 336). Die Wertsteigerung des im Namen Averardo Salviati & Co d’Anversa erbrachten Betrages zu 1 3⁄5 Prozent wird durch eine Rimesse mit sich selbst über die (faktisch nicht mehr existente) Firma an der Schelde herbeigeführt: 𝛻 9967.2.5 di marchi a 1 3⁄5 per cento rim(ess)o qui a noj medesimi da noi per averne 𝛻 10126.13 contoci e tratti per li nostri d’Anversa per adreto quali posto avere libro ce’ com(mitten)ti ac 12 detto libro ac 216 (ebd., c. 223; Konto des libro de’ committenti: ebd., c. CCXVI). Von der Einlage aus erfolgte der Ausgleich für die Verbindlichkeiten der Antwerpener gegenüber der Lyoner Firma: Das Konto per adreto ist nur über die Einlagekonten balanciert: SNS, AS, I, 561, c. 228/CCXXVIII; im Übertrag von L DebCred S auf L DebCred T wird kein eigenes Konto von Averardo Salviati & Co d’Anversa genannt, vielmehr sind ihre Einlagen über das pauschalierende Konto der depositi verrechnet (ebd., c. 380). 522 Pinchera, Mercanti, S. 123. Die Reihe der Gewinnvorträge lautet dort: 1539 lb 935 di grossi, 1540 lb 1.703 di grossi, 1541 lb 2.494 di grossi und lb 3589 di grossi, 1542 lb 3.904 di grossi, 1543-1545 lb 2.857 di grossi, 1546 lb 1.800 di grossi. Ihr Kommentar dazu: „[…] molti mercanti in affari con i Salviati per la chiusura della compagnia non saldarono i propri debiti. Le somme finali, sono quindi, nominali“. Dabei bezieht sie sich auf SNS, AS, I, 981 (Ant DebCred A) und SNS, AS, I, 986 (Ant DebCred B). 521

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Die Akteure

Die Salviati-Gesellschaft in Lyon nach 1540/42 Nach dem von Grimaldo de’ Nobili getroffenen Vergleich vom Mai 1540 über die Teilung der Geschäfte zwischen den beiden Familienzweigen – den Nachfahren des 1533 verstorbenen Iacopo Salviati und denjenigen des 1510 verblichenen Alamanno – wurden in der Lyoner Gesellschaft die bereits investierten Kapitalien und die erzielten Gewinne reinvestiert. Zu einer personellen Neuordnung war es, wie oben ausgeführt, bereits im Jahr 1532 durch die Absprachen, die Iacopo und Averardo di Alamanno in Rom getroffen hatten, gekommen. Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali traten nunmehr als Gesellschafter auf. Die Buchführung hielt das Kapital Iacopos und seiner Söhne als sopraccorpo-Einlagen in der Unternehmung. Um das Jahr 1540 wurden die Investitionen der verschiedenen Salviati-Angehörigen restrukturiert. Geschäftliche Entscheidungen wie die Expansion der Lyoner Unternehmung nach Antwerpen oder die verstärkten Aktivitäten im kapitalintensiven Levantehandel können auch in diesem Sinne interpretiert werden – weitgehend unabhängig von der ohnehin günstigen konjunkturellen Entwicklung seit den späten 1530er Jahren.523 In der Handels- und Bankgesellschaft Averardo e Piero Salviati & Co di Lione, wie die compagnia seit 1532 hieß, hatten die Hauptgesellschafter Averardo und Piero Salviati seit 1539 ihren Anteil am corpo auf 15.000 scudi di marchi erhöht und bei der Augustmesse 1540 überdies ihren fünfzigprozentigen Anteil (10 soldi pro libra) am Gesamtgewinn der Vorgängergesellschaft über 16.000 scudi di marchi in die nunmehrige ragione nuova reinvestiert.524 Am 1. Oktober 1543 lagen zusätzlich 8.775 scudi di marchi an Gewinn auf ihrem Anteil am Kapitalstock in der Unternehmung.525 Als Mitgesellschafter steuerten Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali je 2.700 scudi di marchi zum Stammkapital bei (Tabelle 1). Auch sie verfügten zusätzlich über utili auf ihren Kapitalanteil: Dieser Eigenkapitalzuwachs belief sich auf jeweils 2.925 scudi di marchi, so dass die Verteilung des utile von insgesamt 14.625 scudi di marchi zu je einem Fünftel an die beiden kleineren Gesellschafter und zu drei Fünfteln an die namensgebenden

Vgl. Lang, Seide für Lyon. SNS, AS, I, 537 (L DebCred O azzurro), c. I (Konto der messa in corpo von Averardo und Piero Salviati propri). – Ab der Augustmesse 1540 nennt sich die Unternehmung ragione nuova (wenn ich richtig sehe). Eine Problematik besteht darin, dass sich die Bücher Debitori e creditori O azzurro und Debitori e creditori P bianco überlappen und ihre Angaben nicht einheitlich nachvollziehbar sind (s. o.): SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. 37/XXXVII. Hier, im Buch Debitori e creditori P bianco, wird eine Kapitalerhöhung auf insgesamt 20.400 scudi di marchi notiert; im Buch Debitori e creditori O azzurro wird lediglich die Einbuchung von insgesamt 12.000 scudi di marchi als Stammkapital aus Buch Debitori e creditori N tanè registriert. Für die Rechnungslegung bei der Augustmesse 1540 indes wird die vollständige Reinvestition von 32.000 scudi di marchi insgesamt als sopraccorpo beschrieben. 525 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R bigio), c. 221/CCXXI: Averardo e Piero Salviati propri di Firenze per conto aparte corpo et utili della ragione del libro biancho segnato P di qui per adreto. Bis zur Augustmesse 1545 haben die Florentiner Haupteigentümer Averardo e Piero Salviati propri 23.775 scudi di marchi in der ragione als corpo und utili liegen. 523 524

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Hauptgesellschafter erfolgte.526 Im Jahr 1545 lagen insgesamt 35.025 scudi di marchi an Stammkapital und Eigenkapitalzuwachs auf den corpo-Konten der Gesellschafter.527 Anfang der 1540er Jahre hatten sie überdies rund 16.340 scudi di marchi in die Antwerpener Gesellschaft investiert, so dass man auf eine Gesamtsumme von gut 41.350 scudi di marchi kam. Differenzierter fällt die Darstellung der Kapitalverflechtungen von Averardo e Piero Salviati & Co di Lione aus. Zu Beginn des Buches Debitori e creditori Q am 11. September 1540 waren etwas über 75.600 scudi di marchi an Fremdkapital in die Unternehmung investiert, wovon allerdings mit annähernd 41.700 scudi di marchi über die Hälfte von Gesellschaftern oder von Teilhabern an anderen Salviati-Unternehmen stammte. Zudem waren kurzfristig etwas mehr als 24.250 scudi di marchi in Messegeschäften, notiert im libro di fiere, und knapp 59.600 scudi di marchi in den im libro de’ committenti eingetragenen Finanzierungs- und Kommissionsgeschäften in der Lyoner Handlung angelegt.528 Am 1. November 1542 hatte die Handels- und Bankgesellschaft der Salviati in Lyon Fremdkapital in Höhe von 192.517 scudi di marchi aufgenommen. Dabei gingen 38.988 scudi di marchi auf Kapital, das unter den Namen von Gesellschaftern der Salviati-Gruppe eingetragen wurde, zurück. Daneben entfielen 23.024 scudi di marchi auf den Rechnungszyklus der ragione des Libro debitori e creditori P bianco, die aus buchhalterischen Gründen als Fremdkapital verbucht waren. Ebenfalls registrierte der Buchhalter noch 2.390 scudi di marchi aus dem Libro Debitori e creditori O azzurro und 11.694 scudi di marchi des Vorteilskontos als Einlagen. Der Investor Bartolomeo de Paretes zeichnete allein mit fast 24.000 scudi di marchi, ein Giovanni Vlit aus Lyon mit 19.000 scudi di marchi.529 Diese relativ hohen Summen verweisen auf gestiegene Erwartungen an den Erfolg des Unternehmens, welches als ragione nuova in unveränderter vertraglicher Form weiterarbeitete.530 Die oben angesprochenen Verbindlichkeiten der Vorgänger-compagnie gegenüber der neuen Unternehmung rechnete die Buchführung als Einlagen und verschleierte auf diese Weise die unausgeglichenen Konten der vorangegangenen Rechnung.531 SNS, AS, I, 542 (L DebCred P bianco), c. XXXVII. SNS, AS, I, 558 (L DebCred R bigio), c. 221/CCXXI (1.10.1543–1545.2). SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q rosso), c. 1; c. 49; c. 96; c. 123 (insgesamt 75.606,10,4 scudi di marchi / Teilhaber und Gesellschafter 41.670,4,11 scudi di marchi); für Libro di fiere rosso segnato Q di questa ragione: 24.258,15 scudi di marchi (ebd., c. 29); für Libro de’ committenti rosso segnato Q di questa ragione: 59.581,17 scudi di marchi (ebd. c. 43). 529 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R bigio), c.1; c. 2; c. 3: Libro grande rosso segnato Q della corrente ragione. 530 Die Bücher L DebCred O azzurro, L DebCred P bianco und L DebCred Q rosso liefen ohne Unterbrechung des Rechungszyklus’ durch: vom 30.11.1538 bis zum 1.11.1544. 531 Man könnte auch sagen: Die Buchführung glich die Konten rechnerisch aus und übertrug die tatsächlichen Verbindlichkeiten als Kredite in die Depotkonten. Auf diese Weise schloss die Rechnung gleich gesetzt. Dass dieser Vorgang durchaus ebenso komplex wie heikel war, zeigte sich an den parallel geführten Hilfsbüchern (die tavole G und K), die erst 1542/46 die vollständige Saldierung der Kapitalkonten erlaubten. 526 527 528

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Mit Übertrag am 15. September 1544 änderte die Handels- und Bankgesellschaft ihren Namen zu Averardo Salviati & Co di Lione. Hauptgesellschafter war nunmehr Averardo allein, wobei er mit 15.000 scudi di marchi den vollen Beitrag der Florentiner Salviati zum corpo leistete. Der Kapitalstamm des Lyoner Unternehmens blieb bei 20.400 scudi di marchi, denn Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali steuerten jeweils ihre 2.700 scudi di marchi bei (Tabelle 1).532 In der zweiten Hälfte der 1540er Jahre stiegen die Fremdkapitalien in erheblichem Umfang an. Am 1. September 1547 verzeichnete die Buchführung ein laufendes Fremdkapital von über 315.500 scudi di marchi, von denen mehr als 96.000 scudi di marchi aus Teilhaber- und Gesellschafterkreisen stammte. Gut 25.000 scudi di marchi gehörten zu einem Einlage-Konto Averardo Salviatis, knapp 23.900 scudi di marchi kamen vom Investor Bartolomeo de Paretes. Die im libro di fiere verzeichneten Messegeschäfte weisen kurzfristige Kredite von fast 62.700 scudi di marchi aus, während beinahe 21.400 scudi di marchi als Gewinne im Vorteilskonto lagen.533 Dieser Befund wird im weiteren noch zu diskutieren sein, weil es unterschiedliche Auffassungen gibt, wie das wachsende Volumen der depositi-Konten zu interpretieren ist.534 In den folgenden Jahren wuchs der Umfang der depositi-Konten jedenfalls signifikant an. Als zahlungskräftige Einleger erschienen nun vermehrt stille Teilhaber, die dem Bankhaus Salviati große Summen zur Verfügung stellten. Diese Depositen verwertete Lionardo Spina in erheblichen Umfang als Darlehen an die französische Krone. Beim Übertrag der Bestände der compagnia der Salviati in Lyon im September 1549 verzeichnete der Buchhalter ein gleichgebliebenes Stammkapital von 20.400 scudi di marchi sowie einen Eigenkapitalzuwachs von 12.000 scudi di marchi für Averardo Salviati und jeweils 4.000 scudi di marchi für Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali. Der Anteil an Fremdkapital war in dieser Zeit explosionsartig auf über 512.000 scudi di marchi angestiegen. Zieht man die gut 72.900 scudi di marchi, die aus dem Kreis der Gesellschafter und Teilhaber an der Salviati-Gruppe stammten, die knapp 187.200 scudi di marchi im libro de’ committenti und die beinahe 17.500 scudi di marchi aus dem Vorteilskonto ab, erhält man eine „bereinigte“ Summe von immer noch annähernd 234.600 scudi di marchi. Mit Blick auf Beiträge der Salviati-Gruppe steuerten Filippo e Alessandro Salviati & Co di Firenze mit mehr als 34.300 scudi di marchi den höchsten Anteil an eingelegtem Kapital bei. Auf den Namen Averardo Salviatis kamen noch fast 20.000 scudi di marchi hinzu. Zusätzlich traten als „fremde“ (und „stille“) Investoren BartoloSNS, AS, I, 561 (L DebCred S): Beginn am 15.9.1544. SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 1; c. 2. Vgl. Nadia Matringe, Credit Reallocation and Trade Finance in the Early Modern Age: the Fair Deposit, URL 2015, S. 1–34. – Während Nadia Matringe von den depositi-Konten als einer neuen Erscheinung spricht, werde ich unten im Kapitel V.2 zur Kooperation der Salviati und der Welser im Bereich der Herrschaftsfinanzen damit argumentieren, dass die Salviati mit dem abermaligen Engagement im Anleihen-Geschäft mit der französischen Krone über enorme Kreditmittel verfügen mussten – also ein eher konservatives Erklärungsmodell verwenden werde. 532 533 534

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meo de Paretes mit knapp 24.000 scudi di marchi, Orazio Farnese mit mehr als 26.400 scudi di marchi und der Augsburger Johann Chrysostomus Peutinger mit über 18.300 scudi di marchi sowie die Erbin von Riccardo del Bene mit mehr als 11.150 scudi di marchi auf. Diesen Passiva standen Außenstände von bereinigt annähernd 320.000 scudi di marchi gegenüber. Der größte Eigenanteil daran waren die 66.207,8,11 scudi di marchi, die die Salviati-Gesellschaft dem französischen König Heinrich II. vorgestreckt hatte. Die anderen hohen Posten gehörten zu Einlagen, die mit über 40.600 scudi di marchi die Firma Bernardini e Cenami & Co di Lione, mit mehr als 12.700 scudi di marchi Manuello Riccio und Niccolò e Piero Mannelli & Co di Lione getätigt hatten. Innerhalb der Unternehmensgruppe firmierte die Salviati-Bank in Florenz mit über 18.500 scudi di marchi an erster Stelle. Überdies bestanden noch Forderungen im Messehandel von knapp 191.500 scudi di marchi, welche im Konto des libro di fiere zugunsten von Averardo Salviati & Co di Lione als Kredite verzeichnet waren.535 Das in der Lyoner Handlung der Salviati eingesetzte Fremdkapital belief sich am 8. Dezember 1550 zur Eröffnung des Buches Debitori e creditori X bianco auf knapp 246.100 scudi di marchi. Der höchste Einzelposten der Außenstände hing abermals mit der Schuld des französischen Königs zusammen, der noch fast 50.000 scudi di marchi schuldig geblieben war. Überdies schob die Firma Außenstände aus der vorherigen Rechnungsperiode von über 19.100 scudi di marchi vor sich her536 Bei der Übertragung in das letzte Buch der Reihe dieser Lyoner Salviati-Firmen am 1. Juni 1553 war das in der Unternehmung laufende Fremdkapital auf bereinigte 328.154 scudi di marchi angewachsen. Ein beträchtlicher Anteil kam mit beinahe 25.100 scudi di marchi von dem Florentiner Luca degli Albizzi. Die Außenstände summierten sich auf insgesamt 317.246 scudi di marchi. Dabei traten insbesondere die mehr als 126.600 scudi di marchi König Heinrichs II. hervor.537 Diese signifikante Expansion von kurzfristigen Fremdkapitaleinlagen, Finanzierungskrediten und Einlagekonten um 1550 verweist auf eine allgemeine Tendenz am Finanzstandort Lyon, über dessen Messen die Anleihen der französischen Könige aufgebracht wurden. Dieser Sektor der Geld- und Kreditmärkte wuchs immer mehr an, seit die Finanzadministration des Königreiches intensiv auf die Finanzkraft auswärtiger Investoren zugriff. Zugleich wirkten die Anleihemärkte stimulierend auf die ihnen angelagerten Kreditmärkte, wie sich an der massiven Zunahme der Finanzierungskredite in den Messe- und Kundenbüchern ablesen lässt. Eine ähnliche Tendenz zeigte sich in

SNS, AS, I, 588 (L DebCred V rosso), c. 1–4/I–IV; c. 5/V (corpo-Konten von Averardo Salviati proprio di Firenze, Lionardo Spina proprio di Firenze sowie Lorenzo Pasquali proprio di Firenze). Eröffnung des Buches Debitori e creditori V rosso am 13.9.1549. 536 SNS, AS, I, 591 (L DebCred X bianco), c. 1–3/I–III. 537 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 1–4/I–VI. Unter den Außenständen fanden sich noch 41.426 scudi di marchi der Florentiner Ufficiali di abbundantia (hierfür habe ich noch keine plausible Erklärung gefunden). 535

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denselben Jahren für den konkurrierenden Standort Antwerpen, welcher zunehmend eine zentrale Rolle für die Finanzierung der Habsburger spielte (vgl. Kapitel V.2).538 Die Gesellschaft Piero Salviati & Co und das Ende der Salviati-Gesellschaften in Lyon Bis zum Tod von Averardo Salviati am 1. Oktober 1553 änderte sich der Name der Lyoner Firma nicht mehr.539 Ab dem 12. Dezember 1550 wurde lediglich der corpo leicht verändert: Averardo Salviati proprio legte nun nur noch 14.400 scudi di marchi ein, wohingegen Lionardo Spina seinen Anteil auf 3.000 scudi di marchi steigerte und Lorenzo Pasquali sogar auf 3.300 scudi di marchi kam. Das bedeutet, dass der Kapitalstock auf insgesamt 20.700 scudi di marchi erhöht wurde (Tabelle 1).540 Das letzte Rechnungsbuch von Averardo Salviati & Co di Lione, der Libro debitori e creditori Z giallo, endet mit dem 10. Dezember 1554, wobei die Auflösung der compagnia erst mit der Abwicklung der letzten Außenstände zur Schlussrechnung im Jahre 1561 eintrat.541 Die Übernahme der Geschäfte durch die Nachfolgegesellschaft unter dem Namen Piero Salviati & Co di Lione vollzog sich mit der Übergabe der Kasse bereits am 7. März 1554.542 Das Stammkapital der ragione wurde restrukturiert: Piero Salviati behielt einen Anteil als Hauptgesellschafter von 10.000 scudi di marchi, welche er in dieser Höhe von seinem Bruder Averardo übernahm.543 Lionardo Spina verfügte als Leiter der Niederlassung am Zusammenfluss von Saône und Rhône weiterhin über einen Anteil am corpo von 3.000 scudi di marchi.544 Lorenzo Pasquali hingegen wurde ausbezahlt; er nahm seiGoldthwaite, The Economy; Van der Wee, Antwerp. SNS, AS, I, 761 (Fi Libro segreto verde, 1528–1555), c. Vorsatzblatt: Questo libro p(er) essere morto il nostro m(esse)r Averardo seguiterà sotto nome d(i) P(ie)ro e Filippo Salviati & Co d(i) ragione nuova il quale morì il p(rim)o d’ottob(r)e 1553. 540 SNS, AS, I, 591 (L DebCred X bianco), c. LXVII: Die messa in corpo della ragione wurde in zwei gleich großen Tranchen überwiesen: Die erste erfolgte am 12.12.1550 und die zweite am 9.5.1551; vgl. SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 1/I–3/III. 541 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo) c. 227: Piero Salviati & Co di Lione del libro rosso segnato E per nostro conto. 542 ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 2/II: Cassa in mano di Bernardo Carnesecchi mit einem Barkassenbestand von 13.407,5,3 scudi di marchi. 543 Ebd., c. 184/CLXXXIIII: Piero Salviati proprio di Firenze per suo conto aparte corpo di questa ragione (facciamolo creditore a questo conto per parte di 𝛻 xM di marchi che ebbe mettere di corpo in questa detta ragione e per lui ce li fanno buoni Averardo Salviati e co di qui per adreto de libro giallo segnato Z) am 10.12.1554 gab er 6.400 scudi di marchi in den corpo, am 7.9.1555 folgten die übrigen 3.600 scudi di marchi. Diese 10.000 scudi di marchi wurden am 31.3.1556 auf das nachfolgende Buch Debitori e creditori B übertragen. Das Buch Lyon II DebCred B ist meines Wissens nicht überliefert. 544 ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 184/CLXXXIIII: Lionardo Spina proprio per suo conto apparte corpo di questa ragione (facciamolo creditore a questo conto e per parte di 𝛻 iijM che ebbe mettere di corpo in questa detta ragione) am 10.12.1554 gab er 1.920 scudi di marchi, die Restzahlung auf 3.000 scudi di marchi erfolgte am 7.9.1555; die Übertragung der 3.000 scudi di marchi am 31.3.1556 auf Buch B. 538 539

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ne 3.300 scudi di marchi mit nach Florenz, wohin er offenbar zurückkehrte (Tabelle 1).545 In seiner Funktion als Kassenwart blieb Bernardo Carnesecchi in Lyon, wurde allerdings nicht am corpo beteilgt.546 Auch der Buchhalter übte seine Aufgabe in der Folgezeit weiter aus – das letzte Buch von Averardo Salviati & Co di Lione und das erste Buch von Piero Salviati & Co di Lione tragen dieselbe Handschrift. Der giovane Giovanni Nettoli, der bereits 1553 mit einem Jahressalär von 40 scudi di marchi geführt wurde, erschien ebenfalls in der neuen ragione als junger Handelsdiener (Tabelle 2).547 Die reorganisierte Gesellschaft Piero Salviati & Co di Lione führte die Geschäfte ihrer Vorgängerin fort. Der im Herbst 1553 zwischen dem französischen König Heinrich II. und dem Konsortium um Lionardo Spina sowie die Florentiner Lorenzo Capponi und Girolamo Panciatichi geschlossene Pachtvertrag über die Lyoner Gabella wurde von der neuen ragione übernommen. Der Conto apparte gabella im Namen des französischen Monarchen wurde beim Schuldenstand von etwas über 138.000 livres am 17. Mai 1554 in die Buchführung des Buches Debitori e creditori A eingetragen.548 Die Einlagen unter dem Titel der depositi wurden beginnend im April 1554 bis zum März 1557 schrittweise auf Piero Salviati & Co umgebucht.549 Die Verbindlichkeiten zwischen Vorgänger- und Nachfolgeunternehmung werden in beiden Büchern parallel geführt. Zunächst registriert die Buchführung von Averardo Salviati & Co di Lione ihre Nachfolgerin als Piero Salviati & Co di Lione per nostro conto, dann, am Ende des Jahres 1561, mit Verweis auf die andere Buchführung als Piero Salviati & Co di Lione del libro rosso segnato E – dieses Konto erscheint bis einschließlich April 1565.550 Die ragione nuova Piero Salviati & Co ihrerseits glich im Verhältnis zu den vorherigen Buchführungen aus, indem sie im wesentlichen auf Averardo Salviati & Co di qui per adreto de libro giallo segnato Z per loro conto551 und im geringeren Maße auf Averardo Salviati & Co di qui per adreto de libro rosso segnato V per loro conto552 verweist. Demnach hinterließ die Vorgängergesellschaft am 31. April 1554 VerbindlichkeiASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 137: Averardo Salviati e co di qui per adreto del libro giallo segnato Z di qui per loro conto corrente (dabei der Eintrag: Et 𝛻 3300 di marchi fannoci buoni per Lorenzo Pasquali disson di darlo buonconto per il corpo che gli aveva nella ragione posto avere in suo conto in questo ac. 178; von dort erfolgte keine abermalige Umbuchung in ein Konto di corpo). Vielmehr erscheint er als Lorenzo Pasquali di Firenze wie bei seinem conto de’ tempi apparte gabella ab 1553.4, c. 49/XLVIIII. 546 Vgl. ebd., c. 117/CXVII. 547 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 23/XXIII (20.10.1553). 548 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. CXL (resto am 17.5.1554); ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 51 (Xmo Harrigo Re di Francia per un conto apparte gabella), hier der Verweis auf das Konto Averardo Salviati & Co di qui per adreto del libro giallo segnato Z, ebd., c. 41. – Kapitel V.2. 549 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 190/CLXXXX; c. 216/CCXVI (Messe 1556.4 am 29.3.1557). 550 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 216/CCXVI: Piero Salviati & Co di Lione per nostro conto (1555.1), dann c. 227/CCXVII: Piero Salviati & Co di Lione del libro rosso segnato E (1561–11.4.1565). 551 ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 32/XXXII; c. 38/XXXVIII; c. 41/XLI; c. 54/ LIIII; c. 138/CXXXVIII. 552 Ebd., c. 37/XXXVII: Hier schuldete der Libro debitori e creditori V rosso bis Frühjahr 1555 der neuen ragione nur noch 258,8,8 scudi di marchi. 545

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ten in Höhe von 67.312 scudi di marchi, welche die Nachfolgerin auszugleichen hatte.553 Diesem Schuldverhältnis standen Kassenbestände von insgesamt 13.407,5,3 scudi di marchi sowie die Bestände aus den Kunden- und Messebüchern, worin etwa Antonio e Redi di Lodovico Buonvisi & Co di Lione knapp 10.150 scudi di marchi investiert hatten, gegenüber.554 Die restrukturierte Unternehmung der Salviati in Lyon trug in den ersten zwei Jahren ihrer Existenz einen Nettozuwachs von nur annähernd 1.000 scudi di marchi ein.555 Die Überlieferung von Piero Salviati & Co umfasst nur das Buch Debitori e creditori A und das dazugehörige Journalbuch (Giornale A coreggio pagonazzo).556 Über die weitere Entwicklung der Unternehmung kann insofern nur gemutmaßt werden. Die Buchführung von Averardo Salviati & Co di Lione kennt nach dem Frühjahr 1557 die offenbar neu benannte Firma Piero Salviati e Lionardo Spina & Co di Lione, welche sich bis 1565 zumindest buchhalterisch nachweisen lässt.557 Die tatsächliche Existenz einer Salviati-Spina-Gesellschaft ist insofern durchaus plausibel, als mit der Neuorganisation der Niederlassung nach Averardos Tod nur noch Piero Salviati und Lionardo Spina als Investoren von Stammkapital verzeichnet sind. Möglicherweise bewertet die alte Literatur die Situation richtig, wenn etwa Richard Ehrenberg nach 1563 keine Spur der Salviati mehr in Lyon zu erkennen vermag.558 Allerdings verschied der Prinzipal Piero Salviati mit gerade sechzig Jahren erst 1564. Dadurch kann ebenso gut angenommen werden, dass der Libro Grande Z giallo des Unternehmens Averardo Salviati & Co di Lione nicht nur die buchhalterische – und somit juristische – Fortdauer von Piero ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 32/XXXII: Averardo Salviati e co di qui per adreto de libri giallo segnato Z per loro conto. Bei der Einbuchung am 31.4.1554 schuldete Averardo Salviati & Co den committenti gemäß libro de’ committenti noch 4.748,10 scudi di marchi (per tanti ne rastavon debitori a libro de committenti). Vgl. zum Ausgleich: SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. CCXXVIII: Avanzi e disavanzi di nostra ragione (Überbuchung eines Gewinnes von 14.404,1,5 scudi di marchi am 12.6.1555). 554 ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. XXXII. Vgl. ebd, c. 2/II: Conto di cassa. Insgesamt hatten Antonio e Redi di Lodovico Buonvisi & Co di Lione 21.699,14,2 scudi di marchi in Averardo Salviati & Co di Lione investiert, welche auf die neue ragione übertragen wurden: ebd., 68/LXVIII. 555 Ebd., c. 33/XXXIII: Avanzi e disvanzi di nostra ragione (Gewinn von 963 scudi di marchi für den Zeitraum vom 25.4.1554 bis zum 8.2.1556). 556 ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo); ASFi, Bartolomei, 1 (L/II Lib Gior coreggio pagonazzo A). – Eine mögliche Erklärung dafür, dass die beiden Bücher von Piero Salviati & Co di Lione im Archivbestand der Bartolomei gelandet sind, könnte darin bestehen, dass bei der Wiedergründung der Salviati-Gesellschaft in Lyon im Jahre 1570 Matteo Bartolomei die Kassenführung in der neuen ragione oblag: SNS, AS, I, 605 (L/III DebCred A), c. 1/I: Cassa di danari contanti in mano di Mattio Bartolomei und Giambattista Mitgesellschafter der neuen ragione war: ebd., c. 4/III: Giovannbattista Bartolomei per suo conto corrente; c. 14/XIIII (Conto di corpo). Giambattista und Matteo Bartolomei bildeten eine Brücke zwischen Firma von Piero Salviati e Lionardo Spina & Co di Lione und Filippo Salviati & Co di Lione: ebd., c. 3/III: Giovanbattista e Mattio Bartolomei per adreto di Lione per loro conto. 557 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 220/CCXX; c. 222/CCXXII: Piero Salviati e Lionardo Spina & Co per nostro conto (beginnend am 29.3.1557 und bis zum 13.2.1560); c. 227/CCXXVII: Piero Salviati & Co di Lione del libro rosso segnato E (buoni per Salviati e Spina & Co di qui: 1561 und am 21.1.1563; sonst auch bis 11.4.1565). 558 Ehrenberg, Das Zeitalter, I, S. 146. 553

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Salviati e Lionardo Spina & Co di Lione beschreibt, sondern sich auf eine tatsächlich geschäftlich aktive Handlung bezieht.559 Die Handels- und Bankgesellschaft Carlo e Cosimo Martelli & Co in Lyon nahm auf der Augustmesse des Jahres 1565 von der Unternehmung Redi di Lionardo Spina & Co 1.000 scudi di marchi als Depositum auf, das im Dezember 1565 mit einem Zinsaufschlag von 2 2⁄5 Prozent zurückgezahlt wurde. Auf der Allerheiligenmesse des selbigen Jahres realisierten Carlo e Cosimo Martelli & Co überdies einen Wechsel über insgesamt 1.670,11,10 scudi di marchi im Auftrag der genannten Erben von Lionardo Spina & Co aus Lyon nach Florenz zugunsten von Filippo Salviati & Co.560 Aus diesem Umstand lässt sich folgern, dass spätestens mit dem Tod von Lionardo Spina – vermutlich im Jahr 1565 – dessen Anteil aus der ehemaligen Gesellschaft mit den Salviati ausgegliedert wurde. Unter der Firma von Redi di Lionardo Spina & Co existierte also noch mindestens eine Salviati-Nachfolgegesellschaft um die Mitte der 1560er Jahre. Aber es steht fest, dass Averardo Salviatis Sohn Filippo (1515–1572) im Dezember 1570 eine neue Handels- und Bankgesellschaft der Salviati in Lyon gründete. Diesmal investierten die Gesellschafter ein Stammkapital von 20.000 scudi di marchi, welches Filippo Salviati als Hauptanteilseigner mit 14.400 scudi di marchi und Giambattista Bartolomei als Juniorpartner mit 5.600 scudi di marchi einbrachten (Tabelle 1).561 Eine personelle Kontinuität zwischen Piero Salviati e Lionardo Spina & Co di Lione und Filippo Salviati & Co di Lione ist zu vermuten, weil dieselbe Hand die späten Einträge im letzten Schuldbuch der Salviati (1557 bis 1565) und die Bucheröffnung der späteren Unternehmung tätigt. Diese Verbindung zwischen beiden Gesellschaften bildeten Giambattista Bartolomei, der in Lyon ansässig und Mitgesellschafter war, sowie sein Bruder Matteo: Sie waren ganz offenbar für beide Unternehmungen aktiv. Auch stellte die Buchführung über die Konten der Bartolomei-Brüder einen rechnerischen Ausgleich zwischen beiden Handlungen her (Tabelle 2).562 Giambattista und Matteo Bartolomei hielten sich in der Mitte der 1560er Jahre offenbar unausgesetzt in Lyon Vgl. ASFi, Libri di commercio, 227 (Giornale G des Giambattista Botti, 1556–1559), c. CCV: El Re Cristianissimo di Francc[i]a e altry nominaty di contro deono avere. Hier Einzahlung Salviati e Spina unter dem 23.2.1559 s. f. (?); vgl. Orlandi, Le Grand Parti, S. 104. 560 ASFi, Carte Strozziane, ser. V, no. 1519: Carlo e Cosimo Martelli & Co in Lione, Quaderno de’ banchieri de’ pagamenti di fiera di tutti santi/1565, ac. 2/2r. 561 SNS, AS, I, 605 (L/III DebCred A), c. 14/XIIII (30.12.1570). Vgl. Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 219–221. 562 SNS, AS, I, 605 (L/III DebCred A), c. 4/IIII: Giovannbattista Bartolomei per suo conto corrente (18.400 scudi di marchi ne fan buoni per lui e sua fratello per adreto dare ac 3 und 150 scudi di marchi facciamoli buoni per li Salviati di qui per adreto del libro rosso segato E quali posti dare a libro de’ committenti). Dabei handelt es sich um den oben angesprochenen Libro rosso segnato E (vgl. SNS, AS, I, 604 L DebCred Z giallo, c. 227/ CCXVII) des letzten Buches von Averardo Salviati & Co di Lione, worin mit der nachfolgenden Gesellschaft verrechnet wird. Der Übertrag des Guthabens in den libro de’ committenti, um in die neue ragione eingebracht zu werden, weist das übliche Verfahren zur Übertragung von Kapitalbeständen von einer Firma in die andere auf. Dazu auch das gemeinsame Konto von Giambattista und Matteo Bartolomei: ebd., c. 3/III: Giovanbattista e Mattio Bartolomei per adreto di Lione per loro conto. 559

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auf: Denn im Dezember 1565 unternahm die eben genannte Gesellschaft Carlo e Cosimo Martelli & Co Wechseltransaktionen im Namen der beiden Brüder in Höhe von 1.133,6,7 scudi di marchi.563 Die compagnia Filippo Salviati & Co di Lione engagierte sich in besonderer Weise im Wechselgeschäft zwischen Lyon und Paris, Lucca, Florenz sowie Rom. Innerhalb des Jahres 1571 setzte sie mit dem Papstbankier Giambattista Altoviti knapp 44.000 scudi di marchi um.564 Mit den Redi di Giovanni Bernardini e Niccolò Guinigi & Co als Geschäftsfreunde bestanden enge Beziehungen zu einem der großen Luccheser Unternehmen.565 Im halben Jahr zwischen Januar und Juli 1571 fuhr die Firma einen Gewinn von etwas über 2.770 scudi di marchi ein.566 Der Gesellschaft Filippo Salviatis in Lyon war keine lange Zeit geschäftlicher Aktivitäten gegönnt, denn Filippo starb bereits Ende des Jahres 1572. Die Geschäfte liefen bis Februar 1573 im Regelbetrieb, am 7. März 1573 fand laut Konteneintrag der Wechsel zu Redi di Filippo Salviati & Co statt.567 Die Hand des Buchhalters wechselte zwischen dem 21. Januar und dem 30. Mai 1575.568 In der Mitte des Jahres 1578 taucht ein Konto für Rede di Giambattista Bartolomei auf.569 Diese Veränderungen dürften das Ende der Geschäftstätigkeiten der Salviati und deren Gesellschafter markieren. Nach dieser letzten Firma ist keine Salviati-compagnia in Lyon mehr nachweisbar. Kapitalverflechtungen und Geschäftspraxis Wie angedeutet wurde, beruhten die Kapitalverflechtungen zwischen den verschiedenen Handels- und Bankgesellschaften, an denen sich die Salviati als Investoren oder im operativen Geschäft beteiligten, auf der Verknüpfung von Familienbanden mit Kapitalströmen. Die Verflechtung von Kapital erfüllte dabei allerdings keinen Selbstzweck, sondern wurde geschäftlich instrumentalisiert. Die hier dargestellten Kapitalverflechtungen zwischen den Salviati in Florenz und der Gesellschaft in Lyon wurden insbesondere für die Vermehrung von aufgenommenem Kapital genutzt. Die Kursdifferenzen der Währungen zwischen den beiden Standorten Florenz und Lyon halfen dabei, über Eigenwechsel in der Übertragung von

ASFi, Carte Strozziane, ser. V, no. 1519: Carlo e Cosimo Martelli & Co in Lione, Quaderno de’ banchieri de’ pagamenti di fiera di tutti santi/1565, c. 15/15r (Giovanbattista e Mattio Bartolomei di Lione). 564 SNS, AS, I, 605 (L/III DebCred A), c. 19/XVIIII (16.1.1571–29.1.1572). 565 Ebd., c. 21/XXI (Umsatz 18.587,12,2 scudi di marchi für das Rechnungsjahr 1571). Zu den Luccher Unternehmen und zu Redi di Giovanni Bernardini e Niccolò Guinigi & Co insbesondere: Mariano Berengo, Nobili e mercanti nella Lucca del Cinquecento, Torino 1974 [zuerst 1965]. 566 SNS, AS, I, 605 (L/III DebCred A), c. 31/XXXI. 567 Ebd., c. 152/CLII. 568 Ebd., c. 152/CLII. 569 Ebd., c. 153/CLIII. 563

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einer Messe zur nächsten Arbitragegewinne zu erzielen. Darüberhinaus setzte man Kommissionen oder Gebühren auf die transferierten Beträge an (provvisione nostra und senseria). Entscheidend für diesen Vorgang war nicht nur die technische Fähigkeit, Buchungsgewinne realisieren zu können, sondern eben das hierfür nötige Kapital aufzubringen. Ein Beispiel soll diese Beobachtung illustrieren, indem die Buchführungen sowohl von Averardo e Piero Salviati & Co di Firenze di banco als auch diejenige von Averardo e Piero Salviati & Co di Lione aufeinander bezogen werden. Auf der Augustmesse 1540, datierend auf den 13. September, trassierte die Lyoner Unternehmung für die Florentiner Bankgesellschaft per nostro conto corrente eine Tranche von 130 marchi d’oro – entsprechend einem Bargeldwert von 8.417,10 scudi di sole oder einem Buchwert von 8.450 scudi di marchi. Insgesamt sollten 212 marchi d’oro nach Florenz übermittelt werden. Dabei wurde die anschließende Rimesse mit dem Termin des 20. Oktobers zugunsten der neuen Lyoner ragione des Buches Debitori e creditori Q durch einen vom Florentiner Empfänger selbst ausgestellten Wechselbrief abgewickelt.570 Das Florentiner Bankhaus notierte dementsprechend zum 23. Oktober eine Rimesse im Bargeldwert von insgesamt 13.727 scudi di sole, in welcher die Tratte per conto loro von 130 marchi d’oro zu 8.417,10 scudi di sole ebenso enthalten war wie ein zusätzlicher Betrag per conto nostro von 82 marchi d’oro zu 5.309,10 scudi di marchi (Schaubild 1).571 Diese Form einer Transaktion bezeichnete die compagnia der Salviati in Lyon als Auftraggeberin (als Bezogene und zugleich Begünstigte), die darauf angewiesen war, SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. 180: Averardo e Piero Salviati e co di Firenze per nostro conto corrente. Belastung in fiera d’aghosto addì 13 settemb(r)e marchi 130 d’oro a 𝛻 64 3⁄4 d’oro di sole per marco rimissi loro per noi e nostri di qui di ragione nuova per dì 20 d’ottob(r)e prox(imo) sotto loro conto aparte P per loro lettera da loro medexime in somma di marchi 212 d’oro li quali nostri di ragione nuova posti avere al per noi corrente ac 177. Der Verweis auf den conto aparte P signalisiert, dass es sich um ein Geschäft auf Rechnung der ragione von Averardo e Piero Salviati & Co di Lione des Buches P (L DebCred P) handelte. Unter ac 177 findet sich dann auch der entsprechende Eintrag der Rimesse über 130 marchi d’oro (Mark Gold: der Kurs dieser Rechenwährung war die Bezugsgröße in Wechselbriefen und war in einem festen Kurs im Verhältnis zur Silberwährung marchi di sole bzw. zur Messewährung scudi di marchi fixiert): ebd., c. CLXXVII: Averardo e Piero Salviati e co di qui di ragione nuova del libro rosso segnato Q per nostro conto corrente. Der Vorgang wird folgendermaßen formuliert: rimesso per noi a Firenze a Salviati sotto lor conto aparte P. 571 SNS, AS, I, 814 (Fi DebCred F), c. 105: Averardo e Piero Salviati e co di Lione per loro conto corrente. Hier wurde als Belastung die Tratte eingetragen: p(er) valuta di marchi 212 d’oro ci trattono di su fiera passata d’agosto la valuta d’esse conta al loro in noi marchi @ 64 3⁄4 per marco e rimesso marchi 82 per conto nostro avere in questo ac 82 𝛻 5309.10 e marchi 130 d’oro per conto loro aparte P avere in questo ac 133 𝛻 8417.10. Ebd., c. CXXXIII: Averardo e Piero Salviati e co di Lione per loro conto aparte P. Die Gutschrift wird geführt als conta a loro per noi m(edesimi) a 𝛻 64 3⁄4 p(er) m(arco) e t(ratto)no p(er) loro conto dare ac 105. Insgesamt notierten die Florentiner Salviati die 212 marchi d’oro als s(enseri)a d(i) 𝛻 13727. Die Formulierung conti a loro zeigt sich im Titel des Kontos per loro conto aparte P. Dies bedeutete zugleich, dass die Salviati in Lyon anfallende Gebühren – Provisionen – tragen würden. Um die entsprechende Provisionszahlung wird denn ihr Konto auch belastet, wobei die Provision mit einem Promille gerechnet wurde, also etwa 13,14 scudi di marchi anfielen (ebd., c. 105: Die Provision wird auf insgesamt 20.300 provisionsfähige scudi di marchi des gesamten Kontos angeschrieben). Zugleich hatte damit die Florentiner Gesellschaft dabei den günstigsten Kurs zu eruieren, um das Ergebnis des doppelten Transfers möglichst ergiebig für den Auftraggeber, die Lyoner Salviati, zu gestalten. 570

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dass das Florentiner Bankhaus den günstigsten Wechselkurs realisierte. Die Operation lässt sich als cambium – recambium charakterisieren. Das Kursgefälle zwischen dem Wechselstandort Florenz und der Messewährung sorgte dafür, dass in Lyon ein Mehrwert verbucht werden konnte.572 Hinzu kam die unternehmensgruppenintern gewährte Provision, die als eine Art Gebühr ein positives Ergebnis garantieren sollte. Im Zuge des hier angesprochenen Geschäftes erzielte die Lyoner Salviati-Gesellschaft einen Zuwachs auf das investierte Kapital in der (relativ mäßigen) Höhe von knapp 2,68 Prozent.573

Schaubild 1 Schematische Darstellung des Kapitaltransfers/Augustmesse 1540 (dunkelgraue Pfeile: Verbuchung in Lyon als Verbindlichkeit; mittelgraue Pfeile: Verbuchung in Lyon als Forderung; schwarze Rahmen: Wechselbrief; hellgraue Kästen: compagnie), eigene Darstellung

Reinhold C. Mueller, Art. „Trockenwechsel“, in: Michael North (Hg.), Von Aktie bis Zoll. Ein historisches Lexikon des Geldes, München 1995, S. 389–390. 573 SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. 180: Zum großen Wechsel von 8.450 scudi di marchi kamen noch zwei kleinere Wechselbeträge hinzu (276,6 scudi di marchi, welche auch per noi corrente verbucht wurden, und 308,16 scudi di marchi, ebenfalls per noi corrente) zu insgesamt 9.035 scudi di marchi; auf das Vorteilskonto schrieben die Salviati/Lyon 241,14 scudi di marchi gut. 572

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Innerhalb weniger Monate legten die beiden Salviati-Firmen nach: Datierend auf den 14. Dezember 1540 zogen Averardo e Piero Salviati & Co di Lione die angewachsene Zahlung von 288,2,9,23 marchi d’oro zum selben Kurs von 63 3⁄4 scudi di sole für eine Mark Gold auf das Florentiner Haupthaus und verbuchten dafür 19.457,13,7 scudi di marchi, als die Rimesse am 19. Februar 1541 wieder in Lyon eintraf (vgl. Schaubild 1).574 Die Verrechnung erfolgte über eine Buchung im libro de’ committenti; das bedeutet zugleich, dass die nach Lyon remittierte Summe als kurzfristige Einlage (Kredit auf Kommission) bewertet und über das „Kundenbuch“ (den libro de’ committenti) eingebucht wurde. Die eingesetzten Währungen legen den Ablauf der Operation zwischen den Währungsräumen offen. Zugleich verschweigen die Eintragungen aber die Realisierung von Gewinn auf das investierte Kapital. Wechsel notierte man in marchi d’oro (Mark Gold), die im Geldwert scudi di sole (Sonnenschilde oder auch Sonnenkronen) berechnet wurden. Dieser Geldwert verwies auf eine tatsächliche oder fiktive Bargeldzahlung. Für den Eintrag setzte der Buchhalter den Wert in der Messewährung, der spezifischen Lexik der Lyoner Rechnungsbücher, ein. Bei der Tratte bewertete der Florentiner Bankier die Mark Gold gemäß einem Wechselkurs, der auf jeder Messe eigens fixiert wurde. Beim Rückwechsel wurde der in Mark Gold angegebene Betrag zwar höher bewertet und ein Gewinn eingebucht, aber ohne dass dieser Zuwachs nominell aus der Angabe der Messewährung ablesbar wäre. Auf das Vorteilskonto – avanzi und disavanzi – wird ein Betrag verschrieben, der auf das Konto insgesamt anfällt. Auf diese Weise wird verschleiert, wie der Kapitalzuwachs generiert wurde, zumal die notierten Wechsel oft neu kombiniert und in neuen Beträgen zurückgewechselt wurden. Auf dieser buchhalterischen Ebene können die Finanztransaktionen dargestellt werden, die im Gefüge der Kapitalverflechtungen getätigt wurden. Die Verschreibung von Kapital und der Transfer von ausgemünztem Geld zwischen den Gesellschaftern der verschiendenen Firmen lassen sich nachvollziehen. Allerdings kann damit kaum

SNS, AS, I, 814 (Fi DebCred F), c. 160: Averardo e Piero Salviati e co di Lione per loro conto corrente (Eintrag von 18.379 scudi di sole am 22.1.1541: p(er) la v(alu)ta di marchi 288.2.9.23 d’(or)o ci trattono di su la pax(a)ta fiera di t(ut)ti sa(n)ti la v(alu)ta d’esso co(n)ta a loro in noi m(edesimi) @ 63 3⁄4 p(er) m(arco) e rim(ess)o m(archi) 248.7.21.1 d’(oro) p(er) n(ost)ro co(n)to av(er)e in q(uest)o ac 109 𝛻 15872,15,3 e m(archi) 39.2.12.22 p(er) Monna Gostanza de’ Gianfiliazzi av(er)e in questo ac 34 𝛻 2506.9.5; Rimesse am 26.3.1541 von 18.858,19,7 per nostro conto avere; SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. CXI: Averardo e Piero Salviati e co di Firenze per nostro conto corrente. Die Gutschrift wird verbucht mit: traemo loro per dì 15 di gennayo prox(im)o in loro med(esimi) conti a noi a’ quali rimett(e)mo marchi 248.7.21.1 d’oro per lor conto corrente dare al libro de c(ommitten)ti: hier mit zunächst mit einem Gegenwert von 16.183,19,11 scudi di marchi und weiteren 39,2,12,22 marchi d’oro per Monna Gostanza Gianfigliazzi (die Belastung des Kontos registriert am 19.2.1541 eine rimessa in der Höhe von 38,2,7,10 marchi d’oro: könnte man diese rimessa als zur angesprochenen Überweisung gehörig identifizieren, wäre sie um 1,0,5,12 marchi d’oro höher bewertet worden); summiert werden diese 299,2,19,0 marchi d’oro zu 18.858,19,8 scudi di sole oder in Messewährung 19.457,13,7 scudi di marchi und das entsprechende Konto im libro de’ committenti belastet. 574

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erklärt werden, inwieweit die Buchführung eine notwendige Bedingung für diese komplex angelegte Erzeugung von Kapitalzuwachs war oder der stetig anwachsende Bedarf an Kapital die Verfeinerung der Buchführungstechniken stimulierte. Die Buchführung musste gewiss die Strukturen bereitstellen, um diese Form der Transfers zwischen den Währungsräumen mit dem Ablauf von Messeintervallen aufzeichnen zu können – und dem Buchhalter musste einerseits klar sein, wie er auf diese Weise einen Kapitalzuwachs zu generieren vermochte (der Zuwachs an Kapitalguthaben musste in Vorteilskonten eingetragen und sollte nicht gleich wieder in der Gegenrechnung eingebüßt werden). Andererseits verlangte die knappe Ressource ausgemünzten Silbergeldes nach Ausgabe an Orten, wohin es transferiert werden musste. Diese Verschiebungsleistung wollte vergütet werden – die zur Evaluierung von ausgemünztem Edelmetall konstruierte Standardwährung wie die Mark Gold motivierte die Buchführung zur Erstellung von komplexen Buchungsgefügen. Das heißt, dass der Buchhalter flexibel auf den Kapitalbedarf reagieren können musste.575 Diese Anforderungen an die Erzeugung von Mehrwert auf Kapital hingen insbesondere davon ab, dass der Vorschuss nicht in Form von Bargeld getätigt wurde, sondern sich auf dem Weg der Giro-Überweisung vollzog. Den oben geschilderten Umgang mit Krediten (investierten Einlagen) hatte die Buchführung der Handels- und Bankgesellschaft der Salviati in Lyon 1534 mit der Einführung der libri de’ committenti begonnen und trug im Zuge des hier vorgestellten Verfahrens die Giro-Überweisungen als Kredite von Finanzierern ein. Es handelte sich also um einen Vorgang, in dessen Verlauf Kapitalwerte auf Kreditbasis generiert werden sollten. Der Bezug auf die scudi di sole könnte darauf hinweisen, dass tatsächlich ausgemünztes Edelmetall von Lyon nach Florenz geschickt wurde, das zum angegebenen Kurs an das eigene Florentiner Bankhaus verkauft wurde, und eine entsprechende, durch die neukombinierten Wechsel in Mark Gold (marchi d’oro) verdeckte höhere Notierung nach Lyon überwiesen wurde. Diese Rücküberweisung vollzog sich als Transfer von Buchgeldwerten, welche als Überweisungen von Krediten im Auftragsbuch (libro de’ committenti) in die Buchführungswelt der Salviati in Lyon reintegriert wurden. Wäre Bargeld in Lyon eingegangen, hätte der Buchhalter die Gegenbuchung auf die Kasse laufen lassen.576 In der Buchführung lassen sich große Beträge nachweisen, die zwischen der Ende 1539 gegründeten compagnia der Salviati in Antwerpen und der Lyoner Gesellschaft über den Wechselstandort an der Schelde auf die Kastilischen Messen trassiert und dann über Antwerpen rücküberwiesen wurden. Um an dieser Art des Wechselhandels nach Kastilien partizipieren zu können, hatten die Salviati ihre eigene Niederlassung in Brabant eröffnet. Überdies gab es im Kern vergleichbare Wechselgeschäfte, die die Florentiner Muttergesellschaft mit der Niederlassung in Antwerpen betrieb, allerdings

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Vgl. Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 179–189. Vgl. Mandich, Le Pacte.

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etwas geringer dimensioniert als im Fall der Lyoner Gesellschaft – dann nicht selten über die Lyoner Unternehmung.577 In dem regen Wechselverkehr zwischen Averardo e Piero Salviati & Co di Anversa und der Lyoner Salviati-Gesellschaft spielte das Gefälle in der Bewertung der libra di grossi (des Pfundes flämisch) gegenüber der Lyoner Messewährung eine wichtige Rolle. Die Florentiner Kaufmannbankiers machten sich einen Mechanismus zunutze, welchen der Fuggersche Hauptbuchhalter Matthäus Schwarz in seinem Kaufmannsnotizbuch auf der Grundlage der Angaben der Hans Welsers Leut – womit der Nürnberger Zweig der Welser-Gesellschaft gemeint ist, der sich 1517/18 von der Augsburger Unternehmung abgespalten hatte – und des Simon Niklas beschreibt.578 Während die Lyoner Niederlassung der Salviati im März 1541 insgesamt einen Betrag von 12.500 scudi di marchi nach Antwerpen trassierte, wechselte die Antwerpener Gesellschaft in der Folge die nämliche Summe wieder zurück. Nicht immer trugen diese Geschäfte freilich einen Gewinn ein. Wohl aber beteiligte sich dieselbe Gruppe an Kaufmannbankiers jeweils als Wechselkorrespondenten: die Unternehmungen Simone Panciatichi & Co di Lione, Bernardini e Cenami & Co di Lione und Alessandro Antinori & Co auf der einen Seite und Gian Carlo Affaitati & Co d’Anversa, Guaspare Ducci, Diego Mendez, Micheli e Arnolfini & Co, Guinigi e Balbani & Co auf der anderen Seite.579 Die Wechselgeschäfte, welche die Antwerpener Salviati-Gesellschaft auf das Konto der Lyoner Salviati durchführte, weisen einen günstigen Verlauf für die in Südfrankreich angesiedelte compagnia aus. Denn die Niederlassung an der Schelde zog ihrem Wechselkorrespondenten die Gebühren ab, glich aber in den Wechseln von Antwerpen nach Lyon durch die um das Kursgefälle gesteigerten Beträge aus.580 Die Differenz SNS, AS, I, 814 (Fi DebCred F), c. 236/CCXXXVI: Dabei lag dasselbe Buchungsverfahren zu Grunde: per loro conto corrente. Am 7.2.1542 trugen sie einen Wechselgeschäft in Höhe von 48,5,8,3 marchi d’oro zu 3.174,10,8 scudi di sole ein. Vgl. Matringe, La banque. 578 Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 349: Von Lӱon wexlet man in das Niderlandt ducati dj 66, die zalt man zu 69 dj mer und minder vlemisch, und der wexler rechnet im nur 65 ducatij. Also wo er nymbt 65 ducatij, muoß er 66 dafur zallen, wie dann der wexlbrief laut. Wann ich zu Lӱon ain nim 650 ducatij, so muoß ich zalln 660 ducatij, ist fur 65 zall ich 66, tut 10 ducatij hinüber. Alsdann werden die 66 oder 660 gerechnet zu 69 ducatj. Oder von Simon Niklas beschrieben, ebd., S. 356 f.: In aller heӱligen meß haben sӱ zu Lӱon zalt für 1 marchio 133 livres 1 sou 9 deniers, zalt man vns zu Anttorf per marchio 71 1⁄4 groschen und sodann hiervon steet, das die zu Lion verraittenden per marchio von 65 scudi di marchio livres 130.19.6 und zu Anttorf raӱtt man 66 scudi di marchio, so ist die ubertheur auch in die rechnung komen, so ich von einander zeuch 130.19.6 von livres 133.1.9, tut livres 2 sous 2 deniers 2, das ist 42 sous 3 deniers für die ubrig scudi 3 deniers underschid. 579 SNS, AS, I, 982 (Ant DebCred A), c. 158/CLVIII: Averardo e Piero Salviati e co di Lione per nostro conto aparte atenente a loro e annoj per a⁄2. In der Tat gingen lb 19,15,10 di grossi verlustig: facciamone debitori vantaggi di cambi per ispartire et sono per il rifaccimento di 𝛻 4000 presi per questo conto a grossi 71 per 𝛻 che fece el cambio Ghuasparre Ducci et ci dette le partite di sopra cioè lj 𝛻 3000 a grossi 70 et li M a grossi 69 1⁄4 et avevano a essere a 71 come è detto ul disopra più li pagha detto Ducci in marchi somma chome al conto di detti vantaggi posto in questo ac 195. 580 SNS, AS, I, 982 (Ant DebCred A), c. 160/CLX: Averardo e Piero Salviati e co di Lione per loro conto aparte D. Die Kurse der Tratten von Lyon nach Antwerpen für die Ostermesse 1541 69 3⁄4 und 71 grossi per scudo, die Kurse der Wechsel von Antwerpen nach Lyon betrugen für die Lyoner Ostermesse 1541 68 3⁄4 577

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zwischen den beiden hier erwähnten Verfahren besteht darin, dass im ersten Fall Geschäfte mit Wechselpapieren über Antwerpen gemacht wurden, wobei die Salviati-Gesellschaft an der Schelde als Kommissionärin auftrat und wohl auch über Antwerpen auf die Kastilischen Messen gehandelt wurde; im zweiten Fall betrieben die beiden Unternehmen Transaktionen, um Arbitragegewinne zwischen beiden Standorten abzuschöpfen. Dies bedeutet zugleich aber, dass aus Florenz am Standort Lyon investiert wurde – und man am Zusammenfluss von Saône und Rhône Gewinne im bargeldlosen Zahlungsverkehr realisieren musste, um die Gegenleistungen in Form von Silbergeld nach Florenz zahlen zu können.581 Die Antwerpener Buchführung der Salviati schaltete als Zwischenglied den libro d’assignazione e di borsa ein, der eine dem Libro de’ committenti vergleichbare Rolle erfüllte. Denn die im Messerhythmus durchgeführten Wechsel wurden zunächst nacheinander eingetragen, bevor der Buchhalter die Überführung in Konten des Schuldbuchs (debitori e creditori) „kollektiv“ verbuchte.582 In jedem Fall nutzten die Salviati ihre eigenen auswärtigen Unternehmensstandorte, um aus den Wechselgeschäften Gewinne ziehen zu können. Die Vermutung liegt nahe, dass im Zuge der Kapitalvermehrung durch die Wechselgeschäfte die Salviati von Lyon an den Arno ausgemünztes Silber transferierten. Wäre dem so, hätte gesellschaftsintern eine enorme Umverteilung von Vermögensbeständen stattgefunden. Diese hätte die auf die Transaktionen eingetragenen Gewinne in den Schatten gestellt – und könnte zugleich erklären, weswegen die verbuchten Zuwächse auf das Kapital weder hoch noch umfangreich waren. Neben dem Interesse an den Möglichkeiten der Märkte im französischen Königreich spielten die Lyoner Messen als Standort für den Handel mit Kapital und Kreund 67 3⁄4 grossi per scudo. Das heißt: Man bewertete den scudo di marchi in Antwerpen höher und erhielt in Lyon folglich einen höheren Betrag zurück. Die Abgaben von Provision und Konsolatsgebühren trugen die Lyoner Salviati, dafür bekamen sie die eingepreisten Wechselkursgewinne gut geschrieben (per loro conto). Zunächst wechselte man von Lyon nach Antwerpen und remittierte dann von Antwerpen zurück nach Lyon. Dabei erhielt conto loro aparte D die Gutschriften der Rückwechsel nach Lyon vom conto loro aparte K. Das bedeutet zum einen, dass der Betrag in scudi di marchi bei der Rimesse von Antwerpen nach Lyon höher lag als in umgekehrter Richtung, und zum anderen, dass vom conto aparte K auf den conto aparte D umgeschichtet wurde (wenn also der höhere Betrag von scudi di marchi bei Wechsel nach Lyon erzielt worden war. Ebd., c. 196: Averardo e Piero Salviati e co di Lione per loro conto aparte K. Am 27.8.1541 wurden 7.059,13,2 scudi di marchi zu einem Kurs von 67 3⁄4 grossi per scudo di marchi von Lyon nach Antwerpen (per nostra lettera da loro medesimi) eingetragen. Die gesamte Summe, die transferiert wurde, betrug 13.859,3,6 scudi di marchi rimesso loro; dieser Betrag bewegt sich wohl nicht zufällig in der Größenordnung der Rimesse von Florenz nach Lyon im Dezember 1540 (Aber sicher kann ich nicht gehen, weil die eindeutige Zuordnung fehlt). Vgl. Goldthwaite, Banking, S. 495: Richard Goldthwaite beschreibt fünf Varianten in den messeterminierten Konten für Gewinne im Wechselhandel; zwei entsprechen den hier von den Salviati zwischen Lyon und Antwerpen anvisierten Möglichkeiten: zum einen belasteten sie die Wechsel mit ihren Kommissionen, zum anderen zogen sie Gewinne aus der Währungswechselarbitrage ein (diese kann man nicht unbedingt an den Einträgen erkennen). 581 Vgl. Matringe, La banque. 582 SNS, AS, I, 985: Libro d’assignazione e di borsa A und SNS, AS, I, 993 Libro Assegnazioni di borsa B.

Die storia interna der Salviati und der Welser

diten eine erhebliche Rolle. In der Literatur wird wiederholt davon gesprochen, dass Florentiner Bankiers über Lyon Rückwechselgeschäfte durchführten, um Kapitalzuwächse zu erzielen.583 Nicht selten nutzten dabei die Kaufmannbankiers, die im Auftrag der Stadtregierung politische Missionen zu erfüllen hatten, ihre Positionen aus, um durch Wechselgeschäfte über die Lyoner Messen Wertsteigerungen ihrer eingesetzen Gelder zu erreichen.584 Damit erscheinen allerdings die Buchführungen und die abstrahierten Rechenwährungen der beteiligten Handels- und Bankgesellschaften als Handlungsträgerinnen in einem komplexen Handlungsgefüge. Denn die von ihnen geschaffenen Gewinnchancen motivierten die Kaufmannbankiers zu einem entsprechenden Vorgehen. Überdies waren sie selbst die handlungsvermittelnden Aktanten, die im Transfergeschehen die Zuwächse eintrugen. Die Bedeutung der Buchführung für die Interpretation der Lyoner Salviati-Gesellschaften Sowohl beim Ende der ragione der Salviati in Antwerpen 1544 als auch beim Übergang von Averardo Salviati & Co di Lione zu Piero Salviati & Co di Lione im Jahr 1554 zeigt sich eine richtungsweisende Macht der Buchführung: In beiden Fällen führten die Gesellschaften ein buchhalterisches Eigenleben über die Periode ihrer „physischen“ Existenz hinaus. Die Buchhaltung ging faktisch über in die Hände der Nachlassverwalterinnen. Obwohl Konten die Daten des jeweiligen Übertrags von einem Buch in das folgende und damit von einer Unternehmung zur Nachfolgerin angeben, laufen sie unausgesetzt weiter. Die Geschäftstätigkeit im Warenhandel hingegen versiegte. Personen-, Einlagen- und Ausgleichskonten haben das Wort und formulieren die buchhalterische Weiterführung. Juristisch existierte die Gesellschaft also noch. Dieselbe Beobachtung lässt sich mit Blick auf die ragione vecchia von Redi di Alamanno Salviati & Co di Lione machen. In diesem Zusammenhang wurde eine tavola als Beiheft angelegt. Nach der Logik der Buchführung erweisen sich die entsprechenden ragioni noch nicht als abgeschlossen, weil die Kapitalkonten – die Einlagen und die Finanzierung bestimmter Geschäfte – noch nicht ausgeglichen und daher weiterhin aktiv waren. Die Zuordnung zu konkreten Geschäften wie die Finanzierung der Gabella kann weder im Fall von 1528 noch in demjenigen von 1554 geleistet werden. In beiden Beispielen kann ein umsatzstarkes Konto der Gabella sehr wohl als „Schlüsselkonto“ zum Verständnis des Übergangs wahrgenommen werden – doch darauf beschränken sich die Ausgleichsbuchungen keineswegs. Vielmehr verfügten die Beteiligten an der Vgl. Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 163–176. Vgl. Riccardo Fubini, Diplomacy and Government in Italian City-States of the Fifteenth Century (Florence and Venice), in: Daniela Frigo (Hg.), Politics and Diplomacy in Early Modern Italy. The Structure of Diplomatic Practice, 1450–1800, Cambridge 2000, S. 25–48, hier S. 30 f. 583 584

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Finanzierung der Gabella über offene Personenkonten, deren Ausgleich in letztlich wenig übersichtlichen Schritten erfolgte. Die Buchführung zeigt in den drei zitierten Fällen jeweils ein an die rechtliche Lage gekoppeltes Eigenleben. Die Existenz der Salviati-Gesellschaften richtete sich in dieser Logik nach der Kontensituation. Da keine abrupten Schuldenschnitte – d. h. die Beendigung von Schuldverhältnissen – statthatten, liefen Personenkonten von Teilhabern und Investoren ebenso weiter wie die eigens geöffneten Rückfluss-, Eintragsoder Ausgleichskonten (per l’adreto). In diesem Sinne waren Gesellschaften nach Ausweis der Buchführung noch nicht geschlossen – auch wenn es keine entsprechenden rechtlichen Dokumente in der Überlieferung gibt. Diese Befunde signalisieren allerdings deutlich, dass die Buchführung eine Handlungsträgerin im Verlauf von Geschäften war. Mochte die materielle und personelle Existenz einer Firma vergangen sein, lebte sie doch in Ausgleichskonten unter dem Signum bestehender Schuldverhältnisse fort. Grundsätzlich kann die eingangs behandelte These dadurch gestützt werden, dass die für die Buchführung wesentliche Komponente der Datenverarbeitung im Prozess der ökonomischen Entwicklung das Dasein von Unternehmen prägte und die Übersetzung ökonomischer Vorgänge in eine eigentätige Logik darstellt. Zur Bedeutung geschäftlicher Entscheidungen Götz-Rüdiger Tewes hat auf vorbildliche Weise die Kapital- und Personenzusammenhänge, die die Gründung der Salviati-Gesellschaft in Lyon einhegten, geschildert. Dabei kommt er letztlich zu dem Schluss, dass die de facto-Nachfolger des Medici-business partnership agglomerate gezielt Kapitalbestände nach Lyon und Rom transferiert hatten, um das Vermögen der Medici zu sichern und von Südfrankreich aus deren Rückkehr finanzieren zu können. In den Schilderungen von Götz-Rüdiger Tewes erscheinen die geschäftlichen Kontakte als Belege für ein schlagkräftiges Netzwerk, welches die „Mediceer“ zusammenfasste und hinter der Reinstallation des Medici-Regimes im Jahre 1512 stand.585 Gegen diese These einer eher politisch motivierten Unternehmensgründung sprechen allerdings mehrere Argumente: Zum einen herrschten in Lyon besondere Verhältnisse zwischen den konkurrierenden Unternehmungen Florentiner Provenienz, welche zum Teil mit oppositionellen Vertretern bestückt waren. Zum anderen nimmt Tewes das geschäftliche Geschehen als Instrumentarium zur Durchsetzung politischer Ziele wahr. Will man aber die Konstruktion von ökonomischen Zusammenhängen interpretieren, muss man aus der Perspektive der ökonomischen Praxis denken. Die

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Tewes, Kampf, Kapitel II.2 und Kapitel V; Zusammenfassung.

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sozialen Beziehungen im Wirtschaftsleben entstehen erst aus der ökonomischen Interaktion heraus. Zudem verfängt eine politisch gewendete Interpretation nicht, wenn erklärt werden soll, weswegen sich die Florentiner Salviati-Lanfredini-Bracci-Naldini mit den Augsburgern Welser-Vöhlin hätten vertraglich binden sollen. Und dies gilt umso mehr, als die Florentiner grundsätzlich eher „unter sich“ engere Bindungen eingingen und insbesondere den „Deutschen“ eher skeptisch gegenüberstanden.586 Ein Vergleichsfall wäre die Gründung der Niederlassung der Medici-Bank in Mailand 1450. Zwar liegt Raymond de Roover durchaus richtig mit der Annahme, dass die Bedeutung Mailands als Wirtschaftsstandort in der Mitte des 15. Jahrhunderts anders bewertet werden muss als etwa diejenige des Handels- und Bankplatzes Genf.587 Indes boten sich dort der Unternehmung Cosimo de’ Medicis, welcher eng mit dem Aufstieg des Francesco Sforza zum Herzog von Mailand verbunden war, erhebliche ökonomische Chancen auf dem Feld der Herrscherfinanzen. Während Mailand für den Warenhandel und für Wechselgeschäfte als wenig interessant gegolten haben mag, suchte die Gründung der Medici-Niederlassung den Anschluss an das Feld der Herrscherfinanzen: Sowohl die Übernahme von fiskalischen Privilegien als auch die Kreditgeschäfte mit dem Hof und dem Herzog stellten den Medici klar kalkulierbare Gewinne in Aussicht. Zudem erfüllte die Medici-Unternehmung in Mailand die Aufgabe einer Hoflieferantin.588 Auch die These von Kurt Weissen, die Medici hätten am Konzilsstandort Basel die Lamberti-Gesellschaft des Regime-Gegners Lamberto Lamberti geschäftlich ruiniert589, bietet kein adäquates Vergleichsbeispiel für eine „politische“ Gründung der Unternehmung der Salviati in Lyon. Denn anders als Basel erschien Lyon – ganz besonders zu Beginn des 16. Jahrhunderts – als ein wirtschaftlich aufsteigendes Zentrum. Dabei stellten die Herrscherfinanzen nur ein aussichtsreiches Feld von mehreren dar. Mehr noch, die anfängliche accomandita Naldini-Vöhlin in Toulouse exemplifiziert einen unternehmerischen Testfall, bei dem die Investoren anhand einer Einkaufsgesellschaft erproben wollten, wie sich die Gewinnaussichten im Warenhandel und die Verlässlichkeit der jeweiligen Partner darstellten. Überdies etablierten sich Francesco und Domenico Naldini als Spieler auf dem Feld der Salviati-Gruppe. Die Einbettung in die Kapitalverflechtungen zwischen den Lanfredini, Bartolini und Bracci als Nachfolger der Medici-Gesellschaften verweist auf das ökonomische

Vgl. Weissen, Florentiner Bankiers. De Roover, Il banco Medici, S. 72. Lang, Cosimo de’ Medici, S. 285–297. Weissen, Die Bank; ders., Machtkämpfe und Geschäftsbeziehungen in Florenz im 15. Jahrhundert. Wie Cosimo de’ Medici seine Bank im Kampf gegen seine inneren Gegner einsetzte, in: Mark Häberlein / Christof Jeggle (Hgg.), Praktiken des Handels. Geschäfte und soziale Beziehungen europäischer Kaufleute in Mittelalter und früher Neuzeit (Irseer Schriften, 6), Konstanz 2010, S. 175–189: Insbesondere zitiert Kurt Weissen das Beispiel Lamberto di Bernardo Lamberteschis, der nach seiner Verbannung aus Florenz über die Alpen zum Konzilsstandort Basel auswich. 586 587 588 589

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Potential der nach Lyon orientierten Geschäfte. Die korporativ strukturierte Teilhabe an den expansiven Aktivitäten der Florentiner Unternehmungen illustriert das Bemühen um die Absicherung des eigenen Geschäfts im Sinne einer Risikostreuung. Inwieweit die politische Interpretation der Kapital- und Personenverflechtungen der Salviati-Gruppe nur übergestülpt ist, zeigt gerade die Buchführung selbst. Denn anhand der Transfervorgänge lassen sich die Netzwerke rekonstruieren, nicht aber eventuelle strategische Absichten behaupten. Die scheinbar politische Instrumentalisierung der Gesellschaftsgründung bedeutet letztlich, die Salviati als Kaufmannbankiers ohne Geschäftsbereich darzustellen. Geschäftsstrategische Aussagekraft der Buchführung Die Kapitalerhöhung der Lyoner Salviati-Gesellschaft im Jahre 1539 von 12.000 auf dann 20.400 scudi di marchi kann auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein. Die Buchführung gibt darüber keinen geschäftsstrategischen Aufschluss (im „modernen“ Verständnis). Auch die Korrespondenzen lassen keine strategische Planung erkennen, die ein solches Verhalten als ein gezieltes Vorgehen charakterisierte. Rückschlüsse auf die möglichen Absichten bewegen sich im Bereich der Spekulation. Eine unternehmensplanerische Erklärung bestünde darin, dass die Gesellschafter – Averardo und Piero Salviati, Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali – den vorhandenen Kapitalstock für zu gering erachteten. Dies mag zutreffen, wenn das aktivierte Kapital nicht genügend produktiv gewesen wäre. Man könnte sich also vorstellen, dass die geschäftliche Leitung der Unternehmung für die Finanzierung der Levantepartien oder des verstärkten Engagements in die Herrscherfinanzen einen erhöhten Kapitalstock zur Verfügung haben wollte. Da allerdings beide Geschäftsfelder – wie noch eingehend zu zeigen sein wird – im wesentlichen über Fremdeinlagen und kurzfristige Kredite getragen wurden, ist diese Überlegung eher unwahrscheinlich.590 Am ehesten könnte man auf das oben erwähnte Vergleichsbeispiel der compagnia Filippo Strozzi & Co di Lione verweisen, denn diese Handels- und Bankgesellschaft erhöhte ihr Stammkapital eben in jenen Jahren. Das bedeutet, dass die Entwicklung der Geschäfte in Lyon – die konjunkturelle Konsolidierung etwa des Seidenimports gemessen am Aufkommen der Gabella zwischen 1532 und 1540 – eine Erhöhung des Eigenkapitals erforderte. Dabei wären die Salviati nur einem Trend gefolgt. Dies allerdings zu einem Zeitpunkt, als sich wieder eine konjunkturelle Erholung abzeichnete.591

Möglich ist natürlich, dass die Geschäftsführung oder die Eigentümer Salviati bei geschäftlicher Expansion, finanziert durch Fremdeinlagen, ihren Anteil an Eigenkapital vergrößern wollten oder gar mussten. Über die rechtliche Lage mit Blick auf Eigenkapital kann ich keine Aussage treffen. 591 Lang, Seide für Lyon, S. 387–409. 590

Die storia interna der Salviati und der Welser

Im konkreten Fall der Salviati könnte auch der schwelende Familienstreit, bei dem es um eine Trennung des Vermögens der beiden familiären Linien ging und in dessen Verlauf insbesondere die Kapitalverhältnisse der Unternehmung in Lyon umstritten waren, zu einem entsprechenden Verhalten geführt haben. In einer Situation, in der man mit einer Auszahlung des Familienzweiges der Erben Iacopos rechnen musste, ließ man das vorhandene Kapital und die Erträge darauf vorzugsweise in der Unternehmung. Daher reinvestierten Averardo und Piero Salviati das angewachsene Kapital in das eigene Geschäft. Das könnte zusätzlich einen Erklärungsansatz für die Expansion des Lyoner Handels- und Bankhauses nach Antwerpen liefern (s. o.): Als sich nämlich abzeichnete, dass die Ausschüttung an die Erben Iacopos nicht so umfangreich sein würde, verschob man lieber Kapital nach Antwerpen in die Anfang 1540 dort neu eröffnete Unternehmung. Die Kapitalerhöhung der Lyoner Gesellschaft fand beinahe zeitgleich mit dem Kapitaltransfer nach Antwerpen im Dezember 1539 statt. Allerdings könnten auch buchhalterische Argumente die Kapitalerhöhung in Lyon erklären. Wenn nämlich die Bücher der Unternehmung noch nicht geschlossen waren, weil die Abrechnung der Pacht des Seidenzolls nach den Verträgen von 1521/28 noch nicht – wie die Buchführung des fraglichen Zeitraumes vorführt – beendet war, musste der Ertrag auf das eingelegte Stammkapital (der utile) in der Unternehmung bleiben und wurde auf den corpo angerechnet. Für diese Ansicht spricht die Anlage des Hilfsbuches Libro Debitori e creditori G rosso per l’adreto zur Ostermesse 1539, welches der Buchhalter der Lyoner Salviati-Gesellschaft speziell eröffnete, um die Außenstände der alten ragione auszugleichen. Dies musste geschehen, bevor der Libro rosso segnato G abgeschlossen werden konnte.592 Auf diese Weise wurde Eigenkapital an die noch nicht beendete Unternehmung gebunden. In der Folge behielt man den erhöhten Stand des Kapitalstockes in der Buchhaltung bei. III.4.3

Die Augsburger Kaufmannbankiers Welser

Aufgrund der verfassungsrechtlichen Situation lässt sich Augsburg durchaus mit Florenz vergleichen, war doch auch am Lech bis zur 1548 von Karl V. oktroyierten Etablierung eines patrizischen Regiments eine Zunftverfassung in Kraft und prägte die Zuweisung politisch einflussreicher Positionen. Überdies konnte die Metropole einen für das Reich vergleichsweise eigenständigen Status für sich beanspruchen. Die Kaufleute der schwäbischen Stadt waren ein entscheidender Faktor für den Aufstieg des Gemeinwesens. Die Augsburger Elite war stark mit den elitären Gruppen anderer

592

SNS, AS, I, 485bis (L DebCred G rosso per l’adreto), s. o.

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schwäbischer Reichsstädte vernetzt.593 In diesem Kontext lassen sich die Welser in der Augsburger Oberschicht verorten.594 Der Handel der Augsburger Welser war in Handelsgesellschaften organisiert, die ihre jeweilige Zentrale in der Stadt am Lech besaßen und gemäß dem Faktoreisystem aufgebaut waren.595 Am Hauptsitz der Unternehmung trafen die wichtigsten Gesellschafter unter der Leitung eines Familienprinzipals die geschäftsstrategischen Entscheidungen. Ein Hauptbuchhalter führte die verschiedenen Faktoreibuchhaltungen zusammen596, so dass die Überlieferung der Welser-Handelsgesellschaften, sofern sie noch vorhanden ist, auf die in der Zentrale gebündelte Faktoreibuchführung und die jeweiligen Schuldbücher und Journale nebst Korrespondenzen beschränkt ist. Die Buchhaltung der Zentrale erfasste primär die Schuldverhältnisse zwischen und mit den eigenen Faktoreien.597 Die Einführung eines Gewerbebuches durch die ChristophWelser-Gesellschaft im Oktober 1554 veranschaulicht die Zusammenführung der Zahlungsbelege aus den verschiedenen, von der Zentrale abhängigen Außenstellen in den Faktoreikonten598 – und zeigt damit zugleich eine organisatorische Differenzierung im Verbund mit einer geschäftlichen Spezialisierung eines komplexen Unternehmens um die Mitte des 16. Jahrhunderts.599 Die Strukturierung von Kapital und beteiligten Personen sowie die haftungs- und erbfolgerechtlichen Regelungen wurden in Form von Gesellschaftsverträgen vorgenommen, von denen für die Welser nach gegenwärtigem Kenntnisstand keiner erhalten Vgl. Peter Steuer, Die Außenverflechtungen der Augsburger Oligarchie von 1500–1620. Studien zur sozialen Verflechtung der politischen Führungsschicht der Stadt Augsburg (Materialien zur Geschichte des Bayerischen Schwaben, 10), Augsburg 1988; vgl. Katharina Sieh-Burens, Oligarchie, Konfession und Politik im 16. Jahrhundert. Zur sozialen Verflechtung der Augsburger Bürgermeister und Stadtpfleger 1518–1618 (Schriften der Philosophischen Fakultäten der Universität Augsburg, 29), München 1986. 594 Häberlein/Burkhardt, Die Welser. 595 Hartmut Schiele, Betriebswirtschaftliche Aufschlüsse aus den Fugger-Veröffentlichungen von Götz Freiherrn von Pölnitz, in: Hartmut Schiele / Manfred Ricker, Betriebswirtschaftliche Aufschlüsse aus der Fuggerzeit, Berlin 1967, S. 5–110, hier: S. 51; S. 72. 596 Zu diesem Zusammenhang und zur besonderen Rolle des Hauptbuchhalters: Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch. 597 Schiele, Betriebswirtschaftliche Aufschlüsse, S. 51 f.: „[Die Fuggerbuchhaltung] dient nicht so sehr der Darstellung der Vermögenslage bzw. der Vermögensveränderungen und dem Ziel einer möglichst exakten Erfolgsermittlung, als vielmehr der Erkenntnis des Betriebslebens durch eine genaue buchmäßige Erfassung der zwischen den Faktoreien hin- und herfließenden Geld- und Warenströme. Durch die Aufzeichnung der Wertverschiebungen zwischen und der Wertbestände in den einzelnen Faktoreien ermöglicht sie eine umfassende Gesamtübersicht, darüber hinaus eine Kontrolle der Faktorengeschäftsführung. Dem genauen Nachweis des Vermögens und des Erfolgs dient die Aufstellung von Inventuren und Bilanzen, die jedoch noch außerhalb des Buchhaltungssystems stehen.“ 598 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 61–65: Aus den Faktoreien wurden „Zettel“ in die Zentrale gesandt, welche in die Journale übertragen wurden. Im Gewerbebuch (Hauptbuch) wurden die einzelnen Linien in Faktoreikonten überführt. 599 Reinhard Hildebrandt, Diener und Herren. Zur Anatomie großer Unternehmen im Zeitalter der Fugger, in: Johannes Burckhardt (Hg.), Augsburger Handelshäuser im Wandel des historischen Urteils (Colloquia Augustana, 3), Berlin 1996, S. 149–174, hier S. 154. 593

Die storia interna der Salviati und der Welser

ist.600 Nicht zuletzt wegen der fragmentarischen Überlieferung der Rechnungsbücher der Welser steht die Rekonstruktion der Geschichte ihres Handels vor beträchtlichen Herausforderungen.601 Insbesondere fehlen im Fall der Augsburger Welser Generalrechnungen bzw. Bilanzen, die analog zu den Salviati-Kompanien Auskunft über die Anteile der Gesellschafter und die Gewinnentwicklung geben könnten. Lediglich für die Jahre 1502 bis 1517 sind aufgrund der autobiographischen Aufzeichnungen des Faktors und Gesellschafters Lukas Rem Aussagen zu den Profiten möglich.602 Vor diesem Hintergrund ist die Darstellung der Binnenbetriebsgeschichte der Welser-Gesellschaften schwieriger als etwa im Fall der Salviati. Denn die buchhalterischen Erfordernisse der Erfassung marktmotivierender geschäftlicher Güter und Leistungen führte bei den Süddeutschen zu einer hochgradig komplexen Gesamtbuchführung, bei der die Faktoreirechungen in der Zentrale miteinander verflochten wurden. In der Anpassung an diese organisatorische Leistung mussten Betriebs- und Verwaltungsvorgänge professionalisiert und damit diversifiziert werden. Auf diese Weise ist die Geschichte der Lyoner Faktorei und deren personelle Konstellation kaum aus dem Gesamtzusammenhang der jeweiligen Augsburger Handels- und Bankgesellschaft herauszulösen.603 Angesichts der erwähnten fragmentierten Überlieferung gestaltet sich ein Rekonstruktionsversuch ausgesprochen heikel.604 Für die Handelsgesellschaften der Welser-Vöhlin bzw. der Welser unter der Leitung von Anton (1496–1518) und Bartholomäus Welser (1518–1551) haben Peter Geffcken und Mark Häberlein aufwendige Rekonstruktionsarbeit geleistet; denn nur wenige Rechnungsbuchfragmente sind erhalten. Vielfach mussten aus Bucheinbänden ausgelöste Makulaturen oder einzelne, beschädigte Blätter zugeordnet und gegliedert werden. Während für die Augsburger Unternehmenszentrale einige Fragmente Journalen und Faktoreibüchern mit dem zeitlischen Schwerpunkt auf die Phase vor 1528 zugewiesen werden konnten, ist für die Faktorei Lyon fast keine eigene Überlieferung vorhanden. Lediglich eine Rechnung vom Dezember 1514 hat Eingang in ein Journal der Zentrale gefunden. Günstiger sieht es hingegen für die Faktorei in Antwerpen und für die Faktorei am spanischen Hof aus. Im Falle Antwerpens haben sich immerhin 56 Blattfragmente finden lassen, im Fall der Faktorei am spanischen Hofs sind es 97 Blätter, die überdies unterschiedlichen Büchergattungen zuzuordenen sind.605 Die Gesellschaft Christoph Welsers ist durch ihr von Sven Schmidt ediertes Gewerbebuch A, das einen Zeitraum von 1554 bis 1560 umfasst und in guten Teilen erBauer, Unternehmung, S. 58–69; vgl. Lutz, Die rechtliche Struktur, I, S. 202–387; Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXIV. 601 Geffcken, Die Welser; Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXV–XXXIII. 602 Greiff, Tagebuch, S. 30 ff. 603 Vgl. Schiele, Betriebswirtschaftliche Aufschlüsse, S. 72 f. 604 Dazu jetzt: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXV–XXXIII. 605 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LIII–LVI; S. LXXV; S. LXXXVIII–XC; für die Abrechnung vom 12.12.1514 im Journal Nr. 6: ebd., S. 70–72. 600

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halten ist, belegt. Das Gewerbebuch repräsentiert den Abschluss des Übergangs von der älteren deutschen Tradition, in der die Firmenzentrale je ein Journal und ein Kapus (auch Kaps, ein Buch für Güter) führte606, zur italienischen Praxis mit Journal und Schuldbuch. Dieser Übergang ist auf die Zeit zwischen 1528 (Verweis in den Nürnberger Rechnungen der Welser auf ein Kapus) und 1548/49, als die Unterscheidung zwischen Journal und Kapus nicht mehr auftrat, zu datieren. Bemerkenswert dabei ist, dass diese buchhalterischen Neuerungen in der Welser-Faktorei in Antwerpen begonnen wurden.607 Das Gewerbebuch entsprach einem synthetischen Schuldbuch, das die summarischen Berichte des zentralen Journals in eine gedoppelte Kontenordnung brachte. Auf diese Weise kann die Entwicklung der Christoph-Welser-Gesellschaft in Grundlinien nachvollzogen werden.608 Die frühen Welser-Handelsgesellschaften (1446 bis 1496) Die Geschichte der Welser und ihres Handels lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Zu einer massiven Expansion des Handels kam es indes erst nach der Übernahme der Gesellschaft durch Bartholomäus (IV.) Welser nach 1446.609 Die politische Position Bartholomäus’ als Bürgermeister in Augsburg ließ sich in den Handelsbeziehungen der Unternehmung zur Absicherung der Fernhandelsverbindungen einsetzen.610 Allerdings ging die Ausweitung der Geschäftstätigkeit der Gesellschaft Bartholomäus Welser & Gebr. vor allem auf dessen Brüder Jakob und Lukas zurück. Jakob Welser (1468–1541)611 orientierte sich von Nürnberg aus insbesondere nach Brügge, wo er über Wechselgeschäfte mit italienischen Merchant bankers mindestens im Jahre 1462 nachweisbar in Kontakt stand. Überdies trat er als einer der prominentesten Importeure für Pfeffer über Köln auf.612 Der Schwerpunkt des Handels der Welser lag zunächst auf der Nord-Süd-Achse zwischen den Brabanter Messen, Frankfurt am Main, Nürnberg und Venedig.613

Penndorf, Geschichte, S. 53 f.: Dort verweist Penndorf auf die Fugger-Buchführung von 1516 und die abschließende Probebilanz im Kapus. 607 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXI. 608 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 62 f. 609 Biographische Skizzen und Material zu Bartholomäus (IV.) Welser und seiner Brüder: Ludwig Frhr. von Welser, Die Welser. Des Freiherrn Johann Michael v. Welser Nachrichten über die Familie, Nürnberg 1917, I, S. 41–49. 610 Geffcken, Die Welser, S. 125 f. 611 Walter Bauernfeind, Jacob Welser (1468–1541) als homo novus in der Reichsstadt Nürnberg, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hgg.), Neunhofer Dialog I: Einblicke in die Geschichte des Handelshauses Welser, St. Katherinen 2009, S. 225–254. 612 Geffcken, Die Welser, S. 129 f. Vgl. Kurt Weissen, Florentiner Bankiers. 613 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 25: Das Faktoreiennetz war durch eine hoch persönliche Präsenz von Familienmitgliedern der Welser oder zumindest deren Teilhaber charakterisiert. 606

Die storia interna der Salviati und der Welser

Jakobs jüngerer Bruder Lukas (I.) Welser und seine Söhne verschafften der Handelsgesellschaft diejenigen Ressourcen, aus denen später das europaweit und zeitweilig sogar interkontinental agierende Unternehmen schöpfen sollte. Auf zwei Pfeilern ruhten die wirtschaftlichen Aktivitäten des Augsburger Handelshauses: Zum einen dehnte die Welser-Gesellschaft die Produktion und den Export von schwäbischer Leinwand und von Barchent aus, zum anderen bahnte Lukas die verwandtschaftlichen und geschäftlichen Verflechtungen zu den Memminger Vöhlin und deren Teilhabern an.614 Dabei betrieb Lukas insbesondere den Handel nach Italien. In Venedig unterhielten die Welser eine Faktorei, die mit Brügge Wechseloperationen durchführte. Vom Rialto aus organisierte Lukas den gesamten inneritalienischen Handel und baute dabei ein Beziehungsgeflecht zu bedeutenden Wirtschaftsstandorten wie Mailand, Florenz und Rom auf. Ein Großteil der Geschäfte der „alten“ Welser-Gesellschaft in Italien konzentrierte sich auf Safran. Von der Faktorei in Venedig aus besuchten die Vertreter der Welser die Anbauregionen im Süden Italiens, vor allem in L’Aquila erschienen sie zum Einkauf des teuer und spekulativ gehandelten Erzeugnisses.615 In Bologna kamen sie mit den Florentinern Francesco Martelli e Antonio Corsini & Co ins Geschäft, über die Genfer Messen vertrieben sie Safran, wie die Aufzeichnungen des dort ansässigen Antonio della Casa belegen.616 Während der jüngste Bruder wohl für den Handel der Welser-Gesellschaft zwischen Osten (Wien, Donau) und Westen (Bodensee und Frankreich) zuständig war, lief auf den Namen des Lukas Welser auch eine Beteiligung am Bergbau in Schneeberg, für welchen er im Jahr 1479 gemeinsam mit den Nürnberger Kaufleuten und Investoren Heinrich Wolf und Konrad Imhoff zeichnete. Der Sohn des Lukas Welser, Anton, hielt sich wohl länger in den Niederlanden auf.617 Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft (1496–1518) Die Gründung der Welser-Vöhlin-Gesellschaft im Jahr 1496 markierte einen einschneidenden Wendepunkt. Dieser Neugründung, die sich wohl als Übernahme der Memminger Vöhlin-Gesellschaft durch die Welser abspielte618, ging seit den 1480er Jahren eine organisatorische Restrukturierung vorweg. Nach der Doppelheirat einerseits Anton Welsers d. Ä. mit Katharina Vöhlin, Tochter des Hans Vöhlin, im Jahr 1479 und andererseits der Schwester Anton Welsers, Barbara, mit dem Sohn Hans Vöhlins,

Geffcken, Die Welser, S. 156; Häberlein, Handelsgesellschaften, S. 308; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 25. Das Argument ist jüngst in die „globale“ Perspektive gerückt worden: Häberlein, Aufbruch, S. 42–47. 615 Weissen, Safran, S. 69–75. 616 Geffcken, Die Welser, S. 132–136. 617 Ebd., S. 138. 618 Ebd., S. 154 f. 614

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Die Akteure

Konrad, im Jahr 1487 erfuhr die Vöhlin-Gesellschaft eine Neuorientierung. Weil Erhard Vöhlin keine eigenen Kinder hatte, baute er den Schwiegersohn seines Bruders Hans, Anton Welser, zum Nachfolger auf – der Augsburger Anton Welser siedelte nach Memmingen über. Bis zu seinem Tod im Jahre 1496 leitete Hans Vöhlin die Familienunternehmung, wobei Anton Welser seit den 1480er Jahren zunehmend in die Rolle eines „Juniorchefs“ (Peter Geffcken) hineinwuchs.619 Peter Geffcken schildert die Umstrukturierung der Vöhlin-Gesellschaft als einen personellen und räumlichen Prozess. Zum einen rückten bis in die 1490er Jahre Verwandte aus dem Beziehungsnetzwerk der Welser in die Vöhlin-Firma ein. Der überwiegende Teil des Lauginger-Netzwerks wie Hans und Narziß Lauginger, Hans und Marx Pfister sowie die Haintzel wurde ebenso wie Anton Welsers Bruder Jakob in die Vöhlin-Gesellschaft integriert. Zum anderen verschoben sich phasenversetzt die räumlichen Gewichte nach 1496 zugunsten Augsburgs und der Ausdehnung des Welser-Netzwerkes. In der Mitte des 15. Jahrhunderts bestanden zwar bereits enge Beziehungen zwischen Kaufleuten aus Memmingen, Ulm und Augsburg. Doch der Schwerpunkt lag in den oberschwäbischen Reichsstädten Ulm und Memmingen.620 Nachdem Lukas Welser Ende 1494 gestorben war, hörte die alte Welser-Gesellschaft allmählich auf zu bestehen. Als dann Hans Vöhlin d. Ä. im Jahre 1496 verschied, zog sein Schwiegersohn Anton Welser nach Augsburg zurück.621 Die Gründung einer gemeinsamen Unternehmung, die sich in der Folgezeit räumlich ausdehnte und mit der Ausweitung des Personals an verschiedenen Standorten eine organisatorische Expansion betrieb, fügte sich in allgemeine Tendenzen ein. Gerade der gezielte Ausbau des italienischen, spanischen und französischen Handels folgte den Prinzipien der Errichtung von Faktoreien als „Leitstellen“, wie sie Reinhard Hildebrandt nennt, um die für die Unternehmung interessanten Aktivitäten zu intensivieren.622 Die 1496 neu gegründete Welser-Vöhlin-Gesellschaft lief bis zum Tod Konrad Vöhlins 1511 unter Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte, dann unter dem Namen des verbliebenen Firmenoberhauptes Anton Welser & Mitverwandte623 bis zu dessen

Ebd., S. 151; Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXII f. Geffcken, Die Welser, S. 146–150. Ebd., S. 155 f.; Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXIII. Hildebrandt, Diener, S. 152 f. Georg Nicolaus Schurtz, General-Instruction der arithmetischen und politischen Kunst der hochlöblichen Wissenschaft der Kauff- und Handelsleuth des Buchhaltens, Nürnberg 1662, S. 54 f.: Offenbar ist die Assoziation „Verwandtschaft“ im familiären Sinn zu eng begriffen. Denn der Terminus „Mitverwandte“ signalisiert eine Vergesellschaftung im allgemeinen Sinn: Von außländischen Compagnia- oder Gesellschafft=Handlungen. Was ist bey und in solchen Handlungen vornemblich in acht zu nehmen? 1. Daß solche Negotionen auch auff eines ieden Mitverwanden Rysigo beruhen und bestehen. 2. Daß ein Mitverwandt dem andern abwesend / derowegen nothwendig erfordert werde / beydes im Empfangen und Verwesenden / die Disposition eines ieden Mitverwandten zu rysigniren / auch zu Buch tz stellen. 3. Daß notwendiger Richtigkeit halben einem iedem Mitverwandten eine Conto-Courrenti, und di Tempo, mio & suo, müssen gehalten werden. 4. Daß die Negotion und Handlungen solcher compagnien unterschiedlicher Orthe verwaltet werden. Diese Ausführungen 619 620 621 622 623

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Tod 1518. Aufgrund des Eintrags in das Geschlechterbuch des Nürnbergers Christoph Scheurl im Jahre 1508 lässt sich der zu diesem Zeitpunkt einen achtjährigen Gesellschaftsvertrag schließende Teilhaberkreis der Welser-Vöhlin-Gesellschaft benennen: Es handelte sich um Anton Welser d. Ä., seinen Bruder Jakob Welser, seinen Sohn und späteren Firmenerben Bartholomäus Welser, seinen Schwager Konrad Vöhlin, Ludwig Reihing, Wolf Pfister, Marx Pfister, Hans Pfister, die Vertreter der Gesellschaft in Antwerpen Ulrich Honold und Konrad Imhoff, den vormaligen Vertreter der Gesellschaft in Mailand Anton Lauginger, Hans Lauginger (Anton Welsers Mutter entstammte der Familie Lauginger), den Faktor in Lyon Narziß Lauginger, Simon Seitz, den Schwiegersohn Anton Welsers Hans Haintzel, Wilhelm Haintzel, Peter Haintzel und den Neffen Anton Welsers Endres Rem.624 Diese Verschränkung von verwandtschaftlichen Bindungen mit geschäftlichen Vertragsbeziehungen spielte eine konstitutive Rolle für die Welser-Vöhlin-Gesellschaft. Das Geflecht verwandtschaftlicher Verhältnisse zwischen den Teilhabern, in dessen Gravitationszentrum die Doppelehe der Welser mit den Vöhlin stand, sicherte die unternehmensinterne Loyalität ab und bescherte der Gesellschaft eine ungewöhnlich starke Kapitalbasis. Schätzungen besagen, dass der vertragsschließende Teilhaberkreis über ein Gesamtvermögen von rund 250.000 Gulden verfügt haben dürfte.625 Strukturell und räumlich behielt die Anton-Welser-Gesellschaft ihr Kerngebiet im Dreieck zwischen Augsburg, Nürnberg und St. Gallen mit dem Schwerpunkt auf der oberschwäbischen Leinwand- und Barchentproduktion. Darüber hinaus entwickelte sie ein Faktorei-System, das Frankfurt am Main, Venedig, Mailand, Wien, Brügge und Lyon umspannte. In Venedigs Fondaco dei tedeschi, im deutschen Handelshaus, besaß die Unternehmung eine Kammer. Laut einem Genueser Notariatsinstrument von 1505 agierte der Nürnberger Johannes Rotmund im Namen sowohl der Fugger als auch der Welser-Vöhlin-Gesellschaft in der ligurischen Stadt – wo die Welser-Vöhlin offenbar zu diesem Zeitpunkt noch keine eigene Faktorei unterhielten.626 Die Niederlassung

zeigen augenfällig, dass – zumindest im Begriffe des 17. Jahrhunderts – die Gesellschaftsstruktur von der Buchführung aus gedacht wurden. Die Mitverwandtschaft ließe sich aus dieser Perspektive als Begriff für diejenigen fassen, die über entsprechend angelegte Konten (Kapitalkonten) verfügen: Wie viel Rechnungen werden im Empfangen solcher Handlungen zu gebrauchen erfordert? Vornemlich Drey: 1. Mehrerley Güter Conto / oder eine General-Comp. Handels=Conto / oder Lager=Conto / unter meinem Commando vor die Compagnia mit N. N. 2. Einen iedwedern Mitverwandten suo Conto Cuorrenti, & Tempo di Compagnia. 3. Eine Gewinn= und Verlust=Conto / vor die Compagnia unter meinem Commando. Den Hinweis auf diese Ausführungen bei: Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 44. 624 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXIV. Nachweis der genannten Personen: Reinhard, Augsburger Elite, ad indicem. 625 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXVI. 626 Vgl. Marco Veronesi, Oberdeutsche Kaufleute in Genua 1350–1490. Institutionen, Strategien, Kollektive (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B: Forschungen, 199), Stuttgart 2014, S. 110: nomine et vice Enrici Focari et fratrum et Antonii Welzel et Conradi Felini et sociorum (vgl. S. 281 und dort Fußnote 1052).

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in Antwerpen leitete Lukas Rem von 1511 bis 1517, während Narziß Lauginger (vor 1479–1528)627 um 1498 Faktor in Lyon war und Hans Welser ihm später als Rechnungsführer zur Seite stand. Über den Berner Handels- und Ratsherrn Bartholomäus May vertieften die Welser ihre Kontakte nicht nur in die Schweizer Städte, sondern auch nach Frankreich und Mailand. Die Anton-Welser-Gesellschaft übernahm weitgehend die Handelsbeziehungen ihrer Vorgängerin, expandierte diese jedoch sukzessive. Sie fügte sich in den angestammten Warenhandel der Vöhlin ein, indem sie mit Textilien, Gewürzen, Farbstoffen und Metallen Geschäfte machte.628 In den ersten beiden Dekaden des 16. Jahrhunderts baute die Anton-Welser-Gesellschaft ihr Faktorei-Netzwerk geographisch aus: Hinzu kamen Leipzig und Brünn im Osten, dann aber insbesondere in Italien Bozen (vorübergehend), Genua und Rom sowie darüber hinaus Zaragoza, Lissabon und Madeira im spanisch-portugiesischen Raum. In Rom siedelte sich Christoph Welser (1480–1536)629 an, der päpstlicher Familiar und Protonotar wurde. In Zaragoza wirkte ab 1510 Konrad Vöhlins Sohn Hans vorwiegend im Handel mit Safran und Pastell. In Lissabon, wo die Gesellschaft im Jahr 1503 eine Faktorei gründete und als eine der ersten Unternehmen ostindische Gewürze direkt abnahm630, beteiligten sich die Welser-Vöhlin an einem Konsortium aus einer Reihe süddeutscher und italienischer Financiers, welches 1505 auf der Grundlage eines Vertrages mit König Manuel I. eine Indienfahrt ausstattete. Diese Unternehmung operierte mit insgesamt 36.000 portugiesischen Dukaten für die Deutschen, von denen die Welser-Vöhlin-Firma allein 20.000 Dukaten beisteuerte, und brachte nach ihrem Abschluss 1506 einen Gewinn von über 150 Prozent ein. Die Ausweitung der geschäftlichen Aktivitäten auf die Iberische Halbinsel stellte die eigentliche zukunftsweisende Neuerung dar. Vor allem in den Jahren zwischen 1505 und 1507 fuhr die Anton-Welser-Gesellschaft, folgt man den Angaben des Lukas Rem, ihre wohl höchsten Gewinne ein.631 Die Gesellschaft von Anton Welser und Konrad Vöhlin, der im Jahr 1511 starb, und anschließend die Unternehmung Anton Welser & Mitverwandte konnten ein dichtes Netz an Faktoreien und Geschäftsbeziehungen errichten. Geographisch umfasste der Handel der Welser Süddeutschland, die Messen Frankfurts und Flanderns, wichtige Standorte in der Schweiz und in Frankreich, Nordspanien sowie Italien. Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft verkoppelte hochgradig diversifierte Waren- mit Kreditge-

Reinhard, Augsburger Eliten, S. 460 (Lfdnr. 686). Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLI. Welser, Die Welser, I, S. 96–100. Häberlein, Handelsgesellschaften, S. 308; S. 322 f.; Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 21– 30. Vgl. Konrad Haebler, Die Überseeischen Unternehmungen der Welser und ihrer Gesellschafter, Leipzig 1903. 631 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLI–XLII. Vgl. Guidi Bruscoli, Bartolomeo Maschionni, S. 165–170. 627 628 629 630

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schäften.632 In besonderem Maße trug der erweiterte Teilhaberkreis dazu bei, dass die Welser-Vöhlin-Gesellschaft zu einer kapitalstarken Unternehmung heranwuchs, deren Investoren selbst über große Vermögen verfügten. Durch diese Bündelung gelang es Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandten, mit den Augsburger „Großkaufleuten“ Jakob Fugger oder Hans Paumgartner d. Ä. zu konkurrieren.633 Die Gesellschaft Andreas, Lukas und Hans Rem & Mitverwandte Mit der Auflösung der Gesellschaft Anton Welser & Mitverwandte schieden Lukas, Andreas und Hans Rem 1517/18 als Mitgesellschafter aus dem Handelshaus der Welser aus und gründeten gemeinsam mit einem weiteren ehemaligen Teilhaber der Welser-Vöhlin-Gesellschaft, Ulrich Honold634, und dem Handelsmann Georg Meuting635, eine eigene Unternehmung. In der Welser-Vöhlin-Gesellschaft gärte offenbar schon seit 1509 ein Streit zwischen den Hauptgesellschaftern und insbesondere Lukas Rem, weil man ihn über die bei den Handelsdienern wegen des häufigen Auftretens verheerender Epidemien in der portugiesischen Metropole nicht besonders beliebte Faktorei in Lissabon auf die Kanaren und Madeira zu reisen hieß. Auch in den Folgejahren bemühte sich Lukas Rem um die Ablösung seines Bruders Hans in Lissabon.636 Im Jahr 1514 strebte er erfolglos die Gründung einer eigenen Handelsgesellschaft an. Bei der Generalrechnung von 1517 fühlten sich die Rem hinsichtlich einer angemessenen Gewinnbeteiligung nicht ausreichend berücksichtigt, so dass es zu offenen Auseinandersetzungen kam.637 Diese Konflikte verweisen auf auseinander driftende Vorstellungen über die Führung einer Handelsgesellschaft. Denn die Augsburger Zentrale unter der Leitung Anton Welsers sann auf eine verstärkte Kontrolle der betrieblichen Gesamtorganisation, der sich auch „verdiente Faktoren“ wie die Rem zu unterwerfen hatten. Mark Häberlein argumentiert mit dem Verweis des Lukas Rem auf die eigene Ehrbarkeit als Ausdruck eines besonderen Selbstwertgefühls, dass die Ansinnen der Teilhaber einer „so heterogenen Handelsfirma“ zum Bruch führen mussten. Beim Übergang in die Nachfolge-Gesellschaft unter Bartholomäus Welser wurde die Unternehmung stärker zentralistisch organisiert.638

Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 20. Ebd., S. 20; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 25 f. Vorkommen Ulrich Honolds: Reinhard, Augsburger Eliten, S. 1069. Vorkommen Georg Meutings: ebd., S. 1099. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 74 (Z 6.97 und 98): Hans Rem befand sich sogar auf Madeira, von wo aus er mit einer Fracht nach Lissabon im Februar 1515 zurückkehrte. 637 Greiff, Tagebuch. Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 29 f. 638 Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 30. 632 633 634 635 636

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Auch Jakob Welser scherte aus der Gruppe der Teilhaber von Anton Welser & Mitverwandten aus und gründete die Nürnberger Unternehmung der Welser.639 Seinen Sohn Hans schickte er eigens nach Augsburg als Faktor, denn der Augsburger Zweig der Familie und sein Nürnberger Ableger konnten sich zu keiner dauerhaften geschäftlichen Kooperation entschließen.640 Von Juli 1528 bis Oktober 1529 lassen sich Aktivitäten der Nürnberger Gesellschaft Jakob Welser & Gebrüder in Lyon nachweisen.641 In den 1530er Jahren trat überdies der einstige Welser-Vöhlin-Gesellschafter Hans Haintzel eigenständig in Erscheinung.642 Die Bartholomäus Welser-Gesellschaft (1518–1551) Nach dem Tod Anton Welsers 1518 kam es – wie gerade geschildert – zu einem Zerwürfnis zwischen dessen Söhnen und den Rem-Brüdern, so dass die Handelsgesellschaft der Welser von Grund auf re-strukturiert werden musste. Dabei setzten die Söhne Anton Welsers ihren Führungsanspruch in der Gesellschaft durch: Erstmals im Dezember 1518 wurde die von Bartholomäus (1484–1561)643 und Anton d. J. Welser (1486–1557)644 geleitete Unternehmung als Bartholomäus Welser & Mitverwandte tituliert.645 Aus der Handelsgesellschaft mit einem weiteren Teilhaberkreis wurde ein straff organisisertes Unternehmen, dessen Hauptgesellschafter aus dem engen Zirkel von Blutsverwandten kamen, so dass auf diese Weise Gewinne konzentriert werden konnten.646 Der Teilhaberkreis der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft konzentrierte sich offenbar auf einige wenige, sehr kapitalkräftige Führungsfiguren. Weil kein GesellschaftsBauernfeind, Jacob Welser, S. 242 f. Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 30. SNS, AS, I, 496 (L CopLett I), c. 24r (An Diaceti e Nasi di Anversa, 6.10.1528): P(er) cont(o) d(i) B(er)nardo Chanigianj p(ro)p(ri)o c[i] avete rimi(ess)o 𝛻 858 7⁄8 di m(archi) p(er) l(ettr)a d(i) Jac(op)o Belzerj e f(ratel)li da loro di qui che se n’è a[v]uto p(ro)m(ess)a et a buonco(n)to sine sieno rischossi si sono posti a suo co(n)to (e) suo ordine seghuitone che si tiene abastanza[.] SNS, AS, I, 497 (L LibFier I), c. 1; weitere. 642 Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 30. 643 Angelika Westermann, Bartholomäus Welser (1484–1561) – Kaufmann – Bankier – Politiker. Versuch einer Annäherung, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hgg.), Person und Milieu. Individualbewusstsein? Persönliches Profil und soziales Umfeld (Neunhofer Dialog, 3), Husum 2013, S. 337–347. 644 Welser, Die Welser, I, S. 135–140. 645 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLIII–XLIV. – Zur frühesten Benennung der Welser-Gesellschaft als Bartholomäus Welser & Co in einem Brief der Salviati aus Lyon an die Welser in Augsburg, 6.12.1518 (SNS, AS, I, 476, c. 8r); vgl. Lang, Internationale Handelsverflechtungen, S. 41. Eine erste umfassendere biographische Profilierung des Bartholomäus Welsers: Theodor Gustav Werner, Bartholomäus Welser. Werden und Wirken eines königlichen Kaufmanns der Renaissance, in: Scripta Mercaturae 1 (1967), S. 71–88; 1,2 (1968), S. 89–107; 2 (1968), 75–102: Dort auch der erstmalige Versuch, die Gesellschaft Bartholomäus Welser & Mitverwandte (auch Bartholomäus Welser & Gesellschafter) systematisch darzustellen. 646 Hildebrandt, Diener, S. 156. 639 640 641

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vertrag überliefert ist, muss man sich an die Haftungs- und Rechtsfolge im während des Augsburger Reichstags von 1530 geschlossenen Vertrag der Maestrazgo-Pacht (für die Pacht-Periode 1533 bis 1537) halten. Dort werden Bartholomäus Welser, Anton Welser d. J., Hans Vöhlin und der einer Ulmer Bürgermeisterfamilie entstammende Jakob Rembold (Stadtpfleger nach 1550)647 genannt. Bis in die Jahre von 1545 bis 1547 waren laut Antwerpener Rechnungsfragmenten noch Christoph Welser, der Sohn des Bartholomäus, sowie Hans Vöhlin d. J. Hauptgesellschafter der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft.648 Unter der geschäftlichen Leitung von Bartholomäus Welser erfuhr die Handelsgesellschaft eine Neuorientierung. Zum einen wandelte sich das geschäftliche Profil: Das Finanzgeschäft entwickelte sich zum Kernbereich der Handels- und Bankunternehmung, wobei insbesondere die Herrscherfinanzen der beiden miteinander in kriegerischen Auseinandersetzungen verwickelten und kreditbedürftigen Häuser Habsburg und Valois in den Blick rückten.649 Beginnend mit dem Kredit für die Kaiserwahl Karls im Juni 1519 stieg das Unternehmen verstärkt in das Geschäft mit Kronanleihen ein. Noch Anton d. Ä. hatte zu seinen Lebzeiten die kreditfinanzierte Wahl Karl von Habsburgs zum Kaiser mit eingeleitet.650 Letztlich stellten die Welser Karl 143.333 Gulden zur Verfügung. Zwischen 1522 und 1551 brachte die Augsburger Handels- und Bankgesellschaft Welser in 41 Darlehen insgesamt 4,2 Millionen Dukaten für die spanische Krone auf und trug damit 15 Prozent der gesamten Anleihen.651 Besonders in der Kooperation mit den Fuggern verschafften sie dem spanischen König Karl dringend nachgefragte Kredite. Im Jahr 1551 verständigten sie sich mit dem Handelshaus des Anton Fugger letztmalig auf ein Geschäft mit Kronanleihen, nachdem sich die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft in den 1540er Jahren schrittweise aus diesem Geschäftsfeld zurückzuziehen begonnen hatte.652 Mit dieser geschäftlichen Ausrichtung ging zum anderen eine geographische Neustrukturierung einher. Denn die spanische Krone deckte die immensen Anleihen durch die Verpachtung der Cruzada, einer auf der Iberischen Halbinsel erhobenen

Vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 180; S. 186 f. Katharina Sieh-Burens, Art. „Rembold, Jakob“, in: Günther Grünsteudel / Günter Hägele / Rudolf Frankenberger (Hgg.), Augsburger Stadtlexikon, 2. völlig neu bearbeitete und erheblich erweiterte Auflage, Augsburg 1998, S. 748. 648 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLIV f. 649 Reinhard Hildebrandt, Der Kaiser und seine Bankiers. Ein Beitrag zum kaiserlichen Finanzwesen des 16. Jahrhunderts, in: Friedrich Edelmayer / Maximilian Lanzinner / Peter Rauscher (Hgg.), Finanzen und Herrschaft. Materielle Grundlagen fürstlicher Politik in den habsburgischen Ländern und im Heiligen Römischen Reich im 16. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 38), Wien/München 2003, S. 234–245, hier S. 243 f. 650 Vgl. Häberlein, Jakob Fugger. 651 Vgl. Walter Großhaupt, Die Welser als Bankiers der spanischen Krone, in: Scripta Mercaturae 21 (1987), S. 158–187, hier tabellarische Aufstellungen S. 163; S. 178; S. 182. 652 Mark Häberlein, Fugger und Welser, S. 228–233; Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLVIII. 647

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Kreuzzugssteuer, sowie der Maestrazgos, der Einkünfte aus den Ländereien der spanischen Ritterorden (Santiago, Alcántara, Calatráva). Teilten sich die Welser zwischen 1528 und 1532 den Maestrazgo noch mit italienischen Kaufmannbankiers um den kaiserlichen Postmeister Maffeo de Tassis aus Bergamo, verfügten sie 1532 bis 1537 über die Einkünfte allein. Dadurch verschoben sich die Gewichte der Handels- und Bankgesellschaft Bartholomäus Welsers und seiner Mitverwandten auf die Iberische Halbinsel.653 Zu Beginn der 1520er Jahre richtete die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft eine Faktorei am spanischen Hof ein, die die Abwicklung der Pachtverträge verwaltete. Bereits vor 1510 war die Faktorei in Zaragoza ins Leben gerufen worden, um vor allem den Handel mit Safran und Farbstoffen zu organisieren. Um 1530 wurde die Faktorei in Sevilla gegründet, die Anschluss an die Importe aus der Neuen Welt und an den Sklavenhandel halten sollte. Außerdem hatten die Welser von 1531 bis 1541 eine der beiden Seifenmanufakturen (jabonerias) in Sevilla gepachtet.654 In den 1530er und 1540er Jahren musste auch eine Faktorei in Barcelona existiert haben.655 Der Wandel der Welser-Gesellschaft unter der Leitung Bartholomäus Welsers zog die Mobilisierung verfügbaren Kapitals durch die massive Aufnahme von Einlagen, die Verdichtung der Wechsel- und Kreditnetzwerke sowie die Intensivierung der personellen Verflechtungen nach sich.656 Von 1519 an spielte Ulrich Ehinger aus Konstanz als Faktor, den die Welser mit einer Generalvollmacht ausgestattet hatten, eine tragende Rolle für die Geschäfte auf der Iberischen Halbinsel. Ihm stand nach 1524 der aus St. Gallen stammende, bereits erwähnte Hieronymus Sailer zur Seite. Beide zeichneten im Namen der Welser am 27. März 1528 für den Vertrag zur Kolonisierung Venezuelas unter spanischer Fahne. Dieses Unterfangen, welches vorrangig dem Ausbau der Geschäftsbeziehungen nach Übersee dienen sollte, stellte tatsächlich die konsequente Ausdehnung der auf der Iberischen Halbinsel mit der spanischen Krone getätigten Geschäfte dar.657 Schließlich verkam die Venezuela-Unternehmung zu einem Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLIX. Enrique Otte Sander, Sevilla, siglo XVI: Materiales para su historia económica, Sevilla 2008, S. 78. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLIX. Hildebrandt, Der Kaiser, S. 243 f. Jörg Denzer, Die Konquista der Augsburger Welser-Gesellschaft in Südamerika 1528–1556 (Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, 15), München 2005, S. 51–55; Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LI–LII: Allerdings erliegt Jörg Denzer der üblichen – von Geffcken/Häberlein aufgedeckten – Chimäre: Heinrich Ehinger ist Ulrich Ehinger (Denzer, Die Konquista, S. 52). Zusätzlich zum eigentlichen Venezuela-Vertrag vom 27.3.1528 gab es noch eine bemerkenswerte cedula vom 12.12.1528, worin den Welsern ein in der ersten Häflte des 16. Jahrhunderts einmaliges Einfuhrprivileg zuerkannt wurde: Sie durften am Monopolhafen Sevilla vorbei drei Schiffsladungen direkt nach Antwerpen transportieren (ebd., S. 53). Die Kalkulation Christoph Peutingers ergibt, dass sich Aufwand und Ertrag der Welser’schen Venezuela-Unternehmung annähernd die Waage gehalten haben dürften. Die Investitionssumme mochte rund 120.000 Dukaten betragen haben, dem standen Einnahmen von 20.000 Dukaten nicht bestimmter Provenienz, 80.000 Dukaten aus dem Sklavenhandel sowie 8.000 Dukaten aus den Schmelzrechten in Santa Marta gegenüber (einige kleine Beträge kamen noch hinzu) (ebd., S. 54). Weiter unten allerdings setzt Jörg 653 654 655 656 657

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reinen Beutezug, bei dem Nikolaus Federmann, einer der von den Welsern bestellten Söldnerkapitäne, 1539 den Eroberungszügen anderer, spanischer Konquistadoren in die Quere kam. Im Jahre 1546 entzog der königliche Indienrat den Welsern die Vollmachten für die Unternehmung. Philipp von Hutten und Bartholomäus Welser d. J., welcher die Expeditionen in Südamerika begleitet hatte, wurden kurz zuvor von rivalisierenden Hauptleuten ermordet.658 Nachdem Kaiser Karl im Jahre 1526 den Amerikahandel für nicht-spanische Kaufleute geöffnet hatte, ließen sich die Welser durch die Casa de la Contractatión, die Behörde zur Verwaltung der mittel- und südamerikanischen Gebiete unter der spanischen Krone, die Errichtung einer Faktorei in Santo Domingo auf La Española (Hispaniola: heute Haiti/Dominikanische Republik) genehmigen. Auf der Antillen-Insel waren zunächst Ambrosius Dalfinger und Georg Ehinger als Faktoren tätig, dann Sebastian Rentz sowie der Mailänder Pedro Jácome Gacio und zuletzt der Florentiner Giovanni ( Juan) Soderini. Von Santo Domingo aus brach Dalfinger als Gouverneur von Venezuela 1528 auf. Rentz erwarb im Jahre 1530 Rechte an einer Zuckermühle. Deren Erzeugnisse und der Handel mit Sklaven sollten zu lukrativen Zweig des transatlantischen Geschäfts der Welser werden, wobei aber die Niederlassung zeitweilig auch als Stützpunkt für die Versorgung der Venezuela-Unternehmung diente.659 Die Zuckermühle wurde bis mindestens 1547 betrieben, so dass Zucker bei den Welsern zu den wichtigsten Importgütern aus der Neuen Welt zählen konnte.660 Der aus Geislingen an der Steige stammende Albrecht Cuon fungierte zwischen 1528 und 1532 neben Hieronymus Sailer als Faktor der Welserischen Handlung in Spanien, dann übernahmen 1539 die Augsburger Christoph Peutinger und Jakob Rembold sowie der aus Bern stammende Bartholomäus May d. J. die Leitung der Geschäfte auf der Iberischen Halbinsel. May war Hauptverantwortlicher für die Welser im Jahr 1547, als ihm Matthäus Welser (der Sohn Antons d. J.), Heinrich Seitz und Jakob Mair vor seiner Übersiedlung nach Augsburg assistierten.661

Denzer die Investitionssumme der Welser mit 110.000 Dukaten an. Diese Summe kursierte wohl bei den gegenseitigen Klagen: Der Staatsanwalt des Indienrates hatte über Regressforderungen an die Welser zu entscheiden (Unterschlagung von Geldern), die Welser ihrerseits pochten auf Schadensersatz durch die Krone (1540/42) (ebd., S. 188 f.). Die Auswertung des Gewerbebuches der Christoph-Welser-Gesellschaft durch Sven Schmidt bestätigt diese Angaben: In der Generalrechnung vom Oktober 1554 bewertete der Buchhalter der Welser die Forderungen aus dem Venezuela-Geschäft mit 7.558 Gulden – kein Betrag, der das Handelshaus maßgeblich in Gefahr hätte bringen können: Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 35. 658 Denzer, Die Konquista. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LI–LII. 659 Götz Simmer, Gold und Sklaven. Die Provinz Venezuela während der Welser-Verwaltung (1528– 1556), Berlin 2000, S. 35–37. 660 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. L f: Peter Geffcken und Mark Häberlein können anhand der Rechnungsfragmente von der Iberischen Halbinsel zeigen, dass diese Zuckermühle rund 16 Jahre länger als von Enrique Otte angenommen existierte. Zusammenfassend werden die überseeischen Aktivitäten der Welser jetzt dargestellt bei: Häberlein, Aufbruch, S. 107–131. 661 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. L. Ausführlich dazu: Mark Häberlein / Magdalena

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Zu dieser am Spanien-Geschäft ablesbaren strukturellen Neuorientierung unter der Leitung Bartholomäus Welsers gehörte auch die steigende Bedeutung der Faktoreien in Antwerpen und Lyon für den Kredit- und Wechselhandel der Unternehmung. In Antwerpen schlugen die Welser vor allem Pfeffer, der über Lissabon importiert wurde, Seife aus Sevilla, Zucker aus Santo Domingo, Quecksilber aus Spanien und oberdeutschen Barchent sowie niederländische und englische Tuche um. Für beide Standorte lassen sich umfangreiche Wechseltransfers mit italienischen und spanisch-portugiesischen Geschäftsfreunden nachvollziehen. In Lyon fand die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft Anschluss an das Geschäft mit französischen Kronanleihen.662 Allerdings trat die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft in den 1540er Jahren den schrittweisen Rückzug aus den Herrscherfinanzen an. Während die Nürnberger Hans-Welser-Gesellschaft insbesondere in Kooperation mit Anton Fuggers Firma noch im Kreditgeschäft über Antwerpen aktiv war, wollte sich Bartholomäus Welser nur noch widerstrebend auf die großen Darlehen an die Kronen einlassen. Im Jahr 1551 brachten Anton Fugger und die Augsburger Welser nochmals zwei umfangreiche Anleihen in Höhe von knapp 55.000 Dukaten sowie von 31.800 Dukaten auf.663 In etwa zeitgleich aber gingen die Erträge der mittel- und osteuropäischen Silber- und Kupfergruben zurück.664 Die Bedeutung von Kupfer als Zahlungsmittel im Einkauf von portugiesischem Pfeffer erodierte. Den in Antwerpen niedergelassenen Affaitati aus Cremona gelang es, gemeinsam mit Neuchristen wie den Mendez aus Lissabon und genuesischen Kaufmannbankiers wie den Pinelo oder den Spinola den portugiesischen Import von Pfeffer zu dominieren.665 Demgegenüber expandierte die Zufuhr von Silber aus Süd- und Mittelamerika. Doch insbesondere Genueser Bankiers gelang es, die Finanzierung der Habsburger Kronen und ihrer Kriege an sich zu ziehen. Dabei bauten sie ein System für den Zahlungsverkehr zwischen Sevilla, Genua, den Messen von Besançon und Antwerpen auf, das auf der Refinanzierung von Vorauszahlungen in Bargeld gründete. Auf diese Weise absorbierten sie die Gewinne aus dem Handel mit dem aus Südamerika importierten Silber.666 Überdies beeinträchtigen die massiven kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Valois und den Habsburgern sowie die zunehmende Frequenz militäri-

Bayreuther, Agent und Ambassador. Der Kaufmann Anton Meuting als Vermittler zwischen Bayern und Spanien im Zeitalter Philipps II. (Documenta Augustana, 23), Augsburg 2013, S. 72–80. 662 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLVIII. Vgl. Harreld, High Germans. 663 Häberlein, Fugger und Welser, S. 233. 664 Vgl. Peter Kalus, Die Fugger in der Slowakei (Materialien zur Geschichte der Fugger, 2), Augsburg 1999. – Dies betraf die Welser allerdings deutlich weniger stark als die Fugger. 665 Bailey W. Diffie / Boyd C. Shafer / George D. Winius, Foundations of the Portuguese Empire 1415– 1580, I, Minnesota 1977, S. 413–415; Kalus, Pfeffer. 666 Gioffrè, Gênes; Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 270–294; vgl. Mauricio Drelichman / Hans-Joachim Voth, Lending to the Borrower from Hell. Debt, Taxes, and Defaulft in the Age of Philip II (The Princeton Economic History of the Western World), Princeton/Oxford 2014.

Die storia interna der Salviati und der Welser

scher Operationen wie im Schmalkaldischen Krieg auf dem Gebiet des Alten Reiches die wirtschaftliche Konjunktur.667 Die Verbindungen süddeutscher Handels- und Bankhäuser mit den Finanzen der Habsburger wirkten sich in den Umschuldungskrisen nach 1555 zunehmend negativ aus. Allerdings betraf diese Entwicklung keineswegs die Welser allein. Die Firma Anton Fuggers geriet in gravierende Schwierigkeiten, als die spanische Krone im Jahr 1557 ihre Zahlungen einstellte und für die Fugger bestimmtes Silber beschlagnahmen ließ.668 In den 1540er und 1550er Jahren gingen die Umsätze im Handel der Nürnberger Imhoff-Gesellschaft erheblich zurück. Hinzu kamen hohe Verluste im Zusammenhang mit den getätigten Anleihen: Die Handelsgesellschaft Endres Imhoff & Mitverwandte beklagte 1557 Abschriebungen bei den Rentmeisterbriefen von gut 31.800 Carolusgulden. Aus dem Grand Parti von 1555 erlitten Endres Imhoff & Mitverwandte einen Verlust von mehr als 37.500 livres, die Vettern Sebastian und Jeronymus Imhoff von 30.800 livres.669 Die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft hatte zu eben dieser Zeit mit strukturellen Problemen zu kämpfen, die sich durchaus mit denjenigen der Fugger und Imhoff vergleichen lassen: Insbesondere die stockende Rückzahlung der Darlehen an die spanische Krone erwies sich als finanzielle Bürde, die sich nur schwer ausgleichen ließ. Die Tilgung der kaiserlichen Schulden konnte im Grunde nur gewährleistet werden, indem die Welser immer weitere Kredite nachschoben. Überdies zeigte sich das Verhältnis zu Kaiser Karl zunehmend gespannt, vor allem als Bartholomäus’ Schwiegersohn Hieronymus Sailer gemeinsam mit Guaspare Ducci und weiteren süddeutschen sowie italienischen Bankiers der Spekulationsgeschäfte auf der Achse Antwerpen-Lyon überführt wurde. Bartholomäus Welser sah sich gezwungen, mit Unternehmensvermögen zur Auslösung Sailers einzustehen.670 Im Jahre 1551 betrugen die Außenstände, welche der Kaiser gegenüber Bartholomäus Welser & Mitverwandte schuldete, immerhin 157.000 Gulden.671 Die angedeuteten Engpässe im Geschäft mit Kupfer und Silber sowie der Verlust der Vorrangstellung in den Pfefferkontrakten kamen im Fall der Welser noch als spezifische Eigenheiten hinzu.672

Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 26 f. Häberlein, Die Fugger, S. 92; S. 198 f.: Anton Fugger erwog offenbar, den Gemeinen Handel der Fugger aufzulösen, was aber aufgrund des Engagements im Tiroler Bergbau, in Spanien und in Antwerpen nicht gelingen wollte. 669 Jahnel, Die Imhoff, S. 169 f.; S. 173–175. 670 Häberlein, Brüder, S. 126–132. Das Argument der Krise der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft: Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 28 f. 671 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 29; S. 35: Diese Höhe errechnete Sven Schmidt auf der Basis des Zahlenwerkes, welches Walter Großhaupt (Die Welser, S. 185 f.) liefert. 672 Reinhard Hildebrandt, Der Niedergang der Augsburger Welser-Firma (1560–1614), in: Mark Häberlein / Johannes Burkhardt (Hgg.), Die Welser. Neue Forschungen zur Geschichte und Kultur des oberdeutschen Handelshauses (Colloquia Augustana, 16), Berlin 2001, S. 265–281, hier S. 266 f. 667 668

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Die Gesellschaft Christoph Welsers (1551–1557) Das Ende der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft trat mit dem Ausscheiden des kapitalstarken Bruders Bartholomäus’, Anton d. J., im Oktober 1551 ein. Vermutlich ging diese Trennung auf ein persönliches Zerwürfnis der Brüder aufgrund der finanziellen Hilfe, die der Firmenleiter seinem in Schwierigkeiten geratenen Schwiegersohn Hieronymus Sailer geleistet hatte, zurück. Die Söhne von Anton d. J., Matthäus (1523–1578)673 und Marx Welser (1524–1596)674, gründeten in der Folge eine eigene Unternehmung675, deren geschäftlicher Schwerpunkt auf Antwerpen lag. Nach Antons Tod im Jahr 1557 führten dessen Söhne die Gesellschaft eigenständig weiter (s. X.2. Stammbaum). Dieses kapitalstarke Handels- und Bankhaus betätigte sich besonders im Wechsel- und Börsenhandel. Vermutlich engagierte es sich in Antwerpen insbesondere im Geschäft mit Anleihen an den Kaiser, die Stände oder die Stadt.676 Am 1. Januar 1558 aber lösten sie ihre Handlung auf und traten der Gesellschaft ihres Vetters Christoph Welser bei.677 Unter dem Namen Christoph Welser & Gebrüder übernahm Bartholomäus’ ältester Sohn, Christoph, die Geschäfte von seinem Vater. Nach dem Ende der Gesellschaft Bartholomäus Welsers befand sich mit Christoph und Leonhard Welser, mit Bartholomäus May d. J. (seit 1552)678, Matthäus Welser (seit 1558) und wohl auch Daniel Haintzel eine Reihe im internationalen Handel erfahrener Kaufleute als Teilhaber in der Nachfolgeunternehmung.679 Allerdings beschränkte sich die Gruppe der Hauptteilhaber auf die Welser-Brüder, so dass ein Konzentrationsprozess auf die Kernfamilie, welcher mit der Gründung der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft gegenüber ihrer Vorgängerin eingeleitet worden war, nun zu einem deutlich sichtbaren Abschluss kam.680 Der größte Teil des Eigenkapitals der Christoph-Welser-Gesellschaft stammte aus einer testamentarisch verfügten Einlage über etwa 130.000 Gulden, welche Bartholomäus Welser 1553 aus seiner einstigen Unternehmung in die Nachfolgefirma seiner Erben reinvestierte.681 Die Gesellschafter selbst legten 9.000 Gulden als Kapitalstock ein, insgesamt verfügte das Handels- und Bankhaus zum Zeitpunkt der Generalrechnung von 1557 über Einlagen aus dem Teilhaberkreis von annähernd 230.000 Gulden.

Welser, Die Welser, I, S. 202–204. Ebd., S. 204–209. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LII f.; Schmidt, Gewerbebuch, S. 29. Zu Nachweisen über die Geschäftstätigkeit: s. u. ASFi, Bartolomei, 1 (L/II DebCred A), c. 78/LXXVIII; c. 87/LXXXVII. Vgl. Blendinger, Zwei Augsburger Unterkaufbücher, S. 49; S. 63; S. 73; S. 75; S. 111; S. 294; S. 298; S. 300. 676 Vgl. Blendinger, Zwei Augsburger Unterkaufbücher; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 30 f. 677 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 39 f. 678 Bartholomäus May war als Faktor für die Bartholomäus Welser-Gesellschaft in Spanien tätig; seit 1555 war er mit Hans Welser verschwägert. 679 Sven Schmidt, Manuskript der Dissertation, 1. Fassung: [Bamberg 2010], S. 196. 680 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 31. 681 Großhaupt, Bartholomäus Welser, S. 431 f., Schmidt, Manuskript der Dissertation, S. 24. 673 674 675

Die storia interna der Salviati und der Welser

Hinzu kamen noch rund 440.000 Gulden als langfristig angelegtes Fremdkapital.682 Diese Summen bezogen sich – wie bei anderen süddeutschen Handelsgesellschaften – auf die gesamte Gesellschaft mit ihren Faktoreien in Augsburg, Nürnberg, Ulm, Antwerpen, Venedig, Lyon, Zaragoza, Valladolid und Lissabon. Vergleicht man diese Kapitalstruktur mit derjenigen der Augsburger Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft von 1557, stand dort dem Eigenkapital von gut 170.000 Gulden ein Fremdkapital von bald 500.000 Gulden gegenüber.683 Beide Handelsgesellschaften, die die geschäftliche Tätigkeit der Augsburger Welser weiter verfolgten, setzten den Trend zur Konzentration auf wenige Führungsfiguren im Kreis der Teilhaber fort. Im Vergleich zur Welser-Vöhlin-Gesellschaft von 1496 war die Zahl der Teilhaber nicht nur deutlich geschrumpft, obschon die vorübergehende Trennung der beiden brüderlichen Linen mit dem Wiedereintritt von Matthäus und Marx im Jahr 1558 beendet war. Die Gesellschaft bemühte sich verstärkt um stille Teilhaberschaften und die Aufnahme von Fremdkapital.684 Laut Reinhard Hildebrandt ging die Einengung des Teilhaberkreises auf Blutsverwandte mit einem Bedeutungsgewinn „kaufmännischer Angesteller“ einher. Denn die Hauptteilhaber versahen keine geschäftlichen Aufgaben in den Faktoreien mehr. Stattdessen erlebten die Handelsgesellschaften eine Transformation von erwerbsgemeinschaftlich Gleichberechtigten hin zu straff hierarchisch aufgebauten Organisationen, die von einem „Regierer“ geleitet wurden.685 Die Aufnahme von hohen Fremdeinlagen bot die Möglichkeit, das Geschäftsvolumen der Gesellschaft zu erweitern. Die Einleger verfügten über keinen direkten Einfluss auf das operative Geschäft, weil sie kein Stimmrecht besaßen. Somit passte diese Form der Kapitalvergrößerung zum Prozess der Verringerung der Gesellschafter auf wenige Verwandte. Daneben konnten bei günstigem Geschäftsverlauf die Anteilseigner höhere Gewinne auf ihre Kapitalien einstreichen. Allerdings stand dieser Form

Kalkulation: Schmidt, Manuskript der Dissertation, S. 24; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 32. Die Vergleichswerte hat Sven Schmidt zusammengestellt: Schmidt, Manuskript der Dissertation, S. 26; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 33 f. 684 Ehrenberg, Das Zeitalter, I, S. 196 f.; Häberlein, Handelsgesellschaften, S. 309–315. 685 Hildebrandt, Diener, S. 159; ders., Unternehmensstrukturen im Wandel. Personal- und Kapitalgesellschaften vom 15.–17. Jahrhundert, in: Hans-Jürgen Gerhard (Hg.), Struktur und Dimension. Festschrift für Karl Heinrich Kaufhold. Band 1: Mittelalter und frühe Neuzeit (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte, 132). Stuttgart 1997, S. 93–110, hier S. 101–103: Im Zuge dieses Transformationsprozesses wurden Arbeit und Kapital vertragsrechtlich voneinander getrennt; die Zahl der stimmberechtigten Gesellschafter wurde reduziert (und somit eine wesentliche Streitquelle beschränkt). Fremdeinleger erhielten nur Zinsen, Angestellte und Handelsdiener erhielten lediglich ein festes Salär und gelegentliche Gratifikationen. Bei einer gut laufenden Unternehmung eigneten sich die Hauptteilhaber einen höheren Anteil am Gewinn an. Damit öffnete sich für Fremdeinleger die Möglichkeit, verstärkt als stille Teilhaber aufzutreten. Diese charakteristische Entwicklung dürfte zum Teil dem toskanischen Vorbild gefolgt sein, denn die hier skizzierten Tendenzen finden sich in Florentiner Handels- und Bankgesellschaften bereits etwas früher. Hierbei wird deutlich, wie wichtig für derartige Transformationsprozesse die Binnenverflechtung des europäischen Handels war. Allerdings kannten die Florentiner Gesellschaften diesen ausgeprägten Hang zur Hierarchisierung nicht so sehr. 682 683

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der Kapitalaufnahme auch ein höheres Risiko gegenüber: Denn mit der Investition in die Unternehmung durch Einlagen von stillen Teilhabern wuchs die Gefahr des Zahlungsausfalls – besonders weil diese Investitionsform mit den Herrscherfinanzen eng zusammenhing. Die Verpflichtung zum Ausgleich von Zinsansprüchen konnte je nach konjunktureller Lage zur finanziellen Bürde werden. Nicht selten kam es etwa im Todesfall des Einlegers zum Rückzug der investierten Mittel, was eine Unternehmung vor erhebliche organisatorische Herausforderungen stellen konnte.686 In der Literatur wurde die Periode des Handels der Welser nach Bartholomäus Welsers Rückzug aus dem operativen Geschäft 1551 bis zum Konkurs 1614 als Geschichte des Niedergangs wahrgenommen. Grund für diese Entwicklung sei die Überschuldung der Gesellschaft infolge der in die Kronfinanzen der spanischen und österreichischen Habsburger investierten und letztlich verlorenen Mittel gewesen. Nicht zuletzt dürfte Matthäus Welser, der zwischen 1603 und 1610 das Amt des Reichspfennigmeisters innegehabt hatte, mit seiner Beschuldigung, die Kay[serliche] Hofcamer sey die ainige Vrsach seines vnd seiner brüeder Falliment, zu dieser Sichtweise beigetragen haben.687 Allerdings erscheint dieses Urteil revisionsbedürftig. Vielmehr wandelten sich die geschäftlichen Strukturen der Welser-Unternehmung – vergleichbar mit anderen Gesellschaften wie den Georg Fuggerischen Erben.688 Dabei passten die Welser ihre jeweiligen geschäftlichen Strategien an die gesamtwirtschaftliche Entwicklung an. Die Nachfolgeunternehmung des Christoph Welser, welcher 1551 bis 1580 die Augsburger Handelsgesellschaft führte, schaffte die nötigen Anpassungsprozesse und ging erfolgreich aus der Krise der 1550er Jahre hervor. Denn die Unternehmung Christoph Welsers, die seit 1558 unter dem Namen Christoph Welser vnd seine mittuerwannten Gesellschaffter firmierte, spezialisierte sich auf den Großhandel und das Geschäft mit Luxusgütern, während sie sich mit großen Investitionen in Kronanleihen, Rentmeisterbriefe oder Konsortialkontrakte wie beim Pfefferimport zurückhielt. Mit der Herrscherinsolvenz des spanischen Königs Philipp II. im Jahr 1557 gaben die Welser das Geschäft mit den Kronanleihen auf. Dies zeigte sich auch in der Schließung der Faktorei in Valladolid im Jahre 1559. Mit der Umschuldung der aufgenommenen Darlehen in langfristige und niedrig verzinste Verbindlichkeiten durch die spanische Krone gelang es der Christoph-Welser-Gesellschaft, durch die wieder aufgenommenen Rückzahlungen ihre Außenstände abzutragen.689

Häberlein, Brüder, S. 101; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 34; vgl. Butzert, Investitionen. Hildebrandt, Der Niedergang, S. 266 f. (danach auch das hier angegebene Zitat). Vgl. Reinhard Hildebrandt, Die „Georg Fuggerischen Erben“. Kaufmännische Tätigkeit und sozialer Status 1555–1600 (Schriften zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, 6), Berlin 1966. 689 Hildebrandt, Der Niedergang, S. 270; S. 280; vgl. Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 35–37; S. 50–52. – Sven Schmidt kann anhand der Erkenntnisse aus dem Gewerbebuch der Christoph-Welser-Gesellschaft die Behauptung Richard Ehrenbergs, dass der Rückzug Bartholomäus Welsers und dann seiner Nachfolger aus den Geschäften mit spanischen Kronanleihen auf mangelndes Geschäftsgebahren und unlautere Praktiken der königlichen Finanzverwaltung zurückzuführen sei, widerlegen. Durch die Akzeptanz der 686 687 688

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Die Gesellschaften der Welser bis zum Bankrott des Handelshauses (1558–1614) Die oben angesprochene Gründung des Handels- und Bankhauses Christoph Welser vnd seine mittuerwannten Gesellschaffter am 1. Januar 1558 hing zum einen mit dem Tod des jüngeren Bruders von Christoph, Leonhard, zum anderen mit den sich im nämlichen Jahr 1557 einstellenden Eigenkapitalverlusten der Firma Matthäus und Marx Welsers zusammen (vgl. X.2. Stammbaum). Bei ihrem Übertritt in die Gesellschaft ihres Cousins brachten sie Restforderungen von annähernd 239.000 Gulden aus Darlehengeschäften sowie Verbindlichkeiten von bald 59.000 Gulden ein. Mit der Integration von Matthäus und Marx erhöhte sich das Eigenkapital der Christoph-Welser-Gesellschaft merklich, zumal die Ausschüttung des Erbvermögens ihres Vaters Anton noch ausstand. Dieser Vorgang im Zusammenhang mit der zuvor dargelegten Strategie im Bereich der Herrscherfinanzen belegt zudem, dass die Unternehmung der Augsburger Welser nach der Insolvenz der spanischen Krone keineswegs von der Zahlungsunfähigkeit bedroht war. Anhand des Gewerbebuches der Christoph-Welser-Gesellschaft (1554–1560) zeigt Sven Schmidt, dass die Welser-Faktorei in Antwerpen sogar das Unternehmen Anton Fuggers mit enormen Krediten – die sich bis 1563 auf insgesamt fast 159.000 Gulden steigerten – unterstützte.690 Während des Bestehens der Christoph-Welser-Gesellschaft von 1551 bis 1580 lässt sich zumindest auf der Grundlage der Informationen über den wichtigen Nürnberger Handel eine Verschiebung zum Warenhandel und auf die osteuropäischen Absatzmärkte hin erkennen.691 Diese Tendenz zeigt sich auch in der zwischen 1560 und 1579 eröffneten Faktorei in Hamburg, von wo man Felle und Wachs aus dem Norden sowie Zucker aus São Tomé und Pfeffer (der zuvor über Antwerpen eingeführt wurde) bezog.692 Im Bereich der Herrscherfinanzen beteiligten sich die Welser nunmehr vor allem am Handel mit Renten und Obligationen der Provinzen und Städte Flanderns (der Niederlande). Denn diese besaßen eine höhere Kreditwürdigkeit, und die Notwendigkeit des Kapitaltransfers aus Spanien entfiel. Im Jahr 1576 gewährte die

Umschuldung und der daraus erwachsenden niedrigeren Verzinsung der Darlehen an die Krone musste Bartholomäus Welser nicht das investierte Vermögen vollständig abschreiben; durch das Engagement in die niederländischen Rentmeisterbriefe blieb die Unternehmung an den Habsburger Herrscherfinanzen beteiligt und konnte sich auf diese Weise „aus der unberechenbaren Umklammerung der spanischen Krone befreien“ (ebd. S. 39); vgl. Lang, An disen Platzen. 690 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 40; von Pölnitz, Die Fuggersche Generalrechnung, S. 355–370. 691 Welser, Die Welser, II, S. 157–177; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 41. Vgl. Michael Diefenbacher, Der Handel des Nürnberger Patriziats nach Osten – Das Beispiel Tucher um 1500, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 94 (2007), S. 49–80; vgl. Mark Häberlein, Der Donauraum im Horizont Augsburger Handelsgesellschaften des 16. und frühen 17. Jahrhunderts, in: Peter Rauscher / Andrea Serles (Hgg.), Wiegen – Zählen – Registrieren. Handelsgeschichtliche Massenquellen und die Erforschung mitteleuropäischer Märkte (13.–18. Jahrhundert) (Beiträge zur Geschichte der Städte Mitteleuropas, 15), Innsbruck/Wien/Bozen 2015, S. 411–431. 692 Kellenbenz, Unternehmerkräfte, S. 159–165; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 41.

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Welser-Unternehmung den Staaden van Brabant dennoch ein Darlehen über 30.000 Gulden, hinter dem sie noch Jahrzehnte später her war.693 Im Zusammenhang mit der Zahlungsunfähigkeit der spanischen Krone im Jahr 1575 fallierte eine Reihe Augsburger Handels- und Bankhäuser, mit deren Hauptgesellschaftern die Welser verschwägert waren.694 Schwer für den Fortbestand der Welser-Handelsgesellschaften wogen die Wechsel an der Unternehmensspitze und der damit verbundene Abfluss von investiertem Kapital. Nach dem frühen Tod Leonhard Welsers 1557 wurde der Unternehmung ein wichtiger Vermögensanteil entzogen. Die Tode der Gesellschafter Bartholomäus May im Jahr 1576 und Matthäus Welser im Jahr 1578 bedeuteten sowohl die Reduktion des Gesellschaftsvermögens als auch den Verlust an kaufmännischer Kompetenz. Der langjährige Regierer der Unternehmung, Christoph Welser, löste seine fast dreißig Jahre bestehende Gesellschaft am 30. September 1580 auf. Die Brüder Paul und Marx d. Ä. Welser († 1596), die Söhne Matthäus’, die bereits einige Zeit in der Gesellschaft ihres Großcousins geschäftliche Erfahrungen hatten sammeln können, beanspruchten die Weiterführung des geschrumpften Familienunternehmens und gründeten als Nachfolgefirma Marx und Matthäus Welser & Gesellschaft. Der im Namen geführte Bruder Matthäus d. J. (1553–1633)695 sollte später der besagte Reichspfennigmeister werden. Der Sohn Christoph Welsers, Bartholomäus d. J., hatte sich finanziell in der Handlung seines Schwiegervaters, Ulrich Linck, engagiert und schied mit deren Bankrott im Jahre 1574 aus dem Kreis der möglichen Hauptgesellschafter aus (X.2. Stammbaum).696 Das Handelshaus Marx und Matthäus Welser & Gesellschaft beteiligte sich an enormen Wechseltransfers und partizipierte zu fünf Zwölfteln am Asienkontrakt für den Transfer von Pfeffer nach Europa von 1586 bis 1591 sowie an den Europakontrakten zum Vertrieb dieses Importgutes 1591 und 1592 zu je ungefähr einem Sechstel.697 Indes hielten sich in diesem Zusammenhang hartnäckige Gerüchte über Zahlungsschwierigkeiten der Welser-Unternehmung.698 Tatsächlich banden diese Verträge enorme Summen, welche sich die Welser auf den Kreditmärkten beschaffen mussten. Die Gewinne fielen hingegen ernüchtend gering aus, weil der Aufwand für den Unterhalt und die Ausrüstung der Schiffe sehr hoch war und allein im Jahr 1589 fünf von sechs Schiffen

Hildebrandt, Der Niedergang, S. 270; S. 280; vgl. Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 38–40. Diese Anleihe – zwei Obligationen der „Staaten“ von Brabant auf Christoph Welser – blieb ohne Rückerstattung, nicht zuletzt weil die Welser 1580 ihren niederländischen Handel aufgaben und ihren Besitz in Antwerpen entäußerten: Johannes Müller, Der Zusammenbruch des Welserischen Handelshauses im Jahre 1614, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 1 (1903), S. 196–234, hier S. 197 f. 694 Häberlein, Brüder, S. 144; S. 173. 695 Welser, Die Welser, I, S. 215–259. 696 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 44 f. Anders als Reinhard Hildebrandt notiert, löste Christoph Welser seine Handelsgesellschaft nicht bereits 1578 auf, sondern erst 1580: Hildebrandt, Der Niedergang d, S. 277 f. 697 Kalus, Pfeffer, S. 58 f.; S. 72–80. 698 Hildebrandt, Der Niedergang, S. 268 f. 693

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nicht zurückkehrten.699 Bei der Analyse der „Pfeffernetzwerke“ findet Maximilian Kalus die Beobachtungen von Clemens Bauer bestätigt, dass sich gegen Ende des 16. Jahrhunderts die verhältnismäßig festgefügte Unternehmensstruktur des Faktoreisystems aufzulösen begann und schrittweise durch ein Netzwerk von Kommissionären ersetzt wurde.700 In seiner Amtszeit als Reichspfennigmeister kam Matthäus Welser vielfach mit seinem eigenen Vermögen für die mit in seiner Funktion verbundenen Ausgaben auf.701 Dabei häufte er Verbindlichkeiten von 181.000 Gulden an. Überdies engagierte sich Welser auch mit Einlagegeschäften im höfischen Umfeld des Kaisers. Zum Zeitpunkt der Insolvenz belief sich allein ein Kredit des Hauses Fugger von 1587/88 auf insgesamt gut 125.000 Gulden.702 In der Folge des überraschenden Todes von Marx Welser, der als Augsburger Stadtpfleger, humanistischer Gelehrter und Berater Herzog Maximilians I. hohes Ansehen genoss, im Jahr 1614 erwies sich die Welser-Gesellschaft als so wenig kreditwürdig, dass die Unternehmung die sich auf 56.000 Gulden belaufenden Wechselschulden von Frankfurter Messen nicht zu begleichen imstande war.703 Reinhard Hildebrandt argumentiert mit strukturellen Schwächen der Welser-Gesellschaften in dieser späten Phase: Neben der mangelnden Kontinuität in der Unternehmensführung mochte das konfessionelle Auseinanderdriften der Familienzweige eine nicht unwichtige Rolle spielen. Die Brüder Christoph und Leonhard Welser ehelichten protestantische Gattinnen, die Nachfahren ihres Bruders Hans blieben katholisch. Ein Neffe des langjährigen Prinzipals Christoph, Hans Friedrich Welser (1554–1610), investierte einen Teil seines Vermögens bei seinem Schwager Wolf Paler

Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 45 f. Kalus, Pfeffer, S. 58 f.; S. 83–91. Diese Entwicklung wollte auch Sven Schmidt in seiner ursprünglich als Dissertation angefertigten Schrift erörtern. Allerdings setzt er diese Tendenz bereits für die Geschäftsphase der Christoph-Welser-Gesellschaft an, die seines Erachtens das lockere, rechtlich flexiblere „italienische“ Unternehmensmodell des business partnership agglomerate mit „eigenständigen“ „Filialgesellschaften“ (wie Bauer, Unternehmen, S. 33–36) rezipierte und dadurch günstiger sowie flexibler operieren konnte. Hierbei kam dem Kommissionshandel eine entscheidende Funktion zu (Schmidt, Manuskript der Dissertation, S. 498–671); komplementär traten der Speditionshandel (ebd., S. 671–731) und die Gelegenheitsgesellschaften (ebd., S. 731–865) hinzu. Vgl. Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 51 (resümierende Bemerkungen zur unter Bartholomäus Welser eingeleiteten Restrukturierung der Gesellschaft). 701 Vgl. Alexander Sigelen, Dem ganzen Geschlecht nützlich und rühmlich. Reichspfennigmeister Zacharias Geizkofler zwischen Fürstendienst und Familienpolitik, Stuttgart 2009. – Für diesen Hinweis danke ich Mark Häberlein. 702 Hildebrandt, Der Niedergang, S. 270 f. – Ursprünglich hatte es sich um zwei separate Kredite gehandelt: von Marx Fugger & Gebrüder nahmen sie 1587 30.000 Dukaten (= ca. 60.000 Gulden) auf, gefolgt von einem Kredit der Anna Vaihinger, Witwe David Welsers, zusätzlich fast 21.500 Gulden, im Jahr 1589; der Kontext war wohl der niederländisch-englische Krieg von 1588/89: Müller, Der Zusammenbruch, S. 200 f. 703 Müller, Der Zusammenbruch, S. 217–220; Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 48 f. Johannes Müller liefert in drei Anhängen die gerichtliche Aufstellung der Debitoren, der Kreditoren und der Insolvenzverwaltung gemäß Veröffentlichung vom 13.12.1618 (Müller, Der Zusammenbruch, S. 226–234). 699 700

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(ca. 1545–1622), der aber der lutherischen Konfession angehörte. Auch erwarben die Welser weitaus weniger Grundbesitz als die Fugger, so dass ihnen die entsprechende, relativ sichere Rendite aus Grund und Boden entging.704 Sven Schmidt erklärt, dass die Christoph-Welser-Gesellschaft zum Zeitpunkt ihrer Übergabe an die Nachfolger keineswegs überschuldet war. Zwar zeigte das wagemutige Investitionsverhalten von Marx und Paul Welser die mangelnde Erfahrung der späteren beiden Leiter, aber die Unternehmung sei daher noch lange nicht dem Bankrott nahe gewesen. Bis 1580 hatte die Welser-Gesellschaft durchaus als solventes Handelsund Bankhaus gegolten, ihre Schwierigkeiten wurden dann allerdings Bestandteil von Gerüchten, was ihrer Kreditwürdigkeit zusehends schadete. Nach dem Ausscheiden des Familienzweigs Bartholomäus Welsers und seines Sohnes Christoph verlor die Gesellschaft wichtige Investoren, welche die Nachfolger Marx und Matthäus Welser & Ges. nicht durch ein eigenes Kreditnetzwerk zu kompensieren vermochten, sondern im Umfeld der Höfe Einleger anwerben mussten. In den letzten Jahren der Existenz der Welser-Gesellschaft gelang es dem Unternehmen offenbar nicht mehr, eine hinreichende Absicherung seiner Kredite zu gewährleisten. Überdies finanzierten sich Marx, Paul und Matthäus einen gehobenen, auf Repräsentation ausgerichteten Familienstatus, wobei die Einkünfte aus den übernommenen Ämtern die Aufwendungen nicht ausgleichen konnten.705 Nachrichten über geschäftliche Aktvitäten der Welser nach dem Bankrott stehen im Zusammenhang mit Christoph Welsers Enkel Marx Christoph, der im Jahr 1589 in Ulm auf die Welt kam. Dorhin war sein Vater Christoph d. J. als ein Exponent der protestantischen Partei Ausgburgs während des Kalenderstreits verbannt worden. Dieser Nachfahre erhielt eine Ausbildung in Venedig und Lyon, wo er sich im Jahr 1621 als reichsstädtisch privilegierter Kaufmannbankier registrieren ließ. Für das Jahr 1635 ist seine Unternehmung Marx Christoph Welser & Co bekannt, welche sich auch im transalpinen Handel zwischen Venedig und Süddeutschland betätigte. Marx Christoph übte in seiner Heimatstadt Ulm diverse Ratsämter aus.706 Die verschiedenen Familienzweige der Welser erlebten also durchaus unterschiedliche ökonomische Schicksale. Auch bedeutete der Bankrott von 1614 nicht etwa den Absturz in die Mittellosigkeit. Allein die Phase der bedeutenden Handels- und Bankgesellschaften der Augsburger Welser war vorüber.

Hildebrandt, Der Niedergang, S. 278 f. Allerdings sei hinzugesetzt, dass die ausgedehnten Landbesitzungen der Fugger durch die Kriegszüge in den 1630er Jahren erheblich an Wert einbüßten, so dass der Verlust dieser Einnahmequelle nicht unerheblich zu den Zahlungsschwierigkeiten der Fugger während des Dreißigjährigen Krieges beitrug: Häberlein, Die Fugger. 705 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 47–49. 706 Ebd., S. 50. 704

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III.4.4

Die Welser in Lyon

Das Faktoreisystem hatte seine Ursprünge zunächst im organisatorischen Bedürfnis, die lockere und bisweilen defizitäre Infrastruktur der europäischen Handelsrouten durch unternehmensinterne Leistungen zu kompensieren. Die Ausdehnung der Handelsgesellschaft der Welser in ein dichtes, aber personalintensives Netz eigener Niederlassungen stellte den Zugriff auf die Märkte und die Zahlungsfähigkeit an den verschiedenen Orten sicher.707 Die Faktoreien folgten dabei Prinzipien der Aufgabenteilung in externe Handelstätigkeiten und interne Verwaltungsaufgaben, wobei insbesondere die eigene Faktoreibuchhaltung ein Motor der Professionalisierung und der Spezialisierung war.708 Gegenüber den Florentiner, Luccheser oder Genueser Kaufmannbankiers, welche an den Handelsplätzen jeweils auf Netzwerke an Kommissionären zugreifen konnten, waren die süddeutschen Fernhandelsleute bis ins 16. Jahrhundert im Nachteil. Vor allem an einem Standtort wie Lyon, der in besonderem Maße von italienischen Handels- und Bankhäusern dominiert wurde, waren die Welser auf geeignete Kooperationspartner angewiesen.709 Die Präsenz der Handelsgesellschaft Welser-Vöhlin in Lyon ist zunächst fassbar durch das Tagebuch von Lukas Rem, der nach Abschluss seiner Ausbildung in Italien 1498 erstmals an die Rhône gelangte. Ab 1496 sind die Unternehmungen Hans und Konrad Vöhlins sowie Anton Welsers, der im selben Jahr aus Memmingen nach Augsburg zurückkehrte, auf Lyoner Messen nachweisbar. Dort tätigten sie Warenhandel mit Gewürzen, Textilien, Metallen, Fellen und Lederwaren, stiegen aber auch in Wechsel- und Kreditgeschäfte ein.710 Am Ende des Jahres 1502 reisten Lukas Rem und Simon Seitz gemeinsam über Toulouse nach Zaragoza. Rem selbst verbrachte den folgenden Zeitraum zwischen 1503 und 1508 in Lissabon, um den Gewürzhandel für die Welser in die Hand zu nehmen.711

Zusammenfassend: Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 23 f. Schiele, Aufschlüsse, S. 83: „Die Arbeit der Faktoren und Diener ist grundsätzlich leitender Art, daneben bringt der Waren- und Geldverkehr sowohl in den Faktoreien als auch in der Zentrale eine Menge Arbeiten mit sich, die vom niederen Arbeitspersonal erledigt werden, wie etwa die Einlagerung und Verpackung von Waren, die Übermittlung und Einkassierung von Geldern, die Besorgung von Botengängen und die Begleitung von Transporten.“ Gerade die letzten Punkte allerdings konnten oft nicht delegiert werden, weil nicht genügend Personal in den Faktoreien vorhanden war und weil man vor dem entsprechenden Kontrollverlust zurückschreckte. Für die Überlieferung ist folgender Aspekt von wesentlicher Bedeutung: „An solchen mittelbaren Verwaltungsaufgaben, die in der Zentrale und jeder größeren Faktorei anfallen, sind im wesentlichen Buchführung, Kassenhaltung, Korrespondenz und sonstige kleinere Schreibarbeiten zu nennen.“ 709 Vgl. Weissen, Florentiner Bankiers, S. 219; Lutz, Die rechtliche Struktur, S. 279–290; Bauer, Unternehmung, S. 67. 710 Häberlein, Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 26. 711 Greiff, Tagebuch, S. 7–11. 707 708

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Die Akteure

Die personelle Präsenz in der Lyoner Faktorei der Welser-Vöhlin-/ Welser-Gesellschaft In Lyon fungierte zu diesem Zeitpunkt Narziß Lauginger als Faktor. Bei seinen Reisen nach Südfrankreich prüfte Lukas Rem wiederholt die Bücher der Lyoner Faktorei und besuchte die Safranmärkte im Süden Frankreichs und in Aragón. Um 1510 waren die Brüder Anton d. J. und Hans Welser Faktoren der Gesellschaft an der Rhône.712 Die Faktoreiabrechnung vom Jahresende 1514 beispielsweise belegt die Präsenz der Söhne mehrerer Teilhaber der Gesellschaft Anton Welser & Mitverwandte: Konrad Vöhlins Sohn Hans, Anton Welser d. J., Peter Haintzels Sohn Anton, Ludwig Reihings Sohn Ludwig d. J., Jakob Welsers gleichnamiger Sohn – sowie des verstorbenen Hans Paumgartners Sohn Franz. Daneben befanden sich auch Simon Seitz, Bernhard Meuting d. Ä., ein Sohn Bernhard Reihings namens Hans Konrad, Konrad Schöpperlin sowie Narziß Lauginger, welche für zerung, selbs gebruch, zuo seiner notturfft und claider Auslagen getätigt hatten, in der französischen Messestadt.713 Im Zensus von 1515 galt die Welser-Gesellschaft wie erwähnt als einzige Haus- und Hypothekenbesitzerin aus Süddeutschland in Lyon neben Leonhard Jungmann, der auch mit der Faktorei der Welser in geschäftlicher Verbindung stand.714 Detailliert geben die Rechnungsbücher der Gesellschaften der Salviati in Lyon, welche in engem Kontakt mit der dortigen Niederlassung der Welser standen, Aufschluss über das in der Rhônemetropole tätige Personal. Allerdings muss wiederholt mit Verballhornungen oder sehr ungenauen Namensnennungen gerechnet werden. Wenn etwa zwischen 1509 und 1510 von einem Lupo alamanno als Geldboten die Rede ist, dann ist eine detaillierte Suche für die Erkenntnis vonnöten, dass damit Wolfgang Langenmantel gemeint ist.715 Ob der als loro huomo bezeichnete Churado zwischen Februar 1509 bis Dezember 1513 Konrad Wolf ist716 oder mit dem dann stets als Churado Scerpellin, der den nur Churado betitelten Mann nach Dezember 1513 abzulösen

Häberlein, Brüder, S. 82; Greiff, Tagebuch, S. 6–15. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 71 f. (im Journal der Augsburger Zentrale Z 6 [6.74–86, 6.87]). 714 Ver Hees, Oberdeutscher Handel, S. 77; S. 80; Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 72: Item Lienhartt Jungkman soellen wir adi 12 dec(ember) / aus der rech(n)u(n)g von Lionn / hautt er den vnnsern zuo Lionn adi 24 may bar g[eb]en 150 𝛻 de soll, soll man im zuo anderm in c(om)p(ani)a schriben. 715 SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 34 (Februar 1509); c. 140 (Mai 1509); c. 197 (August 1509); SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. 186 (1510.1); die Auflösung findet sich im Eintrag des Messebuches: SNS, AS, I, 441 (L LibFier AA), c. 85. Zu Wolfgang Langenmantel: Reinhard, Augsburger Eliten, S. 1086. 716 Zu Churado, Churado loro huomo, Currado loro: SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 34 (Februar 1509); c. 251 (1509.3); SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. 186 (1510.1); c. 286 (1510.3); SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 283 (Dezember 1512); c. CCCLXXVIII (Mai 1513); SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. 98 (September 1513). 712 713

Die storia interna der Salviati und der Welser

scheint und bis September 1520 wiederholt auftrat717, spezifizierten Churado identisch ist, bleibt Gegenstand von Spekulationen. Churado Scerpellin erfüllte bei seinem ersten Erscheinen noch die Aufgabe eines Geldboten, doch später, im Jahre 1520, war er als Handlungsreisender unterwegs. Denn er verhandelte im gemeinsamen Auftrag der Welser und Salviati in Fribourg und brach sogar nach Venedig auf. Über seine Aufwendungen wurde ein eigenes Konto geführt. Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei Churado Scerpellin um Konrad Schöpperlin, Sohn des Augsburger Kaufmannes Sebastian Schöpperlin († 1555)718 – was dafür spricht, dass er sich ab Ende 1513 zur Ausbildung bei Anton Welser & Mitverwandte in der französischen Messestadt aufhielt.719 Dann allerdings bliebe die Frage nach der Identität des Churado loro huomo bestehen. Einige Figuren, die im Dienst der Lyoner Niederlassung der Welser-Vöhlin-Gesellschaft auftauchen, dürften nicht zu identifizieren sein. Diese Sachlage illustriert der Fall des Marco Antonio oder auch Marco di Piero Antonio, der als Geldbote der Welser durch die Geschäftsbeziehungen mit den Salviati geistert.720 Offenbar muss dieser Mann ein Auszubildender gewesen sein, der an die Faktorei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft vermittelt worden war.721 Ein Piero loro huomo wird ebenfalls eine obskure Person bleiben.722 Im Juli 1529 war ein Pitigani loro homo als Geldbote für die Welser in Lyon unterwegs; auch seine Identität ist einstweilen ungelöst.723 Auffällig sind die in Lyon anwesenden Faktoren oder Mitarbeiter, die aus dem Familienkreis der Teilhaber der Gesellschaft Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte bzw. Anton Welser & Mitverwandte stammen. Im Journal der Zentrale in Augsburg von 1506/7 findet sich ein Hinweis darauf, dass Andreas (Endres) Rem die Lyoner Rechnung führte.724 Wenige Jahre später, in den Jahren 1514 und 1515, übernahm er die Aufgabe als Buchhalter in der Zentrale.725 Anton Welser d. J., Sohn Antons, hielt sich

Zu Churado Scerpellin oder auch Curado Carpelin: SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. 141 (Dezember 1513); SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 529 (August und September 1520); c. DXXVIII; c. 518/DXVIII (Mai 1520). 718 Zu Sebastian Schöpperlin: Reinhard, Augsburger Eliten, S. 744 (Lfdnr.: 1150); Konrad Schöpperlin: ebd., S. 993 (Lfdnr. 1425). 719 Zu Sebastian Schöpperlin: Reinhard, Augsburger Eliten, S. 744 (Lfdnr.: 1150); seine älteren Brüder David und Macharius haben eigene Einträge: Lfdnrn.: 1148 und 1149. Konrad Schöpperlin taucht 1573 als Notariatszeuge bei Christoph Welser auf (ebd. S. 993, Lfdnr.: 1425). 720 SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. 186 ( Januar 1510); c. 237 (Februar 1510). 721 Lang, Fremdsprachen. 722 Zu Piero loro huomo, auch loro Piero oder nur Piero: SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. 73 (Februar 1510); c. 186 ( Januar 1510); c. 237 (Februar 1510). 723 SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. 100 ( Juli 1529). 724 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 56 (4.44): Ittem Lionn soll vnns adi 22 feber / hand die vnsern zuo Vinedig kaufft vir Her Hans Rudolff vonn Scharnatal zuo Bernn 1 1⁄2 quart muschatel, kost 3 duc 14 gr, tut zuo 39 per c(ent)o 4 fl 19 ß 7 hl, v(er)rait Endriss Rem inn seiner rechnong adi 20 febrer 1507 […]. 725 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 67–69 (Zentraljournal Z 6): Dort wird Endres Rem 717

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Die Akteure

ebenfalls schon im Jahre 1510 in Lyon auf726, bevor er im Jahre 1513 in der Antwerpener Niederlassung des Handelshauses weilte.727 Simon Seitz befand sich im März 1511 am Zusammenfluss von Saône und Rhône.728 Er war es auch, der zuvor als Vertreter der Welser-Vöhlin-Gesellschaft im Februar 1503 einen Handelsvertrag mit dem portugiesischen König Manuel I. abgeschlossen hatte.729 Im Jahr 1510 befand sich Hans Vöhlin (1488–1556) als Faktor der Gesellschaft Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte in Zaragoza, welches ein Zentrum für den Pastell- und Safranhandel war.730 Dieser Hans Vöhlin muss dieselbe Person sein, die als Teilhaber der Kommende Domenico Naldini, Hans Vöhin & Co zwischen 1507 und dem nachfolgenden Jahr für diese Einkaufsfirma sowohl im Süden Frankreichs als auch auf den Messen in Aragonien unterwegs war.731 Im Januar 1511 und im September 1512 weilte er in Lyon, wo er Bargeld beim Kassenwart der Salviati abholte.732 Den Augsburger Rechnungen zufolge bestritt Hans Vöhlin dort im Jahr 1514 Ausgaben zum eigenen Gebrauch.733 Ob es sich bei dem bis 1522 in engerem geschäftlichen Kontakt mit den Salviati in Lyon stehenden Gian alamanno di Tolosa ebenfalls um Hans Vöhlin handelte, lässt sich nicht sicher belegen.734 Aber auch Söhne von Teilhabern lernten in ihrer Ausbildungsphase in Lyon wie Georg Rem, der sich um 1511 für mindestens ein Jahr im Süden Frankreichs aufhielt.735 Georg Rem führte in den Jahren 1513 und 1514 bei den Salviati die Kasse.736

zitiert mit hautt eingenom(m)en, hautt enpfangen, hautt zalt und hautt geben (Item Augspurg); S. 73 (Z 6). Und gemäß Kapus ebd., S. 162 (Aug 1.14): vff Endr(es) Rem(en) handschr(eiben). 726 Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 26. 727 Ebd., S. 27. 728 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. 227. 729 Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 27. 730 Ebd., S. 26. Ob es sich um den vielleicht 1511 in Zaragoza gestorbenen Hans – Sohn von Hans Vöhlin d. J. († 1496) und Elsbeth Schad – handelte, lässt sich nicht ermitteln: Eirich, Die Vöhlin, S. 10; S. 132. 731 Florenz, Archivio Naldini del Riccio [künftig: ANaldRic], Filza 1 (Busta di lettere, 1505–1511, Francesco e Domenico Naldini sowie Johann Vöhlin), nicht paginiert: Johann Vöhlin, Zaragoza, an Francesco und Domenico Naldini, Toulouse, 1.4.150[8]. 732 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. 227; SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 219. 733 Geffcken/Häberlein, Rechnungsbuchfragmente, S. 71 (Z 6.77: Hanns Vechlin). Wenn ich richtig sehe, ist das bisher angenommene Sterbedatum von 1511 nicht zu halten – es sein denn, man muss einen weiteren Hans Vöhlin annehmen (was vom Aktionsradius des besagten Hans her eher unwahrscheinlich ist). 734 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 177v (13.2.1520); SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 346 (Oktober 1522). – Von Mark Häberlein habe ich die Lebensdaten Hans Vöhlins, der keineswegs, wie irrig festgelegt, bereits im Jahr 1511 gestorben war, sondern wesentlich länger lebte (und nach Augsburg zurückkehrte). Dieser Befund macht es wahrscheinlich, dass die Salviati Hans Vöhlin als genügend vertraut ansahen, so dass sie im nur den Vornamen gaben; da der Name Gian in Italien und Frankreich extrem häufig auftrat, genügte der Zusatz alamanno offenbar, um ihn entsprechend zu identifizieren. 735 SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 82 (1511.4): spese di uno anno. 736 SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. CCCLXXVIII (Mai 1513): nostro Giorgio Rem in debito alla cassa; SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. CCCVIIII (1514.2).

Die storia interna der Salviati und der Welser

Die personelle Präsenz in der Lyoner Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte Nach der Auflösung von Anton Welser & Mitverwandten spiegelte sich die Neubenennung der Gesellschaft zuerst in einem Briefkopiar der Lyoner Salviati mit einem Schreiben vom 6. Dezember 1518 wider (s. III.4.3).737 Nur zwei Tage zuvor findet sich ein erster Brief an Andrea Rem e co di Augusta. In diesem Schriftstück erwähnt Lionardo Spina nicht nur die neue Legitimation der Firma von Andreas, Lukas und Hans ( Johann) Rem sowie Diegho Honoldit (Ulrich Honold?), sondern verweist auch auf den kurze Zeit zurückliegenden Tod des einstigen Leiters des Lyoner Handelshauses, Francesco Naldini, und damit auf seine eigene Legitimation.738 Die Beziehung der Salviati in Lyon zur Gesellschaft Andreas Rem & Gebrüder rührte wohl aus der persönlichen Bekanntschaft von Lionardo Spina mit Lukas Rem her. Für die fünf Jahre von 1518 bis 1523 bestand eine durchaus enge Geschäftspartnerschaft zwischen den beiden Firmenniederlassungen in Lyon. In dieser Phase lassen sich für Andreas Rem & Gebrüder zunächst im Dezember 1518 Matthias Rem739, von April 1519 bis Mai 1521 der Berner Bürger Daniel Gondelfinger740 sowie Jakob Ott zwischen Dezember 1519 bis Dezember 1520741 in der französischen Messestadt nachweisen. Jakob Ott fungierte gemeinsam mit Gabriel Steudlin und Hans Rem (einem Bruder von Lukas) als Vertreter der Welser-Vöhlin-Gesellschaft in Lissabon um 1510.742 Ein Schwager der Rem-Brüder, Georg Ehem, wurde zur Ausbildung nach Lyon geschickt. Der Leiter der Salviati-Gesellschaft in Lyon, Lionardo Spina, brachte den jungen Mann bei Geschäftsfreunden, den Spaniern Francisco Carrión & Co, unter.743 Ferner weist die Buchführung von Redi di Alamanno Salviati & Co di Lione auf die Tätigkeit von Ulrich Ehinger in Lissabon744 und Hieronymus Schultheiss in Genua745

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 8r (6.12.1518). Der Autor des Briefes, Lionardo Spina, kondoliert und bemerkt die neue Bezeichnung der Firma als Bartolomeo Belzeri e compagni. 738 SNS, AS, I, 472 (L DebCred E), c. 9v. 739 SNS, AS, I, 472 (L DebCred E), c. 10v (6.12.1518). 740 SNS, AS, I, 472 (L DebCred E), c. 89rv (4.9.1519) als Daniel Goldefinder; c. 115 (30.111519) als Daniello; c. 177 (13.2.1520) als Daniello Ghondelfinghere; SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 47v (15.5.1521). – Nachweis: Vial, Jean Cleberger, S. 85. 741 SNS, AS, I, 472 (CopLett E), c. 130 (2.12.1519); SNS, AS, I, 475 (L DebCred EE), c. 6 (5.12.1520): Jacopo Hotti oder Jachopo Ott wird erwähnt folgende Version mit Et a Jachopo Hotti vostro homo paghanno 25 di sole und mit al vostro Jachopo Ott si dette le vostre lettere e si li disse se voleva danarj. Beide Stellen können auch so verstanden werden, dass Jakob Ott nicht persönlich anwesend war. 742 Häberlein, Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft, S. 28. 743 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 130 (2.12.1519); c. 178v (13.2.1520); c. 217 (4.9.1520). Lang, Fremdsprachenkompetenz, S. 84 f. 744 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 213 (22.5.1520). 745 Ebd., c. 213 (22.5.1520) und c. 217 (4.9.1520), wobei Hieronymus Schultheiß zwischen Genua und Mailand unterwegs war. 737

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Die Akteure

für die neu gegründete Rem-Gesellschaft hin. Überdies nahm Peter Rem in Venedig an einem Wechselgeschäft der beiden Unternehmungen teil.746 Im Namen der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft befand sich neben anderen im März 1521 der Gesellschafter Jakob Rembolt in Lyon.747 Möglicherweise kehrte Rembolt auch im November 1532 an die Saône zurück.748 Im Januar 1519 tätigte Anton Haintzel auf eigene Rechnung Geschäfte für die Welser in der Messestadt.749 Die Auslagenabrechnung für seynn notturfft vnnd klydung in Lyon vom Jahr 1525 belegt die Anwesenheit von Anton Lauginger d. J. (Sohn Antons), Hans Seysenhoffer (Seißenhofer), Peter Haintzel d. J., Anton Welser d. J., Leonhard Lauginger, Alexander Helmschmidt, Christoph Hebbicher, Wilhelm Rott aus Ulm, Bartholomäus Welser d. J. und Heinrich Haintzel.750 Bartholomäus Welser d. J., der an dem Venezuela-Unternehmen beteiligt sein würde, pflegte in Lyon und Paris offenbar einen Lebensstil, der zu Beanstandungen Anlass gab.751 Heinrich Haintzel erscheint im Mai 1525 in den Kontenbüchern der Salviati in Lyon.752 Er hielt sich wenige Jahre später, im Februar 1528, in Toulouse auf.753 Im Juni 1529 war er wieder in Lyon.754 Der Faktor der Lyoner Niederlassung, Narziß Lauginger, weilte im Juni 1521 in Augsburg, wohin ihm Lionardo Spina einen Brief sandte. Ihn begriffen die in Südfrankreich ansässigen Vertreter der Salviati-compagnia als wichtigsten Ansprechpartner für geschäftliche und rechtliche Aufgaben.755 Er spielte zudem eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen zur Seidenzollpacht im Sommer 1527 und 1528, als er im Januar gemeinsam mit Lionardo Spina nach Paris reiste, um die Gespräche zu einem Abschluss zu bringen.756 Eine in den Ricordanze der Lyoner Unternehmung der Salviati registrierte Abrechnung für die Ausgaben in diesem Zusammenhang, welche die Welser bei den Salviati im Zuge der Regulierung der Pacht eingereicht hatten, deckt einige Monate SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 47v (An Bartholomäus Welser, Antwerpen, 15.5.1521): P(er) chontto de Zuam e Franc(esc)o Zuani e f(ratel)li di V(enez)ja sop(r)a P(ie)ro Rem di V(enez)ja v’abiamo t(rat)to in voy medesimo 𝛻 149 1⁄5 dj 66 a g(ross)i 69 7⁄8 p(er) 𝛻 e rim(esso) p(er) noj ap(ar)te G com’è ditto[.] fattene notta e ne pag(a)te la scripttura conpore a loro chontto e sechondo loro hordine ve ne valetto che ci djchono av(er)la data abastanza e in faltta che no(n) che no(n) [!] avessj (h)ordine fatelo sop(r)a di noy e da noj p(er) f(ier)a d’aghosto vi vallette ./. 747 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 759 (konkret als Bargeldeinnehmer). 748 SNS, AS, I, 513 (L CopLett L), c. 20 (3.11.1532): Dal vostro Jacob Renbolt abbiamo inteso […]. Vermutlich geht es um den Kaiser in Spanien, und Rembolt hielt sich tatsächlich in Spanien auf. 749 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 119. Ferner verfügte er über ein Konto bei den Salviati: ebd., c. 156/ CLVI (beginnend Allerheiligenmesse 1518). 750 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 109 f. (Augsburger Journalfragment Z 8 [8.8.57–8.66]). 751 Heinrich Lutz, Conrad Peutinger. Beiträge zu einer politischen Biographie, Augsburg 1958, S. 304 f. – Ich danke Mark Häberlein für diesen Literaturhinweis. 752 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 55. 753 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 124 (Z 8.126). 754 SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. 100. 755 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 55 (12.6.1521). 756 SNS, AS, I, 495 (L Ric I), c. 247v–248r: Copia di vno conto datocj e’ Belzerj di spese fatte p(er) la ghabella, 1526–1528, hier c. 247v. 746

Die storia interna der Salviati und der Welser

ab und benennt dabei eine Reihe an Personen, die in den Verhandlungsprozess involviert waren. Anton Lauginger (vor 1478–1530), der auch 1498 und 1508 in Mailand nachweisbar ist757, wurde von Lyon nach Augburg geschickt, Heinrich Haintzel hielt sich in Bern auf, Heinrich Rembold musste von Lyon nach Bern reisen, auch Jakob Rembold758 kam aus Augsburg nach Bern, um mit Claudio May die Vorbereitungen für eine Einigung mit den königlichen Amtsträgern zu erarbeiten. Am 4. Juli 1528 erteilte Heinrich Haintzel dem gemeinsamen Notar Pierre Dorlin eine procura für die Ausstellung der fälligen Rechtsdokumente. Als Vermittler für die florentinischen und die süddeutschen Kaufmannbankiers sandte man im August 1528 den Berner Jakob May, der seinen inzwischen verschiedenen Vater ersetzte, zum französischen Hof.759 Narziß Lauginger allerdings starb wohl Anfang Juni 1528 in Lyon, wie aus einem Konteneintrag bei den Salviati hervorgeht.760 In einem Brief des 18-jährigen Nürnbergers Anton Tucher an seinen Vetter Linhart vom Sommer 1527 werden Hans Welser, der Sohn Antons d. Ä., und Sebastian, der Sohn des nach Augsburg übergesiedelten Jakob Welser, genannt. Hans arbeitete in der Faktorei Bartholomäus Welsers, als er unter tragischen Umständen ums Leben kam: […] daß Hanß Welsser hie ertrunnckenn ist in der Sonna. Hott sich pattenn wollenn, auch ist Wastien Belsser mit im gewest vnd ettlich Ytaillianner, auch ist woll vmb die Zehenne in die nacht gewest, do sy pad habenn.761

Diese aufschlussreiche Briefpassage verweist auf das soziale und alltägliche Leben der in Lyon weilenden Kaufleute und ihrer Söhne. Denn abseits der wirtschaftlichen Transfers verbrachten die oft jungen Männer Zeit mit gemeinsamen Aktivitäten. Während der Ostermesse 1529 trat Franz Welser, der jüngste Sohn Anton d. Ä.762, in Lyon in Erscheinung.763 Zuvor, im Februar 1511 und im Dezember 1512, hatte sich Franz Welser

Reinhard, Augsburger Eliten, S. 498 (Lfdnr. 684) als Anton II Lauginger. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 148. Jakob Rembold befand sich im Januar 1528 noch in Rom: zaltt dem Niclauss auff der Pfaltz auff aynn sechonda w(exe)lbrieff aus Rom, Jac(ob)o Rembolds handschrifft, de 22 jener pax(a)to [1528]. Im Jahr 1532 war er in Antwerpen: ebd., S. 258. Und im Antwerpener Gesellenbuch im Dezember 1545: ebd., S. 299 (Ant 9.76). Rembold muss 1540 in der Zentrale in buchhalterischer Funktion tätig gewesen sein: ebd., S. 465 (SpH 7.421: souil hatt M(icer) Yacobo Rembolt zu Augspurg auf zeronng herein per Spania emphangen)[oder heißt das, dass Jakob Rembold in Spanien war und zu Augsburg ihm ein entsprechender Betrag für zeronng verrechnet wurde?]. 759 SNS, AS, I, 495 (L Ric I), c. 247v–248r: Copia di vno conto datocj e’ Belzerj di spese fatte p(er) la ghabella, 1526–1528. 760 SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. 188 (der Eintrag datiert auf den 4. Juni 1528 und stellt nur fest: morto di Narcis Lauginger). 761 StadtAN, Tucher-Briefe, E 29/IV, I, 1a, Blatt 18: Anton Tucher, Lyon, an Linhart Tucher, Nürnberg, 27.7.1528. – Ich danke Christian Kuhn für diesen Hinweis und die Überlassung seiner Transkription. Zu Sebastian Welser: Reinhard, Augsburger Eliten, S. 935. Zitiert in: Lang, Fremdsprachenkompetenz. 762 Welser, Die Welser, S. 142–147 (1497–1567). 763 SNS, AS, I, 498 (L LibGior I), c. 100. 757 758

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Die Akteure

hingegen in Paris aufgehalten, wo er Wohnung genommen hatte.764 Im vorangegangenen Jahr, 1528, hielt sich Franz Welser in Augsburg auf.765 Der oben als Welser-Handelsdiener in Lyon erwähnte Bernhard Meuting d. Ä. taucht in den Rechnungsbüchern der Augsburger Zentrale von 1502/03 als in Italien aktiver Vertreter der Welser-Vöhlin-Gesellschaft auf.766 Zwischen September und November 1514 befand sich Meuting in Genua und war im Auftrag der Mailänder Faktorei unterwegs.767 Das Journal der Zentrale in Augsburg führt ihn zum 12. Dezember 1514 – nur wenige Wochen nach den Buchungen, die seine Tätigkeit in Italien bestätigen – in der Lyoner Rechnung.768 Mit Buchungsdatum Juli 1525 bewegte sich Bernhard Meuting immer noch in Italien.769 Im Jahr 1530 erscheint er auf einem Kontoauszug der Zentrale.770 Die hier aufgelisteten Daten betreffen einen Bernhard Meuting, der wahrscheinlich der gleichnamige Vater eines später in Frankreich sehr aktiven Bernhard Meutings d. J. ist: Denn von April 1528 an trat Letzterer zunächst als giovane und dann als Kassier der Welser-Faktorei in Lyon auf.771 Er fungierte ab Mai 1531 als Handelsdiener.772 Ende des Jahres 1537 notierte der Buchhalter der Salviati ihn gemeinsam mit einem weiteren Claudio May auf eigene Rechnung: Die als Berner Bürger angesprochenen Kaufmannbankiers verkauften Quecksilber und Zinnober, im Gegenzug erwarben sie Ingwer.773 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. 253; SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 283. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 133 (Z 8.166): Itt(em) Augspurg soll vnns addi ditto / aus aym zedl vonn Nurennbberg / habben die vnsern von Nuer(enberg) addi 15 jener hergesantt bey Sosers knecht aynn saum […] 5 klaynn lott so zuo Anntorff einchaufft send word(en), darein ist geschlag(en) 4 st(uck) leynnwat Hannsen Fechlin vnd Frantzen Welser gehorig. 766 Ebd., S. 43 (Z 3.3). Im Faktoreibuch der Augsburger Zentrale datiert ein Eintrag zu einem Wechsel nach Venedig auf den 1./15. September 1502/1503, bei dem Bernhard Meuting genannt wird: hauut Berna(r)din Miting zuo [[wexel auff]] Vinedig genom(en); 53 (Z 4.32). vgl. Vgl. Robert Steiner, Die Meuting in Augsburg (Genealogica Boica; 3/I), München 1978, S. 56. 767 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 66 f. (8.12.1514: Z 6.36–44). 768 Ebd., S. 72 (Z 6.80). 769 Ebd., S. 105 (Z 8.35): [It]t(em) Bernnhard[inn] [Meyttin]gg soll vnns addi ditto / haut i[m] [S]teffan Ridler [[auff]] 3 luyo par zaltt 20 fl rh ann g[old][[mör 10.13.]][[4]] fl an mintz zuo 16 batzenn per fl auff zerung genn M[aylannd,] [z]esamen 30 fl rh goldsw(er)ung […]. 770 Ebd., S. 155 (Z 10.12): Aus diesem Eintrag lässt sich allerdings keine Ortsbeziehung ableiten, nur bezieht sich die Angabe auf den Augsburger Währungsraum (denn keine Umrechnung ist angegeben): Adi – ditto [[27.11.1530, H. L.]] 10 1⁄2 fl rh goldtt / hatt Bernardin Meiting fir sein F[irstlich] G[nadtt] ausgeben, nemlich 6 fl rh vmb ain vmhang zuo aine(m) bett, vnd 4 1⁄2 fl rh fir 3 el(le)n saya trapada. 771 SNS, AS, I, 495 (L LibRic I), c. 3r: Copia di vna lettera scripta a Blesse a Bernardo Salviati e a Piero Spina a stanza di Bartolomeo Belzerj e co, 15.4.1528. Dort folgender Hinweis: [Q]uesta arete p(er) man di Bernardo Maiting quale viene a trovare Ganscediler che costà si trova e quali t(ut)ti a dua sono s(er)vidori dj B(ar)t(olo)m(e)o Belzeri e co (e) ànno da p(r)esentare vna lettera al Re e da p(r)ochurare d’avere certo salvo chontdotto p(er) certi pastelli come da loro sarete informato […]. Als cassiere: SNS, AS, I, 498 (L Gior I), c. 100 ( Juni 1529). Als giovane: ebd., c. 122 (September 1529); c. 177 (November 1529 bis April 1530. 772 SNS, AS, I, 498 (LibFier I), c. 282 (Mai 1531); SNS, AS, I, 500 (L DebCred K), c. 285 (August 1532); SNS, AS, I, 508 (L DebCred l), c. 119 (September 1532). 773 SNS, AS, I, 524 (L DebCred N tane), c. 303/CCCIII (Quecksilber und Zinnober); c. 317/CCCXVII (Ingwer). 764 765

Die storia interna der Salviati und der Welser

Diese Beobachtungen decken sich mit Angaben aus dem Schuldbuch F der Welser-Faktorei am spanischen Hof vom Juni desselben Jahres: Denn in diesem Zusammenhang zahlte ein Bernhard Meuting in Lyon an Giovanni e Lionardo Bartolini & Co 1.000 scudi di marchi auf einen Wechsel aus.774 Auf der Ostermesse 1538 verfügen May und Meuting über ein Einlagenkonto bei Averardo e Piero Salviati & Co.775 Laut Briefbuch hielt sich Bernhard Meuting im Dezember 1537 in der konkurrierenden Messestadt Besançon auf.776 Dass dieser Meuting in den Wechselhandel involviert war, bestätigt ein weiterer Eintrag in einem Schuldbuch der Welser-Faktorei am Spanischen Hof, als Luis de la Haya ihm am 26. März 1539 auf der Messe im kastilischen Villalón gut 290.000 Maravedis schuldig war.777 Allerdings weist ihn der Buchhalter der Salviati im August 1540 als Angehörigen der Lyoner Welser-Faktorei aus, als Meuting ein schwarzes Stück Tuch zur Abholung übergeben wurde.778 Im Herbst 1529 sowie im Januar 1530 lässt sich Simon Niklas im Dienst sowohl von Bartholomäus Welser & Mitverwandten als auch der Nürnberger Jakob-Welser-Gesellschaft in Lyon belegen.779 Niklas scheint länger in der Messestadt geblieben zu sein, weil er später von Matthäus Schwarz als zur Firma Hans Welsers aus der Nürnberger Linie gehörig identifiziert wurde und um 1540 auch für die in Frankreich nicht vertretenen Fugger aktiv war.780 Schließlich weilte Leonhard Welser (1521–1557) im Jahr 1550 in Lyon.781 Er war nicht nur Gesellschafter des Handelshauses seines Vaters, sondern auch ab 1553 in der Unter-

Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 343 (SpH 5.55): Vincentz Birckeimer vnnd Hans Rueger sollen wir adi 22 junio / per Ju(an)o Babt(ist)a Beloty y compania / mvd 379’639 / vmb 1’000 𝛻 zuo 377 mvd per 𝛻 vnnd 7 per m(ill)a, hatt Bernhartt Meiting zuo Lion vergangen Ostermeß per gedachts Birckaimer vnnd Ruegers conto den Giovani y e reddi di L(eonar)do Bertolini zuo wexel gelichem, soll vns Beloty diß mayo meß zalen, vnd wir obstenden wider per Lion wexeln. – So schon: Mark Häberlein, Art. „Meuting“, in: Günther Grünsteudel / Günter Hägele / Rudolf Frankenberger (Hgg.), Augsburger Stadtlexikon, 2. völlig neu bearbeitete und erheblich erweiterte Auflage, Augsburg 1998, S. 653 f. – Geffcken/Häberlein vermuten, dass es sich in diesem Fall um einen eigenständig agierenden Bernhard Meuting handeln müsste und dass dieser der gleichnamige Sohn des langjährigen Welser-Faktors sein könnte. Diese Vermutung lässt sich anhand der Salviati-Buchungen bestätigen. Keiner der beiden Bernhards taucht auf bei: Häberlein/Bayreuther, Agent. Vgl. Steiner, Die Meuting, S. 56. – Reinhard, Augsburger Eliten, S. 535 f. (Lfdnr. 810); Häberlein, Brüder, S. 141–143. 775 SNS, AS, I, 524 (L DebCred N tanè), c. 323/CCCXXIII. 776 SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 180v. 777 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 462 (SpH 7.334). 778 SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. 160 (am 11.8.1540): vna peza di muchayarro nero data a el loro B(er)nardo Meyting. 779 SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. 146 (Oktober/November 1529: für Bartholomäus Welser & Mitverwandte); c. 153 ( Januar 1530: für Jakob Welser). 780 Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 115–124; S. 349–361 (s. o.). 781 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 185 (Aug 3.145): souil haben der Herren leutt dem Sebastian Rentzen zuo Lion firgestreckt laut ains conto, so H(err) Lienhart Welser bey hannden vnd er mir bezallt. Vgl. ebd., S. 340 (SpH 4.51: 1533). 774

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Die Akteure

nehmung seines Bruders Christoph Welser & Gebrüder engagiert. Bereits im Jahre 1546 ist sein Aufenthalt in Frankreich kundig.782 Die Darstellung der für die Welser in Lyon aktiven Personen weist vier Charakteristika auf: Erstens war die Welser-Faktorei zahlenmäßig deutlich stärker besetzt als die compagnia der Salviati. Die meisten der in Lyon erscheinenden Vertreter des Augsburger Handelshauses hielten sich offenbar nur kurze Zeit dort auf und befanden sich auf der Durchreise. Nur wenige wie der langjährige Faktor Narziß Lauginger, der von 1498 bis zu seinem Tod 1528 die Geschäfte an der Saône führte, Hans Welser d. Ä., der von 1510 bis 1528 auftaucht, oder Anton Welser d. J. sind über längere Zeitspannen dokumentiert. Zweitens arbeiteten andere wie Bernhard Meuting d. Ä. in Mailand vorwiegend in anderen Faktoreien und passierten Lyon nur zur Erledigung bestimmter Geschäfte. Drittens standen Kaufleute wie Bernhard Meuting d. J., der in der Welser-Faktorei eine Ausbildung absolviert hatte, vorübergehend im Dienst der Lyoner Niederlassung. Auch Simon Niklas bewegte sich eigenständig und übernahm Aufträge sowohl für die Gesellschaft Bartholomäus Welsers als auch für diejenige Hans Welsers. Viertens wurden die Söhne von Teilhabern nach Lyon geschickt, um dort ihre Ausbildung zu absolvieren (vgl. Kapitel VI.1). Die Welser in Lyon nach 1551 Über die Dauer der Existenz der Welser-Faktorei in Lyon können keine genauen Angaben gemacht werden. Die Handelsgesellschaft von Bartholomäus Welser & Mitverwandte behielt eine Zweigstelle an der Rhône bis zu ihrer Auflösung im Oktober 1551.783 Die letzten Nachweise im Salviati-Archiv beziehen sich auf die beiden Nürnberger Unternehmen von Jakob und Sebastian Welser di Lione einerseits und Hans Welser & Gebr. andererseits: Beide sind im Frühjahr 1554 mit hohen Einlage-Beträgen in den Salviati-Rechnungsbüchern verzeichnet.784 Die Augsburger Handlung Matthäus und Marx Welser firmierte zwischen Mai 1554 und Juni 1555 mit Einlagen von insgesamt 12.364,5,11 scudi di marchi bei Filippo Salviati

Welser, Die Welser, S. 187. Vgl. SNS, AS, I, 588 (L DebCred V), c. 118/CXVIII. Dazu auch: StAN, S I L 48, Nr. 60 (zit.: Pfeiffer, Die Privilegien, S. 158 f.). Vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LII f. 784 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. CLV (17.2.1554 für Iacopo e Sebastiano Belzeri di Lione per dipoxiti mit 4.102,10 scudi di marchi); c. 184 (1.3.1554 für Giovanni Belzeri e fratelli per dipoxiti mit 6.090 scudi di marchi). – Die Aktivitäten der Handelsgesellschaft der Brüder Jakob (II) Welser (1498–1553) und Sebastian (1500–1566) lassen sich gut nachweisen für Antwerpen, wo der auch dort angesiedelte Jakob (II) in großem Stil an der Partita der Stadt Antwerpen teilnahm. Nach dem Tod des Jakob lief die Unternehmung noch unter demselben Namen bis 1561 weiter, als die Firma auf Sebastian allein überging: Welser, Die Welser, I, S. 410–437. Zu Hans Welser & Gebr. ebd., S. 426. 782 783

Die storia interna der Salviati und der Welser

& Co.785 Darüber hinaus traten noch der für die Augsburger Welser als Kommissionär tätige Michael Sailer und die Brüder Bernhard und Philipp Meuting in Lyon im selben Zusammenhang auf.786 Bernhard und Philipp Meuting, deren Engagement bei den französischen Kronanleihen bekannt ist787, handelten im März 1554 überdies mit Seide, ebenso im Februar des folgenden Jahres.788 Die Niederlassung der Nürnberger Welser in Lyon scheint möglicherweise länger bestanden zu haben: Jedenfalls ist sie im Jahre 1577 noch bekannt.789 Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts finden sich gemäß den Akten im Stadtarchiv Lyon noch Faktoreien des Augsburgers Christoph Welser und des Nürnbergers Hans Jakob Welser.790 Geschäftstätigkeit in Lyon Das Kerngeschäft der Welser-Vöhlin-Gesellschaft in Lyon bestand zunächst vorrangig im Warenhandel. Insbesondere Safran, Farbstoffe (Pastell) und feines Tuch (z. B. aus Perpignan und Carcassonne) motivierten die Augsburger Kaufleute dazu, sich am Zusammenfluss von Saône und Rhône einzufinden. Denn von hier aus öffneten sich die französischen Märkte, und die Bedeutung von Lyon als Drehscheibe und Clearingstelle nahm im Gefüge der reichsstädtischen Wirtschaftsverbindungen an Bedeutung zu. Ihrerseits führten die Welser-Vöhlin Metallwaren, Silber und süddeutsche Textilien über Lyon aus.791 Nach Ausweis der eigenen Überlieferung der Handels- und Bankgesellschaft Bartholomäus Welser & Mitverwandte tätigten die Welser zwischen Lyon und Antwerpen Wechselgeschäfte, wie es auch die Salviati taten. Zwischen dem 7. November und dem 13. Dezember 1528 nahm die Antwerpener Faktorei gut 2.200 Pfund flämisch (knapp 7.670 scudi di marchi) zu Wechsel, welche die Lyoner Niederlassung an verschiedene gut etablierte Korrespondenten wie Antonio e Ludovico Buonvisi & Co, Bartolomeo

ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A), c. 78/LXXVIII. Ferner noch mit insg. 21.466,13,3 scudi di marchi zwischen September 1554 und Frühjahr 1555 unter dem Konto Filippo Salviati per suo conto di tempi aparte B a ordine di Matteo et Marco Belzeri di Augusta: ebd., c. 87/LXXXVII. 786 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z giallo), c. 184 (für Miquel Sayler di Lione per dipoxiti mit 3.654 scudi di marchi am 1.3.1554); c. 184 (für Bernardo e Filippo Meyting per dipoxiti mit 2.030 scudi di marchi am 1.3.1554). 787 Ehrenberg, Das Zeitalter, I, S. 189; Häberlein, Brüder, S. 141–143. 788 ASFi, Bartolomei, 1 (L/II Gior A), c. 3 (9.4.1554): Bernardo e Filippo Meyting di Lione p(er) paghare a p(r)ox(i)ma pagham(en)tj della paxata fiera d’apparizione vier Ballen Seide (zu je lb 212) nach Genfer Gewicht zu insgesamt 1.850,8,9 scudi di marchi und nochmals vier Ballen seta (zu je 215 lb Genfer Gewicht) zu insgesamt 1.874,17,9 scudi di marchi; c. 26 (6.2.1555): vier Ballen Seide aus Messina zu insgesamt 2255,8,10 scudi di marchi; c. 97 (12.3.1554). 789 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 425. 790 Zitiert nach ver Hees, Die oberdeutschen Kaufleute, S. 244: Cristoffle Welser, 1579–98 (AML, HH, 292) und Jehan Jacques Welser, 1579–98 (AML, HH, 292). 791 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XL. 785

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Die Akteure

Panciatichi & Co, Buonaventura Micheli e Urbano Parenzi & Co oder Redi d’Alamanno Salviati auszuzahlen hatte.792 Allerdings lässt sich die Geschäftstätigkeit der Faktorei der Welser in Lyon in Einzelheiten erst durch die Buchführung der Salviati genauer beschreiben und interpretieren. Die Perspektive der Schnittstelle zweier Buchführungswelten zur Darstellung von kooperativen Verhaltensmustern und Handlungsketten wird im folgenden Kapitel eingenommen. III.5

Zwischenfazit: Komplexe Handlungsgeflechte in Lyon

Die vorangegangenen Erörterungen zu den Akteuren auf den Märkten im südfranzösischen Lyon verweisen nicht nur auf die vielschichtige Beschaffenheit ökonomischer Akteure wie Handelsleute, Handels- und Bankgesellschaften, Vertreterinnen und Vertreter eines märkteregulierenden Regimes bzw. der Obrigkeit. Vielmehr zeigt sich auch die komplexe Anlage von Handlungsketten, in denen die spezifische Materialität oder Qualität von transferierten Gütern eine aktivierende, weil märktekonstituierende Rolle spielten. Die Besonderheit von Seidentuch beispielsweise motivierte Buchführungen zur speziellen Kontenerfassung sowie Kaufleute, sich in diesem Geschäftszweig zu organisieren und in Gruppen zusammenzufinden. Sowohl die Buchführung als auch die gehandelten Objekte und Güter stellen sich als Handlungsträger in der Konstitution von Märkten dar. Die hier als interne Unternehmensgeschichte (storia interna) angelegte Darstellung der am Marktgeschehen Beteiligten führt vor Augen, wie sehr die Assoziation ökonomischer Akteure von buchhalterischer Logik, organisatorischer Verflechtung, verwandtschaftlichen Beziehungen und den Anforderungen gehandelter Güter und Leistungen bestimmt war. Allerdings zeigt die Zählebigkeit von Kapitalbeständen in der Buchführung, dass die den Transfers unterliegenden buchhalterischen Prinzipien die Existenz von Geschäftszweigen determinierte. Die Verflechtungen von Kapital und Personen erzeugten nicht nur organisatorische Dichte, sondern stimulierten die buchhalterischen Arbeitsprozesse, die wiederum auf die Vorgehensweisen rückwirkten. Die enge Verkoppelung von verwandtschaftlichen und ökonomischen Beziehungen ist unstrittig; die hier präsentierten Unternehmensgeschichten illustrieren aber, dass die in den Buchführungen verarbeiteten Kapitalbestände verwandtschaftliche Formationen beeinflussen und verwandtschaftliche Konstellationen prägen konnten. Nicht zuletzt die gehandelten Güter und Leistungen verweisen sowohl auf das Konsumverhalten von Kunden als auch auf die Organisationsleistungen der Akteure auf Märkten.

Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 135 f. (aus den Augsburger Journalfragmenten Z 8 [8.175–8.182]). 792

Zwischenfazit: Komplexe Handlungsgeflechte in Lyon

Die storia interna erscheint somit als eine Perspektive auf ökonomisches Handeln, in der diversifizierte Handlungmuster aufeinander bezogen sind. Die hierbei genutzten Textquellen weisen nicht nur die Einschreibung unternehmensinterner Handlungsweisen auf, sondern bilden zugleich einen stark buchhalterisch geprägten (und damit limitierten) Blick, dessen Optik in der Logik des Ausgleichs auf Null funktioniert. Diese Perspektive ist es aber auch, die uns den Einsatz komplexer Organisationsstrukturen durch die heterogenen Akteure auf Märkten verstehen lässt. Die Obrigkeiten und ihre Vertreter konnten zwar beeinflussend auf das Marktgeschehen einwirken, zugleich erschienen sie jedoch als Teilnehmer der Märkte selbst. Die Privilegierung der Lyoner Messen gab wesentliche Impulse, doch die Anlage der sich spezialisierenden Märkte wurde von den gehandelten – von bestimmten Konsumenten-Gruppen nachgefragten – „Objekten“ bestimmt. Die spezifische Qualität materieller Güter oder von Leistungen veranlasste Kaufmannbankiers, Transfer- und Zahlungsprozesse zu organisieren und dabei spezifische Strukturen zu etablieren. Daran anknüpfend wird im folgenden Kapitel interfirm organization als Interaktionsraum zwischen den Florentiner Kaufmannbankiers Salviati sowie dem Augsburger Handels- und Bankhaus Welser untersucht. Im Zentrum stehen dabei die verschiedenen Formen kooperativer Handlungsmuster, um die Verkettung der Unternehmensgeschichten mit wirtschaftlichen Entwicklungen, der Konstitution von Märkten und den kulturellen Voraussetzungen darzustellen.

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IV.

Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Die individuellen Unternehmensgeschichten werden ergänzt durch die Dimension der Verbindungen der Unternehmungen miteinander: die interfirm orgnization. Die Entwicklung der Handels- und Bankgesellschaften definiert nicht nur letztlich deren Erfolg oder Scheitern im einzelnen, sondern sie besteht vor allem aus Transferbeziehungen auf Märkten bzw. aus denjenigen Transferprozessen, die Märkte konstituierten.1 Mit der Erfassung der Transferbeziehungen zwischen den Florentiner Salviati sowie den Augsburger Welsern am Messestandort und Gateway Lyon lässt sich ein Segment der jeweiligen Geschäftsaußenverbindungen beispielhaft charakterisieren. Besonders interessant an der hier fokussierten Konstellation ist, dass sich hier verstetigte Transferprozesse zwischen süddeutsch-reichsstädtischen Kaufmannbankiers auf der einen Seite und den florentinischen Merchant bankers auf der anderen aufzeigen lassen. Diese entwickelten sich zwischen den Salviati und den Welsern in geradezu singulärer und zugleich exemplarischer Form.2 Die Intensität der Kooperationsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern unterlag im Laufe der Zeit graduellen Schwankungen. Dabei wird Kooperation nicht allein als intentionale Koordinierung von Interessen begriffen.3 Der hier eingeschlagene Weg nimmt Kooperation vielmehr als signifikante Verdichtung von koordinatorischen Handlungsmustern wahr. Im Sinne der Akteur-Netzwerk-Theorie werden die hierbei auftretenden Handlungsketten rekonstruiert. Die interaktiven ökonomischen Größen (Einzelpersonen, Handels- und Bankgesellschaften, Buchführungen und Güter) rekurrierten auf eingespielte Handlungsmuster, die ihnen die Durchfüh-

Beckert, Die soziale Ordnung. Als Fortsetzung der storia interna bei Federigo Melis, Aspetti, S. 455–634. Lang, Internationale Handelsverflechtungen. Robert Axelrod, Die Evolution der Kooperation, 7. Auflage: München 2009, S. 3–22: Dies hängt damit zusammen, dass hierbei Axelrod davon ausgeht, dass Kooperation in einem Ambiente von egoistisch Handelnden unter bestimmten Bedingungen entsteht und dann zu entsprechend angepassten Strategien der Nutzensoptimierung führt. 1 2 3

Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

rung von Transfervorgängen ermöglichten. Es geht also darum, wie diese Handlungsgefüge entstanden, wie sie sich organisierten und wie dabei Märkte als Plattformen des Transfers von Verfügungsrechten eingesetzt wurden. Demgegenüber konnte es auch zu Defektionen (Nicht-Kooperationen) kommen, auch die dafür sprechenden Gründe müssen berücksichtigt werden.4 Die Perspektive auf die Kooperationsformen zwischen den Salviati und den Welsern ergibt sich aus der Optik der Buchführungen. Denn in der Buchführung der in Lyon niedergelassenen Handels- und Bankgesellschaften Salviati lassen sich phasenweise intensive Geschäftsbeziehungen zur süddeutschen Unternehmung Welser nachweisen. Diese treten als Schuldverhältnisse in Personenkonten oder als Transfers in Warenkonten auf. Mit Blick auf den Standort Lyon dokumentiert das archivalische Material der Welser hingegen lediglich den Rechnungsabschluss des Jahres 1514, welcher immerhin die Warenbestände und das Personal illustriert, und bietet einige weitere Hinweise auf die Lyoner Faktorei.5 Im folgenden Kapitel werden im Anschluss an diese Überlegungen und die beiden oben dargestellten Unternehmensgeschichten die Beziehungen zwischen den Salviati und den Welsern eingehend charakterisiert und interpretiert. Zunächst steht die Frage im Mittelpunkt, wie eine komplexe Geschäftsbeziehung zwischen zwei Handels- und Bankgesellschaften erfassbar ist (IV.1). In einem zweiten Schritt wird dann die Entwicklung der Kooperation der Augsburger Welser und Florentiner Salviati dargestellt (IV.2). Dabei werden sowohl die Anfänge dieser Beziehungen und die Pilotfunktion der Kommende Naldini-Vöhlin nachgezeichnet als auch die Transfergeschichte zwischen den beiden Handlungen auf der Basis der Lyoner Buchführung der Salviati detailliert geschildert, um die Entwicklung der Märkte am Standort Lyon darzustellen. In einem dritten Schritt, der Gegenstand des nachfolgenden Kapitels (V. Kooperation und spezialisierte Märkte) ist, werden zwei spezialisiserte Märkte charakterisiert, damit sowohl den Besonderheiten der Kooperation der beiden Häuser als auch den Eigenheiten dieser wirtschaftlichen Felder und ihrer Bedeutung für die europäische Verflechtung über Lyon Rechnung getragen werden kann. Dabei geht es um den Levantehandel (V.1) und um die Herrscherfinanzen (V.2).

4 5

Vgl. Kapitel I.3. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

IV.1

Die Konstituierung von Geschäftsbeziehungen

Die „Organisation zwischen Unternehmungen“ (interfirm organization) wurde in der Buch- und Kontensystematik der Buchführungen aufgezeichnet.6 Transfervorgänge und Schuldbeziehungen, die es endlich zu saldieren und pari zu setzen galt, dokumentierte der Buchhalter in Personen-, aber auch in Warenkonten. Die Personenkonten erschließen sich über die entsprechende Titulierung: Ein Geschäftskorrespondent wurde als rechtliches (schuldfähiges) Gegenüber begriffen – konnte also sowohl eine „juristische“ als auch eine „natürliche“ Person sein. Diese Differenz wurde in der florentinischen Buchführung durch die Anrede als loro oder lui gekennzeichnet, die süddeutsche Buchführung notierte er/ihm oder sie/ihnen.7 Die Warenkonten verhielten sich demgegenüber etwas komplexer: Bei ihrer Titulierung wird angegeben, auf wessen Rechnung die Güter liefen, wenn das Buchführungssubjekt nicht selbst einen entsprechenden Auftrag erteilt hatte. Dies wird jeweils durch die Formulierung a conto di oder a commissione di oder a comune con charakterisiert.8 Gemeinsame Investitionen wie die gemeinschaftliche Pacht des Seidenzolls werden in einem Warenkonto (dem Konto der Gabella) subjektiviert. Auf diese Weise wurden gemeinsam erworbene Mandeln ebenso wie der gepachtete Seidenzoll als Schuldner der Kompanie verbucht, deren Konten durch entsprechende Erträge ausgeglichen werden mussten. Allerdings werden bestimmte Schritte in der technischen Abwicklung von Transfers – sei es durch die räumlich-physische Vermittlung, sei es durch die Übertragung einer bestimmten Summe in Form eines Wechselbriefs – in Personen- oder Warenkonten des jeweiligen Schuldbuches (libro debitori e creditori) nicht erfasst. Der Grund hierfür ist simpel: Zwischen der Buchführung und dem technischen „Bindeglied“ entstand kein Schuldverhältnis, so dass die Beteiligten an solchen Transfers durchaus sichtbar werden, sie also in das Transfersystem integriert sein mussten, aber nicht als Titulare von Konten erschienen. In den Messebüchern, die den Schuldbüchern vorgelagert waren, wurden indes alle Beteiligungen an Transfervorgängen registriert, auch wenn diese wie der käufliche Erwerb von Wechselbriefen nicht zwingend Schuldverhältnisse begründeten. In den libri di fiere wurden alle Geschäftsvorfälle, die im Laufe einer Messe getätigt wurden,

Vgl. vorheriges Kapitel III.1.1; ausdrücklich vor allem mit Bezug auf die Notariatsarchive und städtischen Bestände: Gascon, Grand Commerce; mit Blick auf eine Mini-Serie der Gondi-Gesellschaft in Lyon (ASFi, Gondi, 7–9; 1516–1523): Tognetti, I Gondi. Der Fachterminus interfirm organization meint: die „Außenbeziehungen“ der Unternehmung; die Transfer- und Schuldbeziehungen des Buchführungssubjektes zu Anderen. 7 Vgl. Melis, Documenti, S. 72. 8 Vgl. Melis, Aspetti, S. 412 f.; vgl. Melis, Documenti, No. 129 (S. 408 f.): ein Beteiligungskonto, in diesem Fall sicurtà (Versicherungen) oder im Fall von panni di Garbo, No. 145 (S. 444 f.). 6

Die Konstituierung von Geschäftsbeziehungen

erfasst. Nur die bestehenden Forderungen und Verbindlichkeiten wurden jeweils an deren Ende in die entsprechenden Bücher oder Konten übertragen. Parallel zu den Messebüchern fügte der Buchhalter der Salviati in Lyon nach der Augustmesse 1534 noch den libro dei committenti in die Systematik der Rechnungsbücher ein. In diesen Büchern notierten die Salviati die Wechseltransfers und Zahlungen, die sie für andere durchführten, unter entsprechenden Personenkonten (als eine andere Kontenart trat in diesem libro dei committenti das Kassenkonto für die Barzahlungen im Zusammenhang mit dem Erwerb oder Verkauf von Wechseln auf). Aufgrund dieser Funktion könnte man diese besondere Buchgattung im Deutschen mit „Kundenbuch“ (oder „Buch der Auftraggeber“) übersetzen. Für die Abwicklung der Wechseltransfers und der Zahlungen erhoben die Salviati eine Kommission (eine Wechselgebühr, die originalsprachlich provisione heißt). Die eingenommenen Provisionen übertrug der Buchhalter in ein Sammelkonto, welches die Gebühren für die Salviati und diejenigen für die natio fiorentina umfasst. Dieses Konto stellt das Scharnier zum libro debitori e creditori dar, weil von dort aus in das entsprechende Sammelkonto der vereinnahmten Provisionen im Schuldbuch übertragen wurde. Zwischen den Personenkonten des Messebuches und denjenigen des libro dei committenti konnten Querverweise geführt werden, allerdings ohne hierarchische Ordnung. Die Transferbeziehungen der libri dei committenti spielen für die Kooperationsbeziehungen sowie die spezialisierten Märkte eine besondere Rolle.9 Aus der Perspektive der Buchführung liefen der in den libri di fiere dokumentierte Messehandel und der in den libri dei committenti registrierte Wechselhandel weitgehend eigenständig im Verhältnis zu den Schuldbüchern (libri debitori e creditori) ab. Dagegen nahm die Buchführung die Träger von Personenkonten auch in ihre Ricordanzbücher und in die Korrespondenzen auf. Die Registratur der versandten und empfangenen Schreiben gehörte zur Buchführung:10 Die Briefkopialbücher verzeichWie es scheint, sind die libri dei committenti „M“ bis „Z“ in der Lyoner Reihe des Archivio Salviati zwar keine singuläre Erscheinung, aber nur in wenigen Fällen sind solche libri dei committenti überliefert (Die anderen überlieferten libri dei committenti sind später? Sind libri dei committenti eine Florentiner Spezialität?). Sie sind bisher in keiner Forschungsarbeit ausführlich diskutiert worden; an dieser Stelle möchte ich ausdrücklich Richard A. Goldthwaite danken, dass er sich im Frühjahr 2016 in eine ausgiebige – virtuell geführte – Diskussion über die libri dei committenti hat verwickeln lassen. Nadia Matringe registriert die Existenz des libro dei committenti zwar in ihrer Arbeit, die sich auch den Zeitraum 1544 bis 1547 konzentriert (auf die Phase mit der Signatur „S“), aber sie erkennt die Tragweite dieser buchhalterischen Spezialität nicht: weder die (mögliche) Singularität dieser Buchgattung, noch die Besonderheit ihres Auftretens oder ihrer Aufgaben: Nadia Matringe, L’entreprise florentine et la place de Lyon: l’activité de la banque Salviati au milieu du XVIe siècle, Florenz/EUI 2014 (unveröffentliche Dissertation), S. 38–42. Dies., La Banque, S. 37–39 (später kommt sie wiederholt auf diesen Büchertypus zu sprechen im Zusammenhang mit dem Wechselverkehr, den sie ausführlich beschreibt: ebd., S. 250–299). 10 Vgl. Melis, Aspetti, S. 357–385: Wenn ich Federigo Melis richtig verstehe, geht er nicht so weit, dass er die Korrespondenzen als in die Büchersystematik integriert wahrnimmt. Das mag damit zusammenhängen, dass erstens das Datini-Archiv nicht die gleiche Art Kopialbücher umfasst wie es das Salviati-Archiv tut (hier tragen die Briefkopiare die jeweiligen Signaturen/Ordnungsnummern), dass zweitens die Korres9

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neten Briefe an Geschäftspartner, die der Buchhalter der Aufzeichnung für würdig befand – dadurch haben die Briefausgangsbücher der Salviati in Lyon den Charakter von Ricordanzbüchern oder Memorialen. Denn keineswegs alle expedierten Schriftstücke wurden festgehalten, sondern nur diejenigen, in denen größere Kontenauszüge verschickt oder besondere Geschäfte angebahnt wurden (Kapitel VI.2–3). In die Ricordanzbücher hingegen ließ der Buchhalter Schriftstücke kopieren, deren buchhalterische Bedeutung in einer phasenversetzten Registratur bestand (wenn sich also Geschäftsabwicklungen über mehrere Messezyklen hinzogen); darauf wurde im Schuldbuch unter den entsprechenden Konten jeweils verwiesen.11 Die Serien der in Lyon angesiedelten Salviati-Gesellschaften sind ein Sonderfall: Denn dieser Archivbestand ist weitgehend vollständig und präsentiert eine komplexe Buchhaltungssystematik.12 Daher können die geschäftlichen Transfers zwischen den Florentinern und süddeutschen Kaufmannbankiers auf mehreren Ebenen nachgezeichnet werden. Die Beziehungen zum Handelshaus der Welser lassen sich systematisch – in verschiedenartigen Konten, auf unterschiedlichen Bücherebenen sowie in Korrespondenzen – rekonstruieren und in ihrer ungewöhnlichen Komplexität charakterisieren. Für den Untersuchungszeitraum liegen nur wenige Reihen von Geschäftsbüchern anderer Unternehmen vor, die eine ähnlich konsistente Analyse erlauben. Neben den Büchern der Naldini sind dies vor allem drei Bücher der Florentiner Handels- und Bankgesellschaft Antonio di Antonio e Pierantonio d’Alessandro Gondi & Co in Lyon, welche einen Zeitraum von 1516 bis 1523 abdecken.13 Dabei zeigt sich allerdings, dass die geschäftlichen Transferbeziehungen zwischen den Gondi und süddeutschen Kaufmannbankiers zwar im Einzelfall sehr umfangreich sind, aber nur punktuell auftraten. Die Gesellschaft Anton Welsers erscheint dabei nur zweimal, als sie 1517 für insgesamt über 12.100 scudi di marchi Pfeffer an die Gondi verkaufte – und das obwohl die Gondi-Bücher von extrem hoher buchhalterischer Qualität sind (also mit Sicherheit alle Schuldbeziehungen der Gesellschaft erfasst sind).14 Die in Lyon 1564 gegründete Handels- und Bankgesellschaft Carlo e Cosimo Martelli & Co hat eine ähnlich konsistente Bücherserie hinterlassen. Neben den libri pondenzen nicht voll in das entsprechende Querverweissystem eingebettet sind. In den Schuldbüchern (libri debitori e creditori / libri mastri) werden sehr wohl Querverweise zu den Ricordanzbüchern aufgenommen (come copiato alle ricordanze), dabei aber nur die Verweise auf Konten (die empfangen oder versandt wurden). Allerdings lässt sich der Memorialcharakter der Briefkopiare (im Fall der Salviati: ausgehender Schreiben) schwerlich abstreiten, denn Briefe, die aus irgendeinem Grund dem Buchhalter wichtig erschienen, wurden in die Briefbücher kopiert. 11 Dazu: Melis, Aspetti, S. 358–365 (hier unter dem Titel memoriale). 12 Vgl. Matringe, La Banque, S. 13 f. (Préface von Jacques Bottin) und S. 35 f. 13 Tognetti, I Gondi. 14 ASFi, Gondi, 7, c. 200/CC: Pepi e altry ispezzj chomp(erat)j p(er) nostro chonto p(ro)p(ri)o; c. 236/ CCXXXVI: Annt(oni)o Belzerj e chomp(agni) alamannj (mit Verweis auf das Konto des Pfeffers). – Vgl. van der Wee, The Growth, II, S. 128.

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debitori e creditori sind auch Briefkopiare, libri di fiere und sogar libri dei committenti erhalten.15 Allerdings erscheint die Dimension der Unternehmung der Florentiner Martelli am Messestandort Lyon geringer als diejenige der Salviati oder der Gondi gewesen zu sein – zudem liegen diese bis 1572 andauernden Aktivitäten nach dem hier vorgeschlagenen Untersuchungszeitraum. In den kürzlich von Peter Geffcken und Mark Häberlein herausgegebenen „Rechnungsfragmenten der Augsburger Welser-Gesellschaft (1496–1551)“ finden sich vereinzelte Spuren zu Transferbeziehungen zwischen den Welsern und den Salviati. Dabei handelt es sich einerseits um Einträge in Augsburger Journalen wie im Fall eines umfangreichen Kupfergeschäftes des Jahres 1518 im Zuge der Verarbeitung der an die Zentrale eingesandten Abrechnungen der Faktorei in Lyon.16 Andererseits präsentieren die überlieferten Rechnungsbuchfragmente auswärtiger Faktoreien in zwei Fällen entsprechende Geschäfte. Ein Schuldbuch der Faktorei Antwerpen zitiert für den 8. März 1538 einen Wechsel über 153,2,6 Pfund flämisch, den Averardo und Piero Salviati & Co auf der nachfolgenden Ostermesse empfangen sollten.17 Ein zur Faktorei am spanischen Hof gehöriges Journal der Maestrazgopacht verweist in einer Buchung unter dem 9. März 1539 zudem auf eine Quecksilberlieferung nach Marseille, wobei nicht erwähnt wird, wer der Kunde ist. Im konkreten Fall ist dies besonders hervorzuheben, weil dieser Transfer von Quecksilber und Zinnober – wie auch der Transfer von Kupfer im Jahr 1518 – zu den extrem seltenen Schuldbeziehungen gehört, welche in den Rechnungsbüchern zweier verschiedener Buchführungen nachweisbar sind.18 Auch in der von Sven Schmidt erstellten Edition des Gewerbebuches der ChristophWelser-Gesellschaft sind sporadisch Geschäfte mit der Salviati-Gesellschaft in Lyon anzutreffen. Auch hier handelt es sich um die Einträge von Abrechnungen der Faktorei durch den Buchhalter in der Augsburger Zentrale.19 Hinsichtlich des Zeitraums von

ASFi, Carte Strozziane, ser. V. no. 1517 (L DebCred A bianco); no. 1510 (L LibCom A) – dazu gibt es sogar einen vorhergehenden quaderno dei committenti, in welchem die alle mit provisioni belegten Vorgänge notierten, bevor sie dann in die Personenkontenstruktur des libro dei committenti übertragen und in den provisioni-Konten summiert wurden: ebd. no. 1509 – und no. 1512 (L CopLett A); daneben weitere Bücher in den Carte Strozziane, ser. V (die ich allerdings nicht einzeln gesehen habe). Dazu jetzt: Mosca, Les Martelli (Ilario Mosca sagte mir, dass er sich nicht intensiver mit der Buchführung der Martelli auseinandergesetzt hat, aber immerhin nutzt er die Bücher ausgiebig; die Publikation der im Dezember 2016 in Paris verteidigten Dissertation steht noch aus). 16 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 85 (Z 6: Journale Zentrale, Augsburg 1514–1518). Ebenso die Notizen auf eingeschickten „Zetteln“ des Jahres 1528 – die jeweils in der Faktorei in Lyon ausgestellt wurden: ebd., S. 130. 17 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragemente, S. 284 [Ant 7.27]. Dieses Wechselgeschäft lässt sich in den libri debitori e creditori der Salviati in einem Welser-Konto nicht nachweisen, weil das Schuldverhältnis nicht zwischen den beiden Unternehmen bestand. 18 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 425 [SpH 6.558]. Vgl. SNS, AS, I, 540 (L DebCred O), c. CCXXX (29.7.1539). Dazu: Lang, La pratica, S. 8. Vgl. Kapitel IV.4. 19 Schmidt, Das Gewerbebuch: Zunächst ist dies ein Wechselgeschäft über immerhin 3.322,22 Dukaten (die Annahme eines Wechsels durch Filippo Salviati & Co) und 1.122 Dukaten im Jahr 1556 (ebd., S. 213); 15

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1554 bis 1560, welchen das Gewerbebuch abdeckt, muss festgestellt werden, dass die Beziehungen zwischen den Salviati und den Welsern damals bereits stark ausgedünnt waren. Insofern ergibt sich durch diese Edition kein repräsentatives Bild der Geschäfte der beiden Handels- und Bankgesellschaften. Vom Standort Lyon, der für die süddeutschen Kaufmannbankiers ein wichtiger Eckpfeiler im europäischen Wirtschaftssystem war, ist allerdings kein Originaldokument der Welser erhalten.20 Im Gewerbebuch Christoph Welsers werden die Konten der Faktorei in Lyon wiedergegeben.21 Dadurch ist man bei der Rekonstruktion der Transferbeziehungen zwischen den beiden Unternehmen auf die Überlieferungskette der Florentiner angewiesen. Kontenklassen für die Qualifizierung von Schuldbeziehungen Für die in Schuldbeziehungen abgebildeten Transfervorgänge lassen sich in den toskanischen Schuldbüchern fünf Kontenklassen ausmachen.22 Erstens die Kontokorrente (conti corrente), zweitens die Messekonten als Untergruppe der Kontokorrente (Konten mit der Laufzeit von jeweils einer Messe), drittens Zeitkonten (conti de’ tempi), viertens Apartkonten (conti apparte) und fünftens Depositenkonten (conti di depositi).23 Dane-

ferner handelt es sich um die Rückzahlung eines Wechselgeschäftes zwischen Zaragoza und Lyon im Jahre 1557, wenn Michael Sailer der Firma Piero Saluiati e L(udowi)co Spina 300 scudi di marchi erstattete. Allerdings ist noch zu prüfen, ob es im Fall der Auflösung zu L(udowi)co Spina nicht zu einer Fehlinterpretation gekommen ist: vermutlich muss es L(ionard)o Spina oder L(ionar)do Spina heißen, denn die compagnia hieß zu diesem Zeitpunkt „Piero Salviati e Lionardo Spina & Co“ (siehe voriges Kapitel) (ebd., S. 257). 20 Die Bedeutung als Standort für die süddeutsch-reichsstädtischen Kaufmannbankiers: Ehrenberg, Das Zeitalter; Häberlein, Brüder; Diefenbacher, Tucher. 21 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 131: Lionn sollen wir adi vltimo maÿo [1555] (ac. 120); S. 142: Lion soll vns adi vltimo december [1555] (ac. 140); S. 166: Guetter zuo Lion sollen vnß adi vltimo december [1555](ac. 179); S. 199: Dono der Ostermeß 1556ten sollen wir adi vltimo [1556] und Dono der Augustmess 56ten sollen wir adi vltimo [1556](ac. 225); S. 250 f.: Guetter zuo Lÿon soll vns adi vltimo aprill [1557](ac. 286) und Guetter zuo Lion sollen wir adi vltimo aprill [1557](ac. 286); S. 224: Lionn sollen wir adi vltimo december 1556 (ac. 258); S. 256 f.: Lionn soll vns adi vltimo jullio [1557] und Lionn sollen wir adi vltimo jullio [1557] (ac. 295); S. 268: 1557 Lion conto aparte soll vnß adi vltimo december (ac. 322); rekonstruiert S. 334: Lion soll vns addi vltimo martzo [1558] (405); S. 378 f.: Lÿon sol vns adi vltimo [1558] und Lÿon soll wir addi vltimo nouember [1558](ac. 437); S. 400 f.: Lÿon conto novo soll wir [1559](ac. 483); S. 406: Lÿon soll vnns addi vltimo marzo und Lÿon soll wir addi vltimo marzo [1559](ac. 485); S. 418: Guetter zuo Lion sol vns adi vltimo april [1559](ac. 492). 22 In der deutschsprachigen Buchführung spricht man von Kontenklassen, wenn innerhalb des Kontenrahmens angepasst an den „regelmäßigen Ablauf des Betriebsgeschehens“ die Verwendung von finanziellen Mitteln sowie die Ermittlung des Erfolgs Konten angelegt werden: Bähr/Fischer-Winkelmann, Buchführung, S. 62–64. Sergio Tognetti spricht seinerseits von einer tipologia (Tognetti, I Gondi, S. 70); ins Deutsche übertragen wäre von Kontentypen (oder einer Typologie der Konten) die Rede. Zunächst: Melis, Aspetti, S. 385–390 (Melis spricht vom sistema dei conti als zweiter Komponente des ordinamento contabile neben dem sistema dei libri). 23 Nicht erwähnt werden Betriebskonten oder die conti di corpo, in denen die Einlage des Stammkapitals dokumentiert wird. Tognetti, I Gondi, S. 70 f.; Sergio Tognetti führt für die Gondi-Bücher folgende Typo-

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ben finden sich noch die Teilhabe- oder Kommissionskonten – also Warenkonten, bei denen die Welser als Teilhaber oder Kommissionäre auftraten. Die ersten beiden Kontenklassen – das Kontokorrent24 und das Messekonto – sind kaum auseinander zu halten. Die Messekonten wurden nicht gesondert namentlich bezeichnet.25 Vielmehr trug der Buchhalter unter dem Kontoträger Antonio Belzeri & Co di Lione im Verlauf einer Messe die eingegangenen Schuldverhältnisse (Verbindlichkeiten und Forderungen) ein, übertrug die Schuld (den Schuldenstand) am Ende der Messe in das Konto Antonio Belzeri & Co di Lione der nachfolgenden Messe und strich es schließlich durch.26 Auffällig ist dabei, dass die meisten dieser Konten ohne ein vorheriges Schuldverhältnis eröffnen und ohne eine zu übertragende Schuld schließen, d. h. der Schuldenstand war am Ende einer Messe oft ausgeglichen (s. u.). Im Kontokorrent wurden fortlaufend Transfers verbucht, bis das jeweilige Konto vollgeschrieben war und der jeweilige Schuldenstand in ein neues Konto übertragen werden musste; auch hier strich der Buchhalter nach dem Übertrag das vorhergehende Konto aus.27 Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen der Kontoführung im eigenen Namen oder für den jeweiligen Geschäftspartner: Im Falle des Eigenkontos erhielt das Konto die Zuschreibung per conto nostro (Nostrokonto), wohingegen die Kontenführung in Kommission den Zusatz per conto loro (Lorokonto) oder, wenn es sich um eine Einzelperson als Auftraggeber handelte, per conto suo erhielt. Davon hing auch ab, zu wessen Lasten anfallende Gebühren (Provisionen, Maklergebühren, Abgaben zugunsten der natio fiorentina) und Abgaben (Einfuhrzölle) berechnet wurden. Aufgrund der wirtschaftlichen Position der Stadt als Gateway ins französische Königreich und zu den logie ein: Erstens conto loro oder conto suo, zweitens conto di tempi, drittens conto loro di tempi, viertens nostri correnti. 24 Ein Kontokorrent ist laut Bundesdeutschem Handelsrecht § 355 gegeben: „(1) Steht jemand mit einem Kaufmann derart in Geschäftsverbindung, daß die aus der Verbindung entspringenden beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses ausgeglichen werden (laufende Rechnung, Kontokorrent), so kann derjenige, welchem bei dem Rechnungsabschluß ein Überschuß gebührt, von dem Tag des Abschlusses an Zinsen von dem Überschuß verlangen, auch soweit in der Rechnung Zinsen enthalten sind. (2) Der Rechnungsabschluß geschieht jährlich einmal, sofern nicht ein anderes bestimmt ist. (3) Die laufende Rechnung kann im Zweifel auch während der Dauer einer Rechnungsperiode jederzeit mit der Wirkung gekündigt werden, daß derjenige, welchem nach der Rechnung ein Überschuß gebührt, dessen Zahlung beanspruchen kann.“ – Vgl. Reinhold C. Mueller, Art. „Kontokorrent“, in: Michael North (Hg.), Von Aktie bis Zoll. Ein historisches Lexikon des Geldes, München 1995, S. 193–194. 25 Die Bezeichnung „Messekonten“ ist eine analytische Kategorisierung, die aus der Handhabung (Eintrag im Messebuch, libro di fiere, und anschließendem Übertrag in den libro debitori e creditori nach Messeintervallen) der Kontenführung resultiert. 26 Aufgrund dieses Verfahrens haben die überlieferten Schuldbücher ihr Erscheinungsbild angenommen: Befinden sich mehrere Konten auf einer acarta-Seite, dann werden sie jeweils durch horizontale Striche voneinander getrennt und nach Übertrag (von links unten nach rechts oben) durchgestrichen. 27 Überlegungen zu diesem Verfahren: Goldthwaite, The Practice.

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damit verwobenen Kreditmärkten agierten die dort angesiedelten Handels- und Bankhäuser als Kommissionäre Dritter und trugen die als Schuldverhältnisse sichtbaren Transfers auf das Konto Anderer (per conto loro) ein. Der Export, der im Eigenkonto notiert wurde, stand dem gegenüber, wenn die Salviati die Welser mit dem Vertrieb von Waren oder der Annahme von Wechselpapieren an auswärtigen Orten wie Antwerpen beauftragten.28 Den dritten Kontentypus bilden die conti de’ tempi. Diese Zeitkonten wurden vor allem dafür benutzt, einzelne Transfers aus dem Messezyklus oder den Kontokorrenten auszugliedern. Dies geschah bei der Kredit- bzw. Vorfinanzierung im Zuge von Warengeschäften. Einer der beiden Geschäftsfreunde ging in Vorleistung, und das Konto diente dazu, das Geschäft bis zu seiner Saldierung gesondert zu verbuchen. Insbesondere wenn ein Transfer bis zu seiner vollständigen Abwicklung mehr Zeit in Anspruch nahm, griff der Buchhalter auf diese Kontenart zurück. Das betraf zumeist Warenkreditverkäufe im Auftrag Dritter, wenn also ein Handelsgut auf Kommission und Kredit veräußert wurde und zu einem vereinbarten Termin die Erfüllung der Zahlung fällig wurde.29 Beim Ausgleich des conto de’ tempi, d. h. nach Abschluss des kreditfinanzierten Transfers, trug der Buchhalter die Forderungen und Verbindlichkeiten des Geschäftes in das laufende Konto des entsprechenden Kontenträgers ein, um die angefallenen Transferkosten und den daraus resultierenden Ertrag zu notieren. Als vierte Variante verarbeitete die Buchführung größere Kreditleistungen in den conti apparte.30 In der Regel passte man die Fälligkeiten höherer Kredite in den Messezyklus ein, um sie entsprechend verrechnen zu können. Apartkonten wurden vor allem genutzt, um Investitionen in umfangreiche Geschäfte und kurz- oder mittelfristige Einlagen aufnehmen und adäquat ausgleichen zu können.31 Der conto apparte bildet insbesondere Partizipationsgeschäfte ab. Wenn etwa eine Partie im Levantehandel ausgerüstet werden sollte und man in der Folge mehrere Monate auf den Ausgleich der Investition warten musste, notierte der Buchhalter diese Form der kurz- oder mittelfristigen Einlage in einem Apartkonto. Die auf dem Konto verbuchten finanziellen Mittel konnten somit in ein bestimmtes Geschäft investiert werden, unabhängig vom Intensitätsgrad der dafür vorgesehenen Kooperationsform. Die fünfte Klasse, der conto de’ depositi, wird in Lyon erst in den 1520er Jahren häufiger greifbar. In den Depositenkonten vermerkte der Buchhalter zumeist umfangreichere Einlagen – dipositi/depositi – in Form von Krediten zu einem jeweils vereinbarten Zinssatz (zumeist zwischen zweieinhalb bis vier Prozent pro Messe).32 Die Einlagen Vgl. Tognetti, I Gondi, S. 70 f. Vgl. Schmidt, Manuskript der Dissertation, S. 246 f. Vgl. Tognetti, I Gondi, S. 70 f. Zum Begriff: Conto a parte (= a separate account) und Conto da parte (= joint account): Edler De Roover, Glossary, S. 87. 31 Goldthwaite, Florentine Banking. Vgl. Melis, Documenti, S. 76 f. 32 Vgl. Melis, Documenti, S. 77: Zunächst war der deposito ein Schritt in Richtung eines Bankkredites: „Un ulteriore passo verso il credito in senso proprio si verifica con l’avvento del deposito, il quale non cor28 29 30

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wurden von Messe zu Messe verschrieben oder verlängert. Genau darin bestand eine Besonderheit des Messestandortes Lyon, denn nach kanonischem Recht war die Verschreibung von Krediten von Messetermin zu Messetermin untersagt (denn bei einem Zinssatz von vier Prozent pro Messe kam man auf einen Jahreszinssatz von nicht statthaften 16 Prozent).33 Quantifizierung von Geschäftsbeziehungen Für das Prinzip der Buchführung war der Umfang von Geschäftsbeziehungen, welche auch in der Transferleistung durch einen Geschäftspartner zugunsten oder zuungunsten eines Dritten bestehen konnten, von untergeordneter Bedeutung. Denn der Datenverarbeitungsprozess der Buchführung verfolgte das Ziel, alle Transfers in quantifizierbare Schuldverhältnisse zu übersetzen (sie also zu homogenisieren). Am Ende stand die Übertragung von Erträgen und Aufwendungen in Gewinn und Verlust. Trat allerdings eine Korrespondentin bei einem Wechselgeschäft wie die Welser-Faktorei in Lyon als Trassantin (die „Bezogene“ eines Wechselgeschäfts) und die compagnia der Salviati als Remittentin auf, entstand kein Schuldverhältnis zwischen den Handelsund Bankgesellschaften Salviati und Welser. In diesem Fall verkauften die Welser den Salviati einen Wechsel und empfingen dafür Bargeld. In einem solchen Kontext zeigte sich das Schuldverhältnis zwischen den Salviati als Wechselnehmern (Remittenten) gegenüber einem Dritten (dem Begünstigten) oder der Welser als Begünstigten (Präsentanten) gegenüber einem Dritten (dem Remittenten).34

risponde esattamente al deposito bancario odierno, che rappresenta il maggiore getto nella provista di fondi della banca (lato attivo): nel nostro caso esso non è affidato ad un’azienda totalmente bancaria e per reimpieghi della stessa indole, ma ad una impresa prevalemente mercantile e, pertanto, proncipalmente per impieghi mercantile […] Insomma, questo deposito, se, osservandone il lato attivo, corrisponde all’attuale operazione di ‚provvista di fondi’ (a parte la diversità del soggetto, che oggi è un banchiere specializzato), ne differisce notevolmente quanto alla sua destinazione […], che non poteva essere integralmente creditizia.“ Es handelte sich also im wesentlichen um einen credito di ampliamento degli affari, einen Bankkredit im heutigen Verständnis; man verwendete den Begriff deposito insbesondere aus kirchenrechtlichen Gründen: Denn jemand der etwas zur Aufbewahrung gibt, darf demjenigen, der aufbewahrt, eine Gratifikation bezahlen. Man kann, so Melis, im Falle der Einlagen (depositi) von Finanzierungskrediten sprechen, die den sovraccorpo aufstockten (ebd., S. 78). – Edler De Roover, Glossary, S. 104 (Art. Deposito). Zum Depositum: Butzert, Investitionen, S. 124 f. – Weil diese Konten erst im Laufe der 1520er Jahre rapide zunahm, führt sie Sergio Tognetti nicht gesondert auf (?): Tognetti, I Gondi, S. 70 f. Zur zunehmenden Differenzierung des Instrumentes: Matringe, Credit. – Die Form dipositi ist die toskanische Variante von „Hochitalienisch“ depositi. 33 Abbott Payson Usher, The Early History of Deposit Banking in Mediterranean Europe (Havard Economic Studies,75), New York 1967 [zuerst 1943], S. 120–125; Matringe, Credit; Hans-Jörg Gilomen, Wucher und Wirtschaft im Mittelalter, in: Historische Zeitschrift 250 (1990), S. 265–301. 34 Zu diesen Vorgängen schematisch: Denzel, Das System, S. 54–57 (dort auch die Begriffe für die Teilnehmer eines Wechselgeschäfts).

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Diese Formen des Transfers sind hinter den Einträgen im Messebuch Q unter dem 3. Juni 1541 zu vermuten, wenn die Papstbankiers Corsini & Altoviti der Unternehmung Averardo e Piero Salviati & Co im Namen der Welser 1.993,9,9 scudi di marchi gutschrieben, welche in der Lyoner Niederlassung der Salviati eingezahlt wurden. Die Faktorei der Welser hatte den Salviati offenbar einen Wechsel verkauft, so dass die Schuldbeziehung zwischen den Begünstigten, Corsini und Altoviti in Rom, und den Salviati bestand. Von wem die Papstbankiers in Rom ihre präsentierten Wechel ausbezahlt bekamen, bleibt unerwähnt.35 Außerdem konnten sich die Faktorei der Welser und die compagnia der Salviati in Lyon als Trassatin (Akzeptantin) einerseits und als Begünstigte (Präsentantin) andererseits begegnen. Dabei wurde der auf die Akzeptantin gezogene Wechsel von der Begünstigten präsentiert und an sie bezahlt. So erwuchs auch aus dieser Konstellation keine wechselseitige Schuldbeziehung zwischen den beiden Formen. Eine derartige Konstellation verbirgt sich hinter einem Wechselgeschäft, das der Buchhalter der Salviati in Lyon am 19. Februar 1541 in das Messebuch eintrug. Dabei fungierte die Welser-Faktorei gegenüber Raffaello da Sommaia & Co in Neapel als Präsentantin einer Rimesse über zehn Mark Gold. Den dazugehörigen Wechselbrief hatten Da Sommaia e Salviati & Co di Napoli an Raffaello da Sommaia & Co verkauft, so dass die Gutschrift der Welser-Faktorei gegenüber der remittierenden Gesellschaft Raffaello da Sommaia & Co erfolgte. Die Firma Salviati in Lyon erstattete als Bezogene den Welsern die Rimesse im Wert von 650 scudi di marchi.36 Während im Wechselhandel die einzelnen Transaktionen, an welchen die Welser oder die Salviati wechselseitig im Auftrage Dritter, also als Wechselnehmer oder als Begünstigte, beteiligt waren, im Messebuch (libro di fiere) unter einer Messe im Konto der Welser bei den Salviati notiert wurden, berichtet das Schuldbuch nur von den jeweiligen Schuldverhältnissen, die im Zuge von Transaktionen zwischen den beiden Häusern entstanden waren. Das heißt, nur in diesem Fall bestand eine Kontokorrentbeziehung zwischen den Salviati und den Welsern, die die Schuldbeziehung als Gegenüberstellung von Forderungen und Verbindlichkeiten sichtbar machte. Dieser Fall trat ein, wenn etwa die Salviati in Lyon als Präsentanten gegenüber dem Luccheser Bankhaus Bernardini & Cenami im Namen der Antwerpener Faktorei der Welser erschienen. Am 26. Februar 1533 beglichen Bernardini & Cenami einen Wechelbrief in

SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 108r: ci fan buoni per loro li Corsini e (h)Altoviti. SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 108: Et m(archi) x d’(or)o p(er) l(etter)a di Nap(oli) de Sommay[a] e Salviati rimessano Raffaele da Sommaya e co p(er) loro corrente posti av(er)e a [[libro de]] c(ommitten)tti. In diesem Fall wird nicht aus der Kasse Bargeld entnommen, sondern durch einen Kredit gezahlt, der im libro dei committenti eingetragen wird; aus dem libro de’ committenti erfolgte zu einem späteren Termin die entsprechende Einbuchung in das Schuldbuch (wenn dieser Finanzierungskredit nicht gar durch ein Darlehen ausgeglichen wurde). 35 36

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Höhe von 500,10 Pfund flämisch zu 1.680 scudi di marchi, den die Salviati den Welsern in Antwerpen gutzuschreiben hatten.37 Die Folgen für die quantifizierende Analyse sollen an einem Beispiel verdeutlicht werden: Zwischen der Augustmesse 1540 und der Augustmesse 1542 führte der Buchhalter der Salviati in Lyon den Libro di fiere Q und übertrug die Buchungen aus diesem Rechnungsbuch in die Schuldbücher P und Q.38 Auf dem Konto des Geschäftsfreundes im libro di fiere wurde der Eingang eines Transfers analog als eingehender Wert (unter avere/Haben) abgebildet. Bei der Übertragung dieses eingehenden Wertes in das entsprechende Konto im Schuldbuch entstand dem durch den libro debitori e creditori repräsentierten Buchführungssubjekt der Salviati die Verbindlichkeit gegenüber dem Partner, dem der Transfer als Forderung auf seinem Konto eingetragen wurde (notiert unter dem Soll als debitori). Aus dem ausgehenden Wert eines Transfers im Messebuch erwuchs den Salviati gegenüber dem Konto des Geschäftsfreundes eine Forderung, welche als Verbindlichkeit auf das entsprechende Konto gutgeschrieben wurde (notiert unter dem Haben als creditori). So etwa am 28. September 1541, als der Buchhalter im Libro di fiere Q dem Konto Bartolommeo Belzeri e co di Lione 10.225 scudi di sole gutschrieb (avere), welche auf der Augustmesse an die Welser zurückzuerstatten waren.39 Unter demselbem Datum trug der Buchhalter im Libro debitori e creditori Q rosso eine Forderung der Welser-Faktorei an die Salviati ein (dare).40 Im Messebuch eröffnete der Buchhalter jeweils zum Beginn der Messe ein neues Konto für den jeweiligen Korrespondenten, also beispielsweise für Bartolomeo Belzeri e co di qui. Begann die nächste Messe, fing er ein neues Konto an. Hierbei wurde das Konto gelöscht, wenn der Buchhalter vom Konto Bartolomeo Belzeri e co di qui des Messebuches in das Schuldbuch, den libro debitori e creditori, in das entsprechende Konto überschrieb (oder ein entsprechendes Konto neu anlegte) – im Schuldbuch führte er den Verweis auf das entsprechende Konto des Messebuches an.41 Das Messebuch war alla veneziana gehalten, das heißt die Belastungen (de dare / deono dare) links und die Gutschriften (de avere / deono avere) rechts stehen direkt gegenüber.42

SNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. 137: Bartholomeo Belzer e co d’Anversa per noj corrente. SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q); SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. CLX; SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q). SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 194r: facciamo loro buonj ch(e) tanti ne dobbiamo loro q(uest)a fiera p(er) nostra di canbio. 40 SNS, AS, I, 544 (L LibFier Q), c. 188: p(er) tantj fattoli credit(ori) p(er) lo scaduto di questo conto jn co(n)to corr(en)te a lib(r)o di f(iere). 41 Im libro debitori e creditori erschien im jeweiligen Konto (je nach Bezug) der Verweis auf den Transferzusammenhang und der Buch-Verweis a libro di fiere [ac] posto detto libro in questo, d. h. im libro debitori e creditori wurde ein Konto für die Überträge aus dem libro di fiere angelegt und entsprechend der buchinterne Kontenverweis notiert. 42 Das heißt, dass das Messebuch, der libro di fiere, zum Büchersystem der Doppelten Buchführung gehörte, allerdings nicht für sich selbst in Doppelter Buchführung notiert war. Überdies bildet der Übertrag vom Messebuch oder vom Journal ins Schuldbuch zwei Posten ab (in einem Konto Soll und in einem ande37 38 39

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Die Gutschriften auf das jeweilige Messekonto der Welser sind in der hier präsentierten Graphik 1 unter avere (Haben) summiert. Dem entsprechen im libro debitori e creditori die auf dem Konto der Welser zusammengezählten Forderungen als Ist-Umsatz (deshalb beides in hellen Grautönen). Die Belastungen des jeweiligen Messekontos hingegen sind unter dare (Soll) eingetragen, weswegen sie im Schuldbuch (in verschiedenen Konten) als Verpflichtungen der Welser erscheinen, deren Summe den Soll-Umsatz (Umsatz der getätigten Lieferungen und Leistungen) ergibt (beides in dunklen Grautönen). –

Graphik 1 Vergleich der Summen von Soll/Haben im L LibFier Q mit Umsätzen im L DebCred P/Q, eigene Darstellung

Die geschuldeten und gutgeschriebenen Beträge aus Transaktionen, an denen die Welser-Faktorei in Lyon bei Averardo Salviati & Co in Lyon beteiligt waren, lagen fast permanent höher als die Umsätze in Form von Forderungen und Verpflichtungen. Dieser Befund zeigt vor allem, dass das geschäftliche Volumen der Transaktionen, bei denen die Welser-Faktorei tätig war, einen größeren Anteil am Unternehmensumsatz der

ren Konto Haben: Auf diese Weise entstehen die Gegenbuchungen bzw. Querverweise). – Vgl. zum Begriff alla veneziana: Carter/Goldthwaite, Orpheus, S. 124.

Die Konstituierung von Geschäftsbeziehungen

Salviati hatte als die Umsätze der Schuldverhältnisse aus den Geschäftsbeziehungen, welche die Salviati mit den Welsern selbst unterhielten. Überdies signalisieren die Messekonten des libro di fiere das Bestreben der Salviati, in dieser Beziehung zu den Welsern nach Ablauf der jeweiligen Messe das Konto auszugleichen. Das bedeutet auch, dass Saldierungen immer auf eine bestimmte Kontenklasse ausgelegt waren. Man bemühte sich, innerhalb einer Reihe einer Kontenklasse auszugleichen; die gesamte Geschäftsbeziehung hatte man dabei buchhalterisch nicht im Blick (sondern einzelne Geschäfte im Bezug zur jeweiligen Kontenklasse). Aus dieser Beobachtung ließe sich sogar der Schluss ziehen, dass im Messebuch beim Eintrag aller geschäftlichen Vorgänge, an denen die Welser für die Salviati beteiligt waren, das Netzwerk aller Kontakte der Salviati dargestellt wird. Demgegenüber schlüsselt das Schuldbuch eher die Formen von Geschäften auf, indem die verschiedenen Transaktionsebenen ausgewiesen werden. Dadurch wird die Qualität der jeweiligen Beziehung klarer sichtbar. Die konzise Überlieferung der „Lyoner Reihen“ innerhalb des Salviati-Archivs eröffnet die Chance, die Überträge von den vorbereitenden Büchern in die synthetischen Bücher nachzuvollziehen. Daraus lässt sich allerdings kein Determinismus ableiten, der vollauf erklären könnte, welche Form der Geschäfte im Einzelfall vorlag und dementsprechend verbucht wurde. Die in den libri di fiere aufgenommenen Transfers fanden in einer „Parallelwelt“ des Messehandels mit eigenen Abrechnungsvorgängen statt. Daher ist es sinnvoll, den Zusammenhang zwischen beiden Buchwelten – der Buchwelt des Messebuches und derjenigen des Schuldbuches – zu differenzieren, nicht aber zu trennen.43 Diese Unterscheidung in Schuldbeziehungen und Geschäftskontakte ist im Fall der compagnie der Salviati in Lyon nur deshalb möglich, weil die verschiedenen Bücherklassen – Messebücher und Schuldbücher – vorhanden sind. Die von Sergio Tognetti für das Florentiner Handels- und Bankhaus Antonio e Pierantonio Gondi & Co in Lyon ausgewerteten Unterlagen bestehen hingegen lediglich aus zwei libri debitori e creditori über den Zeitraum vom Jahr 1516 bis 1523. Diese Reihe ermöglicht zwar die Berechnung der Gesamtumsätze wie im Fall des Warenhandels, aber die Komplexität der Transferbeziehungen zwischen den Unternehmen kann nicht vollständig ausgeleuchtet werden.44 In den Journalen, den libri giornali, indes wurde wie im Ein- und Ausgangsbuch (entrata e uscita) bzw. dem Kassenheft, dem quaderno (oder: quadernuccio) di cassa, Die Verbindung zwischen libri di fiere und libri debitori e creditori ist durch die Überträge von Messetransfers in Schuldbeziehungen gegeben. Aber das Verhältnis aus Kontokorrentbeziehung zu Schuldverhältnissen ist auch nicht eindeutig: Im Falle eines Schuldverhältnisses benötigt der Buchhalter eine Kontokorrentbeziehung (oder eine andere Kontenbeziehung). In jedem Fall danke ich an dieser Stelle Markus A. Denzel für die Diskussion zum Verhältnis der verschiedenen Bücher und Konten zueinander (Frühjahr 2016). Vgl. Melis, Aspetti. 44 Tognetti, I Gondi. 43

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getrennt nach Belastungen und Gutschriften in einfacher Buchführung listenartig eingetragen. In die Ricordanzen und die Briefbücher wurden ganze Schriftstücke (Briefe) kopiert, nicht selten verschickte oder empfangene Kontoauszüge eingefügt.45 In Anlehnung an die Darstellung einer Geschäftsbeziehung in Form von Schuldverhältnissen, welche die Transfervorgänge abbilden, kann eine Quantifizierung vorgenommen werden. Durch den Bezugsrahmen der Konten, insbesondere der Kontokorrente, der Messekonten und der conti de’ depositi an den Messeterminen findet sich ein regelmäßiger Rhythmus zur Analyse und Vergleichbarkeit von Geschäftsbeziehungen. Die Buchführung verfügte über ein eigenes Verfahren zur Auswertung. Denn Konten wurden saldiert, so dass Vorteil oder Nachteil erkennbar wurden. Die Notierung von Gewinn und Verlust erfolgte im Vorteilskonto (conto avanzi e disvanzi).46 Allerdings fand dieses Vorgehen zumeist nur Anwendung bei eigens für einzelne oder gleichartige Transfers eingerichteten Konten (Warenkonten, conti de’ tempi, conti apparte). In der Buchführung der Florentiner Handels- und Bankgesellschaften liefen die Kontokorrente fort, ebenso die Messekonten, weswegen zumeist nur Übertragssaldierungen gebildet wurden. Eine Jahresbilanz lässt sich aus den Rechnungsbüchern selbst nicht herauslesen, wurde aber aus steuerrechtlichen Gründen durchgeführt.47 Auch hatten die auswärtigen Unternehmungen wie die compagnia der Salviati in Lyon ihre Bilanzen dem Stammhaus in Florenz zu melden, damit die dort realisierten Teilhabergewinne an die Steueraufsicht geleitet werden konnten.48 Stattdessen wurden Generalrechnungen angesetzt, wenn die Gesellschaftsverträge ausliefen oder erneuert wurden. Allerdings kann man im Falle der Lyoner Salviati-Unterlagen diese Vorgänge nur anhand des libro segreto nachweisen. Die dort aufgeführten corpo-Konten (die Kapitalkonten) weisen nicht nur die Einlagen aus, sondern auch deren Rückzahlung sowie die dabei erzielten Gewinne, die utili. Diese utili zog der Buchhalter aus den Vorteilskonten des Schuldbuches oder genauer: aus der Saldierung der Vorteile aller im Vorteilskonto erfassten Konten. Einen etwaigen Überschuss schrieb er den Teilhabern nach dem vertraglich festgelegten Schlüssel anteilig zu.

In die Ricordanzbücher wurde daneben „allerlei“, was dem Buchhalter für wichtig, aber nicht sofort saldierbar schien, eingefügt; sehr oft waren es cedulae (vielleicht am besten mit „Vorverträge“ oder „vertragliche Vereinbarungen“ übersetzbar) und Schriftstücke, in denen Verbindlichkeiten oder Forderungen vertraglich abgemacht waren. Auf diese Weise nahmen die Ricordanzbücher nicht selten die Gestalt von Notarsakten an, zumal die notariellen Beglaubigungen oder die Vermittlung von Sensalen („Unterkäufern“) notiert wurden. 46 Der Zeitpunkt für die Saldierung entscheidet sich nach dem Verfahren, das im libro debitori e creditori angewendet wird: Im Fall von Warenkonten oder den speziell eingerichteten Zeit- oder Apartkonten wird jeder Transfer bewertet. Dabei werden die Gebühren und Abgaben aufgeschlagen und Einkaufs- gegen Verkaufspreis verrechnet. Wenn ein Verlust entstanden ist (Haben per Gewinn und Verlust), wird im Vorteilskonto der Ausgleich ins Soll gesetzt (Gewinn und Verlust Soll); wenn ein Gewinn entstanden ist, wird dem Vorteilskonto die entsprechende Summe gutgeschrieben. Vgl. Penndorf, Abhandlung, Kap. 27 (S. 135 f.). 47 Penndorf, Abhandlung, S. 140. 48 De Roover, The Medici-Bank. 45

Die Konstituierung von Geschäftsbeziehungen

Vereinzelt finden sich Bilanzen oder Abschlüsse; die regelmäßigen (vermutlich jährlichen) Berichte aus Lyon nach Florenz sind dagegen wohl verloren gegangen. Im Zusammenhang mit den Streitigkeiten der Erben – der Söhne Iacopos und der Söhne Alamannos – taucht zudem eine „Global“-Bilanz auf. Jedenfalls hatte Lorenzo Pasquali im Auftrag des einstigen Firmenchefs 1532 die aktuellen Rechnungen zur Prüfung nach Florenz gebracht.49 Ansonsten zeigen sich immer dann bilanzartige Querschnitte, wenn die offenen Konten für den Übertrag aus einem Schuldbuch ins folgende saldiert (bilancio di chiusura) und in Abschlusskonten zum Eintrag in das neue Buch zusammengestellt wurden (bilancio di apertura).50 Dass dieses Vorgehen tatsächlich Anwendung fand, zeigen die marginalen Haken (bzw. „r“ wie recensuit oder Punktierungen) vor jedem Eintrag eines Kontos im Schuldbuch. In den vorausgehenden Büchern wurden dabei häufig Ankreuzungen (Anstriche) an den Währungszeichen vorgenommen.51 Die Quantifizierung der Geschäftsbeziehung zwischen den Salviati und den Welsern kann zwar durch die entsprechenden Konten (Personen- und Warenkonten) vorgenommen und durch die verschiedenen Kontenklassen (Kontokorrente, Messekonten, Zeitkonten, Apartkonten, Depositokonten) in Schuldbeziehungen spezifiziert werden. Aber diese Verlaufsdarstellung interessierte die Buchführung nicht, denn sie bezieht sich auf die Entwicklung des Geschäftsvolumens einer Handels- und Bankgesellschaft. Der Begriff des „Umsatzes“ als quantifizierende Analysekategorie trat offenbar erst später, seit dem 17. Jahrhundert, in Erscheinung.52 Während sich die Umsatzberech-

Vgl. Kapitel III.4.2. Vgl. Penndorf, Abhandlung, Kap. 32–34 (S. 140–146). Vgl. Cassandro, Il Libro giallo, S. 44 f.: hierbei zeigt sich einerseits der besondere Wert dieses bilancio di apertura, der Übertragsbilanz, für die historische Forschung, andererseits macht dieser Zusammenhang auch darauf aufmerksam, dass archivalisch zumeist keine anderen bilanci überliefert sind (als eben die buchinternen Übertragsbilanzen). 51 Insofern mustergültig: Penndorf, Abhandlung, S. 140: Dieser Vorgang [der Übertrag, H. L.], zusammen mit den folgenden, heißt die Bilanz des Buches. Willst Du dies befolgen, so ist größte Sorgfalt notwendig, wobei Du ordnungsmäßig wie folgt verfahren wirst: Hole Dir zuerst einen Helfer, denn schwerlich könntest Du es allein zustande bringen. Gib ihm das Journal in die Hand zu Deiner größeren Sicherheit, während Du selbst das Hauptbuch [libro debitori e creditori, H. L.] hältst. Sage ihm, daß er mit dem ersten Posten des Journals beginnen und die Blätter [acarte, H. L.] Deines Hauptbuches nennen soll, wo er eingetragen ist, zuerst im Soll, dann im Haben. Du wirst ihm gehorchen und immer dasjenige aufsuchen, was er Dir angibt. Dein Helfer wird Dir sagen, wofür und für wen der Eintrag sein wird und wie hoch sein ausgeworfener Betrag ist. Du wirst in der von ihm angegebenen Stelle nachsehen, ob Du genau denselben Inhalt, dieselbe Person und dieselbe Summe hast. Findest Du, daß Dein Eintrag genau mit dem des Journals übereinstimmt, so wirst Du ihn anstreichen, nämlich punktieren oder irgendein Zeichen nach Belieben über die Lire oder anderswo machen, das Dich jedoch nicht irre führen darf. Dieses Zeichen oder diese Lanze, wie man in anderen Orten [als Venedig, H. L.] zu sagen pflegt, muß Dein Helfer auch im Journal an demselben Posten machen. 52 Schirmer, Wörterbuch, S. 197: Hier wird Joseph Marperger von 1711 mit daß Fremde mit Fremden ein grosses, und zwar in solchen Parteyen und Waaren, umsetzen würden und von 1716 mit Zahlungen / welche von umbgesetzten Courrent-Geld… herrühren; der früheste von Schirmer angeführte Belegt stammt aus der Nürnberger Banco-Ordnung von 1654. 49 50

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nung zunächst auf die geschäftliche Entwicklung einer gesamten Unternehmung innerhalb eines definierten Zeitraumes bezieht, wird hier die Umsatzberechnung als Mittel der Quantifizierung auf die Geschäftsbeziehung der Welser zu den Salviati angewendet. Dabei ist zwischen dem Istumsatz (Vereinnahmungen) und dem Sollumsatz (wirtschaftlicher Umsatz) zu unterscheiden. Je nach Perspektive treten entweder die Einnahmen oder „die vorgenommenen Lieferungen und Leistungen“ in den Vordergrund.53 Daraus ergibt sich ein einfaches Berechnungsmodell, welches die Lehre der Umsatzberechnung vorgibt: Der Istumsatz markiert die Differenz aus der Summe des Sollumsatzes mit den Außenständen am Anfang (Soll-Seite) und den Außenständen am Ende (Haben-Seite). Demgegenüber ist der Sollumsatz die Summe des Istumsatzes minus Außenstände am Anfang und der Außenstände am Ende.54 Formen der geschäftlichen Kooperation Die kooperativ organisierten Geschäftsbeziehungen zwischen verschiedenen Handelsgesellschaften konnten im Rahmen der Logik der Buchführung und der rechtlichen Rahmenbedingungen (gemäß dem Vertragsrecht) unterschiedliche Formen annehmen. Die verschiedenen Ebenen, die jeweils bestimmte Grade der Intensität und rechtlichen Verbindlichkeit markieren, kamen nicht in „Reinform“ zum Einsatz, sondern wurden zumeist miteinander kombiniert. Die Stufen kooperativer Verdichtung werden in der Folge kurz vorgestellt: Erstens die Gründung einer compagnia, zweitens die Eröffnung einer accomandita, drittens joint ventures (Gelegenheitsgesellschaften), viertens der Einsatz von Agenten und Kommissionären, fünftens die Integration von Investoren und Kreditgebern, und sechstens Seriengeschäfte. Überdies lassen sich indirekte Formen der Kooperation, die im Kontext eingespielter Geschäftsbeziehungen abliefen, beobachten wie die wiederholte Abnahme bestimmter Warengruppen zum Weiterverkauf in die eine oder andere Richtung. Im Zusammenhang mit der Organisation und Finanzierung des Handels der in Antwerpen ansässigen Handelsgesellschaft Giancarlo Affaitatis in den 1540er und 1550er Jahren unterscheidet Clemens Bauer vor allem zwischen der Eigenkapitalstruktur der compagnie und dem aufgenommenen Kapital, den Fremdmitteln, durch kurz-

Friedrich Kiehl, Die Umsatzprüfung und Umsatzberechnung für Warenhandelsbetriebe, 2. Auflage: Ludwigshafen 1955, S. 1: „Der Istumsatz ergibt sich als Summe der in einem gewissen Zeitraum […] vereinnahmten Entgelte, ohne Rücksicht auf die Zeit der Lieferung oder Leistung (Istumsatz = Isteinnahmen = tatsächlich vereinnahmte Entgelte). Demgegenüber: Der Sollumsatz ergibt sich als Summe der in einem gewissen Zeitraum […] vorgenommenen Lieferungen oder Leistungen, ohne Rücksicht auf die Zeit der Vereinnahmung (Sollumsatz = vereinbarte Entgelte = Solleinnahmen), die nach der Lieferung oder Leistung vereinnahmt werden (Außenstände!).“ 54 Kiehl, Die Umsatzprüfung, S. 1 f.; S. 3: „Dementsprechend können wir die Sollumsätze der Sollseite des Kundenkontos oder der Habenseite des Warenkontos entnehmen.“ 53

Die Konstituierung von Geschäftsbeziehungen

fristige Kredite oder mittel- bzw. längerfristige depositi. Für „Sondergeschäfte“ erkennt er konsortiale Strukturen als Option der Wahl.55 Die Verengung auf diese Kooperationsformen hängt mit dem gesellschaftsrechtlichen Ansatz zusammen, auf dem die Beobachtungen Bauers fußen. Die hier angestrebte handlungstheoretische Interpretation dagegen richtet den Blick auf die Praktiken der Organisation sowie Finanzierung und erfasst dadurch ein erweitertes Instrumentarium, dessen sich Kaufmannbankiers bedienten. Die im vorigen Kapitel vorgestellte storia interna, die Unternehmensgeschichten der Salviati und der Welser, umfasste den von Clemens Bauer vorwiegend charakterisierten Bereich. Die über die Unternehmungen hinaus entwickelten Formen der Kooperation waren zumeist nicht formalisiert und wurden daher nicht in eine schriftliche Vertragsform überführt – was nicht bedeutet, dass nicht eine ganze Reihe von Geschäften zwischen den in Lyon aktiven Unternehmungen und Dritten bei den Notaren niedergelegt worden wäre.56 Auch erfuhren lediglich die gesellschaftsrechtlich relevanten Strukturen eine Eigenbenennung. Die Buchführung erzeugte die compagnia und die accomandita als Buchführungssubjekte. Die Kaufmannbankiers verfügten über beide Kategorien in ihren Diskursen. Da die Buchführung danach differenzierte, in welcher Form Kapital eingebracht und verarbeitet wurde, erkannte sie die anderen Formen der geschäftlichen Kooperation über die oben erläuterten Kontenklassen. Deshalb werden die hier diskutierten Grade der geschäftlichen Zusammenarbeit nach analytischen Kategorien eingeführt, nicht in den Begriffen der merkantilen Literatur oder der Buchführung.57 Die Verflechtung von Kapital und Personal im Netzwerk der Unternehmensgruppe der Salviati und das Faktoreisystem der Welser sind im vorigen Kapitel ausführlich dargestellt und diskutiert worden. Für die Kooperation der Salviati mit süddeutschen Kaufmannbankiers ist dabei von besonderer Bedeutung, an welchen Knotenpunkten des Güterverkehrs und in welchen Währungsräumen ein bestimmter Korrespondent zur Verfügung stand. Die Position der Lyoner compagnia der Salviati innerhalb des business partnership agglomerate des Florentines Handels- und Bankhauses verwies auch auf die Bedeutung der Geschäftsfelder, die zwischen den Unternehmen bedient und in welchen Märkte konstituiert wurden.58 Zweitens riefen die Kaufmannbankiers accomandite, Kommenden, ins Leben, um mittels begrenzter Investitionen und Haftung ihre Handelsbeziehungen zu stabilisieren und einen Teil ihres Kapitals in einem bestimmten Segment einzusetzen. Diese Bauer, Unternehmung, S. 53–55. Die Lyoner Notariatsarchive umfassen Geschäftsabschlüsse, die die Beteiligten (aus unterscheidlichen Gründen) von einem Notar abgesichert wissen wollten; vermutlich sind die meisten Verträge wie im Fall von Seriengeschäften oder Konsortienbildung gar nicht erhalten. 57 Die Buchführung perspektivierte die Einlagen, welche in den deposito-Konten registriert wurden, nicht; dadurch ist ihnen keine instrumentelle Wirkung zugeschrieben. 58 Bauer, Unternehmung, S. 24 f.; S. 33–36; S. 44–53 (Organisationsform der Filialgesellschaften am Beispiel der Affaitati); Goldthwaite, The Economy. 55 56

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Organisationsform ist ebenfalls im vorangegangenen Kapitel ausgiebig dargestellt worden; sie kommt gleich als Sonderform der Formalisierung von kooperativer Geschäftsstruktur zu Geltung (IV.2.). Die compagnia und die accomandita, bei denen ein gemeinsamer Kapitalstock gebildet wurde, verfügten auch über eigene Buchführungen. Damit wird abermals auf den originären Zweck von Buchführung verwiesen: die Organisation von Kapitalverflechtungen.59 Die dritte Kooperationsform, die allerdings nicht unter das Gesellschaftsrecht fiel und keine eigene Buchführung erhielt, war das joint venture bzw. die Gelegenheitsgesellschaft. Das joint venture wurde zumeist eingesetzt, wenn es um größere und komplexe Geschäfte ging. Die Kaufmannbankiers wickelten die Partien in die Levante, die in einem späteren Kapitel vorgestellt werden (Kapitel V.1), oder die Kupferlieferungen von 1518 in solchen Kooperationsformen ab. Zumeist erfuhren diese Gelegenheitsgesellschaften über Investitionen als „gebundene“ Einlagen finanzielle Unterstützung. In der Buchführung schlug sich diese Kombination zweier Organisationsformen in Zeitkonten (conti di tempo) und Apartkonten (conti apparte für Kreditfinanzierung soundso) nieder.60 Zieht man die Briefausgangsbücher, die copialettere, zurate, zeigt sich, dass diese aufwendigen, komplex angelegten Transferoperationen zunächst ausdrücklich anberaumt wurden. Hierfür wählten die Salviati gut eingespielte Geschäftsbeziehungen aus.61 Viertens griffen die Salviati von Lyon aus auf Kommissionäre und Agenten an verschiedenen Orten zu. Logistisch und finanziell war die informelle Indienstnahme eines geschäftlichen Korrespondenten wesentlich günstiger als der Unterhalt einer eigenen compagnia oder einer Faktorei. Ebenso funktionierte der umgekehrte Fall: Die Salviati vertrieben in Lyon verschiedene Güter im Namen ihrer Geschäftsfreunde wie die Distribution von Seidentuch aus Florenz über die Lyoner Messen.62 Die Konten bezeichnen diesen Fall, dass ein Warengeschäft auf die Rechnung eines Dritten getätigt wurde, mit der Formulierung a conto di (manchmal auch a commissione di). Auch die Führung gemeinsamer Konten unter der Rubrik a comune di verweist auf Kommissionsgeschäfte. Diese Ebene der Geschäftsbeziehung setzte die Etablierung eingeführter Kontakte voraus.

Vgl. Kapitel II. und III. Butzert, Investitionen. Markus Lubitz, Kapitel 2: „Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, in: Armin Schwerdtfeger (Hg.), Fachanwaltskommentar Gesellschaftsrecht, 2. Auflage: Köln 2010, S. 69 (§ 721 BGB): „Gelegenheitsgesellschaften liegen regelmäßig vor, wenn der Zweck der Gesellschaft auf die Realisierung eines bestimmten Projektes oder einer begrenzten Anzahl von Einzelgeschäften gerichtet ist. Neben den Spiel- und Fahrgemeinschaften und ähnlichen Verbindungen mit zeitlich begrenztem Zweck zählen hierzu z. B. Arbeitsgemeinschaften sowie Emissions- oder Kreditkonsortien.“ Die Verteilung von Gewinn und Verlust erfolgt erst nach Auflösung der Gelegenheitsgesellschaft. 61 Ein sehr gut dokumentierter Fall – die Ausstattung des Handelsschiffes Restina nach Pera/Konstantinopel – ist bereits von Federigo Melis vorgestellt worden: Melis, Documenti, S. 222 (doc. 46). 62 Dazu eingehend: Lang, Seide aus Florenz. 59 60

Die Konstituierung von Geschäftsbeziehungen

Fünftens stockten die Salviati das erforderliche Kapitel für die Intensivierung ihrer Aktivitäten im Bereich der Herrscherfinanzen oder für die kapitalintensiven Partien im Levantehandel durch die Einwerbung von Fremdkapital auf. Neben den depositi-Konten, welche insbesondere zur Aufnahme größerer Kredite dienten, waren es die Apart- und Zeitkonten, vermittels derer die Buchführung zusätzliches Kapital zu binden versuchte. In den späten 1530er Jahren traten allerdings vermehrt Investoren auf, die Kapital zur Verfügung stellten, ohne sich selbst durch geschäftliche Tätigkeiten zu profilieren. Sechstens wickelten die Salviati über Lyon Seriengeschäfte ab, in deren Zuge die Transferprozesse verschiedener Güter oder Leistungen spezialisierte Märkte über eine etablierte Geschäftsbeziehung konstituierten. Dabei mussten die beiden am Geschäft beteiligten Korrespondenten nicht nach neuen Absatzwegen suchen, sondern konnten von vornherein mit der Abnahme eines Gutes zu einem kalkulierbaren Preis rechnen. Meistens stellten sich Unternehmungen durch dieses Instrument wechselseitig spezifische Kompetenzen zur Verfügung. Der besondere Reiz bei der Beobachtung dieser Kooperationsform liegt darin, dass die Spur eines Produktes nachverfolgt werden kann und auf diese Weise Nachfrage und Angebot systematisch über die Organisation des Transfers miteinander verbunden werden. Gerade im Wechselhandel kam diese Form der Kooperation zum Tragen. Im folgenden wird zu zeigen sein, dass für verschiedene Geschäftsfelder unterschiedliche Kooperationsformen bevorzugt eingesetzt wurden. Abgesehen davon, dass die hier vorgestellten Instrumente zur Organisation und Finanzierung von Transferprozessen miteinander kombiniert wurden, folgte der Wechselhandel eigenen Prinzipien. Welchen Prinzipien sie folgten, hing davon ab, welche Funktion die jeweiligen Wechselgeschäfte hatten; sollten durch Wechseltransfers Arbitragegewinne erzielt werden, waren es vor allem Seriengeschäfte in „Kreditnetzwerken“, innerhalb derer die Zirkulation von Wechseln stattfand. Süddeutsche Ansichten Aus süddeutscher Sicht lassen sich keine quantifizierenden Angaben für die Transferbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern ermitteln. Zwar können punktuelle geschäftliche Kontakte dargestellt werden (s. o.), aber eine eingehende Beschreibung ist nicht möglich. Einen wichtigen Zugriff eröffnet jedoch der von Hans Welser vorgenommene Rechnungsabschluss aus dem Jahr 1514, weil darin der Aktionshorizont der Lyoner Faktorei der Welser sichtbar wird.63 Soweit keine eigene Rechnungslegung der Faktoreien überliefert ist, sind die Faktoreibücher und Journale der Augsburger Zent-

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Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LX.

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rale besonders wichtig für die Erfassung der Tätigkeiten der jeweiligen Niederlassung und deren Beziehungen zu den Florentiner Kaufmannbankiers. Die Faktoreibücher, die für die Jahrgänge 1500/1501, 1502/1503 und 1508/1509 fragmentarisch erhalten sind, stellen insbesondere die räumliche Struktur der Geschäftstätigkeit dar und leuchten bestimmte Geschäftsfelder aus. Die Journale der Zentrale dokumentieren ausführlicher einzelne Transfers auf der Basis der jeweiligen Kontenbeziehungen, aber nur in zeitlichen Ausschnitten.64 Die zentrale Buchführung der Welser-Gesellschaften in Augsburg erfasste den Handel der Außenstellen über Faktoreikonten, die auf regelmäßigen Berichten der jeweiligen Agenten und Buchhalter beruhten.65 Dabei arbeiteten die Faktoreien mit einer eigenständigen Buchführung, im Rahmen derer Geschäfte zunächst in Journalen chronologisch verbucht und aus diesen in Schuldbücher übertragen wurden. Sie schickten zwei- bis dreimal im Jahr Rechnungen an die Zentrale, von denen je eine zum jährlichen Rechnungsschluss erfolgte.66 Im Journal der Zentrale wurden die Daten aus Briefen, Kontoauszügen, Rechnungen und Spezialbüchern wie den Unkostenbüchern zusammengezogen und ins Gewerbebuch übertragen. In einem Hauptbuch, über das allein der Prinzipal in seiner Schreibstube verfügte, führte man die Kapitalkonten und berechnete Gewinn und Verlust der Teilhaber.67 Die Faktoreikonten dokumentieren die Vermögens- und Schuldbestände der jeweiligen Faktorei, so dass innerhalb einer Rechnungsperiode die Veränderungen der jeweiligen Vermögens- und Schuldbestände im Transfer mit anderen Niederlassungen der Unternehmung dargestellt werden. Die Personenkonten indes erlauben auf der Ebene des Schuldbuches und des darauf aufbauenden, seit den 1550er Jahren nachweisbaren Gewerbebuches eine Differenzierung in die oben genannten Kontentypen.68 Allerdings sind keine Personenkonten der Salviati in den überlieferten Rechnungsfragmenten überliefert.69 Während das Gewerbebuch des Unternehmens Christoph Welsers eine Reihe von Faktoreikonten aus Lyon aufweist, ist die Überlieferung für die Vorgängerunternehmungen unter Anton und Bartholomäus Welser relativ diffus. Die Fragmente der Faktoreien in Antwerpen und am spanischen Hof ermöglichen vor allem die Einbettung der Beziehungen, die die Salviati zu süddeutschen und italienischen Kaufmannbankiers unterhielten, in die Netzwerke der Hochfinanz.70 Die Daten der Rechnungsfragmente liegen gewissermaßen „quer“ zu den Geschäftskontakten der Salviati. Ihnen Vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LVI–LXVI; S. 3–157. Schmidt, Manuskript der Dissertation, S. 174 f. Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 61. Ebd., S. 63. Ebd., S. 71. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente; Schmidt, Das Gewerbebuch. Vgl. Mark Häberlein, Pratiques marchandes et organisation spatiale du commerce au XVIe siècle: la Compagnie des Welser d’Augsbourg dans la péninsule Ibérique, in: Wolfgang Kaiser (Hg.), La loge et le 64 65 66 67 68 69 70

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

sind vor allem Geschäftspraktiken und -felder zu entnehmen sowie das handelnde Personal, so dass die Lyoner Märkte „kontrastiert“ werden können.71 Insgesamt lautet der Befund aus der Perspektive der Welser-Rechnungsfragmente: Transfer- und Kontenbeziehungen zwischen den Welsern und den Salviati wie auch zu anderen Florentiner Firmen sind vereinzelt nachzuweisen, in wenigen Fällen qualifizierbar und im allgemeinen nicht über die einzelne Transaktion hinaus quantifizierbar. Die wenigen Textstellen, die eine Kontobeziehung oder einen Transfer zwischen den Welser und Salviati beschreiben, dienen insbesondere als Spur zwischen zwei Buchführungssystemen – denn die in den Welser-Rechnungen zitierten Geschäfte mit den Salviati finden sich auch in der kontrastierenden Überlieferung des Salviati-Archivs. Dieser Befund ist insofern weiterführend, als es bisher in der Forschung zur Wirtschaftsgeschichte des 16. Jahrhunderts kaum Nachweise für Transfervorgänge in den Buchführungen zweier Handels- und Bankgesellschaften gibt.72 IV.2

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Ein präzises Datum für den Beginn der Beziehungen zwischen den Welsern und Florentiner Kaufmannbankiers kann nicht genannt werden. Während sich Aktivitäten der Welser südlich der Alpen mit ihren Niederlassungen in Venedig, Como, Mailand, Rom und Bari gut nachweisen lassen, zeigen sich die Anfänge der Kontakte zwischen den Welsern und den Salviati allenfalls unscharf. In drei Zusammenhängen entwickelten sich zunächst Beziehungen zu Florentiner Unternehmungen. Erstens ist die besonders von Lukas Welser († 1494/95) vorangetriebene transalpine Erweiterung der Handelsaktivitäten seiner Handelsgesellschaft zu nennen, auch wenn kein direkter Weg von der „alten“ Welser-Gesellschaft zur späteren Welser-Vöhlin-Gesellschaft führte.73 Im Zuge dieser Expansion eröffnete Lukas’ älterer Bruder Bartholomäus Welser, wohl gemeinsam mit seinem Schwiegervater Johann Meuting d. Ä., eine Niederlassung in Venedig.74 Aus der Perspektive der Welser bildete die Fakfondouq. Les dimensions spatiales des pratiques marchandes en Méditerranée. Moyen Âge – Époque moderne (L’atelier méditerranéen), Paris 2014, S. 229–248. 71 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LXXV–LXXXVIII: Antwerpener Faktorei: die Schuldbücher (S 1523; U 1528–1531; Z 1534/1535; 1537/1538), Journale (T 1525; X 1532; 1539), die Unterrechnung (1535) und das Gesellenbuch (1545–1547); ebd., S. LXXXVIII–CXI: Faktorei am spanischen Hof: die Schuldbücher (D 1528–1531; E 1531–1534; F 1534–1539; G 1539–1541; K 1547–1549) und Journale (D 1529; E 1533; Maestrazgo 1535–1549; 1541) der Faktorei am spanischen Hof. – Mark Häberlein, Asiatische Gewürze auf europäischen Märkten: Handelsaktivitäten und Geschäftspraktiken der Augsburger Welser-Gesellschaft von 1498 bis 1580, in: Jahrbuch für Europäische Überseegeschichte 14 (2014), S. 41–62. 72 Vgl. Lang, La pratica, S. 145–147. 73 Geffcken, Die Welser. 74 Welser, Die Welser, S. 45–48: Nichts Weiteres hierzu.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

torei in Venedig sowohl eine Schnittstelle für den weitgespannten Wechselhandel als auch für den transalpinen und levantinischen Warenhandel. Die Wechselbeziehungen mit Venedig liefen über Brügge, wo nach 1446 erste Geschäfte mit italienischen Handelshäusern bezeugt sind.75 Eine der involvierten Geschäftspartnerinnen war die Florentiner compagnia Bernardo Cambi, Iacopo Martini & Co.76 Zweitens konstituierte der Handel mit Waren ein eigenes Feld der Begegnungen. Beim vorwiegend nach Süditalien orientierten Safranhandel traten verschiedene Faktoren der Welser in Verbindung mit Florentiner Kaufmannbankiers in Erscheinung, im Fall der Zahlungsbeziehungen mit dem Bankhaus Francesco Martelli, Antonio Corsini & Co noch in der Mitte des 15. Jahrhunderts.77 Um 1460 erwarb die Firma Lukas Welsers allerdings Safran bei den Erben Antonio della Casas, Simone Guadagni & Co in Genf.78 Drittens machte nach 1489 die Gesellschaft Lukas Welsers den Unternehmen Ulrich und Lukas Fuggers bei Überweisungen an Augsburger Gesandte in Rom und bei Finanztransfers an die Apostolische Kammer verstärkt Konkurrenz.79 Ähnlich wie bei den Fuggern koordinierte zunächst die Faktorei in Venedig die Beziehungen zur römischen Kurie und zu den italienischen Bankiers der Papstfinanz.80 Ob die Anknüpfung an Florentiner Netzwerke, zu denen Nicht-Florentiner nur sehr selten Zugang fanden, tatsächlich bei der Abwicklung des Safranhandels, bei Geschäften an der Kurie oder eher im Wechselhandel mit Flandern anberaumt wurde, muss Gegenstand von Spekulationen bleiben.81 IV.2.1

Die frühen Geschäftskontakte

Die ersten direkten Kontakte zwischen der Handelsgesellschaft der Welser und der Salviati-Gruppe finden sich in einem Hauptbuch des Brügger Bankhauses Giovanni Salviati, Giovanni da Rabatta & Co, das Jakob Welser 1462 als Empfänger von Wech-

Häberlein/Geffcken Rechnungsfragmente: Z 1; speziell Z 1.11 spricht von die vnnsern zuo Vinedig, die einen in Antwerpen genommenen Wechsel an Matteo Strozzi, Piero Corboli & Co 450 Dukaten zahlen sollen. 76 Geffcken, Die Welser, S. 132 f.; der erste in Venedig nachgewiesene Welser ist Lorenz Welser am Fondaco dei Tedeschi 1441: Henry Simonsfeld, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und die deutsch-venezianischen Handelsbeziehungen, Stuttgart 1887, II, S. 59. 77 Geffcken, Die Welser, S. 136 f.; Martelli, Ricordanze, S. 91; Schulte, Geschichte, I, S. 592. 78 Weissen, Florentiner Bankiers, S. 3; vgl. ebd., S. 15 f.; zu den Guadagni in Genf: Bergier, De nundinis; Cassandro, Le élites, S. 231–248. 79 Geffcken, Die Welser, S. 137. 80 Weitnauer, Venezianischer Handel, S. 69. 81 Vgl. Geffcken, Die Welser, S. 135. 75

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

seln verschiedener florentinischer Kaufleute in London verzeichnet.82 Dasselbe Geschäftsbuch enthält auch eine Gutschrift von Piero di Cosimo de’ Medici in Höhe von 83,3,10 Pfund flämisch zugunsten von Bartholomäus Welser & Brüder, die über die Salviati in Brügge verbucht wurde.83 Die Korrespondenz der Gesellschaft Lorenzo di Piero de’ Medici, Tommaso Portinari & Co in Brügge weist 1472 in Form eines Wechsels über 700 Dukaten ein Weiterbestehen des Kontaktes zwischen den Welsern und den Medici aus.84 Im Zusammenhang mit Wechsel- und Kredittransfers führte Giuliano da Gagliano in den Jahren 1494/95 ein Konto der Hans-Vöhlin-Gesellschaft in Memmingen, die damals bereits faktisch von Vöhlins Schwiegersohn (und Lukas Welsers Sohn) Anton Welser geleitet wurde. Giuliano da Gagliano gehörte zu den Figuren, die das operative Geschäft der de facto-Nachfolger der Medici-Bank betrieben; er leitete die Unternehmung von Bartolomeo Bartolini in Lyon. Auch Bartolinis compagnia am Zusammenfluss von Saône und Rhône war noch Teil der Gruppe um Lorenzo de’ Medici. Götz-Rüdiger Tewes meint, dass Giuliano da Gagliano den Vöhlin und in der Folge auch den Welsern Zugang in die Kreise der französischen Finanzbeamten verschafft habe.85 Giambattista Bracci und Francesco Naldini – beide spielten später wichtige Rollen für die Salviati-Gruppe – beteiligten sich nach Ausweis von Naldinis Schuldbuch in den Jahren 1496/97 am Handel mit Zucker, welcher über Lissabon in den Mittelmeerraum geliefert wurde.86 Allerdings ist weitgehend unklar, welchen Faden früherer gemeinsamer Aktivitäten die Vertreter der Augsburg-Memminger Welser-Vöhlin-Gesellschaft und der Medici-Nachfolger aufgriffen, als sie um das Jahr 1507 eine intensive Kooperation aufnahmen. Die süddeutschen Archive bieten dafür keinen Anhaltspunkt. In den Archiven der Toskana treten relativ unvermittelt Dokumente auf, die auf rege geschäftliche Transfers ebenso schließen lassen wie den Austausch jugendlichen Personals in Form von Ausbildungsverhältnissen. IV.2.2

Die Kommanditgesellschaft Naldini-Vöhlin in Toulouse (1507/8)

Die erste Phase der konkret nachvollziehbaren Geschäftsbeziehungen zwischen den Augsburgern um Anton Welser sowie den Florentinern um Alamanno und Iacopo Salviati beginnt mit einer formalisierten Kooperation in Form einer accomandita.

Geffcken, Die Welser, S. 129: Es handelt sich um die Bücher SNS, AS, I, 24–25; vgl. Weissen, Florentiner Bankiers. 83 Geffcken, Die Welser, S. 135. 84 Ebd., S. 136 f.; vgl. Martelli, Ricordanze, S. 91; Schulte, Geschichte, I, S. 592. 85 Tewes, Kampf, S. 660 f. 86 Ebd., S. 663. 82

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Die gemeinsame Handlung trug den Namen Domenico Naldini, Hans Vöhlin & Co in Toulouse (Domenico Naldini e Gian Felini e co di Tolosa). Sie existierte sicherlich vom Oktober 1507 bis zum 9. Juni 1508. Während der Anfangspunkt schwieriger zu bestimmen ist, lässt sich das Ende klar durch eine in der Handschriftensammlung der Florentiner Staatsbibliothek überlieferte Kopie eines Auflösungsvertrages markieren. In diesem Schriftstück beziehen sich Francesco Naldini für die Handelsgesellschaften Lanfredini-Salviati in Florenz und Lyon auf der einen Seite sowie sein Cousin (cognato) Domenico Naldini auf der anderen auf eine Abmachung, die Hans Vöhlin und Domenico Naldini in Lyon am 25. Januar 1508 zur Beendigung der Unternehmung getroffen hatten.87 Zum Stichtag des 9. Junis verfügte die Kommende über Forderungen in Höhe von 22.549,7,10 livres tournois bei gleichzeitigen Verpflichtungen von 19.658 livres tournois. Zum Kapitalstock hatte die Faktorei der Welser-Vöhlin in Lyon 7.000 livres tournois und zusätzlich 1.000 livres tournois für die Person Hans Vöhlins (per la persona) beigesteuert; im Namen Domenico Naldinis waren 5.000 livres tournois sowie 2.000 livres tournois für seine Person (per sua persona) investiert worden (siehe Kapitel III.4.2). Der vorliegende Teilungsplan (partimento) zielte auf die Fortführung der accomandita als Gesellschaft des Domenico Naldini gemeinsam mit seinem Cousin Francesco Naldini, der sich im Süden Frankreichs aufhielt.88 Dieser Auflösungsvertrag, eigentlich ein Vergleich (staglio), war kein ungewöhnliches rechtliches Arrangement. In der Toskana war die zeitlich begrenzte accomandita ein gebräuchliches Kooperationsmodell. Die Florentiner Kaufmannbankiers, die sich zur formalisierten Zusammenarbeit mit beschränkter Haftung entschlossen, legten einen entsprechenden Vertrag beim Handelsgericht, der Mercanzia, nieder. Ein Investor stellte einem Geschäftspartner eine bestimmte Kapitalsumme zur Verfügung, um an einem Ort oder auf einem Geschäftsfeld darüber verfügen zu können. Im Falle des Scheiterns konnte der nicht geschäftsführende Anleger nur in der Höhe seines Beitrags belangt werden. Seit dem 14. Jahrhundert trat diese Gesellschaftsform auf, die rechtliche Regelung erfolgte im Jahr 1408; allerdings nahm deren Einsatz erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts in absoluten Zahlen und im Schnitt des investierten Kapitals zu.89 Auch im süddeutschen Raum kannte man rechtlich-finanzielle Verfahrens-

BNCF, Manoscritti, II, V, 13: V. Lettere e scritture varie t. VII (1455–1611), c. 209r–210v: Kopie der Konvention zwischen Francesco Naldini & Co mit Salviati und Lanfredini aus Lyon sowie Domenico Naldini, Hans Vöhlin & Co aus Toulouse, 10. Juni 1508. – Meiner Kollegin Agnès Martin-Pallini ist für den Hinweis zu danken, den sie einst Götz-Rüdiger Tewes gegeben hatte; Götz-Rüdiger Tewes hat seinerseits Mark Häberlein / Peter Geffcken auf die Existenz dieses Schreibens verwiesen. 88 BNCF, Manoscritti, II, V, 13: V. Lettere e scritture varie t. VII (1455–1611), c. 209r. 89 Fierli, Della società. Carmona, Aspects, S. 96–104. Zur kritischen Auseinandersetzung mit den Investitionen durch Florentiner Kaufmannbankiers in die accomandite: Goodman, Tuscan Commercial Relations, S. 329–331. Butzert, Investitionen, S. 113–130; S. 134–145. 87

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

weisen eines vergleichbaren Zuschnitts.90 Indes darf es als die absolute Ausnahme betrachtet werden, dass sich ein Florentiner und ein süddeutsches Unternehmen zu dieser institutionalisierten Form der Partnerschaft verbanden. Die Anlage des Vertrages offenbart, dass Lanfredino Lanfredini als Investor hinter Domenico und Francesco Naldini stand.91 Insofern erweist sich die Gesellschaft Naldini-Vöhlin in Toulouse als Vorstufe der Expansion der Salviati nach Lyon, denn die Konstruktion der Firma war auf eine Florentiner Finanzierung durch Lanfredino Lanfredini sowie auf die Abwicklung des operativen Geschäfts durch Francesco Naldini ausgerichtet.92 Die Kooperation der Welser-Vöhlin-Gesellschaft mit Francesco und Domenico Naldini zielte mutmaßlich auf Synergieeffekte im Handel mit Pastell, Wolle, Salz und in geringerem Umfang Alaun ab.93 Geschäftlich spielte die süddeutsch-florentinische accomandita die Rolle einer Einkaufsgesellschaft, wie dem im Besitz der Naldini überlieferten Geschäftsbuch zu entnehmen ist.94 Das Schuldbuch, der Libro debitori e creditori von Domenico Naldini e Gian Felini & Co di Tolosa, eröffnet mit dem Stichtag 21. Oktober 1507 und hat seinen letzten Eintrag am 22. Januar des Folgejahres.95 Der Schreiber des Buches verfasste auch zwei Briefe Hans Vöhlins an Francesco und Domenico Naldini von 1505, also vor Beginn der gemeinsamen accomandita, und von 1509, also nach Ende der Unternehmung. Diese Hand hebt sich markant von den zuordenbaren Handschriften Francesco Naldinis ab und weist gemessen an vereinzelten morphologischen oder lexikalischen Erscheinungen eine

Bauer, Unternehmung; Lutz, Die rechtliche Struktur; Albrecht Cordes, Transfer einer Rechtsidee. Gesellschaftsrechtliche Haftungsbeschränkungen im 15. Jahrhundert, in: Marcel Senn / Claudio Soliva (Hgg.), Rechtsgeschichte & Interdisziplinarität. Festschrift für Clausdieter Schott zum 65. Geburtstag, Bern 2001, S. 243–254; Butzert, Investitionen, S. 235–253. 91 Dies lässt sich auch konkret bestätigen: SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]: Buch der Gesellschaft Naldini-Vöhlin in Toulouse), c. 35: Belastung des Kontos Lanfredino Lanfredini & Co am 21.10.1507, dem Stichtag für die Überweisung der Einlagen in das Stammkapital, mit 1.172,7,8 livres tournois: sono per quelle partite ànno aparte di quello libro di Lione per la messa de Domenico à messo in la compagnia. 92 Tewes, Kampf; Lang, Herrscherfinanzen; Agnès Martin-Pallini, La gestion et la maîtrise du temps et de l’espace dans la pratique marchande de la compagnie Salviati de Lyon autour de 1500, in: Mélanges de l’École française de Rome – Italie et Méditerranée modernes et contemporaines (Themenheft: Famiglie al confine – Cultures marchandes – Varia) 125 (2013), S. 181–197. 93 SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]). 94 Das Buch der accomandita Domenico Naldini, Hans Vöhlin & Co ist neben anderen Büchern Francesco Naldinis im Archivio Salviati überliefert: SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]). Es zeigt den Aktionsradius der für die Firma aktiven Teilhaber und Handelsdiener; ebenso anhand der Warenkonten die Produktpalette. 95 Ebd., c. 1: Al nome di Dio in Tolosa questo dj xxj d’ottobre 1507 libro magio per redusir tutte le cose se sono fatte per la comp(agni)a nostra di Domenico Naldinj Gioan Felini e compagni jn ognj . perde che Dio voglia guovernar (i)l tutto e mettre di bona fine et profitto. Augenscheinlich dürfte es kein Zufall sein, dass das Buch beendet wurde, als man laut Teilungsvertrag am 25.1.1508 die Vereinbarung zur Beendigung der gemeinsamen Unternehmung beschloss. Das Buch war zu diesem Zeitpunkt noch nicht voll geschrieben. Ob die mitunter nachlässige Buchführung, in deren Verlauf Konten nicht ausgeglichen und Summenbildungen nicht vorgenommen wurden, für diesen Entschluss mitverantwortlich war, lässt sich natürlich nur mutmaßen. 90

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gewisse Nähe zum spanischen Sprachraum auf.96 Wahrscheinlich verfügte die Naldini-Vöhlin-Gesellschaft noch über einen zweiten libro debitori e creditori, welches allerdings nicht in den Bestand der Naldini-Rechnungen gelangt ist. Überdies ist ein Journal erhalten, welches erst am 10. Juni 1508 beginnt und von Francesco Naldini über weite Abschnitte selbst geführt worden sein muss.97 Dieser Giornale zeigt die Fortführung der Unternehmung in Toulouse, nunmehr als Domenico e Francesco Naldini & Co. Die gemeinsame Handlung der Vöhlin und Naldini existierte offenbar länger als im durch den zitierten Teilungsvertrag und die vorliegenden Rechnungsbücher ausgewiesenen Zeitraum, denn Francesco Naldini richtete bereits am 19. Mai 1507 ein Schreiben aus Lyon an Domenico Naldinj et Johan Felinj (e) co(m)pangnia (in) Tolosa.98 Dies deutet darauf hin, dass die accomandita bereits im Sommer 1507 lief – immerhin waren die Florentiner Kaufmannbankiers ziemlich präzise bei der Benennung ihrer Geschäftspartner, und Francesco Naldini gehörte zu den Teilhabern.99 Einen Verweis auf die geplante Neustrukturierung der in Toulouse ansässigen gemeinsamen Kommende gibt ein Schreiben Francesco Naldinis an den gemeinsamen Handelsdiener Uguet Raby im März 1508. Naldini erklärt darin, dass eine entsprechende Namensänderung der compagnia vorgesehen sei.100 Allerdings richtete der GeEs handelt sich um das Schreiben von Johann Vöhlin im Namen von Johann Vöhlin, Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rabostani, an Domenico Naldini, Toulouse, vom 11.3.1505, sowie von Johann Vöhlin, Zaragoza, an Francesco e Domenico Naldini, Toulouse, 1.4.1509. Vgl. Lang, Fremdsprachenkompetenz, S. 91. – Überdies verwendet die Hand auch charakteristische Toskanismen wie die Wiedergabe des aspirierten „ch“ anstelle des schriftsprachlichen „c“. Theoretisch wäre natürlich denkbar, dass es sich um autographische Schriften von Hans Vöhlin handelt; das würde allerdings bedeuten, dass er zumindest das erste Buch der gemeinsamen Gesellschaft führte. 97 SNS, AS, I, 40 (T Giornale [A]). Leider ist dieses Buch nicht mit einer Invocatio eröffnet und trägt auch keine Selbstausweisung vor. Über dem ersten Eintrag auf der ersten Seite ist der Vermerk Giornale notiert. Ein Handschriftenvergleich mit dem Brief Francesco Naldinis an den Handelsdiener Uguet Raby vom 22.3.1508 suggeriert diese Annahme: Denn der Brieftext ist von einem Schreiber abgefasst, aber anschließend von Francesco Naldini (in anderer, wohl eigener Hand) unterzeichnet worden: ANald, Lettere, 1. Die andere Hand könnte von Piero Cerretani stammen, der im wesentlichen selbst in Toulouse für die Naldini aktiv war. Dieses Journal reicht bis zum Jahr 1509. Dass Uguet Raby für die Naldini-Vöhlin-Gesellschaft als Vertreter unterwegs war, zeigt das Reisespesenkonto der Unternehmung: SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]), c. 5: Spese di viaggio. Im Dezember 1507 bereiste Uguet Raby verschiedene regionale Märkte für 18 Tage. Außerdem bittet Francesco Naldini in einem an Raby adressierten Schreiben, dass er (Naldini spricht Raby als fratello an, was ihn auf dieselbe Ebene einstuft) beim Eintreffen mit Hans Welser in Toulouse die nötigen Vorkehrungen für die angemessene Logis treffen sollte: ANaldRic, Lettere, 1: Francesco Naldini, Lyon, an Uguet Raby, Toulouse, 22.3.1508. 98 ANaldRic, Lettere, 1. Der Dorsalvermerk erklärt: Dj Lionne dj 14 a dj 29 mag(i)o jnn Toloxa 1507 /. 99 Domenico Naldini und Hans Vöhlin & Co in Toulouse berichten am 2.10.1507 an den in Florenz weilenden Francesco Naldini – es ist die Hand der zitierten Briefe Hans Vöhlins und des Schuldbuches (T DebCred [A]). Auch ein Schreiben vom Florentiner Geschäftsfreund Giambattista e Carlo Uguccioni, Zaragoza, an Domenico Naldini e Iohan Felini e co in Tolosa vom 12.10.1507 zeigt zumindest die Existenz der accomandita bereits vor dem Stichtag des 21.10: beide ANaldRic, Lettere, I. 100 ANaldRic, Lettere, 1: Francesco Naldini, Lyon, an Uguet Raby, Toulouse, 22.3.1508: jo spetto Gian Felinj e poj cavereno fuora el nome de la conpagnia di costj. Uguet Raby könnte mit Gioan Raby de Maseras verwandt sein: SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]), c. 18/18r Gioan Rabi de Maseras; hier wird per suo fillio 96

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

schäftspartner Antonio de Villanova aus Bordeaux noch am 24. Juni 1508 einige Zeilen an die Unternehmung Dom(in)o Domjnyco Naldynj et Juan Felinj e co(n)p(ani)a i(n) Tholosa.101 Wenn der Verfasser über einen adäquaten Informationsstand verfügte, dann würde die Gesellschaft Domenico Naldini und Hans Vöhlin & Co länger bestanden haben, als der Auflösungsvertrag nahelegt. Hans Vöhlin agierte im Auftrag Domenico Naldinis mindestens seit 1505 und führte seine Tätigkeit später für Francesco e Domenico Naldini & Co fort. Sowohl die Korrespondenzen als auch die Rechnungsbucheinträge zeigen ihn auf Einkaufstour im Süden Frankreichs und in Aragón. Im Oktober 1507 erwarb Vöhlin Wolle in Narbonne, im April 1509 organisierte er zehn Ladungen Safran aus Zaragoza nach Lyon.102 Die Welser-Vöhlin-Gesellschaft nutzte ihre Beteiligung an der Unternehmung in Toulouse, um sich südfranzösische Leinwand, Salz aus Narbonne und Pastell nach Lyon oder nach Flandern liefern zu lassen.103 Diese Einkäufe finanzierten die Welser-Vöhlin beispielsweise am 3. Januar 1508 mit einem Wechsel ihrer Antwerpener Faktorei auf ihre Lyoner Niederlassung, wo Hans Vöhlin der Betrag von 1.665,11,8 livres tournois zur Deckung seiner Erwerbungen gutgeschrieben wurde.104 Auch Domenico und Francesco Naldini glichen Zahlungsverpflichtungen über Lyon aus, wo auch der Verkauf der Waren erfolgte. Francesco Naldini war seit seiner Flucht aus Florenz 1497 die meiste Zeit dort aktiv.105 Die Ausfuhr von Pastell über den Hafen von Bordeaux nach Brügge wie im Fall von 100 Ballen des Farbstoffes im Oktober 1507 bezahlten die Welser-Vöhlin auch über ihre Faktorei am Zusammenfluss von Rhône und Saône.106 Die überlieferten Briefe sowie die Rechnungsbücher zeigen, dass die Naldini-Vöhlin-Gesellschaft in das Gefüge aus Handelswegen und Personennetzwerken im südlichen Frankreich, Katalonien und Aragón eingepasst war. Zum einen verkoppelte sie regionale Beschaffungsmärkte für Safran und Wolle auf der östlichen Iberischen Halbinsel und für Pastell, Wolle, Leinwand und Salz im südwestfranzösischen Raum mit den überregionalen Märkten in Lyon und Antwerpen, wo die in Toulouse erworbenen

überwiesen. Allerdings trägt Ughetto Raby den Beinamen de Casa und tritt im nämlichen Konto als Auszahler eines Betrages an den servitore des Gioan Raby auf. 101 ANaldRic, Lettere, 1: Antonio de Villanova, Bordeaux, an Domenico Naldini e Gian Felini, Toulouse, 24.6.1508. Der Brief erfuhr erst am 4.7. den entsprechenden Eingangsvermerk. Der Brief ist in einer weitgehend katalanischen Sprache abgefasst. 102 Ebd.: Johann Vöhlin, Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rabostani, an Domenico Naldini, Toulouse, 11.3.1505; SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]), c. 40r; ANaldRic, Lettere, 1: Johann Vöhlin, Zaragoza, an Francesco e Domenico Naldini & Co, Toulouse, 1.4.1509. 103 SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]). 104 Ebd., c. 37/37r: Antonyo Belserj Chonrrado Felinj et c(on)panj d’Anv(er)sa. 105 Ebd., c. 18: Gioan Felini p(er) suo conto p(ro)p(ri)o: Querverweis auf quello libro di Lione. Tewes, Kampf, S. 660–662. 106 SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]), c. 40/40r: Antonio Belser Chonrrado Fel[i]nj et c(on)p(agn)i d(i) Lione.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Güter abgesetzt und refinanziert werden konnten.107 Der oben erwähnte Uguet Raby tätigte für die Unternehmung zwischen Oktober und Dezember 1507 Einkäufe auf den lokalen Märkten für Pastell im Wert von immerhin 980,13,7 livres tournois.108 Die im selben Zeitraum erworbene Wolle aus Narbonne zu 963,11,3 livres tournois illustriert den Erwerb dieses Produktes von regionalen Zulieferern durch die Welser-Vöhlin-Gesellschaft.109 Der Geschäftsmann Dionys de la Calavria veräußerte am 26. Oktober 1507 auf Vermittlung von Naldini-Vöhlin für 760,13,3 livres tournois Aragoneser Wolle an die in Lyon angesiedelten Buonvisi.110 Zum anderen erreichten die beteiligten Handelshäuser, die Welser-Vöhlin-Gesellschaft sowie die Naldini-Lanfredini-Bartolini-Salviati, auf diese Weise Geschäftspartner in der Peripherie ihres Handelsraumes und knüpften Beziehungen zu Kaufmannbankiers aus Barcelona und Zaragoza. Die Investition Lionardo Bartolinis in die Kommende glich man durch den Verkauf von Pastell auf seine Rechnung aus.111 Die Kommende in Toulouse brachte zumindest im ersten Vierteljahr ihres Bestehens einen vergleichsweise guten Gewinn von 360 livres tournois ein.112 Welcher Grund zur Beendigung der gemeinsamen accomandita führte, ist aus dem vorliegenden Material nicht ersichtlich. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Salviati infolge ihrer Expansion nach Lyon das Geschäft in Toulouse selbst übernehmen wollten. Dafür spricht zunächst, dass das kaufmännische Personal – mit Ausnahme Hans Vöhlins – aus dem Florentiner Zusammenhang stammte. Ferner wurde das Stammkapital der Unternehmung Domenico e Francesco Naldini & Co in Toulouse von der im Herbst 1508 etablierten Gesellschaft der Salviati in Lyon überwiesen.113 Überdies gingen die Welser-Vöhlin und die Salviati keinesfalls getrennte Wege, sondern Hans Vöhlin bereiste auch weiterhin im Auftrage der Naldini die Messen in Aragón. Bemerkenswert

Caster, Le commerce, S. 157–165. Caster zeigt die Herausbildung von Produzentenkartellen im Pastellgewerbe wie in der zweiten Dekade des 16. Jahrunderts mit den Lancefoc. Aus der Perspektive der süddeutschen und florentinischen Kaufmannbankiers war vor allem die Positionierung ihrer Einkäufer entscheidend; die engen Verbindungen von Finanzierung des Pastellhandels durch die in Lyon ansässigen Handels- und Bankhäuser mit den Händlern aus dem Nordosten der Iberischen Halbinsel. 108 SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]), c. 32r. Immerhin mit 200 livres Bargeld auf Kredit ausgestattet war er unterwegs: ebd., c. 31/31r. 109 Ebd., c. 9r; c. 24r. 110 Ebd., c. 29. – Zu Dionys de la Calavria: Caster, Le commerce, ad indicem. 111 SNS, AS, I, 39 (T DebCred [A]), c. 36/36r. 112 Ebd., c. 6 (das einzige Vorteilskonto). 113 ANaldRic, no. 70, c. 4. Dieses Buch von Francesco e Domenico Naldini & Co beginnt am 26.3.1511 und verzeichnet die Investition von Francesco Naldinis von 5.000 scudi di marchi als Teilhaber an der Gesellschaft Iacopo e rede di Alamanno Salviati e co di Lione; dabei handelt es sich ganz offenbar um ein privates Schuldbuch. – ANaldRic, no. 71 (T DebCred Francesco e Domenico Naldini & Co di Tolosa), c. 51: Das Buch von Francesco e Domenico Naldini & Co in Toulouse spricht von einer abermaligen accomandita – diesmal der Naldini mit der Salviati-Gesellschaft in Lyon – mit der entsprechenden Einlage der Lyoner Unternehmung der Salviati im Jahr 1513 in Höhe von 5.000 livres tournois (fanno buoni per loro li Salviati di Lione). 107

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

ist auch, dass Lionardo Spina, der spätere Leiter der compagnia der Lyoner Salviati-Gesellschaft, im Auftrag der Naldini in Spanien auf Einkaufstour war.114 IV.2.3

Die Beziehungen der Welser-Vöhlin-Gesellschaft mit Lanfredino Lanfredini

Im Archivio Bartolini Salimbeni befinden sich 21, von Götz-Rüdiger Tewes erstmals ausgewertete Briefe, die von verschiedenen Faktoreien der Welser-Vöhlin-Gesellschaft und aus deren Zentrale in Augsburg an Lanfredino Lanfredini in Florenz während des Jahres 1509 gerichtet sind.115 Diese Schreiben dokumentieren vielschichtige Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Handels- und Bankhäusern im Querschnitt.116 Allerdings lässt sich dabei nicht der mindeste Hinweis auf einen Beginn dieser Kontakte entdecken. Mindestens die Reisen von Vertretern der venezianischen Faktorei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft, die in den Briefen im Fall Hans Pfisters im Herbst angesprochen werden, deuten auf kontinuierliche Kontakte zwischen den Medici-Nachfolge-Firmen und den Welsern im Bereich des Safranhandels hin. Im Oktober 1509 begab sich Hans Pfister nach Italien, um die Safranmärkte in L’Aquila (Adler) in den Abruzzen zu besuchen.117 Auf seinem Weg dorthin sollte er Station in Florenz machen, um von den Geschäftsfreunden Lanfredino Lanfredini & Co mit ausreichend Bargeld sowie einem Kreditrahmen von 2.000 Dukaten ausgestattet zu werden. Wie bereits angeführt erforderte der Safran-Einkauf von den Welser-Vöhlin, mit vertrauten Kaufmannbankiers Kontakt zum Transfer von Bargeld aufzunehmen. Die Briefe des Jahres 1509 weisen in diesem Zusammenhang weniger auf eine einmalige Begebenheit als vielmehr auf eine eingespielte und wiederkehrende Praxis hin.118 Für die Welser-Vöhlin-Gesellschaft organisierte die Faktorei in Venedig die Abwicklung des Warenhandels. Safran, der auf den Beschaffungsmärkten durch Pfister in den

ANaldRic, No. 71, c. 51/51r. Tewes, Kampf, S. 660–666. Mit Blick auf die Überlieferungsgeschichte der Welser bzw. Welser-Vöhlin decken die 21 Briefe von 1509 einen Jahrgang ab, der sonst kaum mit der Eigendokumentation zu erfassen ist. Lediglich die Transkription eines Blattes (aus Frankfurt) vom März/April des Jahres 1509 betrifft den nämlichen Jahrgang: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 60. 117 Müller, Welthandelsbräuche. 118 ABartSalim, Lettere, busta 1: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 20.10.1509; ebd., busta 3: Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte, Augsburg, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 17.9.1509; ebd., 2.10.1509. Zu Hans Pfister (ein Mitglied des Teilhaberkreises von Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte): Kapitel III.4.3. Und in seiner Funktion als Handelsmann, mit einem eigenen Buch: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmenete, S. 30; S. 53; S. 69. Überdies ist eine Niederlassung der Welser in Bari nachgewiesen: Am 9.2.1528 werden über die Rechnung von Venedig neun Ballen pulnisch saff(ran), welche in Bari erworben worden waren, eingetragen (Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 128 [Z 8.143]). 114 115 116

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Abruzzen eingekauft wurde, transportierten in Venedig ausgerüstete Firmenangehörige über die Alpen, vorwiegend auf die Nürnberger Märkte.119 Dieser Weg des Färbemittels und Gewürzes war eine Alternative zur oben erwähnten Route aus Lyon. Lanfredino Lanfredini war ein wichtiger Investor bei den Salviati und die zentrale Figur im Konglomerat der Medici-Nachfolger. Da er sowohl für die Florentiner Salviati-Gruppe als auch für deren Lyoner Gesellschaft eine herausgehobene Rolle spielte, liegen die personellen Zusammenhänge von Vertretern der Welser-Vöhlin-Gesellschaft mit Francesco Naldini, Iacopo e Alamanno Salviati & Co in Lyon, den Bartolini sowie den Lanfredini auf der Hand: Zu ihm und seiner compagnia in Florenz bestanden im Jahr 1509 eingespielte Beziehungen, die im Rahmen eines komplexen, von Götz-Rüdiger Tewes freigelegten Netzwerks geschäftlicher und personeller Verbindungen Florentiner Kaufmannbankiers aus dem Medici-Kontext an verschiedenen europäischen Standorten abliefen. In den Korrespondenzen, die auch die Bedrohung der Kommunikationswege durch militärische Auseinandersetzungen reflektieren120, werden fünf Geschäftsfelder angesprochen: Der Wechselhandel über Lyon, Lieferungen von Silber, der Zuckerhandel, der Levantehandel sowie der Handel mit Tuch und anderen Waren. Daneben zeigen Anhaltspunkte wie die Ausbildung Hans Welsers, eines Sohnes des Firmenleiters Anton Welsers, dass das Verhältnis zwischen der Welser-Vöhlin-Gesellschaft und der compagnia von Lanfredino Lanfredini bereits an Tiefe (Mehrschichtigkeit) gewonnen hatte (zu den Ausbildungsverhältnissen in Kapitel VI.1). Transalpine Geschäftsfelder Das Wechselgeschäft hing in besonderer Weise davon ab, dass sich die Korrespondenten eines Transfers zielgerichtet koordinierten. Hierbei hatten besonders Kursschwankungen oder die Menge an ausgemünztem Edelmetall auf die möglichen Gewinne Einfluss. Aber auch die Übermittlung der Briefe musste abgestimmt werden, denn stets drohten die Wege über die Alpen unterbrochen zu werden. Insbesondere im Falle wertvoller Fracht beschäftigte die Handelsleute die oft heikle Situation auf den Transportwegen.121

Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 34 (Z 1.224): Detaillierter Eintrag zur Lieferung von 18 Säcken und 3 1⁄2 Ballen Safran, gebucht am 13.4.1499; ebd., S. 46: Lieferung nach Augsburg von zwei Ballen Safran am 30.9.1502/03. 120 Christina Lutter, Politische Kommunikation an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Die diplomatischen Beziehungen zwischen der Republik Venedig und Maximilian I. (1495–1508), Wien/München 1998, S. 93–118; vgl. Michael Mallett / Christine Shaw, The Italian Wars, 1494–1559. War, State and Society in Early Modern Europe, Harlow 2012, S. 93–96. 121 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser e Konrad Vöhlin & Co, Venedig, an Lanfredino Lanfredini, Florenz, 12.5.1509: A condur[re] argentj al p(rese)nt(e) a Fiorenza dubitamo sarà mal ordine p(er) le stradj chi[!] p(er) tutto pareno copertj dj soldattj et continuo sono p(er) mutar da locho jn locho più quanto sop(r)a ciò 119

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Im Zuge der Wechseltransfers setzten die Welser-Vöhlin insbesondere ihre Faktorei in Lyon als Ort für die Ausstellung von Wechseln ein, um Geldauszahlungen in Rom vornehmen zu lassen.122 Über einige Wochen hinweg thematisierte der Schriftverkehr zwischen verschiedenen Standorten der Welser-Vöhlin und den Lanfredini in Florenz eine Rimesse in Höhe von 503,15,6 Dukaten. Dabei zog zunächst die Niederlassung der Welser in Rom einen Wechsel auf die Faktorei in Lyon. In Rom erwarb der Kommissionär von Lanfredino Lanfredini & Co, Giovanni Pandolfini, diesen Wechsel. Die Florentiner Lanfredino Lanfredini & Co remittierten nach Lyon. Dort stand die Unternehmung Iacopo e Alamanno Salviati & Co für die Auszahlung des remittierten Wechsels zur Verfügung. Damit erwuchsen Forderungen an Christoph Welser123, der für die Welser-Vöhlin im Umfeld des päpstlichen Hofes tätig war. Diese sollten offenbar durch einen „Rückwechsel“ ausgeglichen werden. In Rom wurde am Ende der Transferprozesse in barer Münze gezahlt. Während die Faktorei der Welser-Vöhlin in Venedig den Florentinern dieses Geschäft in einem Brief vom 28. April erläuterte, trug der Buchhalter der Salviati eine Belastung des Kontos der Welser-Vöhlin über 650 scudi di marchi unter der Ostermesse ein (Schaubild 2).124

ne ditte abiamo fatto intender a n(ost)ri magiorj qualj elegerano quelo meglio li parerà. et la resposta loro saparett(e) / si le cosse andasseno rassetandose tantto meglio saria, ma par vadino pegiorando. a Dio piazia rasetarlj jn bona paze ame(n) etc. 122 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 19.1.1509: In diesem Brief wird erklärt, dass man zu verschiedenen Wechselbriefen auf die seconde auf den Weg gebracht hätte, weil man in Zweifel geraten war, ob die prime ihr Ziel gefunden hätten: A giorni passattj vi ss’è scritto quanto è ssuto di bix(ogn)o e q(uest)a solo p(er) mandarvj la jnclusa a n(ost)rj di Lionne jn ella quale sono alchune n(ost)re ß(econ)de lettere di chambio e ch(e) sono jn sulla p(rese)ntte fiera d’aparizionne le quale p(er) abondare la chautela vi mandiamo prieghandovj che p(er) jl primo e più sichuro modo potett(e) le mandiat(e) p(er)chè chome vi sse dice sono jn sulla p(rese)nte fiera d’aparizione / p(er)hò [!] vj piacierà vsarne buona diligenzia che cie ne farett(e) piaciere grande p(er)ch(è) dubitiamo le prime d(e)l chambio non possino di qua esser jn tempo. Anchora ch(e) p(er) t(ut)ta la p(r)oxima settimana partendosj di qua choriere chome stimiamo p(er) certo poterle mandare ch(e) saranno jn tempo / et di quello seguitte vj piacj darce avixo – ch(e) si fa chome si dice p(er) habondar jn chautela. Ein solches Vorgehen suggeriert auch ein Brief von Alamanno Salviati in Lyon an Lanfredino Lanfredini, als er auf durch Barzahlung finanzierten Wechselgeschäfte zu sprechen kommt und dabei zugleich erläutert, dass die römische Faktorei von Welser-Vöhlin organisatorisch tätig sein würde: ebd.: Alamanno Salviati & Co in Lione [!] an Lanfredino Lanfredini di Firenze [!]: ho qu(esta) p(er) es(er)e jn li chanbi no(n) si dice molto salvo ch(e) la gran largheza ne spac[c]ia et ordiano mandarci sia / 2 / d(e)l qualche somme di chontt(anti) sia duchat(i) et 𝛻 jl più sia p(er) nostro conto et de’ Belzeri p(ro)p(ri) che li loro scrivon p(er) p(r)ovedere a Roma. noj v’amo volt(o) e volteremo più e no(n) li parti che p(er) s(er)vire lo chometere. jl nostro riprenderette p(er) gli ànno vi che qui cont(o) di tenpi ho riffatto vna d(e)l rimexo era che li danarj son buonj p(er) ricompreso d(i) parte del[l]’ inttrexi coxì. 123 Zu Christoph Welser in Rom: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLI–XLII. 124 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Venedig, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 28.4.1509: Abiamovj rimessi da Alex(and)ro dj Francia duc 503 ß 15 1⁄2 quali p(er) uxo vi debeno pagar Alamanno o Iac(op)o Salviattj a 99 1⁄4 p(er) c(ent)o / come apar[e] p(er) la p(ri)ma dj cambio ci sarà jncluxa. piaziavj e farvela azetar[e] et al tempo pigliarne el p(agamen)to / et avutto chi l’arett(e) prima che posseatt(e) remeteteli al n(ost)ro Crist(ofan)o Belzer a Roma ove(ro) chi p(er) Ant(oni)o Belze(r) Curado Felin e c(on)p(angn)i ci sarà. vantagiandozj d(e)l pregio più che possette / ma più d’uxo non fatt(e) et d(e)l seguitto avixatte; SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 140: Antonio Belzer e Churado Felini e chonp(agni)a deono dare im fiera d(i) paschua

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Schaubild 2 schematische Darstellung des Wechselgeschäfts von 1509 (schwarze Pfeile: Aktionen; graue Pfeile: Beziehungsebene; gestrichelte Rahmen: Orte), eigene Darstellung – In der Buchführung wird das Indossament nicht als solches bezeichnet. Der Verkauf des Wechsels von Wechselnehmer I an den Wechselnehmer II vollzog sich vermutlich als Indossierungsverfahren.

𝛻 secentto cinquantta di m(arco) p(er) m(arco) x d’oro p(er) lett(era) di loro di Roma ci rim(etton)o e’ Lanfredini

amzi Giovanni Pandolfini e co p(er) l(i) ditti L(anfredi)ni p(er) loro chontto a loro dare im questo. Der Eintrag in L DebCred A richtet Forderungen an Welser-Vöhlin, weil die Salviati die Rimesse von Lanfredino Lanfredini (für Giovanni Pandolfini) empfangen hatten und an Welser-Vöhlin auszuzahlen hatten. Allerdings zahlten sie keinen Bargeldbetrag aus, sondern man wechselte wohl zurück, weswegen der Brief der venezianischen Faktorei der Welser-Vöhlin davon spricht, dass Lanfredino Lanfredini & Co die von den Salviati aus Lyon empfangene Rimesse weiter an Christoph Welser remittieren sollten (Zahlung durch die Salviati in Lyon, die die Forderung an die Welser-Vöhlin mit einer Forderung an Lanfredini beglichen). Die Welser-Vöhlin hatten die Spesen zu tragen und waren darauf angewiesen, dass sie den besten Kurs von den Lanfredini berechnet bekommen würden. – ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Venedig, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 5.5.1509; ebd., 12.5.1509; ABartSalim, Lettere, busta 1: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Venedig, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 19.5.1509. Die Ausgleichszahlung in Bargeld musste durch den Transfer von ausgemünztem Edelmetall abgewickelt werden; am Ende des Jahres 1509 wurden (abermals oder immer noch dasselbe Geschäft, nun in der Gegenrichtung) 500 Dukaten von Mailand nach Florenz geschickt, wobei die Lieferung scheiterte (weil der Fuhrmann in Bologna kein Stückgut hatte, welches er nach Florenz schaffen konnte, entschied er sich dazu, mit den 500 Dukaten wieder nach Mailand zurückzukehren: ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Mailand, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 22.12.1509; ebd., 30.12.1509.

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Diese Wechselgeschäfte dienten scheinbar dem Bargeldtransfer aus der Kirchenprovinz der Romagna (über den Sitz des Gouverneurs in Bologna) zur Apostolischen Kammer in Rom. Denn die Wechsel sollten durch Bargeldzahlungen in Bologna refinanziert werden. Um beim Transfer einen zusätzlichen Gewinn auf die jeweilige Summe zu erzielen, wurde über Lyon gewechselt.125 Aber auch andere Wechselgeschäfte liefen über Lyon wie im Fall einer im Auftrag der venezianischen Faktorei gezogenen Tratte auf Lanfredino Lanfredini aus Valencia oder Cadiz.126 Solche venezianischen Wechsel zur Zahlung in Rom lassen sich auch in den Faktoreirechnungen der Welser-Vöhlin nachweisen.127 Ein herausgehobenes Interesse der Florentiner Handels- und Bankgesellschaft galt in diesem Zusammenhang der Einfuhr von Silber. Silber bildete das materielle Äquivalent zu den im Wechselhandel transferierten Summen, denn es handelte sich entweder um ausgemünztes Silber oder um Silber in Barrenform. Im Mai 1509 ließ die Faktorei in Lyon drei Piaster (piastri) Silber im Wert von 1.700 Golddukaten (ducati larghi) nach Florenz transportieren. Lanfredino Lanfredini & Co sollten das eingehende Bargeld mit einer Rimesse zugunsten der Welser-Vöhlin in Rom bezahlen.128 Im nämlichen Monat verfügte man in Lyon dem Anschein nach über genügend Silbergeld (larghezza), wie Alamanno Salviati aus Lyon seine Geschäftspartner Lanfredino Lanfredini bedauernd schrieb. Diese Situation eröffnete allerdings zugleich die Mög-

ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 28.4.1509: Diesen Schluss lassen die Erläuterungen zum Zahlungsverhalten des entsprechenden Schatzmeisters in Bologna zu: non habiamo poj v(ost)ra et q(ue)sta sola p(er) avixarvj chome dj quell(o) chambio p(er) Bolognia[.] non è fatto nientte / lo thesauriere non ha voluto sborsar chossj prestto lj denarj / et farr [!] a modo suo / et chossj se provederà p(er) altra via.; ebenso die Erklärungen zu den jeweils angesetzten Wechseln auf Lyon: dellj denarj vj scrivamo facesttj p(ro)vixion p(er) detto chambio et p(er) certto achordo facevamo chon Giovann Pandolffinj [!][.] non vj dichamo altro / ne sapiamo q(ue)llo vj ordinerà detto Iovann Pandolffinj / et p(er)ch(è) luj allora me disse ch’el vj voleva ordinare ch(e) anchora ch(e) non havesse reuscire tal cambio p(er) Bolog(n)a ch(e) nientt(e) dj meno facestte p(ro)vixion d’esse p(er) mandarcele qui a Roma / et la partt(e) n(ost)ra a rischio n(ost)ro / della quale vj dovevj valere dallj n(ost)rj dj Lione / ello medemo vj avixamo anchora. 126 ABartSalim, Lettere, busta 1: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Venedig, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 19.5.1509: Si p(er) caxo da Val(enz)a over da Calix vi fusse o vegnisse tratto qualche 5.6 jn 800 duc ove(ro) più jn n(ost)ro nome[.] fatene pag(amen)to et valetenj da’ n(ost)ri dj Lione. Diese Formulierung bedeutet, dass Lanfredino Lanfredini & Co als Bezogene die Rimesse von der Welser-Vöhlin-Vertretung abkaufen sollen. Die Refinanzierung sollte über Lyon erfolgen. ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Mailand, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 8.6.1509: venendocy trat(t)o da Valenza hovero Chalis p(er) nome nostro in la sum[m]a de duc 800 ne vorestj far(e) bonn pagamento et cosy faretj et valetovj sopra ly nostrj de Lionne como ly nostrj de Venesia ve han[n]o hordinato etc. 127 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 47: Zahlung von 200 Dukaten in Rom, gebucht auf den 10./29.10.1503/03 (Z 3.29) und eine nicht genannte Summe zum selben Zeitpunkt (Z 3.20). 128 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 26.5.1509: San Gricko veturale è jontto qui q(ue)sta sera / jl quale speramo vj habia chonsegniato le 3 piastre mandattovj dallj n(ost)ri dj Lione nelle quale cj sono duc 1700 l(argh)i jn ciercha li qualj cj rimetterett(e) a uxo chon vantagiarce sechondo jl solitto / ch(e) a noj anchora cj par meglio farme chossj ch(e) j n(ost)ri dj Vinegia cj scrivano chomo havevan[o] fatto a voj de volerce partire de lj. Zu San Crico: Tewes, Kampf, S. 663. 125

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

lichkeit, Bargeld nach Italien zu transferieren und als Zahlungsmittel für Wechsel nach Italien bereit zu halten.129 Lanfredino Lanfredini & Co bezogen im Herbst 1509 von Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandten Silber zu 560 Mark Gewicht für die Münze der Republik am Arno. Damit lieferten die Welser-Vöhlin ein besonders ertragreiches Gut über die Alpen.130 Das Geschäft wurde offenbar in Lyon eingefädelt, allerdings blieb es der Augsburger Firmenzentrale vorbehalten, den Transfer gegenüber den Florentiner Korrespondenten anzukündigen. Dabei folgte man einem bereits eingeführten Muster: Die Lyoner Faktorei zeichnete verantwortlich für die Abrechnung, die Römer Niederlassung für die Barzahlung. In diesem Fall indes verfügte die Unternehmensleitung angesichts der aufgrund der militärischen Lage schwierigen Wegeverhältnisse zwischen Florenz und Rom den Ausgleich in Dukaten an Hans Pfister, falls er mit finanziellen Mitteln für den Safraneinkauf versehen werden sollte.131

ABartSalim, Lettere, busta 3: Alamanno Salviati & Co in Lione an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 10.5.1509: questa è p(er) dirvi ch(e) di tutto il romissoci s’è ha[v]uto p(ro)messe tanto p(er) vno co(n)to che altro (e) simile noy habiamo p(r)omisso il tractocj (e) al tempo se ne sarà dovere[.] noj siamo suti oggi al cambio a tutta volta si cambia (e) è q(uest)a piaza molto larga come p(er) li cambi vedrete (e) non si trova prenditori p(er) le bande di costà andren facendo (e) quel seghuirà jntenderete per altra senza altro dirvi […] ho qu(esta) p(er) es(er)e jn li chanbi no(n) si dice molto salvo ch(e) la gran largheza ne spac[c]ia et ordiano mandarci sia / 2 / d(e)l qualche somme di chontt(anti) sia duchat(i) et 𝛻 jl più sia p(er) nostro conto et de’ Belzeri p(ro)p(ri) che li loro scrivon p(er) p(r)ovedere a Roma. noj v’amo volt(o) e volteremo più e no(n) li parti che p(er) s(er)vire lo chometere. jl nostro riprenderette p(er) gli ànno vi che qui cont(o) di tenpi ho riffatto vna d(e)l rimexo era che li danarj son buonj p(er) ricompreso d(i) parte del[l]’ inttrexi coxì[.]. – Auffällig dabei ist, dass von „Alamanno Salviati & Co“ gesprochen wird, obschon die Bezeichnung der Salviati-Gesellschaft in Lyon anders lautete. Dies deutet darauf hin, dass sich Alamanno Salviati zu diesem Zeitpunkt persönlich in Südfrankreich aufhielt. – Götz-Rüdiger Tewes bezieht sich auch auf diese Zusammenhänge, aber er zitiert die Schreiben inkorrekt und datiert sehr variabel: Tewes, Kampf, S. 663. 130 Zur Verbindung zwischen der Medici-Bank und ihren Nachfolge-Firmen mit der Florentiner Zecca: Tewes, Kampf, S. 103; vgl. Richard A. Goldthwaite, Lorenzo Morelli, Ufficiale del Monte, 1484–88: interessi privati e cariche pubbliche nella Firenze laurenziana, in: Archivio Storico Italiano 154 (1996), S. 605–633. 131 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin & Mitverwandte, Augsburg, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 17.9.1509: chome abiamo avixo da n(ost)rj dj Lione / vi nolevono mandare p(er) conto n(ost)ro 400 m(archi) d’ariento vel zercha ne la zecha p(er) p(r)ovare chome risponderanno / (e) forsse vene manderemo del alt(r)o secondo che di troveremo vtile / (h)ora lj n(ost)rj vi potranno av(er)e ordinato / de remetere jl ret(ratt)o d’essj arientj la magior parte a n(ost)rj dj Roma / (e) voj considerando che jl tenpo del[l’] inzepta del zaf(erano) p(er) l’Aquila sareb[b]e trop[p]o p(r)esso [!] / (e) che no(n) potrebono servirsj al p(r)inzipio de tal danarj p(er) la via di Roma / vogliamo che tut[t]o quel reto vegiate de conv(er)tirlo jn ducatj l(arghi) / de bon peso al miglior modo che potrete av(er)lj / (e) che jl n(ost)ro Giovanj Pfister (h)o altrj p(er) noj che vi porterano lett(ere) dj mano del n(ost)ro magior miss(er) Ant(oni)o Belzer jl quale sotto scriverà la p(r)esente / trovj lj d(enari) / p(r)estj jn v(ost)re mane costj / al più longo p(er) lj 20 d’ottob(r)e p(r)ossimo / che quest’anno bixognia fare la volta da costj a l’Aquila / p(er) rispeto de la guerra / p(er)ò no(n) rimet[t]ete nulla p(er) noj a Roma. – Allerdings verzögerte die Lyoner Faktorei die Abwicklung des Geschäftes, so dass man meinte, die Auszahlung der Golddukaten würde zu spät für Pfisters Reise im Oktober erfolgen können. Die militärisch bedingt heikle Situation der Wegeverbindungen schien die Durchführung des Transfers zu beeinträchtigen. – Ein ähnliches Verfahren wählten die Welser-Vöhlin im Februar 1528, als in Rom Ansaldo Grimaldi bei der Einzahlung und bei der Auszahlung verschiedene Genueser Bankiers engagiert wurden, um Golddukaten nach L’Aquila und Bari zu wechseln; zwar wird der Safran-Einkauf nicht erwähnt, aber 129

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Die erste Lieferung sollte Silber für 400 Mark Gewicht umfassen. Außerdem erreichten weitere vier Silberbarren (pane d’argento) mit einem Gewicht von 160 Mark im Wert von 1.600 Golddukaten die Metropole in der Toskana noch rechtzeitig, um die Geschäftsreise Pfisters vorzufinanzieren.132 Die Silberbrote, von denen jedes um die 70 (Lyoner?) Pfund wog, wurden in Rollen nordfranzösischer Leinwand eingewickelt und durch einen häufiger zwischen Lyon und Florenz aktiven Fuhrmeister, den conduttiero Benedetto San Crico, auf dem Landweg sicher an den Arno geliefert.133 Diese Silbergeschäfte fügten sich in eine Reihe ähnlich gelagerter Transfers ein, die nicht in den hier vorgestellten Korrespondenzen auftauchen. Das erste Schuldbuch der neugegründeten compagnia Iacopo e Alamanno Salviati & Co in Lyon verzeichnet im Jahr zuvor eine Lieferung von drei Silberbroten auf Lyoner Rechnung. In diesem Fall erschienen die Salviati gemeinsam mit den Lanfredini als Auftraggeber, die am 5. September 1508 Silber im Wert von 1.683,14,7 scudi di marchi bei den Welser-Vöhlin erstanden und die Rechnung für Silber und Leinwand aus Rouen mitsamt Spesen am 24. November in Höhe von 1.737,4,6 scudi di marchi beglichen.134 Auch im Zuge dieses Transfers machten sich beide Parteien zunutze, dass Silber in Italien um 1500 im Verhältnis zum Goldstandard hoch bewertet war.135 Die in den 1490er Jahren stark ansteigende Produktion von Silber in Zentraleuropa erreichte die beiden Auszahlungsorte und die beiden Beträge von je 500 Golddukaten deuten darauf hin: Geffcken/ Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 119 (Z 8.103 und 107). 132 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin & Mitverwandte, Augsburg, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 2.10.1509: Abian da poj avixo da n(ost)ri dj Lion che loro vi han[n]o mandatto altrj argenttj jn zercha marchj 160 et ordinatovj dj veder da trovar duc 1600 d’oro jn oro larg[h]j dj bon peso / et che el resto d(e)l ret(rat)to de li argentj volevono trar[r]vj p(er) esserlj achaduto bexogno d(e) denarj / che tutto sia con jl nome dj Dio / El voler n(ost)ro era che tutto el rit(trat)to dj primj pannj 4 d’argentto fusse p(er) vuj convertitto jn buonj duc larg[h]j / ma hora che n(ost)ri dj Lion ve han[n]o datto altt(r)o ordine. siamo contentj che seguite loro ordene. – Tatsächlich traf das Silber im Oktober noch in Florenz ein, so dass Pfister Bargeld in Empfang nehmen konnte; diese Regelung konnte nur durch die römische Faktorei organisiert werden, weil die Kommunkationswege genügend schnell zurückgelegt waren: ebd., busta 1: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 20.10.1509. 133 ABartSalim, Lettere, busta 3: Narziß Lauginger für Anton Welser und Konrad Vöhlin, Lyon, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 18.11.1509: attendiamo de jntendere quelo serà seguito zircha al mandarvj arientj e quanto sum[m]a p(er) ognj fiera / e aziochè posiate jntertenere p(er) noj la zecha benchè ne dovete avere del a(l)t(r)o / pure v’abiamo mandato ch’el nome dj Dio et dj Sua Santa Madre a dj 16 detto p(er) Benedetto Sant Grico balle 3 dj rollettj bianchj dj peze 13 p(er) balla del segino davantj dj n(umer)o 2. 3. 4 et jn ciascuna balla un pan d’ariento zioè jn no 2 un pane no 30, jn no 3 un’alt(r)o no 28, jn no 4 un’alt(r)o panne [!] dj 29 che pesarano costj no 28 zircha libre 70 o(n)z(e) –, no 29 lib(r)e 70 o(n)z(e) –, no 30 zircha lb 73 o(n)z(e) 11 dj pop(o)l(in)o a pocho p(r)ezzo et sono dj legha no 29 dj 11 danarj 20 granj no 29 dj 11 dj 19 1⁄2 lb g(rana), no 30 dj 11 dj 19 [lb] g(rana) al[l’] a[v]uta de sj vi pregamo lj faziate pesare al justo e che siano dj p(r)imj spazatj chol più n(ost)ro vantagio potrete e chome abiamo fede jn voj che forsse zi [!] serà a p(r)oposito trarvj di sop(r)a quell ret(rat)to /. Zu Benedetto San Crico: SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 1 (1508/09). Tewes, Kampf, S. 663. 134 SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 33/XXXIII. 135 John H. Munro, The Monetary Origins of the ‚Price Revolution’, in: Dennis O-Flynn u. a. (Hgg.), Global Connections and Monetary History 1470–1800, Aldershot 2003, S. 1–14; Stuart Jenks, Von den archaischen Grundlagen bis zur Schwelle der Moderne (ca. 1000–1450), in: Michael North (Hg.), Deutsche Wirtschaftsgeschichte: ein Jahrtausend im Überblick, 2. Auflage: München 2005, S. 15–111, hier S. 66 f.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

in der ersten Dekade des 16. Jahrhunderts einen ersten Höhepunkt.136 Im Zuge dieser Entwicklung absorbierten die Märkte für Edelmetall das Silber aus Böhmen, dem Erzgebirge und Tirol, wobei die Münzen dazu übergingen, vermehrt Silbermünzen zu schlagen. Die Republik Florenz stellte erst 1504 auf die Silbermünze namens carlino (barile und schließlich giulio) um. Dabei verwendete man eine Legierung von 958,333/1.000 – die man popolino nannte – bei einem Gesamtgewicht der einzelnen Münze von 3,512 Gramm.137 Das bedeutet zugleich, dass der im Schreiben vom 18. November 1509 betitelte Silberbarren mit der Ordnungsnummer 30 aus dem am höchsten wertigen Silber bestand und daher mit dem Zusatz di popolano versehen ist.138 Zucker importierten Welser-Vöhlin & Mitverwandte zu dieser Zeit aus Madeira und setzten ihn über verschiedene Distributionsorte ab.139 Auf der zur portugiesischen Krone gehörigen Insel Madeira unterhielt die Welser-Vöhlin-Gesellschaft eine Lissabon zugeordnete Faktorei, von der aus neben Zucker mer katzen, papegai und conserva für den Bedarf der eigenen Mitarbeiter exportiert wurden. Im Mai 1509 war Hans Rem, der bereits 1507 auf Madeira belegt ist, für den Transfer von Zucker in den Mittelmeerraum zuständig.140 Dabei übernahm die Faktorei in Lyon sowohl die Lieferung wie im Fall von 60 Kästen (casse) im Mai 1509 als auch die nachherige Verrechnung. Der Bezahlungsvorgang lief offenbar über die römische Niederlassung. Die Briefe der Welser-Vöhlin an Lanfredino Lanfredini & Co legen den konkreten Vertriebsweg offen:

Malanima, Pre-modern European Economy. – Mark Häberlein hat mich auch den Aufsatz von Munro hingewiesen, wofür ich herzlich danke. 136 Herman van der Wee / Ian Blanchard, The Habsburgs and the Antwerp Money Market: the Exchange Crises of 1521 and 1422–3, in: Ian Blanchard (Hg.), Industry and Finance in Early Modern History. Essays presented to George Hammersley on the occasion of his 74th birthday, Stuttgart 1992, S. 27–57, hier S. 27. 137 Carlo M. Cipolla, Money in Sixteenth-Century Florence, Berkeley/Los Angeles/London 1989, S. 2–6. Bei Matthäus Schwarz findet sich eine ebenfalls richtungsweise Angabe zum Silbergewicht popolino: Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 349: und zalt daz silber auf popolino, das ist 7 2⁄3 ontz per mark (sonst wäre 8 Unzen auf die Mark Silber zu rechnen). – Zu den Florentiner Münzreformen und der Nachvollziehbarkeit in der Buchführung Florentiner Unternehmen: Richard A. Goldthwaite, The Performance of the Florentine Economy, 1494–1512: Moneys and Accountancy, in: Archivio Storico Italiano 176 (2018), S. 245–273. 138 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Mailand, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 8.6.1509. 139 Siehe Kapitel III. – Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLIII. – Mark Häberlein, Atlantic Sugar and Southern German Merchant Capital in the Sixteenth Century, in: Susanne Lachenicht (Hg.), Europeans Engaging the Atlantic. Knowledge and Trade, 1500–1800, Frankfurt a. M./New York 2014, S. 47–71. 140 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Venedig, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 28.4.1509: Stimavatt(e) che da Roma da’ n(ost)ri vi dovesse esser mandatto qualche cassa dj n(ost)ri zucharj. il che non seguirà / p(er) l’avixo abiamo da loro / ben potria essere che n(ost)ri dj Lione vi mandassino da Marseglia qualche cassa benche d(e)l seguitto non abiamo avixo. Siamo certtj che mandandoveli ne vsaret(e) jn simili bona deligentza. / come la fede n(ost)ra jn vuj. el seguitto se jntendarà.; ebd.: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 26.5.1509. – Möglicherweise befand sich Hans Rem sogar auf Madeira zu diesem Zeitpunkt: jl chontto saldo et jl ritratto cj avanzerà del zucharo / credestoglj jn la Madera dal n(ost)ro Jovannj d’Agustto. Vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 74 (die Nachweise in den Welser-Rechnungen datieren auf 1515); S. XLIII (Nachweis für 1507).

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Die Florentiner Kaufmannbankiers schalteten sich als Zwischenhändler ein, indem die Zuckerimporte über Livorno weitergeleitet wurden.141 Im Mai 1509 trafen weitere 89 Kästen mit Zucker in der toskanischen Hafenstadt ein. Allerdings kam es dabei zu Beschädigungen an den Gefäßen, so dass die Welser-Vöhlin die Lanfredini nur mit dem Verkauf einer Mangelware beauftragen konnten.142 Von Livorno aus wurde die Zuckerladung abermals eingeschifft und nach Pera ausgeführt. Dort kümmerte sich der Kommissionär der Lanfredini, der Florentiner Giuliano Pitti, um den Absatz.143 Zucker blieb ein Gut, das die Welser-Vöhlin über ihre Florentiner Partner vertreiben ließen, weswegen sie Lanfredino Lanfredini & Co für künftige Lieferungen um eine Preiskalkulation baten.144 Schon im September des laufenden Jahres wurden von Marseille 200 Kästen aus mit Zucker nach Porto Pisano überstandt. Eine ähnliche Strategie schlug man beim Vertrieb von Pfeffer ein.145

ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 26.5.1509: jl chontto saldo et jl ritratto cj avanzerà del zucharo […] voj anchora volevj scriver jn buona forma ch’el vsasse ognj possibilità jnn [!] tal chaxo / de che restiamo ben sattisfatto […]; ebd.: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Mailand, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 8.6.1509: con dispiazerj habiamo inthexo che ly zucharj nostrj hanno pocha richiesta et che no(n) ze spazato anchora vertza [!] del qual siamo senza dubio ne faretj como de choxa vostra propria et cosy vy pregamo. 142 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Venedig, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 5.5.1509: habiamo la vostra de 28 april la qual no(n) achade trop[p]o risposta / se no(n) quando ly 60 kasse de zuchuro vi ànno / mandatj [!] ly nostrj de Lionne serano in mane vostre ly vendaretj conn megior(e) utale [!] nostro ve sia posibale de lj qualj no(n) ve sapiamo dir ne ordinar presio nusuno la sannolo far(e) ly nostrj de Lyonne ly qualj ve seranno benn ordinar(e) lu bixonngno [!] etc.; ebd., 12.5.1509: Restiamo avixattj come a Livorno sono arivattj 89 casse d(i) zucharj dj n(ost)ri quali avett(e) fatto scharichare / et volet[e] se portj costj jn chorbelle p(er) esser trop[p]o gareve le casse qual in par chassa dj magior spesa et rumpese el zucharo pur non possendo far altrime(n)tj lassamo far a vuj che sapette ben qual sia p(er) n(ost)ro meglio et siamo cert(issi)mj tutto fazate chon più n(ost)ro benefizio a vuj sia possivele [!]. a la fin loro volevj usar ognj diligentzia [!] el chi [!] vi pregamo quanto sapiamo. 143 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 26.5.1509: chon piazer habiamo jntexo ch(e) voj de fermo tegniatt(e) [!] uno homo v(ost)ro jn Pera jl quale pigliarà faticha p(er) amor v(ost)ro et n(ost)ro domandare a Juliano Pithj essendo jn Pera / jl chontto saldo et jl ritratto cj avanzerà del zucharo / credestoglj jn la Madera dal n(ost)ro Jovannj d’Agustto / al ssj chostringnerlo bixogniando a la ragione / al quale v(ost)ro / voj anchora volevj scriver jn buona forma ch’el vsasse ognj possibilità jnn [!] tal chaxo / de che restiamo ben sattisfatto[.] non dubitando ch(e) luj sarà p(er) manchare jn nulla / ch(e) p(er) lo primo lj scrivamo et provedia mogl(ior)i d(e)l necessario et chossj glj daremo jl buon parer n(ost)ro sopra ziò / a ciòch(è) se habia tantto meglio a governare […]; ebd.: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Mailand, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 26.6.1509: havendo retrat(t)o de chremex[e] ho zuckaro denaro alchuno vy piaza a remeter(e) quj conn più j avandazo nostro et homen sechurj ve sya posyballe [!] et del seguito ze daretj avixo etc. – Tewes, Kampf, S. 663. 144 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Lyon, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 9.7.1509: più farete diligenzia a dar fine al r(est)o dj n(ost)rj zucherj p(er)chè chredo p(er) l’an[n]o che viene vene manderemo bona quantità et datecj avixo quanto sj pag[h]j d’intrata dj dettj zucherj a Firenze a ciò che sapiamo fare el chonto sj sono vendutj bene bene or [!] non. 145 ABartSalim, Lettere, busta 3: Iacopo e Alamanno Salviati & Co, Lyon, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 24.9.1509: et s’è ordinato vi sia mandato d(a) Marsilia d(i) chonto de’ Belzeri/200/chasse d(i) zucherj et qualche balla d(e’) pepi e saran(n)o d(i)ritti a chi p(er) voi a Porto Pisano[.] datevi ord(i)ne sieno rice[v]utj et finiti cho(n) risparmo d(i) spese che saran(n)o buo(n) botteghai d’altre choxe etc. 141

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Der Absatz des Zuckers illustriert auch die Vertriebswege für den Warenhandel der Augsburger in die Levante. Dabei griffen Welser-Vöhlin auf ihre Florentiner Geschäftsfreunde zurück, um deren Verbindungen zu den Stützpunkten im östlichen Mittelmeer zu nutzen. Die hier zitierten Fälle verweisen auf einen wichtigen Handelsweg durch das westliche Mittelmeer, den die Augsburger Handelsleute alternativ zur angestammten Route über den Fondaco dei Tedeschi in Venedig aufbauten. In diesem Fall trat die Faktorei in Lyon als Organisatorin des Vertriebs und als Verrechnungsstelle auf. Die Abwicklung der Geschäfte zwischen den Agenten an den verschiedenen Orten aber koordinierte vorrangig die Welser-Vöhlin-Vertretung in Rom.146 Über mehrere Monate hingegen erstreckten sich die Bemühungen der Welser-Vöhlin in Venedig und Mailand, die Abrechnung über nach Florenz geliefertes Tuch (cremese) zu erhalten; denn offenkundig hielt sich die Nachfrage in engen Grenzen.147 Überdies bestätigte Alamanno Salviati aus Lyon die Lieferung von drei Ballen Tuch (panni) im Auftrag der Welser-Vöhlin im Mai, welche gar nicht erst nach Rom eingeführt, sondern direkt in die Levante exportiert werden sollten.148 Im Oktober 1509 schickte die Lyoner Faktorei vier Ballen Tuch (panni) nach Florenz.149 Daneben tau-

ABartSalim, Lettere, busta 1: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 20.10.1509: attendiamo chon desiderio la resp(ost)a dj Levante cercha lo debitt(o)r n(ost)ro Iuliano Pithj che hora may no(n) potrà fare che no(n) veng[h]j Idio dj buon mandj. – Dies zeigte sich auch beim Absatz von Leder: Aus Rom erging die Anfrage an Lanfredino Lanfredini & Co, welche Chancen die Florentiner für den Export von Leder in die Levante sähen: ebd.: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 10.11.1509. 147 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Venedig, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 28.4.1509; ebd., 8.6.1509: in questo habiamo leterj de lj nostrj mazorj ly qualj ze maravelgano da noj che no(n) ly avixamo de la vendita del chremexe le habiamo mandatovj et no(n) credano altroment(e) che lu defet[t]o sia stato nostro a non domandarvelo et p(er) tanto vi pregamo che sennza preslungarlo [!] più j tempo ze mandatj p(er) lu primo connto del dit(t)o chremexe etc.; ebd. Anton Welser und Konrad Vöhlin, Mailand, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 26.6.1509; ebd., 29.9.1509: Anchora no(n) se ha[v]uto lu chonnto [!] de lj cremexe vi s’è mandan(n)o de quj più j tempo fa el qual anchora grandement(e) desyd(e)ranno de haverlo / p(er) le n’ar(à) l’opinione de lj nostrj mazorj ly quale ce reputano no(n) haverlo dumandatto et p(er) benn che sia pocha cosa anchora vi se prega le varner de questo pocho festidio [!] et mandarlo p(er) lu primo posenndo senza vostro disconzo etc.; ebd., 22.12.1509: ly chonnt(i) del cremese s’è ha[v]uto e trovato al dover(e) como p(er) vnna de lj nostrj mazorj intende(r)etj. In einem Schreiben am Ende des Jahres scheint sich der Mailänder Faktor geradezu zu entschuldigen für den etwas weniger diplomatischen Tonfall im Zusammenhang mit dem erwarteten Konto: ebd., 30.12.1509: Io scripttor d(e)lla p(r)essenntt(e) trovo jnn vnna v(ost)ra dj 26 dj noff(embre) p(asa)tto chome puj avett(e) scritto quj allj n(ost)rj ett may no(n) avette avutto risposta dj che ve nne maravigl[i]att(e) dj che avett(e) grannde caxonne ma ve dicho che cho lloro che sonno stattj quj p(er) la c(om)p(agni)a n(ost)ra no(n) hanno moltto pratichatto dj scrivere p(er) Ittalia ne fare facenndj dj alttrj chome siamo noj stattj dj Vinegia[,] Roma[,] Lionne ett alttrovj[.] E p(er) tannto no(n) ve nne meravigli[i]att(e) che p(er) l’avegnir no(n) jnnttra vegnirà puj crediatt(e) lj magiorj lo savessinno n’averia gram dispiazere. 148 ABartSalim, Lettere, busta 3: Alamanno Salviati & Co in Lyon [!] an Lanfredino Lanfredini, Florenz, 10.5.1509: El bis [!] è decto havervj mandatj 3 balle d(i) pan(n)i segnate del segno de’ Belzerj (e) al vecturale s’è decto a no(n) mandare a Roma farle che p(er) nullo ripassino che s’àn(n)o a mandare jn Levant(e) come ha scripto il n(ost)ro mag(giore) s’è a[v]vi(sa)to al v(ost)ro G(iovanbattist)a B(r)accj. 149 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin & Mitverwandte, Augsburg, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 2.10.1509. – Es ist dasselbe Schreiben, in dem auch im Namen von Anton 146

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

chen auch gesalzene Häute von Rindern und Kühen sowie Heringe auf, die auf einem eigenen Schiff (sopra vna nave n(ost)ra nominata la Madalena) von Antwerpen nach Livorno auf die Reise gingen.150 Zwar wurde nicht ausgesprochen, woher der von Marseille nach Livorno versandte Pfeffer stammte. Allerdings liegt es nahe, dass die zehn, auf Rechnung der Faktorei in Lyon an die Lanfredini verkauften Ballen im Spätherbst 1509 aus Indien über Lissabon in den Mittelmeerraum geliefert wurden. Im konkreten Fall war Giambattista Bracci, der Leiter des operativen Geschäftes der Salviati-Gruppe in Florenz, der Empfänger der Ware.151 Einordnung der Beziehungen Welser-Vöhlin und Lanfredino Lanfredini Die hier vorgestellten Briefe, welche sich auf die Beziehungen zwischen den Augsburgern Anton Welser & Mitverwandte und den Florentinern Lanfredino Lanfredini & Co im Jahre 1509 konzentrieren, führen die komplexen Transaktionen zwischen den zwei Handels- und Bankhäusern ein. Neben den Belegen für die Verbindungen zwischen der Welser-Vöhlin-Gesellschaft und Giuliano da Gagliano152 während der 1490er Jahre sprechen einige Indizien dafür, dass die Korrespondenzen nur einen Ausschnitt einer eingespielten Geschäftsfreundschaft darstellen. Zudem ermöglichen die Briefe einen umfassenden Einblick in Verfahrensfragen und die Qualität der Beziehungen zwischen den Korrespondenzpartnern.153 Insbesondere die Lyoner Welser-Vöhlin-Faktorei, die auch nach Ausweis der Schreiben aus dem Lanfredini-Bestand gute Kontakte zu den Florentiner Niederlassungen an Saône und Rhône pflegte, nahm eine Schlüsselposition bei der Organisation des Warenhandels in west-östlicher Richtung sowie beim Wechselverkehr und dem Transfer von Edelmetall ein. Vor allem die Abrechnung der getätigten Geschäfte oblag den Faktoren in Lyon. Für die Buchführung der Welser-Vöhlin-Gesellschaft spielte die Lyoner Faktorei eine zentrale Rolle, die aus den Rechnungsfragmenten der Augsburger Welser auf den Verbleib dessen Sohnes Hans bei Lanfredino Lanfredini in Florenz hingewiesen wird: dazu Lang, Fremdsprachenkompetenz. 150 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Rom, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 20.10.1509. Von den Heringen befürchteten die Welser-Vöhlin, dass sie nicht rechtzeitig zur Fastenzeit eintreffen würden; in diesem Fall sollte die Ware nicht nach Rom ausgeliefert werden, sondern in Florenz über Civitavecchia vertrieben werden. Tewes, Kampf, S. 662. 151 ABartSalim, Lettere, busta 3: Anton Welser und Konrad Vöhlin, Lyon, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 18.11.1509: saràzj vna ziedola del charichamento de balle 10 dj pepj mandatj da M(ar)siglia a Livorno a seguir[v]j e c(on)signarlj a Gian Bap(tis)ta B(r)azzj / et p(r)egandovj / diate buon (h)ordine al rezever e finire d’essj pepj p(er)chè gli abiamo mandatj p(er) farne p(r)ova e p(er) l’avenire vissene potrà mandar degli altrj sechondo respomderano [!] questj. 152 Tewes, Kampf, ad indicem. 153 Vgl. Lang, Power.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Geschäftszentrale nur schwer ablesbar ist. Zwar berichteten die Faktoren regelmäßig an die Zentrale, und diese verfügte über die entscheidende Weisungsbefugnis innerhalb der Unternehmung, aber die buchhalterische Erfassung der materiellen wie finanziellen Transfers und Leistungen vollzog sich in Lyon. Damit zeigt sich überdies, dass die süddeutsche Buchführung nicht nur nach Währungsräumen unterschied, sondern Abrechnungsräume die abstrakte Bewertung in den jeweiligen Währungen überlagerten.154 Sowohl der Wechselhandel auf Rom als auch der Gütertransfer aus dem westlichen Mittelmeer nach Italien oder in die Levante liefen nicht nur organisatorisch, sondern auch buchhalterisch über Lyon. Konkurrierend trat die Faktorei des Augsburger Handelshauses in Brügge und dann Anwerpen auf. Deren organisatorische und buchhalterische Kompetenzen bezogen sich besonders aber auf den Gütertransfer nach Deutschland sowie den Wechselhandel mit den Messen Kastiliens. Deshalb ist dieses Geschäftssegment im Auftrag von Welser-Vöhlin im Material der Florentiner Kaufmannbankiers nicht abgebildet. Vielleicht spielte die Faktorei in Lyon in den ersten beiden Dekaden des 16. Jahrhunderts für das Augsburger Handels- und Bankhaus insgesamt sogar eine übergeordnete Rolle, wohingegen sich mit dem verstärkten Engagement im Wechselhandel und in den spanischen Kronfinanzen unter Bartholomäus Welser der Schwerpunkt des Geschäftsgefüges nach Antwerpen verlagerte.155 Im Geschäft mit den Florentiner Kaufmannbankiers übten vor allem die Vertreter der Welser-Vöhlin in Rom wichtige Aufgaben aus. Die Faktorei, die im Umfeld der Kurie angesiedelt war, fungierte als Organisationsinstanz für die Kommunikation und die Belieferung mit Gütern, die für die Absatzmärkte in Italien oder in der Levante bestimmt waren. Hervorzuheben ist dabei auch die Position als Empfängerin von Bargeld, das an die Apostolische Kammer gehen sollte. Der Wechselhandel der Welser-Vöhlin-Gesellschaft war dementsprechend auf Rom hin orientiert und benötigte die Kooperation der Kommissionäre oder compagnie von Florentiner Bankiers wie Giovanni Pandolfini, um den Transfer finanzieller Mittel aus Kirchenprovinzen, aber auch im Zuge von Wechselgeschäften zu realisieren.156 Die Papstbankiers Giovanni Pandolfini & Co lassen sich im Gefüge der Geschäftsbeziehungen Florentiner Kaufmannbankiers gut profilieren. Auch der Bankier Giovanni di Pierfilippo Pandolfini war dem Kreis der Nachfolger der Medici-Bank zuzurechnen, als er im Alter von 30 Jahren 1501 ein römisches Bankhaus übernahm.157 Sowohl für Francesco e Domenico Naldini in Toulouse als auch für Alamanno e Iacopo Salviati &

Schmidt, Manuskript der Dissertation, S. 174 f.; S. 243 f.; vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XL. 155 Vgl. van der Wee, The Growth. Allerdings könnte dieser Eindruck schlicht durch die Überlieferungssituation entstehen: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. LXXV–LXXXVIII. 156 Vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XLII. 157 Tewes, Kampf, S. 626–629. 154

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Co in Lyon wickelten die Pandolfini in Rom auch im folgenden Jahr Wechseltransfers ab, leisteten Bargeldzahlungen an Mitglieder der Kurie sowie im kurialen Umfeld und wirkten am Geschäft mit der Austellung päpstlicher Dokumente mit.158 Die für den Güterverkehr der Welser-Vöhlin-Gesellschaft wichtigen Niederlassungen in Mailand und Venedig nahmen in den wirtschaftlichen Beziehungen zu den Florentiner Unternehmungen eine eher untergeordnete Rolle ein. Auch wenn der Safranhandel für die Süddeutschen ein bevorzugtes Geschäftsfeld darstellte, beteiligten sich Lanfredino Lanfredini & Co eher als Bank mit Finanzdienstleistungen für die südwärts reisenden Einkäufer.159 Die Welser legten offenkundig darauf Wert, mit Firmenangehörigen selbst auf den Safranmärkten präsent zu sein und die logistischen Leistungen hierfür über ihre Faktorei in Venedig laufen zu lassen. IV.2.4

Die Quantifizierung der Geschäftsbeziehungen von Salviati und Welser in Lyon

Mit der Etablierung der compagnia Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Lyon zur Zeit der Augustmesse 1508 setzte die in Schuldbeziehungen abgebildete Beziehung zwischen den Salviati und den Welsern ein. Die Salviati-Gesellschaft unterhielt von Anfang an zu den Faktoreien der Welser in Lyon und Brügge bzw. Antwerpen Geschäftskontakte. Allerdings erwiesen sich nur die Transfers, die die Buchführung der Salviati in Konten der Lyoner Niederlassung der Süddeutschen aufzeichnete, als vergleichsweise intensiv. Die Einordnung der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern hinsichtlich ihrer Quantität ist nur exemplarisch möglich. Zunächst müssten die konjunkturellen Entwicklungen am Messestandort Lyon als Rahmen dienen. Allerdings ist für das 16. Jahrhundert das statistisch verwertbare Material zur Beschreibung der dortigen wirtschaftlichen Situation – ebenso wie für das französische Königreich insgesamt – bruchstückhaft. Richard Gascon bietet in seiner monumentalen Studie die wenigen angesichts der Quellenlage möglichen Momentaufnahmen an. Indes verfügt

ANaldRic, Lettere, 1: Giovanni Pandolfini & Co an Francesco e Domenico Naldini in Toulouse, 22.3.1510; ebd., 28.3.1510. Beide Briefe sind auf 1509 im florentinischen Stil datiert; der spätere Brief aber umfasst zunächst eine getreue Abschrift des Briefes vom 22.3.; das Datum wurde erst nachträglich eingefügt, als man den Brief fortsetzte (siamo addì xxviij marzo 1510). 159 Vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXIX. Insbesondere zum venezianischen Handel der Welser-Vöhlin: ebd., S. 43–48 (Faktoreibuch Z 3: 1502/3). Andere Rechnungsbücher der Welser-Vöhlin-Gesellschaft wie das Journal der Augsburger Zentrale (Z 6: 1514–1518) zeigen, dass der Safraneinkauf in L’Aquila auch über Mailand verrechnet wurde (ebd., S. 62; Z 6.14); zum Mailänder Handel: ebd., S. 66 f. (Z 6: Dezember 1514). Im Schuldbuch C der Faktorei Venedig befinden sich ein paar Hinweise auf den Handel mit Safran, sonst noch auf den Handel mit leinbat im Oktober 1516; ebd., S. 232 f. (Ven 2.63; 2.88). 158

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

er für die frühe Phase über kein belastbares Datenmaterial; erst mit den Einfuhrsteuern, den Recettes von sechs deniers auf eine livre (= 2 1⁄2 Prozent), von 1522 liegt ein erster Vergleichswert vor. Von 1537 bis 1554 sind Zahlen für die Importe von Velours aus Genua nach Lyon vorhanden. Die Recettes können für 1544 und dann von 1552 bis 1564 nachvollzogen werden.160 Für den Zeitraum von 1532 bis 1540 ergänzt als seismographischer Indikator die Entwicklung der Steuereinnahmen auf die Einfuhr von Seidentuch nach Frankreich diese Daten, welche durch das im Salviati Archiv überlieferte Buch des Seidenzolls, durch den Libro debitori e creditori della gabella, nachgezeichnet wird.161 Der hier rekonstruierte Verlauf der Geschäftsbeziehungen lässt sich aufgrund der präzisen Angaben in den von den Salviati für die Welser geführten Konten differenzieren, so dass über die allgemeine Entwicklung hinaus nach geschäftlichen Feldern – Waren-, Wechsel- und Kredithandel – unterschieden werden kann.162 Wie die Register der Einfuhrsteuern zählen die Rechnungsbücher zu den „nahen“ Indikatoren bei der Anlyse von Konjunkturen und Marktstrukturen im Sinne von Pierre Chaunu und Fernand Braudel und ermöglichen durch die Binnendifferenzierung „mehrschichtige“ Sondierungen. Auf diese Weise werden im Kontext der Datenreihen zu Lyon historische Größenordnungen und Indikatoren für die „allgemeine“, aber sektoriell differenzierte Entwickung sichtbar.163 Während die Schuldbeziehungen zu Personen und Unternehmungen aus dem Kreis der Teilhaber sowie der unmittelbar mit ihnen verbundenen Geschäftspartner den höchsten Anteil am Umsatz der Salviati in Lyon hatten, ragen von den Geschäftsfreunden aus Florenz und anderer italienischer nationes nur wenige heraus. Vor allem mit Luccheser Handels- und Bankhäusern wie den Bernardini e Cenami & Co bestand ein reger Austausch. Eine wichtige Gruppe von Geschäftsfreunden machten ferner die französischen Abnehmer (besonders aus dem Lyoner Patriziat) aus.164 Unter den süddeutschen Kaufmannbankiers lassen sich deutlich weniger Vertreter in Lyon nachweisen, die mit den Salviati in profilierten Transferbeziehungen standen. Hierbei fallen neben den Welser-Vöhlin zu Beginn des Untersuchungszeitraumes nur der eigenwillige Hans Kleeberger, die aus dem Welser-Kontext hervorgegangene GeGascon, Grand commerce, S. 596 f.; S. 612. Lang, Seide für Lyon. Die Unterteilung von conjoncture générale und conjonctures sectorielles bietet Richard Gascon an, um die konjunkturellen Entwicklungen am Standort Lyon von europäischen oder weltwirtschaftlichen Verläufen abzusetzen. Ferner schlägt er die Differenzierung nach verschiedenen „Sektoren“ vor: Gascon, Grand commerce, S. 592–622. 163 Fernand Braudel, Für eine serielle Geschichte: Sevilla und der Atlantik (1504–1650), in: Ders., Schriften zur Geschichte 1: Gesellschaften und Zeitstrukturen, Stuttgart 1992 [zuerst 1963], S. 132–148; Pierre Chaunu, Histoire économique. Dépassement et perspective, in: Ders., Histoire quantitative histoire sérielle (Cahiers des Annales, 37), Paris 1978 [zuerst 1975], S. 139–155; Gascon, Grand commerce, S. 592 f.; zur Diskussion: Lang, Seide für Lyon, S. 402 f. 164 Vgl. Tognetti, I Gondi. 160 161 162

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

sellschaft der Gebrüder Rem, die Nürnberger Endres Imhoff165 und Martin Tucher166 sowie die Nürnberger Erben Kaspar Fischers und der Augsburger Simon Manlich auf. Im weiteren Verlauf des hier analysierten Zeitraums kommen noch Bernhard Meuting d. J. und Simon Niklas, die ebenfalls ursprünglich zum Umfeld der Welser gehörten, hinzu. Mit der Zunahme des Geschäftes mit Einlagen (depositi-Konten) trat seit den 1540er Jahren eine ganze Reihe weiterer süddeutscher Handels- und Bankhäuser – worauf an geeigneter Stelle noch einzugehen sein wird – in Erscheinung.167 Allerdings muss bereits hier hervorgehoben werden, dass keine der zitierten süddeutschen Firmen ähnlich komplexe Beziehungen zu den Salviati unterhielt, wie sie zwischen den Welsern und den Salviati bestanden. Phase 1: 1508 bis 1514 Von der Augustmesse 1508 bis zur Apparitionsmesse 1510 betrug der durchschnittliche Umsatz im Schuldverhältnis zwischen beiden Unternehmungen mindestens 2.500 scudi di marchi pro Messe. Bis zur Allerheiligenmesse 1513 oszillierten die Umsätze von Messe zu Messe zwischen einem Maximum von 11.300 scudi di marchi Passivumsatz bei einem Ist-Umsatz (Umsatz in Aktiva) von 12.000 scudi di marchi in der Augustmesse 1511 und einem Minimum von ca. 470 scudi di marchi auf der Ostermesse 1514 (Graphik 2).168 In der gut sechsjährigen Phase von der Augustmesse 1508 bis zur Allerheiligenmesse 1514 trugen Warenverkäufe der Salviati an die Welser von durchschnittlich 738 scudi di marchi, Warenankäufe der Florentiner von ihren Augsburger Korrespondenten von durchschnittlich 1.857 scudi di marchi, Wechselerlöse für die Welser im Mittel von 1.336 scudi di marchi sowie Wechselaufnahmen für die Welser im Mittel von 1.032 scudi di marchi regelmäßig zu den Umsätzen bei. Ebenfalls erwähnenswert sind die von den Welsern während dieser Zeit im Durchschnitt geliehenen 840 scudi di marchi, von denen die Welser von der Ostermesse 1511 bis zur Apparitionsmesse 1512 4.543 scudi di marchi aufnahmen, von der Ostermesse bis zur Allerheiligenmesse 1514 abermals 3.252 scudi di marchi. Während der Augustmesse 1514 kam es noch einmal zu einem regen Umsatz von um die 4.400 scudi di marchi.

Zu Andreas Imhoff (1491–1579) detailliert: Fleischmann, Rat, S. 610–613. Zu Martin Tucher (1460–1528); verheiratet mit Paul Imhoffs Tochter Margarete; Ausbildung in Venedig: Fleischmann, Rat, S. 1017–1019. 167 Vgl. Häberlein, Brüder. Zu den Querverweisen auf die Geschäftsbeziehungen zwischen anderen Florentiner Handels- und Bankgesellschaften mit Süddeutschen Kaufmannbankiers: s. u.; vgl. Tognetti, I Gondi; Dini, I mercanti. 168 Vgl. Martin-Pallini, L’installation. Martin-Pallini konstatiert lediglich die von Anfang an dichten Geschäftskontakte der Salviati-Gesellschaft mit den Welsern, beschreibt sie aber weder quantitativ noch qualitativ. 165 166

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Graphik 2 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1508 bis Allerheiligenmesse 1514) in scudi di marchi, eigene Darstellung

Die Umsätze kamen vorwiegend durch Belastungen oder Gutschriften zustande, die lediglich einen Transfer von Schuldposten zulasten oder zugunsten der Welser ausweisen. Die Geschäfte, die sich hinter diesen Kontenbewegungen verbargen, lassen sich in der Regel nicht dechiffrieren.169 In diesen ersten Jahren der 1508 gegründeten Salviati-Gesellschaft in Lyon war der Anteil des Warenhandels besonders hoch. Der Gütertransfer von den Florentiner Kaufmannbankiers an ihre Augsburger Geschäftsfreunde betraf besonders Safran und Seidentuch. Demgegenüber erwarben die Salviati bei den Welsern Silber, Pfeffer und Leder. Im Fall von Safran traten sowohl die Welser als auch die Salviati als Zwischenhändler auf wie bei einer Safranlieferung zu Jahresbeginn 1510 im Wert von 1.267,1,11 scudi di marchi, wobei die Salviati von der Faktorei der Welser-Vöhlin gekaufte Ware an den ebenfalls in Lyon ansässigen Sebastian Imhoff170

Auch der Blick in die vorlaufenden Messebücher macht meistens nicht kenntlich, wozu ein Zahlungstransfer gedient haben mochte bzw. im Rahmen welcher Transaktionen er stattfand. 170 Vgl. Fleischmann, Rat, S. 606; S. 611. Sebastian Imhoff starb 1534. – Für die Präsenz von Sebastian Imhoff in Lyon habe ich keine Jahresangaben. 169

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

aus dem nach Augsburg übergesiedelten Familienzweig weiterverkauften.171 Zur Zeit der Apparitionsmesse 1511 erschien die Faktorei von Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandten als Abnehmerin von acht Ballen Safran für insgesamt 2.648 scudi di marchi, was aus der Perspektive der Salviati allein zwei Fünftel des Umsatzes in den Aktiva während besagter Messe beitrug.172 Innerhalb derselben Zeitspanne kauften die Salviati für sich und ihren Anteilseigner Lanfredino Lanfredini Silber für 1.300 scudi di marchi und Leder für insgesamt 1.453,4,11 scudi di marchi, wobei der größere Teil von etwas über 900 scudi di marchi für den eigenen Bedarf nach Pisa verschifft wurde.173 Auch während der Ostermesse 1511 erwies sich der Erwerb von Waren als Motor des Umsatzes: Die hier insgesamt umgesetzten 4.746 scudi di marchi gingen auf Kosten des Einkaufs von Silber. Dabei trat die Faktorei der Welser-Vöhlin beim Transfer von zwei Silberbroten im Wert von 877,11,2 scudi di marchi als Zwischenhändler für die Augsburger Simon und Hans Manlich auf.174 Safran wiederum ließen die Lyoner Salviati auch nach Augsburg exportieren, um ihn dort von der Welser-Faktorei – deren Umsätze mit den Salviati hier statistisch nicht eingearbeitet sind – absetzen zu lassen.175 Phase 2: 1515 bis 1523 Es folgte ein gutes Jahr zwischen der Apparitionsmesse 1515 und der Ostermesse 1516, während dessen mit Ausnahme der Ostermesse 1515 keine Umsätze festzustellen sind. Allerdings liefen die Geschäftsbeziehungen zwischen beiden Unternehmungen nach Ausweis des libro di fiere weiter: Im Zusammenhang mit Zahlungsvorgängen, die im wesentlichen auf den Wechselverkehr zurückzuführen sind, blieben die Überweisungen zwischen beiden Geschäftspartnern in gutem Umfang erhalten. Während der ohnehin erfolgreichen Ostermesse des Jahres 1516 kletterten die Zahlungsvorgänge sogar auf 15.589,5,8 scudi di marchi.176 In den sieben Jahren von der Augustmesse 1516 bis zur Augustmesse 1523 realisierten die beiden Handels- und Bankhäuser in Lyon mitunter extrem hohe Umsätze, wobei SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. LXXIII. Auch erwarben die Salviati einen Ballen Safran, den sie für 319,17,11 scudi di marchi an Martin Tucher in Lyon entäußerten. 172 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. 107. 173 Ebd., c. CVII. – Die drei Warentransfers – zweimal Leder und einmal Silber – zusammen machten etwas über die Hälfte aller Umsätze im Bestand der Apparitionsmesse 1511 aus. 174 Ebd., c. CXIII. 175 Ebd., c. 209: Antt(oni)o Belzeri et (C)hurado Felini e co p(er) n(ost)ro co(n)tto di tenpi nella Magna dare in f(iera) di pascua 𝛻 trecentto novantta sette ß v. d vii d(i) m(one)ta p(er) lb 699. ß 14.11 p(er) fl 505.5.5 d’oro ch(e) monttò el rit(trat)to netto d(i) j° balla d(i) zaffrano marochino et 2 sacha d(i) mendde finito p(ri) mo chome p(er) il co(n)tto a[v]uto ce ne sotto dì 12. d(i) magg[i]o a d(i)tt(i) zaffrano. 176 SNS, AS, I, 453 (L LibFier B), c. 42/42r (1514.4: 1.455 scudi di marchi); c. 71/71r (1515.1: 1.929,2,6 scudi di marchi); c. 119/119r (1515.2: 3.101,2,9 scudi di marchi); c. 164/164r (1515.3: 3.043,0,10 scudi di marchi); c. 201/201r, c. 215/215r (1515.4: 2.945,15,3 scudi di marchi); c. 238/238r (1516.1: 15.589,5,8 scudi di marchi). 171

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

weiterhin heftige Schwankungen und am Ende dieser Phase ein Abbröckeln zu bemerken sind. Spitzen erreichten die Umsätze zwischen beiden Unternehmen mit einem Soll-Umsatz von 54.545 scudi di marchi bei einem Ist-Umsatz von 55.034 scudi di marchi während der Ostermesse 1517, mit einem Soll-Umsatz von 25.945 scudi di marchi bei einem Ist-Umsatz von 34.418 scudi di marchi während der Augustmesse 1518, dann wieder mit einem Soll-Umsatz von 36.554 scudi di marchi bei einem Ist-Umsatz von 29.055 scudi di marchi während der Augustmesse 1519 sowie mit einem Soll-Umsatz von 21.788 scudi di marchi bei einem Ist-Umsatz von 23.927 scudi di marchi während der Augustmesse 1521. Daneben gab es auch Messen wie die Ostermesse und die Allerheiligenmesse 1522, als gar keine Umsätze in der bilateralen Beziehung erzielt wurden, oder wie die Allerheiligenmesse 1516 mit einem Soll-Umsatz von lediglich 472 scudi di marchi bei einem Ist-Umsatz von 450 scudi di marchi, die Augustmesse 1517 mit einem gleichfalls relativ schwachen Soll-Umsatz von 1.522 scudi di marchi bei einem Ist-Umsatz von 786 scudi di marchi, die Apparitionsmesse 1521 mit einem Ist-Umsatz von bescheidenen 1.073 scudi di marchi oder die Appartionsmesse 1523 mit einem Soll-Umsatz von lediglich 1.609 scudi di marchi (Graphiken 3–5).

Graphik 3 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Ostermesse 1515 bis Augustmesse 1523) in scudi di marchi (Überblick); die Apparitionsmesse 1515 blieb ohne Umsätze (1514.4 = 0/0), eigene Darstellung

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Graphik 4 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Ostermesse 1515 bis Allerheiligenmesse 1519) in scudi di marchi (Detail), eigene Darstellung

Graphik 5 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Apparitionsmesse 1520 bis Augustmesse 1523) in scudi di marchi (Detail), eigene Darstellung

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Die hier beschriebene Entwicklung des Umsatzes zwischen den beiden Handlungen ist in der Phase von der Augustmesse 1516 bis zur Allerheiligenmesse 1519 auf verstärkten Warenhandel zurückzuführen. Während der Augustmesse 1516 verbuchten die Salviati eine Silberlieferung zugunsten der Welser. Das Geschäft mit dem Edelmetall im Wert von 4.992 scudi di marchi machte beinahe den Gesamtumsatz (Soll-/Ist-Umsatz) während der besagten Messe aus.177 Der Warenumsatz während der Apparitionsmesse 1517 kam durch die Kreditfinanzierung einer Silberlieferung zu 5.000 scudi di marchi im Auftrag der Welser an die Salviati in Lyon als Zwischenhändler zustande. Die Spitzen im bilateralen Umsatz während der Ostermesse 1517 gingen auf einen Bargeldtransfer über 49.378,2,4 scudi di marchi, den die Salviati mit den Welsern für den portugiesischen König abwickelten, sowie einen Kredit der Lyoner Welser-Faktorei an die dortige Salviati-Gesellschaft in Höhe von 5.000 scudi di marchi zurück.178 In der Folge veräußerten die Salviati Waren zulasten des Welser-Kontos in Höhe von 3.605 scudi di marchi während der Allerheiligenmesse 1517, von 4.410 scudi di marchi auf der Apparitionsmesse 1518 und von 5.449 scudi di marchi bei der Ostermesse 1518. Unter den hier transferierten Waren befand sich auch Silber im Wert von 2.939 scudi di marchi.179 Der Warenausgang während der Apparitionsmesse 1518 rührte vollständig aus dem Verkauf von 267 Ballen Pfeffer her, welche die Salviati von den Welser-Vöhlin erworben hatten und nun in einer ersten Tranche mit Bargeld beglichen, während der zweite Teil des Erlöses bei der nachfolgenden Ostermesse mit ebenfalls 4.410 scudi di marchi beinahe den gesamten Warenumsatz markierte.180 Den höchsten Umsatz bei Warenverkäufen an die Welser erreichten die Salviati mit 23.042 scudi di marchi zur Zeit der Augustmesse 1518, als mit 29.390 scudi di marchi auch die Warenankäufe von den Augsburger Geschäftsfreunden auf ihr größtes Volumen kletterten. Diese Spitze bei den Warenumsätzen ging auf die Verrechnung eines umfangreichen Kupfergeschäftes zurück. Dabei erwarben Redi d’Alamanno e Battista Salviati & Co in Lyon im Auftrag der Krone bei den Welsern eine Lieferung Kupfer und verkauften das begehrte Gut den Waffenschmieden des Königs (s. u.).181 Zudem schlug mit einem Verkaufswert von 8.820,10 scudi di marchi eine Partie Pfeffer zu Buche.182 Das bedeutet zugleich, dass in diesem Fall der Warenhandel fast für den gesamten Umsatz zwischen beiden Unternehmen verantwortlich war. Bei der Apparitionsmesse 1519 mit 10.217 scudi di marchi und bei der Augustmesse desselben Jahres mit 8.879 scudi di marchi waren die Verkäufe an die Welser abermals umfangreich. Der hohe Warenumsatz zum Jahresbeginn lässt sich im wesentlichen auf SNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 247/CCXLVII. SNS, AS, I, 456 (L DebCred C), c. 193/CLXXXXIII. SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. 93/LXXXXIII; c. 247/CCXXXXVII; c. 265/CCLXV. Ebd., c. 150/CL. Ebd., c. LXXIII; c. LXXXXI; c. 135/CXXXV; c. 144/CXXXXIIII; c. 272/CCLXXII; 349/ CCCXXXXVIIII; 350/CCCL. 182 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 43. 177 178 179 180 181

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

die Verrechnung der gesamten Pfefferlieferung und einen Teil des Kupfertransfers zurückführen.183 Zu den hohen Umsätzen während der Augustmesse 1519 trugen Erwerb und Verkauf von 100 Ballen Pfeffer auf gemeinsame Rechnung der Salviati, der Welser und eines Claudio de Renorias aus Lyon mit annähernd 8.800 scudi di marchi Warenwert bei.184 Von der Apparitionsmesse 1520 bis zur hier als letztem Termin während dieser Phase dargestellten Augustmesse 1523 tauchen gar keine als Warentransfers notierten Geschäfte in der Umsatzbilanz zwischen beiden Unternehmen auf. Stattdessen sind regelmäßige Wechseltransfers belegt: Auf einem Sockel von rund 800 scudi di marchi Wechselaufnahme und -erlöse traten von der Apparitionsmesse 1518 bis zur Allerheiligenmesse 1521 einige Spitzen auf; nur während der Apparitionsmessen 1520 und 1521 wurden keine umsatzrelevanten Wechselgeschäfte zwischen beiden Unternehmen getätigt. Die Augustmesse 1519 erscheint als die erste Abrechnungsperiode, in der sowohl Wechselankäufe als auch Wechselerlöse signifikant zu den im Verlauf einer Messe erzielten Gesamtumsätzen beitrugen.185 Spitzen bei Wechselerlösen von den Welsern realisierten die Salviati mit 10.617 scudi di marchi bei der Augustmesse 1521 und mit 10.864 scudi di marchi während der Allerheiligenmesse des nämlichen Jahres. Der Ankauf von Wechseln von den Welsern erreichte zur Zeit der Allerheiligenmesse 1521 einen Extremwert von 11.504 scudi di marchi.186 Dieser Befund wird durch die generelle Entwicklung im Messehandel untermauert, wenn in den Jahren 1519 und 1521 verstärkte Aktivitäten im Wechselhandel feststellbar sind.187 Der Ist-Umsatz von 14.562 scudi di marchi bei der Ostermesse 1519 war nahezu vollständig bedingt durch eine Barauszahlung an die Welser-Faktorei über 13.797,16,1 scudi di marchi, die zur Finanzierung der Schweizer Garde in Rom verwendet wurde. Dieser Transfer schlug während der Augustmesse des nämlichen Jahres mit 16.092 scudi di marchi beim Soll-Umsatz zu Buche.188 Ein hinsichtlich der Schuldbeziehungen zwischen den Welsern und den Salviati neues Instrument trat erstmals bei der Ostermesse 1521 mit einer Einlage in ein deposi-

SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. XLIII: Der Ankauf von 138 Ballen Pfeffer wurde während der Apparitionsmesse 1519 mit 9.378,6,1 scudi di marchi den Welsern gutgeschrieben. Ebd., c. 88: Der Verkauf des eingeführten Kupfers im Auftrag der Welser belastet das Konto Ant(oni)o Belzzerrj e co di Lione mit immerhin 3.792,4 scudi di marchi bei der genannten Messe. 184 Ebd., c. 278/CCLXXVIII. 185 Ebd., c. 307/CCCVII. 186 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 194/CLXXXIIII. 187 SNS, AS, I, 469 (L LibFier E), c. 80/80r, c. 109/109r (1519.1: 18.3081,8,5 scudi di marchi); c. 137/137r (1519.2: 23.503,3,9 scudi di marchi); c. 177/177r (1519.3: 31.798,17 scudi di marchi); c. 222/222r (1519.4: 4.720,16,11 scudi di marchi); c. 238/238r (1520.1: 7.365,16,5 scudi di marchi); c. 284/284r (1520.2: 19.855,12,8 scudi di marchi); c. 329/329r (1520.3: 18.235,1,6 scudi di marchi); c. 388/388r (1520.4: 15.658,9,9 scudi di marchi); SNS, AS, I, 478 (L LibFier F), c. 3/3r (1521.1: 49.399,16,5 scudi di marchi); c. 47/47 (1521.2: 44.155,15,4 scudi di marchi); c. 75/75r (1521.3: 15.187,10,10 scudi di marchi); c. 114/114r (16.317,18,7 scudi di marchi); c. 132/132r (1522.1: 5.494,0,3 scudi di marchi); c. 153/153r (1522.2: 9.080,4,4 scudi di marchi). 188 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 274/CCLXXIIII. 183

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to-Konto in Erscheinung. Die Lyoner Unternehmung der Salviati nahm von der Welser-Faktorei ein Depositum von 7.687,10 scudi di marchi auf, welches zu diesem Zeitpunkt über die Hälfte des realisierten Umsatzes (Soll-Umsatz) in Höhe von 13.392 scudi di marchi ausmachte.189 Sowohl die andere Hälfte des Soll-Umsatzes als auch die hohen Umsätze der Augustmesse gingen auf die Fortsetzung des Transfers von finanziellen Mitteln aus Rom an die Schweizer Söldner zurück.190 Die beiden Spitzen bei den Umsätzen mit Wechselgeschäften während der Ostermesse und der Augustmesse 1521 kamen zum einen zustande durch die Wechsel im Zusammenhang mit der Überweisung der Auszahlungen an die Schweizer von Florenz nach Lyon191, zum anderen durch die Übertragung von zwei Einlagen zu 7.687,10 scudi di marchi und 11.787,10 scudi di marchi192 sowie durch zwei Wechsel über insgesamt 10.000 scudi di marchi nach Mailand respektive Neapel und durch ein Darlehen über 10.000 scudi di marchi im Messehandel.193 Die Umsätze während der Allerheiligenmesse sind fast ausschließlich auf Wechseltransfers zurückzuführen, wobei das Wechselgeschäft beider Unternehmen seinen Höhepunkt erreichte: Ein Wechsel zu Lasten der Welser über 10.864,1,7 scudi di marchi nach Mailand sowie eine Wechselserie über insgesamt 10.864,1,9 scudi di marchi wurden nunmehr verbucht.194 Die Umsätze während der Ostermesse und der Augustmesse 1523 wurden vollständig durch die Investitionen der Welser in den Messehandel der Salviati erzeugt: Zunächst handelte es sich um eine Rückzahlung über 1.609,5 scudi di marchi, dann um einen Kredit über 8.154,10,8 scudi di marchi, den die Salviati am 26. September ausglichen.195 Die hier skizzierte Hochphase der Umsätze in der Beziehung zwischen den Salviati und den Welsern ist (zufällig?)196 deckungsgleich mit der Überlieferungsperiode der in Lyon niedergelassenen Unternehmung Antonio e Pierantonio Gondi & Co. Daher lassen sich die hier zusammengestellten Befunde mit den Ergebnissen der Studie Sergio Tognettis vergleichen. Das oben angesprochene Pfeffergeschäft, bei dem die Welser zur Augustmesse 1517 den Gondi 60 Ballen Pfeffer für 3.309,12,8 scudi di marchi verkauften und dann bei der Allerheiligenmesse sowie der Apparitionsmesse 1518 nochmals

SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. DCCLXII: B(ar)tolomeo Belzeri e conp(agni)a di Lio(n)e p(er) loro chonto di dipositi. 190 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 76/LXXVI. 191 Ebd., c. 76/LXXVI: eine Rimesse zugunsten der Welser in Lyon über 2.715,1,3 scudi di marchi bei der Ostermesse; ebenso zwei Rimessen zu insgesamt 3.684,0,2 scudi di marchi bei der Augustmesse; nur ein Erlös aus einem Wechsel zu 617,10 scudi di marchi zuungunsten der Welser bei Augustmesse. 192 Ebd., c. 78/LXXVIII. 193 Ebd., c. 194/CLXXXXIIII. 194 Ebd., c. 194/CLXXXXIIII. 195 Ebd., c. 393/CCCLXXXXIII. 196 Grundsätzlich kann man festhalten: Um 1520 gab es eine relative Hochphase im Messehandel am Standort Lyon. Dieser Befund könnte also dadurch bestätigt werden, dass sich sowohl in den Büchern der Salviati als auch in denjenigen der Gondi dieselbe Tendenz ausmachen lässt. Dennoch könnte es sich um einen schieren Überlieferungszufall handeln. 189

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Pfeffer für 8.807,5 scudi di marchi absetzten, fiel demnach in eine Phase intensiver Warenumsätze zwischen den Salviati und den Welsern.197 Deutlich geringer indes waren die Erträge aus dem Vertrieb von Safran, den die Gondi während der Apparitionsmesse 1518, der Augustmesse desselben Jahres sowie der Apparitionsmesse 1520 an Kaspar Fischers Erben verkauften.198 Von Endres Rem, mit dem auch Antonio e Pierantonio Gondi & Co Kontakt hatten, nahm die Florentiner Handels- und Bankgesellschaft während der Ostermesse 1519 ein deposito in Höhe von 2.397,3 scudi di marchi auf.199 Allerdings generierten die Transferbewegungen zwischen den Salviati in Lyon und Endres Rem & Gebrüder höhere Umsätze in den genannten Jahren. Überdies stellten sich die Geschäftsbeziehungen der beiden Unternehmungen mehrschichtiger dar als im Fall der Kontakte zwischen den Rem und den Gondi.200 Auch der Kreditvermittler Hans Kleeberger tätigte bei Bernardo e Antonio Gondi & Co, der Nachfolgerfirma von Antonio e Pierantonio Gondi & Co, Einlagen während der Allerheiligenmesse 1522 und der Ostermesse 1523.201 Gemessen an Gewinn und Verlust (avanzi/utili zu disavanzi/perdite) wies die Geschäftstätigkeit der Gondi strukturelle Parallelen zu derjenigen der Salviati auf: Die Umsätze im Warenhandel überragten grundsätzlich diejenigen im Wechselhandel, in der Periode zwischen 1521 und 1523 indes spielten die Wechseltransfers zwischen Lyon und Rom auf der einen, zwischen Lyon und Antwerpen auf der anderen Seite eine erhebliche Rolle.202

ASFi, Gondi, 7, c. CCXXXVI; c. 200. Ebd., c. 309: Redi di Ghuaspare Fiscerj e co alamanni: Apparitionsmesse 1518 zwei Ballen Safran zu 507,14,1 scudi di marchi; Ghuasparre Viser alamanno: Apparitionsmesse 1518 einen Ballen für 241,9 scudi di marchi; Augustmesse 1518 268,10 Pfund Safran zu 320,7,11 scudi di marchi; Apparitionsmesse 1520 zwei Ballen Safran zu 636,12,7 scudi di marchi. Die insgesamt 1.706,3,7 scudi di marchi zahlte die Faktorei von Kaspar Fischer und Erben in Bar bei den Gondi ein. 199 ASFi, Gondi 7, c. 526/DXXVI: Annd(re)a Rems [!] alaman(no). Rückzahlung unter der Augustmesse in Bargeld. Dabei lief ein Verlust von 23,17 scudi di marchi auf. 200 Siehe oben: Kapitel III. 201 ASFi, Gondi, 8, c. 455/CCCCLV: Gian Clebergh alamanno (Allerheiligenmesse 1522: 2.400 scudi di marchi; Ostermesse 1523: 1.400 scudi di marchi. Vgl. Tognetti, I Gondi, S. 93 f.; 96. 202 Tognetti, I Gondi, S. 25–38. – Über den Verlauf der Handelsrouten für das Warengeschäft ist durch die Auswertung von Sergio Tognetti eine Diskussion entstanden, die hier den erwähnten Pfeffer und den Safran betrifft: Richard Gascon hatte die These aufgestellt, dass bis 1540 ein Drittel der Gewürze, die über Lyon vermarktet wurden, aus Antwerpen geliefert wurde, wohingegen die Gewürze aus dem Mittelmeerhandel einen Anteil von 50 bis 80 Prozent hielten: Richard Gascon, Un siècle du commerce des épices à Lyon, fin XVe-fin XVIe siècle, in: Annales E. S. C. 15 (1960), S. 644–651; Sergio Tognetti bemerkt dagegen, dass der Großteil der Gewürze, welche über Lyon verkauft wurden, nicht aus Venedig über Marseille kam, sondern aus Lissabon geliefert wurde: Tognetti, I Gondi, S. 39–48; das Material, das Francesco Guidi Bruscoli für den Handel der Florentiner Kaufmannbankiers in Lissabon gesichtet hat – unter anderem die Briefkopiare von Francesco Pitti e Amerigo Antinori & Co in Lyon –, bestätigt die Modifizierungen Tognettis: Guidi Bruscoli, Bartolomeo Marchionni, S. 184. – Das hier gesichtete Material tendiert zu der von Tognetti behaupteten Modifizierung: Die Mehrheit der Pfefferlieferungen kam von Lissabon über Antwerpen; eine ähnliche Sichtweise legen die Rechnungsfragmente der Welser nahe. Demnach müsste der Anteil an Pfeffer, der über Venedig gehandelt wurde, in der zweiten Dekade des 16. Jahrhunderts merklich zurückgegangen sein: Geffcken/Häberlein, Rechungsfragmente, ad indicem. – Diese Ansicht formuliert 197 198

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Während sich die Gondi vorwiegend im Handel mit Pfeffer und anderen Gewürzen engagierten, erzielten die Salviati höhere Umsätze im Seidenhandel. Letzterer trug allerdings in der konkreten Geschäftsbeziehung mit den Welsern weniger zum Umsatz bei. Bemerkenswert ist hingegen, dass Antonio e Pierantonio Gondi & Co am 22. Feburar 1517 im Auftrag von Hans Paumgartner (Bongart)203 einen sehr hohen Wechsel über 5.900 scudi di marchi nach Brügge (resp. Antwerpen) finanzierten, der dort am 5. März von der dortigen Faktorei Paumgartners an Raffaello de’ Medici ausgezahlt werden sollte.204 Allgemein gelten die Jahrgänge um 1520 als konjunkturelle Hochphase des Messehandels in Lyon, denn die Importwerte lagen in dieser Zeit so weit über dem Durchschnitt wie erst wieder in den Jahren 1543/44. Diese beiden Spitzenwerte markieren laut Richard Gascon die ökonomisch erfolgreichsten Jahrgänge der Lyoner Messen von ihrer Gründung 1463 bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Insofern ordnen sich die umsatzstarken Jahre in dieser Phase in das vorherrschende Bild ein, aber der Verlauf der Beziehung zwischen den beiden Bank- und Handelshäusern erweist sich als deutlich differenzierter.205 Phase 3: 1523 bis 1530 Mit der Allerheiligenmesse 1523 begann eine vierjährige Periode von Messen ohne nennenswerte Umsätze, die bis zur Allerheiligenmesse 1527 anhielt (Graphik 6). Eine Ausnahme waren in dieser Phase die August- sowie die Allerheiligenmesse 1524 mit jeweils knapp 790 scudi di marchi sowie die Augustmesse 1526, als die Umsätze (Aktiva wie Passiva) 2.146 scudi di marchi betrugen. Von der Apparitionsmesse 1528 bis zur Appartionsmesse 1531 schlossen sich drei Jahre an, in denen Umsätze von mehr als 1.000 scudi di marchi pro Messe eingefahren wurden. Dabei bildete die herausragende Apparitionsmesse 1528 den Auftakt. Hier erreichten Soll-Umsatz und Ist-Umsatz gleichermaßen 35.585 scudi di marchi. Auch während der folgenden Messen kamen wiederholt hohe Umsätze zustande. Die Ist-Umsätze der Augustmesse 1528 lagen bei 6.245 scudi di marchi, bei der darauffolgenen Allerheiligenmesse noch bei 4.069 scudi di marchi. Demgegenüber traten bei der Ostermesse 1529 mit 10.858 scudi di marchi und bei der Ostermesse 1530 mit 9.735 scudi di marchi abermalige Umsatzspitzen auf.

auch Mark Häberlein insbesondere auf der Grundlage des Materials der Rechnungsfragmente: Häberlein, Asiatische Gewürze. 203 Sollte es sich um Hans Paumgartner d. J. und seine Unternehmung handeln, der seit 1516 im Silbergeschäft tätig war: Krag, Die Paumgartner, S. 47. 204 ASFi, Gondi, 7, c. 132: Giam Bongharddi e co alamannj. 205 Vgl. Gascon, Grand Commerce, S. 596.

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Graphik 6 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1524 bis Apparitionsmesse 1531) in scudi di marchi; die Allerheiligenmesse 1523 bis zur Ostermesse 1524 blieben je ohne Umsätze (1523.3 = 0/0; 1523.4 = 0/0; 1524.1 = 0/0), eigene Darstellung

Die beiden hier skizzierten Phasen waren weitgehend von Umsätzen im Waren- und Wechselhandel entkoppelt. Lediglich ein Silberbarren, der am 13. September 1524 den Besitzer wechselte und den die Salviati bei der Faktorei der Welser anschließend bezahlten, trug zum Umsatz in der bilateralen Geschäftsbeziehung bei.206 Zwischen dem 28. Januar und dem 14. Mai 1525 erwarben die Lyoner Salviati ihr Silber bei Hans Imhoff & Söhnen207 im Wert von 1.962,1,10 scudi di marchi, nicht aber bei den Welsern.208 Die Umsätze der Augustmesse 1526 entstanden durch eine Barabhebung und den anschließenden Ausgleich in Form von Bargeld.209 Der hohe Wert während der Apparitionsmesse im Jahr 1528 ging auf die Finanzierung der Seidenzollpacht zurück, für die die Welser ihrem Anteil gemäß am 21. März 1528 den Betrag von 35.585,2,7 scudi di marchi aufzubringen hatten.210 Die Spitze während der Ostermesse 1529 entstand SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 141/CXLI. Den Rest des von den Welsern gekauften Silberbrotes bezahlten die Salviati bei der nachfolgenden Ostermesse im Jahr 1525. 207 Vermutlich Hans VI. Imhoff (1488–1526), dessen Sohn Andreas die wichtigste Position innerhalb der Nürnberger Familie einnehmen würde: Fleischmann, Rat, S. 610. 208 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 184/CLXXXIIII. 209 Ebd., c. 245/CCXLV. 210 Ebd., c. 520/DXX. 206

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zum guten Teil durch den Erwerb von fünf durch die Welser gelieferten Stücken Silber (sandrea) zu 2.972,5,1 scudi di marchi auf ein gemeinames Konto.211 Diese vorübergehende Umsatzflaute in den Schuldbeziehungen zwischen Redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon sowie der dortigen Faktorei von Bartholomäus Welser war zugleich eine Phase intensivierter Wechselbeziehungen mit der Antwerpener Faktorei der Welser und zum Teil auch mit der Faktorei am spanischen Hof (siehe unten). Zwischen der Augustmesse 1528 und der Allerheiligenmesse 1530 trugen vor allem Umsätze im Wechselhandel zur Intensivierung der Schuldbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern bei. Während der Augustmesse 1528 wurden dafür auf das Konto der Welser Bareinzahlungen über insgesamt 6.345,12,4 scudi di marchi vorgenommen212, ebenso während der Allerheiligenmesse.213 Der hohe Umsatz bei der Ostermesse 1529 ist auf eine Reihe von Bargeldauszahlungen sowie Krediten zurückzuführen.214 Daneben schlugen der Verkauf von Silber zulasten der Welser zu 1.486 scudi di marchi sowie der Erwerb des Edelmetalls im Wert von 2.972,5,1 scudi di marchi zu Buche.215 Der Wechselhandel spielte in diesen gut zwei Jahren eine größere Rolle, wobei nur ein Spitzenwert bei der Ostermesse 1530 auftritt, als die Salviati im Wert von 8.000 scudi di marchi Wechselerlöse gegenüber den Welsern umsetzten.216 Am 17. Mai und am 14. November 1530 trug der Buchhalter der Salviati zwei Silberpartien zu insgesamt 3.294,19 scudi di marchi ein, die die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft nach Lyon geliefert hatte. Allerdings erfolgte diese Notierung auf das Konto eines Zwischenhändlers, Gherardo Deylt (Gerardo Deitty)217, der das Edelmetall nach Spanien ausführte. Deshalb zählt diese Lieferung nicht zum Umsatz innerhalb der Schuldbeziehung zwischen Salviati und Welser; wohl aber zeigt dieser Transfer die Beteiligung beider Firmen am Handel über Lyon.218

SNS, AS, I, 487 (L Gior I), c. 14r (24.5.1529). SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. XLVII. Zeitgleich schlug ein Wechselerlös von 685 scudi di marchi zu Buche: ebd., c. 47. 213 Ebd., c. LXX. 214 Ebd., c. 100/C. 215 SNS, AS, I, 497 (L Gior I), c. 14r (24.5.1529); SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. C. Für die Augustmesse 1529 steht noch ein Umsatz beim Ankauf von Waren von den Welsern 168 scudi. 216 SNS, AS, I, 598 (L LibFier I), c. 188. 217 Diesen Spediteur, der auch als Verbindungsmann sowie Zwischenhändler auftrat und der in den Rechnungsbüchern der Salviati für die Verbindungen zwischen Lyon und der iberischen Einflusszone eine bedeutende Rolle spielt, kann ich sonst nicht nachweisen; auch ist seine Namensschreibung variierend, so dass klar ist, dass es sich keinesfalls um einen Italiener handelte; vielmehr dürfte er ein hispanisierter Konvertit gewesen sein. 218 SNS, AS, I, 497 (L Gior I), c. 28v (3.750,2 livres oder 1.890,19,9 scudi di marchi); c. 43r (2.806,2,8 livres oder 1.403,19,3 scudi di marchi). Vgl. SNS, AS, I, 499 (L DebCred I), c. 238/CCXXXVIII (Silberverkauf: 1529.1 zu 1.486,2,6 scudi di marchi und 1529.4 1.535,5,2 scudi di marchi) und ebd., c. 384/CCCLXXXIIII (Messehandel und Kredite zu insgesamt 3.764,17,8 scudi di marchi bei einem Gewinn – avanzo – von 4 scudi di marchi). 211 212

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Phase 4: 1532 bis 1538 Nach einem Jahr ohne Umsätze von der Ostermesse 1531 bis zur Apparitionsmesse 1532 traten bei drei Messen in der Folgezeit unvermittelt hohe Umsätze auf: Auf der Ostermesse 1532 wurden Einnahmen von 21.052 scudi di marchi umgesetzt und Investitionen von sogar 31.473 scudi di marchi verbucht. In den beiden anschließenden Messen waren es immerhin noch Soll-Umsätze von 11.255 scudi di marchi und 10.731 scudi di marchi, Ist-Umsätze von 11.068 scudi di marchi und 417 scudi di marchi. Während der folgenden Messezyklen von der Apparitionsmesse 1533 bis zur Augustmesse 1538 war der Umsatz insgesamt gering. Lediglich bei der Allerheiligenmesse 1534 (Soll-Umsatz von 911 scudi di marchi, Ist-Umsatz von 414 scudi di marchi), bei der Ostermesse 1535 (Soll-Umsatz von 560 scudi di marchi, Ist-Umsatz von 1.058 scudi di marchi), bei der Allerheiligenmesse 1535 (Soll-Umsatz und Ist-Umsatz von je 1.965 scudi di marchi), bei der Ostermesse 1536 (nur Soll-Umsatz von 3.852 scudi di marchi), bei der Allerheiligenmesse 1536 (Ist-Umsatz von 2.650 scudi di marchi) und bei der Augustmesse 1537 (Ist-Umsatz von 1.203 scudi di marchi) kam es zu nennenswerten Transaktionen zwischen den beiden Unternehmen in Lyon (Graphik 7).

Graphik 7 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Ostermesse 1532 bis Apparitionsmesse 1539) in scudi di marchi; die Ostermesse 1531 bis zur Apparitionsmesse 1532 blieben je ohne Umsätze (1531.1 = 0/0; 1531.2 = 0/0; 1531.3 = 0/0; 1531.4 = 0/0), eigene Darstellung

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Die hohen Umsätze in den Schuldbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern bei der Lyoner Ostermesse 1532 von insgesamt 20.000 scudi di sole (21.051,15,5 scudi di marchi) waren jeweils hälftig durch einen Kredit und eine Einlage der Welser bei den Salviati bedingt.219 Hinzu kamen noch Zahlungen in Höhe von insgesamt 11.255,8 scudi di marchi, die die Faktorei der Welser im Auftrag ihrer Augsburger Zentrale am Zusammenfluss von Rhône und Saône vornahm.220 Nur während vier Messen innerhalb dieser sechs Jahre lassen sich Umsätze auf der Grundlage von Warenverkäufen der Welser nachweisen. Bei der Allerheiligenmesse 1534 stammten die 911 scudi di marchi des wirtschaftlichen Umsatzes von einer Partie Quecksilber, die die Augsburger Gesellschaft lieferte und die auf Rechnung der Salviati über Marseille nach Alexandria exportiert wurde.221 Bei der Ostermesse 1535 waren es nur 555 scudi di marchi, die ebenfalls auf Quecksilber entfielen, bei der Allerheiligenmesse 1535 weitere 1.965 scudi di marchi für drei Stück Silber und schließlich bei der Ostermesse 1536 abermals 3.853 scudi di marchi für Quecksilber.222 Hierbei handelte es sich um den Zeitraum, in dem die Welser die Maestrazgo-Pacht incl. des Bergwerks von Almadén innehatten. Die Rechnungsfragmente weisen währenddessen wiederholt Quecksilberlieferungen nach Frankreich aus.223 Die Differenzierung in Warenund Wechselhandel ist hingegen weitgehend ergebnislos.224 Mit dem Seidenzoll lassen sich die Beobachtungen aus der Schuldbeziehung zwischen den Salviati und den Welser korrelieren: Denn die Einkünfte aus dem Zoll, der auf das wichtigste in Lyon gehandelte Luxusprodukt – Seidentuch – erhoben wurde, brachen 1532 bis 1536 regelrecht ein. Erst im Jahr 1537 trat eine merkliche Steigerung auf. Während Seide und Seidentuch quantitativ die wichtigsten Produkte im Warenhandel der Salviati waren, spielte dieser spezialisierte Markt für die Beziehung zwischen den Welsern und den Salviati eine allenfalls untergeordnete Rolle.225

SNS, AS, I, 500 (L DebCred K), c. 254/CCLIIII). Ebd., c. 285/CCLXXXV. SNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. CXLIIII (Bartholomeo Belzeri e co di Lio(ne)); c. 144 (Argento vivo di n(ost)ro conto mandato in Alesandria in a(c)homandita di Stefano de’ Gradi). 222 Ebd., c. 144/CXLIIII; c. 245/CCXLV; SNS, AS, I, 524 (L DebCred N), c. 107/CVII: Bartholomeo Belzeri e co di Lione deo(no) avere add(ì) 22 di maggio lb 8379.– tt(ornes)i facciamo lor(o) buoni p(er) paghare alla p(r)ox(i)ma fiera di pasqua 1537 / e volendo pagharli loro ava(n)ti sono tenuti farci s(c)honto d(i) / 2 / p(er) c(en)to p(er) fiera e sono p(er) la m(on)ta d’argento vivo comperato da lloro (c)home apare al G(iornale) [a c.] 6 p(er) conto de’ Labj d(i) Vignone posti dare. 223 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente. 224 Nachzutragen wäre noch einmal ein Verkaufsumsatz von Waren bei der Augustmesse 1537 über 107 scudi di marchi. 225 Lang, Seide für Lyon, S. 394 f. – Vgl. Matringe, L’entreprise, S. 175–194. 219 220 221

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Phase 5: 1538 bis 1543 Die Phase zwischen der Augustmesse 1538 und der Ostermesse 1541 war ähnlich wie in den Jahren von 1516 bis 1521 von hohen und regelmäßigen Umsätzen in der Geschäftsbeziehung zwischen den Welsern und den Salviati geprägt. Spitzenwerte erreichten die Soll-Umsätze bei der Apparitionsmesse 1539 mit 13.638 scudi di marchi, der Soll-Umsatz der Ostermesse 1539 mit 38.462 scudi di marchi sowie der gleichzeitige Ist-Umsatz mit 18.092 scudi di marchi, bei der Augustmesse 1539 der Soll-Umsatz mit 11.211 scudi di marchi und der Ist-Umsatz mit 27.160 scudi di marchi, bei der Augustmesse 1540 der Soll-Umsatz in Höhe von 19.427 scudi di marchi und der gleichzeitige Ist-Umsatz mit 14.381 scudi di marchi, ferner der Ist-Umsatz von 11.962 scudi di marchi bei der Augustmesse 1541 und der Soll-Umsatz von 10.751 scudi di marchi sowie bei der Augustmesse 1542 der Soll-Umsatz von 8.233 scudi di marchi und Ist-Umsatz von 9.652 scudi di marchi (Graphik 8).

Graphik 8 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1538 bis Ostermesse 1543) in scudi di marchi, eigene Darstellung

In diesen fünf Jahren lässt das deutliche Ansteigen der Umsatzzahlen eine positive Korrelation mit den Umsätzen im Warenhandel erkennen. Die sechs höchsten Mes-

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seumsätze, die durch den Verkauf von Waren an die Welser zustande kamen, waren weitgehend für den jeweiligen Gesamtumsatz verantwortlich. Bei der Augustmesse 1538 betrug der Umsatz des Warenausgangs 3.679 scudi di marchi, der Umsatz in Aktiva 3.679 scudi di marchi. Beide Werte stammten aus dem Einkauf sowie dem Erlös von Gewürzen, vorwiegend Ingwer.226 Bei der Apparitionsmesse 1539 betrugen der Umsatz der verkauften Waren 5.374 scudi di marchi und der Ist-Umsatz 6.152 scudi di marchi, bei der Ostermesse 1539 der Umsatz der verkauften Waren 9.177 scudi di marchi und der Ist-Umsatz 18.092 scudi di marchi, bei der Augustemesse 1540 der Umsatz der verkauften Waren 10.323 scudi di marchi und der Ist-Umsatz 14.381 scudi di marchi, bei der Ostermesse 1541 der Umsatz der verkauften Waren 3.989 scudi di marchi und der Ist-Umsatz 5.275 scudi di marchi, bei der Apparitionsmesse 1543 der Umsatz der verkauften Waren und der Ist-Umsatz jeweils 9.652 scudi di marchi. Die im Zeitraum von 1538 bis 1542 umgesetzten Waren zwischen den beiden Unternehmungen waren im wesentlichen auf die gemeinsame Ausstattung von Schiffspartien in die Levante zurückzuführen. Dabei handelt es sich um die Phase, in der die meisten Umsätze im Warenhandel der Salviati mit den Welsern erzielt wurden (zum Levantehandel siehe Kapitel V.1). Der hohe Anteil der Warenumsätze an den Gesamtumsätzen verweist darauf, dass in diesem Zeitraum die Ausrüstung von Schiffen in die Levante und der anschließende Vertrieb von aus dem östlichen Mittelmeerraum gelieferten Gütern das Kerngeschäft in der Beziehung zwischen beiden Handlungen charakterisierte. Die Einnahmen aus dem Seidenzoll für den Import von Seidentuch ins Königreich Frankreich stiegen besonders in den Jahren 1537 bis 1540 rapide an – aber die Zahlenreihe endet abrupt mit der Ostermesse 1540.227 Ebenso nahm die Einfuhr von Velours aus Genua nach Lyon in dieser Phase massiv zu. Die importierten Stückzahlen oszillierten zwischen 1538 und 1554 stark, bewegten sich jedoch auf hohem Niveau.228 Auch die Recettes erreichten im Jahr 1542 einen einmalig hohen Umfang.229 Damit decken sich die Befunde für die Gesamteinfuhr, für den Import von Seidentuch allgemein sowie von Velours insbesondere mit der positiven Entwicklung der Beziehungen zwischen Salviati und Welser.230 Bei den hier präsentierten Umsätzen ist zu berücksichtigen, dass die Salviati während der Apparitionsmesse 1540 eine eigene Gesellschaft in Antwerpen gründeten. Ein Teil ihrer in Lyon erzielten Umsätze mit den Welsern hing mit Geschäften, die

SNS, AS, I, 524 (L DebCred N), c. 380/CCCLXXX. Lang, Seide für Lyon, S. 394 f. Gascon, Grand Commerce, S. 612 f. Ebd., S. 596 f. Vgl. SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 129/CXXVIIII: Velluti di Genova di conto di Bartolomeo Belzeri e co di Lione e nostri p(er) a⁄2 (30.11.1538).

226 227 228 229 230

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

über Antwerpen liefen, zusammen (zur Kooperation in bzw. über Antwerpen siehe Kapitel IV.3). Phase 6: 1543 bis 1548 Im Zeitraum von der Augustmesse 1543 bis zur Augustmesse 1544 wurden allenfalls geringere Umsätze erzielt. Von der Allerheiligenmesse 1544 bis zur Allerheiligenmesse 1546, also über etwas mehr als zwei Jahre hinweg, traten dann wieder höhere Umsätze auf. Die höchsten Werte erreichten Soll- und Ist-Umsatz mit 6.597 scudi di marchi bei der Allerheiligenmesse 1544 respektive bei der Apparitionsmesse 1545, der Ist-Umsatz ferner mit 7.569 scudi di marchi bei der Allerheiligenmesse 1545 und mit 9.011 scudi di marchi bei der Apparitionsmesse 1546, der Soll-Umsatz mit 7.569 scudi di marchi bei der Augustmesse 1546 sowie der Soll-Umsatz mit 5.218 scudi di marchi bei der Allerheiligenmesse 1546 (Graphik 9).

Graphik 9 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Allerheiligenmesse 1543 bis Apparitionsmesse 1548) in scudi di marchi; die Augustmesse 1543 blieb ohne Umsätze (1543.2 = 0/0), eigene Darstellung

Zwischen der Allerheiligenmesse 1543 und der Ostermesse 1544 verbuchten die Salviati noch moderate Zahlungen, die die zuvor abgewickelten Geschäfte mit Gütern

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

aus der Levante ausglichen.231 Weitgehend parallel dazu tätigte die Welser-Faktorei bei den Salviati erhebliche Einlagen: Auf der Allerheiligenmesse 1544 waren es 6.597,10 scudi di marchi, auf der nachfolgenden Ostermesse 3.173,5,6 scudi di marchi, auf der Augustmesse 1546 kam man auf 7.569,5,6 scudi di marchi, und auf der nachfolgenden Allerheiligenmesse wurden nochmals 5.218,9 scudi di marchi investiert.232 Während der Apparitionsmesse 1545 trug der Buchhalter der Salviati eine Rückzahlung an die Welser im Rahmen des Messehandels von 6.597,10 scudi di marchi ein, während der Augustmesse 1545 nochmals 4.173,5,6 scudi di marchi, während der Allerheiligenmesse 1545 sogar 7.569,5,6 scudi di marchi und schließlich bei der Apparitionsmesse 1546 abermals 5.218,19 scudi di marchi.233 Zur Zeit der Augustmesse 1545 und der Apparitionsmesse 1546 kamen noch die Gewährung und die Rückerstattung eines gemeinsamen Darlehens an den französischen König über insgesamt 7.586,2 scudi di marchi hinzu.234 Die Augustmesse 1544, die Apparitionsmesse 1547 sowie die Augustmesse desselben Jahres verliefen gänzlich ohne Umsätze; zur Zeit der Ostermesse 1547 stand ein Ist-Umsatz von lediglich 80 scudi di marchi zu Buche. Die letzten Umsätze in der Geschäftsbeziehung zwischen Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon und der dortigen Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte sind für die Allerheiligenmesse 1547 mit einem Ist-Umsatz von 15.810,7 scudi di marchi und für die Apparitionsmesse 1548 mit einem Soll-Umsatz von 15.810,7 scudi di marchi feststellbar. Diese beiden Umsätze gehen vollumfänglich auf eine Einlage zurück, die die Welser über die Salviati bei gemeinsamen italienischen Geschäftsfreunden investierten und endlich zurückerhielten.235 Für diese letzte Phase in den Schuldbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern in Lyon liegen keine Spezifizierungen von Waren- oder Wechselumsätzen vor. Die getätigten Transfers lassen nicht erkennen, welche Art von Geschäftsvorgängen sich im einzelnen hinter den Umsatzzahlen verbarg. Da es sich vor allem um Kreditgeschäfte handelte, liegt es nahe, einen Zusammenhang mit Darlehen an die französische Krone zu vermuten. In den 1540er Jahren setzten die Salviati verstärkt auf das Geschäft mit Kronanleihen. Damit bewegten sie sich innerhalb eines für Lyon charakteristischen Trends (siehe Kapitel V.2). SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. 349/CCCXLVIIII (Bartolomeo Belzeri e co d(i) Lione p(er) loro co(n)to de’ tenpj): Dass es sich um Refinanzierungen handelte, lässt sich an dem eingerichteten Zeitkonto erkennen. 232 SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. LXVIII. 233 Ebd., c. 68. 234 Ebd., c. 200/CC. 235 SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 140/CXL. – Tatsächlich schlich die Schuldbeziehung zwischen der Lyoner Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte und Averardo e Piero Salviati & Co aus: Denn am 25.10.1549 notierte der Buchhalter der Florentiner Unternehmung noch 62,19,5 scudi di marchi als Kredit, welche die Welser dem libro di drappi gewährt hatten; der Ausgleich dieser Schuld wird erst nachträglich am 18.4.1554 vorgenommen, als die Nachfolger-Unternehmung der Salviati mit dem Libro debitori e creditori Z und der ragione vecchia verrechnet: SNS, AS, I, 588 (L DebCred V), c. 118/CXVIII. 231

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Die Logik der Kontenführung ermöglichte Überträge in ein Vorteilskonto, wenn die in einem bestimmten Konto aufgezeichneten Transfers einen Vorteil oder Nachteil auswiesen. Auf dieser Ebene der Kontenführung für die Welser kamen aus der Perspektive des Buchhalters der Salviati zwischen der Augustmesse 1508 und der Apparitionsmesse 1548 Gewinne von insgesamt 2.836 scudi di marchi zusammen, denen nur 313 scudi di marchi an Verlusten gegenüberstanden. Diese vergleichsweise niedrigen Werte lassen sich nicht zuletzt damit erklären, dass die Buchführung auf den Ausgleich der Konten abzielte. Die eigentlichen Profite, wie zu zeigen sein wird, erreichten die Handels- und Bankhäuser durch die Anlage ihrer Geschäfte als Provisionen, Kommissionen und Zinsnahme sowie durch Arbitragegewinne.236 IV.2.5

Formen der Transferbeziehungen

In den Jahren nach der gemeinsamen Kommende in Toulouse stellten sich vor allem Seriengeschäfte die charakteristische Form der Kooperation zwischen der Faktorei der Welser-Vöhlin in Lyon und der dortigen compagnia der Salviati dar. Überdies liefen die Transfers und ihre Bezahlung in konsortialen Strukturen ab. Die eingespielten Beziehungen im Personengeflecht zwischen Hans Vöhlin und Narziß Lauginger einerseits, Francesco und Domenico Naldini andererseits sowie Lanfredino Lanfredini als weiterem Beteiligten ermöglichten die Lieferung von Silber aus dem Reich nach Italien. Die Finanzierung dieser Lieferungen erfolgte über Lyon, wo auch die Organisation der Spedition erfolgte.237 Die von Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Lyon geführten Konten legen die konkrete Vorgehensweise offen, auf die in den oben diskutierten Briefen zwischen der Welser-Vöhlin-Gesellschaft und Lanfredino Lanfredini & Co in Florenz lediglich verwiesen wird. Die Niederlassung der Salviati verrechnete den Erwerb von Leinen aus Rouen, in welches das Silber eingewickelt wurde, die Transportkosten sowie Abgaben wie Zölle, Maklergebühren, Provisionen und die Aufschläge für das Lyoner Konsulat der Florentiner natio. Nach dem Gebrauch verkaufte man die Packtücher in Florenz weiter.238 In den fünf Jahren zwischen der Augustmesse 1508 und der Allerheiligenmesse 1513 setzten die Salviati mit der Faktorei der Welser-Vöhlin Silber für insgesamt 12.690 scudi di marchi um. Zunächst erfolgten die Transfers von Silberbarren auf Rechnung von Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Lyon gemeinsam mit Lanfredino Lanfredini & Co in Florenz.239 Hierbei bevorzugte man hochwertiges Silber del popolino, welches offen-

Dazu: Matringe, L’entreprise, S. 54–64. Vgl. Kapitel IV.2.2 und IV.2.3. S. o. SNS, AS, I, 437 (L DebCred A). SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. LXXIII: Silberverkauf an Lanfredini/Salviati zur Messe 1509.4 in Höhe von 918,14 scudi. – Vgl. Martin-Pallini, L’installation. 236 237 238 239

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

bar für die Florentiner Münze gedacht war.240 Den Silbereinkauf bei der Apparitionsmesse 1511 zu 1.300 scudi di marchi finanzierte das Konsortium Salviati-Lanfredini mit einem zinslosen Darlehen an die Welser-Vöhlin-Faktorei.241 Während der Augustmesse 1510 wurde der Transfer von vier Silberbroten im Wert von 2.718,4,10 scudi di marchi aus Mailand, wo die dortige Faktorei Anton Welsers und Konrad Vöhlins das Edelmetall erworben und auf die Waage gebracht hatte, über Lyon lediglich verrechnet.242 Der Kontenausgleich vollzog sich in einer Reihe gestaffelter Wechsel. In einem Fall verkauften die Salviati Silber für 571,7,7 scudi di marchi an Lionardo Bartolini in Florenz weiter243, in anderen Fällen traten die Welser-Vöhlin in Lyon nur als Zwischenhändler für Simon und Hans Manlich244 auf, als sie bei der Ostermesse 1511 zwei Silberbarren für 877,11,2 scudi di marchi und weiteres Silber auf der nachfolgenden Augustmesse für 778,9,5 scudi di marchi von den Manlich erwarben und an die Lyoner Salviati weiter verkauften.245 Die Bezahlung dieser Silbergeschäfte erfolgte durch verschiedene Instrumente der Verrechnung: Man finanzierte vor durch Kredite, man zahlte mit Wechseln oder man schrieb gut vermittels Giro-Zahlung. Auch Bartransfers kamen vor. Diese Formen der Verknüpfung von Wechseln als Zahlungsmittel mit dem Warenverkehr verweisen auf Praktiken des Messehandels, die seit den Champagne-Messen unter dem historiographischen Signum der Kommerziellen Revolution eingeübt wurden.246 Zunächst geht es hier vor allem darum, die geschäftlichen Beziehungen und Transferleistungen zwischen den süddeutschen und den florentinischen Kaufmannbankiers darzustellen und als Seriengeschäfte zu charakterisieren. Denn die dichte Beschreibung durch die Buchführung der Salviati zeigt die Tendenz zur Herausbildung mehrschichtiger Verbindungen zwischen der Salviati-Gruppe und dem Handels- und Bankhaus der Welser-Vöhlin. Der Handel mit Safran wurde in Lyon von einer überschaubaren Gruppe süddeutscher Kaufmannbankiers mit Niederlassungen am Zusammenfluss von Rhône und Saône abgewickelt, wobei sich die Salviati als Zwischenhändler etablieren konnten. Die Nürnberger Martin Tucher, Hans Imhoff, Sebastian Imhoff, Kaspar Fischers Er-

Vgl. Kapitel IV.2.3 – SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 33; c. XXXIII: Conto comune von Salviati und Lanfredini Augustmesse 1508 Silber zu 1.683,14,7 scudi di marchi. 241 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. CVII; c. 113. 242 SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. CCXXXVII. Zwei der vier Silberbrote werden nach Waage der Mailänder Münze über die Faktorei der Welser-Vöhlin dort verrechnet; die Refinanzierung erfolgte durch Wechsel über Paolo e Anfrione Sauli: SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. CCXXXVI. 243 SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 34 (90 Mark Silber): Silberverkauf an Lionardo Bartolini während der Augustmesse 1508 über 571,7,7 scudi di marchi. 244 Anders als die Welser-Vöhlin-Gesellschaft tätigten die Manlich Direktinvestitionen im Tiroler Silberbergbau: Seibold, Die Manlich. 245 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. CXIII; und noch einmal auf der Augustemesse 1511 für 778,9,5 scudi di marchi: ebd., c. CCXXVII. 246 Zusammenfassend: Denzel, Das System, S. 53 ff. Grundlegend: De Roover, L’Evolution, S. 43–47; Peter Spufford, Handbook of Medieval Exchange, London 1986, S. XXXVII–XLIX. 240

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

ben und die Augsburger Welser-Vöhlin zählten zu den wichtigen Kunden, die über eingespielte Beziehungen auf den Beschaffungsmärkten für Safran verfügten.247 Während der Apparitionsmesse 1511 erwarb der Faktor der Welser-Vöhlin-Firma Safran im Wert von 2.648 scudi di marchi.248 Auch auf diesem spezialisierten Markt zeigte sich die Bedeutung von Lyon als Verrechnungsstelle: Am 1. April 1513 verkauften die Salviati 42 Ballen Safran aus Apulien im Wert von 735,0,2 scudi di marchi an die Welser-Vöhlin, welche auf Kommissionsbasis mit Francesco Davanzati aus Neapel abgesetzt wurden.249 Die üblicherweise als Qualitätsausweis benutzte Herkunftsbezeichnung di Puglia oder in einem anderen Fall dj Coldort e Fulcilla auf der Apparitionsmesse 1513 ist in den hier ausgewerteten Konten eher selten. Der letztgenannte Transfer illustriert überdies die Vermittlerrolle der Lyoner Faktorei der Welser-Vöhlin, weil die Ware im Wert von 618,13 scudi di marchi an die Erben des Nürnbergers Kaspar Fischer weiterverkauft wurde.250 Beim Vertrieb von Pfeffer traten demgegenüber die Salviati als Vermittler für die Welser-Vöhlin auf: Während der Ostermesse 1510 verkaufte Francesco Naldini elf Ballen Pfeffer für 426,15,8 scudi di marchi an Hostazio Scharon, eine andere Partie für 537,5,2 scudi di marchi an den ausgewanderten Florentiner Tommaso Guadagni und eine weitere für 457,14,2 scudi di marchi an Bartolomeo Panciatichi weiter.251 Beim Export von Mandeln aus dem Languedoc nach Italien bildeten die Lyoner Handlung der Salviati und die Welser-Vöhlin-Faktorei eine Art einmaliges Einkaufskartell, was sich in einem gemeinsamen Warenkonto manifestiert. Während der Augustmesse 1512 beauftragten sie einen gewissen Luigi Mane (Manni)252 aus Montpellier mit dem Erwerb von 743 quintal 24 libra Mandeln mit einem Warenwert von 997,1,2 scudi di marchi. Die Verrechnung in Lyon erstreckte sich über mehrere Messetermine.253

Mark Häberlein hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass es sich mit Ausnahme der Welser-Vöhlin um Nürnberger Firmen handelte, die im Lyoner Safranhandel aktiv waren. Die Reichsstadt Nürnberg war der wichtigste Umschlagplatz für den Safranhandel in Mitteleuropa. Eine Folgerung könnte darin bestehen, dass die Nürnberger wie die Salviati als Zwischenhändler für Safran auftraten. Eine weitere Folgerung könnte sein, dass die Nürnberger Kaufleute eine Art Einkaufskartell für Safran, welcher ins Alte Reich eingeführt werden sollte, bildeten. Indizien dafür gibt es in den Tucher-Briefen, vgl. Diefenbacher/Kley, Tucher-Briefe; Weissen, Safran. 248 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. 107. 249 SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 331. – Es ist nicht völlig sicher, ob im konkreten Fall Francesco Davanzati in Neapel gemeint ist; der Zusammenhang legt nahe, dass es sich tatsächlich um den in Neapel ansässigen Francesco Davanzati handelte. 250 Ebd., c. 331. 251 SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. 104; c. 186. 252 Den habe ich sonst nicht nachweisen können. 253 SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 213/CCXIII; 282/CCLXXXII; 289/CCLXXXVIIII; SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. 20/XX; c. 28/XXVIII; vgl. ebd. 67/LXVII: Ant(oni)o Belzery e co p(er) d(anari) p(r) ovistoci di rit(ratti) di mandorle che ànno a dare conto; SNS, AS, I, 450 (L DebCred BBB), c. 14/XIIII; c. 16/ XVI; c. 22/XXII: Ant(oni)o Belzerj e co p(er) n(ost)ro chonto del ritrato di mandorlle p(er) d(anar)i p(r)ovistoccj. – Mandeln wurden überlicherweise in cargo / caricha gewogen; quintali gehören der Lissaboner Ge247

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Die Lieferung von Leder über Flandern nach Pisa und Savona ließen beide Unternehmen in Lyon verrechnen, wobei sie eine Art joint venture bildeten. Das dazugehörige Konto wurde zur Allerheiligenmesse 1510 eröffnet, und der Transfer des Gutes durch einen Kredit an die Welser-Vöhlin über 2.627,5,6 scudi di marchi vorfinanziert. In kleineren Partien verkaufte die Salviati-Gesellschaft in Pisa, Redi di Alamanno Salviati & Co, die Ware bis Juni 1511.254 Einen ähnlichen Vertriebsweg wählten die beiden Geschäftsfreunde zur Allerheiligenmesse 1511, als Leder im Wert von 1.259,13,5 scudi di marchi die Besitzer wechselte.255 Während die fälligen Spesen über die Faktorei von Welser-Vöhlin in Flandern mit 66,3,2 scudi di marchi verrechnet wurden256, zahlten die Salviati den Betrag in mehreren Tranchen bis zur Apparitionsmesse 1514 zurück.257 Das von den Augsburger Korrespondenten erworbene und in Italien über Pisa vertriebene Leder gehörte zu einem beträchtlichen, zur Ostermesse 1513 eingetragenen Warenumsatz, den Lionardo Spina, zu diesem Zeitpunkt noch Agent der Lyoner Salviati-Gesellschaft, mit insgesamt über 4.650 scudi di marchi getätigt hatte.258 Im Zahlungsverkehr waren die Salviati und die Welser-Vöhlin in ein komplexes Geflecht von Transferbeziehungen eingebettet: Gutschriften oder Lastschriften der Welser-Vöhlin erscheinen in den Konten zumeist als Zahlungen im Auftrag Dritter wie bei der Augustmesse 1508, als das Konto der Süddeutschen mit 310,14,4 scudi di marchi belastet wurde. Dieser Betrag ging für die Genuesen Cristofano Spinola e Girolamo Gentini an Ambrogio e Lazzaro Grimaldi.259 Ferner überwies man 462,7,2 scudi di marchi von den Welser-Vöhlin an die bereits mehrfach zitierten Nürnberger Kaspar und Hans Fischer. Während der Augustmesse 1510 gingen 2.000 scudi di marchi an die Florentiner Konvertiten Bartolomeo Nasi & Co260, und bei der Ostermesse 1511 zahlten die Salviati für die Welser 1.625 scudi di marchi an den Exil-Florentiner Tommaso Guadagni.261 In umgekehrter Richtung waren auch die Welser-Vöhlin Empfänger von Zahlungen wie bei den Gutschriften auf der Augustmesse 1511 in Höhe von 2.200 scudi di marchi im Auftrag der Salviati vom florentinischen Großbankier Bartolomeo Panciatichi262; und am 11. Februar 1513 wurde der Betrag über 1.359,11 scudi di marchi zulasten von Bartolomeo Nasi verbucht.263 wichtssystematik an, es sei denn für Safran; demnach wögen 743 quintali 24 libra 74.324 Lyoner Pfund: Müller, Welthandelsbräuche, S. 71; S. 73 (489,5 g = libra? Dann wöge die Partie 36.382 kg – was sehr viel wirkt). 254 SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. CCLXXVIII. 255 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. 356. 256 SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. CLXXXXII. 257 Ebd., c. LXXXII; c. CLVI; c. CCXVIIII; SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. LXXXXVIII; c. CCIIII. 258 SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 16; c. CCCLXXXXI. 259 SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 34. 260 Vgl. Tewes, Kampf. 261 SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. 237; SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. 226. 262 Vgl. Luigi Passerini, Genealogia e storia della famiglia Panciatichi, Firenze, 1858; Tewes, Kampf. 263 SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. CCLIII; SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. CCCXXXI; am 11.2.1513 waren auch noch 108,6,8 scudi di marchi von Venturi e Barzi.

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Ein Teil der Wechseltransfers, die in die Konten der Lyoner Faktorei der Welser-Vöhlin eingetragen wurden, diente ausdrücklich der Refinanzierung anderer Geschäfte wie im Fall der 15 Mark Gold im Wert von 975 scudi di marchi, welche den Augsburgern auf der Augustmesse 1512 durch einen Wechselbrief Lanfredino Lanfredinis zugute kamen.264 Im Zuge eines Wechsels aus Brügge durch Girolamo Frescobaldi erhielten die Welser-Vöhlin in Lyon 984,17 scudi di marchi.265 Bei der Apparitionsmesse 1510 belastete der Buchhalter der Salviati das Konto der Augsburger mit 650 scudi di marchi, die der Florentiner Mattia Cini im Auftrag von Andreas Grander & Co in Venedig266 an die Lyoner Firma der Salviati remittierte.267 Die Intensität der Schuldbeziehungen zwischen beiden Unternehmungen ließ zwischen der Ostermesse 1513 und der Ostermesse 1516 deutlich nach. In dieser Phase konzentrierte sich die geschäftliche Tätigkeit auf die Verrechnung (und letztlich den Ausgleich) von Warentransfers wie im Falle des Leders und der Mandeln.268 Neben der Abwicklung früherer Geschäfte und der Tätigung kleinerer Zahlungen lief von der Augustmesse 1514 bis zur Apparitionsmesse 1515 ein Kredit weiter, der zunächst mit 1.000 scudi di marchi269, dann – bei seiner Verlängerung – mit 1.000 scudi di moneta (= 965 scudi di marchi) bewertet wurde.270 Diese Zusammenhänge von Warenhandel und Finanzierungstätigkeit legen die Verschränkung verschiedener, mitunter zeitgleich ablaufender Transfers offen. Die Netzwerke, die sich um den Lyoner Messenhandel bildeten, lebten von solchen Transferprozessen und schwebenden Schuldbeziehungen. Rein mengenmäßig gesehen speisten sich die geschäftlichen Aktivitäten der Salviati und der Welser aus komplex angelegten, seriell durchgeführten kooperativen Verhaltensmustern, welche unter der Führung von Anton Welser & Mitverwandten in den 1510er Jahren und dann um 1520 von Bartholomäus Welser & Mitverwandten und den Erben Alamanno Salviatis phasenweise noch intensiviert wurden. SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. CCXVIIII. SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. XXXIIII. Häberlein, Der Fondaco. SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. 73: Antonio Belzeri e Churado Felini et c(ompagni) alamanni d[e]ono dare in f(iera) d’aparizione add(ì) 31 gennaio 𝛻 secentto cinq(uant)a di m(archi) ci fan[o] buoni p(er) Andrea Ghrande e c(ompagni) alamannj e loro ci li fan[o] buoni p(er) lett(era) de’ detti Grande d(i) Vinegia ci rim(ettono) Mattio Cini p(er) lor[o]. Zu Endres (Andreas) Grander: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 59; S. 67; S. 161; Müller, Welthandelsbräuche; Reinhard, Augsburger Eliten. 268 Daneben erschienen zwei bemerkenswerte Zahlungen: SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. 204: Ant(oni)o Belzerj e co di Lione dare in f(ier)a d’aparizione a dì viij di feb(r)aio 𝛻 cento cinquantasette ß ij. d x di m(one)ta p(er) v(alu)ta di fl 200 a g(ross)o 22 fato ne loro lett(er)e p(er) Nolinb(er)gho a 8 di vista in B(er)n(ar)do Aciaiuolj a pa a dettj Belzerj per Vivianj und SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. CCLXXXVI: E 𝛻 157.2.10 d(i) mo(ne)ta p(er) fl 200 d’oro di r(itra)tto p(er) tanti ci detto ne a chanbio fino la f(ier)a d’apparizione p(er) Nolinb(er)gho a B(er)n(ar)do Aciaiuoli p(er) conto de’ Viviani di Mantova e quali non paghò e p(er)ò si fanno cred(i)t(ori) e dibit(ori) ditt(i) Viviani. 269 SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. CCCLXXXXVII. 270 SNS, AS, I, 540 (L DebCred BBB), c. 76/LXXVI. 264 265 266 267

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Verstetigte Kooperation und Verrechnung in Lyon: Kupfer und Silber Wiewohl das Umsatzvolumen der Schuldbeziehungen zwischen den Salviati und den Welser-Vöhlin schwankte und phasenweise abebbte, blieb die Bereitschaft zu kooperativ angelegten Geschäften zwischen beiden Unternehmen auch nach der Restrukturierung der jeweiligen Gesellschafter-Kreise bestehen. Während der Ostermesse 1517 beteiligte sich die Lyoner Faktorei von Anton Welser & Mitverwandten am Transfer von 50.000 Dukaten, die auf der Grundlage eines Vertrags mit dem portugiesischen König Manuel I. (1469, reg. 1495–1521) an Iacopo Salviati überwiesen wurden. Diese stattliche Summe war Bestandteil einer vertraglichen Abmachung vom 23. Januar 1515 zwischen Papst Leo X. und dem Monarchen, der zufolge das Kirchenoberhaupt dem König den Einzug des kirchensteuerlichen Zehnts für den Kampf gegen die Ungläubigen (moriscos) im Rahmen einer Abschlagszahlung in besagter Höhe zugunsten der Werkstatt zum Neubau von Sankt Peter in Rom konzedierte. Der apostolische Nuntius in Portugal, Antonio Pucci (1484–1544)271, war für die Abwicklung der königlichen Verpflichtungen verantwortlich, wohingegen das Bankhaus Salviati mit dem finanziellen Transfervorgang beauftragt wurde.272 Hierfür zahlte man in Lyon auf das Konto der Welser-Vöhlin-Niederlassung 49.545,18,19 scudi di marchi in Bargeld ein, welches die Süddeutschen offenbar von Lissabon nach Lyon remittiert hatten. Die Regelung dieser Transferleistung wurde vermutlich im Namen der beiden Firmenchefs – Iacopo Salviati und Anton Welser – gemeinsam getroffen.273 Die Lieferungen von Kupfer durch die Fugger aus den Minen in Tirol nach Antwerpen bewegten sich um 1518/19 auf einem sehr hohen Niveau. Kupfer wurde besonders an spanische Kaufmannbankiers verkauft, weil diese es in den Indienhandel einbezogen. Geringere Mengen gingen auch nach England und Frankreich. Aber die Unternehmung Jakob Fuggers war nicht das einzige Handelshaus, das Antwerpen als Absatzmarkt mit dem für unterschiedliche Verwendungszwecke wichtigen Metall versorgte. Denn an der Tiroler Kupferproduktion waren auch die Augsburger Manlich

Christoph Weber / Michael Becker, Genealogien zur Papstgeschichte (Päpste und Papsttum, 29, 1–6) Stuttgart 1999–2002, IV, S. 797–798. 272 BAV, Archivio Salviati, no. 58 Miscellanea, c. 28: Abschrift (vermutl. 16. Jh.) eines Mandats Leo PP X an Iacopo Salviati vom 23.1.1515, handschriftliche Adnotationes mit Bleistift vom 7.2.1949 „P.“, der die filza offensichtlich bearbeitet hat (mit dem Register der päpstlichen Urkunden verglichen hat). 273 SNS, AS, I, 456 (L DebCred C), c. 193/CLXXXXIII: Ant(oni)o Belzerj e co di Lione p(er) loro chorente. Die Belastung des Kontos erfolgte mit folgendem Eintrag: E jn detta fiera 𝛻 49378.2.4 di m(arch)i p(er) v(alu)ta di 𝛻 46182 1⁄3 d’(or)o di sole ci fan[n]o buonj p(er) duc 50000 d’(or)o ci doveva il Re di Portoghallo rag(ionat)i duc 29 p(er) 𝛻 30 di sole ribatuto 12 p(er) c(ent)o chome p(er) il chontrato insieme bounj a Iac(op)o Salviatj ap(ar)te v(aglion)o di ß 40 di m(one)ta v(aglion)o a 11 di m(one)ta a luj avere. Die Gutschrift verweist auf den Transfer im Messebuch und erklärt durch die Notierung in scudi di sole mit 46.182 1⁄3 die Bargeldeinzahlung: E jn detta fiera 𝛻 49545.18.10 di m(arch)i fatolj debitorj a lib(r)o di fiera a [c.] 70 p(er) 𝛻 46182 1⁄3 di sole v(aglion)o a 10 3⁄4 di m(arch)i a ent(rat)a a [c.] 24 a la c(ass)a. 271

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

und Höchstetter beteiligt, im geringeren Umfang steuerten Nürnberger Unternehmungen Kupfer aus Mitteldeutschland bei.274 Die Gesellschaft Redi d’Alamanno e Battista Salviati & Co in Lyon und die Welser einigten sich auf ein komplex angelegtes Transfergeschäft, das die Züge eines joint ventures trägt: Im August 1518 lieferten die Welser (vn)ger{isch} ruch- vnd geschlagen kupffer mit einem Gewicht von 1.459 1⁄2 cantara zu einem Warenwert von 6.915,8,6 scudi di marchi nach Antwerpen (Schaubild 3).275 Woher die Welser diese Kupferlieferung bezogen hatten, ist in den Rechnungen nicht erwähnt. Da aber der Gemeine Ungarische Handel der Augsburger Fugger und Krakauer Thurzo damals den Vertrieb ungarischen Kupfers in Europa kontrollierte, ist der Bezug aus dieser Quelle sehr wahrscheinlich. Im Kontext des Augsburger Reichstags von 1518 und der Bemühungen Kaiser Maximilians, die Nachfolge im Reich seinem Enkel Karl zu sichern, intensivierte sich die Kooperation der beiden großen Augsburger Gesellschaften – eine Kooperation, die in der gemeinsamen Finanzierung der Wahl Karls V. im Sommer 1519 kulminierte.276 Das hier detailliert geschilderte Kupfergeschäft ist einer der wenigen Fälle, in denen derselbe Transfer sowohl in einem Schuldbuch der Lyoner compagnia der Salviati als auch in einem Journal der Augsburger Zentrale der Welser dokumentiert ist. Diesen politisch brisanten Rüstungsimport fädelte die Tochterfirma der Lyoner Salviati-Gesellschaft, Bernardo Salviati e Francesco Alamanni & Co, mit dem Finanzgeneral

Donald J. Harreld, High Germans in the Low Country, German Merchants and Commerce in Golden Age Antwerp, Leiden/Bosten 2004, S. 131 f. – Vgl. van der Wee, The Growth, II, S. 126: S. 131; III, Graph 27, S. 66 f.: Hungarian copper exported by the Fuggers: 1497–1539 (per 100 Antwerp pounds): 1517/18: 29.890 flämische Pfund Gewicht. – Zum Hintergrund: Reinhard Hildebrandt, Augsburger und Nürnberger Kupferhandel 1500–1619. Produktion, Marktanteile und Finanzierung im Vergleich zweier Städte und ihrer wirtschaftlichen Führungsschicht, in: Hermann Kellenbenz (Hg.), Schwerpunkte der Kupferproduktion und des Kupferhandels in Europa 1500–1600 (Kölner Kolloquien zur Internationalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 3), Köln 1977, S. 190–224; Ekkehard Westermann, Tendencies in the European Copper Market in the 15th and 16th Centuries, in: Hermann Kellenbenz (Hg.), Precious metals in the age of expansion: papers of the XIVth International Congress of the Historical Sciences (Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte, 2), Stuttgart 1981, S. 71–78. 275 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 85 [Z 6.173]: [[Item]] [L]ionn soll vnns adi ditto / aus obgemeltem zedel / haben die [vnn]sern zuo Anttwerff gelichen redi d’Alaman(n)o et Battista Salviati [[e comp(ani)a]] 6’744 de m(archi), je 68 3⁄4 gr per soellen gemelte Salviati [[den]] [vnn]sern zuo Lionn in kinfftiger augstmeß zallen und [Z 6.174] [[Item]] [L]ionn soll vnns adi ditto / aus obgemeltem zedel / haben die [[vnnsern zuo]] Antwerff auff der vnnsern von Lionn [vn]d der [[Salviati]] [be]geren kaufft vnd auff 3 schiff gen Roan gesantt [[als]] [vn]ger{isch} ruch- vnd geschlagen kupffer, die haben haben in s(omm)a [[bis in]] die schiff gelegt kost mit segurantz vnd all ding biß gen [[Roan]] 1’968 lb 19 ß 6 d flemisch, die soellen die vnnsern zuo Lionn [[ fir]] [einne]men setzen vnd fir [er]sten tail 68 [[1⁄3]] gr per de m(archi), den rest [[zuo…]] die v(er)gangen ostermeß von Monse(nieu)r de San Blancy mit onge[ far] [[42]] per c(ent)o nutz [[einnemen]]. 276 Dazu: Häberlein, Fugger und Welser; ders., Jakob Fugger. – Ich danke Mark Häberlein für den Hinweis auf die Dominanz der Fugger auf den europäischen Kupfermärkten. Auch ist die Frage, ob dieses Kupfergeschäft politisch heikel war, nicht eindeutig: Erzherzog Karl hatte 1515/1516 Frieden zwischen Franz und Maximilian vermittelt; dieser hielt bis zur Konkurrenz bei der Kaiserwahl. 274

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Jacques de Beaune, Herr von Semblançay († 1527)277, am französischen Hof ein. Deshalb erhielten Salviati e Alamanni & Co bei der Verrechnung des Geschäfts einen Ausgleich ihrer Vorfinanzierung in Höhe von 786,1,9 scudi di marchi in Bargeld und wurden an einem Teil des Deals zu einem Drittel beteiligt. Die Welser-Faktorei in Antwerpen übernahm die organisatorische Abwicklung des Geschäfts und sandte die entsprechenden zedel zur Verrechnung an die Augsburger Zentrale: In Flandern schiffte man das ebenso teure wie hoch versicherte Transportgut ein und brachte es nach Rouen, so dass Spesen von 263,19,4 scudi di marchi aufliefen. In der französischen Hafenstadt, wo die Kanonenschmiede des Königs von Frankreich angesiedelt war, empfing der Kommissionär der Salviati, der Florentiner Kaufmannbankier Zanobi Rucellai, gemeinsam mit dem Agenten des Handelshauses, Piero Spina, die Ladung. Für die Bezahlung stand der Generaleinnehmer Jean Sapin278 mit 9.559,18 scudi di marchi ein. Aus der Perspektive der Augsburger Zentrale der Welser zeichnete die Lyoner Faktorei als Ort des Zahlungsausgleichs verantwortlich, weswegen insgesamt 13.659,8,6 scudi di marchi über Lyon verrechnet wurden. Als Gesamterlös erzielte das Konsortium der Welser und Salviati 21.642,6,12 scudi di marchi, wovon das Augsburger Unternehmen der Lyoner Faktorei einen Gewinn von 4.793,9 scudi di marchi überwies und den Aufwand der Antwerpener Faktorei an der Drittelbeteiligung mit 2.218,10 scudi di marchi ausglich (Schaubild 3).279

Alfred Spont, Semblançay (?–1527). La bourgeoisie financière au début du XVIe siècle, Paris 1895; Martin Wolfe, The Fiscal System of Renaissance France, New Haven/London 1972, S. 74; Lang, Herrscherfinanzen. – Von Jacques de Beaune erhielten die Salviati den entsprechenden (Vor)vertrag: SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 84v: An Piero Spina am französischen Hof, 18.7.1519. 278 Hamon, ad indicem. 279 SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. LXXIII; c. 90: die Kreditfinanzierung der Antwerpener Faktorei der Welser-Vöhlin anteilig: Ant(oni)o Belzzerrj et co d’Anverssa p(er) n(ost)ro chonto de’ tempj deono dare add(ì) 17 d’a[g]osto 1518 lb 658.12.4 di grossi facciamo buoni a chon[e]rj di chonto de’ Belzzerrj d(i) Lione et n(ost)ro et Salvaittj et Alam(ann)i d(i) chorte cisachuno p(er) o⁄3; ebd., c. 135/CXXXV; ebd., c. 272/CCLXXII: die Salviati-accomandita am französischen Hof, Bernardo Salviati e Francesco Alamanni & Co, wurde gemeinsam mit den Welsern und Redi d’Alamanno e Battista Salviati & Co di Lione zu einem Drittel beteiligt: Die Regelung sah offenbar vor, ein Drittel des gesamten Transfers über Antwerpen und Lyon für die Beteiligten am Hof abzurechnen (weswegen man zu dieser Regelung kam und wie sich diese Drittelung zum Warenpreis verhielt, ist nicht klar): Chovrj d(i) chonto d(i) Ant(oni)o Belzzerrj et co d(i) Lione et di n(ost)ro chonto et de’ Salviattj et Alam(ann)i d(i) chorte p(er) 0⁄3 deono dare addj 17 d’aghosto 𝛻 736. ß 1.10 di m(arch)i facciano buonj chovrj di ni n(ost)ro chonto p(er) il n(ost)ro 0⁄3. Nimmt man den kreditfinanzierten Anteil der Welser-Vöhlin an diesem Konto über 2.308,10,9 scudi di marchi und 3.589,13,11 scudi di marchi für ihren Anteil (c. CCCXLVIIII) am paritätischen Anteil des Transfers zusammen, bleibt man unter dem Darlehen von 6.744 scudi di marchi, das die Antwerpener Faktorei ihrer Lyoner Nachbarfaktorei zur Verrechnung für die Salviati gewährt hat; selbst die Spesenanteile bleiben darunter (Z 6.173); ebd., c. 349/CCCXXXXVIIII: Der Ausgleich des Aufwandes für die Ware und für die Spesen: Choverj d(i) n(ost)ro chonto et de Belzzerrj d(i) Lione p(e)r a⁄2 deono dare in fiera d’aghosto 𝛻 7179.7.10 d(i) m(arch)i facciamo buonj a Ant(oni)o Belzzerrj e c(ompagni) di qui per lla monta di chosto d(i) (c)hintara 1459 1⁄2 d(i) dettj sino ispacattj a Roano cioè 𝛻 6915.8.6 d(i) m(arch)i p(er) lb 1968.19.6 d(i) grossi ragionatj a g(ross)o 63 1⁄3 p(er) 𝛻 p(er) lla m(on)ta del p(ri)mo chosto sono (c)hari(c)hj in nave in Fiandra colle sichurttà / Et 𝛻 263.19.4 d(i) m(arch)i p(er) nolj spese fatte a Roano Zanobj Rucciellay et P(ie)ro Spina av(er)e dettj Belzzerrj und die Überweisung des Erlöses: Et in detta lb 9035 277

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Schaubild 3 Das Kupfergeschäft von 1518 (graue Pfeile: Weg der Ware; schwarze Pfeile: Weg des Schriftverkehrs und der Bezahlung; eckige Kästen: „Akteure“; gerundete Kästen: Kooperationen), eigene Darstellung

t(orines)i facciamo buonj a Ant(oni)o Belzzerj et co p(er) lla loro a⁄2 del acatto d(i) dettj (c)hoverj nel graddo sono et p(er) q(uan)do richossi sarano av(er)e al per loro de’ tenpj in q(uest)o (a c.) 350 v(aglion)o a 10 3⁄4 d(i) m(arch)i per c(ent)o; 350/CCCL: Choverj d(i) n(ost)ro chonto deono dare in fiera d’aghosto 𝛻 3589.13.11 d(i) m(arch)i facciamo buoni a choverj d(i) n(ost)ro chonto et de’ Belzzerrj p(er) a⁄2 per lla no(st)ra mettà nettj diritte spese sino in Roano d(i) (c)hintara 1459 1⁄2 ave(re) choveri di n(ost)ro chonto et dj dettj Belzzerrj. – Was allerdings der Verlusteintrag in der Spesenrechnung im Rahmen des Kupfergeschäftes verbunden mit einem Transfer von 30.000 scudi di marchi zulasten eines Welser-Kontos (Ant(oni)o Belzzerj et co d(i) Lione p(er) (c)honto d(i) spexe di choverrj) bedeuten soll, ist mir unklar: SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. CXLIIII: E in detta lb 95.17.9 t(ornes)i facciamo loro buonj p(er) tantj si p(er)dde nelle spexe dellj 𝛻 30M dare d(i)savanzi di n(ost)ro chonto in q(uest)o [a c.] v(aglion)o al pregio. Rückerstattung für Kupferverkauf und die dazugehörigen Spesen an die Faktorei der Welser-Vöhlin in Bargeld über 3.792,4 scudi di marchi: SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 88: Ant(oni)o Belzzerrj et co di Lione deono dare in fiera d’aparizione addj 9 dj febraio 𝛻 3792.4.θ di m(arch)i facciano loro buonj q(uest)a fiera che tantj ne dararono loro q(uest)a fiera p(er) lla m(on)ta della n(ost)ra p(ar)te del chosto et spexe de choverj chorsj et (c)hanbj et tutto si fano a q(uest)a fiera ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 47 a v(sci)ta [a c.] 155 alla chassa ave(re); Nachzahlung am 27.12.1518 über 263,19,4 scudi di marchi: ebd., c. 132/ CXXXII. – Bemerkenswert ist, dass die Warenkonten der Salviati mit choveri auf das französische Wort cuivre für Kupfer zurückgreifen, anstatt den italienischen Begriff rame zu benutzen.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Die Kupferlieferung der Welser erfolgte im Kontext der Versorgung der königlichen Artillerie im Jahr 1518. Daneben beschickten die Handelsleute Jean Viart und Guillaume Roillart die Kanonenwerkstätten mit Zinn, der Kaufmannbankier Bernard Fortia mit Schwefel.280 Die königlichen Schriftstücke erwähnen als Vertragspartner Lionardo Spina, so dass die Organsiation und die tatsächliche Provenienz der gelieferten Güter nicht erfasst werden – und damit auch die Brisanz des Geschäfts verborgen blieb.281 Silber gehörte zeitweilig zu den wichtigen Exportgütern der Handelsgesellschaften der Welser, welches als Handelsware bis in die späten 1520er Jahre eine bedeutende Rolle in den geschäftlichen Beziehungen zur Salviati-Gruppe spielte. Nachdem sich Anton Welser offenbar mit einem direkten Engagement in den großen europäischen Montanregionen zurückgehalten hatte, verstärkte sich unter Bartholomäus Welser das Engagement der Gesellschaft in diesem Bereich, insbesondere im böhmischen und sächsischen Bergbau. Vertreten durch die Handelsgesellschaft Hieronymus Walther, Gregor Schütz & Mitverwandte bemühten sich die Welser um die Monopolisierung des Bezugs von Kupfererz aus Kuttenberg (heute Kutná Hora), indem die als Strohmänner agierenden Walther und Schütz mit dem neuen Inhaber des dortigen Kupferkaufs und späteren Feldhauptmann Kaiser Karls V., dem Adeligen Sebastian Krabitz von der Weitmühl (um 1490–1549)282, im April 1525 einen auf zehn Jahre terminierten Abnahmevertrag schlossen.283 Daneben traten wie mit dem Nürnberger Kaufmannbankier Hans Ebner weitere Großlieferanten in Konkurrenz zu den Welsern auf.284 Oben wurden bereits die Lieferungen an die Florentiner Münze angesprochen. In den Rechnungen der Welser lassen sich insbesondere in den 1520er Jahren eine Reihe von Silberexporten nachweisen. Die meisten von ihnen nehmen ihren Ausgang von Nürnberg, wo die Faktorei die Verrechnung für die Beschaffungsmärkte durchführte. Im Herbst 1523 erhielt die Augsburger Zentrale aus aym zedl vonn Nuorn(enberg) die Nachricht über die Lieferung von Silber nach Mailand.285 Die am 14. April 1528 über Köln nach Antwerpen geschickten zwei Silberstücke wurden ebenfalls auf Nürnberger Rechnung gebucht.286 In einem Fass wurden laut Eintrag in das Nürnberger Journal am

Hamon, L’argent, S. 142. Auf das Geschäft hat mich Peter Geffcken bereits im Jahr 2005 aufmerksam gemacht; er hatte seine Recherchen auf der Grundlage der Welser-Rechnungen begonnen und wollte im Salviati-Archiv die Spur des Transfers aufgreifen. Er hat mir später die Fortsetzung dieser Suche übertragen. 282 Roman von Procházka, Genealogisches Handbuch erloschener böhmischer Herrenstandfamilien, Neustadt an der Aisch 1973, S. 336. 283 Mark Häberlein, Nürnberg im Handelsnetz der Augsburger Welser-Gesellschaft (1496–1551), in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 101 (2014), S. 79–114, hier S. 100 f. 284 Häberlein, Nürnberg, S. 101 f.; vgl. Friedrich Lütge, Der Handel Nürnbergs nach Osten im 15./16. Jahrhundert, in: Stadtarchiv Nürnberg (Hg.), Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Nürnbergs, Band 1: Nürnberg 1967, S. 318–376. 285 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 104 (Z 8.32). Auf den 8.7.1525 datiert eine Lieferung von Silber, Silbergeschirr und Gold nach Mailand im Wert von 345,8,2 Pfund Münze: ebd., S. 106. 286 Ebd., S. 196 (Nür 1.15). 280 281

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

12. August 1528 mit 123 Pfund Gewicht rauch kupff(er) und 4 st(uck) silber über Buchhorn durch den Fuhrmann Mathes vo(n) Weissenhorn nach Lyon geschafft.287 Im Fall von sieben Stück Silber stand am 29. Mai 1523 die bemerkenswerte Summe von 929,11 Pfund flämisch (ca. 3.500 scudi di marchi) zu Buche, die die Antwerpener Faktorei der Welser ihren Geschäftsfreunden, den Augsburgern Christoph Herwart & Co, für den Erwerb des Edelmetalles zahlten. Die Herwart-Gesellschaft war im Tiroler Montangeschäft aktiv und dürfte in diesem Fall die Welser mit alpenländischem Silber versorgt haben.288 Die Refinanzierung dieses Silbergeschäfts erfolgte über einen Kredit von Giovan Francesco Laffetta (degli Affaitati), den er den Herwart in Lissabon für einen Wechsel über 3.000 Dukaten abgekauft hatte, sowie über einen weiteren Wechsel aus Venedig zulasten von Christoph Herwart.289 Diese Silberpartie bestätigt den Befund, der aus den Welser-Konten bei den Salviati gewonnen werden kann, dass die Welser als Zulieferer und auch als Zwischenhändler erschienen und beim Vertrieb von Silber auf die Refinanzierung durch etablierte Wechselverbindungen zurückgriffen. Die Variabilität der Rollen auf den Verteilungsmärkten in Antwerpen und Lyon zeigt sich im Zusammenhang mit dem Silberhandel ebenso bei den Salviati. Der Transfer von Silber aus den Händen der Süddeutschen wurde für die spanische Handels- und Bankgesellschaft Francisco Salamanca & Rodrigo Carrión aus Burgos durch die Salviati in Lyon verrechnet. Auf der Augustmesse 1516 erwarb die Florentiner Unternehmung in Lyon Silber im Wert von 4.992,8 scudi di marchi von ihren Augsburger Geschäftsfreunden, die ihrerseits die Lieferung des Edelmetalles über ihre Lyoner Faktorei abwickelten. Das in Leinentücher gewickelte Silber führten Salamanca & Carrión nach Spanien ein, um es dort auf Kommission für die Salviati zu verkaufen.290 Ebd., S. 200 (Nür 1.46b). Vgl. Hermann Kellenbenz, Kapitalverflechtungen im mittleren Alpenraum. Das Beispiel des Bunt- und Edelmetallbergbaus vom fünfzehnten bis zur Mitte des siebzehnten Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 51 (1988), S. 13–50, hier S. 32–39; vgl. Angelika Westermann, Die vorderösterreichischen Montanregionen in der Frühen Neuzeit (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte, 202), Stuttgart 2009. – Weiter zur Christoph-Herwart-Gesellschaft: Häberlein, Brüder, ad indicem. 289 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 243 (Ant 1.55: Schuldbuch S, ac. 103[r]): Cristoff Herw(ar)t e c(ompania) solle(n) wir adi 29 mayo / per silber / hab wir v(er)gangen [B]erg[er] m(arck)t vo(n) in(en) kaufft vnd ers[t] jetzt enpfang(en), li(er)t(en) [sy] fur vns Piero Lopes 7 st(uck) s(ilber), weg(en) zesame(n) fein m(arck) 425 d 8 g(ran) 23 1⁄2, zuo 43 ß 8 die [ f]ein m(arck), thut […] lb DCCCCXXVIIII. XI. Die Refinanzierung per Kredit: ebd., S. 242 (Ant 1.51–52: Schuldbuch S, ac. 103): Cristoff Herwartt e c(ompania) soll(en) vns adi 10 abrill / per Giovan Franc(esc)o d(e) Laffetta / duc 3’000 zuo 84 gr per duc, hatt er den ire(n) zuo Lix(bon)a adi 19 feb(ra)y zuo w(exe)l gelichen, sollen vns gemelt Herw(ar)t in jetzig(en) Berg(er) ost(er)marckt bezale(n), tuot, […] lb ML. θ. Und Adi 16 mayo / per d(z) welsch schuldbuoch / duc 1’000 a gr 76 per duc, w(exe)l vo(n) Vin(eti)a per di 27 dito, als claur weyst […] lb CCCXVI.XI[II.][[IIII]]]. – Bei Giovan Francesco de Laffetta müsste es sich um Giovan Francesco degli Affaitati handeln (portugiesische Namensschreibung): vgl. Tognetti, I Gondi, S. 42 f. – Zu den Geschäften der Herwart-Gesellschaft in Lissabon (Beteiligung an Indienfahrten im Jahr 1520): Guidi Bruscoli, Bartolomeo Marchionni, S. 176. 290 SNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 247/CCXLVII: Ant(oni)o Belzeri et co alamannj p(er)loro chonto chorente; c. 296: Arienttj di n(ost)ro chonto i(n)n Ispagnia in mano d(i) Franc(esc)o d(i) Salamancha et Roderigho d(i) Charione. 287 288

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Um die Jahreswende 1517/18 erwarb die Lyoner Firma der Salviati Silber von Anton und Hans Tucher im Wert von 1.412,2,4 scudi di marchi und kurz darauf von Anton Welser & Mitverwandten für 532,19,1 scudi di marchi in Bargeld. Der Transfer des Edelmetalls erfolgte auf gemeinsame Rechnung mit der Lyoner Faktorei der Augsburger Korrespondenten nach Spanien, wo – wie in der vorigen Partie – Francisco Salamanca & Rodrigo Carrión im Auftrag der Salviati die Verkäufe tätigten.291 Die Silberlieferung auf die gemeinsame Rechnung der Salviati und der Welser mit etwas über 282 Mark Gewicht war verkoppelt mit einer umfangreicheren Partie mit über 455 Mark Gewicht zu einem Warenpreis von 3.220,2,3 scudi di marchi an Salamanca & Carrión, die im Auftrag der Salviati exportiert wurde.292 Ein Silbergeschäft über rund 5.000 scudi di marchi verknüpften die Lyoner Niederlassungen der Salviati und der Welser während der Apparitionsmesse 1517 mit einem zinslosen Darlehen über einen Bargeldbetrag im selben Wert, das die Salviati ihren Augsburger Geschäftspartnern zum Ausgleich des im Reich angekauften Silbers für eine Messeperiode gewährten. Ein Darlehen der Welser an die Redi di Alamanno e Battista Salviati & Co in Lyon über 8.077,7,7 scudi di marchi in Bargeld wurde zwischen der Apparitionsmesse und der Ostermesse 1517 mit einem Barkredit in umgekehrter Richtung in Höhe von insgesamt 13.733,5,11 scudi di marchi verrechnet.293 Diese Silbergeschäfte belegen, dass die Welser zu diesem Zeitpunkt selbst noch keine Silberproduzenten waren, sondern das Edelmetall von anderen Süddeutschen ankaufen mussten. Gegenüber den Florentiner Handelshäusern traten sie indes als Zwischenhändler im großen Stil auf. Den Transfer von Pfeffer aus den Händen der Anton-Welser-Gesellschaft wickelten Redi d’Alamanno e Battista Salviati & Co in Lyon auf gemeinsame Rechnung mit der Lyoner Faktorei ab oder traten als Kommissionäre beim Vertrieb auf. Am 7. Januar 1518 erwarben die Salviati 29 Ballen Pfeffer im Wert von 732,10,4 scudi di marchi in Form einer Barzahlung auf gemeinsame Rechnung.294 Beim Erwerb von 138 Ballen Pfeffer,

SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. 93/LXXXIII: Arientj et fustanj in monte d(i) n(ost)ro chonto et d’Ant(oni)o Belzzerrj et co alamannj di Lione p(er) a⁄2 deono dare add(ì) 13 di novenbre lb 2678.10.θ t(ornes)i pag(ament)o cont(ant)i a Ant(oni)o et G(iovann)i Tocherj e co alam(ann)i sino add(ì) 5 detto chome app(ar)e a lib(r)o [a c.] 1 v(aglion)o a 10 3⁄4 di m(arch)i p(er) c(ent)o a v(alu)ta [a c.] 80 alla chassa; und von den Welser: Et in detta add(ì) 7 di gien(ai)o lb 1004.10.1 t(ornes)i facciamo buonj a Belzzerj p(er) lla m(on)ta di più argientj chonperattj a d(anar)i co(ntanti) sino add(ì) 2 del pax(a)to chome app(ar)e al g(iornal)e [a c.] 3 v(aglion)o al pregio a v(alu)ta [a c.] 88 alla c(ass)a: Von den Welsern erstanden sie auch für 5,19,6 scudi di marchi die 6 1⁄2 Stück fustani, in die das Silber beim Transport eingewickelt war; in Spanien verkaufte man das Tuch für 11,10,10 scudi di marchi weiter. 292 Ebd., c. 265/CCLXV. 293 SNS, AS, I, 456 (L DebCred C), c. 193/CLXXXXIII. 294 SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. 135/CXXXV: Pepj di n(ost)ro chonto et Ant(oni)o Belzzerrj et co alamanni di Lione p(er) la n(ost)ra a⁄2 deono dare in fiera di t(ut)tj santi addj 7 di gienaio lb 1386.17.7 t(ornes)i facciamo buonj a det(t)j Belzzeri p(e)l la n(ost)ra a⁄2 dj 29 balle di dettj chonperattj a d(anar)i cont(ant)i ave(re) a lib(r)o d(i) fier(a) [a c.] 29 v(aglion)o a 10 3⁄4 d(i) m(arch)i p(er) c(ent)o a v(alu)ta [c.] 88 alla (c)hassa ave(re). 291

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

welcher während der Apparitionsmesse 1519 mit 9.378,6,1 scudi di marchi verbucht wurde (s. o.), fungierten die Salviati als Kommissionäre der Welser.295 Der Transfer von 100 Ballen Pfeffer auf gemeinsame Rechnung von den Salviati, den Welsern und Claudio de Renoria aus Lyon während der Augustmesse 1519 zeigt besonders deutlich die Verflechtung der Importeure und Zwischenhändler. Jeweils 50 Ballen Pfeffer kamen von Roberto e Guglielmo Nasi & Co zu 3.096,7,1 scudi di marchi und Antonio e Pierantonio Gondi & Co zu 3.392,2,3 scudi di marchi. Unter den Abnehmern befanden sich neben Anton Welser & Mitverwandten, die zu 1.549,11,1 scudi di marchi 22 Ballen erwarben, und Claudio de Renoria, der zu 2.102,12,6 scudi di marchi 33 Ballen kaufte, französische Händler wie Antoine Millietta oder Pierre Devante. Die meisten der Abnehmer zahlten in Bargeld, aber die Faktorei der Welser und die beiden genannten Kaufleute überwiesen ihre Kaufpreise.296 Am Ende der zweiten Dekade des 16. Jahrhunderts – rund zehn Jahre nach der Gründung der Salviati-Gesellschaft in Lyon – erscheinen die Transfers von Kupfer, Silber und Pfeffer in engen Verknüpfung mit einem dazugehörigen Netzwerk, das die Vorfinanzierung und den Zahlungsausgleich zwischen den verschiedenen Korrespondenten organisierte. Dabei erwies sich Lyon als zentrale Stelle der Steuerung von Warenflüssen und der Verrechnung zugunsten der jeweiligen Auftraggeber. Die wechselnden Rollen in diesem geschäftlichen Gefüge lassen eine hohe Variabilität der Handlungsmuster erkennen. Kooperation kann in diesem Kontext als wechselseitig verpflichtende Koordination verschiedener Ebenen der Verflechtung charakterisiert werden. Dabei zeigten die Salviati wie die Welser Tendenzen zur Integration ihrer jeweiligen Waren- und Kreditnetze. Wechseltransfers, Finanzierungsgeschäfte und beginnende Kapitalverflechtung Auch die zwischen der Apparitionsmesse und der Augustmesse 1518 abgewickelten Wechseltransfers in einer Gesamthöhe von 2.445,13,3 scudi di marchi weisen einen hohen Grad an Verflechtung der Gesellschaft Anton Welser & Mitverwandte mit den Salviati und ihrem Unternehmensnetzwerk auf: Denn auf der Grundlage kreditfinanzierter Wechselbriefe remittierten Redi d’Alamanno e Battista Salviati & Co von Lyon nach Florenz zugunsten ihrer dortigen Bankzentrale und des oben genannten Feo Belcari in drei Tranchen den genannten Betrag, der schließlich an den Papstbankier IacoSNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. XLIII. SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 278/CCLXXVIII; Konto zur Verrechnung für die Faktorei der Welser: ebd., c. 279/CCLXXVIIII: Ant(oni)o Belzzerrj et co d(i) L(io)ne p(er) loro ap(ar)te p(er) llo isborso della loro p(ar)te dj balle C° di pepj. Während der Augustmesse 1519 erwerben Antonio Belzzerrj e co d(i) Lione für 1.339,11,7 scudi noch 19 Ballen Pfeffer von den Salviati: ebd., c. 333 und bezahlen den Betrag am 24.11.1519: ebd., CCCXXXIII. – Die hier aufgeführten französischen Händler sind bei Richard Gascon (Grand Commerce) nicht nachweisbar. 295 296

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

po Salviati für Papst Leo X. ausgezahlt wurde. Die Welser-Faktorei in Lyon gab jeweils den Auftrag für die Zahlungen an den Papst, nachdem sie die Wechsel aus Florenz aufgenommen und über ihr Apartkonto an den Agenten der Salviati am französischen Hof, Piero Spina, oder für den Florentiner Investor Feo Belcari an die compagnia der Salviati in Lyon bezahlt hatte. Aus diesem Wechseldreieck lässt sich folgern, dass die Welser bei der Verrechnung über Lyon in das Transfernetz der Florentiner Bankiers, die Zahlungen an den Papst vornahmen, eingebunden waren.297 Auf den 29. November 1518 datiert der Eintrag des Salviati-Buchhalters zur Bezahlung eines Wechselbriefes zugunsten Papst Leos, mit dem die Antwerpener Welser-Faktorei 691 scudi di marchi in Lyon anwies. Diese Transaktion gehörte offenbar zu einem Kredit über insgesamt rund 5.500 scudi, den die Welser-Gesellschaft den Salviati im Zusammenhang mit dem Transfer finanzieller Mittel zwischen der französischen Kirche und der Krone zur Verfügung stellte. Die entspechenden Beträge sollten die Salviati jeweils auszahlen, damit sie auf die Konten des päpstlichen Bankiers Iacopo Salviati und Alberto Salviatis am französischen Hof sowie an die Apostolische Kammer im Rahmen der Erhebung eines Zehnts und einer Kreuzzugssteuer noch während der Herbstmesse remittiert werden konnten.298 Die gleiche Konstruktion wandten die beiden Unternehmen im Zuge weiterer Wechseltransfers bei der Allerheiligenmesse, der Apparitionsmesse und der Ostermesse 1519 an. In Florenz zog das Bankhaus der Salviati einen Wechsel nach Lyon, bei dem Feo Belcari am 29. November 853,1,8 scudi di marchi 1918 zugunsten der WelSNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. 150/CL. – Feo Belcari spielte bei den Kapitalverflechtungen der Salviati-Unternehmensgruppe eine wichtige Rolle: ein erster Verweis auf ihn, s. o. im Kapitel III. – Vgl. zu den Dreiecksbeziehungen im Wechselgeschäft der Salviati in den 1540er Jahren: Matringe, L’entreprise, S. 279–317. 298 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 111: Leon pap(a) X sop(r)a d’Iac(op)o Salviattj d(i) Fi(ren)zze de dare in fiera d(i) tuttj santj addj 29 dj novenbre 𝛻 691 di m(arch)i trasoccj p(er) luj d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(e)re de dj p(ri)mo d’ottobre p(er) q(uest)a fiera di t(ut)ti santj ne loro ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 3 in som[m]a di 𝛻 5449 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(alu)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re) und Alberto Salviattj d(i) Parigi p(er) luj ap(ar)te Z de dare in fiera di t(ut)ti santj addj 29 d(i) novenbre 𝛻 2499 2⁄3 di m(arch)i trasonccj p(er) luj d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(e)re de dj p(ri)mo d’ottobre p(er) q(uest)a fiera d(i) tuttj santj ne’ loro ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 3 in som(m)a di 𝛻 5499 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(sci)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re) sowie Spese della nuova Decima et crocietta de dare in fiera d(i) t(ut)ti santj addj 29 dj novenbre 𝛻 1169 7⁄23 di m(arch)i trasocj p(er) ley d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(ere) de dj p(rim)o d’ottobre p(er) q(uest)a fiera di t(ut)ti santj ne loro ave(re) a lib(r)o di fiera [a c.] 3 in som(m)a dj 𝛻 5499 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(sci)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re). Der Buchhalter dürfte sich beim ersten zitierten Eintrag verschrieben haben (dann müsste ein Übertragungsfehler vorliegen; allerdings spricht gegen einen solchen Irrtum die briefliche Bestätigung der Zahlung von 5.449 12⁄69 scudi di marchi gemäß Brief an Bartholomäus Welser in Antwerpen vom 6.12.1518: SNS, AS, I, 472, c. 8rv); ein Konto der Welser-Faktorei Antwerpen mit einer Zahlung von 381 scudi di marchi auf sich selbst (in Lyon) findet sich ebd., c. 67; die Konten mit dem verbleibenden Transfer von 748 scudi di marchi habe ich noch nicht gefunden. Hierbei handelt es sich nicht um eine Schuldbeziehung zwischen den Salviati und den Welsern, sondern jeweils zwischen Leo X., Alberto Salviati und den Spese della nuova Decima einerseits und den Welsern in Antwerpen andererseits. Allerdings zeigen diese Vorgänge die Verflechtung von Kapitalbeziehungen in einem Netz, in das die Salviati und Welser wechselseitig integriert waren. 297

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

ser-Faktorei remittierte. Am 1. Dezember vollzogen die Salviati im Auftrag der Welser einen Rückwechsel über 745,5,5 scudi di marchi, wobei Anton Haintzel für sie die Differenz von 107,17,3 scudi di marchi in bar abhob. Während der Apparitionsmesse 1519 verfuhren die Beteiligten genauso, nur dass die Lyoner Salviati in diesem Fall 12,1,6 scudi di marchi Provision einstrichen; das Gleiche taten sie auch während der folgenden Ostermesse.299 Auf den nächsten Messen remittierten Feo Belcari & Co aus Florenz an die compagnia der Salviati in Lyon, die den Wechsel an die dortige Niederlassung auf das noch auf Anton Welser & Mitverwandte ausgestellte Konto auszahlte. Im Auftrag der Welser remittierten Redi d’Alamanno Salviati & Co an die Belcari-Kompanie in Florenz. Der Nennwert des Wechsels stieg im Laufe der folgenden Messen bis zur Allerheiligenmesse 1520 stetig bis auf 830 scudi di marchi an, wobei die Salviati in Lyon die Provision in Höhe von drei Promille einstrichen.300 Diese Wechselgeschäfte dienten allerdings nicht dem Kapitaltransfer auf päpstliche Konten, sondern einzig dem Zweck, einen Gewinn aus dem Kursgefälle zwischen Florenz und Lyon zu erzielen und Provisionen abzuschöpfen.301 Dass diese Geschäfte auf Kreditbasis liefen, wobei die Welser wohl einen verdeckten Zins kassierten, zeigt die Verrechnung der Transaktionen in Apartkonten.302 Im Jahr 1519 gab es eine von Kardinal Francesco Armellini Pantalassi de’ Medici (1470–1528)303 vermittelte vertragliche Absprache, der zufolge die römische Faktorei der Welser und das Bankhaus Salviati in Florenz im Auftrag des Heiligen Stuhls 30.000 scudi di sole (32.184,17 scudi di marchi) für die Schweizer Söldner in päpstlichen Diensten zu zahlen hätten. Hierfür bildeten die Welser und die Salviati ein Finanzierungskonsortium, das während der Augustmesse 1519 je hälftig 15.000 scudi di sole (16.092,8,6 scudi di marchi) über Lyon durch die dortige Faktorei der Augsburger remittieren ließ. Der Anteil auf Rechnung der Salviati bestand aus 7.500 scudi di sole (8.046,4,3 scudi di marchi), die den Welsern am 26. August gutgeschrieben wurden. Hiermit glich man die Zahlung an die Welser im Zuge einer früheren Transaktion während der Ostermesse über 12.000 Golddukaten (13.797,16,1 scudi di marchi) aus. Am 28. Juni 1520 wurden ferner 6.200 scudi di sole (6.651,11,4 scudi di marchi), am 1. September nochmals 4.921,6,2 scudi di marchi ausgegeben. Die Soldzahlungen gingen offenbar nach Bern, wo der Welser-Vertreter Konrad Schöpperlin die Auszahlung vornahm. Eine letzte Ausschüttung im Rahmen dieser Transaktion wurde durch den Apostolischen Nuntius Antonio Pucci in Fribourg geleistet, wohin Jakob Rembold die 1.000 scudi di sole (1.072,16,8 scudi SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 119/CXVIIII. Ebd., c. 307/CCCVII. Zu diesen Praktiken im Wechselverkehr ausführlich: Matringe, L’entreprise, S. 253–278. SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. CCCVII: am 29.11.1520 werden 830 scudi di marchi im Eingang p(er) la partita di contro ch(e) aveva a esserne creditore ausgewiesen; dieser Betrag wird am Narziß Lauginger gutgeschrieben (c. 307). 303 Eubel, Hierarchia, III, S. 16 (promoviert am 1.7.1517 durch Leo X. zum Kammerkardinal, Titularkarkirche San Calixt; nach 1521 war er Camarlengo der Apostolischen Kammer). 299 300 301 302

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

di marchi) beförderte.304 Die Besoldung von Kontingenten Schweizer Söldner wurde zumeist über die Kantonsstädte und dortige Söldnervermittler organisiert und umgelegt.305 Daher nutzte die Kurie bei der Entlohnung der Schweizer die Transfernetzwerke ihrer Bankiers wie im konkreten Fall von Iacopo Salviati und seinem Bankhaus.

SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 279/CCLXXVIIII: Ant(oni)o Belzzerrj et co di Lione p(er) n(ost)ro chonte ap(ar)te. Der Einsatz von Apartkonten signalisiert die Transaktion auf der Basis einer Kreditfinanzierung. Die Welser-Faktorei trat aus der Perspektive der Salviati-Buchführung als Investorin auf (daher die Schuldsetzung im Messebuch s. c. 274). Die erste Zahlung über 12.000 Golddukaten (hälftige Finanzierung): Ant(oni)o Belzzerrj et co di Lione p(er) n(ost)ro chonto ap(ar)te deono ave(re) in fiera d’aghosto addj 26 d’aghosto 𝛻 6823.6.7 di m(arch)i ci fano buonj p(er) lla mettà dj duc xijM d’oro ebano e’ loro di Roma dalla Santittà dj N(ost)ro S(igno)rie p(er) lla Santittà de’ Svizerri dare dettj Belzzerrj a lib(r)o di fiera [a c.] 137 a ent(rat)a [a c.] 32 alla c(ass)a dare. Die erste Zahlung in Fribourg nach einer Rimesse der Welser auf Lyon; die Angabe che di tantjci restanvano debit(or)i a lib(r)o di fiera signalisiert, dass der Transfer mit einem Kredit der Salviati an die Welser im Messehandel bis auf die Ostermesse 1519 verrechnet wurde: ebd. c. 274/CCLXXIIII: Ant(oni)o Belzzerrj et co alamannj di Lione p(er) n(ost)ro chonto ap(ar)te deono dare im fiera d(i) pasqua 1519 𝛻 12861.3.θ d’(or)o di sole che di tantjci restavano debit(or)i a lib(r)o d(i) fiera [a c.] p(er) da noj dattj loro e co [?] v(aglion)o a 10 3⁄4 di m(arch)i p(er) c(ent)o a v(sci)ta [a c.] 169 alla chassa ave(re). Hier auch die beiden Ausgleichszahlungen hälftig auf das Apartkonto der Salviati und das Apartkonto der Welser: Et in detta 𝛻 7500 d’(or)o d(i) sole facciano loro buonj p(er) e’ no(st)ri d(i) Fi(ren)zze p(er) lla loro a⁄2 dj 𝛻 xvM di * provistj p(er) loro a Svizzerrj dare dettj no(st)ri al p(er) loro ap(ar)te in q(uest)o [a c.] 271 vltimo al pregio und Et in detta 𝛻 7500 d’(or)o d(i) sole facciano loro buonj p(er) lla n(ost)ra a⁄2 de sudettj 𝛻 xvM provistij chome d(i) sop(r)a dare dettj Belzzerrj al p(er) noj ap(ar)te in q(uest)o [a c] 279 vagliano al preg(i)o. Das oben genannte Konto erklärt den Sinn der Transaktion: Et in fiera dj t(ut)ti santj addj 24 di novenbre 𝛻 2358.15.9 di m(arch)i fanoccj buonj p(er) lla n(ost)ra a⁄4 p(ar)te di m(arch)i 145.1.6.θ p(er) v(alu)ta dj duc 8512.16.4 d’(or)o di cam(er)a che han[n]o rim(ess)i e’ loro dj Roma p(er) al tantj avutj della S(anti)tà di N(ost)ro S(ignor)e p(er) r(est)o del (c)hambio de 30M 𝛻 d(i) sole de’ Svizzerj dare dettj Belzzerj a lib(r)o d(i) fiera [c.] 177 in som(m)a di 𝛻 4717.11.6 di m(arch)i a ent(rat)a [a c.] 44 alla chassa dare (ebd., c. CCLXXVIIII). Der Ausgleich der hälftigen Zahlung der insgesamt 30.000 scudi di sole (eine Barzahlung in Fribourg, die in Lyon aber in Überweisungen finanziert wird; ein Teil der Rimessen wird, s. o., durch Bareinzahlung an die Welser finanziert): Et in detta 𝛻 7500 d’(or)o d(i) sole p(er) al tantj fatonellj creditorj al p(er) noj ap(ar)te et sono p(er) lla n(ost)ra a⁄2 di 𝛻 xvM di sole provistj p(er) noj a Svizzerri ave(re) dettj Belzzerj al p(er) noj ap(ar)te in q(uest)o [a c.] 274 v(aglion)o a 10 3⁄4 di m(arch)i p(er) c(ent)o. Zahlungsvorgang auf Rechnung von Averardo et Batista Salviati e comp(agni)a di Firenze p(er) loro aparte durch eine Rimesse von den Welsern in Rom (auf Florenz): ebd., c. 518/DXVIII; Restzahlungen, Spesen für Konrad Schöpperlin in Fribourg sowie das Geschenk für den Kardinal: ebd., c. 529/DXXVIIII: Antonio Belzeri e comp(agni)a di Lione p(er) n(ost)ro chonto aparte; dabei die Spesenerstattung an Konrad Schöpperlin, die erst verständlich macht, welches Ziel der Transfer hatte (c. 529): Et in fiera d’aghosto addì p(r)imo di settemb(r)e 𝛻 12 d’(or)o di sole et ß 1 1⁄2 t(ornes)i facciamo buoni q(uest)a fiera a Belzerj p(er) loro c(orren)te d’ordine di Churado Scerpellin et sono p(er) spese fatte detto Churado cioè 𝛻 7. ß 25 p(er) andare et tornare a Filiborgho et 𝛻 2.16.6 p(er) l’aggio di ij chavalli et ß 2 donati a vn servidore avere a lib(r)o di fiera [a c.] 284 da v(sci)ta [a c.] 219 [[a]] cassa und Verweis auf die Auszahlung in Bern (c. DXXVIIII): Et in detta 𝛻 6 di sole et d(anar)i 9 t(ornes)i ci fanno buoni e’ detti n(ost)ri di Firenze al p(er) noi aparte p(er) la metà delle spese fatte Churado Scerpellim importare e’ danari a Vernia v(aglion)o al p(rezz)o al loro; zur letzten Auszahlung im Schuldbuch E: ebd., c. 759. – Dies wäre die früheste bekannte Nennung von Jakob Rembold! 305 Werner Meyer, Eidgenössischer Solddienst und Wirtschaftsverhältnisse im schweizerischen Alpenraum um 1500, in: Stefan Kroll / Kersten Krüger (Hgg.), Militär und ländliche Gesellschaft in der frühen Neuzeit (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, 1), Hamburg 2000, S. 23–40, hier S. 26; Benjamin Hitz, Wer ging überhaupt und weshalb? Die Eidgenossenschaft als Söldnerlandschaft: das Beispiel von Luzern im späten 16. Jahrhundert, in: Philippe Rogger / Benjamin Hitz (Hgg.), Söldnerlandschaften. Frühneuzeitliche Gewaltmärkte im Vergleich (Zeitschrift für Historische Forschung. Beihefte, 49), 304

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Die Zahlungen an die Schweizer Söldner durch die Salviati und die Welser wurden bei der Ostermesse und der Augustmesse 1521 fortgesetzt. Am 7. Mai transferierte die Lyoner Faktorei der Welser abermals 6.973,9,4 scudi di marchi nach Bern, wobei am 30. September eine Rimesse über 617,1,8 scudi di marchi im Auftrag der römischen Niederlassung der Welser durch das päpstliche Bankhaus der Strozzi getätigt wurde. Das noch immer für Anton Welser & Mitverwandte bei den Lyoner Salviati geführte Konto wies einen Vorteil von 241,7,6 scudi di marchi aus (was einem Dreiviertel Prozent entspricht).306 Hierbei zeigt sich, wie die Salviati-Gruppe über die Achse Rom – Lyon hinaus auf die Verbindungen der süddeutschen Welser Handlungen in die Schweiz zugriff und beide Finanzierungsnetzwerke miteinander verkoppelt wurden. Zu dieser Zeit lag auch ein zinsloses Darlehen der Salviati an die Welser-Faktorei über 2.360,4,8 scudi di marchi in Bargeld bei der Augustmesse 1518 vor, welches die Welser bereits am 21. Mai, also noch vor Fälligkeit, mit einem Kredit in Höhe von 1.072,16,8 scudi di marchi bedienten und in drei Tranchen während der folgenden Messen zurückerstatteten. Darunter befand sich auch eine Zahlung von 190,7,8 scudi di marchi, die die Welser-Faktorei am 14. Oktober 1518 im Namen des genannten Jacques de Beaune tätigte.307 Der Buchhalter der Lyoner Salviati-Gesellschaft trug bei der Ostermesse 1521 erstmals ein deposito-Konto für die Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte ein (Schaubild 4). Im Einlagenkonto der Unternehmung notierten die Salviati ein Depositum der Welser über 7.500 scudi di marchi, welches beim Übertrag auf das neu eingerichtete Konto 7.687,10 scudi di marchi wert war.308 Diesen Betrag speiste der Buchhalter als Kredit für den Messehandel während der Ostermesse zum 29. April 1521 wieder ein. Während der Augustmesse wurde der bei der Ostermesse auf 11.500 scudi di marchi erhöhte deposito der Welser um zweieinhalb Prozent höher bewertet und am 7. September ebenfalls als Kredit der Welser in den Wechselhandel übernommen.309 Berlin 2014, S. 203–222; im selben Band: Jean Steinauer, Fribourg face au marche européen du mercenariat: le poids de la France, in: ebd., S. 107–118. 306 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 76/LXXVI: B(ar)tolomeo Belzeri e conp(agni)a di Lione p(er) noi aparte Suizolj. 307 SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. 243/CCXLIII. 308 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. DCCLXII: B(ar)tolomeo Belzeri e conp(agni)a di Lio(n)e p(er) loro chonto di dipositi. Zeitgleich trug man ein Konto auf Giovannj alaman(n)o di Tolosa mit einer Einlage über 399,8,4 scudi ein; dabei dürfte es sich um eine Einlage von Hans Vöhlin handeln. 309 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 78/LXXVIII: Bartholomeo Belzerj e conp(agni)a di Lione p(er) chonto de’ dipositi. Der Eintrag des deposito der Ostermesse und dessen Bewertung auf der Augustmesse (c. LXXVIII): Et p(er) la fiera d’aghosto 1521 𝛻 11787.10.[–] di m(arch)i ci fanno buonj dipositi di n(ost)ro chonto p(er) al tantj presi p(er) loro in diposito in fiera di pasqua 1521 a 2 1⁄2 p(er) c(ent)o in 𝛻 11500 di m(arch)i a dipositi di n(ost)ro chonto dare; die Übertragung als Kredit in den Messehandel (c. 78): Et in fiera d’aghosto add(ì) vij di settenb(r)e 𝛻 11787.10. – di m(arch)i p(er) tanti fattili creditori a libro di fiere [ac.] 47 p(er) quello dobbiamo loro q(uest)a fiera v(aglion)o di m(arch)i a 10 3⁄4 p(er) c(ent)o a v(sci)ta [ac.] 112 cassa [[avere]] (Kasse Haben: weil die Kasse um den Betrag entlastet wird, denn der Betrag wird als Kredit aus dem Schuldbuch in das Messebuch übertragen). Zu dieser Form der Aufnahme von Darlehen in den Rechnungsbüchern der Salviati in

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Wenige Tage später, am 30. September 1521, notierte der Buchhalter der Lyoner Salviati 10.000 scudi di marchi, welche seine Unternehmung im Auftrag der Welser-Faktorei zu jeweils 5.000 scudi di marchi an den Korrespondenten Alessandro del Caccia in Mailand und an Averardo Salviati & Co in Neapel remittierte. Beide Empfänger wechselten zu Lasten der Salviati mit deren Wechselbriefen nach Lyon zurück, wo die eingehenden Beträge teilweise dem Florentiner Hauptinvestor Iacopo Salviati und zum Teil – über etwas mehr als 3.380 scudi di marchi – dem Vertreter der Salviati am französischen Hof, Piero Spina, gutgeschrieben wurden. Der Einsatz des Kontos Iac(op)o Salviatj aparte S als Konto für die Rückwechsel (ein Wechselbrief über 5.000 scudi di marchi wurde von dort an Piero Spina ausgezahlt) deutet darauf hin, dass es sich bei der Transaktion, die mit einer Barzahlung begonnen wurde, um die Verschiebung von Kapital innerhalb der Unternehmensgruppe der Salviati handeln musste. Die Refinanzierung der Investitionen der Welser in diesen Kapitaltransfer glich der Salviati-Buchhalter aus durch Annahme deutlich niedriger bewerteter Wechsel aus Mailand und Neapel zulasten des Eigenkontos mit 5.411,19 scudi di marchi respektive der Konten der Duchessa von Terra Nuova, Iacopo Salviati aparte S und der Welser aparte .N. F. mit 5.453,2,7 scudi di marchi. Auf diese Weise erzielten die Salviati aus diesen Wechseloperationen eine um 864,1,7 scudi di marchi höhere Bewertung der ursprünglich aufgewendeten 10.000 scudi di marchi.310 Innerhalb dieser Konstellation traten die Welser sowohl

den 1540er Jahren: Matringe, L’entreprise, S. 217–236. Im einzelnen wäre allerdings zu charakterisieren, wie sich der Umgang mit den depositi durch die Salviati im Verlauf der zwanzig Jahre nach den hier vorgestellten Fällen wandelte (denn er blieb nicht vollauf gleich). 310 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 194/CLXXXXIIII: Nach der Bareinzahlung auf das Welser-Konto am 30.9.1521 über 10.000 scudi di marchi wurden zwei Rimessen auf den Weg gebracht: Die erste nach Mailand an Alessandro del Caccia, der die Salviati-Wechselbriefe in Mailand annahm und nach Lyon remittierte; die Salviati zogen den Wechsel auf das Apartkonto von Iacopo Salviati S: Bartolomeo Belzeri e conp(agni)a di Lione p(er) loro chorrente deono dare in fiera d’aghosto addì 30 di settenb(r)e m(arch)i 76.7.9.6 d’(or)o rim(ette)mo p(er) loro a Milano Alexandro del Chaccia p(er) n(ost)re lett(ere) p(er) dj 25 d’ottob(r)e p(r)ox(im)o dal lui medesimo a duc 73 3⁄4 d’inperiali p(er) m(ar)co p(er) la valuta contj a noi a qui traemo p(er) Iac(op)o Salviati a parte .S. havere. Dasselbe Verfahren über Averardo Salviati & Co in Neapel, die auch nach Lyon remittierten, wobei die eingehende Summe auch auf Iacopo Salviatis Apartkonto S gezogen wurde, ein Teil der rückgewechselten 76,7,9,6 Mark Gold, nämlich 51,5,12,22 Mark Gold, gehen auf das Konto von Piero Spina: Et addì detto m(arch)i 76.7.9.6 d’(or)o rim(ette)mo p(er) loro a Napoli Av(er)ardo Salviatj e conp(agni)a p(er) dj iiij° di novenb(r)e p(r)ox(im)o in loro medesimj a duc 67 3⁄4 di k(arlin)i p(er) m(ar)co contj a noi et trattj p(er) Iac(op)o Salviatj .S. m(arch)i 25.1.20.8 d’(or)o avere [a c.] 198 e m(arch)i 51.5.12.22 d’(or)o p(er) Piero Spina di corte avere. Die Salviati zahlten der Welser-Faktorei 10.864,1,7 scudi di marchi in Bargeld für die eingehenden Rimessen aus: Et in fiera di tuttj santi addì 31 di dicenb(r)e 𝛻 10864.1.7 di m(arch)i p(er) tanti fattili creditorj a libro di fiere [a c.] 75 p(er) lo ch(e) apunto c’è stato p(er) loro chonto rimesso q(uest)a fiera da Milano et di Napoli a v(sci)ta [a c.] 122 cassa avere. Der Eingang der Rimessen, durch die der rückgewechselte Betrag zulasten der Konten der Duchessa di Terra Nuova, des Iacopo Salviati aparte .S., Piero Spinas, der Welser aparte .N. F. sowie der Salviati aparte gerechnet wurde; auf das Welser-Konto wird einen Tag vorher, am 30.12., eingetragen (unter Haben): Et in fiera di tuttj santi addì 30 di dicenb(r)e m(arch)i 10.5.18.12 d’(or)o a duc 62 di k(arlin)i p(er) m(ar)co rim(essi)ci p(er) loro da Napolj e’ n(ost)rj Salviatj p(er) loro l(etter)a de dj iiij° di novenb(r)e p(er) uso di detta fiera da noi medesimj ch(e) traxano p(er) la Duchessa di Terra Nuova dare zulasten des Kontos der Duchessa di Terra Nuova; Et addj detto m(arch)i 9.1.22.3 d’(or)o rim(esso)ci p(er) loro e’ subdetti p(er) loro l(etter)a de’ dì 5 di

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

am 5. Januar 1522 als Gläubiger für einen Wechsel auf Averardo Salviati & Co in Neapel über 6.500 scudi di marchi als auch in Antwerpen als Empfänger einer Rimesse über 5.100 scudi di marchi am 31. Januar und als Remittenten von 5.319,1 scudi di marchi am 21. März auf das Konto von Piero Spina in Erscheinung.311 Am 30. September 1522 erlöste die Lyoner Faktorei der Augsburger 1.625 scudi aus einem Wechsel im Auftrag Piero Salviatis, der durch die römischen Teilhaber der Salviati und Kurienbankiers Bernardo Bracci & Co ausgestellt worden war.312 Die Welser, die offenbar hohe Einsätze mit ihrer

novenb(r)e p(er) uso di detta fiera da nnoj medesimj ch(e) traxano p(er) Iac(op)o Salviatj aparte .S. dare zulasten des Kontos Iacopo Salviati aparte S; Et addì detto mi 56.3.21.[–] do a duc 62 di k(arlin)i p(er) mco rim(esso)ci p(er) loro e’ subdetti p(er) loro l(etter)a de dì detto p(er) uso di ditta fiera da nnoj medesimj ch(e) traxano p(er) Piero Spina dare zulasten Piero Spinas; Et addì detto m(arch)i 7.3.11.[–] d’(or)o al pregio rim(esso)ci p(er) loro e’ subdetti p(er) loro l(etter)a de dì detto p(er) uso dj detta fiera da nnoj medesimj ch(e) traxano p(er) loro aparte .N. F. dare zulasten des Welserkontos aparte N. F.; Et addì detto m(arch)i 83.2.2.2 d’(or)o a duc 68 rim(esso)ci p(er) lui da Milano Alexandro del Chaccia p(er) sua lettera de dì 28 d’ottob(r)e p(er) detto t(emp)o da nnoj medesimj ch(e) traxe p(er) noi aparte dare zulasten des Apartkontos der Salviati. Zur Verschränkung mit der Darlehensoperation: ebd., c. 78/LXXVIII. 311 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. CII: Iachopo Salviati aparte .S. p(er) suo chonto chorrente: Et addì detto m(arch)i 100 d’(or)o θ d’(or)o [!] t(rat)t(e)mo p(er) lui a Napoli a n(ost)rj Salviatj p(er) dì 5 di gennaio p(r)oximo in loro medesimj a duc 66 3⁄8 di k(arlin)i p(er) m(ar)co p(er) la valuta da Bart(olome)o Berlzerj e conp(agni)a dare a libro di fiere [a c.] 75 a ent(rat)a [a c.] 21 cassa dare; ebd., c. CXI: Piero Spina di chorte p(er) lui corrente: Et addì detto 𝛻 5178 9⁄20 di 66 t(rat)t(e)mo p(er) lui d’Anversa a Bart(olome)o Belzeri e conp(agni)a p(er) n(ost)re lettere p(er) dj ultimo di gennaio p(r)oximo in loro medesimi a g(ross)i 71 1⁄2 p(er) 𝛻 p(er) la valuta conti a noj a quali rimettemo p(er) n(ost)ro chonto aparte dare; Gegenbuchung: ebd., c. 241. Ebd., c. CCXLVII: Piero Spina di chorte p(er) lui corrente: Et in detta 𝛻 5319 1⁄20 di m(arch)i t(rat)t(o)ci p(er) lui d’Anversa Bartolomeo Belzeri e conp(agni)a p(er) loro lettera in noj medesimi conti a loro a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) 𝛻 ch(e) rim(etta)no p(er) noi aparte av(er)e. Dabei kamen noch eine ganze Reihe weiterer ähnlicher Transfers vor, die dann über weniger große Beträge gingen: ebd., c. 247: Piero Spina di chorte p(er) lui corrente de dare: Et addj detto 𝛻 1822 11⁄14 di m(arch)i a g(ross)i 69 3⁄4 t(rat)t(o)ci p(er) lui d’Anversa e’ Belzeri p(er) loro l(etter)a de dj p(rim)o dj febraio p(er) detto tenpo in Iac(op)o et Piero Hobling aver(e) a lib(r)o di fiere [a c.] 108 a v(sci)ta [a c.] 125 cassa; ebd. c. 263: Averardo et Batista Salviati e conp(agni)a di Firenze p(er) loro aparte .D. M. deono dare in fiera d’apparizione addì 21 di marzo 𝛻 1077 3⁄10 di 66 a g(ross)i 71 p(er) 𝛻 rim(ette)mo p(er) loro Anversa a Bartolomeo Belzeri e conp(agni)a p(er) n(ost)re lettere p(er) dj 30 d’aprile p(r)oximo dal loro medesimi p(er) la valuta conti a noi a’ quali t(rat)t(e)mo p(er) Piero Spina aver(e); ebd., c. 265: Averardo Salviati e conp(agni)a di Napoli p(er) n(ost)ro chonto aparte deono dare in fiera d’apparizione addì xxj° di marzo m(arch)i 104.7.12.15 d’oro t(rat)t(o)ci p(er) loro l(etter)a p(er) uso di questa fiera d’apparizione a duc 63 1⁄4 di k(arlin)i p(er) m(ar)co ne’ Belzeri avere a libro di fiere [a c.] 114 a v(sci)ta 128 cassa avere; ebd., c. 271: Piero Spina di chorte p(er) lui chorrente: am 8.7.1522: Et addì detto 𝛻 1110 17⁄23 di m(arch)i a duc 69 di k(arlin)i p(er) m(ar)co e trattici d’Anversa Bart(olome)o Belzerj e conp(agni)a p(er) loro l(etter)a de dj ij di maggio p(er) detto tenpo in noi medesimi ch(e) rimessano p(er) Michele di Villanuova avere; ebd., c. CCLXXI: am 8.7.1522: Et addì detto 𝛻 1954 5⁄8 di 66 traemo p(er) lui a[d A]nversa a Bart(olome)o Belzeri e conp(agni)a p(er) n(ost)re lettere p(er) dì 15 d’aghosto p(r)ox(im)o in loro medesimi a duc anzi a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) 𝛻 p(er) la valuta cont(i) a noj a’ quali rimettemo p(er) Lucha di Bona p(er) lui chorrente; ebd., c. 340; c. 375; c. 413: Piero Spina di chorte per lui chorrente: Et addì detto 𝛻 2994 2⁄9 di m(arch)i a g(ross)i 74 3⁄4 t(rat)t(o)ci d’Anversa B(ar)t(olome)o Belzeri e conp(agni)a p(er) loro lett(er)a de dì 21 di marzo p(er) uso di detta fiera in noi medesimi contj a loro ch(e) rimexano 𝛻 998.2.3 p(er) Girol(am)o et Giam Lopes av(er)e [a c.] 346 e 𝛻 – .11.1 di m(arch)i p(er) P(ier)o Chavalchanti avere [a c.] 371 e 𝛻 1984.4.5 di m(arch)i p(er) e’ Salviati di Pisa avere [a c.] 292 e 𝛻 11.6.8 di m(arch)i p(er) e’ Salviati di Firenze p(er) loro chorrente avere. 312 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 301: Piero Salviati sopra di B(er)nardo Bracci e conp(agni)a di Roma: am 30.9.1522: Et in fiera d’aghosto addì 30 di settenb(r)e m(arch)i 25 d’(or)o t(rat)t(o)ci p(er) lui e’ dettj [[Bracci]] p(er) lor l(etter)a p(er) detta fiera in P(ier)o Heblingh et p(er) loro si fanno buonj a Bart(olome)o Belzeri e

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Lyoner Faktorei bewegten, wurden als Wechselkorrespondenten durch die gegenseitige Verschränkung von umfangreichen Krediten im Messehandel und die Rimessen im Wechsel zwischen Italien und Lyon in das dichte Gefüge der Kapitalverflechtungen ihrer Florentiner Mitspieler integriert.

Schaubild 4 Wechselgeschäfte und Kapitalverschiebungen 1521 (gerundete Kästen: „Akteure“; schwarze Pfeile: Handlungsebene), eigene Darstellung

Konsortiale Strukturen: Die Seidenzollpacht Die Pacht des Seidenzolls an der Rhône war eines der juristisch formalisierten Kooperationsprojekte der Salviati und der Welser, dessen Organisation und Finanzierung über den Standort in Lyon hinauswiesen. Im vorigen Kapitel (III.4.2) wurde der Fokus auf die buchhalterische Verarbeitung nach Kapitalanteilen der Pacht der Gabella gerichtet. Dabei ging es um die unternehmensinternen Kapitalverflechtungen zwischen den Gesellschaften der Salviati und die Verbuchung der in die Pacht des Seidenzolls conp(agni)a avere a lib(r)o di fiere [a c.] 153 in s(enseri)a m(arch)i 76.5.23 d’(or)o a v(sci)ta [a c.] 135 cassa; SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 93: B(er)nardo Bracci e comp(agni)a di Roma p(er) loro chorrente: unter dem 5.9.1524: E add(ì) detto m(archi) xL d’(or)o trattiicj p(er) loro lett(er)e p(er) detto tempo ne’ Belzeri avere a lib(r)o d(i) fiere [a c.] 14 a uscita [a c.] 100 cassa (= 2.600 scudi di marchi).

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

investierten finanziellen Mittel.313 Im vorliegenden Zusammenhang wird hingegen die Perspektive der kooperativen Strukturen des Geschäfts ausgeleuchtet.314 Der Abschluss eines Vorvertrages, einer cedula, datiert auf den 4. Juli 1521. Der Finanzgeneral Jacques de Beaune hatte von Seiten der Krone die Verhandlungen geführt, für das Konsortium Welser und Salviati war der Berner Bürger Claudio May zuständig. Der Herr von Semblançay spielte eine Vermittlerrolle für die Florentiner Kaufmannbankiers im Hinblick auf die Vorhaben des Königs, insbesondere bei Karl VIII., Ludwig XII. und in der Frühphase der Regierung Franz’ I.315 Claudio May wirkte in verschiedenen Zusammenhängen als Vermittler für die Welser, wenn es um rechtliche Belange am französischen Hof ging. Sein Vater, Bartholomäus d. Ä., intervenierte in seiner Funktion als Kammerrat am herzoglichen Hof zu Chambéry beim Herzog von Savoyen im Auftrag des Berner Stadtrats zugunsten der Welser, als im Jahr 1503 ein Frachtschiff auf der Rhône havariert war. Claudios Sohn Jakob ersetzte im nachfolgenden Aushandlungsverfahren um die Gabella seinen Vater zu Beginn des Jahres 1528.316 Die Abmachung fiel in eine Phase intensiver Zusammenarbeit von Redi d’Alamanno Salviati & Co di Lione mit der dortigen Welser-Faktorei. Zudem intensivierte der Nachfolger des Ende 1518 verstorbenen Leiters der Lyoner Salviati-Gesellschaft Francesco Naldini, Lionardo Spina, die kapitalintensiven Geschäfte mit Anleihen der französischen Krone, wobei er in der Person seines Bruders Piero einen wichtigen Vertreter am Hof plaziert hatte. Im Fall der Süddeutschen verstärkte der seit Ende 1518 an der Spitze der Handelsgesellschaft stehende Bartholomäus Welser das Engagement im Bereich der Herrscherfinanzen, insbesondere mit Kaiser Karl V. und der spanischen Krone.317 Die Verhandlungen zur Umsetzung der Pacht des Seidenzolls durch das Konsortium Salviati-Welser fanden im Herbst 1527 und im Frühjahr 1528 statt. Dieser Zeitpunkt

Vgl. Kapitel III.4.2. – Zur Analyse der Buchführung der Gabella als institutionelle Rechnungslegung im Kontext der Unternehmensbuchführung der Salviati: Lang, Rechnungsbücher; zur quantitativen Auswertung des Buches der Gabella: Lang, Seide für Lyon. 314 Zu den Überlegungen über Kooperationsverhältnisse und Konsortien: Bauer, Unternehmungen; Lutz, Struktur. 315 Zum Seidenzoll im Kontext der Herrscherfinanzen: Lang, Herrscherfinanzen; zu Jacques de Beaune als Florenz-freundlicher Würdenträger des französischen Königreiches: Tewes, Kampf, S. 137–139. 316 Staatsarchiv Bern, Lateinisches Briefbuch, F, c. 100v (an den Bartholomäus May, 26.2.1503); c. 101r (An den Herzog von Savoyen, 26.2.1503). Zum Umstand selbst: Greiff, Tagebuch, S. 7: Adj. 31 Marzo 1502 rit Ich gen Jenff, Freiburg, Bern. Luod ain grose Sum Silber zuo Jenff per Lion, under denen die bei 600 Mark Im Rotten versanken, dz ain besundre plag, mir ain unmas gros leid was. – Zur Bedeutung der Berner Bürger als Vermittler für die Süddeutschen: Häberlein, Brüder; zu Claudio May als Vermittler von Krediten am Standort Lyon: Martin H. Körner, Solidarités financières suisses au XVIe siècle. Contribution à l’histoire monétaire, bancaire et financière des cantons suisses et des états voisins, Lucerne/Lausanne 1980, S. 146–154; S. 418; zu Jakob May und seinem Einsatz: siehe Kapitel III. 317 Vgl. Häberlein, Fugger und Welser. Schmidt, Das Gewerbebuch, Einleitung. Häberlein/Geffcken, Rechnungsfragmente, S. XLVIII f.; vgl. Häberlein, Handelsgesellschaften. Für die Salviati: Lang, Herrscherfinanzen. Zur Einordnung in einen weiteren Kontext: Goldthwaite, The Economy, S. 231–235. 313

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

hatte allerdings keine wirtschaftlichen Gründe; vielmehr ging die Initiative von der königlichen Finanzverwaltung um den königlichen Kanzler Antoine Duprat, Bischof von Sens (1463–1535)318, aus, als König Franz nach seiner Rückkehr aus der Madrider Gefangenschaft die während der Regentschaft seiner Mutter, Louises von Savoyen, Mächtigen beseitigte. Im Zuge der Restrukturierung der Machtverhältnisse zwangen Duprat und der Schatzkanzler Philibert Babou, trésorier de l’Épargne (1484–1557)319, die Vertragspartner des einst einflussreichen Jacques de Beaune, die anberaumten Verträge einzuhalten und vereinbarte Zahlungen zu leisten.320 Die Positionen der Konten, in welchen die Buchführung der Salviati die Abwicklung der Seidenzollpacht eintrug, entschlüsseln sowohl die komplexen Beteiligungen und Zuständigkeiten von Seiten der Krone als auch die Konstruktion des Konsortiums der Kaufmannbankiers. Aus der Sicht der Florentiner Unternehmung stellte sich der Aufwand folgendermaßen dar: Der Vorvertrag von 1521 mit Jacques de Beaune hatte einen Wert von 40.000 scudi di sole (= 43.085,14,3 scudi di marchi) und wurde ein Teil der Pachtgebühr in Höhe von insgesamt 112.000 livres (= 58.848,15,8 scudi di marchi). Bei der Aushandlung des Hauptvertrages mit der festgesetzten achtjährigen Laufzeit von der Augustmesse 1532 bis zur Ostermesse 1540 hatte der Schatzmeister des Languedoc, Jean Testu321, den Preis der Pacht noch um 15.763,1,5 scudi di marchi in die Höhe schrauben können. Dieser Aufschlag, den Jacques Ragueneau, der receveur général des amortissements322, einzog, ging auf ein Reskript des Großkanzlers des Königs, Anne de Montmorency, eine Prämie des englischen Schatzmeisters Luca Dansald und einen Wechsel des Verhandlungsführers der Salviati, Lionardo Spina, zurück. Zusätzlich erhielt König Franz I. noch seine persönliche Bonuszahlung in Form eines credito gratis (eines zinslosen Darlehens, das hier allerdings als Einmalzahlung ohne Rückerstattung begriffen wurde) über 14.000 livres (= 7.356,2 scudi di marchi).323

Lang, Herrscherfinanzen, S. 469. Ebd., S. 469. Ebd., S. 469 f. Ebd., S. 484; Hamon, L’argent, ad indicem. Dieses schwer zu greifende Amt wies Jacques Ragueneau die Aufgabe zu, die (nicht erstatteten – non admortis) Zahlungen der Kirchen zulasten ihrer Domänen und weltlichen Güter zu verwalten: Hamon, L’argent, S. 88; Lang, Herrscherfinanzen, S. 484; im Kontext der Gabella nennt die Buchführung seine Funktion tesauriere della marina. 323 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 519–DXVIIII: Franc(esc)o d(i) Valoys Re di Franc[i]a attenente li 43⁄80 a Bartolomeo Belzerj e comp(agni)a d(i) Lione e li 37⁄80 a li nostri d(i) ragione vec[c]hia ultima pax(a)ta di Lione de dare in fiera di apparizione add(ì) 21 di marzo lb 82000 tornesi p(er) valuta di 𝛻 xLM d’oro di sole a ß 41 tt(ornes)i p(er) 𝛻 facci buonj p(er) vna ciedola di m(esser) Iac(op)o d(e) Beona S(igno)re d(i) Samblansey de d(ì) iiij° luglio 1521 che è a pagare a Iac(op)o Salviati[,] B(ar)t(olo)meo Belzerj e Claud[i]o May a la fiera di tuttj santj 1521 vagliano a ß 41 p(er) 𝛻 di sole e a 𝛻 12 d(i) m(arco) p(er) cento posto detto [Signore] d(e) Beona avere; zur Diffenrenzierung des Gesamtaufwandes für die Pachtgebühr: Franc(esc)o d(i) Valoys Re di Franc[i]a attenente li 43⁄80 a B(ar)tolomeo Belzeri e co d(i) Lione e li 37⁄80 a li nostri di Lione di ragione vec[c]hia ultima pax(a)ta de avere in fiera di apparizione add(ì) 21 di marzo lb CxijM tornesj facc[i]amolj buoni p(er) la compera fatta da luj della gabella del’entrata di Lione de’ drappi d’oro (e) di seta p(er) otto anni che sua M(aes)tà ci à venduta come p(er) il 318 319 320 321 322

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Die Welser-Gesellschaft hielt 43 Achtzigstel am Pachtvertrag, die Unternehmung der Salviati 37 Achtzigstel. Zwar verfügten die Augsburger über den größeren Anteil am Geschäft mit dem Seidenzoll, aber die administrative und buchhalterische Abwicklung lag in den Händen Lionardo Spinas.324 Ihren Anteil von 51.800 livres tournois (= 27.227,11,3 scudi di marchi) brachten die Salviati nicht allein auf.325 Während ihre Buchführung die Investoren in das Geschäft mit dem Seidenzoll ausweist, fehlen vergleichbare Hinweise im Fall der Welser.326 Die entsprechenden Kapitalkonten zeigen einen Zuwachs an Eigenkapital für die Florentiner Unternehmung Redi di Girolamo Frescobaldi & Co in London über 2.600 livres tournois, da sie mit einem entsprechenden Betrag in Silber – 7.150 scudi di sole, umgerechnet rund 15.000 livres tournois – an der Investition in die Gabella partizipierte.327 Die Salviati ließen einen Teil der Unterbeteiligungen über die Konten ihrer Vorgänger-Unternehmung, der ragione vecchia von 1521, laufen. Ihr Beitrag gliedert sich in umgerechnet rund 8.200 livres tournois vom einstigen Hauptinvestor und Firmenchef Iacopo Salviati persönlich und rund 15.000 livres von der Nachfolgeunternehmung in Lyon Averardo e Piero Salviati & Co.328 Neben dieser Aufteilung setzten die Salviati eigens aufgenommene Einlagen in Höhe von insgesamt 10.964,17,2 scudi di marchi zur Finanzierung der Gabella ein.329 Das baglio si mostra p(er) cominciare add(ì) p(ri)mo agosto 1532 e finire add(ì) vlt(im)o d(i) luglio 1540 vagliano a ß 41 p(er) 𝛻 di sole et a 𝛻 12 d(i) m(archi) p(er) cento posto ghabella atenente a li sop(r)adettj; für den Anteil der Welser am credito gratis: E add(ì) detto lb 7525 tornesi ci fa buonj p(er) luj B(ar)tolomeo Belzeri e comp(agni)a d(i) Lione p(er) li 43⁄80 di lb 14000 tornesi si prestano a sua M(aes)tà sopra il merchato dell’as[s]ensa della ghabella v(aglia)no a ß 41 tt(ornes)i p(er) 𝛻 di sole e a 12 p(er) ciento di m(ar)chi posti dare und den Anteil der Salviati am credito gratis: E add(ì) detto lb 6475 tt(ornes)i fattone debit(o)re la nostra ragione vec[c]hia vltima pax(a)ta p(er) li 37⁄80 d(i) lb 14M tt(ornes)i si p(r)estano a sua M(aes)tà come di sop(r)a vagliano d(i) m(archi) al p(r)egio posto dare. – Die Beträge werden hier in livres tournois wiedergegeben, weil erstens die Vertragssummen in der königlichen Registratur nicht in der Messewährung, sondern in der geltenden Buchwährung notiert wurden, und weil zweitens die Buchführung der Gabella in livres tournois rechnete; die Umrechnung in scudi di marchi folgt der Buchführung von Redi d’Alamanno Salviati & Co di Lione, weil die Unternehmung zur eigenen Datenverarbeitung die Messewährung benutzte. Die Angaben in scudi d’oro wurden verwendet, wenn von Bargeldbeträgen die Rede war; die Zahlungen an den König erfolgten größtenteils in Bargeld. 324 Lang, Rechnungsbücher, S. 183. 325 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 520/DXX: Bartholomeo Belzeri e comp(agni)a di Lione deono dare in fiera di app(arizio)ne add(ì) 21 di marzo 1527 lb 60200 tt(ornes)i fannoci buonj p(er) li 43⁄80 di lb CxijM tornesi che toccha loro p(er) la loro parte participano in l’asensa della ghabella del[l]’entrata de’ drappi d’oro e di seta in Lio(ne) p(er) (h)otto annj presa dal Xmo Franc(esc)o Re di Francia come p(er) el baglio si mostra vagliano a ß 41 tt(ornes)i p(er) 𝛻 di sole et a 𝛻 12 di marchi p(er) cento posto detta ghabella avere; und für den credito gratis: Et add(ì) detto lb 7525 tt(ornes)i fannoci buoni p(er) li 43⁄80 di lb xiiijM tornesi si p(r)estano gratis al Re Xmo p(er) sino add(ì) 15 di novemb(r)e prox(i)mo sopra il merchato de l’asensa de la gabella p(r)esa da sua Maestà vagl(ian)o in marchi al p(r)egio posto sua M(aes)tà avere. 326 Lang, Rechnungsbücher, S. 181 f. 327 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 415; SNS, AS, I, 485bis, c. 2 (Augustmesse 1539); zur Bedeutung von Unterbeteiligungen an Konsortien zur Aufbringung von Pachtgebühren: Bauer, Unternehmung, S. 104 f. 328 SNS, AS, I, 485bis, c. 8 (vgl. Nota zur Ostermesse 1539). 329 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 520/DXX: La Ragione nostra vecchia vltima pax(a)ta di Lione p(er) chonto de’ dipositj de dare in fiera di apparizione 1527 𝛻 4336 3⁄4 d’oro di sole p(er) valuta di 𝛻 4251.14 d’oro di sole a dua p(er) cento presi p(er) ley in diposito questa fiera p(er) pagare a uso de’ pagamentj di fiera di pasqua

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Konto Dispositi per conto della ghabella nuova de’ drappi d’oro, argento e di seta („Einlagen für das Konto des neuen Seidenzolls auf Goldtuch, Silbertuch und Seidentuch“) weist im Jahr 1527 eine Einlage von 4.579,14,11 scudi di marchi der Florentiner Handelsgesellschaft Piero e Giovanfrancesco Bini & Co in Lyon aus.330 Bei der Finanzierung der Pachtgebühren für die Gabella trat zudem der Mailänder Kaufmannbankier Giovan Alberto Maravilla für den Adligen Bernabò Visconti mit einer Einlage von 6.138,19,1 scudi di marchi auf.331 Dieses Einlagenkonto signalisiert also ebenfalls eine Unterbeteiligung an der Finanzierung der Pacht des Seidenzolls. Die Aufnahme von Darlehen über ein Einlagenkonto ermöglichte eine spezifisch terminierte Rückerstattung an die Einleger, unabhängig vom Verlauf der Einnahmen aus der Gabella. Dieser Befund lässt sich am Beispiel der Unternehmung Giovanpiero e Giovanbattista degli Affaitati & Co in Venedig bestätigen. Diese ist für das Jahr 1538 mit einem Kredit zur Refinanzierung der Gabella über 2.600 scudi di marchi bei den Lyoner Salviati verzeichnet. Der Kredit wurde am Standort in der Lagunenstadt zurückgezahlt, indem er über den Hauptsitz der Salviati in Florenz gewechselt wurde. Dabei fiel überdies eine Provision über 30,18,8 scudi di marchi an, die zugunsten der Affaitati als Aufschlag gerechnet wurde. Entscheidend war, wie sich später zeigen wird, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs von Krediten und deren Rückerstattung über Wechseltransaktionen.332

prox(i)ma vagl(ian)o d(i) mi a 12 p(er) cento p(ost)o diposity und E in detta 𝛻 5841 3⁄4 d’oro di sole p(er) valuta di 𝛻 5699.6.4 d’oro di sole a dua (e) mezzo p(er) cento contocy p(er) ley in diposito questa fiera p(er) pagare a uso de pagamenti di fiera di pasqua proxima vagl(ian)o di m(arch)i al p(r)egio p(ost)o dipositj. 330 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 306; SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. DXX (Konto: La Ragione nostra vecchia vltima pax(a)ta di Lione): E add(ì) xxiij detto 𝛻 4251.14 d’oro di sole presi p(er) ley in diposito p(er) uso della fiera di pasqua proxima da Piero e Giovanfranc(esc)o Biny e co im più som(m)a a dua p(er) c(ent)o p(er) pagare 𝛻 4336 3⁄4 d’oro di sole vagl(ia)no d(i) m(arch)i a 12 p(er) cento p(ost)o dipositj. – Piero Bini gehörte dem Konsortium an, welches vor Bartholomäus Welser und Iacopo Salviati die Einhebung des Seidenzolls an der Rhône gepachtet hatte: Lang, Herrscherfinanzen, S. 483. Zu Giovanfrancesco Bini, einem der prominenten Florentiner Kaufleute in Lyon: Morelli, La seta, S. 79 f.; Giovanfrancesco Bini (1497– nach 1550) war verwandt mit Simone Bini, der sich bereits längere Zeit in Lyon befand. Er war Teilhaber bei Filippo Strozzi und Neri di Gino Capponi, der möglicherweise sein Onkel mütterlicherseits war. Bini konnte sich in Lyon zu einem Eckstein des Strozzi-Netzwerkes entwickeln. Im Umland erwarb er eine mondäne Villa und dürfte in den Rang eines Baron aufgestiegen sein; Michele Luzzati, Art. „Bini, Giovanni Francesco“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Bd. 10, Rom 1968, S. 513–514. 331 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. DXX (Konto: La Ragione nostra vecchia vltima pax(a)ta di Lione; März 1528): E add(ì) detto 𝛻 5699.6.4 d’oro di sole p(r)esi p(er) lei in diposito p(er) uso della fiera di pasqua prox(i)ma da nnoj medesimj cioè li 𝛻 2935.13 d(i) sole d(i) conto di Giovanalb(er)to Maravilla et li 𝛻 2763 2⁄3 d(i) conto del S(ign)or Bernabò Visconte tuttj a 2 1⁄2 p(er) ce(n)to p(er) pagare in t(ut)to 𝛻 5841 3⁄4 d’oro di sole v(aglian)o di m(arch)i al p(r)egio posto dipositj. 332 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 411/CCCXI: Giovannpiero e Giovannbattista d’Afaitadi e co di Venezia per conto nostro aparte R. G. attenente alla gabella. – Die Affaitati hatten über ein Lorokonto R. G. (= Ragione vecchia G) nach Lyon gewechselt; der für die Affaitati entstehende utile wurde als disavanzo (= Nachteil) für die Salviati der Ragione vecchia gerechnet (daher das Nostrokonto zur Abrechnung der Beteiligung an der Gabella). Darin waren zwei Promille Provision enthalten. – Dieses Verfahren wird zum Schlüsselargument für die Konstitutierung von an die Herrscherfinanzen „angelagerten“ Märkten in Kapitel V.2;

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Die Beteiligung von Bartholomäus Welser & Mitverwandten an der Seidenzollpacht, welche mit einem hohen Darlehen an den französischen Monarchen verknüpft war, erschien im Jahr 1521 gewiss auch den Beteiligten als politisch gewagt. Als sich um die Jahreswende 1527/28 Narziß Lauginger und Heinrich Haintzel, etwas später dann Hans Welser direkt am Hof engagierten, hatten die Welser bereits umfängliche Kredite an die spanische Krone gewährt. Während der Laufzeit der Seidenzollpacht bezogen die Welser zugleich Einnahmen aus der spanischen Maestrazgo-Pacht. Durch seine Kredite im Rahmen der jeweilgen Pachtkonsortien finanzierte das Augsburger Handels- und Bankhaus sowohl die spanische Krone als auch das Königshaus der Valois, so dass es auf beiden Seiten des erbittert ausgetragenen Konfliktes zwischen den führenden europäischen Monarchien involviert war.333 In seiner an der zentralen Finanzverwaltung orientierten Studie unterteilt Philippe Hamon die an den Herrscherfinanzen beteiligten agents (=„Agenten“) in die (1.) Vertreter der königlichen Finanzverwaltung, die agents de la monarchie, (2.) die Geldgeber, die Kaufmannbankiers der verschiedenen nationes als prêteurs, und (3.) die Vermittler, die intermédiaires. Zu den Letztgenannten zählt er den bereits mehrfach erwähnten Hans Kleeberger aus Nürnberg, genannt le bon Allemand, den Vertreter der Salviati am Hof, Piero Spina, sowie den im höfischen Umfeld tätigen Roberto degli Albizzi aus Florenz, genannt Robert Albisse.334 Nach den hier angestellten Beobachtungen wird man diese Interpretation noch verfeinern und modifizieren müssen. Denn die Unternehmungen der Welser und der Salviati erschienen keineswegs als einfache Gläubigerinnen (prêteurs). Sie traten als Vertragspartner, als preneurs, im Rahmen der Pachtverträge und als bailleurs im Rahmen der angebotenen Darlehen auf. Dabei spielten sie vor allem die Rollen von Kreditvermittlern. Die formalen Hauptteilhaber des Konsortiums, namentlich Bartholomäus Welser in Augsburg und Iacopo Salviati in Rom/Florenz, setzten ihre Niederlassungen in Lyon und deren Möglichkeiten, Darlehen aufzunehmen, ein, um die hohen Pachtzahlungen aufzubringen. Auf der rechtlichen Ebene lassen sich Vertragspartner und Vermittler wie der Berner Rat und Geschäftsmann Claudio May beobachten, auf der ökonomischen Ebene können Vertreter der Krone wie François de Tournon, Erzbi-

hier sollte zunächst vor allem darauf hingewiesen werden, wie der Kreis der Beteiligten an den Krediten, die für die Refinanzierungs der Gabella eingesetzt wurden, ausgeweitet wurde. 333 SNS, AS, I, 495 (L Ric I), c. 247v–248r. Häberlein/Geffcken, Rechungsfragmente. Vgl. Großhaupt, Die Welser, S. 173–185; Ramon Carande, Carlos V y sus Banqueros, 3. Los caminos del oro y de la plata (Deuda exterior y tesoros ultramarinos), Barcelona 1990, S. 114 f; S. 246 f.; S. 261; S. 270 ff.; S. 307: Aufgrund der umfangreichen Kredite an die spanische Krone verfügte die Handelsgesellschaft der Welser mit der sogenannten Maestrazgo-Pacht zwischen 1528 und 1532 gemeinsam mit italienischen Kaufleuten, dann 1533–37 alleine über die Einkünfte der spanischen Ritterorden. Außerdem verwaltete der Welser-Faktor in Spanien die Einkünfte aus den Alaunminen von Almadén, welche ebenfalls zur Deckung von Kronleihen in die Hände der Welser übergegangen waren. 334 Hamon, L’argent, S. 137–146; vgl. Ehrenberg, Zeitalter.

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schof von Auch (1489–1562), oder Jacques de Beaune ebenso wie Vermittler innerhalb der Gruppe der Gläubiger ausgemacht werden. Nicht nur die bekannten Kreditvermittler wie der legendenumwobene Hans Kleeberger oder Piero Spina, sondern auch dessen Bruder Lionardo und der Augsbuger Narziß Lauginger als die Hauptunterhändler ihrer jeweiligen Unternehmungen am Zusammenfluss von Rhône und Saône müssen als intermédiaires charakterisiert werden.335 Vor diesem Hintergrund kann die konsortiale Form der Kooperation für die Seidenzollpacht genau umrissen werden: Die Lyoner Niederlassungen der Welser und der Salviati, namentlich deren wichtigste Vertreter Narziß Lauginger und Heinrich Haintzel einerseits sowie Lionardo und Piero Spina andererseits, verhandelten und organisierten das gemeinsame Vorhaben. Griffen sie bei ihren Vorhaben auf Vermittler wie Claudio und Jakob May zurück, so brachten sie mit den Geschäftskontakten zu Piero e Giovanfrancesco Bini & Co und Giovan Alberto Maravilla auch Unterbeteiligungen ein – so dass sie die Voraussetzungen schufen, um überhaupt Darlehen an die Krone in der gewünschten Größenordnung vergeben zu können. Die Koordination von aufgenommenen Anleihen generierte ein nachgelagertes Geschäftsfeld für Kredite, die als Einlagen in depositi-Konten eingespeist wurden. Hierbei intensivierten die Partner insbesondere den Handel mit Wechselpapieren, indem sie verschiedene Beteiligte in seriell angelegte Transfers einbanden (siehe Kapitel: V.2).336 Das Konsortium fungierte rechtlich gesehen als Vertragspartner für die Finanzverwaltung des Königs; ökonomisch fiel ihm die Aufgabe zu, die für die Erfüllung eines solchen Vertrags nötige Liquidität herzustellen. Seriengeschäfte im Wechselhandel und Kreditnetzwerke Die Durchführung von Seriengeschäften im Bereich des Wechselhandels erscheint als eine der Rahmenbedingungen der erwähnten nachgelagerten Kreditmärkte. Die Verdichtung des Wechselhandels zwischen den Kastilischen Messen und Lyon in den Schuldbeziehungen zwischen der dortigen Faktorei der Welser sowie der Salviati-Gesellschaft in den Jahren 1528 bis 1530 könnte ein Indiz dafür sein. Während der Ostermesse 1530 remittierten Redi d’Alamanno Salviati & Co 964,8 scudi di marchi im

Das Argument wird entwickelt bei: Lang, Herrscherfinanzen, S. 498–508; vgl. zu Piero Spina: Hamon, L’argent, S. 144; zu François de Tournon: Roger Doucet, Finances municipales et crédit public à Lyon au XVIe siècle, Genêve 1980 [zuerst 1937], S. 18; S. 24; Knecht, Renaissance Warrior, S. 611; Hamon, L’argent, S. 168; Lang, Herrscherfinanzen, S. 487; zur Differenzierung der Rolle des Piero Spina: Lang, Herrscherfinanzen, S. 504–507. 336 Auf diesen Zusammenhang zwischen den depositi und dem Wechselhandel weist auch Nadia Matringe hin: Matringe, L’entreprise, S. 237–252. Dass die Salviati-Gesellschaft in Lyon auch als „Makler“ (courtier) bei der Vermittlung von Darlehen auf der Basis von Einlagekonten zu beschreiben sind, sieht auch Nadia Matringe so: ebd., S. 250. 335

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Auftrag der Welser über Francisco Salamanca & Rodrigo Carrión nach Medina del Campo, über Lesmes d’Astudillo 2.353,12 scudi di marchi, die an Juan de Compludo aus Nantes gingen, abermals über Salamanca & Carrión an Rodrigo de Carrión 2.396,8 scudi di marchi sowie über Salamanca & Carrión an die Welser 2.285,12 scudi di marchi.337 Die Zahlungseingänge bei den Salviati zugunsten der Welser – 1.500 scudi di marchi von Matthäus Manlich, 1.511 scudi di marchi von Linhart Tucher oder 1.000 scudi di marchi von den Lucchesen Buonaventura Micheli e Urbano Parensi – gehören in den Bereich des Wechselgeschäfts, der nur in den Messebüchern registriert wurde.338 Im September desselben Jahres fertigten die Welser im Auftrage der Salviati Wechselbriefe aus, um sie – wie im Fall der 1.000 scudi di marchi über Rinaldo degli Strozzi an Diego de Medina Mazuolo – in Medina del Campo remittieren zu lassen.339 Von der Augustmesse 1532 bis zur Allerheiligenmesse 1533 schlossen sich eine Reihe von Rimessen zwischen den auf den Kastilischen Messen aktiven Vertretern der Welser am spanischen Hof und den Lyoner Salviati über insgesamt 4.401 scudi di marchi an.340 Ähnliche Seriengeschäfte auf der Grundlage von Wechseln kannten auch Bartholomäus Welser & Mitverwandte, die mit Rinaldo degli Strozzi & Co in Venedig in den Jahren 1531 und 1532 eine Reihe größerer Wechseltransfers tätigten.341 Im Jahr 1531 tätigten die beiden Handels- und Bankhäuser keine Umsätze miteinander. Allerdings muss für den Wechselverkehr hinzugesetzt werden, dass exogene Faktoren wie (fiskal)politische Eingriffe der Herrscher konjunkturelle Entwicklungen in besonderem Maße beeinflussen konnten.342 Die bilateralen Wechselbeziehungen konnten jedoch jederzeit reaktiviert werden: So konnte die spanische Faktorei der Welser während der Augustmesse 1532 einen Kapitaltransfer nach Augsburg im Wert von insgesamt 54.000 scudi di sole über Lyon durchführen. Dabei handelte es sich wohl um die Rückzahlung des Quinto Reale – eine abgabenfinanzierte Anleihe des spanischen Königs.343 Dieser Transaktion voraus gingen ein Kredit über 10.421,13,4 scudi di marchi zugunsten des eigenen Messehandels der Salviati und eine Einlage von 10.630,2 scudi di marchi, welche die Lyoner Welser-Niederlassung bar tätigte und die daher möglicher-

SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. 188. Zu Juan de Compludo aus Nantes im Handel mit Waren und Krediten: Matringe, L’entreprise, S. 264 f. 338 SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. CLXXXIII: Die Zahlungseingänge auf das Messekonto der Welser-Faktorei in Höhe von insgesamt knapp 8.300 scudi di marchi sollten zum Teil „weiter gereicht“ werden an die eigentlichen Trassaten; die Zahlung Linhart Tuchers in Lyon über 1.511,8 scudi di marchi findet sich in einem eigenen Konto wieder: ebd., c. 188. 339 SNS, AS, I, 498 (L LibFier I), c. CCXI. 340 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. 354/CCCLIIII; c. 367/CCCLXVII; c. 417/CCCCXVII. 341 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 330, 338–40, 324. – Für diese Konstellationen im Wechselhandel zwischen Lyon und den Kastilischen Messen (über Antwerpen) und zwischen Lyon und Venedig: Matringe, L’entreprise, S. 253–318. 342 Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 176. 343 Vgl. SNS, AS, I, 500 (L DebCred K), c. CCLXXXV. 337

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

weise mit dem Transfer von Welser-Kapital aus Spanien zusammenhingen.344 Für die Unternehmenszentrale der Welser übernahmen Filippo degli Strozzi & Co sowie Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon die Aufbringung eines Fünftels des Gesamtbetrages in Höhe von 10.800 scudi di sole. Die in drei Tranchen gestückelte Barabhebung von insgesamt 10.000 scudi di sole durch den jungen Bernhard Meuting im Auftrag der Welser wurden hälftig durch die Lyoner Strozzi und die Salviati überwiesen, wofür die beiden Bankhäuser jeweils 416,17,4 scudi di marchi als achtprozentige Kommission einbehielten.345 Am 17. September 1532 verlängerte man die mit 2 1⁄5 Prozent vergütete Einlage von ursprünglich 10.000 scudi di sole, für die die Salviati am 3. Dezember des nämlichen Jahres 10.731,8,6 scudi di marchi den Augsburger Geschäftsfreunden Bartholomäus Welser & Mitverwandte gut schrieben.346 Am 18. September erfolgte durch die Lyoner Unternehmungen von Filippo degli Strozzi & Co sowie Averardo e Piero Salviati & Co eine weitere Überweisung von 10.000 scudi di sole nach Augsburg, welche durch Gutschriften und einen Wechsel über 5.000 scudi di sole an Raymund und Hieronymus Fugger347 Ebd., c. 254/CCLIIII: Für die Einlage über 10.000 scudi di sole (die Währungsbezeichnung verweist auf eine Bareinzahlung) wurde eigens eine cedula, ein Vorvertrag, abgeschlossen: Bartholomeo Belzeri e comp(agni)a di Lione deono avere in fiera di pasqua add(ì) 23 di maggio 1532 𝛻 10000 d’oro di sole fattocene cedola p(er) la p(r)ox(im)a fiera d’agosto a 2 p(er) cento p(er) pagarcy 𝛻 10200 di sole p(er) la valuta dato loro questa fiera del conto de dipositj v(aglian)o di m(arch)i a 4.16.9 p(er) cento posti dare dipositj. Am 17.8.1532 verschoben die Welser 10.000 scudi di sole von Spanien nach Lyon, von denen ein Fünftel Filippo degli Strozzi & Co und Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon in Höhe von 2.084,6,8 scudi di marchi übernahmen: ebd., c. CCLXXXV. 345 Ebd., c. 285/CCLXXXV: Bartholomeo Belzeri e comp(agni)a di Augusta p(er) nostro conto apparte attenente la meta a Filippo Strozj e co di Lione (e) la n(ost)ra meta a nnoj deono dare sino add(ì) iij di agosto 𝛻 5000 d’oro di sole paghatj di cont(an)ti a li loro di qui di loro – commisione p(or)tò B(er)nardo Meitingh v(aglia)no di m(arch)i 4.16.9 p(er) c(ent)o a v(scit)a; die zweite Tranche: E addì 14 detto 𝛻 tremila d’oro di sole paghatj di loro comessione a li detti loro di qui portò detto B(er)n(ar)do cont(anti) v(aglian)o di m(arch)i al p(r)egio a usc(it)a; die dritte Tranche: E addì 17 detto 𝛻 dua milia d’oro di sole paghatj di loro commesione a li detti loro di qui portò detto B(er)nardo cont(an)ti v(aglian)o di m(arch)i al p(r)egio a usc(it)a; der Einzug der Kommission zulasten desselben Kontos: Et in fiera di agosto 𝛻 400 d’oro di sole facc[i]amo buonj a Filippo Strozj e co di Lione p(er) il cambio di 𝛻 5000 di sole a 8 p(er) c(ent)o atenenti a loro v(aglian)o al p(r)egio in questo ave(re) und Et in fiera di t(ut)ti santj 𝛻 400 d’oro di sole fattone creditori avanzi di nostro conto p(er) il cambio di 𝛻 5000 di sole a 8 p(er) cento attenentj a nnoj v(aglian)o al p(rezz)o; die Kommission wird fällig für den kreditfinanzierten Wechsel, was an der Formulierung paghatj di loro comessione und an der Einrichtung eines Appartkontos für Strozzi und Salviati zu erkennen ist. Der Transfer aus Spanien: Bartholomeo Belzeri e comp(agni)a di Augusta p(er) nostro conto apparte atenente la meta a Filippo Strozj e co di Lione (e) l’alt(r)a meta a nnoj deono avere addì 17 di agosto 𝛻 dua milia d’oro di sole a[v]utj cont(an)ti p(er) loro da lo loro di qui rechò L(ionar)do Spina p(er) il quinto di 𝛻 xM di sole sutj loro provisti da Belzerj di Spagnia – vagliano di m(arch)i 4.16.9 p(er) cento a ent(rat)a [a c.] 28 p(ost)o cassa und der zweite Teil des über die Salviati laufenden Kapitals: E addì viij di settemb(r)e 𝛻 8800 d’oro di sole a[v]utj cont(an)ti p(er) loro da li loro di qui rechò L(ionar)do Spina cont(an)ti p(er) il quinto di 𝛻 xLiiijM d(i) sole sutj loro p(r)ovistj da’ Belzerj di Spagna vagliano di marchi al p(r)egio a ent(tra)ta [a c.] 28 p(ost)o cassa. Die Richtung des Geldflusses wird erkennbar durch zwei Formulierungen: Belastung durch paghatj di cont(an)ti a li loro di qui di loro – commisione und die Gutschrift sutj loro provisti da Belzerj di Spagnia. 346 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. 109/CVIIII. 347 Über die geschäftlichen Aktivitäten von Raymund I. (1489–1535) und Hieronymus I. (1499–1538) Fugger einführend: Häberlein, Die Fugger, S. 67 f. 344

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

ausgeglichen wurde. Die Einzahlung des Betrages tätigte die Lyoner Faktorei von Jakob Welser & Söhne in Lyon im Auftrag des Welser-Faktors Jakob Rembold.348 Das Journal X der Antwerpener Welser-Faktorei belegt die Beteiligung der Lyoner Faktorei von Jakob Welser & Söhne aus Nürnberg an einer Zahlung an Raymund, Anton und Hieronymus Fugger im Auftrag der Augsburger Welser. In Antwerpen wurde diese Anweisung über 82,7,3 Pfund flämisch (ca. 280 scudi di marchi) am 16. Februar 1532 eingetragen349 – das bedeutet, dass sich derartige Wechseltransfers auch in den Rechnungen der Welser nachvollziehen lassen. Die Rechnungsfragmente der Welser enthalten zudem sporadische Hinweise auf den Kapitalfluss im Zusammenhang mit den spanischen Steuerpachten: Am 19. September 1533 nahm die Faktorei der Welser am Hof für das Buch der Cruzada einen gestückelten Wechsel von 100.000 Dukaten auf, zu dem das Unternehmen Anton Fuggers die Hälfte beitrug.350 Der Grund für den Rückfluss von 54.000 scudi di sole (gut 59.000 Dukaten) aus Spanien liegt im Unklaren; Zusammenhänge wie die Steuerpachten der Welser in Spanien als Gegenleistungen für ihre Darlehen an die spanische Krone Karls lassen sich nur vermuten.

SNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. CXVIIII: Bartholomeo Belzerj e co d’Aghusta p(er) n(ost)ro compto aparte atene(n)te p(er) a⁄2 a Filippo Strozzi e co d(i) qui e l’alt(r)a a⁄2 p(er) n(ost)ro compto; Gutschrift: Et sino in fiera d’aghosto add(ì) iij di nove(m)b(r)e 𝛻 vM d’oro di sole traemo loro detto di in Ramondo Ant(oni)o e Girol(a)mo Focheri p(er) g[i]orni 6 vista p(er) la valuta da Jac(op)o Belzeri e f(igliuo)li a lib(r)o di f(ier)a d(are) [c.] 31 a ent(ra)ta [c.] 18 chassa. – Vermutlich handelte es sich um eine Rückzahlung des Kaisers, die in Wechselbriefen transferiert wurde: SNS, AS, I, 513 (L CopLett L), c. 20r, an Barholomäus Welser & Mitverwandte in Augsburg, 3.11.1532: Hon(oran)di amici[.] Dal v(ost)ro Jacobo Renbolt abbiamo jnteso come p(er) la subita p(ar)tita della M(aes)tà Cesarea non auete posuto fare canbio alchuno et che gl’è di bisogno che noj despongu[i]amo de n(ost)ri 𝛻 xM di sole p(r)ovisto vi costà p(er) mano di questi v(ost)ri p(er)chè voi non potresti achomodarci in modo [!] alchuno el chè c’è forte dispiac[i]uto pure poi non s’è posuto meglio fare[.] p(r)enderemo tutto jn grado sendo certi da voj non è ristato fare tutto quello avete posuto p(er)chè alchuno p(r)ofitto ce ne venissi et p(er)chè desideriamo p(ro)m(essa) avitarci d’essi 𝛻 xM bene abbiamo tratti p(er) n(ost)ri dj canbio 𝛻 cinque milla di sole p(er) dj vi vista la detta n(ost)ra di canbio in Ramondo Antonio di [!] Girolamo Fucheri p(er) la valuta qui da Jacopo Belzeri et figliuoli piaccivi di subito accettare . le n(ost)re lett(e)re e al tenpo pagharli conp[or]li a n(ost)ro conto et avisate /. 349 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 256 (Ant 4.18): Adi 16 ditto sellen vns Raymundus, Antt(oni)o vnd Jeronim(us) die Fuger / per Jac(ob)o Welser vnd sin / lb 82. 7. 3 / souil zallen sy gemeltt(en) Fuger aus vns(erm) befelch. – Am 24.7.1532 trug der Buchhalter der Welser in Antwerpen die Auszahlung eines Wechsels der Lyoner Faktorei an die dortigen Jakob Welser & Söhne über 300 Pfund flämisch ein: ebd., S. 262 (Ant 4.40): Adi 24 luio sollen vns Bernardino Cenami e Giova(n) Balbani e c(ompania) / per Bartt(olome)o Welser e c(ompania) / lb 300.–.– / ist fir 1’028 4⁄7 𝛻m(archi) zuo 70 gr per 𝛻m(archi), souill haben wir vff dattumb vo(n) Stefano Schandiglio ze w(exe)ll per L(io)n in nechste augst mes gnom(m)e(n), sellen die vnsern alda fir in Jac(ob)o Welser e fioli betzalle(n), die welch(en) 300 lb zaltt er gemeltt(en) Cenami e Balbani vo(n) vnsertt weg(en); ebd., S. 264 (Ant 4.50): in ähnlicher Konstellation am 30.7.1532 über 2.000 scudi di marchi als Schuldner soll vns Jac(ob)o Calisan. 350 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 337 (SpH 4.11): Addi – detto sollen vnns Jacob Fugger e nepoti c(on)to deß w(exe)ls der 100’000 duc / per das buoch der (cruza)da q(uar)ta / mvd 37’500 / vmb 100 duc, thye{n} wir inen in gemelt(em) buoch an irem c(on)to corr(ente) gutt fur den halbtayl, so vnns Alonso de Molina zu Cordova per rest der Doña Leonor Gualbes schuld einb(r)achtt vnnd gutthon hatt. 348

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

In strukturell ähnlicher Weise beteiligte sich die Lyoner Faktorei von Bartholomäus Welser an Kapitaltransfers für die Salviati. Am 28. April 1535 remittierten die Welser 6.902,1,9 scudi di marchi in drei Tranchen zugunsten von Averardo e Piero Salviati & Co in Florenz.351 Am 30. April zog die Niederlassung der Augsburger Gesellschaft einen Wechsel auf die Florentiner Salviati über 12.918,17,9 scudi di marchi.352 Dadurch, dass die Wechselpartner diesen Transfer im Rahmen des Messehandels abwickelten, traten die Welser nicht in eine Schuldbeziehung zur Salviati-Gesellschaft in Lyon. Vielmehr entstand eine Schuldbeziehung zwischen den beiden compagnie der Salviati, wobei die Lyoner Unternehmung als Auftraggeberin die Kosten für die Wechsel trug und die Welser-Faktorei als ausführende Korrespondentin eine satte Provision von 2.093,18,5 scudi di marchi einbehalten konnte.353 Entscheidend dabei ist vor allem, dass solche Transfers in seriellen Wechselgeschäften oder gestückelten Bargeldzahlungen auf verschiedene Kooperationspartner verteilt und über Lyon verrechnet wurden. Pragmatische Erwägungen zur Sicherheit solcher Leistungen mochten hier eine ebenso wichtige Rolle spielen wie der Einsatz von Liquidität zur Erweiterung der Handelsvolumina und zur Erlangung von Kommissionen. Diese Form der geschäftlichen Kooperation beruhte aus der Perspektive der Buchführung auf einer vertieften Kapitalverflechtung, die im Fall der Beziehung zwischen Bartholomäus Welser & Mitverwandte und Averardo e Piero Salviati & Co mit dem Konsortium zur Pacht des Seidenzolles gegeben war. Diese Verflechtung von Kapital lässt sich überdies an der Aufnahme von Einlagen zwischen dem 3. März und dem 26. April 1538 in einer Gesamthöhe von 5.250 scudi di marchi von den Mittelsmännern und Vertretern der Welser in Lyon, Claudio May und Bernhard Meuting, ablesen. Während Claudio May für die Welser als Vermittler in den Verhandlungen über die Seidenzollpacht aufgetreten war, absolvierte Bernhard Meuting d. J. seine Ausbildung bei den Welsern in Lyon. Am 29. Mai verbuchte der BuchSNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. CLXX: Averardo e P(ie)ro Salviati e co di Firenze p(er) n(ost)ro conto corre(n)te): Et sino jn fiera pax(a)ta d’ap(parizio)ne m(arch)i 106.1.13.2 d’(or)o a d(uca)ti 67 2⁄3 p(er) m(ar)co hordinamo loro ce ne facessino debitt(ori) p(er) al tanti trattone loro in / 3 / partite B(ar(t(olo)m(e)o Belzeri e co di qui posti a lib(r)o di fiere d(are) [a c.] 136 e detto lib(r)o dare. 352 SNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. CLXXXXV: Averardo e P(ie)ro Salviati e co di Firenze p(er) n(ost)ro conto corre(n)te): Et m(arch)i 198.6.0.10 a d(uca)ti 62 3⁄5 p(er) m(ar)co (c)he di tanti ne facciamo debitt(ori) Bart(olo)m(e)o Belzeri e co di qui a lib(r)o di fiere a [c.] 196 sono (c)he di tanti ne trassono a Fire(n)ze a detti n(ost)ri p(er) dì 15 di g[i]ugno p(r)ox(i)mo e si hordino (c)he ce ne facessino debitt(ori) p(os)to detto lib(r)o d(are). – Wie allerdings dieses enorme Kursgefälle von 67 2⁄3 Dukaten pro Mark Gold auf 62 3⁄5 Dukaten pro Mark Gold zu erklären ist, kann nicht ermittelt werden. Die Kurse wurden im Verlauf einer Messe festgesetzt, so dass dieser Kurssprung schwer nachvollziehbar ist; sollte nicht der Unterschied darin bestehen, dass in einem Fall die Welser die Rimesse überstellten, im anderen Fall einen Wechsel zogen, also selbst zahlten. Der Unterschied liegt bei immerhin rund 1.000 Dukaten! 353 SNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. 195: Averardo e P(ie)ro Salviati e co di Firenze p(er) n(ost)ro conto corre(n)te): Et add(ì) detto m(arch)i 32.1.17.3 p(er) v(alu)ta di 𝛻 2008 di sole italianj rag[i]onati a 𝛻 62 1⁄3 p(er) m(ar)co sono p(er) 𝛻 2000 d’oro di sole franzesj p(r)ovistone loro in dua volte di qui e’ Belzerj a q(ua)li si fanno buo(no) a lib(r)o di f(iere) [a c.] 217 e detto lib(r)o. 351

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

halter der Salviati die Einlage als Kredit in den Wechselhandel.354 Der gebürtige Augsburger Bernhard Meuting, der auch über das Berner Bürgerrecht verfügte, erschien für die Salviati als Beteiligter am Wechsel in Besançon und eröffnete auf diese Weise ein von Lyon aus schwer zu erreichendes Geschäftsfeld.355 Die Phase zwischen der Regulierung der Pacht im Jahr 1528 und dem Ablauf der Pachtperiode im Jahr 1540 stellte sich als besonders kapitalintensive Kooperation im Rahmen der Schuldbeziehung der Salviati zu den Welsern dar. Vom Konsortium zum Abebben der Geschäftsfreundschaft Die gemeinsamen Darlehen an die Krone, die die Lyoner Faktorei der Welser und Averardo e Piero Salviati & Co in der Spätphase ihrer kooperativen Vorhaben aufbrachten, entsprangen ebenso wie zuvor die Pacht des Seidenzolls einer konsortial angelegten Struktur. Der Buchhalter der Salviati trug am 15. September 1545 die Beteiligung der Welser über 3.666 2⁄3 scudi di sole (= 3.793,2 scudi di marchi) an einem Kredit von 6.666 2⁄3 scudi di sole ein. Vor dem von den Florentinern oft engagierten Notar Pierre Dorlin schlossen die beiden Handels- und Bankhäuser einen Kontrakt mit Jean Duprat und Martin de Troyes als Vertretern der Krone. Die Belastung des entsprechenden Welser-Kontos im Messebuch und die Rückbuchung im libro dei committenti signalisieren ein ähnliches Profitmodell über Kommissionen im Wechselhandel wie bei den oben erwähnten Krediten.356 Wenige Monate später, am 19. April 1546, erscheint ein amico357 Bartholomäus Welsers mit einem Darlehen von 2.300 scudi di sole (= 2.379,6,3 scudi di marchi) im Schuldbuch der Salviati in Lyon. Der Ausgleich erfolgte über das Messebuch.358 Diese bei-

SNS, AS, I, 524 (L DebCred N), c. 323/CCCXXIII. Für die Einlagen trug man weitere Debitoren aus dem Kreditnetzwerk ein, die jeweils an Claudio May und Bernhard Meuting überwiesen: 1.050 scudi di marchi von Burlamacchi, 1.575 scudi di marchi von Buonaventura Micheli e Urbano Parensi & Co, 525 scudi di marchi von den Erben Hans Herwarts (Herbrots?) sowie 2.100 scudi di marchi von den Lyoner Kaufmannbankiers und Seidenhändlern Erben des Stefano Bartholon. – Am 7.10.1544 gewährte Claudio May den Salviati ein Darlehen über 2.100 scudi; in der Folge trat er wiederholt als Gläubiger gegenüber den Salviati auf. Dabei erteilte die Lyoner Welser-Faktorei den Auftrag und setzte Simon Niklas für den Zahlungsausgleich ein: SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. 322: Claudio May b(or)gese [!] di B(er)na p(er) suo ap(ar)te dipox(i)ti. 355 SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 180: An Bernhard Meuting in Besançon, 11.12.1537. Hier geht es um einen Wechsel von 600 scudi d’oro. 356 SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. 200/CC. – Dazu auch: Doucet, Le Grand Parti, S. 484; Hamon, L’argent, S. 150; S. 168; Lang, Herrscherfinanzen; Matringe, L’entreprise, S. 243–246. 357 Ob es sich bei diesem amico um Johann Chrysostomus Peutinger handelte, kann ich nicht nachweisen; allerdings sprechen die Höhe des eingesetzten Betrages und der (frühe) Zeitpunkt durchaus dafür, vgl. Kapitel V.2. 358 SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. 265/CCLXV. Vgl. zum Gewinn durch Wechselhandel mit den Krediten an die französische Krone (die Königin im konkreten Fall): SNS, AS, I, 565 (L CopLett S), c. 51v–52r: Brief an Tommaso del Bene in Paris am 31.12.1546. 354

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

den Anleihen verdeutlichen zunächst, dass die konsortiale Konstruktion vor allem die Beteiligungen formal regelte. Hinter der Zusammenstellung von Krediten durch die Konsortialpartner entfaltete sich ein reger Wechselhandel, der die Profitabilität der Kredite erhöhte. Die beiden kooperierenden Handels- und Bankhäuser setzten zu diesem Zweck ihre jeweiligen, zum Teil einander überlappenden Kredit- und Wechselnetzwerke ein. Das Darlehen des amico zeigt die Erweiterungsfähigkeit dieser Geschäftspraxis um Investoren, die selbst nicht aktiv am Handel teilnahmen und in Lyon selbst nicht präsent waren. Aus der Perspektive der Salviati erfüllten auch die Faktoreien der Nürnberger Hans Welser & Gebr. und Jakob & Sebastian Welser mit ihren Darlehen über 1.903,19,3 scudi di marchi von der Ostermesse 1545 respektive 2.035 scudi di marchi vom Mai 1547 die Aufgabe von Kredit- und Wechselpartnern im nach Süddeutschland ausgedehnten Netzwerk.359 Das letzte gemeinsame Einlagegeschäft von Bartholomäus Welser & Mitverwandte und Averardo Salviati & Co datiert auf den 2. Januar 1548, als die Lyoner Niederlassung der Welser eine durch die Salviati vermittelte Einlage über insgesamt 15.810,7 scudi di marchi bei Bernardini e Bernardi, Menocchi e Gigli und Cenami e Parensi tätigte. Allerdings handelte es sich aus Sicht der Salviati nur um die Vermittlung einer Investition, mit der die Luccheser Geschäftspartner selbst weiterarbeiten mussten.360 Als die Nachfolge-Gesellschaft von Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Matthäus und Marx Welser & Co, im Jahr 1553 zwei Einlagen zu insgesamt 1.856,4,10 scudi di marchi nach Lyon überwies, ging dieser Transfer nicht über das übliche Maß hinaus, das die Kreditbeziehungen der Salviati zu anderen süddeutschen Unternehmen charakterisierte.361 Am 18. November 1553 notierte der Buchhalter der Salviati eine Einlage der Lyoner Faktorei von Jakob und Sebastian Welser aus Nürnberg über 4.102,10 scudi di marchi, welche in die Geschäfte mit den Kronanleihen eingespeist wurden.362 Der für die Augsburger Welser als Kommissionär in Lyon aktive Michael Sailer steuerte im März des Folgejahres 3.654 scudi di marchi als Einlage in dieses Geschäftsfeld bei.363

SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. 110/CX; c. 371/CCCLXXI; vgl. weiter Hans Welser & Gebr.: SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 312/CCXII; SNS, AS, I, 588 (L DebCred V), c. 81/LXXXI. 360 SNS, AS, I, 573 (L DebCred T). c. 140/CXL: B(ar)tolomeo Belzeri e comp(agni)a di Lione p(er) vn n(ost)ro conto aparte dipox(i)ti deono dare in fiera di t(ut)ti santi addj dua di gennayo 𝛻 15283.6.8 d’(or)o di sole fannoci buoni a buonconto fin li (c)h(e) abbino riscossi p(er) pagareli alla prossima fiera d’appar(izione) e sono p(er) 𝛻 5000 di * (h)a 1 7⁄8 / 𝛻 5000 di * a 1 19⁄24 et 𝛻 5000 di * a dua p(er) cento djpositati p(er) noi p(er) detto tempo a B(er)nardini e B(er)n(ar)dj / a Menochi e Gigli / et Cenami p(er) e’ Sanm(inia)ti e compa / li li [!] quali facemo dipositare per conto di dipositi p(er) spartire a n(ost)ri amici (e) com(etten)ti qual p(ost)o hav(er)e in q(uest)o. 361 SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. 252/CCLII. 362 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. 155/CLV. 363 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. 184/CLXXXIIII. 359

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

IV.2.6

Die Lyoner Salviati-Gesellschaft und die Faktorei der Welser in Antwerpen

Zwischen der Faktorei der Welser in Flandern, die um 1506 von Brügge nach Antwerpen umzog364, den Gesellschaften der Salviati in Lyon und der vorübergehenden Niederlassung der Florentiner in Antwerpen (1540–1544) bestanden ebenfalls Schuldbeziehungen. Dazu lässt sich erstens feststellen, dass der Umfang der getätigten Umsätze über den Standort Antwerpen weitaus geringer war als über den Standort Lyon. Zweitens korrelierten die jeweiligen Phasen niedrigen und hohen Umsatzes beider Standorte. Und drittens stand der Handel mit Wechseln im Zentrum der Beziehungen zwischen den Lyoner Salviati und den Antwerpener Welser. Auf der Grundlage der teilweise nur sporadischen Umsätze können vier Abschnitte unterschieden werden. Bemerkenswert aber ist, dass in den Jahren der Existenz einer Salviati-compagnia an der Schelde keine Umsätze in der Schuldbeziehung zwischen den Salviati in Lyon und der Antwerpener Welser-Faktorei nachzuvollziehen sind. Hier sollen also zunächst die geschäftlichen Beziehungen beider Niederlassungen quantifiziert dargestellt werden. Die besondere Bedeutung Antwerpens lag aus der Lyoner Perspektive primär im Wechselhandel, dessen Ausweitung maßgeblich zum Aufstieg der Stadt an der Schelde beigetragen hatte. Der erste Schritt war die Einrichtung eines marché permanent, einer ganzjährigen Messe, in den Jahren 1465/66. Dies bedeutete, dass sich der Handel über das gesamte Jahre erstrecken konnte zu denselben günstigen Bedingungen wie beim traditionellen Messehandel. Schrittweise siedelten die Kaufmannbankiers von den in Bergen-op-Zoom abgehaltenen Messen nach Antwerpen über, begünstigt durch die Gültigkeit des fixierten Geldkurses Antwerpens. Dieser galt ab dem Jahr 1491 auch in Bergen-op-Zoom als verbindlich. Seit dem Jahr 1531 war der ‚Dauermarkt‘ Antwerpens im Börsenhandel organisiert, wo sowohl Waren als auch Wechsel gehandelt werden

Laut Rechnungsfragmenten der Welser-Vöhlin lässt sich die Faktorei in Flandern noch bis 1506 in Brügge nachweisen; wahrscheinlich aber verlagerte sich der Schwerpunkt der Aktivitäten bereits um 1500 in das aufstrebende Zentrum Antwerpen: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXXIX. – In der Buchführung der Salviati ist die Betitelung uneinheitlich bzw. nicht eindeutig: SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 232: Antonio Belzer e Churado Felini e compa(gni)a alamannj d(i) Brugg[i]a p(er) n(ost)ro chontto là; c. CCXXXII: Antonio Belzer e Churado Felini e co d(i) Fiandra p(er) loro co(n)tto qui; SNS, AS, I, 443 (L DebCred AAA), c. 45 (31.12.1510): Antonio Belzeri et Churado Felini e co alamanni d’Avspurgho per n(ost)ro conto chorentte in Fiandra; SNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. CLXXXXII: Antonio Belzeri e c(ompagni) d(i) Fiandra p(er) n(ost)ro chontto (1512.4) und auf derselben Seite: Ant(oni)o Belzerj e c(ompagni) d’Anv(er)sa p(er) n(ost)ro conto corrent(e) (31.12.1512); SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. 18/XVIII (8.6.1513): Ant(oni)o Belzer (e) co d’Anv(er)sa p(er) noy corrente là; SNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 213/CCXIII (1516.1– 2): Ant(oni)o Belzzerj e co d(i) Bruggia p(er) n(ost)ro chonto chorrente; SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. LXXVII (1.11.1517): Ant(oni)o Belzzerrj et co d’Anverssa p(er) n(ost)ro chonto chorente; c. CVI (9.12.1517): Ant(oni)o Belzzerrj et co d ’A n v e r s s a p(er) n(ost)ro chonto chorente deono ave(re) in fiera di tuttj santj add(ì) 9 d(i) d(i)cienbre 𝛻 990 dj g(rossi) t(ratte)mo loro a B r u g g i a p(er) n(ost)re lett(ere) e p(er) dj 15 dj g(enai)o prox(i)mo i(n) Iac(op)o et Tomaso d(i) Chordex a g(ross)o 70 p(er) 𝛻 p(er) lla v(alu)ta da Gian d(i) Chordex dare a lib(r)o d(i) fier(a) [a c.] 40 a ent(rat)a [a c.] 7 alla chassa dare [H e r v o r h e b u n g e n H. L.]. – Die Fugger besaßen nachweisbar ab dem Jahr 1508 ein Haus in Antwerpen: Harreld, High Germans, S. 90. 364

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konnten. Die Lieferung von Gewürzen aus Indien über Lissabon nach Antwerpen, die durch die Bunt- und Edelmetallimporte von zentraleuropäischen Produktionsorten ausgeglichen wurden, stellte einen weiteren zentralen Faktor dar. Antwerpen entwickelte sich zur Drehscheibe zwischen dem Wechselhandel mit den Kastilischen Messen und dem Handel mit Tuch zwischen England und dem Reich (vor allem Frankfurter Messen). Durch die Neue Börse entwickelte sich Antwerpen zu einem Zentrum für Finanzdienstleistungen, das der wichtigste Anknüpfungspunkt für die Herrscherfinanzen der Habsburger wurde.365 Wenn die Perspektive der Lyoner Buchführung auf die Geschäfte der Salviati in Antwerpen gerichtet ist, werden die Umsätze der Schuldbeziehungen in der entsprechenden Messewährung, dem scudo di marchi, dargestellt. Das Verhältnis zwischen dieser, auf den Lyoner Messen gebräuchlichen Buchwährung und dem Pfund flämisch (libra di grossi), in Groot flämisch (= „Groschen“) gerechnet, variierte relativ stark. Grundsätzlich bestand ein Kursgefälle zugunsten des Pfundes flämisch gegenüber dem scudo di marchi, so dass sich ein Rückwechsel von Antwerpen auf Lyon zumeist auszahlte. Phase 1: 1508 bis 1513 In der frühen Phase der Beziehungen zwischen Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Lyon und der Welser-Faktorei in Brügge kam es von ersten Umsätzen während der August- und der Allerheiligenmesse 1508 abgesehen lediglich zu einer nennenswerten Verdichtung zwischen der Apparitionsmesse 1511 und der Allerheiligenmesse desselben Jahres. Spitzenwerte traten während der Ostermesse auf, als der Soll-Umsatz auf 3.714 scudi di marchi und der Ist-Umsatz auf 3.182 scudi di marchi kletterten. Bei den Messen vom August und von Allerheiligen 1512 sowie bei der Apparitions- und der Ostermesse 1513 kam es abermals zu geringfügigen Umsätzen (Graphik 10). Während der Augustmesse und der Allerheiligenmesse 1508 gingen die Umsätze auf ein Wechselgeschäft mit Bartolomeo Guicciardini und Antonio e Filippo Gualterotti & Co366 sowie Bartolomeo Nasi in Antwerpen zurück.367 Die Ist-Umsätze im Frühjahr 1511 waren mit insgesamt 2.835 scudi di marchi fast gänzlich auf erzielte Wechselerlöse (Verkauf von Wechseln zulasten der Welser in Antwerpen) zurückzuführen. Bei der Apparitionsmesse machte dieser Posten etwas mehr als die Hälfte des Ist-Umsatzes Michael Limberger, No Town in the World Provides More Advantages: Economies of Agglomeration and the Golden Age of Antwerp, in: Patrick O’Brien / Derek Keene / Marjolein ’t Hart / Herman van der Wee (Hgg.), Urban Achievement in Early Modern Europe: Golden Ages in Antwerp, Amsterdam and London, Cambridge 2001, S. 39–62, hier S. 48. Zusammenfassend: Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 101–103; Gelderblom, Cities. 366 Goldthwaite, The Economy, S. 159; vgl. Galoppini, Mercanti, S. 292. 367 SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 232/CCXXXII. 365

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Graphik 10 Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos) / Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1508 bis Ostermesse 1513) in scudi di marchi, eigene Darstellung

aus. Die übrigen Umsätze kamen in dieser Phase wesentlich durch den Warenhandel zustande (Graphik 10). Der Umsatz in Höhe von 352,14,5 scudi di marchi auf der Augustmesse ist auf den Verkauf von 127 Ballen Reis und 20 Ballen Seife zurückzuführen, den die Salviati in Lyon für die flämische Faktorei der Welser tätigten.368 Phase 2: 1516 bis 1522 Nach den drei Jahren von der Augustmesse 1513 bis zur Apparitionsmesse 1516, in denen keine bilateralen Umsätze erzielt wurden, kam es in den folgenden sechs Jahren zu einigen Höhepunkten in dieser Geschäftsbeziehung. Aber lediglich von der Apparitionsmesse 1520 bis zur Augustmesse 1522 lassen sich ununterbrochen Umsätze nachweisen. Spitzenwerte erreichten sie mit einem Soll-Umsatz von 3.480 scudi di marchi auf der Allerheiligenmesse 1517, mit 2.985 scudi di marchi auf der nachfolgenden AppaSNS, AS, I, 444 (L DebCred B), c. 167. Zum Handel mit Reis in Lyon, den die Welser auf Lyoner Rechnung durch einen Wechsel erlösten (August 1528): Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 198 (Nür 1.32); zum Verkauf von Seife durch die Welser: ebd., ad indicem (Ob allerdings die Welser bereits bei der Augustmesse 1512 über die Seifen-Fabrik in Sevilla verfügten, ist mehr als fraglich). 368

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

ritionsmesse, dann mit jeweils 3.583 scudi di marchi auf der Augustmesse 1519, mit 5.148 scudi di marchi im Ist-Umsatz auf der Allerheiligenmesse 1521 und endlich mit 5.319 scudi di marchi auf der anschließenden Apparitionsmesse (Graphik 11). Hervorzuheben sind ferner die Umsätze während der Ostermesse 1516 mit 1.648 scudi di marchi beim Ist-Umsatz und auf der Augustmesse mit 1.727 scudi di marchi beim Soll-Umsatz, außerdem der Soll-Umsatz von 2.589 scudi di marchi auf der folgenden Augustmesse 1518 sowie Umsatz-Werte von um die 1.500 scudi di marchi während der Apparitionsund der Ostermesse 1520.369 Die übrigen Umsätze zur Augustmesse 1522 sind nicht erwähnenswert (Graphik 12–13).370

Graphik 11 Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos) / Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1516 bis Augustmesse 1522) in scudi di marchi (Überblick), eigene Darstellung

Trotz den erheblichen Umsatzschwankungen in dieser Phase blieb die Bedeutung des Wechselhandels konstant. Denn die Umsätze gingen fast vollumfänglich auf den Erlös oder die Annahme von Wechselpapieren wie im Fall der Umsätze von der Oster- und der Augustmesse 1516 zurück.371 Der Transfer von Waren spielte in dieser Phase fast gar keine Rolle. Dieser Umstand zeigt sich etwa darin, dass das Kupfergeschäft vom Jahr 1518 zwar durch die Welser-Faktorei in Antwerpen organisiert, aber dann über Lyon verrechnet wurde. Insofern wirkte sich dieser Transfer nicht auf die Beziehungen zwischen den Lyoner Salviati und den Antwerpener Welsern aus, sondern wurde 369 370 371

Vgl. SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 702/DCCII; c. 750/DXXL. Einzig der Ist-Umsatz von 657 scudi di marchi während der Augustmesse 1521 sollte bemerkt werden. SNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 213/CCXIII.

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Graphik 12 Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos) / Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Ostermesse 1516 bis Augustmesse 1519) in scudi di marchi (Detail), eigene Darstellung

Graphik 13 Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos) / Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1519 bis Augustmesse 1522) in scudi di marchi (Detail), eigene Darstellung

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

vom Augsburger Handelshaus unternehmensintern verarbeitet. Allerdings schlug sich dieser Verrechnungsprozess in der Schuldbeziehung der Salviati mit der Antwerpener Faktorei der Welser durchaus nieder: Denn die Welser partizipierten mit 2.218,10 scudi di marchi am Transfer des Kupfers, wie die Gewährung eines entsprechenden Kredits und dessen Rückerstattung am 17. August 1518 zeigen.372 Am 9. Dezember 1517 notierte der Buchhalter der Salviati Gutschriften auf das Konto der Antwerpener Welser-Faktorei über 3.268, 5,6 scudi di marchi. Zulasten der Welser bei der Allerheiligenmesse 1517 gingen 497,8,11 scudi di marchi, bei der Apparitionsmesse 1518 nochmals 2.984,16,3 scudi di marchi.373 Während der Augustmesse 1519 zog die Antwerpener Faktorei der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft einen Wechsel in Höhe von 3.584,15,5 scudi di marchi auf Redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon zum Ausgleich für vier Wechsel nach Antwerpen. Die Welser kassierten dort eine Provision mit Maklergebühr für ihre Leistungen, die bei 2 1⁄2 Promille lag.374 Auf den folgenden Messen setzten die Salviati mit der Antwerpener Welser-Niederlassung weitere Beträge im Wechselhandel um: bei der Apparitionsmesse 1520 mit einem Ist-Umsatz von 1.564,13,7 scudi di marchi zu einem Soll-Umsatz von 1.300 scudi di marchi, bei der Ostermesse mit einem Ist-Umsatz von 719 scudi zu einem Soll-Umsatz von 1.629,3,4 scudi di marchi, bei der Augustmesse mit einem Ist-Umsatz von 264,10 scudi di marchi. Im Gegesatz zum Vorjahr 1519 konnten die Salviati 1520 einen Gewinn auf die Wechsel mit Antwerpen verbuchen.375 Von der Ostermesse 1521 bis zur Augustmesse des folgenden Jahres hielten sich die Wechselgeschäfte mit Antwerpen in engen Grenzen.376 Die beiden Spitzenwerte während der Allerheiligenmesse 1521 und der Apparitionsmesse 1522 gehen vollumfänglich auf ein Wechselgeschäft zurück, welches die Salviati mit der Antwerpener Faktorei der Welser für Piero Spina am Hof durchführten – der leicht höhere Ist-Umsatz ist auf den Vorteil von 219,1 scudi di marchi aus diesem Wechseltransfer zurückzuführen.377

SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. 90/LXXXX: Ant(oni)o Belzzerrj et co d’Anverssa p(er) n(ost)ro chonto de’ tempj deono dare add(ì) 17 d’a[g]osto 1518 lb 658.12.4 di grossi facciamo buoni a chon[e]rj di chonto de’ Belzzerrj d(i) Lione et n(ost)ro et Salviattj et Alam(ann)i d(i) chorte cisachuno p(er) o⁄3 ave(re) und der Kredit: Ant(oni)o Belzzerrj et co d’Anverssa p(er) N(ost)ro [!] chonto de’ tempj deono ave(re) add(ì) p(ri)mo d(i) novembre lb 658.12.4 di grossi levatj da lib(r)o biancho s(egna)to C [a c.] 335 a lib(r)o dare; vgl. c. 272/CCLXXII. 373 Ebd., c. 106/CVI. 374 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 250/CCL; c. 295/CCLXXXXV. Die Abgabe auf die Wechsel mit 2 1⁄2 Promille für Provision und Maklergebühr lag in Antwerpen etwas niedriger als in Lyon, wo man für die reine Provision 2 1⁄4 Promille zahlte und dann noch 2 1⁄4 Promille für das Konsulat aufschlug. 375 Ebd., c. 439/CCCCXXXVIIII: Hier ist es ein Vorteil von 16,7,10 scudi di marchi bei einem Kontenumsatz von 3.100,19,9 scudi di marchi, dort war es ein Verlust von insgesamt 18,16,3 scudi di marchi bei einem Wechselumsatz von 3.565,19,2 scudi di marchi. 376 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 70/LXX; c. 161/CLXI. 377 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 241/CCXLI. 372

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Phase 3: 1524 bis 1527 Zwischen der Allerheiligenmesse 1522 und der Ostermesse 1524 generierte die Geschäftsbeziehung keine Umsätze. Erst mit der Augustmesse 1524 setzte erneut eine umsatzstarke Transfertätigkeit ein, ablesbar an den vergleichsweise hohen Werten über einen Ist-Umsatz von 3.132 scudi di marchi und einen Soll-Umsatz von 3.638 scudi di marchi. Weitere Spitzen wurden mit einem Soll-Umsatz von 5.484 scudi di marchi auf der Allerheiligenmesse 1524, mit einem Ist-Umsatz von 4.879 scudi di marchi während der Apparitionsmesse 1525, mit einem Soll-Umsatz von 5.217 scudi di marchi bei der nachfolgenden Ostermesse, mit einem Soll-Umsatz von 13.317 scudi di marchi im Rahmen der Apparitionsmesse 1527 sowie endlich mit einem Ist-Umsatz von 17.061 scudi di marchi und einem Soll-Umsatz von immerhin 6.347 scudi di marchi zur Zeit der Ostermesse 1527 erreicht. Mit Ausnahme der Augustmesse 1525, die umsatzfrei war, erzielten beide Unternehmen zwischen Lyon und Antwerpen beträchtliche Umsätze, wobei die Soll-Umsätze von 692 scudi di marchi auf der Apparitionsmesse 1525 und die Ist-Umsätze von 847 scudi di marchi auf der Allerheiligenmesse 1525 die deutlich niedrigsten Werte waren (Graphik 14).

Graphik 14 Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos) / Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1524 bis Allerheiligenmesse 1527) in scudi di marchi, eigene Darstellung

Die erhöhten Umsätze während der August- und der Allerheiligenmesse 1524 hingen mit einer hohen Stetigkeit in den zwischen beiden Häusern abgewickelten Wechsel-

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

transfers zusammen.378 Die Salviati und die Welser führten diese Transaktionen noch während der folgenden Messen fort.379 Die Umsätze zwischen der Allerheiligenmesse 1525 und der Ostermesse 1526 wurden ausnahmslos von Wechselgeschäften generiert, wobei auf der Apparitionsmesse 1526 zunächst durch Wechselerlöse zulasten der Antwerpener Welser und dann während der Ostermesse durch Einnahmen aus verkauften Wechseln höhere Umsätze erzielt wurden.380 Etwas geringer fielen die Umsätze während der Augustmesse und der Allerheiligenmesse im Wechselhandel aus.381 Zu Beginn des Jahres 1527 schnellten die Umsätze auf der Grundlage der Wechseltransfers in die Höhe: Allein im März zogen die Salviati Wechsel auf die Faktorei der Welser in Antwerpen über 11.700 scudi di marchi. Im Juli flossen davon 3.809,1,10 scudi di marchi über die Salviati an die Lyoner Welser-Faktorei und 5.346,10 scudi di marchi in ein Einlagenkonto.382 Eine Korrelation zwischen dem Anstieg, dem folgenden Abflauen und schließlich dem enormen Anwachsen der Umsätze bei Wechseltransfers und Wechselkursen lässt sich nur insofern bemerken, als der Wert des scudo di marchi gegenüber dem flämischen Groot verlor und erst im Frühjahr 1527 wieder an Stabilität gewann. Der „Richtungswechsel“ hin zum hohen Gesamtbetrag von Tratten auf Antwerpen im März 1527 muss andere Gründe als die Aussicht auf Arbitragegewinne haben, zumal das entsprechende, am 19. März saldierte Konto mit einem Verlustvortrag von 1.012,0,6 scudi di marchi schloss.383 Auch in dieser Phase gingen die Umsätze fast ganz auf den Handel mit Wechseln zurück. Warenhandel ist weitaus weniger umsatzrelevant für diese Schuldbeziehungen (siehe unten: IV.2.7 Formen der Kooperation). Zum einen spiegelt sich hierin eine Tendenz für die Schuldbeziehungen der Lyoner Faktorei der Welser mit den Salviati wider: Grundsätzlich nahm die Bedeutung des Warenhandels für die Transfers zwischen beiden Unternehmungen in dieser Phase ab. Zum anderen unterstreicht dieser Befund die Wahrnehmung, dass die aus Flandern über den Landweg südwärts transportierten Güter zwischen beiden Unternehmungen in Lyon und nicht in Antwerpen verrechnet wurden. Dadurch passierten manche Güter die Welser-Niederlassung an der Schelde, betrafen aber nur das Schuldverhältnis der Salviati und der Welser in Lyon. SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 55/LV. Ebd., c. 176/CLXXVI. SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 115/CXV. Ebd., c. 207/CCVII. Ebd., c. 355/CCCLV. Ebd., c. CCCLV: Grundsätzlich steht eine Überprüfung der Möglichkeiten des Wechselverkehrs zwischen Lyon und Antwerpen / den Kastilischen Messen aus. Die rechtlichen Rahmenbedingungen wurden in der Forschung bisher verkürzt auf den moralisch-theologischen Diskurs um die Legitimität des Wechselhandels. Phasenweise untersagten Bestimmungen von Seiten der Obrigkeit Wechselgeschäfte mit bestimmten Standorten; dann wiederum trug die jeweilige Gesetzgebung dazu bei, dass Wechseltransfers unattraktiv wurden, wenn etwa ein zu hoher Teil der Wechselbeträge in Bargeld bezahlt werden musste. Diese Informationen müssen mühsam zusammengeklaubt werden. 378 379 380 381 382 383

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Phase 4: 1532/33 Die letzte Phase der bilateralen Umsatzentwicklung zeigt sich für das Jahr von der Allerheiligenmesse 1532 bis zur Augustmesse 1533. Von 1.700 scudi di marchi erhöhten sich die Ist-Umsätze auf 3.630 scudi di marchi während Ostermesse 1533, als der Soll-Umsatz mit 8.128 scudi di marchi letztmalig einen Spitzenwert erreichte. Der Umsatz während der Augustmesse 1533 beschränkte sich auf bescheidene 110 scudi di marchi. Die Ist-Umsätze betreffen ausschließlich den Erlös aus Wechseln (Graphik 15). Nach fünf Jahren ohne Umsätze zwischen den Welsern in Antwerpen und den Salviati in Lyon kam es zu einem plötzlichen Anstieg, der auf ein umfangreiches Warengeschäft mit 10.000 Stück Leder zurückzuführen ist. Die Refinanzierung erfolgte während der Allerheiligenmesse 1532 sowie auf den beiden nachfolgenden Messen über eine Serie von Wechseln, die die von den Salviati getätigten Hinwechsel ausglichen.384 Die letzten Umsätze zwischen beiden Standorten der Welser und der Salviati wurden mit 2.230 scudi di marchi während der Ostermesse 1544, mit einem Ist-Umsatz von 460 scudi di marchi bei der Ostermesse 1545 und mit einem Ist-Umsatz von 69 scudi di marchi auf der nachfolgenden Augustmesse erzielt.

Graphik 15 Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos) / Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1524 bis Allerheiligenmesse 1527) in scudi di marchi, eigene Darstellung

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SNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. 137/CXXXVII.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

IV.2.7

Formen der Kooperation mit der Faktorei der Welser in Antwerpen

Die quantitative Analyse der Schuldbeziehungen zwischen der Faktorei der Welser in Antwerpen und der Lyoner Gesellschaft der Salviati legt zwei Schlüsse nahe: erstens, dass der Wechselhandel einen höheren Beitrag zu den Umsätzen innerhalb dieser Beziehung generierte als der Warenverkehr; zweitens, dass sich die Schuldbeziehung in diesem Fall wenig von anderen dyadischen Beziehungen zwischen beiden Orten unterschied. Allerdings zeigt sich, dass dieser Befund stark der anhand der Überlieferungssituation gewählten Optik unterliegt und dass sich Lyon wenigstens innerhalb dieses Kontextes als maßgeblicher Ort der Abrechnung darstellt. Eine Dimension der Kooperation der Salviati mit der niederländischen Faktorei der Welser bestand im Import von Waren, welche die Welser als Kommissionäre für die Salviati in Brügge bzw. Antwerpen erwarben. Dabei handelte es sich vorwiegend um Einfuhren aus England und Irland, deren Transfer nach Lyon zumeist auch dort abgerechnet wurde wie im oben erwähnten Fall des 1510 von Flandern nach Pisa gelieferten Leders.385 In einem solchen Zusammenhang trat die flämische Niederlassung der Welser in der Rolle als Vermittlerin und Zwischenhändlerin auf.386 Die Bezahlung erfolgte nicht selten durch Wechsel, die die Salviati auf Geschäftsfreunde in Flandern zogen wie im Fall von 650 scudi di marchi, die während der Septembermesse in Antwerpen durch die Florentiner Lionardo Frescobaldi & Co an einen englischen Verkäufer entrichtet wurden.387 Ein zweites Geschäftsfeld, das quantitativ von größerer Bedeutung war, bestand im Wechselhandel. Die Fragmente der Schuldbücher S von 1523 und U von 1528–31 der Antwerpener Faktorei von Bartholomäus Welser zeigen umfangreiche Wechseltransfers insbesondere zwischen den Kastilischen Messen und der Messestadt an der Schelde.388 Das Journal X verweist im Februar 1532 auf Wechsel von Lyon an Simone Pecori in Höhe von 357,10,10 Pfund flämisch für 1.250 1⁄4 scudi di marchi.389 Die Florentiner Lionardo Frescobaldi & Co blieben für die Salviati ein wichtiger Partner im Wechselgeschäft. Während der Ostermesse 1516 trug der Buchhalter der Salviati in Lyon eine Rimesse über 1.647,12,8 scudi di marchi ein, die die Salviati an die

SNS, AS, I, 440 (L DebCred AA), c. 278/CCLXXVIII. Vgl. Häberlein, Asiatische Gewürze; ders., Atlantic Sugar. SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. 309 (Ant(oni)o Belzeri et chomp(ag)ni di Lione): E 𝛻 650 di m(archi) p(er) 𝛻 660 di 66 a 69 7⁄8 t(rat)to fatto loro lett(ere) p(er) f(ier)e d’Anv(er)sa di settenb(re) ne’ Freschobaldi jn loro medesimi et t(ra)tt(e)mo a Frescobaldi p(er) lui Ghurone di Lond(ra). 388 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 240 f. (Ant 1.32–49, c. 102/102r); S. 250 f. (Ant 3.2–15, c. …/…r). 389 Ebd., S. 256 (Ant 4.13): Addi – ditto soll vns vnser fraindt buch B / per Simo(n) Pechori e c(ompagnia) / lb 357.10.10 / souill sey wir im in gemelltte(m) buch schuldig fir 1’230 1⁄4 𝛻m(archi) zuo 69 3⁄4 gr per 𝛻 w(exe)ll geltt vo(n) Lio(n). – Zu Simone Pecori, der mindestens in den 1540ern und 1550ern für die Augsburger Unternehmung Neidhart als Geschäftsführer und Strohmann in Lyon auftrat: Häberlein, Brüder, S. 126–128. 385 386 387

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Brabanter Faktorei der Welser zugunsten Lionardo Frescobaldis in London schickten. Die Rückzahlung wickelte Frescobaldi auf der folgenden Messe über die Faktorei der Welser in Flandern ab, zu deren Gunsten die Lyoner Salviati den Betrag erstatteten. Dieses Konto verzeichnet einen ansehnlichen Gewinn von 79,14 scudi di marchi. Dieser Umstand zeigt deutlich, weswegen die Kaufmannbankiers auf eine solche Operation zwischen beiden Standorten zurückgriffen: Zum einen ermöglichte das Wertgefälle, bei dem der scudo di marchi im Zuge des Wechsels nach Antwerpen höher und bei der Rückzahlung in Lyon niedriger validiert wurde, einen Gewinn für den von Lyon aus agierenden Händler.390 Zum anderen wurde je nach Konstellation (Nostrokonto oder Lorokonto) eine Kommissionsgebühr (provisione) erhoben. Im Dezember 1517 und im Februar 1518 wechselten die Salviati höhere Beträge mit Lionardo Frescobaldi & Co sowie den Florentinern Giovanni Federighi & Co über Brügge auf das Konto der Antwerpener Faktorei der Welser sowie mit den Lucchesen Niccolò Buonvisi & Co in Flandern. Obwohl eine Reihe von Wechselgeschäften getätigt wurde, ließen sich die Kursdifferenzen weniger gut ausnutzen als zuvor.391 Giovanni Federighi trat als wichtiger Kommissionär für die Salviati in Antwerpen auf. Seine Handlung an der Schelde wurde wiederholt in Wechselgeschäfte, die über die dortigen Welser – oder über die Faktorei von Andreas Rem & Gebr. – liefen, einbezogen.392 Mit der zunehmend komplexeren Anlage der Geschäfte, die die Salviati mit den Welsern tätigten, wurde die Faktorei der Welser in Antwerpen in die Kapitaltransfers der Florentiner Kaufmannbankiers von Frankreich nach Italien einbezogen. Als am 29. November 1518 der Papstbankier Iacopo Salviati seinem Onkel Giovanni de’ Medici, Papst Leo X., 7.707,11,7 scudi di marchi als Kredit in Lyon gutschrieb, investierten die Lyoner Salviati davon 691 scudi di marchi in den Ankauf eines Wechsels der Welser aus Antwerpen, die verbleibenden 7.016 scudi di marchi verschoben sie in ein Einlagenkonto. Die gleiche Operation führten sie für ihren Verwandten Alberto Salviati durch, der SNS, AS, I, 455 (L DebCred BBBB), c. 213: Ant(oni)o Belzzerj e co d(i) Bruggia p(er) n(ost)ro chonto chorrente deono dare in fiera di pasqua 1516 𝛻 1673.θ di 66 rim(es)to [!] loro p(er) n(ost)re lett(e)re p(er) vso della prox(i)ma fiera di pentechoste i(n) loro medesimj a g(ross)o 71 1⁄2 p(er) 𝛻 di 66 p(er) lla v(alu)ta chontj annoj a qvj t(rae)mo p(er) L(ionar)do F(rescobal)ddi di Lond(r)a p(er) luj ap(ar)te ave(re) und ebd., c. CCXIII: Ant(oni)o Belzzeri e co d(i) Bruggia p(er) n(ost)ro chonto chorrente deono ave(re) in fiera d’aghosto 𝛻 1727.6.8 di m(arch)i rim(ess)i p(er) loro lett(e)re de dj [[lacuna]] dj [[lacuna]] p(er) q(uest)a fiera d’aghosto dannoj medex(im)i chontj a loro a v(alut)a 69 1⁄4 p(er) 𝛻 che tras[s]ono p(er) L(ionar)do F(recobal)di d(i) Lond(r)a p(er) luj ap(ar)te dare. Der Vorteil aus dieser Operation beträgt 4,85 Prozent. – Vgl. Matringe, L’entreprise, S. 253–318. 391 SNS, AS, I, 453 (L DebCred D), c. 106/CVI. 392 Vgl. SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 84v: An Giovanni Federighi in Antwerpen, 28.7.1519: Et ristatj a paghamentj et avervj paghato li 𝛻 3075 3⁄4 alli Rem e da Belzerj avevj p(r)eso lb 700 d(i) g(ross)o (e) fattone loro quitanza (e) postj a n(ost)ro conto (e) avevj a[v]uto parte di paghamento dellj 𝛻 1000 (e) n’a(visate)[.] attendiamo il partichulare di t(ut)to p(er) poterlo come voj aconc[i]are p(er) andare aco(r)do; c. 94v: An Andreas Rem & Gebr. in Antwerpen, 5.9.1519: E 𝛻 159 11⁄20 di g(rossi) al p(r)egio da G(iovann)i Federighi p(er) n(ost)ra l(etter)a contj a noj mitt(iam)o 𝛻 659 11⁄20 e chon q(uest)a arete le ij p(ro)m(esse) del ca(m)bio fatto d’av(er)ne p(r)om(essa) (e) al tempo paghamento chompor a chonto de li v(ost)ri d’Avghusta e loro hordine ne segh[u]imo e s(o)nno sutj vantagiatj che a mancho di 68 si sono fatto la più p(ar)te. 390

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

den Erlös zweier Wechsel zu insgesamt 2.307,7 scudi di marchi neben einer Gutschrift über 628,8,7 scudi di marchi in Lyon als Darlehen einzahlte. Sie erwarben für Alberto Salviati in Höhe von 2.499,13,4 scudi di marchi einen Wechsel bei der Antwerpener Faktorei der Welser und überwiesen den Rest von 630 scudi di marchi auf das erwähnte Einlagenkonto. Die Spesen für den neuen Vertrag über den im französischen Königreich erhobenen Zehnt in Höhe von 1.169,6,1 scudi di marchi ließen Redi di Alamanno Salviati & Co ebenfalls über einen Wechselbrief der Antwerpener Welser laufen.393 Auch die Wechselgeschäfte während der Augustmesse 1519 folgten einem ähnlichen Muster. Am 30. August zog die Antwerpener Faktorei der Welser Wechsel auf Redi di Alamanno Salviati & Co zu insgesamt 3.584,15,5 scudi di marchi. Zwar lief der Wechselbrief über Bartolomeo Nasi & Co in Höhe von 1.191,4 scudi di marchi auf das Kontokorrent, aber die drei weiteren Wechsel über die Grimaldi zu 1.600 scudi di marchi, über Pitti und Bini zu je 400 scudi di marchi sowie über die Sauli zu 393,11,5 scudi di marchi gingen auf das Nostrokonto aparte S. Diesen Kontentitel vergaben die Lyoner Salviati für Operationen, die dem Kapitaltransfer innerhalb der Unternehmensgruppe Salviati („S“)394 dienten. Überdies waren der Wechsel nach Antwerpen an den Florentiner Korrespondenten Giovanni Federigo über 2.491,12 scudi di marchi und die am selben Tage getätigten Rückwechsel als Kreditgeschäft gestaltet, wie dem Einsatz des Apartkontos zu entnehmen ist. Die Lyoner Salviati tätigten die Wechsel auf Kredit der eigenen Unternehmung. Immer noch am selben Tag bezahlten Redi di Alamanno Salviati für einen Wechselbrief der Antwerpener Welser 2.000 scudi di marchi, den das Stammhaus Averardo e Battista Salviati & Co in Florenz in Auftrag gegeben hatte. Die Florentiner Bank erhielt einen Wechsel, gebucht auf den 1. September, durch den Geschäftsfreund Matteo degli Strozzi mit 2.460,4,4 scudi di marchi zurück.395 Das NostroSNS, AS, I, 469 (L DebCred E), c. 111/CXI: Leon pap(a) X sop(r)a d’Iac(op)o Salviattj d(i) Fi(ren)zze de dare in fiera d(i) tuttj santj addj 29 dj novenbre 𝛻 691 di m(arch)i trasoccj p(er) luj d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(e)re de dj p(ri)mo d’ottobre p(er) q(uest)a fiera di t(ut)ti santj ne loro ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 3 in som[m]a di 𝛻 5449 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(alu)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re); Alberto Salviattj d(i) Parigi p(er) luj ap(ar)te Z de dare in fiera di t(ut)ti santj addj 29 d(i) novenbre 𝛻 2499 2⁄3 di m(arch)i trasonccj p(er) luj d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(e)re de dj p(ri)mo d’ottobre p(er) q(uest)a fiera d(i) tuttj santj ne’ loro ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 3 in som(m)a di 𝛻 5499 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(sci)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re); Spese della nuova Decima et crocietta de dare in fiera d(i) t(ut)ti santj addj 29 dj novenbre 𝛻 1169 7⁄23 di m(arch)i trasocj p(er) ley d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(ere) de dj p(rim)o d’ottobre p(er) q(uest)a fiera di t(ut)ti santj ne loro ave(re) a lib(r)o di fiera [a c.] 3 in som(m)a dj 𝛻 5499 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(sci)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re): Die Welser-Faktorei Antwerpen erhielt im Messebuch die Gutschrift für den barbezahlten Wechsel: damit erschienen nicht sie, sondern die jeweiligen Schuldner der Salviati – Leo X., Alberto Salviati, die Spesen des Zehnt – im Schuldbuch (libro debitori e creditori) im Konto mit diesem Geschäft. Die Schuldbeziehung zwischen den Welsern und den Salviati betraf diese Operation nicht – nur im Messehandel glichen die Salviati für die Welser aus. 394 Der Kontotitel als Nostrokonto apparte S taucht bereits im vorigen Kapitel auf, unter III.4.2. 395 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 250/CCL; c. 295/CCLXXXXV: Ob die Wechselbriefe nicht datiert wurden, weil die Kurse unterschiedlich angesetzt waren oder weil es bei der Verrechnung am 30.8. nicht auf das Ausstellungsdatum ankam, muss offenbleiben. Allerdings kann unterstellt werden, dass nicht alle Geschäftsfreunde am selben Tag zum selben Kurs wechselten: Ant(oni)o Belzzerrj et co d’Amverssa p(er) n(ost)ro 393

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

konto apparte S wurde auch bei einem in drei Teile partionierten Wechsel genutzt, als die Salviati für den Pfingstmarkt 1521 840 scudi di marchi auf die Welser in Antwerpen zogen.396 Hierbei zeigt sich die Position der Welser, die im Verlauf von Kapitalverschiebungen der Salviati den Vorzug von Standorten in zwei Währungsräumen ausnutzen konnten. Die Operationen integrierten den profitträchtigen Wechseltransfer zwischen Lyon und Antwerpen, wobei die Welser mit dem Ankauf der Wechselbriefe an der Schelde beauftragt waren und die fälligen Provisionen einbehalten konnten. Auf den 30. Oktober 1521 datiert ein Wechsel in Höhe von insgesamt 3.907,0,2 scudi di marchi, den die Salviati auf die Faktorei der Welser in Antwerpen in fünf Tranchen zogen. Als Trassatin kaufte die Niederlassung 1.320 scudi di marchi vom Bankier Tommaso Cordes, welche Buonaventura Micheli & Urbano Parensi in Antwerpen bezahlt hatten; 857,3,6 scudi di marchi von Niccolò Morovelli & Co (ebenfalls von Micheli e Parensi finanziert); 817,17 scudi di marchi von Francesco del Rio, Garcia de Castro & Alonso de Santa Gadea; 500 scudi di marchi von Girolamo Guicciardini & Co (bezahlt von Francesco e Lionardo Mannelli) sowie 411,18,8 scudi di marchi von Giovanni e Francesco Federighi. Diese Transfers liefen über das oben bereits erwähnte Nostrokonto apparte S der Salviati.397 In die Kapitaltransfers unter dem suo conto apparte S für chonto ap(ar)te S deono dare in fiera d’aghosto addj 30 d’aghosto 𝛻 1600 di m(arch)i trasonccj p(er) loro lett(e)re de dj 13 dj lugl(i)o p(er) q(uest)a fiera d’aghosto a g(ross)o 70 3⁄8 p(er) 𝛻 ne’ Grimaldj ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 154 a v(sci)ta [a c.] 171 alla chassa ave(re) und ein niedrigerer Kurs: Et in detta addj detto 𝛻 393.11.5 d(i) m(arch)i trasonccj p(er) loro lett(e)re de dj [[lacuna]] dj [[lacuna]] p(er) detto t(emp)o a g(ross)o 70 1⁄3 p(er) 𝛻 ne’ Saulj ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 155 a v(sci)ta alla chassa ave(re). Zum Wechsel auf das Apartkonto C von Averardo et Battista Salviati & Co di Firenze: Averardo et Batista Salviattj et co di Fi(ren)zze p(er) loro ap(ar)te C deono dare in fiera d’aghosto addj 30 d’aghosto 𝛻 2000 di m(arch)i trasonccj p(er) loro d’Anv(er)ssa e’ Belzzerrj p(er) loro lett(e)re de dj [[lacuna]] dj [[lacuna]] p(er) q(uest)a fiera d’aghosto ne’ Buonvissi e Michellj ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 140 a v(sci)ta [a c.] 171 alla chassa ave(re). 396 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 47v: An Bartholomäus Welser in Antwerpen, 15.5.1521: P(er) chontto no(st)ro ap(ar)te .S. v’abiamo t(rat)to p(er) vso di f(ier)a di pantechost(e) [!] p(r)o(i)ma ./. 𝛻 150 – di 66 a g(ross)i 69 1⁄3 in Andrea Guttieres avutj da Bonvisj e Michelj / 𝛻 350.– di 66 al p(r)egio in Franc(esc)o di Charres av[u]ttj da dettj Bonvisj e Michely / 𝛻 340.– di 66 a 69 3⁄8 in Alonso di Santa Ghattea contj a nnoj in t(ut)to in iij p(ar)titte // 𝛻 840.– di 66 che ne farette p(r)omes[s]a e al tempo pagham(en)to chonpore al djtto chontto[.] Et quello vi mancherà da noj p(er) f(ier)a d’aghosto vi valette che potrettj chontarvy qv(el)lo v’avanzerà p(er) il co(n)to .G. facendo a t(ut)ti il dovere. Das Konto aparte G gab es sowohl als Nostrokonto als auch als Lorokonto. Die Logik der Operationen hätte durchaus zugelassen, vom Nostrokonto aparte S auf das Lorokonto aparte G umzubuchen, aber hier ist die Lesart eindeutig. 397 Ebd., c. 55v: An Bartholomäus Welser in Antwerpen, 2.10.1521: P(er) n(ost)ro ap(ar)tte .S. v’abiamo t(rat)to p(er) di xxx di q(uest)o le ap(r)esso p(ar)tite[:] 𝛻 857.3.6 di 66 a g(ross)i 70 1⁄2 in Nic(col)ò Morvelj e co in s(enseri)a dj 𝛻 1750.15.– a[v]utj da Michelj e Parensj / 𝛻 500.– di 66 a g(ross)i 70 1⁄3 in Girolamo Guic[i]ardinj e co a[v]utj da Fra(n)c(esc)o (e) L(ionar)do Manellj / 𝛻 817.17.– di 66 al p(r)egio in Franc(esc)o del Rio (e) Grazia de Castro (e) Alo(n)so de Santa Ghadea co(n)ticj / 𝛻 411.18.8 di 66 al p(r)egio in Gioanj e Franc(esc)o Federighj e co contj a noy / 𝛻 1320.– di 66 al p(r)egio in Tomaso di Cordes a[v]uto da Michellj et Parennsj[.] in t(ut)to / 𝛻 3907.–.2 di 66 che vi piazerà farne p(r)omesa e al tempo paghamento conporre al detto conto e quello vi mancherà da noj apunt[o] vi valete p(er) fiera di t(ut)ti santtj vantagiandocj jl posibile chome in voy s’à fede. Die Formulierung vantagiandocj jl posibile bedeutete, dass die Welser das Kursgefälle zwischen Lyon und Antwerpen (den Messen in Brabant) zugunsten der Salviati weitgehend ausnutzen sollten; die Welser selbst kassierten eine Provision. – Geffcken/Häberlein, Rechungsfragmente, S. 238–240: Die Unternehmung Girolamo Guicci-

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Iacopo Salviati wurden auch Jakob und Peter Helbling, die in den Rechnungsfragmenten der Welser bei anderen Transaktionen als Begünstigte erschienen398, integriert, als die beiden Bürger von Fribourg eine Rimesse von der Antwerpener Faktorei der Welser empfingen. Den Wechsel bezahlten zunächst die Welser in Lyon mit 446,12,9 scudi di marchi, die ihnen die Salviati am 30. September 1522 gutschrieben. In diesem Zusammenhang handelten die Welser im Auftrag der Helblings. Am selben Tag zogen die Antwerpener Welser einen Wechsel über 1.184,5,8 scudi di marchi auf die Salviati in Lyon.399 Die Buchführung der Salviati bietet die Möglichkeit, die beinahe zeitgleich ablaufenden Operationen zu erfassen und die geschäftlichen Praktiken darzustellen. Die Bedeutung, die die Salviati diesem Konto apparte S beimaßen, exemplifiziert der Transfer von 100 Mark Gold am 5. Januar 1522. Redi di Alamanno Salviati & Co zogen auf die zur Unternehmensgruppe gehörigen Firma Averardo Salviati & Co in Neapel einen damit korrespondierenden Wechsel über 6.500 scudi di marchi. Die Lyoner Niederlassung der Welser kaufte diesen Wechselbrief für Bargeld ab und sandte die Rimesse nach Neapel.400 Der Buchhalter der Salviati trug den Rückwechsel am 21. März 1522 ein: Averardo Salviati & Co stellten einen Wechselbrief über 104,7,12,15 Mark Gold aus und schickten die entsprechende Rimesse an die Welser in Lyon, wo die Salviati den Wechsel einlösten.401 Damit exemplifiziert das Apartkonto „S“ die Integration von Bartholomäus Welser & Mitverwandte in die Kapitalverschiebungen der Salviati (vgl. Kapitel III.4.2).

ardini & Co ist im Wechselhandel von Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen nachzuweisen (April 1523, Ant 1.14–17 und Ant 1.23–26 sowie Ant 1.32; 1.33; 1.42); S. 242 (April 1523, Ant 1.50). Kellenbenz, Die Fugger, S. 87 (Garcia de Castro). 398 Geffcken/Häberlein, Rechungsfragmente, S. 99 (Z 8.9: September/Oktober 1923): [[Item Lionn]] [soll] vnns addi ditto / auss aym zedl von Antorff / [[habben die]] [vnnse]rn von Antorff addi 16 agusto von inen selbs zuo [[wexel]] [genome]n auff Bernardo e Antt(oni)o Ghonndi e c(om)p(ania) per loro [[conto corrente]], 572 6⁄11 𝛻 di m(archi) zuo 68 7⁄8 gr per 𝛻, so [[ fill sellen]] [geme]lt Ghonndi zuo Lionn diss augst mess dem Jac(ob)o [[vnd Petter]] [Hel]bling odder irem p(r)ochurator zalen. 399 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 323: Iachopo Salviati di Firenze p(er) suo chonto aparte .S. de dare): Et addì detto mi 𝛻 447 7⁄11 di m(arch)i t(rat)t(o)ci p(er) lui d’Anversa e’ Belzeri a g(ross)i 68 7⁄8 p(er) 𝛻 p(er) loro l(etter)a p(er) detto tenpo in Iac[opo] et Piero Heblingh et p(er) loro si fan(n)o buoni a Bart(olome)o Belzeri e conp(agni)a chome loro prochuratori av(er)e a lib(r)o di f(iere) [c.][[lac]] a v(sci)ta [a c.] c(ass)a und der Wechslebrief über 1.184,5,8 scudi di marchi: Et addì detto 𝛻 1184 2⁄7 di m(arch)i a g(ross)i 68 7⁄8 t(rat)t(o)ci p(er) lui d’Anversa Bart(olome)o Belzeri e conp(agni)a p(er) loro l(etter)a de di 16 d’aghosto p(er) uso di detta fiera in noi medesimj conti a loro et rimessi 𝛻 48 16⁄17 di m(arch)i p(er) noi corrente avere [a c.] 341 et 𝛻 1135 1⁄3 di m(arch)i p(er) Michele di Villanuova avere. 400 Ebd., c. CCII: Iachopo Salviati aparte .S. p(er) suo chonto chorrente de havere; hierunter: Et addì detto m(arch)i 100 d’(or)o – d’(or)o [!] t(rat)t(e)mo p(er) lui a Napoli a n(ost)rj Salviatj p(er) dì 5 di gennaio p(r)oximo in loro medesimj a duc 66 3⁄8 di k(arlin)i p(er) m(ar)co p(er) la valuta da Bart(olome)o Belzerj e conp(agni)a dare a libro di fiere [a c.] 75 a ent(rat)a [a c.] 21 cassa dare. 401 Ebd., c. 265: Averardo Salviati e conp(agni)a di Napoli p(er) n(ost)ro chonto aparte deono dare in fiera d’apparizione addì xxj° di marzo m(arch)i 104.7.12.15 d’oro t(rat)t(o)ci p(er) loro l(etter)a p(er) uso di questa fiera d’apparizione a duc 63 1⁄4 di k(arlin)i p(er) m(ar)co ne’ Belzeri avere a libro di fiere [a c.] 114 a v(sci)ta [a c.] 128 cassa avere.

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Der nunmehrige Leiter der Niederlassung in Lyon, Lionardo Spina, selbst nutzte das Apartkonto „S“ für umfangreiche Wechseltransaktionen, bei denen die compagnia der Salviati in Lyon zum 15. Januar 1519 insgesamt 7.801,15,6 scudi di marchi auf verschiedene Geschäftspartner zog. Die Antwerpener Faktorei der Welser nahm die dazugehörigen Rimessen in fünf Partien an: 2.000 scudi di marchi waren für Gian Marion oder Jacopo Baso vorgesehen, 1.980 scudi gingen an die Florentiner Antonio e Filippo Gualterotti & Co, 309,12,6 scudi di marchi an Giovanni Federighi & Co sowie 212,3 scudi di marchi an Gregorio da Jalla (D’Ayalla?). Der größte Anteil war mit 3.300 scudi di marchi den Welsern selbst zugedacht. Die Salviati erschienen dabei als Auftraggeber der Augsburger, die Kursgewinne wurden mit den Empfängern verrechnet.402 Diese Summe zogen die Antwerpener Welser in der Folge vermutlich auf die Salviati in Florenz, um in deren Auftrag ein Dreiecksgeschäft durchzuführen.403 In diesen Zusammenhang fiel auch ein Wechsel über 2.108,0,10 scudi di marchi, der während der Septembermesse 1521 von der Welser-Faktorei in Antwerpen auf das Konto Piero Spinas am französischen Hof gezogen wurden. Der dazugehörige Brief war an die Lucchesen Antonio e Ludovico Buonvisi & Co in Lyon gerichtet. Der Rückwechsel zum selben Zeitpunkt umfasste fünf Partien, die zulasten Piero Spinas nach Antwerpen an Iacopo e Tommaso Cordegli in Höhe von 660 scudi di marchi, an Francesco di Baldassare Pau über Bartolomeo Nasi & Co in Höhe von 1.500 scudi di marchi und in Höhe von 500 scudi di marchi (zum günsigeren Kurs) an Bernardino da Castiglio in Höhe von 58,15 scudi di marchi sowie an die Welser selbst in Höhe von 279,18,4 scudi di

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 8v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 6.12.1518 (ebd., c. 8r–9r). – Warum Lionardo Spina in diesem Brief erklärt, man habe auf Brügge gezogen, lässt sich nicht ermitteln. Spina selbst erklärt: et djtte tratto p(er) n(ost)ro comto vi si sono fatte p(er) dì 15 di gennaio [[1519]] a B(r)ugia et quando chostj in Anversa; auch bleibt der Grund für die unterschiedlichen Kurse für die Wechsel unklar. In den entsprechenden Abmachungen wurden die Kurse festgesetzt, allerdings mochte der Kurs an das Datum der Rimesse angepasst werden. Der Betrag von 3.300 scudi di marchi, der auf die Welser in Antwerpen gezogen wurde, müsste (in gestückelter Form) als Schuld im Konto auftauchen; vermutlich sind aber alle Geschäfte hier im Messehandel verrechnet, so dass sie im Schuldbuch eben nicht auftreten: P(er) mio conto ap(ar)te S v’abiamo tratt[o] a B(r)ugia p(er) dj xv dj gennaio p(re)sento – / 𝛻 1980 dj 66 a g(ross)i 70 1⁄2 p(er) 𝛻 in Ant(oni)o et Filippho [!] Ghualt(erot)ti et (compagni) avuttj da B(ar)ttolinj / 𝛻 3300 dj 66 a g(ross)i 69 1⁄8 p(er) 𝛻 in voj medesimj avuttj da v(ost)rj / 𝛻 2000 dj 66 a g(ross)i 70 1⁄2 in Gian Marion / o / Jac(op)o Baso a[v]uttj de loro / 𝛻 212 3⁄20 di 66 a g(ross)i 69 1⁄4 in Greghoro da Jalla chontj a noj / 𝛻 309 5⁄8 di 66 al p(r)egio in Giovannj Federighj chontj a noj tuttj in .v. partite = 𝛻 7801.15.6 di 66 (scudi di 66 bedeutet: es handelt sich um scudi di marchi, deren Geldwert auf 66 scudi di marchi pro Mark Gold – marco – in Lyon fixiert ist). 403 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 95v: An Anton Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 5.9.1519: P(er) chonto de li n(ost)rj d(i) Firenze n’avete t(ratta)to in più p(ar)tite 𝛻 3400 --- d(i) m(archi) che si sono p(r)om(essi) (e) pag(a)ti (e) postj a loro chonto e sechondo chonpere e chariche che alla buonora sia[.] abiamo ma(n)dato le n(ost)ri a Firenze e da loro sarette di t(ut)to avisattj. Dabei handelt es sich dem Anschein nach um die Weiterbearbeitung der in fünf Wechsel gestückelten Partie über insgesamt 3.300 scudi di marchi vom 15.1.1519. Üblich war durchaus, dass die Beträge von Hin- und Rück-/Weiterwechseln nicht exakt übereinstimmten. 402

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

marchi gingen. Für den Gesamtbetrag standen die Welser in Antwerpen mit 2.998,13,4 scudi di marchi ein.404 Im folgenden Januar hielten die Welser ein Konto bei Redi di Alamanno Salviati & Co für Piero Spina, auf dessen Weisung hin die Salviati einen partionierten Wechsel über insgesamt 6.799,1,4 scudi di marchi auf Brügge zogen. Die höchste Rimesse wurde mit 1.950 scudi di marchi auf die Genuesen Damiano Palavicini & Agostino Centurione – an deren Stelle Palavicini in Brügge zahlte – ausgestellt. Eine Rimesse über 1.013,18 scudi di marchi erfolgte auf die Florentiner Giovanni Vernacci & Pier Filippo Gianfigliazzi (für die die Florentiner Uguccioni aufkamen), zwei weitere über 990 scudi di marchi auf die Genuesen Leonardo e Francesco Spinola und auf Raffaello Squarace Fico (für beide standen die Genuesen Pansani ein) sowie über 890,11 scudi di marchi auf den Genuesen Gregorio Lomellini (gezahlt von dessen Landsleuten Paolo e Domenico Sauli). Ein Betrag von 660 scudi di marchi lief auf Tommaso e Gian Cordes und 304,12,4 scudi di marchi auf besagten Pier Filippo Gianfigliazzi (ebenfalls von den Uguccioni bezahlt). Den Zahlungsausgleich der Wechselbriefe nahmen die Welser in Brügge vor. Die Auftraggeberschaft der Welser lässt sich daran nachvollziehen, dass die Operationen auf das Lorokonto apparte G vorgenommen wurden. Dieser immense Wechsel sollte durch einen entsprechend angesetzten Rückwechsel ausgeglichen werden.405 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 222v–223r: An Bartholomäus Welser, Antwerpen, 7.9.1520: P(er) conto di P(ie)ro Spina ne traestj 𝛻 2108 1⁄23 ne’ Bonvisj che si sono pro(messi) e pag(a)tj e postj a tal conto p(er) chonto del quale Piero Spina vi s’è t(rat)to p(er) la [!] f(ier)a di sett(embre)[.] le p(ar)tite ap(r)esso /. di là /--:--/------- 𝛻 660 di 66 a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) 𝛻 in Iac(op)o e Tom(as)o di (C)hordegli avutj da Giovannj di (C)hordegli et 𝛻 1500 di 66 al p(r)egio in Franc(esc)o di Baldasarre di Pau in asenza in P(ie)ro Lopes da Nasj et 𝛻 500 di 66 a g(ross)i 70 p(er) 𝛻 nel detto on asenza nel detto avutj da dettj et 𝛻 58 3⁄4 di 66 a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) 𝛻 in B(er)nardino del (C) hastiglio contj a nnoj et 𝛻 279 11⁄12 di 66 al p(r)egio in voj m(ede)simj (c)hontj a nnoj e rim(essi) p(er) voj ap(ar)te G. -:- jn t(ut)to 2998 2⁄3 di 66 (c)he lj in a⁄3 p(er)sona vi piacerà farne p(r)om(essa) e pag(amen)to e lj da noj nota e ne pax(a)te la scriptt(ur)a (c)honporre a suo (c)honto e quello vi mancherà p(er) luj appunto da nnoj ve ne valete p(er) fiera di tuttj santj e tutto sop(r)a di noj vantagiandolo il posibile (c)home di voj si (c)honsida. Während der Septembermesse (in Brügge?) wickelten die Salviati auch einen in zwei Partien partionierten Wechsel ab, den sie im Auftrage der Welser (per vostro conto aparte G) – in einem Lorokonto – über 609 1⁄4 scudi di marchi remittierten. 405 SNS, AS, I, 475 (L DebCred EE), c. 6v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 5.12.1520: P(er) chonto del ditto P(ie)ro Spina di chorte sop(r)a di voj v’abiamo t(rat)to p(er) là 15 di giennaio a B(r)ugg[i]a 𝛻 1950 di 66 a g(ross)i 70 1⁄4 p(er) 𝛻 in Damiano Palavisinj e Aghostino Centurio(ne) da Palavix(ini) / Et 𝛻 660 di 66 al p(r)egio in Tomaso e Gian di (C)hordes da loro / Et 𝛻 1013 9⁄10 di 66 al p(r)egio in Giovannj V(er)naccj e Piero Filippo Gianfigliazzj da Ughucc[i]onj / Et 𝛻 304 37⁄60 al p(r)egio in Pierfilippo Giamfigliazj avutj da dettj Ughuccionj / Et 𝛻 890 11⁄20 di 66 al p(r)egio in Greghorio Lomellino avutj da Paolo e Dom(eni)co Saulj / Et 𝛻 990 di 66 a g(ross)i 70 p(er) 𝛻 in L(eonar)do e Franc(esc)o Spinolj avutj da Pansanj / Et 𝛻 990 di 66 al p(r)egio in Rafaello Squarace Fi(c)ho avutj da dettj Pansanj ./. In t(ut)to sono 𝛻 6799 1⁄15 di g(rossi) al p(r)egio che vi piacerà farne p(r)omessa e al tenpo paghamento chompore a chonto del ditto P(ie)ro Spina e quello vi mancherà p(er) luj apunto da nnoj ve ne valete p(er) f(ier)a d’apparizione p(r)ox(i)ma che àranno boniservo chompiu(tamen)to e chome si dice sop(r)a di voj v’a[v]ut(o)li qvanto ne rimettestj p(er) chonto vo(st)ro ap(ar)te G[.] se n’è achonc[i]o la scriptt(ur)a e posto a tal chonto e di nuov(o) p(er) il ditto chonto vo(st)ro ap(ar)te G vi s’è rim(esso) p(er) li xv di giennaio. – Die Formulierungen ve ne valete und se n’è achonc[i]o zeigen, dass das Konto durch die Salviati „verwaltet“ wird und dass die Salviati für die Operationen die fälligen Provisionen einziehen würden (entsprechend würde der Rückwechsel in Anpassung an das Kursgefälle zusammenge404

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Eine vergleichbare Konstruktion wurde bei einem Wechsel zulasten Piero Spinas über 1.868,13,4 scudi di marchi am 30. Januar 1522 eingesetzt. Dabei erwarben die Welser in Antwerpen einen Teil zu 1.013,12,4 scudi di marchi von Niccolò Morovelli & Co (bezahlt von Buonaventura Micheli & Urbano Parensi) und zu 855,1 scudi di marchi von Niccolò Buonvisi & Co (bezahlt von Antonio e Ludovico Buonaventura). In diesem Fall lief das Konto auf den Namen der Salviati, die diesen Wechseltransfer für ihren Agenten am königlichen Hof, Piero Spina, abwickelten.406 Der Rückwechsel erfolgte wenig später und umfasste 1.932,15,9 scudi di marchi.407 Datierend auf den 31. Januar 1522 zogen die Salviati im Auftrag von Piero Spina einen Wechsel für 5.178,18 scudi di marchi auf die Welser in Antwerpen und zahlten den Preis für die Wechselbriefe selbst zugunsten von Spinas Konto ein.408 Die Antwerpener Welser erledigten den Rückwechsel mit einem Wert von 5.319,1 scudi di marchi, so dass den Salviati aus diesem Geschäft ein opulenter Gewinn von 219,1 scudi di marchi erwuchs.409 Zusätzlich beteiligten sich die Welser in Antwerpen an „einfachen“ Wechstellt werden müssen; in der Regel glich man durch eine zusätzliche Zahlung das Konto aus). Die Datierung beider Wechsel im vorhinein auf den 15. Januar 1521 sollte dazu dienen, auf die Kursgefälle spekulieren zu können – für die Ausnutzung des Kursgefälles waren Hin- und Rückwechsel erforderlich. Dadurch, dass die Vorgänge auf das Lorokonto apparte G und das Konto Piero Spinas sopra di loro liefen, entstand kein unmittelbares Schuldverhältnis zwischen den Salviati und den Welsern; beide Unternehmen verrechneten die Provisionen miteinander (die Salviati waren im Falle des Lorokonto für die Ausnutzung des Kursgefälles zuständig, wie die Formulierungen erkennen lassen – weil der Autor des Briefes nicht auf die Ansetzung des für den Auftraggeber günstigsten Kurses verweist). 406 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 81: P(er) chontto dj Piero Spina sop(r)a di noy v’abiamo t(rat)to p(er) dj vltt(i)ma del p(r)esente 𝛻 855 1⁄20 di 66 a g(ross)i 72 p(er) 𝛻 jn Nic(col)ò Bonvisj e co avutj d’Antt(oni)o (e) Lodovicho Buonvisj e co et 𝛻 1013 37⁄60 di 66 al p(rezz)o in Nicc(ol)ò Morovellj et chomp(agni)a avuttj Michelj et Parensj in t(ut)to // 𝛻 1868 2⁄3 di 66 che vi piacerà farne p(r)omessa et al tempo pagham(en)to chonporre a detto chontto et quello che p(er) luj vi mancherà da noy[.] ve ne vallette p(er) fiera p(r)ox(i)ma d’apparizione vantagiandolo il possibile chome in voy se chonfida e t(ut)to chome se dice sop(r)a dj noy. – Der Wechsel über Niccolò Buonvisi & Co sowie Antonio e Ludovico Buonvisi & Co wurde dann allerdings auf das Kontokorrent Piero Spinas eingetragen: SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. CCXI: Piero Spina di chorte p(er) lui corrente de havere; hierzu: Et addì 31 detto 𝛻 855 1⁄20 di 66 a g(ross)i 72 p(er) 𝛻 t(rat)t(e)mo p(er) lui a Brugia a Belzerj p(er) n(ost)re lett(er)e p(er) dì 30 di gennaio p(r)oximo in Nicholò Buonvixj e conp(agni)a p(er) la valuta da Buonvixj dar(e) a libro di fiere [a c.] 36 a entrata [c.] 21 cassa avere. – Zu den Luccheser Kaufmannbankiers: Berengo, Nobili (Niccolò Bionvisi & Co und Antonio e Ludovico Buonaventura). 407 SNS, AS, I, 475 (L DebCred EE), c. 98: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 26.3.1522. 408 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. CCXI: Piero Spina di chorte p(er) lui corrente de havere; hierzu: Et addì detto 𝛻 5178 9⁄20 di 66 t(rat)t(e)mo p(er) lui ’Anversa a Bart(olome)o Belzeri e conp(agni)a p(er) n(ost)re lettere p(er) dj ultimo di gennaio p(r)oximo d in loro medesimi a g(ross)i 71 1⁄2 p(er) 𝛻 p(er) la valuta conti a noj a quali rimettemo p(er) n(ost)ro chonto aparte dare. 409 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 241/CCXLI: B(ar)tolomeo Belzeri e conp(agni)a d’Anversa p(er) n(ost)ro chonto chorrente aparte deono dare in fiera di tuttj santi addì 31 di dicenbre 𝛻 5178 9⁄20 di 66 rim(ettem)o loro p(er) n(ost)re lettere p(er) dì ultimo di gennaio p(r)ox(im)o da loro medesimj a g(ross)i 71 1⁄2 p(er) 𝛻 p(er) la valuta conti a noj a qualj traemo p(er) Piero Spina avere; und der Gewinnvortrag: Et 𝛻 219.1.θ di m(arch)i posto avanzi et disavanzi di n(ost)ro chonto avere in questo [a c.] 163 p(er) utile di questo chonto. Der Rückwechsel: B(ar)tolomeo Belzeri e conp(agni)a d’Anversa p(er) n(ost)ro chonto aparte deono havere in fiera d’apparizione 𝛻 5319 1⁄20 di m(arch)i a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) 𝛻 p(er) loro lett(er)a da nnoi medesimi conti a loro ch(e) traxano p(er)

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

seln mit Piero Spina, auf den sie am 1. Februar 1522 einen Wechsel über 1.822,15,9 scudi di marchi zogen. In Lyon empfingen die bereits genannten Jakob und Peter Helbling die Rimesse, während die Lyoner Salviati den Wechsel für Spina erlösten.410 Am 30. September des nämlichen Jahres erschien Peter Helbling abermals in einem Wechselgeschäft zwischen den Salviati und den Welsern. Diesmal empfing er eine Rimesse über 1.625 scudi di marchi von den Papstbankiers und Salviati-Partnern Bernardo Bracci & Co aus Rom. Die Welser-Faktorei in Lyon zahlte für die Salviati, denn diese schrieben ihnen den von Piero Spina veranlassten Wechsel anschließend gut.411 Auch bei den folgenden Messen wechelten die Salviati für Piero Spina über die Welser-Faktorei in Antwerpen: Am 15. August 1522 zogen sie einen Wechsel auf die Welser in Höhe von 3.077,19,2 scudi di marchi, während der Rückwechsel – ebenfalls auf das Nostrokonto apparte M – nur 1.123,6,8 scudi di marchi betrug. Dies mochte mit ungünstigen Kursen in Lyon zusammenhängen, wie sich Lionardo Spina gegenüber seinem Augsburger Geschäftsfreund beklagte.412 Für einen Wechsel in Höhe von 1.608,4 scudi di marchi auf die Welser in Antwerpen setzte man abermals das Apartkonto S, diesmal von Iacopo Salviati, ein; der Rückwechsel zum selben Betrag lief auf Iacopo Salviatis Apartkonto S zurück. In Antwerpen verkaufte der Florentiner Francesco Bandini413 die Wechselpapiere an die Süddeutschen.414 Am 30. September 1522 trat die Faktorei Piero Spina di chorte dare. – Gegenbuchung: ebd., c. CCXLVII: auf das Konto Piero Spina di chorte p(er) lui corrente, notiert unter dem 31.3.1522. 410 Ebd., c. 247: Piero Spina di chorte p(er) lui corrente de havere; hierzu: Et addj detto 𝛻 1822 11⁄14 di m(arch)i a g(ross)i 69 3⁄4 t(rat)t(o)ci p(er) lui d’Anversa e’ Belzeri p(er) loro l(etter)a de dj p(rim)o dj febraio p(er) detto tenpo in Iac(op)o et Piero Hobling aver(e) a lib(r)o di fiere [a c.] 108 a v(sci)ta [a c.] 125 cassa [[avere]]. 411 Ebd., c. 301 (Piero Salviati sopra di B(er)nado Bracci e conp(agni)a di Roma de dare): Et in fiera d’aghosto addì 30 di settenb(r)e m(arch)i 25 d’(or)o t(rat)t(o)ci p(er) lui e’ dettj [[Bracci]] p(er) lor l(etter)a p(er) detta fiera in P(ier)o Heblingh et p(er) loro si fanno buonj a Bart(olome)o Belzeri e conp(agni)a avere a lib(r)o di fiere [a c.] 153 in s(enseri)a m(arch)i 76.5.23 d’(or)o a v(sci)ta [a c.] 135 cassa. 412 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 101: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 15.7.1522: Noj abiamo avuto vna f(ier)a dolentissima chome la vo(st)ra e no(n) è gram maraviglia sino che questa ghuerre no(n) si posano[.][…] la p(r)ox(i)ma f(ier)a d’aghosto sia p(r)olunghata al più chorto sino a mezo settemb(r)e e sino al tempo no(n) si farà li chambj che arete tempo a mandare li spaccj […] li d(anar)i sono statj larghj chome vedrete p(er) li chambj e p(er) chostj s’è fatto a mancho di 69. 413 Zu den geschäftlichen Aktivitäten der Bandini in Rom: Guidi Bruscoli, Papal Banking, ad indicem. 414 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 101v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 15.7.1522: P(er) chonto di Iac(op)o Salviatj ap(ar)te .S. sop(r)a di noj v’abiamo t(rat)to p(er) dì 15 d’aosto [!] p(r)ox(i)mo 𝛻 1608 1⁄5 a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) 𝛻 in voj medesimj chontj a nnoj e rim(essi) p(er) cho(n)to no(st)ro ap(ar) te .F.[.] fatene nota e al tempo ne passate la scriptt(ur)a chomto e quello apunto voi mancherà da noj vi valete p(er) f(ier)a d’aghosto .//--:-- P(er) chonto no(st)ro ap(ar)te .F. v’abiamo rimesso p(er) di 15 d’aghosto p(r)ox(i)mo 𝛻 1608 1⁄5 a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) 𝛻 da voj medesimj p(er) lett(er)a no(st)ra chontj a nnoj e t(rat)ti p(er) chonto di Iachopo Salviati ap(ar)te .S. chon q(uest)a sarà la p(r)ima di chambyo[.] fatene nota e al tempo ne passate la scriptt(ur)a chomporre a tale chonto e quello v’avanzerà apunto cie li rimettete p(er) f(ier)a d’aghosto p(r)ox(i)ma chontando a voj e fate il giusto ac[i]aschuno chonto tanto nel trarre che nel rimett(endo) aciò che c[i]aschuno abbia il dov(er)e suo. – SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. CCLXXXIII: Iachopo Salviati di Firenze p(er) suo chonto aparte .S. de haver(e); und hierfür: Et addj detto 𝛻 1608 1⁄5 di 66 a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) 𝛻 t(rae)mo p(er) lui a’nversa a Bart(olome)o Belzeri e conp(agni)a p(er) n(ost)re letter(e) p(er) dj 15 d’aghosto p(r)ox(im)o dal loro conticj et rimessi p(er) Fran(esc)o Bandinj.

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

der Welser in Antwerpen in zwei weiteren Wechselgeschäften als Trassantin auf: eine Rimesse über 1.005,18 scudi di marchi empfingen Jakob und Peter Helbling, eine über 1.625,7,6 scudi di marchi erhielt Francesco Bandini. Am 15. Dezember zogen die Salviati im Auftrag von Piero Spina einen Wechsel über 2.774,6,1 scudi di marchi auf die Vertreter der Welser in Antwerpen. Den Betrag partionierten die Salviati anschließend für eine Rimesse über 1.797,13,8 scudi di marchi an ihre Niederlassung in Pisa und eine weitere Rimesse über 1.019,6,4 scudi di marchi an die in Avignon angesiedelten Spanier Girolamo e Giovanni Lopes.415 Überdies trat die flämische Faktorei der Welser in Wechselgeschäften mit anderen Korrespondenten der Salviati in Erscheinung, etwa mit ihren Rimessen (p(er) loro lettere) zulasten des Apartkontos von Luca di Bona e Luca Lucheri & Co in London während der Augustmesse des Jahres 1522 – wohingegen das Konto zwischen den Salviati und den Welsern in Antwerpen kaum nennenswerte Umsätze verzeichnet.416 Die Integration der Antwerpener Faktorei der Welser in die Kapitaltransfers innerhalb der Salviati-Gruppe in den frühen 1520er Jahren durch Wechsel zwischen Lyon, Antwerpen, Brügge, Neapel und Rom lässt sich auch als Komponente der allgemeinen Verdichtung des Wechselhandels unter Beteiligung beider Handels- und Bankhäuser darstellen. Zwischen Redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon und der Niederlassung der Welser in Flandern entspann sich eine Reihe seriell angelegter Kooperationen. Dabei trug nur ein Teil der Wechsel zu den Umsätzen des „direkten“ Schuldverhältnisses zwischen den Antwerpener Welser und den Salviati in Lyon bei (siehe Graphiken 13; 14; 16). Dies exemplifizieren die bilateralen Umsätze von der Augustmesse 1521 bis zur Ostermesse 1523. Während Wechselgeschäfte nur bei der Allerheiligenmesse 1521 und der nachfolgenden Apparitionsmesse ein erhebliches Ausmaß erreichten, erschien die Welser-Faktorei in Flandern bei Wechselgeschäften als Trattantin, Trassatin und Begünstigte in den Beziehungen der Salviati mit anderen Kaufmannbankiers oder deren Teilhabern – hauptsächlich Piero Spina (Graphik 16). Die hohen Umsätze in der direkten Schuldbeziehung von der Allerheiligenmesse 1521 und der Apparitionsmesse 1522 hingen wesentlich mit einem einzigen Hin- und Rückwechsel zusammen.417 Auch wenn der Großteil der hier betrachteten Wechseloperationen Konten, die zu SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 340: Piero Spina di chorte p(er) lui chorrente de dare in fiera d’aghosto addì 30 di settenbre 𝛻 1005 9⁄10 di m(arch)i a g(ross)i 68 7⁄8 t(rat)t(o)ci p(er) lui d’Anversa Bart(olome)o Belzeri e conp(agni)a p(er) loro l(etter)a p(er) detta fiera in Iaco(op)o Ebling e conp(agni)a et p(er) loro si fanno buonj a Belzeri avere a libro di fiere [a c.] 153 a v(sci)ta [a c.] 135 cassa avere; c. CCCXL (de avere): Et addì xv detto 𝛻 2817 di marchi anzi di 66 traemo p(er) lui a’[A]nversa a B(ar)tolomeo Belzeri e conp(agni)a p(er) dj 25 di gennaio p(r)oximo in loro medesimi a g(ross)i 72 1⁄8 p(er) 𝛻 p(er) la valuta conti a noj a’ quali rimettemo 𝛻 1797.13.8 p(er) e’ Salviati di Pisa dare [a c.] 292 e 𝛻 1019.6.4 di 66 p(er) Girolamo et Giovanni Lopes avere in questo [a c.] 346 v(aglion)o di m(arch)i a 10 3⁄4 p(er) c(ent)o. 416 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 327; c. 341/CCCXLI. Am 13.12.1522 ist ferner ein Wechsel auf das Kontokorrent von Luca di Bona e Luca Lucheri & Co di Londra verzeichnet, in dessen Zuge die Welser-Faktorei in Lyon Jakob und Peter Helbling einen Wechsel über 849,12,2 scudi di marchi abkaufte: ebd., c. 370. 417 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 241 (1521.3), c. CCXLI (1521.4). 415

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Teilhabern der Salviati-Gruppe gehörten, betraf, ging es nicht nur um die Verschiebung von Kapital, sondern vor allem darum, finanzielle Mittel verfügbar zu machen und im Zuge der entsprechenden Operationen Arbitragegewinne und Provisionen zu erzielen.

Graphik 16 Beteiligungen der Antwerpener Faktorei der Welser an Wechselgeschäften mit den Salviati in Lyon (SNS, AS, I, 476) in scudi di marchi (in Konten der Welser als „direktes Schuldverhältnis“ und in Konten Dritter/Anderer wie Piero Spina als „Schuldverhältnisse Anderer“), eigene Darstellung

Der Hofbankier Piero Spina benötigte für seine verschiedenen Serviceleistungen immer wieder liquide Mittel. Diese Notwendigkeit motivierte die Salviati dazu, sich bei Wechselgeschäften an geeigneten Konstellationen zu orientieren. Dabei spielten die Welser eine strategisch wichtige Rolle: Sie verfügten über Standorte an beiden Knotenpunkten der für den Wechselhandel so wichtigen Achse von Lyon nach Antwerpen. In Flandern übernahmen die Welser als Trattanten für die Salviati die wichtige Aufgabe, den Rückfluss von Wechseln nach Lyon sicher zu stellen.418 Als Bezogene lösten sie für die Salviati Wechselbriefe ein, indem sie an die begünstigten Geschäftsfreunde der

SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 202 (1521.3: Trattant über 732,15 scudi di marchi); c. 247 (1521.4: Trattant über 1.822,15,9 scudi di marchi); c. 247 (1521.4: Trattant über 106,2,2 scudi di marchi); c. 271 (1522.1: Trattant über 1.110,14,5 scudi di marchi); c. 323 (1522.2: Trattant über 1.184,5,8 scudi di marchi): c. 327 (1522.2: Trattant über 337 scudi di marchi); c. 340 (1522.2: Trattant über 1.005,18 scudi di marchi, über 1.625,7,6 scudi di marchi und über 492 scudi di marchi); c. 375 (1522.3: Trattant über 755,17,6 scudi di marchi und 2.779,5,9 scudi di marchi); c. 413 (1523.1: Trattant über 2.994,4,5 scudi di marchi). 418

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Florentiner entsprechende Bargeldbeträge auszahlten.419 In der Rolle als Begünstigte stellten sie Bargeldmittel zur Verfügung.420 Im Kontext der Kapitalverschiebungen innerhalb der Salviati-Gruppe in den Nostrokonten apparte S und in den Konten von Teilhabern erwies sich die Beteiligung der Welser in Antwerpen als Kernelement von offenkundig einträglichen Wechseloperationen. Die anderen hierbei involvierten Korrespondenten Jakob und Peter Helbling, Niccolò und Antonio e Ludovico Buonvisi & Co oder Francesco Bandini waren in die Seriengeschäfte zwar einbezogen, aber keine dieser anderen Unternehmen war ähnlich stark wie die Welser in die Geschäfte mit den Salviati integriert. Denn in dieser Phase wickelten die Welser mit den Salviati über Lyon die Finanzierung von Schweizer Söldnern im Dienst des Papstes ab oder investierten in Einlagekonten ihrer Florentiner Kooperationspartner. Überdies dürfte die Beteiligung von Jakob und Peter Helbling mit deren eigenen Kontakten zu den Welsern zusammenhängen, so dass die Welser ihr Netzwerk an die Verflechtungen der Salviati ankoppelten. Wechseltransfers als Seriengeschäfte zeigen sich im Kontokorrent der Antwerpener Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte für die August- und Allerheiligenmesse des Jahres 1524 sowie die Apparitions- und die Ostermesse des nachfolgenden Jahres. Im Herbst erlösten Redi di Alamanno Salviati & Co von den Antwerpener Welsern Rimessen für insgesamt 8.049,10,4 scudi di marchi. Im Frühjahr 1525 folgten weitere 1.435,4,2 scudi di marchi. Die Wechselbriefe aus Antwerpen stammten vor allem von den Genuesen Antonio e Mattio Giustiniani, Pasquale e Paulo De Negro, Niccolò Morovelli, Leonardo e Girolamo Spinola, ferner von Piero Lopes sowie Ambrosius und Hans Höchstetter & Mitverwandte – allesamt Geschäftsfreunde der Welser.421 Die Salviati remittierten nach Antwerpen Wechselbriefe von Antonio e Ludovico Buonvisi & Co zu insgesamt 2.013,10,5 scudi di marchi während der Augustmesse und vor allem von Buonaventura Micheli e Urbano Parenzi zu 2.127,10,6 scudi di marchi während der Allerheiligenmesse. Die Währungswechselkurse für die Rimessen aus Lyon lagen bei 73 bzw. 74 Groot flämisch (Groschen) für einen scudo di marchi, wohingegen für den scudo di marchi von Antwerpen aus zwischen 69 Groot (Groschen) und 73 1⁄2 Groot (Groschen) entrichtet wurden – eine Differenz für Wechselbriefe, die zwischen dem Ebd., c. CCXI (1521.3: Trassat über 842,1,11 scudi di marchi); c. CCXLVII (Trassat über 1.060,19,9 scudi di marchi); c. CCLXXI (1522.1: Trassat über 1.925,0,6 scudi di marchi); c. CCLXXXIII (1522.1: Trassat über 1.583,16,7 scudi di marchi); c. CCCXL (1522.2: Trassat über 750 scudi di marchi); c. CCCCXIII (1523.1: Trassat über 228,14,8 scudi di marchi). 420 Ebd., c. 263 (1521.4: Begünstigte mit 1.060,19,9 scudi di marchi); c. 269 (1522.1: Begünstigte mit 60 scudi di marchi); c. CCLXVIIII (1522.1: Begünstigte mit 350,10 scudi di marchi); c. 327 (1522.2: Begünstigte mit 714,9,3 scudi di marchi); c. 346 (1522.2: Begünstigte mit 250 scudi di marchi); c. CCCXL (1522.3: Begünstigte mit 2.774,6,1 scudi di marchi). 421 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. LV; c. CLXXVI. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 240 (1523): Leonardo e Jer(onim)o Spinolla; S. 243 (1523); S. 250 (1529): [Ambrosiu]s vnnd weiland Hans Hoch[stetter][[von Augspurg vnd]] mitverwant(en); S. 276 (1534): Paulo e Jan Paulo e Jan Franc Franc(esc)o [[di Nechro]]. 419

395

396

Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

25. Juni und dem 26. Oktober ausgestellt wurden, von mehr als sechs Prozent. Das bedeutet, dass die Augsburger und ihre Florentiner Geschäftsfreunde den hohen Kurs des Pfundes flämisch gegenüber dem scudo di marchi für die Rimessen aus Antwerpen weidlich ausnutzten.422 Zwischen Dezember 1525 und Mai 1526 schloss sich eine Reihe von Wechselgeschäften zwischen den beiden Standorten an. Die Salviati remittierten der Faktorei der Welser in Antwerpen insgesamt 5.824,6,7 scudi di marchi, die sie für Wechselbriefe von Bartolomeo Panciatichi & Co, die Lucchesen Alessandro e Giovanbattista Minutoli423 sowie Piero e Giovanfrancesco Bini & Co nebst eigenen Wechselbriefen bezahlten.424 Diese Trattanten zählten zum Kreis der bedeutenden Kaufmannbankiers in Lyon und erschienen überdies wiederholt als Korrespondenten der Salviati.425 Nach Antwerpen schickten die Welser Rimessen für 4.971,1,5 scudi di marchi, die aus Wechseln von Camillo da Diaceto e Francesco Nasi & Co, Mucisa di Juan del Gado, Antonio e Mattio Giustiniani, Piero e Michele Erdara und Grazia Gallo herrührten.426 Die genannten Trattanten kooperierten mit den Welsern im Antwerpener Wechselhandel, das Journal Z der Welser-Zentrale in Augsburg weist am 25. Februar 1528 im Fall von Camillo Diaceto e Francesco Nasi & Co dieselbe Konstellation aus, wie sie beim Eintrag vom 15. Februar 1526 im Schuldbuch der Salviati erscheint.427 Zwar konnten die Wechselpartner auch hier das Kursgefälle zwischen der Schelde-Metropole und Lyon ausnutzen, doch insgesamt wurde der scudo di marchi deutlich niedriger bewertet als zuvor.428 Dieser Trend verstärkte sich noch im Laufe des Jahres 1526.429

SNS, AS, I, 485 (L DebCred G), c. 55/LV; c. 176/CLXXVI: eine Rimesse im Wert von 692,6,4 scudi di marchi ging über Rom durch die Papstbankiers Bernardo de’ Bracci & Co. – Vgl. im Überblick (und nur in Näherungswerten): Van der Wee, The Growth, III, Graph 33: Exchange rates in Antwerp : 1515–1600 (Antwerp – Lyons (groats)); demnach schwankte der Wert zunächst um die 72 Groot/scudo (1526–1535) und um die 70 Groot/scudo (1538–1544). 423 Berengo, Nobili ad indicem. 424 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 115. Einen Wechsel für 1.617,13 scudi di marchi remittierten die Salviati an die Welser in Antwerpen auf einen eigenen Wechsel, den sie auf Galvano Buoninsegni & Co im Namen von Alessandro del Nero nach Valladolid zogen. 425 Die entsprechende Kontenverteilung: SNS, AS, I, 490, rubbrica. 426 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. CXV. Ein Wechsel für 1.105,5,6 scudi di marchi ging an Redi di Francisco Salamanca e Rodrigo Carrión in Medina del Campo. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 137 (1528): Loppo Gallo. 427 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. CXV [I.8] und Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 135 [Z 8.178]. 428 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 115/CXV: Für die Wechsel nach Antwerpen wurden Kurse zwischen 79 und 79 2⁄3 grossi per scudo berechnet; für die Wechsel nach Lyon wuden Kurse von 76 bis 78 7⁄8 grossi per scudo berechnet. 429 Ebd., c. 207/CCVII: Der Wechselbrief der Florentiner Ridolfi vom 20.11.1526 notierte in Lyon einen Kurs von 92 grossi per scudo; am 5.1.1527 notierte der Wechselbrief von Gian Carlo degli Affaitati einen Wechselkurs von 84 1⁄4 grossi per scudo. Ob dieser massive Abfall des Wertes eines scudo di marchi gegenüber dem flämischen Groot dazu beitrug, dass der Umfang der Wechselgeschäfte deutlich zurückging, kann nicht belegt werden (s. o.). 422

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Am 19. März 1527 zogen Redi di Alamanno Salviati & Co Wechsel über insgesamt 13.000 scudi di marchi auf die Faktorei der Welser in Antwerpen. Als Begünstigte erschienen dort Martino e Ludovico Buonvisi & Co mit zwei Rimessen zu insgesamt 6.500 scudi di marchi und Niccolò Buonvisi mit einer weiteren Rimesse zu 3.250 scudi di marchi. Diesen Betrag von 9.750 scudi di marchi zahlte der Florentiner Antonio Bernardi in Bargeld ein. Die vierte Rimesse über 1.950 scudi di marchi empfingen die Lucchesen Francesco e Stefano Burlamacchi, den dazugehörigen Wechselbrief erwarben Francesco e Stefano Burlamacchi in Lyon. Im Rahmen eines fünften Vorgangs remittierten die Salviati 1.300 scudi di marchi zulasten der Welser. An der Schelde lösten Guaspare Ducci & Co den Wechsel aus und leisteten die fällige Zahlung an Lionardo e Francesco Tedaldi (siehe Tabelle 4).430 Überdies zog die Antwerpener Welser-Faktorei Wechsel im Wert von 4.380,1,10 scudi di marchi auf die Salviati in Lyon.431 Diese Wechsel waren verknüpft mit einer Überweisung aus Antwerpen auf das depositi-Konto der Salviati von 5.346,10 scudi di marchi zu einem verhältnismäßig hohen Zinssatz von 3 1⁄2 Prozent. Dabei erhielt Lazarus Tucher die Rückzahlung, die auf seinen Namen im deposito-Konto verbucht wurde.432 Am Ende der Ostermesse 1527 zog die Antwerpener Niederlassung der Welser im Auftrag von Redi di Alamanno Salviati & Co 2.250 scudi di marchi auf die Erben von Francisco Salamanca y Rodrigo Carrión nach Medina del Campo. Die entsprechende Rimesse empfingen Rinaldo degli Strozzi & Co, während Martino e Ludovico Buonvisi den Wechsel erwarben.433 Am 19. Juli übertrugen Lorenzo e Carlo Strozzi & Co aus Venedig Ebd., c. CCCLV. Zu den Korrespondenten der Welser in Antwerpen: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 135 (1528): Martino e Ludovico Buonvisi in Lyon; S. 267–69 (1532): Francesco e Stefano Burlamacchi; zu Francesco e Stefano Burlamacchi in Lyon, ebd., S. 135 (1528). – Antonio Ber(n)ardi: womöglich verwandt mit dem Berardi, der im Sklavenhandel aktiv war. – Offenbar waren Guaspare Ducci & Co zunächst gar nicht als Begünstigter vorgesehen, wie aus einem Brief der Salviati an Welser in Antwerpen vom 28.3.1527 hervorgeht; vielmehr sollte die vierte Tratte ebenfalls zu 3.250 scudi di marchi an Francesco e Stefano Burlamacchi & Co gehen: SNS, AS, I, 493 (L CopLett HH), c. 79r. 431 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 355: Die Rimesse, eingetragen auf den 17.7.1527, empfing die Lyoner Faktorei der Welser, dabei war der Wechselkurs auf 67 1⁄3 grossi per scudo abgestürzt und erreichte somit einen unteren Mittelwert – im Gegensatz zum Wechsel, eingetragen am 18.3.1527, als man in Lyon für den scudo di marchi 84 flämische grossi bezahlen musste. 432 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 355: Bartholomeo Belzeri e comp(agni)a d’Anversa p(er) n(ost)ro chonto chorrente deono dare: E addì detto 𝛻 5346.10 ragionati a g(ross)i 67 1⁄3 p(er) 𝛻 p(er) valuta di lb 1500 d(i) g(ross)i p(r)esi p(er) noi in deposito a 3 1⁄2 p(er) c(ent)o p(er) averli addì 30 d’ap(r)ile pax(at)o et pagharli a uso d(i) fiera d(i) pentechoste p(r)esente a Lazero Tucher lb 1552.10 p(er) la valuta da llui posto detti Belzeri avere in chonto nuovo. Ebd., c. CCCCXL: B(ar)tholomeo Belzeri e comp(agni)a d’Anversa p(er) n(ost)ro chonto corrente deono havere in fiera di pasqua lb 1552 1⁄2 di g(ross)i p(er) valuta di lb 1500 d(i) g(ross)i a 3 1⁄2 p(er) c(ent)o p(r)esi p(er) noi in diposito da Lazero Tocher p(er) fiera di pentechoste p(r)esente ragionati a g(ross)i 67 1⁄3 p(er) 𝛻 posto detti Belzeri dare al p(er) noi corrente vecchio. – Hätte der Wechselkurs wie zuvor 84 grossi per scudo betragen, hätte man nur 4.285,14 scudi di marchi als Einlage aufnehmen können. Zu Lazarus Tucher in Antwerpen: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 115 (1525). 433 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 345: Bartholomeo Belzeri e comp(agni)a d’Anversa p(er) n(ost)ro chonto chorrente deono dare: E addì detto 𝛻 2250 d(i) m(archi) ragionati a g(ross)i 67 1⁄3 p(er) 𝛻 p(er) valuta di duc 2000 d’(or)o l(etter)a a g(ross)i 75 3⁄4 p(er) duc tratti p(er) noi in Sp(agn)a cioè a Medina del Champo p(er) uso 430

397

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

im Auftrag von Redi di Alamanno Salviati & Co vier Rimessen nach Antwerpen, die die dortige Welser-Faktorei von Gian Carlo degli Affaitati, den Genuesen Girolamo e Gio Battista Spinola, Pasquale e Paolo De Negro sowie im eigenen Namen auslöste. Diese vier Transferoperationen verrechnete man über Lyon.434 Zuletzt, am 23. Oktober, zogen die Welser noch zwei Wechsel auf Lyon für insgesamt 1.780 scudi di marchi (siehe Tabelle 4).435 Während Seriengeschäfte auf eingespielten Abläufen und Konstellationen beruhten, zeigte sich bei der Integration der Welser in die Kapitalverschiebungen innerhalb der Salviati-Unternehmungen eine intensive Mitwirkung an Transferoperationen. Die Abwicklung von Wechselgeschäften griff wesentlich auf Koordinationsleistungen zurück und musste besonders auf die Wechselkursschwankungen reagieren können (vgl. Kapitel VI.2). Demgegenüber erfordeten die Kapitalverschiebungen – und um nichts anderes handelte es sich bei dem sprunghaft angestiegenen Bargeldvolumen in den gemeinsamen Umsätzen des Frühjahres 1526 – ein höheres Maß an Flexibilität und Abstimmung. In Seriengeschäften vollzog sich der Übergang von eher ephemeren Geschäftskontakten zu verstetigten, koordinierten Transferoperationen. Die Verschiebung von 5.346,10 scudi di marchi in ein Einlagekonto vier Monate nach dem Einbruch der Kurse beim Transfer von Lyon nach Antwerpen und die Einspeisung weiterer 3.809,1,10 scudi di marchi zugunsten des Messehandels der Welser in Lyon sowie von 2.250 scudi di marchi in einen Wechsel nach Medina del Campo an die Geschäftspartner Redi di Francisco Salamanca e Rodrigo Carrión verweist auf kooperative Abstimmungsprozesse zwischen zwei langjährigen Geschäftsfreunden. Die Investition dieser drei Beträge – 11.406 scudi di marchi von insgesamt 20.807,1,3 scudi di marchi – mochte der Logik eines veränderten Niveaus der Wechselkurse folgen, aber ganz offenbar wollten Redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon über die Kapitalien verfügen können – ohne diese finanziellen Mittel im Wechselverkehr zwischen Antwerpen und Lyon halten zu müssen.

d(i) fiera d(i) mag[g]io p(r)esente a rede da Franc(esc)o d(i) Salamancha et Rodrigho d(i) Caryon in Rinaldo Strozzi e comp(agni)a p(er) la valuta da Martino et Lodovicho Buo(n)vixi avere dett(i) Salamanchi et Charryoni al p(er) noi corrente. – Möglicherweise motivierte die günstige Kursentwicklung zwischen Antwerpen und Lyon zur Durchführung dieser relativ hohen Einlage- und Wechselgeschäfte. 434 Ebd., c. 440. 435 Ebd., c. 440.

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

Tab. 4 Transfers zwischen Salviati/Lyon und Welser/Antwerpen laut Kontokorrent von Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen in scudi di marchi im Jahr 1527 (chronologisch)436, eigene Darstellung Ort

Lyon

Richtung/Kurs

Betrag/Datum

Richtung/Kurs

Antwerpen

18.03. ∇ 134,0,9 Rom

Tratte

∇ 437,17,3

84 1⁄ 2

∇ 571,0,0

96 1⁄ 2 gr/duc

gr/∇

Tratte Rimesse

19.03. Rimesse

74 gr/∇

∇ 1.300,0,0

Tratte

74 gr/∇

∇ 3.250,0,0

Tratte

73 1⁄ 2 gr/∇

∇ 3.250,0,0

Tratte

74 gr/∇

∇ 3.250,0,0

Tratte

73 gr/∇

∇ 1.950,0,0 ∇ 1.045 2⁄3

Prestito

24.05. Rimesse

70 gr/∇

∇ 1.045,13,4

Rimesse

70 gr/∇

∇ 1.045,13,4

Tratte

70 1⁄4 gr/∇

∇ 1.000,0,0

30.06. 14.07. ∇ 40,17

1 1⁄4 fl rh./∇

Rimesse

∇ 3.809,1,10

67 1⁄3 gr/∇

Tratte

∇ 5.346,10,0

67 1⁄3 gr/∇

Diposito

∇ 2.250,0,0

67 1⁄3 gr/∇

Tratte

∇ 1.000,0,0

68 3⁄4 gr/∇

Tratte

∇ 780,0,0

67 3⁄4

Tratte

17.07.

Med./Campo

19.07. Venedig

Rimesse

72 gr/duc

∇ 571,4,10

Venedig

Rimesse

72 gr/duc

∇ 1.041,5,1

Venedig

Rimesse

72 gr/duc

∇ 515,17,0

Venedig

Rimesse

72 gr/duc

∇ 412,14,0

70 1⁄4 gr/∇

∇ 515,7,0

70 1⁄4 gr/∇

∇ 486,13,0 23.10.

436

Rimesse

68 7⁄ 8 gr/∇

∇ 75,0,0

Gutschrift

68 7⁄ 8 gr/∇

∇ 18,11,0

Ebd., c. 355/CCCLV; c. 440/CCCCXL.

gr/∇

399

400

Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Die eingespielte Routine bei den Formen der Kooperation in den 1530er Jahren Während zwischen der Augustmesse 1527 und der Allerheiligenmesse 1532 keine Umsätze zwischen beiden Firmen erzielt wurden437, kooperierten sie im Rahmen eines Geschäfts mit 10.000 Stück Leder aus Irland. Von September 1532 bis März 1533 hielt sich für diesen Zweck ein Vincenzio Curini im „Haus“ der Welser an der Schelde auf. Der Einkauf dieser umfangreichen Warenmenge kam auf Vermittlung der Welser zustande, wobei sich die Salviati durch Curini als Kommissionär vertreten ließen. Der Warenwert lag bei rund 7.885 scudi di marchi.438 Die Refinanzierung erfolgte durch acht Wechsel, die die Welser-Faktorei in Antwerpen auf die Salviati in Lyon zog. Dabei waren die Florentiner Lionardo Mannelli & Co, Antonio e Ludovico Buonvisi & Co, Bernardini e Cenami, Lorenzo e Carlo Strozzi, Pantaleo di Marincicale und Jakob Wel-

Für exogene Faktoren hinsichtlich dieser Umsatzflaute spricht, dass die Jahre, in denen zwischen den Salviati und den Welsern in Antwerpen keine Umsätze zu erkennen sind, durchaus ein Zeitabschnitt mit umsatzstarker Geschäftstätigkeit beider Unternehmungen sind. Während aber die Schuldbeziehung zwischen den Welsern in Lyon und den Salviati keine Umsätze erzielte – zwischen der Apparitionsmesse 1533 und der Apparitionsmesse des nachfolgenden Jahres –, vollzog sich die Abwicklung des Geschäftes mit Leder; das aufwändige Einfädeln verweist auf ein strategisch geplantes Vorgehen. Außerdem liefen nach Ausweis der Briefe sehr wohl zumindest kleinere Geschäfte zwischen den Salviati und der Anwerpener Faktorei der Welser ab; in einem Schreiben vom 11.7.1528 verweist Lionardo Spina auf die Tätigkeit Simone Pecoris, den er als vostro charakterisiert: SNS, AS, I, 496 (L CopLett I), c. 7v: p(erc)hè a[v]uto più lett(er)e dal vostro Simone Pechori p(er) il no(st)ro L(ionar)do p(er) cop(er)te alle [lette]re p(er) Narcis quali sono dato qui a Belzeri[.] 438 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. CXXXVII: Barthololomeo Belzerj e co d’Anv(er)ssa p(er) noj di cho(n)tro deo(no) avere in fiera di pasqua 1533 / 𝛻 8128 1⁄3 di m(arch)i che di tanti ne facciamo debit(ore) Vince(n)tio (C)hurini e sono p(er) lb 1980 di g(ross)i (c)he li paghorno p(er) n(ost)ro hordine sino add(ì) 22 di m(ar)zo pax(a)to e lb 416 di g(ross)i (c)he li paghorno al si p(er) n(ost)ro hordine sino add(ì) 27 di magg[i]o (c)he in t(ut)to sono lb 2396 di g(ross)i (c)he quali ci mandorno lett(er)e di rice[v]uta di detto Vince(n)tio e lb 20 di g(ross)i s(i) fa lor(o) buoni p(er) le ispese di detto Vinc(enzi)o (C)hurini stato in (c)hasa lor(o) 1⁄2 anno e p(er) lor(o) p(ortio)ne della quoya p(er) av(er)le aiutate cho(n)perare a j° p(er) c(en)to e lb 1.7.θ di g(ross)i p(er) senseria del (c)hambiato li q(ue)lli dette spese il detto Vincentio le à poste sul cho(n)to della quoia e p(er) (c)honelo facciamo debit(ori) jn q(u)esto v(aglia)no a g(ross)i 71 3⁄8 p(er) 𝛻 (c)he cosj rive(n)ghono (c)home p(er) le trate fatoci di cho(n)tro si vede. – Die entsprechende Ankündigung für die Welser in einem Brief: SNS, AS, I, 514 (L CopLett L), c. 13r: An die Welser, Antwerpen, 30.9.1532: Amici hon(oran)di. Intendiamo Vincentio Curinj era arrivato e l’avevj acettato in casa di che n’è molto [.] vi ringratiamo tutto[.] intendiamo sia no(n) con v(ost)ro danno[.] quanto alle quoia intendiamo nello eccessuo prezo che lerono et che no(n) ve ne(g)herà che se così seguirà bisognierà lasciare stare ch(e) p(er) co(n)p[r]are a p(er)dita non lo vogliamo fare[.] abbiamo detto le quoia s’ànno a conp(r)are[.] vorremo Vinzenzio le maneggiassi e intendezi il p(r)ezo p(er)ché suo mestiero è savj quale fanno p(er) noj o no è bene[.] sappiamo quelle si conp(r)ono da Irlandesi p(er) consegnarle[.] le che visognia [!] p(er) starsene alla consegna e quelloche più ci davorà si è il p(r)ezo desonesto[.] p(er)chè in fatto noj non vorremo spendere p(er) più di lb 25 e’ lastro sia [i]n quello che costì si conp(r)ono ho vi l’à da ricevere in Yrlanda non guardando / p(er)diti pocho di cosa / ma a grandi prezi più presto vogliamo quanto noj lacjare [!] stare tamen ne havevamo scripto a Pisa a n(ost)ri e presto ne haremo risp(ost)a qua è subito[.] vi haremo [a] intendere in tanto Vincenzio soprastarà costì e venendo / qualche p(ar)tito ragionevole lassarate e non guardate che diciamo p(er) carricare una nave intera p(er)chè conp(r)ando una p(ar)te non può essere non vadi qualche nave p(er) Toscana sulla qualle si potrieno carricare. Der instruierende Brief an Curini: ebd., c. 13r: An Vincenzio Curini, Antwerpen, 1.10.1432. 437

Der Verlauf der Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und den Welsern

ser & Gebr. die Begünstigten, von denen die Salviati die Wechselbriefe erwarben.439 Vincenzio Curini hatte den Auftrag, das irische Leder zu begutachten und dessen Verschiffung von Calais nach Pisa zu organisieren, wobei er auf die Kontakte der Welser zurückgreifen sollte. Die erste Lieferung wurde von einem Schiff mitgenommen, das Simone Pecori gemietet hatte. Die Welser wickelten auch die Bezahlung ab.440 Während der Augustmesse und der Allerheiligenmesse 1533 tätigten die Salviati parallel einige Wechseltransfers mit den Kastilischen Messen. Dabei remittierten die Welser von Medina del Campo zwischen dem 15. September 1533 und dem 24. März 1534 insgesamt 947,2,7 scudi di marchi und von Villalón am 15. Dezember noch 784,4 scudi di marchi. Die Salviati ihrerseits zogen insgesamt 3.496,2,6 scudi di marchi auf Villalón und erwarben für die Welser-Faktorei am spanischen Hof einen Wechselbrief über 2.711,18,6 scudi di marchi. Als Beteiligte an den Wechseln traten mit Giovanfrancesco Bini und Juan de Compludo in Lyon und mit Lesmes da Astudillo441, den Florentinern Rinaldo Strozzi & Co, Carlo Antinori e Raffaello Acciaiuoli & Co, Bernardo Altoviti e Francesco Corsini & Co und Francesco Samminiati in Spanien wichtige Korrespondenten beider Unternehmungen auf (s. o.).442 Die Unternehmung Bartholomäus Welser & Mitverwandte, die phasenweise über die Quecksilberminen in Almadén verfügte, exportierte dieses Gut auch nach AntSNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. 137: An Lionardo Mannelli 500 scudi di marchi, an die Salviati selbst 1.200 scudi di marchi (von Martin Lopes) bei der Allerheiligenmesse 1532; an die Buonvisi 1.000 scudi di marchi, an Bernardini e Cenami 1.680 scudi di marchi bei der Apparitionsmesse 1533; an Bernardini e Cenami 1.000 scudi di marchi, an die Strozzi 1.330 scudi di marchi, an Pantaleo di Marincicale 1.300 scudi bei der Ostermesse 1533; an Jakob Welser 110,6,8 scudi di marchi bei der Augustmesse 1533. Dabei oszillierten die Wechselkurse zwischen 70 3⁄4 und 71 3⁄4 grossi per scudo. – Zu den Begünstigten in Lyon: SNS, AS, I, 490 (L DebCred H) und 508 (L DebCred L), rubbrica. Ist Pantaleo di Marincicale identisch mit Pantaleo Vieri aus Lyon? – Am 24.7.1533 erkundigte sich Matthäus Schwarz nach eigener Aussage bei Simon (Sigmund) Niklas, dem Vertreter der hier genannten Jakob Welser & Gebr. in Lyon, nach den entsprechenden Kursverhältnissen und erhielt eine ausführliche Antwort: Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 356 f.: Und in der ostermeß per 62 scudi 39 1⁄2 sous, darum schreib ich adj 24 Luio A° 33ten gen Lion an Sigmund Niclas, Jacob Welsers diener, umb beschaid des underschidts. Sӱ rechnen sonst 3 1⁄3 pro cento die scudi di marcho erger dann die scudi del sole. Das ist woll 62 scudi del sole 39 1⁄2 sous del sole darbeӱ. / In aller heӱligen meß haben sӱ zu Lӱon zalt für 1 marchio 133 livres 1 sou 9 deniers, zalt man vns zu Anttorf per marchio 71 1⁄4 groschen und sodann hiervon steet, das die zu Lion verraittenden per marchio von 65 scudi di marchio livres 130.19.6 und zu Anttorf raӱtt man 66 scudi di marchio, so ist die ubertheur auch in die rechnung komen, so ich von einander zeuch 130.19.6 von livres 133.1.9, tut livres 2 sous 2 deniers 2, das ist 42 sous 3 deniers für die ubrig scudi 3 deniers underschid. 440 SNS, AS, I, 514 (L CopLett L), c. 20v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 13.11.1532 und c. 21: An Vincenzio Curini, Antwerpen, 13.11.1532; vgl. ebd., c. 27v–28r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 16.12.1532 und c. 28r: An Vincenzio Curini, Antwerpen, 16.12.1532. 441 Francesco Ammannati / Blanca González, The Astudillo Partnership and the Spanish ‚Nation‘ in Sixteenth-Century Florence, in: Andrea Caracausi / Christof Jeggle (Hgg.), Commercial Networks and European Cities, 1400–1800 (Perspectives in Economic and Social History, 32), London 2014, S. 121–136. 442 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. 354/CCCLIII; 417/CCCCXVII. In Lyon: SNS, AS, I, 490 (L DebCred H) und 509 (L DebCred L), rubbrica. Die beteiligte Unternehmung von Juan de Compludo war in Nantes angesiedelt. In Spanien: Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 343 (1537): Carlo Ant(inori) e Rafael Acayoly; S. 339 f. (1533): Franc(esc)o Corsini; die anderen s. o. Warum insbesondere in den 1530ern verstärkt Wechsel von Lyon mit den Kastilischen Messen auftraten, kann hier zunächst nicht ermittelt werden. 439

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

werpen. Im Jahr 1535 transportierte der schiffer Luin Zugo neben einer umfangreichen Menge Seife 154 feßlin quecksilber, welche über Antwerpen verkauft und verrechnet wurden.443 In der Korrespondenz, die Averardo e Piero Salviati & Co aus Lyon mit der Welser-Faktorei an der Schelde unterhielten, lassen sich die Spuren dieser Lieferungen nachverfolgen. In einem Schreiben vom 11. Dezember 1536 bezogen sich die Salviati auf eine Ladung Quecksilber und Zinnober, wovon sie eine buona partita auf ihre Rechnung zu übernehmen suchten.444 Allerdings verlief das Geschäft etwas schleppend, als Zahlungstermin für die fälligen Einkünfte schlugen die Salviati den 15. Januar und für die Verrechnung die Ostermesse 1538 vor.445 Möglicherweise ist diese partita identisch mit 164 feßlin Quecksilber, welche gemäß den Welser-Rechnungen zum 14. Januar 1538 einen Erlös von 399,15 Pfund flämisch (= ca. 1.400 scudi di marchi) erbrachten. Dieser ritratto sollte über die folgende Messe zu Villalón verrechnet werden.446 Knapp eineinhalb Jahre später, am 31. Mai 1539, registrierte Faktorei der Welser in Antwerpen 20 brot zinob(er) zu insgesamt lb 247,6,8 Pfund flämisch.447 Die fragliche Lieferung Quecksilber ging nicht in die Schuldbücher der Lyoner Salviati ein, obschon man im Auftrag von Lionardo Spina darüber korrespondierte. Einige Handelsgüter wie das oben genannte irische Leder und das Quecksilber motivierten die Lyoner Salviati, an die eingespielten Kontakte mit den Welsern in Antwerpen anzuknüpfen. Einen Teil des Quecksilbers und des Zinnobers ließen sie nach Marseille liefern, um es in die Levante verschiffen zu lassen (Kapitel V.1).448 Die Verteilung und Verrechnung von Gütern aus Spanien, die nicht nach Frankreich oder über einen französischen Standort gehen sollten, wickelte man über Antwerpen ab. Wie der umfangreiche Wechselverkehr zwischen Averardo e Piero Salviati & Co und den Florentinern Giovanbattista Guicciardini & Co in Antwerpen zeigt, waren Wechseltransfers zwischen beiden Messeplätzen in der zweiten Hälfte der 1530er Jahre durchaus lukrativ. Sowohl in den libri di fiere als auch in den libri dei committenti waren die Guicciardini im Handel mit Wechselbriefen zwischen 1534 und 1538 sehr präsent. Dabei führten die Salviati hauptsächlich Nostrokonten auf den Namen von Giovanbattista Guicciardini & Co. Denn die Lyoner Kaufmannbankiers verfolgten sehr viel Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 277 (Ant 6; vgl. S. LX–LXI). SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 68r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 11.12.1536: Hon(oran)dj etc. abbiamo la v(ost)ra de 15 paxato (c)he no(n) hachade alt[r]a risposta questa p(er) dirvi che trova(n)dovj costì argientj vivj et cinab(r)o (e) che lj vogliate vendere a (c)honsegniare quj p(er) t(ut)to ap(r)ile al più lungo ne diate aviso e quello ne voresti a questo peso e moneta p(r)ese vi to(c)herete alle (c)hose ragionevoli[.] siamo p(er) attendercj a vna buona p(ar)tita[.] farete [[avviso]] -/-. 445 SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 95v: An Bartholomäus Welser, Antwerpen, 24.2.1537. 446 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 283 (Ant 7.11): Adi 14 dito / per ritratto der 164 feslin q(ueck)silber / lb 399.15.θ / fir 1’230 duc zuo 78 gr, souil hab wir auf datum mit vnns selbs per conto gemeltz ritratto in nechst kunftige Vilalo(n) mes p(er) Sp(agni)a gmacht, denn werdt vns hie wie ob selbs contiertt, soln ys in gemeldt(er) mes fur ausgeb(en) v(er)rait(en). 447 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 287 (Ant 8.18). 448 SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 115: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 14.4.1537. 443 444

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

intensiver den Wechselhandel mit Antwerpen, als das Gefälle im Währungswechsel gewinnbringend für die Lyoner erschien. Denn über die Brabanter Hafenstadt führte der Wechselverkehr auf die Kastilischen Messen.449 In dieser Phase bevorzugten die Salviati offenbar die Kooperation mit ihren Florentiner Mitbürgern an der Schelde. Aber das bedeutete nicht, dass der Wechselhandel zwischen den Welsern in Antwerpen und den Salviati zum Erliegen gekommen wäre. In der umgekehrten Richtung betrieb zum 7. März 1538 die Faktorei Bartholomäus Welsers in Antwerpen Wechseltransfers nach Lyon (zu w(exe)ll per Lion gelichen), wobei sie als Korrenspondenten neben anderen die Salviati wählte.450 Überdies stand als zusätzlicher Verkehrsweg im Wechselhandel die Verbindung zwischen Lyon und den gerade erst gegründeten Wechselmessen in Besançon offen. Denn am 11. Dezember 1537 entwarf Lionardo Spina einen Brief an Bernhard Meuting, der nach seiner Ausbildung in der Faktorei der Welser in Lyon sowohl als Mitarbeiter der Welser als auch auf eigene Rechnung unterwegs war. Dieses Schreiben, das nicht abgeschickt wurde, wies Meuting an, in Besançon einen Wechsel über 600 scudi d’oro zu akzeptieren und zu bezahlen.451 Auch wenn dieses Geschäft nicht ausgeführt wurde, zeigt der notierte Brief immerhin, dass man den Wechselhandel auf den savoyardischen Standort für eine Option hielt. IV.3

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

Als die Salviati mit Averardo e Piero Salviati & Co di Anversa am 24. Januar 1540 eine neue Niederlassung eröffneten, verstärkten sie zunächst nur einen Knotenpunkt in ihrem Netzwerk: Ergänzend zu ihren Kommissionären an der Schelde setzten sie nun eine eigene, firmeninterne Organsiationsstruktur ein. Der Leiter der compagnia in Antwerpen, Tommaso Corbinelli, bezog noch im selben Jahr mit seinen Bediensteten – unter ihnen ein einstiger Lyoner giovane, Bernardo Vecchietti – ein Haus, das er

SNS, AS, I, 520 (L DebCred M); 521 (L LibCom M); 523 (L LibCom N); 527 (L LibFier N), ad rubbricas. 450 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 284 (Ant 7.27): Adi 7 marzo / per Jann Carlo Afaitati e c(ompania) / lb 153. 2. 6 / fir 500 𝛻 di m(archi) zu 73 1⁄2 gr, souil hab wir auf 5 diß dem Stann Virthall vonn Camb(r)ay zu w(exe)ll per Lionn gelich(en), soll Johann Bonlartt nechst kunftige ost(er)mes Averardo e Piero Salviati e c(ompania) alda bezallenn, die welch(en) lb 153. 2. 6 zalt im gemelt(er) Jan Carlo fir vnns. 451 SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 180v: An Bernhard Meuting, Besançon, 11.12.1537: Schrivemoci jeri l’ult(im)a n(ost)ra p(er) mano di Bastian Vayer e vi dicemo q(ue)llo achadeva e la p(r)ex(en)te solo per dirvi come p(er) conto di v(ost)ri May e Menting vi abbiamo tratto p(er) vso di cotesti pagam(en)ti di Bisanzon di fiera prex(en)te di t(ut)ti santi 𝛻 600 d’(or)o di * p(er) la v(alu)ta di qua da Xpofano Daulx[.] fatene prom(essa) e pagam(en)to e li ponete a detto conto el quale ne lo abbiamo fatto creditory e si pageranno [!] secondo v(ost)re hordine alli (C)hettirerd da da [!] q(ua)li ci è stato detto ch(e) no(n) vi si tragha altra cosa p(er)chè no(n) li pigliera bono p(er) avixo // --:-- no(n) si mandò. 449

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sich mit Geschäftsfreunden teilte: mit den Florentinern Giambattista Nasi e Giambattista Gondi & Co.452 Die wichtigsten Geschäftsfelder der Antwerpener Unternehmung der Salviati bestanden im Warenhandel – vor allem mit Gütern aus England und der Levante –, im Handel mit Wechselpapieren und Versicherungen sowie mit der Pacht des Alaun-Monopols von Tolfa.453 Im Zusammenhang mit dem Wechselhandel griffen sie auf die Verbindungen ihrer Kommissionäre zu. Dabei steuerten die spanischen Firmen Lesmes d’Astudillo, Diego de Medina Macuolo, der bereits erwähnte Florentiner Francesco Corsini und Bartholomäus Welser & Mitverwandte als Bezogene einen erheblichen Beitrag zu den insgesamt 19.000 Pfund flämisch (ca. 65.000 scudi di marchi) bei, die die Antwerpener Salviati als Anschubsfinanzierung in den Wechselhandel mit den Kastilischen Messen gesteckt hatten.454 Allerdings unterlagen die Geschäfte in Antwerpen erheblichen Wechselfällen. Die Spannungen zwischen Kaiser Karl V. und König Franz I. sorgten wiederholt für die Blockade angestammter Routen, so dass man alternative Wege zu finden gezwungen war. Die Auseinandersetzungen um die Provinz Geldern zwangen zum Ausweichen auf die Flussschifffahrt auf dem Rhein (via di Colonia, wie es Corbinelli im Frühjahr 1542 nannte).455 Im Juli 1542 wurde Antwerpen durch Truppen aus Geldern, geführt durch den mit den Valois verbündeten Maartin van Rossum (ca. 1478–1555)456, belagert. Die Handelstätigkeit kam zum Erliegen, wie sich Corbinelli bei seinen Korrespondenten beklagte: […] qua si fa pochissimo per queste guerre che abbiamo vicine e

Pinchera, Mercanti, S. 79–86: Neben Vecchietti, der sich bei einem jährlichen Verdienst von 24 Pfund flämisch in den Jahren 1540 und 1541 in Antwerpen aufhielt, waren auch Francesco Soderini (ebenfalls 1540/41), Pierfilippo Pandolfini (1540–42), Bernardo Acciaiuoli (1541/42: jährliches Salär von 33,8,8 Pfund flämisch), Priore Molletti (1540–43) und Tommaso Corbinelli bis 1545 zumindest phasenweise in Antwerpen anwesend. 453 Pinchera, Mercanti, S. 102–122. – Im Rahmen des Pachtvertrages der Alaun-Minen von Tolfa (in der Provinz von Civitavecchia, also in Mittelitalien) sicherte sich die Unternehmung der Salviati in Antwerpen einen Viertel-Anteil. Das Monopol betraf den Verkauf von Alaun in England und Antwerpen. Der zunächst auf zwölf Jahre abgeschlosse Pachtvertrag wurde von den Antwerpener Salviati effektiv nur während der drei Jahre von 1542 bis 1544 genutzt. Während in Rom die Geschäftspartner wie Pier Antonio e Alamanno Bandini, Nerone Verospe, Redi di Pandolfo della Casa sowie Giovanbattista e Alessandro Beni am Vertragsschluss für die Salviati aktiv waren, mussten sich die Salviati den Vertrag mit den spanischen Geschäftsleuten Ferrando Dazza, Martin Lopes (beide in Antwerpen) sowie mit Francisco del Castillo (in Rom) teilen: ebd., S. 105 f. – Diese Geschäftsfelder gelten als typisch für diejenigen, die in Antwerpen ihre Aktivitäten entfalteten; allerdings hatten Averardo e Piero Salviati & Co in Antwerpen nichts wesentliches mit dem Pfefferhandel zutun: Peter Stabel, Italian merchants and the fairs in the Low Countries, in: Paola Lanaro (Hg.), La pratica dello scambio. Sistemi di fiere, mercanti e città in Europa (1400–1700), Venezia 2003, S. 131–160, hier S. 157. 454 Pinchera, Mercanti, S. 87. 455 SNS, AS, I, 988 (Ant CopLett B), c. 134: An Cesare d’Urbino, 1542 – zitiert nach: Pinchera, Mercanti, S. 95. Vgl. Brulez, L’Exportation, S. 461–491. 456 Pieter Lodewijk Muller, Art. „Rossem, Martin von“, in: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 29, Leipzig 1889, S. 257 f. 452

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

si andrà facendo meno se andranno seguendo come si crede, che Dio non voglia e di mal guardi.457 Am Ende des Jahres ließ die Regierung von Geldern 180 Ballen verschiedener Waren der Salviati beschlagnahmen. Einer Rückgabe schob die kaiserliche Statthalterschaft in Brabant einen Riegel vor.458 Diese Perspektive auf die ökonomische Entwicklung Antwerpens in den Jahren 1541 bis 1543 steht der Feststellung Herman van der Wees entgegen, der auf der Grundlage etwa der Rechnung der Ausfuhrsteuer und der Certificatieboeken (Vertragsregister) die Phase zwischen den späten 1530er Jahren und ungefähr 1550 als konjunkturellen Höhepunkt schildert.459 Gerade die Richtung der Exporte unterlag dabei möglicherweise einer Verzerrung: Denn bei der Blockade der Landwege nach Süden oder der Gefährdung des Seeweges wichen die Kaufmannbankiers und ihre Spediteure auf die Rheinschiene aus. Dadurch konnte womöglich ein Teil der Ausfälle der Lieferungen nach Frankreich über den Landweg kompensiert werden.460 Vordergründig motivierten die Gewürze aus Asien die Florentiner zur Etablierung eines eigenen Handelsstützpunktes in Antwerpen. Die Gewürzpreise als Indikatoren für die allgemeine konjunkturelle Entwicklung des Gateway an der Schelde spielten demnach auch eine prominente Rolle in den Korrespondenzen des Geschäftsführers Tommaso Corbinelli.461 Aber hohe Werte wurden insbesondere im Wechselhandel über Antwerpen bewegt.462 Nach Auskunft der Rechnungsbücher beteiligten sich die Salviati in Antwerpen in der Zeit von der Gründung der compagnia bis zum währungspolitisch verursachten Einschnitt im Frühjahr 1541 an Wechseltransfers in Höhe von 95.377,19,9 Pfund flämisch (ca. 340.000 scudi di marchi). Nach der Festlegung durch die Statthalterregierung Karls in Brabant, dass zwei Drittel eines Wechsels in Gold, ein Drittel in Umlaufgeld zu berechnen seien, schrumpfte dieses Geschäftsfeld rapide. Bis Anfang 1543 folgten noch 26.675,9 Pfund flämisch (ca. 95.000 scudi di marchi).463 Die währungspolitische Maßnahme der Brabanter Statthalterschaft im Laufe des Jahres 1541 verfolgte die Absicht, den Abfluss von Edelmetall einzudämmen und ein Aufblähen der Kreditvolumina im Wechselhandel zu vermeiden. Wechsel mussten

SNS, AS, I, 988 (Ant CopLett B), c. 152: An Bardo Corsi e Antonio Scali, Messina, Juli 1542 – zitiert nach: Pinchera, Mercanti, S. 96. 458 Pinchera, Mercanti, S. 97 f. 459 Van der Wee, The Growth, S. 177. 460 Harreld, High Germans, S. 100–105: Harreld stellt hier die verschiedenen Argumente zusammen, denen zufolge besonders die (süd)deutschen und (west)deutschen Kaufmannbankiers über die Route am Rhein erfolgreich waren. 461 Pinchera, Mercanti, S. 90 f. 462 Vgl. Matringe, L’entreprise, S. 254; S. 299: Nadia Matringe betont, dass Lyon ein geringeres Maß an Zentralität für das europäische Gefüge des Wechselhandels aufwies als Antwerpen; in der Tat lässt sich auf diese Weise nachvollziehen, weswegen sich die Salviati um eine Ausweitung ihrer Unternehmung nach Antwerpen bemühten. 463 Pinchera, Mercanti, S. 119 (Tabella No. 6: Cambi per conto proprio e per conti terzi del banco di Anversa). 457

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verstärkt in Bargeld erlöst werden.464 Damit fehlte zugleich Bargeld zur Bezahlung von Warenlieferungen – diesen geldwirtschaftlichen Zustand kritisiert Corbinelli als bella stretezza.465 Auch wertete er die Effekte der Geldpolitik als schädlich. Denn mit dieser Maßgabe verschwand das Gefälle im Währungswechsel zwischen Antwerpen und Lyon, und die Geschäfte mit Wechseltransfers lohnten sich nicht mehr.466 Bereits während des Jahres 1541 begannen sich daher die Erfolgsaussichten der compagnia der Salviati in Antwerpen einzutrüben. Die herausgehobene Bedeutung, die die Wechseltransfers im Geschäft an der Schelde hatten, zeigt sich auch an einer eigenen Buchgattung, die dieser Handelszweig erforderte. Corbinelli ließ den libro d’assegnazione e di borsa, das „Buch der Anweisungen und der Börse“, anlegen. In diesem Rechnungsbuch verzeichnete der Buchhalter die getätigten Wechselgeschäfte und übertrug die Vorgänge in ein Sammelkonto im Schuldbuch. Damit erfüllte dieses Element in der Buchführungssystematik eine Funktion, die mit einer Unterrechnung wie dem libro dei committenti – neben dem (parallel zum) Journal – vergleichbar ist. Die Buchführung der Antwerpener Faktorei der Welser wies zwar neben Schuldbuch, Journal, Rikordanzbuch und Gesellenbuch mit dem welsch schuldbuch und dem fraindtt buch zwei Unterrechnungen auf, aber keines dieser Bücher scheint die gleiche Aufgabe erfüllt zu haben wie der libro d’assegnazione e di borsa. Die in den Antwerpener Rechnungen dokumentierten Schuldbeziehungen aus den Wechseltransfers trug der Buchhalter der Welser genauso in die Personenkonten des Schuldbuches ein, wie es der Buchhalter der Salviati tat. Das welsch schuldbuch A, welches im Schuldbuch S (Ant 1) im Jahr 1523 aufscheint, ist dem Journal nachgeordnet und bezieht sich auf Warenhandel und dessen Finanzierung (was den Wechselhandel einschließen konnte).467

Van der Wee, The Growth, S. 202–205; S. 344–347. Pinchera, Mercanti, S. 110. Tommaso Corbinelli erläutert in einem Schreiben an Averardo e Piero Salviati & Co di Firenze am 12.1.1542 die negativen Aussichten folgendermaßen: In qua per un emendamento della corte è stato ordinato che dal 15 marzo prossimo in là tutti i pagamenti precendenti da contratti di cambi e depositi e da altre contrattazioni di denari si paghino li 2/3 in oro e il 0/3 in moneta, il che sia difficile ad observarsi perchè dal paese ci corre pochi ori e che forestieri non molti a venire come può malvolentieri, rispetto alle basse valutazioni che la corte ha loro dato tale che ci vorrà riscuotere a quel tempo somma notabile, malvolentieri, lo potrà fare 2/3 in oro, e sarebbe mala cosa per chi avessi a riscuotere di mercanzie, pensasi che sarà moderato dalla corte medesima sendoci che fa in posa di dimostrare li incommode e danno che causa tale cosa, la più parte è stata invenzione trovata da particulari per propri disegni e l’altro se se ne intenderà ve ne faremo parte […] pensasi che questi procureranno la rivocazione di tal mendamento o almeno la prolungazione del cominciare l’observanzia a ciò che ciascuno sia provvisto e non obbligato […]“, zitiert nach Pinchera, Mercanti, S. 93 f. 467 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 242 (Ant 1.52): Konto von Christoph Herwart & Co am 16.5.1523 p(er) d(z) welsch schuldbuoch / duc 1’000 a gr 76 per duc, w(exe)l vo(n) Vin(eti)a per di 27 dito zur Vorfinanzierung eines Silbergeschäftes am 29.5.1523; ebd., S. 243 (Ant 1.60): Adi 9 mayo / per das welsch schuldbuch A / lb 300 vl(a)ms / thuen wir im ab n[ostro] c(on)to der v(er)kaufft(en) spec(eria) gutt unter dem Konto des Giovan Francesco degli Affaitati. Vgl. ebd., S. LXXVI f. – Vermutlich ist das fraindtt buch nach dem Niederländischen/Niederdeutschen „fraindt“ = „Schuld“ benannt. 464 465 466

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

Das fraindtt buch B, welches im Jahr 1532 im Journal X notiert wird und das Peter Geffcken / Mark Häberlein als „Fortsetzung“ des welsch schuldbuch einschätzen, ging als Register offener Forderungen der Welser dem Journal voraus. Hierin trug der Buchhalter sowohl Wechsel als auch Warengeschäfte ein.468 Die Investitionen, die Averardo e Piero Salviati & Co von Lyon aus bei ihrer Tochterfirma in Antwerpen tätigten, speiste Corbinelli in den Wechselhandel vorwiegend nach Kastilien ein. Im August 1541 etwa überwiesen die Salviati aus Antwerpen 1.968,12,3 scudi di marchi (ca. 590 Pfund flämisch) an Francesco Corsini als Wechselschuld aus vorherigen Geschäften.469 Zwischen den beiden Unternehmenssitzen in Lyon und Antwerpen bildete ein intensiver Wechseltransfer das Rückgrat dieser Geschäftstätigkeit, bei der die Salviati sich mit dem an der Schelde ansässigen, aus Pistoia stammenden Kreditvermittler Guaspare Ducci zusammentaten. Ducci wurde wenig später, im Jahr 1543, von Maria von Ungarn, Statthalterin und Schwester Karls V., beauftragt, als Pächter die einprozentige Ausfuhrsteuer einzuziehen.470 Allein im Juni und Juli 1541 war Ducci Gläubiger der Antwerpener Niederlassung der Salviati in Höhe von 14.213,8,10 Pfund flämisch (= 48.837,17,10 scudi di marchi).471 Die Mechanismen der Kooperation von Salviati und Welser lassen sich anhand der Wechseltransfers im Frühjahr 1540 erhellen. Laut der Mitteilungen von Averardo e Piero Salviati & Co in Antwerpen an ihre Lyoner Unternehmung beteiligte sich die Faktorei der Welser hälftig an Wechseltransfers über insgesamt 52.000 scudi di marchi auf die Kastilischen Messen (zur Mittfastenmesse nach Villalón). Ausdrücklich ging es bei diesen Geschäften um cambio e ricambio.472 Einen Teil des in den Wechselhandel nach Spanien investierten Geldes wies die Lyoner Faktorei an. Am 19. Februar 1540 trug der Buchhalter der Salviati daher in ein Lorokonto der Welser in Antwerpen insgesamt 19.000 scudi di marchi (ca. 5.500 Pfund flämisch) ein. In mehreren Tranchen zogen die Salviati von Lyon über Antwerpen Wechsel auf verschiedene Korrespondenten in VilGeffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 256 (Ant 4.11) am 14.2.1532: Addi 14 ditto soll vns cassa / per vnser fraindtt buch B / lb 68.18.5 / souill zaltt vns auf dito bar Clas Seßer und (Ant 4.13) am 15.2.: Addi – ditto soll vns vnser fraindtt buch B / per Simo(n) Pechori e c(ompania) / lb 367.10.10 / souill sey wir im in gemeltt(em) buch schuldig fir 1’230 3⁄4 𝛻m(archi) zuo 69 3⁄4 gr per 𝛻 w(exe)ll geltt vo(n) Lio(n); S. 264 (Ant 4.49) am 30.7.1532: Addi 30 luio sollen vns Amsterdamer tuch / per vns(er) fraindtt buch B. Vgl. ebd., S. LXXVI f. – Verwirrend dabei ist, dass sowohl das welsch schuldbuch als auch das fraindtt buch mit einer Signatur geführt werden, die jeweils neben der Signatur von Schuldbuch (S) und Journal (X) her laufen. 469 SNS, AS, I, 982 (Ant DebCred A), c. 178/CLXXVIII (Salviati/Lyon per nostro conto corrente). 470 Harreld, High Germans, S. 10: Guaspare Ducci entrichtete eine Pachtgebühr von 200.000 Carolusgulden. Die von ihm eigens angelegten Rechnungen, die die Einkünfte der Steuer dokumentieren, laufen bis Ende 1545 und erzählen die Geschichte eines Misserfolgs; denn Ducci schloss mit einem Defizit von rund 51.000 Carolusgulden. 471 SNS, AS, I, 982 (Ant DebCred A), c. 198/CLXXXXVIII (Salviati/Lyon per nostro aparte .G. – wobei „G“ wohl für Guaspare steht). – Zu Guaspare Ducci und seiner Vermittlertätigkeit zwischen den beiden Standorten Lyon und Antwerpen: Vgl. Ehrenberg, Das Zeitalter; van der Wee, The Growth, II, S. 202. 472 SNS, AS, I, 981 (Ant CopLett A), c. 3v–4r (c. 2r–5v): An die Salviati, Lyon, 3.2.1540. – Zu dieser Form des Wechselgeschäfts in den Büchern der Salviati: Matringe, L’entreprise, S. 281. 468

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lalón. Auf den Kastilischen Messen boten sich Aludio e Girolamo Pauli, Pedro della Torre, Lopes de Castro e Girolamo Sauli, Juan de Santo Domingo, Gregorio e Alonso Polanco, Garcia e Antonio de Santa Cruz sowie die Florentiner Firma Rinaldo degli Strozzi & Co als Bezogene an.473 Diese Wechseltransfers waren eingebettet in ein ausgedehntes geschäftliches Netzwerk von Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon. Die Eckpunkte befanden sich in Antwerpen, Kastilien, Rom und Venedig. Die Papstbankiers Pierantonio e Alamanno Bandini & Co474, die auf den Kastilischen Messen mit den Genuesen Doria e Palavicino und Italiani e De Negro sowie in Lyon mit den dort niedergelassenen Firmen der Florentiner Bartolomeo Panciatichi & Co, Gianfrancesco Bini & Co, Tommaso Guadagni & Co, Andrea Rinieri & Co sowie der Lucchesen Antonio e Lodovico Buonvisi & Co Wechselgeschäfte abwickelten, setzten mit den Salviati von der Apparitionsmesse bis zur Augustmesse 1542 Transfers im Wert von insgesamt 11.134,10,4 scudi di marchi um und illustrieren auf diese Weise die räumliche Ausdehnung des Wechselhandels.475 Der Wechselhandel zwischen Lyon und Antwerpen wurde mit dem Kapital auswärtiger Investoren finanziert, wie sich im Fall der in Antwerpen etablierten Erasmus Schetz & Co476 markant darstellen lässt. Diese als Kreditvermittlerin tätige Unternehmung legte während der Apparitionsmesse 1542 den Betrag von 11.620,18,6 scudi di marchi bei den Salviati in Lyon ein, der in Wechselgeschäfte investiert wurde. Auf der Augustmesse waren es 10.305,1,11 scudi di marchi, am 1. November des Jahres noch 1.035 scudi di marchi.477 Mit ähnlich umfangreichen Beträgen erschienen im März 1542 auch die in Spanien ansässigen Florentiner Rinaldo e Giambattista degli Strozzi & Co, die ihrerseits 10.350 scudi di marchi als Investition in den Wechselhandel der Salviati einlegten.478 Diese Steuerung finanzieller Mittel aus dem Lyoner Geschäft der Salviati in den Wechselhandel des Antwerpener Handels- und Bankhauses belegen auch die Konten in den Antwerpener Rechnungen. Im August 1541 investierte die Lyoner Unternehmung 1.968,12,3 scudi di marchi zu 714.606 maravedis in einen Wechsel nach Kastilien,

SNS, AS, I, 538 (L LibCom P), c. 156/156r: Bartolomeo Belzerj e co d’Anv(er)sa p(er) loro conto corrente deano [!] dare jn fiera d’app(ar)izione a ddj 19 d(i) feb(r)aio 𝛻 xviiijM d(i) m(archi) facciamo buoni p(er) loro alli loro Bartolomeo Belzeri e co d(i) qui di hord(i)ne d(i) detti Belzerj e co di qui posti avere a lib(r)o d(i) fiere e detto lib(r)o. Die Wechseltransfers wurden in den Messehandel umgebucht. Diese 19.000 scudi di marchi entsprachen in etwa 5.500 Pfund flämisch. Kellenbenz, Die Fugger, S. 392 (Lope de Castro). 474 Guidi Bruscoli, Papal Banking, ad indicem. 475 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 268/CCLXVIII (Pieroantonio et Alamanno Bandini e co di Roma per nostro conto corrente). – Vgl. Matringe, L’entreprise, S. 253–278; S. 315. 476 Zu dem aus der Gegend von Aachen stammenden Erasmus Schetz († 1550) und seinen in Antwerpen entfalteten geschäftlichen Aktivitäten: Harreld, High Germans, S. 81 f.; S. 140 f.; Carande, Los banqueros, ad indicem. 477 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 273/CCLXXIII. – In Antwerpen war es auch der Genuese Leonardo Gentili, der eingetragen am 13.3.1542 über seinen conto apparte die Summe von 1.035 scudi di marchi über den Wechselhandel in ein deposito-Konto einlegte. 478 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 273/CCLXXIII. 473

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

um einen vorher gewährten Kredit von Francesco Corsini & Co auszugleichen.479 Der Auftrag der Welser für die Salviati, insgesamt 19.000 scudi di marchi über die Kastilischen Messen zu wechseln, zeigt die Augsburger in der Rolle von Financiers der Wechseloperationen der Salviati, die darum bemüht waren, ihre neugegründete Niederlassung an der Schelde in Schwung zu bringen.480 Dass diese Geschäfte von Lyon aus finanziert und durch Guaspare Ducci in Antwerpen vermittelt wurden, illustriert eine Rimesse der Salviati im Wert von 17.000 scudi di marchi von dort an ihr eigenes Haus nach Lyon. Die Antwerpener Welser-Faktorei hatte den Wechselbrief ausgestellt und ihre Lyoner Faktorei bezahlte am 28. September 1541 an die Salviati, die für diesen Transfer zusätzlich eine Provision einstrichen.481 In Antwerpen verschoben sich allerdings auch die Koordinaten der geschäftlichen Orientierung: Die Wechseloperationen wurden nunmehr verstärkt mit Korrespondenten wie den Florentinern Bartolini e Ottaviani & Co in Richtung Venedig und auf der Schiene zwischen den Brabanter und den Kastilischen Messen durchgeführt.482 In Antwerpen beteiligten sich Anton Fugger & Bruders Söhne, Andreas und Simon Imhoff, Konrad Rehlinger und Lazarus Tucher an den Zahlungen im Wechselhandel.483 Allerdings unterstützten die Welser mit eigenen Krediten die Wechseloperationen besonders intensiv, wie auch im Herbst 1541. Dabei erschien ihre Antwerpener Faktorei als Begünstigte, indem sie von Rinaldo e Giambattista Strozzi & Co aus Spanien eine Rimesse über 3.058,3,10 Pfund flämisch (berechnet mit 10.577,11,9 scudi di marchi) empfing. Mit 2.888,7,9 Pfund flämisch wurden sie von besagten Strozzi bezogen – offenbar handelte es sich also um einen Hin- und Rückwechsel.484

SNS, AS, I, 982 (Ant DebCred A), c. 178/CLXXVIII. – Francesco Corsini zeichnete wiederholt als wichtiger Geschäftsfreund der Salviati (und der Welser) in Lyon: ebd., c. 146/CXLVI. 480 Vgl. SNS, AS, I, 538 (L LibCom P), c. 156. 481 SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 194 (Bartolomeo Belzeri e co di Lione): Et add(ì) 28 di settenbre jn f(ier)a di aghosto 𝛻 17000 di m(archi) p(er) l(etter)a di Anversa de’ Belzeri rimessono e’ nostri Salviati e co p(er) loro conto app(ar)te G a [[libro dei]] comm(itten)ti. Dabei steht „G“ wohl für Guaspare (s. o.). 482 Diese Orientierung lässt sich als typische Transferlinie für die Wechselgeschäfte der italienischen Kaufmanbankiers markieren – aber auch die hier ferner erwähnten Erasmus Schetz & Co und Bartholomäus Welser & Mitverwandte bewegten sich in dieser Richtung: Denucé, Italiaansche Koopmansgeslachten, S. 27–42. 483 SNS, AS, I, 982 (Ant DebCred A), c. 170/CLXX: Libro d’assegnazione e di borsa segnato A corregie verde della corrente ragione. Dieses Konto umfasste insgesamt Belastungen in Höhe von 12.734 Pfund flämisch (ca. 45.000 scudi di marchi). An Anton Fugger & Bruders Söhne bezahlten Averardo e Piero Salviati & Co 450 Pfund flämisch, an Andreas & Simon Imhoff 148,8,9 Pfund flämisch, an Konrad Rehlinger 147,8,4 Pfund flämisch, an Lazarus Tucher 528,15 Pfund flämisch; c. 180: Anton Fugger & Bruders Söhne erhielten von Francesco Lioni 1.083,6,8 Pfund flämisch und von Bartolini e Ottaviani & Co ebenfalls 1.083,6,8 Pfund flämisch. – Zu Konrad Rehlinger: Schöningh, Die Rehlinger, S. 72; Reinhard Hildebrandt, Einleitung, in: Ders. (Hg.), Quellen und Regesten zu den Augsburger Handelshäusern Paler und Rehlinger 1539–1642. Wirtschaft und Politik im 16./17. Jahrhundert. Teil 1: 1539–1623 (Deutsche Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit; 19, 1), Stuttgart 1996, ad indicem. 484 SNS, AS, I, 982 (Ant DebCred A), c. 180/CLXXX: Libro d’assegnazione e di borsa segnato A corregie verde della corrente ragione. Zumal es sich in beiden Fällen um Wechsel auf einen conto nostro apparte han479

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Die Welser-Faktorei in Lyon räumte hierfür den Salviati am 30. Mai 1541 einen Kredit von 10.000 scudi di sole in Form einer Bargeldeinlage zu einem Zinssatz von 2 1⁄4 Prozent ein. Die Salviati übertrugen diesen Kredit in den Wechselhandel und transferierten diese Summe nach Antwerpen für Wechselgeschäfte mit den Kastilischen Messen. Am 28. September ging der über Spanien und Flandern gewechselte Kredit wieder in Lyon ein.485 Die als Wechsel in Lyon verbuchten Transfers mit Bartholomäus Welsers Faktorei in Spanien tauchen zwar nicht in den Fragmenten des Journals zum Schuldbuch G im Oktober 1541 auf, aber sie standen vielleicht hinter Schuldbeziehungen mit Rinaldo e Giambattista degli Strozzi & Co zu Sevilla und Villalón.486 In eine ähnliche Richtung weisen auch die Wechseltransfers zwischen den Welser-Faktoreien in Antwerpen und auf den Kastilischen Messen nach Aussage der eigenen Rechnungen. An diesen Transaktionen waren in Kastilien Gian Carlo degli Affaitati, Francesco Corsini, Diego de Carrión e Juan de la Haya und die besagten Strozzi beteiligt.487 In einer vergleichbaren Konstellation remittierten die Salviati in Lyon 20.000 scudi di marchi am 3. Januar 1542 an den Genuesen Leonardo Gentili nach Antwerpen. Diese Rimesse betraf einen Wechsel der Faktorei der Welser in Lyon, von der aus über Gentili in Antwerpen und Andrea Lomellini, Niccolò Spinola e Cristofano Centurioni in Villalón auf die Faktorei am spanischen Hof der Welser gewechselt wurde.488 Ein zum 13. März desselben Jahres eingetragener Wechseltransfer exemplifiziert die Verknüp-

delte. – In der Buchführung von Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon entpuppt sich diese Investition als Kredit über 10.577,11,9 scudi di marchi: SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 188. 485 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. CLXXXVIII: Bartolomeo Belzeri e comp(agni)a di Lione per lor conto aparte dipositi deono avere jn fiera / di pasqua addj 30 di magio 𝛻 10225.– d’oro di sole facciamo lor buoni per pagar(e) alla prox(im)a fiera d’agosto 1541 e sono per 𝛻 diecimila di sole a 2 0⁄4 per cento presi da loro q(uest)a fiera e attribuytia n(ost)ri amici posto dare dipositi per spartire a lib(r)o di c(ommitten)ttj [a c.] 339 (e) detto lib(ro); im Wechselhandel: SNS, AS, I, 543 (L LibCom Q); im Wechseltransfer zwischen Antwerpen und den Kastilischen Messen: SNS, AS, I, 982 (Ant DebCred A), c. 180/CLXXX; in der Buchung als Eingang zugunsten der Welser in Lyon: SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 194r: Bartolommeo [!] Belzeri e co di Lione deono avere addì 28 di settenbre 𝛻 10225.– d(i) * facciamo loro buonj ch(e) tanti ne dobbiamo loro q(uest)a f(ier)a p(er) nostra di canbio a L(i)b(r)o G(ran)de; Rückbuchung im besagten libro grande: SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 188. 486 SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 194r; Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 499 (SpH 8.10: 3.10.1541). 487 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 500 (7.10.1541 SpH 8.23–27). 488 SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 275r: Et addì 3 di gennaio 𝛻 20000.– d’(or)o a mrs 379 1⁄2 p(er) 𝛻 con sette p(er) mille fannociene [!] l(etter)a p(er) Villalon p(er) di anzi p(er) uso di fiera di mezza quar(esi)ma p(r)ox(i)ma da e’ loro Belzeri e co jn Andrea Lomellino Nic(col)ò Spinola e Xofano Centurionj alli quali rimettemo p(er) L(ionar)do Gientili d’Anv(er)sa p(er) suo comto a [[libro de’]] comettenti. – Im Zuge eines Getreidegeschäftes vom Februar 1539 gingen Andrea Lomellini e Cristoval Centurione eine Zahlungsverpflichtung ein (Rückzahlung auf den 20.9.1541): Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragemente, S. 430 (SpH 6.620). – Die Rückwechsel erfolgten laut Messebuch vermutlich verbucht auf den 7.1.1541 in mehreren Portionen an verschiedene, vor allem über die Lucchesen Giovanni e Filippo Balbani und Gianfrancesco Bini in Lyon (da die ausdrückliche Zuweisung fehlt, ist im libro di fiere lediglich die Konstellation klärend): SNS, AS, I, 547 (L DebCred Q), c. 275. – Zu Leonardo Gentili als in Antwerpen angesiedelter Kaufmannbankier: SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 273/CCLXXIII.

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

fung der beiden Welser- und Salviati-Standorte mit dem Wechselverkehr zwischen Antwerpen und den Kastilischen Messen. Denn die Lyoner Salviati wiesen die Antwerpener Welser-Faktorei an, einen auf Francesco Corsini in Spanien gezogenen Wechsel über 2.000 scudi di marchi zu begleichen.489 Die Rückwechsel trafen zum Teil während der folgenden Messe Anfang März 1542 in Lyon ein: Die Niederlassung der Salviati in Antwerpen gab 4.000 scudi di marchi in Auftrag, Leonardo Gentili weitere 1.600 scudi di marchi.490 Die Gutschriften an die Lucchesen Giovanni e Filippo Balbani sowie an den Florentiner Gianfrancesco Bini & Co über insgesamt etwas mehr als 17.170 scudi di marchi im Auftrag der Lyoner Welser-Faktorei Anfang Januar 1542 deuten ebenso wie die Gutschrift zugunsten der Welser von Simon Niklas am 16. März über 5.765,9,8 scudi di marchi auf den Erlös von Wechselpapieren hin.491 Am 31. Mai 1542 trug der Buchhalter der Salviati einen Wechsel aus Antwerpen zugunsten der Lyoner Faktorei der Welser über 17.198,8,6 scudi di marchi ein.492 Allerdings ebbte die intensive Wechselbeziehung zwischen den Niederlassungen des Florentiner und des Augsburger Hauses in Antwerpen und Lyon im Laufe der zweiten Jahreshälfte 1542 ab. Die Welser wählten mit Blick auf die Wechseloperationen vergleichbare Vorgehensweisen. Nach Auskunft ihres Schuldbuches, das in Antwerpen in den Jahren 1537 und 1538 geführt wurde, transferierten sie mit Antonio de Villa Franca, Juan Darieta, den Augsburgern Sebastian Neidhart & Co und Anton & Hieronymus Fugger Wechsel – mit den Fuggern im Februar 1538 immerhin im Wert von 1.331,10,4 Pfund flämisch – nach Medina del Campo.493 Das Journal von 1539 zeigt überdies, dass die Welser ihrerseits Wechselgeschäfte auf der Schiene von Antwerpen und Lyon betrieben. Zunächst bezahlten Bartolomeo Panciatichi & Co dem Vertreter der Welser in Lyon 2.000 scudi di marchi, dann schuldeten die Erben von Bernardo Altoviti e Raffaello Corsini & Co den Welsern dort 800 scudi di marchi und schließlich sollte Jan de Cordes der Lyo-

SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 312 (Bartholommeo Belzeri e co di Lione): Et addì 13 detto 𝛻 2000.– di m(archi) a g(ross)i 68 p(er) 𝛻 facciamone loro l(etter)a p(er) Anversa p(er) dì 15 del p(r)ox(i)mo jn Bart(olome)o Belzeri da e’ nostri e traemo p(er) Franc(esc)o Cos(si)ni. 490 SNS, AS, I, 457 (L LibFier Q), c. 312. 491 SNS, AS, I, 457 (L LibFier Q), c. 275; c. 312r. Zu den Aktivitäten von Giovanni Balbani als Importeur von Seide nach Lyon vor der Augustmesse 1540: Lang, Seide für Lyon, S. 396 f. 492 SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 371r. – Ebd., c. 371: Außerdem verbucht er Gutschriften zulasten der Welser für Francesco e Stefano Burlamacchi über 3.500 scudi di marchi und für Hans Herwart über 8.300 scudi di marchi ein. Diese beiden Zahlungen rührten ziemlich sicher aus dem Verkauf von Wechselpapieren zur Refinanzierung der anderen Wechsel im Verlauf der Ostermesse 1542 her. Die Erstattung von 10.000 scudi di marchi von Tommaso Guadagni zugunsten der Welser in Lyon gemäß Messebuch hingen ziemlich sicher mit den Wechselgeschäften zwischen Lyon und Antwerpen zusammen, wie die Konstellation oben gezeigt hat. Die 5.000 scudi di marchi, die vom Welser-Konto in den Wechseltransfer in den libro dei committenti übertragen wurden, wurden auch in den Wechselverkehr zwischen Lyon und Antwerpen eingespeist: ebd., c. 414/414r (Augustmesse 1542). 493 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 283: Anton und Hieronymus Fugger (Ant 7.17), Antonio de Villa Francha (Ant 7.18), Juan Darieta (Ant 7.19) und Sebastian Neidhart & Co (Ant 7.16). Die 1.331,10,4 Pfund flämisch entsprachen ungefähr 4.500 scudi di marchi. 489

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ner Faktorei 2.000 scudi di marchi erstatten.494 Die umgekehrte Perspektive lässt sich am Schuldbuch G des spanischen Hofes unter dem Konto Dem buch der hanndlung des wexels der 476’000 duc verfolgen: Am 1. Februar 1539 trug der Buchhalter einen Wechsel der Faktorei am Spanischen Hof auf [di]e Herren per Antorff über ihren Anteil von 78.000 Dukaten im Rahmen einer Zahlung an den Kaiser gemeinsam mit den Fuggern ein.495 Bei diesen Wechselgeschäften operierten die beiden Handels- und Bankhäuser in Transferbeziehungen, die sich im Dreieck Lyon – Antwerpen – Kastilische Messen entfalteten. Was dieses Vorgehen von den Wechseltransfers zwischen beiden Unternehmungen mit Dritten unterschied, war der wechselseitige Einsatz beider Standorte als Achse, auf der Kapital bzw. Kredite verschoben wurden. Dabei nutzten sie ihre Verbindungen an verschiedenen Standorten, um für die gemeinsame Abwicklung von Wechseltransfers die erforderlichen Korrespondenten heranzuziehen. Auch Warenhandel war ein Bestandteil der bilateralen Transferbeziehungen in Antwerpen. In diesem Zusammenhang spielten für die an der Schelde angesiedelten Averardo e Piero Salviati & Co vor allem Textilien eine erhebliche Rolle. Insbesondere leichtere Tuche wie Kerseys waren für den Handel mit der Levante bestimmt, während in umgekehrter Richtung ciambellotti oder muciaiarri teils auf dem langen Seeweg über Venedig, Marseille nach Antwerpen, teils auf Etappen zu Land nach Ragusa, dann von Ancona nach Livorno geliefert wurden. Die englischen und flämischen Tuche wurden über Lyon verrechnet und in Marseille eingeschifft (dazu nächstes Kapitel V.1). Wenige Güter wie Perlen oder Wandteppiche aus Brüssel wurden auf Rechnung des Stammhauses in Florenz besorgt und in die Toskana transportiert.496 Aufgrund der Bücher über die Erhebung des einprozentigen Ausfuhrzolls und die Certificatieboeken sind die Interessen süddeutscher Kaufmannbankiers am Warenhandel in Antwerpen gerade für die Jahre, in denen die Salviati in Antwerpen ihre eigene Niederlassung unterhielten, von Donald Harreld sehr gut aufgearbeitet. Sowohl eine Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 291 (Ant 8.67–69): 17.6.1539. Erstens (Ant 8.67) hab wir dem Arnolt del Plano auf 10 dis zu w(exe)l per Lion gelich(en) (Kurs: 71 Groschen pro scudo di marchi), zweitens (Ant 8.68) dem Jacobo da Fagniano (Kurs: 70 3⁄4 Groschen pro scudo di marchi), drittens (Ant 8.69) den Jacobo e Baltasar de Cordes (Kurs: 70 3⁄4 Groschen pro scudo di marchi). 495 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 470 (SpH 7.449): [[Das buch der]] [hanndl]ung der 476’(000) duc soll vnns ad vltimo Jenner / per B(ar)tho{lo}meo Belzer [[e]] [com]pania / mvd 29’250’000 / vmb 78’(000) duc / souil geburtt denn Herren fur iren halb[tail] an den 156’(000) duc, so Fugger vnd sie seiner M(ajesta)t noch inhalts obgemeltes assiento der 476’(000) [[duc]] [sei]ner M(ajesta)t im Nid(er)land zu zallen schuld(ig) sendt zu erlegen, darumb wir seiner M(ajesta)t wexel[brief] [[auf]] [di]e Herren per Antorff geben, die werd(en) zu seiner zeitt gutte zallung thon, desshalb [[wir es]] diser hanndlung zuschrieben vnd fur eineme(n) setzen. 496 Pinchera, Mercanti, S. 133–154: Valeria Pinchera diskutiert anhand der drei Jahrgänge, welche die Rechnungen der Salviati in Antwerpen abdecken, im einzelnen die Phasen der Land- und Seewege; auch differenziert sie verschiedene Warengruppen. In diesem Zusammenhang ist diese Differenzierung weniger wichtig, weil die Kooperation zwischen den Salviati und Welsern nicht so sehr durch den Warenhandel motiviert wurde. 494

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

quantitative Analyse als auch die Rekonstruktion der Wege und Netzwerke unterstreicht die Bedeutung der an der Schelde aktiven Handels- und Bankgesellschaften sowie der Großhändler.497 Ein Handelsgut, das von den Kanaren, den Atlantikinseln São Tomé und Madeira sowie von der karibischen Insel Hispañola importiert wurde, war der Zucker.498 Die Handelsgesellschaften Anton Welsers und später Bartholomäus Welsers unterhielten von ca. 1509 bis 1514 eine Faktorei auf Madeira und eröffneten im Jahr 1526 eine Faktorei in Santo Domingo auf Hispañola, die einige Jahre später eine Zuckermühle auf der Insel erwarb. Die Niederlassung in Santo Domingo, von wo aus die Vertreter der Welser den Zucker über Sevilla nach Antwerpen ausführen ließen, produzierte mindestens bis 1545 (Kapitel III.4.3).499 Für August 1532 dokumentiert das Journal X der Faktorei in Antwerpen die Einfuhr und den Verkauf von Zucker aus Santo Domingo.500 Die Zuckerimporte aus São Tomé nach Antwerpen auf das Konto der Welser lassen sich bis 1555 noch im Gewerbebuch der Christoph-Welser-Gesellschaft verfolgen.501 Die Einfuhr von Zucker durch die Welser exemplifiziert in mehreren Fällen die komplexe Anlage der Beziehungen beider Handels- und Bankgesellschaften. Datierend zum 26. Oktober 1542 registrierte die Buchhaltung von Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon den Import von 31 tonnelli Zucker aus São Tomé ins französische Königreich. Die Antwerpener compagnia der Salviati hatte die Ware dem aus Lothringen stammenden Spediteur Pierre Tierry für den Transport von der Schelde nach Lyon übergeben. Den Warenwert und die Gebühren an den Notar Gregorio, der den Grenzübertritt geregelt hatte, sowie der Aufwand des conduttiere Tierry in einer Gesamthöhe von 1.056,12 scudi di marchi rechnete man in Lyon auf das gemeinsame Warenkonto der dortigen Welser-Faktorei und der beiden Salviati-Gesellschaften ab. Im April und im Mai 1544 verkauften die Salviati den Zucker in kleineren Mengen an verschiedene Händler in Lyon und Marseille. Am 14. Juni überwiesen die Salviati der Antwerpener Faktorei der Welser ihren Anteil vom Geschäftserlös über 528,6 scudi di marchi.502 Harreld, High Germans, S. 128–171. Donald J. Harreld, Atlantic Sugar and Antwerp’s Trade with Germany in the Sixteenth Century, in: Journal of Early Modern History 7 (2003), S. 148–163. 499 Häberlein, Atlantic Sugar, S. 52–60. 500 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 265 (Ant 4.53–56: 28.8.1532), Beispiel Ant 4.54: Adi – ditto soll vns zucker contto n(ostro) von Santto Domingo / per Bartt(olome)o Welser e c(ompania) / haben die vnsernn zuo Sibillia vff den galeon Santto Liesino, patro(n) Diego Gonzalles, so der Sebastian Rentz mitt zuck(er) vnd andern ware(n) fir her gelad(en) hatt, 3’000 duc v(er)sicher(n) lasen zuo 11 per c(ent)o, tuot 330 duc, mer vnderkaff 1 real per c(ent)o duc, ist 2 duc 8 reall vnd zesame(n) 332 duc 8 reall, die befelch(en) vns die Here(n) fir eineme(n) zesetz(en) vnd gemeltte(m) contto zuo zesch(reiben); S. 266 (Ant 4.57–58: 28.8.1532); ebd., S. 267 (Ant 4.60: 30.8.1532). 501 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 148 [149]{7} am 30.11.1555: [Adi – ditto per zucker von Sant Thome / fl 184.14.8 / vmb £ 39. 1.7. Je 55 gr] [ f]ur 65 kr / [haben die vnsern zu Anttorff netto erlost auß 13 1⁄2 kisten gemelts] [zuck]rs, lau [ainß zettels vnd conto, so sӱ derohalb gesandt; ebd., S. 149 [151]{1}. 502 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 324: Zucheri di San Thommè di conto di Bart(olome)o Belerzi e co di qui la meta de’ n(ost)ri d’Anv(er)sa 0⁄4 (e) l’altro quarto n(ost)ri [[di qui]] deon[o] d(are) addj 26 d’ottob(re) 497 498

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Aus den Buchführungen der Salviati in Lyon und Antwerpen sowie der Welser ergibt sich somit der Eindruck intensiver und komplex angelegter Kooperationen zwischen beiden Handels- und Bankhäusern. Die Verknüpfung der Handels- und der Wechselgeschäfte über Spanien nach Antwerpen mit der Achse zwischen Antwerpen, Lyon und Italien musste aus der Perspektive von Averardo e Piero Salviati & Co verlockend erscheinen. Mit den Welsern, die an den beiden Standorten Lyon und Antwerpen mit eigenen Niederlassungen präsent waren, unterhielten die Florentiner Kaufmannbankiers eine eingespielte Beziehung, innerhalb derer sich serielle Transfers koordinieren und aussichtsreiche Geschäfte verstetigen ließen. Beide Handels- und Bankhäuser machten sich zunutze, dass sie durch die Vertretung in zwei Währungsräumen und die Kopplung ihrer Kreditnetzwerke über die nötigen Konstellationen für Wechseltransaktionen verfügten. Allerdings lief diese Phase intensiver Kooperation nur solange, bis sich die beiden Unternehmen als Konkurrentinnen gegenüber standen. Eine schrittweise Verschiebung der Orientierung der Salviati zeichnete sich im Lauf des Jahres 1542 ab. Im Juni zogen die Lyoner Salviati auf Anweisung der Antwerpener Faktorei der Fugger eine Reihe von Wechseln über insgesamt 6.000 scudi di marchi auf die Messe in Medina del Campo. Der Wechselerlös von Anton Fugger & Bruders Söhne503 wurde in Lyon durch die Augsburger Kommissionäre Simon Niklas und Hans Rieger eingenommen, wobei die Antwerpener Faktorei gegenüber der spanischen Faktorei für den Zahlungsausgleich aufkommen musste.504 Während der Messe im lb 2.10 tt(ornes)i p(er) tanti fattoli credit(ori) al q(uadernuc)c[i]o di cassa [a c.] 129 che s’erono pag(a)ti a n(ost)ro Gregorio notayo p(er) il mandamento e qua(n)to di poterli fare entrare jn questo Regno a vscita a carte 119 posto cassa av(er)e und der Aufwand für die Ware inklusive Lieferung: Et addj v[l]timo detto lb 753.13.4 tt(ornes)i facc(iam)o buoni a Piero Tierri condottore per il porto d’Anv(er)sa a qui di 31 tonelli di detti zucheri m(andato)ci li n(ost)ri peso lib(r)e 25022 a lb 3 tt(ornes)i il c(ent)o nella quale som(m)a è compreso lb 3 tt(ornes)i per parte di quello sp(ese) detto Tierri jn mandar(e) vno huomo p(er) av(er)e licenzia che detti zucheri potessino entrare salvi in questo Regno. Abzug der Transportkosten: SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. 100. Verkauf während der Ostermesse 1544: ebd., c. C. Die Abrechnung: ebd., c. 310/CCCX. Die Überweisung auf das Kontokorrent der Welser in Antwerpen, ebd., c. CCCX: Bartolomeo Belzeri e co d’Anv(er)sa p(er) loro conto de’ tenpj deano av(er)e jn fiera di pasqua addj xiiij° d(i) g[i]ugnio lb 1149.1.– tt(ornes)i faccian loro buoni a buo(n)conto nel grado sono e p(er) q(uan)do riscossj saranno e sono p(er) la meta al loro attene(n)te d(i) lb 2298.2.– tt(ornes)i ch(e) mo(n)tò jl ritratto netto d(i) spese della fine di tonellj xxxj° d(i) zuchero San Tom(m)è d(i) conto lo(ro) detta a⁄2 jl resto de’ n(ost)rj d’Anv(er)sa e n(ost)ri p(er) a⁄2 venduti e datone conto copiato alle Ricordanze a [c.] 210 posto zucheri d(i) tal conto dare. – Diese Lieferung lässt sich auch in den Antwerpener Rechnungen der Salviati nachweisen, ebenso der conduttiere Pierre Tierry: Pinchera, Mercanti, S. 146 f. (hier spricht Valeria Pinchera von 4 tonnelli aus den Jahres 1542 bis 1543 und von 4 pani di zucchero); S. 163 f. 503 Seit dem Tod seines Onkels Jakob im Jahr 1525 stand Anton Fugger als Regierer an der Spitzes des Unternehmens: einführend: Häberlein, Die Fugger, S. 67–71. 504 SNS, AS, I, 545 (L CopLett Q), c. 170v: An Anton Fugger & nepoti, Medina del Campo, 15.9.1542: […] sarà questo p(er) avisarvi che p(er) ordine de v(ost)ri Fugeri [!] di Anversa vi s’è p(er) c(on)to v(ost)ro t(rat)to a M(edin)a del Ca(m)po p(er) uso di fiera di maggio p(re)sente / 𝛻 2000.-- a mrs 376 1⁄2 p(er) 𝛻 i(n) B(er)n(ar)do e Xpofano Cernischoli avuti da Dadi / Et 𝛻 2000.-- a mrs 376 p(er) 𝛻 ne’ Castri e Malvenda auti da Mic(he)lj e Parenzi / Et 𝛻 1087 1⁄4 a mrs 377 p(er) 𝛻 in Mattio A(ntoni)o di Salin et B(er)n(ard)o e A(ntoni)o de Lerma / da sudetti / Et 𝛻 917 3⁄4 a mrs 377 p(er) 𝛻 in Diego A(ntoni)o / redi di Luigi e Alonso di Mida / da sudetti (e) sono 𝛻 6000.-- di m(arch)i che ci venghono a mrs 376 1⁄2 p(er) 𝛻 co(n) più 7 p(er) M. piacciavi farne p(r)om(ess)a e

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

Oktober des nämlichen Jahres beliefen sich die Rimessen an Anton Fugger in Medina del Campo auf bemerkenswerte 26.408,12,4 scudi di marchi. In diesem Fall gingen die Transfers auf Rechnung von Guaspare Ducci in Antwerpen. Die wichtigsten Kreditgeber in Kastilien waren die Lucchesen Giovanni Bernardini e Bernardo Cenami, die Genuesen Spinola, Lesmes d’Astudillo, Leonor del Rio und Juan Paredes, Juan e Alonso Salamanca sowie Rinaldo degli Strozzi.505 Diese Konstellation in den Wechselgeschäften tauchte im September 1547 in umgekehrter Richtung wieder auf, als Anton Fugger & Bruders Söhne 34.000 scudi di marchi von Villalón auf die Salviati in Lyon remittierten. In diesem Fall räumten Averardo e Piero Salviati & Co sowohl der Fugger-Faktorei in Venedig als auch derjenigen in Antwerpen einen entsprechenden Kredit ein, um den Ausgleich zu finanzieren.506 Im März 1549 wiederholten die Fugger eine derartige Transaktion über insgesamt 12.300 scudi di marchi, bei der abermals die Faktorei in Venedig die Bezahlung der Wechsel übernahm. Hierfür remittierten die Salviati von Lyon 15.000 scudi di marchi nach Venedig.507

pagamento co(n)porre a detto v(ost)ro conto al quale ne fusti creditori e debitt(ori) dal tanta somma di 𝛻 6000 di m(arch)i che p(er) ordine de’ detti vo(st)ri paganno qui a Simon Nicholas e Jehan Regli come da loro coverete avere aviso p(er) ja che sarà jn q(uest)a e così detto conto viene pari salvo che si sarebbe do(v)uto le spese e la senseria che li v(ost)ri conti n(ost)ri jn Anversa ne doveranno essere d’acordo e tal volta vi ordineranno a chi costà li dovete paghare p(er) noj. – SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 94 (Simone Niccolas e Gian Regle alamanni): verschiedentliche Wareneinkäufe; am 13.3.1542 Rückzahlung von depositi über 4.090 scudi d’oro di sole. – Für eine vergleichbare Funktion von Simon Niklas und Hans Rieger im Wechselverkehr in Lyon: Pölnitz, Anton Fugger, II, S. 426 (Anm. 3: 1539); S. 427 (Anm. 6: 1539); 445 f. (Anm. 141: 1539); III, S. 597 (Anm. 11: 1544). 505 SNS, AS, I, 545 (L CopLett Q), c. 170v (falsche Paginierung): An Anton Fugger & nepoti, Medina del Campo, 5.10.1542: R(ispost)a intendendo che t(ut)to e li rimessovi di f(ier)a p(r)ox(im)a d’ottobre / 𝛻 5000.-d’(or)o (h)a mrs 420 p(er) 𝛻 co(n) 7 p(er) M in Ant(oni)o erede di Brija di S(an)ta Croce la v(alu)ta da B(er)n(ardi)nj e Cenamj / 𝛻 1095.4.-- d’(or)o (h)l mrs 414 p(er) 𝛻 co(n) 7 p(er) M nellj Spinolj co(n)tj (h)a noj / 𝛻 56.5.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo in Anv(ers)a Vso di Mare Maraliano co(n)tj (h)a noj / 𝛻 226.16.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo in Nicc(ol)ò Doria co(n)tj (h)a noj ---- / 𝛻 908.7.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo jn Alonso di Salamancha co(n)tocj / 𝛻 100.– d’(or)o (h)al p(r)ezo i(n) Diego dj Medina Manzuello co(n)tocj / 𝛻 5990.11.8 d’(or)o (h)al p(r)ezo i(n) Lesme de Astodillo co(n)tocj / 𝛻 1689.7.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo nellj Aberascurj e Ançinlaj co(n) tocj / 𝛻 1165.10.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo in Gio(vanni) e Alonso di Salamancha co(n)tocj / 𝛻 500.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo i(n) Cristofano de Sabor co(n)tocj / 𝛻 2000.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo jn Leonor del Rio e Gian de Paredej co(n)tocj / 𝛻 2500.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo jn Lesmes de Astodillo co(n)tocj / 𝛻 2500.-- d’(or)o (h)al p(r)ezo jn Gio(vanni) e Alonso dj Salamancha / 𝛻 2676.1.8 d’(or)o (h)al p(r)ezo jn li Strozzj co(n)tocj / 𝛻 26408.12.4 d’(or)o jn t(ut)to piacciavj farne p(r)omess)a et al tenpo pag(amen)to co(m)porlj (h)a co(n)to del detto Guasparj sop(r)a dj dettj v(ost)ri d’Anv(er)sa et v(er)do loro hordine. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 337 (Gonzalo del Rio/1532); S. 409 f. (Antonio del Rio/1537); S. 356 ( Juan Fernandes Paredes); S. 425 ( Juan Fernandes Paredes); S. 433 ( Juan Fernandes Paredes); S. 454 ( Juan Fernandes Paredes); die anderen s. o. 506 SNS, AS, I, 579 (L CopLett T), c. 4v: An Anton Fugger & nepoti, Villalón, 28.9.1547: trovaiamoci jn la p(rese)nte f(ier)a d’agosto la v(ost)ra de 8 d’agosto pass(a) jnsieme con l(etter)e di cambio delli 𝛻 xxxiiijM d’oro ch(e) a t(ut)t(e) partite ci avete rim(ess)o jn q(uest)a detta f(ier)a ch(e) di t(ut)to avemo p(r)om(ess)a e di mag(gior) p(ar)te jl pagam(en)to e si va procurando del resto p(er)ò a buonco(n)to di t(ut)to abb(iam)o dato cr(edito) a e’ v(ost)ri S(ign)ori Fucheri di Venezia giusto l’ordine v(ost)ro e de’ v(ost)ri d’Anversa e l’ordine d’essi di V(inez)ja ne abiamo seguito ch(e) `s stato di ricecterlj loro ch(e) così abiamo fatto seguendo la comessione loro. 507 Ebd., c. 152r: An Anton Fugger & nepoti, Venedig, 7.3.1549.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

Eine vergleichbare Entwicklung zeigte sich beim Warenhandel über Antwerpen: Im Januar 1548 verhandelten die Lyoner Salviati mit der Brabanter Faktorei der Fugger über eine Kupferlieferung.508 Im Jahr 1550 kam dann allerdings ein sehr umfangreiches Geschäft mit Quecksilber und Zinnober zustande, über welche die Fugger nach der erneuten Übernahme der Maestrazgopacht einschließlich des Bergwerkes von Almadén im Jahre 1547 wieder in großen Mengen verfügten: Im Auftrag von Anton Fugger & Bruders Söhne wurden die Güter in mehreren Lieferungen von der Schelde nach Marseille geschifft. Der Großteil ging an Zwischenhändler, die in Marseille niedergelassen waren. Der Wert der Ware und der Spesen betrug insgesamt 10.907,1,5 scudi di marchi, der durch eine Reihe von Wechseln ausgeglichen wurde.509 Diese verstärkte Geschäftstätigkeit mit den Augsburger Fuggern exemplifiziert die Verlagerung der Transfertätigkeit der Gesellschaft Averardo e Piero Salviati & Co im Anschluss an ihre Expansion nach Antwerpen. Mit Blick sowohl auf die Geschäftsfelder als auch auf die Handlungsmuster lässt sich darstellen, wie die Salviati die Koordinationsleistungen mit den Vertretern der Fugger an die Schemata anpassten, welche sie zuvor in der Kooperation mit den Welsern entwickelt hatten. Auf diese Weise wird sichtbar, wie sich während der Existenz der Antwerpener Niederlassung der Salviati die Schwerpunkte innerhalb der geschäftlichen Verbindungen verschoben, aber die eingeübten Muster gleich blieben – wie die konstante Rolle von Guaspare Ducci als Kreditvermittler beispielsweise illustriert. Das Ende von Averardo e Piero Salviati & Co in Antwerpen Averardo e Piero Salviati & Co mussten im Sommer 1544 ihr Antwerpener Unternehmen zurückziehen. Tommaso Corbinelli hielt sich noch ein weiteres Jahr an der Schelde auf. Allerdings hatten sich die wichtigsten Investoren wie Erasmus Schetz & Co, die Lucchesen Buonvisi e Diodati und Burlamacchi, der Kreditvermittler Guaspare Ducci, die ursprünglich aus Florenz stammenden Konvertiten Giambattista Nasi & Co, die Florentiner Giambattista Gondi & Co sowie die Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte bereits im Lauf des Jahres 1542 von ihrem Engagement bei den Salviati zurückgezogen. Dies kann man als schwindendes Vertrauen in den geschäftlichen Erfolg der Unternehmung werten.510 Die Expansion der Salviati-Unternehmensgruppe nach Antwerpen war nicht nur auf hohe Investitionen in Wechselkredite durch Dritte angewiesen, sondern auch auf

Ebd., c. 41r: An Anton Fugger & nepoti, Antwerpen, 21.1.1548. SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. 15/XV (Warenkonto: 10.12.1550); c. 157/CLVII (Antonio Fuchari e nepoti p(er) lo(ro) conto de’ tempi zum Ausgleich der Warenlieferung: 30.6.1551); c. 159/CLVIIII (Warenkonto: 15.7.1551). 510 Lang, Networks, S. 117 f. 508 509

Die Expansion der Salviati nach Antwerpen und Spuren der Defektion

ein belastbares Netzwerk an Kooperationspartnern an der Schelde. Doch in der Phase, in der die Handelswege nach Frankreich weitgehend blockiert waren und infolge dessen der Warenhandel der Salviati auf der Verbindung zwischen Antwerpen und Lyon erheblich litt, trockneten die Geschäftsfreunde die liquiden Mittel der compagnia aus. Die Welser, die selbst Handel auf der Achse zwischen Flandern bzw. Brabant und Frankreich trieben, empfanden die Salviati in Antwerpen wohl eher als Konkurrenten. Als Kommissionärin trat die Brabanter Faktorei der Augsburger gerne auf, um die entsprechenden Provisionen zu kassieren, doch als Korrespondentin ohne dieses lukrative Einkommen offenbar nicht. Von diesem Punkt an schien ein schleichender Erosionsprozess in der Kooperationsbeziehung zwischen beiden Unternehmen eingesetzt zu haben.511 Der oben angesprochene Wechsel, im Zuge dessen die Gesellschaften Anton Fuggers und Bartholomäus Welsers Anfang 1540 eine Anleihe über insgesamt 156.000 Dukaten an Kaiser Karl V. in Antwerpen zahlten, erweist sich als symptomatisch: Bereits in den 1540er Jahren betrachteten die süddeutschen Kaufmannbankiers sowie ihre italienischen und portugiesischen Geschäftsfreunde Antwerpen als Standort, von dem aus Anleihen an Fürsten und Stände finanziert werden konnten.512 Die Wechsel über die Kastilischen Messen erfüllten zweierlei Aufgaben: Zum einen dienten sie der Finanzierung der Warengeschäfte, die an der Schelde getätigt wurden. Zum anderen unterstützten sie die Herausbildung von Anleihemärkten. Diese Tendenz, an der Averardo e Piero Salviati & Co partizipieren wollten, ergänzte den Warenhandel als Motor der konjunkturellen Entwicklung zunehmend.513 Die Investitionen von in Antwerpen ansässigen Handels- und Bankhäusern in Einlagekonten der Lyoner Salviati-Gesellschaft während der Augustmesse 1542 zeigt überdies die Verlagerung der Kapitalströme in umfangreiche Kreditgeschäfte. Die Erben von Lukas Rem & Gebrüder wechselten 3.135 scudi di marchi auf ein depositi-Konto bei den Lyoner Salviati, die dafür einen Zinssatz von 4 1⁄2 Prozent gewährten. Über die Salviati-Gesellschaft an der Schelde wies Guaspare Ducci mit 3.150 scudi di marchi eine vergleichbar hohe Summe in Lyon an. Giovanbattista e Lorenzo Guicciardini & Co514 steuerten sogar 5.384,19,8 scudi di marchi bei, Hans Welser & Gebrüder 643,19,4 scudi di marchi.515 WähEbd., S. 118. Vgl. Harreld, High Germans, S. 172–178: Donald Harreld diskutiert diesen Wandel vor allem am Aufkommen der Rentmeisterbriefe; die Stadt Antwerpen setzte nach der Belagerung durch Maarten van Rossem zum Wiederaufbau der Infrastruktur – unter anderem die Fortifikationsanlagen – Renten als langfristige Anleihen ein. – In den 1540er Jahren zog sich allerdings die Welser-Gesellschaft schrittweise aus dem Geschäft mit den Kronanleihen an die spanische Krone zurück: Häberlein, Fugger und Welser. 513 Nadia Matringe geht soweit, dass sie entgegen Richard Gascon mit der stimulierenden Wirkung der Wechsel- und Kreditgeschäfte für den Warenhandel argumentiert: Matringe, L’entreprise, S. 247; S. 257 f. 514 Giovanbattista e Lorenzo Guicciardini & Co in Antwerpen: Guidi Bruscoli, Benvenuto Olivieri, S. 252; S. 302. 515 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 321/CCCXXI. Die Einlagen wurden über ein Lorokonto im libro dei committenti verbucht: D. h. die Einlagen wurden in einen eigenen Wechselkreislauf eingespeist, so dass 511 512

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

rend der folgenden Allerheiligenmesse setzten sich diese Transfers fort. Die Erben Lukas Rems liehen den Salviati am 16. Dezember 1542 durch einen Wechsel abermals 3.135 scudi di marchi, Guaspare Ducci tat es ihnen mit 3.150 scudi di marchi gleich. Er erhöhte während der Ostermesse 1543 seinen Beitrag zu den Einlagen sogar auf 11.095,3 scudi di marchi, am 31. Oktober desselben Jahres auf 11.591,7 scudi di marchi.516 Die vermehrte Investition in Einlagekonten bei den Salviati in Lyon durch süddeutsche und italienische Kaufmannbankiers begann im Laufe des Jahres 1542. Anders als zuvor erhöhten sich die Beträge nicht nur, sondern die Gruppe der Einleger, die in Antwerpen ansässig waren, wuchs deutlich an. Die eingesetzten Kredite wurden von der Schelde an die Rhône gewechselt, so dass zusätzlich ein Geschäft mit Wechselkommissionen betrieben werden konnte. Kardinal François de Tournon, Erzbischof von Auch (1489–1562) sowie Schlüsselfigur bei der Vermittlung zwischen den Florentiner Kaufmannbankiers und der Krone517, warb auf der Allerheiligenmesse 1542 von den Florentiner Firmen in Lyon 100.000 livres tournois (ca. 44.444 scudi di marchi) als abermalige Pachtgebühr des Seidenzolls ein. Dabei konnten die Salviati, vertreten durch ihren Teilhaber Lorenzo Pasquali, mit 28.000 livres tournois (ca. 12.444 scudi di marchi) mehr als ein Viertel der gesamten Summe beisteuern.518 Diesen Beitrag finanzierten sie über die bei ihnen eingelegten depositi. Die vermehrte Aufnahme von Krediten dürfte im Zusammenhang mit Vorbereitungen für Anleihegeschäfte mit der Krone stehen. Aber die Integration der in Antwerpen niedergelassenen Handels- und Bankhäuser in die Finanzierung dieses Betrages wurde erst möglich durch die Geschäftstätigkeit des dortigen Standorts von Averardo e Piero Salviati & Co und von Tommaso Corbinelli als Vermittler von Krediten. Im Zuge ihres Auftretens an der Schelde klinkten sich die Salviati in die vorhandenen Kreditnetzwerke ein und griffen auch noch darauf zurück, nachdem die Geschäfte ihrer eigenen Niederlassung eingegangen waren. Zwar nahm die Komplexität der Beziehungen zu den Welsern, die die Salviati in Antwerpen offenbar eher als lästige Konkurrenten begriffen, zusehends ab. Aber die Investitionsbereitschaft anderer süddeutscher Unternehmen sowie der Zugang zu Kreditvermittlern wie den Guicciardini oder Guaspare Ducci blieben ihnen erhalten. Insofern hatte die nur kurzfristige Expansion der Salviati-Gruppe nach Antwerpen einen längerfristigen produktiven Effekt.

die Salviati Provisionen kassierten und damit einen Teil der Zinszahlungen finanzieren konnten. 516 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. 98/LXXXXVIII: Redj di Luca Rem di Anv(er)sa p(er) loro co(n)to ap(ar)te dipositi d(i) contro deano av(er)e jn fiera dj tutti santj addj 16 di d(i)ce(m)b(r)e 𝛻 3135 di m(archi) p(er) al tanti fattonelj debitori jn co(n)to corente a lib(r)o de’ com(mitten)ttj a [c.] 13 e detto lib(r)o posto dare. – An der Gutschrift aus dem libro dei committenti lässt sich erkennen, dass der Betrag von Antwerpen über ein Lorokonto gewechselt wurde, die Belastung der anderen Konten (Guaspare Duccis und von Hans Welser & Gebrüder) zeigt den Eintrag in das Konto der Einlagen. 517 Hamon, L’argent, S. 168. 518 Lang, Herrscherfinanzen, S. 487 f.

Die Besonderheiten der Kooperation zwischen den Salviati und den Welsern

IV.4

Die Besonderheiten der Kooperation zwischen den Salviati und den Welsern

Die quantitative Analyse der Beziehungen zwischen den Florentiner Salviati und den Augsburger Welsern zeigt ein phasenweise intensives und komplex angelegtes Transferverhältnis. Im Vergleich zu den Geschäftsbeziehungen zwischen den Salviati und anderen süddeutschen Kaufmannbankiers wie den Nürnberger Imhoff erreichten die Umsätze zwischen den Salviati und den Welsern hohe Werte. Die Konjunktur der Transfers hing stark von exogenen Faktoren ab wie der wirtschaftlichen Entwicklung oder den Interessen der Herrscher. Die Formen der Kooperation umfassten zudem ein besonders weites Repertoire. Die beiden Handels- und Bankhäuser verknüpften verschiedene Warenwege und Netzwerke. Beide ließen sich auf intensive Koordinierungsleistungen ein, wenn sie „neue“ Märkte erschlossen oder die Öffnung neuer Geschäftsfelder betrieben. Neben der Verkettung einzelner Transfers zu Seriengeschäften schlossen sich beide Unternehmen auch zu Gelegenheitsgesellschaften oder joint ventures zusammen und konstruierten konsortial strukturierte Transfergefüge. Dabei erprobten sie sogar die rechtlich formalisierten Beziehungen innerhalb einer Kommende (accomandita) im Fall der gemeinsamen Einkaufsgesellschaft in Toulouse. Herausragend ist zudem das gemeinsame Konsortium für die Pacht des Seidenzolls mit dem Vertrag von 1521/1528. Insbesondere die Integration der Unternehmensgruppe der Salviati und der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft im Zuge der Kapitalverschiebungen innerhalb der verschiedenen Zweige der Florentiner Firmen weist im hohen Maße kooperative Handlungsmuster auf. Denn nicht nur die Höhe der in Wechseln und Zahlungstransaktionen verschobenen Beträge, sondern auch die Verschachtelung der Beziehungen zwischen den verschiedenen Standorten und Partnern charakterisieren die gemeinsamen Koordinierungsleistungen. Die beiden Unternehmungen nutzten dabei die flexiblen Rollen in Wechseltransfers, um große Geldbeträge zu versenden und die möglichen Provisionen einzuheben. Bei Wechselgeschäften war eine gezielte Abstimmung darüber erforderlich, wie Konstellationen zu bilden waren, um Währungswechselgewinne einzustreichen (vgl. Kapitel VI.2). Eine weitere Besonderheit in der Entwicklung der Beziehungen zwischen beiden Handels- und Bankgesellschaften betand darin, dass sie ihre Netzwerke reziprok erweiterten. Als sich die Brüder Lukas, Hans und Endres Rem nach dem Tode Anton Welsers 1518 aus der Welser-Gesellschaft herauslösten und eine eigene Unternehmung gründeten, bestanden die geschäftlichen Beziehungen zwischen Lionardo Spina und den Rem-Brüdern fort. Noch im November 1519 tätigten die Salviati mit den Rem eine Gutschrift über 1.144,7,1 scudi di marchi, mit Tommaso Guadagni & Co über 1.114 scudi di marchi an die Fugger in Augsburg.519 Erst langsam verloren die Salviati offenkundig

519

SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. CLXIII.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

ihr Interesse an einer weiteren Kooperation mit Endres Rem & Gebrüder. Die Vermutung liegt nahe, dass in diesem Fall die Rem-Gesellschaft nicht „groß“ genug war. Die Salviati setzten weiterhin auf die Verbindung mit den Welsern.520 Der Augsburger Simon Niklas stand in Lyon um 1530 sowohl im Dienst von Bartholomäus Welser & Mitverwandten als auch der Nürnberger Jakob-Welser-Gesellschaft. Niklas hielt sich auch in den folgenden Jahren (wiederholt) in Lyon auf, weil er für Anton Fugger 1539 Geld transferierte und von Matthäus Schwarz als Gewährsmann genannt wird (vgl. Kapitel III.). Niklas gehörte zum Kreis der für die Welser in Lyon aktiven Handelsleute und war 1541 auch auf eigene Rechnung unterwegs.521 Dabei fungierte er als Kommissionär der Welser, des Lyoner Kaufmanns Jean Camus522 sowie des Augsburgers Georg Herwart.523 Darüber hinaus war er im Sommer 1544 mit 842,1,5 scudi di marchi in die Abwicklung der Antwerpener compagnia der Salviati integriert.524 Allerdings scheint sich Niklas im Sommer des Jahres 1545 verspekuliert zu haben, denn im Wechselverkehr mit Medina del Campo suchten die Salviati um Beteiligung der Welser zur Refinanzierung des Ausfalls nach, welchen der fallimento des Simon Niklas erzeugt hatte.525

Vgl. Lang, Fremdsprachenkompetenz. SNS, AS, I, 547 (L LibFier Q), c. 189r (1541.1); c. 194; c. 371 (1542.1) Vgl. Gascon, Grand Commerce, S. 373: Jean Camus als reicher épicier, Kaufmann, der seine Geschäfte nach Flandern ausdehnte und in den Seidenhandel investierte. 523 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. 322 (Claudio May b(or)gese di B(er)na p(er) suo ap(ar)te dipox(i)ti): Et add(ì) 16 di febraio lb 1030.4.4 tti p(er) tanti fattone b(uon)i p(er) lui li n(ost)ri di ragio(ne) di n(ost)ro hordine a B(ar)t(olome)o Belz(er)i e co di qui e sono p(er) ß 7.6 tti p(er) lb che questa fiera d’apar(izio)ne si risquote da Simon Niccolas p(er) mano de’ detti n(ost)ri di ragion[e] n(ouv)a et altri deputati d’ogna creditori il quale Simone ne doveva p(er) questo conto 𝛻 1221 di * posto detti n(ost)ri di ragion[e] n(ouv)a av(er)e al p(er) noi in q(uest)o und Et addj 24 di marzo lb 801.5.8 tti p(er) tanto fatton b(uon)i p(er) lui li detti di n(ost)ro or(din)e a detti Belz(er)i (e) sono p(er) ß 5.10 p(er) lb che si riscote dal detto Niccolas sin’a qo dj p(er) iii° di detti av(er)e detti n(ost)ri al p(er) noj cor(ren)te in questo. – Ebd., c. 334/CCCXXXIIII (Creditori di Simon Nicolas alamanno jn Lione per conto de’ tempi e per quando riscossi saranno): hier im Zusammenhang mit einem Warenexport (rosetta) über Genf (berechnet mit insgesamt 4.035,5,6 scudi di marchi am 3.9.1544). Dieselbe Route wählte für Gewürze Matthias Manlich, ebd., c. 335/CCCXXXV. 524 Ebd., c. 322/CCCXXII (se ne attribuisce a e’ nostri Salviati per adreto d’Anversa). 525 SNS, AS, I, 565 (L CopLett S), c. 68v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Medina del Campo, 18.6.1545: vi diciamo ch(e) con Simone Nicholas si fecie vn cambio dj 𝛻 2000 / di * nel quale vi p(ar)ticipava[no] li v(ost)ri magiori p(er) li 3⁄5 e cosj p(er) 𝛻 1200 dj * venghono q(uest)i v(ost)ri ha avere a sopportare la parte delle spese e jnteresso ch(e) ci tornerà sopra / quando a noi tocherrà [!] a paghare p(er) li altri dua quinti ch(e) sono 𝛻 800 / e la medesima rata e p(r)ezione e p(er)ch(è) forse voi vorrete paghare li 3⁄5 dj tale jnteresso[,] fatene quel vi chomanda e ch(e) pensate satisfare a v(ost)ri Magg(io)ri / e noi de n(ost)ri no(n) vogliamo pag(a)re se no(n) quel tanto ch(e) fussimo tenutj però con li Affetadj vi jntenderete e fateci far buono quel ci si aspetta ch(e) noi no(n) vogliamo come è detto lo ch(e) no(n) dobbiamo ne avere causa p(er) li jn co(n)to a v(ost)ri no(n) più che si voglino[.] p e r ò s i a t e p (r ) e g a t j d j f a r f i n i r e q ( u e s t ) a c o s a d j c o s t à c h (e ) p i ù n o (n ) s e n ’a b b i a a p a r l a r e e s c r i v i a m e n t e j l p (r ) o t (e s t ) o s i f e c i e f a r e a c a u t e l a p (e r ) s a l v a r e [ . ] s e s i p o t r à c o s ì e ’ v (o s t ) r i c o m e n o i / e l c h (è ) c i v e n i v a f a t t o (c ) h e f u s s i n o s t a t i d (a n a ) r i d e l N i c h o l a s h o s a p u t o l j d i f e n d e r e c o m e d (a n a ) r i n o n d o v e t j / d o v e c i è b i s o g n i a t o r e s t a r e a l f a l i m e (n ) t o d j d e t t o N i c h o l a s c o n d a n n o e ’ v (o s t ) r i [ [e d ] ] 520 521 522

Die Besonderheiten der Kooperation zwischen den Salviati und den Welsern

Bernhard Meuting d. J. durchlief bis 1537 seine Ausbildung bei Narziß Lauginger und dessen Nachfolger in Lyon. In diesem Zusammenhang übte er verschiedene Funktionen aus wie diejenige des Kassiers. Anschließend trat er nach 1537 seinerseits auf eigene Rechnung auf (vgl. Kapitel III.4.4). Aus dem Handelsdiener der Welser wurde schrittweise ein Vermittler und Vertrauensmann, den auch die Salviati für sich einzusetzen verstanden. In den 1540er Jahren tätigte er Finanzierungsgeschäfte mit den Salviati. Meuting zählte zu den Gläubigern des französischen Königs Heinrich II. und verfügte im Jahr 1559 noch über Anteile im Rahmen des Petit Parti.526 Die Salviati in Lyon entwickelten sich besonders unter der Leitung von Lionardo Spina zu Kooperationspartnern der Welser, wenn über Lyon Kapital nach Augsburg transferiert wurde. Am 17. August und am 8. September 1532 beteiligten die Welser die Salviati an einem Bargeldtransfer von Spanien nach Lyon in einer Gesamthöhe von 54.000 scudi di sole.527 Während der August- und der Allerheiligemesse desselben Jahres übermittelten die Welser 10.000 scudi di marchi von Lyon nach Augsburg, Anton und Raimund Fugger zahlten dabei 5.000 scudi di marchi eines Wechsels an die Welser aus.528 Der Sinn der Kooperation bestand in Koordinationsleistungen, die quantitative Veränderungen – Wechselkursrelationen oder Warenmengen im Verhältnis zu Geldmengen – entweder auszunutzen oder gemeinsam zu gestalten suchten. Daher genügte nicht ein beliebiger Korrespondent für eine Transaktion, um ein Geschäft infolge eines günstigen Währungskurses durchzuführen, sondern man vertraute auf eingespielte Beziehungen, innerhalb derer sich die beiden Unternehmungen externe Faktoren zunutze machten. Gerade die gegenläufigen Interessen am Marktgeschehen in Lyon oder Antwerpen der Welser und der Salviati konnten eine interessante Grundlage zu kooperativem Verhalten bilden, das Märkte zu erschließen verstand. Die Verflechtung der Transfers von Silber, hochwertigen Gütern aus der Levante, aber insbesondere von Krediten und Wechseln wurde durch die kooperativen Verfahrensweisen beider Unternehmungen befördert und für zunehmend komplexe Kapitaltransfers genutzt. Wenn es um das

e ’ n (o s t ) r i [ . ] no(n) vi djremo altro lasciando hoperire a q(ues)ti v(ost)ri ch(e) lo debbono fare abastanza[.] (Hervorhebung, H. L.). 526 Häberlein, Brüder, S. 141–143; Orlandi, Le Grand Parti, S. 58. 527 SNS, AS, I, 500 (L DebCred K), c. 285/CCXXXV: Bartholomeo Belzeri e comp(agni)a di Augusta p(er) nostro conto apparte atenente la meta a Filippo Strozj e co di Lione (e) l’alt(r)a meta a nnoj deono avere addì 17 di agosto 𝛻 dua milia d’oro di sole a[v]utj cont(an)ti p(er) loro da lo loro di qui rechò L(ionar)do Spina p(er) il quinto di 𝛻 xM di sole sutj loro provisti da Belzerj di Spagnia – vagliano di m(arch)i 4.16.9 p(er) cento a ent(rat)a [a c.] 28 p(ost)o cassa und eine weitere Einzahlung in Bargeld: E addì viij di settemb(r)e 𝛻 8800.– d’oro di sole a[v]utj cont(an)ti p(er) loro da li loro di qui rechò L(ionar)do Spina cont(an)ti p(er) il quinto di 𝛻 xLiiijM d(i) sole sutj loro p(r)ovistj da’ Belzerj di Spagna vagliano di marchi al p(r)egio a ent(tra)ta [a c.] 28 p(ost)o cassa. 528 SNS, AS, I, 508 (L DebCred L), c. 119/CXVIIII (Bartholomeo Belzerj e co d’Aghusta p(er) n(ost)ro compto di contro): Et sino in fiera d’aghosto add(ì) iij di nove(m)b(r)e 𝛻 vM d’oro di sole traemo loro detto di in Ramondo Ant(oni)o e Girol(a)mo Focheri p(er) g[i]orni 6 vista p(er) la valuta da Jac(op)o Belzeri e f(igliuo)li a lib(r)o di f(ier)a d(are) [c.] 31 a ent(ra)ta [c.] 18 chassa.

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Die Kooperationsformen der Salviati und der Welser

bloße Angebot von Silber, Ingwer, Wechseltransfers oder Einlagekrediten ging, genügten ephemere Geschäftskontakte oder die Auswahl eines Korrespondenten aus einem etablierten Kreis von Handels- und Bankgesellschaften. Je stärker unterschiedliche Geschäftsfelder miteinander verschränkt waren und prekäre Situationen auf Märkten beeinflusst werden sollten, desto eher griffen die Salviati auf die Kooperationsmöglichkeiten mit den Welsern zurück. Allein in dem Moment, in welchem die Aussicht auf kooperatives Verhalten in die dauerhafte Selbstschädigung mündete, wie dies in Antwerpen in den frühen 1540er Jahren der Fall war, ließ man davon ab.

V.

Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Die geschäftlichen Beziehungen der Florentiner Salviati und der Augsburger Welser hoben sich quantitativ und qualitativ von anderen Geschäftsverhältnissen zwischen italienischen und süddeutschen Unternehmen ab. Mit Blick auf den Umfang der getätigten Transfers stellten die Transaktionen beider Handels- und Bankhäuser vergleichbare Kontakte wie zwischen den Salviati und den Nürnberger Tuchern oder den Imhoff-Vertretern in den Schatten. Erst in den 1540er Jahren, als die Süddeutschen und die Florentiner Kaufmannbankiers verstärkt in den Handel mit Kronanleihen einstiegen, wuchsen die Schuldbeziehungen der Salviati auch zu anderen süddeutschen Handelsleuten deutlich an. Die Welser und die Salviati betrieben komplex angelegte Seriengeschäfte in joint ventures und Konsortien für verschiedene Geschäftsfelder von 1507/8 bis in die frühen 1540er Jahre: In dieser Verdichtung waren solche Geschäftsformen für nationes-übergreifende, transalpine Wirtschaftsbeziehungen in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts außergewöhnlich. Überdies „erbten“ andere Augsburger Kaufmannbankiers die Position der Welser, und die Welser ließen sich in Lyon zunehmend durch Kommissionäre vertreten, die in die Geschäfte der Florentiner integriert wurden. Die Kooperationsformen beider Unternehmen richteten sich auf verschiedene ökonomische Felder, welche vermittels koordinierter Handlungsmuster strukturiert wurden. Die kooperativ verketteten Handlungsgefüge durchzogen den Transfer von Gütern und Leistungen – Handlungsgefüge, die von den jeweils auf Märkten gehandelten Gegenständen geprägt wurden. Der Transfer bestimmter Güter und Leistungen konstituierte die entsprechenden Märkte. In Anpassung an die Handlungsträgerschaft der gehandelten Objekte und Leistungen konfigurierten sich die wirtschaftlichen Beziehungen der Beteiligten auf Märkten und brachten spezifische Transaktionsformen hervor. Der Grad an Besonderheiten (Eigenheiten) für den Transfer der gehandelten Güter bedingte ökonomische Praktiken, welche spezialisierte Märkte hervorbrachten.1

Vgl. Jan Willem Veluwenkamp, Ondernemersgedrag op de Hollandse stapelmarkt in de tijd van de Republiek. De Amsterdamse handelsfirma Jan Isaac de Neufville & Comp., 1730–1764, Meppel 1981. 1

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Die Geschäftsbeziehungen ermöglichten zugleich den Anschluss an weitere Florentiner oder süddeutsche merkantile Netzwerke. Darüber hinaus konfigurierte das kooperative Vorgehen diejenigen Netzwerke, die spezialisierte Märkte zu konstituieren halfen. Die Organisationsleistungen zwischen Unternehmen (interfirm organization) gestalteten Märkte in ihrer Entstehungsphase und konnten in unterschiedlicher Dichte das Marktgeschehen stabiliseren.2 Vor allem im Zusammenhang mit dem „neuen“ Markt der Anleihen an die französische Krone und mit den daran angelagerten Märkten, die sich als spezialisierte Form der Herrscherfinanzen in den späten 1540er Jahren entwickelten, lassen sich die Gestaltungsmöglichkeiten für die Entstehung neuer Märkte durch interfirm organization zeigen. Am Standort Lyon existierten gleichzeitig verschiedene spezialisierte Märkte, an denen die Unternehmensgruppe der Salviati und die Gesellschaften der Welser teilnahmen.3 Die spezialisierten Märkte waren in die anderen Märkte eingelassen, wie sich insbesondere an den secondary markets4 für Kronanleihen zeigen wird. Sie werden hier systematisch eigens behandelt, um die Auswirkungen kooperativer Handlungsmuster zwischen den beiden durchaus einflussreichen Handels- und Bankgesellschaften für die Gestaltung und Dynamik von Märkten zu markieren. Anhand zweier Vgl. Möllering, Kartelle. Möllering verweist auf die betriebswirtschaftliche Perspektive auf die Entstehung neuer Märkte; er beschreibt seinen Ansatz für die Gestaltung empirischer Märkte folgendermaßen: „Im vorliegenden Beitrag wird die prinzipielle Gestaltbarkeit von Märkten angenommen, die jedoch empirisch verschiedenen unkontrollierbaren Einflüssen, Zufällen und Dynamiken gegenübersteht.“ (S. 771 Fn.) Das bedeutet zum einen, dass Ungewissheiten im Sinne von Neil Fligstein und Douglass C. North „durch unternehmensübergreifende Kooperation“ reduziert werden. Zum anderen wendet er diese Voraussetzungen auf die Marktphasentheorie von Ernst Heuß an. Die Bedeutung von interfirm organization (als Ausgangspunkt für business webs, die aber nicht konsequent mit der Marktebene verknüpft werden) nimmt Möllering von: Almarin Philips, A theory of interfirm organization, in: Quarterly Journal of Economics 74 (1960), S. 602–613. Allerdings begreift Guido Möllering Kooperation als intensivste Form von interfirm organization (als strategische Zusammenarbeit etwa im Bereich von Forschung & Entwicklung: „Kooperationen sollen daher im Folgenden enger als eine partnerschaftliche Koordinationsform verstanden werden, bei der Unternehmen die eigenen Leistungsprozesse wesentlich auf Leistungsprozesse ihrer Partner einstellen, von diesen teilweise abhängig machen und gemeinsam und gemeinsam mit den Partnern entwickeln.“, S. 778). In diesem Sinne sind Kartelle die am wenigsten intensiv ausgeprägte Organisation von Kontrolle über Märkte, Konsortien wären die nächste Stufe; Kooperation die dritte Stufe (dazu: S. 778–780). Allerdings sind Komponenten des von Möllering verwendeten Kooperations-Begriffs sehr wohl hier anzutreffen. Und Guido Möllering nimmt zwar eine betriebswirtschaftliche Perpsektive ein, übersieht allerdings bei der Behandlung empirischer Märkte die Bedeutung der Buchführung (indem er den Kreis der „Akteure“ stark einschränkt auf unternehmerisch gedachte Einheiten von „Anbieter, Nachfrager, Intermediäre und Regulatoren“). 3 Vgl. Gascon, Grand commerce, S. 55–108. 4 Der Begriff secondary markets ist schwierig zu übersetzen: In der englischsprachigen Literatur sind secondary markets Märkte, die im Fall des Handels mit Anleihepapieren allgemein als an factor markets (hier: Geldmärkte) „angelagerte“ Märkte bezeichnet werden. Ich werde im Deutschen von „angelagerten Märkten“ sprechen, da der Begriff der „sekundären Märkte“ jüngst von Georg Stöger für den „Gebrauchtwarenhandel“ vereinnahmt worden ist: Georg Stöger, Sekundäre Märkte? Zum Wiener und Salzburger Gebrauchwarenhandel im 17. und 18. Jahrhundert (Sozial- und wirtschaftshistorische Studien, 35), Wien/ München 2011, S. 11; S. 19. 2

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

spezialisierter Märkte soll das Verhältnis von wirtschaftlichen Praktiken, kooperativen Handlungsweisen und dem Transfer von Gütern und Leistungen mit bestimmten Qualitäten dargestellt werden. Zunächst wird der komplex strukturierte Levantehandel über Lyon (V.1) beschrieben. Dabei erweisen sich die Formen der Kooperation zwischen den Salviati und den Welsern vor allem als Mittel der beiden Unternehmen, eine strategische Allianz für den Transfer von Export- und Importgütern zu bilden. Im weiteren Verlauf werden die Formen der Kooperation zur Entwicklung des Geschäfts mit den Kronanleihen für die französischen Könige Franz I. und Heinrich II. und der angelagerten Märkte dargestellt (V.2). Damit wird auf die Verschränkung von räumlicher und sachlicher Spezialisierung sowie auf die vertikale Integration verschiedener Märkte und Handlungsebenen verwiesen.5 V.1

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Levantehandel ist ein Synonym für den Import von fremdartigen und luxuriösen Gütern sowie Rohstoffen, die Begehrlichkeiten weckten und deren Einfuhr von einer besonders kapitalkräftigen Gruppe von Fernhandelskaufleuten organisiert wurde. Die Reisen Marco Polos zur Ergründung der Seidenstraße und zur Entdeckung des märchenhaften Reichtums am chinesischen Kaiserhof gehörten zum Legendenschatz des okzidentalen Europas ebenso wie zur merkantilen Expansion im Hochmittelalter. Die mitunter sagenumwobenen Handelsobjekte aus der Levante hatten ihre Wirklichkeit in Seide, Baumwolle, Gewürzen (insbesondere Pfeffer und Ingwer)6, Farbstoffen und Knüpfteppichen. Im Transfer von Objekten aus dem „Morgenland“ konvergierten eine Vorstellungswelt, der zufolge den Dingen aus dem Orient etwas Exotisches und zugleich Verheißungsvolles anhaftete, und eine ausgefeilte, kapitalintensive wirtschaftliche Organisationsstruktur, die durch verschiedene Ebenen merkantiler Netzwerke realisiert wurde.7 Insbesondere das Ansteigen der Nachfrage in den städtischen Zentren Italiens aufgrund der rapide zunehmenden Akkumulation von finanziellen Mitteln lenkt den Blick auf die Formen und das Profil des Konsums.8 Diese Entwicklung charakterisiert

Vgl. Gunnar Dahl, Trade, Trust, and Networks. Commercial Culture in Late Medieval Italy, Lund 1998, S. 110–125. 6 Zum Gewürzimport im Überblick: Thomas Beck, Art. 5. „Importierte Gewürze: Welthandel“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 4, Stuttgart 2006, Sp. 888–891. 7 Einführend: Wilhelm Heyd, Geschichte des Levantehandels im Mittelalter, Stuttgart 1879; Heinrich Lang, Art. „Levantehandel“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 7, Stuttgart 2008, coll. 856–860. – Zum kulturellen Transfer: Florian Hartmann / Kerstin Rahn, Kulturtransfer-Akkulturation-Kulturvergleich. Reflexionen über hybride Konzepte, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 90 (2010), S. 470–492. 8 Vgl. Goldthwaite, Wealth. 5

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

zugleich eine Eigenheit der wirtschaftlichen Kultur der Renaissance: Das Segment der Luxusgüter, zu welchem die Importe aus dem Levantehandel zu rechnen sind, wuchs seit dem 14. Jahrhundert signifikant. Die Interessentengruppen aus den elitären Schichten der Gesellschaft – die Adeligen, die Höfe, der hohe Klerus, die wohlhabenden Stadtpatrizier – erwarben die wertvollen Waren aus dem Orient.9 Sie nutzten einen Gutteil der Importe aus der Levante wie Kamelhaar-Seiden-Mischtuche, Stoffe aus persischer und syrischer Seide oder Knüpfteppiche zur feinen Inszenierung eigener Repräsentationsbedürfnisse. Sie bestellten bei Fernhandelskaufleuten aus Florenz, Pisa, Venedig oder Neapel begehrte Objekte in Form von Einzel- oder Sammelaufträgen.10 Die am Levantehandel beteiligten Merchant bankers benötigten die eingeführten Rohstoffe wie Seide, Alaun oder Farbstoffe vielfach für die von ihnen verlegten oder in Eigenregie durchgeführten Produktionsprozesse.11 Besonders teure Materialien wie Öle, Gold, Perlen oder Quarzsand für die Glasproduktion erreichten italienische Werkstätten aus Alexandria oder Konstantinopel.12 Der Levantehandel illustriert die von Richard A. Goldthwaite vertretene These der Eigenständigkeit der Renaissance-Ökonomie: Auf der Grundlage der Anhäufung enormer finanzieller Mittel in den Händen der städtischen Oberschichten Italiens entwickelte sich eine Tendenz zum ostentativen Konsum (conspicuous consumption).13 Der Handel mit dem östlichen Mittelmeerraum erscheint dabei zugleich als Motor und Ergebnis der Intensivierung des europäischen Handels und des sozialen Aufstiegs des merkantilen Stadtbürgertums, welche in der „Kommerziellen Revolution“ ihren Ursprung hatten und in die Renaissance-spezifischen Wirtschaftsformen mündeten.14 Dieser Ansatz legt den Schwerpunkt auf den Konsum, wobei die Konsumformen der Renaissance als genuine Vorläufer der „Konsumrevolution“ im England des 18. Jahrhunderts gedeutet werden.15 Allerdings ist hierbei einerseits zu konzedieren, dass diese Sichtweise stark auf eine elitäre urbane und höfische Schicht fokussiert und vorzugsweise auf die italienischen Zusammenhänge beschränkt ist; dies kritisierte Lauro Martines in Reaktion auf die produktive Verarbeitung der These Goldthwaites.16 Andererseits ist es – auch durch die Quellenlage begünstigt – gerade der LevanRichard A. Goldthwaite, The Renaissance Economy: The Preconditions for Luxury Consumption, in: Luigi De Rosa (Hg.), Aspetti della vita economica medievale (Atti del Convegno di Studi nel X Anniversario della morte di Federigo Melis, Firenze-Pisa-Prato, 10–14 marzo 1984), Firenze 1985, S. 659 f. 10 Marco Spallanzani, Oriental Rugs in Renaissance Florence (The Bruschettini Foundation for Islamic and Asian Art, Textile Studies, 1), Firenze 2007, S. 29–48; ders., Carpet Studies 1300–1600 (The Bruschettini Foundation for Islamic and Asian Art. Textile Studies, 3), Genova 2016, S. 19–48. 11 Franceschi/Goldthwaite/Mueller, Commercio. 12 Evelyn Welch, Art and Society in Italy 1350–1500, Oxford 1997, S. 39–42; 57–60. 13 Goldthwaite, Wealth. 14 Eliyahu Ashtor, Levant Trade in the Later Middle Ages, Princeton 1983, S. 439–445. 15 Lisa Jardine, Worldly Goods. A New History of the Renaissance, London 1996, S. 37–90. 16 Lauro Martines, The Renaissance and the Birth of Consumer Society, in: Renaissance Quarterly 51 (1998), S. 193–203. 9

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

tehandel, der durch den kommerziellen Austausch hochwertiger Güter zwischen Ost und West sowie die Kooperation mediterraner und süddeutscher Kaufmannbankiers vor Augen führt, dass es sich bei der stilbildenden Renaissance-Ökonomie primär um ein elitäres Phänomen handelte.17 Kaufmannbankiers im Levantehandel Vom Spätmittelalter bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts dominierten italienische Kaufmannbankiers den Handel mit der Levante, bevor sie sukzessive von englischen und niederländischen Gesellschaften verdrängt wurden. Ihre Bedeutung lag nicht zuletzt in der Vermittlertätigkeit, durch die sie die Händler in den Häfen des östlichen Mittelmeeres mit den Abnehmern in den italienischen, französischen, spanischen und mitteleuropäischen Knotenpunkten verbanden.18 Im Rahmen des ökonomischen Prozesses, der als „Kommerzielle Revolution“ bezeichnet wird, nahm der Levantehandel eine bedeutende Position ein. Vor allem venezianische Handelswege, Stützpunkte und Kaufleute spielten eine quantitativ wichtige Rolle für die Importe aus dem Orient nach Mittel- und Westeuropa19, aber auch die Seerepubliken Pisa und Genua entsandten ihre Fernhandelskaufleute zu den Handelsstützpunkten an der mediterranen Ostküste.20 In den Hafenstädten des östlichen Mittelmeeres bildeten sich Kaufmannskolonien, die sich in nationes als juristisch verfasste Kaufmannschaften verschiedener Herkunft in der fremden Umgebung ansiedelten. Diese auch als Kaufmannsdiasporen begriffenen Ansammlungen christlicher Merchant bankers im vorwiegend islamischen Umfeld beherbergten die Agenten und Faktoren, Zwischenhändler und örtlichen Handwerker aus den italienischen Stadtrepubliken oder Flandern, welche sich wenigstens für einige Zeit niederließen.21 Während der Kreuzzüge dienten diese merkantilen BrückenVgl. Malanima, Pre-modern European Economy, S. 318 f. Richard Rapp, The Unmaking of the Mediterranean Trade Hegemony: International Trade Rivalry and its Commercial Revolution, in: The Journal of Economic History 35 (1975), S. 499–525. – Am Beispiel von Teppichen: Julian Raby, Court and Export: Part 1. Market Demands in Ottoman Carpets 1450–1550, in: Robert Pinner / Walter B. Denny (Hgg.), Oriental Carpet & Textile Studies II. Carpet of the Mediterranean Countries 1400–1600, London 1986, S. 29–38, hier S. 31. 19 Paola Lanaro, At the Centre of the Old World. Reinterpreting Venetian Economic History, in: Dies. (Hg.), At the Centre of the Old World. Trade and Manufacturing in Venice and the Venetian Mainland, 1400–1800 (Centre for Reformation and Renaissance Studies. Essays and Studies, 9), Toronto 2006, S. 19– 69. 20 Michael Mitterauer / John Morrissey, Pisa. Seemacht und Kulturmetropole (Expansion – Interaktion – Akkulturation. Historische Skizzen zur Europäisierung Europas und der Welt, 15), Essen 2007, S. 107–144. 21 Einführend zu „Kaufmannsdiaspora“: Mark Häberlein, Art. „Kaufmannsdiaspora 1. Einleitung“, in Enzyklopädie der Neuzeit, Band 6: Stuttgart 2007, Coll. 483–489. Zu den Florentiner Kaufmannsdiasporen: Heinrich Lang, Art. „Kaufmannsdiaspora 6. Florentinische Kaufmannsdiaspora“, ebd., Coll. 499–502. Speziell zu den Kaufmannsdiasporen im Kontext des Levantehandels: Benjamin Arbel, Trading Nations. Jews and Venetians in the Modern Eastern Mediterranean (Brill’s Series in Jewish Sudies, 14), Leiden/New 17 18

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köpfe zur Versorgung der Kreuzfahrerherrschaften; vom 14. Jahrhundert an erlangten diese Gemeinschaften in den Gateways des Ostmittelmeeres eine wesentliche Bedeutung für den Handel zwischen Ost und West.22 In Pera residierten im Jahre 1507 bis zu 70 Florentiner in einer eigenen natio; damit war die Kommunität am Goldenen Horn einer der bedeutendsten Knotenpunkte im Netzwerk Florentiner Kaufleute.23 Auf drei Handelsrouten transferierten die Kaufmannbankiers Waren, die zwischen dem westlichen und dem östlichen Mittelmeerraum zirkulierten: Der für den Levantehandel wohl bekannteste Weg war die Verschiffung von Gütern durch die Adria. Zweitens wurde ein maßgeblicher Anteil des Transports über den Landweg mit Karawanen zwischen Konstantinopel und Ragusa abgewickelt. Hierbei bildete zumeist Ancona den Brückenkopf auf italienischer Seite. Drittens fuhren Schiffe von der nordafrikanischen Küste sowie von Ägypten und dem Libanon nach Südfrankreich, insbesondere nach Marseille.24 Der Levantehandel geriet durch die osmantürkische Expansion phasenweise in Bedrängnis, was vor allem zur Verlagerung von Handelsrouten führte. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts pflegte die Seerepublik Venedig mit Syrien und Ägypten intensive Handelbeziehungen, ihre „Kaufmannsgaleeren“ bewegten sich somit vorwiegend im Herrschaftsbereich der Mamluken-Sultane. Demgegenüber führten die portugiesischen Unternehmungen, die den Handelsweg um das Kap der Guten Hoffnung eröffneten, zu einer vorübergehenden Stagnation des mediterranen Levantehandels, von der sich aber insbesondere Venedig bald erholte.25 Dieses Kapitel zielt vor allem auf die Organisationsstrukturen und die kooperativ angelegten Handlungsmuster, welche die in Lyon angesiedelten Salviati und Welser für den Transfer von Gütern im Handel mit der Levante einsetzten. Die Bedingungen, unter denen der Levantehandel betrieben wurde, gestalteten das mögliche Handlungsrepertoire und verlangten den Beteiligten besondere Fähigkeiten ab. Dies hing nicht zuletzt mit dem hohen Risiko zusammen, das die Handelsgesellschaften auf sich nahmen, wenn sie Güter in den östlichen Mittelmeerraum befördern ließen. Lyon war ein für den europaweiten Handel zentraler Umschlagplatz und Ort der Abrechnung für Güter aus dem Levantehandel.26 Die Warenlieferungen erreichten die Stadt an Rhône und Saône über die Häfen von Aigues-Mortes und vorwiegend von

York/Köln 1995; Eric R. Dursteler, Venetians in Constantinople. Nation, Identity, and Coexistence in the Early Modern Mediterranean (The Johns Hopkins University Studies in Historical and Political Science, 124th series: 2), Baltimore 2006; Merav Mack, The Italian quarters of Frankish Tyre: Mapping a medieval city, in: Journal of Medieval History 33 (2007), S. 147–165. 22 Ashtor, Levant Trade, S. 3–63. 23 Heyd, Geschichte, II, S. 343 f.; Goldthwaite, The Economy, S. 184. 24 Gascon, Grand commerce, S. 90–93; Heinrich Lang, Art. „Welthandelszentren 2. Venedig“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 14, Stuttgart 2011, Coll. 941–944. 25 Ashtor, Levant Trade, S. 450–479. 26 Vgl. Gascon, Grand Commerce.

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Marseille aus. Allerdings passierten sie dabei Pisa oder Livorno, weil sie zumeist über den Landweg von Konstantinopel nach Ragusa und anschließend von Ancona über die Apenninenhalbinsel kamen.27 Alternativ wurden die Frachten auf größeren Schiffen über die Häfen Nordafrikas, Ägyptens, des Libanon oder Konstantinopels abgewickelt. In den vorangegangenen Ausführungen wurde bereits auf verschiedene transalpine Transfers verwiesen, die über die genannten französischen und italienischen Häfen getätigt, von Lyon aus organisiert und eben dort abgerechnet wurden. Hier geht es vor allem um die Besonderheiten der spezialisierten Märkte des Levantehandels bei der Kooperation zwischen den Salviati und den Welsern. Levantehandel als eigenes Forschungsfeld Die Forschung zum Levantehandel hat ein eigenes Feld erschlossen, wobei sie sich vorwiegend auf die Beziehungen der Seerepublik Venedig konzentriert. Der Austausch zwischen dem Oströmischen Reich und den Kreuzfahrerstaaten sowie den „fränkischen“ Handelsniederlassungen hat dabei verstärkt Aufmerksamkeit gefunden.28 Diese Tendenz hängt unmittelbar mit der archivalischen Überlieferung zusammen, denn in den italienischen Archiven der führend beteiligten Kaufmannschaften aus Pisa, Genua, Venedig, Florenz und Neapel lassen sich die Spuren nach Osten leicht aufnehmen.29 Hierbei wurden vor allem Notariatsakten und Regierungskorrespondenzen sowie Privilegien ausgewertet, um die Stützpunkte der Kaufmannschaften unter den Herrschaftsträgern des östlichen Mittelmeeres, das merkantile Personal, die Handelswege und die Warengruppen zu identifizieren. Quantitative Analysen, die Umfang und Konjunkturen im Verhältnis zu anderen Handelssektoren klären sollten, standen lange Zeit im Vordergrund.30 Die Ergebnisse dieser Arbeiten ermöglichen die Einordnung der jüngeren Untersuchungen zu Netzwerken von Kaufleuten und Handelspraktiken in ein Gerüst von Rahmendaten. Ein Aspekt, der in der Forschung zum Levantehandel oft diskutiert worden ist, betrifft den Verlust der Vormachtstellung der Venezianer, Florentiner und Genuesen im mediterranen Wirtschaftsgefüge. Während die ältere Ansicht darin bestand, dass sich die Achse der europäischen Ökonomie als Folge der Expansionsbewegungen nach

P. Earle, The Commercial Development of Ancona 1479–1551, in: Economic History Review, 22 (1969), S. 419–429; Eliyahu Ashtor, Il commercio levantino di Ancona nel Basso medioevo, in: Rivista Storica Italiana 88 (1976), S. 213–253; Ashtor, Levant Trade, S. 479–512. 28 Ralph-Johannes Lilie, Handel und Politik zwischen dem byzantinischen Reich und den italienischen Kommunen Venedig, Pisa und Genua in der Epoche der Komnenen und der Angeloi, 1081–1204, Amsterdam 1984; immer noch Standardwerk: Donald M. Nicol, Byzantium and Venice. A Study in Diplomatic and Cultural Relations, Cambridge 1988. 29 Beispielhaft: Ashtor, Levant Trade. 30 Hier sei nur auf die Arbeit verwiesen von: ebd. 27

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Übersee auf die transatlantischen Beziehungen verschoben habe und dabei die Niederländer, die Franzosen und insbesondere die Engländer die dominierenden Kräfte gewesen seien, beobachten jüngere Studien eher eine Diversifizierung der Handelswege sowie die erst allmähliche Verdrängung der italienischen Kaufleute aus den Märkten für textile Massenwaren.31 Im Zusammenhang mit der Seerepublik Venedig spielte einerseits die Handelsorganisation mit den galere da mercato, den Schiffen der „staatlichen“ Flotte, und die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die die venezianische Regierung zum Schutz ihrer Kaufleute ergriff, eine wichtige Rolle. Andererseits wurde die Bündelung der auswärtigen nationes in fondachi oder die Versammlung der jüdischen Händler im Ghetto thematisiert.32 Einem kulturhistorischen Trend folgend setzt sich die jüngere Erforschung des Levantehandels mit den transkulturellen Beziehungen, materiellen und intellektuellen Transfers sowie den interkulturellen Kontaktzonen zwischen christlichen und muslimischen Kaufleuten, Händlern, Handwerkern und Vermittlern auseinander.33 Die Wirtschaftsgeschichte blickt auf die Integration der süddeutschen Kaufmannbankiers in den Levantehandel bisher mit zwei Ansätzen: Zum einen erhielten insbesondere Augsburger und Nürnberger Kaufleute über Venedig als Drehscheibe des Levantehandels, über ihre jeweilige Niederlassung im Fondaco dei tedeschi, Zugriff auf den Güterverkehr zwischen Ost- und Westmittelmeerraum.34 Die alternative Handelsroute über Marseille wurde von der Forschung am Beispiel der Unternehmungen des Vgl. Rapp, The Unmaking; Maria Fusaro, Uva passa. Una guerra commerciale tra Venezia e l’Inghilterra (1540–1640). Prefazione di Giovanni Levi, Venezia 1996; Gigliola Pagano De Devitiis, English Merchants in Seventeenth-Century Italy, Cambridge 1997 [zuerst 1990 (it)]. Molly Greene, Beyond the Northern Invasion: The Mediterranean in the Seventeenth Century, in: Past and Present 174 (2002), S. 42–71. Oder auch aus der Perspektive der Italiener im Atlantikhandel: Allaire, Crépuscules. 32 Einführend mit Literaturangaben: Lang, Art. „Weltwirtschaftszentren. 2. Venedig“, Sp. 941–944. 33 Vgl. Niels Steensgard, Consuls and nations in the Levant from 1570 to 1650, in: Sanjay Subrahmanyam (Hg.), Merchant Networks in the Early Modern World (An Expanding World. The European Impact on World History, 8), Aldershot 1996, S. 179–221; Arbel, Trading Nations; Dursteler, Venetians; Francesca Trivellato, Juifs de Livourne, Italiens de Lisbonne, hindous de Goa. Réseaux marchands et échanges interculturels à l’époque moderne, in: Annales (Histoire, Sciences sociale) 58 (2003), S. 581–603; Maria Fusaro, Les Anglais et les Grecs. Un réseau de coopération commerciale en Méditerranée vénetienne, in: Annales (Histoire, Sciences sociales) 58 (2003), S. 605–627; Wolfgang Kaiser, Zwischen Loggia und Funduq. Interkultureller Handel und Kommunikation zwischen Südeuropa und dem Magreb in der frühen Neuzeit, in: Zeitsprünge. Forschungen zur Frühen Neuzeit 9 (2005), S. 427–444; vgl. Evelyn Korsch, The Scerimans and Cross-Cultural Trade in Gems: The Armenian Diaspora in Venice and its Trading Networks in the First Half of the Eighteenth Century, in: Andrea Caracausi / Christof Jeggle (Hgg.), Commercial Networks and European Cities, 1400–1800 (Perspectives in Economic and Social History, 32), London 2014, S. 223–239. 34 Simonsfeld, Der Fondaco; Weitnauer, Venezianischer Handel; vgl. Carolin Wirtz, Mercator in fontico nostro. Mercanti tedeschi fra la Germania e il Fondaco dei Tedeschi a Venezia, in: Susanne Winter (Hg.), Presenze tedesche a Venezia (Venetiana. Edizioni di storia e letteratura, Centro tedesco di studi Veneziani, 2), Roma/Venezia 2005, S. 1–48; Mark Häberlein, Der Fondaco dei Tedeschi in Venedig und der Italienhandel oberdeutscher Kaufleute (ca. 1450–1650), in: Hans Michael Körner / Florian Schuller (Hgg.), Bayern und Italien. Kontinuität und Wandel ihrer traditionellen Bindungen, Lindenberg im Allgäu/Augsburg 2010, S. 124–139. 31

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Augsburger Handelshauses Melchior Manlich & Mitverwandte von 1570 bis zu dessen Bankrott beschrieben.35 Durch die erbitterten Auseinandersetzungen zwischen der Seerepublik Venedig und den osmantürkischen Sultanen zwischen 1570 und 1573 erwies sich der Zugang ins östliche Mittelmeer über die Adria wiederholt als blockiert. Ein dritter Weg, derjenige über Genua, ist seltener dokumentiert worden.36 Der Augsburger Melchior Manlich, der zunächst gemeinsam mit Anton Haug, Hans Langnauer und Melchior Linck in einer Handelsgesellschaft verbunden war und seit 1562 eine eigene Firma mit seinen Schwiegersöhnen Philipp Welser und Carl Neidhart unterhielt, verfügte mit Oswald Seng über einen erfahrenen Agenten und Kontaktmann beim französischen König. Seng vermittelte auch Kreditgeschäfte mit der Krone Frankreichs. Manlich sandte 1569 seinen Sohn Anton nach Marseille, um über den französischen Geschäftsmann Barthélmy Dupuy Anteile an einem Schiff zu erwerben: Die Versicherungen und Verträge für das Schiff, das in Toulon gebaut worden war und zu Fahrten nach Alexandria, Konstantinopel, Famagusta, Tripoli und Halep (Aleppo) auslaufen sollte, schloss er mit dem Memminger Kaufmann David Dettigkhofer. In der südfranzösischen Hafenstadt traten der Genuese Niccolò Giustiniani und der Franzose Claude Richelme als Geschäftspartner auf.37 Nachdem Anton Manlich bereits 1573 im Mai verschied, übernahm Melchior Manlich d. J. die Geschäfte der väterlichen Handelsgesellschaft. Für ihn reiste der Ulmer Patriziersohn Hans Ulrich Krafft nach Marseille und kümmerte sich um mehrere Schiffspartien in die Levante. Das Schiff mit dem Namen Santa Croce, welches Manlich gehörte, brachte sowohl Hans Ulrich Krafft als auch Leonhard Rauwolf38 nach Tripolis; beide haben aufschlussreiche Texte zu ihren Aufenthalten im Orient hinterlassen.39 Die beim Augsburger notarius Johannes Spreng hinterlegte Dokumentation der Manlichschen Unternehmungen zeigt die Memminger Kaufleute David Dettigkhofer & Co durch ihre „Seedarlehen“ als Investoren. Auf dem Weg ins östliche Mittelmeer transportierte man vorwiegend „Nürnberger Kram“, also Metallwaren, wohingegen

Vgl. Aloys Schulte, Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluß von Venedig, 2 Bände, Leipzig 1900; Jakob Strieder, Levantinische Handelsfahrten deutscher Kaufleute des 16. Jahrhunderts, in: Heinz Friedrich Deininger (Hg.), Das reiche Augsburg. Ausgewählte Aufsätze Jakob Strieders zur Augsburger und süddeutschen Wirtschaftsgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts, München 1938, S. 155–166; André-E. Sayous, Le commerce de Melchior Manlich et Cie d’Augsbourg à Marseille et dans toute la Méditerranée entre 1571 et 1574, in: Revue Historique 176 (1935), S. 389–411. 36 Kellenbenz, From Melchior Manlich, S. 612; vgl. Schulte, Geschichte; vgl. Veronesi, Oberdeutsche Kaufleute. 37 Kellenbenz, From Melchior Manlich, S. 612 f.; dazu das Kapitel „Levantehandel“ bei: Seibold, Die Manlich, S. 140–145. 38 Mark Häberlein, Art. „Rauwolf, Leonhard“, in: Neue Deutsche Biographie, Bd. 21, Berlin 2003, S. 217– 218. 39 Strieder, Levantinische Handelsfahrten, S. 174–180; Kellenbenz, From Melchior Manlich, S. 613 f. 35

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besonders Baumwolle aus Zypern nach Marseille importiert wurde. Allerdings war Manlich bereits 1574 insolvent, so dass der Levantehandel eines Augsburger Handelshauses über Südfrankreich ein abruptes Ende fand.40 Dieses Kapitel wählt nicht nur einen neuen systematischen Ansatz, um Kooperationsformen auf spezialisierten Märkten darzustellen, sondern berichtet auch über die indirekte sowie direkte Beteiligung süddeutscher Kaufmannbankiers am Levantehandel von Marseille aus seit den 1530er Jahren – und damit über 30 Jahre früher als im Falle der Unternehmung der Augsburger Manlich. Kooperationsformen im Levantehandel Bei der Organisation des Gütertransfers zwischen westlichem und östlichem Mittelmeer entwickelten die daran beteiligten Kaufmannbankiers verschiedene Formen der Kooperation. Diese dienten zunächst der Beschaffung des erforderlichen Kapitals.41 Überdies ging es den Handelsgesellschaften darum, durch geeignete Koordinierungsvorgänge den Aufwand für die einzelnen Beteiligten möglichst kalkulierbar zu gestalten und das Risiko überschaubar zu halten. Dies gilt umso mehr, als die Partien ins östliche Mittelmeer nicht selten zum Ziel von Korsaren-Übergriffen wurden.42 Ferner bemühten sich die Handelsherren um die gemeinsame Ausrüstung der Schiffe mit geeigneten Handelsgütern. Denn die Aussichten auf Gewinn mussten günstig erscheinen, und nicht jede beteiligte Unternehmung war im Stande, die erforderlichen finanziellen Mittel allein aufzubringen. Fernhandel und lokale Produktion waren miteinander verbunden; man unterstützte sich gegenseitig bei der Versorgung mit nachgefragten Gütern. Gerade im Fernhandel bevorzugten die Kaufleute des 15. und 16. Jahrhunderts die gemeinsame Organisation großer Partien.43 Neben den Daten in den Rechnungsbüchern der Lyoner Reihe der Salviati-compagnia verfügt das Salviati-Archiv über einen weiteren Bestand, der zu einer vorübergehend aktiven Niederlassung in Konstantinopel (1491–1502) gehört. Darüber hinaus wären noch die Bücher der Gesellschaften in Pisa heranzuziehen, um die komplex angelegten Formen des Levantehandels einer Florentiner Handelsgesellschaft exemplarisch aufzuzeigen. Zwar verfügen toskanische Archive auch über Anknüpfungspunkte für die Untersuchung des Levantehandels, den Florentiner Unternehmungen von Florenz und den Häfen der Toskana aus betrieben, aber die Dokumentation der

Strieder, Levantinische Handelsfahrten, S. 180–187; Kellenbenz, From Melchior Manlich, S. 613 f. Bauer, Unternehmung, S. 18. Salvatore Bono, Piraten und Korsaren im Mittelmeer. Seekrieg, Handel und Sklaverei vom 16. bis 19. Jahrhundert, Stuttgart 2009, S. 238–247. 43 Bauer, Unternehmung, S. 8 f. 40 41 42

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Organisation des Warenhandels am Standort Lyon durch eine der großen Florentiner compagnie ist selten – und noch seltener von der Forschung ausgewertet worden.44 Die Geschäftsunterlagen der Salviati geben detaillierte Auskünfte über die Zusammensetzung von Partien ins östliche Mittelmeer und die Einfuhr nach Mitteleuropa. Die Rechnungszyklen verdeutlichen die langen zeitlichen Spannen, die im Handel mit der Levante einkalkuliert wurden, sowie die Kosten für Spesen und Verpackungsmaterialien, Versicherungen und Spedition. Insbesondere können über sie die Ebenen geschäftlicher Kooperation erfasst – und damit zugleich der Levantehandel als eine Verdichtung spezialisierter Märkte dargestellt werden. Die Buchführung wies den Handel mit der Levante als eigenen Währungsraum aus. Die registrierten Warenbewegungen zwischen den Häfen der östlichen Mittelmeerküste und Marseille als dem Gateway der südfranzösischen Küste erschienen in der synthetischen Buchführung der Schuldbücher, der libri debitori e creditori, als abstrahierte Transfers in gleichförmigen Posten. Der tatsächliche Zustand lag ebenso außerhalb der Wahrnehmung wie die eventuellen Zwischenstationen oder eine Umgestaltung der Warenladungen (durch ein eventuelles Aufpacken und abermaliges Verschnüren mit neuer Handelsmarke in Pisa oder Livorno oder durch den möglichen Weg über Ancona).45 Sehr wohl ergeben sich hingegen Hinweise auf den konkreten physischen Transfer, die Spedition und die entsprechenden logistischen Maßnahmen. In Lyon rechnete man ab, bediente die Warenhandelskredite oder erfüllte Kommissionen. Die Güter mussten dabei die Stadt am Zusammenfluss von Rhône und Sâone keineswegs zwingend passieren, sie konnten auch in Marseille erneut verpackt und auf ein Schiff geladen oder einem Spediteur für den Weitertransport auf dem Lande überantwortet werden.46 Grundsätzlich lassen sich strukturelle Ähnlichkeiten zwischen der organisatorischen und finanziellen Anlage des Levantehandels und dem Handel mit Seide erkennen. Das hängt zum einen damit zusammen, dass Einkaufs- und Vertriebswege des Levantehandels und diejenigen des Handels mit Rohseide sowie mit Seidenprodukten zum Teil deckungsgleich waren. Denn die Florentiner Kaufmannbankiers erwarben am Ende des 15. Jahrhunderts rund ein Viertel der in ihrem Auftrag verarbeiteten Rohseide im östlichen Mittelmeerraum und verkauften die gefertigten Tuche auch in die Levante. Import von Rohseide und Verkauf von hochwertigem Seidentuch erfolgten

Vgl. Goldthwaite, The Economy. Die in den meisten Fällen sehr komplexe Zusammenstellung von Ladungen illustriert ein kurzer Auszug aus einem Brief, den die Salviati aus Lyon an Amiel Albertas in Marseille schrieben: SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 177v–179r: An Amiel Albertas, Marseille, 24.11.1537, hier c. 179r: Li x tapeti di detto conto a mandare qui col primo modo / e così ci mandate qui ogni resto di nostro belledi quanto prima / date fine alli rasi al meglio potere e così alli lini ho li mandate a Livorno a’ nostri. 46 Vgl. Federigo Melis, Banche, trasporti e assicurazione, in: Marco Spallanzani (Hg.), Federigo Melis: L’A zienda nel medioevo con introduzione di Mario del Treppo (Opere sparse di Federigo Melis. Istituto Internazionale di Storia economica „F. Datini“, Prato, 1), Firenze 1991, S. 108–127; Dini, I mercanti. 44 45

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vielfach auf Lyoner Rechnung. Zum anderen dauerte der Seidenzyklus mit einer Laufzeit von etwa zwei Jahren relativ lang und erforderte eine hohe Anschubfinanzierung. Im Handel mit Seide engagierten sich daher hauptsächlich kapitalkräftige Handelsgesellschaften, die über ein eingespieltes Netzwerk aus Geschäftspartnern sowie Investoren und über Erfahrungen mit ausgedehnten Finanztransaktionen sowie im Fernhandel verfügten. Daher überlagerten die eingesetzten Instrumente sowie die Formen der Kapitalbeschaffung einander. Der Transport von Rohseide zu den toskanischen Fertigungsorten sowie von Seidentuch war Bestandteil des Levantehandels.47 Sowohl die Salviati als auch die Welser erfüllten die nötigen Voraussetzungen hierfür und waren (wie das vorige Kapitel IV. ausgeführt hat) entsprechend mehrschichtig und kapitalintensiv miteinander verbunden.48 Zwei Tendenzen werden bei den organisatorischen Verhaltensmustern von Kaufleuten im Fernhandel unterschieden. Während man generalisierend annimmt, dass süddeutsche und florentinische Kaufleute beim Binnenhandel auf die vergleichsweise dauerhaften Strukturen von Handelsvertretungen und deren Netzwerke gesetzt hätten, attestiert die Wirtschaftsgeschichte dem maritimen Handel, bei dem Venezianer und Hanse-Kaufleute mit gelegentlichen Zusammenschlüssen bei einzelnen Schiffspartien kooperierten, eher flexible, temporäre Kooperationsformen.49 Neben pragmatischen Erwägungen hat die Forschung hierfür spezifische Zusammenhänge in verschiedenen Rechtskulturen oder politischen Rahmenbedingungen unterstellt.50 Aber diese groben Raster haben keinen Bestand vor den konkreten Geschäftsbeziehungen, die im Kontext des Levantehandels für Schiffspartien Anwendung fanden. Die Handelsgesellschaften der Salviati setzten auf ein differenziertes Instrumentarium zur Organisation ihres Levantehandels. Die verschiedenen Ebenen, die jeweils bestimmte Grade der Intensität und rechtlichen Verpflichtung markieren, wurden zumeist miteinander kombiniert. Zunächst schlugen sie einen traditionellen Weg ein, indem ein Verwandter der Florentiner Hauptgesellschafter, Giovanni di Marco Salviati, nach Konstantinopel geschickt wurde. Dort etablierte er 1491 die Handelsgesellschaft Salviati e co di Costantinopoli, die allerdings wenig später zu existieren aufhörte. Denn Giovanni di Marco starb am Bosporus schon 1494. Indes erklärte der Buchhalter dieDini, Aspetti. Vgl. Salvatore Ciriacono, Per una storia dell’industria di lusso in Francia, in: Ricerche di storia sociale e religiosa 14 (1978), S. 181–202. 48 Vgl. Häberlein, Handelsgesellschaften; Carlomagno, Il banco. 49 Vgl. Ulf Christian Ewert / Stephan Selzer, Wirtschaftliche Stärke durch Vernetzung. Zu den Erfolgsfaktoren des hansischen Handels, in: Mark Häberlein / Christof Jeggle (Hgg.), Praktiken des Handels. Geschäfte und soziale Beziehungen europäischer Kaufleute in Mittelalter und früher Neuzeit (Irseer Schriften, 6), Konstanz 2010, S. 39–69. Zur Diskussion um strukturelle Unterschiede und Konkurrenzsituationen: Häberlein, Die Fugger: Konkurrenten. 50 Bauer, Unternehmung, S. 19; S. 89; S. 91. Lutz, Die rechtliche Struktur, S. 68. – Es ist merkwürdig, dass die Forschung zum Levantehandel in der Regel diese unternehmerischen Verhaltensweisen kaum thematisiert (selbst wenn sie konkrete Begegnungsszenarien der Handelsleute verschiedener kultureller Zugehörigkeit detailliert berichtet). 47

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

ser Salviati-Filialgesellschaft, Alfieri Strinati, im erhaltenen Rechnungsbuch der Unternehmung, er führe seit dem Tode Giovanni Salviatis die Geschäfte fort. Im Jahr 1500 hielt sich Strinati immer noch in Pera auf. Giovanni Salviati und sein Agent Alfieri Strinati wickelten Verkäufe von Florentiner Exporteuren wie Francesco Barducci ab, die insbesondere Woll- und Seidentuch aus florentinischer Produktion in Konstantinopel absetzen wollten. Aber auch andere wie ein Francesco Ghirard vertrieben über Giovanni Salviati Tuche (panni). Ein weiteres Mitglied der Familie, Luigi Salviati, erwarb ciambelotti (= „Schamlot“) auf Vermittlung von Strinati. Im Gegenzug besorgten Giovanni Salviati und Alfieri Rohseide, verschiedene Gewürze und insbesondere Pfeffer für ihre toskanischen Geschäftspartner.51 Francesco Barducci übernahm in Konstantinopel sowohl den Verkauf florentinischer Produkte in Richtung Bosporus als auch den Erwerb von levantinischen Gütern wie Seide, welche über Ragusa nach Italien geliefert wurden. Überdies trat Barducci als Zwischenhändler und Verbindungsmann zwischen den in Pera angesiedelten Florentiner Kaufleuten wie Ugo di Niccolò della Stufa und Handelsgesellschaften wie der Bartolini-Rossi-compagnia in Lyon auf. Della Stufa gehörte zu den Agenten des Salviati-Lanfredini-Bracci-Medici-Kreises und die Bartolini-Rossi-compagnia um 1500 zu den Medici-Nachfolgegesellschaften.52 Barducci war über eine länger anhaltende Serie von Geschäften zwischen dem Handelsstützpunkt Pera in der Levante und Lyon ein eingeführter Agent. Auch die Gründung einer eigenen compagnia in Lyon im Jahr 1508, welche die Organisation und Finanzierung des Levantehandels als eines ihrer Geschäftsfelder betrachtete, diente der Kapitalbeschaffung und der Risikominderung. Denn die Mitgesellschafter – Francesco Naldini, nach 1518 Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali – steuerten ihrerseits zusätzliches Kapital zum Kapitalstock der Gesellschaft bei. Rechtlich waren die Lyoner Anteilseigner selbstverantwortlich. Auf diese Weise repräsentierte die compagnia der Salviati in der Rhône-Metropole das toskanische Modell des business partnership agglomerate, wie Richard Goldthwaite das Netzwerk der Filialgesellschaften Florentiner Unternehmungen betitelt. Durch die Gründung einer Handelsgesellschaft im Süden Frankreichs erweiterte die Salviati-Gruppe ihre Optionen für den Zugriff auf den Levantehandel; bis dahin betrieb sie die Geschäfte mit dem östlichen Mittelmeerraum vor allem von Florenz, Neapel und Pisa aus.53

SNS, AS, I, 397 (Costantinopoli DebCred A), c. 55: Alfieri Strinati erklärt hier, dass er nicht nur Buchhalter Giovanni di Marcos ist, sondern auch die Geschäfte fortführte; für die Exporteure und die Warenpalette: ebd., c. 53. Für Francesco Ghirard (Ghirad) auch c. 63; zu einem Fünftel hatte Alfieri Strinati teil am Export von sieben Sack lema tursescha, deren Transport nach Westen durch die Niederlassung der Salviati in Pisa organisiert werden sollte, Dezember 1494, c. 67. Dazu: Hurtubise, Une famille-témoin, S. 126 f. 52 Tewes, Kampf, S. 666. 53 Bauer, Unternehmung, S. 24 f.; S. 33–36; S. 44–53 (Organisationsform der Filialgesellschaften am Beispiel der Affaitati); Goldthwaite, The Economy. Vgl. Spallanzani, Oriental Rugs. – In seiner Dissertation über die Gesellschaft der Salviati in Pisa während des 15. Jahrhunderts kommt Antonio Carlomagno nicht 51

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Um mittels einer überschaubaren Investition bestimmte Handelsbeziehungen zu stabilisieren, riefen die Salviati accomandite ins Leben. Am Brückenkopf Ragusa hatten sie in Stefano de’ Gradi einen zuverlässigen Partner zur Durchführung des Handels auf dem Landweg durch die Romania nach Konstantinopel. Quantitativ dürften Import und Export zwischen Ancona und Ragusa die Partien ins westliche Mittelmeer überwogen haben. Einerseits bemühten sich vor allem im 15. Jahrhundert Kaufleute aus verschiedenen italienischen Stadtrepubliken um die Privilegierung einer Niederlassung in Ragusa. Andererseits spielten Vertreter der Ragusaner Kaufmannschaft die Rolle von Mittelsmännern und Zwischenhändlern für die Güter, die auf dem Rücken von Maultieren über den Balkan an die dalmatinische Küste gebracht worden waren.54 Stefano de’ Gradi war einer der Ragusaner, die mit den Salviati im Levantehandel kooperiert hatten. In Marseille gründete Lionardo Spina mit ihm eine accomandita, eine Kommende, speziell für den Warentransfer zwischen Ponente und Levante.55 Die Lyoner Gesellschaft der Salviati fand sich wiederholt zu joint ventures, Gelegenheitsgesellschaften, mit dem in Marseille ansässigen Kaufmann Amiel Albertas und seinem Partner Joseph della Seta zusammen. Diese eingeübte Geschäftspartnerschaft reichte bis in die frühen 1520er Jahre zurück.56 Albertas verfügte über die nötigen Kontakte zu Schiffseignern und Kapitänen, auf deren Dienste man zurückgriff, wenn man auf dem Seeweg größere Mengen von in einer Partie gebündelten Gütern an die Ostküste des Mittelmeeres transportieren lassen wollte.57 Als Partner beteiligte sich Albertas zu einem oder maximal zwei Fünfteln an den Geschäften mit der Levante. Die Salviati stiegen in den großen, über Südfrankreich abgewickelten Warenverkehr mit dem Orient in den 1530er Jahren ein. In diese Phase datieren auch die bedeutendsten joint ventures des Levantehandels, welche die Salviati in Kooperation mit Amiel Albertas aufsetzten: Mit der Lyoner Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandten organisierten sie vom Jahr 1539 an fünf Partien nach Alexandria, Beirut und Konstantinopel über Marseille – von denen gleich gesondert zu sprechen sein wird. Wie sich zeiausdrücklich auf diesen Zusammenhang zu sprechen, er hatte allerdings die Ausstattung von Schiffspartien nach Konstantinopel abseits der bisher bekannten Florentiner Unternehmungen in den 1470er Jahren (in seiner Magisterarbeit / tesi di laurea) nachgewiesen: Antonio Carlomagno, Il viaggio in Levante della galea ‚Ferrandina‘ nel 1476–1477 (dai registri N. 32 e 33 dell’Archivio Salviati di Pisa), tesi di laurea a. a. 2002–2003; vgl. Carlomagno, Il banco; vgl. Molho, Consoli. 54 SNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. 130/CXXX. Vgl. Für die Bedeutung der Kaufleute aus Ragusa: D. Dell’Osa, La contabilità dei mercanti ragusei nel XVI secolo, in: Piero Pierucci (Hg.), La contabilità nel bacino del Mediterraneo (secc. XIV–XIX), Milano, 2009, S. 123–142 (Collana del Dipartimento di Economia e Storia del Territorio, Università G. D’Annunzio di Chieti-Pescara). 55 SNS, AS, I, 519 (L CopLett M), c. 33v. 56 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 436/CCCCXXXVI (Beltram Candola e Amiel Albertas di Marsilia: 1525); SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 130/CXXX (1525); ebd., c. 410/CCCCX (1527); SNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. 185/CLXXXV (1534). 57 Zu den Albertas: Wolfgang Kaiser, Marseille im Bürgerkrieg. Sozialgefüge, Religionskonflikt und Fraktionskämpfe von 1559–1596 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte, 103), Göttingen 1991.

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gen wird, wählten die beteiligten Unternehmungen bevorzugt diese Form der engen Kooperation als Instrument der Durchführung von Partien in die Levante aus. Überdies griffen die Salviati von Lyon aus auf Kommissionäre in Pera zurück: Logistisch und finanziell wesentlich günstiger als der Unterhalt einer eigenen compagnia war die Indienstnahme eines Kommissionärs.58 Diese Ebene der Geschäftsbeziehung setzte die Etablierung eingeführter Kontakte voraus. Mit der Unternehmung Guglielmo da Sommaia & Co verfügten die Salviati über einen engen Partner und Agenten in Pera.59 Dieses Arrangement hatte den Vorzug, dass die Salviati ohnehin mit ihrem Kommissionär über gesellschaftliche Beteiligungen verbunden waren. Denn Guglielmo da Sommaia entstammt einer Florentiner Familie, welche in unterschiedlichen Konstellationen geschäftlich mit den Salviati eng verflochten war (s. Kapitel III.4.1.1).60 Für die Florentiner Gesellschaft Girolamo da Sommaia & Co vertrieben die Lyoner Salviati italienische Seide in der Levante, indem sie den Rohstoff den von den Welsern mitfinanzierten Schiffslieferungen in den Osten beigaben.61 Eine vergleichbare Konstruktion des Kommissionsgeschäfts ergab sich beim Absatz von Gütern aus der Levante im Westen. Auf der Lyoner Apparitionsmesse 1540 wurde beispielsweise die Lieferung von 14 botte (= Fässer) mit Galläpfeln (ghalle piccole di Romania)62 durch Giovan Battista Puccini & Co di Roma63, die den Transfer von Rom nach Civitavecchia besorgten, abgerechnet.64 Bei den aufwendigen Partien im Levantehandel stockten die Salviati das erforderliche Kapitel durch die Einwerbung von Fremdkapital auf. Für die Schiffspartien um das Jahr 1540 konnte Lionardo Spina zusätzliche Investoren gewinnen. In die Finanzierung der Sendung des Schiffes Floria von Marseille nach Alexandria, welche die SalviaVgl. Hildebrandt, Diener. SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 181rv: An Da Sommaia, Konstantinopel, 24.11.1537: Die Salviati in Lyon beauftragte die Bestellungen ihrer Firmenhauptstelle in Florenz und von Da Sommaia; an der Partie, die der Reeder Lodovico Marsili nostro fiorentino ausführen sollte, waren die Lyoner Salviati mit 1.500 Dukaten beteiligt; der Betrag wurde durch einen Wechsel über Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co in Venedig bereit gestellt. 60 SNS, AS, I, 435 (Averardo Salviati & Co setaiuoli di Firenze DebCred F)., c. 26r: Am 16.12.1518 erhalten die Erben Francesco da Sommaias aus den Anteilen, die ihr Vater bei Averardo d. Ä. und Giovanni Salviati gehalten hatte, duc 5.752,7,0; ebd., c. 204r: sie erhalten 1523 einen Rest ihrer porzione der utili der ragione Averardo Salviati & Co setaioli di Firenze in Höhe von 3.543,4,8 Dukaten (Anteil: ß 5, d 10/lb); c. 81r: Am 22.11.1521 entrichten sie mit 3.789 Dukaten (= duc 4.300 karlini) ihren Drittteil des corpo von Averardo d’Alamanno Salviati & Co setaioli di Napoli; SNS, AS, I, 522, c. 82 (1534). Pinchera, L’Archivio Salviati, S. 979–986; Hurtubise, Une famille témoin, ad indicem. 61 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), CCCVIII: Girolamo da Sommaia di Firenze per suo conto di tempi (resto attenente a nostri di qui adreto e’ Belzeri di qui: 31.10.1542). Vgl. Lang, Seide aus Florenz. 62 Heyd, Geschichte, S. 593: „Galläpfel“ als Gerb- und Färbemittel (Galläpfel enthalten 55–65 Prozent Gallusgerbsäure – Tannin: entweder zum Gerben verwendet oder unter Zusatz von Eisensulfat zur Herstellung von Tinte). 63 Guidi Bruscoli, Benvenuto Olivieri, ad indicem. 64 SNS, AS, I, 542, c.115: Ghalle piccole di Romania di nostro conto; der Verkauf der galle erbrachte 475,11,2 scudi di marchi. 58 59

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ti und die Welser in Lyon gemeinsam ausstatteten, gab Bernhard Meuting d. J. (siehe Kapitel III.4.4 & IV.4) zur Ostermesse 1538 einen mittelfristigen Kredit über 1.238,5,4 livres tournois (569,6,4 scudi di marchi) als sechzehnten Teil des gesamten Volumens der Partie in Höhe von 19.812,5,8 livres tournois. Diesen Zuschuss registrierte der Buchhalter der Salviati infolgedessen in einem conto de’ tempi aparte Alexandria und notierte den Kredit Meutings in den Ricordanza, um der langen Dauer des Zahlungszyklus’ Rechnung zu tragen.65 Meuting hatte die Summe in mehreren Tranchen von der Allerheiligenmesse 1538 bis zur Augustmesse 1540 eingezahlt, was als Warenkredit im libro di fiere abgebucht wurde. Inbegriffen in seinen Kredit waren zwei Abschlagszahlungen (sborsati), die auf das Konto der Partie nach Alexandria über insgesamt 111,6,4 livres tournois gingen.66 Einen großen Teil ihres Handels mit Gütern aus der Levante und mit Exportwaren wickelten die Lyoner Salviati-Gesellschaften in Seriengeschäften ab. Entsprechende Rohstoffe und Produkte wurden über eine etablierte Geschäftsbeziehung in den Transfer mit dem östlichen Mittelmeerraum integriert. Dabei mussten die beiden am Geschäft beteiligten Partner nicht nach neuen Absatzwegen suchen, sondern konnten von vornherein mit der Abnahme eines Gutes zu einem gut kalkulierbaren Preis rechnen. Dieses Instrument zur Ausstattung einer Partie im Levantehandel kann als indirekte Beteiligung betrachtet werden. Ein besonderer Reiz bei der Beobachtung dieser Kooperationsform liegt darin, dass die in Warenkonten registrierte Spur einer Produktlinie nachverfolgt wird und auf diese Weise Nachfrage und Angebot systematisch über die Organisation des Transfers miteinander verbunden werden.67 Die am Levantehandel beteiligten Unternehmungen wählten aus dem weit gefächerten Handlungsrepertoire verschiedene Stufen kooperativer Verflechtung aus und kombinierten diese nach Bedarf. Averardo e Piero Salviati & Co veranlassten 1534 die compagnia des aus Katalonien stammenden und in Montpellier ansässigen Kaufmannbankiers Piero Crexeles (Crexels), 144 Einheiten (cariche)68 Mandeln zu 548,14,4 scudi di marchi (1.193,9,2 livres tournois) von Südfrankreich nach Alexandria transportieren zu lassen. Das dafür vorgesehene Schiff, die Brava, betrieben beide Handelsgesellschaften gemeinsam in einer Kommende (accomandita) mit dem in Marseille ansässigen Adam Rondelin. Die zur Allerheiligenmesse 1534 abgerechneten Mandeln stammten aus den Beständen des Piero Crexeles, mit dem die Salviati den Warenwert hälftig auf gemeinsame Rechnung teilten.69 Aus Alexandria kamen im Tausch für die SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 136. Ebd., c. CXXXVI. Vgl. Jeggle, Economies. Vgl. Edler De Roover, Glossary, S. 64: Carica; 1. a load, usually 400 lbs. (used esp. in selling spices and dyestuffs wholesale, in Venice, Marseilles, Valencia, Bruges, and elsewhere). Dabei muss es sich um ein anderes Maß als bei der last (die Last häring = 12 Tonnen an Heringen) handeln: Müller, Welthandelsbräuche, S. 81; S. 263. 69 SNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. 87/LXXXVII: Mandorle e danari contanti di nostro conto mandati questo anno in Alessandria in compagnia di Piero Creseles per la nave Brava in achomandita d’Adam Rondelin. 65 66 67 68

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Mandeln Gewürze, die auf der Apparitionsmesse 1536 zugunsten der Salviati und ihres Geschäftspartners Crexeles eingetragen wurden und die französische Kunden wie der Lyoner Großkaufmann und Gewürzhändler Jean Camus erwarben.70 Die Rechnungsfragmente der Welser hingegen werfen nur Schlaglichter auf die Aktivitäten ihrer Gesellschaften. Das Augsburger Journal von 1514 bis 1518 bestätigt den Befund Alfred Weitnauers, dass die süddeutschen Kaufleute Gewürze in erster Linie über Antwerpen bezogen. Im August 1518 kamen 2 seck turckische bomwoll aus Antwerpen an, im Oktober desselben Jahres noch 3 seck dirckischi woll.71 Auch in anderen Fällen sind die Vertriebswege von Gütern, die aus dem östlichen Mittelmeerraum importiert und von den Welsern übernommen wurden, erkennbar. Im September 1502 oder 1503 erwarb der spätere Faktor in Lyon, Narziß Lauginger, in Venedig 4 seck pip(er), 5 seck z(in)z(er)o und einen 3⁄4 sack woll (vermutlich Baumwolle), im Oktober waren es noch 23 seck Pfeffer und weitere vier Säcke Ingwer.72 Von der für die Welser so bedeutenden Faktorei in Venedig sind lediglich stark beschnittene Fragmente zweier Schuldbücher – des Schuldbuches B und des Schuldbuches C – von 1516 und 1517 erhalten. Die Konten dieses Bestandes geben keine Anhaltspunkte für den Levantehandel der Anton-Welser-Gesellschaft über den Fondaco dei tedeschi zu diesem Zeitpunkt.73 In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts importierten die Welser Pfeffer, Zimt und andere Waren, die aus der Levante bezogen werden konnten, vorwiegend über Lissabon und Antwerpen. Auch verlor das exportorientierte Barchentgeschäft für die Welser in den 1520er Jahren an Bedeutung, so dass der Handel mit dem Orient für die Augsburger zeitweilig wohl aus dem Blick geriet. Der Wiedereinstieg der Welser in den Levantehandel über die Kooperation mit den Salviati am Ende der 1530er Jahre fügt sich indessen in das allgemeine Bild einer Wiederbelebung der levantinischen Gewürzroute in dieser Zeit.74 Der Transfer von Ingwer75 exemplifiziert sowohl die komplex angelegten Kooperationsformen zwischen den Welsern und den Salviati als auch die Schwierigkeiten Ebd., c. 185/CLXXXV: Spezi venuti d’Alessandria per la nave Brava per ritratto di mandorle e danari contanti di conto di Piero Creseles e nostro per a⁄2. 71 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 89; S. 92. – Möglicherweise handelte es sich aber bei den aus Venedig nach Ulm gelieferten 82 woll ballen, welche am 10. April 1499 in Augsburger Journal von 1498–1501 eingetragen wurden, um Baumwolle aus der Levante, vgl. Weitnauer, Venezianischer Handel, S. 106; S. 23. 72 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 43; S. 47 f. 73 Ebd., S. LXXIV f.; S. 213–234 (Editionstext); vielleicht das Warenkonto Pani da seda? Wenn es sich allerdings wie angegeben nur um Atlas drehte, dann ist auch diese Spur eher schwach (S. 234). 74 Häberlein, Asiatische Gewürze. – Zur These der Wiederbelebung der levantinischen Gewürzroute: Frederic C. Lane, Seerepublik Venedig, München 1980 (zuerst 1973), S. 456–459. 75 Zu Ingwer: Heyd, Geschichte, II, S. 600–604. Der hier zumeist erwähnte zenzero beledi ist Ingwer aus Indien, folgt man der Herkunftsanalyse von Arabisch beled (balad = „Land“); dann würden die Arabischsprachigen meinen, dass dieser Ingwer nicht von anderswoher eingeführt würde, sondern „autochthon“ wäre. Der zenzero verde ist „grüner“ (also: junger) Ingwer; der zenzero colombino bezeichnet eine besonders hochwertige Sorte. Ingwer wurde in Indien auch gezuckert eingelegt (conserva). Man nutzte Ingwer vor 70

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der Rekonstruktion des Ablaufes solcher Geschäfte. Während der Ostermesse 1539 rechneten Averardo e Piero Salviati & Co mit der Faktorei der Welser in Lyon den Import von Ingwer über Marseille ab. Auf Kommission der Lyoner Salviati vertrieb Amiel Albertas den in Marseille angelandeten Ingwer verschiedener Sorten über die Fuhrleute, die die Güter die Rhône entlang nordwärts transportierten, insbesondere an die beiden wohlhabenden Lyoner Handelsleute und specièrs Claude Teste und Jean Scarron.76 Die Ware erzielte einen Verkaufserlös von 7.317,2,7 livres tournois. An diesem Importgeschäft hatten die Welser und die Salviati zwar eine Beteiligung je zur Hälfte vereinbart. Dadurch, dass die Welser vorab ein Viertel der Ladung zugesprochen bekamen, teilte man den verbliebenen Rest in Anteile von einem Drittel für die Welser und zwei Dritteln für die Salviati auf. Nach dem Abzug der Spesen verblieb den Augsburger Geschäftspartnern ein Ertrag (ritratto netto) von 2.274,17,3 livres tournois. An ihrem Anteil beteiligten die Salviati Gian Carlo degli Affaitati aus Antwerpen zu nochmals einem Drittel.77 allem in der Küche zum Würzen von Fleisch- oder Fischspeisen oder als Beigabe zu würzigem Wein. Die verschiedenen Zuschreibungen in den Rechnungsfragmenten der Welser verweisen vorwiegend auf den jeweiligen Umschlagsort wie bei 1 sack Vin(eti)a z(in)z(er)o, der 1528 nach Nürnberg geliefert wurde, denn hier wird auf das venezianische Gewicht verwiesen (Geffecken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 195) oder 1 sack Cal(icutt)i z(in)z(er)o, der im Jahr 1549 aus Calicut nach Antwerpen geliefert und dort neu abgewogen wurde (Geffecken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 209). Allein die Spezifizierung 28 seck z(in)z(er)o weis deutet in Nürnberg 1528 auf eine Kategorisierung, die mit bestimmten Qualitäten konnotiert wurde, hin; weis womöglich auch im Sinne von verde als junger Ingwer, denn in diesem Eintrag kommen auch noch 6 se[c]k Vin(eti)a di buli (wohl „aus Apulien“) und 6 seck geferbtt(er) z(in)z(er)o („gefärbter“ Ingwer – bedeutet was?) vor (Geffecken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 199). 76 Gascon, Grand Commerce, S. 304 (Claude Teste); S. 318 ( Jean Scarron); S. 379 ( Jean Scarron); S. 442 ( Jean Scarron / Claude Teste); S. 856 f. ( Jean Scarron): Beide verfügten über einen überregionalen Handlungsspielraum; beide residierten im Stadtquartier San Jean am großen Markt in unmittelbarer Nachbarschaft zu den italienischen Kaufmannbankiers. 77 SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 188r: Copia dj un conto mandato a Lione a Bartolomeo Belzerj e co. In der gesamten Lieferung waren auch drei Pfund Gewicht Pfeffer enthalten; diesen Pfeffer übernahmen die Welser zur Gänze und ließen ihn mit zwei Pfund Ingwer und 5 1⁄2 Pfund Ingwerpulver verrechnen. Die Gesamtladung von 66 Ballen Ingwer wurden zwischen den Salviati und den Welsern hälftig geteilt; die ersten 16 balle Ingwer mit einem Gewicht von 2.894,13 Pfund wurden zu 1⁄4 den Welsern und zu 3⁄4 den Salviati zugesprochen, der Großteil mit 11.579,3 Pfund unterlag der ein Drittel- / zwei Drittel-Aufteilung. Zum Anteil von Gian Carlo degli Affaitati ebd.: Copia di un conto mandato in Anv(er)sa a Giovan Carlo de Afetadj e co. Der Eintrag des ritratto netto zugunsten der Welser: ebd., c. CCXXX (Bartolomeo Belzerj e co di Lione p(er) loro co(n)to de’ tempi): Et in detta a lb 2274.17.3 t(ornesi) facciamo loro buoni nel grado sono a p(er) quando riscossi saranno e sono p(er) ritratto netto dj più zenzerj a com(un)e di che si decto loro co(n)to copiato a R(icordanze) [ac.] 188 p(os)ti detti zenzeri jn q(uest)o. Diese komplex angelegte Verrechnung von Anteilen resultierte daraus, dass die Welser mit Eintrag am 19. April 1539 einen Teil (16 balle Ingwer zu 3.034 Pfund 13 Unzen, von welchen 2.894 Pfund 13 Unzen ein Viertel der gesamten Ladung waren) der Gesamtladung erhielten; der Rest wurde daher im Verhältnis 1⁄3 zu 2⁄3 aufgeteilt; im Warenkonto zeigt sich die Verteilung der Anteile wie folgt: Zenzeri belledi di co(n)to la a⁄2 di Bartol(ome)o Belzeri e co di Lione il 0⁄4 di Giam Carlo de’ Affetati e co d’Anversa e co(n) (i)l 0⁄4 nostri fatti co(m)prar(e) a Marsilia Amiel Albertas; und die spezielle Regelung mit den Welsern zur Aufteilung der Ladung: + nota ch(e) add(ì) 19 d’ap(r)ile 1539 si co(n)segnò a B(ar)tol(ome)o Belzerj e co di Lione balle 16 di detti ze(n)zeri che garbellatj p(esoro)no netti lb 3034 o(nce) 13 di lb 2894 o(nce) 13 che sono apu(n)to il 0⁄4 di tutta la somma di q(uest)o conto riducendo tutto al netto e computando il

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Über die Vertriebswege, auf denen die Welser Ingwer über Lyon verkauften, ist nichts bekannt. In ihren Rechnungsfragmenten finden sich nur geringe Mengen transferierten Ingwers, die in den Jahren 1499 und 1502/03 von Venedig nach Nürnberg geliefert wurden.78 Die acht Zentner, drei Arrobas und 1⁄2 rottili Ingwer, die die Anton-Welser-Gesellschaft im Februar 1514 importierten, kamen als Teil einer umfangreichen Ladung auf vier Schiffen von Malakka und entsprachen einer Partie, an der die Augsburger auf Lissaboner Rechnung zu 50 Prozent beteiligt waren.79 Das Journal der Nürnberger Faktorei von 1528 führt ebenso wie dasjenige von 1549 eine geringe Menge Ingwer auf, welcher aus Indien kam und über Antwerpen nach Nürnberg transportiert wurde.80 Durch den Import von Ingwer aus der Levante über Marseille waren die Welser mit ihrer Lyoner Faktorei an dieser alternativen Handelsroute beteiligt, auch wenn sie selbst keine Schiffsanteile hielten. Tatsächlich nutzten die süddeutschen Kaufleute auch Lyon als Beschaffungsmarkt für Waren aus der Levante. Dies illustriert eine umfangreiche Ladung Ingwer, die die Salviati während der Augustmesse 1538 vertrieben. Zu den wiederkehrenden Kunden zählten die Erben des Straßburgers Friedrich Ingolt, die in diesem Fall zehn Ballen für 2.129,12,6 livres erwarben, die Erben des Augsburgers Hans Herwart, die 14 Ballen zu 3.002,7 livres kauften, und der Vertreter der Nürnberger Hieronymus und Endres Imhoff & Co, der 13 Ballen für 2.766,2 livres erstand.81 Die Frachtpapiere weisen diese Ladung als Beispiel für die Importroute über Marseille aus.82 Dieser Befund erlaubt zwar keine quantifizierende Aussage, aber die Vermutung liegt nahe, dass neben dem Fondaco dei tedeschi in Venedig die Beschaffung von Gütern aus dem östlichen Mittelmeerraum über die südfranzösischen Häfen und Lyon als Distributionsort für die süddeutschen Absatzmärkte eine ähnlich wichtige Rolle spielte.

gharbello di zenzero a 3 p(er) 2 di ze(n)zero e la polvere a lb 5 1⁄2 p(er) ja di ze(n)zero secondo li p(r)ezzi di sop(r)a no(n) zene tiene conto e così dove detti Belzeri participavano p(er) la a⁄2 della vendita venghono havendo havuto il 0⁄4 del tutto a p(ar)ticipare p(er) questo resto p(er) 0⁄3 e delle lb 140 di sop(r)a più ce li hanno fatti buoni et ne sono debit(ori) jn questo [a c.] 107 e di sop(r)a sono in questo credito (ebd., c. 187/CLXXXVII). 78 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 34; S. 43; S. 48. 79 Ebd., S. 78 (Z 6125). 80 Ebd., S. 202; S. 209. 81 SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 156r–157r: Daneben traten noch Jakob Gerlach aus Nürnberg auf, der vier Ballen Ingewer zu 927,18 livres erwarb, und der Straßburger Hans Ebel, der acht Ballen für 1.754,0,6 livres kaufte; vgl. SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 108 ( Jakob Gerlach); c. 83/LXXXIII (Erben von Hans Herwart): Die Erben von Hans Herwart erwarben auf Kredit von Christoph Kraffter während der Augustmesse 1539 weitere Waren aus dem Levantehandel; c. 155 (Erben von Friedrich Ingolt, die auch gerofani, Gewürznelken, erwarben). – Vgl. Häberlein, Brüder, ad indicem; vgl. Angelika Westermann / Ekkehard Westermann, Der Papier-, Kupfer- und Silberhandel der Straßburger Prechter und ihrer Mitgesellschafter in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Angelika Westermann / Stefanie von Welser (Hgg.), Beschaffungsund Absatzmärkte oberdeutscher Firmen im Zeitalter der Welser und Fugger, Husum 2011 (Neunhofer Dialog, 2), S. 253–271. 82 SNS, AS, I, 536 (L LibRic), c. 163r (copia für spese).

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Das Quecksilber der Welser im Levantehandel Wie bereits im vorigen Kapitel angesprochen, können verschiedene Formen der Kooperation, die die Lyoner Salviati und die dortige Faktorei der Welser eingingen, sichtbar und interpretierbar gemacht werden, wenn man die Rechnungsfragmente der Augsburger und die Unterlagen der Salviati aufeinander bezieht. Zugleich exemplifiziert der Vergleich der beiden Bestände die komplexe Zusammensetzung des kooperativen Vorgehens der Unternehmungen. Als die Welser durch die joint ventures von 1539 mit Averardo e Piero Salviati & Co und Amiel Albertas e Joseph della Seta in den direkten Levantehandel über Marseille einstiegen, beteiligten sie sich überdies indirekt in einer Art Seriengeschäft mit den Salviati an den Lieferungen ins östliche Mittelmeer und deren Refinanzierung. Mit ihrem Export von Quecksilber, aus den im Gegenzug für spanische Kronanleihen im Rahmen der Maestrazgo-Pacht zugesprochenen Minen von Alamadén, versorgten sie, wie oben angedeutet, einige Partien der Salviati für die Levante.83 Hierfür schlossen Bartholomäus Welser & Mitverwandte mit der Lyoner Salviati-Gesellschaft Verträge84 über die Lieferung von Quecksilber und des als Färbemittel verwendeten Zinnobers85 ab. Im Wert von insgesamt 10.848,16 livres tournois (4.821,13,5 scudi di marchi) lieferten die Welser die beiden Metalle in Folge einer Vereinbarung vom 6. Februar 1539 von Spanien nach Marseille.86 Ein halbes Jahr später sicherten die beiden Unternehmungen abermals den Transfer von Quecksilber vertraglich ab. Bei diesem 30. September 1539 vereinbarten Geschäft handelte es sich um einen Warenwert von 16.703,5 livres tournois (7.679,13,1 scudi di marchi).87 Zu Quecksilber allgemein: Hubert Weitensfelder, Art. „Quecksilber“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 10, Stuttgart/Weimar 2009, Sp. 583–585. Zu Quecksilber in Lyon: von Pölnitz, Anton Fugger, I, S. 477/24, S. 489/62. 84 Das hier benutzte Wort ist cedola und ließe sich übersetzen mit „schriftlicher Verpflichtung“: Florence Edler De Roover, Glossary, S. 71 (Cedola; a (private) written obligation). 85 Eigentlich Cinnabarit (= Quecksilbersulfit), das sowohl als Rotfärbemittel als auch in reduzierter Form (dann Quecksilber) zur Herstellung von Spiegeln oder als Fixierungsmittel genutzt wurde. 86 SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 3r: Cedula für die Welser vom 6.2.1539; der vereinbarte Preis sollte während der Augustmesse bezahlt werden: Noj Averardo e Piero Salviatj e comp(agni)a di Lione confesiamo dovere a Bartolomeo Velzerj e comp(agni)a dj Lione la som[m]a di lb diecemila ottocento quara[n]ta otto ß xvjo tt(ornes)i et sono p(er) più argentj vivj e cinabrj a[v]utj da loro a Marsilia p(er) lor[o] d’Amiel Alb(er)tas dj che cj tenghiamo co(n)tentj la qual som(m)a dj lb M⁄x DCCCxLviij ß xvj tt(ornes)i prometiamo loro pagare a pagamentj de la prox(im)a fiera d’aghosto 1539 e in segno dj verità abiamo sot[t]oscrit[t]o la presente di n(ost)ra mano questo dj vjo dj feb(r)ayo 1538 in Lione / Ita est Averardo e P(ie)ro Salviatj e c(ompagni) in Lion(e). 87 Ebd., c. 7v: Kopie einer cedola mit Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Lyon: Noj Averardo e Piero Salviati e co d(i) Lio(ne) confessiamo dovere a B(ar)toloemo Belzeri e co di Lio(ne) la somma dj lb sedicj mila sette cie(n)to tre e ß cinque tt(ornesi) e sono a causa d’argie(n)to vivo e cienabro ch(e) ci ànno venduto d(i) ch(e) ci tegniamo co(n)tenti la quale somma dj lb xvjM DCC iij ß v tt(ornesi) p(r)omettiamo loro paghare la meta alli paghame(n)ti d(i) fiera d’app(ar)izione e l’altra meta allo paghame(n)ti di fiera d(i) pasqua p(r)ossime a venire e jn fede della verità abbiamo sottoscritta la p(r)esente ciedola q(uest)o dj vltimo di settenb(r)e MDxxxviiij° jn Lione. Obwohl unter dem Schriftstück die Bemerkung + non si dette loro che era errata e si stracciò stand, man 83

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Bereits im Herbst 1534 hatten die Welser Quecksilber in einem Warenwert von 964,2,10 scudi di marchi an die accomandita der Salviati mit dem oben erwähnten Ragusaner Stefano de’ Gradi verkauft. Auch in diesem Fall transportierte man das Quecksilber zunächst nach Marseille, um es dann nach Alexandria zu schicken.88 Während der Ostermesse 1535 erwarben die Salviati auf gemeinsame Rechnung mit dem in Montpellier angesiedelten, bereits erwähnten Piero Crexeles (Crexels) das Metall im Gegenwert von 555,1,9 scudi di marchi.89 Laut einem Eintrag zum 22. Mai 1536 lieferten die Welser 194 buglioli (= „Eimer“)90 Quecksilber nach Marseille an den dortigen Kommissionär und Partner der Salviati, Amiel Albertas. Die Ware kostete 3.852,8,6 scudi di marchi und sollte auf der Ostermesse des Folgejahres mit einem zweiprozentigen Skonto pro Messe bezahlt werden. Ein kleiner Teil davon – 13 buglioli – wurde an die Salviati nach Lyon weitergereicht. Diese insgesamt umfangreiche Partie Quecksilber ging auf Rechnung der Erben des Geschäftsmannes Piero Labia aus Avignon. Die Salviati kassierten von Labia im Zuge des Geschäfts eine Provision samt Gebühren für das Konsulat von 81,17,3 scudi di marchi und ließen sich 89,2,1 scudi di marchi an Spesen erstatten.91 Die Labia zählten zu den bedeutenden südfranzösischen Kaufleuten und investierten wiederholt in den Warenhandel der Salviati. Die Welser-Faktorei in Lyon rechnete den Transfer des Metalls ab und wurde auf diese Weise indirekt an einer Ladung nach Alexandria beteiligt, welche die Salviati ausstatteten und zu welcher sie neben anderen Gütern die von den Welsern beschafften 181 Eimer Quecksilber beisteuerten.92 In einem Schreiben vom 14. Januar 1537 bestellten Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon bei der Faktorei der Welser am spanischen Hof 100 bis 150 cantara Zinnober und 300 cantara Quecksilber. Diese Lieferung war nach Calais verschifft worden und

also den Welsern die cedola nicht überreichte, kam das Geschäft doch zustande (s. u.): vgl. SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. CCXXX. 88 SNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. 130/CXXX: Argento vivo p(er) conto do Stefano de’ Gradj e n(ost)ro ciaschuno per 1⁄2; c. 144/CLXIIII: Bartholomeo Belzeri e co di Lio(ne); Argento vivo di n(ost)ro conto mandato in Alessandria in a(c)homandita di Stefano de’ Gradi). 89 Ebd., c. 155/CLV. 90 Ein buglione ist ein Hohlgefäß zum Transport von Flüssigkeiten; die direkte Übersetzung lautet „Eimer“. Der buglione war allerdings keine Maßeinheit. 91 SNS, AS, I, 524 (L DebCred N), c. 107: Argento vivo p(er) conto di redi di P(ie)ro Labia di Vigno(ne) de dare add(ì) 22 di maggio lb 8379.– tt(ornesi) fannosj buoni p(er) paghare alla p(r)ox(i)ma f(ier)a d(i) p(asqu)a 1537 / a B(ar)t(lo)m(e)o Belzerj e co e vole(n)do pagharli ava(n)ti debbono fare lo s(c)ho(n)to (c)ho(n) 2 p(er) c(en)to p(er) f(iera) e sono p(er) la monta di buglioli 194 di detti argento vivo consegnato p(er) noj a Marsilia a Amiel Alb(er)tas (c)he p(es)o netto lb 20354 / e buglioli 13 ne ricevemo qui (c)he p(es)o netto lb 1696 t(ut)to a lb 38 il c(en)to come al G(iornale) [a c.] 6 p(os)ti avere i(n) q(uest)o. Vgl. SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 108: An Piero Labia, Avignon, 16.3.1537. 92 SNS, AS, I, 524 (L DebCred N), c. 107 (Bartholomeo Belzeri & Co in Lione): Et lb 230.11.– tt(ornes)i p(er) dis(c)hrezio(ne) delle lb 5763.9 tt(ornes)i paghate loro in fiera di t(ut)ti santi e no(n) si aveva a paghare (c)he a [[ fiera]] p(asqu)a p(r)ox(i)ma ragionati a / 4 / p(er) c(en)to p(os)to robe et altt(r)o di n(ost)ro conto ma(n)date in Alexandria av(er)e in q(u)esto.

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sollte nun nach Marseille transportiert werden. Man erhoffte die Ankunft in Marseille bis zum folgenden April, denn für den Mai planten die Salviati, unter Beteiligung von Tommaso Guadagni & Co eine Ladung verschiedener Güter nach Alexandria zu schicken.93 Allerdings unterblieb der Transfer der Fracht innerhalb der vorgesehenen Frist, worüber sich die Salviati beim Welser-Faktor in Antwerpen heftig beklagten.94 An dieser Partie beteiligte sich als Kreditgeber auch der Augsburger Sebastian Weyer.95 Dem Überlieferungszufall ist es zu verdanken, dass die Einfuhr von Quecksilber seitens der Faktorei Bartholomäus Welsers am spanischen Hof rekonstruierbar ist. Denn sowohl das Journal für die Maestrazgo-Pacht des spanischen Hofes der Welser als auch das Briefkopierbuch M und das Schuldbuch Debitori e creditori O der Salviati registrieren dieselben 50 Fässer des im Italienischen argento vivo genannten Rohstoffes. Diese Ladung wurde als 50 fäslin in Sevilla mit der Herkunftsbezeichnung Almadén auf den Weg gebracht und als 45 plus fünf barili in Marseille in Empfang genommen: Fünf Fässer durften Albertas und Della Seta als Provision einbehalten. Während die Welser über die Faktorei am spanischen Hof und die Salviati in Lyon abrechneten, passierten die Fässer tatsächlich weder den einen in den Buchungen genannten Ort (spanischer Hof) noch den anderen (Lyon).96 Insgesamt erwarb die Lyoner Niederlassung der Salviati knapp 43.600 Pfund Quecksilber und 750 Pfund Zinnober vom Handelshaus Bartholomäus Welsers im Wert von 16.703,5 livres tournois allein auf der Ostermesse 1539 (siehe oben). Das teure Gut wurde nach Marseille zu Amiel Albertas gebracht. Man kann davon ausgehen, dass dieser zur Lösung von Silber, zur Spiegelproduktion und als medizinisches Mittel benötigte Stoff wenigstens teilweise auf verschiedenen Schiffen ins östliche MittelSNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 83v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Spanischer Hof, 14.1.1537: Amici honorandi etc. / siamo estati con questi v(ost)ry e ci dichono (c)he in Calis sarà presto 100 / in 150 c(anta)ra di cinab(r)i e da 300 d’argienti vivj e ne p(r)oferano fare mercato aconsegniare ’n detto luogo e non altrove p(er) il che ne abbiamo schripto a Vigno(ne)[,] se àranno modo di mandare p(er) esso da Marsilia con qual che vasello (c)he potrebbe essere di si[.] il che sendo si farà colpo e si mandare pigliare da dove aviso[.] (c)he Dio dì buon mandi[.] àremo bix(og)no fussi qua [[a]] Marsilia p(er) t(ut)to ap(r)ile al più lungho p(er)chè di maggio ad ap(or)tire la Floria che noj p(er) li 2⁄3 e li Guadagnj p(er) 1⁄3 l’abbiamo noleggiata p(er) yre [!] adirjptura in Allexandria dove va cap(ita)no d’essa[.]. 94 SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 115v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 14.4.1537: Sopra de cinab(r)i ci maravigliamo no(n) pocho di quanto ci escrivete (c)he no(n) ve ne trovave p(er) avere tutto venduto causa (c)he no(n) vi si rispose subito (c)he sop(r)a diciò vi laseremo rispondere a questi v(ost)ri et in vero se no(n) c[i] arete mandato el meno sino a 100 c(antar)a p(er) t(ut)to mese paxato[.] riccireremo [!] torto grandissimo e gran danno al sì / questi v(ost)ri ne fec[i]ono mercato così cci ob(r)ighor[o]no (h)o li altre a li 100 c(anta)ra pigliarne sino 150[.] se ce li voresta dare a quello m(er)cato dicono l’ànno fatto p(er) ordine de mag[gio]ri di Agusta quanto alla diferenza vi piaccerà siamo el p(r)iso loro volevono li pagassino g(ross)o 16 lb (e) noj volevono [!] 5 lb p(er) g(ross)o 76 p(iccoli) di q(uest)a pocho diferenza. 95 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. CXXVI (Bastiano Vayer alamanno): Nota che ne sarà il tempo alla proxima fiera d’apparizione ch’attengono 1⁄3 a Guadagni e co di qui e 2⁄3 a noj per spartirne a più amici per la incepta vltimamente fatta questo anno per Alexandria sopra la Floria (hier nur eine Restbuchung über 84,16,6 scudi di marchi). 96 Lang, La pratica, S. 145–147. 93

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

meer gesandt wurde.97 Die konkrete Partie von 45 barili Quecksilber, welche auf der Ostermesse 1539 mit 1.875,18,9 livres tournois (862,10 scudi di marchi) bewertet wurde, fungierte wie ein Finanzierungskredit der Welser für die Ladung auf der Restina nach Konstantinopel. Denn die Erstattung rechnete der Buchhalter erst mit dem Erlös aus dem entsprechenden Verkauf in Pera ab.98 Die in diesem Kapitel zitierten zweifachen Währungsangaben resultieren daraus, dass der Ankauf in der im französischen Königreich gebräuchlichen Rechenwährung, der livre tournois, erfolgte, wohingegen die Abrechnung in Lyon in der Rechenwährung der Messen, dem scudo di marchi, registriert wurde. Die Buchführung signalisiert mit dem Eintrag in beiden Währungen, dass die konkreten Warengeschäfte und die dafür vorgesehenen Spesen im Währungsraum der livre tournois getätigt wurden, dass aber die Abrechnung im Buchgeld des Messestandortes vollzogen wurde. Tatsächlich indes notierte man die in Marseille durchgeführten Zahlungen im florin in Marseilleser Währung (fiorino di Marsiglia = Marseilleser Gulden), wie die Konten zeigen. Der Zusatz monta, der die Summierung mehrerer Einzelbeträge ausweist, bedeutet, dass hier die betreffenden Waren in Lyon abgerechnet wurden und die Exportgüter Lyon gar nicht passiert haben mussten.99 Bevor die Welser an den durch die Salviati vermittelten Levantefahrten partizipierten und ihr Quecksilber aus Almadén lieferten, bezog die compagnia der Salviati den Rohstoff, zum Beispiel 15 barili im Jahr 1538, von den als Berner Bürger ausgewiesenen Claudio May d. J. und Bernhard Meuting. In diesem Fall aber kaufte der genannte Lyoner Apotheker (spezier) Jean Scarron das auch im medizinischen Bereich angewandte Quecksilber für 2.988 livres tournois.100 Die in anderem Zusammenhang bereits ausführlich behandelten Claudio May und Bernhard Meuting erschienen in diesem Fall als Vermittler der Warenlieferung, weil sie selbst über keine Quecksilber-Produktion verfügten und wiederholt als Agenten der Welser auftraten. Ähnlich verhielten sie sich,

SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. CCXXX (Bartolomeo Belzerj e co di Lione p(er) loro co(n)to de’ tempi): Et in fiera di pasqua add(ì) 29 d(i) lugl[i]o lb 16703.5.θ t(ornesi) facc(iam)o loro buonj p(er) la mo(n)ta di lb 43592 dj ariento vivo a lb 37 1⁄2 t(ornesi) c(en)to et lb 750 d(i) cinabro a lb 47 1⁄2 t(ornesi) c(en)to fatti consegnare p(er) noi più fa a Marsilia a Amiel Alb(er)tas come al G(iorna)le [a c.] 35 p(er) n(ost)ro conto p(er) pag(ar)e li 3⁄4 alla p(r)ox(im)a fiera d’app(arizio)ne e jl 0⁄4 a la seghue(n)te di pasqua vagl(ion)o di m(archi) a ß 43 1⁄2 t(ornesi) p(er) 𝛻 posto arge(n)ti e cinab(r)i n(ost)ri in q(uest)o; vgl. c. CCXXVI: Argenti vivi di nostro conto. 98 Ebd., c. CCXXVI: Argenti vivi di nostro conto. 99 Vgl. Lang, La pratica, S. 145 f. 100 SNS, AS, I, 524 (L DebCred N), c. 275/CCLXXV: Argenti vivi e cinabro di conto di Claudio May e Bernardino Meiting (22.2.1538). – Zum gemeinsamen Auftreten von Claudio May d. J. und Bernhard Meutings d. J. siehe oben, Kapitel IV. Allerdings darf unterstellt werden, dass es sich auch bei diesen 15 Fässern Quecksilber um Lieferungen aus Almadén von den Welsern gehandelt haben dürfte; denn Claudio May und Bernhard Meuting erschienen wiederholt als Vermittler auf eigene Rechnung, die aber für die Welser aktiv waren. 97

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als sie im Februar 1538 Ingwer für insgesamt 3.054,13,5 scudi di marchi an Andrea Labia durch die Salviati verkaufen ließen.101 Die Welser hatten bereits zuvor – vor den Schiffspartien von 1539 mit den Salviati – Güter aus der Levante über ihre Faktorei in Lyon bezogen. Von Antonio e Alessandro Gondi & Co erwarben sie 1517 eine Ladung über 60 balle Pfeffer zu insgesamt 3.308,12,8 scudi di marchi. Dieses Gut lieferte Lorenzo Bianchi aus dem Osten.102 Allerdings findet Sergio Tognetti in seiner Untersuchung der Gondi ebenso Hinweise darauf, dass der Großteil des über Lyon importierten Pfeffers nicht aus Venedig, sondern von Lissabon nach Marseille geliefert wurde (vgl. Kapitel IV.2.7).103 Der Transfer von Quecksilber aus den Minen von Almadén über Marseille in die Levante exemplifiziert die Integration der Gesellschaft Bartholomäus Welser & Mitverwandte in den Handel ins östliche Mittelmeer durch die Lyoner compagnia der Salviati. Diese niederschwellige Form des Seriengeschäfts war eingebettet in den Kontext enger Verflechtung zwischen beiden Unternehmungen, die von 1532 bis 1540 durch den Einzug des Seidenzolls an der Rhône auf der Ebene des investierten Kapitals miteinander verschränkt waren – während auf der Ebene neuer Schuldbeziehungen zwischen den beiden Lyoner Niederlassungen nach 1532 die Umsätze geringer waren. Die Transfers von Quecksilber und die gemeinsame Ausstattung von Partien in die Levante trugen am stärksten zu den Umsätzen zwischen beiden Handlungen bei. Die joint ventures der Salviati und der Lyoner Welser-Faktorei von 1538 bis 1543 In seiner Veröffentlichung von beispielhaften Dokumenten aus toskanischen Archiven zur Handelsgeschichte hatte Federigo Melis bereits 1972 auf die Existenz einer Briefkopie im Archiv der Salviati, aus der die Anberaumung eines der joint ventures zwischen Averardo e Piero Salviati & Co und Bartholomäus Welser & Mitverwandte mit Amiel Albertas in Marseille hervorgeht, hingewiesen.104 Allerdings hat diese Entdeckung in der Forschung keinen Nachhall gefunden – obwohl die Rechnungsbücher der Lyoner

SNS, AS, I, 524 (L DebCred N), c. 317/CCCXVII: Zenzeri belad(i) p(er) co(n)to di Claldo [!] May e B(er)nardino Meyting b(r)ugesj di Berna deo(no) dare in f(ier)a d’app(arizio)ne add(ì) 22 di feb(r)aio lb 6643.18.– tt(ornes)i (c)he tanti ne facia(n) buoni a Andrea Labia p(er) pagharli 𝛻 800 di co(n)tanti e il r(est)o alla p(r)ox(i)ma f(ier)a di pasqua 1538 / e sono p(er) la m(on)ta di b(alle) 10 di ze(n)zero vn po(c)ho rossetto (c)he in t(ut)to p(es)o lb 1912 netto a ß 23 lb e p(er) b(alle) 20 d(i) detto belad(i) bian(c)ho (c)he p(esoron)o nette lb 3865.5 a detto p(r)ezo come apare al G(iornale) [a c.] 46 posto avere in q(uest)o. 102 ASFi, Gondi, 7 (L DebCred E), c. CCXXXVI (Abrechnung auf Augustmesse 1517: livres tournois 6244,12,3). 103 Tognetti, I Gondi, S. 39–48. 104 Melis, Aspetti, Documento 46, S. 222. – An dieser Stelle ist Kurt Weissen, der Mark Häberlein und mich auf diesen Abdruck aufmerksam gemacht hat, herzlich zu danken. 101

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Niederlassung der Salviati die Finanzierung, Durchführung und den Abschluss dieser 1539 begonnenen Geschäfte detailliert nachzeichnen. Der Terminus joint venture oder Gelegenheitsgesellschaft zur Charakterisierung der Kooperationsformen entspricht nicht den Begriffen, welche die Kaufmannbankiers selbst gebrauchten. Vielmehr umschrieben sie den Vorgang: Per Baruti, Tripoli o parte di Soria abbiamo fatto charichare, sopra la nave di Piero Torneri, tante robe e danari contanti, che in tutto monterà, detto charicho, circha a ∇ 6000 di sole, che per 1⁄5 d’esso participa Amiel Albertos; et 2⁄5 voi e 2⁄5 noi. De la qual somma, vel circha di tupto el chapitale, ci siamo qui fatti asichurare d’andata e di ritorno a 21 per cento.105

Die Kooperationsform, die bei der Ausstattung der Partien in die Levante zum Zuge kam, bezeichneten die Salviati als participazione (hier typischerweise verbalisiert mit participa), als „Partizipationsgeschäft“.106 Dabei war der carico (toskanische Schreibweise: charicho = „Ladung“), die auf einem Schiff geführte Ladung, welche Averardo e Piero Salviati & Co zusammenstellten und in Lyon verrechneten, der Begriff für die mit dem Schiff beförderte Partie.107 Der aus robe (= „Waren“ oder „Handelsartikel“) und Bargeld (danari contanti) bestehende carico wurde in einem Geldbetrag (der Messewährung scudo di marchi) bemessen. Daher sprachen die Salviati in ihrem Schreiben von capitale (= „Kapital“), das sie mit 21-prozentiger Deckung versichert hatten. Bezogen sich die Kaufmannbankiers auf den Erwerb von Gütern für die Beschickung

SNS, AS, I, 546 (L CopLett O), c. 75: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Augsburg, 5.10.1539; zitiert nach: Melis, Documenti, S. 222 (Documento No. 46: Für Beirut, Tripolis oder für einen Teil Syriens haben wir eine Ladung aufgegeben auf das Schiff des Piero Tornier [bestehend aus] einigen Warengruppen und Bargeld. Die Ladung beläuft sich auf ungefähr 6.000 Goldscudi; hieran partizipiert Amiel Albertas mit einem Fünftel, Ihr mit zwei Fünfteln und wir mit zwei Fünfteln. Von diesem Betrag oder auch vom gesamten Kapital haben wir hier den Hinweg und den Rückweg zu 21 Prozent versichert.). 106 Im modernen Gesellschaftsrecht würde man von „Partiarischen Rechtsverhältnissen“ sprechen: Thomas Wunsch, Kapitel 6: Die stille Gesellschaft, in: Armin Schwerdtfeger (Hg.), Fachanwaltskommentar Gesellschaftsrecht, 2. Auflage: Köln 2010, S. 383–426, hier S. 389 (V.2.): „Dabei handelt es sich um schuldrechtliche Austauschverträge, bei denen als Gegenleistung für eine Dienstleistung, Gebrauchsüberlassung oder Darlehensgewährung eine Gewinnbeteiligung erfolgt. Hauptanwendungsfall ist das partiarische Darlehen.“ Der Begriff des „Partizipationsgeschäfts“ definiert sich nach Gablers Wirtschaftslexikon als Geschäft, an dessen Durchführung mehrere Personen bzw. Unternehmen teilnehmen (http://wirtschafts lexikon.gabler.de/Archiv/7066/35/Archiv/7066/gelegenheitsgeschaeft-v9.html [10.5.2016]) oder als „Gelegenheitsgesellschaft“: „Zeitlich begrenzter Zusammenschluss einzelner Personen oder Unternehmen zu einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), mit dem Zweck der Durchführung einzelner Geschäfte, wie Konsortialbildung (Konsortium), Verwaltung und Verwertung gleichartigen Besitzes, einer ARGE im Baubereich oder einer Bauherrengemeinschaft. Im ‚Gesellschaftsvertrag‘ (formlos) verpflichten sich die Gesellschafter, die Erreichung des gemeinsamen Zweckes zu fördern. Bei Konsortialverträgen ist die Bestimmung erforderlich, dass kein Gemeinschaftsgut entsteht, sondern jedem Gesellschafter das Eingebrachte als Eigentum verbleibt und nur dessen Verwaltung nach vertraglichen Bestimmungen erfolgt (§§ 705–740 BGB).“ (http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/5773/gelegenheitsgesellschaft-v9.html [10.5.2016]). 107 Vgl. Edler De Roover, Glossary, S. 65: Carico; 1. Cargo (of a ship). 2. Document giving the complete list of a ship’s cargo; cf. porto. 105

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einer Ladung, benutzten sie auch den Terminus incepta (incetta = „Großkauf “/„Aufkauf “).108 Diese Formulierungen verdeutlichen die Perspektive der Buchführung auf die Partien des Levantehandels und verweisen zugleich auf die Schwierigkeiten bei der Rekonstruktion der getätigten Geschäfte.109 Die in diesem Zusammenhang bevorzugt verwendeten Personenkonten waren conti de’ tempi (wenn Waren erworben und nach Ablauf eines längeren Zeitraumes verkauft wurden) und conti apparte (wenn Darlehen in die Ladungen investiert wurden und längere Zeit auf den Erlös gewartet werden musste). Spezielle Beteiligungskonten gab es nur für die Einleger (conti apparte mit dem entsprechenden Betreff). Den Welsern als wichtigsten Beteiligten an den Partizipationsgeschäften der Gelegenheitsgesellschaften schrieben die Salviati wiederholt Abschlagszahlungen auf ihre Kontokorrente oder Zeitkonten gut, ohne dabei nach den einzelnen Beteiligungen getrennte Konten zu führen.110 Ebenso wurden wiederholt verschiedene Waren gegeneinander verrechnet, auch Waren aus verschiedenen Ladungen.111 Am ehesten geben „Sammelkonten“ Auskunft über den Verlauf der Transfers einer Fahrt. Dabei handelt es sich um Warenkonten, deren Kontenträger Robe e danari contanti waren. Diese gingen auf Konten (conti, modern: „Kontoauszüge“ oder

Vgl. SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. CCLV: Bartolomeo Belzery e co d(i) Lione p(er) loro co(n)to ap(ar)te Alex(andri)a p(er) il viaggio p(er) detto luogho su la Zeccha deono havere in fiera d’agosto a dì 9 d(i) sette(n)b(r)e lb 2000.θ tt(ornesi) p(er) tanti fattili debit(ori) jn c(orren)te p(er) la loro parte di quello si sborsa questa fiera p(er) l ’ i n c e p t a [Hervorhebung H. L.] di tal luogho vagl(ian)o di m(arch)i a ß 45 1⁄2 tt(ornesi) p(er) 𝛻 posti al lib(r)o di f(iere) [ac] 140 e detto lib(r)o jn q(uest)o. – Vgl. Edler De Roover, Glossary, S. 144: „Incetta; buying in large quantities, engrossing“. 109 Vgl. Guidi Bruscoli, Bartolomeo Marchionni. 110 Ein Beispiel wäre hier das Konto per loro conto de’ tempi aparte Alexandria, in das auch der Kredit für eine Fracht nach Beirut eingetragen wurde: SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 134: Bartolomeo Belzerj e co di Lione p(er) loro co(n)to de te(n)pi ap(ar)te Alexa(n)dria deono dare jn fiera di pasqua lb 6191.6.10 tt(ornesi) fannoci buoni p(er) li 5⁄16 che p(ar)ticipono jn lb 19812.5.8 tt(ornesi) che mo(n)tor[o]no 2⁄3 del costo et spese d(i) robe e dan(ari) cont(anti) mandatj jn Alexandria co(n) la Floria di che si detto co(n)to cop(iato) a R(icordanze) [a c.] 186 p(ost)o dette robe avere jn questo. / Et in fiera di tutti sa(n)ty lb 700.– tt(ornesi) p(er) tanti f a t t o l i c r e d i t (o r i ) a l p (e r ) l o r o a p (a r ) t e v i a g g i o d i B a r u t y [Hervorhebung, H. L.] p(er) tanti fattili credit(ori) di co(n)tro jn s(omm)a di lb 9801 tt(ornes)i che si feciono debit(ori) jn c(orren)te sino di fiera di pasqua p(r)ox(im)a p(ass)ata p(er) detto co(n)to i(n) q(uest)o. Im selben Konto registrierte der Buchhalter auch einen sborsato, ebd., c. CXXXIIII: Bartolomeo Belzeri e co di Lione p(er) loro co(n)to de’ te(m)pi aparte viaggio di Alexandria deono haver(e) in fiera di tutti santi add(ì) 7 di dicenb(r)e lb 2500.– tt(ornesi) p(er) tanti fatto li debitori jn corre(n)te p(er) lo che tocha loro p(er) lo sborsato q(ues)ta fiera p(er) le robe e dan(ari) mandati q(uest)o anno in Alex(andri)a con la nave Floria p(ost)i al lib(r)o di fiera [c.] 1 e detto libro i(n) q(uest)o. 111 Vgl. SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 320: Während das Konto den Titel/Inhaber Robe di più sorte attenente li 9⁄20 a B(ar)tolomeo Belzeri e comp(agni)a di qui li 9⁄20 a noj e li 2⁄20 alli Albertas (e) Seta di Marsilia suto cariche sino l’anno 1539 p(er) Constantinop(ol)i e Pera sopra la nave Restina (Eröffnung: Apparitionsmesse 1543) führt, werden im Soll auch Spesen und Kosten von 220 Stück Kamelott eingetragen: E in fiera d’aparitione 1543 𝛻 773.18.3 di m(arch)i per aspri 39470 al prezo facc(iam)o buoni a li detto per costo e sp(es)e di p(ezz)e 220 di cammellotti fini fornitoci per q(uest)o conto e m(on)ti più fa in Ancona jn iiiio balle come per il conto cop(iat)o a Ric(ordanze) [ac] 231 posto avere al sopradetto c(on)to in q(uest)o. 108

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„Rechnungen“) zurück, die die Salviati bei der Organisation der Partien erhielten oder verschickten.112 Die Buchführung interessierte sich nur dafür, dass das einzelne Konto ausgeglichen wurde. Insofern markierte sie die Fahrten nicht, sondern sah lediglich darauf, dass Warenkonten nach Eingang und Ausgang der Ware gleichgesetzt werden konnten. Investiertes Kapital musste „in“ den jeweiligen Personenkonten refinanziert werden; dabei konnte es durchaus zu Vermischungen kommen – nicht zuletzt deshalb, weil die Schuldverhältnisse, die im Kontext einer Partie im Levantehandel entstanden, komplex angelegt waren und gleichzeitig mit anderen Geschäften über längere Zeiträume liefen. Durch das Validationsverfahren der Buchführung wurden heterogene Vorgänge homogenisiert. Infolgedessen sind die einzelnen Transfers im Zuge der rückwirkenden Analyse nicht immer gut zu identifizieren.113 Der eingangs zitierte Brief zeigt Averardo e Piero Salviati & Co als Organisatoren von Partien in die Levante, die die Welser beteiligten. Die Zusammenstellung der Ladungen, deren Einschiffung unter der Regie von Amiel Albertas & Joseph della Seta sowie einem von Lyon aus entsandten Vertreter der Salviati arrangiert wurde, und die Beschaffung der für den Export bestimmten Güter unternahmen die Florentiner Kaufmannbankiers. Sie schlossen auch die erforderlichen Versicherungsverträge ab, wovon sie ihre beteiligten Partner rechtzeitig in Kenntnis setzten. Man stellte entsprechende Frachtpapiere – die polizza di caricamento114 – aus, in denen die an Bord genommene Ladung gelistet wurde.115 Juristisch ist dieser Vorgang von größter Bedeutung, denn der Inhaber des Ladungspapiers verfügte über das Eigentum an den verladenen Gütern. Verträge über die Lieferung bestimmter Güter lagen wohl vor; die notarielle Beglaubigung war für die Aus-

Aber auch diese Konten sind in ihren Zuschreibungen nicht immer eindeutig: Unter dem Konto, das die Frachtgüter auf dem Schiff Restina auf gemeinsame Rechnung von Amiel Albertas & Joseph della Seta, Bartholomäus Welser & Mitverwandte und Averardo e Piero Salviati in Lyon als Inhaber ausweist, befinden sich laut Eintrag während der Ostermesse 1541 auch Frachtgebühren, die Guglielmo da Sommaia, der Agent der Salviati in Pera, für seine Getreidelieferung auf der Restina der Gelegenheitgesellschaft erstattete: SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. XXXI. 113 Zum einen werden in einem Konto sehr unterschiedliche einzelne Bestandteile zusammengeführt; zum anderen ist es nicht wirklich leicht (oder gar möglich), einzelne Darlehen voll deckend nachzuverfolgen: Noch bevor ein Darlehen vollständig zurückgezahlt war, räumte man beispielsweise schon ein neues Darlehen ein (meistens wurden einzelne Darlehen oder Zahlungsvorgänge in den Personenkonten nicht mit einem Betreff gekennzeichnet); oder im Fall von Warenkrediten deckte der Buchhalter das Konto durch eine Abschlagszahlung – der tatsächliche Rückfluss erschien dann andernorts. Zwar wurden Konten mit spezifizierten Betreffen eingerichtet, aber dann ging es nur um den Ausgleich dieses Kontos (oft ohne Ansehung der Frage, ob die entsprechende Zahlung zum genanten Betreff dazugehörte). 114 Vgl. Edler De Roover, Glossary, S. 217: „Polizza della galea; bill of lading. Cf. polizza di carico“. 115 Vgl. Cornel Zwierlein, Der gezähmte Prometheus. Feuer und Sicherheit zwischen Früher Neuzeit und Moderne (Umwelt und Gesellschaft, 3), Göttingen 2011, S. 50–63: Hier kann nicht näher auf die Diskussion um die rechtliche Stichhaltigkeit der als Versicherungen in den Konten ausgewiesenen assicurazioni eingegangen werden; in diesem Zusammenhang kommt es vor allem auf die Abrechnung der Partien an. 112

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rüstung der Partien in die Levante offenbar nicht nötig – die Versicherungsverträge über die Beteiligungen an Frachten sowie deren Deckung im Schadensfall genügten.116 Darüber hinaus versendeten die Beteiligten wechselseitig Kontoauszüge, so dass sie jeweils in Kenntnis über die Bestell- und Zahlungsvorgänge gesetzt waren, oder sogar cedulae, die der Buchhalter der Salviati wiederholt in die ricordanze kopierte.117 Für den Vertrieb der in den östlichen Mittelmeerraum exportierten Waren setzten Averardo e Piero Salviati & Co ihre Kommissionäre ein. Nicht selten war der Schiffsführer für die Löschung der Ladung verantwortlich. Im Gegenzug erwarb der Kommissionär Güter für den Import in den westlichen Mittelmeerraum; deren Vertrieb organisierten wiederum die Salviati. Ein guter Teil der über Marseille eingeführten Güter wurde von den an den Partien Beteiligten übernommen und weiterverkauft. Außerdem leisteten die Salviati die Abrechnung der Vorgänge – was es ermöglicht, die Praktiken des Handels nachzuzeichnen. Während Piero Crexeles in Avignon in mehrere Stückgutlieferungen im Levantehandel investierte, rechneten die Salviati die einzelnen Partien – wie im Fall eines Kredites im Frühjahr 1537 über 751,1,6 livres tournois für den Verkauf von Mandeln im ägyptischen Alexandria mit dem Erwerb von gerofani (= Gewürznelken) als Rückladung und über 2.310,18,2 livres tournois als Kredit für dort erworbene Gewürze – bis zu deren Vertrieb über Marseille ab. Die Exportwaren wurden zumeist als Kredite in den Zeitkonten für den künftigen Erlös im östlichen Mittelmeer und für den anschließenden Erwerb von Importgütern sowie deren Verkauf aufgenommen. In dieser Konstellation agierten Averardo e Piero Salviati & Co als Kommissionäre der Investoren, für die sie Güter in die Levante ausführen ließen und im Gegenzug Rückladungen weiterverkauften. Diese Finanzierungskredite erstatteten die Salviati bereits während der entsprechenden Laufzeit in mehreren Raten zurück.118

Stephan Selzer / Ulf Christian Ewert haben die These aufgestellt, dass bei der Netzwerkorganisation von Handelsbeziehungen (wie sie speziell bei der Hanse im 15./16. Jahrhundert auftraten) „vertragliche Fixierungen und rechtliche Sanktionsmöglichkeiten“ entfielen; das könnte im hier vorliegenden Fall der joint ventures auch der Fall sein, muss aber näher geprüft werden (wären Verträge vor den entsprechenden Notaren geschlossen worden, hätte den Konten Zahlungen an die Juristen ausweisen müssen): Selzer/ Ewert, Netzwerke, S. 34. – Zumindest in den Lyoner Notarsarchiven liegen keine entsprechenden Verträge (Frachtverträge) vor. 117 Vgl. SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 108v–109v: An Piero Crexeles, Avignon, 16.3.1537: Quello che si vi dice far buono p(er) Gian Catelano p(er) il co(n)to de’ tempj ancora ch(e) sia jn q(uest)a fiera pax(a)ta d’app(arizi)one … p(er) un conto mandato li ch(e) co(n) questa si rima(n)da la copia mo(n)ta lb 1493.14.6 e p(er) uno altro co(n)to ch(e) alsi p(er) q(uest)o se li manda del finito di fiera di pasqua lb 2908.16 e p(er) vno altro co(n)to che si ma(n)da co(n) q(uest)a la copia del finito i(n) agosto lb 1863.11.– ch(e) jn tutto e dettj 3 co(n)tj mo(n)tano lb 6266.1.6 tt(ornis)i de’ quali p(er) ordine di G(iovan)ni Crexelles v(ost)ro jn fiera di agosto facemo buono a detto G(iovan)nj Catelano in co(n)to corrente… Delle / 2 / cedole mandatocj la di lb 205.10.–tt(ornes)i come p(er) altra vi s’è detto no(n) ciè stata pag(a)ta e p(er)che co(n) questa vi si rimanda dite d’auta. 118 Ebd., c. 108v–109v: An Piero Crexeles, Avignon, 16.3.1537: Abbiamo saldo el co(n)to delli spezi a comune voj e noj p(er) a⁄2 del viagio della B(r)ava p(er) ritratto delle mandorle el quale co(n) questa vi si manda come p(er) esso vedrete p(er) la v(ost)ra a⁄2 del ritrato netto vi abbiamo fatto creditore di co(n)to de’ tempj di lb 751.1.6 116

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Neben den Investitionen und der Beschaffung von Exportgütern beteiligten die Salviati ihre süddeutschen Partner noch bei rechtlichen Formalitäten: Bei der Welser-Faktorei am spanischen Hof bemühten sich die Salviati Anfang des Jahres 1537 darum, dass die dortigen Vertreter des Augsburger Handelshauses beim Kaiser einen Passierschein im Wert von 50 bis 60 Dukaten für das französische Schiff Floria erwirkten. Denn der Florentiner Tommaso Corbinelli, der spätere Leiter der Salviati-Gesellschaft in Antwerpen, fungierte auf der Floria als Kapitän für die oben erwähnte, von den Lyoner Salviati und Tommaso Guadagni ausgestattete Partie nach Alexandria.119 Für denselben Schiffstransfer benötigten die Salviati, die Frachtunterlagen, Exportgüter und Finanzierung dieser Fahrten im Rahmen des Levantehandels organisierten, überdies einen Passierschein des Genueser Dogen Andrea Doria und des Flottenkommandanten Antonietto Doria.120 Die Schiffe, deren Frachten über Lyon verrechnet wurden, starteten im Hafen von Marseille, liefen vermutlich noch Livorno oder Pisa an und wurden dort mit weiteren Gütern beladen oder gaben einen Teil ihrer Ladung ab. Auch auf dem Rückweg von der Levante legten die Schiffe in Livorno an. Die Unternehmung der Salviati in Pisa empfing Waren aus dem östlichen Mittelmeerraum, die zunächst nach Livorno gebracht oder von Marseille zurückgeführt wurden. Denn die Schiffe transportierten Ladungen von Stückgut, die auf Rechnung unterschiedlicher Unternehmen gingen.121

tt(ornes)i aco(n)ciatelo trovandolo giusto e ne date avixo / e come al dosso di detto co(n)to noj siamo i(n)teressatj ch(e) no(n) abbiamo n(ost)ra parte de’ gherofanj e se n’ è scripto più volte alla memoria di Giova(n) Creselles e così li be(ne) dicemo a bocha quando fu qui e cj p(r)omesse rivederlo e di poj no s’è a(v)utone altra nuove fate ch(e) ciascuno abbi suo dovere […] Abbiamo al si saldo el co(n)to de’ v(ost)rj spezi e droghe quello ch(e) s’è venduto sin a questo dì e mo(n)tò il ritratto netto come p(er) esso vedrete lb 2310.18.2 tt(ornes)i e di tanti vi abbian creditore nel grado sono e p(er) quando rischossi saranno al p(er) voj de’ tempi. […] Et ci resta a dirvj che p(er) la incetta d’Alex(andri)a abbiamo di già sborsato quj a Guadagnj lb 1200.-- p(r)es’opperire alla p(ar)te n(ost)ra delle robe conperano e’ Villedy / e a Marsilia s’è sborsato ∆ 400.-- p(er) e’ nolj (c)he abbiamo p(r)ovistj e chosì alla giornata si va pagando quello è nesiessario e in v(ost)ro conto bo(n) ci s’è posto cosa alquna p(er)ò ci arete a fare buono el chanbio chome p(or)ta l’onesto. 119 Ebd., c. 83v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Spanischen Hof, 14.1.1537: vorremo (c)he voj p(er) mezo di qualche amico v(ost)ro ci faciessi avere vno salvo condotto anplissiamo da Sua M(aes)ta Ciesarea p(er) la detta nave (c)he si nomina Santa Maria alias la Floria (c)he è franzese e ditto Thomoso Corbinellj ne sarà capitanio chon la sua Marinarj che sono p(r)ove(n)sielj p(er) yre [!] jn Alex(andri)a cariche di robe di conto n(ost)ro e di Tomaso Gadagnj [!] e co fiorentino e de n(ost)ry e loro amici fussi p(er) l’andata a ritorno dalle v(asell)a d’Egypto (c)he pensiamo sarà facile avello co(n) qualche decina dj ducati p(er) la spessa come saria 5quanta (c)he sesanto ducati di che vi se n’è da com[o]d(izione) (c)he quel tanto spenderete vi si farà buono[.] p(r)edete fare h(o)gnj opera si abbj e a[v]uto ne sarete fare dua videmus sotto sigillo jnperiale e t(ut)to ci mandarete co(n) p(r)imo modo sichuro p(er) la diripsa (h)o p(er) vna d’Italia come meglio posete dandocj aviso del segue. 120 Ebd., c. 83v: An Villedi, Avignon, 18.1.1537: Delle robe commessionj dettj Guadagnj p(er) lane ricepta p(er) Allex(andri)a ci referiamo a quello ne ànno detto e o(c)horrendocj altro alla giornata vene daremo aviso e voj ci direte il segue[.] Arete inteso (c)home s’è dato hordine sia mandato salvo condotto dal p(r)i(n)c(i)pe Doria e da Antonieto Doria e al si in Isp(agn)a da sua Maestra Ciex(a)ria quando si (h)ottengono vi si dirà. 121 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 31/XXXI: Robe di conto d’Amiel Alb(er)tas (e) G[i]useph della Seta di Marsilia 2⁄20 di Belzeri dj Lione 9⁄20 e di n(ost)ri di qui per adreto di lib(r)’azurro segnato / O / li 9⁄20 venute di Costantinopoli con la nave Restina: Et addì detto 𝛻 329.15.10 di m(arch)i p(er) val(ut)a di 𝛻 316.5.4 di * rag(iona)ti

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Möglicherweise stand ein umfangreiches, in drei Tranchen gewährtes Darlehen der Faktorei der Welser in Lyon an Averardo e Piero Salviati & Co im Zusammenhang mit den kapitalintensiven Partien in die Levante. Am 1. April 1539 liehen die Welser ihren Florentiner Geschäftspartnern 5.586,4,5 scudi di marchi, am 1. September 5.586,4,2 scudi di marchi – nachdem die Salviati am 17. Mai bereits 11.172,8,8 scudi di marchi erstattet hatten. Am 9. September schrieben die Salviati ihren Augsburger Partnern für den Erwerb verschiedener Güter abermals 2.586,4,2 scudi di marchi gut, welche die Welser erst während der folgenden Allerheiligenmesse ausglichen. Die Verbindung zwischen den gestückelten Darlehen und der Finanzierung der Partien in die Levante wird nur in dieser einen Gutschrift angedeutet, doch steht zu vermuten, dass die ausgetauschten Gelder über den im Messebuch verzeichneten Messehandel für die Bestückung der Ladungen in den östlichen Mittelmeerraum dienten. Auf diese Art erschien die Lyoner Niederlassung der Welser als Investorin in die joint ventures, obschon es sich hier um sehr kurzfristige Transfers, nicht um langfristige Anlagen handelte.122 Diese Verschränkung wechselseitiger Darlehen mit der Ausstattung von Ladungen exemplifiziert die komplexe Struktur der Kooperation im Levantehandel. In den Jahren 1539/40 rüsteten die Salviati und Welser gemeinsam Partien auf fünf oder sechs Schiffen in die Levante aus: die Floria nach Alexandria, die Torniera nach Beirut, die Santa Croce nach Alexandria, die Restina nach Konstantinopel und eine weitere Partie nach Beirut und Tripolis, an der wohl ein galeon del Re di Francia und eine nave des Kapitäns Antonio Parapugno mitwirkten (diese Lieferung wird in der Buchführung der Salviati „zusammengezogen“ behandelt). In allen Fällen organisierten Amiel Albertas & Joseph della Seta als Spediteure in Marseille die Bestückung der Frachtschiffe, wohingegen Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon abrechneten.

al prezo fannocj buoni li detto per tanti av[u]tone da Gir(olam)o da Som(mai)a p(er) il nolo de grani venutoli dj Levante a L(ivor)no sopra la nave Restina / la quale nave era soldata da n(ost)ri di qui per adreto de lib(r)’azurro per conto delle subdette robe d(are) detti n(ost)rj. 122 SNS, AS, I, 536 (L DebCred O), c. 184/CLXXXII: Bartolomeo Belzerj e co di Lione p(er) loro conto deono dare add(ì) p(r)imo d’aprile 𝛻 5400.– d’(or)o di sole che tanti p(r)estiamo loro p(er) rendercelj la fiera di pasqua e p(r)estarne al ta(n)ti a noj dalla detta alla seguente d’agosto al lib(r)o di fiere [a c.] 45 p(ost)o detto lib(r)o in q(uest)o / Et in fiera d’agosto add(ì) 9 di sette(n)b(r)e 𝛻 5400.– d’(or)o di sole p(er) tanti fattili debit(ori) al lib(r)o di f(ier)e p(er) quello si debbe loro p(er) il p(r)estatocy [a c.] 140 posto detto lib(r)o in q(uest)o / Et in fiera di tutti sa(n)tj 𝛻 2500.– di sole p(er) tanti fattone loro buonj p(er) noi li n(ost)ri di q(ui) d(i) ragion nuova p(er) lo che dovevamo loro q(uest)a fiera p(ost)o detti n(ost)ri; Gutschriften: Bartol(ome)o Belzeri e co di Lione p(er) loro conto deono havere in fiera di pasqua add(ì) 17 di maggio 𝛻 10800.– d’(or)o di sole e sono 𝛻 5400.– di sole che ci tornono p(r)estati loro la fiera pa(ssa)ta e 𝛻 5400.θ di sole che p (r ) e s t a n o a n o i p (e r ) r i c h o n p e (n ) z a d i d e t t a p (a r ) t i t a f i n o a l l a p (r ) o x ( i m ) a f i e r a d ’a g o s t o p(osto) al lib(r)o di f(iere) [a c.] 95 e detto l(ibr)o jn q(uesto) / Et in fiera d’agosto addj 9 di sette(n)bre p(er) 𝛻 2500.– d’(or)o di sole p(er) tanti fattili debit(ori) in c(orren)te che tanti ci p(r)estono p(er) renderne loro a la p(r)oxima fiera p(er) r i c o m p e (n ) s a d i d ’a l t a (n ) t i s b o r s a t i p (e r ) l o r o l a f i e r a p a ( s s a ) t a p (e r ) p i ù j n c e p t e al lib(r)o d(i) f(iere) [c.] 140 p(ost)o detto lib(r)o jn q(uest)o [Hervorhebungen, H. L.].

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Die Fahrt der Floria nach Alexandria Die erste Schiffsladung, an der die Welser direkt beteiligt waren, wurde während der Allerheiligenmesse 1538 mit Exportgütern bestückt und sollte auf der Floria nach Alexandria gebracht werden. Dieses Schiff betrieben Iacopo Compagna (Compagni) und Claudio Albertas in accomandita. Die Ladung wurde auf gemeinsame Rechnung von Tommaso Guadagni & Co, dem Stammhaus Averardo e Piero Salviati & Co in Florenz, dem Partner in Marseille Amiel Albertas und der Faktorei der Welser in Lyon zusammengestellt.123 Für die Beteiligung von Bartholomäus Welser & Mitverwandte an der Reise der Floria eröffnete der Buchhalter der Salviati zur Allerheiligenmesse 1538 ein conto de’ tempi aparte Alexandria und notierte den 5⁄16-Anteil der Welser mit 2.846,11,10 scudi di marchi.124 Zur Ostermesse des nämlichen Jahres trug Lionardo Spina ein Gesamtvolumen von 19.812,5,8 livres tournois für die Exportgüter in den östlichen Mittelmeerraum ein.125 Die Floria war schon in den Jahren zuvor im gemeinsamen Auftrag von Salviati und Amiel Albertas unterwegs.126 Während vor allem Tuche aus Paris (panni di Parigi) und Kerseys für 6.741,14 livres tournois (3.100,2,2 scudi di marchi) auf gemeinsame Rechnung von Averardo e Piero Salviati & Co mit Amiel Albertas in Marseille in die Levante gesandt wurden127, ist ungewiss, ob dieses Schiff seinen Zielhafen erreicht hat respektive von dort zurückgekommen ist. Ein Vermerk in den ricordanze vom 6. Dezember 1538 charakterisiert den Kommanditisten Iacopo Compagna als Kommissionär der Salviati in Alexandria, wo er eine mit der Handelsmarke der Salviati signierte Kasse erhalten sollte, in der die Erben des Giovanni Mannelli & Co ein goldgewirktes Leinentuch, eine pezza di teletta di oro con opera su seta gialla di braccia 42 2⁄3 misura di Firenze, zum Verkauf anboten. Die Salviati hatten der Lieferung von Textilien 25 Golddukaten mitgegeben. Iacopo SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 185v–186v: Copia d’uno conto ch(e) noj abiamo dato (h)a 4 p(er)sone c[i]oè j° aTomaxo Ghuadagnj e co d(i) Lio(ne) et j° a n(ost)rj Salviati e co d(i) Firenze j° a Amiel Alb(er)tas d(i) Marsilia et j° a B(ar)t(olome)o Belzeri e co jn Lione. Das Konto für die Waren, die auf der Floria nach Alexandria gebracht werden sollten: A p(r)esso vi daremo conto del costo e spese d(i) più robe conpere p(er) conto de’ Ghuadagni di Lio(ne) jl 0⁄3 e lj altri 2⁄3 p(er) conto nostro e dj n(ost)ri amici p(er) ispartire p(er) mandare jn Alesand(ria) q(uant)o (h)anno sop(r)a la nave Floria i(n) acomandita di Jac(op)o Conpagni e Claudo (H)alb(er)tas e sono detto costo e spese sino poste dette robe j’nave al porto d(i) Marsilia e p(r)ima. 124 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 134: Bartolomeo Belzerj e co di Lione p(er) loro co(n)to de te(n)pi ap(ar)te Alexa(n)dria deono dare jn fiera di pasqua lb 6191.6.10 tt(ornesi) fannoci buoni p(er) li 5⁄16 che p(ar)ticipono jn lb 19812.5.8 tt(ornesi) che mo(n)tor[o]no 2⁄3 del costo et spese d(i) robe e dan(ari) cont(anti) mandatj jn Alexandria co(n) la Floria di che si detto co(n)to cop(iato) a R(icordanze) [a c.] 186 p(ost)o dette robe avere jn questo. 125 Ebd., c. 139: Amiel Albertas per suo conto de’ tempi aparte Alexandria (1538/1). 126 SNS, AS, I, 519 (L CopLett M), c. 162v: An Amiel Albertas, Marseille, 19.3.1536; SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 28/XXVIII: Robe e danari contanti mandati jn Alex(and)ria di Egipto con la Floria nell’anno 1535; ebd., c. 64/LXIII (1537). 127 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. XLVIII: Amiel Albertas per suo conto de’ tempi. 123

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Compagna hatte den Auftrag, für den Inhalt der cassa qualitativ hochwertigen Ingwer oder Gewürze mit Ausnahme von Pfeffer einzutauschen. Das nach Marseille geschickte Gut sollte er seinerseits mit dem segnio der Salviati versehen.128 Am 16. Juli 1539 verfassten die Salviati eine Erklärung zur Wiederbeschaffung über den Aufwand und die Kosten für die Ladung auf der Floria, um ihre Beteiligungen auszahlen zu können. Zu diesem Zweck setzten sie Bevollmächtigte (deputati) ein, denen der Florentiner Raffaello Corsini vorstand und die die Verlustbescheinigung gegenüber dem Versicherer und den obrigkeitlichen Stellen vertreten sollten. Allerdings hatte man nur einen Teil der Ladung eigens versichert, nämlich denjenigen über 650 scudi di marchi für Ware, die aus Flandern nach Marseille geliefert worden war. Die Partizipation von 2.575 scudi di sole (ca. 2.960 scudi di marchi) hatten die Salviati auf drei Teilhaber (Amiel Albertas, Bartholomäus Welser und die Salviati in Florenz) verteilt.129 Gemeinsam mit der Anzeige notierte der Buchhalter der Salviati einen ricordo, der die Teilhabe an der Ladung der Floria und die dafür abgeschlossenen Versicherungen darstellt: Neben den Florentiner Salviati mit 1.075 scudi di sole (davon 1.000 scudi di sole versichert) waren dies die Welser-Faktorei in Lyon mit 2.377 scudi di sole (davon 1.300 scudi di sole versichert), Bernhard Meuting mit 535 scudi di marchi (davon 200 scudi di sole versichert), der Florentiner Carlo del Nero mit 537 scudi di sole (davon 500 scudi di sole versichert), Amiel Albertas mit 1.075 scudi di sole (davon 1.000 scudi di sole versichert) und die Lyoner Salviati mit 2.676 scudi di sole, von denen 2.000 scudi di sole versichert waren.130 SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 2r: Copia eines ricordo an Iacopo Compagna in Alexandria (Ägypten). Ebd., c. 6r: Copia d’una sotto scrizione fatta p(er) la rechuperazione delle robe chariche su la nave Florja, Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon, 16.7.1539: Noj Averardo e Piero Salviati e co d(i) Lione dechiariamo ch(e) mo(n)ta più el costo delle robe et danari contanti contenutj jn una poliza d(i) carichame(n)to sotto nome d(i) Tomaxo Ghuadagni e co d(i) Lione et n(ost)ro chariche sop(r)a la nave Floria ch(e) non ci siamo fatti asichurare qui e a Firenze e’ n(ost)rj Salviati / 𝛻 2575 di sole jn circha e tanti venghiamo a correre rischio p(er) conto d’amjci n(ost)ri e n(ost)ro del p(r)imo capitale delle robe et danari contanti e p(er) tanti somma ci sopto scriviamo e vogliamo contribuire alla spesa della rechuperazione delle robe e danari suti charichi sulla Floria e seghuendo l’ordine dato p(er) e’ deputati abiamo sborsato p(er) e’ 2 p(er) c(ent)o della detta somma 𝛻 Lj° ß x d’(or)o d(i) sole et paghatoli a Raffaello Corsini vno de’ dettj deputati et tutta volta dechiariamo ch(e) (h)oltre (h)al sop(r)adetto risicho del chapitale delle robe e danari contanti corriamo (h)anchora risicho p(er) n(ost)ri amjci e n(ost)ro del chosto delle sichurtà el quale p(r)etendiamo rechuperare e participare a lb e ß su quello si rechuperassj d(i) tutta la massa p(er)ch(é) jn tanto più ci venghono a stare le robe e danari charichi sop(r)adetta Floria co(n)tenuti jn la sop(r)adetta polizza ch(e) a nnoj e n(ost)rj amicj ne apartiene lj 2⁄3 et 0⁄3 a Ghuadagni. 130 Ebd.: Ricordo ch(e) le soprascritte sottoscrizione la p(r)ima ch(e) è dj 𝛻 2575 di sole i(n) circha sono p(er) co(n)to dellj ap(r)esso ch(e) stanti corrono rischio sulle robe e danari charichi sulla Floria e p(r)ima / A Salviati e co d(i) Firenze sbattuto 𝛻 1000 ch(e) s’achuror[o]no a Firenze – 𝛻 75.– / A B(ar)tolomeo Belzeri e co di Lione sbattuto 𝛻 1300 ch(e) li facemo asiqurare qui – 𝛻 1377.– / A B(er)nardo Meyting sbattuto 𝛻 ijc(ent)o li facemo asichurare qui – 𝛻 335.– / A Carlo del Nero d(i) Firenze sbattuto 𝛻 500 ch(e) li facemo asichurare qui – 𝛻 37.– / A Amiel Alb(er)tas d(i) Marsilia sbattuto 𝛻 1000 ch(e) li facemo asichurare qui – 𝛻 75.– / P(er) nostro conto sbattuto 𝛻 2000 ch(e) ci facemo asichurare qui – 𝛻 676.– // Et la a⁄2 sottoscrizione c[i]oè la a⁄2 di 𝛻 150 et p(er) conto de’ n(ost)rj d(i) ragione vechia / 𝛻 2575.– de lib(r)o giallo – Et la a⁄3 sottoscrizione d(i) 𝛻 650 sono 𝛻 600 p(er) conto d(i) P(ie)ro Cresels di Monpolyer e 𝛻 50 p(er) n(ost)ro co(n)to p(er) l(etter)a mandata fatta a comune con lui sulla Floreia / et a ciaschuno de sop(r)a nomjnati sarà a porre jn conto la sua parte di quel si paghassj p(er) la 128 129

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Im bereits zitierten Brief an Bartholomäus Welser in Augsburg vom 5. August 1539 gab Lionardo Spina allerdings zu erkennen, dass er das Schiff Floria verloren glaubte. Die Floria sei Ziel einer Prise (presa) geworden und nun setze man alle Hebel in Bewegung, um den französischen König bei Sultan Süleyman (reg. 1520–1566)131 intervenieren zu lassen. Ein Kapitalwert von 1.300 scudi di marchi sei durch die pauschale fünfprozentige Versicherungsprämie abgedeckt.132 Da das Handelsschiff offenbar in der osmantürkischen Einflusszone aufgebracht worden war, barg der Fall auch politischen Sprengstoff, wie der Briefautor betont. Zugleich entschlossen sich die Salviati, die angestrebten engen Beziehungen zwischen den beiden betreffenden Oberhäuptern – König Franz I. und Sultan Süleyman – für weitere Vorhaben in die Levante zu nutzen.133 Lorenzo Pasquali, der zweite Mann der Salviati in Lyon, berichtete am 23. August 1539 den in die Organisation und die Finanzierung der Partien in die Levante eingebundenen Amiel Albertas & Della Seta, dass der Auftrag zur Versicherung für eine Ladung über 3.000 bis 3.500 Dukaten in Antwerpen abgeschlossen worden sei.134 Diese unklaren Angaben zur Versicherungssituation von Ladung und Fracht des Handelsschiffes lassen sich über die Buchführung der Salviati nicht lösen. Denn die Belastung des entsprechenden Kontos mit den Versicherungsprämien weist nicht aus, was durch den Versicherungsvertrag konkret gedeckt wurde. Aufgrund eines Eintrags während der Allerheiligenmesse 1541 lässt sich allerdings die Spur der Floria weiterverfolgen: Denn die Lyoner Salviati schrieben dem Florentiner Kaufmannbankier Bernardo Corsi mit Sitz in Messina 377,2,6 scudi di marchi für dessen Aufwand zur Überführung von Teilen der Ladung des Schiffes nach Livorno gut. Dabei ließ Corsi 25 Ballen Gewürze und fünf Tafeln cambellotti an die Salviati liefern.135 sop(r)a detta sottoscrizione. – Ebd., c. 186v: Im Konto an die Teilhaber der Gelegenheitsgesellschaft werden die Anteile genannt: ein Drittel Tommaso Guadagni mit 9.700,0,7 livres tournois; zwei Drittel, die sich wie folgt aufteilen: 5⁄16 Bartholomäus Welser in Lyon und die Salviati in Lyon mit je 6.191,6,10 livres tournois, 2⁄16 Salviati in Florenz und Amiel Albertas mit je 2.476,10,8 livres tournois, 1⁄16 Carlo del Nero aus Florenz und Bernhard Meuting mit je 1.238,5,9 livres tournois. 131 André Clot, Soliman Le Magnifique, Paris 1983. – Im „europäischen Westen“ pflegt man von „der Prächtige“ zu sprechen; die Osmantürken nannten ihn kanuni (eigentlich: qānūnī) = der Gesetzgebende. 132 Melis, Documenti, No. 46, S. 222 (SNS, AS, I, 546, c. 75): An Welser, Augsburg, 5.8.1539. 133 Ebd.: E, visto che questa presa della Floria non era piaciuta alla Corte del Signore turcho et che, infatti, l’amicizia fra questo Re e detto Signore continova più che mai e che nel paese si neghozierebbe sichuramente, secondo l’openione delli amici nostri, ci siamo deliberate navicare per Levante, come apresso diremo, e in tutto v’abbiamo attribuito altanta parte come a nnoi tocha. 134 SNS, AS, I, 545 (L CopLet Q), c. 1v: An Albertas & Della Seta, Marseille, 23.8.1540. 135 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 31: Robe di conto d’Amiel Alb(er)tas (e) G[i]useph della Seta di Marsilia li 2⁄20 dj B(ar)tolomeo Belzeri e co di Lione li 9⁄20 e di n(ost)ri di qui per adreto de libr’azurro segnato / O / li 9⁄20: Et in fiera di t(ut)ti santi 1541 𝛻 377.2.6 di m(arch)i p(er) val(ut)a di o(nce) 138 tt(ornes)i 8 g(ross)i 10 m(one)ta dj / Messina a ragione di k(arlin)i 22 p(er) 𝛻 come ci sono stati tratti facc(iam)o b(uon)i a B(ernar)do Corsi di Messina p(er) tanti spesone in ricev(er)e dalla nave Floreia (e) carichar(e) p(er) L(ivor)no su altra nave diripto a n(ost)ri di Pisa / compresoci la sua provisio(ne) / colli 25 dj spezi (e) tavole 5 di camb(ello)ttj di questo / conto / come per il conto datocene cop(iat)o/a Ricordanze [a c.] 226 posto avere al per noi cor(ren)te in questo.

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Die Fracht der Torniera nach Beirut Im erwähnten Schreiben vom Sommer 1539 an Bartholomäus Welser in Augsburg unterbreitete Lionardo Spina den Vorschlag, das Schiff des Eigners Pierre Tornier für eine Fahrt nach Beirut, Tripoli oder einen syrischen Hafen zu beschicken. Geplant sei eine Investition über insgesamt 6.000 scudi di sole bei einer Versicherungsdeckung von 21 Prozent (jeweils 400–500 scudi di marchi für die Salviati und die Welser). Als Teilhaber dieses joint venture partizipierten zu einem Fünftel Amiel Albertas und zu je zwei Fünfteln die Salviati und die Welser. Die Lyoner Salviati-Firma übernahm die Koordination der Warenbeschaffung.136 Bei dem Schiff des Patrons Pierre Tornier dürfte es sich um die Torniera gehandelt haben, deren Ladung Amiel Albertas nach Ausweis des Kontos für die Zusammenstellung der Exportgüter in Marseille während der Augustmesse des nämlichen Jahres abrechnete.137 Die im Sommer 1539 auf der Torniera verstaute Ladung war für Beirut bestimmt und wurde vom Buchhalter der Salviati im eigens eröffneten Konto Robe di più sorte compere per mandare a Baruti attenente 2⁄5 a Bartolomeo Belzeri e co di Lione, 2⁄5 a noi di qui e co e 1⁄5 a Amiel Albertas di Marsiglia geführt.138 Obschon das erwähnte Schreiben an die Augsburger das joint venture für die Torniera erst anzubahnen schien, suggeriert das Schuldbuch der Salviati, dass der Erwerb der für die Levante bestimmten Güter zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war. Denn die Einkäufe der Exportartikel begannen bereits am 1. Februar und zogen sich bis zum 29. Juli 1539 hin.139 Dies spricht entweder dafür, dass die Welser-Faktorei in Lyon das Partizipationsgeschäft eigenständig ausgehandelt hatte oder dass die vorherigen Abmachungen nicht überliefert sind. Die Ladung der Torniera setzte sich aus unterschiedlichen Gütern zusammen, wobei die hier erwähnten Waren für den Export in die Levante charakteristisch waren. Den größten Anteil der Partie hatten verschiedene Tuchsorten: verschiedenfarbige Wollstoffe aus Carcassonne, Paris und Troyes, Kerseys, englisches Mischgewebe, Wolltuch aus Armentières, aber auch Bargeld in venezianischer Münze, Grünfärbemittel und Zinnober (s. Aufstellung 1). Die Rechnungslegung der Lyoner Salviati zeigt, dass die Warenposten in das Eigentum der Gelegenheitsgesellschaft übergingen. Das finanzielle Volumen der Sendung

Melis, Documenti, No. 46, S. 222 (SNS, AS, I, 546, c. 75): An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Augsburg, 5.8.1539. 137 SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 209r (Kontenkopie an Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Lyon und Amiel Albertas in Marseille, 1539.2): Ap(r)esso vi darremo co(n)to del costo e spesse dj più robbe comperate p(er) mandare a Barutty q(uest)o p(rese)nte anno sop(r)a la nave Torniera p(er) co(n)to vn quinto d’Amiel Alb(er)tas di M(ar)silia dua quinty B(ar)tolomeo Belzerj e co dj Lio(ne) e 2 quintj p(er) n(ost)ro co(n)to e sono dette costo e spesse sino cariche dette robe j’nave al porto dj M(ar)silia. 138 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 157/CLXXVII; c. 229/CCXXVIIII: Robe di più sorte compre p(er) mandare a Barutj attenenti a 2⁄5 a Bartolomeo Belzeri e co, 1⁄5 a Amiel Albertas di Marsilia e 2⁄5 a noi. 139 Ebd., c. 157/CLVII; c. 229. 136

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Aufstellung 1 Die Ladung der Torniera / Exportgüter nach Beirut Objekt

Anzahl

Preis in livres

Preis in scudi

Panni bastardi di Inghilterra

17 pezzi

Panni armentieri e fini

17 pezze armentieri und 19 pezze fini

Carisee

99 pezzi

Panno azzurro e rosso di Menda

23 7⁄ 8

Panni azzurri di Mala

3 pezzi

2,2,0

0,19,5

Panni di Parigi

44 pezzi

1.025,8,8

471,9,4

Panni di Carcassona

26 pezzi

1.685,17,6

775,2,7

Panni di Troya (Toyes)

8 pezzi

166,0,0

76,6,5

Cinabro

19 barili

Verdetto141

1.409 lb (monta)

Doppioni142

208

Doppioni Ducati d’oro larghi Ducati d’oro larghi

800

140

Summe

lb

1.357,17,7

624,6,2

1.863,0,0

856,11,1

1.633,10,0

751,0,8

16,14,0

7,13,7

1.904,0,0

875,8,2

337,1,0

154,19,4

1.452,2,8

667,12,11

352 in 704 ducati

2.102,10,0

966,13,4

460 in doppioni und Scheidemünzen

1.111,13,4

511,2,3

1.970,0,0

905,15,0

16.627,15,9

7.645,0,3

belief sich auf 20.954,5 livres tournois (9.634,7,2 scudi di marchi). Unter den Spesen mussten die drei Partner eine Versicherungssumme von 2.926,2,6 livres tournois (1.345,6,6 scudi di marchi) einrechnen; hinzuzuaddieren waren Speditionskosten von 1.142,19 livres tournois (535,9,11 scudi di marchi) an den Schiffseigner Pierre Tornier sowie der Transport von 19 barili Zinober der Welser und 99 Kerseys aus Antwerpen nach Marseille im Gegenwert von 51 livres (23,9 scudi di marchi), die Speditionskosten für den Transfer der französischen Tuche nach Marseille zu fünf livres tournois, die Einlagerung eines Teils der Güter vor Ort mit 1 livre tournois, das Wiegen der Ladung mit insgesamt 376,13 livres tournois, Verpackungsmaterial mit 39 livres tournois, Ausfuhrzölle in Lyon über 10,5 livres tournois, Portokosten für die von Crexeles in Avignon expedierten Briefe über fünf livres tournois sowie Provisions- und Konsulatsbeiträge zulasten der Teilhaber an der Ladung der Torniera von insgesamt 130,8,10 livres tournois (60,17 scudi di marchi).143 Mit 9.991,9,9 livres tournois (4.593,15,4 scudi di marchi) für die

Diese Spezifizierungsbezeichnung habe ich nicht erklären können. Grünfärbemittel. Doppionen: Goldmünzen aus Venedig (= „Doppeldukaten“). SNS, AS, I, 536 (L DebCred O), c. 209r–210v; SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 157/CLXXVII; c. 229/CCXXVIIII: Robe di più sorte compre p(er) mandare a Barutj attenenti a 2⁄5 a Bartolomeo Belzeri e co, 140 141 142 143

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Waren und 6.636,6 livres tournois (3.051,3,3 scudi di marchi) für das Bargeld lag der Wert der Exportgüter deutlich über dem anvisierten Betrag in Höhe von 6.000 scudi di sole (6.645 scudi di marchi).144 Die 99 Kerseys wurden von den Florentinern Niccolò Rondinelli & Co aus Antwerpen geschickt, so dass auch in diesem Fall die Speditionskosten bis Marseille zulasten des entsprechenden Warenkontos gingen.145 Die 19 barili Zinnober, die von den Welsern nach Marseille geschickt wurden, die aber niemals bis Lyon kamen, wurden in der Buchführung der Salviati allerdings mit 3.808 Pfund Lyoner Gewicht (bei einem Preis von einer halben livre tournois pro Lyoner Pfund = 1.904 livres tournois) bewertet. Bei diesem Verfahren glich die Buchführung den Gewichtswert an die Bewertung im Lyoner Währungsraum an, weil dort die Ladung nach Beirut verrechnet wurde.146 Die Torniera kehrte nach Ausweis des entsprechenden Kontos Spezi e robe im Juni 1540 nach Marseille zurück, wo Amiel Albertas & Joseph della Seta die Fuhrmänner für den Transport von Teilen der Ladung entlohnten.147 Aus Beirut beförderte das Schiff insbesondere Ingwer und Pfeffer, welche an die Lyoner spezieri Jean Camus und Pierre Seva & Guillaume Franse zu insgesamt 4.982 livres tournois veräußert und während der Ostermesse 1541 abgerechnet wurden.148 Am 20. August 1540 traf ein Schiff namens Santa Maria des Patrons Giovanni de Chementi di Grimeres mit 40 Ballen Galläpfeln (galle grosse) sowie acht Säcken Baumwolle149 in Antwerpen ein. Diese Güter stammten aus der Rückladung der Torniera und wurden von Marseille an die Schelde gebracht. Die Antwerpener Niederlassung von Averardo e Piero Salviati & Co übernahm die Güter und verkaufte sie an den grossier Gillis Vermolen150, der vier Ballen Galläpfel erwarb, sowie an die Florentiner Handelsgesellschaft Giambattista e Lodovi1⁄5 a Amiel Albertas di Marsilia e 2⁄5 a noi. – In der Aufstellung des versandten Kontos tauchen noch sechs

von Jean Inbert erworbene Stück Tuch für 4,4 livres tournois auf, die im Konto Robe di più sorte compere allerdings fehlen, obwohl dort für die Provision auf den Warenwert (ohne Bargeld) 9.995 livres tournois angegeben sind. 144 Vgl. Melis, Documenti, No. 46, S. 222 (SNS, AS, I, 546, c. 75): An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Augsburg, 5.8.1539. 145 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 182 (Carisee di co(n)tro di Nicholò Rondinellj e co). 146 SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 209v. 147 SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. 143/CXLIII: Spezi e altre robe di conto di Bartolomeo Belzeri e comp(agni)a di Lione 2⁄5 e di n(ost)ri di qui per adreto di libro azurro 2⁄3 (e) delli Alb(er)tas (e) Seta di Marsilia 0⁄5 venuti di Barutj su nave Torniera per ritorno di robe mandatoci p(er) tal conto su detta nave: Die Spediteure und Boten erhielten insgesamt 94,13,8 scudi di marchi. 148 SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 264v–265v: Copia di vn conto mandato a Marsilia alli Alb(er)tas e Seta del seg(na)to di più robe venute di Baruti attenente al loro 1⁄5 e a Belzeri di qui 2⁄5 e n(ost)ro li altri 2⁄5 come ap(r)esso e p(r)ima – Ap(r)esso vi daremo conto della fine e seguito di più robe mandatocj jn div(er)si tempi che avevi ricevute da Baruti jn più volte p(er) rit(rat)to di robe che già si mandor[o]nno jn detto luogo di Baruti sop(r)a la nave Torniera p(er) conto v(ost)ro 1⁄5 e de’ Belzeri di qui 2⁄5 el resto p(er) n(ost)ro c(on)to. 149 Ulrich Pfister, Art. „Baumwolle“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 1, Stuttgart 2005, Sp. 1070–1079, hier bes. zum Import: Sp. 1070 f. 150 Vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. 291: im Journal der Faktorei in Antwerpen als Einkäufer am 17.6.1539.

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

co Guicciardini & Co, welche ebenfalls vier Ballen Galläpfel und zusätzlich zwei Ballen garbello di galle erstand. Die Antwerpener Gesellschaft der Salviati erlöste insgesamt 358,6 Pfund flämisch, wovon 40,12,7 Pfund flämisch für die Fracht fällig wurden.151 Die Fracht der Restina nach Konstantinopel Ziemlich genau zeitgleich mit dem beschriebenen joint venture nach Beirut schlossen sich Bartholomäus Welser & Mitverwandte und Averardo e Piero Salviati & Co mit Amiel Albertas zu einer weiteren Gelegenheitsgesellschaft zusammen. Die Anteile wurden diesmal mit je neun Zwanzigsteln für die Salviati und die Welser sowie mit einem Zehntel für Amiel Albertas & Della Seta angesetzt. Die Salviati erwarben im Namen des gemeinsamen Unternehmens die Güter, welche das Schiff Restina nach Konstantinopel bringen sollte. Vom 28. März 1539 an bis zur Augustmesse desselben Jahres registrierte der Buchhalter der Salviati den Einkauf von entsprechenden Waren und deren Transport nach Marseille.152 Die Partie bestand vor allem aus einfachem Tuch wie 105 Stück panni armentieri (Tuch aus Armentières) zu 8.280 livres tournois, aber auch aus Bögen Schreibpapier (carta da scrivere) und Quecksilber. Insgesamt erreichte die Ladung ein Volumen von 17.407 livres tournois (8.003,6,9 scudi di marchi). Die panni armentieri hatten daran einen Anteil von etwas über 47 Prozent, Quecksilber und Kerseys, welche wie im Fall der Torniera die Rondinelli & Co aus Antwerpen beisteuerten, jeweils knapp mehr als zehn Prozent (s. Aufstellung 2).153 SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 185v–186r: Copia d’uno conto mandatoci li nostri d’Anversa attenente 2⁄5 a Belzeri 1⁄5 alli Albertas e Seta & 2⁄5 alli n(ost)rj del lib(r)o azurro ---- Apresso vj daremo conto della fine et ritratto netto di balle 40 di galle grosse et sachi otto di cottone in rama mandatoci p(er) voj da Marsilia Amiel Albertas e Giuseppe della Seta p(er) la nave nom(ina)ta la Maria padroneggiata p(er) Giovannj de Cementi di Grimeres la quale arrivò qua sino d’agosto pax(a)to. Es blieb ein ritratto netto von 317,13,5 Pfund flämisch = ca. 1.100 scudi di marchi. – Offenbar wurden Galläpfel von Kleinasien nach Alexandria in Ägypten transportiert, um von dort aus weiterverkauft zu werden; noch Wilhelm Heyd hält den Export von Galläpfeln nach Brügge für gesondert erwähnenswert: Heyd, Geschichte, II, S. 593. 152 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 182; 320/CCCXX. 153 Ebd., c. 182: Robe di più sorte p(er) mandare in Gostantinopoli p(er) la nave Restina attene(n)te il 0⁄10 a Amiel Albertas d(i) M(ar)silia el resto la a⁄2 a Bartolom(e)o Belserj e co di Lione e la a⁄2 a noj; c. 255: Bartolomeo Belzeri e co di Lione p(er) loro co(n)to ap(ar)te Ghosta(n)tinopolj de dare jn fiera d’agosto lb 9447.5.9 tt(ornesei) e sono p(er) la a⁄2 de 9⁄10 e lb 169.22.8.4 tt(ornesi) che costor[o]no più robe co(n) le spese sino cariche della nave Restina p(er) Scio e Ghosta(n)tinopolj e di lb 162.15. d(anar)i 9 tt(ornesi) che mo(n)tor[o]no le p(r)ovisione de le robe co(m)p(er)e e di lb 1632.1.4 tt(ornesi) che si ragionò mo(n)tassino 𝛻 750.7.6 d(i) sole p(er) costo e spese di 𝛻 6525 di sole fattoci assighurare p(er) a⁄2 da M(ar)silia a Ghostantinop(o)li che questa somma fecero lb 86 ß 5.8 torn(es)i nel trarlj fuora / et dj lb 177.6.– tt(ornesi) che mo(n)tò costo e spese d(i) 𝛻 500.– di sole fattoci asighurare a f(ier)e sop(r)a detta nave p(er) detto co(n)to comune di che si detto loro co(n)to cop(iat)o a R(ic) [ac] 211 ac 212 v(aglian)o di mi a ß 43 1⁄2 p(er) 𝛻 p(ost)o dette robe jn q(uest)o; SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 211r–212r: Copia d(i) j° conto dato a B(ar)tolomeo Belzeri e co d(i) Lio(ne) e la copia mandata a Marsilia a Amiel Alb(er)tas e p(r)ima / Ap(r)eso vi daremo co(n)to e spese dj più robe conperate p(er) mandare jn Ghostantinopoli la p(rese)n151

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Aufstellung 2 Die Partie der Restina / Exportgüter nach Konstantinopel Objekt

Anzahl

Kerseys

108 pezze

1.782,0,0

819,6,4

Panni di Parigi

48 pezzi

1.220,3,2

560,19,10

105 pezzi

8.280,0,0

3536,17,11

Panni armentieri

Preis in livres

Preis in scudi

Panno azzurro di Mala

1 pezzo

16,16,0

7,14,7

Panni bastardi d’Inghilterra

8 pezze

639,0,0

293,15,10

Verdetto155

3014 lb

646,6,0

297,3,0

Ariento vivo

5002 1⁄ 2 lb

1.875,18,9

862,10,0

Carta da scrivere156

90 balle

1.296,14,1

596,3,9

Zucchero

143 balle

321,15,0

147,18,8

Verzino157

300 cadora

1.328,11

610,16,10

17.407,4

8.003,6,9

154

Summe Einnahmen in Konstantinopel

9.841,4,3

Preis in aspri

501.902

Zusammen mit den verschiedenen Spesen belief sich der zur Augustmesse 1539 berechnete Gesamtaufwand auf 20.865 livres tournois (9.593,3,1 scudi di marchi), so dass 83 Prozent auf den Einkauf von Waren für den Export entfielen. Die Fracht auf der Restina verschlang 1.302 livres tournois, Verpackungsmaterialien kosteten 86 livres tournois, die Provisionen und Konsulatsgebühren betrugen für Salviati und Welser in Lyon 162 livres tournois, für Amiel Albertas in Marseille 34 livres tournois, 1.865 livres tournois zahlte man für Versicherungsprämien. Erneut kümmerte sich Piero Crexeles in Avignon um den Versand der einschlägigen Korrespondenzen, wofür er 6 livres tournois kassierte.158 Nach dem Verkauf der Güter durch den Florentiner Guglielmo da Sommaia in Pera, der ingesamt 9.841,4,3 scudi di marchi (501.902 aspri) einbrachte, erwarb der Kommissionär der Salviati Waren für die Rückladung im Wert von 9.473,12,7 scudi di marchi (483.357 aspri) (s. Aufstellung 3).159 Seit dem Eintreffen des Schiffes in Südfrankreich nahm die Gelegenheitsgesellschaft durch die Verkäufe aus der contropartita von der Augustmesse 1540 bis zum 31. Dezember 1543 insgesamt 9.702,18,11 scudi di marchi

te fiera sop(r)a la nave Restina p(er) co(n)to 1⁄10 d’Amielo Alb(er)tas di M(ar)silia e li altri 9⁄10 p(er) meta B(ar)tolomeo Belzeri e co di Lione et noj e sono detto costo e spese e sino cariche det[t]e robe j’nave al porto di M(ar)silia. 154 Diese Spezifizierungsbezeichnung habe ich nicht erklären können. 155 Grünfärbemittel. 156 Schreibblätter Papiers: Gegenkonto Folgi di nostro conto: SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 209. 157 Diese Materie habe ich noch nicht erklären können: Es könnte sich auch um ein Grünfärbemittel gehandelt haben. 158 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. CLXXXIII. – Die Spesen für die Rücksendung bezifferte ein von Amiel Albertas e Joseph della Seta eingereichtes Konto 58,7 livres tournois: SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 161v. 159 SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 274v–276v.

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Aufstellung 3 Die Partie der Restina / Importgüter nach Marseille Objekt

Anzahl

Canella

395 1⁄ 2

Mucciaiardi161

596 pezze

Spezi di più sorte

25 colli

Camelotti162

346 pezze

Seta canaria163

12 balle

Grani

Camelotti fini

160

164

Summe Einnahmen ab Marseille

coche

Preis in aspri

Preis in scudi

33.999

666,13,0

71.629

1.404,9,10

124.239

2.436,1,3

60.429

1.184,17,8

108.066

2.118,19,7

5.500 chilos di Cpl

45.525

892,13,0

220 pezze

39.470

773,18,3

483.357

Preis in livres

9.477,12,7 9.702,18,11

21.171,0,7

(21.171,0,7 livres tournois) ein.165 Die Erträge aus dem Vertrieb der levantinischen Güter wurden von den Sammelkonten der zur Ladung auf der Restina gehörigen Warenkonten den Zeitkonten der Welser gutgeschrieben.166

Heyd, Geschichte: Zimt. Licatese, Stoff- und Seidenbezeichnungen: mucciardi/mucciaiarri sind ein Mischgewebe aus Ziegenhaar und Seide. 162 Licatese, Stoff- und Seidenbezeichnungen: ciambellotti/Kamelot sind Mischgewebe aus Kamelhaar und Seide. Vgl. Heyd, Geschichte, II, S. 693–699. 163 Heyd, Geschichte: Gelbe Rohseide. 164 Womöglich: Kermes (grana) = Kermesschildlaus (für die Seidenfärberei aus Anatolien: Cochenille): Heyd, Geschichte, II, S. 609 f. – Zu den Farbstoffen und insbesondere zur Cochenille: Alexander Engel, Farben der Globalisierung. Die Entstehung moderner Märkte für Farbstoffe 1500–1900, Frankfurt am Main/New York 2009, S. 56 f. usf. 165 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. XXXI: Robe di conto d’Amiel Alb(er)tas (e) G[i]useph della Seta di Marsilia 2⁄20 di Belzeri dj Lione 9⁄20 e di n(ost)ri di qui per adreto di lib(r)’azurro segnato / O / li 9⁄20 venute di Costantinopoli con la nave Restina (3.050,5,7 scudi di marchi = 6.634,7,1 livres tournois), ebd., c. CCLXIII: 2.669,8,10 scudi di marchi / 5.806,2,3 livres tournois (1542.1); SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. CXL: 3.258,11,6 scudi di marchi / 7.087,9 livres tournois am 23.6.1543; ebd., c. CC: 724,13,2 scudi di marchi / 1.576,2,3 livres tournois. 166 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. CXLVIIII: Bartolonmeo [!] Belzeri e co d(i) Lione p(er) loro conto de’ tenpo: Et jn fiera d(i) pasqua add(ì) xxiij di g[i]ugnio 1543 lb 3164.16.6 tt(ornesi) gli facciamo loro buonj a buonconto nel grado sono e p(er) q(uan)do riscossj saranno e sono p(er) lj loro 9⁄20 mancho la n(ost)ra p(r)ovix(io)ne e jl consol(at)o (h)a 1 1⁄8 p(er) c(ent)o / d(i) lb 7087.9.– tti ch(e) mo(n)tò jl rytratto netto d(i) spese d(i) più robe ven(ute) d(a) Ghost(antinopoli) p(er) il ritratto dy parte d(i) q(ue)llo ch(e) già vi mandino e’ n(ost)ri de’ lib(r)o azuro s(enseri)a la n(ave) Restina atten(ente) a costoro detti 9⁄20 et a dettj n(ost)ri al tanto et allj Alb(er)tas dj Marsilia 1⁄10 come apare p(er) la copia del co(n)to datone alle Ricord(anze) [a c.] 176 posto robe di tal conto jn s(enseri)a dj lb 7087.9.– dare jn q(uest)o. Vgl. SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 274v–276v: Copia di vno conto dato a Belzeri di Lio(ne) e alli Alb(er)tas e Seta di Marsilia. // Ap(r)esso vi daremo conto della fine e seguito di più muchaiarri cambellotti cannelle e spighonardi nocie moschade gherofani ghalinghul e turbiti mandatoci jn più volte p(er) div(er)se condottori e seta canari mandatoci di Anchona Lottini e Arnolfi p(er) conto del ritrarro di robe mandate già jn Ghostantinopoli sop(r)a la nave / Restina jl r(est)o a nnoj e a nost(r)i amici e p(r)ima. Und als Notiz für die Welser zur Abrechnung: Nota ch(e) a Belzeri di Lio(ne) s’è ne dato loro ja copia di q(uest)o conto e detto loro come qui ap(r)esso come jn q(uest)i 2 fogli si mostra monta la vendita lb 12503.19.4 tt(ornes)i e le 160 161

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Die Charter der achteinhalbmonatigen Reise betrug 1.347,2,1 scudi di marchi, woraus sich insgesamt ein leichter Verlust ergab. Hinzu kamen Zölle, Verpackungs- und Lagerungskosten. Das Konto, in welches der Buchhalter der Salviati die Transfers im Zusammenhang mit den Schiffsladungen der Restina eintrug, wurde am 31. Juli 1546 mit der Deckung des Fehlbetrags von 145,7,7 scudi di marchi ausgeglichen.167 Dieser Verzug hängt damit zusammen, dass das Grünfärbemittel (verdetto) in Pera erst während der Apparitionsmesse 1544 veräußert wurde.168 Allerdings verrechnte man auf diesem Konto auch das negative Ergebnis aus den Verkäufen von venezianischen Dukaten, ferner zwei verschiedene Konten, unter die Amiel Albertas & Joseph della Seta den Aufwand für die Fracht und die Besoldung von Schiffsbesatzungen zweier Schiffe fassten.169 Demgegenüber profitierte die Gelegenheitsgesellschaft von Frachtgebühren, die sie auf den Transport von Getreide als Stückgut auf Rechnung von Girolamo da Sommaia in Pisa erhob.170

s(pes)e montano / lb 6728.10 tt(ornes)i ch(e) sbattuto le spese della vendita restano lb 5775.19.4 tt(ornes)i ch(e) li 9⁄20 a voj attenente sono lb 2598. ß 19. d 2 tt(ornes)i de’ quali se ne cava lb 47. ß 3 tt(ornes)i p(er) nostra provisione e conx(olat)o cioè lb 42. ß 3 tt(ornes)i p(er) lb 3725 ch(e) sono li 9⁄20 del venduto / qui (h)a 1 1⁄8 p(er) c(ent)o e lb 5 tt(ornes)i pigliamo p(er) nostra pena della parte v(ost)ra del tenere conto con e’ nost(r)i di Fir(enz)e di quanto ch(e) ànno fatto p(er) q(uest)o conto resta lb dua mila cinque cie(n)to cinquanta vna ß xvj°. d ij tt(ornes)i e di tanti a buon conto jn el grado sono e p(er) q(uan)do rischossi saranno ve ne abbian fatto creditore jn v(ost)ro conto de’ tenpi[.] vicitate q(uest)o conto e achorattelo come noj trovandilo [!] giusto se non ditelo e si correggierà[.] X° vi gh(uardi) p(er) lb 2551.16.2. 167 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. CCCXXI; SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 31. 168 Ebd., c. CCCXX. 169 Ebd., c. CCCXXI; c. 31: Allerdings werden zwei verschiedene Schiffe und Besatzungen für Hin- und Rückweg eingetragen: Einmal der Kapitän Jean Riguier auf der Restina, dann das Schiff Santo Antonio des Schiffeigners Inbert Restino nach Konstantinopel; hierfür habe ich keine Erklärung. Möglicherweise wurde ein Teil der Güter, von denen es heißt, sie stammten aus Venedig, mit einem zweiten Schiff transportiert; auch kann es sein, dass das Schiff mit dem Kapitän Jean Riquier, welches nach Saloniki fuhr, eigens gerechnet wurde – aber unter der Partie nach Konstantinopel erschien. Vielleicht hieß das Schiff von Inbert Restino Santo Antonio und wurde nach seinem Schiffseigner Restina genannt wie im Fall der Torniera von Pierre Tornier: Et in fiera d’agosto lb 1434.7.– tt(ornes)i facc(iam)o buoni alli Alb(er)tas (e) Seta di Marsilia per tanti che dissono av(er)ne pagati a Inbert Restino padrone della nave Santo Antonio che andò in Gostantinopoli contali robe / per suo soldo per mesi 8 0⁄2 che al tanto tenpo messe per andare (e) tornare a Marsilia condotta sua nave dove / erono cariche le robe av(er)e detti Alb(er)tas (e) S(e)ta a lib(r)o de c(ommitten)tti [ac] 3 (e) detto lib(r)o in q(uest)o und Et addì 15 d’ottob(r)e lb 1452.2.– tt(ornes)i buoni a detti per tanti dissono aver(e) pagati a Gia(n) Righierj che andò padrone (e) sopra carico della nave Restina tanto p(er) il soldo della gente di detta nave che sua provisio(ne) (e) spese (e) vettovagli di detta nave rabattuto d’epse li noli ricevuti di subdetta nave tanto d’andata che di ritorno tutto come appare p(er) vn co(n)to copartite di mano di detti Alb(er)tas (e) Seta salde con detto Righieri / av(er)e detti Alb(er)tas (e) Seta a lib(r)o di com(mitten)tti [ac] 92 e detto lib(r)o in q(uest)o. 170 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. XXXI: Robe di conto d’Amiel Alb(er)tas (e) G[i]useph della Seta di Marsilia 2⁄20 di Belzeri dj Lione 9⁄20 e di n(ost)ri di qui per adreto di lib(r)’azurro segnato / O / li 9⁄20 venute di Costantinopoli con la nave Restina: Et addì detto 𝛻 329.15.10 di m(arch)i p(er) val(ut)a di 𝛻 316.5.4 di * rag(iona)ti al prezo fannocj buoni li detto per tanti av[u]tone da Gir(olam)o da Som(mai)a p(er) il nolo de grani venutoli dj Levante a L(ivor)no sopra la nave Restina / la quale nave era soldata da n(ost)ri di qui per adreto de lib(r)’azurro per conto delle subdette robe d(are) detti n(ost)rj.

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Lorenzo Pasquali meldete die Ankunft der Restina am 23. August 1540: La nave Restina arrivò, Dio l’à l’dato.171 Noch während der Augustmesse begann der Vertrieb der Importgüter. Den Zimt erwarb der genannte speziere Claude Teste in Lyon für 697,13,4 scudi di marchi, die mucciaiarri (eine Art von Seiden-Ziegenhaarmischgewebe) gingen an eine heterogene Käufergruppe – zum Teil in Einzelstücken an Beteiligte des joint venture, etwa ein „Doppelstück“ brauner mucciaiarro zu 5,10,5 scudi di marchi an Lorenzo Pasquali oder ein derartiges Gewebe an Bernardo Vecchietti zum selben Preis.172 Vom 20. April bis zum 12. Oktober 1542 nahmen insbesondere Pariser Geschäftsleute die verschiedenen Stoffe ab. In der Rückladung von Konstantinopel befanden sich auch insgesamt zwölf Ballen Seide, von denen zwei Fünftel auf die Rechnung des erwähnten Girolamo da Sommaia mitgeschickt worden waren.173 Die Fahrt der Santa Croce nach Alexandria Im zitierten Brief verwies Lionardo Spina noch auf die carovella des Giuseph della Zecca, welche die Salviati bereits auf den Weg nach Alexandria geschickt hätten. Dieses Schiff pries er mit drei Vorzügen an: Weil es sich erstens um ein kleines Schiff handelte, würde es schnell reisen können. Die Ladung im Wert von insgesamt 10.000 scudi di marchi würde zweitens um die Anteile an der Fracht der Geschäftspartner Gherini und Francesco Crexeles (Crexels) ergänzt werden. Drittens stünde in Alexandria ein Agent – wahrscheinlich Iacopo Campagna – bereit, um die Geschäfte aus einer Hand abzuwickeln: Questo è un naviletto picholo che va richo in t(ut)to d(i) circha scd xM. Il resto è di questi Gherini et di Francesco Crixels. […] E tupto a essere jn Alesandria co(n)traptato p(er) una mano ch(e) è grande vantaggio.174 Mit den Gherini musste Spina die Florentiner Unternehmung gemeint haben, zu der Antonio Gherini, Verwalter des vom Konsortium zwischen Bartholomäus Welser und Averardo e Piero Salviati & Co gepachteten Seidenzolls an der Rhône bis zur Ostermesse 1540, gehörte.175 Francesco Crexeles wiederum zählte zu der in Südfrankreich aktiven und bei den Salviati mehrfach engagierten Familie Crexeles aus Katalonien. Im Oktober 1537 investierte er 2.900 scudi di marchi in einen deposito für eine Ladung nach Alexandria,

SNS, AS, I, 545 (L CopLet Q), c. 1v: An Albertas & Della Seta, Marseille, 23.8.1540. SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 31/XXXI. Ebd., c. CCLXIII: Ebenfalls ein adrieto-Konto der Ladung der Restina. Der Anteil an der Seide, die Girolamo da Sommaia mitführen ließ, betrug zusätzlich noch 2.265,19,9 livres tournois (1.041,15,10 scudi di marchi). 174 Melis, Documenti, No. 46, S. 222 (SNS, AS, I, 546, c. 75): An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Augsburg, 5.8.1539 (Dies ist ein kleines Schiff, das mit ungefähr 10.000 Scudi reich ausgestattet ist. Der Rest geht auf die hiesigen Gherini und Francesco Crexels. […] Dass alles in Alexandria in einer Hand vertraglich ist, ist von großem Vorteil.). 175 SNS, AS, I, 506 (Buch der Gabella), c. 32/XXXII. – Zu Antonio Gherini: Lang, Seide für Lyon, S. 392. 171 172 173

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wobei die Rückzahlung als Wechsel über die venezianische compagnia Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co gezogen und dabei ein zweiprozentiger Zuwachs erzielt wurde.176 Auch im Fall des Schiffes von Giuseph della Zecca traten Bartholomäus Welser & Mitverwandte als Teilhaber auf. Averardo e Piero Salviati & Co sowie die Welser-Faktorei in Lyon partizipierten an dem joint venture mit je zwei Fünfteln, für Amiel Albertas & Joseph della Seta in Marseille blieb ein Fünftel. Am 22. Juli 1539 lief die Santa Croce von Marseille aus.177 Während der Ostermesse 1539 wiesen die Salviati die Zusammenstellung der Ladung im Hafen von Marseille durch Amiel Albertas an. Das Konto, in welchem der Buchhalter der Salviati die getätigten Ausgaben für die Einkäufe, den Transport der Güter bis nach Marseille, die Fracht für den Schiffseigner sowie die Versicherungsprämien festhielt, versandte die Firma an ihre Partner am 26. Oktober 1539.178 Gemäß dem hälftigen Anteil trug der Buchhalter für die Welser-Faktorei die Beteiligung an der Ladung der Santa Croce mit 2.064,7,9 scudi di marchi (4.490,0,8 livres tournois) ein.179 Die Ladung bestand zu jeweils gut einem Drittel aus ausgemünztem Geld (1.000 venezianischen Dukaten) und 50 Fässern Quecksilber sowie drei Fässern Zinnober. Ein Viertel entfiel auf Tuch – vor allem leichte Woll- und Mischgewebe, welche aus Flandern und England geliefert worden waren. Die verbleibenden sechs Prozent der Ladung machten 30 Ballen Schreibpapier aus (s. Aufstellung 4).180

SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 171v: An Francesco Crexeles, Avignon, 10.10.1537: e per ricompensarvi de’ danari avete sborsato per la cosa d’Alexandria. Zur Finanzierung der Partie nach Alexandria: ebd., c. 172v. Ebd., c. 173r: An dens., Avignon, 15.10.1537: Dabei trat Francesco Crexeles als Kommissionär der Salviati auf, um in Marseille die Versicherug zu bezahlen. SNS, AS, I, 536 (L libRic O), c. 154v–155r: Diese Partie wurde auf der Floria abgewickelt und umfasste einen Warenwert von 13.953 livres. Während die Rechnung auf Francesco Crexeles (zu drei Vierteln) und auf die Salviati (zu einem Viertel) lief, wurde die Reise der Floria von einer Kommende aus Alfonso della Casa, den Salviati und Piero Crexeles übernommen. 177 SNS, AS, I, 542, c. 142: Spezi e altre robe di conto di Bartolomeo Belzeri e co di Lione e di nostri Averardo e Piero Salviati e co di qui per adreto di libro azurro c(i)asquno per meta venute d’Alexandria sopra il galeone di Giuseph della Zecca. Hier ist von galeone die Rede, im Brief von der Salviati-compagnia in Lyon an Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Augsburg vom 5.8.1539 hieß es carovella: Melis, Documenti, No. 46, S. 222. 178 SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 213v–214r: Copia d’un c(on)to dato qui in L(io)ne (h)a B(ar)tolommeo Belzeri e co di L(io)ne / Ap(r)esso di dare’n comto [!] del costo e spese di più robe comperate p(er) mandare jn Alexand(ri)a d’Egitto sop(r)a il ghaleone di de Zecha p(er) conto (h)a comune p(er) a⁄ ij voi e nnoj e sono dette espexe sino porte in nave al porto di Marsilia. 179 SNS, AS, I, 537 (L DebCred O), c. 255: Bartolomeo Belzery e co di Lione di co(n)tro deono dare in fiera dj tutti sa(n)tj lb 4490.–.8 tt(ornesi) ci fanno buony p(er) la a⁄2 di lb 8980. ß 1.4 tt(ornesi) che mo(n)tò costo e spese di più robe mandate jn Alexa(n)dria sop(r)a il ghaleo(n) Santa + p(er) co(n)to a comune p(er) a⁄2 come p(er) il co(n)to datone sotto d(ì) 26 d’ottob(r)e p(r)ox(im)o paxato cop(iat)o a R(icordanze) [ac] 214 p(ost)o robe. Dem stand eine Abschlagszahlung gegenüber, ebd., c. CCLV: Bartolomeo Belzery e co d(i) Lione p(er) loro co(n)to ap(ar)te Alex(andri)a p(er) il viaggio p(er) detto luogho su la Zeccha deono havere in fiera d’agosto a dì 9 d(i) sette(n)b(r)e lb 2000.– tt(ornesi) p(er) tanti fattili debit(ori) jn c(orren)te p(er) la loro parte di quello si sborsa questa fiera p(er) l’incepta di tal luogho vagl(ian)o di m(arch)i a ß 45 1⁄2 tt(ornesi) p(er) 𝛻 posti al lib(r)o di f(iere) [ac] 140 e detto lib(r)o jn q(uest)o. 180 SNS, AS, I, 536 (L LibRic O), c. 212rv: Copia d’j° conto dato qui jn Lione (h)a B(ar)tolomeo Belzeri e co d(i) Lio(ne) // - Ap(r)eso vi daremo co(n)to del costo e spese dj più robe conperate p(er) mandare jn Alexandria 176

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Aufstellung 4 Partie der Santa Croce bzw. des galeone della Zecca / Exportgüter nach Alexandria Objekt

Anzahl

Preis in livres

Panni armentieri

7 pezze

362,15,0

Panni bastardi

6 pezze

479,5,0

Kerseys (mezzane)

80 pezze

876,15,0

Panno azzurro di Mala

15

Argento vivo

50 barili

Cinabro

3 barili

356,5,0

Fogli da scrivere

30 balle

432,4,9

Ducati veneziani

1.000

Summe

Preis in scudi

10,10,0 1.962,11,0

2.462,10,0 6.942,15,9

3.192,0,3

Die Partie aus Alexandria, welche auf der Santa Croce nach Südfrankreich gebracht wurde, dokumentierte der Buchhalter der Salviati am 20. August 1540 in den Rechnungsbüchern. Demnach betrug der Erlös der in Frankreich vertriebenen Güter 4.962,11,10 scudi di marchi (10.793,13,9 livres tournois).181 Nach Abzug von Frachtkosten, Arbeitsaufwand und Gebühren belief sich der Ertrag der Rücklieferung bei der Allerheiligenmesse 1540 auf 9.689,15,4 livres tournois. Die Welser waren daran mit 4.844,17,8 livres tournois (2.227,10,7 scudi di marchi) beteiligt.182 Die Reise der Santa Croce dauerte neun Monate und 13 Tage. Demnach kostet die Fracht 1.320,15 scudi di marchi, weil der Reeder (der padrone Giuseph della Zecca) monatlich 140 scudi di marchi berechnete. Beim Antritt der Reise hatte das joint venture schon 421 scudi di marchi als Vorauszahlung entrichtet. Im Konto für die Rückfracht berechnete der Salviati-Buchhalter die Spesen mit 1.140,6,1 livres tournois, wobei 10 lid’Egitto sop(r’) jl galeone della Zecha p(er) co(n)to a comune p(er) a⁄2 voj e noi / e sono detto costo e spese sino poste le robe j’nave al p(or)to di M(ar)silia. Anders als im Brief sprach der Buchhalter der Salviati von einem galeon, nicht von einer carovella; allerdings lässt der Zusammenhang darauf schließen, dass es sich um die identische Ladung handelte, die auf einem Schiff mit Namen Santa Croce transportiert wurde. 181 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. XXVI: Spezi di conto de’ n(ost)ri Averardo e Piero Salviati e comp(agni)a di qui per adreto del libro azurro segnato / O / e di Bartolomeo Belzeri e comp(agni)a di Lione per meta venuto d’Alex(andri)a sopra il galeon di G[i]useph della Segha; SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 174v–175r: Copia d’uno conto dato a Bartt(olome)o Belzeri e co di Lione: Apresso vj daremo conto della fine e ritratto netto delli spezj e cottoni ric(evu)ti di poj la fiera di pasqua passata in qua venuti d’Alex(andri)a sulla nave di Giusep della Zecha p(er) conto v(ost)ro e n(ost)ro acomune p(er) meta quali spezj si trovano gharbellati. 182 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. XLV: Bartolomeo Belzeri e comp(agni)a di Lione per lor[o] conto aparte; Gutschrift am 11.12.1540: Et in detta lb 4844.17.8 tt(ornes)i facc(iam)o lor[o] buoni a buonconto nel grado sono per q(ua)ndo riscossi saranno per la a⁄2 al loro attenente del ritratto netto di più spezii venduti di conto loro (e) de’ n(ost)ri di qui per adreto del libro azurro p(er) meta venuti d’Alex(andri)a sul galeon di G[i]useph della Zecha per ritratto di robe che vi mandor[o]no a com(un)e con dan(ari) (e) come tutto apare per il conto datone loro copiato alle Ricordanze [a c.] 175 posto detti spezi dare in q(uesto). Der Eintrag in den Ricordanze weist allerdings einen Erlös von 10.830,1,5 livres tournois aus (SNS, AS, I, 550, c. 174v–175r).

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

vres tournois als pauschale Gebühr für die Kontenführung und die Korrespondenzen enthalten waren (s. Aufstellung 5).183 Den größten Anteil an der Rückladung hatte Ingwer (zenzero belledi) mit 50 Ballen im Warenwert von 8.752,15,11 livres tournois. Davon gingen vier Ballen zu 646,19,9 livres tournois (297,9,5 scudi di marchi) an den Straßburger Kaufmann Friedrich Rosselhart; sechs weitere Ballen erwarb Hans Ebel, der für die Straßburger Unternehmung der Erben Friedrich Prechters aktiv war184, zu 957,15,3 livres tournois (440,7 scudi di marchi), und 24 Ballen übernahm die Lyoner Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Lyon für 3.766,16,3 livres tournois (1.731,17,4 scudi di marchi).185 Aufstellung 5 Partie der Santa Croce bzw. des galeone della Zecca / Erlös der Importgüter aus Alexandria Objekt

Anzahl

Preis in livres

Zenzero belledi

50 balle, 1 fardello

Pfeffer

6 balle, 1 sacchetto

Garbello di zenzero

5 balle

494,10,1

Cotoni filati

5 balle

150,6,0

Polvere di zenzero

1 balla

37,14,0

Gutschrift für duc

150 duc venez. 102 duc ungar.

Sale Summe

186

Preis in scudi

8.752,15,11 737,7,7

619,16,0 36,8,6 10.830,1,5

4.979,6,3

Im Fall der Ladung auf der Santa Croce aus Alexandria lag der Wert der Rückladung deutlich über dem Warenwert der Hinreise. Außerdem wurde der Export der venezianischen Dukaten nicht durch ein anderes Stückgut ausgeglichen. Die hier auftretenden Differenzen können damit zusammenhängen, dass die Konten für den Erlös der Verkäufe in

SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 174v–175r; SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. XLV: Der Eintrag während der Allerheiligenmesse 1540 veranschlagt Spesen in Höhe von 1.140,6,1 livres tournois (was allerdings nur ein Teil der Spesen sein kann); die Fracht beziffert er mit 140 scudi monatlich; die Anzahlung setzt man mit 421 scudi di marchi an, allerdings notiert der Buchhalter in diesem Konto lediglich eine weitere Zahlung an Giuseph della Zecca und sein Schiff über 505,2,6 livres tournois als Anteil von einem Viertel für die Salviati. 184 Westermann/Westermann, Der Papier-, Kupfer- und Silberhandel, S. 253–255: Hans Ebel, der Susanne, die Tochter Friedrich Prechters d. Ä. geheiratet hatte, leitete die Firma der Prechter von 1536 bis zu seinem Tod 1543; später übernahm sein Schwager Wilhelm Prechter die Geschäfte der besonders in Lyon und in Frankfurt am Main tätigen Handlung. 185 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 26/XVI: Spezi di conto Averardo e Piero Salviati e co di qui e Bartolomeo Belzeri e co di qui per metà: dreto/drieto aus Alexandria auf galeone von Joseph della Zecca (Seccha, Sega) (20.8.1540). 186 Ein fardello = „Bündel“: Edler De Roover, Glossary, S. 116. 183

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Alexandria ebenso wenig wie der Erwerb der Waren für die Rückladung überliefert sind. Außerdem fällt der hohe Beitrag des Ingwers zum Import nach Marseille auf. Die nave des Antonio Parapugno nach Beirut Das fünfte joint venture ist schwer zu trennen von der genannten Reise der Torniera. Denn der Buchhalter der Salviati gab vorzugsweise nur die Herkunft der notierten Transfers an, so dass bei Lieferungen aus Beirut auf (nicht immer vorhandene) Spezifizierungen geachtet werden muss. Allerdings wurde dieses fünfte joint venture über verschiedene Stückgutfrachtverträge – nicht wie zuvor über eine einzige Reisecharter – abgewickelt. Mehrere Reeder werden in diesem Zusammenhang genannt, unter ihnen Antonio Parapugno. Er war der Eigentümer des auch als Santa Maria della Croce bezeichneten Schiffes Santa Maria – zu unterscheiden von der nach Alexandria gereisten Santa Croce. Die Stückgutfrachtverträge187, die die als Spediteure auftretenden Kaufmannbankiers Amiel Albertas & Joseph della Seta mit den Reedern abschlossen, erstreckten sich auf eine Gruppe von Schiffen, die in den Rechnungen als galeone del Re et altri navigli zusammengefasst werden. Überdies muss ein Schiff im Rahmen der Lieferungen aus Beirut nach Venedig gefahren sein, so dass ein Teil der angegebenen Ladungen vom Rialto nach Marseille bewegt wurde. Inwieweit auch die bisher beschriebenen joint ventures (auf der Floria, der Torniera, der Restina und der Santa Croce) dieser Form des Seefrachtvertrags, der Anlage von Stückgütern, entsprachen, ist nicht zu klären. Denn die Buchführung der Salviati weist nur die Zahlungen der Gelegenheitsgesellschaft Salviati-Welser-Albertas & Della Seta als „Ablader“ an einzelne Schiffseigner für die entsprechende Fracht aus. Daraus ist nicht zu erkennen, ob die besagte Gelegenheitsgesellschaft eine Ganzcharter unternahm. Allerdings registrieren die Konten die Fracht für Stückgüter wie die Zahlung eines nolo (= „Fracht“) für eine bestimmte Anzahl an Ballen oder pezze (= „Stücke“) einer Warengruppe.188 Letzteres erfolgte insbesondere im Fall der Zu- und Weiterlieferung nach und von Marseille. Auch in diesem Zusammenhang gründeten die Lyoner Salviati mit der dortigen Welser-Faktorei und Amiel Albertas & Joseph della Seta ein joint venture mit dem erprobten Anteil von je zwei Fünfteln für Salviati und Welser sowie einem Fünftel für Hans Wüstendörfer, Neuzeitliches Seehandelsrecht mit besonderer Berücksichtigung des angloamerikanischen und des internationalen Rechts. Ein Grundriß für Studierende und Praktiker, 2. durchgesehene und verbesserte Auflage: Tübingen 1950, S. 229: „Stückgutfrachtvertrag (Stückgütervertrag) bedeutet den Seefrachtvertrag, der sich bezieht auf einzelne Ladungsgüter oder einzelne Partien von Ladungsgütern. Die Beförderungsleistung wird hier in erster Linie bestimmt durch den Gegenstand der Ladung, nicht durch das Beförderungsmittel.“ 188 Für die Begriffe: ebd., S. 224–229. 187

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Albertas & Della Seta. Das entsprechende Konto für die Partie sah einen Anteil der Salviati und der Welser zu je 4.517,11,10 livres tournois (2.077,1 scudi di marchi) an der Fracht und der Ladung vor.189 Neben 160 Kerseys umfassten die Exportgüter der Santa Maria des Antonio Parapugno nach Beirut vor allem venezianische Dukaten (s. Aufstellung 6). Darunter befanden sich 1.000 venezianische Golddukaten, die von den Florentinern Lorenzo e Alessandro degli Strozzi & Co in Venedig auf die Reise gegeben wurden. Für die Sendung dieses ausgemünzten Edelmetalls musste die Gelegenheitsgesellschaft 1.215,8,4 scudi di marchi bezahlen, worin sowohl der reine Wert als auch die Speditionskosten enthalten waren.190 Aufstellung 6 Partie der nave des Antonio Parapugno / Exportgüter nach Beirut Objekt

Anzahl

Kerseys

160 pezze

Panni

20 pezzi

Ducati d’oro

1.800 duc veneziani

Scampaloni191

2 balle

Summe

Preis in livres

Preis in scudi

2.960,0,0

1.340,18,5

936,5,0

439,13,1

4.563,10,10

2.098,3,7

63,14,3

29,5,10

8.523,10,1

3.908,0,11

Die Frachtgebühren für die Rücksendung von Beirut über Marseille nach Lyon betrugen nach Ausweis des Kontos für die Importgüter auf der Santa Maria della Croce und den navili di Francia 174,18,4 scudi di marchi.192 Eine Abrechnung vom 16. April SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 34/XXXIIII: Robe per mandare a Baruti per conto di B(ar)tolomeo Belz(er)i e co di Lione (e) n(ost)ro per metà sopra le galeaze di Francia e altri naviry; Belastung: Et addj detto 𝛻 1215.8.5 di m(arch)i facc(iam)o buoni a Lorenzo e Alex(andr)o Strozi e co di V(enez)ja per costo e sp(ese) di ducati M d’oro veniziani che tanti ne mnador[o]no p(er) noi a Baruti sopra la nave S(an)ta M(ari)a della Croce padrone Ant(oni)o Parapugno per es(er)e consagnati a Filippo Antaldj / o / chi fussi per li Labia e loro per consegnarli a detti Guaspar Giraut (e) Lor(en)zo Fera n(ost)ri acomandatori li quali ducati 1000 costor[o]no la detta som(m)a come apar(e) al conto di detti Strozi per noi aparte Baruti al quale posti aver(e) in q(uest)o. Das würde bedeuten, dass beide zusammen auf 4.154,2 scudi kämen. 190 Ebd., c. 34; vgl. SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 163v: Copia d’uno conto dato a Bartolomeo Belzerj e co di Lione (Augustmesse 1540): P(er) costo di duc(a)tj 1000 d’(or)o jn oro Vinezianj e di peso conperj a Vin(ezi)a L(orenz)o e Alex(andr)o Strozj e co a lb 7.12.– p(er) d(uca)to e più tre p(er) c(ent)o da vantagio che montono lb 126.5.2 di grossj di Venezia e si val(u)ta ognj lb d(uca)tj 10 / corr(en)ti e ognj ducato corre(n)te lb 6.4.– di moneta e più p(er) loro p(r)ovision[e] co(n)s(olat)o e senseria lb –.6.10 dj grossi che in t(ut)to sono lb 120.12.– di grossj che v(aglio)no d(uca)ti 1266.– correntj che p(er) valersene ci ànno t(r)atto m(archi) 14.– d’(or)o a d(uca)ti 67 2⁄3 e m(archi) 4.5.14.4 a d(uca)ti 67 3⁄4 corr(en)ti p(er) m(ar)co che paregiono tal conto et vagliono quj 𝛻 1215.8.5 di m(archi) li quali d(uca)tj hanno carico sop(r)a la nave Santa Maria della + padrone Ant(oni)o Parapugno p(er) esser consegnatj a Filippo Antaldj huomo dellj Labia et luj p(er) co(n)segnarlj a dettj n(ost)rj acomandatarj vagliono – lb 2643.10.10. 191 Edler De Roover, Glossary, S. 259: scampaloni < scampolo (= „Kurzwaren“). 192 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 132: Spezi et altre / robe di conto di B(ar)tolomeo Belzeri e comp(agni)a di qui e n(ost)ro per metà venuti di Baruti con la nave d’Ant(oni)o Parapugno e navili di Fra(n)cia. 189

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

1541 für Frachten und Spesen betraf drei Schiffe: eine galiazza, einen galeone sowie das Schiff des Antonio Parapugno. Hier wurden Frachtgebühren, Waage-Gebühren, Verpackungen und Lagerung für 63 Ballen Galläpfel mit 676,13,9 livres tournois zusammengefasst.193 Die zwischen dem 10. Mai 1541 und dem 3. Mai des Folgejahres getätigten Verkäufe importierter Güter ergaben einen Ertrag von 4.836,5,7 scudi di marchi (10.518,17,6 livres tournois).194 Als bereinigte Einkünfte von den aus Beirut eingeführten Waren überwiesen die Lyoner Salviati der Welser-Faktorei am 1. November 1542 und am 17. Februar 1543 insgesamt 1.660,3,5 scudi di marchi (3.610,17,8 livres tournois).195 Der für die Salviati in Marseille tätige Kommissionär Michel Fortia vertrieb laut Konto vom 14. April 1541 Ingwer für 1.006 livres tournois, Pfeffer für 969 livres tournois, Muskatnüsse196 für 673 livres tournois und gerofani für 34 livres tournois. Überdies gaben Amiel Albertas & Joseph della Seta an, von der galeone del Re vier Bündel Zimt, acht Kästen Pfeffer, fünf Kästen Ingwer sowie sechs Kästen Muskatnüsse abgenommen zu haben.197 Allein der zuvor erwähnte Lyoner spezier Jean Camus erwarb für insgesamt 2.866,19,7 livres tournois (1.318,3 scudi di marchi) zwei Kästen Zimt, ein Bündel garbello, vier Ballen cherofani sowie fünf barili an scavachoni.198 Am 4. und am 8. November 1542 trug der Buchhalter der Salviati unter Verweis auf Stückgut von der galeone di Francia und anderen navili aus Beirut noch 48 Ballen Baumwolle – 33 Ballen cotoni sottili und 15 Ballen cotoni mezzane – im Wert von 2.320,2 livres ein. Der Lyoner spezier Claudio Testa erwarb die Baumwolle, während die spezieSNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 187r: Copia d’un conto ma[n]datocj da Marsilia Amiel Alb(er)tas e Giuseppe della Seta 1⁄5 – Apresso vi daremo co(n)to delle sp(es)o [!] fatte a balle 74 dj ghalle grosse di Levante ricevute p(er) voj dalla ghaleaza e ghalio(ne) del Rè e nave di Parapugni di poi giennaio 1541 in qua che a v(ost)ro hordine doma(n)dato Michel Fortia di Soria e il tutto mandato p(er) v(ost)ra commessione cioè balle 10 a v(ost)ri d’Anv(er)sa p(er) la nave di P(ie)ro Meglet di Raono et balle 64 a Roano a Tom(m)aso di Saldagna p(er) la nave Ghabriella padrone Giovannj Malto e balle otto e ja balletta in tutto cantara 29 lb 36 s’è ricevuto da detto Fortia p(er) p(ar)te de nolj dello [!] sua robe p(er) v(ost)ra p(ar)te che si tenghono in magazino franche dispezza a v(ost)ra stanzia e sono dette spesse come apresso. – Hier ist von nolo die Rede, das heißt für verschiedene Stückgüter, nicht für eine Reisecharter. 194 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 132/CXXXII. 195 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. 17/XVII: Bartolomeo Belzeri e co d(i) Lione p(er) loro conto de’ tempi. 196 Zu Muskatnüssen: Heyd, Geschichte, II, S. 623–627. Muskatnüsse wurden in der Küche und beim würzigen Wein verwendet. 197 SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 186v: Copia d’un conto ma[n]datocj da Marsilia Amiel Alb(er)tas e Giuseppe della Seta: Apresso vi daremo conto di spesse fatte a farde 4 di cannella mandatovi in casse 8 (h)a 7 colletj dj pepi 5 dj bellidi e 6 dj moscade ricevute dalla galliaja e ghallion del Rè 2 farde e dj cannella mandatovi in casse 3 colletto j° dj bellidj e j° dj noce ricevuto dalla nave di Parapugno et il tutto mandato Michel Fortia a v(ost)ro hordine di poi giennaio 1541 in qua e a lb 969.– dj pepe 673 dj noce 1006 dj bellidi e 34 dj gheroffani ricevuti da detto Fortia p(er) p(ar)te dj q(ue)llo vi debbe e il tutto mandatovi p(er) diversi charettieri e vetturalj e in le aiute dal Fortia vi s’è messo e le cento ultimo z(en)z(er)o r(ole) 68 e dj noce r(ole) 40 e tutto mandato in balle 17 e sono dette spesse come apresso. 198 SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 132: Spezi e altre robe di conto di Bartolomeo Belzeri e co di qui e nostri per metà venuti di Baruti con la nave di Antonio Parapugno e Navil di Francia. – Was scavaconi sind, kann ich nicht herausfinden. 193

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

ri Jean Camus et Jean Paffi & Co199 31 Ballen große Galläpfel und drei Ballen garbello di galle für 1.290,15,8 livres tournois übernahmen.200 Bemerkenswert an dieser Konstellation ist, dass Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon mit Jean Camus et Jean Paffi & Co das nächste joint venture für den Handel mit der Levante eingingen, mit den Welsern hingegen nicht mehr kooperierten.201 Die Santa Maria della Croce von Beirut hatte auch neun Ballen Corduan-Leder202 für 676,6 livres tournois geladen. Diese Ware transportierte man von Marseille aus nach Livorno und von dort nach Pisa, wo sie Averardo e Piero Salviati & Co an Lederhändler (choiai) in Pisa und Florenz verkauften. Für die Fracht von Südfrankreich und die dazugehörigen Zölle berechneten die Salviati in Pisa, die das Konto auf den 27. April 1541 datierten, 37,18,11 livres tournois.203 Im Juli 1542 traf in Marseille ein Schiff mit dem Namen Margherita aus Tripoli ein. Dieses führte als Stückgut für Amiel Albertas & Joseph della Seta sowie für die Lyoner Firma der Salviati und die dortige Faktorei der Welser 25 Ballen Baumwollstoff (domaschino di cotone filato) mit sich. Als Frachtgebühr zahlte die Gelegenheitsgesellschaft dafür 271,3,3 livres tournois.204 Die joint ventures im Levantehandel zwischen Kooperation und Konkurrenz Der Transfer von Gütern aus der Levante stellte die Handels- und Bankgesellschaften vor erhebliche Herausforderungen. Bartholomäus Welser & Mitverwandte zeigten sich sowohl interessiert an den Waren aus dem östlichen Mittelmeerraum als auch an neuen Vertriebswegen für ihr Quecksilber. Die Gelegenheitsgesellschaften, die sie mit Vgl. Gascon, Grand Commerce, S. 373: Jean Paffy kommt als hoch besteuerter Lyoner épicier vor, aber nicht als Gesellschafter mit Jean Camus. In den Notariatsunterlagen des Pierre Dorlin ist ein Partnerschaftsvertrag zwischen Jehan Paffi marchand espécier citoien de Lyon mit Barthelmy Paffi am 22.9.1536 registriert: ADR, Lyon, 3 E 4493 (Pierre Dorlin, Carnet, 1536), c. ijciiij. 200 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. CXIIII: Robe d(i) conto di Bartolonmeo [!] Belzeri e co di qui e n(ost)ro p(er) meta venute dj Baruti p(er) ritratto di robe mandatovi sop(r)a jl galeone d(i) Franc[i]a et altri navilj. 201 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R). 202 Vgl. Zedlers Universallexicon, Leipzig 1732–1754, Band 6, Sp. 1269–1270: Art. „Corduanmacher“. 203 SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 184v: Copia d’uno co(n)to madatoci li nostrj Salviati di Pisa / att(enen)tte a’ Belz(er)i (e) n(ost)ri p(er) a⁄2: Apresso vj daremo conto della fine e ritratto netto di balle vj grosse di chordoanj di Levante quali di Marsilia ci mandò gli Albertas e Seta p(er) ordine del v(ost)ro d. Lorenzo Pasquali p(er) la nave S(an)ta + quali sono segnati di v(ost)ro s(egn)o & co(n)tra seg(na)ti S. S. e di balle iiij° se n’è rifatto in iiij° p(er)a grosse e t(ut)ti sono finj e fattovj le spese e p(r)ima ---- di co(n)to del secondo viaggio di Bar(u)ti fra Bel(zer)i & noi p(er) meta; ebd., c. 185r: für zwei Ballen. Wichtigster Abnehmer sind Giovan Antonio Ghettini e Agostino Biagi & Co di Firenze mit insgesamt vier Ballen; vgl. Weitere Speditionskosten für die Santa Maria della Croce und die Galleon del Re für die Verschiffung von Marseille nach Pisa durch den Kommissionär Michel Fortia und die Kommissionäre Gaspar Girault & Lorenzo Fera, 7. / 14.4.1541: ebd., c. 188v. 204 SNS, AS, I, 550 (L LibRic Q), c. 258r; vgl. SNS, AS, I, 544 (L DebCred Q), c. 308: Spezi e altre robe di conto di Bartolomeo Belzeri e co di qui e nostri per metà venute da Barutti per ritratto di robe mandatovi (31.7.1542). 199

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon für den Export von Tuchen, Quecksilber und Zinnober eingingen, formalisierten die koordinatorischen Leistungen der Beteiligten, um Ladungen für den Export und Rücksendungen für die Einfuhr zu organisieren und zu finanzieren. Dabei vermittelten die Salviati die Verbindungen zu den in Marseille ansässigen Geschäftspartnern, die in diesem Zusammenhang als Spediteure auftraten. Amiel Albertas & Joseph della Seta verfügten ihrerseits über die nötigen Kontakte zu den Schiffseignern, mit denen sie Speditionsverträge für das joint venture abschlossen. Modern gesprochen übernahmen Albertas & Della Seta die Rolle von Logistikern, die mit den Reedern als Verfrachtern verhandelten und die Ladungen für den Handel mit dem östlichen Mittelmeerraum arrangierten. Dieses Vorgehen bestätigt die Überlegung von Sven Schmidt, der das verstärkte Engagement der Handelsgesellschaften im Speditionsgeschäft als Trend des 16. Jahrhunderts sieht.205 Eine ähnliche Entwicklung lässt sich auch für die Orientierung der Welser an Kooperationsformen wie dem joint venture beobachten. Im Zusammenhang mit den Partien in die Levante agierten die Augsburger Handelsherren als Einkäufer auf Beschaffungsmärkten, als Investoren und als Abnehmer auf Distributionsmärkten. Sie verließen sich dabei auf die Salviati, mit denen sie bereits in verschiedenen Formen kooperativer Beziehungen standen. Die Florentiner Kaufmannbankiers stellten die nötigen Verbindungen her, organisierten die Zusammenstellung der Ladungen und den Vertrieb von Importgütern. Im wesentlichen koordinierten sie die verschiedenen Beziehungen miteinander, um auf die spezialisierten Märkte des Levantehandels zugreifen zu können. Als Schlüsselinstrument hierfür hielten sie die Abrechnung über Lyon in der Hand. Denn die für die Abrechnung eingesetzte Buchführung sog Informationen auf und generierte bei der Datenverarbeitung Wissensbestände. Am Messestandort an Rhône und Saône integrierten die Salviati durch das koordinierende Vorgehen mit anderen Unternehmungen überregionale Beschaffungsmärkte mit regionalen Absatzmärkten und fügten überdies Unterbeteiligungen in den aufwändigen und kostspieligen Levantehandel ein.206 Die Vermittlungstätigkeit, die zu bemerkenswerten Koordinierungsleistungen führte, war Teil eines Prozesses, in dessen Verlauf Märkte konstituiert wurden. Sowohl in Marseille, wo Güterverkehr mit Transportangeboten verkoppelt wurde, als auch in Lyon, wo der Messehandel um zusätzliche Waren und Investitionsmöglichkeiten bereichert wurde, leistete die Verknüpfungstätigkeit der beiden Handels- und Bankgesellschaften Salviati und Welser der Entstehung einer doppelten Schnittstelle Vor-

Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 37. – Hierzu wäre anzumerken, dass im Bereich des Seehandels die Rollenschemata etwas anders definiert waren, weil die Reederei von jeher kapitalintensiv war und Verbindungen zwischen Exporteuren und Spediteuren hergestellt werden mussten. 206 Zum verstärkten Rückgriff auf Kommissionärsnetzwerke wie im Fall der vorgestellten joint ventures: Hildebrandt, Unternehmensstrukturen, S. 93–110. 205

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schub. Die Hafenstadt Marseille erschien dadurch nicht als gateway in der Verbindung des Seehandels mit dem südfranzösischen Hinterland, sondern als gateway zum nächsten gateway, nämlich Lyon. Auch die Messestadt Lyon am Zusammenfluss der wichtigen Verkehrsader Rhône mit der Saône war auf diese Weise nicht nur Eintrittstor in das französische Königreich und somit horizontale Schnittstelle für die attraktiven Märkte bestimmter Luxusgüter, sondern verband regionale und überregionale Märkte mit dem gateway Marseille. Die Kooperation der Salviati und der Welser in den joint ventures des Levantehandels war somit Teil eines verschiedene Märkte verkettenden Handlungsprozesses, der aus Lyon und Marseille Knotenpunkte auf mehreren Ebenen werden ließ.207 Güter wie Quecksilber, verschiedene Tuchsorten oder Ingwer motivierten die Organisation eines komplexen Transfersystems. Dessen Komponenten waren einerseits die Buchführung, die heterogene Handlungsträger in ihrer eigenen Logik homogenisierte, andererseits die Organisation des Transfers sowie die Formen des Konsums, welche die transferierten Güter einem Rekodierungsvorgang unterzogen. Die transferierten Güter wandelten sich in diesem Transferprozess zu Waren (commodities). Im Zug der Datenverarbeitung der Buchführung wurden die Vorgänge im Wechsel von Verfügungsrechten evaluierbar und damit auch die verhandelten Güter bewertet. Beim Transfer lösten sich die Güter aus ihrem vorherigen Kontext und Verfügungsrechte wurden neu definiert. Die Organsiation des Transfers durch die Kaufmannbankiers trug zur Neugestaltung der Güter im Levantehandel bei, wobei die Konsumpraktiken die Nachfrage nach bestimmten Gütern bedingten und in einer spezifischen Erwartung rekodierten.208 Buchhalterisch und finanziell stellte sich die Abwicklung der Partien im Levantehandel als komplexer Prozess dar: Denn der Koordinationsaufwand für den Export von Gütern, die eigens aus Flandern oder England herangeschafft werden mussten und dann mit Schiffen ins östliche Mittelmeer ausgeführt wurden, ebenso für den Import von Gütern, die als Rückladungen transportiert und anschließend dem Vertrieb zuge-

Besonders im Zusammenhang mit dem Levantehandel ergab sich im 14. und 15. Jahrhundert die „Eingliederung von Nicht-Messestädten ins europäische Handelsnetz“; hierbei wird zurecht auf Barcelona verwiesen, nicht jedoch auf Marseille: Michel Pauly, Vom regionalen Messesystem zum internationalen Netz von Messestädten, in: Gerhard Fouquet / Hans-Jörg Gilomen (Hgg.), Netzwerke im europäischen Handel (Vorträge und Forschungen, hg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte, 72), Ostfildern 2010, S. 49–100, hier: S. 95 f. Am Beispiel der Gelegenheitsgesellschaften Salviati-Welser-Albertas & Della Seta lässt sich nachvollziehen, welche Praktiken im Handel solchen Integrationsprozessen zugrunde lagen. 208 Zu diesem prozessorientierten Verständnis von Waren: Nicholas Thomas, Entangled Objects. Exchange, Material Culture, and Colonialism in the Pacific, Cambridge, Mass./London 1991, S. 39: „Commodities are here understood as objects, persons, or elements of persons, which are placed in a context in which they have exchange value and can be alienated. The alienation of a thing is its dissociation from producers, former users, or prior context. Prior context may refer to a commoditized person’s kin associations; these terms are deliberately vague in order to allow scope for the nuances of particular movements.“ 207

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

ordnet wurden, war sehr hoch und kostspielig. Überdies musste die Buchführung die langen Zeitspannen zwischen der Anfangsinvestition und dem endlichen Ausgleich der Konten nach Abschluss aller zu einer Ladung und ihrer Rückladung gehörenden Geschäfte verarbeiten. Die These von Stephan Selzer und Ulf Christian Ewert, dass in einem Handelsnetzwerk eine geringere „Informationskomplexität“ bestanden habe, lässt sich anhand der hier vorgestellten Koordination des Handelns auf den spezialisierten Märkten im Levantehandel nicht nachvollziehen. Wohl aber bestätigt sich die Vermutung, dass „die Partner nicht auf präzise Anweisungen aus der Konzernzentrale angewiesen“ waren, sondern die Faktorei der Welser und die Gesellschaft der Salviati in Lyon die von ihnen anberaumten Geschäfte weitgehend eigenständig betrieben. Allerdings wurden Konten für jede Ladung eines Stückgutes sowie die Abrechnungen von Fracht, Zöllen und konkreten logistischen Maßnahmen weitergeleitet. Inwieweit dieses Verfahren eine Eigenheit der toskanischen Kaufmannbankiers war, kann nur vermutet werden. Jedenfalls hatten sich die Beteiligten der joint ventures in Marseille der Rechnungspraxis der Florentiner Salviati angepasst und versendeten Konten, wie es offenbar in den Speditions- und Frachtverträgen festgelegt worden war.209 Dennoch lässt sich über die Buchführung der Salviati nachverfolgen, wie die Kooperation der Salviati, der Welser und von Amiel Albertas & Joseph della Seta Beschaffungs- sowie Absatzmärkte konfigurierte und marktförmige Transfers strukturierte. Der Export von Quecksilber auf Rechnung von Investoren und Kaufleuten wie Piero Crexeles in Montpellier oder die Parallelgeschäfte, die der Kommissionär der Salviati in Pera, Guglielmo da Sommaia, für Girolamo da Sommaia in Pisa betrieb, exemplifizieren die Konkurrenz um die Teilnahme am west-östlichen Güterverkehr. Es hat allerdings den Anschein, als hätten die Gewinnmargen der Exportgüter deutlich über denjenigen der Rückladungen aus der Levante gelegen. Die Erlöse mussten neben den Einkaufspreisen auch die Transferkosten ausgleichen. Über die Lyoner Messen vermochten die Salviati offenbar keine merklich höheren Reingewinne zu erzielen. Auch deutet sich die permanente Konkurrenz zu den anderen Handelsrouten wie über Ragusa und Ancona oder über Venedig an – die allerdings im Schatten der Gewürzrouten über Lissabon und Antwerpen standen. Die Beteiligung des Ragusaner Zwischenhändlers Stefano de’ Gradi an den durch die Salviati organisierten Schiffspartien im Levantehandel zeigt die Bedeutung von Unternehmen, die an anderen Handelswegen angesiedelt waren. Zudem war der Seetransport mit erheblichen Risiken behaftet, wie die Prise der Floria illustriert.

209

Selzer/Ewert, Netzwerke, S. 42 f.

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Gründe für ein zeitlich beschränktes Engagement im Levantehandel Nach diesen fünf joint ventures statteten die Welser und die Salviati keine gemeinsamen Partien in die Levante mehr aus. Dies mag zum einen damit zusammenhängen, dass die Welser unter Bartholomäus in den 1540er Jahren schrittweise einen Strategiewechsel vollzogen. Nachdem im Jahr 1540 die in einem Konsortium gemeinsam mit den Salviati getragene Seidenzollpacht ausgelaufen war, standen sie offenkundig nicht wieder für ein solches Projekt zur Verfügung, wohingegen die Salviati auch später noch in die Pacht der Gabelle involviert waren (s. Kapitel V.2). Möglicherweise erlebten die Welser dabei auch die Geschäftswelt im französischen Königreich (aus politischen Gründen) als zunehmend heikel. Zum anderen veränderten sich die Beziehungen zwischen den Handelsgesellschaften der Salviati und der Welser mit dem expansiven Kurs, den die Salviati mit der Neueröffnung ihrer von Lyon aus gesteuerten compagnia an der Schelde einschlugen. Dieses Eindringen in die Märkte Antwerpens nahmen die Welser wohl eher als Konkurrenzsituation wahr (s. Kapitel IV.4).210 Nach einem Vorläufergeschäft im Jahr 1549 kam am 10. Dezember 1550 ein Transfer von 90 Fässern Quecksilber und 24 Fässern Zinnober zustande, die Anton Fugger & Bruders Söhne für die Salviati nach Marseille lieferten. Mit einem Warenwert von 10.403,7,1 scudi di marchi handelte es sich um ein sehr umfangreiches Geschäft, in dessen Zuge die Fugger ihre Partner in Lyon mit dem Vertrieb beauftragten. Von 1547 bis 1550 hatten die Fugger die Pacht der Maestrazgos inne, wozu auch das Bergwerk von Almadén mit seinen Quecksilbervorkommen gehörte. Die Partie des Jahres 1549 betraf demgegenüber nur 30 cantara Quecksilber und 18 cantara Zinnober, welche „verdorben“ gewesen und daher vom Kunden nicht mehr akzeptiert worden seien. Allerdings wurden diese Ladungen nicht weiter in den östlichen Mittelmeerraum verschifft, sondern von Amiel Albertas in Marseille an verschiedene südfranzösische Händler wie etwa an das in der provençalischen Hafenstadt ansässige Einkäufer-Konsortium Guglielmo Bianco, Jean Ysach & Co und Jean Perret & Jean Riquer verkauft.211

Lang, Networks, S. 118. SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. 15: Argenti vivi e zinabri d(i) conto di Antonio Fuchari e nepoti deo(no) dare jn fiera di tutti santi ad(dì) 10 di dicenb(r)e lb 353.0.2 tt(ornes)i facc(iam)o buoni a Piero Alb(er)tas di Marsilia e sono p(er) tanti datocene conto p(er) lui Giovanni Rigogli aver fatto d(i) spese jn ricevere e mettere jn magazino 130 barili di detto argento e 40 di zinabri ch(e) à ricevuti jn dua volte comp(r)eso e’ noli pagati da Calis (h)a Marsilia e lb 211.17.6 tt(ornes)i p(er) vna avaria pagata fatta la nave Bischaina ch(e) portò 90 barili d’argento e 24 di zinabri ch(e) fece getto e vi fu danno 5.13 p(er) cento jl tutto come apare p(er) e’ co(n)ti datocene copiato alla Ric(ordanze) (ac) 225 avere l’Alb(er)tas a [[libro de’]] c(ommitten)ti (ac) 15 jn q(uest)o; ebd., c. XV; c. 159/ CLVIIII. Zum Vorläufergeschäft: SNS, AS, I, 579 (L CopLett T), c. 178v: An Anton Fugger & Neffen, Medina del Campo, 6.7.1549: 30 cantara Quecksilber (eigentlicher Warenwert: 1.170 livres tournois) und 18 cantara Zinnober (eigentlicher Warenwert: 882 livres tournois) ergäbe einen Gesamtwert von 2.052 livres tournois (= 943,8,6 scudi di marchi). Zum Vorgang selbst: Da Piero Albertas di Marsilia abb(iam)o aviso se gli aveva fatto vendita di cantara 30 d’argento vivo a lb 39 jl cantaro e di cantara 18 di zinabri a lb 49.-- p(er) pag(a)re alla fiera di pasqua 1550 e dipoi jn volendo farli pesare trovor(o)no e’ zinab(r)i essere la maggior parte rottj et messi jn polvere 210 211

Der Levantehandel als spezialisierter Markt

Während bei diesen Transfers mit der Faktorei der Fugger am spanischen Hof dieselben Verbindungen wie zuvor mit den Welsern genutzt wurden, schlossen die Salviati mit Amiel Albertas keine weiteren joint ventures für die Ausrüstung von Frachten für den Levantehandel. Vielmehr gingen Averardo e Piero Salviai & Co in Lyon dazu über, nicht nur wie bei den vorherigen Partien in die Levante Provisionen für die aufwendigen Transferleistungen zu nehmen, sondern zusätzlich die Bezahlung der Waren als Kreditgeschäfte abzuwickeln und dabei auf die dazugehörigen Wechsel eine Kommission aufzuschlagen. Im konkreten Fall bedeutete dies, dass die Salviati für den Vertrieb des im Auftrag der spanischen Fugger-Faktorei nach Marseille eingeführten Quecksilbers und Zinnobers eine Verkaufsprovision von 128,15,3 scudi di marchi sowie überdies 260 scudi di marchi Wechselkommission einzogen.212 Für die Salviati-Niederlassung in Lyon lassen sich einige endogene Argumente zusammentragen, weswegen sie nur in der relativ kurzen Phase zwischen 1538 und 1542 am Levantehandel mit großen Ladungen partizipierten. In den frühen 1530er Jahren durchlief die compagnia eine Konsolidierung, die die Investition in kapitalintensive Geschäftsbereiche eher hemmte. Den Vertrieb von Quecksilber konzentrierten sie auf Abnehmer im französischen Königreich. Den Import von Gewürzen oder Teppichen, vor allem aber Seidenmischprodukten organisierten sie nicht selbst, sondern übernahmen einzelne Lieferungen ihrer Ragusaner Korrespondenten.213 In der Mitte der 1540er Jahre fingen die Salviati an, zunehmend hohe Kredite aufzunehmen, um sich am Geschäft mit Anleihen an die französische Krone zu beteiligen. Investoren wie Bernhard Meuting ließen sich auch ohne die Vermittlung der Welser gewinnen. Dabei verschob sich die Ausrichtung der Handelsgesellschaft Averardo e Piero Salviati & Co in den Geschäftsbereich der Anleihemärkte, und folglich suchten sie vor allem Anschluss an Kreditnetzwerke, um hohe Einlagen zur Finanzierung von Kronanleihen aufnehmen zu können. Vor diesem Hintergrund erschienen die Partien im Levantehandel als zu kapitalintensiv und auch zu risikofreudig (vgl. Kapitel V.2). Das Scheitern der Filialgesellschaft in Antwerpen, die bereits 1544/45 abgewickelt werden musste, mag dazu beigetragen haben, dass die Salviati den Levantehandel nicht mehr auf eigene Initiative betrieben. Denn die compagnia in Antwerpen brauchte die Partien ins östliche Mittelmeer wohl für den Absatz von englischem Tuch. Da der Umfang der Ladungen auf diesem Vertriebsweg nicht für höhere Gewinne ausreichte, fielen die aufwändigen Ladungen für die Unternehmung insgesamt eher negativ ins Gewicht. Das allmähliche Abebben der kooperativen Beziehungen zwischen den Sal-

di modo che jl conperatore no(n) si co(n)tentava e sarà bisognato farlo alcuna faradel che no(n) sia p(er) ancora aviso quando alt(r)o se ne jntenda vi si dirà e del restante sarà p(r)oqurato [!] la vendita al più vantaggio si potrà. 212 SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. 159 (Argenti vivi e zinabri d(i) conto di Antonio Fuchari e nepoti); c. CLVII (Antonio Fuchari e nepoti p(er) lo(ro) conto de’ tempi). Weil es sich um ein Lorokonto der Fugger handelte, gingen Provisionen und Kommissionen zugunsten der Salviati. 213 Vgl. Lang, Oriental Rugs; vgl. Spallanzani, Carpet Studies, S. 71–74.

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viati und den Welsern führte offenbar zum Verzicht auf gemeinsame Vorhaben einer solchen Größenordnung wie im Levantehandel. Ein exogenes Argument für die zeitlich beschränkte Phase der von den Salviati organisierten Partien stellt die Orientierung des Handels mit Seide dar: Diesen quantitativ wichtigsten Geschäftsbereich versorgten die Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon mit Rohseide aus Spanien. Die heimischen Produktionsstätten der Seidengesellschaften in der Toskana belieferten die Salviati wie auch andere Florentiner oder Luccheser Unternehmer mit Rohseide aus dem italienischen Süden.214 Der Import von Seidentuchen nach Lyon kam auch ohne die großen Vorstöße in die Levante aus. Baumwolle hingegen, die einen Großteil der Lieferungen aus dem Osten ausmachte, wurde insgesamt weniger an der Rhône gehandelt.215 Überdies fungierten die Lyoner Messen zunehmend als Wechselmessen und Orte für Anleihegeschäfte, so dass die Partien in den östlichen Mittelmeerraum nicht zum Kerngeschäft der dort aktiven Süddeutschen und Florentiner gehörten. Auf Dauer erschienen den Salviati die eigenverantwortlich organisierten Partien im Levantehandel zu kapitalintensiv. Der hier vorgeführte Fall der Partien in die Levante zeigt allerdings auch, dass sich die Buchführung als Störfaktor erweisen konnte. Denn die Beschaffung der für den Transfer gedachten Waren, der Transport mit dem Schiff von Marseille in den östlichen Mittelmeerraum und zurück sowie der Absatz der exportierten bzw. importierten Güter wurden über Lyon verrechnet. Die Verrechnung teilte sich in unterschiedliche Konten auf: in Warenkonten, in Warenkonten als Konten für die jeweilige Ladung und Rückladung sowie in Personenkonten der Beteiligten und Investoren. Da vom Ankauf von Waren für den Export bis zum abgeschlossenen Vertrieb der eingeführten Güter ein Zeitraum von zwei Jahren verstreichen konnte, dehnte sich die Abrechnung zeitlich in die Länge. Die Lieferungen und die jeweiligen Abrechnungen mit den Beteiligten wurden in die Rikordanzbücher kopiert. Durch die Übertragung von Buch zu Buch und durch gestaffelte Abschlagszahlungen (auch an beteiligte Investoren wie Bernhard Meuting) wurde der einzelne Vorgang buchhalterisch vergleichsweise komplex, wenn nicht gar unübersichtlich. Die einzelnen Warenkonten dienten oft als Sammelkonten, in die verschiedene Transfers eingetragen wurden. Die Finanzierung der Partien in die Levante erschien entkoppelt von der Verrechnung der einzelnen Transfers. Auf der Ebene investierten Kapitals verarbeitete die Buchführung die getätigten Investitionen, auf der Ebene der Warenkonten die Einzelbehandlung von Gütern mit den dazugehörigen Spesen. Der

Lang, Seide aus Florenz. Gascon, Grand commerce. – Was ich an dieser Stelle nicht sicher sagen kann: Vermutlich nahm der Import von Gütern, die dem Levantehandel zuzuordnen wären, über das (östliche) Mittelmeer ab und die Märkte Frankreichs wurden über Bordeaux, Rouen und Calais versorgt. Eventuell stiegen die Stückgutzahlen über Sevilla und Antwerpen so stark an, dass auch in diese Richtung die Exportzahlen über Marseille und Lyon als Verrechnungsstelle abnahmen. 214 215

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Buchhalter der Salviati vermochte zwar unter entsprechenden Personenkonten nachzuvollziehen, wie sich investierte Kapitalien entwickelten, genauso wie er in den Warenkonten überprüfen konnte, ob sich der Transfer eines bestimmten Handelsgutes rechnete, doch in der Gesamtschau musste er sich schwer tun. Die Logik der Buchführung verlangte den Ausgleich eines Kontos, nicht unbedingt die Unterscheidung nach Vorgängen, die zu verschiedenen Ladungen gehörten. Denn die Buchführung nivellierte die Heterogenität der Vorgänge außerhalb der Buchführung, so dass letztlich austauschbar wurde, welcher Vorgang unter einem Titel (Kontenträger) subsummiert wurde. V.2

Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte

In seiner Darstellung der externen Netzwerke Florentiner Handels- und Bankgesellschaften (business partnership agglomerates) charakterisierte Richard A. Goldthwaite die Herrscherfinanzen (government finance) als eines der drei wichtigsten Geschäftsfelder, welche die in Lyon angesiedelten Kaufmannbankiers betrieben.216 Jüngste Forschungen haben darüber hinaus gezeigt, dass Herrscherfinanzen nicht allein aus dem Geschäft mit Kronanleihen bestanden, sondern in einem komplexen Gefüge aus Service- und Transferleistungen für die Krone, den König, den Hof, die hohe Finanzadministration und die Kirche sowie kirchliche Orden bestanden. Dabei spielten die persönlichen Beziehungen zwischen den Kaufmannbankiers, den Vermittlern der Krone sowie Amts- und Würdenträgern die wesentliche Rolle.217 Die Schuldbeziehungen der herrschaftlichen Akteure zu den Kaufmannbankiers, die im Auftrag von Krone und Kirche finanzielle Transfers tätigten, waren an Bedingungen geknüpft, die weitgehend außerhalb marktökonomischer Konstitution lagen. Der enorme Bedarf des Königs an Bargeldressourcen zur Finanzierung seiner ambitionierten Politik illustriert eine eigene ökonomische Logik, an die sich verschiedenartige Märkte – etwa für militärische Leistungen218 – anlagerten. Die Kreditbeziehungen zwischen der Krone und den Bankhäusern stehen im Vordergrund einer Analyse der

Vgl. Kapitel III. Tewes, Kampf; Lang, Herrscherfinanzen. – Einen sehr anschaulichen Einblick in solche komplexen Zusammenhänge zwischen diplomatischem Personal, den Vertretern von Handelsgesellschaften und Gelehrten gibt am Beispiel der Verflechtungen von Anton bzw. Bartholomäus Welser & Mitverwandte: Mark Häberlein, Kaufleute, Höflinge und Humanisten: Die Augsburger Welser-Gesellschaft und die Eliten des Habsburgerreiches in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in: Zeitschrift für Historische Forschung 43 (2016), S. 667–702. 218 Vgl. Heinrich Lang, Kriegsunternehmer und kapitalisierter Krieg: Condottieri, Kaufmannbankiers und Regierungen als Akteure auf Gewaltmärkten in Italien (1350–1550), in: Philippe Rogger / Benjamin Hitz (Hgg.), Söldnerlandschaften. Frühneuzeitliche Gewaltmärkte im Vergleich (Zeitschrift für Historische Forschung. Beihefte, 49), Berlin 2014, S. 47–66. 216 217

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Herrscherfinanzen, aber die Motive für das gegenseitige Engagement lassen sich nur verstehen, wenn man Serviceleistungen wie die Belieferung des königlichen und der hochadeligen Haushalte mit Luxusgütern oder die Transfers kirchlicher Abgaben im französischen Königreich und von dort an die Apostolische Kammer in die Überlegungen einbezieht.219 Die Diskussion von kooperativen Handlungsmustern im Zusammenhang mit den Herrscherfinanzen als spezialisierte Märkte und der konstitutiven Bedeutung von Koordinationsleistungen der Beteiligten am Marktgeschehen lenkt den Blick jedoch vor allem auf das Vorgehen der in Lyon ansässigen Handels- und Bankgesellschaften. Die Spuren in der unternehmerischen Buchführung verweisen auf Formen marktwirtschaftlichen Handelns, das den strukturellen Besonderheiten dieses wirtschaftlichen Feldes Rechnung trägt. Die dadurch motivierten Organisationsformen der beteiligten Unternehmungen miteinander (interfirm organization) konfigurierten die an das Anleihegeschäft angelagerten Märkte, die zum einen ihre Marktregeln durch das Zusammenwirken heterogener Akteure erhielten, die zum anderen aber durch die Kooperation und Konkurrenz der beteiligten Unternehmen konstituiert wurden. Vordergründig sind es die Personenkonten des Königs selbst oder wichtiger Amtsträger, die die Schuldbeziehungen der Kaufmannbankiers mit den herrschaftlichen Akteuren zeigen, und die Hinweise in den Korrespondenzen zwischen den Unternehmen. Aber die im Salviati-Archiv überlieferte Buchführung der in Lyon niedergelassenen compagnia der Salviati gibt die Vielschichtigkeit der mit den Herrscherfinanzen verwobenen Transaktionsfeldern preis. Das kooperativ angelegte Vorgehen der Faktorei der Welser in Lyon und der Salviati markiert nicht nur eine bisher kaum untersuchte Ebene der französischen Herrscherfinanzen, sondern charakterisiert die Kreditmärkte, die durch die Herrscherfinanzen erzeugt wurden und die das Geschäft mit den Kronanleihen trugen. Diese Beschaffenheit der Herrscherfinanzen weist die mit ihnen in Verbindung stehenden Märkte als spezialisierte Märkte aus, die vor allem auf sachlicher Spezialisierung und vertikaler Integration beruhten. Herrscherfinanzen als Forschungsfeld Wiewohl die monumentale Studie von Richard Ehrenberg „Das Zeitalter der Fugger“ über hundert Jahre alt ist, erscheint sie mit Blick auf die kaiserlichen und die französischen Herrscherfinanzen während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in ihrer systematisierenden Weise, die die Finanzbeziehungen zwischen Kaufmannbankiers und den gekrönten Häuptern in andere ökonomische Felder eingelassen analysiert,

Für dieses „weitere“ Verständnis von Herrscherfinanzen: Lang, Herrscherfinanzen. En passant: Tewes, Kampf. 219

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bis heute als geradezu einzigartig.220 Darüber hinaus erklärte Wolfgang von Stromer in seinem umfassenden Werk zur ‚Oberdeutschen Hochfinanz‘ im Spätmittelalter die Bedeutung der Einbettung der finanziellen Beziehungen zwischen Bankiers und Kronen in Finanz- und Kreditmärkte, an denen die Bankiers der Reichsstadt Nürnberg des 14. Jahrhundert beteiligt waren.221 Für die Regierungszeit von König Franz I. fehlt ein entsprechender Ansatz. Im Jahr 1555 initiierte die hohe Finanzadministration König Heinrichs II. den Grand Parti, der die Aufnahme von Kronanleihen durch die vorherige Festsetzung einer Gesamtschuld und die verzinste Rückzahlung auf zehn Jahre hin regulierte, und unternahm damit einen wichtigen Versuch zur Fundierung königlicher Schuld. Drei Untersuchungen nehmen die Perspektive der beteiligten Kaufmannbankiers ein: Im Fall der Augsburger Netzwerke um die Handelsgesellschaft Neidhart ist es die Habilitationsschrift von Mark Häberlein222; im Fall des Florentiner Geschäftsmannes Giambattista Botti handelt es sich um die Auswertung von dessen Schuldbüchern durch Angela Orlandi223; im Fall der Kooperation der süddeutschen und der florentinischen Bankiers hat der Autor hinsichtlich der Regierungszeiten Franz’ I. und Heinrichs II. zwei Studien vorgelegt.224 Die zumeist verfolgten Ansätze zur Analyse der französischen Herrscherfinanzen sind zum einen auf die institutionelle Zentralperspektive der französischen Kronfinanzen fixiert, zum anderen auf die Beziehungen zwischen den Bankiers und dem Monarchen. Die Verschuldung der französischen Krone infolge der machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen dem Haus Valois und den Habsburgern ist bereits ausführlich beschrieben worden.225 Die beteiligten Herrscher wie Franz I. (reg. 1515– 1547)226 und Heinrich II. (reg. 1547–1559)227 sind biographisch erfasst und die Geschichte des Königreiches während dieser Zeit entsprechend aufgearbeitet worden.228 Die personelle Zusammensetzung der königlichen Finanzverwaltung sowie die Refor-

Ehrenberg, Das Zeitalter. Wolfgang von Stromer, Oberdeutsche Hochfinanz 1350–1450 (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte; Beihefte, 55–57), Wiesbaden 1970. 222 Häberlein, Brüder. 223 Orlandi, Le Grand Parti. 224 Lang, Herrscherfinanzen; ders., Credito e insolvenza sovrana. I prestiti alla Corona francese di mercanti-banchieri toscani e tedeschi meridionali (1550–1559), in: Annali dell’Istituto Storico Italiano-Germanico in Trento 41 (2015), S. 12–38. 225 Spont, Semblançay; Wolfe, The Fiscal System. – Speziell zur Situation von 1523: Doucet, L’état; Richard Bonney, France, 1494–1815, in: Ders. (Hg.), The Rise of the Fiscal State in Europe, c. 1200–1815, Oxford 1999, S. 123–176; Baumgartner, France; Knecht, Renaissance Warrior. 226 Knecht, Renaissance Warrior. 227 Frédéric J. Baumgartner, Henry II King of France 1547–1559, Durham/London 1988. 228 Baumgartner, France. 220 221

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men der fiskalpolitischen Institutionen und Instrumente hat Philippe Hamon für die Regierungszeit König Franz’ systematisch und erschöpfend dargestellt.229 Franz I. erbte die Machtansprüche seines Vorgängers und Schwiegervaters, Ludwig XII. (reg. 1498–1515), und führte damit auch die Kriegszüge nach Italien weiter, um die Herrschaft über das Herzogtum Mailand zu gewinnen. Bei der Niederlage von Pavia 1525 geriet er jedoch in Gefangenschaft. Seit seiner Rückkehr nach Frankreich 1526 war König Franz bestrebt, das Regime um die zeitweilige Regentin, seine Mutter Louise von Savoyen230, zu entmachten und dauerhafte Finanzinstitutionen aufzubauen. Seine Maßnahmen ließen insbesondere mit der Einrichtung des Amtes des „Generaleinnehmers“, dem trésorier de l’épargne, für die Domäneneinkünfte und den Staatseinnahmen in besonderen Fällen, der extraordinaires, eine administrativ zentralisierte und personell auf den Hof hin ausgerichtete hohe Finanzverwaltung entstehen.231 Allerdings explodierte der Aufwand für die militärischen Unterfangen des Herrschers, welche sich zu einem Mehrfrontenkrieg gegen Kaiser Karl V. auswuchsen, ins Unermessliche. Dadurch sah sich Franz immer wieder gezwungen, an der regulierten und effektiver gestalteten Steuererhebung vorbei auf althergebrachte Mittel wie Darlehen von Bankiers, erzwungene Kredite von Kaufmannschaften, Konfiskationen, Entäußerung von Eigentümern der Krone und Steuerverpachtungen zurückzugreifen.232 Sein Sohn Heinrich II., der von 1552 bis 1559 erneut gegen den Habsburger-Kaiser Karl und dessen Sohn Philipp II., König von Spanien, zu Felde zog, lieh sich in immer höherem Umfang Geld von den in Lyon angesiedelten süddeutschen, spanisch-portugiesischen und toskanischen Kaufmannbankiers, bis er schließlich 1555 mit der regulierten Fundierung seiner Schuldaufnahme im Grand Parti auf die desaströse Situation seiner Finanzen reagieren musste.233 Mit dem Scheitern der Partis infolge der eingetretenen Überschuldung war die französische Krone nicht nur zahlungsunfähig, sondern sie wandte sich abermals der Einwerbung von Darlehen zu: Einerseits sollte ein kompletter Zahlungsausfall vermieden werden, andererseits benötigten auch Heinrichs Nachfolger – Franz II. (reg. 1559–60) und Karl IX. (reg. 1560–74) – weiterhin zusätzliche finanzielle Mittel, als sie ihr Königshaus im Ringen um die Macht in Frankreich Hamon, L’argent; Phillipe Hamon, „Messieurs des finances“: les grands officiers de finance dans la France de la Renaissance, Paris 1999. 230 Robert Maulde-La-Clavière, Louise de Savoie et François Ier. Trente ans de jeunesse (1485–1515), Paris 1895. 231 Hierüber herrscht Dissens in der Forschung: Roger Doucet bewertet die Reformen Franz’ I. als Stückwerk, Martin Wolfe erkennt mittelfristig angelegte Strategien, die ihre Wirkung auf Dauer durchaus entfalteten. Eine tiefergehende Untersuchung findet sich bei Hamon, der die Einführung des trésor de l’épargne als strukturelle Richtungsentscheidung darstellt, andere Reformen dieser Periode hingegen als „punktuelle“ Maßnahmen qualifiziert: Hamon, L’argent, S. 257–263. 232 Wolfe, Fiscal System, S. 77–86, S. 93–96; Hamon, L’argent, S. 429–442, S. 257–263; vgl. Donald Potter, Renaissance France at War. Armies, Culture and Society, c. 1480–1560, Woodbridge 2008. 233 Doucet, Le grand parti; Ders., Finances; Ders., La banque; Ders., Les institutions de la France au XVIe siècle, 2 Bde., Paris 1948. 229

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verteidigen mussten und im Jahr 1562 der erste Hugenottenkrieg einsetzte.234 Dazu griff die königliche Regierung wieder auf die Verpachtung von Steuern an Hofbankiers zurück und bediente sich, soweit möglich, des überkommenen Instrumentariums zur Aufnahme von Anleihen.235 Daneben wurde vor allem das binäre Verhältnis einzelner Kaufmannbankiers zum jeweiligen französischen Monarchen charakterisiert. Die Studie von Michel Mollat zum aus Bourges stammenden Kaufmann und Financier Jacques Cœur (1395–1456) und dessen engen Beziehungen zu Karl VII. (1422–1462)236 zählt dabei zu den klassischen Abhandlungen.237 Andere Handelsleute wie der Nürnberger Hans Kleeberger haben in der Forschung als Kreditvermittler Beachtung gefunden.238 Im Falle der Gruppe um den Augsburger Sebastian Neidhart und den aus St. Gallen stammenden, in Augsburg eingebürgerten Welser-Schwiegersohn Hieronymus Sailer hat Mark Häberlein auf die wichtige Rolle von Kreditvermittlern wie Guaspare Ducci, der in Antwerpen aktiver Teilhaber an der Unternehmung Neidharts und Sailers war, und die Absicherung der Anleihestrategien durch die innerhalb landsmannschaftlicher Strukturen etablierten Netzwerke hingewiesen.239 Eine erste Studie zum unternehmerischen und kooperativen Vorgehen der in Lyon tätigen Handels- und Bankgesellschaften wie der Florentiner Salviati thematisiert die verschiedenen Facetten der Herrscherfinanzen und leuchtet auf diese Weise das für die Florentiner Kaufmannbankiers wichtige ökonomische Feld aus.240 Eine jüngere Tendenz der Forschung befasst sich mit der Entwicklung im Spanien Philipps II. in Abhängigkeit von den Märkten für südamerikanisches Silber. Während der Zusammenhang von wirtschaftlichen Konjunkturen und dem Zustrom von Silber schon länger bekannt und die Lieferungen des begehrten Edelmetalls aus den spanischen Kronkolonien in Amerika gut erforscht sind241, verfolgen die neuen Studien die kausale Verkettung von Silber- und Geldmärkten mit der wirtschaftlichen Entwicklung von Kredit- und Warenmärkten. Namentlich Hans-Joachim Voth und Mauricio Drelichman zeichnen kliometrisch die ökonomische Schwäche des spanischen KöBaumgartner, France, S. 129–133. Claude Dulong, Mazarin et l’argent. Banquiers et prête-noms, Paris 2002; vgl. Mark Greengrass, France in the Age of Henri IV. The Struggle for Stability, London/New York 1984. 236 Philippe Contamine, Charles VII: une vie, une politique, Paris 2017. 237 Michel Mollat, Der königliche Kaufmann: Jacques Cœur oder der Geist des Unternehmertums, München 1991. 238 Vial, Jean Cleberger. Als jüngste Publikation zu Hans Kleeberger mit den Angaben zu seiner Biographie: Weingärtner, Hans Kleeberger. – Hier greife ich den Begriff der intermédiaires auf, mit dem Philippe Hamon ein Kapitel in „L’argent du roi“ überschreibt. Im Abschnitt über den Kreditmarkt stellt er die agents de la monarchie, die prêteurs und die intermédiaires vor. Hamon bezieht ihn aber nur auf „institutionell ungebundene“ Bankiers, die man in diesem Zusammenhang als die prominentesten Beispiele für Kreditmakler (Hans Kleeberger und Albizzo del Bene) beschreiben kann. Hamon, L’argent, S. 143–146. 239 Häberlein, Brüder, S. 132–147, S. 156–167. 240 Lang, Herrscherfinanzen. Vgl. Goldthwaite, The Economy, S. 230–262. 241 Earl J. Hamilton, American Treasure and the Price Revolution in Spain, 1501–1650, Cambridge 1934; Michel Morineau, Incroyables Gazettes et Fabuleux Metaux, Cambridge 1985. 234 235

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nigreichs nach, indem sie für die Anwendung des Theorems der „Niederländischen Krankheit“ auf den boomenden Silberzustrom als Ursache für den Einbruch der Warenwirtschaftskreisläufe votieren.242 Allerdings zeigen diese Analysen, die vor allem auf das späte 16. und das frühe 17. Jahrhundert fokussiert sind, auch deutlich das Auseinanderdriften von zwei Finanzierungswelten innerhalb der europäischen Wirtschaft: des eher florentinisch geprägten, französischen Zusammenhangs und des für die spanischen Herrscherfinanzen maßgeblichen genuesisch geprägten Orbits.243 Die Dimensionen der Herrscherfinanzen Das ökonomische Feld der Herrscherfinanzen umfasste drei wesentliche Bereiche. Zunächst ging es um die finanziellen Beziehungen zur Krone, die aus Kreditleistungen und Steuer- bzw. Zollpachten bestanden. Daneben unterhielten die Kaufmannbankiers enge Kontakte zu kirchlichen Institutionen, für die sie Transfer- und Serviceleistungen erbrachten. Ein dritter Bereich waren Verbindungen zu Amts- und Würdenträgern sowie deren Haushalten. Die Versorgung des Hofes, kirchlicher Institutionen und adeliger Haushalte mit Luxusgütern gehörte auch zum Aufgabenspektrum, welches als Serviceleistungen unter die Herrscherfinanzen fällt. Zwar versuchte König Franz I. mit der Schaffung des erwähnten Zentralschatzes, des trésor de l’épargne, und des dazugehörigen Amtes des Schatzmeisters sowie der Zuordnung der regelmäßigen Verwaltung und Besteuerung seiner Domänen, den finances ordinaires, der wuchernden Schuldenaufnahme zu entkommen. Doch der Bereich der außerordentlichen Finanzen, der finances extraordinaires, mit den Steuerpachten und der Aufnahme schwebender Schuld blieb bestehen. Mehr noch, er gewann rapide an Bedeutung. Denn die andauernden militärischen Aktivitäten des Königs, welche in eine nicht abreißende Serie auszehrender Kriege seit seiner Krönung im Jahr 1515 bis zum Frieden von Cateau-Cambrésis kurz vor den Tod seines Sohnes 1559 mündete, erzeugten einen geradezu unstillbaren Bedarf an finanziellen Mitteln.244 Mauricio Drelichman, The curse of Moctezuma: American silver and the Dutch disease, in: Explorations in Economic History 42 (2005), S. 349–380, hier S. 374: „The already indebted crown resorted to creative finance, leveraging the expected revenues from the Indies to assemble powerful armies and fleets with which to project its power over the known world and be the first to reach the yet unknown. Fueled by American treasure, this drive dwarfed any other factors that might explain the movements of the real exchange rate in the second half of the 16th century, which confirm that both Crown and private individuals expected increasing revenues, either from American mines or from military conquest. Large demographic changes or monetary disturbances, the main contenders when it comes to persistent changes in the real exchange rate, came too late to have any possible impact.“ Vgl. Drelichman/Voth, Funding Empire; Drelichman/Voth, Lending. 243 Lang, Dan auf disen vornemen handelsplatzen. 244 Wolfe, Fiscal System, S. 77–86; Hamon, L’argent, S. 257–263; speziell: Gilbert Jacqueton, Le Trésor de l’Épargne sous François Ier (1523–1547), in: Revue Historique, 55 (1894), S. 1–43; 56 (1894), S. 1–38; der flexible Einsatz von finanziellen Mitteln: Potter, Renaissance France, S. 212–220. 242

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Das typische Verfahren, auf das die französischen Könige immer wieder zurückgriffen, war die Aufnahme von Krediten, die mit künftigen Einnahmen aus Steuern oder Zöllen gedeckt und refinanziert werden sollten. Ähnlich wie bei der Pacht der Einkommen aus den Gütern der spanischen Ritterorden (Maestrazgo-Pacht), die der spanischen Krone zur Rückzahlung ihrer umfangreichen Anleihen bei süddeutschen und genuesischen Bankiers verhalf245, bediente sich die französische Krone der Verpachtung ihrer Salzsteuer (gabelle du sel) oder der Zolleinnahmen an der Rhône wie des Seidenzolls (gabelle de draps d’or et de soie), um ihre bei den in Lyon ansässigen Kaufmannbankiers aufgenommenen Gelder zurückzuzahlen.246 Daneben nutzte König Franz I. zur Akquise finanzieller Mittel Instrumente wie Zwangskredite. Nach dem Beginn des Krieges mit Karl V. im Jahr 1521 ließ er die Florentiner Kaufmannbankiers in Lyon zunächst festsetzen und presste ihnen dann ein Darlehen über 100.000 livres ab. Vermutlich fiel der Abschluss des Vorvertrages mit den Salviati und den Welsern für die Pacht des Seidenzolls gegen eine vergleichbar hohe Kreditzahlung in diesen Kontext.247 Erst 1536 erlangten die Florentiner Handelshäuser ihre Privilegien in vollem Umfang zurück. Der französische König hatte es dem erwähnten Kardinal François de Tournon, Erzbischof von Auch (1489–1562)248, zu danken, dass sich die toskanischen Bankiers auch nach den Unannehmlichkeiten von 1521 bereitfanden, der Krone weiterhin Kredite einzuräumen.249 Dabei gelang es Franz I. auf Vermittlung des Kardinals de Tournon hin, persönliche Darlehen einzuwerben: Am 21. Mai 1542 vereinbarte man mit Raffaello Corsini e Giovanni Altoviti & Co einen kurz terminierten und hochverzinsten Kredit. Die Unternehmung Averardo e Piero Salviati & Co beteiligte sich daran mit fast 14.500 livres tournois, deren Rückerstattung allerdings über drei Jahre verzögert wurde.250 In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass die in Lyon angesiedelten Kaufmannbankiers auf juristischer Absicherung beharrten. Die Verträge über die Kronanleihen legten sie bei den dortigen Notaren ab. In den 1540er Jahren spielte dabei der bereits genannte Lyoner Notar Pierre Dorlin eine wichtige Rolle als Verbindungsmann für die Florentiner und die süddeutschen Kaufmannbankiers.251 Dessen Sohn Nicholas Dorlin trat als Notar für die Beglaubigung des Erwerbs von Anteilen am Grand Parti auf.252 Im Jahr 1546 vermittelten Bartholomäus Welser & Mitverwandte eine Beteili-

Hermann Kellenbenz, Die Fuggersche Maestrazgopacht (1525–1542): Zur Geschichte der spanischen Ritterorden im 16. Jahrhundert, Tübingen 1967; Carande, Carlos V. 246 Lang, Herrscherfinanzen, S. 482 ff. 247 Vgl. ebd., S. 484 248 Doucet, Finances municipales, S. 18; S. 24; Knecht, Renaissance Warrior, S. 611; Hamon, L’argent, S. 168. 249 Knecht, Renaissance Warrior, S. 345, 365, 486, 499, 505 f.; Hamon, L’argent, S. 163–170. 250 Lang, Herrscherfinanzen, S. 489. 251 Vgl. ADR, Lyon, 3 E 4493 (Pierre Dorlin, Carnet, 1536). 252 Orlandi, Le Grand Parti, S. 84. 245

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gung an einem Kredit an den französischen König über 2.300 scudi di sole. Den Vertrag über diese Anleihe von insgesamt 4.000 scudi di sole bezeugte Lorenzo Pasquali vor besagtem Pierre Dorlin.253 Die oben angesprochene accomandita der Lyoner Salviati-Gesellschaft mit den Kurienbankiers Bernardo da Verrazzano e Buonaccorso Rucellai & Co nach 1513 (s. Kapitel III.4.2) verfolgte die Absicht, den Finanztransfer zwischen Lyon und Rom abzuwickeln. Ebenso lässt sich die Beteiligung der Florentiner Girolamo Frescobaldi & Co in London an der Gesellschaft Iacopo e redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon zwischen 1513 und 1517 deuten. Denn mit den Frescobaldi betrieben die Lyoner Salviati einen stetigen Kapitaltransfer zunächst von Brügge, dann von Antwerpen und London über Lyon nach Rom.254 Für die Abwicklung finanzieller Transfers der Salviati-Gesellschaft am Zusammenfluss von Rhône und Saône im Auftrag der Kirche war die Position des Unternehmensoberhauptes in Rom, Iacopo Salviati, entscheidend. Papst Leo X. hatte in seinem Schwager Iacopo Salviati einen verlässlichen Kurienbankier, den er neben den zentralen Funktionen bei der Apostolischen Kammer mit dem Depositariat der Kirchenprovinz der italienischen Romagna betraute (s. Kapitel III.4.1).255 Der Transfer kirchlicher Gelder in Höhe von 10.986,14,4 scudi di marchi während der Allerheiligenmesse 1518 über Antwerpen und Lyon nach Florenz und Rom illustriert die Serviceleistungen der Bank Iacopo Salviatis für das Kirchenoberhaupt. Von Antwerpen aus schickten Raffaello de’ Medici & Co den Betrag nach Lyon, von wo aus die dortige compagnia der Salviati das Geld auf dem päpstlichen Konto gutschrieb und in kleinen Tranchen über verschiedene Korrespondenten wie den in solchen Zusammenhängen bereits vorgestellten Feo Belcari der Verwaltung päpstlicher Finanzen durch Iacopo Salviati nach Florenz remittierte.256 Zu Beginn des Jahres 1517 überwies der Geschäftspartner der Lyoner Salviati, Bernardo Salviati am französischen Hof, SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. CCLXV: Vno amico di Bartolomeo Belzeri d’Augusta p(er) suo conto ap(ar)te de havere addj 19 dj aprile 𝛻 2300 d’oro di * facciamolo credit(ore) a buonconto nel grado sono e p(er) quando riscossi saran(n)o p(er) al tanti p(re)statone p(er) lui di com(missione) di detto B(ar)t(olome)o al Xmo Re di Francia p(er) insin[o] a pagam(en)ti di questa prox(im)a fiera di pasqua in s(enseri)a di 𝛻 iiijM che li altri atteng(on)o a noj e dj tutti insieme s’è ne p(r)eso obligo questo dj p(er) pagare a noi / o / al n(ost)ro L(ionar)do Spina / o al n(ost)ro L(orenz)o Pasq(ua)li p(er) man di P(ie)ro Dorlin e p(er) detta M(aes)ta Xma l’anp(iamen)to m(aest)ro Gian Dup(ra)t locoten(en)te di questa terra e m(aest)ro Martin de Troyes tesoriere sua procc(urato)re con le cautioni che in detto obligo appayono la qual M(aes)tà Chr(istianissi)ma posto dare a vno conto apparte (e) in som(m)a di 𝛻 iiij°M di * in questo. 254 Vgl. Lang, Herrscherfinanzen; Tewes, Kampf. 255 Tewes, Kampf; Lang, Herrscherfinanzen. 256 SNS, AS, I, 456 (L DebCred C), c. LXXXXVII: Leo Papa X de avere jn f(ier)a di t(ut)ti santj 1516 𝛻 330 14⁄24 m(arch)i a 69 p(er) 𝛻 rim(ess)i p(er) luj d’Anv(er)sa Rafaello de’ Medicj e co p(er) loro l(etter)a de dì 7 d’ottob(r)e da Ghondi e Vechiettj dare a lib(r)o di fiera a [c] 21 a l’ent(rat)a a [c.] 1 a la c(ass)a […] Et 𝛻 10656 1⁄9 m(arch)i a g(ross)i 69 p(er) 𝛻 rim(essi) p(er) luj li dettj Medicj p(er) loro l(etter)a del detto dì in noj medesimj chontj a loro e t(rat)ti p(er) Iac(op)o Salviatj ap(ar)te S. […] Nota che le sop(r)a dite ij partite sono p(er) duc 10M a g(ross)i 76 p(er) duc chome dise detto Rafaelo andor(o)no e’ d(anari) p(er) Roma che doveva pa la a la S(anti)ta 253

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weitere 4.950,19,1 scudi di marchi, welche ebenfalls auf die Konten Leos X. bei Iacopo Salviati transferiert wurden. Iacopo seinerseits beglich durch das Florentiner Stammhaus im Auftrag des Papstes Rechnungen bei verschiedenen Bankiers seiner Heimatstadt.257 Papst Leo ermächtigte Iacopo Salviati im Dezember 1516, die Überweisungen für die an König Franz I. konzedierte Verwendung des kirchlichen Zehnts zu tätigen.258 Allerdings versäumten es zunächst Francesco Naldini, dann vor allem Lionardo Spina die hierfür fällige Kommission von 10.000 scudi di marchi zu transferieren, wie später Iacopos Sohn Lorenzo seinem Onkel Averardo vorwerfen sollte.259 Angeblich wurde im Jahr 1525 schließlich eine Kompensation von 4.135 scudi di marchi überwiesen.260 Im Zusammenhang mit der Erhebung des Zehnts durch den König verhandelte Piero Spina am französischen Hof. Der Florentiner Hauptsitz der Salviati finanzierte die diplomatischen Geschenke wie Tuch aus London (tele di Londra) im Wert von 302,13,4 scudi di marchi an den Papst und seinen Kardinalneffen. Das Tuch hatten Anton Welser & Mitverwandte geliefert und erhielten dafür am 7. Dezember 1517 die entsprechende Bezahlung in Bargeld.261 Am 19. Februar 1517 remittierte die Faktorei der Welser im Namen der Salviati 804,3 scudi di marchi auf das Konto, über welches Papst Leo bei Iacopo Salviati in Rom verfügte.262 Am angestrebten Geschäft mit dem Transfer des Zehnten di N(ostro) S(igno)re che sono lb 3166.13.4 di g(ross)i di che ritiene p(er) le spese lb 7.19.8 resta lb 3158.13.8 che a g(ross)i 69 fanno la som(m)a ([𝛻] 10986.14.4. Für die Rimessen: ebd., c. 97 (15.1.1517). 257 Ebd., c. 182/CLXXXII. 258 Hurtubise, Une Famille-témoin, S. 142. – Zur Verwendung des Zehntes durch die Krone und die entsprechenden Bewilligungsverfahren: José Ignacio Fortea Pérez, ¿Pagar y obedecer? La Iglesia y el clero ante el fisco regio en Francia y en Espana en tiempos de guerra (1635–1659), in: Massimo Carlo Giannini (Hg.), Fiscalità e religione nell’Europa cattolica. Idee, linguaggi e pratiche (secoli XIV–XIX), Roma 2015, S. 111–166, hier bes. im Verweis auf den hier diskutierten Vorgang S. 118 f.: „[…] el sistema de décimes con el que tradicionalmente se implementaba la contribución del clero a las cargas del Estado tendió a regularizarse en tiempos de Francisco I después de que el papa León X concediera al monarca en 1516 un nuevo subsidio de esa naturaleza.“ 259 ASFi, Carte Strozziane, I, 334, No. 66, c. 166r–169r: Bericht für Lorenzo Salviati über die ragione der Salviati in Lyon, hier: c. 167v–168r. 260 SNS, AS, I, 485 (L DebCred G rosso), c. 302: Jacobo de Beona S(igno)re di Sant Blancey. Hier ist der Eintrag datierend auf den 6.11.1525 als Gutschrift an Iacopo Salviati notiert: Et addì detto 𝛻 4000 d’oro di sole facciamo buoni p(er) lui a Iacopo Salviatj al p(er) luj de’ tempi p(er) tantj p(er) lie ne doveva più fa p(er) lb 8000 tornesj che il X(ianissi)mo Re hordinò li fussino donatj p(er) chausa della ß [?] da Decima concessolj Papa Leone X di ch’è detto S(igno)re d(i) Samblancey n’ebbe li mandamentj di sua X(ianissi)ma M(aes)tà (e) quitanza di epsa som(m)a del detto Jacopo. 261 SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. 106: Spesse p(er) lla Decima deono dare in fiera d(i) t(ut)ti santj addì 7 dj dicenbre 𝛻 302 2⁄3 d(i) m(arch)i facciamo buonj a Belzzerrj p(er) tele di Lond(r)a mandatte a donare al P(a)pa e al R(everendissi)mo C(ardina)le de Medicj ave(re) dettj Belzzerrj a lib(r)o d(i) fiera [c.] 29 a v(alu)ta [a c.] 81 alla c(ass)a ave(re). 262 Ebd., c. 150/CL: Ant(oni)o Belzzerrj et co di Lione p(er) loro chonto ap(ar)te A deono dare in fiera d’aparizione addj 19 di febraio m(arch)i 12.2.23.8 d’(or)o rim(ess)to p(er) loro a Fi(ren)zze a no(st)ri p(er) n(ost)re lett(e)re e p(er) dj 20 di marzzo prox(i)mo da loro medex(im)i a duc 58 7⁄8 d’(or)o p(er) m(arc)o p(er) lla v(alu)ta chontj a nnoj a qui t(rae)mo per Leon P(a)pa X sop(r)a Iac(op)o Salviatj ave(re) i(n) q(uest)o. Die Salviati hatten den Betrag zunächst in Bargeld den Welsern ausgezahlt: Ant(oni)o Belzzerrj et co di Lione p(er) loro chonto ap(ar)te

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beteiligten die Salviati ihre süddeutschen Geschäftsfreunde sowohl als Begünstigte in Lyon über 1.121,17,4 scudi di marchi als auch in Antwerpen als Financiers mit 1.132,17,5 scudi di marchi. Im Zuge dieser Wechsel zogen die beiden Unternehmen jeweils Provisionen ein.263 Auf den 29. November 1518 datieren zudem die Einträge des Buchhalters von Redi d’Alamanno e Battista Salviati & Co über den Ertrag von 5.499,3,6 scudi di marchi, welche der Zehnt und eine Kreuzzugssteuer erbracht hatten. Während die Salviati die Bargeldzahlungen vornahmen, wurden entsprechende Teilzahlungen über Antwerpen gewechselt, wobei die Antwerpener Faktorei der Welser als Trassantin fungierte. Im Auftrag des Papstes stellten die Augsburger einen Wechselbrief über 691 scudi di marchi aus, ferner im Auftrag Alberto Salviatis, des Korrespondenten der Salviati am französischen Hof, einen weiteren Wechselbrief über 2.499,13,4 scudi di marchi und für die Spesen des „neuen Zehnts und der Kreuzzugssteuer“ noch ein weiteres Papier über 1.169,6,1 scudi di marchi. Dadurch wurden die Welser im französischen Fall nicht nur in die Transfers zwischen weltlichen Mächten und der Kirche einbezogen, sondern sie konnten auch durch ihre Gebühren auf die Wechseltransfers von den Transaktionen profitieren.264 Daneben erschien die Lyoner Welser-Faktorei im September 1518 auch als Bank des Apostolischen Nuntius Antonio Pucci, als sie für ihn 360 scudi d’oro di sole bei den Salviati einzahlte. Diesen Betrag hatten die Welser zuvor im Reich aus den Händen Puccis in bar angenommen.265 Die hier vorgestellten Finanzdienstleistungen für kirchliche InA deono ave(re) in fiera d’aparizione add(ì) xiij d(i) febraio 𝛻 804.3.θ d(i) m(arch)i p(er) tanti fatonellj debit(or)i a lib(r)o d(i) fiera a [c.] 44 a ent(rat)a a [c.] 10 alla chassa dare in q(uest)o. 263 Ebd., c. 293/CCLXXXXIII: Spese p(er) lla Decima deono dare: Et in detta add(ì) 7 d(i) settenbre m(arch)i 17.2.1.20 d’(or)o trasoncj p(er) le(ttere) di Fi(ren)zze et no(st)ri p(er) loro lett(e)re de dj 16 di giug(ni)o p(er) q(uest)a fiera d’a[g]osto ne’ Belzzerrj ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 142 a v(alu)ta [a c.] 112 alla chassa ave(re) in q(uest)o und für die Provision zugunsten der Salviati: Et 𝛻 2.4.10 di m(arch)i p(er) provix(io)ne a 2 p(er) M° ave(re); der Wechsel über Antwerpen: Spese p(er) lla decima deono ave(re) in fiera d’aghosto addj 9 d(i) settenbre 𝛻 1150 3⁄10 di g(rossi) t(rat)t(e)mo p(er) ley jn A(n)verssa p(er) vso della prox(i)ma fiera d(i) settenbre a Belzzerrj a g(ross)o 70 p(er) 𝛻 jn giaché viste p(er) lla v(alu)ta da luj dare a lib(r)o di fiera [a c.] 134 a ent(rat)a [a c.] 39 alla chassa dare in q(uest)o (hierbei wird die Provision der Welser nicht ausgewiesen; sie verbirgt sich hinter dem höher angesetzten Betrag). 264 SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 111: Leon Pap(a) X sop(r)a d’Iac(op)o Salviattj d(i) Fi(ren)zze de dare in fiera d(i) tuttj santj addj 29 dj novenbre 𝛻 691 di m(arch)i trasoccj p(er) luj d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(e)re de dj p(ri)mo d’ottobre p(er) q(uest)a fiera di t(ut)ti santj ne loro ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 3 in som[m]a di 𝛻 5449 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(alu)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re) und Alberto Salviattj d(i) Parigi p(er) luj ap(ar)te Z de dare in fiera di t(ut)ti santj addj 29 d(i) novenbre 𝛻 2499 2⁄3 di m(arch)i trasonccj p(er) luj d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(e)re de dj p(ri)mo d’ottobre p(er) q(uest)a fiera d(i) tuttj santj ne’ loro ave(re) a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 3 in som(m)a di 𝛻 5499 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(sci)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re) sowie Spese della nuova Decima et crocietta de dare in fiera d(i) t(ut)ti santj addj 29 dj novenbre 𝛻 1169 7⁄23 di m(arch)i trasocj p(er) ley d’Anverssa li Belzzerrj p(er) loro lett(ere) de dj p(rim)o d’ottobre p(er) q(uest)a fiera di t(ut)ti santj ne loro ave(re) a lib(r)o di fiera [a c.] 3 in som(m)a dj 𝛻 5499 12⁄69 a g(ross)o 69 p(er) 𝛻 a v(sci)ta [a c.] 143 alla chassa ave(re). Der Buchhalter dürfte sich beim ersten zitierten Eintrag verschrieben haben; das Konto mit dem verbleibenden Transfer von 1.129 scudi di marchi habe ich nicht gefunden. 265 SNS, AS, I, 463 (L DebCred D), c. CXLVIII: Ant(oni)o Puccj nunzzio apostolicho a Lievizzi de ave(re) in fiera d(i) pasqua 1518 add(ì) 10 di maggio 𝛻 10 d’(or)o di * faccj buonj p(er) luj e’ Belzzerrj dare a lib(r)o d(i)

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stitutionen und Würdenträger zeigen das koordinierte Vorgehen der Salviati und der Welser zwischen den verschiedenen Standorten, um die Bargeldtransfers königlicher und kirchlicher Institutionen abzuwickeln und damit dieses spezialisierte ökonomische Feld zu erschließen. Allerdings überwölbten vielschichtige politische Beziehungsgeflechte diese Transferverbindungen, in die die Welser involviert waren. Dies exemplifizieren die Transaktionen zwischen Iacopo e redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon und Herzog Karl III. (1489–1553)266 von Savoyen. Denn Iacopo Salviati und seine Gattin Lucrezia de’ Medici finanzierten für deren Bruder Giuliano (1479–1516)267 eine Mitgift von 100.000 scudi di sole, als er die Ehe mit Filiberta von Savoyen, der Schwester des Herzogs und Schwägerin der Mutter von König Franz I., einging. Der von Papst Leo X., Bruder Lucrezias und Giulianos, und einem in Chambéry angesiedelten Verbindungsmann der ehemaligen Bartolini-Unternehmensgruppe, Bernardino de’ Rossi, vermittelte Ehebund wurde in Turin am 10. Februar 1515 geschlossen und brachte dem Medici-Spross den Titel eines Herzogs von Nemours ein.268 Francesco Naldini, der Leiter der Lyoner Niederlassung der Salviati, verfügte selbst über gute Beziehungen zu Herzog Karl III. und seinen Amtsträgern, weil er bei seiner Flucht aus Florenz nach Lyon im Sommer 1497 in die Beziehungen der Bartolini-de’ Rossi nach Chambéry integriert wurde.269 Iacopo Salviati bürgte mit seinen Handels- und Bankgesellschaften für die dota und stützte somit den von seinem päpstlichen Schwager gewünschten Aufstieg der Medici in den europäischen Hochadel. Die erste Rate über 25.000 scudi di sole bezahlte er bereits am Tag der Hochzeit.270 Einen weiteren, tatsächlich erst nach dem Tod Giulianos übertragenen Teil der umfangreichen Aussteuer in Höhe von 25.000 scudi di sole (26.820,16,8 scudi di marchi) übernahm die compagnia der Salviati und wickelte die

fie(re) [a c.] 88 a ent(rat)a [a c.] alla chassa dare in q(uest)o [a c.] 225 v(aglion)o a 10 3⁄4 di m(arch)i p(er) c(ent)o – Et in fiera d’aghosto add(ì) 7 d(i) settenbre 𝛻 360 d’(or)o di * p(er) tantj pag(a)ti nella Magnia a Belzzerri e p(er) loro da Belzzerri di Lione dare a lib(r)o d(i) fiera [a c.] 142 v(aglion)o al preg(i)o a ent(rat)a [a c.] 38 alla chassa dare in q(uest)o. 266 Lino Marini, Art. „Carlo II, duca di Savoia“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Band 20: Roma 1977, S. 294–304. 267 Sergio Tabacchi, Art. „Medici, Giuliano de’“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Band 73, Roma 2009, S, 84–88. 268 Es ist zu vermuten, dass Herzog Karl die Bürgschaft in die Höhe trieb; denn er benötigte dringend finanzielle Mittel, um die von den Kantonen Bern und Fribourg gestellten Söldner-Kontingente zu bezahlen (Diesen Aspekt beachtet Götz-Rüdiger Tewes nicht; er argmuentiert hingegen damit, dass ein Betrag in dieser Höhe offenbar als Standard angesehen wurde). Zwar stimmte König Franz I. dieser Ehe zu, aber zugleich bemühte er sich um die Ausweitung seines Einflusses an den Grenzen zu Savoyen-Piemont. Karl III. verfolgte zunächst eine Politik, die Franz freundlich gesonnen war, doch er geriet bei den französisch-habsburgischen Auseinandersetzungen wiederholt zwischen die Fronten. Für die Verhandlungen, die zum Ehebund führten, vgl. Tewes, Kampf, S. 1095–1098. 269 Ebd., S. 630–638. Über die mögliche Bedeutung dieser Beziehungen Naldinis für die spätere Hochzeit Filibertas von Savoyen mit Giuliano de’ Medici: ebd., S. 1084–1098. 270 Ebd., S. 1097.

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Zahlung über die Lyoner Unternehmung im Auftrag des Papstes am 4. Juni 1517 ab. Kurz darauf folgten 7.080,14 scudi di marchi, welche die Salviati an François Richardon, den Herrn von Chambéry, bezahlten.271 In einer Reihe von Rimessen wurden diese Beträge aus Florenz nach Lyon transferiert.272 Die umfangreichen Kapitalverschiebungen im Apartkonto S des Iacopo Salviati im Jahr 1517 illustrieren die Bemühungen, genügend Mittel für diese Transaktionen zur Verfügung zu haben. An den hierfür getätigten Wechselgeschäften waren sowohl die Welser-Faktorei in Lyon als Begünstigte als auch die Faktorei in Flandern als Trassantin beteiligt.273 Die Welser waren in die Schuldbeziehungen der Lyoner Salviati-Gesellschaft mit Karl III. von Savoyen involviert, als sie während der Apparitionsmesse 1517 mit einer Tratte über London für den Herzog umgerechnet 3.754,18,4 scudi di marchi in Lyon an einen Piero Mornio wechselten.274 Diese Barzahlung war Bestandteil einer Rate für die besagte Mitgift über 25.000 scudi di sole, welche als Garantiesumme zugunsten Karls vereinbart worden war.275 Während die Unternehmung der Salviati im Zuge der Ratenzahlungen des Jahres 1517 eine Provision von zwei Promille und eine Gebühr von vier Promille, insgesamt 203 scudi di marchi, einbehielt, konnten die Welser ihrerseits eine Kommission von 7,5 scudi di marchi einstreichen.276 Die Einbindung der SNS, AS, I, 456 (L DebCred C), c. 224: Leo Papa decimo p(er) lui chorente dare […] 𝛻 25000 di sole d’oro in (or)o faciano buonj p(er) luj a Madama Filib(er)ta duc[h]esa di Nimors p(er) parte de la dotta del S(igno)re Ducha di Nimors Juliano de Medicis di 𝛻 100000 di sole di che se n’à quitanza p(er) mano di m(aestr)o Luigj Masanoto soto dì 4 di g(i)ugnio v(aglion)o a 10 3⁄4 di m(arch)i a luj avere in questo sop(r)a di Jac(op)o Salviati […] Et 𝛻 6600.– d’(or)o di sole paghatj p(er) luj a Madama Filib(er)ta duc[h]esa di Nimors p(er) parte de la dotta del S(igno)re di Nimors Juliano de Medicj di 𝛻 100000 di sole di che se n’à quitanza p(er) mano di m(aestr)o Luigj Masanoto soto dì xxv di setenb(r)e e t(ut)to sop(r)a di Jac(op)o Salviatj e p(er) lej a Franc(esc)o Riciadon S(igno)re di Cambery […]. Ebd., c. CCL: Madonna Filib(er)ta Duc[h]esa di Nimors avere jn fiera di pasqua 1517 𝛻 25000.– d’(or)o in (or)o di sole li faciano buonj in dimenzione di 𝛻 100000.– d’(or)o di sole li deba la S(anti)tà di N(ostro) S(igno)re p(er) la dotta p(r)omesolj p(er) il S(igno)re Ducha Juliano de’ Medicj di che à pasato quitanza p(er) mano di m(aestr)o Luigi Masanoto soto dì 4 di g(i)ugnio v(aglion)o 10 3⁄4 di m(arch)i a Leo Papa decimo dare. 272 Ebd., c. CCXXIIII. 273 Ebd., c. 188/CLXXXVIII: Iac(op)o Salviatj di Firenze p(er) luj ap(ar)te. S.: Gutschrift von 32.489,6 scudi di marchi (fatone lett(er)e p(er) luj p(er) t(ut)tj santj di 𝛻 34438 7⁄10 a pa(gamento) a noj medesimj chontj a noj e rim(essi) p(er) Iac(op)o ap(ar)te. Belastungen: Et 𝛻 2974 2⁄5 d’(or)o c[i]oè 1774 2⁄5 a 352 e 1200 a 355 t(rat)tjci p(er) luj da Vilalon e’ Salam(anch)i e Charion ne’ Belzerj p(er) alt(r)i chontj a loro avere a lib(r)o di fiera a [c.] 70 v(aglion)o al pregio a uscita a [c.] 145 a la chassa. Und die Faktorei in Brügge: Et 𝛻 2000.-- m(arch)i a 68 1⁄2 t(rat)tjci p(er) luj da B(r)ugia e’ Belzeri ne’ Buonvisi e Michelj p(er) alt(r)i da Nic(col)ò Buonvisi avere a lib(r)o di f(ier)a a [c] 90 a uscita a [c] 150 a la chassa avere jn questo. 274 Ebd., c. CLXXXXIII: Ill(ustrissi)mo Carlo Ducha di Savoia p(er) luj avere jn f(ier)a d’aparizio(ne) 1516 𝛻 3754.18.4 di m(arch)i a st(erlin)i 47 7⁄8 p(er) 𝛻 t(rat)ti p(er) luj a Londra a Belzeri p(er) dì xx d’ap(r)ille in loro medesimj la v(alu)ta da loro in 𝛻 3500 d’(or)o di sole dare a lib(r)o di f(ier)a a [c] 41 a ent(rat)a a [c] 14 a la cassa dare [a c.] 179. – Dieser Eintrag suggeriert, dass die Welser eine Niederlassung (Faktorei) in London hatten. Die Zahlung an Piero Mornio: ebd., c. 193. 275 Ebd., c. 250: Madonna Filiberta Duc[h]esa di Nimors dare: Et 𝛻 3745 3⁄4 d’(or)o faciano p(er) lej buonj a’ Belzerj avere a lib(r)o di fiere a [c.] 70 p(er) ritorno di 𝛻 3754.18.4 m(arch)i t(rat)tj p(er) il Ducha di Savoia la p(assa)ta fiera a L(on)dra che sono tornatj a 48 1⁄4 v(aglion)o a 10 3⁄4 di m(arch)i avere a [c.] 150 che chonpreso 𝛻 7 1⁄4 p(er) la p(r)ovisio(ne) a la c(ass)a 𝛻 (di sole) 3604.– 𝛻 iijM DCCC L viiij°. ß v. d vj°. 276 SNS, AS, I, 456 (L DebCred C), c. 250. Lang, Herrscherfinanzen, S. 491 f. 271

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Welser in die dynastisch motivierten Transfers im Auftrag des Papstes und zugunsten des Herzogs von Savoyen exemplifiziert nicht nur die geschäftlichen Aktivitäten unter politisch heiklen Bedingungen, sondern auch die von Kaufmannbankiers erbrachten Serviceleistungen und die finanziellen Möglichkeiten, die die Transaktionen boten. Denn den Bargeldzahlungen zwischen verschiedenen herrschaftlichen Stellen unterlagen Verschiebungen von Kapital und Wechseltransfers zwischen den beteiligten Kaufmannbankiers. Provisionen und Arbitragegewinne wurden abgeschöpft – und man kann sicher davon ausgehen, dass die in den Konten notierten Abzüge lediglich die formalisierten Kommissionen preisgaben.277 Ebenfalls während der Ostermesse 1517 nahmen Iacopo e redi di Alamanno Salviati & Co die Transferdienste der Lyoner Faktorei von Anton Welser & Mitverwandte in Anspruch. Der portugiesische König Manuel I. verpflichtete sich zur Zahlung von 50.000 Dukaten an Iacopo Salviati (vgl. Kapitel IV.2.5) – diese Summe gehörte in die Transferbeziehungen zwischen Papst, Papstbankier und portugiesischem König. Auch hier handelte es sich um die Bewegung von ausgemünztem Edelmetall, das die Salviati in Höhe von 49.545,18,19 scudi di marchi in Lyon auf das Konto der Welser-Niederlassung einzahlten.278 Für den Transfer über Lyon erfasste die Buchführung die Zahlungen des Königs Manuel als Kredite Iacopos, die als Einlagen in den Wechselhandel der Salviati eingespeist wurden.279 Das Darlehen des Florentiner Papstbankiers wurde in mehreren Teilzahlungen, etwa mit 34.488,14 scudi di marchi vom Apartkonto Salviatis und mit 10.603,14,6 scudi di marchi im Namen des Papstes, beglichen.280 Das Einlagekonto Papst Leos X. zeigt,

Die einen möglichen Gewinne bezogen sich auf den Aufschlag einer Wechselkommission, provisione, auf den im Auftrage eines Korrespondenten durchgeführten Wechsels; die anderen möglichen Gewinne bezogen sich auf die „Devisenarbitrage“, die eigentlich als „gewinnbringende Devisenkursarbitrage“ bezeichnet wird und verschiedene Formen der Devisenkursarbitragen umfasst (Kassaarbitrage, räumliche Arbitrage, zeitliche Arbitrage, Kursarbitrage usf.): Dieter Bender, Art. „Arbitrage“, in: Willy Albers u. a. (Hgg.), Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft; zugleich Neuauflage des Handwörterbuchs der Sozialwissenschaften, Band 1 (Absatz bis Bilanztheorie): Stuttgart u. a. 1977, S. 325–333, hier S. 326 ff. 278 SNS, AS, I, 456 (L DebCred C), c. 193/CLXXXXIII: Ant(oni)o Belzerj e co di Lione p(er) loro chorente. Die Belastung des Kontos erfolgte mit folgendem Eintrag: E jn detta fiera 𝛻 49378.2.4 di m(arch)i p(er) v(alu)ta di 𝛻 46182 1⁄3 d’(or)o di sole ci fan[n]o buonj p(er) duc 50000 d’(or)o ci doveva il Re di Portoghallo rag(ionat)i duc 29 p(er) 𝛻 30 di sole ribatuto 12 p(er) c(ent)o chome p(er) il chontrato insieme bounj a Iac(op)o Salviatj ap(ar)te v(aglion)o di ß 40 di m(one)ta v(aglion)o a 11 di m(one)ta a luj avere. Die Gutschrift verweist auf den Transfer im Messebuch und erklärt durch die Notierung in scudi di sole mit 46.182 1⁄3 die Bargeldeinzahlung: E jn detta fiera 𝛻 49545.18.10 di m(arch)i fatolj debitorj a lib(r)o di fiera a [c.] 70 p(er) 𝛻 46182 1⁄3 di sole v(aglion)o a 10 3⁄4 di m(arch)i a ent(rat)a a [c.] 24 a la c(ass)a. 279 Ebd., c. 275: Iac(op)o Salviatj di Firenze p(er) luj ap(ar)te Portoghalo p(er) dipositj dare jn fiera d’aghosto 1517 𝛻 7092.1.-- di m(archi) fatilo chreditore in chorente p(er) lo schaduto di q(uest)o chonto a luj avere […] Et adj p(r)imo di novenb(r)e 1517 𝛻 52347.5.1 di m(arch)i posto avere a lib(r)o di fiera anzi v(er)de s(egnat)o D a [c] 65. 280 Ebd., c. CCLXXV: Iac(op)o Salviatj di Firenze p(er) luj ap(ar)te Portoghalo p(er) dipositj avere p(er) la fiera di t(ut)ti santi 1517 𝛻 34438 7⁄10 di m(arch)i datone l(etter)e in f(ier)a di pasqua 1517 a pa(gamento) a noj medesimj chontj a noj in 𝛻 32489.6.– e t(rat)ti p(er) Iac(op)o Salviati ap(ar)te S. Und zulasten des Kontos Leos X: Et p(er) la fiera di t(ut)ti santj 1517 𝛻 10603.14.6 di m(arch)i fatone l(etter)e in fiera di pasqua 1517 a pa(gamento) 277

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wie das Kirchenoberhaupt in den Wechselverkehr über Lyon eingebunden wurde. Ebenfalls während der Allerheiligenmesse 1517 beteiligten sich Hans Paumgartner & Co mit der Überweisung von 8.370,9,9 scudi di marchi im Auftrag des Papstes an den Kapitaltransfers innerhalb dieser Konstellation.281 Die beiden Unternehmungen verknüpften die Transaktion zwischen König Manuel und Iacopo Salviati über das Konto der Welser mit einer Reihe von Kreditgeschäften in Höhe von insgesamt 18.734,15,7 scudi di marchi.282 Zum Vorteil von 167,16,6 scudi di marchi, den der Buchhalter der Salviati auf die Übertragung der 50.000 Dukaten anrechnete, kamen noch Gewinne und Provisionen aus dem Wechselhandel, der den Geldtransfer begleitete.283 In den Zusammenhang der Finanzdienstleistungen, die die Salviati auf der Achse zwischen der französischen Krone und dem Papsttum erbrachten, fallen auch die Subsidienzahlungen der Jahre 1526 und 1527. Auf Anweisung des päpstlichen Nuntius’ Roberto Acciaiuoli (1467–1547)284 transferierten die Florentiner Kaufmannbankiers Bargeld im Wert von über 80.000 scudi di marchi aus Frankreich über die Alpen an das Heer der Liga, die sich mit militärischen Mitteln gegen die südwärts ziehenden kaiserlichen Verbände zur Wehr setzten.285 Möglicherweise handelte es sich um finanzielle Hilfen, die König Franz I. auf Vermittlung Acciaiuolis gewährte, um ein Schweizer Söldnerheer – die Rede war von 10.000 Mann – den Verbündeten des Papstes zur Verfügung zu stellen.286 Die bisher weitgehend unbekannte Figur des Maestro Giovanni Cornuti de Cappella exemplifiziert die Vermittlung von Transfers zwischen kirchlichen Finanzen, französischen Adligen sowie dem König und dessen Hof. Maestro Giovanni Cornuti, den die Rechnungsbücher der Salviati auch als Jehan Cornuti de Chapelle ausweisen, ist einem klerikalen Kontext zuzuordnen und zeichnete zwischen dem Jahr 1516 und seinem mutmaßlichen Ableben 1533 verantwortlich für finanzielle Transfers, die mehrheitlich von Frankreich nach Rom führten. Dabei überschrieben die Lyoner Salviati in seinem Auftrag Beträge auf die Konten vertrauter römischer Geschäftsfreunde wie im Jahr 1521, als der Papstbankier und Gesellschafter der Salviati-Gruppe Bernardo da Verrazzano Empfänger der Rimessen aus dem Norden war. In den Jahren 1525 und

a noj medesimj chontj jn 𝛻 10003 1⁄2 e t(rat)tj p(er) Leo Papa decimo dare in questo; vgl. ebd., c. 34: Iac(op)o Salviati di Firenze ap(ar)te S di dipositi (1.11.1517). 281 Ebd., c. 274: Leo Papa decimo p(er) dipositj de dare p(er) la fiera di t(ut)tj santj 1517 𝛻 8370.9.9 di m(arch)i fatone p(er) luj l(etter)e in fiera di pasqua 1517 a pa(gamento) a Gian Punghart & Co p(er) alt(r)i da loro in s(omm)a di 𝛻 14322,14,5 a loro avere in questo. 282 Ebd., c. 193/CLXXXXIII: Ant(oni)o Belzerj e co di Lione p(er) loro chorente. 283 Ebd., c. 193: Eintrag des Vorteils (Et p(er) vtille di questo conto postj avanzj). 284 Guido Verucci, Art. „Acciaiuoli, Roberto“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Band 1, Roma 1960, S. 90–93. 285 SNS, AS, I, 488 (L LibEntUscit H), c. 141r. Vgl. Ehrenberg, Das Zeitalter, I, S. 141: Die Subsidienzahlungen haben in den Jahren 1527 und 1529 stattgefunden und mindestens 30.000 scudi di marchi im Jahr betragen. 286 Cecil Roth, L’ultima repubblica fiorentina, Firenze 1929, S. 101; S. 150; S. 470; Verucci, Acciaiuoli, S. 91.

Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte

1526 liefen die Zahlungen über den Teilhaber Bernardo Bracci, die Florentiner Kurienbankiers Guicciardini & Ricasoli, den Papstbankier Bindo Altoviti und Pandolfo della Casa & Co. Von der Allerheiligenmesse 1525 bis zur Augustmesse 1526 betrugen die Transaktionen insgesamt rund 34.500 scudi di marchi; im Jahre 1531 beliefen sich die von Cornuti beauftragten Wechsel auf mehr als 12.500 scudi di marchi, im folgenden Jahr knapp 23.100 scudi di marchi. Cornuti stellte aber auch die Verbindung zwischen französischen Hochadeligen und den Salviati her, etwa als er am 16. Februar 1526 die Summe von 1.987 scudi di marchi durch die Salviati an den Kardinal Louis de Bourbon (1493–1557), Vicomte von Meaux und Erzbischof von Sens287, übertragen ließ.288 Maestro Giovanni Cornuti zeigte sich als agiler Verbindungsmann zwischen Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali in Lyon auf der einen Seite und kirchlichen Würdenträgern sowie königlichen Amtsinhabern auf der anderen Seite. Aber er war nicht selbst unternehmerisch aktiv, sondern ließ sich durch die beiden Kaufmannbankiers geschäftlich vertreten. Diese führten sogar ein eigenes Buch für ihn (uno libro di detto Cornuti tenuto per noy), worin sie die in seinem Auftrag getätigten Transferleistungen registrierten. Dabei handelte es sich um eine vertrauensvolle Angelegenheit, weil die darin notierten Vorgänge nicht nur die Schuldbeziehungen mit Cornuti selbst betrafen, sondern auch darüber hinauswiesen, wenn Cornuti für die Würdenträger des französischen Königreiches handelte und selbst deutlich mehr Mittel verbrauchte, als er auch im Auftrag Dritter einzuzahlen in der Lage war.289 Ein weiterer Bestandteil des ökonomischen Feldes der Herrscherfinanzen trat in Handelsgeschäften mit dem König, Adeligen und der Kirche zutage. Das umfangreiche Kupfergeschäft von 1517/18, bei dem Anton Welser & Mitverwandte vermittelt durch den Salviati-Geschäftspartner Bernardo Salviati am französischen Hof und den Finanzgeneral Jacques de Beaune Kupfer an die königlichen Kanonengießereien in Rouen lieferten und für das sich die Welser mit den Salviati in ein joint venture zusammenfanden, ist schon vorgestellt worden (Kapitel IV.2.5). Das im Jahr 1534 gebildete Konsortium von Redi di Alamanno Salviati & Co mit den Lucchesen Antonio e Ludovico Buonvisi & Co diente dem Export von Getreide,

Henri Tribout de Morembert, Art. „Bourbon, Louis de“, in: Dictionnaire de biografie française, vol. 16, Paris 1984, Sp. 1406–1407. 288 Lang, Herrscherfinanzen, S. 492–497. 289 SNS, AS, I, 500 (L DebCred K), c. CCVIII: Maestro Giovanni Cornuti di Lione per suo conto corrente: Nota […] di questo conto ci raportiamo holtre a li nostri libri a uno libro di detto Cornuti tenuto per noy in mano parte del nostro Lionardo Spina e parte di mano del nostro Lorenzo Pasqualy et non altro. Als Lionardo Spina das Kontokorrent Giovanni Cornutis saldierte, registrierte er eine Schuld von 19.315 scudi di marchi: ebd.: Per resto di quel conto [Maestro Giovanni Cornuti per suo connto corrente] propri danari avuti da luy e da altri per luj in più volte […]. 287

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welches man von Charles de Hémart de Denonville (1493–1540)290 für 6.787 livres tournois erwarb und exportierte. Charles de Hémart wurde 1532 zum Bischof von Mâcon und 1536 zum Kardinal ernannt, König Franz I. hatte ihn bereits 1526 zu seinem Rat berufen und als französischen Vertreter an die Kurie geschickt. Sein Vikar, Monsignor Bracciaon, und sein Sekretär Nicholas David tätigten für ihn Bankgeschäfte, um die finanziellen Verpflichtungen des aus dem Hochadel stammenden Bischofs wahrzunehmen oder die Repräsentationsaufgaben zu bezahlen.291 Piero Spina, der Bruder des Leiters der Salviati-Gesellschaft in Lyon, erfüllte die Aufgaben eines Hoffaktors, weil er sowohl finanzielle Leistungen vermittelte als auch die Versorgung der französischen Elite mit Luxusgütern gewährleistete. Der Kaufmannbankier, der sich seit 1518 am Hof des Königs aufhielt, organisierte Zahlungsvorgänge für die Fiskalverwaltung und transferierte königliche Einkünfte zwischen den Finanzgenerälen und den Einnehmern. Im Jahr 1518 zog er für Jehan Sapin, den Einnehmer des Languedoïl, im Auftrag des Finanzgenerals Jacques de Beaune in mehreren Tranchen gut 13.500 scudi di marchi ein, um die zitierte Lieferung von Kupfer durch das joint venture Salviati-Welser zu bezahlen (vgl. Kapitel IV.).292 Im selben Jahr belieferte er den Hof mit Seidentuch, das von Florentiner Importeuren nach Frankreich eingeführt worden war, oder verkaufte im folgenden Jahr silbergewirkte Leinwand (telette d’ariento) an John Stewart, den Herzog von Albany, der für Franz I. militärische Kampagnien leitete und sich wiederholt am französischen Hof aufhielt.293 Spina vermittelte für hochrangige Würdenträger Anlagemöglichkeiten und eröffnete dadurch Gewinnchancen bei Wechselgeschäften. Diese Aktivitäten waren nicht von seinen Dienstleistungen im Rahmen der Transfers von Geldern zwischen dem französischen Königreich und der Apostolischen Kammer zu trennen. Im Jahr 1529 trat er als Prokurator päpstlicher Konten auf und verhandelte mit dem Kanzler des Königs, Antoine Duprat, über eine Überweisung von 14.550 scudi di sole (13.000 Kammerdukaten) nach Rom, wobei der Papstbankier Bindo Altoviti als Korrespondent erschien – die Salviati behielten sich bei diesem Transfer mit sieben scudi di marchi auf 100 ducati di camera eine enorme Provision vor (insgesamt 910 scudi di marchi).294

René Limouzin-Lamothe, Art. „Denonville, Charles de Hémart“, in: Dictionnaire de biographie française, vol. 9, Paris 1965, S. 1068–1069. 291 Lang, Herscherfinanzen, S. 497. – Zur Zusammenarbeit zwischen den Lucchesen Buonvisi und den Salviati: Tewes, Kampf, S. 634–637; das Getreide aus Südfrankreich war vermutlich für den Export nach Rom gedacht, dazu und zur prekären Situation dieses Geschäfts: Melissa Meriam Bullard, Grain Supply and Urban Unrest in Renaissance Rome: the Crisis of 1533–34, in: P. A. Ramsey (Hg.), Rome in the Renaissance. The City and the Myth. Papers of the Thirteenth Annual Conference of the Center for Medieval and Early (Renaissance Studies. Medieval and Renaissance Texts and Studies, 18), Binghamton 1982, S. 279–292. 292 Hier noch: SNS, AS, I, 468 (L DebCred E), c. 30/XXX. 293 Lang, Herrscherfinanzen, S. 506 f.; zum Duke von Albany: Knecht, Renaissance Warrior, ad indicem. 294 Lang, Herrscherfinanzen, S. 505. 290

Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte

Für die Faktorei der Welser in Lyon lässt sich für das Geschäftsfeld der französischen Herrscherfinanzen nur wenig aus den überlieferten Rechnungsfragmenten der Gesellschaft erkennen. Aber die Rechnungsbücher der Faktoreien in Antwerpen und am spanischen Hof zeigen die Handels- und Bankgesellschaft Bartholomäus Welsers auf ähnliche Weise in die Herrscherfinanzen der Habsburger involviert wie die Salviati in Frankreich. Seit der Wahl Karls von Habsburg zum Kaiser waren die Welser an Krediten für die spanische Krone beteiligt. Zumeist in Abstimmung mit den Augsburger Unternehmen Jakob und Anton Fuggers transferierten sie Gelder zugunsten der Krone Spaniens, wofür sie sich unter anderem die Einkünfte aus der Pacht der Maestrazgos überschreiben ließen.295 Als Bartholomäus Welser im Jahr 1551 von der Leitung der Welser-Gesellschaft zurücktrat, schuldete Kaiser Karl seinem Kaufmannbankier umgerechnet 157.000 Gulden.296 Allerdings verfügten die Welser auch zum spanischen Hof sowie zu Hochadeligen aus dem Umfeld der Krone über gute Beziehungen und erbrachten Finanzdienstleistungen sowie organisatorische Leistungen bei der Belieferung der Herrschaftselite mit Luxusgütern.297 Die hier zitierten Beispiele belegen einen weit gefassten Begriff von Herrscherfinanzen, der eben nicht nur die Schuldbeziehungen zwischen einem Kaufmannbankier und einem Herrscher umschreibt. Vielmehr öffnet die hier vorgestellte Deutung von government finance ein weites Feld an finanziellen Dienst- und Serviceleistungen sowie an Versorgungstätigkeiten mit unterschiedlichen Gütern. Diese Einbettung der Darlehen an Herrscher in andere, zum Teil eng damit verknüpfte Geschäfte erklärt die mehrschichtige Abhängigkeit – und Absicherung? – der Bereitstellung von Finanzmitteln an Herrscher. Zugleich wird das kooperative Vorgehen der Salviati und der Welser in einen weiteren Rahmen gestellt, so dass die Besonderheit dieser Beziehung sichtbar wird und die Möglichkeiten zur Erschließung dieses Marktsegments umfassend dargestellt werden können. Die Pacht von Zöllen und Steuern: Die Seidenzollpacht der Salviati und der Welser Die gemeinsame Pacht des Seidenzolls an der Rhône durch das Konsortium von Iacopo Salviati und Bartholomäus Welser wurde bereits in zwei Zusammenhängen vorgestellt: Zum einen kam es bei der unternehmensinternen Geschichte der Handels- und Bankgesellschaften der Salviati in Lyon als Phänomen der Buchführung und der internen Verrechnung zur Sprache. Zum anderen diente die Pacht der Gabella als Beispiel formalisierter Kooperation der beiden Unternehmen, indem sie in einer koordinierten 295 296 297

Großhaupt, Die Welser. Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 29. Häberlein, Kaufleute; vgl. Bayreuther/Häberlein, Ambassador.

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Vorgehensweise zur Organisation des für den Pachtvertrag erforderlichen Kapitals kamen. In diesem Kapitel verschiebt sich die Perspektive auf dasselbe historische Phänomen, die Steuer- und Zollpacht, abermals: Denn hier werden Herrscherfinanzen als ökonomisches Geschehen charakterisiert, an das sich weitere spezialisierte Märkte anlagerten. Die Kooperation der beiden Firmen wird dabei als Bemühen begriffen, angelagerte Märkte zu erzeugen und zu gestalten. Das übliche Modell der Verpachtung von Steuern zur Deckung der Kronanleihen basierte auf der Verknüpfung von kalkulierbaren Steuereinnahmen zugunsten des Pächters mit einem Kredit an den ausschreibenden König in Form einer Pachtgebühr. Die Bankiers spekulierten darauf, dass die Summe der eingehobenen Steuern das Darlehen übertreffen würde. Der König seinerseits konnte nach Abschluss eines Vertrages schnell über hohe Geldmittel verfügen und überließ den Kaufmannbankiers die Organisation der Refinanzierung.298 Obschon dieses Verfahren zur Verpachtung von Steuern und Zöllen ein regelmäßig angewendetes Instrument der gekrönten Häupter im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa war299, sind nur wenige geschäftliche Unterlagen der Verwaltung von Steuer- und Zollpachten durch Kaufmannbankiers überliefert. Neben dem hier benutzten Buch der Gabella sind dies die Fragmente der Maestrazgo-Pacht der Welser300, Unterlagen und Rechnungen zu spanischen Steuerpachten der Fugger301 und die Zollpachtbücher Benvenuto Olivieris im Kirchenstaat.302 Nach Ausweis der Rechnungsbücher der Salviati verfügte nach 1522 zunächst ein florentinisch-lucchesisches Konsortium über die Seidenzollpacht. Es bestand aus dem Zusammenschluss der Florentiner Tommaso Guadagni, Piero Bini, Rosso Buondelmonti und Antonio Gondi auf der einen Seite sowie den Lucchesen Urbano Parensi und Giovanni Arnolfini auf der anderen. Die Handels- und Bankgesellschaften dieser

Zur Anlage von Steuerpachtgeschäften: Guidi Bruscoli, Papal Banking, S. 111–127; vgl. Ders., Mercanti-banchieri e appalti pontifici nella prima metà del Cinquecento, in: A. Jamme / O. Poncet (Hrsg.), Offices, écrit et papauté (XIIIe–XVIIe siècle) (Collection de l’École française de Rome, 386), Rome 2007, S. 517–543. 299 Vgl. Werner Buchholz, Geschichte der öffentlichen Finanzen in Europa in Spätmittelalter und Neuzeit. Darstellung – Analyse – Bibliographie, Berlin 1996; zur Einleitung der diesem Thema gewidmeten Settimane di Studi des Istituto Internazionale di Storia Economica „Francesco Datini“ in Prato im Jahr 2007: Alberto Grohmann, La fiscalità nell’economia europea, secc. XIII–XVIII, in: Simonetta Cavaciocchi (Hg.), La fiscalità nell’economia europea secc. XIII–XVIII. – Fiscal Systems in the European Economy from the 13th to the 18th Centuries (Atti delle „Settimane di Studi“ e altri Convegni. Fondazione Istituto Internazionale di Storia Economica „F. Datini“, Prato, 39), Firenze 2008, S. 5–48. – Fiscal Systems in the European Economy from the 13th to the 18th Centuries (Atti delle „Settimane di Studi“ e altri Convegni. Fondazione Istituto Internazionale di Storia Economica „F. Datini“, Prato, 39), Firenze 2008, S. 5–48; insbesondere zu Frankreich: Bonney, France, S. 123–176. 300 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente: Spanischer Hof 6. 301 Kellenbenz, Die Fugger. 302 Guidi Bruscoli, Benvenuto Olivieri. 298

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sechs Unternehmer zählten zu den in Lyon eingeführten Handels- und Bankhäusern, die überdies als bedeutende Importeure von Seidentuch auftraten. François (Franse) Dupré gehörte ebenfalls zum Pachtkonsortium, wobei er primär als Vermittler des Geschäfts fungierte und entsprechende Anteile hielt.303 Als Iacopo und Alamanno Salviati im Jahr 1508 ihre compagnia in Lyon gründeten, hatte der mit ihnen eng verbundene Gian Peroni die gabella de’ drappi inne.304 Die Archives Municipales in Lyon geben ferner zu erkennen, dass ein Konsortium Florentiner Kaufmannbankiers, das aus Niccolò del Bene, Guglielmo Nasi und Niccolò de’ Nobili bestand, die Pacht des Seidenzolls im Jahr 1515 für 40.000 livres tournois erworben hatte.305 Der Exil-Florentiner Tommaso Guadagni, der Seidenkaufmann Piero Bini, der aus Florenz stammende Guglielmo Nasi und der Florentiner Niccolò del Bene waren neben ihren Landsleuten Zanobi Ginori, Roberto degli Albizzi, Lorenzo und Filippo Strozzi sowie Zanobi Bartolini im Jahr 1525 die wichtigsten Gläubiger des Königs.306 Die auf acht Jahre festgelegte Pachtperiode des Konsortiums der Salviati und der Welser begann mit der Augustmesse 1532. Charakteristisch für das Geschäft mit den Anleihen an die Krone ist das Entstehen angelagerter Kreditmärkte. Der im Frühjahr 1534 durch den Buchhalter der Gesellschaft Averardo e Piero Salviati & Co eingeführte libro dei committenti legt die damit einhergehenden Transfervorgänge offen: Während das Buch der Gabella und das entsprechende Schuldbuch Libro debitori e creditori rosso G die Erträge aus der Erhebung des Seidenzolls an der Rhône registrieren und den damit verbundenen Ausgleich der Schuld gegenüber der Vorgängerfirma der Salviati ausweisen (s. Kapitel III.)307, dokumentiert der jeweils aktuelle libro dei committenti das Verfahren mit dem ritratto netto, dem Erlös, und den durch die Salviati für die Gabella aufgenommenen Einlagen.

SNS, AS, I, 476 (L DebCred E), c. 54 (16.3.1522). Über Teilhaberstrukturen am Beispiel der dogana di Roma 1547: Guidi Bruscoli, Mercanti-banchieri, S. 528. – Zur Bini-Bank: Tewes, Kampf, S. 833. Mehrere Bini waren im Handel in Lyon tätig: Luzzati, Bini, S. 513. – Giovanfrancesco Bini & Co di Lione und Piero Bini waren 1540 zu jeweils 15,6 % Beteiligte an der Verwaltung der apostolischen Rechte an den Einfuhrgebühren in der Provence: Guidi Bruscoli, Benvenuto Olivieri, S. 214 f. – Zu Zanobi Ginori und zu den Nasi in Lyon: Hippolyte-André-Suzanne de Charpin-Feugerolles, Les Florentins à Lyon. Lyon 1893, S. 82. – Zu Urbano Parensi: Gascon, Grand commerce, S. 363. 304 SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), c. 13. – Zur Medici-Goldschläger-Gesellschaft (battiloro) in Lyon: Giam Peroni di Lione, Cieseri e Sauli di Lione: Tewes, Kampf, S. 240. 305 Brésard, Les foires de Lyon, S. 147. – Zu Niccolò de’ Nobili: Tewes, Kampf, S. 377; Niccolò del Bene war 1502 Konsul der Florentiner natio in Lyon: jüngst ebd., S. 1050. – Zu Zanobi Bartolini: ebd., ad indicem. 306 Hamon, L’argent, S. 158(n); Boucher, Présence, S. 88 f.; Boucher, Les Italiens, S. 44. – Zu Roberto degli Albizzi: Gascon, Grand commerce, S. 363; S. 373; S. 413; S. 488; S. 907. – Zu Guglielmo Nasi: ebd., S. 230; S. 363. – Zu den Bankiers Filippo di Filippo (1489–1538) und Lorenzo di Filippo degli Strozzi (1482–1549): Bullard, Filippo Strozzi, S. 69 f.; S. 79; Walter, Die Strozzi, ad indicem. – Zu Zanobi Ginori: Tewes, Kampf, S. 711; S. 713. 307 Lang, Rechnungsbücher, S. 192–194. 303

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In das im Libro dei committenti M notierte Konto von Rede d’Alamanno Salviati e co di Lione di ragione vecchia del libro rosso G per loro conto apparte attenente alla ghabella, welches das Konto der Vorgängerfirma von 1521/28 für den Ausgleich der Gabella war, wurde am 8. Juli 1534 der Anteil der Salviati an Einkünften des Seidenzolls von 37 Achtzigstel in Höhe von umgerechnet 1.096,10,8 scudi di marchi eingetragen. Dieser Betrag bezog sich auf den Gesamterlös von 5.156,13,4 livres tournois, welcher im Zeitraum vom 17. März bis zum 30. Mai des nämlichen Jahres erzielt wurde.308 Im Messebuch (Libro di fiere M) verrechnete der Buchhalter hingegen den Transfer der Gabella-Erträge mit dem Konto Lionardo Spinas, denn Spina hatte das Amt des Einnehmers der Gabella inne, und die Einnahmen wurden von Messe zu Messe verbucht. Spinas Anteil am entsprechenden Transfergeschehen wurde mit Blick auf die Gabella als „kapitalextern“ betrachtet. Den Anteil der Welser am Gabella-Erlös für denselben Zeitraum in Höhe von 2.771,14,2 livres tournois (= 1.274 scudi di marchi) schrieb der Salviati-Buchhalter der Faktorei des Augsburger Handelshauses im Libro di fiere M auf dem korrespondierenden Messekonto für die Ostermesse 1534 gut (Schaubild 5).309 Zugunsten der für den Seidenzoll buchhalterisch verantwortlichen Vorgänger-Firma von Averardo e Piero Salviati & Co verzeichnete der Libro dei committenti M am 9. Mai 1534 Einlagen über 6.364,9,3 scudi di marchi. Dieser Betrag wurde in ein pauschal angelegtes Konto Dipositi eingetragen und diente der „nachgelagerten“ Finanzierung der Gabella.310 Ein Teil dieses eingebuchten Betrages, 64 Mark Gold, wurde von Arrigho Arrigucci (160,0,11 scudi di marchi), Giovanni di Giuliano di Cambio (507,16,3 scudi di marchi), Antonio Calandri (1.127,6,10 scudi di marchi), Giovanfrancesco Baroncelli (609,2,6 scudi di marchi), Andrea Minerbetti (558,11,10 scudi di marchi) und Iacopo Salviati (1.199,19,6 scudi di marchi) im Auftrag des Florentiner Stammhauses der Salviati zugunsten des Kontos von Redi d’Alamanno Salviati & Co ragione vecchia remittiert. Des weiteren zog die spanische Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte bei der Messe in Villalón im Namen des Gabella-Kontos der ragione vecchia einen SNS, AS, I, 521 (L LibCom M), c. 18r. – Allerdings wurde beim Eintrag am 8.7.1534 die Mark Gold, mit der die vorher laufenden Kredittransfers registriert wurden, um 141,7,6 livres tournois pro Mark Gold unterbewertet; dieses Vorgehen mochte damit zusammenhängen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses der scudo di marchi mit 40 sous (solidi) fixiert war und die Umrechnung in die Mark Gold (1 marco d’oro = 66 scudi di marchi) entsprechend günstiger war (1 marco d’oro = 132 livres tournois, anstelle von 1 marco d’oro = 148 1⁄2 livres tournois); der Ausgleich der vertraglich vereinbarten Pachtsumme musste diese Abwertung des livres tournois gegenüber dem scudo di marchi einbeziehen: 1519–1533 entsprach 1 scudo di marchi 40 sous (solidi), nach 1533 entsprach 1 scudo di marchi 45 sous (solidi). 309 SNS, AS, I, 520 (L LibFier M), c. 2r: Bartolomeo Belzeri e co di Lione; c. 5: Lionardo Spina per suo chonto apparte ghabella. – Der Anteil der Salviati wurde in den Libro dei committenti M übertragen, der Anteil der Welser auf ihr Konto im Messebuch (ebd., c. 2r). 310 SNS, AS, I, 521 (L LibCom M), c. 18r; c. 61: Dipositi per spartire per conto di più amicy; die Refinanzierung dieses Betrages erfolgte zur Allerheiligenmesse desselben Jahres zu einem Prozentsatz von 4 1⁄2 Prozent, also zu 6.650,17,3 scudi di marchi; diese Steigerung wurde über einen Rückwechsel aufgebracht: r(imette)mo qui a noi medesimi per vso die fiera p(r)ox(im)a di tutti santi da noi medesimi per avere 𝛻 6650,17,3 di marchi conticy e li traemo per e’n(ost)ri di ragione vechia aparte ghabella. 308

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Wechsel zugunsten Iacopo Salviatis über 1.776,10 scudi di marchi sowie zugunsten ihrer Lyoner Faktorei über 1.535 scudi di marchi (Schaubild 5).311 Die Einträge in den Libro dei committenti M erfolgten über Loro-Konten. Das bedeutet, dass der Buchhalter die Vorgänger-Firma von Averardo e Piero Salviati & Co im konkreten Fall als Auftraggeberin für die unter diesem Konto notierten Vorgänge begriff. Dementsprechend kassierte die aktuelle Unternehmung, die ragione nuova, für die unter dem Konto von Redi d’Alamanno Salviati & Co di Lione des Libro rosso G während der Ostermesse 1534 getätigten Transaktionen die jeweiligen Wechselkommissionen. Dabei wurden für ihre Leistungen im Wechselverkehr zwischen Florenz mit Villalón auf der einen Seite und Florenz mit Lyon auf der anderen Provisionen von 4 1⁄8 Promille in Höhe von 26,6,5 scudi di marchi fällig.312 Die Provisionen, die die Salviati für die im Auftrage Dritter eingelösten und aufgenommenen Wechsel einstrichen, addierte der Buchhalter und übertrug diese als Gewinne pauschal in den Libro debitori e creditori M, das dazugehörige Schuldbuch (Schaubild 5).313 Die Lyoner Salviati nutzten die Einlagen, die die Geschäftsfreunde (amici) als Investitionen für die Gabella tätigten, und die Erträge aus der Gabella, um sie in Wechselgeschäfte zu investieren. Durch die Einträge im libro dei committenti in Loro-Konten erweisen sich die zur Verfügung gestellten Einlagen und die Erlöse aus der Steuerpacht als kurzfristige Kredite, die in Wechseltransfers eingespeist wurden. Die Salviati generierten somit nicht nur einen Kreditmarkt im Anschluss an die Darlehen für die Krone

Ebd., c. 18: Rede d’Alamanno Salviati e co di Lione di ragione vechia del libro rosso G per loro conto apparte gabella: Am 9.5.1534 marchi 2,3,16 d’oro per Arrigho Arrighucci, marchi 7,6,12 per Giovanni di Giuliano di Cambio, marchi 17,2,18 per Antonio Calandri proprio, marchi 9,3 per Giovanfrancesco Baroncelli, marchi 8,4,18 per Andrea Minerbetti, marchi 18,3,16,13 per lor conto aparte I; am selben Tag 1.776,10 scudi a 330 maravedis per scudi trattoci per loro da Villalone Bartolomeo Belzeri e co sotto nostro conto apparte R. G. [= ragione vecchia del libro rosso segnato G] in noi medesimi conti al loro e li rimessono per nostro conto G. Y. attenente a Ghirardo Deyti (= Konto des Iacopo Salviati gemäß Buch G für Giraot Deylt, der die Silberlieferungen von den Welsern über Lyon nach Spanien organisierte); weitere 1.535 scudi di marchi zum angegebenen Preis trattoci per loro zugunsten Bartolomeo Belzeri e co. SNS, AS, I, 520 (L LibFier M), c. 2r: Bartolomeo Belzeri e co di Lione: Gutschrift per lettera de loro de Villalon trassono per noj .R. G. attenente a nostri per l’adrieto apparte ghabella. – Die „Zergliederung“ einer Investitionssumme eines Investors in mehrere Tranchen, die dann in verschiedene Wechseltransfers eingespeist wurden, war der Normalfall, ablesbar in den libri dei committenti: SNS, AS, I, 565 (L CopLett S), c. 144. – Matringe, L’entreprise, S. 223. 312 SNS, AS, I, 521 (L LibCom M), c. 18: Rede d’Alamanno Salviati e co di Lione di ragione vechia del libro rosso G per loro conto apparte gabella: Provisione di nostro conto e consolato di nostra nazione. 313 SNS, AS, I, 521 (L LibCom M), c. 65r: Provisione di nostro conto e consolato di nostra nazione (Eintrag der 26,6,5 scudi di marchi als Provision und Konsulatsabgabe vom Loro-Konto der Vorgänger-Firma der Salviati unter einem Titel); ebd., c. 68 (Übertrag als Teil eines resto von ingesamt 710,13,7 scudi di marchi); Übertrag in das Schuldbuch: SNS, AS, I, 522 (L DebCred M), c. LVI: Provisione di nostro conto e consolato di nostra ragione (Gutschrift als 710,13,7 scudi da più amici levate a libro de’ committenti); Übertrag der offenen Schuldbeziehungen vom Libro dei committenti M in das dazugehörige Schuldbuch: ebd., c. 93: Konto mit dem Titel Libro de’ committenti M; pauschaler Eintrag der Provisionsgewinne in das Vorteilskonto: ebd., c. CCV: Avanzi e disavanzi di nostra ragione: Teil von insgesamt 9.865,15,2 scudi di marchi aller Provisionserlöse (als Gewinne verbucht). 311

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und deren Rückzahlung. Vielmehr schöpften sie zusätzlich einen Gewinn durch das kreditbasierte Wechselgeschäft mit den Zahlungsbewegungen im Rahmen der Seidenzollpacht in Form von Provisionen ab.314 Dieser angelagerte Kreditmarkt konstituierte sich aus Wechseltransfers. Bei der Aufnahme von Einlagen erhielten die Salviati als Begünstigte eines Wechsels in Lyon Bargeld oder Giro-Überweisungen, die im Namen der Auftraggeber, der Kreditgeber, gezahlt wurden – summiert im libro dei committenti unter den Gutschriften auf die Loro-Konten der depositi und unter den Belastungen der jeweiligen Trassanten. Die Wechseloperationen generierten also Kredite von den jeweiligen Wechselkorrespondenten, zu deren Lasten die Rimessen gingen. Dabei nutzten die Wechselpartner den Phasenverzug, der zwischen einem in bar verkauften bzw. beglichenen Wechsel und dessen Rückzahlung entstehen konnte. In der Zwischenzeit wurden die Konten zwar ausgeglichen, aber die Rückerstattung in Bargeld erfolgte zu einem späteren Termin. Auf diese Weise wurde ein Wechsel als Kredit genommen und in einer folgenden Kreditoperation verarbeitet. Der mögliche Arbitragegewinn und die Wechselkommission waren dann die Gewinnchancen für die Salviati als abwickelnde Bankiers.315 Das grundlegende Geschäftsmodell der Refinanzierung von Anleihen bestand in der Spekulation darauf, dass die Erträge aus der Pacht den geleisteten Aufwand für den Pachtvertrag übersteigen würden. Diese eher langfristige Investition bewerteten die Salviati nicht nur als vielversprechend, sondern sie setzten die Beträge im Zahlungsverkehr bei der Abwicklung der Gabella für den Aufschlag von Provisionen ein. Während die Buchführung der Gabella und die sie begleitende Buchführung der Salviati nur den Verlauf der Seidenzollpacht zu erkennen geben, lassen sich über die Auftraggeberbücher (libri dei committenti) die ‚darunter liegenden‘ Transfers erschließen und somit ein gewinnträchtiges Marktgeschehen ‚hinter‘ dem Geschäft mit Kronanleihen rekonstruieren.316 Der Wechselverkehr aber lief nach eigenen Gesetzmäßigkeiten ab und vollzog sich ähnlich dem Messehandel gleichsam in einer eigenen Welt. Die hierfür nötigen Investitionen waren die Kapitalbewegungen in der Seidenzollpacht: die schrittweise verrechnete Anfangsinvestition in die Pachtgebühr und der credito gratis, die Einkünfte Deshalb heißt das neu eingeführte Rechnungsbuch auch libro dei committenti, weil darin die Auftraggeber von Wechseltransfers Konten hielten, in denen die von ihnen im Wechselhandel aufgewandten Beträge notiert und die Provisionen verrechnet wurden; deshalb auch Loro-Konten, denn die für anderen geführten Konten besagen, dass der Andere zugleich Auftraggber (= committente) ist und deshalb anfallende Gebühren zahlt. 315 Zum grundlegenden Mechanismus: de Roover, Lettre, S. 43–64. Über die Nutzung der depositi: Matringe, Credit. Über das Verhältnis von depositi-Konten und Wechseloperationen (ohne systematische Erfassung): Matringe, L’entreprise, S. 221 f. 316 Gemeint ist auch: Der Konteneintrag sagt nur, an wen die Forderungen gestellt werden, wer die Verbindlichkeiten hat – Forderung und Verbindlichkeit entstanden aus dem Wechselhandel. Die Zahlung einer konkreten Kreditsumme und die Aufnahme von entsprechendem Kredit sind lediglich Resultat einer Operation, die sich als Wechseltransfer vollzog. 314

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aus der Zollerhebung von Messe zu Messe sowie die für die Refinanzierung parallel aufgenommenen Darlehen. Der eigentliche Kunstgriff bestand darin, dass die Instanzen, die wie die Teilhaber und die administrativen Stellen jeweils hinter dem Zahlungsverkehr im Rahmen des Gabella-Geschäfts standen, als Auftraggeber für eigens eingeleitete Wechseltransfers begriffen wurden. Dies gab dem Buchhalter die Möglichkeit, auf die jeweiligen Transaktionen einen Aufschlag zu berechnen.

Schaubild 5 Zahlungseingang aus der Gabella und deren Verbuchung (Graue Flächen: Repräsentationen von Konten mit der Kopfzeile des jeweiligen Buches, mit dem Kontentitel als Überschrift sowie dare = Sollen und avere = Haben; hellgraue Pfeile: Eingang aus Gabella und Verarbeitung des Eingangs im Beispiel in drei Wechseln; dunkelgraue Pfeile: Provisionen auf Wechsel), eigene Darstellung

Für die Zeit nach dem Auslaufen der Pachtperiode mit der Ostermesse 1540 zeigte sich eine Deckungslücke, um die die erzielten Einnahmen hinter der insgesamt angefallenen Investitionssumme zurückblieben. Erst nach dem erneuten Aufflammen der kriegerischen Auseinandersetzungen konnte am 27. September 1542 ein abermaliger Vertrag über die Pacht des Seidenzolls geschlossen werden. In diesem Fall wurde die Pachtgebühr in Höhe von insgesamt 150.000 livres tournois offenbar über die Luccheser

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und die Florentiner natio umgelegt. Der erwähnte Kardinal de Tournon warb diese Anleihen ein.317 Dabei traten Averardo e Piero Salviati & Co und Bartolomeo Panciatichi & Co als Vermittler auf. Die Zahlung wurde im Namen des Konsortiums aus Giovannbattista Carnesecchi, Albizzo del Bene, Niccolò Ughi und Lorenzo Pasquali von seiten der Florentiner mit 100.000 livres tournois sowie Francesco Micheli, Andrea Cenami und Bernardo Cioni von seiten der Lucchesen mit 50.000 livres tournois ausgehandelt. An diesem Vertrag partizipierten die Lyoner Salviati mit 28.000 livres tournois (12.872,11,3 scudi di marchi), wobei mit 13.500 livres tournois (6.206,17,11 scudi di marchi) etwas weniger als die Hälfte auf die Beteiligung des Lyoner Kaufmanns Guyet Henri zurückging. Als Unterbeteiligte vermochten die Salviati, die oben als épiciers (ital.: spezieri) und Investoren genannten Lyoner Kaufleute Jean Camus mit 8.000 livres tournois (3.678,3,2 scudi di marchi) und Jean Paffi ( Jehan Paffy) mit 6.500 livres tournois (2.987,10,2 scudi di marchi) zu gewinnen.318 Lorenzo di Giovanni Pasquali trat im Namen der Salviati-Gesellschaft, deren Teilhaber er seit 1532 war, auf und steuerte somit mehr als ein Viertel des Florentiner Beitrags bei. Gegenüber dem Generalsteuereinnehmer (receveur général de la circonscription) des Königs zu Lyon, Martin de Troyes319, erschien die Unternehmung Bartolomeo Panciatichis als Bankhaus, das die Überweisung im Auftrag der Florentiner Gruppe vornahm. Die Salviati erhielten bis zur Augustmesse 1546 Einahmen aus diesem Pachtgeschäft.320 Zwar vermuten Roger Doucet und Philippe Hamon, es habe sich bei diesem Darlehen um eine Vorform des Grand Parti gehandelt. Aber die Rechnungsbücher der Salviati zeigen, dass es sich tatsächlich um einen weiteren Pachtvertrag der Gabella in Verbindung mit einem Kredit über knapp 69.000 scudi di marchi handelte.321 Für die Annahme der beiden französischen Historiker spricht einerseits die Umlage des assegnamento (der „Zuweisung“) über die beiden toskanischen nationes von Lucca und Florenz, andererseits die Beteiligung des Martin de Troyes, der bei der Anbahnung der weiteren Darlehen an die Krone eine herausragende organisatorische Rolle spielte. Allerdings betitelt der Buchhalter der Salviati die Zuweisung der Zahlungen

Vgl. Lang, Herrscherfinanzen, S. 487. SNS, AS, I, 558 (L DebCred R bigio), c. 135: (Christianissi)mo Franc(esc)o Valloys Re d(i) Francia. – Über die Luccheser Kaufleute Cenami in Flandern und Frankreich: Simonetto Giancoli, Art. „Cenami“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Band 23: Roma 1973, S. 493–498, hier S. 497. – Zu den Carnesecchi in Lyon: Charpin-Feugerolles, Les Florentins, S. 71 f. – Zu Lorenzo Pasquali: Pinchera, Mercanti, S. 158. 319 Doucet, Finances, S. 10; Hamon, L’argent, S. 168. – Diese Figur wird in der Folgezeit bei der Entwicklung des Grand Parti eine führende Rolle einnehmen; er scheint eine Art Vermittler zwischen den Kronfinanzen und den Florentiner Kaufmannbankiers gewesen zu sein. 320 Lang, Herrscherfinanzen, S. 487 f. 321 Die Zahlen bei Hamon, L’argent, S. 168–170; vgl. Martin H. Körner, Le crédit public, in: Richard Bonney (Hg.), Systèmes économiques et finances publiques, Paris 1996, S. 515–548, hier S. 532. – Bereits eine Dissertation von 1903 kommt mit Blick auf die Unterlagen in den Archives Municipales in Lyon zum Schluss, dass es eine „institutionalisierte“ Bank in Lyon nicht gegeben hat; diese Ansicht wird in den Arbeiten von Doucet und Hamon mit Blick auf die Zentralüberlieferung bestätigt: Vigne, La Banque, S. 107–109. 317 318

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für das Krondarlehen unmissverständlich als baglio („Pachtgebühr“).322 Die Einkünfte aus der Gabella wurden über den Einnehmer des Seidenzolls, Maestro Pierre Vinolz323, verrechnet – Vinolz übte diese Funktion auch schon während der Pachtperiode 1532 bis 1540 aus. Der Vertrag zwischen den königlichen Stellen und dem florentinisch-lucchesischen Konsortium wurde beim Notar Jehan Cader in Lyon niedergelegt. Für die Florentiner natio versah der Kaufmannbankier Francesco Peruzzi die Überweisungen der Einkünfte aus dem Seidenzoll an die Teilhaber des Konsortiums.324 Erst am 21. Mai des folgenden Jahres 1543 wurde ein umfangreiches Darlehen für König Franz I. über die natio fiorentina vermittelt und beim Notar Maestro Pierre Dorlin vereinbart. Für die folgende Allerheiligenmesse sagte die Finanzadministration die Rückerstattung zu. Die in Lyon angesiedelten Florentiner Raffaello Corsini e Giovanni Altoviti & Co verwalteten die für das Krondarlehen aufgebrachten Kredite. François de Tournon fungierte abermals als königlicher Prokurator. Averardo e Piero Salviati & Co trugen 6.500 scudi di sole (6.724,3 scudi di marchi) bei.325 Mit 2.000 scudi di sole (2.068,9,4 scudi di marchi) partizipierte erneut der genannte Kaufmann Guyet Henri aus Lyon am Anteil der Salviati.326 Vermutlich in diesem Zusammenhang reiste Lionardo Spina im Sommer des nämlichen Jahres zu Verhandlungen an den Königshof.327 Denn am 12. Oktober traten die

SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. 135: (Christianissi)mo Franc(esc)o di Valloys Rè d(i) Francia de dare jn fiera d(i) tutti santi lb xxviijM tt(ornesi) p(er) tantj pagatj p(er) lui a Martino di Troya recevitore di Linguadoc e ch(e) lieve conto d(i) contantj p(er) noj B(ar)t(olome)o Panc[i]atichi e co di Lione allj qualj si dettano d(i) co(n) tantj jn più volte la fiera pax(a)ta d’agosto 1542 come al q(uader)no d(i) cassa s(egna)to Q (ac) 134 q(ua)le pagam(en)to feciono jn somma d(i) lb 100000 tt(ornesi) p(er) lj 2⁄3 d(i) lb CLM tt(ornesi) ch(e) li p(r)esta la nazione fiorentina e la nazio(ne) luchese sul asegname(n)to della ghabella di Lio(ne) de’ drappj d’oro d’arie(n)to e di seta oro e arie(n)to filato e seta tinta come appare p(er) la quitanza fattane detto [Martino] de Troya sotto dj 27 d(i) settenb(r)e pax(a)to e p(er) il baglio d(i) detta ghabella spedito sotto dj 12 d(i) settenb(r)e pax(a)to jn nome dj Giovanbat(tist)a Carnesecchi Albizo del Bene L(oren)zo Pasqualj e Nicolò Ughi p(er) li fiorentinj / e jn Franc(esc)o Michaelj Andrea Cenamj e B(er)n(ard)o Cionj p(er) li luchesj jn la quale somma noj Salviatj participiamo p(er) dette lb 28M quale abbiamo atribuite cioè lb 13500 a Ghiot Henri di Lione p(er) altantj posto gniene jn conto la fiera passata d’agosto a lib(r)o d(i) fiere s(egna)to Q (ac) 445 ch(e) venghano da v(scit)a Q (ac) 119 derivatj a lib(r)o dal conto de’ dettj Panc[i]at(ichi) d(i) Lione dal detto quaderno d(i) cassa s(egna)to Q (ac) 134 av(er)e detto Henri al de’ t(em)pi jn q(uest)o (ac). 323 In einem Notarsdokument des Nicholas Dorlin vom Mai 1555 wird Pierre de Vinolz als noble homme und Bürger von Lyon bezeichnet: ADR, Lyon 3 E 4497 (Carnets Nicholas Dorlin 1555), c. CIv-CIIIr. 324 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. CXXXV. 325 Ebd., c. 196: (Christianissi)mo Franc(esc)o de Valloys Rè d(i) Francia de dare jn fiera d(i) pasqua add(ì) 5 di giugnio 𝛻 6500 d’(or)o d(i) sole facciamo buonj p(er) luj a Raffaello Corsini e Giovanni Altoviti e co di Lione p(er) altanti ch(e) p(er) noj ànno pag(a)tj a q(uest)o Re (Christianissi)mo sop(r)a jl p(r)esto ch(e) gli fa la nazione fiorentina della qual somma se n’è p(r)eso (h)ob(r)igho dal R(everendissi)mo Car(dina)le de Torno(n) e altri p(r)oquratori del detto (Christianissi)mo Re p(er) mano d(i) m(aest)ro P(ie)ro Dorlin sotto dj 21 di maggio pax(a)to p(er) il quale (h)ob(r)igho tanto come p(r)oquratore dj detto Re ch(e) jn loro p(ro)p(ri) e p(r)ivati nomj promettano revederlj alla fiera di t(ut)ti santi p(r)ox(im)a 1543 posti e’ detti Corsinj e Altoviti av(er) a loro co(n)to a lib(r)o di f(iera) a (c) 125 e detto lib(r)o jn q(uest)o v(aglion)o a (c) 187. 326 Ebd., c. CLXXXXVI: Ghuyet Henri mercante d(i) Lione p(er) suo co(n)to de’ tempj apparte. 327 Ebd., c. CIII (Spesenabrechnung). 322

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Salviati gemeinsam mit zwei Landsleuten, dem ausgewanderten Albizzo del Bene und Andrea Rinieri, als Vermittler einer weiteren Kronanleihe über 10.000 scudi di sole in Erscheinung. Dabei steuerten die Salviati in einer ersten Tranche selbst lediglich 1.200 scudi di sole (1.241,7,8 scudi di marchi) bei.328 Die Abrechnung in scudi di sole verweist auf den Transfer von Bargeld, und der Generaleinnehmer Martin de Troyes schickte seinen Vertreter Milan Cazé, um die Summe in Münzgeld entgegenzunehmen.329 Allerdings verlief die Rückerstattung schleppend: Lionardo Spina konnte erst 1545 einen Betrag von 4.680 scudi di sole an die Teilhaber dieses Kreditgeschäfts ausschütten.330 Am 14. September 1545 schlossen Averardo Salviati & Co zum wiederholten Mal einen Vertrag über eine Kronanleihe in Höhe von 6.666,13,4 scudi di sole (6.896,11 scudi di marchi) mit den Welsern. Für die Einhebung dieses Darlehens zeigte sich der Einnehmer des Languedoc, der genannte Martin de Troyes, zuständig, der für den tésaurier d’Epargne, Jehan Duval331, die Kontakte zu den in Lyon ansässigen Bankiers hielt. Diesen Kredit vermittelten die Salviati mit einem Anteil von 3.666,14,3 scudi di sole (3.793,2 scudi di marchi) an die Welser-Faktorei in Lyon sowie mit einem Anteil von 3.000 scudi di sole (3.103,9,2 scudi di marchi) an die in Antwerpen niedergelassenen Genuesen Luciano e Niccolò Spinola.332 Der Ausgleich dieses Darlehens erfolgte erst am 13. Mai 1547.333 Diese Kronanleihen folgten dem gleichen Muster: Man vereinbarte zumeist auf Vermittlung von Martin de Troyes einen kurzfristigen, in der Regel hoch verzinsten Kredit, den ein in Lyon etablierter Kaufmannbankier aufbrachte, welcher sich auch um ‚Unterdarlehen‘ bemühte. Lionardo Spina, der nach dem Tod seines Bruders Pie-

Ebd., c. 196: (Christianissi)mo Franc(esc)o de Valloys Re d(i) Francia: [Et jn fiera d’agosto addj xij d’ottob(r)e] 𝛻 1200 d’(or)o di sole ch(e) tanti se li p(r)estano sino alla fiera di t(ut)ti santi p(r)ox(im)a jn som(m)a d(i) xM d(i) che a pax(a)to (h)obrigho q(uest)o dj m(aest)ro Martino dj Troya meß(er) Dom(eni)co de Ghab(r)a co(m)misso attale [!] affare come appare p(er) mano di m(aest)ro P(ie)ro d’Horlino [!] quale (h)ob(r)igo e à pag(a)re a Av(er)ardo Salviatj a Albizo del Bene et a Andrea Rinieri e p(er) sua M(aes)tà si pagano a m(aest)ro Gian Prunier al quale gli co(n)to e’ Ghuadagni a chj p(er) luj si fanno buonj posti av(er)e a lib(r)o d(i) fiere a(c) 157 e detto lib(r)o av(er)e jn q(uest)o. – Lang, Herrscherfinanzen, S. 489 f. 329 SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. 201. 330 SNS, AS, I, 558 (L DebCred R), c. CCLXXIX. 331 Hamon, L’argent, S. 276; S. 304; S. 322. 332 SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. CC: B(ar)tholomeo Belzeri e co di Lione p(er) conto loro ap(ar)te deono av(er)e in fiera d’agosto addj 15 di sett(embre) [[1545]] 𝛻 3666 2⁄3 d’oro di * facc(iam)o lor[o] buoni a buonconto nel grado sono e p(er) q(ua)ndo riscossi saran(n)o p(er) tanti datone loro debito in conto c(orren)te p(er) sim(i)le som(m)a che participono jn li 𝛻 6666 2⁄3 di * che questa fiera habiamo p(re)stato al X(ianissi)mo Re di Francia p(er) insino alla prox(im)a fiera d’apar(izio)ne tutto di loro com(missio)ne e dati p(er) detta M(aes)ta Xma a m(aest)ro Gian Duval tesoriere dell’ éspargne e p(er) lui a m(aest)ro Martino di Troyes suo commisso de q(u)ali 𝛻 6666 2⁄3 d’oro di sole s’è p(r)eso obligo p(er) detto t(em)po a pag(a)re a noj / o / al n(ost)ro L(ionar)do Spina p(er) m(an)o di P(ie)ro Dorlin sotto dì 14 di q(uest)o il quale p(er) detta M(aes)tà Xma ha pax(a)to m(aest)ro Gian Duperat locoten(en)te di q(ue)lla in questa terra et il subdetto m(aest)ro Martin di Troyes sua procc(urato)re et sua cautione / e con loro altre cautione dare detti Belz(e)ri al co(n)to c(orren)te al lib(ro) di f(iere) [c.] 196 e detto lib(r)o in q(uest)o. Der Eintrag im Konto des Königs: ebd., c. 201. 333 Ebd., c. 200. 328

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ro selbst die Verhandlungen für Averardo e Piero Salviati & Co führte, aktivierte die Kreditnetzwerke des Unternehmens, damit die entsprechende Finanzierung ermöglicht werden konnte. Die Zahlungen wurden meistens über den Messenhandel in den Wechselverkehr eingespeist, um zusätzlich Gebühren erheben zu können. Denn die Rückzahlung ließ zumeist auf sich warten. Darlehen an die Krone in dieser „mittleren“ Dimension wurden nicht ausdrücklich abgesichert; es steht zu vermuten, dass aufgrund der Zuständigkeit des Einnehmers Martin de Troyes andere Einkünfte des Languedoc zur Deckung dieser „Sonderkredite“ verschrieben wurden. Die Herrscherfinanzen als Märkte und angelagerte, spezialisierte Märkte Während Herrscherfinanzen nur eine vertikale Integrationswirkung auf das Marktgeschehen ausübten und ihrem fehlenden marktförmigen Charakter zum Trotz verschiedene Formen der Spezialisierung generierten, wirkten die angelagerten Märkte vertikal und horizontal integrierend. Denn die auf diesen angelagerten Märkten Beteiligten – in der Außenwahrnehmung waren dies vor allem die Handels- und Bankgesellschaften in Lyon – liefen Kredit- und Wechselmärkte in spezifischer Form mit den Herrscherfinanzen zusammen und erschlossen sich weitere Kreise an Investoren, Wechselpartnern und Kreditvermittlern. Die angelagerten Wechsel- und Kreditmärkte dienten dabei als Beschaffungsmärkte sowie als Plattformen zur Sicherung und zur Deckung der finanziellen Risiken, die die Vergabe der aus zahlreichen Krediten zusammengesetzten (komplexen) Darlehen aufwiesen. Die angelagerten Kredit- und Wechselmärkte, die zur Finanzierung von Anleihen der Krone dienten, lassen sich vergleichbar mit der Finanzierung der contracts for searisk loans am Ende des 16. Jahrhunderts als secondary markets of financial bills, als sekundäre Fakormärkte, bezeichnen. Diese Überführung von längerfristig gedachten Krediten wie die kreditbasierte Bezahlung der Pachtgebühren des Seidenzolls in kurzfristige Kreditoperationen an Wechselmärkten signalisiert die Verschiebung der geschäftlichen Interessen der in Lyon ansässigen Kaufmannbankiers zugunsten des Banking-Segments. Damit waren die von Kreditvermittlern wie den Salviati ausgeweiteten Finanzierungsinstrumente für die Kronanleihen ein Teil einer Entwicklung, in deren Zuge Wechsel- und Warenmärkte zunehmend voneinander entkoppelt wurden. Die angestammte Funktion des Wechselhandels für die Warenfinanzierung wurde somit um die Finanzierung von Krediten erweitert.334 Überdies erfüllte der dabei eingesetzte bargeldlose Zahlungsverkehr die Aufgabe der Stabilisierung der „Geldmärkte“, denn er war Grundlage des Wechselverkehrs und gewährleistete somit den Ablauf der EvaluieVgl. José Ignacio Martínez Ruiz, The Credit Market and Profits from Letters of Exchange. Ricorsa exchange operations between Seville and the „Besançon“ International Fairs (1589–1621), in: Journal of European Economic History 33 (2004), S. 331–355, hier S. 334. 334

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rung von Zahlungen – auch ohne dass die verschuldete Krone in vollem Umfang und mit aller Regelmäßigkeit zurückzahlte.335 Die Kronen, ihre hohe Finanzadministration sowie Amts- und Würdenträger der königlichen und kirchlichen Hierarchie waren aufgrund ihrer Position als Nachfrager und Regulierungsinstanzen auf verschiedenen Märkten zu den Akteuren auf dem Feld der Herrscherfinanzen zu rechnen (s. Kapitel III.3). Die Transfers zwischen ihnen und den Handels- und Bankgesellschaften sowie einzelnen Kaufmannbankiers zeigten sich im hohen Maße kontingent. Denn ein guter Teil der Transfers zwischen den herrschaftlichen Stellen und den Kaufmannbankiers wurde ohne Auswahlmöglichkeiten abgewickelt, die Anbieter von Serviceleistungen sahen sich nicht selten zu Transfers schlichtweg gezwungen. Die Transaktionen kamen zumeist zustande durch Vermittlung gut vernetzter Mittelsmänner, die sowohl Zutritt zu herrschaftlichen Kreisen als auch zu den potentiellen Leistungserbringern hatten.336 Die Bildung von Konsortien bei der Finanzierung von Kronanleihen wie auch bei den Steuerpachten hatte keineswegs nur den Sinn, genügend finanzielle Mittel aufzubringen und das Risiko der kostspieligen Unterfangen abzufedern. Vielmehr dienten sie der Kontrolle bei der Vermittlung von Transferleistungen, indem sie den Einfluss der Anbieter auf die entsprechenden Konditionen zu vergrößern suchten, und zielten als kooperative Verhaltensmuster auf die Schaffung oder die Ausweitung von Kreditmärkten.337 Dabei versorgten sich die beteiligten Kaufmannbankiers entweder auf vorhandenen Kreditmärkten (indem sie diese entlang ihrer Kreditnetzwerke ausdehnten) oder sie erzeugten zusätzliche Märkte für Kredite. In beiden Fällen generierten sie ein Mindestmaß an Konkurrenz, um Gewinnchancen zu eröffnen. Für die Kaufmannbankiers war entscheidend, über eine gute Position im transeuropäischen Wechselhandel zu verfügen und auf diese Weise genügend Mittel für die Anleihen zusammenziehen zu können. Da die Darlehen an die Krone bar gezahlt wurden, mussten die Wechsel die Verfügbarkeit von ausgemünztem Edelmetall gewährleisten.338 Während die Bereitstellung von Kronanleihen in hohem Maße konventionalisiert war, gaben die involvierten Kaufmannbankiers den Wechselmärkten durch die Aufnahme von Krediten oder die Einspeisung von Rückzahlungen Impulse. Diese Verkoppelung von Darlehen an die Krone und kapitalintensiven Serviceleistungen für herrschaftliche und kirchliche Stellen mit einer gesteigerten Aktivität auf Wechselmärkten, die die Geschäfte mit den Anleihen unterfütterten, erwies sich als eine besondere Kompetenz einer kleinen Gruppe an Handels- und Bankgesellschaften. Diese

Denzel, Bargeldloser Zahlungsverkehr, S. 51 f. Folgt man der Charakterisierung von Märkten, wie sie bei Jens Beckert vorgenommen wird, dann entfällt bei den Herrscherfinanzen das für die Konkurrenz- oder Wettbewerbssituation wesentliche Moment der Nachfragervielfalt auf herrschaftlicher Seite: Beckert, Die soziale Ordnung, S. 43–62. 337 Vgl. Häberlein, Brüder. 338 Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Private Money, S. 41–43. 335 336

Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte

großen Spieler im Bereich der Herrscherfinanzen neigten zur Kartellbildung und benötigten hierfür sowohl zahlungskräftige Investoren als auch eine große Zahl ‚kleinerer‘ Kreditgeber, die ihrerseits auf den Wechselmärkten agierten. Durch die Formierung des Konsortiums von Iacopo Salviati und Bartholomäus Welser für die Pacht des Seidenzolls gelang den beiden einerseits die Aushandlung einer Pachtgebühr, die im Vergleich zu einer späteren Pachtperiode – derjenigen von 1542 bis 1546 – für die Investoren günstiger war. Andererseits verfügten sie über eine Gestaltungskompetenz, durch die sie die anlagernden Märkte prägen und für die Pachtperiode von acht Jahren verstetigen konnten. In den späteren Darlehensgeschäften mit der französischen Krone wurden die angelagerten Märkte fortgesetzt und die Verknüpfung von depositi-Anleihe-Geschäften mit Wechsel- und Kreditmärkten vorbereitet. Bei der nachmaligen Pacht des Seidenzolls durch das Florentiner-Luccheser Konsortium fiel man aus der Perspektive von Averardo Salviati & Co in ältere Muster der Strukturierung von Konsortien zurück, aber man blieb durch die rechtliche Bindung des eigenen Teilhabers in der Person Lorenzo Pasqualis im Geschäft mit der Zollpacht verwurzelt. Die in den Rechnungsbüchern der Salviati folgenden Kredite, die gewiss nur einen Bruchteil der von König Franz I. tatsächlich aufgenommenen Gelder darstellten, verweisen auf die wiederkehrenden personellen Konstellationen.339 Indes zeigen die „Sonderkredite“ auch, wie entscheidend eingespielte Personenkonfigurationen und Handlungsmuster waren. Denn Vermittler wie auf der Seite der herrschaftlichen Fiskalverwaltung Kardinal François de Tournon oder der Generaleinnehmer des Languedoc, Martin de Troyes, oder auf der Seite der Kaufmannbankiers Bernardo und Alberto Salviati am königlichen Hof sowie Piero Spina, Albizzo del Bene und Bernardo Canigiani in Paris sorgten dafür, dass sie für ihre jeweiligen Auftraggeber die Unwägbarkeiten divergierender Interessen und ökonomische Risiken und Instabilitäten zu überbrücken verstanden. In der Perspektive der Buchführung erschienen die Herrscherfinanzen in der Reihe der Konten des Schuldbuches als binäre Beziehung. Die fortlaufenden Konten des Königs oder der Gabella in den libri debitori e creditori verweisen auf den vertraglich abgesicherten Charakter der Schuldbeziehungen im komplexen Verhältnis wechselseitiger Transaktionen. Demgegenüber wurden die angelagerten Märkte im Büchersystem der Salviati nicht in einzelnen Konten repräsentiert, sondern zeigten sich als multilaterale Märkte, bei denen Kredite in beide Richtungen flossen und multiple Kredite versorgt werden mussten (d. h. in verschiedenen Kontengruppen). Die Querverweise innerhalb einer Buchgattung erhalten die Fiktion unmittelbarer Schuldbeziehungen

Die Reflexion der Entwicklung des Marktgeschehens aus der Perspektive Lionardo Spinas und Lorenzo Pasqualis im folgenden Kapitel (VI.). 339

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aufrecht, wohingegen die Spur, die sich durch die unterschiedlichen Bücherebenen zieht, die angelagerten Transaktionen des Wechselverkehrs nachvollziehbar macht.340 Die Kronanleihen Heinrichs II. vor 1555 Die Beteiligung der Salviati an den Kronanleihen König Heinrichs II. folgte anderen Mechanismen als diejenige an den Darlehen König Franz’ I. In der Mitte der 1540er Jahre, als die Geschäftsbeziehungen zu Bartholomäus Welser & Mitverwandten zusehends erodierten, betrieben die Lyoner Salviati unter der Leitung von Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali massiv die Aufnahme von Einlagen. Diese dienten in erheblichem Umfang der Finanzierung von Kronanleihen. In diesem Zusammenhang ist zu beobachten, wie die an der Beschaffung von Krediten für die Darlehen an Heinrich II. beteiligten Kaufmannbankiers davon abkamen, in konsortialen Strukturen Kredite zu akquirieren. Vielmehr griffen sie auf die angelagerten Kredit- und Wechselmärkte zurück und brachten die finanziellen Mittel in kartellartigen Kooperationsformen auf.341 Dieses Vorgehen hatte allerdings auch zur Konsequenz, dass die Salviati die Basis für die einzunehmenden Kredite vergrößern mussten. Hierfür nutzten sie die Kredit- und Wechselmärkte, an deren Konfiguration sie in den Jahren zuvor gearbeitet hatten. Auffällig ist überdies, dass seit der kurzen Expansionsphase von Averardo e Piero Salviati & Co nach Antwerpen verstärkt Nürnberger und Augsburger Kaufmannbankiers zum Kreis der über ihre compagnia in Lyon an den Kronanleihen beteiligten Unternehmungen zählten. In diesem Sinne müsste man von Kartellbildungen zur Finanzierung der französischen Kronanleihen sprechen. Denn die Salviati formierten mit einigen anderen Kreditvermittlern eine kleine Gruppe an Kaufmannbankiers, die moderierend auf den Märkten des Wechselhandels eingriffen und den Zugang zum Geschäft mit den Einlagen begrenzten.342 Überdies verschoben die Salviati durch ihr vertieftes Engagement bei den Kronanleihen die Ausrichtung ihrer Lyoner Geschäftstätigkeit in die Wechsel- und Kreditmärkte. Der Handel mit Luxusgütern, vor allem Seidenwaren, veränderte sich nicht grundsätzlich, aber die Umsätze im Bereich der Kreditvermittlung und Wechselaktivi-

Vgl. Padget/McLean, Economic Credit, S. 17 f.: Verhältnis von Konto im Rechnungsbuch in bilateralem Format zu ökonomischer Beziehung: „From the point of view of credit, the most significant aspect of that accounting change is its instantiation of the current account, which visually was displayed so neatly in bilateral-format pages.“ (vgl. ebd., S. 14). Für „relationale Kredite“: „Relational credits in turn are of two types: (a) reciprocal credits, where credits flowed in both directions, and (b) multiple credits, where more than one outstanding credit existed in a single direction.“ 341 Matringe, L’entreprise, S. 237–252. 342 Dies gilt auch gerade deshalb, weil sich Lionardo Spina (und Lorenzo Pasquali) in den Korrespondenzen mit ihren Investoren wie Bartolomeo de Paretes und Hans Chrysostomus Peutinger über die Mechanismen des deposito-Marktes in Lyon beklagten: vgl. Matringe L’entreprise, S. 248; vgl. hier Kapitel VI. 340

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täten nahmen enorm zu. Diese Tendenz, für die auch andere Florentiner Kaufmannbankiers wie Tommaso Guadagni, Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co oder Albizzo del Bene stehen, lässt sich auch bei einigen süddeutschen Unternehmen nachweisen.343 Nach dem Tod des gebürtigen Nürnbergers Hans Kleeberger, der zuvor eine Schlüsselfigur bei der Kreditvermittlung gewesen war, stießen andere in die entstandene Lücke. Die von Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali geführte Niederlassung von Averardo Salviati & Co spezialisierte sich zusehends auf diese Form der Finanzakquise – aber sie schöpften dabei aus den ausgeweiteten Kredit- und Wechselmärkten, nicht nur aus der Ressoure persönlicher Beziehungen. Die Darlehen, die der Augsburger Hans Chrysostomus Peutinger König Heinrich II. gewährte, illustrieren diese Entwicklung. Am 7. Juni 1547 erhielt Peutinger, der wie erwähnt der Sohn von Margaretha Welser und Dr. Konrad Peutinger war344, eine Kautionszahlung über 700 scudi di sole im Rahmen eines Kredites in Höhe von 11.000 scudi di sole (11.380,0,11 scudi di marchi), den die Salviati dem französischen Monarchen in Lyon zuvor eingeräumt hatten.345 Am 24. September erweiterten Averardo Salviati & Co diese Kreditlinie, indem sie Heinrich II. nun 13.000 scudi di sole (13.449,4 scudi di marchi) liehen. Peutinger war an der „Sammel“-Kronanleihe über 9.000 scudi di sole mit abermals 700 scudi di sole (724,2,9 scudi di marchi) beteiligt. Die übrigen 4.000 scudi di sole (4.138,4,2 scudi di marchi) stellten die Salviati dem König im Auftrag des stillen Investors aus Augsburg als Einzelkredit zur Verfügung.346 In den drei zitierten Fällen – den beiden ‚Sammel‘-Kronanleihen und der ‚Einzel‘-Anleihe – schlossen

Die bisher ausführlichste Darstellung unter Berücksichtigung der vorhandenen Augsburger Archivbestände: Häberlein, Brüder. 344 Reinhard, Augsburger Eliten, S. 617 (Lfdnr. 931); Häberlein, Brüder, S. 80; Ders., Expertenwissen. 345 SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. 372: Chr(istianissi)mo Henrico Re di Francia p(er) conto aparte di dare addì 7 di giugno 𝛻 vndicimila d’oro di sole p(er) tanti pagatine p(er) lui a m(aestro) Martino di Troyes commisso di m(aest)ro Gian Duval suo tesoriere dell’espargne e quali presto a sua M(aes)ta X(ianissi)ma p(er) renderli alla prox(im)a fiera d’agosto della qual som(m)a ne habiamo preso obligo sotto q(uest)o dì p(er) mano di m(aest)ro Piero Dorlino da sua M(aes)tà X(ianissi)ma insieme con più sig(nator)i e altri p(er) cautione come p(er) il detto obligo appare e p(er) sua M(aes)ta lo han(no) p(assa)to m(aest)ro Gian Dup(r)at suo locoten(en)te in q(uest)a terra et il subdetto di Troyes sua procc(urator)e li qualj 𝛻 xj°M se li son p(re)stati p(er) li conti appresso […]. Et 𝛻 700.– d’oro di sole p(er) Giovan Crisost(om)o Pentinger qual posto a vn cont(o) ap(ar)te hav(er)e in q(uest)o. – Die restlichen 10.300 scudi di sole verteilten sich wie folgt: 3.000 scudi di sole durch Lorenzo Pasquali im Namen der Salviati in Lyon, 2.000 scudi di sole durch Filippo Pinadori, den giovane der Salviati in Lyon, 2.000 scudi di sole durch Lionardo Spina, 1.675 scudi di sole durch Averardo Salviati & Co conto nostro proprio, 1.000 scudi di sole durch Antonio Rustichi aus Florenz und 625 scudi di sole durch den Florentiner Giovambattista Bonsi: Das bedeutet zugleich, dass nur 3.225 scudi di sole nicht aus dem unmittelbaren Teilhaberkreis der Lyoner Salviati an den König geliehen wurden. 346 SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 84: Cr(istianissi)mo Henrico Re di Francia per conto app(ar)te de dare. Der Einzelkredit ebenda: Et addì detto 𝛻 4000 d’oro di sole p(er) tanti pag(ati)ne p(er) lui a detto di Troyes e’ quali p(re)stiamo a Sua M(aes)tà sino alla p(r)ox(ima) fiera di t(ut)ti santi come di sopra e se ne è preso (h)obligo sotto questo dj p(er) mani di detto Dorlin e lo han(no) pax(a)to detti Dup(r)at e di Troyes suo procc(urato)re insiem(e) con più cautio(ne) com(e) per epso obligo appare il qual presto li facciamo per ordine e conto di Giovanni Crixostomo Pentinger alamanno il qualj Penting(er) posto hav(er)e al per lui apparte in q(uest)o. 343

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Lionardo Spina und/oder Lorenzo Pasquali im Namen der Lyoner Salviati und ihrer Investoren Verträge vor dem Prokurator des in diesen Zusammenhängen bereits oft zitierten Notars Maestro Pierre Dorlin, einem Maestro Jehan Duperalt. Als Vertragspartner trat der Kommissionär der Krone, Martin de Troyes, welcher für erwähnten Jehan Duval, den tésaurier de l’Épargne, agierte, auf. Dabei integrierten die Florentiner Kaufmannbankiers Hans Chrysostomus Peutinger in den Kreis derjenigen, die diese Kronanleihen finanzierten.347 Die Beteiligung Peutingers an dieser Kreditlinie wurde bis zum 10. September 1549 weitergeführt. In steigendem Umfang beteiligte sich der Augsburger Investor an den anwachsenden Darlehen für den französischen König und übernahm zusätzlich von Messe zu Messe jeweils einen Einzelkredit über 4.000 scudi di sole.348 Während der Allerheiligenmesse 1548 erreichte Peutinges Beitrag zum „Sammel“-Kredit 2.200 scudi di sole; überdies steuerte er 4.000 scudi di sole und in diesem Fall noch zusätzlich 11.500 scudi di sole bei.349 Für seine Finanzleistungen schöpfte er vier Prozent Zinsen, die als dono chiffriert wurden, ab.350 Die Krone sicherte ihm dafür eine Zinszahlung von 708 scudi di sole zu. Während der Ostermesse 1549 überwiesen die Lyoner Salviati im Auf-

SNS, AS, I, 561 (L DebCred S), c. CCCLXXIII: Giovan Crixostomo Pentinger alamanno p(er) un suo conto ap(ar)te de hav(er)e in fiera di pasqu’add(ì) 7 di giugno 𝛻 700 d’oro di sole facciamolo creditt(ore) a buonconto nel grado sono e per quando del t(ut)to riscossi saranno p(er) tanti prestatone questa fiera di sua comm(issione) e p(er) suo conto al Xmo Henrico Re di Francia p(er) in sin alla pr(ossim)a fiera di agosto in s(omm)a di 𝛻 xiM di *e quali p(er) sua M(aes)tà Xa si son pag(a)ti a m(aest)ro Martino di Troyes commisso di m(aest)ro Gian Duval tesoriere dell’Epargne et ditti insieme se ne è preso obligo sotto q(uest)o dj p(er) man di m(aestr)o P(ie)ro Dorlin e p(er) sua M(aes)tà X(ianissi)ma li hanno passato m(aest)ro Gian Dup(r)at suo locotenente in questa terra et il subdetto Martino di Troyes sua procc(urato)re (e) cautio mesi et jnsieme con loro più altri cautione il tutto come p(er) detto obligo appare posto detto Xmo Re in detta som(m)a di 𝛻 xj°M * dare; zur Fortsetzung dieser Kreditlinie: SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. LXXXV: Giovan Crisostomo Pentinger [!] alam(ann)o p(er) suo cont(o) ap(ar)te de havere: Et ad(dì) 24 detto in f(ier)a d’agosto 𝛻 700 d’(or)o di sole facc(iamo) buoni a buo(n)co(n)to nel grado sono p(er) quando riscossi sieno p(er) tanti prestatone q(uest)a fiera di sua com(missione) e p(er) suo co(n)to al X(ianissi)mo Henrico Re di Francia p(er) in sin alla prox(ima) fiera di t(ut)ti santi in s(omm)a di 𝛻 9000 di * e quali p(er) sua M(aes)ta si son pag(a)ti a M(aestro) Martino di Troyes tesorier real(e) com(me)sso dj m(aest)ro Duval tesorier dell’Espargne e ditti jnsieme se n’è preso obligo sotto q(uest)o dj p(er) mano dj m(aest)ro Piero Dorlin il qual(e) obligo p(er) sua M(aes)tà Xma hanno passato m(aestr)o Gian Duperalt suo locot(enen)te in questa terra et il subdetto Martino di Troyes sua procur(atore) insieme com più cautione si come p(er) il detto obligo appare posto il detto Xmo Re dare in s(omm)a di 𝛻 viiij°M * in q(uest)o. Und der erweiterte Kredit: Et ad(dì) detto 𝛻 4000 d’oro di sole facc(iamo) cre(ditore) a buonco(n)to com(e) di sop(r)a p(er) tanti prestatone nel modo et ferma jnstamis che di sopra p(er) suo conto e dj sua com(issione) al detto Xmo Re p(er) insino alla prox(ima) fiera dj t(ut)ti santi de quali se n’è preso obligo sotto q(uest)o dj p(er) man[o] di detto Dorlin elanpto [?] li detti p(ost)o d(are) in q(uest)o. 348 SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 84/LXXXIIII: c. CCXX: Appartkonto König Heinrichs. 349 Ebd., c. CLXXXIII: Konto König Heinrich, de dare, aber notiert auf der rechten Seite. 350 Ein königliches Patent vom Januar 1548 hob das Verbot der Zinsnahme für Anleihen auf; dadurch wurde es möglich, dass der König bei den Kronanleihen interesse gewährte – welches er nicht so nannte, sondern als dono bezeichnete. Während bei den depositi-Zinsen angesetzt wurden, war dies bei königlichen Anleihen bis dahin nicht der Fall: vgl. Georges Gallais-Hamonno, The Stupendous Modernity of the 1555 ‚Grand Parti de Lyon‘ Loan, in: Working Papers (Association Française de Cliometrie), Nr. 7, 2009, S. 5 f. 347

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trag Peutingers als einziges Darlehen den Eigenkredit über 11.500 scudi di sole an die Krone.351 Als Heinrich II. am 20. Juli 1549 bei den Salviati mit über 44.500 scudi di sole verschuldet war und sich mit 19.500 scudi di sole im Zahlungsrückstand befand, bewegte sich Peutingers Eigenkredit immer noch in der Größenordung von 4.000 scudi di sole. Überdies war sein Anteil an der „Sammel“-Anleihe von 2.200 scudi di sole unausgesetzt eingelegt.352 Während der Augustmesse 1549 beteiligte sich der Augsburger Geschäftspartner der Salviati nicht nur mit 2.200 scudi di sole an der besagten Kronanleihe353, sondern er verfügte über eine verzinste Rückzahlung in Höhe von 2.696 scudi di sole (2.789,3,9 scudi di marchi). Zu diesem Zeitpunkt belief sich die Schuld der Krone gegenüber den Salviati auf einen Betrag von 67.000 scudi di sole (69.728,18,3 scudi di marchi).354 Allerdings zählte Peutinger bei der Allerheiligenmesse 1550 nicht mehr zu den Gläubigern des Königs, die dem französischen Monarchen eine von den Salviati vermittelte Neuverschuldung von 44.950 scudi di sole einräumten.355 Die Refinanzierung der Kronanleihen des Königs folgte Mustern, die vergleichbar waren mit denjenigen der Gabella-Rückerstattung. Der am 24. September 1547 zwi-

SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 266/CCLXVI. Ebd., c. 314: Die 40.500 scudi di sole verteilten sich wie folgt: 3.000 scudi di sole durch Montaiuti di Roma, 4.770 scudi di sole durch Tommaso Gomes; 2.600 scudi di sole durch Matteo Lopez; 5.000 scudi di sole durch Giovanni Milas; 5.800 scudi di sole durch Guglielmo Fernandes, 1.000 scudi di sole durch die Capponi aus Florenz; 2.900 scudi di sole von den Fagnani aus Venedig; 1.400 scudi di sole durch Luis Vaaz; 625 scudi di sole von Giovannbattista Bonsi; 1.660 scudi di sole durch Gabriel Lopez; 5.425 scudi di sole durch Redi di Francisco Vaaz; 1.500 scudi di sole durch Bernardini e Spada di Roma; 200 scudi di sole durch Matteo Brandolini; 2.200 scudi di sole durch Peutinger; 2.000 scudi di sole durch Iustiniani e Spinola di Lione und 420 scudi di sole aus den depositi. 353 Ebd., c. CCXX: Giovanni Grisostomo Pentinger alamanno di Augusta p(er) suo conto apparte de avere jn fiera d’agosto ad(dì) 13 d’ottob(r)e 𝛻 2000.-- d’(or)o d(i) sole facciamoli a buonconto nel grado sono e p(er) quando riscossi saranno e sono p(er) tanto d(i) q(uest)a fiera ne p(r)e(n)diamo p(er) suo conto e commessione al (Christianissi)mo Harrigo Re d(i) Francia p(er) jnsino alla p(r)oxima fiera di tutti santi jn somma d(i) 𝛻 12700 d(i) * e’ quali p(er) sua Mag(es)tà s’è fatto pagati a Martyno di Troyes suo tesauriere e di tutto jn sieme ne abiamo p(r)eso a lib(r)o sotto questo dj p(er) mano di m(aestr)o Piero Dorlino e p(er) Sua M(aes)tà lo an(no) passato m(aestr)o Gian Dupeyrat suo luoghotenente jn questa terra e detto m(ae)stro di Troyes suo p(r)oquratore jnsieme con più cauz(ion)e come appare p(er) detto ob(r)ig(h)o p(r)eso detto (Christianissi)mo (Re) dare jn somme di 𝛻 12700 d(i) * jn questo. Zur Erhöhung: Et ad(dì) detto 𝛻 2200 d(i) oro d(i) * facciamolo cre(ditore) come d(i) sop(r)a e quali p(er) suo ordine si p(r)estano al detto (Christianissi)mo p(er) detto tempo e se n’è avuto ob(r)igo jn somma d(i) 𝛻 16300 d(i) * jn q(uest)o. SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 84/LXXXIIII; c. 183/CLXXXIII: Kreditaufnahme im Konto des Königs mit Peutingers Beteiligung: 1547.2–4 (1.700 scudi di sole von 8.500 scudi di sole, zugleich 4.000 scudi di sole als Einzelkredit); 1548.1 (1.800 scudi di sole von 12.500 scudi di sole und zugleich 4.000 scudi di sole). 354 SNS, AS, I, 588 (L DebCred V), c. 314: Johann Chrysostomus Peutinger als Gläubiger des Königs: Et jn fiera d’agosto ad(dì) 10 d(i) settenb(r)e 𝛻 2696 d’(or)o d(i) * e sono ch(e) tanti cene dona detto (Christianissi)mo a causa de’ detti 𝛻 67.400 d(i) * p(r)estatoli la pa(rti)ta d(i) pasqua fino alla p(rese)nte fiera d’agosto e ragione di 4 p(er) cento ch(e) d(i) 𝛻 85 d(i) * ne diamo credito. 355 SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. 12/XII: Bemerkung: Hier tätigt Maestro Nicholas Dorlin die Vertragsaufnahme. Am 21.2.1551 verfiel das Konto mit einer Schuld über 62.625 scudi di sole; die Buchung geht über Martin de Troyes in den libro de fiere ein. 351 352

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schen den Salviati und Martin de Troyes in Lyon geschlossene Vertrag sah eine Kronanleihe über 9.000 scudi di sole sowie eine weitere Kronanleihe über 4.000 scudi di sole von Hans Chrysostomus Peutinger vor. Die Rückzahlung setzte man für die folgende Messe fest. Der Buchhalter der Salviati trug die Schuld Heinrichs II. als Belastung ein und entlastete Peutinger (wie auch die anderen Investoren) um ihre gewährten Kredite. Die Erstattung der Kronanleihen vollzog sich durch die Finanzierung von Wechselgeschäften, innerhalb derer das Schuldkonto des Königs durch die Erlöse entlastet wurde.356 Peutingers Anteil über insgesamt 4.700 scudi di sole (4.862,8,3 scudi di marchi) ging während der Allerheiligenmesse 1547 zu seinen Gunsten in den Wechselhandel ein, indem er als creditore a buonconto notiert wurde und den Wechselerlös als Barauszahlung erhielt. Da die Kronanleihen wie die Gabella den Eigenhandel betrafen, wurde die Rückzahlung des Königs über die Messebücher abgerechnet (Nostrokonten). Demgegenüber stellte sich die Refinanzierung des Investors aus Augsburg als Auftragshandel dar, so dass seine Ausgleichszahlungen in den Lorokonten des jeweiligen libro dei committenti vorgenommen wurden.357 Auf die von Peutinger insgesamt unter dem Vertrag vom 24. September 1547 eingetragenen Darlehen in Höhe von 4.700 scudi di sole berechnete man 188 scudi di sole als vierprozentigen Zinsaufschlag.358 Am 24. Dezember 1548 vereinbarten die beteiligten Eine der Aufgaben der Bankiers bestand in der Kalkulation der nötigen Wechselgewinne über eine bestimmte Zeitspanne; später nutzte man das Instrument des ricorsa-Wechsels für diese Operation, die hier wohl nicht vorlag: vgl. Martínez Ruiz, The Credit Market, S. 338. 357 Für den Eintrag in das Konto Heinrichs: SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 84; Übertrag auf Peutingers Apartkonto: ebd., c. LXXXV; der Ausgleich durch die Krone: ebd., c. LXXXIIII; Eintrag unter dem Libro di fiere T: ebd., c. 91; Eintrag ins Messebuch: SNS, AS, I, 578 (L LibFier T), c. 61. Peutingers Ausgleich der gewährten Schuld: Belastung seines Apartkontos: SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 85; Eintrag unter dem Libro dei committenti T: ebd., c. CXXVI; Gutschrift im Libro dei committenti T: SNS, AS, I, 572, c. 184r; SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 85: Giovan Crisostomo Pentinger di cont(r)o de dare in fiera d’agosto addì 7 di sett(embre) 𝛻 700 d’(or)o di sole p(er) tanti fattolo creditt(ore) a buonco(n)to in co(n)to cor(rent)e a lib(r)o de’ com(mitten)ti (ac) 4 e detti lib(r)o in q(uest)o. Und die ansteigende Refinanzierung: Et in fiera di t(ut)ti santi 𝛻 4700 d’(or)o di * facciamoli buoni a buonconto (e) sino che sien(o) risc(oss)i in conto suo corrente all [!] qual conto post’av(er)e a lib(r)o di c(ommitten)ttj (ac) 184 e detto lib(r)o in q(uest)o; und weitere Buchung: Et in fiera d’apparitione addj vltimo di febrayo 𝛻 5500 di * facc(iamo) b(uon)i a buonconto (e) sin che sieno riscossi in conto suo corrente al qual conto posto hav(er)e a lib(r)o de com(mitten)tti (ac) 283 e detto lib(r)o; und: Et jn fiera d(i) pasqua ad(dì) 12 di giugno 1548 𝛻 5700 d(i) * facciamo li buoni a buonc(on)to seno ch(e) sieno riscossi p(er) lo scaduto d(i) q(uest)o conto a lib(r)o de comm(itten)tj (ac) 345 e detto lib(r)o jn q(uest)o usf. Und die Buchung für den Libro dei committenti T: SNS, AS, I, 573, c. LXXXX: Libro di commettenti di n(ost)ra ragione di contro de havere (…) Et 𝛻 724.2.8 di m(arch)i a Giovanni Crisostomo Pentiger [!] p(er) suo conto ap(ar)te in q(uest)o (ac) 85. für 1547.3 4.700 scudi di sole; dann 5.500 scudi di sole 28.2.1548 ansteigend mit dem Ansteigen der Beteiligung an den Kronanleihen; jeweils über libro dei committenti in den Wechslehandel (Barzahlung eines Wechsels und entsprechende Baranweiung: SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 85; die Rückzahlung: c. CXXVI (Libro dei commettenti de avere): Et 𝛻 4862.1.4 di m(arch)i a Giovan(ni) Cris(os)tomo Pentinger p(er) lui ap(ar)te; SNS, AS, I, 572 (L LibCom T), c. 4r; c. 184r; c. 283r; c. 345r; c. 432r. 358 SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 84: Chr(istianissi)o Henrico Re di Francia per il conto di contro de havere in fiera d’agosto ad(dì) 5 di sett(embre) 𝛻 xj°M d’(or)o di sole cioè vndicimila d’oro di sole p(er) tanti che sua M(aes)tà Chr(istianissi)ma ce ne fa pagare da m(aest)ro Gian Duval suo tesoriere dell’ espargne p(er) lo scaduto a questa fiera di questo conto e p(er) detto Duval ci li fa buoni m(aest)ro Martino di Troyes suo commesso il quale 356

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Parteien entsprechend dem erhöhten Anteil des Augsburger Investors die Einspeisung von 11.500 scudi di sole in den Wechselverkehr.359 Dieses Verfahren zeigt, wie die an die Kronfinanzierung angelagerten Wechsel- und Kreditmärkte von Vermittlern wie den Salviati moderiert und durch den Einzug von Wechselkommissionen die Lasten zuungunsten der Investoren umgeschichtet wurden. Mit der Allerheiligenmesse 1549 begann eine Neuorientierung der Investitionstätigkeit des Hans Chrysostomus Peutinger bei Averardo Salviati & Co in Lyon. Der Augsburger Patrizier legte die nach Lyon transferierten Gelder in depositi-Konten seiner Florentiner Vermittler an, nicht mehr in Kronanleihen. Das deposito-Konto Peutingers wurde am 28. Februar 1549 mit einer Gutschrift über 293,1 scudi di marchi eröffnet. Die Entwicklung seiner Einlagen zeigt, wie die Rückerstattungen und Zinszahlungen, die von den Krediten an die Krone herrührten, schrittweise in fortlaufende depositi überschrieben wurden.360 Am 12. September 1550 wurde der Betrag von 13.986,10,10 scudi di

posto dare a lib(r)o di f(iere) (ac) 21 e detto libro in q(uest)o; die Zinszahlung: Et ad(dì) detto 𝛻 440.– d’(oro) di sole che tantj ce ne fa pagare detta M(aes)ta X(ianissim)a dal sopradetto Duval p(er) il dono (!) che ci fa p(er) li detti 𝛻 11M della p(assa)ta fiera di pasq(u)a sino questa d’agosto a rag(ione) dj quattro p(er) c(ent)o e per detto Duval ci fa buoni detto di Troyes jl qual(e) posto d(are) a lib(r)o di f(iere) (ac) 21 e detto libro; und die Rückzahlung der Anleihe über 4.000 scudi di sole an Hans Chrysostomus Peutinger: Et ad(dì) detto 𝛻 4000 d’oro di sole che tanti ce ne paga p(er) sua M(aes)ta X(ianissi)ma il sopradetto m(aestro) Martino di Troyes tesoriere qual posto dare al libro di f(ier)e (ac) 98 e detto libro in q(uest)o. – Die Zusammenstellung der Zinszahlungen wird in der Sollbuchung registriert (weil die Zinsen mit eingerechnet werden): am 31.12.1547 entfielen 520 scudi di sole auf das ‚pauschale‘ Darlehen von 9.000 scudi di sole und das Einzeldarlehen von Peutinger über 4.000 scudi di sole: Die Verteilung lautet dementsprechend: ebd. c. 84. – Die Rückbuchung des ersten Darlehens in Höhe von 11.000 scudi di sole über die Wechselgeschäfte im Messehandel: ebd., c. LXXXXI: Libro di fiere di n(ost)ra ragione de dare […] Et 𝛻 11379.6.2 di m(arch)i dal Chr(istianissi)mo Henrico Re di Francia av(er)e in q(uest)o (ac) 84. – Für die weiteren Rückzahlungen: 1547.3–4; 1548.1–1548.3: Ebd., c. LXXXIIII; c. CLXXXIII. 359 Ebd., c. CCLI: Giovannj Grisostomo Pentinger [!] de Augusta p(er) suo conto aparte de’ tempi aparte de avere jn fiera di tutti santi ad(dì) 24 di dicemb(r)e 𝛻 11500 d’oro d(i) sole facciamolo creditore a buonconto nel grado sino e p(er) quando saranno roscossi e sono p(er) tanto ch(e) p(er) suo ordine e conto ne p(r)estjamo al (Christianissi)mo Henrigo Re d(i) Francia p(er) jn sino alla p(r)oxima fiera d’appariz(ion)e della qual somma se ne avuto ob(r)igo sotto questo dj p(er) mano di m(aestr)o Piero Dorlino passato p(er) detto (Christianissi)mo m(aestr)o Gian Dueyrat e Martino d(i) Troyes suo p(r)ochuratori jnsieme con le cauzioni che dechiarato p(er) detto ob(rig)o dare detto Xmo jn q(uest)o; die Refinanzierung erfolgte zeitlich versetzt, ebd., c. 251: Giovanni Grisostomo Pentinger d(i) contro de dare jn f(ier)a d’apparizio(ne) ad(dì) 26 d(i) feb(rai)o 𝛻 11500 d’(or)o d(i) sole e sono p(er) lo scaduto d(i) q(uest)o conto a q(uest)a f(ier)a fattolo cre(ditore) a buonco(n)to a [libro dei] c(ommitten)tti (ac) 182 e detto jn q(uest)o. Refinanzierung über den Libro dei committenti T: ebd., c. CCLXV: Libro di commettenti paghonazo segnato T di questa n(ost)ra ragioen de havere: Et 𝛻 11896.11.2 d(i) m(archi) a Giovanni Grisostomo Pentinger d(are) jn q(uest)o. SNS, AS, I, 572 (L LibCom T), c. 182r. 360 SNS, AS, I, 573 (L DebCred T), c. 278/CCLXXVIII: Peutinger; c. 274: Dipoxiti p(er) spartire a n(ost)ri amici e commettenti deono dare: Et ad(dì) 293.1.-- d(i) m(archi) ne diamo credito a Giovanni Grisostomo Pentinger p(er) lui c(orren)te ap(ar)te dipoxitj p(er) detto tempo e sono p(er) 𝛻 288 d(i) m(archi) al p(r)ezo spartitoli di questo conto p(ost)o avere jn questo. SNS, AS, I, 588 (L DebCred V), c. LXXXXVIII: Am 14.9.1549 waren es 736,12,4 scudi di marchi zu 3 1⁄2 Prozent: traemo qui annoj p(er) detto tempo jn noj p(er) pagarne 𝛻 762.8 di m(archi) contici e rimessi p(er) G(iovann)i Grisostomo corrente a lib(r)o de’ c(ommitten)ti (ac) 26 jn q(uest)o (ac) 101; c. CXXXI; c. CLIII; c. CLXXXXIIII; CCXXVI: Am 12.9.1550 waren es 13.986,10,10 scudi di marchi: c(i)oè 𝛻 11986.10.10 (h)a 3 3⁄4 e 𝛻 2000 (h)a p(er) c(ent)o t(rae)mo qui annoj p(er) detto tempo jnnoj p(er) pagarne

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marchi erreicht.361 Die Einlagen Peutingers wurden bis zum 12. August 1552 bis auf ein deposito von 16.495.8.9 scudi di marchi messeweise verlängert.362 Neben dieser Einlage ließen die Salviati eine weitere Kreditlinie laufen, die Peutinger mit 6.337,15,6 scudi di marchi begonnen hatte.363 Für diesen in die depositi-Konten investierten Betrag erhielt der Augsburger Investor bis zum 3. November 1552 Zinszahlungen. Zu diesem Zeitpunkt betrug die Einlage 8.513.11 scudi di marchi.364 Am 12. August des nämlichen Jahres hatten beide Kreditlinien mit insgesamt 25.009,0,3 scudi di marchi den höchsten Stand erreicht. Damit übertrafen sie das Stammkapital von Averardo Salviati & Co, das seit 1549 bei 20.400 scudi di marchi lag, erheblich. Die Kredite Peutingers entsprechen einem unternehmensinternen Trend; denn die Lyoner Salviati arbeiteten zu Beginn der 1550er Jahre mit einem sprunghaft ansteigenden Anteil an Fremdkapital, dessen Größenordnung von 246.100 scudi di marchi am Ende des Jahres 1550 auf 328.154 scudi di marchi im Sommer 1553 anstieg (s. Kapitel III.4.2). Peutingers Anteil bewegte sich zwischen gut zehn und mehr als siebeneinhalb Prozent. Im Anschluss wurden beide Einlagenlinien in einem Schritt abgeschmolzen.365 Im Zusammenhang mit den Kronanleihen des Jahres 1553 hatte Peutinger keine Einlagen mehr bei den Salviati in Lyon.366 Die Funktionsweise dieser über die depositi-Konten verbuchten Geschäfte wies zwar Ähnlichkeiten mit den über die Salviati vermittelten Investitionen in Kronanleihegeschäfte auf, aber gestaltete sich insofern etwas anders, als dieses Transfergefüge mit Fremdkapital arbeitete. Allerdings handelte es sich nicht um Depositbanking-Geschäfte; vielmehr nutzten die Salviati, wie die in den libri dei committenti eingetragenen Transfers zeigen, die depositi-Konten nur als buchhalterische Schnittstelle. Während der Augustmesse 1552 legte Johann Chrysostomus Peutinger 15.306,8,6 scudi di marchi

𝛻 14496.0.9 d(i) m(archi) co(n)tici e r(ime)ssj p(er) Gio(vanni) Grisostomo a (libro de’) c(ommitten)ti (ac)31 jn q(uest)o (ac) 220 𝛻 xiijM DCCCC° Lxxx vj°. ß x. d x.

SNS, AS, I, 588 (L DebCred V), c. CCXXVI: Dipoxiti p(er) spartire a n(ost)ri amici e commettenti deono avere: Am 12.9.1550 waren es 13.986,10,10 scudi di marchi: c(i)oè 𝛻 11986.10.10 (h)a 3 3⁄4 e 𝛻 2000 (h)a p(er) c(ent)o t(rae)mo qui annoj p(er) detto tempo jnnoj p(er) pagarne 𝛻 14496.0.9 d(i) m(archi) co(n)tici e r(ime)ssj p(er) Gio(vanni) Grisostomo a (libro de’) c(ommitten)ti (ac)31 jn q(uest)o (ac) 220 𝛻 xiijM DCCCC° Lxxx vj°. ß x. d x. 362 SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. LXI: Giovanni Grisostomo Pentinger [!] di Augusta p(er) suo conto aparte aparte dipoxiti di avere […] Et jn fiera di pasqua ad(dì) 12 d’agosto 𝛻 16495.8.9 d(i) m(archi) facciamoli buoni p(er) pagarli alla p(r)ox(i)ma f(ier)a d’agosto e sono p(er) 𝛻 16251.13.4 d(i) m(archi) (h)a 1 1⁄2 p(er) cento spartitoli del detto conto dare jn q(uest)o. 363 SNS, AS, I, 588 (L DebCred V), c. CCXII: Am 10.9.1550 Et 𝛻 6337.15.6 d(i) m(archi) a Giovanni Grisostomo p(er) suo conto aparte dare jn q(uest)o (ac) 48 𝛻 vj°M CCC xxx vij. ß xv. d vj°. 364 SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. 61: Giovanni Grisostomo Pentinger di Augusta p(er) suo corrente aparte dipox(i)ti de dare jn fiera d’app(arizio)ne ad(dì) 21 d(i) feb(rai)o 𝛻 7997.14.6 d(i) m(archi) p(er) lo scaduto di q(uest)o conto avere a com(mitten)ttj (ac) 124 jn q(uest)o […] Et jn fiera d’agosto ad(dì) 3 di novemb(r)e 𝛻 8513.11 d(i) m(archi) sono p(er) lo scaduto d(i) questo conto a q(uest)a f(ier)a fattonelo cre(ditore) jn conto corrente a lib(r)o de com(mitten)tti (ac) 7 detto lib(r)o p(ost)o avere jn questo. 365 Ebd., c. 61/LXI. 366 Vgl. Lang, La pratica. 361

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ein. Diese in das depositi-Konto eingetragene Investition war mit 2 4⁄5 Prozent verzinst. Das Zahlungsziel von 15.734,19,6 scudi di marchi erreichten die Salviati, indem sie die eingelegte Summe in den Wechselhandel einspeisten. Die Auszahlung an Peutinger während der nächsten Allerheiligenmesse erfolgte über Wechselgeschäfte, die in Loro-Konten des entsprechenden libro dei committenti geführt wurden. Auf diese Weise konnte der Augsburger Patrizier den durch Wechsel ausgeglichenen deposito reinvestieren. Die Salviati verknüpften auf diese Weise kurzfristige Kredite (von Messe zu Messe) mit dem Wechselhandel als Finanzierungsinstrument.367 Im Verlauf der Regierungszeit König Heinrichs II. engagierten sich Averardo Salviati & Co in Lyon vestärkt im Geschäft mit Kronanleihen. Wie die Beteiligung Hans Chrysostomus Peutingers offenlegt, wuchs die schwebende Schuld des französischen Monarchen über die Jahre an. Heinrich II., dessen Gemahlin Caterina de’ Medici mit den Salviati verwandt war, setzte die ebenso ambitionierte wie finanziell ruinöse Politik seines Vaters nach der Wiederaufnahme des Krieges gegen Karl V. 1552 fort.368 Allein im Jahr 1553 nahm er knapp 1,5 Millionen scudi di sole – das sind annähernd 3,5 Millionen livres, notiert in Münzgeldwährung – von den in Lyon ansässigen Bankiers auf. Damit übertraf er die Gesamtverschuldung seines Vaters bereits nach wenigen Jahren der Regierung.369 Der im Jahr 1519 geborene Nürnberger Kaufmann Paulus Behaim notierte eine Bilantz des aufgenommen gelts königlicher Majestät in Franckreich in der Ostermes 1553 Jars in Lion von den Natzionen.370 Behaim hatte seit 1536 als Handelsdiener in Antwerpen, Venedig, Zaragoza sowie Neapel für die Nürnberger Handelsgesellschaft Endres Imhoff

SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. CLXXXII (depositi-Einbuchung): Der eingeholte Kredit betrug 15.306,8,6 scudi di marchi (verzinst mit den angegebenen 2 4⁄5 Prozent). Er wird transponiert vom Loro-Kontenhandel im Libro dei committenti X: ebd., c. 184 (libro de’ commettenti) unter den Augustmesse 1551; dieser Eintrag bezieht sich auf SNS, AS, I, 589 (L LibCom X). Am 16.10.1551 wird vom deposito-Konto der um den Zinsaufschlag vermehrte Betrag von 15.734,19,6 scudi di marchi (ne diamo credito) auf Peutingers Apartkonto gutgeschrieben (facciamoli buoni per pagarli alla prox(im)a fiera), ebd. LXI (gemeint und so ausgedrückt: 15.306,8,6 scudi di marchi vermehrt um 2 4⁄5 Prozent). Während der nächsten Messe (der Allerheiligenmesse 1551) wird die vermehrte Summe von 15.734,19,6 scudi di marchi (fattonelo creditore) aufgrund des Verfalls des Peutinger-Apartkontos (des Kreditkontos: scaduto) am 7.1.1552 wieder in den Wechselhandel im Auftrag des Anlegers Peutinger (Lorokonto) zugunsten des Libro dei committenti X eingetragen: ebd., c. 61 (Belastung des Apartkontos Peutingers); c. CLXXXIIII (Gutschrift des Libro dei committenti X); dementsprechend findet sich der Transfer des Betrages von 15.734,19,6 scudi di marchi im Libro dei committenti X wieder: SNS, AS, I, 589 (L LibCom X), c. 61r. – In diesem Sinne muss man feststellen, dass Nadia Matringe mit ihren Überlegungen zum Depositbanking den Schwerpunkt falsch setzt; denn das Konto depositi fungiert nur als Buchungsstelle, um für den Kredit einen zugesicherten Zinssatz zu notieren. Das Depositbanking würde einen mittelfristigen Charakter aufweisen, so dass die Kreditbeziehung fundiert würde, so verbleibt sie in einem Schwebezustand – wie die Darlehen an die Krone. 368 Vgl. zum italienischen Engagement: Mallett/Shaw, The Italian Wars, S. 250–288; zum Verhältnis von finanziellem Bedarf und Kriegen unter Heinrich II.: Baumgartner, Henry II, S. 79–91. 369 Lang, Credito, S. 25. 370 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum [künftig: GNM], Familienarchiv Behaim, Nr. VIII, Fasz. 52. Vgl. Ehrenberg, Das Zeitalter, S. 189; S. 220; S. 223; S. 241. 367

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& Mitverwandte gewirkt und war 1544 zum Mitgesellschafter aufgestiegen. Mechthild Isenmann hält es für möglich, dass Paulus Beheim bis zum Verlassen der Imhoff-Gesellschaft 1556 sogar der Hauptbuchhalter der Unternehmung war.371 Da Behaim von der Imhoff-Zentrale aus nur noch kurzfristige Reisen unternahm, hatte er das Zahlenwerk für seine Bilantz wahrscheinlich von Jörg Schlauderspacher, der die Imhoff in Lyon vertrat.372 Die Aufstellung teilt die Gläubiger des Königs in drei Gruppen ein: in Teuttsche, die insgesamt 720.925 scudi di sole (737.142,2,3 scudi di marchi) gegeben hätten, Florenttiner mit 523.075 scudi di sole (534.841,10,1 scudi di marchi) und Luceser Porttug(ies)er mit 219.375 scudi di sole (224.309,16,1 scudi di marchi). In die letzte Gruppe fielen allerdings auch die Florentiner Tommaso Cavalcanti & Co in Rom (Thoma Cavalcantti de Roma) mit 6.400 scudi di sole und der Venezianer Piero Foscari (Pierre Foschari) mit 8.800 scudi di sole. Unter den „Deutschen“ befanden sich neben den Augsburgern David Weyer mit 18.000 scudi di sole, Hieronymus und David Zangmeister mit 99.400 scudi di sole und Gabriel Neidhart mit 20.900 scudi di sole sowie den Nürnbergern Sebastian und Hieronymus Imhoff mit 14.100 scudi di sole auch die Berner Bürger Bartholomäus d. J. May mit 13.200 scudi di sole, Claudio May mit 5.000 scudi di sole und der Ulmer Jörg Weickmann mit 35.000 scudi di sole. Aus dem Umfeld der Augsburger Welser waren Hieronymus Welser mit 12.500 scudi di sole, Michael Sailer mit 6.500 scudi di sole sowie Bernhard und Philipp Meuting, die über Berner Bürgerrecht verfügten, mit 43.725 scudi di sole präsent. Bernhard Meuting d. J. und Michael Sailer vertraten die Augsburger Welser bei verschiedenen Geschäften in Lyon, wobei sich Bernhard mit seinem Bruder Philipp zusammentat, um gemeinsam auf eigene Rechnung aktiv zu sein.373 Die mit Abstand größten Beträge in dieser Schuldaufstellung stammen von der Lyoner compagnia Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co374 mit 237.525 scudi di sole, deren Niederlassung in London weitere 50.000 scudi di sole zuschoss. Averardo Salviati & Co aus Lyon entrichteten mit 130.050 scudi di sole ein Viertel des Florentiner Beitrags, der Augsburger Christoph Neidhart trat demgegenüber mit 124.450 scudi di sole auf.375 Mit Blick auf die Bankgesellschaft von Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co lassen sich einige Mutmaßungen anstellen: Denn als diese Unternehmung im Juli 1556 die Gesellschaft des Exil-Florentiners Tommaso Guadagni & Co übernahm, stand als Hauptanteilseigner Albizzo del Bene hinter der compagnia Capponi e Rinuccini.376 An diesem Umstand wäre pikant, dass Albizzo del Bene, wie unten

Isenmann, Das „Handlungs- und Bilanzbuch“, S. 38–40. Vgl. GNM, Familienarchiv Behaim, Nr. 48: Abrechnungen mit Jörg Schlauderspacher in Lyon (1551– 1555). – Zu Paulus Behaims Aufgaben bei den Imhoff zwischen 1543 und 1556: vgl. Isenmann, Das „Handlungs- und Bilanzbuch“, S. 39 f. 373 GNM, Familienarchiv Behaim, Nr. VIII, Fasz. 52, c. 1r. 374 Vgl. Doucet, La banque. 375 GNM, Familienarchiv Behaim, Nr. VIII, Fasz. 52, fol. 1v. Lang, La pratica, S. 147–150. 376 BAV, Archivio Salviati, no. 303, ac. 156v (pag. nuov. ac. 160v): Brief von Alamanno Salviati an Lorenzo e Piero Capponi e Tommaso Rinuccini & Co di Lione, 22.8.1556: Molti hon(orand)i e amjcj n(ost)rj etc. trov371 372

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zu sehen ein wird, zu dieser Zeit Vermittler und Kontrolleur der königlichen Kreditaufnahme war – und er unter dieser Vorraussetzung aus dem eigenen Bankhaus hohe Darlehen der königlichen Kasse zuführte. Zur Allerheiligenmesse 1553 trug der Buchhalter von Averardo Salviati & Co in des Königs Konto im Libro debitori e creditori Z eine Kronanleihe über 122.650 scudi di sole (125.682,4,5 scudi di marchi) ein – eine enorme Summe, die der von Paulus Behaim registrierten schwebenden Schuld der Salviati für die Ostermesse desselben Jahres (in etwa) entsprach.377 Die wichtigsten Gläubiger, die diese Kreditsumme aufbrachten, waren mit 7.000 scudi di sole der Salviati-Teilhaber Filippo Salviati, mit 8.125 scudi di sole der Hauptgesellschafter Averardo Salviati, mit 12.000 scudi di sole der Sohn des nach Frankreich ausgewanderten Salviati-Geschäftspartners Bernardo Canigiani, Bindo, mit 12.646,15,2 scudi di sole die venezianische Firma der Florentiner Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co, mit 19.568,16,5 scudi di sole der Florentiner Luca degli Albizzi, mit 8.525 scudi di sole der Investor Don Ysach di Don Yoseph a Brabavel aus Ferrara378 und mit 3.500 scudi di sole der erwähnte Papstbankier Bindo Altoviti. Die Salviati und ihre Teilhaber steuerten allein 18 Prozent zu diesem Darlehen bei. Im Jahr zuvor hatten die von Messe zu Messe an den König konzedierten Anleihen noch deutlich weniger betragen. Während der Apparitionsmesse 1552 transferierten die Salviati 83.600 scudi di sole (85.458,0,6 scudi di marchi), während der Ostermesse 91.000 scudi di sole (93.021,19,4 scudi di marchi) an die Krone.379 Zum 8. November 1552 stellten ihm die Salviati während der Augustmesse 107.350 scudi di sole (109.735,11,2 scudi di marchi) zur Verfügung. In diesem Fall beteiligten sich Matthäus und Marx Welser & Mitverwandte mit 7.000 scudi di sole (7.155,11,1 scudi di marchi) als einzige süddeutsche Unternehmung an den Überweisungen für den Kredit an die Krone.380 Während der Allerheiligenmesse 1552 (24. Januar 1553) liehen die Salviati dem König 109.400 scudi di sole (111.831,2,3 scudi di marchi).381 Wenig später, während der Apparitionsmesse jamocj la v(ost)ra de 31 pax(a)to p(er) la quale s’è visto come avevj creatto (!) nuova rag(i)one p(er) la quale s’è intesso e serà la medesima che prjma cantava nellj Signorj Guadagnj e ss’è intesso come p(er) ditta ragione volete si dja copim(en)to holtre alla mano d e l v (o s t ) r o m a g ( i ) o r e M . A l b i z i d e l B e n e p(er) l(etter)a di L(orenz)o e P(ie)ro Caponj e dj più p(er) l(etter)a di Tomasso Rjnucjnj e tanto segujremo sino che alt(r)o in contrarjo ne djciate […][Hervorhebung: H. L.]. 377 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. 187/CLXXXVII: X(ianissi)mo Henrigo Re d(i) Francia p(er) vn conto apparte de dare jn fiera d(i) tuttj santi ad(dì) 6 di marzo (1554) 𝛻 122650 d’oro d(i) sole facci buoni p(er) pagarecel(i) alla p(r)ox(i)ma fiera d’apparizio(ne) e sono p(er) tanti p(r)estato gliene q(uest)a fiera d(i) t(utti santi) et ne abbiamo ob(r)igo sotto questo dj la qual(e) somma attiene cioè […][es folgen die Gläubiger]. 378 Dieser Investor lässt sich auch in weiteren Geschäften mit den Salviati nachweisen: ASFi, Bartolomei 2 (L/II DebCred A), c. 72/LXXII: Don Isach di Don Yoseph a Bravavel di Ferrara per suo conto aparte dipoxiti (1554). – Vgl. Piergabriele Mancuso, Jacobiglio Hebreo. Mercante, antiquario, informatore di Cosimo I de’ Medici, in: Alessio Assonitis / Brian Sandberg (Hgg.), The Grand Ducal Medici and their Archive (1537– 1743), Turnhout 2016, S. 79–99, hier S. 86–88. 379 SNS, AS, I, 591 (L DebCred X), c. 258/CCLVIII. 380 Ebd., c. 333/CCCXXXIII. 381 Ebd., c. 360/CCCLX.

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1553, erweiterten die Salviati diese Kreditlinie an den Monarchen auf 123.850 scudi di sole (126.602,4,5 scudi di marchi), womit die von Averardo Salviati & Co in Lyon vermittelten Kronanleihen den bis dahin höchsten Stand erreichten.382 Diese durchlaufenden Kronanleihen wurden wie frühere Darlehen vor dem Notar Nicholas Dorlin vereinbart und über den Wechselhandel finanziert, wie auch das Apartkonto von Matthäus und Marx Welser zeigt.383 Mit diesem Vorgehen der Refinanzierung über den Wechselhandel erwirtschafteten die Salviati einen regelmäßigen Gewinn (utile).384 Unter dem 16. November 1553 traten Averardo Salviati & Co überdies mit 132.000 livres tournois (58.666,13,2 scudi di marchi) in ein Konsortium zur Pacht des Zolls auf die Einfuhr von Gewürzen und Genueser Textilprodukten nach Frankreich ein. Für die Salviati zeichnete Lionardo Spina neben Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co und Girolamo Panciatichi verantwortlich gegenüber dem Generaleinnehmer des Königs, Martin de Troyes. Man vereinbarte die Deckung der Gabella bis zu einer Summe von 400.000 livres tournois, wobei die Krone jede Messe 20.000 livres tournois bei einem Zinssatz von 3 1⁄2 Prozent zurückzahlen sollte. Für die anfallenden Zinsen gingen die Salviati mit 91.574,3 livres tournois in Vorleistung.385 In den folgenden Jahren führte die Nachfolgegesellschaft von Averardo Salviati & Co, Piero Salviati & Co, die Rückzahlungen dieser Kronanleihe aus den Einkünften der Gabella fort. Am 17. Mai 1554 waren 138.077 livres tournois (61.367,16,8 scudi di mar-

Ebd., c. 382/CCCLXXXII. Ebd., c. 222. Ebd., c. 66/LXVI; c. 219/CCXVIIII; c. 349/CCCXLVIIII: Avanzi e disavanzi di n(ost)ra ragione. – Ein Überschuss auf der Haben-Seite zeigt das positive Ergebnis dieses Vorgehens; auf der Haben-Seite sind es vor allem die Apartkonten der an den Kronanleihen und den depositi-Konten beteiligten Unternehmen, die Gewinn abwarfen, weil die Gewinne aus den Kredit- und Wechseltransfers als Passiva in das Vorteilskonto eingebucht wurden. 385 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. 140/CXL (Libro debitori e creditori Z): X(ianissi)mo Hanrigo Re d(i) Francia p(er) vn conto apparte ghabella d(i) Lione de dare jn fiera d’agosto ad(dì) 16 di novenb(r)e lb 132000 tt(ornesi) facciamolo debitore p(er) tanti pagarcene p(er) Sua Mag(es)ta (Christianissi)ma a Martin de Troyes suo ricevitore g(e)n(er)ale di Lione la meta ne pagame(n)ti passati dj fiera d(i) pasqua vltima e la a⁄2 ne pagamenti p(r)esenti di fiera di agosto come si mostra p(er) la quitanza fattone detto de Troyes la qual somma di lb 132M se li p(r)estano p(er) rinb(or)sacene sull’assegnazio(ne) datone della gabella delle spezierie che entrano jn Lio(ne) et jn sulla g(abe)lla de 2 𝛻 p(er) peza de velluti e manifatture di Genova contando l’interesso sino a ch(e) ne faremo pagati 3 1⁄2 p(er) cento p(er) fiera abatt(an)do ogni fiera lb 20M ch(e) s’è fatto conto e’calqulo d’accordo di cavare di dette gabelle ch(e) jn sulla somma di lb 400M tt(ornesi) ch(e) noi e altri abbiamo p(r)estati subdetta assegnazio(ne) tocca cinque p(er) cento p(er) fiera di rinb(or)so come appare più ampliamente p(er) il contratto passatone Sua Mag(es)tà jn nome di Lionardo Spina Lorenzo Capponi e Gir(ola)mo Panc(iatichi) e detta somma di lb 132M si p(r)estano […] Et ad(dì) detto lb 91574.3 tt(ornesi) faccimaolo debitore p(er) l’interesso ch(e) monta la subdetta somma di lb 132M sino attanto ch(e)’l tutto saremo pagati tanto del p(r)incipale come de detti interessi calqulati alla ragion d(i) sop(r)a e attangano lb 23934,4,8 tt(ornesi) alli a n(os)ri p(er) le lb 34500 d(i) sop(r)a; vgl. ebd., c. 205/CCV (Schuldenstand zu 122.950 scudi di sole, 17.5.1554); vgl. c. 143/CXLIII: Averardo Salviati d(i) F(iren)ze p(er) suo conto aparte de’ tempi aparte gabella. Dieses Konto ist für die assegnazione der Gabella; das Modell lautete: contando l’interesso sino a ch(e) saremo pagati 3 1⁄2 p(er) cento p(er) feria ch(e) s’è fatto conto d’accordo con mi ministri reali ch(e) ogni f(ier)a si abbia a cavare di dette gabelle sul capitale a ragion di cinque p(er) c(en)to; der Anteil der Salviati an den 132.000 livres betrug 67.500 livres. – Lang, Credito, S. 30. 382 383 384

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chi) offen, zu denen der Kassenwart der Salviati, der Florentiner Bernardo Carnesecchi, infolge eines Vertrages im September 1555 mit Nicholas Dorlin noch 1.322,10 scudi di marchi beisteuerte. Zwischen Mai 1554 und Februar 1556 konnten 16.010,5,4 scudi di marchi für die Deckung der Kredite aufgebracht werden. Der Florentiner Antonio Lenzi war für die Einhebung der Gabella und die Zuweisung der Erträge an die Teilhaber zuständig.386 In einem Apartkonto verrechneten die Salviati die Schuld des Königs und deren Ausgleich. Dabei behandelte der Buchhalter die königliche Schuld, als wäre sie ein Kredit in einem deposito-Konto. Sie betrug im September 1554 immer noch 131.176,13,4 scudi di marchi. Als Gläubiger der Krone erschienen dabei während der Apparitionsmesse 1555 die Salviati und ihre Unterbeteiligten mit 12.905,11,1 scudi di marchi, die Strozzi in Venedig mit 13.454,7,6 scudi di marchi, Luca degli Albizzi mit 15.666,12,11 scudi di marchi, der vorhin bereits erwähnte Don Ysach a Brabavel aus Ferrara mit 11.160,4,11 scudi di marchi und der Florentiner Bernardo Canigiani in Lyon mit 12.266,13,4 scudi di marchi.387 Eine Gläubigerin, die ihren Kredit über Filippo Salviati laufen ließ, war die Handelsgesellschaft Matthäus und Marx Welser & Mitverwandte aus Augsburg. Sie gewährte dem

ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 51: Xmo Harrigo Re di Francia per un conto apparte gabella als Gegenbuchung: Averardo Salviati & Co di qui per adreto del libro giallo segnato Z, c. XLI. – Zum Nachvertrag für Bernardo Carnesecchi: 21.9.1555 facciamolo debitore per tanto che Bernardo Carnesecchi ce ne à trasportati per questo conto aparte gabella rogato per mano di maestro Niccolas Dorlin notaio e sono per lb 2300 tt(ornes)i di capitale che messe in questo partito conpreso gli’nteressi e rabattuto le dua annate che gli à riscosse posto detto Bernardo [Carnesecchi] avere (ebd., c. CCCXVI); für den Ausgleich: c. LI: sono che tanti ce ne fa buoni Antonio Lenzi commesso per risquotere l’entrate delle gabelle e per la parte che li tocca questa fiera della distribuzione si fa a ragione di 48 per mille posto a libro de fiere ac 33 in questo ac 36; im einzelnen: 1.824 scudi di marchi, 1554.1 (Sept. 1554); 2.781,12 scudi di marchi, 1554.2 (Dez. 1554); 2.299 scudi di marchi, 1554.3 (März 1555); 2.109 scudi di marchi, 1554.4 ( Juni 1555); 1.729 scudi di marchi, 1555.1 (Sept. 1555); 1.463 scudi di marchi, 1555.2 (Nov. 1555); 2.253,10,8 scudi di marchi, 1555.3 (Feb. 1556); 1.551,2,8 scudi di marchi, 1555.4 ( Juni 1556). 387 ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 86/LXXXVI: X(ianiss)mo Hanrigho Re di Francia per vn conto apparte. Gutschrift: 𝛻 128325 di sole sono per lo scaduto di questo conto a questa fiera fattonelo debitore a lib(r)o di fiere ac 76 detto libro in questo ac 142 𝛻 131176,13,4: die Gläubiger im einzelnen: Filippo Salviati aparte 7.283,6,8 scudi di marchi; Lorenzo Pasquali 2.044,8,10 scudi di marchi; Lionardo Spina 3.577,15,7 scudi di marchi; Strozzi in Venedig aparte A. E. 8.854,8,3 scudi di marchi; 1.022,4,5 scudi di marchi; aparte S. V. 3.046,13,4 scudi di marchi; aparte A. L. 531,1,6 scudi di marchi; Luca degli Albizzi aparte B. 6.375,2,7 scudi di marchi; aparte A. M. 1.993,6,8 scudi di marchi; aparte M. N. A. 1.737,15,6 scudi di marchi; aparte A. A. 242,2,7 scudi di marchi; aparte Z. N. 1.111,13,4 scudi di marchi; aparte G. 2.021,18,6 scudi di marchi; aparte C. 2.184,14,4 scudi di marchi; Don Ysach a Brabavel 8.254,8,10 scudi di marchi; aparte S. F. 477,0,7 scudi di marchi; aparte L. 1.917,13,4 scudi di marchi; aparte B. 511,2,2 scudi di marchi; Bernardo Canigiani in Lyon 12.266,13,4 scudi di marchi; hinzukommen noch: (Manoel) Rodriguez aparte A. G. 2.135 scudi di marchi; aparte X. G. 2.902,10,4 scudi di marchi; Bindo Altoviti in Rom aparte B. B. 3.577,15,6 scudi di marchi; Piero Buonacorsi in Paris 5.000 scudi di marchi; Duarte Gomes aparte A. L. 3.518,9,5 scudi di marchi; ein weiteres Konto des Königs: ebd., c. 111/ CXI: X(ianiss)mo Hanrigo Re di Francia per un conto apparte. Belastungen am 22.6.1554: 𝛻 4000 di sole per pagamenti di fiera per tanti ne’ pagamenti passati di fiera passata d’apparzione per lui an den ricevitore di Lione Zacheria Godardi (Sodardi) con sua cauzione / per mano di Niccolas Dorlin / l’assegnazione sulle recept(or)e g(e)n(er)ale di Tolosa, Monp(ellie)ro, Egens [?] per ciascuna ne a esser pagato e doni a 4 per cento per fiera come tutto appare per il contratto / 𝛻 4000 di sole per conto di nostro Lionardo Spina e G(ianbattis)ta Bartolomei. Gutschriften: 1554.4 (15.6.1555): 𝛻 4000 di sole sono per lo scaduto di questo conto / posto lib(r)o di fiere ac 194 in questo ac 268. 386

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französischen Monarchen ein Darlehen, vermittelt durch den Florentiner Geschäftsfreund über 7.000 scudi di sole (7.155,11,1 scudi di marchi), welche als stets verlängerte Kreditlinie bis Ende 1554 in diesem ersten Schuldbuch von Piero Salviati & Co nachweisbar sind.388 Bei Matthäus und Marx Welser & Mitverwandte handelte es sich um die Gesellschaft der Söhne Anton Welsers d. J., der im Jahr 1551 aus der Handelsgesellschaft seines Bruders Bartholomäus ausgetreten war (s. Kapitel III.4.3). Aber auch die Handels- und Bankgesellschaft, die deren Vetter Christoph unter dem Namen Christoph Welser & Gebrüder im Jahr 1552 ins Leben gerufen hatte, beteiligte sich an den Wechselgeschäften nach Lyon. Im konkreten Fall weist das Gewerbebuch seiner Unternehmung einen Wechsel auf Lyon zur Allerheiligenmesse 1556 aus, als Hans Amhauser von Venedig auf Lyon 3.322,22 Dukaten wechselte. Das Geschäft wurde auf Rechnung von Filippo Salviati & Co durchgeführt, wobei sie als Bezogene den Kommissionär der Welser, Michael Sailer, auszahlen sollten.389 Wenige Tage später wiederholte man die Transaktion auf diesem Weg, nur dass diesmal 1.122 Dukaten zu einem anderen Kurs angesetzt wurden.390 Es ist anzunehmen, dass diese Transfers in einen ähnlichen Zusammenhang wie die Kredite von Piero Salviati & Co an den König fielen – nur mit dem Unterschied, dass in diesem Fall Michael Sailer als Kommissionär für die Welser auftrat. Beide oben genannten Konten des französischen Königs in den Rechnungsbüchern der Salviati lassen erkennen, dass die Kredite als Kronanleihen über die Wechseltransfers generiert und entsprechend verbucht wurden. Die Salviati bemühten sich ganz offenkundig erfolgreich um Investoren, die über Lyon ihre finanziellen Mittel anlegten. Dies lässt sich gut nachvollziehen an den parallel geführten deposito-Konten, welche im Jahr 1553 enorme Größenordnungen erreichten. Während der Ostermesse 1553 trug der Buchhalter von Averardo Salviati & Co in das depositi-Konto insgesamt 174.154,16,8 scudi di marchi als Einlagen ein.391 ASFi, Bartolomei, 2 (L/II DebCred A pagonazzo), c. 86; c. ac 87/LXXXVIII: Filippo Salviati per suo conto di tempi aparte B a ordine di Matteo et Marco Belzeri di Augusta. Belastungen 1554.1 (1.9.1554) 7.155,11,1 scudi di marchi (7.000 scudi di sole); 1554.2 7.155,11,1 scudi di marchi (7.000 scudi di sole); 1554.3 7.155,11,1 scudi di marchi (7.000 scudi di sole). Gutschriften 1553.4 (4.6.1554) 7.155,11,1 scudi di marchi (7.000 scudi di sole); 1554.1 7.155,11,1 scudi di marchi (7.000 scudi di sole); 1554.2 (29.12.1554) 7.155,11,1 scudi di marchi (7.000 scudi di sole); insg. 21.466,13,3 scudi di marchi. 389 Schmidt, Gewerbebuch, S. 213, ac 2[34]{9}: Vinedig sollen wir adi vltimo nouember per Lion / fl 4’618.17.1 / vmb duc 3’322 gr 22 je fl 139 per duc 100 / sein fur marcha 50.θ.θ. zuo 66 duc 11 gr per marcha / hat Amhauser zuo Vinedig adi 10 ottober dem Filipo Saluiati e Compania per Lion inn die kunfftig Allerhaӱlgenmeß zuo wexl geben, sollen gedacht Saluiati dem Michel Saӱler in gemelter Meß, wie ob, marcha 50 bezallen. 390 Ebd., S. 213, ac 2[34]{11}: Adi – ditto per Lione / fl 1’559.11.7 / vmb duc 1’122.θ. je fl 139 per duc 100 / sein fur marcha 17.θ.θ. zuo duc 66 per marcha / hat Amhausser adi 19 ottober den Filipo Saluiati e Compania per Lion inn die kunfftig Allerhaӱlgenmeß zuo wexl geben, soll Pietro Saluiati dem Michel Saӱler in gemelter Meß, wie ob, marcha 17 bezallen. 391 SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. LXXXXIIII: Dipoxiti p(er) spartire a n(ost)ri amici e commettenti deono avere ad(dì) 3 di giugno; c. CXI: Dipoxiti p(er) spartire a n(ost)ri amici e commettenti deono avere jn fiera d(i) pasqua ad(dì) 14 d(i) l(ugli)o; c. CXII; c. CXIII. 388

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In der anschließenden Augustmesse nahmen die Salviati in die depositi-Konten 122.818,7,8 scudi di marchi auf, wobei die Nürnberger Jakob und Sebastian Welser & Mitverwandte 4.102,10 scudi di marchi zugunsten der Salviati nach Lyon wechselten, Sebastian und Hieronymus Imhoff & Co 3.075 scudi di marchi sowie der in Lyon ansässige Nürnberger August Fürenberger 1.022,4,1 scudi di marchi, Florimon Hortel 1.333,6,6 scudi di marchi und die Lyoner Faktorei der Nürnberger Linhart und Lorenz Tucher 613,6,4 scudi di marchi.392 Die Fixierungen der Allerheiligenmesse 1553 fanden allerdings erst am 1. März des Folgejahres statt: Mit 202.124,14,11 scudi di marchi erreichten die depositi-Konten nun einen Höchststand.393 Immerhin 35.342,13,1 scudi di marchi steuerten die Süddeutschen bei. Der ehemalige Augsburger Bürgermeister Hans Welser (ein Sohn des Begründers des Nürnberger Familienzweigs, Jakob Welser) überwies den Salviati 6.405,15,6 scudi di marchi, der Nürnberger Endres Imhoff 5.100 scudi di marchi, die in Nürnberg und Augsburg ansässige Unternehmung der Brüder Sebastian und Hieronymus Imhoff 6.293 scudi di marchi und die Gesellschaft der Brüder Hans Paul und Hans Heinrich Herwart (Erwert) aus Augsburg 4.334,1,3 scudi di marchi. Hans Paul Herwart und Hieronymus Imhoff waren Schwiegersöhne von Bartholomäus Welser. Beide betätigten sich im Wechsel- und Kreditgeschäft sowie im Metallhandel und im Bergbau.394 Aus dem Welser-Umfeld kamen zusätzlich 2.030 scudi di marchi von Bernhard und Philipp Meuting sowie 3.654 scudi di marchi von Michael Sailer.395 Die Kaufmannbankiers bevorzugten untereinander den Giro-Wechsel als Zahlungsinstrument. Die stark ansteigenden kurzfristigen Kredite, die die Gläubiger des Kreditnetzwerks der Salviati aufbrachten, bezogen die Florentiner Kreditvermittler aus dem Wechselhandel. Den Clearing-Vorgang der Wechselbriefe in Lyon absorbierten die Salviati als Kredite, die sie in den depositi-Konten verrechneten. Wären die Wechsel für die depositi-Konten und die Kronanleihen in Bargeld erstattet worden, müssten dies die Kassenkonten ausweisen.396 Über die Wechseltransfers waren die Kronanleihen SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. CL; c. CLI; c. CLII (Buchungstag: 18.11.1553). Ebd., c. CLXXVIII; c. CLXXX; c. CLXXXI; c. 182/CLXXXII (Buchungstag: 1.3.1554). Häberlein, Brüder, S. 137–139; Blendinger, Zwei Augsburger Unterkaufbücher. SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. 182/CLXXXII: von Neidhart & Pecori stammten überdies 2.441 scudi di marchi, von den Fischer 2.033,15 scudi di marchi, von den Fueter 2.033,6,4 scudi di marchi, von den Weyer 1.1017,10. Zu den Süddeutschen Gläubigern und ihren Verflechtungen: Häberlein, Brüder, S. 123– 137. – Zu Herwart: SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. 115/CXV. 396 Ebd., c. 95/LXXXV; c. 128/CXXVIII: hier steht der Libro dei committenti Z mit Wechselerlösen von 5.008,5,7 scudi di marchi zu Buche (September 1553); c. 132: am 15.10.1553 wurden 8.600,11,4 scudi di marchi Verkäufe eingetragen; c. CXXXII; c. 169/CLXVIIII; c. 192/CLXXXXII. Vgl. Modesto Ulloa, Castilian Seigniorage and Coinage in the Reign of Philip II, in: The Journal of European Economic History 4 (1975), S. 459–479. Vgl. Richard A. Goldthwaite, Il sistema monetario fino al 1600. Pratica, politica, problematica, in: Richard Goldthwaite / Giulio Mandich (Hgg.), Studi sulla moneta fiorentina (sec. XIII–XVI) (Biblioteca storica toscana, 30), Firenze 1994, S. 9–106; Goldthwaite, Lorenzo Morelli, S. 605–633. – Zu überprüfen wäre das Vorgehen der königlichen Münze, weil dort tatsächlich übertragene Bargeldbestände vor der Ausschüttung umgemünzt worden wären. 392 393 394 395

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und die depositi-Geschäfte miteinander verknüpft: Die einen liefen als Eigenhandel (verbucht über die Messebücher), die anderen als Fremdhandel (verbucht über die Kundenbücher). Zwischen 1551 und 1556 setzte König Heinrich II. den aus Florenz stammenden Kreditvermittler und Vertrauensmann Albizzo del Bene als Superintendeur générale ein, um durch ihn die königliche Anleihepolitik mit den nicht-französischen Bankiers koordinieren zu lassen.397 Damit erhielt er eine Position, die dem trésorier d’épargne, André Blondet398, und dem trésorier de l’extraordinaire des guerres, Olivier Lefèvre399, beigeordnet war. Bereits Albizzos Vater Piero und seine Onkel Riccardo und Niccolò hatten sich seit 1502 fest als Kaufmannbankiers in der Lyoner natio fiorentina etabliert.400 Del Bene hatte teil an der Salz-Gabella an der Rhône, an der Saône und der Isère mit dem Mailänder Andrea Sormano; er beteiligte sich auch am Gabella-Konsortium von 1542 und an den Kronanleihen von 1543, die er gemeinsam mit den Salviati organisierte (s. o.).401 In der Funktion als königlicher Kreditaufnehmer erfüllte Albizzo del Bene seine Aufgaben innerhalb eines institutionalisierten Rahmens. Hatte er in der Regierungszeit von Franz I. ähnlich wie Hans Kleeberger die Rolle eines Kreditmaklers gespielt402, versah er nunmehr seine Dienste in offizieller Funktion. Er verließ den unmittelbaren Zusammenhang der Kredit- und Wechselmärkte und konzentrierte sich auf die bereits gewährten Anleihen, die andere wie die Salviati in ihren Kreditnetzwerken aufbringen und die königlichen Repräsentanten dann formalisieren mussten.403 Seine Tätigkeit beschränkte sich zunächst auf die Kontrolle der vereinbarten Kronanleihen und deren Rückzahlung, die die Einnehmer wie Martin de Troyes für die königliche Finanzverwaltung vermittelt hatten. Dies betraf den Schuldendienst der Krone gegenüber den von Bankiers „außerhalb des Königreiches“ aufgenommenen Krediten (Albisse Delbene conseiller du Roy et g(é)n(ér)al superjntendant de ses finances hors le Royaulme) – ge-

Archives Nationales de France, Paris [künftig: ANF], KK 112: Albisse del Bene: Comptes presentes de m(onsinieur) Albisse del Beyne c(on)seiller du Roy g(énér)al ayant la charge superintendence des deniers que le Roy faict tenir et paier exunder rembourser pour ses affaires tant en Italye, Allemagne et autres pays lieus et entroictz hors son Royaulme, et ce depuis le premier jour de may MDCLj jusques au d(ern)ier jour de decembre en 6me anj. – Philippe Hamon, Aux origines de la surintendence, in: Françoise Bayard / Joel Félix / Philippe Hamon (Hgg.), Dictionnaire des surintendents et contrôleurs généraux des finances du XVIe siècle à la Révolution française de 1789 (Comité pour l’Histoire Économique et Financière de la France), Paris 2000, S. 3–5, hier S. 4. 398 Hamon, L’argent, s. André Blondet. 399 Ebd., s. Olivier Lefèvre. 400 Marie-Noelle Baudouin-Matuszek / Pavel Ouvarov, Banque et pouvoir au XVIe siècle: La surintendance des finances d’Albisse del Bene, in: Bibliothèque de l’École des Chartes 149 (1991), S. 249–291, hier S. 251 f.; S. 275–282. 401 Ebd., S. 253. 402 Hamon, L’argent, S. 143–146. 403 Vgl. Doucet, Le Grand Parti, S. 1 f. 397

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meint waren die in Lyon ansässigen Kaufmannbankiers der nationes, aber auch Kredite, die die königlichen Agenten tatsächlich außerhalb des Königreiches auftaten.404 Daneben registrierte Albizzo del Bene auch personalisierte Kronanleihen als Partikularverschuldung. Im Kontenbuch (Compte 4ième) Albizzo del Benes, das den Zeitraum von Januar 1553 bis Dezember 1554 abdeckt, erscheint Philipp Meuting unter dem 10. Februar 1554 auch als Kreditgeber des Königs mit 34.500 livres tournois (15.000 scudi di marchi).405 In den frühen 1550er Jahren hatten sich die Brüder Philipp und Bernhard Meuting ihrerseits zu prominenten Investoren und Gläubigern der Krone entwickelt, so dass sie als gut eingeführte Geldgeber auftreten konnten. Im Jahr 1556 notierte der in Lyon ansässige Florentiner Kaufmannbankier Giambattista Botti die beiden Berner Bürger als eigenständige Gesellschaft unter dem Namen Bernardo e Filippo Metinge e conp(agni)a di Lione.406 Überdies firmierten die Straßburger Israel Minckel und Georg Obrecht in einem „Partikular“-Konto mit einem Darlehen in Höhe von 29.000 scudi di sole unter den gesondert erwähnten Gläubigern der Krone.407 Die beiden Straßburger Israel Minckel und Georg Obrecht etablierten sich mit direkten Krediten an die Krone und mit der Übernahme von Steuerpachten, welche neben den anderen Kronanleihesystemen unabhängig weitergeführt wurden. Obrecht besaß mit dem Kaufmann Gaspar Bourie zwischen 1542 und 1544 ein Haus in Lyon und erschien anschließend als Vertreter der Nürnberger Tucher. Um 1550 fungierte er als Agent der Straßburger Prechter und verfügte über Kontakte zum Handels- und ANF, KK 112/IV: Albisse del Bene (Accepté/Compte 4ième, 1.1.1553–31.12.1554). – Michel François, Albisse del Bene surintendant général des finances françaises en Italie. Étude de six registres de ses comptes de 1551 à 1556, in: Bibliothèque de l’École des Chartes 94 (1933), S. 337–360, hier S. 339. – In seiner Entscheidung, Albizzo del Bene für diese Aufgabe zu nominieren, erklärt der König: Me Albisse Delbeyne, de la nation florentine, résidant en la ville de Lyon…, lequel s’estoit ordinairement employé, sans aucunement y espargner ses facultez, moyens et crédit et mesmes en lieux et effectz importans et notables, tant du règne du feu Roy nostre très honoré Seigneur et père que depuys nostre advénement à la couronne. Für die Aufgaben del Benes auch: ebd., S. 342–344. 405 ANF, KK 112/IV: Albisse del Bene, c. 8v–9r: Du S(ignieu)r Philippes Meiteing marchant alleman en deduction de plue grande somme que jcelluy Meyting avoit accordé prester au Roy par quictance dicelluy del Bene général susd(ict) signée de sa manj le quinziesme jour de Septemb(r)e l’an mil cinq cens cinquante quatre la somme de Trentequatre mil cinq cens Livres tourn(ois) a luy ordonnes par le d(ict) S(ignieu)r Oultre et pardissus les parties precedentes en deduction de ce que avoit le d(it) Delbeine faict fournir en Italie pour les affaires du d(ict) S(ignieu)r et faict du d(ict) extraordinaire t(r)ouva et la d(icte) somme. – Zu Philipp Meutings Aktivitäten im Zusammenhang mit Herrscherfinanzen: Pölnitz, Anton Fugger, II/2, S. 705; S. 711. 406 ASFi, Libri di Commercio e di Famiglia, no. 724: Giovanbattista di Simone Botti (L DebCred G, 1556–1559), c. 53/LIII. 407 ANF, KK 112/IV: Albisse del Bene, c. 1r: Compte particulier de M(aistr)e Albisse Delbene conseiller du Roy et g(é)n(ér)al superjntendant de sce finances hors le Royaulme a cause du rembonosement de neuf vingtz mil escuz prestez et advancez pour le sayme du Roy par Israel Minikel et Georges Obrech durant les jours d’octobre Novembre et Decenbre MDLvj. – Die comptes particuliers führte Albizzo del Bene für die jeweiligen „Partikulargläubiger“, die übrigen Konten gleichen eher Bestätigungen (accepté). Hier notierte Del Bene die Beträge, die die Einnehmer von Lyon, Montpellier und Toulouse an die Krone einreichten – das heißt, man erkennt nur, welcher Einnehmer für welche Summen verantwortlich zeichnete (denn entsprechend waren die Rückzahlungen organisiert). 404

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Bankhaus Anton Fugger & Bruders Söhne.408 Bei seinen Kreditgeschäften mit der Krone trat er gemeinsam mit Israel Minckel auf, dessen Vater Nicolas aus Worms nach Straßburg eingewandert war und seit 1529 das Bürgerrecht seiner Wahlheimat innehatte.409 Obrecht und Minckel hatten sich zunächst vor allem im Gewürzhandel betätigt, ehe sie am 7. Juli 1555 mit König Heinrich II. die Alaun Partida eingingen. Im Zuge dieses Vertrages, der 1559 und 1562 (dann von Karl IX.) erneuert wurde, sicherten sich Minckel und Obrecht eine Art Einfuhr-Monopol für Alaun und überwiesen der Krone 164.000 livres tournois (65.600 scudi di marchi) als Pachtgebühr.410 Mark Häberlein zeigt Georg Obrecht und Israel Minckel als Kreditvermittler zwischen der französischen Krone und den süddeutschen Kaufmannbankiers, die dabei eine ähnliche Rolle eingenommen hätten, wie sie bis zu seinem Tod im Jahr 1547 der Nürnberger Hans Kleeberger innegehabt hatte. Diese Entwicklung lässt sich gut nachvollziehen an der Unterbeteiligung des Schweizers Nikolaus Mair aus Fribourg an der Alaun Partita, aber insbesondere an der Teilhabe der Augsburger Weyer und nach deren Konkurs 1557 anderer Augsburger wie Hieronymus und David Zangmeister411 an den ‚Partikularanleihen‘ der beiden Straßburger.412 Die Brüder Philipp und Bernhard Meuting, die ebenfalls mit ‚Partikularanleihen‘ in Erscheinung traten, nahmen offenbar eine vergleichbare, wenn auch geringer dimensionierte Position ein. Die Meutings waren stark in die Kreditnetzwerke der Augsburger Handelsleute integriert und vertraten offenkundig auch die Interessen Anton Fuggers und der Welser-Gesellschaften in Lyon.413 Auf Florentiner Seite zogen vor allem Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co sowie die Averardo Salviati & Co diese Stellung als Kreditvermittler an sich. Bei den Kronanleihen kooperierten Philipp Meuting und Capponi & Rinuccini miteinander. Meuting übernahm im Februar 1556 mit 15.500 scudi di sole einen Teil einer zwischen Capponi & Rinuccini und Martin de Troyes vereinbarten Kronanleihe über insgesamt 63.000 scudi di sole, und im folgenden April stieß er 60.000 scudi di sole aus einer weiteren Anleihe über insgesamt 100.000 scudi di sole seinerseits an die Florenti-

Gaston Zeller, Deux capitalistes strasbourgeois du XVIe siècle, in: Études d’histoire moderne et contemporaine 1 (1947), S. 5–14; Häberlein, Brüder, S. 147 f. 409 François-Joseph Fuchs, Heurs et malheurs d’un marchand-banquier strasbourgeois du XVIe siècle: Israel Minckel (vers 1522–1569), bailleur du fonds du Roi de France et des Huguenots, in: Revue d’histoire et de philosophie réligieuses 54 (1974), S. 115–127; Häberlein, Brüder, 148: Mark Häberlein hebt hervor, dass sich Georg Obrecht durch seine Heirat mit einer Lyoner Patriziertochter in die Gesellschaft an der Rhône einfügte, wohingegen Israel Minckel in der Straßburger Großkaufmannschaft verwurzelt blieb. 410 Doucet, Grand Parti, I, S. 498 f.; Gascon, Grand commerce, S. 97; Häberlein, Brüder, S. 150. 411 Häberlein, Brüder, S. 143–145. 412 Ebd., S. 150 f.: Häberlein präzisiert die bis dahin wenig detailreichen Angaben der Literatur (Doucet, Ehrenberg) vor allem mit Blick auf die Zusammensetzung der süddeutschen Syndikate zur Finanzierung der französischen Kronfinanzen. 413 Ebd., S. 141–143. 408

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ner Geschäftsfreunde ab.414 Hierbei handelte es sich um Kronanleihen, die die prominenten Vermittler aus den wechselbasierten Krediten von Unterbeteiligten und Wechselpartnern zusammensetzten. Ein Wechseltransfer illustriert diesen Zusammenhang: Hans und David Weyer erscheinen dabei als Gläubiger und wiesen die Gesellschaft Thommaso Guadagni et comp., nunmehr vertreten durch deren Nachfolger Capponi & Rinuccini, am 31. Juli 1556 an, ihren Vertretern in Lyon, Hieronymus und David Zangmeister sowie Christoph Kraffter, 2.955,19,6 scudi di sole zu zahlen.415 Die Gesellschaft Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co in Lyon wurde von dem 1502 in Florenz geborenen Lorenzo Capponi vertreten. Im Jahr 1553 wurde er naturalisiert und heiratete im Jahr danach Elena Guadagni, Tochter des in Lyon verwurzelten Exil-Florentiners Tommaso Guadagni. Lorenzo Capponi übte im Jahr 1556 das Amt des Konsuls der Florentiner natio aus und erwarb in der Folge Grundbesitz in Frankreich. Er verstarb 1572.416 Sein Bruder Piero ist deutlich schwieriger zu fassen; er lebte bis 1565. Der Florentiner Tommaso Rinuccini stammte aus einer Magnatenfamilie und ließ sich in Lyon nieder; er starb im Jahr 1564.417 Überlieferungen der Vorgänger-Niederlassungen der Capponi in Lyon gibt es für die ersten beiden Dekaden des 16. Jahrhunderts mit den Unterlagen zu Piero bzw. Redi di Piero Capponi & Co (s. Kapitel III.). Gemeinsam mit seinem Bruder Piero und seinem Partner Tommaso Rinuccini übernahm Lorenzo Capponi im Jahr 1556 die Unternehmung seines Schwiegervaters, die nach dessen Tod unter dem Namen Redi di Tommaso Guadagni & Co firmierte und von dessen Söhnen Tommaso di Tommaso und Guglielmo (Guillaume) betrieben wurde.418 Die Capponi & Rinuccini boten hohen Klerikern ebenfalls Serviceleistungen wie den Transfer von finanziellen Mitteln an.419 Während sich der Firmenname der Lyoner Bankgesellschaft änderte, blieb die Kapitalstruktur der Unternehmung offenbar gleich: Denn als maggiore hatte Albizzo del Bene, der kurz zuvor noch Superintendeur des Königs für die Aufnahme von Darlehen gewesen war, den Hauptanteil an der Bankgesellschaft Guadagni gehabt und nun auch Ebd., S. 142: Bezeichnenderweise wurden beide Verträge zwischen Philipp Meuting und Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co vor dem Notar Nicholas Dorlin abgeschlossen. 415 Doucet, La banque, S. 20 f., Nr. VI: Copia d’una promessa fatta a Gio. e David Vaier, addì 31 di Luglio. Thommaso Guadagni & Co stellten diese promessa aus. 416 Elsa Luttazzi, Art. „Capponi, Piero“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Band 19: Roma 1976, S. 92–93, hier S. 93. 417 Vgl. Christiane Klapisch-Zuber, Retour à la cité. Les magnats de Florence, 1340–1440 (Éditions de l’École des hautes études en sciences sociales. Civilisations et sociétés, 123), Paris 2006, ad indicem. 418 Doucet, La banque, S. 6 f.; Kent, Household, S. 250. – Die Capponi verfügten seit dem Ende des 15. Jahrhunderts durchgehend über eine Niederlassung in Lyon: Nach dem Tod von Lionardo Spina traten dessen Söhne in eine Gesellschaft mit den Capponi ein. – BNCF, Libri di commercio dei Capponi, Nr. 61 Libro dei conti concernenti cambi di Francesco Capponi e Francesco e Niccolò Spina & Co di Lione (1578–1601); dann auch: ebd., Nr. 76 Libro Grande di Luigi e Francesco Capponi e co di Lione (1583–1602). 419 Doucet, La banque, S. 8 f.; S. 19: Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co in Lione an Rucellai in Rom, 11.8.1556 (Der Kardinal von Armagnac zahlt dem Bischof della Foresta von Rodez 100 scudi di sole). 414

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an Capponi & Rinuccini.420 Dieser Umstand dürfte auch die enge Kapitalverflechtung der in Lyon ansässigen Florentiner mit den französischen Kronfinanzen während dieser Phase erklären. Diese engen Kapitalverflechtungen auf der Basis von Kronanleihen verwendeten die beteiligten Kaufmannbankiers zur Einflussnahme auf die angelagerten Kredit- und Wechselmärkte. In der Mitte der 1550er Jahre waren es insbesondere die Handels- und Bankhäuser wie Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co, Bernhard und Philipp Meuting sowie Georg Obrecht und Israel Minckel, die vergleichbar mit der bilateralen Kooperation der Welser mit den Salviati in den Jahrzehnten zuvor den Wechselverkehr und den Kapitalfluss zwischen Lyon and Antwerpen zu gestalten und für sich zu nutzen wussten. Die Unterlagen, die Albizzo del Bene führte, zeigen auch die Kanäle, durch die die in Italien aufgenommenen Anleihen wieder zurückerstattet wurden. Eine Schlüsselrolle übten dabei die Exil-Florentiner Kaufmannbankiers Francesco Nasi & Co aus: Nasis Niederlassung in Venedig war sowohl beim Einzug von Krediten als auch bei der Rückzahlung eine wichtige Schaltstelle jenseits der Alpen.421 Dazu gehörte auch der Geheimkredit des Herzogs von Ferrara, Ercole II. d’Este (1508–1559)422, den Del Bene einfädelte.423 Diese Kreditbeziehungen waren allerdings politisch prekär: Denn der mit der französischen Prinzessin Renée, Tochter König Ludwigs XII., vermählte Ercole war ein Eckstein der Bündniskonstellation innerhalb der gegen die Habsburger gerichteten Heiligen Liga, an die er 300.000 scudi di sole überwies. An dieser Transaktion beteiligte sich laut Albizzo del Bene auch der Kreditvermittler Philipp Meuting mit 100.000 scudi di sole.424 Aber die von Albizzo del Bene akquirierten finanziellen Mittel reichten nicht aus, um die politischen Ambitionen Heinrichs II. zu unterstützen. Zudem erwies sich die Frage der verzinsten Rückzahlung als unüberwindliche Hürde für die Zentralverwaltung. Del Bene sah sich gezwungen, Anleihen zu immer weniger vorteilhaften Bedin-

BAV, Archivio Salviati, no. 303, ac. 156v (pag. nuov. ac. 160v): Brief von Alamanno Salviati an Lorenzo e Piero Capponi e Tommaso Rinuccini & Co di Lione, 22.8.1556 (s. o.). 421 ANF, Paris, KK 112/I, Albisse del Bene, c. 14r unter Despence de ce present compte (1551). François, Albisse del Bene, S. 355–358. – Wert der gesamten Anleihen, die Del Bene in Italien tätigen ließ (einnehmen und zurückzahlen): 1551 (Mai-Dezember): 780.000 livres; 1552: 1.177.000 livres; 1553: 1.691.000 livres; 1554: 2.223.000 livres; 1555: 1.750.500 livres; 1556 (Oktober bis Dezember): 414.000 livres (3.567.000 scudi di marchi), ebd., 359. – Zu Francesco Nasi & Co in Venedig auch: Doucet, La banque, S. 18, Nr. III: Copia d’una lettera scritta Guglmo Nettoli a Milano a [Daddi, H. L.] addì [!, H. L.] 10 d’agosto 1556 (ein Wechselgeschäft zwischen Mailand, Venedig und Lyon); S. 24 f., Nr. X: Da Magalotti d’Anversa è stato rimesso sotto conto de’ Rucellai di Roma A. G. per il generale a Vinetia a Nasi le somme apresso (Wechselgeschäfte zwischen Rom, Antwerpen und Venedig). 422 Gino Benzoni, Art. „Ercole II. D’Este“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Band 43: Roma 1993. 423 Baudouin-Matuszek/Ouvarov, Banque, S. 260. 424 Ebd., S. 283 f. 420

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gungen aufnehmen zu müssen, wenn er sich etwa um den Zugriff auf die Messen in Antwerpen bemühte.425 Im Zuge der von König Heinrich II. notgedrungen angestrebten Regulierungspolitik befasste sich Albizzo del Bene als Superintendeur mit der Verwaltung der Rückzahlung von Kronanleihen, um einerseits Mechanismen für die Abfederung des Zahlungsdrucks auf die Krone zu entwickeln, andererseits die Kreditmärkte von der Nachfrageseite aus konfigurieren zu können.426 Zwischen ihm und den Gläubigern standen im institutionellen Gefüge indes die Einnehmer der Krone. Die Merchant bankers ihrerseits hatten für die Vermittlung von Krediten an die Krone eine Kartellstruktur aufgebaut. Die Bankiers Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co kollaborierten mit anderen wie Averardo Salviati & Co (und dann Piero Salviati & Co), indem sie in ihren Kreditnetzwerken über die Wechselmärkte Lyons die nötigen finanziellen Mittel zusammenzogen.427 Bei der Verlagerung der geschäftlichen Schwerpunkte auf den Wechselhandel zwischen Antwerpen und Lyon seit den 1530er Jahren nutzten die Salviati die Kooperation mit den Welsern, um die an die Herrscherfinanzen angelagerten Märkte gestalten zu können. Aus dieser Vermittlerposition heraus zählte die von Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali geführte Salviati-Gesellschaft in Lyon zu den gut vernetzten Verhandlungspartnern für die Vertreter der französischen Krone. Der Grand Parti und sein Scheitern Mit den königlichen Patenten vom 18. März, 17. Mai und 1. Oktober 1555 unternahm die zentrale Finanzverwaltung Heinrichs II. den Versuch, weiterhin Geld als Kronanleihen aufzunehmen – obwohl man nicht mehr in der Lage war, die bis dahin aufgelaufenen rund 1,5 Millionen scudi di sole zu bedienen. Diese schwebende Schuld, die im Messerhythmus fortlief, wurde mit Wirkung ab März 1555 (nominell zur Allerheiligenmesse 1554)428 in eine mittelfristig zurückzuerstattende, konsolidierte Schuld umgewandelt. Zugleich schlug die königliche Finanzadministration eine weitere gute halbe Million scudi di sole als Neuverschuldung auf. Diese wurde in drei Tranchen erhoben,

Ebd., S. 263. Ebd. – Zugleich charakterisiert der Weg Albizzo del Benes in eine hohe institutionelle Position im französischen Königreich ein zukunftsweisendes Karrieremodell für italienische Kaufmannbankiers: Goldthwaite, The Economy, S. 259 f. 427 Vgl. Baudouin-Matuszek/Ouvarov, Banque, S. 266 f. 428 Anders als Georges Gallais-Hamonno annimmt, handelte es sich nicht um „a strange retroactive subscription payments“; vielmehr waren die tatsächlichen Messetermine aufgrund der verzögerten Bedienung der aufgelaufenen Schulden immer weiter „nach hinten“ gerückt, so dass die Allerheiligenmesse 1554 tatsächlich im März 1555 stattfand: vgl. Gallais-Hamonno, The Stupendous Modernity, S. 5; vgl. Gascon, Grand commerce, S. 242; S. 127 (beide Stellen zu den verschobenen Messeterminen). 425 426

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so dass zur Allerheiligenmesse 1555 ein Schuldenstand von 2.028.366,13,9 scudi di sole (2.073.994,10 scudi di marchi) erreicht war. Diese Fundierung der königlichen Schuld im Jahr 1555 ist als Grand Parti (Grosse parditta oder Gemeine Platz) in die Geschichte eingegangen.429 Der spanisch-französische Krieg zwang Heinrich II. zur abermaligen Aufnahme von Darlehen. Nach dem Tod von Papst Paul III. im Jahre 1549 engagierte sich der französische König zunächst vor allem im Kampf um die Vorherrschaft auf der Apenninenhalbinsel, dann musste er sich wieder auf die militärischen Auseinandersetzungen in der Piccardie konzentrieren.430 Im Sommer 1557 endeten die Feldzüge mit der Niederlage bei St. Quentin. Selbst der für Frankreich militärisch ungünstige Verlauf der Auseinandersetzungen schien die Bereitschaft der in Lyon tätigen Bankhäuser, dem König Gelder vorzustrecken, nicht wesentlich zu schmälern.431 Beim Grand Parti handelt es sich um Subskriptionsanleihen in einer vertraglich festgelegten Höhe mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer verzinsten Rückzahlung je Messetermin zu nominell vier Prozent. Bei jeder Messe sollten im Verlauf von insgesamt 41 Messen ab der Allerheiligenmesse 1555 je fünf Prozent der Gesamtaufnahme in der Höhe von 101.418 1⁄3 scudi di sole zurückgezahlt werden. Als Gläubiger wurden nur die in Lyon ansässigen Kaufmannbankiers zugelassen, die jeweils mit den königlichen Vertretern vor Nicholas Dorlin als Notar des Grand Parti Schuldverträge schlossen.432 In der Theorie sollte die schwebende Schuld von 1,5 Millionen scudi di sole in das Rückzahlungsprogramm überführt und noch 500.000 scudi di sole in einem Viererschritt zusätzlich eingehoben werden.433 Die Deckung des Grand Parti sollten die Steuereinnahmen der Städte Lyon, Toulouse und Montpellier leisten. Den Gläubigern sicherten die königlichen Patente die Rückzahlung im vollen Gegenwert der bei den Einnehmern Martin de Troyes oder Zacharie Gaudart bar eingezahlten Gelder zu. Außerdem sollte der König die Schuldpapiere nicht konfiszieren dürfen.434 Entscheidend aber war die Übertragbarkeit der

Doucet, Le Grand Parti. – Die Rede ist von 1.521.275 scudi di sole als schwebende Schuld plus 507.091 2⁄3 scudi di sole zusätzliche (Neu)Verschuldung: Gallais-Hamonno, The Stupendous Modernity, S. 4. 430 Vgl. Potter, Renaissance France, S. 58 f. 431 Von Pölnitz, Anton Fugger, 3, S. 125. 432 Orlandi, Le Grand Parti, S. 22–25.; Doucet, Le Grand Parti, S. 494; S. 504. 433 Patent des Königs vom 18.3.1555 (zitiert nach Doucet, Le Grand Parti, S. 35): plusieurs et notables marchans et autres noz amys et bien vueillans, tant noz subjectz que autres, nous ayent presté et secouru de grosses sommes de deniers montans à la somme de quinze cens vingt ung mil deux cens soixante quinze escuz d’or au soleil, comme est apparu par une certification passée par devant Nicolas Dorlin […] ilz auroient faict grandes despenses et mis en gros hazards, et auroient discontinué leurs trains et trafficqs d’autant, ou s’ilz ne sont marchans, cessent de les mectre et employer en acquisitions de rentes, possessions et autres choses à quoy ilz ne pourront recouvrer et advenir par adventure de lang temps. A ceste cause, leur aurions libérallement donné, octroyé et accordé la somme de quatre pour cent pour chacune des quatre foires que se tiennent en nre ville de Lyon de don gratuit et prouffit […]; Doucet, Le Grand Parti, S. 492 f. 434 Zu den Funktionsweisen des Mechanismus: Gallais-Hamonno, The Stupendous Modernity, S. 4–6. 429

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Obligationen, so dass ein sekundärer Handel mit den Titeln aus dem Grand Parti entstehen konnte.435 Die von Marie-Noëlle Baudouin-Matuszek und Pavel Ouvarov ausgewerteten, im Moskauer Staatsarchiv lagernden Briefe von Albizzo del Bene zeigen, dass der Florentiner Superintendeur der Kronfinanzen hinter der Entwicklung des Grand Parti stand. Denn in einem Memorandum an den König und seinen Rat unterbreitete er am 18. März 1555 einen Vorschlag zur Aufnahme neuer Kronanleihen. Das Kernstück seines Konzepts war ein auf 13 Jahre gestreckter Tilgungsplan.436 Sowohl die Überlegungen von Del Bene als auch die von Roger Doucet veröffentlichten Patente des Königs belegen, dass der Hauptteil des Grand Parti von 1555 eine umgewandelte, bereits bestehende Schuld war und dass nur ein Viertel auf eine tatsächliche Neuaufnahme von Anleihen entfiel. Albizzo del Bene sah ein, dass die bisherige Schuld nicht mehr von Messe zu Messe rückzahlbar war und dass die Anleihen nicht ausreichen würden, die Fortsetzung der militärischen Operationen zu bezahlen.437 Damit griff Albizzo del Bene letztlich auf die Anleiheinstitute zurück, die er von Florenz her kannte und die nicht zuletzt Stabilisierungsfunktionen für die herrschaftliche Verschuldung erfüllten.438 Im Unterschied zu den über die Monti implementierten Mechanismen zur Monetarisierung von Darlehenszertifikaten stand mit den Messen von Lyon ein Knotenpunkt der europäischen Wechselmärkte zur Verfügung.439 Der Superintendeur der Kronanleihen fand sich in der Rolle eines Insolvenzverwalters wieder. Die Fundierung der bestehenden Schuld sowie die dann tatsächlich auf zehn Jahre ausgedehnte Zinszahlung als Mechanismus zur Rückerstattung bedeuten nichts anderes als die Insolvenz der französischen Krone zu diesem Zeitpunkt. Anders als in der Literatur üblicherweise bemerkt, erreichte Heinrich II. bereits im März 1555 den ersten französischen ‚Staatsbankrott‘.

Doucet, Le Grand Parti, S. 487. Vgl. Doucet, La banque, S. 31 f., Nr. XXVII: Noi, Lorenzo Pro Capponi, Thommaso Rinucc. e comp. di Lione, confessiamo avere ricievuto da il sor Pro Degazzi, detto capitano Moretto, calavrese, la somma di lire mille cento cinquanta tornesi, che valgono scudi cinque cento d’oro a soldi quaranta sei l’uno, e’ quali promettiamo mettere per lui in su i presti del Re del Gran Partito, che dà quattro per cento di dono per fiera, la qual somma promettiamo mettere al pari a la prossima fiera d’agosto, e di più li promettiamo che pagando in Roma in mano delli heredi di Luigi Rucellai e compagni di Roma scdi dumila, e qualle somma fussi per di qui a’ pagamenti d’agosto sudetti, porgnene in detti presti del re al pari. E il tutto fia a suo utile e risico e danno, e per fede habbian sotto scritto la presente di mano del nostro Lorenzo Capponi, questo dì 22 d’agosto 1556, in Lione. – Lzo Pro Cappni, Thommo Rinuccini e comp. 436 Baudouin-Matuszek/Ouvarov, Banque, S. 276–281. 437 Vgl. Doucet, Le Grand Parti; Gallais-Hamonno, The Stupendous Modernity, S. 4–6. 438 Vgl. Luciano Pezzolo, Bonds and Government Debt in Italian City-States, 1250–1650, in: William N. Goetzmann / K. Geert Rouwenhorst (Hgg.), The Origins of Value. The Financial Innovations That Created Modern Capital Markets, Oxford 2005, S. 145–163. 439 Vgl. Anthony Molho, Lo stato e la finanza pubblica. Un’ipotesi basata sulla storia tardomedievale di Firenze, in: Giorgio Chittolini / Anthony Molho / Pierangelo Schiera (Hgg.), Origini dello Stato. Processi di formazione statale in Italia fra medievo ed età moderna (Annali dell’Istituto storico italo-germanico, 39), Bologna 1994, S. 225–280.

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Allerdings zeigen sowohl der Fall des receveur général des emprunts, Milan Cazé, als auch die alarmierenden Briefe des Albizzo del Bene, dass der Grand Parti bereits im Laufe des Jahres 1557 zum Scheitern verurteilt war. Milan Cazé berichtete dem König, dass die Verteilung der Rückzahlung nach bestimmten recettes (steuerlichen Einnahmen) nicht eingehalten werden konnte. Die königlichen Patente im August und September des nämlichen Jahres verfügten die Aufnahme von abermaligen Anleihen bei Girolamo Panciatichi (dem Sohn Bartolomeos) in Höhe von 109.000 scudi di sole und bei den Lyoner Kaufmannschaften insgesamt über 108.575 2⁄3 scudi di sole. Diese fast 218.000 scudi di sole, die außerhalb des Grand Parti liefen, dienten der Finanzierung des Schuldendienstes. Auch Albizzo del Bene war sich nach eigener Auskunft sehr wohl bewusst, dass die Rückzahlung der königlichen Schuld mehr Zeit in Anspruch nehmen würde als vorgesehen.440 Zum einen sah sich die Krone gezwungen, neben dem Grand Parti, der ja ursprünglich die Deckelung der Schuldenaufnahme beabsichtigt hatte, immer neue Anleihen wie 400.000 livres allein im November 1556 aufzunehmen. Zum anderen sorgte die Insolvenz des spanischen Habsburgers Philipp II. im April 1557 für eine grassierende Nervosität unter den Handels- und Bankgesellschaften.441 Am Ende des Jahres 1558 musste die französische Krone schließlich einräumen, dass sie nur noch zu verminderten Rückzahlungen imstande war. Im Januar 1559 traten Vertreter der nationes vor den König mit dem Ansinnen, die Refinanzierungsmechanismen an die entstandene Situation anzupassen. Während „L. Bernard“ (der Florentiner Kaufmannbankier Lionardo Bernardi?) und der Florentiner Piero Capponi für die Lyoner Kaufmannschaft verhandelten, schloss man einen Vertrag über eine erneute Anleihe, diesmal eine Kronanleihe mit der Refinanzierung in Form von Renten – weswegen dieser Vertrag über 254.275 3⁄4 livres tournois (101.710,6 scudi di marchi) auch Petit Parti oder Rent Partei genannt wurde.442 Mit dem Tod König Heinrichs II. betrachteten die in Lyon ansässigen Kaufmannbankiers den Grand Parti und dessen Nachfolger, den Petit Parti, im Juli 1559 auch als gescheitert.443 Die Insolvenz der Krone lässt sich auch an der Abwertung des scudo di sole durch den König bemerken.444

Doucet, Le Grand Parti, S. 508–511: In einem Brief an Kardinal de Tournon vom 27.5.1557 hielt Del Bene fest: Les despenses sont si grands et je suis si mal remboursé, et les difficultés sont si grandes que je vois bien peu d’espérance pour le pouvoir soubstenir. 441 Baudouin-Matuszek/Ouvarov, Banque, S. 280 f.: Oder auch wie diejenige der Redi di Bartolomeo Panciatichi im März 1557 über 104.278 scudi di marchi; beteiligt waren auch Giovanbattista Gondi & Co. Vgl. A. Castillo, Dette flottante et dette consolidée en Espagne de 1557 à 1600, in: Annales. Economies, sociétés, civilisations, 18, 1963, S. 745–759, hier S. 758; Andrea Schroeder, Handelskapital und Staatsverschuldung unter Philipp II., unveröffentlichte Magisterarbeit Berlin, 1994. 442 Doucet, Le Grand Parti, S. 6. 443 Ebd., S. 10. 444 Baudouin-Matuszek/Ouvarov, Banque, S. 282. 440

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Die Unternehmen aus den süddeutschen Reichsstädten, die in größerem Umfang an den Krondarlehen für Heinrich II. mitgewirkt hatten, führten ihrerseits zähe Verhandlungen, um wenigstens teilweise an ihre Kredite zu kommen. Einige allerdings – David Weyer, David und Hieronymus Zangmeister sowie Philipp und Bernhard Meuting – erlebten ihre Bankrotte aufgrund der französischen Zahlungsausfälle.445 Roger Doucet erarbeitete bei seiner Analyse des Grand Parti Zahlenmaterial, das ich allerdings nicht nachvollziehen kann. Demnach waren das Bankhaus Salviati mit annähernd 678.000 livres (301.333 scudi di marchi) am Grand Parti beteiligt, von Panciatichi und Rinuccini kamen knapp 327.000 livres.446 Weil die Handelsgesellschaft der Salviati in Lyon 1557 restrukturiert und unter dem Namen Piero Salviati e Lionardo Spina & Co weiterlief, wurde die Lyoner Reihe der Rechnungsbücher unterbrochen und ist fortan nicht mehr überliefert. Im letzten Schuldbuch, dem Libro debitori e creditori Z, partizipierten Piero Salviati e Lionardo Spina & Co mit 11.000 scudi di sole am Petit Parti, dem zweiten Anleihemechanismus.447 Die Gesellschaft Christoph Welser & Mitverwandte erhielt am 31. März 1560 ihrerseits Zinszahlungen über 796,9,2 livres tournois aus einem nicht bekannten Anteil am Grand Parti, den Michael Sailer bei den Florentinern Corsini & Co in Lyon für sie vermittelt hatte. Die Welser partizipierten überdies an den Zahlungen in Höhe von 100.000 scudi di sole im September 1557 und in Höhe von 200.000 scudi di sole bei der Augustmesse 1557. Ihre Obligationen wurden von Hans Welser, dem Sohn Jakob Welsers und in Augsburg ansässigen Hauptgesellschafter des Nürnberger Familienzweigs, als Investor mitfinanziert.448

Doucet, Le Grand Parti, S. 26–28; Häberlein, Brüder, S. 165. Doucet, Le Grand Parti. SNS, AS, I, 604 (L DebCred Z), c. CCXVI: ne diamo debito a Piero Salviati e co d(i) Lio(ne) a buon conto apparte d(i)pox(i)ti per pagarceli (h)a p(r)oximi pagame(n)ti d(i) pasqua pata. Am 17.6.1555 (Apparitionsmesse 1554) hatten Piero Salviati & Co in Lyon ein deposito über 11.000 scudi di marchi plus 2 2⁄5 Prozent (11.264 scudi di marchi); ebd., c. 216: Durchlaufend: 29.3.1557 sind es 10.967 1⁄2 scudi di marchi debito a Salviati e Spina e co; daraus utili von 1.256,4,10 scudi di marchi. – Die Verschränkung von deposito-Geschäften der Salviati mit den Bankgeschäften anderer Bankiers lässt sich gut exemplifizieren an einer cedola, die Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co im Auftrag von den Alberi & Garimonti (unterzeichnet von Battista Baliano/da Galiano?) über 9.268 3⁄4 scudi di marchi am 5.9.1556 an die Salviati für ein deposito übergaben: Doucet, La banque, S. 47 f., Nr. LI. 448 Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 297 [384] {9}; vgl. ebd., S. 294 [393] {2}: Hern Hanns Welser sollen wir [[31.3.1560]][…] Addì – ditto per dono der Oster- vnd Augustmeß / fl 98. 14.4. / vmb Michel Sailer den rimborso vnd dono der post, so in dem grossen p[artido] zuo Lion ligen, die Oster- und Augustmeß 1557 eingenommen, daruon, sampt gemainen kauffleutt, dem Konig im settember 100’000 vnd in der Augustmeß 1557 wider 200’000 𝛻+ vnd daran an der ratta a partte obgemelter post erlegt des Corsini buochhaltens salario, auch seine prouision abzogen, rest solchs rimborso vnd dono gedachter 2 messen, thutt £ 796.9.2. vnd zuo 93 kr per 46 ß fl 536. 9.2., hatt Michell Sailler in der Allerhailigenmeß zallung 1557 fir einemen gesetzt, dauon gepurtt per ratta Hern Hanns Welser, wie ob .--.--.--. Jor 217 a 403 fl 98. 10. [6.]. (theoretisch müsste der Anteil mit vier Prozent Zinszahlung 9.956,5 livres tournois oder auch 4.328,16 scudi di sole betragen haben). 445 446 447

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Hans Welser, der Bruder Christophs, war nicht nur Teilhaber der Gesellschaft Christoph Welsers449, sondern beteiligte sich zeitgleich auch an den Juros der spanischen Krone aus den Jahren 1558 und 1560, als Hieronymus Rem in Valladolid die entsprechende Barzahlung einbrachte. Während die Christoph-Welser-Gesellschaft Hans Welser aus dem Grand Parti lediglich 98,10,6 Gulden zuwies, kamen von den verschiedenen Juros zum selben Termin 541,18,4 Gulden hinzu. Christoph Welsers Zinseintrag aus dem Grand Parti lag mit 174,4,4 Gulden über dem Anteil seines Bruders Hans. Mit ihnen erhielt auch Endres Welser eine Zinszahlung in Höhe von 44,7,9 Gulden.450 Als der Grand Parti begonnen wurde, übernahmen Georg Obrecht und Israel Minckel im Juni 1555 die erwähnte Gabella für Alaun, im Oktober desselben Jahres zusätzlich die Gabella für Salz.451 Am 24. August 1556 schlossen Obrecht & Minckel mit den Vertretern des Königs, Marschall Piero degli Strozzi und Louis de Lézignan de Saint-Gelais (Sieur de Lansac, 1512–1589), einen Vertrag über eine Anleihe in Höhe von 180.000 scudi d’Italia. Während dieser Betrag am 15. Dezember jenes Jahres fällig werden sollte, plante man den Ausgleich über Venedig. Für die Rückzahlungen zeichnete Albizzo del Bene im Namen des trésorier de l’épargne verantwortlich, und die Unternehmung von Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co gab die nötige Garantie für die Refinanzierung der in drei Tranchen eingezogenen Kronanleihe ab.452 Zusätzlich räumten sie dem trésorier de l’extraordinaire des guerres en Piémont im November 1557 einen Kredit mit einjähriger Laufzeit über 150.000 livres tournois ein.453

Ebd., S. 297 [384] {10}: Addi [[31.3.1560]] ditto per hauptbuch / fl 7’656.15.θ. / souil ist seider jungsten bis auff dise jeneralrechnung vltimo marzo fir in ausgeben worden, die thon wir im hiemit guot vnd schreiben sӱ ime im haupttbuoch zuo. – Mark Häberlein hat mich darauf aufmerksam gemacht, dass hier zwei Männer gleichen Namens auftreten: Ein Hans Welser war der geschäftlich unbedeutende Bruder Christoph Welsers; dieser Hans fungierte offenbar nicht nur als Teilhaber, sondern auch als Investor in die Juros; der zuvor genannte Hans Welser war der Sohn des nach Nürnberg übergesiedelten Jakob Welsers; Hans Welser vertrat die Handelsgesellschaft seines Vaters in Augsburg, während seine Brüder, Jakob d. J. und Sebastian, Teilhaber in der Jakob-Welser-Gesellschaft waren. 450 Ebd., S. 297 [384] {5}: Hern Hanns Welser sollen wir […] 1560 vltimo jener per Valladolit / fl 1’532. 1.8. / vmb 459’629 mvd je 375 per 75 kr / ist fir den ersten vnd andren drittel des 58ten jars, abgezogen die vnkosten vnd den ersten drittel des 59ten jars seiner juros, hatt Jeronimus Rem einbracht […]; {7}: Addi vltimo marzo / per Fugger conto aparte der Maӱomess 59 / fl 525.14.4 / vmb mvd 157’719 je 75 kr per 375 mvd / haben gemelte // Fugger in der Maӱomess 1559, cio e 10 jenner 1560, von Luӱs de Peralto einbracht an dem andern 1⁄3 der juros des 1559ten // jars […]; {8}: Addi – ditto per Her Antt(oni)o Fugger e Nepote am Sp(a)g(ni)a Hoff / fl 16. 4. θ. / vmb mvd 4’862 je 75 kr per 375 mvd / haben gemelt Fugger, laut // irs schreibens aus Toledo addi vltimo april 1560 per rest des anndern 1⁄3 de juros 1559 von Jan de Salazar in soma // von mvd 27’753 empfangen. – Für Christoph Welsers Anteil: ebd., S. 301 [386] {32}. – Für Endres Welser: ebd., S. 315 [393] {30}. 451 Baudouin-Matuszek/Ouvarov, Banque, S. 281. 452 Doucet, La banque, S. 37–40, Nr. XXVIII; S. 43, Nr. XLV: Kopie einer Quittung des Tommaso Rinuccini an den königlichen Rat Monsieur Claude du Borg, trésorier de l’extraordinaire des guerres, über den Erhalt von 235.200 livres tournois (von eigentlich 260.240 livres tournois) auf Anweisung des trésorier de l’épargne in Lyon am 1.9.1556. 453 Doucet, Le Grand Parti, S. 510. 449

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Angela Orlandi hat die Bücher des Florentiner Kaufmannbankiers Giambattista Botti in diesem Konext untersucht. Botti, der einige Jahre in Frankreich lebte, verwaltete zwischen 1556 und 1559 eine Reihe von Titeln des Grand Parti. In seinem Libro grande G dokumentiert er den Verlauf von Rückerstattungen und Zinszahlungen, die er im Namen verschiedener Kaufmannbankiers eintrug. Sein eigener Anteil bestand im Jahr 1556 aus 9.700 scudi di sole, für die er nominell 485 scudi di sole pro Messe an Zinsen einstrich.454 Während Giambattista Botti mit einigen süddeutschen Firmen wie mit den Augsburgern Hieronymus & David Zangmeister durch Wechselgeschäfte in Höhe von 1.378,15,7 scudi di marchi oder mit Israel Minckel in Höhe von 2.309,2,6 scudi di marchi über Venedig verbunden war455, vermittelte er anderen wie Philipp und Bernhard Meuting Anteile am Grand Parti, die (im konkreten Fall) zur Ostermesse 1557 einen Betrag von 991,10,10 scudi di sole erreichten.456 Aber Botti verwaltete auch Anteile am Grand Parti für Georg Obrecht und für Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co, deren vertragsmäßige Obligation bei der Allerheiligenmesse 1557 eine Größenordnung von 881.4 scudi di sole hatte. Der gesamte fondo Bottis betrug 13.272 scudi di sole. Dafür konnte er jede Messe 663,12 scudi di sole einziehen. Für die Verwaltung des Anteils von Capponi & Rinuccini behielt er 81,4 scudi di sole ein.457 Die Auszahlung des Anteils, über den der Florentiner Kaufmannbankier Filippo della Tosa bei Giambattista Botti verfügte, erreichte am 23. Februar 1560 gerade einmal 30,19,1 scudi di sole. Dabei handelte es sich um eine von Piero Salviati e Lionardo Spina & Co realisierte Nachzahlung von der Allerheiligenmesse 1557.458 ASFi, Libri di Commercio e di Famiglia, no. 724: Giovanbattista di Simone Botti (L DebCred G, 1556–1559): El Re Xpianissimo di Francia e altry nomynati deono dare p(er) conto de dony de iiijo p(er) ciento e uno p(er) ciento in disconto del p(r)incipale de dare sino in f(ier)a passata d’agosto 𝛻 495.15.6 d’(or)o di m(arch)i p(er) valuta di 𝛻 485 d’(or)o di sole p(er) tanti de ne p(er) conto de cinquecento di 𝛻 9397.3.5 d’(or)o di sole doveva la f(ier)a di pasqua passata di p(r)incipale e sono p(er)’l fondo di 𝛻 9700 e li à a pagare in f(ier)a d’agosto p(ost)o el Re. 455 Ebd., c. 152 (1557): Girolamo e Davit Sangemaester di Lione deono dare in f(ier)a di pasqua add(ì) xxv di giugnio 𝛻 1378.15.7 d’(or)o p(er) m(arch)i 21.1.16.17 d’(or)o p(er) una lett(er)a di Vynezia di Davit (H)otto la valuta da li Attavanti; ebd., c. 172 (16.9.1557): Isdrael Mingle e conp(agni)a di Lione deono dare add(ì) xvjo di sett(embre) 𝛻 2309.2.6 d’(or)o di m(arch)i p(er) tanti datolj p(er) me Giovanbatista e Gianpagolo Dadda e conp(agni)a e sono p(er) un cambio fatto con loro sotto nome di detti Daddi p(er) avere lett(ere) di m(arch)i 35 d’(or)o p(er) f(ier)a d’agosto di L(ione) con mio danno de 1 1⁄2 p(er) ciento e t(ut)to si è fatto sotto nome di detti Daddi posto detti in questo. 456 Ebd., c. CLVII: Bernardo e Filippo Metinger di Lione deono avere in f(ier)a di pasqua 𝛻 17.7.– si fanno lor buonj p(er) agio di 𝛻 991.10.10 d’(or)o di m(arch)i a ragione di 1 3⁄4 p(er) ciento de dony del Re venduti loro in magior som(m)a a ragione di 1 3⁄4 p(er) ciento posto cassa. Orlandi, Le Grand Parti, S. 58. 457 Orlandi, Le Grand Parti, S. 58; S. 101: El Re cristianissimo di Francia e altry nominati, deono dare sino in fiera passata di Tutti Santi per conto de’ dony de 4 per ciento e uno più per ciento in disconto del princypale 𝛻 678.6.11 tornesi per 𝛻 663.12.– di sole che tanti montò li cinque per ciento del fondo di 13272 di sole s. 3 tornesi della paga da fiera passata d’Agosto a fiera di Tutti Santi in ne la qual somma entra 𝛻 800.– di sole per fondo di 𝛻 881.4 d’oro di sole fattone d’essi l’obrigo a’ Cappony e Rinucciny in nel contratto de l’aroto de 6 2⁄3 per ciento, de’ qualy detti Cappony e Rinucciny me li aranno a fare buony quando li risconteranno avere el Re. 458 Orlandi, Le Grand Parti, S. 104: El Re cristianissimo di Francia e altry nominati, deono avere […] E addì xxiij di febraio 𝛻 31.12.11 d’oro di marchi per 𝛻 30.19.1 d’oro di sole per lb. 71.4.11 tornesi fattomy buony e’ Salviati 454

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Die Kaufmannbankiers, die sich im Grand Parti engagiert hatten, mussten das rapide Abschmelzen ihrer Forderungen bereits im Jahr 1557 beobachten. Aus der Perspektive des Nürnbergers Paulus Behaim lassen sich die Entwicklungen anschaulich charakterisieren. Unter Vermittlung von Michael Imhoff, Vertreter der Gesellschaft Endres Imhoffs in Lyon, partizipierte er infolge von fünf Verträgen der Jahre 1557 bis 1559 mit insgesamt 10.522 Gulden am Grand Parti. Auch im Fall von Paulus Behaim unterlag der Investition in die königlichen Schuldpapiere ein reger, über Antwerpen abgewickelter Wechselhandel.459 Mit der königlichen Insolvenz 1559 musste Behaim die Einstellung der Rückzahlungen erleben.460 Daraufhin sah sich er, der nach den Insolvenzen der französischen Krone am 1. Juni 1561 mit 3.316,12 Gulden in die Schuldverschreibungen des Stattes von Brabanntt auswich461, gezwungen, den zur Rückzahlung bewilligten Betrag von 2.820 Gulden in ein eigenes Konto zur Abschreibung zu übertragen (Adj 11 Julj 1565 / ist vmb das ich hiemit abschreibe die gegenstendige Schulde / vnd trags an ein andern Contto).462 Vom Jahr 1565 an sollte zum einstigen Vertragskurs in 16 fristen die auf 2.250 scudi di sole heruntergerechnete Schuld des Königs abgetragen werden.463 Die beiden letzten Beispiele – die Verwaltung von Obligationen am Grand Parti durch Giambattista Botti und die Abschreibungen des Nürnbergers Paulus Behaim – machen deutlich, wie engmaschig die Kapitalströme der süddeutschen und der flo-

e Spina e sono per la mia distribuzione d’uno soldo per lira per conto della paga di fiera passata di Tutti Santi del 1557, posto Filippo della Tosa. 459 GNM, Behaim-Archiv, Fasz. 62 (Handlungs- und Bilanzbuch 1556–1567), c. 2: Paulus Behaim verrechnete für seine Herrn Endres Imhoff & Gebr. Wechsel über Lyon. An diesen Wechselgeschäften beteiligten sich auch Christoph Welser & Mitverandte, ebd., c. 2r: Hr. Enndres ImHoff vnnd geprueder byn Ich adj p(r)imo febrer 1557 von wegen Augustin Forenberger e co I. ac 3 fl 2272.7.6 / Adj 10 febrer 1557 von wegen Philipp Wesenpeck --- Io. ac. 5 – fl 1445 / Adj 12 ditto p(er) Cassia gutthonn – Io ac 4 – fl 121.9.6 / Adj 12 Augusto 1557 p(er) Christoff Welser hie guthonn Io. ac 9 – fl 3466.13.4 / Adj 16 ditto 1557 p(er) Cristoff Welser vnd gepruder guthon i. ac. 9 – fl 533.6.8 / Adj 17 decemberr p(er) cassia guthonn – Io. ac 12 – fl 110.5.0 // Suma fl 7949. ß 2. t 0. – Vgl. Schmidt, Das Gewerbebuch, S: 227: Wechsel der Christoph-Welser-Gesellschaft von Nürnberg auf Antwerpen am 8.2.1557 Endris Imhoff vnd Gebrueder per Anttorff zuo wexl geben (1.083,6,8 Gulden). – Für diesen Hinweis danke ich Mechthild Isenmann, die in einem aktuellen Projekt die Bücher des Paulus Behaim bearbeitet. Dazu: Isenmann, Das „Handlungs- und Bilanzbuch“, S. 47 f. 460 GMN, Behaim-Archiv, Fasz. 62. Isenmann, Das „Handlungs- und Bilanzbuch“, S. 57 f. 461 Isenmann, Das „Handlungs- und Bilanzbuch“, S. 56. 462 GNM, Behaim-Archiv, Fasz. 62, c. 29: # Laus Deo 1559 jn Nurmberg # Konng. Mt. von Franckreich in Lion der Ostermes bin Ich adj po Sebttember / souil schreib Ich hiemitt ab / das Ir Mt. den don[o] von der Ostermes bis jn die Augustmes des 1559 Jar nitt haltt / auch solchen nit bewilligt vo(n) 1287 𝛻+ 14 ß 4 d zw 4 p(er) c(ent)o thutt 𝛻+ 51 ß 14 d 2 thon zu 92 +(er) in münz I. ac. Fl 79.5. 463 GNM, Behaim-Archiv, Fasz. 62, c. 49r. Isenmann, Das „Handlungs- und Bilanzbuch“, S. 58. – Allerdings ist die erste Halbjahresrate am 12.2.1567 nach nur vier Auszahlungen der letzte Eintrag. – Ein ähnliches Phänomen lässt sich bei der Verwaltung des Bestandes der Erben Sebastian Neidharts erkennen. In dem Buch, in welchem das Vermögen der Unternehmung zusammengestellt ist und die einzelnen Bilanzen aus den Faktoreien eingetragen sind, registrierte der Buchhalter offene Forderungen gegenüber dem französischen König in einer Höhe von 20.000 scudi di marchi aus dem Jahr 1559: StadtAA, Kaufmannschaft und Handel, I, Nr. 11: Erben Sebastian Neidhart: Augsburger Rechnung von vltimo December a° 59 biß auf vltimo December a° 70, ac. [68 /] 1r.

Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte

rentinischen Kaufmannbankiers miteinander verwoben waren. Die hohen Beträge der Kronanleihen setzten sich aus einem feinen Netz an Kreditbeziehungen zusammen und speisten sich aus einem aufgeblähten Wechselhandel, der die beiden politisch entgegengesetzten Sphären der französischen Könige durch den Standort Lyon und der Habsburger durch den Standort Antwerpen miteinander verband. Das Verhältnis von Kreditmärkten und Herrscherfinanzen Mit Albizzo di Piero del Bene war in den Jahren unmittelbar vor dem Grand Parti und bei der Initialisierung der Fundierung königlicher Schuld ein Florentiner Bankier an zentraler Stelle für die Krone aktiv. Das bedeutet nicht nur, dass Del Benes Weg in eine hohe Funktionsstelle einen neuen Karrieretypus für eingewanderte Kaufmannbankiers im französischen Königreich illustriert. Vielmehr verweist diese Karriere auf einen Transfer von Wissen, in dessen Zuge ein Kaufmannbankier eine spezielle Anlageform für die in Lyon ansässigen Handels- und Bankgesellschaften entwickelte (vgl. Kapitel VI.3). Die spezialisierten Märkte der Herrscherfinanzen wurden im Rahmen dieser Entwicklung der Kronanleihesysteme um eine weitere Dimension bereichert. Die Florentiner Unternehmen Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co sowie die Straßburger Georg Obrecht & Israel Minckel bemühten sich dabei darum, ihren gestalterischen Einfluss auch bei der Weiterentwicklung des Grand Parti geltend zu machen – den Einfluss, den sie durch die mit Albizzo del Bene vereinbarten Partikular-Anleihen gewonnen hatten. Denn beide Unternehmen engagierten sich im Handel mit Anteilen des Grand Parti und im Geschäft der nebenher weitergeführten Kreditlinien (auf die die Krone immer wieder zurückgreifen musste, um die überspannte Tilgung des Grand Parti refinanzieren zu können).464 Die Krone strebte durch die Einführung der fundierten Schuld im Grand Parti nach der Kontrolle der in Lyon etablierten Kreditmärkte. In der Konzeption des Grand Parti durch Albizzo del Bene waren die Verfahren zur Refinanzierung von Anleihen durch den Wechselhandel berücksichtigt. Aber der anhaltende Bedarf an Geldmitteln für die politisch-dynastischen Ambitionen des französischen Königs führte dazu, dass die in den 1540er Jahren eingeführte Form der Anleihen in zusammengesetzten Krediten keineswegs an Bedeutung verlor. Dieser Umstand begünstigte die Kartellbildung um die Florentiner und die süddeutschen Kaufmannbankiers, die auf diese Weise nicht nur den Wechselhandel zwischen Lyon, Antwerpen und Kastilien zunehmend bestimmten; vielmehr beeinflussten sie nachhaltig den Handel mit den Obligationen des Grand Parti.

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Baudouin-Matuszek/Ouvarov, Banque, S. 276–285.

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

Die Verflechtung der Wechselstandorte Antwerpens, Lyons und der Kastilischen Messen wurde durch die Aktivitäten insbesondere der toskanischen und der süddeutschen Unternehmungen vorangetrieben und generierte ein komplexes finanzielles Engagement der Augsburger und der Nürnberger Handels- und Bankhäuser in den französischen Herrscherfinanzen.465 Diese Entwicklung, die wichtige Impulse durch das kooperative Verhalten der Salviati und der Welser aufnahm, setzte in den späten 1530er Jahren ein und bereitete der Kartellbildung auf den den Kronanleihen angelagerten Märkten den Weg. Der ausbleibende Bargeldzufluss zur Refinanzierung der Kredite auf den Wechselmärkten in Lyon und Antwerpen nach 1557 und die versiegenden Zinszahlungen der Krone aufgrund ihrer Überschuldung brachte die florentinisch-süddeutschen Kartelle ins Wanken und nötigte die Beteiligten, sich über den Handel mit Luxusgütern zu refinanzieren. Entlastung schufen die wiederholten, kleinschrittigen Abwertungen der Anleihebeträge.466 Die Drohung mit der Sequestration schwebte wiederholt wie ein Damokles-Schwert über den Köpfen der in Frankreich aktiven Kaufleute. Manche Handelsgesellschaften wie Bartholomäus Welser & Mitverwandte, die sich bereits in den 1540er Jahren aus dem spanischen Anleihegeschäft zurückzogen, verlagerten ihre ökonomischen Interessensschwerpunkte.467 Dies illustriert der mit nur 3.650 scudi di marchi vergleichsweise niedrige Anteil, den der Agent der Christoph-Welser-Gesellschaft in Lyon, Michael Sailer, für die Salviati als Kapitaleinlage 1553 beisteuerte.468 Christoph Welser, der im Herbst 1551 die Unternehmensleitung von seinem Vater Bartholomäus übernahm, strukturierte die Handelsgesellschaft neu und reduzierte dabei die Investitionen in die hochriskanten Geschäftsfelder (vgl. Kapitel III.4.3).469 Bartholomäus Welser geriet bei Kaiser Karl V. zunehmend in Schwierigkeiten. Denn er sah sich Anschuldigungen ausgesetzt, sich zugunsten der französischen Krone in den Lyoner Wechsel- und Kreditmärkten engagiert zu haben. Der Bruder Hans Chrysostomus Peutingers, Christoph, der in die Welser-Gesellschaft eingetreten war und vor allem in Spanien agierte, musste im Februar 1547 die Unternehmung seines Onkels Bartholomäus Welser gegen den Vorwurf kaiserlicher Räte verteidigen, man habe sich illoyal gegenüber Karl V. verhalten und in Lyon mindestens 150.000 Gulden

Häberlein, Brüder; Denzel, Das System, S. 162 f. De Roover, L’évolution, S. 67, 74–81; vgl. Artur Attman, American Bullion in the European World Trade 1600–1800 (Acta Regiae Societatis Scientiarum et Litterarum Gothoburgensis. Humaniora, 26), Göteborg 1986, S. 36; Felipe Ruiz Martín, Las finanzas españolas durante el reinado de Felipe II (alternativas de participacíon que se ofrecieron para Francia), in: Cuadernos de Historia. Anexos de la revista Hispania. Relaciones Hispano-Francesas a traves del tiempo, 2, Madrid 1968, S. 109–173, hier S. 114–117, 129–131; von Pölnitz, Anton Fugger, S. 124 f.; van der Wee, The Growth, II, S. 206; van der Wee/Blanchard, The Habsburgs; Denzel, Das System, S. 162 f. 467 Häberlein, Fugger und Welser. 468 Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente; Lang, La pratica, S. 149. 469 Schmidt, Das Gewerbebuch. 465 466

Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte

investiert.470 Hierin mag ein Grund dafür zu sehen sein, dass sich die Welser verstärkt durch Kommissionäre wie Michael Sailer und Investoren wie Hans Chrysostomus Peutinger vertreten ließen. Ähnlich wie die Fugger beauftragten Bartholomäus Welser, nach der Jahrhundertmitte dann auch Matthäus und Marx Welser & Mitverwandte sowie die Christoph-Welser-Gesellschaft ihre Vertreter und Investoren aus dem unmittelbaren Umfeld mit dem politisch heiklen Geschäft.471 Allerdings zog sich Bartholomäus Welser auch aus ökonomischen Gründen schrittweise aus den Kronanleihen zurück. Hans Chrysostomus Peutinger bewegte sich um 1536 in Antwerpen.472 Möglicherweise lernte Peutinger während seines Aufenthaltes an der Schelde diejenigen Florentiner Kaufmannbankiers kennen, in deren Kreditnetzwerke er rund zehn Jahre später einstieg. Nach dem Tod Franz’ I. gehörte Hans Chrysostomus 1547 zur Delegation der Augsburger Kaufmannschaft, die mit den Verhandlungen zur Verlängerung der Privilegien durch den neuen König beauftragt war.473 Unter anderem durch die Kooperation mit den Salviati bemühten sich die Welser, die politische Problematik ihrer Investitionen in die französischen Herrscherfinanzen zu verschleiern. Dies galt auch für die Phase nach dem Abflauen der kooperativen Anlage der Beziehungen zwischen beiden Unternehmungen. Im Jahr 1558 erschien Michael Sailer als Agent von Christoph Welser mit einer Zahlung über 2.600 scudi di marchi. Dieser Betrag wurde Sailer zulasten von Pandolfo Attavanti & Co ausgezahlt. Die in Venedig angesiedelte Florentiner Unternehmung Pandolfo Attavanti & Co tätigte im Auftrag der Christoph-Welser-Gesellschaft eine entsprechende Rimesse nach Lyon.474 Im Zuge einer ähnlichen Operation bezahlten Piero Salviati e Lionardo Spina & Co einen Wechsel über 543,15,11 scudi di marchi, wobei in beiden Fällen der genannte Giambattista Botti als ausführender Wechselpartner agierte.475 Hinzugesetzt sei, dass

Etwas unübersichtlich und begrifflich sehr unscharf: von Pölnitz, Anton Fugger, II/2, S. 405. Dazu jetzt: Häberlein, Expertenwissen. 471 Zu dieser These: Häberlein, Expertenwissen. 472 Ebd. 473 Pfeiffer, Die Bemühungen, S. 417–419; Häberlein, Expertenwissen. 474 ASFi, Libri di Commercio e di Famiglia, no. 724, c. CCXIIII (April 1558): Michele Saler di Lione de di Lione de avere add(ì) xxiij d’aprile in f(ier)a d’app(arizio)ne 𝛻 2600 d’oro di (arch)i p(er) m(arch)i 40 d’oro 20 p(er) una lett(er)a di Vynezia di Pandolfo Attavanti e conp(agni)a la valuta dissono da Cristofafano [!] Belzerj e f(rate)lly posto detti Attavanti al p(er) me dare in questo [c]. Möglicherweise ist die Gegenbuchung in Christoph Welsers Gewerbebuch: Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 334, ac. [405] {4}: [[Adi – ditto per Vinedig / fl 2’817. 2. θ. / vmb 1’970 . θ. Je 46 ß per …kr]][v]nd 143 fl [[per 100 duc / haben die vnsern zuo Vinedig dì … detto dem [[Pandolfo, H. L.]] Attauanti [[zuo wexel per Lion geben, sollen allda die … in der …]][…]mes dem[[Michel Sailer bezalen .--.--.--.--.–]]. 475 ASFi, Libri di Commercio e di Famiglia, no. 724, c. 214: Michele Sailer di Lione de dare add(ì) xxviiijo d’aprile in f(ier)a d’app(arizio)ne 𝛻 543.15.11 d’(or)o di m(arch)i p(er) me da Salviati e Spina avere in questo [ac]. Gegenbuchung: c. . 129r: Piero Salviati e Lionardo Spina e co di Lione, avere, 543.15.11 scudi di marchi, 29.4.1558 p(er) me a Michele Salier posto detto Salier dare. Eventuell identisch mit dem Eintrag darüber im Gewerbebuch: ebd., ac. [405] {3} (hier mit 528,14,0 Gulden verzeichnet). 470

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Kooperationsformen und spezialisierte Märkte

die compagnia Pandolfo Attavanti & Co in den 1550er Jahren eine herausragende Rolle beim Kapitaltransfer und im Wechselverkehr zwischen den Wechselmärkten nördlich der Alpen und Italiens spielte.476 Zwar lassen diese Transfers keinen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Grand Parti erkennen, aber diese Wechselgeschäfte unterlagen als Kreditmärkte den Kronfinanzen. Überdies vermittelte Botti Anteile am Grand Parti an Michael Sailer (s. o.). Das entscheidende Argument hierbei besteht darin, dass die Handels- und Bankgesellschaften über die verschiedenen Märkte aufs engste miteinander verwoben waren und keinesfalls nur einen bestimmten Sektor bespielten. Michael Sailer beispielsweise trat als Vermittler auf den Kredit- und Wechselmärkten auf und verkoppelte auf diese Weise Investoren und Wechselpartner mit den an den Kartellen beteiligten Unternehmungen. Wenigstens in diesem Sinne lässt sich bemerken, dass die Ambitionen der Krone, die Kredit- und Wechselmärkte durch die fundierte Schuldaufnahme und die regulierte Rückzahlung der Anleihen zu kontrollieren, scheiterten. Entscheidend für die lange Phase der Beteiligung der in Lyon aktiven Firmen an den Kronanleihen war neben der anfänglichen Gewinnerwartung sicherlich, dass der geschäftliche Bereich des government finance keineswegs nur aus aufwändigen Darlehen bestand. Der Transfer von „Kirchensteuern“ aus dem Königreich an die Apostolische Kammer warf ebenso Servicegebühren ab wie weitere finanzielle Dienstleistungen. Zudem bildeten die französische Aristokratie und der königliche Hof eine interessierte Kundschaft für Luxusgüter, welche süddeutsche und toskanische Kaufmannbankiers importierten. Außerdem erwiesen sich die Pachten von Zöllen und Steuern, die die Könige als Gegenleistungen bereithielten, als gut kalkulierbare und mitunter längerfristig lukrative Einkommensquelle.477 Buchführung und spezialisierte Märkte Die durch ihre Komplexität ‚hochauflösende‘ Buchführung der Salviati zeigt nicht nur die komplex strukturierten und ‚multi-national‘ aufgebrachten Kredite für den Levantehandel oder für die Kronanleihen, die sich auch durch die verstreuten Informationen anderer Rechnungsbücher vorzüglich darstellen lassen. Besonders für die Phase des Grand Parti können entsprechende Zusammenhänge vorgeführt werden. In viel stärkeren Maß artikuliert sich in der Buchführung der Salviati das Bestreben der Unternehmensgruppen, gestaltende Positionen an Märkten durch kooperative Handlungsmuster zu erreichen. Dies gilt vor allem für die Wechsel- und Kreditmärkte, die den Herrscherfinanzen angelagert waren. Das Zusammenwirken der Augsburger Hierbei geben etwa die Korrespondenzen Alamanno di Iacopo Salviatis Aufschluss: BAV, Archivio Salviati, no. 303 (Briefbuch). 477 Lang, Herrscherfinanzen; Lang, Seide für Lyon; Häberlein, Die Fugger’sche Anleihe, S. 21. 476

Herrscherfinanzen und spezialisierte Märkte

Welser und der Florentiner Salviati markiert einen Sonderfall der Kooperation, weil sie über Unterbeteiligungen ihre jeweiligen Kreditnetzwerke zu aktivieren suchten. Diese Netzwerke spielten eine besondere Rolle dabei, den Wechselmärkten finanzielle Mittel als Kredite zu entziehen und sie für andere Geschäfte fruchtbar zu machen. Der Einsatz der Darlehen für die Organisation von Kronanleihen wiederum erzeugte angelagerte Wechselmärkte, indem die kooperativen Handlungen der beiden Unternehmungen die gängigen Wechselmärkte für die Kreditoperationen konfigurierten. Die Konstellationen des Wechselhandels ihrerseits waren nicht durch die Grenzen der nationes umrissen. Auch wenn das Engagement der Süddeutschen auf den französischen Wechsel- und Kreditmärkten unter politisch prekären Bedingungen stattfand und die Kaufmannbankiers sehr wohl finanzielle Mittel für ihre politischen oder dynastischen Absichten vereinnahmten, erwies sich die Geschäftstätigkeit der Augsburger Unternehmungen in Lyon weniger politisch orientiert als vielmehr ökonomisch gelenkt und buchhalterisch ausgerichtet. Gerade die Möglichkeit, sich über Lyon und Marseille an den Levantehandel anschließen zu können, bedeutete eine Spezialisierung auf den Güterverkehr mit dem östlichen Mittelmeer. Bei der Realisierung der Kronanleihen wird offenbar, dass es bei den depositi-Konten nicht um Einlageverwaltung ging. Die Kaufmannbankiers bevorzugten nach Ausweis ihrer Buchführung die Überweisung finanzieller Mittel durch Giro-Wechsel. Wie noch zu erklären sein wird (s. Kapitel VI.), taten die Unternehmen, was ihnen die Buchführung vorgab. Die depositi-Konten nahmen dabei nur eine Schnittstelle zwischen dem Eintrag als Kronanleihen und den Notierungen der Wechselgeschäfte ein. Sie verwiesen auf den Fremdhandel für Dritte in den Loro-Konten der libri dei committenti. Die Buchführung stellte die Handlungspragmatik, die für die Durchführung der angelagerten Kreditgeschäfte nötig war, bereit. Die Rückzahlungen von Kronanleihen mit Zinstransfers eröffneten der Buchführung die Möglichkeit, den saldierenden Kontenausgleich zu simulieren. Sowohl die Süddeutschen wie der Nürnberger Paulus Behaim als auch Redi di Alammano Salviati & Co gliederten die Schuld der Krone in eigens eingerichtete Konten bzw. Tafeln aus. Auf diese Weise konnten die Rechnungen der nachfolgenden Firmen verarbeitet und die Geschäfte fortgeführt werden. Solange der prozessuale Charakter der Buchführung erhalten blieb, solange konnten auch die Transfers auf anderen Märkten abgewickelt werden.

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VI.

Communities of Practices und Wissensgemeinschaften1

Den ökonomischen Praktiken der Koordination für den Transfer auf Märkten unterlag ein praxisorientiertes Wissen über wirtschaftliche Vorgänge, marktförmige Entwicklungen und Handlungshorizonte kooperativen Verhaltens – ein Wissen, auf das die Akteure zugreifen können mussten. Dieses Wissen erwarben die Beteiligten auf Märkten in mehrschichtigen Lernprozessen, welche sich in Praktikengemeinschaften (communities of practices)2 vollzogen. Dabei handelte es sich um voraussetzungsvolle Lernprozesse: Denn die Transfers wurden von höchst unterschiedlichen Beteiligten konfiguriert und in koordinierende Handlungsmuster eingebettet.3 Die zunächst wichtigste Fähigkeit bestand in der kulturellen Technik des Verschriftlichens.4 Das Schreiben bildete die Voraussetzung für die rechtliche Formalisierung von Transfervorgängen und Kapital-Akkumulation. Die Kommunikation über Distanzen sowie die im Phasenverzug asynchrone Anwesenheit erforderten Schriftlichkeit und generierten das wichtigste Kommunikationsmedium wirtschaftlichen Handelns:

Der Entwurf dieses Kapitels ist aus dem Vortrag „Wissensdiskurse in der ökonomischen Praxis. Kaufmannbankiers als Experten der Märkte im 16. Jahrhundert“ im Rahmen der Göttinger Tagung „Experten des Ökonomischen – Ökonomie der Experten: Wirtschaftliche Praktiken und Expertenkulturen in der Vormoderne (12. bis 18. Jahrhundert)“ (9.6.2016) hervorgegangen. Der hernach verfasste Aufsatz weist daher gewisse Ähnlichkeiten auf: Lang, Wissensdiskurse. 2 Die Übersetzung „Praktikengemeinschaften“ für „Communities of Practices“ ist ein sprachlich wenig erfreuliches Hilfskonstrukt (anstatt: „Gemeinschaften von Praktiken“). Sie dient als eindeutig zurechenbares Synonym und dafür, dass nicht zu viele Anglizismen verwendet werden. 3 Das Konzept und theoretisch grundlegend: Wenger, Communities of Practice. – Zu common knowledge als Grundlage für Koordinierungsprozesse: Laurent Thévenot, Die Pluralität kognitiver Formate und Engagements zwischen dem Vertrauten und dem Öffentlichen, in: Rainer Diaz-Bone (Hg.), Soziologie der Konventionen. Grundlage einer pragmatischen Anthropologie (Theorie und Gesellschaft, 73), Frankfurt am Main/New York 2011, S. 255–274, hier S. 260. 4 Dazu einführend und grundlegend: Arlinghaus, Zwischen Notiz. 1

Communities of Practices und Wissensgemeinschaften

die Briefe. Bargeldloser Zahlungsverkehr hat schriftliche Kommunikation und ein entsprechendes Netz der Nachrichtenübertragung zur Voraussetzung.5 Dabei stellte die Buchführung die Wesenheit des Prozesses der Verschriftlichung dar. Denn im Zuge der buchhalterischen Datenverarbeitung bedeutete die angewandte Abstraktionsleistung die Verschriftlichung von Vorgängen und Transfers. Die Kontenbildung nahm dabei die Funktion der Selbstartikulation der Buchführung ein. Die schriftliche Kommunikation über Geschäftsvorgänge ereignete sich gemäß der Logik der Buchführung in brieflicher Datenübertragung, wenn Konten (Kontoauszüge, Rechnungen) verschickt wurden oder Wissen über die Voraussetzungen und den Vollzug von Transfers übermittelt wurde.6 Die Praktikengemeinschaft der Märkte benötigte die Integration heterogener Handlungsträger in ein ökonomisches Handlungsgefüge und verwirklichte dies in einem komplexen Lernprozess (Prozess der Aneignung von Wissen), der verschiedene Felder betraf und für verschiedene Personengruppen unterschiedlich verlief.7 Die Vermittlertätigkeit von Mittelsmännern, etwa in Kreditnetzwerken, beruhte dabei auf gemeinsamen Lernprozessen und der Verbindung (Vermittlung) heterogener Praktikengemeinschaften, wenn beispielsweise ein königlicher Würdenträger Anleihen für die Kronfinanzen organisierte. Denn dieser musste zwischen verschiedenen Ökonomien eine Verbindung herstellen können (vgl. Kapitel V.2). Wenn die Vertreter der Handels- und Bankgesellschaften der Welser und der Salviati auf den lukrativen Märkten und Messen in Lyon tätig werden wollten, entsandten sie Vertreter, die über ein komplexes Repertoire an Kompetenzen verfügten.8 Die kaufmännische Ausbildung umfasste daher das Erlernen der elementaren Fähigkeiten des Lesens, Schreibens und Rechnens, das Verfassen von Briefen, der Buchführung, Techniken des Aushandelns und des Verhandelns (genannt: Kaufmannsusancen) sowie die merkantilen Gepflogenheiten an verschiedenen Orten des Transfers. Dazu gehörte in zwei Schritten zunächst der Erwerb einer Fachsprache für den Transfer von Waren und Leistungen sowie für die Verarbeitung der Daten im Bewertungsvorgang (das sprachliche Register Buchführung, vgl. Kapitel II.3). Dann kam das Erlernen von Fremdsprachen zur Kommunikation an verschiedenen Handelsplätzen hinzu – be-

Vgl. Denzel, ‚Wissensmanagement‘. Vgl. Melis, Aspetti. Dieser Lernprozess verlief sehr stark mimetisch: vgl. Beckert/Diaz-Bone/Ganßmann, Einleitung. Marktsoziologie, S. 30 f. – Diese Überlegung geht auf Brian Moeran zurück: dass Märkte „real – and not just imagined – communities“ sind: Moeran, Trade Fairs, S. 80. – Im konkreten Fall der süddeutschen Kaufleute: Mark Häberlein, Aneignung, Organisation und Umsetzung von Kaufmannswissen in Süddeutschland im 16. und 17. Jahrhundert, in: Michael North (Hg.), Kultureller Austausch. Bilanz und Perspektiven der Frühneuzeitforschung, Köln/Weimar/Wien 2009, S. 273–288, hier bes. S. 275–278. 8 Vgl. Aspers, Markets, S. 28. 5 6 7

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sonders des Italienischen als lingua franca zwischen süddeutschen und toskanischen Kaufmannbankiers.9 Die Aktivitäten auf den europäischen Märkten verlangten zudem ein erhebliches juristisch-praktisches Wissen. Bei der Abwicklung von Geschäften, bei der Registrierung von Schuldverhältnissen und der kooperativen Organisation von komplexen Transaktionen (vgl. Kapitel IV. und besonders V.) mussten die Kaufmannbankiers und ihre Agenten über eine ausgeprägte Kenntnis von institutionellen wie juristischen Zusammenhängen verfügen. Dies betraf sowohl die Buchführung selbst und den Wechselbrief als Medium des bargeldlosen Zahlungsverkehrs als auch juristische Instrumente oder zivilrechtliches Vorgehen im Fall der Regelung von Konflikten. Denn die Rechnungsbücher mussten als gerichtsbeständige Dokumente dienen können, Wechsel konnten protestiert werden, und ein großer Teil der nationes-übergreifenden Transaktionen wurde Notaren zur Beglaubigung vorgelegt.10 Insbesondere der Wechselbrief erwies sich dabei als ein im Grund einfach gedachtes Instrument, das jedoch komplexe Beziehungsgefüge generierte. Der Gebrauch des bargeldlosen schriftlichen Transfers umfasste ein Handlungsrepertoire, das Informationsaustausch etwa über Wechselkurse, eine informationsgesättigte Wahrnehmung von wirtschaftlichen Entwicklungen an verschiedenen Wechselstandorten sowie differenzierte Koordinationsleistungen implizierte. Die Rechungsbücher dokumentieren diese voraussetzungsvollen Wissensbestände nicht.11 Dieses Kapitel perspektiviert die Kooperation der süddeutschen und der florentinischen Kaufmannbankiers auf den Märkten der Messestadt Lyon als Praktikengemeinschaften, die für die Interaktionen der Beteiligten über komplexe Wissensbestände verfügen mussten. Ausgangspunkt der Überlegungen sind die kooperativ angelegten, mehrschichtig organisierten Beziehungen zwischen den Augsburger Welsern und den Florentiner Salviati. Aber der Fokus wird hier geweitet, um stärker verallgemeinern zu können. Daher werden erstens Grundzüge kaufmännischer Ausbildungswege, zweitens die Entstehung eines gemeinsamen Praxiswissens und drittens die pragmatische Logik der Buchführung als Verwirklichung ökonomischen Wissens dargestellt. Die Forschung hat lange Zeit das Erlernen der merkantilen Praktiken und ihrer Bestandteile wie das technische Wissen für die Buchführung und, wenn überhaupt, das nötige Sprachlernen in einer einfachen rezeptiven Linie begriffen. Dabei nahm man an, dass die Kenntnisse für Buchführung wesentlich durch den Gebrauch von TrakVgl. Gabrovec Mei, Il linguaggio; Nicole Bingen, Le Maître italien (1510–1660), Bruxelles 1987; Glück/ Häberlein/Schröder, Mehrsprachigkeit. 10 Markus A. Denzel, Art. „Wechsel, -brief, Wechsler“, in: Lexikon des Mittelalters Bd. 8, München 1997, Sp. 2086–2089; vgl. Goldschmitt, Handbuch. 11 Vgl. Markus A. Denzel, La Practica della Cambiatura. Europäischer Zahlungsverkehr vom 14. bis zum 17. Jahrhundert, Stuttgart 1994; Markus A. Denzel, From the European to the World-wide Cashless Payment System (16th to 18th Centuries). A Survey, in: Antonio Miguel Bernal (Hg.), Dinero, Moneda y Crédito. De la Monarquía Hispánica a la Integración Monetaria Europea, Madrid 2002, S. 705–725. 9

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taten unter dem Titel ars mercatoria oder pratica della mercatura verbreitet wurden.12 Diese Sichtweise ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass während des 16. Jahrhunderts die Zahl gedruckter Handelspraktiken stark zunahm.13 Sprachliche Kompetenzen wurden in diesen Handbüchern und Lehrwerken für Kaufleute nur in den seltensten Fällen thematisiert.14 Bei dem hier gewählten Vorgehen werden in besonderer Weise die Handlungsrepertoires von Wirtschaften als kultureller Praxis gezeigt. Die Aneignung und Vertiefung von gemeinsamen Wissensbeständen erschien nicht nur grundlegend erforderlich, um ökonomisch handeln zu können (um Kaufmannbankier zu sein) und wirtschaftliche Transfers zu realisieren (um transeuropäischen Handel betreiben zu können), sondern Wissen wurde gemeinschaftlich und prozessual generiert und im koordinierenden Handeln für den Transfer auf Märkten implizit kumuliert. Auf diese Art schuf man auch eine spezifische Gruppenidentität, die die Bezugsgröße der Gemeinschaften erweiterte. Denn der Begriff der Praktikengemeinschaften ist durchaus mehrdeutig zu verstehen: Zum einen bezieht sich das Konzept der Gemeinschaft auf die communities, die Kaufmannsgemeinschaften oder Kaufmannsdiasporen.15 Zum anderen umfasst der Begriff der Gemeinschaften in den Praktiken auch die Gemeinschaften, die diese Praktiken erzeugten, also die transkulturell konfigurierte Gruppe der Kaufmannbankiers.16 Als Kommunikations- und Wissensgemeinschaften entwickelten sich die transeuropäisch agierenden Kaufleute auch zu Experten, die ihr Wissen über den engeren Kreis der Kaufmannbankiers hinaustrugen. Indem sie in Herrscherfinanzen integriert wurden als Financiers und Dienstleister, waren ihre Kompetenzen als Experten gefragt – als Transferdienstleister, in ihrer Kompetenz, Bargeld verfügbar zu machen und entsprechende Transfers zu organisieren, und als Wissende, die in der Lage waren, Lösungsstrategien für finanzielle Probleme anbieten zu können. Durch diese Leistungen

Vgl. Hoock/Jeannin, La contribution; Peter Spufford, Spätmittelalterliche Kaufmannsnotizbücher als Quelle zur Bankengeschichte. Ein Projektbericht, in: Michael North (Hg.), Kredit im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Europa, Köln/Wien 1991, S. 103–120; vgl. John E. Dotson, Merchant Culture in Fourteenth Century Venice. The Zibaldone da Canal, Binghamton 1994; Jeannin, Les manuels, S. 341–351. Einführend zu „Handelspraktiken“: Markus A. Denzel, Art. „Handelsbücher“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Bd. 5, Stuttgart 2007, Sp. 91–94. 13 Hoock/Jeannin, Ars Mercatoria. 14 Ebd., S. 364, Tabelle I: Handelssprache wird selten thematisiert, erst ab 1549/50 finden sich erstmalige Erwähnungen dieses „technischen“ Problems. 15 Vgl. Lang, Kaufmannsdiasporen; Petti Balbi, Le ‚nationes’, S. 397–399. 16 Vgl. Lucas Haasis, „Noch bleibt mir ein Augenblick Zeit um mich mit Euch zu unterhalten.“ Praxeologische Einsichten zu kaufmännischen Briefschaften des 18. Jahrhundert, in: Dagmar Freist (Hg.), Diskurse – Körper – Artefakte. Historische Praxeologie in der Frühneuzeitforschung (Praktiken der Subjektivierung, 4), Bielefeld 2015, S. 87–114, hier S. 89 f. 12

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wurden die Kaufmannbankiers zu Agenten von Wissenstransfers. Die Buchführung stand als Stimulus hinter diesen Austauschprozessen.17 VI.1

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Die frühe Ausbildungsphase der jungen Söhne von Kaufmannbankiers fand in den Elementar- und Lateinschulen statt. Zunächst erwarben die Auszubildenden grundlegende Kenntnisse im Lesen, im Schreiben und Rechnen. Wenigstens in Florenz schloss sich an diese Elementarschule ein Zwischenschritt an einer scuola d’abaco (Abakusschule) an, wo die Kinder arithmetische Kompetenzen erwarben. Für die höhere Schullaufbahn stand dann die Lateinschule an.18 Im Alter von etwa zwölf Jahren wurden die Söhne der Patrizier-Kaufmannbankiers in einer ersten Stufe praktischer Ausbildung zu ihren Vätern in die Kontore geschickt und dann in einem zweiten Schritt an auswärtige Standorte vermittelt. Zumindest in den italienischen Städten war es üblich, den Aufenthalt an einer Lateinschule anzuschließen – sofern dieser denn stattfinden sollte. In den süddeutschen Reichsstädten dagegen erfolgte die Weiterbildung in Lateinschulen zumeist im Anschluss an die Jahre der frühen kaufmännisch-praktischen Ausbildung.19

Bezugspunkt dieser Argumentation ist das Konzept der Expertenkulturen: Frank Rexroth, Systemvertrauen und Expertenskepsis. Die Utopie vom maßgeschneiderten Wissen in den Kulturen des 12. bis 16. Jahrhunderts, in: Björn Reich / Frank Rexroth / Matthias Roik (Hgg.), Wissen maßgeschneidert. Experten und Expertenkulturen im Europa der Vormoderne (Historische Zeitschrift. Beihefte N. F., 57), München 2012, S. 12–44. – Allerdings übernehme ich hier die Sichtweise, wie sie von Marian Füssel und Lucas Haasis formuliert wird, nämlich in praxeologischer Perspektive als „pragmatsiches“ Wissen: Füssel, Praxeologische Perspektiven; Haasis, „Noch bleibt mir ein Augenblick…“. – Im Grunde sind meine Überlegungen hier von der Idee der kommunikativ-praktischen Universalpragmatik geleitet: Jürgen Habermas, Vorlesungen zu einer sprachtheoretischen Grundlegung der Soziologie (1970/71), in: Ders., Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt am Main 1989, S. 11–126, hier S. 89 f. 18 Robert Black, Humanism and Education in Medieval and Renaissance Italy. Tradition and Innovation in Latin Schools from the Twelfth to the Fifteenth Century, Cambridge 2001, S. 29; Ugo Tucci, La formazione dell’uomo d’affari, in: Franco Franceschi / Richard A. Goldthwaite / Reinhold C. Mueller (Hgg.), Commercio e cultura mercantile (Il Rinascimento italiano e l’Europa, 4), Treviso 2007, S. 481–498, hier S. 481–489. – Insgesamt muss man feststellen, dass die Schulbildung im Italien des Spätmittelalters ähnlich derjenigen nördlich der Alpen besonders auf sprachliche Fähigkeiten ausgerichtet war (das gilt auch für die Historiographie, ebd., S. 12–33). An der Schule, an der die Kinder Rechnen lernten (die scuola d’abaco), waren maestri di abaco beschäftigt, die sich um die arithmetische Ausbildung der Jungen kümmerten (eventuell kann man hierbei von commercial arithmetic sprechen; das heißt, diese praktisch orientierte Schule war nicht für die Lateinschüler: ebd., S. 29). – Robert Black hat in Florenz keine Schulbücher für das Rechnen gefunden, die Buchhaltung umfasst hätten (diese Auskunft habe ich von Richard Goldthwaite). 19 Mathias Beer, Eltern und Kinder des späten Mittelalters in ihren Briefen. Familienleben in der Stadt des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit mit besonderer Berücksichtigung Nürnbergs (1440–1550) (Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte, 44), Neustadt an der Aisch 1990; Robert Black, Teachers, Pupils and Schools, c. 1250–1500 (Education and Society in Florentine Tuscany, 1), Leiden/Boston 2007; Gherardo Ortalli, Scuole e maestri tra Medievo e Rinascimento: il caso veneziano, Bologna 1996. 17

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Zu Florentiner Eigenheiten ist noch eine Bemerkung anzufügen. Obwohl bis ins Handwerker- und ins Krämermilieu von der materiellen Welt abstrahierende Rechnungsbücher geführt wurden und der Großteil der überlieferten Rechnungsbücher aus persönlichen Zusammenhängen (personal accounting) stammte, ist für die Stadt am Arno keine Buchhaltungsschule nachweisbar. Auch waren Buchhaltungsmanuale wie der Ausschnitt der Arithmetica des Luca Pacioli oder Handelspraktiken wie diejenige des Benedetto Cotrugli nicht an ein Florentiner Lesepublikum gerichtet. Solche Darstellungen waren unterkomplex und die zitierten Daten nach wenigen Tagen veraltet (vgl. Kapitel II.2.1).20 Andernorts – in Venedig, in Süddeutschland, in Antwerpen und in den nördlichen Niederlanden – war es üblich, Buchhaltung in den Schulen als eigenes Fach zu unterrichten.21 Die Kaufmannbankiers aus den süddeutschen Reichsstädten schickten ihre Söhne zur Ausbildung vorzugsweise nach Venedig, aber auch nach Florenz.22 Dabei nutzten sie ihre geschäftlichen Verbindungen, um ihre Sprösslinge in die Häuser von Freunden jenseits der Alpen zu bringen. Mit diesem Schritt verbanden sie nicht nur die Hoffnung, dass ihre künftigen Unternehmenserben die gewünschten Fertigkeiten für den transeuropäischen Handel erwerben sollten, sondern sie beabsichtigten darüberhinaus, die Verbindungen zu ihren Geschäftsfreunden zu vertiefen und generationenübergreifend zu sichern.23 Der bereits genannte Augsburger Lukas Rem (Kapitel III.4.3) beschrieb in seinem vielzitierten „Tagebuch“ das Erlernen der Buchführung als wesentliche Ausbildungsphase, als er im Herbst 1494 nach Venedig geschickt wurde.24 Jenseits der Alpen nahm ihn zunächst der für die Welser-Vöhlin-Gesellschaft aktive Hans Pfister (vgl. Kapitel IV.) auf:

Goldthwaite, Accounting, S. 11 f.; S. 16 f. Vgl. Karel Davids, The Bookkeeper’s Tale: Learning Merchant Skills in the Northern Netherlands in the Sixteenth Century, in: Koen Goudriaan / Jaap van Moolenbroek / Ad Tervoort (Hgg.), Education and Learning in the Netherlands, 1400–1600. Essays in Honour of Hilde de Ridder-Symoens, Leiden/Boston 2004, S. 235–251. 22 Vgl. Reinhard Hildebrandt, Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Oberdeutschland und Venedig um 1600. Konturen eines Gesamtbildes, in: Bernd Roeck / Klaus Bergdolt / Andrew John Martin (Hgg.), Venedig und Oberdeutschland in der Renaissance. Beziehungen zwischen Kunst und Wirtschaft (Studi. Schriftenreihe des Deutschen Studienzentrums in Venedig. Centro Tedesco di Studi Veneziani, 9), Sigmaringen 1993, S. 277–288; mit den Hinweisen auf Literatur: Häberlein, Der Fondaco. 23 Vgl. Pierre Jeannin, Distinction des compétences et niveaux de qualification: les savoirs négociants dans l’Europe moderne, in: Jacques Bottin / Marie-Louise Pelus-Kaplan (Hgg.), Marchands d’Europe. Pratiques et savoirs à l’époque moderne, Paris 2002 [zuerst: 1995], S. 309–340, hier S. 332 f.; Häberlein, Die Fugger; vgl. Wolfgang von Stromer, Nuremberg as Epicentre of Invention and Innovation toward the End of the Middle Ages, in: History of Technology 19 (1997), S. 19–45. 24 Zu Venedig als Ausbildungsort einführend und mit Literatur: Glück/Häberlein/Schröder, Mehrsprachigkeit, S. 57–61. 20 21

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Adj. 6 Ottobrio 1494 rit Ich aus Augspurg, kam gen Vinedig adj 15 ditto, fuort mich Hans Pfister hinein. Ward bevolchen Hans Stebehaber, Hans Lauginger. Taten mich zuo Miss[er, H. L.] Jero Delanave. Der starb im Aug. Blib bey seim weib bis auf 1⁄2 Ottobro 1495. Kam Ich zuo Ulrich Ehinger Trager. Da lernet Ich rechnen in 5 1⁄2 monet gar aus. Und darnach gieng Ich auf ain schuol, da man biecher halten lernt. Das in 3 monett aus, schrib Journal und Schuldbuch fol. mein öltern mer zuo Laid, dan Si mich forkomen laussen, unlustig wassen.25

Im Anschluss an seinen Aufenthalt in Venedig reiste der kaum sechzehnjährige Rem 1498 über Mailand nach Lyon. Am Zusammenfluss von Rhône und Saône blieb er drei Jahre lang in der Faktorei von Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte, wo er im Jahr 1500 die biecher und die rechnong übernahm. Von Lyon aus war er für die Welser-Vöhlin-Gesellschaft als Handelsdiener an den wichtigen südwesteuropäischen Standorten wie Lissabon, Aragonien, den kastilischen Messen und Rom unterwegs.26 Im Oktober 1509 schickte der Unternehmenspatriarch von Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte, Anton Welser, seinen Sohn Hans zum Florentiner Kaufmannbankier und späteren Teilhaber der Salviati, Lanfredino Lanfredini. In einem Brief erläuterte er seine Motive: Et apresso vi prego con jnstanzia quando Zuane Welser mio figliol capitj nel bancho over ne la casa vostra / et ch’el non se portasse bene che ve piaqua per amor mio de reprenderlo et castigarlo et che lo metete su la via de le virtù che ve ne sarò obligato p(er) sempre.27

Wiewohl in diesem Brief das sprachliche Lernen nicht thematisiert wird, bestätigt die Abfassung des Schreibens in italienischer Sprache dieses grundlegende Ansinnen. Der knapp 22-jährige Bruder Hans Welsers, Anton (II.), hatte aus Lyon bereits im Mai 1509 an Lanfredino Lanfredini gewandt und die Ankunft seines Bruders in Florenz zur Ausbildung angekündigt: Io Antonio Velzer vi rachomando chostì il mio fratello Giovanni, che vi piace chorigarlo se facessi chossa, che non fussi di fare e instruirlo a la merchadantia, aciò che se faci homo de bene. E luy e tutti noi altri ve ne seramo tenutti per sempre e chome vorremo fare a uno

Greiff, Tagebuch, S. 5. Greiff, Tagebuch, S. 5–21. ABartSalim, Lettere, busta 3: Und hierbei bitte ich Euch inständig, wenn sich mein Sohn Johann Welser in der Bank oder in Eurem Haus befindet, dass Ihr ihn, sollte er sich nicht wohl benehmen, um meiner Liebe willen ermahnt und zurechtweist, so dass Ihr ihn auf den Weg der Tugend führt. Dafür werde ich Euch auf ewig verbunden sein. – Um ein Autograph handelt es sich nicht, obschon für diese Passage die Hand wechselt; ein Vergleich mit einer Originalhandschrift Anton Welsers fällt negativ aus. Indes zeigt dies, dass auch der Schreiber über ein gewisses Maß an Italienisch-Kenntnissen verfügen musste, um den Brief zu verfassen. Ich danke Peter Geffcken (München) für die Überlassung einer Reproduktion eines Autographs von Anton (I.) Welser. 25 26 27

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di vostri figlioli. Io per me non ò dubio, che voi altri tutti l’avete per raccomandata chome proprio figliolo v(ostro).28

Neben der Ausbildung in der merchadantia legten Vater wie Sohn besonderen Wert auf angemessene Umgangsformen und moralisch für einen homo de bene akzeptables Verhalten. Die hierarchische Einordnung in das Vater-Sohn-Gefüge signalisiert die angestrebte Integration in die bestehenden Beziehungen zwischen den Augsburger und den Florentiner Geschäftsfreunden.29 Anton (II.) Welser selbst wiederum schickte seinen Sohn, den 17-jährigen Matthäus Welser, im Frühjahr 1540 für seine kaufmännische Lehre in das Haus der von Lionardo Spina geleiteten Salviati-Gesellschaft in Lyon. Für Matthäus, der später die Bartholomäus-Welser-Gesellschaft in Spanien vertrat und, nach deren Auflösung, in den 1550er Jahren Mitgesellschafter in der Unternehmung Marx und Matthäus Welser & Co wurde30, ließ Anton (II.) die stattliche Summe von 1.000 scudi d’oro dorthin überweisen.31 Weitere Kaufmannssöhne aus den bereits zitierten Verwandtschafts- und Geschäftsbeziehungen absolvierten Ausbildungsphasen in Lyon. Markus Pfister, dessen Vater zum Teilhaberkreis der Welser-Vöhlin-Gesellschaft zählte, verbrachte drei Lehrjahre von 1509 bis 1512 am Zusammenfluss von Saône und Rhône.32 Auch Philipp Welser, der Schwiegersohn Melchior Manlichs, lernte im Lyoner Kontor der Nürnberger Hans-Welser-Gesellschaft.33 Der Sohn des Fugger-Vertrauten Georg Hörmann, Anton, weilte zwischen 1539 und 1542 in Lyon.34 Markus Rem, Sohn des Hans Rem und der Appolonia von Stetten, absolvierte seine Lehrjahre beim zuvor genannten Simon Niklas in Lyon.35 Der Sohn Linhart Tuchers, Gabriel, zählte zu den Tucher-Söhnen, die im Süden Frankreichs ihre Ausbildung erlebten und davon in reichhaltigen Briefen zu berichten wussten.36

ABartSalim, Lettere, mazzo 3bis: Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte, Lyon, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 16.5.1509: Ich, Anton Welser, empfehle Euch dort meinen Bruder Johann: Ihr möget ihn bei dem, was er tut, darin korrigieren, was er zu lassen hat, und ihn in den Kaufmannsgeschäften unterweisen, damit er ein guter Mann wird. Sowohl er als auch wir alle anderen werden Euch stets verpflichtet sein und wünschen uns, dass Ihr ihn wie einen Eurer Söhne behandelt. Ich selbst habe keinen Zweifel, dass all Ihr anderen ihn wie Euren eigenen Sohn behandelt. 29 Vgl. McLean, The Art; Heinrich Lang, Paternités entre terre et ciel: patronage et dynastisation chez les Médicis à Florence au XVe siècle, in: Aude-Marie Certin (Hg.), Formes et réformes de la paternité à la fin du Moyen Âge et au début de l’époque moderne, Frankfurt am Main u. a. 2016, S. 93–112. 30 Simmer, Gold, S. 665; S. 694; S. 814. 31 SNS, AS, I, 542 (L DebCred P), c. CXXXIIII: Mattio Belzeri suo figliolo al tanto tenpo stato in casa nostra; Theodor Gustav Werner, Bartholomäus Welser, S. 71–88: Stammbaum. 32 Häberlein, Brüder, S. 84. 33 Ebd., S. 84. 34 Ebd., S. 84. 35 Ebd., S. 84. 36 Kuhn, Generation, S. 166–185. – Ein späteres Kapitel geht noch näher auf diesen Zusammenhang ein. 28

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Im Mai 1620 schickte der Augsburger Kaufmann Friedrich Endorfer d. Ä. seinen gleichnamigen Sohn Friedrich d. J. zu seinen Geschäftsfreunden Stefano und Francesco Busdraghi nach Lucca. Das Begleitschreiben zeigt nicht nur die strukturelle Ähnlichkeit des Ausbildungsweges eines jungen Augsburger Kaufmannssohnes des 17. Jahrhunderts zu demjenigen einhundert Jahre zuvor. Endorfer formulierte zudem ausdrücklich die Erwartungen, die er an einen Aufenthalt seines Sohnes in Italien knüpfte: E poichè come V(ostra) S(ignori)a istesso lo sa, non si altra cosa alli giovani più nimica che l’otio, però la pregho di cuore a(l) voler il detto mio figliuolo impieghar di mano in mano in quelle cose che giudic(h)erà li siano per la tenerezza della sua età più convenevole, acciò che possa con buon fondamento imperar parlar e scrivere Italiano e far d(e)l abbaco e particolarmente poi desidererei e se si facesse anche pratico in cose di negotij, il ché tutto rimetto alla buona gratia e disgretione di V(ostra) S(ignori)a.37

Endorfer griff wie Anton (I.) Welser auf eingespielte Geschäftsbeziehungen zurück, als er seinen Sprössling zu den Busdraghi über die Alpen sandte.38 Auch die Inhalte der Ausbildung bei den toskanischen Partnern lassen sich mit einem charakteristischen Ausbildungsprogramm umreißen: anfangs Rechenkunst (der Abakus), gefolgt von Rechnungslegung sowie Praxis im Kontor, schließlich Umgangsformen und Sprachkenntnisse.39 Fremdsprachigkeit und Mehrsprachigkeit In den genannten Fällen führte der weitere Ausbildungsweg die jungen Männer aus Augsburg in die Handelsmetropole Lyon.40 Das Erlernen des Italienischen als Verkehrssprache spielte dabei eine wichtige Rolle. Die hier zitierten Briefe waren allesamt auf Italienisch abgefasst; die hier zitierten Adressaten – die Lanfredini, die Salviati und auch die Busdraghi über 100 Jahre später – konnten damit rechnen, dass wenigstens ihre süddeutschen Geschäftsfreunde über die nötigen Sprachkompetenzen verfügten. Häberlein/Künast/Schwanke, Korrespondenz, Nr. 1: Friedrich Endorfer d. Ä., Augsburg, an Francesco Busdraghi, Lucca, 14.5.1620: Und wie Eure Herrschaft selbst weiß, nichts ist gefährlicher für die jungen Menschen als der Müßiggang, weswegen ich Sie von Herzen bitte, meinen besagten Sohn Stück für Stück mit den Dingen zu beschäftigen, die Ihrer Meinung nach für sein zartes Alter geeignet sind. Denn er soll auf guter Grundlage Italienisch zu sprechen und zu schreiben lernen, und den Abakus beherrschen, und insbesondere wünschte ich, dass er Erfahrungen in geschäftlichen Angelegenheiten sammelt. Dies alles überlasse ich Ihrer Gnade und Ihrem hohen Urteil. 38 Irmgard Schwanke, Briefe aus Lucca und Lyon nach Augsburg. Kaufmannsausbildung und Kulturtransfer im 17. Jahrhundert, in: Dorothea Nolde / Claudia Opitz (Hgg.), Grenzüberschreitende Familienbeziehungen. Akteure und Medien des Kulturtransfers, Köln u. a. 2008, S. 253–271. 39 Richard A. Goldthwaite, Schools and Teachers of Commercial Arithmetic in Renaissance Florence, in: Journal of European Economic History 1 (1972), S. 418–433; Jeannin, Distinction, S. 331–339. 40 Glück/Häberlein/Schröder, Mehrsprachigkeit, S. 63–66. 37

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Noch wichtiger war indes die Bedeutung des Italienischen als Fachsprache.41 Dies betraf insbesondere das sprachliche Register des Rechnungswesens, das vor allem dem Toskanischen entsprang (vgl. Kapitel II.1.2). Sowohl Lexeme aus dem technischen Bereich als auch Phraseologien stammten entweder direkt aus dem Italienischen oder wurden in einer Übersetzung entlehnt. Sprachliche Anleihen vollzogen sich auf fünf Ebenen, wie Francesco Guidi Bruscoli zusammenstellt: Maßeinheiten, Titel und Qualifizierungen, Güter und Objekte, technische und juristische Terminologien, Raumund Zeitbezeichnungen. Sprachgeschichtlich beziehen sich diese Vorgänge keineswegs nur auf ein Diffundieren der italienischen Begriffe, sondern auf sprachlichen Transfer entlang der sprachlichen Kontaktzonen.42 Zumindest italienische Kaufmannbankiers zeigten wenig Motivation, sich Fremdsprachen anzueignen. Die Briefkopialbücher der Salviati-Gesellschaft in Lyon beinhalten nur Schreiben in italienischer, katalanischer, spanischer und französischer Sprache; Deutsch indes fehlt. Während die spanischen, katalanischen, französischen und italienischen Geschäftsfreunde davon ausgehen konnten, dass die Korrespondenzen in ihrer Muttersprache vom Adressaten verstanden wurden, mussten die süddeutschen Briefleser und -schreiber auf ihre Italienisch-Kenntnisse, die sie sich im Rahmen ihrer Ausbildung angeeignet hatten, zurückgreifen. Empört reagierte Tommaso Spinelli im Jahr 1437 auf die Einsendung zweier Schreiben des Baslers von Wernli von Kilchen und des Nürnbergers Peter von Watt, die deutschsprachige Dokumente enthielten, mit dem Ausruf: ci scrive in tedescho!43 Der Autor eines Briefes vom 30. Dezember 1509 an Lanfredino Lanfredini war sich sehr wohl bewusst, dass italienische Sprachkenntnisse unabdingbar waren. Er zeichnete verantwortlich für die italienischsprachige Geschäftspost der Faktorei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft in Mailand und sah sich gezwungen einzuräumen, dass die Kommunikation mit den Florentiner Geschäftsfreunden aufgrund des Mangels an Sprachkenntnissen für einen Monat geruht hatte: Io scrittor d(e)lla p(r)essenntte trovo jnn unna v(ost)ra dj 26 dj noff(embre) p(asa)tto chome puj avette scritto quj allj n(ost)rj ett may no(n) avette avutto risposta dj che ve nne maravigl[i]atte dj che avette grannde caxonne ma ve dicho che cho’ lloro che sonno stattj quj

Zur Trennung von „Verkehrssprache“ und „Fachsprache“ in diesem Zusammenhang: Hoock/Kaiser, Les manuels, S. 76–79. 42 Vgl. Barbera/Fesenmeyer, Rifare i conti; Schirmer, Wörterbuch; Francesco Guidi Bruscoli, Creating Networks through Languages: Italian Merchants in Late Medieval and Early Modern Europe, in: Andrea Caracausi/Christof Jeggle (Hgg.), Commercial Networks and European Cities, 1400–1800 (Perspectives in Economic and Social History, 32), London 2014, S. 65–80, hier S. 66 f. 43 Kurt Weissen, Ci scrive in tedescho! The Florentine Merchant Banker Tommaso Spinelli and his German-Speaking Clients (1435–72), in: Yale University Library Gazette 74 (2000), S. 112–125, hier S. 118 (Er schreibt uns auf Deutsch!). 41

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p(er) la c(om)p(agni)a n(ost)ra no(n) hanno moltto pratichatto dj scrivere p(er) Ittalia ne fare facenndj dj alttrj chome siamo noj stattj dj Vinegia, Roma, Lionne ett alttrovj.44

In Brügge und Antwerpen sowie in Frankreich war Französisch die wichtigste Verkehrssprache, die die dort ansässigen Florentiner beherrschen mussten. Englisch-Kenntnisse gehörten zwischen Flandern und Südengland zum sprachlichen Repertoire der dorthin entsandten Vertreter der Florentiner Unternehmungen – wobei es sich wahrscheinlich besonders um mündliche Kompetenzen handelte.45 In einem Instruktionsschreiben, das Cosimo de’ Medici durch seinen Unternehmensdirektor Giovanni Benci für den im Mai 1446 nach London geschickten Gerozzo de’ Pigli ausstellen ließ, wird betont, dass einer der dortigen Vertreter der Medici, Alessandro Rinuccini, in der Lage wäre, Englisch zu sprechen: […] e intanto Allexandro [Rinuccini] sarà pratichato e sperto e potrà li dare poi al luogho e tenpo il conto della chassa e masime chome arà apresa la linghua nientedimeno ordina più e meno come ti pare.46

Demgegenüber taten sich die Florentiner, die ihre Geschäfte in Nürnberg betrieben und von dort aus zu den Messen in Leipzig und Frankfurt am Main reisten, deutlich schwerer. Das Reich wurde von den Italienern als sprachlich unwegsam wahrgenommen, wie der in Nürnberg ansässige Piero Saliti in einem Brief von 1536 an Francesco Carletti nach Florenz zu berichten wusste: Chome si passa 20 in 22 anni si aprende mal questa linghua e si stenta parechi anni avanti che l’huomo se ne possa scrivere.47

ABartSalim, Lettere, mazzo 3, n. pag.: Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte, Mailand, an Lanfredino Lanfredini & Co, Florenz, 30.12.1509: Ich, der Schreiber dieses Briefes, habe einen [Brief] von Euch vom 26. November, wie Ihr schon weitere an uns geschrieben habt und Ihr habt keine Antwort bekommen, worüber Ihr Euch zurecht wundert, aber ich sage Euch, dass diejenigen, die hier für unsere c o m p a g n i a [tätig] sind, keine Erfahrung im Schreiben nach Italien und in geschäftlichen Angelegenheiten anderer haben, während wir in Venedig, Rom, Lyon und andernorts gewesen sind. – Als die Welser-Vöhlin-Gesellschaft nach Spanien expandierte, lässt sich, wie Peter Geffcken mir mitteilte, die Einstellung von Personal aus dem Bodenseeraum beobachten: Hier dürften auch Sprachkenntnisse eine Rolle gespielt haben, denn Unternehmen aus dem Bodenseeraum wie Möttelin oder Ankenreute kontrollierten den oberdeutschen Handel nach Spanien und verfügten auf diese Weise wohl auch über einen Stab an spanischsprachigen Kaufleuten. 45 Guidi Bruscoli, Creating Networks, S. 71–74; S. 78. – Wenn ich richtig sehe, lassen sich für das 16. Jahrhundert nicht sehr viele Schreiben italienischer Kaufmannbankiers in englischer Sprache nachweisen. 46 Zitiert nach Guidi Bruscoli, Creating Networks, S. 253, n. 28 ([…] und mittlerweile wird Alessandro [Rinuccini] erfahren und kundig sein und wird dann am Ort und mit der Zeit das Kassenkonto geben können, vor allem weil er die Sprache gelernt haben wird, und nichtsdestoweniger weise ihn mehr oder weniger an, wie es dir [richtig] scheint); der ursprüngliche Hinweis bei: De Roover, Il banco, S. 561. 47 Alessandro Talani, Nürnberg, an Francesco Carletti, Florenz, 6.11.1536: zitiert nach Guidi Bruscoli, Creating Networks, S. 256, n. 62 (even if one spends twenty to twenty-two years [in this place] it is difficult to learn this language and one struggles many years before being able to use it.). – Guidi Bruscoli gibt in seinem Aufsatz neben dem zitierten italienischen Originaltext eine hier wiedergegebene englische Übersetzung. 44

Ausbildung für wirtschaftliches Handeln

Im selben Herbst 1536 bemerkt Salitis Handelsdiener Alessandro Talani in einem in die Heimat adressierten Brief über die schwierige Sprache und die noch weniger zugänglichen „deutschen“ Gebräuche: Egli è ben vero che qui sarebbe di bixogno a levare uno putto di 14 anni che inprendessi la lingua, acciò per di qua a 2 o 3 anni ci servissimo di lui chome tedescho […] essendo giovane s’avezerà a bere cervogia come fecie el fratello di Bernardo Ac[ci]aiuoli, ch’è più tedescho che ’taliano: e tutto nasce che li giovanetti inparono meglio che gl’atenpati e s’avezono meglio a’ costumi tedeschi […] Certo in canbio del [Piero] Bonsi aresti fatto venire uno giovanetto, ché benché noi altri inpariamo a dire 4 parole, se avesimo a piatire e a preghare santi no llo sapren fare quando qui saremo stati x anni.48

Unwillkürlich verweist Talani darauf, dass das Erlernen der Sprache eng an die ortsüblichen Gepflogenheiten gebunden ist und dass es als Teil der Ausbildung jungen Menschen schlichtweg leichter fallen müsse, sich fremde Sprachen und Gebräuche anzueignen. In Brügge und Antwerpen sprach die burgundische Oberschicht Französisch und verhielt sich gegenüber den italienischsprechenden Kaufleuten offen. Dies mochte nicht zuletzt mit einem Lebensstil zusammenhängen, der demjenigen der Florentiner Patrizier nahe schien. Während der Luccheser Kaufmannbankier Guinigi in der Mitte des 15. Jahrhunderts ein Lehrbuch für das Flämische besaß, gab sich der Cremoneser Gian Carlo degli Affaitati, der immerhin rund 40 Jahre an der Schelde lebte, wenig sprachlernwillig.49 Vom bereits zitierten Nürnberger Martin Tucher, der mit einer Imhoff verheiratet war und sich längere Zeit in Lyon aufhielt, heißt es, er habe sehr gut Französisch und Italienisch gesprochen.50 Das jeweils erreichte Sprachniveau ist nicht leicht zu bewerten. Gemessen an der Wiedergabe der Namen von Korrespondenten in den Rechnungsunterlagen erscheinen zumindest schriftliche Äußerungen korrekturbedürftig. Die Autoren von überlieferten Briefen der Welser-Vöhlin-Gesellschaft weisen divergierende Fähigkeiten auf, wobei Hans Vöhlin, der für das Florentiner-Augsburger Unternehmen Naldini-Vöhlin in Toulouse auf Handlungsreisen war, ein spannendes Gemisch aus spanischen und italienischen Versatzstücken anbot.51 Die Mitglieder der Salviati-Gesellschaften in Lyon passten sich scheinbar ihrer Sprachumgebung durchaus an, wenn man die Brief-

Alessandro Talani, Nürnberg, an Francesco Carletti, Florenz, Oktober 1536: zitiert nach ebd., S. 256, n. 64 (It is true that we would need a fourteen-year-old boy who could learn the language so that in two or three years’ time we would be able to use him as if he was a German […] being young, he would get used to drinking beer as the brother of Bernardo Acciaiuoli did: he is more German than Italian. That is because youngsters adapt to the German habits more readily than the old ones […] Instead of Bonsi you should have sent a young boy because, although we may learn four words, if we had to pray the Saints we would not be able to do it even after ten years here.). 49 Guidi Bruscoli, Creating Networks, S. 76 f.; S. 256 f. (n. 80–85). 50 Diefenbacher, ‚Je lenger…‘. 51 Lang, Fremdsprachenkompetenz, S. 88. 48

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kopiare nach französisch-, katalanisch- und insbesondere spanischsprachigen Abschriften durchgeht. Allerdings kann die Feststellung getroffen werden, dass offenbar auch nicht-florentinische Handelslehrlinge Briefe oder Dokumente in die Rikordanzbücher kopierten. Denn man kann nicht-florentinische Handschriften verfolgen, die dann entsprechende Verschreibungen zu erkennen geben.52 Die Kaufmannbankiers entwickelten ähnlich ihrer pragmatischen Schriftlichkeit in Rechnungsbüchern einen handlungsorientierten Sprachgebrauch. Die Nutzung von Fremd- und Fachsprachen wurde situativ angepasst und dürfte phasenweise der Pluralität in mehrsprachiger Umgebung gefolgt sein.53 Da die sprachliche Konstitution eng mit Prozessen der Identitätsbildung verknüpft ist, erforderte der transnationale Handel, wie er in Lyon oder Antwerpen praktiziert wurde, entsprechende Anpassungsfähigkeiten (die individuell unterschiedlich ausgeprägt sein mochten).54 Die Brüder Lionardo und Piero Spina verfügten offenbar über die Fähigkeiten, sich in der französichen Umgebung (sprachlich) erfolgreich zu bewegen. Die Vertreter der Welser-Gesellschaften wie die Lyoner Faktoren Narziß Lauginger und Hans Welser ähnelten ihnen darin offenbar.55 Verflechtung durch Ausbildung Die jugendlichen Lehrlinge wurden innerhalb der bestehenden Beziehungen der Unternehmen ihrer Väter vermittelt und pflegten dabei Kontakte mit Gleichaltrigen. Das technische Sich-Aneignen der merkantilen Tätigkeiten bot den künftigen Handelsleuten Anlass, sich zu vergemeinschaften. Diese Form des Transfers von Kompetenzen begründete nicht selten Kooperationen, wie sie heute in der Wirtschaftswissenschaft gedeutet werden – als strategische Partnerschaften.56 Die Strukturen des überregionalen Handels sowie die dazugehörigen Usancen lernten die Lehrlinge zunächst durch das Abschreiben von Briefen in Briefkopiare. Die Bücher der ausgehenden Briefe, die im Fall der Salviati in Lyon überliefert sind, tragen Vgl. ebd., 89 f. Zu diesem Schluss kommt auch Francesco Guidi Bruscoli bei seinen differenzierten Untersuchungen zum Gebrauch von Fremdsprachen italienischer Kaufmannbankiers an verschiedenen Standorten wie England, Flandern, Frankreich und Spanien: Guidi Bruscoli, Creating Networks, S. 77–79. Vgl. Glück/Häberlein/Schröder, Mehrsprachigkeit, S. 82–84; vgl. zum situativ angepassten Sprachgebrauch unter Kaufleuten: Häberlein/Künast/Schwanke, Korrespondenz. 54 Vgl. Mark Häberlein, Kulturelle Vermittler und interkulturelle Kommunikation im kolonialen Nordamerika, in: Johannes Burkhardt / Christine Werkstetter (Hgg.), Kommunikation und Medien in der Frühen Neuzeit, München 2005, S. 336–355. 55 Vgl. Christiane Maaß, Mehrsprachigkeit – Sprachbewusstsein in der Renaissance zwischen Ideal und textueller Basis, in: Christiane Maaß / Annett Volmer (Hgg.), Mehrsprachigkeit in der Renaissance (Germanisch-Romanische Monatsschrift, Beiheft 21), Heidelberg 2005, S. 7–20. 56 Das Argument in nuce: Lang, Fremdsprachenkompetenz, S. 78–85; Guidi Bruscoli, Creating Networks. 52 53

Ausbildung für wirtschaftliches Handeln

nicht nur einen Rikordanzcharakter, sie dienten, mit wenigen Ausnahmen, auch als Schreib- und Lernübung für das auszubildende Personal. Handelspraktiken wurden ebenso als Schreibvorlagen benutzt. In zweiter Linie erhielten die Jungkaufleute praktische Aufgaben wie Botengänge oder erste Geschäftsaktivitäten zugeteilt.57 Der Ausbildungsweg Georg Rems aus Augsburg exemplifiziert diese Verschränkung von praktischer Ausbildung und Verflechtung. Georg Rem war der Vetter von Endres Rem, der bis 1517 zu den Teilhabern der Gesellschaft Anton Welsers zählte (vgl. Kapitel III.4.3)58, und absolvierte von 1507 an seine Lehrjahre zunächst in der Faktorei Jakob Fuggers in Mailand. Er folgte seinem Bruder Anton in die Dienste Anton Welsers d. Ä., wohin sich Anton Rem nach seiner Heirat mit Ursula Welser im Jahr 1512 wandte.59 Zwischen den Jahren 1513 und 1514 trat ein Giorgio Rem in den Schuldbüchern der Lyoner Salviati-Niederlassung auf. Zwar lässt sich die Identität Giorgio Rems mit dem Vetter von Lukas und Endres Rem nicht zweifelsfrei klären, aber für diesen Zusammenhang spricht, dass schon Georgs älterer Bruder Wilhelm seine Ausbildung in Florenz genoss und dass Lukas Rem gute Kontakte zu italienischen Unternehmungen pflegte. In der Lyoner Niederlassung der Salviati führte Georg Rem unter Francesco Naldini demnach die Kasse.60 Im Februar 1520 bemühte sich Lukas Rem als Teilhaber der nunmehr eigenständigen Handlung der Gebrüder Rem (vgl. Kapitel III.) um einen Ausbildungsplatz für seinen Schwager Georg Ehem.61 Bereits im November des Vorjahres hatte Endres Rem in einem Schreiben die Ausbildung Georg Ehems bei den Salviati anberaumt.62 Arlinghaus, Zwischen Notiz. Greiff, Tagebuch, S. 21–23; Reinhard, Augsburger Eliten, S. 678 f.; Geffcken, Die Welser, S. 149; Ehrenberg, Das Zeitalter, I, S. 226 f. 59 Peter Geffcken, Soziale Schichtung in Augsburg 1396 bis 1521, München 1995 [Diss.: 1983]; Reinhard, Augsburger Eliten, S. 690. – Georg Rem erscheint nach der Teilung des Erbes seines Vaters Sigmund Rem († 1494) ab 1495 in den Augsburger Steuerbüchern. Zwar wurde sein Steuerkonto durchgehend bei seinen Brüdern verzeichnet, aber Streichungen deuten darauf hin, dass Georg Rem sein Bürgerrecht aufgegeben und sein Vermögen abgezogen hatte. Georg muss im Jahr 1512 noch ledig gewesen sein und lebte wohl auch nicht dauerhaft in Augsburg. Vielmehr ist er aufgrund seines Alters mit jenem Georg Rem zu identifizieren, der 1497 und 1502, also nach Wilhelm Rem und vor Amadeus Klinger, die Fugger-Gesellschaft in Mailand vertrat: Werner Schnyder, Handel und Verkehr über die Bündner Pässe im Mittelalter, Bd. 2, Zürich 1975, Nr. 848, 925, 1017, 1046. – Über Georg Rems Tätigkeit nach 1502 ist nichts bekannt. Georgs Bruder Anton Rem heiratete eine Tochter des Leiters Anton (I.) Welser; Hieronymus Rem, Sohn Wilhelms, heiratete 1513 Barbara Vöhlin, Tochter des 1511 verstorbenen Leiters Konrad Vöhlin. Aufgrund des hier genannten Zeitpunkts (1513/14) ist anzunehmen, dass Georg seine besondere Position bei den Salviati in Lyon der Fürsprache Anton (I.) Welsers verdankte. – Lang, Fremdsprachenkompetenz, S. 84 f. 60 SNS, AS, I, 446 (L DebCred BB), c. 170/CLXX, c. 171/CLXXI, c. 217/CCXVII, c. 218/CCXVIII, c. 220/CCXX, c. 299/CCLXXXXVIIII, c. 300/CCC, c. 326/CCCXXVI. 61 Reinhard, Augsburger Eliten, S. 221, S. 686 f.: Schwager Georg (III.) Ehem heiratete 1532 Anna Haintzel (Tochter Anton Haintzels); sein Sohn Lukas (II.) heiratete Anna Ehem, ihr Vater ist Georg (II.) Ehem (1518); vgl. Geffcken, Soziale Schichtung, S. 213. 62 SNS, AS, I, 472, c. 116r: An Andreas Rem, Augsburg, 30.11.1519: La mortalità è del tutto cessata in questa ciptà Iddio gratia però voj m(esser)e Luca a v(ost)ra posta potete far venire el co(n)gnato v(ost)ro ch(e) abbiamo buona sanità p(er) aviso ./.“ 57 58

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Einen Monat später kündigte Spina an, dass der cognato („Schwager“) nunmehr nach Lyon würde kommen können. Seine Formulierung offenbart zudem, wie er die Beziehung zu ihm in das soziale Gefüge der Kaufmannschaft einordnete: Io[,] Lionardo Spina[,] mi ra(c)homando a t(ut)ti voj[.] non m’a(c)hade p(er) ora dirvj altro[.] sono t(ut)to vo(st)ro[.] e’l (c)hognyato di voj[,] meser Lucha[,] può adesso venire[.] (c)he Djo grazia abbiamo buona sanjtà[.] Io venuto (c)hon luj sarà nato la medesima (c)hura (c)h(e) ’l se fussy myo p(ro)p(ri)o fratt(ell)o.63

Ein Schwager, cognato, des Lukas Rem nahm die Stufe eines Bruders, fratello, ein, wurde also als „gleichgeordnet“ wahrgenommen. Das familiarisierende Vokabular nutzten die Florentiner, um Patronageverhältnisse auszudrücken, und spiegelten dabei die Patrilinearität in generativ angelegten Begriffen. Die Kaufmannschaft aus den mittelitalienischen Stadtrepubliken sah ihre süddeutschen Geschäftsfreunde jeweils als ihresgleichen an, weswegen sie im persönlichen Umgang als fratelli („Brüder“) angesprochen wurden (mit dem familiären tu = „du“ oder voi = „ihr“).64 Lionardo Spina brachte Georg Ehem indes nicht in seinem Kontor in Lyon unter, sondern verwies ihn an den in Lyon ansässigen Geschäftspartner Francisco de Carrión, mit dem die Salviati eine eingeführte Kooperation im Seidenhandel betrieben.65 Die Unterbringung Ehems bei Carrión belegt die Bedeutung, die etablierte und langjährige Verbindungen zwischen den Kaufmannbankiers an einem Handelsplatz für die Vermittlung merkantiler Techniken hatte.

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 130v: An Endres (eigentlich Lukas) Rem, Augsburg, 2.12.1519: Ich, Lionardo Spina, empfehle mich Euch allen. Weiter gibt es nichts zusagen. Ich bin ganz der Eurige. Ein Schwager von Euch, Messer Lukas, kann jetzt kommen. Gottes Gnade gebe uns gutes Gelingen. Da ich mit ihm gekommen bin, wird er dieselbe Zuwendung erfahren , als wäre er mein Bruder. 64 Vgl. McLean, The Art; Heinrich Lang, Zwischen Geschäft, Kunst und Macht. Das genealogisch-transzendentale Generationenmodell bei Patronage und Dynastiebildung der Medici im Florenz des 15. Jahrhunderts, in: Mark Häberlein / Christian Kuhn / Lina Hörl (Hgg.), Generationen in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten (1250–1750) (Konflikte und Kultur – Historische Perspektiven, 20), Konstanz 2011, S. 43–71. 65 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 178v: An Endres Rem & Gebrüder, Augsburg, 13.2.1519: Jorge Echam chomgnjato di voy m(esser)e Lu(c)ha (c)honparse e lo abiamo messo in (c)hasa e bottegha di Franc(esc)o (C)harrioni al quale molto rachomandato e siate certi (c)he li areno (c)hura (c)home se fussy uno di no(st)ra (c)hasa e benisimo s’è inteso la valuntà di voj m(esser)e Lu(c)ha state di buona voglia (c)he Iio [!] Lionardo Spina ne ò p(r)eso c(he) p(r)enda la (c)hura e farò chome se fussy mjo fratt(ell)o veramente ci pare sia gientile giovanetto e a buono spirito e credo lo adoperrà in bene. – Bei messer Lucha muss es sich ziemlich sicher um Lukas Rem handeln, denn Lukas Rem hielt in der Zentrale als prägende Gestalt der Gesellschaft seines Bruders Endres die Zügel in der Hand. – Vgl. Geffcken, Die Welser, S. 148; ders., Soziale Schichtung, S. 211. – Möglicherweise handelt es sich auch um Lukas Ehem, der Leiter der Zentrale Andreas Rems in Augsburg war; Lukas Ehem, Sohn des Matthäus Ehem, gehörte zur kleinen Gruppe derjenigen Augsburger, die in den 1490er Jahren nach Venedig zur Ausbildung geschickt worden waren. – Francisco Carrión als Geschäftspartner der Salviati: SNS, AS, I, 437 (L DebCred A), rubrica; I, 444 (L DebCred B), rubrica; I, 490 (L DebCred H), rubrica; Lang, Seide aus Florenz. – Zu den Kaufmannbankiers Carrión: Carande, Carlos V, I, S. 390; S. 505; S. 510; II, S. 558; Kellenbenz, Die Fugger, I, S. 190; S. 212; S. 327; S. 375; S. 377 (Diego Carrión). 63

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Gemeinsame Ausbildungsstationen zeigen entweder bereits vorhandene Netzwerke oder festigten wechselseitige Bindungen. Dies betraf keineswegs nur die Verflechtungen innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft, sondern eben auch die Verbindungen zwischen den Welsern und den Salviati mit ihren jeweiligen Teilhabern.66 Gerade die Karriere Hans Welsers illustriert diese Zusammenhänge: Nach seiner Ausbildung bei Lanfredino Lanfredini ging er nach Lyon, wo er offenbar Alltagskontakte zu anderen Süddeutschen und den Florentinern pflegte. Dies vergegenwärtigen nicht nur die Spuren Hans Welsers in den Rechnungsbüchern der Salviati, wo er als Geldbote nachweisbar ist (vgl. Kapitel III.4.4). Im Jahr 1527 berichtete der 18-jährige Anton Tucher an seinen Vetter Linhart Tucher (1487–1568) nach Nürnberg in einer Episode vom tragischen Tod Hans Welsers, der in der Saône ertrank.67 Linhart Tucher selbst hatte zwischen 1501 und 1504 seine geschäftspraktische Ausbildung in Lyon erlebt und reiste danach im Auftrag der väterlichen Unternehmung durch Italien und Frankreich. Sein Neffe Hieronymus (1502–1548) hielt sich ab 1517 beim Luccheser Kaufmannbankier Urbano Parensi in Lyon auf. Die Gesellschaft Urbano Parensi e Bernardino Cenami & Co gehörte zu den bedeutendsten Handels- und Bankhäusern, welche in Lyon in dieser Zeit aktiv waren.68 Zwischen 1520 und 1522 wechselte Hieronymus in die Lyoner Faktorei der Tucher-Gesellschaft. Die Faktorei der Tucher erwies sich als zentrale Anlaufstelle für die Nürnberger Patriziersöhne und pflegte enge Beziehungen zu den toskanischen Niederlassungen dort.69 Die Verbreitung kaufmännischen Wissens folgte den Handelswegen und Netzwerken geschäftlicher Verbindungen. Die Adaption merkantiler Techniken ging einher mit der räumlichen Ausdehnung familiärer und verwandtschaftlicher Beziehungen an verschiedenen europäischen Handelsplätzen sowie mit der Pflege von Geschäftsverhältnissen zwischen international agierenden Handelsgesellschaften. Dabei spielten die nationes und ihre Beziehungen untereinander sowie zur sie umgebenden städtischen Gesellschaft eine entscheidende Rolle.70 Die praktische Ausbildung von Kaufmanns-

Für die Bewertung von sozialen Bindungen innerhalb eines Netzwerkes könnte der Fall des zu Francisco de Carrión weitergereichten Georg Ehem erhellend sein: Lukas Rem, der noch als Welser-Verwandter und Mitarbeiter der Welser-Vöhlin-Gesellschaft in das Beziehungsnetz zwischen Welser und Salviati integriert worden war, besaß kurz nach Gründung seiner eigenen Unternehmung gemeinsam mit Endres Rem 1518 offenbar noch nicht das nötige, eigene Gewicht, um eigenständig einen Auszubildenden bei den Florentiner Freunden unterzubringen: Lang, Fremdsprachenkompetenz, S. 84 f. 67 StadtA Nü, Tucher-Briefe, E 29/IV, I, 1a, Blatt 18: Anton Tucher, Lyon, an Linhart Tucher, Nürnberg, 27.7.1528: […] daß Hanß Welsser hie ertrunnckenn ist in der Sonna. Hott sich pattenn wollenn, auch ist Wastien Belsser mit im gewest vnd ettlich Ytaillianner, auch ist woll vmb die Zehenne in die nacht gewest, do sy pad habenn. – Siehe Kapitel III.4.4. 68 Lang, Seide für Lyon, S. 396 f. 69 Glück/Häberlein/Schröder, Mehrsprachigkeit, S. 65. Zu den Tuchern dort: Diefenbacher, ‚Je lenger…‘; insbesondere zu den Ausbildungsverhältnissen: Kuhn, Generation. 70 Vgl. Arnold Esch, Viele Loyalitäten, eine Identität. Italienische Kaufmannskolonien im spätmittelalterlichen Europa, in: Historische Zeitschrift 254 (1992), S. 581–608; Balbi, Le ‚nationes’, S. 420–22. 66

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söhnen entwickelte sich, auch wenn die Söhne der Florentiner Kaufmannbankiers während ihrer Ausbildungsphasen vorranigig innerhalb der eigenen Unternehmensnetzwerke weitergereicht wurden, zu einem Motor transnationalen kulturellen Transfers. Denn in einer Handelsstadt wie Lyon pflegten die jungen Kaufmannbankiers ein alltägliches Miteinander, das weit über geschäftliche Tätigkeiten hinausreichte.71 Die oben eigens dargestellte Gesellschaft Domenico Naldini, Hans Vöhlin & Co in Toulouse (Domenico Naldini e Gian Felini e co di Tolosa), die vom Oktober 1507 bis zum Juni 1508 lief, exemplifiziert das Stadium der Vollendung von Ausbildungswegen. Denn die hier im operativen Geschäft tätigen Hans Vöhlin und Francesco Naldini agierten als „Jungunternehmer“. Die auf den Einkauf von Farbstoffen, Wolle und Safran spezialisierte accomandita war von den Kapitalgebern aus Lyon und Florenz in hohem Maß abhängig und zeigte sich räumlich insbesondere auf die südfranzösischen und aragonesischen Märkte ausgerichtet. Die organisatorische Rolle in solchen Unternehmungen sollte zur Vorbereitung auf die späteren Aufgaben in den väterlichen oder den kapitalgebenden Handels- und Bankhäusern dienen. Im konkreten Fall übten Francesco Naldini und Hans Vöhlin die Handlungsweisen im transnationalen Kontext ein. Die beiden Handelsleute mussten sich als führungsfähig erweisen. Dies galt in einem strategischen Sinne umso mehr, als die Unternehmung Domenico Naldini, Hans Vöhlin & Co in Toulouse die Funktion eines Scharniers zwischen den Augsburger und Florentiner Aktionsradien hatte (vgl. Kapitel IV.2.2). Die praktische Ausbildung zu Kaufmannbankiers, das Erlernen der technischen und habituellen Fähigkeiten vollzog sich in den Beziehungsgeflechten der bestehenden Geschäftsbeziehungen. Auf diese Weise war der Wissenserwerb ein wesentlicher Bestandteil einer Netzwerkkonvention. Die Verknüpfung ökonomischer Transferbeziehungen mit Ausbildungswegen jener Personen, die die laufenden Aktivitäten weiterführen sollten, war charakteristisch für das sich selbst reproduzierende System der in Lyon angesiedelten, von süddeutschen und toskanischen Merchant bankers getragenen Märkte. Mit Blick auf die Bewältigung der grundsätzlichen Koordinierungsleistungen, die zur Überwindung von Unsicherheiten auf Märkten bemüht wurden, könnte man soweit gehen, von einer ‚Selbsteinbettung‘ der interagierenden Kaufmannbankiers zu sprechen. Die über Lyon handelnden Unternehmungen erzeugten bei der hier beschriebenen Fortsetzung von Netzwerkbeziehungen sozialstrukturelle Kontingenzen und internalisierte Handlungsmuster.72

Michael Gassert, Kulturtransfer durch Fernhandelskaufleute. Stadt, Region und Fernhandel in der europäischen Geschichte. Eine wirtschaftshistorische Untersuchung der Beziehungen zwischen wirtschaftlichen Vorgängen und kulturellen Entwicklungen anhand von Karten (Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Bd. 915), Frankfurt am Main 2001, S. 90–94. 72 Vgl. Beckert, Die soziale Ordnung, S. 58 f. 71

Praktikengemeinschaften

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Praktikengemeinschaften

Das von Etienne Wengers „Communities of Practice“ entlehnte Konzept der „Praktikengemeinschaften“ bezieht sich auf gemeinschaftsbildende Prozesse, die in ihren wechselseitig angelegten Handlungsmustern Identitäten sowie Bedeutungshorizonte produzieren und Identitäten stiften.73 Das wichtigste Kommunikationsmedium der Vergemeinschaftung in Mittelalter und Früher Neuzeit bis zum Aufkommen der gedruckten Zeitungen war neben der Mündlichkeit die Erschaffung von Briefwelten. Die Bedeutung verschriftlichter Kommunikation gilt insbesondere für die Verständigung und Koordination über räumliche Distanzen hinweg. Dieser Befund im Hinblick auf Praktiken der Gemeinschaftsbildung wird hier auf die wirtschaftlichen Zusammenhänge des Handelns auf Märkten angewandt.74 Dabei zeigt sich die Verknüpfung von interner mit externer Kommunikation im Prozess der Buchführung – dass der unternehmensäußerlich gerichtete Briefverkehr keineswegs als eigenes Kommunikationsmedium erscheint, dass vielmehr die interne Verschriftlichung von Vorgängen in Rechnungsbüchern mit der externen, koordinativ angelegten Kommunikation wesentlich verwoben war. In Geschäftsbeziehungen war es üblich, Konten, Kontoauszüge und zedel/zettel zu verschicken. Dies betraf länger laufende Kontenbeziehungen, weniger ephemere Geschäftskontakte. Für den bargeldlosen Zahlungsverkehr waren Wechselbriefe als Sonderform der brieflichen Kommunikation unabdingbar.75 Wenn man die Rechnungsbücher der Salviati zugrunde legt, zeigt sich eindeutig die Verteilung von Personenkonten, bei der Konten der Teilhaber oder der nächsten, oft verwandtschaftlich anverwandten Investoren überwogen. Diese eher konservative Zuweisung fällt auch bei den Welser-Konten auf. Ein Vergleich mit der Verteilung der Empfänger in den Briefkopiaren der Lyoner Salviati ergibt ein entsprechendes Bild: Die überwiegende Mehrheit der Schreiben bzw. die meisten beschriebenen Seiten waren an das Haupthaus in Florenz oder an italienische Geschäftsfreunde adressiert.76

Wenger, Communities, S. 72–85. Vgl. in anderem Zusammenhang, aber eben dieses Argument: Francesco Senatore, „Uno mundo de carta“. Forme e strutture della diplomazia sforzesca (Mezzogiorno medievale e moderno, 2), Napoli 1998; vgl. Jérôme Hayez, Tucte sono patrie, ma la buona è quela dove l’uomo fa bene. Famille et migration dans la correspondence de deux marchands toscans vers 1400, in: Jean-François Chauvard / Christine Lebeau (Hgg.), Éloignement géographique et cohésion familiale (XVe–XXe siècle), Strassbourg 2006, S. 69–95, hier S. 69. – Zu Briefen einführend mit der entsprechenden Literatur: Robert Vellusig, Art. „Brief 1. Gattungsgeschichte“, in: Enzyklopädie der Neuzeit, Band 2: Stuttgart 2005, Sp. 406–413; Kaus Beyrer, Art. „Brief 2. Kommunikationstechnik und Briefbeförderung“, in: ebd., Sp. 414–417; Christian Kuhn, Letters, in: Albrecht Classen (Hg.), Handbook of Medieval Studies. Concepts, Methods, Historical Developments, and Current Trends in Medieval Studies, vol. 1: Berlin/New York 2010. 75 Einführend: Denzel, ‚Wissensmanagement‘. 76 Eine Analyse der Copialettere, der Briefkopiare, steht noch aus (auch als Text innerhalb der Buchführung werden hier erste Ansätze vorgeführt). 73 74

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Die merkantile Korrespondenz verfolgte unterschiedliche Anliegen: Zunächst verwies man auf eingegangene Schreiben, auf die man antwortete, und auf verschickte Briefe. Ferner paraphrasierte der Briefautor getätigte Geschäftsvorgänge, um seinem Adressaten mitzuteilen, dass entsprechende Geschäfte umgesetzt worden waren und ferner werden konnten. Auf diese Weise verfügte man über Kontrollmechanismen, die die Verkettung von Transaktionen performativ anberaumten und damit den Geschäftsablauf sicherstellen sollten. Ein weiteres Anliegen bestand in der Mitteilung von geschäftsrelevanten Information, die man als Entscheidungshilfe für die Tätigung von Geschäften benötigte. Dabei boten sich die schreibenden Kaufmannbankiers Nachrichten über andernorts auftretende Geschäftsverläufe an, teilten sich über die Entwicklungen von Messen mit und berichteten über (geschäftsrelevante?) politische Rahmenbedingungen. Zahlreiche Schreiben endeten mit Kurs- oder Preislisten von schwierig zu kalkulierenden Handelsgütern wie im Fall verschiedener Geldsorten bzw. Währungen – Informationen, die erforderlich waren, um Wechselkursrelationen in die Anbahnung von Wechselgeschäften einzubeziehen.77 Die Einleitung eines Briefes mit dem Verweis auf den Erhalt der letzten Schreiben und der Ankündigung der fälligen Antwort78 illustriert ein Schreiben Lionardo Spinas vom Mai 1520 an die Faktorei der Bartholomäus-Welser-Gesellschaft in Lissabon: Amicj (c)harisimj. noj ci troviamo la vo(st)ra [[lettera]] de dj 28 di m(ar)zo vista volentierj[.] faremo p(er) questa r(ispost)a.79

Oder etwas komplexer in einem Schreiben vom 31. Oktober 1527 an den Vertreter von Bartholomäus Welser in Antwerpen: Amici car(issi)mi[.] troviamoci a rispondere a 3 v(ost)re [[lettere]] de 17 (e) 28 p(assa)to (e) 6 di questo che si farà p(er) questa al bixogno la secondo di rep(r)ichare el d’achordo.80

Vgl. Sven Schmidt, Kommunikationsrevolution oder Zweite Kommerzielle Revolution? Die Neuen Geschäftsmedien des 16. Jahrhunderts und ihr Einfluss auf die Praktiken des frühneuzeitlichen Börsenhandels am Beispiel der Nürnberger Preiscourants (1586–1640), in: Mark Häberlein / Christof Jeggle (Hgg.), Praktiken des Handels. Geschäfte und soziale Beziehungen europäischer Kaufleute in Mittelalter und früher Neuzeit (Irseer Schriften, 6), Konstanz 2010, S. 245–282; Lang, Power. 78 Zu diesem Verfahren: Lutter, Politische Kommunikation. 79 SNS, AS, I, 472 (L DebCred E), c. 209v: An Barholomäus Welser & Mitverwandte, Lissabon, 18.5.1520 (Liebe Freunde. Wir finden Euren Brief vor vom 28. März, den wir gerne gesehen haben. Auf diesen antworten wir.). – Ebd., c. 195v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 14.5.1520: Addj 17 detto [[maggio]] fu l’ult(im)a (c)he vi scrivemo e ne resta a fare a fare [!] r(ispost)a a più vo(st)re (c)he si farà p(er) questa al bix(ogn)o non rip(r)i(c)hando il seghuito di f(ier)a pas(a)ta sendone d’a(c)hordo. – In einem anderen Fall erläutert Lionardo Spina an die Zentrale der Gebrüder Rem in Augsburg, dass man erst kurz zuvor einen Brief einem Boten mitgegeben habe, der üblicherweise die Korrespondenzen des französischen Königs beförderte, ebd., c. 115v: An Endres Rem & Gebr., Augsburg, 30.11.1519: Amicj n(ost)ri car(issi)mi[.] sono pochj g[i]ornj ch(e) p(er) le manj di questo ch(e) tiene la posta del Re Chattolicho vi scriem(m)o (e) crediamo la arete con q(uest)a p(er)chè d(i) poj in qua la posta p(er) costà no(n) è passata. 80 SNS, AS, I, 493 (L CopLett HH), c. 115r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 31.10.1527 (Liebe Freunde. Wir finden drei zu beantwortende Briefe von Euch vor: vom 17. und vom 28. des ver77

Praktikengemeinschaften

Die Anrede in den Briefen mit Amici charissimi oder Amici honorande bezog sich auf das Konzept der amicizia. Die amicizia signalisierte eine Verbindung zwischen Gleichen, die aber nicht miteinander verwandt waren. Ein Charakteristikum der amicizia im Kontext des Ökonomischen bestand darin, regelmäßig Geschäfte miteinander zu betreiben, d. h. in einer Schuldbeziehung miteinander zu stehen, und miteinander brieflich zu kommunizieren.81 Die Konstruktion verwandtschaftlicher Beziehungen in oben zitierten Formulierungen bezog sich demgegenüber auf die Selbstverortung in einem Netzwerk, das analog in diplomatischen Beziehungen beschworen werden konnte.82 Anschaulich beschreibt das amicizia-Konzept Lionardo Spina ebenfalls in einem Brief an die Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Lissabon im Februar 1520 (also vor dem oben zitierten Brief vom Mai): Amicj (c)harisimj[,] sino a ora in chotesto locho no(n) [[è]] ho(c)horso avervj a scrivere[.] q(uest)o p(er) dirvj (c)he (c)honsiderando e la buona e lungha amicizia (c)he tenghiamo (c)hon q(uest)i vo(st)rj di quj abiamo p(r)eso si(c)hurtà si(c)home voremo facessj verso di noj e delle (c)hose no(st)re hochorendovj.83

Den Anlass für das Schreiben lieferte eine Tratte auf Michael Imhoff in Lissabon, zu dessen Gunsten die dortige Welser-Faktorei die von den Lyoner Salviati ausgestellten Wechselbriefe über 3.000 cruzados bezahlen sollte. Der Vertreter der Salviati wusste auf die eingeführte Kooperation mit der Welser-Faktorei in Lyon zu verweisen, um die Floskel der sorgsamen Erledigung gegenseitiger Aufträge nachzuschieben. Dabei zeigt sich das pragmatische Verständnis von amicizia als konventionellem Begriff, mit dem „gute Beziehungen“ chiffriert wurden.

gangenen Monats und vom 6. dieses Monats, worauf hiermit geantwortet wird nach Bedarf, um zum Zweiten die Übereinkunft zu wiederholen.). 81 Einführend zur amicizia als komplexes Beziehungskonzept: Richard C. Trexler, Public Life in Renaissance Florence, New York 1980; erstmals mit Verweis auf die Sprache der ‚Deferenz‘: Melissa Meriam Bullard, Heroes and their workshops. Medici patronage and the problem of shared agency, in: Journal of Medieval and Renaissance Studies 24 (1994), S. 179–198; die Anwendung beider Konzepte in der schriftlichen Kommunikation: McLean, The Art; als Beziehungsmodell: Dale Kent, Friendship, Love, and Trust in Renaissance Florence, Cambridge, Mass./London 2009. 82 McLean, The Art; Lang, Zwischen Geschäft. 83 SNS, AS, I, 472 (L DebCred E), c. 155v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Lissabon, 11.2.1520: Liebe Freunde, bis jetzt ist es an diesem Ort nicht vorgekommen, Euch zu schreiben. Dies, um Euch zu sagen, dass wir angesichts der guten und langen Freundschaft, die wir mit den Eurigen hier halten, wir uns sicher sind; daher wollen wir, dass Ihr Euch der unsrigen Dinge annehmt, als ob sie Euch vorkämen. – Bemerkenswert dabei ist, dass entgegen der eigenen Ankündigung, vom 6.12.1518, die Welser-Gesellschaft mit Bartolomeo Belzeri e co ansprechen zu wollen, die Salviati im Briefkopiar an Antonio Belzerj e co alamannj adressieren.

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Communities of Practices und Wissensgemeinschaften

Die Kommunikation „guter Beziehungen“ Im Februar 1519 ließ Lionardo Spina, bereits Leiter der Salviati-Gesellschaft in Lyon, den Faktor der Welser in Antwerpen wissen: Et s’è inteso che la f(ier)a v(ost)ra d(i) B(er)ges è statta chattiva p(er) m(er)canzie e il simile lo p(r)eggio è stata la n(ost)ra come d(i) q(uest)i v(ost)rj avete notizia li danarj sono tuttj e buonj p(er) t(ut)to p(ar)te come vedrette p(er) li cambj e stimiano stia p(er) durare qualche tempo[.] alt(r)o non vi diremo sianno a piacere v(ost)rj e Dio vi g(uardi).84

Abschließend listete er noch einige Wechselkursrelationen auf, um mitzuteilen, zu welchem Preis der Lyoner scudo di marchi, die Messewährung, an verschiedenen Orten in der jeweils entsprechenden Währung zu erwerben sei: […] p(er) costj 69 1⁄4 L(ondra) 48 1⁄4 V(alenz)a 19.4 Sp(agn)a 355 Sib(ill)a 350 Fi(ren)ze 60 1⁄4 R(om)a 61 1⁄2 Nap(oli)i 70 1⁄2 Pal(er)mo 25 1⁄4 V(enez)ja 65 Mil(an)o 78 1⁄2 p(er) [[aviso]].85

Auf der Ebene der Entstehung eines brieflich getragenen Kommunikationsnetzes lässt sich ein solches Vorgehen unter dem Schlagwort der Nachrichtenbriefe oder auch einer Frühform der Messerelationen zusammenfassen.86 Bemerkenswert an diesen Ausführungen ist Folgendes: Spina musste davon ausgehen, dass seine Adressaten durchaus über die referierten Informationen verfügten. Denn die Bemerkung über die Berges-Messe gebrauchten die Salviati als rhetorisch affirmatives Instrument der Bestätigung, auf dem gleichen Informationsstand über Geschäftsverläufe wie ihre Geschäftsfreunde zu sein. Auch hinsichtlich der Wechselkurse darf man annehmen, dass der Welser-Vertreter in Lyon, der Augsburger Narziß Lauginger, diese Informationen bereits selbst an die Schelde berichtet haben dürfte.

Ebd., c. 56v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 14.2.1519: Und wir haben gehört, dass Eure Berges-Messe schlecht war für den Warenhandel, und ähnlich schlecht war das Preisniveau auf unserer [Messe in Lyon]. Wie Eure habt Ihr Nachricht, dass das Geld überall gut war, wie Ihr auch an den Wechseln sehen könnt. Wir glauben, das dieser [Zustand] noch einige Zeit bleiben wird.). – Mit la f(ier)a v(ost)ra d(i) B(er)ges dürfte der Autor des Briefes den Kaltemarkt in Bergen gemeint haben, denn der Kaltemarkt begann am achten Tag oder am Donnerstag nach Martini (11.11.) und dauerte bis zum 10.2.: Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 105. 85 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 56v. Die Formel per costì bedeutete, dass man in Antwerpen („dorthin“) aktuell für den scudo di marchi 69 1⁄4 Groot würde zahlen müssen. 86 Vgl. Margot Lindemann, Nachrichtenübermittlung durch Kaufmannsbriefe. Brief-„Zeitungen“ in der Korrespondenz Hildebrand Veckinchusens (1398–1428) (Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung, 26). München 1977; Denzel, Wissensmanagement; Zsuzsa Barbarics / Renate Pieper, Handwritten newsletters as a means of communication in early modern Europe, in: Francisco Bethencourt / Florike Egmond (Hgg.), Cultural Exchange in Early Modern Europe III: Correspondence and Cultural Exchange in Europe, 1400–1700, Cambridge 2007, S. 53–79. 84

Praktikengemeinschaften

In einem Schreiben vom 4. September 1520 liefert Lionardo Spina seinem Adressaten in Augsburg, der Firma der Gebrüder Rem, zusätzlich zu den aufgelisteten Kursen noch die Interpretation der vorgetragenen Werte mit: E chome p(er) i chamby ch(e) abassò jn q(uest)a [[fiera]][.] vederette e’ danarj p(er) tute partte sono stattj ragionevole p(r)ezj e crediamo ch(e) alla p(r)ox(i)ma fiera anchora sarano migliory p(er) Anv(er)sa c’è chambiato 69 3⁄4 in 70[,] L(ondr)a 47 3⁄4[,] M(edin)a del Champo 356[,] V(alenz)a 19.3[,] Mil(an)o 73 3⁄4[,] N(apol)i 67 1⁄2[,] V(enezi)a 67 1⁄4[,] Fierenze [!] 58 2⁄3[,] R(om)a 59 2⁄3.87

Auch hier ist davon auszugehen, dass Endres Rem & Gebrüder die Kurse schon gekannt haben dürften. Die Beurteilung des Verlaufes der Wechselgeschäfte setzte allerdings voraus, dass die Empfänger des Briefes das Konzept der angemessenen Preise (ragionevole prezj) verstehen und die daraus hervorgehende Einschätzung würden teilen können. Der Zweck eines solchen Datenaustausches dürfte also zumindest nicht ausschließlich in der Informationsvermittlung gelegen haben. Vielmehr dienten solche Briefpassagen der Integration des Gegenübers in ein Kommunikations- und Wissenssystem. Die Mitteilung der Geschehnisse während einer Messe sowie der Kursrelationen waren Teil eines Habitus’ innerhalb einer Gruppe von miteinander Handel treibenden Kaufmannbankiers über einen bestimmten Wissensstand als gemeinsame Ressource zu verfügen und den jeweiligen Kommunikationspartner als geschäftsfähig anzuerkennen. Wollte man miteinander kooperieren, musste eine gemeinsame Grundlage gefunden werden. Hierzu eigneten sich Informationen, die kein Vorzugswissen waren, wohl aber spezialisiertes Wissen voraussetzten. Im Verlauf schriftlicher Kommunikation war ein Prozess der Anerkennung enthalten.88 Die Zusammengehörigkeit in einem Kommunikationssystem manifestierte sich in der Nutzung gemeinsamer Nachrichtenübertragung.89 Nicht selten wurden Briefe gebündelt und gemeinsam mit anderen Schreiben versendet90, wie Lionardo Spina die Faktorei der Welser in Antwerpen am 6. Dezember 1518 wissen lässt: tutte le v(ost)re

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 217r: An Endres Rem & Gebrüder, Augsburg, 4.9.1520. Vgl. Hans Bots, Exchange of Letters and Channels of Communication. The Epistolary Networks in the European Republic of Letters, in: Regina Dauser / Stephan Hächler / Michael Kempe / Franz Mauelshagen / Martin Stuber (Hgg.), Wissen im Netz. Botanik und Pflanzentransfer in europäischen Korrespondenznetzen des 18. Jahrhunderts, Berlin, 2008, S. 31–46. – Grundsätzlich zur kommunikativen Disposition von schriftlichen Korrespondenzen: Jürgen Herold, Empfangsorientierung als Strukturprinzip: Zum Verhältnis von Zweck, Form und Funktion mittelalterlicher Briefe, in: Karl-Heinz Spieß (Hg.), Medien der Kommunikation im Mittelalter (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte, 15), Stuttgart, 2003, S. 265–287. 89 Vgl. Daniel Velinov, Information et marché: l’activité cambiaire et les services postaux à Anvers et en Europe au milieu du XVIIe siècle, in: Revue d’histoire moderne et contemporaine (Gagner au change: les circuits de l’argent) 63 (2016), S. 85–109, hier S. 87–93. 90 Melis, Intensità. 87 88

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[[lettere]] p(er) Firenze et Pysa si sono ben mandate[.] chon q(uest)a arete ja de Firenze.91 Zwei Jahre später bestätigte Spina seinem brieflichen Gegenüber, der Antwerpener Faktorei von Endres Rem & Gebrüder, dass man die an den Rem-Vertreter in Lyon, Jakob Ott, adressierten Briefe weitergereicht hätte.92 Am 11. Juli 1528 verwies ein Schreiber der Salviati auf die Briefe, die an Lionardo Spina von Simone Pecori aus Antwerpen gerichtet waren. In dem Briefbündel des als vostro (zu den Welser gehörigen) charakterisierten Kaufmannbankiers waren zudem einige Schreiben an den Lyoner Faktor der Welser, Narziß Lauginger, enthalten, welche man übermittelt habe: […] p(erc)hè a[v]uto più lett(er)e dal vostro Simone Pechori p(er) il no(st)ro L(ionar)do p(er) cop(er)te alle [lette]re p(er) Narcis quali sono dato qui a Belzeri.93

Im Dezember 1537 erteilte Spina dem Augsburger Kaufmannbankier Sebastian Weyer den Auftrag, die beigefügten Schreiben an den in Besançon agierenden Bernhard Meuting auszuhändigen.94 Diese Vorgänge veranschaulichen, dass es sich bei den innerhalb einer miteinander in geschäftlichen Beziehungen stehenden Gruppe von Geschäftsfreunden weitergeleiteten Briefen keineswegs um geheime Dokumente handelte. Vielmehr verwies die gemeinsam organisierte Nachrichtenübermittlung nicht nur auf die pragmatische Anerkennung von gemeinsamen Vorhaben, sondern auch auf die Zusammengehörigkeit der Beteiligten, die in verschieden strukturierten Beziehungen zueinander stehen konnten. Auf diese Weise war der regelmäßige Nachrichten- und Briefverkehr selbstsprechender Ausdruck einer Kommunikationsgemeinschaft, die ihr Handeln untereinander abzustimmen suchte. Die merkantilen Briefwelten erscheinen als Korrelate der Kooperationsmechanismen und der Marktgestaltung.

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 8v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 6.12.1518: All Eure Briefe nach Florenz und Pisa sind gut geschickt. Mit diesem habt Ihr einen aus Florenz. 92 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 6r: An Endres Rem & Gebr., Antwerpen, 5.12.1520: Abiamo avuto la vo(st)ra dj 20 del pax(a)to che li a(c)hade po(c)ha r(ispost)a[.] al v(ostr)o Iachopo Ott si dette le vo(st)re lett(er)e e si li disse se voleva danarj. 93 SNS, AS, I, 496 (L CopLett I), c. 7v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 11.7.1528: […] weil wir mehrere Briefe von Eurem Simone Pecori haben an unseren Lionardo [Spina] als Deckung (?) für die Briefe an Narziß [Lauginger], welche hier an die Welser gegeben worden sind. 94 SNS, AS, I, 529 (L CopLett N), c. 180v: An Bernhard Meuting, Besançon, 11.12.1537: Schrivemoci jeri l’ult(im)a n(ost)ra p(er) mano di Bastian Vayer e vi dicemo q(ue)llo achadeva e la p(r)ex(en)te solo per dirvi come p(er) conto di v(ost)ri May e Menting vi abbiamo tratto p(er) vso di cotesti pagam(en)ti di Bisanzon di fiera prex(en)te di t(ut)ti santi 𝛻 600 d’(or)o di * p(er) la v(alu)ta di qua da Xpofano Daulx[.] fatene prom(essa) e pagam(en)to e li ponete a detto conto el quale ne lo abbiamo fatto creditory e si pageranno [!] secondo v(ost)re hordine alli (C)hettirerd da da [!] q(ua)li ci è stato detto ch(e) no(n) vi si tragha altra cosa p(er)chè no(n) li pigliera bono p(er) avixo // --:-- no(n) si mandò. 91

Praktikengemeinschaften

Von der Wissens- zur Praktikengemeinschaft Der Bericht von Währungskursen griff auf einen gemeinsamen Wissensbestand zurück. Die räumliche Zergliederung der Wirtschaftswelt in Währungsräume wurde ebenso implizit vorausgesetzt wie das Verständnis von Angaben über allgemeine Geschäftsentwicklungen – was es etwa bedeutete, wenn „Geld überall gut“ (li danarj sono tuttj e buonj p(er) t(ut)to p(ar)te) war, wie Lionardo Spina der Welser-Faktorei in Antwerpen im Februar 1519 mitteilte (s. o.). In ihren Schreiben formulierten die Lyoner Salviati den Verlauf von Transfers anhand der Entwicklung von Konten und erläuterten eine spezielle Reihenfolge von Handlungen. Allerdings musste der briefliche Adressat über ein entsprechendes praktisches und theoretisches Wissen verfügen, um den detaillierten Erklärungen folgen und für sich die nötigen handlungsleitenden Schlüsse daraus ziehen zu können. Am 4. Mai 1516 berichtete Francesco Naldini für die Salviati aus Lyon an seine Augsburger Geschäftsfreunde, die in Antwerpen ansässige Faktorei der Welser, von einem Wechseltransfer, den er zeitlich (durch die Datums- und Messeangaben) und räumlich (durch die Währungsangaben) definierte: Siamo a dì 13 [di maggio] e sin qui copia da l(e)tt(ere) simile scrit[t]o[,] un[a] sottolett(era) di q(u)i v(ost)ro el dit[t]o dì la qual si scriva di novo p(er) il sudit[t]o mo(do)[:] [[a]] q(ues)to [conto] ap(ar)te L. v’abiamo t(rat)to ∇ 1673 di 66 al m(ar)co a g(ross)i 71 1⁄2 p(er) ∇ jn voy medesim(i) (et) la v(alu)ta a noy chonto e rim(ess)i p(er) n(ost)ro c(on)to co(mune) come qui dapiè si dirà[.] faciam[o] al tempo achortarne di qui (h)o di chostì p(er) f(ier)a d’agosto[.] vi ne tornate a valere co(n) più vantag[g]io sarà possibile che àran(n)o optimo compen(imen)to dando aviso del seghu[i]to.95

In diesem Fall stellten sich die Salviati als Auftraggeber dar (la valuta a noi chonto e rimessi per nostro conto comune) und reklamierten die möglichst ertragreiche (vantagio) Abwicklung des Transfers, indem der Welser-Faktor den besten Kurs für die Augustmesse (wahr)nehmen sollte. Über die Realisierung erwartete der Absender des Schreibens eine Nachricht. Die Abstimmung in Nuancen war beim Wechselhandel notwendig – wesentlich für die Aussichten, Geschäfte einträglich zu gestalten. Dabei wird sichtbar, dass laufende Kommunikation und die Anwendung praktischen Wissens für die Koordination von Handlungen auf Märkten unentbehrlich war. Die Substanz geschäftlicher BezieSNS, AS, I, 451 (L CopLett BB), c. 155r: An Anton Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 4.5.1516: Wir haben den 13. Mai und bisher Kopien ähnlich geschriebener Briefe, einen „Unterbrief“ von Euren hier vom besagten Tag, und wir schreiben abermals in nachstehender Weise: Auf diesen conto apparte L haben wir auf Euch in Mark 1.673 scudi di 66 gezogen zu 71 1⁄2 grossi je scudo für Euch selbst und der Wert zu Eurem Konto und überwiesen auf unser gemeinsames Konto wie unten steht. Zum Termin machen wir den Übertrag (?) hier oder dort für die Augustmesse. Ihr bewertet dann mit möglichst viel Vorteil, so dass [die Überweisungen] besten Ausgleich haben, indem Ihr uns Nachricht über den Verlauf gebt. 95

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hungen bestand im Einsatz impliziten Wissens und in permanenter Kommunikation, einer handlungsgerichteten Explizierung dieses Wissens. In jedem konkreten Einzelfall mussten die Gegenüber wissen, was zu tun war. Dies exemplifiziert ein Schreiben Lionardo Spinas an die Faktorei der Welser in Antwerpen am 20. Februar 1527: [Q]uesta p(er) darvj avixo chome q(ui) c’è stato qualche luchese che à dato a chanbio grossissimo p(ar)tite p(er) chostì o sia p(er) qualche avixo che le monete abbino a ogni modo abassare o p(er) alchuna comessione (h)o che alt(r)o si sia chomincior[o]no a chanbiare a g(ross)i 79 p(er) ∇ di m(archi) p(er) paghare quando verrano e’ paghamentj di questa f(ier)a che sarà circha a 15 d’ap(r)ile et la valuta daran(n)o su questi paghamentj[.] di poj sono abasati a g(ross)i 78 e in ultimo a g(ross)i 77 et seghuono di dare di maniera ciaschuno sta sospeso noj pensando no(n) possere p(er)dere abia p(r)eso circha di ∇ x\m che l’una p(er) l’altra ci venghono a g(ross)i 78 2⁄3[.] vedremo chome li chanbi passeran(n)o poi[.] vi si dirà p(er) altra che pensiamo si faran(n)o qui circha alli x del p(r)ox(i)mo[.] ora voj intendete chome le chose passano[.] vorremo che ci aiutassi ghuadagniar(e) qualchosa p(er)ò possendo all’a[v]uta trarcj p(er) q(ues)ta p(r)exente f(ier)a qualche som(m)a chon q(uan)to che la valuta vi fussi data su paghamentj del ritorno di q(ues)ta f(ier)a o si veramente cont(assi) et facessj in modo che quando bene le monete abassassino noj no(n) avessimo a p(er)der(e) ma che in som(m)a chotesti danari servissino a paghar(e) le n(ost)re tratte e del ghuadagnio a noj basterà (h)ogni pocho di chosa che no(n) s’è fatto tanto p(er) ghuadagniare q(uan)to p(er) ma(n)tenere li d(anar)i[.] quando vi paressi di pigliare p(er) pasqua p(r)ox(i)ma ave(n)do g(ross)i 80 p(er) ∇ et che li dan(ar)i servissino a paghare le nostre tratte.96

Zunächst ging es um einen Wechselhändler aus Lucca, der bei seinen Wechseltransfers in einer angenommenen Höhe von 10.000 scudi di marchi nach Antwerpen auf

SNS, AS, I, 492 (L CopLett H), c. 106v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 20.2.1527: Dieser Brief, um Euch Nachricht zu geben, wie hier der ein oder andere Lucchese große Partien zu Wechsel gegeben hat nach dort [= Antwerpen], sei es mit dem Hinweis, dass die Währungen [le monete] sich auf jeden Fall abwerten [abassare] oder mit einem (entsprechenden) Auftrag [commissione] oder anderem, sei es, dass sie anfangen zu wechseln zu 79 grossi je scudo di marchi für die Bezahlung, wenn die Zahlungen dieser Messe kommen – was ungefähr am 15. April sein wird – und sie die Bewertung auf diese Zahlungen geben werden. [Damit] ist dann der Kurs abgewertet auf 78 grossi und schließlich auf 77 grossi, und sie werden auf die Weise verfahren, dass jeder wartet, wobei wir denken, dass es nicht möglich ist zu verlieren, wenn man ungefähr 10.000 scudi einsetzt, denn die eine oder die andere [Zahlung] kommt zum Kurs von 78 2⁄3 grossi. Wir werden sehen, wie sich die Wechsel dann entwickeln. In einem folgenden Brief ungefähr am 10. des kommenden Monats werden wir Euch sagen, wie man hier verfahren wird. Jetzt seht Ihr, wie die Dinge laufen. Wir wollen, dass Ihr uns dabei helft, etwas Gewinn zu machen [ghuadagniare], indem Ihr bei Erhalt [des Geldes] auf uns wechselt für die laufende Messe einige Beträge [somma], mit so viel Wert [valuta], wie bei der Rückzahlung dieser Messe gegeben sein soll oder tatsächlich gezählt wird und auf die Weise geschieht, dass wir nicht verlieren, auch wenn tatsächlich die Währungen fallen. Sondern dass gemäß der (entsprechenden) Summe jenes Geld dazu hilft, unsere Tratten zu bezahlen. Und an Gewinn [ghuadagnio] wird uns jedes Bisschen genügen, welches weniger so sehr zum Gewinn verhilft als vielmehr dazu, das Geld zu halten. Wenn Ihr meint, dieses erst zur kommenden Ostermesse zu nehmen bei einem Kurs von 80 grossi je scudo, so dass das Geld hilft, unsere Tratten zu bezahlen[, dann verfahrt entsprechend]. 96

Praktikengemeinschaften

fallende Kurse spekulierte. Nach der Schilderung des Konzeptes dieser Wechseloperation leiteten die Salviati in ihrem Schreiben über zu einer Handlungsanweisung an ihre Augsburger Korrespondenten. In Lyon erkannte man im Einsatz der nach Brabant gewechselten Summe die Möglichkeit, bei einem Rückwechsel auf der Grundlage des vormals günstigen Kurses das Wertgefälle auszunutzen und die vorhergegangenen Tratten der Salviati auszugleichen. Allerdings holte Spina zugleich die Expertise der Welser ein, wofern sich bei einem späteren Ansteigen des Wertes des scudo di marchi gegenüber dem Pfund flämisch doch eine alternative Möglichkeit zur Deckung der besagten Tratten bieten könnte. In diesen Ausführungen findet sich der Übergang von einer Wissens- zu einer Praktikengemeinschaft. Bildete das implizite Wissen um das technische Verfahren eines Transfers von Wechseln und um die Verhältnisse von Kursrelationen bei Wechseloperationen die Voraussetzung für die Teilnahme am Wechselhandel, führte die Anwendung explizierten Praxiswissens zur Vergemeinschaftung von Praktiken im Wechselhandel – insbesondere wenn die Kaufmannbankiers sich gegenseitig beraten mussten. Der wechselseitige Transfer von Informationen für die Umsetzung von Wechselgeschäften hatte vergemeinschaftetes Praxiswissen zur Bedingung. Dann musste er aber infolge eines intensiven Datenaustauschs in geschäftlichem, da koordiniertem Handeln verwirklicht werden.97 Im selben Brief verweist Spina nicht nur auf die Übermittlung der Briefe durch einen eigenen Kurier, sondern erklärt ausdrücklich, an wen sich die Welser bei ihren Wechseln nach Rom und Venedig als Trassaten (Bezogene) zu halten hätten – an die eingeführten Geschäftsfreunde der Salviati (avendo la rete): in Rom an die Teilhaber an der Salviati-Gruppe Bernardo Bracci & Co und in Venedig an die Wechselpartner, die Florentiner Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co: […] a questo chorriere facciamo vantaggia[re] ∇ 6 p(er)chè vi dia la lett(er)e subito subito [!] arrivato avix[ate] [.] avendo la rete traendo a Roma fatelo a B(er)n(ar)do B(r)acci (e) c(ompagni) e a Venezia a L(oren)zo e Charlo Strozzi (e) c(ompagni) e dite ponghino a n(ost)ro e avixateci p(er)chè vi trarrete siamo certi che arrivate q(ues)te lett(er)e la piaza strignerà[.] parendovi aspectare in effecto bixogneria facciate voj chome vi pare et sechondo la fede abbiamo in voj.98

Vgl. Velinov, Information et marché, S. 104–107. SNS, AS, I, 492 (L CopLett H), c. 107r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen, 20.2.1527: […] an diesen Kurrier veranlassen wir den Vorteil von 6 scudi, weil er Euch den Brief sofort geben soll, sofort bei Ankanft gebt Nachricht. Mit dem Netz [rete] zieht Ihr auf Rom an Bernardo Bracci & Co und auf Venedig an Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co und sagt, dass sie [die Wechsel] auf unser Konto setzen und uns benachrichtigen sollen. Weil Ihr dorthin die Wechsel schicken sollt, sind wir uns sicher, dass es an dem Ort, wenn diese Briefe ankommen, eine Knappheit geben wird. Wenn Ihr der Ansicht seid, warten zu wollen für diesen Effekt, dann tut dies, wie es Euch (richtig) erscheint und gemäß dem Glauben [fede], den wir an Euch haben. 97 98

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Im nachfolgenden Brief an die Welser-Faktorei in Rom vom 5. März 1527 erläuterte Lionardo Spina noch einen von Bartolomeo da Pasano e Agostino Franchi & Co initiierten Wechsel über 500 ducati di camera, welcher durch einen Wechselbrief mit den Salviati als Remittenten von Antwerpen auf Rom gezogen wurde. Der römische Faktor sollte demnach das von der Florentiner Firma Antonio Buoninsegni, Francesco Signorini, Girolamo Venturi & Co ausgestellte Wechselpapier zur Bezahlung einem Korrespondenten präsentieren. Bei dieser Konstruktion sah die Unternehmung Redi di Alamanno Salviati & Co vor, dass die in Rom angesiedelten und ebenfalls brieflich unterrichteten Genuesen Agostino & Girolamo Sauli wiederum zugunsten der genannten Florentiner Gesellschaft ausgleichen sollten. Weil die Lyoner Salviati die Rimesse (rimexi per noi) im Auftrag der Antwerpener Welser-Faktorei durchführten, entstand den süddeutschen Geschäftsfreunden die entsprechende Verbindlichkeit über 571 scudi di marchi.99 Die hier zitierten Schreiben zeigen überdies die Funktion der von den Salviati angelegten Kopierbücher als Speichermedien. Dabei war die Nachvollziehbarkeit von „offenen“ Geschäftsvorgängen das nicht ausformulierte Kriterium für die Aufzeichnung der ausgehenden Briefe. Insbesondere bei den Transfers, deren jeweilige Höhe sich erst noch nach später eintretenden Kursrelationen richten würde, musste dem Buchhalter der Salviati die Registratur angebahnter Wechsel notwendig erscheinen. Diese Schreiben markierten das koordinatorische Vorgehen der Kaufmannbankiers bei ihren Aktivitäten auf den Wechselmärkten. Bereits vollzogene Wechsel mussten nicht in den Briefkopiaren festgehalten werden. Umgesetzte Geschäfte betraten die Buchführungswelt der Salviati durch die Journale. Der Buchhalter übertrug anschließend die Einträge von den Journalen in die Messebzw. Kundenbücher und dann, sollten Schuldbeziehungen bestehen, in die Schuldbücher. Die eigentliche Koordination spielte sich in mündlichen und in schriftlichen Ebd., c. 108r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Rom, 5.3.1527: Amici charissimj li v(ost)rj d’Anv(er)sa ci scrivono avervj mandata una l(etter)a di chambio di duc(at)i 500 di cam(er)a che ànno rimi(ss)i chostì p(er) noj et v’ànno ordinato la facciate accettare et che d’essa seghuiate n(ost)ro ordine la qual l(etter)a vogliamo chonsegniare a Ant(oni)o Boninsegni Fran(ces)co Signorinj (e) Girolamo Venturj (e) c(ompagni) a qualj s’è chomesso li risquotino et ordinato quello ne abbino asseghuire; ebd.: An Agostino e Girolamo Sauli, Rom, 5.3.1527: […] questa p(er) dirvj che li duc(ati) 500 di cam(e)ra che c[i] ànno rimessi B(ar)tolomeo Belzeri (e) c(compagni) d’Anv(er)sa p(er) l(etter)a di B(ar)tolomeo da Paxano et Aghostino de Franchi[.] vogliamo li paghiate Ant(oni)o Boninsegnj Fran(ces)co Signorinj et Girolamo Venturj (e) c(ompagni) di chostì da’ quali vi sarà p(r)esentata [la] l(etter)a del chanbio che si seghuendone resteremo sadisfatt(i). – Weil damit die Antwerpener Welser-Faktorei in Lyon gegenüber den Salviati als creditori auftraten und die Korrespondenten in Rom als Empfänger der Auszahlung debitori gegenüber den Welsern blieben, findet sich diese Transaktion im Schuldbuch der Salviati: SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. CCCLV: B(ar)tolomeo Belzeri e comp(agni)a d’Anversa di chontro deono havere in fiera d’app(arizio)ne addì 18 d(i) marzo 𝛻 571 di m(archi) p(er) valuta di duc 500 d’(or)o d(i) c(amer)a rimexi p(er) noi a Roma p(er) uso a noj o/a chi noi ordinereno ch(e) ordinamo fussino paghati [a’] Ant(oni)o Boni(n)segni et Franco Signorinj et Girol(am)o Venturi a gi 96 1⁄2 p(er) duc p(er) l(etter)a d(i) B(ar)tol(ome)o d(i) Pesano Andronnicho et Aghostino de Franchi da Aghustino et Girol(am)o Sauli dare dett(i) p(er) noj. 99

Praktikengemeinschaften

Prozessen ab. Die Kontore dienten dabei als Kommunikationszentren, in denen die fälligen Absprachen getroffen wurden. In den Kontoren entschied man auch darüber, welche Transfers überhaupt der Verschriftlichung bedurften.100 In den Briefen wurden überdies angestrebte Geschäftsvorgänge in stereotyp formulierten Handlungsanweisungen notiert. Jedem Wechselhändler mussten diese Zusammenhänge klar vor Augen stehen: Der ständige Verweis auf erbetene Benachrichtigungen (avisate, per aviso) illustriert die Erklärung von Selbstverständlichem. Die Briefsteller brachten Vorgehensweisen zum Ausdruck, deren Explikation es im Grunde nicht bedurfte. Ihren Adressaten gegenüber artikulierten die Autoren der Korrespondenzen somit die einzelnen Schritte der Verrechnung, um durch diese explizierenden Paraphrasen pragmatische Kommunikation zu betreiben. Handlungsorientierte Koordination verlangte die stereotype Darstellung von Daten. Die Anlage dieser Formulierungen entsprach überdies den späteren Einträgen in die Rechnungsbücher. Die briefliche Kommunikation zwischen den Kaufmannbankiers signalisierte die Zugehörigkeit zu einer community, die sich als ein mehr oder weniger straffes Netzwerk durch das Marktgeschehen zog. Die Integration durch Information war Teil der geschäftlichen Praxis und bildete die Grundlage für Expertenwissen. Dieser Zusammenhang ist von besonderer Bedeutung, weil wirtschaftliches Geschehen „in der Wissensordnung“ des 16. Jahrhunderts noch nicht eigens erfasst worden war101 und spezialisiertes Wissen über kommerzielle Sachverhalte außerhalb engster Kreise an Vertrauten keineswegs zugänglich gemacht wurde.102 Die Mitteilung der hier zitierten Daten informierte zunächst weniger über ökonomisch relevante Tatbestände als vielmehr über die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, innerhalb derer Wissen vertieft und alsbald Transaktionen abgewickelt werden konnten. Dann aber formulierten die Briefautoren Handlungspräskripte. Dabei nutzten sie Paraphrasierungen, die geschäftliche und soziale Vergewisserungen miteinander kombinierten. Entscheidungen zu intendierten Transaktionen wurden auf der Grundlage des zuvor gelieferten Datenmaterials gefällt. Briefe wurden aber erst durch gemeinsames Wissen verständlich.103 Die Beziehung zwischen den Welsern und den Salviati entwickelte sich nicht nur geschäftlich auf mehreren Ebenen, sondern durch die erwähnten Ausbildungsverhält-

Vgl. Jürgen Schneider, Die Bedeutung von Kontoren, Faktoren, Stützpunkten (von Kompagnien), Märkten, Messen und Börsen im Mittelalter und Früher Neuzeit, in: Hans Pohl (Hg.), Die Bedeutung der Kommunikation für Wirtschaft und Gesellschaft (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte; Beihefte, 87), Stuttgart/Wiesbaden 1989, S. 37–63. 101 Johannes Burkhardt, Die Entdeckung des Handels. Die kommerzielle Welt in der Wissensordnung der Frühen Neuzeit, in: Johannes Burkhardt / Helmut Koopmann / Henning Krauß (Hgg.), Wirtschaft in Wissenschaft und Literatur: drei Perspektiven aus historischer und literaturwissenschaftlicher Sicht (Augsburger Universitätsreden, 23), Augsburg 1993, S. 5–28, hier S. 7. 102 Häberlein, Aneignung, S. 274. 103 Vgl. Beckert, Die soziale Ordnung; Lang, Wissensdiskurse, S. 152 f. 100

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Communities of Practices und Wissensgemeinschaften

nisse und den alltäglichen Umgang miteinander entstand eine lebensweltliche Gemeinsamkeit. Die Faktorei Bartholomäus Welsers mietete im Verlauf des Jahres 1527 drei Räume (camere), einen Vorratsraum (granaio) und einen Lagerraum (magazzino) im Lyoner Haus der Salviati an. Für die Phase vom 1. März 1527 bis Juni 1528 gaben sie dafür 51,6,8 scudi di marchi als Mietzins aus.104 Das gemeinsame soziale Leben, von dem kaum mehr Spuren aufzufinden sind, gewann einen hohen Grad an Regelmäßigkeit und Tiefe. Gerade die räumliche Konzentration und die Überschneidung alltäglicher Wege im städtischen Raum bildeten ein kommunikatives Netz kulturellen Austausches.105 Anfang Dezember 1518 verfasste Lionardo Spina den bewegenden Brief an die Faktorei der Welser in Antwerpen, indem er sich nämlich auf das Ableben Anton Welsers bezog und folgende Passage schrieb: […] l’ultima è de dj xxv d’ottob(r)e jn nome d’Ant(oni)o Belzerj e c(ompagni) e da q(uest)a v(ost)rj v’abiamo jnteso che gli è piaciuto a Dio tirare a se la buona memoria del maygiore [!] v(ost)ro m(esser) Ant(oni)o che Dio l’abia fatto vera[.] v’è p(er)dono e ci forre dispiannto[.] ma ciaschuno à da paghare tal debito e da che no(n) c’è alt(r)o remedio farerà pazienzia e preghare per l’anima[.] li dettj v(ost)rj ci ànno djtto che p(er) l’avenire t(ut)ti le loro ragione djranno in B(ar)tt(olome)o Belzerj et c(ompagni) e che a tal nome schriviamo chose si farà che Djo dj buon mane.106

Diese Kondolenzbekundung, die mit dem durchaus praktischen Hinweis auf die neue Namensbezeichnung der Welser-Unternehmung verbunden ist, geht über die übliche amicizia hinaus. Inwieweit hier von emotionaler Anteilnahme gesprochen werden kann, ist schwer zu entscheiden. Wohl aber dürfte das eigene belastete Gewissen eine Rolle gespielt haben.107 Im Zusammenhang mit der Betriebsführung der Fugger-Gesellschaften hat Hartmut Schiele in Anlehnung an die monumentalen Werke von Richard Ehrenberg und Götz von Pölnitz von „Marktbeobachtung“ gesprochen. In dieser Optik vermeint er indes, eine Konzentration des Informationsflusses auf die Firmenpatriarchen Jakob

SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 542: B(ar)tolomeo Belzeri e comp(agni)a di Lione deono dare add(ì) 29 di giugno 1528 lb 116.13.4 tornesi (e) sono p(er) loghaggio di 3 chamere j° granaio e uno maghazino tenghono in casa nostra p(er) lb 100 tti l’anno che sono d’add(ì) p(r)imo d(i) marzo 1526 fino a questo dì su che si abatte il loghaggio del maghazino d(i) mesi x a lb 20 l’anno che sono da dì p(r)imo di marzo 1526 a natale 1527 che lo teneva il visitore d(e) Berges v(aglia)no a 12 p(er) c(ent)o p(ost)o pigione. 105 Vgl. Calabi/Keene, Merchant’s lodgings, S. 316 f. 106 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 8r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 6.12.1518 (siehe Eingangszitat): Dies ist auch die erste Briefstelle, bei der auf die neue Firma der Welser verwiesen wurde. Dieser Erwähung war eindeutig die Aufforderung von Seiten der Welser zu diesem Schritt vorausgegangen. 107 Vgl. Heinrich Lang, Das Gelächter der Macht in der Republik. Cosimo de’ Medici il vecchio (1389– 1464) als verhüllter Herrscher in Fazetien und Viten Florentiner Autoren, in: Stefan Biessenecker / Christian Kuhn (Hgg.), Valenzen des Lachens in der Vormoderne (1250–1750) (Bamberger Historische Studien, 8), Bamberg 2012, S. 386–406. 104

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

und Anton Fugger zu erkennen.108 Die vorangegangenen Beobachtungen korrigieren diese Sichtweise nachhaltig: Die geschäftlichen Korrespondenzen dienten zunächst der Vergemeinschaftung und dann wesentlich der Koordinierung von Handlungen für Transfers. Die Informationen über das Marktgeschehen, die zur Steuerung von Geschäftsabläufen führten, wurden in der koordinierenden Kommunikation generiert und fanden im Prozess der Abstimmung von Handlungsschritten ihre umittelbare Anwendung. Insbesondere die Konfiguration von Kommunikationsvorgängen durch die Buchführung produzierte reflexive Momente in der Geschäftsabwicklung. Der Handel mit Wechselbriefen verlangte in hohem Maße nach technischen Ressourcen wie der Übermittlung von verschriftlichten Daten und nach Fachwissen. Die Koordinierungsleistungen liefen in diesem Zusammenhang auf die Erzeugung von ‚Arbitrage-Gewinnen‘ hinaus. Arbitrage ‚konstituierte‘ Märkte in den Worten von Donald McKenzie, Daniel Beunza und Iain Hardie. Denn die Möglichkeit, (relative) Preisdifferenzen zwischen verschiedenen Orten für gleiche oder ähnliche Vermögenswerte über Transportkosten hinaus gewinnbringend auszuschöpfen, wies die Abgrenzung der Wechselmärkte von anderen Märkten auf. Die Arbitrage ihrerseits brachte abstrakte, Währungsraum übergreifende Märkte hervor. Zugleich stiftete sie einen Standardbezug zu einer überregionalen Bewertung des Verhältnisses von Geld- zu Zahlungswerten. Damit veränderte die Arbitrage über die technische Komponente des Wechselbriefverkehrs hinaus das Denken über Märkte.109 Die beteiligten Kaufmannbankiers wie die Salviati und die Welser, die in ihren schriftlichen Koordinationsbemühungen ein spezialisiertes Wissen über die Vorgänge voraussetzten, moderierten auf diese Weise die Entwicklung spezialisierter Märkte. VI.3

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

Die in den Briefkopiaren der Lyoner Salviati überlieferten Schreiben thematisieren vorrangig angestrebte oder abgewickelte Transfers und benutzen dabei im wesentlichen die Sprache der Buchführung (das sprachliche Register Buchführung). Denn die Perspektive auf mitgeteilte Daten ist diejenige der Verrechnung, während das Vorgehen dieser schriftlichen Tätigkeit in interfirm organization – in der Koordination von Buchführungssubjekten – bestand. Die Schreiben, die etwa von der in Lyon ansässigen compagnia Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co aus dem Jahr 1556 hinterlassen sind, ähneln den Salviati-Briefen sprachlich, strukturell und inhaltlich. Dieser Befund könnte dem Umstand geschuldet sein, dass es sich in beiden Fällen um Florentiner Unternehmungen handelte.110 108 109 110

Schiele, Betriebswirtschaftliche Aufschlüsse, S. 98–100. McKenzie/Beunza/Hardie, Die materielle Soziologie, S. 136 f. De Roover, Il banco; Goldthwaite, The Economy, S. 430–448.

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Communities of Practices und Wissensgemeinschaften

Auf der Zeitachse richtete sich die Versendung von Korrespondenzen nach den Terminen, die Zahlungsfälligkeiten markierten. Deshalb erfolgte die briefliche Kommunikation im Messerhythmus. Ihre räumliche Strukturierung orientierte sich an Währungsräumen. Dementsprechend notierte der Kopist am Rand der Seiten in den Briefkopiaren jeweils den Zielort, so dass beim Durchblättern die Abfolge der kopierten Schreiben unter den Datumseinheiten nach den Empfängerorten ins Auge springt. Eingerückt erscheinen die adressierten Unternehmungen – die anderen Buchführungssubjekte. Die ausgehenden Briefe an Korrespondenten in Montpellier oder Avignon gingen in dieser Logik an Korrespondenten im Währungsraum der livre tournois, der vom Währungsraum der Messewährung scudo di marchi getrennt war (obschon sich die beiden Währungsräume in der Messestadt Lyon topographisch überlappten). Das zentrale Anliegen der brieflichen Kommunikation war die Koordinierung von Handlungen, um messeweise abrechnen zu können. Beim koordinierenden Vorgehen der Unternehmungen artikulierte sich dieses Vorhaben im Versand von „Kontoauszügen“. Bei den weitergeleiteten conti handelte es sich um die Repräsentanten der jeweiligen Schuldbeziehungen (vgl. Kapitel IV.1). Im Verständnis der florentinischen Buchführung waren es conti, die verschickt und die mit dem entsprechenden Messetermin saldiert wurden. In einem Brief vom 4. Mai 1516 formulierte Francesco Naldini für die Salviati in Lyon gegenüber der Antwerpener Faktorei der Anton-Welser-Gesellschaft folgenden Abrechnungsvorgang: P(er) n(ost)ro c(on)to ap(ar)te L. ci è achaduto trarrn(e) p(er) uso di f(ier)a di pentechosta le p(ar)tite ap(r)esso: ∇ 500 di 66 a g(ross)o 71 1⁄2 in Ferrando D’Aza a[v]uti da Nasi Et ∇ 500 di 66 al p(r)egio jn Piero Lopes a[v]uti da d(etti) Et ∇ 1000 di 66 a g(ross)o 71 1⁄3 jn Damiano Palavisini e G(irola)mo di Grimaldi a’ [A-] ghustin Antino(ri) a[v]uti da Palavisini (e) Gentili Et ∇ 1208 di 66 a 70 2⁄3 ne’ det(ti) a[v]uti da det(ti) Et ∇ 712 4⁄5 di 66 a g(ross)o a 71 1⁄2 jn P(ier)o Lopes a[vu]ti da Michel di Urlaciocia Et ∇ 525 1⁄16 di 66 a 71 2⁄3 jn Ghu(gli)lmo Moschioni a[v]uti da Ghuadagni Et ∇ 973 15⁄16 di 66 al p(r)egio ne’ Frescobaldi a[v]uti da d(e)t(ti) Ghuadagni Et ∇ 528 di 66 a 71 1⁄2 ne’ det(ti) p(er) d(etti) a[v]uti da Gian Abersa Et ∇ 132 di 66 al p(r)egio jn Diegho de la Torre chonti a noy jn t(utt)o p(er) viiij° p(ar)tite 4 ∇ 6080 ⁄5 di 66 potre essere vi si tiene p(er) jl dito q(uan)to da ∇ mille faciendolo ve piacia di t(ut)to farne p(r)ome(ss)a e al tempo pagarli con parie adetonio(ne) q(uan)to no(n) ve ne v’avete qui da noy p(er) la p(r)ox(i)ma [fiera] d’aghosto che àran(n)o conex(io)ne chonp(er)o e(t) vantagiate

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

ne p(r)eg(a) chome è la fede abia(mo) jn voy. abiamolo fat[t]o ap(r)esso v(ost)ri le qual ci ànno det[t]o ve ne scriciran(n)o jl bix(ogno) e desegnati avix(o [segue]).111

Die hier notierten Wechseltransfers erfolgten im Auftrag der Salviati als Kreditoperationen und wurden daher einem Apartkonto (dem Nostrokonto aparte L) zugeordnet. Naldini erklärte dem Welser-Faktor, er solle die aufgelisteten Wechselbeträge den jeweiligen Adressaten bezahlen (die Zahlungszusage – promessa – tätigen und bei Fälligkeit während der nachfolgenden Augustmesse die Wechselbriefe abkaufen). Da die Salviati als Auftraggeber für die Transaktion auftraten, waren sie darauf angewiesen, dass ihre Korrespondenten in Antwerpen beim Erwerb der Wechselbriefe das Konto „bevorteilten“ (vantag[g]iate) und bei der Bezahlung der Wechsel einen Arbitragegewinn im Verhältnis zum notierten Lyoner Verkaufspreis erzielten. Die Bewertung der Wechselpartien bezog sich auf den scudo di marchi, der im Verhältnis 1⁄66 zur Mark (1 marco d’oro = 66 scudi di marchi) gerechnet wurde. Daher appellierte Naldini auch an die Vertrauenswürdigkeit der Welser (chome è la fede abia(mo) jn voy). Und er beendete die Darstellung des Kontos aparte L mit dem Hinweis auf die daran anknüpfende Kommunikation sowie die mündlichen Absprachen mit der Welser-Faktorei in Lyon. Die hier eingeleiteten Wechselgeschäfte erwiesen sich, wie oben ausgeführt, zunächst als voraussetzungsvoll (denn der Welser-Faktor musste wissen, wie er dem Anliegen seiner Lyoner Auftraggeber würde folgen können). In der schriftlichen Kommunikation erläuterte der Briefautor ferner einzelne Schritte im Vorgehen, von denen er nicht nur annehmen musste, sein Gegenüber würde sie kennen, sondern er präskribierte eine Vorgehensweise, die ebenfalls „selbstverständlich“ sein musste. Er bekräftigte dies mit der „Vertrauens“-Floskel. „Wechsel-Wissen“, Koordinierung und Verrechnung Im Fall der Wechseltransfers war aufgrund der schwankenden Wechselkursrelationen der Koordinationsbedarf zwischen den miteinander kooperierenden Firmen besonders hoch. Daher verknüpften die Kaufmannbankiers in ihren Briefen die Verweise auf den Verlauf von Geschäften und Entwicklungen der jeweiligen Märkte mit detaillierten Handlunsganweisungen, so dass ein engmaschiges „Verrechnungs-Netz“ entstand. Im bereits zitierten Schreiben von Lionardo Spina an den Welser-Faktor in Antwerpen am 6. Dezember 1518 wird der Zusammenhang der Bewertung von Wechseln mit den Entwicklungen der in Lyon vorhandenen Geldmenge erläutert:

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SNS, AS, I, 451 (L CopLett BB), c. 155r: An Anton Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 4.5.1516.

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[…] p(er) la f(ier)a p(er) tuttj m(er)chanzie è sutta dj pocho valore et p(er)chè sapiamo che q(uest)a v(ost)rj ve ne tenghonno avisaty ce ne paserano li d(anar)i[.] il p(r)imo giorno di chanbj se mostror[o]no larghj[,] dj poj sono ristrettj puj dj jo p(er) m(ar)co e ce salle stretteza che xxv annj no(n) simile una talle chome vedrete p(er) li chambj.112

Anlässlich derselben Messe, die eine zunehmende Geldknappheit (strettezza) erkennen ließ, skizzierte Lionardo Spina gegenüber der Augsburger Zentrale von Endres Rem & Gebrüder die Transaktion in Form von einer Rimesse nach Antwerpen und verwies damit auf die Auswirkungen der Geldknappheit auf das Kursgefälle zwischen Antwerpen und Lyon: A dettj v(ost)ri d(i) Fiandra abiamo mandato l(etter)e del chambio del sudettj [!] rimessj ch(e) sono in t(ut)to i(n) iij partite quello abiamo rimesso in Fiandra a v(ost)rj p(er) voj ∇ 2418 9⁄10 di 66 al m(ar)co (e) siate sutj vantagiatj ch(e) in principio se ne fecie in finitj a 68 1⁄8 e 1⁄4 e voj avette v(ost)ri a 69 1⁄2 e vi avertiamo ch(e) li abiamo a n(ost)ro aviso bene posatj e datj a bene dette[.] cosj faremo sempre delle chose v(ost)re ch(e) no(n) mancho delle n(ost)re p(ro)p(ri)e le estimiamo / e jn vlt(im)o de chanbi ci fu vna stretezza grandisima de’ danarj e p(er) Fiandra se fe qualche p(ar)tita a 70[,] ma noj avamo di già chambiatj et vi avete da contentare de’ prezzj chorsj[.] aremo charo jntendere -- etc.113

Da es sich um eine Rimesse im Auftrag der Rem-Gesellschaft handelte, behielten die Salviati die Provision und die Abgabe für das Konsulat der natio fiorentina ein. Bei diesem Vorgang artikulierte Spina in einzelnen Handlungsschritten die umgekehrte Handlungsrichtung zum vorigen Beispiel, nämlich dass nun die Lyoner Salviati die für die Rem günstigen Kursrelationen ausgenutzt hätten. Im folgenden Schreiben an die Antwerpener Faktorei von Endres Rem & Gebrüder kam Spina auf dieselbe Wech-

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 8r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 6.12.1518: […] durch die Messe hindurch war für alle Waren wenig Wert und, weil wir wissen, dass die Eurigen Euch informiert halten: es vergeht auch das Geld. Am ersten Wechseltag zeigte sich das Geld reichlich [larghi], von da an hat es sich (zusehends) verknappt um mehr als 1 (scudo) je Mark und somit stieg die Knappheit wie nicht seit 25 Jahren vergleichbar; Solches werdet Ihr durch die Wechsel sehen (hier geht es um den Wechselkurs in Lyon gegenüber Überweisungen aus Antwerpen: Die Mark – Mark Gold = marco d’oro – ist die Referenzwährung, in der der wechselbare Betrag angegeben wird). 113 Ebd., c. 10r: An Endres Rem & Gebrüder, Augsburg, 4.12.1518: An besagte Eurige in Flandern haben wir Wechselbriefe geschickt über die oben genannten Rimessen, die insgesamt in drei Partien sind; das, was nach Flandern an die Eurigen für Euch überweisen [rimesso] wird(, sind) 2.418 9⁄10 scudi zu 66 (scudi) die Mark und Ihr seid bevorteilt (mit dem Vorteil), der zu Beginn (der Messe) bis zu (einem Kurs von) 68 1⁄2 und 1⁄4 (grossi per scudo) gewährt wurde und Ihr habt die Eurigen zum (Kurs von) 69 1⁄2 (bekommen); wir weisen Euch darauf hin, dass wir auf Euren Avvis hin (die Beträge) gut eingesetzt haben und gut gegeben [datj] haben. So verfahren wir immer mit Euren Sachen, dass wir sie nicht minder wie unsere eigenen (Sachen) einschätzen; und bei (Eurem) letzten (Wechselbrief) war hier eine sehr starke Knappheit an Geld und auf Flandern hat man (sogar) einige Partien zu 70 (grossi per scudo) gemacht, aber (da) wir hatten bereits (Eure Partien) gewechselt und Ihr müsst Euch (also) mit den (genannten) Kurswerten zufrieden geben. Uns wäre es wichtig zu hören. 112

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

selsumme zu sprechen. Zusätzlich stellt Lionardo Spina die Kursverhältnisse dar und verweist auf das nunmehr ausgeglichene Konto: In t(ut)to ∇ 2418 9⁄10 d(i) 66 a o(ro)[.] con q(uest)a n’arete l(etter)e 3 p(er) me d(i) cambio[.] fate d’av(er)ne --- p(r)om(essa) al tempo pag(amen)to conporre al loro chonto ch(e) co(n) ∇ 5.3.8 p(er) n(ost)ra provisione et co(n)solato[.] il conto viene parj e siate sutj vantagiatj ch(e) a mancho d(i) 69 si fecie il g[i]orno de chambi[.] è bene vero ch(e) d(i) poj sono montatj a 70 e 70 1⁄2 (e) d(i) già avamo canbiato [!] li v(ost)ri e ali pregj[,] v’avete contentare e no(n) s’è trovato da rimettervj in fiera dj Berges p(er)ch(e) p(er) là non si fa cambiare.114

Spina erklärt den Vorgang der Verrechnung: Die Rem sollten hierfür die Wechseltransfers in einem (aus der Perspektive der Salviati) Loro-Konto zusammenstellen (conporre al loro chonto); die fällige Kommission und die entsprechende Konsulatsabgabe (p(er) n(ost)ra provisione et co(n)solato) mussten miteinberechnet werden. Unter Einbezug des erzielten Vorteils für ihre Geschäftsfreunde (siate sutj vantagiatj) erklärte Spina das entsprechende Konto für gleichgesetzt (il conto viene parj). Indes räumte er ein, dass die Kurse anschließend noch angestiegen seien und dass aber keine weiteren Wechsel zur Zahlung in Antwerpen verfügbar gewesen wären. Die Wechselkursrelationen hatten eine wesentliche Bedeutung für die Verrechnung: Denn der Verlauf des Wechselgefälles zwischen Antwerpen und Lyon entschied darüber, wieviel Geld eingesetzt werden musste, um im Rahmen der vorgenommenen Wechseltransfers ein Konto wieder auszugleichen.115 Mit dem Verweis auf das Konto des Hofbankiers Piero Spina, der einen Wechsel in Auftrag gegeben hatte, erläuterte Lionardo Spina am 26. März 1522 dem Antwerpener Faktor der Welser das angestrebte Verfahren zum Kontenausgleich im Wechselverkehr: P(er) chonto di Piero Spina di corte sopra di noy v’abiamo t(rat)to p(er) dì xxx d’aprile in voj medesimj ∇ 1077 3⁄10 di 66 a g(ross)i 71 p(er) ∇ in voy medesimj chontj a noj et rim(essi) p(er) n(ost)ro chonto ap(ar)te D. M. fatene nota et pax(a)te al tempo la scrip(tu)ra conpor-

Ebd., c. 10v: An Endres Rem & Gebrüder, Antwerpen, 6.12.1518: Insgesamt 2.418 9⁄10 scudi di marchi zu 66 (scudi) die Mark Gold. Mit diesem (Brief) bekommt Ihr drei (weitere) Briefe durch mich zu Wechsel. Macht dafür die promessa zum Zahlungstermin und setzt es auf das Loro-Konto, welches mit 5,3,8 scudi di marchi für unsere Provision und das Konsolat (angesetzt) ist. Das Konto wird (dann) gleich gesetzt und Ihr seid bevorteilt, dass man (einen Kurs von) bis zu 69 (grossi per scudo) am Wechseltag macht. Tatsächlich steigen die (Kurse) dann auf 70 und 70 1⁄2 (grossi per scudo), wobei wir bereits für Euch und zu den (entsprechenden) Kursen [pregj] gewechselt haben; (damit) seid zufrieden, und man hat kein (anderes Verfahren) gefunden, um auf der Berges-Messe zu wechseln, weil man dort keine Wechsel tätigt. 115 Vgl. Jacques Bottin, En quête de profits. La pratique des changes à Rouen et en Europe de l’Ouest (1580–1640), in: Revue d’histoire moderne et contemporaine (Gagner au change: les circuits de l’argent) 63 (2016), S. 47–84, hier S. 56 f.; S. 68–81. 114

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re a detto chonto et quello vi mancherà apu(n)to da noy p(er) fiera di pasqua ve ne valete contendilj a noj p(er) il chorso facendo il dovere a t(utti).116

Die Transaktion gehörte zu einem Nostro-Konto aparte D. M., so dass die Gebühren zulasten der Salviati gerechnet wurden. Hier scheinen die konkreten Aufgaben für den Kontenausgleich auf, denn die Lücke bis zur Gleichsetzung des verhandelten Kontos sollten die Welser ausrechnen und in Anpassung an die Kursentwicklung decken. In einem Brief vom 20. Februar 1527 schildert Lionardo Spina seinem Gegenüber in der Welser-Faktorei zu Antwerpen die Konstruktion von Hin- und Rückwechseln im Rahmen gewinnträchtiger Transfers: […] vorremo che ci aiutassi ghuadagnare qualchosa però possendo all’avuta trarcj per questa prexente fiera qualche somma chon quanto che la valuta vi fussi data su paghamentj del ritorno di questa fiera o si veramente contassi et facessj in modo che quando bene le monete abassino noj non avessimo a perdere ma che in somma chotesti danari servissino a paghare le nostre tratte e del ghuadagnio a noj basterà hogni pocho di chosa che non s’è fatto tanto per ghaudagniare quanto per mantenere li danari. quando vi paressi di pigliare per pasqua proxima avendo grossi 80 per scudo et che li danari servissino a paghare le nostre tratte.117

Dementsprechend hatten die Bankhäuser abzupassen, wann sie eine Tratte auf ihren Geschäftspartner am anderen Ort ausstellten und wann man die dazugehörige Rimesse bezahlen sollte. Spinas Sorge galt im konkreten Fall dem Umstand, dass bei der Bezahlung der Tratten ein Ertrag nur bei einem gefallenen Kurs möglich sein würde. Die süddeutschen Kaufmannbankiers mussten die von Francesco Naldini und Lionardo Spina erläuterten Wechseltransfers und die Bedingungen einträglicher Transaktio-

SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 98r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 26.3.1522: Auf das Konto von Piero Spina am Hof auf uns [sopra di noy] haben wir zum 30. April für Euch selbst 1.077 3⁄10 scudi (di marchi) gezogen zu 66 (scudi per marco) zu (einem Kurs von) 71 per scudo, gerechnet für Euch selbst bei uns und überwiesen auf unser Appartkonto D. M. Macht den Eintrag und nach Ablauf der Zeit setzt (die Beträge) auf das besagte Konto [conporre a detto chonto] gemäß dem Schreiben [la scriptura]; und das, was Euch genau von uns fehlen wird, das bewertet zur Ostermesse, wobei Ihr uns zufrieden stellt mit demjenigen Kurs, der allen eingeräumt werden muss. – Der entsprechende Konteneintrag im Schuldbuch lautet: SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 263: Konto aparte D. M. des Piero Spina. 117 SNS, AS, I, 492 (L CopLett H), c. 106v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 20.2.1527: Wir hätten gerne, dass Ihr uns dabei helft, einen Gewinn zu erzielen. Denn mit dem Erhalt der Tratte für diese laufende Messe kann man einen gewissen Betrag (realisieren) in der Höhe, wie Euch der Wert bei der Bezahlung des Rückgeldes [paghamentj del ritorno] dieser Messe gegeben wurde. Oder man müsste tatsächlich berechnen und in der Weise verfahren, dass wir (im Fall) des niedrigen Geldes dennoch keinen Verlust haben, sondern dass (in der Höhe dieses) Betrages jenes Geld dazu ausreicht, unsere Tratte zu bezahlen und (doch) für uns einen Gewinn zu behalten. Es genügt bei jedem bisschen Geldbetrag, der nicht ausreicht, um Gewinn zu machen – wenn er nur genügt, um den Geldwert zu halten [mantenere li danari]. Wenn es Euch bei einem Kurs von 80 grossi per scudo auf die kommende Messe richtig erscheint, dann tätigt (das Geschäft). Denn in diesem Fall dient das Geld dazu, um unsere Tratten zu bezahlen. 116

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

nen „verstehen“ können. In seinem Kaufmannsnotizbuch führt der Fugger-Hauptbuchhalter Matthäus Schwarz einige Musterfälle für Wechselgeschäfte an. Seine Beispiele für die Operationen zwischen Brügge und Lyon stammen von der Apparitionsmesse 1520: Von den Wexlen: Bruges groschen 73 vlamisch per 1 scudo di marcho / Item die mark und scudi vorgemelt seiend zu werten: / Also 65 scudi kunigs schilt ist 1 mark, welcher schudj gevaluiert ist zu 35 sous, rechnet man 1⁄3 in müntz und 2⁄3 in gold. Doch also multiplcier 65 scudi mit 35 sous, tut 2275, daruon 2⁄3 ist 1516 sous 8 [deniers], darauf vortl von wegen des golds gibt man 2 per cento, ist 30 sous 4 deniers zu vorgemelten 2275 gesumiert, khumbt 2305 sous 4 deniers, ist 115 gulden 5 schilling 4 pfennig. / Aber auf Brugk macht man die wexl per scudi 66 1 marcho thun, die doch sonst auf vorgemelt stätt kainer allain 65 scudi per marcho gebraucht, wenn dieselben scudi sein zu rechnen 66 per 65 und nachvolgend durch vorgeschribne rechnung cioe 115 gulden 5 schilling 4 pfennig per 1 marcho zu empfahen und geben.118

Bei diesen Vorgängen schildert Schwarz den Anteil an jedem Wechselbetrag von Bargeld (scudi kunigs schilt = scudi di sole; 65 scudi di sole = eine Mark Gold) zu einem Drittel und Rechengeld (scudi = scudi di marchi; 66 scudi di marchi = eine Mark Gold) zu zwei Dritteln. In seinem exemplarischen Fall führt der Augsburger Buchhalter die jeweilige Kursrechnung eines Wechsels auf Brügge und auf Lyon vor. Die Darstellung des Matthäus Schwarz verweist auf einen markanten Unterschied zwischen einerseits der konkreten, mit Kreditpapieren und Bargeld abgewickelten Handelspraxis und andererseits der Perspektive der Florentiner Buchführung. Die Lyoner Salviati dachten in der abstrakten Welt der Buchführung, die eine Wechseltransaktion in den drei nötigen Bezugsgrößen beschreibt. Die Florentiner Buchführung begriff einen Wechsel durch die Notierung in der Wechselwährung (dem marco d’oro), durch die Messewährung (zur Verrechnung in scudi di marchi) und die zu wechselnde Währung (dem Pfund flämisch). Anders als in der Schilderung von Matthäus Schwarz homogenisierte die Florentiner Buchführung die Anteile einer Wechseltransaktion und evaluierte sie durch die Verrechnung in der Messewährung. Im Kaufmannsnotizbuch schließt Schwarz einen Bericht von Simon (Sigmund) Niklas, der als Vertreter der Nürnberger Gesellschaft Jakob Welser & Gebrüder in Lyon auftrat, von der Allerheiligenmesse 1532 an: Ich habe Antwort von Lion, von wegen des underschidts der vorgesetzten 130 livres 19 sous 6 deniers und 141 . 7 . 6 in den 2 Messen, so groß underschiedlich ist, schreibt Sigmund Niclaß, das in aller heyligen meß A° 32ten vor der zallung 130 . 19 . 6 per marchio, das ist 65 scudi di marchio gerait. Da ist der scudo del sole nit heher gewest dann zu 42 sous, und in der zallung ist er gewest oder kumen auf 43 sous, also das die [I]talianer auf der pursch haben

Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 355. – Müller, Welthandelsbräuche, S. 69; S. 271; S. 273: Die Wechselkurslisten, die Oskar Müller in den Welthandelsbräuchen zitiert, stammen von 1514. 118

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achordiert, das man für 1 marchio, das 65 scudi, hat miessen zallen 61 scudi 18 sous – deniers del sole, die thund 133 livres 1 sou 9 deniers per marchio. So ich sprich 61 9⁄20 scudi del sole, nemlich 2662 7⁄10, und darnach in 20 sous taylt, khumbt 133 livres 1 sou 9 deniers per marchio oder 65 scudi di marchio, oder 43 sous ist 1 scudo del sole, was ist 133 livres 1 sou 9 deniers; so 20 sous 1 livre und 12 deniers 1 sou, khumbt auch 61 scudi del sole 18 sous gold, nemlich 20 sous gold per 43 sous Lionisch. Und seit das der scudo del sole in der Ostermeß anno 33ten auf 45 sous komen ist, hat man auch auf der pursch durch die Ittalianer achordiert scudi del sole 62 sous 16 deniers 8 für 65 scudi di marchio, die thun 141 sous [[Verschreibung: livres, H. L.]] 7 sus 6 deniers per marchio [am Rand ergänzt: das ist 43 1⁄2 per 1 scudo di marchio]. Also muoß sich ain yeder bezallen lassen. Also sein dise zwo zallung die 2 meß underschid umb 18 sous 8 deniers in gold.119

Hierbei thematisiert Niklas die Auswirkungen der ‚börslichen‘ Fixierung durch die natio fiorentina vor einem Lyoner Notar auf die Wertverhältnisse zwischen den genutzten Zahlungsmitteln und damit auf die Wechselkurse. Im Verlauf einer Messe orientierte man sich an der Entwicklung vorhandener Geldmengen und schloss dementsprechend die Evaluierung der Währungen an.120 An einer späteren Stelle erklärt Matthäus Schwarz die Rechnung für den Kurs eines Wechsels, der 1526 von Lyon auf Antwerpen (El parj per Anttorf) gezogen wurde: Von Lyon per Anttorf wexlen die Florentiner scudi di marcho di 66 per 65 scudi di marchio und 100 scudi del sole per 109 scudi di marchio di 66 zu 60 1⁄2 scudi del sole per scudi di marcho di 66, gilit di scudo del sole zu Anttorf 42 stiber. Also seind 100 scudi del sole zu Anttorf 8400 groschen, tayll in 109, kumbt 77 7⁄10 groschen per 1 scudo di marcho di 66 für 65 scudi di marcho.121

Diese drei in das Kaufmannsnotizbuch aufgenommenen Berichte belegen das gemeinschaftliche Praxiswissen der Florentiner Kaufmannbankiers und ihrer Augsburger Geschäftsfreunde. Wenn Francesco Naldini und Lionardo Spina den Vertretern der Welser oder der Rem mögliche geschäftliche Verläufe für den Kontenausgleich minuziös auseinandersetzten, stießen sie auf das nötige Verständnis. Den in den vorigen Kapiteln dargestellten bilateralen Kooperationen unterlag ein ebenso dichtes wie komplexes kommunikatives Netz, in dessen Persistenz die fälligen koordinatorischen Leistungen erbracht wurden. Allerdings konnten solche Operationen auch unbefriedigend verlaufen oder gar fehlschlagen. Die Bewertung eines Transaktionsverlaufs, welche Lionardo Spina am 20. Mai 1526 gegenüber der spanischen Faktorei der Welser artikulierte, schildert eine abgewickelte Wechseltransaktion: 119 120 121

Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 357. Vgl. Gascon, Grand commerce; Kapitel III. Westermann/Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch, S. 360.

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Abbiamo la vostra de 25 di m(ar)zo e p(er) essa inteso che paghasti q(uan)to vi traemo in fiera di Vilalon e p(er) valervj c[i] avete t(ut)to su q(uest)a f(ier)a ∇ 1865 3⁄7 in 3 partite a[v]utj a [mrs] 329 p(er) ∇ abbiamo lj paghatj e postj a n(ost)ro chonto e vi àn(no) parj e altt(r)o no(n) s’à dirne salvo che c[i] avete s(er)vitj molto male[.] altrj c[i] ànno trattj a [mrs] 339 e voj a 329[.] bisogna abbiamo pacienza[.] noj aremo altra chura delle chose vostre e delle [[lettere]] de vostrj magg[i]orj che no(n) avete delle nostre[.] pure chrediamo abbiate fatto ill meglio avete potutto.122

Der auf der Messe in Villalón tätige Faktor hatte offenbar einen für die Salviati wenig attraktiven Kurs genutzt, obschon sich im Verlauf der Messe ein weitaus besseres Wechselverhältnis für weitere Geschäfte ergeben hatte (altrj c[i] ànno trattj a [mrs] 339 e voj a 329). Mit dem belehrenden Verweis auf die notwendige Geduld im Wechselhandel (bisogna abbiamo pacienza) verband Spina eine scharfe Kritik am Verhalten der Korrespondenten (c[i] avete s(er)vitj molto male). Er qualifizierte das gewünschte Vorgehen mit der Sorgsamkeit (chura), die im Umgang mit den Wechseltransfers zu walten habe (noj aremo altra chura delle chose vostre e delle [[lettere]] de vostrj magg[i] orj che no(n) avete delle nostre). Dennoch schloss er versöhnlich, denn die pragmatische Fortführung der Geschäfte musste sein wichtigstes Anliegen sein (pure chrediamo abbiate fatto ill meglio avete potutto). Zunächst griffen die Salviati nicht mehr auf Geschäfte mit der spanischen Welser-Faktorei zurück. Dann aber, im Juni 1529, suchten sie deren Kooperation, um einen Transfer von 10.000 scudi di sole nach Medina del Campo zu einem hohen Kurs zu realisieren. Indes schränkte Lionardo Spina in seinem Schreiben ein, dass die Transaktion an die günstigen Kursverhältnisse gebunden sei. Bei der Abwicklung des Wechsels zu den erwarteten Sonderkonditionen sollten die Welser überdies darauf verzichten, andere Wechselpartner einzuweihen (ma notate che no(n) vogliamo fidate el nostro a bancho nessuno ne vogliamo chonoscere a l(e)tt(era) che voj p(r)eghiamvj).123 SNS, AS, I, 493 (L CopLett HH), c. 8r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Medina del Campo, 20.5.1526: Wir haben Euren (Brief) vom 25. März und durch diesen haben wir verstanden, dass Ihr bezahlt habt so viel, wie wir auf Euch gezogen haben in der Messe von Villalón, und um zu bezahlen habt Ihr für diese Messe 1.865 3⁄7 scudi di marchi in drei Partien zu 329 maravedís per scudo. Wir haben gezahlt und auf unser Konto gesetzt und dabei sind sie gleich gesetzt [pari] und anderes gibt es dazu nicht zu sagen, außer dass Ihr uns (damit) schlecht geholfen habt. Andere haben auf uns trassiert zu 339 maravedís und Ihr (nur) zu 329. Wir müssen Geduld haben. Wir haben andere Sorge um Eure Dinge und die Briefe Eurer Maggiori, welche Ihr nicht für unsere habt. Dennoch glauben wir, dass Ihr das Beste getan habt, was Ihr vermochtet. 123 SNS, AS, I, 496 (L CopLett I), c. 69v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Medina del Campo, 4.6.1529: Amicj carissimj[.] sono più annj no(n) v’abiamo scripto[.] questa p(er) dirvi che vorremmo sendo possibile che d(i) su cotesta fiera di maggio ci traessj qui p(er) la fiera d’aghosto prox(i)ma sino alla som(m)a di 𝛻 xM d’(or)o di Re quel potrete avendo p(er) lo mancho 365 mrs per 𝛻 ho più[.] se più potrete[.] ma se no(n) havete 365 mrs p(er) 𝛻 no(n) vogliamo che trat[t]ate e sse no(n) potessi farlo d’essa som(m)a d(i) 𝛻 xM fatelo di quello potete sino a detta som(m)a[.] alle vostre lett(er)e lettere [!] daremo bonissimo conp(imen)to[.] li danarj che p(er) esse tratte farete[.] vogliamo cene facciate che reditt(o)rj e li reduchiate jn d(anari) cont(an)t(i) ghuardandoneli in chossa che vi s’ordinerà poj in tenpo quello n’arete a fare[.] ma notate che no(n) vogliamo fidate el nostro a bancho 122

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Eine dabei eingesetzte Formulierung nimmt Bezug auf das „Vertrauen“ (fede, confindentia, fidate), das die Salviati hinsichtlich eines optimierten Vorgehens in ihre Adressaten setzten.124 Charakteristisch dabei ist die Reziprozität von fede, welche auch gegenüber den Korrespondenten ausgedrückt wurde. Ein Brief vom 14. Mai 1520 an die Faktorei der Welser in Antwerpen illustriert die Gegenseitigkeit des Vertrauens im Zusammenhang mit einem Wechseltransfer, bei dem die Salviati als Auftraggeber erschienen und daher auf die günstige Validierung der Welser angewiesen waren: […] sopra di noy v’abiano tratto p(er) lj 21 di giugnyo p(r)ox(i)ma ∇ 2000 di 66 a g(ross)i 68 1⁄8 in P(ie)ro Palavisino … [[lacuna]] Cataro et F(rancesc)o Palavis(i)nj avutj da Paulo e Aghustino de’ Grimaldj e ∇ 71 23⁄66 di 66 a g(ross)i 69 in Bart(olome)o de’ Soldanj (c)hontj a nnoj (c)he vi piacea farne promessa e al tenpo pagham(en)to (c)honporre a (c)honto del detto Piero [[Spina]] al quale haviamo iscriptto (c)he vene facc[i]a la p(r)ovi(si)o(n)e di (c)hontantj (c)hostj[.] pensiamo (c)he farà a ognj modo qvando no’ llo facessj qvello (c)he alt(r)o vi man(c)herà p(er) luj ve ne valete da noy p(er) fiera d’aghosto (c)he ne ànno boni(ssi)mo (c)honpim(en)to e (c)home si dice sopra di noj vantagiandolo il poxibile (c)home è la fede (c)he s’è avuta in voj senpre[.] p(er) avixo.125

Der Autor des Briefes legt Nachdruck in seine Ausführungen, zumal die Salviati den Wechseltransfer für Piero Spina in einer Dreickskonstellation tätigten (pensiamo (c)he farà a ognj modo qvando no’ llo facessj qvello (c)he alt(r)o vi man(c)herà p(er) luj ve ne nessuno ne vogliamo chonoscere a l(e)tt(era) che voj p(r)eghiamvj[.] jn t(ut)to ci vantaggiate diamo a voj qu(es)ta chomessione[.] p(er)chè pensiamo saremo megl[i]o serviti p(er) vostre mane che p(er) altre per la fede che abyamo jn voj[.] del seghuito vi piac(erete) avix(are) etc. 124 Vgl. Gorißen, Der Preis, S. 103: „Das Ausmaß dieses Misstrauens, die Frage, wann ein Handelnder das Vertrauen auf die Erfüllung seiner Handlungserwartungen durch den Partner verliert, ist immer auch abhängig von der jeweiligen individuellen Persönlichkiet der misstrauenden Person.“ – Diese esoterische Sichtweise trifft nur bedingt zu; das Vertrauen im Zusammenhang mit Wechselgeschäften bemaß sich an der Routine im Vorgehen (Abwickeln der Wechsel mit optimierter Bevorteilung) und der Intensität von Geschäftsbeziehungen. Die Erfüllung von Handlungserwartungen richtete sich auf das Handeln selbst; durch die Verknüpfung von Vertrauen und Wissen bzw. durch die moralische Deutung von Vertrauen wurde erfolgreiches Handeln / das Scheitern des Handelns einer Person zugerechnet. Misstrauen im Fernhandel gab es gewiss, aber primär war es ein pragmatisches Misstrauen. Insofern war das in das Gegenüber gesetzte Vertrauen keine Frage „individuelle(r) Verhaltensmuster“, wie Gorißen zurecht feststellt: ebd., S. 104. 125 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 195v–196r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 14.5.1520: Auf uns haben sie gezogen zum kommenden 21. Juni 2.000 scudi zu 66 (scudi per marco d’oro) zum (Kurs von) 68 1⁄8 grossi (per scudo) zugunsten von Piero Palavicini […] Cataro e Francesco Palavicini eingenommen von Paolo e Agostino de’ Grimaldi und 71 23⁄66 scudi zu 66 (scudi per marco d’oro) zum (Kurs von) 69 grossi (per scudo) zugunsten von Bartolomeo de’ Soldani, gerechnet auf uns, dass es Euch gefalle, die promessa zu machen und zum Termin die Zahlung auf das Konto des besagten Piero Spina zu setzen, an den wir geschrieben haben, er solle Euch die Provision [provisione] dort in Bar zahlen. Wir denken, dass er es auf jeden Fall machen wird; wenn er es nicht gemacht haben sollte, so dass anderes Euch noch fehlen wird, (dann) zahlt [valete] für ihn von uns zur Augustmesse, dass (die Zahlungen) gut erfüllt [bonissimo chonpimento] werden und, wie wir oben sagten, dass Ihr uns um das Mögliche bevorteilt, wie es auch der Glauben [fede] ist, den Ihr immer von uns bekommen habt. Auf Nachricht.

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

valete da noy p(er) fiera d’aghosto (c)he ne ànno boni(ssi)mo (c)honpim(en)to). Im Zusammenhang mit einem vergleichsweise hohen Wechselbetrag mahnte Lionardo Spina in einem Schreiben ebenfalls die Antwerpener Welser-Faktorei im Dezember 1518: […] ∇ 7801.15.6 di 66 che vi piacerà li da 0⁄3 p(er)sona farne p(r)omesa et al tenpo paghamento e li da voj farne netto et al tenpo pasarne la schriptura chonpore al djtto chonto S et quello vienerà a manchare da noj vma lete(ra) p(er) f(ier)a di pasqua vantagiandocj il posibile chome dj voj chonfideamo et quando li p(r)ezj fuseno pure desonestj et vi pare si meglyo trare p(er) ap(er)izio(ne) a voj[.] se remete t(ut)to che siamo certissimj farete chome se a voj p(ro)p(r)i tochassj.126

Als beziehungsexterne Kategorie verweist hier Spina auf „unehrenhafte“ Preise (prezj desonestj), die einen Aufschub im Wechselgeschäft unter dem Nostrokonto apparte S würden bewirken können. Die Koordination mit den Welsern war in diesem Fall von hohem Wert, denn die Transfers im bereits häufiger zitierten Konto S dienten der Verschiebung von Kapital. Wenig überraschend spiegeln die gebrauchten Floskeln die Reziprozität im Vorgehen wider (se remete t(ut)to che siamo certissimj farete chome se a voj p(ro)p(r)i tochassj). Das Vertrauen zeigte sich als eine Konvention, die sich als eine Bezugsgröße „durch das koordinierende Handeln für das koordinierende Handeln“ artikulierte.127 Gewiss weckte der Begriff moralische Assoziationen, aber er konstituierte mitnichten eine soziale Institution. Die in laufender, vertiefter Kommunikation signalisierte Zugehörigkeit zu einer Praktikengemeinschaft und ein wechselseitig koordiniertes Verfahren, das in buchhalterische Gleichsetzung mündete, bestätigten dieses von den Briefautoren aufgerufene Vertrauen. Das Vertrauen-Haben wurde wie die anderen Handlungsanweisungen stets pragmatisch formuliert. Mit der Bemerkung, der auf den Kastilischen Messen aktive Welser-Faktor habe doch wohl, so gut es ging, gehandelt, verschob Spina das von ihm als fehlgeschlagen wahrgenommene Vorgehen in den Bereich einer vorübergehenden – doch stets einzukalulierenden – Unwissenheit als Charakteristikum der für Marktgeschehen typischen Unsicherheit.128 Ebd., c. 8v: An Barthololmäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 6.12.1518: […] 7.801,15,6 scudi di marchi zu 66 (scudi per marco d’oro), von denen es Euch gefallen mag, die promessa zu einer dritten Person zu machen und zum Termin die Zahlung und von Euch dort netto zu machen und zum Termin das Schreiben zu schicken, um (den Betrag) auf das Konto S zu buchen; für das, was noch fehlen wird, wird von uns ein Brief (kommen) für die Ostermesse, um uns mit dem Möglichsten zu bevorteilen (in dem Sinne), wie wir Euch vertrauen. Und wenn die Preise auch unehrlich [disonestj] sein sollten und es Euch (daher) scheint, es wäre besser, erst zur Apparitionsmesse für Euch die Wechsel zu schicken(, dann verfahrt entsprechend). Wenn Ihr alles bezahlt (remete), sind wir sicher, dass Ihr verfahrt, als ob es Euch selbst beträfe. 127 Diaz-Bone, Einführung, S. 30. 128 Entgegen der Auffassung von: Gorißen, Der Preis, S. 106: „Unsicherheit und Misstrauen sind zwar eine zwingende Konsequenz des Fehlens von Informationen, der Unvollständigkeit ökonomischer Verträge und der Schwierigkeiten, die Einhaltung von Verträgen zu überwachen. Das Maß an Unsicherheit hängt jedoch davon ab, inwieweit der institutionelle Rahmen innerhalb dessen sich die ökonomischen Transak126

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Die Verknüpfung von Wissen und Vertrauen wird deutlich in einem Brief, den Lionardo Spina an die Geschäftsfreunde Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co in Venedig schickte. Darin warnte er vor den römischen ‚Verhältnissen‘: Et mandando cont(an)ti a Roma la som(m)a vi dice no(n) ci achade vi rimettiate p(er) canbio niente anzi del res(t)ante li rimettete nelli altri luoghi che in questa [[lettera]] si dice dove più ap(r)esserà[.] t(ut)to vedete vantaggiarcj come jn voj s’à fede (e) abbiate l’ochio di chi fidare di q(ues)to[.] vi paghiamo molto e in la messa delli scd vedete vantagiarci (e) p(er) g[i]ornata ci date avixo del seghuito e sperate seghuire[.] iscrivete p(er) ogni posta (e) no(n) manchate chredere el t(ut)to chonducha.129

In der Folge führt er näher aus, dass in Rom die Papstbankiers Bernardo Bracci & Co sowie die süddeutschen Kaufmannbankiers Bartholomäus Welser & Mitverwandte als Wechselkorrespondenten zur Verfügung stünden.130 Hierbei lässt sich klar erkennen, dass die Kategorie des „Vertrauens“ einer pragmatischen Vorgangsorientierung in einem Koordinierungsprozess unterlag und keine Ressource darstellte. Die Logik der Buchführung Am 3. Jaunar 1522 verfasste Lionardo Spina ein Schreiben an die Faktorei der Welser in Antwerpen, um das von den Salviati geführte Konto Piero Spinas auf der Grundlage von initiierten Wechseltransfers nach dem Abschluss des Messehandels in Antwerpen auszugleichen: P(er) chontto dj Piero Spina sop(r)a di noy v’abiamo t(rat)to p(er) dj vltt(i)ma del p(r)esente ∇ 855 1⁄20 di 66 a g(ross)i 72 p(er) ∇ jn Nic(col)ò Bonvisj e co avutj d’Antt(oni)o (e)

tionen vollziehen, in der Lage ist, nicht vorhersehbares opportunistisches Verhalten einzuhegen und einen stabilen ökonomischen Austausch zu ermöglichen.“ – Die Deutung von Vertrauen als „Institution“ im Sinne der Institutionenökonomik bezieht Stefan Gorißen Punkt für Punkt von: Martin Fiedler, Vertrauen ist gut, Kontrolle ist teuer: Vertrauen als Schlüsselkategorie wirtschaftlichen Handelns, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), S. 576–592. – Die interfirm Kommunikation ist kein Gegenstand der Transaktionskostentheorie; Vertrauen ist in dieser Interpretation auch keine „Ressource“. 129 SNS, AS, I, 492 (L CopLett H), c. 138r: An Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co, Venedig, 4.4.1527: Indem wir den Betrag in Bargeld nach Rom schicken, sagen wir Euch, dass nichts anderes vorfällt. Ihr überweist Euch per Wechsel nichts weiter als den restlichen (Betrag). Den überweist an andere Orte, denn in diesem Brief sagen wir, wo man (den Empfang) am besten behandeln wird [apresserà]. Dies alles seht, um uns zu bevorteilen [vantaggiarcj], wie wir in Euch Vertrauen [fede] haben; und habt ein Auge darauf, wem Ihr dort vertraut [fidare] dabei. Euch bezahlen wir viel und bei der Eingabe [messa] von scudi seht, uns zu bevorteilen. Für den Termin [giornata] gebt uns Avvis über das Folgende und hofft auf das Folgende. Jede (einzelne) Post [posta] schreibt und fehlt nicht zu glauben, dass alles durchgeführt wird. 130 Ebd.: scordava dirvj a Roma avete a rimettere a B(er)nardo B(r)acci (e) c(ompagni) [a] Anversa a B(ar)t(olome)o Belzeri (e) c(ompagni) a L(on)dra a B(er)nardo Ughuccionj (e) Vic(to)rio Vinaccessi (e) c(ompagni) qui a nnoj in c[i]ascuno logho a n(ost)ro ordine.

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

Lodovicho Buonvisj e co / et ∇ 1013 37⁄60 di 66 al p(rezz)o in Nicc(ol)ò Morvellj et chomp(agni)a avuttj da Michelj et Parensj in t(ut)to / ∇ 1868 2⁄3 di 66 che vi piacerà farne p(r)omessa et al tempo pagham(en)to chonporre a detto chontto et quello che p(er) luj vi mancherà da noy[.] ve ne vallette p(er) fiera p(r)ox(i)ma d’apparizione vantagiandolo il possibile chome in voy se chonfida e t(ut)to chome se dice sop(r)a dj noy.131

Bei diesen Operationen sollte die Antwerpener Welser-Faktorei die größtmögliche „Bevorteilung“ des genannten Kontos erreichen (vantagiandolo il possibile) und alle Vorgänge darin zusammenstellen, um es zu balancieren (vi piacerà […] chonporre a detto chontto et quello che p(er) luj vi mancherà da noy). Hierfür erklärte Spina das nötige Vorgehen und bekräftigte sein Vertrauen, dass der Welser-Vertreter genauso handeln würde, als wären es die Salviati im umgekehrten Fall (ve ne vallette […] vantagiandolo il possibile chome in voy se chonfida e t(ut)to chome se dice sop(r)a dj noy). Das Denken, das diesen Ausführungen unterlag, war das Denken in der Logik des Kontenausgleichs. Ihm haftete eine reflexive Komponente an, die im Koordinierungsprozess als ein Vorgehen in „konventionalisierten“ Formen zum Ausdruck kam. Die Koordinierung erhielt ihre Impulse aus der prozessualisierten Datenverarbeitung der Buchführung. Die Verknüpfung der Variabilität von Bewertungen mit dem Rechnungsvorgang erzeugte die abstimmende Kommunikation zwischen den Unternehmen. Die Salviati zogen auf Antwerpen einen Betrag, der dort höher bewertet werden musste als die Summe, die von Antwerpen nach Lyon zurückgezahlt werden sollte. Wenn also die Verbindlichkeiten der Salviati-Gesellschaft in Lyon um einen gewissen Betrag die Forderungen gegenüber den Geschäftsfreunden in Antwerpen überwogen, so bedeutete dieses Ungleichgewicht zugunsten der realisierten Einnahmen einen Gewinn. Das dazugehörige Konto glich der Buchhalter der Salviati aus, indem er diesen Überschuss dem Vorteilskonto gutschrieb. Das explizierte Vertrauen verwies dementsprechend auf die Koordinierungsleistung im Prozess des Buchführens.

SNS, AS, I, 475 (L DebCred EE), c. 81: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 3.1.1522: Auf das Konto von Piero Spina auf uns [sopra di noy] haben wir auf Euch trassiert für den letzten Tag des gegenwärtigen (Monats) 855 1⁄20 scudi zu 66 (scudi per marco d’oro) zu 72 grossi per scudo für Niccolò Buonvosi & Co, eingenommen von Antonio e Ludovico Buonvisi & Co / und 1.013 37⁄60 zu 66 (scudi per marco d’oro) zum (selben) Preis für Niccolò Morovelli & Co, eingenommen von Micheli e Parensi, insgesamt / 1.868 2⁄3 scudi zu 66 (scudi per marco d’oro), wofür es Euch gefallen mag, die promessa zu machen und zum Termin die Bezahlung und (den Betrag) auf das besagte Konto zu setzen und dasjenige, was von uns für ihn [Piero Spina] noch fehlen wird. Bewertet es für Euch auf die nächste Apparitionsmesse, wobei Ihr (uns um) das Mögliche bevorteilt, wie wir in Euch Vertrauen [se chonfida] haben und alles, wie wir sagen, auf uns [sopra di noy]. – Der Eintrag im Schuldbuch ist ein kommentarloser Eintrag, dem die Problematik nicht entnommen werden kann: SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. CCXI: Piero Spina di chorte p(er) lui corrente de havere: Et addì 31 detto 𝛻 855 1⁄20 di 66 a g(ross)i 72 p(er) 𝛻 t(rat)t(e)mo p(er) lui a Brugia a Belzerj p(er) n(ost)re lett(er)e p(er) dì 30 di gennaio p(r) oximo in Nicholò Buonvixj e conp(agni)a p(er) la valuta da Buonvixj dar(e) a libro di fiere [a c.] 36 a entrata [c.] 21 cassa avere in q(uest)o. 131

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In einem Schreiben, das Lionardo Spina am 2. Dezember 1519 an die Zentrale der Gesellschaft der Gebrüder Rem richtete, markierte der Autor das erforderliche Vorgehen: Restacj circha ∇ 350 di vo(st)ro che p(er) andare al p(r)esente e (c)hanbj si bassj p(er) Fiand(r)a non li rimetteremo anzi in (c)hontantj li mandaremo iij ∇ d(i) sole a vo(st)rj d’Anv(er)zia e (c)holla p(r)ima altra vi manderemo e vo(st)ro conto e saldo e parj[.] p(er) aviso.132

Er stellte die Handlungsanweisung unter das buchhalterische Gebot, den Ausgleich herbeiführen zu wollen. Dieser Befund zeigt, dass die Logik der insinuierten Handlung der Buchführung folgte. In der Buchführung galt das Grundprinzip des am Ende einer Rechnungsperiode gleichgesetzten Kontos – unter dem Strich hatte die Null zu erscheinen. Dieses Prinzip der Saldierung gehörte nicht nur zum (selbstverständlichen) Wissensbestand der merkantilen community, sondern es konfigurierte den fortlaufenden Erwerb spezialisierten Wissens – es bedingte die Expertise des um Nuancen moderierten und modifizierten Handelns. Die buchhalterische Denkfigur findet sich exemplarisch in der Musterbuchhaltung des zitierten Matthäus Schwarz, deren Inhalt aus dem Jahr 1516 stammt: Das schuldbuch vergleicht sich ainer wag; das nennen die walchen [[d. h. die Italiener, H. L.]] bilanza. In disem buch werden alle creditores vnd debitores gehalten. Vnd diß Schuldbuch ist nun also geformirt […] das ein jedes plat zwo seitten hat vnnd so das buch offen vor dir ligt vnd du sichst das buch an vnd nit das buch dich, so ist die seitten gegem hertzen die lingk seitten: Soll mir, das ist als vil zu dir zum hertzen. Die ander seitten haist von dir vom hertzen, diß ist die gerecht seitten vnnd haist: Soll ich. Also hat die wag auf jeder seitten ain schalen vnd in der mitt ain kloben, So man gewicht vnd wahr auflegt vnnd du steest vor der wag vnd das der tail gegem hertzen furschlecht, so haist es: Mir soll. So leg ich alßdann souil gwicht auff die recht seitten bis der klob inn steet, so haist es: Soll ich; so ist das gwicht gleich vnd verricht. Das haissen die walchen saldo.133

Diese Ausführungen zeigen, dass Matthäus Schwarz die gleiche Wahrnehmung von Buchführung und deren Prozessualität hatte, wie sie in den zitierten Briefen der Salviati in Lyon erscheint. Ein weiteres Schreiben von Lionardo Spina an die Faktorei der Welser in Antwerpen vom 8. Januar 1527 exemplifiziert die enge Anlehnung der brieflichen Formulie-

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 130: An Endres Rem & Gebr., Augsburg, 2.12.1519: Es bleiben uns übrig circa 350 scudi von Eurem [Konto], so dass wir, um zum Gegenwärtigen überzugehen, so niedrige Wechsel auf Flandern nicht überweisen und ferner sie in Bargeld schicken, [nämlich] 3 scudi di sole, an die Eurigen in Antwerpen; und mit der Prima schicken wir Euch einen weiteren (Brief = die Seconda) und Euer Konto [wird dann] saldiert und gleich gesetzt (parj) sein. Auf Avvis. 133 Weitnauer, Venezianischer Handel, S. 180 f. 132

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

rungen der einzelnen Handlungsanweisungen und Bewertungsvorgänge an den Verlauf der Buchführung: Seghue in Anv(er)sa a B(ar)tolomeo Belzerj (e) c(ompagni) di chontro: Siamo a dì viij detto sino q(ui) è chopia d’altra[.] sc(riviamo)vi al di si monstra no(n) l’avendo a[v]uta[.] servitevj di q(ues)ta chopia che el detto s’aferma et ne dette diservircj dal tirare q(ui) p(er) fiera d’ap(ar)izione avendo grossi 85 p(er) ∇ di m(archi) et rimettete a Vinezia p(er) uxo dando sino a grossi 79 p(er) duchato (h)o a p(r)ezi raghuagliatj chome jn detta chopia si dice et no(n) possendo farlo a detti p(r)ezzi ho ragguagliati siamo chontentj a lagharvj detta chomessione c[i]oè che tratate q(ui) avendo grossi 84 p(er) ∇ di m(archi) e diate sino a grossi ottanta p(er) duc(a)to p(er) Vinegia ho a p(r)ezi raghualiati e fatelo della som(m)a che in detta chopia si dice di ∇ iiijM (h)o quel potrete sino a detta som(m)a vantagiandocj in t(ut)tochome abia(mo) fede in voj. […] Si arete potuto trar q(ui) a g(ross)i 86 (e) chonvertirlj in ∇ di sole di Francia ch(e) no(n) vi chostino più di g(ross)i 88 p(er) ∇ di sole (h)o p(r)ezi raghuagliatj[.] l’arete fatto (h)o farete della som(m)a si dice in detta chopia di ∇ viijM (h)o quel potrete sino a detta som(m)a e qualj ∇ di sole ci manderete p(er) chorrierj sichuri in 2 / o / 3 /o / 4 volte chome parrà a voj che venghino jn poste[.] in t(ut)to vi p(r)eghiamo siamo vantagiati (e) avix(ati) del seghuito.134

Im dazugehörigen Kontokorrent von Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen im Libro debitori e creditori H ist der hier beschriebene Transfer unter di con-

SNS, AS, I, 493 (L CopLett HH), c. 50r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 4.1.1527: Es folgt in Antwerpen die Gegenpartie auf Bartholomäus Welser & Co: Wir haben am 8. [des laufenden Monats] bis hierher die Kopie eines anderen [Briefes]. Wir schreiben Euch zum Beleg (si monstra), weil wir keinen [Brief] von Euch haben. Bedient Euch dieser Kopie, dass das Besagte bestätigt und gegeben ist für unser Instrument zum Wechsel auf [Lyon] zur Apparitionsmesse mit [dem Kurs] von 85 grossi per scudo di marchi und überweist nach Venedig per uso bei [einem Kurs] von bis zu 79 grossi per ducato oder für ähnliche Preise, wie man in besagter Kopie sagt; und wenn Ihr es nicht zu besagten Preisen oder ähnlichen [Kursen] machen könnt, sind wir [auch] zufrieden, um Euch die besagte Kommission zu geben (lagharvj), das bedeutet, dass Ihr hierher wechselt mit [einem Kurs von] 84 grossi per scudo di marchi und gebt bis zu 80 grossi per ducato für Venedig oder ähnliche Preise und macht es für den Betrag, der in der besagten Kopie benannt ist mit 4.000 scudi (di marchi) oder was Ihr vermögt bis zur besagten Summe, indem Ihr uns bevorteilt in allem, wie wir Vertrauen (fede) in Euch haben. […] Wenn Ihr hierher zu 86 grossi [per scudo di marchi] den Wechsel ziehen und in französische scudi di sole wechseln (chonvertirlj) könntet, so dass sie nicht mehr als 88 grossi per scudo di sole kosten oder zu vergleichbaren Kursen (prezi), [dann verfahrt so]. Ihr werdet [so] verfahren oder es für den Betrag aus besagter Kopie über 8.000 scudi di marchi machen oder wieviel Ihr könnt bis zu besagtem Betrag; und jene scudi di sole schickt uns durch sichere Kurriere in 2, 3 oder 4 Portionen (volte), wie es Euch mit der Post [richtig] erscheint. Insgesamt bitten wir Euch, dass wir bevorteilt werden und dass Ihr Avvis über das Folgende gebt. – Dieser Bargeldtransfer erklärt sich zum Teil daraus, dass in Lyon (überhaupt außerhalb Italiens) eine starke stretezza für danari herrschte, wohingegen südlich der Alpen eine ungewöhnliche larghezza dominierte, ebd.: Ierj fumo a chanbi e d(anari) p(er) t(utte) parte fuor che p(er) Italia[.] in p(r)incipio fur[o]no strettissimj et p(er) Italia larghissimj[.] p(er) chostj montorno fino a g(ross)i 93 essi conto a g(ross)i 90 restono (h)ora a g(ross)i 88 L(on)dra 57 Villalo(n) 380 V(alenci)a 21.4 Sib(illi)a 370 Fi(ren)ze 56 Roma 55 3⁄4 Napo(li) 63 1⁄4 V(enez)ja 63 3⁄4 P(aler)mo 23 1⁄2 e p(er) t(ut)te parte sono poj abasatti però questo e chome si sono chontj. 134

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tro, als Kontrapartie, eingetragen.135 Damit entspricht das diskutierte Vorgehen der wag-Metapher des Matthäus Schwarz. Die Erörterung der Kommunikationsschritte beim Anberaumen eines Transfers, der sowohl den Grundlagen der ‚Bevorteilung‘ als auch dem Kontenausgleich folgte, illustriert die engmaschige Koordination, die unter dem Handlungspräskript der Buchführung in Gang gesetzt wurde. Die hier genutzten Wechsel gehorchten den Prinzipien der Buchführung, wonach zunächst Forderungen erwuchsen, die anschließend durch passende Verbindlichkeiten ausgeglichen werden mussten. Dieses Prinzip lässt sich an einem Konto der Faktorei Bartholomäus Welsers & Mitverwandte in Antwerpen von der Allerheiligenmesse 1521 zeigen. Im Nostro-Konto apparte verarbeiteten die Salviati einen Wechseltransfer, den sie für Piero Spina durchführten. Dabei trug der Buchhalter eine als Kredit eingesetzte Rimesse von 5.178,9 scudi di marchi zum Kurs von 71 1⁄2 Groschen pro scudo di marchi zugunsten der Antwerpener Welser datierend auf den 31. Dezember 1521 in das entsprechende Konto ein (rim(ettem)o loro p(er) n(ost)re lettere): B(ar)tolomeo Belzeri e conp(agni)a d’Anversa p(er) n(ost)ro chonto chorrente [!] aparte deono dare in fiera di tuttj santi addì 31 di dicenbre ∇ 5178 9⁄20 di 66 rim(ettem)o loro p(er) n(ost)re lettere p(er) dì ultimo di gennaio p(r)ox(im)o da loro medesimj a g(ross)i 71 1⁄2 p(er) ∇ p(er) la valuta conti a noj a q[=] ualj traemo p(er) Piero Spina avere in questo ---------------------- [ac.] 247 lb 1542.15.– ∇ vM C.136

Die Operation, bei der nunmehr das Konto der Welser belastet wurde, wurde durch die in der Soll-Buchung vorweggenommene Tratte während der nachfolgenden Messe auf Piero Spina über 5.319,1 scudi di marchi zum Kurs von 69 3⁄4 Groschen pro scudo di marchi während der Apparitionsmesse 1522 realisiert: B(ar)tolomeo Belzeri e conp(agni)a d’Anversa p(er) n(ost)ro chonto aparte deono havere in fiera d’apparizione ∇ 5319 1⁄20 di m(arch)i a g(ross)i 69 3⁄4 p(er) ∇ p(er) loro lett(er)a da nnoi medesimi conti a loro ch(e) traxano p(er) Piero Spina di chorte dare -- [ac.] 247 lb 1542.15. ∇ vM CCCxviiij°.j.137

Dadurch, dass der Rückwechsel – die Tratte der Haben-Buchung auf das Konto der Welser – das Kursgefälle zugunsten der in Antwerpen eingesetzten Summe von 1.542,15 Pfund flämisch aus der Rimesse der Allerheiligenmesse ausnutzen konnte, ver-

Wenn ich richtig sehe, lag die Gesamtsumme des Bargeldtransfers höher, wurde aber während der Apparitionsmesse 1527 als Bareinzahlung für Wechsel eingetragen; insgesamt gingen auf das Kassenkonto 11.700 scudi di marchi: SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. CCCLV (Belastung der Kasse zugunsten des Kontokorrents von Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen). 136 SNS, AS, I, 476 (L DebCred F), c. 241. 137 Ebd., c. CCXLI. – Die Gegenbuchung zugunsten von Piero Spina: ebd., c. CCXI: Piero Spina di chorte p(er) lui corrente de havere. 135

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

buchten die Salviati einen Vorteil von 219,1 scudi di marchi (p(er) utile di questo chonto) (= 4,12 Prozent).138 Im Rechnungsbuch selbst werden nur die Transferoperationen und die eingesetzten Instrumente benannt: Tratte und Rimesse sind Objekte der Buchführung und Wechselbriefe werden als materielle Instanzen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs verwendet. Der Vorgehensmodus beim Trassieren und beim Rimettieren wird nicht thematisiert, denn er wird in der Bewertung – den Höhen der Beträge – und durch die Kursangaben repräsentiert. Er ist in der vorgelagerten Phase der Konzipierung eines Geschäfts das wesentliche Anliegen und wird daher bei der Koordinierung mit den Korrespondenten ausführlich diskutiert. Hierbei wurde die Koordinierung des Vorgehens durch ‚konventionalisierte‘ Verfahrensweisen vorgeformt. Praxiswissen, informatives Wissen und Handlungsmuster konfigurierten die Anbahnung, die Abwicklung und den Erfolg von Geschäften. Diese Beobachtungen bedeuten, dass die Buchführung den Ablauf der brieflichen Kommunikation strukturierte. Im Rahmen der raum-zeitlichen Abstraktion nach Messerhythmus und Währungsräumen mussten Schreiben als Wechselbriefe und die dazugehörigen, anweisenden und kommentierenden Briefe versandt werden. Dabei waren briefliche Kommunikation und Transfervorgänge miteinander verzahnt. Um ein Konto führen zu können, lief eine bestimmte Art der schriftlichen Kommunikation ab, die sich an den hier zitierten Beispielen des Wechselhandels eindrucksvoll schildern lässt. Weil das zitierte Schreiben die Kontrapartie eines Kontokorrentes erfüllen musste, erschien es eben auch als speicherungswürdig, und ein Kopist notierte es im Briefausgangsbuch der Salviati. Dasselbe gilt für das zitierte Apartkonto, in dem über zwei Messen gestreckte Hin- und Rückwechsel eingetragen wurden. Diese in komplexen Abhängigkeiten gedachten Handlungszusammenhänge illustrieren die Verfeinerung und Vertiefung von Wissen für die spezialisierten Märkte des Wechselgeschäfts. Wieweit dieses durch die Buchführung bestimmt war, exemplifizieren Formulierungen, die geradezu einer Selbstartikulation der Buchführung zu entspringen scheinen. Lionardo Spina verfasste im Dezember 1533 einen Brief an die spanische Faktorei von Bartholomäus Welser & Mitverwandte, als der entsprechende Vertreter die Messe in Villalón besuchte:

138 Ebd., c. 241. – Wäre allerdings der Rückwechselkurs von 69 3⁄4 Prozent tatsächlich angewendet worden, hätten 5.308,7,1 scudi di marchi zu Buche stehen müssen; bei der notierten Umrechnung wäre ein Kurs von 69,61 Prozent gebraucht worden (also günstiger für das Welser-Konto bei den Salviati). Wäre der Kurs von 69 3⁄4 Prozent eingesetzt worden, hätte man in Antwerpen 1.545,16,3 Pfund flämisch aufwenden müssen, d. h. 3,1,3 Pfund flämisch Mehraufwand (= 10,12,6 scudi di marchi); das bedeutet: In diesen Kurs wurden zwei Promille als Wechselkommission eingerechnet und von der Welser-Faktorei in Antwerpen einbehalten. Der Libro debitori e creditori F weist diese Gebühr nicht aus, weil sie im „Eigenhandel“ des Messebuches „versteckt“ ist. Dieser Vorgang ist das vantaggiare, das bei den Wechseltransfers in den Briefen bei Wechseln auf ein Nostro-Konto angesprochen wird.

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[…] per uno nostro conto apparte v’abbiamo rimesso a Villalón per 1⁄2 quaresima prossima scudi 3496 1⁄8 a mrs 354 per scudo con 7 per M da Lesmes de Astudillo per nostra lettera, la valuta abiamo dato da questj vostri farà con questa prima di cambio. fate di avere promessa e paghamento ponendo a detto nostro conto aparte e avisate. Al incontro per detto conto v’abiamo tratto per detto tempo […] scudi 3496 1⁄8 che vi piacerà farne promessa e pagamento ponendo a detto nostro conto aparte quale abiamo fatto per acchomodare amici e chome vedete lo abiamo pari.139

Die Wechseltransfers und Zahlungsvorgänge wurden mit Hinweisen zur Kontenführung und zur entsprechenden rückversichernden brieflichen Kommunikation verknüpft. Die Formulierungen der Kontoführung lassen sich, wie oben belegt, im Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aufgreifen.140 Lionardo Spina verfasste am 7. Oktober 1522 einen Brief an die Welser in Antwerpen, wobei er in seiner Argumentationskette das Ziel der Gleichsetzung mit der Abrechnung unter einem Nostro-Konto verkoppelte: P(er) chonto n(ost)ro chorre(n)te habbiamo acho(n)cio le lb 14.θ.10 d(i) g(ross)i p(er) resto del cho(n)to di tenpi et p(er) valuta d’essj n’avete rim(esso) ∇ 48 16⁄17 contj a voj a g(ross)i 68 7⁄8 in più som(m)a ch(e) se n’è pax(a)to la scriptura et p(er) tal cho(n)to restiamo parj.141

Der acconcio (tosc. achoncio < acconciare = „regeln“, „zurecht machen“) bezeichnete den Vorgang, in dessen Zuge ein Konto organisiert wurde. Alle Transfervorgänge, die SNS, AS, I, 514 (L CopLett L), c. 117v: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Villalón, 22.12.1533: Auf ein für uns geführtes Apartkonto haben wir nach Villalón zur kommenden Mittfastenmesse 3.496 1⁄8 scudi zu einem Kurs von 354 maravedís per scudo und einem Aufschlag von sieben Promille von Lesmes d’Astudillo durch unseren Brief remittiert. Den Wert haben wir gegeben. Von Eurer hiesigen Faktorei stellen wir mit diesem Brief die Prima des Wechsels aus. Macht, dass Ihr die Zahlungszusage habt und die Bezahlung erhaltet, indem Ihr diesen Vorgang auf unser Apartkonto setzt und Nachricht gebt. Im Gegenzug haben wir auf die nämliche Messe 3.496 1⁄8 scudi gezogen, von denen es Euch gefallen möge, die Zahlungszusage zu machen und die Bezahlung zu tätigen, indem Ihr auf besagtes Apartkonto, welches wir eingerichtet haben, um Freunde zu akkomodieren, diese Beträge setzt. Und wie Ihr seht, haben wir das Konto gleich gesetzt. 140 Auch wenn bezweifelt werden kann, dass das Kaufmannsnotizbuch für ein „größeres“ Publikum geschrieben wurde (ich glaube sogar an maximal eine unternehmensinterne Leserschaft), ist es aber doch Ausdruck intensiver Beschäftigung mit handelspraktischen Vorgehensweisen, und ihm ist das Verfahren der Buchhaltung eingeschrieben; Matthäus Schwarz gibt also eher wieder, was er gelernt hat, weniger, was er lehren wollte: vgl. Lang, Wissensdiskurse, S. 156 f. 141 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 117r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 7.10.1522: Auf unser Kontokorrent haben wir die 14,0,10 libre di grossi für den Rest des Zeitkontos eingefügt (achoncio) und für dessen Bezahlung habt Ihr 48 16⁄17 scudi di marchi überwiesen, gerechnet auf Euch zu 68 7⁄8 grossi [per scudo di marchi] in mehreren Beträgen, welche gemäß dem Schreiben erledigt sind, und auf dem solchen Konto sind wir gleich gesetzt (parj). – Die Gleichsetzung von Konten war ein wesentliches Anliegen, wie auch das folgende Zitat illustriert, SNS, AS, I, 493 (L CopLett HH), c. 54r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 15.1.1527: Avestj p(r)omessa (e) pagamento del t(ut)to el rimessovj la pax(a)ta fiera d’aghosto (e) p(er) quello a punto vi avanzava ci avete rim(ess)o su q(ues)ta f(ier)a 𝛻 1534 9⁄20 p(er) l(etter)a di Giovan Charlo Afettatj da Panciatichi che se n’è a[v]uto p(r)omessa p(r)ochurerassi al paghamento conporre a detto conto v(ost)ro quale come verrà parj. 139

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

unter ein bestehendes Konto zu fassen waren, ordnete der Buchhalter ein, bevor er zum Saldieren schritt – im Gegensatz zu einem Konto, das erst durch die Aufnahme von Transaktionen eröffnet wurde (comporre). Diese Differenz erwies sich als erhebliches Moment, da zumeist mehrere offene Konten innerhalb einer Geschäftsbeziehung genutzt wurden – je nachdem welcher Natur die jeweiligen Elemente der Schuldverhältnisse waren. Am 13. Februar 1520 richtete Lionardo Spina an die Unternehmung Endres Rem & Gebrüder in Augsburg ein Schreiben, worin ein Personenkonto infolge eines Transfers von acht Silberbarren als nicht ausgeglichen charakterisiert wird: Noy ricevemo li 8 panj d’argiento mandatocj qv(est)a fiera e cielj siamo (c)hontj p(er) no(st)rj amicj a lb 13 1⁄4 t(ornes)i p(er) danarj cont(an)ti mandavisene. jn questa il chonto saldò (c)home p(er) esso vedere possete. montavj li dittj argientj lb 4081. ß 16. d 8 t(ornes)i vi si fate detto (c)honto e stando a dovere (c)home noj l’achonc[i]ate e avix(a)te[.] abiamocj (c)honto dettj argientj p(er) el p(r)ezo (c)he li più si sono venditj.142

In der Anlage lieferten die Salviati das Konto, auf dem der Transfer verrechnet wurde, und erklärten, dass es nach der turnusmäßigen Saldierung ausgeglichen werden müsse. Hierfür gab es die entsprechenden Verkaufsposten, so dass der Buchhalter in Augsburg die Belege zusammenfügen und das Konto gleichsetzen sollte. Während die Logik der Buchführung nach der Balancierung strebte, blieben in der Praxis Konten nicht selten offen oder wurden mit anderen Posten gedeckt (vgl. die Abrechnungspraktiken im Levantehandel: Kapitel V.1). Während des Antwerpener Pfingstmarktes 1527 entstand der Antwerpener Welser-Faktorei durch eine deposito-Buchung zulasten von Lazarus Tucher eine Verbindlichkeit über insgesamt 5.346,10 scudi di marchi (presi per noi in deposito)143, die nicht ausgeglichen werden konnte, als Lionardo Spina dem Faktor am 29. Juli mitzuteilen wusste: Al incontro v’abiamo fatto rimett(er)e da V(enez)ja da li Strozzi p(er) detto n(ost)ro conto duc 2442 23⁄24 a g(ross)i 72 p(er) ∇ in diversi tenpi p(er) div(er)se lett(er)e che l’avevi a[v]ute[.] arete p(r)ochacciato d’averne p(r)om(ess)a (e) paghamento delli da a⁄3 p(er)sona delli da voj achonciòne la scriptura (e) fattocene creditori.144

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 177r: Wir haben die 8 Silberbrote empfangen, die uns auf diese Messe geschickt worden sind, und sie sind berechnet bei unseren Freunden zu 13 1⁄4 livres tournois in Bargeld, was geschickt worden ist. In diesem [Brief] ist das Konto saldiert wie Ihr durch [den Kontoauszug] sehen könnt. Die besagten Silber[brote] kosten 4.081,16,8 livres tournois, und Ihr macht Euch das entsprechende Konto, und es steht im Soll wie wir, was Ihr berechnet (achonciate) und gemeldet habt. Wir haben für uns das Konto des besagten Silbers für den Mehr-Preis, für den die Silber[brote] verkauft worden sind. 143 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. CCCCXL (1527.1). 144 SNS, AS, I, 493 (L CopLett HH), c. 102r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 29.7.1527: In der Gegenbuchung haben wir Euch eingetragen[, dass Ihr] nach Venedig überweist von den Strozzi auf unser besagtes Konto 2.442 23⁄24 ducati zu 72 grossi per scudo [di marchi] an verschiedenen Terminen durch 142

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Communities of Practices und Wissensgemeinschaften

Der Brief benannte die Gegenbuchung (incontro) aus dem Welser-Konto, welche in der Ausgleichszahlung von insgesamt 2.442 23⁄24 venezianischen Dukaten von Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co bestand. Man stellte den Augsburger Geschäftsfreunden in Aussicht, dass sie über die weiteren, fälligen Rimessen unterrichtet würden (arete p(r)ochacciato d’averne p(r)om(ess)a (e) paghamento delli da a⁄3 p(er)sona delli da voj). Die Zahlungszusagen sollten sie in das entsprechende Konto eintragen und die Deckungslücke des incontro als ausstehenden Kredit der Salviati bewerten (achonciòne la scriptura (e) fattocene creditori). Der Salviati-Buchhalter notierte zum Abschluss der Ostermesse 1527 vier Einträge als Rimessen von Lorenzo e Carlo degli Strozzi & Co aus Venedig, wobei das Konto der Welser in vier Raten auf den Buchungstag 19. Juli belastet wurde.145 Der Briefautor gebrauchte die Phrasen und Begriffe, wie sie die Buchführung insinuierte. Im Rechnungsbuch standen mehrere Konten offen, die vermittels mehrerer Transfers ausgeglichen werden sollten. In der schriftlichen Nachricht formulierten die Salviati den incontro als Ziel der angestrebten Kontengleichsetzung. Die Konten mussten jeweils gedeckt werden, was in den Briefen entsprechend artikuliert wurde wie im Fall des Schreibens an die Faktorei der Welser in Antwerpen vom 13. Februar 1521: P(er) conto no(st)ro ap(ar)te G v’abiamo rim(esso) p(er) li paghamentj di a⁄2 quaresima p(er) ch(orren)te ∇ 627 7⁄8 di 66 a g(ross)i 71 p(er) ∇ p(er) lett(er)a no(st)ra da Franc(esco) Grazia sp(es)e contj a nnoj e con q(uest)i arete la p(r)ima di (c)hanbjo[.] fate d’av(er)ne p(ro)messa e pagham(en)to chonporre a tal (c)honto e quello apunto vi avanzerà e gli rimettete p(er) f(ier)a di pasqua avertendo al credere [!] che attenghono a vno ami(c)ho (c)he li stiamo della detta e vantaggiate il più posete avisando il seghuito e quando il detto Franc(esc)o Grazia no(n) li paghassi li domanderete a Alonso di Santa Ghattera p(er)chè sono sop(r)a di luj.146

Die Logik der Saldierung taktete die briefliche Kommunikation und formulierte die jeweilige Kontenzugehörigkeit. Ein Fallbeispiel aus dem Dokumentenbestand von

verschiedene Briefe, die Ihr erhalten habt. Ihr werdet Euch die promessa und die Bezahlung von einer dritten Person verschafft haben, so dass Ihr das Schreiben eingetragen und Euch die [entsprechenden] creditori gesetzt haben werdet. 145 SNS, AS, I, 490 (L DebCred H), c. 440. 146 SNS, AS, I, 475 (L CopLett EE), c. 30r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 13.2.1521: Auf unser Apartkonto G haben wir überwiesen für die Zahlungen der Halbfastenmesse für das Kontokorrent 627 7⁄8 scudi [di marchi] zu 66 [scudi per marco d’oro] zum [Kurs von] 71 grossi per scudo mit unserem Brief von Francesco Grazia, die Spesen für uns gerechnet, und mit diesem [Brief] werdet Ihr die Wechsel-Prima haben. Verschafft Euch die promessa und die Bezahlung, so dass Ihr auf dieses Konto eintragen (chonporre) könnt und was Euch genau vorzuschieben (avanzerà) sein wird; und Ihr werdet überweisen für die Ostermesse, indem Ihr über das credere benachrichtigt (avertendo), was einem Freund angehört, so dass wir dort [im credere] stehen; und Ihr bevorteilt [uns], soviel Ihr könnt, wobei Ihr das Folgende berichtet, und wenn besagter Francesco Grazia es nicht bezahlen sollte, dann fragt dafür Alonso di Santa Gattera, weil es [das Konto?] auf ihn [sopra di luj] läuft.

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co aus dem Jahr 1556 soll illustrieren, dass es sich bei den hier zitierten Formulierungen keineswegs nur um eine Eigenheit der Lyoner Salviati handelte. Die Capponi-Rinuccini-Gesellschaft kopierte sich ein Schreiben, das die Lucchesen Antonio e Redi di Lodovico Buonvisi & Co am 10. August 1556 an die Papstbankiers Redi di Luigi Rucellai & Co147 in Rom richteten: Sarete contenti pagare a voi medesimi alli 5 di settembre proximo m. cento cinquanta sette o. 3, d. 12, g. 20, cioè la metà a di 63 1⁄3 per mo e l’altra metà a di 61 per mo conti qui con questi sri Thommo Guadagni e comp. E li ponete per contra quello vi è stato rimesso da Bisanzone a nostro ordine che ce ne terremo per contenti. Nè sendo questa per altro effetto, faremo fine pregando Dio di mal vi guardi de’ quali ne seguirete la volontà de’ detti Guadagni.148

Dieser Brief fand Eingang in die besagte Sammlung, weil die Capponi-Rinuccini-Gesellschaft im Sommer 1556 die Nachfolgerin von Tommaso Guadagni & Co wurde. Die Lucchesen Buonvisi arbeiteten mit demselben buchhalterischen Konzept der Gleichsetzung. Überdies zeigt das Schreiben die Wirkung der Buchführung über die einzelne Firma hinaus, wenn die Capponi & Rinuccini die Abwicklung der Kontenbeziehung der Guadagni übernahmen. Inwieweit der Prozess der Buchführung das kaufmännische Handeln kontrollierte exemplifiziert ein Schreiben an die Antwerpener Welser-Faktorei, welches Spina am 31. Oktober 1527 verschickte: Al incontro siate creditorj di lb 5.6.6 t(ornes)i p(er) le dua peze di tela d’Olanda mandate al n(ost)ro L(ionar)do Spina (e) più di lb 11.13.4 p(er) fl 50 dat(i) a L(ionard)o Spina di che n’avete mandato vna l(etter)a dal n(ost)ro L(ionar)do[.] attendiamo ne mandiate le p(ar)tite (e) ce la saldiate apunto acciò si possino rivicitare.149

Ohne die nötigen Kontennachweise und die daraus folgende Saldierung war die Abrechnung nicht möglich (ce la saldiate apunto acciò si possino rivicitare). Als sich Narziß Lauginger im Juni 1521 in Augsburg aufhielt, erachtete Lionardo Spina es für sinnvoll, Geschäftsabläufe dorthin zu berichten. Zunächst erläuterte er den gebotenen AusGuidi Bruscoli, Benvenuto Olivieri, S. 112–117; S. 134; S. 146; S. 223. Doucet, La banque, S. 17 f., Nr. II (entspricht insgesamt einer Summe von ca. 9.800 Dukaten): Ihr seid damit zufrieden, an Euch selbst zu zahlen am 5. des nächsten Septembers 157 Mark 3 Unzen 12 Dinare 20 Gran, das bedeutet die eine Hälfte zu 63 1⁄3 ducati per marco und die andere Hälfte zu 61 Mark, gerechnet hier mit den Herren Tommaso Guadagni & Co. Und Ihr setzt dies als Gegenbuchung für das, was Euch überwiesen wurde von Besançon auf unsere Order hin, so dass wir zur Zufriedenheit wechseln. Und dies dient keiner anderen Wirkung; wir bringen [dies] zuende, indem wir Gott bitten, dass er [uns vor] Schlechtem bewahre, und Ihr folgt dabei dem Willen der besagten Guadagni. 149 SNS, AS, I, 493 (L CopLett HH), c. 115r: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Antwerpen, 31.10.1527: Bei der Gegenbuchung seid Ihr creditori über 5,6,6 livres tournois für zwei Stück an unseren Lionardo Spina geschicktes Tuch Leinwand aus Holland und mehr noch über 11,13,4 lb [di grossi?] für 50 Florin, die Lionardo Spina gegeben wurden, wofür Ihr einen Brief von unserem Lionardo geschickt habt. Wir warten, dass Ihr die [entsprechenden] Partien schickt und dass Ihr genau das saldiert, was zurückzuzahlen ist. 147 148

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gleich eines Kontos, auf dem von den Welsern beauftragte Wechseltransfers eingetragen waren: Et p(er) nostra p(r)ovisione et co(n)solatto a 3 1⁄8 p(er) M di detto vo(st)ro co(n)to siatte debitorj dj ∇ 27. ß 1.5 di m(arch)i et chosj resta questo vo(st)ro co(n)to parj[.] achonciatelo e avisate il qualle vo(st)ro mobile tantto a Napolj ch(e) Roma (e) Fierenze[.] abiamo (h)ordinato ci sia rimesso questa fiera d’aghosto p(r)ox(i)ma sbatutto la loro p(r)ovisione al qualle tempo ci darette (h)ordine qvello a seghuire ne abiamo (e) tutto jntendiamo sia chambiato sop(r)a dj noy[.] abiamo p(r)eso la voltta d’Italia pensando sia co(n) ragionevole p(r)ofitto[.] aremo caro jntendere vi tengiato [!] bene servito che vi chontentiatte.150

In einem zweiten Schritt verwies Spina auf die Wechsel, die man auf die spanischen Standorte und auf London gezogen hatte. Hierbei betonte er ebenfalls die Bedeutung der saldierten Konten: La voltta dj Sp(agn)i(a) fu p(er)fetta ch(e) come potete vedere quella di Londra fu lo p(r)ofito[.] t(ut)to no(n) se posano indivinare (e) però si chiamano chambj mandiamo jn q(uest)a le partitte salde chome l’abiamo achoncio a’ nostrj lib(r)j a fine lo posiate aco(n)giare [!] come voj avisatte l’av[u]tta (e) se stan(n)o al iusto.151

Das Prinzip der im Messerythmus ausgeglichenen Konten determinierte somit die Verwendung von Transfers. Obwohl die Geschäftstätigkeit generell nach Gelegenheit erfolgte, bestand die koordinatorische Leistung des kooperativen Handelns in der Organisation buchhalterischer Logik. Das bedeutete, dass die Buchführung nötigenfalls nach Transfers „suchen ließ“, um Konten zu saldieren. Dieser Befund lässt sich an einem Brief von Lionardo Spina an den Faktor der Handels- und Bankgesellschaft Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen exemplifizieren. Denn in diesem Schreiben, aus dem bereits oben zitiert wurde, bezog sich der Direktor der Lyoner Salviati-Gesellschaft auf die Technik der Kontenführung:

SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 55r: An Narziß Lauginger, Augsburg, 12.6.1521: Und zugunsten unserer Provision und des Konsulats zu 3 1⁄8 Promille auf Eurem Konto seid Ihr debitori über 27,1,5 scudi di marchi und so bleibt dieses Vostro-Konto gleichgesetzt (pari). Tragt dies [in Euer Konto ein] und benachrichtigt, wieviel Euer [zu investierendes] Kapital (mobile) in Neapel wie in Rom und Florenz [steht]. Wir haben angeordnet, dass es uns überwiesen wird auf der kommenden Augustmesse abzüglich der Provision zum Termin, für den Ihr uns die Order gebt. Dafür haben wir [alles] und verstehen, dass alles auf uns gewechselt werden soll. Wir haben die Welle (voltta) nach Italien genommen, weil wir glauben, dass sie mit ansehnlichem (ragionevole) Gewinn (profitto) kommt. Uns ist teuer zu wissen, ob Euch damit gut gedient ist, so dass Ihr zufrieden seid. 151 Ebd.: Die Welle nach Spanien war perfekt [vollendet = perfetta?], so dass jene nach London, wie Ihr sehen könnt, mit Gewinn war. Alles können [die Wechsel] nicht „erraten“ und aber sie nennen sich [eben] Wechsel: Wir schicken zu dieser [Messe] die saldierten Partien, wie wir sie zusammengestellt haben in unseren Büchern, damit Ihr sie [in Euren Büchern] zusammenstellt [und dann uns] über den Erhalt benachrichtigt und ob sie im Rechten (al iusto) stehen. 150

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

[…] e abiamo inteso che li vostri che tenghono li libri non sanno tenere tanti chonnti, per l’avenire si farà uno / o / ij chontj che ditte, ma qualche volta non si può fare altrimentti perchè atenghono a diversa.152

Wer sich angesprochen fühlen musste, ist ungewiss. Aber der Hinweis auf die künftige Kontenführung, bei der nach der Auffassung Spinas Konten je nach unterschiedlichem „Betreff “ (atenghono a diversa) einzurichten seien, reagierte offenkundig auf ein Missverständnis. Die briefliche Nennung der betroffenen Konten und die Charakterisierung der vorgenommenen bzw. angestrebten Transaktionen waren für die Koordinierung von geschäftlichem Handeln unabdingbar. Begreift man die schriftliche Kommunikation als Praxis einer Wissensgemeinschaft, erscheinen diese Zeilen als Element kulturellen Transfers.153 Allerdings verweisen die zitierten Erklärungen Spinas an seine Gegenüber nicht nur darauf, dass die Buchführung sich einseitig artikulierte und lediglich Mitteilungen versenden wollte. Vielmehr zeigte sich die Buchführung der Salviati anpassungsfähig. Die koordinatorischen Schreiben, in denen sich die Salviati mit den Welsern über die Modalitäten von Wechseltransfers austauschten, waren genauso Anzeichen dafür, dass die Buchführung auf die Kalkulationsvorgänge im Wechselhandel reagierte. Die Erfassung von Wechseln anhand der variablen Höhe ihres jeweiligen Betrags spielte sich an den Rändern der Berechnungslogik ab und musste in die Prozesse der Buchführung integriert werden. In dieser Hinsicht teilte der genannte Brief die Anpassungsleistung der Salviati-Buchführung an die Besonderheiten der Verrechnung von Wechselgeschäften mit. Die diskursive Koordination von Geschäftsvorgängen bewirkte die Reformulierung des Prozesses der Buchführung und somit die Erweiterung ihres Tätigkeitsfeldes.154 Diese buchhalterisch orientierte Perspektive auf das ökonomische Handeln der Kaufmannbankiers verweist auch noch auf eine weitere grundlegende Denkfigur. Wiewohl die Handels- und Bankhäuser zugleich mehrere Geschäftsvorgänge in bioder multilateralen Transfers laufen hatten, konzipierten sie ihre Geschäftstätigkeit doch bevorzugt in den Rhythmen des kurzfristigen Ausgleichs. Ihre Wahrnehmung wirtschaftlicher Erfolgsmöglichkeiten und genereller Entwicklungen konfigurierte ihr

Ebd., c. 8rv: An Bartholomäus Welser & Mitverwandte, Augsburg, 6.12.1518: […] und wir haben vernommen, dass die Eurigen, die die Bücher halten, nicht verstehen, die richtige Anzahl Konten zu führen. Für die Zukunft wird man ein oder zwei Konten halten, wie Ihr sagt. Aber manchmal kann man nicht anders verfahren, weil die Konten zu verschiedenen Dingen gehören. 153 Vgl. Schmidt, Das Gewerbebuch, S. 12 f.; vgl. Michael Werner / Bénédicte Zimmermann, Beyond Comparison: Histoire Croisée and the Challenge of Reflexivity, in: History and Theory 45 (2006), S. 30–50. 154 Vgl. Miller, The margins, S. 177. – Die hier vorgetragene Argumentation der pragmatischen Schriftlichkeit und der prozessualen Wissensaneignung bzw. -verfeinerung ist Kern der Beobachtungen, die Mark Häberlein im Sinne der Aneignung und Organisation von Wissen auf der Grundlage süddeutscher Handelsdokumente (insbesondere der Welser-Rechnungen) anstellt: Häberlein, Aneignung, S. 278–280. 152

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Handeln in kleinen (auch fragmentierten) Schritten auf die jeweilige Gleichsetzung ihrer Konten hin. Dabei wiesen die einzelnen Transfers sehr wohl spekulative Momente auf. Gerade im Zusammenhang mit den Herrscherfinanzen waren die Florentiner und die Augsburger Bankiers auf Zinsgewinne aus – und doch sicherten sie ihre Kredite durch Kreditnetzwerke ab und verrechneten Schuld, sobald es nur möglich war. Wissenstransfer Lionardo Spina übte sowohl als Kommunikationspartner in seinen Briefen und in den Geschäften der Salviati wie auch als Konsul der Florentiner natio die Funktion eines cultural broker aus.155 Er bewegte sich an diversen Schnittstellen zwischen den in Lyon tätigen Kaufmannbankiers verschiedener nationes. Unter seiner Leitung hielten sich junge Kaufmannssöhne zur Ausbildung im Kontor der Salviati auf. Im Schriftverkehr der Salviati führte er die Feder und arrangierte die geschäftlichen Aktivitäten mit Kooperationspartnern wie den Welsern. Darin ähnelte er dem Lucchesen Antonio Buonvisi (1470/75–1558), der zunächst in Antwerpen, dann in London lebte156, dem Exil-Florentiner Albizzo del Bene, der als Superintendeur an eine zentrale Stelle der Kronfinanzen aufrückte, oder dem in Lyon weitgehend integrierten Financier und Unternehmer Tommaso Guadagni. Diese Rolle als cultural broker konnte sich in den Korrespondenzen abbilden. Ein markantes Beispiel hierfür ist der Brief, den Lionardo Spina seinem Bruder Piero am 11. Juli 1528 nach Paris schickte. Darin erklärt er ihm unmissverständlich, wie er Rückzahlungen in das päpstliche Konto einzutragen hätte: Rimandateci una nota di quello dite vi mancha c’essere rinborsato per conto del Papa (h)o altro che riteneremo per esserne paghato e si procurerà ne li perdite e per l’avenire avertite come paghate e’ ‚dare‘ perchè non basterà dare di nostro ordine, ‚avere‘ paghate che sappiamo che male lo mostenessi.157

Die kontenrelevanten Daten müsste Piero Spina als Informationen reformulieren und dabei systematisch Forderungen und Verbindlichkeiten (in doppelter Buchführung) ausweisen.

Vgl. Calabi/Keene, Merchant’s lodgings, S. 340; Häberlein, Aneignung. Michele Luzzati, Art. „Buonvisi, Antonio“, in: Dizionario Biografico degli Italiani, Band 15: Roma 1972, S. 295–299. 157 SNS, AS, I, 496 (L CopLett I), c. 6v–7r: An Piero Spina, Paris, 11.7.1528: Schickt uns eine Nota von dem, was Eurer Meinung nach noch fehlt, um auf das Konto des Papstes zurückzuzahlen oder anderes, was wir noch zu zahlen haben, und man kümmert sich um die Verluste (perdite) und in Zukunft weist darauf hin, wie Ihr das Sollen (dare) bezahlt, denn es genügt nicht, unsere Anweisung zu geben (dare); auch bezahlt das Haben (avere), so dass wir wissen, ob es schlecht angezeigt ist. – Die entsprechende procura ist zitiert bei: Lang, Herrscherfinanzen, S. 505. 155 156

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Im Rahmen der Entwicklung von Geschäftskonzepten wie bei den depositi-Konten, dem Wechselverkehr und der Aufnahme von Krediten verwendete Lionardo Spina einigen Raum in der ausgehenden Geschäftspost, um seinen Kooperationspartnern und potentiellen Anlegern die Zusammenhänge aus der Perspektive der Salviati zu interpretieren.158 Als Martin de Troyes am Jahresende 1544 von König Franz mit dem Einzug von 100.000 scudi di marchi von den italienischen und 50.000 scudi di marchi von den ‚deutschen‘ Kaufmannbankiers beauftragt war, kommentierte Spina gegenüber den in Marseille ansässigen Geschäftsfreunden Amiel Albertas & Joseph della Seta das Verhältnis von Wechseltransaktionen zur Kreditaufnahme: E’ danarj de cambj jn qua ci sono semp(r)e stati e sono larghi, ma li p(r)oximj cambi saria facil cosa ci fussino il contrario, p(er)ché s’intende che la corte disegnia achattare da m(er)canti qualche somma la quale no(n) potria essere si piccola ch(e) no(n) dia grande alterazione alla piaza […].159

Diese Argumentation basiert auf dem Nexus von Kreditfinanzierung der Kronanleihen mit dem Wechselhandel (vgl. Kapitel V.). Durch die Absorption von Bargeldreserven wurde der Wert des Geldes in die Höhe getrieben, und diese Verknappung ermöglichte ein höheres Preisniveau im Wechselhandel, das wiederum auswärtige Investoren anlocken konnte. Weil allerdings der Wechselhandel aufgrund des zu hohen Preisniveaus weniger attraktiv wurde, erläuterten die Salviati im November 1546 einem ihrer wichtigsten Geldgeber in Frankreich, Bartolomeo de Paretes, die Situation mit treffsicheren Begriffen: […] sj può dire ch(e) e’ d(ana)ri eschino delle borse de’ merchantj[.] le stretezze universale hanno a essere troppo violente e le cose vuolente no(n) possono durare e questa corte prenderà quello lj sarà dato e serrerà insieme grosse partite ch(e) gienererà alsj qui strettezza che alcune grosse borse alamannj sin co(n)tentano più presto prestare al Re ch(e) a’ mercantj e sistemandolj più sicurj […] di ch(e) anche cj sarà differenzia da prenditore a prenditore grandeme(n)te […].160

Vgl. Matringe, La Banque, S. 270–279. SNS, AS, I, 565 (L CopLett S), c. 53r: An Amiel Albertas & Joseph della Seta, Marseille, 31.1.1545: Geld für die Wechsel war hier immer vorhanden und das reichlich, aber für die nächsten Wechsel könnte leicht das Gegenteil sein, denn man hat gehört, dass der Hof den Kaufleuten einige Zwangsabgaben auferlegen will; solche können nicht so gering sein, dass es keine Auswirkungen auf den Platz hier hat (vgl. Matringe, L’entreprise, S. 248). 160 SNS, AS, I, 565 (L CopLett S), c. 149r: An Bartolomeo de Paretes, Montpellier, 18.11.1546: […] man kann sagen, dass das Geld aus den Taschen der Kaufleute kommt [= gezogen wird]; die allgemeine Knappheit [an den verschiedenen Finanzstandorten] muss schon allzu gewalttätig sein und diese herbeigeführten Sachen können nicht andauern und dieser Hof hier wird sich nehmen, was er kriegen kann, und man wird zusammen große Partien schließen, so dass auch hier Knappheit (strettezza) generiert wird, so dass einige dicke deutsche Taschen (borse) sich schnell damit zufrieden zeigen werden, eher dem König als Kaufleuten zu leihen, weil sie es für 158 159

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Überdies weist diese Briefstelle darauf hin, dass süddeutsche Kaufmannbankiers den Erwerb der Darlehen an den französischen König gegenüber der Investition in die Kreditmärkte des Wechselhandels ganz offenbar bevorzugten. Die Bezeichnung mit alcune grosse borse (= einige dicke Taschen) legt nahe, dass Spina auf Kapitalgeber wie Peutinger anspielte und sich weniger auf die etwa in Antwerpen ansässigen zahlungskräftigen reichsstädtischen Wechselhändler bezog. Der Ausschlag des Pendels zwischen Verknappung (stretezza) und Überschuss (larghezza) bei der Bewegung von hohen Bargeldsummen infolge der Kronanleihen und den Konjunkturen ihrer Rückzahlung wirkte sich auf den Lyoner Wechselhandel demotivierend aus, wie Spina dem Geschäftsmann Juan de Compludo aus Nantes am 5. Juni 1547 darglegte: Como se dyze en esta ferja a ubido grandissima largueça de dineros la causa a seyda que eran quedados aquì la feria passada 200000 ∇ que no se podieron cambyar a nyng(u)no p(r)ecio honesto.161

Diese Werteinbrüche hatten zur Folge, dass die Salviati das verfügbare Geld nicht in Umlauf bringen konnten und stattdessen Bargeld in ihrer Kasse behielten: ci resta molta maggior som(m)a che p(er) Dio abiamo guardato jn cassa dj poi la fiera passata sino a questa meglio di 𝛻 60M senza averne mai tocho.162 Im Oktober desselben Jahres hatte sich die Situation noch nicht entspannt, wie Spina in einem abermaligen Brief an Bartolomeo de Paretes betonte: […] el dì de cambj no(n) potemo cambiare ogni cosa p(er) il ché segui p(er) da ppoi [[i prezzi]] sono semp(r)e andati alargando e adesso chj avessi a fare di buona som[m]a li troverebbe (h)a 1 1⁄2 [[per cento]] anche a mancho e a noj resta nella cassa buona p(ar)tita ch(e) non s’à speranza di averne a fare niente ch(e) p(er) di qui alla p(r)ox(im)a di t(ut)ti santi àren(no) caro ch(e) vj contentiate […].163

sicherer halten werden […] wodurch auch große Unterschiede zwischen den verschiedenen Wechselbriefnehmern entstehen werden (vgl. Matringe, L’entreprise, S. 248). 161 SNS, AS, I, 565 (L CopLett S), c. 158v: An Juan de Compludo, Nantes, 11.6.1547: Wie man sagt, auf dieser Messe war reichlich Geld vorhanden, weil es hier übrig geblieben ist, so dass während der letzten Messe hier 200.000 scudi im Umlauf waren, welche niemand zu ehrenhaftem Preis (precio honesto) hätte wechseln können. 162 Ebd., c. 167v: An Bartolomeo de Paretes, Avignon, 18.6.1547: Es bleibt uns eine viel größere Summe, die wir bei Gott in der Kasse gehütet haben. Von der vergangenen bis zur laufenden Messe [haben wir in der Kasse] mehr als 60.000 scudi, ohne sie je berührt zu haben. 163 SNS, AS, I, 579 (L CopLett T), c. 24v: An Bartolomeo de Paretes, Avignon, 5.10.1547: […] am Wechsel-Tag konnten wir nicht jeden Wechsel tätigen, denn es folgte, dass von da an die Preise stets sanken (alargando); und jetzt, wer mit einer großen Summe zu tun hat, findet man die Wechsel zu 1 1⁄2 Prozent und weniger, und uns bleibt in der Kasse eine hohe Summe (partita), von der man keine Hoffnung hat, mit ihr etwas anfangen zu können, so dass hier bei der nächsten Allerheiligenmesse (Wechsel) teurer sein sollten, so dass Ihr Euch zufrieden zeigt (vgl. Matringe, L’entreprise, S. 249)

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Auch im Brief an die spanische Faktorei von Anton Fugger & Bruders Söhne beklagten die Salviati diesen Zustand, der bewirkte, dass der Wechselhandel durch die Akkumulation von Kapital für die Kronanaleihen am Standort Lyon bedroht wurde: In questa f(ier)a e’ dan(ar)i si sono mostri ragionevoli nel principio del cambiare e così rettosi 2 / o / 3 [[per cento]] di poj sendosi scoperti d’essere assai contt(ant)i più ch(e) l’uomo no(n) si pensava sono allargati / assai chi resta bonissime somme jndisposte che no(n) sop(r)a venendo bisogni p(er) di qui alla p(r)ox(im)a f(ier)a di t(ut)ti santj doveremo avere jn tal fiera e’ dan(ar)i larghissimi.164

In einem abermaligen Schreiben an den Investor und Geschäftsmann Bartolomeo de Paretes in Avignon schildert Spina eindrücklich, wie stark die geringe Attraktivität von depositi das Interesse an Wechseln insgesamt drückte.165 Da dieser Zusammenhang für die Refinanzierung der Kronanleihen wesentlich war (s. Kapitel V.2), beobachteten Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali die Situation bereits im Jahr 1546 mit gemischten Gefühlen und berichteten dem in Rouen ansässigen Kaufmannbankier Antonfrancesco Scarfi: Se achad(r)à dipositarlj vogliamo 4 0⁄8 p(er) M et starlj del credere p(er)ché jn el dipox(i)to si corre più risico che no(n) s’à se non è jl debitore a chi e’si danno jn dipox(i)to et dandolj a cambio p(er) fuori se n’à lett(er)e di cambio che sono aceptate et s’aquista vn altro debitore q(uan)to che jn som(m)a q(ue)llo che si può fare […].166

Im selben Brief vom 30. September 1546 kritisierten die Salviati gegenüber Scarfi das Verhalten der französischen Geschäftsfreunde dahingehend, dass sie das Konzept des Wechsels nicht verstünden. Denn sie versäumten die „Bevorteilung“, wodurch der SNS, AS, I, 579 (L CopLett T), c. 4v: An Anton Fugger & Mitverwandte, Villalón, 28.9.1547: Während dieser Messe hat sich Geld gut kalkulierbar (ragionevoli) gezeigt zu Beginn der Wechselzeit und so kam man auf zwei bis drei Prozent. Doch dann erschien so viel Bargeld im Umlauf, wie kein Mensch gedacht hätte – so viel, dass eine gute Summe verfügbar bliebt, um auch die nächste Allerheiligen-Messe hier nach allen Möglichkeiten überstehen zu können, wollten wir reichlichst Geld bei einer solchen Messe im Umlauf haben. 165 Ebd., c. 128v: An Bartolomeo de Paretes in Avignon, 4.1.1549: Su questa piazza oggi dì sono grandi somme di danari p(er) dipositarsj e jn diverse mane e quegli che p(r)endono a diposito sono poche persone e come sono danari forzati quegli ch(e) ànno a dare s’anticipono e ciascun si vuol votare le mani e’ prenditorj se n’accorghono e semp(r)e si tirono a dreto talmente che li riduchono a p(r)ezzi che vedete che jn questa f(ier)a abiamo visto cosa che mai qui si vede el giorno de’ cambi darsi dan(ar)i a 1 1⁄4 e oggi essercene a 0⁄2 p(er) c(ent)o e vi p(r)omettiamo la fede n(ost)ra se sanza l’op(er)a n(ost)ro el diposito no(n) si contava a più d’uno p(er) c(ent)o p(er)ché el giorno de’ cambi visto le cose del diposito andare jn p(er)cipitio levamo mano e no(n) volendo dipositare et di circha 150M che aveno a dispositare[…] (vgl. Matringe, L’entreprise, S. 248). Vgl. Matringe, La Banque, S. 274 f. 166 SNS, AS, I, 565 (L CopLett S), c. 143v: An Antonfrancesco Scarfi in Rouen, 30.9.1546: Wenn wir in deposito nehmen sollen, wollen wir 4 1⁄8 Promille, und im Haben (starlj del credere) der deposito-Konten läuft man eher Gefahr, dass nicht klar steht, ob es nicht der Debitor ist, an den man [tatsächlich] in desposito[den Kredit] gibt, und durch die Wechsel nach auswärts hat man dann akzeptable Wechselbriefe, die ein anderer Debitor für einen dann auch nur möglichen Betrag erwirbt (vgl. Matringe, L’entreprise, S. 221). Vgl. Matringe, La Banque, S. 255–257. – Ob es sich bei Anto(n)franc(esc)o Scarfi um einen Vertreter aus der Florentiner Kaufmannsfamilie Dello Scarfi handelt, kann ich hier nicht beantworten. 164

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Wechsel als Instrument zur Finanzierung von Krediten seine entscheidende Bedeutung verlöre: […] questi franzesi molte volte no(n) jntendano q(ues)ta cosa del cambio max(i)me quando e’ no(n) danno p(r)ofitto chome spesso achade.167 Diese Äußerungen kommentierten die Entwicklung der Lyoner Kredit- und Wechselmärkte, die für die komplexen Geschäftsvorgänge grundlegend erschienen. Durch diese Formulierungen bewerteten Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali die eingesetzten finanzwirtschaftlichen Instrumente und ihre Wirksamkeit im Kontext konjunktureller Schwankungen. Zum einen reflektierten sie die entsprechenden Handlungsmuster, zum anderen rechtfertigten sie das Geschäftsgebaren ihrer Unternehmung. Als Vermittler auf den Lyoner Kredit- und Wechselmärkten bewegten sie sich an der Schnittstelle zu den Herrscherfinanzen und erläuterten ihren Auftraggebern und Kunden, wie und warum die Geschäfte liefen. Ihre Schilderungen ermöglichten anschließende Kommunikation und lieferten Vorlagen für weitere Koordinierungsschritte. Zugleich gaben sie den Blick frei auf die Konstruktionsmechanismen der gemeinsamen Transaktionen. Die Formulierung von Geschäftsberichten war zugleich Teil von kulturellen Transferbeziehungen, indem Wissensbestände geteilt und pragmatisch eingesetzt wurden. Als sich während der Augustmesse 1548 die Situation grundlegend gewandelt darstellte, konnten die Salviati Hans Chrysostomus Peutinger für eine Investition von 5.000 scudi di sole gewinnen: […] questa mattina si è avuto la v(ost)ra delli 8 di q(uest)a p(er) la quale jntendiamo come fra sei / o / 8 dì ci ma(n)deresti cont(an)ti da ∇ 5000 di sole con ordine che p(er) la p(r)ox(i)ma f(ier)a di tutti santi li dipositiamo al meglio si potrà[.] p(er) jl chè vi si dice che avendolo fatto[,] quando gli arrivino si riceveranno e verranno a t(ut)to p(er)chè questa piaza è del tutto v[u]ota di cont(anti) che questa corte à serrato insieme grossissima partita e adesso si fanno e’ dipositi p(er) la (fiera) di t(ut)ti santi (h)a 2 3⁄5 p(er) c(en)to e se e’ n(ost)ri no(n) staranno molto aco(m)patire sarà facil cosa che li aloghiamo al detto p(r)ezo e come si abino si farà il p(r)ofitto v(ost)ro t(ut)to q(ue)llo che ci sarà possibile e vi daremo aviso di quanto seguirà p(er) ogni comodita.168

SNS, AS, I, 565 (L CopLett S), c. 143v: An Antonfrancesco Scarfi, Rouen, 30.9.1546: […] diese Franzosen verstehen vielfach diese Wechsel-Sachen nicht – vor allem nicht, wenn sie keinen profitto einräumen, wie es oft geschieht. 168 L CopLett T (SNS, AS, I, 579), c. 80v: An Hans Chrysostomus Peutinger, Augsburg, 22.10.1548: […] heute Morgen ist Euer Brief vom 8. angekommen, durch welchen wir verstehen, dass Ihr uns in sechs oder acht Tagen den Bargeldbetrag von 5.000 scudi di sole schickt mit der Anweisung für die nächste Allerheiligenmesse, über ihn nach besten Möglichkeiten zu verfügen (dispositiamo). Deshalb sagen wir, dass wir dieses getan haben werden, sobald es angekommen sein wird, wir das Geld erhalten haben und alles im Gang ist. Denn dieser Platz hier ist alles in allem leer von Bargeld, weil der hiesige Hof eine große Partita geschlossen hat und man jetzt die depositi für die Allerheiligenmesse zu 2 3⁄5 Prozent macht und die Unsrigen entschuldigen sich nicht dafür, dass es eine leichte Sache ist, die depositi zu diesem Preis anzusetzen, und sie so [zurück] haben wird, dass Euer Gewinn (profitto) alles wie nur möglich sein wird und wir geben Euch Avvis, wie man nach Möglichkeit vorgehen wird. 167

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

Dieser enorme Bargeldbetrag kam in einer günstigen Phase, da die Kronanleihen an Heinrich II. den Lyoner Markt für Bargeld ausgetrocknet hatten. Infolgedessen hob man die Zinssätze auf die depositi-Konten an. Die Erläuterungen des Umgangs mit Peutingers Investition ähneln der Sprache, die zur Koordinierung in den oben zitierten Schreiben verwandt wurde, und begegneten der Erwartungshaltung des vermögenden Kunden (si farà il profitto vostro tutto quello che ci sarà possibile e vi daremo aviso di quanto seguirà per ogni comodita). Der Augsburger Einleger erhielt Einsicht in den Umgang mit seinem Bargeld und zehrte somit vom Expertenwissen der Florentiner – was ihn zur Fortsetzung der Investitionstätigkeit motivieren sollte. Wenig später, während der Allerheiligenmesse 1548, beobachtete Lionardo Spina eine „unentschiedene“ Situation auf den Lyoner Wechsel- und Kreditmärkten. Denn man hielt 100.000 scudi di marchi im Umlauf, vermochte aber nicht zu sagen, ob die Krone abermals würde Geld aufnehmen wollen: E’ cambj di questa detta fiera crediamo pure che si saranno dava(n)tj le feste di natale e li danari p(er) n(ost)ra openione ci doverremo avere ragionevolj come al tempo vene darano aviso / Qui al presente ci sono danarj a 0⁄2 p(er) cento p(er) e’ pagamentj et no(n) ci sono p(r)oveditorj ed [!] questj v(ost)rj[.] vedremo com’è detto farne quel p(r)ofitto si potrà come se a’nnoj tochassj e di quello che seguirà sarete avisato[.] noi no(n) sapiamo se lla corte verrà p(r)endere danarj jn questa fiera che questi S(igno)ri commessarj no(n) hanno ancora aviso alchuno quando e’ p(r)endino[.] seguiremo di tantj p(er) la p(r)ox(i)ma fiera d’apparitione tutto quello che v’avanzerà p(er) il conto n(ost)ro aparte[.] la fiera passata no(n) volsono p(r)endere e si ric(e)rono comessione p(er) 100M ∇ che restorono[.] faremo tutto el n(ost)ro possibile che voj state servito / et se no(n) si p(r)esteranno al Re X(ristianissi)mo come jn questa si dice si dipositeranno p(er) la p(r)ox(i)ma fiera d’apparitione al migliore p(r)ezzo si potrà[.] e co(n) ogni vantaggio è sana cura al ben posare come di cosa p(r)op(r)ia che no(n) alt(r)o[.] tratteremo le cose v(ost)re et arete avisato del seguito / se lla corte no(n) p(r)e(n)de danarj sarà facil cosa che habbiamo larghezza et che e’ danarj p(er) diposito no(n) arrivino a 2 1⁄2 p(er) cento pure sono cose di male a postare p(er) avixo sia.169

Ebd., c. 98r: An Hans Chrysostomus Peutinger, Augsburg, 24.11.1548: Die Wechsel dieser Messe, glauben wir, werden vor dem Weihnachtsfest sein und wir müssen Geld unserer Meinung nach kalkulierbar (ragionevolj) halten, wie wir Euch dann Avvis geben werden. Hier steht Geld zurzeit auf einem halben Prozent auf die Zahlungen und auch die Eurigen hier sind keine Aufseher (proveditorj). Wir werden wie gesagt etwas Gewinn (profitto) dabei zu machen ansinnen, wie es nur möglich ist, als ob es uns (selbst) beträfe, und über das, was geschieht, werdet Ihr benachrichtigt. Wir wissen nicht, ob der Hof bei der laufenden Messe Geld aufnehmen wird, denn die Herren Kommissare (commessarj) haben noch keine Nachricht darüber, wann [der Hof Geld] aufnehmen wird. So folgen wir für die kommende Apparitionsmesse allem, worauf man auf unser Apartkonto vorstrecken kann. Bei der vergangenen Messe wollten sie (kein Geld) aufnehmen und (die Kommissare) hatten den Auftrag für 100.000 scudi erhalten, welche noch übrig sind. Wir tun unser Möglichstes, dass Euch gedient sei, und wenn (die Bankiers) dem Christlichsten König nichts leihen werden, wie man für die laufende (Messe) sagt, werden sie depositi aufnehmen für die nächste Apparitionsmesse zum bestmöglichen Preis. Mit jedem Vorteil (vantaggio) wird gute Sorge 169

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Communities of Practices und Wissensgemeinschaften

Bei dieser Analyse informierten die Salviati ihren Augsburger Geschäftsfreund über die Bewertung der für die depositi-Konten relevanten Indikatoren (cambi ragionevoli; danari a 0⁄2 per cento per e’ pagamento; commissione per 100M scudi che restono; danari per diposito non arrivino a 2 1⁄2 per cento). Der Briefautor verwendete die gleichen phraseologischen Formulierungen wie bei den Handlungsanweisungen im Verlauf von Koordinierungsleistungen (e co(n) ogni vantaggio è sana cura al ben posare come di cosa p(r)op(r)ia che no(n) alt(r)o). Man erfährt zugleich, dass Peutinger in Lyon über Vertreter (questi vostrj) verfügte.170 Am 26. Juli des Folgejahres verzeichnete Lionardo Spina Peutingers Verbindlichkeiten gegenüber dem französischen König in Höhe von 11.500 scudi di sole, welche die Salviati umgehend auf der nachfolgenden Messe wieder als fortgesetzten Kredit anlegen wollten. Dieses Schreiben erklärt, dass die Salviati die Erträge aus den Kreditgeschäften in den Wechselverkehr über Antwerpen zu investieren gedachten: […] p(er) conto ap(ar)te abiamo avere dal detto X(ristianissi)mo ∇ 11500 di * e’ qualj secondo l’ordine v(ost)ro abiamo raffermi p(er) la p(r)ox(i)ma f(ier)a d’agosto e di tal som(m)a ne abiamo avuto ob(r)igho p(er) detto tempo e fattone cre(ditore) a vn co(n)to de’ tempi nel grado sono e p(er) quando saranno rischossj ch(e) lj aconcierete dandoci ordine alt(r)o q(uan)to vorrete facc(ia)mo p(er) l’utile dj dettj ∇ 11500 di *[.] si è avuto dal detto X(ristianissi)mo Re ∇ 460 di * e datovene cr(edit)o al detto v(ost)ro conto ap(ar)te al q(ua)le ve facc(iam)o di più cre(ditore) di ∇ 375.3.7 di m(archi) p(er) lo scaduto del diposito di fiera pass(a)ta d’apparizio(ne) e jn seguendo l’ordine v(ost)re di qua(n)to ne avanzava p(er) detto v(ost)ro conto ap(ar)te abbatutone le n(ost)re p(r)ov(isio)ne sendo andaty e dati p(er) Anversa a più di 70 [[grossi per ∇]] abb(iam)o p(er) detto co(n)to rim(ess)o jn Anv(er)sa a Fr(an)co Vuarner p(er) dua del p(r)ox(i)mo ∇ 830.14 di m(archi) a g(ross)i 72 p(er)

für einen guten Einsatz sein, als ob es die eigene Sache und nichts anderes sei. Wir ziehen Wechsel für Euch und berichten Euch davon. Wenn der Hof kein Geld aufnimmt, wird es eine leichte Sache sein für die eintretende Reichlichkeit (larghezza) und das verfügbare Geld wird nicht auf zwei einhalb Prozent kommen, zumal es auch schlechte Dinge (cose male) einzusetzen gibt, Avvis folgt. – Im selben Schreiben formulierten die Salviati auch ihre Zusagen, für Peutingers Aufträge im dazugehörigen Apartkonto die gewünschten Transaktionen durchzuführen, ebd., c. 97v: Abiamo ricevuto le dua p(r)ime di canbio di 𝛻 1500 d’(or)o di sole l’una che p(er) detto v(ost)ro conto aparte ne rimettete jn la p(r)esente fiera di tutti santj che al tempo ne p(r)oquraremo p(r)omessa e pagamento e avendolj vene daremo credito al detto v(ost)ro conto aparte e quanto p(er) detto conto ci avanzerà jn questa detta fiera di tuttj santj[.] jntendiamo come volete che si dieno al Xpamo [= Christianissimo] Re di Francia p(er) la p(r)ox(i)ma f(ier)a d’aparitione e farciene fare un obligo aparte di qual tanto che p(er) tal conto li daremo che di così habb(iam)o fatto nota e s’è detto Xpamo [Re] piglierà come arediamo si farà diligentia di darti detta som(m)a e al tempo co(n) le n(ost)re di spaccio vi daremo aviso di tutto quanto aremo seguito co(m)mandarvene le partite di detto conto e quando detto Xpamo [Re] no(n) volessi pigliare jntendiamo come volete che si dipositino p(er) detta [ fiera] d’apparitione al più va(n)taggio si potrà che ne habb(iam)o fatto nota e al tempo vi daremo di t(ut)to jl seguito. 170 Möglicherweise handelte es sich bei einem der Gewährsleute für Hans Chrysostomus Peutinger um den Straßburger Georg Obrecht, der laut Konteneintrag im entsprechenden libro dei committenti vom 15.10.1547 eine Kommission p(er) r(est)o di q(uest)o co(n)to in Höhe von 24,15,4 scudi di marchi erhielt: SNS, AS, I, 578 (L LibCom T), c. 4.

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∇ p(er) l(etter)a dj cambio e detto faccia d’averne pag(amen)to e ne facci la voluntà v(ost)ra

al quale doviate avere scrittone abast(anz)a ch(e) li aconcierete e vagl(ion)o ∇ 803 di sole e mandandovene con q(uest)a [[lettera]] le p(ar)tite[.] ci rapportiamo a esse ch(e) come vedrete jl conto resta parj e ne abb(iam)o vantaggiato nella rimessa di Fiandra qua(n)to abiamo possuto.171

Durch die Verbindung von depositi-Konten, Kronanleihen und Zinszahlungen über den Wechselverkehr integrierte Lionardo Spina den Augsburger Investor als Wechselpartner. Deshalb formulierte er vergleichbar mit der oben zitierten koordinatorischen Kommunikation die einzelnen Handlungsschritte. Hierbei traten die beiden Perspektiven der Buchführung nebeneinander: Dass sowohl Peutinger seine Konten für die vorgenommenen Transfers überprüfen sollte, als auch dass die Salviati entsprechende Operationen durchgeführt und verbucht hatten.172

L CopLett T (SNS, AS, I, 579), c. 198r: An Hans Chrysostomus Peutinger, Augsburg, 26.7.1549: Per Apartkonto haben wir vom besagten Christlichsten [König] 11.500 scudi di sole im Haben, die wir Eurer Order folgend auf die nächste Augustmesse festgelegt haben, und einen solchen Betrag haben wir als Obligo für die besagte Zeit und haben Euch creditore gemacht auf einem Zeitkonto (conto dei tempi), insoweit Einnahmen (rischossj) dann sein werden, dass Ihr [den Betrag] abrechnet und uns dabei eine weitere Order gebt, wann Ihr von uns den Gewinn (utile) auf die besagten 11.500 scudi di sole erwartet. Vom Christlichsten König haben wir 460 scudi di sole, worüber wir Euch Kredit eingeräumt haben auf Eurem Apartkonto, auf welchem wir Euch überdies einen Kredit von 375,3,7 scudi di marchi gutschreiben für den Termin (scaduto) des deposito der Apparitionsmesse; und infolge Eurer Order, wie viel auf das Apartkonto abzüglich Eurer Provision als Vorteil anfällt, haben wir nach Erreichen und Abgabe zu 70 grossi per scudo auf Antwerpen für das Konto an Franco Vuarner remittiert in zwei [Partien] für den nächsten [Zahlungstermin und] 830,14 scudi di marchi zu 72 grossi per scudo durch Wechselbrief; [Franco Vuarner] soll Zahlung erhalten und Eure Absicht erfüllen, der gemäß Ihr ein hinreichendes Schreiben bekommen sollt, so dass Ihr abrechnen könnt und den Wert von 803 scudi di sole [haben sollt], indem man Euch mit jenem Brief [dann] die Partien schickt. Wie Ihr seht, verbinden wir die [Zahlungsvorgänge der beiden Konten miteinander], so dass das Konto gleich gesetzt wird, und dabei haben wir Euch bei der Zahlung (rimessa) von Flandern, soweit es nur geht, bevorteilt. – Wer Francesco Vuarner in Antwerpen ist, habe ich nicht herausgefunden. 172 Ebd., c. 47r: An Hans Chrysostomus Peutinger, Augsburg, 19.1.1548. Damals hatte die briefliche Kommunikation zwischen Hans Chrysostomus Peutinger und den Salviati die entsrpechende Form angenommen: Il seguito p(er) v(ost)ro conto jn fiera pass(a)ta d’agosto avessi jnteso t(ut)to e come noj avevi aconcio ch(e) sta bene che andiamo d’accordo / e jn la pas(sa)ta fiera di t(ut)ti santi ci avete rim(ess)o p(er) detto v(ost)ro co(n)to 𝛻 652 di sole da Filippo Mejting ch(e) se n’è a(v)uto pag(a)to e fattovene creditore e dal Re Xmo sia p(er) voj avere jn v(ostr)o obrigho aparte 𝛻 4000 di * e 𝛻 sette ce(n)to jn vno altro di mag(gio)re som(m)a e 𝛻 188 di * p(er) l’utile di detti dan(ar)i dalla fiera d’agosto sino alla ( fiera) di t(ut)ti santj e’ quali 𝛻 188 di * si sono avuti e fattovene creditore e medesimame(n)te vi abiamo fatto creditore come p(er) riscossj de’ detti 𝛻 4000 (e) 700 di * ch(e) si ànno p(er) voj avere dal Xmo et seguendo v(ost)ro hordine abiamo di nuovo avuto obrigho da Sua M(aes)tà Xma a pagare a noj alla p(r)ox(im)a f(ier)a d’app(arizion)e di 𝛻 iiijM di sole e di 𝛻 MD di sole ch(e) se li sono p(r)estati a detto Xmo p(er) detto v(ost)ro conto e sotto n(ost)ro nome p(er) riaverli a detto tempo di f(ier)a p(r)ox(im)a d’app(arizio)ne e se n’è havuto obrigho jn som(m)a di 𝛻 9500 di * e jl r(est)o attenghono a’nnoj e a n(ost)ri amici delle quale p(ar)tite di 𝛻 4000 𝛻 1500 di * ve ne diamo debito a detto v(ost)ro conto corr(en)te credito al co(n)to v(ost)ro de’ tempi a buon co(n)to p(er) quando saranno riscossj ch(e) t(ut)to aconcierete a suo dovere p(er) provedereci si pocho ch(e) avanzava abbattutone le n(ost)re p(r)ov(isio)ne e come ci avete ordinato a q(uest)i S(igno)ri Belzeri 𝛻 27 3⁄4 di * p(er)chè ne li faccino pagare costì dalli loro a 𝛻 p(er) 𝛻 ch(e) ne li farete pagare et li aconcierete co(n) darciene aviso p(er) andare d’accordo et così abiamo parigiato detto v(ost)ro conto e p(er)chè ne possiate vedere 171

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Die beiden Schreiben an Hans Chrysostomus Peutinger exemplifizieren kulturelle Transferprozesse. Denn Lionardo Spina und Lorenzo Pasquali erläuterten den Einlagemechanismus und die dafür verwendete Kontenstruktur. Peutinger konnte erfahren, dass seine Investitionen in die Kronanleihen ebenso wie deren Erträge über den Wechselverkehr mit Antwerpen liefen. Auf diese Weise bezogen die Salviati den Augsburger Investor in die Praktikengemeinschaft der an den Herrscherfinanzen beteiligten Bankiers ein und verwiesen auf die buchhalterischen Wissensbestände, die für diese komplexen Geschäftsbeziehungen erforderlich erschienen. Expertise und Geschäftspraktiken Im Februar 1554 verfasste Albizzo del Bene, zu diesem Zeitpunkt Superintendeur der Krone, eine auf zehn Jahre ausgerichtete Kalkulation, in der er die Methode für die Erstattung königlicher Anleihen entwarf. Hierbei schlug er dem König und seinem Rat vor, die um Neuaufnahmen ergänzten Kronanleihen in eine große Partie königlicher Schuld umzuwandeln und zu diesem Zweck einen neuartigen Rückzahlungsmodus einzuführen. In seinem – in französischer Sprache verfassten – Memorandum hielt er folgendes fest: Et au contraire ne payant jamais que l’interest, au bout de dix ans vous aurez payé ung monde d’interestz et toujour serez redevables du principal de l’interestz; et pourveu qu’il pleust a S. M. de bailler bon fondz en ceste recepte de Lyon en qualité que les marchans crediteurs peuvent veoir qu’il y auroit toujour bon fonds leur payer lesd. 5 p(er) c(ento) par foire [on pourrait] induire les marchans de vous prester encores en deux ou trois foires 4 ou 500 000 escuz.173

In seiner Denkschrift griff er die Argumentation Lionardo Spinas der geleerten „Börsen“ der Kaufmannbankiers auf: [les] bourses des marchans se trouvent bien vuydes. Daher ersann er einen zeitlich gestreckten Modus der Rückzahlung nach einem vertraglich festgelegten Zinssatz:

meglio jl partiqulare e si come ne domandate vi se n’è manda con q(uest)a le partite quale come vedrete restano pari ch(e) li rivedrete e aconcierete. 173 Baudouin-Matuszek/Ouvarov, Banque, S. 277: Und im Gegenteil soll nie mehr gezahlt werden als die Zinsen, am Ende der zehn Jahre werdet Ihr eine Masse an Zinsen gezahlt haben, und immernoch wird das Hauptgut der Zinsen geschuldet sein. Eure Majestät wird einen guten Fonds zur Einnahme in Lyon auf die Weise verpachten können, so dass die Kaufleute Kreditgeber anwerben können, um jedes Mal einen guten Fonds zur Zahlung zu erwerben zu besagten fünf Prozent pro Messe; man kann die Kaufleute dazu bringen, dass sie Euch noch auf zwei oder drei Messen 400.000 oder 500.000 scudi leihen können. – Baudouin-Matuszek und Ouvarov geben als Datum der Abfassung den 18.2.1554 an; benutzt Albizzi immer noch die Florentiner Jahreszählung, dann müsste das Schreiben auf den 18.2.1555 datieren.

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[…] de faire payer chacune foire aux marchans, oultre l’interet ordinaire de 4 p(er) c(ento), ung pour cent davantage deduict du principal, a savoir en tout, tant pour le principal que interestz, a raison de 5 p(er) c(ento) par foire et ainsi, avec quinze cent escuz davantage pour chacune foire a moien en dix ans avec six cent mil escuz a l’avantage, S. M. se trouveroit acquitee du principal et interestz de quinze cent mil escuz qui peuvent estre deubs et avec plusieurs autres commoditez at avantage de consequence […].174

Mit dieser originellen Konstruktion griff Albizzo del Bene das Konzept der über Wechsel-Kredit-Märkte refinanzierten Anleihen, wie sie die Salviati einzusetzen pflegten, auf und internalisierte den Mechanismus in die Finanzadministration des Königs. Diese Schriftstücke lassen den Eindruck entstehen, die am Geschäft mit den Kronanleihen beteiligten Kaufmannbankiers hätten gemeinsam mit Albizzo del Bene die Wirkungsweise des Grand Parti entwickelt. Allerdings mahnte Del Bene am 25. Juni 1556 den König und seinen Rat zur Einhaltung Regeln des Grand Parti, um die Akzeptanz des Anleihemechanismus bei den Bankiers abzusichern: il sera malaysé de [les] ffaire condescendre […] a lad. diminution de prouffict. Nur ohne die erweiterte Aufnahme von Kronanleihen würde der Grand Parti seine Tragfähigkeit erweisen können: […] que S. M. soit resolue de ne rechercher lesd. marchans d’aultres nouvelles sommes de deniers […] car il seroit trop contraire de parler en ung mesme tems de emprunter nouveaulx deniers et de diminuer les interetz des empruntz precedentz […].175

Ein Vertrag von Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co vom 22. August 1556 bestätigt gegenüber einem Investoren, einem Piero Degazzi, den Erhalt von 500 scudi di sole für den Erwerb von Anteilen am Grand Parti. Dabei erklärten sie den Ausgleich des entsprechenden Kontos für die nachfolgende Zinszahlung während der Augustmesse: Noi, Lorenzo Pro Capponi, Thommaso Rinucc. e comp. di Lione, confessiamo avere ricievuto da il sor Pro Degazzi, detto capitano Moretto, calavrese, la somma di lire mille cento cinquanta tornesi, che valgono scudi cinque cento d’oro a soldi quaranta sei l’uno, e’ quali promettiamo mettere per lui in su i presti del Re del Gran Partito, che dà quattro per cento di dono per fiera, la qual somma promettiamo mettere al pari a la prossima fiera d’agosto, Ebd., S. 277: […] um jede Messe den Kaufleuten zurück zu zahlen, jenseits des üblichen Zinses von vier Prozent, um [je] ein Prozent vom Hauptgut abzuziehen, so dass man sowohl für das Hauptgut als auch für die Zinsen sagen kann, dass sie auf fünf Prozent pro Messe festgesetzt sein sollen, mit 1.500 scudi mehr pro Messe über einen Zeitraum von zehn Jahren[, um auf] einen Vorteil von 600.000 scudi [zu kommen]; Ihre Majestät werden vom Hauptgut und von den Zinsen [auf diese Weise insgesamt] 1.500.000 scudi vorfinden, die die Schuld betragen kann und die neben noch anderen Annehmlichkeiten letztlich von Vorteil sein können […]. 175 Ebd., S. 278: […] so dass Ihre Majestät davon frei sein können, bei besagten Kaufleuten um weitere neue Geldbeträge nachsuchen zu müssen […] denn es wäre widrig davon zu sprechen, weiteres Geld zur selben Zeit aufnehmen zu müssen und [dabei] die Zinsen auf die vorhergehenden Darlehen minimieren zu sollen. 174

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e di più li promettiamo che pagando in Roma in mano delli heredi di Luigi Rucellai e compagni di Roma scdi dumila, e qualle somma fussi per di qui a’ pagamenti d’agosto sudetti, porgnene in detti presti del re al pari. E il tutto fia a suo utile e risico e danno, e per fede habbian sotto scritto la presente di mano del nostro Lorenzo Capponi, questo dì 22 d’agosto 1556, in Lione.176

In demselben Schriftstück sicherten Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co dem Geschäftspartner zu, dass sie eine Zahlung der Unternehmung Redi di Luigi Rucellai & Co in Rom zur Saldierung der entsprechenden Konten, auf denen die Kronanleihen verbucht wurden, verwenden wollten. Im Zuge dieser Zahlungsvorgänge zeigt sich neben der Persistenz der buchhalterischen Logik die Abwicklung des Grand Parti durch die eingeschalteten Bankhäuser. Der Notar Nicholas Dorlin in Lyon, der die Verträge im Zusammenhang mit dem Grand und dem Petit Parti für süddeutsche und toskanische Investoren aufsetzte, nahm ebenfalls die Position eines cultural broker ein. Denn er beglaubigte für seine Mandanten auch andere Vertragswerke.177 Aufgrund seiner langjährigen Kenntnis der zugewanderten Kaufmannbankiers darf man vermuten, dass er in Gestalt seiner Schreibstube ein bedeutendes Kommunikationszentrum unterhielt.178 Die in Lyon niedergelassenen Florentiner Unternehmen setzten sich in ihren Korrespondenzen intensiv mit der Entwicklung der Zinsrückzahlungen aus dem Grand Parti auseinander, wie die im vorigen Kapitel (V.2) bereits geschilderte Verarbeitung von Zahlungsvorgängen in den dazugehörigen Konten offenbart. Die ausbleibende Rückerstattung ihrer Obligationstitel beobachteten die Bankiers mit wachsender Sorge. Der in Lyon ansässige Giambattista Botti bemerkte in einem Brief an den Florentiner Kaufmannbankier Pandolfo Attavanti in Venedig am 13. Mai 1560 resigniert: Quanto alla cosa del Gran Partito, si vede andare molto in lunga per la poco voluntà ànno di pagare; l’interessati ànno fatto intendere alla Corte si contenterebbono, poy non si può

Doucet, La banque, S. 31 f., Nr. XXVII: Wir, Lorenzo und Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co aus Lyon bestätigen gegenüber dem Herrn Piero Degazzi, genannt Kapitän von Moretto, den Erhalt des Betrages von 1.150 livres tournois, welche 500 scudi d’oro zu 46 soldi auf einen scudo d’oro wert sind; wir versprechen, dass wir [diesen Betrag] für ihn auf die Anleihen des Königs für den Grand Parti setzen zu vier Prozent Zins (dono) pro Messe; wir versprechen, diesen Betrag bis zur folgenden Augustmesse auszugleichen, und mehr noch versprechen wir, in Rom zu Händen der Erben von Luigi Rucellai & Co di Roma 2.000 scudi zu zahlen, um den Betrag der hiesigen Augustzahlung auszugleichen und die besagten Anleihen des Königs gleichzusetzen. Und alles sei zu seinem Vorteil (utile) und Risiko (risico); für das Vertrauen ist das vorliegende [Schreiben] unterzeichnet von der Hand unseres Lorenzo Capponi, heute, am 22. August 1556, in Lyon. 177 ADR, Lyon, 3 E 4495 und 4497. – Doucet, Le Grand Parti, S. 508 f. 178 Dieser Aspekt der Vermittlung von kulturellem und ökonomischem Wissen ist bisher praktisch unbeachtet geblieben; während die Kontore, Wirtshäuser oder wichtige Einrichtungen wie Börsengebäude in ihrer Bedeutung als Kommunikationszentren gewürdigt worden sind, hat sich die Forschung kaum auf die Position von Notaren als Vermittler eingelassen. Vgl. Calabi/Keene, Merchant’s lodgings; Rau, Räume, S. 367–387. 176

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fare altro, essere pagati del principale e più le cinque fiere; n’è fatto l’obrigo in termine di tre anny sanza interesso nissuno e a questa domanda anchora non ànno risposto e sempre ànno detto accorderanno con lla Corte d’essere pagati in termine dy dua anny, cominciando a correre al tenpo a aprille de ’61 e alora aranno avere l’asegniamento, e non prima, sopra le decime de’ preti e di ∇ 470M ne aranno solo ∇ 400M; el resto perdono e non aranno avere interesso nissuno.179

Das Scheitern der Geschäfte mit den Kronanleihen mag eine Folge daraus sein, dass die erdachten Mechanismen zur Finanzierung einer Politik, die anderen Prioritäten folgte, ungeeignet waren. Aber die Integration merkantilen Wissens in die königliche Finanzadministration über Kreditvermittler ermöglichte die Adaption eines hochspezialisierten Wissens und die vorübergehende Verfügung über Koordinationsleistungen, wie sie die Kaufmannbankiers zum Betrieb der Kredit- und Wechselmärkte in Lyon unabdingbar waren. Prekäres Wissen Obwohl sich die Aussichten auf die Refinanzierung der geleisteten Kredite für die Kronanaleihen im Lauf der 1550er Jahre zunehmend eintrübten, rechneten die beteiligten Bankiers zumindest vor den französischen Umschuldungen der Jahre 1555 und 1559 mit einträglichen Gewinnen auf der Grundlage hoher Zinssätze. Ein häufig zitierter Brief von Endres Imhoff d. J. an den Faktor Paulus Behaim in Lyon von 1550 charakterisiert die Einstellung der Kaufmannbankiers: So vernehme ich, daß Du mit den 1000 Kronen, dem König von Frankreich zu leihen, zu spät gekommen bist. Man hat ein gut Glück verschlagen; hätte man ihm bisher und vom Anfang an eine gute Summe geliehen, so hätte man jetzt schon das Kapital doppelt eingebracht und könnte seiner jetzt entrathen.180

Die ebenso gerne bemühte Anfrage der Kaufmannschaft süddeutscher, portugiesischer und italienischer Bankiers aus Antwerpen an eine fünfzehnköpfige Sachverstän-

Orlandi, Le Grand Parti, S. 29: Soweit es die Sache des Grand Parti betrifft: Man sieht, dass sich die Dinge in die Länge ziehen, weil [der französische Hof] wenig Neigung hat zu zahlen. Diejenigen, die daran interessiert sind (interessati), haben dem Hof zu vestehen gegeben, dass sie sich [um Zahlung] bemühen werden; dann kann man aber nicht mehr machen, als vom Hauptgut und für fünf weitere Messen zurückgezahlt zu bekommen; es wurde ein Obligo ausgestellt, dass man auf drei Jahre ohne Zinszahlungen bleibt, und auf die Fragen wurde bisher nicht geantwortet; sie haben immer nur gesagt, dass sie [darin] dem Hof zustimmen, innerhalb von zwei Jahren bezahlt zu werden mit Beginn zum April 1561, und dann werden sie also Geldanweisungen erhalten, nicht vorher, auf den Zehnt der Kirche (le decime de’ preti), und von 470.000 scudi werden sie nur 400.000 scudi zurück bekommen; den Rest verlieren sie und werden [auch] keine Zinsen darauf erhalten. 180 Ehrenberg, Das Zeitalter, II, S. 95 f.; Korrekturen bei: Häberlein, Brüder, S. 121. 179

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digen-Gruppe der theologischen Fakultät der Pariser Sorbonne im Jahr 1532 über die Legitimität von Bargeldgewinnen auf Wechsel zeigt, dass sich das Personal der beteiligten Handels- und Bankgesellschaften sehr wohl der angewendeten Mechanismen und deren ethischen Implikationen bewusst war. Entscheidend bei der Anfrage war ein Bargeldtransport Genueser Währung von Antwerpen nach Lyon, der dazu dienen sollte, das Kursgefälle zwischen beiden Standorten durch den Erwerb von Wechselpapieren zur Gegenfinanzierung der Lieferung auszunutzen. Aber die Gelehrten entschieden wenig erfreulich für die Händler, dass lediglich der Aufwand, labor, des Transportes von Bargeld als legitimer Profit anerkannt werden würde.181 Damit erwies sich das Expertenwissen der Kaufmannbankiers, welches in der Praktikengemeinschaft interagierender Buchführungen entwickelt und formuliert wurde, als ein prekäres Wissen. Denn das geschäftliche Vorgehen beruhte unter der Logik des Ausgleichs auf hybriden Formen des Profits – Kommissionen, Zinszahlungen, Arbitragegewinnen, Geldwertgewinnen – und kalkulierte in komplexen Koordinierungsprozessen mit illegitimen Komponenten des Vorteils. Während die als provisioni bezeichneten Wechselkommissionen und die Zinszahlungen auf depositi-Konten in den Rechnungsbüchern ausgewiesen wurden, verschleierten die Kaufmannbankiers die sehr viel höheren Vorteile, die aus den Wechselkursgefällen und Geldwertschwankungen gezogen werden konnten. Diese Gewinnspielräume ließen sich nur ausloten, wenn man die Konten und die in ihnen dargestellten Operationen nachrechnete sowie die komplex angelegten Transfers im Büchersystem nachvollziehen konnte.182 Die Behandlung der Kronanleihen wie depositi-Konten ermöglichte den legitimen Einzug von Aufwandsgebühren, auch wenn der König selbst kein interesse zahlte, sondern nur doni bewilligte. Die Grundlage des Mechanismus, der auch in das Konzept des ricorsa-Wechsels einbezogen wurde183, bestand in der terminlichen Verschreibung

Boyer-Xambeu/Deleplace/Gillard, Monnaie privée, S. 43 f.; vgl. Steven A. Epstein, An Economic and Social History of Later Medieval Europe, 1000–1500, Cambridge 2009, S. 143 f.; Jacques Le Goff, Money in the Middle Ages, Cambridge 2012, S. 71–73. – Jacques Le Goff, der sich insbesondere mit dem Zusammenhang von Zeit und Arbeit (labor) im Rahmen der Rechtfertigungsdiskurse zur Zinsnahme beschäftigt hat, bezieht sich wie andere vor allem auf die Anpassungsprozesse der Moraltheologie an die wirtschaftspraktischen Entwicklungen; dabei wird die Wirkung der Franziskanischen Lehren ausführlich gewürdigt (z. B. ebd., S. 127–133) und die moralphilosophische Einbettung des ökonomischen Verkehrs in die normativen Vorstellungen der humanistisch motivierten Debatten (z. B. ebd., S. 134–141). – Die Wechselwirkung von technischer Verfeinerung der Transferinstrumente und der Buchführung mit der Entwicklung in Morallehren ist indes selten genauer betrachtet worden (allenfalls kursorisch und in sehr allgemeinen Punkten abgearbeitet worden): vgl. Philip Knäble, Wucher, Seelenheil, Gemeinwohl. Der Scholastiker als Wirtschaftsexperte, in: Marian Füssel / Philip Knäble / Nina Elsemann (Hgg.), Wissen und Wirtschaft. Expertenkulturen und Märkte vom 13. bis zum 18. Jahrhundert, Göttingen 2017, S. 115–137; vgl. Tanja Skambraks, Expertise im Dienste der Caritas. Die Monti di Pietà zwischen gelehrtem Wissen und Erfahrungswissen, in: ebd., S. 169–189, hier S. 175–182. 182 Vgl. Gervais/Lemarchand/Margairaz, Introduction, S. 4. 183 Einführend immer noch: Mandich, Le Pacte. 181

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

von Schuldansprüchen, so dass die Rückzahlung mit einem vereinbarten Aufpreis zu einem späteren Messetermin erfolgen konnte. Zugleich richtete sich die Aufmerksamkeit der kanonisch-rechtlichen Grenzziehung auf diese Möglichkeit der messeweisen Verschiebungen. Allerdings kam es erst im Jahr 1571 durch Papst Pius V. zum Verbot der verzinsten Verschreibung der Rückzahlung. Dieses Verdikt zielte speziell auf die ricorsa-Wechsel.184 Kirchenrechtlich befanden sich die hier eingehend diskutierten Handlungsmuster an Kredit- und Wechselmärkten in einer Grauzone – wenn man sie nicht gar als verboten betrachten musste. Auf diese Weise kann man die invocationes zu Beginn eines jeden Rechnungsbuches durchaus als ein doppeldeutiges Zeugnis begreifen, zumal die ausdrückliche und manchmal ausführlich vorgetragene Unterordnung des Geschäfts unter den Schutz Gottes, der Muttergottes, Jesu Christi und der Heiligen nur in den libri debitori e creditori vorkam – also in den Büchern, in denen die messeübergreifenden Schuldbeziehungen registriert wurden.185 Eine eindrucksvolle invocatio stammt aus dem Jahr 1517 und gehört zur Seidenunternehmung von Averardo d’Alamanno Salviati & Co in Florenz: Al nome sia dello honipotente et inm(or)tale Iddio e della sua groliosa [!] e Santisima Madre Madona Santa Maria senp(r)e v(er)gine e de’ Santisimj Apostolj M(agnifi)ci Santo Piero e Santo Pagholo (e) del grolioso m(agnific)e Santo Nicholo avochato de’ m(er)chatantj e del santisimo p(r)ofeta m(anfignic)e San G[i]ovannj avochato e p(r)otetore d(i) questa città e diretor la celestiale chorte del paradiso e qualj tuttj p(r)eghiabo che p(er) noj intercedino grazia da esso honipotente Iddio che noj faciamo tutte le nost(r)e faccende chon salute del anime nost(r)e e in questa nost(r)a rag[i]one e chonceda ghuadagnio chon salute de chorpj nost(r)i e sop(r)a tutto e inpaciano chon buone p(er)sone amene [!]. Q[u]esto libro è d’Averardo d’Alamano Salviatj e (c)honpagnj setaiuolj e (c)hiamasj libro paghonazo segniato F e de charte a.186

Marsilio, ‚O dinheiro morreu…‘, S. 64–73: Erst im Jahre 1745 erlaubte Papst Benedikt XIV. mit Vix pervenit die Erhebung von Zinsen auf Wechsel durch den Ausgeber. 185 Abwegig ist die Interpretation von Jacob Soll, die auf einer Anleihe bei Iris Origo beruht; hierbei wertet er die invocationes als „religious formula“, die im Fall von Francesco Datini besser („more fittingly“) sogar auch „In the Name of God and Profit“ lautet und daher den Gewinn als die eigentliche Zielvorstellung ausgibt: Soll, The Reckoning, S. 18. Vgl. Iris Origo, The Merchant of Prato: Daily Life in a Medieval City, London 1992, S. 115 f., S. 298. 186 SNS, AS, I, 435 (Averardo Salviati & Co setaiuoli di Firenze DebCred F), c. 1r: [1517]: Im Namen des Allmächtigen und Unsterblichen Gottes und seiner herrlichen und Allerheiligsten Mutter Madonna Maria immer Jungfrau und der Allerheiligen Aposteln, der Magnifizenzen und Heiligen Peter und Paul, und des herrlichen und großartigen Heiligen Nikolaus, des Anwalts der Kaufleute, und des Allerheiligsten und großartigen Propheten des Heiligen Johannes, des Anwalts und Schutzherrn dieser Stadt [Florenz] und Leiters des himmlischen Hofes des Paradieses; und alle bitte ich, sie mögen auf die Gnade des Allermächtigsten Gottes einwirken, auf dass wir alle unsere Angelegenheiten mit dem Heil unserer Seelen tun und auf dass Er uns Gewinn in dieser Firma gewähre mit dem Heil unserer Körper und vor allem dass sie uns mit guten Menschen zusammenbringen. Amen. Dieses Buch 184

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Einerseits erstrebte man explizit ein prosperierendes Geschäft, andererseits mussten die Kaufmannbankiers um ihr Seelenheil fürchten, wie Lionardo Spina als der mutmaßliche Autor des Schreibens vom Dezember 1518 zu erkennen gab: […] v’abiamo jnteso che gli è piaciuto a Dio tirare a se la buona memoria del maygiore [!] v(ost)ro m(esser) Ant(oni)o che Dio l’abia fatto vera[.] v’è p(er)dono e ci forre dispiannto[.] ma ciaschuno à da paghare tal debito e da che no(n) c’è alt(r)o remedio farerà pazienzia e preghare per l’anima.187

Mit diesem Bekenntnis zeigt Spina, wie sehr er sich – wenn es auf die letzten Fragen ankommt – in der spirituellen Tradition der Florentiner Moraltheologie des 15. Jahrhunderts sah.188 Dennoch gehörte auch der von den merkantil geschulten Verfassern der Traktatliteratur gescholtene „Trockenwechsel“ (cambium seccum) zu den illegitimen Instrumenten im Zahlungsverkehr und, wie zu beobachten war, doch zum Repertoire des Wechselhandels zwischen Lyon und Antwerpen.189 Die Kaufmannbankiers passten sich in ihrer Deutung der finanziellen Transaktionen situativ an – gerade weil sie die heikle moraltheologische Dimension ihres Tuns vor Augen hatten.190 Überdies mussten sie mit Gegenwind für ihre Geschäfte rechnen. Dabei waren die Ausschreitungen gegen italienische Merchant bankers in Lyon nur eine Facette des Widerstandes.191 Im Reich bedrohten eine Zeit lang die Monopolprozesse die konsortialen Strukturen, mit denen die Florentiner und die Süddeutschen in Lyon für die Organisation der französischen Herrscherfinanzen operierten.192 Beide Komponenten wirtschaftlichen Handelns – die verfeinerten Konzepte der Transfers auf Wechsel- und Kreditmärkten sowie die moraltheologische Ambiguität – waren in der Kommunikation über die Geschäftsabläufe präsent und wurden von

gehört Averardo di Alamanno Salviati & Co setaiuoli und es heißt violettes Buch mit der Segnatur F und von acarta bis [acarta = von Anfang bis Ende]. – Vgl. Lang, Zwischen Geschäft. 187 SNS, AS, I, 472 (L CopLett E), c. 8r: An Bartholomäus Welser & Co, Augsburg, 6.12.1518: […] und wir haben vernommen, dass es Gott gefallen hat, an sich die gute Erinnerung an Euren Maggiore Messer Anton zu nehmen, dass Gott sie wahr gemacht hat. Es möge Vergebung [ für ihn] geben und uns Trost bringen. Aber jeder muss diese Schuld (debito) begleichen (paghare) und dafür gibt es keine andere Hilfe, außer dass man Geduld hat und für das Seelen[heil] betet. 188 Vgl. Giacomo Todeschini, I mercanti e il tempio. La società cristiana e il circolo virtuoso della richezza fra Medioevo ed Età Moderna (Collana di Storia dell’Economia del Credito. Fondazione del Monte di Bologna e Ravenna, 11), Bologna 2002. 189 Vgl. De Roover, L’évolution. 190 James Davis, Medieval Market Morality. Life, Law and Ethics in the English Marketplace, 1200–1500, Cambridge 2012, S. 59–68. 191 Heller, Anti-Italianism. 192 Vgl. Bernd Mertens, Im Kampf gegen die Monopole: Reichstagsverhandlungen und Monopolprozesse im frühen 16. Jahrhundert (Tübinger rechtswissenschaftliche Abhandlungen, 81), Tübingen 1996; Mark Häberlein, Die Tag und Nacht auff Fürkauff trachten. Augsburger Großkaufleute des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts in der Beurteilung ihrer Zeitgenossen und Mitbürger, in: Johannes Burckhardt (Hg.), Augsburger Handelshäuser im Wandel des historischen Urteils (Colloquia Augustana, 3), Berlin 1996, S. 46–68.

Buchführung als Wissensbestand und Handlungspräskript

den Kaufmannbankiers artikuliert. Beide stifteten Gemeinschaft und wirkten auf die Buchführung zurück, wie auch die Buchführung auf die Koordinierungsprozesse im geschäftlichen Vorgehen ausstrahlte.193

Vgl. Davis, Medieval Market Morality, S. 450 f.: Davis sieht die Wechselwirkung zwischen theologischen Moralvorstellungen und den geschäftlichen Praktiken, die durchaus zu geteilten Wertvorstellungen im Wirtschaftsleben führte. 193

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VII.

Schluss und Ausblick

Soziologische Forschungen verweisen auf die Anpassungsfähigkeit von Buchführung.1 Insbesondere die Korrespondenzen der Handels- und Bankgesellschaften sind sowohl als Kommunikationsmedium als auch als performatives Instrument von interfirm organization zu sehen. Die Koordinationsleistungen zur Abwicklung von einzelnen Transaktionen, aber auch zur Gestaltung des Marktgeschehens vollzogen sich in einem dialogischen Prozess, der die Identität der ‚Buchführungssubjekte‘ profilierte. Die merkantilen Briefwelten waren Teil der Buchführungswelten und ihrer Verknüpfung.2 Im Zuge von interfirm organization passte sich die Buchführung bei ihren Datenverarbeitungsprozessen an die Spezialisierung von Märkten an. Die Entstehung der an die Finanzierung von Kronanleihen angelagerten Wechselund Kreditmärkte bewältigte die Buchführung der Salviati durch die libri dei committenti, die im Zusammenhang mit dem wichtiger – und umfangreicher – werdenden Wechselhandel über Lyon 1534 entwickelt wurden.3 Im Fall der Welser war die Faktorei in Antwerpen, welche mit kapitalintensiven Handels- und Wechselgeschäften betraut war, ein Inkubationsraum für buchhalterische Neuerungen. Dort trat bereits in den frühen 1520er Jahren das welsch schuldbuch A auf; vermutlich als dessen Fortsetzung entwickelte man in der Antwerpener Faktorei vnser fraindtbuch.4 Hinsichtlich der Salviati spricht manches für die Hypothese, dass Lionardo Spina – oder zumindest der Autor der Briefe der Lyoner Gesellschaft – hinter dieser Innovation des libro dei committenti stand. Zumal mit seiner Übernahme der Leitung der Geschäfte in Südfrankreich die Rechnungsbücher der dortigen Unternehmung

Miller, The margins; Peter Miller / N. Rose, Governing Economic Life, in: Economy and Society 19 (1990), S. 1–31. 2 Dies ist auch ein systematisierendes Argument zur Differenzierung zwischen merkantilen Korrespondenzen und Familienbriefen, vgl. Kuhn, Generationenbewusstsein. 3 Bemerkenswert hieran ist, dass es offenbar eine nur selten überlieferte Spezies von Büchern ist; in Melis, Aspetti treten sie nicht auf; laut Richard A. Goldthwaite gibt es nur Kontenverweise, die nicht vorher anzutreffen sind; im Bestand von Carlo e Cosimo Martelli & Co in Lyon gibt es abermals libri dei committenti; eine Florentiner Spezialität? Vorkommen nur in Lyon? 4 Vgl. Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, S. XXX f.; S. LXXXVI f.; S. 242 f. (1523). 1

Schluss und Ausblick

der Salviati verfeinert wurden, etwa durch den konsequenten Einsatz der Eröffnungsund Schlusskonten oder durch die Anlage einer Unterrechnung bei der buchhalterischen Verarbeitung der Gabella. Jedenfalls kamen die Neuerungen nicht aus einer der Zentralen der beiden Handels- und Bankhäuser. Diese Entwicklungen exemplifizieren die innovativen Kompetenzen der Buchhalter, deren Wirken die jeweilige Buchhaltung vorantrieb. Während der einzelne Transfer der Grundbaustein von Konten war und in Serie die einfache Buchführung konstituierte, repräsentierte die doppelte Buchführung bestehend aus Querverweisen und Büchersystematik das Organisationsmodell von interfirm organization.5 In dieser Logik setzten sich ökonomische Beziehungen aus Krediten zusammen. Im Sinn von Netzwerktheorien stellten Schuldbücher Kreditbeziehungen als komplexe Transaktionsgefüge dar, die anders als der Gabentausch aus nicht erwiderten Transfers bestanden.6 Charakteristisch für die Buchführungen der Salviati und diejenige (nur interpolierte Buchführung)7 der Welser in Lyon und Antwerpen ist die Verarbeitung relationaler Kredite. Relationale Kredite bedeutet, dass reziproke Kreditbeziehungen in beiderlei Richtungen oder multiple Kreditbeziehungen aus mehreren gewährten, offenen Krediten in eine Richtung bestanden.8 Solche Kreditbeziehungen gehörten zu den geschilderten Wechsel- und Kreditmärkten, die zwischen beiden Standorten betrieben wurden. Die Buchführung erschien in diesem Zusammenhang nicht als innovativ, sondern „nur“ als anpassungsfähig. Obwohl oder gerade weil sie nicht-ausgeglichene Schuldverhältnisse verarbeitete, zielte sie primär darauf ab, Kontenverhältnisse zu saldieren. Die aufwendige Koordination derjenigen, die an Transfers beteilgt waren, beschreibt ihre Arbeitsweise und fand Ausdruck in einer Kommunikationsform, die Rainer Diaz-Bone als charakteristisch für Konventionen ansieht, nämlich als „eine durch das koordinierende Handeln für das koordinierende Handeln hervorgebrachte Realität“.9 Die alltägliche Verflechtung der in Lyon lernenden Kaufmannssöhne und der dort ansässigen Kaufmannbankiers führte zur Entstehung eines kaufmannschaftlichen

Padgett/McLean, Economic Credit, S. 15: „To put this accounting development simply, the foundational organizing unit of single-entry bookkeeping was the transaction, while the organizing unit of bilateral double-entry bookkeeping was the economic relationship.“ 6 Ebd., S. 15: In Rechnungsbüchern dargestellte Kredite als Sozialbeziehungen: „From the point of view of credit, the most significant aspect of that accounting change is its instantiation of the current account, which visually was displayed so neatly in bilateral-format pages.“ – Zum Verhältnis von Kredit- zu Geschenkbeziehung, ebd., S. 16: „A credit or loan, in this social-exchange understanding, is just a nonreciprocated gift.“ – Vgl. Craig Muldrew, The Economy of Obligation. The Culture of Credit and Social Relations in Early Modern England, Houndmills 1998. 7 Die Rechnungsfragmente der Welser-Faktorei in Antwerpen geben auf der Basis der hier an der unternehmerischen Tätigkeit vorgenommenen Korrelation mit den überlieferten Rechnungsbüchern der Salviati Anlass zu der Annahme, dass die Augsburger eine ähnliche Buchführung betrieben wie die Florentiner. 8 Padgett/McLean, Economic Credit, S. 17 f.; siehe Kapitel V.2. 9 Diaz-Bone, Einführung, S. 30. 5

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Milieus, in welchem gemeinsame soziokulturelle Formen entwickelt wurden. Auf jeden Fall erzeugten die mündlichen sowie schriftlichen Koordinierungsvorgänge ein Netz kultureller Transfers. Praktiken des Handels und der Buchführung fanden darin Verbreitung, wie das Beispiel des in der Augsburger Zentrale der Welser rezipierten Schuldbuches zeigt, das neben die bis dahin auf der Journalbuchführung basierende Verrechnung trat und vermutlich die Gattung des Kapus verdrängte. Durch die koordinatorischen Formulierungen in den Briefen artikulierte das Buchführungssubjekt seinen „Gestaltungswillen“ für den Ablauf von geschäftlichen Vorgängen. Der Prozess der Buchführung wurde durch die Kommunikation im Rahmen von interfirm organization intersubjektiv erweitert und ermöglichte auf diese Weise die je nach Spezialiserung von Marktgeschehen erforderliche Anpassung: Buchführung stellte durch die diskursive Erweiterung ihres Tätigkeitsfeldes „intrinsic links between accounting and changing modes of governing an enterprise“ her.10 Das Buchführungssubjekt (accounting) behielt diese Steuerungswirkung, solange eine von Peter Miller als accounting mentality bezeichnete Denkweise die Unternehmensführungen prägte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts allerdings lösten sich die Koordinierungsleistungen von der Buchführung. Wie in den 1920er Jahren der Wirtschaftswissenschaftler und US-Amerikaner John Maurice Clark (1884–1963) analysierte, entstand in den Unternehmen die strategische Geschäftsplanung als eigene Steuerungskompetenz unternehmerischen Handelns.11 Im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts ersetzte schließlich eine finanzökonomische Mentalität (economic-financial mentality) die vorherige Buchführungsmentalität (accounting mentality).12 Diese Entwicklung aber hatte zur Konsequenz, dass die Refinanzierung von Stakeholdern und Aktionären für die unternehmerische Kalkulation entscheidend wurde. Das bedeutet, dass Geschäfte vom Ergebnis her gedacht wurden. Umgekehrt meinte die Buchführungsmentalität, dass die Organisation zur Finanzierung von Geschäften wie den Kronanleihen im Zentrum der Aufmerksamkeit stand. Accounting mentality dachte Geschäfte „von vorne“. Der praxeologische Ansatz für Handelsgeschichte Die verfeinerte Akteur-Netzwerk-Theorie leistet bei der Erforschung des wirtschaftlichen Handelns als Assoziationsprinzip für Beteiligte an Märkten einen wesentlichen Beitrag. Denn sie macht auf den Einschreibungsprozess von Handlungsmustern und -weisen in die überlieferten Rechnungen und Korrespondenzen als kognitive Artefakte aufmerksam und zeigt in der praxeologischen Perspektive das Entstehen von 10 11 12

Miller, The margins, S. 177; vgl. ders./Rose, Governing Economic Life. John Maurice Clark, Studies in the Economics of Overhead Costs, Chicago 1923. Miller, The margins, S. 184.

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kooperativen Handlungssträngen auf. In Verbindung mit der économie des conventions lässt sich erkennen, wie am Beispiel der Welser und Salviati koordinierte Handlungsformen generiert wurden und sich als Vorgehensweisen für die Gestaltung von Marktgeschehen anboten. Der Vorteil der hier eingenommenen praxeologischen Perspektive besteht darin, dass das Verhältnis der Buchführung und damit der Unternehmensgeschichte zu interfirm organization und zur Konstituierung von Märkten besondere Aufmerksamkeit findet. Durch diesen mikrohistorischen Ansatz werden nicht nur quantitativ darstellbare Entwicklungen nachgezeichnet, sondern auch die organisatorischen Leistungen der koordiniert bzw. kooperativ handelnden Akteure charakterisiert. Die Abwicklung von Geschäften auf Waren-, Wechsel- und Kreditmärkten richtete sich vor allem auf die Finanzierung der Abläufe und daher auf die Gestaltung des Geschehens durch die beteiligten Unternehmungen. Die Verwobenheit verschiedener wirtschaftlicher Felder wird dabei sichtbar. Umso auffälliger ist, wenn Waren- und Wechselmärkte im Untersuchungszeitraum zu divergieren begannen. Die neu aufkommenden libri dei committenti veranschaulichen die Loslösung des Wechselhandels vom ursprünglich auf den Warenhandel konzentrierten Messehandel. Die Entstehung und Dynamik angelagerter Märkte wie Wechsel- und Kreditmärkte für das Geschäft mit den Kronanleihen bedingte neue buchhalterische Mechanismen und schlug sich in der intensiven Kommunikation über entsprechende Vorgehensweisen nieder. Diese Interpretation erklärt im übrigen auch, weswegen die Financiers von Herrscherfinanzen die Geschäfte überhaupt betrieben – obschon die Herrscher gegenüber ihren Gläubigern zu mangelnder Zahlungsbereitschaft neigten. Sowohl bei der Aufbringung finanzieller Mittel als auch bei der Rückzahlung schalteten die zwischen Lyon, Antwerpen und den Kastilischen Messen operierenden Kaufmannbankiers den Wechselhandel als Zahlungsmedium zwischen. Auf Dauer schienen Verluste infolge von Zahlungsausfällen weniger ins Gewicht zu fallen als die im Zahlungsverkehr „aktivierten“ Transfers. Ein wichtiger Unterschied der Kronanleihen gegenüber heutigen Märkten für Staatsanleihen bestand in der jeweiligen Marktförmigkeit: Die Darlehen an die Kronen waren in erster Linie persönliche Kredite, deren Modalitäten zwischen der königlichen Finanzadministration oder dem König und dessen Beratern ausgehandelt wurden. Die Zahl der an den Anleihemärkten und den angelagerten Wechsel- und Kreditmärkten beteiligten Akteure war überschaubar. Die Finanzierung der Kronanleihen durch Konsortien und Kreditnetzwerke basierte auf eingespielten Geschäftsfreundschaften. Mit dem Grand Parti hingegen, durch dessen Scheitern die Schuldtitel handelbar wurden, ging die französische Finanzadministration einen Schritt auf die Entpersonalisierung von Anleihen zu. Der frei verfügbare Schuldschein, der auf Kreditmärkten erworben werden kann, ohne dass die daran Beteiligten ein spezielles

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Vertrauensverhältnis zueinander pflegen müssten, ist ein Signum der Märkte für kommerzialisierte Staatsanleihen seit dem späten 18. Jahrhundert.13 Handelsgeschichte Die Analyse der Kooperation zwischen den Florentiner Salviati und den Augsburger Welsern hat enorme Bedeutung für eine Reihe von Forschungsfeldern innerhalb der Handelsgeschichte des 16. Jahrhunderts. Beide Unternehmungen erwiesen sich als Vermittlerinnen für süddeutsche und toskanische Kaufmannbankiers auf den Märkten, die in der Messestadt Lyon entstanden. Die Welser engagierten sich von den 1520er Jahren an als Financiers in Frankreich; sie waren auch vor den 1550er Jahren über Lyon auf den französischen Anleihe- und Kreditmärkten tätig. Nicht nur für die Fugger spielte in dieser „frühen“ Zeit der Wechselhandel eine herausragende Rolle für ihre Geschäfte, auch die Welser investierten ab der Mitte der zweiten Dekade zunehmend in den Handel mit Wechselpapieren. Auf beiden Feldern – dem Geschäft mit den Kronanleihen und den Wechselmärkten – traten die Welser keinesfalls zurückhaltend auf, wie die Überlieferung im Salviati-Archiv vorführt. Zwar erschienen die Welser nicht selbst als Spediteure im Levantehandel und unterhielten keine eigenen Schiffe, aber sie schlossen sich seit der Mitte der 1530er Jahre an den von Florentiner Kaufmannbankiers organisierten Levantehandel an. Allerdings illustriert die Entwicklung der Kooperation zwischen beiden Handelshäusern, dass insbesondere die Welser noch vor der Jahrhundertmitte verstärkt auf Kommissionäre – etwa die Lyoner Faktorei der Nürnberger Welser oder Michael Sailer – zurückgriffen, wenn sie in und über Lyon handelten. Die Interpretation der Herrscherfinanzen als Spezialisierungsprozess, in dessen Zuge angelagerte Märkte entwickelt wurden, zeigt die Gesellschaft Bartholomäus Welser & Mitverwandte als ein Unternehmen, das sich gezielt der Finanzierung von Kronanleihen zuwandte. Die dabei von den Salviati verwendeten depositi-Konten legen nicht den Schluss nahe, es handelte sich um die Ausweitung eines genuin auf Darlehen spezialisierten deposit banking. Stattdessen waren die von den Salviati geführten depositi-Konten eine buchhalterische Schnittstelle zwischen den Krediten an die Krone und dem Wechselhandel mit dem dazugehörigen Zahlungsverkehr. Die depositi-Konten gaben dem Buchhalter die Chance, durch die Angabe von festgelegten Zinssätzen das Legitimitätsproblem der tatsächlich dahinter liegenden Arbitragegewinne als labor zu verschleiern.

Hans-Peter Ullmann, Gebr. Bethmann und die österreichische Anleihe von 1778, in: Dieter Lindenlaub / Carsten Burhop / Joachim Scholtyseck (Hgg.), Schlüsselereignisse der deutschen Bankengeschichte, Stuttgart 2013, S. 79–89; vgl. Buchholz, Geschichte. 13

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Diese Beobachtungen zeigen überdies, dass man für die Zeit vor der Industrialisierung sehr wohl von „Unternehmen“ sprechen und deren unternehmerisches Handeln als konstitutiv für Märkte ansehen kann. Insofern ist die historische Alterität unternehmerischen Handelns gerade nicht in dessen spezieller Marktförmigkeit oder gar in der Unterstellung ‚unfreier‘ Märkte als Indikatoren zu suchen. Die historische Differenz unternehmerischen Handelns wird vielmehr am Steuerungskomplex der Buchführung greifbar.14 Die Kapitalismusfrage In der Debatte um die Entstehung des Kapitalismus spielt die von Robert Brenner aufgestellte Hypothese der Verbindung demographischer Zyklen mit der ökonomischen Entwicklung von mittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Städten und von Eigentumsverhältnissen auf dem Land eine herausragende Rolle.15 Demgegenüber vertritt der Buchführungswissenschaftler Robert A. Bryer in Anlehnung an die Behauptung von Karl Marx die Vorstellung, dass die Veränderungen von Eigentumsordnungen zwischen feudalistischer und kapitalistischer Herrschaftsstruktur zu einer verschiedenartigen Bewertung in der Rechnungsführung überleiteten. Die Sozialisierung individuell investierten Kapitals in einer gemeinsamen Unternehmung habe die Buchführung für die Berechnung der Erträge des Kapitals von Anteilseignern benötigt. Die Technik der doppelten Buchführung habe vor allem darin bestanden, die Auswirkung jeder Transaktion auf Vermögensbestände aufzuzeigen.16 Während die von Spencer Dimmock verfolgte Hypothese Robert Brenners eine makroökonomische bzw. kliometrisch operierende Sichtweise einnimmt, hat die vorliegende Arbeit in Adaption der Überlegungen Bryers die mikrohistorische Perspektive der Buchführung und der von Federigo Melis inspirierten Unternehmensgeschichte aufgegriffen. Wenn Kapitalismus als die Loslösung investierten Vermögens vom Bestandserhalt und seine Entwicklung hin zu einer Mehrwertanlage auf der Basis von Zinsen verstanden wird, dann muss die Antwort mit Blick auf die in Lyon agieren-

Weswegen allerdings keine Unternehmensgeschichte für die vorindustrielle Wirtschaftsgeschichte geschrieben werden können soll, ist schleierhaft: Hartmut Berghoff, Moderne Unternehmensgeschichte. Eine themen- und theorieorientierte Einführung, Paderborn u. a. 2004, S. 8: „Vor der Industrialisierung gab es zwar auch schon Untermehmen in Form von Handelskompanien, Reederein oder den sogenannten ‚Gewerkschaften‘ im Bergbau. Diese Firmen blieben jedoch Außenseiter in einem Wirtschaftssystem, dessen überwiegende Handlungslogik nicht die des Marktes war.“ 15 Robert Brenner, The Agrarian Roots of European Capitalism, in: T. H. Aston / C. H. E. Philpin (Hgg.), The Brenner Debate: Agrarian Class Structure and Economic Development in Pre-Industrial Europe, Cambridge 1985. Vgl. Spencer Dimmock, The Origin of Capitalism in England, 1400–1600 (Historical Materialism, 74), Leiden/Boston 2014, S. 11–33. 16 Bryer, Double-entry Bookkeeping, S. 113–140. 14

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den Handels- und Bankhäuser negativ ausfallen. Zwar nutzten diese auf den Wechselund Kreditmärkten Instrumente der Erzeugung von Profit wie Zinsen und Arbitragegewinne, aber die in der Buchführungsmentalität wurzelnde Handlungsrationalität verfuhr nach der Logik des Ausgleichs und der Bestandssicherung. Die strategische Planung von gewinnorientierter Marktbeherrschung kam allen Kartellbildungen zum Trotz nicht vor. In den jüngsten großen Erzählungen zur Entstehung des Kapitalismus von Joël Mokyr und Steven G. Marks spielt vor allem der durch die Wissensrevolution des 18. Jahrhunderts getragene kulturelle Wandel, der dem ökonomischen Handeln unterlag, die entscheidende Rolle. Mokyr ist der Überzeugung, dass der spezifisch „europäische“ Habitus, für den Transfer und die Absorption von Wissen ebenso offen wie aufnahmefähig zu sein, für die Divergenz der Kultur des Kapitalismus von anderen wirtschaftlichen Formen verantwortlich war. Allerdings ist sein useful knowledge im wesentlichen auf technologisches und naturwissenschaftliches Wissen, die Überwindung kirchlich-religiöser Hemmnisse sowie die mentale Haltung relativer Offenheit gegenüber anderen Wissensbeständen beschränkt.17 Diese Sichtweise dürfte mit dem evolutionär und auf Übertragung (transmission) ausgelegten Kultur-Begriff von Robert Boyd und Peter J. Richerson, den sich Mokyr zu eigen macht, zusammenhängen: Hierbei zeigt sich culture als handlungsweisendes System mentaler Dispositionen – beliefs, values, preferences.18 Steven G. Marks bewertet die Bedingungen für die Verdichtung sowie die quantitative Zunahme von Kommunikation als Schlüssel zur Senkung von Transaktionskosten und Risiken bzw. zur Vergrößerung von Gewinnchancen. Der prekäre Gebrauch von Wissen oder auch von limitiertem Wissen („utilization of knowledge not given to anyone in its totality“, wie er Friedrich A. Hayek zitiert19) erweist sich als Gradmesser für die Profitabilität unternehmerischen Handelns. Marks argumentiert mit einem weiten Konzept von Information, um die Institutionen (institutions), die die Ausweitung von Wissen (useful knowledge) beflügeln, in die Perspektive auf die neuzeitliche Zunahme und Verflechtung von Wissensbeständen zwischen der Anpassung von Methoden der Buchführung sowie den marktrelevanten politischen Nachrichten einbeziehen zu können. Seine Kapitalismus-These richtet sich in besonderer Weise auf die Entstehung des Wirtschaftsnachrichtenwesens. Technologisches Wissen wie die Entwicklung der

Mokyr, The Culture, S. 142–164. Robert Boyd / Peter J. Richerson, Culture and the Evolutionary Process, Chicago 1985, S. 2: „Culture is a set of beliefs, values, and preferences, capable of affecting behavior, that are socially (not genetically) transmitted and that are shared by some subset of society.“ 19 Friedrich A. Hayek, The Use of Knowledge in Society, in: American Economic Review 35 (1945), S. 519–530, hier S. 519 f. 17 18

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doppelten Buchführung oder die intensivierte Zirkulation von Kurszetteln oder Preiskuranten machen hierbei den Kernbestand von Information aus.20 Auf diese Weise rückt das theoretische Wissen über wirtschaftliches Handeln ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Indem Marks die „wirtschaftswissenschaftliche“ Literatur ins Auge fasst und deren hohe Bedeutung für die Beschreibung des Wandels von ökonomischem Handeln betont, wendet sich allerdings auch Marks von der Interpretation von Zeugnissen der Buchführung (Rechnungsbücher und merkantile Korrespondenzen), die Medien der Koordinierung von unternehmerischem Handeln an den Märkten waren, ab und übersieht die wirtschaftliche Praxis. Darüberhinaus sticht dieses Argument auch in seinem Kern nicht, wenn man etwa an die Informationssysteme und die Buchhaltungstechniken während der Ming-Dynastie oder der Kaufleute im arabischsprachigen Kontext Ägyptens denkt. Mit Fug und Recht würfe man Steven G. Marks einen abgestandenen Eurozentrismus vor.21 In dieser Arbeit hingegen stand vor allem das pragmatische Wissen im Prozess der buchhalterischen Datenverarbeitung im Mittelpunkt der Interpretation. Die Konstituierung spezialisierter Märkte, die aus der Kooperation von süddeutschen und florentinischen Unternehmungen am Standort Lyon resultierte, erscheint als Koordinierungsleistung auf der Grundlage der Buchführungen (intern in Rechnungsbüchern, extern im Sinne der interfirm organization in Korrespondenzen). Das Verfahren der Handels- und Bankgesellschaften bei der Schaffung spezialisierter Märkte ist durchaus kapitalistischen Verhaltensmustern zuzuordnen. Allerdings lässt sich aus dieser Perspektive nicht erklären, wie unternehmerisches Wachstum generiert wurde: Denn die Gewinne bestanden in der Logik der Buchführung im möglichst geringen Einsatz für den Ausgleich getätigter Investitionen. Sehr wohl spekulierte man auf Preisentwicklungen, aber der dabei entwickelte Zugriff wurde kooperativ eingeführt. Allein an der Expansion der an die Herrscherfinanzen angelagerten Wechselmärkte lässt sich die generelle Zunahme von transferierten Volumina ablesen. Inwieweit indes intentionales unternehmerisches Handeln für die Expansion der Wechselmärkte als spezialisierte Märkte für Herrscherfinanzen verantwortlich gemacht werden kann, muss offen bleiben. Gemessen an den Märkten zur Refinanzierung der Kronanleihen diente das pragmatisch-prozessualisierte Wissen gewiss kapitalistischen Verhaltensweisen, aber die Abwesenheit des Begriffes, der ein solches Vorgehen eben als kapitalistisch bezeichnet hätte, verweist auf eine grundsätzlich andere merkantile Rationalität – als es etwa im von Mokyr und Marks intensiv beobachteten 18. Jahrhundert der Fall gewesen wäre.

Steven G. Marks, The Information Nexus. Global Capitalism from Renaissance to the Present, Cambridge 2016, S. 75–86 (eigentlich das ganze Kapitel 4: Early modern Europe’s expanding field of vision. The Origins of capitalism). 21 Vgl. Jack Goody, The East in the West, Cambridge 1996, Kapitel II; vgl. Francisco Apellániz, News on the Bulaq: a Mamluk-Venetian Memorandum on Asian Trade, AD 1503, in: EUI Working Papers (Department of History and Civilization), HEC 2016/01, Florence 2016. 20

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Im übrigen dienten die Märkte auch der Einhegung von Risiken, die aus statischen Beziehungen ökonomischen Handelns resultierten. Entscheidend – und dies dürfte ein wichtiges Ergebnis dieser Arbeit sein – aber ist, dass ein Markt keine Blackbox ist. Märkte waren und sind keine Akteure, sondern Organisationsformen, die aus Koordinationsleistungen und Handlungsketten entstehen. Diese folgten im 16. Jahrhundert einem geschäftlichen Habitus, der sich an der Kreditorganisation von Buchführungssubjekten orientierte. Historische Marktforschung erkennt eine spezifische kaufmännische Rationalität, die sich zur (post)industriellen ökonomischen Handlungsrationalität entgegengesetzt verhielt: wirtschaftliches Handeln „von vorne“ zu denken. Allerdings wird hier ‚Rationalität‘ nicht wie bei Max Weber als entscheidende europäische Differenz gedeutet. Vielmehr ist es die économie des conventions, die das Verständnis von ‚Rationalität‘ als Kultur des Handelns anbietet. „Buchführungsmentalität“ in der Gesellschaft In den Unternehmungen des 16. Jahrhunderts waren die Leitung der strategischen Planungen und die Buchführung nicht voneinander zu trennen. Wenn der Firmenpatriarch nicht gar selbst die Bücher an zentralem Ort führte, erschien sein Buchhalter in unmittelbarer Nähe zu ihm und hatte Zugang zu seiner Schreibstube. An auswärtigen Niederlassungen wie im Fall der compagnia der Salviati in Lyon oder in den Faktoreien süddeutscher Handelshäuser lag die Verantwortung für Geschäftsführung und Buchhaltung in denselben Händen. Operatives Geschäft und Buchhaltung waren nicht klar voneinander getrennt. Denn der Aufstieg innerhalb einer Handels- und Bankgesellschaft ging durch die Buchhaltung. Endlich musste jeder Kaufmannbankier die Rechnungslegung beherrschen und mit den über die Buchführung vermittelten unternehmensinternen Betriebsabläufen sowie der daran anknüpfenden Kommunikation zwischen Unternehmen vertraut sein. Diese Kultur des Wirtschaftens erzeugte ein merkantiles Milieu – ein Milieu der Buchhalter-Mentalität. Dieser Befund betrifft keineswegs nur den elitären Fernhandel, in dem vor allem Patrizier aktiv waren. Insbesondere an der Verbreitung der Buchführung bis ins einfache Handwerker- und Krämermilieu im Florentiner Kontext lässt sich die Bedeutung der Kulturtechnik der Buchführung ablesen. Im Umkehrschluss kann die sozial breit gefächerte Vertrautheit mit den Prinzipien der Buchführung als ein Wirken der Buchführungslogiken in weite Teile der städtischen Gesellschaften hinein interpretiert werden. Die buchhalterischen Abstraktions- und Organisationsleistungen mussten die Wahrnehmung der eigenen Lebenswelt konfigurieren, indem sie kognitive Muster und Formen der Verarbeitung von Sinneneindrücken bereithielten.22

22

Vgl. Baxandall, Die Wirklichkeit.

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Die Anwendung der Buchführung sorgte für die Etablierung eines spezifischen mental mapping und damit für eine spezifische Art der Datenverarbeitung, so dass die buchhalterische Weltwahrnehmung eine spezifische Form der Konstruktion kulturellen Sinnes und damit eine eigenwillige Gestaltung urbaner Gesellschaften produzierte.23 Mehr noch als die kognitive Strukturierung des Raumes in Währungsräume beeinflusste die Abstraktionsleistung der Buchführung auf der Ebene zeitlicher Wahrnehmung die kulturelle Disposition städtischer Gesellschaften. Die „Zeit des Kaufmannes“24 bestand vor allem in einer Rhythmisierung ökonomischer Abläufe – in ursprünglicher Anlehnung an den kirchlichen Kalender. Die aus den Zahlungsterminen resultierende Identifizierung von Zeit mit Wert litt unter der prekären Anmaßung, sich etwas anzueignen, was nicht ein Eigenes ist. Allerdings wendet diese, üblicherweise eingenommene Perspektive die Zeitwahrnehmung in den entschieden geführten moraltheologischen Diskurs über Zins und Wucher. Die an städtischen Rathäusern angebrachten Uhren verweisen in viel höherem Maß auf chronologisch vorstrukturierte zeitliche Abläufe in der Lebenswelt der städtischen Menschen. Bisher völlig unbeobachtet hingegen ist die Frage nach der ökonomisch ausgefüllten Zeit. Wenn auf der Grundlage der Buchführung die Überlegung aufgeworfen wird, wieviele Transaktionen von einem Kaufmannbankier in welcher Zeit erledigt wurden – dann wird die Feststellung gemacht werden können, dass ein Tag von wenigen Transaktionen beherrscht war. Vielmehr waren zeitliche Intervalle in längere Phasen eingeteilt: von Abrechnungstermin zu Abrechnungstermin. Ein weiterer Gedanke zur buchhalterisch konstituierten Zeitwahrnehmung bezieht sich auf den biographischen Bogen eines längeren chronologischen Verlaufes. Die Entstehung der Erinnerungsliteratur in der sozialen Gruppe der Florentiner Kaufmannbankiers im 14. Jahrhundert kann in diesen Zusammenhang eingeordnet werden (Kapitel II.2.1). Am Beispiel des Trachtenbuches des Fugger-Buchhalters Matthäus Schwarz zeigt Valentin Groebner, inwieweit die Logik der Buchführung für das Augsburger Kaufmannsmilieu im 16. Jahrhundert mit einer moralisch interpretierten Metaphorik in Wechselwirkung stand.25 Dabei zitiert Groebner einerseits die auch von Matthäus Schwarz für die Erklärung der Buchhaltung aufgegriffene Metapher der Waage, wie sie in den vom Theologen Johannes Pauli bearbeiteten Predigten des Johann Geiler von Kaysersberg (1445–1510) angewendet wird: Der Vergleich zweierlei Münzen auf der Waage entspräche dem Abwägen von Gutem und Sündhaftem auf der Waage als Indikatorin für das Seelenheil. Die von Geiler geforderte „Selbstbeobachtung“ als

Vgl. Marvin Trachtenberg, Dominion of the eye: urbanism, art, and power in early modern Florence, Cambridge 1997; vgl. zur theoretischen Grundlegung: Richard Sennett, The conscience of the eye: the design and social life of cities, New York/London 1992. 24 Jacques Le Goff, Time, work, and culture in the Middle Ages, Chicago/London 1977. 25 Valentin Groebner, Die Kleider des Körpers des Kaufmanns. Zum „Trachtenbuch“ eines Augsburger Bürgers im 16. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Historische Forschung 23 (1998), S. 323–358. 23

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Weg zum Seelenheil wird in Groebners Argumentation von Matthäus Schwarz in den autobiographischen Schriften als ökonomische Praxis der „Kontrolle und Nachprüfbarkeit“ umgesetzt. Neben der prinzipiellen Verwendung der Logik des Kontenausgleichs sah sich Schwarz überdies veranlasst, eine Art Buchhaltung der eigenen Person anzulegen: Er übernahm das gebräuchliche Büchersystem in seine autobiographische „Selbstbeobachtung“. Er verfasste Der Lauf der Welt als „Hauptbuch“, das Trachtenbuch als „Sonderregistratur“ und das später vernichtete kinder büchlin als Rikordanzschrift, um jederzeit Rechenschaft von seinem Leben geben zu können.26 Die im handelsstädtischen Zusammenhang entstandenen persönlichen Aufzeichnungen vollziehen sich in diesem Sinn nach den Prinzipien der Buchführung – sowohl in ihrer Argumentationslogik als auch in ihrer schriftlichen Ordnung. Im Fall von Florenz lässt sich die Internalisierung der Logik der Buchführung als kultureller Habitus zeigen. Dies mag auch erklären, weswegen die Unternehmensbuchführungen auch nach dem Aufstieg der jeweiligen Familien in die Adelsschicht durch Nobilitierung nicht vernichtet wurden. In der Reichsstadt Augsburg war das Verhalten der dem merkantilen Milieu entwachsenden Familien wie den Fuggern und den Welsern, die den Erwerb von Landgütern und Adelstiteln anstrebten, eher mehrdeutig: Die kaufmännische Vergangenheit wurde als Makel betrachtet. Der Transfer von Buchführungswissen In anderen Kontexten allerdings, in den herrschaftlichen Verwaltungen wie der französischen zentralen Finanzverwaltung, muss man davon ausgehen, dass der Transfer von Methoden der Buchführung aus dem merkantilen Kontext in die Vorstellungswelt der Finanzbuchhaltung der Herrscher tatsächlich stattfand.27 Aber diese Hypothese bedarf der konkreten Untersuchung an der Rechnungslegung der jeweiligen Institutionen. Die einzigen Beispiele, die in dieser Arbeit näher untersucht wurden, sind diejenigen des Albizzo del Bene und des Seidenzolls. Durch die Verpachtung fiskalischer Aufgaben traten ausführende – ‚buchhaltende‘ – Kaufmannbankiers wie Lionardo Spina im Fall der Gabella in Verbindung mit den Mittelsmännern der Krone wie Martin de Troyes, der eine einflussreiche Rolle bei der Inkorporierung merkantiler (buchhalterischer) Fähigkeiten in die königliche Fiskalverwaltung spielte. Der Florentiner Bankier Albizzo del Bene kann als Erfinder des Grand Parti von 1555 gelten – der Regulierung

Groebner, Die Kleider, S. 338–342 (die Zitate zu den autobiographischen Büchern des Matthäus Schwarz S. 349): Groebner entfaltet hier ebenso einleuchtend wie originell den Bezug der Musterbuchhaltung auf die Ego-Dokumente des Hauptbuchhalters der Fugger. 27 Vgl. Soll, The Rechoning. 26

Schluss und Ausblick

herrschaftlicher Schuldenaufnahme, worin dieses Instrument durchaus dem „Europäischen Stabilitätsmechnismus“ von 2012 ähnelt.28 Eine interessante Dimension des Transfers von Buchführungswissen liegt also an der Nahtstelle zwischen Wirtschaftsgeschichte und Staatsbildung. Die Entwicklung des „Domänenstaates“ zum „Finanzstaat“29 mag wesentlich durch die Anverwandlung buchhalterischen Wissens in den herrschaftlichen Fiskalverwaltungen beeinflusst worden sein. Für die Formierung der Haushaltung der Stadtrepubliken der Renaissance trifft dies sicher zu, denn hier waren die Ämter von Mitgliedern des kaufmännischen (‚buchhalterischen‘) Milieus besetzt. Das französische Königreich des 16. Jahrunderts gehört in diese Linie der Adaption merkantiler Buchführung in der zentralen Finanzverwaltung. Die Praxeologie der Buchführung zeigt die Kultur wirtschaftlichen Handelns unter einer mächtigen ‚Rationalität‘ – nämlich unter der Handlungslogik der Buchführung. Diese war nicht nur fähig, Transferprozesse in sich aufzunehmen, sondern strukturierte Transferprozesse auf Marktgeschehen hin. Überdies erwies sich die Buchführung als ein wirkungsmächtiger Datenverarbeitungsprozess, dessen Logiken in Bereichen außerhalb des unternehmerischen Handelns übernommen wurden und die pragmatische Disposition spezifischer Milieus des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit prägten.

Lang, Credito. Werner Buchholz, Öffentliche Finanzen und Finanzverwaltung im entwickelten Frühmodernen Staat. Landesherr und Landstände in Schwedisch-Pommern 1720–1806 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern. Reihe V: Forschungen zur Pommerschen Geschichte, 25), Köln/Weimar/ Wien 1992, S. 6 f. 28 29

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VIII. Quellen- und Literaturverzeichnis

VIII.1

Quellen

VIII.1.1 Archiv-Quellen

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Quellen- und Literaturverzeichnis

Actes consulaires BB, Nr. 72 CC, Nr. 134 HH, Nr. 292 Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum [GNM] Familienarchiv Behaim, Nr. VIII, Fasz. 52 Familienarchiv Behaim, Nr. 48; Nr. 62 Nürnberg, Stadtarchiv [StadtAN] E 11/II, Behaim, 583 Paris, Archives Nationales de France [ANF] KK 112: Albisse del Bene Pisa, Scuola Normale Superiore, Archivio Salviati [SNS, AS] Ser. I, no. 24–25 Ser. I, no. 37–41 (Naldini) Ser. I, no. 81–87; no. 89–91 Ser. I, no. 95–96 Ser. I, no. 397 (Konstantinopel) Ser. I, no. 435 (Seidenhandlung in Florenz) Ser. I, no. 437–604 (Salviati di Lione) Ser. I, no. 761 Ser. I, no. 814 (Firenze) Ser. I, no. 982–993 (Salviati di Anversa) Ser. I, no. 1049; no. 1060; no. 1204 Ser. III, no. 5; no. 9 Ser. III, no. 17–62 (Alamanno di Iacopo Salviati) Filza I, 8, fasc. 4, Nr. 7; 213, fasc. 20 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana [BAV] Archivio Salviati, no. 56; no. 59; no. 300–304 Ulm, Stadtarchiv [StadtAU] Bestand A, Nr. 2914: Acta der Handtierenden in Franckreich Privilegien betreffend ab A(nno) 1540 ad 1678 Vicchio (Mugello/Toscana), Archivio Bartolini Salimbeni [ABartSalim] Lettere busta 1, 3, 3b Wien, Österreichisches Staatsarchiv Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Reichskanzlei, Maximiliana, Kt. 19, Konv. 1

VIII.1.2 Edierte Quellenbestände

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VIII.2

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IX.

Währungen

Siehe: Denzel, Währungen der Welt IX, dort auch die weiterführenden Literaturhinweise 1. Die Lyoner Messe Währung (Rechengeld): 1 scudo di marchi (scudo di marca / marche); Symbol: ∇; 1 scudo = 20 soldi (Symbol: ß) = 240 denari (Symbol: d) 2. Die französische Umlaufwährung (Buchgeld): 1 livre tournois (auch Franken); Symbol: lb; 1 livre tournois = 20 sous (Symbol: ß) = 240 deniers (Symbol: d) Verhältnis livres/scudo, von 1506 bis 1519 auf 1 scudo = 36 sous 3 deniers; dann von 1519 bis 1533 auf 1 scudo = 40 sous; dann von 1533 bis 1550 auf 1 scudo = 45 sous Von Heinrich II. im Januar 1550 angehoben auf 1 scudo di marchi = 46 sous 3. Ausgemünztes Geld in Frankreich: 1 scudo di sole (auch: Krone/Sonnenkrone); 1 scudo di sole = 20 soldi = 240 denari. Verhältnis scudo di marchi / scudo di sole; 10 3⁄4 Prozent (fixiert) Heinrich II. führte 1550 den le henri d’or ein: écu d’or fixiert mit 50 sous 4. Wechselrechenwährung Mark Gold: 1 marco d’oro = 8 once = 192 grani (1 once = 24 grani) = 4.608 denari (1 gran = 24 denari) Verhältnis marco d’oro / scudo di marchi: 1 marco d’oro = 66 scudi di marchi (1 marco d’oro = 65 scudi di sole) 5. Marseiller Währung: florin 6. Florentiner Währung: 1 fiorino = 20 soldi = 240 denari 7. Römische Währung: ducato di camera (Kammerdukat): 1 ducato di camera = 20 soldi = 240 denari 8. Venezianische Währung: ducato veneziano (auch: ducato d’oro) als zehnter Teil der lira di grossi a oro 9. Neapel: ducato di carlino: 1 ducato di carlino = 5 tarini = 100 grani 10. Flämische Währung (Anfang des 16. Jahrhunderts Brügge; Antwerpen): libra di grosso (Pfund flämisch, Pond vlaams): 1 Pfund = 20 Schilling = 240 Groot (grossi) Verhältnis: Wechselkurs von Lyon nach Flandern ca. 75 grossi per scudo Verhältnis: Wechselkurs von Antwerpen nach Lyon ca. 70 grossi per scudo

Währungen

11. 12. 13. 14.

Spanische Währung: maravedí Englische Währung: 1 libra di sterlini = 20 shillings = 240 pence Osmanische Währung: aspro (Asper) Verhältnis ca. 50 aspri = 1 scudo di marchi (um 1540) Rheinische Gulden: fiorini di Reno Verhältnis ca. 40 1⁄3 scudi di marchi = 50 fl (1527) 4⁄5 scudi/fl (1 scudo = 1 1⁄4 fl)

Hinweise zur Zitationsweise von Währungen

Die dreigliedrigen Währungen (z. B. scudo di marchi,soldi,denari) werden durch „ , “ voneinander abgetrennt (z. B. „1,19,11“). In den Transkriptionen wird die entsprechende Schreibweise von der Vorlage übernommen (z.B. 1.19.11). Ist die letzte Währungseinheit (z.B. der denaro) gleich Null entfällt im Fließtext die letzte Ziffer (z.B. „1,19“); in der Transkription ggf. als „ - “ wiedergegeben. In den Fußnoten und den Tabellen erscheint die Messezählung in Kürzeln nach der Jahreszahl des Florentiner Kalenders: „1508.1“ = Ostermesse 1508, „1508.2“ = Augustmesse 1508, „1508.3“ = Allerheiligenmesse 1508, „1508.4“ = Apparitionsmesse/Parisionsmesse 1508 (nach „modernem“ Kalender: Apparitionsmesse/Parisionsmesse 1509).

671

X.

Stammbäume

X.1

Stammbaum der Salviati

X.1.1

Stammbaum der Salviati (ab Alamanno, 1389–1456)

X.1.2

Stammbaum der Salviati (ab Alamanno, 1459–1510: Stammlinie zu den Marchesi)

Stammbaum der Welser

X.2

Stammbaum der Welser

X.2.1

Stammbaum der Welser (ohne Nachfahren des Bartholomäus V)

Margarethe = Konrad Peunger

Hans Chrysostomus Peunger

X.2.2

Stammbaum der Welser (Nachfahren des Bartholomäus V)

673

XI.

Glossar

Zur Wiedergabe der zitierten Transkriptionen: Im Fließtext kursiv (auch als Einzelbegriffe; wenn nicht als längeres Zitat im eingerückten Block) – hier im Glossar werden die „Zitatbegriffe“ kursiv ausgewiesen, die modernen Begriffe werden nicht kursiviert ( ) = Auflösungen (von Abkürzungen oder Ligaturen) [ ] = Hinzufügungen (von Buchstaben zum besseren Verständnis) [[ ]] = Einfügungen vom Autor (etwa bei Aussparungen wie der Worte fiera oder lettera) Weiterführende Literatur zum Glossar: Denzel, Das System Edler de Roover, Glossary Melis, Documenti Schirmer, Wörterbuch Schmidt, Das Gewerbebuch Westermann / Denzel, Das Kaufmannsnotizbuch Abaco Accomandita Acconciare Adreto (adrieto) Aggio Akzeptant Alla veneziana

Allogare

Abakus (Rechenlehre) Kommende (handelsrechtl. Gesellschaftsform) „zurechtmachen“, ein Konto einrichten (nachgelagerte) Einkünfte Aufgeld, Prämie Bezogener bei Wechseltransaktion (pagatore: bezahlt den Wechsel an Begünstigten) „auf venezianische Art“ (in der Buchhaltung: die einander gegenüber angeordnete Darstellung von Eingängen, Gutschriften, und Abgängen, Belastungen) (ver)mieten

Glossar

Amicizia Amico (amici) Apparte (conto apparte)

Arbitrage Ariento (argento/ariento vivo) Arroba Arte Asiento

Assegnamento Assicurazione Attenente Avere (de/deono avere) Avvantaggio (avvanzo siehe vantaggio) Avvisare Avviso Baglio Balla Banking Barile Battiloro Bilancio Bilancio di apertura (bilancio di chiusura) Bisenzone-Messen

Bottega Braccio (braccia)

(Geschäfts-)Freundschaft, freundschaftliche Beziehung (Geschäfts-)Freund Apartkonto (zusammengeschrieben heißt es apparte; auseinander geschrieben – mit etwas anderem Sinn – a parte; im Deutschen gibt es den Begriff wohl nur historisch) Wechselkursgewinn (Gewinn aufgrund einer positiven Differenz zwischen zwei Bewertungen) Silber (Quecksilber) Arroba (span. Gewicht: 4 arroba = 1 quintal; 100 libras = 1 arroba; 11,5 kg) Zunft, Gilde (in Florenz: z.B. Arte della lana: Wollhändlerzunft) Vertrag zwischen der spanischen Krone (einem Hoheitsträger) und entweder einer Privatperson oder einer Gesellschaft zur Durchführung eines bestimmten Unternehmes Überweisung (Zuschreibung) (See-)Versicherung zugehörig, betreffend Haben (Gutschrift), „sollen wir“ Gewinn („Vorteil“) benachrichtigen (einen Avvis zukommen lassen) Avvis, Nachricht (Bericht) Pacht(gebühr) Ballen (Form des Transports, als Stückgutangabe) Bankgeschäfte (Finanzgeschäfte) 1. Fass (Transportgefäß); 2. Fass (Flüssigmaß) Goldschläger (Gewerk: bes. in Seidenproduktion) Bilanz (ein Konto bilanzieren) Eröffnungsbilanz (Schlussbilanz) von Karl V. im burgundischen Besançon im Jahr 1534 eingerichtete Wechselmessen (italienische „Pauschalbezeichnung“ für die Nachfolgemessen in Piacenza und Novi) Ladenlokal, Werkstatt Armlänge (Längenmaß: 3 bis 4 braccia = 1 canna)

675

676

Glossar

Bugliolo Buonconto (facciamo buono a buonconto) Business partnership agglomerate Business-to-business

Eimer (Transportgefäß und Transportmengenangabe) Gutschrift (zu gutem Konto schreiben) „Unternehmensgruppe“ aus compagnie

Transfer (Beziehungen) zwischen Unternehmen oder Händlern Cambi Wechselkurse Cambio (lettera di cambio) Wechsel (Wechselbrief) Camerlengo Haushälter (Kassier) Can(n)ella (Canel) Zimt (ital./süddt.) Canna Stock (Längenmaß: ca. 2 Meter) Cantaro (cantara) Kantar (Gewicht = 100 routoli) Capitale Kapital, Hauptgut (eines Darlehens) Carica Last (Gewicht: 400 libre) Carico Ladung (eines Schiffes) Carisea Kersey Caravella Karavelle (im 15./16. Jh. besonders verbreitetes zwei- bis viermastiges Schiff, 100-180 Tonnen) Cassa (in mano di) 1. Kasse (Kasse zu Händen von); 2. Kassette, Kasten („Kasse“) Cedula schriftliche Verpflichtung (auch: Vorvertrag) Cento (per cento) 1. Einhundert (Prozent), 2. Zentner (Gewichtsmaß) Certificatieboeken städtische Registerbücher in Antwerpen (14881614) Ciambellotti Kamlott (auch: Schamlott; ein Mischgewebe mit einem Anteil Kamelhaar) Cinabro Cinnabrit, Zinnober Cioè das heißt (es folgt eine Konkretisierung) Commerce (Waren)handel Commissione (a commissione di) Kommission (auf Kommission von); Auftrag Committente (committenti) Auftraggeber (pl.) Compagno handelsrechtl. Teilhaber Compagnia handelsrechtl. Gesellschaft Compimento Erfüllung einer Zahlung Comporre (il conto/al conto) einrichten (ein Konto einrichten) Compra (comprare) Kauf (kaufen) Comune (a comune di) gemeinsamer Bestand (gemeinsam mit) Condotta 1. Vertrag; 2. Vertragsperiode

Glossar

Conduttore (conduttiero) Conservateur des foires Consolato (di nostra nazione) Consultat de Lyon Contanti Contare (contarsi) Conto apparte Conto avanzi e disavanzi Conto dei depositi Conto del corpo (conto di messa in corpo) Conto dei tempi Conto loro (per conto loro) Conto nostro (per conto nostro) Conto proprio Conto suo (per conto suo) Contra-cambium Copiare (conto copiato) Cruzada Danaro (contante), denaro Dare (de/deono dare) Debitore (buono, male) Deposito (diposito) Deposito per spartire a amici nostri e committenti Discrezione (a discrezione) Dono

Spediteur der Amtsträger für die Schiedsstelle für Konfliktfälle im Kontext der Lyoner Messen Konsulat (die institutionalisierte Form der Vertretung einer „landsmannschaftlich“ definierten Gruppe Stadtmagistrat von Lyon Bargeld zählen, rechnen (für sich eine Rechnung legen) Apartkonto (ein Konto für mittelfristige Kreditund Finanzierungsleistungen) Vorteilskonto (Konto, in dem negativer oder positiver Saldo verbucht wird) Depositkonto (Konto, in das ein verzinstes Darlehen eingebucht wird) Kapitalkonto (Konto, in dem das in eine Gesellschaft eingegebene Kapital eingetragen wird) Zeitkonto (Konto, in dem für die Dauer der Refinanzierung ein Kredit geführt wird) Loro-Konto (Konto, das für eine andere Gesellschaft geführt wird) Nostro-Konto (Konto, das man für sich selbst führt) persönliches („privates“) Konto wie Loro-Konto (Konto, das für eine andere Person geführt wird) Rückwechsel auf der Basis der Kursdifferenz zwischen dem Zahlungsort und einem anderen Auftragsort abschreiben (ein abgeschriebenes Konto) Kreuzzugssteuer (in Kastilien) (Bar)geld; „Pfennig“ (12 denari = 1 soldo) Sollen (Belastung), „soll uns“ Schuldner (Schuldner, der zurückzahlt/der nicht zurückzahlt) Depositum, Einlage (toskanische Schreibweise) Einlage, die auf unsere Freunde und Auftraggeber/ Kunden ausgegeben wird Zinszahlung (zu Zins) Zinszahlung („Geschenk“, Ausdruck zur Verschleierung von Zins)

677

678

Glossar

Drappo Droit d’aubaine Entrata e uscita (libro entrata e uscita) Fagotto Faktorei Fardello Fare buono (facciamo buono, fanno buono) Fäßlin Fiera Figlio (figliuolo) Fondaco (Fondaco dei tedeschi) Fratello (fratelli) Gabelle, gabella Galeone Galera (galea) Galla (galle) Garbello Garbo (lana di Garbo) Garofano Giornale Giovane Government finance Grana Grand Parti (Große Partita) Hauptgut Incetta

Wolltuch (Stoff aus Wolle) Fremdenrecht (Erbrechtsregelung) Eingang und Ausgang (Eingangs- und Ausgangsbuch) ein eingewickeltes Bündel (Mengenangabe und Transportform) formalisierte Niederlassung einer handelsrechtl. Vereinigung (ein großes) Bündel (Gewicht) gutschreiben (wir schreiben gut, sie schreiben gut) Fäßchen (kleines Transportgefäß und Transportmengenangabe) Messe Sohn Lagerhaus, Warenhaus (Warenhaus der „Deutschen“ in Venedig: institutionalisierte Pflichtniederlassung der Händler der „deutschen“ natio) Bruder (Brüder) Einfuhr-/Ausfuhrsteuer (frz.: gabelle, ital.: gabella) meist dreimastiges (Kriegs)schiff (im Spanien des 16. Jahrhunderts entwickelt) Galeere (im Mittelmeer gebräuchliches Segelschiff mit Rudern) Gallapfel (Galläpfel) Bund/Bündel (Mengenangabe) Garbowolle (Typisierung für eher groben Wollstoff) Gewürznelke Journalbuch (Rechnungsbuch, in das von vorläufigen Heften übertragen wird und das die Vorlage für das Schuldbuch bildet; „tägliche“ Einträge) (bezahlter) Handelsdiener (meist in der früheren Phase der Laufbahn) Herrscherfinanzen (früher: „Staatsfinanz“) Korn die vertraglich regulierte Aufnahme von königlicher Schuld bei auf zehn Jahre gestreckter niedrigzinslicher Rückzahlung Kapital Großkauf („Aufkauf “)

Glossar

Interesse Interfirm organization Inventario Invocatio Ist-Umsatz Joint venture Juros Lanaiuoli Larghezza Lettera Lettera di cambio Levare (levato) Libra (libbra) Libro (delle) compere e vendite Libro copialettere Libro debitori e creditori Libro dei committenti Libro delle fiere Libro grande Libro mastro (libro maestro) Libro segreto Loro-Konto Maestrazgo Maggiore Marca (marco) Medesimo (in noi medesimi) Metà (a metà) Mercanzia

Zins die (soziale) Organisation zwischen Unternehmen Inventar Anrufung (Anrufung Gottes, Jesu und Mariens sowie der Heiligen zur Eröffnung von Schuldbüchern) (Summe der) Vereinnahmungen Gelegenheitsgesellschaft, Beteiligungsgesellschaft von der spanischen Krone verkaufte Renten(papiere; niedrig verzinst) Wollhandlung (auch: Wollproduzent; Angehöriger der Arte della lana) Reichlichkeit, Fülle (wenn reichlich Geld vorhanden ist) 1. Brief (Kommunikationsmedium); 2. Wechselbrief (Zahlungsmedium) Wechselbrief aufheben: aus einem Konto ausziehen, vortragen in ein neues Konto (vorgetragen) Pfund (Gewicht) Rechnungsbuch mit Einkäufen und Verkäufen Briefkopiar Schuldbuch Buch der Auftraggeber, Kundenbuch Messebuch Großes Buch (Schuldbuch: weil das Schuldbuch ein großes Format hatte) Schuldbuch Geheimbuch (Hauptbuch, in dem die Kapitalanteile – von Gesellschaftern, Dienern, Einlegern – eingetragen wurden) Konto, das für einen Kunden/Auftraggeber geführt wird Gebiete der spanischen Ritterorden (deren Einkünfte verpachtet wurden) Prinzipal, Hauptgesellschafter Mark (Rechenwährungsangabe; Gewicht für Edelmetalle) (an sich) selbst (wechseln; vgl. Ricorsa-Wechsel) Hälfte (hälftig) 1. Ware; 2. Handel; 3. das Florentiner Handelsgericht

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680

Glossar

Moneta

1. Geld, Währung; 2. Silbergeld oder niedrigeres Münzgeld Monta (montò, montarono) Summe (es betrug; sie betrugen) Mucciardi (mucciarri) Tuch, Mischgewebe aus Ziegenhaar und Seide Natio (nationes) Handelsgemeinschaft (rechtlich institutionalisierte „landsmannschaftliche“ Gemeinschaft Nave (navillo) Nau; (kleines) Schiff Nepote (nepoti) Bruders Söhne, Neffen Nolo Fracht Nostro-Konto Konto, das auf eigene Rechnung geführt wird („für sich“) Notaio (öffentlicher) Notar Ordine (per ordine di) „Order“, Auftrag (im Auftrag von) Paga Zahlung, Teilzahlung, Zinszahlung Pagamento (Be)zahlung Pagare bezahlen, erstatten Panno (panni) Wolltuch Pari gleich (gleichgesetzt), ausgeglichen (von Konten) Partecipazione Teilhabe, Teilhabegeschäft Partita (Waren)partie; Posten Pepe (piper) Pfeffer (ital./süddeutsch) Per tanti insoweit Peso (pesare) Gewicht (wiegen) Petit Parti die „Kleine Partita“ (die abermalige regulierte Schuldaufnahme der französischen Krone 1557) Pezza ein Stück Tuch (Mengenangabe) Pezzo Stück (Mengenangabe) Polizza (polizza di caricamento) Schein (Frachtschein) Polvere Pulver Porre (posto) buchen, in ein Konto eintragen (Posten, gebucht auf) Portare (portò) (weg)tragen (er nahm mit) Porzione Anteil Präsentant Begünstigter in einer Wechseltransaktion (Geldempfänger: beneficiario) Presentare einen Wechselbrief vorweisen („präsentieren“) Prestare leihen Prezzo (pregio) Preis (auch: Wechselkurs) Prima (lettera prima) Erster Wechselbrief (es folgten Kopien des Wechselbriefes) Procura Handlungsvollmacht

Glossar

Promessa Promettere Prossimo (fiera prossima) Protesto

Provvisione Quaderno Quadernuccio Quintale Quitanza Ragionare Ragione Ragione nuova (vecchia) Rata Recambium Recare (recò) Recensuit („r“) Recettes Recuperare Redi Regierer Remittent Remittere (remisso) Renten Resto Ricordanza (ricordanze) Ricorsa-Wechsel Rimessa

(schriftliche) Zahlungszusage (wenn man einen Wechsel akzeptiert) eine schriftliche Zahlungszusage abgeben der nächste (die nächste Messe) Wechselprotest (wenn ein Wechsel nicht akzeptiert wird, wird er bei einem anderen Korrespondenten protestiert, „ehrenhalber“ angenommener Wechsel) (Wechsel)kommission, Vergütung eines Vertreters Heft (kleines Rechnungsbuch: ein persönliches Rechnungsbuch) kleines Heft, Kladde Quintal (span. Gewicht: 1 quintale = 4 arrobas = 100 libras) „Quittung“, Zahlungsbeleg Rechnung legen; bewerten (evaluieren) zunächst: Rechnung; dann handelsrechtl. Firma die neue Firma; die Nachfolgefirma (die alte Firma; die Vorgängerfirma) „Rate“, Anteil Rückwechsel (anstelle der Gutschrift der Summe, auf die ein Wechsel ausgestellt war) bringen; bezahlen, einzahlen (er hat gebracht; bezahlt, eingezahlt) er hat überprüft; er hat „gemustert“( Symbol für die erledigte Rezension) königliche Akzise (Frankreich) zurückerlangen, aufholen Erben (auch eredi < lat. heredes) Prinzipal, Hauptgesellschafter; Unternehmensdirektor Wechselnehmer (datore: er versendet den Wechsel) bezahlen, überweisen (einen Wechsel versenden) langfristig ausgegebene Anleihepapiere (in den Niederlanden) verbleibender Betrag (nach Saldo) Aufzeichnung, Erinnerungs(buch) Wechsel auf sich selbst (Wechselnehmer und Begünstigter sind identisch) Wechsel, Überweisung (Versendung eines Wechsels, um an einem anderen Ort zu bezahlen)

681

682

Glossar

Rimessoci Riscosso Risquotere (riscuotere) Ritrarre Ritratto (netto) Roba Ruotolo (rotolo) Sacca Sack (seck) Saffran Saldare Saldo Salvocondotto Sandrea Satisfare Sborsato Scritta Scrittura Seconda (lettera seconda) Segno Seguito Sénéchal Sensale Senseria Servire Seta Setaiuoli Socio Soll-Umsatz Solvere Somma Sopraccorpo Spartire (depositi per spartire a amici) Specier (frz. speciers, épicier; ital. speziale; dt. Spetzier)

auf uns gewechselt, an uns überwiesen eingenommen, erlöst einnehmen Geld einziehen, einnehmen (bereinigter) Ertrag, Erlös „Sachen“, Waren, Güter „Rolle“ (Gewicht: 100 ruotoli = 1 cantara) Sack (Mengenmaß, Transporteinheit) „Sack“ (Mengenmaß, Transporteinheit) Safran (Gewürz; Färbemittel) saldieren (den Unterschied von Soll und Haben in einem Konto feststellen, um das Konto zu schließen) Abschluss eines Kontos (einer Rechnung) Geleitbrief, Passierschein eine Art (Queck)silber ein Zahlungsziel erfüllen ausgegeben (von Geld) Schriftstück; Vereinbarung, Verpflichtungserklärung rechtlich bindendes Schriftstück; Aufzeichnungen der Buchführung Sekunde (zweiter Wechselbrief/Kopie des Wechselbriefes) Handelszeichen (Handelsmarke) „gefolgt“, das Folgende Seneschall (kgl. Amt in Frankreich, eine Art Zentralverwalter) Makler Maklergebühr, Maklerprovision in Anspruch nehmen; leihen Seide Seidenhandlung (Seidenproduzent) handelsrechtl. Teilhaber (Summe der) Leistungen und Lieferungen bezahlen, erstatten, auslösen Summe, (End)betrag Fremdkapital, zusätzlich zum corpo (Kapitalstamm) aufgenommenes Kapital aufteilen (depositi zum Aufteilen an Freunde) Gewürzhändler, auch Apotheker

Glossar

Spese Spezie Staglio Storia interna Strettezza Tavola Tela Teletta Tenere (i conti/i libri) Tesaurius (tesoriere) Tintore Toccare (ci tocca) Tonnello Trarre (in) Tratta Trassant Trassat Trassoci Trésorier (d’épargne) Uscita Uso Usura Utile Valere (valersi) Valuta Vantaggiare Vantaggio Veluto Vendita Verdetto Verzino Vettura Vetturale Wexel (Wechsel) Zeddel (zettel) Zenzero

Ausgaben, Aufwand (insbesondere für Transport) Spezereien, Gewürze Überschlag, Vergleich betriebsinterne Geschichte (Geld)knappheit 1. (eine Art von) Unterrechnung; 2. Tafel (Transportform von Tuch) dünnes Tuch; Leinwand dünnes Tuch; Leinwand führen (von Konten/Büchern) Schatzmeister (hoheitliches Amt) Färber teilhaben (es betrifft uns) Tonne (Hohlmaß, Transporteinheit) ziehen (einen Wechsel ziehen zugunsten von) Tratte, Wechsel, Wechselbrief Aussteller (prenditore: der „Zieher“ eines Wechsels) Bezogener (pagatore: Akzeptant eines Wechsels) auf uns gezogen der Kammermeister des königlichen Schatzes Zahlungsausgang Usance (konventioneller zeitlicher Phasenverzug zwischen Präsentation eines Wechsels und der Bezahlung des präsentierten Wechsels) Wucher Gewinn (positiver Ertrag über den Ausgleich hinaus) bewerten (sich bepreisen) Wert, Preis; Bewertung bevorteilen (den Profit verkaufen) Gewinn (Gewinn auf einen Wechsel), Prämie Velours Verkauf Grünfärbemittel Grünfärbemittel Transport (Transportgebühr) Spediteur; Fuhrmann Wechsel(brief) schriftliche Bestätigung, Rechnung Ingwer

683

XII.

Siglen

Die zitierten Bücher der Buchführung – Rechnungsbücher und Briefkopiare – bekommen zusätzlich zu ihrer Archivsignatur eine Sigle, damit sofort klar ist, um was für ein Buch es sich handelt. Die Bücher der Salviati und angehöriger Handels- und Bankgesellschaften werden entsprechend benannt: Ort (L = Lyon, Ant = Antwerpen), Buchtypus, Signatur (A–Z), ggf. Farbe. Buchtypen: Entrata e uscita = EntraUscit Giornale = Gior Giornale compravendita = GiorCompVend Giornale della drapperia = GiorDrapperia Libro dei committenti = LibCom Libro copialettere = CopLett Libro debitori e creditori = DebCred Libro della drapperia = LibDrapperia Libro di fiere = LibFier Libro Ricordanze = LibRic Quaderno di cassa = QuadCass Die Angabe der Seitenzahl erfolgt in Anlehnung an das Original: Die Florentiner numerierten die arabischen Seitenzahlen wie es bis heute üblich ist. Die römischen Seitenzahlen indes wurden zumindest bei Nummer Vier abweichend mit „IIII“ oder bei der Nummer Neun mit „VIIII“ notiert. Bei Nummer 40 mit „XXXX“ und bei Nummer 90 mit „LXXXX“ treten ebenfalls Abweichungen von unserem heutigen Gebrauch auf. Man setzte die römischen Seitenzahlen in der Regel nur bei Schuldbüchern – Libri debitori e creditori – auf der Haben-Seite ein. Bei vorhergehenden Büchern wie den Libri di fiere wurden auf der Soll-Seite und auf der Haben-Seite arabische Ziffern gesetzt, die hier der Klarheit halber mit „Zahl“ (beispielshalber „169“) für die Soll-Seite und mit „Zahl r“ (beispielshalber „169r“) für die Haben-Seite aufgeführt sind. Im Fall der Welser übernehme ich die von Geffcken/Häberlein, Rechnungsfragmente, eingeführten Siglen.

Siglen

1.

Salviati

SNS, AS, I, 437 (1508-09) SNS, AS, I, 438 (1508-09) SNS, AS, I, 439 (1508-09) SNS, AS, I, 440 (1509-10) SNS, AS, I, 441 (1509-10) SNS, AS, I, 442 (1510) SNS, AS, I, 443 (1510-11)

L DebCred A L LibRic A L LibFier [A] L DebCred AA L LibFier AA L LibFier AAA L DebCred AAA

SNS, AS, I, 444 (1511-13) SNS, AS, I, 445 (1512-13) SNS, AS, I, 446 (1511-13) SNS, AS, I, 447 (1513-14) SNS, AS, I, 448 (1514) SNS, AS, I, 449 (1514) SNS, AS, I, 450 (1514-15) SNS, AS, I, 451 (1514-16) SNS, AS, I, 452 (1514-16) SNS, AS, I, 453 (1514-16) SNS, AS, I, 454 (1514-16) SNS, AS, I, 455 (1515-16)

L DebCred B L LibCont [B] L DebCred BB L LibRic [B] L CopLett [B] L CopLett [BB] L DebCred [BBB] L CopLett [BBB] L Gior B L LibFier B L QuadCass B L DebCred BBBB (giallo)

SNS, AS, I, 456 (1516-1517) SNS, AS, I, 457 (1516-17) SNS, AS, I, 458 (1516-17) SNS, AS, I, 459 (1516-17) SNS, AS, I, 460 (1516-17) SNS, AS, I, 461 (1516-17) SNS, AS, I, 462 (1516-17)

L DebCred C L LibFier C L Gior C L QuadRic C1 L CopLett [C] L QuadCass C L LibRic CC

SNS, AS, I, 463 (1517-18) SNS, AS, I, 464 (1517-18) SNS, AS, I, 465 (1517-18) SNS, AS, I, 466 (1517-18) SNS, AS, I, 467 (1517-18)

L DedCred D (verde) L LibFier D L LibRic D L Gior D L QuadCass D

SNS, AS, I, 468 (1518-20) SNS, AS, I, 469 (1518-20) SNS, AS, I, 470 (1518-20) SNS, AS, I, 471 (1518-20)

L DebCred E (grigio) L LibFier E L LibRic E L Gior E

685

686

Siglen

SNS, AS, I, 472 (1518-20) SNS, AS, I, 473 (1518-20) SNS, AS, I, 474 (1518-20) SNS, AS, I, 475 (1520-22)

L CopLett E L CopLett [EE] L QuadCass E L CopLett E[EE]

SNS, AS, I, 476 (1521-24) SNS, AS, I, 477 (1521-24) SNS, AS, I, 478 (1521-24) SNS, AS, I, 479 (1521-24) SNS, AS, I, 480 (1521-24) SNS, AS, I, 481 (1521-24)

L DebCred F L QuadCass [F] L LibFier F L LibRic F L Gior F L CopLett [F]

SNS, AS, I, 482 (1524) SNS, AS, I, 483 (1524-25) SNS, AS, I, 484 (1524-25) SNS, AS, I, 485 (1524-46) SNS, AS, I, 485b (1539-52)

L Gior G L LibRic G L LibFier G L DebCred G (div E; rosso) L DebCred G (rosso)

SNS, AS, I, 486 (1525-27) SNS, AS, I, 487 (1525-27) SNS, AS, I, 488 (1525-29) SNS, AS, I, 489 (1525-30) SNS, AS, I, 490 (1525-30) SNS, AS, I, 491 (1525-28) SNS, AS, I, 492 (1526-28) SNS, AS, I, 493 (1526-29)

L LibFier H L SpoglioDebCred [HH] L QuadCass H L Gior H L DebCred H L LibRic H L CopLett H L CopLett HH

SNS, AS, I, 494 (1528-31) SNS, AS, I, 495 (1528-31) SNS, AS, I, 496 (1528-31) SNS, AS, I, 497 (1528-31) SNS, AS, I, 498 (1528-31) SNS, AS, I, 499

L QuadCass I L LibRic I L CopLett I L Gior I L LibFier I L DebCred I

SNS, AS, I, 500 (1531-52) SNS, AS, I, 500b (1537-52) SNS, AS, I, 501 (1531-32) SNS, AS, I, 502 (1531-32) SNS, AS, I, 503 (1531-32) SNS, AS, I, 504 (1531-32) SNS, AS, I, 505 (1531-32)

L DebCred K (giallo) L [DebCred] K (giallo) L QuadCass K L QuadCass K L GiorCompVend K L LibCassa [K] L LibRic K

Siglen

SNS, AS, I, 506 (1532-42)

L DebCred GabellaSeta

SNS, AS, I, 507 (1532-33) SNS, AS, I, 508 (1532-34) SNS, AS, I, 509 (1532-34) SNS, AS, I, 510 (1532-34) SNS, AS, I, 511 (1532-34) SNS, AS, I, 512 (1532-34) SNS, AS, I, 513 (1532-34) SNS, AS, I, 514 (1532-34)

L GiorCompVend L L DebCred L (pagonazzo) L EntraUscit L L EntraUscit [L] L LibRic L L LibFier L L CopLett L[2] L CopLett L [1]

SNS, AS, I, 515 (1534-35) SNS, AS, I, 516 (1534-35) SNS, AS, I, 517 (1534-36) SNS, AS, I, 518 (1534-36) SNS, AS, I, 519 (1534-36) SNS, AS, I, 520 (1534-36) SNS, AS, I, 521 (1534-35) SNS, AS, I, 522 (1534-36)

L Gior M L EntraUscit M L LibRic M L CopLett M[1] L CopLett M[2] L LibFier M L LibCom M L DebCred M (verde)

SNS, AS, I, 523 (1536-[37]) SNS, AS, I, 524 (1536-38) SNS, AS, I, 525 (1536-38) SNS, AS, I, 526 (1536-38) SNS, AS, I, 527 (1536-38) SNS, AS, I, 528 (1536-38) SNS, AS, I, 529 (1536-38) SNS, AS, I, 530 (1537-38)

L LibCom N L DebCred N L Gior N L EntraUscit N L LibRic N L LibFier N L CopLett N L LibCom NN

SNS, AS, I, 531 (1538-39) SNS, AS, I, 532 (1538-39) SNS, AS, I, 533 (1538-39) SNS, AS, I, 534 (1538-39) SNS, AS, I, 534b (1525-39) SNS, AS, I, 535 (1538-39) SNS, AS, I, 536 (1538-42) SNS, AS, I, 537 (1538-52)

L LibCom O L Gior O L EntraUscit O L LibFier O L CopLett O L QuadCass O L LibRic O L DebCred O (azzurro)

SNS, AS, I, 538 (1539-1540) SNS, AS, I, 539 (1539-1540) SNS, AS, I, 540 (1539-1540)

L LibCom P L Gior P L EntraUscit P

687

688

Siglen

SNS, AS, I, 541 (1539-1540) SNS, AS, I, 542 (1539-1542) SNS, AS, I, 543 (1540-1541)

L QuadCass P L DebCred P (bianco) L LibCom Q

SNS, AS, I, 544 (1540-1542) SNS, AS, I, 545 (1540-1542) SNS, AS, I, 546 (1540-1542) SNS, AS, I, 547 (1540-1542) SNS, AS, I, 548 (1540-1542) SNS, AS, I, 549 (1540-1542) SNS, AS, I, 550 (1540-1542) SNS, AS, I, 551 (1540-1542) SNS, AS, I, 552 (1541-1542)

L DebCred Q (rosso) L CopLett[1] Q L CopLett[2] Q L LibFier Q L QuadCass Q L Gior Q L LibRic Q L EntraUscit Q L LibCom [QQ]

SNS, AS, I, 553 (1542-1544) SNS, AS, I, 554 (1542-1544) SNS, AS, I, 555 (1542-1544) SNS, AS, I, 556 (1542-1544) SNS, AS, I, 557 (1542-1544) SNS, AS, I, 558 (1544-1545)

L Gior R L EntraUscit R L LibCom R L LibFier R L QuadCass R L DebCred R (bigio)

SNS, AS, I, 559 (1544-1545) SNS, AS, I, 560 (1544-1546) SNS, AS, I, 561 (1544-1547) SNS, AS, I, 562 (1544-1547) SNS, AS, I, 563 (1544-1547) SNS, AS, I, 564 (1544-1547) SNS, AS, I, 565 (1544-1547) SNS, AS, I, 566 (1544-1552) SNS, AS, I, 567 (1545-1546) SNS, AS, I, 568 (1545-1549) SNS, AS, I, 569 (1545-1549) SNS, AS, I, 570 (1546-1547) SNS, AS, I, 571 (1546-1547)

L LibCom S L LibFier S L DebCred S (verde) L Gior S L LibRic S L EntraUscit S L CopLett S L LibRic S L LibCom [SS] L LibDrapperia S L GiorDrapperia S L LibCom S L LibFier S[S]

SNS, AS, I, 572 (1547-1548) SNS, AS, I, 573 (1547-1549) SNS, AS, I, 574 (1547-1549) SNS, AS, I, 575 (1547-1549) SNS, AS, I, 576 (1547-1549) SNS, AS, I, 577 (1547-1549)

L LibCom T (pagonazzo) L DebCred T L Gior T L EntraUscit T L QuadCass T L LibRic T

Siglen

SNS, AS, I, 578 (1547-1549) SNS, AS, I, 579 (1547-1549) SNS, AS, I, 580 (1548-1549) SNS, AS, I, 581(1549)

L LibFier T L CopLett T L LibCom T[T] L LibFier T[T]

SNS, AS, I, 582 (1549-1550) SNS, AS, I, 583 (1549-1550) SNS, AS, I, 584 (1549-1550) SNS, AS, I, 585 (1549-1550) SNS, AS, I, 586 (1549-1550) SNS, AS, I, 587 (1549-1550) SNS, AS, I, 588 (1549-1564)

L LibFier V (rosso) L EntraUscit V (rosso) L Gior V (rosso) L QuadCassa V L LibCom V L LibRic V (rosso) L DebCred V (rosso)

SNS, AS, I, 589 (1550-1551) SNS, AS, I, 590 (1550-1552) SNS, AS, I, 591 (1550-1553) SNS, AS, I, 592 (1550-1552) SNS, AS, I, 593 (1550-1553) SNS, AS, I, 594 (1550-1553) SNS, AS, I, 595 (1550-1553) SNS, AS, I, 596 (1551-1552) SNS, AS, I, 597 (1552-1553)

L LibCom X (bianco) L LibFier X (bianco) L DebCred X (bianco) L LibRic X (bianco) L EntraUscit X L QuadCassa X L Gior X L LibCom X[X] (bianco) L LibCom X[XX] (bianco)

SNS, AS, I, 598 (1553) SNS, AS, I, 599 (1553) SNS, AS, I, 600 (1553) SNS, AS, I, 601 (1553-1554) SNS, AS, I, 602 (1553-1554) SNS, AS, I, 603 (1553-1554) SNS, AS, I, 604 (1553-1556)

L LibCom Z L LibRic Z L QuadCassa Z L EntraUscit Z (giallo) L Gior Z (giallo) L LibFier Z (giallo) L DebCred Z (giallo)

ASFi, Bartolomei, 1 ASFi, Bartolomei, 2

L/II Gior A L/II DebCred A

SNS, AS, I, 605

L/III DebCred A

SNS, AS, I, 982

Ant DebCred A

689

690

Siglen

2.

Welser

Rechnungsfragmente aus der Zentrale, Augsburg Rechnungsfragmente der oberdeutschen Faktoreien Rechnungsfragmente aus der Faktorei Antwerpen Rechnungsfragmente aus der Faktorei am spanischen Hof Rechnungsfragmente der Faktorei Sevilla

Z 1-10 Aug 1-3 Nür 1-2 Ant 1-9 SpH 1-9 Sev 1-3

XIII. Verzeichnis von Tabellen, Schaubildern und Graphiken

Tabelle 1 Tabelle 2 Tabelle 3 Schaubild 1 Graphik 1 Schaubild 2 Graphik 2 Graphik 3 Graphik 4 Graphik 5 Graphik 6 Graphik 7

Die Gesellschaften der Salviati in Lyon und deren Gesellschafter Personal der Gesellschaften der Salviati in Lyon Beteiligungen der Lyoner Salviati (1508-1550) Schematische Darstellung des Kapitaltransfers/Augustmesse 1540 Vergleich der Summen von Soll/Haben im L LibFier Q mit Umsätzen im L DebCred P/Q Schematische Darstellung des Kapitaltransfers/Augustmesse 1540 Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1508 bis Allerheiligenmesse 1514) in scudi di marchi Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Ostermesse 1515 bis Augustmesse 1523) in scudi di marchi (Überblick) Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Ostermesse 1515 bis Allerheiligenmesse 1519) in scudi di marchi (Detail) Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Apparitionsmesse 1520 bis Augustmesse 1523) in scudi di marchi (Detail) Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1524 bis Apparitionsmesse 1531) in scudi di marchi Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Ostermesse 1532 bis Apparitionsmesse 1539) in scudi di marchi

S. 197 f. S. 199 f. S. 203 f. S. 238 S. 294 S. 314 S. 326 S. 328 S. 329 S. 329 S. 335 S. 337

692

Verzeichnis von Tabellen, Schaubildern und Graphiken

Graphik 8 Graphik 9 Schaubild 3 Schaubild 4 Graphik 10

Graphik 11

Graphik 12

Graphik 13

Graphik 14

Graphik 15

Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1538 bis Ostermesse 1543) in scudi di marchi Soll/Ist-Umsatz von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Allerheiligenmesse 1543 bis Apparitionsmesse 1548) in scudi di marchi Das Kupfergeschäft von 1518 Wechselgeschäfte und Kapitalverschiebungen 1521 Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos)/Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1508 bis Ostermesse 1513) in scudi di marchi Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos)/Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1516 bis Augustmesse 1522) in scudi di marchi (Überblick) Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos)/Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Ostermesse 1516 bis Augustmesse 1519) in scudi di marchi (Detail) Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos)/Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1519 bis Augustmesse 1522) in scudi di marchi (Detail) Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos)/Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1524 bis Allerheiligenmesse 1527) in scudi di marchi Soll/Ist-Umsatz, Wechselausgang (Belastung des Welser-Kontos)/Wechseleingang (Gutschrift auf das Welser-Konto) von Messe zu Messe (Florentiner Zählung: Augustmesse 1524 bis Allerheiligenmesse 1527) in scudi di marchi

S. 339 S. 341 S. 351 S. 362

S. 377

S. 378

S. 379

S. 379

S. 381

S. 383

Verzeichnis von Tabellen, Schaubildern und Graphiken

Graphik 16

Beteiligungen der Antwerpener Faktorei der Welser an Wechselgeschäften mit den Salviati in Lyon (SNS, AS, I, 476) in scudi di marchi (in Konten der Welser als „direktes Schuldverhältnis“ und in Konten Dritter/Anderer wie Piero Spina als „Schuldverhältnisse Anderer“) Tabelle 4 Transfers zwischen Salviati/Lyon und Welser/Antwerpen laut Kontokorrent von Bartholomäus Welser & Mitverwandte in Antwerpen in scudi di marchi im Jahr 1527 (chronologisch) Aufstellung 1 Die Ladung der Torniera/Exportgüter nach Beirut Aufstellung 2 Die Partie der Restina/Exportgüter nach Konstantinopel Aufstellung 3 Die Partie der Restina/Importgüter nach Marseille Aufstellung 4 Partie der Santa Croce bzw. des galeone della Zecca/Exportgüter nach Alexandria Aufstellung 5 Partie der Santa Croce bzw. des galeone della Zecca/Erlös der Importgüter aus Alexandria Aufstellung 6 Partie der nave des Antonio Parapugno/Exportgüter nach Beirut Schaubild 5 Zahlungseingang aus der Gabella und deren Verbuchung

S. 394

S. 399 S. 457 S. 460 S. 461 S. 465 S. 466 S. 468 S. 499

693

XIV. Register

XIV.1

Personen- und Firmenregister

Die allgemeinen (metonymisch gebrauchten) Familien- und Firmennamen Salviati und Welser haben keinen Eingang in das Personenregister gefunden, nur die Namensträger („Welser, Anton“) oder die konkreten Firmennamen („Anton Welser & Mitverwandte“). Die Bezeichnung „Familienunternehmung“ bezieht sich auf die Nennung eines Familiennamens, wenn er für eine Unternehmung/eine Handels- und Bankgesellschaft unter diesem (Familien-)Namen steht. Eine Florentiner Besonderheit ist die Namensschreibung „Lionardo“ (statt „Leonardo“) und „Lodovico“ (statt „Ludovico“), die übernommen worden ist. Im Fall von „Giambattista“ und „Giovanbattista“ bleiben beide Versionen erhalten. Aberascuri (Familienunternehmung) 415n Aberga, Gian 568 Acciaiuoli (Familienunternehmung) 69, 175n Acciauoli, Bernardo 347n, 404n, 549 Acciaiuoli, Roberto 490 Acciauoli, Raffaello – Carlo Antinori e Raffaello Acciaiuoli & Co 401 Affaitati (Familienunternehmung) 366, 420n Affaitati, Gian Carlo degli 298, 398, 410, 440n, 549 – Gian Carlo degli Affaitati & Co in Antwerpen 241, 403n, 440 Affaitati, Giovanbattista degli – Giovanpiero e Giovanbattista degli Affaitati & Co in Venedig 366 Affaitati (Laffetta), Giovan Francesco degli 353

Affaitati, Giovanpiero degli – Giovanpiero e Giovanbattista degli Affaitati & Co in Venedig 366 Agusto, Giovanni 319n Aho, John 102 Alamanni (Familienunternehmung) 180n, 181n, 333n, 347n, 375n – Alamanni in Lyon 354 Alamanni Salviati, Nannina 180n Alberto di Marsilia 460n Albizzi, Luca degli 231 Albizzi, Roberto degli (Robert Albisse) 367 Albertas, Amiel 434n, 436, 443, 446, 454– 456, 475 – Amiel Albertas e Joseph della Seta 442, 449, 451n, 452, 455, 459, 461n, 462, 467– 469, 591 Albertas, Claudio 453

Personen- und Firmenregister

Albertas, Piero 474n Alberi (Familienunternehmung) – Alberi & Garimonti 529n Alberti (Familienunternehmung) 86 Alberti, Girolamo degli 172 Alessandrini (Familienunternehmung) 181n Algazi, Gadi 17, 44 Aliprandi (Familienunternehmung) 135 Altoviti, Bindo 491 f., 515, 517n – Bindo Altoviti & Co 221 Altoviti, Bernardo – Bernardo Altoviti e Francesco Corsini & Co 401, 411 Alonso di Santa Gattera (Gattea, Gadea) 387n, 586 – Garcia de Castro & Alonso de Santa Gadea 387 Amhauser, Hans 518 Ancinlai (Familienunternehmung) 415n Aneau, Barthélmy 130 Ankenreute (Familienunternehmung) 548n Anne de Bretagne 113n Ansell, Christopher 60 Antaldi, Filippo 468n Antinori (Familienunternehmung) 136, 143 – Alessandro Antinori & Co 241 – Francesco Pitti e Amerigo Antinori & Co in Lyon 333n Antinori, Augustino 568 Antinori, Carlo – Carlo Antinori e Raffaello Acciaiuoli & Co 401 Antinori, Francesco – Francesco Antinori & Co in Lyon 142n, 201 Antinori, Giovanni di Piero 201 Antonio de Villa Franca 411 Apenteger, Wolff 145, 148 f., 159 Arnolfini (Familienunternehmung) – Micheli e Arnolfini & Co 241 Arnolfini, Giovanni 494 Arnoux, Mathieu 33 Aspers, Patrik 47 Astudillo, Lesmes da 401, 404, 415 Attavanti, Pandolfo 600 – Pandolfo Attavanti & Co 535 f. Attendoli, Micheletto 105 Axelrod, Robert 281

Babou, Philibert 364 Balbani (Familienunternehmung) – Guinigi e Balbani & Co 241 Balbani, Filippo – Giovanni e Filippo Balbani 410n, 411 Balbani, Giovanni – Giovanni e Filippo Balbani 410n, 411 Bandini (Familienunternehmung) 181n, 392 n, 404n Bandini, Francesco 392 f., 395 Bandini, Alamanno – Pierantonio e Alamanno Bandini & Co 404n, 408 Bandini, Pierantonio – Pierantonio e Alamanno Bandini & Co 404n, 408 Bardi (Familienunternehmung) 69, 181n – Ricasoli e Bardi 205 Barducci, Francesco 435 Baroncelli, Giovanfrancesco 496 Bartholon, Stefano 373 Bartolini (Familienunternehmung) 142, 181n, 312, 389n – Bartolini e Ottaviani & Co 409 Bartolini, Bartolomeo 194, 305 Bartolini, Giovanni di Bartolomeo 195 – Giovanni Bartolini & Co in Rom 195 – Giovanni e Lionardo Bartolini & Co in Lyon 277 Bartolini, Lionardo di Bartolomeo 194 f., 277n, 310, 344 – Giovanni e Lionardo Bartolini & Co in Lyon 277 – Lionardo di Bartolomeo Bartolini & Co in Lyon 194 f. – Lionardo Bartolini, Bernardo de’ Rossi & Co in Lyon 194, 487 Bartolini, Lorenzo – Lorenzo Bartolini & Co in Lyon 142 Bartolini, Zanobi 495 Bartolomei, Giambattista 198, 235 f., 517n – Giovanbattista e Matteo Bartolomei 236n – Rede di Giambattista Bartolomei 236 Bartolomei, Matteo 235 f. – Giovanbattista e Matteo Bartolomei 236n Baudouin-Matuszek, Marie-Noëlle 527 Bauer, Clemens 38, 267, 298

695

696

Register

Bauer, Oswald 43 Baso, Jacopo 389 Baxandall, Michael 106 Bayard, Françoise 31 Beaune de Semblançay, Jacques de 350, 359, 363 f., 368, 485n, 491 Beck, Rainer 18 Beckert, Jens 47, 121n, 504n Behaim (Familienunternehmung) 143 Behaim, Michael 113 Behaim, Paulus 153, 514 f., 532, 536, 601 Behaim, Wolf 113, 114n Belliger, Andréa 53 Belotti (Beloty), Juan Battista 377n Benci, Giovanni 548 Bencivenni, Bene 78 Benedikt XIV. Lambertini 603n Benkler, Yochai 42, 70 Berengo (Familienunternehmung) 391n Berger, Peter 47 Bernardi (Familienunternehmung) 132 – Bernardini e Bernardi 374 Bernardi, Antonio 397 Bernardi, Lionardo 528 Bernardini (Familienunternehmung) 133 – Bernardini e Cenami & Co in Lyon 231, 241, 292, 371n, 374, 400 f., 415 – Bernardini e Spada in Rom 509n Bernardini, Giovanni – Redi di Giovanni Bernardini e Niccolò Guinigi & Co 236 Verrazzano, Bernardo da 490 – Bernardo da Verrazzano e Buonaccorso Rucellai & Co in Rom 202 – Bernardo da Verrazzano & Co di Roma 206, 208 f. Beunza, Daniel 567 Beyazit II. 182 Bianchi, Lorenzo 446 Biagi, Agostino – Giovan Antonio Ghettini e Agostino Biagi & Co in Florenz 190, 470n Bini (Familienunternehmung) 142, 386 Bini, Francesco 132n Bini, Alessandro – Giovanbattista e Alessandro Bini 404n

Bini, Gianfrancesco 366, 401 – Gianfrancesco Bini & Co in Lyon 142n, 408, 411, 495n Bini, Giovanbattista – Giovanbattista e Alessandro Bini 404n Bini, Piero di Gianfrancesco 199, 220, 366, 410n, 494 f. – Piero Bini & Co in Lyon 199, 366, 368, 396 Bischeri, Giovanni 132n Black, Robert 542 Blondet, André 520 Boltanski, Luc 50 Bolton, Jim 36 Bonsi, Giovambattista 507n, 509n Bonsi, Piero 549 Borg, Claude de 530n Borgia, Cesare 178n Borromei, Filippo – Filippo Borromei & Co 36 Botti, Giambattista 32, 479, 521, 531 f., 535 f., 600 Bottin, Jacques 33, 36 Boyd, Robert 612 Bourbon, Luis de 491 Bourdieu, Pierre 47, 51, 176 Bourie, Gaspar 521 Bousin, Selonne de 170 Brabavel, Don Ysach di Don Yoseph a 515, 517 Bracci (Familienunternehmung) 245 Bracci, Giambattista di Marco 194, 196 f., 207, 211, 218, 305, 321 Bracci, Bernardo 210, 361 f. – Bernardo Bracci & Co in Rom 208, 210n, 362n, 392, 396n, 563, 578 Bracci, Zanobi 211 Braudel, Fernand 27, 48 Brandolini, Matteo 509n Brenner, Robert 611 Brucyl, Giovanni 171 Bryer, Robert A. 85, 611 Buonacorsi, Piero 517n Buonaventura, Antonio – Antonio e Ludovico Buonaventura 391, 408 Buonaventura, Ludovico – Antonio e Ludovico Buonaventura 391, 408 Buondelmonti, Bartolomeo 132n Buondelmonti, Rosso 494

Personen- und Firmenregister

Buoninsegni, Antonio – Antonio Buoninsegni, Francesco Signorini, Girolamo Venturi & Co 564 Buoninsegni, Galvano – Galvano Buoninsegni & Co 396n Buonvisi (Familienunternehmung) 32, 132 f., 142, 195, 310, 401n – Buonvisi e Micheli in Brügge 488n Buonvisi, Antonio 590 – Antonio e Ludovico Buonvisi & Co 220, 279, 389, 395, 400, 491, 578, 587 Buonvisi, Antonio di Benedetto – Antonio di Benedetto Buonvisi & Co 195 Buonvisi, Ludovico – Antonio e Ludovico Buonvisi & Co 220, 279, 389, 395, 400, 491, 578 – Ludovico Buonvisi & Co 143 – Martino e Ludovico Buonvisi & Co 397, 398n Buonvisi, Martino – Martino e Ludovico Buonvisi 398n Buonvisi, Niccolò 578 – Niccolò Buonvisi & Co 385, 391 Burke, Peter 40 Burkhardt, Mike 63 Burlamacchi 133, 373n Burlamacchi, Francesco – Francesco e Stefano Burlamacchi in Lyon 397, 411n Burlamacchi, Stefano – Francesco e Stefano Burlamacchi in Lyon 397, 411n Busdraghi, Francesco 546 Busdraghi, Stefano 546 Butler, Judith 53 Butzert, Clemens 39n Cader, Jehan 501 Calabi, Donatella 37 Calandri, Calandro di Piermaria 187, 192 Calavria, Dionys de la 310 Callon, Michel 54, 109 Cambi, Bernardo – Bernardo Cambi, Iacopo Martini & Co in Brügge 304 Cambi, Luca 132n Camus, Jean 420, 439, 458, 469, 500 – Jean Camus et Jean Paffi & Co 470

Candola, Beltram 436n Canigiani (Familienunternehmung) 181n Canigiani, Bernando 220, 505, 515 Capaillon, Claude 147 Capperon 149 Capponi (Familienunternehmung) 132, 181, 186, 509n Capponi, Cappone 198n Capponi, Francesco – Francesco Capponi, Francesco e Niccolò Spina & Co in Lyon 523n, 530 – Luigi e Francesco Capponi e co in Lyon 523 Capponi, Gino di Neri 199n, 224, 366n Capponi, Girolamo di Gino 199n Capponi, Giuliano 198n – Niccolò e Giuliano Capponi & Co in Pisa 198n Capponi, Lorenzo 233, 523, 527 – Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co in Lyon 507, 514, 516, 522–525, 529–531, 533, 567, 587, 599 f. Capponi, Luigi – Luigi e Francesco Capponi & Co in Lyon 523 Capponi Salviati, Lucrezia 177, 180n, 186 Capponi, Neri 132n Capponi, Neri d. J. 198n – Neri Capponi & Co in Pisa 198n Capponi, Niccolò 187 – Niccolò Capponi & Co battiloro in Florenz 198n – Niccolò Capponi & Co setaiuoli in Florenz 198n – Niccolò e Giuliano Capponi & Co in Pisa 198n Capponi, Piero 198, 523, 528 – Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co in Lyon 507, 514, 516, 522–525, 529–531, 533, 567, 587, 599 f. – Piero Capponi & Co di banco in Florenz 198n – Piero Capponi & Co in Lyon 196, 198 – Piero, Neri, Cappone, Alessandro e Girolamo fratelli e figliuoli di Gino Neri Capponi in Lyon 198n – Redi di Piero Capponi & Co in Lyon 196 Carande, Ramón 160n Carletti, Francesco 548 f. Carlomagno, Antonio 436n

697

698

Register

Carnesecchi (Familienunternehmung) 500n Carnesecchi, Bernardo di Andrea 180n, 200, 232 f., 517 Carnesecchi, Giovanbattista 500 Carruthers, Bruce 102 f. Carrión, Diego de – Diego de Carrión e Juan de la Haya 410 Carrión, Francisco 553n – Francisco Carrión & Co 273 – Francisco de Salamanca y Rodrigo Carrión 397 f. Carrión, Rodrigo – Francisco Salamanca & Rodrigo Carrión 353 f., 369, 396n, 488n Cosimo I. Medici 24, 179, 193, 548 Cassandro, Michele 31, 134 Caster, Gilles 310n Castro, Garcia de – Garcia de Castro & Alonso de Santa Gadea 387 Castro, Lopes de – Lopes de Castro e Girolamo Sauli 408 Catelano, Gian 350n Caterina (Cathèrine) de’ Medici Valois 163, 180 Cavalcanti, Tommaso – Tommaso Cavalcanti & Co 514 Cazé, Milan 502, 528 Cenami (Familienunternehmung) 13, 500n – Bernardini e Cenami & Co in Lyon 231, 241, 292, 371n, 400 f., 415 – Cenami e Parensi 374 Cenami, Andrea 500 Centurione, Agostino 390 Cerboni, Giuseppe 76 Cerniscoli, Bernado – Bernardo e Cristofano Cerniscoli 414n Cerretani, Matteo 195n Cerretani, Piero 135, 195, 199, 308n Certeau, Michel de 46 Chaunu, Pierre 324 Chiaramonti, Francesco 131 Cini, Mattia 347 Cioni, Bernardo 500 Clark, John Maurice 608 Clemens VII. Medici (Gliuliano de’ Medici) 179 f., 187, 211n, 487 Cœur, Jacques 481

Compagna, Iacopo 453 f., 463 Compludo, Juan de 369, 401, 592 Corbinelli (Familienunternehmung) 404, 407 Corbinelli, Tommaso 224, 225n, 403–407, 416, 451 Corboli, Francesco 219 f. Corboli, Giovanbattista di Piero 199, 200, 206, 210, 219, 221 Corboli, Piero – Piero Corboli & Co 304n Cordegli (Cordelli), Giovanni di 390n Cordegli (Cordelli), Tommas di 390n Cordes, Albrecht 48 Cordes, Jakob de – Jacobo e Baltasar de Cordes 412n Cordes, Jan de 411 Cordes (Chordex), Tommaso 375n, 387 Cornuti de Cappela, Maestro Giovanni ( Jehan Cornuti de Chapelle) 490 f. Corsi, Bernardo 455 Corsini (Familienunternehmung) 529 Corsini, Amerigo 132n Corsini, Antonio – Francesco Martelli e Antonio Corsini & Co 251 Corsini, Falconieri 132n Corsini, Francesco 404, 407, 410 f. – Bernardo Altoviti e Francesco Corsini & Co 401, 411 – Francesco Corsini & Co 409 Corsini, Raffaelo 454 – Raffaello Corsini e Giovanni Altoviti & Co 483 Cotrugli, Benedetto 78, 543 Crexeles (Crexels) (Familienunternehmung) 439, 457, 463 Crexeles, Francesco 463 Crexeles, Giovanni 450 f. Crexeles (Creixelles), Piero 213, 450, 454n, 460, 473 Crum, Roger 34 Cuer, Georges 170 Curini, Vincenzio 400 f. Cuon, Albrecht 253 Dadda (Dada), Gianpagolo – Giovanbattista e Gianpagolo Dadda & Co 531n

Personen- und Firmenregister

Dadda (Dada), Giovanbattista – Giovanbattista e Gianpagolo Dadda & Co 531n Da Diaceto, Camillo da – Camillo da Diaceto e Francesco Nasi & Co in Antwerpen 396 Da Gabiano (Familienunternehmung) 135 f. Da Gabiano, Bartolomeo 135 Da Gabiano, Luxemborgo 135 Da Gagliano, Giuliano 305, 321 Dahl, Gunnar 41 Dalfinger, Ambrosius 259 Dansald, Luca 364 Da Rabatta, Giovanni – Giovanni da Rabatta & Co 304 Da Sommaia (Familienunternehmung) 183–186 Da Sommaia, Antonio 184 Da Sommaia, Bernardo di Ridolfo 183 – Averardo Salviati e Bernardo da Sommaia & Co in Neapel 185, 292 Da Sommaia, Francesco – Redi di Francesco da Sommaia & Co lanaiuoli in Garbo 185 Da Sommaia, Girolamo 184, 452, 461, 463, 473 – Girolamo da Sommaia & Co 437 Da Sommaia, Guglielmo 449, 462, 473 – Guglielmo da Sommaia & Co 432 Da Sommaia, Raffaelo – Raffaello da Sommaia & Co in Neapel 292 Daston, Lorraine 19 f. Datini, Francesco di Marco 87, 100, 110, 603n Daudin, Guillaume 96n Daulx, Christofano 403n Davanzati, Francesco 183, 345 Davanzati, Teghiaio 199 Da Verrazzano (Familienunternehmung) – Verrazzano e Rucellai 204 Da Verrazzano, Bernardo 216n, 491 – Bernardo da Verrazzano e Buonaccorso Rucellai & Co in Rom 202, 484 – Bernardo da Verrazzano & Co in Rom 206, 208 f. David, Nicholas 492 Degazzi, Piero 527n, 599 Deity s. Deylt De la Haya, Luis 277

De la Haya, Juan – Diego de Carrión e Juan de la Haya 410 Del Bene (Familienunternehmung) 524n Del Bene, Albizzo 481n, 500–502, 507, 514, 520 f., 525, 527 f., 530, 590, 598 f., 616 Del Bene, Niccolò 172, 495, 520 Del Bene, Riccardo 231, 520 Del Bene, Piero del 520 Del Bene, Tommaso 373n Del Caccia, Alessandro 180, 360 f. Del Castiglio (Castillo), Bernardino 390n Della Casa, Antonio – Antonio della Casa, Simone Guadagni & Co 126, 304 Della Casa, Pandolfo – Pandolfo della Casa & Co in Rom 221n, 491 – Redi di Pandolfo della Casa in Rom 404n Della Seta, Joseph 436 – Amiel Albertas e Joseph della Seta 442, 448 f., 451n, 452, 455, 459, 461n, 462 f., 467–469, 591 Della Stufa, Ugo – Ugo di Niccolò della Stufa 435 Della Torre, Diegho 568 Della Torre, Pedro 408 Della Tosa, Filippo 531 f. Del Nero, Alessandro 396n Del Nero, Carlo 454 Del Nero, Francesco 190 Del Nero, Marco 137 Del Nero, Nero 190 Del Peix, Jean 147n Del Treppo, Mario 106 De la Nave, Jero ( Jeronimo della Nave) 544 Del Gado, Mucisa di Juan 396 Del Rio, Antonio 415n Del Rio, Francesco 387 Del Rio, Gonzalo 415n Del Rio, Leonor 415 De Negro (Familienunternehmung) 133 De Negro, Pantaleon 166 De Negro, Paulo – Pasquale e Paolo de Negro 395, 398 De Negro, Pasquale – Pasquale e Paolo de Negro 395, 398 Denonville, Charles de Hémart de 492

699

700

Register

Denzel, Markus A. 36, 295n Denzer, Jörg 259n De Roover, Raymond Adrien 35 f., 69, 85 f., 99, 104, 245 Dettigkhofer, David 431 Deylt (Deity), Gherardo (Ghiraot) 220, 336 Diaz, Furio 180n Diaz-Bone, Rainer 50, 607 Di Branco, Marco 184n Dimmock, Spencer 611 Dini, Bruno 137n Domingo, Juan de Santo 408 Doni, Giovanni 210 Doren, Alfred 38 Doria (Familienunternehmung) 133 Doria, Antonietto 451 Doria, Gio Andrea 128, 157, 451 Doria, Niccolò 415n Dorlin, Jacques 170 Dorlin, Nicolas 170, 483, 500n, 509n, 516 f., 526, 600 Dorlin, Pierre 170 f., 275, 373, 483, 500, 502n, 507n, 509n, 511n Dorlin, Pierre Nicolas 170 Doucet, Françoise 202 Doucet, Roger 32, 127, 480n, 500, 527, 529 Drelichman, Mauricio 125n, 481 Ducci, Guaspare 166 f., 241, 261, 407, 409, 415, 417 f., 481 – Guaspare Ducci & Co 397 Dueñas, Rodrigo de – Rodrigo de Dueñas e Francisco de Burgos 166 Duperalt, Jehan 508 Dupré, François (Franse) 495 Duprat, Antoine 364, 492 Duprat, Jean (Gian) 484n, 502n, 507n, 509n, 511n Dupuy, Barthélmy 431 Durham, John W. 82 Durkheim, Émile 54 Duval, Jehan (Gian) 502, 507n, 508, 510n Ebel, Hans 441, 466 Ebner, Hans 353 Ehem, Anna 551n Ehem, Georg 551–553 Ehem, Matthäus 552

Ehinger, Georg 259 Ehinger, Ulrich 258 Ehrenberg, Richard 27, 140, 234, 264, 478, 566 Endorfer, Friedrich d. Ä. 546 Endorfer, Friedrich d. J. 546 Erdara, Piero – Piero e Michele Erdara 396 Espinas, Alfred 45 D´Este, Ercole II 524 Ewert, Ulf Christian 41, 65, 450n Farnese, Orazio 231 Farolfi, Giovanni – Giovanni Farolfi & Co 77 Federmann, Nikolas 259 Federico da Montefeltro 176n Federico II. Gonzaga 211, Federighi, Francesco – Giovanni e Francesco Federighi & Co 387 Federighi, Giovanni 385 f. – Giovanni Federighi & Co 385, 389 – Giovanni e Francesco Federighi Co 387 Feo Belcari 210, 355 f., 484 – Feo Belcari & Co 208, 357 Fera, Lorenzo – Gaspar Girault & Lorenzo Fera 470n Ferber, Magnus Ulrich 43 Ferdinando I. Medici 182 Fernandes, Guglielmo 509n Fierli, Giorgio 84 Fini, Rinieri – Rinieri Fini & fratelli 77 Fischer (Familienunternehmung) 519n Fischer, Kaspar 325, 333, 344–346 Fischer, Hans 346 Fligstein, Neil 424n Foix de Lautrec, Odet de 137 Forenberger, Augustin 532n Fortia, Bernardo 201, 352, 469 Fortia, Michel 470n Foscari, Piero 514 Foucault, Michel 87n, 90 Franceschi, Franco 33, 39 Francesco di Viviano 105 Franciotti (Familienunternehmung) 133 Francisco de Burgos

Personen- und Firmenregister

– Rodrigo de Dueñas e Francisco de Burgos 166 Franse, Guillaume – Pierre Seva & Guillaume Franse 458 Franz I. Valois 127, 129, 131, 133, 139, 148, 150, 152, 157–161, 180, 349n, 363–365, 404, 425, 455, 479, 480, 482 f., 485, 487, 490, 492, 501, 505 f., 535 Franz II. Valois 163, 178n, 480 Fregoso, Cesare 131 Fregoso, Giano 131 Frescobaldi (Familienunternehmung) 132 f., 204, 214, 217 f., 384n, 484 Frescobaldi, Filippo 132n Frescobaldi, Giovanni 205 Frescobaldi, Girolamo 347 – Girolamo Frescobaldi & Co in London 201 f., 205 – Redi di Girolamo Frescobaldi & Co in London 365, 484 Frescobaldi, Lionardo 204 f., 385 – Lionardo Frescobaldi & Co in Antwerpen 384 f. Fueter (Familienunternehmung) 519n Fugger (Familienunternehmung) 91n, 144, 149 f., 166, 241, 250, 253, 257, 260, 267 f., 349, 375n, 414, 419, 478, 530n, 545, 615 Fugger, Anton 30, 144, 149 f., 260 f., 265, 371, 414n, 416 f., 420, 475n, 493, 522, 530n, 545, 567 – Anton & Hieronymus Fugger 411 – Anton Fugger & Bruders Söhne 414–416, 522 Fugger, Georg 371n – Georg Fuggersche Erben 64, 264 Fugger, Hieronymus 370 f. – Anton & Hieronymus Fugger 411 Fugger, Jakob 30, 144, 149 f., 160n, 255, 348, 414, 493, 566 f. Fugger, Lukas 140, 304 Fugger, Raymund 370 f., 420 Fugger, Ulrich 253n, 304 Fürenberger, August 519 Füssel, Marian 542n Fütterer (Familienunternehmung) 145 Gabra, Domenico de 502n Gacio, Pedro Jácome 259

Gallerani (Familienunternehmung) 77 Galli, Bartolomeo 171 Gallo, Gracia 396 Ganßmann, Heiner 51n Garbialdis, Domenico de 77 Garimonti (Familienunternehmung) – Alberi & Garimonti 529n Gascon, Richard 31, 122, 130, 133, 147n, 323 f., 334, 355n Geffcken, Peter 25, 175, 249, 252, 287, 306n, 353, 407, 544n, 548n Geiler von Kaysersberg, Johann 615 Gelderbloom, Oscar 29 Gentili (Familienunternehmung) – Palavisini e Gentili 568 Gentili, Girolamo – Francesco Palavisino & Girolamo Gentili 158n, 568 Gentili, Leonardo 408n, 411 Gerlach, Jakob 441n Gherini, Antonio 463 Ghettini, Giovan Domenico – Giovan Domenico Ghettini e Agostino Biagi & Co 190, 470n Ghini, Matteo 132n Gianfigliazzi, Pier Filippo 390 – Giovanni Vernacci e Pier Filippo Gianfigliazzi 390n Gigli (Familienunternehmung) – Menocchi e Gigli 374 Ginori, Zanobi 495 Giovanni di Giuliano di Cambio 496 Giraldo, Vincenzio – Vincenzio Giraldo & Co in Neapel 191 Girault, Gaspar – Gaspar Girault & Lorenzo Fera 470n Giustiniani, Antonio – Antonio e Mattio Giustiniani 392, 395 Gleeson-White, Jane 75, 99n Goldschmidt, Levin 37 f., 84 Goldthwaite, Richard 32, 33, 35, 39, 69n, 99, 105, 107, 124, 242, 285, 426, 435, 542n, 606n Gomes, Duarte 517 Gomes, Tommaso 509n Gondi (Familienunternehmung) 32, 332–334 Gondi, Alessandro

701

702

Register

– Antonio e Alessandro Gondi & Co in Lyon 446 Gondi, Antonio di Antonio 132, 142, 198, 494 – Antonio Gondi & Co in Florenz 134 f., 143n – Antonio e Alessandro Gondi & Co in Lyon 446 – Antonio e Bernardo Gondi & Co in Lyon 136, 333, 388n – Antonio e Pierantonio Gondi & Co in Lyon 132, 210, 332–334, 355 Gondi, Bernardo – Antonio e Bernardo Gondi & Co in Lyon 136, 333 Gondi, Giambattista 225 Giambattista Gondi & Co in Antwerpen 416, 528n – Giambattista Nasi e Giambattista Gondi & Co in Antwerpen 404 Gondi, Pierantonio di Alessandro – Antonio e Pierantonio Gondi & Co in Lyon 132, 210, 332–334, 355 Gonzaga, Federico 137 Gonzalles, Diego 413n Gradi, Stefano de 338n, 436, 443, 473 Grander, Andreas 347n – Andreas Grander & Co 347 Granovetter, Mark 48, 109n Grazia, Francesco 586 Greenblatt, Steven 176n Greif, Avner 39 Grillo (Familienunternehmung) 133 Grimaldi 386 Grimaldi, Agostino – Paulo e Agostino Grimaldi 576 Grimaldi, Ambrogio – Ambrogio e Lazzaro Grimaldi 346 Grimaldi, Ansaldo 316n Grimaldi, Girolamo – Damiano Palavisini e Girolamo Grimaldi 568 Grimaldi, Gio Battista 151 Grimaldi, Lazzaro – Ambrogio e Lazzaro Grimaldi 346 Grimaldi, Niccolò 166 Grimaldi, Paulo – Paulo e Agostino de’ Grimaldi 576 Grimeres, Giovanni di Chementi 358

Grimmel (Familienunternehmung) 161, 166 Grimmel, Felix 101, 152 Grimmel, Jakob 101 Groebner, Valentin 615 f. Guadagni (Familienunternehmung) 144, 523, 568 Guadagni, Elena 523 Guadagni, Simone 132 – Simone Guadagni & Co in Genf 134 – Antonio della Casa, Simone Guadagni & Co in Genf 126, 304 Guadagni, Tommaso di Simone 32, 132, 144, 170, 172, 201, 210, 345 f., 411n, 451, 455, 494, 495, 507, 523, 590 – Tommaso Guadagni & Co 408, 419, 444, 453 f., 514, 587 Gualbe, Doña Leonor 371 Gualfredi, Castra 78 Gualterotti (Familienunternehmung) 133, 181n Gualterotti, Antonio – Antonio e Filippo Gualterotti & Co 389 Gualterotti, Francesco 178n Guesnerie, Roger 108 Guicciardini (Familienunternehmung) 181n, 418 – Guicciardini & Ricasoli 491 Guicciardini, Bartolomeo 376 Guicciardini, Giovanbattista (Giambattista) – Giovanbattista Guicciardini & Co in Antwerpen 402 – Giovanbattista e Lodovico Guicciardini & Co 459 – Giovanbattista e Lorenzo Guicciardini & Co in Antwerpen 417 Guicciardini, Girolamo – Girolamo Guicciardini & Co 387 Guidetti, Lorenzo di Francesco 92n Guidi Bruscoli, Francesco 31n, 34, 36, 333n, 547 f., 550n Guinigi (Familienunternehmung) 549 – Guinigi e Balbani & Co 241 Guinigi, Niccolò – Redi di Giovanni Bernardini e Niccolò Guinigi & Co 236 Guglielmo IX. Paleologo del Monferato 211n Haasis, Lucas 45 f., 542n

Personen- und Firmenregister

Häberlein, Mark 25, 30n, 34, 63, 142n, 148, 149n, 150, 151n, 152, 175, 249, 255, 287, 306n, 318n, 334n, 345n, 349, 407, 446n, 479, 481, 522, 530n Hadrian VI. (Adrian von Utrecht) 179 Habsburg 138, 146, 161, 164, 257, 260 f., 479, 533 Haintzel, Anna 551n Haintzel, Anton 274, 357, 551n Haintzel, Hans 252 f. Haintzel, Heinrich 274 f., 367 f. Haintzel, Lukas 551n Haintzel, Peter 253, 270, 274 Haintzel, Wilhelm 253 Hamon, Philippe 367, 481n, 500 Hamonno, Georg Gallais 525n Haug (Familienunternehmung) 161 – Haug-Neidhart 146 – Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft 263 Haug, Anton – Anton Haug, Hans Langenauer & Ulrich Linck 98, 146 – Anton Haug & Ulrich Linck 151 Häußling, Roger 60 Haraway, Donna 53 Hardie, Iain 567 Harreld, Donald 412 Hayek, Friedrich A. 612 Hebbicher, Christoph 274 Heinrich II. Valois-Angoulême 137, 148, 151 f., 159, 162 f., 178n, 180, 231, 420, 425, 479 f., 505, 507–511, 513, 515n, 516n, 517n, 520, 522, 524–529, 595 Heipel, Gregor 139 Helbig, Hermann 64 Helbling, Jakob 388, 392 f., 395 Helbling, Peter 388, 392 f., 395 Helmschmidt, Alexander 274 Herwart (Familienunternehmung) 353 Herwart, Christoph 353 – Christoph Herwart & Co 353, 406n Herwart, Georg 420 Herwart, Hans 150, 373n, 411n, 441n, 519 Herwart, Hans Paul 152 f., 163, 519 Herwart, Johann Heinrich 162 Heuß, Ernst 424n Heyd, Wilhelm 459n Hildebrandt, Reinhard 252, 263, 349n

Hinderofen, Hans 147n Hirschvogel (Familienunternehmung) 30 f. Höchstetter (Familienunternehmung) 139n, 147, 349 Höchstetter, Ambrosius 395 Höchstetter, Hans 395 Honold, Ulrich 255, 273 Hoock, Jochen 34 Hopwood, Anthony 89 Hörl, Veit 150 Hörmann, Anton 150, 545 Hörmann, Georg 150 Hortel, Florimon (Örtel, Florimon) 171, 519 Hoshino, Hidetoshi 38 Hoskin, Keith W. 87 Humpiss, Friedrich 103 Hünlin, Felix 146 Hurtubise, Pierre 179, 180n, 187, 188n, 190n, 191, 196n Hutten, Ulrich von 259 Imhoff (Familienunternehmung) 31, 145, 160, 261, 419, 423, 549 Imhoff, Endres (Andreas) 142 f., 145, 153, 325, 335n, 409, 519, 532, 601 – Endres Imhoff & Mitverwandte 513 f. – Endres Imhoff & Gebrüder 532n Imhoff, Hans 335n, 344 – Hans Imhoff & Söhne 335 Imhoff, Hieronymus 519 – Hieronymus und Endres Imhoff & Co 441 Imhoff, Konrad 251 Imhoff, Margarete 325n Imhoff, Michael 532, 557 – Michael Imhoff & Söhne 171n Imhoff, Paul 325n Imhoff, Sebastian 326, 344, 519 – Sebastian und Hieronymus Imhoff & Co 519 Imhoff, Simon 409 Ingolt, Friedrich 441 Isenmann, Mechthild 514, 532 Iustiniani (Familienunternehmung) – Iustiniani e Spinola in Lyon 509n Jäger, Ernst Ludwig 76 Jalla, Gregorio de 389 Jeggle, Christof 34, 49 Jenks, Stuart 15n

703

704

Register

Johannes der Täufer, Sankt (San Giovanni Battista) 173 Johnson, Paul 51n Jungmann, Leonhard 141, 270 Kalus, Maximilian 64, 65n 349 Kant, Immanuel 17n Karl III. Savoyen 153, 487 f. Karl V. Habsburg 128, 133, 139, 147, 149, 151 f., 157, 161, 164–167, 180, 225, 247, 259, 349, 352 f., 363, 404 f., 480, 483, 493, 534 Karl IX. Valois-Angoulême 480, 522 Karl VII. Valois 481 Karl VIII. Valois 113, 122n, 127, 155n, 157, 173, 363 Kaufmann, Stefan 108n Keene, Derek 37 Kellenbenz, Hermann 101n Kent, Dale 61, 62n Kent, Francis William 63n Kilchen, Wernli von 547 Kleeberger, Hans 142, 160 f., 170, 324, 333, 367 f., 481n, 507 Klinger, Amadeus 551n Koch, Peter 81 Krabitz von der Weitmühl, Sebastian 353 Krafft, Hans Ulrich 431 Kraffter, Christoph 441n, 523 Kraffter, Hieronymus 151 Krey, Alexander 48 Krieger, David J. 53 Kuhn, Christian 275n Kuznet, Simon 15n Labia (Laby)(Familienunternehmung) 338n Labia, Piero 443 Lamberti, Lamberto 245 Lancefoc (Familienunternehmung) 310n Lanfredini (Familienunternehmung) 245, 306, 312 f., 317, 319, 321, 546 Lanfredini, Lanfredino 178n, 194–196, 199, 307, 311–313, 315, 321, 327, 343, 347, 544, 547, 553 – Lanfredino Lanfredini & Co di banco in Florenz 120, 194, 196 f., 307n, 311, 313–321, 323, 343 Langenauer (Familiengesellschaft) – Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft 263 Langenauer, Hans – Anton Haug, Hans Langenauer & Ulrich Linck 98, 146

Lastig, Gustav 38 Latour, Bruno 54–58 Lauginger (Familienunternehmung) 252 Lauginger, Anton 274 f. Lauginger, Anton d. J. 274 Lauginger, Hans 252 f., 431, 544 Lauginger, Leonhard 274 Lauginger, Narziß 141, 252–254, 275, 278, 317n, 357n, 367 f., 439, 550, 558, 587 Law, John 54 Le Goff, Jacques 602n Lee, Geoffrey A. 77 f., 80 Lefèvre, Oliver 520 Lemarchand, Yannick 91, 97 Lenzi, Antonio 517 Leo X. Medici (Giovanni) 133, 177 f., 214–216, 348, 356, 385 f., 484n, 487, 490n Lerma, Antoni de – Bernando e Antoni de Lerma 414n Lesger, Clé 37 Lézignan, Louis de 530 Ligsaltz (Familienunternehmung) 150 Lindemann, Gesa 58 Linck (Familienunternehmung) – Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft 263 Linck, Melchior 431 Linck, Ulrich 266 – Anton Haug, Hans Langenauer & Ulrich Linck 98, 146 – Anton Haug & Ulrich Linck 151 Littleton, Ananias Charles 85 Loitz, Hans 148 Loitz, Michel 148 Loitz, Simon 148 Loitz, Stephan 148 Lomellini (Familienunternehmung) 133 Lomellini, Agostino – Agostino & Giambattista Lomellini 158n Lomellini, Cristiano 77 Lomellini, Giambattista – Agostino & Giambattista Lomellini 158n Lomellini, Gregorio 390 Lomellini, Francesco 166 Lopes, Giovanni – Girolamo e Giovanni Lopes 393 Lopes, Girolamo – Girolamo e Giovanni Lopes 393

Personen- und Firmenregister

Lopes, Martin 401 Lopes, Piero 353, 395, 568 Lopez, Gabriel 509n Luca di Bona – Luca di Bona e Luca Lucheri & Co in London 393 Lucheri, Luca – Luca di Bona e Luca Lucheri & Co in London 393 Luckmann, Thomas 47 Ludwig XI. Valois 126, 129, 156 f. Ludwig XII. Valois-Orléans 127, 148, 363, 480, 524 Lunser, Hans 152 Lutz, Elmar 38 Lynner, Hanns 152 Macve, Richard H. 87 Magalotti (Familienunternehmung) 524n Magalotti, Bernardo 199 f. Mair, Jakob 259, 522 Malanima, Paolo 192 Malto, Giovanni 469n Mane (Manni), Luigi 345 Manlich (Familienunternehmung) 30, 146, 344, 348, 432 Manlich, Hans 146, 327, 344 Manlich, Johann – Simon und Johann Manlich 171n Manlich, Matthäus 144, 151, 369 Manlich, Matthias 420n Manlich, Melchior 431, 545 – Melchior Manlich & Mitverwandte 413 Manlich, Melchior d. J. 431 Manlich, Simon 146, 325 f., 344 – Simon und Johann Manlich 171n Mannelli (Familienunternehmung) 132, 142 Mannelli, Giovanni 132n – Giovanni Mannelli & Co in Lyon 142n, 453 Mannelli, Lionardo 401n – Lionardo Mannelli & Co in Antwerpen 400 Mannelli, Niccolò – Niccolò e Piero Mannelli & Co in Lyon 231 Mannelli, Piero – Niccolò e Piero Mannelli & Co in Lyon 231 Mansanoto, Luigi 488n Manuel I. Avis 254, 348, 489 f. Manuzio, Aldo 135

Maravilla, Bernardino 210 Maravilla, Giovan Alberto 211, 366, 368 Marco (di Piero) Antonio 271 Margarethe von Österreich 113 Margherita Paleologa del Monferrato 210 f. Maria von Österreich 167 Maria von Ungarn 407 Marion, Gian 389 Marks, Steven G. 612 f. Marperger, Joseph 297n Marsili, Ludovico 437n Martelli (Familienunternehmung) 31, 132 Martelli, Antonio 132n Martelli, Carlo 132n – Carlo e Cosimo Martelli & Co in Lyon 134, 235 f., 286, 606n Martelli, Cosimo – Carlo e Cosimo Martelli & Co in Lyon 134, 235 f., 286, 606n Martelli, Francesco 304 – Francesco Martelli e Antonio Corsini & Co 251 Martelli, Luigi 172 Martellini, Antonio di Bernardo – Antonio di Bernardo Martellini & Co lanaiuoli in San Martino 190 Martin de Troyes 373, 484n, 500, 502 f., 505, 507–511, 516, 520, 522, 526, 591, 616 Martini, Iacopo – Bernardo Cambi, Iacopo Martini & Co in Brügge 304 Marx, Christian 41 Marx, Karl 85, 611 Matringe, Nadia 33, 230, 285, 368n, 405n Matthes von Weissenhorn 353 Maximilian I. Habsburg 113, 150, 267 May, Bartholomäus d. Ä. 142, 253, 266, 363 f. May, Bartholomäus d. J. 166 May, Claudio d. Ä. 274, 363 f., 367 f. May, Claudio d. J. 275, 372 f., 420n, 445 May, Jakob 275, 363 Mazuolo, Diego de Medina 369, 415n Mazzei, Rita 37 McKenzie, Donald 567 McLean, Paul 62, 64, 120n McWatters, Cheryl 91, 97 Meder, Lorenz 143

705

706

Register

Medici (Familienunternehmung) 35, 61, 62, 86, 98, 104, 132, 133, 177, 181, 186, 194, 196, 222, 242, 245 Medici, Alessandro 178–180 – Benedetto e Alessandro de’ Medici & Co in Florenz 190 Medici, Averardo di Francesco 176 Medici, Benedetto – Benedetto e Alessandro de’ Medici & Co in Florenz 190 Medici Salviati, Caterina di Averardo 176 Medici Valois, Caterina de’ 163, 180 Medici, Cosimo de’ (genannt il vecchio) 100, 132, 176, 179, 245 Medici, Filippo 177n Medici, Francesco Armellini Pantalassi de’ 357 Medici, Giovanni di Cosimo 98, 395 Medici, Giovanni di Giovanni de’ (genannt dalle Bande Nere) 24, 179 Medici Salviati, Laudomina di Lorenzo 181n Medici, Lorenzo di Piero (gen. il magnifico) 177, 182, 194 Medici, Lorenzo di Piero di Lorenzo 178, 305 Medici, Lorenzo di Pierfrancesco (gen. Lorenzino) 179 Medici Salviati, Lucrezia di Lorenzo 177–180, 487 Medici, Piero di Cosimo (genannt il gottoso) 98, 305 Medici, Piero di Lorenzo 194 – Piero de’ Medici, Lorenzo Tornabuoni & Co in Lyon 194 Medici, Raffaello de’ 334 – Raffaello de’ Medici & Co 484 Medici Salviati, Valenza de’ 176n Meglet, Piero 469n Melis, Federigo 26, 29, 32 f., 69n, 77, 80 f., 86, 110, 115n, 175, 285, 446, 611 Mendez (Familienunternehmung) 260 Mendez, Diego 241 Menocchi (Familienunternehmung) – Menocchi e Gigli 374 Meuting, Bernhard d. Ä. 270, 276–278 Meuting, Bernhard d. J. 276–279, 325, 370, 372 f., 403, 421, 438, 445, 454, 475, 514, 519, 521–524, 529, 531, 560 – Bernhard und Philipp Meuting & Co 521 Meuting, Georg 255

Meuting, Johann 303 Meuting, Philipp 153, 279, 521 f., 524, 529, 531, 595n Meyer, Silke 45 Micheli (Familienunternehmung) 133 – Micheli e Arnolfini & Co 241 – Micheli e Parensi 579 Micheli, Buonaventura – Buonaventura Micheli e Urbano Parensi & Co in Lyon 280, 369, 373n, 387 Micheli, Francesco 500 Milas, Giovanni 509n Miller, Peter 90, 608 Millietta, Antoine 355 Minckel (Familienunternehmung) – Obrecht & Minckel 530 Minckel, Israel 153, 159, 163, 521 f., 524, 530 f., 533 Minckel, Nicolas 522 Minutoli, Alessandro – Alessandro e Giovanbattista Minutoli in Antwerpen 396 Mises, Ludwig von 45 Moeran, Brian 47, 539n Mokyr, Joël 43, 44n, 612 f. Molà, Luca 39 Molina, Alonso de 371n Möllering, Guido 70, 424 Montaiuti (Familienunternehmung) 509n Möttelin (Familienunternehmung) 548n Mollat, Michel 481 Molleti, Priore 404n Montmorency, Anne de 364 Morovelli, Niccolò 395, 579 – Niccolò Morovelli & Co 387, 391, 579 Morelli, Roberta 366n Mornio, Piero 488 Mosca, Ilario 134 Mueller, Reinhold C. 33 Müller, Oskar 573n Naldini (Familenunternehmung) 245, 310, 569 – Naldini-Vöhlin 549 Naldini, Domenico 135, 195, 197, 206 f., 218, 245, 272, 306–309, 343 – Francesco e Domenico Naldini & Co in Toulouse 195, 308–310, 322 – Domenico Naldini, Hans Vöhlin & Co in Toulouse 272, 306–309, 554

Personen- und Firmenregister

Naldini, Francesco 120, 195, 196 f., 199 f., 201n, 206, 245, 273, 305–308, 311, 343, 345, 363, 435, 485, 487, 561, 568, 572, 574 – Francesco e Domenico Naldini & Co in Toulouse 195, 308–310, 322 Nasi (Familienunternehmung) 142, 181n Nasi, Bartolomeo 132n, 376, 389 – Bartolomeo Nasi & Co in Lyon 142n, 346, 386, 389 Nasi, Bernardo di Bartolomeo 172 Nasi, Francesco 132n – Camillo da Diaceto e Francesco Nasi & Co in Antwerpen 396 – Francesco Nasi & Co 524 Nasi, Giambattista 225 – Giambattista Nasi e Giambatista Gondi & Co in Antwerpen 404 – Giambattista Nasi & Co in Antwerpen 416 Nasi, Guglielmo – Roberto e Guglielmo Nasi & Co 355 Nasi, Lutozzo di Piero 172 Nasi, Roberto – Roberto e Guglielmo Nasi & Co 355 Navagero, Andrea 129 Neidhart (Familienunternehmung) 161, 167, 384n, 479, 481 – Haug-Neidhart 146 – Neidhart & Pecori 519n Neidhart, Carl 431 Neidhart, Christoph 514 Neidhart, Gabriel 514 Neidhart, Sebastian 152, 481 – Sebastian Neidhart sel. Erben 167n, 532n – Sebastian Neidhart & Co 411 Nelson Espeland, Wendy 102 f. Nerli (Familienunternehmung) 181n Nerli, Filippo de’ 179 Nettoli, Giovanni 233 Nettoli, Niccolò 223 Neu, Tim 49 Niklas, Simon (Sigmund) 144, 150, 166, 241, 278, 325, 373n, 400n, 411, 414, 415n, 545, 573 f. Nobili (Familienunternehmung) 391n Nobili, Grimaldo de’ 188 f., 219, 228 Nobili, Niccolò de’ 495 North, Douglas C. 424n

Nutz, Andreas 101 Nützel, Gabriel 161 Obrecht (Familienunternehmung) – Obrecht & Minckel 530 Obrecht, Georg 148, 153, 159, 163, 521 f., 524, 530 f., 533 Olivieri (Familienunternehmung) 136 Olivieri, Benvenuto 34 Origo, Iris 603n Orlandi, Angela 32, 479, 531 Orlandini, Giovanni 170 Orléan, André 66, 108 Ortel, Florimon s. Hortel Österreich (Familienunternehmung) 143 Ott, David 531n Ott, Jakob 560 Ottaviani (Familienunternehmung) – Bartolini e Ottaviani & Co 409 Ouvarov, Paval 527 Pacioli, Luca 75, 78, 83, 93, 97, 98n, 102, 543 Padgett, John F. 52, 60, 64, 120n Paffi, Barthelmy 470n Paffi, Jean ( Jehan Paffy) 500 – Jean Camus et Jean Paffi & Co 470 Palavisini (Familienunternehmung) – Palavisini e Gentili 568 Palavisini, Damiano 390 – Damiano Palavisini e Girolamo Grimaldi 568 Palavisini, Francesco 576 – Francesco Palavisino & Girolamo Gentili 158n, 568 Palavisini, Piero 576 Paler, Wolf 267 Pallini-Martin, Agnès 306n, 325n Pansani (Familienunternehmung) 390 Paoletti, John 34 Panciatichi (Panchiati) 346n, 529 Panciatichi, Bartolomeo 142, 158n, 345 f., 500 f., 528 – Bartolomeo Panciatichi & Co in Lyon 143n, 279 f., 396, 408, 411, 500, 528n Panciatichi, Girolamo 233, 516, 528 Panciatichi, Simone – Simone Panciatichi & Co in Lyon 241 Pandolfini (Familienunternehmung) 323 Pandolfini, Giovanni 313 f., 322 – Giovanni, Pandolfini & Co in Rom 322

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Register

Pandolfini, Pierfilippo 322, 404n Pantaleo di Marincicale 400 f. Parapugno, Antonio 452, 467–469 Paredes (Paretes), Bartolomeo 220, 229–231, 506n, 591–593 Paredes (Paretes), Juan (Fernandes) 415 Parensi (Parenzi)(Familienunternehmung) 133 – Micheli e Parensi 579 Parensi (Parenzi), Michele 414n Parensi (Parenzi), Urbano 494, 553 – Buonaventura Micheli e Urbano Parensi & Co in Lyon 280, 369, 373n, 387 Pasquali, Lorenzo di Giovanni 197 f., 200, 215, 217–219, 223–225, 245, 297, 418, 435, 455, 463, 470n, 484, 491, 500 f., 505–508, 517, 525, 594, 598 Pau, Francesco di Baldassare 389 f. Paul III. Farnese 526 Paul V. Borghese 62 Pauli, Aludio – Aludio e Girolamo Pauli 408 Pauli, Girolamo – Aludio e Girolamo Pauli 408 Pauli, Johannes 615 Paumgartner (Familienunternehmung) 30, 139n, 147 Paumgartner, Franz 221n, 270 Paumgartner, Hans d. Ä. 255, 270 Paumgartner, Hans d. J. 142n, 144, 151, 209 f., 270, 334 Pazzi (Familienunternehmung) 132 Pazzi, Andrea de’ 176 Pazzi, Guglielmo de’ 132n Peche, Jean 147n Pecori, Simone 166, 384, 400 f., 407n, 560 Penndorf, Balduin 76, 97, 98n Peragallo, Edward 77 Perckhamer, Vinzenz 139n, 153, 277n Peroni, Gian 495 Peruzzi (Familienunternehmung) 69 Peruzzi, Francesco 501 Peters, Lambert F. 36 Peutinger (Familienunternehmung) 509n, 592, 595, 597 Peutinger, Christoph 258n, 259, 534 Peutinger, Johann Chrysotomus 162, 231, 373, 506–513, 534 f., 595n, 598

Peutinger, Konrad 139, 162, 507 Philipp II. Habsburg 264, 481 Pfister, Hans 252, 311, 316 f., 543 f. Pfister, Lienhart 150 Pfister, Markus (Marx) 252, 545 Piketty, Thomas 15n Pinadori, Filippo 200, 223, 507 Pinchera, Valeria 32, 227 Pinelo (Familienunternehmung) 260 Pineau-Defois, Laure 91 Pius V. Ghislieri 603 Pitti (Familienunternehmung) 386 Pitti, Giuliano 319 Pitti, Francesco – Francesco Pitti e Amerigo Antinori & Co in Lyon 333n Plano, Arnold del 412n Pöhlmann, Robert 38, 84 Polanco, Alonso – Gregorio e Alonso Polanco 408 Polanco, Gregorio – Gregorio e Alonso Polanco 408 Pölnitz, Götz von 30, 149, 566 Polo, Marco 425 Poovey, Mary 103 Portinari (Familienunternehmung) 186 Portinari, Giovanni 132n Portinari, Tommaso – Tommaso Portinari & Co in Brügge 305 Powell, Walter W. 52 Prechter (Familienunternehmung) 521 Prechter, Friedrich 466 Prechter, Wilhelm 466n Prunier, Gian 502n Pucci, Antonio 348, 357 Pucci, Roberto 180 Puccini, Giovan Battista – Giovan Battista Puccini & Co in Rom 437 Puccini, Francesco 190 Quattrone, Paolo 102n Raby, Gioan de Maseras 308n Raby, Uguet 308–310 Ragueneau, Jacques 364 Rammert, Werner 58 Rangone, Costanza 131 Rangone, Guido 131 Rauwolf, Leonard 431

Personen- und Firmenregister

Ravensburger Gesellschaft 140, 145, 147, 159 Ravensburger, Christoph 151 Ravensburger, Leo 151 Rayot, Pierre 148 Redlich, Fritz 101 Reich, Pankraz 139 Rehlinger, Lukas 152 Rehlinger, Konrad 409 Rehlinger, Wilhelm 143 Reihing, Bernhard 270 Reihing, Hans Konrad 270 Reihing, Hieronymus 152 Reihing, Karl 152 Reihing, Ludwig d. Ä. 253, 270 Reihing, Ludwig d. J. 270 Reinhard, Wolfgang 62 Rem (Familienunternehmung) 325, 555, 580 Rem, Andreas (Endres) 253, 255, 271, 273, 419, 559, 580 – Andreas Rem & Gebrüder 273, 333, 385, 555n, 560, 585 Rem, Georg 199, 272 f., 551 Rem, Hans 255, 273, 318 f., 419 Rem, Hieronymus 530, 551n Rem, Lukas 141 f., 249, 254 f., 269 f., 273, 417–419, 543, 551 f., 553n Rem, Matthias 273 Rem, Sigmund 551n Rem, Wilhelm 551n Rembold, Jakob 257, 274 f., 357 f. Rentz, Sebastian 259, 277n, 413n Renoria, Claudio de 331, 355 Restino, Inbert 462n Reuter, Jacob 139 Riario, Pietro 177n Ribeiro, Ana Sofia 41 f. Ricasoli (Familienunternehmung) – Ricasoli e Bardi 205 Riccardi (Familienunternehmung) 192 Riccio, Manuello 231 Riccio, Naldini del 272n Riccomanni, Baldovino di Iacopo 78 Richardon, François 488 Richerson, Peter J. 612 Ricker, Manfred 101n Ridler, Stefan 276n Ridolfi (Familienunternehmung) 181n

Riguier, Jean 462n Rieger, Hans (Gian Regle) 150, 166, 414 f. Rieske, Constantin 45 f. Rinieri, Andrea 502 – Andrea Rinieri & Co 408 Rinuccini (Familiengesellschaft) 529 Rinuccini, Tommaso 515n, 530n – Lorenzo e Piero Capponi, Tommaso Rinuccini & Co in Lyon 507, 514, 516, 522–525, 529–531, 533, 567, 587, 599 f. Rodriguez, Manoel 517 Roillart, Guillame 352 Romano, Dennis 39 Rondinelli (Familienunternehmung) 459 Rondinelli, Niccolò – Niccolò Rondinelli & Co 358 Rosselhart, Friedrich 466 Rossi, Bernardo (Bernardino) de’ 194, 487 – Lionardo Bartolini, Bernardo de’ Rossi & Co in Lyon 194, 487 Rossi, Francesco (gen. Salviati) 178n Rossum, Maartin van 404 Rothenbach, Georg Dr. 162 f. Rotmund, Johannes 253 Rott, Wilhelm 274 Rucellai (Familienunternehmung) 181 – Verrazzano e Ruccelai 204 Rucellai, Buonaccorso 202n – Bernardo da Verrazzano e Buonaccorso Rucellai & Co in Rom 202 Rucellai, Luigi – Redi di Luigi Rucellai & Co 587, 600 Rucellai, Zanobi 350 Rueger, Hans 277n Ruiz, Simon 41 f. Rusch, Marx 148 Sabor, Christofano de 415n Sailer (Familienunternehmung) 161, 481 Sailer, Hieronymus 152, 167, 258 f., 261, 514 Sailer, Michael 152, 166, 279, 374, 518 f., 529n, 534, 536, 610 Salais, Robert 50 Salamanca (Familienunternehmung) 353 Salamanca, Francisco de 135, 353 f. – Francisco Salamanca & Rodrigo Carrión 353 f., 369, 396n, 488n Salamanca, Juan

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710

Register

– Juan e Alonso Salamanca 415 Saldagana, Tommaso de 469n Salimbeni (Familienunternehmung) 86, 181n Salimbeni Salviati, Ginevra 180n Salin, Mattio Antonio 414n Sapin, Jehan 492 Sapin, Zanobi 350 Saliti (Familienunternehmung) 136 Saliti, Piero 548 Salviati, Alamanno di Iacopo 176, 188 f., 214n, 297 Salviati, Alamanno di Averardo 22, 32, 142, 177, 180n, 181, 183, 192 f., 195–199, 217–219, 228, 305, 313n, 315 f., 320, 347, 495 – Alamanno Salviati & Co in Lyon 316n, 320n – Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Florenz 120, 196 f., – Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Lyon 14, 120, 135, 196 f, 199, 201, 206, 213, 311–314, 317, 319n, 322 f., 343, 376, 388 – Redi di Alamanno Salviati & Co in Florenz 197 – Redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon 142n, 170 f., 197, 205–207, 209, 213, 220n, 222n, 243, 280, 336, 357, 363, 366–368, 380, 386, 388, 390, 393, 395, 397 f., 491, 496 f., 537, 564 – Redi di Alamanno Salviati & Co in Pisa 346 – Redi di Alamanno e Battista Salviati & Co in Lyon 197, 205, 330, 349, 354 f., 486 – Iacopo e redi di Alamanno Salviati & Co in Florenz 199, 484, 206 – Iacopo e redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon 197, 199, 205, 484, 487, 489 Salviati, Alamanno di Averardo di Alamanno 190, 206 – Alamanno e Filippo di Averardo Salviati & Co setaiuoli 190, 219n Salviati, Alberto 356, 385 f., 486, 505 Salviati, Alessandro – Filippo e Alessandro Salviati & Co in Florenz 230 Salviati, Antonio di Filippo 193 Salviati, Antonio Maria 188n

Salviati, Averardo di Alamanno di Iacopo 182 Salviati, Averardo di Alamanno (Averardo d’Alamanno) 22, 180 f., 183–185, 186–191, 197 f., 213–219, 221–226, 228, 230–232, 234 f., 245–247, 361n, 437n, 485, 515 – Averardo Salviati & Co in Florenz 185, 406n, 437n – Averardo Salviati & Co in Lyon 197 f., 229, 231–234, 243, 294, 374, 407, 409n, 502, 505, 507, 511, 515–517, 522, 525 – Averardo Salviati & Co in Neapel 360 f., 388, 437n – Averardo Salviati & Co setaiuoli in Florenz 118n, 184, 603 f. – Averardo Salviati & Co setaiuoli in Neapel 184 – Averado e Battista Salviati & Co in Florenz 358, 386 f. – Averardo e Piero Salviati & Co in Antwerpen 225–227, 241, 403 f., 409n, 417 f. – Averardo e Piero Salviati & Co banco in Florenz 190, 222, 225n, 237, 372, 453 f. – Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon 33, 118n, 152n, 197, 219, 222 f., 228 f., 237–239, 277, 287, 342, 365, 370, 402, 408, 410n, 412– 416, 442 f., 446 f., 449 f., 452, 459, 463–465, 470 f., 475 f., 483, 495, 497, 500 f., 503, 507 – Averardo e Piero Salviati e figliuoli di Iacopo Salviati di magona in Pisa 189 – Averardo Salviati e Bernardo da Sommaia & Co in Neapel 185, 292 Salviati, Averardo di Filippo 180n Salviati, Battista di Iacopo 186 f., 206, 208, 361n – Averado e Battista Salviati & Co in Florenz 358, 386 f. – Redi di Alamanno e Battista Salviati & Co in Lyon 197, 205, 330, 349, 354 f., 486 Salviati, Bernardo di Iacopo 179, 181, 197, 215n Salviati, Bernardo di Giannozzo 202 f., 209, 276n, 484, 491, 505 – Bernardo Salviati e Francesco Alamanni & Co in Paris 349–351 Salviati Pazzi, Caterina 176n Salviati e Alamanni & Co 350

Personen- und Firmenregister

Salviati, Filippo di Averardo (Filippo d’Averardo) 180n, 181, 190–192, 198, 235 f., 278, 515, 517 f. – Filippo Salviati & Co in Lyon 198, 235 f., 287n – Filippo Salviati & Co in Venedig 190n, 191 – Filippo e Alessandro Salviati & Co in Florenz 230 – Alamanno e Filippo di Averardo Salviati & Co setaiuoli 190, 219n – Piero e Filippo Salviati & Co in Florenz 191 – Redi di Filippo Salviati & Co in Lyon 198, 236 Salviati, Francesco 177 Salviati, Francesco di Giuliano 181n Salviati, Galvano 182 Salviati, Giovanni di Alamanno 182 Salviati, Giovanni di Forese 176 Salviati, Giovanni di Iacopo 178–180, 214n, 216, 435, 437n Salviati, Giuliano 177, 185 f. – Giuliano e Iacopo Salviati & Co lanaiuoli in San Martino in Florenz 185 Salviati, Iacopo di Alamanno 176n Salviati, Iacopo di Giovanni 22, 24, 32, 110, 133, 177–181, 182–185, 186–189, 192, 195–199, 208 f., 211n, 213–219, 222, 228, 247, 297, 305, 348, 355 f., 358, 360–362, 365, 367, 385 f., 388, 484–486, 488–490, 493, 495–497 – Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Florenz 120, 196 f. – Alamanno e Iacopo Salviati & Co in Lyon 14, 120, 135, 196 f., 199, 201, 206, 213, 311–314, 317, 319n, 322 f., 343, 376, 388 – Averardo e Piero Salviati e figliuoli di Iacopo Salviati 189 – Giuliano e Iacopo Salviati & Co lanaiuoli in San Martino di Firenze 185 – Iacopo e redi di Alamanno Salviati & Co in Florenz 199, 206, 484 – Iacopo e redi di Alamanno Salviati & Co in Lyon 197, 199, 205, 484, 487, 489 Salviati, Lionardo 183 Salviati, Lorenzo di Giovanni 180n Salviati, Lorenzo di Iacopo 180n, 186, 188n, 189, 209, 215–219, 485

Salviati, Lotto di Lorenzo 180n Salviati Medici, Maria di Iacopo 179 Salviati, Piero di Alamanno (Piero d’Alamanno) 22, 180 f., 185, 186–192, 197 f., 206, 213, 218, 222, 224–226, 228, 232, 234, 246 f., 361 – Averardo e Piero Salviati & Co in Antwerpen 225–227, 241, 403 f., 409n, 417 f. – Averardo e Piero Salviati & Co banco in Florenz 190, 222, 225n, 237, 372, 453 f. – Averardo e Piero Salviati & Co in Lyon 33, 118n, 152n, 197, 219, 222 f., 228 f., 237–239, 277, 287, 342, 365, 370, 402, 408, 410n, 412– 416, 442 f., 446 f., 449 f., 452, 459, 463–465, 470 f., 475 f., 483, 495, 497, 500 f., 503, 507 – Averardo e Piero Salviati e figliuoli di Iacopo Salviati di magona in Pisa 189 – Piero Salviati & Co in Lyon 198, 232–234, 243, 500, 516, 525 – Piero e Filippo Salviati & Co in Florenz 191, 232n – Piero Salviati, Lionardo Spina & Co in Lyon 198, 234 f., 288n, 529, 531 f., 535 Salviati, Piero di Iacopo 178 Salviati, Vincenzo di Antonio (Vincenzo d’Antonio) 181 Salviati Colonna, Zefferina 188n Samminiati, Francesco 401 Sanudo, Mariano 179 Santa Cruz, Antonio de – Garcia e Antonio de Santa Cruz 408 Santini, Pietro 77n Sassetti (Familienunternehmung) 194 Sassetti, Cosimo 194 Sassetti, Gentile 78 Sauli (Familienunternehmung) 133, 142, 143n Sauli, Anfrione – Paolo e Anfrione Sauli 344n Sauli, Agostino – Agostino & Girolamo Sauli 564 Sauli, Domenico – Paolo e Domenico Sauli 390 Sauli, Girolamo – Agostino & Girolamo Sauli 564 – Lopes de Castro e Girolamo Sauli 408 Sauli, Paolo – Paolo e Anfrione Sauli 344n – Paolo e Domenico Sauli 390

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712

Register

Savonarola, Girolamo 177 Savoia Medici (von Savoyen), Filiberta de 487 Scandiglio, Stefano 371n Scarron, Jean 440 Schad, Elsbeth 272n Scharnatal, Hans Rudolff von 271n Scharon (Scarron?), Hostazio 345 Scheurl, Christoph 253 Schetz, Erasmus 225 – Erasmus Schetz & Co 408 f., 416 Schlauderspacher, Jörg 514 Schiaffini, Alfredo 80 Schiele, Hartmut 101n, 566 Schirmer, Uwe 297n Schmidt, Sven 25, 118, 249, 259n, 267n, 268, 287, 471 Schnyder, Werner 551n Schöpperlein, Konrad 270 f., 357 f. Schultheis, Hieronymus 273 Schütz, Gregor – Gregor Schütz & Mitverwandte 352 Schütz, Ulrich 145 Schwarz, Matthäus 91, 126n, 144, 149, 241, 318n, 401, 420, 573 f., 580, 582, 584, 615 f. Seitz, Heinrich 259 Seitz, Simon 253, 269 f., 272 Selvago (Familienunternehmung) 133 Selzer, Stephan 41, 65, 450n Seng, Oswald 431 Serlio, Sebastiano 130 Serristori (Familienunternehmung) 98, 181n, 182 Serventt, Gianott 201 Seßer, Clas 407n Seva, Pierre – Pierre Seva & Guillaume Franse 458 Seysenhoffer, Hans 274 Signorini, Francesco – Antonio Buoninsegni, Francesco Signorini, Girolamo Venturi & Co 564 Simon, Herbert 16n Soderini, Francesco 404n Soderini, Giovanni 259 Soderini, Piero 177, 178n Soll, Jacob 75, 100, 603n Sombart, Werner 83, 85

Sommer, Linhard von 275 Sormano, Andrea 520 Spada (Familienunternehmung) – Bernardini e Spada in Rom 509n Spina, Francesco – Francesco Capponi e Francesco e Niccolò Spina & Co in Lyon 523n Spina, Lionardo 13, 24, 163, 165, 173, 196n, 197 f., 200, 202n, 206 f., 215–219, 221n, 223– 225, 228, 230 f., 246, 273 f., 288n, 311, 346, 352, 363, 365, 368, 370n, 389 f., 392, 400n, 402 f., 419, 421, 435 f., 453, 455 f., 463, 485, 491, 496, 501 f., 505n, 506–508, 516 f., 523n, 525, 545, 550, 552, 556–562, 564, 566, 569–572, 574 f., 577 f., 580, 583–585, 587 f., 590 f., 593–598, 604, 606, 616 – Piero Salviati, Lionardo Spina & Co in Lyon 198, 234 f., 288n, 529, 531,533, 535 – Redi di Lionardo Spina & Co in Lyon 235 Spina, Niccolò – Francesco Capponi e Francesco e Niccolò Spina & Co di Lione 523n Spina, Piero 179, 210, 214 f., 219, 276n, 350, 360–363, 367 f., 380, 389–393, 485, 492, 505, 550, 571, 578 f., 590 Spinelli (Familienunternehmung) 194 Spinelli, Lorenzo 194 Spinelli, Tommaso 547 Spinola (Familienunternehmung) 133, 260, 415 Spinola, Andrea – Andrea & Francesco Spinola 158n Spinola, Francesco – Andrea & Francesco Spinola 158n – Leonardo e Francesco Spinola 390 Spinola, Girolamo – Girolamo e Gio Battista Spinola 398 – Leonardo e Girolamo Spinola 395 Spinola, Leonardo – Leonardo e Francesco Spinola 390 – Leonardo e Girolamo Spinola 395 Spinola, Luciano – Luciano e Niccolò Spinola 502 Spinola, Niccolò – Luciano e Niccolò Spinola 502 Spreng, Johannes 431 Spufford, Peter 34

Personen- und Firmenregister

Stebehaber, Hans 544 Stecher, Georg 166 Stegbauer, Christian 60 Stewart, John 492 Stiglitz, Joseph 42 Storper, Michael 50 Stetten, Appolonia von 545 Steudlin, Gabriel 273 Stöger, Georg 424 Strieder, Jakob 36, 38 Strinati, Alferi 435 Stromer, Wolfgang von 479 Strozzi (Familienunternehmung) 132, 181, 183, 224n, 359, 366, 370, 401n, 410, 517, 585 Strozzi, Alessandro degli – Lorenzo e Alessandro degli Strozzi & Co in Venedig 468 Strozzi, Alfonso degli 190 Strozzi, Carlo di Tommaso degli 187 – Lorenzo e Carlo Strozzi & Co in Lyon 400 – Lorenzo e Carlo Strozzi & Co in Venedig 397, 437n, 515, 563, 578, 586 Strozzi, Filippo di Filippo degli 131, 133, 179, 187, 366, 421n, 495 Strozzi, Giovanbattista degli – Rinaldo e Giovanbattista degli Strozzi & Co in Kastilien 408–410 Strozzi, Lorenzo di Filippo degli 131, 198, 495 – Lorenzo degli Strozzi & Co in Lyon 199, 245, 370 – Lorenzo e Alessandro degli Strozzi & Co in Venedig 468 – Lorenzo e Carlo Strozzi & Co in Lyon 400 – Lorenzo e Carlo Strozzi & Co in Venedig 397, 437n, 515, 563, 578, 586 Strozzi, Matteo degli 304n, 386 Strozzi, Palla di Lorenzo degli 224 Strozzi, Piero di Filippo degli 131, 530 Strozzi, Rinaldo degli 369 – Rinaldo degli Strozzi & Co in Venedig 369 – Rinaldo degli Strozzi & Co in Kastilien 397 f., 401, 415 – Rinaldo e Giovanbattista degli Strozzi & Co in Kastilien 408–410

Stüdlin, Heinrich 148 f. Squarace Fico, Raffaello 390 Süleymann, Sultan 455 Sunder, Marco 65 Swedberg, Richard 47 Tanagli dell’Ancisa (Familienunternehmung) 184 Tarde, Gabriel 54 Tassis, Maffeo de 258 Taviani, Carlo 184n Tedaldi, Francesco – Lionardo e Francesco Tedaldi 397 Testa, Claudio 469 Teste, Claude 440, 463 Testu, Jean 364 Tewes, Götz-Rüdiger 32, 194, 195n, 244, 305, 306n, 311 Thévenot, Laurent 50 Thijs, Hans 29 Thurzo (Familienunternehmung) 349 Tierry, Pierre 413 f. Tognetti, Sergio 32, 295, 332, 446 Toninelli, Pier Angelo 25n Tornier, Pierre (Piero Torneri) 447, 456 f., 462n Tournon, François de 158, 160 f., 367 f., 418, 483, 500 f., 505, 528n Tornabuoni (Familienunternehmung) 181n, 194 Tornabuoni, Lorenzo 194 – Piero de’ Medici, Lorenzo Tornabuoni & Co in Lyon 194 Trenta, Gregor 171 Trivellato, Francesca 37 Tucher (Familienunternehmung) 30 f., 138 f., 145, 153, 160, 265n, 345, 423, 521 Tucher, Anton 275, 354, 553 Tucher, Anton II. 139n Tucher, Endres (Andreas) 140 Tucher, Gabriel 138, 545 Tucher, Hans 354 Tucher, Hieronymus 553 Tucher, Lazarus 397, 409, 585 Tucher, Lienhart (Linhard) 138, 145, 171n, 369, 519, 545, 553 Tucher, Lorenz 519 Tucher, Martin 325, 344, 549

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Register

Ughi, Niccolò 500 Uguccioni, Carlo 308n Uguccioni, Giambattista 308n Vaaz, Francisco 509n Vaaz, Luis 509n Vaihinger, Anna 267n Valois 138, 161, 164, 225, 257, 260, 479 Valois, Renée 524 Varchi, Benedetto 178, 180 Vecchietti (Familienunternehmung) 404n Vecchietti, Bernardo 463 Vecchietti, Giovanni 132, 172 Venturi (Familienunternehmung) – Venturi & Barzi 346n Venturi, Giovanni 182 Venturi, Girolamo – Antonio Buoninsegni, Francesco Signorini, Girolamo Venturi & Co 564 Vermolen, Gillis 458 Vernacci, Giovanni 390 – Giovanni Vernacci e Pier Filippo Gianfigliazzi 390n Verospe, Nerone 404n Vettori (Familienunternehmung) 181n Vettori, Francesco 178n Viart, Jean 352 Villanova, Antonio di 309 Villanova, Michele di 388n Vinolz, Pierre 501 Virthall, Stan 403n Visconti, Bernabò 211, 366 Visconti, Margherita 220 Vivaldi (Familienunternehmung) 133 Vlit, Giovanni 229 Vöhlin (Familienunternehmung) 310 – Naldini-Vöhlin 549 – Welser-Vöhlin 14, 140 f., 151, 195,245, 249, 251–256, 263, 269–273, 276, 279, 283, 303, 305–307, 309–324, 326 f., 330, 343–348, 351, 375, 543–545, 547–549, 553 Vöhlin, Barbara 251, 551 Vöhlin, Erhard 252 Vöhlin, Hans d. Ä 251 f. – Hans-Vöhlin-Gesellschaft 305 Vöhlin, Hans d. J. 195, 210, 257, 269, 272, 306– 310, 343, 359n, 549, 554

– Domenico Naldini, Hans Vöhlin & Co in Toulouse 272, 306–309, 554 Vöhlin, Katharina 251 Vöhlin, Konrad 22, 141, 252–254, 269 f., 308 f., 311n, 313–315, 317–321, 334, 551 – Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte 141, 252, 255, 271 f., 311n, 312n, 316 f., 320n, 327, 544 f., 548n Voth, Hans-Joachim 125n, 481 Walras, Léon 154 Walther, Hieronymus 352 Watt, Peter von 547 Weber, Max 37, 52, 55, 61, 83 f., 614 Wee, Herman van der 405 Weickmann, Hans 161 Weissen, Kurt 36, 245, 446n Welser, Anton d. Ä. 13 f., 22, 24 f., 32, 111, 139, 141, 162n, 205, 248, 252–254, 256 f., 265, 271, 275, 278, 302, 305, 308 f., 311n, 313–315, 317–321, 344, 348, 352, 358n, 389n, 413, 419, 421, 441, 477, 544, 546, 548, 551, 566, 604 – Anton Welser, Konrad Vöhlin & Mitverwandte 141, 252, 255 f., 271 f., 311n, 312n, 316–320, 327, 347n, 375n, 544 f., 548n – Anton Welser & Mitverwandte 13 f., 252–255, 270 f., 273, 289, 316, 321, 331n, 345n, 347 f., 350 f., 354 f., 357–359, 384n, 385n, 386n, 389n, 439, 441, 477, 485, 491, 568 Welser, Anton d. J. 142, 251 f., 257, 259, 270 f., 274, 278, 518, 544 f. Welser, Bartholomäus (IV) 250, 303 – Bartholomäus Welser & Gebr. 250, 305 Welser, Bartholomäus (V) 22, 24 f., 32, 110, 111, 149 f., 152, 160n, 167, 225, 246, 249, 255– 258, 261, 264–268, 274n, 275, 302, 318, 322, 332, 336, 352, 356, 364, 371n, 373, 384, 386n, 390n, 403, 444, 448n, 455 f., 460, 463, 474, 484n, 493, 505, 518, 534 f. – Bartholomäus Welser & Mitverwandte 13 f., 160 f., 166, 170, 171n, 206, 210, 213n, 217n, 256, 258, 260–262, 273 f., 276–279, 293n, 332n, 338, 340n, 342, 347, 359–361, 364n, 365n, 367, 369–372, 374, 380, 388n, 389n, 391n, 392n, 393n, 395, 397n, 400–402, 404, 408–412, 413n, 414n, 419–421, 436, 440n, 442–449, 452–454, 456–461, 463–466, 468–470, 483, 496n, 502n, 534,

Personen- und Firmenregister

545, 556–558, 563n, 564n, 566n, 570n, 572n, 575–577, 581 f., 584–589, 604n, 610 Welser, Bartholomäus d. J. 259, 274 Welser, Christoph d. Ä. 254, 313 f. Welser, Christoph 25, 111, 118, 145, 151, 249, 257, 262, 264–268, 279, 288, 302, 518, 530, 534 f. – Christoph Welser & Gebrüder 262, 278 – Christoph Welser & Mitverwandte 25, 145, 152, 250, 259n, 262–265, 268, 287, 413, 529 f., 533 f. Welser, David 267n Welser, Endres 530 Welser, Felicitas 167n Welser, Franz 275 f. Welser, Hans 143, 145, 150, 160, 241, 255, 267, 270, 275, 321n, 367, 519, 529 f., 544, 549, 553 – Hans Welser & Gebrüder 260, 278, 374, 417 f., 545 – Jakob und Hans Welser & Gebr. 143, 150 Welser, Hans Friedrich 267 Welser, Hans Jakob 279 Welser, Hieronymus 514 Welser, Jakob 250 f., 270, 275, 374, 421n, 519, 529 f. – Jakob und Hans Welser & Gebr. 143, 150 – Jakob Welser & Gebr. 161, 171n, 256, 400 f., 420, 530n, 574 – Jakob und Sebastian Welser in Lyon 278, 374, 519 – Jakob Welser & Söhne 371 Welser, Leonhard 262, 265–267 Welser, Lorenz 304n Welser, Lukas 250 f., 303 f. Welser, Margaretha 162n, 507 Welser, Marx 262, 265, 267 f., 516 – Marx & Matthäus Welser Gesellschaft 266, 278, 374, 515, 518, 535, 545

Welser, Marx Christoph 268 – Marx Christoph Welser & Co 268 Welser, Matthäus 259, 262, 266, 516 Welser, Matthäus d. J. 264, 266 – Marx & Matthäus Welser Gesellschaft 266, 278, 374, 515, 518, 535, 545 Welser, Sebastian 374 Welser, Ursula 551 Welser, Paul 266 Welser, Philipp 431, 545 Wenger, Etienne 555 Wesenpeck, Philipp 532 Weyer (Familienunternehmung) 149–151, 519n Weyer, David 146–148, 151, 153, 514, 523 Weyer, Hans 523 Weyer, Dominikus 151 Weyer, Hans d. Ä. 146 Weyer, Hans 151, 153 Weyer, Sebastian 144, 149–151, 403n, 560 – Erben Sebastian Weyer 151 White, Harrison 49n Wigermann, Hans 147 Wolf, Konrad 270 Wolf, Heinrich 251 Wolfe, Martin 480n Yamey, Basil Selig 85–87, 99, 101n, 102, 105 Zangmeister, David 153, 514, 522 f., 529, 531 Zangmeister, Eberhard d. Ä. 141 Zangmeister, Eberhard d. J. 141 Zangmeister, Franz 146 Zangmeister, Hans 141 Zangmeister, Hieronymus 153, 514, 522 f., 529, 531 Zangmeister, Thomas 163 Zecca, Giuseph della 463, 465, 466n Zollikofer (Familienunternehmung) 145 Zugo, Luin 402

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Register

XIV.2

Sachegister

Accomandita (Kommende) Auflösungsvertrag 306–308 Beteiligungen 195, 202–206 s. Buchführung s. Handels- und Bankgesellschaft s. Kooperation Kooperationsform 299 f., 305–311, 436, 443, 484, 554 Mercanzia 306 Organisationsform von Unternehmungen 39 s. Schiffstransport Agenten s. Handels- und Bankgesellschaft s. Kooperation Kreditvermittler 408 f., 506 f., 511, 519 f., 522 f. Vermittler (agents, prêteurs, intermédiaires) 367 f., 483 f. Akteur-Netzwerk-Theorie (actor-network-theory) Buchführung im Technikpragmatismus 58 f. Einführung 53–59 Technikpragmatismus 58 f. Alaun Partita 522, 530 Amicizia 557 Banking 124–126 Baumwolle 458, 466, 469 f. Bilanz Gesamtbilanz 104 s. Konten s. Umsatz Briefe Anreden 552, 557 s. Buchführung briefliche Kommunikation 555–598 s. Kooperation

Nachrichtenbrief 558 s. Wechsel s. Wissen Bücherhandel 135 f. Buchführung Abstraktionsleistung 92–97, 107–109, 117 alla veneziana 293 bilancio (bilancio di apertura/di chiusura) 297 s. Bilanz Büchersystem 107, 110 f., 212 f., 284–287, 406 f., 615 f. Büchersystem zur Rekonstruktion von Geschäftsbeziehungen 284–288, 432–434, 536 f. Buchführungsgeschichte (als eigenes Forschungsfeld) 75, 89 f. Buchführungsmentalität 614–616 Buchführungssubjekt 25 f., 92, 107 f., 116–118, 608 copialettere 285 f., 547, 549–551, 564 f., 567 s. depositi Doppelte Buchführung als Forschungsgegenstand 76–79, 92 Dysfunktionalität 472 f., 476 f. Editionen von Rechnungsbüchern 73 f. Ende einer compagnia 226 f., 243 f. Entstehung des Kapitalismus 83–85, 100, 611–614 fraindt buch 406 f., 606 Funktionen und Techniken der Buchführung 85–88 s. Gabella Geheimbuch 212 f. Generalrechnung 296 Geschäftsstrategien 100–105, 246 f., 248 f. Gewerbebuch 248–250, 265, 287 f., 413 s. Gewinn s. Handels- und Bankgesellschaft Historiographie 72–107 s. Kapital kognitive Artefakte 91–97, 108 f. s. Konten

Sachegister

Kontenorganisation 98, 103 f. s. Kredit libro d’assegnazione e di borsa 406 libro debitori e creditori 284–286 libro dei committenti 240, 285–287, 373, 402, 406, 495–499, 512 f., 606–609 libro di fiere 284 f., 292–295, 373, 402, 496– 499 Logik der Buchführung 578–590 Organisation der Sprache 81–83 Organisationsleistung 92–97, 107–109, 115–117 Perspektive économie des conventions und Akteur-Netzwerk-Theorie 65–68, 579 s. Praxeologie (Handlungs)Rationalität 100–107 s. Schiffstransport Schriftlichkeit 539 technikpragmatische Interpretation 58 f. validation 66–68 Verhältnis von Buchführung zu Netzwerken 96 f. volgare als Sprache der Buchführung 79 f. welsch schuldbuch 406 f., 606 wirtschaftliche Praxis 18 f., 100–107 s. Wissen

familiäre Vermögensbildung 191–193 s. Handels- und Bankgesellschaften Kardinalswürden 178–181 politische Konstellationen 176–181

Buonded rationality 16

Gateway-Konzept 37, 471 f.

Business-to-business 124, 136

Geld Bargeld 335, 405 f. Bargeld als Exportgut 456 f., 464 f., 468 Finanztransfer 348, 356–359 s. Kredit s. Währungen s. Wechsel

Certificatieboeken 405, 412 f. Communities of practices 23, 27, 538–542, 555 Cruzada 257 f., 371 Depositi Depositbanking 512 f. deposito-Konten 136, 138, 201 f., 209–211, 230, 290 f., 359, 362, 365 f., 397, 417 f., 489 f., 496–499, 511–513, 517–520, 585 f., 593–597, 602 f., 610 Familie Aristokratisierung 180 f. Aufstiegsnarrativ 176–181, 247 f. eheliche Verbindungen 176–181

Fondaco dei tedeschi 253, 320, 430, 439, 441 Gabella (Gabelle: Einfuhrzoll auf Seidentuch) Buch der Gabella 494–499 s. Buchführung Gabella (Gabelle: Einfuhrzoll auf Gewürze und Genueser Tuch) 516 f. geschäftliche Strategie 215–217, 493–503 Konsortium 362–368, 474, 493 f., 505 Verarbeitung in der Buchführung 212–214, 494–501 Zusammenhang mit anderen Zöllen 158 Gabelle (Salzsteuer) Auferlegung und Widerstand 161 Pacht 530 Galläpfel Definition 537n Import 437, 458 f., 470

Getreidehandel 491 f. Gewinn Arbitragegewinne 236 f., 380, 382, 567, 569, 578 f. s. Buchführung Eigenkapitalzuwachs 365, 495–499 Formen des Gewinns 103–105 s. Herrscherfinanzen s. Konten utili 296

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Register

Gewürze Gewürzpreise 405 Gewürzimport 439 Gewürznelken 469 f. Grand Parti s. Herrscherfinanzen Konzeption 598–601 s. Kredit Kreditmärkte 137, 500 f., 527–537 s. Märkte Petit Parti (Rent Partei) 528 f. regulierte Kronanleihen 500 f., 525–533 Grünfärbemittel verdetto 456 f., 460 verzino 460 Habitus-Konzept 51 Handels- und Bankgesellschaft (compagnia) s. accomandita Bankrott 267 f. s. Buchführung business partnership agglomerate (Definition) 69, 190–193, 299, 435 compagnia (Definition) 68 f. compagnia zur Organisation des Levantehandels 434 f. Expansion 224–227, 244–247, 254, 403 f., 416 f. Faktorei (Personal) 270–279 Faktoreisystem (Definition) 69 f., 269 Generationenwechsel 206, 234–236, 255, 262 Gesellschaftsverträge 248 f., 256 f. Hoffaktor 492 s. interfirm organization (stille) Investoren 230 f., 263 f. s. Kapital s. Konto s. Kooperation Magona 183 f. Organisationsform 38, 104 f., 120 f. ragione (Definition) 69 socio (Geschäftspartner, Definition) 70 Teilung infolge familiärer Gütertrennung 186–189, 214–219, 228 f., 268

verwandtschaftliche Organisation 179–193, 248, 251–253, 256, 262–268 Handelshemmnisse Blockaden 404 f., 416 f. s. Messen politische Handelshemmnisse für Süddeutsche in Lyon 113 f., 148–151, 474, 534 f. Handelsmanuale 142–144 Hanse 65, 73, 88 Herrscherfinanzen s. Cruzada dono (Zinszahlung) 508–511 Finanzadministration 480 f., 482 f., 500–503, 508, 510, 520, 528, 616 f. Forschungsfeld 478–482 s. Gabella s. Gabelle Geschäftsfeld 127 f., 257 f., 260 f., 264, 477 f., 482–493, 503–525, 536 s. Grand Parti Insolvenz 480 f. konsolidierte Schuld 525 f. s. Kredit s. Kupferimport s. Maestrazgo s. Märkte Rentmeisterbriefe 261, 264 f. schwebende Schuld 525 f. Steuerpacht 483, 493–502 Superintendeur générale 520–525, 527 Umschuldung 261, 480, 527 s. Wechsel s. Wissen Zehnt 356, 485 f. Ingwerimport 439–441, 458, 466 f., 469 (Neue) Institutionenökonomie 18, 39, 50 f. Interfirm organization 23, 26, 42, 111, 282–284, 424 f., 478, 567, 606–610 Invocatio 102 f., 603 f.

Sachegister

Kapital s. Buchführung s. depositi Fremdkapital 201 f., 205 f., 207 f., 219–221, 223, 230 f., 512 s. Geld s. Handels- und Bankgesellschaft s. Herrscherfinanzen Instrumente zur Kapitalaufnahme 201–204, 231 f., 246 f., 263 f., 434–439 Kapitalstamm (Kapitalstock, Eigenkapital) 186–188, 190–192, 196–199, 205–207, 209 f., 213, 219, 221 f., 223 f., 225–227, 230, 232 f., 512 Kapitaltransfer 237–243, 265 f., 386–388, 393, 395, 487–489 Kapitalverflechtungen 194 f., 204 f., 205 f., 208 f., 229, 236–243, 360–362, 372 f., 523 f. Kaufmannsdiaspora s. Migration Kerseys Exportgut 456–460, 459 f., 465, 468 Handel 412 Konfessionelle Konflikte 130, 139 Konsum (Konsumenten) 121–123, 425–427, 472 Konto (Konten) s. Buchführung conto apparte 290, 386–389, 437 f., 448, 496–499, 568 f. s. depositi s. Handels- und Bankgesellschaft s. Herrscherfinanzen s. Kapital Kapitalkonto (conto di corpo) 104, 199–207, 296 Kontenklassen 288–291 Kontoauszüge 568 f. Kontokorrente 104, 289 s. Kredit Loro-Konto 289 f., 385 f., 390, 497, 571 Nostro-Konto 289 f., 385 f., 510, 569, 572, 577 Personenkonten 116 f., 284 f.

Quantifizierung von Geschäftsbeziehungen 297 f., 323–343 Saldierung (acconcio, Kontenausgleich) 578–590 Sichtbarkeit von Kooperationsformen 300– 303, 359–362 Vorteilskonto (conto avanzi e disvanzi) 296, 343 Warenkonten 118 f., 284 f. Wechseltransfer 291–295, 355–362, 495–499, 580–585 Zeitkonto (conto dei tempi) 290 Kooperation s. accomandita Defektion 283, 414 f., 417 f., 475 f. Formen der Kooperation 298–301, 303–323, 343–374, 407–409, 414 f., 419–425, 432– 441, 474–477 s. Handels- und Bankgesellschaft Handlungspräskription 567–590 Informationsaustausch 558–563, 565–567 s. interfirm organization joint venture (Gelegenheitsgesellschaft) 300, 436 f., 446–452, 453–477 s. Kapital Kartell(bildung) 145, 345, 505 f., 533 Kommunikation und Koordination 42 f., 537–539, 555 f., 561–565, 569–572, 577–590 Konkurrenz 414–418, 470–473 konsortiale Organisation 362–368, 491–495, 506 s. Konto Kooperation (Definition) 282 f. Kooperation in Konten 298–303, 349–351, 359–362, 453 f. Kooperation zwischen Handels- und Bankgesellschaften (Forschungsstand) 30 f., 41 f., 70 Kreditnetzwerke 506–525 s. Märkte s. Netzwerkforschung Organisation in Konten 300–303, 448 f. participazione 447, 454, 456, 464, 467 f. Seriengeschäfte 368–373, 395–399, 442–446 Verflechtung durch Ausbildung 550–554 s. Wissen

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Register

Kredit Bargeldkredit (verzinst) 410 s. depositi Darlehen (zinsloses) 359, 364 Darlehen an Herrscher (Kronanleihen) 127 f., 153 f., 161, 166 f., 212 f., 230, 257, 260 f., 264– 266, 342, 373 f., 489 f., 498–525, 591–601 Darlehen an Herrscher in der Buchführung 509–511 Finanzierungskredit 369 f., 444 f., 450, 452, 463 f., 475 f. s. Herrscherfinanzen s. Konto s. Märkte relationale Kredite (Definition) 506n, 607 s. Wechsel Zwangskredite an die Krone 483 Kupfertransfer durch süddeutsche Kaufleute 146, 260, 330 f., 348–352, 491 f. Leder Corduan-Leder 470 Lederhandel 346, 383, 400 f. Levantehandel s. Buchführung Forschungsgegenstand 429–432 s. Gewürze s. Ingwerimport s. Kapital s. Konto Kooperationsformen im Levantehandel 432–441 s. Märkte s. Pfeffer s. Quecksilber s. Schiffstransport s. Tuch s. Waren s. Zimtimport s. Zinnober Luxus(waren)handel 492 f. Märkte Absatzmärkte 441, 471

Beschaffungsmärkte 309 f., 344 f., 352, 441 s. Buchführung Faktormärkte 503 f. Geld- und Kreditmärkte 591–601 s. Handels- und Bankgesellschaft Konstituierung von Märkten 21 f., 121–130, 424 f., 608–610 s. Konto s. Kooperation s. Kredit s. Levantehandel s. Luxus(waren)handel Marktbeobachtung 566 f., 591–596 Märkte (Definition) 52, 614 Märkte und Netzwerke 19, 40 f., 47 s. Messen s. Netzwerkforschung secondary markets (angelagerte Märkte) 424 f., 497–500, 503 f., 506, 518 f., 531 soziale Strukturen 47 spezialisierte Märkte 22 f., 26, 533–537 rechtliche Institutionen 48 Verteilungsmärkte 353 wirtschaftliches Handeln (Perspektive der Handlungsorientierung) 17 f., 608–610 Maestrazgo Pacht 257 f., 442, 444, 494 s. Quecksilber s. Zinnober Mandelhandel 345 Messe s. Buchführung s. Handelshemmnisse s. Märkte Messekalender 95 Messe (Definition) 34 f. Messerelationen 558 Messewährung 94 f., 125 f., 173, 376, 568 s. Migration Notare 169–171 Position des Kaisers 164–167 Position des französischen Königs 164 Position der Stadt Lyon 167–169 Privilegierung (königliche) 126 f., 157–159

Sachegister

Privilegierung von Kaufleuten aus süddeutschen Reichsstädten 159–163 Reglementierung 154–171 Sensalen 171 Wechselmessen (Bisenzone-Messen) 35 f., 128–130, 166 s. Wirtschaftsstandort Migration Fremdenfeindlichkeit (anti-italienische Stimmung) 130 Gruppen in Lyon 131 s. Kooperation s. Messen natio fiorentina 132–134, 171–174, 499–501, 520, 523 nationes in der Levante 427 f. nationes in Lyon 553 f. trade diaspora 37 s. Wirtschaftsstandort s. Wissen Muskatnüsse 469 f. Notare s. Messen s. Wechsel Netzwerkforschung agent-based simulation 65 historische Netzwerkforschung 41, 60–65 s. Kooperation s. Märkte multilayered extended semantic networks 64 soziale Formation 52 f. Verflechtungsgeschichte 62 s. Wirtschaftsgeschichte Pastellhandel 307–311 Pfeffer s. Levantehandel Pfefferhandel 330 f., 332 f., 345, 354 f. Pfefferimport 135, 260 f., 458, 466, 469 f. Pfefferkontrakte 261, 266 f. s. Waren

Praxeologie s. Buchführung historische Praxeologie 45 f. Praxeologie (Definition) 45 wirtschaftlichen Handelns 52 f., 608–610 s. Wirtschaftssoziologie Quecksilber s. Herrscherfinanzen s. Kooperation s. Levantehandel Quecksilberminen (Almadén, Idria) 146 f., 401 f., 442, 445 f., 474 Quecksilbertransfer 338, 442–446, 459 f., 464 f., 470–472, 474 f. Verwendung 444 s. Waren s. Zinnober Rational choice 16 Restitutionslehre 102, 604 Safran Beschreibung 144 Einkauf in den Abruzzen 311 f. safraneros 145 Safranhandel 326 f., 344 f. Safranhändler 144–146, 344 f. Schiffstransport s. accomandita s. Buchführung Charter 462, 467 Frachtkosten 460, 462, 465 f., 467–469 Frachtpapiere 449 s. Konten s. Levantehandel organisatorische Anlage 447 f. Prise 455 Reeder 464, 467, 471 Rekonstruktion in der Buchführung 447– 450, 453 f., 456 f., 461, 471 Versicherung 447, 449, 454 f., 460 s. Waren Schreibpapier 458 f., 464 f.

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Seide s. Gabella s. Levantehandel s. Luxus(waren)handel mucciarri (mucciardi) 124, 461, 463 Rohseide 124 Seide aus der Levante 463 Seidenhandel 134 f., 183–186 Seidenimport und Zoll 340 Seidentuch 124 setaiuoli 184–186, 190 s. Silber s. Tuch Velours 340 Sensale s. Messen Silber s. Seide Seidenhandel 135, 336, 338, 352–354 Silberimport 260, 315–318, 327, 343 f., 481 f. s. Waren Storia interna 26, 110 f., 174 f., 195–236, 280 f. (System-)Vertrauen 50 f., 569, 576–579 Tuch s. Levantehandel panni armentieri 456 f., 459 f., 465 panni bastardi 457, 465 panni di Carcassona 456 f. panni di Parigi 453, 456 f. s. Seide telette 453 s. Waren Umsatz s. Buchführung s. Handels- und Bankgesellschaften s. Konto Umsatzrechnung 297 f. Unternehmensgeschichte (vorindustrielle) 25 f., 34, 611

Velours 340 Währung s. Buchführung s. Messe Währungs(wechsel)kurse 124–126, 169 f., 173 f., 241–243, 357, 395 f., 399, 558 f., 561 f., 568–571, 573 f., 591–594 Währungspolitik 405 f. s. Wechsel s. Wissen Warenhandel s. Baumwolle s. Bücherhandel commodities 472 s. Galläpfel s. Getreidehandel s. Gewürz s. Grünfärbemittel s. Ingwerimport s. Kerseys s. Kupfer s. Leder s. Levantehandel s. Luxus(waren)handel s. Mandelhandel s. Muskatnüsse s. Pfeffer s. Quecksilber s. Safran s. Seide s. Silber süddeutsche Kaufleute 140–144 s. Tuch Warenexport zur Finanzierung von Warenimport 135 f., 147 f., 260 f., 450, 456–470 s. Wechsel s. Wolle s. Zinnober s. Zimtimport s. Zucker Wechsel s. Buchführung s. Gewinn

Sachegister

s. Kapital s. Konten Kontenbeziehungen im Wechseltransfer 291 f. s. Kredit Kreditmärkte 137 f. s. Märkte s. Messen Notierung in Mark Gold 173 f., 573 Rückwechsel 134, 356 f., 376, 390 f., 582 f. s. Währung Warenfinanzierung 343–347, 400 f. Wechselbrief 123 f., 136, 583 Wechselhandel in Antwerpen 404–412 Wechselhandel zwischen Antwerpen und Lyon 375–399, 402 f. Wechselhandel in Lyon 124 f., 151–154, 240– 243, 279 f., 312–315 Wechseltransfers (im Kontext des Umsatzes) 331 f., 336, 375–383 Wechseltransfer und Verflechtung 355–362, 368–370, 533–536 Wechselkorrespondenten 291, 314 s. Wissen Wirtschaft historische Alterität 21 f., 611–614 Kulturgeschichte (als kulturelle Praktiken) 44 Verhältnis Wirtschaftswissenschaft zu Kulturwissenschaft 15 f., 19 f. Wirtschaften 17–22, 27 s. Wirtschaftsgeschichte s. Wirtschaftssoziologie Wirtschaftsgeschichte 15 f. s. Buchführung des 16. Jahrhunderts (vorindustrielle) 14, 21, 27–33, 41 Handelsgeschichte 610 f. historische Netzwerkanalyse 63 f. s. Netzwerkforschung Praktiken des Handels 33 f. Verflechtung von Personen und Kapital 61 s. Wirtschaft s. Wirtschaftssoziologie

Wirtschaftssoziologie s. communities of practice économie des conventions 16, 49–51 Märkte 47 s. Praxeologie (Handlungs-)Rationalität 52 s. Wirtschaft s. Wirtschaftsgeschichte Wirtschaftssoziologie (neue) 46–51 Wirtschaftsstandort s. Handels- und Bankgesellschaft s. Messe s. Migration s. Netzwerkforschung Vernetzung und Spezialisierung von Märkten 22–25, 27–29 s. Wirtschaft s. Wirtschaftsgeschichte s. Wirtschaftssoziologie Wissen Abakusschule 542 s. Buchführung s. communities of practices Experten 541, 565, 598–601 Fachsprache 539 f., 547–550 Fremdsprache (Mehrsprachigkeit) 539 f., 544 f., 546–550 Handelspraktiken 142–144, 541, 543, 551, 580 Identität(sbildung) 541, 550 juristisch-praktisches Wissen 540 kaufmännische Ausbildung 539, 542–548, 550–554 Kaufmannsnotizbuch 573 f., 584 Lateinschule 542 Lernprozesse 538 f. prekäres Wissen 601–605 Technologie des Wechsels 578–590 useful knowledge 612–614 s. Wechsel Wechsel(brief) 540 Wissenssystem (Vergemeinschaftung von Wissen) 559–563, 565 Wissenstransfer 590–601, 606–608, 614–617

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Wolle lanaiuoli (Wollunternehmungen) 184 f., 190 s. Levantehandel s. Luxus(waren)handel s. Märkte s. Seide s. Warenhandel s. Wechsel Zahlungsverkehr, bargeldloser Entwicklung 26, 35, 125, 539 Funktion 503 f. Regulierung 163, 405 f. s. Währung s. Wechsel

Zimtimport 461, 463, 469 f. Zinnober s. Herrscherfinanzen s. Quecksilber Transfer 442–446, 456–458, 464 f., 471 Verwendung 442 Zinnoberhandel 402 Zucker Zuckerhandel 259 f. Zuckerimport 318–320, 413 Zuckermühle 259 Zuckertransfer 460

v i e rt e l ja h r s c h r i f t f ü r s o z i a l u n d w i rt s c h a f t s g e s c h i c h t e – b e i h e f t e

Herausgegeben von Mark Spoerer, Jörg Baten, Markus A. Denzel, Thomas Ertl, Gerhard Fouquet und Günther Schulz.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0341–0846

187. Torsten Fischer “Y-a-t-il une fatalité d’hérédité dans la pauvreté?” Dans l’Europe moderne les cas d’Aberdeen et de Lyon 2006. 236 S., kt. ISBN 978-3-515-08885-5 188. Rolf Walter (Hg.) Innovationsgeschichte Erträge der 21. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte vom 30. März bis 2. April 2005 in Regensburg 2007. 362 S. mit 40 Abb. und 3 Ktn., kt. ISBN 978-3-515-08928-9 189. Sebastian Schmidt / Jens Aspelmeier (Hg.) Norm und Praxis der Armenfürsorge in Spätmittelalter und früher Neuzeit 2006. 233 S. mit 14 Graf. und 1 Kte., kt. ISBN 978-3-515-08874-9 190. Michel Pauly Peregrinorum, pauperum ac aliorum transeuntium receptaculum Hospitäler zwischen Maas und Rhein im Mittelalter 2007. 512 S. mit 2 fbg. Abb., 40 fbg. Ktn. und CD-ROM., geb. ISBN 978-3-515-08950-0 191. Volker Manz Fremde und Gemeinwohl Integration und Ausgrenzung in Spanien im Übergang vom Ancien Régime zum frühen Nationalstaat 2006. 360 S. mit 9 Tab., kt. ISBN 978-3-515-08969-2 192. Markus A. Denzel / Hans-Jürgen Gerhard (Hg.) Wirtschaftliches Geschehen und ökonomisches Denken Ausgewählte Schriften von Karl Heinrich Kaufhold aus Anlaß seines 75. Geburtstages 2007. 572 S., geb. ISBN 978-3-515-09017-9 193. Satoshi Nishida Der Wiederaufbau der japanischen

Wirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg Die amerikanische Japanpolitik und die ökonomischen Nachkriegsreformen in Japan 1942–1952 2007. 474 S. mit 4 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09056-8 194. Boris Gehlen Paul Silverberg (1876–1959) Ein Unternehmer 2007. 605 S. mit 7 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09090-2 195. Frank Pitzer Interessen im Wettbewerb Grundlagen und frühe Entwicklung der europäischen Wettbewerbspolitik 1955–1966 2007. 482 S., kt. ISBN 978-3-515-09120-6 196. Gabriel Zeilinger Lebensformen im Krieg Eine Alltags- und Erfahrungsgeschichte des süddeutschen Städtekriegs 1449/50 2007. 285 S. mit 3 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09049-0 197. Matthias Steinbrink Ulrich Meltinger Ein Basler Kaufmann am Ende des 15. Jahrhunderts 2007. 601 S. mit 1 Farb- und 8 s/w-Abb., geb. ISBN 978-3-515-09134-3 198. Philipp Robinson Rössner Scottish Trade in the Wake of Union (1700–1760) The Rise of a Warehouse Economy 2008. 392 S. mit 41 Graf., kt. ISBN 978-3-515-09174-9 199. Rolf Walter (Hg.) Geschichte der Arbeitsmärkte Erträge der 22. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte vom 11. bis 14. April 2007 in Wien 2009. 421 S. mit 36 Abb. und 2 Ktn., kt. ISBN 978-3-515-09230-2 200. Peter Kramper Neue Heimat

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Unternehmenspolitik und Unternehmensentwicklung im gewerkschaftlichen Wohnungs- und Städtebau 1950–1982 2008. 664 S., geb. ISBN 978-3-515-09245-6 Markus A. Denzel Das System des bargeldlosen Zahlungsverkehrs europäischer Prägung vom Mittelalter bis 1914 2008. 581 S. und 1 Farbtaf., geb. ISBN 978-3-515-09292-0 Angelika Westermann Die vorderösterreichischen Montanregionen in der Frühen Neuzeit 2009. 384 S., kt. ISBN 978-3-515-09306-4 Gudrun Clemen Schmalkalden – Biberach – Ravensburg Städtische Entwicklungen vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit 2009. 393 S., kt. ISBN 978-3-515-09317-0 Stefan Krebs Technikwissenschaft als soziale Praxis Über Macht und Autonomie der Aachener Eisenhüttenkunde 1870–1914 2009. 472 S. mit 22 Abb. und 5 Tab., kt. ISBN 978-3-515-09348-4 Markus A. Denzel / Margarete Wagner-Braun (Hg.) Wirtschaftlicher und sportlicher Wettbewerb Festschrift für Rainer Gömmel zum 65. Geburtstag 2009. 438 S. mit 33 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09373-6 Sabine von Heusinger Die Zunft im Mittelalter Zur Verflechtung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft in Straßburg 2009. 662 S. mit 5 Abb., 30 Tab., 9 Zeichn. und CD-ROM ISBN 978-3-515-09392-7 Verena Postel Arbeit und Willensfreiheit im Mittelalter 2009. 189 S., kt. ISBN 978-3-515-09393-4 Beate Sturm ,wat ich schuldich war‘ Privatkredit im frühneuzeitlichen Hannover (1550–1750)

2009. 336 S. mit 46 Abb. und 18 Tab., kt. ISBN 978-3-515-09431-3 209. Hendrik Mäkeler Reichsmünzwesen im späten Mittelalter Teil 1: Das 14. Jahrhundert 2010. 328 S. mit 13 Ktn., 3 Diagr. und 2 Münztaf., geb. ISBN 978-3-515-09658-4 210. Carla Meyer / Katja Patzel-Mattern / Gerrit Jasper Schenk (Hg.) Krisengeschichte(n) „Krise“ als Leitbegriff und Erzählmuster in kulturwissenschaftlicher Perspektive 2013. 432 S. mit 4 Abb. und 1 Tab., kt. ISBN 978-3-515-09659-1 211. Volker Ebert / Phillip-Alexander Harter Europa ohne Fahrplan? Anfänge und Entwicklung der gemeinsamen Verkehrspolitik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (1957–1985) 2010. 278 S. mit 8 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09693-5 212. Volker Ebert Korporatismus zwischen Bonn und Brüssel Die Beteiligung deutscher Unternehmensverbände an der Güterverkehrspolitik (1957–1972) 2010. 452 S. mit 4 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09692-8 213. Markus A. Denzel / Jan de Vries / Philipp Robinson Rössner (Hg.) Small is Beautiful? Interlopers and Smaller Trading Nations in the Pre-industrial Period Proceedings of the XVth World Economic History Congress in Utrecht (Netherlands) 2009 2011. 278 S. mit 27 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09839-7 214. Rolf Walter (Hg.) Globalisierung in der Geschichte Erträge der 23. Arbeitstagung der Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte vom 18. bis 21. März 2009 in Kiel 2011. 273 S. mit 29 Abb., kt. ISBN 978-3-515-09851-9 215. Ekkehard Westermann / Markus A. Denzel Das Kaufmannsnotizbuch des Matthäus Schwarz aus Augsburg von 1548 2011. 526 S. mit 1 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09899-1

216. Frank Steinbeck Das Motorrad Ein deutscher Sonderweg in die automobile Gesellschaft 2011. 346 S. mit 17 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10074-8 217. Markus A. Denzel Der Nürnberger Banco Publico, seine Kaufleute und ihr Zahlungsverkehr (1621–1827) 2012. 341 S. mit 24 Abb. und 44 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10135-6 218. Bastian Walter Informationen, Wissen und Macht Akteure und Techniken städtischer Außenpolitik: Bern, Straßburg und Basel im Kontext der Burgunderkriege (1468–1477) 2012. 352 S. mit 3 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10132-5 219. Philipp Robinson Rössner Deflation – Devaluation – Rebellion Geld im Zeitalter der Reformation 2012. XXXIII, 751 S. mit 39 Abb. und 22 Tab., geb. ISBN 978-3-515-10197-4 220. Michaela Schmölz-Häberlein Kleinstadtgesellschaft(en) Weibliche und männliche Lebenswelten im Emmendingen des 18. Jahrhunderts 2012. 405 S. mit 2 Abb. und 3 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10239-1 221. Veronika Hyden-Hanscho Reisende, Migranten, Kulturmanager Mittlerpersönlichkeiten zwischen Frankreich und dem Wiener Hof 1630–1730 2013. 410 S. mit 20 Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10367-1 222. Volker Stamm Grundbesitz in einer spätmittelalterlichen Marktgemeinde Land und Leute in Gries bei Bozen 2013. 135 S. mit 5 Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10374-9 223. Hartmut Schleiff / Peter Konecny (Hg.) Staat, Bergbau und Bergakademie Montanexperten im 18. und frühen 19. Jahrhundert 2013. 382 S. mit 13 Abb. und 9 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10364-0 224. Sebastian Freudenberg Trado atque dono Die frühmittelalterliche private Grundherrschaft in Ostfranken im Spiegel der Traditionsurkunden der Klöster Lorsch und Fulda

(750 bis 900) 2013. 456 S. mit 101 Abb. und 4 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10471-5 225. Tanja Junggeburth Stollwerck 1839–1932 Unternehmerfamilie und Familienunternehmen 2014. 604 S. mit 92 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10458-6 226. Yaman Kouli Wissen und nach-industrielle Produktion Das Beispiel der gescheiterten Rekonstruktion Niederschlesiens 1936–1956 2014. 319 S. mit 11 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10655-9 227. Rüdiger Gerlach Betriebliche Sozialpolitik im historischen Systemvergleich Das Volkswagenwerk und der VEB Sachsenring von den 1950er bis in die 1980er Jahre 2014. 457 S. mit 28 Abb. und 42 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10664-1 228. Moritz Isenmann (Hg.) Merkantilismus Wiederaufnahme einer Debatte 2014. 289 S. mit 4 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10857-7 229. Günther Schulz (Hg.) Arm und Reich Zur gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ungleichheit in der Geschichte 2015. 304 S. mit 18 Abb. und 15 Tab., kt. ISBN 978-3-515-10693-1 230.1 Gerhard Deter Zwischen Gilde und Gewerbefreiheit. Bd. 1 Rechtsgeschichte des selbständigen Handwerks im Westfalen des 19. Jahrhunderts (1810–1869) 2015. 395 S., geb. ISBN 978-3-515-10850-8 230.2 Gerhard Deter Zwischen Gilde und Gewerbefreiheit. Bd. 2 Rechtsgeschichte des unselbständigen Handwerks im Westfalen des 19. Jahrhundert (1810–1869) 2015. 482 S. mit 2 Abb., geb. ISBN 978-3-515-10911-6 231. Gabriela Signori (Hg.) Das Schuldbuch des Basler Kaufmanns Ludwig Kilchmann

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(gest. 1518) 2014. 126 S. mit 6 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10691-7 Petra Schulte / Peter Hesse (Hg.) Reichtum im späten Mittelalter Politische Theorie – Ethische Norm – Soziale Akzeptanz 2015. 254 S. mit 3 Abb., kt. ISBN 978-3-515-10943-7 Günther Schulz / Reinhold Reith (Hg.) Wirtschaft und Umwelt vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart Auf dem Weg zu Nachhaltigkeit? 2015. 274 S. mit 8 Abb. und 9 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11064-8 Nina Kleinöder Unternehmen und Sicherheit Strukturen, Akteure und Verflechtungsprozesse im betrieblichen Arbeitsschutz der westdeutschen Eisen- und Stahlindustrie nach 1945 2015. 384 S. mit 28 Abb. und 30 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11129-4 Eva Jullien / Michel Pauly (Hg.) Craftsmen and Guilds in the Medieval and Early Modern Periods 2016. 316 S. mit 5 Farb-, 5 s/w-Abb. und 20 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11235-2 Christopher Landes Sozialreform in transnationaler Perspektive Die Bedeutung grenzüberschreitender Austausch- und Vernetzungsprozesse für die Armenfürsorge in Deutschland (1880–1914) 2016. 386 S., kt. ISBN 978-3-515-11304-5 Wolfgang König Das Kondom Zur Geschichte der Sexualität vom Kaiserreich bis in die Gegenwart 2016. 233 S., kt. ISBN 978-3-515-11334-2 Janis Witowski Ehering und Eisenkette Lösegeld- und Mitgiftzahlungen im 12. und 13. Jahrhundert 2016. 340 S. mit 2 Abb. und 2 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11374-8 Jann Müller Die Wiederbegründung der Industrie- und Handelskammern in Ostdeutschland im Prozess der Wiedervereinigung

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2017. 284 S., kt. ISBN 978-3-515-11565-0 Hendrik Ehrhardt Stromkonflikte Selbstverständnis und strategisches Handeln der Stromwirtschaft zwischen Politik, Industrie, Umwelt und Öffentlichkeit (1970–1989) 2017. 317 S. mit 4 Abb. und 4 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11624-4 Beat Fumasoli Wirtschaftserfolg zwischen Zufall und Innovativität Oberdeutsche Städte und ihre Exportwirtschaft im Vergleich (1350–1550) 2017. 580 S. mit 15 Abb. und 6 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11803-3 Gerhard Fouquet / Sven Rabeler (Hg.) Ökonomische Glaubensfragen Strukturen und Praktiken jüdischen und christlichen Kleinkredits im Spätmittelalter 2018. 162 S. mit 2 Abb. und 8 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12225-2 Günther Schulz (Hg.) Ordnung und Chaos Trends und Brüche in der Wirtschafts- und Sozialgeschichte 2019. 262 S. mit 21 Abb. und 12 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12322-8 Günther Schulz / Mark Spoerer (Hg.) Integration und Desintegration Europas Wirtschafts- und sozialhistorische Beiträge 2019. 230 S., mit 16 Abb. und 8 Tab., kt. ISBN 978-3-515-12350-1 Sabrina Stockhusen Hinrik Dunkelgud und sein Rechnungsbuch (1479 bis 1517) Lebensformen eines Lübecker Krämers an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert 2019. 472 S., mit 6 Abb. und 7 Tab., kt. ISBN 978-3-515-11697-8 Janina Salden Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband zur Zeit des Nationalsozialismus 2019. 385 S., mit 10 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12340-2 Johannes Bracht / Ulrich Pfister Landpacht, Marktgesellschaft und agrarische Entwicklung Fünf Adelsgüter zwischen Rhein und Weser, 16. bis 19. Jahrhundert 2020. 364 S., mit 57 Abb. und 38 Tab., kt. 978-3-515-12444-7

Im frühen 16. Jahrhundert zählten die europaweit agierenden Florentiner Salviati und Augsburger Welser zu den bedeutendsten Handels- und Bankhäusern. Heinrich Lang stellt nicht nur deren Unternehmensgeschichten dar, sondern charakterisiert auch die engmaschig verwobenen und langfristig entwickelten Formen der Kooperation zwischen den beiden Unternehmungen. Grundlage der Untersuchung bilden vorwiegend die in Archiven der Toskana überlieferten Handelsakten von Florentiner Kaufmannbankiers; Lang interpretiert dabei deren

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Buchführung ausgehend von einem praxeologischen Ansatz. Sowohl die Qualität der archivalischen Überlieferung als auch die handlungstheoretisch motivierte Interpretation der Buchführung machen es erstmals möglich, die Beziehungen zwischen süddeutschen und toskanischen Unternehmen an verschiedenen Messestandorten wie Lyon und Antwerpen näher zu beleuchten – und so der Wirtschaftsgeschichte von um 1500 bis zum Bankrott der französischen Krone 1559 eine bislang ungekannte Tiefenschärfe zu geben.

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