Wettbewerb in der deutschen Trinkwasserwirtschaft?: Ein disaggregierter Regulierungsansatz und seine wettbewerblichen Implikationen [1 ed.] 9783428529872, 9783428129874

In den achtziger Jahren begann in den Industriestaaten die Deregulierung der Netzbranchen. Auch in Deutschland wurden di

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Wettbewerb in der deutschen Trinkwasserwirtschaft?: Ein disaggregierter Regulierungsansatz und seine wettbewerblichen Implikationen [1 ed.]
 9783428529872, 9783428129874

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Duisburger Volkswirtschaftliche Schriften Band 43

Wettbewerb in der deutschen Trinkwasserwirtschaft? Ein disaggregierter Regulierungsansatz und seine wettbewerblichen Implikationen

Von

Christian Rüttgers

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTIAN RÜTTGERS

Wettbewerb in der deutschen Trinkwasserwirtschaft?

Duisburger Volkswirtschaftliche Schriften

Herausgeber: Prof. Dr. Peter Anker (geschäftsführend) Prof. Dr. Christian Müller · Prof. Dr. Werner Pascha · Prof. Dr. Jens Südekum Prof. Dr. Markus Taube · Prof. Dr. Manfred Tietzel

Band 43

Wettbewerb in der deutschen Trinkwasserwirtschaft? Ein disaggregierter Regulierungsansatz und seine wettbewerblichen Implikationen

Von

Christian Rüttgers

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Der Fachbereich Betriebswirtschaft der Universität Duisburg-Essen hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0936-7020 ISBN 978-3-428-12987-4 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Geleitwort In den meisten Industrieländern gibt es eine lange Tradition, einzelne Branchen bzw. Märkte aufgrund von Besonderheiten wirtschaftspolitisch als wettbewerbliche Ausnahmebereiche zu behandeln und sie durch Verstaatlichung oder Regulierung dem wettbewerblichen Allokationsmechanismus zu entziehen. Die meist fragwürdige Performance dieser Branchen und eine dadurch ausgelöste ökonomische Privatisierungs- und Deregulierungsdebatte haben in den letzten beiden Jahrzehnten in vielen Ländern zu weitreichenden wirtschaftspolitischen Weichenstellungen in Richtung auf mehr Markt und Wettbewerb in derartigen Ausnahmebereichen geführt. Auch in der Bundesrepublik Deutschland ist es einerseits zu einer Privatisierungswelle gekommen und wurden andererseits die zuvor hoch regulierten Netzbranchen wie Eisenbahn, Strom- und Gasversorgung sowie Telekommunikation hinsichtlich des Netzzugangs liberalisiert und damit dem Wettbewerb geöffnet. Davon ist merkwürdigerweise bis heute die deutsche Trinkwasserversorgung ausgenommen: In ihr dominieren nach wie vor vertikal integrierte Versorgungsmonopolisten, die sich weitestgehend in öffentlicher Hand befinden. Christian Rüttgers nimmt diesen Befund zum Anlass für die Frage, ob und inwieweit es besondere, wirtschaftspolitisch nicht zu beseitigende Hindernisse gibt, die der Allokation des Gutes Trinkwasser durch mehr Markt und Wettbewerb entgegenstehen. Sollte sich nämlich zeigen, dass sich derartige Hindernisse durch institutionelle Vorkehrungen abbauen oder zumindest überwindbar gestalten lassen, stünde einer weitgehenden Deregulierung der deutschen Trinkwasserversorgung argumentativ nichts mehr im Wege. Dementsprechend richtet sich das erkenntnisleitende Interesse des Verfassers einerseits auf die wettbewerbs- und institutionenökonomisch saubere Herausarbeitung möglicher „Ausnahmetatbestände“ und andererseits auf ein ordnungsökonomisch begründbares Portfolio von regulatorischen Eingriffen, die gleichwohl mehr Markt und Wettbewerb in dieser Netzbranche ermöglichen. Hierfür entwirft Rüttgers einen beachtenswerten Reformfahrplan, in dem er wohlbedachte Schritte auf dem Weg zur Deregulierung der deutschen Wasserwirtschaft aufzeigt. Die vorliegende Arbeit von Christian Rüttgers wurde im Juli 2008 vom Fachbereich Betriebswirtschaft – Mercator School of Management – der Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, als Dissertation angenommen. Die Herausgeber der Duisburger Volkswirtschaftlichen Schriften sind erfreut da-

6

Geleitwort

rüber, dass sie diese profunde Studie in ihre Reihe aufnehmen und mit dem gewählten Thema die aktuelle Diskussion über die Deregulierung einer der letzten staatlich administrierten Branchen in Deutschland beleben können. Duisburg, im September 2008

Prof. Dr. Dieter Cassel

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Juli 2008 von der Mercator School of Management der Universität Duisburg-Essen als Dissertation angenommen. Entstanden ist sie während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Zeit von September 2005 bis April 2008. Mein Dank gilt allen anderen voran meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dieter Cassel. Er hat mir den Pfad zur Promotion eröffnet und mich fortwährend mit bewundernswertem Engagement gefördert. Sein beispielloser Schaffensdrang, die (ordnungspolitische) Klarheit seines wissenschaftlichen Wirkens und seine herausragenden menschlichen Qualitäten sind mir in dieser Zeit ein Vorbild für meinen eigenen Lebensweg geworden. Herrn Professor Dr. Jens Südekum danke ich für die spontane Bereitschaft zur Übernahme des Zweitgutachtens und meine Weiterbeschäftigung an der Universität nach der Pensionierung von Herrn Professor Dr. Hans-Joachim Paffenholz, an dessen Lehrstuhl ich zunächst als Mitarbeiter tätig war. Herr Professor Südekum hat mir innerhalb eines sehr kurzen Zeitraumes entscheidende Impulse für die Verbesserung und Fertigstellung meiner Arbeit geliefert. Bei Herrn Professor Dr. Peter Chamoni und Herrn Professor Dr. Christian Müller bedanke ich mich, dass sie sich bereitwillig als weitere Mitglieder der Prüfungskommission zur Verfügung gestellt haben. Meinem ehemaligen Dienstvorgesetzten, Herrn Professor Dr. Hans-Joachim Paffenholz, schulde ich aus mehreren Gründen meinen Dank. Erstens hat er mir trotz erheblicher Lehrbelastung und den üblichen administrativen Tätigkeiten innerhalb der Lehrstuhlarbeit genügend Freiraum gelassen, dass ich bis zu seinem Ausscheiden aus dem Hochschuldienst die Dissertationsschrift in wesentlichen Teilen fertig stellen konnte. Zweitens hat er mich auch persönlich immer wieder vorangetrieben und mir wertvolle Hilfestellungen geleistet. Auf seinen Einsatz und seinen gewissenhaften Rat kann ich bis heute bedingungslos zählen. Meine ehemaligen Kollegen, Dr. Torsten Sundmacher sowie DiplomVolkswirt Christian Schwarz, hatten stets offene und geduldige Ohren für die gerade aktuellen Probleme im Zusammenhang mit meiner Arbeit. Ihnen verdanke ich unzählige wertvolle Anregungen und kritische Verbesserungsvorschläge. Mehrere studentische Hilfskräfte haben mich bei diversen Vorarbeiten zu der Doktorarbeit unterstützt. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle zunächst bei Alexandra Leipold, die sich in mühseliger Kleinarbeit mit den richti-

8

Vorwort

gen Formatierungen auseinandergesetzt hat und nicht müde wurde, die Arbeit Korrektur zu lesen, sowie bei Matthias Wos, der mich bei vielen Abbildungen mit einem hohen Maß an Detailtreue unterstützt hat. Für Vorarbeiten in der Anfangsphase des Promotionsverfahrens danke ich Malte Kluck, Thomas Richter sowie Diplom-Ökonom Thomas Schmeißer. Letzterem gilt ein Dank auch für die eine oder andere fruchtbare Diskussion über ökonomische und außerökonomische Grundsatzfragen. Frau Diplom-Mathematikerin Lydia Simon hat mir dabei geholfen, den Überblick über die formalen Teile der Arbeit nicht zu verlieren. Als weitere Korrekturleser und Hinweisgeber haben sich meine Mutter Bärbel Rüttgers und mein Freund Lars Schulze-Beusingsen verdient gemacht. Für den unverzichtbaren Rückhalt während meiner gesamten Ausbildungszeit möchte ich meinen Eltern Peter-Wolfgang und Bärbel Rüttgers gemeinsam Dank aussprechen. Sie haben die wesentlichen Grundlagen für den Abschluss dieses Lebensabschnittes gelegt. Die Zeit an der Mercator School of Management wird mir in angenehmer Erinnerung bleiben, weil auch abseits der in dieser Dissertationsschrift behandelten Fragestellung unzählige beeindruckende Personen meinen Lebensweg dort gekreuzt haben. Neben einer großartigen Professorenschaft und engagierten Mitarbeiterkollegen, von denen einige zu Freunden geworden sind, haben auch die guten Seelen im Hintergrund Anteil an einer zutiefst positiven Rückschau. Für freundliche Hilfestellungen – nicht nur in Verwaltungsfragen – bedanke ich mich in alphabetischer Reihenfolge bei Frau Nicole Jaschinski, Frau Claudia Ludwig, Frau Ulrike Michalski, Frau Gisela Neugebauer, Frau Christel Quasigroh und Frau Monika Zander. Duisburg, im September 2008

Christian Rüttgers

Inhaltsverzeichnis A. Die Wasserwirtschaft als beständiger wettbewerblicher Ausnahmebereich?.......................................................................................... B. Grundlagen der Regulierung ......................................................................... I.

19 23

Begriffsabgrenzung ...................................................................................

23

II. Regulierung im ordnungsökonomischen Zusammenhang .........................

24

1.

Entstehung und Bedeutung des Ordnungsgedankens .........................

24

2.

Der Stellenwert der Wettbewerbsordnung .........................................

27

3.

Ordnungspolitik versus Prozesspolitik ...............................................

28

4.

Übertragung des ordnungspolitischen Konzepts auf die Regulierungspolitik............................................................................

30

III. Normative Theorie der Regulierung ..........................................................

31

1.

Allokationstheoretisches Optimum ....................................................

31

2.

Allokatives Marktversagen ................................................................

33

a)

Natürliche Monopole ..................................................................

34

b)

Externe Effekte ...........................................................................

40

c)

Informationsasymmetrien und Transaktionskosten ....................

44

3.

Ebene eines regulativen Eingriffs.......................................................

49

4.

Der Beitrag des disaggregierten Regulierungsansatzes ......................

53

a)

Die Identifikation eines monopolistischen Bottlenecks ..............

53

b)

Ermittlung der Regulierungsbasis durch Zerlegung von Wertschöpfungsketten ................................................................

55

IV. Positive Theorie der Regulierung ..............................................................

55

1.

Markt für Regulierung........................................................................

56

2.

Interessengruppenansatz ....................................................................

57

3.

Bürokratietheorie ...............................................................................

58

4.

Chancen und Risiken für Marktöffnungsbestrebungen ......................

59

V. Zusammenfassung .....................................................................................

63

C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes ................................

65

I.

Konzeption einer erweiterten Disaggregation von Wertschöpfungsketten

65

1.

65

Entwicklung der Disaggregationsdimensionen ..................................

10

Inhaltsverzeichnis 2.

Horizontale Disaggregation................................................................

67

3.

Vertikale Disaggregation....................................................................

68

4.

Disaggregation nach dem Informationsstand der Prinzipale ..............

71

5.

Räumliche Disaggregation .................................................................

72

II. Regulierungsinstrumentarium....................................................................

73

1.

2.

3.

Preisregulierung .................................................................................

74

a)

Ramsey-Preise ............................................................................

75

b)

Rate-of-Return- und Mark-up-Regulierung ................................

78

c)

Price-Cap- und Revenue-Cap-Regulierung.................................

79

Zuweisung exklusiver Verfügungsrechte ...........................................

85

a)

Staatliche Produktion..................................................................

85

b)

Ausschreibungswettbewerb ........................................................

87

c)

Handelbare Nutzungsrechte........................................................

91

d)

Patentschutz................................................................................

92

Qualitätsregulierung...........................................................................

95

a)

4.

Informationspflicht, Qualitätssiegel und Garantieverpflichtungen...........................................................................

95

b)

Auflagen .....................................................................................

96

c)

Abgaben......................................................................................

97

d)

Mindeststandards ........................................................................

98

e)

Lizenzerteilungsanspruch gegenüber Patentinhabern .................

99

f)

Unbundling ................................................................................. 101

Mehr Wettbewerb durch disaggregierte Regulierung......................... 103

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung ... 104 I.

Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland .... 104 1.

Strukturmerkmale............................................................................... 104

2.

Verbraucherpreise und Verbraucherverhalten.................................... 111

3.

Regulierung........................................................................................ 114

4.

Diskussion um eine Marktöffnung ..................................................... 117

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen...................................... 120 1.

Horizontale Disaggregation................................................................ 120

2.

Vertikale Disaggregation der Wertschöpfungskette von leitungsgebundenem Trinkwasser ...................................................... 121 a)

Aufbau der Wertschöpfungskette ............................................... 121

b)

Wassergewinnung....................................................................... 125

Inhaltsverzeichnis

3.

11

c)

Wasseraufbereitung .................................................................... 130

d)

Wassertransport und Wasserverteilung....................................... 134

e)

Wasserandienung........................................................................ 142

f)

Konsum ...................................................................................... 144

g)

Wertschöpfungsstufen übergreifende Aspekte ........................... 146

Vertikale Disaggregation der Wertschöpfungskette von portioniertem Trinkwasser ................................................................. 147 a)

Aufbau der Wertschöpfungskette ............................................... 147

b)

Wassergewinnung und Wasseraufbereitung ............................... 148

c)

Wassertransport und Wasserverteilung....................................... 148

d)

Konsum ...................................................................................... 148

4.

Disaggregation nach dem Informationsstand der Prinzipale .............. 149

5.

Räumliche Disaggregation ................................................................. 150

6.

Zusammenfassung der Ergebnisse in sechs Problemkreisen .............. 152

III. Effiziente Regulierung durch disaggregierten Instrumenteneinsatz........... 155 1.

Auswahl der Regulierungsinstrumente............................................... 155

2.

Regulierungsebenen ........................................................................... 157

3.

Durchleitungswettbewerb mittels gemeinsamer Netznutzung............ 158

4.

Allokationstheoretische Implikationen einer gemeinsamen Netznutzung ....................................................................................... 161

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes ........................................................... 167 I.

Instrumentenkatalog .................................................................................. 167 1.

Unbundling ........................................................................................ 167

2.

Preisregulierung der Netzzugangsentgelte ......................................... 167

3.

Vorgabe einer Mindestqualität des Endproduktes und des Einleitungsprozesses .......................................................................... 170

4.

Handelbare Nutzungsrechte der Wasserentnahme ............................. 173

II. Berücksichtigung relevanter Akteure im Prozess der Marktöffnung ......... 177 1.

Politiker als Entscheidungsträger ....................................................... 177 a)

Mögliche Impulse seitens der Parteien im Deutschen Bundestag 177

b)

Mögliche Impulse seitens der europäischen Ebene..................... 179

2.

Interessengruppen als Einflussträger.................................................. 181

3.

Die Rolle der Bürokraten in der Regulierungsbehörde ...................... 186

III. Reformphasen............................................................................................ 189 1.

Maßnahmen zur Vorbereitung einer Marktöffnung (Phase 1)............ 189

12

F.

Inhaltsverzeichnis 2.

Herstellung eines Ordnungsrahmens für die gemeinsame Netznutzung (Phase 2) ....................................................................... 190

3.

Implementierung der disaggregierten Regulierung und Aufgabenübertragung an die Bundesnetzagentur (Phase 3) ............... 193

4.

Ergänzende Privatisierung als Rückzug aus staatlicher Produktion (Phase 4) ............................................................................................ 194

5.

Langfristige Impulse durch Eigenversorgung, freien Leitungsbau und Brauchwassernutzung (Phase 5).................................................. 198

Fazit: Mehr Wettbewerb ist möglich!............................................................ 202

Anhang .................................................................................................................... 206 Literaturverzeichnis ............................................................................................... 208 Sachwortregister..................................................................................................... 227

Abbildungsverzeichnis Abbildung 1:

Subadditivität bei Diseconomies of Scale ......................................

36

Abbildung 2:

Wohlfahrtsverlust durch Monopolpreisbildung..............................

39

Abbildung 3:

Marktöffnung im Spannungsfeld relevanter Akteure .....................

60

Abbildung 4:

Wertschöpfungskette mit drei Wertschöpfungsstufen ....................

68

Abbildung 5:

Modifizierte Wertschöpfungskette mit fünf Wertschöpfungsstufen..............................................................................................

69

Abbildung 6:

Mögliches Marktversagen bei drei Wertschöpfungsstufen.............

70

Abbildung 7:

Einheitlicher Aufschlag auf die Grenzkosten .................................

75

Abbildung 8:

Ramsey-Preise................................................................................

76

Abbildung 9:

Anteile der Wasserarten an der Trinkwassergewinnung................. 108

Abbildung 10: Entwicklung des personenbezogenen Wasserverbrauchs ............... 111 Abbildung 11: Reale Veränderung des Trinkwasserpreises ................................... 113 Abbildung 12: Trinkwasserverwendung in Haushalt und Kleingewerbe 2006....... 114 Abbildung 13: Potenzielles Marktversagen bei Leitungswasser (Auszug)............. 124 Abbildung 14: Durchleitungsexternalitäten............................................................ 135 Abbildung 15: Identifiziertes Marktversagen bei Leitungswasser (Auszug) .......... 154 Abbildung 16: Modellhafte Einführung einer gemeinsamen Netznutzung............. 162 Abbildung 17: Entwicklung von Wasserpreis, Qualität und Konsumentenrente mit Einführung von Durchleitungswettbewerb im Modell ............. 166 Abbildung 18: Rechtsformen einer kommunalen Infrastrukturleistung ................. 197 Abbildung 19: Flussdiagramm der Einführung von Wettbewerb im Wassermarkt................................................................................... 205

Tabellenverzeichnis Tabelle 1:

Merkmale von Regulierungspolitik in Abgrenzung zu Wirtschaftspolitik ................................................................................

30

Tabelle 2:

Güterarten............................................................................................

43

Tabelle 3:

Argumente in der Ebenenfrage............................................................

52

Tabelle 4:

Lokalisierung eines monopolistischen Bottlenecks .............................

54

Tabelle 5:

Unternehmensformen der Wasserversorgung in Deutschland 2005 .... 107

Tabelle 6:

Wassergewinnung für die Trinkwasserversorgung in Deutschland..... 107

Tabelle 7:

Kostenstruktur in der Wasserversorgung 2005.................................... 109

Tabelle 8:

Bruttozugänge von technischen Anlagen 2005 ................................... 110

Tabelle 9:

Entwicklung der Verbraucherpreise für Trinkwasser 1992–2007 ....... 112

Tabelle 10: Wasserentnahmeentgelte ..................................................................... 117 Tabelle 11: Hauptverfahren der Trinkwasseraufbereitung ..................................... 130 Tabelle 12: Modellergebnisse bei Rüttgers und Schwarz....................................... 165 Tabelle 13: Interessengruppen in der Trinkwasserwirtschaft ................................. 182 Tabelle 14: Mitarbeiterzahl und Ausgaben der Bundesnetzagentur (vormals RegTP) 1998–2006 ............................................................................. 187

Abkürzungsverzeichnis a. F.

alte Fassung

ATT

Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e. V.

AVBWasserV

Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser

BDEW

Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft e. V.

BGW

Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft e. V.

BMU

Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

BMWi

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

c. p.

ceteris paribus

DBVW

Deutscher Bund der verbandlichen Wasserwirtschaft e. V.

DESTATIS

Statistisches Bundesamt Deutschland

DVGW

Deutsche Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e. V.

DWA

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V.

EnWG

Gesetz über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz)

EuGH

Europäischer Gerichtshof

GWB

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

IfSG

Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

n. F.

neue Fassung

NUS

National Utility Services Consulting Group

o. B. d. A.

ohne Beschränkung der Allgemeinheit

OFWAT

Office of Water Services

PostG

Postgesetz

RegTP

Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post

RPI

Retail-Price-Index

TKG

Telekommunikationsgesetz

16

Abkürzungsverzeichnis

TrinkwV

Trinkwasserverordnung

UBA

Umweltbundesamt

VDEW

Verband der Elektrizitätswirtschaft e. V.

VDN

Verband der Netzbetreiber e. V.

VRE

Verband der Verbundunternehmen und regionalen Energieversorger in Deutschland e. V.

WHG

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts

WRRL

Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft

WTO

World Trade Organization

Symbolverzeichnis H

Parameter einer Kostenfunktion

K

Elastizität

O & S

Lagrange-Parameter Preisvektor (Input)

a

Zugangsentgelt (Access-Price)

DK

Durchschnittskosten

E

Erlöse

GE

Grenzerlöse

GK

Grenzkosten

i, j

Indizes

K

(Gesamt-)Kosten

KR

Konsumentenrente

L

Lagrange-Funktion

m, n

Zählvariablen

N & p

Nachfrage Preisvektor (Output)

PC

Price-Cap

PR & q

Produzentenrente Mengenvektor (Output)

RC

Revenue-Cap

RPI

Inflationsrate (bezogen auf den Retail-Price-Index)

t

Zeitvariable

tw & v

Trinkwasserqualität Mengenvektor (Input)

W

Wertschöpfungsstufe

w, x, y

Parameter einer Kostenfunktion

X

Effizienzfaktor (erwartete Effizienzsteigerung)

z

Integrationsvariable

A. Die Wasserwirtschaft als beständiger wettbewerblicher Ausnahmebereich? In den achtziger Jahren begann in den westlichen Industriestaaten, vorbereitet durch die theoretische Auseinandersetzung in der Wissenschaft, eine Phase von Deregulierungsbemühungen, die sich insbesondere bei den netzgebundenen Branchen bemerkbar machte. Mit den Regierungswechseln in Großbritannien und den Vereinigten Staaten von Amerika, etwas später auch in Deutschland, wurde nach vielen Jahren der Ausweitung des staatlichen Einflusses in das Marktgeschehen nicht nur in der politischen Rhetorik, sondern auch in der tatsächlichen Umsetzung eine Zeitenwende eingeläutet, die auf mehr Freiheit und weniger Staat setzte. Im Zuge dessen wurden in Deutschland Ende der neunziger Jahre die stark abgeschotteten Märkte im Bereich der Strom- und Gaswirtschaft geöffnet, indem die Netzbetreiber verpflichtet wurden, Wettbewerbern einen diskriminierungsfreien Zugang zu gewähren. In der Telekommunikationsbranche ist das Staatsmonopol beseitigt worden, im Eisenbahnwesen muss die Deutsche Bahn AG für private Konkurrenten ihre Schieneninfrastruktur zur Verfügung stellen. Aber auch in ganz anderen Bereichen ist dereguliert worden: So bekamen etwa Versicherungsunternehmen größere Spielräume in der Entwicklung ihrer Leistungsangebote und müssen seitdem ihre Prämien nicht mehr der Aufsichtsbehörde vorlegen.1 Dem möglichen Vorwurf, dass sich eine Arbeit, die sich in die nicht gerade spärliche Regulierungsliteratur einreiht und gut zwanzig Jahre später verfasst worden ist, mit einem obsoleten Thema befasse, muss widersprochen werden. Von den Vorschlägen der Kommission zum Abbau marktwidriger Regulierungen, die im Auftrag der damaligen Bundesregierung im Jahr 1988 ihre Arbeit aufnahm, sind längst nicht alle Forderungen nach Deregulierung umgesetzt worden.2 Im hier gewählten Anwendungsfall der Trinkwasserwirtschaft hat es nicht einmal einen nennenswerten Ansatz zu einer Bewegung in Richtung von mehr marktlicher Koordination gegeben. Die leitungsgebundene Trinkwasserversorgung erscheint als beständiger wettbewerblicher Ausnahmebereich, der sich in der Vergangenheit resistent gegenüber Liberalisierungsbestrebungen gezeigt hat. Hier dominieren vertikal integrierte Versorgungsmonopolisten, die sich weitestgehend in öffentlicher Hand befinden. Die Konsumentenpreise für ___________ 1 2

Vgl. Wein (2004), S. 132. Vgl. Deregulierungskommission (1991); Wein (2004), S. 133.

20

A. Die Wasserwirtschaft als beständiger wettbewerblicher Ausnahmebereich?

Leitungswasser sind dabei von 1992 bis 2007, gemessen am Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes, real um rund 20 % gestiegen. International werden im Durchschnitt nur in Dänemark höhere Preise verlangt.3 Jüngst hat ein Bericht von Spiegel Online in einem bundesweiten Preisvergleich Unterschiede von bis zu 340 % innerhalb der Städte ab 100.000 Einwohnern ermittelt.4 Ungeachtet dessen, dass Preisvergleiche ohne Berücksichtigung der Gegebenheiten vor Ort nicht unproblematisch sind, liegt bei solch gravierenden Preisunterschieden der Verdacht nahe, dass manche Kommunen die Wasserversorgung als (im wahrsten Sinne des Wortes) sprudelnde Einnahmequelle verwenden. Ein Bericht der Weltbank aus dem Jahr 1995 diagnostiziert für die deutsche Trinkwasserversorgung fehlende Anreize zur Kostenbeschränkung.5 Trotzdem ist das Regulierungsregime bis heute nicht angetastet worden. Nach teils intensiver Diskussion im Anschluss an den Weltbank-Report lässt sich die Strategie der Bundesregierung im Status quo durch eine Förderung von Kooperationen auf der einen Seite sowie ein freiwilliges Offenlegen anonymisierter Unternehmensmerkmale auf der anderen Seite zusammenfassen.6 Ein Anspruch, echte wettbewerbliche Elemente in diesem Markt zu etablieren, ist nicht zu erkennen. Der Zustand der Trinkwasserwirtschaft ist ordnungspolitisch fragwürdig. Welche Gründe könnten für das wettbewerbslose Verharren der Wasserversorgung eine Rolle spielen? Ist die massive staatliche Intervention im Status quo alternativlos? Oder ist die Einführung von Wettbewerb möglich? An welchen Stellen der Wertschöpfungskette sind staatliche Eingriffe in den Marktmechanismus zu rechtfertigen und an welchen gerade nicht? Zusammenfassend formuliert, stellt sich somit die Frage, ob und – wenn ja – auf welche Weise ein veränderter Regulierungsrahmen in der Trinkwasserwirtschaft die Dispositionsspielräume privater Wirtschaftssubjekte im Interesse einer Dynamisierung des Wirtschaftsablaufes7 ausweiten könnte. Als Grundlage für Fragestellungen, die letztendlich in einer ordnungspolitischen Handlungsempfehlung an die Entscheidungsträger münden, wird ein normativ-theoretischer Rahmen benötigt. In diesem Zusammenhang wird die Theorie des Marktversagens herangezogen, welche Aussagen darüber beinhaltet, unter welchen Voraussetzungen regulierende Eingriffe in das Marktgeschehen zu begründen sind. Die Diagnose Marktversagen ist je nach Marktsituation ___________ 3

Vgl. BGW (2007a); BMU (o. J.); NUS (2007). Vgl. Waldermann (2007). 5 Vgl. Briscoe (1995). 6 Vgl. Bundesregierung (2006). 7 Vgl. Cassel (1989), S. 39. 4

A. Die Wasserwirtschaft als beständiger wettbewerblicher Ausnahmebereich?

21

oberflächlich (zu) schnell möglich. Aus diesem Grund ist Marktversagen für viele Ökonomen zwar die Minimalanforderung für die Rechtfertigung eines branchenspezifischen Eingriffs einer kollektiven Handlungsebene in das Marktgeschehen. Die Möglichkeit von Staatsversagen ist dabei aber in Betracht zu ziehen und kann einem Eingriff entgegenstehen. Außerdem ist eine gewissenhafte Abwägung zwischen den potenziell in Frage kommenden Instrumenten erforderlich. Mit der Regulierungsliteratur für Netzbranchen begann die explizite Formulierung eines theoretischen Rahmens, den Knieps (für den deutschsprachigen Raum) später mit dem begrifflichen Etikett „disaggregierter Regulierungsansatz“8 versehen hat. Innerhalb dieses Ansatzes wird versucht, den bei natürlichen Monopolen als notwendig erachteten regulierenden Eingriff in seiner Intensität zu reduzieren. Dazu wird in Netzbranchen wie Elektrizität, Gas, Telekommunikation oder Wasser die Wertschöpfungskette zerlegt, um die Identifikation von Marktversagen auf einzelne Wertschöpfungsstufen zu konzentrieren und damit die Regulierungsbasis zu verkleinern. Ausschließlich in Wertschöpfungsstufen, in denen sowohl Subadditivität als auch versunkene Kosten nachgewiesen werden können, liegen monopolistische Engpassbereiche vor, die entsprechenden Regulierungsbedarf begründen. Derartige Engpassbereiche werden in den Netzbranchen vorwiegend innerhalb der Verteilungsstufe lokalisiert. Unter der Voraussetzung, dass in den übrigen Bestandteilen der Wertschöpfungskette keine andere Form von Marktversagen vorliegt, besteht ausschließlich in den Engpassbereichen die Rechtfertigung eines speziellen staatlichen Eingriffs. Ansonsten ist eine Rahmenordnung zu etablieren, die den Wettbewerb in den übrigen Wertschöpfungsstufen ermöglicht. Auf diesem Ansatz aufbauend, erweitert die vorliegende Arbeit die Perspektive in zweierlei Hinsicht: In einem ersten Schritt werden neben natürlichen Monopolen das Vorliegen von externen Effekten sowie Informationsasymmetrien und Transaktionskosten in die Betrachtung aufgenommen. Der zweite Schritt umfasst eine Ausdehnung der Disaggregation. Neben der vertikalen Disaggregation werden weitere Dimensionen diskutiert, nach denen Wertschöpfungsketten feiner untergliedert werden können. Die erweiterte Disaggregation ist Grundlage für die Entwicklung und Systematisierung von branchenindifferenten Regulierungsbausteinen, die als Grundlage für ein ordnungspolitisches Programm disaggregierter Regulierungspolitik fungieren können. Ziel der Arbeit ist es, den skizzierten Regulierungsansatz auf die Trinkwasserwirtschaft in Deutschland zu übertragen, um am Ende einen konkreten Reformfahrplan für diese Branche zu entwickeln. ___________ 8

Knieps (2000).

22

A. Die Wasserwirtschaft als beständiger wettbewerblicher Ausnahmebereich?

Die Vorgehensweise ist dabei wie folgt: Im Anschluss an die thematische Einführung wird in Kapitel B. zunächst eine Begriffsabgrenzung vorgenommen. Danach wird Regulierung im ordnungsökonomischen Kontext eingeordnet. Den Schwerpunkt des Kapitels nimmt die normative Regulierungstheorie ein. Da nicht zwangsläufig zu erwarten ist, dass die Träger der Wirtschaftspolitik Informationen über Marktversagen zur einzig relevanten Grundlage ihrer Entscheidungsprozesse erheben, sind die Aussagen der normativen Regulierungstheorie durch die Aussagen einer positiven Theorie zu ergänzen. Insbesondere im Hinblick auf das Teilziel eines Reformfahrplans für die Trinkwasserwirtschaft sind die Interessenlage und das Zusammenspiel relevanter Akteure wie Interessengruppen, Politiker und Bürokraten von Belang. Im Anschluss an diese grundsätzlichen Überlegungen werden in Kapitel C. zunächst das skizzierte, erweiterte Verständnis der Disaggregation von Wertschöpfungsketten und darauf aufbauend branchenindifferent einsetzbare Regulierungsinstrumente diskutiert. Kapitel D. und E. beschäftigen sich mit der Anwendung der zuvor getroffenen Aussagen auf den Wassermarkt. Nach einer Analyse des Status quo liegt der Schwerpunkt von Kapitel D. auf der disaggregierten Marktversagensuntersuchung der Trinkwasserversorgung. Die systematische Entwicklung eines Reformfahrplans für eine liberalisierte Trinkwasserwirtschaft findet sich in Kapitel E. Dieser Reformfahrplan mündet in fünf chronologisch angeordneten Reformphasen, die eine schrittweise Einführung von Wettbewerb umfassen. Die Arbeit schließt mit dem Fazit in Kapitel F. Das zentrale Ergebnis dieser Arbeit ist, dass die Trinkwasserwirtschaft kein beständiger wettbewerblicher Ausnahmebereich bleiben muss. Zum Wohle der Verbraucher ist eine Deregulierung der Trinkwasserwirtschaft möglich und sollte auch so weit wie möglich erfolgen. Ganz ohne staatliche Interventionen ist die Trinkwasserversorgung offenbar nicht koordinierbar. Eine Rechtfertigung für die Beibehaltung der regionalen Monopollösungen über die gesamte Wertschöpfungskette ist dies jedoch nicht.

B. Grundlagen der Regulierung I. Begriffsabgrenzung Vor einer Betrachtung grundlegender Probleme der Regulierung besteht die Notwendigkeit einer exakten Abgrenzung des Vorstellungsinhaltes. In der deutschsprachigen Literatur ist der Regulierungsbegriff Ende des 19. Jahrhunderts durch Sax geprägt worden.9 Dieser formulierte bereits 1879 in Bezug auf den Netzsektor Eisenbahn: „Das Monopol liegt in der Natur der Eisenbahn, tritt daher in allen Fällen gleich ein und muss eben regulirt (sic!, C. R.) werden.“10 Sax sah dabei in der öffentlichen Regulierung ein über die Monopolkontrolle hinausgehendes Mittel einer gestaltenden, gemeinwirtschaftlichen Aufgabenerfüllung.11 Die traditionelle Regulierungsliteratur beschäftigt sich mit denjenigen Sektoren einer Volkswirtschaft, in die der Staat planend und steuernd eingreift oder in denen er gar über öffentliche Unternehmen die Produktion selbst übernimmt.12 Ein besonderer Schwerpunkt der traditionellen Regulierungsliteratur liegt im Bereich natürlicher Monopole.13 Der Regulierungsbegriff wird aber auch in einem weniger eng gefassten Kontext verwendet. Regulierung im weiteren Sinne ist als ein spezieller Eingriff des Staates in die Handlungs- und Vertragsfreiheit von natürlichen oder juristischen Personen zu verstehen.14 Dieser weite Regulierungsbegriff liegt der Arbeit zugrunde. Speziell sind solche Eingriffe in dem Sinne, dass sie nur für bestimmte Märkte Geltung haben.15 Damit geschieht eine Abgrenzung von denjenigen Eingriffen, mit Hilfe derer auf die gesamte Volkswirtschaft Einfluss ausgeübt wird (z. B.

___________ 9

Vgl. Dick (1993), S. 7. Sax (1879), S. 148. 11 Vgl. Thiemeyer (1983), S. 26 ff. 12 Vgl. Borrmann/Finsinger (1999), S. 8. 13 Vgl. Kaufer (1981), S. 11. 14 Vgl. Phillips (1975), S. 2; von Weizsäcker (1982), S. 326; Cassel (1989), S. 48; Apolte/Kessler (1990), S. 4 ff.; Gerpott (1998), S. 58; Apolte (2007), S. 57. 15 Vgl. Apolte (2007), S. 57. 10

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B. Grundlagen der Regulierung

Wettbewerbsrecht, Arbeitsrecht, Geld- und Fiskalpolitik).16 Regulierung ergänzt oder ersetzt branchenunspezifische Vorgaben an die Wirtschaft.17 Unter Wirtschaftspolitik im Allgemeinen werden sämtliche Aktivitäten des Staates verstanden, mit denen er die Wirtschaft entsprechend einer zuvor durchgeführten Zielsetzung zu ordnen und zu steuern versucht.18 Die Menge der regulierenden Eingriffe kann insofern als Teilmenge der Wirtschaftspolitik aufgefasst werden.19 Der Vorstellungsinhalt des Begriffes Staat besteht nicht nur im Fall der Wirtschaftspolitik, sondern auch im Fall der Regulierungspolitik aus allen Instanzen und Institutionen, die hoheitliche Entscheidungsbefugnis haben und über das Monopol der legalen Zwangsgewalt zur Durchsetzung ihrer Entscheidungen verfügen.20 Im weiteren Verlauf der Arbeit finden sowohl die normative Theorie der Regulierung als auch die positive Regulierungstheorie Verwendung. Die normative Theorie befasst sich mit Aussagen, die begründen, ob und gegebenenfalls wie in das Marktgeschehen eingegriffen werden sollte. In erster Linie werden hierzu allokative Argumente herangezogen: „Die (…) normative Theorie der staatlichen Regulierung ist im Prinzip angewandte welfare economics.“21 Ausgangspunkt ist in diesen Fällen die Marktversagenstheorie. Die positive Theorie der Regulierung umfasst Aussagen, die die Mechanismen des Auftretens von regulierenden Eingriffen erklären.22 Wenn Regulierung bereits vorhanden ist, muss auch der Abbau solcher Maßnahmen in die Diskussion gebracht werden: Mit dem Begriff Deregulierung wird die Abschaffung staatlicher Interventionen oder die Reduzierung ihrer Eingriffsintensität bezeichnet.23

II. Regulierung im ordnungsökonomischen Zusammenhang 1. Entstehung und Bedeutung des Ordnungsgedankens Die Idee des Ordoliberalismus der Freiburger Schule fand sich erstmals 1937 in der von der Freiburger Schule herausgebrachten Schriftenreihe Ordnung der Wirtschaft schriftlich niedergelegt.24 Hauptvertreter der Freiburger Schule wa___________ 16

Vgl. Phillips (1969), S. 3 f. Vgl. Gerpott (2006), S. 136. 18 Vgl. Cassel (1988), S. 314. 19 Vgl. Dick (1993), S. 9. 20 Vgl. Cassel (1988), S. 314. 21 von Weizsäcker (1982), S. 326. 22 Vgl. Borrmann/Finsinger (1999), S. 9. 23 Vgl. Gerpott (1998), S. 58; Kruse (1989), S. 10. 24 Vgl. Böhm (1937). 17

II. Regulierung im ordnungsökonomischen Zusammenhang

25

ren Walter Eucken, Franz Böhm, Hans Großmann-Doerth, Friedrich Lutz, Leonhard Miksch, Karl F. Maier und K. Paul Hensel.25 Die Freiburger Schule kann als Reaktion auf den Laissez-faire-Liberalismus auf der einen Seite und Faschismus und Kollektivismus auf der anderen Seite verstanden werden.26 Der wissenschaftliche Nachlass der Freiburger Schule ist die Ordnungsökonomik. Das Forschungsinteresse der Ordnungstheorie führt zu vergleichenden Untersuchungen des Problemlösungsvermögens verschiedener Systeme.27 Als entscheidendes Kriterium für die Charakterisierung einer Wirtschaftsordnung sah Eucken die Art und Weise an, in der die Planung wirtschaftlicher Aktivitäten erfolgt. Dabei wird ein marktwirtschaftliches System einer Zentralverwaltungswirtschaft gegenübergestellt. Ein zentrales Ergebnis der Überlegungen der Ordoliberalen ist die Überlegenheit der Marktwirtschaft gegenüber der Zentralverwaltungswirtschaft.28 Der Wille zu einer ordnungspolitischen Gestaltung ist von zwei Wertentscheidungen geprägt: der Idee der individuellen Freiheit und der Idee der Wirtschaftsordnung. Mit der Maßgabe der individuellen Freiheit auf der einen Seite wird in der Tradition des klassischen Liberalismus das Recht des Einzelnen auf eine freie Entfaltung in der Gesellschaft zu einem dominierenden Wert erhoben,29 der sich im Handlungsspielraum der Individuen niederschlägt. In der Aufgabe der Gestaltung der Wirtschaftsordnung auf der anderen Seite zeigt sich der doppelte Sinn, in den der Ordnungsbegriff bei Eucken gebracht wird. Es wird jene Ordnung gesucht, „welche (…) der Vernunft oder der Natur des Menschens und der Dinge entspricht.“30 Daneben existiert eine Wirtschaftsordnung, die diesem Anspruch nicht zwangsläufig genügen muss. Somit werden Ordnungen als individuelle Tatbestände der Geschichte und Ordnung als Ordo unterschieden.31 Während erstere z. B. den Status quo darstellen können, kann das zweite ein anzustrebender Zustand sein. Es ist auch denkbar, dass das Ordo als natürliche Ordnung durch real existierende Beschränkungen außer Kraft gesetzt worden ist. Das Zusammenspiel von spontaner Ordnung und bewusster Regelgestaltung ist konstitutiv für die moderne Ordnungsökonomik: Wirtschaftspolitische Gestaltung ist auf der einen Seite Teil des Inputs im evolutionären Prozess und auf der anderen Seite zugleich die Voraussetzung für einen evolutorischen ___________ 25

Vgl. Cassel/Rauhut (1998), S. 4. Vgl. Cassel (1988), S. 323 f. 27 Vgl. Radnitzky (1991), S. XIII. 28 Vgl. Fues (2006), S. 11. 29 Vgl. Cassel (1988), S. 324. 30 Eucken (1952), S. 372. 31 Vgl. Eucken (1952), S. 373. 26

26

B. Grundlagen der Regulierung

Wettbewerb, der in jeder Periode erneut den Bedürfnissen der Individuen Rechnung trägt.32 Ähnliche Vorstellungen wie die Freiburger Schule entwickelten Wilhelm Röpke, Alexander Rüstow und Alfred Müller-Armack als Vertreter des soziologischen Neoliberalismus. Beide Strömungen, Ordoliberalismus und soziologischer Neoliberalismus, sind konstitutiv für das vom späteren Wirtschaftsminister Ludwig Erhard vertretene und federführend von Müller-Armack entwickelte Konzept der Sozialen Marktwirtschaft.33 Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang schließlich die Rolle des Österreichers Friedrich A. von Hayek, den Müller-Armack neben den bereits genannten Personen explizit als Einflussträger für die Soziale Marktwirtschaft benennt.34 Wenn es um die realisierte Wirtschaftsordnung geht, spielt es für die nachfolgende Betrachtung keine Rolle, ob die Ordnung nun im von Hayek´schen Sinne eine „spontane Ordnung“ darstellt35 oder ob sie als historisch gewachsen anzusehen ist oder staatlich gesetzt ist.36 Sämtliche genannten Vertreter würden vermutlich zustimmen: „Wirtschaften bedarf als komplexes soziales und arbeitsteiliges Geschehen der Ordnung (…)“.37 Die von Eucken favorisierte Möglichkeit für die Ordnung der Wirtschaft ist jene, in der der Gedanke der Wettbewerbsordnung die zentrale Rolle spielt.38 Eine solche Wirtschaftspolitik zielt zunächst einmal darauf, den Märkten eine Ordnung zu geben, die alle Teile des Wirtschaftsprozesses integriert und in der Verwendung ihrer Mittel frei planen und handeln lässt.39 Das Leitmotiv, auf welches die Gestaltung der Wirtschaftsordnung abzielt, ist Leistungswettbewerb.40 Für Anbieter oder Produzenten soll es nur einen Weg zum Erfolg geben, nämlich die bessere Leistung im Markt im Sinne einer besseren und kostengünstigeren Befriedigung der Kundenbedürfnisse.41 Ohne dass der Ordoliberalismus jemals direkt rezipiert wurde,42 können konzeptionelle Parallelen zwischen der Ordnungstheorie und dem Theoriebe___________ 32

Vgl. Goldschmidt (2006), S. 18; Vanberg (1994), S. 33 ff. Vgl. Cassel/Rauhut (1998), S. 4. 34 Vgl. Müller-Armack (1956), S. 244; vgl. auch Pies (1998), S. 100. 35 Vgl. von Hayek (1963). 36 Vgl. auch Eucken (1952), S. 373 f. 37 Cassel (1988), S. 314. 38 Vgl. Eucken (1952), S. 244 f. 39 Vgl. Eucken (1952), S. 245 f. 40 Vgl. Böhm (1937), S. 137; vgl. Vanberg (2007), S. 14. 41 Vgl. Vanberg (2005), S. 14 f. 42 Vgl. Tietzel (1991), S. 4 f. 33

II. Regulierung im ordnungsökonomischen Zusammenhang

27

reich der Neuen Institutionenökonomik identifiziert werden.43 Die zeitlich vorgelagerte Ordnungstheorie richtet ähnlich zu den neueren Forschungsarbeiten den Blick auf die Analyse von Regelsystemen.44 Ursprünglich mit dem Fokus auf die Wirkungen zweier Institutionen angelegt (der Zentralverwaltungswirtschaft und der Markwirtschaft), ist der Grundgedanke eines „Comparative Institutional Approach“45 bereits vorhanden.

2. Der Stellenwert der Wettbewerbsordnung Privateigentum und Vertragsfreiheit sind zwar notwendig, aber keineswegs hinreichend für die Spezifikation der Spielregeln, innerhalb derer wirtschaftliche Aktivität stattfindet.46 Erforderlich ist die Ausgestaltung eines umfassenden Ordnungsrahmens, was nach Eucken vorwiegend mit der Wettbewerbsordnung geleistet wird. Der Inhalt dieser Wettbewerbsordnung soll nach Eucken bestimmten Prinzipien genügen. Das Grundprinzip, welches von Eucken vor allen anderen Prinzipien angeführt wird, ist die Herstellung eines funktionsfähigen Preissystems vollständiger Konkurrenz.47 Dieses soll „zum wesentlichen Kriterium jeder wirtschaftspolitischen Maßnahme“48 gemacht werden. Innerhalb der so genannten konstituierenden Prinzipien nennt er neben den bereits genannten Prinzipien Privateigentum und Vertragsfreiheit noch das Prinzip des Primats der Preisstabilität, das Prinzip der Offenheit der Märkte, das Prinzip der Vermeidung von Haftungsbeschränkungen sowie das Prinzip der Konstanz der Wirtschaftspolitik. Hinzu kommen die regulierenden Prinzipien der Eindämmung und Korrektur von Marktmacht, der gerechtigkeitsorientierten Korrektur der Einkommensverteilung unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Investitionen, der Korrektur externer Effekte und schließlich der Korrektur anomaler Angebotsreaktionen. Mitunter wird Eucken vorgeworfen, dass sein Ideal des funktionsfähigen Preissystems vollständiger Konkurrenz zur Schlafmützenkonkurrenz vieler kleiner, wenig innovativer Polypolisten führe, die nur wenig Anreizen zur Entwicklung und Durchsetzung neuer Produktionsprozesse und Produkte unterlägen.49 Dieser Kritikpunkt bezieht sich auf die fehlende Dynamik in Euckens Konzeption. Das Argument verliert einiges an Schärfe, wenn man sich das ___________ 43

Vgl. Grossekettler (1987); Leipold (1989); Tietzel (1991). Vgl. Fues (2006), S. 13. 45 Demsetz (1969). 46 Vgl. von Hayek (1952), S. 145 f.; Knieps (2001), S. 69. 47 Vgl. Eucken (1952), S. 254 ff.; Cassel/Kaiser (2000); Grossekettler (2003). 48 Eucken (1952), S. 254. 49 Vgl. Grosser (1985), S. 63 ff.; Eger/Nutzinger (1999), S. 17 f. 44

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B. Grundlagen der Regulierung

funktionsfähige Preissystem der vollständigen Konkurrenz „als eine gedankliche Ruhelage, als eine Art Referenzsystem vorstellt, auf dessen Hintergrund sich die Dynamik des realen Wettbewerbsprozesses entfaltet“.50 Dynamik ist für das moderne Wettbewerbsverständnis unerlässlich: Wettbewerb wird seit den Arbeiten von von Hayek und Schumpeter als evolutorischer Prozess der „schöpferischen Zerstörung“ und damit zugleich als „Entdeckungsverfahren“ für neue Problemlösungen verstanden. Darüber hinaus sind dynamische Elemente in Euckens Werk bereits inbegriffen. Die von ihm benannte „Interdependenz der Ordnungen“ im Sinne einer wechselseitigen Abhängigkeit von wirtschaftlichen Entscheidungen, Bewertungen und Handlungen impliziert im Zeitablauf vielfältige Veränderungen bei partiellen (wirtschaftspolitischen) Eingriffen in das Marktgeschehen.51 Schließlich wird Wettbewerb bei Eucken nicht ausschließlich als Mittel zur Erbringung ökonomischer Anpassungs- und Entwicklungsleistungen zur Herstellung von Allokationseffizienz betrachtet, sondern vielmehr als Verfahren gesellschaftlicher Machtkontrolle – mit dem Argument, dass durch wirtschaftliche Macht u. U. die Handlungsfreiheit von Dritten beeinträchtigt wird.52 Es ist von Hayek zu verdanken, dass er mit dem neuen Wettbewerbsparadigma „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“53 eine Erweiterung der Perspektive in Richtung echter Dynamik vorgenommen hat. Aufbauend auf seiner Sicht des Wettbewerbs als Entdeckungsverfahren und ergänzt um neue Konzepte wie der Theorie der Verfügungsrechte (Property-Rights) sowie der Transaktionskostentheorie, wird Wettbewerb in der Ordnungsökonomik als Prozess wirtschaftlicher Selbstkoordination und -kontrolle verstanden. In dessen Verlauf wird Wissen über Substitutionsmöglichkeiten entdeckt und verbreitet und Kontrolle über die Verwendung von Verfügungsrechten ausgeübt.54

3. Ordnungspolitik versus Prozesspolitik In Entscheidungssituationen bestimmen die wirtschaftspolitischen Entscheidungsträger die zu realisierenden gesellschaftlichen Grundwerte und Ziele und ergreifen Maßnahmen, um diese Zielsetzungen bestmöglich zu erreichen.55 Um das Instrumentarium der Wirtschaftspolitik überschaubarer zu machen, ist eine ___________ 50

Eger/Nutzinger (1999), S. 18. Vgl. Eucken (1952), S. 325 ff.; vgl. auch Eger/Nutzinger (1999), S. 18 f. 52 Vgl. Streit/Wohlgemuth (2000), S. 464 f.; Eucken (1952), S. 175 ff. 53 von Hayek (1968). 54 Vgl. Streit (1992), S. 92; Streit/Wohlgemuth (2000), S. 481. 55 Vgl. Cassel (1988), S. 314. 51

II. Regulierung im ordnungsökonomischen Zusammenhang

29

Systematisierung nützlich.56 Nach dem Kriterium, ob der institutionelle Rahmen für den Wirtschaftsablauf oder der Wirtschaftsablauf selbst beeinflusst werden sollen, wird zwischen Ordnungspolitik und Prozesspolitik unterschieden.57 Die Ordnungspolitik richtet sich auf die Gestaltung der Wirtschaftsordnung als Rahmenbedingung für das individuelle wirtschaftliche Handeln. Prozesspolitik greift direkt steuernd in den Wirtschaftsablauf ein. Merkmale der Ordnungspolitik sind ihre Langfristigkeit und die primäre Ausrichtung auf qualitative Größen. Die Prozesspolitik hingegen hat einen kurz- bis mittelfristigen Zeithorizont und zielt primär auf quantitative Größen ab.58 Ordnungsökonomen weisen der Ordnungspolitik im Vergleich zur Prozesspolitik nicht ohne Grund Priorität zu (Primat der Ordnungspolitik). Die Wirtschaftsordnung und die sie prägende Ordnungspolitik sind notwendige Bedingungen für einen geregelten, effizienten Wirtschaftsprozess und damit zugleich für die Realisierung der einzel- und gesamtwirtschaftlichen Ziele.59 Mit dem Primat der Ordnungspolitik geht die Forderung nach Systemkonformität von wirtschaftspolitischen Eingriffen einher. Systemkonform ist eine wirtschaftspolitische Maßnahme, wenn sie mit der gewählten Wirtschaftsordnung vereinbar ist, also nicht gegen deren Organisationsprinzipien verstößt und somit die Funktionsfähigkeit des Systems beeinträchtigt.60 Anders formuliert: Eingriffe dürfen den Marktprozess nicht ersetzen, sondern sollen ihn im Sinne einer idealen Ordnung beeinflussen. In einer Marktwirtschaft verbieten sich demnach alle Maßnahmen, die den Wettbewerb verzerren, beschränken oder gar unterbinden und die Freiheit der Preisbildung beeinträchtigen, sofern nicht Marktversagen konstatiert werden muss.61 Die Ordoliberalen fordern einen starken Staat, wobei dieser nicht an einer hohen Staatsquote gemessen wird, „sondern an seiner subsidiären Tätigkeit, durch die politisch nur das aufgegriffen wird, was durch Märkte nicht effizient geleistet werden kann“.62

___________ 56

Vgl. Berg/Cassel/Hartwig (2007), S. 319. Mit Verwendung des Begriffs Ordnungspolitik ist im Folgenden immer Wirtschaftsordnungspolitik gemeint. Davon abzugrenzen ist auf der Metabene die Staatsordnungspolitik, deren Gestaltungsbereich Verfassung, Regierungssystem, Institutionen etc. umfassen (vgl. Cassel 1988, S. 315). 58 Vgl. Cassel (1988), S. 314 ff. 59 Vgl. Cassel (1988), S. 317. 60 Vgl. Homann (1980); Gutmann (1980). 61 Vgl. Berg/Cassel/Hartwig (2007), S. 322. 62 Tietzel (2005), S. 239. 57

30

B. Grundlagen der Regulierung

4. Übertragung des ordnungspolitischen Konzepts auf die Regulierungspolitik Wenn der ordnungspolitische Ansatz auf die Instrumente der Regulierung als Gegenstand der Regulierungspolitik übertragen wird, ergibt sich eine Unterscheidung zwischen regulierenden Eingriffen, die den institutionellen Rahmen betreffen, und solchen, die in den Wirtschaftsablauf selbst eingreifen. Einen Überblick verschafft Tabelle 1. Tabelle 1 Merkmale von Regulierungspolitik in Abgrenzung zu Wirtschaftspolitik Speziell

Allgemein

Regulierungspolitik

Wirtschaftspolitik

Gestaltung des institutionellen Rahmens

Regulierung durch Ordnungsrecht

Ordnungspolitik

Gestaltung des Wirtschaftsablaufes

Prozessregulierung

Prozesspolitik

Gültigkeit

Richtung

Quelle: modifiziert nach Apolte/Kessler (1990), S. 6.

Um den etwas sperrig klingenden und evtl. missverständlichen Begriff Ordnungsregulierung zu vermeiden, wird der Ausdruck Regulierung durch Ordnungsrecht gewählt, der als inhaltlich kongruent aufgefasst wird. Der Vorstellungsinhalt des genannten Begriffs umfasst eine Teilmenge der Ordnungspolitik im Allgemeinen. Mittels dieses Verständnisses wird sich Kruse angenähert, der in einem ebenfalls normativ-theoretisch gehaltenen Kontext Regulierung explizit als Teil der Ordnungspolitik abgrenzt.63 In diesem Sinne sollten die in Frage kommenden Regulierungsinstrumente aus dem Bereich der Ordnungspolitik kommen, auch wenn grundsätzlich (z. B. in einem positiv-theoretischen Rahmen) auch prozesspolitische Eingriffe in die Vertragsfreiheit (Prozessregulierung) denkbar sind. Schließlich ist implizit die vorgelagerte Forderung enthalten, dass als Rechtfertigung für regulierende Eingriffe ausschließlich solche ökonomischen Gegebenheiten in Frage kommen sollten, die systematisch und längerfristig wirksam sind.

___________ 63

Vgl. Kruse (1989), S. 9.

III. Normative Theorie der Regulierung

31

III. Normative Theorie der Regulierung 1. Allokationstheoretisches Optimum Die grundsätzliche Entscheidung für eine marktwirtschaftliche Ordnung der Wirtschaft beruht auf der Annahme, dass eine Koordination von Akteuren über Märkte zu besseren Ergebnissen führt als ein System zentraler Planung und Steuerung. Ein Markt liegt vor, wenn eigennützig handelnde Akteure in Austauschbeziehungen zueinander treten, die keiner zentralen Planung und Steuerung unterliegen. Ausgetauscht werden nicht nur Güter oder Dienstleistungen an sich, sondern auch die entsprechenden Eigentums- und Verfügungsrechte (Property-Rights). Die Allokationstheorie64 (oder Wohlfahrtsökonomik) versucht Bedingungen abzuleiten, unter denen die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt maximiert wird. Notwendige Bedingungen für die gesamtgesellschaftlich optimale Allokation von Faktoren und Gütern ist die Erfüllung von drei Marginalbedingungen: –

optimale Faktorallokation (Produktionsoptimum),



optimale Güterallokation (Tauschoptimum),



Gleichgewicht von Produktion und Tausch (simultanes Produktions- und Tauschoptimum).65

Sowohl auf Faktor- als auch auf Gütermärkten kommen Austauschbeziehungen nur zustande, falls durch sie mindestens ein Akteur besser gestellt wird, ohne zugleich einen der anderen Akteure schlechter zu stellen. Wenn sich kein Zustand mehr finden lässt, der die vorstehende Bedingung erfüllt, dann ist ein Pareto-Optimum erreicht. Die Allokation der Produktionsfaktoren ist Paretooptimal, wenn die Grenzraten der Faktorsubstitution für sämtliche Güter übereinstimmen (erste Marginalbedingung: Produktionsoptimum). Die Aufteilung der Güter auf die Individuen ist Pareto-optimal, wenn die Grenzraten der Gütersubstitution für sämtliche Individuen übereinstimmen (zweite Marginalbedingung: Tauschoptimum). Ein simultanes Produktions- und Tauschoptimum liegt schließlich vor, wenn die Grenzrate der Transformation gleich der Grenzrate der Substitution ist (dritte Marginalbedingung). Wenn also die tauschbaren Güter effizient produziert werden (erste Marginalbedingung), beantwortet die dritte Marginalbedingung die Frage, welche Güterkombination auf der Trans___________ 64 Der deutschsprachige Begriff Allokationstheorie wird von Sohmen (1976) verwendet. Er trifft den eigentlichen Gegenstand des Aussagensystems aus Sicht des Verfassers besser als der weiter verbreitete Begriff der Wohlfahrtsökonomik (vgl. auch Bonus/ Ribhegge 1986, S. 755). 65 Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 22 ff.

32

B. Grundlagen der Regulierung

formationskurve produziert werden soll. Damit entsprechen die Knappheitsverhältnisse auf den Gütermärkten denen auf den Faktormärkten.66 Die gesamtgesellschaftlich optimale Allokation von Faktoren und Gütern wird erreicht, wenn die Annahmen des Modells der vollständigen Konkurrenz gelten. Diese sind u. a. eine gegebene Ressourcenausstattung, konstante Produktionstechnik und Produktpalette, gegebene und im Zeitablauf konstante Präferenzen, formale Freiheit der Wahl zwischen Alternativen, Homogenität der gehandelten Güter, vollkommene Information der Akteure über alle Marktparameter, vollständige Mobilität und Teilbarkeit der Produktionsfaktoren und Güter sowie ein sofortiger Vollzug von Anpassungsprozessen.67 Im Gleichgewicht werden Mengen angeboten, bei denen der Preis den Grenzkosten entspricht. Bei Erfüllung aller drei Marginalbedingungen ist das Marktergebnis in dem Sinne optimal, dass sich durch Umverteilung kein dem Pareto-Kriterium vorzuziehendes Wohlfahrtsniveau erreichen lässt. Der soziale Überschuss (und damit die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente) ist maximiert. Das Marktergebnis ist allerdings nicht eindeutig; es sind vielmehr mehrere Güterkombinationen möglich, die die Marginalbedingungen erfüllen. Die Annahmen des Modells der vollständigen Konkurrenz sind so restriktiv, dass sie in der Realität nahezu niemals Gültigkeit haben können. Wenn jede Abweichung in der Realität von den Annahmen der vollständigen Konkurrenz zugleich ein Versagen des Marktes begründen würde, liefe dieser Ansatz für die Marktwirklichkeit auf eine Ubiquität von Marktversagen hinaus. Demsetz geht so weit, den Vergleich der Realität mit der Modellwelt als NirwanaVergleich zu bezeichnen.68 Als weiterer Kritikpunkt wird angemerkt, dass das neoklassische Modell der vollständigen Konkurrenz in seiner statischen Betrachtungsweise nicht für die Erklärung von Effekten geeignet ist, die sich über mehr als eine Periode erstrecken. Bei unterstelltem sofortigem Eintreten von Anpassungsprozessen kann ein Innovator keine Vorsprungsgewinne realisieren. Die gewinnlose Produktion der vollständigen Konkurrenz hinterlässt keine Reserven, um Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten als Voraussetzung für technischen Fortschritt zu realisieren.69 Bei statischer Effizienz kann dynamische Effizienz also verhindert werden, vice versa kann ein gewisses Maß an statischer Ineffizienz der Herstellung von dynamischer Effizienz zuträglich sein. Das notwendige Maß der Inef___________ 66

Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 29 ff. Vgl. Berg/Cassel/Hartwig (2007), S. 263; Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 28. 68 Vgl. Demsetz (1969). 69 Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 65 f. 67

III. Normative Theorie der Regulierung

33

fizienz ist aber nicht bestimmbar, sondern muss durch den Wettbewerb als Entdeckungsverfahren herausgefunden werden.70

2. Allokatives Marktversagen Die normative Theorie des Marktversagens geht zurück auf Bator.71 Sie liefert notwendige Bedingungen für regulierende Eingriffe in das Marktgeschehen. „Sieht man die Marktkoordination als den im Prinzip überlegenen Steuerungsmechanismus an, so folgt daraus, dass Eingriffe in den Markt zu rechtfertigen sind.“72 Es ist dementsprechend zu belegen, dass ein freies Wirken der Marktkräfte ohne Eingriffe zu schlechteren Ergebnissen führt als mit entsprechenden Eingriffen.73 Um den Vorstellungsinhalt von ökonomischer Effizienz zu operationalisieren bzw. die inhaltliche Klarheit zu erhöhen, kann diese in drei Subkriterien unterteilt werden: technische Effizienz, allokative Effizienz und qualitative Effizienz. Technische Effizienz (auch: interne Effizienz) umfasst die kostenminimale Produktion bei gegebener Outputmenge. Allokative Effizienz bezeichnet die Setzung optimaler Preise und Mengen bei gegebener Kostenstruktur und gegebener Nachfrage. Qualitative Effizienz herrscht, wenn Produkteigenschaften bzw. Qualitätsmerkmale den Präferenzen der Konsumenten bestmöglich entsprechen.74 Die ökonomische Theorie kann Abweichungen nicht spezifizieren, da weder die individuellen Nutzeneinschätzungen noch das notwendige Ausmaß an Anpassungsprozessen bei Datenänderungen bekannt sind.75 „Sie ist aber in der Lage, die Bedingungen zu benennen, unter denen solche Ineffizienzen bei unregulierten Marktprozessen entstehen können.“76 Genau dies ist Gegenstand der (statischen) Marktversagenstheorie. Die Beurteilungsgrundlage für einen staatlichen Eingriff in das Marktgeschehen ist nicht zweifelsfrei. Es verbleibt die Gefahr, zu oft Marktversagen zu konstatieren. Artur Woll formuliert seine Kritik wie folgt: „Ganz im Gegenteil zur exakten Modelltheorie, auf die sie (die Lehre vom Marktversagen, C. R.) sich stützt, ist die wirtschaftspolitische Anwendung durch eine Beliebigkeit ___________ 70

Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 66. Vgl. Knieps (2001), S. 11; Bator (1958). 72 Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 1. 73 Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 1. 74 Vgl. Kruse (1985), S. 70. 75 Vgl. Hartwig (1998), S. 658. 76 Hartwig (1998), S. 658. 71

34

B. Grundlagen der Regulierung

charakterisiert, die dem Interventionsdrang des Staates kaum Grenzen setzt.“77 Die Ausuferung der Staatstätigkeit sei zwar von den Vertretern der Marktversagenstheorie nicht intendiert gewesen, so formuliert Woll weiter, aber die Träger der Wirtschaftspolitik könnten sich so gut wie immer auf sie berufen.78 Auch wenn das Modell der vollständigen Konkurrenz mit den benannten Problemen behaftet ist, steht keine alternative formale Theorie zur Verfügung, die besser geeignet wäre, als Referenzmodell einen effizienten Marktmechanismus zu beschreiben. Trotzdem wird mit Verwendung des disaggregierten Ansatzes der zitierten Kritik Rechnung getragen. Denn durch die Ergänzung der Marktversagenstheorie um die Aussagen des disaggregierten Regulierungsansatzes gelingt eine Verengung der Bereiche, in denen Marktversagen konstatiert werden muss. Das bedeutet auch für die Regulierungspolitik eine Einschränkung bezüglich ihrer Interventionsspielräume. Als Unterteilung der Untersuchungsgegenstände werden im Folgenden Marktversagen aufgrund von natürlichen Monopolen, Marktversagen aufgrund von externen Effekten und Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien und Transaktionskosten gewählt.79

a) Natürliche Monopole Wenn ein einziger Anbieter einen (Teil-)Markt kostengünstiger bedienen kann als mehrere Anbieter, sprechen Ökonomen von einem natürlichen Monopol. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen einer subadditiven Kostenstruktur. Subadditivität liegt vor, wenn die Kosten eines Anbieters zur Produktion einer bestimmten Menge eines oder mehrerer Güter geringer sind (‚sich nicht addieren‘) als die Kosten mehrerer Produzenten.80 K (q M ) bezeichnet eine Kostenfunktion, wobei qj (j = 1, 2, …, m) beliebige Outputmengen des gleichen Produktes (Einproduktfall) darstellen und die Summe aller qj gleich qM ist. Immer wenn mindestens zwei qj größer als null sind und weiterhin die Ungleichung K (q M )  K (q1 )  K (q 2 )  ...  K (q m )

(1)

___________ 77

Woll (1991), S. 6. Vgl. Woll (1991), S. 6. Ausführlich und zugespitzt formuliert Woll seine Kritik an der Allokationstheorie in seinem Lehrbuch Wirtschaftspolitik (vgl. Woll 1984, S. 32 ff.). Eine Erwiderung findet sich im Beitrag von Bonus/Ribhegge (1986). 79 Vgl. für viele Sohmen (1976); Berg/Cassel/Hartwig (2007); Fritsch/Wein/Ewers (2005); Donges/Freytag (2004). 80 Vgl. Sharkey (1982), S. 54 ff.; Knieps (2001), S. 23. 78

III. Normative Theorie der Regulierung

35

erfüllt ist, liegt Subadditivität der Kostenfunktion K (q M ) im relevanten Bereich des Outputs vor. Der relevante Bereich des Outputs wird dabei durch die Nachfrage determiniert.81 Im Einproduktfall entsteht eine subadditive Kostenfunktion, wenn bei der Herstellung von Gütern Größen- bzw. Skalenvorteile (Economies of Scale) vorliegen. Größenvorteile sind dadurch gekennzeichnet, dass eine proportionale Erhöhung aller Inputfaktoren eine überproportionale Erhöhung der Outputmenge zur Folge hat.82 Dies führt dazu, dass in einem bestimmten Intervall die Durchschnittskosten mit zunehmender Ausbringungsmenge sinken. Die Grenzkostenkurve verläuft unterhalb der Durchschnittskostenkurve. Eine bereichsweise sinkende Durchschnittskostenfunktion kann auch anfallen, ohne dass steigende Skalenerträge vorliegen. Ein hoher Anteil fixer Kosten an den Gesamtkosten kann das Vorliegen von Subadditivität der Kostenfunktion im relevanten Outputbereich begründen, obwohl die Skalenerträge konstant sind. Selbst bei sinkenden Skalenerträgen der Produktion kann ein entsprechend hoher Fixkostenblock noch zu einem Bereich sinkender Durchschnittskosten führen. Um Letzteres an einem Beispiel zu zeigen, sei etwa folgende unterlinearhomogene Produktionsfunktion gegeben: (2)

q (v1, v2 )

v10,3 ˜ v20,3 .

Die korrespondierende Gesamtkostenfunktion, berechnet aus der gegebenen Produktionsfunktion, nimmt folgende Gestalt an: 10

(3)

K Gesamt

K Fix  4 ˜ S1 ˜ S2 ˜ q 6 .

Für angenommene fixe Kosten in Höhe von KFix = 100 und Faktorpreise ʌ1 = 2 und ʌ2 = 2 sinken die Durchschnittskosten im Intervall zwischen q = 0 und q § 8,7987. Bei einer Produktionsfunktion, die zunächst steigende und im Anschluss fallende Skalenerträge aufweist, wird der ohnehin bereits vorhandene Bereich sinkender Durchschnittskosten durch einen gewichtigen Fixkostenblock ‚verlängert‘. Bei einer linear homogenen Produktionsfunktion (z. B. Cobb-Douglas-Produktionsfunktion) führt schon das Vorhandensein von nur einer Geldeinheit an fixen Kosten dazu, dass die Durchschnittskosten in jedem beliebigen Intervall der Outputmenge sinken. ___________ 81 Vgl. Borrmann/Finsinger (1999), S. 122; Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 185; Sharkey (1982), S. 57 f. 82 Vgl. Knieps (2001), S. 24.

36

B. Grundlagen der Regulierung

Selbst wenn die Durchschnittskostenkurve bereits wieder ansteigt, kann noch ein natürliches Monopol vorliegen.83 Graphisch ist dies in Abbildung 1 zu erkennen. Im relevanten Nachfragebereich steigt die Durchschnittskostenkurve DK bereits wieder an, ist aber dennoch subadditiv. Formal ergeben sich die Gesamtkosten aus der Multiplikation von Durchschnittskosten (K/q) und Outputmenge (q): 6 ˜ 420  4 ˜ 390  2 ˜ 670 .

(4)

Aus (4) folgt, dass die Kostenfunktion im Bereich der Nachfrage N subadditiv ist. Somit sind Größenvorteile im Einproduktfall hinreichend, aber nicht notwendig für das Vorliegen eines natürlichen Monopols.84 p 670

510 DK

420 390

N

1

2

3

4

5

6

q

Quelle: ausschnittweise übernommen von Kruse (1985), S. 29.

Abbildung 1: Subadditivität bei Diseconomies of Scale

Subadditivität im Mehrproduktfall liegt vor, wenn für beliebige Outputvek& & toren q und q ' gilt: & & & & K (q  q ')  K (q )  K (q ') .85

(5)

___________ 83 84

Vgl. Kruse (1985), S. 28 f.; Knieps (2001), S. 23. Vgl. Sharkey (1982), S. 56; Knieps (2001), S. 25.

III. Normative Theorie der Regulierung

37

Verbundvorteile (Economies of Scope) stellen einen Spezialfall von Subadditivität dar, wobei Outputvektoren gewählt werden, die zueinander orthogonal sind.86 D. h., für jedes i gilt: Wenn qi ! 0 , dann ist q 'i 0 , wenn q 'i ! 0 , dann ist qi 0 .87 & & Im Zwei-Güter-Fall mit q (q1 , 0); q ' (0, q2 ) bezeichnet K wiederum eine Kostenfunktion, q1 und q2 sind beliebige Mengen an Outputgütern: K (q1  q2 )  K (q1, 0)  K (0, q2 ) .88

(6)

Verbundvorteile liegen demnach vor, wenn ein Bündel von Produkten kostengünstiger gemeinsam produziert werden kann, als wenn die Güter jeweils von Spezialisten hergestellt werden. Im Mehrproduktfall sind Verbundvorteile notwendig für das Vorliegen eines natürlichen Monopols. Sie sind allerdings nicht hinreichend. Selbst Größenvorteile und Verbundvorteile zusammen sind noch nicht hinreichend für das Vorliegen eines natürlichen Monopols im Mehrproduktfall. Dies kann an der folgenden Kostenfunktion gezeigt werden: (7)

K (q1, q2 )

10 y  6( x  y )  w  H mit K (0,0) = H,

wobei die Bedingungen x = max(q1, q2), y = min(q1, q2) und w = min(y, x-y) gelten und H eine beliebig kleine, positive Zahl ist, die Fixkosten repräsentiert. Die Kostenfunktion besitzt Größenvorteile und Verbundvorteile und ist dennoch nicht subadditiv.89 Hinreichend für Subadditivität im Mehrproduktfall ist das Konzept der Kostenkomplementarität: & & & & & & & & K (q  q '')  K (q ) ! K (q  q '  q '')  K ( q  q ') .90

(8)

Kostenkomplementarität bedeutet, dass die zusätzlichen Kosten eines Out& & putvektors q '' abnehmen, wenn nicht nur der Outputvektor q , sondern der & & & 91 Outputvektor ( q  q ' ) produziert wird. Wenn q ' gleich null gesetzt wird, ___________ 85

Vgl. Sharkey (1982), S. 64. Vgl. Knieps (2001), S. 25; Sharkey (1982), S. 65 f. 87 Vgl. Sharkey (1982), S. 66. 88 Vgl. Borrmann/Finsinger (1999), S. 114; Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 189. 89 Vgl. Baumol/Panzar/Willig (1982), S. 173 f.; Knieps (2001), S. 26. Der Beweis findet sich im Anhang A1 der Arbeit. 90 Vgl. Sharkey (1982), S. 69; vgl. auch Knieps (2001), S. 26 f. 91 Vgl. Knieps (2001), S. 27. 86

38

B. Grundlagen der Regulierung

kann gezeigt werden, dass sich aus der Kostenkomplementarität Subadditivität ableiten lässt: & & & & K (q  q '')  K (q )  K (q '')  K (0) . & &  K (q )  K (q '')

(9)

Das Konzept der Kostenkomplementarität ist zum einen restriktiv,92 zum anderen trotz funktionaler Klarheit schwer operationalisierbar. Daher werden im Folgenden unter Berücksichtigung der genannten Probleme die Konzepte der Größen- und Verbundvorteile in den Vordergrund gestellt. Dies entspricht im Übrigen auch der üblichen Vorgehensweise in der Literatur. Als praktische Ursache von Subadditivitäten kommt die Existenz von Mindesteinsatzmengen an bestimmten Produktionsfaktoren in Frage. Die Kosten für derartige Faktoren verteilen sich bei einer Erhöhung der Auslastung auf eine größere Outputmenge, so dass eine Fixkostendegression auftritt.93 Aus Mindesteinsatzmengen werden in der Regel Größenvorteile resultieren, denkbar ist aber durchaus auch die Entstehung von Verbundvorteilen, wenn entsprechende Ressourcen (Maschinen, Fertigungsanlagen, Labors, Verwaltungsgebäude) für mehrere Outputvektoren eingesetzt werden können.94 Im engeren Sinne produktionstechnisch bedingte Skalenerträge sind aus den Ingenieurwissenschaften bei bestimmten Anlagen wie Rohr- und Kabelanlagen, Öfen, Tanks etc. bekannt. Eine Verdoppelung der Kapazität ist bei solchen Anlagen bis zu einer bestimmten Obergrenze mit einem unterproportionalen Anstieg der Materialkosten in Höhe von ungefähr zwei Dritteln verbunden. Die Größe eines Betriebs erleichtert das Einbeziehen zufallsbedingter Ereignisse in die mittel- bis langfristige Planung, da Abweichungen vom Mittelwert mit zunehmender Häufigkeit unwahrscheinlicher werden. Mit steigender Betriebsgröße werden das Bereithalten von Reservekapazitäten oder die Planung des Ersatzteilbedarfs technischer Anlagen vereinfacht. In der Literatur wird von stochastischen Größenersparnissen gesprochen. Für kleinere Betriebe sind entsprechende Probleme durch Outsourcing oder den Abschluss von Versicherungen zumindest teilweise lösbar. Größere Relevanz haben vermutlich Lernkurveneffekte: Diese entstehen, wenn das Know-how innerhalb der Fertigung durch die bereits produzierte Menge bestimmt wird. Die Hypothese der Existenz solcher Lernkurveneffekte ___________ 92

Vgl. Knieps (2001), S. 27. Hierbei darf nicht übersehen werden, dass langfristig die Einsatzmengen aller Produktionsfaktoren variabel (also abhängig von der Outputmenge) sind. Somit gibt es langfristig auch keine fixen Kosten in der Produktion. 94 Vgl. hierzu und zu Folgendem Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 180 f. 93

III. Normative Theorie der Regulierung

39

ist empirisch beispielsweise anhand der Produktion von Flugzeugen gut bewährt. Aus dem Vorliegen eines natürlichen Monopols ergeben sich Wohlfahrtsverluste. Aufgrund der fehlenden Konkurrenz auf dem relevanten Markt kann der Marktpreis vom Monopolanbieter beeinflusst werden. Ein Monopolist wird unter Gewinnmaximierungsstrategie diejenige Preis-/Mengenkombination wählen, bei der die Grenzkosten den Grenzerlösen entsprechen (CournotPreisbildung). Allokative Effizienz auf einem Markt wird hingegen erreicht, wenn Unternehmen zu Grenzkostenpreisen anbieten. Bei Existenz eines natürlichen Monopols (verbunden mit sinkenden Durchschnittskosten im relevanten Nachfragebereich) würde dies dazu führen, dass der Monopolist nicht in der Lage wäre, seine Kosten zu decken. Er kann also, selbst wenn er es wollte, nicht zu Grenzkostenpreisen anbieten. Der Monopolist tritt entweder als Preis- oder als Mengenfixierer auf. Produziert er eine bestimmte Menge (Mengenfixierer), wird der Preis im Anschluss an der vermuteten Nachfrage ausgerichtet und vice versa. Andernfalls wäre bei einer Produktionsausweitung noch ein Gewinnbeitrag möglich bzw. beim Wegfall einer zusätzlichen Produktionseinheit ein negativer Gewinnbeitrag vermeidbar.

p H Nachfrage (N) C

pC G pDK

F A

I

DK D

pGK qC

GE

qDK

B

GK

qGK

q

Quelle: modifiziert nach Berg/Cassel/Hartwig (2007), S. 274.

Abbildung 2: Wohlfahrtsverlust durch Monopolpreisbildung

Der Wohlfahrtsverlust, der infolge der Cournot-Maximierung entsteht, ist graphisch in Abbildung 2 anhand eines natürlichen Monopols dargestellt. Der Durchschnittskostenpreis pDK stellt den Referenzpunkt dar. Hier erwirtschaftet

40

B. Grundlagen der Regulierung

der Monopolist exakt einen Gewinn von null. Die Konsumentenrente wird bei der Durchschnittskosten-Preissetzung durch die Fläche ApDKH charakterisiert. Im Cournot-Fall reduziert sich die Konsumentenrente auf die Fläche CpCH. Ein Teil des Verlustes an Konsumentenrente markiert die Produzentenrente des Monopolisten (Fläche FGpCC). Die in Abbildung 2 grau markierte Restfläche stellt den Wohlfahrtsverlust dar (Dreieck AIC und Viereck IpDKGF).95 Die monopolistische Gewinnmaximierung führt dazu, dass eine geringere Menge qC zu einem höheren Preis pC bereitgestellt wird. Dieser Effekt kann auch auf vorgelagerte Faktormärkte übertragen werden. Darüber hinausgehende Wirkungen können sich durch X-Ineffizienzen einstellen, die Effizienzverluste in der Leistungserstellung des Monopolisten aufgrund seines konkurrenzlosen Handelns bezeichnen.96 X-Ineffizienzen sind in die Klasse der technischen Ineffizienzen einzuordnen. In dynamischer Hinsicht stellt sich die Frage nach der Anreizlage für Innovationsaktivitäten eines Monopolisten. Auf der einen Seite erlaubt die Ertragslage des Monopolisten aufwändige Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten, auf der anderen Seite werden durch die fehlende Konkurrenz keine oder nur geringe Innovationsanreize gesetzt. Für die Teilmenge der Prozessinnovationen kann gezeigt werden, dass der Anreiz für den Monopolisten, solche Innovationen einzuführen, geringer ist als gesellschaftlich optimal.97 Selbst wenn entsprechende Anreize für Forschung und Entwicklung unterstellt werden, stellt sich die Frage, welche Situation sich in Bezug auf die Richtung der Forschungsaktivitäten eines Monopolisten ergibt. Es besteht u. U. ein Anreiz zur Erhaltung der Monopolstellung. Dies kann entweder durch Einführung einer Innovation geschehen oder auch durch eine Patentierung, ohne das entsprechende Patent zu nutzen.

b) Externe Effekte Ein vollkommener Markt ist dadurch gekennzeichnet, dass jeder Teilnehmer Träger der von ihm verursachten Kosten ist. Ebenso erhält ein jeder Akteur für die durch seine Teilnahme am Marktgeschehen verursachten Vorteile bei Dritten eine Kompensation. Anders ausgedrückt: „Sämtliche Kosten und Nutzen einer Aktivität fallen beim Verursacher an.“98 Immer wenn die ökonomische Aktivität eines Individuums Auswirkungen auf ein anderes Individuum hat und ___________ 95

Vgl. Berg/Cassel/Hartwig (2007), S. 273 f. Vgl. Leibenstein (1966). 97 Vgl. Tirole (1988), S. 390 ff.; Borrmann/Finsinger (1999), S. 451 f. 98 Donges/Freytag (2004), S. 158. 96

III. Normative Theorie der Regulierung

41

sich dieser Zusammenhang nicht in entsprechenden Marktbeziehungen widerspiegelt, liegen externe Effekte (technologische Externalitäten) vor. Durch Externalitäten begründet, weichen die privaten Kosten bzw. Nutzen von den sich gesamtgesellschaftlich ergebenden sozialen Kosten bzw. Nutzen ab. Die Differenz zwischen den Kosten bzw. Nutzenkategorien ergibt das Ausmaß des externen Effekts.99 Technologische Externalitäten können einerseits durch Produktions- und andererseits durch Konsumaktivitäten entstehen und sowohl positiv als auch negativ bei Dritten auf deren Produktions- oder Konsumaktivitäten wirken. Allgemein lässt sich formulieren, dass im Fall technologischer Externalitäten das so genannte Ausschlussprinzip nicht auf alle Bestandteile der Kosten bzw. des Nutzens eines Gutes angewendet wird. Für den Fall positiver externer Effekte (auch: sozialer Nutzen) bedeutet dies, dass Dritte von der Nutznießung nicht ausgeschlossen sind, obwohl sie keine Gegenleistung erbringen. Im Fall negativer externer Effekte (auch: soziale Kosten) müssen Kosten ohne entsprechende Kompensation hingenommen werden.100 In der Regel wird vereinfachend der Zusammenhang zwischen zwei Produktionsaktivitäten betrachtet: Als Folgewirkung von negativen externen Effekten ist dann die Produktionsmenge des Schädigers gesamtgesellschaftlich zu hoch, während der Preis zu niedrig ist. Diametral ergeben sich die Wirkungen beim Geschädigten. Hier ist die produzierte Menge aufgrund der Belastung mit den vom Schädiger verursachten Kosten zu gering, während der Preis zu hoch ist. Im Fall von positiven externen Effekten erzielt ein Produzent für einen Teil des von ihm generierten Nutzens am Markt kein Entgelt. Die Produktionsmenge des Nutzenstifters ist dementsprechend zu gering, der Preis ist zu hoch. Beim Nutznießer führen die vom Nutzenstifter verursachten sozialen Zusatznutzen zu einer Verringerung der Grenzkosten. Folglich ergibt sich beim Nutznießer eine zu große Produktionsmenge bei einem zu niedrigen Preis.101 Das Auftreten von externen Effekten ist eng mit der Lokalisierung der Verfügungsrechte (Property-Rights) verbunden.102 Mit dem Begriff PropertyRights werden die ökonomisch, rechtlich, sozial oder institutionell festgelegten Handlungsrechte und -möglichkeiten von Wirtschaftssubjekten bezeichnet.103 Wenn es grundsätzlich ein Schädigungsrecht gibt, kann dessen Ausmaß womöglich beschränkt sein (z. B. Grenzwerte der Umweltbelastung). Wenn die ___________ 99

Vgl. Donges/Freytag (2004), S. 158 ff.; Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 88 ff. Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 99. 101 Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 92 ff. 102 Vgl. Tietzel (1981). 103 Vgl. Tietzel (1981), S. 209. 100

42

B. Grundlagen der Regulierung

Verfügungsrechte den Geschädigten zugewiesen sind, können die Geschädigten trotzdem im Ausmaß des Verkaufs der Schädigungsrechte restringiert werden. Sofern vollständige Klarheit über die Zuordnung der Verfügungsrechte herrscht sowie umfängliche Durchsetzbarkeit unterstellt werden kann, sind Märkte nach dem Coase-Theorem von sich aus in der Lage, das Externalitätenproblem zu lösen.104 Wenn darüber hinaus weder unvollständige Informationen noch Transaktionskosten bestehen, wird unabhängig von der Zuordnung der Verfügungsrechte das optimale Ausmaß der Schädigung erreicht. Dies geschieht durch Verhandlungen zwischen Schädiger und Geschädigtem: Entweder zahlt der Schädiger dem Geschädigten einen Transferbetrag als Kompensation für den ihm entstandenen Schaden oder der Geschädigte zahlt dem Schädiger einen Transferbetrag zur Kompensation von Schadensvermeidungsaufwendungen. Im ersten Fall sind die Verfügungsrechte dem Geschädigten zugeordnet, im zweiten Fall dem Schädiger. Das Optimum wird jeweils erreicht, wenn die Grenzkosten der Schadensvermeidung dem Grenzschaden entsprechen. Das Coase-Theorem erklärt das Zustandekommen von marktendogenen Lösungen des Externalitätenproblems. Die restriktiven Annahmen (vollständige Information, keine Transaktionskosten, vollständige Klarheit über die Zuordnung der Verfügungsrechte) lassen bereits erahnen, dass es in der Realwelt nicht in allen Fällen Anwendung finden wird. Es lässt sich aus dem CoaseTheorem indes ableiten, welche unabdingbare Bedeutung ein umfassender Ordnungsrahmen für das Funktionieren des marktwirtschaftlichen Systems hat. Eine möglichst eindeutige und transparente Zuordnung von exklusiven Verfügungsrechten ist eine solche Aufgabe, die ordnungspolitisch unentbehrlich ist. Von den bislang behandelten technologischen externen Effekten sind pekuniäre externe Effekte abzugrenzen. Jene resultieren aus den Tauschbeziehungen am Markt, indem durch Innovationen zunächst Knappheiten verändert und im Anschluss Preisveränderungen ausgelöst werden. Im Gegensatz zu technologischen Externalitäten stellen pekuniäre externe Effekte kein Problem dar, im Gegenteil sind sie aus der Perspektive von dynamischer Effizienz erwünscht.105 Den Extremfall von positiven externen Effekten stellen öffentliche Güter dar. Die Güterarten können anhand der Eigenschaften Rivalität im Konsum und Ausschluss nicht zahlender Dritter voneinander unterschieden werden (Tabelle 2). Bei öffentlichen Gütern ist ein Ausschluss nicht (oder nur unter Inkaufnahme von unverhältnismäßig hohen Kosten) durchführbar und es besteht keine Rivalität im Konsum. Anders formuliert: Der Konsum eines Gutes durch ein Individuum schränkt die Konsummöglichkeiten eines anderen Individuums ___________ 104 105

Vgl. Coase (1960). Vgl. Scitovsky (1954).

III. Normative Theorie der Regulierung

43

an diesem Gut nicht ein. Darüber hinaus fungiert der Preis nicht als Exklusionsmechanismus. Problematisch ist, dass die Individuen ihre Präferenzen für das öffentliche Gut nicht offenbaren werden, weil sie der Hoffnung unterliegen, unentgeltlich die Konsummöglichkeit zu erlangen. Eine derartige Strategie wird als Trittbrettfahrer-Verhalten bezeichnet. Womöglich wird das Gut aufgrund dessen überhaupt nicht bereitgestellt.106 Tabelle 2 Güterarten Rivalität im Konsum

Keine Rivalität im Konsum

Vollständiger Ausschluss von Dritten

Privates Gut

Klubgut

Kein (vollständiger) Ausschluss von Dritten

Allmendegut

Öffentliches Gut

Quellen: Berg/Cassel/Hartwig (2007), S. 270; Donges/Freytag (2004), S. 168.

Im Fall von Allmendegütern besteht zwar Rivalität in der Nutzung des entsprechenden Gutes, Allmendegüter können aber ohne einen den tatsächlichen Knappheitsverhältnissen entsprechenden Preis genutzt werden. Das Ausschlussprinzip ist also nicht vollständig anwendbar. Typische Allmendegüter sind sämtliche Umweltgüter, also Luft, (Trink-)Wasser oder natürliche Fischbestände. Solange keine exklusiv zugeteilten Verfügungsrechte existieren, führt der Nichtausschluss dazu, dass Allmendegüter verstärkt konsumiert werden bzw. als Einsatzfaktoren in Produktionsprozessen Verwendung finden. Die ‚Tragik der Allmende‘ äußert sich darin, dass aus einer einst reichlich vorhandenen Ressource im Zeitablauf weniger oder gar kein Ertrag mehr entnommen werden kann. Bei Fischbeständen würde man beispielsweise davon sprechen, dass die Regenerationsfähigkeit der natürlichen Vorkommen durch die hohe Fangmenge überfordert ist.107 Wenn ein Allmendegut vorliegt und entsprechende Übernutzung stattfindet, werden infolgedessen negative externe Effekte generiert, weil Produktionsmöglichkeiten bzw. Konsummöglichkeiten von Dritten beeinträchtigt werden, ohne dass entsprechende Kompensationsleistungen gezahlt werden. Private Güter und Klubgüter sind aufgrund der vollständigen Anwendbarkeit des Ausschlussprinzips nicht mit dem Auftreten von Externalitäten ver-

___________ 106 107

Vgl. Donges/Freytag (2004), S. 163. Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 102.

44

B. Grundlagen der Regulierung

bunden. Dementsprechend liegen in diesen Fällen auch keine Ansätze von Marktversagen vor.

c) Informationsasymmetrien und Transaktionskosten Theoretischer Ausgangspunkt für die folgenden Überlegungen ist die Neue Institutionenökonomik, insbesondere die Prinzipal-Agent-Theorie und die Transaktionskostentheorie. Die Neue Institutionenökonomik behält viele Annahmen der neoklassischen Analyse bei.108 Eine wesentliche Veränderung zur Neoklassik stellt die Einbeziehung von Opportunismus dar. Williamson definiert Opportunismus als „self-interest seeking with guile“.109 Opportunistisches Verhalten von Wirtschaftsakteuren führt dazu, dass unvollständig spezifizierte Verträge zu einem ökonomischen Problem werden. Grundlegende Arbeiten der Prinzipal-Agent-Theorie stammen von Ross sowie Jensen und Meckling.110 Die entsprechenden Begrifflichkeiten fanden auch früher bereits Verwendung.111 Während im Modell der vollständigen Konkurrenz alle relevanten Informationen jederzeit verfügbar sind und die Informationsbeschaffung darüber hinaus keine Kosten verursacht, werden in der Neuen Institutionenökonomik unvollständige Verträge betrachtet, die aus Mängeln in der Verfügbarkeit von Informationen bzw. aus möglichen Kosten der Informationsbeschaffung resultieren. Die Transaktionskostentheorie ist im Wesentlichen durch Williamson entwickelt worden.112 Nach diesem Ansatz werden Transaktionen durch die Ausprägung bestimmter Eigenschaften charakterisiert: Spezifität von Investitionen sowie Unsicherheit und Häufigkeit der Transaktionen.113 Die Höhe der Transaktionskosten als „Betriebskosten des Wirtschaftssystems“114 wird dadurch beeinflusst. Solche Kosten sind zu unterscheiden von Produktionskosten, mit denen sich die neoklassische Analyse vornehmlich beschäftigt.115 Der Zusammenhang zwischen den genannten Theoriezweigen der Neuen Institutionenökonomik ist wie folgt: Die Abfassung eines Vertrages und dessen Erfüllung im Zeitablauf werden durch Transaktionskosten und den Zusammenhang dieser Kosten mit Informationsasymmetrien zwischen den Parteien einerseits und dem Bedarf an transaktionsspezifischen Investitionen anderer___________ 108

Vgl. Richter/Furubotn (2003), S. 2 ff. Williamson (1985), S. 47. 110 Vgl. Ross (1973); Jensen/Meckling (1976); Müller (1993), S. 12 ff. 111 Vgl. Pauly (1968); Arrow (1968). 112 Vgl. Williamson (1985). 113 Vgl. Williamson (1985), S. 52 ff. 114 Arrow (1969), S. 48. 115 Vgl. Williamson (1985), S. 18 f. 109

III. Normative Theorie der Regulierung

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seits beeinflusst.116 Die Aussagen der Prinzipal-Agent-Theorie und der Transaktionskostentheorie sind somit nicht überschneidungsfrei. Die Vertragspartner agieren in der Prinzipal-Agent-Theorie wie folgt miteinander: Ein Prinzipal beauftragt einen Vertreter – den Agenten – mit der Ausführung einer Leistung, im Rahmen derer der Agent einen gewissen Entscheidungsspielraum übertragen bekommt.117 Im Spezialfall Versicherungen wird in der Literatur umgekehrt der Versicherungsanbieter als Prinzipal angesehen und der Versicherungsnehmer als Agent. Hier liegt das Augenmerk darauf, dass der Agent dadurch charakterisiert ist, dass er besser (über sein eigenes Risiko) informiert ist als der Prinzipal.118 Informationsasymmetrien kommen zustande, wenn eine Marktseite Informationsmängeln unterliegt. Informationsmängel finden Ausprägung in Form von Unsicherheit und Unkenntnis. Wenn weder die möglicherweise eintretenden Ereignisse bekannt sind noch deren Eintrittswahrscheinlichkeiten, ist von Unsicherheit die Rede. Unkenntnis gliedert sich weiter auf in Ungewissheit und Risiko. Zustände, in denen die Akteure zwar die möglichen Ergebnisse kennen, aber die Eintrittswahrscheinlichkeit nicht, werden als Ungewissheit bezeichnet. Zustände, in denen die Akteure die möglichen Ergebnisse und die Eintrittswahrscheinlichkeiten kennen, werden als Risiko definiert.119 Informationsasymmetrien können vor dem Vertragsschluss oder nach dem Vertragsschluss auftreten. Vorvertragliche Informationsasymmetrien äußern sich dadurch, dass dem Prinzipal Informationen über Eigenschaften des Transaktionsgegenstandes oder Informationen über den Transaktionspartner selbst – also den Agenten – teilweise verborgen bleiben (Hidden Characteristics).120 Bestimmte Qualitätseigenschaften, welche die andere Marktseite betreffen, können nicht vollständig beurteilt werden. Es resultiert, dass schlechte Qualitäten auf dem Markt verbleiben, während der Markt für gute Qualitäten zusammenbricht. Das aus der Literatur bekannteste Beispiel für einen vorvertraglichen Informationsnachteil auf der Nachfrageseite findet sich auf dem Gebrauchtwagen___________ 116

Vgl. Richter/Furubotn (2003), S. 171. Vgl. Richter/Furubotn (2003), S. 174. 118 Die festgestellte Informationsasymmetrie zu Lasten des Versicherungsanbieters darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Versicherungsfall zusätzlich auch Informationsasymmetrien zu Lasten des Nachfragers plausibel sind. Ein prägnantes Beispiel ist die Bonität der Versicherung. Für den Versicherungsnehmer ist es von immenser Bedeutung, inwieweit die Versicherung bei Eintritt eines Schadens in der Lage ist, diesen zu tragen. Faktisch werden allerdings die meisten Bonitätsrisiken durch Rückversicherungen abgefedert. 119 Vgl. Berg/Cassel/Hartwig (2007), S. 275; Knight (1921). 120 Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 281 ff. 117

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B. Grundlagen der Regulierung

markt. Die Qualität eines Gebrauchtwagens kann von dem Käufer als Außenstehendem nicht hinreichend beurteilt werden. Das Kaufangebot richtet er daher an seinem Qualitätserwartungswert aus. Wenn sich im Folgenden der Mittelwert der Erwartungswerte der Käufer als Marktpreis ergäbe, dann würde ein über die tatsächliche Qualität informierter Gebrauchtwagenhändler keine Autos anbieten, die einen höheren Wert haben. Passen die Nachfrager daraufhin ihre Qualitätserwartungen an, setzt sich eine Spirale in Gang, bei der entweder nur noch „lemons“ angeboten werden oder gar kein Handel mehr stattfindet.121 Ein Beispiel für einen vorvertraglichen Informationsnachteil auf der Anbieterseite sind Versicherungsmärkte. Wenn ein Versicherungsunternehmen über das Risiko des Schadensfalles schlechter informiert ist als der Versicherungsnehmer, muss es ebenso einen Erwartungswert über das Risiko des Schadenfalles bilden wie die Nachfrageseite im Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes über die Qualität des Kraftwagens. Wenn sich daraus eine Durchschnittsprämie über eine bestimmte Gruppe von Versicherungsnehmern ergibt, dann erfahren innerhalb dieser Gruppe schlechte Risiken einen relativen Vorteil, da die ihrem tatsächlichen Risiko angemessene Prämie eigentlich höher liegen müsste. Vice versa sind die guten Risiken relativ schlechter gestellt. Wenn die guten Risiken infolgedessen auf die Versicherung verzichten, steigen die Prämien an. In der verbleibenden Gruppe gibt es wieder gute und schlechte Risiken, so dass der Selektionsprozess von vorne beginnt. Am Ende dieser Entwicklung wären nur noch die schlechtesten Risiken versichert, obwohl auch bei besseren Risiken durchaus Präferenzen für eine Versicherung bestehen – allerdings nur zu einer (dem Risiko entsprechend) angemessenen Prämie. Da in beiden Fällen die schlechte Qualität die gute Qualität vom Markt verdrängt, wird der Prozess als adverse Selektion bezeichnet.122 Von den bislang behandelten vorvertraglichen Informationsasymmetrien sind jene Informationsmängel zu unterscheiden, die erst nach Abschluss eines Vertrages auftreten. Wenn im Nachgang eines Vertragsabschlusses eine Marktseite transaktionsrelevante Veränderungen vornehmen kann, ohne dass dies für die Gegenseite erkennbar ist, besteht die Gefahr verborgener Handlungen (Hidden Action). Außerdem können verborgene Informationen (Hidden Information) eine Rolle spielen. Diese liegen einerseits vor, wenn der Prinzipal nach Vertragsabschluss zwar die Handlungen des Agenten beobachten kann, aber aufgrund mangelnder Sachkenntnis über die Angemessenheit der Handlungen im Unklaren bleibt.123 Noch direkter treten verborgene Informationen auf, wenn der Agent eine Beobachtung macht, die er dem Prinzipal verschweigt.124 Die ___________ 121

Vgl. Akerlof (1970). Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 284 f. 123 Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 294. 124 Vgl. auch Richter/Furubotn (2003), S. 174. 122

III. Normative Theorie der Regulierung

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Gefahr eines solchen vertragswidrigen Verhaltens in den beiden beschriebenen Unterformen wird auch mit dem Begriff des moralischen Risikos versehen.125 Letztendlich herrscht in beiden Unterformen das gleiche ökonomische Problem. Der Prinzipal weiß nicht, ob der Grund für ein bestimmtes Ergebnis in der Person bzw. den Handlungen des Agenten zu suchen ist oder vorwiegend auf Zufallseinflüssen beruht.126 Unter bestimmten Voraussetzungen kann moralisches Risiko zu adverser Selektion führen. Wenn ein Marktakteur einen Vertrag abschließt, der ein moralisches Risiko im Verhalten des jeweiligen Vertragspartners umfasst, so wird der Prinzipal dies in der Preiskalkulation berücksichtigen. Er wird in der Regel nicht beurteilen können, welches individuelle Verhaltensrisiko der Agent aufweist. Um für den Fall des Eintretens von moralischen Risiken keinen Verlust zu erleiden, wird der Preis relativ hoch angesetzt. Bei einem für alle Vertragspartner undifferenziert hohen Preis werden prinzipiell vertragstreue Partner infolgedessen den Vertragsabschluss unterlassen. Nach der Transaktionskostentheorie sind Transaktionskosten der zentrale Erklärungsbestandteil für die produktive Effizienz verschiedener institutioneller Arrangements (Markt, Hybridformen, Hierarchie). Eine Transaktion beschreibt die Übertragung von Verfügungsrechten an Gütern und Dienstleistungen. In Abgrenzung zu den Produktionskosten als Kosten der eigentlichen Leistungserstellung umfasst der Begriff Transaktionskosten die Kosten der Anbahnung und Abwicklung von Verträgen, die in der Regel explizit formuliert sind und dem Übertragen von Verfügungsrechten dienen. Hohe Transaktionskosten begünstigen bei Unterstellung gleich bleibender Produktionskosten eine Hierachielösung (ein Unternehmen) im Vergleich zu einer Marktlösung (mehrere Unternehmen).127 Als Einflussfaktoren für die Höhe der Transaktionskosten werden unterschieden: –

Faktorspezifität bzw. transaktionsspezifische Investitionen,



Unsicherheit und



Häufigkeit.

Transaktionsspezifische Investitionen zeigen sich, wenn die für die Transaktion erforderlichen Einrichtungen bei Wegfall des Transaktionspartners nur begrenzt anderen Verwendungen zugeführt werden können.128 Williamson unter___________ 125

Vgl. Richter/Furubotn (2003), S. 174. Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 294 f. 127 Vgl. Williamson (1985); Stuchtey (2002), S. 89 ff. 128 Vgl. Williamson (1985), S. 52 ff. 126

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B. Grundlagen der Regulierung

scheidet zwischen standortspezifischen, anlagespezifischen, humankapitalspezifischen und abnehmerspezifischen Investitionen.129 Es besteht eine Verknüpfung zwischen dem Begriff der transaktionsspezifischen Investitionen und der Menge der irreversiblen Investitionen, die versunkene Kosten darstellen. Letztere können bei Marktaustritt keiner oder nur schwerlich einer anderen Verwendung zugeführt werden, erste bei Wegfall des Transaktionspartners. Trotzdem sind die Vorstellungsinhalte nicht gleichzusetzen. Sofern eine große Menge Nachfrager für eine Leistung vorhanden ist, können zwar versunkene Kosten vorliegen, diese müssen aber nicht zwangsläufig transaktionsspezifisch sein. Umgekehrt stellen transaktionsspezifische Investitionen definitionsgemäß immer auch versunkene Kosten dar. Denn sie können auch bei Marktaustritt keiner anderen Verwendung zugeführt werden. Von daher ist die Menge der transaktionsspezifischen Investitionen eine Teilmenge der Menge der irreversiblen Investitionen. Unsicherheit beschreibt neben der Entwicklung der äußeren Rahmenbedingungen insbesondere Verhaltensunsicherheit und damit die Messbarkeit des Leistungsergebnisses des Transaktionspartners. Die Transaktionshäufigkeit bezeichnet ein Maß für das zeitliche Aufeinanderfolgen von Transaktionen. Mit steigenden transaktionsspezifischen Investitionen und steigender Unsicherheit erhöhen sich die Transaktionskosten; je häufiger eine Transaktion durchgeführt wird, desto geringer werden die Transaktionskosten.130 Wenn ein Vertrag Spielräume hinsichtlich der Auslegung von Vertragsregeln belässt und mindestens ein Vertragspartner transaktionsrelevante irreversible Investitionen getätigt hat, die bei Beendigung der Vertragsbeziehung keiner alternativen Verwendung zugeführt werden können, so besteht die Gefahr der Ausbeutung (Hold-up). Infolgedessen werden entweder ‚sinnvolle‘ transaktionsspezifische Investitionen unterbleiben oder die entsprechende Vertragsbeziehung wird gar nicht erst eingegangen. Die Informationsasymmetrie bezieht sich in diesem Fall darauf, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Hold-upVerhalten bei Vertragsabschluss nicht eingeschätzt werden kann. Es ist denkbar, dass der ausbeutende Vertragspartner bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entsprechende Absichten hegt. Ein solcher Akteur verhält sich opportunistisch, indem er seine wahren Absichten verbirgt (Hidden Intention). Probleme durch Informationsasymmetrien können in manchen Fällen aus dem Markt heraus gelöst werden. Im Fall von Informationsasymmetrien, die vor Vertragsabschluss durch Hidden Characteristics bestehen, können Agenten bestimmte Eigenschaften der eigenen Person oder des betreffenden Sach- oder Dienstleistungsobjekts signalisieren (Signaling), die sie als zuverlässige Ver___________ 129 130

Vgl. Williamson (1985), S. 95 f.; Stuchtey (2002), S. 89. Vgl. Williamson (1985), S. 52 ff.; Stuchtey (2002), S. 89.

III. Normative Theorie der Regulierung

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tragspartner ausweisen. Beispiele sind etwa persönliche Zeugnisse oder Qualitätssiegel etc. Umgekehrt ist auch denkbar, dass Prinzipale Kosten auf sich nehmen, um mehr über die relevanten Charakteristika der Agenten bzw. des Sach- oder Dienstleistungsobjekts zu erfahren. Ein Assessment-Center zur Personalauswahl könnte als Beispiel für dieses so genannte Screening fungieren. Wenn der Prinzipal Anbieter einer Leistung ist und der Agent Nachfrager (z. B. bei Versicherungen), kommt eine dritte Lösungsmöglichkeit in Betracht: Mit Self-Selection wird die Vorgabe eines Vertragsmenüs bezeichnet, mit der bestimmte Gruppen von Agenten mit der Wahl eines von mehreren möglichen Verträgen zur Offenbarung ihrer Charakteristika gezwungen werden. Als marktliche Lösung für moralisches Risiko kommt eine Angleichung der Interessen von Prinzipal und Agent in Frage. Das Gleiche gilt für die Gefahr eines Hold-up durch Hidden Intention. Sofern die Interessen von Prinzipal und Agent übereinstimmten, würde sich der Agent entsprechend der Zielfunktion des Prinzipals verhalten. Eine Interessenharmonisierung geschieht durch eine Senkung der Transaktionskosten infolge einer Verschiebung hin zu mehr Hierarchie und weniger Markt etwa mit Hilfe von Kapitalbeteiligungen, einer Einbindung in Franchise-Systeme, Kooperationen in Forschung und Entwicklung oder langfristigen Verträgen.131 Notwendige Bedingung für diese Form von Marktversagen ist zusammenfassend die Existenz entsprechender Informationsasymmetrien zwischen Vertragsparteien. Opportunistisches Verhalten der Akteure führt dazu, dass Informationen der jeweils anderen Marktseite verborgen bleiben können. Im Extremfall der adversen Selektion führt dies dazu, dass der Markt völlig zusammenbricht, also entsprechende Verträge gar nicht erst zustande kommen. In anderen Fällen findet der Markt von sich aus Lösungen, die Informationsasymmetrien abzuschwächen oder gar zu beseitigen. Wenn erhöhte Transaktionskosten isoliert auftreten, ohne dass zugleich über begleitende Informationsasymmetrien eine Hold-up-Gefahr gegeben ist, ergibt sich eine Tendenz zu vertikaler Integration, also zu einer Koordination über Hierarchie statt über den Markt. Sofern mehrere vertikal integrierte Betreiber miteinander im Wettbewerb stehen, ist dies nicht per se problembehaftet, begründet also kein Marktversagen.

3. Ebene eines regulativen Eingriffs Die Ebenenfrage des regulativen Eingriffs in das Marktgeschehen stellt sich erst, wenn ein grundsätzlicher Eingriffsbedarf bereits festgestellt wurde. Zu ___________ 131

Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 302 f.

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B. Grundlagen der Regulierung

diesem Zeitpunkt ist nachzuvollziehen, wer die entsprechende Kompetenz sinnvollerweise auferlegt bekommen sollte. Einen Rahmen für derartige Überlegungen bieten die ökonomischen Theorien des Föderalismus. Innerhalb dieser Ansätze werden Argumente diskutiert, die innerhalb eines föderalen Systems für die Ansiedlung einer Kompetenz auf einer niedrigeren bzw. einer höheren Ebene sprechen. Die Theorie des fiskalischen Föderalismus hat ihren Ursprung in einer Erweiterung der Theorie der öffentlichen Güter. Grundlegende Arbeiten stammen von Breton, Olson und Oates.132 Von rein privaten und rein öffentlichen Gütern unterscheidet Breton solche Güter, deren Nutzen ausschließlich jenen Personen zugute kommt, die innerhalb eines bestimmten geographischen Gebiets wohnen. Die nutzenstiftende Wirkung eines solchen lokalen öffentlichen Gutes133 wird nur zufällig innerhalb der Grenzen einer Gebietskörperschaft anfallen.134 Unter der grundlegenden Voraussetzung, dass entsprechende Güter überhaupt bereitgestellt werden, ist der Umfang des Angebots infolgedessen suboptimal. Breton folgert daraus den Bedarf eines Systems von Finanzzuweisungen,135 Olson schlägt eine separate Regierungseinheit für jedes lokale öffentliche Gut vor, um fiskalische Äquivalenz zu gewährleisten.136 Tullock argumentiert in der Terminologie von öffentlichen Gütern als Spezialfall des Vorhandenseins von technologischen Externalitäten. Sofern solche Externalitäten grenzüberschreitend auftreten, spricht einiges dafür, die Kompetenz zu zentralisieren, um die externen Effekte zu internalisieren.137 Als weiteres Beurteilungskriterium für eine Ebenenzuweisung einer Kompetenz ist in Anlehnung an die Theorie der natürlichen Monopole das Vorhandensein von Skalenerträgen im Zuge der Bereitstellung heranzuziehen. Sofern Skalenvorteile der Bereitstellung nachgewiesen werden können, spricht dies tendenziell für eine Zentralisierung der Kompetenz. Tullock hat in diesem Zusammenhang herausgearbeitet, dass es um die Bereitstellung geht und nicht etwa um die Produktion der Leistung.138 Denn auch wenn die Notwendigkeit einer staatlichen Bereitstellung bejaht wird, können die Leistungen etwa über Ausschreibungsverfahren von privaten Anbietern übernommen werden.

___________ 132

Vgl. Breton (1965); Olson (1969); Oates (1972); Apolte (1999), S. 12 ff. Breton (1965) nennt diese Güter noch schlicht nicht-private Güter. Von dieser Bezeichnung wird im Folgenden abgesehen, weil sie zu unpräzise erscheint. 134 Vgl. Apolte (1999), S. 13 f. 135 Vgl. Breton (1965). 136 Vgl. Olson (1969); Apolte (1999), S. 14. 137 Vgl. Tullock (1969). 138 Vgl. Tullock (1969); Apolte (1999), S. 14. 133

III. Normative Theorie der Regulierung

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Für eine Dezentralisierung von Kompetenzen spricht, dass eine dezentrale Bereitstellung die Berücksichtigung regional unterschiedlicher Präferenzen erlaubt.139 Dezentralisierung führt zu Wettbewerb zwischen Jurisdiktionen. Vorhandene Präferenzunterschiede sind bei Dezentralisierung für die politischen Entscheidungsträger zu erkennen: Wähler können durch Abwanderung oder Widerspruch140 ihre Präferenzen für ein bestimmtes Set an politischen Entscheidungen äußern.141 Der Wettbewerb zwischen Jurisdiktionen kann in dynamischer Hinsicht die Innovations- und Anpassungsfähigkeit von Rechtssystemen berühren: Ein paralleles Experimentieren mit rechtlichen Regeln erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass für ein regulierungsbedürftiges Problem eine möglichst effiziente Lösung gefunden wird.142 Nicht zuletzt können föderale Strukturen als Restriktion angesehen werden, um die fiskalische Ausbeutung durch den Leviathan zu zähmen.143 Die Ursache dafür ist in einer höheren Transparenz zu sehen, die sich in kleineren politischen Einheiten durch eine stärkere demokratische Kontrolle ergibt. Je höher die Transparenz, desto weniger können Politiker von Interessengruppen zur Umverteilung von Renten missbraucht werden.144 Breton und Scott erweitern die Perspektive durch transaktionskostentheoretische Überlegungen. Die Kosten, die sich in einer föderalen Struktur durch horizontale und vertikale Beziehungen verschiedener Jurisdiktionen ergeben, nennen sie Organisationskosten. Sie setzen sich zusammen aus Verwaltungskosten, Koordinierungskosten, Mobilitätskosten und Kosten der Präferenzäußerung. Es gilt, jene föderale Struktur zu finden, die mit den geringsten Kosten verbunden ist. Tendenziell ergibt sich ihrer Auffassung nach im Optimum ein vergleichsweise geringer Zentralisierungsgrad der Föderation, da die Organisationskosten mit zunehmender Zentralisierung ansteigen.145 Im Zusammenhang eines Wettbewerbs zwischen Nationalstaaten werden von Sinn Probleme des so genannten Systemwettbewerbs angesprochen. Die Ursache der Probleme bezeichnet er als Selektionsprinzip. Das Selektionsprinzip besagt, dass der Staat solche Aufgaben übernommen hat, die der Markt nicht erledigen konnte. Die Wiedereinführung des Marktes durch die Hintertür des Systemwettbewerbs führt Sinn zufolge nicht zu einem optimalen Alloka___________ 139

Dieser Aspekt wurde anschaulich von Oates (1972), S. 31 ff., herausgearbeitet, findet sich aber zuvor bereits bei Tullock (1969). 140 Vgl. Hirschman (1970). 141 Vgl. Tullock (1969); Apolte (1999), S. 15. 142 Vgl. Heine (2003), S. 477. 143 Vgl. Brennan/Buchanan (1980), S. 185; Sinn (1992). 144 Vgl. auch Heine (2003), S. 477. 145 Vgl. Breton/Scott (1978); Apolte (1999), S. 18 ff.; Heinemann (1996), S. 125 f.

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B. Grundlagen der Regulierung

tionsergebnis. Ganz im Gegenteil, es drohe eine Erosion des Sozialstaates sowie ein Race-to-the-Bottom der Regulierungsstandards.146 Tabelle 3 Argumente in der Ebenenfrage Zentralisierung

Dezentralisierung

Ausnutzung von Skalenvorteilen der Bereitstellung von Leistungen

Berücksichtigung heterogener Präferenzen

Internalisierung grenzüberschreitender technologischer Externalitäten

Ermöglichung von Innovations- und Anpassungsfähigkeit von Rechtssystemen durch paralleles Testen

Verhinderung eines Race-to-the-Bottom bei Systemwettbewerb

Verringerung der Rent-Seeking-Gefahr durch bessere demokratische Kontrolle Niedrigere Organisationskosten

Quelle: eigene Darstellung.

Einen zusammenfassenden Überblick über die diskutierten Argumente liefert Tabelle 3. Eine allgemeingültige Beantwortung der Ebenenfrage ist angesichts der Komplexität des zu berücksichtigenden Problemhorizonts kaum zu leisten.147 Die diskutierten Argumente ermöglichen allerdings eine Beurteilung der Lage im einzelnen Anwendungsfall, was für die hier verfolgten Zwecke ausreichend ist. Die Theorien des Föderalismus können auch Verwendung finden, das für die Soziale Marktwirtschaft konzeptionell prägende Subsidiaritätsprinzip mit ökonomischem Gehalt zu füllen, indem sie Kriterien liefern, nach denen eine übergeordnete Ebene eine Aufgabe nur dann übernehmen soll, wenn die Übertragung effizient ist, also mit geringeren gesamtgesellschaftlichen Kosten verbunden ist.148 Die ökonomische Erweiterung wird in einem solchen Verständnis durchgeführt, ohne dass der „Anfangsverdacht“149 des Subsidiaritätsprinzips für eine dezentrale Zuständigkeit verloren geht.

___________ 146

Vgl. Sinn (1997); Sinn (2002); Sinn (2003). Verwiesen wird in diesem Zusammenhang auf Apolte (1999) und Kerber (1998). 148 Vgl. Heinemann (1996), S. 117 ff. und S. 126. 149 Heinemann (1996), S. 126. 147

III. Normative Theorie der Regulierung

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4. Der Beitrag des disaggregierten Regulierungsansatzes Der disaggregierte Regulierungsansatz ist in der bisherigen Literatur im Zusammenhang mit Netzbranchen diskutiert worden. Die Grundlage für den disaggregierten Ansatz findet sich im Rahmen der Theorie der angreifbaren Märkte.150 Begründer des Konzeptes ist Knieps, die wesentlichen Bausteine entstammen älterer Literatur.151

a) Die Identifikation eines monopolistischen Bottlenecks Mit Einführung des Konstrukts des potenziellen Wettbewerbs wurde in der Theorie der angreifbaren Märkte die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit fehlender aktiver Wettbewerb zwischen Marktteilnehmern ersetzt werden kann.152 Dabei wird – zurückgehend auf Stigler – ein Markt als angreifbar bezeichnet, in den kostenlos ein- und ausgetreten werden kann.153 Freier Markteintritt ist dahingehend zu verstehen, dass den Markteintretenden gegenüber den Etablierten keine Kostennachteile entstehen. Der Wiederaustritt als Kehrseite des Marktzutritts darf keine irreversiblen Kosten (Sunk Costs) hervorbringen. Irreversible oder versunkene Kosten entstehen, wenn Teile der Unternehmung (Produktionsfaktoren) nach dem Marktaustritt keiner anderen Verwendung zugeführt werden können oder in einer anderen Verwendung weniger rentabel sind. Unter den gegebenen Voraussetzungen folgt daraus eine Einschränkung für die Identifikation von Marktversagen aufgrund von Eigenschaften eines natürlichen Monopols. Ein Monopolist, der aufgrund des fehlenden Wettbewerbsdrucks ineffizient wirtschaftet und Monopolpreise verlangt, müsste mit dem sofortigen Markteintritt von Newcomern rechnen.154 Dies würde den Monopolisten disziplinieren, seine Preise entsprechend niedrig zu halten. Im besten Fall wird das wohlfahrtsökonomische Second-best-Niveau der Durchschnittskosten erreicht. Somit ergibt sich, dass stabile Marktmacht eines Monopolanbieters nur in denjenigen Teilbereichen eines Marktes zu erwarten ist, die neben Subadditivität durch versunkene Kosten gekennzeichnet sind, wohingegen in den anderen Fällen tatsächlicher bzw. potenzieller Wettbewerb möglich ist (von möglichen ___________ 150

Vgl. Knieps (2000), S. 9. Vgl. Knieps (1996); Knieps (2000); zuvor ähnlich bereits bei Joskow/Schmalensee (1983), überblicksweise S. 25 ff. und S. 93 ff. 152 Vgl. Panzar/Willig (1977); Baumol/Panzar/Willig (1982); Baumol (1982). 153 Vgl. Baumol (1982), S. 3; Stigler (1968), S. 67 ff. 154 Vgl. Panzar/Willig (1977); Baumol/Panzar/Willig (1982); Baumol (1982). 151

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B. Grundlagen der Regulierung

anderen Marktein- und Marktaustrittsbarrieren wird abstrahiert). Diesen Zusammenhang verdeutlicht Tabelle 4. Tabelle 4 Lokalisierung eines monopolistischen Bottlenecks

Vorliegen von Subadditivität Abwesenheit von Subadditivität

Vorliegen von versunkenen Kosten

Abwesenheit von versunkenen Kosten

Monopolistischer Bottleneck

Angreifbarkeit einer Monopolstellung durch potenziellen Wettbewerb

Wettbewerb

Wettbewerb

Quellen: eigene Bearbeitung nach Knieps (2000), S. 13; Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 208.

Vier Konstellationen sind zu unterscheiden: –

Bei Abwesenheit von subadditiven Kostenstrukturen und versunkenen Kosten kann sich Wettbewerb c. p. ungestört entfalten.



Bei Abwesenheit von subadditiven Kostenstrukturen bei gleichzeitigem Vorliegen von versunkenen Kosten kann der Markt durch vertikal integrierte Unternehmen geprägt sein, wenn die versunkenen Kosten in der Hauptsache transaktionsspezifisch sind und damit Transaktionskosten verursachen.



Bei Vorliegen von subadditiven Kostenstrukturen unter Abwesenheit von versunkenen Kosten ist ein Monopol angreifbar. Ein potenzieller Konkurrent kann in den Markt eintreten und das Monopol des Etablierten übernehmen.



Bei Vorliegen von subadditiven Kostenstrukturen in Verbindung mit versunkenen Kosten liegt ein monopolistischer Bottleneck vor.

Sobald vor- oder nachgelagerte Wertschöpfungsstufen existieren, sind andere Unternehmen auf die Leistung der Bottleneck-Wertschöpfungsstufe angewiesen.155 Der Betreiber der Bottleneck-Wertschöpfungsstufe verfügt über eine nicht-angreifbare Monopolstellung, die er zu seinen Gunsten und unter Ausbeutung von Konsumenten und Unternehmen auf vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungsstufen ausnutzen wird. Es ist nicht erkennbar, wie die Marktmacht eines Bottleneck-Betreibers marktendogen gebändigt werden könnte. Von daher ist in einem solchen Fall die notwendige Bedingung für einen regulierenden Eingriff erfüllt. ___________ 155

Vgl. Kruse (1997), S. 248.

IV. Positive Theorie der Regulierung

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b) Ermittlung der Regulierungsbasis durch Zerlegung von Wertschöpfungsketten In einem ersten Schritt wird nach dem disaggregierten Regulierungsansatz so vorgegangen, dass ein Markt anhand der Wertschöpfungskette in Teilbereiche aufgegliedert wird, die jeweils einzeln hinsichtlich des Vorhandenseins eines natürlichen Monopols untersucht werden. In einem zweiten Schritt wird unter Rückgriff auf die Theorie der angreifbaren Märkte untersucht, ob das natürliche Monopol beständig ist oder durch tatsächliche oder potenzielle Konkurrenz diszipliniert wird. Dabei wird insbesondere auf das Vorhandensein von irreversiblen Investitionen abgestellt, die versunkene Kosten begründen. Wenn die Aussagen der Theorie auf die Regulierungspolitik übertragen werden, ergibt sich Folgendes: Während man der traditionellen Theorie folgend Instrumente zur Disziplinierung von Marktmacht auf natürliche Monopole als Ganzes anwendet, werden im Rahmen des disaggregierten Regulierungsansatzes nur diejenigen Teilbereiche einer Wertschöpfungskette reguliert, in denen stabile Marktmacht nachgewiesen werden kann.156 Bezüglich dieser Bereiche gilt ein regulierender Eingriff als gerechtfertigt, bezüglich der anderen Bereiche wird die Forderung nach Liberalisierung bzw. Deregulierung erhoben, also dem Abbau von Marktein- und Marktaustrittsschranken.157 Die Regulierungsbasis wird damit in der Tendenz verringert. Hintergrund des disaggregierten Ansatzes der Regulierungstheorie ist der Anspruch, dass in einer grundsätzlich wettbewerblich organisierten Wirtschaft die Beweislast für die Notwendigkeit eines administrativen Eingriffs in den Wettbewerbsprozess bei den Politikern bzw. den Regulierungsbehörden liegen muss.158 Mittels einer Optimierung der Eingriffsintensität soll im Idealfall eine effiziente Regulierung erreicht werden. Es ist kein systematischer Grund zu erkennen, warum der Grundgedanke des disaggregierten Ansatzes nur für Netzbranchen Anwendung finden sollte. Auch für andere Branchen ist denkbar, Regulierung effizienter zu gestalten, indem die Regulierungsbasis verkleinert wird.

IV. Positive Theorie der Regulierung Es ist nicht zwangsläufig zu erwarten, dass die handelnden Akteure, insbesondere die Träger der Regulierungspolitik, Informationen über Marktversagen ___________ 156

Vgl. Knieps (2001), S. 95. Vgl. Knieps (2000), S. 13 ff. 158 Vgl. Knieps (2001), S. 77. 157

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B. Grundlagen der Regulierung

zur einzig relevanten Grundlage ihrer Entscheidungsprozesse erheben. Für sich genommen ist die normative Theorie der Regulierung deshalb nicht ausreichend. Vielmehr ist sie durch eine positive Theorie zu ergänzen.159

1. Markt für Regulierung Stigler geht davon aus, dass ein Markt für Regulierung existiert. Die Verantwortlichen in der Regulierungsbehörde, aber auch die politischen Entscheidungsträger können einzelnen Unternehmen oder auch bestimmten Branchen Vorteile gewähren. Diese Begünstigung kann prinzipiell nachgefragt werden. Die potenziell Begünstigten sind auch bereit, ihrerseits Mittel dafür aufzuwenden.160 Nach der Capture-Theorie ist das Ausmaß an Regulierung in einer Branche das Ergebnis des beschriebenen Marktprozesses. Der Grundgedanke der Capture-Theorie ist, dass „jede regulierende Behörde früher oder später von der zu beaufsichtigenden Industrie eingefangen wird, ihre speziellen Interessen zu vertreten“.161 Die regulierte Branche kann erstens direkte Subventionen, zweitens Kontrolle über den Markteintritt von Neulingen, drittens einen entsprechenden Umgang mit Komplementär- und Substitutionsgütern oder auch viertens Preisregulierung nachfragen.162 Die Preisregulierung wird in dem Zusammenhang nachgefragt, um Renditen zu erwirtschaften, die über wettbewerblichem Niveau liegen.163 Die Begünstigung der Politiker erfolgt sowohl durch Wählerstimmen als auch durch materielle Zuwendungen.164 Wählerstimmen werden besorgt, indem direkt ansprechbare Brancheninsider (z. B. Mitarbeiter) durch Schulungsprogramme, Informationsveranstaltungen etc. auf Kurs gebracht werden. Der Erfolg des Sammelns von Wählerstimmen hängt dabei von der Organisierbarkeit der entsprechenden Gruppe ab. In Bezug auf die materielle Ausstattung kommen direkte Zuwendungen für die Parteien (z. B. Kampagnenunterstützung), aber auch indirekte, versteckte Unterstützungsleistungen (wie die Beschäftigung von Parteimitgliedern) in Frage. Peltzman formalisiert das Stigler’sche Regulierungsmodell und erweitert die Perspektive. Im Peltzman-Modell werden Regulierungsaktivitäten nicht nur ___________ 159

Vgl. auch Blankart (2003), S. 70. Vgl. Stigler (1971); Müller/Vogelsang (1979), S. 113 ff.; Kruse (1985), S. 233. 161 Kaufer (1981), S. 150. 162 Vgl. Stigler (1971), S. 4 ff. 163 Vgl. Stigler (1971), S. 6. 164 Vgl. Stigler (1971), S. 12. 160

IV. Positive Theorie der Regulierung

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von Seiten der regulierten Branchen angestoßen, sondern auch von Seiten der Konsumenten. Der an eigenem Nutzen orientierte Politiker richtet sich also an den Interessen verschiedener Wählergruppen aus. Die resultierende Regulierungsform ist das Ergebnis einer fiktiven Versteigerung, bei der der Politiker als Auktionator auftritt. Als Zielvariable werden Wählerstimmen definiert. Materielle Zuwendungen werden vereinfachend ausgeblendet. Größere Mehrheiten implizieren eine größere Sicherheit in Bezug auf Amtszeit und Budget für das entsprechende Regulierungsthema sowie erweiterte Möglichkeiten des Stimmentausches.165 Zusammenfassend ist die Gefahr gegeben, dass Angebot (durch Politiker und Regulierungsbehörden) und Nachfrage (durch Unternehmen und Haushalte) nach Regulierung zusammentreffen, obwohl keine Notwendigkeit für Regulierung besteht. Darüber hinaus können sich daraus Umverteilungseffekte ergeben, die einer Distribution von Einkommen und Vermögen nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit entgegenstehen.

2. Interessengruppenansatz Interessengruppen sind Zusammenschlüsse von Individuen zu organisierten Gruppen mit dem Zweck, individuelle Ziele besser zu erreichen.166 Derlei Interessengruppen können der Nachfrage nach Regulierung durch Dritte gegenüberstehen, weil sie sich beispielsweise Vorteile von Deregulierungsmaßnahmen versprechen; sie können aber auch selbst als Nachfrager von Regulierung auftreten.167 Insofern hängen die Umstände, ob und inwieweit eine Regulierung zustande kommt, wesentlich davon ab, welche Interessenvertreter welche Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungsträger haben.168 Interessengruppen können in erheblichem Maß die Bereitstellung und Verteilung von Ressourcen beeinflussen. Mit der Beeinflussung von politischen Entscheidungsträgern, der öffentlichen Verwaltung (z. B. einer Regulierungskommission) sowie der allgemeinen Öffentlichkeit stellen Interessengruppen ein öffentliches Gut für eine bestimmte Gruppe von Individuen bereit, von dessen Nutzen Nicht-Mitglieder nicht ausgeschlossen werden können.169 Olson zeigt auf, dass die Organisation von Interessen nicht symmetrisch stattfindet, sondern dass sich kleinere Gruppen deut___________ 165

Vgl. Peltzman (1976), S. 6 ff.; Sobania (2000), S. 13. Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S. 346; Olson (1968). 167 Vgl. Becker (1983). 168 Vgl. Blankenburg (2000), S. 46. 169 Vgl. Olson (1968); vgl. auch Frey/Kirchgässner (2002), S. 193. 166

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B. Grundlagen der Regulierung

lich besser organisieren lassen als große Gruppen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in großen Gruppen der Beitrag des Einzelnen relativ gering ist und darüber hinaus keine soziale Kontrolle stattfindet. Somit bestehen starke Anreize, eine Trittbrettfahrer-Position einzunehmen. In kleinen Gruppen verhält es sich genau umgekehrt, so dass die Bereitschaft zum individuellen Beitrag zur Bereitstellung des Kollektivgutes entsprechend höher ist.170 Dies hat zur Folge, dass bestimmte Interessen, obwohl sie von vielen Individuen geteilt werden, als nicht organisierbar gelten.171 Zu denken ist etwa an Kosumenteninteressen oder die Interessen zukünftiger Generationen. Tietzel formuliert prägnant: „Nicht organisierbare Interessen sind stumme Interessen.“172 Zu den gut organisierbaren Gruppen gehören dagegen die regulierten Unternehmen selbst, u. U. auch (potenzielle) Konkurrenzunternehmen oder große industrielle Nachfrager. Von Krueger wurde im Zusammenhang mit dem Verhalten von Interessengruppen der Begriff des Rent-Seeking eingeführt.173 „Rent is receipt in excess of opportunity costs. In one sense, it is an allocatively unnecessary payment not required to attract the resources to the particular employment.“174 Neben der Erzielung von Einkommen aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Betätigung auf dem Markt können Individuen staatliche Handlungsebenen dazu veranlassen, Umverteilungsmaßnahmen zu ihren Gunsten durchzuführen; damit beziehen sie eine Rente, die von den produktiven Leistungen anderer Wirtschaftssubjekte getragen wird.175 Je mehr Gruppen Rent-Seeking betreiben, umso mehr besteht die Gefahr des Wandels zu einer Rent-Seeking-Society und damit zu einem Dilemma, in dem die gesamtgesellschaftlichen Kosten steigen und die Produktivität sinkt. Der Einfluss von Interessengruppen auf die Wirtschaftspolitik wird empirisch etwa durch die Studie von Mueller und Murrell für 24 OECD-Staaten gestützt. Hiernach ist die Staatsquote umso höher, je größer die Anzahl der Interessengruppen in dem entsprechenden Land ist.176

3. Bürokratietheorie Im Idealfall besteht eine Regulierungsbehörde aus sich selbstlos verhaltenden Individuen, die über vollständige Informationen verfügen und im politi___________ 170

Vgl. Olson (1968). Vgl. Tietzel (2005), S. 238. 172 Tietzel (2005), S. 238. 173 Vgl. Krueger (1974). 174 Buchanan (1980), S. 3. 175 Vgl. auch Frey/Kirchgässner (2002), S. 202. 176 Vgl. Mueller/Murrell (1986). 171

IV. Positive Theorie der Regulierung

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schen Vakuum agieren, also keinem Druck von Interessengruppen, Politikern oder der allgemeinen Öffentlichkeit ausgesetzt sind. Daneben hat die Größe der Regulierungsbehörde keinen Einfluss auf das Einkommen der Beschäftigten, insbesondere der Führungskräfte (Annahme der Gehaltsneutralität).177 Die Bürokratietheorie nach Niskanen liefert einen theoretischen Rahmen, Eigeninteressen der handelnden Akteure in Behörden (bureaus) zu untersuchen.178 Auch Regulierungskommissionen oder Regulierungsbehörden mit den zugehörigen Ämtern können als bürokratische Gebilde im Sinne der Bürokratietheorie interpretiert werden.179 Niskanen geht davon aus, dass die Budgethöhe das Einkommen sowie Prestige und politischen Einfluss von Bürokraten in Behörden positiv beeinflusst. Somit ergibt sich für die Bürokraten die Zielvorstellung der Budgetmaximierung während ihrer Amtszeit.180 Die Regulierungsbehörde ist u. U. daran interessiert, ihre Regulierungsaktivitäten auf weitere Bereiche auszudehnen, wenn damit die Erwartung einer Budgeterhöhung verbunden ist.181 Somit bestehen Anreize für Regulierungsbehörden, Regulierungsaufgaben zu übernehmen, obwohl dazu aus ökonomischer Rationalität keine Notwendigkeit besteht. Bei expansiven Aktivitäten von Regulierungsbehörden ist im Gegenzug eine stärkere Kontrolle durch die Politiker zu erwarten.182 Es ist fraglich, ob diese Kontrolle auch Wirkung zeigt. Williamson erwartet unabhängig vom Ausmaß der Kontrolle den Einsatz zusätzlichen Stabspersonals und leitet aus Budget maximierendem Verhalten umfangreichere und ineffiziente Regulierung ab.183 Daneben besteht eine, diese Aktivitäten unterstützende, Interessenparallelität zwischen Regulierungsbehörde und Industrie, wenn die Stigler´sche Nachfrage nach Regulierung von Seiten der Industrie zusätzlich in die Betrachtung einbezogen wird.184

4. Chancen und Risiken für Marktöffnungsbestrebungen Die positiven Ansätze der Regulierungstheorie sind für die vorliegende Arbeit insbesondere im Rahmen der Fragestellung wichtig, wie als notwendig identifizierte, ordnungspolitische Weichenstellungen im Sinne eines Sets von effizienten Regulierungsinstrumenten auch tatsächlich verwirklicht werden ___________ 177

Vgl. Müller/Vogelsang (1979), S. 102. Vgl. Niskanen (1971). 179 Vgl. Kruse (1985), S. 235. 180 Vgl. Niskanen (1971); Müller/Vogelsang (1979), S. 109. 181 Vgl. Müller/Vogelsang (1979), S. 110. 182 Vgl. Breton/Wintrobe (1975). 183 Vgl. Williamson (1971). 184 Vgl. Müller/Vogelsang (1979), S. 110. 178

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B. Grundlagen der Regulierung

können. Es darf bezweifelt werden, dass an der einen oder anderen Stelle vorhandene Marktöffnungsbestrebungen in jedem Fall die Möglichkeit haben, der politischen und bürokratischen Entscheidungsmaschinerie standzuhalten. Ein Steckenbleiben ist insbesondere für jene Märkte zu befürchten, die im Status quo bereits besonders stark reguliert sind, da die intensive Deregulierung von den relevanten Akteuren auf dem Markt für Regulierung bekämpft werden könnte. Abbildung 3 vermittelt in diesem Zusammenhang eine Übersicht der handelnden Akteure sowie der Probleme, die in den Beziehungen untereinander bestehen. INTERESSENGRUPPEN POLITIKER

gegenseitige Begünstigung

(darunter die regulierten Unternehmen)

Marktöffnung Vereinnahmung

(Des-)Information

BÜROKRATEN Quelle: modifiziert nach Schulze (2004), S. 19.

Abbildung 3: Marktöffnung im Spannungsfeld relevanter Akteure

Dass Marktöffnungsbestrebungen im Spannungsfeld der Akteure trotz aller Imponderabilien nicht vollends dem Untergang geweiht sind, lässt sich anschaulich anhand der Netzbranchen demonstrieren: Ausgehend vom Bereich der Telekommunikation hat sich eine Liberalisierung in den netzgebundenen Märkten nach und nach in immer mehr Ländern durchgesetzt.185 Die Telekommunikationsbranche gilt als das Vorzeigeprojekt einer gelungenen Liberalisierung. Die Sektoren Elektrizität und Gas befinden sich dagegen in der Mitte eines Kontinuums zwischen verfestigten Monopolstrukturen und funktionsfähigem, echtem Wettbewerb. Die Trinkwasserwirtschaft als in den meisten Ländern nach wie vor unter einem hohen staatlichen Einfluss und kaum wettbewerblich organisierter Sektor ist am Ende dieses Kontinuums zu verorten. ___________ 185

Vgl. Schulze (2004), S. 8.

IV. Positive Theorie der Regulierung

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Im Sinne der Regulierungsmarkttheorie nach Stigler und des Interessengruppenansatzes könnte die Hypothese aufgestellt werden, dass ein Interesse an Liberalisierung insbesondere bei solchen Unternehmen besteht, die netzgebundene Dienstleistungen als Inputs verwenden.186 Diese sind vermutlich besser organisiert als andere Interessengruppen wie z. B. die privaten Haushalte, welche den größten Anteil am Konsum des Trinkwassers halten. Tatsächlich kann die Liberalisierung der Telekommunikation in den USA und Europa darauf zurückgeführt werden, dass politische Entscheidungsträger von Interessengruppen zu Veränderungen gedrängt worden sind.187 Auslöser von Liberalisierungsbemühungen sind aber auch ein zu institutionellen Veränderungen zwingender wissenschaftlicher und technischer Fortschritt oder Anpassungserfordernisse, die von regionalen Integrationsprozessen wie der Binnenmarktpolitik der EU, internationalen Organisationen wie beispielsweise der WTO sowie dem globalen Standortwettbewerb ausgehen.188 Dabei lässt die Empirie vermuten, dass Ausmaß und Intensität von Privatisierungen von der Lage der öffentlichen Finanzen abhängig sind.189 Der Bürokratietheorie zufolge sind Bürokraten dem Einfluss der Interessengruppen ausgesetzt, betreiben Budgetmaximierung und versuchen ihre diskretionären Handlungsspielräume zu erhöhen. Sie beraten Politiker, weil sie über mehr Informationen verfügen als die Politiker (Informationsasymmetrie), werden diese aber nur selektiv (ihrem Eigeninteresse folgend) informieren. Empirisch sind diese Hypothesen allerdings nur schwer zu untermauern, weil die Akteure die Hintergründe ihrer Handlungen kaum offenbaren werden. Ein Beispiel für die ineffiziente Ausweitung des Regulierungsgegenstandes auf wesensfremde Bereiche findet sich in der Luftfahrt. Hier hat die amerikanische Lufttransportbehörde früher über einen langen Zeitraum auch die servierten Essen an Bord überwacht.190 In der Frage der Wahrscheinlichkeit einer Vereinnahmung der Regulierungsbehörde durch relevante Interessengruppen kann davon ausgegangen werden, dass eine allgemeine Regulierungsbehörde weniger anfällig für eine Einflussnahme der regulierten Unternehmen ist als eine branchenspezifische.191 Eine Empfehlung bezüglich der institutionellen Ausgestaltung geht also bezüglich dieses Aspekts tendenziell in die Richtung einer allgemeinen Wettbewerbsbehörde, wie man sie im Stromsektor in den Niederlanden findet. Dort ist ___________ 186

Vgl. Schulze (2004), S. 8. Vgl. Sobania (2003), S. 112 ff. 188 Vgl. Sobania (2003), S. 60 ff. 189 Vgl. Bortolotti/Fantini/Siniscalco (2003), S. 306 ff. 190 Vgl. Boyfield (2000), S. 38. 191 Vgl. Dujim (2002), S. 17. 187

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B. Grundlagen der Regulierung

die Stromregulierungsbehörde Kammer der allgemeinen Wettbewerbsbehörde.192 Vorteil einer solchen Ausgestaltung ist die Vorhersehbarkeit der Entscheidungen aufgrund entsprechender Konstanz in organisatorischer und personeller Hinsicht (solche allgemeinen Wettbewerbsbehörden existieren bereits über Jahrzehnte). Als Nachteil kann das Fehlen von spezifischen Branchenkenntnissen angeführt werden. Entsprechende Defizite können allerdings durch Neueinstellungen von qualifiziertem Personal abgeschwächt bzw. aufgeholt werden. Einen Mittelweg zwischen einer allgemeinen Wettbewerbsbehörde und einer branchenspezifischen Regulierungsbehörde stellt die deutsche Lösung der Etablierung der heutigen Bundesnetzagentur dar. Zu Anfang als RegTP noch deutlich spezifischer auf die Regulierung von Post und Telekommunikation angelegt, hat die Bundesnetzagentur nunmehr vielfältige Aufgaben in den Bereichen Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen zu erledigen. Sie vereint damit die Vorteile einer annähernd branchenspezifischen Regulierungsbehörde, indem sie das Fachwissen der sehr ähnlich gelagerten Probleme in den Netzbranchen bündelt. Zudem werden die Nachteile einer ausschließlich auf eine bestimmte Branche zugeschnittenen Regulierungsbehörde vermieden. Wenn es um die Evaluierung der Regulierungsergebnisse geht, darf nicht übersehen werden, welche Ergebnisse tatsächlich originär einer Politik der Marktöffnung zuzuschreiben sind und welche Ergebnisse aus Zielkonflikten und Interdependenzen mit anderen Politikbereichen resultieren. So ist beispielsweise für den Strommarkt in Deutschland und Österreich zu konstatieren, dass die zusätzliche Konsumentenrente des Effizienzzuwachses infolge der Liberalisierung in der Elektrizitätsbranche durch steuerliche Mehrbelastung zumindest zum Teil wieder abgeschöpft wurde.193 Für Politiker ist die kurzfristige Trade-off-Beziehung zwischen den Vorteilen des weltweiten Handels und den Vorzügen protektionistischer Maßnahmen wesentlich. Einerseits sind weltweite Märkte das beste Mittel, die einheimischen Unternehmen in internationalen Maßstäben wettbewerbsfähig zu halten, andererseits ist bei einer Marktöffnung nicht auszuschließen, dass Ausländer den Inlandsmarkt erobern und daraus negative Effekte auf Steuereinkommen und Beschäftigung im Inland resultieren.194 Langfristig müssten der Strukturwandel und die Spezialisierung auf die komparativen Vorteile in ihrer Wirkung überwiegen, von daher ist Protektionismus für an Wiederwahl orientierte politische Akteure in der kurzen Frist vielleicht reizvoll, aber über eine längere Zeitperiode betrachtet irrational. ___________ 192

Vgl. Haffner (2000), S. 211. Vgl. Schulze (2004), S. 10. 194 Vgl. Schulze (2004), S. 11. 193

V. Zusammenfassung

63

Abschließend sollte nicht übersehen werden, dass trotz der, zumindest für die Bereiche Strom und Telekommunikation, tendenziell positiven Einschätzungen bezüglich des Stands der Marktöffnung in vielen anderen Märkten ein Steuerungschaos herrscht, welches sich auch aufgrund des vielfältigen Einflusses von Interessengruppen und der Eigeninteressen von Politikern und Bürokraten über Jahre mehr und mehr verfestigt hat. Beispielhaft können das Gesundheitssystem und die Regulierung des Arbeitsmarktes genannt werden. Im Einzelfall wird eine problemadäquate Untersuchung des Regulierungssets in einem bestimmten Markt somit nicht ohne eine ergänzende Komponente der Bestimmung der Durchsetzbarkeit einer entwickelten Reformoption im politischen und bürokratischen Entscheidungs- und Umsetzungsprozess auskommen.

V. Zusammenfassung Jedes marktwirtschaftliche System bedarf eines freiheitlichen Ordnungsrahmens.195 Zu diesem Ordnungsrahmen gehören Regeln, die den Marktteilnehmern vorschreiben, welche Praktiken ausgeschlossen sind.196 Innerhalb dieser Regeln stellen Anbieter und Nachfrager auf Güter- und Faktormärkten Wirtschaftspläne auf, die im Marktprozess durch wechselseitige Anpassungsmechanismen aufeinander abgestimmt werden.197 Dadurch entsteht das, was von Hayek eine spontane Ordnung nennt.198 Herrscht auf Märkten Wettbewerb, so ist mit Effizienz verbessernden Selektionsprozessen zu rechnen, die eine Erhöhung des sozialen Überschusses als Summe aus Konsumentenrente und Produzentenrente zur Folge haben. Ist der freiheitliche Wettbewerb in irgendeiner Weise in erheblichem Ausmaß gestört, ist u. U. Marktversagen zu konstatieren. Das Auftreten von Marktversagen ist die normative Rechtfertigung für Regulierungsaktivitäten als branchenspezifische Eingriffe in den Markt. Marktversagen kann neben natürlichen Monopolen in externen Effekten sowie Informationsasymmetrien und Transaktionskosten begründet sein. Der Schwerpunkt der regulierungstheoretischen Literatur liegt auf der Betrachtung von natürlichen Monopolen. Unter Verwendung des disaggregierten Ansatzes wird in der Regulierungstheorie nach Möglichkeiten gesucht, die minimale Regulierungsbasis innerhalb einer Wertschöpfungskette zu identifizieren, das Natürliche-Monopol-Problem also auf seinen Kern zu reduzieren. Da___________ 195

Vgl. Eickhof (1986), S. 470. Vgl. Hoppmann (1981), S. 228 ff. 197 Vgl. Eickhof (1986), S. 470. 198 Vgl. von Hayek (1968), S. 8 ff. 196

64

B. Grundlagen der Regulierung

bei ist grundsätzlich nicht zu erkennen, warum die Zerlegung von Wertschöpfungsketten nicht auch zur Verringerung der Regulierungsbasis bezüglich der anderen Marktversagenstatbestände Verwendung finden kann. Ein disaggregierter Regulierungsansatz, der branchenübergreifend anwendbar ist, erfasst weitere Marktversagenstatbestände, um in analoger Vorgehensweise jeweils den Bereich zu identifizieren, in dem regulierende Eingriffe notwendig und hinreichend zur Erreichung von Wohlfahrtszielen bzw. zur Herstellung von Wettbewerb sind. Wenn die vollständige Erfüllung der Annahmen des Modells der vollständigen Konkurrenz als Referenzpunkt genommen würde, müsste im Anwendungsfall – selbst unter der gewonnenen Verengung der Untersuchungsbereiche durch den disaggregierten Ansatz – eventuell eine Ubiquität von Marktversagen festgestellt werden. Um dies zu verhindern, läuft die Untersuchung auf Marktversagen von Anfang an auf einen Vergleich nicht-perfekter institutioneller Arrangements hinaus. Im Anschluss an eine Identifikation von Marktversagen ist zu überprüfen, ob eine staatliche Korrektur mehr Wettbewerb und bessere Marktergebnisse hervorbringen würde und welches regulierungspolitische Instrument sich dafür anbietet.199 Auf dieser Grundlage ermittelte Gestaltungsempfehlungen für die Regulierungspolitik sind vor dem Hintergrund des Eigeninteresses relevanter Akteure im Spannungsfeld der Regulierungsaktivitäten zu betrachten. Dabei können neben den Politikern die regulierten Unternehmen, Interessengruppen sowie die Bürokraten in der Regulierungsbehörde Einfluss auf die Regulierungspolitik nehmen.

___________ 199

Vgl. auch Eickhof (2000), S. 11.

C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes I. Konzeption einer erweiterten Disaggregation von Wertschöpfungsketten 1. Entwicklung der Disaggregationsdimensionen Bei der Erschaffung von Sach- oder Dienstleistungsobjekten besteht der gesamte Prozess der Wertschöpfung aus einer Verknüpfung mehrerer aufeinander abgestimmter Einzelprozesse. Die Produktion ist eine Folge von miteinander verbundenen Produktionsstufen mit mehr oder weniger gut definierbaren Input-/Output-Relationen. Die Menge der Produktions- oder Wertschöpfungsstufen200 bildet in diesem Verständnis die Wertschöpfungskette. Unter Produktion im weiteren Sinn wird der zielgerichtete Einsatz von Sachgütern und Dienstleistungen und deren Transformation in andere Sachgüter und Dienstleistungen verstanden.201 In diesem Verständnis umfasst der Produktionsbegriff den gesamten betrieblichen Leistungsprozess. Auch Absatz, Investition und Finanzierung sowie die gesamte Unternehmensführung bzw. das Management sind inbegriffen. In der Betriebswirtschaftslehre wird der Vorstellungsinhalt des Produktionsbegriffs in der Regel enger gefasst und auf die betriebliche Leistungserstellung begrenzt.202 Da sich mögliches Marktversagen nicht auf den betrieblichen Leistungserstellungsprozess beschränken lässt, wird im Folgenden das weitere Verständnis des Produktionsbegriffs zugrunde gelegt. Aggregation und Disaggregation sind aus der Betriebswirtschaftslehre bekannte Verfahren, die zur Reduktion von Komplexität bei Planungsproblemen eingesetzt werden.203 Aggregation beschreibt eine Zusammenfassung von Objekten, Disaggregation die Zerlegung eines Objektes.204 Die Disaggregation von Wertschöpfungsketten orientiert sich in dieser Arbeit an den Marktversagenstatbeständen. Es wird nach Kriterien gesucht, nach denen Wertschöpfungsket___________ 200 Die Begriffe Produktionsstufe und Wertschöpfungsstufe werden in dieser Arbeit synonym verwendet. 201 Vgl. Hoitsch (1993), S. 1. 202 Vgl. Wöhe/Kaiser/Döring (2005), S. 313; Hoitsch (1993), S. 1. 203 Vgl. Leisten (1996); Betge/Leisten (2005). 204 Vgl. Leisten (1996), S. 26 ff.

66

C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

ten in kleinere Bestandteile zerlegt werden, so dass der Bereich reduziert werden kann, in dem möglicherweise Marktversagen festgestellt werden muss. Mit dem disaggregierten Ansatz der Regulierungstheorie für Netzbranchen wurde eine vertikale Zerlegung von Wertschöpfungsketten bereits etabliert, um den Marktversagenstatbestand des natürlichen Monopols auf einzelne Wertschöpfungsstufen zuzuspitzen. Als unmittelbar nahe liegende weitere Disaggregationsdimension bietet sich die Zerlegung der Wertschöpfungskette in horizontaler Richtung an. Mittels einer horizontalen Disaggregation werden Produkte oder Produktgruppen getrennt voneinander untersucht, die auf derselben Wertschöpfungsstufe hergestellt werden. Die gedankliche Richtung des Zusammenhangs zwischen Marktversagenskriterien und Disaggregationsdimensionen ist folgendermaßen: Nicht erst aus der Idee einer vertikalen Disaggregation entsteht die Überlegung, dass das Vorhandensein von natürlichen Monopolen auf einzelne Wertschöpfungsstufen reduziert werden kann. Im Gegenteil: In der Definition von natürlichen Monopolen, in der einfachsten Ausprägung des Einproduktfalls mit Größenvorteilen und daraus folgenden sinkenden Durchschnittskosten im relevanten Nachfragebereich, ist bereits implizit enthalten, dass es darauf ankommt, welche Teile einer Wertschöpfungskette betrachtet werden und ob diese Teile selbst wieder Wertschöpfungsketten darstellen. Wertschöpfungsketten sind sehr weit (bis in einzelne Arbeitsschritte zur Gewinnung von Einsatzfaktoren hin) disaggregierbar, wohingegen der Aggregation natürliche Grenzen gesetzt sind. Damit können je nach (Dis-)Aggregationsstufe unterschiedliche Ergebnisse auftreten. Genau diesem Gedankengang wurde bei den Netzbranchen gefolgt: Wenn die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet wird, liegt dort ein natürliches Monopol vor. Wenn einzelne Wertschöpfungsstufen betrachtet werden, die an sich wiederum Wertschöpfungsketten auf kleinteiligerer Stufe darstellen, so ist im überwiegenden Teil der Wertschöpfungskette gerade kein Marktversagen aufgrund derartiger Eigenschaften erkennbar. Demzufolge ist darüber nachzudenken, inwieweit die anderen Marktversagenstatbestände in ähnlicher Form mit etwaigen Disaggregationsdimensionen verbunden sind. Bei Betrachtung von Informationsasymmetrien wurde darauf abgestellt, dass die Akteure auf den Marktseiten Angebot und Nachfrage je nach Vertragsgegenstand als Prinzipale oder Agenten in Erscheinung treten können. Das Vorkommen von Informationsasymmetrien ist einerseits abhängig von den Eigenschaften des Agenten bzw. des Sach- oder Dienstleistungsobjektes (Vertragsgegenstand) sowie andererseits von Interessenunterschieden zwischen Prinzipalen und Agenten. Daraus ergibt sich eine Fallunterscheidung: Wenn überhaupt, treten Informationsasymmetrien in einer Wertschöpfungskette an den Schnittstellen zwischen den Wertschöpfungsstufen auf. Sobald an diesen Schnittstellen die Möglichkeit verschiedener Betreiber in Betracht gezo-

I. Konzeption einer erweiterten Disaggregation von Wertschöpfungsketten

67

gen wird, die über einen Markt miteinander in Koordination treten (also de facto eine vertikale Desintegration vorliegt), ist dort Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien möglich. Außerdem können dort positive Transaktionskosten vorliegen. Wenn die Eigenschaften des Agenten bzw. des Sach- oder Dienstleistungsobjekts verborgen bleiben (Hidden Characteristics), ist der relative Informationsstand des Prinzipals für die Beantwortung der Frage entscheidend, ob es zu einer adversen Selektion kommen kann. Unter der Voraussetzung, dass die Nachfrageseite an einer Schnittstelle als Prinzipal fungiert, kann es u. U. empfehlenswert sein, die Nachfrager in Gruppen nach ihrem Informationsstand aufzuspalten. Für den umgekehrten Fall (z. B. Versicherungen) wäre eine Separierung bei den Anbietern zu erwägen. Zunächst ist die vertikale Disaggregation innerhalb der Analyse von Informationsasymmetrien und Transaktionskosten um eine Untersuchung der Schnittstellen zu erweitern. Solche Schnittstellen (z. B. jene am Ende der Wertschöpfungskette zum Nachfrager der Leistung), an denen konsumreife Produkte übergeben werden, bedürfen einer herausgehobenen Beachtung, da die Prinzipale dort besondere Heterogenität aufweisen können. Solange die Leistungstransaktion gegenständlich einen Einsatzfaktor umfasst, kann von hinreichend vorhandenem Expertenwissen ausgegangen werden, so dass ein Zusammenbruch des Marktes durch adverse Selektion unwahrscheinlich wird. Je heterogener die Prinzipale sind, bedingt etwa durch einen hohen Anteil privater Haushalte, die z. T. über geringes Produktwissen verfügen, desto eher besteht die Gefahr, dass der Markt zusammenbricht. Die vorstehenden Überlegungen führen neben der Schnittstellenuntersuchung zu einer dritten Disaggregationsdimension, die eine Separation der Prinzipale nach dem relativen Informationsstand zu den Agenten vorsieht. Als vierte Disaggregationsdimension kann eine räumliche Zerlegung vorgenommen werden. Diese ergibt sich aus der Überlegung heraus, dass sich wirtschaftliche Aktivität aus vielfältigen Gründen im Raum anordnet. Es liegt insofern nahe, eine Marktversagensuntersuchung nach bestimmten Teilräumen getrennt durchzuführen.

2. Horizontale Disaggregation Unter horizontaler Disaggregation wird im Folgenden die Zerlegung von verschiedenen Outputgrößen (Produkte, Produktfamilien, Produktgruppen) verstanden, die auf der gleichen Wertschöpfungsstufe als Ergebnis eines Wertschöpfungsprozesses hervorgebracht werden. Horizontale Aggregation und

68

C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

Disaggregation werden in der Betriebswirtschaftslehre beispielsweise als Verfahren in Advanced-Planning- und Scheduling-Systemen eingesetzt.205 Verschiedene Wertschöpfungsketten können sich überlagern. Teile einer Wertschöpfungskette können aber auch eigene Wertschöpfungsketten darstellen. Ein Einsatzfaktor, der für die Produktion eines bestimmten Konsumproduktes benötigt wird, kann selbst Konsumprodukt sein oder als Einsatzfaktor in einer anderen Wertschöpfungskette Verwendung finden. Der Vorgang einer horizontalen Disaggregation führt dazu, dass voneinander abgegrenzte, überschneidungsfrei modellierte Wertschöpfungsketten entstehen. Der Disaggregationsprozess sollte kein übertrieben feingliedriges Ergebnis hervorbringen. Die horizontale Zerlegung beinhaltet keinen Selbstzweck, sondern ist Mittel zum Zweck der Verkleinerung der Regulierungsbasis. Eine Aufspaltung nach Produktgruppen oder Produkten ist also nur in den Fällen sinnvoll, in denen für bestimmte Outputgrößen auf der gleichen Wertschöpfungsstufe ein Marktversagen konstatiert werden kann und für andere nicht.

3. Vertikale Disaggregation Vertikale Disaggregation bezeichnet die Zerlegung einer Wertschöpfungskette in vertikal aufeinander folgenden Stufen. Auch im Rahmen der Aufspaltung einer Wertschöpfungskette in vertikaler Richtung stellt sich die Frage, inwieweit eine solche Disaggregation sinnvoll ist.

W1

W2

W3

Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 4: Wertschöpfungskette mit drei Wertschöpfungsstufen

Jede Produktionsstufe ließe sich weiter in einzelne Aktivitäten aufgliedern, was als verfeinerte Disaggregation aufzufassen wäre. Diesen Zusammenhang verdeutlichen Abbildung 4 und Abbildung 5.

___________ 205

Vgl. Betge/Leisten (2005); Leisten (1996).

W11

I. Konzeption einer erweiterten Disaggregation von Wertschöpfungsketten

W12

W13

W2

69

W3

Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 5: Modifizierte Wertschöpfungskette mit fünf Wertschöpfungsstufen

Die Wertschöpfungsstufe W 1 aus Abbildung 4 wird in Abbildung 5 untergliedert. Intuitiv ist nicht zu erkennen, in welcher Kleinteiligkeit der Prozess der Disaggregation enden sollte. Um dies aufzulösen, bedarf es intersubjektiv überprüfbarer Kriterien, die branchenübergreifend Verwendung finden können. Solche Kriterien zur Abgrenzung einer Wertschöpfungsstufe könnten sein: –

eindeutig definierbare Input-/Output-Relationen,



ähnlich geartete Transformationsschritte innerhalb der Wertschöpfungsstufe und andersartige außerhalb der Wertschöpfungsstufe,



nur ein Unternehmen als Betreiber der Leistungserstellung innerhalb der Wertschöpfungsstufe.206

Auch wenn der Konsum nicht als originärer Bestandteil einer betrieblichen Wertschöpfungskette aufgefasst wird, so schließt er sich dieser doch unmittelbar an und kann im Sinne einer Haushaltsproduktion207 als wirtschaftliche Aktivität aufgefasst werden. So wird im Rahmen der vertikalen Disaggregation neben den eigentlichen Wertschöpfungsstufen noch eine weitere Aktivität ‚Konsum‘ in die Betrachtung mit einbezogen. Konsum und Haushaltsproduktion stehen in einem engen Verknüpfungsverhältnis zueinander. Ein Beispiel ist etwa das Aufbrühen von Wasser zur Kaffee- oder Teeherstellung. In Abbildung 6 findet sich eine schematische Darstellung möglichen Marktversagens in der Wertschöpfungskette aus Abbildung 4. Unterstellt wird wieder vereinfachend eine dreistufige Wertschöpfungskette. Mit den grau hinterlegten Feldern werden Bereiche identifiziert, die Anlass für eine Untersuchung auf Marktversagen geben. Die weißen Felder bleiben in der Marktversagensbetrachtung unberücksichtigt. So können beispielsweise externe Effekte im Konsum auftreten (graues Feld), wohingegen die Definition eines natürlichen ___________ 206 Letzteres schließt nicht aus, dass dieses Unternehmen als Betreiber mehrerer Stufen der Wertschöpfungskette auftritt. 207 Vgl. Becker (1965).

70

C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

Monopols Marktversagen auf der Nachfrageseite – also im Konsum (weißes Feld) – nicht als möglichen Unterfall umfasst. W1

W2

W3

Konsum

Natürliches Monopol

Externe Effekte

Informationsasymmetrien und Transaktionskosten

Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 6: Mögliches Marktversagen bei drei Wertschöpfungsstufen

Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien kann an den Schnittstellen zwischen den Aktivitäten in der Wertschöpfungskette auftreten, weil dort Verträge (bei vertikaler Desintegration) bestehen oder vertragsähnliche Konstellationen (bei vertikaler Integration, also innerhalb einer Hierarchie) auftreten. An den Schnittstellen treffen Akteure eines oder mehrerer Unternehmen als Prinzipale und Agenten aufeinander, indem sie mit den Vorleistungen des Betreibers der vorhergehenden Wertschöpfungsstufe einen weiteren Transformationsprozess leisten. Am Ende der Kette tritt der Konsument als Vertragspartner auf, indem er ebenfalls eine Prinzipal-Agenten-Beziehung mit einem der Unternehmen in der Wertschöpfungskette eingeht. Dargestellt sind die Schnittstellen durch die nach oben geöffneten, klammerähnlichen grauen Felder.

I. Konzeption einer erweiterten Disaggregation von Wertschöpfungsketten

71

Es kann der Fall eintreten, dass als Vertragspartner des Konsumenten nicht der Betreiber der wirtschaftlichen Aktivität am Ende der Wertschöpfungskette fungiert, sondern dass der Konsument mit dem Betreiber einer Wertschöpfungsaktivität in der Mitte der Wertkette oder gar ganz am Anfang in Verhandlungen tritt. Genauso vorstellbar ist, dass innerhalb der Produktionsseite Vertragsbeziehungen bestehen, die eine Wertschöpfungsstufe überspringen. Solche Fälle werden durch die breiteren Klammerfelder symbolisiert. Sicherlich ist in der Anwendung des disaggregierten Ansatzes auf eine bestimmte Branche nicht jede mögliche Konstellation zu überprüfen, insbesondere dann nicht, wenn die Anzahl der zu betrachtenden Stufen der Wertschöpfungskette deutlich über der hier exemplarisch betrachteten Dreistufigkeit liegt. Vielmehr kann sich auf diejenigen Schnittstellen konzentriert werden, die im Anwendungsfall inhaltlich plausibel sind. Eine umfangreiche Untersuchung, die einerseits eine horizontale Disaggregation und andererseits eine vertikale Disaggregation umfasste, würde für jede Wertschöpfungsstufe (vertikale Disaggregation) eine Separierung nach Produkten bzw. Produktgruppen beinhalten, so dass bereits durch diese zwei Disaggregationsdimensionen eine umfangreiche zweidimensionale Matrix entstünde. Wenn man weitere Disaggregationsdimensionen in gleicher Weise hinzunehmen würde, wäre die Betrachtung noch komplexer. Das Ergebnis einer derartigen Untersuchung wäre in den meisten Fällen (Fälle hier bildlich gleichzusetzen mit Matrixfeldern) die Zurückweisung der Marktversagensvermutung. Um die Untersuchung also einigermaßen praktikabel zu gestalten, ist eine Vereinfachung unumgänglich. Dieser sind im Gegenzug Grenzen gesetzt, um zu vermeiden, dass die Regulierungsbasis willkürlich bestimmt wird. Um dieses Spannungsverhältnis aufzulösen, sollten im konkreten Anwendungsfall die im Anschluss an die horizontale und vertikale Disaggregation durchgeführten Untersuchungen (Disaggregation nach dem Informationsstand der Prinzipale, räumliche Disaggregation) jeweils auf Grundlage des bereits erlangten Kenntnisstandes vollzogen werden. Sämtliche Bereiche, in denen eine Marktversagensvermutung bereits abgewiesen wurde, würden keine weitere Beachtung finden.

4. Disaggregation nach dem Informationsstand der Prinzipale Marktversagen, welches auf das Vorhandensein von Informationsasymmetrien zurückzuführen ist, hängt vom relativen Informationsstand der Prinzipale im Verhältnis zu den Agenten ab. Bei der Analyse der vertikalen Disaggregation konnte gezeigt werden, dass solche Prinzipal-Agent-Beziehungen mehrfach in einer Wertschöpfungskette auftreten können. Nur in wenigen dieser Fälle kann vermutlich Marktversagen plausibel dargelegt werden. Sofern ein

72

C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

Marktversagen an einer der Schnittstellen nicht ausgeschlossen wird, bietet es sich an, die Betrachtung noch weiter zu verfeinern. Möglich ist eine Differenzierung von Gruppen von Prinzipalen, die unterschiedlich von dem relativen Informationsnachteil betroffen sind. Mögliches Marktversagen kann dann auf jene Teilmenge von (natürlichen oder juristischen) Personen reduziert werden, die von einem gravierenden Informationsnachteil betroffen sind. Alle anderen Fälle sind von dem Marktversagensverdacht infolgedessen entlastet, so dass dort ein Eingriff in das Marktgeschehen nicht mehr gerechtfertigt werden kann. Beispielhaft wird eine Prinzipal-Agent-Beziehung zwischen Konsumenten (Prinzipale) und dem Betreiber der letzten Wertschöpfungsstufe (Agent) einer Wertkette unterstellt. Denkbar ist eine unterschiedliche Betroffenheit der Nachfrager(-gruppen) von Informationsasymmetrien zwischen den Marktseiten. Während bestimmte Abnehmer als Prinzipale aufgrund von Fachkenntnissen gar keinem Informationsnachteil unterliegen, somit also auch kein Marktversagen vorliegen kann, unterliegen andere womöglich einem besonders starken Informationsnachteil gegenüber den Agenten. Als Klasseneinteilung kommt in diesem Beispiel auf einer hohen Aggregationsebene eine Unterscheidung der Nachfrager nach unternehmerischen und privaten Abnehmern sowie öffentlichen Institutionen in Frage.

5. Räumliche Disaggregation Insbesondere bei der Betrachtung technologischer Externalitäten und natürlicher Monopole spricht vieles dafür, auch geographisch zu differenzieren. Es ist denkbar, dass die spezifischen Charakteristika bestimmter Lebensräume verschieden mit möglichem Marktversagen in Verbindung stehen. Wenn ein lokales öffentliches Gut vorliegt und über diesen Raum hinaus keine grenzüberschreitenden Externalitäten auftreten, liegt beispielsweise ein solcher Fall vor, in dem eine räumliche Disaggregation sinnvoll ist. Innerhalb der betrachteten Region ist dort ein Marktversagen zu konstatieren, außerhalb der Region nicht. Eine ähnliche Blickrichtung in Bezug auf eine räumliche Disaggregation wird aufgenommen, wenn natürliche Monopole örtlich begrenzt auftreten (auch: lokale natürliche Monopole208). Die Ausprägung bestimmter Charakteristika des Raumes wie Siedlungsdichte, Vorhandensein von Rohstoffen und Industrie, Nähe zu (anderen) Zentren etc. könnte das Vorhandensein von natürlichen Monopolen beeinflussen. Es ist infolgedessen plausibel, dass dicht besiedelte Gebiete mit einer (über alle Güterarten) entsprechend hohen Nachfrage weniger häufig von lokalen natürlichen Monopolen betroffen sind als dünn be___________ 208

Vgl. Furrer (2004), S. 83.

II. Regulierungsinstrumentarium

73

siedelte Gebiete im ländlichen Raum. Als Ursache ist auf der Nachfrageseite zu identifizieren, dass bei entsprechend hoher Nachfrage die Wahrscheinlichkeit wächst, den steigenden Ast der Durchschnittskostenfunktion zu erreichen, so dass der Markteintritt eines zweiten Anbieters lohnenswert wird. Auf der Angebotsseite ist für dicht besiedelte Gebiete im Gegensatz zum ländlichen Raum anzunehmen, dass womöglich durch Substitute von anderen, benachbarten Unternehmen tatsächliche oder potenzielle Konkurrenz generiert wird, die ein natürliches Monopol ganz verhindert oder zumindest diszipliniert. Eine räumliche Disaggregation kann anhand verschiedener Kriterien geschehen. Zu denken ist beispielsweise an eine Unterscheidung anhand der Reliefs (Flachland, Gebirge). Weiterhin könnte anhand der Siedlungsdichte unterschieden werden (Land, Stadt).

II. Regulierungsinstrumentarium Nach Kahn lässt sich Regulierung durch die Kombination folgender vier Eingriffe beschreiben: –

Marktzutrittsbeschränkungen,



Kontrahierungszwang,



Preiskontrolle sowie



Qualitäts- und Konditionenfestsetzung.209

Kruse hingegen differenziert zwischen Preis-, Qualitäts- und Marktzugangsregulierung, wobei Kontrahierungszwänge als Spezialfall von Qualitätsregulierungen angesehen werden. Seinem Verständnis nach umfasst der Vorstellungsinhalt von Qualitätsregulierung Interventionen bezüglich inhaltlicher Merkmale und Folgen von Produkten und Produktionsprozessen. Infolge dieser weiten Begriffsauffassung ist auch ein Gebot zur Leistungserstellung wie der Kontrahierungszwang in diesen Bereich einzuordnen. Mithilfe einer Marktzugangsregulierung werden institutionelle Eintrittsbarrieren errichtet. Darunter fasst Kruse gesetzliche Monopolvorbehalte für öffentliche Unternehmen sowie Lizenzerfordernisse.210 In Anlehnung an die Einteilung von Kruse wird hier ebenfalls eine Dreiteilung der Regulierungsinstrumente durchgeführt. Von Instrumenten der Preisregulierung und der Qualitätsregulierung wird die Instrumentenkategorie Zuweisung exklusiver Verfügungsrechte differenziert. Letztere umfasst sämtliche re___________ 209 210

Vgl. Kahn (1970), S. 3. Vgl. Kruse (1989), S. 11.

74

C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

gulierenden Maßnahmen, nach denen Monopolrechte von staatlichen oder privaten Marktteilnehmern infolge eines regulierenden Eingriffs entstehen.

1. Preisregulierung Preisregulierungsinstrumente als traditionelle Verfahren der Regulierung kommen in normativ-theoretischer Hinsicht in Frage, wenn ein nichtangreifbares natürliches Monopol vorliegt. Weil die allokationstheoretische First-best-Lösung (Güterpreise gleich Grenzkosten) bei sinkenden Durchschnittskosten nicht ohne Verlust für den Monopolisten erreicht werden kann, wurde mit den Ramsey-Preisen eine Second-best-Lösung entwickelt, bei der das regulierte Unternehmen seine Kosten decken kann. Als weitere Formen der Preisregulierung werden in der Literatur einerseits die traditionellen Regulierungsinstrumente der Rate-of-Return- und Mark-upRegulierung genannt und andererseits die Price-Cap-Regulierung. Während bei ersteren die ‚Preis‘-Regulierung nicht am Verbraucherpreis ansetzt, sondern an der Unternehmensrendite bzw. den Kosten, die dem regulierten Unternehmen entstehen, ist das Price-Cap-Verfahren ein echtes Preisregulierungsverfahren im engeren Sinne. In der ersten Verfahrensgruppe werden die Verbraucherpreise indirekt über Zwischengrößen beeinflusst, bei der Price-Cap-Regulierung hingegen direkt und unmittelbar reguliert. Die moderne Regulierungstheorie begreift das Regulierungsgeschehen als Kontrakt zwischen dem Regulierer als Prinzipal und den regulierten Unternehmen als Agenten.211 Aufbauend auf den wegweisenden Artikel von Baron und Myerson (Mechanism-Design-Theorie) werden Informationsasymmetrien zwischen den Parteien als Untersuchungsgegenstand thematisiert, wobei der Regulierer als Auftraggeber das Kostenniveau des regulierten Unternehmens nicht kennt bzw. nicht in der Lage ist, das Kostenniveau zu beeinflussen.212 Auch die Regulierungspolitik folgte den Entwicklungen in der Literatur: Mit der Price-Cap-Regulierung findet ein Instrument Anwendung,213 das die asymmetrische Informationsverteilung zwischen Regulierungsinstitution und reguliertem Unternehmen akzeptiert und dem Unternehmen eine Informationsrente zugesteht.214

___________ 211

Vgl. Laffont/Tirole (1993). Vgl. Baron/Myerson (1982). 213 Vgl. Littlechild (1983). 214 Vgl. Kunz (2000), S. 46; Acton/Vogelsang (1989). 212

II. Regulierungsinstrumentarium

75

a) Ramsey-Preise Namensgeber der Preisregel ist Ramsey, der im Rahmen einer Abhandlung zur Steuertheorie dieses grundlegende Prinzip entwickelt hat.215 Wenn eine Grenzkosten-Preissetzung von der Regulierungsbehörde ausgeschlossen wird (z. B. weil notwendig werdende direkte Subventionen an den natürlichen Monopolisten Wählern schwer vermittelbar sind), ist das Ziel einer Second-bestRegulierung, den sozialen Überschuss unter der Restriktion der Kostendeckung für das regulierte Unternehmen zu maximieren. Im Einproduktfall ist diese Bedingung bei einer Durchschnittskostenregulierung (Güterpreis entspricht den Durchschnittskosten) erfüllt. Der Monopolist erzielt dann einen volkswirtschaftlichen Gewinn von null (bei Entlohnung aller Einsatzfaktoren, also auch des Eigenkapitals). Im Mehrproduktfall bestehen nun diverse Preiskombinationen, die allesamt zur Deckung der Kostenbestandteile führen. Es stellt sich für den Regulierer die Frage, welche Preiskombination zu wählen ist, die gerade zu einem Gewinn von null für den Monopolisten führt. Jeder Aufschlag auf die Grenzkosten führt zu einem Verlust an Konsumentenrente. Das Ausmaß dieses Verlustes ist von der Neigung der Nachfragekurve abhängig, welche formal durch die Preiselastizität der Nachfrage ausgedrückt werden kann.

p Wohlfahrtsverlust

N2 N1 Einheitspreis: p´1 = p´2

GK

p1=p2=GK

q´1

q1

q´2 q2

Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 7: Einheitlicher Aufschlag auf die Grenzkosten

___________ 215

Vgl. Ramsey (1927).

q1,q2

76

C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

Um den Verlust an Konsumentenrente möglichst gering zu halten, kann der Aufschlag auf die Grenzkosten umso höher sein, je geringer die Preiselastizität der Nachfrage ist. Skizzenhaft kann dieser Zusammenhang anhand von Abbildung 7 und Abbildung 8 abgelesen werden. Bei konstanten Grenzkosten wäre bei einem einheitlichen Aufschlag auf die Grenzkosten wie in Abbildung 7 ein größerer Wohlfahrtsverlust zu verzeichnen als in Abbildung 8. Hier ist der Grenzkostenaufschlag im Fall des Gutes 2 höher als bei Gut 1. Bei Gut 2 befinden wir uns im unelastischen Bereich der linear verlaufenden Nachfragefunktion (sprich: „die Nachfragefunktion verläuft steiler, die Nachfrage ist also weniger elastisch“), bei Gut 1 befinden wir uns im elastischen Bereich der linearen Nachfragefunktion (sprich: „die Nachfragefunktion verläuft flacher, die Nachfrage ist also elastischer“).

p Wohlfahrtsverlust wird geringer

N2 N1 p´2

p1=p2=GK

p´1

GK

q´1 q1

q´2

q2

q1,q2

Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 8: Ramsey-Preise

Mittels einer Formalisierung kann erreicht werden, dass die Darstellung unabhängig vom konkreten Verlauf der Kostenfunktion wird: Mit pi wird der Preis des Gutes i bezeichnet (i = 1, 2, …, n). qi ( pi ) c. p. beschreibt die Nachfragefunktion des Gutes i. Es wird angenommen, dass die nachgefragten Mengen der Güter voneinander unabhängig sind, also die Kreuzpreiselastizitäten den Wert null annehmen. Es werden insgesamt n Güter hergestellt und verkauft. Die gesamten Erlöse (E) aus dem Verkauf der Güter sind: n

(10)

E

¦ p ˜q . i

i 1

i

II. Regulierungsinstrumentarium

77

Die Kosten sind abhängig von den produzierten Gütermengen: (11)

K (q1, q2 , ..., qn ) .

Wenn die Summe aus Konsumenten- und Produzentenrente unter der Nebenbedingung der Kostendeckung maximiert werden soll, folgt daraus das nachstehende Optimierungsproblem: § qi · ¨ p ( z ) dz ¸  K (q , q , ..., q ) , wobei i n 1 2 ¨ ¸ ¸ 1 ¨© 0 ¹

n

(12)

max

^q`

(13)

¦³ i

K ( q1 , q2 , ..., qn ) .216

E

Das Integral der inversen Nachfragefunktion für das Gut i entspricht graphisch der Fläche unterhalb der Nachfragekurve des Gutes i. Wenn das Integral über alle Güter aufsummiert wird und im Anschluss die Produktionskosten der Güter subtrahiert werden, entspricht das Ergebnis der Summe aus Konsumentenrente und Produzentenrente.

K> qi , pi @ bezeichnet die Preiselastizität der Nachfrage für das Gut i. Die formale Notierung führt zu dem gleichen Ergebnis, welches weiter oben bereits graphisch gezeigt werden konnte. Der Aufschlag auf die Grenzkosten ist umso höher, je niedriger die Preiselastizität der Nachfrage ist: pi 

(14)

wK wqi

pi



O 1 .217 ˜ 1  O K> q , p @ i

i

Ramsey-Preise sind in der Praxis nur zu erzielen, wenn mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: –

Die Kostendeckungsbeschränkung stimmt mit der unbeschränkten Gewinnmaximierung des regulierten Unternehmens überein.



Das regulierte Unternehmen verfolgt von sich aus das Ziel der eingeschränkten Wohlfahrtsmaximierung.

___________ 216 217

Vgl. Knieps (2001), S. 83 ff.; Baumol/Bradford (1970). Die analytische Herleitung findet sich bei Knieps (2001), S. 84 f.

78



C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

Es gibt eine Regulierungsbehörde, die Wohlfahrtsmaximierung durchsetzen will und über ausreichende Informationen sowohl bezüglich der Kostenstruktur des Unternehmens als auch der Nachfrage verfügt.218

Die ersten beiden Unterpunkte können für das natürliche Monopol verworfen werden. Aber auch die dritte Bedingung ist nur schwer zu erfüllen, weshalb eine Preisregulierung zu Ramsey-Preisen nahezu unmöglich ist. Der Regulierungsbehörde müssten vollständige Informationen sowohl über die Angebotsals auch die Nachfrageseite des Marktes vorliegen. Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass ein auch nur annähernd in diese Richtung gehender Informationsstand erreicht werden kann, ist regulierungspolitisch anzuraten, anstelle des Versuchs, Ramsey-Preise zu erzielen, eine anreizorientierte Preisregulierung einzusetzen, die das Informationsproblem berücksichtigt.

b) Rate-of-Return- und Mark-up-Regulierung Als traditionelle Regulierungsinstrumente gelten in den USA die Rentabilitätsregulierung (Rate-of-Return-Regulierung) und in Europa die Kostenzuschlagsregulierung (Mark-up-Regulierung).219 Bei der Rentabilitätsregulierung wird das Verhältnis aus Rendite und der Summe des eingesetzten Kapitals (Inputgröße) reguliert und dem Monopolisten eine bestimmte Verzinsung zugestanden.220 Die zugestandene Rendite wird von der Regulierungsbehörde so angesetzt, dass alle expliziten und impliziten Kosten des Anbieters gedeckt werden.221 Die Regulierungsbehörden orientieren sich bei den Kosten in der Regel an historischen Werten.222 Bei einer Rate-of-Return-Regulierung sind die Gewinne des regulierten Unternehmens umso höher, je größer die eingesetzte Kapitalbasis ist. Die Rate-ofReturn-Regulierung wird wegen der daraus folgenden Tendenz zu einer Überkapitalisierung (Substitution von Arbeit durch Kapital) kritisiert,223 welche von Averch und Johnson modellhaft formuliert wurde224 und sich im Anschluss auch empirisch bestätigt hat. Wenn der regulierte Rate-of-Return-Satz zu hoch (über dem Marktzins anderer Branchen) angesetzt ist, bestehen Anreize zu zu___________ 218

Vgl. Müller/Vogelsang (1979), S. 71. Vgl. Kunz (2000), S. 51; Borrmann/Finsinger (1999), S. 342 ff. 220 Vgl. Spelthahn (1994), S. 63 f. 221 Vgl. Viscusi/Vernon/Harrington (2000), S. 362. 222 Vgl. Laffont/Tirole (1993), S. 14. 223 Vgl. Averch/Johnson (1962). 224 Vgl. Spelthahn (1994), S. 63; Kunz (2000), S. 51. 219

II. Regulierungsinstrumentarium

79

sätzlichen Investitionen (Überinvestitionen).225 In diesem Fall ist der Kapitaleinsatz ineffizient und wohlfahrtsmindernd. Die damit verbundenen Kosten tragen letztendlich die Konsumenten. Das in Europa verwendete Kostenzuschlagsverfahren (Mark-up-Regulierung) begrenzt die zulässigen Umsätze durch einen Aufschlag auf die Produktionskosten.226 Diese werden in der Regel über die Methode der FullyDistributed-Costs auf Basis historischer Kostendaten ermittelt. Die Mark-upRegulierung kann als eine Rate-of-Return-Beschränkung auf die Erlöse anstelle der Kapitalbasis interpretiert werden.227 Das Ergebnis beider Verfahren ist ähnlich: Das Kostenzuschlagsverfahren provoziert den Monopolisten zu einem erhöhten Kosteneinsatz bzw. zu Ressourcenverschwendung. So könnte ein reguliertes Unternehmen beispielsweise Werbe- und Marketingaktivitäten übermäßig ausdehnen, um den Umsatz und damit die Höhe des Mark-ups zu steigern.228 Damit unterliegen die Unternehmen, die einem der traditionellen Regulierungsverfahren unterworfen sind, keinen Anreizen zu produktiver Effizienz und technologischer Innovation.229 Zudem ist eine Vielzahl von Informationen über die regulierten Unternehmen erforderlich, deren Beschaffung und Überprüfung eine grundsätzliche Schwierigkeit darstellt.230 Bei einer Regulierung nur von Teilbereichen eines Unternehmens, wie es einer disaggregierten Regulierung zufolge regelmäßig empfehlenswert ist, wird das Informationsproblem zusätzlich verstärkt. Im Hinblick auf die genannten Problemkreise erscheinen die traditionellen Regulierungskonzepte (Rate-of-Return-Regulierung und Mark-up-Regulierung) ebenfalls nicht geeignet, als Regulierungsinstrument eines disaggregierten Regulierungsansatzes Verwendung zu finden.

c) Price-Cap- und Revenue-Cap-Regulierung Eine Regulierung mit Preisobergrenzen (Price-Caps) wurde zum ersten Mal im Jahr 1983 von Littlechild für die britische Telekommunikationsbranche vorgeschlagen.231 Littlechild wurde vom Department of Industry der Auftrag er___________ 225

Vgl. auch Filippini/Wild/Luchsinger (2001), S. 6. Vgl. Finsinger/Kraft (1984). 227 Vgl. Winkler (2005), S. 109. 228 Vgl. Finsinger/Kraft (1984), S. 501 ff. 229 Vgl. Kunz (2000), S. 51. 230 Vgl. Kunz (2000), S. 52; vgl. auch Spelthahn (1994), S. 63 f. 231 Vgl. Spelthahn (1994), S. 64; Littlechild (1983). 226

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

teilt, ein modifiziertes Rate-of-Return-Regulierungsschema zu entwickeln.232 Inzwischen ist die Price-Cap-Regulierung zum Hauptinstrument der englischen Regulierung geworden, nicht nur in der Telekommunikationsbranche, sondern auch in den Bereichen Elektrizität, Gas und Wasser.233 Unternehmen, die einer Price-Cap-Regulierung unterworfen sind, dürfen innerhalb eines festgelegten Zeitraums jede Art von Preisänderung vornehmen, wenn eine noch zu erläuternde Verhältnisgröße nicht über einen Kontrollindex ansteigt.234 Der Kontrollindex (RPI-X) ergibt sich aus der Inflationsrate (ausgedrückt über den Retail-Price-Index) abzüglich eines Faktors X, der die erwartete Effizienzsteigerung umfasst und von der Regulierungsinstitution festgelegt wird. Der Zusammenhang ist für den Einproduktfall in (15) dargestellt. Die Preisobergrenze PC beschreibt den regulierten Einzelpreis in seiner absoluten Höhe für die aktuelle und die Vorperiode: (15)

PCt  1 d RPI  X .235 PCt 1

Die regulierten Preise müssen bei einer Preisobergrenzenregulierung dementsprechend real sinken, sofern Effizienzsteigerungen erwartet werden. Beträgt die Inflationsrate z. B. 3 % und das Produktivitätswachstum wird von der Regulierungsbehörde mit 2 % festgesetzt, dann resultiert daraus eine Höchstgrenze für Preissteigerungen von 1 %. Der Handelspreisindex berücksichtigt die Veränderungen der Inputpreise. Damit werden Anreize geschaffen, die günstigsten Inputs zu verwenden.236 Ein Problem in der praktischen Anwendung dieser Grundformel ergibt sich dadurch, dass die Preisobergrenze in der ersten Regulierungsperiode in irgendeiner Weise festgelegt werden muss. Wenn dazu die Kosten im Ausgangszeitpunkt (oder vor Beginn der Regulierung) Verwendung finden, ergeben sich ähnliche Probleme (insbesondere Informationsprobleme) wie bei der Rate-ofReturn-Regulierung.237 Dieses Problem wird theoretisch elegant in der Variante des so genannten Tariff-Basket-Approach (Mehrproduktfall) gelöst, lässt aber eine Bewertung des ursprünglichen Preisniveaus seitens des Regulierers außer Acht, indem aus___________ 232

Vgl. Knieps (2001), S. 106. Vgl. Furrer (2004), S. 138. 234 Vgl. Spelthahn (1994), S. 64. 235 Vgl. Filippini/Wild/Luchsinger (2001), S. 6. 236 Vgl. Furrer (2004), S. 138 f. 237 Vgl. Filippini/Wild/Luchsinger (2001), S. 7. 233

II. Regulierungsinstrumentarium

81

schließlich der Pfad reguliert wird. Im Tariff-Basket-Approach ergibt sich der Price-Cap indirekt, indem eine Verhältnisgröße aus den Tarifen des regulierten Unternehmens als gewichteter Mittelwert der Preisveränderungen in Bezug auf die Vorperiode gebildet wird. Als Gewichte finden die Mengen der Vorperiode Verwendung.238 n

(16)

§

¦ ¨¨© p

j ,t 1 ˜ q j ,t 1 ˜

j 1 n

¦p

( p j ,t  p j ,t 1 ) · ¸ ¸ p j ,t 1 ¹

d RPI  X für j 1, 2,..., n .

j ,t 1 ˜ q j ,t 1

j 1

Der Index j = 1, 2, …, n bezeichnet sämtliche Leistungen im regulierten Korb. Die Indizes t bzw. t-1 bezeichnen die aktuelle Periode bzw. die Vorperiode, p und q sind Preis- bzw. Mengenvektoren der regulierten Leistungen. Zu einem Laspeyres-Index umgeformt (linke Seite der Ungleichung), ergibt sich dann: n

¦p (17)

j ,t

˜ q j ,t 1

j 1 n

¦p

 1 d RPI  X für j 1, 2,..., n . j ,t 1 ˜ q j ,t 1

j 1

Ein derartiger Price-Cap findet in Deutschland zur Regulierung der Briefpreise der Deutschen Post AG Verwendung.239 Der Preispfad ist grundsätzlich unabhängig von der Kostenentwicklung des regulierten Unternehmens,240 d. h., es profitiert direkt von realisierten Effizienzsteigerungen. Eine weitere Eigenschaft dieser Price-Cap-Variante ist, dass sie Anreize setzt, zu Ramsey-Preisen als wohlfahrtstheoretischer Second-best-Situation zu gelangen. Damit würde das regulierte Unternehmen seinen Gewinn maximieren, wenn die Preisstruktur den Preiselastizitäten angepasst wäre.241 Im Mehrproduktfall bezieht sich die Regulierung auf das Preisniveau und nicht auf die Preisstruktur.242 Prinzipiell könnte zwar auch jeder Einzelpreis ei___________ 238

Vgl. Kunz (2000), S. 53 ff.; Brunekreeft (2000a), S. 24 f. Vgl. RegTP (2001). 240 Dies gilt nur insoweit, als dass nicht Kostenbestandteile des regulierten Unternehmens in die Bestimmung des X-Faktors einfließen. 241 Vgl. Brunekreeft (2000a), S. 25. 242 Vgl. Kunz (2000), S. 52; vgl. auch Acton/Vogelsang (1989), S. 370. 239

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

ner Regulierung unterworfen werden, größere Spielräume für die Unternehmen und ein weniger aufwändiges Regulierungsverfahren ergeben sich allerdings, wenn Körbe reguliert werden. Ähnlich wie die Price-Cap-Regulierung gibt die Regulierungsbehörde bei einer Revenue-Cap-Regulierung den Unternehmen eine Erlösobergrenze vor, die unabhängig von den Kosten maximal erreicht werden darf.243 Ein RevenueCap in der Grundform sieht beispielsweise folgendermaßen aus: (18)

RCt  1 d RPI  X . RCt 1

In der Literatur ist darauf hingewiesen worden, dass Unternehmen bei einer Revenue-Cap-Regulierung Anreizen zu Preiserhöhungen unterliegen.244 Durch den dadurch induzierten Nachfragerückgang kann die Erlösobergrenze eingehalten werden. Dieser Kritik ist entgegenzuhalten, dass sich das Unternehmen infolgedessen nur dann einen Gewinnvorteil verschaffen kann, wenn die Kosten zu einem größeren Teil variabel sind.245 Darüber hinaus müssen die Verbraucher mit ihrer Nachfrage entsprechend preiselastisch reagieren. Unter einer Cap-Regulierung erzielt das einzelne Unternehmen keine garantierte Rendite. Somit ergeben sich Anreize zu Kosten reduzierendem Verhalten. Damit ist ein wesentliches Problem der Price-Cap- bzw. Revenue-CapRegulierung verknüpft. Die erwünschten Anreize zu technischer Effizienz können zu Lasten der Leistungsqualität gehen, indem Unternehmen durch Qualitätssenkungen Kosten einsparen.246 Die Möglichkeit des Vorhandenseins von verborgenen Absichten (Hidden Intention) des Regulierers kann zur Nicht-Realisierung von Investitionen aufgrund der Angst vor späterer Ausbeutung der Unternehmen durch den Regulierer führen. Ein sich opportunistisch verhaltender Regulierer könnte die Preisoder Umsatzbeschränkungen verschärfen, nachdem der Unternehmer irreversible Investitionen getätigt hat. Die Gefahr einer solchen Ausbeutung des regulierten Unternehmens durch die Regulierungsbehörde könnte dazu führen, dass die Cap-Verfahren unzureichende Investitionsanreize bieten. Eine Lösungsoption bietet u. U. eine Berücksichtigung von Investitionskosten im Rahmen der Price-Cap- oder Revenue-Cap-Ausgestaltung.247 ___________ 243

Vgl. Filippini/Wild/Luchsinger (2001), S. 8. Vgl. Crew/Kleindorfer (1996). 245 Vgl. Filippini/Wild/Luchsinger (2001), S. 8. 246 Vgl. Kunz (2000), S. 64 f. 247 Vgl. Kunz (2000), S. 63 f. 244

II. Regulierungsinstrumentarium

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Für die Bestimmung der von der Regulierungsinstanz festzulegenden Größe X existieren in Theorie und Praxis verschiedene Ansätze.248 Wesentlich ist, dass eine Unterschätzung der Effizienzvorteile zu erhöhten Gewinnspannen des Monopolisten führt, während eine Überschätzung zu Verlusten und damit zu einem Investitionsstopp führen kann.249 Die Festlegung des X-Faktors sollte möglichst objektiv sein, ohne dabei allerdings auf historische Daten zurückzugreifen. Denn, wenn der erlaubte Preis von den selbst gewählten Kosten abhängig wäre, entfiele der Anreiz für die Unternehmen, ihre Kosten zu senken. Der wesentliche Vorteil der Cap-Regulierung wäre dahin.250 Die Kritik an der Cap-Regulierung fokussiert sich häufig auf die X-FaktorBestimmung. Typisch ist, dass bei der Festlegung von X auf die Gewinne des Unternehmens geachtet wird.251 Der Effizienzfaktor X wird erhöht, wenn nach der Auffassung des Regulierers in der Vorperiode zu hohe Gewinne erzielt wurden und vice versa. Unter solchen Voraussetzungen nähern sich die Preisobergrenzenregulierung und die Rentabilitätsregulierung im Ergebnis an.252 Als mögliche Ergänzung einer Obergrenzenregulierung fungiert im Sinne einer Objektivierung der Vorgaben das Verfahren des Yardstick-Competition, welches aus dem Benchmarking abgeleitet wurde. Der Begriff Benchmarking bezeichnet ein Instrument, mit dem Vergleiche von Abläufen innerhalb von Organisationen sowie darüber hinaus zwischen Organisationen, Sektoren oder auch Ländern vorgenommen werden. Bezugspunkt der Vergleiche ist dabei jeweils der Beste einer Vergleichsgruppe, so dass die relative Wettbewerbsposition des Benchmarking-Objekts ermittelt werden kann.253 Benchmarking wurde für regulierte Unternehmen zum Konzept des Yardstick-Competition weiterentwickelt. Dieses Konzept wurde von Shleifer geprägt und bezeichnet ein Regulierungsverfahren, bei dem sich eine Regulierungsbehörde relevante Informationen über eine Gruppe von ähnlichen Unternehmen einholt, um für regulierte Unternehmen entsprechende Vorgaben aufgrund der erhaltenen Informationsbasis setzen zu können.254 In seiner Grundform werden die Preise eines regulierten Unternehmens auf Basis der Durchschnittskosten der Vergleichsunternehmen festgelegt. Yardstick-Competition kann aber auch als Ergänzung einer Price-Cap-Regulierung (einer RevenueCap-Regulierung) eingesetzt werden, um die Preisobergrenze (die Erlösober___________ 248

Vgl. Bernstein/Sappington (1999); Kunz (2000), S. 58 ff. Vgl. Lang (1994), S. 7. 250 Vgl. Winkler (2005), S. 114. 251 Vgl. Schönefuß (2005), S. 187. 252 Vgl. Bös (1998), S. 60. 253 Vgl. Clausen/Scheele (2001), S. 3. 254 Vgl. Shleifer (1985), S. 319 f. 249

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

grenze) eines regulierten Unternehmens zu bestimmen oder um individuelle Vorgaben bezüglich der Effizienzsteigerung X als Teil des Price-Caps (des Revenue-Caps) einzubringen.255 Reduziert eine von mehreren Unternehmungen im Verfahren des YardstickCompetition ihre Kosten, profitiert sie; reduziert die Unternehmung ihre Kosten nicht, obwohl andere dies vormachen, entsteht ein Verlust.256 Damit werden die starken Anreize zur Effizienzsteigerung, die den Cap-Verfahren innewohnen, beibehalten. Zugleich wird das Regulierungsprozedere objektiviert.257 Dabei können die Unternehmen durchaus unterschiedliche Märkte bedienen. Das Ziel der Regulierungsbehörde besteht darin, dass sich die Unternehmen ähnlich wie im Wettbewerbsfall verhalten.258 Kritik am Verfahren des Yardstick-Competition wird vor allem an der Relevanz und Weiterverarbeitung der Informationsbasis geäußert.259 Für die Anwendung des Ansatzes ist eine ausreichende Anzahl vergleichbarer Unternehmen notwendig. Mit zunehmender Anzahl an Zusammenschlüssen von Unternehmen nimmt die Vergleichsbasis ab.260 Als Nachteil in der praktischen Umsetzung von Yardstick-Competition ist anzuführen, dass Unternehmen versuchen werden, ihre Kostenabweichungen durch bestimmte Einflussfaktoren zu erklären, die ihrer Auffassung nach einen aussagekräftigen Vergleich mit anderen Unternehmen derselben Branche verhindern.261 Sofern solche Angaben durch die Regulierungsinstanz überprüfbar sind oder sogar als Bestandteile der Datenerhebung für den Unternehmensvergleich offenbar werden, können solche Versuche der Interessenwahrnehmung seitens des Regulierers durchschaut werden. Ein weiterer Nachteil von Yardstick-Competition ist darin zu erkennen, dass sich die Anbieterunternehmen wettbewerbswidrig untereinander abstimmen könnten.262 Um solche Praktiken aufzudecken bzw. ex ante zu verhindern, sind die allgemeinen Wettbewerbsbehörden gefragt. Es kommt hier vermutlich auf den Anwendungsfall an. Je größer die Anzahl der regulierten Unternehmen und je heterogener deren Struktur ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie abgestimmt vorgehen. ___________ 255

Vgl. Filippini/Wild (2002), S. 52. Vgl. Winkler (2005), S. 115. 257 Vgl. auch Winkler (2005), S. 115. 258 Vgl. Shleifer (1985), S. 320. 259 Vgl. Clausen/Scheele (2001), S. 31 ff. 260 Als Hintergrund ist u. a. die abnehmende statistische Signifikanz des Datenmaterials anzuführen (vgl. Scheele 2000, S. 14). 261 Vgl. Scheele (1997), S. 53; Schönefuß (2005), S. 203. 262 Vgl. Bös (1998), S. 67; Stuchtey (2002), S. 103. 256

II. Regulierungsinstrumentarium

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Die verschiedenen Cap-Verfahren, die in der Praxis angewendet werden, sind zum Teil komplexer als die dargestellten Grundformen. Manchmal finden auch Begrifflichkeiten keine einheitliche Verwendung. So ist etwa die Abgrenzung von ‚Yardstick-Competition‘ und ‚Price-Cap- bzw. Revenue-Cap-Regulierung mit Yardstick-Competition‘ nicht zweifelsfrei. Verfahren mit Yardstick-Competition-Elementen sind eine Teilmenge sämtlicher Verfahren, die Preis- bzw. Erlösvorgaben für regulierte Unternehmen umfassen. In der Regel handelt es sich um die Vorgabe von Obergrenzen, womit YardstickCompetition letztendlich in der Praxis entweder eine Ergänzung eines PriceCaps oder eines Revenue-Caps ist.263

2. Zuweisung exklusiver Verfügungsrechte a) Staatliche Produktion In Kontinentaleuropa – insbesondere in Deutschland – gibt es eine Tradition, die Bereitstellung von bestimmten Leistungen durch den Staat selbst als Produzenten im engeren Sinne zu erbringen. Dabei handelt es sich nicht nur um die Produktion von öffentlichen Gütern, sondern um eine wirtschaftliche Betätigung der Gebietskörperschaften, die weit darüber hinausgeht. Eine Vielzahl kollektiver Eingriffe in das Marktgeschehen, die einer ökonomischen Rechtfertigung nicht standhalten würde, geschieht unter dem Deckmantel der Daseinsvorsorge,264 einem schillernden Begriff, der einst von Forsthoff geprägt wurde. „Diejenigen Veranstaltungen, welche zur Befriedigung des Appropriationsbedürfnisses getroffen werden, bezeichne ich als Daseinsvorsorge (im Original hervorgehoben, C. R.).“265 In politischer Verantwortung liegt damit die „Darbringung von Leistungen, auf welcher der in die modernen massentümlichen Lebensformen verwiesene Mensch lebensnotwendig angewiesen ist“.266 Paradoxerweise nennt Forsthoff als Beispiele der Daseinsvorsorge die Versorgung mit Wasser und Strom, während die Lebensmittelversorgung im Hintergrund bleibt.267 Auch die Europäische Kommission bedient sich in der Mitteilung mit dem Titel „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“268 der Terminologie Forsthoffs. Leistungen der Daseinsvorsorge sind nach der Kommission „markt___________ 263

Vgl. auch Bundesnetzagentur (2006), S. 48. Vgl. im Hinblick auf kommunale Leistungen Fuest/Kroker/Schatz (2002). 265 Forsthoff (1938), S. 6. 266 Forsthoff (1938), S. 7. 267 Vgl. Püttner (2003), S. 2. 268 Kommission (2000). 264

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

bezogene oder nichtmarktbezogene Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht (…) werden“.269 In diesem Zusammenhang werden vielfach auch die im EG-Vertrag in Artikel 86 angeführten „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ genannt. Darunter versteht die Kommission letztendlich nichts anderes als marktbezogene Leistungen der Daseinsvorsorge.270 Der gravierende Nachteil der staatlichen Produktion ist, dass sich kein Wettbewerbsprozess entfalten kann, aus dem der effizienteste Anbieter hervorgeht. Und dass der staatliche Produzent generell effizient arbeitet, ist nicht anzunehmen. Der staatliche Produzent wirtschaftet ohne die externe Kontrolle durch den Wettbewerb, was den Bürokraten Anreize bietet, ihre diskretionären Handlungsspielräume auszunutzen.271 Auch intern ist eine geringere Kontrolle in öffentlichen Unternehmen im Vergleich zu privatwirtschaftlichen plausibel. Nach der Theorie der Verfügungsrechte besteht in öffentlichen Unternehmen ein geringeres Effizienzinteresse als in privaten Unternehmen aufgrund unterschiedlicher Durchsetzbarkeit von Verfügungsrechten. In letzter Konsequenz unterliegen private Anteilseigner, Gesellschafter oder Unternehmer einem persönlichen Verlustrisiko.272 Sie werden ihre Kontrollfunktion daher mehr in Anspruch nehmen, als es der Wähler als Pendant im öffentlichen Unternehmen willens (rationale Ignoranz) und in der Lage ist. Im Rahmen der Bürokratietheorie wird darauf abgestellt, dass die Beschäftigten in öffentlichen Unternehmen, ähnlich wie in der öffentlichen Verwaltung, eine Nutzenmaximierungsstrategie verfolgen, die mit der Höhe des verwalteten Budgets und der Anzahl der unterstellten Mitarbeiter korrespondiert. Um persönliche Ziele wie Einkommen, Geltung und Macht zu erreichen, muss ein Beschäftigter in einem öffentlichen Unternehmen also permanent darauf bedacht sein, seinen Aufgabenbereich zu erweitern und das ihm zur Verfügung gestellte Budget in die Höhe zu treiben. Dies kann sowohl zu einer übermäßigen Leistungserstellung als auch zu Produktionsineffizienz aufgrund erhöhter Kosten führen.273 Zusammenfassend ist die private Produktion einer Leistung in all jenen Fällen empfehlenswert, in denen nicht der Wettbewerbsprozess aufgrund von Marktversagen ausbleibt. Staatliche Produktion kann entweder im Extremfall ___________ 269

Kommission (2000), S. 42 (Anhang II, Definition der Begriffe). Vgl. Kommission (2000), S. 42 (Anhang II, Definition der Begriffe); Fuest/ Kroker/Schatz (2002), S. 23. 271 Vgl. Williamson (1964); Eickhof (2000), S. 4. 272 Vgl. Spelthahn (1994), S. 31 ff.; Schneider (2002), S. 96 ff. 273 Vgl. Niskanen (1971); Spelthahn (1994), S. 34 f.; Schneider (2002), S. 98 f. 270

II. Regulierungsinstrumentarium

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des Auftretens positiver Externalitäten, also dem Vorliegen von öffentlichen Gütern, begründet sein oder durch das Vorliegen eines Bottlenecks aufgrund von Eigenschaften eines natürlichen Monopols. Selbst dann stehen aber Alternativen zur Verfügung. Der Produzent eines öffentlichen Gutes kann im Wege des Ausschreibungsverfahrens ermittelt werden. Das Gleiche gilt für den Betreiber eines monopolistischen Bottlenecks. Darüber hinaus kann im Fall des natürlichen Monopols auch eine Preisregulierung erfolgen, um zu verhindern, dass der Bottleneck-Betreiber Monopolrenten abschöpft.

b) Ausschreibungswettbewerb Als Wettbewerb um den Markt bzw. Ausschreibungswettbewerb wird die Versteigerung von exklusiven Bedienungs- und Betreiberkonzessionen verstanden. Die Idee geht zurück auf die Arbeit von Chadwick und wurde insbesondere von Demsetz und Stigler weiterentwickelt.274 Chadwick untersuchte in den Jahren 1838 bis 1841 verschiedene Trinkwasserversorgungssysteme in England mit dem Ergebnis, dass ineffiziente Monopolstrukturen vorliegen. Sein Lösungsvorschlag zielte darauf ab, den Wettbewerb im Markt durch einen Wettbewerb um den Markt zu ersetzen. Der grundlegende Gedanke, eine Monopolstellung durch Auktionsverfahren zu versteigern (Franchise-Bidding), war geboren.275 Die Ausschreibung einer Leistung kommt in Frage, wenn es um die Bereitstellung eines öffentlichen Gutes geht oder wenn ein monopolistischer Bottleneck vorliegt. Im ersten Fall ist das Ausschreiben der Leistung als Alternative zur staatlichen Produktion anzusehen. Denn, dem Staat die Aufgabe zuzuweisen, bestimmte Güter bereitzustellen, bedeutet nicht, dass es auch der Staat selbst sein muss, der diese Güter produziert.276 Im zweiten Fall ist Wettbewerb um den Markt die Alternative zu einer Preisregulierung. Das Recht zur Belieferung der Nachfrager wird für einen festgelegten Zeitraum vergeben.277 Erhält ein Unternehmen den Zuschlag, ist es hinsichtlich der relevanten Auswahlkriterien (Preis, Qualität) für den gesamten Zeitraum gebunden.278 Der Wettbewerb um den Markt findet zwischen zwei Perioden bzw. bei erstmaligem Einsatz des Instruments vor der ersten Periode statt. Durch das Verfahren werden Effizienzanreize gesetzt, ohne dass die Ausschreibungsin___________ 274

Vgl. Chadwick (1859); Demsetz (1968); Stigler (1968). Vgl. Chadwick (1859); vgl. auch Niedernberg (2005), S. 132. 276 Vgl. Müller (2005), S. 198. 277 Vgl. Niedernberg (2005), S. 132. 278 Vgl. Kruse (1985), S. 346. 275

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

stanz Kenntnisse über die Kosten- und Organisationsstruktur der beteiligten Unternehmen haben muss.279 Gegenüber einem gewöhnlichen Wettbewerb im Markt tritt bei Ausschreibungsverfahren das Problem auf, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung für einen bestimmten Leistungsanbieter die Produkte der Konkurrenten nicht in ihrer Gesamtheit miteinander verglichen werden können, sondern lediglich die Versprechen auf bestimmte Leistungen.280 Als Vergabekriterium kommt grundsätzlich in Frage, demjenigen Unternehmen den Zuschlag zu geben, das die höchste Pauschalsumme für die Leistungserstellungsrechte bietet. Sofern der Unternehmer im Folgenden in der Preisgestaltung frei ist, wird er Monopolpreise verlangen, was zu entsprechenden Wohlfahrtsverlusten im Sinne von allokativer Ineffizienz führt. In einer solchen Lösung bestehen zwar starke Anreize zu technischer Effizienz,281 es sind aber weitere Regulierungsmaßnahmen (Preisregulierung) erforderlich. Unter der Voraussetzung, dass keine zusätzliche Preisregulierung im Regulierungsrahmen implementiert ist, empfiehlt es sich daher, demjenigen Unternehmen den Zuschlag zu gewähren, das den geringsten Verbraucherpreis bietet (bei entsprechend definierter Leistungsqualität). Damit bestehen im Wettbewerb um den Markt sowohl Anreize zu allokativer als auch zu technischer Effizienz. So wird im Fall der Versteigerung eines natürlichen Monopols der Wettbewerb zwischen verschiedenen potenziellen Anbietern dazu eingesetzt, die wohlfahrtsvermindernde Monopolrente abzuschöpfen.282 Die Wettbewerbsintensität bei Wettbewerb um den Markt ist von der Häufigkeit des Aufeinanderfolgens der Ausschreibung abhängig: je kürzer die Vertragslaufzeiten, desto höher die Wettbewerbswirkung.283 Dies resultiert aus der zu erwartenden Effizienzwirkung des Ausschreibungsverfahrens durch die Rivalität der Konkurrenten während der Ausschreibungsperiode sowie aus der Antizipation zukünftiger Ausschreibungswettbewerbe mit entsprechender Selektionswirkung.284 Der Zusammenhang kann sich umkehren, wenn die Vertragslaufzeit so kurz gewählt wird, dass gar keine Bewerber in Erscheinung treten. Zu unterscheiden ist, ob der Monopolist nur die Betriebsführung übernehmen soll oder ob er auch die zu tätigenden Investitionen aufbringen muss. In ___________ 279

Vgl. Kruse (1985a), S. 166 f.; Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S. 251; Niedernberg (2005), S. 132. 280 Vgl. Kruse (1985), S. 347. 281 Vgl. Kruse (1985), S. 349. 282 Vgl. Wild (2001), S. 38. 283 Vgl. Michaelis (2001), S. 442. 284 Vgl. Kruse (1985), S. 356.

II. Regulierungsinstrumentarium

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Branchen mit hohem Fixkostenanteil können wesentliche Kostensenkungen nur dann erreicht werden, wenn der Monopolist auch die Investitionsentscheidungen trifft und realisiert.285 Ein Ausschreibungswettbewerb, der allein die Betriebsführung umfasst, verfestigt die womöglich nicht optimale Beschaffenheit der Infrastruktur. Wenn ein Unternehmen, welches neben der Betriebsführung auch die Investitionen übernimmt, damit rechnen muss, dass es im Fall des Anbieterwechsels in einer der folgenden Ausschreibungsperioden keine Kompensationszahlung für getätigte irreversible Investitionen erhält, so wird es das Investitionsniveau gesamtwirtschaftlich zu niedrig wählen.286 Da ein Unternehmen im Ausschreibungswettbewerb das Eigentum an Anlagen allenfalls über einen abgegrenzten Zeitraum erwirbt, reduziert sich sein Interesse an der langfristigen Anlageninstandhaltung sowie der Festlegung des optimalen Reinvestitionszeitpunktes. Die Gefahr des Zurückhaltens von Investitionen basiert letztendlich auf Informationsasymmetrien. Aus Angst vor einer späteren Ausbeutung durch die Ausschreibungsinstanz (Hold-up) baut das Unternehmen einen Investitionsstau auf. Eine Option zur Angleichung der Interessen von Regulierer und Reguliertem und damit auch ein Ansatz zur Lösung des Hold-up-Problems liegt in entsprechend langen Vertragslaufzeiten. Diese könnten sich z. B. an der wirtschaftlichen Nutzungsdauer der wesentlichen Investitionen orientieren.287 Dagegen spricht einerseits, dass lange Vertragslaufzeiten mit einer geringen Wettbewerbsintensität bzw. gar mit einem vollkommenen Verzicht auf die Disziplinierung durch den Wettbewerb um den Markt einhergehen, und andererseits, dass die Lebensdauer einzelner Anlagenteile so unterschiedlich sein kann, dass das Bewertungsproblem für, bis zur nächsten Ausschreibungsphase nicht vollständig abgeschriebene, Investitionen zwar reduziert wird, aber nicht vollständig umgangen werden kann.288 Der Etablierte hat im Ausschreibungsverfahren einen Informationsvorsprung gegenüber den potenziellen Konkurrenten. Es besteht insofern eine Informationsasymmetrie der Bieter untereinander. Der Etablierte kennt gegebenenfalls die (z. B. regional unterschiedlichen) Vertriebs-/Versorgungsbedingungen sowie das Nachfragerverhalten besser als die anderen Bieter. Die Unsicherheit über den aktuellen Stand und die zukünftigen Entwicklungen kann zum Phänomen des so genannten Fluchs des Gewinners (Winner’s Curse) führen: Bei unterstellten gleichen Kosten gewinnt der Bieter den Ausschreibungswettbewerb, der die Marktsituation am optimistischsten einschätzt. Um nach erfolg___________ 285

Vgl. Christmann (2004), S. 324. Vgl. Stuchtey (2002), S. 117. 287 Vgl. Michaelis (2001), S. 442. 288 Vgl. Stuchtey (2002), S. 117; Kruse (1985), S. 364. 286

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

reichem Gebot dem Konkurs zu entgehen, werden insbesondere die neuen Bieter einen entsprechenden Risikoaufschlag in ihre Preiskalkulation einbeziehen.289 Ein Ausschreibungswettbewerb ist im Vergleich zu einem funktionsfähigen Wettbewerb im Markt nicht als gleichwertig einzustufen. Beim Ausschreibungswettbewerb fehlt der Markzutritt als dezentraler Versuch, Neuartiges zu testen.290 Der Wettbewerb als Entdeckungsverfahren, wie er von von Hayek beschrieben wurde,291 fällt weg, weil die Leistung zentral definiert wird.292 Darüber hinaus wird als weiteres Problem angemerkt, dass Ausschreibungsverfahren insbesondere auf Märkten mit hohem Konzentrationsgrad zu unrechtmäßigen Absprachen verleiten.293 Zwei Gründe sprechen dafür, beim Vorliegen eines natürlichen Monopols mit Bottleneck-Eigenschaften eine Preisregulierung gegenüber dem Ausschreibungsverfahren vorzuziehen.294 Erstens treten die gerade diskutierten Probleme bei der Ausgestaltung des Ausschreibungsverfahrens im Fall der kommunalen Ausschreibung für immens viele Ausschreibungsinstanzen einzeln auf, während die Probleme des Preisregulierungsregimes von einer zentralen Regulierungsbehörde aufgrund von verfügbarem Expertenwissen vermutlich mit geringeren Kosten anzugehen sind. Zweitens ist bei entsprechender Ausgestaltung des Regulierungsregimes im Fall der Preisregulierung ein permanenter wettbewerblicher Prozess im Gange, während das Ausschreibungsverfahren ausschließlich zwischen den Ausschreibungsperioden (alle paar Jahre) Wettbewerb ermöglicht. Wenn es um die Erstellung eines öffentliches Gutes geht, fallen all jene Probleme des Ausschreibungsverfahrens, die im Zusammenhang mit einem hohen Investitionskostenanteil stehen, weniger stark ins Gewicht als bei einem Leistungserstellungsprozess mit Eigenschaften eines natürlichen Monopols. Von daher sind Ausschreibungsverfahren bei öffentlichen Gütern als Alternative zur staatlichen Produktion empfehlenswert.

___________ 289

Vgl. Stuchtey (2002), S. 121. Vgl. Blankart (2002), S. 32. 291 Vgl. von Hayek (1968). 292 Vgl. Blankart (2002), S. 32. 293 Vgl. Kruse (1985), S. 375 ff.; vgl. auch Michaelis (2001), S. 442. 294 Davon unbenommen verbleibt die Möglichkeit (bei einem natürlichen Monopol), im Einzelfall Ausschreibungsverfahren als Mittel der (Teil-)Privatisierung ergänzend zu einem Preisregulierungsregime durchzuführen. 290

II. Regulierungsinstrumentarium

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c) Handelbare Nutzungsrechte Als Ursache des Auftretens von technologischen Externalitäten wurde die unzureichende Verortung bzw. nicht hinreichende Durchsetzbarkeit von Verfügungsrechten (Property-Rights) identifiziert. In solchen Fällen liegt eine marktnahe Option zur Internalisierung der Externalitäten in handelbaren Nutzungsrechten (Zertifikate). Dieses Instrument findet zunehmend in der Umweltpolitik Beachtung. Die Zertifikatlösung für Umweltgüter geht auf Crocker und Dales zurück und besteht darin, Märkte für deren Inanspruchnahme zu schaffen.295 Das Nutzungsrecht ist dabei als Recht zur Entnahme einer festgelegten Menge eines Gutes oder Abgabe einer festgelegten Menge eines Übels aufzufassen. Letzteres umfasst die Inanspruchnahme bzw. Nutzung des Umweltgutes als Aufnahmemedium von Rückstandsproduktion.296 Die Nutzer eines Gutes vergleichen ihre Grenzopportunitätskosten mit den Preisen der Zertifikate. Im Fall von Schädigungsrechten vergleichen die Emittenten ihre Grenzvermeidungskosten mit den Zertifikatspreisen. Die Zertifikate befinden sich dann in Besitz des Unternehmens mit den höchsten Schadensvermeidungskosten. Allgemeiner formuliert, entspricht die Nutzung der Umweltgüter den Knappheitsrelationen. Dadurch wird eine ökonomisch effiziente Allokation von Umweltgütern (inklusive der effizienten Aufnahme von Rückstandsprodukten) bewirkt.297 Nutzungsrechte können in der Einführungsphase entweder versteigert oder auch unentgeltlich an die bestehenden Schädiger verteilt werden (Grandfathering).298 Der Vorteil einer Versteigerung bei der Erstausgabe ist darin zu sehen, dass sich die beschriebenen Marktwirkungen sofort ergeben. Dagegen kann eingewendet werden, dass bisherige Nutzer auf einen Schlag mit zusätzlichen Belastungen konfrontiert werden. Hartwig weist darauf hin, dass bei einer sofortigen Versteigerung in der Einführungsphase den Unternehmen nicht nur die Kosten für Lizenzerwerb und Vermeidungsaktivitäten entstehen, sondern auch Investitions- und Produktionsrisiken auftreten, weil es an Sicherheit mangelt, zum Ausgabezeitpunkt oder später eine ausreichende Menge an Zertifikaten zu einem angemessenen Preis erlangen zu können. Dies könnte Großunternehmen dazu veranlassen, bei der Erstversteigerung verstärkt Zertifikate anzukaufen,

___________ 295

Vgl. Crocker (1966); Dales (1968). Vgl. Hartwig (2007), S. 223. 297 Vgl. Hartwig (2007), S. 223. 298 Vgl. Bonus (1981); Müller/Sundmacher (2005), S. 1087 f. 296

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

um sie den anderen Unternehmen im Anschluss entweder zu erhöhten Preisen zu überlassen oder ganz vorzuenthalten.299 Der gravierende Nachteil von Grandfathering ist die Begünstigung derjenigen etablierten Nutzer, die in der Vergangenheit übermäßig von ihrem Nutzungsrecht Gebrauch gemacht haben. Dabei ist allerdings ausschließlich die lange Frist betroffen. Kurzfristigen Effekten kann durch die konkrete Ausgestaltung des Instruments entgegnet werden: So kann der Anreiz zur Ausweitung der Nutzungsmenge ab dem Zeitpunkt der Ankündigung eines Zertifikatsystems durch Zugrundelegung der Nutzungsmengen mehrerer zurückliegender Perioden umgangen werden.300 Die Gesamtmenge der Nutzungsrechte ist bei der Versteigerung von Zertifikaten grundsätzlich durch einen politischen Entscheidungsträger fixiert, kann aber durch zeitliche Befristung oder auch den Rückkauf durch den Herausgeber im Laufe der Zeit korrigiert werden.301 Sie entspricht bei Grandfathering der bisherigen Nutzungs- bzw. Emissionsmenge. Wesentlich ist, dass die Nutzungsrechte weiterverkauft werden können (deswegen: handelbare Nutzungsrechte), damit sich ein Markt für die Zertifikate entwickeln kann. Prinzipiell können auch Nicht-Nutzer Zertifikate erwerben. Beispielsweise könnten Umweltschutzvereine am Ankauf von Umweltzertifikaten Interesse anmelden. Gelegentlich werden gegen eine solche Form der Bepreisung von Umweltgütern distributive Aspekte angeführt in dem Sinne, dass ein derartiges Regime einkommensschwache Haushalte benachteiligen könnte.302 Es ist allerdings fraglich, ob dies tatsächlich als Argument gegen eine Versteigerung von handelbaren Nutzungsrechten gelten kann. Denn im Rahmen distributiver Aspekte stehen direkte Instrumente zur Verfügung (beispielsweise über das Steuersystem), die vermutlich besser geeignet sind, entsprechende Ziele zu verwirklichen.303 Daher ist es an dieser Stelle nicht erforderlich, diesen Gedanken weiter zu verfolgen.

d) Patentschutz Ein besonderes Instrument zum Aufbau von Marktzugangsbeschränkungen ist der Patentschutz. Mit der Gewährung eines Patentes wird dem Inhaber eine ___________ 299

Vgl. Hartwig (2007), S. 224. Vgl. Endres (2000), S. 131. 301 Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 139. 302 Vgl. am Beispiel handelbarer Nutzungsrechte der Wasserentnahme Rehbinder et al. (1998), S. 130. 303 Vgl. für viele Südekum (2002), S. 132. 300

II. Regulierungsinstrumentarium

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zeitlich befristete Monopolstellung gewährt, in der er den Gegenstand des Patentes unternehmerisch nutzen kann. Dritte sind von einer entsprechenden Nutzung ausgeschlossen. Geschützt wird ein immaterielles Gut mit dem Ziel, technischen Fortschritt bzw. das geistige Schaffen zu fördern. Erreicht wird dies durch die Verhinderung von Wettbewerb. Hintergrund ist, dass Wissen ein öffentliches Gut sein kann. Einmal offenbart, kann niemand von der Nutzung ausgeschlossen werden. Das entsprechende Wissen kann zu Grenzkosten von null oder nahe null (unter Berücksichtigung von Aneignungskosten) verwendet werden. Zudem besteht keine Rivalität im Konsum. Durch Anreize zum Trittbrettfahrer-Verhalten wird u. U. verhindert, dass ein Gut überhaupt bereitgestellt wird. Der Patentschutz wird aus ökonomischer Sicht also einerseits erteilt, um die Offenlegung und Weiterverwendung von Wissen zur Beschleunigung des technischen Fortschritts zu fördern, andererseits aber auch, um eine hinreichende Produktionsmenge von Wissen zu gewährleisten. Durch die Gewährung von Monopolrenten infolge des Patentschutzes werden Anreize zur Aufnahme bzw. Ausweitung von Forschungsaktivitäten gesetzt, die bei erfolgreichem Abschluss und späterer Offenlegung wiederum dem technischen Fortschritt zuträglich sein sollen. Zur Begründung der Gewährung von Ausschließlichkeitsrechten wurden bereits im 18. und 19. Jahrhundert verschiedene Theorien entwickelt. Zu unterscheiden sind die Naturrechtstheorie, die Belohnungstheorie, die Anspornungstheorie sowie die Vertragstheorie. Die Naturrechtstheorie spricht dem Menschen ein unbedingtes Eigentumsrecht an seinen eigenen Ideen zu. Wenn sich nun Dritte die Ideen aneignen, also ohne Erlaubnis verwenden, sei dies als Form des Diebstahls zu verwerfen. Daraus leitet sich eine Verpflichtung ab, das Eigentumsrecht zu schützen und anzuerkennen. Nach der Belohnungstheorie wird dem Erfinder eine angemessene Belohnung dafür zugestanden, dass er für die Allgemeinheit einen Dienst geleistet hat. Dies geschieht aus Gerechtigkeitsvorstellungen. Die Anspornungstheorie umfasst als zentrale Annahmen, dass industrieller Fortschritt wünschenswert und von Erfindungen und ihrer Verwertbarkeit abhängig ist, aber die Zahl der Erfindungen oder das Ausmaß ihrer Verwertbarkeit unzureichend sind, sofern keine höheren Gewinne ermöglicht werden als jene unter wettbewerblicher Ausnutzung allen technischen Wissens. Die Vertrags- bzw. Offenbarungstheorie schließlich unterstellt einen Austauschvertrag zwischen Erfinder und Allgemeinheit, auf dessen Grundlage der Erfinder sein geheimes Wissen preisgibt, um dafür das zeitlich befristete Ausschließlichkeitsrecht für die unternehmerische Verwendung dieses Wissens einzutauschen. Die Anspornungs- und die Vertrags- bzw. Offenbarungstheorie

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

sind konstitutiv für die Begründung einer Gewährung von Ausschließlichkeitsrechten an offenbartem Wissen aufgrund von positiven externen Effekten der Forschungsleistung.304 Über die grundsätzliche Notwendigkeit einer Regulierung der unternehmerischen Nutzung immaterieller Vermögenswerte besteht kein Dissens. Aufgrund des Spannungsverhältnisses zwischen statischer und dynamischer Effizienz, welches sich durch die zeitlich befristete Gewährung einer Monopolstellung ergibt, kann zumindest über die Ausgestaltung diskutiert werden. Von Hayek formuliert in diesem Zusammenhang: „Leider ist die systematische Erforschung der Rechtsformen, die den Leistungswettbewerb sicherstellen, arg vernachlässigt worden. Und es lassen sich gewichtige Gründe dafür anführen, daß ernste Mängel auf diesem Gebiet, besonders im Gesellschafts- und Patentrecht, nicht nur zu einem weit schlechteren Funktionieren des Wettbewerbs geführt haben, als man hätte erwarten können, sondern ihn auf vielen Gebieten sogar vernichtet haben.“305 Modelltheoretisch wird die Frage der optimalen Dauer (Patentlänge) der Schutzrechte vor allem mit den Arbeiten von Nordhaus verknüpft.306 Später wurde auch die Frage der optimalen Breite (inhaltliche Dimension) von Patenten diskutiert. Die Heterogenität der Wirkung von Patenten in unterschiedlichen Wirtschaftssektoren hat in jüngerer Zeit die Diskussion entflammt, die Patentpolitik nach dem Motto: „One size fits it all“, aufzugeben, also je nach Anwendungsbereich verschieden ausgestaltete Schutzrechte zu vergeben.307 Zusammenfassend ergibt sich also aufgrund der Externalitätenproblematik eine ökonomische Rechtfertigung für Regulierungsaktivitäten, die die unternehmerische Nutzung von immateriellen Vermögenswerten durch Ausschließlichkeitsrechte ermöglichen. Im Sinne eines disaggregierten Regulierungsansatzes kann in diesem Zusammenhang jedoch die Frage aufgeworfen werden, ob die Gewährung eines derartigen Ausschließlichkeitsrechtes auch die eigentliche Leistungserstellung im Anschluss an die Wertschöpfungsstufe der Forschung einschließen sollte. Ein Ausschließlichkeitsrecht, welches die Forschung und die Leistungserstellung umfasst, kann im Extremfall Wettbewerb über die gesamte Wertschöpfungskette ausschließen. Dabei ist durchaus denkbar, dass Dritte die betriebliche Leistungserstellung effizienter durchführen können. Um diese ungenutzten Effizienzpotenziale gesamtgesellschaftlich auszuschöpfen, müsste der Patentinhaber entweder freiwillig Lizenzen vergeben oder er müsste dazu gezwungen werden. ___________ 304

Vgl. Machlup (1962), S. 20 ff.; Böck (1992), S. 4 ff. von Hayek (1945), S. 61. 306 Vgl. Nordhaus (1969). 307 Vgl. Harhoff (2004), S. 4. 305

II. Regulierungsinstrumentarium

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Darüber hinaus sind die Fragen der optimalen Breite und Länge von Schutzrechten nicht abschließend geklärt. Eine disaggregierte Regulierungspolitik würde – übertragen auf den Patentschutz – tendenziell Differenzierungen für verschiedene Produktgruppen (horizontale Disaggregation) oder verschiedene Regionen (räumliche Disaggregation) zulassen.

3. Qualitätsregulierung Unter Qualitätsregulierung wird jeder Eingriff in inhaltliche Merkmale und Folgen von Produkten und Produktionsprozessen verstanden.308 Qualitätsregulierung dient einerseits dem Abbau von Informationsasymmetrien und andererseits der Internalisierung technologischer Externalitäten.

a) Informationspflicht, Qualitätssiegel und Garantieverpflichtungen Wenn die marktlichen Lösungsmechanismen für Informationsasymmetrien nicht greifen, können regulierende Eingriffe erwogen werden. Das Ziel ist dabei stets die Verringerung der Informationsasymmetrie durch Verbesserung des Informationsstandes des schlechter informierten Vertragspartners, also des Prinzipals. An erster Stelle der regulatorischen Eingriffsmöglichkeiten zur Verringerung von Informationsasymmetrien ist die Verpflichtung der besser informierten Agenten zu nennen, bestimmte Informationen von sich aus bereitzustellen. Diese Option ist als vergleichsweise geringer Eingriff in die Handlungsfreiheit der Marktakteure als relativ unproblematisch einzustufen. Eine Verpflichtung zur Informationsbereitstellung ist gleichzusetzen mit einem Screening. Beispiele finden sich etwa im Gesundheitsbereich mit vorgeschriebenen Vorsorgeuntersuchungen oder Haarproben zum Nachweis von Drogenkonsum etc. Eine weitere Möglichkeit der Informationsbereitstellung mittels Regulierung sind Qualitätssiegel. Mit einem Qualitätssiegel dürfen all jene Objekte auf einem Markt versehen werden, die bestimmten, zuvor eindeutig festgelegten, Kriterien genügen. Im Regelfall wird das Qualitätssiegel auf ein Produkt aufgebracht, um die schlechter informierten Nachfrager (Prinzipale) über bestimmte positive Eigenschaften des Produktes zu informieren. Neben Gütern und Dienstleistungen können auch natürlichen Personen Qualitätssiegel zugeordnet werden, welche sie in Form von Bescheinigungen über erbrachte Leistungen gegebenenfalls vorweisen können. Zu denken ist bei___________ 308

Vgl. Kruse (1989), S. 11.

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

spielsweise an Versicherungsnehmer auf einem Versicherungsmarkt. Die Versicherungsnehmer stellen die besser informierten Agenten dar, die mit Hilfe von Qualitätssiegeln den Prinzipalen (Versicherungsanbieter) bestimmte Eigenschaften der eigenen Person signalisieren. Solche Qualitätssiegel für Versicherungsnehmer finden sich in Gestalt der erfolgreichen Absolvierung von Sicherheitslehrgängen, Sportabzeichen etc. Als drittes Regulierungsinstrument zur Verringerung von Informationsasymmetrien kommt eine Garantieverpflichtung in Frage. Leistungsanbieter werden mit Hilfe von Garantieleistungen in die Pflicht genommen, für Fehler in der erbrachten Leistung im Rahmen eines festgelegten Zeitraumes aufzukommen. Informationsasymmetrien aufgrund mangelnder Überprüfbarkeit der Qualität des Produktes durch den Käufer als Prinzipal verlieren somit ihre Bedeutung. Ein Problem bei Garantieleistungen ergibt sich daraus, dass u. U. der Käufer durch sorgloses Verhalten einen Schaden verursachen kann, um ihn dem Anbieter im Nachhinein mit dem Hinweis auf einen Produktfehler als Garantiefall einzureichen. Die Verpflichtung zu Garantieversprechen ist zugleich als Form der Informationsbereitstellung im Sinne von mehr Markttransparenz aufzufassen. Skepsis wäre angesagt, wenn sich in einem unregulierten Markt keine freiwilligen Garantieverpflichtungen ergeben würden.

b) Auflagen Auflagen sind Verhaltensvorschriften für Verursacher negativer Externalitäten (z. B. Umweltbelastungen). Sie nehmen als ordnungsrechtliche Instrumente die Gestalt von Geboten oder Verboten an.309 Bei Auflagen besteht mehr als bei anderen Instrumenten das Problem der Dosierung des regulierenden Eingriffs. Nur in Ausnahmefällen dürfte die komplette Verhinderung eines Schadens wohlfahrtsoptimal sein. Eine annähernd optimale Internalisierung externer Effekte wird dementsprechend allenfalls zufällig erreicht. Um sicherzustellen, dass negative Externalitäten dort vermieden werden, wo dies vergleichsweise kostengünstig ist, müsste das erlaubte Nutzungs- bzw. Schädigungsmaß im Zweifel für jeden Ort (z. B. technische Anlagen) gesondert festgelegt werden.310 Auch in dynamischer Hinsicht erscheinen Auflagen als allenfalls bedingt geeignetes Instrument, da Anreizwirkungen in Hinblick auf die Entwicklung von Innovationen nicht zu erkennen sind. ___________ 309 310

Vgl. Hartwig (2007), S. 220. Vgl. Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 118.

II. Regulierungsinstrumentarium

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Ein wesentlicher Vorteil von Auflagen ist ihre unkomplizierte und vergleichsweise schnelle Implementierbarkeit. Sobald Gefahr im Verzug ist, haben politische Entscheidungsträger mit Auflagen ein Mittel zur Hand, um unmittelbar auf eine Änderung in Umgebungsvariablen zu reagieren. Auflagen sind als Instrument eines disaggregierten Regulierungsansatzes nur in Einzelfällen zu gebrauchen. Als hauptsächliches qualitätsregulatorisches Instrumentarium sind sie ungeeignet, da sie zu undifferenziert wirken, indem die Kosten der Schadensvermeidung bei unterschiedlichen Schädigern außer Acht gelassen werden.

c) Abgaben Als Instrumente zur Internalisierung externer Effekte mit Abgaben werden die Pigou-Lösung und der Preis-Standard-Ansatz unterschieden. Die PigouLösung lässt sich sowohl auf die Internalisierung positiver als auch negativer Externalitäten anwenden. Grundgedanke ist, „die Verursacher externer Kosten (Nutzen) so zu besteuern (zu subventionieren), dass die sozialen und privaten Grenzkosten bei der gesamtwirtschaftlich optimalen Ausbringungsmenge identisch sind“.311 In der praktischen Ausgestaltung müssten für die Berechnung der optimalen Steuer- bzw. Substitutionssätze die externen Zusatzkosten bzw. -nutzen bekannt sein. Darüber hinaus wären die Externalitäten monetär zu bewerten. Diese Probleme machen eine Umsetzung der Pigou-Lösung, obwohl sie die First-best-Lösung darstellt, nahezu unmöglich. Eine Alternative zur Pigou-Lösung wurde von Baumol und Oates mit dem Preis-Standard-Ansatz entwickelt.312 Mit diesem Instrument wird von vornherein auf ein Allokationsoptimum im Sinne einer vollständigen Internalisierung der externen Effekte verzichtet. Vielmehr wird ein bestimmtes Internalisierungsniveau von den politischen Entscheidungsträgern vorgegeben. Als Messgröße fungiert das physische Ausmaß der Nutzung des Umweltgutes. Pro Nutzungseinheit ist eine Abgabe zu entrichten, die in einem Trial-and-ErrorProzess ermittelt wird, bis der für das Internalisierungsziel passende Abgabensatz gefunden ist. Der Preis-Standard-Ansatz kann auch als praktikable Umsetzung der PigouLösung angesehen werden. Schließlich ist das Ergebnis des Trial-and-ErrorVerfahrens im Preis-Standard-Ansatz im Idealfall genau die Pigou-Lösung.

___________ 311 312

Fritsch/Wein/Ewers (2005), S. 119. Vgl. Baumol/Oates (1971).

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

d) Mindeststandards Mit der Festlegung von Mindeststandards bzw. Mindestqualitäten wird der Marktzugang beschränkt und damit die Vertragsfreiheit eingeschränkt. Mit Hilfe von Mindeststandards wird etwa ausschließlich für jene Güter die Marktzulassung ermöglicht, die bestimmten Mindestanforderungen in Bezug auf Produkteigenschaften bzw. den Leistungserstellungsprozess genügen. Eng mit der Prozessqualität verbunden, kann dabei auch die Festlegung einer Mindestqualifikation der an der Leistungserstellung beteiligten Individuen eine Rolle spielen. Mindeststandards können sowohl als Mittel zur Verringerung von Informationsasymmetrien dienen als auch als Instrument, um die Gefahr des Auftretens bzw. die Auswirkungen negativer externer Effekte zu verringern. Sofern ausschließlich Informationsasymmetrien bestehen, also das Auftreten von negativen Externalitäten nahezu ausgeschlossen ist, kann die Festlegung von Mindeststandards im Vergleich zu anderen Instrumenten, wie beispielsweise Informationsverpflichtungen, möglicherweise ein zu starker Eingriff in die Vertragsfreiheit sein. Unter der Voraussetzung, dass ein entsprechendes eindeutiges und durchsetzbares Haftungsrecht existiert und im konkreten Anwendungsfall die negativen Externalitäten dem Verursacher zweifelsfrei zuzuordnen sind (in diesem Zusammenhang spielt beispielsweise der Zeitraum des Auftretens der Wirkung eine Rolle), ist die Festlegung von Mindeststandards u. U. selbst beim Vorliegen von negativen externen Effekten nicht notwendig, sofern keine schwerwiegenden Schäden durch die Externalitäten verursacht werden. Anders ist die Lage zu beurteilen, wenn von Konsum- oder Produktionsaktivitäten ganz besonders gefährliche negative Externalitäten ausgehen können: Die Festlegung von Mindeststandards erfordert vermutlich die Überwachung der Einhaltung (Opportunismus-Annahme), was mit volkswirtschaftlichen Kosten verbunden ist. Diese sind grundsätzlich abzuwägen mit dem Nutzen des Instrumentes. Sofern die Gefahr, die von den Externalitäten ausgeht, so gravierend wird, dass nicht-quantifizierbare Kosten wie der Verlust menschlichen Lebens eine Rolle spielen, ist im Zweifelsfall der Implementierung einer Mindestqualität gegenüber der Unterlassung des Eingriffs der Vorzug zu geben. In den meisten Fällen, in denen es um die menschliche Gesundheit geht, erfüllen Mindeststandards als Regulierungsinstrument tatsächlich eine wichtige Aufgabe. Beispiele sind Sicherheitsstandards bei technischen Gütern, Hygieneanforderungen im Nahrungsmittelbereich, Zulassungsbeschränkungen bei Arzneimitteln usw. Bei den genannten Beispielen spielen im Übrigen das Externalitätenproblem und Informationsasymmetrien gleichsam eine Rolle.

II. Regulierungsinstrumentarium

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e) Lizenzerteilungsanspruch gegenüber Patentinhabern Die positiven Externalitäten der Herstellung von Wissen gehen von der Wertschöpfungsstufe der Forschung aus. Die Erstellung der aus der Forschung resultierenden Leistung ist davon losgelöst. Folglich ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Gewährung von Monopolrenten auch die Leistungserstellung im engeren Sinne betrifft. Vielmehr könnten Effizienzeffekte des Wettbewerbs in der Produktion genutzt werden, wenn der Patentschutz nur die Wertschöpfungsstufe der Forschung beträfe. Dies würde voraussetzen, dass der Patentinhaber im Ausschreibungsverfahren Lizenzen an Produzenten vergeben würde. Von daher ist es im Sinne des disaggregierten Ansatzes konsequent, eine besondere Form des Kontrahierungszwanges zu besprechen, die sich in der Literatur im Zusammenhang mit der Debatte um die Reichweite eines optimalen Schutzes der unternehmerischen Nutzung immaterieller Vermögenswerte findet: die Zwangslizenz bzw. die Forderung nach einer allgemeinen Lizenzbereitschaft. Wirtschaftsakteure zum Abschluss eines Vertrages zu zwingen, ist ein schwerwiegender Eingriff in die Vertragsfreiheit. Aus diesem Grund sollte der Einsatz dieses Instrumentes einer gewissenhaften Abwägung unterzogen werden. Es wurde bereits herausgearbeitet, dass ein Spannungsverhältnis zwischen Patentschutz und Wettbewerbsschutz besteht. Angesichts dieses Ausgangsproblems haben sich neben einer völligen Ablehnung des Patentschutzes im Wesentlichen drei Positionen herausgebildet: –

Ausschließlichkeitsrecht (Patentschutz ohne Ausnahmen),



Patentschutz mit Lizenzerteilungsanspruch in Ausnahmefällen und



Patentschutz mit generellem Lizenzerteilungsanspruch gegen den Patentinhaber.313

Das heutige Patentrecht repräsentiert die zweite Position. Die dritte Position wird bereits von Eucken in seinen Grundsätzen der Wirtschaftspolitik vertreten, wenn er innerhalb der konstituierenden Prinzipien der Wettbewerbsordnung auf die Offenheit der Märkte zu sprechen kommt: „Vielleicht ist es nötig, auf seine (gemeint ist das ausschließliche Patent, C. R.) Verleihung und damit auf eine Schließung des Angebotes überhaupt zu verzichten und statt dessen ein System einzuführen, nach dem der Patentinhaber verpflichtet ist, die Benutzung der Erfindung gegen eine angemessene Lizenzgebühr jedem ernsthaften Interessenten zu gestatten. Wie bei allen übrigen Monopolen würde auch beim Patentmonopol Kontrahierungszwang bestehen, und die Vertragsbedingungen wären – ___________ 313

Vgl. Böck (1992), S. 12 ff. (Reihenfolge geändert).

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

wenn die Partner sich nicht einigen – vom Patentamt festzusetzen.“314 Dabei greift Eucken unter namentlicher Nennung315 auf Arbeiten von Gather zurück. Dieser schlägt die Einführung einer allgemeinen Lizenzbereitschaft anstelle des Patentschutzes vor. Als Begründung führt er die fehlende Konformität des Patentschutzes mit den übergeordneten Zielen der Wirtschaftspolitik an und mahnt die Abstimmung der wirtschaftspolitischen Ziele untereinander im Einklang mit der Wirtschaftsordnung an. In der praktischen Ausgestaltung würde nach Gathers Vorschlag der Lizenzpreis zwischen den Parteien frei vereinbart werden. Falls keine Einigung stattfindet, müsste der Preis staatlich reguliert werden.316 Wenn in einem ersten Schritt angenommen wird, dass ausgehend vom bestehenden Patentschutz mit Zwangslizenzen als Ausnahmetatbestand auf ein System der Gewährung von Ausschließlichkeitsrechten der gewerblichen Nutzung von Forschungsleistungen mit einem allgemeinen Zwang zur Gewährung von Lizenzen bei freier Preisbildung zwischen Rechteinhaber und Lizenznehmer umgestellt würde, sind folgende Auswirkungen plausibel: Der Inhaber des Ausschließlichkeitsrechts zur gewerblichen Verwendung wird denjenigen, die Lizenzen erwerben möchten, einen so hohen Preis nennen, dass die Bieter kein wirtschaftliches Interesse mehr an dem Lizenzkauf haben. Dies ergibt sich schlichtweg daraus, dass der Rechteinhaber bereits im bestehenden Rechtsrahmen in der Lage ist, Lizenzen zu vergeben. Unter der Annahme, dass der Rechteinhaber diese Möglichkeit im bestehenden System nicht nutzt, wird er sie im veränderten System ebenfalls auslassen. Wenn das System in einem zweiten Schritt um eine Preisregulierung für den Fall erweitert wird, dass sich Rechteinhaber und Lizenznehmer nicht einig werden, ändert sich die Situation. Eine Regulierungsinstanz müsste anstelle der Vertragspartner einen Preis festlegen. Die Möglichkeit eines solchen Verfahrens bei Scheitern der Vertragsverhandlungen über die Lizenz verändert ex ante die Verhandlungspositionen von dem Rechteinhaber und dem Interessenten der Lizenz. Es bestehen u. U. Anreize sich zu einigen, da davon auszugehen ist, dass unabhängig vom Ausgang des Verfahrens für beide Parteien Kosten entstehen werden. Damit sind nicht nur unmittelbare und politisch steuerbare Kosten des Verfahrens gemeint, die in Form von Gebühren den Parteien auferlegt werden können, sondern auch z. B. Kosten durch Externe (Rechtsanwälte, Patentanwälte) oder Opportunitätskosten, die durch die Beschäftigung von unternehmenseigenen Mitarbeitern mit den Verfahrensinhalten entstehen. ___________ 314

Eucken (1952), S. 269. Vgl. Eucken (1952), S. 269, Fußnote 1. 316 Vgl. Gather (1949), S. 292 ff. 315

II. Regulierungsinstrumentarium

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Dagegen lassen sich zwei deutliche Probleme des allgemeinen Lizenzerteilungsanspruches gegenüber dem Patentinhaber ausmachen. Zum einen besteht die Gefahr, dass dadurch die Innovationsbereitschaft verringert wird, da das Aufnehmen von Forschungstätigkeiten durch verringerte Monopolrenten im Vergleich zu einer Situation ohne Lizenzerteilungsanspruch weniger lohnenswert ist. Zum anderen gibt es gravierende Probleme bei der Preisfestsetzung durch die Regulierungsbehörde. Ein derartiges Verfahren hat insofern dirigistischen Charakter, als die positiven Externalitäten der Forschung nahezu nicht messbar sind und trotzdem eine Preisfestlegung für die Lizenzen erfolgen müsste. Im Grundsatz erscheint eine Verpflichtung zur Lizenzvergabe als geeignete Möglichkeit, um Wettbewerb auf den übrigen Teilen der Wertschöpfungskette (außerhalb der Forschungsstufe) entstehen zu lassen. Ohne eine ergänzende Preisregulierung funktioniert ein Lizenzerteilungsanspruch jedoch nicht. Mit der Preisregulierung ergeben sich Probleme, die andere Argumente überwiegen: Das Ausmaß der positiven Externalitäten der Forschung müsste quantifizierbar sein, damit der Lizenzpreis, der sich durch die Regulierung ergibt, keinen willkürlichen Charakter annimmt. Im Gegensatz zu einer Preisregulierung bei natürlichen Monopolen im Infrastrukturbereich, wo entweder historische Kosten oder prognostizierte Produktivitätssteigerungen als zumindest annähernd objektive und intersubjektiv überprüfbare Bestandteile der Preisfestlegung (bzw. der zugestandenen Rendite) fungieren, ist der ‚Wert‘ einer Forschungsleistung im Sinne des Ausmaßes an positiven Externalitäten unbekannt. Daraus lässt sich schließen, dass ein allgemeiner Lizenzerteilungszwang vermutlich nicht durchführbar ist, ohne dass die angesprochenen Nachteile in Kauf genommen werden müssten. Die Gefahr des Staatsversagens durch Willkür in der Preisfestlegung erscheint zu hoch angesichts der Unsicherheit bezüglich möglicher Effizienzvorteile. f) Unbundling Der Einsatz des Regulierungsinstruments der vertikalen Entflechtung (Unbundling) von Unternehmen, die verschiedene, aufeinander folgende Wertschöpfungsstufen bedienen, kommt in solchen Fällen in Frage, wo innerhalb einer Wertschöpfungskette ein monopolistischer Bottleneck nachgewiesen werden kann. Das Konzept der vertikalen Entflechtung wird verwendet, um zu vermeiden, dass der Betreiber des Bottlenecks eine eventuell vorhandene unternehmenseigene Abteilung bevorteilt, die den so genannten DownstreamMarkt (also den Markt, der sich dem Bottleneck anschließt)317 bedient. Zudem ___________ 317

Vgl. Brunekreeft (2000), S. 31 ff.

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C. Bausteine eines disaggregierten Regulierungsansatzes

bestehen in einem unregulierten Markt Anreize, Wettbewerber zu diskriminieren, indem ihnen entweder der Zugang zu dem Bottleneck vollends verweigert wird oder Monopolpreise verlangt werden. Verglichen mit der monopolistischen Organisation der gesamten Wertschöpfungskette als Referenzobjekt, zieht eine vertikale Separierung Effizienzsteigerungen durch Wettbewerb auf den konkurrenzfähigen Wertschöpfungsstufen nach sich.318 Unbundling kann in der Praxis verschiedene Erscheinungsformen annehmen. Eine eigentumsrechtliche oder strukturelle Entflechtung (OwnershipUnbundling) ist dabei die schärfste Form der vertikalen Trennung. Eine deutlich geringere Eingriffsintensität umfasst die organisatorische Entflechtung (Legal-Unbundling) und damit die Ausgliederung unterschiedlicher Gesellschaften zur Separierung der Bottleneck-Wertschöpfungsstufen. Die geringste Eingriffsintensität weist eine virtuelle Separierung auf, die lediglich eine buchhalterische Entflechtung fordert (Accounting-Separation).319 Die strikte Form der vertikalen Separierung im Sinne einer vollständigen Eigentumstrennung wird an dieser Stelle nicht weiter verfolgt, da sie als zu starker Regulierungseingriff gilt, der im Übrigen auch verfassungsrechtliche Bedenken320 nach sich zieht. Vielmehr wird auf eine virtuelle Separierung abgestellt, die eine getrennte Buchführung für die wettbewerblich organisierten und die regulierten Bottleneck-Bereiche fordert.321 Mit der virtuellen Separierung muss eine Überprüfung von etwaigen Quersubventionierungen zwischen Monopol- und Wettbewerbsbereich einhergehen.322 Denn ansonsten könnten Bottleneck-Betreiber, die auch die wettbewerblichen Bereiche bedienen, versuchen, Kostenbestandteile von den wettbewerblichen Bereichen auf die Monopolbereiche zu verschieben. Dies wäre besonders einfach möglich, wenn ein hoher Anteil Gemeinkosten anfallen würde. Die wettbewerblich organisierten Bereiche der vertikal integrierten Unternehmen würden in einer solchen Konstellation Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten erlangen. Zugleich würden die Leistungen des Monopolbereichs zu teuer angeboten. Nachteile des Unbundlings würden sich ergeben, wenn dadurch womöglich vorhandene Verbundvorteile nicht ausgeschöpft werden könnten. Das Potenzial solcher Kostenvorteile der vertikalen Integration dürfte begrenzt sein, da vertragliche Transaktionen zumeist die Realisierung der gleichen realen Ersparnisse erlauben. Es gibt aber auch empirische Befunde, die nahe legen, dass Ver___________ 318

Vgl. Kruse (1997), S. 259. Vgl. Brunekreeft/Keller (2000), S. 131 ff. 320 Vgl. Brunekreeft (2000), S. 41. 321 Vgl. Brunekreeft (2000), S. 33. 322 Vgl. Brunekreeft (2000), S. 36. 319

II. Regulierungsinstrumentarium

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bundvorteile zumindest nicht vollkommen irrelevant sind.323 Probleme in der vertikalen Separierung als Teilmenge dessen, was entsprechende Verbundvorteile begründen würde, dürften umso weniger ins Gewicht fallen, je umfassender und problemgerechter die Schnittstellen zwischen den Wertschöpfungsstufen standardisiert sind (bedingt etwa durch eine hohe Transaktionshäufigkeit).

4. Mehr Wettbewerb durch disaggregierte Regulierung In diesem Kapitel sind branchenindifferente Bausteine einer disaggregierten Regulierung entwickelt bzw. systematisiert worden. Es konnten über die vertikale Disaggregation hinaus weitere Dimensionen der Disaggregation entwickelt werden, die zusammengenommen als Grundlage für eine Optimierung der Eingriffsintensität der Regulierung fungieren können, indem die Regulierungsbasis reduziert wird. Wenn Regulierung auf Teile von Wertschöpfungsketten beschränkt bleibt, kann sich in den übrigen Bereichen der Wertschöpfung der Wettbewerbsprozess entfalten. Eine schmalere Regulierungsbasis erhöht also die Entscheidungsspielräume für private Wirtschaftssubjekte. Auf diesen Überlegungen aufbauend, ist ein Katalog von Regulierungsinstrumenten aufgestellt worden, der sich in die drei Bereiche Zuweisung exklusiver Verfügungsrechte, Preisregulierung und Qualitätsregulierung aufteilt. Die Instrumente sind dabei zum Teil einander gegenübergestellt worden, so dass einige bereits als tendenziell ungeeignet im Sinne einer disaggregierten Regulierung verworfen werden konnten, andere als möglicherweise adäquate Instrumente in der Regulierungspolitik Verwendung finden können. Im Folgenden wird gezeigt, inwieweit mit Hilfe der entwickelten Bausteine im konkreten Anwendungsfall ein ordnungspolitischer Kurs für die Regulierungspolitik entwickelt werden kann.

___________ 323

Vgl. Kruse (1997), S. 259 mit weiteren Nachweisen.

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung Mit dem Begriff Wasserwirtschaft werden wirtschaftliche Aktivitäten im Zusammenhang mit Trinkwasser bezeichnet. Es erfolgt damit sowohl eine Abgrenzung von niedrigeren Wasserqualitäten (Brauchwasser), die u. a. zur Kühlung von Maschinen in der Industrie eingesetzt werden, als auch und insbesondere von Abwasser als Übel. Die hauptsächliche Aktivität im Rahmen der Trinkwasserwirtschaft liegt in der Trinkwasserversorgung, welche im Folgenden Produktion und Bereitstellung von Trinkwasser zur Befriedigung des Bedarfes von Verbrauchern bezeichnet.324

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland 1. Strukturmerkmale Die Wasserversorgung erfolgt in Deutschland vorwiegend durch vertikal integrierte Gebietsmonopolisten unter gesetzlicher und eigentumsrechtlicher Einflussnahme durch die Gebietskörperschaften. Auf eine Million Einwohner entfallen in Deutschland 88 Wasserversorger (zum Vergleich: in den Niederlanden 4,4 Wasserversorger, in England/Wales 0,7 und in Frankreich 0,13).325 Der leitungsgebundene Wassermarkt ist also hierzulande besonders kleinteilig organisiert.326 Nach Art. 28 Grundgesetz (GG) ist es den Gemeinden gestattet, „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln“.327 In einer gängigen Interpretation dieses Verfassungsgrundsatzes wird davon ausgegangen, dass dazu alle Leistungen gehören, welche die Kommunen zur Daseinsermöglichung erbringen. Auf dieser Grundlage ___________ 324 Die Begriffe Trinkwasserversorgung und Wasserversorgung werden synonym verwendet. 325 Vgl. Sauer/Strecker (2003), S. 260. 326 Vgl. Ewers et al. (2001), S. 23. 327 Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG.

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland

105

hat sich das Selbstverständnis der kommunalen Trinkwasserversorgung entwickelt.328 Neben dem Grundgesetz (GG) wird das nationale Recht vor allem durch das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und durch das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) beeinflusst. Das WHG wird auf Länderebene jeweils konkretisiert. Die Städte und Gemeinden können durch Satzungsrecht Anschluss- und Benutzungszwänge für die industrielle Eigenversorgung und die Trinkwasserversorgung der Haushalte verhängen.329 Anschlusszwang bedeutet, dass die Grundstücke einer Kommune an die vorhandenen Versorgungseinrichtungen angeschlossen sein müssen und der Anschluss an andere Einrichtungen nicht gestattet ist. Der Benutzungszwang verpflichtet zum Gebrauch der entsprechenden Anlagen.330 Die Trinkwasserwirtschaft ist durch Versorgungsmonopole innerhalb der Städte und Gemeinden geprägt.331 Diese werden durch den kartellrechtlichen Ausnahmebereich nach § 103 GWB a. F. begründet,332 der den Städten und Gemeinden im Rahmen der Wasserversorgung die Möglichkeit von ausschließlichen Konzessionsverträgen in Verbindung mit Demarkationsabsprachen einräumt. Konzessionsverträge haben dabei ein ausschließliches Wegenutzungsrecht zur Versorgung der Endverbraucher zum Gegenstand. Demarkationsabsprachen umfassen die Abgrenzung von Versorgungsgebieten und das Unterlassen von Aktivitäten außerhalb des eigenen Versorgungsgebietes.333 Die sich durch Ausschließlichkeitsvereinbarungen und Demarkationsabsprachen ergebenden Verstöße gegen das allgemeine Kartellverbot (§ 1 GWB a. F.), die Nichtigkeit von Verträgen über Preisgestaltung oder Geschäftsbedingungen (§ 15 GWB a. F.) sowie das ausdrückliche Verbot von Ausschließlichkeitsbedingungen (§ 18 GWB a. F.) finden bei der Trinkwasserversorgung – begründet durch den kartellrechtlichen Ausnahmebereich – keine Anwendung.334 Die nach wie vor dominierende vertikale Integration innerhalb der Wasserversorgung wird in den letzten Jahren aufgeweicht. Ein Beispiel ist die 2001

___________ 328

Vgl. Niedernberg (2005), S. 74; Grobosch (2003), S. 113; Ewers et al. (2001), S. 16 f. 329 Vgl. Ewers et al. (2001), S. 17. 330 Vgl. Niedernberg (2005), S. 76. 331 Vgl. Mankel/Schwarze (2000), S. 419; vgl. auch Winkler (2005), S. 49. 332 Dieser gilt nach § 131 Abs. 8 GWB n. F. für die Wasserversorgung fort. 333 Vgl. auch Brackemann et al. (2000), S. 14. 334 Vgl. Niedernberg (2005), S. 77.

106

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

gegründete Hessenwasser GmbH als Gemeinschaftsunternehmen der Mainova, der Südhessischen Gas- und Wasser AG sowie der Riedwerke Groß-Gerau.335 Im Rahmen der jeweiligen Vorgaben auf Länderebene haben die Städte und Gemeinden unterschiedliche organisatorische und institutionelle Gestaltungsspielräume. Eine Möglichkeit besteht darin, die Wasserversorgung eigenständig als Regiebetriebe, Eigenbetriebe oder Eigengesellschaften durchzuführen. Regiebetriebe sind dabei ein unselbstständiger Teil des kommunalen Haushaltes unter kameralistischer Buchführung und somit materiell eine Abteilung des Verwaltungshaushaltes. Eigenbetriebe sind rechtlich unselbstständige Unternehmen, die als Sondervermögen der Kommune mit einem kaufmännischen Rechnungswesen geführt werden. Eigengesellschaften befinden sich zu 100 % in öffentlicher Hand, werden aber in einer privatrechtlichen Organisationsform betrieben. Alternativ zur Eigenerstellung der Leistung können benachbarte Gemeinden einen Zweckverband gründen oder es können Dritte mit der Erfüllung der Versorgungsaufgaben betraut werden. Dabei ist auch eine materielle Privatisierung möglich.336 In Tabelle 5 werden die Marktanteile der verschiedenen Unternehmensformen dargestellt. Der Anteil rein privatrechtlich organisierter Unternehmen ist mit 3 % an der Gesamtzahl der Unternehmen und 8 % am Wasseraufkommen verschwindend gering. Trotzdem ist eine Tendenz in Richtung einer Zunahme privatwirtschaftlichen Einflusses nachzuweisen: So ist der Anteil der Eigenbetriebe am Wasseraufkommen von 1986 bis 2005 von rund 63 % auf 4 % gesunken, während zugleich der Anteil der öffentlich-privaten Beteiligungsgesellschaften von 3 % auf 23 % am Wasseraufkommen gestiegen ist.337 Die z. T. in der Öffentlichkeit als spektakulär wahrgenommenen Privatisierungen bzw. Teilprivatisierungen bleiben Einzelfälle.338 Die Rekommunalisierung der Gelsenwasser AG ist sogar als Beispiel einer gegenläufigen Entwicklung einzustufen.339

___________ 335

Vgl. Winkler (2005), S. 49. Vgl. Grobosch (2003), S. 114; Schönbäck et al. (2003), S. 383. 337 Vgl. ATT et al. (2005), S. 13 f.; BGW (2007b), Tabelle 3.9.1. 338 Vgl. Egerer/Wackerbauer (2006), S. 26. 339 Seit 01.01.2004 ist die Wasser und Gas Westfalen GmbH, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Bochum GmbH und der Dortmunder Stadtwerke AG (die wiederum im Eigentum der beiden Städte befindlich sind), neuer Mehrheitsaktionär der Gelsenwasser AG (vgl. Gelsenwasser 2004, S. 24). 336

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland

107

Tabelle 5 Unternehmensformen der Wasserversorgung in Deutschland 2005 Unternehmensformen

Anzahl

Anteil an der Gesamtzahl

Anteil am Wasseraufkommen

Regiebetriebe

44

3%

1%

Eigenbetriebe

441

34 %

4%

Zweckverbände

206

16 %

11 %

Wasser- und Bodenverbände

60

5%

24 %

Eigengesellschaften in Form von AG oder GmbH

248

19 %

13 %

93

7%

16 %

Gemischt öffentlich-privatrechtliche Gesellschaften in Form von AG oder GmbH

164

13 %

23 %

Sonstige privatrechtliche Unternehmen

46

3%

8%

Öffentliche Gesellschaften in Form von AG oder GmbH

Quelle: BGW (2007b), Tabelle 3.9.1.

Tabelle 6 Wassergewinnung für die Trinkwasserversorgung in Deutschland Wasserart

Gewinnung in Millionen m3

Anteil

Grundwasser

3516,1

65,5 %

Quellwasser

436,8

8,1 %

Uferfiltrat

284,4

5,3 %

1134,4

21,1 %

643,6

12,0 %

61,3

1,1 %

429,4

8,0 %

Oberflächenwasser Anteil See- bzw. Talsperrenwasser Anteil Flusswasser Anteil Angereichertes Grundwasser Quelle: Destatis (2006), Tabelle 2.1.

108

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Tabelle 6 und Abbildung 9 geben Aufschluss über die absolut gewonnenen Mengen und relativen Anteile der jeweiligen Wasserarten für den Zweck der Trinkwasserversorgung in Deutschland.

Oberflächenwasser 21,1 %

Uferfiltrat 5,3 %

Quellwasser 8,1 %

Grundwasser 65,5 %

Quelle: eigene Darstellung; Daten entnommen aus Destatis (2006), Tabelle 2.1.

Abbildung 9: Anteile der Wasserarten an der Trinkwassergewinnung

Für die Trinkwasserversorgung sind Grund- und Quellwasser mit einem zusammengefassten Anteil von rund 74 % die überwiegend genutzte Ressource der Wassergewinnung in Deutschland. Die zweite wichtige Rohwasserquelle für die Trinkwassererzeugung ist Oberflächenwasser (See- bzw. Talsperrenwasser, Flusswasser, angereichertes Grundwasser), das abhängig von Beschaffenheit und Herkunft in der Regel aufwändiger aufbereitet werden muss als Grundwasser.340 Die Gesamtkosten, die über die gesamte Wertschöpfungskette anfallen, werden in Tabelle 7 weiter aufgeschlüsselt. Das Datenmaterial entstammt einem Bericht des Statistischen Bundesamtes (Erhebung mit Abschneidegrenze) und umfasst die Angaben aller Unternehmen der Wasserversorgung mit einer jährlichen Abgabemenge von 200.000 m3 und mehr.

___________ 340

Vgl. Destatis (2006), Tabelle 2.1; Destatis (2003), S. 56.

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland

109

Tabelle 7 Kostenstruktur in der Wasserversorgung 2005 Kostenart

Mio. EUR

Anteil

Personalkosten

1786

21,8 %

Abschreibungen

1849

22,5 %

Fremdbezug Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

530

6,5 %

Fremdbezug Energie und Wasser

861

10,5 %

3

0,0 %

Industrielle/handwerkliche Dienstleistungen (Kosten für Reparaturen, Instandhaltungen, Installationen, Montagen etc.)

1396

17,0 %

Nichtindustrielle Vorleistungen (Mieten und Pachten, Kosten für Leiharbeitnehmer, sonstige Kosten341)

692

8,4 %

Fremdkapitalzinsen

717

8,7 %

Steuern, Abgaben, Gebühren, Beiträge

373

4,5 %

8207

100,0 %

Fremdbezug Handelsware

Summe Quelle: teilweise eigene Berechnungen; Daten entnommen aus Destatis (2007).

Die Verbände der deutschen Wasserwirtschaft weisen darauf hin, dass z. B. die Instandhaltungskosten oder auch die Personalkosten kurzfristig nur in geringem Umfang von der Betriebsleistung abhängig sind. Weiterhin gehen sie davon aus, dass variable Kosten nur in geringem Umfang vorhanden sind. Hierzu zählen etwa Pumpstromkosten, Betriebsmittelkosten für die Wasseraufbereitung, Wasserentnahmeentgelte etc.342 Die Position der Verbände kann kritisch hinterfragt werden. Eine eindeutige Zuordnung in eine der zwei Kostenklassen, Fixkosten und variable Kosten, ist vermutlich in den wenigsten Fällen als zweifelsfrei anzunehmen. Ferner sind bei genügend langfristigem Betrachtungszeitraum alle Kostenbestandteile vari___________ 341 Unter sonstige Kosten fallen in der Abgrenzung des Statistischen Bundesamtes Bankspesen, Werbe- und Vertreterkosten, Reisekosten, Provisionen, Lizenzgebühren, Porto- und Postgebühren, Telefongebühren, Versicherungsbeiträge, Prüfungs-, Beratungs- und Rechtskosten, Beiträge zu Wirtschaftsverbänden, Kosten für den Abtransport von Gütern durch fremde Unternehmen sowie Ausgaben für durch Dritte durchgeführte Beförderung der Gehalts- und Lohnempfänger zwischen Wohnsitz und Arbeitsplatz (vgl. Destatis 2007). 342 Vgl. ATT et al. (2005), S. 20.

110

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

abel. Die Begründung hierfür ist, dass eine Einstellung der Produktion (Produktionsmenge von null) auch die Kosten langfristig auf null bringt. Für die späteren Überlegungen ist insbesondere eine Abschätzung über das Vorhandensein von versunkenen Kosten relevant. Versunkene Kosten entstehen aus Investitionen, die nicht reversibel sind. Investitionskosten zeigen sich in den oben differenzierten Kostenkategorien vor allem in Abschreibungen als periodenbezogener Werteverzehr vorhandener Anlagen sowie in Fremdkapitalzinsen als Kosten der für Investitionszwecke aufgenommenen Kredite. Das Statistische Bundesamt ermittelt für die deutsche Trinkwasserwirtschaft für das Jahr 2005 einen Anteil der Anlageinvestitionen an den Gesamtinvestitionen in Höhe von 87,8 %. Daneben werden bebaute Grundstücke und Bauten mit 6,3 %, Grundstücke ohne Bauten mit 0,6 % und Betriebs- und Geschäftsausstattung mit 5,4 % ausgewiesen. In einer weiteren Untergliederung der Anlageinvestitionen halten die Leitungs- und Rohrnetzinvestitionen mit rund 68 % an den gesamten Anlageinvestitionen den größten Anteil (Tabelle 8).343 Tabelle 8 Bruttozugänge von technischen Anlagen 2005 Anlagenart

Mio. EUR

Anteil

Gewinnungsanlagen

135

6,6 %

Speicherungsanlagen

78

3,8 %

1393

67,6 %

Sonstige Anlagen zur Übertragung und Verteilung

42

2,0 %

Zähler und Messegeräte

20

1,0 %

393

19,1 %

2061

100,0 %

Leitungs- und Rohrnetz

Andere Anlagen

Summe Quelle: Destatis (2007), Tabelle 1.10.1.

Der BGW wählt in seiner Wasserstatistik eine andere Klasseneinteilung. Hiernach teilen sich im Jahr 2005 die Anlageninvestitionen in der Wasserversorgung zu 7,8 % in die Wassergewinnung, zu 4,8 % in die Wasseraufbereitung, zu 3,5 % in die Wasserspeicherung, zu 46 % in das Rohrnetz, zu jeweils 1,5 % in Zähler/Messgeräte sowie IT-Investitionen, zu 11,2 % in sonstige Investitionen und zu 23,7 % in Investitionen ohne Angabe des Anlagenbereichs ___________ 343

Die Angaben berechnen sich aus den jährlichen Bruttozugängen derjenigen Unternehmen in der Energie- und Wasserwirtschaft, deren Tätigkeitsschwerpunkt auf der Wasserversorgung liegt (vgl. Destatis 2007, Tabelle 1.9.1).

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland

111

auf.344 Unter Berücksichtigung der zuletzt genannten Ausweichkategorie sind die Ergebnisse der BGW-Umfrage und die des Statistischen Bundesamtes ähnlich.

2. Verbraucherpreise und Verbraucherverhalten Von 1990 bis 2005 ist die Wasserabgabemenge an Verbraucher insgesamt (Haushalte, Kleingewerbe, Industrie und sonstige) nahezu jedes Jahr gesunken (1990: 5.985 Mio. m3, 2005: 4.653 Mio. m3).345 Als Pro-Kopf-Verbrauch von Haushalten und Kleingewerbe ist dieser Zusammenhang ausschnittweise in Abbildung 10 dargestellt. Der Vorteil des Abtragens von Pro-Kopf-Verbräuchen ist darin zu sehen, dass die ermittelten Werte um Effekte infolge der demographischen Entwicklung bereinigt sind. 150

147 145

144 140

140

135

134

133

130

132 130

130

129

131

130 129

128 127

125

127

120 1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

Angaben in Litern pro Einwohner und Tag (Haushalte und Kleingewerbe). Quelle: ATT et al. (2005), S. 11.

Abbildung 10: Entwicklung des personenbezogenen Wasserverbrauchs

Der Rückgang des Wasserverbrauchs kann auf ein verändertes Verbraucherverhalten zurückgeführt werden: Im Haushaltsbereich ist der Einsatz von modernen, Wasser sparenden Haushaltsgeräten und Armaturen zu nennen, in der ___________ 344 345

Vgl. BGW (2007b), Tabelle 2.4.2. Vgl. BGW (2007b), Tabelle 2.2.1.

112

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Industrie geht die Entwicklung in Richtung Mehrfachnutzung von Wasser in den Produktionsprozessen und Wasserrecycling.346 Tendenziell sinkender Wasserverbrauch führt dazu, dass die Wasserversorger mit Minderauslastungen der Kapazitäten zu rechnen haben, welche u. U. durch steigende Wasserpreise kompensiert werden können.347 Tatsächlich sind die durchschnittlichen Verbraucherpreise für Trinkwasser nach der BGW-Wassertarifstatistik zwischen 1992 und 2007 nominal von EUR 1,18 auf einen Wert von EUR 1,85 pro Kubikmeter gestiegen, d. h. um rund 57 %.348 Gemessen am Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes, entspricht dies einer realen Preissteigerungsrate von 20 %. Der Verbraucherpreis wird dabei seitens des BGW als gewichteter Wasserpreis einschließlich Grundpreis und Umsatzsteuer angegeben. Einen Überblick liefert Tabelle 9. Tabelle 9 Entwicklung der Verbraucherpreise für Trinkwasser 1992–2007 Jahr

Preis in EUR pro m3

Jahr

Preis in EUR pro m3

1992

1,18

2000

1,69

1993

1,32

2001

1,70

1994

1,43

2002

1,71

1995

1,49

2003

1,72

1996

1,56

2004

1,77

1997

1,60

2005

1,81

1998

1,64

2006

1,84

1999

1,67

2007

1,85

Quelle: BGW Wassertarifstatistik; Daten entnommen aus BGW (2007a); ATT et al. (2005); BMU (o. J.).

Abbildung 11 vergleicht den Anstieg des Trinkwasserpreises mit dem Anstieg des Verbraucherpreisindexes. Dunkle Balken symbolisieren dabei einen realen Anstieg des Wasserpreises im Vergleich zum Vorjahr, die hellen Balken in den Jahren 2000 bis 2003 sowie 2007 eine reale Preissenkung. Im Jahr 2006 stimmten die Veränderungen des Trinkwasserpreises und die Veränderung des Verbraucherpreisindexes überein.

___________ 346

Vgl. Schönbäck et al. (2003), S. 397. Vgl. Sauer/Strecker (2003), S. 263. 348 Vgl. BGW (2007a); BMU (o. J.). 347

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland

113

160 %

150 %

140 %

130 %

120 %

110 % Verbraucherpreise

100 %

Wasserpreise

90 % 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Wasserpreise der BGW-Wassertarifstatistik, Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 11: Reale Veränderung des Trinkwasserpreises

Während der durchschnittliche Trinkwasserpreis im Jahr 2007 nach der repräsentativen Umfrage des BGW bei EUR 1,85 liegt, ermittelt die National Utility Service Consulting Group (NUS) in ihrem weltweiten Preisvergleich im selben Jahr einen Wert von durchschnittlich EUR 1,76. Damit liegt der Trinkwasserpreis in Deutschland über den Preisen in Großbritannien (EUR 1,65), Frankreich (EUR 1,26) und den USA (EUR 0,52). Einen höheren Preis pro Kubikmeter hat in der Vergleichsgruppe ausschließlich Dänemark mit EUR 2,18.349 Der Unterschied in den Durchschnittspreisen für Deutschland zwischen BGW und NUS erklärt sich dadurch, dass die NUS die Umsatzsteuer nicht berücksichtigt.

___________ 349

Länder in der Vergleichsgruppe: Australien, Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Italien, Niederlande, Schweden, Spanien, Südafrika, USA (vgl. NUS 2007).

114

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Raumreinigung, Auto, Garten 6%

Speisen und Getränke 4% Geschirr 6%

Körperpflege 36 %

Kleingewerbe 9%

Wäsche 12 %

Toilette 27 %

Quelle: BGW (2007), S. 3.

Abbildung 12: Trinkwasserverwendung in Haushalt und Kleingewerbe 2006

Abbildung 12 zeigt die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten von Leitungswasser. Hauptverwendungszweck für Trinkwasser ist der Bereich Körperpflege (Baden, Duschen) mit rund 45 Litern pro Einwohner und Tag. Es folgen die Toilettenspülung (34 Liter), Wäsche waschen (15 Liter), Kleingewerbe (11 Liter) sowie der Bereich Raumreinigung, Autopflege und Garten (8 Liter). 7 Liter werden für Geschirr spülen verwendet und nur 5 Liter für die Zubereitung von Speisen und Getränken bzw. das Säubern von Lebensmitteln.350

3. Regulierung In Abhängigkeit von der Rechtsform gelten für die Erhebung der Verbraucherpreise unterschiedliche Bedingungen.351 Es können Gebühren bzw. Beiträge oder auch privatrechtliche Entgelte erhoben werden.352 Im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses werden die Entgelte entsprechend einer kommunalen Abgabensatzung festgelegt, bei privatrechtlich ausgestalteten Leistungsverhältnissen sind die Bestimmungen des § 2 Abs. 3 AVBWas___________ 350

Vgl. BGW (2007), S. 3. Vgl. Stuchtey (2002), S. 134. 352 Vgl. Stuchtey (2002), S. 134 ff. mit weiteren Nachweisen. 351

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland

115

serV grundlegend.353 Von der Rechtsform ist auch die Preisaufsicht abhängig.354 Abgabesatzungen bedürfen der rechtsaufsichtlichen Genehmigung, die in einem Versorgungsvertrag gemäß AVBWasserV vereinbarten Entgelte unterliegen keiner Genehmigungspflicht.355 Sie werden im Rahmen der kartellrechtlichen Missbrauchsaufsicht nach dem GWB geprüft.356 Kriterien für die Preisaufsicht über die Entgelte, die nach den Abgabesatzungen erhoben werden, sind das Prinzip der Kostendeckung, das Äquivalenzprinzip und der Gleichbehandlungsgrundsatz.357 Die Gesetzgebungskompetenz für das Kommunalabgabenrecht liegt im Fall der Wasserversorgung bei den Bundesländern. Es sind zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen den Ländern feststellbar, etwa bei den Grundsätzen der Kostenermittlung oder der Verpflichtung zur Kostendeckung.358 So existiert in Nordrhein-Westfalen beispielsweise eine Verpflichtung zur Kostendeckung im Sinne einer SollBestimmung. Der Kostenbegriff in diesem Sinne umfasst dabei auch kalkulatorische Kosten. Darüber hinaus wird ein Gewinnaufschlag gewährt. Nach dem Äquivalenzprinzip müssen Leistungen der Städte und Gemeinden und die Gegenleistungen der Bürger in Form der Entgelte in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.359 Da als Maßstab für die Preisaufsicht die zugrunde liegenden Kosten dienen, wird zum Teil in Bezug auf die deutsche Trinkwasserwirtschaft auch von kostenorientierter Regulierung gesprochen.360 Daneben ist eine Qualitätsregulierung implementiert. Die Erfordernisse gelten als erreicht, wenn einerseits die Anforderungen in Bezug auf die Qualität des Endprodukts erfüllt sind und andererseits bei der Gewinnung, Aufbereitung und Verteilung die allgemein anerkannten Regeln der Technik eingehalten werden (Qualität des Prozesses der Leistungserstellung). Anforderungen an die Güte von Trinkwasser finden sich in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) und dem Infektionsschutzgesetz (IfSG).361 Die Trinkwasserverordnung folgt dem Minimierungsgebot: Die Trinkwasserversorgungsunternehmen haben nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik mit vertretbarem Aufwand und unter Berücksichtigung der Umstände im Einzelfall dafür Sorge zu tragen, dass das Wasser frei von Krankheitserregern, genusstauglich und rein ist.362 ___________ 353

Vgl. Niedernberg (2005), S. 78 f. Vgl. Stuchtey (2002), S. 134 ff.; Ewers et al. (2001), S. 18 f. 355 Vgl. Niedernberg (2005), S. 79. 356 Vgl. Lutz/Gauggel (2000), S. 415; vgl. auch Niedernberg (2005), S. 79 f. 357 Vgl. Turowski (2001), S. 127. 358 Vgl. Ewringmann/Cichorowski/Bizer (2004), S. 12. 359 Vgl. Turowski (2001); Niedernberg (2005), S. 80. 360 Vgl. Oelmann (2005), S. 81 ff.; anders Wackerbauer (2003), S. 13. 361 Vgl. Egerer/Wackerbauer (2006), S. 104. 362 Vgl. § 4 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 TrinkwV. 354

116

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Operationalisiert wird diese Vorschrift im Anhang der TrinkwV durch ca. 50 mikrobiologische bzw. chemische Parameter, für die jeweils ein Grenzwert vorgegeben wird. Die Abgabe von Wasser, das den qualitätsregulatorischen Anforderungen nicht entspricht, ist zum Teil strafbar.363 Die Regeln zum Stand der Technik werden vom Deutschen Institut für Normung (DIN) und der deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches (DVGW) – in jüngerer Zeit auch von der International Organization for Standardization (ISO) – vorgegeben. Besonders hervorzuheben ist dabei die DIN 2000, die allgemein anerkannte Anforderungen an die Technik für die Planung, den Bau, den Betrieb und die Instandhaltung von Anlagen zur Gewinnung von Trinkwasser enthält.364 Nutzungsrechte an Grund- und Oberflächenwasser werden in Deutschland von staatlicher Stelle vergeben, ohne dass ein den Knappheitsverhältnissen entsprechender Preis dafür erhoben wird. Ein Markt für das Vorprodukt Rohwasser existiert nicht.365 Vielmehr werden in manchen Bundesländern pauschale Wasserentnahmeentgelte verlangt (‚Wassercent‘).366 Einen Überblick liefert Tabelle 10. Der Umfang der Wassernutzung wird durch die zuständigen Fachbehörden im Rahmen von Bewirtschaftungsplänen festgelegt, die als Entscheidungsgrundlage bei der Vergabe der Nutzungsrechte dienen.367 Im Bereich der Mengenwirtschaft findet sich im § 1a WHG das Gebot der sparsamen Verwendung des Wassers. Die Vergabe der Nutzungsrechte orientiert sich dementsprechend an der örtlichen Verfügbarkeit der Wassermenge.368 Die Rechte zur Wasserentnahme werden nicht auf ein bestimmtes Vorkommen (Grundwasserleiter, Flussabschnitt etc.) bezogen, sondern für eine bestimmte Entnahmestelle vergeben. Darüber hinaus finden Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Entnahmestellen eines Vorkommens kaum Beachtung.369 Wenn mehrere Bewerber für ein Nutzungsrecht auftreten (Nutzungskonkurrenz), wird nach dem Prinzip: „First come, first serve“ verfahren.370 Dabei hat die öffentliche Wasserversorgung nach § 6 WHG Vorrang vor anderen Nut___________ 363

Vgl. Ewers et al. (2001), S. 19. Vgl. Ewers et al. (2001), S. 19; Egerer/Wackerbauer (2006), S. 104. 365 Damit ergibt sich ein Unterschied zu dem vergleichbaren Umweltgut Luft, bei dem mittels der EU-Emissionszertifikate zumindest ein erster Schritt in Richtung einer allokationseffizienten Nutzung der Ressource unternommen worden ist. 366 Vgl. Grobosch (2003), S. 49; Scheele (2000), S. 9. 367 Als Rechtsgrundlage fungieren §§ 36, 36b des Gesetzes zur Ordnung des Wasserhaushalts (WHG). 368 Vgl. Lux (2005), S. 6. 369 Vgl. Lux (2005), S. 7. 370 Vgl. Grobosch (2003), S. 46; Scheele (2000), S. 9. 364

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland

117

zern.371 Die zuständige Wasserbehörde hat bei ihrer Entscheidung einen Ermessensspielraum.372 Die bisherigen Wasserversorger verfügen in der Regel über Wasserentnahmerechte mit langen Laufzeiten. Marktneulingen wird aufgrund der ausgiebigen Prüfverfahren für Entnahmerechte der Markteintritt erschwert oder bei örtlicher Wasserknappheit sogar verweigert.373 Tabelle 10 Wasserentnahmeentgelte Bundesland

Wasserentnahmeentgelt (Eurocent pro m3)

Baden-Württemberg

5,1

Bayern

-

Berlin

31

Brandenburg

12,3

Bremen

5

Hamburg

6/7

Hessen

-

Mecklenburg-Vorpommern

1,8

Niedersachsen

5,1

Nordrhein-Westfalen

4,5

Rheinland-Pfalz

-

Schleswig-Holstein

5 bzw. 11

Saarland

-

Sachsen

1,5

Sachsen-Anhalt

-

Thüringen

-

Quelle: ATT et al. (2005), S. 40.

4. Diskussion um eine Marktöffnung Nach der Liberalisierung der Märkte für Strom und Gas ist die Trinkwasserwirtschaft einer der letzten Infrastrukturbereiche, der noch nicht dem Wettbewerb geöffnet wurde.374 In diesem Kontext wurde bereits im Jahr 1995 ein ___________ 371

Vgl. Ewers et al. (2001), S. 21; Bosold (1994), S. 34. Vgl. Lux (2005), S. 6. 373 Vgl. Michaelis (2001), S. 441. 374 Vgl. Grobosch (2003), S. 112; Michaelis (2001), S. 432 f. 372

118

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Zustandsbericht von Briscoe veröffentlicht, der auf einer Studienreise von Wasser- und Abwasserfachleuten der Weltbank in Deutschland basierte.375 Die im internationalen Kontext vergleichsweise hohen Wasserpreise in Deutschland sind nach diesem Bericht weitestgehend dadurch begründet, dass kaum Anreize zur Kostenbeschränkung in der staatlich organisierten Wasserversorgung bestehen. Im Jahr 2001 erschien als Endbericht im Rahmen eines Forschungsprojektes des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) das Gutachten von Ewers et al.,376 das sowohl die Forschungstätigkeit als auch die öffentliche Diskussion in der Frage einer eventuellen Marktöffnung der deutschen Trinkwasserwirtschaft angeregt hat. Bereits ein Jahr zuvor brachte das Umweltbundesamt (UBA) eine Studie heraus, die sich insbesondere mit den Auswirkungen einer Liberalisierung auf Gesundheit und Umwelt beschäftigt.377 Die Gutachter des BMWi und des UBA kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während die Gutachter des BMWi mögliche positive Wettbewerbseffekte durch eine Marktöffnung betonen, äußern die UBA-Gutachter schwerwiegende Bedenken gegen eine Liberalisierung im Sinne einer zu befürchtenden Gefährdung der im Rahmen der Wasserversorgung erbrachten Leistungen im Gesundheits- und Umweltschutz.378 Im Anschluss an diese beiden Arbeiten folgte eine Reihe von Publikationen, die ähnliche Fragestellungen im Kontext einer stärker marktlich organisierten Trinkwasserversorgung behandeln.379 In der Wasserbranche stehen sich Gegner und Befürworter einer Marktöffnung nahezu unversöhnlich gegenüber.380 Liberalisierungskritiker befürchten, dass in der Konsequenz einer Marktöffnung die Preise steigen würden. Darüber hinaus erhitzen sich die Gemüter an der Frage nach der Notwendigkeit einer herausgehobenen Behandlung des Gutes Wasser. Während die Gegner einer Marktöffnung die Privatgut-Eigenschaft von Wasser verneinen und in diesem Zusammenhang ein Menschenrecht auf Wasser postulieren,381 besteht für die ___________ 375

Vgl. Briscoe (1995); zur Kritik an diesem Bericht vgl. auch Barraqué (1998). Vgl. Ewers et al. (2001). 377 Vgl. Brackemann et al. (2000). 378 Vgl. Ewers et al. (2001), insbesondere S. 45 ff. und S. 57 ff.; Brackemann et al. (2000), insbesondere S. 75 ff. 379 Vgl. in diesem Zusammenhang die Dissertationsschriften von Stuchtey (2002), Grobosch (2003), Furrer (2004), Weiß (2004), Niedernberg (2005), Oelmann (2005), Schönefuß (2005) und Winkler (2005). Von einer betriebswirtschaftlichen Perspektive untersucht die Arbeit von Berger (2004) eine Neustrukturierung der Wasserwirtschaft mittels der Entwicklung und Umsetzung einer durch Informationstechnik gestützten Balanced Scorecard. 380 Vgl. auch Niedernberg (2005), S. 11. 381 Vgl. Rosemann (2003). 376

I. Status quo der leitungsgebundenen Wasserversorgung in Deutschland

119

Befürworter keine, über die ökonomische Standardargumentation hinausgehende, besondere Schutzwürdigkeit des Gutes Trinkwasser. Der Deutsche Bundestag hat mit seinem Entschluss „Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland“ im Jahr 2001 einer umfassenden Marktöffnung der Trinkwasserwirtschaft eine Absage erteilt.382 Dort heißt es: „Vor diesem Hintergrund schließt sich der Deutsche Bundestag den Beschlüssen der Umweltund Innenministerkonferenzen der Bundesländer, der kommunalen Spitzenverbände und der Verbandsvertreter der deutschen Wasserwirtschaft an. Diese haben sich gegen eine grundlegende Neuordnung der Strukturen der deutschen Wasserwirtschaft (…) und eine Liberalisierung des deutschen Wassermarktes ausgesprochen.“383 Die Alternative zu einer Liberalisierung wurde fortan mit dem Etikett Modernisierung versehen und die Bundesregierung aufgefordert, eine Modernisierungsstrategie vorzulegen.384 Das Strategiepapier nach fast viereinhalb Jahren Beratungszeit trägt den Titel „Bericht der Bundesregierung zur Modernisierungsstrategie für die deutsche Wasserwirtschaft und für ein stärkeres internationales Engagement der deutschen Wasserwirtschaft“.385 „Kernstück dieser Modernisierung ist die Förderung der Kooperationen (…) zwischen benachbarten Wasserver- und -entsorgungssystemen.“386 Darüber hinaus werden als weitere Elemente ein ganzheitliches Benchmarking-Konzept sowie die Prüfung der Folgen einer Steuerpflicht der Abwasserentsorgung benannt.387 Das Benchmarking soll dabei als anonymisiertes System auf freiwilliger Basis durchgeführt werden.388 Das Ergebnis im Anschluss an zehn Jahre teils intensiver Diskussion, hervorgerufen durch den Briscoe-Report, ist also, dass der kleinteiligen Struktur der Wasserwirtschaft mit ihren verfestigten örtlichen Monopolen, die sich überwiegend in öffentlichem Eigentum befinden, mit einer diffusen Förderung von Kooperationen sowie einem freiwilligen Offenlegen von anonymisierten Unternehmensmerkmalen begegnet wird. Von wirklichem Wettbewerb, der immer auch Entscheidungsfreiheit von Marktteilnehmern umfasst, ist nicht die Rede. Es sind nicht einmal Ansätze in diese Richtung unternommen worden.

___________ 382

Vgl. Deutscher Bundestag (2001). Deutscher Bundestag (2001), S. 2. 384 Vgl. Deutscher Bundestag (2001), S. 3. 385 Vgl. Bundesregierung (2006). 386 Bundesregierung (2006), S. 6. 387 Vgl. Bundesregierung (2006), S. 8. 388 Vgl. Bundesregierung (2006), S. 10. 383

120

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen In der allgemeinen Darstellung des gewählten Analyseansatzes wurde darauf hingewiesen, dass eine Untersuchung auf Marktversagen mittels der verschiedenen Disaggregationsdimensionen bei Berücksichtigung aller möglichen Differenzierungen in einer komplexen, mehrdimensionalen Untersuchungsmatrix münden würde. Sämtliche Matrixfelder abzuarbeiten, kann im Rahmen einer Verbalanalyse nicht geleistet werden. Von daher wird aus Praktikabilitätsgründen im weiteren Verlauf eine Vereinfachung vorgenommen. Die Untersuchungsfelder der horizontalen und vertikalen Disaggregation werden vollständig bearbeitet. Eine darüber hinausgehende, mehr als zwei Dimensionen umfassende Volluntersuchung ist hingegen nicht sonderlich erhellend, da Wiederholungen und das Referieren von trivialen Sachverhalten die zwangsläufige Folge wäre. Die Untersuchung mittels der Disaggregation nach dem Informationsstand der Prinzipale sowie der räumlichen Disaggregation wird somit im Anschluss auf Basis der bereits gewonnenen Erkenntnisse durchgeführt.

1. Horizontale Disaggregation Interessanterweise ist eine horizontale Disaggregation in der bestehenden Regulierungsliteratur zum Teil bereits vorgenommen worden, ohne dass sie als solche bezeichnet wurde oder ein Zusammenhang zu der vertikalen Zerlegung von Wertschöpfungsketten hergestellt worden ist. Mögliches Auftreten von Marktversagen in der Trinkwasserwirtschaft wurde ausschließlich in Bereichen der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung gesucht. Wasser, welches Konsumenten portioniert beispielsweise in Flaschen oder Getränkekartons erreicht, unterliegt gewöhnlich keiner Marktversagensvermutung. Die spezifischen Eigenschaften des Endprodukts sind in den zwei Fällen sehr ähnlich und es wird jeweils der Begriff Trinkwasser verwendet. Auch die Wertschöpfungsketten sind gleichartig: Wasser muss in beiden Fällen zunächst gewonnen, dann teilweise aufbereitet und für eine Weile gespeichert bzw. gelagert und im Anschluss transportiert und an die Konsumenten verteilt werden. Es ist sogar denkbar, dass die Wertschöpfungsketten sich in Teilen überlappen, also z. B. das gleiche gewonnene und womöglich aufbereitete Wasser sowohl in Flaschen als auch über Leitungsnetze an die Konsumenten verteilt wird. Der wesentliche Unterschied in Bezug auf Marktversagen und sich anschließende Regulierung ist die Vorgehensweise bei Transport und Verteilung. Eine Differenzierung verschiedener Produkte bzw. Produktgruppen auf der gleichen Wertschöpfungsstufe ist bei Trinkwasser dementsprechend nach der Darreichungsform des Gutes an den Endverbraucher angezeigt. Das Ergebnis

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

121

sind zwei große Klassen, die mit den Begriffen Leitungswasser (unportioniert) und abgefülltes Wasser (portioniert) versehen werden können. Die eigentliche Analyse der zwei Wertschöpfungsketten auf Marktversagen geschieht im Folgekapitel mit der vertikalen Disaggregation zusammen.

2. Vertikale Disaggregation der Wertschöpfungskette von leitungsgebundenem Trinkwasser a) Aufbau der Wertschöpfungskette Die Struktur der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung kann durch nachfolgende Wertschöpfungsstufen beschrieben werden: –

Wassergewinnung,



Wasseraufbereitung,



Wassertransport,



Wasserverteilung,



Wasserandienung.389

Für die Wassergewinnung kommen unterschiedliche Wasserarten in Frage, die grob in die Kategorien Grundwasser im weiteren Sinne und Oberflächenwasser im weiteren Sinne aufgeteilt werden können.390 Das noch nicht gewonnene, aber als Inputfaktor zur Verfügung stehende, Grund- und Oberflächenwasser wird im Folgenden als Rohwasser bezeichnet. In Wasseraufbereitungsanlagen werden Schad- und Störstoffe sowie Keime aus dem gewonnenen Wasser entfernt. Ob eine Aufbereitung erforderlich wird bzw. mit welcher Intensität diese durchgeführt wird, hängt von der Beschaffenheit und Qualität des Rohwassers ab.391 Die Produktionsstufe des Wassertransportes bezeichnet den Betrieb von Leitungen zwischen der Wassergewinnungsstelle und der Wasseraufbereitungsstelle sowie zwischen der Wasseraufbereitungsstelle und dem Verteilungsnetz. Es kann sich sowohl um relativ kurze Transportstrecken handeln als auch um Leitungssysteme, die große Entfernungen überwinden (Fernwasserleitungen).

___________ 389 Vgl. Stuchtey (2002), S. 17 f.; ähnlich auch Sauer (2005), S. 227 ff.; Sauer (2004), S. 10 ff. 390 Vgl. Destatis (2003), S. 55. 391 Vgl. Stuchtey (2002), S. 17 f.

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Die Wasserverteilung umfasst jenes Leitungssystem, welches der Verteilung des Wassers innerhalb eines Versorgungsgebietes dient (Hauptleitungen, Versorgungsleitungen, Anschlussleitungen). Als letzter Bestandteil der Wertschöpfungskette wird im Folgenden die Wasserandienung als Dienstleistung am Endverbraucher eingeführt. Der Betreiber dieser Wertschöpfungsstufe tritt als Vertragspartner der Wasserkonsumenten auf, indem er den Kunden die Bereitstellung von Trinkwasser anbietet. Die Dienstleistung der Wasserandienung ist dabei auf der Inputseite durch eine Vielzahl möglicher Vertragsbeziehungen gekennzeichnet. Sie kann auch im Sinne eines Supply-Chain-Managements392 verstanden werden, indem Wassergewinner, Wasseraufbereiter, Wassertransporteure und Wasserverteiler gleichsam verpflichtet werden und die Koordination über die Wertschöpfungskette hinweg übernommen wird. Grundsätzlich sind auch andere Beziehungskonstellationen möglich, z. B. dass ein Wassergewinner die Wasserandienung übernimmt, indem er das gewonnene Wasser solchen Kunden anbietet, die im Versorgungsgebiet des/der unter Vertrag genommenen Verteiler(s) befindlich sind. Darüber hinaus wird der Konsum des Endproduktes auf mögliches Marktversagen untersucht. Als Marktversagenstatbestand kommt für diese wirtschaftliche Aktivität das Vorliegen von externen Effekten in Frage. Für die Wertschöpfungsstufen Wassergewinnung, Wasseraufbereitung, Wassertransport, Wasserverteilung sowie Wasserandienung kommen prinzipiell alle Marktversagensformen in Betracht. Das Auftreten von Eigenschaften eines natürlichen Monopols oder von positiven oder negativen technologischen Externalitäten ist für jede der genannten Wertschöpfungsstufen einzeln zu untersuchen. Etwaiges Vorliegen von Informationsasymmetrien oder Transaktionskosten kann über die Verträge zwischen den Wertschöpfungsstufen untereinander sowie einzelnen Wertschöpfungsstufen und den Endverbrauchern auf der Aktivitätsstufe des Konsums ermittelt werden. In der Wertschöpfungskette an verschiedener Stelle notwendige Aktivitäten der Wasserspeicherung werden im Folgenden vernachlässigt bzw. implizit als Bestandteil anderer Wertschöpfungsstufen verstanden. Wasser kann in verschiedenen Speichern zu unterschiedlichen Zwecken eingelagert werden. Großspeicher wie Talsperren werden im Folgenden als Speicheranlagen für Rohwasser der Wertschöpfungsstufe Wassergewinnung zugerechnet. Da die Nachfrage nach Trinkwasser starken zeitlichen Schwankungen unterliegt, ist darüber hinaus eine Trinkwasserspeicherung erforderlich, um Lastspitzen abzufangen und einen gleichmäßigen Gewinnungs- und Aufbereitungspro___________ 392 Zum betriebswirtschaftlichen Konzept des Supply-Chain-Managements wird beispielhaft auf das Lehrbuch von Corsten/Gabriel (2004) verwiesen.

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

123

zess durchführen zu können.393 Diese Art der Speicherung unterliegt einer Restriktion dadurch, dass die Lagerfähigkeit von Trinkwasser aus hygienischen Gründen auf wenige Tage begrenzt ist.394 Daher erfolgt die Bewirtschaftung örtlicher Wasserspeicher im Regelfall über den Tagesausgleich.395 Trinkwasserspeicher (Hoch- und Tiefbehälter) haben die Aufgabe, Verbrauchsschwankungen auszugleichen und für einen gleichmäßigen Versorgungsdruck zu sorgen. Sie sind sachlich so eng mit den Verteilungsanlagen verknüpft, dass das Betreiben des Verteilungsnetzes und dieser Speicher durch verschiedene Anbieter in der Praxis nicht vorstellbar ist. Die Trinkwasserspeicherung ist somit systematisch der Wertschöpfungsstufe Wasserverteilung zuzurechnen. Untersuchungen der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung unter Zugrundelegung des disaggregierten Regulierungsansatzes werden in jüngeren Arbeiten bereits durchgeführt. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang die Dissertationen von Niedernberg und Winkler, in denen jeweils eine vertikale Disaggregation vorgelegt wird.396 Auch der Verfasser stellt in seiner Diplomarbeit entsprechende Überlegungen an.397 Stuchtey untersucht bereits einige Jahre zuvor in ihrer Dissertationsschrift die Wertschöpfungsstufen einzeln auf Subadditivität.398 Im Folgenden wird die Analyse nun auf weitere Marktversagenstatbestände ausgeweitet. Abbildung 13 zeigt die Ansatzpunkte der Untersuchung auf Marktversagen in der Trinkwasserwirtschaft anhand der drei Marktversagenstatbestände natürliche Monopole, externe Effekte sowie Informationsasymmetrien und Transaktionskosten. Dabei werden die als wesentlich identifizierten Wertschöpfungsstufen separat voneinander betrachtet. Aufbauend auf der allgemeinen Darstellung des Kapitels C, werden mit den grau hinterlegten Feldern wiederum jene Bereiche identifiziert, die Anlass zu einer Marktversagensuntersuchung geben. Die Schnittstellen zwischen verschiedenen Wertschöpfungsstufen bzw. einzelnen Wertschöpfungsstufen und den Verbrauchern (dargestellt durch die Konsumaktivität) werden durch die nach oben geöffneten, klammerähnlichen Felder dargestellt. Sie symbolisieren Vertragskonstellationen zwischen den genannten Parteien, die auf mögliche Informationsasymmetrien zu untersuchen sind. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit werden nicht alle möglichen Vertragsbeziehungen in die Grafik übernommen. Vielmehr werden innerhalb des Wertschöpfungsprozesses zunächst einmal die ___________ 393

Vgl. Karger/Cord-Landwehr/Hoffmann (2005), S. 192; Winkler (2005), S. 49. Vgl. Winkler (2005), S. 49. 395 Vgl. Karger/Cord-Landwehr/Hoffmann (2005), S. 194. 396 Vgl. Niedernberg (2005); Winkler (2005). 397 Vgl. Rüttgers (2005). 398 Vgl. Stuchtey (2002). 394

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

direkten Vertragsbeziehungen zwischen den Wertschöpfungsstufen (ohne Überspringen) betrachtet sowie von Seiten des Endverbrauchers die Vertragsbeziehungen mit dem Betreiber der Wasserandienung, dem Wasserverteiler oder dem Wassergewinner. Wassergewinnung

Wasseraufbereitung

Wassertransport

Wasserverteilung

Wasserandienung

Konsum

Natürliches Monopol

Externe Effekte

Informationsasymmetrien und Transaktionskosten

Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 13: Potenzielles Marktversagen bei Leitungswasser (Auszug)

In Vorbereitung der verbalen Analyse möglicher Informationsasymmetrien oder Transaktionskosten in den Vertragsbeziehungen kann eine weitere Komplexitätsreduktion vorgenommen werden, ohne Gefahr zu laufen, dass die notwendige Regulierungsbasis unpräzise oder willkürlich bestimmt wird. Zweiseitige Prinzipal-Agent-Beziehungen können in der ‚schlichten‘ Wertschöpfungskette der Trinkwasserversorgung ausgeschlossen werden. Somit erscheint es annehmbar, wenn lediglich die Leistung der jeweiligen Auftragnehmer in Bezug auf Informationsmängel überprüft wird.

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

125

Im Zuge dessen ist in zwei Schritten erstens zu klären, inwieweit die Qualität der Leistung ein Informationsproblem (mangelnde Beurteilbarkeit der Leistungsqualität in Bezug auf Prozess und Produkt) aufwirft, welches im schlimmsten Fall zu adverser Selektion führt. Zweitens ist zu überprüfen, ob transaktionsspezifische Investitionen in den Vertragsbeziehungen eine Rolle spielen, die entsprechend erhöhte Transaktionskosten nach sich ziehen, und ob sich daraus u. U. eine Hold-up-Gefahr ergeben kann bzw. eine Tendenz zu vertikaler Integration.

b) Wassergewinnung Bei der Gewinnung von Trinkwasser wird in der Regel zwischen Grund- und Oberflächenwasser unterschieden. Mit Grundwasser wird nach der Begriffsbestimmung des Statistischen Bundesamtes unterirdisch anstehendes Wasser bezeichnet, das die Hohlräume der Erdrinde zusammenhängend ausfüllt und nur der Schwere unterliegt, also nicht natürlich austritt. Quellwasser ist der örtlich begrenzte natürliche Grundwasseraustritt. Uferfiltrat bezeichnet Wasser, welches Wassergewinnungsanlagen durch das Ufer eines Flusses oder Sees im Untergrund nach Bodenpassage zusickert und sich mit dem anstehenden Grundwasser vermischt. Oberflächenwasser ist Wasser natürlicher oder künstlicher oberirdischer Gewässer sowie angereichertes Grundwasser.399 In manchen Arbeiten wird Quellwasser in die Klasse des Grundwassers eingeordnet, während das Uferfiltrat dem Oberflächenwasser zugeschlagen wird, so dass eine Zweiteilung entsteht: Grundwasser im weiteren Sinne und Oberflächenwasser im weiteren Sinne. Dieser Vorgehensweise wird hier ebenfalls gefolgt. Die Hebung von Grundwasser erfolgt über Sickergalerien und Brunnen. Quellwasser wird mittels Schichtquellen, Stauquellen und Stollenfassungen gewonnen, Oberflächenwasser in Zisternen durch Trinkwassertalsperren, Seewasser- und Flusswasserfassungen.400

Externe Effekte Die Verwendung von Rohwasser als Einsatzfaktor in Produktionsprozessen bzw. dessen Konsum (z. B. nach entsprechenden Aufbereitungsschritten) beeinträchtigen unter bestimmten Voraussetzungen die Produktions- bzw. Nutzenfunktion von Dritten in negativer Weise. Die Ursache ist darin zu suchen, dass für Rohwasser zwar Rivalität in der Nutzung besteht, das Ausschlussprinzip ___________ 399 400

Vgl. Destatis (2006). Vgl. Martz (1993), S. 94 ff.; Grombach et al. (2000), S. 367 ff.

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

aber nur unvollständig anwendbar ist. Dieser Fall tritt ein, wenn Verfügungsrechte (Property-Rights) nicht hinreichend durchsetzbar sind. Die Folge sind negative technologische Externalitäten. Es liegt ein so genanntes Allmendegut vor. Ressourcen, die den Charakter von Allmendegütern haben, tendieren zur Übernutzung (Tragik der Allmende). Für den Fall des Grundwassers werden die Eigenschaften eines solchen Allmendegutes in der Literatur häufig bejaht:401 Wenn exklusive Eigentumsrechte für das Grundwasser nicht definiert werden, bestehen für den Einzelnen keine Anreize zu einem sparsamen Abbau. Ganz im Gegenteil könnte der eigene, schonende Umgang mit der knappen Ressource dazu führen, dass Konkurrenten die Ressource ausbeuten und für die eigene Nutzung nichts mehr übrig bleibt.402 Die Einordnung als Allmendegut ist nicht nur für das Grundwasser, sondern auch für Oberflächenwasser plausibel.403 Jede Gewinnung von Rohwasser stellt einen Eingriff in den Gewässerhaushalt dar. Eine Übernutzung kann eine Schädigung von wasserabhängigen Ökosystemen nach sich ziehen.404 Externalitäten der Wassergewinnung können auch asymmetrisch auftreten. Für denjenigen, der am ‚Anfang‘ eines Vorkommens Wasser entnehmen möchte, ist es unerheblich, was in der Fließrichtung nachfolgende Nutzer entnehmen. Für denjenigen hingegen, der nachfolgend angesiedelt ist, könnte bei Übernutzung durch die Vorgänger nichts oder weniger übrig bleiben, als seinen Präferenzen entspricht.405 Zusammenfassend ist somit bereits für die Wertschöpfungsstufe der Wassergewinnung mit dem Vorliegen negativer externer Effekte im Prozess der Wasserentnahme eine Marktversagensmöglichkeit zu konstatieren, die einen regulierenden Eingriff erforderlich macht.

Natürliches Monopol Für das Vorliegen eines natürlichen Monopols ist ein etwaiges Auftreten von subadditiven Kostenstrukturen aufgrund von Größenvorteilen zu untersuchen. Da jede Entnahmestelle nur eine beschränkte Kapazität bietet, kann in der Wassergewinnung nicht von Subadditivität ausgegangen werden.406 Folgende Plau___________ 401

Vgl. Ostrom (1968); Kuckshinrichs (1990), S. 28 ff. Vgl. Grobosch (2003), S. 101. 403 Allgemein auf Umweltgüter bezogen können hier die Ausführungen von Hartwig (2007), S. 205 ff., herangezogen werden. 404 Vgl. Stuchtey (2002), S. 53. 405 Vgl. Dombrowsky (2004), S. 67 f. 406 Vgl. Winkler (2005), S. 157. 402

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

127

sibilitätsüberlegungen werden in diesem Zusammenhang angestellt: Ein Wassergewinner wird als erste Quelle diejenige verwenden, aus der er zu geringsten Kosten schöpfen kann.407 Aufgrund einer für gewöhnlich anzunehmenden Degression bei den Fixkosten ist bei alleiniger Verwendung der ersten Quelle zunächst von Größenvorteilen auszugehen.408 Mit steigender Nachfrage wird die Kapazitätsgrenze erreicht. Es muss eine weitere Quelle erschlossen werden. Wenn die Gewinnung an der zweiten Quelle entsprechend der getroffenen Annahme höhere Kosten verursacht, steigen die Durchschnittskosten. Tatsächlich stützt sich die Wassergewinnung auch in der Praxis in der Regel auf mehr als eine Quelle, damit im Fall eines Ausfalls von Wasserquellen (weniger begründet durch langfristig planbare Ereignisse, wie das Erschöpfen des Vorkommens, als mehr durch kurzfristig auftretende Probleme, wie z. B. Verunreinigungen) die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung gesichert bleibt.409 Dieses Vorgehen ist zudem sinnvoll, da hierdurch temporäre Bedarfsschwankungen besser abgefedert werden können. Es ist nicht unmittelbar ersichtlich, dass der Betrieb mehrerer Gewinnungsanlagen durch ein Unternehmen nennenswerte Kostenvorteile gegenüber dem Betrieb durch mehrere Unternehmen bietet. Stuchtey führt an, dass derartige Vorteile eines etablierten Anbieters beispielsweise auf Kenntnisse der regionalen hydrogeologischen Struktur zurückzuführen sein könnten.410 Als weiteres Argument könnte das mehrfache Einsetzen von Fachpersonal fungieren. Somit ergibt sich folgendes Bild: Je größer die nachgefragte Wassermenge ist und je unterschiedlicher die Quellen, desto eher ist davon auszugehen, dass die Wassergewinnung durch mehrere Unternehmen im Wettbewerb angeboten werden kann. Für eine relativ kleine Nachfragemenge verhält es sich umgekehrt. Hier kann davon ausgegangen werden, dass ein Anbieter in der Regel kostengünstiger Wasser gewinnen kann als mehrere kleine. Nicht zu unterschätzen ist der Aspekt, dass die bisher getroffenen Aussagen implizit vor dem Hintergrund eines Entnahmeregimes der Wasserentnahme zu einem Preis von null bzw. einem fixen Wasserentnahmeentgelt gemacht wurden. Wenn von einer Versteigerung von Wasserentnahmerechten ausgegangen wird, verändern sich die Kostenstrukturen in der Wertschöpfungsstufe der Wassergewinnung. Dann könnten sich unterschiedlich hohe Kosten der Wasserentnahme für jede einzelne Entnahmestelle ergeben, welche direkt in die Kostenfunktionen der Wassergewinner eingingen. Somit wäre fraglich, ob die Möglichkeit des Ausschöpfens von etwaigen Größenvorteilen bestünde: Denn ___________ 407

Vgl. Stuchtey (2002), S. 46; Niedernberg (2005), S. 96. Vgl. Christmann (2004), S. 312 ff. 409 Vgl. Stuchtey (2002), S. 46; Niedernberg (2005), S. 96. 410 Vgl. Stuchtey (2002), S. 47. 408

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

für ein Wasservorkommen, welches über eine große Entnahmekapazität verfügt, wird sich vermutlich ein höherer Preis pro entnommener Einheit ergeben als für ein kleines Wasservorkommen, weil die Bieter davon ausgehen, dass sie über entsprechende Größenvorteile verfügen, und daher bereit sind, einen höheren Preis pro Einheit zu zahlen. Es spielt hierbei nur eine untergeordnete Rolle, ob die Wasserentnahme variable Kosten oder fixe Kosten verursacht.411 Dessen ungeachtet, dass Größenvorteile der Wassergewinnung in nennenswertem Ausmaß nicht begründet werden können, schließt sich im Folgenden die Untersuchung des Auftretens von irreversiblen Investitionen an. Die Wahrscheinlichkeit für einen Markteintritt neuer Wettbewerber ist umso geringer, je umfangreicher die mit einem späteren Marktaustritt verbundenen versunkenen Kosten sind.412 Für ein mögliches Entstehen von Marktversagen kommt es also auf die Höhe der versunkenen Kosten im Verhältnis zu den anderen Kostenbestandteilen an, da ein bestimmter Grundanteil versunkener Kosten in vielen wirtschaftlichen Aktivitäten und Branchen vorzufinden ist. Investitionen in Gewinnungsanlagen sind in erster Linie Bauten und (bei Grundwasser) Bohrungen. Teile dieser Investitionen begründen vermutlich versunkene Kosten.413 Zu denken ist beispielsweise an Talsperren, deren Nutzungsdauer auf ca. 100 Jahre angesetzt wird414 und für die kaum alternative Nutzungsmöglichkeiten denkbar sind. Manche anderen Bauten wie z. B. die Wasserwerk-Gebäude können dagegen prinzipiell auch anderen Verwendungen zugeführt werden und sind somit als reversible Investitionen einzuordnen. Problematisch ist auf jeden Fall, dass Gewinnungsanlagen ortsgebunden sind, also nicht ohne weiteres versetzt werden können.415 Selbst wenn versunkene Kosten eines etablierten Anbieters in wesentlichem Umfang vorliegen sollten, kann potenzielle Konkurrenz im Rahmen der Wassergewinnung dadurch entstehen, dass benachbarte Wassergewinner bereits über entsprechende Anlagen verfügen und somit ohne umfangreiche Investitionen in den Markt eintreten bzw. ihren Markt erweitern können,416 zumindest wenn sie über unterausgelastete Kapazitäten verfügen. ___________ 411 Vereinfachend wird unterstellt, dass die Versteigerung der Entnahmerechte für eine festgelegte Menge zu einem Gesamtpreis durchgeführt wird. Dies würde bedeuten, dass fixe Kosten vorliegen. Diese sind grundsätzlich dadurch variabilisierbar, dass der Wassergewinner einen Teil seiner erworbenen Entnahmerechte verkauft oder zusätzliche Entnahmerechte erwirbt. Ob und inwieweit dies in jedem Fall möglich ist, darf bezweifelt werden. 412 Vgl. Christmann (2004), S. 11. 413 Vgl. Christmann (2004), S. 314 f. 414 Vgl. Hasselmann (1959), S. 28 f. 415 Vgl. Stuchtey (2002), S. 90; Niedernberg (2005), S. 98. 416 Vgl. Stuchtey (2002), S. 48 f.

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

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Das Vorliegen eines monopolistischen Engpassbereichs bzw. eines Marktversagens aufgrund von Eigenschaften eines natürlichen Monopols kann in der Wertschöpfungsstufe der Wassergewinnung nicht festgestellt werden. Es sind weder Größenvorteile (mit Ausnahme entsprechend kleiner Versorgungsgebiete) noch entscheidungsrelevante versunkene Kostenbestandteile in erheblicher Höhe plausibel.

Informationsasymmetrien und Transaktionskosten Primäres Leistungsergebnis der Wertschöpfungsstufe Wassergewinnung ist das gewonnene Wasser. Wenn nicht Endverbraucher (insbesondere private Haushalte mit vergleichbar kleinen Abnahmemengen) direkte Abnehmer dieses Zwischenproduktes der gesamten Wertschöpfungskette sind,417 ist ein Informationsproblem bezüglich der Qualität des Produktes unwahrscheinlich. Denn für Experten mit spezifischen Branchenkenntnissen, die an irgendeiner Stelle der Wertschöpfungskette folgen (Wasseraufbereitung, Wasserandienung), ist die Qualität problemlos zu erkennen. Sicherlich müssen geeignete Messinstrumente bzw. Laboreinrichtungen dazu vorhanden sein. Da die Abnehmer (in ihrer Rolle als Prinzipale) annahmegemäß nicht nur für den Eigenverbrauch die Leistung einholen, sondern unternehmerisch tätig werden, sind die Kosten für die Anschaffung und den Betrieb derartiger Einrichtungen (in Bezug auf sämtliche anderen anfallenden Kosten) nicht prohibitiv hoch. Darüber hinaus sind Investitionen in derartige Einrichtungen nicht transaktionsspezifisch, sondern können sowohl für ähnliche Transaktionen mit anderen Zulieferern verwendet als auch auf dem Weltmarkt veräußert werden. Die Kontrolle der Leistungsqualität stellt daher kein Problem dar. Genauso wenig sind systematische Anreize zu moralischem Risiko erkennbar. Die Marktversagensvermutung aufgrund von Informationsasymmetrien kann für die Wassergewinnung also verworfen werden. Der Wassergewinner trägt wahrscheinlich ein bestimmtes Maß transaktionsspezifischer Investitionen, sofern nicht mehrere Abnehmer für die Gewinnungstätigkeit bereit stehen. Da die Investitionen an einen bestimmten Ort gebunden sind (Standortspezifität), ist die Anzahl potenzieller Abnehmer des gewonnenen Wassers beschränkt. Der Wassergewinner ist auf die Anbindung an mindestens eine Transport- bzw. Verteilungsanlage, sehr wahrscheinlich mit vorhergehender Aufbereitung, zwingend angewiesen. Ansonsten riskiert er den Totalverlust seiner Investition.418 Die transaktionsspezifischen Investitionen führen sicherlich nicht zu einem völligen Versagen des Marktmechanismus; erhöhte Transaktionskosten können aber aus Sicht des Wassergewinners zu Vorteilen der ___________ 417 418

Dieser Spezialfall kann annähernd ausgeschlossen werden. Vgl. Niedernberg (2005), S. 117; vgl. auch Stuchtey (2002), S. 90.

130

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Koordinationsform Hierachie bzw. hybrider Organisationsformen gegenüber der Koordination über den Markt führen.

c) Wasseraufbereitung Primäres Ziel von Verfahren der Wasseraufbereitung ist es, das gewonnene Wasser in Trinkwasser zu transformieren. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Qualität des aufbereiteten Wassers nachhaltig die Beschaffenheit der in der Wertschöpfungskette nachfolgenden Anlagen beeinflussen kann. So kann es beim Einsatz von metallischen Werkstoffen beispielsweise zu Korrosionserscheinungen in den Leitungen kommen. Sekundäres Ziel der Wasseraufbereitung ist es demnach, eine entsprechende Langlebigkeit der Transportund Verteilungssysteme zu gewährleisten. Tabelle 11 Hauptverfahren der Trinkwasseraufbereitung Physikalisch

Chemisch

Biologisch

Sedimentation (z. B. Absetzbecken)

Oxidation/Reduktion (z. B. KMnO4-Zugabe zur Entmanganung) Flockung (z. B. Entfernung feindisperser Partikel mit MeSalzen) Fällung (z. B. zur Schwermetallelimination Enteisung/Entmanganung (z. B. durch O2-Zugabe) Entsäuerung (z. B. Marmorfiltration) Ionenaustauscher (z. B. zur Enthärtung)

Entmanganung (z. B. Einsatz von einlagernden und oxidierenden speziellen Manganbakterien)

Siebung/Rechen (z. B. Siebtrommel) Filtration (z. B. Mehrschichtfilter) Membranverfahren (z. B. Umkehrosmose zur Nitratentfernung) Gasaustausch (z. B. Verdüsung zur CO2-Reduktion)

Denitrifikation (z. B. Nitratentfernung mit auto- oder heterotrophen Bakterien)

Quelle: Karger/Cord-Landwehr/Hoffmann (2005), S. 107.

Trinkwasseraufbereitungsverfahren werden in drei Gruppen eingeteilt: –

physikalische Verfahren,



chemische Verfahren,



biologische Verfahren.419

___________ 419

Vgl. Karger/Cord-Landwehr/Hoffmann (2005), S. 106.

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

131

Die Hauptverfahren der Wasseraufbereitung werden in Tabelle 11 einander gegenübergestellt. Um das Aufbereitungsziel zu erreichen, werden in der Regel verschiedene Verfahren miteinander kombiniert. Die spezifische Verfahrenswahl geschieht in Abhängigkeit von der Herkunft und Beschaffenheit des Rohwassers.420 So werden an die Aufbereitung von Flusswasser beispielsweise ganz andere Anforderungen gestellt als an die Aufbereitung von Grundwasser. Bei guter Rohwasserqualität kann es ausreichend sein, das Wasser durch eine Bodenpassage sickern zu lassen, während bei schlechterer Qualität großtechnische Verfahren eingesetzt werden müssen.421 Im Anschluss an die Hauptverfahren findet als abschließende Behandlung eine Entkeimung des Wassers statt. Die häufigste Anwendung im Rahmen der Desinfektion findet die Chlorgas-Methode, da sie vergleichsweise einfach durchzuführen ist und darüber hinaus als preisgünstig gilt.422 Ein wesentlicher Nachteil des Chlorgas-Verfahrens wird darin gesehen, dass organische Inhaltsstoffe des Wassers chloriert werden. Dabei entstehen so genannte Haloforme (Trihalomethane), die im Verdacht stehen, karzinogen zu wirken. Darüber hinaus ist der Einsatz von Chlor für den Konsumenten erkennbar – in Form einer für viele Menschen als unangenehm empfundenen Geruchs- bzw. Geschmacksveränderung des Trinkwassers, welche chemisch durch die Bildung von Chlorphenolen hervorgerufen wird.

Externe Effekte Externalitätenprobleme bei der Wasseraufbereitung können auftreten, wenn die Transformation von gewonnenem zu aufbereitetem Wasser eine schlechte Qualität aufweist. Zu unterscheiden sind dabei die Qualität des Leistungserstellungsprozesses und die Qualität des Produktes der Wertschöpfungsstufe. Im Prozess der Wasseraufbereitung können negative Externalitäten etwa durch bestimmte Emissionen (Stoffaustritte) auftreten. Diese entstehen im Rahmen der eigentlichen Transformationsaktivität von Rohwasser zu aufbereitetem Wasser. Eine schlechte Prozessqualität könnte beispielsweise darin offenbar werden, dass der Gefahrstoff Chlor unkontrolliert aus der Aufbereitungsanlage austritt und dadurch Gesundheit oder sächliches Eigentum von Dritten beeinträchtigt werden. Bereits relativ geringe Konzentrationen in der Atemluft können zum Tod von Menschen führen. Die Konsequenzen wären so gravierend, dass ein regulierender Eingriff begründet wäre, wenn nicht bereits ___________ 420

Vgl. Chamoni/Rentrop (2000), S. 104. Vgl. Chamoni/Rentrop (2000), S. 105. 422 Vgl. Karger/Cord-Landwehr/Hoffmann (2005), S. 154. 421

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

allgemeine wirtschaftspolitische Regeln dafür Sorge tragen würden, dass eine derartige Gefährdung der Gesundheit von Personen ausgeschlossen ist. Eine schlechte Produktqualität äußert sich darin, dass das aufbereitete Wasser keine Trinkwasserqualität aufweist, sondern im schlimmsten Fall eine Gefahr für die Gesundheit der Konsumenten oder den Bestand der Leitungsanlagen (sowohl auf Ebene der Leistungsanbieter als auch auf Ebene der Leistungsnachfrager) darstellt. Die schlechte Qualität des Wassers könnte etwa durch einen erhöhten Chlorgehalt hervorgerufen werden. Die Betreiber der nachfolgenden Wertschöpfungsstufen bzw. die Konsumenten hegen ein Interesse daran, dass Schäden dieser Gestalt weitestgehend vermieden werden. Externalitäten aufgrund einer schlechten Produktqualität können daher ausschließlich als Folge eines vorgelagerten Informationsproblems (Informationsasymmetrien) auftreten, wenn eine Beurteilung der Qualität mangels Expertenwissens nicht hinreichend möglich ist. Falls dies aufgrund dazwischen geschalteter Vertragsverhältnisse ausgeschlossen werden kann (siehe unten), ist eine Regulierung aufgrund von Externalitäten, die infolge einer schlechten Produktqualität auftreten, nicht erforderlich.

Natürliches Monopol Im Rahmen dieser disaggregierten Untersuchung wird die Wertschöpfungsstufe Wasseraufbereitung als Dienstleistung am Objekt Rohwasser aufgefasst. Tatsächlich ist diese Wertschöpfungsstufe in der deutschen Trinkwasserwirtschaft an die Wassergewinnung gebunden: „Unternehmen, welche ausschließlich Wasser aufbereiten, sind nicht bekannt.“423 Dies überrascht angesichts der vorwiegend vertikal integrierten Versorgungsunternehmen nicht, muss unter Wettbewerbsbedingungen aber nicht zwangsläufig überdauern. Es könnte sich herausstellen, dass beispielsweise durch das mehrfache Einsetzen von Fachpersonal, Wartungsmaschinen etc. an verschiedenen, räumlich verteilten Aufbereitungsanlagen Größenvorteile innerhalb der Wertschöpfungsstufe der Wasseraufbereitung entstehen, so dass ein Wasseraufbereitungsunternehmen mit mehreren Anlagen verschiedene Wassergewinner bedienen könnte. Der zweite denkbare Fall unter Ausschöpfen von Größenvorteilen wäre, dass mehrere Wassergewinner ein und dieselbe Aufbereitungsanlage eines Aufbereiters nutzen. In empirischen Studien ist einerseits gezeigt worden, dass große Anlagen gegenüber kleinen Anlagen Durchschnittskostenvorteile aufweisen,424 also ___________ 423 424

Sauer (2004), S. 19. Vgl. Clark/Stevie (1981).

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

133

prinzipiell Größenvorteile vorliegen. Andererseits ist festgestellt worden, dass Größenvorteile relativ schnell erschöpft sind und auf dem fallenden Ast der Durchschnittskostenkurve auch nur ein geringfügiges Sinken zu beobachten ist.425 Es kann also davon ausgegangen werden, dass ein steigender Ast der Durchschnittskostenkurve existiert und dass dieser in der Realität auch ab einer bestimmten Nachfragemenge erreicht wird. Somit wird sich bei geringen Abnahmemengen tendenziell ein Unternehmen durchsetzen, während bei großen Mengen mehrere Unternehmen auftreten können.426 Es ist nicht zu erkennen, dass in der Wasseraufbereitung wesentliche Kostenbestandteile irreversibel sind. Zunächst einmal ist der variable Kostenanteil als relativ hoch zu vermuten. Zu denken ist dabei beispielsweise an Filter oder Chlorgas. Darüber hinaus sind manche Fixkostenbestandteile vermutlich veräußerbar. Weltweit werden ähnliche Technologien eingesetzt, d. h., selbst wenn sich im Inland kein Abnehmer finden sollte, so ist im Ausland Nachfrage zu unterstellen. Unter Umständen sind Aufbereitungsapparate wie Trockendosierer, Dosierpumpen etc. in der chemischen Industrie und im Bauwesen einsetzbar; im Verhältnis zu den in Bezug auf die Aufbereitungstechnik verfahrensspezifischen Einrichtungen, wie z. B. Filteranlagen, sind die Aufbereitungsapparate jedoch in ihrer Bedeutung zu vernachlässigen, da sie nur einen geringen Anteil der Gesamtinvestitionen darstellen.427 Eine örtliche Verlagerung von Aufbereitungsanlagen bei Wegfall der Bezugsquelle oder der Abnehmer des aufbereiteten Wassers ist zwar nicht ohne weiteres möglich, aber zumindest denkbar.428 Darüber hinaus könnte eine Aufbereitungsanlage auch für alternative Gewinnungsorte ihre Dienste leisten, was allerdings mit entsprechenden Transportkosten für die Zubringerleitungen verbunden ist. Für die Wasseraufbereitung kann analog zu den Ausführungen für die Wassergewinnung, selbst bei unterstelltem Vorhandensein von versunkenen Kosten des Etablierten, potenzielle Konkurrenz dadurch entstehen, dass benachbarte Wasseraufbereiter bereits über entsprechende Anlagen verfügen und somit ohne wesentliche Investitionen in den Markt eintreten bzw. ihren Markt erweitern können.429 Der Markt ist vermutlich angreifbar. Alles in allem ist festzuhalten, dass für die Wasseraufbereitung ebenso wenig das Vorliegen eines monopolistischen Engpassbereichs begründet werden kann, wie es bereits für die Wertschöpfungsstufe Wassergewinnung konstatiert wurde. Ein regulierender Eingriff ist somit nicht angezeigt. ___________ 425

Vgl. Boisvert/Schmit (1997). Vgl. Stuchtey (2002), S. 47. 427 Vgl. Grombach et al. (2000), S. 668. 428 Vgl. Niedernberg (2005), S. 98. 429 Vgl. Stuchtey (2002), S. 48 f. 426

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Informationsasymmetrien und Transaktionskosten Für die Wertschöpfungsstufe der Wasseraufbereitung ergeben sich prinzipiell die gleichen Ergebnisse wie für die Wassergewinnung. Auch hier kann außer Acht gelassen werden, dass Einzelabnehmer auftreten, die nicht hinreichend in der Lage sind, die Qualität zu überwachen. Vielmehr ist die Aufbereitungsleistung entweder an die Wassergewinnung gekoppelt oder Wassergewinner bzw. der Betreiber der Wasserandienung sind Auftraggeber der Leistung. Insofern ist die Beurteilung der Leistungsqualität, die sich in der Qualität des aufbereiteten Wassers niederschlägt, kein relevantes Problem, sondern mittels Expertenwissen zentral kontrollierbar. Es ist davon auszugehen, dass vielfach die gleichen Messinstrumente, die für die Überprüfung der Qualität des gewonnenen Wassers verwendet werden, auch für die Beurteilung der Qualität der Wasseraufbereitung eingesetzt werden können. Damit erübrigt sich auch das nachgelagerte Externalitätenproblem (siehe oben) in Bezug auf die Qualität des aufbereiteten Wassers. In der Frage der Höhe der Transaktionskosten ist zunächst festzuhalten, dass auch der Wasseraufbereiter transaktionsspezifische Investitionen zu tragen hat. In der Vertragskonstellation mit dem Wassergewinner muss berücksichtigt werden, dass die Aufbereitungstechnologie auf die Beschaffenheit des gewonnenen Wassers abgestimmt wird. In Vertragsbeziehungen mit Betreibern nachfolgender Wertschöpfungsstufen können ebenfalls transaktionsspezifische Investitionen unterstellt werden. Dies gilt vor allem, wenn die Abnahmemenge relativ gering ist. Eine Verringerung der Spezifität ist allenfalls denkbar, wenn der Betreiber der Wasseraufbereitungsanlage mehrere Verteilungsgebiete über die Leitungen unterschiedlicher Betreiber versorgt.430 Es ergibt sich für die Wasseraufbereitung also ein sehr ähnliches Ergebnis wie schon für die Wassergewinnung. Das Auftreten von transaktionsspezifischen Investitionen führt zu erhöhten Transaktionskosten, was eine Koordination der Beteiligten über den Markt erschwert.

d) Wassertransport und Wasserverteilung Die Wertschöpfungsstufen Wassertransport und Wasserverteilung sind insoweit miteinander verknüpft, als dass in beiden Fällen die hauptsächlichen Aktivitäten im Bereich des Wasserleitungsnetzes festzustellen sind. Die Transportstufe ist durch Zubringerleitungen gekennzeichnet, welche sowohl zwischen Gewinnungsort und Aufbereitungsort als auch zwischen Aufbereitungsort und ___________ 430

Vgl. Niedernberg (2005), S. 117.

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

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Verteilungsnetz lokalisiert sein können. Die Verteilung innerhalb eines Versorgungsgebietes geschieht durch Hauptleitungen, Versorgungsleitungen und Anschlussleitungen. In immer kleiner verzweigten Leitungsbestandteilen bildet das Verteilungsnetz diejenigen Teile des Gesamtnetzes ab, die, von einem oder mehreren Einspeisepunkten ausgehend, die Endversorgung der Verbraucher übernehmen.431 Der Übergang zwischen Transport und Verteilung ist in diesem Verständnis fließend. Zuordnungen sind also nicht immer zweifelsfrei zu leisten. Besonders relevant für die nachfolgende Betrachtung sind im Rahmen der Wasserverteilung die jeweils letzten Meter der Leitungsanlage (Hausanschlussleitung).

Externe Effekte Ein bedeutsames und für den Wasserfall, zumindest in dieser Form, spezifisches Externalitätenproblem tritt theoretisch genau dann auf, wenn voneinander verschiedene Wasserqualitäten aufeinander treffen, die von zwei oder mehr Anbietern in ein gemeinsam genutztes Netz eingespeist werden. Infolgedessen vermischen sich die unterschiedlichen Qualitäten miteinander. Eine Qualitätsdifferenzierung ist für den Konsumenten nicht zu leisten. Die von einem Anbieter eingespeiste Wasserqualität hat positive oder negative Auswirkungen auf jene Qualität, die bei den Kunden des Konkurrenten ankommt. Unterbietet eine Firma beispielsweise die Wasserqualität ihres Konkurrenten, verursacht sie negative externe Effekte. Auch der Konsument kann in einer solchen Konstellation durch die Wahl seines Vertragspartners (positiv oder negativ) Einfluss auf die Produktqualität nehmen, die Dritte erreicht.

Anbieter 1 tw1

Netz

Konsument tw

Anbieter 2 tw2 Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 14: Durchleitungsexternalitäten

___________ 431

Vgl. Martz (1993), S. 196 ff.

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

In Abbildung 14 wird der Zusammenhang am Beispiel von zwei Anbietern verdeutlicht, die die Qualitäten tw1 (weißer Pfeil) bzw. tw2 (schwarzer Pfeil) einleiten. Der Konsument erhält die Mischqualität tw (grauer Pfeil). Dieses spezifische Problem wird im Folgenden mit dem Terminus Durchleitungsexternalität besetzt. Die Verwendung dieses Begriffs macht deutlich, dass die externen Effekte nur auftreten, wenn verschiedene Anbieter ein gemeinsames Netz verwenden, indem sie eine Durchleitung von einem Einspeisepunkt bis hin zum Endverbraucher durchführen. Der Durchleitungsexternalität wird in der Literatur wenig Beachtung geschenkt. Zwar ist das Problem in seinem Ansatzpunkt erkannt.432 „Wettbewerb durch gemeinsame Netznutzung kann aus verteilungstechnischen Gründen nicht über die Qualität, sondern nur über den Preis geführt werden.“433 Eine umfassende Analyse der theoretischen Wirkungen ist bislang nach Kenntnis des Verfassers aber noch nicht geschehen. Eine Modellierung der Durchleitungsexternalität ist von Rüttgers und Schwarz vorgenommen worden.434 Durchleitungsexternalitäten können den Systemnetzexternalitäten435 zugeordnet werden, da sie aufgrund der physikalisch-technischen Charakteristika bei der netzgebundenen Bereitstellung von Trinkwasser auftreten. Abzugrenzen sind Durchleitungsexternalitäten damit beispielsweise von solchen Netzexternalitäten, die positive Konsumeffekte bei zunehmender Anschlussdichte bezeichnen.436 Auf der Suche nach Ursachen für dieses Externalitätenproblem wird zunächst offenbar, dass Wasser im Vergleich zu anderen durch Netze verteilten Gütern eine besondere Heterogenität aufweist. Die Qualität des durch Netze transportierten Trinkwassers wird durch eine Reihe von Eigenschaften (u. a. Temperatur, pH-Wert, Sauerstoffgehalt, Säurekapazität, Gehalt an gelösten Ionen, organischen Stoffen und Mikroorganismen)437 determiniert. Während selbst Strom kein vollständig homogenes Gut darstellt,438 ist die Heterogenität bei Wasser im Vergleich zu Elektrizität deutlich ausgeprägter. Der entscheidende Punkt ist aber, dass die Wahl eines bestimmten Anbieters durch Person A bei Dritten im Fall von Strom trotz evtl. vorhandener Qualitätsunterschiede im Sinne von sekundären Produkteigenschaften keine Auswirkungen hat (d. h., ___________ 432

Vgl. Dick (1993), S. 216; Ewers et al. (2001), S. 49 f. Ewers et al. (2001), S. 49 f. 434 Vgl. Rüttgers/Schwarz (2008). 435 Vgl. Knieps (2007). 436 Vgl. Katz/Shapiro (1985). 437 Vgl. Brackemann et al. (2000), S. 33 f. 438 Strom ist weitgehend homogen. Allerdings kann man sich auch vorstellen, dass ein Kunde sekundäre Produkteigenschaften wie die Inputbedingungen bei der Herstellung der Elektrizität (z. B. aus fossilen, regenerativen oder nuklearen Energiequellen) in seine Konsumentscheidung einfließen lässt. 433

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

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es werden weiterhin Elektronen durch die Stromleitung geschickt und vermutlich auch keine nicht ohnehin schon vorhandenen Probleme in der Konstanz und Zuverlässigkeit der Stromversorgung verursacht). Das Telekommunikationsnetz ist im Versuch einer Einordnung zwischen diesen Extrempolen anzusiedeln. Denn bei Telekommunikationsleistungen sind Externalitäten bei denjenigen anderen Teilnehmern spürbar, mit denen telefonischer Kontakt aufgenommen wird: Von einer besseren Qualität der Leistung bei Person A profitieren u. U. auch die Gesprächspartner, eine vergleichsweise schlechte Qualität beeinträchtigt wahrscheinlich die Gespräche mit Person A. Die wasserspezifische Durchleitungsexternalität könnte dazu führen, dass die Wasserqualität gesamtgesellschaftlich zu gering ist, weil derjenige, der Wasser einer hohen Qualität nachfragt, keine Kompensation für den von ihm generierten sozialen Zusatznutzen erhält bzw. derjenige, der Wasser einer niedrigen Qualität nachfragt, den davon Betroffenen keine Ausgleichszahlung zugesteht. Die ökonomische Intuition ist wie folgt: Die Firma, welche eine höhere Wasserqualität als ihre Wettbewerber in das Netz einspeist, stellt ein öffentliches Gut in Form einer Qualitätsverbesserung bei den Kunden der Konkurrenten zur Verfügung. Dies ist dadurch begründet, dass der positive Effekt eines Anstiegs der Konsumentennachfrage für einen Wettbewerber keinen Anstieg in den Kosten zur Folge hat. Der Wettbewerber könnte also als Free Rider auftreten. Letztendlich liegt in der Durchleitungsexternalität ein Anreizmechanismus begründet, der bei den Qualitätsmerkmalen des gelieferten Trinkwassers einen Wettlauf nach unten induziert. Der Endpunkt des Wettlaufes ist in einer irgendwie gearteten Mindestqualität zu suchen, etwa in Form der Qualitätsschwelle, bei der sich Trinkwasser von Brauchwasser abgrenzt. Damit die Qualität nicht unter ein bestimmtes Niveau absinkt, ist ein regulierender Eingriff erforderlich, der eine solche Mindestqualität determiniert. Die festgestellten Durchleitungsexternalitäten sind aufgrund ihrer Spezifität im Fall der netzgebundenen Bereitstellung von Trinkwasser im Vergleich zu anderen Netzgütern von gewichtiger Bedeutung für die ordnungspolitische Angelegenheit der Ausgestaltung eines adäquaten Regulierungsregimes. Ein zweites, weniger bedeutsames Auftreten von Externalitäten in den Wertschöpfungsstufen Wassertransport und Wasserverteilung ist in etwaigen Beeinträchtigungen durch die Leitungen selbst zu suchen. Bei Verlegung von Wasserleitungen oberhalb der Erdoberfläche sind Externalitäten des Wassertransportes bzw. der Wasserverteilung in der Weise vorstellbar, dass die Leitungsanlagen das Landschaftsbild beeinträchtigen. Solche Externalitäten sind aber nicht korrekturbedürftig. In aller Regel liegen die Leitungen ohnehin im Boden. Da in den verlegten Leitungen Trinkwasser transportiert wird, können bei einer schlechten Qualität der Leitungen, die sich etwa durch Leckagen zeigt, keine gravierenden Beeinträchtigungen der Umwelt entstehen. Sofern Leitungsverluste auftreten, haben Sie nur geringe Auswirkungen auf den Boden, der das Lei-

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

tungsleck umgibt. Bei erheblichen Beschädigungen an einer Stelle, welche dort zu entsprechend hohen Austrittsmengen führen, könnten u. U. negative externe Effekte auf die Umgebung entstehen. Hierzu wird es in der Regel nicht kommen. Denn an irgendeiner Stelle der Wertschöpfungskette bis hin zum Endverbraucher wird jemand ein Interesse daran haben, dass derartige Qualitätsprobleme verhindert werden. Schließlich würden diese letztendlich zu einem höheren Preis für das Endprodukt führen.

Natürliches Monopol Das Vorliegen von Subadditivität der Kostenfunktion wurde allgemein für den Betrieb von Leitungsanlagen durch produktionstechnische Skalenerträge begründet. Es stellt sich die Frage, inwieweit dies für die einzelnen Wertschöpfungsstufen bzw. bestimmte Netzbereiche zu konkretisieren ist. Innerhalb der Wertschöpfungsstufe Wassertransport sind Transportleitungen mit einer relativ geringen durchgeleiteten Wassermenge – vermutlich über kürzere Strecken – und Fernwasserleitungen zu unterscheiden, die über längere Transportstrecken größere Wassermengen transportieren. Je höher die nachgefragte Menge Wasser ist, die über die Leitungen transportiert wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der steigende Ast der Durchschnittskostenkurve eines etablierten Anbieters erreicht und somit eine parallele Transportleitung ökonomisch sinnvoll wird. Dies ist insbesondere für Ferntransportleitungen plausibel. Die Begründung hierfür ist darin zu sehen, dass der Durchmesser von Wasserleitungen begrenzt ist (aufgrund technischer Restriktionen oder Platzmangels im Boden). Bereits in der antiken Wasserversorgung hat es parallele Leitungen gegeben, was z. B. in einer Arbeit von Haberey anschaulich anhand der Stadt Köln dokumentiert ist.439 Es ist nicht ersichtlich, warum die parallele Transportleitung durch den etablierten Anbieter zwingend kostengünstiger bereitgestellt werden kann als durch einen Marktneuling. Denn solche Größenvorteile, die den Betrieb mehrerer Transportleitungen durch einen Anbieter begünstigen (beispielsweise durch gemeinsam genutztes Fachpersonal oder Wartungsmaschinen), sind aufgrund des hohen Anteils der Investitionskosten an den Gesamtkosten des Wassertransportes als nachrangig einzustufen. Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Wasserverteilung. Größenvorteile innerhalb eines Versorgungsgebietes sind vermutlich auch ab einer bestimmten

___________ 439

Vgl. Haberey (1972).

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

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Nachfragemenge erschöpft.440 Der parallele Betrieb von Hauptleitungen in einem größeren Versorgungsgebiet kann also beispielsweise ökonomisch tragfähig sein, während für denjenigen Teil des Verteilungsnetzes, der im Telekommunikationsbereich die ‚letzte Meile‘ genannt wird, davon auszugehen ist, dass die Kapazitätsgrenze in der weit überwiegenden Anzahl der Fälle nie erreicht wird. Es handelt sich dabei um die Hausanschlussleitungen, die von der Versorgungsleitung zu den Kunden in die Gebäude führen. Dieser Teil des Leitungsnetzes begründet ein natürliches Monopol. Für die Fragestellung, inwieweit versunkene Kosten im Rahmen des Wassertransportes eine Rolle spielen, ist zunächst zu erörtern, ob die verlegten Zubringerleitungen einer anderen Verwendung zugeführt werden können. Dies ist aus zweierlei Gründen zu verneinen: Zum einen lässt die spezifische Beschaffenheit der Leitungen kaum eine andere Verwendung zu, zum anderen ist davon auszugehen, dass die verwendeten Strecken für andere Transportgüter keine Rolle spielen. Versunkene Kosten stellen eine entscheidungsrelevante Determinante für den Marktneuling dar. Für bereits bestehende Transportstrecken kann anders als bei den Wertschöpfungsstufen Wassergewinnung und Wasseraufbereitung keine potenzielle Konkurrenz der Nachbarn den etablierten Anbieter von Transportdienstleistungen disziplinieren. Eine bestehende Transportstrecke von A nach B ist nur in Ausnahmefällen für den Wassertransport von C nach D relevant, etwa wenn C und D zwischen A und B liegen. Der etablierte Anbieter kann (sofern er nicht einem entsprechenden Regulierungsinstrumentarium unterworfen wird) dementsprechend Monopolpreise für die Verwendung der Transportstrecke verlangen. Die verlegten Wasserleitungen des Verteilungsnetzes (im besonderen Maß diejenigen der ‚letzten Meile‘) können ebenfalls kaum einer anderen Verwendung zugeführt werden. Die Kosten, die entstanden sind, um die Leitungen in der Erde zu verlegen, sind unwiederbringlich verloren. Um Leitungen einem Dritten anzubieten, müssten sie wieder ausgegraben werden, was wiederum irreversible Kosten verursachen würde. Aus den genannten Gründen sind die Investitionen in das Leitungsnetz (zumindest auf Grundlage des heutigen Standes der Technik) zweifelsfrei als Bestandteil versunkener Kosten einzuordnen. Die Investitionen in das Verteilungsnetz eines Gebietes können nicht für die Aufrechterhaltung der Wasserverteilung in einem anderen Gebiet verwendet werden. Das Auftreten von potenzieller Konkurrenz ist also mit Ausnahme der Ränder der Verteilungsgebiete auszuschließen. ___________ 440 Vgl. die empirische Kostenstudie von Bruggink (1982) am Beispiel von Wasserversorgungsunternehmen in den USA.

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Beide Wertschöpfungsstufen, Wassertransport und Wasserverteilung, sind als problembehaftet zu beurteilen. Trotzdem gibt es einen Unterschied zwischen diesen wirtschaftlichen Aktivitäten. Wenn der Zugang zum Verteilungsnetz nur zu Monopolpreisen gewährt oder gar gänzlich verweigert wird, ist ein Markteintritt für einen Wettbewerber nahezu ausgeschlossen. Es ist für ihn unmöglich, jeden einzelnen der Teilnehmer mit eigenen Leitungen zu versorgen, da die Kosten dafür prohibitiv hoch wären. Mit der Möglichkeit der Verweigerung des Zugangs zu einer Transportstrecke ist ein etablierter Anbieter dieser Wertschöpfungsstufe zwar ebenfalls in einem Vorteil gegenüber seinem Konkurrenten. Wenn die Kostenvorteile des Wettbewerbers in den übrigen Wertschöpfungsstufen aber erheblich sind, stellt sich hier die Frage, ob deswegen gleich ein Markteintritt in Gänze verhindert wird. Gegebenenfalls könnte der Wettbewerber eine eigene Transportstrecke aufbauen, um das betreffende Verteilungsnetz zu erreichen. Der Bau einer Leitung würde ihm dann den gesamten Markt hinter dem Verteilungsnetz erschließen (unter der Annahme, dass dort der Zugang diskriminierungsfrei gewährt wird). Ein solcher Bau einer eigenen Transportstrecke ist umso wahrscheinlicher, je höher die Nachfragemenge in dem sich anschließenden Verteilungsgebiet und je kürzer die zu überwindende Transportstrecke ist. Nur wenn die entscheidungsrelevanten versunkenen Kosten der Transportstrecke im Vergleich zu den übrigen Determinanten der Gewinnfunktion des Wettbewerbers relativ gering sind, wird diese Möglichkeit in Frage kommen. Gleichwohl ergibt sich eine Einschränkung für das NatürlicheMonopol-Problem in der Transportstufe. Ein monopolistischer Engpassbereich kann somit zweifelsfrei nur für die Hausanschlussleitungen begründet werden. Eventuell sind auch vorgelagerte Bereiche des Leitungsnetzes dem nicht-angreifbaren natürlichen Monopol zuzurechnen. An welcher Stelle die Grenze zwischen Bottleneck-Bereich und grundsätzlich auch wettbewerblich bereitzustellenden Teilen des Leitungsnetzes tatsächlich anzutreffen ist, ist schwer zu ermitteln und von den örtlichen Gegebenheiten im Einzelfall abhängig.

Informationsasymmetrien und Transaktionskosten Eine Leistungsüberprüfung in Bezug auf primäre Merkmale des Wassertransports ist unproblematisch, da die Leistung beobachtbar ist. Inwieweit Qualitätsprobleme der Leistung etwa durch Leckagen im Leitungssystem auftreten, ist für die Vertragspartner des Transporteurs in Bezug auf die gelieferte Menge unerheblich, sofern vor der Einspeisung des Wassers in das Verteilungsnetz eine Mengenmessung durch Zählereinrichtungen erfolgt. Die Menge des eingespeisten Wassers abzüglich der Summe der am Zielort gemessenen Wassermenge ergibt die Menge des durch Leitungsverluste entgangenen Wassers. Le-

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

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ckagen können mithin Qualitätsprobleme in Bezug auf die Wasserqualität (Qualität des Endprodukts) nach sich ziehen. In einem solchen Fall sind sie für die Vertragspartner relevant. Die Überprüfung im Anschluss an eine Transportleistung stellt keine Schwierigkeit dar, da am physischen Ende des Transportwegs eine zentrale Überprüfung durch Experten stattfinden kann. Die Leistung endet an einem Punkt und ist daher in ihrer Qualität mit vertretbarem Aufwand zu bestimmen. Sofern der Betreiber der Transportleitungen jeweils nur einen Liefer- und Empfängerpartner bedient, treten transaktionsspezifische Investitionen auf. Einen geringeren Spezifitätsgrad kann der Wassertransporteur erreichen, wenn er eine Verbindung zwischen mehreren Zulieferern auf der einen Seite und mehreren Empfängerregionen auf der anderen Seite herstellt. Transaktionsspezifische Investitionen sind vermutlich zumindest für kleinere Transportstrecken nicht vollständig zu vermeiden. Dadurch werden die Transaktionskosten in den Vertragsbeziehungen mit einem Wassertransporteur erhöht, was eine marktliche Koordination erschwert und eine Hold-up-Gefahr nach sich zieht. Ohne nennenswerten Unterschied zur Wertschöpfungsstufe des Wassertransportes ist auch bei der Wasserverteilung eine Überprüfung der Leistung in Bezug auf primäre Leistungsmerkmale kein Problem. Inwieweit Leitungsverluste auftreten, ist für die Vertragspartner irrelevant, sofern vor der Entnahme aus dem Leitungsnetz eine Mengenmessung durch Zählereinrichtungen erfolgt. Die Überprüfung der Wasserqualität im Anschluss an die Verteilung kann dagegen nicht in jedem Fall gewährleistet werden. Der Grund besteht darin, dass die Produkteigenschaften des verteilten Wassers (insbesondere auf der ‚letzten Meile‘) ausschließlich dezentral auf Ebene der Endverbraucher überprüfbar sind. Neben dem Nichtvorhandensein von Expertenwissen ist aufgrund der vergleichsweise geringen Menge Wasser, die an einem Punkt überprüft werden kann, die Anschaffung entsprechender technischer Ausrüstung für eine solche Qualitätsüberwachung nicht lohnenswert. Transaktionsspezifische Investitionen spielen für den Wasserverteiler in einer eventuellen Vertragsbeziehung mit einem Betreiber der Wasserandienung keine Rolle. In einem womöglich bestehenden Vertragsverhältnis zum Endverbraucher ist dies anders zu beurteilen. Die Hausanschlussleitung ist eine transaktionsspezifische Investition, unabhängig davon, wer die Kosten trägt (in der Regel der Eigentümer der Immobilie). Da dieser Leitungsbereich aber ohnehin zweifelsfrei als regulierungsbedürftiger monopolistischer Engpassbereich identifiziert wurde, ergibt sich dadurch im Endeffekt keine Änderung in der Beurteilung in Bezug auf Marktversagen.

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

e) Wasserandienung Unter Wasserandienung wird im Folgenden das gesamte administrative und operative Geschäft verstanden, welches sich mit der vertraglichen Abwicklung der Versorgungsleistungen, insbesondere im Verhältnis mit den Endkunden, befasst. Gegenstand dieser Wertschöpfungsstufe sind nach dieser Auffassung primär Verwaltungstätigkeiten. Diese umfassen sekundär auch Wertschöpfungsstufen übergreifende Aktivitäten wie das Qualitätsmanagement oder den Umgang mit Beschwerden.

Externe Effekte Externe Effekte als möglicher Marktversagenstatbestand spielen in der Aktivitätsstufe Wasserandienung keine Rolle. Es ist kein wesentlicher Unterschied zwischen den Verwaltungstätigkeiten in der Wasserversorgung und anderen wirtschaftlichen Betätigungsfeldern zu erkennen, die eine herausgehobene Verursachung von positiven oder negativen Externalitäten begründen würden.

Natürliches Monopol Im Rahmen der Wasserandienung könnten Größenvorteile dadurch realisiert werden, dass mit zunehmender Anzahl von Vertragsbeziehungen die Informationsbeschaffung und die Abwicklung der Verträge einfacher und damit kostengünstiger werden. Der Bereich der positiven Skaleneffekte hält nicht bis zu jeder möglichen Nachfragemenge an, sondern ab einer bestimmten abgesetzten Menge überwiegen normalerweise negative Effekte aufgrund von Koordinationsschwierigkeiten, die durch eine steilere Hierarchie, Bürokratiekosten etc. begründet sind. Betriebswirtschaftlich gesprochen, ist die optimale Betriebsgröße der Verwaltungseinheit überschritten. Somit werden mit zunehmender Ausbringungsmenge wieder ansteigende Äste zunächst bei der Grenzkostenfunktion, im Anschluss auch bei der Durchschnittskostenfunktion begründet. Während Größenvorteile bis zu einem gewissen Maß plausibel sind, können relevante versunkene Kosten in der Wasserandienung nahezu ausgeschlossen werden. Die Leistungserstellung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Anbahnung und Abwicklung von Kontrakten mit Endkunden und den Betreibern der zuvor besprochenen Wertschöpfungsstufen. Damit ist die Dominanz der üblichen Kostenbestandteile für Verwaltungstätigkeiten verbunden, also Personalkosten, Kosten für Büro- und Geschäftsausstattung sowie die Kosten für den Bezug entsprechender nicht-industrieller Fremdleistungen (z. B. Rechtsanwaltskosten, Porto).

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

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Zu den Tätigkeiten innerhalb der Wasserandienung gehört auch die Ermittlung der Verbrauchsmenge an Trinkwasser. Konsequenterweise ist damit der Betrieb der dazu benötigten technischen Anlagen in die wirtschaftliche Aktivität einzuschließen. Die Bestimmung der gelieferten Wassermenge geschieht durch Messeinrichtungen. Nach dem Einsatzbereich werden Wohnungswasserzähler, Hauswasserzähler und Großwasserzähler unterschieden.441 Für diese Bestandteile der technischen Anlagen kann davon ausgegangen werden, dass ein weltweiter Markt existiert. Investitionen in Zähler stellen daher ebenfalls keine versunkenen Kosten dar. Der Charakter eines nicht-angreifbaren natürlichen Monopols kann für die Wasserandienung somit insgesamt ausgeschlossen werden.

Informationsasymmetrien und Transaktionskosten Der Betreiber der Wasserandienung übernimmt hoch standardisierte Tätigkeiten, die weder spezifisches Fachwissen erfordern noch Lerneffekte durch Erfahrung erwarten lassen. Seine Leistungsqualität ist in Bezug auf primäre Leistungseigenschaften unmittelbar überprüfbar. Das Controlling sekundärer Leistungseigenschaften (Servicequalität, Freundlichkeit der Mitarbeiter im Kundenkontakt) stellt ebenfalls keine nennenswerte Schwierigkeit dar. Es gibt Beratungsunternehmen, die sich darauf spezialisiert haben, solche Qualitätsdimensionen branchenübergreifend zu überwachen und im Anschluss zu dokumentieren. Selbst in kleineren Versorgungsregionen, in denen in der Wasserandienung nur eine geringe Anzahl an Endkunden betreut werden, sind solche Kontrollmechanismen vorstellbar. Transaktionsspezifische Investitionen wird der Betreiber der Wasserandienung ebenfalls nicht tätigen. Zu denken wäre an wasserspezifische Humankapitalinvestitionen (z. B. Personalentwicklung), für die allerdings bei der einfachen Art der zu bestellenden Tätigkeiten keinerlei Erfordernis besteht. Darüber hinaus können eine hohe Transaktionshäufigkeit in den Diensten mit den Endkunden sowie geringe Unsicherheiten bezüglich der zukünftigen Marktentwicklung unterstellt werden. Ein Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien ist bei der Wasserandienung also nicht festzustellen. Die Transaktionskosten der Vertragsbeziehungen, in denen die Wasserandienung auftritt, sind als vernachlässigbar gering einzustufen.

___________ 441

Vgl. Karger/Cord-Landwehr/Hoffmann (2005), S. 184 f.

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

f) Konsum Eine Überprüfung auf das Vorliegen eines natürlichen Monopols ist per definitionem in der Aktivitätsstufe des Konsums nicht möglich. Von daher beschränkt sich die folgende Untersuchung auf die übrigen Marktversagenstatbestände.

Externe Effekte Grundsätzlich kann die Auffassung vertreten werden, dass sich eine den Konsumentenpräferenzen entsprechende Qualität des Endprodukts Trinkwasser unter Wettbewerbsbedingungen von selbst einstellt, wenn den Verbrauchern entsprechende Wahlmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Mit der spezifischen Durchleitungsexternalität im Fall von Wasser sind Bedingungen aufgezeigt worden, unter denen der Wettbewerbsprozess gerade nicht von selbst zu einer präferenzadäquaten Qualitätsbereitstellung führt. Darüber hinaus könnte der unfreiwillige Konsum einer schlechten Qualität nachgelagert auftreten, wenn ein Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien bestünde. Dies könnte der Fall sein, wenn Konsumenten nicht hinreichend in der Lage sind, die Qualität des Gutes zu beurteilen. Es stellt sich die Frage, welche Konsequenzen sich aus dem Konsum von Trinkwasser schlechter Qualität ergeben würden. Es könnten Kosten im Sinne von körperlichen Beeinträchtigungen oder Vermögensschäden bei Dritten verursacht werden. Unmittelbar ersichtlich sind negative externe Effekte im Spezialfall von ansteckenden Krankheiten, die zunächst durch mikrobiologische Verunreinigungen im Trinkwasser ausgelöst werden, dann aber über andere Übertragungswege (Tröpfcheninfektion, Schmierinfektion) an Dritte weitergegeben werden, die das Gut nicht konsumiert haben. Bei genauerer Betrachtung können aber auch auf andere Weise Externalitäten hervorgerufen werden, etwa wenn das Wasser durch Arsen, Blei oder Pestizide chemisch belastet ist. Die Verbraucher eines derartig kontaminierten Trinkwassers erkranken längerfristig, womöglich erst nach Jahren des Konsums. Wenn die dadurch entstehenden Kosten in irgendeiner Weise (z. B. steuerfinanziertes Gesundheitswesen oder Versicherungslösung im Gesundheitssystem) sozialisiert sind, ergeben sich ebenfalls externe Effekte. Die volkswirtschaftlichen Kosten derartiger Erkrankungen sind im Wasserpreis nicht internalisiert.442 ___________ 442

Vgl. Furrer (2004), S. 11.

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

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Informationsasymmetrien und Transaktionskosten Für die Beurteilung der Frage nach dem Auftreten von Informationsasymmetrien in Vertragsverhältnissen, die der Endverbraucher eingeht, ist entscheidend, dass die Qualität des Gutes für den Endverbraucher in den meisten Fällen nicht augenscheinlich zu erkennen ist.443 Es besteht eine Unsicherheit, ob das zur Verfügung stehende Gut tatsächlich Trinkwasser ist, also die zugesicherten Qualitätseigenschaften besitzt, oder ob es für den direkten Verzehr ohne weitere Behandlung (z. B. durch Abkochen) vielleicht gar nicht geeignet ist. Eine schlechte Qualität von ‚Trinkwasser‘, im ärgsten Fall in Ausprägung des Vorhandenseins von Schadstoffen oder Keimen, kann die Gesundheit des Konsumenten bis hin zum Tode beeinträchtigen. Unter Umständen treten – wie im Vorabschnitt diskutiert – in Folge des Konsums auch Effekte bei Dritten auf. Es besteht insofern eine Informationsasymmetrie zwischen dem Konsumenten und seinem Vertragspartner mit möglicherweise gravierenden Folgen. Transaktionsspezifische Investitionen der Konsumenten spielen in Vertragsverhältnissen, die diese eingehen, vermutlich keine bedeutsame Rolle. Die Verträge werden in der Regel so ausgelegt sein, dass sie kurzfristig kündbar sind. Allenfalls Großkunden aus dem Unternehmensbereich, die Trinkwasser als Input eines Produktionsprozesses verwenden, könnten ihre Anlagen entsprechend der Qualität des gelieferten Trinkwassers (gemessen an solchen Eigenschaften, die deutlich spezifischer sind als die Mindestqualität Trinkwasser) einstellen. Ein solcher Vorgang könnte als transaktionsspezifische Investition aufgefasst werden, da bei Wegfall der Vertragsbeziehung u. U. eine Anpassung der Anlage notwendig wird. Dieser Spezialfall erscheint indes nicht bedeutsam genug, um ihn weiter zu verfolgen. Die Transaktionshäufigkeit ist als hoch anzunehmen. Zwar findet eine Abrechnung der Leistung, die der Endkonsument empfängt, in der Praxis nur periodisch mit einer relativ langen Laufzeit statt (in der Regel einmal pro Jahr), das Gut Trinkwasser wird aber permanent in den Leitungen bereit gehalten und tatsächlich geliefert. Zudem fallen die, an der Abnahmemenge des Vorjahres bemessenen, pauschalierten Zahlungen in der gegenwärtigen Praxis nach deutlich kürzeren Zeiträumen an. Die Transaktionskosten in Vertragsbeziehungen, die der Konsument eingeht, sind dementsprechend als vernachlässigbar anzusehen. Die Anbieter sind daran interessiert, entsprechende Informationen über die Abwicklung der Transaktion für die Konsumenten kostengünstig bereitzustellen. Von daher ist das Auftreten von Suchkosten mitunter nachrangig. Ebenso ___________ 443 Vgl. Dick (1993), S. 195. Die Aussage gilt nicht mehr, wenn sich Trübungen oder Ausflockungen im Wasser befinden. Diese müssen aber nicht in jedem Falle gesundheitsgefährdend sein. Womöglich viel gefährlichere Bakterien oder Viren sind hingegen nur mit starker Vergrößerung (z. B. unter einem leistungsstarken Mikroskop) sichtbar.

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

sind Wechselkosten bei Wahl eines neuen Anbieters nicht in wesentlichem Umfang zu erwarten.

g) Wertschöpfungsstufen übergreifende Aspekte In der Analyse der Determinanten von Transaktionskosten in den verschiedenen Vertragskonstellationen konnte verdeutlicht werden, dass eine Abhängigkeit zwischen dem Betrieb der Wassergewinnung und der Wasseraufbereitung besteht, so dass eine vertikale Integration dieser beiden Wertschöpfungsstufen durch Transaktionskostenvorteile begünstigt wird. Für die Transportstufe bestehen aus transaktionskostentheoretischer Perspektive Argumente, die für eine vertikale Anbindung entweder an die Verteilungsstufe oder an die vorherigen Wertschöpfungsstufen sprechen. Über die Transaktionskostenersparnis hinausgehende Verbundvorteile über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, die in der eigentlichen Leistungserstellung begründet liegen (produktionsseitige Verbundvorteile), sind dagegen unplausibel. Es könnte etwa das Personal auf den einzelnen Marktstufen nur unzureichend ausgelastet sein.444 Durch Teilzeitarbeit o. ä. kann solchen Problemen aber wirksam begegnet werden. Als weiteres Argument für Verbundvorteile wird in der Literatur die Vermeidung von Doppelarbeit, etwa bei der Qualitätskontrolle, angeführt.445 Eine Alternative zur Verbundproduktion könnte in einem Outsourcing derartiger Tätigkeiten liegen, die als branchenunspezifische Arbeiten auch von anderen Dienstleistern übernommen werden können. Wenn diese Überlegungen mit der Erkenntnis verbunden werden, dass mindestens Teile des Verteilungsnetzes einen monopolistischen Bottleneck darstellen, ergeben sich folgende Schlüsse: Unter bestimmten Umständen sind aufgrund von Transaktionskosten ökonomische Vorteile für eine vertikale Integration möglich. Die Vorteilhaftigkeit ist an erster Stelle in der Vermeidung von Ausbeutungen durch Abhängigkeit von Vertragspartnern zu sehen. Wenn im Zuge einer Regulierungsaktivität der monopolistische Bottleneck von den übrigen wirtschaftlichen Aktivitäten separiert wird, so ist eine vertikale Integration der restlichen Bestandteile der Wertschöpfungskette prinzipiell nicht problematisch. Einerseits könnte aktiver Wettbewerb herrschen, indem mehrere vertikal integrierte Unternehmen gegeneinander antreten (im Übrigen könnte in größeren Versorgungsgebieten die vertikale Integration einer Spezialisierung auf Einzelaktivitäten unter Ausschöpfung von produktionsseitigen Größenvorteilen innerhalb der Wertschöpfungsstufen auch unterlegen sein). ___________ 444 445

Vgl. Stuchtey (2002), S. 92. Vgl. Stuchtey (2002), S. 92.

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

147

Andererseits ist eine Disziplinierung durch potenziellen Wettbewerb möglich. Eine eventuell vorhandene, durch Transaktionskosten hervorgerufene Monopolstellung in den Nicht-Bottleneck-Bereichen der Wertschöpfungskette ist als angreifbar anzunehmen, da in den Wertschöpfungsstufen Wassergewinnung und Wasseraufbereitung der Anteil der versunkenen Kosten jeweils als nicht prohibitiv hoch identifiziert wurde. In der Wertschöpfungsstufe Wasserandienung sind versunkene Kosten gänzlich unplausibel. Insofern kann ein Marktneuling das Monopol gegebenenfalls übernehmen. Eine nicht unwesentliche Rolle ist in diesem Zusammenhang der Ausgestaltung des Entnahmeregimes zuzurechnen, welches ebenso wenig eine Markteintrittsbarriere darstellen darf wie der Zugang zu dem Bottleneck.

3. Vertikale Disaggregation der Wertschöpfungskette von portioniertem Trinkwasser a) Aufbau der Wertschöpfungskette Die Struktur der Wertschöpfungskette für das portioniert abgegebene Trinkwasser wird durch nachfolgende Wertschöpfungsstufen beschrieben: –

Wassergewinnung,



Wasseraufbereitung,



Portionierung,



Wassertransport,



Wasserverteilung.

Die Aktivitäten in den Wertschöpfungsstufen Wassergewinnung und Wasseraufbereitung unterscheiden sich prinzipiell nicht von denen der Wertschöpfungskette des leitungsgebundenen Trinkwassers. Eine theoretisch denkbare Überlappung der Wertschöpfungsketten für leitungsgebundenes und portioniertes Trinkwasser spielt in der Praxis keine Rolle. Die Wertschöpfungsstufe Portionierung beschreibt den Prozess der Abfüllung in geeignete Behältnisse wie Flaschen oder Dosen. Die Transportstufe beschreibt den Transport des portionierten Wassers vom Abfüllungsort zum Ort der Verteilung. Die Wasserverteilung schließlich geschieht über den Groß- und Einzelhandel bzw. die Gastronomie und umfasst die Abgabe des Produktes an entsprechende Verbraucher. Gegebenenfalls sind verschiedene Speichervorgänge dazwischengeschaltet, die bei dieser Wertschöpfungskette einer gewöhnlichen Lagerhaltung entspre-

148

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

chen. Jene Aktivitäten können aber analog zu den Ausführungen für das leitungsgebundene Trinkwasser vernachlässigt werden. Die Untersuchung auf Marktversagen mittels einer vertikalen Disaggregation für die horizontal abgegrenzte Klasse des portioniert abgegebenen Trinkwassers wird im Folgenden verkürzt dargestellt, wenn entsprechende Analogien zur Wertschöpfungskette für das Leitungswasser vorhanden sind.

b) Wassergewinnung und Wasseraufbereitung Bei der Gewinnung von Wasser, welches für die portionierte Abgabe an Verbraucher bestimmt ist, tritt die Gefahr einer Übernutzung einer begrenzt vorhandenen Ressource auf. Darüber hinaus sind Wechselwirkungen mit der leitungsgebundenen Wasserversorgung denkbar. Von daher ist dieser Aspekt im Rahmen eines Regulierungsregimes für die Trinkwasserwirtschaft zu beachten. Ansonsten sind keine Hinweise auf ein Marktversagen in den beiden Wertschöpfungsstufen Wassergewinnung und Wasseraufbereitung erkennbar.

c) Wassertransport und Wasserverteilung Da für wirtschaftliche Aktivitäten in der Wertschöpfungskette des portioniert abgegebenen Trinkwassers keine Netze notwendig sind, kommt ein Marktversagen aufgrund von natürlichen Monopolen nicht in Betracht. Im Fall der übrigen Marktversagenstatbestände verhält es sich analog zu der Wertschöpfungskette des Leitungswassers. Ein Externalitätenproblem ist in den betrachteten Wertschöpfungsstufen nicht erkennbar. Das Gleiche gilt für Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien oder Transaktionskosten.

d) Konsum Grundsätzlich ist auch für portioniert abgegebenes Trinkwasser das Vorhandensein von Informationsasymmetrien in Bezug auf die Qualität des Endproduktes zwischen den Endverbrauchern als Prinzipalen und den Herstellern als Agenten plausibel. Bei einem Massenprodukt wie portioniertem Trinkwasser, was landesweit, bundesweit oder gar weltweit vertrieben wird, stellt der Markt aber von sich aus genügend Experten bereit, die die Qualität des Wassers für den Konsumenten untersuchen (Screening). Zu denken ist z. B. an Warentester, Umweltverbände oder Verbraucherschutzorganisationen. Außerdem können die Produzenten selbst über Qualitätssiegel ein Signaling betreiben. Über die Un-

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

149

versehrtheit der Verpackung (z. B. ‚Frischesiegel‘) kann der Konsument zudem relativ zweifelsfrei erkennen, dass die zugesicherten Eigenschaften des Produktes auch den tatsächlichen entsprechen. Da die Beurteilung der Qualität im Vergleich zu Leitungswasser deutlich kostengünstiger und zentral erfolgen kann, ist ein Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien somit auszuschließen. Der Markt ist von sich aus in der Lage, etwaige Informationsasymmetrien auszugleichen. Das Vorhandensein von Marktmängeln aufgrund von Transaktionskosten ist genauso wenig erkennbar, da der Verbraucher hoch standardisierte Verträge mit einem Händler oder einem Gastronom eingeht. Infolge des Wegfalls des Informationsproblems kommt auch ein Marktversagen aufgrund von Externalitäten nicht mehr in Betracht. Ein jeder Verbraucher unterliegt einem Eigeninteresse daran, keine Externalitäten im Konsum zu verursachen. Er würde sich und andere regelmäßig nur dann in Gefahr bringen, wenn er aufgrund von Informationsasymmetrien keine Kenntnis davon hätte.

4. Disaggregation nach dem Informationsstand der Prinzipale Eine Disaggregation nach dem Informationsstand der Prinzipale stellt in einer einfachen Form auf hinreichend starke Unterschiede zwischen Nachfragern bzw. Nachfragergruppen in der Rolle als Prinzipale in Bezug auf die Beurteilbarkeit bzw. Kontrollierbarkeit der Leistungsqualität der Anbieter als Agenten ab. Nach den Ergebnissen der Analyse der Wertschöpfungskette des portioniert abgegebenen Trinkwassers erübrigt sich eine tiefer gehende Analyse an dieser Stelle. Die folgenden Ausführungen beziehen sich also ausschließlich auf die Wertschöpfungskette des leitungsgebundenen Trinkwassers. Ohne dass explizit verschiedene Nachfrager bzw. Nachfragergruppen unterschieden wurden, hat sich im Rahmen der Untersuchung auf mögliche Informationsasymmetrien in der Trinkwasserwirtschaft ergeben, dass eine Qualitätsregulierung auf diesem Gebiet in Bezug auf die Qualität des Endprodukts notwendig wird, wenn die Endverbraucher nicht in der Lage sind, die Produktqualität des gelieferten Wassers jederzeit zweifelsfrei zu bestimmen, bzw. sich der Aufwand nicht lohnt, dafür Expertenrat einzuholen. Es stellt sich nunmehr die Frage, ob diese Voraussetzung für sämtliche Verbraucher gleichermaßen Gültigkeit hat oder ob ein etwaiges Regulierungserfordernis auf bestimmte Nachfragergruppen beschränkt werden kann. So ist die Lage für Großkunden, die eine besonders hohe Menge nachfragen, differenziert zu beurteilen. Für diese lohnt es sich eventuell, selbstständig oder durch Erfüllungsgehilfen eine Qualitätsüberwachung durchzuführen. Weiterhin könnten Nachfrager, für die das eingesetzte Trinkwasser einen ganz besonders

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

sensiblen Faktor ihres Produktionsprozesses darstellt, Interesse an einer eigenverantwortlichen Überwachung des gelieferten Trinkwassers haben. Instrumente der Qualitätsregulierung müssten also nicht bei allen Konsumenten ansetzen, sondern können für bestimmte Nachfrager vernachlässigt werden. Es liegt auf der Hand, dass die vorgenommene Differenzierung in der Praxis wenig Relevanz hat. In einem gemeinsam genutzten Leitungsnetz ist es in der überwiegenden Zahl der Fälle unmöglich, Differenzierungen in Bezug auf die Qualität und deren Überwachung vorzunehmen. Allenfalls Einzelfälle sind vorstellbar. Von daher kann festgestellt werden, dass eine Disaggregation nach dem Informationsstand des Prinzipals für die Trinkwasserwirtschaft keine verwertbaren Erkenntnisse hervorbringt. Es wird aber für Einzelfälle das Bewusstsein geschärft, dass die grundsätzliche Notwendigkeit einer Qualitätsregulierung des Endproduktes Ausnahmen für solche Verbraucher zulassen kann, zu deren Lasten keine Informationsasymmetrien auftreten.

5. Räumliche Disaggregation Auch die räumliche Disaggregation ist nach den bisherigen Zwischenergebnissen ausschließlich für die Wertschöpfungskette des leitungsgebunden abgegebenen Trinkwassers durchzuführen. Für die Trinkwasserversorgung empfiehlt sich eine Differenzierung anhand der Siedlungsdichte, da sich diese unmittelbar in der Anschlussdichte des Verteilungsnetzes niederschlägt. Als mögliche Klasseneinteilungen können ländliche Räume von städtisch geprägten Räumen unterschieden werden. Ein typischer Schwellenwert für die Kategorisierung liegt nach der Kennzahl der OECD bei 150 Einwohnern pro Quadratkilometer.446 Eine derartige Differenzierung ist für die Analyse der Trinkwasserwirtschaft bedeutsam.447 Denn in ländlichen Räumen sind höhere Durchschnittskosten des Netzbetriebes zu erwarten als in städtisch geprägten Gebieten. Die Ursache ist darin zu sehen, dass auf dem Land aufgrund der geringeren Anschlussdichte mehr Leitungsmeter pro Teilnehmer betrieben und unterhalten werden müssen als in der Stadt. Anders ausgedrückt: Die Durchschnittkosten pro Einheit Wasser nehmen mit abnehmender Einwohnerdichte zu, d. h., in der Peripherie eines Raumes ist mit höheren Grenzkosten zu rechnen als im Zentrum.448 Der Effekt ___________ 446 Vgl. OECD (1994). Legt man diesen Definitionsansatz zugrunde, zählen in der erweiterten Europäischen Union (EU-27) 92 % der Gesamtfläche zu den ländlichen Räumen (vgl. Grabski-Kieron/Krajewski 2007, S. 12). 447 Vgl. Rüttgers (2005). 448 Vgl. Knieps (2005), S. 4 f.

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

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der geringeren Durchschnittskosten in städtischen Räumen wird vermutlich dadurch abgeschwächt, dass der Zugang zu den Leitungen (z. B. für Instandhaltungsarbeiten) auf dem Land vergleichsweise kostengünstig möglich ist, etwa weil keine asphaltierten oder gepflasterten Straßen aufgerissen werden müssen, sondern die Leitungen direkt in der Erde liegen. Die höhere Nachfrage in städtisch geprägten Gebieten im Vergleich zu ländlichen Räumen kann dazu führen, dass in der gesamten Wertschöpfungsstufe der Wasserverteilung auf dem Land ein natürliches Monopol vorliegt, während in einer großen Stadt vielleicht parallele Hauptleitungen lohnenswert sind. Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich in Bezug auf die Höhe der Transaktionskosten in den verschiedenen Vertragsbeziehungen der Trinkwasserwirtschaft. Sofern in einem Versorgungsgebiet lediglich eine geringe Nachfrage generiert werden kann, steigt die Abhängigkeit der Wertschöpfungsstufen untereinander. Es müssen transaktionsspezifische Investitionen durchgeführt werden, die Transaktionskosten erhöhend wirken und eine vertikale Integration gegenüber einer marktlichen Koordination begünstigen. Sofern ein Versorgungsgebiet eine hohe Einwohnerzahl umfasst (gleichbedeutend mit einer hohen Nachfragemenge), wird eine Wasserquelle vermutlich nicht ausreichen, um die gesamte Nachfrage zu bedienen. Es ist also deutlich wahrscheinlicher als in der zunächst betrachteten Situation des kleinen Versorgungsgebietes, dass verschiedene Wassergewinner (auch solche, die erst über eine entsprechende (Fernwasser-)Transportstufe Anschluss an das Verteilungsnetz finden) als Vertragspartner für die nachfolgenden Wertschöpfungsstufen, insbesondere die Wasserverteilung, in Frage kommen. Dadurch wird die Abhängigkeit des Wasserverteilers von der Wassergewinnungsstufe verringert. In Bezug auf Transaktionskosten wiegt der Fall noch stärker, dass mehrere Verteilungsgebiete (womöglich noch mit hoher Nachfragemenge) dicht nebeneinander liegen. Dann sind die Investitionen, die die Betreiber der vorgelagerten Wertschöpfungsstufen tragen müssen, kaum noch transaktionsspezifisch. Beispielhaft sei folgende Situation angenommen: Ein Wassergewinner beliefert bislang nur ein Versorgungsgebiet. Bei Wegfall des Vertragspartners kann dieser auf die Betreiber der Verteilungsnetze in der direkten Umgebung zugehen und ihnen die Belieferung anbieten. Es besteht also auch bei Wegfall des Transaktionspartners noch eine Verwendung für die vorhandenen Anlagen. Insgesamt ist in ländlichen Räumen gegenüber den Städten ein verstärktes Auftreten von Transaktionskosten plausibel, das vermutlich eine hierarchische Koordination gegenüber einer marktlichen Koordination aufgrund vermehrter transaktionsspezifischer Investitionen bevorteilt, während in dicht besiedelten Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet ein Transaktionskostenproblem nicht plausibel begründet werden kann.

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Die Vorteilhaftigkeit der vertikalen Integration in ländlichen Räumen führt nicht dazu, dass grundlegend verschiedene Regulierungsstrategien in Bezug auf die Wahl der Instrumente erforderlich werden. Sofern der Zugang zu dem Bottleneck-Bereich diskriminierungsfrei gewährt wird, ist das vertikal integrierte Unternehmen in den Nicht-Bottleneck-Wertschöpfungsstufen trotzdem angreifbar – etwa durch ein Konkurrenzunternehmen, welches mit Ausnahme des Bottlenecks ebenfalls vertikal integriert wirtschaftet. Wenn ein vertikal integriertes Unternehmen tatsächlicher oder potenzieller Konkurrenz ausgesetzt ist, wird es in den Nicht-Bottleneck-Wertschöpfungsstufen keine Monopolpreise verlangen können. Die erhöhten Transaktionskosten in ländlichen Räumen sind somit nicht regulierungsbedürftig.

6. Zusammenfassung der Ergebnisse in sechs Problemkreisen Als Schlussfolgerung aus horizontaler und vertikaler Disaggregation ergibt sich Folgendes: Für die horizontal separierte Wertschöpfungskette des portionierten Trinkwassers konnten innerhalb der vertikalen Disaggregation sämtliche Marktversagensvermutungen mit einer einzigen Ausnahme, dem Externalitätenproblem bei der Wassergewinnung, zurückgewiesen werden. Eine horizontale Disaggregation ist in vielen Forschungsarbeiten zur leitungsgebundenen Trinkwasserwirtschaft implizit enthalten, indem in der Abgrenzung des Regulierungsgegenstandes lediglich solches Trinkwasser in die Betrachtung einbezogen wird, welches durch Leitungsnetze die Verbraucher erreicht, und nicht zugleich solches Trinkwasser, welches portioniert (beispielsweise in Flaschen) vermarktet wird. Die Verknüpfung zwischen beiden Wertschöpfungsketten im Sinne einer möglichen Nutzungskonkurrenz bei der Entnahme wird aber erst durch die explizite Unterscheidung deutlich. Bis auf die Nutzungskonkurrenz der Ressourcenentnahme beschränkt sich die gesamte folgende Analyse auf die Wertschöpfungskette der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung. An dieser Stelle ist im Übrigen nicht nur die Nutzungskonkurrenz gegenüber der Herstellung von portioniertem Trinkwasser relevant, sondern es sind auch darüber hinausgehende Konkurrenzbeziehungen beispielsweise gegenüber landwirtschaftlichen Produktionsprozessen denkbar. Die Einsichten aus der Dissagregation nach dem Informationsstand der Prinzipale hinzugenommen, ist das mögliche Auftreten von Marktversagen aufgrund von Informationsasymmetrien nur für bestimmte Gruppen von Nachfragern, die als Endverbraucher zu Prinzipalen werden, relevant. Als solche konnten die unzählig vielen Abnehmer kleinerer Verbrauchsmengen identifiziert werden, da es für diese nicht lohnenswert ist, selbstständig eine Qualitätsüberwachung durchzuführen. Eine Entschärfung in der Einschätzung dieses Aspek-

II. Disaggregierte Untersuchung auf Marktversagen

153

tes ergibt sich dadurch nicht, weil es sich bei den Abnehmern kleinerer Verbrauchsmengen nicht um Ausnahmen, sondern um alles Übrige dominierende Regelfälle handelt. Die Hinzunahme der Ergebnisse aus der räumlichen Disaggregation bringt für die Frage der Regulierungsnotwendigkeit aufgrund von Marktversagen ebenfalls keine zusätzliche Differenzierung ins Spiel. Es ergeben sich zusammenfassend sechs Problemkreise: 1.

Teile der Netzinfrastruktur (insbesondere die ‚letzte Meile‘ der Wasserverteilung) als monopolistischer Bottleneck,

2.

Durchleitungsexternalitäten bei der gemeinsamen Netznutzung,

3.

Informationsasymmetrien bei der dezentralen Beurteilung der Qualität des Endproduktes durch Verbraucher,

4.

negative externe Effekte der Wasserentnahme (bezogen auf Leitungswasser und portioniertes Wasser),

5.

negative externe Effekte einer schlechten Qualität der Wasseraufbereitung bei Umgang mit Gefahrstoffen wie beispielsweise Chlor,

6.

nachgelagert einer Nichtheilung von Problemkreis 2 oder Problemkreis 3, ein mögliches Auftreten von externen Effekten des Konsums. Für die nachfolgenden Politikimplikationen sind insbesondere die ersten vier Ordnungspunkte (Problemkreise 1 bis 4) von Belang. Von der Notwendigkeit regulierender Maßnahmen in der Wasseraufbereitung aufgrund potenzieller Externalitäten infolge des Umgangs mit besonders gefährlichen Stoffen wie z. B. Chlor wird im Folgenden abstrahiert, da allgemeine wirtschaftspolitische Instrumente in Form von Auflagen sowie dem allgemeinen Haftungsrecht hier ausreichend erscheinen, um die Gefahr von Schädigungen zu unterbinden. Diese finden dann sektorübergreifend Verwendung und sind insofern kein Bestandteil von branchenspezifischer Regulierung. Problemkreis 6 erübrigt sich, wenn die Durchleitungsexternalitäten bzw. die Informationsasymmetrien bei der dezentralen Beurteilung der Produktqualität durch die Endverbraucher qualitätsregulatorisch angegangen werden. Eine graphische Darstellung der Zusammenhänge in der bereits eingeführten Form liefert Abbildung 15. Mit grauer Farbe sind die Bereiche markiert, die ein Regulierungserfordernis nach sich ziehen. In der Wertschöpfungsstufe der Wassergewinnung ist dabei die Verknüpfung mit der Wertschöpfungskette des portioniert vertriebenen Wassers (und anderer Wertschöpfungsketten) in Bezug auf das Externalitätenproblem bei der Entnahme zu beachten. Obwohl beide Wertschöpfungsstufen, Wassertransport und Wasserverteilung, als problematisch in Bezug auf Eigenschaften eines natürlichen Monopols identifiziert worden sind, konnten wesentliche Unterschiede zwischen diesen

154

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

beiden aufgezeigt werden, die sich auch in der Frage nach der Regulierungsnotwendigkeit niederschlagen sollten. Zweifelsfrei konnte ausschließlich die ‚letzte Meile‘ des Verteilungsnetzes, nicht jedoch das gesamte Leitungssystem innerhalb der Verteilungsstufe, als monopolistischer Bottleneck identifiziert werden. Da Umgebungsvariablen im Einzelfall aber offenbar die Frage nach der Reichweite des Bottleneck-Bereichs bedingen, schlägt der Verfasser im Folgenden einen Mittelweg vor. In einem ersten Schritt wird die gesamte Verteilungsstufe einer jeden Verteilungsregion als regulierungsbedürftig bewertet. Dies schließt ein, dass auch die entsprechenden Regulierungsinstrumente auf das gesamte Verteilungsnetz Anwendung finden sollten. Die Transportstufe sollte zunächst aus der Regulierung herausgenommen werden. Sobald in einem zweiten Schritt Erfahrungen mit einem veränderten Regulierungsregime vorliegen, können gegebenenfalls noch Anpassungen vorgenommen werden. Wassergewinnung

Wasseraufbereitung

Natürliches Monopol

Externe Effekte

Wassertransport

Wasserverteilung

Wasserandienung

Konsum

Monopolistischer Bottleneck

Externalitäten der Wasserentnahme Æ Verknüpfung zu portioniertem Wasser

Externalitäten beim Umgang mit Gefahrstoffen Æ allgemeine Wirtschaftspolitik

Durchleitungsexternalitäten bei der gemeinsamen Netzmutzung

Informationsasymmetrien und Transaktionskosten

Externalitäten beim Konsum von schlechter Qualität Æ nachgelagertes Problem

Informationsasymmetrien…*

Informationsasymmetrien…*

* bei der dezentralen Qualitätsbeurteilung durch Endverbraucher

Informationsasymmetrien…*

Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 15: Identifiziertes Marktversagen bei Leitungswasser (Auszug)

III. Effiziente Regulierung durch disaggregierten Instrumenteneinsatz

155

Aus genannten Gründen ist in Abbildung 15 alleine die Wertschöpfungsstufe Wasserverteilung in Bezug auf ein Natürliches-Monopol-Problem grau markiert.

III. Effiziente Regulierung durch disaggregierten Instrumenteneinsatz 1. Auswahl der Regulierungsinstrumente Aus den Ergebnissen der disaggregierten Untersuchung der Trinkwasserwirtschaft kann ein Instrumentenkatalog zur Herstellung eines ordnungspolitisch adäquaten Regulierungsregimes entworfen werden. Um den zusammengefassten Problemkreisen aus dem vorangegangenen Kapitel zu begegnen, werden folgende Einzelmaßnahmen vorgeschlagen. Der monopolistische Bottleneck (Problemkreis 1) in Teilen des Netzes stellt eine relevante Markteintrittsbarriere dar, die Wettbewerber von regionalen Märkten ausschließt. Insofern ist ein diskriminierungsfreier Zugang zu dem Bottleneck-Bereich notwendig. Alle Downstream-Akteure müssen die Bottleneck-Einrichtung zu gleichen Konditionen nutzen können.449 Der DownstreamMarkt besteht dabei aus allen übrigen wirtschaftlichen Aktivitäten der Wertschöpfungskette. Die Forderung nach einem diskriminierungsfreien Zugang ist im Zusammenhang mit der Essential-Facilities-Doctrine zu sehen.450 Dieser Rechtsbegriff verfolgt im Einzelfall das Ziel, Wettbewerbern einen Zugang zu den so genannten wesentlichen Einrichtungen zu gewährleisten. Im Rahmen des disaggregierten Regulierungsansatzes wird nun die Essential-FacilitiesDoctrine auf jene Fälle angewendet, die den Charakter eines monopolistischen Bottlenecks haben.451 Um den so genannten Third-Party-Access diskriminierungsfrei in der Trinkwasserversorgung zu gewähren, ist dafür Sorge zu tragen, dass der Zugang physisch und rechtlich vom Bottleneck-Betreiber gewährt wird. Es ist also eine Qualitätsregulierung der Zugangsbedingungen erforderlich, die durch die Vorgabe einer Mindestqualität des Einleitungsprozesses ermöglicht wird. Daneben ist ein verpflichtendes Unbundling einzusetzen, um den BottleneckBereich von den wettbewerblich-organisierbaren Bereichen der Wertschöp___________ 449

Vgl. auch Kruse (1997), S. 256. Die Essential-Facilities-Doctrine stammt ursprünglich aus dem amerikanischen Antitrust-Recht, findet inzwischen aber auch im europäischen Wettbewerbsrecht verstärkt Anwendung. 451 Vgl. Knieps (2000); S.18; Spauschus (2004), S. 71; Brunekreeft (2000), S. 23; Kommission (1998), S. 12. 450

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D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

fungskette zu separieren und mögliche diskriminierende Quersubventionierungen und Informationsflüsse zwischen diesen zu unterbinden. Um zu verhindern, dass der Bottleneck-Betreiber Monopolpreise verlangt, ist eine Preisregulierung erforderlich. Als besonders geeignetes Instrument wurde in diesem Zusammenhang die Price-Cap-Regulierung identifiziert. Zusammenfassend erfordert Problemkreis 1 also folgende Instrumentenkombination: –

ein Unbundling vertikal integrierter Unternehmen,



eine Preisregulierung der Zugangsentgelte sowie



die Vorgabe einer Mindestqualität des Einleitungsprozesses.

Um den wasserspezifischen Durchleitungsexternalitäten regulatorisch zu begegnen (Problemkreis 2), ist die Vorgabe einer Mindestqualität für das Produkt Trinkwasser erforderlich, um der möglicherweise bestehenden Gefahr eines Wettlaufs nach unten in Bezug auf die gelieferte Wasserqualität zu begegnen. Damit wird zugleich der Problemkreis 3 in Angriff genommen, da Informationsasymmetrien bei der dezentralen Überprüfung der Leistungsqualität des Endproduktes durch die Mindestqualität keine Relevanz mehr haben. Dies gilt zumindest insoweit, dass entsprechende Einrichtungen an verschiedenen Stellen im Netz kontrollieren, ob die geforderten und zugesicherten Eigenschaften des Wassers auch tatsächlich vorhanden sind. Zusammenfassend erfordern die Problemkreise 2 und 3 also –

die Festlegung einer Mindestqualität des Produktes Trinkwasser.

Das Externalitätenproblem bei der Wasserentnahme erfordert einen Regulierungsrahmen, der eine effiziente Allokation der knappen Ressource nach sich zieht. Im Gegensatz dazu führt eine unabhängig von der Nutzungskonkurrenz und Opportunitätskosten ausgestaltete Entnahme (wie im Status quo) nicht nur zu einer ineffizienten Allokation, sondern überträgt sich auch auf den nachgelagerten Produktmarkt. Es ist gezeigt worden, dass die festgestellte Nutzungskonkurrenz zudem gegenüber der Wertschöpfungskette des portionierten Wassers und anderen Nutzungen (z. B. Landwirtschaft) auftritt. Um der Nutzungskonkurrenz für die knappe Ressource des noch nicht gewonnenen Wassers wirksam zu begegnen, sollten handelbare Nutzungsrechte versteigert werden. Problemkreis 4 lässt sich also zusammenfassend lösen mittels –

handelbarer Nutzungsrechte der Wasserentnahme (bezogen auf Leitungswasser und portioniertes Wasser).

III. Effiziente Regulierung durch disaggregierten Instrumenteneinsatz

157

2. Regulierungsebenen Als Regulierungsebene ist für die Instrumente zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu den Bottleneck-Einrichtungen eine möglichst hohe Ebene zu wählen, um Skalenvorteile der Bereitstellung einer gleichartigen Regulierungstätigkeit in vielen kleinen Netzteilen auszuschöpfen. Durch das Bestehen von Markteintrittsbarrieren werden grenzüberschreitende Externalitäten verursacht. Damit ist sogar eine supranationale Bereitstellung in Erwägung zu ziehen. Höhere Bürokratiekosten stehen einer supranationalen Regelung allerdings im Status quo mit sehr unterschiedlichen Versorgungssystemen in den Nationalstaaten entgegen, so dass zumindest mittelfristig die nationalstaatliche Ebene gegenüber einer supranationalen Ebene für die Kompetenzallokation im Vorteil erscheint. Da die Regulierungstätigkeit auch durch zeitweise Anwesenheit vor Ort gekennzeichnet ist, sind auch langfristig Argumente für eine Zuordnung auf die nationalstaatliche Ebene vorhanden. In Bezug auf die Qualität des Endproduktes ist davon auszugehen, dass die Verbraucher in verschiedenen Nationalstaaten über unterschiedliche Präferenzen verfügen, was gegen eine supranationale Allokation dieser Kompetenz spricht. Sehr wahrscheinlich sind auch innerhalb der Nationalstaaten noch heterogene Präferenzen vorhanden. Trotzdem ist eine Ansiedlung der Kompetenz unterhalb der nationalstaatlichen Ebene nicht zu empfehlen, da aufgrund der wechselseitigen Beziehungen zu den Regulierungsinstrumenten zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Marktzuganges die gleiche Regulierungsebene für beide Bereiche vorteilhaft erscheint. Externalitäten der Wasserentnahme machen vor Staatengrenzen keinen Halt, etwa wenn ein Grundwasserreservoir mehrere Nationalstaaten berührt oder ein Fluss seinen Weg durch verschiedene Länder nimmt. Es stellt sich wiederum in einem Abwägungsprozess die Frage, ob die Externalitäten gravierend genug sind, als dass sie tatsächlich einen supranationalen Eingriff rechtfertigen. Auf der einen Seite stellen geringere Organisationskosten und die Ermöglichung eines Systemwettbewerbs Gegenargumente einer supranationalen Kompetenzallokation dar. Auf der anderen Seite könnte eine supranationale Lösung analog zum EU-Emissionshandel ausgestaltet werden. Mittels einer solchen Verknüpfung wäre die Ausschöpfung von Skalenvorteilen der Bereitstellung der Regulierungsleistung möglich. Zusammenfassend ergibt sich die Empfehlung, sämtliche Regulierungskompetenzen mit Ausnahme der handelbaren Nutzungsrechte der Wasserentnahme auf nationalstaatlicher Ebene anzusiedeln. Sofern auf der supranationalen Ebene kurz- bis mittelfristig kein Interesse an der Etablierung eines Systems handelbarer Nutzungsrechte der Entnahme besteht, kann zunächst auch für dieses Instrument die nationalstaatliche Ebene für die Kompetenzallokation gewählt

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werden. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass die grenzüberschreitenden Wirkungsmechanismen in der langen Frist ein Argument für eine supranationale Lösung darstellen.

3. Durchleitungswettbewerb mittels gemeinsamer Netznutzung Die aus der systematischen Marktversagensuntersuchung abgeleitete Forderung nach Herstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu den Bottleneck-Einrichtungen hat eine gemeinsame Netznutzung zufolge, die idealerweise einen Durchleitungswettbewerb in Gang setzt. Konkurrenten auf den übrigen Wertschöpfungsstufen verwenden innerhalb eines Versorgungsgebietes ein gemeinsames Leitungsnetz. Die Verbraucher haben die Wahl zwischen verschiedenen Anbietern. Dies entspricht der ökonomischen Standardforderung zur Herstellung von Wettbewerb in Netzbranchen. Durchleitungswettbewerb wurde bereits von Ewers et al. in ihrem Gutachten als mögliche Reformoption für die deutsche Trinkwasserwirtschaft vorgeschlagen.452 Als technische Schwierigkeit des Durchleitungswettbewerbs wird häufig die notwendigerweise stattfindende Vermischung von Wässern angeführt. Eine Mischung von Wässern gleicher Beschaffenheit ist dabei in der Regel (zumindest wasserchemisch) unproblematisch.453 Wenn die Wässer hingegen deutliche Unterschiede in der Beschaffenheit aufweisen, dann besteht die Gefahr von nachteiligen Veränderungen, die sogar die Verwendung als Trinkwasser ausschließen können.454 Die ausformulierten Regeln für die Versorgung mit unterschiedlichen Trinkwässern finden sich im Arbeitsblatt W 216 des DVGW e. V.455 Sie erfordern technische Vorkehrungen, gegebenenfalls zusätzliche Aufbereitungsschritte, die laufende Beobachtung des Verhaltens im Netz etc. „Der Bezug durch einen Netzbetreiber aus einem oder mehreren Wasserwerken ist (…) gängige Praxis.“456 Auch eine Durchleitung ist technisch möglich457 und wird von den Wasserversorgungsunternehmen praktiziert. Es gibt Übergabe- und Verbundstellen in den so genannten Gruppenwasserversorgungen, die Fernwasser in die Verteilungsnetze einspeisen und das vor Ort gewonnene Trinkwasser mischen, aufbereiten und weiterleiten.458 Die freiwillige Einspeisung und Durchleitung von Wasser kann demnach als tägliche Routine be___________ 452

Vgl. Ewers et al. (2001). Vgl. Stuchtey (2002), S. 78. 454 Vgl. Brackemann et al. (2000), S. 34. 455 Vgl. DVGW (2004). 456 Brackemann et al. (2000), S. 64. 457 Vgl. hierzu ausführlich Mehlhorn (2001), S. 108 ff. 458 Vgl. Grobosch (2003), S. 176. 453

III. Effiziente Regulierung durch disaggregierten Instrumenteneinsatz

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zeichnet werden.459 Aus diesem Grund ist kein grundsätzliches Hindernis gegenüber einer zwanghaften Durchleitung zu erkennen. Die Anforderungen an eine wasserchemisch und hygienisch unbedenkliche Mischung von Wässern unterschiedlicher Herkunft sind vor dem Hintergrund des derzeitigen Wissensstandes zwar als vergleichsweise hoch anzusehen.460 Durch zunehmende Erfahrung und technische Innovationen,461 die sich im Wettbewerb als Entdeckungsverfahren mit der Zeit ergeben, kann solchen Herausforderungen aber wirkungsvoll begegnet werden. Manchmal wird in der Literatur als Hindernis einer erzwungenen gemeinsamen Netznutzung angeführt, dass kein nationales Verbundnetz existiert.462 Dieses Argument ist hingegen irrelevant: Die nicht verbundenen regionalen Teilnetze sind nicht die Ursache, sondern die Folge des nicht vorhandenen Wettbewerbs.463 Von Seiten des Umweltbundesamtes wird als Gefahr einer Marktöffnung in der Trinkwasserwirtschaft angemerkt, dass sie zu einem Rosinenpicken in dem Sinne führen könnte, dass neue Anbieter industrielle Großabnehmer beliefern würden, während die Versorgung von kleineren Abnehmern von den etablierten Versorgungsunternehmen durchgeführt würde. „Eine solche Entwicklung hätte zunächst Auswirkungen auf die Wasserpreise, die in der Regel auf einer Mischkalkulation beruhen (…)“464, wird im Gutachten formuliert, so dass sich die Gefahr einer Erhöhung der Preise für kleine Abnehmer ergeben könnte.465 Nachvollziehbar ist dieser Hinweis, wenn an die Versorgung von Großverbrauchern über eigene Direktleitungen gedacht wird.466 Bei einer erzwungenen gemeinsamen Netznutzung ist die Lage hingegen anders zu beurteilen. Wenn einmal ein Anschluss an das Leitungsnetz hergestellt wurde, macht es für einen Wasserversorger keinen Sinn, die eigene Leistung nur einer ausgewählten Kundengruppe anzubieten. Darüber hinaus ist der Argumentation der Gutachter entgegenzuhalten, dass eine Preisdifferenzierung, sofern sie in der Kostensituation begründet ist, nicht per se abzulehnen ist. Auch heutzutage wird der Wasserpreis bereits für Großabnehmer zum Teil deutlich günstiger tarifiert. ___________ 459

Vgl. Grobosch (2003), S. 176 f. Vgl. Ewers et al. (2001), S. 44. 461 Auf eine ausgeprägte Innovationsdynamik in Netzindustrien weist Sundmacher (2005), S. 325, hin. 462 Vgl. Brackemann et al. (2000), S. 33; Mehlhorn (2001a), S. 33; vgl. auch Ewers et al. (2001), S. 43. 463 Vgl. Winkler (2005), S. 158; vgl. auch Robinson (2002), S. 55. 464 Brackemann et al. (2000), S. 67. 465 Vgl. Brackemann et al. (2000), S. 67. 466 Da sich industrielle Großversorger häufig selbst versorgen, kann hier kein Regelfall unterstellt werden. 460

160

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Unter Berücksichtigung der geäußerten Kritik auf der einen Seite ist es im Übrigen auf der anderen Seite nicht konsequent, dass die vorherrschende, erhebliche Preisdifferenzierung im Raum zwischen den verschiedenen Verteilungsgebieten467 von den Gutachtern kritiklos hingenommen wird.468 Dabei wäre doch angesichts der immensen Preisunterschiede zwischen den Versorgungsregionen in Deutschland im Status quo gerade Skepsis angesagt, ob hier nicht andere Gründe als Knappheitsverhältnisse eine Rolle spielen. Ein generelles Argument gegen eine Marktöffnung zur Ermöglichung von Durchleitungswettbewerb kann aufgrund der zitierten Bedenken nicht nachvollzogen werden. Im Gegenteil: Es ist eher noch vermehrte Skepsis gegenüber der vorherrschenden monopolistischen Organisation der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung angezeigt. Letztendlich stehen in einem Durchleitungswettbewerb die Hauptinputs (Rohwasser) der gesamten Wertschöpfungskette in Konkurrenz zueinander. Dabei spielt auch die geographische Lage des Wasservorkommens eine Rolle. Neben einer verbrauchernahen Entnahme kommt auch eine Fernwasserversorgung in Frage. „Fernwassertransporte in geschlossenen Rohrsystemen werden von Experten bis zu einer Entfernung von maximal 300 bis 400 Kilometern als akzeptabel bezeichnet.“469 Infolge der Ermöglichung einer gemeinsamen Netznutzung könnte es zu einer vermehrten Nutzung von Fernwasser kommen, sofern die höheren Transportkosten nicht den womöglich günstigeren Preis für Gewinnung und Aufbereitung ausgleichen. Aus der historischen Forschung wird erkennbar, dass zu Zeiten der Römer viel weniger Bedenken gegenüber ortsferner Versorgung vorherrschend waren. Dort waren Fernwasserleitungen eher die Regel als die Ausnahme.470

___________ 467

Vgl. Waldermann (2007). Solange die Preisunterschiede im Raum zwischen den einzelnen Verteilungsgebieten tatsächlich in der Kostensituation begründet liegen, ist dies prinzipiell nicht zu kritisieren. In einer deutlich allgemeiner gehaltenen Perspektive gibt es hinreichend viele ökonomische Argumente, Ungleichheit im Raum zu akzeptieren. Es können theoretisch und empirisch sowohl zentripetale als auch zentrifugale Kräfte für die räumliche Verteilung von wirtschaftlicher Aktivität ermittelt werden, die nicht zwingend einer wirtschaftspolitischen Korrektur bedürfen (vgl. Südekum 2002). Daraus können sich wiederum Unterschiede in den Preisen vor Ort ergeben. Es gibt sowohl Güter, die tendenziell in der Peripherie zu höheren Preisen angeboten werden als im Zentrum, als auch solche, bei denen es sich umgekehrt verhält (vgl. Südekum 2006; Südekum 2007). 469 Grobosch (2003), S. 78. 470 Teile von Köln wurden mit einer Leitung versorgt, die eine Länge von 95 Kilometern aufwies (vgl. Grewe 1988, S. 45). 468

III. Effiziente Regulierung durch disaggregierten Instrumenteneinsatz

161

4. Allokationstheoretische Implikationen einer gemeinsamen Netznutzung Als wasserspezifisches Externalitätenproblem konnte das Auftreten von Durchleitungsexternalitäten bei gemeinsamer Netznutzung identifiziert werden. In einem unregulierten Markt würde dieses Problem vermutlich nicht auftreten, da der monopolistische Engpassbereich in Teilen des Leitungsnetzes dazu führen würde, dass natürliche Monopolisten im Netzbetrieb wirtschaftliche Aktivitäten auf sämtlichen Wertschöpfungsstufen ausübten, so dass Wettbewerber ohne Zugang zu dem Engpassbereich ihre Leistungen Verbrauchern nicht anbieten könnten. Die Durchleitungsexternalitäten kämen insofern (wie auch im Status quo) nicht offen zutage, sondern die regionalen Monopolisten würden sie internalisieren. Aus diesem Grund sind Durchleitungsexternalitäten erst dann von Relevanz, wenn disaggregiert reguliert wird. D. h., das grundsätzliche Externalitätenproblem ist der leitungsgebundenen Trinkwasserversorgung immanent, es wird aber erst durch ein Regulierungsregime mit erzwungener gemeinsamer Netznutzung zum ökonomischen Problem. Daher könnte auch von einem nachgelagerten Marktversagensproblem oder von einem Marktversagensproblem zweiter Ordnung gesprochen werden. In einem Aufsatz von Rüttgers und Schwarz wird der Frage nachgegangen, welche allokationstheoretischen Implikationen mit Einführung einer gemeinsamen Netznutzung in der Form, wie sie in dieser Arbeit vom Verfasser vorgeschlagen wird, verbunden sind. Die wasserspezifische Durchleitungsexternalität ist dabei zentraler Bestandteil der Modellierung.471 In dem zitierten Papier wird die Einführung einer gemeinsamen Netznutzung mittels eines bewusst einfach gehaltenen Ansatzes formalisiert. Der Aufsatz reiht sich in die Literatur zur Produktdifferenzierung ein,472 wobei unterschiedliche Qualitätsstufen des Gutes Wasser als Endprodukt der Trinkwasserversorgung modelliert werden (vertikale Produktdifferenzierung). Im Bereich netzgebundener Industrien untersuchen etwa die Arbeiten von Buehler, Schmutzler und Benz sowie Buehler, Gärtner und Halbheer bereits die Implikationen verschiedener Qualitäten des Leitungsnetzes.473 Im Unterschied dazu nehmen Rüttgers und Schwarz die Qualität des monopolistischen Bottlenecks als gegeben an, während die Firmen über die Qualität im Downstream-Markt entscheiden. Der Downstream-Markt umfasst dabei alle wirtschaftlichen Aktivitäten der Wasserversorgung mit Ausnahme des Bottleneck-Bereichs. Die entscheidende ___________ 471

Vgl. hierzu und zu Folgendem Rüttgers/Schwarz (2008). Vgl. zur horizontalen Produktdifferenzierung Hotelling (1929); Salop (1979); vgl. zur vertikalen Produktdifferenzierung Spence (1975). 473 Vgl. Buehler/Schmutzler/Benz (2004); Buehler/Gärtner/Halbheer (2006). 472

162

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Neuerung des Modells ist, dass die von der einzelnen Firma gewählte Qualitätsstufe nicht vollständig vom Konsumenten wahrgenommen wird. In diesem Punkt besteht ein Unterschied zu der zitierten Literatur, indem die wasserspezifische Durchleitungsexternalität modelliert wird. Mit q wird die nachgefragte Wassermenge, mit tw  0,1 die Wasserqualität und mit p der Güterpreis bezeichnet. Die Produzentenseite besteht aus ein oder zwei Firmen, die das Gut Trinkwasser zur Verfügung stellen. Konsumenten mit homogenen Präferenzen fragen Trinkwasser nach. Das Gut wird durch die zwei Charakteristika Preis und Qualität vollständig beschrieben. Es wird davon ausgegangen, dass die nachgefragte Menge mit steigender Qualität ausgeweitet und mit steigendem Konsumentenpreis reduziert wird. Folgende inverse Nachfragefunktion wird unterstellt: p tw, q 1 

(19)

q . tw

Als erster Modellfall wird auf der Produzentenseite analog zum Status quo in Deutschland eine Monopolsituation modelliert. Der Monopolist betreibt sowohl den Bottleneck-Bereich des Verteilungsnetzes (Upstream-Bereich) als auch die übrigen Wertschöpfungsstufen (Downstream-Bereich). In den weiteren Fällen werden ausschließlich die Aktivitäten auf dem Downstream-Markt mit Mengen- und Preiswettbewerb durch gemeinsame Netznutzung analysiert. Abbildung 16 verdeutlicht die Struktur des Modells im zeitlichen Ablauf.

Upstream

Reguliertes Monopol

Firma 1 Downstream tw

Firma 1

Firma 2

tw1

tw2

Monopol

Duopol

Konsumenten

Konsumenten Zeit

Quelle: modifiziert nach Rüttgers/Schwarz (2008), S. 10 (Variablenbezeichnungen angepasst).

Abbildung 16: Modellhafte Einführung einer gemeinsamen Netznutzung

III. Effiziente Regulierung durch disaggregierten Instrumenteneinsatz

163

Der Upstream-Betrieb verursacht annahmegemäß fixe Kosten in Höhe von K Fix ! 0 . Dies ist insofern ökonomisch intuitiv, da der Bottleneck-Betrieb wirtschaftliche Aktivitäten an Teilen des bestehenden Verteilungsnetzes beschreibt, die im Wesentlichen unabhängig von der durchgeleiteten Menge durchgeführt werden. Die variablen Kosten werden auf den Wert der eingespeisten Qualität tw normiert. Die Gewinnfunktion des vertikal integrierten Monopolisten ist: (20)

GMonopolist

> p  tw@ q  K Fix .

Die Autoren zeigen, dass sich im Gewinnmaximum des Monopolisten eine bereitgestellte Menge q* 1/ 9 bei einem Preis p* 2 / 3 ergibt. Die zur Verfügung gestellte Qualität des Monopolisten ist tw* 1/ 3 . Gesamtwirtschaftlich ergibt sich eine Konsumentenrente von KR 1/ 54 . Die Monopolsituation wird als Referenzpunkt für die Größen Preis, Qualität und Konsumentenrente in den anderen Modellfällen angesehen.

Durch die Einführung der gemeinsamen Netznutzung wird im Modell sichergestellt, dass Konkurrenten von regionalen Monopolisten der Markteintritt ermöglicht wird. Alle Downstream-Anbieter verwenden das bestehende Leitungsnetz und entrichten dafür das regulierte Netzzugangsentgelt a . Für die verfolgten Zwecke ist unerheblich, auf welche Weise die Regulierungsbehörde das Netzzugangsentgelt ermittelt. Die Tarifierung der Zugangsentgelte a erfolgt annahmegemäß linear zur nachgefragten Durchleitungsmenge. Die Kosten K Fix des Upstream-Betriebes fallen für die Akteure der DuopolKonstellationen weg. Sonstige fixe Kosten fallen in der Downstream-Abteilung annahmegemäß ebenfalls nicht an. Die Verfasser gehen analog zu der hier vorgeschlagenen Instrumentenkombination zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu dem Bottleneck-Bereich davon aus, dass im Regulierungsregime ein Unbundling zwischen dem Betrieb des Bottlenecks auf der einen Seite und dem Betrieb der übrigen Wertschöpfungsstufen auf der anderen Seite implementiert ist. Dementsprechend verfügen die beiden Duopolisten als Betreiber der Downstream-Abteilung über gleich strukturierte Kostenfunktionen. Infolge des Markteintritts eines weiteren Anbieters treten zwei voneinander verschiedene Wasserqualitäten tw1 des etablierten Anbieters 1 und tw2 des Anbieters 2 im Wettbewerb gegeneinander an. Die Verbraucher erreicht die Wasserqualität tw als gewichteter Durchschnitt aus beiden Ausbringungsmengen q1 und q2 . Für tw ergibt sich dementsprechend: (21)

tw

1 tw1q1  tw2q2 . q1  q2

164

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

Als zweiter Fall wird ein Cournot-Duopol mit fixierter Qualität des etablierten Anbieters modelliert. Kurzfristig nehmen Rüttgers und Schwarz an, dass die Wasserqualität des Ex-Monopolisten bei tw1 1/ 3 konstant gehalten wird. Anbieter 1 ist nicht in der Lage, etwaige Anpassungsprozesse sofort umzusetzen. Er kann weder andere Wasserquellen verwenden noch kostengünstigere Aufbereitungsverfahren einsetzen. Es wird angenommen, dass die Firmen zuerst ihre Ausbringungsmengen und danach ihre individuelle Wasserqualität wählen. Die Lösung dieses zweistufigen Spiels ergibt sich durch Rückwärts-Induktion. In der zweiten Stufe wählt der Marktneuling (Anbieter 2) die eigene Qualität tw2 , gegeben tw1 . Beide Firmen antizipieren diese Entscheidung und wählen ihrerseits in der ersten Stufe die profitmaximierenden Mengen q1 * und q2 * , gegeben tw1 und tw2 * . Der Marktneuling stellt auf jeden Fall eine geringere Wasserqualität zur Verfügung als der Ex-Monopolist. Die gemeinsame Netznutzung hat zur Folge, dass Firma 2 negative Externalitäten in Form einer sich verschlechternden Wasserqualität bei den Kunden des Anbieters 1 verursacht. Der Marktneuling wird die Durchleitungsexternalität aber nicht maximal ausreizen ( tw2 o 0 ), da er zwischen dem Rückgang der Konsumentennachfrage und den geringeren Kosten abwägen muss. Beim dritten Modellfall eines Cournot-Duopols mit flexibler Qualitätswahl der beiden Anbieter werden folgende symmetrische Gewinnfunktionen der Duopolisten i (mit j als Bezeichnung für den jeweiligen Wettbewerber) unterstellt:

(22)

GDuopolist i

2 ª qi  q j  tw  a º» q . «1  i « twi qi  tw j q j » i ¬ ¼

Als Lösung des zweistufigen Spiels ergibt sich ein teilspielperfektes Gleichgewicht, bei dem die Wasserqualitäten und die Konsumentenrente gegen null tendieren. Ganz offensichtlich ist dieses Ergebnis gesellschaftlich nicht erwünscht, da es beispielsweise dramatische Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung haben könnte. Daher existieren hinreichende ökonomische Argumente, die für die Festlegung einer Mindestqualität des Produktes Trinkwasser sprechen. Die staatlich vorgegebene Untergrenze wird mit twmin bezeichnet. Im Modell speisen beide Firmen eine Wasserqualität ein, die gerade noch dieser entspricht. Die weiteren Modellimplikationen geschehen unter der Voraussetzung, dass der Staat die Mindestqualität twmin exakt so wählt, dass die Konsumentenrente maximiert wird ( twmin * (1  a ) / 3 ). Auf lange Sicht wird sich der Wettbewerb zwischen den beiden Anbietern im Markt intensivieren, so dass sich ein Preiswettbewerb einstellt. Somit wird

III. Effiziente Regulierung durch disaggregierten Instrumenteneinsatz

165

als vierter und letzter Fall ein Bertrand-Preiswettbewerb modelliert. Der Bertrand-Wettbewerb hat selbst für hohe Netzzugangsentgelte a  1/ 2 einen Preisrückgang auf p* (1  2a ) / 3 zur Folge. Die Firmen erwirtschaften keine Gewinne. Die Konsumentenrente steigt im Vergleich zum Monopolfall ebenfalls bereits für große a  0,37 . Einen Überblick der Ergebnisse liefert Tabelle 12. Tabelle 12 Modellergebnisse bei Rüttgers und Schwarz Monopol

p

p

2 3

q

q

1 9

tw

tw

1 3

KR

KR

1 54

Cournot-Duopol mit fixierter Wasserqualität 1 tw1 3 p

q

8  9a 15

1 (4  3a) ˜ (7  9a) 225 tw

Cournot-Duopol mit flexibler Wasserqualität 1 a und twmin 3

4  3a 15

9 §7 · §4 · ¨  a¸ ¨  a¸ 250 © 9 ¹ ©3 ¹

4 (1  a ) 2 27 tw

2

KR

KR

twmin

5  4a 9

p

q

BertrandDuopol mit

p

8 (1  a )3 243

1  2a 3

1 (1  a ) 2 9

q

1 a 3

1 a 3

tw KR

1 a 3 4 (1  a)3 54

Quelle: modifiziert nach Rüttgers/Schwarz (2008), S. 22 (Variablenbezeichnungen angepasst).

Damit eine gemeinsame Netznutzung mittels Durchleitung aus Konsumentensicht sinnvoll ist, müssen die Netzzugangsentgelte a hinreichend klein sein. Die schwache Restriktion a  1/ 4 fordert lediglich, dass die Kosten der Netznutzung (Bottleneck-Bereich) die übrigen Kosten des Downstream-Bereichs nicht übersteigen dürfen ( a  twmin ) bzw. dass der Anteil der Netzentgelte an den Gesamtkosten weniger als 50 % beträgt. Für diesen Wertebereich a  1/ 4 führt eine Marktöffnung mittels gemeinsamer Netznutzung zu einem geringeren Preis und einem deutlichen Anstieg der Konsumentenrente. Im zeitlichen Ablauf der Modellfälle sinkt der Konsumentenpreis nicht notwendigerweise monoton, sondern kann abhängig von der Höhe von a zwischenzeitlich auch etwas ansteigen. Ein ähnlicher Effekt ist bei der Konsumentenrente zu beobachten. Auch diese kann zwischenzeitlich absinken. Die Autoren bringen die Höhe des Modellparameters a anhand von Daten des Statistischen Bundesamtes in einen empirischen Kontext. Anhand dieser Daten wird als Restriktion für die normierten Netzentgelte des Modells ein Wert a  0,19 ermittelt, wobei die Autoren ausgesprochen vorsichtig vorgehen.

166

D. Die Wasserwirtschaft als Anwendungsfall disaggregierter Regulierung

p,tw 0,8 0,7

KR 0,07

a = 0,19

p

0,6

0,06 0,05

0,5 0,04 0,4

tw

0,03

0,3 0,02

0,2

0,01

0,1

KR 0,0

0,00

Monopol

Cournot 1

Cournot 2

Bertrand

Quelle: modifiziert nach Rüttgers/Schwarz (2008), S. 16 (Variablenbezeichnungen angepasst).

Abbildung 17: Entwicklung von Wasserpreis, Qualität und Konsumentenrente mit Einführung von Durchleitungswettbewerb im Modell

Abbildung 17 zeigt die chronologische Entwicklung von Preis, Qualität und Konsumentenrente beispielhaft für den Fall a 0,19 . Das Modell unterstützt die Auffassung, dass die wasserspezifische Durchleitungsexternalität kein prinzipielles Hindernis gegenüber einer Marktöffnung darstellt. Einer Qualitätsverschlechterung aufgrund der Durchleitungsexternalität kann mit der Festlegung von Mindeststandards wirksam begegnet werden. Eine solche Regulierung der Produktqualität ist durch die Legaldefinition von Trinkwasser im Status quo bereits grundsätzlich vorhanden. Insofern kann einem u. U. unerwünschten Absinken der Qualität mit relativ geringer Eingriffsintensität entgegengewirkt werden. Der Monopolfall des Modells kann mit dem Status quo gleichgesetzt werden. Am Ende des chronologischen Ablaufs ist in Abbildung 17 eine deutlich höhere Konsumentenrente bei niedrigerem Wasserpreis abzulesen. Dieser Modellfall ist mit der erfolgreichen Etablierung eines Durchleitungswettbewerbs in Verbindung zu bringen. Somit unterstreicht das Modell von Rüttgers und Schwarz die Aussage, dass eine gemeinsame Netznutzung mit Durchleitungswettbewerb in der Trinkwasserwirtschaft aus allokativen Überlegungen heraus angestrebt werden sollte.

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes I. Instrumentenkatalog 1. Unbundling

Idealerweise sollte ein Unbundling zwischen dem Bottleneck-Bereich und grundsätzlich wettbewerblich bereitstellbaren Bereichen der Wertschöpfungskette durchgeführt werden. Da gezeigt worden ist, dass diese Frage je nach Versorgungsregion unterschiedlich bewertet werden kann, empfiehlt sich hilfsweise eine Separierung zwischen der Verteilungsstufe auf der einen Seite und den übrigen Wertschöpfungsstufen auf der anderen Seite. Der gemeinsame Betrieb von Wassergewinnung und Wasseraufbereitung zieht beispielsweise keinen Regulierungsbedarf nach sich, wohingegen der gemeinsame Betrieb des Wasserverteilungsnetzes und mindestens einer weiteren Wertschöpfungsstufe wettbewerblich problematisch ist. Die schwache Form der buchhalterischen Trennung (Accounting-Separation) wird vom Autor gegenüber der strikten Form einer eigentumsrechtlichen Trennung auch für die Wasserwirtschaft bevorzugt. Neben den verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber einer eigentumsrechtlichen Trennung ist für den spezifischen Anwendungsfall der Trinkwasserversorgung zu ergänzen, dass aufgrund der stark ausgeprägten vertikalen Integration im Status quo (zum Zeitpunkt des Systemwechsels) eine strikte Trennung der Wertschöpfungsstufen zu besonders schwerwiegenden Veränderungen in der gegenwärtig kleinteilig organisierten Trinkwasserwirtschaft führen würde. Die Fallzahl, auf die das Regulierungsinstrument Anwendung fände, wäre aufgrund der vielen kleinen Unternehmen höher als in anderen Branchen. Dies ist ein Argument dafür, zunächst ausschließlich die leichter zu implementierende buchhalterische Trennung zu fordern. Zu einem späteren Zeitpunkt ist eventuell der Zwang zu einer eigentumsrechtlichen Trennung in das Regulierungsregime zu ergänzen.

2. Preisregulierung der Netzzugangsentgelte

Um zu verhindern, dass Bottleneck-Betreiber von den Nutzern Monopolpreise verlangen, ist eine Preisregulierung der Netzzugangsentgelte für das Ver-

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

168

teilungsnetz erforderlich. Konkret wird eine Price-Cap-Regulierung unter Berücksichtigung von Yardstick-Competition vorgeschlagen. Dabei sind zwei Komponenten des Zugangsentgeltes zu unterscheiden. Neben einem variablen Teil pro durchgeleiteter Mengeneinheit ist evtl. auch ein fixes Entgelt für den Anschluss an das Leitungsnetz zu entrichten. Es ist dem Netzbetreiber nicht zuzumuten, dass der Durchleitende selbstständig oder durch Erfüllungsgehilfen den Anschluss an das Verteilungsnetz besorgt. Vielmehr ist es das berechtigte Interesse des Netzeigentümers, dass er bestimmt, durch wen der physische Anschluss realisiert wird. Insofern wird der Netzbetreiber für den Anschluss genauso Monopolbetreiber wie für den laufenden Betrieb. Beide Komponenten müssten einer Preisregulierung unterworfen werden. Da nicht zu erkennen ist, dass der eigentliche Anschluss bei unterschiedlichen Leitungsnetzen verschieden hohe Kosten aufwirft, ist dieser Teil der Regulierung vergleichsweise leicht handhabbar, weil keine individuellen Preisvorgaben für die Unternehmen notwendig sind. Die nachfolgenden Aussagen beziehen sich daher alleine auf das variable Nutzungsentgelt. Die für eine bestimmte Periode vorgegebene Preissteigerungsrate errechnet sich aus RPI-X, wobei der Regulierer bei der Ermittlung des Effizienzfaktors X auf Informationen zurückgreift, die er aus einem Unternehmensvergleich gewonnen hat. PCt  1 d RPI  X . PCt 1

(23)

Ein solches Verfahren hat für die Trinkwasserwirtschaft den Vorteil, dass jedes Unternehmen aufgrund der Unabhängigkeit der Preisvorgabe von seinen eigenen Kosten danach strebt, diese zu reduzieren. Verhalten sich alle anderen Unternehmen analog, tendiert der Vergleichsmaßstab zum Kostenminimum.474 Die Daten für den Unternehmensvergleich müssen zuvor erhoben werden. Dafür bietet sich ein verpflichtendes branchenweites Benchmarking an. Im Status quo der vertikal integrierten Monopolisten sind nur Endkundenpreise und keine Zugangsentgelte für einzelne Netzteile vorhanden, die für die Regulierungsvorschrift (23) notwendigerweise verfügbar gemacht werden müssten. Um diesem Problem für die Bestimmung des Price-Caps in der ersten Regulierungsperiode zu begegnen, sind prinzipiell zwei Verfahren möglich: 1.

Das zeitlich vorgelagerte Unbundling stellt sicher, dass in der ersten Regulierungsperiode Preise der Vorperiode PCt 1 existieren, um den Pfad mittels des X-Faktors zu regulieren. Der Nachteil dieser Variante ist, dass die

___________ 474

Vgl. Clausen/Scheele (2001), S. 5.

I. Instrumentenkatalog

169

Netzanbieter die später einsetzende Preisregulierung zum Zeitpunkt der buchhalterischen Trennung antizipieren und die Netzentgelte zu hoch ansetzen könnten, um sich für spätere Perioden Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. 2.

Bereits in der ersten Periode findet eine echte Regulierung der Preise statt. Die Preisvorgaben in der ersten Periode können aus dem Unternehmensvergleich gewonnen werden. Die eigentliche Pfadregulierung würde dann erst ab der zweiten Periode stattfinden. Diese Verfahrensweise erscheint sinnvoll, wenn von Anfang an auf eine weitgehende Unabhängigkeit der Entgeltregulierung von den individuellen Kosten der Unternehmen abgezielt wird. Nachteilig ist, dass sie anfälliger für Informationsmängel zu Lasten der Regulierungsbehörde ist. Letztendlich wird vermutlich nicht gänzlich zu vermeiden sein, dass in der ersten Regulierungsperiode zu einem gewissen Anteil auch die spezifische Kostensituation eines jeden Unternehmens in die Obergrenzenfestlegung einfließt. Durch die X-Faktor-Bestimmung mittels Yardstick-Competition entfällt, unabhängig von der zuletzt behandelten Fragestellung, der Anreiz für die regulierten Unternehmen, ihre Kosten bei Einführung der Cap-Regulierung künstlich zu erhöhen und zu hoffen, der Regulierer würde einen entsprechend weniger anspruchsvollen Zielwert für X festlegen.475 Die regulierten Unternehmen der Trinkwasserwirtschaft könnten stärker als in den anderen Netzbranchen versuchen, ihre Kostenabweichungen durch Einflussfaktoren von z. B. geographischer oder geologischer Natur zu erklären, die aus ihrer Sicht einen aussagekräftigen Vergleich mit anderen Unternehmen derselben Branche nicht möglich machen.476 Durch den vorgelagerten Benchmarking-Prozess würde die Regulierungsinstanz aber über entsprechende Informationen verfügen, um derartige Argumente abzufangen. Darüber hinaus stehen allgemein verfügbare Indikatoren wie Siedlungsdichte, Höhenunterschiede etc. für die Gebiete der jeweiligen Verteilungsnetze zur Verfügung. Ein systematischer Anreiz für die Unternehmen, stärker als zuvor Absprachen untereinander zu tätigen, um die Regulierungsbasis in Bezug auf den XFaktor zu beeinflussen, ist nicht zu erkennen. In ähnlicher Weise könnten die Unternehmen auch im bestehenden Regime vorgehen. Das vorgeschlagene Preisobergrenzenverfahren erscheint somit geeignet, die Zugangsentgelte für das Verteilungsnetz in der Trinkwasserwirtschaft zu regulieren.

___________ 475 476

Vgl. Shleifer (1985), S. 320; Littlechild (1988), S. 59. Vgl. Scheele (1997), S. 53; vgl. auch Schönefuß (2005), S. 203.

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

170

3. Vorgabe einer Mindestqualität des Endproduktes und des Einleitungsprozesses

Es ist gezeigt worden, dass die Vorgabe einer Mindestqualität als Instrument der Qualitätsregulierung mehrfach erforderlich ist. Einerseits ist die Qualität des Produktes Trinkwasser an sich, andererseits ist der Einleitungsprozess in fremde Netzteile zu regulieren. Neben der eigentlichen Vorgabe von Grenzwerten für zentrale Qualitätsparameter gehört zu den Maßnahmen der Qualitätsregulierung jeweils auch die Kontrolle der Einhaltung der Mindeststandards. Bezüglich der Produktqualität stellt die Festlegung eines Ordnungsrahmens der Qualitätsregulierung kein Problem dar. Die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) ist im Rahmen dieses Teilaspektes zumindest grundsätzlich weiterhin anwendbar. Allerdings ist die Überwachung der Wasserqualität durch die Einführung einer erzwungenen gemeinsamen Netznutzung neuen Herausforderungen ausgesetzt, deren Ausmaß zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund des Fehlens von Erfahrungswerten noch nicht abgeschätzt werden kann. Es stellt sich die Frage nach der Höhe der Grenzwerte. Aufgrund der wasserspezifischen Durchleitungsexternalität kommt der staatlich fixierten Mindestqualität bei gemeinsamer Netznutzung eine Bedeutung zu, die viel stärker als im bestehenden Regulierungsregime ist. Dies ist dadurch begründet, dass die Durchleitungsexternalität Anreize für sämtliche Anbieter liefert, exakt jene Mindestqualität bereitzustellen und nicht mehr. Das Modell von Rüttgers und Schwarz legt nahe, dass der Mindeststandard kleiner als das Monopolniveau des Status quo gewählt werden sollte.477 Der gewinnmaximierende Monopolist wählt unter den gegebenen Annahmen die bereitgestellte Qualität höher als das Optimalniveau im Hinblick auf eine Maximierung der Konsumentenrente. Dies ist auch für den konkreten Anwendungsfall der deutschen Trinkwasserwirtschaft überzeugend. Angesichts der im internationalen Vergleich herausragenden Trinkwasserqualität darf bezweifelt werden, dass die von Politikern und Bürokraten fixierte Wasserqualität tatsächlich den Präferenzen der Verbraucher entspricht. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Qualität zu hoch angesetzt ist und Verbraucher, sofern sie eine direkte Entscheidungsfreiheit erhalten würden, eine niedrigere Qualität wählen würden. Die Konsumenten haben im Status quo nur indirekten Einfluss auf die Wasserqualität, entweder über die Wahlentscheidung in der Beschluss fassenden Gebietskörperschaft der Kommune (Voice) oder durch einen möglichen Austritt aus der betreffenden Stadt oder Gemeinde (Exit). Die Trinkwasserversorgung ist nur ein kleiner Teil eines Themensets, das für derartige Entschei___________ 477

Vgl. Rüttgers/Schwarz (2008).

I. Instrumentenkatalog

171

dungen der Stimmabgabe oder gar des Wegzugs maßgeblich ist. Außerdem verfügt der Verbraucher nicht über sämtliche Informationen, die für eine vollständig rationale Entscheidungsfindung notwendig wären. Die Informationsbeschaffung ist wiederum mit vergleichsweise hohen Kosten verbunden, deren Aufnahme sich angesichts des geringen Stimmanteils eines Einzelnen nicht lohnt. Wenn man sich den geringen Anteil der Verwendungszwecke des Leitungswassers vergegenwärtigt, für die annähernd jene hohe Qualität benötigt wird (vgl. Abbildung 12), die im Status quo an die Konsumenten verteilt wird, liegt auch aus diesem ganz anders gelagerten Grund die Empfehlung nahe, die Mindestqualität niedriger anzusetzen als jenes Niveau, was zur Zeit an die Konsumenten verteilt wird. Immerhin steht für besonders qualitätssensible Anwendungen (z. B. die Zubereitung von Säuglingsnahrung) mit portioniertem Wasser ein geeignetes Substitut zur Verfügung, dessen Konsum ohnehin für die meisten Verbraucher alltäglich ist. Ein etwas geringeres Qualitätsniveau des Leitungswassers ist aus diesem Grund unproblematisch. Bei der Qualitätsdiskussion sind auch distributive Aspekte zu bedenken. In der Realität könnten Konsumenten mit geringen Einkommen eine Reduktion der Wasserqualität zu einem niedrigeren Verbraucherpreis präferieren. Dieser Verbrauchergruppe käme somit ein Absinken der Qualität besonders entgegen. Mindestens in einer Übergangsphase, vielleicht auch darüber hinaus, können die bisherigen Mindeststandards, die durch die Trinkwasserverordnung manifestiert werden, auch als Mindeststandard in einem veränderten Regulierungsregime mit erzwungener gemeinsamer Netznutzung beibehalten werden. Damit wäre das Mindestqualitätsniveau vermutlich geringer als das Qualitätsniveau des tatsächlich verteilten Wassers im Status quo. Dies erklärt sich dadurch, dass der Anreiz der Durchleitungsexternalität, exakt nur die Mindestqualität zu liefern, im Monopolfall nicht auftritt. Der Monopolist internalisiert die wasserspezifische Durchleitungsexternalität. Das Interesse an einem Zugang zu einem fremden Leitungsnetz wird im Rahmen eines Durchleitungsbegehrens angezeigt. Dabei gilt es jene Voraussetzungen zu spezifizieren, die den Einleitungsprozess betreffen. Insbesondere ist eine Festlegung der Mischungskonditionen erforderlich. Selbst unter der Voraussetzung, dass die bis zu diesem Abschnitt diskutierten Instrumente (Unbundling und Preisregulierung der Netzzugangsentgelte) bereits implementiert sind, ist von einer marktendogenen Lösung nicht zwingend auszugehen. Ein buchhalterisch separierter Bottleneck-Betreiber, der auch auf anderen Wertschöpfungsstufen unternehmerisch aktiv ist, unterliegt trotz des Unbundlings Anreizen, seinen Wettbewerbern den Zugang zum Leitungsnetz zu erschweren. Es ist deshalb plausibel, dass er Einwände z. B. in Form von Kapazitäts-

172

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

problemen geltend machen oder hohe technische Anforderungen formulieren wird.478 Diese Aussagen erfahren Bestätigung durch die Erfahrungen aus der Liberalisierung der Wasserwirtschaft in England und Wales.479 Seinerzeit wurden die Unternehmen von der Regulierungsbehörde OFWAT aufgefordert, auf der Grundlage vorgegebener Prinzipien480 die Konditionen des Zugangs zu den eigenen Netzen zu entwickeln und zu veröffentlichen. Seit 2000 besteht eine Veröffentlichungspflicht für die so genannten Network-Access-Codes und seit 2002 darüber hinaus eine Pflicht zur Veröffentlichung der Netzzugangsentgelte (Access-Price).481 Die Access-Codes sind allerdings so komplex und umfangreich formuliert, dass die Vermutung nahe liegt, dass die Ausgestaltung auch der bewussten Abschreckung potenzieller Wettbewerber dienen soll.482 Ein diskriminierungsfreier Zugang zu den Verteilungsnetzen ist also in England/Wales gerade nicht gegeben. Von daher verwundert es nicht, dass Durchleitungswettbewerb dort bislang keine Rolle spielt, obwohl er eigentlich von der Regulierungsbehörde intendiert ist. In jedem Fall, also auch bei vollständiger Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs durch die Regulierungsbehörde, ist davon auszugehen, dass der Prüf-, Kontroll- und Regulierungsaufwand für die Einspeisung und Durchleitung von Wasser zunächst relativ hoch ist. „In der Praxis könnten sich allerdings unter einem geeigneten Regulierungsrahmen standardisierte Verfahren und Verträge durchsetzen, die Einspeisung und Durchleitung von Wasser auch unter Konkurrenten zur Routine werden lassen (…).“483 Vielleicht können die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt zur Entwicklung eines Systems zur Bewertung der Gewässergüte nach einem Trinkwasserindex484 Impulse für die Bewertung der Wasserqualitäten liefern, die miteinander gemischt werden, auch wenn diese Arbeit (mit der Aufbereitung von Flusswasser) einen etwas anderen Fokus hat. In der Ausgestaltung des Regulierungsregimes ist im Detail dafür Sorge zu tragen, dass nur solche Qualitäten miteinander in Verbindung treten können, die in der Mischung weder (Vermögens-)Schäden an den Leitungsnetzen verursachen können noch gesundheitlich bedenklich sind. Dabei spielt u. U. auch das ___________ 478

Vgl. Grobosch (2003), S. 177. Vgl. Scheele (2000), S. 18 ff.; Mankel/Schwarze (2000), S. 419 f.; Schönbäck et al. (2003), S. 157 ff. 480 Vgl. OFWAT (2002). 481 Vgl. Sundmacher (2005), S. 22. 482 Vgl. Scheele (2000), S. 18 ff.; Michaelis (2001), S. 441; Lübbe-Wolf et al. (2002), S. 299; Grobosch (2003), S. 177. 483 Grobosch (2003), S. 177. 484 Vgl. Gimbel/Chamoni (2000); Mälzer et al. (2000). 479

I. Instrumentenkatalog

173

Mischungsverhältnis eine Rolle. Wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass die biologischen und chemischen Parameter der einzelnen Wässer sowie die vielleicht schon bestehenden Mischverhältnisse an bestimmten Stellen der Leitungsnetze offen liegen. Denn ein Marktneuling muss ex ante einschätzen können, ob sich für ihn ein Durchleitungsbegehren lohnt. Das Zurückhalten entsprechender Informationen würde wiederum eine Markteintrittsbarriere darstellen. Mit Offenlegung dieser Informationen werden gleichsam Informationsasymmetrien zwischen den unternehmerisch tätigen Experten in sämtlichen Wertschöpfungsstufen und den schlechter informierten Verbrauchern verringert. Dies könnte den Wettbewerb auf dem Trinkwassermarkt positiv beeinflussen, keineswegs jedoch beeinträchtigen. Als letzter Aspekt der Regulierung des Einleitungsprozesses ist zu erwägen, ob der einleitende Anbieter bestimmte Mindestqualifikationen erfüllen muss,485 indem er etwa eine Mindestmenge nachweist, die er grundsätzlich zu liefern in der Lage ist. Dies würde entsprechenden Missbrauch, der mit Durchleitungsbegehren betrieben werden könnte, verhindern.

4. Handelbare Nutzungsrechte der Wasserentnahme

Die Forderung nach ökonomischer Effizienz der Wassernutzung liegt in der Knappheit und Verletzbarkeit von Wasser als einer natürlichen und für den Menschen lebensnotwendigen Ressource begründet.486 Das in der Situationsanalyse der deutschen Trinkwasserwirtschaft angesprochene Nutzungsregime der Wasserentnahme bietet keine Anreize für eine effiziente Allokation knapper Ressourcen.487 Der Preismechanismus, über den im Markt die Allokation von knappen Ressourcen auf alternative Orte ihrer Verwendung erfolgt, ist im Fall der Wasserentnahme außer Kraft gesetzt. Es werden zwar in den meisten Bundesländern pauschale Entgelte für die Wasserentnahme erhoben, allerdings sind diese losgelöst von der Nutzungskonkurrenz an der entsprechenden Entnahmestelle.488 Die Lösung des Knappheitsproblems erfolgt ohne Berücksichtigung relevanter Opportunitätskosten.489 Aus diesem Grund wird u. a. vom Sachverständigenrat für Umweltfragen sowie den Gutachtern des BMWi die Bepreisung von Wasserentnahmerechten in Form von handelbaren Nutzungsrechten vorgeschla___________ 485

Vgl. Stuchtey (2002), S. 58. Vgl. Grobosch (2003), S. 92. 487 Vgl. auch Scheele (2000), S. 9. 488 Vgl. Rehbinder et al. (1998), S. 128 f. 489 Vgl. Grobosch (2003), S. 50. 486

174

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

gen.490 Eine derartige Zertifikatelösung dient der Internalisierung negativer technologischer Externalitäten, die durch die Wasserentnahme auftreten. Durch die Versteigerung von Wasserentnahmerechten entstehen Preise entsprechend den Knappheitsrelationen an der Entnahmestelle bzw. in der Region. Damit werden den Betreibern der nachfolgenden Wertschöpfungsstufen Alternativen in preislicher und qualitativer Hinsicht als Einsatzfaktoren zur Verfügung gestellt. Verschiedene Qualitäten von Rohwasser als Output der Wassergewinnung erfordern verschieden aufwändige Aufbereitungsmaßnahmen, die dementsprechend verschieden hohe Kosten verursachen. Die Lokalisierung des Rohwassers bzw. des aufbereiteten Wassers ist wesentlicher Einflussträger für die Höhe der sich anschließenden Transportkosten. Diese Kette lässt sich bis zum Endverbraucher fortsetzen. Somit wären der Markt, der sich der Wassergewinnung anschließt (der Markt des Rohwassers), und alle folgenden Märkte durch ein Set von Alternativen gekennzeichnet, das im bisherigen Entnahmeregime nicht zu erkennen ist. Die Einführung von, der Nutzungskonkurrenz vor Ort entsprechenden, bepreisten Wasserentnahmerechten soll mittelfristig dazu führen, dass sich eine allokativ optimale Struktur innerhalb der Wassergewinnung einstellt. Weiterhin ist davon auszugehen, dass sich nach anfänglichen Einführungsproblemen eine stabile Preisstruktur für unterschiedliche Wasservorkommen einstellen wird. Durch ein System der handelbaren Entnahmerechte werden die Umwelt- und Ressourcenkosten, die bei der Entnahme des Wassers entstehen, zumindest teilweise internalisiert. Damit ginge die Konzentration von Wasserentnahmen an solchen Orten einher, wo eine relativ geringe Knappheit herrscht. Eine an verschiedener Stelle existierende örtliche oder regionale Wasserknappheit wird dadurch reduziert. Die bisherige Genehmigungspraxis, die sich auf eine bestimmte Entnahmestelle bezieht,491 ist zugunsten einer Zertifizierung der Entnahme aus einem bestimmten Vorkommen aufzugeben. Damit würde aus Sicht von Wassernutzern, die über mehrere Entnahmestellen verfügen, eine Optimierung der Entnahmen durch die Berücksichtigung der Wechselwirkungen zwischen den Entnahmestellen erfolgen. Kostenreduktionen könnten sich infolgedessen beispielsweise durch die Stilllegung eines Brunnens ergeben.492

___________ 490 Vgl. Rehbinder et al. (1998), S. 129 f.; Rehbinder et al. (2000), S. 150; Ewers et al. (2001), S. 8 und S. 56; vgl. auch Bergmann/Kortenkamp (1988), S. 170; kritisch äußert sich beispielsweise Mehlhorn (2001), S. 107. 491 Eine Ausnahme stellt beispielsweise die Grundwasserbewirtschaftung im hessischen Ried dar (vgl. Lux 2005, S. 5). 492 Vgl. Lux (2005), S. 7.

I. Instrumentenkatalog

175

Das Entnahmerecht sollte zwar durch Verkauf übertragbar sein, allerdings müsste es auf das entsprechende Vorkommen (Grundwasserleiter, Flussabschnitt) beschränkt sein. Ansonsten wäre die Gefahr einer regionalen Übernutzung mit entsprechenden negativen ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen gegeben. Während die Wasserbehörden die Entnahmerechte bislang kostenlos, von den pauschalen Entnahmeentgelten in manchen Bundesländern einmal abgesehen (vgl. Tabelle 10), und für sehr lange Zeiträume vergeben haben, sollten sie im veränderten Regime in einer Versteigerung an den Höchstbietenden und für einen kürzeren Zeitraum ausgeteilt werden. Dabei muss zunächst für jedes Vorkommen, bemessen an der lokalen Verfügbarkeit, eine maximale Entnahmemenge behördlich fixiert werden. Mittels des Zertifikats wird im Anschluss die Nutzungserlaubnis einer bestimmten Teileinheit der Maximalmenge erworben.493 Bei der Erstverteilung sind als Basis die bestehenden administrativ vergebenen Entnahmerechte zu berücksichtigen. Innerhalb eines angemessenen Zeitraums muss vermutlich der Bestandsschutz gewahrt bleiben, damit sich die Wasser verbrauchenden Unternehmen in ihren Planungen auf das veränderte Entnahmeregime einstellen können. Die Erstverteilung läuft somit auf ein Grandfathering (kostenlose Abgabe an bestehende Nutzer) hinaus. Bereits gewonnene Erfahrungen aus dem EU-Emissionshandel können in die Abwägung der Übergangsfristen einfließen. Inwieweit dabei bereits erteilte Entnahmerechte verändert werden können (z. %. verkürzter Nutzungszeitraum), bedarf einer juristischen Überprüfung. Spätestens nach dem jeweiligen Ablauf der administrativ vergebenen Entnahmerechte, besser schon zu Beginn der zweiten Handelsperiode, werden die Entnahmerechte dann an den Höchstbietenden versteigert. Die festzusetzende Länge der Handelsperioden könnte sich ebenfalls an den Erfahrungen aus dem Emissionshandel orientieren. In der Frage, ob der Handel mit Entnahmerechten flächendeckend oder nur in Regionen mit herausgehobener Wasserknappheit einzuführen ist, spricht aus Sicht des Autors einiges für eine flächendeckende Einführung. An solchen Orten, an denen entsprechend große Mengen entnommen werden können, wird sich ein relativ geringer Preis für die Zertifikate ergeben. Der Marktpreis signalisiert die entsprechende Knappheit vor Ort. Künstlich in Teilräumen einen Höchstpreis von null zu implementieren (dies wäre das mit dem üblichen mikroökonomischen Vokabular formulierte Äquivalent der nicht-flächendeckenden Einführung), würde einen Nachfrageüberschuss an den betreffenden Stellen verursachen, was eine optimale Allokation im Gesamtraum verhindern würde. Ein ähnliches Ergebnis ergibt sich in der Frage, ob neben Grundwasser auch Oberflächenwasser in das Entnahmeregime einbezogen werden sollte. Grund___________ 493

Vgl. Lux (2005), S. 8.

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

176

wasser und Oberflächenwasser stehen in Wechselbeziehungen zueinander. Die Entnahme sowie eine eventuelle Verschmutzung des Grundwassers haben in der Regel Auswirkungen auf Oberflächengewässer und umgekehrt.494 Daher sollten für beide Wasserarten handelbare Entnahmerechte implementiert werden. Besonders weitreichend ist die Abwägung, ob der Handel für Wasserentnahmerechte ausschließlich für die leitungsgebundene Trinkwasserversorgung, für die leitungsgebundene und die portionierte Trinkwasserversorgung oder für beide Versorgungsformen und sämtliche sonstigen Nutzungen eingeführt werden sollte. Die Untersuchung auf Marktversagen legt die Empfehlung nahe, dass für sämtliche Verwendungen handelbare Entnahmerechte eingeführt werden sollten, da die Nutzungskonkurrenz bei der Ausschöpfung einer knappen Ressource unabhängig von der Zweckbestimmung ist. Von daher wäre es nur folgerichtig, einen Markt für sämtliche Wasserentnahmen, gleich welcher Nutzung, zu etablieren. Unter Umständen sind aber Ausnahmen zu erwägen, die sich erst in der spezifischen Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung ergeben. Zu denken ist dabei an die Auswirkungen auf die Getränkeindustrie, die langfristig, auch bei Grandfathering, unter deutlich veränderten Rahmenbedingungen wirtschaften müsste. Im bisherigen Entnahmesystem hat die leitungsgebundene Trinkwasserversorgung nach § 6 WHG bei der Vergabe der Entnahmerechte Vorrang vor anderen Nutzern.495 Aus Gründen der Praktikabilität ist es vielleicht ratsam, die handelbaren Wasserentnahmerechte zunächst im Rahmen eines Teilmarktes, nämlich der leitungsgebundenen Wasserversorgung, einzuführen, um Erfahrungen für die Implementierung im Gesamtmarkt zu sammeln. Dies löst zwar allokative Verzerrungen in der Nutzung der knappen Ressource nur zum Teil oder schafft u. U. sogar zusätzliche Ineffizienzen. Es sollte aber nicht übersehen werden, dass andere grundsätzlich betroffene Märkte wie die Landwirtschaft oder die Getränkeindustrie von dem spezifischen Marktversagensproblem offenbar nicht so stark beeinträchtigt werden wie die leitungsgebundene Trinkwasserversorgung. Insofern kann die teilweise Einführung der handelbaren Nutzungsrechte ausschließlich in der leitungsgebundenen Wasserversorgung für eine Übergangsphase ein politökonomischer Kompromiss sein, um erst einmal nur die Interessengruppen der leitungsgebundenen Wasserwirtschaft im Rahmen der Durchsetzung beachten zu müssen und nicht noch andere Einflussträger.

___________ 494 495

Vgl. Grobosch (2003), S. 91. Vgl. Ewers et al. (2001), S. 21; Bosold (1994), S. 34.

II. Berücksichtigung relevanter Akteure im Prozess der Marktöffnung

177

Eine rechtliche Prüfung von Rehbinder hat ergeben, dass ein System der handelbaren Wasserentnahmerechte mit der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) vereinbar wäre, während das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) als den Rahmen vorgebendes Bundesgesetz einer Änderung in § 1a Abs. 3 bedürfe, indem die Länder ermächtigt werden, in den jeweiligen Landeswassergesetzen die Ausgestaltung eines Systems der handelbaren Entnahmerechte zu implementieren.496

II. Berücksichtigung relevanter Akteure im Prozess der Marktöffnung 1. Politiker als Entscheidungsträger

a) Mögliche Impulse seitens der Parteien im Deutschen Bundestag Als nüchternes Fazit der Marktöffnungsdiskussion musste festgestellt werden, dass mit der Modernisierungsstrategie der Bundesregierung als vorläufigem Endpunkt der Debatte von Seiten der Exekutive keine Impulse für eine stärkere Marktöffnung in der Trinkwasserwirtschaft ausgehen. Die Modernisierungsstrategie ist geprägt von der Förderung der Kooperationen zwischen benachbarten Wasserver- und Wasserentsorgungssystemen, einem auf Freiwilligkeit basierenden Benchmarking-Konzept sowie einer Steuerpflicht der Abwasserentsorgung.497 Von einer ordnungspolitischen Weichenstellung, die Wettbewerb in der Trinkwasserversorgung ermöglicht, ist nicht die Rede. Um die festgefahrene Situation zu erklären, ist der Frage nachzugehen, welche Positionen die Parteien heute vertreten und im Zeitablauf vertreten haben. Dabei wird relativ schnell ersichtlich, dass für das konkrete Politikfeld Trinkwasserversorgung kaum profilierte Positionen vorliegen. Seitens der SPD, deren Bundestagsfraktion zusammen mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN seinerzeit den Entschluss „Nachhaltige Wasserwirtschaft in Deutschland“498 von 2001 vorbereitet und mit der damaligen Bundestagsmehrheit verabschiedet hat, findet sich in den Wahl- und Regierungsprogrammen der letzten Jahre wenig Konkretes. Bei den GRÜNEN ist die Position hingegen klar: „Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind Wasserversorgung

___________ 496

Vgl. Rehbinder (2005), S. 33 ff.; vgl. Lux (2005), S. 10. Vgl. Bundesregierung (2006). 498 Deutscher Bundestag (2001). 497

178

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

und Abwasserbeseitigung Bestandteile der Daseinsvorsorge und müssen öffentliche Aufgaben bleiben.“499 Im Grundsatzprogramm der CDU von 1994 heißt es noch ganz allgemein: „Wir treten dafür ein, wettbewerbsrechtliche Sonderregelungen für die Bereiche Verkehr, Versicherung, Banken, Energie- und Versorgungswirtschaft, Arbeitsvermittlung und freie Berufe grundsätzlich den allgemeinen Wettbewerbsregelungen anzupassen.“500 Weiter wird dann formuliert: „Außerdem können die Einrichtung und der Betrieb von Infrastrukturen im Bereich Verkehr, öffentlichen Planungsleistungen, Wasserver- und Abwasserentsorgung (…) soweit wie möglich privatisiert werden.“501 Eine Kehrtwende ist bei der CDU im gemeinsamen Regierungsprogramm 2002–2006 mit der CSU zu beobachten: „Die hohe Qualität des Trinkwassers ist ein kostbares Gut. Unser Ziel ist es, dass die Kommunen wichtige Aufgaben der Daseinsvorsorge auch in Zukunft wahrnehmen können. Deshalb treten wir dafür ein, dass die Wasserversorgung Aufgabe der Kommunen bleibt. Eine Liberalisierung der Wasserversorgung lehnen wir ab, weil echter Wettbewerb nur begrenzt möglich ist.“502 Im Wahlprogramm 2005 ist wieder nichts Vergleichbares aufzufinden. Die einzige Partei, deren Beschlüsse in Richtung einer Marktöffnung gehen, ist die FDP. Im Bürgerprogramm von 2002 findet sich die Aussage: „Der liberalisierte Netzzugang auf den Strommärkten ist wiederherzustellen. Auch bei der Wasser- und Abfallwirtschaft sind Deregulierung und Privatisierung erforderlich.“503 Im jüngsten Wahlprogramm von 2005 wird diese Position aufrecht erhalten: „Die FDP tritt (…) für die Bekämpfung monopolistischer Strukturen und eine Politik der Marktöffnung ein. (…) Wir brauchen die weitere Liberalisierung und mehr Wettbewerb bei den so genannten Netzindustrien (Telekommunikation, Post, Bahn, Energie, Wasser) sowie die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes auch auf den Dienstleistungsmärkten.“504 Im Wahlprogramm der LINKSPARTEI.PDS anlässlich der Bundestagswahl 2005 findet sich als Kontrast zur Position der FDP eine Absage an jegliche Liberalisierungsbemühungen: „Die Versorgung der Menschen mit Wasser und Strom, die Müll- und Abwasserentsorgung, (…) sind Leistungen, die im Interesse des Gemeinwohls sicherzustellen sind. Leistungen der Daseinsvorsorge

___________ 499

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (2005), S. 60. CDU (1994), S. 36. 501 CDU (1994), S. 37. 502 CDU/CSU (2002), S. 48. 503 FDP (2002), S. 15. 504 FDP (2005), S. 12. 500

II. Berücksichtigung relevanter Akteure im Prozess der Marktöffnung

179

und öffentliche Dienste von allgemeinem Interesse dürfen nicht der privaten Konkurrenz unterworfen werden.“505 Die Konzentration auf die Positionierung der im Bundestag befindlichen Parteien ergibt sich aus zwei Gründen. Erstens ist eine umfangreiche Analyse sämtlicher Länderparlamente oder gar der Kommunen aufgrund der Masse an zu verarbeitenden Informationen kaum möglich. Zweitens ist davon auszugehen, dass eine wirksame Marktöffnung in der Trinkwasserwirtschaft nur über eine bundesgesetzliche Initiative möglich ist. Insbesondere der kartellrechtliche Ausnahmebereich nach § 103 GWB a. F. steht einer liberalisierten Marktorganisation im Wege. Die Standpunkte der Parteien machen deutlich, dass eine Reform des Regulierungsregimes der Trinkwasserwirtschaft, die in Richtung einer stärkeren Marktöffnung geht, federführend von der FDP und mit Abstrichen auch von der CDU ausgehen kann. Sobald sich eine Regierungsbeteiligung der FDP bei einer der nächsten Bundestagswahlen ergäbe, könnte die Liberalisierung der Trinkwasserwirtschaft wieder auf der Tagesordnung stehen. Wenn die Politik beratende Wissenschaft diesen Zeitpunkt im Sinne eines pragmatischen Wissenschaftsziels zu nutzen gedenkt, muss sie gut vorbereitet und mit entwickelten Konzepten in die möglicherweise erneut anlaufende öffentliche Debatte einsteigen.

b) Mögliche Impulse seitens der europäischen Ebene Während in den übrigen Netzbranchen massiver Einfluss seitens der EU auf die Mitgliedsstaaten ausgeübt worden ist und eine weitreichende Liberalisierung zur Verwirklichung des europäischen Binnenmarkts durchgesetzt wurde, ist der Bereich der Wasserwirtschaft bisher im Wesentlichen noch unangetastet geblieben. Es stellt sich die Frage, welche Impulse seitens der EU in nächster Zeit zu erwarten sind. Die Positionen der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlamentes unterscheiden sich in Bezug auf die Trinkwasserwirtschaft deutlich. In der Mitteilung der Europäischen Kommission zur Binnenmarktstrategie 2003– 2006 vom 07.05.2003 wird formuliert: „Während die europäische Politik bzgl. der Frage des Eigentums der Ressource Wasser und der Wasserversorgung bei ihrer neutralen Haltung bleibt, werden die Dienststellen der Kommission die rechtliche und administrative Situation im Wasser- und auf (sic!, C. R.) Abwassersektor prüfen, auch unter wettbewerblichen Gesichtspunkten, ohne jedoch die Garantien des EG-Vertrags anzutasten oder gegen Umweltvorschriften zu ___________ 505

LINKSPARTEI.PDS (2005), S. 13.

180

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

verstoßen. Es werden alle Möglichkeiten geprüft, auch gesetzgeberische Maßnahmen.“506 In dem nur wenige Tage später, am 21.05.2003, veröffentlichten Grünbuch Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ordnet die Europäische Kommission die Wasserwirtschaft den so genannten „anderen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ zu: „Sofern diese Dienstleistungen (…) den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, unterliegt ihre Bereitstellung und organisatorische Abwicklung im Allgemeinen den für den Binnenmarkt, den Wettbewerb und staatliche Beihilfen geltenden Vorschriften.“507 Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass das Fehlen spezieller Rechtsvorschriften auf Gemeinschaftsebene zu Rechtsunsicherheit und Marktverzerrungen führen könne.508 In der zugehörigen Fußnote wird die Wasserwirtschaft als Beispiel genannt. Das Europäische Parlament hat sich als Reaktion sowohl am 14.01.2004 in seiner Entschließung zu dem von der Kommission vorgelegten Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse als auch am 11.03.2004 in seiner Entschließung zur Binnenmarktstrategie 2003–2006 sehr deutlich gegen die von der Kommission in Erwägung gezogene Marktöffnung positioniert. Im erstgenannten Dokument vertritt das Europäische Parlament die Auffassung, „dass angesichts der unterschiedlichen regionalen Merkmale dieses Sektors und der örtlichen Zuständigkeiten für die Bereitstellung von Trinkwasser sowie verschiedener anderer Voraussetzungen in Bezug auf Trinkwasser keine Liberalisierung der Wasserversorgung (…) vorgenommen werden sollte“.509 Im zweiten Dokument wird die Aussage ergänzt, „dass die Bewirtschaftung der Wasserressourcen nicht den Regeln des Binnenmarkts unterliegen darf, da Wasser ein gemeinsames Gut der Menschheit darstellt“.510 Am 12.04.2005 wird sogar ein Appell an die EU-Kommission gerichtet. Das Europäische Parlament „wiederholt mit Blick auf die Diskussionen über die Auswirkungen der Liberalisierung des Wassersektors noch einmal, dass mit der Wasserversorgung zusammenhängende Dienstleistungen grundsätzlich voll und ganz unter staatlicher Verantwortung und Kontrolle verbleiben sollten und die Wahrung dieses Grundsatzes den nationalen, regionalen und lokalen Behörden überlassen werden sollte, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, sich dieser Auffassung anzuschließen“.511

___________ 506

Kommission (2003), S. 14. Kommission (2003a), S. 12. 508 Vgl. Kommission (2003a), S. 29. 509 Europäisches Parlament (2004), Nr. 47. 510 Europäisches Parlament (2004a), Nr. 3. 511 Europäisches Parlament (2005), Nr. 63. 507

II. Berücksichtigung relevanter Akteure im Prozess der Marktöffnung

181

Angestoßen durch die Vorlage des Grünbuchs zu öffentlich-privaten Partnerschaften (Public-Private-Partnerships),512 dreht sich die Diskussion in Brüssel und vor dem EuGH in Luxemburg aktuell vorrangig um die Frage einer europaweiten Ausschreibungspflicht für Konzessionen, Lizenzen oder sonstige ausschließende Verträge. Sofern die Ausschreibungspflicht die Wasserversorgung beträfe, würden sich für die deutsche Trinkwasserwirtschaft entsprechende Veränderungen ergeben, die in Richtung eines Wettbewerbs um den Markt gingen. Mit der angedeuteten Veränderung des rechtlichen Rahmens wäre zwar noch kein Wettbewerb von Versorgern um Kunden ermöglicht, wie er mittels der gemeinsamen Netznutzung angestrebt wird: Es würde aber auf die hiesige Branche ein Druck zur Effizienzsteigerung ausgeübt. Zugleich würde der deutsche Gesetzgeber zur etwaigen Modifikation des Regulierungsrahmens aufgerufen, so dass ein derartiger Impuls aus Brüssel insgesamt positiv zu bewerten wäre und vielleicht als Einfallstor für weitere Marktöffnungsbestrebungen fungieren könnte.

2. Interessengruppen als Einflussträger

Eine der grundlegenden Hypothesen der positiven Regulierungstheorie ist, dass die Ausgestaltung des Regulierungsregimes von der Beeinflussung durch Interessengruppen abhängig ist. Als im Anwendungsfall zu untersuchende Interessengruppen kommen insbesondere die großen Verbände und Vereinigungen der Wasserwirtschaft in Frage. Diese sind in Tabelle 13 zusammengefasst. Die Interessengruppen sind an dem Erhalt ihres Einflusses interessiert, der ihnen Macht und vielleicht auch Einkommen (durch Mitgliedsbeiträge) sichert. Die Arbeit und der Einfluss der Vereine, die ihren Tätigkeitsschwerpunkt auf die technische Umsetzung legen (DVGW, DWA), sind von einer Marktöffnung nicht schwerpunktmäßig betroffen. Unter Umständen wird sich der Aufgabenbereich dieser Vereine durch die neuen Herausforderungen, die beispielsweise durch die Mischung von Wässern entstehen, eher noch vergrößern als verringern. Insofern wäre es an Stelle dieser Gruppen nicht rational, als Vorreiter der Gegnerschaft einer Marktöffnung aufzutreten. Vielleicht ist dies eine Erklärung dafür, dass DVGW, DWA und auch der vergleichsweise kleine Verein ATT sich in der Vergangenheit im Zusammenhang mit wettbewerbskritischen Lobby-Aktivitäten eher zurückhaltend gezeigt haben. ___________ 512

Vgl. Kommission (2004).

182

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

Tabelle 13 Interessengruppen in der Trinkwasserwirtschaft

Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW)

> 1800 Mitgliedsunternehmen der Energieund Wasserwirtschaft, 2007 entstanden durch die Fusion des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft e. V. (BGW), des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft e. V. (VDEW), des Verbandes der Netzbetreiber e. V. (VDN) und des Verbandes der Verbundunternehmen und regionalen Energieversorger in Deutschland e. V. (VRE).

Deutsche Vereinigung des Gasund Wasserfaches e. V. (DVGW)

Technisch-wissenschaftlicher Verein mit 12.050 Mitgliedern (Stand: 31.12.2006), davon: 1650 Versorgungsunternehmen, 1350 Firmen des Gas- und Wasserfachs, 230 Behörden, Institutionen, Organisationen, 8820 persönliche Mitglieder.

Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA)

Technisch-wissenschaftlicher Verein mit 14.169 Mitgliedern (Stand: 31.12.2006), davon: 8.556 Personen (inkl. Betriebspersonal, Pensionäre, Jungmitglieder), 2.153 Kommunen und Kreise, 563 Abwasserverbände, 282 Behörden, 1.577 Ingenieurbüros, 1.038 Industrieverbände, untergliedert in sieben Landesverbände.

Deutscher Bund der verbandlichen Wasserwirtschaft e. V. (DBVW)

Acht Landesverbände der verbandlichen Wasserwirtschaft.

Arbeitsgemeinschaft Trinkwassertalsperren e. V. (ATT)

Rund 40 Wasserversorgungsunternehmen, Wasserverbände, Talsperrenbetriebe und -verwaltungen, Hochschul-, Untersuchungsund Forschungsinstitute.

Quelle: eigene Zusammenstellung; Daten entnommen aus Jahresberichten und Internetseiten.

II. Berücksichtigung relevanter Akteure im Prozess der Marktöffnung

183

Als gewichtiger Interessenvertreter mit unmittelbar ersichtlichen LobbyAktivitäten ist hingegen der Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) zu beachten, der sich 2007 gegründet hat. Bis zu diesem Zeitpunkt war es der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft e. V. (BGW), der in der Hauptsache die Wasserwirtschaft vertreten hat. Die ehemaligen BGW-Mitgliedsunternehmen stellen den größten Anteil des BDEW. Je mehr marktliche Koordination in der Trinkwasserwirtschaft Einzug hält und je stärker privatwirtschaftliches Eigentum als Kontrollinstanz über die Geschäftstätigkeit der handelnden Abteilungen in der Trinkwasserversorgung Bedeutung gewinnt, desto weniger bedeutsam wird die verbandliche Interessenvertretung des BDEW. Insofern ist es für die Vertreter des BDEW rational, als Bedenkenträger oder gar Gegner einer liberalisierten Trinkwasserwirtschaft mit Durchleitungswettbewerb aufzutreten. Tatsächlich bestätigen die Veröffentlichungen des BGW in den letzten Jahren seit Veröffentlichung des BMWi-Gutachtens diese Überlegungen. Eine Zusammenfassung der BGWPositionen liefert die BGW-Wasserprogrammatik.513 Anlässlich der wasserfachlichen Aussprachetagung 2007 formulierte der damalige Vizepräsident des BGW Rebohle: „Wir arbeiten daran, dass das Parlament sich hier eindeutig positioniert und das deutliche Zeichen Richtung Brüssel sendet: Die deutsche Politik will auch weiterhin keine Liberalisierung des Wassermarkts.“514 Insofern ist auch für die Zukunft nicht davon auszugehen, dass der neu gegründete BDEW die ablehnende Haltung des BGW bezüglich Markt öffnender Reformen in der Trinkwasserwirtschaft ablegen wird. Unter Rückgriff auf die positive Regulierungstheorie ist die Frage aufzuwerfen, ob sich die Positionen der Parteien aus dem Verhalten der Interessengruppen heraus erklären lassen. Es wird die Annahme getroffen, dass die zitierten Parteitagsbeschlüsse eine Offenlegung der Position der Haltung einzelner Politiker darstellen. Die Grundannahme in diesem Zusammenhang ist, dass Politiker an Macht und Wiederwahl interessiert sind. Für Parlamentarier der hinteren Sitzreihen ist vermutlich insbesondere das Wiederwahlkriterium (bezogen auf das parlamentarische Mandat) entscheidend. Für Parteifunktionäre, Funktionsträger in Fraktionen und Parlamenten sowie Regierungsmitglieder ist anzunehmen, dass auch der Machterhalt eine gewichtige Rolle spielt. Vereinfachend wird im Folgenden nur die Positionierung des Parlamentes betrachtet. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich auf die übrigen skizzierten Zusammenhänge übertragen. Für die Wiederwahl eines Parlamentariers des Deutschen Bundestages ist sowohl das persönliche Ergebnis im Wahlkreis entscheidend als auch das Parteiergebnis, welches dem einzelnen Kandidaten u. U. ___________ 513 514

Vgl. BGW (2005). Rebohle (2007), S. 7.

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

184

über eine Landesliste den (Wieder-)Einzug in den Bundestag sichert. Diese wiederum wird auf einem Landesparteitag auf Vorschlag des jeweiligen Landesvorstands beschlossen. Die Positionen, die der einzelne Politiker vertritt, müssen also einerseits mit den Interessen der Bürger vor Ort in seinem Wahlkreis vereinbar sein, wenn diese über entsprechende Informationen über sein Stimmverhalten verfügen können. Andererseits ist das individuelle Stimmverhalten des einzelnen Politikers in den Gesamtkontext der Partei einzuordnen. Die Wiederwahl des Mandatsträgers ist auch davon abhängig, ob er innerhalb der eigenen Partei entsprechende Zustimmung auf sich vereinen kann. Es wird davon ausgegangen, dass die Zustimmung für den einzelnen Mandatsträger innerhalb der Partei positiv davon abhängig ist, ob derjenige sich einigermaßen linientreu präsentiert, also die Positionen der Führungsspitze (unabhängig davon, wie diese gebildet worden sind) mitträgt. Das bedeutet, dass zur Einflussnahme von Interessengruppen auf Politiker zum einen die Spitzen von Parteien und Fraktionen in Frage kommen. Zum anderen sind die Politiker vor Ort als Ansprechpartner geeignet. Die Führungsspitzen können nur über Strukturen angesprochen werden, die eine entsprechende Bedeutung haben, damit den Interessen auch Gehör geboten wird. So wird ein kleines Versorgungsunternehmen irgendwo in der Peripherie nur durch Zufall einen direkten Draht in die Fraktionsspitze einer Regierungspartei erhalten. Gut vorstellbar ist im Fall der Trinkwasserwirtschaft, dass ein entscheidender Teil der Beeinflussung der Politiker durch bestimmte Interessengruppen dezentral in den einzelnen Gemeinden und Wahlkreisen geschieht. Dies wäre ein Erklärungsansatz dafür, dass in den so ähnlich strukturierten Branchen Elektrizität, Eisenbahn, Telekommunikation und Post bereits eine Liberalisierung der Märkte geschehen ist bzw. sich in der Entwicklung befindet, während im Fall der Trinkwasserwirtschaft der Status quo so unumstößlich erscheint. Denn die Wasserwirtschaft unterscheidet sich von den anderen genannten Branchen dadurch, dass durch die kleinteilige Organisation der Wasserversorgung in jeder Gemeinde eine zu Lobby-Aktivitäten bereite Vertretung vor Ort existiert, während in den anderen genannten Branchen eine viel höhere Zentralität zu beobachten ist. Letztendlich hat es auch in der Trinkwasserwirtschaft einen Anstoß zu einer möglichen Liberalisierung des Wassermarktes gegeben, einerseits durch den Briscoe-Report und andererseits infolge des (durch das damalige Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene) Gutachtens von Ewers et al.515 Der Prozess ist allerdings im Gegensatz zu den anderen genannten Branchen stehen geblieben. Mit Sicherheit hatte dies auch inhaltliche Gründe wie die erschwerte Einleitung von Wasser in fremde Netze oder das Problem der wasserspezifischen Durchleitungsexternalität. Jedoch ist zumin___________ 515

Vgl. Briscoe (1995); Ewers et al. (2001).

II. Berücksichtigung relevanter Akteure im Prozess der Marktöffnung

185

dest nicht auszuschließen, dass auch die Arbeit der Interessenvertretung vor Ort zu der Entwicklung beigetragen hat. Auf der oberen politischen Ebene ist anzunehmen, dass Vertreter des BGW als führender Lobby-Verband in Verhandlungen mit Spezialisten der Fraktionen treten. Insofern gibt es eine nicht zu unterschätzende Einflussnahme in Richtung der Beibehaltung des Status quo. Beispielsweise veranstaltet der BDEW regelmäßig einen Parlamentarischen Abend zum Thema Wasser.516 Nun wurde an anderer Stelle darauf hingewiesen, dass in den USA wesentliche Liberalisierungsanstöße von der Wirtschaft im Allgemeinen und deren Interessengruppen ausgegangen sind.517 Daher muss die Frage aufgeworfen werden, ob auf der Spitzenebene z. B. die Unternehmen, die nicht der Versorgungswirtschaft zuzurechnen sind, Interessen verfolgen, die denen des BDEW entgegenlaufen. Selbst solche Unternehmen, die Teile der Wertschöpfungskette der Wasserversorgung anbieten, könnten für eine stärkere Marktöffnung plädieren, weil die Unternehmen sich infolgedessen entsprechende Markteintrittsmöglichkeiten und damit zusätzliche Renditechancen erhoffen. Die Erklärung, warum derlei Interessen in der Vergangenheit entweder nicht oder nur mit mäßigem Erfolg artikuliert worden sind, könnte wie folgt aussehen: Vermutlich ist das Interesse der Gesamtwirtschaft an einer Liberalisierung der Trinkwasserwirtschaft deutlich geringer als das Interesse an einer Marktöffnung der Branchen Elektrizität, Eisenbahn, Gas, Post oder Telekommunikation. So verwendet der gesamte tertiäre Sektor einer Volkswirtschaft Trinkwasser lediglich in vernachlässigbaren Mengen als Einsatzfaktor (etwa für die Bereitstellung von sanitären Anlagen für Mitarbeiter und Kunden, Kaffeeküchen sowie in Ausnahmefällen im laufenden Betrieb einer Mensa zur Mitarbeiterspeisung). Energieträger, Telekommunikationsleistungen und Transportleistungen aller Art dagegen nehmen ein deutlich höheres Gewicht in der Kostenstruktur ein. Unternehmen, die Trinkwasser in größeren Mengen in den Produktionsprozess eingehen lassen, gewinnen entweder selbst ihr Wasser (und profitieren dann von dem bestehenden Regime der administrativen Vergabe von Entnahmerechten) oder haben Sonderkonditionen mit dem Wasserversorger ausgehandelt. Von daher könnte es eine Form von rationaler Ignoranz sein, wenn sich die nicht mit der Versorgungswirtschaft verbundenen Unternehmen im Fall der Trinkwasserwirtschaft unauffällig verhalten und ihre Lobby-Aktivitäten auf für sie kostenrelevantere Felder beschränken. ___________ 516

Im Februar 2008 waren die Bundestagsabgeordneten Peter Götz (CDU/CSU), Petra Bierwirth (SPD), Garrelt Duin (SPD), Horst Meierhofer (FDP) und Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bei dieser Veranstaltung zugegen (vgl. BDEW 2008). 517 Vgl. Sobania (2003), S. 112 ff.

186

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

Insofern ergibt sich als plausible Erklärung für den Status quo ein Unterlassen von Einflussnahme der Wirtschaft im Allgemeinen (insbesondere der nicht der Versorgungswirtschaft zuzurechnenden Unternehmen) in Richtung einer stärkeren Marktöffnung. Stattdessen sind die einzelnen Lobby-Aktivisten vor Ort und der BGW auf zentraler Ebene im Sinne einer Beibehaltung des Status quo aktiv. Damit ist noch nicht geklärt, inwieweit sich eine Veränderung der Ausgangslage bewirken lassen kann. Dazu ist zu klären, welche Ansatzpunkte dafür geeignet erscheinen. Wenn der Einfluss der Interessengruppen in den Fokus genommen wird, kann von externer Seite weder die Arbeit der Lobbyisten vor Ort unterbunden noch die Bedeutung des Einsatzfaktors Trinkwasser für die Kostensituation der Unternehmen erhöht werden. Ein Reformvorschlag, der in dieser Konstellation umsetzbar wäre, muss also auf die Befindlichkeiten der Beteiligten Rücksicht nehmen. Er darf erstens nicht so radikal sein, dass er den Druck von unten auf jene Führungspolitiker, die als mögliche Initiatoren einer Marktöffnung auftreten, so groß werden lässt, dass sie womöglich ihren Vorstoß wieder fallen lassen. Im Idealfall sollte er zweitens auch für weite Teile der Wirtschaft in Bezug auf deren Kostensituation interessant sein. Vielleicht ist der mangelnde Einsatz der Wirtschaft als einflussreiche Interessengruppe ja auch dadurch begründet, dass ihr bisherige Reformvorschläge nicht lohnend genug erschienen. Drittens muss der Reformvorschlag für die privaten Verbraucher vermittelbar sein. Eine schrittweise Veränderung der Ausgangslage erscheint in diesem Zusammenhang besser geeignet als ein Umbau des Regulierungsregimes auf einen Schlag.

3. Die Rolle der Bürokraten in der Regulierungsbehörde

Auch die Bürokraten in der Regulierungsbehörde sind als eigennützig orientierte Akteure innerhalb des Handlungsfeldes der Trinkwasserwirtschaft anzusehen. Es stellt sich die Frage, welche Interessen die Entscheidungsträger in der Regulierungsbehörde verfolgen könnten. Erstens besteht theoretisch die Gefahr, dass die Bürokraten sich von den regulierten Unternehmen auf dem Markt für Regulierung einfangen lassen, also deren Interessen vertreten. Zweitens könnte die Interessenlage der Bürokraten in Richtung einer Ausweitung des eigenen Einflusses durch Budgetmaximierung gehen. In diesem Zusammenhang ist die Bundesnetzagentur als bestehende Regulierungsbehörde für die anderen Netzbranchen zu untersuchen und die Frage aufzuwerfen, welche Aktivitäten dort in der Vergangenheit beobachtbar waren, um in Fortschreibung des Vergangenen eine Basis für eine prognostische Aussage zu erlangen. Die regelmäßig stattfindenden Klagen der regulierten Unternehmen gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesnetz-

II. Berücksichtigung relevanter Akteure im Prozess der Marktöffnung

187

agentur, könnten als Indiz dafür genommen werden, dass divergierende Interessen zwischen Regulierungsbehörde und regulierten Unternehmen bestehen.518 Von einer durch die Unternehmen eingefangenen Regulierungsbehörde ist nicht auszugehen. Die Übertragung der Regulierungsaufgaben an die Bundesnetzagentur erscheint vor dem Hintergrund möglicher Konflikte zwischen den mit der Marktöffnung verfolgten Zielen und den Interessen der Regulierungsbehörde daher unproblematisch zu sein. Ein schädliches Budget maximierendes Verhalten innerhalb der Bundesnetzagentur ist ebenso wenig zu erkennen. Tabelle 14 Mitarbeiterzahl und Ausgaben der Bundesnetzagentur (vormals RegTP) 1998–2006 Jahr

Mitarbeiter

Ausgaben (EUR)

Regulierte Branchen

1998

2549

161.154.599

Telekommunikation (T.), Post (P.)

1999

2679

134.595.543

T., P.

2000

2620

143.278.301

T., P.

2001

2500

145.348.000

T., P.

2002

2260

141.139.000

T., P.

2003

2250

128.360.000

T., P.

2004

2233

129.013.000

T., P., (Elektrizität, Gas, Eisenbahn)519

2005

2358

129.801.000

T., P., (Elektrizität, Gas, Eisenbahn)

2006

2400

142.324.000

T., P., Elektrizität, Gas, Eisenbahn

Quelle: eigene Zusammenstellung; Daten entnommen aus den Jahresberichten.

Eine Übersicht über Mitarbeiterzahl und Ausgaben der Bundesnetzagentur bzw. der ehemaligen RegTP liefert Tabelle 14. Die Anzahl der Mitarbeiter in der Bundesnetzagentur (vormals RegTP) hat sich zwar von 2004 bis 2006 vergrößert, ist zuvor allerdings von 1999 bis 2003 auch stark zurückgegangen. ___________ 518 Für Aufsehen hat beispielsweise die Niederlage der Deutschen Telekom AG in einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof mit Urteil vom 22.11.2007 gesorgt, bei dem es um die Genehmigungspflicht von bestimmten Paketangeboten der Telekom ging (vgl. EuGH 2007). 519 Seit 2004 existieren Arbeitsgruppen, die Regulierung der Entgelte findet in den entsprechenden Branchen indes erst seit 2006 statt.

188

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

Weiterhin ist zu erkennen, dass auch die Ausgaben der Regulierungsbehörde nicht systematisch angestiegen sind. Diese Beobachtungen sind vor dem Hintergrund dessen zu bewerten, dass die Anzahl der regulierten Unternehmen durch Hinzunahme weiterer Branchen angewachsen ist. Unter Zusammenführung der moderaten Entwicklung von Ausgaben und Mitarbeiterzahl der Regulierungsbehörde bei gleichlaufend sich deutlich vergrößerndem Aufgabenumfang liegt der Schluss nahe, dass der Kontrollmechanismus durch die Politik in der Vergangenheit hinreichend gut funktioniert hat. Darüber hinaus dürfte die Gefahr von in der Budgethöhe ausufernden Bürokratien allgemein in den letzten Jahren nicht so hoch gewesen sein wie etwa in den 60er- und 70er-Jahren. Ursache ist die Schuldenlast der öffentlichen Haushalte, die disziplinierend auf die politischen Entscheidungsträger und die Bürokraten wirkt. Die Übertragung der Regulierungsaufgaben auf die Bundesnetzagentur hat weitere Vorteile. Die Mitarbeiter verfügen bereits über spezifische Branchenkenntnisse aus den artverwandten Netzindustrien Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahn. Zum Teil gibt es Überschneidungen bei den wesentlichen Interessengruppen. So ist etwa der Bundesverband der deutschen Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW), der als gewichtige Interessengruppe identifiziert wurde, den Mitarbeitern der Bundesnetzagentur wohlbekannt. Sie können mögliche Capture-Aktivitäten der Akteure bereits als solche einschätzen und sind im Vorfeld gegenüber entsprechenden Versuchen der Einflussnahme gewappnet. Unter Umständen können Interessengruppen wie der BDEW ihre Erfahrungen aus den anderen Netzbranchen (im Fall des BDEW der Energiebranchen Elektrizität und Gas) nutzen und versuchen, diese in den Prozess der Marktöffnung in der Trinkwasserwirtschaft bzw. des Aufbaus eines modifizierten Regulierungsregimes aus ihrer Sicht gewinnbringend einzusetzen. Für den Autor sind allerdings keinerlei Hinweise erkennbar, die in Richtung einer Anfälligkeit der Bundesnetzagentur für derartige Ansinnen gehen. Zusammenfassend erscheint die Bundesnetzagentur für die Aufgabe eines erfolgreichen operativen Designs des Regulierungsregimes und dessen Durchsetzung sehr gut geeignet. Nicht zuletzt darf die Marktöffnung in der Telekommunikationswirtschaft als Paradebeispiel einer gelungenen Einführung von Wettbewerb in die Waagschale geworfen werden, wobei ein maßgeblicher Anteil des Liberalisierungserfolgs der heutigen Bundesnetzagentur zuzuschreiben ist.

III. Reformphasen

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III. Reformphasen 1. Maßnahmen zur Vorbereitung einer Marktöffnung (Phase 1)

Chronologisch vorgelagert zur Implementierung einer gemeinsamen Netznutzung, müssen die organisatorischen Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb geschaffen werden. Die Einleitung von Trinkwasser in bestehende fremde Leitungsnetze stellt dabei die entscheidende Schnittstellenaktivität dar, welche eine besondere Herausforderung für das Regulierungsregime darstellt. Als Voraussetzung für Durchleitungswettbewerb ist allen anderen Maßnahmen voran die Spezifikation der Einleitungsbedingungen zu entwickeln und festzulegen. Als Grundlage können das bestehende Arbeitsblatt W 216 des DVGW zur Versorgung mit unterschiedlichen Trinkwässern520 sowie die bestehenden Network-Access-Codes aus England/Wales dienen. Dies ist als Vorbereitung für die spätere Qualitätsregulierung aufzufassen. Als Vorbereitung für die Preisregulierung ist zunächst das Unbundling durchzuführen. Dabei sollte den Unternehmen im Vorfeld ausreichend Zeit eingeräumt werden, die erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen durchzuführen. Darüber hinaus ist ein verpflichtender Unternehmensvergleich (Benchmarking) einzuführen, der der Regulierungsbehörde als Informationsbasis dient. Mit der Modernisierungsstrategie der Bundesregierung ist bereits ein Anfang in diese Richtung erfolgt. Als wesentliche Veränderung müssen die Kennzahlen in einem liberalisierten Regulierungsregime verpflichtend erhoben werden, ansonsten können sich ineffiziente Unternehmen dem BenchmarkingProzess entziehen. Das vorgeschlagene einfache Price-Cap-Verfahren erfordert von der Regulierungsbehörde, dass sie den X-Faktor für jedes regulierte Unternehmen festlegt. Hierfür sollten die entsprechenden Informationen aus dem Unternehmensvergleich maßgeblich sein. Für das veränderte Entnahmesystem bei der Gewinnung von Trinkwasser (handelbare Nutzungsrechte) können die Daten aus dem Unternehmensvergleich ebenfalls Verwendung finden, indem sie mit den Daten, die bei den Wasserbehörden vorliegen, zusammengeführt werden. Auf dieser Grundlage kann das Grandfathering der Entnahmerechte auf Basis der tatsächlichen Entnahmen in einer bestimmten Periodenlänge der Vergangenheit vorbereitet werden. Unter Berücksichtigung des tendenziell sinkenden Wasserverbrauchs müssen die etablierten Unternehmen dabei nicht fürchten, dass sie über die kosten___________ 520

Vgl. DVGW (2004).

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

190

lose Zuteilung durch das Grandfathering in erheblichem Maß zusätzliche Entnahmezertifikate erwerben müssen.

2. Herstellung eines Ordnungsrahmens für die gemeinsame Netznutzung (Phase 2)

Im Zuge einer Marktöffnung innerhalb der Trinkwasserwirtschaft, die Wettbewerb mittels Durchleitung ermöglicht, müsste der kartellrechtliche Ausnahmebereich nach § 131 Abs. 8 GWB n. F. und § 103 GWB a. F. gestrichen werden. Denn dieser räumt den Städten und Gemeinden im Rahmen der Wasserversorgung die Möglichkeit von ausschließlichen Konzessionsverträgen in Verbindung mit Demarkationsabsprachen ein und begründet damit die integrierten Gebietsmonopole. Der Wegfall der Norm hätte zunächst zur Folge, dass eine Ausschließlichkeitsbindung unwirksam wäre und somit die bisherigen Konzessions- und Demarkationsverträge wettbewerbsrechtlich zu beanstanden wären.521 In der Literatur bestehen unterschiedliche Auffassungen darüber, welche unmittelbaren Auswirkungen eine solche Streichung im Detail hätte. Nahezu zweifelsfrei ist die Beurteilung der Lage, wenn die Kommune den bestimmenden Einfluss auf die Leistungserstellung sowie die Benutzungsbedingungen aufgegeben hat. Dann entzieht sich die Wasserversorgung nach Auffassung von Salzwedel und den anderen BMWi-Gutachtern dem Zugriffsrecht der Gemeinde. Dies sei der Fall, wenn: –

eine Gemeinde ihre Eigentumsrechte vollständig und ohne Rückholvorbehalt an private Anleger veräußert,



private Anleger mehr als die Hälfte der Anteile an einem Versorgungsunternehmen haben,



private Anleger mehr als 25 % der Anteile an einem Versorgungsunternehmen halten und bestimmenden Einfluss auf Investitionen und Wasserpreise nehmen.522

Da in diesen Fällen die Gemeinde nicht mehr in der Lage wäre, Anschlussund Benutzungszwänge auszusprechen, würden sich mit dem Wegfall von § 103 GWB bereits vielfältige Möglichkeiten des Wettbewerbs im Markt ergeben. Neben Durchleitungswettbewerb wären auch wettbewerbliche Impulse durch Eigenversorgung möglich. ___________ 521

Vgl. Weiß (2004), S. 224. Vgl. Salzwedel (2001a), S. 607; Ewers et al. (2001), S. 17; vgl. auch Stuchtey (2002), S. 134. 522

III. Reformphasen

191

Im BMWi-Gutachten wird dem Aufkeimen wettbewerblicher Elemente nur eine geringe Chance eingeräumt, wenn keine der genannten Bedingungen erfüllt ist: „Entsprechend muss eine Aufhebung des kartellrechtlichen Ausnahmebereichs für die Trinkwasserversorgung (§ 103 GWB a. F.) so lange wirkungslos bleiben, wie die Gemeinden vom Selbstverwaltungsrecht auf Wasserversorgung als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge Gebrauch machen und Anschluss- und Benutzungszwänge greifen.“523 Die exakte Begründung findet sich in separaten Veröffentlichungen des Mitautors Salzwedel bzw. der Mitautorin Stuchtey (geb. Mankel). Aus dem Recht zur kommunalen Selbstverwaltung wird die satzungsrechtliche Ermächtigung der Gemeinden abgeleitet, Anschluss- und Benutzungszwänge zu verhängen.524 Die Gemeinde ist auch dann in der Lage einen Anschluss- und Benutzungszwang vorzuschreiben, wenn die Wasserversorgung durch einen privaten Dritten erfolgt. Voraussetzung ist, dass die Kommune entscheidenden Einfluss auf die Einrichtung nimmt.525 Nach Auffassung der BMWi-Gutachter haben die Anschluss- und Benutzungszwänge zur Folge, dass der Verbraucher weiterhin vom Gebietsmonopolisten sein Wasser beziehen müsste.526 Im Gegensatz dazu wird im Gutachten des Umweltbundesamtes implizit die Auffassung vertreten, dass eine Streichung des § 103 GWB a. F. bereits dazu führen könnte, dass mehrere konkurrierende Versorger in einem Gebiet auftreten. Nach Einschätzung der UBA-Gutachter würde durch das Streichen von § 103 GWB das dezentrale Versorgungssystem unter Druck geraten, indem sich verschiedene Unternehmen an der Versorgung mit Trinkwasser beteiligen könnten. Schließlich wäre die ausschließliche Bindung der Gemeinde an einen Vertragspartner zum Zwecke der tatsächlichen Leistungserstellung zu beanstanden.527 Dies würde bedeuten, dass die für die öffentliche Wasserversorgung verantwortlichen Kommunen entsprechenden Bewerbern einen Netzzugang ermöglichen müssten: „Durch die Liberalisierung wäre es möglich, dass sich verschiedene Wasserversorgungsunternehmen an der Versorgung mit Trinkund Brauchwasser beteiligen und die Kommunen ihr Leitungssystem hierfür zur Verfügung stellen müssten.“528 Für den Kunden hätte dies zunächst höchstens mittelbare Auswirkungen, da er weiterhin nicht über einen Versorger frei entscheiden könnte. Wie eine solche Konstellation praktische Gestalt annehmen könnte, lässt das Gutachten nicht erkennen. ___________ 523

Ewers et al. (2001), S. 4. Vgl. Salzwedel (2001), S. 629 und S. 631; Stuchtey (2002), S. 134. 525 Vgl. Gern (1997), Rn. 605; Stuchtey (2002), S. 134. 526 Vgl. Ewers et al. (2001), S. 37 f. 527 Vgl. Brackemann et al. (2000), S. 22. 528 Brackemann et al. (2000), S. 22. 524

E. Entwicklung eines Reformfahrplanes

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In diesem Zusammenhang besonders interessant ist die Argumentation der UBA-Gutachter, dass das GWB auf sämtliche Handlungsformen der Wasserversorgung anzuwenden sei, wenn diese in Wettbewerbsbeziehungen zu konkurrierenden Anbietern stehen oder solche zumindest denkbar sind.529 „Das heißt, dass das GWB bei einer Streichung des § 103 GWB (a. F.) auch für die öffentlich-rechtlich ausgestalteten Betriebe (Eigen- und Regiebetriebe) anwendbar wird.“530 Nach UBA-Interpretation ist sogar die alleinige Leistungserstellung (als Substitut für eine Ausschließlichkeitsbindung in einem Konzessionsvertrag) in einem Eigen- oder Regiebetrieb wettbewerbsrechtlich bedenklich. Auch diese Einschätzung wird von den BMWi-Gutachtern nicht geteilt.531 Echter Durchleitungswettbewerb ist dadurch gekennzeichnet, dass der Verbraucher selbst eine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Versorgern hat. Abgesehen von den zu Beginn diskutierten Fällen, in denen die Gemeinde das maßgebliche Bestimmungsrecht auf die Wasserversorgung aufgegeben hat, stellen die BMWi-Gutachter einen Katalog von Möglichkeiten auf, die einen Wegfall der Anschluss- und Benutzungszwänge für den einzelnen Verbraucher zur Folge haben, um einen solchen Durchleitungswettbewerb zu ermöglichen: –

Die Öffnungsklausel nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV bietet durch das Kriterium der wirtschaftlichen Zumutbarkeit eine Lösungsmöglichkeit,



Auflagen der Bundesländer gegenüber Unternehmen im kommunalen Einfluss führen zur Gewährung zusätzlicher Ausstiegsmöglichkeiten,



die Gemeinde verzichtet freiwillig auf Anschluss- und Benutzungszwänge.532

Für die Öffnungsklausel nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AVBWasserV wird von Weiß angemerkt, dass eine Ausnahme zur Regel gemacht werden soll,533 was rechtlich problematisch sei. Die zweite Möglichkeit wurde bislang in der Fachliteratur nicht hinreichend diskutiert und ist insofern schwerlich nachzuvollziehen. Unterstellt, eine Änderung des Bundesrechtes wäre bereits erfolgt, ist zu erörtern, ob ein freiwilliger Verzicht der Städte und Gemeinden auf den Anschluss- und Benutzungszwang eine realistische Option darstellt. Dies dürfte u. a. davon abhängig sein, ob entsprechende Vorhaben von Gemeinden, die als Vorreiter auftreten, erfolgreich sind. Um Größenvorteile innerhalb der einzelnen Wertschöpfungsstufen nutzen zu können, wäre es von Vorteil, wenn be___________ 529

Vgl. Brackemann et al. (2000), S. 21. Brackemann et al. (2000), S. 21. 531 Vgl. Ewers et al. (2001), S. 15; vgl. auch Stuchtey (2002), S. 132. 532 Vgl. Ewers et al. (2001), S. 37 f. 533 Vgl. Weiß (2004), S. 175. 530

III. Reformphasen

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nachbarte Kommunen dabei gemeinsam eine Marktöffnung im o. g. Sinne anstreben würden. Je erfolgreicher die Einführung von Wettbewerb in den Gemeinden ist, die als Vorreiter fungieren, desto mehr Gemeinden würden vermutlich dem Beispiel folgen und ebenfalls eine Marktöffnung herstellen. Die Konkurrenzfähigkeit der öffentlichen Gesellschaften unter Beweis zu stellen, könnte vielleicht einen Anreiz für Gemeinden begründen, die Anschluss- und Benutzungszwänge freiwillig aufzugeben. Die Abschottung der Versorgungsgesellschaft durch die politischen Entscheidungsträger wäre ja geradezu als ein Eingeständnis dessen zu interpretieren, dass Effizienzreserven vorhanden sind. Eine Gemeinde, die über eine effiziente Wasserversorgung verfügt, muss dagegen keine Sorgen haben, diese dem Wettbewerb zu öffnen. Eine andere Interpretation der Rechtslage in Bezug auf die Möglichkeit eines echten Durchleitungswettbewerbs findet sich wiederum im UBA-Gutachten. Dort heißt es: „Bei Fortbestand des Anschluss- und Benutzungszwanges müsste das Satzungsrecht der Gemeinden dem Verbraucher/Gemeindeeinwohner die Möglichkeit offen lassen, auszuwählen, mit wem er einen Versorgungsvertrag abzuschließen gedenkt. Andernfalls wäre aufgrund des Satzungsrechts ein verfassungswidriger Kontrahierungszwang gegeben.“534 Inhaltlich wird damit ein bestehender Anschluss- und Benutzungszwang so interpretiert, dass Verbraucher zwar an ein bestehendes Leitungsnetz angeschlossen sein müssen und es auch für die Wasserentnahme verwenden müssen, dass ihnen aber die Wahl des Wasserversorgers freigestellt wird. Anschaulich gemacht wird dies von den Gutachtern anhand eines Vergleiches mit der Kfz-Haftpflichtversicherung, für die zwar ein Abschlusszwang besteht, dem Halter eines Kraftfahrzeuges hingegen die Wahl eines Versicherungsgebers überlassen wird.535 An dieser Stelle lässt sich nicht abschließend klären, wie die Sachlage rechtlich zu bewerten ist. Wenn die zuletzt aufgeführte Interpretation des Anschlussund Benutzungszwanges zulässig sein sollte, so wäre über eine veränderte Gesetzgebung auf der Bundesebene bereits ein Wettbewerb in der Trinkwasserwirtschaft denkbar.

3. Implementierung der disaggregierten Regulierung und Aufgabenübertragung an die Bundesnetzagentur (Phase 3)

Um eine disaggregierte Regulierung in der hier vorgeschlagenen Form zu implementieren und die administrativen und operativen Regulierungsaufgaben einer speziellen Regulierungsbehörde zu übertragen, bedarf es eines Bundesge___________ 534 535

Brackemann et al. (2000), S. 30. Vgl. Brackemann et al. (2000), S. 30.

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setzes über die Wasserwirtschaft nach formalem Vorbild des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), des Postgesetzes (PostG) oder des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Die Aufgabe der Preisregulierung der Zugangsentgelte übernimmt üblicherweise eine spezielle Regulierungsbehörde.536 Dafür bietet sich bei der Wasserversorgung die bestehende Bundesnetzagentur als sektorspezifische Regulierungsbehörde für Netzbranchen an. Die Überwachung der Qualitätsregulierung zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Netzzuganges könnte gegebenenfalls auch vom Bundeskartellamt als allgemeiner Kartellbehörde wahrgenommen werden.537 In diesem Zusammenhang wurde bereits an anderer Stelle erörtert, dass die Vorteile für eine vollständige Übertragung der Regulierungsaufgaben an die Bundesnetzagentur überwiegen, da diese über einen adäquaten Marktüberblick verfügt und zudem Synergieeffekte aus den Regulierungsaufgaben nutzen kann. Wenn Eigen- oder Regiebetriebe der Städte und Gemeinden als Betreiber der Verteilungsstufe auftreten, könnte eine Preisregulierung durch eine Bundesbehörde juristisch bedenklich sein, weil mittels Bundesgesetz in Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung eingegriffen würde. Aber selbst wenn eine Preisregulierung für bestimmte Konstellationen nicht möglich sein sollte, ist dies noch kein generelles Argument gegen eine Veränderung des Ordnungsrahmens und Implementierung der Price-Cap-Regulierung. Dann blieben die erhobenen Entgelte dieser Betriebe in der Übergangszeit im Zweifelsfall unreguliert. Wenn die Marktöffnung in anderen Städten und Gemeinden unter Ausschöpfung vermuteter Effizienzvorteile funktioniert, wird sich Schritt für Schritt eine Transformation auch in solchen Kommunen vollziehen, die sich unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten gegen eine Marktöffnung gewehrt haben. Je besser die Liberalisierung z. B. in sehr großen Städten gelingt, wo der Wettbewerb aufgrund der hohen Nachfragekapazitäten die größten Erfolge verspricht, desto stärker wird der Druck auf die übrigen Kommunen werden.

4. Ergänzende Privatisierung als Rückzug aus staatlicher Produktion (Phase 4)

Der vorgeschlagene Maßnahmenkatalog wird vielleicht nicht dazu führen, dass sich innerhalb kürzester Zeit und für jeden Verbraucher spürbar positive Wettbewerbseffekte ergeben. Es geht vielmehr zunächst darum, Wettbewerb ___________ 536 537

Vgl. Brunekreeft/Keller (2000), S. 133. Vgl. Brunekreeft/Keller (2000), S. 133.

III. Reformphasen

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überhaupt zu ermöglichen. Selbst im Endstadium eines Marktöffnungsprozesses ist ein flächendeckender Wettbewerb vermutlich nicht zu erreichen. Es könnte sich herausstellen, dass in kleinen Gemeinden oder Gemeindeteilen in der Peripherie die bisherige Organisationsform der Wasserversorgung die effizienteste aller möglichen ist. Unter den bislang genannten Voraussetzungen kann eine Marktöffnung begonnen werden, auch ohne dass eine Privatisierung einzelner Produktionsstufen der bestehenden Versorgungsmonopole stattfindet. Grundsätzlich könnten zunächst einmal die eigentumsrechtlich integrierten Versorgungsunternehmen in öffentlicher Hand unter buchhalterischer Abtrennung der Verteilungsstufe bestehen bleiben. Sie würden auf entsprechende Konkurrenz in den wettbewerblich organisierten Wertschöpfungsstufen treffen und müssten Durchleitungen durch das Verteilungsnetz akzeptieren. Mit diesem kleinschrittigen Vorgehen soll erreicht werden, dass die Marktöffnung möglichst geräuschlos stattfinden kann, ohne dass relevante Interessengruppen den Liberalisierungsprozess maßgeblich stören können. Da staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen einer ökonomischen Rechtfertigung bedürfen, sollte der Staat trotzdem mittelfristig seinen bestimmenden Einfluss in der Produktion der Leistungen in der Trinkwasserversorgung zurückziehen, sofern nicht zwingende Gründe dagegen sprechen. Eine umfassende Reform des Regulierungsregimes in der Trinkwasserwirtschaft erfordert also weitere Maßnahmen, die in Richtung einer stärkeren Beteiligung der Privatwirtschaft gehen. Für die Wertschöpfungsstufen Wassergewinnung, Wasseraufbereitung und Wasserandienung ist eine Privatisierung vorbehaltlos zu empfehlen. Da hier kein relevantes Marktversagen aufgrund von Eigenschaften eines natürlichen Monopols festgestellt worden ist, werden diese Leistungen auf einem freien Markt privater Konkurrenten vermutlich besser bereitgestellt als unter staatlichem Einfluss jedweder Art. Wenn davon ausgegangen wird, dass der Betrieb einer Transportstrecke eine angreifbare wirtschaftliche Aktivität darstellt, lautet die mittel- bis langfristige ökonomische Empfehlung für diese Wertschöpfungsstufe ebenfalls, dass eine Privatisierung angestrebt werden sollte. Wenn die Betreiber der Bottleneck-Bereiche aufgrund der Preisregulierung keine Monopolpreise verlangen können, ist grundsätzlich auch kein Grund mehr dafür zu erkennen, das Verteilungsnetz im kommunalen Eigentum zu belassen. Die Anlagen könnten ebenfalls an einen privaten Betreiber veräußert werden, da die Preisregulierung der Verteilungsnetze entsprechenden Schutz vor Ausbeutung der Konsumenten bietet. Empirische Studien bestätigen weitestgehend die Hypothese, dass private Unternehmen auf Wettbewerbsmärkten eine höhere Kosteneffizienz als öffent-

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liche Unternehmen aufweisen. Die Empirie zeigt aber auch, dass private Anbieter auf nicht-wettbewerblich organisierten Märkten nicht systematisch zu geringeren Kosten produzieren als öffentliche Unternehmen. Die Ursache für die letztgenannte Beobachtung könnte in einem suboptimalen Regulierungsregime liegen, welches für private Unternehmen Fehlanreize setzt. Dies würde bedeuten: Wenn das Regulierungsregime mit wenigen Reibungsverlusten funktioniert, dann wäre es vorteilhaft, auch die Verteilungsstufe zu privatisieren. Wenn das Regulierungsregime hingegen Fehlanreize setzt, dann könnte die staatliche Produktion der privaten gleichwertig oder sogar überlegen sein.538 Für den Bereich des Verteilungsnetzes sind neben den gerade genannten Unsicherheiten bezüglich des Regulierungsregimes zusätzlich rechtliche und politökonomische Gründe relevant, die eine Übertragung an einen Privaten insgesamt wenig wahrscheinlich werden lassen. Sofern ein Verkauf der Verteilungsanlagen nicht dem politischen Willen in der jeweiligen Stadt oder Gemeinde entspricht, könnte daher ergänzend zur Preisregulierung eine Ausschreibung der Verteilungsleistung in Erwägung gezogen werden, während das eigentliche Netz im Eigentum der Kommune verbliebe. Der Zuschlag für eine Betreiberlizenz, die zugleich einer Preisregulierung unterworfen ist, kann selbstverständlich nicht davon abhängig gemacht werden, wer den geringsten ‚Verbraucher‘Preis (entspricht dem Netzzugangsentgelt als Preis für die Betreiber anderer Wertschöpfungsstufen, die das Verteilungsnetz nutzen) anbietet. Dies wäre mit der parallelen Preisregulierung nicht vereinbar. Vielmehr müsste der Zuschlag daran festgemacht werden, welcher Bieter die absolut gesehen höchste Konzessionsabgabe bei fixierter Qualität zu zahlen bereit ist. Zugegebenermaßen ist diese Konstruktion nicht unmittelbar intuitiv. Folgende modifizierte Verfahren einer Ausschreibung der Verteilungsstufe kommen in Betracht.539 –

Betriebsführungsmodell: Bei dem Betriebsführungsmodell bleiben das Anlagevermögen und die Investitionsverantwortung bei der ausschreibenden Gemeinde. Lediglich die Betriebsverantwortung für das Verteilungsnetz wird auf einen privaten Dritten übertragen (Managementvertrag).



Kooperationsmodell: Bei dem Kooperationsmodell erfolgt die Gründung einer Gesellschaft mit privater Rechtsform. Der Einfluss der Kommune auf ___________ 538 Vgl. die Studien von Davies (1971); Ahlbrandt (1974); Meyer (1975); Frech (1976); Pommerehne (1976) und Stevens/Savas (1977); vgl. auch die zusammenfassenden Überlegungen von Eickhof (2000) und Beckers/Klatt (2006). Der wissenschaftliche Diskurs über diese Frage ist als nicht abgeschlossen anzusehen. Umso erstaunlicher ist es, dass sich kaum empirische Studien jüngeren Datums finden lassen, die einen Effizienzvergleich zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen anstellen. 539 Vgl. hierzu und zu Folgendem Besche (2004), S. 158 ff.; Egerer/Wackerbauer (2006), S. 98 f.; Schenner (2006), S. 20 ff.

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die Geschäftsführung ist abhängig vom Anteil der Kommune an der Gesellschaft. Die Gesellschaft mit (in der Regel) dominierender kommunaler Kapitalbeteiligung beauftragt, unter Beachtung des einschlägigen Vergaberechts, einen spezialisierten Dritten mit der tatsächlichen Betriebsführung. Der Dritte kann auch der private Partner sein, der auf der Kapitalebene an der gemischtwirtschaftlichen Beteiligungsgesellschaft beteiligt ist. –

Betreibermodell: Hierbei werden sowohl die Bauherrenschaft als auch die Betriebsführung von einem privaten Unternehmen ausgeübt, welches das wirtschaftliche Risiko trägt. Die Kommunen zahlen hierfür ein privatrechtliches Entgelt an die Unternehmen. Die Betreiber der anderen Wertschöpfungsstufen entrichten das Leistungsentgelt für die Benutzung des Leitungsnetzes jedoch weiterhin an die Kommune.



Konzessionsmodell: Durch einen Konzessionsvertrag wird einem privaten Dritten die vollständige Bewirtschaftung des Verteilungsnetzes auf eine vertraglich festgelegte Zeit gewährt. Der private Partner trägt das wirtschaftliche Risiko und zahlt Konzessionsabgaben an die Kommune. Materielle Privatisierung Privatwirtschaftliche Unternehmen

niedrig

Formale Privatisierung

Konzession

Gemischt öffentlichprivatwirtschaftliche Unternehmen

Grad des kommunalen Einflusses

Betreiber

Kooperation

Betriebsführung

Kommunale Unternehmen

Eigengesellschaft

hoch

Eigenbetrieb Regiebetrieb

niedrig

Anteil privaten Kapitals

hoch

Quelle: Kluge/Lux/Schramm (2002), S. 18.

Abbildung 18: Rechtsformen einer kommunalen Infrastrukturleistung

Die Organisationsformen Betriebsführungsmodell, Kooperationsmodell, Betreibermodell und Konzessionsmodell sind als Koordinationsformen zwischen Markt und Staat in den Bereich der so genannten Public-Private-

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Partnerships einzuordnen.540 Die verschiedenen Ausprägungen der staatlichen Produktion auf der einen Seite (Eigenbetrieb, Regiebetrieb und Eigengesellschaften) sowie der Ausschreibungsverfahren auf der anderen Seite werden in Abbildung 18 in Form von Rechtsformen voneinander unterschieden. Die Einordnung der Rechtsformen erfolgt mittels der Dimensionen Grad des kommunalen Einflusses und Anteil des privaten Kapitals. Es gilt verschiedene Arten der Privatisierung zu differenzieren: Unter Aufgabenprivatisierung (niedrigerer Grad des kommunalen Einflusses) wird die Herauslösung betrieblicher Funktionen aus dem hoheitlichen Bereich und deren Übertragung auf privat wirtschaftende Anbieter verstanden. Davon ist die Organisationsprivatisierung (höherer Anteil privaten Kapitals) abzugrenzen, die im formalen Sinn die Umwandlung von in öffentlich-rechtlichem Eigentum stehenden Institutionen in private Rechtsformen und im materiellen Sinn die Veräußerung von staatlichem Produktivvermögen an nicht-staatliche Dritte beschreibt.541 Im Hinblick auf den hohen Anteil der Investitionskosten bei der Wasserverteilung bieten sich jene Ausschreibungsvarianten an, bei denen auch die Investitionen von dem privaten Unternehmen getätigt werden (Betreibermodell, Konzessionsmodell). Ansonsten sind kaum wesentliche Effizienzsteigerungen zu erwarten. Die dafür notwendigerweise anzusetzenden langen Vertragslaufzeiten zur Abschwächung des Hold-up-Problems sind durch die parallele Preisregulierung weniger problematisch, als wenn diese ausbleiben würde. Die Begründung dafür liegt in einem disziplinierenden Effekt der YardstickCompetition-Komponente des vorgeschlagenen Preisregulierungsverfahrens. Da im Betreibermodell die Netzentgelte weiter an die Kommune gezahlt werden, bleibt hier im Gegensatz zum Konzessionsmodell die bereits angesprochene rechtliche Problematik bezüglich der Preisregulierung in Angelegenheiten der kommunalen Selbstverwaltung bestehen. Damit ist insgesamt dem Konzessionsmodell gegenüber den anderen Ausschreibungsvarianten der Vorzug zu geben.

5. Langfristige Impulse durch Eigenversorgung, freien Leitungsbau und Brauchwassernutzung (Phase 5)

In Ergänzung zu einem Durchleitungswettbewerb können, ausgehend von der hier skizzierten Veränderung des Regulierungsregimes, langfristig zusätzliche wettbewerbliche Impulse entstehen. Zu denken ist an Wettbewerb durch ___________ 540 541

Vgl. Sundmacher/Rüttgers (2007); Eisenkopf (2005). Vgl. Möschel (1997); Kluge/Lux/Schramm (2002), S. 9.

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Eigenversorgung sowie Wettbewerb durch freien Leitungsbau,542 aber auch an Wettbewerb durch Brauchwassernutzung. Einem Wettbewerb durch Eigenversorgung mit Trinkwasser stehen regelmäßig die Anschluss- und Benutzungszwänge des gegenwärtigen Ordnungsrahmens entgegen.543 Grundsätzlich ist zwar eine Wasserentnahme unter Beachtung entsprechender Anzeige- und Genehmigungspflichten (z. B. aus einem eigenen Hausbrunnen) möglich. Eine Nutzung als Trinkwasser stößt allerdings auf beträchtliche Hürden (Benutzungszwänge und Bestimmungen der Trinkwasserverordnung (TrinkwV)). Bedenken gegenüber dieser Wettbewerbsform sind eventuell bezüglich der durch die Einhaltung von gesundheitlich relevanten Mindeststandards entstehenden Kosten sowie der Kontrolle der Einhaltung angezeigt.544 Unter Beachtung dieser Schwierigkeit kann durch Wegfall der Anschluss- und Benutzungszwänge zwar nicht flächendeckend, aber an der einen oder anderen Stelle ein zusätzlicher wettbewerblicher Impuls ausgehen. Wettbewerb durch freien Leitungsbau stellt sich theoretisch durch die Erlaubnis des Verlegens von Leitungen in fremden Verteilungsgebieten ein. Im gegenwärtigen Ordnungsrahmen stehen solchen Ansinnen regelmäßig die bestehenden Demarkationsabsprachen entgegen. Im Rahmen eines Wettbewerbs durch freien Leitungsbau sind insbesondere die Grenzgebiete zwischen zwei Verteilungsgebieten sowie Erstanschlüsse in Neubaugebieten oder von Großabnehmern interessante Fälle.545 Damit wird die Wettbewerbsintensität im Vergleich zu einem Regime mit wettbewerblich geschützten Versorgungsmonopolen zumindest in Teilmärkten erhöht.546 Dauerhaft wird durch freien Leitungsbau die Frage des optimalen Zuschnitts der Verteilungsgebiete im Wettbewerb entschieden,547 was den besonderen Reiz dieser Wettbewerbsform ausmacht. Langfristig sollte das Regulierungsregime idealerweise auch diese zusätzliche Wahlmöglichkeit für den Verbraucher beinhalten, was vor dem Hintergrund der Einordnung von bestimmten Wasseraktivitäten in die kommunale Selbstverwaltung rechtlich aber problematisch sein könnte. Vielversprechender sind wettbewerbliche Impulse durch ergänzende Brauchwasseranlagen zur Nutzung von Regenwasser für einfache Verwendungszwecke wie Toilettenbenutzung, Gartenbewässerung und Wäschewaschen. Obwohl die Installation solcher Systeme rechtlich möglich ist und sogar ___________ 542

Vgl. Ewers et al. (2001), S. 42 ff.; Grobosch (2003), S. 174 ff.; Stuchtey (2002), S. 63 ff.; Weiß (2004), S. 34 ff. 543 Vgl. Weiß (2004), S. 34 f.; ähnlich äußern sich auch Ewers et al. (2001), S. 42. 544 Vgl. auch Ewers et al. (2001), S. 42; Stuchtey (2002), S. 68 f. 545 Vgl. Stuchtey (2002), S. 69 f.; Weiß (2004), S. 35. 546 Vgl. Ewers et al. (2001), S. 43. 547 Vgl. Ewers et al. (2001), S. 42.

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subventioniert wird, spielen Brauchwassernutzungsanlagen zum jetzigen Zeitpunkt noch keine wesentliche Rolle auf dem Wassermarkt. Ein Grund könnte darin liegen, dass Immobilienbesitzern die Installation nicht lohnenswert erscheint. Das Umweltbundesamt stellt Berechnungen mit dem Ergebnis an, dass solche Anlagen zum jetzigen Zeitpunkt ohne Bezuschussung nicht wirtschaftlich sind.548 Dieses Ergebnis kommt auch deswegen zustande, weil relativ hohe Wartungskosten angesetzt werden. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland nur etwa 500.000 Brauchwassernutzungsanlagen betrieben werden.549 Manchmal steht die vorhandene Auffangfläche einer umfangreichen Nutzung des Regenwassers entgegen. Wenn ausschließlich das Hausdach zur Gewinnung verwendet werden kann, ist die Spülung der Toilette erst ab einer Dachgrundfläche von 10 m2 pro Person sinnvoll.550 Eine Brauchwassergewinnung kann praktischerweise nur dezentral erfolgen. Ein zweites Leitungsnetz zur Bereitstellung von Brauchwasser an Konsumenten ist nicht rentabel, da das Verlegen bzw. die Aufrechterhaltung des Leitungsnetzes hohe Kosten verursachen würde. Es kommt dazu, dass Brauchwasser im Gegensatz zu Trinkwasser (zumindest hierzulande) vor Ort nicht knapp ist, sondern über entsprechende Zisternen mit vergleichsweise geringen Kosten gewonnen werden kann. Gegner von Regenwassernutzungsanlagen führen häufig hygienische Argumente an. Sobald das Regenwasser auf die Auffangfläche (in der Regel das Hausdach) auftritt, können Bakterien und Pilze aus Vogelkot, Laubreste, Moosrückstände sowie Staub, Ruß und Schwermetalle das Wasser belasten. Besonders empfindliche Personen (Immungeschwächte, alte Personen, Kinder) könnten sich womöglich über den Kontakt mit dem Brauchwasser infizieren. Nun ist die Gefahr eines direkten Wundkontaktes oder eines Einatmens von keimbelasteten Wassertröpfchen bei der Toilettenspülung aber ganz offensichtlich nicht praxisrelevant.551 Im Fall der Gartenbewässerung spielt dieser Aspekt gar keine Rolle. Lediglich beim Wäschewaschen könnte eine potenzielle Gefährdung entstehen, da die Spülgänge der modernen Waschmaschinen mit kaltem Wasser erfolgen und sich dadurch nach Ablauf des eigentlichen Waschgangs Keime im Waschgut ansiedeln können.552 Andere Untersuchungen zeigen, dass das Wäschewaschen hygienisch unbedenklich ist.553 In Gegenden mit hoher Wasser___________ 548

Vgl. UBA (2005), S. 25 f. Vgl. UBA (2005), S. 15. 550 Vgl. König (1996), S. 7. 551 Vgl. Holländer (2002); Weinreuter (2000), S. 26 f. 552 Vgl. UBA (2005), S. 28. 553 Vgl. Holländer/Block/Walter (1993). 549

III. Reformphasen

201

härte des Trinkwassers könnten mittels der Verwendung des relativ weichen Regenwassers erhebliche Mengen an Waschmittel eingespart werden. Durch technischen Fortschritt wird über die dezentrale Brauchwassergewinnung in Zukunft vielleicht lohnenswerter und einfacher als heute ein Teil des Trinkwassers ersetzt werden können, der für Verwendungszwecke konsumiert wird, die eigentlich keiner Trinkwasserqualität bedürfen. Auch dadurch würde die Ausschöpfung von Effizienzreserven in der Trinkwasserversorgung angeregt werden. Ein sinkender Trinkwasserverbrauch durch dezentrale Eigenversorgungssysteme oder partielle Brauchwassersubstitution führt bei unveränderter Infrastruktur dazu, dass die Kontakt- und Verbleibezeiten des Trinkwassers in den Leitungsrohren ansteigen. Infolgedessen können Korrosionsprodukte und mikrobiologische Qualitätsprobleme auftreten.554 Dabei sollte nicht übersehen werden, dass der sinkende Pro-Kopf-Verbrauch und der demographische Wandel in Deutschland die gleiche Wirkung induzieren. Die Folge ist, dass bereits heute Leitungsabschnitte mit einem geringen Durchfluss regelmäßig gespült werden müssen. Die Wasserversorgungs- und die Abwasserentsorgungssysteme müssen ohnehin langfristig – insbesondere durch den demographischen Wandel bedingt – entweder über einen Rückbau oder über technische Innovationen an die veränderte Ausgangslage angepasst werden. Die Aufrechterhaltung des nicht marktgerechten Status quo der Leitungsanlagen ist daher zumindest ein zweifelhaftes Argument für die Verwendung eines so kostbaren Gutes wie dem Trinkwasser zur Spülung von Millionen Toiletten.

___________ 554

Vgl. UBA (2005), S. 35.

F. Fazit: Mehr Wettbewerb ist möglich! Bis heute hat sich kein Wandel in Richtung eines verstärkten Wettbewerbs in der deutschen Trinkwasserwirtschaft vollzogen. Weiterhin dominieren vertikal integrierte regionale Monopolisten, die die Versorgung der Kunden vor Ort übernehmen. Die Verbraucher sind durch Anschluss- und Benutzungszwänge an die regionalen Monopolisten gebunden, so dass Wahlmöglichkeiten ausbleiben. Der Trinkwasserpreis ist im internationalen Vergleich auffallend hoch, wobei zugestanden werden muss, dass gleichsam auch die Qualität des Endproduktes herausragend ist. Die Qualität ist indes nicht alleine in den Präferenzen der Verbraucher begründet, sondern wird politisch bzw. durch die Marktmacht von Monopolanbietern gesetzt. Angesichts dieser ordnungspolitisch unbefriedigenden Ausgangslage des Wassermarkts wird in dieser Dissertationsschrift die Frage erörtert, welche Auswirkungen ein veränderter Regulierungsrahmen auf die Dispositionsspielräume privater Wirtschaftssubjekte haben könnte. In der Herangehensweise an diese Fragestellung wird ein disaggregierter Regulierungsansatz auf den Anwendungsfall der Trinkwasserwirtschaft übertragen. Der von Knieps geprägte Ansatz wird dabei sowohl um zusätzliche Marktversagenstatbestände als auch um weitere Disaggregationsdimensionen erweitert. Die Ausweitung der Disaggregation auf weitere Dimensionen und der Einbezug mehrerer Marktversagenstatbestände erfolgen von Anfang an mit der Überlegung, diese normativ-theoretische Herangehensweise branchenindifferent zu konzipieren. Der deduktive Ansatz, die Disaggregationsdimensionen aus einer in ihrer Kleinteiligkeit unendlichen Menge von Merkmalen herauszusuchen, die Wertschöpfungsketten voneinander unterscheiden und eine Klasseneinteilung möglich machen, ist methodisch ein gangbarer Weg. Allerdings ist die Liste der beschriebenen Dimensionen nicht als vollständig anzusehen, sondern als (gegebenenfalls auch deutlich) erweiterbar. Innerhalb der Diskussion der Bausteine des disaggregierten Regulierungsansatzes werden neben den Disaggregationsdimensionen verschiedene regulierungspolitische Instrumente analysiert. In diesem Zusammenhang werden teilweise auch solche Instrumente besprochen, die im konkreten Anwendungsfall der Trinkwasserwirtschaft keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen. Dies geschieht nicht zufällig, sondern mit der erwähnten Maßgabe, dass der gewählte Ansatz der Arbeit grundsätzlich auch auf andere Anwendungsfälle übertragbar sein soll.

F. Fazit: Mehr Wettbewerb ist möglich!

203

Bezogen auf den Wassermarkt, hat die Dissertationsschrift zusammengefasst folgende Implikationen bezüglich der festgestellten notwendigen Regulierungsbasis und der sich daraus ergebenden Wahl der Regulierungsinstrumente: 1.

In Teilen des Leitungsnetzes wird das Vorliegen eines monopolistischen Engpassbereichs identifiziert, was entsprechenden Regulierungsbedarf zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu diesen Netzteilen nach sich zieht. Dafür sind ein Unbundling vertikal integrierter Unternehmen, eine Preisregulierung der Zugangsentgelte sowie eine Qualitätsregulierung des Einleitungsprozesses erforderlich.

2.

Ein beachtenswertes Spezifikum des Wassersektors, welches nach Kenntnis des Verfassers außer in dieser Arbeit nur noch im Aufsatz von Rüttgers und Schwarz555 explizit thematisiert wird, liegt in Durchleitungsexternalitäten bei der gemeinsamen Netznutzung. Wenn verschiedene Qualitäten in das gleiche Leitungsnetz eingeleitet werden, findet eine Vermischung statt, so dass der Verbraucher nicht mehr differenzieren kann. Damit wird ein Anreiz für die Anbieter begründet, sich gegenseitig in der gelieferten Wasserqualität zu unterbieten. Die Durchleitungsexternalität lässt sich aber handhabbar machen, indem im Regulierungsrahmen eine Mindestqualität des Produktes Trinkwasser definiert wird.

3.

Als weiteres Problem existiert im Status quo kein Markt für das Rohwasser als Hauptinput der Wertschöpfungskette, was verzerrte Knappheitsrelationen auf dem Gesamtmarkt zur Folge hat. Diesbezüglich sollte die Implementierung eines Systems handelbarer Nutzungsrechte der Wasserentnahme angestrebt werden. Mit dem wirksamen Einsatz der genannten Regulierungsinstrumente würde über die gemeinsame Netznutzung in der Trinkwasserversorgung ähnlich wie in anderen Netzbranchen ein so genannter Durchleitungswettbewerb in Gang kommen. Dies ist ordnungspolitisch empfehlenswert, da den Verbrauchern damit Dispositionsspielräume eröffnet werden, die im Status quo nicht erkennbar sind. Die Mischung von Trinkwässern unterschiedlicher Qualität bleibt eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für die Trinkwasserwirtschaft. Dabei ist ganz entscheidend, dass erst die Ermöglichung eines Durchleitungswettbewerbs durch Veränderung des Regulierungsrahmens ein wettbewerbliches Entdeckungsverfahren in Gang setzen kann. Dadurch können Innovationen hervorgebracht werden, welche u. U. die vermuteten Probleme entkräften. Insofern ist die Schwierigkeit der Mischung nach Auffassung des Verfassers kein beständiges Argument gegen eine Marktöffnung. Unter bestimmten zu treffenden Annahmen zeigt sich, dass die Einführung von Wettbewerb in der Trinkwasserwirtschaft zu einer Erhöhung der Konsu___________ 555

Vgl. Rüttgers/Schwarz (2008).

204

F. Fazit: Mehr Wettbewerb ist möglich!

mentenrente bei sinkenden Verbraucherpreisen führt. Mehr Wettbewerb in der Trinkwasserwirtschaft ist also nicht nur möglich, sondern sollte auch aus allokationstheoretischen Erwägungen angestrebt werden. Unter Hinzunahme der Ergebnisse aus der Analyse der handelnden Akteure auf dem Regulierungsmarkt der Trinkwasserwirtschaft wird erkennbar, dass eine Reformierung des Regulierungsregimes unter Einsatz des entwickelten Instrumentenkatalogs prinzipiell durchsetzbar erscheint. Dabei ist zu beachten, dass eine Marktöffnung in der vorgeschlagenen Form in Zusammenarbeit mit den Interessenvertretern vermutlich nicht funktionieren wird. Vielmehr liegt eine weitere Herausforderung der Marktöffnung darin, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit gegen den großen Interessenverband BDEW durchgesetzt werden muss. Um die Liberalisierung trotzdem möglich zu machen, werden kleinschrittige Reformphasen entwickelt, die geeignet erscheinen, Verbrauchern und Wählern, aber auch Politikern vermittelbar zu sein. Die Schrittfolge der ordnungspolitischen Deregulierung beginnt in Phase 1 mit Maßnahmen zur Vorbereitung der Marktöffnung. Darunter sind das Unbundling sowie ein verpflichtendes Benchmarking zu fassen. Letzteres dient als Datengrundlage für die Preisregulierung der Zugangsentgelte. Darüber hinaus ist das veränderte Entnahmeregime bei der Wassergewinnung zu etablieren, indem an die bisherigen Nutzer über Grandfathering handelbare Nutzungsrechte der Wasserentnahme vergeben werden. Als zweite Phase empfiehlt sich die Herstellung des eigentlichen Ordnungsrahmens für die gemeinsame Netznutzung. Notwendig dafür sind die Aufhebung des kartellrechtlichen Ausnahmebereichs sowie der Wegfall der Anschluss- und Benutzungszwänge. Sobald diese grundlegenden Voraussetzungen geschaffen sind, wird für Phase 3 vorgeschlagen, dass die Bundesnetzagentur die administrativen und operativen Regulierungsaufgaben zur Herstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs mittels eines speziellen Bundesgesetzes für die Wasserwirtschaft übertragen bekommt. Erst in Phase 4 würde sich der Staat dem entwickelten Reformfahrplan zufolge langsam aus der eigentlichen Leistungserstellung zurückziehen. Über die erzwungene gemeinsame Netznutzung könnten bereits zuvor private Anbieter in regionale Märkte eintreten und für entsprechenden Wettbewerbsdruck sorgen. Langfristig betrachtet, sind zusätzliche wettbewerbliche Impulse über Eigenversorgung, freien Leitungsbau und Brauchwassernutzung vorstellbar (Phase 5). Der idealtypische Ablauf des Einzugs von Wettbewerb in der deutschen Trinkwasserwirtschaft wird in Abbildung 19 mittels eines Flussdiagramms dargestellt.

F. Fazit: Mehr Wettbewerb ist möglich! Vorbereitung

------------------------------------

Rahmenordnung

Disaggregierte Regulierung

Privatisierung

205 Langfristige Impulse

§

§§

--------

Zeit Quelle: eigene Darstellung.

Abbildung 19: Flussdiagramm der Einführung von Wettbewerb im Wassermarkt

Gerade wenn eine Branche so vehement auf der Beibehaltung des Status quo pocht, wie es im Fall der deutschen Wasserwirtschaft beobachtet werden kann, ist es Aufgabe von Wissenschaftlern, die auch ein pragmatisches, Politik beratendes Wissenschaftsziel verfolgen, durch ihre Arbeit Einfluss auf die gewählten Volksvertreter in der Legislative zu nehmen, dass diese im Interesse der Verbraucher eine Marktöffnung verfolgen, um mehr Wettbewerb und damit mehr Entscheidungsspielräume und mehr Effizienz in dieser Branche möglich werden zu lassen. Die Dissertationsschrift unterstützt die Auffassung, dass Wettbewerb keine Gefahr für die Trinkwasserwirtschaft in Deutschland darstellt, sondern vielmehr eine echte Chance. Eine Möglichkeit, wie diese Chance verwirklicht werden kann, ist in den hier entwickelten fünf Phasen zu erkennen.

Anhang Beweis: Kein Vorliegen von Subadditivität der Kostenfunktion K Die Kostenfunktion K besitzt Größenvorteile und Verbundvorteile und ist dennoch nicht subadditiv: (24)

K (q1, q2 )

10 y  6( x  y )  w  H mit K (0, 0)

H,

wobei die Bedingungen x = max(q1, q2), y = min(q1, q2), w = min(y, x-y) gelten und H eine beliebig kleine, positive Zahl ist, die Fixkosten repräsentiert. Es ist zu zeigen: K besitzt Größenvorteile, K besitzt Verbundvorteile, K ist nicht subadditiv.

Zu a): K besitzt Größenvorteile genau dann, wenn für q1 ! q 2 gilt:

(25)

K (q11,0)



q11

Aus K (q11,0) 10 ˜ 0  6 ˜ ( q11  0)  0  H und K (q12 ,0) 6q12  H Ÿ (26)

(27)

K (q11,0) q11



H q11



K (q12 ,0) q12

.

6q11  H

K (q12 ,0) q12

H q12

, da

.

Zu (b): K besitzt Verbundvorteile genau dann, wenn (28)

K (q1, q2 )  K (q1,0)  K (0, q2 ) , wobei

Anhang (29)

207

6q1  H und K (0, q2 )

K (q1,0)

6q2  H .

Zur Berechnung von K (q1, q2 ) sei o. B. d. A. q1 t q2 . K (q1, q2 ) 10 ˜ q2  6 ˜ ( q1  q2 )  min{q2 , q1  q2}  H 4q2  6q1  min{q2 , q1  q2}  H

(30)

d 5q2  6q1  H  K ( q1,0)  K (0, q2 )



Zu (c): K (q1, q2 ) 10 y  6( x  y )  w  H ist nicht subadditiv, d. h., es existieren

q1 , q2

und q , q , so dass ' 1

' 2





K q1, q2  q1' , q2'

(31)

t K q , q 1

2





 K q1' , q2' .

Setze dazu beispielhaft: q1 q1'

1.000 , q2 1.000 , q2'

999 , 1.

Dann gilt:

K q1, q2

(32)

K 1.000,999 9.990  6  1  H K q1 ', q2 '

9.997  H

K (1000,1) 10 ˜ 1  6 ˜ (1.000  1)  1  H 10  5.994  1  H 6.005  H

(33)

(34)

10 ˜ 999  6 ˜ (1.000  999)  1  H



Ÿ K q1, q2  K q1' , q2'



K q1  q1' , q2  q2' (35)





9.997  H  6.005  H

16.002  2H

K 2.000,1.000 10 ˜ 1.000  6 ˜ (2.000  1.000)  1.000  H 10.000  6.000  1.000



17.000  H t K q1, q2  K q1' , q2' für H d 998 .



QED

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Sachwortregister Abgaben 97 Access-Price siehe Netzzugangsentgelt Adverse Selektion 46, 47, 49, 125 Aggregation 65 Allmendegut 43, 126 Allokationstheorie 31–33 Anschluss- und Benutzungszwang 105, 190–193, 199, 202, 204 Auflagen 96, 97 Ausschreibungsverfahren 50, 90, 99, 196–198 Ausschreibungswettbewerb 87–90 Benchmarking 83–85, 119, 168, 169, 177, 189 Bertrand-Duopol 165 Bottleneck siehe Monopolistischer Bottleneck Brauchwassernutzung 200, 204 Bürokratietheorie 58, 59, 86 Chlorgas-Methode 131 Cournot-Duopol 164, 165 Cournot-Monopol 39, 40, 162, 163 Daseinsvorsorge 85, 86 Demographische Entwicklung 111, 201 Deregulierung 24, 55, 60, 204 Disaggregation 65 – horizontale 66–68, 71, 95, 120 – nach dem Informationsstand der Prinzipale 67, 71, 72, 120, 149, 150 – räumliche 67, 71–73, 95, 150–152 – vertikale 66, 68–71, 121, 123, 147 Disaggregationsdimensionen 65–73, 202 Disaggregierter Regulierungsansatz 21, 34, 53–55, 97, 123, 155, 202

Downstream 101, 155, 161–163, 165 Durchleitungsexternalität 135–137, 153, 161, 162, 164, 166, 170, 171, 203 Durchleitungswettbewerb 158–160, 166, 190, 198, 203 Economies of Scale siehe Größenvorteile Economies of Scope siehe Verbundvorteile Engpassbereich siehe Monopolistischer Bottleneck Entdeckungsverfahren 28, 33, 90, 159, 203 Entflechtung siehe Unbundling Essential-Facilities-Doctrine 155 Externalitäten 40–44, 69, 95, 97, 123 – grenzüberschreitende 50, 52, 157 – negative 96–98, 122, 126, 131, 135, 137, 138, 144, 153, 164, 174 – pekuniäre 42 – positive 87, 94, 97, 99–101, 122 Fernwasser 121, 138, 151, 158, 160 Fluch des Gewinners 89 Föderalismustheorie 49–52 Franchise-Bidding siehe Ausschreibungswettbewerb Fully-Distributed-Costs 79 Grandfathering 91, 92, 189, 204 Größenvorteile 35, 36, 38, 126–129, 132, 133, 138, 142, 146, 192 Grundwasser 108, 125 Handelbare Nutzungsrechte 91, 92, 156, 157, 173–177, 189, 203, 204 Hausanschlussleitung 135, 139–141 Hold-up 48, 49, 89, 125, 141, 198

228

Sachwortregister

Informationsasymmetrien 44–49, 66, 67, 70–72, 74, 89, 95, 96, 98, 122, 123, 129, 132, 134, 140, 143–145, 149, 150, 153, 156, 173 Interessengruppen 51, 57, 58, 61, 63, 176, 181–186, 188, 195 Ländliche Räume 150–152 Lizenzerteilungsanspruch 99–101 Marktversagen 33–49, 122, 153 Mark-up-Regulierung 74, 78, 79 Mechanism-Design-Theorie 74 Mengenwettbewerb 162 Mindestqualität siehe Mindeststandard Mindeststandard 98, 155, 156, 164, 166, 170, 171, 203 Mischung von Wässern 135, 158, 159, 171, 172, 181, 203 Monopolistischer Bottleneck 53, 54, 87, 101, 102, 140, 141, 146, 147, 152–155, 161, 163, 165, 167, 171, 195, 203 Moralisches Risiko 47, 49 Natürliches Monopol 34–39, 50, 55, 66, 70, 73, 74, 87, 90, 122, 123, 126, 139, 140, 151, 153, 155 Netzzugangsentgelt 163, 165, 167– 169, 171, 172, 194, 196, 203, 204 Oberflächenwasser 108, 125 Öffentliches Gut 42, 50, 87, 90, 93 Patentschutz 92–95, 99–101 Preisregulierung 56, 74–85, 87, 88, 90, 100, 101, 156, 167, 169, 171, 189, 194–196, 198, 203, 204 Preiswettbewerb 162, 164 Price-Cap-Regulierung 74, 79–85, 156, 168, 189, 194 Prinzipal-Agent-Theorie 44, 45 Privatisierung 61, 106, 196–198 Produktdifferenzierung 161 Property-Rights 28, 31, 41–43, 47, 73, 86, 91, 126 Public-Private-Partnership 181, 198 Qualitätsregulierung 95–103, 115, 149, 150, 155, 170, 189, 194, 203

Quellwasser 108, 125 Quersubventionierung 102, 156 Race-to-the-Bottom 52 Ramsey-Preise 74, 75–78, 81 Rate-of-Return-Regulierung 78–80 Regenwassernutzung siehe Brauchwassernutzung Regulierung 23, 24 Regulierungsbehörde 58, 59, 61, 62, 78, 90, 172, 186–188, 193, 194 Regulierungspolitik 24, 30 – Prozessregulierung 30 – Regulierung durch Ordnungsrecht 30 Regulierungstheorie – normative 24, 56 – positive 24, 55–63, 183 Rent-Seeking 52, 58 Revenue-Cap-Regulierung 79–85 Screening 49 Self-Selection 49 Siedlungsdichte 72, 73, 150, 169 Signaling 48 Staatliche Produktion 85–87 Staatsversagen 101 Städtische Räume 150, 151 Subadditivität 34–39, 53, 54, 123, 126, 138 Subsidiaritätsprinzip 52 Sunk Costs siehe Versunkene Kosten Supply-Chain-Management 122 Systemkonformität 29 Systemwettbewerb 51 Talsperre 122, 125, 128 Tariff-Basket-Approach 80 Transaktionskosten 42, 44, 47, 48, 122, 123, 129, 134, 141, 143, 145, 146, 151, 152 Transaktionskostentheorie 44, 47, 48 Uferfiltrat 125 Unbundling 101, 102, 155, 156, 163, 167, 168, 171, 189 Upstream 162, 163 Verbundvorteile 37, 146 Verfügungsrechte siehe PropertyRights

Sachwortregister Versunkene Kosten 48, 53–55, 110, 128, 133, 139, 140, 142, 143, 147 Vertikale Integration 49, 102, 105, 146, 152 Wasserandienung 121, 122, 142, 143, 147, 195 Wasseraufbereitung 121, 122, 130– 134, 146, 147, 153, 167, 195 Wasserentnahmeentgelt 116, 117, 127 Wassergewinnung 108, 121, 122, 125–130, 132, 146, 147, 153, 167, 174, 195 Wasserrecycling 112 Wassertransport 121, 122, 134–141, 153 Wasserverteilung 121–123, 134–141, 151, 153, 155, 198 Wettbewerb um den Markt siehe Ausschreibungswettbewerb

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Wettbewerbsordnung 26–28, 99 Winner’s Curse siehe Fluch des Gewinners Wirtschaftspolitik 24, 26–28, 30, 34 – Ordnungspolitik 28–30 – Prozesspolitik 28–30 Wohlfahrtsökonomik siehe Allokationstheorie X-Ineffizienz 40 Yardstick-Competition 83–85, 168, 169, 198 Zertifikate siehe Handelbare Nutzungsrechte Zwangslizenz siehe Lizenzerteilungsanspruch