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German Pages 454 Year 1993
GERHARD MOROFF
Werkzeugmaschinen in der industriellen Produktion
Abhandlungen aus dem Industrieseminar der Universität Mannheim früher unter dem Titel Abhandlungen aus dem Industrieseminar der Universität zu Köln begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. Theodor Beste
Herausgegeben von Prof. Dr. Gert v. Kortzfleisch, Prof. Dr. Heinz Bergner und Prof. Dr. Peter Milling Heft 37
Werkzeugmaschinen in der industriellen Produktion Kennzeichnung, Planung und Einsatz moderner Fertigungskonzepte aus betriebswirtschaftlicher Sicht
Von
Gerhard Moroff
Duncker & Humblot . Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme MorotT, Gerhard: Werkzeugmaschinen in der industriellen Produktion : Kennzeichnung, Planung und Einsatz moderner Fertigungskonzepte aus betriebswirtschaftlicher Sicht / von Gerhard Moroff. - Berlin : Duncker und Humblot, 1993 (Abhandlungen aus dem Industrieseminar der Universität Mannheim ; H.37) Zug!.: Mannheim, Univ., Diss., 1992 ISBN 3-428-07686-9 NE: Universität (Mannheim) / Seminar für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre der Industrie: Abhandlungen aus dem ...
Alle Rechte vorbehalten © 1993 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin 65 Printed in Germany ISSN 0935-381X ISBN 3-428-07686-9
Ulrike und meinen Eltern
Vorwort Die vorliegende Schrift entstand als Dissertation am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Industriebetriebslehre 11 der Universität Mannheim. Es ist mir daher ein besonderes Anliegen, dem Inhaber dieses Lehrstuhls, meinem verehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Heinz Bergner, zu danken. Er hat diese Arbeit angeregt und in vielfältiger Weise gefördert. Mein Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Gert von Kortzfleisch für seine freundliche Unterstützung. Vielfältige Unterstützung wurde mir auch am Lehrstuhl durch die freundschaftliche Atmosphäre, viele fruchtbare Diskussionen sowie eine unermüdliche Hilfsbereitschaft seitens meiner Kollegen zuteil. Dafür möchte ich den Herren Diplom-Kaufleuten Ulrich Brecht, Dr. Thomas Brittinger, Thomas Hänichen, Dr. Markus Hoch, Gerhard Kloos, Ralf Krieger, Dr. Edmund Link, Michael Schehl, Ulrich Schwarzmaier und Frau Irmgard Stefani ganz herzlich danken. Wertvolle Anregungen verdanke ich auch Herrn Dr. Sanaul Mostafa. Für die kritische Durchsicht des Manuskripts bin ich den Herren Dr. Edmund Link und Diplom-Kaufmann Michael Schehl besonders verbunden. Bleibende Verdienste haben sich Frau Diplom-Kauffrau Karin Deimel und Herr Diplom-Kaufmann Andreas Wittemann durch ihre Hilfe bei der Anfertigung der Abbildungen sowie durch die EDV-technische Unterstützung erworben. Ihnen, wie auch allen übrigen, namentlich nicht genannten Helfern, gilt meine tiefempfundene Dankbarkeit. Endlich, aber nicht zuletzt danke ich Ulrike und meinen Eltern, die mich bei meinem Vorhaben stets ermuntert haben. Durch ihr Verständnis und ihre Unterstützung haben sie wesentlich zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Mannheim, im September 1992
Gerhard Moroff
Inhaltsverzeichnis A. Einführung ....................................................................................................................................... 15
B. Grundlagen der Untersuchung .....................................................................................................19 I. Inhalt und Abgrenzung des Werkzeugmaschinenbegriffs..................................................... 19
11. Historische Entwicklung und Bedeutung von Werkzeugmaschinen ................................... 23 1. Entstehungsgeschichte ............................................................................................................ 24 2. Der Beitrag von Werkzeugmaschinen zur Industrialisierung .......................................... 28 III. Werkzeugmaschinen im industriellen Leistungsprozeß ......................................................30 1. Stellung im System der produktiven Faktoren ...................................................................30 2. Leistungsmerkmale von Werkzeugmaschinen .................................................................... 34 a) Kapazität ...............................................................................................................................34 b) Flexibilität ............................................................................................................................39 3. Auswirkungen der Leistungsmerkmale auf das Kostenverhalten von Werkzeugmaschinen ............................................................................................................... .43 a) Auswirkungen der Kapazität ............................................................................................. 44 b) Auswirkungen der Flexibilität .......................................................................................... .50
c.
Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen .....................57 I. Der system theoretische Ansatz als Bezugsrahmen der Kennzeichnung von
Werkzeugmaschinen .................................................................................................................. .57 1. Zur Begründung des systemtheoretischen Ansatzes .........................................................57 2. Grundbegriffe der Systemtheorie .........................................................................................62 11. Anwendung des systemtheoretischen Ansatzes zur Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen ...................................................................................................................65 1. Formale Kennzeichnung ........................................................................................................65
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Inhaltsverzeichnis 2. Ein system theoretisches Beschreibungsmodell zur materiellen Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen ........................................................................................................69 a) Der Herstellungsprozeß in der Fertigung als Ausgangsbasis des Beschreibungsmodells.......................................................................................................... 71 b) Subsysteme des Fertigungssystems Werkzeugmaschine ...............................................78 aa) Bearbeitungssystem .......................................................................................................78 bb) Steuerungssystem ..........................................................................................................82 ce) Werkstückflußsystem ..................................................................................................... 88 dd) Werkzeugflußsystem ..................................................................................................... 93 ee) Betriebs- und Abfallstoffflußsystem ...........................................................................98 ff) Prozeßüberwachungssystem ..........................................................................................99 gg) Prozeßleitsystem .......................................................................................................... 105 IH. Der typologische Ansatz zur Systematisierung von Werkzeugmaschinen ....................... 108 1. Ingenieurwissenschaftliche und betriebswirtwirtschaftliche Systematisierungen von Werkzeugmaschinen ......................................................................................................109 2. Wesen und Entwicklung des typologischen Ansatzes ...................................................... 114 3. Typologische Merkmale von Werkzeugmaschinen .......................................................... 121 4. Bildung und Erläuterung von Werkzeugmaschinentypen ............................................... 127 a) Herleitung der Typen ....................................................................................................... 127 b) Dokumentation der Typen .............................................................................................. 129 aa) Universalmaschine ....................................................................................................... 129 bb) Ne-Maschine ............................................................................................................... 130 ce) Aexible Fertigungszelle ...............................................................................................131 dd) Aexibles Fertigungssystem ........................................................................................ 132 ee) Aexible Transferstraße ............................................................................................... 134 ff) Sondermaschine ............................................................................................................ 136 gg) Konventionelle Transferstraße ..................................................................................137 c) Zusammenfassung von Werkzeugmaschinentypen zu Gruppen ................................ 138
D. Die Vorbereitung des Werkzeugmasc:hineneinsatzes durch die Maschinenplanung ........ 141 I. Kennzeichnung der Maschinenplanung ................................................................................. 141
1. Begriff und Inhalte ................................................................................................................ 141 2. Ursachen für die Bedeutung der Maschinenplanung ...................................................... 145 3. Planungsziele .......................................................................................................................... 150 4. Anforderungen an die Maschinenplanung ........................................................................ 155 H. Gestaltungsmerkmale der Maschinenplanung ..................................................................... 159 1. Aufbau und Durchführung .................................................................................................. 159 2. Planungsträger ....................................................................................................................... 163
Inhaltsverzeichnis
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III. Maschinenplanung auf strategischer Ebene ......................................................................... 166 1. Zur Notwendigkeit der strategischen Ausrichtung der Maschinenplanung ................. 166 2. Ausgewählte Instrumente der strategischen Technologieplanung ................................ 170 a) Modelle der Technologie- und Innovationsentwicklung ............................................. 170 b) Technologieportfolios ...................................................................................................... 181 c) Erfahrungskurve ................................................................................................................ 188 d) Zur theoretischen Fundierung strategischer Instrumente .......................................... l92 3. Strategische Maschinenplanung auf der Grundlage genereller Wettbewerbsstrategien ................................................................................................................................. 196 a) Die Rolle von Werkzeugmaschinen im Rahmen der Wettbewerbsstrategie ........... 196 b) Grundzüge einer funktionalen Strategie zur Gestaltung der Fertigung.................. .205 IV. Maschinenplanung auf operativer Ebene ............................................................................ 217 1. Bestimmung des geeigneten Werkzeugmaschinenkonzepts ........................................... 217 a) Analyse des Ist-Zustands ................................................................................................. 217 b) Bestimmung der Maschinenkapazität und -anzahl ..................................................... 222 c) Ermittlung des geeigneten Maschinentyps ....................................................................227 d) Planung der Maschinenanordnung.................................................................................237 e) Auswahl der Transporteinrichtungen ............................................................................256 2. Betriebswirtschaftliche Verfahren zur Bewertung von Werkzeugmaschinen .............. 264 a) Verfahren mit eindimensionaler Zielsetzung ............................................................... 265 aa) Statische Verfahren der Investitionsrechnung ........................................................ 265 bb) Dynamische Verfahren der Investitionsrechnung .................................................. 278 b) Verfahren mit mehrdimensionaler Zielsetzung ........................................................... 289 aa) Nutzwertanalyse ........................................................................................................... 289 bb) Kostenwirksamkeitsanalyse .......................................................................................294 c) Kombinierte Verfahren .................................................................................................... 297 d) Zur Eignung betriebswirtschaftlicher Bewertungsverfahren für die Maschinenplanung ..............................................................................................................309 3. Problemfelder bei der Anschaffung von Werkzeugmaschinen ...................................... 313 a) Wahl der Anschaffungsform ............................................................................................314 b) Durchführung der Anschaffung ......................................................................................325
E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes.................................. 330 I. Die Maschinenverwaltung als Instrument zur wirtschaftlichen Gestaltung des
Maschineneinsatzes ...................................................................................................................330
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Inhaltsverzeichnis 11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft beim Einsatz von Werkzeugmaschinen ...................................................................................................................................335 1. Maßnahmen zur Herstellung der Betriebsbereitschaft... ................................................335 a) Inbetriebnahme .................................................................................................................335 b) Abnahme ............................................................................................................................338 2. Maßnahmen zur Nutzung der Betriebsbereitschaft .........................................................342 a) Wirtschaftliche Bedeutung und Einflußgrößen der Maschinennutzung ..................342 b) Maschinenüberwachung als Mittel zur Nutzungssicherung........................................345 3. Anpassung der Betriebsbereitschaft an Beschäftigungsschwankungen ........................350 a) Intensitätsmäßige Anpassung ..........................................................................................351 b) Zeitliche Anpassung .........................................................................................................354 c) Quantitative Anpassung ...................................................................................................356 III. Gestaltung der Kostenrechnung bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion ...... 361 1. Gestaltung der Kostenartenrechnung ................................................................................ 363 a) Abschreibungen und Kostenstrukturverschiebungen als Kernprobleme der Kostenartenrechnung .........................................................................................................363 b) Aufgabenschwerpunkte beim Einsatz höher automatisierter Werkzeugmaschinen ............................................................................................................................371 2. Gestaltung der KostensteIlenrechnung ..............................................................................378 a) KostensteIlenbildung und Bezugsgrößenwahl als Kernprobleme der KostensteIlenrechnung ...................................................................................................................378 b) Auswirkungen des Einsatzes höher automatisierter Werkzeugmaschinen auf KostensteIlenbildung und Bezugsgrößenwahl ................................................................ 381 3. Gestaltung der Kostenträgerrechnung............................................................................... 389 a) Die Wahl des geeigneten Kalkulationsverfahrens bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion .................................................................................................. .390 b) Die Kostenträgerrechnung als Instrument zur Unterstützung dispositiver Entscheidungen ..................................................................................................................395 IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen ................................400 1. Unbeabsichtigter Abbau des Leistungspotentials durch Verschleiß und Maschinenausfälle ..............................................................................................................................400 a) Erscheinungsformen des Verschleißes beim Werkzeugmaschineneinsatz .............. .400 b) Maschinenausfälle bei verschiedenen Werkzeugmaschinentypen ............................ .403 c) Kostenwirkungen von Maschinenausfällen ...................................................................407 2. Erhaltung und Wiederherstellung des Leistungspotentials durch Instandhaltung .....409 a) Wesensmerkmale und Durchführung der Instandhaltung beim Einsatz von Werkzeugmaschinen .......................................................................................................... .41 0
Inhaltsverzeichnis
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b) Betriebswirtschaftliche Wirkungen von Instandhaltungsmaßnahmen ......................416 3. Beabsichtigter Abbau des Leistungspotentials durch Maschinenstillegung ................419
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................423
A. Einführung Erkenntnisobjekte der Industriebetriebslehre sind der Industriebetrieb als Ganzes und dessen Elemente im einzelnen. Da die Industriebetriebslehre eine Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre ist, sind ihre Fragestellungen primär betriebswirtschaftlicher Natur 1. Dementsprechend sucht sie nach Gesetzmäßigkeiten, welche die zweckmäßige Gestaltung des Aufbaus des Industriebetriebs, des Ablaufs des industriellen Produktions prozesses sowie der Beziehungen des Industriebetriebs zu seiner Umwelt ermöglichen. Im Mittelpunkt von Entscheidungen, die den sachlichen Aufbau des Industriebetriebs betreffen, steht neben Standortwahl und Programmplanung vor allem die Gestaltung des Produktionsapparats2. Dieser umfaßt neben den Gebäuden, den Werkzeugen und den Fördereinrichtungen auch die Maschinen. Für den Industriebetrieb sind Maschinen von besonderer Bedeutung, weil sie die Grundvoraussetzung für die Mechanisierung3 bilden, die gemeinhin als konstituierendes Merkmal der industriellen Produktion angesehen wird4 . Dabei substituieren sie die menschliche Arbeit in zweierlei Hinsicht: zum einen durch Bereitstellung motorischer Energie, zum anderen durch Verrichtung nützlicher mechanischer Arbeit. Diese herausragende Stellung läßt erkennen, daß die zweckmäßige Gestaltung von Maschinen die Wirtschaft1 Vgl. Kern, W.: Industriebetriebslehre, in: HWB, hrsg. von E. Grochla/W. Wittmann, 4., völlig neu gestaltete Auflage, Band 1/2, Stuttgart 1975, Sp. 1849. 2 Vgl. Jacob, H.: Industriebetriebslehre, in: HWProd, hrsg. v. W. Kern, Stuttgart 1979, Sp.759. 3 Unter Mechanisierung versteht man den Ersatz oder die Ergänzung der menschlichen Arbeit durch mechanische Mittel, deren Haupterscheinungsformen Maschinen sind. Vgl. Be-
ste, Th.: Fertigungswirtschaft und Beschaffungswesen, in: HdW, hrsg. von K Hax/Th. Wessels, Band I, 2., überarbeitete Auflage, Köln und Opladen 1966, S. 162. 4 Vgl. Funke, H./Blohm, H.: Allgemeine Grundzüge des Industriebetriebs, 2. Auflage, Essen 1969, S.l1; Hammer, E.: Industriebetriebslehre, München 1973, S.3O; Jacob, Sp.757; Reiseh, K: Industriebetriebslehre, Wiesbaden 1979, S.23; Mellerowicz, K: Betriebswirtschaftslehre der Industrie, Band I, 7., neubearbeitete Auflage, Freiburg im Breisgau 1981, S. 32; Hansmann, K-W.: Industriebetriebslehre, München, Wien 1984, S. 10.
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A. Einführung
lichkeit des industriellen Leistungsprozesses entscheidend beeinflußt. Daher erscheint es legitim, sich im Rahmen der Industriebetriebslehre mit solchen Fragestellungen auseinanderzusetzen. In älteren Monographien zur Industriebetriebslehre finden sich noch recht ausführliche Betrachtungen über Maschinen im Rahmen der industriellen Energie- und Fertigungswirtschaft5. Entsprechende Ansätze wurden jedoch nicht weiter verfolgt, so daß die vorhandenen Erkenntnisse nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Dieser Umstand läßt sich zum Teil auch durch eine Verschiebung der Forschungsschwerpunkte in der Industriebetriebslehre erklären, die dazu geführt hat, daß die Auseinandersetzung mit dem sachlichen Aufbau des Industriebetriebs zugunsten der Behandlung ablauforganisatorischer Probleme, die zum Teil nicht einmal mehr industriebetrieblichen Charakter haben, in den Hintergrund getreten ist6 . Neuere Abhandlungen, die sich intensiver mit den Aufbauelementen des Industriebetriebs, insbesondere den Maschinen, befassen, fehlen dagegen weitgehend7. Finden Maschinen nähere Berücksichtigung, geschieht dies zumeist aus technischer Sicht oder - soweit es sich um betriebswirtschaftliche Veröffentlichungen handelt - im Rahmen der Erörterung ablauforganisatorischer Probleme. Eine geschlossene betriebswirtschaftliche Untersuchung zu diesem Gegenstand liegt dagegen nicht vor. Die vorliegende Arbeit soll zur Schließung dieser Lücke beitragen und damit auch den vermehrt laut werdenden Forderungen nach einer stärkeren Berücksicht~ung neuerer technischer Entwicklungen in der Betriebswirtschaftslehre gerecht werden. Da der Maschinenbegriff ein weites Spektrum unterschiedlichster Gegenstände einschließt und zudem nicht alle Arten von Maschinen für die industrielle Produktion in gleicher Weise bedeutsam sind, 5 Beispielsweise bei Emminghaus, A.: Allgemeine GewerksIehre, Berlin 1868, S. 233 ff.; Leitner, F.: Wirtschaftslehre des Industriebetriebs, Frankfurt am Main 1944, S. 49 ff.; Kalveram, W.: Industriebetriebslehre, Wiesbaden 1950, S.45 ff.; Beste, Fertigungswirtschaft,
S. 162 ff. 6 VgI. Kern, Industriebetriebslehre, Sp. 1854. Diese Tendenz wird durch eine Hinwendung zum funktionalen Aspekt in der Industriebetriebsleh~e verstärkt. Vgl. hierzu Strebel, H.: Industriebetriebslehre, Stuttgart u.a. 1984, S. 15. 7 Als Ausnahmen können zwei jüngere UntersUChungen zu Industriebauten sowie zur industriellen Werkzeugwirtschaft genannt werden. Vgl. Brittinger, Tb.: Betriebswirtschaftliche Aspekte des Industriebaues, Diss., Berlin 1992; Mostafa, S.: Die industrielle Werkzeugwirtschaft, Diss., Witzenhausen 1990. 8 Vgl. hierzu Mertens, P.: Technik für Betriebswirte, in: WiSt, 18. Jg. 1989, S. 1.
A. Einführung
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beschränkt sich die vorliegende Untersuchung auf Werkzeugmaschinen als die dort dominierende Erscheinungsform. Eine weitere Eingrenzung des Untersuchungsbereichs ergibt sich aus der Tatsache, daß die Erörterung sämtlicher im Zusammenhang mit der Planung und dem Einsatz von Werkzeugmaschinen im industriellen Produktionsprozeß auftretenden ökonomischen Probleme im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist. Daher werden personalwirtschaftliche und ablauforganisatorische Fragen wie Lohngestaltung bzw. Maschinenbelegungsplanung von vorneherein aus der Untersuchung ausgeklammert. Das Untersuchungsziel besteht in der Gewinnung betriebswirtschaftlichtheoretischer Erkenntnisse, aus denen sich konkrete Handlungsempfehlungen für die zweckmäßige Gestaltung von Werkzeugmaschinen ableiten lassen. Dabei soll auch die Gültigkeit älterer Gestaltungsaussagen im Schriftturn überprüft werden. Zur Erreichung dieses Ziels muß die Untersuchung sämtliche Phasen des Einsatzes von Werkzeugmaschinen im industriellen Leistungsprozeß von der Planung bis zur Stillegung einschließen. Diese Anforderung spiegelt sich im Aufbau der Arbeit wider. Für die gedankliche Auseinandersetzung mit dem Untersuchungsgegenstand sind bestimmte terminologische und methodische Grundlagen unverzichtbar. Aus diesem Grund wird zu Beginn des Hauptteils B eine begriffliche Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen vorgenommen. Daran schließt sich ein Abriß über ihre historische Entwicklung und Bedeutung für die Industrialisierung an. Den Abschluß dieses Grundlagenteils bildet die Erläuterung der Leistungsmerkmale von Werkzeugmaschinen. Auf diesen Ausführungen baut die weitere Untersuchung auf. Im darauffolgenden Hauptteil C erfolgt mit Hilfe eines systemtheoretischen Beschreibungsmodells eine formale und materielle Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen. Hierdurch können sowohl einzelne Maschinenelemente als auch deren Zusammenwirken in allgemeingültiger Form beschrieben werden. Um dem Umstand gerecht zu werden, daß in der Realität vielfältige Erscheinungsformen von Werkzeugmaschinen existieren, für die kaum allgemeingültige Aussagen formuliert werden können, wird mit der Typisierung von Werkzeugmaschinen ein zweiter Schwerpunkt in diesem Hauptteil gelegt. Eine solche typisierende Unterteilung erscheint zweckmäßig, weil sich einzelne Werkzeugmaschinenarten hinsichtlich ihrer Anwendungseigenschaften stark voneinander unterscheiden und auf diese Weise die notwendige Differenzierung erreicht wird. 2 Moroff
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A. Einführung
Im Mittelpunkt des Hauptteils D steht die Maschinenplanung, die sämtliche Schritte, die zur Vorbereitung des Werkzeugmaschineneinsatzes notwendig sind, umfaßt. Dabei werden zunächst Grundzüge und Gestaltungsmerkmale dieses Teilbereichs der betrieblichen Planung beschrieben, um einen Einblick in seine Besonderheiten zu vermitteln. Anschließend erfolgt eine ausführliche Erörterung der einzelnen technischen und betriebswirtschaftlichen Planungsschritte und ihrer Verknüpfung sowie eine kritische Würdigung der in der Literatur dargestellten Planungsverfahren. Bei der Behandlung der Maschinenplanung finden auch Erkenntnisse der strategischen Unternehmungsplanung Berücksichtigung. Darüber hinaus werden typologische Aspekte eingebracht, welche in diesem Zusammenhang bisher nur wenig Berücksichtigung gefunden haben. An die Maschinenplanung schließt sich die eigentliche Durchführung des Maschineneinsatzes an. Die dabei auftretenden betriebswirtschaftlichen Probleme werden im Hauptteil E erörtert, wobei die Spannweite der behandelten Fragestellungen von der Inbetriebnahme bis zum Abbau des durch Werkzeugmaschinen verkörperten Leistungspotentials reicht. Ferner fließen in diesen Hauptteil Überlegungen zur Gestaltung der Kostenrechnung beim Einsatz von Werkzeugmaschinen ein. Auch hierbei werden für unterschiedliche Maschinentypen differenzierte Gestaltungsempfehlungen gegeben.
B. Grundlagen der Untersuchung I. Inhalt und Abgrenzung des WerkzeugmaschinenbegritTs
Für die inhaltliche Klärung des Werkzeugmaschinenbegriffs sind dessen begriffsbildende Merkmale hervorzuheben und zu einer Definition zusammenzuführen. Weil eine originär betriebswirtschaftliche Definition der Werkzeugmaschinen nicht existiert, wird dabei weitgehend auf die ingenieurwissenschaftliche Terminologie zurückgegriffen. In einem ersten Schritt ist der Inhalt des allgemeineren Ausdrucks "Maschine" näher zu erläutern. Der Ursprung des deutschen Wortes "Maschine" läßt sich bis zu dessen griechisch-lateinischen Wurzeln zurückverfolgen. Das lateinische "machina" hat sich aus der dorischen Dialektform "rnachana" des klassisch-griechischen "mechane", welches gleichzeitig den Wortstamm für den Ausdruck "Mechanik" bildet, entwickelt. Beide Formen gehen auf das gemeinsame Stammwort "rnechos", was soviel wie "(Hilfs-)Mittel" bedeutet, zurück1. In Deutschand wurde um 1875 von Reuleaux der auch heute noch allgemein verbreitete klassische Maschinenbegriff formuliert. Danach bezeichnet das Wort Maschine eine "...Verbindung widerstandsfähiger Körper, welche so eingerichtet ist, dass mitte1st ihrer mechanische Naturkräfte genöthigt werden können, unter bestimmten Bewegungen zu wirken,,2. Diese Definition wurde später noch dahingehend ergänzt, daß eine Maschine entweder nützliche mechanische Arbeit verrichtet (Arbeitsmaschine) oder eine Energieform in eine andere umwandelt (Kraftmaschine)3. Folglich kann nur bei Vorhandensein der drei Merkmale Verbindung von Körpern, Zwangsläufigkeit der Bewegungen und Verrichtung nützlicher Arbeit oder Umwandlung von Energie von einer Maschine gesprochen werden. 1 Vgl. WISSenschaftlicher Rat der Dudenredaktion (Hl'lig.): Der Duden in 10 Bänden, Band
7, Etymologie, MannheimfWien/ Zürich, 1963, S. 426.
2 Reuleaux, F.: Theoretische Kinematik - Grundzüge einer Theorie des Maschinenwesens, Braunschweig 1875, S. 38. 3 Vgl. GUlenberg, E.: Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Band 1, Die Produktion, 24., unveränderte Auflage, Berlin/Heidelberg/New York 1983, S. 92; Henseler, K./Wollrad, R.: Maschine, Bad Salzdetfurth 1984, S. 3.
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B. Grundlagen der Untersuchung
Für die Bestimmung des Werkzeugmaschinenbegriffs ist ferner die im ingenieurwissenschaftlichen Schrifttum verbreitete Dreiteilung der industriellen Produktionstechnik in die drei Bereiche Energie-, Verfahrens- und Fertigungstechnik hilfreich. Nach dieser Unterteilung besteht das wesentliche Kennzeichen der Fertigungstechnik in der Herstellung von Werkstücken mit genau definierter geometrischer Gestalt durch eine definierte Relativbewegung zwischen Werkstück und Werkzeug4• Damit sind auch die begriffsbildenden Merkmale angesprochen, die das Deutsche Institut für Normung seiner Definition von Werkzeugmaschinen zugrunde legt. Werkzeugmaschinen können danach als "... mechanisierte und mehr oder weniger automatisierte Fertigungseinrichtungen, die durch relative Bewegungen zwischen Werkzeug und Werkstück eine vorgegebene Form oder Veränderung am Werkstück erzeugen ... ,,5, angesehen werden. Für Werkzeugmaschinen ist also, wie ihre Bezeichnung bereits vermuten läßt, die Anwendung eines Werkzeugs zur Bearbeitung des Werkstücks charakteristisch. Diese Begriffsauffassung wird für die vorliegende Abhandlung übernommen. Aus sprachlichen Gründen werden Werkzeugmaschinen im weiteren Fortgang der Arbeit auch als Fertigungsmittel, Ferti~ungssysteme, Fertigungskonzepte oder einfach als Maschinen bezeichnet. Werkzeugmaschinen leisten mit der Formgebung des Erze~isses nützliche Arbeit und sind daher den Arbeitsmaschinen zuzurechnen . Im engeren Sinne handelt es sich bei ihnen 4 Vgl. Dolezalek, C. M.: Die industrielle Produktion in der Sicht des Ingenieurs, in: Technische Rundschau, Nr. 35 vom 20.8.1965, S. 3. Werkstücke sind die in der Fertigung zu bearbeitenden geometrisch bestimmten Körper. Als Werkzeuge werden diejenigen Gegenstände, die durch die ihnen von Mensch oder Maschine mitgeteilte Bewegungsenergie die Bildung oder Änderung von Form, Lage oder Stoffeigenschaften des Werkstücks bewirken, bezeichnet. Vgl. DIN 8580: Fertigungsverfahren: Einteilung, Berlin/Köln 1974, S. 1; DIN: Genormte Begriffe: Maschinenbau, Berlin/Köln 1981, S. 160; Brankamp, K.: Fertigungs- und Montagemittel, in: Brankamp, K. (Hrsg.): Handbuch der modemen Fertigung und Montage, München 1975, S. 126. 5 DIN 69651: Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung, Vomorm, Teil 1, zitiert in: Weck, M.: Werkzeugmaschinen, Band 1, Maschinenarten, Bauformen und Anwendungsbereiche, 3., neubearbeitete und erweiterte Auflage, Düsseldorf 1988, S. 21. 6 Vgl. zu diesen Ausdrücken Eversheim, W.: Organisation in der Produktionstechnik, Band 4, Fertigung und Montage, Düsseldorf 1981, S. 22 und die Ausführungen in Kapitel C.I1.1.a). 7 In DIN 66025 wird dazu ausgeführt: ·Die Norm dient dazu, den einheitlichen Aufbau von Steuerprogrammen für numerisch gesteuerte Arbeitsmaschinen festzulegen. Diese Festlegungen gelten insbesondere für Werkzeugmaschinen ... •. DIN 66025: Programmaufbau für numerisch gesteuerte Arbeitsmaschinen, Teil 1, Berlin/Köln 1987, S.2. Demgegenüber stellt Nedoluha Werkzeugmaschinen als eigenständige Kategorie neben Kraft- und Arbeitsmaschinen. Vgl. Nedoluha, A.: Geschichte der Werkzeuge und Werkzeugmaschinen, in: Blätter für
I. Inhalt und Abgrenzung des Werkzeugmaschinenbegriffs
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um Maschinen für die Metallbearbeitung, auch wenn es Werkzeugmaschinen für die Bearbeitung anderer Materialien gibt8 . Die folgende Abbildung soll die begrifflichen Zusammenhänge noch einmal verdeutlichen.
ProduJttionstechnik
Maschinen
I
I
XraftArbeitsmaschinen maschinen
I
Werkzeuqmaschinen
I
Fertigunqs- Verfahrens- Enerqietechnik technik technik
I
Fertiqunqsverfahren
I
Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitunq
Abb. B-l: Einordnung des Werkzeugmaschinenbegriffs
Der Inhalt des Werkzeugmaschinenbegriffs muß so weit gefaßt werden, daß er sowohl einzelne Maschinen als auch aus mehreren Maschinen bestehende Aggregate erfassen kann. Treten mehrere Werkzeugmaschinen im Verbund auf, wird auch von Mehrmaschinensystemen gesprochen9 . Ein Mehrmaschinensystem entsteht durch die technische Zusammenfassung von Einzelmaschinen, beispielsweise durch ein gemeinsames Transportsystem. Die gesonderte Betrachtung von Mehrmaschinensystemen als Einheit wird dadurch gerechtfertigt, daß bei ihnen besondere Bedingungen wirksam werden, durch die sie sich von Einzelmaschinen wesentlich unterscheiden lO • Die vorliegende Untersuchung beschränkt sich auf die Betrachtung industrieUer Produktionsprozesse, bei denen der Einsatz von Werkzeugmaschinen im Technikgeschichte, oJg., Nr. 22 und 23, Wien 1960 und 1961, Beigedruckt, S. 36. Diese Unterteilung vennag indessen nicht zu überzeugen, weil ihr kein einheitliches Gliederungskriterium zugrunde liegt. 8 Vgl. Leibinger, B.: Entwicklungstendenzen im Werkzeugmaschinenbau, in: Neipp, G./Pfeiffer, W. (Hrsg.): Strategien der industriellen Fertigungswirtschaft, Berlin 1986, S. 97. 9 Vgl. DIN 69651: Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung, Vomonn, Teil 2: Einteilung und Gliederung, Berlin/Köln 1981, S. 3; Klahorst, H. Th.: How to justify multimachine systems, in: American Machinist, o.Jg., September 1983, S. 67. 10 V gl. E · ProduktlOnstechmk, . . S. 22 f. vershelm,
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B. Grundlagen der Untersuchung
Rahmen der Mechanisierung dominiert. Beim Vorliegen solcher Prozesse soll im folgenden von "werkzeugmaschinen unterstützter Produktion,,11 gesprochen werden. Anhand der oben vorgenommenen Definitionen können Werkzeugmaschinen von artverwandten technischen Gegenständen abgegrenzt werden. Zunächst ist zwischen den Ausdrücken "Maschine" und "Anlage" zu unterscheiden. Dabei tritt das Problem auf, daß der Anlagenbegriff unterschiedliche Sachverhalte kennzeichnet. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht hat der Anlagenbegriff eine bilanzielle und eine produktionswirtschaftliche Dimension. Anlagen im bilanziellen Sinn umfassen alle langfristig investierten, dauerhaft dem Geschäftsbetrieb dienenden Vermögensgegenstände, welche sachlicher oder finanzieller Natur sein können 12. Da es sich bei Werkzeugmaschinen zweifellos um Sachgüter handelt, sind hier nur Sachanlagen von näherem Interesse, zu denen nach § 266 Abs. 2 HGB auch Grundstücke und Bauten gehören, also solche Gegenstände, die sicherlich keine Maschinen sind. Ein weiterer Umstand spricht gegen eine Gleichsetzung beider Ausdrücke: Maschinen sind in der Bilanz, sofern sie dem Anlagevermögen zuzurechnen sind, unter dem Posten "Technische Anlagen und Maschinen" auszuweisen. Diese Bezeichnung erfaßt folglich auch solche Gegenstände, auf die zwar die Merkmale der technischen Anlage, nicht aber der Maschine - und schon gar nicht der Werkzeugmaschine - zutreffenB. Der Begriff der technischen Anlage im bilanziellen Sinn ist mithin mit dem der Maschine nicht identisch. Unter Anlagen im produktionswirtschaftlichen Sinn werden ausschließlich materielle Gegenstände verstanden. Sie können als dauerhafte Gebrauchsgüter sukzessive genutzt werden und dabei eine fast unbegrenzte Zahl von Nutzleistungen abgeben 14 . Als produktionswirtschaftliche Anlagen sind beispielsweise auch die technischen Einrichtungen der Verfahrensindu11
v. Kortzfleisch, G.: Systematik der Produktionsmethoden, in: Jacob, H. (Hrsg.): Indu-
striebetriebslehre, 4., überarbeitete und elWeiterte Auflage, Wiesbaden 1990, S. 154. 12 Vgl. Knop, W.: § 266. Gliederung der Bilanz, in: Küting, K./Weber, c.-P. (Hrsg.): Handbuch der Rechnungslegung, Stuttgart 1986, S. 837. 13 Vgl. Adler/Düring/Schmaltz: Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, Kommentar zum HGB, AktG, GmbHG, PublG nach den Vorschriften des Bilanzrichtlinien-Gesetzes, 5. Auflage, völlig neu bearbeitet von K.-H. Forster u.a., Band I, § 266 HGB, 1987, S. 23, Ziffer 51. 1 Vgl. Männel, W.: Produktionsanlagen, Eignung von, in: HWProd, hrsg. von W. Kern,
Stut~art
Stuttgart 1979, Sp. 1466.
11. Historische Entwicklung und Bedeutung von Werkzeugmaschinen
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strie anzusehen, deren Arbeitsweise jedoch weniger auf mechanischen als vielmehr auf chemischen oder biologischen Abläufen beruhtl5 . Damit schließt der produktionswirtschaftliche Anlagenbegriff auch solche technischen Einrichtungen ein, die nicht zu den Maschinen im hier verstandenen Sinne zählen. Daraus läßt sich schließen, daß der produktionswirtschaftliche Anlagenbegriff weiter gefaßt ist als der Maschinenbegriff. Die Termini "Anlage" und "Maschine" dürfen daher keinesfalls, wie dies oft geschieht, implizit gleichgesetzt werden. Aus diesem Grund wird hier auf die Verwendung des Anlagenbegriffs zur Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen verzichtet. Weiterhin sind Werkzeugmaschinen von Industrierobotern abzugrenzen, die allgemein zu den Handhabungsgeräten gerechnet werden. Handhabungsgeräte sind Geräte zur maschinellen Ausführung von Handhabungsvorgängen, mittels derer geometrisch bestimmte Körper im Raum positioniert werden. Industrieroboter werden als in mehreren Bewegungsachsen frei programmierbare automatische Handhabungsgeräte, die mit Greifern oder Werkzeugen ausgerüstet sind, definiert l6 . Sie können also innerhalb des durch die Achsen definierten Raumes beliebige Bewegungen durchführen. Demgegenüber sind die Bewegungen bei Werkzeugmaschinen nicht frei wählbar, sondern nur entlang starrer, durch die Kinematik der Maschinen vorgegebener Bahnen möglich. Industrieroboter unterscheiden sich also von Werkzeugmaschinen durch höhere Freiheitsgrade der Bewegung. 11. Historische Entwicklung und Bedeutung von Werkzeugmaschinen
Unterzieht man die Literatur, die sich eingehender mit der geschichtlichen Entwicklung der Industriebetriebe und ihren Voraussetzungen befaßt, einer genaueren Durchsicht, wird deutlich, daß bei den meisten Autoren die Nutzung der Dampfmaschine im Bergbau und die Verwendung von Spinnmaschinen und mechanischen Webstühlen in der Textilindustrie als die bedeutendsten Schritte der Mechanisierung angesehen werden 17. Die Ent15 Vgl. Riebet, P.: Industrielle Erzeugungsverfahren in betriebswirtschaftlicher Sicht, Wiesbaden 1963, S. 63 ff. 16 Vgl. VDI-Richltinie 2860: Montage und Handhabungstechnik: Handhabungsfunktionen, Handhabungseinrichtungen, Begriffe, Definitionen, Symbole, Blatt 1, Entwurf, Düsseldorf 1982, S. 15. 17 Beispielsweise von Heidebroek, E.: Industriebetriebslehre, Berlin 1923, S.2; Isaac, A.: Der Industriebetrieb, Leipzig 1930, S.8; Henning, P.-W.: Die Industrialisierung in Deutsch-
24
B. Grundlagen der Untersuchung
wicklung von Werkzeugmaschinen findet dagegen vergleichsweise wenig Beachtung, was um so erstaunlicher ist, als darin nicht etwa nur eine zufällige Begleiterscheinung der Mechanisierung zu sehen ist, sondern erst der Einsatz von Werkzeugmaschinen die Voraussetzungen für den Bau gebrauchstüchtiger Dampfmaschinen und mechanischer Webstühle schuf18. Daher wird in diesem Kapitel zunächst die Entstehung von Werkzeugmaschinen im sozialen und ökonomischen Kontext nachgezeichnet. Anschliessend sollen die Bedeutung dieses Prozesses für die Industrialisierung aufgezeigt und die Faktoren, auf denen diese Bedeutung beruht, identifiziert werden.
1. Entstehungsgeschichte Bereits in der Urzeit bediente sich der Mensch zur Überlebenssicherung primitiver Werkzeuge. Mit dem Übergang vom Nomadenturn zur Seßhaftigkeit im 3. und 4. Jahrtausend v. ehr. wurden die prähistorischen Werkzeuge zu Apparaturen weiterentwickelt, die als erste Vorläufer der modernen Werkzeugmaschinen angesehen werden können. In der Antike nahm die Technik nur einen geringen Stellenwert ein, weil Sklaven reichlich zur Verfügung standen und billiger waren als die überdies noch unzuverlässigen Maschinen. Trotz derart widriger Umstände waren am Ende des Altertums die wesentlichen Grundlagen für die Weiterentwickung von Werkzeugmaschinen gelegt. Allerdings brachte das Mittelalter infolge des Verlusts vieler technischer Kenntnisse der Antike zunächst nur geringe Fortschritte im Werkzeugmaschinenbau. Vor allem in den Klöstern wurden die damals bekannten Maschinen verbessert l9 . Während sich einzelne Handwerker mit der Weiterentwicklung der Technik beschäftigten, versuchten Innungen und Zünfte Neuerungen zu verhindern, weil sie darin eine Gefährdung ihrer Stellung sahen. Zum Ausbohren von Geschützen und Brunnenrohren wurland 1800-1914, Paderbom 1973, S. 75 f.; Reiseh, S.24; Hansmann, S. 11; Kilger, W.: Industriebetriebslehre, Band I, Wiesbaden 1986, S. 11. 18 So bemerkt Dominik: "...deshalb mußte die Entwicklung der Dampfmaschine auch zwangsläufig diejenige der Werkzeugmaschine zur Folge haben (im Original gesperrt, A.d.V.)." Dominik, H.: Musterbetriebe deutscher Wirtschaft, Band 17: Der Werkzeugmaschinen- und Werkzeugbau, Fritz Wemer AG, Berlin 1930, S. 6. 19 So beschrieb der Mönch Theophilus um 1100 n. ehr. Bohreinrichtungen, Drehbänke und Sägemaschinen. Vgl. Feldhaus F.: Die Maschine im Leben der Völker, Stuttgart 1954, S. 178 f.
11. Historische Entwicklung und Bedeutung von Werkzeugmaschinen
25
den schon im frühen Mittelalter mit Wasserkraft betriebene Bohrmaschinen verwendet2o • Das wiedererwachte Interesse an theoretisch-wissenschaftlichen Fragestellungen in der Renaissance gab dann dem praktischen Erfmdertum neue Impulse. Leonardo da Vinci entwarf verschiedene Werkzeugmaschinen, die aber aufgrund fehlender ferti~ungstechnischer Voraussetzungen noch nicht realisiert werden konnten 2 • Gleichzeitig beschleunigte der steigende Verbrauch an Eisen und anderen Metallen den technischen Fortschritt im Bergbau und in der Metallverarbeitung. Die Entstehung neuer Betriebsformen im 17. und 18. Jahrhundert ebnete den Weg für den verstärkten Einsatz von Maschinen und beschleunigte den Niedergang der Zünfte. In dieser Epoche bestanden Werkzeugmaschinen noch zum größten Teil aus Holz. Es zeigte sich indessen, daß sie in dieser konstruktiven Auslegung den Anforderungen, die durch die stark zunehmende Verwendung von Metallen auftraten, nicht gewachsen waren. Dieser Mangel war auf die unzureichende Festigkeit und Verwindungssteifigkeit des Holzes sowie auf die:ßeringen Antriebskräfte, die damals zur Verfügung standen, zurückzuführen . Es wurden also eine stärkere Antriebsmaschine und die Entwicklung neuer, aus Metall bestehender Werkzeugmaschinen notwendig. Mit der Einführung der Dampfmaschine ließ sich die erste dieser bei den Anforderungen erfüllen. Nach den unausgereiften Konstruktionen von Papin und Savery gelang es Newcomen 1712 erstmalig, eine gebrauchstüchtige atmosphärische Dampfmaschine zu bauen, die jedoch in ihrer Verbreitung beschränkt blieb. Der Durchbruch wurde erst mit der weiterentwickelten Dampfmaschine von Watt erzielt23. Das zweite grundlegende Neuerung im Maschinenbau des 18. Jahrhunderts war die Erfindung der Support-Drehbank durch Maudslal4 • Diese Maschine, die bis dahin unerreichbar geglaubte Steigerungen der Fertigungsgenauigkeit ermöglichte, kann als erste eigentliche Werkzeugmaschine 20 Vgl. Buxbaum 8.: Die Werkzeugmaschine und ihre Entwicklung, in: Energie, 35. Jg. 1930, S. 70; Nedoluha, S. 44. 21 Vgl. Radunz, K.: Zur Geschichte der Drehbank, in: Die Werkzeugmaschine, 26. Jg. 1922, S. 165. 22 Vgl. Weck, M./Petuelli, G.: Fertigung prismatischer Teile, in: wt, 72. Jg. 1982, S. S 33. 23 Vgl. zur Entwicklungsgeschichte der Dampfmaschine MalSchoß,
c.:
Die Entwicklung
der Dampfmaschine, Band 1, Berlin 1902, S. 347. 24 Vgl. Buxbaum, B.: Der englische Werkzeugmaschinen- und Werkzeugbau im 18. und 19. Jahrhundert, in: Matschoß, C. (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie, Band 11, Berlin 1921, S. 122 f.
26
B. Grundlagen der Untersuchung
mit Führungen und mechanischem Antrieb des Werkzeugs angesehen werden. Nach der Erfindung der Drehbank wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vornehmlich in England, in rascher Folge die Hauptarten der heute bekannten Werkzeugmaschinen entwickelt. Die weiteren Bemühungen der Konstrukteure galten dabei zunächst der maschinellen Grobbearbeitung ebener Flächen, die mit der Einführung von Hobel- und Fräsmaschinen realisiert werden konnte25 • Noch zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts baute jede Fabrik die zur Herstellung ihrer Erzeugnisse benötigten Werkzeugmaschinen selbst. Erst allmählich kam es zur Entstehung einer eigenen Werkzeugmaschinenindustrie26 . Dadurch konnte die infolge der raschen Entwicklung der Eisenbahn und der Dampfschiffahrt stark gestiegene Nachfrage nach Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung gedeckt werden. Zu Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte der englische Werkzeugmaschinenbau seine einstige Vormachtstellung an die Vereinigten Staaten verloren. Der deutsche Werkzeugmaschinenbau entstand, verglichen mit England und den Vereinigten Staaten, erst sehr spät, hatte aber bereits gegen Ende der siebziger Jahre einen so hohen qualitativen Standard erreicht, daß er sich selbständig weiterentwickeln konnte 27 . Nach der Erfindung des Elektromotors wurde der bis dahin gebräuchliche zentrale Antrieb durch eine Dampfmaschine über Transmissionsriemen schrittweise durch Elektromotoren an jeder einzelnen Maschine verdrängt28 . Dadurch eröffneten sich neue Freiräume für die Maschinenaufstellung, die nunmehr erstmalig nach dem Fließprinzip vorgenommen werden konnte. Ein neuer Entwicklungsschub wurde um 1900 durch die Einführung des Schnellstahls durch Taylor, die eine sprunghafte Erhöhung der Schnittgeschwindigkeit ermöglichte, eingeleitet. Die dadurch erzielbaren Kapazitätssteigerungen konnten allerdings erst verwirklicht werden, nachdem die Maschinenkörper wesentlich verstärkt worden waren. Bereits 1926 25 Vgl. Finkeinburg, H.: Entwicklungsgeschichte der Werkzeugmaschinen: Fräsmaschinen, in: Mechanik und Maschinenbau, 2. Jg. 1951, Nr. 21, S. 4. Mit der Entwicklung von Schleifmaschinen im Jahre 1874 konnte dann auch die Feinstbearbeitung von Oberflächen stark vereinfacht werden. Vgl. Buxbaum, 8.: Der amerikanische Werkzeugmaschinen- und Werkzeugbau im 18. und 19. Jahrhundert, in: Matschoß, C. (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie, Band 10, Berlin 1920, S. 136. 26 Vgl. Pötschke, H.: Einkauf und Verwaltung von Werkzeugmaschinen, HamburgjBerlin 1963, S. 41. 27 Vgl. Klemm, F.: Geschichte der Technik, Reinbek 1983, S. 169. 28 Vgl. dazu grundlegend Meiler, K.: Einzelantrieb von Werkzeugmaschinen, Leipzig 1927. Vgl. zu den Vorteilen des Einzelantriebs Schäfer, E.: Der Industriebetrieb, 2., erweiterte Auflage, Wiesbaden 1978, S. 136 f.; Mellerowicz, Industrie I, S. 495.
11. Historische Entwicklung und Bedeutung von Werkzeugmaschinen
27
wurde der Schnellstahl seinerseits durch weiter verbesserte Schneidstoffe ersetzt. Neben den Bemühungen um höhere Genauigkeiten und Bearbeitungsgeschwindigkeiten war das Bestreben der Konstrukteure auf die Vereinfachung der Bedienung durch Automatisierung gerichtet. Die ersten Ansätze hatten bereits im 19. Jahrhundert zur Entwicklung der Revolverdrehbank geführt 29 . Der Übergang von der Maschine zum Automaten wird durch die erstmalige Verwendung von Kurvenscheiben zur mechanischen Steuerun~ von Drehbänken durch den Amerikaner Pankhurst im Jahre 1871 markiert . Nach dem Ersten Weltkrieg erschienen hydraulische und elektrische Kopiereinrichtungen zur massenhaften Herstellung eines Werkstücks nach Schablone. Die Automatisierung von Abläufen erstreckte sich zunehmend auf die Verkettung von Einzelmaschinen zu Transferstraßen für die Massen- und Großserienfertigung. Die Entwicklung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde entscheidend durch den Einsatz numerischer Steuerungen geprä1it, die 1957 erstmals zur Fertigung von Flugzeugteilen eingesetzt wurden . Infolge erheblicher Fortschritte in der Elektronik konnten immer mehr Funktionen vom Menschen auf Maschinen übertragen werden. Die durch den Einsatz von Computern erheblich erweiterten konstruktiven Gestaltungsspielräume haben seitdem zur Herausbildung neuartiger Maschinengattungen geführt. Parallel dazu wurden mehrere numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen zu einem durch einen zentralen Rechner gesteuerten Mehrmaschinensystem verbunden. Den vorläufigen Höhepunkt der Entwicklung stellen flexible Fertigungskonzepte dar, welche die Automatisierung der Fertigung auch bei kleinen und mittleren Serien ermöglichen.
29 Vgl. ausführlich zur Entwicklung der Revolverdrehbank Roe, J. W.: Aus der Geschichte der amerikanischen Werkzeugmaschinen, in: Matschoß, C. (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie, Band 17, Berlin 1927, S. 116; Finkeinburg, H.: Entwicklungsgeschichte der Werkzeugmaschinen: Sonderdrehbänke, Revolverdrehbänke, Karussells, in: Mechanik und Maschinenbau, 2. Jg. 1951, Nr. 17, S. 4 f. 30 Vgl. Spur, G.: Die Fertigung rotationssymmetrischer Werkstücke, in: wt, 72. Jg. 1982, S. S 13. Vgl. zu den Begriffen "Automat" und "Automatisierung" die Ausführungen in Kapitel C.1I.2.b) sowie die dort angegebene Literatur. 31 Vgl. Stute, G.: Numerische Steuerungen für Werkzeugmaschinen, in: wt, 72. Jg. 1982, S. S 91.
28
8. Grundlagen der Untersuchung
2. Der Beitrag von Werkzeugmaschinen zur Industrialisierung
Es ist unstrittig, daß der Industrialisierungsprozeß im 18. und 19. Jahrhundert durch die Verwendung von Dampfmaschinen wesentlich beschleunigt wurde. Dagegen wird der Einfluß von Werkzeugmaschinen weithin unterschätzt. Aus diesem Grund soll ihre zentrale Bedeutung für die Industrialisierung anhand von Beispielen aufgezeigt werden. Die bis 1769 theoretisch vollendete Entwicklung der Hochdruckdampfmaschine durch Watt scheiterte zunächst an der mangelnden Genauigkeit der damals zum Ausbohren von Zylindern gebräuchlichen Verfahren. Mit der Einführung der Zylinderbohrmaschine von Wilkinson im Jahre 1775 wurden dann die fertigungstechnischen Voraussetzungen zur Realisierung der Wattsehen Dampfmaschine geschaffen32 . Erst in dieser verbesserten Form konnte sie an die Stelle der Wasserkraft als Energiequelle für die mechanischen Webstühle und Spinnmaschinen der Textilindustrie treten. Auch die Entwicklung des mechanischen Webstuhls selbst wurde anfänglich durch den unzureichenden Entwicklungsstand der Werkzeugmaschinen behindert 33 . Ebensowenig wäre die Entwicklung der Schwerindustrie ohne Werkzeugmaschinen denkbar gewesen: Dimension und Leistungsfähigkeit der dort gebräuchlichen Produktionsanlagen erforderten den Einsatz von Werkzeugmaschinen, weil die Herstellung solcher Betriebsmittel mit handwerklichen Fertigungsmethoden nicht möglich war34 . Vor allem in den Vereinigten Staaten und Großbritannien stellte die Entwicklung genau arbeitender Werkzeugmaschinen darüber hinaus eine wichtige Voraussetzung für den Ausbau des Eisenbahnnetzes dar. Dieser Umstand ist von besonderer Bedeutung, da das Eisenbahnnetz seinerseits eine wesentliche Grundlage für die Entstehung weiterer Industriezweige bildete. 32 Vgl. Häneke, H.: Aus der Geschichte der Zylinderbohrrnaschine, in: Matschoß. C. (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie, Band 17, Berlin 1927, S.118; Kiaulehn, W.: Die eisernen Engel - Geburt, Geschichte und Macht der Maschinen, Berlin 1935, S. 302. 33 Vgl. Bythell, D.: Die Anfänge des mechanischen Webstuhls, in: Hausen, K./Rürup, R. (H3.f'): Moderne Technikgeschichte, Köln 1975, S. 172. Vgl. Buxbaum, 8.: Der deutsche Werkzeugmaschinen- und Werkzeugbau im 19. Jahrhundert, in: Matschoß, C. (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie, Band 9, Berlin 1919, S. 106.
11. Historische Entwicklung und Bedeutung von Werkzeugmaschinen
29
Wichtige Anstöße zur Entwicklung von Werkzeugmaschinen gingen auch von der Waffenherstellung aus. Waffen waren früher handwerklich gefertigte Einzelstücke, deren Bauteile bei jedem Exemplar individuell von Hand eingepaßt wurden, so daß sie bei Verlust eines einzelnen Teils wertlos wurden. In den Vereinigten Staaten wurde gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Herstellung von Gewehren, deren Bauteile so konstruiert waren, daß sie gegen jedes beliebige Teil gleicher Art ausgetauscht werden konnten, aufgenommen. Die Einhaltung der dafür erforderlichen Bearbeitungsgenauigkeit konnte nur durch den Übergang von Hand- zu Maschinenarbeit gewährleistet werden35 • Nachdem der Einfluß von Werkzeugmaschinen auf die industrielle Entwicklung in verschiedenen Sektoren nachgezeichnet wurde, ist nunmehr darzulegen, auf welchen Faktoren dieser Beitrag beruht. In der Literatur wird der zunehmende Einfluß von Werkzeugmaschinen darauf zurückgeführt, daß mit ihrer Hilfe Güter wirtschaftlicher und in größeren Stückzahlen hergestellt werden konnten 36 • Wirtschaftlichere Herstellung bedeutet in diesem Zusammenhang, daß gegenüber der handwerklichen Fertigung eine deutliche Verringerung der Stückkosten erreicht wurde. Als eine weitere positive Eigenschaft von Werkzeugmaschinen ist ihre gleichbleibend hohe Präzision zu nennen. Die sonst bei jedem einzelnen Werkstück erforderliche Sorgfalt mußte von nun an nur noch einmal, nämlich bei der Herstellung der Werkzeugmaschine selbst, aufgebracht werden37 . Dadurch wurden die fertigungstechnischen Grundlagen für die beliebige Austauschbarkeit von Bauteilen und eine Aufspaltung der mehrstufigen Bearbeitung eines Werkstücks in einzelne Bearbeitungsgänge geschaffen38 . Die Organisation des Fertigungsablaufs konnte nunmehr an diesen Einzelvorgängen statt wie bisher an komplett bearbeiteten Werkstücken ausgerichtet werden. Durch diese Form der Arbeitsteilung39 sanken die Anforderungen an die Qualifi35 Vgl. Roe, J. W.: Eli Whitney, in: Matschoß, C. (Hrsg.): Beiträge zur Geschichte der Technik und Industrie, Band 10, Berlin 1920, S. 163 f. 36 So von Witte, H.: Werkzeugmaschinen, 5., überarbeitete Auflage, Würzburg 1986, S. 37; Womack, J. P./lones, D. T./ Roos, D.: Die zweite Revolution in der Autoindustrie, 4. Auflage, Frankfurt am Main 1992, S. 40. 37 Vgl. Mommertz, K. H.: Bohren, Drehen, Fräsen, Reinbek 1981, S. 69. 38 Vgl. Kocka, J.: Von der Manufaktur zur Fabrik, in: Hausen, K./Rürup, R. (Hrsg.): Modeme Technikgeschichte, Köln 1975, S. 281 f. Neben den Fortschritten im Bereich der Fertigungstechnik trat die Einführung von Toleranzen für Passungen als normungstechnische Voraussetzung für den Austauschbau. Vgl. Schäfer, S. 351. 39 Unter Arbeitsteilung wird allgemein die Zerlegung eines Handlungskomplexes in mehrere Teilhandlungen und deren Zuordnung zu mehreren Personen verstanden. Vgl. Frese, E.:
30
B. Grundlagen der Untersuchung
kation der Arbeiter erheblich, weil jeder Beschäftigte nur noch die Vorgänge an der von ihm bedienten Maschine beherrschen mußte. Austauschbarkeit von Einzelteilen, Arbeitsteilung und hohe quantitative Kapazität der Fertigungseinrichtungen sind unverzichtbare Voraussetzungen für industrielle Massenfertigung. Da diese Bedingungen erst mit dem Einsatz von Werkzeugmaschinen geschaffen wurden, ist der vor allem im ingenieurwissenschaftlichen Schrifttum vertretenen These, daß die massenhafte Erzeugung zusammenäesetzter Erzeugnisse ohne Werkzeugmaschinen unmöglich geblieben wäre , zuzustimmen. Es erscheint daher nicht übertrieben, Werkzeugmaschinen als eine wesentliche Voraussetzung der industriellen Produktion schlechthin anzusehen. 111. Werkzeugmaschinen im industriellen Leistungsprozeß In den beiden vorangegangenen Kapiteln wurden Begriff und historische Entwicklung der Werkzeugmaschinen näher erläutert. Unter Bezugnahme auf das bereits dargestellte Untersuchungsziel ist nunmehr der Frage nachzugehen, welche sachlichen Merkmale von Werkzeugmaschinen für die Ergiebigkeit der industriellen Produktion maßgeblich sind. Betriebswirtschaftlieh-theoretische Aussagen zu den die Ergiebigkeit der Leistungserstellung determinierenden Eigenschaften von Maschinen werden vor allem im Rahmen der Produktions- und Kostentheorie getroffen41. Daher wird im folgenden eine produktions- und kosten theoretische Charakterisierung von Werkzeugmaschinen vorgenommen, aus der sich Aussagen über ihre zweckmäßige Gestaltung ableiten lassen. Ausgangspunkt dieser Kennzeichnung ist die Einordnung von Werkzeugmaschinen in das System der produktiven Faktoren. 1. Stellung im System der produktiven Faktoren
Die Leistungserstellung als Inhalt jeglicher betrieblichen Betätigung kann als Kombinationsprozeß gekennzeichnet werden, in den verschiedene EinArbeitsteilung und -bereicherung, in: HWProd, hrsg. von w. Kern, Stuttgart 1979, Sp. 147. Vgl. zur Austauschbarkeit von Teilen als Voraussetzung der Arbeitsteilung Hammer, E., S. 33. 40 So von Mayer, K./Demleitner, K.: Werkzeugmaschinen, Braunschweig 1977, S. 252; Spur, G. (Hrsg.): Produktionstechnik im Wandel, München/Wien 1979, S. 117. 41 Vgl. hierzu Gutenberg, S. 70 ff.; Heinen, E.: Betriebswirtschaftliehe Kostenlehre, 6., verbesserte und erweiterte Auflage, Wiesbaden 1983, S. 218 ff.; Steffen, R.: Analyse industrieller Elementarfaktoren in produktionstheoretischer Sicht, Berlin 1973, S. 36 ff.
III. Werkzeugmaschinen im industriellen Leistungsprozeß
31
satzgüter Eingang finden. Die Gesamtheit dieser Einsatzgüter bildet das System der Produktionsfaktoren. Nach Gutenberg lassen sich diese Faktoren grundsätzlich in Elementarfaktoren und dispositive Faktoren gliedern, wobei bei den erstgenannten zusätzlich Verbrauchs- und Potentialfaktoren unterschieden werden42 •
Produktionsfaktoren Eleaentarfaktoren Verbrauchsfaktoren Menschliche Arbeitsleistung
Dispositive Faktoren Potentialfaktoren Betriebsaittel
Abb. 8-2: Produktionsfaktoren nach Gutenberg
Die Unterscheidung in Elementarfaktoren und dispositive Faktoren richtet sich danach, ob der jeweilige Faktor mit einer ausführenden oder einer leitenden Tätigkeit betraut ist. Dagegen orientiert sich die Einteilung der Elementarfaktoren in Verbrauchs- und Potentialfaktoren an den Bestimmungsmerkmalen des Faktorverzehrs im Produktionsprozeß. Während erstere nach Beendigung eines Fertigungsvorgangs untergehen, verkörpern letztere ein Nutzungspotential, das für mehrere Perioden zur Verfügung steht und in seiner Höhe nur allmählich gemindert wird, ohne dadurch in seiner physischen Existenz beeinträchtigt zu werden43 . Potentialfaktoren können personaler (als objektbezogene menschliche Arbeitsleistung) oder sachlicher Natur (als Betriebsmittel) sein. Unter Betriebsmitteln versteht Gutenberg alle Einrichtungen und Anlagen, welche die technischen Voraussetzungen für die betriebliche Leistungserstellung schaffen. Dazu gehört neben Grundstücken, Gebäuden, Werkzeugen und Vorrichtungen "... die Gesamtheit aller maschinellen Apparatur. .. , also insbesondere alle Arbeits- und 42
Vgl. Gutenberg, S. 2 ff. 43 Vgl. Heinen, Kostenlehre, S. 215.
32
B. Grundlagen der Untersuchung
Kraftmaschinen,,44. Werkzeugmaschinen werden als Arbeitsmaschinen von dieser Definition erfaßt und sind mithin als Betriebsmittel anzusehen45. Für den weiteren Verlauf der Untersuchung ist die Form, in der Potentialfaktoren ihre Leistung in Bezug auf das Produkt abgeben, von Bedeutung. Sie können zum einen mit Abgabe von Werkverrichtungen und zum anderen ohne Abgabe von Werkverrichtungen auf die Produktion einwirken. Potentialfaktoren ohne Abgabe von Werkverrichtungen ermöglichen allein durch ihre Existenz die Produktion, ohne jedoch deren Ergiebigkeit direkt zu beeinflussen, während solche mit Abgabe von Werkverrichtungen im Produktionsprozeß unmittelbar wirksam werden46 . Die unmittelbare Wirksamkeit ist bei Werkzeugmaschinen zweifellos gegeben, so daß sie den Faktoren mit Abgabe von Werkverrichtungen zuzurechnen sind. Eine andere Einteilung der produktiven Faktoren wird von Xi/ger vorgenommen47. Der bekannten Zweiteilung in Potential- und Verbrauchsfaktoren zunächst folgend, unterscheidet er die ersteren zusätzlich nach der Verschleißabhängigkeit. Verschleiß wird dabei als eine Minderung des Nutzungspotentials aufgefaßt. Bei verschleißabhängigen Produktionsfaktoren tritt die Potentialverminderung als zeitabhängiger oder gebrauchsabhängiger Verschleiß auf. Zeitverschleiß ist der Substanzverzehr, der sich aus der natürlichen Alterung des Potentialfaktors, unabhängig von der erbrachten Leistung, ergibt. Gebrauchsverschleiß resultiert demgegenüber direkt aus der Abgabe von Werkverrichtungen durch einen Potentialfaktor. Werkzeugmaschinen unterliegen sowohl dem Zeit- als auch dem Gebrauchsverschleiß48 44 Gutenberg, S. 4. 45 Die Zuordnung von Werkzeugmaschinen zu den Betriebsmitteln wird auch durch eine VDI-Richtlinie gestützt. Danach sind Werkzeugmaschinen Betriebsmittel "... zur direkten oder indirekten Form-, Substanz- oder Zustandsänderung mechanisch bzw. chemisch-physikalischer Art." VDI-Richtlinie 2815: Begriffe für die Produktionsplanung und -steuerung: Betriebsmittel, Düsseldorf 1978, S. 2. 46 Vgl. Steifen, S. 21 f. Bei Werkverrichtungen handelt es sich um Leistungsabgaben, die dem Fertigungsfortschritt dienen und z.B. in Form von mechanischen oder chemischen Prozessen zutage treten. Vgl. Busse v. Colbe. W./Laßmann, G.: Betriebswirtschaftstheorie, Band 1, Grundlagen, Produktions- und Kostentheorie, Berlin/Heidelberg/New York 1975, S. 67 ff. 47 Vgl. Kilger, W.: Produktionsfaktor, in: HWB, hrsg. von E. Grochla/W. Wittmann, 4., völli~
neu gestaltete Auflage, Band 1/2, Stuttgart 1975, Sp. 3098 ff.
4 Kilger stuft Maschinen als eine Mischform aus Potential- und Verbrauchsfaktoren ein. Diese Einschätzung beruht auf der Tatsache, daß sich Gebrauchsverschleiß nur an einzelnen Maschinenteilen feststellen läßt und diese daher als Verbrauchsfaktor angesehen werden können. Als Funktionseinheit verkörpern Maschinen dagegen eindeutig Potentialfaktoren. Vgl. Kilger, Produktionsfaktor, Sp.3099. Gegen die Charakterisierung als Verbrauchsfaktor
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Abb. C-6: Subsysteme und Umsysteme des Fenigungssystems Werkzeugmaschine
71 Eine ähnliche Darstellung findet sich bei Scharf, Strukturvarianten, S. 29.
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78
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Die in den folgenden Kapiteln vorgenommene modellhafte Darstellung der verschiedenen Subsysteme soll verdeutlichen, durch welche Verknüpfungen von Elementen und Beziehungen sie ihre Funktionen erfüllen können und wie sie von anderen Subsystemen abzugrenzen sind. Eine isolierte Betrachtung kann dennoch vermieden werden, indem die Beziehungen, die zwischen einzelnen Subsystemen bestehen, in die Betrachtung Eingang finden. b) Subsysteme des Fertigungssystems Werkzeugmaschine aa) Bearbeitungssystem Das Bearbeitungssystem bildet den Kern des Fertigungssystems. Es umfaßt alle diejenigen Einrichtungen, die zur maschinellen Herstellung eines Werkstücks erforderlich sind. In einem Fertigungssystem kann das Bearbeitungssystem ein- oder mehrfach vorhanden sein. Das Bearbeitungssystem besteht seinerseits aus Träger-, Antriebs- und Arbeitselementen72 • Als Trägerelemente werden diejenigen Komponenten des Bearbeitungssystems, die alle Baugruppen der Maschine tragen und verbinden, bezeichnet. Sie müssen erhebliche Verformungskräfte, die sowohl durch die Verbindung der Baugruppen an sich (statische Verformungskräfte) als auch durch mechanische und thermische Belastungen während der Bearbeitung (dynamische Verformungskräfte) entstehen, aufnehmen. Verformungskräfte werden von den Antriebs- und den Arbeitselementen auf die Trägerelemente übertragen. Zu den Trägerelementen zählen der Maschinenkörper und die Führungen. Bei Maschinenkörpern handelt es sich zumeist um gegossene oder geschmiedete Metallkonstruktionen, die aus Gründen der Gewichtsersparnis in Schalenbauweise ausgeführt sind. Nach der Bauweise können Maschinenkörper in Gestelle, Ständer, Säulen, Portale und Maschinenbetten unterschieden werden73 . Die Wahl der geeigneten Bauweise erfolgt anhand der sich aus der Bearbeitungsaufgabe ergebenden Bean-
72 Von manchen Autoren werden Übertragungselemente als eine weitere Kategorie gesondert betrachtet. Vgl. Graf!, H.: Technik in Übersichten, Köln 1980, S.113; Schiemenz, S. 48; vgl. zum Aufbau des Bearbeitungssystems weiterhin Autorenkollektiv: Einsatzmöglichkeiten numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen in Klein- und Mittelbetrieben, Berlin/Köln/Frankfurt am Main 1974, S. 30. 73 Vgl. Mayer/Demleitner, S. 10.
11. Systemth eoretisch e Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
79
74 spruchungen des Maschinenkörpers . Führungen wirken auf die Arbeits ngen Bewegu deren Gestalt elemen te ein, indem sie durch ihre geometrische definieren.
Tragerel emente
." 1aschlne nkörper
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Steuerun gssystem
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Arbeitse lemente
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Energie Betrieb s- und Abfallst offsyste m
Materia l Informa tion
Abb. C-7: Aufbau des Bearbeitungssystems istisch. Vgl. Weck, 74 So sind beispielsweise Maschine nbetten für Drehmas chinen charakter Werkzeu gmaschin en I, S. 142.
80
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Aufgabe der Antriebselemente ist es, die Relativbewegung zwischen Werkzeug und Werkstück zu erzeugen. Der Motor sorgt für die Umwandlung elektrischer Energie in eine gleichförmige Drehbewegung75 . Diese Bewegungen wird, da sie vor der Bearbeitung noch umgewandelt werden muß, als Grundbewegung bezeichnet. Die Art des zu wählenden Motors hängt von der speziellen Antriebsaufgabe ab. Beispielsweise sind Elektromotoren hinsichtlich des Wirkungsgrads bei stark wechselnden Belastungen im Vorteil, während sich hydraulische Motoren durch hohes Beschleunigungsvermögen auszeichnen und sich damit für häufiges Abbremsen und Wiederanfahren der Maschine eignen76. Getriebe dienen zur Weiterleitung und Umwandlung der Grundbewegung in die für die Bearbeitung benötigte Effektivbewegung. In Werkzeugmaschinen werden sie zur Anpassung der Drehzahl der Antriebsmotoren an die Arbeitsdrehzahl (gleichförmig übersetzende Getriebe) und zur Erzeugung geradliniger Vorschubbewegun~en des Werkzeugs (ungleichförmig übersetzende Getriebe) verwendet 7 . Die gleichförmig übersetzenden Getriebe gliedern sich in gestufte und stufenlose Getriebe. Während die ersteren nur eine endliche Anzahl von Drehzahlen zwischen zwei Grenzwerten erzeugen können (diskrete Drehzahlwahl), kann bei letzteren die Zwischendrehzahl beliebig gewählt werden (kontinuierliche Drehzahlwahl). Stufenlos schaltbare Getriebe gestatten die verzögerungsfreie Einstellung der jeweils günstigsten Schnittgeschwindigkeit und damit die Optimierung der Intensität sowie die Verkürzung der Nebennutzungszeiten78 . Sie werden vor allem bei Universalmaschinen verwendet. Nachteilig sind, im Vergleich zu gestuften Getrieben, ihr geringerer Wirkungsgrad, die höhere Verschieißanfälligkeit sowie das größere Bauvolumen, welches insgesamt einen größeren Platzbedarf bei der Aufstellung der Maschine zur Folge hat. 75 Dabei kann entweder ein einziger Motor alle Baugruppen antreiben (mechanische Verzweigung) oder jede einzelne Bewegung von separaten Motoren erzeugt werden (elektrische Verzweigung). Vgl. Wille, S. 39 f. 76 Vgl. Weck, M.: Werkzeugmaschinen, Band 2, Konstruktion und Berechnung, 3. Auflage, Düsseldorf 1985, S. 243; vgl. zu Motoren weiterhin Simon, W.: Die numerische Steuerung von Werkzeugmaschinen, 2., völlig neubearbeitete Auflage, München 1971, S. 151 ff. 77 Vgl. Charchut, W./Tschätsch, H.: Werkzeugmaschinen, 5., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, München/Wien 1984, S. 98. 78 Unter Nebennutzungszeiten werden solche Zeiträume verstanden, innerhalb derer allgemeine Verrichtungen zur Vorbereitung der eigentlichen Zweckerfüllung eines Betriebsmittels, welche während der Hauptnutzungszeit erfolgt, vorgenommen werden. Vgl. dazu REFA: Methodenlehre des Arbeitsstudiums, Teil 2, Datenermittlung, München 1978, S. 31.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
81
Gestufte Getriebe weisen demgegenüber eine geringere Flexibilität auf, sind aber dafür billiger in der Herstellung79 . Zu den Arbeitselementen werden hier diejenigen Einrichtungen gerechnet, die an der Relativbewegung, durch welche die gewünschte Einwirkung auf das Werkstück erzielt wird, unmittelbar beteiligt sind. Hierzu zählen Werkzeuge und die technischen Komponenten, die zur Aufnahme von Werkzeugen und -stücken benötigt werden. Das Werkstück selbst ist dagegen kein Arbeitselernent, sondern Gegenstand der Bearbeitung. Das Arbeitselement, welches die Verbindung zwischen Werkzeug und Maschine herstellt, wird als Werkzeugträger bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein maschinenintegriertes Teil, welches die durch das Getriebe erzeugte Bewegung aufnimmt und an das Werkzeug weitergibt80 . Die Bewegung des Werkzeugträgers wird durch die Führungen und durch Steuerbefehle eindeutig definiert. Es lassen sich starre und flexible Werkzeugträger unterscheiden. Starre Werkzeugträger können lediglich ein einziges Werkzeug aufnehmen, während flexible Träger die Unterbringung mehrerer Werkzeuge ermöglichen81 , wodurch sich erhebliche Rüstzeitreduzierungen erzielen lassen. Bei Drehmaschinen ist der Werkzeugträger als Schlitten, bei Bohr- und Fräsmaschinen als Arbeitsspindel ausgebildet. Das Werkzeug selbst ist diejenige Komponente, die dem Werkstück durch direkten physischen Kontakt seine endgültige Form verleiht. Genaugenommen ist auch das Werkzeug kein fester Bestandteil des Bearbeitungssystems. Die Einwirkung auf den Arbeitsgegenstand kann indessen nur mit seiner Hilfe erzielt werden, so daß es in funktionaler Sicht als Arbeitselement aufzufassen ist. Das Werkzeug überträgt Information und Energie auf das Werkstück, indem es ihm seine vorgesehene Gestalt verleiht. Der Werkzeugbegriff umfaßt ein außerordentlich weites Spektrum technischer Gerätschaften mit zum Teil völlig unterschiedlichen technischen und ökonomischen Eigenschaften, so daß eine ausführlichere Beschäftigunf mit diesem Gegenstand im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen würde8 . Es sei hier
79 Vgl. Charchut/Tschätsch, S. 56. 80 Vgl. Weck, Werkzeugmaschinen 1, S. 432. 81 Vgl. Dillmann, K.: CNC-Drehautomaten, Landsberg am Lech 1988, S. 25 f. 82 Vgl. ausführlich zu Werkzeugen Vollmer, H./Wille, H.: Ne-Organisation für Produktionsbetriebe: Leitfaden für die Integration numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen in Produktionsbetrieben, herausgegeben und erarbeitet vom IFAO, München/Wien 1985, S. 89 ff.; Bruins, D. H./Dräger, H.-J.: Werkzeuge und Werkzeugmaschinen für die spanende 6 Moroff
82
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
lediglich erwähnt, daß die Entwicklung neuerer Werkzeugmaschinen zur Entstehung neuer Kategorien von Werkzeugen geführt hat. Neben die herkömmlichen einteiligen Werkzeuge sind modular aufgebaute Werkzeugsysteme, welche sich aus den Komponenten WerkzeughaIter, Schneidenträger und Schneide zusammensetzen, getreten83 . Durch genormte Werkzeughalter, welche in die Werkzeugaufnahme eingesetzt werden, kann die Anzahl unterschiedlicher Komponenten begrenzt werden. Überdies erweitern deren vielfältige Kombinationsmöglichkeiten den Einsatzbereich von Werkzeugsystemen beträchtlich. Analog zu Werkzeugträgern existieren mit der Maschine fest verbundene Werkstückträger, welche zur Bewegung des Werkstücks entlang exakt definierter Bahnen dienen84 . Ein- und Ausgangsgrößen dieser Systemkomponente gleichen von ihrer Struktur her den entsprechenden Größen bei den Werkzeugträgerelementen. So finden auch hier Bewegungsinformationen von den Führungen und vom Steuerungssystem ebenso wie die vom Antriebssystem kommende Bewegungsenergie Eingang und werden dem Werkstück übermittelt. bb) Steuerungssystem Nach DIN 19226 wird ein Vorgang, bei dem eine oder mehrere Eingangsgrößen eines Systems eine oder mehrere Ausgangsgrößen nach systemimmanenten Gesetzmäßigkeiten beeinflussen, als Steuerung bezeichnet85 . Neben dem Vorgang kennzeichnet dieser Ausdruck aber auch die technische Einrichtung, in der Steuerungsvorgänge ablaufen86 . Charakteristisch für die Steuerung ist der Umstand , daß der gesteuerte Prozeß (Steuerstrecke) nicht auf das steuernde Element zurückwirkt, weil keine Informationen über das Steuerungsergebnis zum steuernden Element Metallbearbeitung, Teil 1: Werkzeuge und Verfahren, Neubearbeitung in 2 Teilen, München/Wien 1984; Mostafa, S. 12 ff. 83 Vgl. ausführlich zu Werkzeugsystemen Kief, H.: NC/CNC-Handbuch '89, Michelstadt 1989, S. 326 ff. 84 Daneben gibt es auch austauschbare Werkstückträger, die nicht fest mit der Maschine verbunden sind. Hierbei handelt es sich indessen - funktional betrachtet - um Elemente des Werkstückflußsystems. Sie werden daher auch erst in Kapitel C.I1.2.b )cc) besprochen. 85 Vgl. DIN 19226 (überarbeitete Fassung): Regelungstechnik und Steuerungstechnik, Teil 4:
Regelungs- und Steuerungstechnik, Berlin 1988, S. 8. 8 Vgl. Stute, G.: Steuerungen, in: Beitz, W./Küttner, K. H. (Hrsg.): Dubbel, Taschenbuch für den Maschinenbau, 16., korrigierte und ergänzte Auflage, Berlin u.a. 1987, S. S 135. Steuerung im gerätetechnischen Sinn ist also die Zusammenfassung der zur Steuerung im funktionalen Sinn erforderlichen Einrichtungen. B~riffe,
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
83
(Stellglied) zurückgelangen87 . Die Auswirkungen eventuell auftretender Störgrößen auf das Prozeßergebnis (Steuergröße) können also nicht durch eine entsprechende Veränderung der Eingangsgröße der Steuerstrecke (Stellgröße) kompensiert werden. Darin unterscheidet sich die Steuerung von der Regelung, bei der das Prozeßergebnis (Regelgröße) mit der angestrebten Führungsgröße verglichen wird und in Abhängigkeit vom Ergebnis dieses Vergleichs eine selbsttätige Regulierung in Richtung des Sollwerts erfolgt88 . Im Gegensatz zu gesteuerten Systemen sind geregelte Systeme ohne ständigen Eingriff von außen beherrschbar, was eine zentrale Voraussetzung für automatisierte Fertigung darstellt. Die theoretisch klare Unterscheidung zwischen Steuerung und Regelung wird in der Praxis verwischt, weil dort teilweise auch solche Einrichtungen als Steuerungen bezeichnet werden, bei denen es sich in Wirklichkeit um Regelungen im oben beschriebenen Sinne handelt89 . Daher wird hier, im Einklang mit DIN 19237, die Steuerung im gerätemäßigen Sinn als übergeordneter Sachverhalt angesehen, welcher die Steuerung im funktionalen Sinn und die Regelung umfaßt. Steuerungen können in Handsteuerungen und automatische Steuerungen unterteilt werden. Bei Handsteuerungen erfüllt der Bediener die Funktion der Steuereinrichtung90 . Während des gesamten Fertigungsvorgangs ist seine Anwesenheit erforderlich, da die einzelne.n Arbeitsschritte nacheinander manuell initiiert werden müssen91 . Demgegenüber wird bei automatischer Steuerung mit Hilfe einer künstlichen Steuereinrichtung, di~ das Stellglied betätigt, nach einer vorgegebenen Gesetzmäßigkeit auf die Steuerstrecke eingewirkt92 . Steuer- und Regeleinrichtungen bilden in automati87 Vgl. dazu DIN 19226 (überarbeitete Fassung): Regelungstechnik und Steuerungstechnik, Teil 1: Begriffe, Allgemeine Grundlagen, Berlin/Köln 1984. 88 Vgl DIN 19226, Begriffe, S. 7. 89 Stute weist zu Recht darauf hin, daß die enge Fassung des Steuerungsbegriffs heute nicht mehr aufrechtzuerhalten ist und schlägt stattdessen eine weite Auslegung vor, wie sie in der DIN-Norm 19237 vorgesehen ist. Vgl. Stute, Steuerungen, S. S 137; DIN 19237: Steuerunrotechnik: Begriffe, Vomorm, Berlin/Köln 1980, S. 1. o Die Steuereinrichtung ist derjenige Teil des Wirkungswegs, der die aufgabengemäße Beeinflussung der Strecke über das Stellglied bewirkt. Vgl. DIN 19226, Regelungstechnik, S. 13. 91 Vgl. Wagner, F. u.a.: Technik und Programmierung von Ne-Maschinen, 2., durchgesehene Auflage, Stuttgart 1983, S. 7. 92 Vgl. Graf[, S. 143.
84
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
sehen Steuerungssystemen eine konstruktive Einheit. Automatische Steuerungen werden hier in konventionelle und numerische Steuerungen unterteilt. Bei den konventionellen Steuerungen lassen sich nach dem physikalischen Prinzip, mittels dessen Speicherung und Übermittlung der Steuerbefehle erfolgen, mechanische, hydraulische, pneumatische und elektrische Steuerungen unterscheiden93 . Die Gliederung der automatischen Steuerungen geht aus Abbildung C-8 hervor. Automatische steuerungen I
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Abb. C-8: Arten automatischer Steuerungen
Mechanische Steuerungen lösen die einzelnen Arbeitsschritte durch mechanische Speicherelemente wie Z.B. Kurvenscheiben und -trommeln aus. Da ihre äußerliche Gestalt unveränderlich ist, müssen solche Speicherelemente bei jedem Erzeugniswechsel ausgetauscht werden, was zwangsläufig zu längeren Produktionsunterbrechungen führt. Aufgrund dieses Umstands kommen mechanische Steuerungen nur bei gleichbleibenden Produktionsverhältnissen in Betracht94 . Hydraulische und pneumatische Steuerungen nutzen Hydrauliköl bzw. Druckluft als Medium und arbeiten mit Druck als Stellgröße. Aufbau und Regulierung des Drucks werden mit Hilfe von Servopumpen und druckgesteuerten Ventilen sichergestellt95 . Als Informationsgeber fungiert dabei ein maßstabsgetreues Modell des Erzeugnisses. Es wird von einem Fühler 93 Vgl. Simon, Steuerung, S. 1. 94 Vgl. Glantschnig, F.: Flexibilität bei zunehmender Automation in der Fertigung, in: 10, 41. J~. 1972, S. 227 ff. 9 Vgl. Paovic, B.: Werkzeugmaschinen, Braunschweig 1984, S. 150 ff.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
85
abgetastet, dessen Bewegungen verstärkt und an die zu bewegenden Maschinenkomponenten weitergegeben werden. Dieses Steuerungsverfahren erfordert einen beträchlichen Aufwand für das Auswechseln, Einrichten und Lagern der Modelle, so daß es ebenfalls möglichst gleichbleibende Produktionsverhältnisse voraussetzt96 . Die nächste Entwicklungsstufe wird durch elektrische Steuerungen verkörpert, deren einfachste Bauform die Nockensteuerung ist. Inhalt und Abfolge der Schaltvorgänge sind hier durch eine definierte räumliche Anordnung von Nocken, welche bei Erreichen einer bestimmten Position einen Schalter betätigen, auf rotierenden Walzen oder Leisten festgelegt. Beim Erzeugniswechsel werden die Nockenleisten aus Gründen der Zeitersparnis zumeist komplett ausgewechselt, wobei gleichwohl immer noch erhebliche Stillstandszeiten entstehen97. Neben die Nockensteuerungen treten die Programmsteuerungen als zweite Untergruppe der elektrischen Steuerungen. In ihnen wird die Abfolge einzelner Schritte durch elektrische Verknüpfung mittels Relais oder Halbleiterelementen gespeichert98 . Programmsteuerungen haben erstmals die Automatisierung komplexer Fertigungsprozesse ermöglicht. Sie werden aber zunehmend durch die nunmehr zu behandelnden numerischen Steuerungen ersetzt. Die wichtigste Kategorie automatischer Steuerungen sind die numerischen Steuerungen. Ihr zentrales Merkmal, aus dem sich auch die Bezeichnung herleitet, besteht darin, daß die gewünschten maschinellen Abläufe in ein aus Zahlen zusammengesetztes Befehlssystem übertragen werden 99 . Bis in die siebziger Jahre erfolgte die Informationsverarbeitung in numerisch gesteuerten Maschinen durch festverdrahtete Funktionsbausteine. Diese ursprüngliche Form der numerischen Steuerungen wird auch kurz Ne (~umerical ~ontrol) genannt.
96 Vgl. SChiemenz, S. 55. 97 Vgl. Kie[, CNC-Handbuch, S. 22. 98 Vgl. Weck, M.: Automatisierung der Fertigung, in: Brankamp, K. (Hrsg.): Handbuch der modemen Fertigung und Montage, München 1975, S. 221. 99 Vgl. dazu Kreikebaum, H.: Die Auswirkungen der Einführung numerisch gesteuerter Werkzeugmaschinen auf die Unternehmensorganisation, in: ZfB, 38. Jg. 1968, Ergänzungsheft I, S. 34 f.
86
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Durch den Einsatz frei programmierbarer Rechner als zentrale Steuerelemente anstelle verdrahteter Schalt-und Logikbausteine entstand die CNC (~omputerized Numerical ~ontrol), also die rechnergeführte numerische SteuerunglOO • Der wohl bedeutsamste Unterschied zur herkömmlichen NC ist der Ersatz des externen Datenträgers durch einen maschinenintegrierten Programmspeicher mit veränderlichem Inhalt lOl • Da jeder Programmschritt direkt am Bildschirm verfolgt werden kann, ist eine permanente Kontrolle des Fertigungsablaufs möglich. Ferner macht die maschineninterne Speicherung von Teiieprogrammenl02 eventuelle Wiederholungen des Einlesevorgangs überflüssig. Zudem ermöglicht die freie Programmierbarkeit des Rechners Pr0/f:rammänderungen direkt an der Maschine und bei laufender Produktion 1 3. Diese Eigenschaften tragen zur außerordentlich hohen Flexibilität von CNC-Maschinen bei. Seit Beginn der achtziger Jahre sind nahezu alle angebotenen numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen mit CNC ausgerüstet, so daß die Unterscheidung zwischen NC und CNC weitgehend bedeutungslos geworden ist lO4 • Nachdem die verschiedenen Bauformen automatischer Steuerungen erläutert wurden, werden auf der folgenden Seite in Abbildung C-9 am Beispiel einer CNC-Maschine Struktur und Beziehungen des automatischen Steuerungssystems zu anderen Subsystemen dargestellt. 100 Vgl. Laßmann, G./Maßberg, W./Rademacher, M.: Entwicklungsstand und Wirtschaftlichkeit der CNC-Technik unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitszeitflexibilisierung, in: Glaubrecht, H./Wagner, D. (Hrsg.): Humanität und Rationalität in Personalpolitik und Personalführung, Beiträge zum 60. Geburtstag von Ernst Zander, Freiburg im Breisgau 1987, S. 336. Vgl. zur Entwicklung der NC-Technik Stute, Werkzeugmaschinen, S. S 91 ff.; Pritschow, G.: Flexible Fertigungssysteme - Bausteine der automatisierten Produktion, in: Horvath, P. (Hrsg.): Wirtschaftlichkeit neuer Produktions- und Informationstechnologien, Stuttgart 1988, S.75. 101 Vgl. Wamecke, H.-J./Lederer, K. G.: EDV-gesteuerte Fertigungskonzepte: Stand und Entwicklungstendenzen, in: Maschinenmarkt, 83. Jg. 1977, S. 1311. 102 Unter einem Teileprogramm versteht man eine Abfolge von Befehlen, die zur Herstellung eines Werkstücks benötigt wird. Vgl. Wagner u.a., S. 26. 103 Vgl. hierzu Priewe, J.: Im Mittelpunkt die Maschine, in: Management-Wissen, o.Jg. 1988, Nr. 11, S. 65; Kreikebaum, H.: Humanisierung der Arbeit und technologische Entwicklung, in: Kreikebaum, H. (Hrsg.): Industriebetriebslehre in Wissenschaft und Praxis, Festschrift für Theodor Ellinger zum 65. Geburtstag. Berlin 1985, S. 52. 104 Vgl. Lay, G./Balfa, M./Lemmermeier, L.: Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von CNC-Drehmaschinen unter organisatorischen Gesichtspunkten, Karlsruhe 1983, S.5. Wenn im folgenden von numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen die Rede ist, sind damit stets CNC-Maschinen gemeint.
11. System theoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
87
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Abb. C-9: Aufbau des Steuerungssystems
Bei CNC-Maschinen können Teileprogramme entweder manuell oder aber von einem zentralen Rechner direkt oder mittels eines Informationsträgers in die Eingabeeinheit eingespeist werdenlOS. Aus diesem Systemelement werden die Teileprogramme in den CNC-Rechner übernommen und dort, getrennt nach Weg- und Schaltinformationen, gespeichert und weiterverarbeitet. Weginformationen sind für die Steuerung der jeweils mit einem separaten Vorschubantrieb versehenen Achsen notwendig. Zu diesem Zweck müssen sie im Interpoiator106 zu Sollwerten für die Achsbewegungen umgeformt werden, um anschließend in den Vergleicher einzu105 In diesem Fall spricht man von DNC-Systemen, aufweiche in Kapitel C.II.2.b)gg) noch näher eingegangen wird. 106 Da die Bewegungen nur schrittweise, d.h. in diskreten Intervallen, gesteuert werden können, muß der tatsächliche Bewegungsablauf interpoliert werden.
88
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
fließen. Der Vergleicher löst relativ leistungsschwache Steuersignale aus, weIche vor der Weiterleitung erst verstärkt werden müssen, damit sie die für die Aktivierung des Vorschubantriebs nötige Leistungsstärke aufweisen l07 . Das Wegmeßsystem greift die Achsbewegungen ab und meldet die Ergebnisse an den Vergleicher zurück, der gegebenenfalls korrigierende Steuersignale auslöst. Die Schaltinformationen gelangen zunächst zur Anpaßsteuerung, weIche die Schnittstelle zwischen CNC und dem Bearbeitungssystem bildet. Die Anpaßsteuerung verknüpft die Schaltinformationen mit vom Bearbeitungssystem eintreffenden Rückmeldungen und erzeugt daraus maschinengerechte Schaltimpulse108 • Wie aus Abbildung C-9 ersichtlich wird, ist das Steuerungssystem mit weiteren Subsystemen durch ein- und ausfließende Informationsströme verbunden, deren Zusammenwirken es auf diese Weise in begrenztem Umfang koordinieren kann. cc) Werkstückflußsystem Verkürzte Bearbeitungszeiten durch höhere Zerspanleistungen und gleichzeitig schrumpfende Losgrößen haben bei höher automatisierten Werkzeugmaschinen zu einem starken Anstieg des Anteils werkstückbedingter Rüst-, Nebennutzungs- und Brachzeiten und damit zu einer Verschlechterung der Auslastung geführt 109• Diese Verschiebungen beeinträchtigen nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern wirken sich auch nachteilig auf die Arbeitsinhalte des Maschinenbedieners aus. Er wird zunehmend mit körperlich anstrengenden und als monoton empfundenen Tätigkeiten belastet. Aus diesen Gründen wird vielfach nach Möglichkeiten zur 107 Vgl. Bmins, D. H./Dräger, H.-J.: Werkzeuge und Werkzeugmaschinen für die spanende Metallbearbeitung, Teil 2: Maschinenteile, Steuerungen, Aufstellung, Neubearbeitung in 2 Teilen, München/Wien 1984, S.162. Der Verstärker wird auch als Leistungsteil bezeichnet. Vgl. [FAO (Hrsg.): CNC-Ausbildung für die betriebliche Praxis, Teil 1: Grundlagen, 2., erweiterte Auflage. München/Wien 1986, S. 49. 108 Vgl. Witte, S. 179. 109 Vgl. Warnecke, H.-J./Rößner, W.: Bessere Nutzung von NC-Bearbeitungszentren durch Palettenwechsel- und Speichereinrichtungen, in: wt, 70. Jg. 1980, S.181; Nyhuis, F.: Analyse von Rüstzeiten als Basis zur Verbesserung von Maschinennutzung und Durchlaufzeit, in: VDI (Hrsg.): Methodik und Praxis der Durchlaufzeitverkürzung in der Einzel- und Kleinserienfertigung, Düsseldorf 1985, S. 147 f. Die Kapazitätsauslastung wird durch den Hauptnutzungsgrad als Verhältnis aus Hauptnutzungszeit und gesamter Belegungszeit ausgedrückt, der erkennen läßt, in welchem Maß das Fertigungssystem im Sinne seiner Zweckbestimmung genutzt wird. Vgl. REFA, Datenermittlung, S. 433. Der Hauptnutzungsgrad verschlechtert sich ceteris paribus mit wachsendem Anteil von Rüst-, Nebennutzungs- und Brachzeiten.
89
11. System theoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
Automatisierung des Werkstückflusses gesucht. Die Automatisierung der Werkstückhandhabung betrifft alle Vorgänge, die den Werkstückfluß im Fertigun~ssystem bewirken, insbesondere den automatischen Werkstückwechsel 1 o. In Abbildung C-lO sind die informations- und materialflußseitigen Verknüpfungen innerhalb und außerhalb des Werkstückflußsystems graphisch dargestellt.
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Abb. C-10: Aufbau des Werkstückflußsystems
Aufgrund unterschiedlicher technischer Anforderungen ist beim Werkstückwechsel zwischen rotationssymmetrischen und prismatischen Teilen zu unterscheiden. Für die Automatisierung dieser Funktion wurden daher verschiedene technische Lösungen erforderlich, wie die folgenden Ausführungen verdeutlichen.
110 vgl. Wamecke, Fertigung, S. 141. Unter automatischem Werkstückwechsel versteht man die selbsttätige Beschickung der Maschine aus dem Werkstückspeicher sowie die Rück-
führung der bearbeiteten Teile in den Speicher. Vgl. Kiel, CNC-Handbuch, S. 414.
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C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Die Zuführung rotationssymmetrischer Werkstücke übernimmt ein automatischer Werkstückwechsler, indem er sie aus einer definierten Übergabeposition außer halb des Bearbeitungssystems entnimmt und in den Arbeitsraum einführt ll1 . Zur Speicherung und zur Sicherung der Übergabeposition werden die Werkstücke in einem Werkstücksreicher, der in den meisten Fällen als Magazin ausgebildet ist, bereitgestellt1 2. Im Arbeitsraum sind sie in einer eindeutig definierten räumliche Lage zu sichern. Träger dieser Funktion, die als "Spannen" bezeichnet wird, sind die Spannzeuge, die ein wichtiges Bindeglied zwischen Bearbeitungssystem und Werkstück darstellen. Sie zählen zu den Vorrichtungen, welche als eigenständire Gruppe von Betriebsmitteln neben Werkzeugen und Maschinen stehen1 3. Spannzeuge für die Bearbeitung rotationssymmetrischer Werkstücke werden als Spannfutter bezeichnet. Sie fixieren das Werkstück nach dessen Einwechseln in die Arbeitsspindel 114 . Die Automatisierung des Wechselvorgangs ist bei prismatischen Werkstücken wegen ihrer Vielgestaltigkeit wesentlich schwieriger zu bewerkstelligen. Zur Lösung dieses Problems wurden sogenannte Paletten entwickelt. In funktionaler Sicht handelt es sich dabei um bewegliche Werkstückträger mit standardisierten Außenmaßen, die neben Handhabungs- und Förderfunktionen auch Speicherfunktionen wahrnehmen können. Sie ermöglichen mit einer einzigen Aufspannung die Bearbeitung eines Werkstücks auf verschiedenen Maschinen. Das Spannen prismatischer Werkstücke auf Paletten erfordert häufig den Einsatz komplizierter, an die jeweilige Teilegeometrie 111 Vgl. Weck, M.: Roboter - Bausteine der Automatisierung an Werkzeugmaschinen, in: Industrie-Anzeiger, 111. Jg. 1989, Nr.25, S. 10 f. Der Rückführvorgang läuft in umgekehrter Richtung mit den fertig bearbeiteten Werkstücken ab. 112 Einen Überblick über die Gestaltungsmöglichkeiten von Werkstückspeichern für rotationssymmetrische Teile findet sich bei Althoff, U.: Werkstückmagazine an automatisierten Werkzeugmaschinen, in: VDI (Hrsg.): Technische Voraussetzungen zur besseren Nutzung von Produktionsanlagen, Düsseldorf 1985, S. 78 ff. und Ganiyusufoglu, S. 24. 113 Vgl. dazu Mauri, H.jJung, A./Schimitzek, G.: Vorrichtungen, Band 1, Einteilung, Funktionen und Elemente der Vorrichtungen, 11., völlig neubearbeitete und eIWeiterte Auflage, Berlin u.a. 1986, S.2. Dort werden Vorrichtungen als "an die Werkstücke gebundene Fertigungsmittel" definiert. In diesem Werk werden auf S. 46 ff. auch die Bauformen von Spannzeugen ausführlich behandelt. Vgl. zum Vorrichtungsbegriff weiterhin VDI: Elektronische Datenverarbeitung bei der Produktionsplanung und -steuerung, Band 10, Rationelle Planun!J von Vorrichtungen, Düsseldorf 1980, S. 6. 14 Vgl. IFAO, S.19. Bei bereits außerhalb der Maschine vorgespannten Werkstücken kann auch das komplette Spannfutter ausgewechselt werden. Vgl. Bruins/Dräger, Maschinenteile, S. 208.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
91
angepaßter Spannmittel, welche aus Kostengründen nach dem Baukastenprinzip konstruiert sind 115 . Am Bearbeitungssystem ist eine Wechseleinrichtung angebracht, die die Paletten sukzessive von der Wartestation in den Arbeitsraum befördert und nach der Bearbeitung wieder herausführt. Zusätzliche maschinenintegrierte Paleuenspeicher ermöglichen Aufspannung und Lagerung einer größeren Anzahl von Werkstücken vor Ort. Sowohl für Wechseleinrichtungen als auch für Palettenspeicher wurden die unterschiedlichsten konstruktiven Lösungen gefunden116. Den hohen Kosten automatischer Werkstückwechseleinrichtungen steht eine Reihe von Vorteilen gegenüber: Das Vorspannen von Werkstücken außerhalb des Arbeitsraums ermöglicht die Erhöhung des Hauptutzungsgrads, da es parallel zur laufenden Bearbeitung erfolgen kann. Dadurch läßt sich die Nebenzeit auf die Dauer des eigentlichen Wechselvorgangs reduzieren und die menschliche Arbeitszeit vom Arbeitstakt der Maschine entkoppeln. Psychische und physische Belastungen des Maschinenbedieners können auf diese Weise erheblich verringert werden. Darüber hinaus ermöglichen Werkstückspeicher die Pufferung von Roh- und Fertigteilen und damit die unbeaufsichtigte Fortsetzung der Fertigung in Pausen sowie gegebenenfalls während mannarmer oder mannloser Schichten117. Zudem wird mit dem automatischen Werkstückwechsel eine wesentliche Voraussetzung zur Integration einzelner Bearbeitungsstationen zu verketteten Mehrmaschinensystemen wie flexiblen Fertigungssystemen geschaffen 118. Bei Mehrmaschinensystemen erstreckt sich die Automatisierung des Werkstückflusses zusätzlich auf Transport und Lagerung der Werkstücke. Durch Werkstücktransport- und -übergabeeinrichtungen können Werkzeugmaschinen untereinander und gegebenenfalls mit einem zentralen 115 Vgl. VDI, S. 63 ff. Spannzeuge für prismatische Teile werden hier als Spannmittel bezeichnet. 116 Vgl. zur Gestaltung von Wechseleinrichtungen Hemnann, P./Pferdmenges, R: Flexible Fertigungskonzepte, in: VDI-Z, 122. Jg. 1980, S.669; Kief, H.: Flexible Fertigungssysteme '89/90, Michelstadt 1989, S. 9.8; vgl. zu Palettenspeichern Althoff, S. 82 f. 117 Vgl. Wamecke, Produktionsbetrieb, S. 462. Allerdings wird bei unbeaufsichtigter Fertigung eine größere Anzahl von Paletten und Spannzeugen erforderlich, wodurch zusätzliche Kosten entstehen. Vgl. Thiel, W.: Werkstück-Beschicken und Werkstück-Spannen bei hoher Flexibilität, in: Tuffentsammer, K. u.a. (Hrsg.): Flexibles Fertigungssystem, Beiträge zur Entwicklung des Produktionsprinzips, Weinheim 1988, S. 31. 118 Vgl. Wanger, J.: Integration der Werkzeugmaschine in einen CIM-Verbund, in: wt, 77.Jg.1987,S.549.
92
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Werkstücklager verkettet werden. Je nach Anwendungsbereich des Mehrmaschinensystems finden sich unterschiedliche Verkettungsprinzipien. Bei starrer Verkettung sind Richtung und Abfolge der verketteten Stationen fest vorgegeben, bei loser oder variabler Verkettung dagegen frei wählbar 119 Äußeres Merkmal der starren Verkettung ist eine automatisch arbeitende Fördereinrichtung, welche die Werkstücke in einer Richtung und in festem Takt von Station zu Station befördert. Variable Verkettung ist dagegen durch Wahlfreiheit hinsichtlich Richtung und Sequenz des Materialflusses gekennzeichnet. Die Fördermittel sind dabei voneinander unabhänf:i~, und es können an einzelnen Stationen Pufferlager gebildet werden 2. Bei Innenverkettung führt der Weg der Werkstücke durch den Arbeitsraum der materialflußseitig verknüpften Bearbeitungseinrichtungen, während sie bei Außenverkettung an diesen vorbeigeführt werden. Innenverkettung wird in erster Linie mit Fließbändern, Außenverkettung vor allem mit Rollbahnsystemen oder fahrerlosen Transportsystemen (FTS) realisiert 121. Bei Außenverkettung muß an der Schnittstelle zwischen maschinennahem Werkstückspeicher und Werkstücktransporteinrichtung eine Übergabeeinrichtung installiert sein, welche die Übernahme der Rohteile in den Speicher und die Rückführung der Fertigteile zur Transporteinrichtung selbsttätig ausführt 122. Die Transporteinrichtung befördert ihrerseits Paletten von einer Bearbeitungsstation zur nächsten und nach Abschluß des Fertigungsprozesses zurück zur Entladestation, wo die bearbeiteten Teile entspannt werden 123. Der Wechselvorgang an einzelnen Werkzeugmaschinen wird 119 Vgl. Spur, G.: Verkettung von Betriebsmitteln, in: HWProd, hrsg. von W. Kern, Stuttgart 1979, Sp. 2122 f.; vgl. zu den Eigenschaften verschiedener Verkettungsformen Hesse/Zapf, S. 17 ff. 120 Vgl. Blanck, 0.: Entwicklung, Fertigung, Qualitätssicherung, 2., aktualisierte Auflage, Ehninrn 1989, S. 75. 12 Vgl. dazu Daum, M.: Transportsysteme für die Fabrik von morgen, in: wt, 78. Jg. 1988, S. 687 ff. Vgl. zu den Vor- und Nachteilen verschiedener Bauformen von Transporteinrichtunfen Junghanns. S. 74 f. 22 Vgl. Gunsser, P.: Flexibel automatisierter Materialfluß, in: VDI (Hrsg.): Praxis der FFS, Düsseldorf 1985, S. 61. Alternativ dazu sind integrierte Lösungen realisiert worden, bei denen bewegliche Industrieroboter für Transport- und Beschickungsaufgaben verwendet werden. Vgl. Hemnann, Fertigungskonzepte S. 625. 123 Zur Vereinfachung wird hier davon ausgegangen. daß Entladestation, Vorrichtungslager, Rüstplätze zum Auf- und Entspannen der Werkstücke sowie Roh- und Fertigteillager in einem zentralen Werkstücklager zusammengefaßt sind. Natürlich sind auch andere räumliche Strukturen, beispielsweise mit dezentraler Werkstückspannung, Trennung von Rüst- und Entladevorgängen etc. vorstellbar. Vgl. zu alternativen Werkstückflußsstrukturen und deren Eigenschaften Fellen, K.: Der Werkstückfluß in einem Fertigungssystem zur Rotationsteile-
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
93
durch das Steuerungssystem initiiert und überwacht, während die Transportsteuerun§ die Steuerung der Transport-und Übergabevorgänge übernimmt 12 . Da die Werkstückspannung in der Regel noch manuell abgewickelt wird, muß die Transportsteuerung über eine Ein- und AusgabeschnittsteIle verfügen, mit deren Hilfe dem Personal Rüstanweisungen übermittelt und in die Fertigmeldungen eingegeben werden können. Die Paletten sind mit einer maschinenlesbaren Codierung versehen, um der Transportsteuerung den permanenten Überblick über ihre Position und ihren Status (beladenjunbeladen) zu ermöglichen 125 • dd) Werkzeugflußsystem Um die seit der Einführung numerischer Steuerungen erheblich verbesserte mechanische Präzision nicht durch wiederholtes Umspannen zunichte zu machen, wird angestrebt, möglichst viele Bearbeitungsgänge in einer Aufspannung durchzuführen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, einen ausreichenden Werkzeugvorrat in Maschinennähe bereitzustellen 126. Überdies zwingen die hohen Anschaffungskosten moderner Werkzeugmaschinen dazu, eine hohe zeitliche Ausnutzung anzustreben. Nachdem der Bearbeitungsvorgang selbst durch automatische Steuerungen erheblich verkürzt werden konnte, rückt zwanj}släufig die Reduzierung der Nebennutzungszeiten in den Vordergrund 1 . In diesem Zusammenhang richten sich die Automatisierungsbestrebungen auch auf den Werkzeugfluß. Der Werkzeugfluß läßt sich in zwei Teilbereiche zerlegen. Der maschinennahe Bereich beschränkt sich auf das unmittelbare Umfeld des einzelnen Bearbeitungssystems, während der maschinenferne Bereich zusätzlich die im Werkzeugfluß vor- und nachgelagerten Stationen einschließt 128• Auch der Werkzeugfluß kann vollständig durch den Bediener abgewickelt werden. In bearbeitung, in: VDI-Z, 121. Jg. 1979, S. 147 f. Darüber hinaus wird in dieser Arbeit dem Werkstück- und SpannmitteIfluß ein und derselbe Funktionsträger zugeordnet. Eine ähnliche Vorgehensweise wurde von Ganiyusufoglu, S. 19 ff., gewählt. In der Literatur werden Werkstück- und SpannmitteIfluß auch gesondert betrachtet. Vgl. Vollmer/ Wille, S. 119. 124 Vgl. Tüchelmann, Y.: Materialflußautomatisierung in rechnergeführten Flexiblen FertigunEsystemen, in: VDI (Hrsg.): Praxis der FFS, Düsseldorf 1988, S. 246. 1 Vgl. zur PalettencodierungKief, CNC-Handbuch, S. 426; Stute, Steuerungen, S. S 154. 126 Vgl. Tully, H.: Die Anpassung der Werkzeugmaschine an die Aufgaben der automatisierten Fertigung, in: wt, 60. Jg. 1970, S. 419; Jenrich, J.: Bemerkungen zum wirtschaftlichen Einsatz von NC-Maschinen, in: VDI-Z, 121. Jg. 1979, S. 613. 127 Vgl. Perovic, S. 183. 128 Vgl. Erkes, K./Schmidt, H.: Flexible Fertigung, in: VDI-Z, 126. Jg. 1984, S. 581.
94
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
diesem Fall spricht man von manuellem Werkzeugfluß. Im Unterschied dazu ist bei automatisiertem Werkzeugfluß das Werkzeugflußsystem Funktionsträger. Es hat die Aufgabe, "die Werkzeuge art-, zeit-, mengen-, lageund zielrichtig ... ,,129 zum Bearbeitungssystem zu befördern und nach Gebrauch wieder zurückzuführen. Der Aufbau des Werkzeugflußsystems wird aus Abbildung C-ll ersichtlich.
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Abb. C-l1: Aufbau des Werkzeugflußsystems
Gegenstand der Automatisierung im Maschinennahbereich ist der Werkzeugwechsel, der die automatische Beschickung des Bearbeitungssystems mit den für die Bearbeitung eines oder mehrerer Werkstücke benötigten Werkzeugen sowie die Rückführung nicht mehr benötigter Werkzeuge in eine maschinennahe Speichereinrichtung um faßt. Im Rahmen des automatischen Werkzeugwechsels sind also sowohl Wechsel- als auch Speicherfunktionen zu erfüllen. In sogenannten Werkzeugrevolvern, den ältesten Kom129 Viehweger, B.: Planung von Fertigungssystemen mit automatisiertem Werkzeugfluß, Diss., München/Wien 1986, S. 174.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
95
ponenten zur Automatisierung des Werkzeugwechsels, sind Wechsel- und Speicherfunktionen integriert. Werkzeugrevolver bringen verschiedene Werkzeuge durch Schwenken einer drehbaren Vorrichtung, in der sie fest eingespannt sind, sukzessive in Eingriff, haben jedoch konstruktionsbedingt ein sehr beschränktes Speichervolumen und sind daher nur für solche Fertigungsaufgaben, die sich mit wenigen Werkzeugen erfüllen lassen, geeignet. Aus diesem Grund haben sie erheblich an Bedeutung verloren 130 Bei neueren Fertigungskonzepten sind Wechsel- und Speichereinrichtung zumeist getrennt. Dabei ist stets nur ein einziges Werkzeug in der Arbeitsspindei eingespannt. Die währenddessen nicht benötigten Werkzeuge werden in einer am Bearbeitungssystem fest installierten Speichereinrichtung, dem Magazin, abgelegt. Zur Anpassung an die jeweilige Maschinenkonstruktion wurden verschiedene Bauarten wie z.B. Ring-, Trommel-, Scheiben- und Kettenmagazine entwickelt131 . Für den aktuellen Bearbeitungsvorgang nicht benötigte Werkzeuge können im Magazin an beliebigen Plätzen aufbewahrt werden. Um der Steuerung das Auffinden eines bestimmten Werkzeugs im Magazin zu ermöglichen, müssen Werkzeuge und Magazinplätze eindeutig identifizierbar sein. Dies wird erreicht, indem Werkzeuge mit einer maschinenlesbaren Codierung versehen werden132 . Zur Einleitung des Wechselvorgangs wird das Magazin so lange bewegt, bis das einzuwechselnde Werkzeug in der richtigen Position steht. Sodann zieht der Werkzeugwechsler, zumeist als Doppelgreifer ausgebildet 133 , das alte Werkzeug aus der Arbeitsspindel und gleichzeitig das einzuwechselnde Werkzeug aus dem Magazin. Anschließend vollführt er eine Drehung um 180 Grad, um das gebrauchte Werkzeug im Magazin und das neue in der Arbeitsspindel abzusetzen. Als Maßstab für die wechselbedingte Unterbrechungsdauer und damit für die Geschwindigkeit des automatischen Werkzeugwechsels wird die Span-zu-Span-Zeit herangezogen 134 . Neben einer 130 Vgl. Michaelis, D.: Bearbeitungszentren, in: VDI-Z, 121. Jg. 1979, S. 977. 131 Vgl. Freudhofer, F.: NC-Maschinen wirtschaftlich eingesetzt, in: 10, 42. Jg. 1973, S. 16 f.; Weck/Ophey/Fürbaß, S. 547. 132 Vgl. zur Werkzeugcodierung Kochan, D.: CAM - Developments in Computer Integra-
ted Manufacturing, Berlin u.a. 1986, S. 26. 133 Darstellungen des Funktionsprinzips des automatischen Wechselvorgangs mit Doppel-
greifer finden sich unter anderem bei Bruins/Dräger, Maschinenteile, S. 203 f.; Piegert, R.: Schneller im Eingriff, in: Maschinenmarkt, 97. Jg. 1991, S. 38. Es sind auch greiferlose Werkzeugwechsel durch kombinierte Spindel- und Magazinbewegungen realisiert worden. Vgl. dazu
Hedrich u.a., S. 45 ff. 134 Vgl. hierzu VDI-Richtlinie 2852: Span-zu-Span-Zeit bei automatischem Werkzeugwechsel, Blatt 1, Düsseldorf 1984, S. 2.
96
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
erheblichen Verringerung der Span-zu-Span-Zeit sollen automatische Werkzeugwechselsysteme auch eine spürbare Reduzierung der Stückkosten ermöglichen 135. Automatische Werkzeugwechsel- und -speichereinrichtungen schaffen die werkzeugseitigen Voraussetzungen für die selbständige Bearbeitung eines begrenzten Werkstückvorrats. Reicht die Speicherkapazität des maschinenverbundenen Magazins zur Erfüllung der Fertigungsaufgabe nicht aus, weil aufgrund der Heterogenität des Werkstückvorrats eine zu hohe Anzahl verschiedener Werkzeuge erforderlich ist oder weil nicht genügend Magazinplätze für Ersatzwerkzeuge, welche bei längerem unbeaufsichtigtem Einsatz benötigt werden, vorhanden sind, ist es notwendig, die Werkzeugversorgung auch im maschinenfernen Bereich zu automatisieren 136. Zu diesem Zweck muß die Maschine mit einem größeren Werkzeuglager materialfluß- und informationstechnisch verknüpft werden. Die Lagerung der Werkzeuge für mehrere Maschinen kann entweder zentral an einem einzigen Ort oder dezentral in kleineren, den Bearbeitungssystemen vorgelagerten Puffern, welche jeweils zur Entkopplung des Transportsystems vom Wechselzyklus des Werkzeugmagazins dienen, erfolgen. Zwischen diesen beiden Ausprägungen existieren zahlreiche Mischformen 137. Die Werkzeuglagerung umfaßt neben der Lagerung im engeren Sinne die Demontage und Instandsetzung der vom Bearbeitungssystem zurückgeführten verbrauchten Werkzeuge. Darüber hinaus werden im Werkzeuglager die für künftige Aufträge benötigten Werkzeuge angefordert, kommissioniert, gegebenenfalls montiert und auf die Transporteinrichtung ver la-
135
Vgl. Herrmann/Pferdmenges, S. 675. 136 Vgl. Genschow, H.: Maßnahmen zur Verbesserung des Nutzungsgrades von Bearbeitungszentren, in: VDI-Z, 123. Jg. 1981, S. M 186 f.; Slapelberg, H./Weisbecker, L.: Automatischer Werkzeugwechsel an Bearbeitungszentren, in: VDI (Hrsg.): Technische Voraussetzungen zur besseren Nutzung von Produktionsanlagen, Düsseldorf 1985, S.73. Dabei ist zu beachten, daß die Kapazität von Werkzeugmagazinen nicht beliebig gesteigert werden kann, weil dies eine unvertretbare Verlängerung der Span-zu-Span-Zeiten zur Folge hätte. Vgl. Viehweger, S. 14.
137 Vgl.
da~u AUlorenkollektiv, Einsatzmöglichkeiten, S. 114 f. Vgl. zu den Vor- und Nach-
teilen verschiedener Formen der Werkzeugspeicherung Schorf, Strukturvarianten, S. 48 f.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
97
den 138. Werkzeugkommissionierung und -montage können für eine Vielzahl von Aufträgen im voraus vorgenommen werden. Die erforderlichen Informationen werden dabei aus dem Werkzeugrechner, welcher die gesamte Werkzeugverwaltung mit Hilfe einer Werkzeugdatenbank steuert, übermitte1t 139 . Die Transporteinrichtung befördert die Werkzeugsätze zunächst zur Voreinstellung, wo sie mit Hilfe des Werkzeugvoreinstellgeräts vermessen und gegebenenfalls nachgestellt werden 140. Gleichzeitig erfolgt die Weiterleitung der ermittelten Werkzeugmaße an das Steuerungssystem, das mit dem Voreinstellgerät informationstechnisch verbunden ist. Um eine hohe Bearbeitungspräzision gewährleisten zu können, müssen die im NCProgramm gespeicherten WerkzeugsolImaße mit den bei der Voreinstellung gemessenen Ist-Werkzeugmaßen abgeglichen werden. Anschließend nimmt die Transporteinrichtung die voreingestellten Werkzeuge wieder auf und befördert sie zum Werkzeugmagazin, wo der Werkzeugtausch stattfindet141 Das zugehörige Systemelernent, der Werkzeugtauscher, fungiert an dieser Stelle als Bindeglied .zwischen Transporteinrichtung und maschinenverbundenen Speicherelementen. Er entfernt die verbrauchten oder nicht mehr benötigten Werkzeuge aus dem Magazin und ersetzt sie durch die herangeführten, voreingestellten Werkzeuge. Danach bewegt sich die Transporteinrichtung mitsamt den ausgetauschten Werkzeugsätzen wieder in Richtung Werkzeuglager. Auf diese Weise entsteht ein geschlossener Werkzeugkreislauf, der im maschinennahen Bereich vom Steuerungssystem und im maschinenfernen Bereich vom Werkzeugrechner koordiniert wird 142.
138 In vielen Fällen verwendet man Transporteinrichtungen mit standardisierten Paletten sowohl zum Werkzeug- als auch zum Werkstücktransport. Vgl. dazu Schär, F.: Flexibilität vergrößern, in: Maschinenmarkt, 95. Jg. 1989, Nr. 13, S. 42. 139 Vgl. Mayer, J.jWalker, M.: Werkzeugorganisation, in: Tuffentsammer, K. u.a. (Hrsg.): Flexibles Fertigungssystem, Beiträge zur Entwicklung des Produktionsprinzips, Weinheim 1988, S. 25 f. 140 Vgl. zur Werkzeugvoreinstellung ausführlich BruinsjDräger, Werkzeuge, S. 200 ff. Die Voreinstellung kann auch direkt im Arbeitsraum der Werkzeugmaschine erfolgen. Dieses Verfahren läßt sich jedoch nur bei stillstehendem Werkzeug vornehmen und führt daher zu einer Verschlechterung des Hauptnutzungsgrads. Vgl. VollmerjWitte, S. 109. 141 Während der Werkzeugwechsel zwischen Werkzeugträger und Bearbeitungssystem erfolgt, findet der Werkzeugtausch zwischen Magazin und Transporteinrichtung statt. Vgl. zum Werkzeugtausch Piegert, S. 43. 142 Vgl. Happersberger, G.: Werkzeuglogistik in rechnergeführten Fertigungssystemen, in: VDI (Hrsg.): Praxis der FFS, Berlin u.a. 1988, S. 279. 7 Moroff
98
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
ee) Betriebs- und Abfallstoffflußsystem Die hohen Bearbeitungsgeschwindigkeiten moderner Werkzeugmaschinen bedingen den Einsatz großer Kühlmittelmengen, um übermäßigem Werkzeugverschleiß durch Überhitzung vorzubeugen. Mit der Steigerung der Bearbeitungsgeschwindigkeit geht ferner eine beträchtliche Vergrößerung des Spanvolumens je Zeiteinheit einher. Daraus resultieren erhöhte Anforderungen an die Spanentsorgun,& weil einer Unterbrechung der Spanabfuhr vorgebeugt werden muß 1 . Ein störungsfreier Span- und Kühlmittelfluß ist eine wesentliche Voraussetzung für den unbeaufsichtigten Betrieb und zur Sicherung eines hohen Nutzungsgrads unverzichtbar. Nach dem derzeitigen technischen Entwicklungsstand läßt sich diese Hilfsfunktion jedoch noch nicht vollständig automatisieren. Daher sind nach wie vor manuelle Eingriffe nötig, beispielsweise um die Fertigungseinrichtungen von Rückständen zu reinigen. Der verhältnismäßig geringe Automatisierungsgrad dieser Funktion kommt in der fehlenden informationellen Verknüpfung zum Leitrechner zum Ausdruck. Die Zufuhr von Kühlmittel aus dem Kühlmittelspeicher wird durch einen Befehl des Steuerungssystems ausgelöst. Die Kühlflüssigkeit wird unter hohem Druck aus einer Düse, welche entweder an einer separaten Zuleitung oder am Ende eines innerhalb des Werkzeugs verlaufenden Kanals angebracht ist, vor der Werkzeugschneide auf das Werkstück aufgesprüht l44 . Neben der Kühlung des Werkzeugs läßt sich damit auch die Reinigung des Werkstücks von Schmutz und abgenommenen Spänen erreichen. Späne und Kühlmittel fallen bzw. tropfen in eine unterhalb der Maschine gelegene Auffangvorrichtung. Mit Hilfe einer Zentrifuge werden sie anschließend voneinander getrennt l45 . Das aufgefangene Kühlmittel kann nunmehr aufbereitet und dem Kühlmittelspeicher zur erneuten Verwendung zugeführt werden. Ein automatischer Späneförderer146 entfernt die separierten Späne aus der Auffangvorrichtung und lädt sie auf einem bereitstehenden Transportwagen ab, mit dem sie zur weiteren Verwendung in das betriebliche Entsorgungssystem befördert werden.
143 Vgl. Steinhilper, S. 115. Dies gilt um so mehr, als Störungen im Span- und Kühlmittelfluß häufige Ursachen von Maschinenstillständen sind. Vgl. Veuin, Konzeptionen, S. 20. 144 Vgl. zu den Funktionsprinzipien der Kühlmittelversorgung [FA 0, S. 26. 145 Vgl. Erkes/Schmidt, S. 584. 146 Vgl. zu Funktionsprinzipien und Bauarten von Späneförderem Pötschke, S. 82 ff.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
99
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Abb. C-12: Aufbau des Betriebs- und Abfallstoffflußsystems
Für die Automatisierung des Hilfs- und Abfallstoffflusses sprechen mehrere Argumente. Durch kontinuierliche Entsorgung können Stillstandszeiten, Fertigungstoleranzen und Maschinenplatzbedarf verringert werden. Zudem lassen sich Sauberkeit und Unfallsicherheit am Arbeitsplatz erhöhen. Endlich befreit sie den Bediener von einer lästigen, körperlich anstrengenden und monotonen Tätigkeit. ff) Prozeßüberwachungssystem Sämtliche bisher behandelten Subsysteme dienen der eigentlichen Durchführung des Fertigungsprozesses. Die Kontrolle des Prozeßergebnisses sowie gegebenenfalls erforderlich werdende korrigierende Eingriffe bleiben dabei weitgehend dem Maschinenbediener überlassen. Es läßt sich zeigen, daß mit steigendem Automatisierungs- und Integrationsgrad nicht nur die Wahrscheinlichkeit von Produktionsstörungen zunimmt, sondern
100
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Störungen auch weitreichendere Folgen haben 147. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen erscheint die Automatisierung der Prozeßüberwachung sinnvoll, weil Störungen im Prozeßablauf nicht nur erkannt, sondern in begrenztem Umfang auch selbsttätig beseitigt oder ausgeregelt werden können 148. Zugunsten automatisierter Prozeßüberwachungssysteme läßt sich weiterhin anführen, daß sie die Erschließung bisher brachliegender Nutzungsreserven durch mannlosen oder zumindest mannarmen Betrieb in zusätzlichen Nacht- und Feiertagsschichten ermöglichen, für die Personal erfahrungsgemäß nur in begrenztem Umfang zur Verfügung steht. Obwohl theoretisch sämtliche den Fertigungsprozeß kennzeichnenden Parameter Gegenstand der Überwachung sein können, beschränkt man sich aus wirtschaftlichen Überlegungen auf die Kontrolle weniger Größen, da in einer Reihe von Untersuchungen nachgewiesen wurde, daß mit verhältnismäßig wenigen Parametern die meisten Störungen erkannt werden können 149 . Gegenstand der Prozeßüberwachung, welche in der Praxis zumeist durch Messungen an Werkstück und Werkzeug erfolgt, sind die Funktionstüchtigkeit des Fertigungssystems sowie die Qualität des Fertigungsergebnisses. Die Prozeßüberwachung um faßt die drei Teilaufgaben Zustandserfassung, Zustandsvergleich und Diagnose. Der Ausdruck Zustandserfassung beschreibt einen Vorgang, bei dem Meßwerte aufgenommen werden, die den Ist-Zustand des Fertigungssystems abbilden. Im Zuge des Zustandsvergleichs wird dieser Ist- einem gegebenen Soll-Zustand gegenübergestellt. Durch die Diagnose sollen die Ursachen für eventuelle Diskrepanzen zwischen Soll- und Ist-Zustand ermittelt werden. Abbildung C-13 zeigt in graphischer Form die Elemente des Prozeßüberwachungs- und -regelungssystems, deren Beziehungen untereinander und zu anderen Subsystemen.
147 Vgl. hierzu Kapitel E.lV.l.b). 148 Vgl. Weck, Werkzeugmaschinen 2, S. 3. 149 Vgl. Brankamp, K.jBialas, V.jBongartz, 8.: Produktion in Geisterschicht: Beispiel der mittleren Technologie in der Produktionstechnik, in: VDI-Gesellschaft Produktionstechnik (ADB) (Hrsg.): Mittlere Technologie, Düsseldorf 1978, S. 253 f.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
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Abb. C-13: Aufbau des Prozeßüberwachungssystems
Das Werkzeugmeßsystem erfaßt Informationen, durch die sich werkzeugseitige Störungen erfassen lassen. Analog dazu fließen werkstückrelevante Informationen in das Werkstückmeßsystem ein. Werkzeug- und Werkstückmeßsystem übermitteln die erfaßten Daten zur Auswertung an das Diagnosesystem, welches seinerseits Informationen für das Steuerungssystem zur Beeinflussung des Prozeßablaufs generiert. Werkstückseitig ist vor allem die Geometrie von Roh- und Fertigteilen Gegenstand der Messung, welche entweder prozeßintermittierend oder prozeßbegleitend erfolgen kann. Bei prozeßintermittierender Messung tasten im Arbeitsraum der Maschine angebrachte Sensoren die Kontur des Werkstücks ab. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, daß bei auftretenden Abweichungen eine sofortige Korrektur der Werkzeugbewegungen möglich ist. Nachteilig wirkt sich dagegen der Umstand aus, daß der Meßvorgang den Anteil der Nebennutzungszeit erhöht. Zudem ist dieses Verfahren nach dem heutigen Stand der Technik nur bei wenigen Fertigungsverfahren anwendbar150
150 Vgl. Ganiyusufoglu, S. 32.
102
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Prozeßbegleitende Messungen können entweder neben dem Bearbeitungssystem mit speziellen, der jeweiligen Arbeitsaufgabe angepaßten Meßeinrichtungen oder an einem zentralen Prüfplatz mit einer universell verwendbaren Meßmaschine vorgenommen werden. Der Hauptvorzug dieses Verfahrens ist darin zu sehen, daß es parallel zur Bearbeitung angewandt werden kann und dadurch den Hauptnutzungsgrad des Fertigungssystems nicht beeinträchtigt. Nachteilig ist dagegen, daß Abweichungen erst nach der Bearbeitung erkannt und infolgedessen erst beim nächsten Werkstück berücksichtigt werden können 151. Beide Arten der prozeßbegleitenden Messung bedingen einen zusätzlichen Materialfluß zwischen Bearbeitungs- und Meßsystem. Maschinennahe Sondermeßeinrichtungen eignen sich nur für größere Serien homogener Erzeugnisse, da sie bei jedem Erzeugniswechsel mit zusätzlichem Zeitaufwand umgerüstet werden müssen. Kleine und mittlere Serien führen zu einer großen Vielfalt von Prüfungsaufgaben, die am besten mit universell verwendbaren, flexiblen Meßeinrichtungen (z.B. CNC-Mehrkoordinatenmeßmaschinen) bewältigt werden können. Hinsichtlich des Einsatzorts dieser Aggregate ist eine zunehmende Tendenz zur Aufstellung direkt im Fertigungsbereich anstelle der ursprün~lich favorisierten Aufstellung in einem zentralen Meßraum zu beobachten l 2. Das Werkzeug wird als zweite Komponente des Wirkpaars Werkzeug-Werkstück ebenfalls in die Prozeßüberwachung einbezogen. Gegenstand der Werkzeugüberwachung sind die verschiedenen Erscheinungsformen des Werkzeugverschleißes. Zum einen soll die allmähliche, planmäßige Abnutzung der Werkzeugschneide, die durch den Zerspanungsprozeß hervorgerufen wird, erfaßt werden. Zum anderen ist es äußerst wichtig, abrupten, außerplanmäßigen Verschleiß (z.B. Werkzeugbrüche) unverzüglich zu erkennen, um Folgeschäden an Bearbeitungssystem und Werkstück zu vermeiden. Die einfachste Methode der Werkzeugüberwachung besteht darin, die kumulierte Einsatzdauer eines Werkzeugs zu erfassen und mit seiner voraussichtlichen Standzeit153 zu vergleichen. Hierbei bleibt jedoch der Umstand unberücksichtigt, daß veränderte Belastungen, beispielsweise durch die Variation von Drehzahl, Vorschub oder Schnittgeschwindigkeit, 151 Vgl. Dil/mann, S. 59. 152 Vgl. Link, E., S. 433. 153 Mit "Standzeit" wird allgemein der Einsatzzeitraum eines Werkzeugs, nach dessen Ablauf es entweder aufgearbeitet oder vollständig erneuert werden muß, bezeichnet. Vgl. [FAO, S. 56.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
103
die Standzeit beeinflussen. Der tatsächliche Verschleiß kann folglich mit dieser Methode nicht erfaßt werden. Eine wirksame Werkzeugüberwachung muß daher den Effektivverschleiß messen. Solche Messungen können wiederum prozeßbegleitend oder prozeßintermittierend erfolgen. Im ersten Fall wird ein bestimmtes, den Werkzeugzustand kennzeichnendes Signal erfaßt und mit einem vorgegebenen Sollwert verglichen. Die Signalerfassung kann entweder direkt im Kraftfluß des Bearbeitungssystems oder indirekt über die Messung von Ersatzgrößen erfolgenI54 . Da ein funktionaler Zusammenhang zwischen dem Verschleißzustand eines Werkzeugs und den zur Zerspanung benötigten Kräften besteht, können direkte Messungen an verschiedenen Orten im Kraftfluß des Bearbeitungssystems vorgenommen werden. Mittels Sensoren werden die durch Kraft- und Drehmomenteinwirkung verursachten Wegänderungen, die im Zuge des Zerspanungsprozesses auftreten, durch Verformungskörper erfaßt und in elektrische Signale umgewandeltISS. Indirekte Messungen erfolgen dagegen mittels physikalischer Ersatzgrößen, die mit den den Werkzeugverschleiß determinierenden Zerspanungskräften im Zusammenhang stehen und einer meßtechnischen Erfassung leichter zugänglich sind. So werden beispielsweise die Leistungsaufnahme des Antriebssystems oder das Geräuschbild des Bearbeitungssystems aufgezeichnet und mit vorgegebenen Leistungsgrenzwerten bzw. Geräuschmustern verglichen. Aus diesem Vergleich lassen sich Rückschlüsse auf den Verschleißzustand des Werkzeugs ziehen I56 . Bei prozeßintermittierender Messung wird das Werkzeug im Arbeitsraum der Werkzeugmaschine überprüft. Liegen die gemessenen Werte über den zulässigen Verschleißgrenzen, wird das Werkzeug automatisch gegen ein artgleiches ausgewechselt oder der Bearbeitungsprozeß bis zur manuellen Störungsbeseitigung unterbrochen l57. Mit Hilfe der geschilderten Verfahren können sowohl regulärer Verschleiß als auch Werkzeugbrüche erkannt werden. Die Vor- und Nachteile der prozeßintermittierenden und prozeßbegleitenden Werkzeugmessung entsprechen weitgehend den oben 154 Vgl. Müller, W./Roos, H.: Methoden zur Erkennung von Werkzeugverschleiß und/oder Werkzeugbruch und Strategien zur Reaktion beim Drehen, Bohren und Fräsen, in: VDI (Hrsg.): Technische Voraussetzungen zur besseren Nutzung von Produktionsanlagen, Düsseldorf 1985, S. 37. 155 Vgl. Pritschow, S. 81 f. 156 Vgl.
Geiger, M.: Automatisierungskonzept für die Fertigung von prismatischen Teilen,
in: IWB (Hrsg.): Kolloquium Automatische Produktionssysteme, München 157 Vgl. Ganiyusufoglu, S. 33.
1985, S. 276.
104
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
dargestellten Vor- und Nachteilen prozeßintermittierender und prozeßbegleitender Werkstückmessung und brauchen daher nicht noch einmal dargelegt zu werden. Erfassung und Vergleich von Werkstück- und Werkzeugzuständen müssen um die Diagnose als dritte Teilaufgabe der Prozeßüberwachung ergänzt werden. Funktionsträger der Diagnose ist eine Diagnoseeinrichtung. Sie interpretiert das Ergebnis des Zustandsvergleichs und ermittelt Abweichungsort und -ursache, wodurch eine Kompensation der Abweichungen durch Übermittlung von korrigierenden Anweisungen an das Steuerungssystem ermöglicht wird158. Die vom Steuerungssystem ausgelösten Impulse beeinflussen ihrerseits den Bearbeitungsprozeß, aus dem wiederum die Eingangsinformationen für die Prozeßüberwachung gewonnen werden. Prozeßüberwachungs-, Steuerunlt und Bearbeitungssystem bilden somit einen geschlossenen Regelkreis 59. Das Prozeßüberwachungssystem ist daher genaugenommen ein Prozeßüberwachungs- und -regelungssystem, mit dem sich eine über die bloße Steuerung hinausgehende, umfassende Regelung des Fertigungsprozesses durchführen läßt. Zur Regelung des Zerspanungsvorgangs als wichtigstem Teil des Fertigungsprozesses sind verschiedene technische Systeme entwickelt worden, die unter der Bezeichnung "Adaptive Control (AC)" bekannt sind. Sie können entweder als Grenzregelungen (Adaptive Control Constraint (ACC») oder Optimierregelungen (Adaptive Contrul Optimization (ACO)) ausgeführt sein. Während mit ACC-Systemen angestrebt wird, Zerspanungsparameter wie Drehzahl oder Vorschub so zu regeln, daß Bearbeitungssystem und Werkzeug möglichst weit ausgelastet, nicht aber überlastet werden, optimieren ACO-Systeme den Prozeßablauf bezüglich einer vorgegebenen Zielgröße wie z.B. der Fertigungszeit oder der · k osten 160. F erhgungs
158 Vgl. Weck, Werkzeugmaschinen 3, S. 412. 159 Vgl. Brankamp, K.: Produktion in "Geisterschicht": ProzeßübelWachung an Maschinen der Massenfertigung, 2. Auflage, Essen 1980, S. 106. 160 Vgl. VDI-Richtlinie 3426: Adaptive Control (AC) an spanenden Werkzeugmaschinen, Düsseldorf 1975, S. 2 f. Eine kostenorientierte Optimierung setzt allerdings voraus, daß die funktionalen Zusammenhänge zwischen Zerspanungsparametem und Kostenhöhe bekannt sind.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
105
gg) Prozeßleitsystem Für die selbsttätige Koordinierung der technischen Abläufe zwischen Bearbeitungssystemen und Peripherieeinrichtungen ist das Prozeßleitsystem zuständig. Am weitesten verbreitet sind Lösungen mit zentralisierter Prozeßkoordination durch einen einzelnen Rechner oder eine Hierarchie von Rechnern 161 . Abbildung C-14 stellt den Aufbau eines Prozeßleitsystems mit einer dreistufigen Rechnerhierarchie dar, von der auch bei den weiteren Erläuterungen ausgegangen wird. 11
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Abb. C-14: Aufbau des Prozeßleitsystems
Auf den einzelnen Hierarchieebenen sind spezialisierte Rechner mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben angeordnet. Die Aufgabenverteilung orientiert sich zunächst an der Trennung von operativen und dispositiven Aufgaben. Dem übergeordneten Leitrechner werden dispositive Aufgaben übertragen, während der Zellenrechner für die Steuerung der operativen 161 Vgl. Wamecke, H.-J.: Automatisierung von Fertigungs- und Montageprozessen, in: HWProd, hrsg. v. W. Kern, Stuttgart 1979, Sp. 273.
106
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Abläufe im Fertigungssystem zuständig ist l62 . Da auf der operativen Ebene der Koordinationsaufwand immer noch sehr hoch ist, findet hier häufig eine nochmalige Aufgabenverteilung auf weiter spezialisierte Rechner statt. Auf der untersten Ebene des Prozeßleitsystems befindet sich zunächst der Werkzeugrechner, dem die gesamte Verwaltung des Werkzeugflusses, insbesondere der Transportvorgänge zwischen Bearbeitungssystemen und Werkzeuglager, obliegt. In ihm sind auch die Informationen über Art, Ort und Verschleißzustand jedes einzelnen Werkzeugs abgelegt. Anhand der vom Leitrechner via Zellenrechner übermittelten Werkzeuganforderun~en veranlaßt und überwacht er die Bereitstellung der benöti~len Werkzeuge 63. Des weiteren sind auf der untersten Ebene der DNc1 -Rechner und die Transportsteuerung angeordnet. Der DNC-Rechner hat hauptsächlich die Aufgabe, mehrere numerisch gesteuerte Werkzeugmaschinen mit Steuerdaten zu versorgen. Dies wird durch eine direkte physikalische Anbindung der Steuerungssysteme an den DNC-Rechner erreicht. Der Einsatz von DNC-Systemen ermöglicht die zentrale, redundanzfreie Verwaltung und Übertragung von Teileprogrammen. Dadurch konnten die mit dem ursprünglichen Lochstreifenbetrieb verbundenen Mängel beseitigt und die NC-Programmverwaltung und -übertragung wesentlich verbessert werden 165 . Im Unterschied zum ursprünglichen DNC-Konzept, bei dem die Verlagerung von Steuerungsfunktionen in den DNC-Rechner bei dessen Ausfall einen Maschinenstillstand nach sich zog, lassen sich bei jüngeren DNC-Konzepten einzelne Bearbeitungsstationen notfalls autark betreiben l66 • Der Datenaustausch
162 Vgl. Weck, Werkzeugmaschinen 3, S. 526. Bei manchen Autoren umfaßt die Rechnerhierarchie noch eine zusätzliche Stufe mit einem sogenannten "Organisationsrechner". Vgl.
Eversheim, Produktionstechnik, S. 169; ähnlich Warnecke/ Lederer, S. 1313. 163 Vgl. Kiel, Fertigungssysteme S. 7.2. 164 DNC steht ursprünglich für "Direct Numerical Control". Vgl. VDI-Richtlinie 3424: Numerisch gesteuerte Arbeitsmaschinen: Direktsteuerung mit Hilfe von Digitalrechnern, Teil 1, BeEiffe, Definitionen, Erläuterungen, Düsseldorf 1972, S. 2. 1 Vgl. Walker, Th.: DNC und Mini-DNC, in: wt, 72. Jg. 1982, S. 253. 166 Im Sinne dieser geänderten Konzeption wird DNC heute als "Distributed Numerical Control" gedeutet. Vgl. Tönshof!, H. K./Manens, R./Menzel, E.: DNC - Entwicklung, Konzepte, Funktionen, Tendenzen, in: VDI-Z, 131. Jg. 1989, S.38. Vgl. zur Struktur moderner DNC-Systeme Vaice, P.: How to Justify the Cost of DNC, in: Manufacturing Engineering, Vol. 100, No. 5, May 1988, S. 67; Kochon, S. 109 ff.
11. Systemtheoretische Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen
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zwischen dem DNC-System und der maschineneigenen CNC erfolgt über normierte Schnittstellen. Die gestiegene Leistungsfähigkeit der Rechnertechnologie hat dazu geführt, daß DNC-Systeme zusätzliche Funktionen übernehmen können. Neben die bereits erwähnten Grundfunktionen NC-Programmverwaltung und -verteilung tritt die Betriebsdatenerfassung als wichtigste Zusatzfunktion. Darüber hinaus ist die Übernahme weiterer Zusatzfunktionen im Rahmen der Fertigungs- und Materialflußsteuerung denkbar167. Im Zuge der Betriebsdatenerfassung werden die vom Prozeßüberwachungssystem erfaßten und via CNC übermittelten Informationen, welche Maschinenzustand, Auftragsfortschritt und Fertigungsablauf kennzeichnen, an den DNCRechner weitergeleitet. Dieser Informationsfluß ermöglicht eine permanente Überwachung der einzelnen Bearbeitungsstationen. Die Transportsteuerung koordiniert den Werkstückfluß zwischen einzelnen Bearbeitungsstationen sowie von und zum Werkstücklager. Sie ist der jeweiligen Auslegung des Werkstückflusses angepaßt und autark funktionsfähig. Die Transportsteuerung empfängt ihrerseits Befehle vom übergeordneten Zellenrechner und bringt diese zur Ausführung168 Auf der nächsthöheren Ebene werden im Zellenrechner die Daten von Werkzeugrechner, DNC-Rechner und Transportsteuerung rung zusammengeführt, verdichtet und ausgewertet. Der Zellenrechner steuert die verschiedenen Systemkomponenten und leitet bei Störungen, soweit möglich, Maßnahmen zu deren Beseitigung ein. Beispielsweise kann er bei Ausfall einer Bearbeitungsstation Aufträge selbsttätig auf eine andere Maschine umleiten. Hier findet bereits eine umfassende Abstimmung verschiedener Abläufe im Fertigungsprozeß statt. Zusätzlich verwaltet der Zellenrechner Dateien, die Prozeßdaten enthalten, welche unter anderem für die Qualitätskontrolle von . d169 . Be d eutung sm
167 Vgl. zu Grund- und Zusatzfunktionen eines DNC-Systems VDI-Richtlinie 3424: Numerisch gesteuerte Arbeitsmaschinen: Direktsteuerung mit Hilfe von Digitalrechnern, Teil 2, Funktionsprinzipien, Düsseldorf 1978, S.2; Tüche/mann, Y.: Analyse und Bewertung der Einflußgrößen auf die Wirtschaftlichkeit von DNC-Systemen, Diss., Düsseldorf 1982, S. 6 ff. 168 Vgl. Kiel, Fertigungssysteme, S. 7.6. 169 Vgl. ausführlich zu den Aufgaben des Zellenrechners Hammer, H., S. 291 f.; Förster, H.-U./Hirt, K.: Einsatz von flexiblen Fertigungszellen - eine Bestandsaufnahme, 2. Auflage,
Aachen 1987, S. 19.
108
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Der Leitrechner steht als oberstes Glied der Rechnerhierarchie mit vorund nachgelagerten Informationssystemen in verschiedenen betrieblichen Funktionsbereichen in Verbindung. Er erhält Daten über Fertigungsaufträge und Termine aus dem Produktionsplanungs- und -steuerungssystem (PPS). Gleichzeitig fließen operative Daten, die beispielsweise Aufschluß über die Kapazitätssituation im Fertigungssystem geben, vom Zellenrechner ein. Wie oben dargestellt, nimmt der Leitrechner bereits vom eigentlichen Prozeß losgelöste dispositive Aufgaben wie Z.B. die Maschinenbelegungsplanung wahr 170 • Für den Fall von Störungen sind in ihm Alternativstrategien abgespeichert, die eine selbsttätige Änderung der Maschinenbelegung ermöglichen. Der Leitrechner übermittelt die sich aus den Fertigungsaufträgen ergebenden Bedarfsinformationen an die Rechner der nachgelagerten Ebenen und initiiert gleichzeitig die Bereitstellung von Werkzeugen, die Verteilung von Werkstücken und Spannzeugen auf die jeweiligen Bearbeitungsstationen etc. 171 . Ist deren Verfügbarkeit gesichert, veranlaßt er die Durchführung der Fertigungsaufträge. 111. Der typologische Ansatz zur Systematisierung von Werkzeugmaschinen Die dem im vorangegangenen Kapitel entwickelten Systemmodell unterliegende Struktur tritt in der Realität in vielfältigen Erscheinungsformen auf, so daß die Formulierung allgemeingültiger Gestaltungsaussagen nur schwer möglich ist. Aus diesem Umstand erwächst die Notwendigkeit, wesentliche Erscheinungsformen von Werkzeugmaschinen mit ihren charakteristischen Eigenschaften herauszuarbeiten. Sowohl in der ingenieurwissenschaftlichen als auch in der betriebswirtschaftlichen Literatur finden sich verschiedene Ansätze zur Systematisierung von Werkzeugmaschinen. Die wichtigsten dieser Ansätze werden im folgenden diskutiert.
170 Vgl. Eversheim, Produktionstechnik, S. 170 ff. Zwar kommt es dadurch zu Überschneidungen mit den Funktionen der PPS. Dies muß aber nicht unbedingt von Nachteil sein, weil auf diese Weise zur Schließung der Lücke zwischen eher statischen PPS-Funktionen und dem im On-li ne-Betrieb arbeitenden Prozeßleitsystem beigetragen werden kann. Vgl. hierzu
REFA, Produktionssysteme, S. 298. 171 Vgl. ausführlich zu den Aufgaben des Leitrechners He/berg, P.: PPS als CIM-Baustein, Berlin 1986, S. 124 ff.
III. Typologische Systematisierung von Werkzeugmaschinen
109
1. Ingenieurwissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Systematisienmgen von Werkzeugmaschinen
Der wohl bekannteste Vorschlag zur Gliederung von Werkzeugmaschinen ist in der DIN-Norm 69651 enthalten. Diese Gliederung richtet sich nach der Einteilung der Fertigungsverfahren zur Metallbearbeitung, welche ihrerseits in der DIN-Norm 8580 festgelegt ist l72 . Bei der Einteilung der Fertigungsverfahren werden zunächst 6 Hauptgruppen, nämlich Urformen, Umformen, Trennen, Fügen, Beschichten und Stoffeigenschaftändern, unterschieden. Die Hauptgruppen zerfallen wiederum in Grup~en und Untergruppen, die ihrerseits in eigenen Normen definiert sind 73. Die Verwendung von Werkzeugmaschinen beschränkt sich dabei auf die 3 Hauptgruppen Umformen, Trennen und Fügen l74 . Die Benennung der einzelnen Maschinengattungen folgt so weit wie möglich der dreistufigen Gliederung nach DIN 8580. Um auch neuere Entwicklungsformen von Werkzeugmaschinen erfassen zu können, wurden in der neuesten Fassung der DIN 69951 aus dem Jahre 1981 zwei weitere Gattungen eingeführt: Werkzeugmaschinen für mehrere Verfahren und Mehrmaschinensysteme175 . Damit wurde die bisherige, an einem einzigen Merkmal ausgerichtete Gliederung durchbrochen, indem neben das Merkmal "Fertigungsverfahren" bei den neu hinzugekommenen Gattungen die Merkmale "Anzahl verschiedener Verfahren in emer Maschine" bzw. "Anzahl miteinander verbundener Maschinen" treten. Aus Abbildung C-15 auf der folgenden Seite geht die Gliederung der Werkzeugmaschinen für die Metallbearbeitung nach der neueren Fassung der DIN 69651 hervor. Auf der obersten Ebene werden die oben aufgeführten Merkmale "Fertigungsverfahren", "Anzahl verschiedener Verfahren in einer Maschine" und "Anzahl miteinander verbundener Maschinen" sichtbar. Die weitere Untergliederung ist, wie erwähnt, an die Struktur der DIN 8580 angelehnt.
172 Vgl. DIN 69651, Teil 2, S. 2. 173 Vgl. D1N 8580, S. 2 ff. So umfaßt die Hauptgruppe Trennen insgesamt 7 Gruppen, unter anderem das Spanen mit geometrisch bestimmter Schneide, welches wiederum die Unterppen Drehen, Bohren, Fräsen, Hobeln etc. enthält. 17 Vgl. Weck, Werkzeugmaschinen 1, S. 21. 175 Vgl. DIN 69651, Teil 1.
110
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugrnaschinen
I
WZM für die
Hetallbearbei t.ung
I
--WZM zum Umformen
I t
, I
---'
Zerteilende WZM
Scheren
t
WZM zum Trennen
~
5chneidpressen
Stanzmaschinen
I
WZM zum Fugen
r----;-----, :
----------
t
Spaoende WZH mit geometrisch bestimmten Schneiden
t
Drehmaschinen Bohrmaschinen Fräsmaschinen
t
t WZM für
"
mehrere Verfahren
,
Spanende WZM mit
geometrisch
Mehr-
maschinensysteme
j
, Abtragende WZM
unbestinvnten Schneiden
~
SChleifmaschinen Honmaschinen läppmaschinen
~
Funkenerosions maschinen
Abb. C-IS: Gliederung der Werkzeugrnaschinen für die Metallbearbeitung nach DIN 69651
Bei der in DIN 69651 vorgeschlagenen Gliederung handelt es sich um eine Systematik, die nach technisch-konstruktiven Gesichtspunkten aufgebaut ist. Mit ihrer Hilfe lassen sich sämtliche Erscheinungsformen von Werkzeugmaschinen begrifflich kennzeichnen und eindeutig voneinander abgrenzen. Allerdings sagt sie nichts über die ökonomische Beschaffenheit einer Maschine aus. So ist es zwar für den Techniker wesentlich, ob es sich beispielsweise um eine Dreh- oder eine Fräsmaschine handelt. Dagegen vermittelt diese Unterscheidung dem Betriebswirt keinen wesentlichen Erkenntnisgewinn, da er vom angewandten Fertigungsverfahren nicht auf die ökonomischen Eigenschaften einer Werkzeugmaschine schließen kann. Von den bei den in DIN 69651 neu hinzugekommenen Merkmalen eignet sich zumindest die "Anzahl verschiedener Verfahren" zur Kennzeichnung der Vielseitigkeit der betrachteten Maschine. Mit der Vielseitigkeit ist jedoch nur eine Ausprägung der qualitativen Flexibilität angesprochen, die zur ökonomischen Charakterisierung keineswegs ausreicht. Aus diesem Grund kann die Gliederung nach DIN 69651 keine ausreichende Grundlage für eine betriebswirtschaftliche Systematisierung von Werkzeugmaschinen abgeben.
III. Typologische Systematisierung von Werkzeugmaschinen
111
Eine andere Systematik, die sich auch in vielen betriebswirtschaftlichen Abhandlungen wiederfindet, unterteilt die Maschinen nach ihrem Spezialisierungsgrad. Im einfachsten Fall werden die zwei Grundformen Universalund Spezialmaschinen unterschieden. Universalmaschinen sind dadurch gekennzeichnet, daß auf ihnen sämtliche Verrichtungen einer bestimmten Arbeitsart an beliebigen Werkstücken ausgeführt werden können, während Spezialmaschinen entweder auf bestimmte Verrichtungen oder auf ein bestimmtes Werkstück ausgerichtet sind 176 . Zuweilen wird diese Unterscheidung um eine dritte Abstufung ergänzt. Es handelt sich dabei um Mehrzweckmaschinen, welche zwischen Universal- und Spezialmaschinen angesiedelt sind. Mehrzweckmaschinen eignen sich für die Bearbeitung eines begrenzten Spektrums ähnlicher Werkstücke177. Die Unterteilung nach dem Spezialisierungsgrad kann, unabhängig davon, ob sie in zwei- oder dreistufiger Form vorliegt, nicht befriedigen, da in ihr die zwei Merkmale "Anzahl möglicher Verfahren" und "Grad der Erzeugnisspezialisierung" miteinander vermischt sind. Riebe/ kommt der Verdienst zu, für eine klarere Abgrenzung gesorgt zu haben, indem er einerseits nach der Objektbindung in Ein- und Mehrproduktmaschinen und andererseits nach der Verrichtungsbindung in Ein- und Mehrverfahrenmaschinen differenziert 178• Im Vergleich zur DIN 69651 weist dieser Ansatz einen stärkeren ökonomischen Bezug auf, weil der Spezialisierungsgrad einer Maschine ihre qualitative Flexibilität determiniert. Gegen die Unterteilung von Riebe/ spricht jedoch ihre zu geringe Differenzierung, die der realen Vielfalt der Erscheinungsformen von Werkzeugmaschinen nicht gerecht wird. Sie eignet sich allenfalls zur Beschreibung abstrakter Aggregate, wie sie beispielsweise im Rahmen der Produktions- und Kostentheorie untersucht werden. Auf Gutenberg geht eine Untergliederung der Mechanisierung und damit auch der entsprechenden Betriebsmittel zurück, die an der Aufgabenverteilung zwischen Mensch und Maschine ausgerichtet ist. Dabei werden drei ·· A uspragungen untersch'le den 179:
176 Vgl. dazu Beste, Fertigungswirtschaft, S. 166; GUlenberg, S. 81 f. Für Universalmaschinen wird zuweilen die Bezeichnung "Vielzweckmaschinen", für Spezialmaschinen die Bezeichnung "Einzweck-" oder "Sondermaschinen" verwendet. Vgl. Goebel, H.: Bauformen der Sondermaschinen, Diss., München 1956, S. 13. 177 Vgl. Simonis, F. W.: Flexibilität von Werkzeugmaschinen bei Einzel-, Reihen- und Massenfertigung, in: VDI-Z, 102. Jg. 1960, S. 565; Witte, S. 38. 178 Vgl. Riebel, Elastizität, S. 122 f. 179 Vgl. GUlenberg, S. 92 Cf.
112
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Maschinelle Fertigung mit manueller Führung des Werkzeugs: Hierbei stellt die Maschine lediglich die Antriebsenergie bereit. Dagegen wird die eigentliche Arbeitsoperation, insbesondere die Führung des Werkzeugs, durch den Arbeitenden selbst vollzogen.
Manuelle Steuerung des maschinellen Aggregats: Die Maschine führt die Arbeitsoperation selbst aus. Der Bediener stellt die Maschine ein, initiiert, überwacht und beendet die maschinellen Arbeitsgänge.
Manuelle Bedienung: Das Aufgabenfeld des Bedieners ist auf Hilfstätigkeiten wie beispielsweise die Beschickung der Maschine reduziert. Die Steuerung der Arbeitsoperation wird von der Maschine übernommen. Diese dreistufige Gliederung wurde in einer weiteren Untersuchung um eine vierte Stufe, die mechanische Kontrolle, bei der die Maschine selbsttätig Arbeitsvollzug und Erzeugnisgüte überprüft und gegebenenfalls Korrekturen vornimmt, ergänzt 180. Bezüglich der Eignung dieser Systematik für eine Abgrenzung der Arten von Werkzeugmaschinen ist festzustellen, daß sie zwar einen vollständigen Überblick über die Vielzahl existierender Erscheinungsformen ermöglicht; für die Zwecksetzung der vorliegenden Untersuchung ist sie gleichwohl nicht differenziert genug, da das gewählte Einteilungskriterium, die Stufe der Mechanisierung, nicht genügend Anhaltspunkte für die Erarbeitung der betriebswirtschaftlichen Anwendungseigenschaften von Werkzeugmaschinen gibt 181 Endlich sind die im ingenieurwissenschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Schrifttum in großer Ausführlichkeit behandelten Gliederungen flexi180 Vgl. KosioljSzyperskijChmielewicz, S. 364 ff. 181 E'tne typo Iogtsc . he I nterpretatton ' der Mec hamslerung " f'tn d et SIC ' h auc h b' el Große-Oetringhaus, W. F.: Fertigungstypologie unter dem Gesichtspunkt der Fertigungsablaufplanung, Berlin 1974, S. 253 ff. Die Kritik an den Unterteilungen von Gutenberg und KosioljSzyperskijChmielewicz gilt für die Systematik von Große-Oetringhaus in gleicher Weise.
III. Typologische Systematisierung von Werkzeugmaschinen
113
bel automatisierter Fertigungseinrichtungen anzuführen l82 . Dabei werden verschiedene Ausführungsformen flexibler Fertigungseinrichtungen nach technischen Kriterien (z.B. der Anzahl der Bearbeitungsstationen, der Automatisierung von Nebenfunktionen etc.) unterschieden und bestimmten Einsatzgebieten zugeordnet, welche sich beispielsweise durch die Anzahl unterschiedlicher Erzeugnisse charakterisieren lassen. Obwohl hier auf die einzelnen Abgrenzungen nicht im Detail eingegangen werden kann, läßt sich dennoch festhalten, daß sie aus mehreren Gründen nicht überzeugen können. Zunächst ist das Fehlen eines einheitlichen Begriffsgebäudes zu kritisieren, was insbesondere darin zum Ausdruck kommt, daß identische Bezeichnunäen zur Kennzeichnung unterschiedlicher Sachverhalte verwendet werden 3. Darüber hinaus wird die Auswahl der ein bestimmtes Konzept kennzeichnenden Merkmale häufig recht willkürlich gehandhabt und diese werden nicht scharf genug voneinander getrennt, so daß nicht immer ersichtlich ist, durch welche Merkmalskombinationen und -ausprägungen sich die einzelnen Maschinengattungen konstituieren l84 . Endlich ist auch hier, wie schon bei einigen vorangehenden Ansätzen, der Zusammenhang zwischen den technischen Merkmalen und den ökonomischen Eigenschaften der einzelnen Gattungen nicht immer ohne weiteres ersichtlich.
182 Aus der Fülle der ingenieutwissenschaftlichen Veröffentlichungen können hier nur einige wenige herausgegriffen werden. Vgl. Spur/Mertins, S.441; Eversheim, Produktionstechnik, S. 127 ff.; Hedrich u.a., S.95 ff.; Cziudaj/ Pfennig, S. 63 ff.; REFA, Produktionssysteme, S. 48 ff. Von den betriebswirtschaftlichen Abhandlungen sind vor allem Wildemann, FFS, S. 7 f. und Kaluza, Erzeugniswechsel, S. 111 ff. zu nennen. Aming nimmt eine typologische Einordnung flexibler Fertigungskonzepte vor, die sich allerdings auf ein einziges Merkmal beschränkt. Vgl. Aming, A.: Die wirtschaftliche Bewertung der Zentrenfertigung, Diss., Wiesbaden 1987, S. 67. 183 So gebraucht beispielsweise Hammer, H., S.276, die Bezeichnung "flexibles Fertigungssystem" zur Charakterisierung einer computerintegrierten Fertigung (CIM), während damit bei anderen Autoren lediglich ein Maschinenverbund bezeichnet wird. Vgl. Wamecke, Produktionsbetrieb, S. 464; REFA, Produktionssysteme, S. 48. 184 Dieser Mangel wird beispielsweise bei einer vergleichenden Gegenüberstellung der Systematiken von Spur/Mertins, S. 441 und Wildemann, FFS, S.7 deutlich. Nicht schlüssig ist auch die zuweilen vorzufindende Zuordnung der flexiblen Fertigungsinsel zu den Fertigungstechniken. Vgl. beispielsweise Kaluza, Erzeugniswechsel, S. 114. Es handelt sich bei der flexiblen Fertigungsinsel um eine Form der Fertigungsorganisation, aus der sich keine Rückschlüsse über die technische und ökonomische Beschaffenheit der dort verwendeten Maschinen ziehen lassen. Vgl. AUP: Flexible Fertigungsorganisation am Beispiel von Fertigungsinseln, Eschborn 1984, S. 16; Mönig, H.: Fertigungsorganisation und Wirtschaftlichkeit einer Fertigungsinsel, in: ZfbF, 37. Jg. 1985, S. 83. 8 Moroff
114
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
Da sämtliche bislang erörterten Gliederungen Unzulänglichkeiten aufweisen, die ihrer Verwendung im Rahmen der vorliegenden Arbeit entgegenstehen, wird im folgenden ein eigener Ansatz zur Systematisierun von Werkzeugmaschinen entwickelt, der auf der typologischen Methode 18 aufbaut. In Analogie zum Vorgehen bei der Erarbeitung des systemtheoretischen Beschreibungsmodells erfolgt zunächst eine Darstellung der methodischen Grundlagen, bevor ein typologisches Grundmuster zur Systematisierung von Werkzeugmaschinen erarbeitet wird.
g
2. Wesen und Entwicklung des typologischen Ansatzes Ziel der vorliegenden Untersuchung ist bekanntlich die Gewinnung theoriegeleiteter Aussagen, die zur zweckmäßigen Gestaltung von Werkzeugmaschinen beitragen sollen. Zur Erreichung dieses Ziels muß ein Ansatz zur Anwendung gelangen, der die praktische Anwendbarkeit theoretischer Erkenntnisse in ausreichendem Maße gewährleistet. Ferner sollen die gewonnenen Aussagen für alle Erscheinungsformen des Untersuchungsgegenstands Gültigkeit besitzen. Zu diesem Zweck wird in der Regel von allgemeinen theoretischen Denkmodellen oder Verfahren ausgegangen und durch schrittweise Verringerung des Abstraktionsgrads versucht, Schlüsse auf den konkreten Einzelfall ziehen. Indessen abstrahieren theoretische Modelle häufig so weit von den realen Gegebenheiten, daß es schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, den geforderten praktischen Bezug herzustellen. Andererseits führt die bloße Deskription realer Phänomene insofern nicht weiter, als es in der Regel nicht möglich ist, deren Vielfalt vollständig zu erfassen und daraus generelle den gesamten Untersuchungsbereich umspannende Aussagen abzuleiten l86 . Die wissenschaftliche Durchdringung der betrieblichen Realität setzt vielmehr eine sinnvolle Systematik voraus, welche die Erfassung der relevanten Eigenarten realer Erscheinungsformen des Untersuchungsgegenstands gewährleisten muß, weil nur so Ausagen von einer ausreichenden Allgemeingültigkeit formuliert werden können. 185 Unter der typologischen Methode oder Typologie - beide Ausdrücke werden hier synonym verwendet - wird ein Verfahren verstanden, das dazu dient, eine Vielzahl von Erscheinungsformen zu ordnen und dadurch überschaubar zu machen. Vgl. Eisfeld, c.: Zur Lehre von der Gestaltung der Unternehmung, in: ZfhF (N.F.), 3. Jg. 1951, S.291; ähnlich Lehmann, H.: Typologie und Morphologie in der Betriebswirtschaftslehre, in: HWB, hrsg. von E. Grochla/W. Wittmann, 4., völlig neu gestaltete Auflage, Band 1/3, Stuttgart 1976, Sp. 3942. 186 Vgl. Große-Oetringhaus, S. 20.
III. Typologische Systematisierung von Werkzeugmaschinen
115
Aus diesen Überlegungen ergibt sich, daß die angewandte Methodik eine Brücke zwischen abstrakt -theoretischen Kategorien und der betrieblichen Realität schlagen muß. Diesen Anforderungen soll die typologische Methode entsprechen, mit der die gedankliche Durchdringung und Systematisierung der Realität durch zielgerichtete systematische Verdichtung zu wesentlichen Erscheinungsformen angestrebt wird l87. Spezielles Ziel der typologischen Arbeit ist im vorliegenden Fall die Bildung von Typen, anhand derer sich die Anwendungseigenschaften von Werkzeugmaschinen charakterisieren und zweckmäßige Gestaltungsaussagen ableiten lassen. Durch den bewußten Verzicht auf die vollständige Ordnung aller denkbaren Erscheinungsformen kann dem Umstand Rechnung getragen werden, daß die Erfassung sämtlicher Maschinenarten kaum möglich ist. Überdies weisen typologische Erkenntnisse ein höheres Maß an praktischer Verwertbarkeit auf, da empirisch erfaßbare Objekte besser analysiert werden können, als dies bei Verwendung abstrakter Modelle der Fall wäre. Mit Hilfe der Typologie kann somit ein wesentlicher Beitrag zur Erreichung des Untersuchungsziels geleistet werden. Die typologische Betrachtung baut auf dem Typus auf, der gewissermaßen als Urform, die weder durch reine Anschauung noch durch begriffliche Abstraktion gewonnen wird, hinter den realen Erscheinungen steht l88 . Er ist zwischen den Extremen "Begriff" und "Individuum" angesiedelt und steht somit zwischen der verallgemeinernden Generalisation und der auf den Einzelfall ausgerichteten Individuation l89 • Indem er deren Merkmale in sich vereint, überwindet der Typus die diesen bei den Abstraktionskategorien innewohnenden Beschränkungen. In der Betriebswirtschaftslehre erfolgte zunächst eine "naive" Nutzung der Typologie, bevor dieser Ansatz erstmals in den dreißiger Jahren gezielt
187 Vgl. Große-Oetringhaus, S.22; ähnlich Knob/ich, H.: Betriebswirtschaftliehe Warentypologie, Köln/Opladen 1969, S.25. Im Unterschied dazu hebt eine Klassifikation auf die Erfassung sämtlicher Erscheinungsformen ab. Vgl. SChäfer, S.12. Vgl. ausführlich zur Abgrenzung zwischen Typologie und Klassifikation Tietz, B.: Bildung und Verwendung von Typen in der Betriebswirtschaftslehre, Köln und Opladen 1960, S. 11 f. 188 Vgl. zum Begriff des Typus Castan, E.: Typologie der Betriebe, Stuttgart 1963, S.9; Leitherer, E.: Die typologische Methode in der Betriebswirtschaftslehre - Versuch einer Übersicht, in: ZfbF, 17. Jg. 1965, S. 652 und Lehmann, Typologie, Sp. 3934 ff. 189 Vgl. Knoblich, H.: Die typologische Methode in der Betriebswirtschaftslehre, in: WiSt, 1. Jg. 1972, S. 142.
116
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
angewandt wurde 190 • Im Laufe der Zeit erfuhr die typologische Methode durch die Anwendung in den verschiedensten betriebswirtschaftlichen Probl em bereichen immer weitere Verbreitung, so auch in der Industriebetriebslehre. Vor allem in methodischer Hinsicht wurde mit der Arbeit von Große-Oetringhaus zur Fertigungsablaufplanung, in der auch entscheidungsund systemtheoretische Aspekte Berücksicht~ng finden, ein vorläufiger Höhepunkt typologischen Arbeitens erreicht 19 • In jüngerer Zeit erschienen typologische Untersuchungen, die sich mit Grenzgebieten zwischen Betriebswirtschaftslehre und Technik befaßten, vor allem mit der computergestützten Fertigungl92 . Mit der vorliegenden Untersuchung wird an diese Entwicklung angeknüpft. Zuvor sollen jedoch die bislang vorgestellten typologischen Ansätze zur Systematisierung von Werkzeugmaschinen diskutiert werden. Erste typologische Gliederungen von Werkzeugmaschinen stammen aus den sechziger Jahren, in denen die Konstruktionsmethoden im Werkzeugmaschinenbau durch die Einbeziehung systemtheoretischer Überlegungen nachhaltig beeinflußt wurden 193. In der Folge entstanden neuartige Maschinengattungen, deren Eigenschaften den Anstoß zu einer neueren Interpretation von Werkzeugmaschinen gaben. Aus dieser Zeit stammt der Ansatz von Simon/Brödner, die verschiedene Maschinengattungen mit Hilfe einer Hierarchie systembeschreibender Merkmale voneinander abgrenzen. Zu diesem Zweck werden in einem Katalog insgesamt 10 Merkmale erfaßt, anhand derer verschiedene Stufen gebildet werden, welche sich hinsichtlich ihres Automatisierungsgrads voneinander unterscheiden l94 . Die Merkmale haben bipolaren Charakter und können folglich nur in zwei Ausprägungen vorliegen. Die Zusammen190 Vgl. Eisfeld, S. 294. 191 Vgl. Große-Oetringhaus. 192 Hier können beispielsweise die Arbeiten von Link, 1.: Computergestützte Fertigungswirtschaft, Wiesbaden 1978; Schamburg, E.: Entwicklung eines betriebstypologischen Instrumentariums zur systematischen Ermittlung der Anforderungen an EDV-gestützte Produktionsplanungs- und -steuerungssysteme im Maschinenbau, Diss., Aachen 1980 und Ku"le, S.: Integration von Informations- und Produktionstechnologien im Industriebetrieb, Diss., Pfaffenweiler 1988, genannt werden. 193 Vgl. Scharf, Entwicklung, S. 457; Hubka, S. 4 f. 194 Vgl. Simon, W.: Beitrag zu einer Systemtheorie der industriellen Produktion, in: Simon, W. (Hrsg.): Produktivitätsverbesserungen mit NC-Maschinen und Computern, München 1969, S. 70 ff.; Brödner, S. 50 ff.
III. Typologische Systematisierung von Werkzeugmaschinen
117
stellung möglicher Merkmalsausprägungen erfolgt in Form eines topologischen Baums, der in Abbildung C-16 dargestellt ist.
Abb. C-16: Topologischer Baum, Quelle: Brödner, S. 53
Positiv ist bei diesem Ansatz hervorzuheben, daß die typologischselektive Vorgehensweise die Isolierung und Hervorhebung relevanter Merkmale ermöglicht. Indessen ist zu beanstanden, daß lediglich die Erfassung bipolarer Merkmale vorgesehen ist. Bei Werkzeugmaschinen sind aber auch Merkmale mit mehr als zwei Ausprägungen von Bedeutung. Überdies ist der von SimonjBrödner verwendete Merkmalskatalog für die Gewinnung betriebswirtschaftlicher Gestaltungsaussagen aus zwei Gründen ungeeignet: Zum einen stehen wiederum technische Aspekte im Vordergrund, zum anderen entspricht der Katalog dem technischen Stand von 1968, so daß modernere Fertigungskonzepte, die erst in den letzten beiden Dekaden entwickelt wurden, durch diesen Ansatz nicht erfaßt werden. Er kann daher in dieser Form keine Grundlage einer primär an betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichteten Systematik von Werkzeugmaschinen abgeben. Am Kriterium der Flexibilität ist die typologische Einteilung von Domke ausgerichtet. Er unterscheidet drei Grundtypen: inflexible, teilflexible und
118
C. Ansätze zur Kennzeichnung und Systematisierung von Werkzeugmaschinen
vollflexible Fertigungsketten 195 . Inflexible Fertigungsketten bestehen nach Domke aus hintereinander angeordneten, durch Fördermittel fest verbundenen und kapazitativ aufeinander abgestimmten, typgebundenen Bearbeitungseinheiten. Störungen an einer Bearbeitungseinheit führen wegen der exakten zeitlichen und leistungsmäßigen Abstimmung zum Stillstand des gesamten Systems. Bei teilflexiblen Ketten gelangen anstelle typgebundener Sondermaschinen nach dem Baukastenprinzip aufgebaute Bearbeitungseinheiten und Universalmaschinen zum Einsatz. Die Störanfälligkeit des durchgängig getakteten Materialflusses wird durch Unterteilung in kleinere Abschnitte und Einschaltung von Puffern verringert 196. Innerhalb der Teilabschnitte bleibt die Taktung jedoch bestehen. Vollflexible Fertigungsketten sind mit den gleichen Bearbeitungseinheiten wie teilflexible Ketten ausgerüstet. Die exakte zeitliche und leistungsmäßige Abstimmung und der selbsttätige Materialfluß fehlen dagegen bei diesem Typ. Aus diesem Grund ist bei ihm die Störanfälligkeit am geringsten. Anhand der Art der in einem System integrierten Operationen werden diese drei Grundtypen erweitert. Sind in einem System nur gleichartige Operationen vorhanden, spricht Domke von homogenen, beim Vorhandensein verschiedenartiger Operationen von heterogenen Fertigungsketten 197. Verglichen mit dem vorangehend vorgestellten Ansatz von Simon/Brödner entspricht diese Unterteilung eher der Zwecksetzung der vorliegenden Untersuchung. Allerdings beschränkt sie sich ausschließlich auf Mehrmaschinensysteme und ist zudem nicht in der Lage, neuere Fertigungskonzepte differenziert genug abzubilden. Auf der Selbsttätigkeit der Funktionserfüllung basiert die typologische Unterteilung von Grobe. Die Funktionen Antreiben, Steuern, Regeln, Optimieren und Lernen werden daraufhin überprüft, ob sie unabhängig von menschlichen Eingriffen realisiert werden können 198 . Daraus ergeben sich 6 Arten von Fertigungssystemen mit verschiedenen Automatisierungsgraden.
195 Vgl. Domke, E.: Betriebswirtschaftliche Probleme bei der Integration automatischer Aggregate zu Fertigungsketten, Diss., Hamburg 1966, S. 27 ff. Domke velWendet den Ausdruck "Fertigungsketten" zur Kennzeichnung von Mehrmaschinensystemen. 196 Vgl. Preuß, H.-V.: Die Automation in betriebswirtschaftlicher Sicht, Berlin 1970, S.111. 197 198
Vgl. Domke, S. 28. Vgl. Grube, V.: Entwicklungsstufen automatisierter Systeme, in: Krüger, K./Rühl,
G./Zink, K. J. (Hrsg.): Industrial Engineering und Organisationsentwicklung im kommenden
111. Typologische Systematisierung von Werkzeugmaschinen
FERTIGUNGSSYSTEM-TYPOLOGIE
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11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
341
Bei der Betrachtung der Einflußgrößen der Fertigungsunsicherheit ist zwischen maschinenbedingten Abweichungen, die unter dem Begriff "Arbeitsunsicherheit" zusammengefaßt werden, und nicht maschinenbedingten Abweichungen zu unterscheiden. Die Arbeitsunsicherheit kann ihrerseits sowohl durch systematische als auch durch zufällige Fehler hervorgerufen werden. Beide Fehlerarten haben ihre Ursachen in geometrischen und kinematischen Abweichungen der einzelnen Baugruppen der Maschine und deren funktionalem Zusammenwirken35 . Die Arbeitsstreubreite als Maß für alle maschinenbedingten zufälligen Fehler gibt an, welche Toleranzen bei der Reproduktion eines Werkstücks auf der überprüften Werkzeugmaschine eingehalten werden können36 • Auf sie wirkt die Positionsstreubreite ein, die wie die Positionsabweichung Ausdruck der Positionsunsicherheit ist, mittels derer sich die Positionsgenauigkeit einer Maschine bestimmen läßt. Die Positionsabweichung als systematische Abweichung ist defIniert als die in der Prüfachse maximal auftretende Differenz der Mittelwerte aller Meßpositionen. Dagegen werden mit der Positionsstreubreite für die jeweilige Prüfachse die Auswirkungen zufälliger Abweichungen in jeder Position beschrieben37. Neben solche Eigenschaften treten weitere, die Qualität einer Werkzeugmaschine bestimmende Merkmale wie beispielsweise Sicherheit oder Zuverlässigkeit, die aber im Zuge der Abnahme nicht überprüfbar sind. Aussagen über diese Eigenschaften können nur durch die laufende Überwachun~ der Maschine über einen längeren Zeitraum hinweg gewonnen werden3 . Daher verbleibt für Hersteller und Anwender ein gewisses Restrisiko, was insofern ungünstig ist, als gerade die Zuverlässigkeit durch den verstärkten Einsatz höher automatisierter und entsprechend kapitalintensiver Werkzeugmaschinentypen an Bedeutung gewonnen hat, da sie eine wichtige Voraussetzung ist, um deren ausreichende Auslastung sicherstellen zu können.
35
Vgl. Wagner, S. 29. 36 Vgl. VDI/DGQ.Richtlinie 3441, S. 4. 37 Vgl. Wagner, S.34. Vgl. zur Ermittlung dieser Genauigkeitsmaße VDI/AWF-Richtlinie 2870: Beurteilung von numerisch gesteuerten Arbeitsmaschinen, Genauigkeit: Bestellvereinbarung und Nachweis, Düsseldorf 1984, S. 3 ff. 38 Vgl. o.v., Abnahmeverfahren, S. 46.
342
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
2. Maßnahmen zur Nutzung der Betriebsbereitschajt Mit erfolgter Abnahme ist die Freigabe der Werkzeugmaschinen für den Einsatz in der Fertigung vollzogen. Zur wirtschaftlichen Gestaltung des Maschineneinsatzes ist vor allem die Sicherung eines hohen Nutzungsgrads notwendig, wie im folgenden gezeigt werden wird. Die Maschinenüberwachung als Mittel der Nutzungssicherung wird daran anschließend näher erörtert. a) Wirtschaftliche Bedeutung und Einflußgrößen der Maschinennutzung Der wirtschaftliche Einsatz insbesondere höher automatisierter Werkzeugmaschinen in der Fertigung setzt eine möglichst hohe Nutzung voraus, weil der hohe Kapitaleinsatz bei solchen Fertigungskonzepten die Maximierung der Kapazitätsauslastung erfordert. Durch die Steigerung der Kapazitätsauslastung lassen sich die Ausbringungsmenge vergrößern und - aufgrund der Wirkungen der Beschäftigungsdegression - die Fertigungs-kosten je Einheit senken. Die Ausbringungsmenge variiert mit der zeitlichen Nutzung der Maschinen. In Abbildung E-2 wird deutlich, welchen Einfluß der zeitliche Nutzungsgrad auf die maschinenabhängigen Stückkosten, die hier durch den Maschinenstundensatz39 ausgedrückt werden, ausübt.
Zeitlicher Nutzungsgrad
%
Abb. &2: Einfluß der zeitlichen Nutzung auf den Maschinenstundensatz, Quelle: Köhlinger, Nutzung, S. 4 39 Vgl. zu Inhalt und Berechnung von Maschinenstundensätzen Kapitel E.lIl.3.a).
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
343
Aus dem dargesteUten Kurvenverlauf ergibt sich, daß bei hohen Maschinenstundensätzen bereits eine geringfügige Verschlechterung des Nutzungsgrads ein überproportionales Ansteigen der Stückkosten nach sich zieht. Dieser Progressionseffekt ist um so ausgeprägter, je höher die Fixkostenbelastung ist und tritt daher bei höher automatisierten Werkzeugmaschinen verstärkt auro. Daraus läßt sich die Forderung nach laufender Kontrolle des Nutzungsgrads, insbesondere bei kapitalintensiven Maschinen mit hoher Fixkostenbelastung, ableiten. Der Nutzungsgrad wird durch verschiedene Ausfallzeiten vermindert, während derer die Fertigungseinrichtungen stillstehen. Um Nutzungsgradsenkungen durch entsprechende Maßnahmen vermeiden oder zumindest begrenzen zu können, müssen diejenigen Ursachen, die zu Maschinenstillständen und Ausfallzeiten führen, erkannt und analysiert werden. Ausfallzeiten können entweder technische oder organisatorische Ursachen haben. Als technische Ursachen sind beispielsweise Antriebsdefekte zu nennen, wogegen die organisatorischen Ausfallzeiten vor allem auf Fehler in der Gestaltung des Fertigungsablaufs zurückzuführen sind41 . Technisch und organisatorisch bedingte Stillstandszeiten finden ihren Ausdruck in der technischen bzw. der organisatorischen Verfügbarkeit als Kennzahl für die durch die jeweiligen Ausfallursachen bedingte relative Nutzbarkeit. Die tatsächliche Nutzung, ausgedrückt durch den Nutzungsgrad, ergibt sich durch Subtraktion der Of§:anisatorisch bedingten Stillstandszeiten von der technischen Verfügbarkeit 2. Mit der technischen Verfügbarkeit soll eine Aussage über die Zuverlässigkeit eines Fertigungssystems getroffen werden. Sie hängt nicht nur von der Zuverlässigkeit einzelner Systemkomponenten, sondern auch von der Beschaffenheit des Gesamtsystems, namentlich der Fertigungsmittelredundanz, ab. So sinkt beispielsweise die Gesamtzuverlässigkeit eines Mehrmaschinensystems mit steigender Anzahl nicht-redundanter Teilsysteme, weil fehlende Ausweichmöglichkeiten beim Ausfall einer einzigen Komponente den Stillstand des Gesamtsystems bewirken. Der effektiv erreichbare
40 Vgl. Andreas, D./Reichle, W.: Das Rechnen mit Maschinenstundensätzen, 6., überarbeitete Auflage, Frankfurt am Main 1987, S. 45. 41 Vgl. VDI-Richllinie 3423: Numerisch gesteuerte Arbeitsmaschinen: Auslastungsnachweis und Statistik, Düsseldorf 1978, S. 2; VollmerjWitte, S. 61. 42 Vgl. Hänsel, W./Scheller, Th./Thomaßen, V.: Flexibles Fertigungssystem oder besser Einzelmaschinen?, in: VDI-Z, 131. Jg. 1989, Nr. 8, S. 68, Bild 1.
344
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Nutzungsgrad nicht-redundanter Konzepte liegt daher in den meisten Fällen nur zwischen 70 und 80 %43. Neben der Redundanz ist auch die Frage der Verkettung von Teilsystemen für Verfügbarkeit und Nutzungsgrad von Bedeutung. So wurde im Zuge einer Untersuchung des Betriebsverhaltens mehrerer Werkzeugmaschinen im unverketteten (Einzelmaschinenbetrieb) und im verketteten Zustand (Betrieb als flexibles Fertigungssystem) verglichen. Dabei zeigte sich, daß zwar im verketteten Zustand die technische Verfügbarkeit geringer ist als beim Einzelmaschinenbetrieb. Aufgrund einer erheblichen Senkung der organisatorisch bedingten Stillstandszeiten liegt der Nutzungsgrad in verkettetem Zustand aber trotzdem höher als beim Einzelmaschinenbetrieb44 . Folglich kann nicht generell von einem höheren Integrations- und Automatisierungsgrad auf längere Stillstandszeiten geschlossen werden. Gleichwohl müssen Störungen und deren Ursachen bei solchen Fertigungssyssternen besonders aufmerksam analysiert werden, um verfügbarkeits- und nutzungssteigernde Maßnahmen einleiten zu können. Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf die Auslastung der quantitativen Kapazität als Verkörperung des mengenmäßigen Leistungsvermögens einer Werkzeugmaschine in einer definierten Periode. Darüber hinaus muß aber auch die die Ausnutzung des qualitativen Leistungsvermögens sichergestellt werden, weil eine Nichtausnutzung ähnliche Kostenwirkungen hervorruft wie die Nichtausnutzung der quantitativen Kapazität45 . Für die qualitative Auslastung einer Maschine ist die Kongruenz zwischen ihren Anwendungseigenschaften einerseits und den Anforderungen des Fertigungsprozesses andererseits von entscheidender Bedeutung. Beispielsweise ist eine Maschine in qualitativer Hinsicht nicht ausgelastet, wenn für die Bearbeitung der Erzeugnisse die maschineneigene Genauigkeit nicht erforderlich ist. Dies gilt in ähnlicher Weise, wenn kleine Teile auf Werkzeugmaschinen mit großem Arbeitsraum gefertigt werden, die mögliche Zerspanungsleistung nicht ausgeschöpft wird oder Zusatze inrichtungen für den betreffenden Arbeitsgang nicht benötigt werden46 . Daraus läßt sich die generelle Aussage ableiten, daß die qualitative Auslastung um so höher ist, je genauer die qualitativen Eigenschaften eines
43
Vgl. Hammer, H., S. 298.
44 Vgl. Hänsel/Scheller/J"homaßen, S. 67. 45 Vgl. Gutenberg, S. 77 und die entsprechenden Ausführungen in Kapitel B.II1.3.b). 46 Vgl. Opitz/Rohs, S. 493.
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
345
Fertigungssystems den Anforderungen der herzustellenden Erzeugnisse entsprechen. Eine derartige Übereinstimmung ist in vollem Umfang nur bei starren Fertigungskonzepten wie Sondermaschinen oder Transferstraßen gewährleistet, die vollständig auf die Bearbeitung eines oder weniger sehr ähnlicher Teile ausgerichtet sind. Bei ihnen wird - gewissermaßen "automatisch" durch die mengenmäßige Auslastung gleichzeitig die qualitative Kapazität der Maschine voll ausgenutzt47• Allerdings setzt der Einsatz solcher Maschinen konstante Produktionsbedingungen, insbesondere ein über längere Zeit hinweg unverändertes Produktionssortiment, voraus48 . Bei veränderlichen Produktionsbedingungen ist demgegenüber eine qualitative Überdimensionierung der Werkzeugmaschinen in Gestalt eines höheren Flexibilitätspotentials notwendig, um die erforderliche Anpassungsfähigkeit der Fertigungsausstattung sicherzustellen. Andernfalls kann die Kongruenz von qualitativer Leistungsfähigkeit der Maschinen und qualitativen Anforderungsbedingungen im Zeitablauf nicht gewahrt werden. Weil eine höhere Flexibilität in der Regel zu höheren fIxen Kosten führt, muß die Nutzung bei solchen Maschinen besonders hoch sein. Diese Feststellung bezieht sich nicht nur auf die mengenmäßige Auslastung, sondern auch auf die Nutzung des Flexibilitätspotentials. Im Sinne eines möglichst hohen qualitativen Nutzungsgrads muß darauf geachtet werden, daß auf flexiblen Fertigungseinrichtungen - eine entsprechende Auftragslage und -zusammensetzung seien hier unterstellt - nur solche Teile gefertigt werden, die dieses Potential möglichst vollständig ausschöpfen. b) Maschinenüberwachung als Mittel zur Nutzungssicherung Nachdem die Notwendigkeit eines hohen Nutzungsgrads beim Einsatz von Werkzeugmaschinen aufgezeigt wurde, befassen sich die folgenden Ausführungen mit konkreten Maßnahmen zur Nutzungssicherung im Rahmen der Maschinenüberwachung. In Kapitel C.II.2.b)ft) wurden Aufbau und Abläufe im Prozeßüberwachungssystem bei Fertigungskonzepten mit hohem Automatisierungsgrad bereits beschrieben. Gegenstand der automatischen Prozeßüberwachung sind, wie erwähnt, lediglich Werkstück und Werkzeug. Neben werkzeug- und werkstückbedingten Stillstandszeiten kann 47 Vgl. Köhlinger, Nutzung, S. 5. 48 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel D.IV.l.c).
346
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
es aber auch durch Störungen im Bearbeitungs-, Steuerungs- und den übrigen Subsystemen zu Maschinenausfällen kommen49 . Die Erfassung und Analyse sämtlicher maschinenbedingten Störungen ist Gegenstand der Maschinenüberwachung, die somit weiter gefaßt ist als die bloße Prozeßüberwachung. Die Maßnahmen der Maschinenüberwachung sind hinsichtlich Häufigkeit und Zeitdauer zu differenzieren50 . So gibt es technische Parameter, die kontinuierlich überwacht werden müssen (z.B. Temperatur der Arbeitsspindel), während bei anderen Kenngrößen (z.B. Schmiermitteldurchsatz) eine kurzperiodische, beispielsweise minutenweise, Kontrolle ausreicht. Neben kontinuierliche und kurzperiodische Aufgaben treten in größeren Zeitabständen sowie sporadisch vorzunehmende Prüfungen. Zu den erstgenannten zählt vor allem die Überprüfung der geometrischen, kinematischen und dynamischen Maschineneigenschaften, die sich im Zeitablauf allmählich durch Verschleißeinwirkung ändern und deren Erfassung meßtechnisch verhältnismäßig aufwendig ist. Sporadische Überwachungsmaßnahmen werden durch den Eintritt eines bestimmten Ereignisses, z.B. einer Störung, initiiert. Im folgenden werden Überwachungsmaßnahmen beim Einsatz von Werkzeugmaschinen näher erläutert. Vor Aufnahme der Fertigung wird jede Maschine zum Schichtbeginn einem allgemeinen Funktionstest unterzogen. Die in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Überprüfungen gleichen zum Teil denen bei der Abnahme, sind aber bei weitem nicht so umfangreich. Der Umfang eines solchen Funktionstests ist in Abbildung E-3 auf der folgenden Seite dargestellt.
49 Unter einem Maschinenausfall wird hier der unbeabsichtigte, plötzliche Entfall der Funktionsfähigkeit einer Betrachtungseinheit verstanden. Vgl. Männel, W.: Zum Problem der Erfassung von Ausfallkosten von Anlagen, in: krp, 25. Jg. 1981, S. 108. Die Funktionsfähigkeit ist ihrerseits als Eignung einer Betrachtungseinheit zur Erfüllung der vom Verwendungszweck vorgesehenen Aufgabe definiert. Vgl. DIN 31051: Instandhaltung: Begriffe und Maßnahmen, Berlin/Köln 1985, S. 3. 50 Vgl. zum folgenden Weck, Werkzeugmaschinen 3, S. 414 f.
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
ObrerprOfen
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-liieferenzPY*.te
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·~:=~t:!t fite8taster
347
Antrl~lk
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Abb. &3: Allgemeiner Funktionstest vor Schichtbeginn, Quelle: Weck, Werkzeugmaschinen 3, S. 428
Im Mittelpunkt der Überwachung stehen die mechanischen Baugruppen des Bearbeitungssystems sowie die Steuerung. Zur Überprüfung der Maschinengeometrie wird anstelle eines Werkstücks ein Meßtaster in die Arbeitsspindel eingespannt; anschließend werden in einem defInierten Meßzyklus verschiedene Referenzpunkte angetastet. Aus den sich bei Wiederholung dieses Vorgangs für verschiedene Tischpositionen ergebenden Meßwerten lassen sich Rückschlüsse auf den geometrischen Zustand der Maschine ziehen51 . Die weiteren Tests von Antriebselementen, Endschaltern und Schmierung ermöglichen ihrerseits Aussagen über den technischen Zustand dieser Komponenten. Störungen im Steuerungssystem können zu fehlerhaften Maschinenbewegungen und folgenschweren Beschädigungen von Maschinenteilen, Werkzeug und Werkstück durch Kollision führen. Aus diesem Grund, und weil die Möglichkeiten zur Fehlererkennung und speicherung hier besonders weit entwickelt sind, sind in den meisten CNC-Systemen Überwachungs- und Diagnosefunktionen bereits integriert52• Sie ermöglichen Selbsttests der Steuerungsbauteile, die je nach Bedarf kontinuierlich oder periodisch erfolgen können, sowie die Speicherung von Steuerungsabläufen und Störungen. Dadurch wird die spätere Feh51
Vgl. Weck, Wandel, S. 58. 52 Vgl. Kiet, Fertigungssysteme, S. 8.3.
348
E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
lersuche und Diagnose wesentlich erleichtert. Solche Funktionstests können sich je nach Werkzeugmaschinentyp erheblich voneinander unterscheiden. Bei höher automatisierten und verketteten Maschinen kommt zu den bereits behandelten Baugruppen eine Vielzahl potentieller Störungsquellen in der Maschinenperipherie hinzu. Dabei ist beispielsweise an mechanische Störungen und ungenaue Positionierung von Speicher- und Trans(!orteinrichtungen sowie an Rechnerausfälle im Prozeßleitsystem zu denken53 . Folglich müssen auch solche im Umfeld des Bearbeitungsvorgangs eingesetzten Komponenten vor Aufnahme der Fertigung einer sorgfältigen Überprüfung unterzogen werden. Um die Ursachen für Maschinenausfälle aufdecken und beseitigen zu können, ist es notwendig, deren Störungsverhalten im Zeitablauf zu beobachten. Hierbei spielt die Erfassung von Betriebs- und Maschinendaten eine wesentliche Rolle. Die ursprünglich übliche Handaufschreibung wird dabei mehr und mehr durch eine EDV-gestützte Erfassung mit Hilfe von Diagrammscheiben und Maschinenterminals für den On-line-Betrieb, der eine nahezu verz~erungsfreie Auswertung der erfaßten Maschinendaten ermöglicht, ersetzt . Bei Mehrmaschinensystemen mit rechnergestützter Koordination der einzelnen Abläufe im Fertigungsprozeß kann für die Datenerfassung auf bereits vorhandene Einrichtungen wie DNC-Systeme zurückgegriffen werden. Aufgrund der durch sie hergestellten Verbindung zwischen Leitrechner und Bearbeitungsstationen bieten DNC-Systeme ideale Voraussetzungen für die Erfassung von Maschinen- und Betriebsdaten, zumal diese als Zusatzfunktion im Leistungsumfang moderner DNC-Konzepte bereits enthalten ist55 . Mit Hilfe der gewonnenen Daten läßt sich der aktuelle Maschinenzustand ständig dokumentieren, was beispielsweise auch für die Maschinenbelegungsplanung von Bedeutung ist. Bei kleineren Mehrmaschinensystemen mit einer geringen Anzahl von Bearbeitungsstationen können in einem DNC-System weitere Funktionen wie die Überwachung des Werkzeug- und des Werkstückflusses ablaufen. Häufiger ist die Erfüllung dieser Aufgabe durch eigene Rechner für die Werkzeugverwaltung und den Werkstücktransport, wie sie in Kapitel C.II.2.b)gg) dargestellt wurden. Die Überwachung sämtlicher Abläufe in einem Mehrmaschinensystem mit materialfluß- und informationstechnisch verbundenen Bearbeitungsstationen nimmt dabei ein Zellenrechner wahr. Auf diese Weise können Stö53 Vgl. Eversheim, Produktionstechnik, S. 176 f. 54 Vgl. ausführlich zu Betriebsdaten- und Maschinendatenerfassung Link, E., S. 266 ff.; Weck, Automatisierung, S. 230 ff. 55 Vgl. Tönsho/f/Manens/Menzel, S. 37; REFA, Produktionssysteme, S. 270.
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
349
rungen, die im Umfeld des Bearbeitungsvorgangs auftreten, erfaßt und analysiert werden. Abschließend soll hier noch auf Überwachungsmaßnahmen eingegangen werden, die in größeren Zeitabständen anfallen. Im Zuge längerperiodischer Überwachungsmaßnahmen können Werkzeugmaschinen entweder indirekt oder direkt geprüft werden. Bei direkter Überprüfung wird die Gebrauchstüchtigkeit anhand eines zu fertigenden Musterwerkstücks beurteilt. Solche Musterwerkstücke werden bereits bei der Abnahme verwendet. Sie dienen, wie erwähnt, in erster Linie zur Erfassung der Genauigkeitseigenschaften von Werkzeugmaschinen. Wird die Anfertigung von Musterwerkstücken in regelmäßigen Abständen wiederholt und gleichzeitig eine Aufzeichnung der während des entsprechenden Bearbeitungsvorgangs auftretenden Maschinen- und Prozeßparameter (z.B. Schnittkräfte, Drehzahlen, Temperaturen etc.) vorgenommen, kann ein Vergleich mit dem "Erstteil" mit Hilfe einer Trendauswertung und anhand der in Kapitel E.II.1.b) beschriebenen Genauigkeitsmaße vorgenommen werden, der eine globale Beurteilung des Maschinenzustands gestattet56 . Alternativ ist auch eine direkte Überprüfung von Werkzeugmaschinen möglich. Grundlage der direkten Überprüfung ist, ähnlich wie bei der Abnahme, die Vermessung der Maschinengeometrie. Darüber hinaus müssen kinematische und dynamische Größen erfaßt werden, die die Einwirkung der verschiedenen im Fertigungsprozeß einwirkenden Kräfte deutlich machen. Zur Überprüfung der Maschinengeometrie wird zwar nur ein Teil der Messungen durchgeführt, die für die erstmalige Abnahme erforderlich sind57 . Durch Vergleich mit den ursprünglich festgestellten Maßen ist eine Aussage über die geometrischen Eigenschaften der vermessenen Maschine dennoch möglich. Die Überprüfung der Maschinengeometrie erfordert einen vergleichsweise aufwendigen Meßaufbau, wie Abbildung E-4 auf der folgenden Seite verdeutlicht.
56 Vgl. Weck, Werkzeugmaschinen 3, S. 435. 57 Vgl. Pistorius, S. 212; DIN 8601, S. 6 ff.
350
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Reflektor lochstreifen
Pc.itionierrichtung z
Meßaufnehmer : luftdruck- und
11 . ~ Kle.n-IJ ~
Diagramm
rechner
temperatur
~
loser-
Rechen_k ~ Kompensotcr
Pr_ (Me8_t...fauung und V.""beö!ung, Statistik,Auswertung,Plotter )
Abb. E-4: Meßaufbau zur Überprüfung der Maschinengeometrie, Quelle: Weck. Werkzeugmaschinen 3, S. 435
Für die eigentliche Messung werden ein Laser mitsamt dem dazugehörigen Rechenwerk, ein Interferometer, ein Reflektor sowie ein Meßwertaufnehmer und Kompensator zur Ausschaltung klimatischer Einflüsse benötigt. Aufnahme, Auswertung und Ausgabe der Ergebnisse erfolgen mit Hilfe eines Kleinrechners und eines Plotters, der die Meßwerte als Diagramme ausdruckt58 , Mit einem ähnlichen Meßaufbau können die Genauigkeitseigenschaften auch in belastetem Zustand kontrolliert werden.
3. Anpassung der Betriebsbereitschajt an Beschäjtigungsschwankungen Bei den bisherigen Überlegungen zur Nutzung eines vorhandenen Werkzeugmaschinenbestands wurde implizit eine ausreichende Beschäftigung unterstellt, so daß die Kapazitäten jederzeit ausgelastet werden können. Nunmehr soll die Frage erörtert werden, wie auf Veränderungen der Beschäftigung reagiert werden kann. Im einzelnen sind die verschiedenen Möglichkeiten zur fertigungstechnischen Anpassung an Beschäftigungsschwankungen sowie deren Kostenwirkungen näher zu untersuchen. Bei den verschiedenen Formen der Anpassung ist zwischen solchen mit Änderungen der Faktorqualität und solchen ohne Änderung der Faktorqualität zu unter58 Vgl. Weck. Werkzeugmaschinen 3, S. 435.
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
351
scheiden59 • Zu den letztgenannten Anpassungsformen, die hier ausschließlich behandelt werden, zählen die intensitäts mäßige, die zeitliche und die quantitative Anpassung. a) Intensitätsmäßige Anpassung Von einer intensitätsmäßigen Anpassung wird gesprochen, .....wenn bei gegebenem Bestand an Potentialfaktoren und konstanter Betriebszeit die Intensität der arbeitenden Menschen und/oder die technischen Leistungen der maschinellen Aggregate verändert werden.,,60 Dies geschieht, indem der Industriebetrieb bei unveränderter Einsatzdauer die Leistungsfähigkeit von Menschen und Maschinen in stärkerem (Intensitätssteigerung) oder geringerem (Intensitätssenkung) Maße als bisher in Anspruch nimmt. Dabei findet eine Beschleunigung oder Verlangsamung des Fertigungsprozesses, welche eine Veränderung der Ausbringung je Zeiteinheit bewirkt, statt. Zur Anwendung kommt die intensitätsmäßige Anpassung vor allem in Industriebetrieben mit einem System starr miteinander verbundener Produktionsanlagen, in denen die Stillegung einzelner Betriebsteile nur selten möglich ist und bei denen Betriebsunterbrechungen unwirtschaftlich sind. Beim Vorliegen solcher Bedingungen, die vor allem für die Prozeßindustrie charakteristisch sind, passen sich Betriebe durch Variationen der Intensität an eine veränderte Beschäftigungslage an. In der Praxis finden sich intensitätsmäßige Anpassungsprozesse viel seltener als die sonstigen Anpassungsformen, was darauf zurückzuführen ist, daß fast jedes Aggregat eine wirtschaftlich optimale Intensität besitzt und ein Abweichen von dieser Intensität in der Regel unwirtschaftlicher als eine zeitliche oder quantitative Anpassung ist61 . Die Kostenfunktion bei intensitätsmäßiger Anpassung läßt sich aus der Produktionsfunktion vom Typ B ableiten, die ihrerseits auf Verbrauchsfunktionen autbaut, welche den Zusammenhang zwischen technischer Leistung als Ausdruck der Intensität 59
Vgl. GUlenberg, S. 355. 60 Heinen, Kostenlehre. S. 493. Daher wird zuweilen auch die Bezeichnung "leistungsmäßige Anpassung" vorgeschlagen. So von Lücke, W.: Produktions- und Kostentheorie, WürzburgjWien 1969, S. 113. 61 Vgl. Ki/ger, W.: Produktions- und Kostentheorie, Wiesbaden 1958, S.99. Anderer Auffassung ist Mellerowicz, der bei fast jeder Beschäftigungsänderung eine Intensitätsänderung unterstellt. Diese Hypothese wird jedoch nicht näher begründet. Vgl. Mellerowicz, Kostenrechnung I, S. 304.
352
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
und dem Faktorverzehr abbilden62. Aus Vereinfachungsgründen nimmt Gutenberg für die Gesamtkostenkurve einen linearen Verlauf an.
K X
\
Kosten der Überbeschäf tigung
\
\
, "" .............
--,.---- I
k-______________________- L__________L-~x~-.__ X opt
x
X max
Abb. E-5: Kostenverlauf bei intensitätsmäßiger Anpassung, Quelle: Heinen, Kostenlehre, S. 499
Im dargestellten Beispiel wird bis zur Beschäftigung xopt mit dem optimalen Leistungsgrad produziert. Jenseits von x t smd weitere Steigerungen der Ausbringung nur durch ein Abweichgg vom optimalen Leistungsgrad möglich .. Dies hat eine Überbeanspruchung des Aggregats zur Folge, was in einer überproportionalen Zunahme von Verschleiß, Energie- und Materialverbrauch zum Ausdruck kommt. Aus diesem Grund steigen die Gesamtkosten jenseits von Xo t pro~~ssiv an. Gutenbew bezeichnet diese zusätzlichen Kosten als "KosPen der Uberbeschäftigung,,6 . Interes-santerweise kann es trotz des progressiven Gesamtkostenverlaufs zu sinkenden Stückkosten kommen, nämlich dann, wenn die Beschäftigungsdegression der fIXen Kosten die intensitätsbedingte Progression der variablen Kosten überkompensiert. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die intensitätsmäßige Anpassung hauptsächlich in der Prozeßindustrie vorkommt. In Industriebetrieben, deren Produktionsausstattung aus einer größeren Zahl selbständiger Einzelaggregate besteht, wie dies bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion 62 Vgl. hierzu ausführlich GUlenberg, S. 326 ff. 63 GUlenberg, S_ 367.
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
353
häufig der Fall ist, wird sie dagegen nur selten zu finden sein, da hier fast immer die Möglichkeit einer zeitlichen oder quantitativen Anpassung besteht. Solche Betriebe passen sich lediglich zur Vermeidung von Engpaßsituationen intensitätsmäßig an 64 • Die Veränderung der Intensität wird dabei durch eine Variation der Arbeitsgeschwindigkeit bewirkt. Der der obigen Abbildung zugrundeliegende Kostenverlauf läßt sich auch bei Werkzeugmaschinen nachweisen. Untersucht man beispielsweise den Zusammenhang zwischen der Schnittgeschwindigkeit und den Werkzeugkosten je Stück (bei konstantem Vorschub und konstanter Spantiefe), zeigt sich ein parabolischer Verlauf. Mit zunehmender Schnittgeschwindigkeit, sprich: Intensität, sinken die Werkzeugkosten zunächst ab, um jenseits eines Minimums wieder anzusteigen 65 • Diese Progression resultiert vor allem aus der bei höheren Schnittgeschwindigkeiten übermäßig zunehmenden Erwärmung des Werkzeugs, die seine Standzeit verkürzt und seine Bruchanfälligkeit erhöht. Darüber hinaus sind bei Überbeanspruchung weitere Kostenprogressionen durch ein überproportionales Anwachsen von Energieverbrauch und Ausschuß zu erwarten. Folglich wird man versuchen, so lange wie möglich mit der Optimalintensität zu produzieren. Somit läßt sich feststellen, daß von der intensitätsmäßigen Anpassung bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion grundsätzlich kein Gebrauch gemacht wird. Diese Aussage gilt allerdings in bestimmten Ausnahmefällen nicht: Bei Transferstraßen, in denen mehrere Bearbeitungsstationen starr miteinander verbunden sind, ist eine sukzessive Stillegung oder Inbetriebnahme einzelner Komponenten kaum möglich. Gleichzeitig verbietet sich eine zeitliche Anpassung, weil die erforderlichen Aus- und Anlaufoperationen hohe Kosten hervorrufen 66 • Solche Fertigungskonzepte gleichen insofern den Anlagen der Prozeßindustrie. Daher wird man bei ihnen eine intensitätsmäßige Anpassung an Beschäftigungsschwankungen durchführen müssen. Während die intensitätsmäßige Anpassung bei Transferstraßen mehr oder weniger zwingend ist, können bei flexiblen Fertigungssystemen Abweichungen von der Optimalintensität als Nebenwirkungen des Mehrschichtbetriebs auftreten, weil zur Reduzierung der Ausfallwahrscheinlichkeit während aufsichtsarmer Zeiten häufig einfache Teile mit langen Bearbeitungszeiten mit reduzierter Leistung (d.h. niedrigere Schnittgeschwindigkeit, geringerer Vorschub etc.) gefertigt werden 67 . 64 Vgl. Heinen, Kostenlehre, S. 495. 65 Vgl. Opitz/Wolff, S. 17, Bild 4. 66 Vgl. hierzu Bergner, Vorbereitung, Sp. 2176 f. 67 Vgl. Eversheim, W./Schuh, G./Caesar, eh.: Produkt- und Produktionscontrolling innerhalb integrierter Produktionssysteme, in: Ahlert, D./Franz, K.-P./GÖppl, H. (Hrsg.): 23 Moroff
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
b) Zeitliche Anpassung Ein zeitlicher Anpassungsprozeß liegt vor, wenn bei unveränderter Intensität und konstantem Betriebsmittelbestand die Anpassung an eine veränderte Beschäftigungslage ausschließlich durch Erhöhung oder Verminderung der Betriebszeit vonstatten geht68 . Die zeitliche Anpassung kann z.B. durch den Übergang zu Kurzarbeit und das Einlegen von Feierschich-ten (bei Beschäftigungsrückgängen) oder die Einführung von Sonderschich-ten und Überstunden (bei Beschäftigungssteigerungen) vollzogen werden. Im Extremfall geht die zeitliche Anpassung in die quantitative Anpassung über, nämlich dann, wenn eine Betriebsstillegung vorgenommen wird, mit anderen Worten die Betriebszeit auf den Wert Null absinkt. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die zeitliche Anpassung nicht in Betracht kommt, wenn Betriebsunterbrechungen mit einem übermäßigen Kostenanstieg verbunden sind. Daher eignet sie sich kaum für Betriebe der Verfahrens- oder der Energietechnik, sondern gelangt vor allem in der Fertigungsindustrie zur Anwendung. In der Praxis ist die zeitliche Anpassung häufig anzutreffen, was wesentlich mit den Kostenwirkungen, die durch diese Anpassungsform ausgelöst werden, zusammenhängt. Da bei einer bloßen Variation der Betriebszeit Kapazität und Intensität der Leistungserstellung unverändert beibehalten werden, ändert sich weder die Höhe der fixen Kosten, noch der Anstieg der variablen Kosten, weil jene sich proportional zur ausgebrachten Menge verhalten. Daraus folgt grundsätzlich ein linearer Verlauf der Gesamtkostenfunktion69 . Allerdings können aufgrund von Veränderungen bei den Lohnkosten Abweichungen von diesem Verlauf auftreten. Weil die regulären Tariflohnsätze nur während der normalen Arbeitszeit gelten, führen zeitliche Anpassungsvorgänge ab einer bestimmten Ausbringung dazu, daß Überstunden und eventuell auch Nachtarbeit erforderlich werden, für die entsprechende Zuschläge zum Tariflohn zu zahlen sind. Die Gesamtkostenkurve weist an dieser Stelle, ab der sich die Ausbringung nur noch durch Überstunden steigern läßt, einen Knick auf. Jenseits dieser Stelle verläuft die Kurve wieder linear, wenn auch mit einer höheren Steigung. Die Differenz zwischen dem geknickten Kurvenabschnitt und der über die Normalzeit hinaus mit regulären Tariflöhnen extrapolierten Gesamtkostenkurve - die natürlich in dieser Form nicht realisierbar ist bringt die durch Überstunden hervorgerufenen Mehrkosten zum Ausdruck. Finanz- und Rechnungswesen als Führungsinstrument, Herbert Vormbaum zum 65. Geburtstag, Wiesbaden 1990, S. 82. 68 Vgl. Kilger, Kostentheorie, S. 94. 69 Vgl. Busse v. Colbe/Laßmann, S. 205.
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
M~hrkost~n infolg~
K
355
von
Übe"tund~nzuschläg~n
~------------------~-----------KI Normalarbeitszeit
Überstunden
x
Abb.
Kostenverlauf bei zeitlicher Anpassung, Quelle: Heinen, Kostenlehre, S. 504
~:
Der fixe Teil der Gesamtkosten bleibt seiner Höhe nach von der zeitlichen Anpassung unberührt, allerdings verändert sich seine Aufteilung in Nutz- und Leerkosten70• Bei maximaler Betriebszeit sind sämtliche Fixkosten zugleich Nutzkosten. Mit sinkender zeitlicher Auslastung geht deren Anteil entsprechend zurück, so daß im Falle der Stillegung sämtliche Fixkosten Leerkostencharakter haben. Bei der Fertigung mit Werkzeugmaschinen sind zeitliche neben quantitativen Anpassungsprozessen vorherrschend. Die Neigung und die Möglichkeiten, diese Form der Anpassung durchzuführen, wird aber je nach Beschaffenheit der vorhandenen Maschinen unterschiedlich sein. Im Zusammenhang mit der intensitätsmäßigen Anpassung wurde bereits aufgezeigt, daß zeitliche Anpassungsmaßnahmen für starr verkettete Mehrmaschinensysteme aufgrund der hohen Kosten, die mit häufigeren Stillegungen und dem jeweiligen Wiederanfahren verbunden sind, nicht in Frage kommen. Dort besteht wegen des Fließcharakters der Fertigung stets der Zwang zu möglichst kontinuierlicher Produktion.
70 Als Nutzkosten und Leerkosten werden diejenigen Fixkosten bezeichnet, die durch die Nutzung bzw. die Nichtnutzung der Kapazität eines Aggregats entstehen. Vgl. Gutenberg, S. 348 f.
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E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Bei den verbleibenden Werkzeugmaschinentypen ist zwischen Universal-, Sonder- und Ne-Maschinen einerseits sowie flexiblen Fertigungszellen und flexiblen Fertigungssystemen andererseits zu unterscheiden. Aufgrund der vergleichsweise niedrigen Fixkosten und der einfachen An- und Auslaufoperationen eignen sich die erstgenannten gut für zeitliche Anpassungsmaßnahmen. Diese Feststellung bezieht sich vor allem auf die Möglichkeit der Anpassung an Beschäftigungsrückgänge. Auch flexible Fertigungszellen und flexible Fertigungssysteme sind der zeitlichen Anpassung grundsätzlich zugänglich. Indessen bewirken die wesentlich höheren Fixkosten dieser Maschinentypen eine Tendenz zum Mehrschichtbetrieb, d.h., eine Ausdehnung der Betriebszeit kommt eher in Betracht als umgekehrt. Dies gilt um so mehr, als diese beiden Konzepte einen unbeaufsichtigten Betrieb während der dritten Schicht ermöglichen sollen, indem der benötigte Vorrat an Werkstücken, Werkzeugen und Spannzeugen bereits tagsüber bereitgestellt wird. Hierbei entfallen Überstunden- und Nachtzuschläge, die dem Mehrschichtbetrieb ansonsten entgegenstünden71. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die zeitliche Anpassung mit steigendem Automatisierungsund Integrationsgrad deutlich erschwert wird72 • c) Quantitative Anpassung Als letzte Form der fertigungstechnischen Anpassung ist die quantitative Anpassung, bei der die Anzahl der im Produktionsprozeß eingesetzten Betriebsmittel variiert wird, zu untersuchen. Dabei muß zwischen zwei Fällen unterschieden werden: Entweder kann die Fertigungsausstattung aus gleichartigen Maschinen bestehen oder sie kann sich aus unterschiedlichen Maschinen zusammensetzen. Im ersten Fall können Anpassungsvorgänge jedes beliebige Aggregat betreffen, während im zweiten Fall eine Auswahlentscheidung zu treffen ist, weswegen man in diesem Zusammenhang auch von "selektiver Anpassung" 71 Allerdings wird der aufsichtsfreie Betrieb in der Praxis aufgrund der noch unzureichenden Zuverlässigkeit der Einrichtungen zur automatischen Prozeßüberwachung meist nur zeitlich beschränkt praktiziert. Vgl. Hammer, H., S.301. Da flexible Fertigungssysteme während aufsichtsarmer Zeiten aus Sicherheitsgründen mit einer geringeren als der Optimalintensität betrieben werden, muß man realistischerweise davon ausgehen, daß eine Ausdehnun der Betriebszeit zu entsprechend höheren Stückkosten führt. 2 Anderer Ansicht ist Drumm, für den die intensitätsmäßige Anpassung bei hohem Auto-
t
matisierungsgrad "...aus technologischen Gründen ausscheidet .. .". Drumm, Sp.289. Diese These wird jedoch nicht näher begründet.
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
357
spricht73• Bei selektiver Anpassung wird also nicht nur die Menge, sondern auch die Art der einzusetzenden Fertigungssysteme varüert. Im ersten Fall, der rein quantitativen Anpassung, ergeben sich wiederum zwei UnterfäUe, je nachdem, ob die nicht mehr benötigten Maschinen bei rückläufiger Beschäftigun.r verkauft (Fall A) oder noch in Bereitschaft gehalten werden (FaU B) 7 • Im FaU A werden bei steigender Beschäftigung zusätzliche, gleichartige Maschinen beschafft. Die folgenden Ausführungen betreffen zunächst den Fall A. Abbildung E-7 stellt die damit verbundenen Kostenwirkungen dar. H
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Abb. &7: Kostenverlaufbei rein quantitativer Anpassung, Quelle: Gutenberg, S. 381
Die Gesamtkostenkurve verläuft grundsätzlich linear, weist aber an den Stellen m, 2m, und 3m Sprünge auf, da durch Hinzunahme (bei steigender Beschäftigung) oder Verkauf von Betriebsmitteln (bei sinkender Beschäftigung) zusätzlich zu den absolut fIXen Kosten Q intervallfIXe Kosten in Höhe von ql bis '4 auf- bzw. abgebaut werden. Geht man ausschließlich von rein 73
Gutenberg, S. 379 f. 74 Im Fall A kann die quantitative Anpassung auch als Betriebsgroßenvariation gedeutet werden. Vgl. Gutenberg, S. 426. Heinen zieht daraus den Schluß, daß dieser Fall nicht mehr zu den Anpassungsvorgängen zu zählen sei, weil er sich nicht mehr auf die Veränderung der Kosteneinflußgroße "Beschäftigung" zurückführen lasse. Vgl. Hemen, Kostenlehre, S.506. Dieser Auffassung wird hier jedoch nicht gefolgt und daher der Fall A ebenfalls als Anpassungsform behandelt.
358
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
quantitativer Anpassung aus, können auf der Kostenkurve nur einzelne Kostenpunkte über den Ausbringungsmengen 0, m, 2m, 3m und 4m realisiert werden. Läßt man dagegen gleichzeitig zeitliche Anpassung zu, kann auch zwischen diesen Punkten produziert werden, so daß der Kostenverlauf der Treppenkurve ABCDEFGH folgt75. Erfolgt die rein quantitative Anpassung bei rückläufiger Beschäftigung unter Beibehaltung der Betriebsbereitschaft (Fall B), werden die intervallfixen Kosten der nicht mehr benötigten Kapazitätseinheiten zu remanenten Fixkosten und bleiben in voller Höhe erhalten76 . Daraus resultiert ein GesamtkostenverIauf, der in der obigen Abbildung als Verbindungslinie zwischen den Punkten Z und H dargestellt ist. Graphisch läßt sich der Block der abbaubaren, aber nicht abgebauten Fixkosten der verschiedenen Aggregate als Differenz der mit einer bestimmten Ausbringung verbundenen Kostenwerte der Kurven ZH und ABCDEFGH ermitteln. Beispielsweise nehmen bei einer Beschäftigung unterhalb von 3m die intervallflXen Kosten der Maschine 4 remanenten Charakter an. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die rein quantitative Anpassung bei werkzeugmaschinen unterstützter Produktion häufig zur Anwendung kommt. In der hier dargestellten Form baut sie auf der Prämisse auf, daß die Gesamtkapazität des Fertigungsbereichs eines Industriebetriebs aus mehreren homogenen Aggregaten gebildet wird und daß Veränderungen dieser Kapazität durch Hinzufügung oder Stillegung einzelner Kapazitätseinheiten möglich sind. Daraus ergibt sich, daß diese Anpassungsform nicht bei allen Werkzeugmaschinentypen in gleicher Weise angewandt werden kann. Weitgehend teilbare Kapazitäten werden am ehesten in Betrieben vorkommen, die gleichartige Werkzeugmaschinen mehrfach und unabhängig voneinander, d.h. unverkettet, einsetzen. Darüber hinaus spielt für die Teilbarkeit auch der Organisationstyp der Fertigung eine wichtige Rolle. So sind die diesbezüglichen Möglichkeiten wegen der hohen Freiheitsgrade bei Werkstattfertigung am größten, dagegen bei Fließfertigung aufgrund des ihr eigenen Zwangslaufcharakters am geringsten. Vor diesem Hintergrund läßt sich feststellen, daß unverkettete Werkzeugmaschinentypen wie Universal- und NC-Maschinen eine hohe Affinität zur rein quantitativen Anpassung aufweisen. Zwar gilt dies grundsätzlich auch für Sondermaschinen und flexible Fertigungszellen. 75 Vgl. Lücke, Kostentheorie, S. 118 f. 76 Vgl. zur Kostenremanenz Mellerowicz, rungen in Kapitel D.lV.1.b).
Kostenrechnung I, S. 310 ff. sowie die Ausfüh-
11. Maßnahmen zur Gestaltung der Betriebsbereitschaft
359
Allerdings ist es wenig wahrscheinlich, daß diese Maschinen in einem Betrieb mehrfach in identischer Form vorhanden sind, so daß die Teilbarkeit der Gesamtkapazität des Fertigungsbereichs hier nicht in gleichem Maße gegeben sein dürfte. Bei flexiblen Fertigungssystemen ist danach zu unterscheiden, ob sie sich ersetzende oder sich ergänzende Bearbeitungsstationen enthalten77 • Im ersten Fall ist eine rein quantitative Anpassung vergleichsweise problemlos durch An- und Abschalten einzelner Stationen zu bewerkstelligen, im zweiten Fall dagegen kaum möglich, wenn unterstellt wird, daß die Werkstücke auch nur annähernd alle Bearbeitungseinheiten durchlaufen müssen. Diese Aussage trifft in ähnlicher Weise auf die flexible Transferstraße zu. Praktisch ausgeschlossen ist die rein quantitative Anpassung bei der starren Transferstraße, die als unteilbare Kapazitätseinheit nur als Ganzes stillgelegt und wieder angefahren werden kann. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Durchführbarkeit auch dieser Anpassungsform wiederum vom je nach Werkzeugmaschinentyp unterschiedlich hohen Maß an Zwangsläufigkeit abhängt. Die selektive Anpassung als zweite Form der quantitativen Anpassung wird zur Anpassung von Produktionen mit heterogenen Aggregaten angewandt. Solche Unterschiede, die sowohl in der technischen Leistungsfähigkeit als auch in der jeweiligen Abnutzung der Betriebsmittel begründet sein können78, schlagen sich in einer unterschiedlichen Wirtschaftlichkeit nieder. Die höhere Wirtschaftlichkeit einer Maschine kommt nach diesem Konzept in höheren intervallfixen Kosten, aber niedrigeren variablen Kosten je Ausbringungseinheit zum Ausdruck 9. Bei Beschäftigungsrückgängen wird der Betrieb zweckmäßigerweise zunächst die jeweils unwirtschaftlichste Maschinen aus dem Einsatz nehmen. Daraus läßt sich ein progressiver Gesamtkostenverlauf ableiten. Analog zur rein quantitativen Anpassung können auch bei ausschließlich selektiver Anpassung lediglich die Kostenpunkte A, B, C, und 0 realisiert werden. Da auch in diesem Fall von einem konstanten Betriebsmittelbestand ausgegangen wird, entstehen bei rückläufiger Beschäftigung wiederum Kostenremanenzen durch nicht abgebaute Leerkosten, die in der folgenden Abbildung durch Schraffur kenntlich gemacht sind.
77 Vgl. zu diesem Unterscheidungsmerkmal Kapitel C.III.3. 78 V gl. Gutenberg, S. 386 f. 79 Im Sinne des Gesetzes der Massenproduktion würde man solche Maschinen als "vollkommener" bezeichnen. Vgl. hierzu Bücher, S. 441.
360
E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
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q, {L-----------~m~I------~m~2----m=J---7x Abb. E-8: Kostenverlauf bei selektiver Anpassung, Quelle: Heinen, Kostenlehre, S. 510
Die Theorie der selektiven Anpassung kann auf die werkzeugmaschinenunterstützte Produktion übertragen werden, wenn ein heterogener Maschinenbestand vorliegt, was in der Praxis wohl die Regel sein dürfte80 • Unter Rückgriff auf die in dieser Arbeit angestellten Überlegungen zur Größendegression bei Werkzeugmaschinen81 läßt sich das Konzept der selektiven Anpassung auf Maschinen unterschiedlicher Größe, sprich: quantitativer Kapazität, übertragen. Unter der Annahme, daß ein Industriebetrieb ein bestimmtes Erzeugnis entweder mit einer Universalmaschine mit niedrigen fIXen Kosten, aber hohen variablen Kosten je Ausbringungseinheit oder einer Sondermaschine mit höheren fIXen Kosten, aber niedrigeren variablen 80 Der gleichzeitige Einsatz qualitativ verschiedener Maschinen muß keineswegs durch Zufall begründet, sondern kann durchaus auf bewußte Gestaltung zurückzuführen sein. So ist es beispielsweise aus Flexibilitätsgründen sinnvoll, in der Anlaufphase eines Produkts auf den Einsatz von Spezialmaschinen zu verzichten, weil diese zunächst noch nicht ausgelastet werden können, und stattdessen flexiblere Universalmaschinen zu veIWenden. Ähnlich argumentiert auch Wildemann, FFS, S. 201. Spezialmaschinen kommen erst in einer späteren Phase des Produktlebenszyklus zur Anwendung, so daß danach sowohl Universal- als auch Spezialmaschinen vorhanden sind, wobei erstere dann nur noch zur Abdeckung von Bedarfsspitzen einiesetzt werden. 1 Vgl. die entsprechenden Ausführungen in Kapitel B.III.3.a).
111. Gestaltung der Kostenrechnung
361
Kosten je Ausbringungseinheit produzieren kann, läßt sich folgern, daß bei Beschäftigungsrückgängen zuerst die Universalmaschine stillgelegt wird. Begründen läßt sich diese Hypothese damit, daß bei unverändertem Maschinenbestand die fixen Kosten beider Maschinen nicht mehr entscheidungsrelevant sind, so daß der Sondermaschine aufgrund ihrer niedrigeren variablen Stückkosten der Vorzug gegeben wird82 . Wie in der vorliegenden Untersuchung wiederholt festgestellt wurde, hat eine Zunahme des Automatisierungs-, Integrations- und Spezialisierungsgrads von Werkzeugmaschinen einen Anstieg der Fixkosten zur Folge, während die variablen Stückkosten dabei im allgemeinen geringer werden. Höher automatisierte, integrierte und/oder spezialisierte Maschinen sind daher zumeist als "wirtschaftlicher" im Sinne der selektiven Anpassung einzustufen. Sie werden im Zuge selektiver Anpassungsprozesse zuerst in Betrieb genommen und zuletzt stillgelegt. 111. Gestaltung der Kostenrechnung bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion Zur Kontrolle der im Zuge der Maschinenplanung getroffenen Investitionsentscheidungen sowie zur Steuerung des Maschineneinsatzes benötigt die Unternehmungsleitung Informationen über die Wirtschaftlichkeit der Leistungserstellung. Da durch die Investitionsentscheidungen der Maschinenbestand bereits festgelegt ist, muß die rechnerische Abbildung des betrieblichen Leistungsprozesses auf Basis der vorhandenen Fertigungskapazitäten erfolgen. Dieser Anforderung entspricht die Kosten- und Leistungsrechnung (im folgenden kurz als Kostenrechnung bezeichnet), die nach herrschender Meinung als eine kurzfristige Rechnung für gegebene Betriebsmittelkapazitäten verstanden wird83 . Bekanntlich dient die Kosten-
82 Vgl. hierzu Kilger, W.: Flexible Plankostenrechnung und Deckungsbeitragsrechnung, 8., völli~ neu
bearbeitete Auflage, Wiesbaden 1981, S. 64. 8 Sie unterscheidet in dieser Hinsicht wesentlich von der Investitionsrechnung, für die der Maschinenbestand eine veränderliche Variable ist. Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S. 16. Der daraus häufig abgeleitete Schluß, die Anwendung von Kosteninformationen komme ausschließ/iCh zur Fundierung kurzfristiger Entscheidungen in Betracht, hält einer näheren Prüfung nicht stand. Vielmehr werden kostenrechnerische Erkenntnisse auch für langfristige Entscheidungen, wie sie beispielsweise die Anschaffung einer Werkzeugmaschine darstellt, benötigt. Vgl. hierzu Riebe/, P.: Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung, 6., wesentlich erweiterte Auflage, Wiesbaden 1990, S.82; Bergner, H./ Schehl, M.: Zur Ermittlung der Herstellungskosten in Handels- und Steuerbilanz aus der Kostenrechnung, in: Milling, P.
362
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
rechnung verschiedenen AufgabensteIlungen. Dabei werden eher abstraktformale AufgabensteIlungen als Funktionen bezeichnet, während mit den Zwecken der Kostenrechnung die konkreten, materiellen Verwendungen der von ihr gelieferten Informationen gemeint sind84 . So muß die Kostenrechnung einerseits Güterverbrauch, Güterentstehung und -verwendung im Rahmen des betrieblichen Leistungsprozesses zahlenmäßig abbilden (Darstellungsfunktion), Informationen über die voraussichtlichen Konsequenzen von Entscheidungen liefern (Prognosefunktion), Sollkosten als anzustrebende Zielgrößen vorgeben (Vorgabefunktion) sowie die Einhaltung dieser Vorgaben kontrollieren und die Ursachen eventueller Abweichungen analysieren (Kontrollfunktion)85. Demgegenüber sind die Kalkulation der Erzeugnisse, die Kostenkontrolle und die Bereitstellung von Kosteninformationen für dispositive Entscheidungen als wichtigste Zwecke der Kostenrechnung zu nennen. Darüber hinaus bestehen weitere Zwecke in der Ermittlung des Betriebsergebnisses und der Bewertung selbsterstellter unfertiger und fertiger Erzeugnisse86 . Im folgenden sollen die Aufgabenschwerpunkte der Kostenrechnung beim Einsatz von Werkzeugmaschinen eingehender erörtert werden. Weil insbesondere bei flexibel automatisierten Maschinen tiefgreifende Veränderungen zutage treten, die das Erscheinungsbild der Leistungserstellung in der industriellen Fertigung nachhaltig verändern, erhebt sich die Frage, welche Auswirkungen sich aus derart veränderten Fertigungsstrukturen für die rechnerische Abbildung in der Kostenrechnung ergeben. In diesem Zusammenhang ist vor allem zu prüfen, wie die Kostenrechnung bei Verwendung höher automatisierter Werkzeugmaschinen zu gestalten ist. Die Vorgehensweise orientiert sich dabei an der traditionellen Unterteilung der Kostenrechnung in Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Eine ausführliche Darstellung dieser drei Teilgebiete kann hier nicht mehr erfolgen, so daß auf ihre Inhalte nur insoweit eingegangen wird, wie es im Rahmen der ThemensteIlung erforderlich ist.
(Hrsg.): Systemmanagement und Managementsysteme, Festgabe für Gert v. Kortzfleisch zum 70. Geburtstag, Berlin 1991, S. 303. 84 Vgl. Hummel, S./Männel, W.: Kostenrechnung 1, 4., völlig neu bearbeitete und elWeiterte Auflage, Wiesbaden 1986, S. 25. 85 Vgl. hierzu ausführlich Heinen, E./Dietel, B.: Kostenrechnung, in: Heinen, E. (Hrsg.): Industriebetriebslehre, 9., vollständig neu bearbeitete und elWeiterte Auflage, Wiesbaden 1991, S. 1162 ff. 86 Vgl. Schmalenbach, S. 15 ff.; Kilger, W.: Einführung in die Kostenrechnung, 3., durchgesehene Auflage, Wiesbaden 1987, S. 13 ff. sowie die dort angegebene Literatur.
111. Gestaltung der Kostenrechnung
363
1. Gestaltung der Kostenartenrechnung
a) Abschreibungen und Kostenstrukturverschiebungen als Kernprobleme der Kostenartenrechnung Die Hauptaufgabe der Kostenartenrechnung besteht darin, sämtliche innerhalb einer Periode für die betriebliche Leistungserstellung angefallenen Kosten zu erfassen und nach einzelnen Kostenarten gegliedert auszuweisen. Sie ist nicht nur Ausgangspunkt der gesamten Kostenrechnung, indem sie ihre Kostendaten an die Kostenstellen- und die Kostenträgerrechnung weitergibt, sondern läßt auch die absolute Höhe einzelner Kostenarten sowie deren Anteil an den Gesamtkosten erkennen. Auf diese Weise erhält die Unternehmungsleitung Einblicke in die Kostenstruktur, aus der sich Ansatzpunkte für Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit ableiten lassen. Die Aufteilung des Gesamtkostenblocks kann nach verschiedenen Kriterien, unter anderem nach der Art der verbrauchten Kostengüter87, nach der Art der Zurechnung auf einzelne Erzeugnisse (in Einzelund Gemeinkosten88) und nach der Abhängigkeit vom Beschäftigungsgrad (in fIxe und variable Kosten), erfolgen. Im folgenden wird zunächst nach der Art der verbrauchten Kostengüter unterschieden. Die durch den Einsatz von Werkzeugmaschinen unmittelbar verursachten kalkulatorischen Abschreibungen89, Zinsen, und Reparatur- und Instand87 Nach der Herkunft der Kostengüter unterscheidet man primäre und sekundäre Kosten, wobei bei den erstgenannten die verbrauchten Kostengüter originäre Produktionsfaktoren sind, also in der Form im Leistungsprozeß eingesetzt werden, in der sie vom Absatzmarkt bezogen werden. Demgegenüber enstehen sekundäre Kosten durch den Verbrauch innerbetrieblicher Leistungen und setzen sich ihrerseits aus primären Kosten zusammen. Vgl. hierzu Hummel/Männel, Kostenrechnung 1, S. 132. Mellerowicz gliedert die primären Kosten in fünf "natürliche" Kostenarten: Arbeits-, Material-, Kapital- und Fremdleistungskosten sowie Kosten der menschlichen Gesellschaft (Steuern). Vgl. Mellerowicz, Kostenrechnung I, S. 42 ff. Etwas abweichend werden im Rahmen dieser Arbeit Personal-, Sach-, Kapital-, Wagnis- und Fremdleistungskosten sowie Abgaben an die öffentliche Hand als primäre Kostenarten unterschieden. Vgl. Schuben, W.: Kostenarten und Leistungsarten, in: Kosiol, E./Chmielewicz, K./Schweitzer, M. (Hrsg.): HWR, 2., völlig neu gestaltete Auflage, Stuttgart 1981, Sp.999. Aus Zweckmäßigkeitsgründen werden die Sachkosten hier zusätzlich in Material- und Betriebsmittelkosten unterteilt. 88 Genau genommen müßte man von Kostenträgergemeinkosten sprechen. Sofern nichts anderes gesagt wird, sind diese gemeint, wenn im folgenden von Gemeinkosten die Rede ist. 89 Mit kalkulatorischen Abschreibungen werden die Abschreibungen in der Kostenrechnung bezeichnet, die sich formal und materiell von den bilanziellen Abschreibungen des
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E. BetriebswirtschaftIiche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
haltungskosten, die hier als Maschinenkosten bezeichnet werden sollen, sind Bestandteil der Kostenart "Betriebsmittelkosten", sofern diese Kostenart weit gefaßt wird90 . Folgt man dagegen der restriktiven Auffassung, daß in der Kostenartenrechnung keine zusammengesetzten Kostenarten gebildet werden dürfen, reduzieren sich die Betriebsmittelkosten auf die Abschreibungen. Die Maschinenkosten können dann nicht als Teilmenge der Kostenart "Betriebsmittelkosten" angesehen werden, weil sie auch solchen Güterverzehr umfassen, der mit Abschreibungen nichts zu tun hat91 • In jedem Fall dürfte es unstrittig sein, daß die Abschreibungen der mit Abstand wichtigste Bestandteil sowohl der Maschinen- als auch der Betriebsmittelkosten sind. Abschreibungen bilden den Werteverzehr langfristig nutzbarer Produktionsfaktoren, der sich aus der Verringerung ihres Leistungspotentials ergibt, rechnerisch ab. Dieser Werteverzehr kann auf folgende Ursachen zurückzuführen sein92 : - Gebrauchsverschleiß, der durch die ordnungsgemäße Nutzung der Maschinen im Sinne ihrer Zweckbestimmung bedingt ist, - Zeitverschleiß, der von der erbrachten Leistung unabhängig ist und durch Umwelteinflüsse, wegfallende Produktionsmöglichkeiten oder technischwirtschaftliche Veraltung hervorgerufen wird, - Substanzverringerung bei abbaufähigen Rohstoffen sowie - Katastrophenverschleiß. Beim Einsatz von Werkzeugmaschinen kommen Substanzverringerungen, die vor allem in der Urproduktion vorzufinden sind, als Abschreibungsursache nicht in Betracht. Der durch Katastrophenverschleiß bedingte zufällige Werteverzehr kann nicht durch kalkulatorische Abschreibungen externen Rechnungswesen wesentlich unterscheiden. Vgl. zu dieser Unterscheidung Mellerowicz, Kostenrechnung 11, S. 295 ff. Wenn im folgenden ohne näheren Zusatz von AbschreibunJifn die Rede ist, sind stets kalkulatorische Abschreibungen gemeint. Vgl. Kilger, Einführung, S. 110. Am weitesten wird diese Kostenart in der Maschinenstundensatzrechnung gefaßt; dort werden unter anderem auch Werkzeug- sowie Hilfs- und Betriebsstoffkosten zu den Betriebsmittelkosten (dort Maschinenkosten genannt) gezählt. Vy).Andreas/Reichle, S. 17, Abb. 4. 91 Vgl. Hummel/Männel, Kostenrechnung I, S. 135 ff. Die Bestandteile der Maschinenkosten sind auf den Maschinenkarten der Anlagenkartei aufgeführt. Vgl. dazu Kapitel E.I. 92 Vy). Schmalenbach, S. 234 ff.; Luke, W.-R.: Die Ermittlung kalkulatorischer Abschreibungen von Maschinen und maschinellen Anlagen, Berlin 1971, S. 61 ff. sowie die Ausführungen in Kapitel B.III.1.
III. Gestaltung der Kostenrechnung
365
verrechnet werden, weil er nicht vorhersehbar ist und insofern, bezogen auf diejenige Periode, in der er eventuell auftritt, keinen Kostencharakter haben kann. Er findet stattdessen in Form bilanzieller Sonderrechnungen in der FinanzbuchhaltuWj als nicht als Kosten verrechneter neutraler Aufwand Berücksichtigung . Die Höhe der periodischen Abschreibungsbeträge für eine Werkzeugmaschine hängt von der Abschreibungssumme, dem Abschreibungszeitraum und der Abschreibungsmethode ab. Die Abschreibungssumme ist der auf die einzelnen Perioden des Abschreibungszeitraums insgesamt zu verteilende Betrag. Sie wird durch Subtraktion des eventuell noch erzielbaren Resterlöses vom Wiederbeschaffungswert ermittelt. Aus Gründen der Substanzerhaltung hat sich der Wiederbeschaffungswert in der Kostenrechnung als Berechnungsgrundlage für die Abschreibungssumme weitgehend durchgesetzt94, während in der Finanzbuchhaltung aufgrund des gesetzlich vorgeschriebenen Nominalwertprinzips an den ursprünglichen Anschaffungs- und Herstellungskosten festgehalten wird. Zur Ermittlung von Wiederbeschaffungswerten für Werkzeugmaschinen können Preis indizes verwendet werden, die der VDMA für die gebräuchlichsten Maschinenarten regelmäßig zusammenstellt. Bei ihrer Anwendung ist streng darauf zu achten, daß die herangezogenen Maschinen die gleiche technische Leistungsfähigkeit besitzen95 • Andernfalls muß derjenige Teil der Preissteigerung, der auf Leistungsverbesserungen zurückzuführen ist, herausgerechnet werden. Die zweite Determinante der Abschreibungsbeträge ist der Abschreibungszeitraum, dessen Länge sich im externen Rechnungswesen an der 93 Dagegen muß das während der gesamten Nutzungsdauer einer Maschine vorhandene Risiko der zufälligen Vernichtung entweder direkt bei den kalkulatorischen Wagniskosten oder indirekt in Form von Versicherungsprämien in die Kosten einzelner Rechnungsperioden einfließen. Vgl. Bruhn, S. 141. 94 So Hummel/Männel, Kostenrechnung 1, S. 167 ff., die aber zugleich darauf verweisen, daß dem Ansatz von Wiederbeschaffungswerten bestimmte, nicht unbedingt verallgemeinerbare Prämissen hinsichtlich der Finanzierung der Unternehmung zugrunde liegen. Demgegenüber lehnt Xi/ger wiederbeschaffungsorientierte Abschreibungen vollständig ab, da sie nach seiner Ansicht nicht mit dem kurzfristigen Charakter der Kostenrechnung zu vereinbaren sind. Vgl. Xiiger, Einführung, S. 116. Diese Auslegung vermag aber nicht zu überzeugen, da die Kostenrechnung, worauf bereits hingewiesen wurde, keineswegs als ausschließlich kurzfristifes Informationsinstrument angesehen werden darf. 9 Vgl. Andreas/Reichle, S. 23.
366
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
voraussichtlichen Nutzungsdauer, die in den für Besteuerungszwecke aufgestellten AfA-Tabellen standardisiert wurde, orientiert. Bei der Bestimmung der kalkulatorischen Abschreibungen muß dagegen, ~emäß dem der Kostenrechnung zugrundeliegenden Verursachungsprinzip9 , nicht ein letztlich fiktiver Durchschnittswert, sondern die effektive Nutzungsdauer zur Geltung kommen, um jede Rechnungsperiode mit demjenigen Teil der Wertminderung belasten zu können, "... der anteilig durch den Einsatz in dieser Periode verursacht wird:.97 Die effektive Nutzungsdauer kann in bestimmten Fällen mit der technischen Maximalnutzungsdauer übereinstimmen. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß an ihre Stelle eine kürzere wirtschaftliche Nutzungsdauer tritt, sei es, weil die Betriebs- und Instandhaltungskosten mit zunehmendem Alter ansteigen oder weil wegfallende Produktionsmöglichkeiten oder technische Veralterung die Maschine vorzeitig entwerten98 . Allerdings sind der Abschreibungsbetrag sowie die effektive Nutzungsdauer erst nach deren Ablauf bekannt, so daß in der Praxis von erwarteten Größen ausgegangen werden muß, wobei es aber leicht zu Fehlschätzungen kommen kann. Wurde die effektive Nutzungsdauer falsch eingeschätzt, sind, sobald dies erkannt ist, die für die restlichen Abschreibungsperioden errechneten Abschreibungsbeträge entsprechend zu .. 9cr korngleren . Der dritte Einflußfaktor der Abschreibungsbeträge, die Abschreibungsmethode, hängt eng mit den Abschreibungsursachen zusammen. Dominiert der Zeitverschleiß als Abschreibungsursache, kommt vor allem die lineare oder die degressive Abschreibung in Betracht1oo. Dem für die Kostenrechnung charakteristischen Normalisierungsdenken entspricht der Ansatz linea96 Vgl. ausführlich zum Verursachungsprinzip Schubert, W./ Hohenbild, R.: Kostenverursachung, Prinzipien und Probleme, in: Grochla, E.jWittmann, W. (Hrsg.): HWB, 4., völlig neu gestaltete Auflage, Band 1/2, Stuttgart 1975, Sp. 2365 ff.; RiebeI, Deckungsbeitragsrechnung, S. 67 ff.; Hummel, S./ Männel, W.: Kostenrechnung 2,3. Auflage, Wiesbaden 1983, S. 36 f. 97 Bruhn, S. 139. 98 V g1. Kilger, Einführung, S. 113 f. Die wirtschaftliche Nutzungsdauer ist der technischen Nutzungsdauer auch deswegen vorzuziehen, weil die letztgenannte durch Instandhaltungsaktivitäten theoretisch bis ins Unendliche gesteigert werden kann und daher nicht eindeutig bestimmbar ist. Vgl. Stepan, S. 13. Demgegenüber kann die wirtschaftliche Nutzungsdauer mit Hilfe von Investitionsrechnungen ermittelt werden. Vgl. hierzu ausführlich Schneider, Nutzungsdauer, S. 33 ff. 99 Das Risiko einer Überschätzung der Nutzungsdauer läßt sich aber auch in den Wagniskosten berücksichtigen. Vgl. Heinen/Dietel, S. 1211. 100 Aufgrund ihrer geringen praktischen Bedeutung kann die progressive Abschreibung hier vernachlässigt werden.
III. Gestaltung der Kostenrechnung
367
rer Abschreibungen am besten. Indessen kann bei Überwiegen des Zeitverschleißes die degressive Abschreibung den ungleichmäßigen Abfall des Restwerts verursachungsgerechter abbilden. Beim Vorliegen von Gebrauchsverschleiß sollten sich die Abschreibungen dagegen nicht wie bei den beiden bisher genannten Formen an der Kalenderzeit, sondern an der erbrachten Leistung orientieren. In den meisten Fällen werden Werkzeugmaschinen sowohl dem Zeit- als auch dem Gebrauchsverschleiß unterworfen sein, so daß die kalkulatorischen Abschreibungen in fixe und proportionale Anteile zerlegt werden müssen101 . Wie bereits erwähnt, werden in der Kostenartenrechnung nicht nur einzelne Kostenarten erfaßt und analysiert, sondern auch die Struktur der Gesamtkosten untersucht. Solche Untersuchungen müssen sowohl auf die Art der verbrauchten Kostengüter als auch auf die Art der Zurechnung auf einzelne Erzeugnisse und die Abhängigkeit der Kosten von der Beschäftigung abstellen. Unabhängig davon, nach welchem Kriterium die Gesamtkosten unterteilt werden, zeigen sich beim Einsatz von Werkzeugmaschinen deutliche Veränderungen in der Kostenstruktur, deren Beschaffenheit wesentlich vom jeweiligen Maschinentyp, insbesondere dessen Automatisierungsgrad, abhängt 102 Differenziert man zunächst nach der Art der verbrauchten Kostengüter, so läßt sich feststellen, daß es bei zunehmender Automatisierung zu signifikanten Verschiebungen zwischen den Anteilen der wichtigen Blöcke der Personal-, Material- und Betriebsmittelkosten kommen kann. Da Automatisierung bedeutet, daß immer mehr Funktionen im Fertigungsprozeß von den Bedienern auf Maschinen übertragen werden 103, geht die Anzahl der im Fertigungsbereich Beschäftigten zurück. Allerdings verändern sich die Arbeitsinhalte und dementsprechend die OualifIkationsanforderungen der verbliebenen Beschäftigten. Vor allem bei flexiblen Fertigungskonzepten kommt es zu einer Zunahme anspruchsvoller dispositiver Aufgaben, die von höher qualifizierten, aber eben auch höher bezahlten Arbeitskräften erfüllt werden. Demgegenüber sind die OualifIkationsanforderungen bei Maschinentypen, die ältere Automatisierungsrichtungen repräsentieren, wie z.B. 101 Vgl. hierzu Luke, S. 36 f. 102 Dabei wird nicht übersehen, daß für derartige Kostenstrukturverschiebungen ein ganzes Ursachenbündel maßgeblich ist. Dem Gegenstand der vorliegenden Arbeit entsprechend, werden hier nur die Wirkungen, die vom Einsatz insbesondere höher automatisierter Werkzeugmaschinen ausgehen, betrachtet. 103 Vgl. Kapitel C.II.2.a).
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E. 8etriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
konventionelle Transferstraßen, deutlich geringer 104. Eine exakte Aussage über die Entwicklung des Personalkostenanteils kann daher nur im Einzelfall getroffen werden. In der Literatur dominiert gleichwohl die Ansicht, daß die Automatisierung im direkten Ferti~ungsbereich insgesamt einen sinkenden Personalkostenanteil zur Folge hat 05. Auch bei den Materialkosten zeigen sich gegensätzliche Tendenzen. Einerseits führt ein höherer Automatisierungsgrad zu einer höheren Produktqualität und damit zu sinkenden Ausschußraten. Andererseits erfordern automatisierte Werkzeugmaschinen höherwertige und entsprechend teurere Einsatzstoffe, um durch unzureichende Materialqualität bedingte Maschinenstillstände zu vermeiden l06 . Wie bei den Personalkosten steht einer sinkenden Mengenkomponente eine zumindest absolut steigende Wertkomponente gegenüber, so daß sich auch hier keine allgemeingültige Aussage treffen läßt. Auch in der Literatur ist keine eindeutige Ansicht darüber, wie sich der Materialkostenanteil bei zunehmender Automatisierung entwickelt, zu erkennen, da es schwieriger als bei den Personalkosten zu beurteilen ist, welcher Effekt letztendlich überwiegt l07. Dagegen läßt sich eindeutig sagen, daß der Anteil der Betriebsmittelkosten bei zunehmendem Automatisierungsgrad der eingesetzten Werkzeugmaschinen steigt, was sich hauptsächlich auf deren höhere Abschreibungssätze zurückführen läßt. Allerdings muß hierbei zwischen verschiede104 Vgl. zur Veränderung der Arbeitsinhalte und Qualifikationsanforderungen bei verschiedenen Automatisierungsfonnen Drumm, Sp.291; Bühner, R.: Entgelt und Mitarbeitennotivation bei neuen Techniken in der Produktion, in: VDI-Z, 128. Jg. 1986, S. 725. 105 Vgl. DillS/Russell, S. 37; Johnson, H. Tb./Kaplan, R. S.: Relevance Lost: Tbe Rise and Fall of Management Accounting, 80ston 1987, S.216; Bröll, Tb.: Rechnerunterstützung in Entwicklung, Konstruktion und Produktion - Auswirkungen auf Kostenstrukturen und Kostenrechnungssystem, ContrOlling-Forschungsbericht 86/2, Stuttgart 1986, S.11. Die meisten Autoren veranschlagen den verbleibenden Anteil der Personalkosten auf lediglich 10 - 20 % der Gesamtkosten. So beispielsweise INGERSOLL-Engineers, S. 20 f.; Eberle, P.: Kosten- und Leistungsrechnung: Relevance Lost?, in: D8W, 49. Jg. 1989, S. 99. 106 Vgl. Preuß, H.-V.: Die Automation in betriebswirtschaftlicher Sicht, 8erlin 1970, S.182. 107 So rechnet beispielsweise Horvath mit einem steigenden Materialkostenanteil, während er sich nach Ansicht von Kaluza nicht nennenswert verändert. Vgl. Horvath, Probleme, S.73 bzw. Kaluza, 8.: Kosten- und Erlösrechnung bei neuen Technologien, in: Milling, P. (Hrsg.): Systemmanagement und Managementsysteme, Festgabe für Gert v. Kortzfleisch zum 70. Geburtstag, 8erlin 1991, S. 171.
111. Gestaltung der Kostenrechnung
369
nen Maschinentypen differenziert werden. Bei hoch automatisierten Maschinentypen mit einem weiten Einsatzbereich (z.B. flexible Fertigungszellen und flexible Fertigungssysteme) ist unter Umständen sogar eine rückläufige Entwicklung der Abschreibungssätze im Vergleich zu starr automatisierten Maschinentypen (z.B. Transferstraßen) denkbar, weil aufgrund ihrer höheren Flexibilität die wirtschaftliche Nutzungsdauer deutlich länger ist108. Dabei handelt es sich aber nur um einen relativen Rückgang, durch den die grundsätzliche Gültigkeit der Aussage nicht in Frage gestellt wird. Insgesamt läßt sich somit, was nicht weiter überrascht, eine Verschiebung von den Personal- zu den Betriebsmittelkosten erkennen. Die aufgezeigten Verschiebungen sind ferner bedeutsam, weil sie sich auf das Verhältnis von Einzel- und Gemeinkosten einerseits sowie von fIXen und variablen Kosten andererseits auswirken. Der sinkende Personaleinsatz im Fertigungsbereich aufgrund zunehmender Automatisierung bewirkt eine Verringerung der Einzellohnkosten. Diese Tendenz wird unter Umständen noch dadurch verstärkt, daß sich die Arbeitsinhalte der noch in der Fertigung Beschäftigten so verändern, "... daß für den einzelnen Kostenträfier keine oder nur noch geringe Arbeitszeiten einzeln ermittelbar sind." 09. Zum Anwachsen des Gemeinkostenanteils tragen auch die automatisierungsbedingte Zunahme von Abschreibungen und Instandhaltungskosten für die komplizierteren Maschinen bei. Diese Kosten können den Erzeugnissen gleichfalls nicht unmittelbar zugerechnet werden. Daher wird es in Zukunft nötig sein, die Gemeinkosten genauer zu untersuchen und insbesondere die sogenannten unechten Gemeinkosten soweit wie möglich als Einzelkosten zu erfassen, wofür erst durch die Automatisierung die technischen Voraussetzungen geschaffen werden llO . Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, daß diese Transformationsmöglichkeiten begrenzt sind, so daß bei fortschreitender Automatisierung insgesamt mit einem deutlichen Anwachsen des Gemeinkostenanteils zu rechnen ist.
108 Vgl. Platt, J.: Kostenanalyse bei nexibel automatisierten Fertigungssystemen, Diss., München 1987. 109 Kaiser, K: Kosten- und Leistungsrechnung bei automatisierter Produktion, Wiesbaden 1991, S. 21. 110 Vgl. Kaluza, Technologien, S. 176. Technische Möglichkeiten zur Erfassung unechter Gemeinkosten als Einzelkosten bieten vor allem die bereits erwähnten BDE-Systeme. Vgl.
hierzu Link, E., S. 303 ce.; /(noop, J.: Prozeßorientierte Kostenrechnung - Ein Instrument zur
Planung nexibler Fertigungssysteme, in: krp, 31. Jg. 1987, S. 50. 24 Moroff
370
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Von Bedeutung für die Gestaltung der Kostenrechnung ist auch der Umstand, daß innerhalb der Gemeinkosten der Anteil der einer Periode nicht einzeln zurechenbaren Gemeinkosten (Periodengemeinkosten) zunimmt. Hauptursache für diese Entwicklung ist neben der Tatsache, daß die nunmehr dominierenden Betriebsmittelkosten viele periodenübergreifende Bestandteile enthalten, ein Anwachsen des Faktorverbrauchs für selbsterstellte immaterielle Leistungen vor dem eigentlichen Produktionsbeginn 111 . So müssen vor der Inbetriebnahme hoch automatisierter Fertigungstechnologien erhebliche Vorleistungen in Form von Entwicklung, Schulung, Programmierung etc. erbracht werden. Die dabei anfallenden Kosten, die als Einmal-, Vorlauf- oder Vorleistungskosten bezeichnet werden, können in Einzelfällen höher sein als die Investitionskosten in die Maschinen selbst112. Die Verteilung dieser Vorlaufkosten auf die einzelnen Perioden der Nutzungsdauer bereitet, wie noch gezeigt werden wird, beträchtliche Schwierigkeiten. Noch nicht angesprochen wurde der Einfluß des Maschinentyps auf das Verhältnis zwischen fixen und variablen Kosten. Da ein verhältnismäßig großer Teil der absolut und relativ gestiegenen Gemeinkosten zugleich fixen Charakter hat, ergibt sich bei wachsender Automatisierung in der Tendenz eine Zunahme des Fixkostenanteils und ein Schrumpfen des Anteils der variablen Kostenin. So werden, wie erwähnt, insbesondere die größtenteils fixen kalkulatorischen Abschreibungen beim Einsatz höher automatisierter Werkzeugmaschinen stark anwachsen, ebenso wie die Vorlaufkosten. Das Wachstum des Fixkostenanteils wird überdies durch einen deutlichen Abbau der traditionell als variabel angesehenen direkten Fertigungslöhne verstärkt. Diese Erscheinung ist nicht nur auf den verringerten Personaleinsatz im Fertigungsbereich, sondern auch auf veränderte Lohnformen, die keinen
111 Vgl. Laßmann, Probleme, S.960; Johnson/Kaplan, S.16; Horwilh, P./Maya, R.: Prozeßkostenrechnung - Der neue Weg zu mehr Kostentransparenz, in: Controlling, 1. Jg. 1989, S. 214. 112 Vgl. Siegwart/Raas, S. 13. Vgl. zu den Entstehungsursachen von Vorlaufkosten Belzing, G.: Einmalkosten in der Produktkalkulation bei Serienfertigung, in: ZfbF, 32. Jg. 1980, S. 681;
Horvalh, Probleme, S. 76 f.; Laßmann, G.: Besonderheiten der Ermittlung des Periodenerfolges beim Einsatz von automatisierten Produktionssystemen in Industrieunternehmen, in: Domseh, M. u.a. (Hrsg.): Unternehmenserfolg, Planung - Ermittlung - Kontrolle, Walther Busse von Colbe zum 60. Geburtstag, Wiesbaden 1988, S. 224. 113 Vgl. Mirani, S. 228; Kaisa, S. 23.
1II. Gestaltung der Kostenrechnung
371
Bezug mehr zur Ausbringung aufweisen, zurückzuführen 114. Es zeigen sich auch hier Unterschiede in der Kostenstruktur bei verschiedenen Formen der Automatisierung. So wurde für unverkettete Einzelmaschinen ein Verhältnis fIXer zu variabler Kosten von 70 % zu 30 %, und für Transferstraßen von 40 % zu 60 % ermittelt, während bei flexiblen Fertigungssystemen die Anteile fIXer und variabler Kosten jeweils 50 % der Gesamtkosten betragen115 . Folglich scheint der Fixkostenanteil bei starr automatisierten Maschinen höher zu sein als bei flexibel automatisierten Maschinen. Gleichwohl behält die Aussage, daß bei zunehmender Automatisierung die Kostenstruktur in der Fertigung von den variablen zu den fIXen Kosten verschoben wird, ihre generelle Gültigkeit. b) Aufgabenschwerpunkte beim Einsatz höher automatisierter Werkzeugmaschinen In diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, welche Konsequenzen sich aus den aufgezeigten Kostenstrukturverschiebungen für die Kostenartenrechnung ergeben. Dabei wird untersucht, ob und inwieweit diese Entwicklungen die Funktionserfüllung in der traditionellen Kostenrechnung beeinträchtigen. Ferner erfolgt eine kritische Auseinandersetzung mit den in der Literatur vorgeschlagenen Lösungsansätzen zur Überwindung der durch die eingetretenen Veränderungen hervorgerufenen Probleme. Die zunehmende Bedeutung von Abschreibungen läßt es sinnvoll erscheinen, sich mit dieser Komponente der Maschinenkosten ausführlicher zu beschäftigen. Hier ist es insbesondere der Abschreibungszeitraum, dessen Bestimmung beim Einsatz hoch automatisierter Werkzeugmaschinen Probleme bereitet. Wie bereits erwähnt wurde, dienen in der Praxis zumeist Durchschnittswerte aus den ursprünglich für Besteuerungszwecke erstellten Afa-Tabellen zur Bestimmung des Abschreibungszeitraums. Die Verwendung solch standardisierter Abschreibungszeiträume hat zur Folge, daß auf die je nach Maschinentyp unterschiedlich lange wirtschaftliche Nutzungsdauer keine Rücksicht genommen wird. Diese Tatsache erweist sich bei flexiblen Fertigungskonzepten als nachteilig, weil bei ihnen in der Regel mit 114 Vgl. hierzu Bühner, Entgelt, S. 725 ff.; Keys, D. E.: Six Problems in Accounting for N/C-Machines, in: Management Accounting, Vol. 68, No 5, November 1986, S.43 und Laßmann~Maßberg/RademaCher, S. 343.
11 Vgl. Platt, S. 123. Eine ältere Untersuchung, bei der lediglich die beiden erstgenannten Maschinentypen verglichen wurden, beziffert den Fixkostenanteil bei unverketteten EinzeImaschinen auf 56 % und bei Transferstraßen sogar auf 80 %. Vgl. Opitz/Wolff, S. 16.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
einer deutlich höheren Abschreibungssumme als bei starr automatisierten Werkzeugmaschinen zu rechnen ist. Daraus ergeben sich wesentlich höhere periodische (und bei gleicher Ausbringung auch höhere stückbezogene) Abschreibungsbeträge. Die Prämisse eines einheitlichen Abschreibungszeitraums erweist sich jedoch bei näherer Betrachtung als unhaltbar. Beispielsweise bleibt die wirtschaftliche Nutzungsdauer von konventionellen Transferstraßen und von Sondermaschinen in vielen Fällen deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück, weil die auf ihnen gefertigten Produkte nicht mehr abgesetzt werden können, während um~ekehrt flexible Systeme mehrere Produktgenerationen überdauern können 11 . Es erscheint daher sinnvoll, den Abschreibungszeitraum in der Kostenrechnung durch Berücksichtigung des jeweiligen Wiederverwendungsgrads exakter an den jeweiligen Maschinentyp anzupassen. Flexible Fertigungskonzepte können unter Umständen bis ans Ende ihrer technischen Nutzungsdauer genutzt werden, die dann als Abschreibungszeitraum zugrunde zu legen wäre, während bei produktgebundenen Werkzeugmaschinen (Sondermaschinen und Transferstraßen) die Lebensdauer der darauf gefertigten Produktreihe maßgeblich ist. In den meisten Fällen wird man diese Differenzierung des Abschreibungszeitraums bereits auf einer tieferen Ebene vornehmen müssen und einzelne Systemkomponenten hinsichtlich ihrer Wiederverwendbarkeit unterscheiden. So können flexible Maschinen durchaus produktgebundene Komponenten enthalten und vice vers~ die entsprechend über unterschiedliche Zeiträume abzuschreiben sind11 . Es muß allerdings vor übertriebenen Erwartungen gewarnt werden, weil die Unterteilung in produktgebundene und produktungebundene Elemente nicht immer einwandfrei möglich und zudem sehr aufwendig ist. Überdies werden die Effekte längerer Abschreibungszeiträume vielfach überschätzt, 116 Vgl. Mirani, S. 226; Holz, S. 202; Laßmann/Maßberg/ Rademacher, S. 332. Für Oexible Fertigungssysteme werden Abschreibungszeiträume von 8 bis 10 Jahren genannt, während man bei Transferstraßen lediglich von 5 Jahren ausgeht. Vgl. Platt, S. 140 f. 117 Vgl. Siegwan/Raas, S.13. Vgl. zur Ermittlung des Wiederverwendbarkeitsgrads
SChünemann/Lehnen, S.304. Die Idee, einzelne Elemente eines Fertigungssystems über unterschiedliche Zeiträume abzuschreiben, ist im übrigen nicht neu. So finden sich entsprechende Vorschläge bereits bei Opitz/Wolff, S. 18. Im externen Rechnungswesen kommt eine solche Vorgehensweise nicht in Betracht, da dort nur solche Gegenstände einzeln bilanziert und abgeschrieben werden dürfen, die separat veräußerbar sind. Diese Voraussetzung dürfte bei Maschinenteilen nur in den wenigsten Fällen gegeben sein. In der Regel wird man eine Werkzeugmaschine nur als Ganzes bilanzieren können und daher über einen einheitlichen Zeitraum abschreiben müssen. Vgl. Laßmann, Besonderheiten, S.225 und S.233.
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wobei die Gültigkeit dieser Annahme angesichts des raschen technischen Fortschritts, der auch flexibel automatisierte Maschinen und ihre Komponenten entwertet, ohnehin zu relativieren ist. Es ist hier auch zu überprüfen, ob die herkömmliche Kostenartengliederung sowie die Schwerpunktsetzung bei der Kontrolle einzelner Kostenarten vor dem Hintergrund der dargestellten Entwicklungen noch zweckmäßig ist. Obwohl mit zunehmender Automatisierung der Personalkostenanteil deutlich zurückgeht, wird der Kontrolle der Personalkosten in Theorie und Praxis ein breiter Raum eingeräumt. Entsprechend gut ausgebaut ist das Instrumentarium zur Planung und Kontrolle dieses Kostenblocks1l 8. Bei hoch automatisierter Fertigung mit geringem Personalkostenanteil erscheint es vertretbar, diesen nicht mehr so detailliert wie bisher zu planen und zu kontrollieren, sondern summarisch zu behandeln. Demgegenüber sollte anderen Kostenarten eine größere Aufmerksamkeit als bisher zuteil werden. Akzeptiert man die These, daß der Materialkostenanteil an den Gesamtkosten infolge zunehmender Automatisierung ansteigt, empfiehlt sich eine stärkere Differenzierung dieses Kostenblocks. Entsprechende Ansätze existieren bereits seit län~erem, haben aber bisher in Deutschland nur wenig Beachtung gefunden 11 . Verschiedentlich wird auch gefordert, bestehende Kostenartenpläne umzugestalten, um "neue" Schwerpunktkostenarten entsprechend ihrer gewachsenen Bedeutung zu berücksichtigen120. Dabei sollen dann auch solche Kosten als eigene Kostenarten ausgewiesen werden, die bislang in anderen Kostenarten verborgen waren, wie beispielsweise Softwarekosten, Qualitätskosten oder Logistikkosten. So plausibel die grundsätzliche Überlegung sein mag, daß der Aufbau der Kostenartenrechnung die Bedeutung vor allem der wichtigsten Kostenarten widerspiegeln muß, so sehr ist vor einer vorschnellen Umgestaltung des Kostenartenplans zu warnen, wenn dabei gegen elementare Grundsätze der Bildung und Abgrenzung von Kostenarten verstoßen wird. Diese Gefahr ist bei der geforderten Neugliederung durchaus gegeben. So handelt es sich 118 Beispielhaft kann hier auf die sehr ausführliche Behandlung der Einzellohnkosten im Rahmen der Plankostenrechnung verwiesen werden. Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S. 266 Cf. Nach einer amerikanischen Untersuchung fallen für die nur noch 10 % der Gesamtkosten ausmachenden Personalkosten 75 % des Kontrollaufwands an. Zitiert nach Eber/e, S.99; ähnlich Scheer, A.-W./Krämer, W.: Wie beeinflußt CIM das Rechnungswesen?, in: 10, 89.
Jy-
1989, S. 81. 1 9 Vgl. hierzu Kilger, Plankostenrechnung, S. 241. 120 So von Bröll, S. 21 und Kaluza, Technologien, S. 175.
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E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
beispielsweise bei den Logistikkosten um eine unsaubere Kostenart, in der sich mehrere Gliederungskriterien überlagern. Dadurch wird die Kostenartenrechnung unübersichtlich und fehlerhaft l21 . Mit diesem Einwand soll die Notwendigkeit zur Anpassung des Kostenartenplans an die Erfordernisse der Automatisierung keineswegs in Abrede gestellt werden. Eine solche Umgestaltung muß aber im Einklang mit den Prinzipien der Kostenartenbildung, insbesondere der Überschneidungsfreiheit, stehen. Auch der Anstieg des Gemeinkostenanteils bei zunehmender Automatisierung bereitet in der Kostenrechnung große Probleme. Er bewirkt, daß die Basis für die Kalkulation immer kleiner und die Zuschlagssätze für die Gemeinkostenverrechnung immer höher werden. Eine verursachungsgerechte Verteilung der Gemeinkosten ist daher kaum noch möglich. Die extreme Relation zwischen Zuschlagsbasis und Zuschlagsgröße führt zu erheblich schwankenden Zuschlagssätzen, so daß bereits kleine Ungenauigkeiten schwerwiegende Fehlentscheidungen zur Folge haben können 122. Um diesen nachteiligen Erscheinungen entgegenzuwirken, sollten so viele Kosten wie möglich als Einzelkosten erfaßt werden. Diese Aufgabe kann zum Teil durch den Einsatz der bereits erwähnten BDE-Systeme erleichtert werden. Da aber das Wachstum des Gemeinkostenanteils durch solche Maßnahmen nicht spürbar beeinflußt werden kann, bleibt das Grundproblem nach wie vor bestehen. Ein wesentlich weitreichenderer Vorschlag zielt darauf ab, nach dem Identitätsprinzip sämtliche Kosten als Einzelkosten zu erfassen und dadurch die Gemeinkostenproblematik zu umgehen l23 . Mit diesem auf der relativen 121 Vgl. Kilger, Einführung, S. 70. Ohnehin treten bei der Abgrenzung und Erfassung der Logistikkosten erhebliche Probleme auf. Vgl. hierzu [Me, Logistik, S. 233. Siegwart/ Raas halten beim Einsatz von Datenbanken eine fallweise Abgrenzung der Logistikkosten für möglich und sinnvoll. Vgl. Siegwart/Raas, S.12. Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden, weil bei diesem kasuistischen Vorgehen Eindeutigkeit und Vergleichbarkeit der Kostenarten verlorengingen. 122 Vgl. Keys, S. 44 ff. Diese Gefahr wurde von Henzel, der von Zuschlagssätzen von bis zu 5000 % berichtet, bereits frühzeitig erkannt. Vgl. Henzel, F.: Die Zuschlagskalkulation in der Kritik, in: ZfB, 33. Jg. 1963, S. 158. 123 Vgl. HOlVlith, Probleme, S. 81 ff.; Bröll, S. 25 f.; Horwith, P.: Wird die Kostenrechnung ihren Informations- und Steuerungsaufgaben beim Einsatz flexibel automatisierter Produktionssysteme noch gerecht?, in: Lücke, W. (Hrsg.): Betriebswirtschaftliehe Steuerungs- und Kontrollprobleme, Wiesbaden 1988, S. 121 ff. Vgl. zum Identitätsprinzip Riebel, Deckungsbeitragsrechnung, S. 75 ff.
III. Gestaltung der Kostenrechnung
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Einzelkosten- und Deckungsbeitragsrechnung nach Riebel aufbauenden Ansatz wird versucht, für alle Kosten Bezugsobjekte zu finden, denen diese Kosten als Einzelkosten unmittelbar zugerechnet werden können. Die unmittelbare Folge dieses Vorgehens besteht darin, daß keinerlei Gemeinkostenschlüsselung mehr vorgenommen werden muß. Die Kostenerfassung erfolgt hierbei im Rahmen einer zweckneutralen Grundrechnung nach Kostenarten und Zurechnungsobjekten. Im Rahmen dieser Arbeit kann eine ausführliche Auseinandersetzung mit der relativen Einzelkostenrechnung nicht erfolgen. Gleichwohl ist auf ein grundsätzliches Problem dieses Ansatzes hinzuweisen: Infolge der Anwendung des Identitätsprinzips lehnt Riebel die Verrechnung variabler Gemeinkosten auf die Kostenträger ab l24 , was dazu führt, daß bedeutsame Kostenkomponenten wie gebrauchsabhängige Abschreibungen, Instandhaltungs- und Reparaturkosten nicht auf die Erzeugnisse umgelegt, sondern diese lediglich mit ihren Einzelkosten belastet werden. Die sich nach Subtraktion der Einzelkosten von den Erlösen ergebenden Deckungsbeiträge spiegeln indessen nicht die entscheidungsrelevanten Kosten wider, weil in ihnen ein Teil der durch die Entscheidung beeinflußbaren Kosten nicht enthalten ist 125 . Da dieses Kostenrechnungssystem überdies sehr kompliziert ist, kann es trotz seiner unbestreitbaren theoretischen Vorzüge nicht als Mittel zur Lösung der Gemeinkostenproblematik angesehen werden. Es erscheint daher vielversprechender, nach verbesserten Möglichkeiten der Gemeinkostenschlüsselung zu suchen. Auf diese Frage wird aber erst in Kapitel E.III.2 näher eingegangen. Wie oben gezeigt wurde, weisen Industriebetriebe mit hoch automatisierten Fertigungseinrichtungen einen hohen Anteil an Vorlaufkosten auf. In der traditionellen Kostenrechnung werden Vorlaufkosten wie fixe Kosten behandelt und belasten in der Periode ihres Anfalls in voller Höhe das Periodenergebnis. Diese Vorgehensweise verstößt jedoch gegen das Verursachungsprinzip, weil Vorlaufkosten, im Unterschied zu fixen Kosten, nicht durch die Bereitstellung von Kapazitäten für eine Periode bedingt sind, sondern durch den Aufbau zeitlich ungebundener, d.h. periodenübergreifender Nutzungspotentiale (z.B. durch Inbetriebnahme, Schulungen etc.) hervorgerufen werden 126. Vor dem Hintergrund des stark angestiegenen 124 Vgl. Riebet, Deckungsbeitragsrechnung, S. 35 ff. und S. 618. 125 Vgl. Milling, P.: Perspektiven für das betriebliche Rechnungswesen, in: Mannheimer Berichte aus Forschung und Lehre, oJg., Nr. 20, Oktober 1981, S. 58l. 126 Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S.138. Diese Eigenschaft veranlaßt Kilger dazu, die Vorlaufkosten als eigene Kostenkategorie neben fixe und variable Kosten zu stellen. Seine Unterteilung stellt Kilger indessen selbst wieder in Frage, indem er die Vorlaufkosten im Zuge
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E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Vorlaufkostenanteils kann die implizite Gleichsetzung von Vorlauf- und Fixkosten nicht mehr befriedigen, zumal dadurch das Fixkostenproblem zusätzlich verschärft wird. Hierbei erweist sich die Überlegung als hilfreich, daß die Vorlaufkosten durch Aktivitäten verursacht werden, die zur Entstehung selbst erstellter, immaterieller Wirtschaftsgüter führen. Im externen Rechnungswesen ist die Aktivierung immaterieller Wirtschaftsgüter, soweit sie nicht entgeltlich erworben wurden, gemäß § 248 11 HGB verboten, so daß sie in der Entstehungsperiode als Aufwand zu verbuchen sind, was einer Sofortabschreibung gleichkommt 127. Für das interne Rechnungswesen gelten bekanntlich keine gesetzlichen Beschränkungen. Im Sinne des Verursachungsprinzips erscheint es daher sinnvoll, den mehrperiodischen Charakter der Vorlaufkosten in der Kostenrechnung zu berücksichtigen. Durch die Abschreibung der Vorlaufkosten über den Nutzungszeitraum derjenigen Maschinen, für deren Einsatz sie angefallen sind, läßt sich eine gleichmäßigere Verteilung auf Perioden und Kostenträger erreichen. Damit erfolgt eine Annäherung an die tatsächliche Kostenverursachung, wenngleich eine solche Schlüsselung willkürbehaftet ist, da dabei eine Zeitund/oder Leistungsproportionalität der Vorlaufkosten unterstellt wird128 • Abschließend soll hier noch auf die Probleme, die durch den wachsenden Fixkostenanteil bei zunehmender Automatisierung entstehen, eingegangen werden. Die Unterteilung in fixe und variable Kosten basiert auf der Prämisse, daß die Kostenhöhe hauptsächlich von der Beschäftigung abhängt. Angesichts des bei automatisierter Fertigung stark geschrumpften Anteils der variablen Kosten vermag eine solche Aufspaltung des Gemeinkostenblocks jedoch nicht mehr uneingeschränkt zu überzeugen. Insbesondere wird die Eignung der gewonnenen Kosteninformationen für die Fundierung betrieblicher Entscheidungen zweifelhaft, wenn über die Hälfte der Kosten undifferenziert als Block in das Betriebsergebnis gebucht wird, wie dies beispielsweise in der Grenzplankostenrechnung geschieht 129. Sucht man einer "kalkulatorischen Deckungskontrolle" den realisierten Nutzungseinheiten zurechnet und mithin genauso wie die fixen Kosten behandelt. Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S.289; Kaiser, S. 29, Fußnote 36. 127 Vgl. Laßmann, Besonderheiten, S. 232. 128 Vgl. Siegwart/Raas, S. 13; Kaiser, S. 28 f. Eine ausführliche Darstellung der Verteilung von Vorlaufkosten auf einzelne Erzeugnisse findet sich bei Betzing, S. 683 ff. 129 Vgl. Milling, S. 579. Laßmann bemerkt dazu treffend: "Bei...sehr geringem Anteil der beschäftigungsabhängigen Kosten an den gesamten Herstellkosten verliert die auf Grenzplankosten basierende Deckungsbeitragsrechnung ihre Praktikabilität und Aussagekraft... ". Laßmann, Probleme, S. 960. Diese Auffassung ist allerdings nicht unumstritten. So vertritt bei-
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nach Möglichkeiten zur Lösung dieser Probleme, wäre zunächst zu untersuchen, ob diejenigen Kosten, die als fIxe Kosten behandelt werden, tatsächlich sämtlich fIxen Charakter haben oder ob nicht ein Teil von ihnen in Wirklichkeit variabel ist. Ein entsprechender Ansatzpunkt bietet sich bei den Abschreibungen: Hier könnte man versuchen, so weit wie möglich zur gebrauchsabhängigen Abschreibung überzugehen 130• Auf diese Weise ließe sich der Anteil proportionaler Kosten steigern. Gerechtfertigt ist ein solches Vorgehen indessen nur, wenn die Entwertung der Werkzeugmaschinen hauptsächlich durch Gebrauchsverschleiß bedingt ist. Jedoch ist diese Annahme gerade bei höher automatisierten Maschinen mit entsprechender Fixkostenbelastung wenig plausibel: Wie bereits dargelegt wurde, werden starr automatisierte Werkzeugmaschinen zumeist durch wegfallende Produktionsmöglichkeiten entwertet. Flexibel automatIsierte Fertigungskonzepte drohen ihrerseits infolge technischer Fortschritte bereits vor Ablauf ihrer technischen Nutzungsdauer zu veralten 131 . In beiden Fällen ist folglich der Zeitverschleiß vorherrschend, so daß die Verwendung gebrauchsbedingter Abschreibungen nicht verursachungsgerecht wäre. Angesichts der geschilderten Schwierigkeiten wird zuweilen die Forderung laut auf die Auflösung in fIXe und variable Kosten gänzlich zu verzichten 132. Dieser Vorschlag ist jedoch skeptisch zu beurteilen. Obwohl es richtig ist, daß die Kostenhöhe in immer geringerem Maße von der Kosteneinflußgröße Beschäftigung abhängt, werden dadurch die Probleme, die sich aus dem Verzicht auf die Kostenspaltung in der Vollkostenrechnung ergeben, nicht gegenstandslos. Gerade bei hohem Fixkostenanteil kommt es bei Vollkostenrechnungen und variierender Beschäftigung zu extremen Schwankungen der Stückkosten. Daher werden Grenzkosten zumindest für dispositive Entscheidungen nach wie vor benötigt. Gleichwohl düften Vollkostenrechnungen im Zusammenhang mit strategischen Entscheidungen, die die Fixkostenstruktur des Industriebetriebs verändern, wieder an Bedeutung gewinnen 133.
spielsweise Plaut die gegenteilige Ansicht. Vgl. hierzu Plaut, H. G.: Behandlung von Fixkosten in der Grenzplankostenrechnung, in: krp, 35. Jg. 1991, S. 38 f. 130 Vgl. Gold, S. 94. 131 Vgl. Dilts/Russell, S. 40. 132 Vgl. beispielsweise Siegwart/Raas, S. 10. 133 Vgl. Milling, S. 579 f.; Lorson, P.: Prozeßkostenrechnung versus Grenzplankostenrechnung, in: krp, 36. Jg. 1992, S. 11.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
2. Gestaltung der KostensteIlenrechnung Die KostensteIlenrechnung steht als Bindeglied zwischen der Kostenarten- und der Kostenträgerrechnung. In dieser Funktion erfaßt sie die den Erzeugnissen nicht direkt zurechenbaren Gemeinkosten und bereitet sie zur Weiterverrechnung auf die Kostenträger vor. Als Aufgaben der KostensteIlenrechnung werden im einzelnen die Zurechnung der aus der Kostenartenrechnung übernommenen primären Gemeinkosten zu den sie verursachenden KostensteIlen, die Verteilung sekundärer Gemeinkosten im Rahmen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung, die Ermittlung von Kalkulationssätzen zur Verrechnung der Gemeinkosten auf die Kostenträger sowie die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit genannt 134• Beim Einsatz von Werkzeugmaschinen ergeben sich für die KostensteIlenrechnung zwei Kernprobleme, die in Kapitel E.III.2.a) behandelt werden: zum einen die KostensteIlenbildung, zum anderen die Wahl von Bezugsgrößen. Dabei werden die KostensteIlenbildung und die Bezugsgrößenwahl zunächst allgemein erläutert, um danach ihre Durchführung bei unterschiedlichen Maschinentypen erörtern zu können. a) KostensteIlenbildung und Bezugsgrößenwahl als Kernprobleme der KostensteIlenrechnung Die Bildung von KostensteIlen ist einerseits notwendig, um eine Kontrolle der Wirtschaftlichkeit am Ort der Kostenentstehung vornehmen zu können. Darüber hinaus ist sie erforderlich, um die den Erzeugnissen nicht direkt zurechenbaren Gemeinkosten zunächst über die KostensteIlen zu leiten und dann entsprechend der Inanspruchnahme der Leistun-äen der KostensteIlen durch die Kostenträger auf diese zu verrechnen 5. Die Gliederung eines Betriebes in KostensteIlen kann nach räumlichen Gesichtspunkten, nach Funktionsbereichen, nach Verantwortungsbereichen, nach Kostenträgergesichtspunkten oder nach Abrechnungsgesichtspunkten erfolgen. Die Eignung dieser Kriterien hängt primär vom verfolgten Rech134 Vgl. Schmalenbach, S. 301 und 351 f.; Mellerowicz, Kostenrechnung 11, S. 378 ff. Demgegenüber sieht Kilger die Kostenkontrolle nicht als Aufgabe der KostensteIlenrechnung, sondern als ein eigenständiges Teilgebiet der Kostenrechnung an. Vgl. Kilger, Einführung, S.14. 135 Dieser Zweck der KostensteIlenbildung ist besonders bedeutsam, wenn verschiedene Erzeugnisse die Leistungen der KostensteIlen in verschiedenem Maße in Anspruch nehmen, also bei Mehrproduktunternehmen mit entsprechend differenzierter Fertigungsstruktur. Vgl. Hummel/Männel, Kostenrechnung 1, S. 195.
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nungszweck ab: Beispielsweise ist eine Kostenstellenbildung nach Verantwortungsbereichen sinnvoll, wenn die Wirtschaftlichkeitskontrolle dominierender Rechnungszweck ist, während sich eine funktionale Unterteilung anbietet, wenn die Weiterverrechnung von Kosten auf Kostenträger in den Mittelpunkt gestellt wird l36 . Nach der Leistungsabgabe wird zwischen Hilfskostenstellen und Hauptkostenstellen unterschieden. Während die erstgenannten ihre Leistungen an andere KostensteIlen weitergeben, so daß eine innerbetriebliche Leistungsverrechnung erfolgen muß, lassen sich die in den HauptkostensteIlen anfallenden Kosten unmittelbar auf die Erzeugnisse weiterverrechnen137. Im Fertigungsbereich gibt es sowohl HauptkostensteIlen, in denen Arbeitsplätze und Maschinen zusammengefaßt werden, die unmittelbar zur Bearbeitung der Erzeugnisse dienen, als auch HilfskostensteIlen, in denen mit der Bearbeitung im Zusammenhang stehende Aufgaben wie beispielsweise die Ne-Programmierung erfüllt werden. Aufgrund dieser Merkmale kann man davon ausgehen, daß sich Werkzeugmaschinen fast ausschließlich in HauptkostensteIlen befinden. Bei der KostensteIlenbildung müssen verschiedene Grundsätze beachtet werden: Erstens dürfen in einer KostensteIle nur solche Maschinen und Arbeitsplätze zusammengefaßt werden3 die sich hinsichtlich der Kostenverursachung im wesentlichen gleichen1 8. Eine derartige KostensteIleneinteilung erleichtert die Findung von Bezugsgrößen als Maßgrößen der Kostenverursachung, die die funktionalen Beziehungen zwischen der Leistungserstellung und dem bei wirtschaftlicher Produktion anfallenden Güterverzehr abbilden. Zweitens sind die KostensteIlen zur Gewährleistung einer wirksamen Kostenkontrolle derart abzugrenzen, daß sie selbständige Verantwortungsbereiche bilden und für jede KostensteIle ein Kostensteilenleiter verantwortlich ist 139. Drittens muß eine KostensteIlengliederung gewählt werden, die eine zweifelsfreie Zuordnung aller Kosten zu einzelnen 136 Vgl. Hummel/Männel, Kostenrechnung 1, S. 197. 137 Vgl. Kilger, Einführung, S. 154. 138 Vgl. Mellerowicz, Kostenrechnung 11, S. 385; Shillinglaw, G.: Management Accounting und Neue Technologien, in: Controlling, 1. Jg. 1989, S.203. Eine Ausnahme ist nach Ansicht von Kilger bei fließfertigung mit festen Taktzeiten vorzunehmen, bei der auch Maschinen und Arbeitsplätze mit unterschiedlicher Kostenstruktur zu einer KostensteIle zusammengefaßt werden können, weil sie von allen Erzeugnissen stets im gleichen Maße in Anspruch genomme werden. Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S.320. Solche Bedingungen liegen lediglich bei starren Transferstraßen vor. Bei flexiblen Transferstraßen kann es dagegen durchaus zu einer unterschiedlichen Inanspruchnahme einzelner Stationen kommen, obwohl auch diese Systeme getaktet sind. 139 Vgl. Kilger, Einführung, S. 154.
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KostensteIlen ermöglichtl40 . Zwischen dem ersten und dem dritten Grundsatz besteht eine gegensätzliche Tendenz: Während die Befolgung des ersten Grundsatzes zu einer möglichst differenzierte Gliederung führen wird, um KostensteIlen mit homogener Kostenstruktur zu erhalten, erfordert der dritte Grundsatz zur Vermeidung abrechnungstechnischer Schwierigkeiten eine eher grobe Unterteilung. In der Praxis muß daher bei der KostensteIleneinteilung ein Kompromiß zwischen Homogenität der Kostenverursachung und Durchführbarkeit der Kostenzuordnung gefunden werden, d.h., die Differenzierung sollte so tief wie nötig und so flach wie möglich sein l41 . Mit der KostensteIleneinteilung werden zugleich für sämtliche KostensteIlen Bezugsgrößen zur Abbildung der Kostenverursachung festgelegt. Im Idealfall verhalten sie sich y,roportional zu den beschäftigungsabhängigen Kosten einer KostenstelleI 2. Die Notwendigkeit, mit Bezugsgrößen zu arbeiten, entsteht dadurch, daß zwischen der Ausbringungsmenge einerseits und der Höhe der über die KostensteIlen verrechneten Gemeinkosten in den meisten Fällen kein direkter Zusammenhang mehr besteht. Vielmehr läßt sich ein mittelbarer Zusammenhang über die Inanspruchnahme der Leistungen der KostensteIlen, die die Höhe der Gemeinkosten bestimmt, feststellen l43 . Bezugsgrößen dienen also als Medium zur Erfassung des Zusammenhangs zwischen Verursachung und Höhe der (variablen) Gemeinkosten. Es wird allgemein zwischen direkten und indirekten Bezugsgrößen differenziert. Direkte Bezugsgrößen können unmittelbar aus den Leistungsmengen der KostensteIlen abgeleitet werden, während bei indirekten Bezugsgrößen keine unmittelbare Beziehung zur Leistungsmenge besteht. Vor allem im Fertigungsbereich lassen sich direkte Bezugsgrößen anwenden, weil die Beziehung zwischen Güterverzehr und Leistungsmengen dort sehr eng ist. Handelt es sich bei den betrachteten KostensteIlen um solche mit 140 Vgl. Hummel/Männel, Kostenrechnung 1, S. 198. 141 Vgl. Kaluza, Technologien, S. 177. 142 Vgl. Kilger, Einführung, S. 164. 143 Für die Kostentheorie, die bekanntlich wichtige Hinweise für die Gestaltung der Kostenrechnung liefern kann, hat Gutenberg auf diesen Zusammenhang hingewiesen, indem er die Einbeziehung von "Produktionsstätten" - in der Kostenrechnung würde man entsprechend von KostensteIlen sprechen - in den Zusammenhang zwischen Güterverzehr und Ausbringung fordert, weil "in ihnen ...die Beziehungen zwischen Produktionsmengen und Verbrauchsmengen wie in einem Prisma gebrochen" werden. Gutenberg, S. 328.
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einheitlichen Leistungen (Einproduktfall), wird nur eine direkte Bezugsgröße zur Abbildung der Kostenverursachung benötigtl44 . Werden hingegen in einer KostensteIle verschiedene Erzeugnisse hergestellt oder bearbeitet (Mehrproduktfall), sind zwei Unterfälle zu unterscheiden: Im ersten Fall ist die Kostenhöhe trotz verschiedenartiger Erzeugnisse durch einen einzigen Kostenbestimmungsfaktor erklärbar (homogene Kostenverursachung), so daß wiederum eine Bezugsgröße genügt. Im zweiten Fall werden mehrere Einflußgrößen gleichzeitig wirksam (heterogene Kostenverursachun~), was die Verwendung mehrerer Bezugsgrößen erforderlich werden läßt 45. Indirekte Bezugsgrößen sollten grundsätzlich nur dann gewählt werden, wenn die Leistungen einer KostensteIle nicht quantifizierbar sind oder die Erfassung direkter Bezugsgrößen unwirtschaftlich ist. Trotz des fehlenden unmittelbaren Bezugs zu den Leistungsmengen der KostensteIlen orientieren sich nach Ansicht von Kilger auch indirekte Bezugsgrößen am Verursachungsprinzip. Für die FertigungskostensteIlen sind sie aber ohnehin bedeutungslos, weil sich dort direkte Bezugsgrößen festlegen lassen 146. b) Auswirkungen des Einsatzes höher automatisierter Werkzeugmaschinen auf KostensteIlenbildung und Bezugsgrößenwahl In diesem Kapitel sollen die Auswirkungen des Werkzeugmaschineneinsatzes auf die KostensteIlengliederung und die Bezugsgrößenwahl erörtert werden. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob und nach welchen Gesichtspunkten bei der KostensteIleneinteilung zwischen verschiedenen Typen von Werkzeugmaschinen zu differenzieren ist. Wesentliche Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus den oben angeführten Grundsätzen der Kostensteilenbildung. Entsprechend dem ersten Grundsatz dürfen nur Maschinen mit gleichartiger Kostenverursachung in einer KostensteIle zusammengefaßt werden. Für die Gleichartigkeit der Kostenverursachung ist die Beschaffenheit der Leistungen und des Leistungsprozesses maßgeblich. So muß sich die KostensteIlenbildung danach richten, "... ob eine homogene Leistung mit Hilfe eines homogenen Leistungsprozesses erbracht wird, oder ob heterogene Leistungen mit unterschiedlichen Operationen .. .in einem heterogenen Leistungssystem erbracht werden müssen.,,147
144 Vgl. Hummel/Männel, Kostenrechnung 2, S. 134. 145 Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S. 327. 146 Vgl. Kilger, Einführung, S. 167.
147 Siegwart/Raas, S. 12.
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Bei Anwendung dieses Kriteriums auf die in der vorliegenden Arbeit gebildeten Werkzeugmaschinentypen lassen sich folgende Feststellungen treffen: Universal- und Ne-Maschinen mit gleichartiger Leistungs- und Kostenstruktur sind zu einer Kostenstelle zusammenzufassen. Dies wird am ehesten bei Werkstattfertigung möglich sein, wo häufig nicht nur art-, sondern auch leistungsgleiche Werkzeugmaschinen in Werkstätten räumlich zusammengefaßt sind. Aber auch bei Fertigungseinrichtungen mit unterschiedlicher Leistungsstruktur - was in der Praxis weit häufiger der Fall sein wird - ist die Bildung einer einzigen Kostenstelle für mehrere Maschinen denkbar. In solchen Fällen kann man eine weitergehende Differenzierung der Kostenstelleneinteilung in Kostenplätze in Betracht ziehen. Dabei wird die geforderte Homogenität erreicht, indem eine Kostenstelle zwar Maschinen mit unterschiedlicher Kostenstruktur enthält, aber innerhalb der Kostenstelle Maschinen oder Maschinengruppen mit gleichartiger Kostenverursachung zu Kostenplätzen mit jeweils eigenen Bezugsgrößen zusammengefaßt werden. Allerdings werden bei der Kostenkontrolle die Sollkosten einzelner Kostenplätze wieder aggregiert und mit den global auf die Kostenstellen verrechneten Ist-Kosten verglichen. Die Ursache für diese Vorgehensweise liegt darin, daß die Ist-Kosten auf manuellem Wege nicht fein genug erfaßbar sind. Damit geht aber, wie in der Literatur zu Recht beanstandet wird, die Identität von Planungs- und Kontrollbereich verloren l48 . Bei der Zusammenfassung von Maschinen mit heterogener Kostenstruktur besteht ferner die Möglichkeit, mit Hilfe von Fehlerrechnungen zu prüfen, ob sich der sich beim Soll-Ist-Vergleich und in der Kalkulation ergebende Fehler in einer akzeptablen Größenordnung bewegt 149 Eine mehr oder weniger homogene Kostenverursachung ist bei Sondermaschinen, konventionellen und flexiblen Transferstraßen zu erwarten. Bei Sondermaschinen ist aufgrund der Ausrichtung auf ein einziges oder sehr wenige, eng verwandte Produkte von einer gleichartigen Inanspruchnahme der Kapazitäten und damit von einem weitgehend homogenen Leistungsprozeß auszugehen. Bei konventionellen Transferstraßen ist ·die Gleichmäßigkeit von Leistungsprozeß und Kostenverursachung durch die starre Taktung bedingt. Aus diesem Grund können auch Maschinen mit unterschiedlicher Kostenstruktur, da sie in der konventionellen Transferstraße zu einer geschlossenen Fließstrecke verknüpft sind, als Einheit behandelt und zu einer einzigen Kostenstelle zusammengefaßt werden. Werden dennoch einzelne Stationen in unterschiedlichem Maße in Anspruch genommen, was bei der flexiblen Transferstraße mit ihren Puffern und Verzweigungen im 148
Vgl. Knoop, Instrument, S. 50. 149 Vgl. hierzu ausführlich Kilger, Einführung, S. 155 ff.
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Werkstückflußsystem am ehesten vorkommen dürfte, kann mit Hilfe von Äquivalenzziffern ein rechnerischer Ausgleich geschaffen werdenISO. Am schwierigsten gestaltet sich die KostensteIlenbildung bei flexiblen Fertigungszellen und flexiblen Fertigungssystemen. Bei ihnen liegen nicht nur heterogene Leistungsprozesse vor, sondern die einzelnen Systemkomponenten werden auch unterschiedlich in Anspruch genommen und tragen daher in unterschiedlichem Maße zur Kostenverursachung bei. Nach Auffassung von Siegwart/Raas sollten bei solchen Fertigungskonzepten Systemkomponenten mit gleicher Kostenstruktur zu KostensteIlen zusammengefaßt werden I51 . Dem ist einerseits entgegenzuhalten, daß dabei der Verantwortungsaspekt der KostensteIlenbildung keine Beachtung findet, weil sich für einzelne Systemkomponenten wohl kaum ein Kostenverantwortlicher bestimmen läßt. Andererseits ist die globale Behandlung einer flexiblen Fertigungszelle oder eines flexiblen Fertigungssystems als KostensteIle aufgrund der heterogenen Kostenstruktur für eine verursachungsgerechte Gemeinkostenverrechnung zu undifferenziert. Zur Lösung dieser Probleme wird der Übergang zur Kostenplatzrechnung vorgeschlagen l52 . Die schwierige Erfassung der Ist-Kosten, die der Kostenplatzrechnung bisher entgegenstand, wird durch den hohen Automatisierungsgrad flexibler Fertigungszellen und flexibler Fertigungssysteme realisierbar. Mit Hilfe der häufig bereits vorhandenen BDE-Einrichtungen für die automatische Prozeßüberwachung kann die zeitliche Inanspruchnahme einzelner Systemelemente, die jeweils einen eigenen Kostenplatz bilden, erfaßt und somit die Identität von Planungs- und Kontrollbereich gewährleistet werden 153.
150 Vgl. hierzu Hummel/Männel, Kostenrechnung I, S.276 ff.; v. Kortzjleisch, G.: Äquivalenzziffernkalkulation, in: Kosiol, E. (Hrsg.): HWR, Stuttgart 1970, Sp. 42. 151 Vgl. Siegwan/Raas, S. 12. 152 So beispielsweise von Bröll, S. 27. 153 Vgl. Knoop, Instrument, S.50. Gegen eine verfeinerte Datenerfassung wird eingewendet, daß man auch mit diesem Vorgehen keine entscheidungsrelevanten Infonnationen enthalten könne, weil die diesen Kosten zugrundeliegenden Sachverhalte nur für das Fertigungssystem als ganzes beeinflußbar sind. Vgl. hierzu Shillinglaw, S. 204; Kaiser, S. 24 f. Diese Argumentation greift indessen zu kurz, weil sie ausschließlich auf den Kontrollaspekt der KostensteIlenbildung abstellt und dabei übersieht, daß wesentliche Vorteile einer verfeinerten Datenerfassung in einer verbesserten Zurechnung von Gemeinkosten auf einzelne Kostenträger zu sehen sind.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Mit diesen Ausführungen wurde aufgezeigt, wie die Gliederungstiefe der KostensteIlen durch Automatisierungsmaßnahmen beeinflußt werden kann. Darüber hinaus ist darzulegen, wie sich die steigende Automatisierung in der Fertigung auf die Bedeutung einzelner Grundsätze der Kostensteilenbildung auswirkt. In diesem Zusammenhang ist die Feststellung bedeutsam, daß die Kostenentstehung in immer höherem Maße vor Aufnahme der eigentlichen Produktion festgelegt wird l54 . Vor dem Hintergrund solcher Entwicklungen verlieren Soll-Ist-Abweichungen in den KostensteIlen an Aussagekraft, weil die Tatbestände, die zu Kostenabweichungen führen, durch die Verantwortlichen kaum noch beeinflußbar sind. Daraus wird zuweilen der Schluß gezogen, daß die Eigenschaft der KostensteIlen als Verantwortungsbereiche bei der KostensteIlenbildung gegenüber dem Zurechnungsaspekt zurückzutreten hatISS. Die Überlegungen zur KostensteIlenbildung bei flexiblen Fertigungszellen und flexiblen Fertigungssysternen lassen indessen erkennen, daß sich der Konflikt zwischen diesen bei den Aspekten durch den Einsatz automatischer Systeme zur Datenerfassung abschwächen läßt. Eine Abkehr vom Verantwortungsgesichtspunkt erscheint auch deswegen nicht ratsam, weil bei flexiblen Fertigungskonzepten die Bediener die Auslastung des Systems - und damit auch die Kostenverursachung - durch vorbereitende, vorbeugende und überwachende Tätigkeiten durchaus beeinflussen können 156 Zwischen der KostensteIlenbildung und der im folgenden zu erörternden Bezugsgrößenwahl besteht ein enger sachlicher Zusammenhang. Offensichtlich steht hinter dem Homogenitätsprinzip der KostensteIlenbildung das Bestreben, möglichst mit einer Bezugsgröße je KostensteIle auszukommen, um die Durchführung der Gemeinkostenverrechnung und der Kostenkontrolle zu erleichtern. Daraus ergibt sich, daß die Kostensteilendifferenzierung der Bezugsgrößendifferenzierung grundsätzlich vorzuziehen ist l57 . Allerdings wird sich eine KostensteIlenbildung, die die Beschränkung auf jeweils eine einzige Bezugsgröße ermöglicht, in der Praxis nicht immer durchführen lassen, zum al ".. .in nahezu allen KostensteIlen der Tatbestand der heterogenen Kostenverursachung erfüllt (ist),,158 und die Kostenstellen154 So wird der Einfluß der Fertigung auf die Kostenentstehung auf lediglich 10 - 20 % der Gesamtkosten beziffert. Vgl. Mirani, S. 226; Kaluza, Technologien, S. 177 f. 155 Vgl. Siegwart/Raas, S. 11 f. 156 Vgl. hienu Bühner, Entgelt, S.725. Die anhaltende Bedeutung des Verantwortungsaspekts für die KostensteIlenbildung auch und gerade bei flexibler Fertigung wurde im übri~en empirisch belegt. Vgl. hienu Platt, S. 235. 1 7 Vgl. Knoop, 1.: Online-Kostenrechnung für die CIM-Planung, Berlin 1986, S. 95. 158 Kilger, Plankostenrechnung, S. 325.
111. Gestaltung der Kostenrechnung
385
differenzierung unter Zurechnungs- und Kontrollaspekten nicht zu weit gehen darf. Andererseits ist auch die Bezugsgrößendifferenzierung zu begrenzen, weil es ansonsten zu Schwierigkeiten bei der Erfassung der IstBezugsgrößen kommen kann. Aus diesem Grund sollte sie so gering wie möglich gehalten werden, solange dadurch die Aussagefähigkeit der Rechnung nicht in Frage gestellt wird. Demzufolge reicht auch bei heterogener Kostenverursachung eine Bezugsgröße aus, wenn damit die ins Gewicht fallenden Kosteneinflüsse erfaßt werden können. In der Fertigung kommen Wert-, Mengen- oder Zeitgrößen als Bezugsgrößen in Betracht. Als klassische Wertgröße zur Umlage von Gemeinkosten findet der Fertigungslohn in der Praxis noch sehr häufig Verwendung. Bei zunehmender Automatisierung erweist sich das Festhalten am Fertigungslohn jedoch als nachteilig, weil seine Verwendung als Bezugsgröße dazu führt, daß die Erzeugnisse kaum noch entsprechend ihrer tatsächlichen Kostenverursachung mit Gemeinkosten belastet werden I59 . Bei höher automatisierter Fertigung eignen sich Zeit- und Mengengrößen besser zur Abbildung der Leistungsbeziehungen, weshalb beispielsweise Fertigungszeiten oder Arbeitsgangkostensätze als Bezugsgrößen vorgeschlagen werden 160. Die Eignung der Fertigungszeit als Bezugsgröße hängt davon ab, inwieweit sie die tatsächliche Kostenentstehung zu erklären vermag. Einer der ersten Versuche, den Fertigungslohn durch eine zeitbezogene Bezugsgröße zu ersetzen, wurde mit der Maschinenstundensatzrechnung unternommen 161 . Ihr liegt die Prämisse zugrunde, daß die Höhe der Gemeinkosten wesentlich von der Laufzeit der Maschinen abhängt. Der VDMA schlägt vor, die Maschinenlaufzeit auf Basis der erreichbaren Nutzungszeit zu berechnen. Ausgangspunkt der Berechnung ist die Arbeitszeit des Bedienungspersonals, die sukzessive um verschiedene Ausfallzeiten bereinigt wird 162.
159 Vgl. Heiserich, S. 101; JOhnson/Kaplan, S. 188 ff.; Schmidt, H./Wenzel, H.-H.: Maschinenstundensatzrechnung als
Alternative
zur
herkömmlichen
Zuschlagskosten-
rechnung?, in: krp, 33. Jg 1989, S. 147 f. 160 Vgl. hierzu Kilger, Plankostenrechnung, S. 328 f.; Laßmann, Probleme, S. 972 f. 161 Vgl. grundlegend zur MaschinenstundensatzrechnungAndreas/Reichle, S. 3 ff.; Tucker, S. A.: The ABC of machine-hour rates, in: American Machinist, Vol. 102, No 5, May 1958, S. 115 ff.; VDI-Richtlinie 3258: Kostenrechnung mit Maschinenstundensätzen, Blatt 1: Begriffe, Bezeichnungen, Zusammenhänge, Düsseldorf 1962. 162 VgI.Andreas/Reichle, S. 19, 25 Moroff
386
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
In der Literatur wird dieses Vorgehen zu Recht kritisiert, weil damit ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Gemeinkosten und den Fertigungslohnstunden unterstellt wird, so daß es zu den gleichen Fehlern wie bei der herkömmlichen Zuschlagsrechnung kommen kann l63 • Einen engeren Bezug zur Kostenentstehung weist die in der Praxis häufig verwendete geplante Bearbeitungszeit eines Werkstücks im Bearbeitungssystem - das in der Literatur zumeist gemeint ist, wenn pauschal von "Maschine" die Rede ist auf. Sie kann aus den Arbeitsplänen leicht entnommen werden und eignet sich bei Einmaschinensystemen wie Universal-, NC- oder Sondermaschinen gut als Bezugsgröße, weil bei diesen Maschinentypen die Kostenverursachung hauptsächlich durch den eigentlichen Bearbeitungsgang bedingt ist l64 . Dagegen hängt die Kostenhöhe bei Mehrmaschinensystemen nur noch zu einem geringen Teil von der Inanspruchnahme des Bearbeitungssystems ab. Stattdessen trägt die Verweildauer eines Werkstücks im gesamten Fertigungssystem, also auch in den peripheren Subsystemen, die Träger der eigentlichen Bearbeitung im Herstellungsprozeß vor- und nachgelagerten Funktionen sind, in erheblichem Maße zur Kostenentstehung bei. Zur verursachungsgerechten Erfassung der Kosten muß die Betrachtung folglich auf den gesamten Herstellungsprozeß in der Fertigung ausgedehnt werden. In der Literatur wird daher die Durchlauf- oder Systemverweilzeit eines Werkstücks als globale Bezugsgröße vorgeschlagen, mittels derer sich auch die Inanspruchnahme sämtlicher Systemkomponenten über die reine Bearbeitung hinaus erfassen läßt 165 Indessen ist die Verwendung der Durchlaufzeit als Bezugsgröße nur dann verursachungsgerecht, wenn von weitgehend homogener Kostenstruktur 163 Vgl. SChmidt/Wenzel, S. 152. 164 .. Ahnlich Kilger, Plankostenrechnung, S. 332. Allerdings trifft diese Feststellung uneingeschränkt nur auf Drehmaschinen zu. Bei ihnen hängt die Kostenentstehung aufgrund des hohen Hauptnutzungsgrads eng mit der Bearbeitungszeit zusammen. Demgegenüber reicht bei Bohr- und Fräsmaschinen, deren Hauptnutzungsgrad im Durchschnitt nur 49 % betr~,
1
die Bearbeitungszeit als alleinige Bezugsgröße nicht aus. Vgl. hierzu Knauer, S. 15 f. Vgl. Bennett, R. E. u.a.: Cost Accounting for FactOi)' Automation, Montvale, (New
Jersey) 1987, S.54; Eversheim, W./Schönheit, M.: Kostenstrukturveränderungen flexibler Fertigung, in: VDI-Z, 131. Jg. 1989, S.67. Die Durchlaufzeit umfaßt den Zeitraum von der Einschleusung des Rohlings oder Halbfertigerzeugnisses in das betrachtete Fertigungssystem bis zur Ausschleusung des Fertigteils. Vgl. Naundorf, W./Zeidler, W.: Kostenrechnung für die flexible Fertigung, in: VDI-Z, 133. Jg. 1991, Nr. 5, S. 66.
III. Gestaltung der Kostenrechnung
387
ausgegangen werden kann. Dies bedeutet, daß alle Teilsysteme eine einheitliche Kostenstruktur aufweisen (Homogenität des Leistungsprozesses) und von allen Werkstücken gleichmäßig in Anspruch genommen werden müssen (Homogenität der Leistungen). Die genannten Bedingungen lassen sich nur in solchen Fällen erfüllen, in denen einheitliche Produkte in mehreren Arbeitsgängen auf gleichartigen Maschinen hergestellt werden. Denkbar wären derartige Produktionsverhältnisse bei Massenfertigung auf einer Transferstraße, deren Bearbeitungseinheiten eine gleichartige oder zumindest sehr ähnliche Kostenverursachung aufweisen und aufgrund der starren Taktung gleichmäßig genutzt werden. Diese Konstellation wird in der Praxis nur selten vorkommen, weswegen der Durchlaufzeit als globaler Bezugsgröße nur geringe Bedeutung zukommen dürfte. Bei flexiblen Fertigungszellen und flexiblen Fertigungssystemen unterscheiden sich die einzelnen Teilsysteme deutlich hinsichtlich ihrer Kostenverursachung. Zur Berücksichtigung des Verursachungsprinzips kann bei solchen Maschinen eine weitergehende Kostenstellendifferenzierung in Kostenplätze mit jeweils eigenen Bezugsgrößen vorgenommen werden. Ein solches Vorgehen erscheint zweckmäßig, weil sich die Kostenverursachung bei flexiblen Fertigungskonzepten im allgemeinen nicht durch eine einzige, dominierende Bezugsgröße abbilden läßt. Vielmehr ist die Auflösung des Herstellungsprozesses in einzelne Operationen, die dem jeweiligen Teilsystem zugeordnet werden können, erforderlich166. Obwohl eine derartig differenzierte Bezugsgrößenstruktur der Kostenverursachung bei flexibler Fertigung am ehesten entspricht, bleiben auch bei dieser Vorgehensweise einige Probleme bestehen. So ist beispielsweise die Ermittlung der tatsächlichen Nutzung einzelner Teilsysteme überaus schwierig. Daher wird zur Vereinfachung vorgeschlagen, lediglich die drei Bezugsgrößen Bearbeitungszeit, Durchlaufzeit und Personaleinsatzdauer zu unterscheiden 167. Indessen bereitet die Ermittlung der Durchlaufzeit in der Praxis erhebliche Probleme168 . Auch lassen sich nicht alle Gemeinkosten einer dieser drei Bezugsgrößen eindeutig zuordnen. Berücksichtigt man zudem, daß die Fortschritte in der Betriebsdatenerfassung die Erfassung differenzierter IstBezugsgrößen erheblich erleichtern, erscheint die Ermittlung separater 166
Vgl. Knauer, S. 79. 167 Vgl. Eversheim, W./Schmidt, H./Erkes, K.: Wirtschaftliche Bewertung komplexer
Produktionssysteme, in: VDI-Z, 129. Jg. 1987, Nr.8, S.22; Eversheim/Schuh/Caesar, S.102. Diese Überlegungen sind im übrigen nicht neu. Sie fanden bereits als technologisch bedingte Bezugsgrößendifferenzierung in der Plankostenrechnung ihren Niederschlag. Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S. 336. 168 Vgl. Naundorf/Zeidler, S. 69 f.
388
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Bezugsgrößen für jedes Teilsystem vorziehenswert, zumal damit dem Verursachungsprinzip besser entsprochen werden kann. Die bisherigen Überlegungen gingen von der Prämisse aus, daß die Gemeinkosten überwiegend von der Ausbringungsmenge abhängen, was in einer entsprechenden Ausrichtung der Bezugsgrößen seinen Niederschlag fand. Die Einführung höher automatisierter Werkzeugmaschinen führt aber, wie bereits erwähnt, dazu, daß der Anteil der Gemeinkosten, die von der Beschäftigung abhängen, immer geringer wird. Stattdessen rücken andere Kostenbestimmungsfaktoren wie beispielsweise Auftragsgröße, Variantenvielfalt und Produktkomplexität in den Vordergrund169 . Diese Entwicklung hat zur Folge, daß die Kostenverursachung bei heterogenen Leistungsprozessen durch die oben genannten, auf die Beschäftigung abstellenden Bezugsgrößen wie Bearbeitungs- oder Durchlaufzeiten nicht mehr adäquat abgebildet werden kann. Es entsteht folglich die Notwendigkeit, der veränderten Kostenverursachung adäquate Bezugsgrößen zu finden. Diesen Anspruch glauben die Vertreter der Prozeßkostenrechnuni 70 erfüllen zu können. Die Grundannahme dieses Ansatzes, der aus dem angloamerikanischen Schrifttum übernommen wurde, besteht darin, daß die Entstehung von Gemeinkosten weniger durch die Beschäftigung als vielmehr durch die Wirkung anderer, wie der oben aufgeführten Kostenbestimmungsfaktoren erklärbar ist. Nach dieser Auffassung läßt sich die Kostenverursachung durch sogenannte "Kostentreiber" abbilden, die ihrem Wesen nach den direkten Bezugsgrößen in der (Grenz-)Plankostenrechnung entsprechen l71 . Kostentreiber können beispielsweise die Anzahl von Rüstvorgängen, von Aufträgen etc., also letztlich die Anzahl der zu verrichtenden
169 Vgi. hierzu JOhnson/Kaplan, S.236; HorVlilh/Mayer, Prozeßkostenrechnung, S.215; Kaiser, S. 26 f. 170 Diese Bezeichnung wurde aus dem ursprünglichen amerikanischen Ausdruck "Transaction Costing" hergeleitet. Vgl. zu Begriff und Entwicklung der Prozeßkostenrechnung Franz,
K.-P.: Die Prozeßkostenrechnung - Darstellung und Vergleich mit der Plankosten- und Deckungsbeitragsrechnung, in: Ahlert, D./Franz, K.-P./GÖppl, H. (Hrsg.): Finanz- und Rechnungswesen als Führungsinstrument, Herbert Vormbaum zum 65. Geburtstag, Wiesbaden 1990, S. 111 ff.; Lorson, S.7 f.; Pfohl, H.-Chr./Slölzle, W.: Anwendungsbedingungen, Verfahren und Beurteilung der Prozeßkostenrechnung in industriellen Unternehmen, in: ZfB, 61.J;. 1991,S. 1283 1 1 Vgi. Pfohl/Slölzle, S. 1284.
111. Gestaltung der Kostenrechnung
389
Tätigkeiten (auch Transaktionen genannt) in einer KostensteIle sein 172• Bei näherer Betrachtung zeigt sich indessen, daß die Verwendung direkter Bezugsgrößen, die nicht auf den Kostenbestimmungsfaktor "Beschäftigung" abheben, nichts grundsätzlich Neues ist. Vielmehr wurden solche Bezugsgrößen bereits in der Plankostenrechnung für den Fertigungsbereich vorgeschlagen l73 . Auch wird der Schwerpunkt der Prozeßkostenrechnung eher in den indirekten Bereichen gesehen, wo sie sich durch die Verwendung direkter Bezugsgrößen von der Plankostenrechnung unterscheidet. Da sich die Betrachtung der Kostenrechnung im Rahmen der vorliegenden Abhandlung auf den Fertigungsbereich beschränkt, muß an dieser Stelle eine tiefergehende Erörterung der Prozeßkostenrechnung nicht erfolgen. Allerdings wird sie im Zusammenhan~ mit den dispositiven Aufgaben der Kostenrechnung nochmals erörtert1 ". 3. Gestaltung der Kostenträge"echnung Als letzter Teilbereich der Kostenrechnung ist die Kostenträgerrechnung zu behandeln. Sie umfaßt nach herrschender Auffassung zwei Teilgebiete 175 : - die Kostenträgerzeitrechnung, auch Betriebsergebnisrechnung genannt, in der der Betriebserfolg einer Unternehmung für eine bestimmte Periode ermittelt wird, und - die Kostenträgerstückrechnung, auch Kalkulation genannt, in der die für Erstellung und Absatz einer Leistungseinheit angefallenen Kosten ermittelt werden. 172 Vgl. Mitler, J. G./Vollmann, Th. E.: Die verborgene Fabrik, in: HM, 8. Jg. 1986, S. 85 f. Es können einerseits innerhalb einer KostensteIle mehrere Arten von Transaktionen auftreten und andererseits könnnen Prozesse über KostensteIlengrenzen hinweg miteinander verbunden sein. Im zweiten Fall ersetzt in der Prozeßkostenrechnung der Prozeß die KostensteIle als Kontrolleinheit. Vgl. hierzu Shilli.'lglaw, S.204 f. Ähnlich argumentieren SCheer/ Krämer, S. 8, die ebenfalls eine stärkere Orientierung der Kostenrechnung an Prozessen fordern. 173 Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S. 332 ff., der unter anderem Rüststunden als eine von der Auftragsgröße abhängige Bezugsgröße anführt, und Glaser, H.: Prozeßkostenrechnunb- Darstellung und Kritik, in: ZfbF, 44. Jg. 1992, S. 279 4 Vgl. Kapitel E.III.3.b). 175 Vgl. Schmalenbach, S.15; Mellerowicz, Kostenrechnung 11, S.77. Dagegen halten Hummel und Männel diese Unterteilung für zu undifferenziert. Vgl. Hummel/Männel,
Kostenrechnung 2, S. 260.
390
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Die in der Kostenträgerrechnung ermittelten Kosten dienen zur Preiskalkulation sowie zur Bewertung von Halb- und Fertigwaren. Daneben tritt in verstärktem Maße die Unterstützung dispositiver Entscheidungen über kurzfristige Preisober- und Preisuntergrenzen, Eigenfertigung oder Fremdbezug und die Zusammensetzung des Produktionsprogramms durch Kostendaten als weitere Aufgabe. Diese entscheidungsunterstützende Funktion der Kostenrechnung wird in jüngerer Zeit besonders hervorgehoben. Da zwischen dem Einsatz von Werkzeugmaschinen und der Gestaltung der Kostenträgerzeitrechnung kein direkter Zusammenhang besteht und überdies vom Einsatz höher automatisierter Fertigungssysteme keine nennenswerten Auswirkungen in diesem Bereich erwartet werden l76 , wird sie im folgenden nicht weiter berücksichtigt. Die weiteren Ausführungen beschränken sich daher auf die Kostenträgerstückrechnung. a) Die Wahl des geeigneten Kalkulationsverfahrens bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion Bei der Untersuchung verschiedener Kalkulationsverfahren soll zunächst auf die klassischen Verfahren Divisions-, Äquivalenzziffern- und Zuschlagskalkulation kurz eingegangen werden, bevor die Maschinenstundensatz-, die Systemstundensatz-, die Kombinationsstundensatz- und die Teilsystemstundensatzrechnung als neuere, an die Kostenverursachung bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion angepaßte Ansätze zu untersuchen sind. Das einfachste Kalkulationsverfahren ist die Divisionskalkulation. Dieser Ausdruck steht als Sammelbezeichnung für verschiedene Kalkulationsformen, deren gemeinsames Merkmal darin besteht, daß die Kosten jeder Leistungseinheit mittels Division der Gesamtkosten einer Periode durch die während dieses Zeitraums erstellte Ausbringungsmenge ermittelt werden 177. Daraus ergibt sich, daß grundsätzlich auf eine Trennung in Einzelund Gemeinkosten und somit auf eine KostensteIlenrechnung verzichtet wird, ebenso auf die Unterscheidung in fIxe und variable Kosten. Unabhängig von ihrer konkreten Ausprägung ist die Divisionskalkulation nur unter einer Grundvoraussetzung anwendbar: Innerhalb der betrachteten Abrechnungsperiode müssen gleichartige Produktionsbedingungen herrschen, d.h., es muß ein einheitliches Produkt auf ein und derselben Maschine gefertigt 176
Vgl. Kaluza, S. 180. 177 Vgl. Hummel/Männel, Kostenrechnung 1, S.286; vgl. ausführlich zu den verschiedenen
Formen der Divisionskalkulation Schmalenbach, S. 369 ff.; v. Konzjleisch,
Divisionskalkulation, in: Kosiol, E. (Hrsg.): HWR, Stuttgart 1970, Sp. 420 ff.
G.:
111. Gestaltung der Kostenrechnung
391
werden 178. Diese Voraussetzung ist allerdings nur bei gleichbleibender, einheitlicher Massenfertigung gegeben, unter Einsatz von konventionellen Transferstraßen mit starrer Taktung und gerichtetem Materialfluß. Insgesamt gesehen dürften solche Bedingungen aber eher die Ausnahme darstellen. Bei größerer Erzeugnisvielfalt, wie sie für universell einsetzbare Maschinen und flexible Fertigungskonzepte charakteristisch ist, erweist sich die Divisionskalkulation als gänzlich ungeeignet 179. Demgegenüber ist die Anwendung der Äquivalenzziffemkalkulation auch bei unterschiedlichen Produkten möglich, sofern zwischen diesen eine relativ enge fertigungstechnische Verwandtschaft besteht, die in einer ähnlichen Kostenstruktur zum Ausdruck kommt. Die Gegebenheiten der Leistungserstellung, die eine ungleichmäßige Kostenverursachung bewirken, werden mit Hilfe von Äquivalenzziffern erfaßt. Diese wirken als Gewichtungsfaktoren und ermöglichen so eine rechnerische Vereinheitlichung der unterschiedlichen Kostenverursachun~ und damit die Anwendung des Grundprinzips der Divisionskalkulation1 . Wie bei dieser existiert auch bei der Äquivalenzziffernkalkulation eine ganze Reihe verschiedener Formen, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann. Aus der Feststellung, daß dieses Verfahren eine starke Ähnlichkeit zwischen den verschiedenen Produkten bedingt, ergibt sich, daß es bei zunehmender Produktheterogenität und komplexerem Fertigungsablauf an Brauchbarkeit einbüßt. In der Literatur wird die Äquivalenzziffernkalkulation folglich vor allem bei Sortenfertigung vorgeschlagen181 . Solche Einsatzbedingungen dürften am ehesten bei flexiblen Transferstraßen vorliegen, die bei grundsätzlich konstantem Fertigungablauf in begrenztem Umfang Umstellungen zwischen verschiedenen Sorten ermöglichen. Dagegen werden bei universell einsetzbaren Maschinen die Verschiedenheit der Produkte und bei flexiblen Fertigungskonzepten die Komplexität des Fertigungsablaufs so hoch sein, daß eine einzi~e Verhältniszahl zur Abbildung der Kostenverursachung nicht ausreicht 1 2.
178 Vgl. Mellerowicz, K.: Neuzeitliche Kalkulationsverfahren, 5. neubearbeitete und erweiterte Auflage, Freiburg im Breisgau 1972, S. 16. 179 Vgl. Honrath / Herrmann / SChmidt, S. 192. 180 Vgl. v. Kortzfleisch, Äquivalenzziffemkalkulation, Sp. 42. 181 Vgl. Kilger, Einführung, S.315; Mellerowicz, Kalkulationsverfahren, S.15. Vgl. zum Begriff der Sortenfertigung Schäfer, S. 65 ff. 182 Vgl. Platt, S. 248.
392
E. Betriebswirtschartliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
In vielen Fällen sind also die von einer Unternehmung hergestellten Erzeugnisse hinsichtlich der Inanspruchnahme der Fertigungseinrichtungen zu heterogen, um einer Vereinheitlichung mit Hilfe der Äquivalenzziffernkalkulation zugänglich zu sein. Unter solchen Bedingungen gelangt die Zuschlagskalkulation, die in der Praxis weit verbreitet ist, zur Anwendung. Sie unterscheidet sich von den bisher erörterten Kalkulationsverfahren dadurch, daß bei ihr eine Trennung der Gesamtkosten in Einzel- und Gemeinkosten erfolgt, wobei die erstgenannten den Kostenträgern direkt zugerechnet und die letztgenannten ihnen mittels prozentualer Zuschläge belastet werden l83 . Ein weiteres Merkmal der Zuschlagskalkulation besteht darin, daß es sich bei der Bezugsbasis um eine Wertgröße handelt. Dienen dagegen Mengen- oder Zeitgrößen als Bezugsbasis, liegt eine Verrechnungssatzkalkulation vor l84 . Als Zuschlagssatz wird das Verhältnis zwischen sämtlichen Gemeinkosten oder einem Teil davon auf der einen Seite und der Bezugsbasis auf der anderen Seite bezeichnet. Erfolgt die Verrechnung sämtlicher Gemeinkosten über einen einzigen Zuschlagssatz, liegt eine von summarische Zuschlagskalkulation, bei Verwendung mehrerer Zuschlagssätze eine differenzierende oder elektive Zuschlagskalkulation vor l85 . Die hier interessierenden Fertigungsgemeinkosten werden im Zuge der Zuschlagskalkulation zumeist auf Basis der leicht erfaßbaren Fertigungslöhne auf die Erzeugnisse verrechnet. Unternehmungen mit arbeitsintensiver Fertigung verwenden in vielen Fällen sogar nur einen summarischen Lohnzuschlag zur Umlage sämtlicher Gemeinkosten. Die Tatsache, daß der Fertigungslohn als Bezugsbasis bei zunehmender Mechanisierung und Automatisierung an Aussagekraft verliert, kommt beim Einsatz von Werkzeugmaschinen in extrem hohen Zuschlagssätzen zum Ausdruck, weil zwischen der Höhe des Fertigungslohns und den angefallenen Gemeinkosten kein nennenswerter funktionaler Zusammenhang mehr besteht. Aus der Kritik an der Zuschlagskalkulation heraus sind verschiedene Kalkulationsverfahren für die werkzeugmaschinenunterstützte Produktion entwickelt worden. Bei ihnen handelt es sich sämtlich um Verrechnungssatzkalkulationen. In der Maschinenstundensatzrechnung wird der Verrechnungssatz als Quotient aus den sogenannten maschinenabhängigen Gemeinkosten (z.B. Abschreibungen, Werkzeugkosten etc.) und der geplanten 183
Vgl. Schmalenbach, S. 38l. 184 Vgl. Hummel/Männel, Kostenrechnung 1, S. 247. 185 Vgl. Mellerowicz, Kalkulationsverfahren, S. 17 f.
111. Gestaltung der Kostenrechnung
393
Maschinenlaufzeit ermitteltl86 . Die übrigen, maschinenunabhängigen Gemeinkosten werden nach wie vor über eine herkömmliche Zuschlagsrechnung auf die Kostenträger verteilt. Hängt die Kostenentstehung in überwiegendem Maße von der Maschinenlaufzeit ab, kann auf diese Weise ein überhöhtes Verhältnis von Gemeinkosten und Bezugsbasis vermieden werden. Ferner lassen sich die bisher als Gemeinkosten behandelten Maschinenkosten den Erzeugnissen über die beanspruchte Maschinenzeit wie Einzelkosten zurechnen. Indessen darf nicht übersehen werden, daß die Maschinenstundensatzrechnung auf geplanten Maschinenlaufzeiten basiert, denen eine angenommene Kapazitätsauslastung zugrunde liegt. Infolge der Ermittlung des Maschinenstundensatzes als undifferenziertem Vollkostensatz kommt es bei Beschäftigungsschwankungen zur Proportionalisierung ftxer Kosten l87 . Zwar ist in der Maschinenstundensatzrechnung eine Untergliederung der im Maschinenstundensatz enthaltenen Kostenarten nach ihrer Beschäftigungsabhängigkeit vorgesehen. Auf eine Verrechnung ftxer Kosten auf die Kostenträger wird gleichwohl nicht verzichtetl88 . Im übrigen erfahren auch die ftxen Bestandteile der Restgemeinkosten, die weiterhin durch Zuschlagssätze auf die Kostenträger verteilt werden, eine Proportionalisierung. Um dem Umstand gerecht zu werden, daß bei zunehmender Automatisierung ein immer größer werdender Anteil der Gemeinkosten im Umfeld des eigentlichen Bearbeitungsvorgangs anfällt, wird die Verwendung einer globalen Systemstundensatzrechnung vorgeschlagen l89 . Dabei werden sämtliche Komponenten eines Fertigungssystems als Einheit betrachtet. Zur Verrechnung auf die Erzeugnisse alle systemabhängigen Gemeinkosten ins Verhältnis zur Laufzeit des Gesamtsystems gesetzt. Indessen tragen die Komponenten eines Fertigungssystems in den meisten Fällen in sehr unterschiedlichem Maße zur Kostenentstehung bei. Die Bildung eines pauschalen Systemstundensatzes stellt dann einen groben Verstoß gegen das Verursachungsprinzip dar l90 . Eine Möglichkeit zur Anpassung an eine solche verfahrensbedingte heterogene Kostenverursachung stellen separate Verrechnungssätze für unter186 Vgl. hierz.u Tucker, S. 119 ff.; VDI-RichJ/inie 3258, S. 3. 187 Vgl. Heiserich, S. 104; SChmidt/Wenzel, S. 157. Auf das Problem der Fixkostenproportionalisierung wird im folgenden Kapitel noch näher eingegangen. 188 Vgl. Andreas/Reichle, S. 8. 189 V gl. Platt, S. 260 ff. 190 VgI.Andreas/Reichle, S. 79.
394
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
schiedliche Leistungsarten dar. Ein entsprechender Ansatz, bei dem die Gemeinkosten den drei Bereichen Personal, Bearbeitungseinheiten und Peripherie zugeteilt und über die bereits genannten Bezugsgrößen Personaleinsatzdauer, Bearbeitungszeit und Durchlaufzeit den Erzeu~nissen belastet werden, wurde speziell für die flexible Fertigung entwickelt 1. Die keinem der drei Bereiche zuordenbaren Restgemeinkosten werden wiederum mittels einer herkömmlichen Zuschlagsrechnung verteilt. Positiv ist bei diesem Verfahren zu vermerken, daß es einen Komprorniß zwischen Kalkulationsgenauigkeit und Zurechenbarkeit darstellt. Dagegen ist die Unterteilung des Gemeinkostenblocks für eine verursachungsgerechte Verrechnung auf die Kostenträger immer noch zu grob, weil dabei wie bei der Systemstundensatzrechnung unterstellt wird, daß die Kostenentstehung in den drei Bereichen Personal, Bearbeitungseinheiten und Peripherie so gleichmäßig ist, daß sie sich jeweils durch einen einheitlichen Stundensatz abbilden läßt. Überdies ist eine eindeutige Zuordnung der Gemeinkosten zu einem der drei Bereiche nicht in jedem Falle möglich, was im Verbleiben eines Restgemeinkostenblocks zum Ausdruck kommt. Den höchsten Differenzierun~sgrad aller Kalkulationsverfahren weist die Teilsystemstundensatzrechnung19 auf. Mit diesem Konzept wird der bereits bei den Ausführungen zur Bezugsgrößenwahl dargelegte Gedanke, die Inanspruchnahme jeder Komponente eines Fertigungssystems durch ein einzelnes Werkstück separat zu erfassen, wieder aufgegriffen. Berechnungsgrundlage für die Kalkulation der anteiligen Gemeinkosten sind dann die jeweiligen Nutzungszeiten der einzelnen Teilsysteme. Aufgrund der sehr detaillierten Bezugsgrößengliederung gewährleistet die Teilsystemstundensatzrechnung bei heterogenen Leistungen und Leistungsprozessen eine weitere Annäherung an die tatsächliche Kostenverursachung. Sie erscheint daher für die Kalkulation bei flexiblen Fertigungszellen und flexiblen Fertigungssysternen besonders geeignet. Gleichwohl bleibt auch hier ein grundsätzliches Problem bestehen. Da nicht damit gerechnet werden kann, daß sämtliche Teilsysteme während der Laufzeit des Gesamtsystems ständig ausge191 Vgl. EV(!f"sheim/Schuh/Caesar, S. 102, die von "Durchlaufzeitorientierter Kostenrechnung" sprechen. Da die Durchlaufzeit aber nur eine der in diesem Ansatz vetwendeten Bezugsgrößen darstellt, erscheint die von Wildemann vorgeschlagene Bezeichnung "Kombinationsstundensatzrechnung" treffender. Vgl. Wildemann, FFS, S. 218 192 Dieser Ausdruck wird vor allem in der neueren Literatur vetwendet. So beispielsweise Platt, S. 262. Dagegen spricht Knau(!f", auf den der Ansatz zurückgeht, von "Differentieller
Kostenrechnung". Vgl. Knauer, S.79. Ein modifizierter, aber vom Prinzip her mit der Teilsystemstundensatzrechnung identischer Ansatz findet sich bei Knoop, Online-Kostenrechnung, S. 84 ff.
111. Gestaltung der Kostenrechnung
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lastet sind, erhebt sich die Frage, wie die Kosten der in den einzelnen Teilsystemen bereitgestellten, aber nicht genutzten Kapazitäten zu behandeln sind. Eine lineare oder nach einem sonstigen Schlüssel erfolgende Verrechnung dieser Leerkosten, wie sie beispielsweise von Eversheim/Erkes / Schmidt vorgeschlagen wird 193, ist abzulehnen, weil sie gegen das Verursachungsprinzip verstößt. b) Die Kostenträgerrechnung als Instrument zur Unterstützung dispositiver Entscheidungen Wie bereits mehrfach hervorgehoben wurde, haben die dispositiven Aufgaben der Kostenrechnung im Zuge der Entscheidungsorientierung der Betriebswirtschaftslehre an Bedeutung gewonnen. Für die Kostenrechnung bedeutet dies, daß sie die für ein Entscheidungsproblem relevanten Kosten zur Verfügung stellen muß, also diejenigen Kosten, "... die von den variierten Aktionsparametern funktional abhängig sind.,,194 Aus dieser Feststellung ergibt sich, daß eine generelle Aussage darüber, welche Kosten relevant sind, nicht getroffen werden kann. Vielmehr ist die Kenntnis notwendig, welche Aktionsparameter durch die jeweilige Entscheidung beeinflußt werden. Im Mittelpunkt der hier anzustellenden Betrachtung stehen Entscheidungen, die den laufenden Einsatz eines vorhandenen Werkzeugmaschinenbestandes betreffen. Dieser Bestand kann nur auf längere Sicht gesehen verändert werden, so daß die Kosten für die durch ihn repräsentierten Betriebsmittelkapazitäten durch kurzfristige Dispositionen nicht be einflußbar sind. Solange der Maschinenbestand konstant gehalten wird, sind diese flxen Kosten folglich auch nicht entscheidungsrelevant. Für Entscheidungen auf Basis gegebener Betriebsmittelkapazitäten sind vielmehr nur die ausbringungabhängigen variablen Kosten maßgeblich 195 . Für die Kostenträgerrechnung ergibt sich daraus, daß nur die variablen Kosten auf die Erzeugnisse verrechnet werden dürfen. Eine Belastung der Erzeugnisse mit flxen Kosten ist dagegen aus zwei Gründen abzulehnen: Zum einen läßt sich nachweisen, daß damit ein Verstoß gegen das Verursachungsprinzip verbunden ist, weil die flxen Kosten nicht von der Ausbringung abhängen, sondern infolge des Aufbaus von Kapazitäten anfallen. Zum anderen führt diese Vorgehensweise bei variierender Beschäftigung zu 193 Vgl. Eversheim/Erkes/Schmidt, S. 27. 194 Kilger, Plankostenrechnung, S. 187.
195 Vgl. Kilger,
Plankostenrechnung, S. 187 f., der zugleich darauf hinweist, daß relevante
Kosten stets Plankosten sein müssen, da EntSCheidungen ex definitione zukunftsgerichtet sind.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
entsprechenden Veränderungen des Fixkostenanteils bei jedem Kostenträger und somit zu schwankenden Stückkosten. Damit wird nicht nur eine Proportionalität zwischen dem Fixkostenbetrag der Periode und der Produktionsmenge unterstellt. Vielmehr führt die Einbeziehung der Fixkosten bei der Lösung dispositiver Aufgaben zu Fehlentscheidungen, weshalb sich die Ansicht allgemein durchgesetzt hat, daß eine entscheidungsorientierte Rechnung vom Vollkostenprinzip abgehen und auf die Schlüsselung fIxer Kosten verzichten muß196. Aus diesen Überlegungen läßt sich schließen, daß die am Ende des vorangegangenen Kapitels diskutierten Kalkulationsverfahren Maschinen-, Kombinations- und Teilssystemstundensatzrechnung gegenüber den herkömmlichen Verfahren zwar eine verursachungsgerechtere Gemeinkostenverteilung ermöglichen, aber aufgrund ihres Vollkostencharakters keine Informationen zur Lösung kurzfristiger Entscheidungsprobleme beisteuern können. Allerdings bedeutet dies keineswegs, daß diese Ansätze vollständig zu verwerfen sind. Vielmehr sollte versucht werden, die Gemeinkosten in ihre fIXen und variablen Bestandteile aufzuspalten. Zwar ist in der Maschinenstundensatzrechnung eine Aufspaltung der Gemeinkosten nach der Beschäftigungsabhängigkeit grundsätzlich vorgesehen; diese wird aber leider in der Kostenträgerrechnung nicht durchgehalten, weshalb die Kritik an der Vollkostenrechnung auch auf dieses Verfahren zutrifft. Einer Ausgestaltung als Grenzkostenrechnung steht jedoch grundsätzlich nichts im Wege, wie die Verwendung von Maschinenstunden als Bezugsgrößen im Rahmen der flexiblen Plankostenrechnung zeigtl97 . Ähnlich liegt der Fall bei der Teilsystemstundensatzrechnung: Zwar wird im ursprünglichen Konzept von Knauer noch nicht zwischen fIXen und variablen Kosten differenziert. Im modifIzierten Ansatz von Knoop erfolgt dagegegen, nach einer vorangegangenen Kostenspaltung, die Berechnung der variablen Fertigungsstückkosten eines jeden Werkstücks l98. Daher können die dort ermittelten Kostendaten unmittelbar zur Unterstützung dispositiver Entscheidungen herangezogen werden. 196 Bereits Schmalenbach versuchte diesem Gedanken im Rahmen seiner "Betriebswertrechnung" Geltung zu verschaffen. Vgl. hierzu Schmalenbach, S. 150 ff. Ähnliche Überlegungen finden sich auch bei Rummel, K.: Einheitliche Kostenrechnung, Düsseldorf 1949, S. 211 ff. Vgl. zu den Mängeln von Vollkostenrechnungen bei dispositiven Entscheidungen
Kilger, Plankostenrechnung, S. 61 ff.; Hummel/Männel, Kostenrechnung 2, S. 24 ff. 197 Vgl. hierzu Kilger, Plankostenrechnung, S. 332. Diese Feststellung gilt analog für die Kombinationsstundenrechnung, wenngleich dort eine Kostenspaltung nicht explizit vorgesehen ist. 198 Vgl. Knoop, Online-Kostenrechnung, S. 104 ff.
III. Gestaltung der Kostenrechnung
397
Noch nicht angesprochen wurde die Frage des Zeitbezugs der sich bei den für die werkzeugmaschinenunterstützte Produktion vorgeschlagenen Kalkulationsverfahren ergebenden Stückkosten. Um die Funktion als entscheidungsrelevante Informationen erfüllen zu können, müssen solche Kosten, wie gesagt, stets Plankosten sein. Die Maschinenstundensatzrechnung baut von vorneherein auf Plandaten auf, so daß diese Voraussetzungen dort als erfüllt angesehen werden können, ebenso bei der Teil~stemstun densatzrechnung, in der gleichfalls eine Kostenplanung erfolgt 1 9. Obwohl die Kombinationsstundenrechnung ursprünglich als Istkostenrechnung konzipiert wurde, besteht auch hier die Möglichkeit, Planwerte für die drei Bezugsgrößen Personaleinsatzdauer, Bearbeitungszeit und Durchlaufzeit festzulegen und darauf aufbauend Plankosten zu errechnen2OO • Zusammenfassend läßt sich daher festhalten, daß sich die Kalkulationsverfahren für die werkzeugmaschinenunterstützte Produktion ohne größeren Aufwand so ergänzen lassen, daß die Ermittlung entscheidungsrelevanter variabler Planstückkosten möglich wird. Nunmehr soll an die in Kapitel E.III.1.a) 1m Zusammen~ang mit den konstatierten Kostenstrukturverschiebungen angestellten Uberlegungen angeknüpft werden. Wie dort ausgeführt wurde, gefährden die steigenden Gemein- und Fixkostenanteile bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion die Aussagekraft von Grenzkostenrechnungen. Daraus - und aus den dort verwendeten Bezugsgrößen - leiten die Vertreter der Prozeßkostenrechnung den Vorwurf ab, daß "traditionelle" Kostenrechnungssysteme aufgrund verzerrter Stückkosten zu falschen Entscheidungen führen 201 . Umgekehrt beanspruchen sie für das von ihnen empfohlene Kostenrechnungssystem, es könne die "wahren" Stückkosten ermittteln und somit zu verbesserten Entscheidungen beitragen. Diese Behauptung ist Anlaß genug, sich der Prozeßkostenrechnung nochmals zuzuwenden. Bekanntlich erfolgt in der Prozeßkostenrechnung die Zurechnung von Gemeinkosten auf Kostenträger mit Hilfe von Bezugsgrößen, die nicht auf die Beschäftigung abstellen. Konsequenterweise wird denn auch die bei Grenzkostenrechnungen übliche Kostenspaltung in fIxe und variable Kosten aufgegeben und sämtliche Kosten auf den Kostenträger verrechnet, "... so daß die Prozeßkostenrechnung ihrem Wesen nach eine Vollkostenrechnung 199 Vgl. hierzu Knoop, Online-Kostenrechnung, S. 90 ff. 200 Vgl. Eversheim/Schönheit, S. 67 f. 201 So beispielsweise Cooper, R./Kaplan, R S.: Measure Costs Right: Make the Right Decisions, in: HBR, Vol. 66,1988, No 5, S. 97 f.; Shillinglaw, S. 203.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
iSt.,,202 Stattdessen werden die Kosten einer Kostenstelle auf unterschiedliche Prozeßarten aufgeteilt und für jeden einzelnen Prozeß sogenannte Prozeßkostensätze gebildet, indem die Prozeßkosten durch die jeweiligen Prozeßmengen dividiert werden. Im Rahmen der Prozeßkalkulation sollen dann mit Hilfe dieser Sätze die Prozeßkosten den Kostenträgern entsprechend der jeweiligen Inanspruchnahme der Prozeßmengen zugerechnet werden. Zu diesem Zweck müssen die Abhängigkeiten zwischen jedem Produkt und den dafür benötigten Prozeßmengen aufgedeckt werden. Bei der ursprünglichen amerikanischen Version der Prozeßkostenrechnung wird eine unmittelbare Kausalbeziehung unterstellt, so daß für jedes Produkt die Anzahl der erforderlichen Prozesse eindeutig bestimmbar ist203 . Demgegenüber ist bei der modifizierten deutschen Version eine Unterteilung in ausbringungsabhängige und variantenabhängige Prozeßkosten vorgesehen, die getrennt verrechnet werden 204 . Unabhängig davon, welche Version der Prozeßkostenrechnung verwendet wird, liegt in jedem Fall eine Schlüsselung der jeweiligen Prozeßmenge auf eine Produkteinheit vor. An diesem Vorgehen entzündet sich die hauptsächliche Kritik an der Prozeßkostenrechnung. Da die Prozeßkostensätze auch fixe Gemeinkosten enthalten, verstößt die Prozeßkalkulation in der beschriebenen Form gegen das Verursachungsprinzip. Überdies hat die vorgenommene Fixkostenproportionalisierung zur Folge, daß die ermittelten Stückkosten keine relevanten Kosten für kurzfristige Dispositionen sein können, so daß es bei ihrer Anwendung leicht zu Fehlentscheidungen kommen kann 205 . Es bleibt daher festzuhalten, daß auch die Prozeßkostenrechnung die durch die geschilderten Kostenstrukturverschiebungen entstandenen Probleme der Kostenträgerrechnung im Hinblick auf die Fundierung dispositiver Entscheidungen nicht befriedigend lösen kann. Als Alternative zur Prozeßkostenrechnung wird neuerdings die von Agthe und Mellerowicz konzipierte Fixkostendeckungsrechnung angesehen206 . Ihr liegt die Überlegung zugrunde, den Fixkostenblock nicht als länger mono202 HO/withjMayer, Prozeßkostenrechnung, S. 216. 203 Vgl. CooperjKaplan, S. 99. 204 Vgl. HorvathjMayer, Prozeßkostenrechnung, S. 218. 205 Vgl. Franz, Prozeßkostenrechnung, S. 128; Glaser, S. 287 f. 206 Vgl. Lorson, S. 11 f.; Franz, Prozeßkostenrechnung, S. 132 ff. Vgl. ausführlich zur
Fixkostendeckungsrechnung Agthe, K.: Stufenweise Fixkostendeckungsrechnung im System des Direct Costing, in: zm, 29. Jg. 1959, S.404 ff.; Mellerowicz, Kalkulationsverfahren, S. 187 ff.
111. Gestaltung der Kostenrechnung
399
lithisches Gebilde anzusehen, sondern einer genaueren Analyse zu unterziehen, weil er - soviel sei schon vorweggenommen - Komponenten unterschiedlicher Beeinflußbarkeit umfaßt. Ausgehend von der Prämisse, daß trotz des Verzichts auf eine Zurechnung von Fixkosten auf einzelne Kostenträger sich diese hinsichtlich ihrer Nähe zu Erzeugnissen, Erzeugnisgruppen etc. differenzieren lassen, wird in der Fixkostendeckungsrechnung der Fixkostenblock in verschiedene Fixkostenschichten aufgespalten. Auf diese Weise wird eine Hierarchie von Kalkulationsobjekten gebildet. Jeder Hierarchiebene werden diejenigen Fixkosten zugeordnet, die mit dieser in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. So sind beispielsweise die Entwicklungskosten für eine bestimmte Produktart zwar nicht einer individuellen Erzeugniseinheit, wohl aber der Erzeugnisart insgesamt zurechenbar 207 Durch die sukzessive Subtraktion der einzelnen, jeweils bestimmten Schichten zugeordneten Fixkostenbestandteile vom ursprünglichen Dekkungsbeitrag, also der Differenz aus Stückerlös und variablen Stückkosten, werden differenzierte Deckungsbeiträge ermittelt, die bessere Informationen zur Fundierung betrieblicher Dispositionen liefern sollen. Dabei wird jedoch übersehen, daß mit der Zuordnung von Fixkostenkomponenten zu Fixkostenschichten keine Aussage über deren Beeinflußbarkeit getroffen werden kann. Zwar könnte vermutet werden, daß die Beeinflußbarkeit mit zunehmender Erzeugnisferne abnimmt; dies ist aber keineswegs zwingend. Maßgeblich für die Beeinflußbarkeit fIxer Kosten ist nicht die Erzeugnisnähe oder -ferne, sondern vielmehr die jeweilige Bindungsdauer, die aber aus der Fixkostendeckungsrechnung nicht hervorgeht 208 . Für eine genauere Analyse des Fixkostenblocks ist dieser nach verschiedenen Zeiträumen zu differenzieren. Bekanntlich hängt die Unterscheidung in fIxe und variable Kosten von der Länge des Betrachtungszeitraums ab. Aus dieser Erkenntnis wird die Forderung abgeleitet, bei der Auflösung in fIxe und variable Kosten verschiedene Fristigkeitsgrade zu berücksichtigen. Neben verschiedenen älteren Ansätzen hat vor allem Seicht mit der stufen weisen Grenzkostenrechnung die fIxen Kosten nach ihrer Abbaufähigkeit in kurz-, mittel- und langfristig abbaubare Kosten differenziert209 . Seichts Vorgehen wurde von
207
Vgl.Agthe, S. 407. 208 Vgl. Hummel/Männel, Kostenrechnung 2, S. 47 f.; Seicht, G.: Die stufenweise Grenz-
kostenrechnung, in: zm, 23. Jg. 1963, S. 699. 209 Vgl. Seicht, Grenzkostenrechnung, S. 706.
400
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Kilger mit der dynamischen Grenzpiankostenrechnuni10 aufgegriffen und weiter verfeinert. In dieser modifizierten Form der Grenzplankostenrechnung werden mehrere, nach Fristigkeitsgraden differenzierte Kalkulationssätze ermittelt, um die Rechnung durch die Berücksichtigung unterschiedlicher Zeithorizonte flexibler zu gestalten. Kilger erhebt für die dynamische Grenzplankostenrechnung den Anspruch, sie könne "...für nahezu alle Probleme der ku1ristigen Planung die entscheidungsrelevanten Kosten zur Verfügung stellen ... " 11, räumt aber zugleich ein, daß ihre Durchführung aufgrund der Kompliziertheit des Verfahrens schwierig sei. Gleichwohl erscheint sie am ehesten geeignet, den Anforderungen an eine moderne, entscheidungsunterstützende Form der Kostenrechnung zu genügen, zumal ihre Anwendung in Zukunft durch die fortschreitende Entwicklung der EDV, welche eine schnellere Ermittlung differenzierter Kosteninformationen ermöglicht, wesentlich erleichtert werden dürfte.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen Im Zuge des Fertigungsprozesses kommt es fortwährend zu Veränderungen des Leistungsvermögens der eingesetzten Werkzeugmaschinen. Solche Veränderungen können zum einen als unerwünschte Abnutzungserscheinungen in Form von Verschleiß oder Maschinenausfällen auftreten. Zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft als sachlicher Voraussetzung für die Durchführung der Produktion ist es dann notwendig, der Abnutzung durch zweckmäßige Instandhaltungsmaßnahmen entgegenzuwirken. Veränderungen des Leistungspotentials können aber auch die Folge bewußter Dispositionen der Unternehmungsleitung sein. Im folgenden werden daher die verschiedenen Formen der Veränderung des Leistungspotentials beim Einsatz von Werkzeugmaschinen näher untersucht. 1. Unbeabsichtigter Abbau des Leistungspotentials durch Verschleiß und
Maschinenausfälle
a) Erscheinungsformen des Verschleißes beim Werkzeugmaschineneinsatz Wie bereits bei der Behandlung der Abschreibungen deutlich wurde, unterliegen Werkzeugmaschinen andauernden Wertminderungen, die technisch oder ökonomisch bedingt sein können. Technisch bedingte Wertmin210 Vgl. ausführlich Kilger, Plankostenrechnung, S. 109 ff.
211 Kilger, Plankostenrechnung, S. 113.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
401
derungen eines Betriebsmittels beruhen auf einer Veränderung seiner technisch-physikalischen Eigenschaften, welche sich in einer meßbaren Verringerung des Leistungspotentials niederschlägt212 . Von technisch bedingten Wertminderungen sind ökonomisch bedingte Wertminderungen zu unterscheiden, welche nicht auf einer Veränderung der meßbaren Eigenschaften, sondern auf eine relative Verschlechterung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Aggregaten zurückzuführen sind213 • Als Sammelbezeichnung für die Erscheinungsformen des technisch bedingten Potentialverbrauchs hat sich im betriebswirtschaftlichen Schrifttum der Ausdruck "Verschleiß" durchgesetzt, der der ingenieurwissenschaftlichen Terminologie entlehnt ist214 . Durch Verschleiß wird eine Herabsetzung der Funktionserfüllung hervorgerufen. Indessen sind nicht sämtliche Bestandteile von Betriebsmitteln dem Verschleiß in gleicher Weise unterworfen. Vielmehr werden Verschleißerscheinungen an bestimmten Bauteilen eher sichtbar als an anderen. Bei Werkzeugmaschinen sind dies neben dem Werkzeug vor allem die Hauptspindellagerung und die Führungen215 . Durch die Abnutzung dieser Komponenten kann unter Umständen die Funktionsfähigkeit der gesamten Maschine in Frage gestellt werden. Der Verschleiß eines einzelnen Elements beeinträchtigt dann das Leistungspotential des Betriebsmittels als Ganzem. Verschleiß tritt beim Einsatz von Werkzeugmaschinen in verschiedenen Formen auf. Bei Werkzeugmaschinen überwiegt der Gebrauchsverschleiß, während der Zeitverschleiß vor allem bei chemischen Anlagen zu beobachten ist. Nach der Art der Einwirkung ist allmählich fortschreitender Verschleiß (Typ A) vom plötzlich wirksamen Verschleiß (Typ B) zu unterscheiden216 . Für die Instandhaltung ist die Systematisierung nach der Art der Einwirkung sinnvoller als die bereits erörterte, vor allem für die Abschreibungsermittlung bedeutsame Gliederung nach der Ursache. 212 Vgl. Middelmann, U.: Planung der Anlageninstandhaltung, Wiesbaden 1977, S.39;
Betge, P.: Optimaler Betriebsmitteleinsatz, Wiesbaden 1983, S.6. Es handelt sich dabei um eine Veränderung der "z-Situation" im Sinne von Gutenberg. Vgl. Gutenberg, S. 329; Lur.mer, A.: Maschinelle Produktionsprozesse, Opladen 1975, S. 9 ff.
213 Vgl. zu den Ursachen wirtschaftlicher Wertminderungen Kosiol, S. 34 ff.; v. Konzfleisch, Problematik, S. 331 ff.; Kroesen, A.: Instandhaltungsplanung und Betriebsplan-
kostenrechnung, Wiesbaden 1983, S. 22 f. 214 Vgl. Männel, W.: Wirtschaftlichkeitsfragen der Anlagenerhaltung, Wiesbaden 1968, S.30. 215 Vgl. Spur, Werkzeugmaschine, S. 132 f. 216 Diese Bezeichnungen gehen auf Männel zurück. Vgl. Männel, Anlagenerhaltung, S. 32 ff. 26 Moroff
402
E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Verschleißwirkungen vom Typ A äußern sich zum einen in einem Mehrverbrauch an Einsatzfaktoren und zum anderen in einer Verringerung von Quantität und Qualität der abgegebenen Leistungen. Bei Werkzeugmaschinen wäre beispielsweise der vermehrte Verbrauch an Schmierstoffen und elektrischer Energie auf der Inputseite zu nennen. Auf der Outputseite kommt die Verminderung des Leistungspotentials in einer Verringerung von Kapazität und Flexibilität zum Ausdruck. Die qualitative Kapazität wird durch die nachlassende Fähigkeit zur Funktionserfüllung, beispielsweise zur Einhaltung vorgegebener Fertigungstoleranzen gemindert. So sind abgenutzte Werkzeugmaschinen nicht mehr in der Lage, Werkstücke mit der geforderten Oberflächengüte hervorzubringen. Neben der Bearbeitungsgenauigkeit als zeitpunktbezogener Maßgröße wird auch deren Einhaltung im Zeitablauf beeinträchtigt. Sichtbares Zeichen einer verringerten Bearbeitungskonstanz ist der Anstieg der Ausschußquote. Die quantitative Kapazität wird zum einen dadurch verringert, daß infolge zunehmenden Verschleißes die maximal mögliche (und damit auch die durchschnittliche) Intensität abnimmt. Daneben verringert sich auch die verbleibende Werkverrichtungsdauer, mit anderen Worten die verbleibende Totalkapazität217. Verschleißerscheinungen vom Typ A beeinträchtigen infolge der Verringerung der maximal möglichen Intensität sowohl die Erweiterungsfähigkeit als Ausprägung der quantitativen Flexibilität als auch die Einstellungsfähigkeit als Ausprägung der qualitativen Flexibilität. Abnehmende Oberflächengüte beschränkt ab einem gewissen Punkt die Einsatzmöglichkeiten von Werkzeugmaschinen auf die Grobbearbeitung (z.B. Schruppen). Darunter leidet die Vielseitigkeit im Sinne der Erfüllung unterschiedlicher Fertigungsaufgaben. Die produktionsstrukturelle Flexibilität wird dagegen durch Abnutzungserscheinungen nicht berührt. Verschleißerscheinungen vom Typ B liegen vor, wenn das Aggregat bei Erreichen eines kritischen Stadiums, bis zu dem es einen unveränderten Nutzen stiftet, abrupt seine Funktionsfähigkeit verliert218 . Bei Werkzeugmaschinen sind beispielsweise Werkzeugbrüche als eine typische Erscheinungsform des Verschleißes vom Typ B anzusehen. Der diskrete Charakter dieser Verschleißform kommt auch dadurch zum Ausdruck, daß bei ihrem Auftreten eine Fortsetzung der Bearbeitung nicht möglich ist, weil dies eine 217
Vgl. Steffen, S. 62. 218 Vgl. Bruhn, S.103. In diesem Fall liegt ein Maschinenausfall vor. Vgl. DIN 40041: Zuverlässigkeit: Begriffe, Berlin 1990, S. 4.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
403
Beschädigung des Werkstücks (und möglicherweise auch der Maschine) zur Folge hätte. Charakteristisch ist daher auch der vollständige Abbau des Leistungspotentials: Im Gegensatz zum Typ A ist eine Aufrechterhaltung des Betriebs mit verringerter Leistung technisch nicht möglich219 . Die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit kann in solchen Fällen nur durch äußere Eingriffe erfolgen. b) Maschinenausfälle bei verschiedenen Werkzeugmaschinentypen Für die Festlegung von Maßnahmen zur Vorbeugung und/oder Beseitigung von Maschinenausfällen ist die Kenntnis der Ausfallart bedeutsam. Nach der Vorhersehbarkeit ist zunächst danach zu unterscheiden, ob Zeitpunkt oder Zeitraum des Ausfalls bekannt sind oder ob stochastisches Ausfallverhalten vorliegt220 . Im ersten, sehr seltenen Fall ist die Lebensdauer einer Maschine oder ihrer Komponenten genau bestimmbar, was eine exakte Planung des Personal- und Ersatzteilbedarfs für Instandhaltungszwecke ermöglicht. Häufiger kommt der zweite Fall vor, in dem zwar nicht der exakte Zeitpunkt, wohl aber der Zeitraum, innerhalb dessen sich der Ausfall ereignen wird, bekannt ist. Eine exakte Planung von Instandhaltungsmaßnahmen ist dann im vorhinein nicht möglich. Gleichwohl läßt sich das höhere Maß an Unsicherheit bis zu einem gewissen Grade durch vorbeugende Maßnahmen kompensieren. Die dominierende Erscheinungsform ist der stochastische Ausfall, der praktisch bei allen Maschinen zu beobachten ist. Im Unterschied zu den bei den vorangegangenen Ausfallarten sind stochastische Maschinenausfälle zeitlich nicht vorhersehbar, so daß Instandhaltungsarbeiten in keiner Form planbar sind221 . Nach den Phasen des Maschineneinsatzes werden Früh-, Zufalls- und Altersausfälle unterschieden, wobei für jede Ausfallart unterschiedliche Ausfallursachen und Ausfallraten222 charakteristisch sind. Friihausfälle 219 Männel begreift auch solche Fälle, in denen das Leistungspotential zwar nicht vollständig aufgehoben wird, die Qualität der abgegebenen Leistungen aber plötzlich eine gesetzte Norm unterschreitet und deswegen eine ökonomische Verwertung der Erzeugnisse nicht mehr möglich ist, als Verschleißerscheinungen vom Typ B. Vgl. Männel, AnlagenerhalS. 33 f. 20 Vgl. Palm, W.: Die Instandhaltung von Maschinen und maschinellen Anlagen im
tun~,
Industriebetrieb, Diss., Frankfurt am Main 1981, S. 13 ff. 221 Vgl. Palm, S. 16. 222 Die Ausfallrate gibt die Ausfallhäufigkeit der noch nicht ausgefallenen Maschinen im folgenden Zeitintervall bezogen auf deren Anzahl an und ist somit ein Maß für die Wahr-
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
treten in den ersten Phasen der Nutzung eines Aggregats auf. Sie beruhen häufig auf Konstruktions-, Werkstoff- oder Montagefehlern. Da solche Fehler verhältnismäßig schnell erkannt werden, nimmt die Ausfallrate gegen Ende der Frühausfallphase ab223 . Zu Zufallsausfällen kommt es aufgrund außergewöhnlicher, vom Alter der Maschine unabhängiger Verschleißerscheinungen, die ihrerseits durch Überbeanspruchungen während der Nutzung hervorgerufen werden. Für die Zufälligkeit solcher Ereignisse ist eine nahezu konstant bleibende Ausfallrate symptomatisch. Altersausfälle treten bei solchen Maschinen auf, die durch längeren Gebrauch so weit verschlissen sind, daß ein Stadium erreicht ist, in dem mit ihrem plötzlichem Versagen gerechnet werden muß 224 . Ursachen für Altersausfälle sind beispielsweise Materialermüdung oder Korrosion. Charakteristisch für Altersausfälle ist eine im Zeitablauf überproportional steigende Ausfallrate. Bei der Beurteilung des Ausfallverhaltens von Werkzeugmaschinen ist es erforderlich, zwischen verschiedenen Fertigungskonzepten zu differenzieren. Diese Notwendigkeit ergibt sich daraus, daß zum einen in einem Fertigungssystem Komponenten mit unterschiedlicher Ausfallwahrscheinlichkeit enthalten sein können und daß zum anderen die Systemstruktur das Ausfallverhalten des Gesamtsystems maßgeblich beeinflußt. Aus diesem Grund werden im folgenden diejenigen Merkmale, von denen das Ausfallverhalten von Werkzeugmaschinen abhängt, herausgearbeitet. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß ein komplizierterer technischer Aufbau eines Fertigungssystems mit einer höheren Störanfälligkeit korrespondiert225 . Die Kompliziertheit eines Fertigungssystems wird, wie bei der systemtheoretischen Kennzeichnung von Werkzeugmaschinen in Kapitel C.II.1 dargelegt wurde, durch die Anzahl unterschiedlicher Systemkomponenten determiniert. Eng mit der Kompliziertheit ist die Eigenschaft der Komplexität verbunden, die sich durch die Anzahl unterschiedlicher Systemscheinlichkeit eines Maschinenausfalls in diesem Zeitraum. Vgl. Bussmann. K. F. u.a.: Instandhaltungsplanung. -steuerung und -kontrolle. in: Agthe. K./Blohm. H./Schnaufer. E. (Hrsg.): Industrielle Produktion. Bad Homburg v.d.H. 1967, S.484. Vgl. zur Definition der Ausfallrate DIN 40041. S. 7. 223 Vgl. Gericke. E./Schulz, E.: Zuverlässigkeitstechnik als Grundlage für eine systematische Instandhaltung, in: Warnecke, H.-J. (Hrsg.): Instandhaltung - Grundlagen, Köln 1981, S.130. 224 Vgl. Männel, Ausfallkosten, S. 108. 225 Vgl. Herzig, N.: Instandhaltung. Grundlagen der. in: Kern. W. (Hrsg.): HWProd. Stuttgart 1979, Sp. 815.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
405
relationen quantifizieren läßt. Eine Erhöhung von Kompliziertheit und Komplexität von Fertigungssystemen wird durch die Steigerung des Automatisierungsgrads bewirkt, weil die Übertragung von Funktionen vom Bediener auf die Maschine den Einbau zusätzlicher Komponenten bedingt. Für das Ausfallverhalten ist dieser Umstand bedeutsam, weil sich anband von Zuverlässigkeitsberechnungen zeigen läßt, daß mit einer größeren Anzahl von Systemelementen und -beziehungen die Ausfallwahrscheinlichkeit grundsätzlich zunimmt226 . Ein ähnlicher Zusammenhang tritt bei der Integration einzelner Bearbeitungsstationen zu Mehrmaschinensystemen zutage. Allerdings ist dabei nach der Anzahl der Prozeßstufen und der Art der Verbundenheit zu differenzieren. In einem einstufigen Prozeß muß ein Werkstück zu seiner Fertigstellung nur eine einzige Bearbeitungsstation durchlaufen. Handelt es sich bei dieser um ein unverbundenes System, hat ihr Ausfall keinerlei Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit anderer Stationen, so daß die jeweiligen Einzelzuverlässigkeiten unabhängig voneinander sind. Bei einer solchen Konstellation ist die Zuverlässigkeit jeder einzelnen Bearbeitungsstation gleich derjenigen des gesamten Produktionsprozesses227 . Derartige Strukturen finden sich nur bei unverketteten Einzelmaschinen wie Universal-, NC- und Sondermaschinen, und dies auch nur dann, wenn jede dieser Maschinen einem separaten Fertigungsprozeß dient. Sind bei einem einstufigen Fertigungsprozeß mehrere gleicharti~e Maschinen miteinander verbunden, liegt eine Parallelanordnung vor22 . Durch den Ausfall einer 226 Vgl. Wamecke, H.-J.jGericke, E.: Untersuchungen über die Systemverfügbarkeit flexibler Fertigungssysteme, in: wt, 67. Jg. 1977, S. 683; Gunn, Th. G.: Konstruktion und Fertigung, in: Spektrum der Wissenschaft, 5. Jg. 1982, S. 92. Allerdings kann sich ein höherer Automatisierungsgrad auch positiv auf die Zuverlässigkeit auswirken, wenn beispielsweise Überwachungsfunktionen Gegenstand der Automatisierung sind. Vgl. hierzu die Ausführungen in den Kapiteln C.1I.2.b) und E.l1.2.b). Die Zuverlässigkeit eines Teilsystems ist über die Ausfallwahrscheinlichkeit Pn als (1 - P n) definiert, wobei gilt: 0 < P n < 1. Die Gesamtzuverlässigkeit Z läßt sich dann als mathematisches Produkt der Einzelzuverlässigkeiten ausdrücken. Da (1 - Pn) kleiner als 1 ist, nimmt die Gesamtzuverlässigkeit mit dem Produkt der Einzelzuverlässigkeiten ab. Eine ähnliche Darstellung findet sich auch bei Krah, N.: Verfügbarkeit von FFS sichern, in: Maschinenmarkt, 95. Jg. 1989, Nr.27, S. 53 f. Zwar liegt dieser Gleichung, wie noch gezeigt werden wird, die Prämisse einer vollständigen Abhängigkeit zwischen den Teilsystemen zugrunde. Die Grundaussage wird dadurch aber nicht in Frage gestellt. 227 VgI. Palm, S. 56. 228 VgI. Herzig, N.: Die theoretischen Grundlagen betrieblicher Instandhaltung, Meisenheim an Glan 1975, S. 83.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Station kommt die Produktion zwar nicht zum Erliegen, jedoch verringert sich die mögliche Gesamtausbringung entsprechend. Als Beispiele für Parallelstrukturen können flexible Fertigungssysteme mit sich ersetzenden Bearbeitungsstationen oder Werkstattfertigung mit Einzelmaschinen Im Rahmen eines einstufigen Fertigungsprozesses angeführt werden. In mehrstufigen Fertigungsprozessen müssen die Werkstücke verschiedene Stationen hintereinander durchlaufen. Jede Station ist dann in mehr oder weniger starkem Maße von der ihr jeweils vorgelagerten abhängig. Auch hier ist es zweckmäßig, zwischen zwei Unterfällen mit verbundenen bzw. unverbundenen System elementen zu unterscheiden. Bei Fertigungsprozessen mit verbundenen Elementen sind sämtliche Stationen starr miteinander verknüpft, so daß der Ausfall jeder einzelnen Station zum Stillstand des Gesamtsystems führt. Bei diesem Höchstmaß an Abhängigkeit er~ibt sich die Gesamtzuverlässigkeit als Produkt der Einzelzuverlässigkeiten 29. Eine solche Struktur liegt ausschließlich bei konventionellen Transferstraßen vor. Demgegenüber wird bei Fertigungsprozessen mit unverbundenen Elementen die starre Verknüpfung durch Zwischenläger aufgehoben oder zumindest abgemildert, wenngleich die Abhängigkeit zwischen den einzelnen Produktionsstufen grundsätzlich erhalten bleibt. Die Stärke des Zusammenhangs zwischen den Einzelzuverlässigkeiten der System elemente und der Zuverlässigkeit des Gesamtsystems hängt wesentlich von den Kapazitäten der Zwischenlager ab230: Sind diese ausreichend dimensioniert, um den Ausfall einer Bearbeitungsstation für den Reparaturzeitraum zu überbrücken, geht die Gesamtzuverlässigkeit gegen 100 %. Sind sie dagegen sehr gering, nähert sich die Gesamtzuverlässigkeit derjenigen eines Systems mit verbundenen Elementen an. Fertigungsprozesse mit unverbundenen Elementen werden durch flexible Transferstraßen, flexible Fertigungssysteme mit sich ergänzenden Bearbeitungsstationen sowie durch Fließfertigung mit kapazitätsmäßig nicht aufeinander abgestimmten Einzelmaschinen verkörpert. In der Praxis sind natürlich auch beliebige Kombinationen der hier geschilderten grundlegenden Strukturen denkbar, beispielsweise in Form von
229 Vgl. GerickejSchulz, S. 141. 230 Vgl. zum folgenden Palm, S. 58 f.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
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kombinierten flexiblen Fertigungssystemen, die sowohl sich ersetzende als auch sich ergänzende Bearbeitungssysteme enthalten231 • c) Kostenwirkungen von Maschinenausfällen Durch den allmählichen oder abrupten Abbau des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen entstehen der Unternehmung unter Umständen erhebliche wirtschaftliche Nachteile. Bei Vollbeschäftigung bewirken Maschinenausfälle Absatz- und Gewinneinbußen, sofern ausfallbedingte Minderleistungen nicht durch zusätzliche Kosten verursachende Maßnahmen wie Fremdbezug oder Schaffung zusätzlicher Kapazitäten ausgeglichen werden können 232 . Durch Absatzeinbußen entgehen der Unternehmung wertvolle Deckungsbeiträge: Einerseits entfallen die Erlöse in voller Höhe, während sich andererseits die Gesamtkosten nur zum Teil, nämlich um die variablen Kosten, verringern und die fIxen Kosten weiterhin in unvermindertem Umfang getragen werden müssen. Der Rückgang des Deckungsbeitrags macht sich um so stärker bemerkbar, je mehr Fertigungseinrichtungen miteinander verbunden sind und je rigider die Verkettung ist, weil mit zunehmender ZwangsläufIgkeit der Verknü(!fung die Auswirkungen eines Maschinenausfalls immer weitreichender sind233 . Dieses Problem ist also vor allem bei Mehrmaschinen, insbesondere bei Transferstraßen, von erheblicher Bedeutung. Auch bei Unterbeschäftigung kann der Ausfall einer Maschine zu Absatzeinbußen führen, weil in vielen Fällen Leistungen termingebunden erbracht werden müssen. Aus diesen Gründen erscheint es sinnvoll, die Kostenwirkungen des Ausfalls von Werkzeugmaschinen näher zu kennzeichnen. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten sollen hier als Maschinenausfallkosten bezeichnet werden. Darunter sind in Anlehnung an Männe/ sämtliche durch Maschinenausfälle bedingten Auswirkungen, die den Unternehmenserfolg nachteilig beeinflussen, zu verstehen 234 . Hinter dieser Formulierung steht eine sehr weite Begriffsauffassung, die beispielsweise auch Erlösminderungen und Opportunitätskosten in Form von entgangenen Deckungsbeiträgen einschließt. Maschinenausfallkosten setzen sich aus Stillsetzungs-, Stillstands-, Wiederanlauf- und den zusätzlichen Ausfallkosten 231 Herzig bezeichnet solche Konfigurationen als "komplexe Betriebsmittelstrukturen".
Vgl. Herzig, Grundlagen, S. 84. 232 Vgl. Männel, Ausfallkosten, S. 109. 233 Vgl. Zhang, S.: Instandhaltung und Anlagenkosten, Wiesbaden 1990, S. 42. 234 Vgl. hierzu Männel, Ausfallkosten, S. 109.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
zusammen235 . Bei der Berechnung der Maschinenausfallkosten sind ferner diejenigen Kostenbestandteile auszusondern, die durch beabsichtigte Produktionsunterbrechungen hervorgerufen werden, weil sie nicht ausfallbe· . d236 . dlOgt sm Stillsetzungskosten umfassen alle diejenigen Kostenkomponenten, die bei Maschinenausfällen im Zusammenhang mit dem eigentlichen Stillsetzungsvor~ang entstehen, und verhalten sich proportional zur Stillsetzungshäufigkeit 37. Zu den Stillsetzungskosten zählen unter anderem Auslaufkosten in Form eines erhöhten Werkzeug- und Maschinenverschleißes sowie zusätzliche Ausschußkosten, weil in der Auslaufphase häufig keine einwandfreien Produkte mehr hergestellt werden können. Die Auslaufkosten werden bei verketteten Maschinen höher sein als bei unverketteten, weil der Stillsetzungsvorgang bei ihnen wesentlich aufwendiger ist238 .
Die Höhe der Stillstandskosten hängt demgegenüber von der Dauer der Produktions unterbrechung ab, d.h., sie verhalten sich proportional zur Länge des Stillstandszeitraums239 . Zu den Stillstandskosten zählen neben direkt er faßbaren Komponenten wie beispielsweise zusätzlichen Lagerkosten aufgrund der Verzögerung des Materialdurchlaufs auch viele Komponenten mit Opportunitätskostencharakter wie entgangene Gewinne 240 . Wiederanlaufkosten werden durch die Wiederaufnahme der Produktion nach Beseitigung der Ausfallursache hervorgerufen. Wie bei den Stillstandskosten hängt ihre Höhe in erster Linie von der Anzahl der Produktionsunterbrechungen ab. Wichtige Komponenten der Wiederanlaufkosten sind die zusätzlichen Energiekosten, die beim Wiederaufbau von Maschinenbewegungen anfallen, und wiederum erhöhter Werkzeug- und Maschinenverschleiß sowie überdurchschnittliche Ausschußkosten für qualitativ 235
Vgl.Palm, S. 253. 236 Auf solche Kostenkomponenten, die in dieser Arbeit unter der Sammelbezeichnung "Stillegungskosten" - nicht zu verwechseln mit Stillsetzungskosten - zusammengefaßt werden, wird in Kapitel E.lV.3. noch näher eingegangen. 237 Vgl. Redeker, G.: Schadensfolgekosten-Ermittlung als Planungsgrundlage für die
vorbeugende Instandhaltung, in: 10,40. Jg. 1971, S. 212. 238 Vgl. hierzu Bergner, Vorbereitung, Sp. 2175 f. 239 Vgl. Kurkowski, H.: Die Berücksichtigung von Stillegungskosten bei der Stillegung von Betrieben oder Betriebsteilen, in: krp, 11. Jg. 1967, S. 173 f. 240 Vgl. Mellerowicz, Industrie I, S. 389; Männel, Ausfallkosten, S. 110.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
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noch nicht einwandfreie Werkstücke 241 . Wie leicht ersichtlich ist, besteht eine enge inhaltliche Verwandtschaft zwischen Wiederanlauf- und Stillsetzungskosten. Dies gilt auch für den Zusammenhang zwischen Kostenhöhe einerseits sowie Art und Umfang der Verkettung der Maschinen andererseits. Als letzter Bestandteil der Maschinenausfallkosten sind die ausfallbedingten Kosten, die nach dem Wiederanlauf der Machine anfallen, zu nennen. Solche zusätzlichen Ausfallkosten, auch ZusatzlauJkosten genannt, sind bezüglich ihrer Höhe weder der Stillstandshäufigkeit noch der Stillstandsdauer proportional242 . Sie umfassen unter anderem Kosten für wiederholende und Nachholarbeit sowie durch Leistungsabfall der Maschine verursachte Kosten 243 . 2. Erhaltung und Wiederherstellung des Leistungspotentials durch Instandhaltung
Die Erhaltung und Wiederherstellung der durch die beschriebenen Abnutzungsvorgänge beeinträchtigten Funktionstüchtigkeit von Werkzeugmaschinen steht im Mittelpunkt der Instandhaltung. Mit dem bei fortschreitender Automatisierung auftretenden Ersatz menschlicher Arbeit durch maschinelle Produktionsmittel gewinnt diese Thematik zusätzlich an Bedeutung244 . Eine umfassende Auseinandersetzung mit der Instandhaltung kann hier nicht erfolgen. Vielmehr beschränken sich die nachfolgenden Ausführungen, entsprechend dem Gegenstand der vorliegenden Arbeit, auf Gestaltungsschwerpunkte bei der Instandhaltung von Werkzeugmaschinen. Im folgenden werden zunächst Wesensmerkmale und Durchführung der Instandhaltung erläutert, bevor auf die ökonomischen Wirkungen von Instandhaltungsmaßnahmen eingegangen wird.
241 Vgl. Löw, A. K: Ökonomische Probleme der teilweisen und vollständigen Betriebsstill212'ng, Diss., Nümberg 1961, S. 5.; Bergner, Vorbereitung, Sp. 2176. Vgl. Pa/rn, S. 255. 243 Vgl. Redeker, S. 213. 244 Vgl. hierzu Mertens, P.: Die gegenwärtige Situation der betriebswirtschaftlichen Instandhaltungstheorie, in: zm, 38. Jg. 1968, S.805 f.; Mellerowicz, Industrie I, S.384 ff.; Wamecke, H.-J.: Bedeutung der Instandhaltung, in: Wamecke, H.-J. (Hrsg.): InstandhaltungGrundlagen, Köln 1981, S. 1 f.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
a) Wesensmerkmale und Durchführung der Instandhaltung beim Einsatz von Werkzeugmaschinen Der Instandhaltungsbegriff wird in der Literatur nicht einheitlich abgegrenzt245 . Die hier zugrundegelegte Begriffsauffassung lehnt sich an DIN 31051 an, indem unter Instandhaltung alle Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Sollzustandes einer Werkzeugmaschine sowie zur Feststellung und Beurteilung ihres Istzustandes verstanden werden 246 . Die Norm legt den Instandhaltungsbegriff sehr weit aus, so daß eine nähere Erläuterung sinnvoll erscheint. Dabei müssen insbesondere die Inhalte dieses Aufgabenkomplexes deutlich werden. Zuvor soll jedoch kurz die Instandhaltung von der Modernisierung abgegrenzt werden, wobei darauf hinzuweisen ist, daß diese Abgrenzung in der betriebswirtschaftlichen Literatur nicht einheitlich vorgenommen wird. Am zweckmäßigsten erscheint hier eine Unterscheidung nach der Wirkung. Anhand dieses Kriteriums läßt sich feststellen, daß Modernisierung im Unterschied zur Instandhaltung nicht auf die Erhaltung oder Wiederherstellung, sondern auf die Verbesserung der ursprünglichen Leistungsmerkmale abzie1t 247. Daher wird im folgenden nur bei unveränderten Leistungsmerkmalen von Instandhaltung gesprochen 248 Nach diesen terminologischen Überlegungen sollen nunmehr die Teilbereiche der Instandhaltung näher erörtert werden. Nach den Arbeitsinhalten gliedert sich die Instandhaltung in die drei Bereiche Wartung, Inspektion und Instandsetzung249 . Jedem dieser drei Bereiche lassen sich wiederum bestimmte Aufgaben zuordnen. Im Rahmen der Wartung werden vorbeugende Maßnahmen ergriffen, um einen für die Zukunft zu erwartenden Ausfall des Betriebsmittels zu verhindern. Sie dienen also der Aufrecht245 Vgl. hierzu Ordelheide, D.: Instandhaltungsplanung, Wiesbaden 1973, S. 11; Herzig, Grundlagen, S.31; Stepan, S. 26 f.; Kroesen, S. 27 f. In älteren Quellen werden zur Kennzeichnung desselben Sachverhalts auch die Termini "Werterhaltung" oder "Anlagenhaltung" benutzt. Vgl. Kosiol, S. 189; Männel, Anlagenerhaltung, S. 25. 246 Vgl. DlN 31051, S. 1. 247 Vgl. Steifen, S. 68, Fußnote 114. 248 Allerdings sind Grenzfälle denkbar, wenn beispielsweise im Zuge von Instandhaltungsmaßnahmen abgenützte durch verbesserte Teile ersetzt werden. Solange die Eigenschaften einer Maschine dadurch nicht wesentlich verändert werden, können solche Fälle aus pragmatischen Gründen gleichfalls der Instandhaltung zugerechnet werden. Vgl. Kroesen, S.31. 249
Vgl. DlN 31051, S. 1.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
411
erhaltung der Funktionstüchtigkeit250 . Zur Wartung zählen die Aufgaben Konservieren, Schmieren, Nachstellen, Reinigen und Auswechseln. So sind beispielsweise im Zuge von Reinigungsaufgaben übriggebliebene Späne zu entfernen. Gegenstand der Inspektion ist die terminiich festgelegte Überprüfung von Maschinen zur Feststellung aufgetretener oder zu erwartender Mängel und Schäden251 . Dies geschieht durch die Ermittlung meßbarer Größen oder Eigenschaften. Hierfür kommen die bereits an früherer Stelle behandelten Verfahren der Zustandserfassung in Betracht, so daß auf eine erneute Darstellung verzichtet werden kann252 . Als letzter der drei genannten Bereiche umfaßt die Instandsetzung die Wiederherstellung des ursprünglichen Leistungspotentials durch die Beseitung zwischenzeitlich aufgetretener Abnutzungserscheinungen253 . Hinsichtlich der Wirkungen der Teilbereiche der Instandhaltung läßt sich sagen, daß Inspektionen lediglich zur Beobachtung des Verschleißes ohne aktive Einflußnahme dienen, während sich Wartung und Instandsetzung verschleißhemmend bzw. verschleißbeseitigend auswirken. Bekanntlich kann es beim Einsatz von Werkzeugmaschinen zu verschiedenen Arten von Maschinenausfällen kommen. Der Zufallsausfall von Maschinen kann unter Umständen den gesamten Fertigungsprozeß zum Erliegen bringen, was entsprechende Ertragseinbußen zur Folge hat. Angesichts der Tragweite dieses Problems erscheint es sinnvoll, Instandhaltungsaktivitäten im vorhinein zu planen, zumal die damit verbundenen Kosten zumeist niedriger sind als bei nachträglichen Zufallsreparaturen254 . 250
Vgl. Luhmer, S. 76. 251 Vgl. VDI-Richllinie 3005: Organisation der Instandhaltung, Düsseldorf 1977, S. 5. 252 Vgl. hierzu die Ausführungen in Kapitel E.II.2.b). 253 Vgl. DIN 31051, S. 2. Von manchen Autoren wird anstelle von "Instandsetzung" von "Reparatur" gesprochen. So beispielsweise Herzig, Instandhaltung, Sp.816; Ordelheide, S. 16. Nach Ansicht von Palm sollte der Ausdruck Instandsetzung nur für verschleißbeseitigende Maßnahmen, die auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands abgenutzter Teile abzielen, verwendet werden. Den bloßen Austausch abgenutzter durch besser erhaltene Teile bezeichnet er dagegen als "Ersatz". Vgl. Palm, S. 6 f.; ähnlich Steifen, S. 64. Dieser Auffassung wird hier nicht gefolgt, weil in beiden Fällen Aufgaben der Instandsetzung, nämlich Ausbessern und Austauschen angesprochen sind. 254 Vgl. Kilger, Industriebetriebslehre, S.384. Mertens weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Planung von Instandhaltungsmaßnahmen nur bei im Zeitablauf steigenden Ausfallraten, also bei alterungs- und nutzungsbedingten Ausfällen, sinnvoll ist. Vgl. Mertens, Instandhaltungstheorie, S.808. Der voraussichtliche Verlauf der Ausfallrate über der Zeit wird durch statistische Verteilungen beschrieben. Bei den für Werkzeugmaschinen typischen Verteilungen liegt zumindest teilweise eine steigende Ausfallrate vor, so daß eine wesentliche
412
E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Ein Ergebnis derartiger Planungen ist die Instandhaltungsstrategie, in der Art und Wiederholung von Instandhaltungsmaßnahmen festgelegt sind. Wie noch gezeigt werden wird, bestehen zwischen ihrer Ausgestaltung und dem eingesetzten Werkzeugmaschinentyp enge Zusammenhänge. Instandhaltungsstrategien lassen sich nach·verschiedenen Gesichtspunkten unterteilen, wie aus Abbildung E-9 ersichtlich wird.
•
rBekannte Ausfallverteilungen
•
Präventivmodelle (vorbeugende Instond· haltungsstrategien) Maschinenzustond ständig ohne weiteres bekannt
II
•
Unsichere Informationen über Ausfallverteilungen
Ins~ktionsmodelle
(Bereitschaftsstrategien) Masdlinenzustand jeweils nur durch Inspektion bzw. Ersetzung feststellbar
t~~l Periodische Strat!llie Einmalige Berechnung des Instandhaltungs· intervalls
Sequentielle Strat!llie Regelmäßige Neu· berechnung des Instandhaltungsintervalls
Einfache Strategie Geschlossene Systeme
Opportunistische Strategie vielteilige Anlagen
t-=:::: '::::"'1
l
..
I
Keine Information z. B. Minimax· verfahren
Unvollk!!!!!men!
~
Informgtjon
Abgrenlungsverfahren
.....
schrittweise Informations,,_innu!!ll Adaptive Verfahren
j
Einstufige Strat!llie Zwei Zustände: ••gut" und "ausgefollen"
Mehrstufige Strategie Verschlechterungsgrade zwischen "gut" und "ausgefallen"
Abb. E-9: Arten von Instandhaltungsstrategien, Quelle: ReichwaJd/Dietel, S.456
Voraussetzung für die Planung der Instandhaltung erfüllt ist. Vgl. hierzu Bürk, G.: Statistische Gesetzmäßigkeiten von Ausfallzeiten und Arbeitsintervallen an Fertigungsmaschinen - eine Feldstudie, in: Bussmann, K F./Mertens. P. (Hrsg.): Operations Research und Datenverarbeitung bei der Instandhaltungsplanung, Stuttgart 1968, S. 20 Cf.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
413
Zunächst werden nach der Kenntnis des Ausfallverhaltens der betrachteten Maschinen oder Maschinenteile Strategien für bekannte Ausfallverteilungen und solche für unsichere Ausfallverteilungen unterschieden. In manchen Fällen existieren noch keine Erfahrungswerte über das Ausfallverhalten von Maschinen. Bei werkzeugmaschinenunterstützter Produktion trifft dies vor allem dann zu, "...wenn eine neuartige Maschine in Betrieb genommen wird oder die Herstellung eines neuen Produktes anläuft.,,255 Derartige Verhältnisse sind, wie in dieser Arbeit bereits an früherer Stelle dargelegt wurde, vor allem bei der Inbetriebnahme von flexiblen Fertigungssystemen vorzufmden256 . Unsicherheiten, die durch die Herstellung eines neuen Produktes bedingt sind, werden außer bei flexiblen Fertigungskonzepten auch bei universell einsetzbaren Maschinen auftreten. Für den Fall unsicherer Informationen über die Ausfallverteilungen werden drei Arten von Strategien vorgeschlagen257 : Minimaxverfahren, Abgrenzungsverfahren und adaptive Verfahren. Wenn keinerlei Informationen über die Ausfallverteilung vorhanden sind, gelangt das Minimaxverfahren zur Anwendung, das eine näherungsweise Bestimmung der Ausfallkennlinie ermöglicht. Bei Abgrenzungsverfahren wird die Kenntnis bestimmter Parameter (z.B. mittlere Lebensdauer der Maschine), nicht jedoch die Kenntnis der Art der Ausfallverteilung, vorausgesetzt. Bei adaptiven Verfahren geht man davon aus, daß die Art der Ausfallverteilung zwar grundsätzlich bekannt ist, aber ihre Parameter sich im Zeitablauf ändern. Daraus läßt sich schließen, daß adaptive Verfahren vor allem für Produktionen, bei denen es zu häufigen Erzeugniswechseln kommt, von Bedeutung sind, während sie bei gleichbleibenden Produktionsverhältnissen keinen wesentlichen Vorteil bieten258 . Sie werden daher bei hochspezialisierten Maschinen wie Transferstraßen und Sondermaschinen kaum zur Anwendung gelangen.
255 Bussmann, K. F./Kress, H./Kuhn, M.: Instandhaltungsstrategien als Mittel zur Senkung der Instandhaltungskosten und zur Steigerung der Kapazitätsausnutzung industrieller Fertigungsanlagen, in: Bussmann, K. F./Mertens, P. (Hrsg.): Operations Research und Datenverarbeitung bei der Instandhaltungsplanung, Stuttgart 1968, S. 34 f. 256 Vgl. Kapitel E.I1.1.a). 257 Vgi. zum folgenden Palm, S. 94 ff.; Reichwald/Dietel, S. 456 f. Im Zusammenhang mit der Instandhaltung werden die Bezeichnungen Instandhaltungsstrategien, -verfahren und -modelle synonym verwendet. 258 Vgl. Bussmann/Kress/Kuhn, S. 35 f.
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E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
Bei bekannter Ausfallverteilung grenzt man Präventivmodelle von Inspektionsmodellen ab. Während die erstgenannten von einem ständig bekannten Maschinenzustand ausgehen, ist bei letzteren eine zusätzliche Erkundung (Inspektion) erforderlich. Bei Werkzeugmaschinen macht sich ein abrupter Verlust der Funktionsfähigkeit in Form von Werkzeugbrüchen oder Maschinenstillständen sofort bemerkbar. Demgegenüber ist die allmähliche Beeinträchtigung der Funktionserfüllung, beispielsweise durch Überschreitung von Fertigungstoleranzen, nicht unmittelbar feststellbar. Soweit es um die Verhinderung abrupter Ausfälle geht, reichen Präventivmodelle in der Regel aus. Demgegenüber wird man Inspektionsmodelle bei allmählichem Verlust der Funktionsfähigkeit einsetzen, weil in solchen Fällen der Maschinenzustand nicht ohne weiteres bekannt ist259 . Dabei wird häufig mit sogenannten indirekten Kontrollen gearbeitet wie beispielsweise bei der Erfassung des Werkzeugverschleißes im Rahmen der Prozeßüberwachung260 .
Sowohl Präventiv- als auch Inspektionsmodelle lassen sich nach weiteren Merkmalen untergliedern. Die Unterscheidung in periodische und sequentielle Strategien hebt auf den zeitlichen Abstand der Instandhaltungsmaßnahmen ab. Bei periodischen Strategien wird der Abstand zwischen zwei Instandhaltungszeitpunkten, das sogenannte Wartungsintervall, einmalig festgelegt, während man bei sequentiellen Strategien den Zeitpunkt für die Durchführung der nächsten Instandhaltungsmaßnahme jeweils von neuem bestimmt. Es läßt sich zeigen, daß sequentielle Strategien periodischen Strategien bei endlicher Nutzungsdauer des betrachteten Aggregats überlegen sind, vor allem wenn die Instandhaltungsintervalle im Vergleich zur Nutzungsdauer lange sind. Solche Verhältnisse sind indessen in der Fertigungsindustrie nur selten vorzufinden, so daß in der Praxis den einfacheren periodischen Verfahren zumeist der Vorzug gegeben wird261
259 Vgl. Menens, Instandhaltungstheorie, S. 823. 260 Vg1. zur Prozeßüberwachung die Ausführungen in Kapitel C.II.2.b). 261 Vgl. Menens, Instandhaltungstheorie, S.821. Am ehesten kommen sequentielle
Strategien noch für Sondermaschinen und konventionelle Transferstraßen in Betracht, weil diese einer schnellen Veralterung unterliegen, so daß sich eine im Vergleich zur Länge der Instandhaltungsinvervalle kurze Nutzungsdauer ergibt. Vgl. hierzu Bussmann u.a., S. 488.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
415
Nach der Abhängigkeit der Maschinenteile voneinander unterscheidet man einfache und opportunistische Strategien262 . Bei einfachen Strategien werden Instandhaltungsmaßnahmen für jede Maschine oder jedes Maschinenteil getrennt durchgeführt, während man bei opportunistischen Strategien wirtschaftliche Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Teilen in das Kalkül einbezieht. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit liegt vor, wenn die Kosten für den gemeinsamen Austausch von Teilen geringer sind als bei getrenntem Austausch. Opportunistische Strategien kommen also insbesondere bei komplizierten Fertigun~ssystemen, deren Stillegung mit hohen Kosten verbunden ist, in Betracht 63. In diesem Zusammenhang ist sowohl an Transferstraßen, deren Stilllegung technisch sehr aufwendig ist, als auch an flexible Fertigungssysteme, bei denen die Stillegung zwar technisch leichter zu bewerkstelligen ist, aber aufgrund der hohen Kapitalbindung dennoch ein Zwang zu möglichst unterbrechungsfreier Produktion besteht, zu denken.
Als letztes Unterteilungskriterium ist die Anzahl der definierten Anlagenzustände anzuführen. Einstufige Strategien unterscheiden lediglich zwischen den Zuständen "funktionsfähig" und "ausgefallen", während mehrstufige Strategien verschiedene Abstufungen zwischen diesen beiden Polen berücksichtigen264 . Ein direkter Zusammenhang zwischen Maschinentyp und diesen beiden Ausprägungen ist aber nicht erkennbar.
Als Fazit läßt sich festhalten, daß mit zunehmender Zahl und Verbundenheit der Elemente eines Fertigungssystems die Bedeutung vorbeugender Instandhaltungsmaßnahmen steigt. Umgekehrt kann der Organisationsgrad der Instandhaltung bei einfach aufgebauten Werkzeugmaschinen gering gehalten werden. Diese Feststellung gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Instandhaltungsstrategie: Diese kann um so einfacher sein, je geringer automatisiert ein Fertigungssystem ist und je schwächer die Verflechtungsbeziehungen zwischen seinen Elementen sind265 .
262 Im Schrifttum werden die letztgenanten auch als "verbundene" Strategien oder "Blockstrategien" bezeichnet. Vgl. Ki/ger, Industriebetriebslehre, S. 386 bzw. Orde/heide, S. 64. 263 Vgl. Bussmann/Kress/Kuhn, S. 39. 264 Vgl. Reichwa/d/Diete/, S. 456. 265 Vgl. hierzu Pa/m, S. 61 f.
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E. Betriebswirtschaftliehe Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
b) Betriebswirtschaftliche Wirkungen von Instandhaltungsmaßnahmen Noch nicht angesprochen wurden die ökonomischen Konsequenzen von Instandhaltungsmaßnahmen. Daher soll im folgenden zunächst aufgezeigt werden, wie das Leistungspotential von Werkzeugmaschinen durch Instandhaltung beeinflußt wird. Dabei ist zunächst daran zu erinnern, daß durch Inspektionen lediglich der Istzustand einer Maschine erfaßt, nicht aber ihr Leistungsvermögen beeinflußt wird. Wartungsmaßnahmen zielen ihrerseits auf die Erhaltung des Ausgangszustands ab. Durch sie wird der Verschleiß lediglich gehemmt, nicht aber zum Stillstand gebracht. Eine Restitution der durch Abnutzung verringerten ursprünglichen Leistungsmerkmale ist folglich nur durch Instandsetzungsmaßnahmen möglich, deren Wirkungen nunmehr erläutert werden. Durch verschleißbeseitigende Instandsetzungsmaßnahmen lassen sich bei Werkzeugmaschinen zwei der drei Bestimmungsfaktoren der quantitativen Kapazität, nämlich die Leistungsintensität und die Leistungsdauer, wieder auf das Ausgangsniveau zurückführen. So ermöglicht der Austausch verschlissener Lagerelemente höhere Bearbeitungsgeschwindigkeiten, die zuvor infolge der fortgeschrittenen Abnutzung nicht mehr ohne übermäßige Genauigkeitseinbußen realisiert werden konnten. Die kalenderzeitunabhängige Leistungsdauer läßt sich, technisch gesehen, nahezu beliebig verlängern. Ihre Grenze finden leistungsdauerverlängernde Aktivitäten in wirtschaftlichen Überlegungen 266 • Der dritte Bestimmungsfaktor der quantitativen Kapazität, der Leistungsquerschnitt, ist dagegen bei Werkzeugmaschinen, wie bereits dargelegt wurde, durch Verschleiß nicht zu beeinflussen und muß in diesem Zusammenhang nicht weiter berücksichtigt werden. Die qualitative Kapazität von Werkzeugmaschinen kann, soweit sie durch Abnutzung überhaupt beeinträchtigt wurde, gleichfalls wiederhergestellt werden. So lassen sich beispielsweise durch das Nacharbeiten ausgeschlagener Führungen die sich im Zeitablauf vergrößernden Fertigungstoleranzen wieder verringern. Mit der Restitution der quantitativen Kapazität wird auch die verschleißinduzierte Beschränkung der quantitativen Flexibilität aufgehoben. Ebenso lassen sich die die qualitative Flexibilität kennzeichnenden Merkmale wie Z.B. die Einstellungsfähigkeit wieder in den Ausgangszustand zurückversetzen 267.
266
267
Vgl. Bruhn, S. 111 f. Vgl. Steifen, S. 67 f.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
417
Abschließend sollen die mit Instandhaltungsmaßnahmen verbundenen Kostenwirkungen dargestellt werden, um Ansatzpunkte für die Wirtschaftlichkeitskontrolle aufzuzeigen. Bevor darauf näher eingegangen werden kann, bedarf es zunächst einer Klärung des Instandhaltungskostenbegriffs. In der Literatur werden, aufbauend auf der Unterteilung der Instandhaltung nach DIN 31051, unter Instandhaltungskosten zumeist die Kosten für Inspektion, Wartung und Instandsetzung subsumiert268 . Diese Unterteilung wird zu Recht kritisiert, weil sie insofern wenig hilfreich ist, als nicht ersichtlich ist, welche Kostenarten der Inspektion, Wartung und Instandsetzung jeweils zuzuordnen sind. Für die Erfassung, Planung und Kontrolle der Instandhaltungskosten ist vielmehr die Kenntnis von Art und Umfang der verbrauchten Kostengüter erforderlich und eine entsprechende Gliederung sinnvoller269 . Als wesentliche Kostenarten für die Instandhaltung werden zumeist Personal-, Energie-, Werkzeug- und Betriebsstoffkosten sowie Abschreibungen und kalkulatorische Zinsen genannt 270. Nach dieser grundlegenden Charakterisierung der Instandhaltungskosten sollen nunmehr die erfolgswirtschaftlichen Wirkungen von Instandhaltungsmaßnahmen erläutert werden. Hierfür muß neben der Kosten- auch die Lei-stungsseite Berücksichtigung finden. Damit erhebt sich die Frage, worin die Leistungen der Instandhaltung bestehen und wie diese gemessen werden können. Zur Beantwortung dieser Frage erweist sich der Rückgriff auf die Zwecksetzung der Instandhaltung als hilfreich. Dem durch die Instandhaltungskosten verkörperten Güterverzehr stehen vorwiegend Dienstleistungen als Ergebnisse des Leistungserstellungsprozesses im Instandhaltungsbereich gegenüber. Der Zweck dieser Dienstleistungen besteht bekanntlich in der Erhaltung und Wiederherstellung der Betriebsbereitschaft von Maschinen. Bei einer teleologischen Interpretation des Leistungsbegriffs kann die Erfüllung dieses Zwecks als Kriterium zur Definition der von der Instandhaltung erbrachten Leistungen herangezogen werden. Eine technische Maßgröße der Zweckerfüllung wie beispielsweise die Zuverlässigkeit reicht aber 268 So beispielsweise von Mellerowicz, Industrie I, S. 391, Hummel/Männel, Kostenrechnunft 1, S. 173; ähnlich Kilger, Plankostenrechnung, S. 405. 69 Vgl. Männel, W.: Erfassung, Planung und Kontrolle von Instandhaltungskosten, in: OB, 37. Jg. 1984, S. 677 und S. 680. 270 Vgl. hierzu Middelmann, S. 140; Kilger, Plankostenrechnung, S.453; Heck, K.: Erfassung und Planung von Instandhaltungskosten - Ansätze zu einem Instandhaltungscontrolling, in: krp, 27. Jg. 1983, S.268. Es handelt sich bei diesen Kostenarten sämtlich um Gemeinkosten, die je KostensteIle geplant und kontrolliert werden. Demgegenüber sind Materialund Fremdleistungskosten als Einzelkosten dem jeweiligen Instandhaltungsauftrag direkt zu belasten. Vgl. Kilger, Plankostenrechnung, S. 452. 27 Moroff
418
E. Betriebswirtschartliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
in diesem Zusammenhang nicht aus, weil sie keine ökonomische Aussagekraft besitzt. Sinnvoller erscheint es, die Höhe der Ausfallkosten als Maßstab für die Leistung der Instandhaltung zu verwenden 271 . Durch die Gegenüberstellung von Instandhaltungs- und Maschinenausfallkosten lassen sich die Wirkungen von Instandhaltungsmaßnahmen aufzeigen, wie Abbildung E-IO verdeutlicht.
InsUndhaltungskosu-n
! I I
I
I I I
100
Yerfügblrkeit (S)
Abb. E-I0: Kostenwirkungen von Instandhaltungsmaßnahmen bei unterschiedlicher Verfügbarkeit, Quelle: Palm, S. 261
Der Kurvenverlauf zeigt den Zusammenhang zwischen der Verfügbarkeit einer Maschine und der Wirtschaftlichkeit der Instandhaltung272 . Die Höhe der Instandhaltungskosten für geplante Maßnahmen steigt mit zunehmender Verfügbarkeit überproportional an. Die Ursache für diesen Verlauf ist darin zu sehen, daß jenseits eines bestimmten Verfügbarkeitsniveaus weitere Verbesserungen nur noch mit außerordentlich hohem Faktoreinsatz zu 271 Vgl. Palm, S.253. Ähnlich argumentiert Männel, wenn er • ...das Venneiden oder Reduzieren von Anlagenausfallkosten als Nutzen der Anlageninstandhaltung.. ." interpretiert. Männel, Ausfallkosten, S. 107. 272 Eine ähnliche Darstellung, die sich auf den Zusammenhang zwischen Instandhaltungsintensität und Wirtschaftlichkeit der Instandhaltung bezieht, findet sich bei Redeker, S. 211.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
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erzielen sind, beispielsweise in Form aufwendiger Instandhaltungsstrategien oder verkürzter Intervalle für den Austausch von Verschleißteilen. Eine Verfügbarkeit von 100 % kann selbst mit unendlich hohem Mitteleinsatz nicht erreicht werden, was im asymptotischen Verlauf der Instandhaltungskosten zum Ausdruck kommt273 . Umgekehrt nehmen die Ausfallkosten mit zunehmender Verfügbarkeit ab, worin eine steigende Instandhaltungsleistung zum Ausdruck kommt. Durch Addition von Ausfall- und Instandhaltungskosten erhält man die Gesamtkostenkurve, deren tiefster Punkt die kostenminimale Verfügbarkeit anzeigt.
3. Beabsichtigter Abbau des Leistungspotentials durch Maschinenstillegung Gegenstand der bisherigen Betrachtungen war der unbeabsichtigte Abbau des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen. Noch nicht angesprochen wurde der beabsichtigte Potentialabbau, der im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen steht. Im Zusammenhang mit der auf Dispositionen der Unternehmungsleitung zurückzuführenden Reduzierung der Produktionsbereitschaft wird in der Literatur von Stillegung gesprochen. Das zentrale Merkmal der Stillegung besteht nach Hasenack OI .. .in dem bewußten, für einen bestimmten bzw. mehr oder weniger unbestimmten kurzen oder langen Zeitraum ...erfolgenden Stoppen der Betriebstätigkeit. OI274 Rudhart definiert Stillegung als OI ...geplante Aktionseinstellung ohne oder mit geplantem Potentialabbau.. .',275. Bei diesen Begriffsbestimmungen wird zweierlei erkennbar: Zum einen handelt es sich bei Stillegungen um nichts anderes als um Erscheinungsformen der quantitativen Anpassung im Sinne Gutenbergs276. Zum anderen wird deutlich, daß zwischen zwei Unterfällen der Stillegung zu unterscheiden ist, nämlich zwischen vorläufiger und endgültiger Stillegung. Bei der erstgenannten werden die nicht genutzten Betriebsmittelkapazitäten weiterhin in Bereitschaft gehalten, bei letzterer erfolgt ein Abbau dieses Potentials. Diese beiden Ausprägungen können als OIkapazitätsneutrale Still-
273 Vgl. Palm, S. 262.
274 Hasenack, W.: Stillegung, in: Seischab, H./Schwantag, H. (Hrsg.):
bearbeitete Auflage, Band 111, Stuttgart 1960, Sp. 5218; ähnlich Löw, S. 5. 275 Rudhart, P. M.: Stillegungsplanung, Wiesbaden 1978, S. 68.
276 Vgl. Hasenack, Sp. 5215.
HWB, 3., völlig neu
420
E. Betriebswirtschaftliche Probleme des Werkzeugmaschineneinsatzes
legung" bzw. "kapazitätswirksame Stillegung" bezeichnet werden 277 . Da es im vorliegenden Kontext nur um solche Stillegungserscheinungen geht, die mit einem Potentialabbau verbunden sind, beschränken sich die weiteren Überlegungen auf die kapazitätswirksame Stillegung. Der Ablauf der kapazitätswirksamen Stillegung läßt sich in die Phasen der Stillsetzung und der Ausmusterung278 unterteilen. Die Stillsetzung als Vorgang der Einstellung der betrieblichen Tätigkeit bezogen auf die stillzulegenden Maschinen ist eine zwingende Voraussetzung für die Durchführung der Ausmusterung und geht dieser zeitlich voraus. Sie umfaßt eine Vielzahl von Einzeltätigkeiten, die unter der Bezeichnung "Auslaufoperationen" zusammengefaßt werden können279 . Bei der Stillsetzung von Werkzeugmaschinen müssen zunächst das Werkzeug abgesetzt und der Werkzeugträger zurückgefahren werden. Anschließend erfolgt der Ausschaltvorgang, der je nach Maschinentyp mit mehr oder minder großen Schwierigkeiten verbunden ist. Bei unverketteten Einmaschinensystemen genügt in der Regel ein einfacher Handgriff, während insbesondere Transferstraßen aufgrund der starren Verkettung nur als Ganzes in einem komplizierten Prozeß unter Hinzuziehung zusätzlicher Spezialkräfte ausgeschaltet werden können. Wesentlich leichter gestaltet sich die Abschaltung flexibler Fertigungssysteme, weil infolge der flexiblen Verkettung einzelne Bearbeitungssysteme sukzessive außer Betrieb genommen werden können. Die Stillsetzung wird durch das Ausspannen von Werkzeug und Werkstück sowie die Entfernung nicht mehr benötigter Werkstoffe und Fertigungsmittel, z.B. Vorrichtungen, beendet280 Die Ausmusterung einer Werkzeugmaschine führt dazu, daß ihr Leistungspotential im bisherigen Einsatzbereich nicht mehr zur Verfügung steht. Die Ausmusterung kann entweder mit oder ohne Auflösung des Potentials erfolgen281 . Im ersten Fall geht das Leistungspotential durch 277 Vgl. Kurkowski. S.170. Bei der kapazitätsneutralen und der kapazitätswirksamen Stillegung handelt e~ sich um quantitative Anpassungsvorgänge vom Typ A bzw. vom Typ B. Vgl. hierzu Gutenberg, S. 380. 278 Unter Ausmusterung wird die Herauslösung einer technisch noch nutzbaren Anlage aus ihrem bisherigen Funktionskreis und deren Überführung in eine andere VelWendung verstanden. Vgl. Faehndrich, H.: Die Ausmusterung von Betriebsmitteln als betriebswirtschaftliches Problem, in: 10,34. Jg. 1965. S. 194; SChwinn, Sp. 67. 279 Vgl. hierzu und zum folgenden Bergner, Vorbereitung, Sp. 2174 f. 280 Vgl. Bergner, Vorbereitung, Sp. 2175. 281 Vgl. Rudhan, S. 198.
IV. Veränderungen des Leistungspotentials von Werkzeugmaschinen
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Veräußerung oder Verschrotten vollständig verloren. Dagegen bleibt die Betriebsbereitschaft der Maschinen im zweiten Fall teilweise oder vollständig erhalten, kann aber im bisherigen Wirkungszusammenhang nicht mehr genutzt werden. Ausgemusterte Werkzeugmaschinen können entweder unverändert (unmittelbare Weiterverwendung) oder nach einer Umgestaltung (mittelbare Weiterverwendung) wieder eingesetzt werden282 . Die unmittelbare Weiterverwendung ist dadurch gekennzeichnet, daß nicht modifizierte Betriebsmittel in einer anderen Funktion eingesetzt werden, indem beispielsweise eine Präzisionsdrehbank für die Herstellung von Rohlingen Verwendung findet. Demgegenüber sind bei mittelbarer Weiterverwendung Modifikationen für die Einsetzbarkeit von Maschinen in ihrer neuen Verwendung zwingend erforderlich. Die alternativen Möglichkeiten der Ausmusterung unterscheiden sich auch hinsichtlich ihrer Kostenwirkungen. Für die Veräußerung oder Verschrottung von Werkzeugmaschinen fallen Demontage- und Lagerkosten an: So müssen die Maschinen aus ihren Fundamenten gelöst, abtransportiert und eventuell für eine Übergangszeit aufbewahrt werden283 • Im Falle einer zwischenzeitlichen Lagerung vor der Veräußerung laufen zusätzlich Kosten für Reinigung und Konservierung auf, denen allerdings Verkaufserlöse in Höhe des Gebraucht- oder des Schrottwerts gegenüberstehen. Auch im Falle der Wiederverwendung fallen Demontage- und gegebenenfalls Konservierungskosten an. Weitere Kosten werden durch Aufarbeitung, Montage am neuen Standort und Wiederinbetriebnahme sowie gegebenenfalls durch die bei mittelbarer Weiterverwendung erforderlichen Umbaumaßnahmen verursacht.
282 Vgl. Faehndrich, Ausmusterung, S. 197. 283 Vgl. Kurkowski, S. 172.
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