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German Pages 341 [342] Year 2019
Diez/Krabbe/Engler Werkstattbuch Mediation
Werkstattbuch Mediation Begründet von
Hannelore Diez † Dipl. Soz. päd. (FH), Mediatorin (BAFM), Mediations-Supervisorin Ab der 2. Auflage fortgeführt von
Heiner Krabbe Dipl.-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Mediator (BAFM), Ausbilder, Mediations-Supervisor
Dr. Karen Engler Rechtsanwältin, Mediatorin, Leiterin der Centrale für Mediation 2. neu bearbeitete Auflage
2019
Zitierempfehlung: Diez/Krabbe/Engler, Werkstattbuch Mediation, 2. Aufl. 2019, S. ...
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-06262-0 ©2019 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Satz: WMTP, Birkenau Druck: Stückle, Ettenheim Printed in Germany
Vorwort zur 2. Auflage Als die 1. Auflage dieses Buches Ende 2004 erschien, war gerade der European Code of Conduct for Mediators auf den Weg gebracht worden. Parallel zum Erscheinen des Buches wurde der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zu bestimmten Aspekten der Mediation in Zivil- und Handelssachen vorgelegt. Im Mai 2008 wurden diese Richtlinien verabschiedet. Dem folgten im Jahr 2012 das Mediationsgesetz sowie 2017 die Aus- und Fortbildungsverordnung für zertifizierte Mediatoren des deutschen Gesetzgebers. Diese Entwicklungen waren bei Erscheinen des Buches nicht abzusehen und lassen eine baldige Überholung der Inhalte vermuten. Das von Hannelore Diez entworfene Methodenbuch erwies sich jedoch gewissermaßen als zeitlos. Es etablierte sich als Einführungs- und Grundlagenbuch für die Ausbildung und Praxis von Mediatoren. Hannelore Diez hat diesen Erfolg leider viel zu kurz miterlebt; sie verstarb bereits Ende 2006. Ihr Buch wurde in regelmäßigen Abständen unverändert nachgedruckt. Gleichwohl – das Buch war in die Jahre gekommen. Manches hat sich weiterentwickelt, neue Fragen sind in den Vordergrund getreten, die geschilderten rechtlichen Rahmenbedingungen fehlten. Die jetzt vorgelegte 2. Auflage des neuen Autorenteams ist die aktualisierte Version des Diez’schen Konzepts. Sie ist das Ergebnis langer, intensiver Dialoge mit Hannelore Diez, die mit dieser bereits zu Lebzeiten stattfanden und nach ihrem Tod fortgesetzt wurden. Parallel dazu hat sich ein fruchtbarer interdisziplinärer Austausch über unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen zwischen uns neuen Autoren entwickelt. Ziel der Neuauflage war es, das Buch dem aktuellen Entwicklungsstand anzupassen. Dementsprechend fußt auch die Überarbeitung auf den Leistungen der Erstautorin, deren Texte inhaltlich und sprachlich aktualisiert, vertieft und ergänzt wurden, wobei die Bearbeitungstiefe der einzelnen Abschnitte variiert. Neu hinzugekommen sind die Kapitel Emotionen in der Mediation (B.VII.1.), hochstrittige Parteien (B.VII.2.) sowie Umgang mit geschickten Medianden (B.VII.3.). Zugleich wurden einige Kapitel neugefasst, insbes. Rechtliche Implikationen (B.I.6.), Kurzzeit-Mediation (B.VII.4.), bzw. Zusammenhänge vertieft, u.a. Materieller und immaterieller Kontenausgleich (B.I.4.), Interessen und Bedürfnisse (B.III.6.), Einigung und (Abschluss-)Vereinbarung (B.III.13.) und Differenziertes Fragen (B.V.2.). Ergänzt wurde das Buch zudem um weitere Praxismuster, ins-
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Vorwort zur 2. Auflage
besondere unterschiedlich formalisierte Versionen von Mediationskontrakten und Mediationsklauseln sowie Muster zur Erfüllung der Informationspflichten nach der Datenschutz-Grundverordnung (C.III.). Die bewährte Grundstruktur sowie der Aufbau der einzelnen Kapitel wurden beibehalten. Insbesondere wurde auch die zugrunde liegende ErbMediation Schaller in ihrer Terminologie, dem Aufbau und der Ich-Form mit kleinen Anpassungen beibehalten, da sie die methodische Herangehensweise dieser Schule besonders sichtbar und erlebbar macht, s. auch S. 1. Lediglich der zu Dokumentationszwecken ebenfalls abgedruckte Notarvertrag am Ende der Mediation (S. 49 ff.), war nach grundlegender Reform des GmbH-Rechts veraltet. Dessen Anpassung an die aktuelle Rechtslage hat freundlicherweise Notar und Mediator Andreas SchmitzVornmoor übernommen, dem wir an dieser Stelle herzlichst danken. Unser Dank gilt daneben in erster Linie dem Verlag für die Initiative und das Angebot, die Neuauflage gemeinsam zu gestalten. Für das schnelle und kompetente Lektorat haben wir Simone Forner zu danken. Ein ganz besonderer Dank gilt Prof. Dr. Barbara Schermaier-Stöckl, die diese Überarbeitung – wie bereits die Erstauflage – durch kritische Durchsicht des Manuskripts und wertvolle Hinweise unterstützt hat. Den Lesern wünschen wir, dass sie sowohl vom imaginären Trialog als auch vom Dialog profitieren können. August 2018
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Karen Engler und Heiner Krabbe
Aus dem Vorwort zur 1. Auflage Werkstattbuch – das klingt nach Arbeit, Werkzeug, Betrieb, Reparatur und eher nicht nach intellektuellem Sachbuch, Philosophie oder anderer anspruchsvoller Lektüre. Werkstattbuch – das ist ein Arbeitsbuch, wie ich es mir zu Beginn meiner Mediationstätigkeit vor jetzt bald 20 Jahren gewünscht hätte, ein Buch zum Nachschlagen, Konfrontieren, Überprüfen, Erinnern, Ausprobieren, Nachbessern, Vergleichen mit eigenen Erfahrungen. Ich hoffe sehr, dass es diesen Anspruch erfüllt und zur Diskussion und Praxisreflexion von Mediatorinnen und Mediatoren in den verschiedenen Feldern der Mediation, aber auch in der Lehre und Supervision beitragen kann. Dieses Buch ist also ein Praxisbuch, obwohl es auch Theorie-, Methodik- und Reflexionsteile enthält. Es ist ein interdisziplinäres Buch. Viele andere Fachleute, vor allem Juristen aus der gemeinsamen Praxis, aus den vielen Ausbildungen und aus Supervisionen, haben insgeheim mit ihren Anregungen und ihrer Kritik daran mitgeschrieben. Unter anderem deshalb habe ich diesem Buch einen Erb-Mediationsfall zugrunde gelegt, weil in diesem Feld die Notwendigkeit der Zusammenarbeit von psychosozialen, juristischen und anderen Fachleuten sehr deutlich wird, und auch, weil Erb-Mediation im Grenzbereich von Familien- und Wirtschafts-Mediation liegt und damit auf interdisziplinäre Zusammenarbeit angewiesen ist. Meine Hoffnung und meine eigene Erfahrung ist, dass sich die wesentlichen methodischen und technischen Mediationsbausteine auf die Baustellen der verschiedenen Mediationsfelder übertragen lassen – ganz sicher auch auf die Baustellen der eigenen alltäglichen Konfliktbewältigung im privaten und beruflichen, auch nachbarschaftlichen, wirtschaftlichen, sportlichen, politischen oder anderen Umfeld. Aus diesem Grund habe ich fast allen Kapiteln dieses Buches jeweils eine Übung für uns Mediatoren vorangestellt, damit wir nicht vergessen, dass Mediation nicht nur „den anderen“ gut tut, sondern vor allem auch uns selbst, wenn wir uns darauf einlassen. Ich danke allen, die am Entstehen und Korrigieren dieses Buches mitgearbeitet haben, besonders meiner stilistischen Lektorin, Frau Barbara Schermaier-Stöckl, und meinen anderen juristischen Freunden, besonders Herrn Walter J. Lehmann als meinem Beratungsanwalt in der Erbengemeinschaft des Verlags Schaller und Herrn Sebastian Strohmeier
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Aus dem Vorwort zur 1. Auflage
als dem Notar. Ich danke insbes. meinen drei wichtigsten amerikanischen Lehrern, Gary Friedman, Jack Himmelstein und dem verstorbenen John M. Haynes. Hier gilt immer noch das, was meine beiden Mitdenker in der Mediation und Mitverfasser des Buches „Familienmediation und Kinder“, Heiner Krabbe und S. Cornelia Thomsen, und ich damals geschrieben haben: Es ist so viel gemeinsames Gedankengut inzwischen bei uns zusammengeflossen, dass kaum noch zu erkennen und zu unterscheiden ist, was von wem stammt und wer was wie weiterentwickelt hat. Deshalb ist die Literaturliste auch so kurz. Ich meine natürlich immer Mediatoren und Mediatorinnen – ich habe mich wegen der besseren Lesbarkeit der Texte für die kürzeste Version entschieden. Auch verwende ich lieber die lateinisch korrektere Form Medianden statt Medianten. Zuletzt, aber nicht weniger intensiv, danke ich meinen beiden Verlagslektorinnen, Frau Dr. Stadlhofer-Wissinger und Frau Forner, für ihre inspirierende und geduldige Zusammenarbeit und ihre Unterstützung. München, im September 2004
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Hannelore Diez
Inhaltsübersicht Seite
Vorwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aus dem Vorwort zur 1. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V VII XIII
A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation I. Sachverhalt der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . .
2
II. Prozessablauf der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . .
4
1. 2. 3. 4. 5. 6.
Vorlaufphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung/Kontrakt (1. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Themensammlung/Interessen (2. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . Konflikt/Emotionen/Fairnesskriterien (3. Sitzung) . . . . . . . Optionen/Rolle des Rechts (4. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . . Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
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4 8 13 18 23 28
I. Hintergrundwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. 2. 3. 4. 5. 6.
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53 58 62 67 71 77
II. Grundbausteine des Mediationsprozesses im Überblick . . . . .
98
III. Prozess-Bausteine: Stufen einer Mediation . . . . . . . . . . . . . .
103
1. Grundbauplan einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorlaufphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
103 103
B. Werkzeugkoffer
Konflikte, Konfliktreaktionen und Konfliktinteraktionen Systemischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ambivalenz und Polyvalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Materieller und immaterieller Kontenausgleich . . . . . . . Indikation und Kontra-Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IX
Inhaltsübersicht Seite
3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13.
Einführung/Eröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediationskontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . Themensammlung/Bestandsaufnahme . . . . . Interessen und Bedürfnisse . . . . . . . . . . . . . Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit . . . Rolle des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Parteiliche Beratungsanwälte . . . . . . . . . . . . Andere für die Mediation relevante Fachleute (Angebots-)Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . Einigung und (Abschluss-)Vereinbarung . . . .
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IV. Methodische Bausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
108 115 118 124 130 136 140 145 149 152 158 166
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166 169 173 177 180
V. Technische Bausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183
1. 2. 3. 4. 5.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Autonomie und Selbstbehauptung (Window I) . . . . . . . . . Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit (Window II) . . . . . . Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haltung als Methode – Grundeinstellungen des Mediators . Mediations-Supervision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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183 184 190 193 195 197 199 201 203 205 222 225
VI. Verschiedene Settings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
230
1. Mehrparteien-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
230
X
Vorbemerkung . . . . . . . . . . Differenziertes Fragen . . . . . Regeln mediieren . . . . . . . . Zusammenfassen . . . . . . . . Fokussieren . . . . . . . . . . . . Normalisieren . . . . . . . . . . Zukunftsorientieren . . . . . . Partialisieren . . . . . . . . . . . Paraphrasieren . . . . . . . . . . Visualisierungstechniken . . Zeitmanagement-Techniken Der Viererschritt . . . . . . . . .
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Inhaltsübersicht Seite
2. 3. 4. 5.
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232 237 238 241
VII. Besondere Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
244
1. 2. 3. 4.
Mediation von Gruppen, Teams etc. Misch-Mediation . . . . . . . . . . . . . . Mehrwege-Mediation . . . . . . . . . . . Co-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . .
Emotionen in der Mediation . . . Hochstrittige Parteien . . . . . . . Umgang mit „Zwangskontext“ . Kurzzeit-Mediation . . . . . . . . .
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244 246 250 252
I. Praxiserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
255
1. Systematische Fallvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Praxisbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
255 257
II. Beruf und Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
261
1. 2. 3. 4.
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261 263 265 268
III. Praxismuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
273
C. Mediation in der Praxis
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Mediation als Beruf . . . . . . Mediationsnetzwerk . . . . . Marketing und Akquisition Aus- und Fortbildung . . . . .
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Muster eines Mediationskontrakts . . . . . . . . . . . . . . Hinweise zur Datenverarbeitung nach der DSGVO . . Muster eines Organigramms für Mediationen . . . . . . Muster eines Genogramms für Mediationen . . . . . . . Muster eines Kontakt- und Zuständigkeitsplans in Mediationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster für Budgetpläne in Mediationen . . . . . . . . . . . Muster einer Vermögensaufstellung für Mediationen . Muster für Einkommensaufstellungen in Mediationen Mediationsklauseln Musterformulierungen . . . . . . . .
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273 282 285 286
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287 288 289 290 291
XI
Inhaltsübersicht
D. Anhang Seite
I. Mediationsgesetz (MediationsG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
293
II. Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungs-Verordnung – ZMediatAusbV – Auszug) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
297
III. Verwendete und weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . .
303
IV. Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
306
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XII
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort zur 2. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aus dem Vorwort zur 1. Auflage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V VII IX
A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation I. Sachverhalt der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
II. Prozessablauf der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . .
4
1. Vorlaufphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4 4 4 5 5 6 7 8 8 9 9 10 10 10 11 12 12 12 13 13 13 14 16 16 17 17
Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Telefonat mit der Anmelderin . . . . . . . . . Telefonate mit weiteren Konfliktbeteiligten Arbeits-Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Einführung/Kontrakt (1. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitmanagement/Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erstes Modell von Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . Verhandeln über Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolle der Beteiligten und Grundsätze der Mediation Beratungsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorläufige erste Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . Mediationskontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Themensammlung/Interessen (2. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interessen und tiefere Bedeutung „Verlag“ . . . . Selbstbehauptung/Window I in den Interessen . Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wechselseitigkeit/Window II in den Interessen .
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XIII
Inhaltsverzeichnis Seite
4. Konflikt/Emotionen/Fairnesskriterien (3. Sitzung) . . . . . . . . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konflikt und Emotionen . . . . . . . Konfliktspiel-Bild . . . . . . . . . . . Veränderungen der Spielregeln . . . Konsens über neue Spielregeln . . . Fairness-Kriterien . . . . . . . . . . . Window I in den Fairnesskriterien . Window II in den Fairnesskriterien .
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5. Optionen/Rolle des Rechts (4. Sitzung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Window II bei den Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optionen durchsprechen mit Fachleuten, Vertrauten etc. Rolle des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Window I bei der Rolle des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . Window II bei der Rolle des Rechts . . . . . . . . . . . . . . .
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung) . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hospitant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wertebild . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungsanwälte und andere Fachleute . . . . . . . . Weitere Möglichkeiten und aufflackernde Konflikte . Emotionen beim Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhandeln der Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Angebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Hause allein weiter verhandeln . . . . . . . . . . . . Ablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere (selbständig gefundene) Vereinbarungen . . . Vergleich mit der Themenliste . . . . . . . . . . . . . . Mediieren der endgültigen Vereinbarung . . . . . . . . Verfasser der endgültigen Vereinbarung . . . . . . . . . Salvatorische Klausel/Notar . . . . . . . . . . . . . . . . Schlussvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Schlussvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . Unterschriften und Übergaberitual . . . . . . . . . . . .
XIV
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18 18 19 19 20 20 21 21 22 22 23 23 23 24 25 25 26 27 28 28 28 28 29 30 30 31 31 32 33 35 36 37 38 38 39 39 40 41 41 41 42 43 43
Inhaltsverzeichnis Seite . . . . .
44 44 45 47 49
I. Hintergrundwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
53
1. Konflikte, Konfliktreaktionen und Konfliktinteraktionen . . . .
53 53 54 54 54 55 55 56 56 57 57 58 58 59 60 60 61 62 62 63 63 63 64 64 65 65 66 67 67 67
Vergleich mit den eigenen Fairnesskriterien Abschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Protokoll der Vereinbarungen . . . . . . . . . Abschlussvereinbarung Schaller . . . . . . . Notarieller Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Werkzeugkoffer
Konflikt und Konfliktlösungsstrategien . . . . . . . . . . Konfliktreaktions- und Interaktionsmuster . . . . . . . Anpasser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vermeider . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontrolleure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konfliktlösungsstrategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze und Fragen in der Erb-Mediation Schaller Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Systemischer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theoretisches Grundgerüst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Methoden und Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . Systemisches Hintergrundwissen in der Erb-Mediation Schaller Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Ambivalenz und Polyvalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hintergrundwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Auftreten von Ambivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . Ambivalenz in den verschiedenen Mediationsfeldern Folgen von Ambivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediativer Umgang mit Ambivalenz . . . . . . . . . . Methodenauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Materieller und immaterieller Kontenausgleich . . . . . . . . . . . Werte- und Gerechtigkeitsvorstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßstäbe für Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XV
Inhaltsverzeichnis Seite Erbgerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Modell der inneren Buchführung und des Kontenausgleichs . Kontenausgleich von materiellen und immateriellen Werten Mediation als Börse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Austausch von materiellen und immateriellen Werten in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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73 73
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73 74 74 74 76 77 77 78 78 79 79 80 85 86 89 91 92 93 93 94 95 97
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5. Indikation und Kontra-Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikation für Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikations- und Kontra-Indikationskriterien . . . . . . . . . . . . . . . Positive Indikation bei Medianden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypothesen für eine positive Indikation bei der Erbengemeinschaft Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingeschränkte Indikation bei Medianden . . . . . . . . . . . . . . . . . Hypothesen für eine eingeschränkte Indikation bei der Erbengemeinschaft Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umgang mit eingeschränkter Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontra-Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikationskriterien in der Person des Mediators . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Rechtliche Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolle des Rechts und Mediationsrecht . . . . . . . . . . . . . Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediationsgesetz im Regelungsgefüge . . . . . . . . . . . . . Vertragliche Beziehungen der Beteiligten . . . . . . . . . . . Grundprinzipien und Merkmale des Mediationsverfahrens Ausgestaltung des Mediationsprozesses . . . . . . . . . . . . Rechtliche Beratung der Medianden . . . . . . . . . . . . . . Abschluss der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hemmung der Verjährung sowie Ausschlussfristen . . . . . Durchsetzbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dokumentation, Sitzungsprotokolle und Aufbewahrung . Datenschutz und Datensicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pflichten des Mediators im Überblick . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Grundbausteine des Mediationsprozesses im Überblick . . . . . Basis-Methoden und Techniken für den Gesamtprozess . . . . . . . . . . Baukomponenten der einzelnen Stufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XVI
98 98 98
Inhaltsverzeichnis Seite
III. Prozess-Bausteine: Stufen einer Mediation . . . . . . . . . . . . . .
103
1. Grundbauplan einer Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorlaufphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
103 103 104 104 105 106 106 108 108 108 110 110 111 114 115 115 116 116 117 117 118 119 119
Die Stufe vor Beginn der eigentlichen Mediation Inhalte der Vorlaufphase . . . . . . . . . . . . . . . Hilfreiche Methoden und Techniken . . . . . . . Checkliste für Telefonate . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Einführung/Eröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalte im Einführungsgespräch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reine Informationsgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfreiche Methoden und Techniken für das Einführungsgespräch . Beispiele, zum Teil aus der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Mediationskontrakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeitskontrakt zwischen Mediator und Medianden Inhalte des Kontrakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfreiche Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste Mediationskontrakt . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Themensammlung/Bestandsaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . Sammeln der Konfliktpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische und technische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiel für die Erklärung der Themensammlung in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ausbalancierte Visualisierung der Themensammlung . . . . . . . . . . (Um-)Formulierung der Konfliktthemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze für Umformulierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewichtung der Themen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze für die Themensammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6. Interessen und Bedürfnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interessenorientierung als Schlüsselelement der Mediation Positionen, Interessen und Bedürfnisse . . . . . . . . . . . . . Verstehen der Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verstehens-Prozess und Interessensarbeit . . . . . . . . . . . Beispiele für Bedeutungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formulierung von Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele für positives Formulieren . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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XVII
Inhaltsverzeichnis Seite Beispielsätze für das Verstehen der anderen Interessen . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7. Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternativen – Wahlmöglichkeiten – Optionen . . . . . . . . Veränderung und neue Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Optionen-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optionen im Mediationsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodisches Vorgehen für die Entwicklung von Optionen Beispielsätze für die Optionen-Entwicklung . . . . . . . . . . Bewertung von Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze für die Bewertung der Ideen der anderen . . . . Visualisierungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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8. Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . Eigene und „objektive“ Gerechtigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fairnesskontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fairness und Gerechtigkeit im Mediationsprozess . . . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze für das Einführen und Mediieren von Gerechtigkeitsund Fairnesskriterien in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . Gemeinsame Gerechtigkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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9. Rolle des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiedliche Vorstellungen vom Recht . . . . . . . Verrechtlichung von Gefühlen und Ansprüchen . . . . Funktionen des Rechts in der Mediation . . . . . . . . . Leitfragen für die Bildung von Hypothesen . . . . . . . . Rolle des Rechts in den verschiedenen Prozessstufen . Hilfreiche Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze und Fragen in der Erb-Mediation Schaller Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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10. Parteiliche Beratungsanwälte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rolle und Einbeziehung von parteilichen Beratungsanwälten . Möglichkeiten der Einbeziehung des Rechts . . . . . . . . . . . . Mediieren der Einbeziehung von Beratungsanwälten . . . . . . . Beispielsätze für das Mediieren von Beratungsanwälten in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beratungsanwälte in den verschiedenen Stufen . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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11. Andere für die Mediation relevante Fachleute . . . . . . . . . . . . Juristische und andere Fachleute in der Mediation . . . . . . . . . . . . . Fachliches Hintergrundwissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XVIII
129 129 130 130 130 131 132 132 133 133 134 134 135 136 136 137 137 138 138 138 139 140 140 140 141 142 142 144 144 145 145 146 146 147 147 148 148 149 149 150
Inhaltsverzeichnis Seite Multiprofessionelle Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Möglichkeiten der Einbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Settingvorschläge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze für die direkte Einbeziehung von relevanten Fachleuten in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Methodische Bausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Autonomie und Selbstbehauptung (Window I) . . . . . . . . . . . .
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12. (Angebots-)Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediatives Verhandeln in Literatur und Lehre . . . . . . . . . . . . . . . Interessengeleitetes Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optionales Angebotsverhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alternative zu bekannten Verhandlungsmodellen . . . . . . . . . . . . Methodische Hilfen für das Verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze für das Mediieren von Verhandlungsmodellen in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optionales Angebotsverhandeln: Verhandeln durch Bewerten der Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Hilfen für das Angebotsverhandeln . . . . . . . . . . . . . Übergangsschritt zum optionalen Angebotsverhandeln in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhandeln mit möglichst vielen Angeboten . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele für implizite Verhandlungsergebnisse in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhandeln der bewerteten Optionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
13. Einigung und (Abschluss-)Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . Einigung, Vereinbarung und Abschlussvereinbarung . Formen von Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . Verfassen von Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltliche Kriterien für Vereinbarungen . . . . . . . . Mediieren zusätzlicher Inhalte für Vereinbarungen . . Vereinbarungen im Mediationsprozess . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachteile bei Nichtmediieren der Form . . . . . . . . . Abschluss(ritual) verhandeln . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Selbstbehauptung als Grundlage der Mediation . . . . . . Selbstbehauptung statt Definition über andere . . . . . . Selbstbehauptung im Mediationsprozess . . . . . . . . . . Techniken für die Unterstützung der Selbstbehauptung .
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XIX
Inhaltsverzeichnis Seite Beispielsätze zur Unterstützung der Selbstbehauptung in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit (Window II) . . . . . . . . Gegenseitiges Verstehen: Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit . . Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit im Mediationsprozess . . . . Hypothesen zur Wechselseitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfreiche Techniken für die Arbeit an der Wechselseitigkeit . . . . . Beispielsätze zur Unterstützung der Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeit mit Hypothesen (Arbeitsannahmen) . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiedliche Hypothesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele für Hintergrund-Hypothesen in der Erb-Mediation Schaller . Beispiele für Mediations-Hypothesen in der Erb-Mediation Schaller . Hypothesen im Mediationsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drei Aspekte der Hypothesenbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hilfreiche Techniken zum Überprüfen der Hypothesen . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Haltung als Methode – Grundeinstellungen des Mediators . . . Reflexion der eigenen Haltung und Einstellungen als Voraussetzung Haltung des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundeinstellung des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Mediations-Supervision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Überlegungen zur Supervision Methodische Grundlagen der Supervision . Anlässe für Mediationssupervision . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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V. Technische Bausteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Therapeutische Wurzeln der Mediationstechniken . . . . . . . . . . . . .
2. Differenziertes Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kunst des differenzierten Fragens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodisches Fragen nach Karl Tomm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
(1) Lineare Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkung der linearen Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefahren der linearen Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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(2) Strategische Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wirkung der strategischen Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefahren der strategischen Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
(3) Zirkuläre Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . Verwendung der zirkulären Fragen im Mediationsprozess Wirkung der zirkulären Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefahren der zirkulären Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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(4) Reflexive Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . Verwendung der reflexiven Fragen im Mediationsprozess . Wirkung der reflexiven Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gefahren der reflexiven Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Regeln mediieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regeln als Hilfe für die Kommunikation Mediieren oder Setzen von Regeln . . . . Regeln im Mediationsprozess . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . .
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4. Zusammenfassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassen in den verschiedenen Stufen Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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5. Fokussieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Betonung der Unterschiedlichkeit . . . . . Ziel und Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . Fokussieren in den verschiedenen Stufen Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . .
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6. Normalisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konflikte und Konfliktverhalten enttabuisieren Normalisieren in den verschiedenen Stufen . . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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7. Zukunftsorientieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aus den Konflikten herauskommen . . . . . Ziel und Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . Zukunftsorientieren im Mediationsprozess Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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8. Partialisieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Große Konflikte unterteilen . . . . . . . Verschiedene Arten von Unterteilen . . Methodische und technische Hilfen . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . .
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9. Paraphrasieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neutrales kleinstes gemeinsames Vielfaches im Konflikt . Unterschied zum Positiven Umformulieren . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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10. Visualisierungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziele der Visualisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mögliche Visualisierungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
a) Arbeiten mit Flipcharts, Pinnwänden, Wandzeitungen etc. Unterschiedliche Visualisierungstechniken je nach Mediationsfeld Methodische und technische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Visualisierungen in den verschiedenen Stufen . . . . . . . . . . . . . Vervielfältigung der geleisteten Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
b) Arbeiten mit Plänen und Listen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klarheit auf der Sachebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiedliche Verwendung von Plänen und Listen je nach Mediationsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pläne und Listen in den verschiedenen Stufen . . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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c) Arbeiten mit Wertebildern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Visualisierung der materiellen und immateriellen Werte Wertebild im Mediationsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze für die Arbeit mit dem Wertebild . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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199 199 199 200 200 200 201 201 201 201 202 202 203 203 203 204 204 205 205 205 206 206 207 207 207 208 208 209 210 210 210 210 211 211 212 212 213 213 214 214
Inhaltsverzeichnis Seite
d) Arbeit mit Konfliktspiel-Bildern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bilder der Konfliktinszenierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arbeit mit Konfliktspiel-Bildern in der Mediation . . . . . . . . . Konfliktspiel-Bilder im Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielsätze für das Mediieren eines Konfliktspielbildes in der Erb-Mediation Schaller . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Veränderung der Spielregeln in der Erb-Mediation Schaller . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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e) Arbeiten mit Geno-, Sozio- und Organigrammen . . . . . . . Visualisierungsmöglichkeiten von Beziehungen und anderen Zusammenhängen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ziel der Visualisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Visualisierungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
215 215 215 216 216 217 217 218 218 219
Sinn des Viererschritts – Arbeit mit „Übergängen“ . . . . . . . . . . . . . Methode des Viererschritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
219 220 220 221 221 222 222 223 223 224 224 224 225 225 226 228
VI. Verschiedene Settings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
230
1. Mehrparteien-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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11. Zeitmanagement-Techniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Variable Zeit . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . Zeitmanagement im Mediationsprozess Zeittechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispiele in der Erb-Mediation Schaller . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . .
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12. Der Viererschritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Definition von Mehrparteien-Mediation . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Settingmöglichkeiten bei Mehrparteien-Mediationen Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Mediation von Gruppen, Teams etc. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gruppen-Mediation in den verschiedenen Mediationsfeldern Systemische Sicht von Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gruppen-Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Indikation für Mediation in Gruppen bzw. Teams . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vor-Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VII. Besondere Herausforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Emotionen in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Visualisierungsmöglichkeiten in der Gruppen-Mediation . . Zeitmanagement und Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Settingmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhandeln und Vereinbaren in großen Gruppen und Teams Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Misch-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Variationen von Misch-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodik in der Misch-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4. Mehrwege-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine gute Mediation ist im Grunde immer eine Mehrwege-Mediation Methodik in der Mehrwege-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beispielfragen und -sätze für die Mehrwege-Mediation . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5. Co-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verschiedene Möglichkeiten von Co-Mediation Indikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodische Hilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Emotionen in der Mediation . . . . . . . Psychotherapeutische Grundlagen . . . Arbeit mit Emotionen in der Mediation Methodisches Vorgehen . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . .
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2. Hochstrittige Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediierbarkeit bei Hochstrittigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Merkmale von Hochstrittigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Theorie zur Konfliktdynamik hochstrittiger Parteien . . . . . . . . Konzeptionelle Anpassungen in der Mediation mit hochstrittigen Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Methodik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Umgang mit „Zwangskontext“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Un-)Freiwilligkeit im professionellen Kontext . . . . . . . . . . . . . . Methodische Hilfsmittel im Zwangskontext . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XXIV
248 249 249 250 250 250 251
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4. Kurzzeit-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
252 252 252 253 254
I. Praxiserleichterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Systematische Fallvorbereitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
255 255
Grundlagen der Kurzzeit-Mediation . . . . . . . . . . . . . . Orientierungspunkte und Konzept der Kurzzeit-Mediation Methode der Kurzzeit-Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Mediation in der Praxis
Grundsätzliche Vorbereitung auf einen Mediationsfall . . . . . . . . . . . Mögliche Arbeitsfragen zu den jeweiligen Stufen und Zwischenstufen in der Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätzliche Vorbereitungsschritte für jede Stufe . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
255 256 257 257 257 258 258 259
II. Beruf und Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
261
1. Mediation als Beruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
261 261 261 262 263 263 264 264 265 265 265 266 267 268 268 269
2. Praxisbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediationsräume . . . . . . . . . . . . . . Ausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Finanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftpflichtversicherung für Mediatoren
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Entwicklung des Mediationsmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediation als eigenständiger Beruf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2. Mediationsnetzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendigkeit eines Mediationsnetzwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau eines persönlichen Netzwerks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3. Marketing und Akquisition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketing und Öffentlichkeitsarbeit . . . . . . Geeignete Werbe- und Marketingmaßnahmen Wie komme ich an Fälle? . . . . . . . . . . . . . Praxisanregungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Aus- und Fortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediator und zertifizierter Mediator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mediationsausbildungen in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Inhaltsverzeichnis Seite Kriterien für die Wahl eines konkreten MediationsausbildungsAngebots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fortbildung des Mediators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
270 271
III. Praxismuster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Muster eines Mediationskontrakts . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 „Einfacher“ Mediationskontrakt . . . . . . . . . . . . . 1.2 Mediationskontrakt einer Anwalt-Mediatorin . . . 1.3 Qualifizierter Mediationskontrakt . . . . . . . . . . . . 2. Hinweise zur Datenverarbeitung nach der DSGVO . . . 3. Muster eines Organigramms für Mediationen . . . . . . . 4. Muster eines Genogramms für Mediationen . . . . . . . . 5. Muster eines Kontakt- und Zuständigkeitsplans in Mediationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Muster für Budgetpläne in Mediationen . . . . . . . . . . . 7. Muster einer Vermögensaufstellung für Mediationen . . 8. Muster für Einkommensaufstellungen in Mediationen 9. Mediationsklauseln Musterformulierungen . . . . . . . .
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I. Mediationsgesetz (MediationsG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
293
II. Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungs-Verordnung – ZMediatAusbV – Auszug) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Verwendete und weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
306
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
311
D. Anhang
XXVI
A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation Diesem Werkstattbuch liegt ein realer Praxisfall zugrunde, den die Erstautorin Hannelore Diez mit sicherem Gespür für die didaktische Tauglichkeit bereits für die Erstauflage ausgewählt hatte. Obwohl ursprünglich aus dem Jahr 2003 hat der Fall, die Erb-Mediation Schaller, nicht an Aktualität und Gültigkeit verloren. Es handelt sich vielmehr um eine typische Fallkonstellation, wie sie noch heute vorkommt und mediiert werden könnte. Der von Hannelore Diez dokumentierte Ablauf der Mediation im Kapitel A. bietet auf besonders anschauliche und authentische Weise einen Einblick in die Mediationsarbeit und ist dabei – vor allem durch Sprache und Stil – prägend für diesen Werkstatttitel. Für die zweite Auflage wurde die Erb-Mediation Schaller in das Jahr 2016 verlegt, aus genannten Gründen im Übrigen jedoch mit wenigen Ergänzungen weitgehend unverändert übernommen. Im Interesse der Authentizität beibehalten wurde insbesondere auch die wörtliche Rede. Soweit in diesem Buch die weibliche Form „Mediatorin“ oder die Ich-Form verwendet werden, ist daher stets Hannelore Diez gemeint.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
I. Sachverhalt der Erb-Mediation Schaller Teilnehmer dieser Erb-Mediation ist eine Erbengemeinschaft, bestehend aus der 66-jährigen Mutter, Sofia Schaller, und zwei ihrer erwachsenen Kinder, Rebecca (32 Jahre) und Christof (31 Jahre). Die älteste Tochter Anna (35 Jahre) ist schon vor Jahren aus der Erbengemeinschaft in Bezug auf den Verlag, der jetzt Gegenstand der Auseinandersetzung ist, ausgestiegen. Sie hat sich diesen Teil ihres Erbes vorzeitig auszahlen lassen, weil sie die ständige Streiterei im Verlag und in der Familie leid war. Die Familie konnte sich damals auf eine Summe von 250 000 Euro einigen. Anna brauchte das Geld damals dringend. Sie ist inzwischen mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern nach Hamburg gezogen. Der Kinderbuchverlag wurde von dem vor 10 Jahren an einem Herzinfarkt verstorbenen Ehemann von Sofia, dem Vater der Kinder, gegründet. Er hatte testamentarisch verfügt, dass der Verlag im Besitz der Familie bleiben sollte, und zwar wie bisher als GmbH, in der Sofia bis zu ihrem Tod die Hälfte der Anteile und die Kinder die andere Hälfte halten sollten. Der Verlag hat einen Kapitalstock von 160 000 Euro und einen jährlichen Umsatz von etwa 350 000 Euro. Rebecca und Christof bekommen zurzeit jeweils 5000 Euro brutto monatlich, die beiden Angestellten, Frau Bürger und Frau Müller, je 2800 Euro brutto. Sofia lebt von den Zinsen ihres Vermögens, das aus ihrer eigenen Herkunftsfamilie stammt. Sie spricht nicht darüber, um wie viel Geld es sich handelt. Auf jeden Fall gehört ihr auch das Verlagshaus, das aus der Gründerzeit stammt und einen derzeitigen Marktwert von etwa 700 000 Euro hat. Vor zwei Jahren hat sie eine Grundschuld von 80 000 Euro auf das Haus aufgenommen, um einige Modernisierungen im Verlag durchführen zu können. Die monatlichen Zinsen und den Kapitaldienst von etwa 1400 Euro zahlt sie aus ihrem eigenen Vermögen. Rebecca ist gelernte Buchhändlerin und Malerin. Sie lebt allein und hat eine eher konventionelle künstlerische Begabung. Ihre Einstellung zu Kinderbüchern führt immer wieder zu Streit, besonders mit Christof und ihrer Mutter. Sie spekuliert auf die Leitungsstelle im Verlag, wenn die Mutter ausscheidet. Christof hat ein abgebrochenes Pädagogik-Studium hinter sich. Er lebt mit einer bekannten Malerin und Bildhauerin zusammen und vertritt eine modernere Auffassung von Kinderbüchern als seine Schwester, vor al-
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I. Sachverhalt der Erb-Mediation Schaller
lem was die Bildgestaltung betrifft. Er ist Zeichner und Grafiker im Verlag und möchte ebenfalls nach dem Ausscheiden der Mutter die Leitung des Verlags übernehmen. Sofia Schaller ist seit Jahren herzkrank und möchte sich aus dem Verlagsgeschäft zurückziehen. Sie will mit einer alten Freundin in deren Haus im Schwarzwald ziehen. Sie sieht ihr Lebenswerk und das ihres verstorbenen Mannes gefährdet und möchte deshalb eine gute Lösung finden und zum Jahresende aus dem Verlag ausscheiden. Im Verlag stehen wichtige Entscheidungen an; einmal weitere Modernisierungen im Computerbereich, zum anderen haben die beiden Angestellten des Verlags ein attraktives Angebot eines Konkurrenzverlages bekommen, der ihnen 3200 Euro monatlich und mehr Mitspracherecht bei der Buchgestaltung angeboten hat. Sofia hat die Mediation vorgeschlagen, weil bisher alle gemeinsamen Gespräche über die weitere Verlagsarbeit gescheitert sind, vor allem die Gespräche über die verschiedenen Stilrichtungen und Auffassungen von Kinderbüchern, aber auch jene über das finanzielle Management im Verlag. Rebecca und Christof haben der Mediation zugestimmt.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
II. Prozessablauf der Erb-Mediation Schaller 1. Vorlaufphase K Vorüberlegungen Von den im Kapitel „Vorlaufphase“ (s. S. 103 ff.) genannten allgemeinen Arbeitsschritten scheinen für die Vorlaufphase der Erb-Mediation Schaller wichtig und sinnvoll: –
Telefonate mit allen an der Mediation Beteiligten
–
Hypothesen aus diesen Telefonaten
–
Erklärung meiner Qualifikation und Rolle als Mediatorin
–
Klärung der Teilnahme von Anna an der Mediation
–
Klärung der Dauer von Sitzungen
–
Genogramm der Familie und Organigramm des Verlags
–
Zeit und Ortsbeschreibung für die erste Sitzung
–
Zusendung von Informationsmaterial und Arbeitskontrakt
–
Nachdenken über eigenen Beratungsanwalt und notwendige Informationen über Erbrecht
–
Informationen über Verlagswesen, insbes. über die Situation von Kinderbuchverlagen
–
Ortsbesichtigung
–
Mentales Durchspielen dieser Mediation
–
Nachdenken über eigene zu setzende Regeln
K Ablauf Anfang 2015 meldet sich eine Frau Schaller bei mir in meiner telefonischen Sprechstunde zur Mediation an. Sie habe im Internet gelesen, dass ich neben Familien-Mediation auch Erb-Mediation anbiete. Sie und ihre zwei erwachsenen Kinder, eine Tochter und ein Sohn, würden gerne im Rahmen einer Mediation über die Zukunft ihres vom Vater bzw. Ehemann geerbten Kinderbuchverlages entscheiden. Sie habe noch eine erwachsene Tochter, der aber bereits vor Jahren ihre Verlagsanteile ausgezahlt worden seien. Sie selbst würde gerne vorzeitig aus dem Verlag aussteigen – spätestens Ende dieses Jahres. Sie möchte bis dahin eine gute Regelung haben.
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1. Vorlaufphase
K Telefonat mit der Anmelderin Ich unterbreche sie, weil ich die Ahnung habe, dass jetzt eine ausführliche Beschreibung der wirtschaftlichen und familiären Konflikte kommen würde. Ich erkläre ihr, dass ich nicht jetzt schon in die Konflikte einsteigen oder von ihr etwas darüber erfahren möchte. Sollte ich mit ihr und ihren Kindern in einer Mediation arbeiten, möchte ich allen gegenüber neutral sein können. Deshalb wolle ich gerne auch mit ihren beiden Kindern telefonieren und bei denen ebenso verfahren wie bei ihr. Ich frage sie aber noch, wie offen die Mediation vom Ergebnis her sei oder ob es im Grunde bereits Entscheidungen in irgendeine Richtung gäbe. Das verneint sie, betont aber noch einmal, dass ihre Tochter Anna aus den Verhandlungen über den Verlag heraus und ihre Teilnahme an dieser Mediation deshalb nicht relevant sei. Ich frage sie trotzdem, ob sie denke, dass Anna vielleicht doch an irgendeinem Punkt in diese Erb-Mediation gehöre. Sie verneint ausdrücklich und betont, Anna wolle dies auch nicht. Frau Schaller will noch wissen, welche Qualifikationen ich habe und wie die Mediation denn ablaufe. Ich erläutere in wenigen Sätzen die Grundsätze und den Ablauf der Mediation, woher ich meine fachlichen Qualifikationen habe und wie ich arbeite. Ich gehe jedoch nicht ins Detail, sondern verweise auf die erste gemeinsame Mediationssitzung, in der diese Aspekte noch einmal ausführlich mit allen Beteiligten erörtert werden, damit alle auf dem gleichen Kenntnisstand sind. Ich gebe ihr noch einen Hinweis auf meine Homepage. Als mögliche Termine kommen bei Frau Schaller drei Abendtermine in Frage. Den Preis für jede Sitzung von 300 Euro akzeptiert sie und will ihn auch ihren Kindern mitteilen. Nachdem sie mir noch ihre Kontaktdaten sowie die Geburtsdaten von sich und ihren Kindern gegeben hat, frage ich sie noch, wie lange für sie eine Mediationssitzung dauern dürfe, damit ich planen könne. Eineinhalb Stunden findet sie in Ordnung. Ich bitte sie schließlich, ihren beiden Kindern auszurichten, dass sie mich bitte auch in meiner Telefonzeit anrufen möchten, damit ich mit ihnen das Gleiche besprechen könne wie mit ihr. K Telefonate mit weiteren Konfliktbeteiligten Diese Telefonate finden noch in der gleichen Woche statt – mit dem Unterschied, dass beide Telefonate deutlich kürzer sind als das mit der Mutter, weil beide sofort verstehen, weswegen ich mit keinem von ihnen vor-
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
her in die Konflikte einsteigen und auch vorher nichts darüber wissen will. Auch sie haben die Fragen nach meiner Qualifikation und nach dem Ablauf der Mediation. Ich beantworte ihnen ihre Fragen und bitte sie beide, mir eine Art Organigramm des Verlags zuzuschicken, damit ich mir besser vorstellen könne, wie der Betrieb organisiert und wer für was zuständig ist. Sie finden auch eineinhalb bis zwei Stunden für die Mediations-Sitzungen in Ordnung. Bei der Frage nach der Einbeziehung von Anna in die Mediation ernte ich bei beiden wie schon bei der Mutter massive Ablehnung mit ärgerlichem Unterton. Für den ersten Termin einigen wir uns auf den Donnerstag der nächsten Woche. Diesen Termin teile ich jeweils jedem der drei mit, zusammen mit einer Ortsbeschreibung meiner Praxis und meinen Kurzinformationen über Mediation (s. S. 103) sowie einem Entwurf für den Mediationskontrakt (s. S. 273) zwischen mir und ihnen. K Arbeits-Hypothesen Während der Telefonate habe ich begonnen, auf meinem Notizblock das Genogramm dieser Erbengemeinschaft (s. S. 286) aufzuzeichnen – für mich ein sicheres Zeichen dafür, dass dieser Fall bei mir „angekommen“ ist. Das andere untrügliche Zeichen: In meinem Kopf sind erste Arbeitsannahmen (Hypothesen) entstanden, die ich bereits zu sortieren beginne nach Hintergrund- und Arbeits-Hypothesen (s. S. 173 ff.): –
Die Bereitschaft aller drei Miterben zur Mediation ist eine wichtige Ressource.
–
Alle drei Mediationsbeteiligte scheinen den Verlag als Vermächtnis des Vaters sehr zu lieben – es sind keine zerstörerischen Töne zu hören.
–
Rebecca und Christof scheinen einerseits ein starkes Geschwistersystem zu sein, andererseits starke Eigeninteressen zu haben.
–
Anna ist der Außenseiter in der Familie – sie scheint die Einzige zu sein mit der Fähigkeit, sich von dieser Familie abzugrenzen –, vielleicht eine Ressource für die Mediation.
–
Anna ist zwar in Bezug auf den Verlag ausgezahlt worden, wenn sich die Mediation aber auch auf die Villa ausdehnen sollte, würde sie doch zu der Erbengemeinschaft gehören – direkt oder indirekt. Darauf wird die Mediation Rücksicht nehmen müssen.
–
Es gibt bereits eine dritte Generation in dieser Erb-Mediation – die Kinder von Anna.
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1. Vorlaufphase
–
Diese Mediation wird mit maximal 10 Sitzungen auskommen.
–
Die Mutter ist die „Chefin“ des Verlags. Sie scheint ambivalent in Bezug auf die Übergabe zu sein. Es könnte sein, dass dies eine Ambivalenz-Mediation ist.
–
Ich werde als Mediatorin aufpassen müssen, dass ich bei meinem Auftrag für eine Erb-Mediation bleibe und nicht in eine Mehrgenerationen-Therapie verfalle (Ressource und Falle).
K Vorbereitungen Als weitere Vorbereitung in der Vorlaufphase dieser Mediation überlege ich mir, wer unter meinen Anwaltsfreunden sich im Erbrecht, aber auch in der Mediation auskennt, damit ich von Anfang an bei rechtlichen Fragen meinerseits einen eigenen „Beratungsanwalt“ für dieses Spezialgebiet habe. Auch über einen Co-Mediator denke ich nach – es sollte wahrscheinlich ein männlicher Jurist sein, sofern ich denn jemanden brauche. Auch über einen möglichen Supervisor denke ich nach, falls ich in Schwierigkeiten gerate. Sodann verschaffe ich mir über die Verlags-Website einen Eindruck vom Kinderbuchprogramm und mache (bei sich gerade anbietender Gelegenheit) eine kurze Ortsbesichtigung in dem Villenviertel der Stadt, in dem das Verlagshaus liegt. Außerdem übertrage ich mein Genogramm der drei Generationen und das inzwischen eingegangene Organigramm des Verlags sowie meine Grafik des Grundmusters der Mediation auf Flipchart-Papiere zum Aufhängen für die erste Sitzung. Auf einer Bahnfahrt versuche ich, diese Mediation mit ihren etwa 8–10 Sitzungen einmal mental durchzuspielen und alle Hypothesen, Themen, Interessen, Optionen, Fairnesskriterien, Verhandlungsangebote und mögliche Lösungen aufzuschreiben, die mir zu dieser Erb-Mediation einfallen. Das Telefonat mit dem Anwaltskollegen, der sich im Erbrecht auskennt und auch bereits mehrere Unternehmensnachfolge-Mediationen durchgeführt hat, ergab dafür einige Tipps: –
Die Medianden brauchen unbedingt Rechtsberatung über Pflichterbteilregelung, vorzeitige Erbregelungen, aber auch über Steuerregelungen zu den verschiedenen Möglichkeiten. Auch ich würde das brauchen, damit ich einschätzen könne, ob sie wirklich gut informiert sind.
–
Die Medianden sollten Informationen über existierende Konzepte für vorzeitige Nachfolgeregelungen in Familienbetrieben erhalten. Er
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
könne Literatur empfehlen. Darüber könne er auch Kontakt zu Personen herstellen, die solche Regelungen bereits getroffen haben. Der persönliche Austausch über unterschiedliche Modelle sei für die Medianden hilfreich, weil es viele Punkte gäbe, die dabei zu berücksichtigen seien: steuerliche, rechtliche, betriebswirtschaftliche, aber auch menschliche bzw. familiäre Aspekte. Sie sollten auch mit Bankfachleuten und Steuerberatern reden, evtl. aber auch mit Organisationsberatern, die andere Firmen bei Unternehmensnachfolge geholfen hätten. Das sei wichtig für Ideen bei der Optionenentwicklung für ihren Verlag. Sie sollten sich auch kundig machen über die Regelungen, die sie treffen müssten bezüglich der bisherigen Kunden, Zulieferer oder anderer bisheriger Geschäftsbeziehungen des Verlags. –
Es käme manchmal auch zu Schwierigkeiten, wenn es sich um mehrere Geschwister handele oder um die jüngere Generation, die bisher mit den anderen Angestellten auf einer Ebene zusammengearbeitet haben und nun plötzlich „Chefs“ würden.
–
Er gab mir aus seiner Erfahrung noch den Rat, besonders intensiv an den Interessen jedes Einzelnen zu arbeiten, weil das die Chancen für gute zukünftige Regelungen erhöhe. Wenn die Frage der Nachfolge noch nicht zum Konflikt eskaliert ist, sei diese Chance in der Mediation besonders hoch.
Nach dieser intensiven Vorlaufphase, die mich insgesamt etwa 20 Stunden gekostet hat, kann ich ruhig und gespannt in die erste Sitzung gehen. Ich würde mir noch überlegen müssen, was ich mit den Informationen meines Anwaltskollegen mache. Vorerst behandle ich sie als meine eigenen wichtigen Hintergrundinformationen. Ich würde sie auf jeden Fall brauchen, wenn ich die Medianden nach ihrer Optionenentwicklung zu Fachleuten schicken werde. Auf Grund meiner letzten Erfahrungen in vergleichbaren Mediationen habe ich außerdem beschlossen, die Ergebnisprotokolle der Sitzungen selbst zu schreiben. Das ist die einzige Regel, die ich Schallers vorgeben und nicht mediieren werde.
2. Einführung/Kontrakt (1. Sitzung) K Vorüberlegungen Nach dieser Vorlaufphase entscheide ich mich, die Mediation möglichst bald zu beginnen und evtl. das Erstgespräch mit der Themensammlung zu kombinieren. Das würde ich mir aber offen lassen. Aus den Hypothe-
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2. Einführung/Kontrakt (1. Sitzung)
sen der Vorlaufphase (s. S. 6) heraus entscheide ich mich für eine Sitzordnung, die den verschiedenen Generationen Rechnung tragen und offen lassen sollte, ob Anna vielleicht doch direkt oder indirekt einbezogen werden könnte. Außerdem entscheide ich mich für die Visualisierung mit Grundbauplan der Mediation, mit Genogramm und dem Organigramm des Verlags. Ein Wertebild (s. S. 30) hatte ich zwar vorbereitet, weil dies bei Erb-Mediationen manchmal von Anfang an sinnvoll ist, würde es aber erst hinhängen, wenn mir das für den Prozess hilfreich erscheinen sollte. Für Papier und Stifte auf meinem großen runden Tisch und für Wasser und Gläser habe ich zudem vorgesorgt. Ich schreibe mir auf einen Zettel, welche Punkte ich mit ihnen auf jeden Fall klären und vereinbaren wollte: Dauer – Kosten – Protokolle über die vorläufigen Vereinbarungen – Regeln – Beratungsanwälte – (nochmals) Grundsätze und Ablauf der Mediation – meine Rolle/Beratungsanwälte – Mediationskontrakt – evtl. bereits Themensammlung. K Ablauf Alle drei Medianden kommen pünktlich und zur gleichen Zeit. (Wenn sie nicht zusammen gekommen wären, hätte ich sie im Mediationsraum warten lassen, wäre aber erst hineingegangen, wenn alle da gewesen wären.) So kann ich sie miteinander begrüßen und ihnen meinen großen runden Tisch zeigen und sie bitten, sich so zu setzen, dass die beiden Generationen sich gegenübersitzen und ich Platz an der anderen Tischhälfte vor dem Flipchart habe. Jeder hat Papier und Stifte vor sich, ich einen Stapel größerer Bögen. Ich erkläre ihnen das Flipchart, dass ich es manchmal brauchen werde für bestimmte Arbeitsschritte. An der Wand hängen bereits das Genogramm der Familie, das Organigramm des Verlags und meine Grafik über den Grundbauplan einer Mediation (s. S. 103). K Zeitmanagement/Kosten Ich stelle mich noch einmal kurz vor und beglückwünsche sie zu ihrer Entscheidung, Mediation machen zu wollen. Ich frage, ob ich sie mit Vornamen und „Sie“ anreden darf, weil es für mich schwierig sei mit den zwei „Frau Schaller“. Sie stimmen zu. Ich frage weiter jeden, wie viel Zeit sich jeder gönnen will für diese Mediation. Sofia antwortet: „So viel Zeit wir brauchen, bis alles unter Dach und Fach ist.“ Rebecca meint, etwa 6–10 Sitzungen müssten reichen. Christof antwortet, dass er höchstens 4 Sitzungen machen wolle. Ich fasse die zeitlichen Vorstellungen von je-
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
dem zusammen und frage sie, was sie damit machen wollen; das sei ihre erste Chance, zu verhandeln und eine erste Vereinbarung zu erreichen. K Erstes Modell von Verhandeln Die Geschwister schauen sich erstaunt an, dann auf die Mutter, dann auf mich. Ich sage aber nichts (in meinem Kopf habe ich die Hypothese „Sie werden das hinkriegen“) und schaue sie abwechselnd erwartungsvoll an, frage dann nach einer Weile: „Wer kann den beiden anderen etwas anbieten?“ Und richtig: Christof bietet an, erst mal 5 Sitzungen zu machen und zu sehen, wie weit sie sind, und dann neu zu verhandeln. Ich frage, ob es noch weitere Angebote gibt. Rebecca bietet ihre untere Grenze von 6 Sitzungen an, um dann neu zu verhandeln. Sofia bietet an, sich auf eine der beiden Angebote einzulassen, d.h. nach 5 oder 6 Sitzungen neu zu verhandeln. Alle stimmen Rebeccas Angebot zu. Sie haben in knapp 4 Minuten ihre erste Vereinbarung getroffen (und ich habe meine vorläufige Zeitplanung für diese Mediation). Ich sage ihnen das auch so, würdige das und schreibe dieses erste Ergebnis an das Flipchart. (Meine Hypothese: Angebotsverhandeln taugt für sie als Methode, um zu Lösungen zu kommen.) K Verhandeln über Kosten Also versuche ich, auf die gleiche Weise zu einer Vereinbarung über die Kosten zu kommen, frage also alle drei, wie sie sich das vorstellen. Sofia will höchstens die Hälfte bezahlen, Christof will dritteln, Rebecca will, dass die Mutter alles bezahlt. Sie habe schließlich das meiste Vermögen. Sie einigen sich über Angebote und nach kurzem Verhandeln auf Christofs Version des Drittelns. K Rolle der Beteiligten und Grundsätze der Mediation Ich erkläre ihnen noch einmal die Grundsätze der Mediation und meine Rolle als Mediatorin in diesem Verfahren. Dabei mache ich deutlich, dass die Parteien in der Mediation eigenverantwortlich ihre Lösung auf der Basis gemeinsamer Informiertheit erarbeiten. Dazu gehöre auch, dass sie sich über ihre jeweiligen rechtlichen Ansprüche im Klaren seien und sich jeweils einzeln anwaltlich beraten lassen müssten – spätestens vor Unterzeichnung der in der Mediation entwickelten Lösung.
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2. Einführung/Kontrakt (1. Sitzung)
Ich weise noch einmal darauf hin, dass das Mediationsverfahren ergebnisoffen ist und ohne Vorgaben abläuft. Weiterhin spreche ich den Grundsatz der Freiwilligkeit an, der bedeutet, dass jede Partei zu jeder Phase der Mediation die Gespräche beenden könne, wenn diese für sie nicht zielführend sind. Jede Seite könne zudem darauf bauen, dass ich sie in meiner Rolle als Mediatorin gleichwertig unterstütze. Schließlich spreche ich noch den Grundsatz der Vertraulichkeit an. Jede Partei sei in der Mediation zur Verschwiegenheit verpflichtet, es sei denn, es werde einvernehmlich festgelegt, welche weiteren Personen miteinbezogen werden. Die erläuterten Grundsätze finden bei den drei anwesenden Parteien Zustimmung. Danach gebe ich noch anhand des aufgehängten Grundbauplans eine Kurzbeschreibung zum Ablauf der Mediation. Ich erkläre den Parteien, dass sie zunächst die offenen Konfliktpunkte sammeln werden und diese dann näher beleuchten werden im Hinblick auf ihre eigenen Interessen. Danach würden von ihnen Ideen entwickelt, wie sie diese Interessen umsetzen können. Die gesammelten Ideen werden dann bewertet und vorläufig auf ein Ergebnis hin verhandelt. Diese vorläufigen Lösungen müssen im letzten Schritt dann verbindlich gemacht werden. Sie haben erstmals keine Fragen. Ich erkläre, dass Fragen zum Prozess oftmals erst im Laufe der Mediation auftreten und stelle klar, dass später auftretende Fragen jeder Zeit gestellt werden können. Christof drängt, man werde das ja sehen, er würde seine Fragen schon stellen, wenn ihm was nicht klar sei. (Greift meine Hypothese über das unausgewogene Geschlechterverhältnis in dieser Mediation jetzt schon? Ich werde das im Auge behalten müssen.) K Beratungsanwälte Auf meine Frage nach parteilichen Beratungsanwälten will Sofia den langjährigen Verlagsanwalt konsultieren, wogegen beide Kinder heftig protestieren. Rebecca hat bereits einen eigenen Beratungsanwalt, Christof braucht von mir die Liste, weil sein Familienrichter-Freund ihm wohl nicht geeignet scheint. Sofia will sich vielleicht auch einen neuen eigenen Beratungsanwalt von meiner Liste suchen. Christof und Rebecca stöhnen über die Kosten, woraufhin Sofia anbietet, die jeweiligen Anwaltskosten hälftig zu übernehmen (was ich nicht so gut finde, aber nichts dazu sage). Beide nehmen das Angebot an.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
K Regeln Auf meine Frage nach notwendigen Regeln für diese Mediation will Sofia die Möglichkeit einer Pause, wenn jemand wütend oder traurig wird. Rebecca will eine Unterbrechung und dass ich darauf eingehe und es auch bearbeite – ich sei doch schließlich auch Therapeutin. Christof will nur eine Pause zum Rauchen, wenn die Sitzung länger als eine Stunde dauert. Gefühle sollten hier keinen Platz haben, dann könne er ja auch gleich in Therapie gehen. Was machen sie mit diesen unterschiedlichen Vorstellungen? Christof stimmt der Möglichkeit einer Pause zu, wenn Mutter und Schwester diese bräuchten. Sofia und Rebecca sind einverstanden, dass Christof seine Raucherpause bekommt, wenn er sie braucht. Jeder will für seine Pausen selbst sorgen und sie beantragen. Für die Redezeiten verabreden sie, dass jeder ausreden soll, auch wenn es mal länger dauert. Ich sage ihnen meine Regel, dass ich die Ergebnisprotokolle gern selbst schreiben und ihnen nach jeder Sitzung zuschicken möchte. Damit sind alle einverstanden, Christof will nur noch wissen, ob das extra zu bezahlen sei, was ich verneine. K Zusammenfassung Nachdem diese Arbeit etwa 11/4 Stunde gebraucht hat, entschließe ich mich, meine Arbeits-Hypothese, die Themensammlung gleich anzuschließen, aufzugeben, weil ich dafür mindestens eine halbe Stunde brauchen würde. Außerdem hatte Sofia mir im ersten Telefonat gesagt, sie würde gerne nicht länger als 11/2 Stunden arbeiten. Die Themensammlung schien mir auch so wichtig für alle drei zu sein, dass ich mir dafür lieber mehr Zeit lassen wollte. So fasse ich noch einmal die Ergebnisse dieser Sitzung zusammen und würdige ihre Arbeit: K Vorläufige erste Vereinbarungen 1. Sie haben eine vorläufige Vereinbarung gefunden über die Dauer der Mediation (5–6 Sitzungen mit evtl. weiteren Sitzungen, wenn es nötig sein sollte). 2. Es gibt eine Regelung über die Kosten der Sitzungen: Jeder trägt ein Drittel. 3. Es gibt die Möglichkeit für Raucherpausen und auch Pausen, wenn die Sitzung für jemand emotional zu anstrengend wird. Jeder sorgt selbst für diese Pause.
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3. Themensammlung/Interessen (2. Sitzung)
4. Wenn jemand aus der Sitzung geht, sollte er oder sie den anderen mitteilen, warum er oder sie das tut und ob er oder sie zu einem anderen Zeitpunkt mit der Mediation weitermachen wird. 5. Jeder soll ausreden dürfen, auch wenn es mal länger dauert als bei den anderen. 6. Jeder hat einen eigenen, vom Verlag unabhängigen parteilichen Beratungsanwalt. Deren Kosten werden von Sofia für Rebecca und Christof jeweils hälftig aus ihrem Vermögen übernommen. K Mediationskontrakt Diese sechs Vereinbarungen würde ich protokollieren und den Beteiligten zuschicken. Zum Schluss erkundige ich mich, ob alle drei sich den Mediationskontrakt (s. S. 273) haben im Vorfeld der Sitzung ansehen können. Ich frage jeden einzeln, ob dazu und zu den übrigen Informationen zum Ablauf der Mediation noch Fragen bestehen. Alle drei verneinen. Ich frage noch, ob von den heute ausgemachten Punkten noch etwas hineingenommen werden soll. Alle drei wollen, dass die Kostenerteilung aufgenommen werden soll. Ich ergänze diesen Punkt auf dem Laptop und drucke für jeden (auch für mich) ein Exemplar der aktualisierten Vertragsfassung aus. Sofia und Rebecca unterschreiben ihre Exemplare – Christof unterschreibt seines nach kurzem Zögern – ich unterschreibe meines auch – jeder unterschreibt die drei übrigen. Damit ist der Arbeitskontrakt zwischen uns geschlossen.
3. Themensammlung/Interessen (2. Sitzung) K Vorüberlegungen Nachdem ich allen Beteiligten das Ergebnisprotokoll der ersten Mediationssitzung zugeschickt habe, formuliere ich Hypothesen für die nächste Sitzung, und zwar wieder zum Fall, zum Prozess und zu mir als Mediatorin. Aus dem Verlauf der Sitzung ergeben sich für mich mehrere Arbeitsannahmen: –
Alle drei wollen die Mediation, haben aber verschiedene Tempi.
–
Die Unterscheidung der Systeme ist nicht so eindeutig. Es gibt zwar die der beiden Generationen, es gibt aber auch noch ein Bündnis der beiden Frauen.
–
Die beiden Mitarbeiterinnen des Verlags spielen vorerst noch keine Rolle.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
–
Die Einbeziehung von Anna ist vorerst kein Thema.
–
Alle scheinen bereit, sich an Regeln für die Mediation halten zu wollen.
–
Der Prozess kann in Gang kommen, wenn alle drei ihre Themen und Konfliktpunkte offen auf den Tisch legen und möglichst bald nach den dahinter liegenden Bedeutungen für jeden gefragt wird.
–
Momentan scheint das weibliche Übergewicht in dieser Mediation keine Schwierigkeit, die Frage eines männlichen Co-Mediators aber noch offen zu sein (wegen des Geschlechterverhältnisses 3:1 im Raum).
–
Die Falle meiner eigenen Erbgeschichte mit meinen Geschwistern war bisher eher eine Ressource in dieser Erb-Mediation – ich sollte aber wachsam bleiben.
Also nehme ich mir für die nächste Sitzung vor, die Themensammlung durchzuführen und möglicherweise die Arbeit an den tieferen Bedeutungen des Verlags für die Beteiligten direkt anzuschließen. Innerlich bereite ich mich darauf vor, neben mir einen männlichen Co-Mediator sitzen zu haben, und hoffe, dass mir das hilft, dessen Sicht mit einzubeziehen. Dieser innere zweite Stuhl soll mir helfen, meine Allparteilichkeit im Blick zu behalten. (Ich fühle mich in meiner eigenen Erbgeschichte von einem meiner Brüder über den Tisch gezogen!) K Ablauf Zu dem verabredeten Termin eine Woche später kommen die zwei Frauen zusammen, Christof ein paar Minuten später. Ich registriere das für mich als teilweise Bestätigung einer meiner Hypothesen über die zwei Systeme. Ich begrüße sie und würdige noch einmal ihre Arbeit vom letzten Mal. Ich stelle ihnen mit den gleichen Worten wie in der ersten Sitzung die Sammlung der Themen und Konfliktpunkte vor: „Ich möchte Sie als Erstes fragen, was jeder von Ihnen hier regeln möchte und welche Konfliktthemen jeder von Ihnen hat. Ich werde alle Ihre Themen und Konfliktpunkte auf das Flipchart aufschreiben, damit nichts verloren geht von dem, was jedem wichtig ist.“
Dann frage ich jeden einzeln, ob ich den Sinn dieser Arbeit einigermaßen verständlich vermittelt habe, und dann, ob sich jeder von ihnen darauf einlassen kann. Nachdem alle drei mit Nicken und mit Blickkontakt zugestimmt haben, erkläre ich ihnen kurz meine Art zu arbeiten, z.T. auf großen Blättern auf dem Tisch, z.T. auf dem Flipchart (insbes.
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3. Themensammlung/Interessen (2. Sitzung)
wenn es um Dinge geht, die gut sichtbar und über die ganze Mediation aufgehängt bleiben sollen). Ich will jeden mit dem gleichen Wortlaut fragen können und entscheide mich für: – „Was wollen Sie in dieser Erb-Mediation regeln?“
Ich frage, wer beginnen möchte und wer dann weitermacht. Sofia schlägt vor „der Reihe nach“, Rebecca schließt sich dem an, Christof will „wie es gerade kommt“. Ich lasse sie kurz darüber verhandeln – sie kriegen das wieder schnell hin. Die Regel heißt: Jeder immer einen Punkt, aber nicht stur der Reihe nach, sondern wie es kommt. Christof will beginnen, die beiden anderen sind einverstanden. Sofia ist ziemlich weitschweifig bei ihren Themen, es kostet mich einige Mühe, daraus Themen und Überschriften zu formulieren, die sie akzeptieren kann. Die Themensammlung an dem Flipchart sieht dann so aus: Christof
Rebecca
Sofia
• Ort des Verlags
• Leitung des Verlags
• Meine Nachfolge
• Rolle von Mutter nach • Finanzen des Verlags ihrem Ausscheiden
• Zukunft der Angestellten
• Anpassung der Gehälter
• Mutters Erbe
• Familientradition
• Rolle von Anna
• Künstlerische Inhalte
• Position von Anna
• Verlagsgestaltung
• Angestellte
• …
• Computer Anschaffung
• Kredit
• …
• …
• …
• …
Jeder sagt, das seien erst mal die wichtigsten Themen und Punkte, die sie hier regeln wollen. Ich mache trotzdem bei jedem mit zusätzlichen Bullet Points die Möglichkeit der Ergänzung kenntlich, falls jemandem hier oder zu Hause noch ein Thema einfällt. Ich frage jeden nach der Gewichtung, die jedes der Themen für sie oder ihn hat. Alle drei sagen, dass ihnen der Verlag der wichtigste Punkt sei und die anderen Themen erst danach kommen könnten. Lediglich Christof will seinen Punkt der Gehälteranpassung vorgezogen haben. Protest kommt auf bei Sofias letztem Punkt „Position Anna“. Beide Geschwister beanstanden laut, Anna habe wirklich genug bekommen, sie kümmere sich um nichts, mische sich
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
aber immer wieder heimlich ein. Sofia solle diesen Punkt streichen. Ich normalisiere und sage, dass ich das gut aus anderen Mediationen kenne, dass Themen von anderen schwer auszuhalten sind, die ärgerlich seien. Ich frage Rebecca und Christof einzeln, ob sie das akzeptieren können. Beide nicken widerstrebend. Dieser Teil hat 35 Minuten gedauert. Ich frage, ob sie eine kurze Pause machen wollen, bevor wir weitermachen. Besonders Christof ist das sehr recht. Sofia und Rebecca bitten um einen Tee. Ich gehe aus dem Raum. Nach acht Minuten machen wir weiter. Ich würdige ihre Arbeit an der Themensammlung. – „Ich denke, Sie haben diesen Schritt gut geschafft, nämlich die Ihnen wichtigen Themen für Regelungen in dieser Mediation zu benennen. Diese Liste werde ich immer wieder aufhängen, damit Sie am Schluss sehen können, ob Sie auch nichts vergessen haben. Ich werde Ihnen diese Liste auch als Protokoll zuschicken.“
K Interessen und tiefere Bedeutung „Verlag“ Ich bereite den nächsten Schritt vor – sie haben sich ja entschieden, mit dem Verlag zu beginnen. Ich kündige ihnen den nächsten Schritt mit etwa den gleichen Worten wie im Erstgespräch bei der Kurzbeschreibung von Mediation an, also: – „In diesem Schritt geht es darum, was für jeden von Ihnen hinter diesen Themen steht, also, um was es jedem von Ihnen wirklich geht, was der Verlag für jeden von Ihnen bedeutet, welches Ihre eigentlichen Interessen sind und welche inneren Bedeutungen der Verlag für jeden von Ihnen hat. Im zweiten Schritt werden Sie anschauen, inwieweit jeder von Ihnen die Interessen und tieferen Bedeutungen der beiden anderen versteht. Damit kommen Sie Ihrem Wunsch, über den Verlag zu verhandeln und gute Vereinbarungen zu treffen, einen Schritt näher, weil Sie nur über dieses Verstehen zu einem Verhandlungsergebnis kommen, mit dem Sie nachher zufrieden sind.“ – „Ich tue mich beim Erklären manchmal etwas schwer. Habe ich einigermaßen klar machen können, um was es beim nächsten Schritt gehen soll? Christof? Rebecca? Sofia? Können und wollen Sie sich darauf einlassen? Ich frage Sie das so ausführlich, weil es manchmal auch schwierige Hintergründe und Bedeutungen geben kann. – Brauchen Sie noch Zeit zum Überlegen?“
K Selbstbehauptung/Window I in den Interessen Sie brauchen alle drei etwas Zeit, wollen ihre Gedanken dann wie bei der Themensammlung aufgeschrieben haben. Diesmal beginnt Sofia, weil ihr das so wichtig sei und bei all den Auseinandersetzungen der Kinder
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3. Themensammlung/Interessen (2. Sitzung)
ganz verloren ginge: nämlich die Dankbarkeit für das Lebenswerk ihres Mannes. Ich frage sie, ob der wichtigste Hintergrund für sie sei „Lebenswerk meines Mannes“. Sie akzeptiert. Im weiteren Verlauf definiert sie ihre Interessen am Verlag meist über andere (Werk der Familie, Angestellte). Ich sage ihr, dass es wichtig sei, erst einmal bei sich selbst zu schauen. Sie wird nachdenklich und meint, das habe sie schon verstanden, aber ihr zeige das auch, dass sie anfange, Abschied zu nehmen. Sie beginnt zu weinen. Ich frage sie nach einer Weile, ob dies jetzt solch eine Stelle sei, wo sie eine Pause brauche. Sie schüttelt den Kopf und sagt leise, es gehe schon wieder. Ich warte trotzdem noch einige Zeit, bevor ich Rebecca und Christof frage, wer von ihnen weitermachen möchte. Bei deren Antworten ist die Selbstbehauptung (s. S. 166 ff.) klarer und nicht so stark über andere definiert. Die Interessen und tieferen Bedeutungen des Verlags für jeden sehen auf dem Flipchart dann so aus: K Interessen Christof
Rebecca
Sofia
• Einnahmequelle (R/S) • Rückhalt im täglichen Alltag • Andenken des Vaters (S) • Herausforderung von Entwicklung • Lebensperspektiven (R/S) • Spaß an der Arbeit (R) • …
• Broterwerb (C/S) • künstlerische Selbstverwirklichung • manchmal purer Stress (C/S) • Freude am Repräsentieren des Verlags • Sicherheit (C/S) • Familientradition (S) • …
• Lebenswerk meines Mannes (C/R) • meine eigene Entwicklung (C) • Sorgen (R) • Stolz auf Werk der Familie • Familienzusammenhalt • Verantwortung für die Angestellten • …
K Wechselseitigkeit/Window II in den Interessen Ich unterstreiche die Bedeutungen, die alle drei verstehen oder nachvollziehen können, mit roter Farbe, die noch von jeweils einem nachvollzogen werden können, mit blauer, und würdige sie für dieses Ergebnis: – „Jeder von Ihnen hat sechs tiefere Bedeutungen Ihres Verlags genannt, darunter sind auch zwei schwierige. Sechs Ihrer insgesamt achtzehn Bedeutungen können von Ihnen allen dreien nachvollzogen werden und fünf von jeweils zweien
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation von Ihnen. Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass trotz aller Konflikte im Einzelnen Sie wohl eine für Sie alle gute Vereinbarung hinbekommen werden. – Auch diese Liste werde ich jedem von Ihnen mit dem Protokoll zuschicken, damit jeder von Ihnen am Schluss der Mediation auch anhand dieser Liste überprüfen kann, ob sie oder er die Vereinbarung unterschreiben will und kann. – „Ich möchte Ihnen noch sagen, was Sie beim nächsten Mal machen werden: Sie werden sich überlegen, welche Möglichkeiten von Veränderung Sie haben, was Sie alles machen können mit Ihrem Verlag, damit Sie bessere Wahlmöglichkeiten und Alternativen sehen können für Ihre Entscheidungen. Haben Sie noch Fragen? Nein? Dann wünsche ich Ihnen einen guten Heimweg.“
4. Konflikt/Emotionen/Fairnesskriterien (3. Sitzung) K Vorüberlegungen Nach dem Verlauf und den Ergebnissen der zweiten Sitzung habe ich folgende Arbeits-Hypothesen: –
Alle drei haben wichtige Themen auf der Sachebene, die sie in der Mediation regeln wollen.
–
Allen dreien ist der Verlag das wichtigste Thema – das erleichtert den Beginn der Mediation.
–
Sie können relativ schnell und unkompliziert Regeln untereinander entwickeln und aushandeln. Das wird ihnen auch zu weiterem Konsens helfen.
–
Alle drei können zurzeit ihre familiären Konflikte aus der Mediation heraus lassen.
–
Anna ist ein Thema im Hintergrund, kommt aber auf der Sachebene zurzeit nicht deutlich vor.
–
Die Entwicklung der dahinter liegenden Bedeutungen und Interessen zeigt, dass Rebecca und Sofia auch die negativen Bedeutungen (Stress, Sorgen) sehen und benennen können. Christof sieht den Stress nur bei Rebecca.
–
Die glatte und unproblematische prozessuale Arbeit bis hierher könnte darauf hindeuten, dass bei den nächsten Schritten wahrscheinlich mehr Konflikte sichtbar werden. Trotzdem gibt es die Möglichkeit, Optionen zu entwickeln.
–
Ich muss als Mediatorin aufpassen, nicht zu schnell zu arbeiten und keine emotionalen Blockierungen zu übersehen.
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4. Konflikt/Emotionen/Fairnesskriterien (3. Sitzung)
Mit diesen Hypothesen gehe ich also in die dritte Sitzung. Ich habe mich darauf vorbereitet, die Entwicklung der Optionen zu mediieren – alle drei haben diesem Schritt das vorige Mal zugestimmt. Zwischen der zweiten und dritten Sitzung liegen diesmal drei Wochen. K Ablauf Diesmal sind Rebecca und Christof pünktlich. Sie reden kein Wort miteinander, es herrscht spürbar dicke Luft. Sofia kommt etwa fünf Minuten später. Ich frage jeden von ihnen, ob sie meine Post bekommen haben und ob es noch etwas dazu zu sagen gäbe. Nur stummes Achselzucken, bei Sofia tiefes Seufzen. Ich versuche, den Anschluss an das letzte Mal mit dem Viererschritt zu finden, nämlich der Würdigung der bisher geleisteten und mit der Vorstellung der für heute geplanten Arbeit und der Frage, ob sie sich darauf heute einlassen wollen. K Konflikt und Emotionen Daraufhin legt Rebecca mit ungewohnter Heftigkeit und Lautstärke los: Christof habe die Regeln dieser Mediation gebrochen, er habe mit seiner Freundin Dominique aus Genf, die er erst seit einigen Monaten kenne, über die Konflikte mit dem Verlag geredet. Außerdem ziehe sie in zwei Monaten nach R. Er habe ihr gesagt, dass Dominique vom Fach sei, und er wolle, dass sie im Verlag mitarbeite. Sie sei Designerin, und sie – Rebecca – finde, Dominique habe also von einem Kinderbuchverlag keine Ahnung. Außerdem spreche sie ziemlich schlecht Deutsch. Christof fängt an zu schreien, er habe die ständige Kontrolle seiner Schwester satt, sie sei keinen Deut besser, was die Regeln dieser Mediation angehe. Sie habe sich neulich mit Anna getroffen und ihr auch alles aus der Mediation brühwarm erzählt. Das wisse er alles aus einem Telefonat mit Anna. Aber Anna hielte sich ja wie immer aus allem heraus und wolle nur ihren eigenen Vorteil. Sie habe nur Angst um ihren Erbanteil am Haus und dem Vermögen der Mutter. Als er Luft holt, fängt Sofia an zu drohen, dass sie die Mediation abbreche, wenn das hier so weitergehe. Dann bleibe eben alles so wie bisher, sie würde eben von Montag bis Donnerstag in R. sein und am Wochenende im Schwarzwald.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
K Konfliktspiel-Bild Nach meinen Vorüberlegungen und Hypothesen für diese Sitzung verwundert oder erschreckt mich dieser heftige und laute Streit nicht. Ich gehe nicht darauf ein, sondern denke über ein Bild nach, das ihnen helfen könnte, mit diesem Konflikt und den neuen Entwicklungen umzugehen. Als ich ein Bild habe, versuche ich, zu normalisieren und zu paraphrasieren. Als zweite Möglichkeit halte ich die Entwicklung von Fairnesskriterien für denkbar: – „Ich kenne das gut aus anderen Erb-Mediationen, wenn es ernst wird. Dann passieren unvorhergesehene Dinge und neue Konflikte. Das bringt meist Bewegung in das Ganze. Das kann Ihnen noch öfter passieren in Ihren Entscheidungen über die Erbstücke Ihrer Familie.“ – „Sie werden darüber reden müssen, welche neuen Regeln Sie sich geben wollen, damit diese Erbstücke nicht unter den Hammer kommen, sondern für Sie wertvoll bleiben können. Sehe ich das richtig, Sofia? Rebecca? Christof?“
Jeder von ihnen antwortet nur zögernd. Sofia mit: „Vielleicht“, Rebecca mit „Ja, sonst geht es wie immer im Verlag, Mutter sagt, wo es lang gehen soll. Ich habe das satt.“ Christof: „Regeln allein nützen nichts. Was wir brauchen, sind neue Entscheidungskriterien in solchen Streitereien.“ Ich fasse diese unterschiedlichen Sichtweisen für jeden einzeln zusammen und versuche, mit meinem Konfliktspiel-Bild (s. S. 215 ff.) weiterzuarbeiten: – „Als Sie vorhin im Streit waren, ist mir ein Bild für Ihre Konflikte und dafür, wie Sie damit umgehen, durch den Kopf gegangen. Es könnte Ihnen vielleicht helfen, anders damit umzugehen. Wollen Sie es wissen?“
Sie wollen es wissen. Also: – „Ich sehe mehrere Personen vor einer wertvollen Schatztruhe stehen. Sie wissen, in der Truhe sind schöne und interessante Dinge. Aber immer, wenn einer von ihnen den Deckel aufmachen will, haut ein anderer oder hauen die anderen demjenigen den Deckel auf die Hände. Das tut weh, und sie kommen auf diese Weise nicht dazu, die Schätze in der Truhe in Ruhe anzusehen oder herauszunehmen. Was müssten diese Personen verändern, damit sie mit den Schätzen besser umgehen könnten? Können Sie mit meinem Bild etwas anfangen?“
K Veränderungen der Spielregeln Sofia findet es ein gutes Bild und denkt, die Personen müssten sich etwas entfernen von der Schatztruhe, damit sie in Ruhe wieder hingehen und sich die Schätze anschauen können. Rebecca findet das Bild nur teilweise gut. Sie denkt, wenn der Deckel nach hinten geöffnet und offen bleiben würde, könnten alle sich die Schätze anschauen. Christof will im Bild
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4. Konflikt/Emotionen/Fairnesskriterien (3. Sitzung)
verändern, dass alle Personen demjenigen fünf Minuten Zeit und Ruhe lassen sollen, der sich die Schätze anschauen will. Ich fasse ihre drei verschiedenen Vorschläge zusammen und frage sie, ob sie einen Konsens herstellen können, welche Spielregeln der Personen im Bild sie verändern wollen. K Konsens über neue Spielregeln Sie einigen sich darauf, jedem Einzelnen mehr Ruhe zu gönnen, wenn er die Schätze anschauen will. Ich frage sie, was das denn jetzt für ihre konkrete Erbsituation mit dem Verlag bedeuten könnte. Christof meint, er brauche Zeit, um die neuen Entwicklungen mit Dominique zu verarbeiten. Sofia denkt, ihr würde die alte Regel von einer längeren Pause reichen, wenn es wieder so heftig würde wie vorhin. Rebecca stimmt der Meinung von Sofia zu, kann aber verstehen und akzeptieren, dass Christof eine Pause braucht. Sie einigen sich auf eine Pause von vier Wochen bis zur nächsten Sitzung und auf ihre alte Regel mit der Pause bei Streit und Emotionen. Der Auftrag an mich ist, schneller einzugreifen und die Pause zu ermöglichen. K Fairness-Kriterien Etwas über eine Stunde ist mit dem Streit und der Arbeit am Konfliktspiel-Bild vergangen. Meine Arbeits-Hypothese lautet: Die Zeit reicht noch für die Fairness- und Gerechtigkeits-Kriterien. Sie wären auch ein ressourcenorientierter Abschluss vor der vierwöchigen Pause. Also schlage ich vor: – „Sie werden beim nächsten Mal ja wahrscheinlich über die Veränderungs- und Wahlmöglichkeiten für den Verlag nachdenken, dann miteinander verhandeln und vielleicht in drei Sitzungen ihre Vereinbarungen dazu haben. Angenommen, Sie bekommen das in der Zeit hin, die Sie sich vorgenommen haben, und finden zusammen zu einer guten Vereinbarung, welche Maßstäbe von Fairness und Gerechtigkeit müssten darin enthalten sein, damit jeder von Ihnen die Vereinbarung mit guten Gefühlen unterschreiben kann? Sie hätten für heute noch Zeit, das miteinander zu entwickeln. Dann könnten Sie beim nächsten Termin in Ruhe Ihre Alternativen entwickeln und vielleicht noch nachdenken über die Rolle des Rechts, die es für Ihre endgültigen Entscheidungen haben sollte. Ich habe mich wieder mal kompliziert ausgedrückt, merke ich gerade. Habe ich Ihnen klar machen können, wie Sie heute schon mal mit Ihren eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen in Ihrer Erbsache anfangen könnten? Wollen Sie das heute noch machen? Sofia? Rebecca? Christof?“
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation – „Ich würde Ihre Vorstellungen dann wieder für jeden auf das Flipchart schreiben, und wenn noch Zeit ist, Sie auch fragen, was Sie bei den beiden anderen gut finden. Sie kennen diese Art zu arbeiten ja jetzt schon.“
Sie wollen damit noch beginnen und einigen sich darauf, eventuell eine Viertelstunde dranzuhängen, um vor der Vierwochenpause damit fertig zu werden. Ihre Liste von Fairness- und Gerechtigkeitsvorstellungen sieht dann so aus: K Window I in den Fairnesskriterien Christof
Rebecca
Sofia
• Gestaltungsfreiheit für mein eigenes Leben • Kein Nachteil für mich wegen Dominique • Gleichbehandlung aller Geschwister • Verlässlichkeit • Neuerungen müssen möglich sein • Wille des Vaters soll berücksichtigt sein
• Dass wir uns noch in die Augen sehen können • Gerechtigkeit für alle • Interessen aller berücksichtigt • Keiner zahlt drauf • Gutes Gefühl haben • Die anderen müssen die Vereinbarung auch fair finden
• Gegenseitigkeit, niemand übervorteilt • Bestand für die Zukunft • Andenken meines Mannes gewürdigt • Berücksichtigung aller drei Kinder • Berücksichtigung meiner Altersvorsorge • Berücksichtigung der Enkel
K Window II in den Fairnesskriterien Bei der Frage nach den Kriterien der beiden anderen, die man selbst auch gut finden kann, stellt sich heraus, dass folgende Punkte von allen dreien wichtig gefunden werden und eventuell der neuen Vereinbarung vorangestellt werden sollen: –
Gegenseitigkeit – niemand soll übervorteilt werden
–
Bestand für die Zukunft
–
Die anderen zwei müssen die Vereinbarung auch fair finden
–
Verlässlichkeit
–
Gleichbehandlung aller Geschwister
Ich würdige ihre Arbeit und sage ihnen, dass ich ihnen wieder alle Ergebnisse, auch das Konfliktspiel-Bild und wie sie es verändern wollen, im Protokoll zuschicken werde. Sie sind einverstanden, dass sie in vier Wochen an den Veränderungsmöglichkeiten für den Verlag arbeiten wollen.
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5. Optionen/Rolle des Rechts (4. Sitzung)
Als Hausaufgabe gebe ich ihnen mit, darüber nachzudenken, welche Rolle sie dem Recht in Hinblick auf ihre Vereinbarung geben wollen, weil sie an dieser Frage beim nächsten Mal evtl. noch arbeiten werden, bevor sie dann ans Verhandeln gehen können.
5. Optionen/Rolle des Rechts (4. Sitzung) K Vorüberlegungen Meine Arbeits-Hypothesen nach der letzten Sitzung lauten: –
Die Optionenentwicklung wird möglicherweise zögerlich sein nach der letzten Sitzung und Ermutigung brauchen.
–
Es könnte sein, dass hier Emotionen und Streit hochkommen – es wird Ernst mit den Entscheidungen für den Verlag.
–
Die Ambivalenz von Sofia wird wahrscheinlich deutlicher werden.
–
Möglicherweise muss die Optionenentwicklung auf zwei Sitzungen verteilt werden.
–
Meine eigene Falle könnte sein, dass ich mich mit der Ambivalenz von Sofia verbünde und das Drängen der „Nachfolger“ nicht genügend unterstütze.
Außerdem habe ich als eigene Optionen im Kopf: Zwei intern getrennte Verlagsabteilungen/Fusion mit dem Konkurrenzverlag/als negative Option: Verkaufen. Für die Visualisierung entscheide ich mich wegen der besseren Übersichtlichkeit für die gewohnte Arbeit mit den drei Spalten, obwohl mir persönlich die Arbeit mit bunten Karten oder der untereinander geschriebenen Liste mehr Spaß macht. Sicherheitshalber habe ich bunte Karten und verschiedenfarbige Punkte in Reserve. Für das Verweisen an Fachleute lese ich nochmals die Tipps meines Erbrechts-Anwalts durch (s. S. 7 f.). K Ablauf Alle drei kommen gemeinsam, offensichtlich in guter Verfassung. Ich frage jeden einzeln, ob es noch Offenes vom letzten Mal gibt, es könne ja sein, dass in der vierwöchigen Pause sich etwas angesammelt hat. Sofia und Rebecca haben nichts, Christof teilt mit, dass seine Freundin Dominique nächste Woche bei ihm einziehen werde und er sich darauf sehr freue. Die Gesichter von Sofia und Rebecca werden reservierter. Meine
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
nächste Frage geht wieder an alle drei mit wechselnden Blickkontakten zu jedem Einzelnen: K Optionen – „Sie haben beim vorletzten Mal darüber nachgedacht, was Ihnen der Verlag bedeutet und viele Bedeutungen gefunden. Das wird Ihnen eine gute Grundlage sein für Ihr späteres Verhandeln. Beim letzten Mal haben Sie nachgedacht, welche Maßstäbe von Fairness und Gerechtigkeit Sie haben für gute Regelungen für den Verlag. Damit Sie dafür ein breites Spektrum und viele Wahlmöglichkeiten haben, könnte es heute darum gehen, mit viel Phantasie Ideen zu entwickeln, was Sie mit diesem Verlag alles machen könnten, positiv wie negativ. Ist bei Ihnen angekommen, was ich Ihnen damit vorschlagen möchte, Christof? Rebecca? Sofia?“ – „Wollen Sie sich heute darauf einlassen, Sofia? Christof? Rebecca?“
Alle drei nicken bei beiden Fragen, Sofia eher zögerlich. Ich werde also nicht mit ihr beginnen. Ich werde also auch nicht meine bunten Karten und Punkte verwenden. Ich schreibe die Ideen kodiert auf das Flipchart und verwende für die weiteren Fragen an jeden immer das Kürzel „Gibt es noch Ideen und Möglichkeiten?“ Christof will beginnen und hat auch gleich zwei Ideen. Ich frage die beiden anderen, ob es für sie in Ordnung ist, wenn er beginnt. Sie bejahen. Christof • Verlag ohne Sofia und Rebecca • Mitarbeit Dominique • Zwei getrennte Abteilungen mit getrennter Geschäftsführung
Rebecca
Sofia
• Verlag ohne • Verlag durch Christof Dominique und Rebecca weitergeführt • Leitung Verlag ich • Auszahlen lassen, ich • Verlag ohne Dominique gründe eigenen Verlag • Alles bleibt wie bisher bis zu meinem Tod
Nach Sofias Option stockt der Ideenfluss, keiner will weitermachen. Ich frage neu: – „Sie haben bereits neun verschiedene Ideen. Welche Ideen hätten wohl Ihre Angestellten noch? Oder gibt es auch bei Ihnen noch weitere?“
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5. Optionen/Rolle des Rechts (4. Sitzung)
K Weitere Optionen Christof • Verlag verkaufen • Fusion mit der Konkurrenz • Anna geht mit 250 000 Euro wieder in den Verlag • …
Rebecca
Sofia
• Auszahlen lassen, zur • Verlag mit meiner Freundin weiterKonkurrenz gehen führen • Weltreise machen • Fremder Geschäfts• Zwei getrennte Verführer lage mit verschiede• Konzept vom Verlag nen Konzepten neu machen • … • Noch 1 Jahr wie bisher, bis dahin neues Konzept • …
Es kommen keine neuen Ideen mehr. Sie wirken ziemlich erschöpft. Sie haben aber ja auch viele Ideen entwickelt, auch negative. Sofia hat bei zwei von ihren Vorstellungen ihre Ambivalenz eingebracht, Christof seine Wut über die Ablehnung seiner Freundin, Rebecca ihre geheimen Wünsche. Das ist für mich genug Grund, Window II zu versuchen: K Window II bei den Optionen – „Sie haben insgesamt 19 Ideen entwickelt, was Sie mit ihrem Verlag machen könnten. Den nächsten Schritt kennen Sie ja schon: Können Sie mal schauen, was Ihnen bei den beiden anderen gefällt – was Sie auch unterstützen würden – was Sie eventuell auch für Ihre Pläne gebrauchen könnten. Was würden Sie da unterstrichen haben wollen, vielleicht auch nur halb unterstrichen?“ – „Können Sie vielleicht sogar gleiche oder ähnlich ausgedrückte Ideen bei den beiden anderen entdecken?“
Sofia beginnt mit den Spalten der beiden anderen, dann macht Rebecca weiter, zum Schluss Christof. Bei allen dreien kommen folgende Ideen in Frage: –
Verlag durch Rebecca und Christof weitergeführt
–
Zwei getrennte Abteilungen mit getrennter Geschäftsführung
–
Zwei getrennte Verlage mit verschiedenen Konzepten
–
Konzept vom Verlag neu machen
Jeweils zwei Nennungen bekommen: –
Verlag ohne Sofia und Rebecca
–
Verlag unter Geschäftsführung von Rebecca
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
–
Fusion mit der Konkurrenz
–
Fremder Geschäftsführer
Ich habe diese Ergebnisse verschiedenfarbig unterstrichen und bin dann hinter die drei Medianden getreten, um die Ergebnisse aus der Entfernung besser überblicken zu können. Ich wiederhole ihnen ihr Ergebnis noch einmal und frage sie, ob sie noch etwas verändern oder hinzufügen wollen. Rebecca sagt, dass sie die Idee von Sofia mit dem fremden Geschäftsführer nur halb gut gefunden habe und sie das irgendwie gekennzeichnet haben möchte, sie fände das nicht wirklich gut. Ich mache unter diesen Punkt noch eine Wellenlinie in der gleichen Farbe. Sonst kann alles so bleiben. Ich würdige ihre Arbeit: – „Jetzt haben Sie außer Ihren eigenen Ideen noch vier gemeinsame und viereinhalb Ideen, die zwei von Ihnen gut finden. Das wird Ihnen als Hintergrund für Ihr Verhandeln beim nächsten Mal helfen.“ – „Wenn Ihnen noch weitere Ideen kommen, können Sie die nächstes Mal oder auch zu Hause natürlich noch nachtragen. Ich habe bei jedem ja noch Striche gemacht. Ich werde Ihnen diese Liste fotografieren und nachher ausgedruckt mitgeben.“
K Optionen durchsprechen mit Fachleuten, Vertrauten etc. – „Ich hielte es für ratsam, wenn Sie diese beiden Listen mit Personen Ihres Vertrauens durchsprechen könnten. Dies könnten Privatleute oder auch Fachleute sein. So kämen Personen aus dem Umfeld wie Anna, Frau Bürger und Frau Müller in Frage. Hilfreiche Fachleute könnten Ihre Anwälte sein, Ihre Steuerberater, Ihre Bankberater oder Organisationsberater. Eventuell kämen auch Verlagsfachleute in Frage. Aus diesen Gesprächen könnten weitere wertvolle Ideen in Bezug auf Ihre Interessen entstehen. Sie werden das alles brauchen können für Ihr Verhandeln beim nächsten Mal. Wie klingt das für Sie? Wenn Sie dieses Vorgehen wählen, müssen Sie sich mit Blick auf die Verschwiegenheit miteinander einigen, welche Personen einbezogen werden sollen und auch gegebenenfalls einvernehmlich festlegen, was mit ihnen besprochen werden darf. Wollen Sie das jetzt miteinander vereinbaren? Was sagen Sie, Rebecca? Sofia? Christof?“ – „Sie haben jetzt noch eine halbe Stunde Zeit, in der Sie über die Rolle nachdenken könnten, die das Recht in Ihren Regelungen und in Ihrer Vereinbarung einnehmen sollte. Wollen Sie eine kurze Pause machen und das noch versuchen? Was meinen Sie, Sofia? Rebecca? Christof? Ja? Also gut, dann kurz Pause und Luft.“
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5. Optionen/Rolle des Rechts (4. Sitzung)
K Rolle des Rechts Ich mache die Fenster auf und zeichne eine neue Flipchart-Seite mit den drei Spalten. Ich hänge die Liste mit ihren eigenen Fairness- und Gerechtigkeitsvorstellungen gut sichtbar auf. Meine Hypothesen über das Recht bei ihnen sind: –
Sie werden das relativ einfach sehen.
–
Sofia und Rebecca werden näher am Recht bleiben wollen als Christof.
–
Sie werden wohl alle drei ihre eigene Gerechtigkeit für wichtiger halten.
–
Auf meine Fallen mit der eigenen Einstellung zum Recht und meine eigenen Erfahrungen mit vorzeitigen Vererbungen in meiner eigenen Familie muss ich aufpassen, damit ich nichts überhöre oder falsch wahrnehme.
Sie kommen wieder und wirken alle drei ein wenig erschöpft. Ich frage jeden nochmals, ob sie diesen Schritt jetzt noch machen wollen. Sie antworten alle drei ähnlich, sie wollen das jetzt machen, um das nächste Mal wirklich ans Verhandeln gehen zu können. Christof meint, er glaube nicht, dass sie hier ernsthafte Unterschiede hätten. Ich erkläre ihnen den Schritt nochmals: – „Gerade wenn Sie jetzt auch zu Ihren Beratungsanwälten gehen und die nach den Gesetzen über Pflichterbteil und den sonstigen Regelungen beim vorzeitigen Vererben fragen, auch über Ihre eigenen persönlichen Vor- und Nachteile bei einer vorzeitigen Verlagsregelung und über die Prozessrisiken für Sie, dann sollten Sie nachdenken, was denn wäre, wenn Sie sich hier nicht einigen können und dann ohne gemeinsame Regelungen über den Verlag dastünden. Habe ich Ihnen den Sinn dieses Schrittes einigermaßen deutlich machen können? Christof? Rebecca? Sofia? Wollen Sie sich darauf einlassen?“
Alle drei nicken. Sofia bittet noch darum, dass ich ihr die Fragen an den Beratungsanwalt, die ich da gerade genannt habe, doch bitte aufschreiben solle. Sie fände es gut, wenn sie alle drei ihre Anwälte das Gleiche fragen würden. Ich sichere ihr zu, ihnen die Fragen mit dem Protokoll zu schicken, weil auch die beiden anderen sie haben wollen. Sie brauchen noch einige Zeit zum Nachdenken, aber dann kommen ihre Antworten prompt:
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
K Window I bei der Rolle des Rechts Christof • Rechtsgültigkeit der Vereinbarung • schriftliche Form soll Normen entsprechen • Wahrung meines Pflichterbteils
Rebecca • Rechtsgültigkeit der Vereinbarung • die Vereinbarung soll Vorrang vor Recht haben • Vereinbarung soll formal rechtswirksam sein
Sofia • bei ihrem Haus will sie geltendes Recht, beim Verlag mehr Spielräume • Annas Rechte sollen berücksichtigt sein • Vereinbarung soll Vorrang vor dem Recht haben
K Window II bei der Rolle des Rechts Bei meiner Frage nach dem Blick auf die Spalte der anderen kommt als gemeinsame Vereinbarung über die Rolle des Rechts heraus: –
Die Vereinbarung soll rechtswirksam sein und in ihrer schriftlichen Form den Normen entsprechen.
–
Sie soll mit geltendem Recht vereinbar sein, aber auch ihren eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen entsprechen.
–
Die Rechte aller drei Geschwister sollen berücksichtigt sein.
Alle drei zeigen sich zufrieden mit dem Ergebnis. Ich bitte sie, dieses mit ihrer jeweiligen eigenen Spalte der Fairnesskriterien zu vergleichen. Sie tun das. Christof meint, ohne Verhandlungsergebnis sei das für ihn jetzt schwierig, er würde gern auf diese beiden Listen nochmals schauen, wenn das vorliege. Rebecca stimmt dem zu. Sofia meint, da sehe sie doch große Unterschiede, das sei doch eine ganz andere Ebene, aber sie sehe keine Widersprüche. Weil die zwei Stunden abgelaufen sind, lasse ich es dabei bewenden, auch wenn mir dieser Schritt zu wenig gründlich gemacht zu sein scheint. Ich verabschiede sie und würdige nochmals ihre Arbeit und ihre Anstrengungen, zu einer guten Vereinbarung über den Verlag zu kommen. Ich verspreche, ihnen das Protokoll so schnell wie möglich zu schicken.
6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung) K Vorüberlegungen Nach der vorigen Sitzung mit der Entwicklung von Optionen und dem Mediieren der Rolle, die das Recht in den Vereinbarungen haben soll, den-
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
ke ich für die nächste – vielleicht schon letzte – Sitzung über folgende Hypothesen nach: –
Die Medianden werden vermutlich keine anderen Verhandlungsmodelle brauchen; sie sind mit dem Modell des Angebotsverhandelns bisher gut zurechtgekommen.
–
Sofia wird einerseits zu Angeboten bereit sein, andererseits auch wieder zögern, weil der endgültige Rückzug für sie noch schwierig zu sein scheint.
–
Im Gegensatz zu Rebecca hat Christof mehr Druck zu baldigen Lösungen wegen seiner Freundin Dominique im Hintergrund.
–
Beide Geschwister haben relativ wenig materielle Angebote zu machen.
–
Es könnte sein, dass die Verhandlungssitzung noch zu früh ist, u.U. müsste die Mediatorin sogar nochmals zu den Bedeutungen zurückgehen.
–
Meine Falle: Mir macht das Angebotsverhandeln immer sehr viel Spaß, so dass ich leicht ungeduldig werde, wenn es zögerlich läuft, wobei ich hier bei dieser Mediation mit Ambivalenz auf einer Seite rechnen muss.
Zur weiteren Vorbereitung besorge ich querformatige Karten in drei verschiedenen Farben und gute Stifte sowie genügend Papier und kleinere Stifte für alle drei zum Aufschreiben ihrer Angebote. K Hospitant Ich nehme in diese Sitzung einen Hospitanten aus einer laufenden Mediations-Ausbildung herein, einen jungen Juristen, der gerade sein Referendariat macht und froh ist, dass er bei solch einer Sitzung hospitieren kann. Und ich bin froh, dass wenigstens für die letzten beiden Sitzungen das männliche Element in dieser Mediation verstärkt wird. Seine konkrete Aufgabe wird es sein, die impliziten und expliziten Verhandlungsergebnisse auf das Flipchart aufzuschreiben, damit ich mich ganz dem Prozess zwischen den drei Medianden und dem Wahrnehmen von impliziten Ergebnissen widmen kann. Ich hatte im Lauf der letzten Woche alle drei (getrennt) angeschrieben und gefragt, ob ich den Hospitanten in die Sitzung mit hineinnehmen könnte, und habe ihnen erklärt, warum und dass er natürlich eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben würde. Jeder von ihnen war einverstanden, wenn das keine Mehrkosten verursachen würde.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
Außerdem überlege ich mir gute Sätze, wie ich ihre Optionenergebnisse vom letzten Mal würdige. Und als Letztes: Ich rechne gerade in dieser Sitzung mit Gefühlsausbrüchen und womöglich heftigen Emotionen. Jetzt wird es ernst. Für die Sitzung selbst bereite ich auf einem Flipchartblatt noch meine Sicht eines Wertebildes für ihr Verhandeln vor (s. S. 212 ff.). Ich schreibe die materiellen und immateriellen Werte auf farbige große Post-it-Zettel und klebe sie ungeordnet auf das Flipchart. Fünf der Zettel lasse ich leer. K Wertebild Verlag
Villa/Wohnhaus 700 000 Euro
Kapitalstock 160 000 Euro
Grundschuld 80 000 Euro
Umsatz 350 000 Euro
Zinsen 1400 Euro (Sofia)
Rebecca 5000 Euro
Wohnung Sofia
Christof 5000 Euro
Verlagsräume
Frau Bürger 2800 (3200) Euro
Künstlerische Leitung
Frau Müller 2800 (3200) Euro
Kaufmännische Leitung
Auszahlung Anna 250 000 Euro
Garten
Name des Verlags
Geschäftsanteile
Kundenstamm
Vermächtnis des Vaters
Familientradition Frieden in der Familie Tradition des Verlags
K Ablauf Ich treffe mich eine Viertelstunde vorher mit dem Hospitanten, um ihm kurz die Ergebnisse der vorangegangenen Sitzungen anhand der Flipchartpapiere zu erklären. Ich hänge vor allem auf: Die ursprüngliche Themen-
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
sammlung, die Optionenliste, die Fairnesskriterien und meinen Entwurf eines Wertebildes. Die anderen Papiere hängen auch, aber eher im Hintergrund an einer anderen Wand. Christof und Rebecca kommen zusammen und berichten, dass Sofia sich etwa zehn Minuten verspäten werde, weil ihr Auto nicht angesprungen sei. Sie kommt dann aber doch eher. Ich stelle ihnen den Hospitanten vor und frage sie dann, ob die Überprüfungen und Recherchen in Bezug auf die Ideen und Phantasien vom letzten Mal noch andere oder neue Aspekte gebracht hätten. K Beratungsanwälte und andere Fachleute Alle drei waren auch bei ihren Beratungsanwälten. Sofia berichtet, dass der Firmenanwalt, den sie nun doch als Beratungsanwalt hat, die entwickelten Optionen sehr kritisch bewertet hat, besonders die Option der zwei Verlagsteile mit getrennter Geschäftsführung. Er habe ihr geraten, unter diesen Aspekten doch noch mit ihrem Rücktritt zu warten. Christof und Rebecca haben sich gemeinsam mit einem befreundeten Organisationsberater besprochen, der die derzeitige allgemeine Verlagssituation genau kenne und sie wohl auch vor großen Veränderungen in ihrem Verlag gewarnt habe. Der Markt sei sehr angespannt, auch der für Kinderbücher. Von einer Fusion mit dem Konkurrenzverlag hat er wohl abgeraten, sie sollten ihn aber sehr gut im Blick behalten und sich diese Option eventuell für später merken. Er meinte auch noch, dass der Kapitalstock zu niedrig sei und dringend aufgestockt gehöre. Er fand eine Ausweitung auf Comics und elektronische Produkte gut. Er habe sie noch davor gewarnt, die beiden Angestellten, mit denen sie bisher zusammengearbeitet haben, zu übernehmen. Er schätzt es wohl so ein, dass sowohl Rebecca als auch besonders Christof es schwer haben dürften, als neue Chefs akzeptiert zu werden. Ein anderer Freund aus der Branche hat Christof geraten, sich lieber neue Mitarbeiter zu suchen, die sich besser auskennen mit Computertechnik im Verlagswesen. Die seien erfahrungsgemäß allerdings sehr viel teurer. Rebecca hat den Rat bekommen, die Fertigung der Bücher viel mehr auszulagern und mehr fremde Firmen zu beauftragen. K Weitere Möglichkeiten und aufflackernde Konflikte Sie hat außerdem ein Angebot aus England bekommen von einer Freundin, an einer Modernisierung und Neuausgabe von „Shockheaded Peter“ (Struwwelpeter) mitzuarbeiten, was sie sehr reizen würde. Christof er-
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
wähnt noch, dass seine Freundin bei ihm wohnen bleiben, sich aber erst mal lieber einen anderen Job suchen möchte. Er habe Mutter und Schwester übrigens mitgeteilt, dass sie von ihm schwanger sei. Sofia und Rebecca verziehen keine Mienen. Es gibt eine längere Pause. Dann reagiere ich mit einer Art Paraphrase: – „Ich kenne das gut aus anderen Mediationen, wenn etwas in Bewegung gerät und neue Ideen und Möglichkeiten entwickelt werden, dass sich dann auch drum herum viel verändert. Ich sehe das jetzt auch bei Ihnen, und ich bin gespannt, was Sie damit machen und wie Sie das beim Verhandeln einbringen werden.“
Ich frage sie noch, wie die Gespräche mit Anna und den beiden Mitarbeiterinnen ausgegangen seien. Mit den Letzteren hat keiner von den dreien gesprochen, aber mit Anna. Sofia und Rebecca berichten übereinstimmend, dass Anna die Idee mit den beiden getrennten Bereichen am besten fände und angeboten hat, wenn Geld fehle, sei sie bereit, auch wieder Geld in den Verlag zu stecken – zu vernünftigen Konditionen, habe sie gesagt, was Christof zu einem tiefen Seufzer veranlasst. Aber er sagt nichts dazu. – „Sie haben beim letzten Mal sehr viele verschiedene Möglichkeiten für den Schatz ihrer Familie, den Verlag, entwickelt. Ich habe Ihnen die Liste ja geschickt und hier auch noch mal aufgehängt. Ist bei Ihnen dazu noch etwas Neues aufgetaucht? Sofia? Rebecca? Christof?“
K Emotionen beim Verhandeln Sofia und Christof schütteln die Köpfe. Rebecca sagt, dass sie ihre Idee „Weltreise“ ausbessern möchte in „Verlag in England“. Ich schreibe das über die Weltreise und frage die beiden anderen, ob dieser veränderte Punkt von ihnen jeweils angestrichen werden soll. Beide zögern, schließlich sagt Christof, dass er das ganz gut fände, dann wäre er wenigstens alleiniger Chef im Verlag. Darauf reagiert Rebecca böse und laut, auch Sofia empört sich. Meine Hypothese über die Emotionen beim Verhandeln stimmt also. Ich gehe in den beginnenden Streit mit meinem Konfliktspiel-Bild vom vorletzten Mal: – „Sie sind gerade dabei, sich wieder den Deckel Ihrer Schatztruhe auf ihre Hände zu hauen – wollen Sie das jetzt? Brauchen Sie eine Pause, bevor Sie ans Verhandeln gehen können, was Sie sich ja für dieses Mal vorgenommen hatten?“
Christof lacht und entschuldigt sich bei Rebecca. Natürlich wolle er heute verhandeln, er wolle endlich Ergebnisse. Ich schaue Rebecca und Sofia an, sie nicken beide. Also starte ich einen neuen Versuch:
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung) – „Sie hatten beim letzten Mal beschlossen, heute mit dem Verhandeln zu beginnen. Ich habe Ihnen dazu ein Bild all Ihrer Werte aufgehängt, die für mich erkennbar in den bisherigen Sitzungen vorgekommen sind, die materiellen Werte, wie ich Sie von Ihnen gehört habe, aber auch die immateriellen. Dazu habe ich noch einige leere Blätter gehängt, weil es vielleicht noch mehr Werte gibt. Können Sie sich dieses Bild mal anschauen, ob es für Sie auch stimmt, ob etwas fehlt oder etwas weggenommen werden muss. Christof? Rebecca? Sofia?“
Alle drei schauen konzentriert auf das Flipchart. Schließlich sagt Christof, er fände, dass eines der leeren Blätter noch heißen müsste „Vermögen Sofia“. Niemand reagiert. Es gibt wieder eine lange Pause. Dann sagt Sofia: „Also gut, das kann drauf, aber keine Summe. Die bleibt bei mir. Soweit geht das Erben noch nicht.“ Also schreibe ich auf einen Zettel „Vermögen Sofia“. Sofia möchte noch einen Zettel mit „Angebot Anna“. Also noch einen Zettel. Ich schaue alle drei immer wieder an. Es bleibt offensichtlich dabei. Also mache ich weiter: K Angebote – „Ich möchte Ihnen dann jetzt vorschlagen, zu diesen Werten Angebote an die beiden anderen zu machen. In vielen Mediationen, gerade in Erb-Mediationen, geht das Verhandeln besser, wenn möglichst viele Angebote von jedem gemacht werden. Und je mehr Angebote jeder macht, umso besser fürs Verhandeln. Ich habe Ihnen dafür diese Karten in drei verschiedenen Farben vorbereitet und werde Ihre Angebote darauf notieren. Wenn Sie etwas nicht gleich veröffentlichen möchten – da liegen weiße Zettel, wenn Sie etwas aufschreiben möchten. Ist Ihnen klar geworden, wie ich vorgehen möchte? Sofia? Rebecca? Christof? Wollen Sie sich darauf einlassen und das mal so versuchen?“
Alle drei nicken nachdenklich. Meine Frage: – „Wer von Ihnen kann den beiden anderen Angebote machen? Mein Vorschlag wäre, erst einmal mehrere Angebote von jedem auf dem Tisch zu haben, bevor Sie sich überlegen, was Sie reizen würde, darüber zu verhandeln. Also, wer hat etwas anzubieten?“
Erwartungsgemäß beginnt Sofia. Sie nennt gleich zwei Angebote, die sie auf drei grüne Karten aufgeschrieben haben will: –
Sofia bietet an, zum 1.1.2017 aus der Leitung des Verlags auszuscheiden.
–
Außerdem bietet sie an, 40 % ihrer Gesellschafteranteile je zur Hälfte an Rebecca und Christof zu übertragen.
Ich fasse jedes Angebot fokussiert zusammen, überprüfe, ob ich es richtig gehört habe, und schreibe es auf eine ihrer grünen Karten. Ich schaue die beiden anderen an. Sie scheinen sprachlos. Nach einer Weile sagt Re-
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
becca, dass sie da natürlich nicht mithalten könne. Sie habe sich lange überlegt, was sie eigentlich überhaupt anbieten könne. Ihr seien erstmal nur zwei Sachen eingefallen: –
Rebecca bietet an, auf das Angebot von ihrer Londoner Freundin zu verzichten und für zwei Jahre garantiert weiter im Verlag mitzuarbeiten.
–
Weiter bietet sie an, auf die Hälfte der Geschäftsleitung zu verzichten.
Ich fasse wieder zusammen, schreibe das erste Angebot auf blaue Karten (sie wollte blau haben), frage sie dann, was denn beim zweiten Angebot das eigentliche Angebot sei, mir käme es eher wie eine Forderung vor. Sie antwortet, das Angebot sei, dass sie auf die Hälfte der Geschäftsführung verzichte. Christof lacht höhnisch und sagt „Typisch“. Ich frage ihn, was seine Angebote seien. Er nennt: –
Christof bietet an, sich fest für mindestens zwei Jahre zu verpflichten, für 65 000 Euro im Verlag zu arbeiten.
–
Weiter bietet er an, in dieser Zeit auf die Zusammenarbeit mit Dominique im Verlag zu verzichten.
–
Weiter würde er auch eine geteilte Geschäftsführung akzeptieren.
Beim zweiten Angebot lacht Rebecca laut auf. Es passiert aber nichts weiter. Ich frage ihn, was denn beim ersten und beim dritten Angebot das eigentliche Angebot hinter der Forderung sei. Er präzisiert, sein Angebot hinter den 65 000 Euro sei, für zwei Jahre keine weiteren finanziellen Forderungen zu stellen, und beim Dritten, sich die Geschäftsleitung mit Rebecca zu teilen. Das sei ja wohl Angebot genug. Sofia seufzt. Ich schreibe alle drei auf gelbe Karten und drehe alle acht Karten zu ihnen hin. Ich sehe eine implizite Vereinbarung: – „Wenn ich mir Ihre acht Angebote so anschaue, sehe ich dahinter bereits Ihre erste vorläufige Vereinbarung. Sie müssen mir sagen, ob ich das richtig sehe und ob Herr M. die bereits als vorläufige Vereinbarung aufschreiben soll. Ich habe gehört, dass Ihr Verlag weiter existieren soll, und zwar in Ihrer Familie. Ist das so?“
Alle drei nicken, der Hospitant schreibt auf. Ich bitte ihn, die entsprechenden Zettel vom Wertebild wegzunehmen und neben die jeweiligen vorläufigen Vereinbarungen zu kleben. Während er schreibt und umhängt, mache ich gleich weiter:
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung) – „Es klingt so, als ob hinter Ihren Angeboten die implizite Vereinbarung steht, dass sowohl Christof als auch Rebecca weiter im Verlag arbeiten, jedenfalls für die nächsten zwei Jahre.“
Wieder nicken alle drei, Sofia sichtlich erleichtert. Ich würdige ihre beiden ersten Vereinbarungen. Daraufhin sagt Sofia: – „Wenn das so ist, habe ich noch ein weiteres Angebot: Ich tilge die Grundschuld auf dem Verlag – eigentlich liegt die ja sowieso auf meinem Haus –, der Verlag soll schuldenfrei übergeben werden.“
Ich frage sie, ob ich „Tilgung der Grundschuld durch Sofia“ aufschreiben könne auf eine grüne Karte. Ich kann, und jetzt liegen viele Angebote auf dem Tisch. Es läuft, und ich frage sie, ob sie bereits mit dem Verhandeln beginnen wollen bei so vielen Angeboten, oder ob jemand noch weitere machen wolle. Rebecca sagt, sie habe noch ein kleines Angebot, das wolle sie sich aber aufheben, sonst könne sie womöglich nichts mehr auf den Tisch legen. Christof nickt dazu, er habe auch nur noch ein kleines Angebot. K Verhandeln der Angebote Er wolle jetzt erst mal anfangen zu verhandeln und sehen, wie das so laufe. Er würde gern mit den zwei Abteilungen beginnen. Ich frage Sofia, womit sie beginnen will. Sie will mit den Gesellschafteranteilen beginnen, Rebecca mit der Grundschuld, das sei doch das Leichteste. Ich fasse ihre unterschiedlichen Vorstellungen kurz zusammen und frage, ob sie das hinbekommen, sich zu einigen, womit sie beginnen wollen. Christof wirbt bei Sofia und Rebecca dafür, dass Sofias Angebot mit der Übernahme der Grundschuld als dritte vorläufige Vereinbarung von Herrn M. auf das Flipchart aufgeschrieben wird. Alle stimmen zu. Wenn sie so weitermachen, brauchen sie mich bald nicht mehr. Ich frage, was mit den beiden anderen Verhandlungspunkten sei, den Gesellschafteranteilen und den zwei Abteilungen. Rebecca meint, der letzte Punkt sei ein solch tolles Angebot von Sofia, das habe sie ihr gar nicht zugetraut, das solle doch gleich aufgeschrieben werden, bevor sie es sich anders überlege. Die Frage sei allerdings, was sie denn mit ihren restlichen 10 % machen wolle. Ein bisschen wolle sie ja wohl doch die Finger im Verlag behalten, oder? Ich schaue Sofia an, sie antwortet, dass sie damit keine Sperrminorität vorhabe, sondern sich überlege, diese 10 % an Annas Kinder zu vererben, aber da müsse sie noch nachdenken, jetzt wo Christof auch Vater werde. Ich frage alle drei, ob also die 45–45–10 %-Anteile vorläufig fest ge-
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
halten werden sollen. Offensichtlich. Herr M. schreibt auf. Ich frage nach den zwei Abteilungen und ob es dazu vielleicht noch Angebote gebe. K Weitere Angebote –
Sofia bietet an, dass sie zum November 2017 aus ihrer großen Wohnung im ersten Stock ausziehe, sie wolle nur das kleine Pförtnerzimmer im Erdgeschoss als Notabsteige behalten. Sie bietet an, den ganzen ersten Stock umzubauen und zu renovieren und diese Renovierung auch zu bezahlen. Anschließend könne man dann das Erdgeschoss umbauen. Auch das würde sie bezahlen. Dann hätte jeder der beiden Verlagsteile ein abgeschlossenes Stockwerk.
–
Christof bietet an, dass sein berühmter Architektenfreund ihm zum Freundschaftspreis angeboten habe, Pläne für einen Umbau zu machen. Er bietet an, alle Pläne vorher den anderen vorzulegen. Er bietet an, in den etwas schwierigeren ersten Stock zu ziehen.
–
Rebecca bietet an, sich mit Christof nicht um die Aufteilung zu streiten, er wolle ja sowieso die Comic- und Elektronikabteilung. Sie sei zufrieden mit der konventionellen Kinderbuchabteilung wie bisher. Außerdem bietet sie an, sich in Sofias Abwesenheitszeiten um ihre „Pförtnerloge“ und um den Garten zu kümmern.
Ich präzisiere die verschiedenen neuen Angebote, es gibt drei neue grüne Karten, zwei neue gelbe und zwei neue blaue. Ich habe wieder ein implizites Verhandlungsergebnis gehört und frage Herrn M., ob er es auch gehört habe. Er nickt. Ich benenne es „Umbau des Verlags in zwei Abteilungen“ und frage, ob das stimmt. Alle nicken. Rebecca sagt, dass ich auch gleich die verschiedenen Sparten dazu aufschreiben lassen könne. Wieder nicken alle, und Herr M. schreibt. Es ist bereits die fünfte vorläufige Vereinbarung. Allerdings ist die vereinbarte Zeit bereits überschritten. Meine neuen Arbeits-Hypothesen sind: –
Die Medianden sind in den wichtigsten Punkten zu vorläufigen Vereinbarungen gekommen.
–
Es ist ganz gut, dass sie nicht fertig geworden sind. Das gibt ihnen die Chance, vielleicht den Rest selbst fertig zu verhandeln.
–
Außerdem haben sie die Chance, die vorläufigen Ergebnisse mit ihren Beratungsanwälten und den anderen Fachleuten durchzusprechen.
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
–
Das nächste Mal könnte das letzte Mal sein und die endgültige Vereinbarung könnte fertig werden.
–
Sie müssten beim nächsten Mal vielleicht noch fertig verhandeln (oder auch nicht, wenn sie das zu Hause selbst schaffen), sie müssten noch über die offizielle Form dieser Vereinbarung reden, über eine gesamte juristische Überprüfung, über Lauf- und Überprüfungszeiten, eventuelle Sanktionen etc. Sie müssten die Vereinbarung dann noch an ihren eigenen Fairnesskriterien überprüfen, und dann wären sie fertig. In sechs Sitzungen.
Diese meine Arbeits-Hypothesen formuliere ich in Würdigungen um, sage ihnen, dass ich ihnen alles wieder im Protokoll zuschicke und ihnen einen guten Heimweg wünsche. Sie hätten wirklich erfolgreich gearbeitet heute. Ich bedanke mich, auch in ihrem Namen, bei Herrn M. für seine aufmerksame Arbeit. Die vorläufigen Vereinbarungen der Medianden auf dem Flipchart lauten: 1. Der Verlag wird weitergeführt, und zwar in der Familie. 2. Sowohl Rebecca wie Christof arbeiten weiter im Verlag, mindestens für die nächsten zwei Jahre. 3. Sofia übernimmt aus ihrem Vermögen die Grundschuld auf dem Verlagshaus. Der Verlag ist damit schuldenfrei. 4. Sofia überträgt 40 % ihrer Gesellschafteranteile am Verlag je zur Hälfte an Rebecca und Christof, so dass das Verhältnis jetzt 45:45:10 Prozent ist. 5. Sofia scheidet zum 1.1.2017 aus der Leitung des Verlags aus. 6. Es wird zukünftig zwei Abteilungen im Verlag geben, die bisherige Kinderbuchabteilung übernimmt Rebecca, die neue Abteilung mit Kindercomics, elektronischen Angeboten etc. übernimmt Christof. 7. Verhandeln/Vereinbaren (6. Sitzung). K Vorüberlegungen Der Abstand zur 5. Sitzung betrug nur eine Woche. Zu den Arbeits-Hypothesen der letzten Sitzung (s. S. 36) sind bei mir noch hinzugekommen: –
Diese wird die vorläufig letzte Sitzung sein.
–
Die Medianden werden vermutlich zufrieden sein mit ihrer Arbeit in der letzten Sitzung.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
–
Nachdem sie bereits nach der Optionensammlung so viele Ratschläge von anderen Fachleuten und ihren Beratungsanwälten gesammelt haben, ist jetzt wohl nicht mehr mit vielen neuen Ideen und Fragen zu rechnen.
–
„Abschluss-Emotionen“ waren bereits beim letzten Mal heftig, in dieser letzten Sitzung wird es vermutlich sachlich zugehen.
–
Die Themensammlung muss nochmals angeschaut werden, damit kein Punkt übersehen wird.
–
Es könnte sein, dass ein „Abschieds- oder Übergabe-Ritual“ mediiert werden muss, diese Frage ist allerdings von den Medianden nie angeschnitten worden.
–
Meine Falle: Wenn eine Mediation gut läuft – und diese ist gut gelaufen –, passieren mir am Schluss manchmal Flüchtigkeitsfehler. Ich muss also aufpassen.
K Vorbereitung Zur weiteren Vorbereitung habe ich Herrn M., den Hospitanten erneut angerufen, ob er bei der kommenden Sitzung wieder hospitieren möchte. Er hat gerne zugesagt und angeboten, seinen Laptop mitzubringen und die weiteren Vereinbarungen mitzuschreiben und dann alles gleich für die Medianden auszudrucken. Er habe die sechs ersten Vereinbarungen auch schon gespeichert. Ich rufe wieder alle drei Medianden an und bitte um ihr Einverständnis. K Zu Hause allein weiter verhandeln Ich erfahre bereits am Telefon von jedem, dass sie sich an einem Abend letzter Woche getroffen und die Vereinbarung fast fertig haben. Christof fragt, ob ich sie vorher haben möchte. Ich möchte nicht. Aber ich bin gespannt. Ich bin eigentlich nicht überrascht; bei ähnlich verlaufenen Mediationen habe ich bereits öfter erlebt, dass die Medianden allein weitergearbeitet und in einigen Fällen sogar die letzte ausgemachte Sitzung abgesagt haben. Sie wollen noch einmal kommen und alles fertig besprechen. Es sind eineinhalb Stunden vereinbart. Alle relevanten FlipchartPapiere sind aufgehängt sowie die Liste der bisher getroffenen Vereinbarungen. Ich mache mir eine Liste der noch offenen Fragen der Vereinbarung: –
Juristische Form ihrer Vereinbarung
–
Verfasser der Vereinbarung
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
–
Lauf- und Überprüfungszeiten
–
Evtl. Sanktionen
–
Mediations- und Salvatorische Klausel
–
Frage einer Präambel
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Überprüfung an den Fairnesskriterien jedes Medianden
–
Juristische Überprüfung
–
Evtl. notwendige notarielle Vereinbarung
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Unterschriften
–
Evtl. Abschieds- bzw. Übergabe-Ritual
K Ablauf Die Medianden kommen zum ersten Mal pünktlich alle zusammen. Christof hat sie hergefahren. Sie wirken fast heiter. Ich beglückwünsche sie nochmals zu ihren Ergebnissen beim letzten Treffen und zu ihren weiteren. Ich frage, ob diese jetzt auch auf die begonnene Liste der vorläufigen Vereinbarungen geschrieben werden sollen. Alle drei stimmen zu, sie haben das anscheinend bereits besprochen. Ich frage, wer sie für Herrn M. vorliest. Rebecca: K Weitere (selbständig gefundene) Vereinbarungen 6. Es wird ergänzt: … zum 1.1.2017. 7. Jede Abteilung hat ihre eigene kaufmännische und künstlerische Leitung. Jede Abteilung hat eine eigene Sachbearbeiterin, zzt. ist das Frau Müller für Rebecca, Frau Bürger für Christof. Ihre Gehälter werden um 400 Euro aufgestockt. 8. Sofia stimmt zu, dass der Sitz des Verlages in ihrer Villa bleiben kann, sie wird testamentarisch festlegen, dass dies auch über ihren Tod hinaus möglich sein soll. Der Verlag zahlt keine Miete, sondern eine Summe von 80 000 Euro für Instandhaltungen, Versicherungen etc. Dieses Konto übergibt Sofia ihrem Steuerberater zur Buchhaltung. Dieser veranlasst auch die notwendigen Veränderungen im Handelsregister. 9. Um die Zusammenarbeit der beiden Abteilungen zu gewährleisten und Fragen von Werbung und Kundenstamm, aber auch Organisatorisches besprechen zu können, wird eine monatliche Teamsitzung installiert, zu der auch Sofia und die beiden Sachbearbeiterinnen
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
eingeladen werden, allerdings nur mit Beratungsrecht, ohne Stimmrecht. 10. Ein notwendiger Umbau des ersten Stocks nach den Plänen von Herrn Dipl.-Ing. H. H. … soll umgehend in Angriff genommen werden, sodann die Renovierung des Erdgeschosses. Sofia übernimmt alle Kosten, auch die des Architekten. Die Pläne für den Umbau liegen bis zum 1.10.2016 vor. 11. Sofia übernimmt zusätzlich die Kosten für eine neue Computerausstattung für jedes der Stockwerke in Höhe von jeweils 15 000 Euro. 12. Sofia verpflichtet sich, bis zum 1.11.2016 auszuziehen. Sie wird ab dem 1.1.2017 die so genannte Pförtnerloge des Hauses beziehen. Nur sie und Rebecca werden einen Schlüssel zum Seiteneingang haben. Rebecca übernimmt während der Abwesenheit von Sofia die Pflege für die Wohnung und den Park. Sie wird dafür von Sofia monatlich 300 Euro bekommen. 13. Für die nächsten zwei Jahre vereinbaren Rebecca und Christof eine monatliche Entnahme aus dem Verlagskonto in Höhe von je 6500 Euro. Danach wird neu verhandelt. Ich würdige ihre Arbeit: – „Ich kann mir vorstellen, wie hart Sie gearbeitet haben. Und ich sehe, dass Sie zufrieden sind damit, sehe und höre ich das richtig, Sofia? Christof? Rebecca? Sollen alle Punkte so in die vorläufigen Vereinbarungen übernommen werden? Ja?“
Herr M. übernimmt alle von ihnen selbst gearbeiteten Punkte gleich in seinen Laptop, nachdem auf meine Frage nach Übereinstimmung alle drei genickt haben, und liest alles nochmals vor. K Vergleich mit der Themenliste Ich frage weiter, ob es heute noch weitere Punkte gibt, die verhandelt werden müssen oder die von der Themensammlung her noch offen seien. Sie verneinen alle drei, sie hätten alles verglichen, und sie finden, alles sei vorläufig erledigt. Die Themen „Anna“, „Sofias Erbe“ und „Zukunft der Angestellten“ müssten wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt in einer weiteren Mediation geklärt werden. Sie hätten sich allerdings nicht einigen können, wer denn diese Vereinbarung nun schreiben solle und wie das mit einer notariellen Vereinbarung und den anderen Punkten sei, die ich das letzte Mal genannt hätte. Christof sagt noch, er habe von einem Freund erfahren, der auch in Mediation gewesen sei, es gäbe so etwas
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
wie eine Mediationsklausel (s. S. 291). Sie wüssten nicht, was das sei und ob sie das sinnvollerweise auch bräuchten. K Mediieren der endgültigen Vereinbarung – „Aus der Erfahrung mit anderen Erb-Mediationen macht es Sinn und trägt auch zur Haltbarkeit der Vereinbarungen bei, wenn Sie außer Ihren Inhalten auch noch hineinschreiben lassen, wie Sie vorgehen wollen, wenn etwas aus Ihren Vereinbarungen nicht klappen sollte. Haben Sie sich dazu Gedanken gemacht? Auch wie oft Sie die Vereinbarung überprüfen wollen. Und was sein soll, wenn einzelne Punkte vielleicht neu verhandelt und vereinbart werden sollen. Wollen Sie dazu etwas festlegen?“
Sofia will, dass wieder Mediation gemacht wird, wenn etwas nicht klappt oder sich anders entwickelt. Sie würde das gern mindestens jedes Jahr überprüfen wollen. Rebecca stimmt dem zu. Christof meint, er könne sich so etwas wie Sanktionen nicht vorstellen, dann wäre ja sowieso alles zu spät, ihm reiche als Sanktion, dass dann wieder Mediation gemacht werden müsse. Das sei wohl diese so genannte Mediationsklausel, oder? Ich nicke. Ich fasse zusammen und frage, ob diese Punkte in den Laptop sollen. Sie nicken. K Verfasser der endgültigen Vereinbarung – „Wer soll die endgültige Vereinbarung eigentlich verfassen und schreiben? Ich erinnere Sie an Ihre Arbeit mit der Rolle des Rechts. Sie wollten eine rechtsgültige Form Ihrer Vereinbarung haben. Haben Ihre Beratungsanwälte Ihnen dazu etwas gesagt?“
Christof sagt, sein Anwalt hätte gesagt, das könne gut einer der Beratungsanwälte schreiben, es sollte dann von den beiden anderen Anwälten nochmals durchgesehen werden. Er schlage dafür Sofias Anwalt vor, das sei sowieso der Verlagsanwalt, der kenne sich am besten aus. Und sie würden die Vereinbarung ja noch überprüfen lassen. Ich schaue Sofia und Rebecca an, beide nicken. Ein weiterer Punkt im Laptop. Damit wäre auch die mir wichtige parteiliche juristische Überprüfung geklärt. K Salvatorische Klausel/Notar Ich frage Herrn M., ob er kurz die Salvatorische Klausel erklären könne. Er kann es glücklicherweise und fügt hinzu, das sei meist sowieso klar, darauf würde auch der Notar achten. Die Medianden wollen diese Klausel also auch drin haben. Ich frage nach der Notwendigkeit eines Notars, ob die Beratungsanwälte dazu informiert hätten. Sofia antwortet, dass sie alle wissen, dass die Fragen des Verlags, der Gesellschafteranteile
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
und der Grundschuld zum Notar sollten, und sie hätten sich schon im Vorfeld geeinigt, dass die ganze Abschlussvereinbarung zum Notar solle, auch wenn es teurer würde und sie wüssten, dass nicht alles notariell bestätigt werden müsse. Ihr persönlich sei es lieber, sie würde auch die Kosten übernehmen, Christof und Rebecca seien damit einverstanden gewesen. – „Soll das auch in den Laptop? Im Grunde gehört das ja alles zur Vereinbarung.“
Die Vereinbarung zum Notar zu geben und die Kostenübernahme dafür nimmt Herr M. also auch auf: K Schlussvereinbarungen 14. Dieses Protokoll mit den vorläufigen Vereinbarungen soll vom derzeitigen Anwalt des Verlages, der auch der Beratungsanwalt von Sofia ist, in eine rechtsgültige Form gebracht werden, die dann noch von den beiden anderen Beratungsanwälten überprüft wird. 15. Diese Fassung soll dann die Grundlage eines Notarvertrags sein. Die Kosten für diesen Notarvertrag übernimmt Sofia. Ich fahre fort: – „Wenn ich meinen Zettel so anschaue, was ich Sie noch fragen wollte, sehe ich jetzt nur noch vier Punkte. Zum Ersten die Frage, ob an den Anfang Ihrer Vereinbarung eine Art Vorwort oder Präambel kommen soll oder nicht. Dann die Frage, wie Sie die Unterschriften handhaben wollen, feierlich oder eher nicht so feierlich, ob es vielleicht eine Art Übergabe-Ritual geben soll. Ich kenne das aus einigen anderen Unternehmensnachfolge-Mediationen. Was denken Sie zu diesen Punkten?“
Sofia sagt, dass sie sich zu der Frage des Vorworts auch schon Gedanken gemacht habe und ihr sei das schon wichtig. Es sei schließlich so eine Art Familiendokument. Sie schlage einige der Sätze von dem Flipchart über die Bedeutungen des Verlags vor. Ich fasse ihre Meinung zusammen und schaue auf Christof und Rebecca. Christof findet das unnötig und schwülstig, es sei schließlich ein rechtliches Dokument. Rebecca schließt sich der Meinung von Sofia an und schlägt vor, den Punkt mit dem Respekt voreinander, den mit der Familientradition und dass sie veränderbar und verlässlich sein solle, zu übernehmen. Christof sagt, ihm sei das letztlich egal, er wolle jetzt endlich fertig werden. Ich frage Sofia noch mal, was denn jetzt hinein soll, sie stimmt Rebeccas Vorschlägen zu, Christof nickt dazu. Herr M. sucht die Formulierungen aus der Interessenarbeit und der Rolle des Rechts, formuliert sie in den Laptop und liest sie dann vor:
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
K Weitere Schlussvereinbarungen 16. Bei Nichteinhalten der Vereinbarungen oder bei Konflikten soll wieder Mediation in Anspruch genommen werden. Wenn ein Punkt neu verhandelt werden muss, verlieren die anderen nicht ihre Gültigkeit. 17. Als Präambel zu den Vereinbarungen soll aufgenommen werden, dass den Unterzeichnenden wichtig ist, dass der Verlag in der Familientradition weitergeführt wird und sie sich weiter mit Respekt begegnen können. Die Vereinbarungen sollen verlässlich sein und nach Bedarf verändert werden können. Sie sollen den Fairnesskriterien von Sofia, Christof und Rebecca nicht widersprechen. 18. Ein Exemplar dieser vorläufigen Vereinbarung soll zur Information an Anna K., geb. Schaller gehen. Alle drei finden das so in Ordnung. – „Und was ist mit den Unterschriften und einem eventuellen Übergaberitual? Wie wollen Sie das handhaben?“
K Unterschriften und Übergaberitual Christof drängelt wieder: Unterschriften ja, entweder hier oder beim Notar oder beides, aber endlich fertig werden. Übergaberitual? Nein. Wieder viel zu schwülstig. Rebecca stimmt dem zu. Sofia bedauert, sie hätte gern etwas Feierliches gehabt, aber vielleicht sei das auch mit dem Gang zum Notar erledigt. Ich schaue nochmals alle an, wie sie das nun handhaben wollen. Schließlich schlägt Sofia vor, nach dem Gang zum Notar, zu dem ich ja mitkommen könnte – sie würde das auch bezahlen (das ist ihr immer wichtig) –, könnten sie sich ja noch mal hier treffen, sie würde einen Champagner mitbringen und sie könnten das damit hier beenden. Christof und Rebecca ist auch das zu viel, und so bleibt es bei dem Gang zum Notar. Ich sage ihnen, dass ich mir noch überlegen wolle, ob ich mitgehen wolle, im Moment hätte ich eher das Gefühl, ich möchte lieber eindeutig in meiner Mediatorenrolle bleiben, auch falls sie mich später in dieser Rolle wieder brauchen würden. Ich bitte Herrn M., das ganze Protokoll ihrer vorläufigen Vereinbarungen noch einmal vorzulesen und dann viermal auszudrucken. Das macht er. Es dauert eine Weile, man hört nur den Drucker. Als dann alle ihre Exemplare haben, bitte ich sie, nochmals alle Punkte durchzuschauen und mit ihren eigenen Fairnesskriterien zu vergleichen.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
K Vergleich mit den eigenen Fairnesskriterien Ich hänge ihnen das Blatt mit ihren Fairnesskriterien nochmals gut sichtbar hin. Aufmerksam gehen sie jeden Punkt durch und vergleichen. – „Sind Sie zufrieden, oder gibt es Punkte, bei denen Sie kein gutes Gefühl haben, so wie die Vereinbarung jetzt vorläufig ausschaut. Sie werden Sie alle drei ja auch noch mit Ihren Beratungsanwälten durchgehen. Aber jetzt geht es erst einmal darum, die Vereinbarung mit Ihren eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen zu vergleichen. Stimmt es so für Sie?“
Christof beginnt, dass er im Großen und Ganzen ein gutes Gefühl habe, nur in dem Punkt mit der Gleichbehandlung der Geschwister nicht. Er findet, dass Anna nicht so gut davon gekommen ist. Er würde sich da noch einen Ausgleich wünschen. Rebecca findet ihren Punkt „Keiner zahlt drauf“ schwierig. Sie hat das Gefühl, dass Sofia kräftig draufgezahlt habe, das aber wohl auch so wolle. Sofia nickt. Sie könne die Vereinbarung daher trotzdem unterschreiben. Ich frage Sofia. Sie sagt, sie sei sehr froh über die Vereinbarung. Die Frage ihrer Altersvorsorge werde sie jetzt noch selbst klären, und die Frage der Berücksichtigung der Enkel sei mit ihrem 10 %-Anteil immerhin möglich. Und da könne sie aus ihrem Vermögen auch noch Sorge tragen. Übrigens auch was die eventuelle Benachteiligung von Anna angehe. Da könne man ja noch mal darüber reden, wenn sie vielleicht vorzeitige Erbregelungen über ihr Vermögen und das Haus überlege. Also – sie würde auch unterschreiben. K Abschluss – „Ich gratuliere Ihnen zum Abschluss Ihrer Mediation. Sie haben gute Arbeit geleistet. Ich wünsche Ihnen noch gute Beratungen bei Ihren Beratungsanwälten und einen guten Notarvertrag. Und vielleicht sehe ich Sie ja zum Überprüfen in einem Jahr wieder. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir eine Kopie Ihres Notarvertrages zuschicken würden, geht das?“
Sofia zieht aus ihrer großen Tasche eine Champagnerflasche und übergibt sie mir mit dem Versprechen, dass ich den Vertrag bekomme. Für Herrn M. hat sie eine Flasche Wein mitgebracht und dankt ihm damit für seine Hilfe. Es gibt einen herzlichen Abschied.
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
K Protokoll der Vereinbarungen 1. Der Verlag wird weitergeführt, und zwar in der Familie. 2. Sowohl Rebecca als auch Christof arbeiten weiter im Verlag, mindestens für die nächsten zwei Jahre. 3. Sofia übernimmt die Grundschuld auf dem Verlagshaus. Der Verlag ist damit schuldenfrei. 4. Sofia überträgt 40 % ihrer Gesellschafteranteile am Verlag je zur Hälfte an Rebecca und Christof, so dass das Verhältnis jetzt 45:45:10 Prozent ist. 5. Sofia scheidet zum 1.1.2017 aus der Leitung des Verlags aus. 6. Es wird ab dann zwei Abteilungen im Verlag geben. Die bisherige Kinderbuchabteilung übernimmt Rebecca, die neue Abteilung mit Kindercomics, elektronischen Angeboten etc. übernimmt Christof. 7. Jede Abteilung hat ab dem 1.1.2017 ihre eigene kaufmännische und künstlerische Leitung. Jede Abteilung hat eine eigene Sachbearbeiterin, zzt. ist das Frau Müller für Rebecca, Frau Bürger für Christof. Ihre Gehälter werden um 400 Euro aufgestockt. 8. Sofia stimmt zu, dass der Sitz des Verlages in ihrer Villa bleiben kann, sie wird testamentarisch festlegen, dass dies auch über ihren Tod hinaus möglich sein soll. Der Verlag zahlt keine Miete, sondern eine Summe von 80 000 Euro für Instandhaltungen, Versicherungen etc. Dieses Konto übergibt Sofia ihrem Steuerberater zur Buchhaltung. Dieser veranlasst auch die notwendigen Veränderungen im Handelsregister. 9. Um die Zusammenarbeit der beiden Abteilungen zu gewährleisten und Fragen von Werbung und Kundenstamm, aber auch Organisatorisches besprechen zu können, wird eine monatliche Teamsitzung installiert, zu der auch Sofia und die beiden Sachbearbeiterinnen eingeladen werden, allerdings nur mit Beratungsrecht, ohne Stimmrecht. 10. Ein notwendiger Umbau des ersten Stocks nach den Plänen von Herrn Dipl.-Ing. H. H. … soll umgehend in Angriff genommen werden, sodann die Renovierung des Erdgeschosses. Sofia übernimmt alle Kosten, auch die des Architekten. Die Pläne für den Umbau liegen bis zum 1.10.2016 vor. 11. Sofia übernimmt zusätzlich die Kosten für eine neue Computerausstattung für jedes der Stockwerke in Höhe von jeweils 17 000 Euro.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
12. Sofia verpflichtet sich, bis zum 1.11.2016 auszuziehen. Sie wird ab dem 1.1.2017 die so genannte Pförtnerloge des Hauses beziehen. Nur sie und Rebecca werden einen Schlüssel zum Seiteneingang haben. Rebecca übernimmt während der Abwesenheit von Sofia die Pflege für die Wohnung und den Park. Sie wird dafür von Sofia monatlich 300 Euro bekommen. 13. Für die nächsten zwei Jahre vereinbaren Rebecca und Christof eine monatliche Entnahme aus dem Verlagskonto in Höhe von je 6500 Euro. Danach wird neu verhandelt. 14. Dieses Protokoll mit den vorläufigen Vereinbarungen soll vom derzeitigen Anwalt des Verlages, der auch der Beratungsanwalt von Sofia ist, in eine rechtsgültige Form gebracht werden, die dann noch von den beiden anderen Beratungsanwälten überprüft wird. 15. Diese Fassung soll dann die Grundlage eines Notarvertrags sein. Die Kosten für diesen Notarvertrag übernimmt Sofia. 16. Bei Nichteinhalten der Vereinbarungen oder bei Konflikten soll wieder Mediation in Anspruch genommen werden. Wenn ein Punkt neu verhandelt werden muss, verlieren die anderen nicht ihre Gültigkeit. 17. Als Präambel zu den Vereinbarungen soll aufgenommen werden, dass den Unterzeichnenden wichtig ist, dass der Verlag in der Familientradition weitergeführt wird und sie sich weiter mit Respekt begegnen können. Die Vereinbarungen sollen verlässlich sein und nach Bedarf verändert werden können. Sie sollen den Fairnesskriterien von Sofia, Christof und Rebecca nicht widersprechen. 18. Ein Exemplar dieser vorläufigen Vereinbarung soll zur Information an Anna K., geb. Schaller gehen.
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
K Abschlussvereinbarung Schaller Vereinbarung Zwischen Frau Sofia Schaller, geb. am 31.10.1950, wohnhaft R. … und Frau Rebecca Schaller, geb. am 2.4.1984, wohnhaft R. … und Herrn Christof Schaller, geb. am 26.3.1985, wohnhaft R. … Diese Vereinbarung soll ermçglichen, dass der von meinem Mann bzw. unserem Vater, Anton Schaller, geb. am 2.9.1945, verstorben am 1.5.2006, gegrndete Kinderbuchverlag, der Anton-Schaller-Verlag, in unseren Familie und in unserer Familientradition verbleiben kann. Die am 6.8.2011 zwischen Frau Sofia Schaller und unserer Tochter bzw. Schwester, Frau Anna Kubitzky, geb. Schaller, geb. 4.5.1981, getroffene Vereinbarung ber eine vorzeitige Auszahlung ihres Erbes an dem Kinderbuchverlag in Hçhe von 250 000 Euro bleibt davon unberhrt und bleibt von uns allen akzeptiert. Wir wollen uns auf Grund dieser im Wege der Mediation getroffenen Vereinbarung weiterhin mit Respekt begegnen kçnnen. Sie soll ausgewogen und verlsslich, trotzdem nach Bedarf abnderbar sein und Vorrang haben vor mçglichen juristischen Schritten. Deshalb vereinbaren wir fr einen mçglichen Konfliktfall, zuerst wieder Mediation zu versuchen. Wenn einzelne Punkte dieser Vereinbarung verndert werden mssen, soll nicht die ganze Vereinbarung hinfllig sein. Die Vereinbarung soll in den relevanten Teilen von einem Notar in eine juristisch gltige Form gebracht werden. Die Notarkosten trgt Frau Sofia Schaller. Wir vereinbaren folgende Punkte: 1. Der Verlag soll im Besitz von Familienmitgliedern der Familie Schaller bleiben. Frau Sofia Schaller berschreibt zum 1.12.2016 40 % ihrer Anteile an der GmbH zu gleichen Teilen an Rebecca Schaller und Christof Schaller, so dass beide damit 45 % Anteile am Verlag halten. Mindestens zweimal im Jahr soll eine Verlagssitzung stattfinden, zu der Frau Sofia Schaller von K. nach R. kommen wird und zu der mindestens einmal jhrlich auch die beiden Angestellten eingeladen werden sollen. 2. Der Sitz des Verlags bleibt im jetzigen Verlagshaus, das bis zu einer anderen, evtl. vorzeitigen Erbregelung im Besitz von Frau Sofia Schaller bleibt. Die Grundschuld auf dem Verlagshaus wird weiter von Frau Sofia Schaller aus ihrem Vermçgen getragen, damit der Verlag durch Zinsen und Kapitaldienst nicht belastet wird.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
3. Die Geschftsfhrung des Verlags geht am 1.12.2016 zu gleichen Teilen auf Rebecca Schaller und Christof Schaller ber. Frau Sofia Schaller scheidet zu diesem Zeitpunkt aus der Leitung des Verlags aus. Sie zieht nach K. … im Schwarzwald und wird im Verlagshaus das kleine ehemalige „Pfçrtnerzimmer“ als Wohnmçglichkeit fr ihre Aufenthalte in R. … behalten. 4. Der Verlag soll in zwei Abteilungen untergliedert werden, die mit jeweils eigener Geschftsfhrung und knstlerischer Leitung arbeiten sollen. Den Teil mit dem bisherigen Kinderbuch-Programm des Verlags bernimmt Frau Rebecca Schaller. Dieser Teil des Verlags bleibt im unteren Teil des Hauses. Den neu zu entwickelnden Teil des Verlags mit Comic-Bchern, audiovisuellen Angeboten etc. bernimmt Herr Christof Schaller. Nach dem Auszug von Frau Sofia Schaller wird der erste Stock des Hauses renoviert und so umgebaut, dass der neue Teil des Verlags hier ab dem 1.1.2017 seine Rume haben kann. Danach wird der untere Teil des Hauses renoviert. Die Renovierungskosten trgt Frau Sofia Schaller. Als Gehaltssumme fr Rebecca und Christof Schaller wird vorlufig fr zwei Jahre eine Entnahme von 6500 Euro vereinbart. 5. Die beiden langjhrigen Angestellten des Verlags, Frau A. Brger und Frau C. Mller sollen gehalten werden. Ihnen soll zum 1.1.2017 eine Gehaltserhçhung von 400 Euro angeboten werden. Sie sollen weiterhin fr beide Abteilungen des Verlags arbeiten bzw. sich gegenseitig vertreten kçnnen. 6. Fr die Regelungen dieser Abschlussvereinbarung soll als Probezeit ein Jahr gelten. Die berprfung soll durch Mediation geschehen und auch stattfinden, wenn es keine Konflikte gibt. R., den
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Unterschrift
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
K Notarieller Vertrag Nummer … der Urkundenrolle fr das Jahr 2016 Notarieller Vertrag* Vor mir, dem unterzeichnenden Notar erschienen heute in meinen Amtsrumen: 1. Frau Sofia Schaller, geborene … geboren am 31.10.1950 wohnhaft … handelnd a) fr sich persçnlich b) als alleinvertretungsberechtigte und von den Beschrnkungen des § 181 BGB befreite Geschftsfhrerin der Anton Schaller Verlags GmbH mit dem Sitz in (Geschftsadresse): … 2. Frau Rebecca Schaller, geboren am 2.4.1984 wohnhaft … 3. Herr Christof Schaller, geboren am 26.3.1985 wohnhaft … Die Erschienenen sind dem Notar von Person bekannt. Der Notar befragte die Erschienenen nach einer Vorbefassung gemß § 3 Abs. 1 Nr. 7 Beurkundungsgesetz, die sie verneinten. I. Vorbemerkungen Die Erschienenen erklrten: Wir sind die alleinigen Gesellschafter der im Handelsregister des Amtsgerichts … in Abteilung B unter Nr. … eingetragenen Gesellschaft mit beschrnkter Haftung „Anton Schaller Verlags GmbH“ mit dem Sitz in … . An dem voll eingezahlten Stammkapital von 160 000 Euro ist die Erschienene zu 1. mit den Geschftsanteilen Nrn. 1 bis 80.000 im Nennbetrag von jeweils * Wir danken Andreas Schmitz-Vornmoor, Notar und Mediator in Remscheid, für die Anpassung des Notarvertrags an die aktuelle Rechtslage.
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
einem Euro, insgesamt mit Geschftsanteilen in Hçhe von 80 000 Euro, die Erschienene zu 2. mit den Geschftsanteilen Nrn. 80.001 bis 120.000 im Nennbetrag von jeweils einem Euro, insgesamt mit Geschftsanteilen in Hçhe von 40 000 Euro und der Erschienene zu 2. mit den Geschftsanteilen Nrn. 120.001 bis 160.000 im Nennbetrag von jeweils einem Euro, insgesamt mit Geschftsanteilen in Hçhe von 40 000 Euro beteiligt. Die Beteiligungsverhltnisse ergeben sich aus der zuletzt zum Handelsregister eingereichten notarbescheinigten Gesellschafterliste vom … . Der Notar hat das Handelsregister am heutigen Tag eingesehen. II. Schenkungs- und Abtretungsvertrag ber Teil-Geschftsanteile an einer Gesellschaft mit beschrnkter Haftung mit Zustimmung der Gesellschaft Sodann erklrten die Erschienenen: (1) Die Erschienene zu 1. verschenkt ihre Geschftsanteile Nrn. 1 bis 32.000 im Nennbetrag von jeweils einem Euro, insgesamt in Hçhe von 32 000 Euro an die Erschienene zu 2. und ihre Geschftsanteile Nrn. 32.001 bis 64.000 im Nennbetrag von jeweils einem Euro, insgesamt in Hçhe von 32 000 Euro an den Erschienenen zu 3. (2) Die in Absatz (1) genannten Geschftsanteile werden mit sofortiger dinglicher Wirkung den dies annehmenden Beschenkten bertragen. Das Recht auf den Gewinnbezug geht mit dem 1.1.2017 auf die Beschenkten ber. (3) Die Erschienene zu 1. leistet dafr Gewhr, dass ihr die bertragenen Geschftsanteile ohne Einschrnkungen gehçren, insbesondere weder an einen Dritten abgetreten noch belastet oder gepfndet sind. (4) Nach der Satzung der GmbH bedarf die Verußerung von Geschftsanteilen der Zustimmung smtlicher Gesellschafter, die hiermit von smtlichen Erschienenen erteilt wird. (5) Um den Beschenkten ab sofort die Ausbung ihrer Gesellschafterrechte zu ermçglichen, erteilt die Erschienene zu 1 den Beschenkten bereits heute mit Wirkung ber den Tod hinaus und unter Befreiung von den Beschrnkungen des § 181 BGB unwiderruflich und jeweils einzeln Vollmacht, smtliche Gesellschafterrechte aus den jeweils bertragenen Geschftsanteilen in vollem Umfang und uneingeschrnkt auszuben, insbesondere das Stimmrecht. (6) Die Erschienenen beauftragen den beurkundenden Notar, den Gesellschafterwechsel der Gesellschaft anzuzeigen und dem Registergericht eine neue notarbescheinigte Gesellschafterliste einzureichen.
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6. Angebotsverhandeln/Vorläufige Vereinbarungen (5. Sitzung)
(7) Der Notar wies die Erschienenen darauf hin, dass a) die Erschienene zu 1. fr die Volleinzahlung eines noch nicht voll eingezahlten Geschftsanteils neben den Beschenkten gesamtschuldnerisch haftet (§ 22 GmbH-Gesetz); b) die Erschienene zu 1. und die Beschenkten auch fr die Volleinzahlung der brigen Geschftsanteile dann haften, wenn von den primr verpflichteten Gesellschaftern keine Zahlung zu erlangen und der Fehlbetrag nicht durch Verkauf des betreffenden Geschftsanteils zu decken ist (§ 24 GmbH-Gesetz); c) nach § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG im Verhltnis zur Gesellschaft nur derjenige als Gesellschafter gilt, der in der ins Handelsregister aufgenommenen Liste als Gesellschafter gefhrt ist. III. Gesellschafterversammlung Als smtliche Gesellschafter der im Handelsregister des Amtsgerichts … in Abteilung B unter Nr. … eingetragenen Firma Anton Schaller Verlags GmbH halten wir hiermit unter Verzicht auf die Beachtung aller in Gesetz und Satzung vorgeschriebenen Formen und Fristen eine Gesellschafterversammlung ab und beschließen mit allen unseren Stimmen: 1. Frau Sofia Schaller ist nicht mehr Geschftsfhrerin. 2. Zu neuen Geschftsfhrern werden Frau Rebecca Schaller und Herr Christof Schaller bestellt. Sie vertreten die Gesellschaft gemeinschaftlich und sind von den Beschrnkungen des § 181 BGB befreit. 3. In jedem laufenden Halbjahr des Geschftsjahres soll mindestens eine Gesellschafterversammlung stattfinden, in der die Geschftsfhrer ber die Entwicklung des Geschftsverlaufs berichten. 4. Die Geschftsfhrung und die zustimmungspflichtigen Geschfte regelt ein gesonderter Geschftsfhrungsvertrag. Verantwortlich fr die Kinderbuchsparte ist die Erschienene zu 2. Verantwortlich fr den neu zu entwickelnden Bereich Comics ist der Erschienene zu 3. Beide Verlagsbereiche sind eigenstndig im Bereich der kaufmnnischen Geschftsfhrung und knstlerischen Leitung. 5. Wir bestimmen, dass das Geschftsfhrergehalt bis zum 31.12.2018 fr jeden Geschftsfhrer monatlich 6 500 Euro betragen soll. Nach Ablauf dieser Zeit ist ber die Geschftsfhrervergtung neu zu verhandeln. 6. Frau Sofia Schaller hat der Gesellschaft ein Gesellschafterdarlehn in Hçhe von 80 000 Euro unverzinst zur Verfgung gestellt. Dazu hat sie selbst ein Darlehen in gleicher Hçhe bei der …-Bank in … aufgenommen. Die Darlehen valutieren noch in voller Hçhe. Das Bankdarlehen ist durch eine Grundschuld in Hçhe des Darlehens im Grundbuch des Amtsgerichts …
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A. Exemplarischer Fall einer Erb-Mediation
von … Blatt, in dem Frau Sofia Schaller als Eigentmerin eingetragen ist, abgesichert. Frau Schaller erklrt, dass sie der Anton Schaller Verlags GmbH die Rckzahlung des der Gesellschaft gewhrten Darlehens erlsst und gegenber der Bank weiterhin allein Zins und Tilgung bernimmt. Die Gesellschaft nimmt den Erlass hiermit an. 7. Frau Sofia Schaller rumt die von ihr bislang innegehaltenen Rume im ersten Obergeschoss des in ihrem Eigentum stehenden Verlagsgebudes, die ab dem 1.1.2017 der Anton Schaller Verlags GmbH zur Verfgung stehen sollen. Die Kosten des Umbaus und der Renovierung trgt Frau Sofia Schaller. 8. Den Gesellschaftern ist bekannt, dass die gefassten Beschlsse nicht der Beurkundung bedrfen. Zu den steuerlichen Konsequenzen der vorstehenden Vereinbarungen hat der Notar nicht beraten. IV. Sonstiges Die Erschienenen haben am … die anstehenden Fragen, die Gegenstand dieser Beurkundung sind, im Rahmen eines Mediationsverfahrens vereinbart und hierber eine Abschlussvereinbarung getroffen, die als Anlage 1 zu dieser Urkunde genommen wird. Die Abschlussvereinbarung ist von dem Notar verlesen worden. Die Abschlussvereinbarung soll ergnzend zur Auslegung der vorstehend getroffenen Vereinbarungen herangezogen werden, und die Parteien vereinbaren, dass bei Unstimmigkeiten weiterhin eine Konfliktregelung im Wege der Mediation gesucht werden soll. Bei Unwirksamkeit einer oder mehrerer Bestimmungen dieses Notarvertrages soll nicht der ganze Vertrag unwirksam werden. Die unwirksamen Bestimmungen sollen fr diesen Fall so ausgelegt werden, wie es dem Gesetz und dem Parteienwillen am ehesten entspricht. V. Kosten Die Kosten fr diese Urkunde trgt die Erschienene zu 1. Grundbesitz hat die Gesellschaft nicht. Dieses Protokoll wurde den Erschienenen vorgelesen, von ihnen genehmigt und eigenhndig von ihnen und auch von mir, dem Notar, wie folgt unterzeichnet.
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B. Werkzeugkoffer I. Hintergrundwissen 1. Konflikte, Konfliktreaktionen und Konfliktinteraktionen Übung Mit welchen Botschaften über Konflikt und Streit sind Sie aus Ihrer Herkunftsfamilie in Ihr Erwachsenenleben entlassen worden – welche Botschaften leben Sie heute, geben Sie vielleicht an Ihre Kinder weiter? Welches Konfliktverhalten könnte Sie in einer Mediation aus Ihrer Balance bringen?
K Konflikt und Konfliktlösungsstrategien Zum Thema Konflikt und Konfliktlösung gibt es viel Literatur. Viele Autoren beschäftigen sich dabei mit der Systematisierung und der Kategorisierung von Konflikten. Diese Kategorisierungen helfen in der Mediation nur begrenzt für das Verstehen von Konflikten und die Notwendigkeit von Konfliktlösungsstrategien der Konfliktparteien. Katalogisierungen einer positiven ressourcenorientierten Konfliktsicht – wie sie in der Mediation geübt wird – sind vergleichsweise jung und gehen auf das Konfliktverständnis des Mediziners und Kognitionsforschers Edward de Bono zurück: –
Konflikt als Weiterentwicklung und Veränderung
–
Konflikt als kreativer Prozess
–
Konflikt als Musterveränderung
–
Konflikt als Methode des Wettbewerbs
–
Konflikt als Auseinandersetzung von Interessen
Konflikte sind so ein normales Nebenprodukt des Zusammenlebens und -arbeitens. Fehlen einer Beziehung, einer Organisation, einem Team die täglichen Konflikte, ist das bedenklich und sollte für die Beteiligten eine Warnung sein. Als zwischenmenschliche Schwierigkeiten sind sie unumgänglich und notwendig für die Herausbildung eines Selbstbildes, eines gemeinsamen Bildes.
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B. Werkzeugkoffer
K Konfliktreaktions- und Interaktionsmuster Hilfreich für die Wahrnehmung des eigenen Konfliktverhaltens und das der Medianden ist das Modell der Konfliktreaktions- und der Konfliktinteraktions-Muster. Es kann Mediatoren helfen, auch bei schwierigem Konfliktverhalten von Medianden Neutralität und innere Balance zu wahren. Dieses Modell geht von der Beobachtung aus, dass sich Konfliktpartner – als Einzelne oder auch in Gruppierungen – in drei Konfliktmustern verhalten (oft allerdings nicht eindeutig in einem der Muster, sondern meist mit Anteilen auch aus den jeweils anderen): –
Die „Anpasser“ (= Die Flexiblen)
–
Die „Vermeider“ (= Die Toleranten)
–
Die „Kontrolleure“ (= Die Konstruktiven)
K Anpasser Die Anpasser (= Die Flexiblen) haben folgende Stärken im Konflikt: Sie können Zeit lassen – sie machen keine voreiligen Festlegungen – sie halten Distanz – sie können beobachten – sie können anderen eine Chance lassen – sie benutzen die Zeit, um Informationen zu gewinnen. Ihre Schwäche im Konflikt besteht im Folgenden: Sie verlieren manchmal die eigene Kompetenz – sie verpassen des Öfteren ihre Chance – sie lassen sich fremdbestimmen – sie sind für die anderen oft nicht richtig erkennbar – sie geraten leicht in Abhängigkeiten. Die Interaktionsmuster der Anpasser im Konflikt sehen folgendermaßen aus: Mit anderen Anpassern gibt es häufig kreative Prozesse – es gibt viel Zeit, Ruhe und wenig Verletzungen – es gibt auch Rollenwechsel im Konflikt – manchmal passiert aber auch zu wenig. Mit Vermeidern braucht es häufig viel Zeit und Geduld, bis sich etwas bewegt. Mit Kontrolleuren gibt es im guten Fall konstruktives Verhandeln, im schlechten Fall entsteht viel Druck und Widerstand im Konflikt – Kontrolleure wirken häufig einschüchternd auf Anpasser. K Vermeider Die Vermeider (= Die Toleranten) haben folgende Stärke im Konflikt: Sie empfinden weniger Stress im Konflikt – sie haben oft das größere Harmoniebedürfnis – sie können besser Distanz halten – sie haben dadurch eine Machtstellung – sie sind manchmal aber auch nicht gut erkennbar in ihrer Haltung – bisweilen ignorieren sie Konflikte. Ihre Schwäche im Konflikt ist folgende: Sie bleiben oft in der Defensive – sie sammeln ih-
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1. Konflikte, Konfliktreaktionen und Konfliktinteraktionen
ren Ärger an – sie vermeiden Nähe, was ihre Beziehungen zum Konfliktpartner schwächt – sie sind oft schwer einschätzbar – sie verbrauchen ihre Kräfte mit ihrer Vermeiderhaltung. Die Interaktionsmuster der Vermeider im Konflikt sehen folgendermaßen aus: Mit anderen Vermeidern haben sie oft verdeckte Machtkämpfe – es gibt wenig Nähe im Konflikt und auch bei den Lösungen – häufiger brechen die Konflikte dann doppelt aus – es gibt kurze oder „ewige“ Konflikte. Mit Anpassern können sie gut agieren – manchmal werden sie in dieser Konstellation auch zum Kontrolleur – sie übernehmen gerne für die Anpasser die Verantwortung – häufig ignorieren sie die Anpasser aber auch einfach. Mit Kontrolleuren können sie manchmal Konflikte regelrecht aushebeln, weil die Kontrolleure ihnen nicht gewachsen sind – es gibt wenig Zusammenspiel, oft auch Patt-Situationen. K Kontrolleure Die Kontrolleure (= Die Kreativen) haben folgende Stärken im Konflikt: Sie haben viel Mut und Initiative – sie können Klärung schaffen – sie sind einschätzbar – sie bestimmen gut ihre und anderer Grenzen – sie können gut handeln – sie geben Sicherheit und haben damit auch Macht. Ihre Schwäche im Konflikt liegt in eben diesen Stärken: Sie verwickeln sich in Machtkämpfe – sie machen sich angreifbar und kommen in Rechtfertigungszwänge – sie sind bisweilen stur und unflexibel – sie kleben an Konzepten – sie entwickeln Härte gegenüber sich selbst, aber auch den anderen Konfliktpartnern gegenüber – hin und wieder enden sie paradoxerweise auch in Hilflosigkeit. Die Interaktionsmuster der Kontrolleure sind folgende: Mit anderen Kontrolleuren können sie sehr kreativ sein – durch die gleiche Kampfhaltung entsteht häufig Entspannung, aber es können auch „die Fetzen fliegen“. Mit Anpassern haben die Kontrolleure eine gute, manchmal aber auch eine langweilige Zusammenarbeit – es gibt oft viel Einsamkeit im Konflikt und wenig Kontakt. Mit Vermeidern verlieren sie häufig ihre Macht – sie werden hilflos – manchmal werden sie im Konflikt dann bequem – meistens bleiben sie aber die immer Aktiven. K Konfliktlösungsstrategien Konflikte und Streit ziehen sich oft durch den gesamten Mediationsprozess. Sie können aber auch nur an bestimmten emotional aufgeladenen Stellen auftauchen, besonders bei „Herzblut-Themen“ in fast allen Mediationsfeldern.
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B. Werkzeugkoffer
Nicht selten tauchen Streit und Konflikt erst gegen Ende der Mediation auf, also kurz vor dem oder beim Verhandeln – manchmal sogar nach einer bisher harmonisch verlaufenen Mediation. Das lässt sich folgendermaßen deuten: Jetzt wird es ernst, und die Konfliktparteien müssen sich entscheiden und die Vereinbarungen treffen. Auch bei Überprüfungsterminen kommen die emotionalen Konflikte häufig wieder hoch. Es ist wichtig, dass Mediatoren die verschiedenen Konfliktreaktionsmuster und deren Interaktionen in solchen Konstellationen im Blick behalten und diese Konflikte mit Methoden und Techniken der Mediation bearbeiten. – So gab es bei den Schallers einen heftigen Gefühlsausbruch an der Stelle, wo sie eigentlich an den Interessen arbeiten wollten (s. S. 19). Sowohl Christof als auch Rebecca geraten in Wut und reagieren mit ihren Konfliktmustern (Christof als Kontrolleur, Rebecca als Anpasserin). Auch Sofia reagiert mit ihrem Muster als Kontrolleurin. Sie will die Mediation abbrechen. Die Mediatorin reagiert nicht mit ihrem eigenen Muster (sie ist auch Kontrolleurin und damit in der besonderen Gefahr, mit den beiden anderen Kontrolleuren in einen Machtkampf zu gehen), sondern versucht, auf der Sachebene zu bleiben und auch die drei anderen nicht in ihre Konfliktreaktionsmuster fallen zu lassen. Sie versucht, sie auf die Sachebene zurück zu holen (hier mit der Einführung eines Konfliktspiel-Bildes und der Arbeit an der Veränderung der Spielregeln im Konflikt).
K Methoden Methodisch ist es wichtig, auch im Streit und im Konflikt immer im Grundmuster der Mediation (s. S. 103 ff.) zu bleiben, um hier nicht als Mediator die Balance zu verlieren. Hier sollten Mediatoren mit Arbeitsannahmen (Hypothesen) (s. S. 173 ff.) arbeiten und diese besonders gut überprüfen, um auch im Streit und Konflikt wieder die Ressourcen sehen zu können. Zudem sollte der Mediator auf seine Haltung, insbesondere auf seine Prozessführung achten. Meist hilft auch Schweigen und Zuhören, den Streit auslaufen lassen, ihn würdigen oder auch an die für diesen Fall ausgemachten Regeln zu erinnern. Die Konfliktpartner sollten in ihrer Selbstbehauptung unterstützt werden, jeder Einzelne muss wieder auf die Sachebene geholt werden. K Techniken Als Techniken im Streit und Konflikt bieten sich an: Zusammenfassen, Fokussieren, Paraphrasieren, positives Umformulieren, evtl. Zukunftsorientieren, Konfliktpunkte unterteilen durch Partialisieren, lineares und zirkuläres Fragen, Prozess verlangsamen, Würdigen des Streits,
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1. Konflikte, Konfliktreaktionen und Konfliktinteraktionen
Schweigen und Zuhören, vielleicht auch mit einem produktiven Konfliktspiel-Bild und eine Veränderung der Konflikt-Spielregeln arbeiten (s. S. 20 ff.). K Beispielsätze und Fragen in der Erb-Mediation Schaller – „Ich habe gemerkt, dass der Verlag wirklich ein Herzstück Ihres gemeinsamen Erbes ist. Ich kenne das gut aus anderen Erb-Mediationen, dass da dann manchmal Gefühle und Erinnerungen hochkommen. Es war gut, dass Sie sich eine Pause gegönnt haben. Denken Sie, dass Sie nun trotzdem weiterarbeiten können? Sofia? Christof? Rebecca?“ – „Gibt es vielleicht Konfliktthemen, die sich nicht ganz so heiß anfühlen, mit denen Sie erst einmal weitermachen könnten?“ – „Ich kenne das gut aus anderen Erb-Mediationen, wenn es ernst wird. Dann passieren unvorhergesehene Dinge und neue Konflikte. Das bringt dann meist Bewegung in das Ganze.“ – „Sie haben feste Spielregeln, wie Sie mit Konflikten umgehen. Es könnte sein, dass Sie diese Spielregeln verändern müssen, damit Sie Ihre Vereinbarungen über den Verlag und das Haus besser hinbekommen.“ – „Gibt es bei dem Punkt Verlag vielleicht Unterpunkte, die es Ihnen leichter machen könnten, erst einmal aus dem jetzigen Streit herauszukommen und vielleicht eine kurzfristige Lösung zu finden?“
K Praxisanregungen e Die Haltung von Mediatoren im Streit und bei starken Konflikten
wird häufig durch das eigene Konfliktmuster und die eigenen gelernten Konfliktbotschaften (s. Übung zu Beginn dieses Kapitels), „Streiten reinigt die Luft“, „Streiten führt zu nichts“, „Der Klügere gibt nach“, „Streiten macht Spaß“ bestimmt. Wenn Mediatoren sich hier verunsichern lassen, ist eine Mediations-Supervision oder eine CoArbeit sinnvoll. e Es scheint für eine ausbalancierte Mediationstätigkeit wichtig zu sein,
dass Mediatoren ihre eigenen Konflikt- und KonfliktinteraktionsMuster kennen und diese Muster auch bei Medianden wahrnehmen können. Ein brauchbares Indiz im Umgang mit den Konfliktreaktionsmustern sind eigene Körperempfindungen (Verspannen, Kopfschmerzen, Schwitzen, Unruhe etc.). Wenn Mediatoren das häufiger und zudem an den gleichen Stellen passiert, sollten sie dies in einer Supervision reflektieren. e Mediatoren werden dann ihre Neutralität besser bewahren können,
wenn sie die „normalen“ Reaktionsmuster von Anpassern, Vermei-
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B. Werkzeugkoffer
dern und Kontrolleuren in Konflikten kennen und entsprechend ressourcenorientiert gegensteuern können. Ihre eigene innere Balance und Neutralität wird dann nicht so leicht gefährdet, z.B. durch Koalitionen und Bündnisse mit den Medianden, die die gleichen oder auch die entgegengesetzten Konfliktmuster haben. Mediatoren laufen so weniger Gefahr, Medianden in ihrem Konfliktverhalten verändern zu wollen. e Die beste Technik in hoch emotionalen Konflikten scheint das em-
pathische Schweigen und Zuhören zu sein. Viele Medianden brauchen für ihre Konflikte eine Bühne und genießen die Darstellung ihres Dramas auf dieser Bühne. Danach können sie oft gut weiterarbeiten. Hier ist hilfreich, dass Streit und Konflikt vom Mediator gewürdigt und die Konfliktparteien nicht beschämt werden.
2. Systemischer Ansatz Übung Denken Sie an eine Ihrer kompliziertesten Mediationen. Wenn Sie zwei der Grundsätze aus der Systemtheorie darauf anwenden sollten – (1) Alle Konfliktpartner konstruieren sich ihre Konflikte selbst. (2) Einzelne, Gruppen und Systeme haben die Fähigkeit zur Veränderung – was würde sich in Ihrer eigenen Sicht verändern?
K Theoretisches Grundgerüst Mediatoren brauchen für ihre Arbeit in allen Feldern der Mediation ein theoretisches Grundgerüst, mit dem sie arbeiten, ihre Praxis überprüfen und reflektieren können. Manche Mediatoren stützen sich auf eine analytische Ausrichtung, manche haben einen humanistischen oder auch juristischen Blickwinkel. Die neuere Entstehungsgeschichte der Mediation basiert auf einem systemischen Ansatz. Davon geht im Wesentlichen auch dieses Buch aus. Fast alle amerikanischen Mediatoren, insbesondere auch John M. Haynes, haben sich in ihren Anfängen auf Systemtheoretiker oder Konstruktivisten wie die Mailänder Schule, u.a. M. Selvini Palazzoli, S. de Shazer, G. Bateson, P. Watzlawick, L. Boscolo, H. Maturana, berufen und vieles von deren Denken und aus deren Praxis übernommen. Heute arbeiten viele Mediatoren mit Methoden und Techniken aus der systemischen Arbeit.
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2. Systemischer Ansatz
K Systemische Thesen Die wichtigsten systemischen Thesen, wie John M. Haynes sie in der Mediationsarbeit zugrunde legte, sind Folgende: –
Jeder Konfliktpartner ist Teil eines oder mehrerer Systeme oder Subsysteme.
–
Alle Systeme, mit denen Mediatoren zu tun haben, konstruieren sich ihre eigene Wirklichkeit und damit auch ihre eigenen Konflikte.
–
Alle Systeme haben grundsätzlich die Fähigkeit zur Selbstregulierung und zur Selbstheilung.
–
Bei Konflikten reagieren soziale Systeme immer mit Starrheit. Sie können aber durch eine Person mit Katalysatorfunktion von außen zur Veränderung angestoßen werden, so dass sie selbst neue Lösungen, Regeln und Strukturen entwickeln können.
–
Die Veränderungen geschehen sowohl innerhalb eines Systems als auch zwischen verschiedenen Systemen bzw. zwischen einem oder mehreren Subsystemen.
In fast allen Mediationsfeldern haben es Mediatoren mit Systemen oder Subsystemen zu tun. Alle Konfliktparteien bewegen sich mit ihren Konflikten in mindestens einem oder mehreren System(en), oft auch in Mischungen aus Systemen, Subsystemen und Einzelpersonen. Bekannte Systeme in Mediationen sind z.B. Elternsystem und Kinder-Subsystem, verschiedene Gruppensysteme in einer Nachbarschaft, Schule oder Bürgergruppierung, verschiedene Subsysteme in Erbengemeinschaften, Firmen, Verwaltungen, Krankenhäusern, bei Umwelt- und politischen Konflikten. Auch bei einer Zweiparteien-Mediation handelt es sich um eine „System-Mediation“ (das Paar-System). Mediatoren ihrerseits können mit einzelnen Konfliktpartnern, mit Gruppen oder mit ganzen Systemen arbeiten: –
Jede Konfliktpartei konstruiert sich ihre Wirklichkeit und ihre Konflikte.
–
Einzelne, Gruppen und Systeme haben die Fähigkeit zur Veränderung, zur eigenen Konfliktlösung und zu neuen Strukturen.
–
Diese Veränderungen, Konfliktlösungen und neuen Strukturen können durch systemische Methoden und Techniken angestoßen werden, so dass die Systeme sich selbst weiter entwickeln können.
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B. Werkzeugkoffer
K Konsequenzen Die Sicherheit, dass jedes System oder Subsystem in der Mediation Selbstheilungskräfte sowie die Fähigkeit zur Selbstregulation hat, gibt den Mediatoren die Grundlage für ihren Arbeitsansatz, mit der Autonomie und Selbstbehauptung der einzelnen Konfliktpartner bzw. der verschiedenen Systeme zu arbeiten, in der Gewissheit, dass jedes System sich autopoietisch (selbst erhaltend) verhält. Diese Gewissheit reduziert bei Mediatoren die Versuchung, „Helfer“ oder „Berater“ sein zu müssen. Wenn Mediatoren sich Gedanken machen und Kenntnisse sammeln über das Funktionieren sowie die Ressourcen von Systemen und über Einzelne in Systemen, können sie sich auf ihre Katalysatoren-Funktion beschränken, nämlich Veränderung in Gang zu setzen für neue Regelungsprozesse. Die Systemtheorie sagt, dass auch Kommunikationsprozesse unabhängig von den Systemen und oder von den einzelnen Konfliktparteien entwickelt werden, so dass Mediatoren nicht zu Helfern und Beratern für eine bessere Kommunikation werden müssen. Sie können darauf vertrauen, dass die Kommunikation einer systemisch orientierten Mediation als Modell angenommen wird. Mediatoren sollten daher keinen Druck ausüben, sondern mit Neugierde auf das warten, was passiert. Systemtheoretiker nennen diese Haltung „Veränderungs-Neutralität“ und „Methoden-Neutralität“. Zudem kommt auch die Haltung des Mediators im Sinne einer Allparteilichkeit (s. S. 83 f.) ursprünglich aus der Systemtheorie und ist inzwischen eine allgemein anerkannte Grundannahme der Mediation. Wobei hier Allparteilichkeit verstanden wird als ein Zulassen von Unterschiedlichkeit der verschiedenen Konfliktpartner oder der beteiligten Systeme. Diese Allparteilichkeit ist keine feste, einmal erworbene Haltung, sondern muss im Prozess immer wieder neu hergestellt und überprüft werden. Das Verständnis von Konflikt ist in der systemischen Theorie und der Mediations-Theorie analog: Die Lösungskompetenz für Konflikte liegt bei den Konfliktparteien, die als autonome und sich selbst regulierende (autopoietische) Systeme handeln können. K Systemische Methoden und Techniken In der Methodik und Technik zeigt sich die gegenseitige Nähe und Analogie von Systemtheorie und Mediation: Autonomie der Parteien, Arbeit
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2. Systemischer Ansatz
mit Hypothesen, Ressourcen- statt Problem-Orientierung, Arbeit mit Regeln und neuen Ordnungen, Zukunftsorientierung, Zirkularität, Feedback-Prozesse, Möglichkeitserweiterung und Optionalität, Neutralität, Allparteilichkeit, Konflikte als Lösungsversuche, Arbeiten mit Skulpturen und (Auf-)Stellungen von Systemen, Arbeiten mit Sozio- und Genogrammen, mit Metaphern und Symbolen etc. Fast alle in diesem Buch aufgeführten Methoden und Techniken der Mediation kommen aus der systemischen Arbeit und sind bisweilen mächtige Interventions- und Anstoß-Techniken für Veränderung, hier sind insbesondere die verschiedenen Frageformen, das Zusammenfassen und Fokussieren, Partialisieren, Paraphrasieren, das Arbeiten mit Bildern und Metaphern, mit Feedbackprozessen und Optionen zu nennen. Mit dem Wissen um die Autonomie und Selbstregulation von Systemen sollten Mediatoren sich nicht mehr von den Konflikten sowie den Kommunikationsproblemen der Medianden paralysieren lassen. Sie können mit Hypothesen über das Funktionieren und die Ressourcen der beteiligten Systeme Options- und Veränderungsmöglichkeiten anstoßen und darauf warten, was sich entwickelt. Dafür brauchen sie die Fähigkeit, in mehreren Systemen bzw. Subsystemen gleichzeitig und allparteilich arbeiten zu können und die angestoßenen Veränderungen und Konflikt-Lösungen wahrnehmen und wertschätzen zu können. K Systemisches Hintergrundwissen in der Erb-Mediation Schaller – Da es sich um eine Mehrgenerationen-Mediation handelt, sind systemische Hypothesen zu den beiden Systemen in dieser Erbengemeinschaft nützlich, um jedes System unterstützen und auch, um die jeweils unterschiedlichen Ressourcen wahrnehmen und wertschätzen zu können. – Es gibt neben den beiden in der Mediation vertretenen Systemen noch mindestens zwei weitere, die möglicherweise z.B. bei der Entwicklung von Optionen eine Rolle spielen können: einmal das Geschwister-Subsystem von Christof, Rebecca und Anna, zum anderen das Mitarbeiter-Subsystem des Verlags mit Rebecca, Christof, Frau Müller und Frau Bürger. – Das Wissen um die eigenen Regulationsmöglichkeiten aller dieser beteiligten Systeme gibt dem Mediator die Sicherheit, keinem Konfliktpartner besonders helfen zu müssen, auch Sofia nicht, die im Familiensystem und im Verlagssystem allein zu stehen scheint. (Sie hat bereits begonnen, sich mit ihrer Freundin ein neues System aufzubauen!) – Der Mediator muss wachsam bleiben, ob es in den verschieden Konflikt-Ebenen einen Zeitpunkt gibt, wo vielleicht ein System (z.B. das Geschwister-Subsystem mit Anna) in eine eigene Mediation (evtl. bei einem anderen Mediator) gehört.
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B. Werkzeugkoffer – Bei der Anwendung der systemischen Techniken im Mediationsprozess wird der Mediator darauf achten, dass er bei seinen Hypothesen zirkulär denkt und die jeweiligen noch dazu gehörenden Personen direkt oder indirekt miteinbezieht. (Er wird vielleicht an manchen Stellen, z.B. bei der Optionen-Entwicklung, zusätzlich fragen „Welche Ideen hätte Ihr verstorbener Mann wohl, wenn er hier wäre, oder welche hätten Frau Bürger oder Frau Müller?“) – Bei mehreren beteiligten Systemen in einer Mediation ist die besondere Unterstützung der Selbstbehauptung und das besonders sorgfältige Zusammenfassen für jede einzelne Person im jeweils gerade agierenden System wichtig, insbesondere für die Personen, die sich in mehreren Systemen befinden (hier also z.B. Rebecca und Christof). Das kann allerdings ein Handicap für die notwendige Allparteilichkeit werden und würde im Problemfall in eine systemische Mediations-Supervision gehören.
K Praxisanregungen e Für die Hypothesenbildung und die gezielte Arbeit mit den in diesem
Buch beschriebenen Methoden und Techniken ist es hilfreich, sich systemtheoretisches Hintergrundwissen anzueignen. e Es kann auch hilfreich sein, sich einen systemisch orientierten Media-
tor als Co-Mediator zu suchen, wenn man selbst eine andere Grundausrichtung hat. e Es lohnt sich, bei komplizierten Mediationen (z.B. aus der Verwaltung,
Wirtschaft, Umwelt, aber eben auch bei Erb-Mediationen) eine Art „Systembild“ zu skizzieren mit den jeweils dazugehörigen Personen – auch um zu sehen, wer von den Medianden sich in mehreren Systemen bewegen muss. Für die Arbeit z.B. mit Misch-Mediationen (s. S. 237 ff.) ist dies unverzichtbar. e Bei Problemen mit komplizierten Systemen in der Mediation emp-
fiehlt es sich, einen systemtheoretisch-orientierten Mediations-Supervisor aufzusuchen.
3. Ambivalenz und Polyvalenz Übung Denken Sie an einen zurückliegenden Konflikt, bei dem Sie das Gefühl hatten, dass Sie eigentlich keine klaren Entscheidungen und Regelungen haben wollten, weil Sie nicht wussten, was Sie an die Stelle dieser Konflikte hätten setzen können.
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3. Ambivalenz und Polyvalenz
K Hintergrundwissen Für die Arbeit mit Konflikten in der Mediation ist das Wissen um Ambivalenz und Polyvalenz von Konfliktparteien wichtig. In der Literatur wird dieses Phänomen kaum behandelt. Am ehesten wird die Phase der Ambivalenz in der Trennungs- und Scheidungsmediation erwähnt, d.h. die Zeit, in der für einen oder für beide Partner nicht klar ist, ob der weitere Weg die Trennung sein wird oder die Fortführung der Beziehung. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass es in fast allen Feldern der Mediation diese Phase von Unentschiedenheit, von zwei möglichen Wegen der Entscheidung (Ambivalenz) oder auch von mehreren Wegen (Polyvalenz) gibt. Praktiker der Mediation kennen diese Phasen, die sich manchmal durch die ganze Mediation hindurchziehen und methodisch schwer in den Griff zu bekommen sind. Manche Mediatoren behelfen sich damit, die Mediation zu unterbrechen, bis eine Entscheidung von den Parteien getroffen worden ist. Andere empfehlen den Medianden Therapie oder Beratung. Sie erklären auf diese Weise ein an sich normales Konfliktverhalten implizit für behandlungsbedürftig. K Auftreten von Ambivalenz Die Phase der Ambivalenz ist nicht zwingend bei allen Konfliktparteien in der Mediation anzutreffen, tritt aber häufiger auf als sie wahrgenommen wird. Erfahrungen aus Supervisionen zeigen, dass Mediatoren relativ selten darauf achten, dass die Bereitschaft zu bestimmten Entscheidungen oder Veränderungen bei einer oder allen Konfliktparteien zum Zeitpunkt der Mediation noch nicht reif ist, vielleicht auch in der näheren Zukunft nicht reif sein wird. So kann ein Konflikt notwendig sein, um die Leere zu füllen, die ohne diesen Konflikt auftreten würde. Für manche Konfliktpartner würde es vielleicht auch einen psychischen Absturz bedeuten, wenn es diesen Konflikt nicht mehr gäbe. Der einzige Ausweg scheint dann darin zu bestehen, den Konflikt fortzuführen. Konfliktparteien kennen sich in ihrer eingespielten Dynamik aus. Sie verschafft ihnen Nähe zu ihrem Konfliktpartner, die auf eine andere Art nicht herzustellen wäre. K Ambivalenz in den verschiedenen Mediationsfeldern Erfahrungsgemäß kommen Ambivalenz-Phasen häufiger in BeziehungsMediationen vor als in anderen Konfliktkonstellationen. Aber auch in anderen Mediationsfeldern sollten Mediatoren mit diesem Phänomen rechnen und sich durch Hypothesenbildung Klarheit verschaffen. Auch
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B. Werkzeugkoffer
in Schul-, Verwaltungs- oder Mobbing-Mediationen kann es bspw. vorkommen, dass die Betroffenen ihre Konflikte lösen wollen, aber sie dennoch fortsetzen, sei es aus Angst vor Leere oder vor dem Neuen. Wenn in Mediationen Klarheit über eine Ambivalenz-Situation besteht, kann es sinnvoll sein, den Konflikt auf eine andere Ebene oder einen anderen Umgang zu verlagern. In manchen Erb- oder Familien-Mediationen kann es besser sein, eine Entscheidung für Veränderung (oder für Erblassung bzw. für Trennung) noch reifen zu lassen. Aber auch in Mobbing- oder Wirtschafts-Mediationen sind Ambivalenzen zu beobachten. K Folgen von Ambivalenz Für die von der Ambivalenz Betroffenen kann die Phase einer offenen Entscheidung quälend und nervenaufreibend sein, sei es für Kinder und Jugendliche in einer Familien-Mediation, Kollegen in einer Mobbing- oder Wirtschafts-Mediation oder Partner bzw. andere Verwandte in einer ErbMediation. Da zudem viele Erwachsene während einer solchen Ambivalenzzeit in ihrem Verhalten stark verunsichert sind und bisweilen in ihrer eigenen Entwicklung Rückschritte machen, ist die Konfliktsituation oft schwer auszuhalten. Hier kann dann durch in der Mediation entwickelte Übergangsregelungen wieder Halt erlebbar werden. Regressives Verhalten in Konflikten ist eher normal – damit regulieren die Parteien gewissermaßen ihren Energiehaushalt. Es besteht kein Grund für eine therapeutische Unterstützung. K Mediativer Umgang mit Ambivalenz Wenn Mediatoren die Ambivalenz- oder Polyvalenz-Situation erkannt haben, können sie sich mit ihrem Zeitmanagement und mit ihrer Methodenwahl besser auf den Prozess der Mediation einstellen, anstatt an Abbrüche denken zu müssen. Es handelt sich um eine quasi normale Sonderform der Mediation. Relativ einfach ist die Situation, wenn beide oder alle Parteien ambivalent oder polyvalent sind. Schwieriger sind in der Mediation die Fälle, in denen nur eine oder einige der Konfliktparteien in der Ambivalenz- oder Polyvalenz-Phase und den damit zusammenhängenden Befindlichkeiten sind. Viele ambivalente Mediationen werden als Mediationen mit Machtungleichgewichten gedeutet.
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3. Ambivalenz und Polyvalenz
Konfliktparteien mit einer festen Entscheidung sind oft die Stärkeren, meist auch die psychisch Stärkeren. Diese Ungleichheit fordert die Neutralitäts- und Balance-Fähigkeit von Mediatoren heraus. K Methodenauswahl Neben dem grundsätzlichen Hintergrundwissen ist es wichtig, ein geeignetes Methodenangebot zur Verfügung zu haben. In der systemischen Therapie gibt es einen Zweig, der sich mit Ambivalenzen befasst. Manche der dort entwickelten Techniken lassen sich auch in der Mediation anwenden. In diesem Zusammenhang seien die Methodik und Techniken der „Mehrwege-Mediation“ (s. S. 238 ff.) empfohlen, insbesondere das Arbeiten mit zwei oder mehr Themensammlungen, zweifacher Interessenarbeit, zwei oder mehreren Optionenentwicklungen und vor allem mit einem optionalen Sprachgebrauch, der immer mehrere Möglichkeiten offen lässt. Besonders die Arbeit an den Interessen und tieferen Bedeutungen ist in ihrer Vielschichtigkeit wichtig. In manchen Ambivalenz-Mediationen ist die schwierigste Aufgabe für den Mediator, die eigentliche Ambivalenz zu erkennen und zu benennen, ohne die Mediation in eine therapeutische Arbeit zu verändern. Sehr oft geht es tatsächlich um dieses „Noch nicht“, häufig aber auch um „Offen halten“ und „Sich festlegen“ oder um „Chaos“ und „Ordnung“. Auch für diese inhaltliche Ambivalenz in den Mediationen empfiehlt es sich, zwei oder mehrere Themensammlungen, Interessen- und Optionenlisten zu entwickeln. Die „Rolle des Rechts“ sollten Mediatoren in diesen Mediationen erst ganz am Schluss erarbeiten, um nicht eine Seite der Ambivalenz zu verstärken (z.B. die Seite des „Jetzt festlegen“, der „Ordnung“, was in einem Unternehmen oder in einer Gruppe unter Umständen die kreative Seite vorzeitig aus dem möglichen Ideenfindungsprozess ausschließt). K Beispielsätze in der Erb-Mediation Schaller – „Ich kenne viele Mediationen, in denen lange nicht klar ist, welcher Weg für die Zukunft beschritten werden soll …“ – „Es kommt in Erb-Mediationen häufiger vor, dass Leute etwas vorzeitig vererben und alles aber auch behalten wollen. Wäre es für Sie, Sofia, eine Hilfe, wenn es zwei Themensammlungen gäbe, eine für den ersten, eine für den zweiten Fall?“ – „Wenn der zukünftige Weg noch nicht klar ist und mehrere Lösungen möglich scheinen, ist es manchmal hilfreich, auch für mehrere Wege Optionen und Ver-
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B. Werkzeugkoffer änderungsmöglichkeiten zu entwickeln, auch wenn das vielleicht für denjenigen in der Mediation mühsam ist, für den oder für die bereits alles klar ist. Können Sie sich trotzdem darauf einlassen?“ – „Manchmal klärt sich im Laufe einer Mediation, welche Entscheidung die momentan richtige ist. Und manchmal hilft dazu eine möglichst fantasievolle Entwicklung von vielen Optionen und Alternativen. Wollen Sie sich darauf einmal einlassen? Sofia? Rebecca? Christof?“
K Praxisanregungen e Am wichtigsten erscheint in der Arbeit mit ambivalenten oder poly-
valenten Medianden die eigene Einstellung zu Ambivalenz, um das für die Arbeit notwendige Maß an Geduld, Toleranz und Durchhaltevermögen nicht zu verschleißen. Druck und Ungeduld des Mediators sind in diesem Zusammenhang für die Parteien wenig hilfreich. e Manchmal ist es sinnvoll, der Ambivalenz mit besonders starker
Strukturierung des Prozesses (z.B. mit eigenen Vorschlägen, selbst gesetzten Regeln, einem guten eigenen Zeitmanagement etc.) gegenzusteuern. Hier ist Hypothesenbildung wichtig, um das richtige Maß zwischen Wertschätzung und Gegensteuerung zu finden. e Ambivalenz-Mediationen sind meistens Langzeit-Mediationen, was
nicht unbedingt eine hohe Anzahl von Sitzungen bedeutet, sondern eher eine lange Laufzeit der eigenen Entwicklung der Parteien bis hin zur Entscheidungsfähigkeit. e Ambivalenz-Mediationen stellen besondere Herausforderungen an die
Neutralität von Mediatoren, insbesondere wenn nur eine Konfliktpartei oder eine der Gruppierungen ambivalent ist. Manchmal braucht man dann einen Co-Mediator, der hilft, die verschiedenen Aspekte der Ambivalenz deutlicher zu erkennen, oder auch hilft, die entschiedenere Konfliktpartei zu unterstützen. e Bei der Ambivalenz- oder Polyvalenz-Mediation brauchen Mediatoren
zum einen eine ressourcenorientierte und wertschätzende Grundhaltung sowie zum anderen ein Bewusstsein über ihr eigenes Ambivalenz-Verhalten in eigenen Konfliktsituationen. e In der Ambivalenz-Mediation können klare und knappe Ergebnispro-
tokolle der Sitzungen (besonders über die zwei oder mehr Wege und Möglichkeiten) besonders hilfreich und wirkungsvoll sein.
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4. Materieller und immaterieller Kontenausgleich
4. Materieller und immaterieller Kontenausgleich Übung Denken Sie an einen Ihrer privaten Konflikte. Welche materiellen oder ideellen Werte wären Sie bereit, für die Lösung dieses Konflikts einzusetzen? Was würden Sie dafür im Gegenzug von der anderen Seite verlangen und was würden Sie wohl dafür bekommen?
K Werte- und Gerechtigkeitsvorstellungen Vielen Konflikten liegen unterschiedliche Gerechtigkeitsvorstellungen zugrunde. Jeder Mensch hat eine Vorstellung davon, welche (subjektiven) „Anrechte“ ihm oder anderen zustehen. Das subjektiv wahrgenommene Recht wird hergeleitet aus einer individuellen inneren Landkarte der Gerechtigkeit, die sich jeder seinen eigenen Normen und Maßstäben entsprechend formt. Dabei spielen geltendes Recht, soziale und moralische Standards sowie individuelle Wertesysteme und persönliche Erfahrungen zusammen. K Maßstäbe für Gerechtigkeit Für die Arbeit mit Gerechtigkeitskonflikten ist es hilfreich, sich seiner eigenen Werte- und Gerechtigkeitskoordinaten bewusst zu sein. Themen zur sozialen Gerechtigkeit begleiten das alltägliche Leben (so die Generationengerechtigkeit, Gerechtigkeit von Arbeit und Nichtarbeit, Genderoder Gesundheitsgerechtigkeit). Es gibt zahlreiche Modelle für Gerechtigkeit beim Austausch von Werten in Beziehungen. Die drei wichtigsten Prinzipien einer Verteilungsgerechtigkeit sind das Gleichheitsprinzip, das Leistungsprinzip und das Bedürfnisprinzip. Daneben gibt es weitere Prinzipien wie Billigkeit oder Kompensation. Während die genannten Prinzipien die Verteilung der Outputs betrachten, d.h. auf das Verteilungsergebnis ausgerichtet sind, stellt die Verfahrensgerechtigkeit den Prozess der Entscheidungsfindung in den Mittelpunkt. Es wird ein Verfahren umgesetzt, das die Konfliktparteien als fair akzeptieren. Diese gängigen Gerechtigkeitsmodelle stoßen häufig dann an Grenzen, wenn neben materiellen Werten auch immaterielle Werte einbezogen werden.
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B. Werkzeugkoffer
K Erbgerechtigkeit Dieses Defizit tritt insbesondere bei der Vorbereitung von Familien- und Erb-Mediationen immer wieder auf. Den Konflikten in nahen Beziehungen liegen vielfach unterschiedliche Gerechtigkeitsvorstellungen im Hinblick auf den Ausgleich immaterieller Werte zugrunde (bspw. Verzichtsleistungen für den Partner oder Pflege von Angehörigen). Das deutsche Erbrecht geht von einer egalitären Vererbung aus und sichert allen Erben (zumindest) einen Pflichtteil am Nachlass zu. Eine Berücksichtigung von immateriellen Werten/Leistungen sieht das Gesetz nicht vor und kann daher häufig keine befriedigenden Antworten auf die Frage nach Erbgerechtigkeit bieten. In der Mediation können entsprechende Antworten gefunden werden, da die Medianden in einem Austauschprozess von Geben und Nehmen ihre eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen umsetzen. K Modell der inneren Buchführung und des Kontenausgleichs Ein in der Mediationspraxis bewährtes Modell ist der Paartherapie entlehnt und geht auf Ivan Boszormenyi-Nagy zurück. Das von Boszormenyi-Nagy entwickelte Modell der inneren Buchführung und des Kontenausgleichs von Geben und Nehmen zwischen Paaren oder zwischen Generationen ist nützlich als Hintergrundwissen für die Entwicklung von Arbeits-Hypothesen. Besonders für die Dynamik von Trennungen ist dieses Modell hilfreich, weil es offen ist für die Einbeziehung von immateriellen Werten, die gerade bei Trennungen häufig eine Rolle spielen. Viele Medianden haben hier ein Bedürfnis nach Kontenausgleich und Gerechtigkeit. Die Konfliktparteien bilanzieren ihre bisherige Austauschbeziehung. Weniger geht es dabei um Gewinnen und Verlieren. Das Denkmodell von Boszormenyi-Nagy geht (vereinfacht) davon aus, dass lebendige Systeme vom Ausgleich zwischen Geben und Nehmen leben. Derjenige, der etwas genommen hat, verliert seine Unabhängigkeit und will etwas geben, um einen Ausgleich zu schaffen und wieder unabhängig zu werden. Geglückte Beziehungen oder auch geglückte Trennungen hängen nach diesem Modell vom geglückten Umsatz und Kontenausgleich von Geben und Nehmen ab. Unauflösbar wird ein Konflikt immer dann, wenn der Ausgleich nicht hergestellt werden kann, so z.B. dann, wenn einer ausschließlich gibt und so den oder die anderen in Abhängigkeit hält. Das gilt aber auch, wenn einer sich weigert, etwas zu nehmen und den oder die Geber am Austausch hindert. Dadurch kann
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4. Materieller und immaterieller Kontenausgleich
keine neue Ordnung entstehen, es wird keine neue „Währung“ im Sinne der Gerechtigkeit gefunden. Ein Kontenausgleich findet so nicht statt. Stattdessen gibt es Gewinner und Verlierer. K Kontenausgleich von materiellen und immateriellen Werten Das Modell der Ökonomie von Geben und Nehmen passt nicht nur für Trennungs- und Scheidungs-Mediationen, sondern auch für Mediationen aus anderen Feldern, weil es in fast allen Mediationen um materielle und immaterielle Werte sowie um die Verrechnung und den Ausgleich dieser Werte geht. Oft beruht die Destruktivität von Konflikten auf einem gestörten Anerkennungsverhältnis zwischen den Parteien. Das daraus herrührende Ungleichgewicht gilt es auszugleichen. Die „Währung“ dafür ist nicht in allen Mediationen gleich, manchmal heißt sie „Fairness“, manchmal „Respekt“, „Verlässlichkeit“, „Sicherheit“ oder anders. Das Bedürfnis nach Ausgleich von „Konten“ kann bei den Medianden gelegentlich skurrile Formen annehmen. Dann gibt es „Schuld gegen Geld“, „Kontakt zu Pflegekindern gegen juristisch nicht begründeten Unterhalt“. K Mediation als Börse Für dieses Bedürfnis nach Verrechnung von materiellen und immateriellen Werten und Konten bietet Mediation einen guten Rahmen, weil hier mit einer eigenen „Währung“ und mit einem Interessenausgleich von Werten gehandelt wird. In manchen Erb-Mediationen und in manchen Wirtschafts-Mediationen wird das sehr auffällig, wenn beim Verhandeln klar wird, dass die „Währung“, mit der dort verhandelt wird, eine innerfamiliäre oder eine innerbetriebliche Währung ist. Deshalb ist es wichtig, dass für den fairen Austausch eigene Kriterien und Maßstäbe von den Parteien entwickelt werden. K Methodisches Vorgehen Aufgabe des Mediators ist es zunächst, die unterschiedlichen Ansichten der Medianden zu erkunden und dabei gegebenenfalls auch moralische Ansprüche zu erkennen und differenziert zu benennen. Häufig erschließen sie sich aus negativen Gefühlen – sei es als Verletzung (Kränkung, Demütigung, Diskriminierung), sei es als ein Zeichen von Mangel (Eifersucht, Neid), sei es respektvoll behandelt werden zu wollen (Scham, Wut) oder auch nur als ein nicht näher fassbares „Das-ist-nicht-richtig“Gefühl. Ziel ist das Kennenlernen und die Akzeptanz der elementaren
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B. Werkzeugkoffer
Gerechtigkeitsbedürfnisse der jeweils anderen Seite. Und damit verbunden die Einsicht, dass individuelle Vorstellungen von Gerechtigkeit stets Teil einer subjektiven Wirklichkeit sind. Aus diesen Überlegungen wird deutlich, wie wichtig die Schritte der Arbeit an den Interessen und Bedürfnissen, an den Fairness- und Gerechtigkeitskriterien sowie an der Erstellung von Bildern der materiellen und immateriellen Werte ist. Nur so kann die passende „Währung“ für den Austausch gefunden werden. K Austausch von materiellen und immateriellen Werten in der Erb-Mediation Schaller – Die Währung für den Austausch ist: „Verlässlichkeit“, „Bestand für die Zukunft“, „Wille des Vaters“ (s. Arbeit an den Interessen, S. 16 ff.), so wie „Respekt“ und „Familientradition“ (s. Präambel, S. 43). – Der eigentliche Austausch ist z.B.: andere Zukunftsperspektiven und Angebote (z.B. bei Rebecca von ihrer Londoner Freundin, bei Christof von seiner Freundin Dominique) gegen Geschäftsleitung und festes Gehalt; z.B. bei Sofia: Weiterarbeit der Kinder im Verlag gegen Tilgung der Grundschuld, Veränderung der Aktienanteile, Übernahme von Umbau- und Renovierungskosten, einer neuen Computerausstattung und Erlass der Miete fürs Verlagshaus. – Es wird klar: Es gibt jetzt eine neue „Währung“ und neue Verrechnungsmöglichkeiten, die nicht den juristisch und ökonomisch üblichen entsprechen. Es gibt eine neue Bewertung von Arbeit, von Geld und Besitz in dieser Familie. Und es gibt eine neue Generationengerechtigkeit – denn geprüft und für gut befunden wurde alles an den von jedem und gemeinsam entwickelten Fairnessund Gerechtigkeitskriterien.
Beim Verhandeln stellt sich heraus, ob es eine neue Währung und neue Verrechnungsmöglichkeiten in der Mediation gibt oder geben wird. Von den Mediationstechniken eignen sich für die Erarbeitung und Überprüfung der Währungen und der Tauschwerte besonders das Zusammenfassen (s. S. 193 ff.) und das Paraphrasieren (s. S. 203 ff.). K Praxisanregungen e In Mediationen mit Gerechtigkeitskonflikten ist der Fokus auf sub-
jektive Gerechtigkeitsnormen häufig der Schlüssel zum Verständnis der jeweils anderen Sichtweise. Aufgabe des Mediators ist es dabei, aufzuzeigen, dass jede der Parteien Gerechtigkeitsmaßstäbe in unterschiedlichen Situationen unterschiedlich anwendet.
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5. Indikation und Kontra-Indikation
e Wichtig ist es, Hypothesen in der Mediation zu bilden, ob ein Aus-
tausch über Geben und Nehmen überhaupt möglich ist, ob also alle Konfliktparteien geben und nehmen können. e Notwendig sind ferner Hypothesen darüber, was in der Mediation die
eigentliche Währung, die Tauschwerte und die „Wechselkurse“ sind (s. z.B. die bei Schallers). e Geduld und Zuversicht sind gefragt, wenn Medianden dabei sind, ih-
re bisherigen Ausgleichsbeziehungen zu bilanzieren und ihre eigene Währung für den Austausch zu entwickeln. e Mediatoren sollten die Währungen und Konten nicht bewerten, auch
wenn diese nicht dem eigenem Werteverständnis entspricht. e Besonders bei interkulturellen Mediationen sind Währungen und
Tauschwerte oft sehr weit von den eigenen Vorstellungen des Mediators entfernt. In diesen Fällen kann Co-Arbeit mit einem Mediator mit ähnlichem Tauschwertdenken Sinn machen.
5. Indikation und Kontra-Indikation Übung Überlegen Sie, welche Kriterien für oder gegen eine Mediation bei Ihnen selbst sprechen würden, wenn Sie sich entscheiden würden, mit Ihrem letzten aktuellen beruflichen oder privaten Konflikt in Mediation zu gehen?
K Indikation für Mediation Die Frage der Indikation sowie der Kontra-Indikation (Ausschlusskriterien) ist früher viel diskutiert worden. Heute scheint ein Konsens darüber zu bestehen, dass Mediation aus methodischer Sicht grundsätzlich auf alle Konflikte anwendbar ist. Es gibt in der Praxis Konstellationen, in denen Mediation eher geeignet zu sein scheint, und andere, in denen Mediation weniger geeignet erscheint. Für eine Erb-Mediation wie im vorliegenden Fall der Erbengemeinschaft Schaller ist die Indikation relativ leicht zu beschreiben. Die folgenden Indikationskriterien können für viele Mediationsfelder angewandt werden: K Indikations- und Kontra-Indikationskriterien Kriterien für oder gegen eine Mediation lassen sich grundsätzlich in vier Kategorien unterteilen:
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B. Werkzeugkoffer
–
Positive Indikation bei Medianden
–
Eingeschränkte Indikation bei Medianden
–
Kontra-Indikation bei Medianden, die sich eventuell noch in positive Indikationen umwandeln lassen
–
Indikationskriterien in der Person des Mediators
K Positive Indikation bei Medianden Eine Mediation ist dann besonders erfolgversprechend, wenn alle Konfliktbeteiligten eine nachhaltige Lösung anstreben. Dies ist im Allgemeinen der Fall, wenn die Beteiligten nicht nur vergangenheitsbezogene, sondern auch zukunftsbezogene Ziele verfolgen, weil sich ihre Lebenswege nach dem Konflikt nicht ohne weiteres voneinander trennen lassen. Dies gilt typischerweise bei Trennungs- und Scheidungskonflikten mit Kindern sowie bei Erbstreitigkeiten, aber auch bei langdauernden Geschäftsbeziehungen im Wirtschaftsbereich, z.B. Gesellschafterauseinandersetzungen oder Konflikten am Arbeitsplatz. Haben die Parteien bereits den Weg in die Mediation gefunden (s. S. 103 ff.), können Mediatoren nach Abschluss der Vorlaufphase zunächst davon ausgehen, dass eine Mediation in Frage kommt, wenn alle beteiligten Konfliktparteien dies wollen und auch bereit sind, einen Mediationskontrakt (s. S. 273 ff.) zu unterschreiben. Wichtig ist es, in der Vorlaufphase und im Einführungsgespräch, Hypothesen zur Frage der Indikation zu bilden und diese auch im Laufe der Mediation regelmäßig zu überprüfen (in schwierigen Fällen auch in Supervision). Dabei können folgende Hypothesen hilfreich sein: –
Alle beteiligten Medianden wollen Mediation und kein anderes Verfahren (z.B. psychologische oder juristische Beratung, Therapie, eine Schlichtung oder ein schiedsgutachterliches Votum).
–
Alle beteiligten Medianden können sich vorstellen, mit diesem Mediator (bzw. mit diesen Mediatoren) zu arbeiten, und sind auch bereit, den Mediationsvertrag zu unterschreiben.
–
Alle Medianden sind in der Lage, sich selbst zu vertreten, oder sind bereit, jemand mitzubringen, der sie im Prozess direkt unterstützt.
–
Der Mediator kann sich seinerseits vorstellen, mit diesen Medianden zu arbeiten.
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5. Indikation und Kontra-Indikation
K Hypothesen für eine positive Indikation bei der Erbengemeinschaft Schaller – Alle an der Erb-Mediation Beteiligten wollen die Mediation und sind auch bereit, den Mediationskontrakt zu unterschreiben. Ob Sofia Schaller wirklich Mediation will oder doch auch psychologische Beratung, muss evtl. geprüft werden. – Alle Beteiligten können sich vorstellen, mit dieser Mediatorin zu arbeiten. – Auch die Mediatorin kann sich vorstellen, mit dieser Erbengemeinschaft zu arbeiten. – Alle Beteiligten scheinen in der Lage zu sein, sich selbst vertreten zu können.
K Eingeschränkte Indikation bei Medianden Die Frage der eingeschränkten Indikation entscheidet sich daran, ob die auftretenden Probleme in Ressourcen verwandelt werden können und eine Arbeitsfähigkeit in der Mediation hergestellt werden kann. Eingeschränkte Indikation könnte in folgenden Fällen vorliegen: – Es gibt ein starkes Machtungleichgewicht zwischen den Medianden. – Es besteht eine hohe Emotionalität bei allen (oder bei einigen) Medianden. – Es gibt Drohungen, Erpressungen, Androhung von Gewalt. – Daten und Fakten werden nicht von allen Medianden gleichermaßen veröffentlicht. – Die Medianden sind während des ganzen Mediationsprozesses nicht oder nur stark eingeschränkt in der Lage, miteinander zu reden. – Es gibt häufige Sitzungsabbrüche, Zuspätkommen oder Nichteinhalten von Terminen. – Die Medianden agieren gleichzeitig mit juristischen (oder je nach Feld mit anderen maßgebenden) Fachleuten im Hintergrund. – Die Medianden sind nicht bereit, juristische Beratung einzuholen, wenn diese erforderlich ist.
K Hypothesen für eine eingeschränkte Indikation bei der Erbengemeinschaft Schaller – Es scheint ein Machtungleichgewicht zwischen der Mutter und jetzigen Geschäftsführerin Sofia und den beiden Kindern Rebecca und Christof zu geben. Die Mediation wird nur gelingen, wenn dieses Ungleichgewicht aufgehoben werden kann. – Daten und Fakten werden nicht von allen Beteiligten gleichermaßen veröffentlicht. Sofia veröffentlicht nicht die Höhe ihres Vermögens. Dies könnte jedoch eine Ressource für die Optionenentwicklung bedeuten und stellt zunächst keine Kontra-Indikation für die Mediation dar.
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B. Werkzeugkoffer – Die Beteiligten sind zunächst nur sehr zögernd bereit, juristische Beratung einzuholen. Die Mediatorin wird achtsam sein müssen, dass dieses trotzdem im Laufe der Mediation geschieht, spätestens vor Abfassung der Vereinbarungen. – Die Mediatorin sollte Supervision zumindest als Hilfsmöglichkeit im Auge behalten, da sie selbst schlechte Erfahrungen mit einer Erbfolgeregelung in ihrer eigenen Familie gemacht hat. – Auch sollte die Mediatorin achtsam sein in Bezug auf mögliche Bündnisse mit Sofia, da diese im gleichen Alter wie sie selbst ist.
K Umgang mit eingeschränkter Indikation Viele der eingeschränkten Indikationen sind für einige Mediatoren bereits Kontra-Indikationen, z.B. die Frage von Gewaltandrohung oder im Hintergrund der Mediation agierenden Anwälten. Mediatoren sollten die Mediation als einen Prozess begreifen und versuchen, herauszufinden, warum sie ihrerseits bestimmte Konstellationen nicht oder schlecht aushalten können und wie es gelingen kann, konstruktive Mitwirkungsbereitschaft bei den Parteien zu wecken. So kann die Arbeitsfähigkeit der Medianden wieder hergestellt werden, auch bei Machtungleichgewicht, starken Emotionen, bei Drohungen, bei massiven Kommunikationsschwierigkeiten. Maßstab ist, ob die Konfliktpartei in der Lage ist bzw. versetzt werden kann, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Gelangt der Mediator jedoch zu der Überzeugung, dass dies nicht der Fall ist, wird er die Mediation beenden müssen. K Kontra-Indikation Für eine Kontra-Indikation von Medianden sprechen: –
schwere Suchtabhängigkeit
–
schwere psychische Erkrankungen
–
physische Gewaltanwendung
K Methodische Hilfen Dem Prozessgedanken, der Veränderbarkeit und der Optionalität in der Mediation entspricht es, eingeschränkte Indikationen oder auch mögliche Kontra-Indikationen in positive Indikationen zu verwandeln und mit ihnen weiter zu arbeiten, möglicherweise als eine eingeschränkte Mediation, bei der andere Themen im juristischen System bearbeitet werden müssen, z.B. Eilbedürftigkeit, weil Rechtsverlust droht. Vielleicht haben die Medianden aber auch im Verlauf der Mediation gelernt, wie sie mit Problemen und Konflikten weniger starr umgehen können. In diesen Fäl-
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5. Indikation und Kontra-Indikation
len kann man davon ausgehen, dass die Selbstbehauptung der Partei stark eingeschränkt ist und sie nicht mehr hinreichend für die eigene Person eintreten kann. Zudem ist bei diesen Parteien die Fähigkeit, sich in die andere Seite hineinzuversetzen, nur noch in geringem Umfang vorhanden. Methodische Versuche, diese Erstarrung im Sinne einer eingeschränkten Indikation aufzubrechen, sind z.B.: –
Bei grobem Machtungleichgewicht Die Mediatoren können versuchen, mit mediierten Regeln für mehr Machtausgleich zu sorgen, evtl. Einzelgespräche (Shuttle-Mediation) mit jedem Konfliktpartner zu führen, sog. Doubles (Stellvertreter) zur Stärkung jeder Partei vorzuschlagen, einen Co-Mediator einzubeziehen etc.
–
Bei hoher Emotionalität Auch hier können Regeln mediiert werden, wie z.B. in der Mediationssitzung mit Gefühlsausbrüchen, Verletzungen, Schreien etc. umgegangen werden soll.
–
Bei Drohungen und Erpressungen Das Gleiche gilt für Drohungen und Erpressungen. Hier hilft oft die Technik des Normalisierens („Ich kenne das gut aus anderen Mediationen, wenn man unter Druck steht, kommt noch mehr Druck raus.“). Auch Übergangs- oder zeitlich begrenzte Teillösungen nehmen oft den Druck.
–
Bei Nichtveröffentlichung von Daten und Fakten Es empfiehlt sich, so zu arbeiten, als sei es normal, dass Informationen noch fehlen. Gleichzeitig sollte aber immer wieder darauf hingewiesen werden, dass sie noch fehlen, und dies evtl. auch visualisiert werden, z.B. im Wertebild mit leeren Blättern (s. S. 219 ff.). Manchmal beschränkt sich die Mediation dadurch auf diejenigen Punkte, für die vollständige Offenlegung vorliegt. Mediatoren sollten darauf achten, dass diese Informationen spätestens bei der Optionenentwicklung offenbart oder von einem anderen Konfliktpartner genannt werden (z.B. Nebenverdienste, andere Konten bei der Bekanntgabe von Informationen aus anderen beruflichen Beziehungen o.Ä.).
–
Bei massiven Kommunikationsschwierigkeiten Hier lohnt es sich, jeden der Partner in seiner Selbstbehauptung zu unterstützen oder hier mit Shuttle-Mediation oder Doubles zu arbei-
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B. Werkzeugkoffer
ten. Die Einbeziehung eines Co-Mediators kann ebenfalls hilfreich sein. –
Bei Abbrüchen, Terminboykotts etc. Bei Abbruchdrohungen ist es nützlich, zu mediieren, was im Fall des Scheiterns schlimmsten Falles eintreten würde (die WATNA aus dem Harvard-Konzept), welche mittelguten Alternativen es zur Mediation gibt und wie diese aussehen könnten, wenn die Medianden die besten (die BATNA) nicht wollen. Manchmal genügt es schon, das Zeitmanagement neu zu mediieren (s. S. 222 ff.) – bisweilen kommt der zeitliche Druck auch aus anderen Zusammenhängen und sollte ausgesprochen und neu geregelt werden.
–
Bei im Hintergrund agierenden Anwälten oder anderen Fachleuten Auf jeden Fall sollte ein Abbruch durch den Mediator erst nach einer Supervision erfolgen. Vielleicht hat er nicht oder unzureichend die Rolle des Rechts mediiert und den Medianden die Chance genommen, darüber eine verbindliche Vereinbarung zu treffen (evtl. mit einer Vereinbarung über die Sanktionen, wenn diese Vereinbarung nicht eingehalten wird). Auch hier sollte der Mediator fragen, welche Rolle er selbst dem Recht in der Mediation gibt.
–
Bei Nichteinholung von notwendiger parteilicher Beratung – durch Juristen oder auch andere Fachleute Wirkt der Mediator darauf hin, dass die Medianden externe Beratung, sei es durch Anwälte oder andere maßgebliche Fachleute (Immobilien-Fachleute, Steuerberater, Pädagogen, Ärzte etc.) einholen, und kommen diese der Empfehlung nicht nach, sollte der Mediator prüfen, ob er im konkreten Einzelfall eine (parteiliche) Hintergrundberatung ausnahmsweise für verzichtbar hält. Auch hier könnte ein Supervisionsgespräch hilfreich sein.
K Indikationskriterien in der Person des Mediators Häufig liegen die Gründe für eine Kontra-Indikation beim Mediator selbst. Um das herauszufinden, ist kontinuierliche Praxis begleitende Reflexion (Supervision, kollegiale Beratung) sinnvoll. Aus biographischen oder beruflichen Fallen des Mediators ergeben sich häufig Kontra-Indikationen (z.B. eine eigene Erbstreiterei bei einer Erb-Mediation, eigenes Mobbing bei einer Arbeitsrechts-Mediation mit Mobbingbezug, große Unsicherheiten aus der Schulzeit bei einer Schul-Mediation etc.). Auch
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6. Rechtliche Implikationen
eigene Betroffenheiten zum Zeitpunkt einer Mediation können zu Kontra-Indikationen werden (z.B. Krankheit, starke psychische Belastungen). War der Mediator zuvor in seinem Herkunftsberuf bspw. als Rechtsanwalt, Berater, Coach oder Therapeut in derselben Sache für eine der Parteien tätig, ist ihm die Durchführung der Mediation von Gesetzes wegen verboten, § 3 Abs. 2 MediationsG. Hatte der Mediator in anderer Rolle oder Zusammenhang mit einem oder allen Medianden Berührungspunkte, sei es als Freund, Nachbar, Verwandter, Kollege oder Ähnliches, ist er verpflichtet, das Näheverhältnis offenzulegen, § 3 Abs. 1 MediationsG. In Zweifelsfällen sollten Mediatoren sich für eine klare Rollentrennung entscheiden und den Fall nicht übernehmen. Zu den rechtlichen Beschränkungen s. S. 84. K Praxisanregungen e Es empfiehlt sich, die Fragen von Indikation und Kontra-Indikation
mit Mediationskollegen in einem Arbeitskreis zu besprechen. e Bisweilen sind Mediationen, bei denen sich die Indikationenfrage
stellt, sehr eng und karg, weil sie sich nahe am rechtlichen oder anderen normativen Rahmen halten. Durch positiv unterstützende und ressourcenorientierte Arbeit können diese Mediationen sich entwickeln. Mediatoren sollten den Mut haben, ihre jeweiligen Indikations-Hypothesen im Verlauf der Mediation immer wieder zu überprüfen. Oft sind anfängliche Blockaden doch noch auflösbar. e In der Mediationsliteratur gibt es wenig Material zu Fragen der Indi-
kation. Hilfreich kann der fachliche Austausch mit einem Psychotherapeuten oder eine Supervision sein, um eine erste Einschätzung zur Person zu gewinnen.
6. Rechtliche Implikationen Übung Welche der rechtlichen Grundsätze für Mediation sind für Sie selbst für Ihre Tätigkeit als Mediator/in am wichtigsten? In welchen Verfahrensabschnitten spielen die rechtlichen Vorgaben und möglichen Berührungspunkte in Ihren Fällen normalerweise eine Rolle?
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B. Werkzeugkoffer
K Rolle des Rechts und Mediationsrecht Anders als staatliche Gerichtsverfahren, deren Ergebnisse strenger Justizförmigkeit unterliegen, ermöglicht das Mediationsverfahren den Parteien, den Konflikt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und Lösungswege einzuschlagen, die das Gerichtsverfahren nicht kennt. Dennoch geht es – von wenigen „rechtsfernen“ Mediationen wie etwa im Kontext Schule abgesehen – bei den allermeisten Konflikten um die Gestaltung oder Verwirklichung von Rechten der Beteiligten. Auch in der Mediation ist die Auseinandersetzung mit Fragen rund um die Rechtslage daher unvermeidbar. Auf die in diesem Zusammenhang bedeutende Frage nach der allgemeinen Rolle des Rechts wird in einem gesonderten Kapitel (s. S. 140 ff.) eingegangen. Davon zu unterscheiden ist das hier behandelte Recht der Mediation, das die gesetzlichen und berufsständischen Rahmenbedingungen betrifft, unter denen die Mediationsverhandlungen stattfinden. In diesem Abschnitt geht es um den Ordnungsrahmen, der die Durchführung des Mediationsverfahrens und die rechtlichen Beziehungen der Beteiligten untereinander regelt. Seit Erscheinen der Erstauflage dieses Titels vor bald 15 Jahren hat sich hier sehr viel getan. Insbesondere wurde die Mediation erstmals auf eine spezifische gesetzliche Grundlage gestellt. Hierzu wurde und wird viel publiziert (statt aller Eidenmüller/Wagner, Greger/ Unberath/Steffek, Klowait/Gläßer). Eine umfassende Behandlung dieses komplexen Themas widerspräche dem Charakter dieses methodischen Werkstatttitels. Der folgende Abschnitt konzentriert sich daher auf die zentralen mediations-rechtlichen Parameter im Sinne von Grundlagenwissen, das insbesondere für das notwendige Problembewusstsein sensibilisieren soll. K Privatautonomie Die Mediation ist in besonderer Weise Ausdruck der grundgesetzlich geschützten Privatautonomie. Im Zentrum stehen die Parteien als autonom handelnde Individuen. Die Parteien versuchen, ihren Konflikt selbst einer Lösung zuzuführen. Sie streben an, ihre Rechte und Verantwortlichkeiten selbst zu regeln – und zwar jenseits justizieller Streitbeilegungsverfahren. Das Recht fungiert hierbei lediglich als Ordnungsrahmen zum Schutz und zur Verwirklichung der Autonomie der Beteiligten. Das Bundesverfassungsgericht beschrieb dieses Recht auf Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben in einer grundlegenden Entscheidung aus dem Jahr 1990: „Auf der Grundlage der Privatautonomie, die
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6. Rechtliche Implikationen
Struktur einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung ist, gestalten die Vertragspartner ihre Rechtsbeziehung eigenverantwortlich. Sie bestimmen selbst, wie ihre gegenläufigen Interessen angemessen auszugleichen sind, und verfügen damit zugleich über ihre grundrechtlich geschützten Positionen ohne staatlichen Zwang. Der Staat hat die im Rahmen der Privatautonomie getroffenen Regelungen grundsätzlich zu respektieren.“ (BVerfG, Beschl. v. 7.2.1990 – 1 BvR 26/84). K Mediationsgesetz im Regelungsgefüge Seit 2012 hat Deutschland ein Mediationsgesetz – Gesetz zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung (MediationsG). Mit dem Gesetz hat der Gesetzgeber eine entsprechende EU-Richtlinie (2008/52/EG) aus dem Jahr 2008 umgesetzt. Im Kern umfasst das MediationsG lediglich neun Paragraphen, Anhang S. 293, die im Wesentlichen Regelungen über Begriffsbestimmungen, Aufgaben des Mediators, Tätigkeitsbeschränkungen, Verschwiegenheitspflicht, Aus- und Fortbildung sowie Übergangsbestimmungen enthalten. (Es wird empfohlen, den Gesetzestext zum Einstieg in dieses Kapitel zu lesen.) Die Regelungen des MediationsG sind überwiegend nicht zwingend, sondern dispositiv. Grundsätzlich können die Parteien den Regelungsrahmen für die Durchführung des Mediationsverfahrens daher autonom gestalten. Die Rechtsstellung der Parteien ergibt sich somit – in den Grenzen des dispositiven Rechts – zunächst aus der konkret getroffenen Abrede zwischen den Parteien (s. auch Mediationskontrakt, s. S. 115 ff.). Fehlt eine detaillierte Absprache zwischen den Parteien, kommen die gesetzlichen Bestimmungen zur Anwendung, insbesondere des MediationsG, des BGB (Bürgerliches Gesetzbuch), der ZPO (Zivilprozessordnung) und des anwaltlichen Berufsrechts. K Vertragliche Beziehungen der Beteiligten Die Abreden der Konfliktparteien über die Durchführung der Mediation sowie ihre Vertragsbeziehungen untereinander werden in einer sog. Mediationsvereinbarung geregelt. Die Mediationsvereinbarung regelt Einleitung und Ablauf des Mediationsverfahrens sowie dessen Wirkungen auf die betroffenen Ansprüche. Sie betrifft das Verhältnis der Konfliktparteien untereinander. Davon zu unterscheiden ist der Vertrag der Konfliktparteien mit dem Mediator über dessen Tätigkeit sowie die Vergütung, sog. Mediatorvertrag.
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In der Praxis werden Mediatorvertrag und Mediationsvereinbarung zwischen den Parteien üblicherweise in einem Vertragsdokument zusammengefasst, das oft als Mediationsvereinbarung bezeichnet wird. Hier wird der Begriff des Mediationskontrakts bevorzugt, weil er den in der Abrede enthaltenen Aspekt des „Arbeitspakts“ der Beteiligten hervorhebt, s. S. 273 ff. Am Ende einer erfolgreichen Mediation steht schließlich eine (Abschluss-)Vereinbarung (oder Memorandum), die das Ergebnis der erzielten Einigung fixiert und ausschließlich von den Konfliktparteien unterzeichnet wird, s. S. 47 f., 158 ff. K Grundprinzipien und Merkmale des Mediationsverfahrens Die Auffassungen darüber, was Mediation genau auszeichnet, gehen auseinander. Gewöhnlich werden sechs Prinzipien als Maxime für Mediation genannt (Neutralität/Allparteilichkeit, Freiwilligkeit, Informiertheit, Ergebnisoffenheit, Eigenverantwortlichkeit und Vertraulichkeit), die auch dem Mediationsverständnis des hier vorgestellten Mediationsmodells zugrunde liegen. Diese Maximen bieten eine Orientierung und sind Beurteilungsmaßstäbe für professionelle Mediation. Für die hier zu behandelnde Frage der rechtlichen Maßstäbe ist demgegenüber der Anwendungsbereich bzw. die Begriffsdefinition des MediationsG maßgeblich, s. § 1 MediationsG. Daraus ergeben sich eine Reihe von Mediationsmerkmalen und Grundsätze für den Ablauf des Verfahrens, in denen sich die Kerngehalte der erwähnten Verfahrensmaximen weitgehend wiederfinden. Für ein besseres Verständnis der rechtlichen Zusammenhänge werden die Merkmale nachfolgend zusammen mit den daran anknüpfenden Pflichten der Mediationsbeteiligten erläutert. – Eigenverantwortlichkeit Zentrales Wesensmerkmal der Mediation ist die Autonomie der Beteiligten. Neben dem erwähnten Recht, das Verfahren weitgehend autonom zu gestalten, zeichnet sich Mediation gerade dadurch aus, dass die inhaltliche Verantwortung und Entscheidungsbefugnis nicht an Dritte delegiert werden, sondern die Konfliktparteien eine eigenverantwortliche und selbstbestimmte Entscheidung treffen. Im MediationsG ist die Eigenverantwortlichkeit in § 1 Abs. 1 MediationsG explizit verankert. Die Leitidee der Autonomie der Parteien findet sich jedoch in zahlreichen Stellen des Gesetzes wieder. Die Eigenverant-
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wortlichkeit bezieht sich auf den Inhalt des Verfahrens. So bestimmen die Parteien, welche Themen behandelt werden, welchen Inhalten sie bei der Interessen- und Optionen-Entwicklung Bedeutung beimessen. Die Parteien entscheiden schließlich, ob und worüber eine (Abschluss-)Vereinbarung zustande kommt. Die Autonomie bezieht sich aber auch auf das Verfahren. Denn auch wenn der Mediator durch das Verfahren „führt“, § 1 Abs. 2 MediationsG, bleiben die Parteien „Herren des Verfahrens“ und nehmen Einfluss auf die wesentlichen Verfahrensfragen. Sie bestimmen den Mediator, § 2 Abs. 1 MediationsG, und entscheiden über den Einsatz von Einzelgesprächen, § 2 Abs. 3 Satz 3 MediationsG, sowie die Einbeziehung von externen Beratern und Fachleuten, § 2 Abs. 4 MediationsG. Auch liegt es in ihrer Hand, ob und wann sie die Mediation beenden, § 2 Abs. 5 Satz 1 MediationsG. Für den Mediator folgt aus dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit die Pflicht, den Mediationsprozess so zu gestalten, dass die Autonomie der Konfliktparteien unterstützt und gewahrt wird. Eigenverantwortlichkeit steht stets in untrennbarem Zusammenhang mit der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Parteien. Nur wer selbstbestimmt entscheiden kann, kann auch Verantwortung für Entscheidungsinhalte übernehmen. Es ist Aufgabe des Mediators, die Parteien dazu zu befähigen, eigenverantwortlich handeln zu können, s. ausführlich unter Selbstbehauptung S. 166 ff. Gelangt der Mediator zu der Überzeugung, dass die Eigenverantwortlichkeit einer Partei fehlt und sich im Rahmen der Mediation auch nicht wieder „aktivieren“ lässt, wird er die Mediation beenden müssen. – Strukturiertes Verfahren Mediation im Sinne des Gesetzes ist (nur) ein strukturiertes Verfahren. Hiermit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass das Verfahren bestimmten Regeln folgt. Üblicherweise durchlaufen Mediationsverfahren gewisse Stufen und Phasen, wie das diesem Buch zugrunde liegende in vielen Varianten verbreitete Phasenmodell. Ein allgemeingültiges Verfahren gibt es indessen nicht. Die einzelnen Modelle variieren sehr nach sachlichem Kontext und Mediationsstilen der jeweiligen Mediatoren. Vorgaben gibt es hierzu seitens des Gesetzes nicht. Im Gegenteil, bei der Wahl des angewandten Konzepts und der eingesetzten Methoden lässt das Gesetz dem Mediator größtmögliche Freiheit. Gewisse Strukturelemente ergeben sich aus den Pflichten des Mediators im Zusammenhang mit der Ausgestaltung des Mediationsprozesses (Röthemeyer, Rz. 226), s. S. 90 ff.
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– Funktion des Mediators Die Konfliktparteien müssen die Konfliktlösung mithilfe eines Dritten, des Mediators, anstreben. Der Mediator hat keine Entscheidungskompetenz, § 1 Abs. 2 MediationsG, und ist auch im Übrigen nicht weisungsbefugt gegenüber den Parteien. Anders als Schlichter und Schiedsrichter unterbreitet der Mediator auch keine Lösungsvorschläge. Vielmehr „führt“ er durch die Mediation. Die Formulierung des Gesetzes betont auch hier die Eigenverantwortlichkeit der Parteien. Zugleich wird die Aufgabenverteilung umschrieben: Der Mediator übernimmt die Verfahrenshoheit. Da die Parteien den Verfahrensablauf jedoch weitgehend selbst bestimmen können, leitet er die Parteien primär moderierend durch die Mediation. Dabei hat er sicherzustellen, dass die Mediation entsprechend der getroffenen Abreden abläuft. – Vertraulichkeit Die Vertraulichkeit hat eine zentrale Bedeutung für das Gelingen von Mediation. Der Grundsatz der Vertraulichkeit soll zunächst gewährleisten, dass die Preisgabe von Informationen keiner Partei in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren zum Nachteil gereicht. Darüber hinaus ist die Vertraulichkeit Grundvoraussetzung für eine offene Kommunikation. Nur wenn die Parteien darauf vertrauen können, dass die in der Mediation offengelegten Informationen nicht zu anderen Zwecken genutzt werden, ist ein angstfreier, offener Austausch überhaupt möglich. Die Verschwiegenheitspflicht des Mediators ist in § 4 MediationsG geregelt. Die Vorschrift erstreckt sich auf alle Mediatoren – unabhängig vom jeweiligen Grundberuf – sowie auch auf die von diesen eingesetzten Hilfspersonen, z.B. Hospitanten und Büroangestellte. Die gesetzliche Verschwiegenheitspflicht des Mediators umfasst sämtliche Kenntnisse über das Bestehen des Konflikts, den Mediationsauftrag sowie jegliche Inhalte der Mediation. Das Pendant zur Verschwiegenheitspflicht ist ein Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO), das den Mediator und seine Mitarbeiter berechtigt, in einem anschließenden Gerichtsverfahren die Auskunft in Bezug auf Umstände zu verweigern, die in Zusammenhang mit seiner Mediatorentätigkeit im konkreten Fall stehen. Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht des Mediators bestehen nur in engen Grenzen, s. dazu § 4 Satz 2 MediationsG. Ein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht, die auch nach Beendigung der Mediation fortbesteht, kann für den Mediator strafrechtliche wie haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Der Mediator ist
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nach dem MediationsG verpflichtet, die Parteien über den Umfang seiner Verschwiegenheitspflicht zu informieren, § 4 Satz 3 MediationsG. Im Mediationsgesetz nicht geregelt sind demgegenüber die Vertraulichkeit der Medianden und deren Rechtsanwälte. Das Fehlen einer entsprechenden Regelung birgt nicht unerhebliche Risiken. Es ist wenig hilfreich, wenn der Mediator über das Mediationsverfahren schweigen muss, die Gegenseite und deren Parteivertreter die geschützten Informationen jedoch jederzeit (auch vor Gericht) vorbringen können. Hier geht es zum einen um das Geheimhaltungsinteresse der Konfliktparteien, zum anderen aber auch um das gegenseitige Vertrauen im Kommunikationsprozess. Eine Mediation ohne die Verschwiegenheitspflicht aller Beteiligten ist im Allgemeinen weniger erfolgversprechend. Es ist daher ratsam, diese Lücke des Gesetzes durch vertragliche Abrede zu schließen (s. Entwurf eines Mediationskontrakts S. 275 ff.). Zumindest wird der Mediator, will er sich keinen Haftungsrisiken aussetzen, im Rahmen seiner Informationspflicht (§ 4 Satz 3 MediationsG) darauf hinweisen müssen, dass kein absoluter Geheimnisschutz besteht (ausführlich Wagner, ZKM 2011, 164 ff.). Die Vertraulichkeit des Verfahrens zählt – trotz des Wortlauts der Legaldefinition in § 1 MediationsG und der unbestritten zentralen Bedeutung – nicht zu den essentiellen (unverzichtbaren) Charaktermerkmalen der Mediation. Im Sinne des Leitprinzips der Mediation liegt der Umgang mit der Vertraulichkeit ganz in der Verantwortung der Konfliktparteien. Dementsprechend können diese den Schutz ausdehnen oder auch teilweise bzw. ganz auf Vertraulichkeit verzichten. So ist es beispielweise bei Umwelt-Mediationen und anderen Mediationen im öffentlichen Bereich üblich, die Öffentlichkeit in regelmäßigen Abständen über den Prozessfortgang zu informieren. – Unabhängigkeit und Neutralität Die Neutralität des Mediators ist für die Mediation elementar, § 1 Abs. 1 MediationsG. Der Mediator ergreift nicht für die eine oder die andere Seite Partei. Er nimmt eine neutrale Haltung ein. In § 2 Abs. 3 Satz 1 MediationsG heißt es, der Mediator ist „allen Parteien gleichermaßen verpflichtet“, wodurch zum Ausdruck kommt, dass ihm im Rahmen seiner Verantwortung als Prozessgestalter in den Grenzen der Neutralität auch eine aktive Rolle zukommen kann (sog. Allparteilichkeit). Damit einher geht die Pflicht zur neutralen Verfahrensführung nach § 2 Abs. 3 Satz 2 MediationsG, s. S. 293.
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Gestützt wird die Neutralität durch die Unabhängigkeit und die Unparteilichkeit des Mediators, § 1 Abs. 2 MediationsG. Bereits bei der Anbahnung des Mediationsauftrags hat der Mediator alle Umstände offenzulegen, die seine Neutralität beeinträchtigen könnten, § 3 Abs. 1 MediationsG. Diese Offenbarungspflicht soll der frühzeitigen Erkennung von Interessenkollisionen dienen. Bei Vorliegen solcher Umstände darf der Mediator nur tätig werden, wenn alle Parteien ausdrücklich zustimmen. Diese mit dem Grundsatz der Autonomie der Parteien korrespondierende Regelung entbindet den Mediator jedoch nicht von seiner Pflicht zur Neutralität. Ein absolutes Tätigkeitsverbot besteht indessen immer dann, wenn der Mediator zuvor in demselben Konflikt bereits für eine der Parteien tätig war, § 3 Abs. 2 MediationsG (sog. Vorbefassungsverbot). Auch wenn alle Konfliktparteien ihr Einverständnis erklären, können sie den Mediator in diesem Fall nicht von dem Tätigkeitsverbot entbinden. Hat nicht der Mediator selbst, sondern ein anderes Mitglied derselben Bürogemeinschaft die Beratung durchgeführt, besteht die Pflicht zur Offenbarung dieses Umstands; die Parteien können den Mediator in diesem Fall allerdings dispensieren, § 3 Abs. 3 und 4 MediationsG. – Freiwilligkeit Ebenfalls eng mit dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit verbunden ist das Prinzip der Freiwilligkeit, § 1 Abs. 1 MediationsG. Autonome Konfliktlösung setzt die Freiheit zur Willensbildung und die Freiheit zur Entscheidung voraus. Freiheit bedeutet zunächst, dass die Parteien selbst und möglichst frei von Zwang entscheiden können, ob sie ihren Konflikt im Wege der Mediation beilegen wollen. Ausdruck des Prinzips der Freiwilligkeit ist ferner das Recht auf jederzeitige Beendigung der Mediation, § 2 Abs. 5 Satz 1 MediationsG. Dem Gesetz liegt indessen kein absoluter Freiheitsbegriff zugrunde. Niemand darf zu einer Einigung gezwungen werden. Differenzierter wird jedoch die Freiwilligkeit der Mediationsaufnahme bzw. -teilnahme betrachtet. Kommen die Konfliktparteien bspw. auf Veranlassung des Gerichts oder ihres Arbeitgebers in die Mediation, schließt die dadurch bedingte subjektiv empfundene Notwendigkeit allein die Freiwilligkeit im Rechtssinne nicht aus. Entscheidend ist vielmehr, ob die Parteien sich auf die Mediation einlassen und aus eigenen Stücken mitwirken – wissend, dass sie die Mediation jederzeit und ohne Nachteile beenden können. An Letzterem dürfte es bspw. bei einer durch einen Vorgesetzten
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initiierten Mediation fehlen, wenn dieser bereits im Vorfeld verkünden würde, welcher der beteiligten Mitarbeiter im Fall des Scheiterns der Mediation mit Sanktionen zu rechnen hätte (Freitag/Richter, S. 149). Die zentrale Bedeutung des Prinzips der Freiwilligkeit wird dadurch unterstrichen, dass der Mediator sich nach § 2 Abs. 2 MediationsG zu „vergewissern“ hat, ob die Parteien freiwillig an der Mediation teilnehmen. Der Mediator sollte entsprechend sensibilisiert sein. Anzeichen für Abhängigkeitsverhältnisse bzw. starkes Machtungleichgewicht oder Druck geben regelmäßig Anlass zur Erörterung. Zweckmäßig können getrennte Vorgespräche sein. Auch in diesen Konstellationen ist erfolgreiche Mediation häufig möglich. Entscheidend ist, ob es gelingt, die Selbstautonomie und die Bereitschaft der Parteien zur konstruktiven Mitarbeit zu generieren, s. S. 166 f. K Ausgestaltung des Mediationsprozesses Dem Prinzip der Privatautonomie Rechnung tragend liegt dem MediationsG wie ausgeführt ein weites Mediationsverständnis zugrunde. Abgesehen von dem allgemeinen Strukturierungsgebot enthält das Gesetz kaum Vorgaben zum Verfahrensablauf. Der Ablauf einer Mediation hängt daher weitgehend davon ab, welche Art von Mediationsverfahren die Konfliktparteien wollen bzw. wie der Mediator seinen Gestaltungsfreiraum füllt. Hierfür steht ihm eine Vielzahl an professionellen Einzelinterventionen und Kommunikationsmethoden bzw. -techniken zur Wahl (s. dazu S. 166 ff. und S. 183 ff.). Neben einer planvollen und fairen Verfahrensgestaltung (Vorbereitung, Ablaufplanung, Zeitmanagement u.a.) besteht die Hauptaufgabe des Mediators darin, auf eine kommunikationsfördernde Gesprächsführung hinzuwirken und dafür Sorge zu tragen, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in die Mediation eingebunden werden, § 2 Abs. 3 Satz 2 MediationsG. Im Kern geht es darum, mittels kommunikativer Fähigkeiten den Informations- und Meinungsaustausch der Beteiligten positiv zu fördern und die Parteien in ihrer Suche nach einer einvernehmlichen Lösung des Konflikts zu unterstützen. Bei erkennbarem Machtungleichgewicht oder Abhängigkeiten hat der Mediator die betroffene Konfliktpartei durch geeigneten Methodeneinsatz in ihrem Selbstbewusstsein und ihrer Ausdrucksfähigkeit zu fördern und dadurch dazu zu befähigen, das Gefühl der Macht- und Einflusslosigkeit zu überwinden. Es geht um (Wieder-)Herstellung der Fähigkeit zur autonomen Interessenwahrnehmung mithilfe neutraler, ausgewogener Verfahrensentscheidungen. Eine einsei-
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tige Intervention zugunsten der „schwächeren“ Partei würde die Neutralität des Mediators in Frage stellen (Eidenmüller/Wagner/Eidenmüller, Kap. 4 Rz. 78), s. auch S. 83 f. und S. 136 ff. Diese Hauptaufgabe des Mediators wird durch einen Kanon an Nebenpflichten flankiert. So hat der Mediator sich vor und während des Verfahrens zu vergewissern, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf des Verfahrens verstanden haben und die Parteien freiwillig an dem Verfahren teilnehmen. Zu den Grundsätzen zählen die Prinzipien und Wesensmerkmale der Mediation ebenso wie die sich aus dem Gesetz ergebende Aufgabenverteilung zwischen den Beteiligten. „Vergewissern“ umfasst mehr als eine bloße Information. Letztere muss begriffsnotwendig vorausgegangen sein, nicht notwendig jedoch durch den Mediator. Entscheidend ist, dass der Mediator sich selbst im Gespräch davon überzeugt, dass die Parteien die Bedeutung der Informationen verstanden haben. Ist er sich nicht sicher, gibt es Anzeichen für offene Fragen oder Fehlvorstellungen, hat der Mediator dem nachzugehen und die Unklarheiten zu erörtern. Im Allgemeinen finden Mediationsgespräche im Beisein aller Konfliktparteien statt. Der Mediator kann sich aber auch des – in bestimmten Konstellationen sehr wirkungsvollen – Instruments des Einzelgesprächs (auch Caucus) bedienen, sofern alle Konfliktparteien dem zustimmen, § 2 Abs. 3 Satz 3 MediationsG. Über den Inhalt der Einzelgespräche hat der Mediator auch gegenüber den anderen Parteien Stillschweigen zu wahren, es sei denn, die betroffene Partei hat ihn ausdrücklich von dieser Pflicht befreit. Ferner können nicht an der Mediation beteiligte Personen (Sachverständige, Parteivertreter, Jugendamtsmitarbeiter, Kinder) in die Mediation einbezogen werden, sofern der Mediator das Einverständnis aller Parteien sicherstellt, § 2 Abs. 4 MediationsG, dazu S. 293. Schließlich kann der Mediator die Mediation grundsätzlich jederzeit beenden, wenn er eine Fortsetzung nicht für sinnvoll hält, § 2 Abs. 5 Satz 2 MediationsG. Im Einzelfall kann er hierzu sogar verpflichtet sein, bspw. wenn er zu der Überzeugung gelangt, dass sich auf einer Seiten eine selbstverantwortliche Kommunikation nicht wird realisieren lassen, s. S. 81. K Rechtliche Beratung der Medianden Eine Pflicht der Medianden, im Rahmen der Mediation rechtlichen Rat einzuholen, besteht nach dem Gesetz nicht. Das Gesetz statuiert jedoch
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die Pflicht des Mediators, fachlich nicht beratene Parteien auf die Möglichkeit hinzuweisen, eine ins Auge gefassten Abschlussvereinbarung durch einen externen Berater überprüfen zu lassen, § 2 Abs. 6 Satz 2 MediationsG, s. dazu S. 90, 160 f. Die Regelung ist Ausfluss des Grundsatzes der Informiertheit der Parteien. Es ist Aufgabe des Mediators, darauf hinzuwirken, dass die Konfliktparteien ihre Entscheidung in Kenntnis aller für sie entscheidungserheblichen Tatsachen sowie der Rechtslage treffen und die inhaltliche Bedeutung der geplanten Regelung verstehen können. Dem Grundsatz des eigenverantwortlichen Handelns entsprechend steht es den Konfliktparteien danach frei, ob sie dem Hinweis des Mediators folgen. Zum methodischen Umgang mit der Frage der Rolle des Rechts in der Mediation s. S. 140 ff. In der Sache heikel und vom Gesetz weniger klar geregelt ist die Frage, ob und inwieweit ein Mediator die Konfliktparteien selbst beraten darf. Mediatoren werden nicht selten mit der Erwartung der Medianden konfrontiert, der Mediator werde auch seine fachliche Expertise einbringen, sei es als Bau-, Steuer- oder Rechtsexperte. Besondere praktische Bedeutung hat diese Frage für anwaltliche Mediatoren, die vielfach gerade in Erwartung ihrer auch rechtlichen Einschätzungen beauftragt werden. Das MediationsG geht grundsätzlich von einer Aufgabentrennung zwischen Mediator – gleich welchen Grundberufs – und Rechtsberater aus. Während es Aufgabe und Rolle der externen Beratungsanwälte ist, die Medianden individuell zu beraten, ist Mediatoren dies generell mit Blick auf ihre allparteiliche Rolle untersagt. Ebenso ist es dem Mediator untersagt, einen Konfliktbeteiligten einseitig zu anderen, etwa steuerlichen Fragen zu beraten. Dies folgt aus dem Grundsatz der Neutralität und Allparteilichkeit und überdies aus § 3 Abs. 2 Satz 2 MediationsG. Nichtanwaltlichen Mediatoren ist die beratende Tätigkeit zudem in den meisten Fällen nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verboten. § 2 Abs. 3 Nr. 4 RDG stellt zwar ausdrücklich klar, dass Mediation grundsätzlich keine Rechtsdienstleitung und damit nicht den rechtsberatenden Berufen vorbehalten ist, „sofern die Tätigkeit nicht durch rechtliche Regelungsvorschläge in die Gespräche der Beteiligten eingreift.“ Sobald er Einschätzungen im Hinblick auf die konkrete Rechtslage vornimmt oder inhaltliche Regelungsvorschläge einbringt, begibt der Mediator sich jedoch in den Bereich der erlaubnispflichtigen Rechtsdienstleistung, die in erster Linie Anwälten und Notaren vorbehalten ist. Demgegenüber handeln Anwalt-Mediatoren nicht per se rechtswidrig, wenn sie im Rahmen der Mediation auch rechtsberatend tätig werden.
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Nach dem Gesetz steht es dem Anwalt-Mediator grundsätzlich frei, über seine originären Aufgaben als Mediator hinaus weitergehende rechtsberatende Aufgaben zu übernehmen – in den Grenzen des anwaltlichen Berufsrechts. Insbesondere hat auch der als Mediator tätige Anwalt das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen zu beachten, §§ 43, 43a Abs. 4 BRAO, § 3 BORA. Eine solche Doppelfunktion des Anwalt-Mediators führt indessen schnell zu Rollenunschärfen. Das Recht ist von unbestimmten Rechtsbegriffen geprägt und selten eindeutig. Es bestehen Auslegungsspielräume und unterschiedliche Rechtsauffassungen, weshalb eine gemeinsame Beratung der Parteien über „die Rechtslage“ schnell die Gefahr der Unausgewogenheit oder Unvollständigkeit birgt – sei es auch nur in der Wahrnehmung einer der Parteien (Ade/Alexandra, Rz. 372). Die rechtsberatende Tätigkeit steht naturgemäß im Spannungsverhältnis zur Neutralität des Mediators und läuft damit der „Logik“ der Mediation in gewisser Weise zuwider. Die Überzeugungskraft des Mediators beruht gerade darauf, dass er die Beteiligten dazu befähigt, autonom und eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen, ohne dabei den Maßstab des Rechts auszublenden. Dieser Herausforderung wird der Mediator im Allgemeinen am ehesten gerecht, wenn er sich mit Prognosen, Empfehlungen und Rechtsauffassungen weitgehend zurückhält und die inhaltliche Verantwortung bei den Medianden belässt. Unproblematisch, zuweilen sogar geboten, sind hingegen abstrakte allgemeine Rechtsinformationen, die den Parteien allgemeine Handlungsoptionen aufzeigen, bspw. der Hinweis auf die Düsseldorfer Tabelle im Rahmen einer Familienmediation oder rechtliche Erläuterungen im Zusammenhang mit dem Inhalt des Mediationskontrakts, etwa Hinweis zur Wirkung eines mit der Mediation verbundenen vorübergehenden Klageverzichts, s. S. 274, 276, 279. Diese allgemeinen Rechtsinformationen sind keine Rechtsdienstleistung im Sinne des RDG. Sie dürfen von Anwalt-Mediatoren gegeben werden, ebenso aber auch von rechtskundigen Nichtjuristen. Der Mediator – gleich welchen Grundberufs – tut in jedem Fall gut daran, die Konfliktparteien zu ermuntern, externen juristischen Rat einzuholen, wenn die Mediation rechtliche Beziehungen von nicht ganz untergeordneter Bedeutung tangiert. Mit Blick auch auf die erhöhte Haftungsanfälligkeit wird empfohlen, die Frage der Einführung rechtlicher Informationen (zusammen mit der Frage der Abschlussvereinbarung, s. S. 90 f., 144) im Rahmen der Auftragsklärung zu erörtern und ggf. im Mediationskon-
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trakt festzuhalten, dass der Mediator Rechtsdienstleistung nicht erbringen wird und alle rechtlichen Fragen von externen Beratungsanwälten zu beantworten sind (Eidenmüller/Wagner/Hacke, Kap. 6 Rz. 134), s.a. Muster eines Mediationskontrakts S. 273 ff.). Zur Frage der Einführung rechtlicher Beratung durch externe Beratungsanwälte s. S. 145 ff. K Abschluss der Mediation Im Idealfall endet die Mediation mit einer Einigung der Parteien über die zu regelnden Streitthemen. Die Einigung mündet üblicherweise in einer Vereinbarung von konkreten Absprachen, die auf den gemeinsam entwickelten (Teil-)Lösungen beruhen. In aller Regel streben die Parteien eine verbindliche Regelung zur dauerhaften Beilegung des Konflikts an, wie hier in der Erb-Mediation Schaller. Die abschließende Mediationsvereinbarung kann – abgesehen von den allgemeinen für bestimmte Vertragsinhalte geltenden gesetzlichen Formvorschriften – grundsätzlich formfrei geschlossen werden. Die Parteien können ihren Konflikt folglich, wie im allgemeinen Rechtsverkehr, auch durch mündlich getroffene Vereinbarungen rechtsverbindlich beilegen. In aller Regel wünschen die Parteien jedoch eine wie auch immer geartete schriftliche Dokumentation der von ihnen erzielten Vereinbarung. Diese kann mit Zustimmung der Parteien herbeigeführt werden, § 2 Abs. 6 Satz 3 MediationsG. Welche Form im Einzelfall vorzugswürdig ist, hängt vom jeweiligen Mediationsfeld und der rechtlichen Bedeutung der Inhalte ab, s. auch S. 158 ff. Entscheidend für das Pflichtenprogramm des Mediators im Zusammenhang mit der Abschlussvereinbarung ist wiederum, was die Parteien bezwecken und was konkret im Hinblick die Abschlussvereinbarung zwischen den Parteien und dem Mediator vereinbart wurde. Entsprechend dem Grundsatz der Autonomie der Konfliktparteien ist die Mitwirkung an einer rechtverbindlichen Abschlussvereinbarung eine über die eigentliche (reine) Mediation hinausgehende Dienstleistung, zu der der Mediator ohne entsprechende vertragliche Abrede nicht verpflichtet ist, § 2 Abs. 6 Satz 3 MediationsG. Dementsprechend besteht grundsätzlich keine Pflicht des Mediators, die Inhalte der Einigung zu dokumentieren, die Parteien zu beraten, konkrete Regelungsvorschläge abzugeben oder die Abschlussvereinbarung inhaltlich zu prüfen bzw. selbst abzufassen (Eidenmüller/Wagner/Hacke, Kap. 6 Rz. 78), s. auch S. 90.
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Häufig kommen Medianden allerdings wie ausgeführt mit einem anderen Mediationsverständnis in die Mediation, s. S. 87. Es ist dann Aufgabe des Mediators, sie entsprechend aufzuklären. Es empfiehlt sich, die Frage der Handhabung der Abschlussvereinbarung (zusammen mit der Frage der rechtlichen Beratung, s. S. 88 f.) bereits im Rahmen der Auftragsklärung zu Beginn der Mediation zu erörtern und im Mediationskontrakt festzuhalten, s. S. 274, 275, 278. In Bezug auf die Pflichten des Mediators im Zusammenhang mit der Abschlussvereinbarung ist wie ausgeführt zu differenzieren: – Pflichten nach § 2 Abs. 6 MediationsG Die jeden Mediator beim Abschluss der Mediation treffenden Pflichten regelt zunächst § 2 Abs. 6 MediationsG. Im Fall einer Einigung hat der Mediator danach darauf hinzuwirken, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen, § 2 Abs. 6 Satz 1 MediationsG. Die Vorschrift dient dem Schutz vor Übereilung. Die Parteien sollen ihre Entscheidung möglichst in Kenntnis aller für eine informierte Entscheidung relevanten Sachverhalte und Fakten treffen und die Bedeutung und Tragweite der beabsichtigten Vereinbarung verstehen. Bestehen hieran Zweifel, hat der Mediator mit geeigneten Mitteln darauf hinzuwirken, dass sich den Parteien die notwendigen Kenntnisse und Zusammenhänge erschließen. Daraus folgt jedoch keine Pflicht zur Informationsbeschaffung oder zur Aufklärung über die Rechtslage. In entsprechenden Situationen ist der Mediator vielmehr gehalten, vor übereilten Schritten zu warnen und auf die Möglichkeit der Einholung externer Fachauskünfte hinzuweisen. Die Verantwortung für die eigene (ausreichende) Informiertheit tragen die Parteien letztlich jedoch selbst. Folgerichtig ist der Mediator nach § 2 Abs. 6 Satz 2 MediationsG verpflichtet, Parteien, die ohne fachliche Beratung an der Mediation teilnehmen, stets (spätestens) vor Abschluss der beabsichtigten Vereinbarung auf die Möglichkeit einer externen Überprüfung hinzuweisen. Die Vorschrift bezieht sich in erster Linie auf die juristische Beratung. Es können allerdings auch andere Arten der fachlichen Beratung angezeigt sein, insbesondere steuerliche Beratung. – Pflichten aufgrund weitergehender Beauftragung Ob weitergehende Pflichten im Zusammenhang mit der Abschlussvereinbarung bestehen, hängt entscheidend davon ab, ob und ggf. welche Aufgaben der Mediator im Einzelnen (zusätzlich) vertraglich übernom-
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men hat. Die von ihm übernommenen Aufgaben hat er – mit den entsprechenden Haftungsrisiken – ordnungsgemäß zu erfüllen. Lässt der Mediator sich bspw. von den Parteien mit der Abfassung der Abschlussvereinbarung beauftragen, ist er dafür verantwortlich, dass diese wirksam ist und den Willen der Parteien vollständig und eindeutig wiedergibt (Greger/Unberath/Steffek/Greger, MediationsG, § 2 Rz. 287). Für den Mediator ohne Erlaubnis zur Rechtsdienstleistung ergeben sich zudem, wie ausgeführt, enge Grenzen durch das RDG. Will er keine Pflichtverletzung riskieren, muss der nicht zur Rechtsdienstleistung berechtigte Mediator sich im Wesentlichen auf die Tätigkeit der Protokollierung des Mediationsergebnisses beschränken (Eidenmüller/Wagner/ Hacke, Kap. 6 Rz. 127). Die inhaltliche Mitwirkung an der Gestaltung der als rechtswirksam beabsichtigten Abschlussvereinbarung ist stets rechtsgestaltende und rechtsberatende Tätigkeit im Sinne des RDG und dem nichtanwaltlichen Mediator damit untersagt, s. S. 160. Aber auch Anwalt-Mediatoren sollten die Übernahme der Ausgestaltung der Abschlussvereinbarung sorgfältig bedenken. Eine solche Tätigkeit, die regelmäßig nur im Auftrag beider Parteien zulässig ist, § 2 Abs. 4 Satz 3 MediationsG, geht über die „reine“ Mediation hinaus. Der Mediator übernimmt damit Funktionen, die sich vielfach als mit seiner Neutralität schwer in Einklang zu bringen erweisen. Es gilt das zur rechtlichen Beratung durch den Mediator Gesagte, s. S. 86 ff. Auch allparteiliche, objektiv neutrale Regelungsvorschläge werden häufig – aus Sicht jedenfalls einer Partei – als Neutralitätsverlust wahrgenommen. Mit Blick auch auf die erhöhten Haftungsrisiken, s. S. 94 f., sollte im Zweifel bereits im Rahmen der Auftragsklärung eine klare Trennung von Mediation und rechtlicher Beratung kommuniziert und vereinbart werden (Klowait/Gläßer/ Gläßer, MediationsG, § 2 Rz. 261), s. auch S. 90. In der Praxis übernehmen die Mediatoren häufig die Dokumentation der Mediationsergebnisse in Form eines Protokolls oder eines (noch unverbindlichen) Memorandums, das die Eckpunkte eines noch auszuarbeitenden Vertrages anhand von Mitschriften und Flipchart-Protokollen fixiert. Mit der detaillierten Ausformulierung der Abschlussvereinbarung werden dann die beratenden Parteianwälte oder ein anderer externer Berater (Rechtsanwalt oder Notar) beauftragt. K Hemmung der Verjährung sowie Ausschlussfristen Solange die Parteien in Mediationsverhandlungen stehen, unterliegen Ansprüche, die Gegenstand dieser Mediation sind, nicht der Verjährung,
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§ 203 BGB. Und selbst nach Beendigung der Mediation tritt die Verjährung frühestens nach Ablauf einer Karenzzeit von drei Monaten ein, § 203 Satz 2 BGB. Problematisch können Konstellationen sein, in denen sich die Beteiligten vertraglich für den Fall eines Konflikts zur Durchführung einer Mediation verpflichtet haben, das Mediationsverfahren jedoch noch nicht eingeleitet worden ist. Da die Aufnahme des Verfahrens, insbesondere die Verständigung auf die Person des Mediators erfahrungsgemäß Zeit beansprucht, empfiehlt es sich in derartigen Fällen, den Zeitpunkt der Hemmung der Verjährung vertraglich vorzuverlegen und bspw. an den Zugang einer Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen zu knüpfen (Eidenmüller/Wagner, Kap. 2 Rz. 21), s.a. Musterformulierung S. 291. Von Verjährungsfristen sind sog. Ausschlussfristen, auch Verfallfristen, zu unterscheiden. Diese regeln, dass Ansprüche und Rechte verfallen, sofern sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend gemacht werden. Derartige Ausschlussfristen werden grundsätzlich nicht durch (Mediations-)Verhandlungen der Parteien gehemmt. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 20.6.2018 – 5 AZR 262/17) nunmehr entschieden, dass einzelvertragliche Ausschlussfristen im Arbeitsrecht in analoger Anwendung des § 203 Satz 1 BGB durch vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen gehemmt werden. Nicht anwendbar ist dem BGH zufolge jedoch § 203 Satz 2 BGB. Nach Beendigung der Verhandlungen läuft die Frist damit sofort weiter. K Durchsetzbarkeit Die Vollstreckung von Abschlussvereinbarungen spielt in der Praxis keine bedeutende Rolle. Die im Rahmen der Mediation freiwillig eingegangenen Verpflichtungen werden in aller Regel auch erwartungsgemäß erfüllt, weshalb die meisten Mediationen ohne Vollstreckungstitel abgeschlossen werden. Gleichwohl kann es Konstellationen geben, etwa bei weit in die Zukunft reichenden Verpflichtungen wie bspw. Unterhaltsvereinbarungen, in denen es ratsam ist, das Mediationsergebnis gleich als vollstreckbaren Titel auszustatten. Dies ist z.B. möglich durch notarielle Beurkundung oder die Errichtung eines vollstreckbaren Anwaltsvergleichs. Es ist Aufgabe des Mediators, die Frage der Einhaltung und Durchsetzbarkeit von Zahlungsverpflichtungen im Rahmen des Abschlusses mit den Parteien zu erörtern, ggf. zu mediieren, s. auch S. 162 f.
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6. Rechtliche Implikationen
K Dokumentation, Sitzungsprotokolle und Aufbewahrung Eine allgemeine Pflicht des Mediators, den Prozessverlauf und dessen Ergebnisse zu dokumentieren, besteht nicht. Nicht selten wünschen die Medianden jedoch eine Protokollierung der Sitzungen durch den Mediator, was für die Strukturierung des Prozesses vielfach förderlich ist. Maßgeblich sind daher auch hier die zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen, sofern nicht besondere berufsrechtliche Bestimmungen greifen. So ist der Anwalt-Mediator bspw. nach§ 18 BORA, § 50 BRAO verpflichtet, eine Handakte zu führen und diese grundsätzlich für die Dauer von 6 Jahren nach Beendigung des Auftrags aufzubewahren. (Zu den Pflichten im Zusammenhang mit der Abschlussvereinbarung s. S. 89 ff. und S. 160.) K Datenschutz und Datensicherheit Mediatoren werden sich künftig intensiver als bisher mit Fragen des Datenschutzes und damit verbundener Informations- und Einwilligungspflichten befassen müssen. Die seit Mai 2018 geltenden Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gehen deutlich über die bisherige Rechtslage hinaus. Die Neuerungen betreffen insbesondere eine Vielzahl von Informationspflichten, die anders als bisher nicht nur für Websites gelten, sondern für jede Form der Verarbeitung, siehe auch Muster zur Erfüllung der Informationspflichten (nach Art. 13 und 14 DSGVO) bei der Annahme des Mediationsauftrags s. S. 282 ff. Die Bestimmungen der DSGVO gelten grundsätzlich auch für Einzelmediatoren, die keine Mitarbeiter beschäftigen, sowie ehrenamtlich Tätige. Allgemein haben Mediatoren bei der Verarbeitung personenbezogener Daten nicht nur die Verschwiegenheitsverpflichtung zu beachten, sondern auch technische und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass die von ihnen – elektronisch oder konventionell auf Papier – verwerteten Daten über die Medianden nicht abhandenkommen oder in falsche Hände geraten, Art. 32 DSGVO. Für Berufsgeheimnisträger bedenklich ist daher grundsätzlich auch die Kommunikation über unverschlüsselte E-Mails, die personenbezogene Daten enthalten. Auch wenn in der Praxis noch nicht sehr verbreitet, ist es ratsam, Medianden die Verwendung von Verschlüsselungsprogrammen jedenfalls anzubieten bzw. entsprechend zu informieren. Die Verschlüsselung von Speichermedien und mobilen Geräten sollte selbstverständlich sein. Ferner besteht die Pflicht zu einer funktionierenden regelmäßigen Datensicherung.
93
B. Werkzeugkoffer
K Haftung des Mediators Der Mediator haftet wie alle Dienstleister für Schäden der Medianden, wenn er ihnen gegenüber bestehende vertragliche oder gesetzliche Pflichten schuldhaft verletzt hat. Eine Sonderregelung für die Haftung des Mediators gibt es nicht; es gelten die allgemeinen haftungsrechtlichen Regeln. Im Wesentlichen kommen Ansprüche wegen Pflichtverletzung aus dem zwischen den Parteien und dem Mediator bestehenden Vertragsverhältnis in Betracht, §§ 280, 611 BGB. Hieraus können wie bei allen vertraglichen Schuldverhältnissen auch vorvertragliche und nachvertragliche Pflichten des Mediators begründet werden, deren Verletzung eine Schadenersatzpflicht auslösen kann. So kann bspw. die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht auch dann die Haftung begründen, wenn die Mediation nicht zustande kommt. Ebenso kommen Pflichtverstöße wegen Nichtleistung oder nicht rechtzeitiger Leistung (Verzug) in Betracht, etwa bei Nichteinhaltung von Terminabsprachen. Die meisten Pflichtverletzungen dürften jedoch dem Bereich der sog. Schlechtleistung zuzuordnen sein. Wie in diesem Kapitel dargelegt, trifft den Mediator eine Vielzahl auf seine mediatorische Tätigkeit bezogene Pflichten, s. auch Übersicht S. 95 ff. Längst nicht jedes Fehlverhalten führt allerdings zur Haftung des Mediators. Viele der Pflichten des Mediators, insbesondere im Zusammenhang mit dessen Hauptaufgabe einer allgemein anerkannten fachlichen Standards entsprechenden Prozessführung, § 2 MediationsG, sind wenig bestimmt und lassen sich nur schwer justiziabel konkretisieren. Zudem ist Voraussetzung einer jeden Haftung, dass ein ersatzfähiger Schaden verursacht wurde. Gerade hieran fehlt es in vielen Fällen der Pflichtverletzung (Eidenmüller/Wagner/Eidenmüller, Kap. 4 Rz. 51). Da der Mediator nicht den Erfolg der Mediation – zumal nicht einen bestimmten Inhalt des Abschlusses – schuldet, können die Parteien sich insbesondere beim Scheitern der Mediation nicht darauf berufen, dass sie bei pflichtgemäßer Durchführung vermögensrechtlich besser gestanden hätten. Trotz der Fülle an vertraglichen und berufsrechtlichen Pflichten sollte das Haftungsrisiko des Mediators daher insgesamt nicht überbewertet werden. Und gleichwohl ist mit Blick auf die jüngere BGH-Rechtsprechung (Urt. v. 21.9.2017 – IX ZR 34/17) eine Haftung für Pflichtverletzungen insbesondere anwaltlicher Mediatoren keineswegs fernliegend. Die dort im Rahmen der Haftungsbegründung vorgenommene (jedenfalls begriffliche) Vermengung von Pflichten aus Rechtsbeauftragung und aus Mediatorentätigkeit lassen darauf schließen, dass gegenwärtig
94
6. Rechtliche Implikationen
auch bei Richtern ein klares Verständnis von der Aufgaben- und Verantwortungsverteilung im Rahmen der Mediation nicht selbstverständlich ist (Gläßer, ZKM 2018, 81 ff.). Der wirksamste Schutz vor Haftungsrisiken besteht wie bereits mehrfach erwähnt darin, die Parteien genau über das Wesen der Mediation und die Mediatorenaufgaben aufzuklären und die Rollentrennung zwischen Mediator und Rechtsberater konsequent zu beachten. Zum Zwecke des Nachweises sollten die im Einzelnen übernommenen Aufgaben des Mediators im Mediatorvertrag festgehalten werden, s. unter Rechtliche Beratung S. 86 ff. Von der Möglichkeit, die Haftung vertraglich zu begrenzen, wird wegen des im Allgemeinen überschaubaren Haftungsrisikos in der Praxis zumeist nur bei komplexen Wirtschaftsmediationen mit erheblichem Streitwert Gebrauch gemacht. Soweit der Mediator hierbei vorformulierte Vertragsbedingungen einsetzt, hat er die Vorgaben der §§ 305 ff. BGB zu beachten. Den Abschluss einer Vermögenshaftpflichtversicherung (s. S. 259 f.) sollte demgegenüber jeder Mediator in Betracht ziehen. K Pflichten des Mediators im Überblick Wie in diesem Abschnitt dargestellt, gibt es vielfältige Ansatzpunkte für die Bestimmung von Aufgaben und Pflichten des Mediators. Einen abschließenden Pflichtenkatalog gibt es indessen auch nach Inkrafttreten des MediationsG nicht. Soweit nicht allgemeiner, übergreifender Natur (Verschwiegenheitspflicht, Neutralitäts- und Fairnessgebot, regelmäßige Fortbildung u.a.) kommen die vom Mediator zu beachtenden Pflichten üblicherweise in bestimmten Abschnitten des Mediationsprozesses besonders zum Tragen. 1. Vorlaufphase –
Allgemeine Hinweispflicht auf möglichen drohenden Rechtsverlust, insbesondere materielle Ausschlussfristen bspw. nach § 4 KSchG.
–
Tätigkeitsverbot, wenn der Mediator zuvor in derselben Sache für eine der Parteien tätig war, § 3 Abs. 2–4 MediationsG.
–
Datenschutz sowie Informations- und Einwilligungspflichten nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), s. auch S. 93.
2. Einführung –
Offenbarungspflicht im Hinblick auf alle Umstände, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen könnten, § 3 Abs. 1 Me-
95
B. Werkzeugkoffer
diationsG, einschließlich der Vorbefassung mit ihm in Bürogemeinschaft verbundener Personen, § 3 Abs. 3 MediationsG. –
Aufklärung über den Umfang seiner Verschwiegenheitspflicht, § 4 Satz 4 MediationsG, und darüber, dass das MediationsG keinen umfassenden Geheimnisschutz gewährleistet, s. unter S. 82 f., 294.
–
Vergewisserung, dass die Beteiligten die Grundsätze, den Ablauf des Verfahrens und die Rolle der Beteiligten (grds. keine Rechtsberatung durch den Mediator) verstanden haben sowie freiwillig an der Mediation teilnehmen, § 2 Abs. 2 MediationsG.
–
Auf Verlangen der Parteien Aufklärung über seinen fachlichen Hintergrund sowie seine beruflichen Qualifikationen und Erfahrungen, § 3 Abs. 5 MediationsG, dazu unter Aus- und Fortbildung S. 268 ff.
–
Prüfung der Geeignetheit der Mediation als Konfliktlösungsinstrument (s. unter Kontra-Indikation S. 71 ff.).
3. Während des Mediationsprozesses –
Strukturierung und Gestaltung eines fairen Verfahrens.
–
Förderung der Kommunikation der Parteien durch falladäquate Methoden und Techniken, § 2 Abs. 3 Satz 1 MediationsG.
–
Gewährleistung, dass Parteien in fairer Weise in die Mediation eingebunden werden (Allparteilichkeit), s. S. 85 ff.
4. Abschluss der Mediation –
Vergewisserung, dass Parteien den Inhalt und die rechtliche Bedeutung der beabsichtigten Vereinbarung verstanden haben, § 2 Abs. 6 Satz 1 MediationsG.
–
Parteien, die ohne fachlich (bspw. anwaltliche) Beratung an der Mediation teilnehmen, hat der Mediator (spätestens jetzt) auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Vereinbarung durch externe Berater überprüfen zu lassen, § 2 Abs. 6 Satz 2 MediationsG.
–
Klärung, ob Rechtsverbindlichkeit (und ggf. Vollstreckbarkeit) der Vereinbarung gewollt ist.
–
Bei offensichtlicher Undurchführbarkeit oder Lückenhaftigkeit hat der Mediator auf die Möglichkeit der Überprüfung der Vereinbarung durch einen Berater hinzuwirken.
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6. Rechtliche Implikationen
–
Entsprechendes gilt bei für den Mediator erkennbarer Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit der Abschlussvereinbarung, bspw. wegen Verstoßes gegen nicht dispositiven Rechts.
–
Übernimmt der Mediator Aufgaben im Zusammenhang mit der Abfassung der Abschlussvereinbarung, ist er dafür verantwortlich, dass diese den Willen der Parteien vollständig und eindeutig wiedergibt und wirksam ist.
K Praxisanregungen e Sofern der Mediator Berührungspunkte zu einer sich anbahnenden
Mediation feststellt, zu einzelnen Personen oder zu Umständen, die im Kontext der Mediation Bedeutung haben oder erlangen könnten, hat er dies stets offenzulegen und sollte sorgfältig prüfen, ob es sich lohnt, die Mediation anzunehmen. e Für nichtanwaltliche Mediatoren kann es hilfreich sein, Juristen mit
unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten zu kennen, bei denen sie sich selbst über mögliche rechtliche Implikationen informieren können – insbesondere wenn sie beginnen, in neuen Feldern zu arbeiten (s. etwa die Vorarbeit im Fall Schaller S. 7). e Für das Gelingen der Mediation ist es in der Regel nicht von Vorteil,
wenn die Parteien ihre externen Beratungsanwälte erst am Ende der Mediation zwecks Überprüfung der avisierten Abschlussvereinbarung zu Rate ziehen. Im Allgemeinen ist es ratsam, die parteilichen Beratungsanwälte in einem möglichst frühen Stadium der Mediation einzubinden, s. auch S. 90. e Im Hinblick auf die Haftungsrisiken ist eine sorgfältige Dokumenta-
tion des Zustandekommens der Abschlussvereinbarung ratsam. Insbesondere sollten Mediatoren sich Hinweise auf externen Rat schriftlich bestätigen lassen, wenn die Partei der Empfehlung nicht folgt (s.a. Röthemeyer, Rz. 291), s. S. 86 f. e Bei grenzüberschreitenden Konflikten spielen juristische Aspekte
wegen des Zusammenspiels zweier oder mehrerer Rechtssysteme eine besondere Rolle. Dies gilt für Familienstreitigkeiten und sonstige zivilrechtliche Konflikte gleichermaßen. Wer in diesem Bereich praktizieren will, wird sich mit den rechtlichen Besonderheiten der verschiedenen Länder befassen müssen.
97
B. Werkzeugkoffer
II. Grundbausteine des Mediationsprozesses im Überblick K Basis-Methoden und Techniken für den Gesamtprozess –
Window I (und II)
–
Hypothesen
–
Viererschritt
–
Zeitmanagement
–
Arbeitsfragen
–
Regeln
–
Geno-, Sozio-, Organigramme
–
Visualisieren (Flipcharts und Pinnwänden vorbereiten/Grundbauplan/Parkplatz)
–
Basistechniken (Zusammenfassen/Fokussieren/Normalisieren/wertschätzendes Feedback/Zukunftsorientieren)
–
Absprachen und Regeln bei Co-Mediation
–
Eigene mentale Vorbereitung jeder Stufe
K Baukomponenten der einzelnen Stufen 1. Vorlaufphase –
Telefon- oder E-Mail-Kontakte mit allen Konfliktparteien
–
Ergebnisoffenheit, evtl. unterschreiben lassen
–
Information zur Mediation/zu den Rollen in der Mediation
–
Kurzschilderung des aktuellen Anlasses
–
Eventuell Vor-Mediation
–
Mentale Vorbereitung dieser Mediation
–
Klärung weiterer Teilnehmer
–
Spezielle Raum- und Zeitplanung
–
Spezieller Kontrakt für diesen Fall
–
Spezielles Hintergrundwissen
–
Alternativen bei Nichtfunktionieren: andere Formen von Konfliktlösungen/späterer Zeitpunkt/Rolle des Rechts
98
II. Grundbausteine des Mediationsprozesses im Überblick
2. Einführung und Kontrakt –
Lineares Fragen
–
Balance und Empathie zu allen Konfliktparteien – Neutralität
–
Information über den Ablauf
–
Regeln
–
Grundprinzipien und Rolle des Mediators
–
Übergangsregelungen
–
Protokollierungen
–
Arbeitskontrakt
–
Alternativen bei Nichtfunktionieren: Alternativen oder WATNA/ Übergangsregelungen/sofort Themensammlung/Fairnesskriterien
3. Themensammlung –
Lineares und Zirkuläres Fragen
–
Gute Visualisierung
–
Evtl. Unterthemensammlung
–
Nichtmediierbare Themen auf den Parkplatz
–
Forderungen und Positionen in Themen und Überschriften umformulieren
–
Gewichtung
–
Reihenfolge der zu behandelnden Themen mediieren/Festlegung des Themas, das vertieft werden soll
–
bei Ambivalenz: Mehrwege-Themensammlung
–
Alternativen bei Nichtfunktionieren: Übergangsregelung/Konfliktlösungs-Alternativen/Beratungsanwälte
4. Interessen –
Mit Emotionen und Konflikten rechnen
–
Zirkuläres Fragen
–
Verlangsamen
–
Interessen/Anliegen/Bedeutungen/Wünsche/Motivationen/Hoffnungen/Bedürfnisse
99
B. Werkzeugkoffer
–
Negative Bedeutungen und Interessen stehen lassen
–
Unbedingt Window II, auch bei Mehrparteien
–
Liste der eigenen Interessen als eigene Überprüfungsmöglichkeit für die Vereinbarungen anbieten
–
Alternativen bei Nichtfunktionieren: Direkt in die Optionen/Fairnesskriterien/Übergangsregelungen
5. Konflikt und Emotionen –
Besondere Techniken: Verbalisieren und Paraphrasieren, Normalisieren, Partialisieren, Regeln neu mediieren, Schweigen, Streit würdigen
–
Prozess verlangsamen
–
Pause
–
Konfliktspiel-Bild und Veränderung der Spielregeln
–
Keine Visualisierungen auf der Flipchart, nur auf Prozess achten
–
Streit stehen lassen. Nächste Arbeitsstufe anbieten: z.B. Optionen/ Fairnesskriterien/Übergangsregelungen bis zum nächsten Mal
–
Emotionen transformieren in Themen, Bedürfnisse
6. Optionen –
Reflexives und zirkulär-reflexives Fragen
–
Besondere Techniken: Brainstorming/Zaubermöglichkeiten/Fantasien und Ideen, auch zunächst nicht realisierbare, zweit-, drittbeste Möglichkeiten
–
Negative Optionen stehen lassen
–
Ideen und Phantasien sammeln, keine Lösungen (Parkplatz)
–
Prozess „verschnellen“, sich selbst viel bewegen
–
Schnelles, kodiertes Aufschreiben
–
Besondere Visualisierungsformen (Themen untereinander, Arbeit mit Karten, mit farbigen Klebepunkten insbesondere für Window II etc.)
–
nach Optionen Pause – in Frage kommende Optionen mit Anwälten, Freunden, Fachleuten etc. erörtern und beraten
100
II. Grundbausteine des Mediationsprozesses im Überblick
–
Optionen nur zu Übergangsregelung, Beratungsanwälte, FairnessKriterien, Beispiele aus anderen Mediationen (nur notfalls)
7. Fairness und Gerechtigkeit –
Lineares und zirkuläres Fragen
–
Nicht unbedingt Window II, auch mit Window I als Überprüfungsraster für Vereinbarung arbeiten
–
Nach Aspekten, Gesichtspunkten, Maßstäben fragen
–
Evtl. Wertebild
–
Liste zu den Beratungsanwälten
–
Evtl. als Präambel für Vereinbarung
8. Rolle des Rechts –
Lineares und zirkuläres Fragen
–
Evtl. gemeinsame Vereinbarung über die Rolle des Rechts
–
Evtl. Erarbeitung gemeinsamer Frageliste für Beratungsanwälte
–
Beziehung von Recht zu den eigenen Fairness- und GerechtigkeitsKriterien
–
Liste zu Beratungsanwälten
–
Alternativen bei Nichtfunktionieren oder Nichtrelevanz: Fairnesskriterien/Beratungsanwälte
9. Verhandeln –
Mit Emotionen und Konflikten rechnen
–
Themensammlung, Optionen, Wertebild, Fairnesskriterien sichtbar machen
–
Mediieren von Möglichkeiten, wenn Zeit nicht reicht
–
Aus Forderungen Angebote machen
–
Kodiertes Schreiben, nicht nachfragen, nichts wiederholen
–
Gut zuhören und wahrnehmen, insbes. „implizite Vereinbarungen“
–
Angebote auf verschiedenfarbige Karten
–
Verhandeln frühestens nach 2–3 Angeboten bei jedem Medianden/ nach z.B. positiv bewerteten Optionen
101
B. Werkzeugkoffer
–
Hilfestellung bei Formulierung der Konsenspunkte
–
Evtl. zusätzlicher Protokollant (Hospitant)
–
Alternativen bei Nichtfunktionieren: Mit Abbruchsandrohung rechnen, normalisieren, neuer Termin/nochmals Vorläufigkeit erklären und visualisieren/begrenztes Thema verhandeln/Übergangs- oder Zwischenregelung
–
Vereinbaren
–
Verbindlichkeit der Vereinbarung (Verfasser, Form)
–
Laufzeiten, Trainingszeiten
–
Sanktionen, Veränderungsmöglichkeiten
–
Mediationsklausel, Salvatorische Klausel
–
Mit Emotionen rechnen
–
Überprüfung an Fairnesskriterien
–
Vergleich mit Themensammlung
–
Evtl. Vereinbarung nochmals zu Beratungsanwälten
–
Übermittlungswege mediieren
–
Evtl. Abschlussritual mediieren
–
Kriterium für Teilnahme: „Weiter als Mediator zur Verfügung stehen können“
–
Unterschriften
–
Verabschiedung
102
2. Vorlaufphase
III. Prozess-Bausteine: Stufen einer Mediation 1. Grundbauplan einer Mediation
• Erstkontakt/Einstieg | ggf. Vorlauf Vorlauf • Einführung und Kontrakt Phase 1 • Bestandsaufnahme (Themen, Sachlage, Rechtsfragen, …) Phase 2 • Interessen und Bedürfnisse Phase 3 • Entwickeln und Bewerten von Optionen • Angebots-Verhandeln Phase 4 • Vereinbaren und Abschluss Phase 5 • Nachbearbeitung (Überprüfung und Anpassung) Umsetzung
2. Vorlaufphase Übung Denken Sie an eine Ihrer letzten Mediationen, bei der Sie direkt mit dem Erstgespräch mit allen Beteiligten ohne Vorgespräche begonnen haben. Überlegen Sie, was Sie ex post betrachtet anders machen würden, wenn sich die Gelegenheit für eine Vorlaufphase böte.
103
B. Werkzeugkoffer
K Die Stufe vor Beginn der eigentlichen Mediation Unter der Vorlaufphase einer Mediation wird die Arbeit eines oder mehrerer Mediatoren vor Beginn einer Mediation verstanden. In vielen Konstellationen ist es eine große Herausforderung, überhaupt erst einmal in die Mediation zu gelangen. Soweit die Parteien keine vertragliche Regelung getroffen haben, müssen sie sich auf die Durchführung einer Mediation verständigen. Häufig nimmt nur eine der Konfliktparteien Kontakt zum Mediator auf oder ein „Außenstehender“ (etwa ein Vorgesetzter) beauftragt den Mediator. Die späteren Medianden müssen zunächst noch von der Sinnhaftigkeit des Verfahrens überzeugt werden. Gleiches gilt für den Mediator. Alle Mediationsbeteiligten – einschließlich Mediator – müssen von der Durchführung einer Mediation überzeugt und hierzu motiviert sein. Eine solide und sorgfältige Vorbereitung ist oft die wichtigste Weichenstellung für den späteren Verlauf der Mediation. Bei großen komplexen Verfahren wie Umwelt-Mediationen ist die Unerlässlichkeit einer systematischen und sorgfältigen Strukturierung des genauen Verfahrensablaufs offenkundig. Gleiches gilt aber auch für Vielparteienverfahren, komplizierte Wirtschafts-, Bau-, Erb- oder erweiterte Familien-Mediationen (wie Pflege-, Adoptiv-, Inseminations-, Zweit-Familien-Mediationen). Ebenso kommen Kurzzeit-Mediationen ohne eine Vorarbeit nicht aus. K Inhalte der Vorlaufphase Die Vorlaufphase kann je nach Mediationsfeld oder Setting umfassen: –
Zusendung von mediationsrelevantem Material an alle an der Mediation Beteiligte/Verweis auf Homepages.
–
Telefonkontakte mit allen an der Mediation Beteiligten oder persönliche Einzelgespräche. Diese sollten reine Informationsgespräche sein, die nach einer Checkliste (s. S. 106) strukturiert ablaufen.
–
Evtl. Einsatz einer „Vor-Mediation“ (Pre-Mediation) zur Abklärung von Setting, Räumen, Teilnehmern, Zeiten, Pausen, Verpflegungsfragen, Visualisierungs-, Kopier- und sonstigen Möglichkeiten.
–
Ortsbesichtigungen können im Einzelfall zum besseren Verständnis der Gesamtzusammenhänge nützlich sein, z.B. einer Fabrik in einer Erb-Mediation, einer Mülldeponie in einer Umwelt-Mediation oder eines Pflegeheims in einer Mediation im Gesundheitswesen.
104
2. Vorlaufphase
–
Erstellung oder Übersendung von Sozio- oder Organigrammen (in den meisten Betrieben, Verwaltungen, Firmen etc. heute üblicherweise vorhanden).
–
Genaue Abklärung des Auftragsverhältnisses, insbesondere wenn der Auftraggeber die Mediation finanziert.
–
Informationen über sonst in vergleichbaren Fällen üblicherweise angewandten Konfliktregelungsalternativen (oft sind einige davon vorher bereits angewandt worden).
–
Informationen über die „eigentlichen“ Entscheidungsträger; diese müssen nicht identisch mit dem Auftraggeber sein.
–
Die Klärung der Ergebnisoffenheit ist wichtig, insbesondere auch des Auftraggebers, wenn die Mediation bspw. auf Initiative des Arbeitgebers zustande kommt.
–
Erarbeitung eines speziellen Mediationskontrakts für diese Mediation mit ihren besonderen Bedingungen. Vorherige Zusendung an alle Beteiligte ist sinnvoll.
K Hilfreiche Methoden und Techniken Für die Arbeit in der Vorlaufphase einer Mediation gilt das Grundmuster der Mediation, d.h. grundsätzliche Balance zu allen Konfliktpartnern, Ressourcenorientierung und Unterstützung der Selbstbehauptung und Autonomie aller Beteiligten. Der Mediator hat darauf zu achten, dass er mit den Konfliktparteien nicht näher in den Konflikt einsteigt. Soweit es dem Zustandekommen der Mediation nicht zuwiderläuft, wird der Mediator auf ein frühes gemeinsames Vorgespräch hinwirken und gemeinsam mit dem Kontaktaufnehmenden besprechen, wie die andere Seite zu einer gemeinsamen Mediationssitzung motiviert werden könnte. Bei komplexeren Konstellationen sind demgegenüber häufig weitere Einzelkontakte und Kenntnisse über das jeweilige Umfeld für die Auftragsklärung und das Mediationsverfahren sachdienlich oder sogar notwendig. Im Interesse der Transparenz und Wahrung der Neutralität ist es wichtig, dass Details zum Konflikt im Rahmen der Einzelkontakte gemieden werden und der Mediator dies den Beteiligten bei den Einzelkontakten auch kommuniziert. Allen Konfliktparteien sollte die gleiche Zeit für das Vorgespräch eingeräumt werden. Bei der Kontaktaufnahme durch eine Seite wird der Mediator sich die Zustimmung für ein entsprechendes Vorgespräch mit den anderen Konfliktbeteiligten geben lassen und auf die Vertraulichkeit der Gespräche hinweisen.
105
B. Werkzeugkoffer
K Checkliste für Telefonate –
Ziel des Vorgesprächs ankündigen
–
Zeitlicher Rahmen des Vorgesprächs/Umfang der zu besprechenden Punkte/Vertraulichkeit des Mediators/Vorgespräche mit allen Konfliktparteien vereinbaren (gleiche Zeit und Punkte bei den Gesprächen mit den anderen Parteien zusichern)
–
Information über den Gesprächspartner (und ggf. seine Stellung in der Organisation)
–
Kurzschilderung des aktuellen Konfliktanlasses
–
Kurzinformation zur Mediation (ggf. in die Sitzung verweisen)
–
Bisherige Lösungsversuche, bestehende Vereinbarungen
–
Wissen die Betroffenen von der Mediationsanfrage? (ggf. Erörterung, wie der Konfliktpartner/die Konfliktparteien zu einer ersten gemeinsamen Sitzung eingeladen werden können)
–
Setting-Fragen: –
Wer ist noch als Konfliktbeteiligter einzubeziehen?
–
Bei Gruppen/Organisationen: Wer soll verhandeln?
–
Ort der Mediation
–
Zeitliche Rahmenbedingungen
–
Kosten
–
Art der Protokollierung von Zwischenergebnissen
–
Informationen der Übermittlungswege für die Vereinbarung
K Praxisanregungen e Es empfiehlt sich, bereits in der Vorlaufphase die anstehende Media-
tion für sich einmal mental durchzuspielen, um mehr Sicherheit für das Zeitmanagement, die notwendigen Methoden und Techniken und für die Hypothesenbildung zu gewinnen. e Bei der mentalen Vorbereitung kann der Mediator im Vorfeld folgen-
de Punkte je Stufe vorbereiten: –
Wie erkläre ich diese Stufe den Parteien?
–
Wie frage ich auf dieser Stufe?
–
Welche Methoden und Techniken sind auf dieser Stufe hilfreich?
106
2. Vorlaufphase
–
Welche möglichen Inhalte werden von den Parteien genannt?
–
Wie schließe ich die Stufe ab?
e Unabdingbar ist ein eigenes Zeitmanagement für die Mediation – ins-
besondere wenn es sich um eine Mediation mit zeitlicher Begrenzung durch den Auftraggeber handelt – sowie die Entscheidung, ob die Mediation unter den zeitlichen Rahmenbedingungen zu schaffen ist und angenommen werden kann. e Auf der Basis der einzelnen Vorgespräche sollten Mediatoren für sich
Hypothesen bilden über den Fall, das Setting und den Ablauf der Mediation und auch zur Frage, ob sie die Mediation allein durchführen oder sich um einen Co-Mediator bemühen sollten. e Wichtig ist auch die Entscheidung, ob notwendige Verfahrensregeln
für die Mediation vom Mediator vorgegeben (z.B. aus Zeitgründen) oder aber in der ersten Sitzung mediiert werden. e Der Mediator sollte in den Vorgesprächen vor allem auf den Kon-
taktaufbau zu jeder Partei achten. Bisweilen ist die körperliche und stimmliche Präsenz des Mediators wichtiger als seine inhaltlichen Ausführungen. Seine Präsenz ist letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung der Parteien, einer Mediation zuzustimmen. e Es kann sich lohnen, in der Vorlaufphase zusätzlich einen Beratungs-
fachmann für das jeweilige Feld der Mediation zu kontaktieren, um sich selbst kundig zu machen, z.B. einen Organisationsberater, einen Anwalt oder einen Psychotherapeuten. e Bei Mediationen im Organisationsbereich kann es sinnvoll sein, einen
besonderen Kontrakt, in dem die Ergebnisoffenheit mit der Unterschrift des Auftragsgebers zugesichert wird, an alle Teilnehmer der Mediation zu versenden. Bisweilen sollten sich die Mediatoren zusätzlich unterschreiben lassen, dass die Teilnahme an der Mediation keinerlei arbeitsrechtliche Sanktionen oder andere Konsequenzen für die Beteiligten hat (so bei Mobbing-, Krankenhaus-, Firmen-, Gewerkschafts- oder ähnlichen Mediationen). e Es ist sinnvoll, alle Zeitstunden der Vorlaufphase aufzuschreiben,
um sie in die Kostenkalkulation einfließen zu lassen. Erfahrungsgemäß nimmt diese Arbeit mindestens die gleiche Zeit in Anspruch wie die eigentliche Mediation, oft auch mehr. Die Protokollierung ist ratsam, da die Arbeitszeit manchmal nachgewiesen werden muss. e Es ist hilfreich, für die Arbeit der Vorlaufphase bestimmte (Text-)Bau-
steine im PC zu haben, z.B. Variationen für Mediationskontrakte, Va-
107
B. Werkzeugkoffer
riationen von Checklisten, Anforderungen für Räume, in denen die Mediationen stattfinden können, etc. e Mediatoren sollten auch prüfen, ob sie sich in dieser Vorlaufphase ei-
ne Pre-Vision (eine Supervision, bevor die Mediation begonnen hat) gönnen, besonders wenn sie eine Befangenheit in diesem Fall spüren. e Es ist nützlich für Vorgespräche, sei es telefonisch oder persönlich, ei-
ne Checkliste vorzubereiten und das Gespräch im Anschluss zu dokumentieren.
3. Einführung/Eröffnung Übung Stellen Sie sich Ihren letzten gravierenden privaten oder beruflichen Konflikt vor, in dem Sie Schwierigkeiten hatten, ohne Hilfe von außen zu einer Lösung zu finden. Angenommen, Sie würden sich für Mediation entscheiden: Was würden Sie einerseits brauchen, um sich in einem solchen Setting wohl zu fühlen? Und was hätten Sie gern in einer ersten Sitzung besprochen und geklärt? Schreiben Sie die Punkte auf, und vergleichen Sie diese mit der unten angegebenen Checkliste.
K Voraussetzungen Bei den Vorüberlegungen zur Einführung in die Mediation sollte die Frage nach einer guten Arbeitsatmosphäre stehen. Sie entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg der Mediation. Das ist in der Mediationsliteratur viel beschrieben worden. Deshalb soll an dieser Stelle mehr auf die methodisch-technische Seite eines Einführungsgesprächs eingegangen werden. Die Fragen von Haltung, Einstellung, Körperhaltung und nach einer guten Arbeitsbeziehung stellen sich in jeder Mediation neu. K Inhalte im Einführungsgespräch Je nach Mediationsfeld und Kontext kann die Einführung bzgl. Inhalt, Dauer, Methoden unterschiedlich sein. Im Fall einer Kurzzeit-Mediation (s. S. 252) wird der Mediator straff durch die Phase der Einführung führen und die Themensammlung (s. S. 118 ff.) direkt anschließen. In der Regel werden in diesem ersten Gespräch folgende Punkte behandelt (oder wurden bereits in der Vorlaufphase besprochen):
108
3. Einführung/Eröffnung
–
Begrüßung und Kontakt des Mediators mit allen Beteiligten dieser Mediation
–
Information über den Ablauf der Mediation
–
Rolle des Mediators, einschl. Aufgaben im Zusammenhang mit der Abschlussvereinbarung, s. S. 89 ff.
–
Umgang mit „Fragen zur Rechtslage“, s. S. 86
–
Unparteilichkeit und Unabhängigkeit (ggf. Faktoren, die die Neutralität berühren könnten)
–
Möglichkeit der jederzeitigen Beendigung durch die Medianden
–
Verschwiegenheitspflicht des Mediators (kein Geheimnisschutz, s. S. 82 f.)
–
Klärung von Freiwilligkeit, Informiertheit und Ergebnisoffenheit, s. S. 84 und S. 75, 234
–
Klärung von Sachverhaltsfragen (soweit nötig)
–
Eventuell „Überweisungskontext“ („geschickte“ Medianden, s. S. 250 ff.)
–
Regeln für die Mediation (entweder mediiert oder vom Mediator vorgegeben, z.B. über Einzelgespräche, Einzeltelefonate, Abbrüche)
–
Vorstellungen über die Anzahl und die Dauer der Sitzungen klären
–
Kostenaufteilung
–
Erwartung und Ziele der Vereinbarung, Veränderbarkeit, Art der Vereinbarung etc.
–
Protokollierung der Ergebnisse bzw. der vorläufigen Zwischenergebnisse
–
Bereits getroffene Vereinbarungen und Verträge
–
Indikation: Ist Mediation das geeignete Verfahren?
–
Offenlegung von Daten, Fakten, Unterlagen etc.
–
Rolle von Beratungsanwälten und anderen Fachleuten
–
Evtl. direkte oder indirekte Einbeziehung anderer betroffener Personen
–
Evtl. erforderliche Not- oder Übergangsregelungen
–
Listen (Sachverständige, Anwälte u.a.) Informationsmaterial
–
Mediationskontrakt
–
Information zum Datenschutz
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B. Werkzeugkoffer
K Reine Informationsgespräche Das erste gemeinsame Gespräch kann auch ausschließlich der Information der noch unentschlossenen Parteien dienen. Reine Informationsgespräche werden von den meisten Mediatoren kostenlos angeboten. Dies gilt insbesondere für den Bereich der Familienmediation, wo das Gericht ein „kostenloses Informationsgespräch“ anordnen kann, §§ 135, 156a FamFG. Entscheiden die Parteien sich später für eine Mediation, steigen sie in der nächsten Sitzung nochmals in die Einführungsphase ein. K Hilfreiche Methoden und Techniken für das Einführungsgespräch Der Mediator sollte für das Einführungsgespräch nachfolgende Methoden im Blick haben: –
Erste Hypothesen über Motivation, Indikation, Streitniveau, Interaktionsmuster, Konfliktmuster, Paar-, Familien- oder Gruppendynamik, eigene Fallen etc.
–
Erste Hypothesen über Zeitmanagement, Co-Mediator, Prozessablauf etc.
–
Erstellung eines Geno-, Sozio- oder Organigramms (s. S. 219, 285)
–
Beginn eines Wertebildes (s. S. 212 ff. und 30)
–
Wahrnehmung eines auftauchenden Konfliktspiel-Bildes (s. S. 215 ff.)
In dieser frühen Phase der Mediation stecken Mediatoren das Feld der Mediation ab. Sie bauen schon eine Kurzzeit- oder Mini-Mediation ein (bspw. über die Kosten, die Dauer oder auch die Gesprächs- und Verhaltensregeln), damit die Medianden frühzeitig eine Vorstellung von einer Mediation gewinnen und den Unterschied zur Beratung oder Drittentscheidung erkennen können. Auf das Gelingen der Mediation wirkt es sich positiv aus, wenn die Medianden möglichst bereits in der ersten Sitzung erfahren, was auf sie zukommt und worauf sie sich einlassen. Wenn es gelingt, bereits in der Einführungsphase eine Mini-Mediation durchzuführen, kann dies zur Motivation der Parteien beitragen. Diese Phase 1 endet mit der Unterzeichnung des Mediationskontrakts (s. S. 115 ff.). Häufig bietet es sich an, die Themensammlung (Phase 2) direkt anzuschließen, um den Parteien erste Resultate an die Hand geben zu können. In dieser ersten Phase sollten Mediatoren nach dem Grundmuster der Mediation arbeiten, wobei hier die Unterstützung der Selbstbehauptung
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3. Einführung/Eröffnung
jedes Konfliktpartners oder jeder der Konfliktgruppen der methodische Grundpfeiler der Mediationsarbeit ist. Von den Methoden und Techniken sind im Einführungsgespräch vor allem folgende von Bedeutung: Visualisieren, Normalisieren, Zusammenfassen, Fokussieren, Zukunftsorientieren, Positives Umformulieren, Wertschätzendes Feedback und Lineares Fragen. Manchmal empfiehlt sich bereits im Einführungsgespräch die Erstellung eines Sozio-, Genooder Organigramms, manchmal die Erstellung eines Wertebildes, das Mediieren der Rolle des Rechts in dieser Mediation und evtl. Übergangsregelungen. Dazu nachfolgend einige Formulierungsbeispiele, wie sie in abgewandelter Form auch in anderen Mediationen verwendet werden können: K Beispiele, zum Teil aus der Erb-Mediation Schaller – Zur Information über den Ablauf „Ich habe jedem von Ihnen ja bereits am Telefon kurz gesagt, wie Mediation bei mir abläuft. Ich möchte das jetzt noch einmal wiederholen, damit Sie wirklich alle auf dem gleichen Stand sind. Also: Im ersten Schritt werde ich jeden von Ihnen fragen, welche Themenpunkte jeder von Ihnen hier regeln will. Im zweiten dann, was für jeden von Ihnen hinter diesen Themen und Konflikten steht, um was es jedem von Ihnen wirklich geht und inwieweit jeder von Ihnen diese Interessen und Bedürfnisse der anderen versteht. Im dritten Schritt würden Sie erarbeiten, welche Ideen und Phantasien jeder von Ihnen für die Möglichkeiten von Veränderungen hat und inwieweit jeder von Ihnen die Ideen der anderen unterstützen oder für sich nutzen kann. Der vierte Schritt wäre, welche Vorstellungen von Fairness und Gerechtigkeit jeder hat, an denen Sie später die Vereinbarung messen können. Der fünfte Schritt wäre meine Frage an Sie, welche Angebote jeder von Ihnen den anderen machen will, damit Sie miteinander verhandeln können. Und der letzte Schritt ist dann eine vorläufige oder auch endgültige Vereinbarung, mit der Sie alle zufrieden sind. – Soweit mal. Habe ich Ihnen den Ablauf Ihrer Mediation einigermaßen verständlich übermitteln können? Sofia? Rebecca? Christof? Ich habe Ihnen an der Wand auch einen Überblick hingehängt, und ich werde Ihnen zwischendurch immer wieder sagen, wo wir gerade sind. Können Sie sich so darauf mal einlassen? Christof? Rebecca? Sofia?“
– Zur Information über die Rolle der Mediatorin „Ich möchte Ihnen kurz noch einige Sätze sagen zu meiner Rolle als Mediatorin und Vermittlerin zwischen Ihnen. Sie werden mich eine Zeit lang als eine Art Brücke zwischen Ihnen benutzen können. Ich werde mich dafür verantwortlich fühlen, Ihnen diese Brücken immer wieder zu zeigen und zu bauen. Und Sie werden dann irgendwann merken, dass Sie mich immer weniger brauchen. Aber ich werde Ihnen keine Ratschläge oder Entscheidungshinweise geben. Die Möglichkeit für Ihre eigenen Wege und Entscheidungen – das ist genau die Chance für Sie
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B. Werkzeugkoffer in dieser Mediation, und ich beglückwünsche Sie dazu, dass Sie für sich diesen Weg gewählt haben.“
– Zur Frage von Überweisungskontext und fremden Aufträgen „Ich habe noch eine Frage an Sie, weil ich weiß, dass die Idee der Mediation von Ihrem Arbeitgeber ausging. Was denkt jeder von Ihnen, warum er/sie Ihnen das vorgeschlagen oder geraten hat? Und was denkt jeder von Ihnen selbst? Die Frage wird nämlich sein, wie Sie von diesen fremden Vorstellungen und Aufträgen zu Ihren eigenen Wünschen kommen.“ „Sie haben mir berichtet, dass Sie bereits seit mehr als einem halben Jahr versuchen, einen geregelten Umgang für Ihre beiden Kinder zu finden und jetzt auf Anraten der Familienrichterin in die Mediation kommen. Was denkt jeder von Ihnen warum diese das vorgeschlagen hat? Was denken Sie selbst darüber? Können Sie formulieren, wann die Mediation aus Ihrer Sicht gelungen wäre, ohne das Ergebnis einer Regelung vorwegzunehmen?
– Zur Frage der Regeln für diese Mediation „Es ist meistens hilfreich für das Gelingen einer Mediation, wenn es abgesprochene Regeln gibt, an die jeder versucht, sich zu halten. So z.B. über Redezeiten von jedem von Ihnen, über notwendige Pausen, darüber was passieren soll, wenn einer oder eine von Ihnen in starke Gefühle kommt, sei es Wut, Kränkung, Traurigkeit oder Ähnliches. Was soll dann geschehen, wie wollen Sie selbst damit umgehen, und was wollen Sie mir in diesem Fall erlauben. Was denken Sie, wofür braucht jeder von Ihnen bestimmte Regeln?“
– Zur Frage der Dauer „Sie haben sich schon am Telefon erkundigt, wie lange solch eine Mediation dauert. Das kann sehr verschieden sein und ich möchte Sie heute fragen, wie viel Zeit sich jeder von Ihnen dafür nehmen möchte und kann. Das wird verschieden sein – ich werde Ihnen helfen, dass Sie darüber einen Konsens und damit vielleicht Ihre erste Vereinbarung finden. Wie viel Zeit wollen Sie sich nehmen, Sofia? Und Sie, Rebecca? Und Sie, Christof?“
– Zur Frage der Kosten „Sie wissen, dass mein Stundenhonorar … Euro beträgt. Was sind die Vorstellungen von jedem von Ihnen, wie das bezahlt werden soll? Auch darüber werden Sie vielleicht verschiedene Vorstellungen haben. Vielleicht bekommen Sie trotzdem eine Vereinbarung hin, möglicherweise wenigstens für diese heutige Sitzung.“
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3. Einführung/Eröffnung
– Zur Frage der Vereinbarung und der Protokollierung der vorläufigen Ergebnisse „Sie merken, es gibt bereits einige Absprachen zwischen Ihnen, die sich lohnen, festgehalten zu werden. Und es wird im Laufe der Mediation noch mehr geben. Wie sollen diese Absprachen und vorläufigen Ergebnisse festgehalten werden?“ „Und noch eine zweite Frage: Welche Form sollen die endgültigen Vereinbarungen haben? Welche Vorstellung hat da wieder jeder von Ihnen? Sie müssen das nicht heute festlegen, aber vielleicht überlegen Sie sich das mal und besprechen es möglicherweise auch mit Ihren Anwälten.“
– Zur Frage der Offenlegung von Daten und Fakten „Sie haben gewiss in dem Informationsmaterial gelesen, dass eine Mediation nur gelingen kann, wenn alle Konfliktpartner alle notwendigen Daten und Fakten auf den Tisch legen. Ich weiß, dass das zu Beginn einer Mediation manchmal schwierig ist, wenn das gegenseitige Vertrauen noch nicht oder noch nicht wieder da ist. Ich werde im Lauf dieser Mediation öfter in der gemeinsamen Arbeit leere Zettel hinhängen, und Sie selbst werden merken, wie Sie weiter kommen würden, wenn Sie bestimmte bisher nicht bekannt gegebene Dinge veröffentlichen würden.“
– Zur Frage von Schweigepflicht, Aussageverweigerung etc. „In dem Mediationskontrakt, den ich Ihnen zugeschickt habe und den ich Sie nachher bitten möchte zu unterschreiben, haben Sie sicher gelesen, dass Sie sich und auch mich zu Stillschweigen nach außen über diese Mediation verpflichten. Ich halte die Verschwiegenheitspflicht aller Beteiligten für elementar für den Kommunikationsprozess. Als Mediatorin bin ich gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet. Gesetzlich nicht geregelt sind allerdings die Vertraulichkeit der Medianden und deren Rechtsanwälte, weshalb der Vertragsentwurf einen entsprechenden Passus vorsieht. Der Vertragsentwurf regelt auch, dass die in der Mediation erlangten Informationen später nicht in einem möglichen Gerichtsverfahren vorgetragen werden können. Haben Sie hierzu noch Fragen? Können Sie damit umgehen, und werden Sie den Arbeitskontrakt mit mir und zwischen Ihnen nachher unterzeichnen?“
– Zur Rolle von Beratungsanwälten und anderer Fachleute „Ebenfalls in unseren Telefonaten habe ich jedem von Ihnen gesagt, dass ich nur solide arbeiten kann, wenn Sie sich um einen Beratungsanwalt oder eine Anwältin kümmern, damit Sie spätestens vor dem Unterschreiben einer Vereinbarung genau wissen, auf was Sie sich eingelassen haben und auf welche Rechtspositionen Sie möglicherweise verzichtet haben. Wenn Sie Mühe haben, einen solchen Beratungsanwalt zu finden, der sich auch mit Mediation auskennt, kann ich Ihnen nachher einige Anwälte nennen, die ich als besonders erfahren und kompetent einschätze.“
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B. Werkzeugkoffer
– Zur Frage der direkten oder indirekten Einbeziehung anderer betroffener Personen „Sofia, Sie haben mich gefragt, was mit der Einbeziehung anderer Personen in die Mediation gemeint ist. Meine Erfahrung ist, dass im Laufe einer Mediation manchmal die Einbeziehung von Personen notwendig wird, die auch von den Konflikten oder Regelungen betroffen sind. Sie meinten mit anderen Personen Anna und Ihre beiden Angestellten. Mein Vorschlag ist, dass Sie darüber nachdenken, dass Sie diese Frage aber einstweilen zurückstellen, bis Sie in Ihrer Mediation an einen Punkt kommen, wo Sie das aktuell entscheiden müssen. Ich würde für solche wie auch andere wichtigen aufgeschobenen Fragen auf einem großen Blatt einen von mir so genannten Parkplatz anlegen, damit hier auch nichts verloren geht. Sie werden diese Punkte dann im Laufe der Mediation bearbeiten, oder sie erledigen sich von selbst. Haben Sie dazu noch Fragen? Christof? Rebecca? Sofia?“
K Praxisanregungen e In der Einführungsphase kann der Mediator (nochmals) ein kurzes Ein-
gangsstatement zur Rolle der Parteien und den wesentlichen Verfahrensprinzipien halten. Es kann nützlich sein, in diesem Zusammenhang die Vorteile der Mediation (Gestaltungsfreiheit, Kontrolle über den Ausgang des Verfahrens, hohe Einigungsquoten (kritisch Evaluationsbericht zum MediationsG, S. 123 ff.), Beziehung der Medianden untereinander, Beziehung zu den Kindern u.a.) noch einmal hervorzuheben. e Zum Schutz vor Haftungsrisiken und zum Schutz vor nicht erfüll-
baren Erwartungen der Medianden wird empfohlen, den Umgang mit Fragen zur Rechtslage und damit zusammenhängend Fragen zur Abschlussvereinbarung möglichst zu einem frühen Zeitpunkt mit den Konfliktpartnern zu erörtern und explizit im Mediationskontrakt festzuhalten, dass der Mediator keine Rechtsdienstleistung erbringen wird, s. S. 88 f. e Ausführungen zum Ablauf der Mediation sollten an dieser Stelle eher
knapp ausfallen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Beteiligten bereits im Rahmen der Vorlaufphase Gespräche geführt haben. Erfahrungsgemäß warten die Medianden in der ersten Mediationssitzung recht ungeduldig auf die nächsten Schritte. e Bei Unklarheit bzgl. der Freiwilligkeit der Medianden kann es sinnvoll
sein, nach der ersten Sitzung keinen neuen Termin zu vereinbaren, sondern jedem der Konfliktparteien aufzutragen, sich wieder zu melden, wenn die Mediation weitergehen soll.
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4. Mediationskontrakt
e Bestehen Zweifel an der Freiwilligkeit der Teilnahme kann der Media-
tor mit den Parteien deren Unfreiwilligkeit thematisieren und mit ihnen überlegen, was sie brauchen, um für eine Mediationsteilnahme bereitwillig zu sein, s. auch S. 84 f. e Es ist zu empfehlen, allen Beteiligten ein kurzes Ergebnisprotokoll zu-
zuschicken. Das verstärkt das Gefühl, bereits etwas geschafft zu haben. e Einführungsgespräch und Themensammlung (s. S. 118 ff.) sollten
möglichst in einer Sitzung durchgeführt werden.
4. Mediationskontrakt Übung Angenommen Sie würden selbst mit einem privaten oder beruflichen Konflikt in eine Mediation gehen, welche Punkte hätten Sie dann gern im Arbeitsvertrag zwischen Ihnen, Ihren Konfliktpartnern und Ihrem Mediator geregelt?
K Arbeitskontrakt zwischen Mediator und Medianden Die Mediation kann nur stattfinden, wenn alle Beteiligten bereit sind, sich darauf einzulassen. Dafür müssen die Beteiligten Informationen zum Mediationsverfahren und der Person des Mediators erhalten, Fragen stellen können, Rahmenbedingungen der Verfahrensgestaltung aushandeln. Wenn sich die Konfliktbeteiligten auf dieser Basis für die Durchführung einer Mediation und die Zusammenarbeit mit einem konkreten Mediator (oder mehreren) entschieden haben, schließen sie und der Mediator einen Vertrag, in dem u.a. Aufgaben und Kosten vereinbart werden. Mediationsverfahren müssen nicht notwendig auf eine schriftliche vertragliche Grundlage gestellt werden. Gleichwohl ist die Arbeit mit Mediationskontrakten üblich und ratsam. Sie bestärken das Vertrauen der Beteiligten in den Prozess und schafft Verbindlichkeit – ein gerade zu Beginn der Mediation nicht zu unterschätzender psychologischer Faktor. Die Arbeit mit derartigen Verträgen wird in den meisten Bereichen der Mediation praktiziert. Zu den vertraglichen Beziehungen der Mediationsbeteiligten s. S. 115 ff.
115
B. Werkzeugkoffer
K Inhalte des Kontrakts Wegen der Regelungslücken im Mediationsgesetz sind vertragliche Vereinbarungen auch nach dessen Inkrafttreten ratsam. Was im Einzelnen in den Vertrag aufgenommen wird, divergiert stark nach Kontext, Medianden und Selbstverständnis des Mediators. In der Praxis sind große Unterschiede der Regelungsintensität zwischen juristischen und Mediatoren anderer Herkunftsberufe zu beobachten. Auch ergeben sich Unterschiede daraus, in welcher Stufe der Mediation der Kontrakt eingesetzt wird, etwa im Einführungsgespräch oder bereits in der Vorlaufphase. Aus den Musterverträgen im Anhang dieses Buches (s. S. 273 ff.) wird ersichtlich, welche wesentlichen Bausteine ein Mediationsvertrag enthalten könnte: Beschreibung des Konflikts/Ziel der Mediation – Rolle und Aufgaben des Mediators – Rechtsberatung der Medianden/Abschlussvereinbarung – Verschwiegenheitsverpflichtung und entsprechende Beweismittelverzichte – Verjährungshemmung – vorübergehender Klageverzicht – Freiwilligkeit und das Recht von allen Beteiligten zum Abbruch der Mediation – Zulässigkeit von Einzelgesprächen – Kosten und Art der Vergütung – Absage von Terminen, s. im Einzelnen Checkliste auf S. 117. Haben die Parteien keine individuellen Regeln getroffen, gelten subsidiär die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere die Vorschriften des MediationsG, s. S. 293. Manche Mediationsverträge regeln darüber hinaus weitere Punkte, z.B. Kommunikationsregeln, Regeln bei möglicher Gewaltanwendung, grundsätzliche Offenlegung von Daten und Fakten, Förderungs- und Mitwirkungspflichten, Beendigung der Mediation, wenn gleichzeitig juristische Schritte unternommen werden, Einbeziehung anderer Beteiligter (bspw. Sachverständige, Dolmetscher), insbesondere bei Umwelt-Mediationen Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Art der Protokollierung der Mediation, Umfang der Haftung. K Hilfreiche Techniken Die Abstimmung der Vertragsinhalte kann je nach Einzelfall einige Zeit in Anspruch nehmen und birgt dabei oft die Gefahr, dass die Parteien sich im Hinblick auf einzelne Punkte nicht auf Anhieb verständigen können, etwa bei der Frage, wer die Kosten im Innenverhältnis unter den Konfliktbeteiligten trägt. In Trennungs- und Scheidungsmediationen verhandeln die Medianden in aller Regel darüber, ob die Verschwiegenheitspflicht auch gegenüber engen Familienangehörigen und Freunden gelten soll bzw. welche Personen konkret ausgenommen werden.
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4. Mediationskontrakt
Problematische Aspekte werden auch hier wie eine Mini-Mediation nach dem allgemeinen Grundmuster (Selbstbehauptung und Wechselseitigkeit, s. S. 166 ff.) mediiert, weil ein solcher Arbeitsvertrag zwischen den Medianden und den Mediatoren nur im Konsens aller Beteiligter unterschrieben werden kann. K Checkliste Mediationskontrakt Folgende Aspekte sind beim Abfassen des Mediationskontrakts zu beachten: –
Bezeichnung der Konfliktparteien und ggf. deren Vertreter
–
grobe Benennung der Konfliktthemen/des Konfliktanlasses
–
Rolle und Aufgabe des Mediators/der Mediatoren
–
Verschwiegenheitsverpflichtung aller Verfahrensbeteiligten (auch der Medianden und deren rechtlichen Vertreter) nebst entsprechender Beweisverwertungsverbote, s. S. 279
–
Freiwilligkeit, d.h. jederzeitige Beendigungsmöglichkeit (u.U. Vereinbarung der Schriftform der Kündigung)
–
parteiliche Beratung und Überprüfung von erzielten Ergebnissen durch externe Anwälte
–
Einbeziehung von sonstigen Experten (Steuerberater, technische Sachverständige)
–
Umgang mit Verjährungsfragen, prozessuale Ausschlussfristen
–
Bemessungsgrundlagen des Honorars (Vergütung von Fahrtzeiten sowie Sitzungsvor- und Nachbereitungen)
–
Kostenaufteilung zwischen den Parteien
–
ggf. Sicherstellung der Durchsetzbarkeit einer in der Mediation gefundenen Einigung
–
Überprüfung, Mediationsklausel, Salvatorische Klausel, etc.
–
Informationen zur Datenverarbeitung nach der DSGVO
K Praxisanregungen e Nützlich für die Praxis ist das Muster eines kurzen Mediationskon-
trakts mit den wesentlichen Punkten, das in vielen Mediationen eingesetzt werden kann.
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B. Werkzeugkoffer
e Daneben können einzelne Bausteine für bestimmte Typen von Media-
tion erstellt werden (verschiedene Felder, Großgruppen- oder TeamMediation, Arbeitsrechts- oder Wirtschafts-Mediation etc.). e Nützlich ist ferner, im Vorfeld der ersten Sitzung bereits eine weit-
gehend auf den speziellen Fall zugeschnittene Entwurfsfassung des Kontrakts vorzubereiten und diese den Parteien entweder vorab zuzuschicken oder zur ersten Sitzung mitzubringen. e Die Erfahrung zeigt, dass die Regelung der wesentlichen Punkte auch
dann sinnvoll ist, wenn gesetzliche Regelungen greifen. Zum einen sind diese lückenhaft (etwa Verschwiegenheitspflicht), zum anderen trägt die Schriftform der Vereinbarung zur Verbindlichkeit und Professionalität bei. e Gleichzeitig ist es ratsam, den Vertrag nicht zu überfrachten. Reine
Verhaltens- und Kommunikationsvereinbarungen beispielsweise, die im Einführungsgespräch nahezu immer in der einen oder anderen Weise angesprochen werden, haben im Vertrag lediglich symbolische Bedeutung und bieten sich für den schriftlichen Kontrakt nur in indizierten Kontexten wie etwa Schule oder Familie an. e Bei Mediationen im Wirtschaftskontext kann sich die Inbezugnahme
von Verfahrensordnungen von Verbänden oder Mediationsinstituten anbieten (sog. administrierte Verfahren). e Auch Anwalt-Mediatoren wird empfohlen, eine schriftliche Vergü-
tungsvereinbarung in den Mediatorvertrag bzw. Mediationskontrakt aufzunehmen. e S. auch Praxisanregungen zur Einführungsphase, S. 114 f.
5. Themensammlung/Bestandsaufnahme Übung Denken Sie an Ihren letzten privaten oder beruflichen Konflikt. Unterteilen Sie einen Bogen Papier in so viele Spalten, wie es Konfliktparteien gibt. Schreiben Sie in die erste Spalte Ihre eigenen Themen und Unterthemen, die Ihnen zu dem Konflikt einfallen. Versuchen Sie, Ihre Themen gewissermaßen als Überschriften aufzuschreiben. – Dann versuchen Sie, zu phantasieren, welche Themen wohl Ihre Konfliktpartner nennen würden. – Im letzten Schritt gewichten Sie Ihre Themenliste nach Ihrer eigenen Wichtigkeit, und versuchen Sie, das Gleiche auch für Ihre Konfliktpartner. Phantasieren Sie, mit welchem Thema Sie alle wohl anfangen würden und welche Reihenfolge es dann für die weiteren Themen geben würde.
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5. Themensammlung/Bestandsaufnahme
K Sammeln der Konfliktpunkte Mit der Themensammlung beginnt die erste inhaltliche Arbeit der Konfliktparteien. Die Medianden erhalten erstmals Gelegenheit, ihre eigenen Sichtweisen des Konflikts zu schildern und Themen zu benennen, die besprochen und geregelt werden müssen. Der Sinn der Themensammlung ist einerseits die Offenlegung und Erarbeitung sämtlicher Themen aller Parteien, andererseits aber auch das Arbeitsabkommen zwischen den Konfliktparteien und dem Mediator über alle zu behandelnden inhaltlichen Aspekte. Die Sammlung der Konfliktthemen steckt gewissermaßen das Arbeitsprogramm für die vereinbarte Mediation ab. K Methodische und technische Hilfen Für die Sitzung, in der die Themen besprochen werden, sollte ein Setting gewählt werden, bei dem die Medianden den Mediator und nicht den vermeintlichen Kontrahenten im Blick haben. Ferner wird der Mediator in dieser zweiten Phase der Mediation darauf achten, dass die Medianden über ihn und nicht miteinander kommunizieren. Es ist Aufgabe des Mediators, den Sachverhalt zu erfassen und den Beteiligten bei der Identifizierung und ggf. Formulierung der Themen behilflich zu sein. Methodisch setzt der Mediator vor allem Aktives Zuhören und Spiegeln (s. S. 193 ff.) ein. Wichtig ist auch hier, dass der Mediator erläutert, wozu die Sammlung aller Themenpunkte im Rahmen des Phasenmodells dient. Die Benennung von Sachthemen soll verhindern, dass ausschließlich Positionen genannt werden anstatt von (bewertungsneutrale) Aspekte und Regelungspunkte des Konflikts (zum Umformulieren s. S. 121 f.). Für den Mediator ist die Themensammlung zudem eine wichtige Quelle zur Hypothesenbildung und als solche eine Fundgrube für Hypothesen über den Konflikt, über die verschiedenen Wirklichkeiten der Konfliktpartner, über die unterschiedlichen Interaktions- und Kommunikationsstile, über mögliche Tabus oder weitere Hintergrundkonflikte, über mögliche Ressourcen und über weitere beteiligte Personen etc. Ob die Themensammlung mündlich oder schriftlich, ob sie als vorbereitete Hausaufgabe oder miteinander in der gemeinsamen Mediation erarbeitet wird, ist eine Frage des Settings oder der Komplexität des Konflikts. Die Visualisierung dient in jedem Fall der Versachlichung und Ent-Emotionalisierung der zu verhandelnden Konfliktpunkte und ist eine
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B. Werkzeugkoffer
Orientierungshilfe durch die weitere Mediation. Allein die Fokussierung des Blicks jeder Partei auf das Flipchart trägt zur Beruhigung bei. Im Rahmen des Mediationsprozesses folgt die Themensammlung üblicherweise der Einführungsphase nahtlos nach Abschluss des Mediationskontrakts (noch in der ersten Sitzung), denkbar auch zu Beginn der zweiten Mediationssitzung, wobei es sich in vielen Konstellationen als hilfreich erwiesen hat, mit der Themensammlung bereits in der ersten Sitzung zu beginnen. In größeren Mediationen ist es oft notwendig, nach der ersten (groben) Themensammlung zu einem späteren Zeitpunkt weitere differenzierte Unterthemensammlungen durchzuführen (z.B. in einer Erb-Mediation noch zu den Punkten „Firma“, „Vermögen“ etc., in einer Familien-Mediation noch zu den Punkten „Kinder“, „Haus“, „Finanzen“ etc.). K Beispiel für die Erklärung der Themensammlung in der Erb-Mediation Schaller – „Ich würde Ihnen gern erklären, womit ich die Arbeit dieser Mediation beginnen will. Es hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, dass jeder alle seine Regelungspunkte und Überschriften zu den vorliegenden Erbkonflikten nennt, damit nichts vergessen wird und Sie später sehen können, ob die Vereinbarungen auch wirklich umfassend sind. Sofia, Rebecca, Christof – habe ich mich verständlich machen können? – Wollen Sie sich darauf mal einlassen? – Wenn das so ist, werde ich nacheinander alle Ihre Themen in die verschiedenen Spalten auf diesem Flipchart festhalten. Selbstverständlich können Sie jederzeit noch Themen ergänzen, sollte Ihnen später noch etwas Wichtiges einfallen.“
Die Themen werden nach dieser Erklärung und nach dem Einverständnis aller, nach dem Grundmuster der Mediation im Sinne der Selbstbehauptung (Window I) erarbeitet und auf das Flipchart in die vorbereiteten Spalten geschrieben. Auch bereits angeblich geklärte Themen sollten aufgeschrieben werden – oft stellt sich im Laufe der Mediation heraus, dass diese Klärung von den Konfliktparteien sehr verschieden gesehen und verstanden worden ist. Die jeweiligen Spalten auf dem Flipchart sollten möglichst analog zu der Sitzordnung angelegt sein – auch bei größeren Gruppen oder bei der Arbeit am Tisch. Konfliktpartner tun sich oft schwer, auf die Spalten ihrer „Gegner“ sehen zu müssen, jedenfalls am Anfang einer Mediation.
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5. Themensammlung/Bestandsaufnahme
K Ausbalancierte Visualisierung der Themensammlung Aus Gründen der Balance sollte der Mediator die Reihenfolge der Nennungen mediieren oder sie selbst festsetzen. Die Reihenfolge kann abwechselnd sein; jede Partei einen oder einige Punkte hintereinander; im Mäandermuster oder wie es gerade kommt etc. Der Mediator sollte darauf achten, nicht mit dem „Wortführer“ oder dem „Mächtigsten“ in der Mediation zu beginnen – sonst bestimmt dieser den Duktus der Themen. Im Interesse der Ausgewogenheit ist außerdem zu empfehlen, die Konfliktthemen gleich groß und in der gleichen Höhe aufzuschreiben – Konfliktparteien sind sehr empfindlich, wenn ihnen nicht der gleiche Raum zugestanden wird. Da die Themenliste die gesamte Mediation hindurch zum Einsatz kommt, lohnt es sich, klar und gut lesbar, evtl. auch kodiert zu schreiben. Es sollte nicht zu großflächig geschrieben werden, damit möglichst viele Themen Platz haben. Im Sinne der Zukunftsorientierung und der Optionalität sollte der Mediator immer gleich ein Zeichen für den nächsten Punkt, der noch genannt werden könnte, hinzufügen. Gleiche Punkte, Themen oder Überschriften sollten in die jeweilige Spalte der jeweiligen Partei geschrieben werden, auch wenn sie bereits bei der anderen Partei aufgeschrieben wurde. Häufig meinen die Medianden auch bei gleichen Worten etwas anderes. K (Um-)Formulierung der Konfliktthemen Häufig nennen die Medianden zu Beginn keine bewertungsneutralen, sachlichen, verhandelbaren Themen, sondern verfangen sich bei der Schilderung ihrer Sichtweisen in Positionen, Forderungen oder fertigen Lösungen. Der Mediator begleitet die Themensuche durch Aktives Zuhören und Zusammenfassen, durch die Aufforderung an die Parteien, Ich-Botschaften (s. S. 307) zu formulieren. Für wertende Aussagen und Schuldzuweisungen bietet der Mediator neutrale und nicht wertende Formulierungsvorschläge an. Manchmal lassen sich die Medianden nicht von ihrer „Kampfsprache“ abbringen und wollen ihre Themen auch so aufgeschrieben wissen. Oder sie wollen die juristischen Begriffe aufgeschrieben haben, auch wenn der Mediator versucht, daraus allgemeinere Themen in Alltagssprache zu formulieren (z.B. aus Pflichterbteil „Beteiligung aller am Erbe“, aus Umgangsrecht „Kontakt der Kinder zu beiden Eltern“). Bestehen die Medianden dann weiterhin auf juristischen Ausdrücken, dann sollten sie auch so aufgeschrieben werden.
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B. Werkzeugkoffer
Ebenso werden häufig nicht mediierbare Themen genannt (z.B. Kränkungen aus der Familiengeschichte, Ungerechtigkeit in der Behandlung, Schuld am Konflikt). Auch hier kann der Umformulierungsvorschlag des Mediators oder das Angebot, diese Punkte auf einem „Parkplatz“ schriftlich festzuhalten (und später zu mediieren, was mit diesen Punkten passieren soll) helfen. Besteht die Partei aber auf ihre eigene Formulierung, auf ihr eigenes „Thema“, so sollte dieses im Zweifel aufgeschrieben werden – wieder in der Hoffnung, dass später mediiert werden kann, was damit auf der Regelungsebene geschehen soll. Für Mediatoren ist es oft nicht leicht, zu entscheiden, ob sie besser die Ausdrücke und die Sprache der Medianden übernehmen oder aber umformulieren und andere Begriffe anbieten sollen. Der Mediator sollte eher die Begriffe der Medianden aufgreifen, um ihnen das Gefühl zu geben, dass ihre eigenen Themen behandelt werden und sie gehört worden sind. Große Themen und Konfliktpakete sollten möglichst in kleinere, später besser verhandelbare Streitpunkte zerlegt werde (z.B. Finanzen in „laufende Gelder“, „Schulden“, „offene Rechnungen“, „Hypotheken“, „private Entnahmen“ etc.). K Beispielsätze für Umformulierungen – „Ich verstehe, dass der Ausfall der Lieferung für Sie ein Thema ist. Sind Sie damit einverstanden, wenn ich statt ‚Schadensersatz für Lieferstopp‘ ‚Umgang mit Nichtlieferung in der Zeit von … bis …‘ formuliere? – „Geht es für Sie beim Thema ‚Aufenthaltsbestimmungsrecht‘ darum, dass Sie den Lebensschwerpunkt der Kinder regeln wollen?“ – „Geht es für Sie beim Thema ‚Kündigung‘ um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder um die Überlegung, dass sich das Arbeitsverhalten des Mitarbeiters ändern sollte?“
K Gewichtung der Themen Wenn alle Themen gesammelt sind und vom Mediator zugesichert worden ist, dass diese Liste veränderbar und ergänzbar bleibt, ist es sinnvoll, dass jeder der Konfliktpartner seine Liste gewichtet und durchnummeriert. Häufig werden durch die Gewichtung bereits Gemeinsamkeiten erkennbar. Der Sinn dieser Gewichtung ist es, zu erkennen, dass Konfliktpunkte unterschiedliche Bedeutung für jede Partei haben und die Bearbeitung dieser Themen eine Logik bekommt. Die gewichteten Themen können anschließend noch in eine Reihenfolge von den Parteien gebracht werden. Manche Mediatoren legen eine Rangfolge selbst fest (z.B. mit
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5. Themensammlung/Bestandsaufnahme
dem Argument „leichtere Punkte zuerst“ oder „das Herzstück zuerst“). Im Allgemeinen ist es für das spätere Verhandeln jedoch besser, zu mediieren, in welcher Rangfolge gearbeitet werden soll. Dabei reicht es in aller Regel aus, zu mediieren, mit welchem Thema, Themenblock begonnen werden soll. K Beispielsätze für die Themensammlung – „Welches sind die Themen und Punkte, die Sie hier regeln möchten?“ – „Gibt es noch weitere Themen oder Überschriften, die zu klären sind?“ – „Kennen Sie andere Leute in einer ähnlichen Situation – wissen Sie, welche Dinge die noch geregelt haben?“ – „Wenn Ihr verstorbener Vater hier sprechen könnte – was würde er Ihnen noch sagen, was Sie noch besprechen sollten?“ – „Versuchen Sie, in Ihre Themen eine Reihenfolge nach der Wichtigkeit zu bringen. Schauen Sie sich dann die Reihenfolge bei den anderen an. Welches Thema, welchen Themenblock wollen Sie näher beleuchten?“
K Praxisanregungen e Die Themensammlung bietet zahlreiche Hypothesen, mit denen der
Mediator weiterarbeiten kann. Er kann sie zudem auch als Hintergrund-Hypothesen nutzen. e Die Themensammlung ist ein Testlauf für Balance und Neutralität
des Mediators. e Konfliktscheue Mediatoren sind in der Gefahr, Kampf- und Streit-
punkte so lange umzuformulieren, bis sie ihren eigentlichen Kern verlieren. Bisweilen überhören sie streitige Punkte. e Schwierig kann es werden, wenn von den Konfliktparteien Punkte
oder Themen nicht genannt werden, die der Mediator aber als wesentliche aus anderen Mediationen oder aus der eigenen Erfahrung kennt. Die Aspekte kann er dann unter Umständen als „Beispiele aus anderen Mediationen“ thematisieren. Aus Gründen der Optionalität und Balance ist es sinnvoll, gleich mehrere Beispiele anzuführen. Und auch dann muss mediiert werden, wie und welche Themen davon auf die Liste kommen. e Manchmal ist es sinnvoll, auf den Themenlisten noch Spalten ein-
zurichten für nicht anwesende, für die Mediation wichtige Konfliktparteien (z.B. Kinder; andere Erben; Personen die nicht mitkommen wollten). Der Mediator kann alle anwesenden Medianden zirkulär fra-
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B. Werkzeugkoffer
gen, was sie denken, was der- oder diejenige wohl genannt hätte. Er sollte kennzeichnen, wer diese Phantasie hatte. Oft sind diese Themenpunkte auch solche, die die Partei sich selbst nicht getraut hat, zu nennen. Es kann später mediiert werden, was damit geschehen soll. e Mit Abschluss der Themensammlung sollte der sachliche Rahmen, in
dem verhandelt wird, erkennbar sein. Ist es dem Mediator bei der Themensammlung nicht oder nur ansatzweise gelungen, Positionen, Lösungen, Bewertungen umzuformulieren, sollte er darüber Hypothesen bilden, ob eine Mediation in diesem Fall indiziert ist. Er kann das auch mit den Parteien besprechen und mit ihnen Alternativen zur Mediation durchgehen. e Die Liste der Themen sollte allen Konfliktparteien zugesandt werden
(z.B. Fotos der betreffenden Flipcharts). Ferner sollte die Liste in allen Sitzungen bis zum Ende der Mediation aufgehängt bleiben, damit Medianden und Mediator jederzeit sehen können, welche Themen bereits bearbeitet und welche noch offen sind.
6. Interessen und Bedürfnisse Übung Denken Sie an Ihren letzten Konflikt mit einem Ihrer Partner oder Partnerinnen. Versuchen Sie jetzt, herauszufinden, welche Interessen, Bedürfnisse und tieferen Bedeutungen bei Ihnen dahinter steckten. Stellen Sie sich im nächsten Schritt vor, welche tieferen Bedeutungen wohl bei Ihren Partnern dahinter steckten. Schreiben Sie beide Seiten in zwei Spalten auf – es sollte auf jeder Seite auch mindestens ein negatives Interesse dabei sein. Versuchen Sie, herauszufinden, welche der Interessen Sie auf der anderen Seite verstehen oder sogar akzeptieren können. Und umgekehrt – welche Ihrer Interessen und Motive könnte Ihr Partner wohl bei Ihnen verstehen oder akzeptieren? Markieren Sie die gegenseitig verstandenen Interessen. Was ist Ihr Erkenntnisgewinn?
K Interessenorientierung als Schlüsselelement der Mediation Einer der wichtigsten methodischen Bausteine in der Mediation ist die Arbeit an den Interessen und Bedürfnissen hinter den Positionen. Sie gilt als besonders anspruchsvoll und wird auch als Schlüsselelement bezeichnet. In dieser Phase initiiert der Mediator einen Kommunikationsprozess, in dem die Beteiligten sich vom gegenseitigen Anspruchs- und Positionsdenken wegbewegen und ihre tiefer liegenden Interessen erkundet wer-
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6. Interessen und Bedürfnisse
den. Dabei werden die Anliegen transparent, die einer Entscheidung zugrunde liegen können. Diese übergeordneten Interessen und Bedürfnisse sind regelmäßig weiter gefasst als die konkrete Forderung und ermöglichen wertschöpfende Lösungen zum Nutzen jeder und beider Seiten. K Positionen, Interessen und Bedürfnisse Für das eigene Verständnis, aber auch für die Erarbeitung der Interessen erweist sich eine klare terminologische Differenzierung als sehr hilfreich. Unter einer Position wird üblicherweise eine Forderung oder eine konkrete Zielsetzung verstanden. Juristen sprechen von einem Anspruch. Dieser kann in der Regel nur durch exakte Erfüllung befriedigt werden. In Konfliktsituationen verengt sich ein von Positionen dominiertes Verhalten oft auf den bereits eingenommenen Standpunkt und verstellt damit den Blick auf andere potentielle Lösungswege. Demgegenüber sind Interessen in der Regel weniger offenkundig und bewusst. Interessen sind der Anlass, das Motiv einer Partei, eine bestimmte Position einzunehmen. Auf dieser Stufe geht es darum, dass jede Partei ihre eigenen Motive erforscht, die hinter den zuvor gesammelten Themen liegen. Jede Seite sollte herausfinden, was sie bei diesen jeweiligen Themen bewegt. Letztlich führt das die Partei zu ihren Grundbedürfnissen, die jeder Mensch hat. Diese Grundbedürfnisse nach Bindung, Sicherheit, (Weiter-)Entwicklung werden je nach Biografie und aktueller Lebenssituation in bestimmten Interessen konkretisiert: „gesehen werden“, Verlässlichkeit, Respekt etc. So steigt der Mediator durch gezieltes Fragen bei den aktuellen Interessen jeder Partei ein und vertieft durch entsprechendes Fragen das Verständnis jeder Partei im Sinne ihrer Grundbedürfnisse. Dieser Prozess benötigt viel Zeit und Schutz vor möglichen Kommentaren der anderen anwesenden Konfliktparteien. K Verstehen der Interessen Das Verstehen der eigenen Interessen und Bedürfnisse sowie das der anderen Konfliktpartner wurde bereits im Harvard-Konzept, das eigentlich kein Mediations-, sondern ein Verhandlungskonzept ist, als das Wesentliche (Essential) für faire Lösungen herausgestellt. Das Konzept basiert auf folgenden Thesen: –
Probleme und Konflikte werden durch unterschiedliche Interessen bestimmt.
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B. Werkzeugkoffer
–
Jedes dieser Interessen kann durch verschiedene Lösungen befriedigt werden.
–
Lösungen werden erst möglich, wenn die wechselseitigen Interessen und Bedürfnisse gegenseitig anerkannt werden können.
Diese Maxime für gutes Verhandeln gilt auch für die Mediation und erklärt die wesentliche Wirkungsweise: Das Verstehen und der Austausch der eigenen Interessen und der Interessen der anderen ist elementar für das Gelingen einer Mediation. Dadurch werden faire Lösungen möglich. K Verstehens-Prozess und Interessensarbeit Nach dem Harvard-Konzept ist für den Verstehens-Prozess entscheidend, dass sich jeder Konfliktpartner in die Situation des jeweils anderen versetzen kann. Auf Gary Friedman geht die sehr anschauliche Formulierung „Eine Zeit lang in den Mokassins des anderen gehen“ zurück. Der Weg dahin, die Erforschung der Interessen, liegt im Verantwortungsbereich des Mediators, der sich hierzu systemischer Methoden bedient: Zusammenfassen, Fokussieren, wertschätzendes Feedback, zirkuläre Fragen, Akzeptieren negativer Interessen, Bedeutungen und Bedürfnisse. Für die Erforschung der Interessen ist es wichtig, dass der Mediator jeder Konfliktpartei ausreichend Raum für eine vertiefte Selbsterforschung und Klärung der eigenen Anliegen gibt. Eine besondere Kunst bei dieser Arbeit ist es, eine gute „Bedeutungsfrage“ zu formulieren, die für alle Konfliktpartner passt. Das ist bereits in der Paar- oder Zweiparteien-Mediation schwierig, noch schwieriger in der Mehrparteien-Mediation. Es bedarf einer guten Vorbereitung durch den Mediator für diesen Schritt. Die Frage nach dem dahinterstehenden Interesse, dem zugrundeliegenden Motiv, dem Grundbedürfnis sollte aus Gründen der Allparteilichkeit an alle Konfliktpartner gleich gestellt werden können. K Beispiele für Bedeutungsfragen – „Was steckt eigentlich für Sie hinter diesem Konflikt/dieser Forderung?“ – „Könnten Sie ausdrücken, um was es Ihnen wirklich geht?“ – „Was bedeutet der Verlag (das Haus) für Sie selbst?“ – „Hat für Sie das Haus auch eine tiefere Bedeutung?“ – „Erst wenn jeder von Ihnen die tieferen Bedürfnisse und Interessen in dieser Frage für sich selbst kennt und benennen kann, werden Sie später auch darüber
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6. Interessen und Bedürfnisse verhandeln können. Gibt es für Sie hinter Ihren Positionen noch etwas ganz Persönliches?“ – „Was wollen Sie mit dem Verkauf des Tochterunternehmens sicherstellen?“
K Formulierung von Interessen Das Formulieren der Interessen hat einen besonderen Katalysatoreffekt für das Ermöglichen gegenseitigen Verständnisses. Verstehen kann aber auch bedeuten: Ich verstehe das Negative an meinen eigenen Interessen und an den Interessen des oder der anderen. Im Einzelfall heikel ist oft die konkrete Formulierungsarbeit. Hauptmaßstab ist die Handlungsoffenheit. Die gewählte Formulierung sollte unbedingt Raum für mehrere Wege der Umsetzung des angesprochenen Aspekts lassen. Verfehlt wäre daher eine Formulierung, die nur eine Handlungsoption zuließe. Das Verstehen der Unterschiede sowie der Gemeinsamkeiten von Interessen auf jeder Seite ist die Essenz des Verstehens-Prozesses in der Mediation. Die Formulierung sollte das Interesse positiv benennen. Gemeint ist, dass nicht festgehalten werden soll, was die Konfliktpartei nicht will. Es sollte vielmehr positiv ausgedrückt werden, was das konkrete Anliegen ist, was die Partei positiv möchte; anderenfalls blieben die verbleibenden Handlungsmöglichkeiten vage. Positives Umformulieren setzt große Sorgfalt und mehrere Arbeitsschritte voraus, um die Interessen ohne Inhaltsverzerrung wiederzugeben. Wichtig sind auch hier stets die Erklärung der einzelnen Schritte und die Zustimmung der Parteien. K Beispiele für positives Formulieren – „Ich habe Ihren Ausführungen entnommen, dass Sie sich wegen der häufigen Abwesenheiten von Herrn A. um den Ausfall von Aufträgen sorgen. Habe ich Sie richtig verstanden? Ich höre daraus, dass es Ihnen um die ‚Entwicklung der Auftragslage‘ geht. Ist das richtig? … Unterschwellig nehme ich auch eine Enttäuschung wahr, weil die Zusammenarbeit in der Vergangenheit häufiger nicht immer reibungslos funktioniert hat. … Wollen Sie noch einmal in Worte fassen, was Ihnen für eine gute Zusammenarbeit fehlt? … . Wären Sie damit einverstanden, wenn wir als Ihr Interessen ‚Verlässlichkeit‘ und ‚positive Auftragsentwicklung‘ anstatt ‚Beendigung der Zusammenarbeit‘ notieren? Trifft es das? “ – „Um das Verständnis für die jeweils andere Seite zu erleichtern, hat es sich bewährt, in der Ich-Form zu sprechen. Anstatt Vorwürfe zu machen, sollten Sie versuchen, zu beschreiben, was genau das Verhalten der anderen Seite bei Ihnen auslöst. Es könnte bspw. lauten ‚Ich möchte, dass jemand, der die Werte und Prinzipien der Unternehmensgründer teilt, das Unternehmen fortführt.‘
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B. Werkzeugkoffer Sehen Sie den Unterschied zu ‚Ich möchte nicht, dass mein Sohn die Leitung des Unternehmens übernimmt.‘ Verstehen Sie, worauf ich hinaus will?“
K Methodische Hinweise Die Arbeit an den Interessen, Bedürfnissen, tieferen Bedeutungen hat ihren Platz nach der Themensammlung, kann sich aber auch durch die gesamte Mediation ziehen, weil sie zu den drei Hauptschritten der Mediation gehört (Interessen – Optionen – Verhandeln), die immer wieder, auch in Neben- oder Unterthemen vorkommen können. Die Frage „Was steht für Sie dahinter?“ ist eine der wichtigsten und häufigsten in der Mediation. Bevor diese Arbeit begonnen werden kann, sollte der Mediator genau erklären, wozu dieser Schritt gut ist, was er für den Mediationsprozess bedeutet. Wenn das Verständnis und auch das Einverständnis für diesen Schritt nicht bei jeder Konfliktpartei vorliegt, wird sie sich nicht darauf einlassen können. Erst wenn alle zu dem Wagnis bereit sind, etwas über die Hintergründe zu veröffentlichen, kann diese Arbeit funktionieren. Für Mediatoren ist es immer wieder überraschend, wer von den Konfliktparteien diesen Schritt zuerst tut, also den „Eisbrecher“ spielt. Methodisch wird dieser Schritt nach der Erklärung und dem Einverständnis von jedem Konfliktpartner wieder nach dem Grundmuster der Mediation gearbeitet, also mit Window I und Window II. Im ersten Schritt werden die Interessen und tieferen Bedeutungen von jedem Einzelnen oder jeder Gruppe erfragt, erst im zweiten Schritt wird gefragt, ob jeder etwas bei den Anderen verstehen oder sogar unterstützen oder für sich brauchen kann. Eine Reihe von Mediatoren visualisieren bei dieser Arbeit nicht oder sehr wenig, weil sie den – oft intensiven – Prozess nicht unterbrechen wollen. Schwierig wird dann allerdings die Erarbeitung der Wechselseitigkeit, Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten, weil besonders bei MehrparteienMediationen sich nicht alle alles merken können. Manche Mediatoren verwenden hier Methoden, indem sie jede Konfliktpartei wiederholen lassen, was sie von den Interessen und dahinter liegenden Bedeutungen bei den anderen verstanden haben. Das kann Sinn machen, manchmal aber auch zum Widerstand führen. Leichter ist die Visualisierung auf dem Flipchart oder anderen großen Papieren in Spalten für alle anwesenden Personen oder Gruppierungen. Im zweiten Schritt kann dann jeder in den Spalten der anderen suchen, ob er dort etwas versteht, akzeptiert, teilweise versteht oder akzeptiert oder für sich selbst brauchen kann.
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6. Interessen und Bedürfnisse
K Beispielsätze für das Verstehen der anderen Interessen – „Was von dem in den anderen Spalten können Sie verstehen oder vielleicht sogar akzeptieren? Ich würde das dann mit Ihrer Farbe kennzeichnen, etwas schwächer vielleicht, wenn Sie es vielleicht nur teilweise verstehen können.“ – „Manchmal ist es hilfreich für das spätere Verhandeln, wenn es ähnliche oder gemeinsame Interessen oder Bedürfnisse gibt. Sehen Sie in den Spalten der anderen solche, die ähnlich oder gemeinsam sind?“ – „Einige von Ihnen haben in den Spalten der anderen einige Aussagen akzeptieren oder verstehen können. Das wird Ihnen für den weiteren Prozess nützlich sein. Auf jeden Fall wird es jedem von Ihnen helfen, bei der späteren Vereinbarung zu überprüfen, ob Ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse darin vorkommen.“
K Praxisanregungen e Die Arbeit an den Interessen, Bedürfnissen und tieferen Bedeutungen
birgt die Gefahr, zu nah an Gefühle und Emotionen der Medianden zu kommen. Einerseits kann diese Nähe eine der Ressourcen der Mediation sein, andererseits sollten Emotionen in der Mediation lediglich in ihrer Hinweisfunktion auf Bedürfnisse genutzt werden. e Dazu gehört auch, dass Mediatoren die Schutzbedürfnisse von Men-
schen in Konflikten kennen und respektieren. Deshalb machen manche Mediatoren diese Arbeit mit jeder Partei einzeln, wenn sie die Hypothese gebildet haben, diese würden befürchten, ihr Gesicht vor dem anderen zu verlieren (Caucusing, Shuttle-Mediation). e Mediatoren sollten auf dieser Stufe ihre eigenen Fallen und Befangen-
heiten sehr gut kennen. Wenn sie eigene Betroffenheiten in diesen Punkten nicht bemerken, sollten sie mit der Arbeit an den Interessen eher vorsichtig umgehen und Mediationssupervision im Hintergrund bereithalten. e Das Verständnis der eigenen Motive, Bedürfnisse steht für jede Partei
in einem engen Zusammenhang zur anzustrebenden Vereinbarung. Eine Partei kann einer Vereinbarung nur zustimmen, wenn sie dort ihre eigenen Bedürfnisse wiederfindet. Ebenso sollte ein Verständnis für die Motive, Bedürfnisse der anderen Seite geweckt sein, um bei der Verhandlung der Vereinbarung auch diese mit aufzunehmen. e Aus dem Erkennen der eigenen Motive ergibt sich eine Handlungsten-
denz bei den Parteien. Es ist daher sinnvoll, die Optionenentwicklung direkt anzuschließen. Für die Parteien scheint es ganz organisch zu
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B. Werkzeugkoffer
sein, nach dem Verstehen der eigenen Motive direkt dazu überzugehen, nach Möglichkeiten zu suchen, wie sie diese umsetzen können.
7. Optionen Übung Denken Sie an eine frühere konflikthafte Situation in Ihrem Leben, in der Sie nur eine Lösung sehen konnten. Überlegen Sie, wie der Konflikt hätte auch anders gelöst werden können. Überlegen Sie mindestens zwei Alternativen dazu. Wie ist das für Sie, wenn Sie diese Alternativen heute sehen können?
K Alternativen – Wahlmöglichkeiten – Optionen Die Optionenentwicklung gehört ebenso wie die Arbeit an den Interessen und wie das mediative Verhandeln zu den drei Herzstücken und wirkungsvollen Hauptschritten der Mediation. Während die Arbeit an den Interessen einen Schritt in die Tiefe bedeutet, ist die Optionenentwicklung ein Schritt in die Weite und in Richtung Vergrößerung der Wahlmöglichkeiten. Aus dem „Entweder – Oder“ wird damit das „Und – Und – Und“ (oder die „Vergrößerung des Kuchens“). Das Harvard-Konzept meint hier allerdings nicht nur die Entwicklung von verschiedenen Lösungsoptionen, sondern auch die Entwicklung von neuen Ideen und kreativen Möglichkeiten, im Sinne von Fantasieren, Spekulieren, Alternativen entwickeln. Dahinter steht die Philosophie, dass nicht über ein „Entweder – Oder“, sondern nur über eine Entwicklung von vielen Möglichkeiten Veränderung und neue Lösungen möglich werden. K Veränderung und neue Lösungen Edward de Bono geht sogar noch einige Schritte weiter: Er spricht bei Optionen von „Entwerfendem Denken“, „Wege der kreativen Planung“, „Konzipierender Kreativität“, „Zukunftsorientiertem Denken“, Entwerfen von neuen Karten und Räumen“, „Offenen Systemen“ und „Neuen Konstruktionen und Mustern“. Er sieht diese Möglichkeiten mit systemischem Blick: Die geschlossenen Systeme sind rückwärtsgewandt, antagonistisch, dialektisch, taktisch-strategisch und eignen sich mit ihren Kampfidiomen wie „Strategie“, „Taktik“, „Gewinnen und Verlieren“, „Gegnerische Parteien“ etc. wenig. Er zählt auch das herkömmliche Verhandeln zum alten antagonistischen Modell, das keine neuen Lösungen hervorbringe, sondern allenfalls Kompromisse und Übereinstim-
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7. Optionen
mungen. Dagegen können kreative neue Konfliktlösungen nur in offenen Systemen entstehen und entwickelt werden, die nicht mehr ausschließlich auf Logik und Argumentation basieren, sondern auf symbolhaftem und zukunftsorientiertem, neue Karten entwerfendem kreativen Denken. De Bono bezeichnet Mediatoren daher als „Konflikt-Designer“ (Haynes nannte sie „Regisseure“ und „Orchester-Dirigenten“). K Optionen-Modelle Die Sammlung von Lösungsoptionen ist ein kreativer, bisweilen spielerischer Prozess. Die Modelle zum Entwickeln von Optionen gehen in erster Linie auf die Vertreter des Harvard-Konzepts sowie auf Edward de Bono und John M. Haynes zurück: –
Optionen können unter dem Aspekt der „besten Alternativen“ (BATNA, s. S. 152 und 306) oder unter dem der „schlechtesten Alternative“ (WATNA, s. S. 152 und 309) entwickelt werden.
–
Optionen können als provisorische, als partielle, als vorrangige oder nachrangige Möglichkeiten gesucht werden.
–
Optionen werden gesucht als Wünsche für die Zukunft, als Phantasien, als auf den ersten Blick evtl. abwegige, nicht realisierbare Möglichkeiten, als ungewohnte, vielleicht ungewöhnliche, als Traumtänzer- oder als Zauberideen.
–
Optionen werden zirkulär gesucht aus der Sicht von anderen betroffenen Personen (Kindern, anderen Erben, nicht anwesenden Firmenangehörigen etc.) oder aus der Sicht anderer Fachpersonen (Arzt, Psychologe, Anwalt, Unternehmensberater etc.).
–
Optionen werden generiert unter dem Aspekt des eigenen Vorteils oder unter dem Aspekt des gemeinsamen Nutzens etc.
Die Modelle dienen der Förderung des kreativen Prozesses bei der Ideenentwicklung und lassen sich nicht in allen Mediationsfeldern und Konfliktkonstellationen gleichermaßen verwenden. Für die Verwendung der jeweiligen Modelle ist die Entwicklung von Arbeits-Hypothesen für das jeweilige Feld, für die betreffenden Medianden und für den Verlauf des Mediationsprozesses unverzichtbar, damit die Wahl des Modells die Optionenentwicklung fördert und nicht etwa verhindert (z.B. das Modell der „Verrückten Ideen und Phantasien“ in einer Erb-Mediation, in der eigentlich Trauer noch ein Thema ist; das Modell des „gemeinsamen Vorteils“ in einer Wirtschafts-Mediation, in der die Konfliktparteien nur wenig Kontakt miteinander haben etc.).
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B. Werkzeugkoffer
K Optionen im Mediationsprozess Die Optionenentwicklung findet in der Regel in der Stufe nach den Interessen und Bedürfnissen statt. Optionenentwicklung geht eigentlich durch die ganze Mediation, so wie die optionale Haltung des Mediators sich durch die gesamte Mediation zieht. Im Grunde setzt die Optionenentwicklung bereits im Einführungsgespräch ein (z.B. bei der Frage der Bezahlung der Mediation oder der Einbeziehung von anderen betroffenen Personen in die Mediation), über die Themensammlung (Wie soll hier mit den Regeln verfahren werden?), über verschiedene Möglichkeiten von Verhandlungsmodellen bis hin zu den Formen von Vereinbarungen sowie den möglichen Folgen und Sanktionen. Die Stufe der Optionenentwicklung sollte in jedem Fall deutlich vom Verhandeln abgekoppelt sein. Optionen sollten immer noch veränderbar und überdenkbar sein, bevor es ans Verhandeln geht. Das heißt es sollte stets eine Pause zwischen diesen beiden Schritten geben, damit die Medianden die gefundenen Alternativen und Wahlmöglichkeiten mit Freunden, anderen Betroffenen, Fachleuten, auch Anwälten überprüfen und besprechen können. Für Mediatoren bedeutet das ein gutes Zeitmanagement, um diese Pausen auch tatsächlich möglich machen zu können. Auch wenn die Optionenentwicklung sehr begrenzt ist – z.B. bei sich ausschließenden Lösungsoptionen oder nur vom Recht bereitgehaltenen Lösungen –, sollte die Pause zum Nachdenken und Besprechen möglich und eingeplant sein. K Methodisches Vorgehen für die Entwicklung von Optionen Als mediative Techniken für die Optionenentwicklung eignen sich alle Formen von reflexiven und zirkulär-reflexiven Fragen, das Brainstorming, Zukunftsorientieren, Zusammenfassen, Beispiele aus anderen Mediationen und andere zirkuläre Möglichkeiten, wertschätzendes Feedback. Wichtig ist es, möglichst eine Vielzahl von Optionen von jedem entwickeln zu lassen – auch negative oder destruktive Optionen. Auf die erste kreative Phase der Optionensammlung, in der die Ideen zunächst unkommentiert zusammengetragen und visualisiert werden, folgt die Konkretisierung und Systematisierung. Die gesammelten Ideen werden gemeinsam gesichtet; es besteht Gelegenheit, nachzufragen und zu konkretisieren. Nicht selten ergeben sich bei der Konkretisierung von Optionen durch den jeweiligen Ideengeber neue Ideenansätze, weil die Beteiligten eine formulierte Option unterschiedlich interpretiert haben und die Interpretationen weitere Lösungsoptionen hervorrufen. Je
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7. Optionen
nach Komplexität des Falles und nach Fülle der zusammengetragen Ideen kann es sich anbieten, das gesammelte Ideenmaterial thematisch zu clustern. K Beispielsätze für die Optionen-Entwicklung – „Lassen Sie uns einmal unbefangen Ideen sammeln, wie man mit Ihrer Situation zukünftig umgehen könnte.“ – – Sie werden später fürs Verhandeln mehrere Wahlmöglichkeiten brauchen. Je mehr Alternativen Sie haben, desto besser für Ihre Vereinbarungen.“ – Stellen Sie sich vor, Geld spielte keine Rolle, was würden Sie dann vorschlagen? – „Wenn ich Sie nach dem Wochenende treffen würde und Sie würden mir sagen, wir haben den Wechsel der Kinder gut hinbekommen, was hätten Sie da wohl gemacht?“ – „Fallen Ihnen noch mehr ungewöhnliche Möglichkeiten ein?“ – „Sie sagen, die beste Möglichkeit ginge nicht – wie sähen für Sie dann die zweitbeste oder die drittbeste aus?“ – „Was würde Ihrer Meinung nach passieren, sollten Sie sich hier in der Mediation nicht einigen können? Was wäre Ihrer Ansicht nach die Alternative, was würde mit dem Verlag passieren, was hätte das für Konsequenzen für jeden von Ihnen, Sophia? Christof? Rebecca?“ – „Gibt es vielleicht Ideen, die auf den ersten Blick nicht realisierbar sind, aber vielleicht auf den zweiten?“ – „Welche Ideen hätten wohl Anna und deren Kinder, wenn man sie dazu fragen würde?“ – „Welche Ideen haben andere Verlage (Familien, Erben) entwickelt, wenn es um die Übergabe einer Firma oder eines Verlags in die nächste Generation ging. Wissen Sie da etwas darüber?“
K Bewertung von Optionen Der Optionensammlung und -systematisierung, schließt sich in einem nächsten Schritt die Bewertung der Optionen an. Aus der Menge der zusammengetragenen Optionen werden diejenigen herausgefiltert, die näher in Betracht kommen, die „verhandelbar“ erscheinen. Das methodische Vorgehen variiert von Mediator zu Mediator und von Fall zu Fall sehr. Üblicherweise bittet der Mediator die Parteien, alle genannten Optionen zu bewerten nach dem System: plus (gefällt mir), interessant (gefällt mir nur zum Teil) und minus (gefällt mir nicht). Als praxistauglich hat sich zudem ein Punktesystem erwiesen, bei dem die Konfliktparteien jeweils eine bestimmte Anzahl von Optionen mit
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B. Werkzeugkoffer
farbigen Klebepunkten kenntlich macht, die ihnen am attraktivsten erscheinen. Der Mediator begleitet den Prozess vor allem durch reflexive und zirkulär-reflexive Fragen. Aus Gründen der Prozessökonomie ist bei der Optionenbewertung regelmäßig auch die Realisierbarkeit der näher betrachteten Optionen in den Blick zu nehmen. K Beispielsätze für die Bewertung der Ideen der anderen – „Für Ihre weitere Arbeit kann es sehr nützlich sein, mal zu schauen, was von den vielen Ideen und Möglichkeiten, die Sie hier entwickelt haben, einigen oder mehreren von Ihnen auch gefallen oder interessant gefunden werden. Manchmal sind es mehrere Ideen oder Kombinationen von Ideen, die zu Lösungen und Ergebnissen führen. Schauen Sie mal hin, ob Ihnen dort etwas auffällt.“ – „Welche Ideen der anderen finden Sie interessant – welche vielleicht teilweise?“ – „Können Sie etwas für Ihre eigenen Vorstellungen von den Ideen und Fantasien der anderen gebrauchen?“ – „Können Sie vielleicht Ähnlichkeiten erkennen, vielleicht sogar gemeinsame Ideen?“ – „Welche Ideen oder Phantasien hätten wohl Ihrem verstorbenen Vater (Mann) gefallen?“
K Visualisierungsmöglichkeiten Für die Visualisierung von Optionen kommen mehrere Möglichkeiten in Frage. Mediatoren können nach dem Grundmuster der Mediation (Window I und II) auf einem Flipchart mit Spalten für die verschiedenen Konfliktparteien oder Gruppierungen in der Mediation die genannten Optionen aufschreiben und im nächsten Schritt diejenigen kennzeichnen, die von den anderen als interessant, nützlich oder auch für sie selbst in Frage kommend genannt werden. Sie können diese Ideen aber auch auf einem großen Flipchart untereinander schreiben (mit verschiedenen Farben oder Bezeichnungen für die Autoren). Der Mediator kann auch die Parteien bitten, alle genannten Optionen nach der PMI-Methode (Plus/ Minus/Interessant) zu kennzeichnen. Eine andere Methode ist die Kartenabfrage. Die Optionen werden auf verschieden bunte Karten geschrieben und diese dann an die Wand geheftet, entweder zugeordnet oder nicht. Die interessanten, in Frage kommenden können mit Namen oder farbigen Klebepunkten markiert werden, um Mehrheiten für bestimmte Optionen deutlich zu machen.
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7. Optionen
K Praxisanregungen e Die Optionenentwicklung ist für den Mediator ein gutes Mittel ge-
gen die eigene berufliche oder biographische „Schere im Kopf“. Sie macht Spaß, weil sie meist eine kreative und schöpferische Seite sowohl bei den Medianden wie auch bei dem Mediator selbst freisetzt. e Der Mediator sollte zu Beginn der Optionensammlung betonen, dass
die Ideen unverbindlich und vorläufig sind, weshalb auch auf den ersten Blick abwegige Ideen einen Platz haben. Er kann zudem deutlich machen, dass die Verhandlung erst nach der Ideenentwicklung beginnt. e Mediatoren sollten bei der Entwicklung von Optionen selbst mindes-
tens drei im Kopf haben und davon sollte eine Option möglichst eine negative sein. Im Bedarfsfall können Mediatoren diese drei als „Beispiele aus anderen Mediationen“ einbringen, wenn von den Medianden wenig kommt. e Im Sinne der Balance sollten Mediatoren darauf achten, möglichst an
alle Konfliktparteien die gleichen Fragen zu stellen. Gut ist zudem, die Ideen möglichst schnell zu erfassen, nicht lang nachzufragen, evtl. zu lernen, sehr schnell und kodiert zu schreiben oder einen Hospitanten oder Co-Mediator zum Schreiben zu haben, damit diese Arbeit im Fluss bleibt. Nachfragen und zu langsames Schreiben bremst. Anders als im übrigen Mediationsprozess ist auf dieser Stufe nicht Verlangsamen, sondern „Verschnellen“ angezeigt. Mediatoren sollten zudem die negativen Optionen nicht überhören und anbieten, diese aufzuschreiben. Sie könnten ein Hinweis darauf sein, dass sich die Parteien für den Prozess geöffnet haben. e Mediatoren sollten ein gut funktionierendes System für die Visualisie-
rung der gemeinsamen oder interessanten Ideen entwickeln, das sie selbst und die Medianden nicht verwirrt. Besonders wichtig ist das bei großen Mehrparteien- oder Gruppen-Mediationen. e Die Optionenentwicklung kann Mediatoren darin unterstützen,
durch die ganze Mediation eine optionale Haltung zu bewahren, d.h. immer wieder zu fragen „Und noch – Und noch?“, besonders dann, wenn Mediationen drohen, eng zu werden. e Der Mediator sollte die Parteien immer wieder auf deren Bedürfnisse
und Interessen hinweisen, da sich aus diesen neue Handlungstendenzen und Ideen entwickeln können.
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B. Werkzeugkoffer
e Der Mediator sollte die Ideen nicht selbst kommentieren oder von der
anderen Partei kommentieren lassen. Es sind nur Ideen, die keine Verbindlichkeiten schaffen.
8. Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit Übung Welche eigenen Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit haben Sie? Welche anderen Maßstäbe würden Sie in Mediationen aus Ihrer Neutralität und inneren Balance bringen?
K Eigene und „objektive“ Gerechtigkeit Der hohe Stellenwert, den das Gesetz der Privatautonomie einräumt, erlaubt den streitenden Parteien, in der Mediation ihre eigenen Kriterien und Maßstäbe für Gerechtigkeit zu erarbeiten. In die Mediation eingebracht und entwickelt haben diesen Gedanken vor allem G. Friedman und J. Himmelstein mit ihren „points of reference“, die normalerweise mit „Bezugspunkten“ übersetzt, nicht ganz das Gleiche meinen wie „Fairnesskriterien“. Bei dem Gedanken der eigenen Gerechtigkeit geht es vor allem darum, eigene Maßstäbe zu finden, anhand deren die Konfliktparteien am Ende der Mediation ihre Vereinbarungen überprüfen können, ob sie diese gerecht finden und ob sie die Vereinbarungen mit gutem Gewissen und guten Gefühlen unterschreiben können. Bei der Entwicklung dieser Maßstäbe gibt es in der Regel allenfalls ein oder zwei Kriterien, die von allen geteilt werden, um die Vereinbarung von jedem Einzelnen gerecht und fair zu empfinden. In vielen Mediationen decken sich die Vorstellungen über Fairness und Gerechtigkeit nicht bei allen Teilnehmern, auch wenn sie mit den gleichen Begriffen benannt werden. So verstehen die Konfliktparteien z.B. unter „Gerechtigkeit“ oder „Ausgleich von Schuld“ fast immer Verschiedenes, auch wenn diese Bezeichnungen bei allen vorkommen. Genau diese „Eigen-Gerechtigkeit“, subjektive Gerechtigkeit ist in der Privatautonomie ausdrücklich gemeint und gewollt. Für viele Medianden bedeutet das, Abschied zu nehmen von der „objektiven“ Gerechtigkeit und zugleich eine Relativierung des normativen Rechts. Zu unterschiedlichen Werte- und Gerechtigkeitswahrnehmungen s. auch S. 67 ff.
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8. Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit
K Fairnesskontrolle Die Arbeit an den eigenen Gerechtigkeitskriterien ist deshalb notwendig, weil es sonst für die Parteien schwer nachvollziehbar ist, anhand welcher Kriterien besonders in Erb-, Wirtschafts-, Schul-, aber auch in Familien-Mediationen die erarbeiteten Vereinbarungen überprüft werden sollen, außer dem geltendem Recht. Das Recht gilt vielen Medianden nicht als einzige Fairnesskontrolle. In einigen Mediationsfeldern, etwa Trennungs- und Erbkonflikten, ist das Bedürfnis nach eigener Fairness und Gerechtigkeit groß. Besonders häufig werden folgende Maßstäbe und Kriterien genannt: –
Machbarkeit und ökonomische Realität
–
Respekt im Umgang miteinander auch nach Beendigung der Konflikte
–
Erhalt von „Werten“ wie z.B. Firmen- oder Familienbesitz, guter Ruf, Wohl der Kinder, Umwelt, Erhalt von Beziehungen (Familie, langjährige Vertragspartner, Elternschaft)
–
Absicherung der Zukunft
–
Anerkennung von Arbeit und Energie, z.B. Vergütung von Betreuungszeiten
–
Materieller und immaterieller Kontenausgleich, z.B. von Schuld
–
Ausgleich von Geben und Nehmen
–
Prinzipien der Rechtsordnung
K Fairness und Gerechtigkeit im Mediationsprozess Dieser Baustein der Mediation kann an fast jeder Stelle der Mediation stehen; vor oder nach dem Mediieren der Rolle des Rechts, aber auch vor dem Verhandeln ist er besonders sinnvoll. Manche Mediatoren entwickeln eine Liste der Kriterien vom Einführungsgespräch an, wenn dort bereits erste Maßstäbe auftauchen. Andere erarbeiten diese Liste zu jedem Konfliktthema neu, wieder andere entwickeln sie vor dem Verhandeln als Gesamtkriterienliste für alle Regelungspunkte der Vereinbarung. Sinnvoll ist es in jedem Fall, das Entwickeln von Fairnesskriterien deutlich von der Arbeit an der Rolle des Rechts abzukoppeln (weil es im weiteren Prozess wichtig ist, die Rolle, die das Recht in dieser Mediation haben soll, mit den eigenen Fairnesskriterien zu vergleichen). Die Arbeit an den Fairnesskriterien sollte auch abgekoppelt werden vom Verhandeln und Vereinbaren, weil die Verhandlungsergebnisse ja anschließend an den eigenen Gerechtigkeitskriterien überprüft werden sollen.
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B. Werkzeugkoffer
K Methodische Hilfen Bei diesem methodischen Schritt ist es wichtig, die Übergangsschritte sorgfältig zu arbeiten (s. Viererschritt, s. S. 225 ff.). Dies ist vor allem wichtig, weil ein Nachdenken über die eigenen Fairnesskriterien ein nicht alltäglicher Vorgang ist. Bisweilen haben einige Medianden diesen Schritt noch nie gemacht und brauchen deshalb Zeit, um ihn zu verstehen und zu akzeptieren. Im Interesse der Balance zwischen den Medianden ist es wichtig, dass der Mediator diesen Übergangsschritt für alle Medianden gleich sorgfältig macht, weil gerade die verschiedenen Gerechtigkeitsvorstellungen der Medianden einen schnellen Anlass zum Abbruch der Mediation geben. Hilfreich ist es, sich zuvor Gedanken über eine Einstiegsfrage zu machen, die den Gerechtigkeitsaspekt in einer kurzen, prägnanten Formulierung für alle verständlich macht. Also zum Beispiel: K Beispielsätze für das Einführen und Mediieren von Gerechtigkeitsund Fairnesskriterien in der Erb-Mediation Schaller – „Im Rahmen der Mediationssitzungen fielen in den vergangenen Wochen mehrfach der Begriff ‚Gerechtigkeit‘. Jeder von uns hat eigene, subjektive Fairnessmaßstäbe, die sich naturgemäß voneinander unterscheiden. Für Ihre Vereinbarung wird es wichtig sein, dass jeder von Ihnen sich überlegt, was das für ihn selbst bedeutet, damit Sie die Vereinbarung auch mit einem guten Gefühl unterschreiben können. Ich möchte Sie daher einladen, darüber nachzudenken, welche Fairness und Gerechtigkeit müsste für Sie darin berücksichtigt sein. Konnte ich mich einigermaßen verständlich machen? – „Welche Aspekte oder Gesichtspunkte von Fairness sollten sozusagen unausgesprochen in Ihren Vereinbarungen enthalten sein? Ich frage das erst einmal Sie, Sofia, und das Gleiche auch dann Sie, Rebecca, und Sie, Christof.“ – „Welche Gerechtigkeit müsste es geben für Ihre Vereinbarungen, damit Sie – und Sie – und Sie – das Gefühl haben können: Das ist einigermaßen fair – das kann ich unterschreiben?“ – „Es könnte für Sie wichtig sein, bereits hier beim Verlag zu überlegen, mit welchen Maßstäben für Gerechtigkeit könnte ich eine Vereinbarung zum Verlag mit guten Gefühlen unterschreiben. Ich werde Sie alle das Gleiche dann noch einmal fragen, wenn es später um das Haus geht.“
K Gemeinsame Gerechtigkeitskriterien Wenn dieser erste Schritt mit allen Medianden gemacht und auch visualisiert worden ist, sollte der Verstehens-Prozess sich auf die Gerechtigkeitsvorstellungen der jeweils anderen Partei beziehen (Window II). Es gilt festzustellen, ob es bei den Fairnesskriterien der anderen eines oder mehrere
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8. Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit
gibt, die einem selbst auch zusagen. Gar nicht so selten gibt es selbst bei Mehrparteien-Mediationen ein oder auch mehrere Maßstäbe, die entweder gleich sind oder von den anderen als verständlich genannt werden. Diese gemeinsamen Gerechtigkeits- und Fairnessvorstellungen können dann einer Vereinbarung als Präambel vorangestellt werden (s. S. 43). K Praxisanregungen e Es lohnt sich, diese Arbeit an den Fairnessvorstellungen der Median-
den grundsätzlich einzuplanen, besonders bei Verteilungskonflikten oder großem Einkommensgefälle zwischen den Medianden. In Beziehungskonflikten geht es um die Bilanzierung von materiellen und immateriellen Werten, sodass die Frage der Gerechtigkeit regelmäßig eine bedeutende Rolle spielt. e Besonders sinnvoll ist dieser Arbeitsschritt bei Mediationen mit Ju-
gendlichen, also bei Eltern-Jugendlichen-Mediation in Schul-Mediationen. Jugendliche haben von den Erwachsenen abweichende Gerechtigkeitsvorstellungen und für die Haltbarkeit von Vereinbarungen ist es dann nützlich, einige Gerechtigkeitsvorstellungen entwickelt zu haben, auf die sich alle beteiligten Generationen verständigen können. e Es ist hilfreich, die Listen von Gerechtigkeitsvorstellungen den Bera-
tungsanwälten mitzugeben. Diese können dann besser verstehen, welche Maßstäbe außer dem Recht für ihre Mandanten und für die andere Partei relevant sind. e Wichtig sind zudem die eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen des Me-
diators, damit er nicht seine innere Balance und Neutralität verliert. Wenn in Co-Mediation gearbeitet wird, ist diese Reflexion noch wichtiger, damit die Balance nicht doppelt gefährdet wird, wenn Vorstellungen beider Mediatoren zur Gerechtigkeit von denen der Medianden abweichen. Wenn eine Abweichung immer wieder an der gleichen Stelle in Mediationen passiert (z.B. in Mediationen mit sehr wohlhabenden oder einkommensschwachen Medianden), sollten Mediatoren das in einer Supervision bearbeiten. e Gerechtigkeit spielt stets in nahen Beziehungen und in dauerhaften
Beziehungen eine bedeutende Rolle (Paare, Familien, Nachbarn, Arbeitskollegen etc.)
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B. Werkzeugkoffer
e Erlebte Ungerechtigkeit ruft bei jeder Konfliktpartei Empörung her-
vor. Emotionale Ausbrüche von Parteien in der Mediation sind dann ganz normale Reaktionen. Sie sollten nicht bewertet, sondern vom Mediator akzeptiert und normalisiert werden, s. S. 244 ff.
9. Rolle des Rechts Übung Welche positiven oder negativen Erfahrungen haben Sie mit dem Recht gemacht? Wie werden diese Erfahrungen Ihre Neutralität und innere Balance in der Mediation beeinflussen? Inwieweit wird Ihre Haltung zum Recht auch die Rolle beeinflussen, die das Recht in Ihren Mediationen spielt?
K Unterschiedliche Vorstellungen vom Recht In diesem Methodik-Handbuch soll es weniger um die allgemeine Rolle des Rechts in der Mediation gehen, über die bereits viel veröffentlicht wurde. Auch beschäftigt hier weniger die Frage, wann und wie das Recht in die Mediation eingeführt wird. Im Fokus steht vielmehr die Methodik, mit der die Rolle des Rechts in Mediationen mediiert werden kann. Das Recht spielt nicht in allen Feldern der Mediation die gleiche gewichtige Rolle. Dennoch scheint es auch in relativ „rechtsfernen“ Mediationen notwendig zu sein, die Rolle des Rechts zu mediieren, weil die Erfahrung zeigt, dass bei fast allen Konfliktpartnern oder Konfliktgruppierungen das Denken von gesellschaftlichen Normvorstellungen durch das, „was Recht ist“, bestimmt ist. Dieses Denken ist bei den verschiedenen Konfliktparteien unterschiedlich ausgeprägt, weshalb das Mediieren der Bedeutung, die sie dem Recht zukommen lassen wollen, für die Mediation so wichtig ist. K Verrechtlichung von Gefühlen und Ansprüchen Hinzu kommt, dass durch eine „Verrechtlichung“ von Gefühlen, wie sie häufig in Konflikten auftritt, die Rolle des Rechts vielfach nebulös bleibt. Viele Medianden erwarten vom Rechtssystem, dass Gefühle, z.B. Hass, Rache, Enttäuschung, Ohnmacht, Wut und Trauer, dort ihren Platz haben und sie als Ausgleich „ihr“ Recht bekommen (s. auch S. 67 ff.). Gerade dann ist es wichtig, die Bedeutung des Rechts zu mediieren. Die Rechtsordnung ist größtenteils von einem Denken geprägt, das bei Konflikten Gewinnen oder Verlieren, Kampf um Recht, Ansprüche und
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9. Rolle des Rechts
Gegenansprüche im Blick hat, aber auch von einem Denken, das dem Rechtssystem die Macht zu Wiedergutmachung, Schuldausgleich und Gerechtigkeit zuweist. In Mediationen ist oft das erwähnte Anspruchsdenken zu erleben, aber auch die Hoffnung, Lösungen durch Delegation der Entscheidungen an Dritte zu erzielen, und sogar die Ansicht, man könne die Schwäche des anderen ausnutzen. K Funktionen des Rechts in der Mediation Die Interessen und Bedürfnisse der anderen Konfliktparteien sind oft schwer zu akzeptieren, selbst wenn klar ist, dass alle Beteiligten nach diesen Konflikten weiter zusammenleben oder arbeiten müssen. Die Ängste, Schwächen zu zeigen und dafür in eine schlechtere Position zu gelangen, machen sich besonders bei der Arbeit an den tieferen Interessen und Bedeutungen bemerkbar, aber auch bei der Entwicklung von Optionen und Veränderungsmöglichkeiten sowie bei den Fairness-Kriterien. Besonders deutlich ist dies bei Medianden, die davon ausgehen, dass sie in der Auseinandersetzung mit den Schwächen des oder der anderen leicht obsiegen würden (z.B. bei Arbeits- oder Sorge- und Umgangskonflikten). Der Mediation liegt indessen ein anderes Rechtsverständnis zugrunde, wonach sich das bestehende Recht zunehmend vom repressiven zum autonomen und responsiven Recht bewegt, das vor allem eigene und optionale Rechtsschöpfungen und Vertragsgestaltungen fördert, die Interessen und Bedürfnisse aller beteiligten Konfliktpartner einschließen (Jack Himmelstein). Das geltende Recht hat in Mediationen wichtige Funktionen und Aufgaben: –
Das Recht tritt als Auffangnetz ein, wenn die Mediation ganz oder in Teilen scheitert.
–
Das Recht skizziert in vielen Fällen die Grenzen des Verhandlungsspielraums (BATNA).
–
Das Recht bietet Anhaltspunkte für die Fairness-Kontrolle und den Schutz besonders des oder der Schwächeren an.
–
Die gültigen rechtlichen Regelungen können auch Optionen und Anregungen sein bei der Regelung der anstehenden Konflikte.
–
Jede der Konfliktparteien kann am Recht überprüfen und würdigen, inwieweit sie selbst und auch die anderen Rechtspositionen aufgeben.
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B. Werkzeugkoffer
K Leitfragen für die Bildung von Hypothesen Das Mediieren der Rolle des Rechts sollte spätestens vor dem Vereinbaren stattfinden, aber auch in jeder anderen Stufe können rechtliche Fragen auftreten. Deshalb ist es wichtig, dass Mediatoren die unterschiedlichen Aspekte in jeder Stufe beachten und sorgfältig mediieren. Das Wichtigste ist dabei, dass der Mediator sich über die Bedeutung des Rechts in dieser Mediation und für jeden Medianden Hypothesen bildet und diese auch überprüft. Folgende Fragen sind dafür hilfreich: –
Welche Bedeutung hat das Recht für jede Konfliktpartei?
–
Welche genauen Rechtsinformationen hat jede Konfliktpartei zu ihrer eigenen Rechtsposition?
–
Was weiß jede der Konfliktparteien über die Möglichkeiten von eigenen (rechtsgültigen) Regelungen ihrer Konflikte und über die prozessualen Möglichkeiten dafür?
–
Wie bekommen die Konfliktparteien das notwendige juristische Wissen?
–
Wie wollen die Konfliktparteien dieses Wissen mit ihren eigenen Fairness- und Gerechtigkeitsvorstellungen verbinden?
Diese Fragen kann der Mediator für seine eigene Hypothesenbildung verwenden oder auch abgewandelt, um die Rolle des Rechts konkret zu mediieren – so z.B. vor oder auch nach dem Gang zu Beratungsanwälten oder vor bzw. nach der Einbeziehung der konkreten Rechtsinformationen in die Mediation (z.B. durch einen von beiden Seiten gemeinsam beauftragten juristischen Gutachter, s. S. 147). K Rolle des Rechts in den verschiedenen Prozessstufen In den ersten beiden Stufen, der Vorlaufphase und der Einführungs- und Kontraktphase der Mediation, wird es vor allem um den Mediationskontrakt gehen (s. S. 115 ff.) und darum, wie die Medianden an ihre notwendigen allgemeinen sowie aber auch an parteiliche Rechtsinformationen für ihren Fall kommen. Wie ausgeführt wird – abgesehen von einfach gelagerten Fällen – von einer gemeinsamen rechtlichen Beratung durch den Mediator abgeraten, auch wenn dieser zur Rechtsberatung nach dem RDG befugt ist, s. S. 88. Manchmal ist es notwendig, bereits in dieser Stufe der Mediation die Rolle des Rechts zu mediieren, insbesondere wenn die Bedeutung des Rechts für die Medianden unterschiedlich zu sein scheint oder wenn ei-
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9. Rolle des Rechts
ner oder mehrere Medianden sich eng am Recht orientieren wollen. Sofern die Parteien anwaltlich nicht vertreten sind, kann es hilfreich sein, schon in diesem Stadium einen Co-Mediator mit juristischem Hintergrund in die Sitzungen einzubeziehen, insbesondere um etwaige Fristen zu wahren oder sie wenigstens zu kennen. In der Stufe der Themensammlung tauchen juristische Themen häufig auf, so wie hier in der Erb-Mediation bei Familie Schaller die Frage eines etwaigen Pflichterbteils für Anna und ihre Kinder. Auch die Frage, welche juristische Form die endgültige Vereinbarung haben soll und wer diese verfasst, sollte möglichst zu Beginn der Mediation erörtert werden, s. S. 115 ff. Auch hier kann es notwendig sein, die Rolle des Rechts zu mediieren. In der Stufe der Interessen und Bedürfnisse spielt das Recht eine untergeordnete oder gar keine Rolle, es sei denn in der oben erwähnten Form der „Verrechtlichung“ von Gefühlen. In diesem Fall kann Mediieren der Rolle des Rechts sinnvoll sein oder zumindest die Frage, wie und wo diese Vermischung von Gefühlen und Erwartungen an das Recht aufgelöst werden kann. Auch in der Stufe der Entwicklung von Alternativen und Optionen spielt das Recht eine eher untergeordnete Rolle, es ist eine der möglichen Optionen. Hier kann das Recht eine der Ressourcen sein, um möglichst viele Alternativen zur rechtlichen Lösung zu entwickeln. Bei der Entwicklung der Optionen ist es wichtig, dass sich Mediatoren durch die Lösungsmöglichkeiten des Rechts nicht allzu sehr einengen lassen und Gefahr laufen, die Optionen-Entwicklung der Medianden einzuschränken durch das Recht als „Schere im Kopf“. Externe Beratungsanwälte sind hilfreich, um die in Erwägung gezogenen Optionen der Medianden alternativ durchzurechnen und diesen die inhaltlichen und prozessualen Möglichkeiten zur Umsetzung zu vermitteln. Auch die übrigen relevanten Fachleute wie Steuerberater, Notare, Rentenberater, Schuldnerberater etc. können in dieser Stufe zur Beratung der in Frage kommenden Optionen von Bedeutung sein, insbesondere wenn Medianden beabsichtigen, auf eigene Rechtspositionen teilweise oder ganz zu verzichten. In der Stufe, in der an den Fairnesskriterien und an der Rolle des Rechts gearbeitet wird, ist das Recht nur einer von vielen möglichen Bezugspunkten für Fairness und Gerechtigkeit – für viele Medianden ein besonders wichtiger Bezugspunkt. In sehr „engen“ Mediationen ist das Recht
143
B. Werkzeugkoffer
tatsächlich oft das einzige Fairness- und Gerechtigkeitskriterium. Wichtig in dieser Stufe ist es, dass die Mediatoren ihre eigenen Fairnesskriterien in Vergleich setzen zu der Bedeutung, die Medianden dem Recht zubilligen wollen. In der Stufe des Verhandelns spielt das Recht meist kaum eine Rolle, außer bei der Überprüfung der vorläufigen oder auch endgültigen Verhandlungsergebnisse. Spätestens wenn die Parteien sich auf einen Einigungsentwurf verständigt haben, hat der Mediator die Parteien (nochmals) darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit einer externen Überprüfung besteht, § 2 Abs. 6 Satz 2 MediationsG. Nach dem Gang zu den Beratungsanwälten können sich Veränderungen in den vorläufigen Vereinbarungen ergeben, weshalb es notwendig sein kann, die rechtliche Verbindlichkeit der Vereinbarungen nochmals zu mediieren. Bei inhaltlich oder rechtlich komplexen Angelegenheiten übernehmen jedoch regelmäßig die externen Beratungsanwälte oder Unternehmensjuristen die vertragliche Ausarbeitung bzw. die Parteien beauftragen gemeinsam einen Anwalt wie im Fall Schaller. K Hilfreiche Techniken Methodisch wird in allen Stufen beim Mediieren der Rolle des Rechts nach dem Grundmuster der Mediation (mit Window I und II) gearbeitet, d.h. für jede Konfliktpartei wird die Rolle des Rechts mediiert, in Spalten auf einer Flipchart aufgeschrieben und zusätzlich Ähnlichkeit, Übereinstimmung oder Gemeinsamkeit unter den Konfliktparteien herausgearbeitet. Sinn dieser Arbeit ist es, zu einer Vereinbarung zu kommen, wie mit dem Recht umgegangen werden soll, wo den gesetzlichen Bestimmungen gefolgt werden und wo davon abgewichen werden soll. Wenn Parteien unterschiedliche Haltungen haben, sollte mediiert werden, wie damit umgegangen werden soll, welchen Konsens die Parteien trotzdem herstellen können oder auch nicht – und was dann passiert. K Beispielsätze und Fragen in der Erb-Mediation Schaller – „Ich könnte mir vorstellen, dass es für Sie wichtig wäre, zu wissen, was wäre, wenn Sie sich hier nicht einigen können.“ – „Hat jeder von Ihnen die Möglichkeit, sich über die üblichen rechtlichen Regelungen in solchen Erbfragen zu informieren? Mir scheint das wichtig zu sein, dass Sie über Ihre Rechtspositionen gut Bescheid wissen, besonders dann, wenn Sie in dieser Mediation davon evtl. abweichen wollen. Wie kommen Sie an diese parteiliche Rechtsberatung, Sofia? Und Sie, Rebecca? Und Sie, Christof?“
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10. Parteiliche Beratungsanwälte – „Für die meisten Leute hier in Mediationen spielt das Recht in irgendeiner Form eine Rolle. Deshalb scheint es mir, auch für Sie wichtig zu sein, dass Sie sich über Ihre eigenen Rechtspositionen kundig machen. Nur wenn Sie wissen, welche Lösungen das Recht für Sie im Streitfall vorsieht, sind Sie frei genug, auch über eigene Regelungen nachzudenken und auch darüber, welche Rolle Sie dann dem Recht einräumen wollen. Wie sieht das für Sie aus, Sofia? Und für Sie, Christof? Und für Sie, Rebecca?“
K Praxisanregungen e Es lohnt sich, dass Mediatoren ihre eigene Einstellung zum Recht re-
flektieren – sowohl mit guten wie mit schlechten eigenen Erfahrungen. Bei guter Erfahrung besteht die Gefahr starker Rechtsgläubigkeit, bei schlechter die Gefahr von Bündnisbildung mit Medianden, die ebenfalls negative Erfahrung mit dem Recht gemacht haben. e Für die jeweiligen Rechtsberatungen ist es hilfreich, wenn Mediatoren
eine Liste mit Anwälten und Notaren in ihrer Region zusammenstellen, die sich mit Mediation auskennen und Vereinbarungen in rechtsgültige Formen bringen können. e Mediatoren auch aus nichtjuristischen Grundberufen müssen sich die
notwendigen Rechtskenntnisse verschaffen, die sie benötigen, um ihre Informations- und Aufklärungspflichten zum Mediationsverfahren zu erfüllen. Um die Situation einschätzen zu können, kann es im Einzelfall hilfreich sein, selbst einen juristischen Ansprechpartner zu haben. e Für die Arbeit mit der Bedeutung des Rechts in der Mediation ist eine
wichtige Voraussetzung, dass Mediatoren sich Zeit nehmen, Hypothesen zu bilden über die Bedeutung des Rechts für jede der Konfliktparteien, und diese Hypothesen auch mit jedem einzeln zu überprüfen. Manche Abbrüche von Mediationen könnten so vermieden werden.
10. Parteiliche Beratungsanwälte Übung Wie viele anwaltliche Kolleginnen und Kollegen haben Sie auf Ihrer inneren Liste, die Sie Ihren Medianden mit gutem Gewissen empfehlen können? In wie vielen juristischen Bereichen haben Sie selbst für Ihre eigene Hintergrundberatung solche Kollegen?
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B. Werkzeugkoffer
K Rolle und Einbeziehung von parteilichen Beratungsanwälten In der deutschen Mediationspraxis hat sich die Einbeziehung von parteilichen Beratungsanwälten weitgehend durchgesetzt. Sowohl psychosoziale Mediatoren als auch solche mit juristischem und anderem Hintergrund nehmen die individuelle parteiliche Rechtsberatung ihrer Medianden ernst. Es gibt nur wenige Mediationsfelder, in denen parteiliche Beratungsanwälte eine untergeordnete Rolle spielen. Es entspricht der Logik der Mediation – in der es häufig darum geht, eigene Rechtspositionen ganz oder teilweise aufzugeben und eigene Lösungen und eigene Gerechtigkeitskriterien zu entwickeln –, Beratungsanwälte einzubeziehen oder zu konsultieren. Nur das Wissen um die eigenen Rechtspositionen befähigt Medianden, selbst verantwortete und selbst behauptete Vereinbarungen zu treffen, die sie nachher auch nach außen hin vertreten können. Eine Pflicht der Konfliktparteien, sich rechtlich beraten zu lassen, besteht hingegen, wie ausgeführt, nicht, s. S. 86 ff. Es entspricht jedoch gängiger professioneller Praxis, die Medianden möglichst frühzeitig auf die Sinnhaftigkeit einer externen parteilichen Beratung hinzuweisen und ggf. darauf hinzuwirken, wenn rechtliche Beziehungen von nicht ganz untergeordneter Bedeutung oder der Verzicht auf Rechtspositionen im Raum stehen. K Möglichkeiten der Einbeziehung des Rechts Es bestehen unterschiedliche Wege, rechtliche Gesichtspunkte in die Mediation einzuführen u.a.: –
Beide bzw. alle Konfliktparteien konsultieren begleitend externe Anwälte und die Beratung findet außerhalb der Mediationssitzung(en) statt. Dabei ist es im Allgemeinen weder notwendig noch sinnvoll, die externen Anwälte mit der Vertretung gegenüber der anderen Seite zu mandatieren, vielmehr genügt in vielen Fällen die Beauftragung mit der rechtliche Beratung im Hinblick auf die jeweilige individuelle Rechtsposition der Medianden.
–
Insbesondere in komplexeren Wirtschaftsmediationen ist es üblich, dass die parteilichen Beratungsanwälte an einzelnen oder allen Mediationssitzungen teilnehmen. Dies hat den Vorteil, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Kenntnisstand sind und Rechtsfragen im direkten Austausch mit dem Anwalt der Gegenseite erörtert werden können.
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10. Parteiliche Beratungsanwälte
–
Schließlich können die Medianden gemeinsam einen externen Rechtsanwalt (oder Notar) beauftragen, der – in der Regel schriftlich – zu einer oder mehreren Rechtsfragen Stellung nimmt. Wegen des Verbots der Vertretung widerstreitender Interessen wird der hinzugezogene Experte sich in Form einer gutachterlichen Stellungnahme äußern, nicht jedoch individuell beraten.
Dieses Vorgehen ist z.B. für Kurzzeit-Mediationen, für Gruppen- oder andere große Mediationen geeignet, wenn Rechtsfragen zu bestimmten Aspekten aufgetreten sind und die Rechtsberatung schwer zu organisieren oder zu kostenintensiv wäre. Häufig wird auch eine Kombination von individueller Einzelberatung, die in der Regel vor oder zu Beginn einer Mediation stattfindet, und einer gemeinsam Begutachtung des Mediationsergebnisses gewählt. Diese Variante bietet sich bspw. an, wenn die Medianden sich am Ende einer komplexen Scheidungsmediation vergewissern wollen, dass nichts übersehen wurde und die gefundene Gesamtlösung keine der Seiten unangemessen benachteiligt. K Mediieren der Einbeziehung von Beratungsanwälten Die Einbeziehung der Beratungsanwälte ist an verschiedenen Stellen des Mediationsprozesses möglich. Die Mediatoren sollten diese Einbeziehung mediieren, z.B. mit folgenden Sätzen (ähnlich wie beim Mediieren der Rolle des Rechts): K Beispielsätze für das Mediieren von Beratungsanwälten in der Erb-Mediation Schaller – „Aus anderen Erb-Mediationen weiß ich, dass sich alle Teilnehmer hier in den Sitzungen sicherer fühlten, wenn sie wussten, wie ihre eigene Rechtslage im Streitfall war und welches Risiko sie mit eigenen Vereinbarungen trugen, die davon abwichen. Kennen Sie Anwälte, die Sie darüber gut informieren können?“ – „Sofia, ich höre, dass Sie Ihren langjährigen Verlagsanwalt konsultieren wollen. Rebecca, Sie haben bereits einen eigenen Anwalt. Christof, Sie haben einen Freund, der Familienrichter ist. Kennen Sie auch einen Anwalt, der sich einerseits mit Erbrecht und andererseits mit Mediation auskennt?“ – „Damit Sie das nächste Mal alle drei möglichst gleichermaßen informiert sind, würde ich Ihnen gern einen Zettel mit gleichen Fragen für Ihre Beratungsanwälte mitgeben. Ich würde Ihnen auch empfehlen, Ihre heute entwickelten Kriterien für Ihre eigene Sicht von Fairness und Gerechtigkeit mitzunehmen. Das erleichtert Ihren Beratungsanwälten die Arbeit.“
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B. Werkzeugkoffer
Fragen an Beratungsanwälte könnten z.B. sein: – Was sind meine genauen Rechtspositionen in diesen Fragen? – Welche juristisch möglichen Alternativen gibt es? – Was kann ich anders entscheiden, als es das Recht normalerweise vorgibt? Was ist dann mein Prozessrisiko?
Die erhaltenen Informationen sollten von den Mediatoren in der nächsten Sitzung abgefragt werden. Manchmal zeigt sich, dass Informationen falsch verstanden oder nicht gegeben wurden und die Medianden nochmals nachfragen müssen, um sich entscheiden zu können. K Beratungsanwälte in den verschiedenen Stufen Rechtliche Informationen und Beratungen können in der Mediation in verschiedenen Phasen eingeholt werden: –
Unabdingbar ist diese Beratung spätestens vor der endgültigen Vereinbarung.
–
Oft kommen Medianden bereits mit parteilicher Rechtsinformation in die Mediation. Diese Mediationen können sich dann schwierig gestalten, da andere als juristische Lösungen als Optionen nicht mehr gesehen werden können.
–
Wenn die Optionen entwickelt sind und einige davon in Frage kommen, ergibt es Sinn, diese von den Beratungsanwälten durchrechnen, auf ihre Durchsetzbarkeit und rechtlichen Konsequenzen prüfen und sich eventuelle weitere juristische Möglichkeiten aufzeigen zu lassen.
–
Auch während des Verhandelns oder danach ist es sinnvoll, juristische Positionen jeweils nochmals überprüfen zu lassen (besonders in Wirtschafts-, Erb-, Scheidungs-Mediationen).
K Praxisanregungen e Es ist sinnvoll, wenn sich Mediatoren in ihrer Region oder auch in
ihrem bevorzugten Mediationsfeld zusammenschließen und ein Netz von guten Beratungsanwälten aufbauen, die sich mit Mediation auskennen und bereit sind, dem Weg der Mediation zu folgen. Dabei ist es in der Regel von Vorteil, mit den Anwälten ein festes Zeithonorar auszuhandeln und nicht nach Streitwert abzurechnen.
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11. Andere für die Mediation relevante Fachleute
e In der Liste von Beratungsanwälten sollten möglichst viele der mög-
lichen Mediationsfelder vertreten und vermerkt sein (also z.B. „Erbrecht“, „Verwaltungsrecht“, „Familienrecht“, „Mietrecht“ etc.). e Mediatoren sollten auch eigene Beratungsanwälte haben, besonders
in den Mediationsfeldern, in denen sie sich juristisch nicht gut auskennen. e Medianden sollten auf den Beratungstermin vorbereitet werden und
ggf. die Liste der zu erfragenden Punkte (s. oben) mitnehmen, ebenso die erarbeiteten Optionen, die Fairnesskriterien und die Vereinbarung zur Rolle des Rechts. e Wichtig ist außerdem, Medianden die Rolle eines Beratungsanwalts
genau zu erklären und darauf hinzuweisen, dass es nicht um eine Mandatserteilung geht. Das kann immer noch geschehen, wenn aus irgendeinem Grund die Mediation abgebrochen wird und Anwälte benötigt werden, die einvernehmliche Regelung zu erarbeiten. e Wenn es Mediatoren selten gelingt, ihre Medianden von der Notwen-
digkeit einer Beratung zu überzeugen, sollten sie sich ihre eigene ambivalente Einstellung zur parteilichen Rechtsberatung in der Mediation anschauen. Manche befürchten, dass ihnen die Balance oder die ganze Mediation durch unterschiedliche Rechtsberatung von außen entgleiten könnte. Dabei sind unterschiedliche Ergebnisse oft eher günstig: Medianden vertrauen dann umso eher dem Weg der Mediation. Bisweilen hilft auch Supervision, um an den eigenen Hindernissen zu arbeiten.
11. Andere für die Mediation relevante Fachleute Übung Wenn Sie an eine Ihrer letzten komplizierteren Mediationen denken – welche anderen Fachleute, außer den Beratungsanwälten, hätten Sie möglicherweise in irgendeiner Form in die Mediation einbeziehen können?
K Juristische und andere Fachleute in der Mediation Die direkte oder indirekte Einbeziehung von juristischen Fachleuten in die Mediation ist weit verbreitet, weniger allerdings die von Fachleuten aus anderen Disziplinen. Bei Auftreten bestimmter „psychosozialer“ Fragestellungen in der Mediation holen sich Mediatoren vereinzelt entsprechende fachliche Unterstützung, z.B. in der erweiterten Familien-Media-
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B. Werkzeugkoffer
tion, der Schul-Mediation oder der Erb-Mediation. Es kommt vor, dass das fachliche Knowhow eines Steuerberaters oder Ingenieurs einbezogen wird. Von allgemeinen Standards für die Einbeziehung von sachverständigen Fachleuten in die Mediation, wie dies bei den Beratungsanwälten der Fall ist, sind wir in Deutschland jedoch noch weit entfernt. Dabei zeigt die Erfahrung, dass in vielen Mediationsfeldern gerade auch fallspezifisches psychosoziales Hintergrundwissen und Fachleute auf diesem Gebiet sehr hilfreich sein können. K Fachliches Hintergrundwissen Die Begründung für die Einbeziehung von weiterem speziellen Fachwissen in die Mediation wurde bereits gegeben. Es geht in Mediationen neben den Sachproblemen immer um Menschen: einzelne Menschen, Menschen in Beziehungen, in kleinen oder großen Gruppen, und in den für sie relevanten Systemen, auch immer um Mehrgenerationen mit ethnischen, kulturellen und ideologischen Verschiedenheiten, mit verschiedenen geschichtlichen, ökonomischen oder anderen Lebenserfahrungen. Oft sind diese Hintergründe in den Konflikten der Medianden gleich mehrfach vorhanden und können Mediatoren ohne spezifisches Hintergrundwissen die Durchführung einer Mediation erschweren. K Multiprofessionelle Zusammenarbeit Es soll hier darum gehen, den Mediatoren den Blick zu schärfen für die Hintergrunddynamik von Konflikten, für professionelle Hilfsmöglichkeiten. Die Chancen für Regelungen oder Lösungen von Konflikten wird durch eine interdisziplinäre und auch multidisziplinäre Zusammenarbeit erweitert. Eine stärkere multiprofessionelle Zusammenarbeit sowie eine häufigere Einbindung von anderen als nur juristischen oder psychosozialen Fachleuten in die Mediation können der Komplexität von Konflikten im Einzelfall besser gerecht werden, bspw. Einbeziehung von Bauingenieuren/-sachverständigen in die Baumediation. K Möglichkeiten der Einbeziehung Die Einbeziehung von Fachleuten sowohl im Hintergrund als auch direkt in die Mediationssitzung kann an mehreren Stellen der Mediation geschehen. Das entscheidet sich oft bereits in der Vorlaufphase (s. S. 103 ff.) oder in einer Vor-Mediation. Im Laufe des Mediationsprozesses kann die Notwendigkeit der Einbeziehung auftauchen, z.B. bei aktuellen Störungen (etwa bei der Arbeit an den hinter den Positionen lie-
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11. Andere für die Mediation relevante Fachleute
genden Bedürfnissen) oder bei Informationsdefiziten (etwa bei der Optionenentwicklung). Manchmal genügen bereits schriftliche Informationen oder telefonische Beratungen, manchmal genügen auch nur Hintergrundinformationen der Mediatoren oder eine interdisziplinäre Co-Arbeit, manchmal ist es aber sinnvoll, Fachleute direkt in die Mediation einzubeziehen (etwa Schulpsychologen oder Lehrern in eine Schul-Mediation oder Finanzfachleute in eine Wirtschafts- oder Erb-Mediation). K Settingvorschläge In solchen Fällen könnten die Fachleute hinter oder seitlich neben den Medianden oder hinter der Gruppierung von Medianden sitzen und diese während einer Unterbrechung im Prozess beraten. Diese in die Mediation einbezogenen Fachleute können auch Dolmetscher oder andere fachliche Übersetzer sein, mit denen Medianden sich während des Prozesses beraten können. – In der Erb-Mediation Schaller genügte die Hintergrundberatung und Information durch einen im Erbrecht erfahrenen Anwalt. Es wäre aber auch denkbar gewesen, jeweils fachkundige Frauen oder Männer aus dem Verlagswesen, aus dem Steuerwesen, aus der Organisationsberatung oder wegen der Mitarbeiter sogar aus der zuständigen Gewerkschaft einzubeziehen, entweder indirekt oder direkt.
Die direkte Einbeziehung von Fachleuten in die Mediation sollte mit den Medianden erörtert und ggf. mediiert werden, etwa mit folgenden Sätzen: K Beispielsätze für die direkte Einbeziehung von relevanten Fachleuten in der Erb-Mediation Schaller – „Aus anderen Erb-Mediationen weiß ich, dass sich die Teilnehmer sicherer in den Sitzungen fühlten, wenn sie die Möglichkeit hatten, sich zusätzlich kompetente Sachinformationen von anderen Fachleuten einzuholen, sei es durch Steuer- oder Bankfachleute oder auch durch Fachleute, die sich mit Mitarbeiterfragen auskennen. Kennen Sie solche Fachleute, wollen Sie diese in irgendeiner Weise hier für Ihre Mediation nützen?“ – „Damit Sie das nächste Mal alle gleich gut informiert sind, würde ich Ihnen gern eine Liste solcher Fachleute mitgeben, soweit sie mir bekannt sind. Vielleicht kennen Sie ja noch mehr und können die Liste für sich ergänzen.“
Mögliche Fragen an derartige relevante Fachleute könnten z.B. sein: – Welche Sachinformationen werden noch für die Regelungspunkte gebraucht, und woher kommen sie? – Welche anderen Experten gibt es, die für die Sachprobleme Hilfestellung leisten können?
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B. Werkzeugkoffer – Wenn eine psychologische Beratung gebraucht wird, wo kann man sie kompetent erhalten?
K Praxisanregungen e Es empfiehlt sich, für die häufiger auftretende Felder kompetente
Fachleute und deren Honorarvorstellungen zu kennen. e Auch hier zeigt die Erfahrung, dass – ähnlich wie bei den unterschied-
lichen Ergebnissen der Rechtsinformationen durch Beratungsanwälte – unterschiedliche Ergebnisse und Informationen für den Mediationsprozess förderlich sind: Das Bestreben der Medianden, eigene Lösungen zu finden, wird dadurch gestärkt.
12. (Angebots-)Verhandeln Übung Sie haben sicher Erfahrung damit, bei wichtigen Entscheidungen mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin zu verhandeln. Überlegen Sie, ob Ihnen mindestens drei verschiedene Arten einfallen, wie Sie in solchen Fällen verhandeln. Welches Modell ist Ihr Lieblingsmodell? Warum? Mit welchem Verhandlungsmodell von Medianden hätten Sie als Mediator Schwierigkeiten?“
K Mediatives Verhandeln in Literatur und Lehre Die (juristische) Literatur bietet eine Vielzahl von Abhandlungen zu Verhandlungsergebnissen, zu Verhandlungstheorien, zu Verhandlungsstrategien etc. jedoch wenig Literatur zur Praxis des Verhandelns. In der Mediationsliteratur wird im Wesentlichen beschrieben, was mediatives Verhandeln im Gegensatz zum juristischen Verhandeln ist, welche Vorteile die so genannten „Win-Win-Alternativen“ oder die mediativen Verhandlungsergebnisse haben. Wie mediatives Verhandeln abläuft, wird nicht ausführlich behandelt. K Interessengeleitetes Verhandeln Gelehrt wird, wie der Weg von der Arbeit an den Interessen und den Optionen zum Verhandeln verläuft. Im Harvard-Konzept geht es im Grunde nicht um mediatives Verhandeln, sondern um „interessengeleitetes und sachbezogenes Verhandeln“, einer Art von Verhandeln zwischen der besten Alternative (BATNA) und der schlechtesten (WATNA). Diese Form des Verhandelns bleibt trotz der Erarbeitung von Interessen und
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12. (Angebots-)Verhandeln
Wahlmöglichkeiten ein Verhandeln über rechtlich durchsetzbare Forderungen und Positionen und damit „im Schatten des Rechts“. K Optionales Angebotsverhandeln Eine Form des mediativen Verhandelns ist das optionale Verhandeln über möglichst viele Angebote der Konfliktpartner. Dies geschieht nicht wie bei herkömmlichen Verhandlungsmodellen im „Schatten des Rechts“, sondern „im Licht des Rechts“, nämlich im Lichte der Privatautonomie, deren Rahmen jede Form von Verhandeln und jedes Verhandlungsergebnis zulässt, soweit es nicht gegen die guten Sitten verstößt und die Verhandlungspartner es als fair und gerecht ansehen. In diesem MethodikHandbuch geht es um die Praxis des Verhandelns. Es beruht auf dem Harvard-Grundsatz „Verhandeln ist ein Bestandteil des Lebens. Menschen verhandeln, um ihre Unterschiede handhabbarer zu machen.“ K Alternative zu bekannten Verhandlungsmodellen Wie wird mediativ verhandelt? Quellen dafür sind neben dem HarvardKonzept Edward de Bono und Walther Gottwald. Diese legen dar, dass mediatives Verhandeln mit der Optionenentwicklung beginnt, die nicht selten das eigentliche Verhandeln überflüssig macht. Gary Friedman, John M. Haynes und Jack Himmelstein haben an das mediative Verhandeln die Bedingung geknüpft, dass die Grundprinzipien der Mediation gelten müssen, nämlich die Selbstbehauptung jedes einzelnen Konfliktpartners und die Wechselseitigkeit bzw. Gemeinsamkeit aller am Konflikt Beteiligten. Außerdem können Verhandlungsmodelle (s.u.) mediiert werden. Verhandelt wird nicht nur über die materiellen, sondern auch über die immateriellen Werte. So ist es möglich, materielle gegen immaterielle Werte zu tauschen und zu verhandeln. Auf jeden Fall müssen Verhandlungsergebnisse solange veränderbar und verhandelbar bleiben, bis alle Partner allem zugestimmt haben. In der Mediationspraxis haben sich drei Wege des Verhandelns herausgebildet: Es werden Verhandlungsmodelle mediiert, es werden die Optionen bewertet, es wird ein optionales Angebotsverhandeln durchgeführt. Ausgehend vom Harvard-Konzept, Edward de Bono, Walther Gottwald und John M. Haynes u.a. haben sich folgende Verhandlungsmodelle in unterschiedlichen Mediationskontexten als geeignet erwiesen: –
Geben-Nehmen-Modell: Jeder bekommt das, was er haben möchte und gibt dafür einen gleichwertigen (materiellen oder immateriellen) Ersatz.
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B. Werkzeugkoffer
–
Zitronenteilungs-Modell: Teilen nach verschiedenen Interessen und Bedürfnissen, z.B. wie bei einer Zitrone (nach anderer Lesart auch wie bei einer Orange) einer den Saft, einer die Schale.
–
Halbe-Halbe- bzw. Drittel- oder Viertel-Modell: Teilung nach Teilnehmern, Werten oder Wichtigkeit.
–
Tit for Tat-Modell: Einmal der eine, dann der andere, dann der Nächste etc.
–
Paket-Modell: Es wird solange verhandelt, bis das ganze Paket fertig ist, u.U. auch mit Kombinationen aus verschiedenen Verhandlungsmodellen.
–
Los-, Würfel- oder Eintext-Modell: Das Los, eine Münze oder ein Dritter bzw. der Text eines Dritten entscheidet.
–
Erst-, zweit-, drittbeste Alternativen: Die besten Alternativen werden gesucht (BATNA), wobei das Harvard-Konzept auch nach der schlechtesten Alternative sucht (WATNA).
–
Konsens- oder Palaver-Modell: Es wird solange verhandelt und geredet, bis eine Einigung erzielt ist (bei Großgruppen).
–
Kröten-Modell: Jeder muss etwas Unangenehmes zu seinen Ergebnissen dazu nehmen.
K Methodische Hilfen für das Verhandeln Verhandeln hat seinen Platz nach den Optionen, aber deutlich abgekoppelt von der Optionenentwicklung einerseits und dem Vereinbaren andererseits. Zudem wird während des gesamten Mediationsprozesses immer wieder verhandelt, so bereits im Einführungsgespräch beim Aushandeln der Zeiten, der Bezahlung oder anderer Regeln für die Mediation. Wenn Mediatoren das Verhandeln mit Modellen anregen wollen, müssen sie gut mediieren, welches Modell für das Verhandeln in Frage kommen soll, und zwar wieder nach dem Grundmuster der Mediation (Window I und evtl. Window II). K Beispielsätze für das Mediieren von Verhandlungsmodellen in der Erb-Mediation Schaller – „Sie werden wahrscheinlich auch in der Vergangenheit miteinander verhandelt haben. Mit welcher Art des Verhandelns kämen Sie denn auch jetzt gut zurecht? Vielleicht kann das mal jeder von Ihnen sagen – vielleicht können Sie sich ja auf ein Modell einigen.“
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12. (Angebots-)Verhandeln – „Wollen Sie von mir Beispiele wissen, wie andere Erbengemeinschaften erfolgreich verhandelt haben? Ich könnte Ihnen drei oder mehr Modelle nennen, und Sie könnten sich überlegen, welches vielleicht auch zu Ihnen passen würde. Was denken Sie darüber?“ – „Was brauchen Sie noch, um miteinander verhandeln zu können?“
K Optionales Angebotsverhandeln: Verhandeln durch Bewerten der Optionen In vielen Verhandlungsmodellen steckt implizit die Methodik des Verhandelns mit Angeboten. Die Bitte von Mediatoren, das Verhandeln mit konkreten Angeboten an die jeweils andere Partei zu beginnen – und zwar mit mehreren Angeboten, damit die andere Partei eine Auswahl hat –, führt meist zu überraschenden Ergebnissen. Nach den Optionen erscheint dieser Schritt meist selbstverständlich, da die Konfliktparteien mit der Optionenentwicklung die Ebene von Position und Forderung endgültig verlassen haben. K Methodische Hilfen für das Angebotsverhandeln Als Vorstufe zum Verhandeln kann das Veröffentlichen eines Werte-Bildes (s. S. 30, 212 ff.) hilfreich sein mit allen materiellen und immateriellen Werten, um die es in diesem Konflikt geht. Die Bitte, zu versuchen, dazu Angebote zu machen, ist hilfreich, um das Verhandeln in Gang zu setzen. Die Aufforderung zum Angebotsverhandeln sollte wieder im bekannten „Viererschritt“ gemacht werden (s. S. 225 ff.): K Übergangsschritt zum optionalen Angebotsverhandeln in der Erb-Mediation Schaller – „Sie haben jetzt bereits intensiv an Ihren Interessen und tieferen Bedeutungen in Ihrem Konflikt gearbeitet. Sie haben viele gute Veränderungsideen entwickelt. Sie haben außerdem bereits Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit entwickelt, an denen Sie Ihre Verhandlungsergebnisse messen können. Ich möchte Sie jetzt dazu einladen, sich Ihr Wertebild einmal anzuschauen und sich zu überlegen, zu welchen Werten Sie wohl Angebote machen könnte.“ – „In vielen Mediationen geht das Verhandeln besser, wenn sich jeder überlegt: Zu welchen dieser Werte kann ich Angebote machen? Und je mehr Angebote jeder macht, umso produktiver wird das Verhandeln werden. Ist Ihnen das einleuchtend, Sofia, Ihnen, Rebecca, Ihnen, Christof? Wollen Sie sich darauf einlassen?“
Ob die Angebote dann mündlich oder schriftlich auf Karten erarbeitet werden, ob sie vom Mediator oder von den Medianden selbst aufgeschrie-
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B. Werkzeugkoffer
ben werden, sollten Mediatoren jeweils für sich ausprobieren. Es ist auch eine Frage des Settings oder der Hypothesen, die sich der Mediator bereits vorher über das Verhandeln in dieser Mediation gemacht hat. Wichtig ist es, das Verhandeln erst zuzulassen, wenn von jeder Konfliktpartei zwei oder drei Angebote genannt wurden oder auf dem Tisch liegen. K Verhandeln mit möglichst vielen Angeboten Wenn möglichst viele Angebote vorhanden sind, kann der Mediator fragen, wer sich welches der Angebote näher ansehen und vielleicht sogar bereits darüber verhandeln will. In den meisten Fällen liegen überraschende Angebote auf dem Tisch, sodass der Mediator abwarten kann, welche Ergebnisse oder vorläufigen Zwischenergebnisse genannt werden. Wichtig ist hier für den Mediator, die impliziten Ergebnisse zu hören und zu benennen. Oft merken die Konfliktpartner im Eifer des Verhandlungsgefechts nicht, dass sie bereits implizite Zwischenergebnisse produziert haben. K Beispiele für implizite Verhandlungsergebnisse in der Erb-Mediation Schaller – „Habe ich richtig gehört, dass Sie den Verlag auf keinen Fall verkaufen wollen, sondern dass er in der Familie bleiben soll? Soll ich das mal als erstes vorläufiges Verhandlungsergebnis aufschreiben?“ – „Steckt hinter Ihren Angeboten im Grunde, Sofia, dass Sie sich auf jeden Fall noch in diesem Jahr aus dem Verlag zurückziehen werden? Soll das auch mal vorläufig aufgeschrieben werden?“
Auf einem freien Flipchart mit der Überschrift „Vorläufige Vereinbarungen“ können diese Zwischenergebnisse aufgeschrieben werden. Es ist hilfreich, dafür einen Hospitanten oder Co-Mediator zu haben, weil in dieser Phase oft alles so schnell geht, dass der Mediator seine volle Konzentration dafür braucht, alles mitzubekommen. Für große Gruppen eignen sich Laptop und Beamer – ebenfalls mit einer zweiten Person neben dem Mediator. Wichtig ist, dass möglichst schnell und kodiert aufgeschrieben wird. Das Ausformulieren kann später in Ruhe nachgeholt werden. K Verhandeln der bewerteten Optionen Hat der Mediator die Parteien gebeten, ihre Optionen zu bewerten nach der PMI-Methode (s. S. 134, 308), so kann er zunächst die Plus-Plus-Optionen kennzeichnen und die Parteien dann bitten, diese in eine vorläu-
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12. (Angebots-)Verhandeln
figen Vereinbarung zu bringen, da diese Optionen in der Regel Übereinstimmungen mit sich bringen und leicht zu verhandeln sind. Danach kann er die Plus-Interessant-Optionen hervorheben und fragen, ob diese bereits weitere Vereinbarungen einschließen. Auf diese Weise kann der Mediator letztlich alle bewerteten Optionen einbeziehen. Auch Interessant-Minus-Optionen enthalten bisweilen noch Ressourcen und Teilaspekte, die ein Verhandeln der Parteien anregen. K Praxisanregungen e Mediatoren sollten für diesen Schritt ihre eigenen Verhandlungs-
modelle kennen. e Es ist hilfreich, sich das eigene Wertesystem zu vergegenwärtigen und
damit zu rechnen, dass bisweilen auch skurril anmutende Verhandlungsangebote genannt werden. Um nicht Gefahr zu laufen, diese zu überhören, nicht zu würdigen oder gar nicht aufzuschreiben, sollte der Mediator zulassen können, dass sein Wertesystem sich von dem der Parteien unterscheidet. Fällt ihm dies wiederholt schwer, sollte er eine Supervision aufsuchen. e Es kann sinnvoll sein, die Möglichkeit offen zu lassen, dass die ver-
schiedenen Punkte der Themensammlung auch verschieden verhandelt werden. Es empfiehlt sich, außer dem Wertebild auch die alte Themensammlung fürs Verhandeln wieder aufzuhängen. e Insbesondere in komplexen Verfahren ist es oftmals hilfreich, vor
dem Angebotsverhandeln einen Zwischenschritt einzulegen und aus den entwickelten Optionen alternative Lösungspakete zu zusammenzustellen bzw. zu mediieren. Gleichzeitig sollte eine möglichst große Vielzahl an Lösungspaketen und Kombinationsmöglichkeiten entworfen werden. Diese Systematisierung und Bildung von Lösungseinheiten reduziert die Komplexität. Wichtig ist dabei, dass der Mediator stets die Vorläufigkeit und die Möglichkeit, die einzelnen Pakete wieder zu öffnen, hervorhebt. e Beim Verhandeln entsteht oft Zeitdruck – die Medianden wollen end-
lich fertig werden. Trotzdem sollten Mediatoren weder hetzen noch verzögern. Grundsätzlich können sie bei ihrem Zeitmanagement für das Verhandeln davon ausgehen, dass diese Phase der Mediation etwa ein Fünftel der Gesamtzeit in Anspruch nehmen wird. Viele Mediatoren unterschätzen die benötigte Zeit.
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B. Werkzeugkoffer
e Es empfiehlt sich, zu mediieren, was geschehen soll, wenn das Verhan-
deln nicht in dieser Sitzung – oder in der geplanten Zeit – beendet wird (mögliche Optionen: Medianden verhandeln selbst allein weiter – heute weiterverhandeln, bis alles fertig ist – neuer Termin – unfertig lassen etc.). e Der Mediator muss beim Verhandeln damit rechnen, dass Streit und
heftige Emotionen nochmals hochkommen. Das ist normal, weil ein Ende des Konflikts „droht“ und eine neue unbekannte Zeit ohne Konflikte bevorsteht. In dieser Situation hilft: Normalisieren, die Ruhe bewahren; oft einfach abwarten, bis die Medianden weiterverhandeln können, Pause machen.
13. Einigung und (Abschluss-)Vereinbarung Übung Angenommen, Sie hätten für einen Ihrer letzten längeren Konflikte Mediation in Anspruch genommen und es wäre zu einer für Sie und Ihre Konfliktpartner zufriedenstellenden Vereinbarung gekommen. Was hätte in einem solchen Memorandum stehen sollen, welche Überprüfungszeiten und welche Regelungen hätten Sie noch darin haben wollen für den Fall, dass Ihre Vereinbarungen und Regelungen später nicht funktionieren sollten?
K Einigung, Vereinbarung und Abschlussvereinbarung Die (erfolgreiche) Mediation endet mit einer Einigung über die zu regelnden Konfliktthemen. Diese hat Vertragscharakter und wird als Vereinbarung bezeichnet, wenn eine einvernehmlich, inhaltlich bindende Regelung bezweckt ist. Wie ausgeführt kann die am Ende einer Mediation stehende Vereinbarung grundsätzlich auch formfrei und informell geschlossen werden – sei es in mündlicher Absprache, als Mitschrift auf dem Flipchart, stichpunktartigem Ergebnisprotokoll oder anderen stärker formalisierten Vertragsformen, s. S. 89. Die tatsächliche Handhabung in der Praxis variiert je nach Mediationsfeld, nach Medianden und auch je nach Herkunftsberuf der Mediatoren. Nur die als rechtsverbindlich bezweckte schriftliche Vereinbarung heißt nach dem Gesetz Abschlussvereinbarung.
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13. Einigung und (Abschluss-)Vereinbarung
Auch wenn die Parteien in aller Regel eine dauerhafte Beilegung und verbindliche Regelungen anstreben, handelt es sich bei den in der Mediation erzielten Lösungen häufig noch um Zwischenschritte. Das gilt für die im Laufe des Prozesses erzielten Teillösungen ebenso wie für die im Rahmen der Mediation erarbeitete Gesamtlösung. Wollen die Medianden das Ergebnis bspw. noch einmal durch einen externen Berater überprüfen oder finalisieren lassen, wird die Vereinbarung als vorläufige, (noch) nicht verbindliche Vereinbarung dokumentiert. Der vorläufige Charakter sollte deutlich aus dem Dokument hervorgehen, in dem dieses als „Einigungsentwurf“ oder „Entwurfsfassung“ überschrieben wird. Es empfiehlt sich, wie in der Erb-Mediation Schaller einen Hinweis auf die Vorläufigkeit bzw. die Erforderlichkeit der juristischen Prüfung in den Text aufzunehmen. Betreffen die von den Medianden getroffenen Absprachen ausschließlich die Ausgestaltung der Beziehungsebene (etwa Verbesserung des Workflows, kollegialer Umgang, Kommunikationsregeln), wird die Vereinbarung als informelle gemeinsame Erklärung abgefasst. Diese wird häufig als Memorandum bezeichnet. Soweit der Begriff Memorandum darüber hinaus quasi als Synonym für alle Absichtserklärungen (i.S.v. vorläufige Vereinbarung) verwendet wird, ist jedoch Vorsicht geboten und ein zusätzlicher klarstellender Hinweis auf die (noch) nicht gewollte Rechtsverbindlichkeit angezeigt (dazu Paul, ZKM 2014, 191 ff.). K Formen von Vereinbarungen –
Mündliche Vereinbarung der Medianden
–
Entwurf, Protokolle der Sitzungen und Abschlussprotokoll (nicht rechtsverbindliche, vorläufige Aufzeichnungen)
–
gemeinsame informelle Erklärung (Memorandum)
–
Schriftlicher Privatvertrag ohne Titulierung
–
Protokollierung im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens
–
Anwaltsvergleich
–
Notarielle Verträge oder Mischformen (z.B. Notwendigkeit notarieller Beurkundung eines Grundstückskauf- oder eines Ehevertrags)
159
B. Werkzeugkoffer
K Verfassen von Vereinbarungen Die Vereinbarungen können grundsätzlich von den Parteien selbst, vom Mediator oder mit Hilfe Dritter verfasst werden. Für den Mediator ist hier jedoch Vorsicht geboten. Die Mitwirkung an der Abschlussvereinbarung zählt – wie oben ausgeführt – nicht zu den originären Aufgaben des Mediators. Zu den Grenzen und Risiken – im Hinblick auf die Haftung des Mediators sowie im Hinblick auf die Auswirkungen auf den Mediationsprozess – s. ausführlich S. 86 ff. Je nach Kontext, Komplexität und Selbstverständnis des Mediators werden unterschiedliche Modelle praktiziert. Idealtypisch erarbeiten die Konfliktparteien selbst den Wortlaut der Formulierung der Abschlussvereinbarung. Der Mediator hält die Formulierungen dann auf dem Flipchart oder im Laptop fest. Die Medianden unterzeichnen den Text am Flipchart oder auf dem Ausdruck der Mitschrift auf dem Laptop, in aller Regel allerdings erst nach erneuter Durchsicht und Prüfung. Hierzu wird den Parteien eine Foto-Protokoll oder eine abgetippte Textversion übersandt. Verbreiteter dürfte allerdings die Variante sein, dass der Mediator in der gemeinsamen Mediationssitzung die Regelungspunkte der Vereinbarung lediglich stichwortartig in Halbsätzen mitschreibt und den Parteien dann im Nachgang zu der Sitzung eine anhand der Mitschrift und von Sitzungsprotokollen ausformulierte Textfassung zukommen lässt. In einer folgenden Mediationssitzung besteht noch einmal Gelegenheit, den Text zu erörtern, abzuändern oder zu ergänzen. Der Mediator bleibt auch hier sehr nah am Wortlaut der Formulierungen der Parteien. Geht die Formulierungsarbeit des Mediators über das Protokollieren hinaus, etwa indem er die Vereinbarung anhand der Parteiinteressen inhaltlich ausarbeitet, handelt es sich in aller Regel um eine erlaubnispflichtige Rechtsdienstleistung nach dem RDG, zu der im Wesentlichen nur Anwalt-Mediatoren befugt sind, S. 88. In komplexeren Fällen übernehmen Mediatoren häufig die Dokumentation in Form eines (noch unverbindlichen) Memorandums, das die Eckpunkte eines noch auszuarbeitenden Vertrages anhand von vorherigen Mitschriften und Flipchart-Protokollen fixiert. Mit der Ausarbeitung der Abschlussvereinbarung wird dann einer der beratenden Parteianwälte oder, wenn die Medianden nicht anwaltlich vertreten sind, ein anderer externer Berater (Rechtsanwalt oder Notar) beauftragt, s. S. 89, 91.
160
13. Einigung und (Abschluss-)Vereinbarung
K Inhaltliche Kriterien für Vereinbarungen –
Die Regelungen sollten so spezifisch wie möglich, für beide Seiten annehmbar, veränderbar, überprüfbar, zeitlich bestimmt und möglichst realitätsnah sein. Als Kontrollhilfe hat sich die sog. SMART-Formel aus dem Amerikanischen bewährt, s. S. 309 (Ripke KON:SENS 1999, 341 ff.).
–
Die Regelungen sollten für alle Konfliktparteien inhaltlich und sprachlich verständlich abgefasst sein und für Ausländer ggf. Übersetzungen enthalten.
–
Sie sollten ressourcen- und zukunftsorientiert abgefasst sein.
–
Sie können möglicherweise wichtige Unterlagen aus der Mediation mitenthalten, z.B. die hinter den Forderungen stehenden Interessen, die Fairness- und Gerechtigkeitskriterien, die Kriterien für die Rolle des Rechts (als Anhänge an die Vereinbarungen oder auch als Präambel).
–
Die Zustimmung aller Konfliktparteien (bei Mediationen mit Kindern und Jugendlichen auch von diesen) sollte deutlich dokumentiert sein.
In der Erb-Mediation Schaller war die Abschlussvereinbarung zunächst ein von der Mediatorin verfasstes Protokoll. Der Passus zur endgültigen Form hieß: – Dieses Protokoll mit den vorläufigen Vereinbarungen soll vom derzeitigen Anwalt des Verlages, der auch der Beratungsanwalt von Sofia Schaller ist, in eine rechtsgültige Fassung gebracht werden, die dann noch von den beiden anderen Beratungsanwälten überprüft wird. – Diese Fassung soll dann die Grundlage eines Notarvertrages sein. Die Kosten für diesen Notarvertrag übernimmt Sofia Schaller. – Als Präambel soll aufgenommen werden, dass den Unterzeichnenden wichtig ist, dass der Verlag in der Familientradition weitergeführt wird und sie sich weiterhin mit Respekt begegnen können. Die Vereinbarungen sollen verlässlich sein und nach Bedarf verändert werden können. Sie sollen den Fairnesskriterien von Christof, Rebecca und Sofia Schaller nicht widersprechen.
Mit Blick auf die erhöhten Haftungsrisiken, s. S. 94 f., empfiehlt es sich, zur eigenen Absicherung des Mediators in die Abschlussvereinbarung grundsätzlich einen Hinweis auf die Empfehlung externer Beratung aufzunehmen, bspw.
161
B. Werkzeugkoffer „Wir sind vom Mediator darauf hingewiesen worden, dass es ratsam ist, diese Vereinbarung vor Unterzeichnung mit einem Rechtsanwalt unserer Wahl zu besprechen.“
K Mediieren zusätzlicher Inhalte für Vereinbarungen Im Kontext der Mediations-Vereinbarung können weitere Punkte mediiert werden: –
Endgültige Inhalte und Formulierungen der Vereinbarung
–
Überprüfung an den Fairness- und Gerechtigkeitskriterien jeder Konfliktpartei und ggf. Abänderungen
–
Überprüfen der ursprünglichen Themenliste und Mediieren, was mit den evtl. übrig gebliebenen Themen passieren soll
–
Mediieren der juristischen Form
–
Evtl. nochmalige Überprüfung der Vereinbarung durch die Beratungsanwälte
–
Übermittlung der Ergebnisse an andere Beteiligte, z.B. Auftraggeber oder Entscheidungsträger etc., ggf. Mediieren der weiterleitenden Personen
–
Laufzeiten, Überprüfungs- und Abänderungsmöglichkeiten
–
Folgeregelungen bzw. Sanktionen bei Nichtfunktionieren oder Nichteinhalten der Vereinbarungen (evtl. Mediationsklausel, Salvatorische Klausel etc.)
–
Evtl. Mediieren eines förmlichen Abschlusses der Mediation (Abschlussritual)
–
Unterschriften
Im Erbfall Schaller gab es dazu noch drei Vereinbarungen: – Im Konfliktfall oder bei Nichtfunktionieren dieser Vereinbarung soll wieder Mediation in Anspruch genommen werden (Mediationsklausel). – Bei Veränderung eines oder mehrerer dieser Punkte sollen die anderen ihre Gültigkeit behalten (Salvatorische Klausel). – Ein Exemplar dieser Vereinbarung bzw. eine Kopie des Notarvertrags geht an Anna M., geb. Schaller.
K Vereinbarungen im Mediationsprozess Weder besteht eine Pflicht zur Dokumentation von Vereinbarungen, noch ist deren Gestaltung vorgegeben oder geregelt. Über das Ob, Wie und von Wem ist daher Konsens der Parteien herzustellen. Die Klärung sollte
162
13. Einigung und (Abschluss-)Vereinbarung
wie alle anderen Schritte in der Mediation mediiert werden. Im Grunde ist der gesamte Mediationsprozess eine in sich fortgeschriebene Mediationsvereinbarung, bestehend aus vielen kleinen Vereinbarungen: Sie beginnt bereits in der Vorlaufphase mit Vereinbarungen über Regelungen, Kosten, Rechtsberatung etc. geht weiter mit dem Kontrakt, über die Arbeit an den Themen, den dahinter stehenden Bedürfnissen und Interessen, den Optionen und den eigenen Fairness- und Gerechtigkeitskriterien, möglicherweise der Vereinbarung, wie die Konfliktparteien mit dem Recht umgehen wollen, dem Angebots-Verhandeln bis zu den eigentlichen, erst impliziten, vorläufigen, dann endgültigen Abschlussvereinbarungen. Insofern zieht sich das Mediieren von Vereinbarungen durch den gesamten Prozess. Im Erbfall Schaller gab es in der Vorlauf- und Einführungsphase der Mediation folgende Vereinbarungen: – Teilnehmer der Mediation sollen sein: Christof, Rebecca und Sofia Schaller. Anna K. geb. Schaller soll an dieser Mediation nicht teilnehmen. – Die Dauer der Mediation sollte zunächst 5 Sitzungen nicht überschreiten. – Die Kosten für die Mediation sollten gedrittelt werden. – Es sollte eine kurze Pause geben, wenn einer der drei eine solche beantragt. – Die Protokolle werden von der Mediatorin geschrieben und allen vor den nächsten Sitzungen zugesandt. – Jeder soll ausreden dürfen, auch wenn es einmal länger dauert. – Jeder hat einen eigenen Beratungsanwalt. Die hälftigen Anwaltskosten der Beratungsanwälte von Christof und Rebecca Schaller werden von Sofia Schaller übernommen.
K Methodische Hilfen Methodik und Technik für die Klärung von Form, Inhalt, Zeitpunkt, Verfasser und möglicherweise Rechtsverbindlichkeit der Vereinbarungen richten sich nach dem Grundmuster der Mediation. Das heißt, es wird an alle Konfliktparteien die Frage gestellt, welche Form die Vereinbarung haben soll, und danach mit der Methode der Wechselseitigkeit oder Gemeinsamkeit ein möglicher Konsens herausgearbeitet. Wenn bereits in der Vorlaufphase oder im Einführungsgespräch eine Übereinkunft darüber hergestellt worden ist, dass die Ergebnisse der einzelnen Sitzungen festgehalten und protokolliert werden, ist die schriftliche Protokollierung von Vereinbarungen bereits vertraut und kein großer Zeitaufwand mehr.
163
B. Werkzeugkoffer
K Nachteile bei Nichtmediieren der Form Bisweilen werden Form, Verfasser und Rechtsverbindlichkeit nicht mediiert, sondern eine Regel oder ein Ratschlag für die Form einer Vereinbarung vom Mediator vorgeben. Andere Mediatoren geben sich (besonders bei Kurzzeit-Mediationen) mit dem Wunsch der Medianden zufrieden, zu einer möglichst schnellen und mündlichen Vereinbarung zu kommen. Mediatoren und Medianden unterschätzen in solchen Fällen allerdings den hohen Stellenwertwert der Schriftform und deren Wert für die Einhaltung einer Vereinbarung. Außerdem sind schriftlich vorliegende Vereinbarungen einfacher einer eigenen Fairness- und Gerechtigkeitskontrolle durch die Parteien zugänglich. Dieser Schritt empfiehlt sich nach der Abfassung der Vereinbarungen. Gleiches gilt auch für den Abgleich mit der ursprünglichen Themensammlung. Oft kommen dann noch überhörte oder übersehene „Ungerechtigkeiten“ oder Themen zum Vorschein, die ein Nachbessern und Abändern der Vereinbarungen erforderlich machen können. K Abschluss(ritual) verhandeln Wenn es schriftliche Formen der Vereinbarung gibt, sollten jeweils alle Konfliktparteien ein von allen Konfliktparteien unterschriebenes Exemplar bekommen (kein kopiertes Exemplar mit den kopierten Unterschriften). In manchen Mediationen (z.B. in Erb-, Familien- oder WirtschaftsMediationen) kann im Zusammenhang mit der Vereinbarung zusätzlich die Frage eines Abschlusses der Mediation, eines Abschlussrituals mediiert werden. Dies ist insbesondere sinnvoll, wenn die Vereinbarung einschneidende Veränderungen der zukünftigen Lebens- oder Eigentumsformen enthält. In der Erb-Mediation Schaller hätte Sofia Schaller gern ein solches Ritual gehabt, aber Christof und Rebecca Schaller lehnten das ab, so dass es lediglich beim gemeinsamen Gang zum Notar blieb.
K Praxisanregungen e Es ist empfehlenswert, Punkte wie Überprüfung, Abänderungen,
Sanktionen, Laufzeiten, Mediationsklausel, Präambel etc. auf einer Checkliste oder auch in Formulierungsbausteinen im Computer vorliegend zu haben (s.o.).
164
13. Einigung und (Abschluss-)Vereinbarung
e Die Vereinbarungen sollten in Alltagssprache formuliert sein – es han-
delt sich dabei um die Gestaltung zukünftiger Lebens-, Finanz- und Konfliktfragen. Das sollte auch für Vereinbarungen gelten, die von Anwälten oder Notaren in die Endfassung gebracht werden. e Die Nachprüfung der Vereinbarungen durch parteiliche Beratungs-
anwälte sollte vorbereitet und zugleich die Frage mediiert werden, was passiert, wenn sich neue Aspekte ergeben. e Es gilt der Satz: „Eine Vereinbarung ist erst eine Vereinbarung, wenn
sie eine Vereinbarung ist“ (J. M. Haynes). So lange muss jede Vereinbarung veränderbar bleiben. e Bisweilen wird der Mediator von den Parteien gebeten, am Ab-
schlussritual teilzunehmen, den Abschluss der Mediation mitzufeiern. Hier sollte sich der Mediator zurückhalten und den professionellen Rahmen der Mediation beachten. Für das Verständnis nützlich sein kann der Hinweis an die Parteien, dass der Mediator auch bei zukünftigen möglichen Konflikten in seiner Rolle zur Verfügung stehen möchte und eine Vermischung dies erschweren würde. e Der Mediator sollte sich verdeutlichen, dass er mit Abschluss der
Vereinbarung ein wichtiges Ziel mit den Parteien erreicht hat, aber damit oft nicht alle Probleme gelöst sind. Vielmehr sollte der Mediator am Ende reflektieren, ob ihm eine gute Bearbeitung der Konflikte mit den Parteien gelungen ist. Mediation ist eher Konfliktbearbeitung als Konfliktlösung.
165
B. Werkzeugkoffer
IV. Methodische Bausteine 1. Autonomie und Selbstbehauptung (Window I) Übung (v. G. Friedman und J. Himmelstein) Warum will ich als Mediator, dass Leute in der Mediation sich selbst besser verstehen und behaupten?
K Selbstbehauptung als Grundlage der Mediation Menschen sind in Konflikten oft in ihrer Autonomie und Selbstbehauptung gefährdet. G. Friedman, J. Himmelstein, J. H. Haynes gehen davon aus, dass bei jedem Konflikt in einer Mediation zuerst die Selbstbehauptung der Medianden neu installiert werden muss. Friedman und Himmelstein nennen diese Arbeit „Das erste Fenster des Verstehens: Window I“. Erst wenn die Selbstbehauptung bei jeder Partei wieder hergestellt ist, kann auch der Kommunikationsprozess der Wechselseitigkeit und der Gemeinsamkeit in Gang kommen. Diesen Schritt nennen Friedman und Himmelstein „Das zweite Fenster des Verstehens: Window II“. Autonomie und Selbstbehauptung müssen somit in der Mediation zu allererst installiert werden. K Selbstbehauptung statt Definition über andere Oft definiert sich ein Konfliktpartner in Mediationen über die andere Partei oder schiebt seine Verantwortung und Schuld an den Konflikten auf den anderen. In Familien-Mediationen definieren sich die Parteien oft über den Partner, die Eltern oder die Kinder, in anderen Mediationen entsprechend über die Kollegen oder den Geschäftspartner. Erst wenn die Aufmerksamkeit der Medianden von diesen Attributionen auf den anderen wegkommt und sich auf den eigenen Anteil konzentriert, besteht die Chance, von den Forderungen und Positionen zu den eigenen Interessen und Bedürfnissen zu finden. Dies ermöglicht dann später den Interessenausgleich. Jeder Konfliktpartner (in größeren Mediationen jede Konfliktgruppe) braucht zu allererst Raum, um ausführlich über die eigenen Themen, Interessen, Ideen, Angebote nachdenken und diese dann formulieren zu können. Jeder Konfliktpartner muss daher genügend Zeit bekommen, um sich auf die eigene Seite konzentrieren zu können. Dies sollte ohne Kommentare oder Argumente erfolgen. Das erfordert für jeden (oder jede Grup-
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1. Autonomie und Selbstbehauptung (Window I)
pe) neben der Zeit auch positive Wertschätzung. Das sind die Voraussetzungen, die helfen können, dass Konfliktpartner ihre Autonomie und Selbstbehauptung wiedererlangen und dann erfahren, dass sie Lösungen umsetzen können, die ihrer eigenen Autonomie entsprechen. K Selbstbehauptung im Mediationsprozess Die Arbeit an der Autonomie und Selbstbehauptung der jeweiligen Konfliktpartner (Window I) zieht sich durch alle Stufen der Mediation. Sie beginnt im Einführungsgespräch, ist wichtig bei der Sammlung der Konfliktpunkte, hat einen besonders hohen Stellenwert bei der Erarbeitung der tieferen Bedeutung, ebenso bei der Entwicklung von Optionen und Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit sowie beim Verhandeln und Vereinbaren. Mediatoren, die mit dem Ansatz der Unterstützung der Selbstbehauptung arbeiten, richten ihren Blick in der Mediation nicht auf die Vergangenheit, ebenso nicht auf Ängste oder Befürchtungen, sondern werden eher zukunftsorientiert und ressourcenorientiert fragen, eher Wünsche, Bedeutungen, Zusammenhänge, Unterschiede beachten. Sie werden mit Hypothesenbildung und Überprüfung arbeiten (s. S. 173 ff.). Auch werden sie die Unterstützung der Selbstbehauptung intensiver fördern, bevor sie den zweiten Schritt des Verstehensprozesses, die Entwicklung von Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit (Window II), einleiten, um die gewachsene Selbstbehauptung nicht zu gefährden. Dabei ist diese Unterstützungsarbeit insbesondere wichtig bei unsicheren Medianden. Laut streitende Parteien können sich meist gut selbst behaupten. K Techniken für die Unterstützung der Selbstbehauptung Als Mediationstechniken zur Unterstützung der Arbeit an der Selbstbehauptung kommen in Frage: Zirkuläres und lineares Fragen, Fokussieren, Zusammenfassen, Zukunftsorientieren, Partialisieren, Visualisieren. Man kann auch zur Unterstützung der Arbeit an der Selbstbehauptung der einzelnen Konfliktpartner eine Metapher anbieten („Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen doppelseitigen Spiegel zwischen sich und könnten immer nur sich selbst sehen, wenn Sie auf die anderen sehen wollen.“).
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B. Werkzeugkoffer
K Beispielsätze zur Unterstützung der Selbstbehauptung in der Erb-Mediation Schaller – „Es ist hilfreich für jeden von Ihnen, wenn Sie ihre eigenen Bedürfnisse in dieser Frage um den Verlag und das Haus kennen. Nur dann können Sie später auch wirklich hinter Ihren Entscheidungen stehen.“ – „Wie sieht das genau für Sie aus, Sofia. Können Sie das unabhängig von dem, was Rebecca will, für sich selbst ausdrücken?“ – „Wenn jeder von Ihnen die eigenen Interessen kennt, können Sie diese auch vertreten, ohne Angst zu haben, über den Tisch gezogen zu werden.“ – „Ich höre, dass Sie, Christof, und Sie, Rebecca, sich in diesem Punkt unterstützen. Trotzdem möchte ich Sie ermutigen, dass jeder von Ihnen die Bedeutung des Verlags für sich selbst noch einmal formuliert.“ – „Angenommen, Christof, Sie müssten auf nichts und niemanden in der Familie Rücksicht nehmen, welche Themen und Punkte würden Sie dann noch nennen wollen, die Ihnen selbst wichtig sind?“
K Praxisanregungen e Die Arbeit an der Autonomie und Selbstbehauptung der Konfliktpar-
teien braucht Zeit, insbesondere in der Stufe der Interessenentwicklung. Aber auch in den anderen Stufen kann es notwendig sein, dieser Unterstützungsarbeit mehr Raum zu geben. Medianden brauchen Zeit, Fragen zu verstehen, sich auf sie einzulassen, nachzudenken und evtl. Veränderung zuzulassen, um dann erst eine Antwort zu finden. Wer die Medianden allerdings in zu starkem Maße beeinflusst, läuft Gefahr, sie zu stören und sie darin zu behindern, ihre Selbstbehauptung zu entwickeln. e Bei der Arbeit an der Selbstbehauptung in großen Mediationen mit
mehreren Systemen oder Gruppierungen empfiehlt es sich, die Teilnehmer in den Gruppen untereinander reden und sich gegenseitig in ihrer Selbstbehauptung unterstützen zu lassen. Im Anschluss ist es förderlich, das jeweilige Gruppenergebnis von Sprechern der jeweiligen Gruppierung im Mediationsplenum vertreten zu lassen. e Im Sinne der Selbstbehauptung kann es auch hilfreich sein, bei sprach-
lichen oder anderen Ausdrucksproblemen mit Dolmetschern oder anderen Unterstützungspersonen der jeweiligen Konfliktpartei zu arbeiten. Auch die Einbeziehung von Anwälten in die Mediationen kann die Selbstbehauptung fördern. e Die Arbeit an der Autonomie und Selbstbehauptung läuft bisweilen
Gefahr, die Grenze zur Therapie zu überschreiten. Wenn Mediatoren
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2. Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit (Window II)
dies des Öfteren bei sich beobachten, sollte Supervision in Anspruch genommen werden. e In besonders strittigen Mediationen kann es sinnvoll und hilfreich
sein, mit jedem Konfliktpartner (oder mit jeder Gruppierung) einzeln zu arbeiten („Shuttle-Mediation“ oder „Caucusing“ s. S. 306) und danach wieder zusammenzukommen. Hierbei müssen Mediatoren sorgfältig auf ihre Neutralität und innere Balance achten. Dabei erklärt der Mediator den anwesenden Parteien zunächst die Stufe und bietet anschließend an, mit jeder Partei einzeln zu reden, um danach gemeinsam die Stufe wieder abzuschließen. e Die Selbstbehauptung einer Partei kann der Mediator auch durch sei-
ne zugewandte Haltung und Stimme unterstützen, die er jeder Partei zeigt und damit deutlich macht, dass er ihr körperlich „beisteht“. e Sollte die Selbstbehauptung einer Partei im Laufe der Mediation nicht
hinreichend entwickelt sein, sollte der Mediator über Kontra-Indikationen nachdenken und gegebenenfalls die Mediation stoppen.
2. Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit (Window II) Übung Stellen Sie sich eine Situation oder einen Konflikt aus Ihrem Leben vor, in der/dem Sie etwas gegeben haben, um das zu bekommen, was Sie gern haben wollten.
K Gegenseitiges Verstehen: Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit Es wurde bereits bei der Beschreibung der methodischen Arbeit an der Selbstbehauptung gezeigt, dass mit der Methodik der Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit in der Mediation erst gearbeitet werden kann, wenn die Selbstbehauptung der Parteien hinreichend gestärkt worden ist. Danach kann der zweite Schritt im Verstehensprozess (bei Friedman und Himmelstein „Window II“) gelingen. Oft beginnen Mediatoren mit diesem Schritt in der Mediation, d.h. sie beginnen erst mit der Arbeit an den Gemeinsamkeiten. Hier laufen sie jedoch Gefahr, dass die Medianden in Widerstand gehen, wenn sie nach Gemeinsamkeiten mit der anderen Seite suchen sollen, mit der sie Konflikte haben. Der zweite Arbeitsschritt mit der Wechselseitigkeit („mutuality“) kann mehrere Bedeutungen haben:
169
B. Werkzeugkoffer
–
Wechselseitige oder gegenseitige Problemdefinition
–
Wechselseitigkeit im Sinne von wechselseitigem oder gegenseitigem Verstehen
–
Wechselseitiger Nutzen für jeden der Konfliktpartner
–
Beidseitigkeit und/oder Gemeinsamkeit
K Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit im Mediationsprozess Die Unterstützung des wechselseitigen und gegenseitigen Verstehens ist der zweite wichtige methodische Schritt, der in allen Stufen der Mediation vollzogen werden sollte. Interessenaustausch und faire Lösungen können nur entstehen, wenn die Interessen und Bedürfnisse aller Konfliktpartner entweder gegenseitig verstanden und akzeptiert worden oder aber gemeinsam oder ähnlich sind. Auch bei den Fairnesskriterien, den Optionen und dem Verhandeln ist dieser zweite Schritt des Verstehensprozesses notwendig, wenn dabei Lösungen vereinbart werden sollen, die für alle fair und gerecht sind. Manchmal gelingt das Verstehen über wechselseitige oder ähnliche Definitionen, manchmal auch über eine nutzenorientierte Betrachtungsweise oder über Gemeinsamkeiten. Dieser zweite Schritt im Verstehensprozess unterscheidet die Mediationsarbeit von juristischen Konfliktlösungen. Bei den methodischen Schritten von Selbstbehauptung und von Wechselseitigkeit werden oft eigene Schwächen gezeigt bzw. die der anderen respektiert. Sie sind die Grundlagen für gegenseitiges Verstehen und für faires mediatives Verhandeln. Das schrittweise Sich-Öffnen der Parteien in der Mediation birgt aber auch eine Gefahr, wenn die Mediation scheitert und Veröffentlichungen in einem eventuell streitigen juristischen Prozess verwendet werden (zur Bedeutung der Vertraulichkeit s. S. 82 f.). K Hypothesen zur Wechselseitigkeit Das Wichtigste für diesen Arbeitsschritt ist die Bildung von Hypothesen (s. S. 173 ff.), um zu vermeiden, dass diese Arbeit zu früh im jeweiligen Prozessschritt gemacht wird und so die Konfliktpartner in Widerstand gehen. Sehr zerstrittene Konfliktpartner lehnen es zunächst ab, sich miteinander zu beschäftigen, die anderen zu verstehen oder gar nach Gemeinsamkeiten zu suchen. Deshalb ist es wichtig, Hypothesen für diesen Schritt zu bilden, mit folgenden Fragen: –
Kann sich jeder der Konfliktpartner gut selbst behaupten und sein Eigeninteresse selbst vertreten?
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2. Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit (Window II)
–
Kann einer oder können mehrere der Konfliktpartner tiefere Bedeutungen, Ängste, Schwächen oder gar Nachteile nennen?
–
Gibt es ähnliche oder wechselseitige Problemdefinitionen?
–
Gibt es Gemeinsamkeiten?
Von diesen Kriterien sollten mindestens zwei erfüllt sein, bevor man als Mediator den Schritt in die Wechselseitigkeit macht. Dabei gibt es immer noch die Möglichkeit, wieder zurück in die Selbstbehauptung (Window I) zu gehen, wenn die Medianden sich schwertun, sich mit der anderen Seite auseinanderzusetzen („Entschuldigen Sie, ich glaube, jetzt war ich zu schnell mit dem nächsten Schritt.“). Beim Übergang von der Selbstbehauptung zur Wechselseitigkeit ist eine Erklärung des Mediators hilfreich, warum dieser Schritt gemacht wird (z.B. „Für das Gelingen einer Mediation ist es wichtig, nicht nur die eigenen Interessen zu verstehen, sondern auch die der anderen Konfliktpartner. Nur dann werden Sie später gut verhandeln können.“). K Hilfreiche Techniken für die Arbeit an der Wechselseitigkeit Als Fragetechniken kommen hier besonders in Frage: zirkuläres Fragen (s. S. 186 ff.), fokussierende Fragen, Partialisieren, Normalisieren, Zusammenfassen und positives Umformulieren. Auch hier ist es wichtig, die Fragen wegen der Balance immer an alle Konfliktpartner gleichlautend zu stellen und nicht ganze Gruppen zusammenfassend zu fragen („Sie als Erben der zweiten Generation …“, „Ihr Geschwister …“ etc.). Auch bei der Arbeit mit der Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit muss gleichzeitig immer wieder die Selbstbehauptung jeder Konfliktpartei unterstützt werden. Bei der Arbeit mit der Wechselseitigkeit ist es in allen Stufen nützlich, auf einem Flipchart oder anderen großen Bögen die Wechselseitigkeit zu visualisieren. Sonst bleibt dieser wichtige Schritt zu abstrakt oder wesentliche Gemeinsamkeiten werden übersehen und überhört (s. S. 205 ff.). Ob die Mediatoren dies mit farbigen Markierungen bei den Selbstbehauptungen der anderen Konfliktpartner kenntlich machen oder farbige Punkte an alle Teilnehmer für die jeweilige Gemeinsamkeit verteilen, hängt ab von der Intensität des Prozesses, der Anzahl von Medianden, dem Umgang des Mediators mit Visualisieren etc.
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B. Werkzeugkoffer
K Beispielsätze zur Unterstützung der Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit in der Erb-Mediation Schaller – „Ich habe von jedem von Ihnen gehört, dass Sie ein für Sie alle befriedigendes Ergebnis für den Verlag und Ihr Elternhaus haben wollen. Dafür ist es notwendig, dass Sie nicht nur die Bedeutungen kennen, die Sie selbst diesen wichtigen Schätzen geben, sondern auch die Bedeutungen hören und verstehen, die die anderen Ihnen geben. – „Können Sie mal versuchen, auf die beiden anderen Seiten zu schauen, nicht um da etwas zu streichen, was Ihnen nicht gefällt, sondern um nach etwas zu suchen, das Sie verstehen und akzeptieren können.“ – „Was auf den anderen Seiten können Sie für Ihre eigenen Planungen gebrauchen, ganz oder vielleicht auch nur teilweise?“ – „Können Sie Gemeinsamkeiten mit einem oder beiden anderen entdecken?“ – „Sehen Sie etwas, das so ähnlich ausgedrückt ist wie bei Ihnen?“
Am Ende dieser Arbeit sollten Mediatoren – gleich in welcher Stufe sie diese Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit herausgearbeitet haben – den Medianden immer noch sagen, was mit dieser Arbeit weiter geschieht. So bei den Interessen und Bedürfnissen oder auch bei den Fairnesskriterien: – „Sie haben jetzt Ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse (bzw. Fairnesskriterien) jeweils auf Ihrer Seite stehen und auch die, die Sie mit den anderen evtl. teilen können. Damit haben Sie ein gutes Raster, mit dem Sie später Ihre Vereinbarungen überprüfen können, ob Sie diese fair finden und unterschreiben können.“
K Praxisanregungen e Bei dieser Arbeit an der Wechselseitigkeit und den Gemeinsamkeiten
ist die Wertschätzung und die Würdigung der gemachten Schritte von großer Bedeutung. Für Menschen in starken Konflikten ist der Schritt auf ein gegenseitiges Verstehen hin sehr schwierig und herausfordernd. Er sollte wertgeschätzt und gewürdigt werden. e Auch in der Arbeit an Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeiten ist es
ratsam, immer wieder die Selbstbehauptung jedes Einzelnen zu unterstützen. e Auch bei einer geringen Anzahl von Selbstbehauptungen (z.B. nur eine
oder zwei Interessen auf jeder Seite) kann der Schritt in die Wechselseitigkeit gemacht werden. Bisweilen geschieht es aber auch, dass dieser
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3. Hypothesen
Schritt in der einen Stufe nur begrenzte Erkenntnisse für die Parteien bringt, in der anderen hingegen sehr gut funktioniert. e Wenn in der Selbstbehauptung zum Beispiel mit Bildern gearbeitet
worden ist (z.B. „Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen doppelten Spiegel zwischen sich, in dem Sie sich nur selbst sehen“), ist es in diesem methodischen Schritt notwendig, das Bild sprachlich wieder beiseite zu legen. e Manche Mediatoren machen den Fehler, den Schritt in die Wechselsei-
tigkeit und Gemeinsamkeit zu schnell zu machen. Dann sind Arbeitsannahmen über Autonomie und Selbstvertretung der Medianden umso wichtiger, um drohende Abbrüche der Mediation zu verhindern. e Die wechselseitig erarbeiteten Interessen sind oft der Grobentwurf des
zukünftigen Vertrages. Auf der Basis wechselseitiger Interessen lässt sich für die Parteien gut verhandeln. e Wechselseitigkeit sollte vom Mediator nicht mit Versöhnung/Aus-
söhnung verwechselt werden. Auch nach Herstellen von Wechselseitigkeit können Konflikte erneut hochkommen. Die Parteien haben mit diesem Schritt lediglich festgestellt, dass sie „in einem Boot sitzen“.
3. Hypothesen Übung Denken Sie an Ihren letzten Mediationsfall, und versuchen Sie, herauszufinden, welche Vorurteile Sie gegenüber den einzelnen Konfliktpartnern hatten. Versuchen Sie, diese Vorurteile in produktive und ressourcenorientierte Arbeitsannahmen umzuwandeln, mit denen Sie in der Mediation hätten arbeiten können.
K Arbeit mit Hypothesen (Arbeitsannahmen) Eine der wichtigsten Methoden in der Mediation ist die Arbeit mit Hypothesen. Diese Methode des systemischen Arbeitens wurde von John M. Haynes in die Mediation eingebracht. Er war der Auffassung, dass eine der wichtigsten Aufgaben für den Mediator sei, Arbeits- und Hintergrund-Hypothesen zu bilden, sie zu überprüfen, sie zu verändern und erst dann weiterzuarbeiten, wenn sie verifiziert worden sind. Das Ziel dieser Arbeit mit Hypothesen war für ihn die Unterstützung einer strukturierten Arbeit in der Mediation, um Klarheit und Ordnung im Prozess
173
B. Werkzeugkoffer
der Mediation zu gewährleisten, um die Möglichkeiten eines Fortschreitens im Prozess abzuschätzen. Schließlich werden Hypothesen zur Wahl der jeweiligen Methoden und Techniken eingesetzt. K Unterschiedliche Hypothesen Haynes unterschied zwischen Hintergrund-Hypothesen und Mediations-, d.h. Arbeits-Hypothesen. Je nach Feld der Mediation sehen die Hintergrund-Hypothesen unterschiedlich aus. In der Familien-Mediation handelt es sich bspw. eher um juristische, ökonomische, psychologische und pädagogische Hypothesen, in der Wirtschafts-Mediation eher um ökonomische, betriebs- oder absatzspezifische Hypothesen. K Beispiele für Hintergrund-Hypothesen in der Erb-Mediation Schaller Psychologische Hypothesen – Es gibt Bündnisse zwischen der Mutter und Rebecca einerseits und den Geschwistern andererseits. – In der Erbengemeinschaft gibt es große künstlerische Rivalität und Konkurrenz. – Die ausgezahlte Schwester wird von Rebecca und Christof abgelehnt und beneidet zugleich wegen ihrer Unabhängigkeit in dieser Familie. – Sofia Schaller lebt immer noch in Trauer um ihren Mann.
Juristische Hypothesen – Bei einem juristischen Streit stünden alle Beteiligten wahrscheinlich schlechter. – Beide Kinder haben wenige Chancen, auf juristischem Wege zu einem vorzeitigen Erbe zu kommen. – In einem Arbeitsgerichtsprozess haben die Mitarbeiter der Firma keine Chance, eine Mitbestimmung über die Zukunft ihrer Firma zu erlangen.
Ökonomische Hypothesen – Sofia Schaller hat große ökonomische Interessen – sie will mit ihrer Freundin ein freies unabhängiges Leben beginnen. – Beide Kinder haben gleich große finanzielle Interessen, sie müssen zurzeit von ihrer Arbeit im Verlag leben. – Der tatsächliche Wert des Verlags und des Hauses ermöglichen wahrscheinlich eine faire Lösung. – Sofia Schaller ist auf die finanzielle Absicherung ihrer Altersversorgung angewiesen.
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3. Hypothesen
Auch wenn Mediatoren mit Hintergrund-Hypothesen nicht konkret arbeiten, so sind diese doch für die fachliche Orientierung im Mediationsprozess notwendig. Zudem können fast alle der oben genannten psychologischen, juristischen und ökonomischen Hypothesen in MediationsHypothesen umgewandelt werden (z.B. „Die Mediation kann gelingen, wenn die Sachebene stärker fokussiert wird als die emotionalen Bündnisse aus der alten Familienstruktur.“). Die wesentlichen Hypothesen sind die Mediations-Hypothesen selbst, d.h. Annahmen über Konfliktpartner bzw. verschiedene Systeme oder in Subsystemen über die Gestaltung des Mediationsprozesses sowie über die eigene Rolle als Mediator im Prozess der Mediation. Wichtig bei der Hypothesenbildung ist hier insbesondere die Ressourcen- und die Zukunftsorientierung. Problem- und Vergangenheitsorientierung verleiten eher zu therapeutischer, beraterischer Arbeit. K Beispiele für Mediations-Hypothesen in der Erb-Mediation Schaller – Die finanziellen Ressourcen reichen voraussichtlich für die Bedürfnisse aller Mitglieder der Erbengemeinschaft. – Sofia Schaller ist am meisten zum Verhandeln bereit. – Die ausgezahlte Tochter und Schwester Anna könnte eine Ressource für diese Mediation sein. – Es können wahrscheinlich nur zufrieden stellende Vereinbarungen gefunden werden, wenn sie auch zufriedenstellend für die Mitarbeiter des Verlags sind. – Es könnte sein, dass diese Mediation eine Misch-Mediation ist, nämlich eine Mediation der Erbengemeinschaft und eine weitere zwischen der Erbengemeinschaft und den Mitarbeitern. – S. auch S. 5.
K Hypothesen im Mediationsprozess Die Arbeit mit Hypothesen sowie deren Überprüfung sollte bereits in der Vorlaufphase einer Mediation beginnen und sich dann durch alle Stufen ziehen. Hypothesen sind zudem hilfreich bei den Übergängen von einer Stufe in die nächste, für den Übergang von Selbstbehauptung zur Wechselseitigkeit, für die Wahl der jeweiligen Techniken. Je nach Feld der Mediation und nach Schwerpunkten im Mediationsprozess können die Hypothesen unterschiedlich ausfallen. So sollten z.B. bei einer Erb-Mediation Hypothesen entwickelt werden über die Kriterien von Fairness und Gerechtigkeit, während man bei einer Wirtschafts-Mediation eher Hypothesen über die ökonomischen Ressourcen
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B. Werkzeugkoffer
bildet. In Schul-Mediationen sind Hypothesen über die Chancen des gegenseitigen Verstehens notwendig. Generell benötigen Mediatoren Hypothesen für die Unterstützung und Förderung des Mediationsprozesses unter drei Aspekten: K Drei Aspekte der Hypothesenbildung –
Hypothesen zum Fall (d.h. zu den Personen bzw. den Systemen und Gruppierungen im Fall)
–
Hypothesen zum Prozess, den jeweiligen Stufen und den dazu gehörigen Methoden und Techniken
–
Hypothesen zur eigenen Person als Mediator (oder auch zum System der Co-Mediatoren)
K Hilfreiche Techniken zum Überprüfen der Hypothesen Mediatoren sollten für jede Konfliktpartei, für jede Gruppe oder jedes System Hypothesen bilden, sie jeweils auch getrennt bei jedem der Konfliktpartner (bzw. bei den Systemen oder Gruppen) überprüfen, modifizieren und so lange überprüfen, bis der jeweilige Konfliktpartner oder die Gruppe verbal oder nonverbal zustimmt. Dies eröffnet die Möglichkeit, weiterzumachen. Als Techniken eignen sich für die Überprüfung von Hypothesen: Zusammenfassen, Fokussieren, zirkuläres Fragen, Spiegeln des Verstandenen. Allgemein veröffentlichen Mediatoren ihre Hypothesen den Parteien gegenüber nicht. Die Medianden können sie jedoch indirekt durch die Art des Fragens und Zusammenfassens wahrnehmen. K Praxisanregungen e Streitigkeiten zwischen den Parteien sind eine gute Gelegenheit in
der Mediation, Hypothesen zu bilden. e Für die Arbeit mit Hypothesen ist es nützlich, wenn Mediatoren ihre
eigenen Wertvorstellungen, Normen und Vorurteile gut kennen, um allparteilich und ressourcenorientiert Hypothesen bilden und überprüfen zu können. e Der Mediator sollte sich gewahr sein, dass Hypothesen subjektiv ge-
bildete Annahmen sind und keinen Anspruch auf „objektive Wahrheit“ haben.
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4. Haltung als Methode – Grundeinstellungen des Mediators
e Bisweilen ist es für den Mediator schwierig, sich von einer Hypothese
zu verabschieden, die ihm in besonderem Maße gefällt („Lieblingshypothese“), aber sich bei den Parteien nicht realisieren lässt. Erst der Abschied von nicht realisierten Lieblingshypothesen macht den Weg frei für neue, angemessenere Hypothesen.
4. Haltung als Methode – Grundeinstellungen des Mediators Übung Was sind Ihre besten Eigenschaften und Fähigkeiten für die Arbeit mit Medianden? Schreiben Sie diese auf und unterstreichen Sie die jeweils drei wichtigsten. Machen Sie diese Gewichtung nach Ablauf eines Arbeitsjahres wieder.
K Reflexion der eigenen Haltung und Einstellungen als Voraussetzung Die Reflexion der eigenen Haltung und Einstellung ist eine wichtige Voraussetzung für die Arbeit mit Medianden. Die Haltung und Einstellungen des Mediators haben einen großen Einfluss auf die Mediation. Deshalb ist es sinnvoll, vor einer Mediation die eigenen Einstellungen zum konkreten Fall und zum konkreten Mediationsfeld zu überprüfen. K Haltung des Mediators Die Haltung des Mediators hat im Gesprächsprozess instrumentellen Charakter. Die Konfliktparteien sind gerade zu Beginn in starkem Maße gestresst. Sie haben bereits eine längere Konfliktgeschichte hinter sich, in der sie nicht respektvoll, unstrukturiert, hochemotional miteinander umgegangen sind. Hier ist eine klare Haltung des Mediators gegenüber den Konfliktparteien hilfreich. Diese Haltung setzt sich aus drei Elementen zusammen: –
Der Mediator gibt den Parteien mit ihren Konflikten einen Ort, eine Chance. Statt zu moralisieren, heißt er die Parteien in ihrem derzeitigen Zustand willkommen.
–
Der Mediator gibt jeder Partei eine Wertschätzung, zeigt seinen Respekt. Das heißt nicht, dass er der Partei zustimmt in dem, was sie vorbringt oder wie sie sich verhält. Es geht um die Wertschätzung der Person.
177
B. Werkzeugkoffer
–
Der Mediator übernimmt die Gesprächsautorität. Er leitet das Mediations-Gespräch mit seiner fachlichen Autorität, ohne dabei autoritär zu werden.
Bisweilen fällt es Mediatoren schwer, alle drei Elemente im Umgang mit den Konfliktparteien umzusetzen. Daher sollte sich der Mediator die notwendige Zeit und Unterstützung für die Umsetzung seiner Haltung nehmen. Die Konfliktparteien achten in starkem Maße auf die Haltung des Mediators und orientieren sich daran. K Grundeinstellung des Mediators Es ist viel über die notwendigen Grundeinstellungen von Mediatoren geschrieben worden, so über die Allparteilichkeit, die ressourcenorientierte Haltung, die Einstellung zu Konflikt und Unterschiedlichkeit, zu Autonomie und Selbstverantwortung, über die Grundeinstellung zu Geld, Besitz, Armut, Reichtum, zu anderen Kulturen und Religionen, zur Stellung von Frauen, Männern, zum Leben in familiären oder anderen Lebensformen, zum Recht und eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen, zu Schuld, Sühne, Wiedergutmachung, zu materiellem und immateriellem Kontenausgleich. Bei eigenen schlechten – aber auch bei besonders guten – Erfahrungen sind Mediatoren potentiell gefährdet, die notwendige Balance und Neutralität zu verlieren. K Praxisanregungen e Für die Arbeit in den verschiedenen Feldern der Mediation lohnt es
sich, vorher über folgende Fragen nachzudenken: Was sind meine Erfahrungen und Assoziationen über Leben, Arbeiten, Konflikte in dem betreffenden Feld? Wo lägen da meine Ressourcen? Wo vermute ich meine Fallen? e Sollte es nicht möglich sein, die drei Elemente in der Haltung gegen-
über jeder Konfliktpartei umzusetzen, sollte man nicht stur im Prozess der Mediation fortfahren. Hilfreich kann hier das Einlegen einer Pause zur Reflexion sein, ein Gespräch mit dem Co-Mediator oder auch die Entscheidung, mit dieser Frage in die Supervision zu gehen. e Wenn Alter und Lebenserfahrung als Ressource für die Mediation gel-
ten, entsteht die Frage, wie man mit seinen eigenen „Vor-Urteilen“, mit anderen Einstellungen und Lebenserfahrungen umgeht (z.B. Leben in Reichtum oder Armut, Leben in anderen als familiären Strukturen, anderen politischen Einstellungen etc.). Für welche anderen mögli-
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4. Haltung als Methode – Grundeinstellungen des Mediators
chen Optionen in den Mediationen ist man als Mediator noch offen, für welche nicht? e Wenn der Herkunftsberuf als eine Ressource für die Haltung des Me-
diators betrachtet werden kann, besteht gleichzeitig für ihn die Frage, wo die Fallen sein könnten, insbesondere wenn man aus einem „Helfer-Beruf“ stammt. Wie kann man sich davor schützen, nicht doch als Berater, Therapeut zu agieren? Wenn man aus einem juristischen Beruf stammt, besteht für den Mediator die Frage, wie kann er sich davor schützen, in der betreffenden Mediation nicht nur Recht und Gesetz als einziges Gerechtigkeitskriterium im Kopf zu haben und andere mögliche Optionen der Medianden zu beschneiden? e Wenn man aus einem Beruf stammt, der eher eine gutachterliche Stel-
lungnahme, eine parteiliche Beratung erfordert, taucht die Frage auf, wie es um die Allparteilichkeit des Mediators steht. Wie geht er mit seiner „Einparteilichkeit“ um? e Wenn man eine positive und harmonische Grundeinstellung zum Le-
ben und zur Zukunft als Ressource für die Mediation nutzen kann, entsteht für den Mediator gleichzeitig die Frage, wie er mit fatalistischen, depressiven oder nur problemorientierten Sichtweisen und Einstellungen von Medianden oder auch eines Co-Mediators umgeht. Wie geht man mit anderen Konfliktlösungsmöglichkeiten um, wenn man die eigenen als die einzig möglichen betrachtet? Wie ernst ist es dem Mediator, Ergebnisoffenheit in der Mediation zu gewährleisten? e Wenn man als Mediator wieder in das „Entweder-oder-Schema“ gerät,
sollte man immer an die mindestens drei Optionen, an die mindestens drei möglichen Methoden, an die mindestens drei Lösungsmöglichkeiten denken, bevor man in die entsprechende Mediation geht. e Man sollte auch die Möglichkeit nutzen, in eigenen Konflikten in die
Mediation zu gehen, um die Chancen von Mediation selbst zu erfahren und zugleich aus der Perspektive der Medianden kennenzulernen. e Haltung und Einstellung des Mediators bleiben den Parteien nicht ver-
borgen. Zumindest intuitiv sind sie damit beschäftigt. Bisweilen fragen sie auch direkt nach. Hier sollte der Mediator offen über seine Haltung Auskunft geben. Es beruhigt die Parteien.
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B. Werkzeugkoffer
5. Mediations-Supervision Übung Betrachten Sie Ihre letzten 5 Mediationen. In welchen hätten Sie eine professionelle Unterstützung durch Supervision gebrauchen können? Haben Sie eine solche Hilfe in Anspruch genommen?
K Allgemeine Überlegungen zur Supervision Professionelle Angebote in der Arbeit mit Konfliktparteien können langfristig nur wirken, wenn sie reflektiert werden können. Dabei geht es darum, einen „Über-Blick“ über die eigene Arbeit zu erhalten und diese aus einer erhöhten Warte zu betrachten, zu analysieren und zu verbessern. Auf Hinweis von John Haynes hin ist für Mediatoren das Konzept der mediationsanalogen Fall-Supervision entwickelt und praktiziert worden (Krabbe, Kon:Sens 1999, 160 ff.). Analog der Mediation basiert die Supervision auf den gleichen Prinzipien: Selbstbestimmtheit, Zukunftsorientierung, Ressourcenorientierung und Optionalität. Die Prozessschritte selbst in der Supervision verlaufen ebenfalls analog zu denen in der Mediation: Einführung in die Supervision und Kontrakt zur Supervisionsdurchführung, Fallsammlung und Fallschilderung, Hypothesen zum Fall („hinter die Fallschilderung schauen“), Optionen zur Umsetzung der vom Fallvorsteller ausgewählten Hypothesen, Verhandeln und Vereinbarung zur Umsetzung. In dieser Fall-Supervision wird die Supervisionsgruppe mit eingebunden, indem ihre Perspektive einbezogen wird und damit auch ihre Hypothesen und Optionen zum Fall als „Geschenke“ für den Fallvorsteller gesammelt werden. Aus diesen kann dann der Fallvorsteller auswählen und diese für seinen Fall nutzen. K Methodische Grundlagen der Supervision Der Supervisor achtet auf die Einhaltung der Prozessschritte. Die Mediatoren bekommen in diesem Prozess jeweils die Gelegenheit, ihren Fall zu reflektieren. Dabei liegt es in der Autonomie des fallvorstellenden Mediators (Supervisand), welche Reflexionen der Supervisionsgruppe er für den eigenen Verstehensprozess aufgreift, welche der gesammelten Optionen er in seinem konkreten Fall umsetzen möchte.
180
5. Mediations-Supervision
Dem Supervisor stehen für die Fallsupervision neben den Prozessschritten zusätzlich weitere Methoden zur Verfügung: die Assoziationsmethode (eigene Bilder, Metaphern, Empfindungen der Gruppenmitglieder zum Fall), Rollenspiele zum besseren Verstehen oder zum Erproben von Optionen, Skulptur-Arbeit (der Fallvorsteller baut aus den Konfliktbeteiligten, vertreten durch Gruppenmitglieder, eine Skulptur des gegenwärtigen Konflikts, danach bittet er jeden Teilnehmer der Skulptur, einen Schritt zur Stressreduktion zu machen.) Im Beisein des Fallvorstellers wertet der Supervisor diese aus, Blitzsupervision (begrenzte Zeit mit wenigen Hypothesen und Optionen). K Anlässe für Mediationssupervision –
Schwierigkeiten in der Mediation mit einer oder mehreren Konfliktparteien
–
Probleme mit hohem Konfliktniveau, hoher Emotionalität in der Mediationssitzung
–
Schwierigkeiten mit einzelnen Prozessstufen der Mediation
–
Überdurchschnittlich viele Abbrüche
–
Vorbereitung einer Mediation (Settingfragen, Indikationsfragen, Haltungsfragen)
–
Schwierigkeiten in der Co-Arbeit
–
Schwierigkeiten bei der Akquise von Fällen
–
Schwierigkeiten mit dem Zeitmanagement
–
Komplexe Mediationen
–
Die Supervision ist Teil der beruflichen Tätigkeit des Mediators (MediationsG).
K Praxisanregungen e Die Fall-Supervision kann in einer Einzelsitzung durchgeführt wer-
den. Sinnvoller ist die Einzelfall-Supervision in einer Gruppe von Mediatoren, da hier der Resonanzboden der Perspektiven größer ist als in einem Zweiersetting. e Der Supervisor sollte möglichst selber Mediator sein, zumindest sollte
er das Verfahren der Mediation kennen, um die Prozessschritte der Supervision entsprechend für Mediatoren umsetzen zu können.
181
B. Werkzeugkoffer
e Bei Problemen in einer Co-Mediation ist die Supervision eine sinnvol-
le zusätzliche Unterstützung. e Das Zweiersetting in der Fall-Supervision ist in bestimmten Fällen an-
gezeigt, so z.B. bei kurzfristig aktueller Supervision, bei großen Entfernungen. e Bei großen Entfernungen zwischen Fallvorsteller und Supervisor ist
zusätzlich auch eine Telefon- oder Video-Supervision praktikabel. e Bei Schwierigkeiten im Umgang mit der Variablen „Zeit“ kann eine
Einzel-Supervision hilfreich sein, um eigene Anteile des Mediators beleuchten zu können.
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1. Vorbemerkung
V. Technische Bausteine 1. Vorbemerkung In fast allen heutigen Schulrichtungen der Mediation werden Techniken gelehrt und praktiziert, die in erster Linie aus der systemischen Therapie und Beratung stammen. Das mag damit zusammenhängen, dass der zeitliche Beginn der systemischen Arbeit in etwa mit der Mediation zusammenfiel, und dass es in dieser Anfangszeit viele Kontakte zwischen Vertretern der amerikanischen Familien-Mediation und Vertretern der systemischen Theorie und Therapie gegeben hat. Andere Mediationstechniken kommen u.a. aus der psychoanalytischen, der gestalttherapeutischen und der neurolinguistischen Arbeit. K Therapeutische Wurzeln der Mediationstechniken Im therapeutischen Ursprung der Mediationstechniken liegen einerseits ihre Stärken, andererseits aber auch ihre Gefahren, da es sich dabei um sehr mächtige Interventions- und Konflikttechniken handelt, die starke innere und emotionale Prozesse auslösen können und in der Lage sind, Systeme zu verändern. Man sollte diese Techniken genau kennen und erlernen, damit sie nicht beliebig, sondern strukturiert und reflektiert in der Mediation eingesetzt werden können. Wenn Mediatoren sie zudem in einer Haltung von Wertschätzung und der Ressourcenorientierung verwenden, sind die Chancen groß, dass Medianden durch die Anwendung der Techniken nicht überfordert, sondern befähigt werden, Lösungen für ihre Konflikte selbst zu finden. Für Mediatoren ist zu empfehlen, zunächst eigene Erfahrungen mit der Nützlichkeit und Wirksamkeit dieser Techniken zu sammeln, sei es durch Teilnahme an einer systemisch durchgeführten Selbsterfahrung oder in einer Mediation bei eigenen Konflikten.
183
B. Werkzeugkoffer
2. Differenziertes Fragen Übung Setzen Sie sich einer Freundin oder Kollegin gegenüber. Bestimmen Sie, wer die Fragerin und wer die Befragte ist, und wechseln Sie diese Rollen nach 10 Minuten. Befragen Sie Ihr Gegenüber 10 Minuten lang über einen privaten oder beruflichen Konflikt der letzten Zeit. Werten Sie dann aus: 1. Wie war es, in der Rolle der Befragten bzw. der Fragenstellenden zu sein? 2. Welche Fragen waren angenehm, öffnend oder brachten neue Ideen und Zusammenhänge? 3. Durch welche Fragen erhielten Sie mehr Informationen? 4. Welche Fragen waren für Sie mehr im Gefühlsbereich?
K Die Kunst des differenzierten Fragens Fast alle Schulrichtungen der Mediation lehren und praktizieren die Kunst des differenzierten Fragens als ein wichtiges Handwerkszeug von Mediatoren. Das Erlernen guter Fragen könnte und sollte aber auch ein wichtiges zusätzliches Kommunikationsmodell für die Konfliktparteien selbst sein, die ja weiter miteinander zu tun haben. Viele Konfliktpartner kommen in die Mediation mit der Klage „Wir können nicht mehr miteinander reden“, was bedeuten könnte: „Wir können uns nicht mehr ohne Missverständnisse fragen“ oder „Wir fragen uns nicht mehr“. Die Kunst des differenzierten Fragens als Instrumentarium in der Arbeit mit Einzelnen, Paaren, Gruppen oder Systemen wurde ursprünglich in therapeutischen Schulen entwickelt, so u.a. von Karl Tomm, dessen Systematisierung von Fragen dem folgenden Modell zugrunde liegt. Das eigentlich für den psychotherapeutischen Bereich entwickelte Modell hat sich auch für die Mediationsarbeit als hilfreich erwiesen. Für K. Tomm ist dabei auch die Arbeit mit Hypothesen und deren Überprüfung unabdingbar. Nur so ist es möglich, differenziertes Fragen gezielt einzusetzen. Zur Systematisierung der Fragetypen geht er von einem Kreis aus, der von „Sachverhalts- und Informationsfragen“ (linearen) über „Bewertungsfragen“ (strategischen) und „kybernetische Fragen“ (zirkulären) bis hin zu den „Veränderungsfragen“ (reflexiven) reicht.
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2. Differenziertes Fragen
K Methodisches Fragen nach Karl Tomm
(1) Lineare Fragen K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Wer gehört zur Erbengemeinschaft?“ – „Wann wurde der Verlag gegründet?“ – „Wann wurde die Villa gebaut, und wer ist im Grundbuch eingetragen?“ – „Wie können Sie den Wert des Hauses und den Wert des Verlags feststellen?“ – „Gibt es einen Verlagsanwalt?“ – „Wie viele Mitarbeiter hat der Verlag?“ – „Wie alt sind Annas Kinder?“
K Wirkung der linearen Fragen Lineare Fragen eignen sich gut als Orientierungs- und Sachverhaltsfragen, für das Sammeln von Daten und Fakten. Der Mediator befindet sich in der Rolle eines Detektivs. Die Absicht ist es, zu untersuchen; der Fragende benutzt meist sog. W-Fragen. Den Parteien fällt es meist leicht, sie zu beantworten. Diese Art von Fragen stellt er in der Anfangs- und Schlussphase einer Mediation und zu Beginn der Themensammlung. K Gefahren der linearen Fragen Lineare Fragen können problematisch für die Mediation werden: Sie sind häufig rückwärtsgewandt und bleiben oft an Fakten hängen. Dadurch verfestigen sie den Status quo und bewirken bei den Parteien keine Veränderung. Lineare Fragen erhalten meist lineare Beschreibungen als Antwort und führen Mediationen eher zu Positionen. Zudem sind sie vergangenheits- und problemorientiert statt ressourcen- und zukunftsorientiert. Sie erzeugen bei den Parteien Passivität und bringen den eigentlichen Mediationsprozess damit wenig voran.
(2) Strategische Fragen K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Warum sagen Sie ihren Kindern eigentlich nicht, Sofia, dass sie bei Gericht kaum eine Chance hätten, wenn Sie Ihre Anteile am Verlag verkaufen würden, hier in der Mediation aber sehr wohl?“ – „Was würde denn passieren, wenn Christof Geschäftsführer würde?“ – „Sehen Sie, dass das große wertvolle Grundstück Ihnen viel Freiheit für den Fortbestand des Verlags gibt?“
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B. Werkzeugkoffer – „Der Vorschlag von Rebecca ist doch sehr vernünftig und liegt nahe. Können Sie den nicht unterstützen, Christof?“ – „Ihr verstorbener Vater wäre doch sicher einverstanden gewesen mit solch einer Lösung, und Sie könnten doch hier gleich ans Verhandeln gehen, denken Sie nicht auch?“
K Wirkung der strategischen Fragen Strategische Fragen haben eine einschränkende Wirkung und haben in der Mediation eher keinen Platz. Auch eine korrigierende Absicht des Mediators stößt meist auf Widerstand der Medianden, die sich in ihrer Freiheit bedroht fühlen. K Gefahren der strategischen Fragen Bei offensichtlichen Lösungen mögen sie bisweilen sinnvoll sein, also eher gegen Ende einer Mediation. Dann sind sie richtungsweisende und konfrontierende Fragen. Bisweilen lenken, korrigieren und manipulieren sie. Mediatoren sind mit diesen Fragen eher in der Rolle von Lehrern oder Richtern. In dieser Rolle können sie jedoch leicht ihre Balance und Neutralität verlieren, wenn sie mit strategischen Fragen eine Konfliktpartei beeinflussen und Verantwortung für Lösungen übernehmen wollen. K. Tomm beschreibt die strategischen Fragen als solche, die die Autonomie einschränken, Ängste und Widerstände erzeugen. Medianden fühlen sich angegriffen oder zeigen Anpassungstendenzen statt eigene Ideen und Konzepte zu entwickeln. Als zukünftiges Kommunikationsmodell für die Konfliktparteien sind strategische Fragen wenig hilfreich.
(3) Zirkuläre Fragen K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Kennen Sie Familien oder Erbengemeinschaften mit ähnlichen Problemen wie den Ihren? Wissen Sie, wie die damit umgegangen sind?“ – „Wer ist denn sonst noch von Ihren Lösungen für den Verlag und das Haus betroffen?“ – „Was denken Sie, wer von Ihnen am ehesten zum Verhandeln bereit ist?“ – „Welches ist das wichtigste Thema?“ – „Welches Thema würde Ihr verstorbener Mann und Vater noch nennen?“ – „Wie sieht Anna die derzeitige Situation im Verlag?“
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2. Differenziertes Fragen
K Verwendung der zirkulären Fragen im Mediationsprozess Zirkuläre Fragen werden im mittleren Teil der Mediation gebraucht, bei der Arbeit an den Interessen und Bedürfnissen, bei den Fairnesskriterien, bei der Rolle des Rechts und auch beim Verhandeln. Sie sind besonders brauchbar an Stellen, wo mit Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit gearbeitet wird. Dabei sind Mediatoren eher in der Rolle von Forschern. Sie aktivieren hier forschende und akzeptierende Seiten bei den Parteien. Zirkuläre Fragen sind zudem hilfreich für die weitere Hypothesenbildung in der Mediation, besonders über andere am Konflikt beteiligte Personen, die vielleicht Ressourcen sein könnten für eine Konfliktbearbeitung. K Wirkung der zirkulären Fragen Neben einer befreienden Wirkung ermöglichen zirkuläre Fragen auch, Muster und Zusammenhänge offenzulegen, weil sie unbekannte Seiten und Reaktionen der Konfliktpartner zeigen. Das bringt häufig eine neue Qualität in die Mediation. Besonders in der Mediationsarbeit mit Kindern und Jugendlichen sind zirkuläre Fragen gut zu verwenden, weil diese sich mit Beispielen und Modellen aus anderen Schulen, Gruppen oder Familien besser identifizieren oder auseinandersetzen können als mit direkten Fragen nach ihren eigenen Wünschen. K Gefahren der zirkulären Fragen Zirkuläre Fragen bergen auch Risiken. Sie sind für die therapeutische Arbeit als Interventionstechniken entwickelt worden, und hier liegt für die Mediation auch eine Gefahr. Zirkuläre Fragen können starke Gefühle auslösen, Verwirrung stiften, Schuld- und Rachegefühle verstärken. Mediatoren gelangen somit schnell in einen therapeutischen Kontext. Denn es ist oft nicht mehr leicht, wieder in den Prozess der Mediation zurückzufinden. Es empfiehlt sich daher, zirkuläre Fragen eher sparsam und bewusst einzusetzen.
(4) Reflexive Fragen K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Wie stellt sich jeder von Ihnen sein Leben in fünf Jahren vor?“ – „Angenommen, es gäbe das Problem mit der Geschäftsführung nicht, wie sähe dann Ihre Entscheidung für den Verlag aus?“ – „Was denken Sie, womit Sie eher zu einer Vereinbarung kommen werden, über das Haus oder über den Verlag?“
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B. Werkzeugkoffer – „Angenommen, Ihre beste Lösung geht nicht, was wäre dann Ihre zweit- oder drittbeste Lösung?“ – „Sie werden irgendwann eine gute Vereinbarung für den Verlag gefunden haben, woran würde jeder von Ihnen merken, dass sie gut ist?“ – „Angenommen, Vertreter Ihrer nächsten Familiengeneration würde in etwa 20 Jahren sagen: ‚Das mit dem Verlag und dem Elternhaus haben die damals ganz gut hinbekommen.‘ Was hätten sie besonders gut gefunden?“ – „Woran würden Sie feststellen können, dass Sie mich als Mediatorin bald nicht mehr brauchen?“
K Verwendung der reflexiven Fragen im Mediationsprozess Reflexive Fragen werden während des gesamten Mediationsprozesses gebraucht, weil an verschiedenen Stellen im Prozess neue Ideen, neue Regelungen benötigt werden (Gesprächsregeln, Kostenregelung etc.). K Wirkung der reflexiven Fragen Reflexive Fragen fördern in der Mediation die Kreativität der Parteien. Sie lösen bei den Konfliktpartnern eigene Veränderungsprozesse aus und fördern deren Autonomie. Besonders durch in die Zukunft gerichtete reflexive Fragen eröffnen sich oft Möglichkeiten für eine Neuorganisation von Gruppierungen oder Systemen. Mediatoren können mit diesen Fragen eine neue positivere Sicht der Situation und der Konfliktebenen fördern und damit völlig neue, bisher nicht gedachte oder nicht gesehene Perspektiven und Entwürfe fördern. K. Tomm unterscheidet sechs Kategorien von reflexiven Fragen, die auch für Mediatoren hilfreich sein können: –
Zukunftsorientierte Fragen (z.B.: Wie stellt sich jeder von Ihnen sein berufliches und privates Leben in 5 Jahren vor?)
–
Fragen, die einen völlig neuen Zusammenhang herstellen (z.B.: Was denken Sie, in welchem Punkt Sie schneller zu einer Einigung kommen werden, in Bezug auf die Wochenendbesuche oder in Bezug auf das Eigenheim?)
–
Fragen, die Unterschiede herausarbeiten (z.B.: Wenn Sie auf einer Skala von 1 bis 10 Ihre Zuversicht in eine einvernehmliche Lösung bewerten sollten, welche Zahl würden Sie wählen?)
–
Fragen, die Abweichungen vom sonst Üblichen ermöglichen (z.B.: Angenommen, Sie hätten einen Wunsch frei, wie sähe dann die Aufteilung des Zugewinns aus?)
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2. Differenziertes Fragen
–
Hypothetische Fragen (z.B.: Angenommen, Ihre Frau würde sich in Ihren Augen intensivst um eine faire und gerechte Trennung bemühen, woran würden Sie das festmachen und wie würde sich das auf Ihr Verhalten auswirken?)
–
Fragen, die unproduktive Prozesse unerwartet unterbrechen (z.B.: Wenn am Weihnachtsfest die Fetzen so richtig fliegen, wie würden Sie dann weitermachen?)
K Gefahren der reflexiven Fragen Gerade weil die reflexiven Fragen zum wirkungsvollsten Interventionsinstrument in der Mediation zählen, haben sie auch Risiken. Reflexive Fragen können Medianden überfordern, weil sie intensive Gefühle und Ängste und Verwirrungen auslösen können, die unter Umständen therapeutisch aufzufangen sind. Fiktionen und Fantasiereisen können bei instabilen Medianden Existenz- und Zukunftsängste auslösen, besonders in hoch emotionalen Konfliktsituationen. Es werden dann nicht Räume für neue Möglichkeiten erweitert, sondern Ängste mobilisiert. Es besteht zudem die Gefahr, dass durch den Fokus auf Zukunftsentwicklungen, Förderung von Wünschen oder Phantasiereisen die wirkliche Tragik von Konflikten verleugnet oder harmonisiert wird. Medianden fühlen sich dann in ihrer Tragik nicht wahrgenommen. Wenn Mediatoren reflexive Fragen behutsam und im Bewusstsein ihrer Risiken und mit Hilfe einer guten Hypothesenarbeit einsetzen, sind sie ein geeignetes Instrument in der Mediation. Das gilt auch für die Mediationsarbeit mit Kindern, die auf dieser Ebene oft bessere Fantasien entwickeln können als Erwachsene. K Praxisanregungen e Beim differenzierten Fragen in der Mediation, ist es notwendig den
Respekt und die Empathie für die Konfliktparteien zu bewahren. Statt „in die Probleme“ und in die Vergangenheit zu fragen, sollten beim Fragen Ressourcen und Zukunft im Auge behalten werden. e Auch spielt die Zeit eine wichtige Rolle beim Fragen. Viele Media-
toren stellen zwar gute Fragen, lassen den Medianden aber zu wenig Zeit zum Verstehen, zum Nachdenken, zum Abwägen, zum Umdenken. e Gute differenzierte Fragen sollten kurz und prägnant sein, sodass sie
an alle Konfliktpartner gleichlautend gestellt werden können. Kon-
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B. Werkzeugkoffer
fliktparteien sind in ihrer Situation empfindlich für jedes verbale Ungleichgewicht. Man sollte zudem nicht zwei Fragen auf einmal stellen oder gar eine Fragenmixtur aus den verschiedenen Fragetypen anbieten. Wenn das doch einmal passiert, sollte der Mediator die Frage zurücknehmen können. e Es gehört zum Fragen, dass Mediatoren ebenso zuhören und Antwor-
ten stehen lassen können. Aktives Zuhören fördert die eigene innere Konzentration.
3. Regeln mediieren Übung Denken Sie an eine Person, mit der Sie momentan einen Konflikt haben. Überlegen Sie sich mindestens zwei Regeln, mit denen der Umgang zwischen Ihnen beiden trotz des Konflikts leichter ginge. Was wäre die Erleichterung?
K Regeln als Hilfe für die Kommunikation Der Einsatz von festen Kommunikationsregeln in der Mediation, insbesondere beim Umgang mit Streit und Konflikt, hat viele Wurzeln. Als wichtige Kommunikationstechnik hat John M. Haynes sie aus der systemischen Therapie in die Mediation übernommen. Heute wird in fast jeder Mediation mehr oder weniger mit Regeln gearbeitet. Dahinter steht die Erfahrung, dass Konflikte sich leichter regeln lassen, wenn es gemeinsame Spielregeln gibt. K Mediieren oder Setzen von Regeln Die Art und Weise der Entwicklung, wie solche Regeln gehandhabt werden, ist sehr unterschiedlich. Viele Mediatoren bestimmen die Regel selbst; andere bevorzugen, sie mit den Medianden zu mediieren, was vor allem bei Mehrparteien- oder Gruppen-Mediationen nicht immer leicht ist. Die Medianden bestimmen dann ihre Regeln selbst, z.B. „jeder sollte ausreden können“, „gleiche Redezeit für alle“. Dem Geist einer Mediation angemessener erscheint das Mediieren von Regeln durch den Mediator. Er unterstützt die Medianden, ihre eigenen Regeln zu entwickeln. Das kann wichtig sein für folgende Inhalte: Redezeiten, Art und Weise des Miteinander-Redens, Reihenfolge der Redebei-
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3. Regeln mediieren
träge, Umgang mit Gefühlen, Vertraulichkeit der besprochenen Dinge, Offenlegung von Daten und Fakten, Umgang mit Rechtsanwälten und Gerichten, Einbeziehung anderer Fachleute außerhalb oder innerhalb der Mediation, Weitergabe der Inhalte und Ergebnisse, Erstellung von Protokollen und Festhalten vorläufiger Ergebnisse, Bezahlung der MediationsSitzungen, Umgang mit Absagen, Sanktionen bei Nichteinhalten der Regeln, Festhalten oder Veränderungsmöglichkeiten der Regeln etc. K Regeln im Mediationsprozess Das Mediieren von Regeln bietet sich eher am Anfang einer Mediation an, es kann aber – bei hohem Konfliktniveau und hoher Emotionalität – auch in späteren Stufen noch notwendig werden. Manchmal müssen dann Abänderungen der ursprünglich ausgemachten Regeln neu ausgehandelt werden. K Methodische Hilfen Methodisch erfolgt das Mediieren von Regeln nach dem Grundmuster der Mediation. Mit Förderung der Selbstbehauptung (Window I) und Wechselseitigkeit (Window II) wird solange mediiert, bis ein von allen Beteiligten akzeptiertes Ergebnis vorliegt. Bisweilen bestehen Medianden darauf, die Regeln aufzuschreiben oder sie nachträglich in den Mediationskontrakt aufzunehmen. Bei der Erarbeitung von Regeln sollte allen Beteiligten die gleiche Frage gestellt werden. Wenn die Arbeit mit den Regeln tragfähig ist, erübrigen sich Sanktionen für den Fall der Nichteinhaltung. Wenn Sanktionen zusätzlich gewünscht werden, sollten auch diese wieder mediiert werden. K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Ich möchte Sie gern etwas fragen, was meiner Erfahrung nach oft hilfreich ist für das Gelingen einer Mediation. Hat jeder von Ihnen Ideen dazu, welche Regeln Ihnen allen helfen würden, dass Ihre Mediation gelingt? Sofia? Rebecca? Christof?“ – „Welche Regel können Sie sich vorstellen, wenn die ausgemachte nicht funktionieren sollte? Was denken Sie, Sofia? Was denken Sie, Rebecca? Was denken Sie, Christof?“ – „Wie sollten ihre Regeln verändert werden können?“ – „Was erlauben Sie mir als Mediatorin, wenn Gefühle oder Kränkungen aus den früheren Beziehungen hochkommen?“
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B. Werkzeugkoffer – „Soll es Konsequenzen geben, wenn jemand von Ihnen die Regeln nicht einhalten sollte?“
K Praxisanregungen e Auch wenn das Mediieren von Regeln bisweilen zeitraubend scheint,
sollten Mediatoren nicht darauf verzichten, selbst bei Kurz-Mediationen nicht. Regeln geben allen Beteiligten – auch dem Mediator – mehr Sicherheit. Regeln erleichtern die Mediationsarbeit, vor allem bei Konflikten mit hoher Emotionalität. Außerdem entwickeln die Konfliktparteien gleichzeitig damit Regeln für ihre zukünftigen Konflikte. e Mediatoren sollten ihre eigene Einstellung zu Regeln, insbesondere zu
Kommunikationsregeln überprüfen, damit sie nicht gefährdet werden, im Konfliktfall ihre eigenen „Lieblingsregeln“ einzuführen, die zur Lebenswirklichkeit der Medianden nicht passen. e Für Mediationen, in denen Kinder einbezogen werden, sind Regeln un-
erlässlich. Sie geben Kindern und Jugendlichen – aber auch den betroffenen Eltern oder anderen beteiligten Erwachsenen – mehr Sicherheit. e Für Gruppen- und Mehrparteien-Mediationen empfiehlt es sich, selbst
einige gute Regeln im Kopf zu haben oder Kollegen mit Erfahrung nach solchen zu fragen, weil vielen Medianden gute Regeln für den Ablauf und die Kommunikation wichtig sind. Bei Großgruppen-Mediationen wird man Regeln in den meisten Fällen nicht mediieren können, sondern sie vorschlagen und ggf. auch vorgeben. e Wichtig für Mediatoren ist es auch, für sich selbst gute Regeln im
Umgang mit sich selbst zu haben, um sich nicht zu überfordern und die notwendige Distanz zur Arbeit halten zu können, sich Auszeiten zu gönnen, wenn man nicht mehr durchblickt oder emotional involviert wird; grundsätzlich keine Mediations-Sitzungen um mehr als 10 Minuten zu überziehen; vorher dafür zu sorgen, dass genügend Papier und funktionierende Stifte vorhanden sind. Wenn man mit einem Co-Mediator zusammenarbeitet, sind eigene Regeln und Absprachen unerlässlich und außerdem ein gutes Modell für die Medianden. e Regeln sind in einer Mediation stets veränderbar. Das sollte gut me-
diiert werden, damit die Balance gewahrt bleibt.
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4. Zusammenfassen
4. Zusammenfassen Übung Denken Sie an Ihren letzten eigenen beruflichen oder privaten Konflikt. Versuchen Sie, in einem möglichst ressourcenorientierten Satz zusammenzufassen, um was es Ihnen dabei ging. Dann versuchen Sie das Gleiche für den Konflikt Ihres Konfliktpartners.
K Bedeutung Das Zusammenfassen ist eine systemische Technik. Sie wird in der Mediation sehr oft verwendet, weil sie die Möglichkeit bietet, einerseits den Prozess des Verstehens bei den Medianden zu unterstützen und andererseits den Mediatoren ermöglicht, ihre für die Konfliktparteien und den Prozess gebildeten Hypothesen zu überprüfen. Der Mediator fasst für jede Partei das Gesagte sachlich zusammen und überprüft damit, ob die Medianden sich selbst und die jeweils anderen gehört und verstanden haben. In Konflikten braucht es meist diese Spiegelung durch einen neutralen Dritten, weil die Parteien einander nicht mehr zuhören. Das Zusammenfassen kann dann zu einem wichtigen Werkzeug für zukünftige Konflikte der Partner werden. Für den Mediator selbst ist das Zusammenfassen wichtig, damit er überprüfen kann, ob er die Parteien richtig verstanden hat oder durch Vorurteile blockiert ist. Damit kann er seine eigenen Hypothesen überprüfen. Ziel und Wirkung des Zusammenfassens ist es, dass durch Spiegelung und Unterstützung der unterschiedlichen Wirklichkeiten Paare, Mehrparteien, Gruppen oder Systeme aus ihrem verengten Blick kommen und in Bewegung geraten. Damit wird eine Veränderung bei jedem Einzelnen aber auch bei jeder Gruppe ermöglicht. K Zusammenfassen in den verschiedenen Stufen Das Zusammenfassen ist in allen Stufen der Mediation notwendig und zieht sich somit durch den gesamten Prozess. Diese Technik wird besonders an den Stellen gebraucht, an denen mit Selbstbehauptung und Wechselseitigkeit gearbeitet wird. Sie lässt sich nicht scharf von anderen Techniken trennen, etwa dem Fokussieren oder dem positiven Umformulieren, und wird auch oft in Kombination mit anderen Techniken verwendet.
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B. Werkzeugkoffer
K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Ich möchte mal zusammenfassen, was ich bisher von Ihnen, Sofia, verstanden habe. Im Unterschied zu Ihren Kindern geht es Ihnen vor allem um den Erhalt des Verlags und im zweiten Schritt erst um das Haus. Habe ich das richtig gehört?“ – „Heißt das konkret, Sie wollen eine Vereinbarung finden sowohl für den Fortbestand des Verlags wie für eine faire Alterssicherung für die Mutter, oder habe ich da etwas überhört?“ – „Das klingt so, als bräuchten Sie noch mehr Aspekte und Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit, bevor Sie verhandeln können. Jedenfalls habe ich das so von Ihnen, Rebecca und Christof gehört. Bei Ihnen, Sofia, bin ich noch nicht sicher.“
K Praxisanregungen e Zusammenfassen bedeutet nicht „Wiederholen“ des Gesagten. Die
Kunst ist es, das Gesagte in eigenen Worten so zu formulieren, dass die Grenze der (Um)Interpretation oder gar der Manipulation nicht überschritten wird. Dabei sollte der Mediator die sachliche Seite in eigenen Worten kurz zusammenfassen und negative, regressive oder vorwurfsvolle Teile stehenlassen, sonst würden die Probleme und Konflikte eher verschärft werden. e Der Mediator sollte für jeden Konfliktpartner getrennt zusammenfas-
sen und nicht für eine ganze Gruppe oder ein ganzes Subsystem oder auch nicht eine Konfliktpartei auslassen. Beim Zusammenfassen sollte die Unterschiedlichkeit der Konfliktparteien deutlich werden. Sie ist eine Ressource. e Beim Zusammenfassen sollte das Zeitmoment beachtet werden. Trotz
kurzer prägnanter Sätze brauchen viele Medianden – besonders bei hoher Emotionalität – Zeit, die Zusammenfassung zu hören, zu verstehen, abzuwägen, vielleicht innerlich zu verändern, um dann antworten zu können. Es langweilt die anderen Konfliktpartner nicht, diesen Prozess mitzuerleben. Vielmehr ermöglicht er ihnen, diese Partei besser zu verstehen und neue Seiten an ihr zu sehen. Ihrerseits sollten sie dann ebenfalls diesen Platz durch eine Zusammenfassung bekommen. Unterstützend ist es, wenn sich der Mediator zwischendurch durch Augenkontakt absichert. e Wenn der Mediator beim Zusammenfassen einer Partei Anklagen,
Vorwürfe etc. nicht aufgreift, wächst die Wahrscheinlichkeit, dass die
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5. Fokussieren
Partei ihrerseits diese Anklagen, Vorwürfe nicht weiter aufgreift. Diese werden dann im Laufe des Prozesses von der Partei selbst gelöscht.
5. Fokussieren Übung Denken Sie wieder an Ihren letzten eigenen beruflichen oder privaten Konflikt. Versuchen Sie diesmal, in einem möglichst ressourcenorientierten Satz die Unterschiedlichkeit der Sichtweise vom Konflikt für Sie und Ihren Konfliktpartner mit je einem bestimmten Fokus zusammenzufassen.
K Betonung der Unterschiedlichkeit Auch das Fokussieren stammt aus der systemischen Arbeit. Diese Technik wird dort zur Intensivierung von Gefühlen oder von Beziehungen, z.B. innerhalb von Paaren oder Gruppen, verwendet. In der Mediation wird das Fokussieren eher angewandt, um durch die Verschärfung der Unterschiedlichkeiten bei den einzelnen Konfliktpartnern den Mediationsprozess auf der Regelungsebene weiterzubringen. Das Fokussieren ist im Grunde eine pointierte Form des Zusammenfassens und wird auch häufig zusammen mit dieser Technik verwendet. Zudem kann der Mediator durch diese Technik den Kontext, in dem gerade in der Mediation gearbeitet wird, bewahren. Viele Parteien schweifen im Stress vom Thema ab, stellen Kontexte her, die nicht zueinander passen, springen zu einem anderen Punkt. Hier hilft der Mediator, indem er sich auf die Stelle in der Mediation konzentriert, die gerade bearbeitet werden sollte, und die Parteien bittet, sich wieder darauf zu fokussieren. K Ziel und Wirkung Ziel ist es, die starren Positionen und Haltungen im Konflikt durch ein klares Zusammenfassen der Unterschiedlichkeiten in Bewegung zu bringen, ohne dass an ihnen therapeutisch gearbeitet werden muss. Durch die dadurch erreichte Bewegung und Veränderung werden oft Ressourcen im System und im Konflikt sichtbar und bringen neue Lösungen hervor. Je mehr mit Hilfe von Fokussierungen die Unterschiedlichkeit der jeweiligen Konfliktpartner herausgearbeitet wird, desto mehr haben diese die Chance, Veränderung zu provozieren.
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B. Werkzeugkoffer
K Fokussieren in den verschiedenen Stufen Das Fokussieren zieht sich durch alle Stufen des Mediationsprozesses, etwas stärker wieder an den Stellen, wo mit Selbstbehauptung und Wechselseitigkeit gearbeitet wird. Auch hier ist es wichtig, nicht die problemorientierten oder negativen Seiten des Konflikts oder der Unterschiedlichkeiten zu betonen, sondern die ressourcenorientierten Seiten. K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Sie haben alle drei viele unterschiedliche Ideen, was man mit dem Verlag in Zukunft alles machen könnte. Die Auswahl zwischen so unterschiedlichen Möglichkeiten wird Ihnen helfen, gute Lösungen zu finden.“ – „Für mich hört es sich so an, als ob Sie, Christof, eher eine Lösung wollen unter dem Gesichtspunkt einer zukünftigen Geschäftsführung. Bei Ihnen, Rebecca, höre ich das zwar auch, aber zusätzlich höre ich noch den Gesichtspunkt des Wertes vom Verlag, ist das so?“ – „An Ihren Antworten auf meine Frage, wie viel Zeit Sie sich noch gönnen wollen in dieser Mediation, merke ich wieder Ihre Unterschiedlichkeit. Sie, Christof, wollen möglichst schnell fertig werden; Sie, Rebecca, geben sich noch fünf bis zehn Sitzungen; Sie, Sofia, wollen mit offenem Ende arbeiten. Das sind ja viele Möglichkeiten. Was machen Sie damit?“
K Praxisanregungen e Auch hier gelten die gleichen Anregungen wie beim Zusammenfassen
(s. S. 194). Zu betonen wäre, dass Mediatoren beim Fokussieren besonders auf die Konkretisierung der Unterschiedlichkeiten achten sollten. Das nützt einerseits dem Mediator bei seiner Hypothesenbildung und deren Überprüfung für jeden einzelnen Konfliktpartner und andererseits der gleichmäßigen Verteilung von Balance und Neutralität allen gegenüber. Das Zusammenfassen verleitet bisweilen zur Nachlässigkeit, das Fokussieren zwingt hingegen zur Genauigkeit. e Aus Gründen der Balance sind möglichst gleichwertige Fokussierun-
gen hilfreich. Der Fokus sollte sich nicht bei einer Partei auf die sachliche, bei der anderen auf die emotionale Ebene beziehen. Die Zeit zum Formulieren von guten Fokussierungen ist insbesondere dann gegeben, wenn die Konfliktparteien ausgiebig streiten. e Das Fokussieren kann negativ aufgenommen werden, wenn es nicht
mit der gebotenen Wertschätzung und Empathie geschieht – es gerät dann leicht in die Nähe von Ironie oder Sarkasmus. Eine Hilfe kann
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6. Normalisieren
es sein, sich selbst zu verdeutlichen, wozu diese Techniken verwendet werden und welche Wirkung sie haben kann. e Beim Fokussieren auf das jeweilige Gesprächsthema sollte der Me-
diator freundlich darauf hinweisen, dass die Parteien wieder zurückkehren sollten zu dem Punkt, den es zu klären gilt. Er kann auch zusätzlich normalisieren, indem er erklärt, dass Parteien oft die Aufmerksamkeit wechseln, gerade wenn der zu besprechende Punkt schwierig erscheint.
6. Normalisieren Übung Denken Sie an einen Ihrer letzten Mediationsfälle, in dem die Konfliktparteien sich um wirklich skurrile Dinge gestritten haben. Versuchen Sie, einen wertschätzenden Satz zu finden, in dem Sie Ihr Verständnis, Ihre Empathie, aber auch Ihre Kenntnis solcher skurriler Konfliktinhalte ausdrücken.
K Konflikte und Konfliktverhalten enttabuisieren Die Technik des Normalisierens wurde von John M. Haynes in die Mediation eingebracht, um Konfliktparteien, die sich durch ihre Konflikte beschämt und isoliert fühlten, Entlastung und „Entschämung“ zu ermöglichen und ihre Konflikte zu enttabuisieren. Für Medianden in vielen Konfliktfeldern bewirkt diese Technik oft eine Öffnung und gibt Hoffnung, dass die Probleme nicht diskriminiert werden, sondern als häufig vorkommend und vor allem lösbar beschrieben werden. Diese Hoffnung haben viele Medianden im Konflikt bereits aufgegeben (z.B. bei Mobbing, Täter-Opfer-Fällen, Trennung und Scheidung). Sie kommen durch das Normalisieren in der Mediation aus der Tabuzone und dem Gefühl heraus, sie verhielten sich „unnormal“. Deshalb ist diese Interventionstechnik sehr hilfreich und kann – behutsam angewandt – das Selbstwertgefühl wieder stärken sowie die Scham über die Konflikte und über das eigene Verhalten in diesen Konflikten überwinden helfen. K Normalisieren in den verschiedenen Stufen Diese Technik gehört zu den Grundtechniken der Mediation und zieht sich durch alle Stufen und methodischen Bausteine. Mediatoren können sie gut anwenden für verschiedene Inhalte der Prozessstufen, aber auch bei den Erklärungen für die Übergänge von einer Stufe in die nächste.
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B. Werkzeugkoffer
Meist wird das Normalisieren eher in Form einer Aussage, weniger als Frage verwendet. K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Ich kenne diese Fragen und Probleme gut von anderen Mediationen hier, wo Leute auch versuchen wollten, für ihre Erb- und Finanzprobleme eigene Lösungen zu finden.“ – Vielen erwachsenen Kindern sind die Entscheidungen der Elterngeneration fremd. Und doch bekommen sie oft faire gemeinsame Regelungen hin, ohne dass die Werte der älteren Generation unter den Hammer kommen.“ – „Bei solchen Schätzen wie auch bei Ihrem Erbe, das Ihr Vater und Ihr Ehemann Ihnen hinterlassen hat, müssen Erben oft nach den Einzelnen tieferen und inneren Bedeutungen hinter diesen Schätzen fragen, um zu befriedigenden Regelungen zu kommen.“ – „Viele Leute hier in Mediationen können in ihrem Verhandeln keine Fairness und Gerechtigkeit sehen. Darum ist es fast immer notwendig, sich Zeit zu geben, darüber noch einmal nachzudenken.“ – „Sie werden das ja vielleicht auch kennen von anderen Erbgemeinschaften, dass die einzelnen Erben so verschieden sein können wie bei Ihnen. Das macht die Suche nach Lösungen ja auch so spannend.“
K Praxisanregungen e Das Normalisieren sollte ressourcenorientiert formuliert werden, da-
mit sich eine Hoffnung für die Zukunft einstellen kann und Medianden nicht in eine noch größere Verzweiflung über die eigenen Probleme und die Unfähigkeit, sie zu lösen, geraten. e Bei großer Tragik oder großen Problemen sollte das Normalisieren
vorsichtig eingesetzt werden; Medianden könnten sich missverstanden oder abgewertet fühlen. Daher sollte ein Normalisieren nicht mit dem Satz beginnen: „Es ist normal, dass …“. e Statt „es ist normal“ sollte der Mediator formulieren „ich erlebe es
oft/viele Parteien in der Mediation/das ist oft zu beobachten/das ist gar nicht so selten“. e Behutsam angewandt stärkt diese Technik nebenbei auch die Kom-
petenz von Mediatoren, weil sie den Parteien zeigt, dass die Mediatoren sich einerseits auskennen mit Scham und Tabuisierung von Menschen in Konflikten und andererseits auch über die Möglichkeiten verfügen, faire Lösungen zu erarbeiten.
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7. Zukunftsorientieren
e Das Normalisieren sollte eher sparsam in der Mediation eingesetzt
werden, um die erlebte Tragik bei den Parteien nicht abzuwerten und kleinzureden.
7. Zukunftsorientieren Übung Denken Sie an einen Ihrer derzeitigen privaten Konflikte. Überlegen Sie jetzt, wie Sie eigentlich gerne in fünf Jahren leben möchten. Nehmen Sie sich dafür einige Minuten Zeit und schauen Sie dann, ob sich in Bezug auf Ihren Konflikt irgendetwas verändert hat.
K Aus den Konflikten herauskommen Die Technik des Zukunftsorientierens kommt aus der systemischen Arbeit und wird umfassend in der Mediation praktiziert. Sie entspricht der Philosophie der Mediation, aus Konflikten mit Orientierung auf die Zukunft herauszukommen, statt sich auf die Vergangenheit zu konzentrieren. Skeptiker der Mediation kritisieren diese Sichtweise: Es könne keine haltbaren Lösungen für die Zukunft geben ohne Aufarbeitung der Vergangenheit. Die Erfahrung in der Mediation zeigt, dass dies möglich ist, allerdings nur, wenn die Lösungen und neuen Modelle von den Konfliktparteien selbst entwickelt werden und nicht von den Mediatoren als „Experten“ vorgeschlagen werden. Zukunftsorientieren ist in der Mediation sowohl eine Haltung als auch eine Technik. K Ziel und Wirkung Eine wirksame Interventionstechnik ist das Zukunftsorientieren bei emotionalen Konflikten und bei scheinbarer Aussichtslosigkeit von Konflikten. Das Ziel ist es, neue Regelungsmuster, neue Konfliktlösungsmuster und neue Verhandlungsmodelle zu finden, weil die alten nicht mehr tragen oder durch die Konflikte brüchig geworden sind. Dieses Ziel ist wichtig bei Konfliktpartnern, die auch zukünftig zusammenleben, wohnen und/oder arbeiten müssen (so bei Mietern, Kollegen, Nachbarn, getrennten Familien). Diese Technik wirkt bisweilen fast wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung und kann somit eine Öffnung und Lösungsorientierung der Mediation fördern.
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B. Werkzeugkoffer
K Zukunftsorientieren im Mediationsprozess Das Zukunftsorientieren zieht sich als Haltung durch alle Stufen der Mediation, als Technik kommt sie in den ersten Prozessstufen seltener, in den letzten Stufen häufiger zum Einsatz. Auch bei der eigentlichen Prozessarbeit ist sie hilfreich. Das Zukunftsorientieren wird oft in Kombination mit anderen Techniken wie Zusammenfassen, Fokussieren, Paraphrasieren und positivem Umformulieren verwendet. Sie wird in der Regel mit reflexiven Fragen verbunden (s. S. 187 ff.). K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Wenn jeder von Ihnen mal zwei Jahre weiter denkt und sich dann sagen würde, das mit dem Erbe des Vaters haben wir ganz gut hingekriegt – was würde jede und jeder von Ihnen damit meinen?“ – „Wenn Sie mal fünf Jahre weiter denken – wie möchte jede und jeder von Ihnen dann leben?“ – „Angenommen, Sie haben in einigen Sitzungen Ihre neue Erbvereinbarung über den Verlag fertig und Sie wären zufrieden mit Ihrer Arbeit hier – welche Maßstäbe von Fairness und Gerechtigkeit müssten für jede und für jeden von Ihnen darin enthalten sein?“ – „Welche Arten von Verhandeln würden Ihnen auch für die Zukunft gut gefallen – mit welchen werden Sie auch zukünftige Konflikte lösen können?“ – „Was schätzen Sie, wie lang Sie mich noch als Mediatorin brauchen werden? An was werden Sie das merken?“
K Praxisanregungen e Aus Gründen der inneren Balance und Neutralität sollten zukunfts-
orientierende Sätze und Fragen immer für jede Konfliktpartei gleich formuliert werden. Dabei sind auch die Ressourcenorientierung und die positive Wertschätzung wichtig. e Das Zukunftsorientieren sollte nicht zu „fantastisch“ oder für zu
große Zeiträume formuliert werden. Der Mediator verliert dadurch an Glaubwürdigkeit. Er sollte vor allem dann vorsichtig damit umgehen, wenn er selbst Zukunftsängste hat. Er würde sich selbst mit dieser Technik überfordern. e Selbiges gilt für Medianden mit Zukunftsängsten. Zukunftsorientie-
ren kann solche Menschen sehr verunsichern.
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8. Partialisieren
e Diese Technik der Zukunftsorientierung sollte in der Regel erst ver-
wendet werden, wenn die Parteien in der Gegenwart ihrer Konflikte angekommen sind. Erst nach dem Ankommen ist der Blick in die Zukunft für die Parteien möglich und nicht gefährdend bzw. realistisch.
8. Partialisieren Übung Denken Sie an Ihren letzten großen Konflikt, von dem Sie dachten, er sei unlösbar. Versuchen Sie, daraus mindestens drei bis fünf kleinere Konfliktpunkte zu machen und diesen eine Gewichtung zu geben. Welche wären dann leichter zu lösen gewesen?
K Große Konflikte unterteilen Diese Technik wurde von John M. Haynes auf Basis des Harvard-Konzepts weiterentwickelt und in die Mediation eingebracht. Seine Hypothese war, dass durch Unterteilen („partialize“) von großen Themenpunkten in mehrere oder viele kleine Themenpakete die Konfliktarbeit und das Verhandeln leichter wird. K Verschiedene Arten von Unterteilen Partialisieren ist auf verschiedenen Ebenen möglich: –
inhaltliches Unterteilen (z.B. nach Konfliktinhalten, Konfliktformen etc.)
–
zeitliches Unterteilen (z.B. mit kurz-, mittel- oder langfristigen Zielen; unterschiedlichen Zeitphasen etc.)
–
unterteilen nach beteiligten Personen (z.B. Konflikte, die nur eine Person oder eine ganze Gruppe betreffen, etc.)
–
trennen von Gefühls- und Sachebene
K Methodische und technische Hilfen Partialisieren ist oft auch auf Formen des Visualisierens angewiesen (s. S. 205 ff.), weil die neuen Unterthemen sonst unübersichtlich bleiben. Diese Technik zieht sich auch ebenfalls durch alle Stufen der Mediation, wird aber besonders bei der Themensammlung, der eigentlichen
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B. Werkzeugkoffer
Konfliktbearbeitung, beim Verhandeln und weniger beim Vereinbaren gebraucht. Als Fragetechnik helfen hier reflexive Fragen. Um inhaltliches Partialisieren handelte es sich auch, wenn einige nicht verhandelbare Themen aus der Mediation ausgeklammert werden und dann an Gerichte, in Schiedsverfahren oder auch in Therapie oder Beratung überwiesen würden. K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Manchmal wird es in Mediationen leichter, wenn die großen Konfliktpunkte in mehrere kleine unterteilt werden. Wie würde jeder von Ihnen den Punkt „Verlag“ unterteilen? – „Es scheint so, als ob Sie die Frage des Geschäftsführers noch nicht endgültig entscheiden wollen. Gibt es da Gedanken, was Sie dann übergangsweise machen könnten?“ – „Wie sähen diese Konfliktpunkte denn aus, wenn es Anna nicht gäbe?“ – „Wie sähe das Problem der Geschäftsführung aus, wenn sich weder Christof noch Rebecca dafür interessieren würden, Sofia?“ – „Manchmal ist es in der Mediation leichter, wenn Konfliktpartner versuchen, ihre neuen Regelungen erst einmal für eine überschaubare Zeit festzulegen und auszuprobieren. Für welchen Zeitraum könnten Sie sich das hier bei diesem Punkt vorstellen?“ – „Stellen Sie sich vor, irgendwann ist der Streit zwischen Ihnen vorbei. Wie sähe dieser Konfliktpunkt dann aus?“ – „Wenn Sie sich Fairness und Gerechtigkeit in Bezug auf das Haus und den Verlag momentan überhaupt nicht vorstellen können – gäbe es irgendeinen kleineren Punkt, wo Sie sich das doch vorstellen könnten?“
K Praxisanregungen e Wichtig beim Partialisieren ist die genaue Erklärung dafür, was der
Sinn dieser Technik ist. Weiterhin ist es wichtig, dass der Mediator das Partialisieren nicht selbst übernimmt. Er sollte mögliche Unterteilungen im Kopf haben, sie aber nicht veröffentlichen, sondern mediieren. e Wegen der Balance und Neutralität zu allen Konfliktparteien muss
an alle die gleiche Frage zur Möglichkeit des Partialisierens gestellt werden. Die Partialisierungsergebnisse müssen mediiert und visualisiert werden, da es sonst passieren kann, dass unterschiedliche Bereiche partialisiert werden. e Bei gezielter und nicht zu häufiger Anwendung ist Partialisieren eine
gute Technik, die das mediative Verhandeln erheblich erleichtern
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9. Paraphrasieren
kann, und dabei auch ein gutes Modell für spätere Konflikte der Medianden.
9. Paraphrasieren Übung Denken Sie an Ihren letzten Konflikt, bei dem es zu großem Streit und hohen Emotionen kam. Versuchen Sie jetzt eine neutrale Aussage über den Streitinhalt zu formulieren, von der Sie denken, dass Sie und Ihr Konfliktpartner wohl genickt hätten und dass diese neutrale Aussage Sie und Ihren Konfliktpartner weitergebracht hätte.
K Neutrales kleinstes gemeinsames Vielfaches im Konflikt Die Technik des Paraphrasierens kommt ebenfalls aus der systemischen Arbeit. Dort wird sie primär zur Auflösung von Gefühls- und Beziehungsblockaden benutzt. Es waren amerikanische Mediatoren, die diese Technik zunächst in die Mediation einbrachten und sie hier zur Unterstützung der sachlichen und der Verstehensebene verwendeten. Sie wird gewissermaßen als „Übersetzungstechnik“ genutzt aus der Konfliktsprache in eine mediative Sprache, d.h. in eine neutralere Sprache, in der die Konfliktparteien sich hören und verstehen können und mit der sie später dann verhandeln. K Unterschied zum Positiven Umformulieren Im Unterschied zum positiven Umformulieren geht es beim Paraphrasieren mehr ums Übersetzen von Destruktivität und Negativität in neutrale Aussagen, die die anderen Konfliktpartner dann besser hören und verstehen können. Geschieht das Übersetzen zu positiv oder mit einer bestimmten Strategie – wie bisweilen beim positiven Umformulieren –, wird daraus unter Umständen eine Manipulation. Deshalb verwenden Mediatoren eher das Paraphrasieren: Es geht mehr um das Übersetzen von Beschwerden und Vorwürfen in neutrale Wünsche, von Positionsaussagen in neutrale Aussagen, hinter denen die Interessen stehen, sowie das Übersetzen von vergangenheitsorientierten Problemformulierungen in neutrale Zukunftswünsche. Das kleinste gemeinsame Vielfache, das hinter den kontroversen Positionen steht, soll erkennbar werden.
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B. Werkzeugkoffer
K Methodische Hilfen Wenn positives Umformulieren in der Mediation verwendet wird, dann eher zur Unterstützung der Arbeit an der Selbstbehauptung. Das Paraphrasieren hingegen eignet sich mehr zur Unterstützung der Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit. Von daher haben beide Techniken auch verschiedene Anwendungsorte im Mediationsprozess, das positive Umformulieren geht zudem durch den gesamten Prozess, das Paraphrasieren wird eher ab der Stufe der Interessen eingesetzt. Paraphrasieren ist bei starken emotionalen Konflikten und heftigem Streit eine gute Interventionstechnik. Paraphrasieren sollte bei einer gründlichen Hypothesenbildung gezielt eingesetzt werden, um festzustellen, ob der Konflikt eher die Unterstützung jedes Einzelnen oder das Herstellen einer neutralen Aussage erfordert, mit der die Partner vielleicht schon leichter in das Verhandeln einsteigen können. Dabei lässt sich das Paraphrasieren ebenfalls nicht ganz trennen von anderen Techniken wie z.B. dem Zusammenfassen, Fokussieren, Zukunftsorientieren. Sie werden oft in Kombinationen verwendet. K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller – „Man kann sich ja bei euch sowieso nie auf irgendwas verlassen.“ – „Und du vergisst die kleinsten Abmachungen.“ – „Ich glaube, das hier hat doch alles keinen Sinn, so wie ihr euch hier aufführt.“ – „Ach, Kinder streitet doch nicht immer, wir waren doch schon weiter.“ – Mediator: „Ein Thema, über das Sie reden müssen, wird Verlässlichkeit sein.“ – „Ich komme nur noch einmal, hier geht ja nichts weiter.“ – „Klar, wenn du nicht gleich für dich günstige Entscheidungen siehst, steigst du aus.“ – „Mir sind diese Abendtermine lästig, wenn ich den ganzen Tag im Verlag gearbeitet habe.“ – „Ja, und dann schläfst du einfach ein, wenn es darum geht, was mit dem Verlag passieren soll.“ – Mediator: „Sie leisten hier wirklich schwere Arbeit mit Ihrer Arbeit an Ihrem Erbe. Aber vielleicht müssen Sie darüber reden, wann und wie oft Sie noch hierher kommen wollen, damit Sie genügend Zeit und Kraft haben für ein gutes Ergebnis.“ – „Mutter redet sowieso dauernd heimlich mit ihrer Freundin.“ – „Und ich habe Christof und Anna neulich auch komischerweise zusammen in der Kneipe gesehen.“ – „Und ich erfahre überhaupt nichts und soll jetzt hier mitentscheiden.“ – „Und Christof quatscht sowieso immer alles mit Dominique durch.“
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10. Visualisierungstechniken – Mediator: „Es könnte sein, dass Sie Regeln erarbeiten müssen für das direkte Reden zwischen Ihnen und was mit dem Reden nach außen geschieht. Wollen Sie dafür Regeln entwickeln?“ – „Mutter und ich haben sowieso die meiste Arbeit gemacht, dass alles jetzt noch so gut dasteht. Du und Dominique, ihr kümmert euch doch um nichts.“ – „Und du tust ja inzwischen überhaupt nichts mehr im Verlag. Um was geht es dir hier überhaupt noch?“ – Mediator: „Es kann sein, dass die Arbeitsverteilung und das Anrechnen dieser Arbeitsverteilung bei Ihrem Verhandeln ein Rolle spielen wird. Sie waren gerade bei der Entwicklung von Maßstäben für Fairness und Gerechtigkeit. Wollen Sie da weitermachen?“
K Praxisanregungen e Wenn es darum geht, die Wechselseitigkeit zu unterstützen, ist es be-
deutsam, eine Formulierung zu finden, die für alle Konfliktpartner passt. Bisweilen sollte der Mediator eine kurze Auszeit nehmen, um die richtige Formulierung zu finden. Oder er sollte dafür mehrere Anläufe nehmen, bis sie passt. Wichtig ist es, darauf zu achten – insbesondere bei Mehrparteien-Mediationen –, dass die Paraphrasierung für alle passt, sonst gibt es Widerstand in der Mediation. e Gut ist es, einige Paraphrasierungsbegriffe parat zu haben, die in fast
allen Mediationen zu verwenden sind. In der Praxis haben sich Begriffe bewährt wie Verlässlichkeit, Sicherheit, Anerkennung, gerechte Verteilung von …, miteinander reden, Belastung, Kontenausgleich, Zeitmanagement. e Co-Mediatoren können eine Auszeit gut nutzen, um neutrale Formu-
lierungen zu finden, von denen sie denken, dass alle Medianden mit ihnen auf der sachlichen Ebene weiterarbeiten könnten. e Hier sind Ressourcenorientierung und Wertschätzung förderlich.
10. Visualisierungstechniken K Vorüberlegungen Mediation lebt von der Transparenz und Zugänglichkeit aller relevanten Daten und Fakten. Das schließt auch Erkenntnisse und Vorgänge in den Mediations-Sitzungen ein. Das heißt Mediatoren machen sich in den Sitzungen Aufzeichnungen, die allen Konfliktparteien zugänglich und verständlich sind. Auch die Ergebnisse aller Sitzungen sind keine geheimen Protokolle des Mediators, sondern sind für alle Beteiligten gleicher-
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B. Werkzeugkoffer
maßen zugänglich. Das stärkt die Sachebene und stellt sicher, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Informationsstand sind. K Ziele der Visualisierungen –
Visualisierung soll den Mediationsprozess strukturieren und den Beteiligten eine Orientierungshilfe an die Hand geben.
–
Ressourcen und Möglichkeiten sollten für alle Beteiligten sichtbar sein.
–
Die jeweilige Sachebene sollte für alle Konfliktteilnehmer sichtbar und verstehbar sein.
–
Alle Vorgänge, Entscheidungen und (Zwischen-)Ergebnisse in der Mediation sollten veröffentlicht und visualisiert werden.
–
Nichts in der Mediation sollte verloren gehen (Parkplatz).
K Mögliche Visualisierungstechniken Ausgehend von diesen Prinzipien, lassen sich viele der in Kommunikations- und Organisationsbereichen üblichen Techniken auf die Mediation übertragen. Dementsprechend wird in der Praxis mit vielen unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen gearbeitet. Einige der Techniken haben ihre Wurzeln eher in der Moderation (Flipchart, Pinnwand, Karten) andere im Systemischen (Aufstellungsarbeit), wieder andere sind ebenso den Kreativitätstechniken zuzuordnen; die Übergänge sind fließen. Zu den wichtigsten in der Mediation eingesetzten Visualisierungstechniken zählen: –
Flipchart, Pinnwänden und Wandzeitungen etc.
–
Pläne und Listen
–
Kartenabfrage
–
Wertebilder
–
Konfliktspiel-Bildern
–
Geno-, Sozio- und Organigramme
–
MindMap
–
Aufstellungen
–
Prozessrisikoanalyse
Welche Technik im Einzelfall angewandt wird, hängt stark vom jeweiligen Konfliktfeld, den Medianden sowie auch von der Geübtheit des Me-
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10. Visualisierungstechniken
diators ab. Wie auch bei anderen Techniken gilt: Nur was zum Mediator „passt“ und was er beherrscht, wird er überzeugend einsetzen können. Nichtsdestotrotz gibt es einige Visualisierungshilfen, die jeder Mediator im Bedarfsfall anwenden können sollte:
a) Arbeiten mit Flipcharts, Pinnwänden, Wandzeitungen etc. Übung Was sind Ihre bevorzugten Visualisierungs-Methoden in Ihren Mediationen? Warum? Welche anderen Formen könnten Sie noch ausprobieren?
K Unterschiedliche Visualisierungstechniken je nach Mediationsfeld Nach den oben beschriebenen Prinzipien der Visualisierung wird klar, dass alle gewählten Formen der Dokumentation und Zugänglichmachung in der Mediation diesen Grundsätzen entsprechen sollten. Je nach Feld und Komplexität der Mediation wird die Wahl der Visualisierungstechnik anders ausfallen. In der Wirtschafts-Mediation wird neben Flipchart und Beamer auch die Prozessrisikoanalyse eingesetzt; in Großgruppen- oder Vielpartei-Mediationen wird demgegenüber mit Wandzeitungen und E-Mails gearbeitet und in der Familien-Mediation mit Mitschriften auf großen Bögen, die auch auf einem großen Tisch Platz haben. Diese öffentlichen Mitschriften und Dokumentationen ersetzen oft die Protokolle, die dann an die Parteien per Mail weitergeleitet werden können. Diese allen zugänglichen Mitschriften sind Dokumentationen der Mediation und können als solche u.U. wichtig sein für andere in der Mediation notwendige Fachleute (z.B. Beratungsanwälte, Steuerfachleute, Notare): Die Weitergabe der Dokumentationen an Dritte sollte im Sinne der Vertraulichkeit stets mediiert werden. Generell ist darauf zu achten, wo die jeweiligen Visualisierungs-Techniken ihre Grenzen haben, etwa im Zusammenhang mit der Frage der Aufbewahrung und Zugänglichkeit für Dritte bei der Verpflichtung zur Geheimhaltung etc. (s. S. 93). K Methodische und technische Hilfen Die Wahl der Technik richtet sich nach den Konfliktparteien und den Möglichkeiten der Mediatoren. Prinzipiell werden letztere bei der Wahl der Räumlichkeiten darauf achten müssen, dass bzw. welche Arten von
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B. Werkzeugkoffer
Visualisierung dort möglich sind. Vorzugswürdig sind regelmäßig Räume mit freien Wänden, idealerweise eine Kombination aus mehreren Flipcharts mit Pinnwänden, ein runder Tisch etc. Mediatoren benötigen gute Aufbewahrungsmöglichkeiten und selbst ein gutes Management für das oft umfangreiche Material. Sie brauchen eine klare und schnelle Schrift (Druckbuchstaben mit kleinen Abständen, Strichführung stets abwärts) und eine gute Methodik, um im Sinne der Selbstbehauptung und der Wechselseitigkeit für jede Konfliktpartei eigene Spalten oder Räume visualisieren zu können, die jedem zeigen, was seine eigenen Beiträge und Entscheidungen sind und wie die der anderen Konfliktpartner aussehen. Ob Mediatoren mit Zetteln, Karten oder grafisch mit eigenen Spalten für jede Partei auf großen Flipchartbögen arbeiten, bestimmt die methodische Geschicklichkeit der Mediatoren. Mediatoren sollten darauf achten, dass personenbezogene Spalten der Sitzordnung der Konfliktparteien entsprechen. Viele Beteiligte ertragen es schlecht, besonders in emotional aufgeladenen Konflikten, auf die Aussagen der jeweils anderen Konfliktparteien sehen zu müssen. K Visualisierungen in den verschiedenen Stufen Für den Verlauf des Mediationsprozesses empfiehlt es sich, insbesondere die Themensammlung, die Optionen, Übergangslösungen und natürlich die vorläufigen und endgültigen Verhandlungsergebnisse zu visualisieren. Bei den Stufen mit inneren Prozessen ist das Mitschreiben der Schritte und Ergebnisse nicht immer förderlich für den Prozess, d.h. Mediatoren sollten sich überlegen, wie sie die Ergebnisse der Arbeit an den Interessen und tieferen Bedeutungen, die Arbeit an den Fairnesskriterien und der Arbeit an der Rolle des Rechts visualisieren, damit sie auch hier nach der Selbstbehauptung jeder Konfliktpartei auch die Wechselseitigkeit erarbeiten und visualisieren können. Der Mediator kann und sollte vorbereiten, soweit dies möglich ist. Insbesondere die Visualisierung der Informationen, die über den gesamten Prozess sichtbar sein sollen, wie Verfahrensregeln, Prozessstufen der Mediation, „Parkplatz“ u.Ä., lässt sich weitgehend im Voraus erledigen bzw. gut vorbereiten und gelegentlich auch in anderen Mediationen wiederverwenden. K Vervielfältigung der geleisteten Arbeit Die Ergebnisse ihrer Arbeit wollen die Beteiligten oft am Schluss der einzelnen Sitzungen mitnehmen. In der Praxis ist es üblich, die visuali-
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10. Visualisierungstechniken
sierten Dokumente zu fotografieren oder fotografieren zu lassen und gemeinsam an alle Beteiligten zu mailen. K Praxisanregungen e Mediatoren sollten viel Energie und Phantasie in die Arbeit der Vi-
sualisierung investieren – die Sachebene erhält so in der Mediation eine größere Bedeutung. Visualisierung ist nicht trivial; es ist ratsam sich intensiv damit auseinanderzusetzen. Auch für schnelles und kodiertes Schreiben sollten Techniken und Fertigkeiten erlernt werden. Weniger geübte Mediatoren sollten Hospitanten mit entsprechender Begabung zur Unterstützung einladen. e Besonders bei der Arbeit mit Wertebildern, Haushaltsplänen, Betreu-
ungs- und Kontaktplänen sowie Optionenlisten sind Visualisierungstechniken unerlässlich. Mediatoren vergeben viele Chancen der Vertrauensbildung und Versachlichung, wenn sie auf die Möglichkeiten der Visualisierung verzichten. e Bei Co-Arbeit in Mediationen sollte die Art der Visualisierung gut
unter den Co-Mediatoren abgesprochen werden, damit hier nicht Verwirrungen für die Medianden entstehen. e Mediatoren sollten sich im Kodieren von Aussagen üben, wenigstens
für die Stufen der Mediation, in denen der schnelle Fluss wichtig ist (Optionen, Verhandeln, manchmal auch in der Themensammlung). Für die Stufen, in denen die eigene Ausformulierung wichtig ist (z.B. bei den Interessen oder den Fairnesskriterien), sollten Mediatoren die Formulierungen der Medianden übernehmen und visualisieren. e Besondere Aufmerksamkeit brauchen Mediationen, in denen Kinder,
die noch nicht gut lesen können, beteiligt sind (oder Medianden, bei denen Sprachschwierigkeiten oder Analphabetismus vorliegen oder vermutet werden). Hier eignen sich Bilder und Symbole zur Visualisierung. e Visualisierung bedarf der Vorbereitung: ausreichend Flipcharts nebst
Papier, Pinnwände, Moderationsstifte (mindestens zwei Farben), Moderationskarten, Klebepunkte, Laptop und Beamer. In der Regel wird der Mediator auch einige Wandzeitungen (Begrüßung, Verfahrensregeln, Stufen der Mediation) vorbereitet haben. e Mediatoren sollten vor dem Hintergrund der ihnen obliegenden Ver-
schwiegenheits- und Datenschutzpflichten darauf achten, dass Flipchart-Protokolle und andere Unterlagen zeitnah nach den Mediations-
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B. Werkzeugkoffer
sitzungen abgehängt werden, damit diese nicht von Unbefugten eingesehen werden können.
b) Arbeiten mit Plänen und Listen Übung Versuchen Sie, Ihre finanzielle Situation – sowohl die laufenden Gelder wie auch Ihre Vermögenswerte – in einer übersichtlichen Aufstellung oder in einer Liste zu ordnen, so dass Sie selbst oder auch ein Fremder schnell einen Überblick darüber haben könnte. Wenn Sie Kinder haben, machen Sie einen Übersichtsplan, wer wann für diese Kinder zuständig ist. Wenn Sie mit anderen zusammen etwas gemeinsam benutzen, z.B. ein Auto, ein Büro o.Ä., machen Sie auch dafür einen Plan, wie das im Idealfall funktioniert. Wenn Sie zurzeit irgendeinen Konflikt haben, machen Sie auch dafür einen Plan, der Ihnen und Ihrem Konfliktpartner zu mehr Klarheit verhelfen könnte.
K Klarheit auf der Sachebene Eine weitere Form der Visualisierung ist die Arbeit mit Plänen und Listen. Diese Technik kommt aus der Organisationsberatung und wurde in den USA, vor allem von John M. Haynes, schon sehr früh in die Mediation übernommen. Auch hier ist das Ziel: Ordnung, Transparenz und Klarheit auf der Sachebene sowie Visualisierung der Ressourcen, die vielleicht für die Lösungen wichtig sein könnten. K Unterschiedliche Verwendung von Plänen und Listen je nach Mediationsfeld Diese Pläne und Listen sehen in den verschiedenen Feldern der Mediation jeweils anders aus. In der Familien-Mediation geht es mehr um Haushalts- und Budget-, sowie um Betreuungs- und Kontaktpläne für kranke oder behinderte Familienmitglieder, für Kinder bzw. Jugendliche. In ErbMediationen geht es vor allem um Finanzierungs- und Vermögenspläne, in Wirtschafts-Mediationen um Listen und Aufstellungen zu Einnahmen, Gewinnen und Belastungen. In Umwelt-Mediationen geht es um Flächennutzungs- und Bebauungspläne etc., die für die Sachebene wichtig sind. K Pläne und Listen in den verschiedenen Stufen Der Zeitpunkt für die Arbeit mit Plänen und Listen ist nicht generell bestimmbar und je nach Mediationsfeld verschieden. Es kann sein, dass
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10. Visualisierungstechniken
sie bereits in der Vorlaufphase entwickelt werden müssen oder auch erst im Laufe der Mediation, z.B. besonders vor den Optionen, um noch mehr ressourcenorientierte Optionen entwickeln zu können. Es kann sein, dass Mediatoren allgemeine Listen und Pläne entwickeln und diese dann als Material für Hausaufgaben den Konfliktparteien mitgeben, um sie zu Hause ausfüllen zu lassen. Manchmal werden sie als „Ist-Zustandspläne“ ausgefüllt, manchmal aber auch als „Wunschpläne“, die dann Grundlagen fürs Verhandeln sein können. Manchmal sind sie auch notwendig, um Übergangslösungen entwickeln zu können, bevor es ans eigentliche Verhandeln und Vereinbaren gehen kann. Manchmal können die unterschiedlich ausgefüllten Pläne und Listen benutzt werden, um einen für alle gültigen „Übersichtsplan“ zu erstellen, sei es über Vermögens- oder Firmenwerte, sei es über Kontakt- oder Betreuungszeiten für Kinder oder für kranke oder alte Familienmitglieder. K Methodische Hilfen Wichtig ist bei der Arbeit mit Plänen und Listen, nach dem Grundmuster der Mediation vorzugehen, also im Sinne der Selbstbehauptung jedes Konfliktpartners darauf zu achten, dass alle Pläne für jeden verständlich sind, und dass der Gesamtplan nicht der Plan nur einer der Konfliktparteien ist, der z.B. allein den Plan versteht und Mittel zur Durchsetzung hat. Es ist Aufgabe des Mediators, darauf zu achten, dass alle Parteien auf dem gleichen Kenntnisstand sind, so durch Einbeziehung von anderen Fachleuten, durch Beratungsanwälte etc. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Mediatoren, die Richtigkeit und Verständlichkeit dieser Pläne und Listen selbst herzustellen. Sie sind jedoch dafür zuständig, Tabus oder Ungenauigkeiten zu erkennen und dafür zu sorgen, dass „weiße“ Flecken thematisiert werden, so z.B. in die Optionen-Entwicklung, etwa durch Fragen wie „Wie kann die Deckungslücke in Ihrer Firma geschlossen werden?“, „Woher können die fehlenden Summen auf dem Konto für die Wandertage der Schüler kommen?“ etc. K Praxisanregungen e Die wichtigste Praxisanregung ist die am Anfang dieses Kapitels be-
schriebene Übung für Mediatoren, damit sie selbst den Stress nachvollziehen können, wenn sie Konfliktparteien dazu auffordern, das Chaos und Durcheinander ihrer Konfliktsituation mit Hilfe von Plänen und Listen zu visualisieren und zu ordnen.
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B. Werkzeugkoffer
e Die Arbeit mit Plänen und Listen ist eine anstrengende Arbeit, weil
sich die Mediatoren in die Wertesysteme der Medianden genau einarbeiten müssen. Diese Arbeit lohnt sich, weil sie den Medianden hilft, auf den Sachebenen zu bleiben oder nach emotionalen Ausbrüchen dahin zurückkehren zu können. e Es lohnt sich, Bausteine und Grafiken für solche Pläne und Listen im
Computer zu haben, s.a. Muster S. 30, 285 ff.
c) Arbeiten mit Wertebildern Übung Denken Sie an einen Ihrer eigenen Konflikte, bei dem Sie mit Ihren Konfliktpartnern über materielle Werte verhandeln wollten. Versuchen Sie jetzt, für sich heraus zu finden, welche immateriellen Werte Sie hätten ins Verhandeln einbringen können. – Wenn Ihnen kein eigener Konflikt einfällt, machen Sie diese Übung mental für einen Ihrer letzten Mediationsfälle, in denen es auch um ökonomische Konflikte ging.
K Visualisierung der materiellen und immateriellen Werte In fast allen Mediationen geht es letztlich um das Verhandeln von Werten, entweder materiellen oder immateriellen oder – meistens – um beides. Dafür ist es sinnvoll, die jeweiligen materiellen und immateriellen Werte zu visualisieren, und zwar im mediativen Sinn ohne juristische, psychologische oder politische Zuordnung zu den einzelnen Konfliktparteien. Die Erfahrung zeigt, dass in Konflikten der Blick für die Ressourcen und Schätze, um die es geht oder gehen könnte, verloren gegangen ist, besonders auch der Blick dafür, um welche immateriellen Werte es geht. Das Wertebild ist gewissermaßen eine offene, zukunftsorientierte, nicht juristische Momentaufnahme aller materiellen und immateriellen Werte, die fürs Verhandeln in diesem Konflikt eine Rolle spielen könnten. Die nichtparteiliche Zuordnung und Visualisierung ist deshalb wichtig, weil darin eine erste Basis für späteres Verhandeln geschaffen wird. Sinnvoll ist die Arbeit mit dem Wertebild insbesondere bei armen oder hochverschuldeten Konfliktparteien oder solchen, die den Blick für die ideellen Werte verloren haben. Das betrifft alle Felder der Mediation. Wertvoll ist die Arbeit mit dem Wertebild auch bei solchen Mediationen, in denen es tabuisierte Werte gibt oder nicht alle Werte offen auf den
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10. Visualisierungstechniken
Tisch gelegt werden. Die Arbeit mit dem Wertebild kann dann zur Versachlichung der Mediation mit extrem hohem Konfliktniveau beitragen. K Wertebild im Mediationsprozess Im Normalfall wird das Wertebild vom Mediator entwickelt, so wie er die Werte im Laufe des Mediationsprozesses gehört und wahrgenommen hat. Es wird vom Mediator entwickelt, weil es die neutrale und nicht parteiliche Sicht der Werte garantieren soll. Der Mediator kann diese Visualisierungsarbeit durch den gesamten Prozess entwickeln, und zwar immer dann, wenn Werte genannt werden. Das Wertebild kann auch bei der Entwicklung der Maßstäbe für Fairness und Gerechtigkeit und zum Verhandeln eingesetzt werden. Hilfreich kann es sein, vor der Entwicklung der Fairnesskriterien noch einmal gezielt über die für die Konfliktparteien wichtigen immateriellen Werte nachzudenken. Der Mediator wird das Wertebild spätestens vor dem Verhandeln einsetzen, weil sich mit dieser Visualisierung besser erkennen lässt, welche Werte jeder beim Verhandeln anbieten kann. Dabei kann es wichtig sein, auch die negativen Werte – sowohl die materiellen wie z.B. Schulden oder andere Belastungen als auch die negativen, immateriellen – nicht zu vergessen. Für angeblich oder absichtlich „vergessene“ oder tabuisierte Werte kann gut mit leeren Blättern, Karten o.Ä. gearbeitet werden. Das Wertebild kann umfangreich sein (z.B. in Erb-, Wirtschafts-, oder Familien-Mediationen) oder auch nur klein (z.B. in Schul-, Mobbing- oder manchen Wirtschafts-Kurz-Mediationen). Wichtig bei der Erstellung solcher Bilder ist es, keine Lösungen zu visualisieren, sondern nur die Werte, die fürs Verhandeln relevant sind. Von daher sollten Mediatoren sorgfältig Begriffe auswählen, die keine juristischen Begriffe sind, weil diese oft parteiliche und lösungsorientierte Zuordnungen suggerieren. Neben den konkreten ökonomischen Werten sollten je nach Mediationsfeld eher Begriffe wie „Vermögensschätze“, „hineingesteckte Arbeit“, „Ruf der Firma“, „Kollegialität“, „Kontakt mit den Kindern“, „Kontenausgleich“, „Hypotheken“, „festgelegte Gelder“, „respektvoller Umgang in der Öffentlichkeit“, „Umgang mit Medien“ verwendet werden. K Technische Hilfen Ob die Werte durch Aufschreiben auf das Flipchart visualisiert werden, durch bunte Blätter oder Karten an der Pinnwand oder durch Laptop und Beamer auf einer Leinwand, ist letztlich den Möglichkeiten der Media-
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B. Werkzeugkoffer
toren überlassen. Dabei sind solche Visualisierungen vorzuziehen, bei denen Vorläufigkeit und Veränderbarkeit am deutlichsten werden. Insbesondere leere Flächen oder Blätter sollten veränderbar, beschriftbar oder abnehmbar sein. Auch für das Verhandeln ist es günstig und spart oft Zeit, wenn einzelne Werte abnehmbar oder verschiebbar sind. Der Mediator kann so z.B. die einen bestimmten Wert betreffende Karte einfach auf eine zweite Wand stecken und die vorläufige Vereinbarung dazu für alle sichtbar daneben schreiben. Ob die Werte im Kreis, im Vieleck oder anders grafisch dargestellt werden, ist nicht entscheidend, solange die nicht parteiliche Zuordnung und die Veränderbarkeit gewahrt bleiben. Methodisch wichtig ist es, dass mit dem Wertebild in der Mediation erst gearbeitet wird, nachdem mediiert worden ist, dass dieses für alle gilt, auch wenn unter den einzelnen Rubriken vielleicht nicht ganz das Gleiche verstanden wird. Nach dem Grundmuster der Mediation muss also geprüft werden, ob das Wertebild für alle so stimmt. K Beispielsätze für die Arbeit mit dem Wertebild – „Aus meiner Erfahrung wird das Verhandeln leichter, wenn Sie Ihre Werte, um die es bei Ihren Vereinbarungen geht, noch einmal klar vor Augen haben. Auch ich brauche das, um den Überblick über all Ihre Werte zu behalten.“ – „Ich habe Ihnen hier all Ihre Schätze und Werte aufgeschrieben, wie ich sie im Lauf der Mediation bisher von Ihnen allen gehört habe. Ich habe die ökonomischen, aber auch die ideellen Werte aufgeschrieben, von denen ich gehört habe, dass Sie diese ins Verhandeln einbeziehen wollen. Ist das so für jeden von Ihnen verständlich?“ – „Bitte schauen Sie, ob jemand von Ihnen noch etwas anfügen oder verändern möchte.“ – „Sollen die leeren Zettel noch irgendwie beschriftet werden?“
Zum Wertebild in der Erb-Mediation Schaller s. Muster S. 30. K Praxisanregungen e Zuallererst ist die Arbeit mit dem Wertebild auch eine Hilfe für den
Mediator. Er behält auf diese Weise den ständigen Überblick über die Werte in dieser Mediation und kann auf einen Blick sehen, was bereits verhandelt ist und was nicht. e Das Wertebild kann Mediatoren zu einem klareren Blick ohne beruf-
liche Vorurteile und „Schere im Kopf“ verhelfen („das geht doch juristisch nicht“, „das kann man doch nicht miteinander verhandeln“, „das kann doch nicht gut sein für Kinder“).
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10. Visualisierungstechniken
e Wenn das Wertebild als rein ökonomisches Bild entworfen wird, ver-
engt es den Verhandlungsspielraum der Konfliktpartner wesentlich. e Das Wertebild sollte möglicherweise auch zu den Beratungsanwälten
und auch zu anderen Fachleuten wie Steuerberatern, Notaren etc. mitgenommen werden. Es erleichtert die Beratung, da sichtbar wird, welche materiellen und immateriellen Werte in dieser Mediation zur Disposition stehen und miteinander verhandelt werden.
d) Arbeit mit Konfliktspiel-Bildern Übung Denken Sie an einen Ihrer letzten destruktiven Konflikte in Ihrem privaten Bereich. Versuchen Sie, ein Bild dafür zu finden, wie Sie und Ihr Konfliktpartner den Streit inszenieren und spielen – so als ob Sie sich selbst auf einer Bühne zuschauen würden. Was müssten Sie an dieser Inszenierung verändern, damit der Streit konstruktiv wird?
K Bilder der Konfliktinszenierung Die konstruktivistische Theorie erklärt die Konflikte der Parteien als eine Form von Wirklichkeit, die sich diese selbst konstruieren. Menschen sehen einen Konflikt gewissermaßen als ein Stück, in dem sie und ihre Konfliktpartner mitspielen. Meist werden diese Stücke in Konflikten zerstörerisch gespielt. Mediation kann der Versuch sein, zerstörerische Energie in eine neue schöpferische Energie zu verwandeln. E. de Bono beschreibt die Mediation als einen schöpferischen Prozess, in dem neue Lösungen durch symbolisches Denken, kreative Planung und entwerfende Bilder entstehen können. K Arbeit mit Konfliktspiel-Bildern in der Mediation Die Erfahrung in der Mediation zeigt, dass die Arbeit mit Bildern, insbesondere die Arbeit mit Bildern zum zugrundeliegenden Konflikt und in den Streitmustern, zu überraschenden Lösungen führen kann. Menschen schaffen sich ihre Konfliktwirklichkeit selbst. Das gilt auch für die Veränderung ihrer Konfliktwirklichkeit. Bilder helfen, die Spielregeln eines Konflikts zu erkennen und zu verändern – oft schneller und intensiver, als dies über Sprache geschehen kann. Oft kommt es vor, dass mit einer gemeinsam beschlossenen Veränderung der Spielregeln und der Streitmuster sich auch der zugrundeliegende Konflikt verändert oder sogar auf-
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B. Werkzeugkoffer
löst. Gar nicht so selten geschieht diese Wendung in der Mediation über die Arbeit mit guten, meist archetypischen oder auch metaphorischen Bildern des Konfliktspiels oder der Konfliktinszenierung. Mit Hilfe dieser Bilder können Menschen lernen, diese zu dekonstruieren oder neu zu ordnen. Das ist nicht eine Frage des Intellekts, sondern eher eine Frage der Intuition und Assoziation. Diese sind den Konfliktparteien oft besser zugänglich, wenn sie sich im Stress befinden. K Konfliktspiel-Bilder im Prozess Gute Konfliktspiel-Bilder können sich durch den gesamten Mediationsprozess ziehen. Sie haben besondere Bedeutung an Stellen, an denen heftiger Streit, heftige Emotionen oder auch völliges Festfahren im Konflikt auftreten. Ebenso bei Ambivalenz im Konfliktverhalten (s. S. 62 ff.) können Bilder hilfreich sein. Im Mediationsprozess kann es von der Themensammlung bis hin zum Verhandeln und Vereinbaren vorkommen. Dies gilt insbesondere bei den sogenannten „Herzblut“-Themen, die es nicht nur in der Familien-Mediation, sondern auch in Wirtschafts-, Erb- oder anderen Mediationen gibt. Meist helfen in solchen Situationen die Regeln über den Umgang mit Streit, Vorwürfen und Gefühlsausbrüchen nicht mehr, aber die Arbeit mit Bildern. Die Beteiligten gelangen mit Bildern bisweilen schneller wieder auf die Sachebene als mit vernünftigen Erklärungen. Es ist leichter und humorvoller, mit Bildern zu arbeiten als mit verbalen Mitteln. K Methodische Hilfen Das Konfliktspiel-Bild ist ein Bild des Mediators von der „Inszenierung“ der Konflikt-Interaktion der Parteien. Er beschreibt, was er selbst vor seinem inneren Auge sieht. Das Bild sollte ressourcen- und möglichst zukunftsorientierte Veränderung ermöglichen, damit es auch Veränderung des Konfliktspiels ermöglicht. Aus diesem Grund sind Bilder aus dem Wettkampf- oder Sportbereich, wo es immer um Gewinnen oder Verlieren geht, schwierig, selbst Märchenbilder enthalten oft zerstörerische Seiten ohne Ressourcenorientierung. Dagegen eignen sich Bilder aus dem Lebens-, Natur- und Wachstumsbereich besonders gut.
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10. Visualisierungstechniken
K Beispiele –
Bau eines Hauses – ohne oder mit verschiedenem Werkzeug.
–
Garten, in dem gepflanzt werden soll. Alle reißen sich gegenseitig die Pflanzen aus, stellen das Wasser ab o.Ä.
–
Schatztruhe, in der große Schätze sind, mit einem schweren Deckel. Keiner lässt die anderen hineinschauen, schlägt ihnen den Deckel auf die Finger o.Ä.
–
Leute sitzen um einen Tisch, wollen essen (reden, verhandeln), treten sich unter dem Tisch, verletzen sich o.Ä.
–
Boot auf einem Fluss mit vielen Leuten und vielen Rudern, alle rudern in verschiedene Richtungen, das Boot kommt nicht von der Stelle o.Ä.
–
Eine kostbare Vase, die von vielen Leuten mit spitzen Hämmerchen bearbeitet wird o.Ä.
–
Großer Früchtekorb mit köstlichen Früchten, den alle umklammern, sich gegenseitig wegreißen wollen, sich die Früchte stehlen o.Ä.
–
Große Bäckerei mit vielen Leuten, die backen wollen. Zurzeit ist der Ofen aus, die Hefe ist ausgegangen, die Backrezepte sind verloren gegangen. Keiner kann backen.
Der erste methodische Schritt für den Mediator ist es, bei der Beobachtung des Konfliktverhaltens der Parteien ein Bild in sich assoziativ aufsteigen zu lassen und auf dessen positive Veränderungsmöglichkeiten hin zu überprüfen. Er sollte darauf achten, dass er kein Beziehungsbild, sondern ein Bild des Konfliktspiels der Medianden verwendet. In einem zweiten Schritt bietet der Mediator den Medianden sein Bild an. K Beispielsätze für das Mediieren eines Konfliktspielbildes in der Erb-Mediation Schaller – „Ich habe Ihnen gerade intensiv zugehört und zugesehen, wie Sie mit Ihrem Konflikt umgehen. Dabei ist vor meinem inneren Auge ein Bild aufgetaucht. Aus anderen Mediationen weiß ich, dass es manchmal hilfreich ist, sich solch ein Bild vom Konflikt und den Spielregeln, mit denen dieser Konflikt gespielt wird, mal näher anzusehen und sich zu überlegen, was man im Bild verändern könnte, damit die Spielregeln des Konflikts sich verändern würden. Wollen Sie mein Bild mal ansehen, Rebecca? Christof? Sofia?“
Der weitere Umgang mit dem Bild der Schatztruhe im Prozess der Schallers ist auf S. 20 beschrieben.
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B. Werkzeugkoffer
Die Arbeit beginnt damit, dass das Bild des Mediators selbst mediiert wird, damit es alle sehen können. (Wenn eine Konfliktpartei es nicht sieht und akzeptiert, kann man mit dem Bild nicht arbeiten und muss sich davon verabschieden). Dabei ist es wichtig, zunächst im Bild zu bleiben und nicht in die Realität des Konflikts zu gehen. Erst wenn jede Konfliktpartei ihre Phantasie zur Veränderung im Bild ausgedrückt hat und dies vom Mediator und von den anderen verstanden worden ist, kann der nächste Schritt gemacht werden, die Übersetzung der Veränderungsphantasien in die Realität, z.B. so: K Veränderung der Spielregeln in der Erb-Mediation Schaller – „Jeder von Ihnen hat jetzt Ideen gehabt, was Sie im Bild verändern müssten, um die Spielregeln Ihres Streits verändern zu können. Haben Sie auch Ideen dafür, was Sie denn im Konflikt ihrer konkreten Erbsituation mit dem Kinderbuchverlag verändern müssten, um gemeinsam besser zu einer Lösung zu kommen und nicht immer wieder in Ihre alten Streitmuster zu verfallen? Christof, was heißt in der Realität „Sich mehr Zeit zu gönnen, um die Schätze anzuschauen?“ Rebecca, was heißt in der Realität „Der Deckel sollte offen bleiben?“ Sofia, was heißt in der Realität „Alle sollten etwas zurücktreten, damit sie die Schätze besser sehen können?“
Wenn das jede der Konfliktparteien in die Realität übersetzt hat, ist klar, wie die Spielregeln des Streits verändert werden müssen, damit sie gemeinsamen Lösungen näher kommen. Oft liegt in dieser Veränderung der Streitmuster und der Spielregeln bereits implizit die Lösung. K Praxisanregungen e Hilfreich ist es, als Mediator schon vor Beginn der Sitzung einige Bil-
der im Kopf zu haben, damit man sie bilden kann, wenn die Konfliktparteien heftige Emotionen zeigen oder in Streit geraten. Gut ist es zudem, sich bei der mentalen Vorbereitung auf einen Fall (s. S. 255 ff.) einige Konfliktspiel-Bilder zum Fall einfallen zu lassen, inklusive der möglichen positiven Veränderungen als Überprüfung. e Als Überprüfungskriterien für Konfliktspiel-Bilder eignen sich: Res-
sourcenorientierung/Veränderungsmöglichkeit der Spielregeln/Optionalität (möglichst viel Variationsmöglichkeit). e Mediatoren sollten im Hinblick auf ihre Neutralität nur mit ihren ei-
genen Bildern arbeiten und nicht mit Bildern einer der Konfliktparteien – meist haben die anderen Konfliktparteien Widerstände gegen diese Bilder und können sich nicht darauf einlassen.
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10. Visualisierungstechniken
e Die Verwendung von Konfliktspiel-Bildern kann der Mediation eine
humorvolle Leichtigkeit geben und die Kreativität der Parteien unterstützen. Daher sollten Mediatoren damit experimentieren und umgehen lernen. Allerdings sollten sie daran denken, dass diese Arbeit keine Spielerei für die Parteien ist, sondern dass Bilder bei Menschen, insbesondere in Konflikten, tiefere Schichten erreichen können. Bei behutsamem Einsatz kann diese Arbeit jedoch eine hilfreiche Methode für Veränderungen in der Konflikt-Kommunikation und Lösungsorientierung sein. e Bei der Einbeziehung von Kindern ist die Arbeit mit Konfliktspiel-Bil-
dern eine hilfreiche Technik. Kinder lieben sie und kommen sehr viel schneller als Erwachsene mit der Analogie von Spielregeln im Bild und in der Realität des Konflikts zurecht. Die Technik eignet sich daher gut für die Schul-Mediation. e Wenn das Bild des Mediators von den Parteien nicht angenommen
wird, sollte er sich davon verabschieden. Bisweilen kann es später im Prozess doch noch verwendet werden. Die Konfliktparteien verwenden es mitunter dann später selbst. Es kann aber auch einfach kein gutes Bild sein. Dann gilt: Fehler können auch in der Mediation vorkommen. Der Mediator ist ein gutes Modell!
e) Arbeiten mit Geno-, Sozio- und Organigrammen Übung Versuchen Sie, für Ihre Familie ein Genogramm, d.h. eine Grafik zu entwickeln, die alle Mitglieder Ihrer Familie und deren Familienstand erfasst, und zwar möglichst über mindestens drei Generationen. Dann versuchen Sie, für Ihre letzte oder derzeitige Arbeitsstelle ein Soziogramm zu erstellen, d.h. eine Grafik, die alle Mitarbeiter, alle Ebenen der Zusammenarbeit und die verschiedenen Zugehörigkeiten aller Personen zu den verschiedenen Ebenen und Arbeitsbereichen aufzeichnet. Und zuletzt versuchen Sie, ein Organigramm von einem Krankenhaus – oder einem anderen Betrieb darzustellen, der Ihnen bekannt ist, also eine Grafik, die alle Ebenen, alle Entscheidungswege und auch die Hierarchien erfasst.
K Visualisierungsmöglichkeiten von Beziehungen und anderen Zusammenhängen Das Arbeiten mit Sozio- und Organigrammen kommt aus der Organisationspsychologie sowie der Gruppendynamik. Das Arbeiten mit Geno-
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B. Werkzeugkoffer
grammen kommt aus der systemischen Familientherapie. Diese Visualisierungstechniken werden meist verwendet zur Diagnostik und Darstellung von Beziehungen. Letzteres ist in Mediationen auch oft notwendig, und in die Mediationsarbeit aufgenommen worden. Genogramme stellen damit vor allem komplexe Familiensysteme wie Pflege-, Zweit-, oder Mehrgenerationenfamilien dar. K Ziel der Visualisierungen Zunehmend wird diese Technik auch in anderen Mediationsbereichen eingesetzt, so in Wirtschafts-, Umwelt-, Arbeitsrechts-, Schul-, Nachbarschafts-Mediationen. Sie werden hier weniger zur Diagnostik verwendet als vielmehr für eine Klarheit und Ordnung auf der Sachebene sowie zur Visualisierung der Ressourcen für Lösungen. Bei der Visualisierung ergeben sich folgende Fragestellungen: –
Welche Gruppierungen oder Systeme können sich unterstützen?
–
In welchen Systemen oder Gruppierungen bewegen sich die einzelnen Konfliktparteien?
–
Wie sehen Hierarchien oder Entscheidungsbefugnisse aus?
–
Wo sind weitere beteiligte Personen oder Organisations-Ebenen, die zur Unterstützung notwendig oder brauchbar sind?
Eine besondere Hilfe ist die systemische Visualisierungsmöglichkeit bei Mediationen mit hoher Komplexität und mit zahlreichen beteiligten Personen, Gruppen und Systemen. Das gilt auch für solche Mediationen, in denen bestimmte Personen oder Gruppierungen bewusst oder unbewusst ausgeklammert oder tabuisiert werden, die eine Ressource darstellen können und für eine gute Lösung wichtig wären. K Methodische Hilfen Die Arbeit mit Darstellungen von Organisations- oder Beziehungsgeflechten hat in den Prozessstufen ihren Platz, wo es um Konfliktbearbeitung, Entwicklung von Optionen und um Verhandeln geht. In sehr komplexen Mediationen ist es auch sinnvoll, bereits in der Vorlaufphase bzw. im Einführungsgespräch sowie bei der Themensammlung mit der Visualisierung zu beginnen. Den Medianden kann man meist leicht vermitteln, dass Mediatoren selbst eine Darstellung des komplizierten Geflechts brauchen, um besser arbeiten zu können.
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10. Visualisierungstechniken
Diese Visualisierung ist in der Regel – ähnlich dem Wertebild – eine Darstellung der Mediatoren, soweit nicht – wie in vielen Betrieben, Firmen, Organisationen, Verwaltungen etc. – bereits ausgearbeitete Organigramme vorliegen (hier sollte geprüft werden, ob sie für die Belange der Mediation hilfreich sind oder noch ergänzt werden müssen, so z.B. im Organigramm einer Verwaltung durch Personen wie Hausmeister oder Reinigungskräfte, im Genogramm einer Familien- oder Erb-Mediation durch Personen wie Paten oder nichteheliche Kinder, im Soziogramm einer Umwelt-Mediation durch eine von allen ungeliebte politische Gruppe, ohne die eine Lösung nicht zustande kommen würde.) Diese Visualisierungen sollten von allen Medianden auf Richtigkeit und Verständlichkeit überprüft werden. Dies geschieht oft entweder in der Vorlaufphase oder als Hausaufgabe für die Medianden in einer laufenden Mediation. Diese Visualisierungstechnik ist ein gutes Hilfswerkzeug, das jedoch keinen allzu großen Raum einnehmen sollte. K Visualisierungstechniken Für die grafische Darstellung empfehlen sich systemische Techniken aus der Familien- oder Gruppendynamik bzw. die Organigramme aus der Organisationsberatung (Beispiele für Genogramm und Organigramm s. S. 285 f.). K Praxisanregungen e Für organisationsberaterisch oder familientherapeutisch geschulte
Mediatoren besteht bei dieser Technik die Gefahr, zu stark in die Nähe ihrer Herkunftsberufe zu geraten. Sie sollten darauf achten, dass sie bei ihrem Mediations-Auftrag bleiben und nicht unversehens in therapeutisch ausgerichtete Herkunftsarbeit fallen. Sofern sie sich dieser Gefahr bewusst sind, ist die Arbeit mit Visualisierung eine wertvolle Unterstützung für die Sachebene sowie für die Arbeit mit den Ressourcen. e Bei Mediationen mit Kindern oder mit Personen, die sich komplizier-
te Organisationen oder Systeme noch nicht vorstellen können, ist diese Visualisierung eine besondere Hilfe. Das gilt auch für große Gruppen, in denen der einzelne Mediand oft den Überblick über das Gesamtgeschehen verlieren kann.
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B. Werkzeugkoffer
11. Zeitmanagement-Techniken Übung Sie sitzen jemand gegenüber, der nichts über Mediation weiß. Sie haben 15 Minuten Zeit, Ihrem Gegenüber zu erklären, was Mediation ist. Stoppen Sie die Zeit. Versuchen Sie dann das Gleiche in 4 Minuten. Stoppen Sie auch diese Zeit. Werten Sie dann aus, wie diese Erfahrung für Sie selbst und auch für Ihr Gegenüber war. – Wiederholen Sie diesen Versuch, indem Sie in den 15 Minuten sehr viel schneller sprechen und in den 4 Minuten sehr viel langsamer. Stoppen Sie auch diese Zeiten und werten die Erfahrungen aus. Schätzen Sie, wie viele Sitzungen Sie in einer Ihrer laufenden Mediationen noch brauchen werden bis zu einer Vereinbarung. Mediieren Sie in der nächsten Sitzung, wie viel Zeit die Medianden selbst schätzen, die sie noch brauchen. Sie werden überrascht sein über das Ergebnis!
K Die Variable Zeit Das Zeitmanagement in der Mediation wird bisher wenig beachtet. Zudem scheint es keine Auswertung von Erfahrungen mit der Variablen Zeit in der Mediation zu geben. Für die Kurzzeit-Mediation (dazu s. S. 252 ff.) ist Zeit jedoch ein wesentliches Thema. Mediation ist die Arbeit mit dem Prozess. Zeit, Zeitmanagement und Tempi spielen bei der Gestaltung des Mediationsprozesses eine große Rolle. Hilfreich ist es, wenn sich Mediatoren „Zeit-Hypothesen“ bilden, sowohl für die Indikation einer „Langzeit“-Mediation als auch einer Kurzzeit-Mediation. Dies erleichtert zeit- und phasengerechtes Arbeiten. Die Bedeutung der Variablen Zeit lässt sich zudem aus dem theoretischen Verständnis von Mediation ableiten, so aus der Zukunftsorientierung und der Veränderbarkeit von Vereinbarungen. Folgende Zusammenhänge können bei der Arbeit mit der Variablen Zeit sowie der Zeitplanung beachtet werden: –
Das Planen einer Langzeit- bzw. Kurzzeit-Mediation
–
Die Arbeit mit verschiedenen Zeiten für die Entwicklung innerer und äußerer Prozesse
–
Der Einbau von Trainingsphasen
–
Das Mediieren verschiedener Zeiten (Gesamtdauer, Dauer einzelnen Phasen, Pausen, Unterbrechungen etc.)
–
Das Arbeiten mit unterschiedlicher Dauer bei der Umsetzung der verschiedenen Stufen und Bausteine
222
11. Zeitmanagement-Techniken
–
Das Arbeiten mit unterschiedlichen Tempi (z.B. mit Verlangsamen und „Verschnellen“ des Prozesses)
–
Das Überspringen oder Wiederholen bestimmter Stufen
–
Das Einbauen von Not- oder Übergangsregelungen
–
Das Mediieren von Veränderbarkeit und Überprüfungen von Vereinbarungen
K Methodische Hilfen Gerade weil in vielen Mediationen der Zeitdruck eine große Rolle spielt, ist ein bewusster Umgang mit dem Faktor Zeit, die Hypothesenbildung zur Zeit sowie der sichere Umgang mit Zeittechniken ein wichtiges Handwerkszeug von Mediatoren. Erfahrungen aus Supervisionen zeigen, dass Mediationen oft nicht gut verlaufen oder Abbrüche drohen, weil der Faktor Zeit nicht beachtet wird, Zeitmanagementtechniken nicht beherrscht werden sowie Arbeitsannahmen über die Zeit nicht gebildet wurden. Manche Regelungen und Vereinbarungen sind z.B. (noch) nicht zu mediieren, weil sie in der falschen Phase terminiert sind (z.B. Erbregelungen, wenn die Trauerphase noch nicht abgeschlossen ist; Trennungsund Scheidungsvereinbarungen in der Wutphase etc.). Im Sinne der Autonomie von Medianden ist es nützlich, die verschiedenen Zeitvorstellungen der Konfliktparteien zu mediieren. Alle Zeitregeln, auch die über Pausen, Zeitüberziehung, Zuspätkommen, Terminabsagen etc. sollten mediiert werden nach dem Grundmuster der Mediation. Auch wenn dies „zeitraubend“ erscheint, wird die Verbindlichkeit der Vereinbarungen erhöht. K Zeitmanagement im Mediationsprozess Aus dem Grundgedanken von Veränderbarkeit ergibt sich, dass Mediatoren mit Trainingsphasen, Übergangsregelungen und mit Veränderungen von getroffenen Vereinbarungen arbeiten sollten. Auch das Mediieren verschiedener Zeitoptionen entspricht diesem Ansatz. Es gibt keine Regeln für den Zeitumfang einer Stufe innerhalb des Mediationsprozesses. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass die Arbeit an den Interessen, die Konfliktbearbeitung und die Optionenentwicklung im Allgemeinen mehr Zeit brauchen als die übrigen Stufen. Zudem kann es vorkommen, dass aus bestimmten Gründen eine Stufe übersprungen oder wiederholt werden muss.
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B. Werkzeugkoffer
K Zeittechniken Bestimmte Stufen sollten eher verlangsamt werden (so die Arbeit an den Interessen und tieferen Bedeutungen, die Konfliktbearbeitung). Hier sind eher Techniken sinnvoll wie Zusammenfassen, Fokussieren, Zukunftsorientieren, Paraphrasieren, reflexives Fragen. In anderen Stufen ist ein Verlangsamen des Prozesses jedoch eher kontraproduktiv, da hier die Entwicklung eines Prozesses gelähmt oder blockiert wird. Beschleunigen („Verschnellen“) ist eher angezeigt bei der Entwicklung von Optionen (s. S. 130 ff.), beim Mediieren von Verhandlungsmodellen und beim Verhandeln selbst. Hier sind Fähigkeiten bzw. Techniken des Mediators gefragt wie z.B. eine schnelle Auffassungsgabe, genaues Hinhören, schnelles und kodiertes Aufschreiben, Mut zum Abkürzen. K Beispiele in der Erb-Mediation Schaller –
„In vielen Erbengemeinschaften dauert es einige Zeit, bis alle Erben sachlich mit dem Erbe und mit den Miterben umgehen können. Es kommt vor, dass manche auch Jahre nach dem Tod des Erblassers noch in ihrer Trauer gefangen sind. Wie sieht das bei Ihnen aus, Sofia? Und bei Ihnen, Christof? Und bei Ihnen, Rebecca?
–
Denken Sie, dass Regeln und Vereinbarungen über den Verlag und das Haus schon gehen werden?“
–
„Wie wollen Sie damit umgehen, dass Sofia denkt, Sie haben alle Zeit der Welt, dass Sie, Rebecca und Sie, Christof, möglichst schnell fertig werden wollen?“
–
„Sie haben sich jetzt viel Zeit gelassen für die Entwicklung von Ideen und Möglichkeiten, was Sie alles mit dem Verlag machen könnten. Ich merke, dass Sie jetzt endlich verhandeln wollen. Trotzdem sollten Sie sich hier Zeit lassen, über Ihre eigene Fairness und Gerechtigkeit in Bezug auf den Verlag nach zu denken. Es wird Ihnen helfen, dann schneller verhandeln zu können.“
–
„Wie viel Zeit will sich jeder von Ihnen noch gönnen, bis Sie das Gefühl haben, jetzt können wir ans Verhandeln und Vereinbaren gehen?“
K Praxisanregungen e Das Nachdenken über die Zeit sowie das Zeitmanagement in der Me-
diation ist für Mediatoren insbesondere auch wichtig, um Neutralität
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12. Der Viererschritt
und Balance halten zu können und nicht unversehens als Bündnispartner der Konfliktpartner mit dem gleichen Zeitempfinden zu agieren. Daher bedarf es, insbesondere in der Co-Arbeit, guter Absprachen und Regeln in Bezug auf Zeit und Tempi. e Es ist in der Mediations-Praxis sinnvoll, sich für jede Sitzung einen
ungefähren Zeitplan zu machen. Auch hier ist Hypothesenbildung wichtig. Zudem kann es sehr hilfreich sein, immer mindestens noch ein bis zwei Alternativen zu bilden für den Fall, dass noch Zeit verblieben ist und diese genutzt werden könnte (z.B. die Arbeit an den Fairnesskriterien, Mediieren der Einbeziehung von anderen Fachleuten oder auch Übergangsregelungen). e Wenn Mediatoren Schwierigkeiten mit ihrem eigenen Zeitmanage-
ment haben (z.B. häufig die Sitzungszeit überziehen; für die wichtigsten Stufen oft zu wenig Zeit haben; selbst zu spät in die Sitzung kommen; nicht arbeiten können, wenn die Medianden die Mediation in einer Sitzung abschließen wollen etc.), sollten sie in eine Supervision gehen. Möglicherweise gibt es hierfür biografische Hintergründe beim Mediator.
12. Der Viererschritt Übung Denken Sie an eine Ihrer letzten Mediationen, und versuchen Sie, auf Anhieb eine Würdigung der von den Medianden geleisteten Arbeit in einer gut gelaufenen Stufe zu formulieren. Probieren Sie, diese Würdigung, den Sinn der geleisteten Ergebnisse für den Prozess und die Erklärung der nächsten Stufe in ein bis zwei Sätzen auszudrücken. Überlegen Sie sich dann, wie Sie herausfinden können, ob die Medianden Ihre Erklärungen verstanden haben, und ob sie sich auf den nächsten Schritt einlassen wollen. Überlegen Sie sich, welche methodischen Alternativen Sie hätten, wenn einer der Medianden oder alle diesen nächsten Schritt aus irgendeinem Grund nicht gehen wollen.
K Sinn des Viererschritts – Arbeit mit „Übergängen“ Mediatoren hilft es in ihrer Arbeit, sich vor Beginn und am Ende jeder Stufe Arbeits-Hypothesen zu bilden, warum diese Stufe wichtig ist. Von Medianden wird des Öfteren diese Frage gestellt. Es hat sich zudem auch für die eigene Reflexion und die eigene Sicherheit des Mediators bewährt, dies begründen zu können.
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B. Werkzeugkoffer
Aus der Supervisionsarbeit ist bekannt, dass Schwierigkeiten in Mediationen auch daher rühren, dass eine Prozess- und Methodenreflexion, dass entsprechende Hypothesen dazu sowie mögliche Alternativen bei Nichtfunktionieren vorher oder während der Arbeit nicht gemacht worden sind. Der Mediationsprozess hat eine innere Logik, die die Mediatoren den Parteien erklären sollten. So kann es sinnvoll sein, –
zu erklären, warum es förderlich ist, sich über die eigenen Interessen und Bedürfnisse klar zu werden und die der anderen zu verstehen, warum es wichtig ist, nicht von der Themensammlung direkt zu den Optionen oder gleich zu den Lösungsoptionen zu wechseln.
–
über die Rolle des Rechts und die eigenen Gerechtigkeitskriterien nachzudenken.
–
nicht über Positionen oder Forderungen zu verhandeln, sondern mit möglichst vielen Angeboten die Verhandlung zu beginnen.
Da Mediation eine „strukturierte“ Arbeit ist, sollten die Mediatoren in der Lage sein, den Medianden die nächsten Arbeitsschritte zu erklären und dafür zu werben, jedoch die Autonomie in der Entscheidung, sich darauf einzulassen, bei den Parteien belassen zu können. K Methode des Viererschritts Der Mediator sollte beim Viererschritt folgendermaßen vorgehen: 1. Zusammenfassung und Würdigung des vorangegangenen Schrittes. 2. Erklärung des nächsten Schrittes sowie dessen Sinn im Kontext des Mediationsprozesses. 3. Überprüfung, ob diese Erklärung für jede Partei verständlich ist. 4. Zusage von jeder Partei, sich auf diesen nächsten Schritt einzulassen. Der Viererschritt erscheint bisweilen anspruchsvoll und kompliziert zu sein, ist aber eine große Arbeitserleichterung: Wenn Mediatoren diesen Schritt den Medianden verständlich und in einfacher Sprache erklären können, wird er zu einer Art Ritual und Lernzielkontrolle. Die Parteien fühlen sich für ihre Arbeit wertgeschätzt, erleben sich selbst als kompetent und sehen den Mediator als Brücke zu dieser Kompetenz. Als Vorbereitung auf den Viererschritt könnten Mediatoren für jede Stufe einer Mediation Sätze für ihre Praxis mental vorbereiten. Diese Sätze sollten klar und einfach sein. Sie könnten in etwa so lauten:
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12. Der Viererschritt – Für die Vorlaufphase: „Jeder von Ihnen hat sich für Mediation interessiert und sich bereit erklärt, vor Beginn der eigentlichen Mediation noch einige wichtige Punkte zu klären. Gilt das heute immer noch für jeden? Wollen Sie sich darauf einlassen? Es wird dafür eine Dreiviertelstunde benötigt.“ – Für das Einführungsgespräch: „Sie haben intensiv überlegt, was jeder von Ihnen braucht, damit die Mediation gelingen kann. Der nächste Schritt wird sein, Ablauf und Arbeitsmöglichkeiten in der Mediation näher zu klären. Ist Ihnen das verständlich? Will jeder von Ihnen damit jetzt beginnen?“ – Für die Themensammlung: „Sie haben jetzt die Punkte besprochen, um hier in der Mediation gut arbeiten zu können. Ich denke, das wird Ihnen helfen, den nächsten Schritt zu tun, indem erst einmal von jedem von Ihnen alle Themen, Aspekte und Regelungspunkte sozusagen in Überschriften gesammelt werden. Jeder von Ihnen kann dann am Schluss nachprüfen, ob nichts vergessen wurde. Habe ich Ihnen den nächsten Schritt gut erklären können? Wollen Sie sich darauf einlassen?“ – Für die hinter den Positionen liegenden Interessen: „Sie haben jetzt alle Themen und Regelungspunkte für Ihre Mediation gesammelt, insgesamt etwa … Damit können Sie jetzt gut anfangen zu arbeiten. Für das Gelingen einer Mediation ist es hilfreich, in einem nächsten Schritt zu schauen, was für jeden hinter seinen Themen steckt, denn nur wenn Sie das selbst wissen und auch Interessen der anderen verstehen können, werden Sie später gut verhandeln können. Ist das verständlich? Können Sie sich auf diesen Schritt einlassen?“ – Für die Optionen: „Sie haben jetzt den wichtigen Schritt gemacht, viele Ihrer Interessen und Bedürfnisse anzuschauen und auch die der anderen versucht, zu verstehen. Das wird Ihnen sehr helfen fürs spätere Verhandeln. Im nächsten Schritt geht es jetzt darum, hinzuschauen, welche Ideen und Fantasien jeder von Ihnen hat, um diese Interessen zu verwirklichen. Der zweite Schritt bestünde dann darin, zu schauen, welche Ideen der anderen jede Seite unterstützen oder für sich selbst nutzen kann. Habe ich Ihnen diesen Schritt gut genug erklärt? Wollen Sie ihn mal probieren?“ – Für das Verhandeln: „Sie haben jetzt mit viel Einsatz alle notwendigen Schritte gemacht, um endlich verhandeln zu können. Ich habe Ihnen hier ein Bild Ihrer materiellen und ideellen Werte in den verschiedenen Bereichen aufgehängt, aus denen Sie den anderen möglichst viele Angebote machen können, um vielleicht das zu bekommen, was Sie gern hätten. Das Verhandeln geht meiner Erfahrung nach am besten, wenn möglichst viele Angebote auf dem Tisch liegen. Wollen Sie das hier mal so versuchen?“ – Für das Vereinbaren: „Sie haben sich viele gute Angebote gemacht, verhandelt und bereits vorläufige Vereinbarungen gefunden. Es fehlen nur noch einige wichtige Punkte, damit Ihre Vereinbarungen auch verbindlich werden. Darf ich Ihnen diese erklären und anschließend mit Ihnen anwenden, sodass Ihre Vereinbarung endgültig fertiggestellt ist?“
Dies sind Beispiele für Übergänge der Stufen in der Mediation. Die Notwendigkeit eines ähnlichen Viererschritts gilt aber auch für die mögli-
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B. Werkzeugkoffer
chen zwei Zwischenstufen einer Mediation, die oft vorkommen, wenn auch zumeist nicht an einer vorher fest bestimmbaren Stelle. Diese sollten genauso zusammengefasst und gewürdigt werden wie die Arbeit der Hauptstufen. Das sind Zwischenschritte wie die Arbeit an der Rolle des Rechts oder an den Fairness- und Gerechtigkeitskriterien: – Für die Rolle des Rechts: „Sie haben viele Alternativen und Ideen für neue Möglichkeiten entwickelt. Sie haben inzwischen bei Ihren Beratungsanwälten Informationen über Ihre möglichen Rechtspositionen eingeholt. Bevor Sie endgültige Vereinbarungen schließen, sollten Sie sich in einem nächsten Schritt überlegen, welche Bedeutung das Recht in Ihrer Mediation haben soll? Es kann sein, dass Sie es ganz in die Mediation hereinholen oder auch ganz draußen lassen wollen oder irgendwo dazwischen. Ist Ihnen klar, worauf es an dieser Stelle ankommt? Wollen Sie darüber nachdenken, damit Ihre Vereinbarung eine gute Basis bekommt?“ – Für die Arbeit an den Fairness- und Gerechtigkeitskriterien: „Sie haben schon viel geschafft. Ich möchte Ihnen einen nächsten Schritt vorschlagen. Für ihre noch zu entwickelnde Vereinbarung wird es wichtig sein, dass Sie sich vorher überlegen, welche Gesichtspunkte von Fairness und Gerechtigkeit darin enthalten sein sollten, damit Sie diese daran überprüfen und sie mit guten Gefühlen unterschreiben können. Ist das verständlich? Wollen Sie sich auf diesen Schritt noch einlassen?“
K Praxisanregungen e Für die Arbeit mit den Übergängen ist es hilfreich, einen Grundbau-
plan der Mediationsstufen aufzuhängen (s. S. 103). e Diese Arbeit eignet sich insbesondere in Kurzzeit-Mediationen, bei
denen der Mediator leicht die Struktur verlieren kann. e Der Viererschritt kann auch nach kurzen Pausen in einer Mediation
oder nach einer Sitzungspause vor Beginn der neuen Arbeit gemacht werden. Er eignet sich sehr viel besser als die übliche Frage vieler Mediatoren: „Und woran wollen Sie heute arbeiten?“ Medianden kommen mit dem Viererschritt sehr viel schneller wieder in die Mediation hinein. e Man kann das Einverständnis zum nächsten Schritt nicht nur verbal
bei jeder Partei einholen. Es genügt oft, mit jedem Medianden Blickkontakt aufzunehmen und nach Kopfnicken bzw. Kopfschütteln von jeder Partei, entweder den nächsten Schritt zu erarbeiten oder eine Alternative anzubieten.
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12. Der Viererschritt
e Man sollte Medianden erst fragen, ob sie sich auf einen Schritt einlas-
sen wollen, wenn man bereits vorher mindestens eine Alternative kennt. Alternativen könnten z.B. sein: Übergangsregelungen mediieren/eine Stufe überspringen und sie evtl. später nachholen/evtl. mediieren, ob Mediation für alle immer noch der geeignete Weg ist oder andere Konfliktlösungsmöglichkeiten eher in Frage kommen/bisweilen hilft es, zu fragen, „Wollen Sie es trotz Ihrer Bedenken versuchen?“/ BATNA (beste Alternative) und WATNA (schlechteste Alternative) arbeiten/zu Beratungsanwälten schicken/als sicherste Alternative – wenn sie noch nicht gemacht ist – die Arbeit an den Fairness- und Gerechtigkeitskriterien.
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B. Werkzeugkoffer
VI. Verschiedene Settings 1. Mehrparteien-Mediation Übung Wenn Sie die von Ihnen geleiteten Mediationen Revue passieren lassen – welche der Mediationen hatte die meisten Konfliktparteien? Was ging bei dieser Mediation trotz der hohen Anzahl von Parteien gut? Womit hatten Sie Schwierigkeiten?
K Definition von Mehrparteien-Mediation Generell bezeichnet man Mediationen mit mehr als zwei Konfliktparteien als Mehrparteien-Mediationen. Das trifft auf viele Mediationen in den verschiedenen Feldern zu, so z.B. in Erb-Mediationen, innerbetrieblichen Mediationen, Schul- und Gemeinwesen-Mediationen, aber auch in Mediationen aus der erweiterten Familien-Mediation. Als Grundlage für die praktische Arbeit bei Mehrparteien-Mediation gilt die systemische Sicht von Gruppen (s. S. 232 f.) sowie die Hypothesenbildung über Zusammenleben bzw. über Zusammenarbeit, über etwaige Hierarchien oder Weisungsbindungen. Im Allgemeinen bleibt die Mediation durch den ganzen Prozess eine Mehrparteien-Mediation, es sei denn, sie beginnt als Zweiparteien-Mediation und im Laufe des Prozesses stellt sich dann heraus, dass noch weitere Betroffene zu dieser Mediation dazu gehören. K Methodische Hilfen Für die methodische Arbeit mit Mehrparteien gilt das Grundmuster der Mediation: die Arbeit mit der Selbstbehauptung und der Wechselseitigkeit. Letzteres ist in der Mehrparteien-Mediation technisch schwieriger, insbesondere bei Mediationen mit vielen Personen oder bei Kombinationen von Einzelpersonen und verschieden großen Gruppierungen. Alle Prozessschritte, Methoden und Techniken laufen ab wie bei einer Zweiparteien-Mediation. Schwerpunkte und Besonderheiten richten sich nach dem Feld der Mediation und müssen in der Vorlaufphase (s. S. 103 ff.) gründlich erarbeitet werden. In einer Mehrparteien-Mediation sollten mit jeder Konfliktpartei bzw. mit jeder Gruppierung Arbeitskontrakte über Kosten, Dauer, Formen der Vereinbarungen, Regeln, Umgang mit Emotionen, Schweigepflicht
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1. Mehrparteien-Mediation
etc. extra erarbeitet werden, weil jede Gruppierung und jedes der Systeme ihre Eigenheiten hat, die berücksichtigt werden müssen, insbesondere dann, wenn es sich um Konfliktparteien aus verschiedenen Kulturen, mit verschiedenen Sprachen, Generationen etc. handelt. Unter Umständen muss Caucusing (Einzelgespräche) sowohl in der Vorlaufphase oder auch im Laufe des Prozesses in Erwägung gezogen werden. Für diese methodischen Entscheidungen sind entsprechende Hypothesen hilfreich. Bei großen Mehrparteien-Mediationen sollte man diese Arbeit eher in CoMediation oder in einem Mediatorenteam machen. Für Fragen der Indikation oder Kontra-Indikation, Vorlaufphase, Visualisierungsmöglichkeiten etc. gilt im Prinzip das, was im Kapitel „Mediation mit Gruppen und Teams“ (s. S. 232 ff.) beschrieben worden ist. K Settingmöglichkeiten bei Mehrparteien-Mediationen Das Setting in Mehrparteien-Mediationen bedarf der Bildung von Struktur- und Arbeits-Hypothesen sowie einer vorherigen mentalen Vorarbeit, zum einen auf Grund der größeren Anzahl von Medianden, zum anderen wegen der vielleicht damit verbundenen, oft nicht leicht zu erkennenden Subsysteme oder Untergruppierungen. Es kann sein, dass Schüler aus verschiedenen Klassen oder dass einzelne Gruppierungen bei Erbengemeinschaften im Raum zusammen sitzen sollten, dass die verschiedenen Ebenen einer Verwaltungs- oder Wirtschafts-Mediation getrennt sitzen sollten. Es ist sinnvoll, Einzelpersonen nicht allein zwischen größere Gruppierungen zu setzen, alle vertretenen Untergruppierungen und Einzelparteien jeweils an gleich große Tische zu setzen und jedem Tisch ein eigenes Flipchart zuzuordnen etc. K Praxisanregungen e Für Mehrparteien-Mediation sind Erfahrung mit Gruppen, mit syste-
mischer Arbeit oder Erfahrungen in Co-Mediation mit Kollegen mit entsprechenden Ausbildungen und Erfahrungen hilfreich. e In der Mehrparteien-Mediation können Schwierigkeiten durch Kon-
flikte in der Übertragung und Gegenübertragung auftreten. Hier ist die Möglichkeit einer Mediations-Supervision sinnvoll, insbesondere dann, wenn diese Probleme in der Mediation bei den verschiedenen Konfliktparteien auftreten, so z.B. unterschiedliche Ambivalenzen, unterschiedliches Zeitmanagement, unterschiedliche Vorstellungen von der Rolle des Rechts etc.
231
B. Werkzeugkoffer
e Bei Mehrparteien-Mediation handelt es sich häufig um Misch-Media-
tionen (s. S. 237 ff.), insbesondere bei Erb- und Familien-Mediationen, aber auch bei Wirtschafts-Mediationen. Zur Klärung der damit verbundenen Fragen ist eine sorgfältige Hypothesenarbeit nützlich. e Die mentale Vorarbeit inklusive eines genauen Zeitmanagements ist
sinnvoll in einer Mehrparteien-Mediation. Man braucht hier allerdings auch größere „Joker-Zeiten“ für Unvorhergesehenes als in Zweier-Mediationen.
2. Mediation von Gruppen, Teams etc. Übung Denken Sie an einen Konflikt in Ihrem Arbeits-Team, Ihrem Sportverein, Ihrer Partei oder einer anderen Gruppierung, in der Sie beteiligt sind. Halten Sie diesen Konflikt für lösbar mit Mediation? Warum nicht oder warum doch?
K Gruppen-Mediation in den verschiedenen Mediationsfeldern In vielen Feldern finden Mediationen als Team- oder Gruppen-Mediationen statt. Hier sind die Konfliktpartner Mitglieder einer oder mehrerer Gruppen, Teams oder anderer Konstellationen mit mehreren Personen. Solche Gruppierungen können in Verwaltungs-, Gewerkschafts-, Arbeits-, Schul- oder ähnlichen Mediationen vorkommen. Es sind Arbeitsgebiete oder Institutionen mit gemeinsamen Interessen- oder Aufgabenbereichen. Diese Teams wollen oder müssen auch nach einer Mediation weiter miteinander arbeiten und in irgendeiner Weise miteinander kommunizieren. K Systemische Sicht von Gruppen Eine wichtige Voraussetzung und Grundlage für diese Form der Mediation ist die systemische Sicht von Gruppen oder Teams. Sie geht davon aus, dass Gruppen, Teams sich ihre Wirklichkeiten selbst konstruieren und grundsätzlich die Fähigkeit haben, sich selbst zu regulieren sowie sich zu verändern, wenn ihre herkömmlichen Problemlösungsmechanismen nicht mehr greifen. Oft holen sich Gruppen und Teams Hilfe von außen. Die Mediation kann dann eingefahrene oder wenig brauchbare Kommunikations- oder Handlungsabläufe unterbrechen und die Muster der jeweiligen Systeme „stören“, Kontexte und alte Muster verändern, Ressourcen wieder sichtbar machen sowie neue Abläufe und Kommuni-
232
2. Mediation von Gruppen, Teams etc.
kationsformen ermöglichen. Der Kreislauf von Verletzung, Schuldzuweisung, Aggression, Resignation oder auch Depression wird unterbrochen und durch neue Regeln und Möglichkeiten ersetzt. K Gruppen-Phasen Der Mediator sollte sich auf diejenige Phase einstellen, in der sich das Team oder die Gruppe befindet. Teamentwicklung unterscheidet vier Phasen, in denen sich Teams befinden können (analog lassen sich Entwicklungen in Gruppen einordnen): –
Orientierungsphase
–
Kampfphase
–
Organisationsphase
–
Optimierungsphase
Konflikte treten in der Regel in der Kampfphase zu Tage; deshalb kommen in der Praxis die meisten Anfragen für Mediation in dieser Phase. Die Gründe für die Eskalation von Konflikten liegen in der Regel in Störungen von Beziehungen. K Indikation für Mediation in Gruppen bzw. Teams Die Erfahrung zeigt, dass die Mediation mit ihrer lösungsorientierten Arbeit auf der Sachebene und einem verstärkten Fokus auf Interessen und Bedürfnisse in eskalierten Team- und Gruppenkonflikten Lösungen anbieten kann. Indikation oder Kontra-Indikation einer Gruppen- oder Team-Mediation ergeben sich aus der hierarchischen oder weisungsgebundenen Organisationsform der Teams oder Gruppen oder aus der oben genannten hohen Eskalationsstufe der Konflikte innerhalb einer Kampfphase. Klärung von Indikation oder Kontra-Indikation erfolgt in der Regel in der Vorlaufphase einer Mediation (s. S. 103 ff.). K Methodische Hilfen Für die methodische Arbeit gilt das Grundmuster der Mediation sowie das der Mehrparteien-Mediation (s. S. 230 ff.) mit allen Prozessschritten, Methoden und Techniken. Wegen der größeren Komplexität ist die Arbeit mit Hypothesen bedeutsam. Die Vorlaufphase hat in der Team- und Gruppen-Mediation größere Bedeutung als in anderen Mediationen. Das bedeutet, dass Mediatoren mehr Zeit in Vor-Mediationen mit der ganzen Gruppe oder mit jeder Gruppie-
233
B. Werkzeugkoffer
rung einzeln sowie in die Vorbereitung der Mediation investieren müssen. Sie können von jedem Teilnehmer eine eigene kurze Schilderung des Konflikts bzw. des Konfliktverlaufs anfordern, um die gesamte Komplexität des Konflikts besser einschätzen zu können. Ob hier zusätzlich „Caucusing“ (Einzelgespräche mit jeder der Gruppierungen oder der Konfliktpersonen) angezeigt ist, richtet sich nach den Besonderheiten des Falls und der Anfrage. Die Erfahrung mit solchen Vorlaufphasen zeigt, dass Auftrag, Freiwilligkeit und Ergebnisoffenheit sorgfältig abgeklärt werden müssen. Der Mediator sollte Gespräche mit Gruppenleitern, der Leitung der Firma, der Verwaltung, die meist die Auftraggeber der Mediation sind, führen. K Vor-Vereinbarungen Abmachungen über Co-Mediation, Kosten, Dauer, Formen und Übermittlungswege der Vereinbarungen, Setting, Rolle des Rechts etc. sollten im Vorfeld geklärt werden, wenn es sich um sehr große Teams oder Gruppen handelt. Regeln über Kommunikation, Emotionen in der Mediation, Schweigepflicht, Zeitabläufe etc. sollten ebenso geklärt sein, weil sie bei großen Gruppierungen in der Mediation zu viel Zeit und Geduld bedeuten. Bisweilen empfiehlt es sich, diese Regeln vorzugeben, weil sie in sehr großen Gruppierungen nur schwer zu mediieren sind. Es empfiehlt sich zudem die Erstellung von Sozio- oder Organigrammen, um während der Mediation Klarheit über Struktur, Zuständigkeiten und Entscheidungswege zu haben bzw. herstellen zu können. Zusätzlich ist die Erstellung eines speziellen Arbeitskontrakts für die Team- oder GruppenMediation notwendig, in dem der Vorgesetzte der nächsthöheren Abteilung oder der Auftraggeber durch Unterschrift Vertraulichkeit des Mediators, Ergebnisoffenheit bestätigt und zusichert, dass die Teilnahme an dieser Mediation keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen hat. K Visualisierungsmöglichkeiten in der Gruppen-Mediation Für die Visualisierungsmöglichkeiten in der Mediation sind mehrere Flipcharts und/oder Pinnwände notwendig. Für einzelne Stufen (besonders für die Themensammlung, aber auch für die Entwicklung der Optionen und für die Angebote beim Verhandeln) werden Karten oder Zettel benötigt – möglichst in verschiedenen Farben der Anzahl der beteiligten Gruppierungen entsprechend. Weitere Visualisierungshilfe sind Plakate über Prozessphasen sowie vorgesehene Zeitplanung. Zur Strukturierung und
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2. Mediation von Gruppen, Teams etc.
Klarheit der Mediation trägt es bei, dass alle Beteiligten wissen, wo sie sich im Prozess gerade befinden und wie viel Zeit ihnen noch verbleibt. K Zeitmanagement und Phasen Es ist ein genaues Zeitmanagement notwendig, weil die einzelnen Stufen andere Zeitdimensionen haben als in anderen Mediationen. Mediatoren sollten Klarheit darüber haben, wie sie die einzelnen Stufen erarbeiten wollen, mit welchen Fragen, die für alle Gruppierungen verständlich sind, sie arbeiten wollen, wie sie die grafischen Visualisierungen durchführen wollen. Dies gilt insbesondere bei den Stufen, in denen sie das gegenseitige Verstehen (Window II) erarbeiten wollen (z.B. durch Kennzeichnung mit Namenskürzeln oder durch Verteilen farbiger Klebepunkte). Schließlich sollten sie vorher überlegen, in welchen Phasen es sinnvoller ist, alle Beiträge untereinander zu schreiben (z.B. Themensammlung und Optionen), oder in welchen es sinnvoll sein kann, die Beiträge jeder Gruppierung oder Person zuzuordnen. Dies gilt insbesondere für die Arbeit an den Interessen, den Fairnesskriterien oder der Rolle des Rechts. K Settingmöglichkeiten Die Frage des Settings und der Sitzordnung geschieht auf der Basis von Struktur- und Arbeits-Hypothesen. Die Sitzordnung sollte bei großen Mediationen nicht willkürlich sein, sondern der systemischen Struktur der Gruppen oder des Teams entsprechen. Mediatoren sollten zudem überlegen, wie sie die abwesenden Team- oder Gruppenmitglieder durch Visualisierung oder durch zirkuläre Fragen einbeziehen wollen. In sehr großen Gruppierungen hat sich die Arbeit mit einem Mediatorenteam als nützlich und hilfreich erwiesen, d.h. jede Gruppierung oder Untergruppe arbeitet mit einem eigenen Mediator. Die Ergebnisse können dann in einem so genannten Reflecting Team, s. S. 308, von allen zusammengetragen werden, evtl. sogar mit einem zusätzlichen Moderator. Man kann in der gesamten Mediation auf diese Weise arbeiten. Man kann auch im gleichen Raum mit den verschiedenen Untergruppen arbeiten. Jede Gruppe wählt einen Sprecher, der die Ergebnisse dem Plenum übermittelt.
235
B. Werkzeugkoffer
K Verhandeln und Vereinbaren in großen Gruppen und Teams Die Erfahrung mit diesen Mediationen zeigt, dass die Stufe des Verhandelns und des Vereinbarens länger dauern kann als in begrenzten Mediationen. Es ist sinnvoll, Reservezeit einzuplanen, damit alle wichtigen Formulierungen, Übermittlungswege, Überprüfungen sowie Abänderungsmöglichkeiten mediiert werden können. Bisweilen empfiehlt es sich, in der Schlussphase, in der es um die Genauigkeit der Vereinbarungen geht, mit einem zusätzlichen Schriftführer oder mit Laptop und Beamer zu arbeiten. Oft sind bei der endgültigen Abfassung der Vereinbarung nicht mehr alle Gruppenmitglieder anwesend. Die geleistete Arbeit wird insbesondere dann positiv bewertet, wenn alle Teilnehmer der Mediation am Ende eine ausgedruckte Fassung der Vereinbarung erhalten. K Praxisanregungen e Für Team- und Gruppen-Mediation sind Erfahrungen in Gruppen-
arbeit in Großgruppen von Vorteil. In der Arbeit in einem Mediatorenteam sollte zumindest einer der Mediatoren diese Erfahrungen mitbringen. e Co-Mediatoren oder größere Teams sollten nach Möglichkeit inter-
disziplinär besetzt sein, wobei die Interdisziplinarität vielfältig sein kann (z.B. zum Projektmanager, Ingenieur, Umweltberater, Ökonom, Psychologe vom Grundberuf). e Für Team- oder Gruppen-Mediationen ist es hilfreich, sich mit Orga-
nisationsberatern auszutauschen. Deren Fragestellungen können Mediatoren helfen, genauere Arbeits-Hypothesen sowie Methoden zu entwickeln (z.B. „Wie kommt die Gruppe zu ihrem Konflikt?“/„Was ist das eigentliche Thema hinter dem Konflikt?“/„Wer hat welche Vorteile von diesem Konflikt?“/„Was ist die Ideologie hinter dem Konflikt, über was darf eigentlich nicht gesprochen werden?“/„Wo liegen die Ressourcen für Lösungen, die nicht sein dürfen?“ etc.). e Für Mediatoren in Teams oder Gruppen ist die Eigen-Fürsorge in Bezug
auf Zeiten, Pausen, Regeln, Bezahlung, Feedback von großer Bedeutung. Team- und Gruppen-Mediationen können bisweilen sehr anstrengend sein.
236
3. Misch-Mediation
3. Misch-Mediation Übung Denken Sie an eine Ihrer komplizierteren Mediationen. Versuchen Sie, herauszufinden, ob in dieser Mediation nicht mindestens noch eine zweite oder vielleicht sogar mehrere Mediationen enthalten waren. Wie viele und welche?
K Variationen von Misch-Mediation Bei vielen kompliziert erscheinenden Mediationen kann es sich um sogenannte „Misch-Mediationen“ handeln. Das sind Mediationen, die aus mehr als einem Mediationsfeld kommen. Sie sind oft zunächst nicht als Misch-Mediationen zu erkennen und führen ohne gründliche Hypothesenbildung häufig zu Abbrüchen. So können in einer Wirtschafts-Mediation eine Erb- und/oder eine Ehe-Mediation stecken, in einer Schul-Mediation eine Nachbarschafts-Mediation, in einer Scheidungs-Mediation noch eine Wirtschafts-Mediation, in einer Umwelt-Mediation eine Verwaltungs- und/oder eine Mobbing-Mediation enthalten sein. – Theoretisch könnten in der Erb-Mediation Schaller auch mehrere Mediationen enthalten sein, eine Betriebs-Mediation (Rebecca, Christof und die beiden Angestellten), eine Geschwister-Mediation (Rebecca, Christof und Anna), eine Ehe-Mediation (Christof und seine inzwischen von ihm schwangere Freundin Dominique), eine Beziehungs-Mediation (Sofia und ihre Freundin im Schwarzwald, mit der sie im Alter von 66 Jahren zusammenziehen will) und eine erneute Erb-Mediation (wenn es nämlich um einen Erbvertrag über das übrige Erbe von Sofia gehen sollte).
K Methodik in der Misch-Mediation Hier sind Arbeits- und Struktur-Hypothesen hilfreich. Mediatoren sind dann gewissermaßen „systemblind“, da sie nur eine der verwickelten Mediation behandeln oder selbst bereits ein Teil des Systems geworden sind. Hinweise hierfür sind das Überziehen von Sitzungen, ein hoher Energieverbrauch bis hin zum Ausbilden eines „Helfersyndroms“, da man allen Anforderungen aller Parteien gerecht werden möchte. Der Mediator läuft dann Gefahr, Vorschläge zu machen, in Bündnisse zu gehen, zu agieren statt zu mediieren, Distanz und Neutralität zu verlieren. Methodisch ist bei komplexen Mediationen die Erstellung eines oder mehrerer Geno-, Sozio- und/oder Organigramme (s. S. 285 f.) eine Hilfe. Die Erstellung eines Wertebildes über die materiellen und immateriellen
237
B. Werkzeugkoffer
Werte in dieser Mediation kann zudem aufdecken, dass mehrere Mediationen in einer Mediation enthalten sind. Es ist für den Mediator wichtig, diese Verflechtungen aufzuzeigen und durch Visualisieren, Verbalisieren und Entwickeln von Optionen eine „Entmischung“ mit den Parteien zu erarbeiten. Die Chance besteht dann darin, durch diese „Entmischung“ die eigentlichen Aufträge an den Mediator wieder erkennen oder neu definieren zu können und für die anderen Mediationen neue Optionen suchen zu können. Das bedeutet Entlastung sowohl für den Mediator als auch für die Medianden, die sich für die angrenzenden Konflikte, Verwirrungen und Probleme oft mitverantwortlich fühlen. Wenn Klärung und Entflechtung stattgefunden hat, ist es ein wichtiger Schritt, die Medianden bei der Suche nach neuen Wegen für die Klärung zu unterstützen. Unter Umständen kommt auch eine Übergabe an einen weiteren Mediator in Betracht.
4. Mehrwege-Mediation Übung Was stellen Sie sich unter dem Begriff „Mehrwege“-Mediation vor? Bei welchen Mediationen ist Ihnen auch schon mal der Gedanke gekommen, dass Sie mehrgleisig arbeiten müssten?
K Eine gute Mediation ist im Grunde immer eine Mehrwege-Mediation Die Ausführungen in diesem Kapitel könnten auch im Kapitel „Ambivalenz- und Polyvalenz-Mediation“ (s. S. 62 ff.) gemacht werden, da Methoden und Techniken der Mehrwegearbeit dort besonders gebraucht werden. Es gibt aber auch Mediationen mit dem Auftrag, mehrere Möglichkeiten und Ziele zu erarbeiten, obwohl keine oder wenig Ambivalenzproblematik bei den Medianden vorliegt. Ausgehend von der Philosophie der Mediation, könnte man die These aufstellen, dass: „Eine gute Mediation im Grunde immer eine MehrwegeMediation ist, indem sie nämlich immer mehrere Optionen erarbeitet“. Üblicherweise wird bei den meisten Definitionen von Mediation davon ausgegangen, dass sie nur auf eine Lösung und auf eine Vereinbarung ausgerichtet ist. Im Falle einer Ambivalenz- oder Polyvalenz-Mediation hingegen könnten mehrere Lösungen und Ziele entwickelt werden, ebenso könnten Mediationsaufträge zwei oder mehrere Vereinbarungen wünschen.
238
4. Mehrwege-Mediation
Neben Ambivalenz-Mediationen gibt es Konstellationen, die nicht an ambivalente oder doppelwertige Entscheidungen gebunden sind, sondern eher von bestimmten Fakten und Umständen abhängen, die eintreten könnten und die dann eine andere Vereinbarung verlangen. Hier spielt die Zeitvariable eine Rolle. So könnte z.B. in einer Wirtschafts-Mediation eine Vereinbarung entwickelt werden für die jetzige Situation der Firma und gleichzeitig für die Möglichkeit einer Insolvenz. In einer Schul-Mediation könnte die jetzige Situation einer Klasse mediiert werden und gleichzeitig der Fall einer drohenden Zusammenlegung mit der Nachbarklasse. In einer Ehe-Mediation könnten Regeln entwickelt werden für das jetzige Zusammenleben und gleichzeitig für das Leben nach Auszug der Kinder. Es gibt Mediationen, bei denen sich die Mehrwege-Arbeit aus Gründen der Praktikabilität anbietet, so bei einem oder mehreren Medianden, die eine großer Entfernung zurückzulegen haben und verschiedene Möglichkeiten von Vereinbarungen für verschiedene Konstellationen festlegen wollen. Solche Situationen kommen in Erb- oder Wirtschafts-Mediationen vor, aber auch in Trennungs- und Scheidungs-Mediationen, wenn ein Elternteil z.B. im Ausland lebt. In Umwelt-Mediationen, können verschiedene Konstellationen durchmediiert werden, weil es viel Aufwand und Kosten verursachen würde, derartig große Konfliktparteien erneut an einen Tisch zu bekommen. –
In der Erb-Mediation Schaller gab es einen Punkt, an dem die Mediatorin auf Grund der Ambivalenz von Sofia („Ich will den Verlag abgeben, aber eigentlich will ich ihn auch behalten“) kurzzeitig die Hypothese hatte, es könnte auch eine Mehrwege-Mediation für beide Möglichkeiten angesagt sein. Die Mediatorin überprüfte ihre Arbeits-Hypothese, behielt sie nach der Überprüfung in ihrem Speicher und hat sie im Verlauf der Mediation immer mal wieder angeschaut.
K Methodik in der Mehrwege-Mediation Meist zeigt sich die Notwendigkeit einer Mehrwege-Mediation in der Vorlaufphase, im Einführungsgespräch oder spätestens bei der Arbeit an den Bedürfnissen. Wenn sie bereits zu Beginn der Mediation sichtbar wird, ist die Entscheidung über die methodische Vorgangsweise einfacher, als wenn sie erst später auftaucht, weil man dann evtl. nochmals einige Stufen zurückgehen muss. Im Falle einer sich mehrfach verändernden Faktenkonstellation gibt die Mehrwege-Mediation den Medianden mehr Sicherheit für die verschiedenen Konstellationen. Bei einer Mehr-
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B. Werkzeugkoffer
wege-Mediation wird den Medianden deutlich, dass der Mediator der Ambivalenz oder auch ihrem Bedürfnis nach Vereinbarungen für mehrere Möglichkeiten nachkommt und versucht, seine Neutralität zu bewahren. K Beispielfragen und -sätze für die Mehrwege-Mediation – „Ich kenne viele Mediationen, in denen alle Aspekte für die Vereinbarungen aus verschiedenen Gründen mit mehreren Wegen und mit verschiedenen Vereinbarungen gearbeitet werden müssen, damit alle Beteiligten für die verschiedenen Möglichkeiten mehr Sicherheit haben. Denken Sie, das könnte für Sie auch eine gute Möglichkeit sein?“ – „Ich merke an Ihren Themen für die mögliche spätere Vereinbarung, dass vielleicht zwei oder auch mehrere Möglichkeiten erarbeitet werden müssen. Sehe ich das richtig? Wollen Sie das vielleicht mal versuchen?“ – „Es kommt relativ häufig vor, dass Leute in Mediationen merken, eigentlich wissen sie noch nicht so genau, welchen Weg sie jetzt vereinbaren wollen, weil bestimmte Fakten oder Umstände noch nicht geklärt oder noch nicht eingetreten sind. Deshalb entwickeln sie jeweils andere Vereinbarungen für die verschiedenen Möglichkeiten.“
Wenn der Mediator zu der Überzeugung gelangt ist, dass Mehrwege-Arbeit indiziert ist, wird er alle Stufen doppelt oder mehrfach erarbeiten (zwei Themensammlungen, zweimal Interessen, Optionen, Verhandeln und Vereinbaren, bisweilen auch zweimal Fairnesskriterien und zweimal Rolle des Rechts). K Praxisanregungen e Für eine Mehrwege-Mediation ist eine mentale Vorbereitung der Stu-
fen bedeutsam. e Für die Visualisierungen benötigt man viele Flipcharts, Papier, Ab-
stand, um über die einzelnen Arbeiten hinaus die Übersicht zu behalten. Eine Hilfe kann es sein, für die verschiedenen Alternativen mit verschiedenen Farben zu arbeiten (z.B. für Lösung A in blau, für Lösung B in rot und die Übergangslösung für beides in rosa). e Der Mediator benötigt selbst mental verschiedene Fenster, damit er
sich merken kann, für welche Lösung bereits welche Schritte gearbeitet worden sind. Einige Mediatoren machen diese Arbeit parallel, einige alle Stufen für jede der Lösungen nacheinander. e Da die Mehrwege-Mediation sehr viel mehr Zeit in Anspruch nimmt,
sollten Mediatoren über ein gutes Zeitmanagement verfügen. e Co-Mediation ist hier eine große Erleichterung.
240
5. Co-Mediation
5. Co-Mediation Übung Denken Sie an eine Ihrer Mediationen aus der letzten Zeit, bei der Sie das Gefühl oder auch die Arbeits-Hypothese hatten, es wäre besser gewesen, zu zweit zu arbeiten. Warum wäre es besser gewesen? Wozu hätten Sie eine CoMediatorin oder einen Co-Mediator gebraucht? Wozu und warum hätten die Medianden einen zweiten Vermittler gebraucht? Wer von Ihren MediatorenKolleginnen oder -Kollegen wäre dafür in Frage gekommen?
K Verschiedene Möglichkeiten von Co-Mediation Unter Co-Mediation wird in der Regel die Zusammenarbeit mehrere Mediatoren verstanden. Die Kombination ergibt sich aufgrund des Geschlechts oder der professionellen Ausrichtung der Mediatoren als Mediatoren-Duo oder als Team von mehreren Mediatoren. In der FamilienMediation wird viel in gemischtgeschlechtlicher und interdisziplinärer Co-Arbeit praktiziert, mehrheitlich als Mischung aus juristischen und psychosozialen Mediatoren. In anderen Feldern der Mediation sind diese Kombinationen je nach Anzahl der an der Mediation beteiligten Konfliktparteien und je nach Mediationsfeld häufig multiprofessionell. So gibt es in der Wirtschafts-Mediation Co-Arbeit zwischen juristischen und organisationsberaterischen Mediatoren, in der Schul-Mediation Co-Arbeit zwischen Lehrern und Sozialarbeitern sowie Juristen, in der Krankenhaus-Mediation zwischen Ärzten und Organisationsentwicklern, in der Umwelt-Mediation Teams von Juristen, Bausachverständigen, Gemeinwesen-Mediatoren. – Im Fall der Erb-Mediation Schaller wäre auch eine Co-Arbeit zwischen der psychosozialen Mediatorin, einem Juristen und/oder einem Mediator aus der Verlags- oder Wirtschaftsbranche denkbar gewesen (und als Kriterium für die Auswahl hätte man noch die Frage der zwei Generationen bedenken können).
K Indikation Die Kombination von Zwei-Frauen-Mediationen oder Zwei-Männer-Mediationen wird insbesondere für die Zweier- bzw. Paar-Mediation kontrovers beurteilt, weil hier das Übergewicht einer Seite die Balance der Neutralität gefährdet. Das Gleiche gilt auch für die Co-Arbeit von zwei Mediatoren aus gleichen Herkunftsberufen. Generell scheint sich der Grundsatz zu bewähren: Je unterschiedlicher die Zusammensetzung des Mediatorenteams ist, umso mehr Verstehensgrundlagen und Optionalität
241
B. Werkzeugkoffer
werden für die Konfliktparteien ermöglicht, umso spannungsreicher und schwieriger kann aber auch gleichzeitig die Co-Arbeit unter den Mediatoren sein. Für eine Co-Mediation gibt es eine Reihe von Indikationen: –
Zahlenmäßig große Mediationen
–
Große Unterschiedlichkeiten (Altersstruktur; kulturelle, religiöse, ideologische oder anders unterschiedliche Herkunft etc.)
–
Zahlenmäßig unterschiedliche Besetzungen der Konfliktparteien (z.B. Mediationen mit Einzelnen, Gruppen und/oder 2–3 Vertretern von anderen Gruppierungen)
–
Hohe Emotionalität
–
Ungleichheit in der Selbstbehauptung der Konfliktpartner sowie andere Formen von Machtgefälle
–
Eingeschränkte Neutralität eines Mediators selbst
In der Praxis von Co-Mediatoren werden häufig unterschiedliche Formen einer Zusammenarbeit praktiziert: –
Durchgängige Co-Mediation
–
Punktuelle oder phasengerechte Co-Mediation
–
Variationen dieser beiden Formen je nach Inhalt und Prozessstand der Mediation
K Methodische Hilfen Die methodischen und technischen Möglichkeiten, Indikation und Kontra-Indikation sind abhängig von den jeweiligen Arbeits-Hypothesen für die einzelne Mediation; oft spielt der finanzielle Aspekt auch eine Rolle. Neben den unterschiedlichen Formen der Zusammenarbeit gibt es unterschiedliche Methoden. Die Methodenwahl in der Co-Arbeit hat inhaltliche, soziologische oder prozessuale Aspekte: –
Parallel-Unterstützung der verschiedenen Konfliktparteien: Der Mediator unterstützt den männlichen Medianden, der jüngere Mediator den jüngere Medianden, die Mediatorin den weiblichen Medianden, der ältere Mediator den ältere Medianden.
–
Überkreuz-Unterstützung: Das gleiche Prinzip, aber überkreuz, weil dadurch das gegenseitige Verstehen gefördert werden kann.
242
5. Co-Mediation
–
Alternierende Co-Arbeit: Einer ist für die Prozessarbeit, der andere für die Visualisierung zuständig; ein Mediator, z.B. der juristische Mediator, kommt nur für einige Sitzungen dazu; einer arbeitet eine Sitzung ganz und der andere beobachtet, beim nächsten Mal dann umgekehrt; inhaltlich oder systematisch alternierende Unterstützung (z.B. der eine die Erblasser, der andere die Erben).
–
Kreative oder chaotische Co-Arbeit: Ohne Absprachen untereinander. Hier sollten die Co-Mediatoren sehr vertraut miteinander sein.
K Praxisanregungen e Co-Mediation kann ein gutes Modell für die Medianden sein. Sie er-
leben an den Co-Mediatoren, dass man aufeinander hört, Regeln ausmacht und einhält, dass Fehler und fachliche Kritik erlaubt sind und dass konsensuale Konfliktregelung und positives Feedback möglich und hilfreich sind. Gerade in großen oder schwierigen Mediationen sollten Mediatoren diese Modellmöglichkeiten nutzen. e Auch wenn Mediationen durch die Co-Arbeit höhere Kosten verursa-
chen, mit Terminproblemen gekoppelt sind, langsamer verlaufen, mehr Zeitaufwand für Vor- und Nachbesprechungen benötigen, bisweilen sogar bei den Mediatoren Rivalitätsprobleme auftauchen können, bei ungleicher Ausbildung und Praxiserfahrung Co-Mediation anstrengend sein kann, überwiegen im Allgemeinen die Vorteile die Nachteile einer Co-Arbeit: e Es ergeben sich Erholungsmöglichkeiten für jeden Mediator bei an-
strengenden Prozessen, es gibt mehr Erweiterungen und Optionalität, mehr Lebendigkeit und Dynamik, mehr Möglichkeit für fachliche Kritik und positives Feedback, mehr Möglichkeiten für Balance und Neutralität, mehr Erweiterung in Hinblick auf die sachlichen Aspekte der betreffenden Mediation durch die Interdisziplinarität. e Für die Auswahl von Co-Mediatoren empfiehlt sich die Suche nach
entgegengesetzten Lebens- und Weltanschauungsmustern, besonders bei interkulturellen, vom Alter, von den Berufen und von der Herkunft her gemischten Mediationen – das erhöht das Verstehens- und Unterstützungspotential für die Medianden erheblich. e Für die Co-Arbeit, insbesondere bei Mediatoren aus verschiedenen
Ausbildungen und mit unterschiedlicher Praxiserfahrung empfehlen sich ausführliche Vorgespräche oder eine gemeinsame Supervision.
243
B. Werkzeugkoffer
VII. Besondere Herausforderungen 1. Emotionen in der Mediation Übung Welche Emotionen der Parteien sind für Sie in der Mediation angenehm, welche sind unangenehm? Was könnten Sie dazu beitragen, dass Sie die angenehmen zulassen können?
K Emotionen in der Mediation In den Anfängen wurde vielfach vertreten, dass ohne (therapeutische) Bearbeitung von Emotionen eine Transformation bei den Parteien ausbliebe und damit langhaltige Vereinbarungen in der Mediation nicht zustande kommen könnten. Zwischenzeitlich hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass eine erfolgreiche und tragende Vereinbarung auf der Sachebene gelingen kann, wenn den Emotionen zuvor ein fester Platz in der Mediation eingeräumt wurde. K Psychotherapeutische Grundlagen Menschen haben zwei grundsätzlich unterschiedliche Systeme von Informationen zu verarbeiten: ein analytisch-kognitives System, bei dem die bewusste Kommunikation überwiegend sprachlich stattfindet, und ein holistisch-emotionales System, bei dem überwiegend nicht thematisiert wird; hier liefern die Emotionen bereits vor dem kognitiven Prozess wichtige Bewertungen über Stimuli. Emotionen lenken sehr früh die Aufmerksamkeit sowie das Verhalten eines Menschen in eine bestimmte Richtung, bevor dessen kognitiver Verarbeitungsprozess beginnt. Die erste Bewertung eines Ereignisses findet regelmäßig über Emotionen statt. Erst danach erfolgt die zweite Bewertung, ob diese Emotionen auch kognitiv betrachtet angemessen sind. Eine Emotion stellt eine Bewertung und Reaktion auf einen Stimulus dar. Sie besteht aus fünf Elementen: –
eine somatische Komponente = der Körper: Schwitzen, Pulsfrequenz, Erstarren
–
eine behaviorale Komponente = das Verhalten: Anschreien, Abwenden, Wegrennen
244
1. Emotionen in der Mediation
–
eine kognitive Komponente = das Denken: Beurteilen, Bewerten, Erklären
–
eine motivationale Komponente = das Bedürfnis: Grundbedürfnisse, Ziele, Anliegen
–
eine subjektiv empfundene Komponente = das Gefühl: elementare Basisgefühle, konkrete Gefühle
Erlebt ein Mensch eine Emotion, sind stets alle fünf Komponenten beteiligt, auch wenn er nur einzelne Komponenten erlebt. Emotionen haben stets Hinweisfunktionen auf die Bedürfnisse von Menschen, sei es bewusst oder unbewusst. K Arbeit mit Emotionen in der Mediation Die direkte Arbeit mit Emotionen in der Mediation erfolgt in vier Schritten: –
Wahrnehmen der Emotion im Sinne von Mitschwingen.
–
Akzeptieren der Emotion im Sinne von Willkommenheißen.
–
Ansprechen der Emotion bzw. von einzelnen Komponenten der Emotion in eigenen Worten (Das Benennen von Emotionen hat noch keine therapeutische Wirkung).
–
Transformieren in den Mediationsprozess, insbesondere durch die Erforschung der damit verbundenen Bedürfnisse (Hinweisfunktion).
Die indirekte Arbeit mit Emotionen umfasst folgende Schritte: –
Wahrnehmen der Emotion.
–
Akzeptieren der Emotion.
–
Hypothesenbildung zur Stabilität der Partei. Bei Instabilität Emotionen nicht ansprechen, um unterregulierte intensive Emotionen nicht noch zu verstärken und die emotionale Anspannung der Partei nicht noch zu erhöhen. Eine indirekte Nutzung der Emotion ist möglich.
–
Transformation in den Prozess der Mediation im Sinne einer Regulation, einer Beruhigung der Partei. Hier gilt es, die Hinweisfunktion einer Emotion zu nutzen: Arbeit an den Bedürfnissen, kurzfristige, vorläufige Vereinbarungen, zahlreiche Pausen in der Mediation, Prozess verlangsamen.
245
B. Werkzeugkoffer
K Methodisches Vorgehen Emotionen sind im Gesprächsprozess mit den Parteien stets anwesend. Der Mediator sollte sie wahrnehmen als wichtige Informations- und Kommunikationsquelle. Zudem sollte er Klarheit darüber haben, bei welchen Emotionen es ihm schwerfällt, diese zu akzeptieren (Supervision). Entscheidend ist für ihn seine Einschätzung bzgl. der Stabilität der anwesenden Parteien. Stabile Parteien erleben das Ansprechen ihrer Emotionen als Förderung ihrer Selbstbehauptung, instabile Parteien erleben das Ansprechen ihrer Emotionen als Bedrohung ihrer bereits brüchigen Selbstbehauptung. In beiden Fällen kann der Mediator die Hinweisfunktion einer Emotion nutzen, sei es, dass er den Fokus auf die Bedürfnisse der Parteien lenkt, den Blick zurückführt auf die Sammlung von weiteren Themen/Optionen/Angeboten, sei es, dass er den Gesprächsprozess stärker strukturiert, verlangsamt, Pausen einbaut (s.a. Patera). K Praxisanregungen e Bei der Arbeit mit Emotionen der Parteien sollte der Mediator auf sei-
ne eigenen Emotionen achten und diese unterscheiden können von denen der Parteien. Der Mediator sollte die Emotionen der Parteien nicht nur kognitiv als Information aufnehmen, sondern auch auf seine eigenen Emotionen als Informationsquelle vertrauen. e Eine therapeutische Bearbeitung von Emotionen im Sinne einer Emo-
tionstransformation oder Emotionsreflexion ist im Rahmen einer Mediation nicht sinnvoll. Diese setzt therapeutisches Handwerkszeug voraus. e Auch Parteien, die sagen, dass sie keine Emotionen haben, haben
Emotionen. Mit der Aussage, dass sie keine Emotionen haben, teilen sie dem Mediator mit, dass sie ihre Emotionen nicht wahrnehmen oder sich vor ihnen schützen wollen.
2. Hochstrittige Parteien Übung Sie sitzen vor einem hochstrittigen Paar und bemerken, dass Ihre guten Argumente und Appelle nicht ankommen. Was geht dann in Ihnen vor?
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2. Hochstrittige Parteien
K Mediierbarkeit bei Hochstrittigkeit Unter Mediatoren ist es umstritten, ob bzw. inwieweit Mediationsarbeit mit hochstrittigen Konfliktparteien überhaupt möglich ist. Die Praxis zeigt, dass Hochstrittigkeit die Durchführung einer Mediation nicht per se kontraindiziert. Auch wenn der Mediator im ersten Moment keine Aussicht auf eine konsensuale Vereinbarung sieht, sollte er nicht verfrüht aufgeben und der Mediation eine Chance geben. Notwendig ist in diesen Fällen allerdings immer, dass der Mediator sich mit der Frage auseinandersetzt, ob der Prozess an eine Grenze gestoßen ist, bei der eine Mediation keinen Erfolg (mehr) verspricht. K Merkmale von Hochstrittigkeit Der Begriff Hochstrittigkeit hat keine diagnostische Qualität; er ist lediglich beschreibender Natur. In dieser Funktion ist er für Mediationen jedoch besonders wertvoll. Es gibt bestimmte Merkmale, die sich bei hochstrittigen Parteien identifizieren lassen und die dem Mediator signalisieren, dass er den Mediationsprozess umstellen, auf diese Parteien einstellen muss. Folgende Merkmale können bei hochstrittigen Parteien vorliegen: –
Dauerhafte Schwierigkeiten im Kontakt und in der Kommunikation
–
Hohe Emotionalität
–
Ausgesprochenes Schwarz-Weiß-Denken
–
Offene oder verdeckte Feindseligkeiten, Anschuldigungen
–
Einbezug Dritter
–
Wiederholte Gerichtspräsenz
Meist liegen mehrere dieser Merkmale vor. K Theorie zur Konfliktdynamik hochstrittiger Parteien Von Janet Johnston stammt das Konzept der Konflikterhaltungsmechanismen hochstrittiger Paare. Statt zu erforschen, warum die Parteien nicht ihren Konflikt beenden, empfiehlt sie, der Frage nachzugehen, was für die Parteien dafür sprechen könnte, ihre Konflikte zu erhalten. Bisweilen scheinen Nutzen und Schutz durch den Erhalt des Konfliktes größer als die Befriedung, so bleibt bspw. die Verbindung zu einer Person durch das Nachschieben von neuen Konflikten intensiv und „aufregend“. Konflikterhaltungsmechanismen sind auf drei Ebenen zu beobachten:
247
B. Werkzeugkoffer
–
Die intra-psychische Ebene Hier haben Konfliktparteien innere ungelöste Konflikte mit sich selbst und ziehen andere Konfliktparteien in ihre Konflikte hinein. In Familienmediationen sind es oft stark abhängige Persönlichkeiten, die nur schwer in der Lage sind, ein eigenständiges Leben zu führen. In Wirtschafts-, Arbeits-, Nachbarschaftsmediationen sind es oft Konfliktparteien, die leicht narzisstisch kränkbar sind. Diese stabilisieren ihren eigenen geringen Selbstwert, indem sie abfällig, herablassend, kontrollierend mit anderen Parteien umgehen und sich als überlegen erleben.
–
Die inter-psychische Ebene Die Konfliktparteien sind in diesen Fällen durch ein festes Muster gegenseitigen Beschuldigens miteinander verbunden. Statt die eigene Verantwortlichkeit für die Probleme zu sehen und anzunehmen, sammeln sie stets neue Vorwürfe und Beweise, um auf diese Weise vor der Eigenverantwortung geschützt zu sein.
–
Die soziale Ebene Familienmitglieder, das nahe oder berufliche Umfeld, die professionellen Helfer stärken ihrerseits die Konflikte und halten sie am Leben. Das hat zum einen für die Beteiligten einen gewissen „Unterhaltungswert“ und lenkt zum anderem von eigenen offenen Fragen und Problemen ab.
Der Mediator sollte sich daher auf diese Ebenen einstellen und sein Mediationskonzept entsprechend anpassen. Letztlich muss er erreichen, dass die Konfliktparteien sich auf die eigene Person besinnen und Verantwortung für ihre eigenen Unzulänglichkeiten und Herausforderungen übernehmen. K Konzeptionelle Anpassungen in der Mediation mit hochstrittigen Parteien –
Der Mediator sollte viel Sorgfalt auf den Kontaktaufbau mit jeder Partei verwenden, bevor er sich den inhaltlichen Fragen zuwendet.
–
Der Mediator sollte entschleunigen und zur Entlastung der Parteien beitragen.
–
Der Mediator sollte kurzfristige, vorläufige Vereinbarungen mediieren.
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2. Hochstrittige Parteien
–
Der Mediator sollte die Vereinbarungen konkret und handlungsorientiert formulieren.
K Methodik –
Der Mediator sollte seine Prozessführung deutlich machen, indem er seine Rolle erklärt und para- und nonverbale Kommunikation stärker in den Vordergrund rückt, nur kurze Hauptsätze wählt.
–
Bei diesen Parteien benötigt der Mediator viel Zeit, um deren Selbstbehauptung zu stärken, auch wenn diese überzeugt auftreten.
–
Bisweilen kann es sinnvoll sein, auf die Wechselseitigkeit aus Gründen der Überforderung der Parteien zu verzichten. Eine parallele Existenz, die Akzeptanz und das Stehenlassen von Unterschiedlichkeit kann für die Parteien die einzig praktikable Lösung darstellen.
–
Die einzelnen Techniken werden mit Sorgfalt angewendet: Aktives Zuhören, Zusammenfassen, Fokussieren, Normalisieren helfen gerade zu Beginn der Mediation.
K Praxisanregungen e Die Mediation mit hochstrittigen Parteien kostet viel Kraft und
Konzentration. Der Mediator sollte darauf achten, dass er nicht ausschließlich solche Parteien mediiert. e Diese Mediationen kosten bisweilen viel Zeit: längere Sitzungen,
mehrere Sitzungen über einen längeren Zeitraum. Aus diesem Grunde ist ein besonders gutes Zeitmanagement notwendig, um den Prozess nicht ausufern zu lassen. e Der Mediator sollte auch bei der Übernahme dieser Mediation bereit
sein, über Grenzen nachzudenken. Das sind zum einen Grenzen bei den Konfliktparteien, die an den Konflikten um jeden Preis festhalten. Zum anderen geht es um die eigenen Grenzen. Man muss sich als Mediator nicht aufopfern und um jeden Preis durchhalten, sondern sollte gut auf die eigenen inneren Widerstände achten. e Auch bei Nichtannahme einer Mediation mit hochstrittigen Parteien
bleibt man ein guter Mediator.
249
B. Werkzeugkoffer
3. Umgang mit „Zwangskontext“ Übung Ihr Ehepartner hat sich entschieden, sich von Ihnen zu trennen. Er teilt Ihnen mit, dass es kein Zurück mehr gibt. Sie selbst wollen unbedingt an der Ehe festhalten und sehen noch gute Chancen. Ihr Ehepartner lässt Sie aber wissen, dass jetzt nur noch eine Scheidungsmediation möglich sei oder der Weg vor Gericht. Wie „freiwillig“ werden Sie in die Mediation gehen?
K (Un-)Freiwilligkeit im professionellen Kontext Die Zahl der Beratungen, Therapien, Mediationen im sog. Zwangskontext hat in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich zugenommen. Es wird „gerichtlich empfohlen“, „geraten“, „dringend geraten“, „einvernehmlich beschlossen“, „verwiesen“, „unter Androhung von Konsequenzen nahegelegt“. Eine Fülle begrifflicher Unklarheiten ist entstanden. So bewegen sich einerseits die Konfliktparteien zwischen Freiwilligkeit und Zwang, die professionellen Helfer zwischen Hilfe und Kontrolle. Zumindest ist das subjektive Empfinden der Konfliktparteien vielfältig: freiwillig, unwillig, widerwillig, unfreiwillig, bereitwillig. Viele Parteien kommen in die Mediation mit einem Gefühl unterhalb der Freiwilligkeit. Dennoch lassen sie sich für einen Mediationsprozess motivieren. Der Mediator seinerseits sollte prüfen, inwieweit er sich von der reinen Unterstützung in Richtung Kontrolle bewegt. Eine entscheidende Grenze liegt in der Vertraulichkeit der Mediation. Nur wenn sichergestellt ist, dass bis auf die Mitteilung, dass eine Mediation stattfindet, nichts weitergetragen wird, gibt es für den Mediator einen geschützten Rahmen, in dem er eine Chance hat, seine Werkzeuge zur Gestaltung des Prozesses erfolgversprechend anzuwenden. Zu den rechtlichen Maßstäben und Grenzen für die Freiwilligkeit der Teilnahme an der Mediation s. S. 84 f. K Methodische Hilfsmittel im Zwangskontext –
Es geht im Zwangskontext regelmäßig um Einzelklärung und nicht um generelle Antworten.
–
Der Mediator sollte in jedem Fall die Unfreiwilligkeit ansprechen und mit den Konfliktparteien den verbleibenden Schon-Raum ausloten.
250
3. Umgang mit „Zwangskontext“
(„Wie kann ich Ihnen helfen, dass der Richter/der Vorgesetzte/der Personalchef in dieser Angelegenheit Ruhe gibt?“) –
Der Mediator sollte sich und den Konfliktpartnern vor dem Hintergrund einer polyvalenten Beziehungsdynamik Zeit geben für den Beziehungsaufbau. Hier spielt seine Haltung eine große Rolle, da die Konfliktparteien in der Regel bereits zahlreiche enttäuschende Erfahrungen mit professionellen Helfern (auch Mediatoren) gemacht haben.
–
Der Mediator sollte sich zudem Zeit für die Auftrags- und Rollenklärung geben. In der Auftragsklärung sollte er die unterschiedlichen Sichtweisen der Beteiligten zulassen. Von entscheidender Bedeutung ist die Zusicherung der Verschwiegenheit, die Herstellung eines Schon-Raums, aus dem nichts herausgeht.
–
Der Mediator sollte die Ziele der Mediation mit den Parteien aushandeln. Letztlich ist es das Ziel der Mediation, den Kontakt zwischen Mediator und Parteien möglichst rasch zu beenden. Bei der Festlegung der Ziele sollen nur solche gewählt werden, die realistisch, konkret, in der nächsten Zeit umsetzbar sind und unmittelbare Verbesserungen bringen können.
–
Ansonsten sind alle Methoden und Techniken der Mediation hilfreich, insbesondere die Unterstützung der Selbstbehauptung jeder Konfliktpartei.
K Praxisanregungen e Für die Einführungsstufe ist eine genaue Checkliste sinnvoll, um
sich stärker auf den Beziehungsaufbau zu jeder Konfliktpartei konzentrieren zu können. e Der Mediator sollte sich Zeit für das Thema Vertraulichkeit nehmen.
Hier besteht bei den Parteien in der Regel großes Misstrauen aufgrund vorhergehender Erfahrungen. Hilfreich kann es sein, mit dem Auftraggeber einen Vertrag zu schließen, in dem dieser die Vertraulichkeit schriftlich akzeptiert. e Mediationen im Zwangskontext sind in der Regel hochemotional.
Der Mediator sollte sich stabil genug fühlen, wenn er eine solche Mediation annimmt.
251
B. Werkzeugkoffer
e Der Mediator sollte seine persönliche und berufliche Grenze im Zu-
sammenspiel mit Kontrollfunktionen kennen. e Supervision ist in diesem Kontext notwendig, auch zum Schutz des
Mediators.
4. Kurzzeit-Mediation Übung Sie werden als Mediator angefragt, einen Konflikt zwischen zwei Kollegen in einer zweistündigen Sitzung zu mediieren. Welche Gedanken und Empfindungen löst diese Anfrage bei Ihnen aus?
K Grundlagen der Kurzzeit-Mediation Kurzzeit-Mediation ist ein Kind der Zeit, der Beschleunigung des Lebenstempos. Von daher wird sie in der Praxis oft angefragt, sehr häufig aus Kostenerwägungen. Die Kurzzeit-Mediation unterscheidet sich von der Langzeit-Mediation, indem sie sich auf eine bis zwei Sitzungen beschränkt und in diesem Zeitrahmen alle Stufen einer Mediation durchlaufen werden. Mediatoren waren in der Praxis zunächst auf Anfragen nach kurzen Mediationen oder nach einer einzigen Sitzung nicht vorbereitet und konnten keine entsprechenden Formate anbieten. Hilfreich war in dieser Situation der Rückgriff auf Konzepte der Kurzzeit-Therapie, insbesondere von Steve de Shazer. In Anlehnung an seine für die Heilbehandlung entwickelten Prinzipien konnte für die Mediation ein Konzept entwickelt werden, das sich in der Praxis bewährt und einen guten Platz im Repertoire von Mediatoren eingenommen hat. K Orientierungspunkte und Konzept der Kurzzeit-Mediation In Anlehnung an die Kurzzeit-Therapie hat die Kurzzeit-Mediation drei zentrale Orientierungspunkte: 1. Zukunftsorientierung 2. begrenzt auf bestimmte Ziele 3. Einsatz von Ressourcen Ausgehend von diesen drei Orientierungspunkten beschränkt sich das Konzept der Kurzzeit-Mediation auf eine „funktionierende“ Lösung. Eine begrenzte Unterstützung soll zu einer ersten eigenständigen Lösung be-
252
4. Kurzzeit-Mediation
fähigen. Das Konzept basiert auf der begrenzten Dauer (der Zeitrahmen wird mit den Parteien festgelegt) und auf dem begrenzten Ziel (für den gegenwärtigen Konflikt wird eine funktionierende Lösung entwickelt, statt zu transformieren). K Methode der Kurzzeit-Mediation Die Kurzzeit-Mediation erfordert einen ausführlichen Vorlauf, der bisweilen mehr Zeit erfordert als die Kurzzeit-Mediation selbst. Es sollten Informationen in verfahrensgerechter Form von allen Beteiligten eingeholt werden (per Mail, Telefonat, Einzelgespräch). Danach bildet der Mediator Hypothesen zu den Konfliktparteien, zur Gestaltung des Mediationsprozesses sowie zu seiner Person in der Kurzzeit-Mediation. Dem folgt die Festlegung des Settings (wer soll verhandeln, wer muss zusätzlich mit einbezogen werden, Ort, Zeitrahmen, Kosten der Mediation). Zusätzlich erarbeitet der Mediator das Zeitmanagement der Kurzzeit-Mediation. Er legt den Zeitrahmen fest und teilt dann die Zeiten pro Stufe ein; zusätzlich sollte er zumindest eine Pause sowie eine „Jokerzeit“ einplanen. Innerhalb dieses Zeitrahmens sollte die gesamte Mediation ablaufen. Akzeptieren die Parteien den Vorschlag des Mediators zum Setting und zum Zeitrahmen, kann der Mediator sich vor Terminbeginn zusätzlich mental auf die Mediation vorbereiten. Hilfreich ist es, wenn er sich für jede der Prozessstufen folgende fünf Fragen beantwortet: –
Wie erkläre ich den Parteien die Stufe?
–
Wie frage ich auf der Stufe?
–
Welche Methoden und Techniken stehen mir auf der Stufe zur Verfügung?
–
Welche möglichen Inhalte werden von den Parteien genannt?
–
Wie schließe ich die Stufe ab?
Die mentale Vorbereitung auf jede Stufe gibt entsprechende Sicherheiten, die helfen können, unter Zeitdruck in der Mediation arbeiten zu können. Daneben können alle Methoden und Techniken der Mediation zur Anwendung kommen. Im Zweifel sollte sich der Mediator für sichere Methoden und Techniken entscheiden, da unter Zeitdruck Korrekturen und Nachbesserungen schwerfallen.
253
B. Werkzeugkoffer
K Praxisanregungen e Mediatoren mit wenig Praxiserfahrung sollten bei Anfragen nach
Kurzzeit-Mediationen eher zurückhaltend sein oder gemeinsam mit einem erfahrenen Mediator in Co-Arbeit mediieren. e Bei Kurzzeit-Mediationen ist Hintergrundwissen zum Konfliktfeld
notwendig. Langatmiges Nachfragen zum Sachverhalt erschwert das Zeitmanagement und untergräbt die Glaubwürdigkeit des Mediators. e Der Mediator sollte sich genauestens im Vorfeld prüfen, ob er fähig
ist, unter Zeitdruck zu arbeiten bzw. bereit dazu ist. e Es empfiehlt sich, parallel zur Kurzzeit-Mediation mit Supervision
im Vorfeld zu beginnen und diese auch abzurechnen. e Bei Schwierigkeiten im Umgang mit der variablen Zeit kann Super-
vision hilfreich sein, um die eigenen Anteile als Mediator beleuchten zu lassen. e Bei der mentalen Vorbereitung einer Kurzzeit-Mediation kann der
Mediator auch über Verkürzungsmöglichkeiten nachdenken, so z.B. nur Window I zu arbeiten, ohne Zeit für Window II zu geben. e Der Mediator sollte in jedem Fall auch bei engem Zeitrahmen eine
Pause einrichten, am besten nach den Optionen, damit die Parteien wieder ein wenig Abstand zum Prozess bekommen, sich mit Personen ihres Vertrauens besprechen und sich etwas erholen können. e Der Mediator sollte sich nicht unter Erfolgsdruck setzen lassen. Bis-
weilen fragen die Parteien den Mediator, ob es denn sicher sei, dass sie wirklich eine Lösung am Ende hätten. Dies kann er nicht zusichern, aber er kann zusichern, dass er einen Zeitplan gemacht hat, nachdem sie am Ende auch die letzte Stufe erreichen würden.
254
C. Mediation in der Praxis I. Praxiserleichterungen 1. Systematische Fallvorbereitung Übung Angenommen, Sie erhalten eine telefonische Anfrage für eine Mediation. Was würde für Sie zu einer gründlichen systematischen Vorbereitung gehören?
K Grundsätzliche Vorbereitung auf einen Mediationsfall Bei Anfragen für die Übernahme eines neuen Falls ist es hilfreich, für die Vorbereitung einige Grundregeln zu beachten. Außer den notwendigen Schritten für die „Vorlaufphase“ (s. S. 103 ff.) sollte es eine generelle Vorbereitung geben. Hierzu stellen sich für den Mediator folgende Fragen: –
Welche Indikationen bzw. Kontra-Indikationen gibt es, diesen Fall zu übernehmen oder nicht zu übernehmen?
–
Welche Arbeits-Hypothesen habe ich zu diesem Fall?
–
Welches Hintergrundwissen benötige ich für diesen Fall bzw. wie kann ich zu diesem Wissen kommen (juristisch, psychologisch, feldspezifisch etc.)?
–
Welches Zeitmanagement habe ich für diesen Fall bzw. könnte ich anbieten?
–
Wie kann ich den möglichen Mediationsprozess bereits vorher mental durchgehen (allein, in einer Praevision mit einer Peergruppe, mit einem eigenen Coach, Supervisor)?
–
Was sind meine Hypothesen über mögliche eigene Ressourcen bzw. Fallen in dieser Mediation, in diesem Mediationsfeld?
K Mögliche Arbeitsfragen zu den jeweiligen Stufen und Zwischenstufen in der Mediation Eine große Hilfe für die Vorbereitung besteht in der Entwicklung von möglichst einfachen, für alle Konfliktparteien gleich lautenden Arbeitsfragen zu den jeweiligen Stufen und Zwischenstufen des Mediationsprozesses. Sie könnten folgendermaßen lauten:
255
C. Mediation in der Praxis
–
Was braucht jeder von Ihnen in der Vorlaufphase, damit die Mediation beginnen kann?
–
Welche Bedingungen und Regeln müssen für jeden von Ihnen gegeben sein, bevor Sie sich zu dieser Mediation entschließen?
–
Welche Themen will jeder von Ihnen regeln? Welche Regelungspunkte hat jeder von Ihnen?
–
Was steht bei jedem von Ihnen hinter den Konfliktthemen? Was sind Ihre persönlichen Interessen und Bedürfnisse? Und zum zweiten Schritt: Inwieweit versteht jeder die Interessen und Bedürfnisse der anderen?
–
Welche Ideen und Phantasien hat jeder von Ihnen für die Möglichkeiten zur Veränderung? Inwieweit kann jeder die Ideen und Phantasien der anderen unterstützen oder auch für sich nutzen?
–
Welche Angebote kann jeder von Ihnen machen, damit Sie miteinander verhandeln können?
–
Welche vorläufigen oder endgültigen Vereinbarungen können von Ihnen abgeschlossen und verbindlich werden?
Und als mögliche Arbeitsfragen für die Zwischenstufen „Fairnesskriterien“ und „Rolle des Rechts“: –
Welche Vorstellungen von Fairness und Gerechtigkeit hat jeder von Ihnen, an denen jeder von Ihnen die Vereinbarung messen will?
–
Welche Rolle soll für jeden von Ihnen das Recht spielen?
K Grundsätzliche Vorbereitungsschritte für jede Stufe Für die eigene mentale Vorbereitung oder auch für die Vorbereitung in einer Peergruppe eignen sich folgende Vorbereitungsschritte bezogen auf die Stufen des Grundbauplans: –
Genaue Formulierung des „Viererschritts“ (s. S. 225 ff.) (Wechsel von einer Stufe zur nächsten)
–
Arbeits-Hypothesen zu dieser Stufe
–
Genaue Formulierung der Arbeitsfragen auf der Stufe (s. S. 255 f.)
–
Inhalte dieser Stufe
–
Methoden und Techniken auf dieser Stufe
–
Visualisierungen und notwendige Vorbereitungen
–
Besonderheiten dieser Stufe
256
2. Praxisbedingungen
–
Mögliche Alternativen bei Weigerung der Parteien bzw. Nichtfunktionieren dieser Stufe
–
Eigene Beispiele im Kopf (mindestens jeweils drei „aus anderen Mediationen“)
K Praxisanregungen e Die Liste der Arbeitsfragen (s. S. 255 f.) eignet sich als Hilfe für die ei-
gene Arbeit, um allen Konfliktparteien die gleiche Frage stellen zu können. Sie ist auch für die Medianden nützlich, da sie dadurch verfolgen können, was der Mediator gerade erarbeitet. Zusammen mit dem Grundbauplan kann der Fragenkatalog ein guter Leitfaden für die Orientierung der Medianden sein. Wenn die Medianden diese Blätter bereits vor sich liegen haben, benötigen Mediatoren weniger Erklärungen. e Die Anregungen für eine eigene mentale Vorbereitung von Fällen und
von Sitzungen klingen anspruchsvoll. Nach mehreren Mediationen in der Praxis wird diese Systematik selbstverständlicher, bis sie fast automatisch abläuft. e Der oben vorgestellte Prozess- und Stufenplan einer Mediation (s.
S. 103 ff.) mit seinen Methoden und Techniken sowie den Besonderheiten der jeweiligen Stufe eignet sich für eine mentale Fall-Vorbereitung besonders gut.
2. Praxisbedingungen Übung Wenn Sie nicht aufs Geld schauen müssten, nach welchen Kriterien würden Sie Mediationsräume auswählen – in Bezug auf Größe, Lage, Ausstattung etc.? Welchen Stellenwert räumen Sie den äußeren Rahmenbedingungen für das Gelingen von Mediation ein?
K Mediationsräume Eine der ersten (gemeinsamen) Aufgaben in der Mediation ist die Verständigung auf den Verhandlungsort. Die Kriterien für den optimalen äußeren Mediationsrahmen können von Fall zu Fall variieren. Wesentliche Bedeutung haben dabei die „Neutralität“ und Erreichbarkeit des Ortes. Zusätzliche Kriterien können Gruppengröße und Sitzungsdauer sein.
257
C. Mediation in der Praxis
Die Anforderungen an geeignete Räume richten sich vor allem nach den Zielgruppen der Mediationsfelder. Für Wirtschafts-, Erb-, erweiterte Familien-Mediation etc. sind größere Räume notwendig als für Zwei-Parteien-Mediationen. Komplexe Erb- oder Wirtschafts-Mediationen werden zudem aus organisatorischen Gründen häufig en bloc an einem oder mehreren Tag(en) durchgeführt, wofür sich auch abgelegene Orte anbieten können. Bei Schul-, Nachbarschafts-, Verwaltungs-, KrankenhausMediationen werden in der Regel Räume von den Auftraggebern zur Verfügung gestellt. In jedem Fall sollten die Räume eher größer ausfallen und nicht zu klein, zu intim sein. Die grundsätzliche Entscheidung bzgl. eigener Praxisräume hängt vom jeweiligen Tätigkeitsgebiet des Mediators ab. Es gibt Mediatoren, die von Fall zu Fall entscheiden, welche Räume sie nutzen. Andere teilen sich Räume mit Kollegen. Dies bietet sich zum einen aus Kostengründen an, aber auch um multiprofessionell arbeiten zu können. K Ausstattung Bei jeder Art eigener oder fremder Räume für Mediationssitzungen sollte man darauf achten, dass genügend freie Wandflächen zum Aufhängen von Flipchart-Papieren gegeben sind. Des Öfteren benötigt man zwei Flipcharts und für Mehrparteien-Mediationen mehrere leicht zu bewegende Pinnwände. Für die Einrichtung empfehlen sich bequeme, aber leicht bewegliche Stühle, damit sich die Konfliktparteien auch anders gruppieren oder sich einander zuwenden können. Es sollten mehr Stühle vorhanden sein, als es Konfliktpartner gibt – bisweilen benötigt man leere Stühle zur Einbeziehung nicht anwesender Parteien. Denkbar sind zudem ein großer runder Tisch oder auch mehrere kleine Tische, damit das Setting im Laufe des Prozesses auch variiert werden kann. Auf jeden Fall sollten Medianden genügend Platz für ihre Unterlagen haben. Zur Ausstattung gehören weiter Moderationskoffer, (Flipchart)Papier und Technik (Laptop, Beamer, Kopierer etc.) soweit benötigt. Gut für die Arbeitsatmosphäre ist zudem das Bereitstellen von Mineralwasser. K Finanzen Bei der Frage der Finanzierung von Mediation sind zwei Aspekte zu beachten: zum einen gibt es die privaten Honorare und zum anderen die durch öffentliche Förderung finanzierten Honorare. Die Höhe der Hono-
258
2. Praxisbedingungen
rare hat zudem mit der Einschätzung der eigenen Arbeit durch den Mediator selbst zu tun. Je klarer seine Vorstellungen dazu sind, desto eindeutiger können die Parteien mit dieser Frage umgehen. Manche Mediatoren entscheiden sich für feste Sätze, andere beziehen soziale Faktoren wie Höhe des Einkommens, zu versorgende Kinder etc. mit ein. Bei entsprechender beruflicher Etablierung können grundsätzlich gute Einkünfte erzielt werden. Sofern anwaltliche Mediatoren auch die rechtliche Gestaltung der Abschlussvereinbarung übernehmen und diese gesondert abrechnen, sollten sie dies explizit mit den Medianden vorher regeln. In Beratungsstellen wird die Honorarfrage oft anders gehandhabt. Hier wird auf Spendenbasis gearbeitet. In den regionalen Arbeitskreisen sollten die finanziellen Fragen besprochen werden. Zudem gibt es Richter, die auch Wege für die Kostenregelung der Mediation finden. Weitere Aspekte der Honorarfragen sind eher inhaltlicher oder konzeptioneller Natur. Es gibt Mediatoren, die für Kurzzeit-Mediationen (wegen der höheren zeitlichen Arbeitsanforderungen in der Vorlaufphase (s. S. 103 ff.) oder für große Mehrparteien-Mediationen höhere Sätze verlangen. Die Mediation kann zudem pro Arbeitsstunde oder pro Sitzung abgerechnet werden. Für Co- oder Team-Mediationen werden je nach Auftrag und Mediationsfeld individuelle Sätze ausgehandelt. So haben sich im öffentlichen, im Verwaltungs- oder Wirtschaftsbereich bereits eigene Sätze eingependelt, die zumeist höher liegen als die von Privatpersonen geforderten Honorare. Ist erkennbar, dass Vorbereitung, Protokollierung oder Terminabstimmung besonders zeitaufwendig werden, sollte in der Honorarvereinbarung ausdrücklich festgehalten werden, dass neben der reinen Verhandlungszeit der gemeinsamen Mediationssitzungen auch diese zusätzlichen Tätigkeiten abgerechnet werden können. Jedenfalls kann der Mediator den zu erwartenden Mehraufwand in die Stundensätze einfließen lassen. Wichtig ist in allen Fällen, die Kosten- bzw. Honorarfrage bereits in der Vorlaufphase oder im Einführungsgespräch mit den Auftraggebern oder den Medianden auszuhandeln, damit die Mediation nicht an dieser Frage scheitert. K Haftpflichtversicherung für Mediatoren In Deutschland besteht, anders als beispielsweise in Österreich, keine allgemeine Versicherungspflicht für die Berufsgruppe der Mediatoren. Ein Mediator muss daher grundsätzlich selbst entscheiden, ob er sich gegen das Risiko, von Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genom-
259
C. Mediation in der Praxis
men zu werden, durch Abschluss einer spezifischen Vermögensschadenhaftpflichtversicherung absichern will. Viele Mediatoren sind allerdings bereits über ihren Grundberuf verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, sei es als Rechtsanwalt, Steuerberater, Notar, Arzt, Architekt o.Ä. Der Schutz einiger dieser Versicherungen (z.B. Rechtsanwälte, Psychotherapeuten) umfasst auch die Haftungsrisiken aus der Tätigkeit als Mediator. Soweit eine Berufshaftpflichtversicherung besteht, sollte dies im Einzelfall mit dem jeweiligen Versicherer geklärt werden (s.a. Röthemeyer, Rz. 325). Daneben hat sich zwischenzeitlich auch in Deutschland ein Markt für reine Mediatoren-Haftpflichtversicherungen zu individuellen (und vergleichsweise moderaten) Tarifen etabliert.
260
1. Mediation als Beruf
II. Beruf und Markt 1. Mediation als Beruf Übung Wenn Sie es sich malen könnten, wie sähe Ihre Idealvorstellung von Ihrer eigenen Mediationstätigkeit aus – im Hinblick auf das Mediationsfeld, den Zugang zu Mediationsfällen, den zeitlichen und kollegialen Rahmen, Netzwerke, Fortbildungen etc.? Welche Vorstellungen ließen sich verwirklichen – und wie? Wo wären Sie skeptisch – und warum?
K Entwicklung des Mediationsmarkts Seit dem Erscheinen der Erstauflage dieses Praxisbuchs 2005 ist der Bekanntheitsgrad von Mediation enorm gestiegen. Insgesamt ist Mediation deutlich in das öffentliche Bewusstsein gerückt. Wurde Mediation seinerseits noch als Betätigungsfeld für Idealisten und Exoten belächelt, ist sie heute fester Bestandteil zahlreicher Berufs- und Arbeitsplatzbeschreibungen – seien es freiberufliche Berufsgruppen, im öffentlichen Dienst oder im Rahmen von privaten Anstellungsverhältnissen Beschäftigte. Gleichzeitig wird Mediation allerdings bei weitem noch nicht in dem Umfang in Anspruch genommen, wie es wünschenswert wäre und ihrem Potential entspräche, wie nicht zuletzt der im Juli 2017 vom BMJV vorgelegte Evaluationsbericht zum Mediationsgesetz bestätigte (BT-Drs. 18/13178). Dies gilt insbesondere für die sog. „freie“ Mediation, also den Markt außerhalb von Beratungseinrichtungen, Gerichten, Angeboten der Versicherungsbranche und interner Konfliktbearbeitung. Dem mittlerweile breiten Angebot an Mediation steht hier bis heute eine vergleichsweise geringe Nachfrage gegenüber. Diese Marktentwicklung mag auf den ersten Blick ernüchtern. Sie bietet jedoch kein Anlass zur Entmutigung. In der Gesamtbetrachtung hat sich seit den Anfängen in den 1990er Jahren viel bewegt. Das Entstehen neuer Professionen ist stets ein langwieriger Prozess – zumal wenn er ein gesellschaftliches Umdenken erfordert und in Konkurrenz verschiedener Berufsgruppen zueinander stattfindet (s.a. Gläßer, ZKM 2018, 4 ff.). K Mediation als eigenständiger Beruf? Es gibt erfahrungsgemäß sehr unterschiedliche und vielschichtige Gründe, weshalb Menschen sich der Mediation zuwenden. Ein Element ist
261
C. Mediation in der Praxis
vielfach eine gewisse Unzufriedenheit im Hinblick auf die persönliche und gesellschaftliche Art des Umgangs mit Konflikten, die Suche nach grundsätzlichen Alternativen zu herkömmlichem Streitverhalten. Mediation wird daher häufig zur Erweiterung des eigenen Horizonts und als Zusatzqualifikation für den professionellen Umgang mit schwierigen Kommunikations- und Konfliktsituationen erlernt. Viele Menschen streben Mediation aber auch als eigenständige Berufstätigkeit an – sei es als Ergänzung des bisherigen Berufs, sei es als Hauptberuf. Mediation ist eine gute Ergänzung zu vielen Berufen. Für die meisten Mediatoren handelt es sich allerdings noch um ein Zubrot. Um die notwendigen Einnahmen zur Bestreitung des Lebensunterhalts aus der Mediationstätigkeit zu erzielen, bedarf es gewöhnlich eines langen Atems. Gerade zu Beginn der Mediatorentätigkeit gestaltet sich der Zugang zu Mediationsfällen oft schwer. Verbände und Ausbildungsinstitute sind in diesem Zusammenhang gefordert, ihre Ausbildungen stärker am Markt auszurichten und frühzeitig aktiv bei der Akquise von Fällen zu unterstützen. Neben den persönlichen Voraussetzungen, die der Mediator mitbringen sollte, wie mediative Kompetenzen, Interesse an Menschen, allgemeine Neugierde, hängt der (auch unternehmerische) Erfolg eines Mediators von vielen weiteren Faktoren ab – Grundberuf, Vernetzung, Reputation, regionale Gegebenheiten etc. K Praxisanregungen e Mediationskompetenzen können in nahezu allen beruflichen (und
privaten) Kontexten nützlich eingesetzt werden. Eine entsprechende Zusatzqualifikation zur Erweiterung der eigenen kommunikativen Fertigkeiten ist daher stets empfehlenswert. e Für zahlreiche Berufe ist Mediation darüber hinaus eine gute Ergän-
zung des Leistungsportfolios. Hier sind insbesondere zu nennen die beratenden Berufe wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare, Psychologen, Therapeuten, aber auch Bausachverständige, Wirtschaftsprüfer, Ingenieure u.a. e Von der Arbeit als Mediation allein können in Deutschland bislang al-
lerdings nur wenige und zumeist sehr erfahrene Mediatoren leben. Im Allgemeinen ist es daher ratsam, zunächst den bisherigen Beruf beizubehalten oder einen anderen Beruf zu erlernen und sich daneben ein Standbein als Mediator aufzubauen.
262
2. Mediationsnetzwerk
e Auch für diejenigen, die sich hauptberuflich auf den Bereich der Kon-
fliktberatung konzentrieren wollen, kann es je nach Tätigkeitsgebiet sinnvoll sein, nicht nur auf das Standbein der Mediation zu setzen. Wer beispielsweise überwiegend im Bereich innerbetriebliches Konfliktmanagement tätig ist, wird sich zur Vervollständigung seines Angebots auch in Organisationsentwicklung und Coaching qualifizieren. Ein selbständiger Familienmediator wird evtl. eine Ausbildung zum Supervisor anschließen, um sich breiter aufzustellen. e Bisweilen führt die eigene Unsicherheit des Mediators mit dem Ver-
fahren der Mediation zu einer gewissen Blindheit und lässt ihn die Konflikte in seinem Umfeld nicht erkennen. Begleitende Supervision, Vorbereitung in der Peergruppe, Durchspielen von Übungsfällen können Ängste nehmen und beim Mediator die Bereitschaft wecken, aktiv in seinem beruflichen und privaten Umfeld auf die Möglichkeit einer Mediation bei konkreten Konflikten hinzuweisen.
2. Mediationsnetzwerk Übung Welche Ansprüche haben Sie an Ihr persönliches Mediations-Netzwerk – in Ihrer Region sowie bundesweit? Was würde Ihrer Meinung nach zu einem derartigen Netzwerk gehören? Wie viel Prozent von Ihrer Arbeitszeit sind Sie selbst bereit, dafür einzusetzen, dass es funktioniert?
K Notwendigkeit eines Mediationsnetzwerks Mediation setzt ein gut funktionierendes berufliches Netzwerk voraus. Dazu zählen Beratungsanwälte, die ihre Medianden parteilich beraten, Richter, die sich selbst mit Mediation auskennen und Konfliktparteien für Mediation motivieren, Kollegen, mit denen schwierige Fälle besprochen werden können oder die als interdisziplinäre Fachleute in Mediationen einbezogen werden können. Dazu zählen Lehrer, Wirtschaftsfachleute, Psychologen, Juristen, Banker, Steuerberater, Ärzte etc. Mediation ist auf offene Kommunikation, gegenseitige Unterstützung und Kollegialität angewiesen. Deshalb gehört der Aufbau eines funktionierenden Netzwerks zur Mediationstätigkeit dazu.
263
C. Mediation in der Praxis
K Aufbau eines persönlichen Netzwerks Möglichkeiten zum persönlichen Netzwerken bieten u.a. Mediationsverbände und -vereinigungen. Neben bundesweit tätigen Organisationen gibt es mittlerweile eine Vielzahl von regionalen Verbänden und Kooperationen ebenso wie bereichsspezifische und verbandsunabhängige Netzwerke, in deren Fachgruppen, Arbeitskreisen und Gremien Mediatoren sich engagieren können. Daneben bieten Kongresse und Seminare gute Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen. Gute Mediationskontakte sind sinnvoll – regional und überregional. Besonders nützlich ist ein gutes Netzwerk am Arbeitsort. Existiert ein Netzwerk der regional tätigen Mediatoren bereits, macht es Sinn, hierüber Kontakte zu knüpfen, sich anzuschließen. Anderenfalls sollte man ein eigenes Netzwerk aufbauen. So oder so ist viel Eigeninitiative und kontinuierliche Pflege erforderlich. Die kollegiale Zusammenarbeit, der fachliche Austausch mit anderen Disziplinen bereichern die eigene Arbeit. Man gewinnt zudem Berufsfreunde und neue mögliche Medianden. Nicht zuletzt kann man auf diese Weise überprüfen, wie man selbst zur Mediation steht. Es kann bisweilen viel Zeit in Anspruch nehmen, ein eigenes Berufsfeld aufzubauen. K Praxisanregungen e Es lohnt sich, regionale Arbeitskreise zu gründen oder auch zu inten-
sivieren – zum Üben und zur kollegialen Fallberatung oder auch um bestimmte Themen zu diskutieren, die noch nicht hinreichend geklärt sind, etwa die Verankerung eines einheitlichen Berufsbildes. e Ein gutes Netzwerk kann auch gegenseitige Überweisungen von Me-
dianden an andere Kollegen fördern. Langfristig reduziert die Netzwerkarbeit Rivalität und Konkurrenz. e Der Fokus sollte nicht ausschließlich auf praktizierende Mediatoren gerichtet sein, sondern auch auf interessierte Verantwortliche in Schaltstellen und Multiplikatoren. e Bei Schwierigkeiten in Netzwerken ist gemeinsame Supervision oder Mediation sinnvoll.
264
3. Marketing und Akquisition
3. Marketing und Akquisition Übung Wie stellen Sie sich die idealen Werbe- und Marketingmaßnahmen für Ihre Mediationstätigkeit vor? Mit wem reden Sie darüber, oder wo holen Sie sich Kritik und Anregungen?
K Marketing und Öffentlichkeitsarbeit Marketing für Mediation hat anders als bei etablierten Berufsbildern zwei Komponenten: Der Mediator muss für seine eigene Mediationsleistungen werben, darüber hinaus aber auch für die Mediation im Allgemeinen – auch wenn sich in den vergangenen 20 Jahren bereits sehr viel bewegt hat. Mediation ist im öffentlichen Bewusstsein heute keine Unbekannte mehr. In aller Regel fehlt es jedoch an einer genaueren (treffenden) Vorstellung über das Verfahren und die Wirkungsweise, häufig bestehen Vorbehalte – auch aufgrund von Unsicherheit. Diese Skepsis wird vielfach erst abgelegt, wenn die Betreffenden selbst an einer Mediation teilgenommen haben – sei es aktiv als Mediand oder auch „inaktiv“ in der Rolle als Beratungsanwalt oder Hospitant (s.a. Röthemeyer, Rz. 645). Es ist nicht einfach, passende Marketingstrategien zu entwickeln. Wichtig scheint hier, neben dem eigenen Profil, der Dienstleistung des einzelnen Mediators, immer auch die Verankerung eines möglichst einheitlichen Kernprodukts Mediation im Bewusstsein der Öffentlichkeit im Blick zu haben. K Geeignete Werbe- und Marketingmaßnahmen Marketing ist individuell und Marketing für Mediation zudem speziell. Einfache Lösungen gibt es daher nicht. In aller Regel ist es das Zusammenspiel unterschiedlicher Maßnahmen, die zum Erfolg führen. Dabei ist es auch notwendig, Dinge zu erproben oder auf das jeweilige geschäftliche Umfeld anzupassen. Maßnahmen zur Ansprache potentieller Kunden (Vortragstätigkeit auf Informationsveranstaltungen, Veröffentlichungen in branchenspezifischen Zeitschriften) erweisen sich im Allgemeinen als besonders wirksam. Maßnahmen, die sich bewährt haben, sind (s.a. Schmidt/Lapp/Monßen/ Schmidt, Rz. 1317 ff.):
265
C. Mediation in der Praxis
–
Außenauftritt des Mediationsbüros/der Mediationskanzlei mit eigener Homepage, aussagekräftigen Flyer und ggf. weiteres Informations-Material
–
Rundschreiben an potentiell Interessenten, sofern Kundenstamm vorhanden
–
Informationsschreiben an Beratungseinrichtungen in allen Bereichen, Verbraucherzentralen, Gerichte, Industrie- und Handelskammern, Gewerkschaften, Schulen, Volkshochschulen, Verwaltungen, Parteien, Ausländerorganisationen etc., eventuell besteht auch die Möglichkeit, Informationsmaterial auszulegen.
–
Eigene Vortragstätigkeit auf Informationsveranstaltungen, in Verbänden und auf Konferenzen
–
Veröffentlichung zur Mediation in der lokalen und überregionalen Presse, in branchenspezifischen sowie Mediations-Zeitschriften
–
Seminar- und Dozententätigkeit im Rahmen von Ausbildungslehrgängen
–
Pflege und Aufbau von Kontakten und Netzwerken
K Wie komme ich an Fälle? Diese Frage ist zentral in Gesprächen unter angehenden und praktizierenden Mediatoren. Aus Supervisionsperspektive steckt dahinter eigentlich die Frage: „Was tue ich dazu, dass ich nicht an Fälle komme?“ Man könnte die Frage auch umformulieren: –
„Wie oft nehme ich in meinem privaten und beruflichen Umfeld nicht wahr, dass hinter Berichten oder Erzählungen von Konflikten, Problemen, missglückten Hilfsversuchen eigentlich Anfragen nach Mediation stehen?“
–
„Wie oft nutze ich selbst die Möglichkeit, eigene berufliche oder private Konflikte mit Mediation zu lösen und mir dafür einen guten Mediator zu suchen?“
–
„Überzeugt meine Antwort auf die Frage ‚Was kann Mediation leisten?‘ mein Gegenüber? Ist die Antwort verständlich und authentisch?“
–
„Wie überzeugend trete ich als Mediator den Parteien gegenüber auf?“
–
„Wie gut sind mein Internetauftritt und die Informationsmaterialien? Gibt es ein Alleinstellungsmerkmal, das es sich hervorzuheben
266
3. Marketing und Akquisition
lohnt? Habe ich meinen Außenauftritt von kritischen Kollegen prüfen lassen?“ –
„Habe ich gutes Informationsmaterial immer mit dabei?“
–
„Benutze ich die Gelegenheit zur Information und Werbung für Mediation, wenn ich von Konflikten erfahre – in meiner Nachbarschaft, in meinem Freundeskreis, in meinem beruflichen, sportlichen, politischen, kirchlichen, privaten Umfeld?“
–
„Wie viele Adressen von Mediatoren habe ich, die ich empfehlen würde?“
–
„Wie viele Mediatorenfreunde habe ich, die ebenso handeln und mich empfehlen würden?“
K Praxisanregungen e Es lohnt sich, die eigene Homepage mit anderen Mediatoren – auch
und gerade aus anderen Feldern – zu verlinken. e Viele Mediationen gehen auf Empfehlungen aus dem sozialen und be-
ruflichen Umfeld zurück. Dies gilt auch und ganz besonders zu Beginn der Mediatorenlaufbahn, wenn man sich auf dem Gebiet der Mediation noch keinen Namen hat aufbauen können. Dementsprechend ist es wichtig, den Mediationsgedanken möglichst konsequent zu leben und durch entsprechendes Auftreten zu überzeugen. e Nützlich ist es, alle Medianden zu fragen, wie sie auf Sie aufmerk-
sam geworden sind. e Es macht sich bezahlt, 2–3 Jahre lang 10 % der eigenen Mediations-
Arbeitszeit in Werbung jeglicher Art zu stecken. e Mediation wird häufig als Erweiterung des Leistungsangebots des
Grundberufs (Anwalt, Psychologe, Steuerberater, …) angeboten. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass ein klares Profil ausgerichtet ausschließlich auf Mediation und verwandte Dienstleistungen (Coaching, Organisationsentwicklung, Supervision, etc.) zu einer erhöhten öffentlichen Wahrnehmung und Sichtbarkeit am Markt führt. Aus wirtschaftlichen Gründen wird sich die mehrgleisige Ausrichtung in aller Regel einige Jahre nicht vermeiden lassen. Mit der Zeit wird jedoch eine Verschiebung der Schwerpunkte einsetzen, mit der auch die Außendarstellung überdacht werden sollte. e Im Lauf der Zeit empfiehlt sich die Spezialisierung auf bestimmte
Anwendungsfelder der Mediation.
267
C. Mediation in der Praxis
e Der Akzent eines Mediators sollte stärker auf die Phase des Vorlaufs
gelegt werden. Zum einen fühlen sich die Parteien in den Vorgesprächen noch nicht zu einer Mediation verpflichtet, haben noch genügend Freiheit zu entscheiden, ob das Verfahren für sie der richtige Weg ist. Zum anderen können sie das Verfahren, und insbesondere die Person des Mediators kennenlernen, bevor sie eine Entscheidung treffen.
4. Aus- und Fortbildung Übung Angenommen, Sie werden von einem Kollegen angesprochen, ob Sie eine der in großer Zahl im deutschsprachigen Raum angebotenen Mediations-Ausbildung besonders empfehlen können und auf was es bei der Entscheidung für eine Ausbildung oder auch eine Fortbildung in erster Linie ankommt – was würden Sie Ihrem Kollegen antworten?
K Mediator und zertifizierter Mediator Wer in Deutschland als Mediator tätig werden will, benötigt eine geeignete Ausbildung, praktische Erfahrung und eine regelmäßig Fortbildung. Die Aus- und Fortbildung sowie die Möglichkeit der Zertifizierung von Mediatoren regeln die §§ 5, 6 MediationsG in Verbindung mit der ZMediatAusbV (Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren, s. S. 297 ff.) Das Gesetz unterscheidet zwischen dem (einfachen) Mediator und dem zertifizierten Mediator. Grundsätzlich darf als Mediator tätig werden, wer durch geeignete Aus- und Fortbildung dafür Rechnung trägt, dass er über die notwendigen theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen verfügt, um die Parteien in sachkundiger Weise durch die Mediation führen zu können, § 5 Abs. 1 MediationsG. Konkrete Vorgaben zum zeitlichen Umfang der Ausbildung sowie zu den Ausbildungsinhalten bestehen jedoch nicht. Das Gesetz geht von dem Grundsatz aus, dass jeder Mediator selbst für seine Aus- und Fortbildung verantwortlich ist. Auf Verlangen hat der Mediator die Parteien allerdings über seine fachlichen Qualifikationen (ausgeübter/gelernter Beruf, Mediationsausbildung, praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Mediation) zu informieren, § 3 Abs. 5 MediationsG.
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4. Aus- und Fortbildung
Die Bezeichnung „zertifizierter Mediator“ ist demgegenüber gesetzlich geschützt, § 5 Abs. 2 MediationsG. Voraussetzung ist, dass der Mediator einen Ausbildungslehrgang im Umfang von 120 Präsenzzeitstunden absolviert und binnen eines Jahres nach dessen Abschluss an einer Einzelsupervision im Anschluss an eine selbst als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation teilnimmt, § 2 ZMediatAusbV. Für die Beibehaltung der Zertifizierung muss der Mediator in den zwei darauffolgenden Jahren mindestens vier weitere Mediationen leiten und in Einzelsupervisionen nachbereiten. Die in der Ausbildung abzudeckenden Lehrinhalte sowie Praxis- und Übungsanteile sind im Anhang der ZMediatAusbV vergleichsweise detailliert vorgegeben, s. S. 300 ff. Demgegenüber bleibt offen, welche Anforderungen an die Einzelsupervisionen gestellt werden. Es sprechen indessen gute Gründe dafür, dass der Verordnungsgeber primär eine auf einen konkreten Fall ausgerichtete, d.h. eine Einzel-Fall-Supervision, im Blick hatte und nicht das Setting der Supervision regeln wollte. Eine Einzelsupervision könnte dann auch in einer Gruppe stattfinden, sofern der Supervisand einen eigenen Fall einbringt und reflektiert (Fritz/Pielsticker, ZMediatAusbV, § 2 Rz. 39 ff., § 4 Rz. 5 ff.) Schließlich obliegt dem zertifizierten Mediator eine regelmäßige Fortbildungspflicht im Umfang von 40 Zeitstunden alle vier Jahre. Bemerkenswert ist, dass die Verordnung keine zentrale Prüfstelle mit der Zertifizierung von Mediatoren beauftragt, sondern die Entscheidung darüber, ob der Mediator die genannten Voraussetzungen erfüllt und sich „zertifizierter Mediator“ nennen kann, ebenfalls der Eigenverantwortung des Mediators überträgt. Dieses vom Verordnungsgeber – auch im Vertrauen auf die Realisierung einer verbandsübergreifenden privat basierten Lösung der Mediations- und Berufsverbände – gewählte Konzept der Selbstregulierung stößt zu Recht auf breite Kritik in der Fachwelt. Ein Qualitätssiegel ohne Kontrolle vermag wenig zu überzeugen und trägt eher zur Irreführung als zur Transparenz für potentielle Mediationsnutzer bei. Auf Ebene der Mediationsverbände gibt es gegenwärtig intensive Bestrebungen, ein einheitliches Gütesiegel zu etablieren, das am Mediationsmarkt für Qualitätssicherheit sorgen soll. K Mediationsausbildungen in Deutschland Auf dem Ausbildungsmarkt für Mediatoren in Deutschland hat die Einführung des zertifizierten Mediators zu einer starken Angleichung der Ausbildungsausschreibungen geführt. Das Angebot ist groß; die tatsäch-
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C. Mediation in der Praxis
liche Vergleichbarkeit lässt sich von außen allerdings schwer beurteilen. Neben privaten Anbietern gibt es zahlreiche universitäre Einrichtungen, die auf dem Mediationsausbildungsmarkt vertreten sind. Die meisten Ausbildungslehrgänge bewegen sich im Umfang zwischen 120 und 200 Zeitstunden, wobei häufig aufbauend auf eine Grundausbildung vertiefende Module angeboten werden. Für Interessenten ist der Markt eher undurchsichtig und die Entscheidung für oder gegen eine konkrete Mediations-Ausbildung alles andere als einfach. Neben persönlichen Kriterien, wie zeitliche Vereinbarkeit und räumliche Nähe, fehlt es nach wie vor an Kriterien, anhand derer die Eignung und Qualität beurteilt werden können. Deshalb soll hier – wieder im Sinne von Praxisanregungen – der Versuch eines Kriterienkatalogs für derartige Entscheidungen gemacht werden: K Kriterien für die Wahl eines konkreten Mediationsausbildungs-Angebots Wie setzt sich das Trainerteam zusammen? Welche Reputation und Erfahrungen bringen die einzelnen Trainer mit? Verfügen die Trainer über umfangreiche praktische Mediationserfahrung? –
Wird in einem Gruppenprozess gelernt und gelehrt oder im Bausteinoder Modul-System?
–
Wie setzen sich Inhalte und Didaktik zusammen (Verhältnis Theorie, Praxisfälle, Übungen, Rollenspielarbeit, Selbsterfahrungsanteile etc.)?
–
Welche berufliche Grundqualifikation ist vorhanden und wo soll der Tätigkeitsschwerpunkt künftig liegen? Im Fokus der Ausbildung sollten gerade diejenigen Aspekte liegen, die im Quellberuf eher nicht vermittelt wurden.
–
Aus welchen Berufsgruppen setzt sich der Teilnehmerkreis üblicherweise zusammen? Wie sieht die Altersstruktur aus? Ist die Zusammensetzung interdisziplinär?
–
Werden die Praxisfälle im Hinblick auf die Durchführung einer Gesamt-Mediation eingeübt?
–
Zeigen die Trainer in Rollenspielen, wie sie Mediation verstehen und praktizieren?
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4. Aus- und Fortbildung
–
Worin besteht der offizielle Abschluss der Ausbildung? Universitäre oder freie Ausbildung? Gibt es eine Lernzielkontrolle? Wie sieht diese ggf. aus?
–
Ist die Ausbildung auf ein bestimmtes Tätigkeitsfeld zugeschnitten oder bietet sie eine solide Grundlage, um in unterschiedlichen Mediationsfeldern arbeiten zu können?
–
Wie sieht die Unterstützung für die eigene Praxisarbeit aus? Gibt es Hospitationsmöglichkeiten?
–
Wie ist die Supervisionsmöglichkeit in und nach dieser Ausbildung organisiert? Gibt es Mediations-Supervisoren? Wie ist der Zusammenhang und Austausch zwischen Ausbildung und Supervision organisiert?
–
Wie sehen die Ausbildungsmaterialien aus?
–
…
K Fortbildung des Mediators Auch nach Abschluss einer Mediationsausbildung ist die regelmäßige Weiterentwicklung und Fortbildung notwendig und nach dem Gesetz nunmehr auch vorgeschrieben und – im Fall wettbewerbsrechtlicher Abmahnung oder Klage – ggf. nachzuweisen. Während dem „einfachen“ Mediator Umfang und genaue Ausgestaltung selbst überlassen ist; schreibt das Gesetz für den zertifizierten Mediator wie ausgeführt neben Einzelsupervision die Teilnahme an mindestens 40 Fortbildungsstunden in vier Jahren vor. Ganz unabhängig von gesetzlichen Vorgaben kann auch eine gute Mediationsausbildung zunächst nur den Anstoß für einen Prozess geben. Die Befähigung zur guten Mediationspraxis wächst erst durch kontinuierliches Training – idealerweise in der Praxis am realen Fall. Mediation setzt Fach- und Methodenwissen voraus, wie dieses Praxisbuch zeigt; daneben gibt es jedoch eine Vielzahl weiterer Faktoren und Fertigkeiten, die einen guten Mediatoren ausmachen. Die Hauptherausforderung für den ausgebildeten Mediator besteht immer darin, das Erlernte durch Einüben und Reflexion zu festigen und zu verinnerlichen. Hierzu eignen sich praxisorientierte Seminare und Workshops mit intensiven interaktiven Einheiten, insbesondere dann, wenn es nach Abschluss der Ausbildung zunächst noch an realen Mediationsfällen fehlt.
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C. Mediation in der Praxis
Fortbildungen eignen sich darüber hinaus auch für die Spezialisierung auf bestimmte Mediationsgebiete. Auch wenn Mediation in unterschiedlichen Einsatzfeldern grundsätzlich gleichen Ablaufstrukturen und Prinzipien folgt, unterscheiden sich Anforderungen und genauere Ausgestaltung der Verfahren oft nicht unerheblich. Für die Frage nach eigener berufsbegleitender Fortbildung könnte der oben genannte Kriterienkatalog ebenfalls als Orientierungshilfe herangezogen werden.
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1. Muster eines Mediationskontrakts
III. Praxismuster Bei den nachstehenden Mustertexten handelt es sich stets um Orientierungshilfen, die als Beispiele zu verstehen sind und keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder Vollständigkeit haben. Sie bedürfen regelmäßig der Anpassung an die konkret zu regelnde Situation.
1. Muster eines Mediationskontrakts 1.1 „Einfacher“ Mediationskontrakt (Mediator im Grundberuf nicht Rechtsanwalt)
Vereinbarung* zwischen Frau/Herr … Herr/Frau … (zusammen Medianden) und Herr/Frau … (nachfolgend Mediator) 1. Die Medianden wollen sich gemeinsam und mit Hilfe des Mediators um eine einvernehmliche Lçsung fr die Probleme bemhen, die sich im Zusammenhang mit … [Ihrer derzeit erwogenen Trennung] ergeben. Das Ziel der Mediation soll eine Vereinbarung ber die regelungsbedrftigen Punkte sein. 2. Die Medianden verpflichten sich gegenseitig, smtliche im Laufe der Mediation gewonnenen Informationen vertraulich zu behandeln. Sie verpflichten sich ferner, die im Rahmen der Mediation erhaltenen Informationen nicht in einem eventuell spteren Rechtsstreit zu verwenden und den Mediator nicht als Zeuge zu benennen. Sollte dies gleichwohl geschehen, so soll das Gericht das Beweisangebot wegen Verstoßes gegen diese Vereinbarung zurckweisen. 3. Der Mediator verpflichtet sich seinerseits zur Vertraulichkeit.
* Kombination von Mediationsvereinbarung und Mediatorvertrag.
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C. Mediation in der Praxis
4. Die Medianden wissen, dass Mediation weder psychologische noch juristische Beratung umfasst und dass sie dafr evtl. zustzliche Fachleute in Anspruch nehmen mssen. Soweit im Rahmen der Mediation rechtliche Aspekte erçrtert werden, wird der Mediator sich auf Informationen beschrnken. Der Mediator weist darauf hin, dass er keine juristische Beratung erbringen wird und nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz auch nicht erbringen darf. 5. Die Medianden sind jederzeit berechtigt, die Mediation ohne Angabe von Grnden abzubrechen. 6. Den Medianden steht es ungeachtet der vereinbarten Vertraulichkeit frei, jederzeit zu den angesprochenen Fragen anwaltlichen Rat einzuholen. Die Medianden werden im Rahmen des Mediationsverfahrens mit Untersttzung des Mediators eine Vereinbarung erarbeiten, die alle wichtigen Themen im Zusammenhang mit … [ihrer derzeit erwogenen Trennung] regelt. Die Vertragsparteien gehen bereinstimmend davon aus, dass eine Vereinbarung auch ber Teilaspekte solange nicht rechtswirksam ist, bis die endgltige Abschlussvereinbarung schriftlich niedergelegt und von allen Beteiligten unterzeichnet wurde. Die Medianden erklren ausdrcklich, dass sie eine derartige Unterschrift erst nach berprfung durch einen Rechtsanwalt/in und ggf. Steuerberater/in leisten werden. [Die Vertragsparteien sind sich darber einig, dass der im Rahmen der Mediation gefundene Regelungsvorschlag in einem sog. Memorandum protokolliert wird. Mit der Erstellung der endgltigen Abschlussvereinbarung werden die Medianden im Anschluss einen Rechtsanwalt/eine Rechtsanwltin beauftragen.] 7. Whrend der Dauer des Mediationsverfahrens werden die Medianden keine rechtlichen Schritte gegeneinander einleiten. Soweit fr die Geltendmachung von Rechten bestimmte Fristen Bedeutung haben kçnnen, wird deren Lauf fr die Zeit von der Unterzeichnung dieser Vereinbarung bis zum Abschluss der Mediation gehemmt. Wird die Mediation ohne Abschlussvereinbarung beendet oder abgebrochen, so endet die Hemmung 3 Monate nach der letzten gemeinsamen Mediationssitzung. Die Fristhemmung betrifft nicht das fr eine Ehescheidung maßgebliche Trennungsjahr. 8. Dem Mediator steht fr seine Ttigkeit ein Stundenhonorar in Hçhe von … Euro zzgl. MwSt. zu. Die Vergtung ist jeweils zum Ende einer Sitzung fllig. Vereinbarte Termine sind sptestens 24 Stunden vor der Sitzung abzusagen. Sollten Termine nicht rechtzeitig abgesagt werden, ist der Mediator dennoch mit dem vereinbarten Stundenhonorar zu vergten. Schriftliche Ausarbeitungen des Mediators, etwa Protokolle oder Vertragsentwrfe, sind nach Absprache gesondert zu vergten. Ort, Datum, Unterschriften
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1. Muster eines Mediationskontrakts
1.2 Mediationskontrakt einer Anwalt-Mediatorin Vereinbarung* zwischen Firma …, vertreten durch … Herr/Frau … (zusammen Parteien) und … (nachfolgend Mediatorin) 1. Die Parteien vereinbaren die Durchfhrung eines Mediationsverfahrens im beiderseitigen Bemhen um eine einvernehmliche Regelung ihrer gegenwrtigen Auseinandersetzungen ber … 2. Die Parteien verpflichten sich gegenseitig, den Ablauf der Mediation und die dort eingebrachten ußerungen und Dokumente vertraulich zu behandeln. Auch in einem eventuell nachfolgenden Gerichts- oder Schiedsverfahren drfen diese im Rahmen der Mediation gewonnenen Informationen nicht verwendet werden. Die Mediatorin hat die Konfliktbeteiligten darauf hingewiesen, dass sie die Einhaltung der Verpflichtung nicht berwachen kann und dass die Nichteinhaltung dieser Verpflichtung zu rechtlichen Nachteilen fr die jeweils andere Seite fhren kann. 3. Die Parteien verpflichten sich, die Mediatorin nicht als Zeugin in einem gerichtlichen Verfahren zu benennen. Sollte dies doch geschehen, wird die Mediatorin bestehende Zeugnisverweigerungsrechte in Anspruch nehmen; die Konfliktbeteiligten kçnnen die Mediatorin nur einvernehmlich von dieser Pflicht entbinden. 3. Die Mediatorin verpflichtet sich ihrerseits zur Vertraulichkeit. 4. Soweit im Rahmen der Mediation rechtliche Aspekte erçrtert werden, wird die Mediatorin sich auf Rechtsinformationen beschrnken. Die Mediatorin weist darauf hin, dass sie im Hinblick auf die gemeinsame Beauftragung keine individuelle juristische Beratung erbringen wird. In diesem Zusammenhang weist sie weiter darauf hin, dass die Parteien sich jederzeit von einem Rechtsanwalt/einer Rechtsanwltin ihrer Wahl beraten lassen kçnnen und empfiehlt, eine solche parteiische Beratung auch in Anspruch zu nehmen. * Kombination von Mediationsvereinbarung und Mediatorvertrag.
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C. Mediation in der Praxis
5. Die Parteien sind jederzeit berechtigt, die Mediation ohne Angabe von Grnden durch einseitige Erklrung abzubrechen. Die Mediatorin hat das Recht, die Mediation jederzeit durch Erklrung gegenber beiden Parteien zu beenden, wenn sie die Chancen einer eigenverantwortlichen Kommunikation oder einer einvernehmlichen Lçsung fr ausgeschlossen hlt oder eine Fortfhrung des Verfahrens aus sonstigen wichtigen Grnden ablehnt. Die Mediatorin ist nicht verpflichtet, die Grnde fr ihre Erklrung anzugeben. 6. Die Parteien werden im Rahmen des Mediationsverfahrens mit Untersttzung der Mediatorin eine Vereinbarung erarbeiten, die alle im Zusammenhang mit dem Konflikt um … stehenden Themen regelt. Die Vertragsparteien gehen bereinstimmend davon aus, dass eine Vereinbarung auch ber Teilaspekte solange nicht rechtswirksam ist, bis die endgltige Abschlussvereinbarung schriftlich niedergelegt und von beiden Seiten unterzeichnet wurde. Die Mediatorin empfiehlt ausdrcklich, vor verbindlicher Unterzeichnung der Abschlussvereinbarung diese von externen Beratungsanwlten und ggf. Steuerberatern prfen zu lassen. [Die Vertragsparteien sind sich darber einig, dass der im Rahmen der Mediation gefundene Regelungsvorschlag in einem sog. Memorandum protokolliert wird. Mit der Erstellung der endgltigen Abschlussvereinbarung werden die Medianden im Anschluss eine/n Rechtsanwalt/in beauftragen.] 7. Die Mediatorin wird Ergebnisprotokolle der einzelnen Mediationssitzungen fertigen. Sie wird außerdem die abschließende Einigung der Parteien dokumentieren. 8. Whrend der Dauer des Mediationsverfahrens werden die Parteien keine rechtlichen Schritte gegeneinander einleiten. Soweit fr die Geltendmachung von Rechten bestimmte Fristen Bedeutung haben kçnnen, wird deren Lauf fr die Zeit von der Unterzeichnung dieser Vereinbarung bis zum Abschluss der Mediation gehemmt. Wird die Mediation ohne Abschlussvereinbarung beendet oder abgebrochen, so endet die Hemmung 3 Monate nach der letzten gemeinsamen Mediationssitzung. 9. Der Mediatorin steht fr ihre Ttigkeit ein Stundenhonorar in Hçhe von … Euro zzgl. MwSt. zu. Angefangene Stunden sind anteilig zu vergten. Die Vergtung ist jeweils zum Ende einer Sitzung fllig. Vereinbarte Termine sind sptestens 24 Stunden vor der Sitzung abzusagen. Sollten Termine nicht rechtzeitig abgesagt werden, ist die Mediatorin dennoch berechtigt, das vereinbarte Stundenhonorar in Rechnung zu stellen. Schriftliche Ausarbeitungen der Mediatorin sind nach Absprache gesondert zu vergten. Ort, Datum, Unterschriften
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1. Muster eines Mediationskontrakts
1.3 Qualifizierter Mediationskontrakt Mediation unter Beteiligung der beratenden Rechtsanwälte*
Zwischen Herr/Frau/Firma … – nachfolgend „Partei 1“ genannt – in Begleitung von RA/RAin … und Herrn/Frau/Firma … – nachfolgend „Partei 2“ genannt – in Begleitung von RA/RAin … – gemeinsam nachfolgend als „Parteien“ bezeichnet – sowie Herrn/Frau … – nachfolgend „Mediatorin/Mediator“ genannt – – gemeinsam mit den Parteien nachfolgend als „Vertragsparteien“ bezeichnet – wird folgende Vereinbarung geschlossen: § 1 Streitigkeit und Ziel der Mediation Zwischen den Parteien besteht ein Konflikt ber …. [Der Konflikt ist Gegenstand eines rechtshngigen Zivilprozesses vor dem …] Ziel der auf der Grundlage dieser Vereinbarung durchzufhrenden Mediation ist eine mçglichst eigenverantwortliche Lçsung des bestehenden Konflikts. Die Parteien werden sich bemhen, die Mediation durch einen von Fairness und gegenseitigem Respekt geprgten Verhandlungsstil zu fçrdern und sagen eine konstruktive und offene Zusammenarbeit zu. § 2 Teilnehmer der Mediation An den Mediationsterminen nehmen jeweils die Parteien [und deren Rechtsanwlte] sowie die Mediatorin/der Mediator teil. Weitere Teilnehmer kçnnen nach vorheriger Einigung – ggf. auf den Vorschlag der Mediatorin/des Mediators – zugelassen werden.
* Kombination von Mediationsvereinbarung und Mediatorvertrag.
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C. Mediation in der Praxis
§ 3 Person und Aufgaben der Mediatorin/des Mediators Die Parteien bestimmen einvernehmlich Frau/Herrn … zur Mediatorin/zum Mediator, die/der diese Bestellung mit Unterzeichnung dieser Vereinbarung annimmt. Aufgabe der Mediatorin/des Mediators ist es, die Parteien bei einer Verhandlung ber die Lçsung des Konfliktes zu untersttzen. Sie/Er hat die Beilegung des Konfliktes als neutraler Vermittler zu fçrdern. Die Mediatorin/der Mediator besitzt keine Entscheidungsbefugnis ber den Konflikt insgesamt oder ber einzelne Aspekte des Konflikts. Die Mediatorin/Der Mediator ist zu strikter Unparteilichkeit und Neutralitt verpflichtet. Sie/Er versichert, dass sie/er keinen der Parteien in dieser oder einer anderen Angelegenheit vor Beginn des Mediationsverfahrens vertreten oder beraten hat. Sollten whrend des Mediationsverfahrens Umstnde eintreten, die ihre/seine Unparteilichkeit beeintrchtigen kçnnten, wird sie/er diese den Parteien offenlegen oder sein Amt niederlegen. Nach Abschluss der Mediation darf sie/er keinen der Parteien in dieser Angelegenheit beraten. Die Mediatorin/Der Mediator weist ausdrcklich darauf hin, dass sie/er in dieser Angelegenheit keine rechtliche Beratung bernimmt. Die Medianden sind darauf hingewiesen worden, dass sie sich jederzeit mit einen Rechtsanwalt/einer Rechtsanwltin ihrer Wahl beraten kçnnen. Weiter wird ausdrcklich empfohlen, die Abschlussvereinbarung vor ihrer verbindlichen Unterzeichnung von externen Beratungsanwlten und ggf. Steuerberatern prfen zu lassen. [Verbindliche Rechtsausknfte sind ausschließlich durch die hinzugezogenen Rechtsanwlte oder einen externen Rechtsanwalt einzuholen.] § 4 Ort und Zeit der Mediationstermine Die Vertragsparteien werden sich um eine beschleunigte Durchfhrung des Verfahrens bemhen. Die einzelnen Mediationstermine werden an einem Ort durchgefhrt, der von den Vertragsparteien gemeinsam festgelegt wird. Ggf. erforderliche weitere Termine werden die Parteien zusammen mit der Mediatorin/dem Mediator mçglichst im ersten Mediationstermin vereinbaren. § 5 Durchfhrung der Mediation Die Mediation ist eine mndliche Verhandlung ber den Konflikt. Die Parteien bestimmen die einzelnen Verhandlungsinhalte unter Anleitung und Strukturierung durch die Mediatorin/den Mediator selbst. Der Ablauf im Einzelnen wird von den Vertragsparteien einvernehmlich festgelegt.
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1. Muster eines Mediationskontrakts
Mit der Zustimmung der Parteien kann die Mediatorin/der Mediator whrend der Sitzungen Einzelgesprche mit diesen fhren. Alle Informationen aus diesen Einzelgesprchen sind von der Mediatorin/dem Mediator vertraulich zu behandeln, sofern sie/er von den jeweiligen Parteien von dieser Pflicht nicht ausdrcklich ganz oder teilweise entbunden wird. § 6 Vertraulichkeit der Mediation und Verwendung von Beweismitteln Die Vertragsparteien verpflichten sich, den Inhalt dieses Mediationsverfahrens und alle damit zusammenhngenden Informationen gegenber Dritten vertraulich zu behandeln. Diese Verpflichtung gilt ber die Beendigung der Mediation hinaus. Alle Erklrungen, Unterlagen und Informationen, die whrend der Mediation schriftlich oder mndlich abgegeben, erstellt oder erteilt werden, drfen von beiden Parteien ausschließlich fr die Zwecke der Mediation benutzt werden. Eine Verwendung dieser Informationen außerhalb des Mediationsverfahrens, insbesondere in einem Schiedsgerichts- oder Gerichtsverfahren, ist ohne Zustimmung der anderen Partei unzulssig, es sei denn, die Informationen waren der Partei bereits außerhalb der Mediation bekannt. Die Parteien verpflichten sich insbesondere, die Mediatorin/den Mediator und die sie beratenden Rechtsanwlte nicht als Zeugen fr Tatsachen zu benennen, welche diesen Personen erst whrend des Mediationsverfahrens offenbart worden sind. Die Mediatorin/Der Mediator und die teilnehmenden Rechtsanwlte werden bestehende Zeugnisverweigerungsrechte in Anspruch nehmen; die Parteien kçnnen diese Personen nur einvernehmlich von dieser Pflichte entbinden. § 7 Stillhaltevereinbarung Whrend der Dauer des Mediationsverfahrens werden die Parteien keine rechtlichen Schritte gegeneinander einleiten. Die Parteien verzichten insoweit auf das Recht zur Klageerhebung. Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sowie zur Wahrung von Kndigungs- und Ausschlussfristen, die sich der Disposition der Parteien entziehen, bleiben zulssig. Fr den Fall einer notwendigen Klageerhebung verpflichten sich die Parteien, das Verfahren fr die Dauer des Mediationsverfahrens nach den einschlgigen gesetzlichen Regelungen zum Ruhen zu bringen. § 8 Vorzeitige Beendigung der Mediation Jede Partei hat das Recht, die Mediation jederzeit und ohne Angabe von Grnden durch einseitige Erklrung zu beenden. Die Erklrung hat schriftlich oder – im Rahmen einer Mediationssitzung – mndlich gegenber der anderen Partei und der Mediatorin/dem Mediator zu erfolgen. Die Mediation gilt als beendet, sobald die Erklrung beiden Empfngern zugegangen ist.
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C. Mediation in der Praxis
Die Mediatorin/Der Mediator hat das Recht, die Mediation jederzeit durch Erklrung gegenber beiden Parteien zu beenden, wenn er die Chancen einer eigenverantwortlichen Kommunikation oder einer einvernehmlichen Lçsung fr ausgeschlossen hlt oder eine Fortfhrung des Verfahrens aus sonstigen wichtigen Grnden ablehnt. Die Mediatorin/Der Mediator ist nicht verpflichtet, die Grnde fr seine Erklrung anzugeben. § 9 Verbindlichkeit von Vereinbarungen Ziel der Mediation ist eine schriftliche Vereinbarung zur Konfliktbeilegung, die von den Vertragsparteien unterzeichnet wird. Vereinbarungen der Vertragsparteien ber Teilaspekte des Konflikts sind nur verbindlich, wenn diese schriftlich niedergelegt und unabhngig vom Zustandekommen einer endgltigen (Abschluss-)Vereinbarung als verbindlich erklrt werden. Soweit fr die rechtsverbindliche Umsetzung der Mediationsergebnisse darber hinaus weitere Schritte notwendig sind, werden die Parteien diese veranlassen. § 10 Hemmungen der Verjhrung und von Ausschlussfristen Die Parteien vereinbaren, dass whrend des Mediationsverfahrens gesetzliche oder vertragliche Verjhrungs- und/oder Ausschlussfristen in Bezug auf den Konfliktfall gehemmt sind, sofern diese rechtlich einer solchen Vereinbarung zugnglich sind. § 11 Vergtung des Mediators und Kosten der Parteien Ab der ersten Mediationssitzung ist fr die Ttigkeit der Mediatorin/des Mediators ein Honorar in Hçhe von … Euro zzgl. MwSt. pro Stunde/als Tagessatz zu zahlen. [Die Mediatorin/Der Mediator erhlt fr seine Ttigkeit in diesem Verfahren ein Honorar, das der Arbeitgeber trgt. ber die Hçhe und die Einzelheiten schließen Arbeitgeber und Mediatorin/Mediator eine gesonderte Vereinbarung.] Die Parteien tragen darber hinaus die der Mediatorin/dem Mediator im Rahmen des Mediationsverfahrens entstehenden, notwendigen Auslagen und Reisekosten sowie alle mit der Beauftragung von Sachverstndigen verbundenen Kosten. Schriftliche Ausarbeitungen der Mediatorin/des Mediators, wie bspw. die Ausarbeitung eines Vertragsentwurfs, sind nach Absprache gesondert zu vergten. Die Parteien tragen die Kosten zu gleichen Teilen. Abweichende Regelungen sind zulssig, mssen jedoch schriftlich festgehalten werden. Die Parteien haften gegenber der Mediatorin/dem Mediator gesamtschuldnerisch.
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1. Muster eines Mediationskontrakts
Jede Partei trgt die whrend des Mediationsverfahrens entstehenden eigenen Kosten sowie die Kosten seiner Vertretung selbst. Ein spterer Kostenausgleich auf Grund gerichtlicher Entscheidung oder vertraglicher Vereinbarung wird dadurch nicht ausgeschlossen. § 12 Salvatorische Klausel Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam sein, so berhrt dies nicht die Wirksamkeit des Vertrages im brigen. Die unwirksame Bestimmung wird durch eine wirksame Bestimmung ersetzt, die dem ursprnglich gewollten Regelungsinhalt am nchsten kommt. Ort, Datum, Unterschriften
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C. Mediation in der Praxis
2. Hinweise zur Datenverarbeitung nach der DSGVO Einfaches Muster zur Erfüllung der Informationspflichten bei Mediationsbeginn
Information zum Datenschutz* Nach der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bin ich verpflichtet, Sie darber zu informieren, zu welchem Zweck ich Daten erhebe, speichere oder weiterleite. Nachfolgender Information kçnnen Sie auch entnehmen, welche Rechte Sie in puncto Datenschutz haben. I. Verantwortlichkeit fr die Datenverarbeitung Diese Datenschutzhinweise gelten fr die Datenverarbeitung durch: Mediationsbro XY Anschrift, E-Mail, Telefon Eine Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten besteht fr mein Mediationsbro nicht. II. Art, Zweck, Verwendung und Lçschung Ihrer Daten Sofern Sie mich als Mediator/in beauftragen, werde ich folgende Informationen erheben: –
Vor-, Nachname
–
E-Mail-Adresse
–
postalische Anschrift
–
Telefonnummer
–
Informationen, die fr meine Arbeit als Mediator/in im Hinblick auf Ihren Konflikt notwendig sind. Dazu zhlen u.a. Korrespondenz mit Ihnen,
* Muster für ein (nichtanwaltliches) Mediationsbüro, das nicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten nach Art. 35 ff. DSGVO verpflichtet ist. Muster in Anlehnung an DAV-Muster: Hinweise zur Datenverarbeitung, Deutscher Anwaltverein (anwaltverein.de, Stand 6.12.2018). Je nach Art der Mediation können Verpflichtungen zu weiteren Informationen bestehen, etwa wenn sensible Daten i.S.v. Art. 9 DSGVO verarbeitet werden oder das Verfahren (partiell) online durchgeführt werden soll. Daneben bedarf es für eine evt. vom Mediationsbüro betriebene Website einer gesonderten Datenschutzerklärung, die auf die Besonderheiten des jeweiligen Internetauftritts zugeschnitten ist.
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2. Hinweise zur Datenverarbeitung nach der DSGVO
Konfliktanalyse, Vorgeschichten und Hintergrnde, bisherige Konfliktbeilegungsversuche, u.U. familire und berufliche Situation. Die Erhebung der Daten ist Voraussetzung, um Sie adquat in der Mediation untersttzen zu kçnnen, sowie fr die Korrespondenz und Rechnungstellung. Sie erfolgt auf Ihre Anfrage hin und ist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO zu den genannten Zwecken erforderlich, um die Verpflichtungen aus dem Auftragsverhltnis erfllen zu kçnnen. Soweit erforderlich werden die Daten auch verarbeitet, um berechtigte Interessen von mir oder von Dritten zu wahren (z.B. zur Gewhrleistung der IT-Sicherheit), Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO. Die von mir erhobenen personenbezogenen Daten werden gelçscht, sobald sie fr den Zweck ihrer Erhebung nicht mehr erforderlich sind. Aufgrund gesetzlicher Aufbewahrungsfristen kann es jedoch sein, dass Daten erst nach Ablauf dieser Fristen gelçscht werden drfen. III. Weitergabe von Daten Als Berufsgeheimnistrger bin ich verpflichtet, die Verschwiegenheit einzuhalten und umzusetzen. Zur Erfllung meiner Aufgaben arbeite ich mit externen Auftragnehmern und Dienstleistern zusammen, insbesondere IT-Dienstleister sowie externe Schreibkrfte (Korrespondenz, Rechnungsabwicklung, Aktenvernichtung u.a.). Mit diesen Dienstleistern wurden gesondert Auftragsverarbeitungsvertrge geschlossen. Sie sind zur Einhaltung der berufsrechtlichen Verschwiegenheit verpflichtet und drfen die weitergegebenen Daten ausschließlich zu den genannten Zwecken verwenden. Weitere Empfnger erhalten die von Ihnen berlassenen Daten nur auf Ihren Wunsch hin, wenn Sie uns von der berufsrechtlichen Verschwiegenheit entbinden. Eine Datenbertragung an Stellen oder Personen außerhalb der EU findet nicht statt und ist nicht geplant. IV. Ihre Rechte Sie haben das Recht, ber die Sie betreffenden personenbezogenen Daten Auskunft zu verlangen, u.a. ber die Verarbeitungszwecke, die Kategorie der personenbezogenen Daten, die geplante Speicherdauer. Im Fall der Unrichtigkeit oder Unvollstndigkeit kçnnen Sie die unverzgliche Berichtigung Ihrer Daten verlangen.
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C. Mediation in der Praxis
Darber hinaus steht Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen das Recht auf Lçschung der gespeicherten Daten, das Recht auf Einschrnkung der Datenbearbeitung sowie das Recht auf Datenbertragung zu. Die Verarbeitung der Daten erfolgt in der Regel auf Grundlage des zwischen uns geschlossenen Vertrags (Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO). Nur in Ausnahmefllen bençtige ich Ihr Einverstndnis. Diese Einwilligung kçnnen Sie jedoch jederzeit widerrufen. Ferner haben Sie das Recht, sich an eine zustndige Datenschutzaufsichtsbehçrde zu wenden, wenn Sie der Ansicht sind, dass die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten nicht rechtmßig erfolgt. Hierfr kçnnen Sie sich in der Regel an die Aufsichtsbehçrde Ihres blichen Aufenthaltsortes oder Arbeitsplatzes wenden. Zudem ist die fr meinen Brositz die Aufsichtsbehçrde … zustndig. Deren Anschrift lautet … . V. Widerspruchsrecht Sofern Ihre personenbezogenen Daten auf Grundlage von berechtigten Interessen gemß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO verarbeitet werden, haben Sie das Recht, Widerspruch gegen die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten einzulegen, soweit dafr Grnde vorliegen, die sich aus Ihrer besonderen Situation ergeben. Mçchten Sie von Ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen, gengt eine E-Mail an … .
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3. Muster eines Organigramms für Mediationen
3. Muster eines Organigramms für Mediationen
Unternehmensleitung
Rechtsabteilung Leitg. Herr Dr. Schmidt
Personalabteilung Leitg. Frau Meier
Team der Bereichsleiter
Fachbereich A
Frau S. Teilzeit
Fachbereich B Marketing Fachbereichsleiter Herr D.
Frau S. Teilzeit
Frau S. Teilzeit
Fachbereich C
Frau S. Teilzeit
Betriebsrat Vorsitzende Frau W.
(Nützlich für alle Mediationen, in denen es um Konfliktparteien in verschiedenen Hierarchien von verschiedenen Teams, Abteilungen etc. geht, besonders in Verwaltungs-, Wirtschafts-, Sport-, Klinik-, Schul-Mediationen etc.)
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C. Mediation in der Praxis
4. Muster eines Genogramms für Mediationen
Anna (gest.)
Wilhelm (gest.)
Silvia (gest.)
Sofia (66 J.)
Dominique (29 J.)
Christof (31 J.)
Schwangerschaft (5. Monat)
Rebecca (gest.)
Otto (gest.)
Anton (gest.)
Rebecca (32 J.)
Anna (35 J.)
Hans (40 J.)
Ulrich (7 J.)
Anton (6 J.)
(Nützlich für Mediationen, in denen es um Konflikte zwischen Familienmitgliedern oder zwischen Generationen aus einer oder mehreren Familien, Beziehungen etc. geht, z.B. in Erb-, Familien-, Adoptions-, Inseminations-, Pflegefamilien-Mediationen etc.)
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5. Muster eines Kontakt- und Zuständigkeitsplans in Mediationen
5. Muster eines Kontakt- und Zuständigkeitsplans in Mediationen Woche Mo.
Di.
Mi.
Do.
Fr.
Sa.
So.
1 2 3 4 5
Schulfreie Zeit/Ferien/Urlaub/Feiertage etc. Heiligabend 1. Weihnachtstag 2. Weihnachtstag Silvester Neujahr Sommerferien Osterferien Pfingstferien Sonstige Ferien/ Feiertage Geburtstage Sonstige wichtige Tage
(Nützlich für Mediationen, in denen es um Regelungen über Kontakte, Umgang, Zuständigkeit für Kinder, Jugendliche, alte Eltern, Pflegefamilien etc. geht)
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C. Mediation in der Praxis
6. Muster für Budgetpläne in Mediationen Haushaltsbudget
Med. 1
Med. 2
Med. 3
…
Miete/Wohn(neben)kosten Nebenkosten/Strom/Wasser etc. Telefon/Fax/Internet etc. Television/Radio etc. Auto Transport/Verkehr etc. Lebensmittel Kleidung Reparaturen/Instandhaltungen etc. Sonstiges im Haushalt Kultur/Theater/Kino/Zeitungen etc. Urlaub/Reisen etc. Geschenke/Spenden etc. Taschengelder Versicherungen Altersvorsorge Rückzahlungen/Schulden/Kredite etc. Unterhalt für Eltern/Kinder Beiträge für Vereine, Kirchen, Parteien etc. Hobbys Sonstiges
(Nützlich für Mediationen, in denen es um gerechte Verteilung vorhandener Gelder in Familien oder anderer Gemeinschaften, um freiwillige Zuständigkeiten oder gesetzlichen Unterhalt geht für Kinder, Jugendliche, alte Eltern, Pflegepersonen, Lebenspartner etc.)
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7. Muster einer Vermögensaufstellung für Mediationen
7. Muster einer Vermögensaufstellung für Mediationen Vermögen
Med. 1
Med. 2
Med. 3
…
Med. 1
Med. 2
Med. 3
…
Konten Sparbücher Aktien, Fonds etc. Wertpapiere Festgeldkonten Sonstige Wertanlagen Häuser Grundstücke Wohnungen Kunstobjekte etc. Schmuck etc. Sammlungen Autos Bausparverträge Lebens-/Kapitalversicherungen Sonstiges Verpflichtungen Schulden Kredite Hypotheken Versicherungen Sonstiges
(Nützlich für alle Formen von Vereinbarungen, Verträgen etc. über materielle Werte in Mediationen, z.B. in Beziehungs-, Trennungs- und Scheidungs-, Erb-Mediationen)
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C. Mediation in der Praxis
8. Muster für Einkommensaufstellungen in Mediationen Regelmäßiges Einkommen (monatlich) Med. 1
Med. 2
Med. 3
…
Gehalt/Gehälter/Weihnachtsgeld etc. Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit Renten Urlaubsgeld Trennungsgeld Prämien Sonstiges Weitere Einkünfte/geldwerte Vorteile Kindergeld Unterhalt Arbeitslosengeld Sozialhilfe Wohngeld Erziehungsgeld Bafög o.Ä. Zuwendungen von Eltern o.a. Sonstiges Firmenwagen Selbst genutzte Eigentumswohnung Zinserträge etc. Sonstiges
(Nützlich für Mediationen, in denen es um gerechte Verteilung vorhandener Gelder in Familien oder anderen Gemeinschaften, um freiwillige Zuständigkeiten oder gesetzlichen Unterhalt geht für Kinder, Jugendliche, Lebenspartner, alte Eltern, Pflegepersonen etc.).
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9. Mediationsklauseln Musterformulierungen
9. Mediationsklauseln Musterformulierungen Mediationsklausel im Rahmen einer Abschlussvereinbarung 1. Die Medianden sind sich einig, bei allen Meinungsverschiedenheiten im Zusammenhang mit diesem Vertrag zunchst eine Klrung im Wege des direkten Gesprchs suchen zu wollen. Gelingt dies nicht, vereinbaren die Parteien, vor Anrufung eines Gerichts erneut eine Mediation durchzufhren. Fr diesen Fall wird … als Mediator/in benannt. 2. Das Mediationsverfahren beginnt mit dem Zugang des schriftlichen Verlangens einer Seite, eine Mediation durchfhren zu wollen. 3. Sollte der/die unter Ziff. 1 Genannte nicht zur Verfgung stehen und sollten die Medianden sich nicht auf eine andere Person als Mediator/in verstndigen kçnnen, so wird der Mediator auf Antrag einer Seite von … [Institution, dritte Partei] ernannt. Offene Mediationsklausel Die Parteien verpflichten sich, bei allen Meinungsverschiedenheiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag vor Anrufung eines Gerichts eine einvernehmliche Lçsung im Wege der Mediation zu suchen. Qualifizierte Mediationsklausel 1. Die Parteien vereinbaren, fr den Fall von Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens eine Mediation durchzufhren. 2. Das Mediationsverfahren beginnt mit dem Zugang des schriftlichen Verlangens einer Partei, eine Mediation durchfhren zu wollen. 3. Sollten die Parteien sich nicht auf die Person des Mediators verstndigen kçnnen, so wird dieser auf Antrag einer Partei von … [Institution, dritte Partei] ernannt.
291
D. Anhang I. Mediationsgesetz (MediationsG) Das Gesetz wurde als Artikel 1 des Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung v. 21.7.2012 (BGBl. I, S. 1577; zuletzt geändert durch VO v. 31.8.2015, BGBl. I, S. 1474) beschlossen. Es ist gemäß Art. 9 dieses Gesetzes am 26.7.2012 in Kraft getreten. § 1 Begriffsbestimmungen (1) Mediation ist ein vertrauliches und strukturiertes Verfahren, bei dem Parteien mit Hilfe eines oder mehrerer Mediatoren freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Beilegung ihres Konflikts anstreben. (2) Ein Mediator ist eine unabhängige und neutrale Person ohne Entscheidungsbefugnis, die die Parteien durch die Mediation führt. § 2 Verfahren; Aufgaben des Mediators (1) Der Mediator vergewissert sich, dass die Parteien die Grundsätze und den Ablauf des Mediationsverfahrens verstanden haben und freiwillig an der Mediation teilnehmen. (2) Der Mediator ist allen Parteien gleichermaßen verpflichtet. Er fördert die Kommunikation der Parteien und gewährleistet, dass die Parteien in angemessener und fairer Weise in das Mediationsverfahren eingebunden sind. Er kann mit den Parteien getrennte Gespräche führen, wenn er dies für zweckmäßig hält. (3) Der Mediator kann die Mediation beenden, insbes. wenn er der Auffassung ist, dass eine eigenverantwortliche Kommunikation oder eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten ist. (4) Der Mediator wirkt im Falle einer Einigung darauf hin, dass die Parteien die Vereinbarung in Kenntnis der Sachlage treffen und ihren Inhalt verstehen. Er hat die Parteien, die ohne fachliche Beratung an der Mediation teilnehmen, auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Vereinbarung bei Bedarf durch externe Berater überprüfen zu lassen. Mit Zustimmung der Parteien kann die gezielte Einigung in einer Abschlussvereinbarung dokumentiert werden. § 3 Offenbarungspflichten; Tätigkeitsbeschränkungen (1) Der Mediator hat den Parteien alle Umstände offenzulegen, die seine Unabhängigkeit und Neutralität beeinträchtigen können. Er darf bei Vorliegen solcher Umstände nur als Mediator tätig werden, wenn die Parteien dem ausdrücklich zustimmen. (2) Als Mediator darf nicht tätig werden, wer vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Der Mediator darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden.
293
D. Anhang (3) Eine Person darf nicht als Mediator tätig werden, wenn eine mit ihr in derselben Berufsausübungs- oder Bürogemeinschaft verbundene andere Person vor der Mediation in derselben Sache für eine Partei tätig gewesen ist. Eine solche andere Person darf auch nicht während oder nach der Mediation für eine Partei in derselben Sache tätig werden. (4) Die Beschränkungen des Absatzes 3 gelten nicht, wenn sich die betroffenen Parteien im Einzelfall nach umfassender Information damit einverstanden erklärt haben und Belange der Rechtspflege dem nicht entgegenstehen. (5) Der Mediator ist verpflichtet, die Parteien auf deren Verlangen über seinen fachlichen Hintergrund, seine Ausbildung und seine Erfahrung auf dem Gebiet der Mediation zu informieren. § 4 Verschwiegenheitspflicht (1) Der Mediator ist zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit gesetzlich nichts anderes geregelt ist. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was dem Mediator in Ausübung seiner Tätigkeit bekannt geworden ist. Ungeachtet anderer gesetzlicher Regelungen über die Verschwiegenheitspflicht gilt sie nicht, soweit 1. die Offenlegung des Inhalts der im Mediationsverfahren erzielten Vereinbarung zur Umsetzung oder Vollstreckung dieser Vereinbarung erforderlich ist, 2. die Offenlegung aus vorrangigen Gründen der öffentlichen Ordnung geboten ist, insbes. um eine erhebliche Gefährdung des Wohles eines Kindes oder eine schwerwiegende Beeinträchtigung der physischen oder psychischen Integrität einer Person abzuwenden, oder 3. es sich um Tatsachen handelt, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. § 5 Aus- und Fortbildung des Mediators (1) Der Mediator stellt in eigener Verantwortung durch eine geeignete Ausbildung und eine regelmäßige Fortbildung sicher, dass er über theoretische Kenntnisse sowie praktische Erfahrungen verfügt, um die Parteien in sachkundiger Weise durch die Mediation führen zu können. Eine geeignete Ausbildung soll insbes. vermitteln 1. Kenntnisse über Grundlagen der Mediation sowie deren Ablauf und Rahmenbedingungen, 2. Verhandlungs- und Kommunikationstechniken, 3. Konfliktkompetenz, 4. Kenntnisse über das Recht der Mediation sowie über die Rolle des Rechts in der Mediation sowie 5. Praktische Übungen, Rollenspiele und Supervision.
294
I. Mediationsgesetz (MediationsG) (2) Als zertifizierter Mediator darf sich bezeichnen, wer eine Ausbildung zum Mediator abgeschlossen hat, die den Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6 entspricht. (3) Der zertifizierte Mediator hat sich entsprechend den Anforderungen der Rechtsverordnung nach § 6 fortzubilden. § 6 Verordnungsermächtigung Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates nähere Bestimmungen über die Ausbildung zum zertifizierten Mediator und über die Fortbildung zum zertifizierten Mediator sowie Anforderungen an Aus- und Fortbildungseinrichtungen zu erlassen. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können insbes. festgelegt werden 1. nähere Bestimmungen über die Inhalte der Ausbildung, wobei eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator die in § 5 Absatz 1 Satz 2 ausgeführten Ausbildungsinhalte zu vermitteln hat, und über die erforderliche Praxiserfahrung; 2. nähere Bestimmungen über die Inhalte der Fortbildung; 3. Mindeststundenzahl für die Aus- und Fortbildung; 4. zeitliche Abstände, in denen eine Fortbildung zu erfolgen hat, 5. Anforderungen an die in der Aus- und Fortbildungseinrichtungen eingesetzten Lehrkräfte; 6. Bestimmungen darüber, dass und in welcher Weise eine Aus- und Fortbildungseinrichtung die Teilnahme an einer Aus- und Fortbildungsveranstaltung zu zertifizieren hat; 7. Regelungen über den Abschluss der Ausbildung; 8. Übergangsbestimmungen für Personen, die bereits vor Inkrafttreten dieses Gesetzes als Mediatoren tätig sind. § 7 Wissenschaftliche Forschungsvorhaben; finanzielle Förderung der Mediation (1) Bund und Länder können wissenschaftliche Forschungsvorhaben vereinbaren, um die Folgen einer finanziellen Förderung der Mediation für die Länder zu ermitteln. (2) Die Förderung kann im Rahmen der Forschungsvorhaben auf Antrag einer rechtsuchenden Person bewilligt werden, wenn diese nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten einer Mediation nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig erscheint. Über den Antrag entscheidet das für das Verfahren zuständige Gericht, sofern an diesem Gericht ein Forschungsvorhaben durchgeführt wird. Die Entscheidung ist unanfechtbar. Die Einzelheiten regeln die nach Absatz 1 zustande gekommenen Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern.
295
D. Anhang (3) Die Bundesregierung unterrichtet den Deutschen Bundestag nach Abschluss der wissenschaftlichen Forschungsvorhaben über die gesammelten Erfahrungen und die gewonnenen Erkenntnisse. § 8 Evaluierung (1) Die Bundesregierung berichtet dem Deutschen Bundestag bis zum 26. Juli 2017, auch unter Berücksichtigung der kostenrechtlichen Länderöffnungsklauseln, über die Auswirkungen dieses Gesetzes auf die Entwicklungen der Mediation in Deutschland und über die Situation der Aus- und Fortbildung der Mediatoren. In dem Bericht ist insbes. zu untersuchen und zu bewerten, ob aus Gründen der Qualitätssicherung und des Verbraucherschutzes weitere gesetzgeberische Maßnahmen auf dem Gebiet der Aus- und Fortbildung von Mediatoren notwendig sind. (2) Sofern sich aus dem Bericht die Notwendigkeit gesetzgeberischer Maßnahmen ergibt, soll die Bundesregierung diese vorschlagen. § 9 Übergangsbestimmung (1) Die Mediation in Zivilsachen durch einen nicht entscheidungsbefugten Richter während eines Gerichtsverfahrens, die vor dem 26. Juli 2012 an einem Gericht angeboten wird, kann unter Fortführung der bisher verwendeten Bezeichnung (gerichtlicher Mediator) bis zum 1. August 2013 weiterhin durchgeführt werden. (2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Mediation in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Sozialgerichtsbarkeit, der Finanzgerichtsbarkeit und der Arbeitsgerichtsbarkeit.
296
II. ZmediatAusbV
II. Verordnung über die Aus- und Fortbildung von zertifizierten Mediatoren (Zertifizierte-Mediatoren-Ausbildungs-Verordnung – ZMediatAusbV – Auszug) Die Verordnung des Bundesministeriums der Justiz und Verbraucherschutz ist aufgrund des § 6 MediationsG ergangen (BGBl. I 2016, S. 1994). Die Verordnung ist am 1.9.2017 in Kraft getreten. § 1 Anwendungsbereich Diese Verordnung regelt 1. die Ausbildung zum zertifizierten Mediator, 2. die Fortbildung des zertifizierten Mediators sowie 3. Anforderungen an die Einrichtungen zur Aus- und Fortbildung nach den Nummern 1 und 2. § 2 Ausbildung zum zertifizierten Mediator (1) Als zertifizierter Mediator darf sich nur bezeichnen, wer eine Ausbildung zum zertifizierten Mediator abgeschlossen hat. (2) Die Ausbildung zum zertifizierten Mediator setzt sich zusammen aus einem Ausbildungslehrgang und einer Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation. (3) Der Ausbildungslehrgang muss die in der Anlage aufgeführten Inhalte vermitteln und auch praktische Übungen und Rollenspiele umfassen. (4) Der Umfang des Ausbildungslehrgangs beträgt insgesamt mindestens 120 Präsenzzeitstunden. Die jeweiligen Inhalte des Ausbildungslehrgangs müssen mindestens die in Spalte III der Anlage aufgeführten Zeitstunden umfassen. (5) Während des Ausbildungslehrgangs oder innerhalb eines Jahres nach dessen erfolgreicher Beendigung müssen die Ausbildungsteilnehmenden an einer Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation teilgenommen haben. (6) Über den erfolgreichen Abschluss der Ausbildung ist von der Ausbildungseinrichtung eine Bescheinigung auszustellen. Die Bescheinigung darf erst ausgestellt werden, wenn der gesamte nach den Absätzen 3 und 4 vorgeschriebene Ausbildungslehrgang erfolgreich beendet und die Einzelsupervision nach Absatz 5 durchgeführt ist. Die Bescheinigung muss enthalten: 1. Name, Vornamen und Geburtsdatum der Absolventin oder des Absolventen, 2. Name und Anschrift der Ausbildungseinrichtung, 3. Datum und Ort der Ausbildung,
297
D. Anhang 4. gemäß Anlage vermittelte Inhalte des Ausbildungslehrgangs und die jeweils darauf verwendeten Zeitstunden, 5. Datum und Ort der durchgeführten Einzelsupervision sowie 6. Name und Anschrift des Supervisors. § 3 Fortbildungsveranstaltung (1) Der zertifizierte Mediator hat nach Abschluss der Ausbildung regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen. Der Umfang der Fortbildungsveranstaltungen beträgt innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren mindestens 40 Zeitstunden. Die Vierjahresfrist beginnt erstmals mit Ausstellung der Bescheinigung nach § 2 Absatz 6 zu laufen. (2) Ziel der Fortbildungsveranstaltungen ist 1. eine Vertiefung und Aktualisierung einzelner in der Anlage aufgeführter Inhalte oder 2. eine Vertiefung von Kenntnissen und Fähigkeiten in besonderen Bereichen der Mediation. (3) Über die erfolgreiche Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung ist von der Fortbildungseinrichtung eine Bescheinigung auszustellen. Die Bescheinigung muss enthalten: 1. Name, Vornamen und Geburtsdatum der oder des Teilnehmenden, 2. Name und Anschrift der Fortbildungseinrichtung, 3. Datum und Ort der Fortbildungsveranstaltung sowie 4. vermittelte Fortbildungsinhalte und Dauer der Fortbildungsveranstaltung in Zeitstunden. § 4 Fortbildung durch Einzelsupervision (1) Innerhalb der zwei auf den Abschluss seiner Ausbildung nach § 2 folgenden Jahre hat der zertifizierte Mediator mindestens viermal an einer Einzelsupervision, jeweils im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation, teilzunehmen. Die Zweijahresfrist beginnt mit Ausstellung der Bescheinigung nach § 2 Absatz 6 zu laufen. (2) Über jede nach Absatz 1 durchgeführte Einzelsupervision ist von dem Supervisor eine Bescheinigung auszustellen. Diese Bescheinigung muss enthalten: 1. Name, Vornamen und Geburtsdatum des zertifizierten Mediators, 2. Datum und Ort der durchgeführten Einzelsupervision, 3. anonymisierte Angaben zur in der Einzelsupervision besprochenen Mediation sowie 4. Name und Anschrift des Supervisors.
298
II. ZmediatAusbV § 5 Anforderungen an Aus- und Fortbildungseinrichtungen (1) Eine Ausbildung nach § 2 oder eine Fortbildung nach § 3 darf nur durchführen, wer sicherstellt, dass die dafür eingesetzten Lehrkräfte 1. über einen berufsqualifizierenden Abschluss einer Berufsausbildung oder eines Hochschulstudiums verfügen und 2. über die jeweils erforderlichen fachlichen Kenntnisse verfügen, um die in der Anlage aufgeführten oder sonstige Inhalte der Aus- oder Fortbildung zu vermitteln. (2) Sofern eine Lehrkraft nur eingesetzt wird, um bestimmte Aus- oder Fortbildungsinhalte zu vermitteln, müssen sich ihre fachlichen Kenntnisse nur darauf beziehen. § 6 Gleichwertige im Ausland erworbene Qualifikation Als zertifizierter Mediator darf sich auch bezeichnen, wer 1. im Ausland eine Ausbildung zum Mediator im Umfang von mindestens 90 Zeitstunden abgeschlossen hat und 2. anschließend als Mediator oder Co-Mediator mindestens vier Mediationen durchgeführt hat. § 7 Übergangsbestimmungen (1) Als zertifizierter Mediator darf sich bezeichnen, wer vor dem 26. Juli 2012 eine Ausbildung zum Mediator im Umfang von mindestens 90 Zeitstunden abgeschlossen und anschließend als Mediator oder Co-Mediator mindestens vier Mediationen durchgeführt hat. (2) Als zertifizierter Mediator darf sich auch bezeichnen, wer vor dem 1. September 2017 einen den Anforderungen des § 2 Abs. 3 und 4 genügenden Ausbildungslehrgang erfolgreich beendet hat und bis zum 1. Oktober 2018 an einer Einzelsupervision im Anschluss an eine als Mediator oder Co-Mediator durchgeführte Mediation teilgenommen hat. Wird die Einzelsupervision erst nach dem 1. September 2017 durchgeführt, ist entsprechend § 4 Abs. 2 eine Bescheinigung auszustellen. (3) In den Fällen der Absätze 1 und 2 beginnen die Fristen des § 3 Absatz 1 Satz 3 und des § 4 Absatz 1 am 1. September 2017 zu laufen. Im Fall des Absatzes 2 Satz 2 beginnen die Fristen abweichend von Satz 1 mit Ausstellen der Bescheinigung zu laufen. § 8 Inkrafttreten Diese Verordnung tritt am 1. September 2017 in Kraft.
299
D. Anhang Anlage zur ZMediatAusbV Inhalte des Ausbildungslehrgangs (Fundstelle: BGBl. I 2016, S. 1996–1997)
Nummer
Inhalt des Ausbildungslehrgangs
Stundenzahl (Zeitstunden)
I
II
III
1.
Einführung und Grundlagen der Mediation
18 Stunden
a) Grundlagen der Mediation aa) Überblick über Prinzipien, Verfahrensablauf und Phasen der Mediation bb) Überblick über Kommunikations- und Arbeitstechniken in der Mediation b) Abgrenzung der Mediation zum streitigen Verfahren und zu anderen alternativen Konfliktbeilegungsverfahren c) Überblick über die Anwendungsfelder der Mediation 2.
Ablauf und Rahmenbedingungen der Mediation a) Einzelheiten zu den Phasen der Mediation aa) Mediationsvertrag bb) Stoffsammlung cc) Interessenerforschung dd) Sammlung und Bewertung von Optionen ee) Abschlussvereinbarung b) Besonderheiten unterschiedlicher Settings in der Mediation aa) Einzelgespräche bb) Co-/Teammediation, Mehrparteienmediation, Shuttle-Mediation cc) Einbeziehung Dritter c) Weitere Rahmenbedingungen aa) Vor- und Nachbereitung von Mediationsverfahren bb) Dokumentation/Protokollführung
300
30 Stunden
II. ZmediatAusbV
Nummer
Inhalt des Ausbildungslehrgangs
Stundenzahl (Zeitstunden)
I
II
III
3.
Verhandlungstechniken und -kompetenz a) Grundlagen der Verhandlungsanalyse b) Verhandlungsführung und Verhandlungsmanagement: intuitives Verhandeln, Verhandlung nach dem Harvard-Konzept/integrative Verhandlungstechniken, distributive Verhandlungstechniken
12 Stunden
4.
Gesprächsführung, Kommunikationstechniken a) Grundlagen der Kommunikation b) Kommunikationstechniken (z.B. aktives Zuhören, Paraphrasieren, Fragetechniken, Verbalisieren, Reframing, verbale und nonverbale Kommunikation) c) Techniken zur Entwicklung und Bewertung von Lösungen (z.B. Brainstorming, Mindmapping, sonstige Kreativitätstechniken, Risikoanalyse) d) Visualisierungs- und Moderationstechniken e) Umgang mit schwierigen Situationen (z.B. Blockaden, Widerstände, Eskalationen, Machtungleichgewichte)
18 Stunden
5.
Konfliktkompetenz a) Konflikttheorie (Konfliktfaktoren, Konfliktdynamik und Konfliktanalyse; Eskalationsstufen; Konflikttypen) b) Erkennen von Konfliktdynamiken c) Interventionstechniken
12 Stunden
6.
Recht der Mediation a) Rechtliche Rahmenbedingungen: Mediatorvertrag, Berufsrecht, Verschwiegenheit, Vergütungsfragen, Haftung und Versicherung b) Einbettung in das Recht des jeweiligen Grundberufs c) Grundzüge des Rechtsdienstleistungsgesetzes
6 Stunden
301
D. Anhang
Nummer
Stundenzahl (Zeitstunden)
I
II
III
7.
Recht in der Mediation a) Rolle des Rechts in der Mediation b) Abgrenzung von zulässiger rechtlicher Information und unzulässiger Rechtsberatung in der Mediation durch den Mediator c) Rolle des Mediators in Abgrenzung zu den Aufgaben des Parteianwalts d) Sensibilisierung für das Erkennen von rechtlich relevanten Sachverhalten bzw. von Situationen, in denen den Medianden die Inanspruchnahme externer rechtlicher Beratung zu empfehlen ist, um eine informierte Entscheidung zu treffen e) Mitwirkung externer Berater in der Mediation f) Rechtliche Besonderheiten der Mitwirkung des Mediators bei der Abschlussvereinbarung g) Rechtliche Bedeutung und Durchsetzbarkeit der Abschlussvereinbarung unter Berücksichtigung der Vollstreckbarkeit
12 Stunden
8.
Persönliche Kompetenz, Haltung und Rollenverständnis a) Rollendefinition, Rollenkonflikte b) Aufgabe und Selbstverständnis des Mediators (insbes. Wertschätzung, Respekt und innere Haltung) c) Allparteilichkeit, Neutralität und professionelle Distanz zu den Medianden und zum Konflikt d) Macht und Fairness in der Mediation e) Umgang mit eigenen Gefühlen f) Selbstreflexion (z.B. Bewusstheit über die eigenen Grenzen aufgrund der beruflichen Prägung und Sozialisation)
12 Stunden
Gesamt:
302
Inhalt des Ausbildungslehrgangs
120 Stunden
III. Verwendete und weiterführende Literatur
III. Verwendete und weiterführende Literatur Juliane Ade/Nadja Alexander, Mediation und Recht, Frankfurt 2017 Christoph Althammer/Jörg Eisele/Heidi Ittner, Grundfragen und Grenzen der Mediation, Frankfurt/M. 2012 Rudi Ballreich/Friedrich Glasl, Konfliktmanagement und Mediation in Organisationen, Stuttgart 2011 Edward de Bono, Konflikte. Neue Lösungsmodelle und Strategien, Düsseldorf 1989 Ivan Boszormenyi-Nagy/Geraldine Sparck, Unsichtbare Bindungen, Die Dynamik der familiären Systeme, Stuttgart 1981 Steven J. Brams/Alan D. Taylor, Fair Division, Cambridge University Press 1996 Stephan Breidenbach, Mediation, Köln 1995 Anne Dieter/Leo Montada/Annelore Schulze (Hrsg.), Gerechtigkeit im Konfliktmanagement und in der Mediation, Frankfurt/New York 2000 Joseph Duss-von Werdt, Einführung in Mediation, 2. Aufl., Heidelberg 2011 Joseph Duss-von Werdt/Gisela Mähler/Hans-Georg Mähler (Hrsg.), Mediation: Die andere Scheidung. Ein interdisziplinärer Überblick, Stuttgart 1995 Christian Duve/Horst Eidenmüller/Andreas Hacke/Martin Fries, Mediation in der Wirtschaft, 3. Aufl., Köln 2019 Horst Eidenmüller/Gerhard Wagner (Hrsg.), Mediationsrecht, Köln 2015 Evaluationsbericht, Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Mediationsgesetzes auf die Entwicklungen der Mediation in Deutschland und über die Situation der Aus- und Fortbildung der Mediation, 2017, BT-Drs. 18/13178 Roger Fisher/William Ury, Das Harvard-Konzept, Sachgerecht verhandeln – erfolgreich verhandeln, Frankfurt 1998 Roger Fisher/William Ury/Bruce Patton, Das Harvard Konzept, München 2018 Silke Freitag/Jens Richter (Hrsg.), Mediation das Praxisbuch, Weinheim 2015 Gary Friedman/Jack Himmelstein, Unveröffentlichte Ausbildungsmaterialien Gary Friedman/Jack Himmelstein, Konflikte fordern uns heraus, Frankfurt/M. 2013 Roland Fritz/Dietrich Pielsticker, Mediationsgesetz Kommentar, Köln 2013 Roland Fritz/Dietrich Pielsticker, Verordnung über die Aus- und Fortbildung von Mediatoren – ZMediatAusbV-, Köln 2018 Friedrich Glasl, Konfliktmanagement, 9. Aufl., Stuttgart 2009 Ulla Gläßer, Viel Lärm um nichts?, ZKM 2018, 4 ff.
303
D. Anhang Ulla Gläßer, Die Haftung des Mediators – Damoklesschwert oder Chimäre?, ZKM 2018, 81 ff. Walther Gottwald, Streitbeilegung ohne Titel. Vermittelnde Konfliktregelung alltäglicher Streitigkeiten in den vereinigten Staaten aus rechtsvergleichender Sicht, Tübingen 1981 Reinhard Greger/Hannes Unberath/Felix Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, 2. Aufl., München 2016 Fritjof Haft/Katharina v. Schlieffen, Handbuch Mediation, 3. Aufl., München 2016 Niko Härting, Neues Datenschutzrecht: Wie bereiten sich Anwaltskanzleien richtig vor? Rechtsanwaltskammer München, Mitteilungen 03/17, 7 ff. John M. Haynes, Unveröffentlichte Ausbildungsmaterialien Jutta Hohmann/Doris Morawe, Praxis der Familienmediation, 2. Aufl., Köln 2012 Janet R. Johnston, Scheidung. Wie geht es weiter? Plenarvortrag anlässlich des Treffens des Internationalen Familienverbandes in Pittsburgh, Mai 1991. Robert Kazemi/Thomas H. Lenhard, Datenschutz und Datensicherheit in der Anwaltskanzlei, 3. Aufl., Bonn 2017 Jürgen Klowait/Ulla Gläßer (Hrsg.), MediationsG, 2. Aufl., Baden-Baden 2018 Heiner Krabbe, Die mediationsanaloge Supervision, Kon:Sens 1999, 160 ff. Heiner Krabbe, Werkstattbericht – Hochstrittige Paare in der Mediation, ZKM 2014, 58 ff. Heiner Krabbe, Ärger und Wut muss man rauslassen, ZKM 2018, 43 ff. Heiner Krabbe/Sabine C. Thomsen, Familienmediation mit Kindern und Jugendlichen, 4. Aufl., Köln 2017 Claas-Hinrich Lammers, Emotionsbezogene Psychologie, Stuttgart 2007 Maria Mattioli, Mediation in der anwaltlichen Praxis, Frankfurt/M. 2012 Leo Montada/Elisabeth Kals; Mediation – Psychologische Grundlagen und Perspektiven, 3. Aufl., Weinheim 2013 Elke Müller, Gerechtigkeitskonflikte in der Mediation, Hamburg 2004 Mario Patera, Emotionen gestalten – eine Schlüsselkompetenz interessenbasierter Mediation, 1. Teil, perspektive mediation 3/2009, 128 ff. Christoph C. Paul, Abschlussvereinbarungen in der Familienmediation, ZKM 2014, 191 ff. Lis Ripke, Charakteristika eines guten Abschlussvertrags, KON:SENS 1999, 341 ff. Carl Rogers, Klientenzentrierte Gesprächsführung, 14. Aufl., Weinheim 2013 Peter Röthemeyer, Mediation, Stuttgart 2015
304
III. Verwendete und weiterführende Literatur Virginia Satir, Selbstwert und Kommunikation, 19. Aufl., Stuttgart 2009 Arist von Schlippe/Almute Nischak/Mohamed El Hachimi (Hrsg.), Familienunternehmen verstehen, 2. Aufl., Göttingen 2011 Frank H. Schmidt/Thomas Lapp/Hans-Georg Monßen, Mediation in der Praxis des Anwalts, München 2012 Friedemann Schulz von Thun, Miteinander reden 1, 48. Aufl., Reinbek bei Hamburg 2010 Steve de Shazer, Der Dreh. Überraschende Wendungen und Lösungen in der Kurzzeittherapie, 13. Aufl., Heidelberg 2015 Svenja Thiel/Wolfgang Widder, Konflikte konstruktiv lösen – Ein Leitfaden für die Teammediation, München 2003 Karl Tomm, Die Fragen des Beobachters, Heidelberg 2001 Thomas Trenczek/Detlev Berning et al. (Hrsg.), Mediation und Konfliktmanagement, 2. Aufl., Hannover 2017 Gerhard Wagner, Vertraulichkeit der Mediation, ZKM 2011, 164 ff. Matthias Weber/Herbert Schilling, Eskalierte Elternkonflikte, 2. Aufl., Weinheim 2012 Einen ergiebigen Fundus für Fachartikel zu allen relevanten methodischen und mediationsrechtlichen Fragestellungen bietet darüber hinaus die Zeitschrift für Konfliktmanagement (ZKM), Jhg. 1–21, Köln 1997–2018, deren einzelne Aufzählung den Rahmen dieses Buches überschreiten würde. Als Ausgangspunkt für eine eigene vertiefende Lektüre eignen sich neben den genannten Buchtiteln u.a. die Lehrmodul-Reihe Mediation, hrsg. von Gläßer/Kirchhoff/Troja, in den ZKMJahrgängen 2005–2015, sowie die Aufsatzserie „Blickwechsel“ von Alexandra Bielecke, ab ZKM 3/2018.
305
D. Anhang
IV. Glossar Abschlussvereinbarung
In der Mediation erarbeitete Vereinbarung zwischen den Medianden
Allparteilichkeit
Professionelle Haltung/Fähigkeit des Mediators, für beide Seiten (im Sinne der Neutralität) gleichermaßen Partei zu ergreifen
Ambivalenz-Mediation
Mediation mit zwei möglichen Voraussetzungen und Sachverhalten, bei mehr als zwei Voraussetzungen oder Sachverhalten auch Polyvalenz
BATNA
Beste Alternative to a Negotiated Agreement (Beste Alternative zur Verhandlungsübereinkunft) Harvard-Konzept
Beratungsanwälte
Parteiliche Anwälte zur Beratung der rechtlichen Positionen
Brainstorming
Sammlung von Ideen und Möglichkeiten
Caucusing
Einzelgespräche mit jeder der Konfliktparteien innerhalb der Mediation, auch ShuttleMediation genannt
Ergebnisoffenheit
Keine Vorgaben hinsichtlich der Ergebnisse einer Mediation – eine der wichtigsten Voraussetzungen der Mediation
Fairnesskriterien
Maßstäbe jeder Konfliktpartei für die Überprüfung der Ergebnisse auf Fairness- und Gerechtigkeit
Feedback
Spiegelung von Aussagen und Wahrnehmungen
Fokussieren
Zusammenfassung unter einem bestimmten Blickpunkt, um die Unterschiedlichkeit als Ressource besser herauszuarbeiten
Genogramm
Grafische Darstellung von familiären und Generationen-Beziehungen
Gewichtung
Reihenfolge der eigenen Konfliktthemen
306
IV. Glossar
Harvard-Konzept
In den USA entwickeltes Verhandlungskonzept, das u.a. Grundlage der Mediation und des mediativen Verhandelns wurde
Hypothesen
Arbeitsannahmen
Ich-Botschaften
Formulierungen, die dem Gesprächspartner mitteilen, wie sein oder ihr Verhalten auf einen selbst wirkt
Interessen
Ebene hinter den Positionen, worum es im Konflikt „eigentlich“ geht
Konfliktspiel-Bild
Bild für die gemeinsame Inszenierung des Konflikts und die Möglichkeiten der Veränderung des Spiels
Kontenausgleich
Verhandeln über materielle und immaterielle Werte in der Mediation
Kurzzeit-Mediation
Zeitlich komprimierte Form des gesamten Mediationsprozesses
Lineare Fragen
Fragen zum Sachverhalt, Informationsfragen
Mediation-ReflektingTeam
Mediatoren tauschen sich über den aktuellen Konfliktlösungsprozess aus, während die Medianden zuhören
Mediationsklausel
Vertragsabrede, mit der die Vertragsparteien sich verpflichten, im Fall von Meinungsverschiedenheiten (über den Vertrag) eine Mediation durchzuführen
Mediationskontrakt
Vereinbarung zwischen den Medianden über die Durchführung einer Mediation
Mediations-Supervision
Praxisbegleitung bei Problemen in der Mediationsarbeit
Mediationsvereinbarung
siehe Mediationskontrakt
Mediatorvertrag
Vertrag zwischen den Medianden und dem Mediator
Mehrparteien-Mediation
Mediation mit mehr als zwei Konfliktparteien
Mehrwege-Mediation
Mediation mit mehr als einem Weg des Prozesses und der Vereinbarungen
307
D. Anhang
Memorandum
Fixierung des Ergebnisses am Ende einer Mediation, meist Abschlussprotokoll
Misch-Mediation
Mediation, die aus mehr als einem Mediationsfeld besteht
Neutralität
Ausbalancierte Haltung gegenüber allen Konfliktparteien, auch als Allparteilichkeit beschrieben
Normalisieren
In einen gewöhnlichen (üblichen) Rahmen setzen
Optionen
Möglichkeiten und Ideen für Veränderungen
Organigramm
Grafische Darstellung von Strukturen in Organisationen, Firmen etc.
Paraphrasieren
Kleinste gemeinsame neutrale Aussage, die sich auf alle Partner bezieht
Parkplatz
Ort (zumeist auf einer Pinnwand), an dem offene Aspekte gesammelt werden, die erst zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden und nicht in Vergessenheit geraten sollen
Partialisieren
Konfliktgesamtheit in kleinere Einheiten zerlegen
PMI-Methode
Bewertungsmethode, bei der Ideen/Optionen nach Plus/Minus und Interessant bewertet und gewichtet werden
Privatautonomie
Teil des grundsätzlich geschützten Selbstbestimmungsrechts des Einzelnen, seine Lebensverhältnisse im Rahmen des Rechts durch Rechtsgeschäft eigenverantwortlich zu gestalten
Prozesskostenhilfe
Teilweise oder gänzliche Befreiung von den Kosten eines Gerichtsverfahrens und der anwaltlichen Vertretung im Verfahren
Reflecting Team
Reflexionsgespräch von zwei oder mehr Mediatoren; die Mediatoren tauschen sich über den aktuellen Konfliktlösungsprozess aus, während die Medianden zuhören
308
IV. Glossar
Reflexive Fragen
Fragen, die zum Nachdenken und Entwerfen anregen
Selbstbehauptung
Fähigkeit, seine Position nach außen zu vertreten, auch Selbstkompetenz oder Empowerment
SMART-Kriterien
specific (spezifisch), measurable (messbar), achievable (umsetzbar), realistic (realistisch) und timed (zeitlich bestimmt)
Soziogramm
Grafische Darstellung von Gruppen, Teams etc.
Strategische Fragen
Fragen mit einer bestimmenden Absicht (Strategie)
Systemischer Ansatz
Ausgehen von der konstruktivistischen Annahme, dass sich Menschen ihre Wirklichkeit selbst konstruieren
Team-Mediation
Mediation mit mehr als zwei Medianden, in einem Team
Visualisieren
Sichtbarmachen von Mediationsinhalten
Vorlaufphase
Informations- und Kontaktphase vor der eigentlichen Mediation
Vor-Mediation
Mini-Mediation vor der eigentlichen Mediation zur Klärung formeller Fragen
WATNA
Worst Alternative to a Negotiated Agreement (Schlechteste Alternative zur Verhandlungsübereinkunft) Harvard-Konzept
Wertebild
Visualisierung aller materiellen und immateriellen Werte aller Konfliktparteien
Window I
Arbeit mit der Autonomie und Selbstbehauptung der Medianden
Window II
Arbeit mit der Wechselseitigkeit und Gemeinsamkeit der Medianden
Zeitmanagement
Zeitliche Planung von Stufen, Arbeitseinheiten und der gesamten Mediation
Zirkuläre Fragen
Reflexive Fragen mit dem Weg über andere Personen oder Gruppen
309
Stichwortverzeichnis Die Zahlen bezeichnen die Seitenzahlen, halbfette Zahlen bezeichnen Hauptfundstellen. Der Zusatz (G) verweist auf die Begriffserklärung im Glossar.
Abbruch der Mediation
64, 76, 116, 138, 145, 173, 237 Ablauf einer Mediation 85, 103 ff., 111 Abschlussritual 44, 164 Abschlussvereinbarung 114, 158 ff., 259, 274, 276, 291, 306 (G) Administrierte Mediation 118 Akquisition von Fällen 265 ff. Aktives Zuhören 119, 121, 190, 249 Allparteilichkeit 60, 62, 83 f., 87, 126, 178, 179, 306 (G) Ambivalenz 62 ff., 216, 306 (G) Angebotsverhandeln 10, 28 ff., 153, 155, 157 Ängste 141, 167, 186, 189, 200, 263 Anwalt-Mediatoren 87 ff., 91, 118, 160 Anwaltsvergleich 92, 159 (s.a. Durchsetzbarkeit) Arbeitsannahmen s. Hypothesen Aufbewahrung der Mediationsunterlagen s. Dokumentation Auftragsklärung 88, 90, 91, 105, 251 (s.a. Vorlaufphase) Aus- und Fortbildung 268 ff., Anhang II Ausschlussfristen 91 f., 95, 280 Autonomie 61, 78 f., 80 f., 84, 89, 105, 136, 153, 166 ff., 173, 186, 188, 223, 226, 308 (G), (s.a. Eigenverantwortlichkeit)
Balance
105, 121, 123, 135, 138 f., 169, 171, 178, 186, 196, 200, 225, 241, 243 (s.a. Allparteilichkeit) BATNA 76, 131, 141, 152, 154, 229, 306 (G) Bedeutungsfragen 126 Bedürfnisse 124, 128, 129
Beratungsanwalt 7, 11, 31, 41, 87, 89, 97, 101, 113 ff., 139, 145 ff., 207, 211, 228, 263, 306 (G) Beratungsfachleute, andere 31, 36, 38, 76, 109, 149 ff., 191, 211, 263 Beschleunigen s. „Verschnellen“ Beweisverwertungsverbot 117 Bilder 61, 70, 173, 181, 13, 215 ff. Brainstorming 100, 132, 301, 306 (G) Budgetpläne 288
Caucus-Mediation gespräche Co-Mediation 241 ff.
s. Einzel-
98, 139, 182, 231, 234,
Daten und Fakten
73 ff., 113 ff., 116, 185, 191, 205 Datenschutz 95, 109, 209, 282 ff. Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) 93, 95, 117, 282 ff. Dauer der Mediation 12, 163 Dispositives Recht 79, 97 Dokumentation 89, 93, 97, 160, 207, 300 (s.a. Abschlussvereinbarung) Dolmetscher 116, 151, 168 Drohungen 73 ff. Durchsetzbarkeit 92, 117, 148, 302
Eigenverantwortlichkeit
s. Autonomie Einbeziehung Dritter 154, 160, 247, 300 Einführungsgespräch 115 ff., 132, 137, 154, 220, 227, 239, 259 Eingeschränkte Indikation 72, 73 ff. Einigung 80, 89, 158 ff. Einkommensaufstellungen 290 Einzelgespräche 75, 81, 86, 109, 231, 300, 306 (G)
311
Stichwortverzeichnis Emotionen 18 ff., 32, 100, 129, 234, 244 ff. Empathie 189, 196 Entschleunigen s. Verlangsamen Erb-Mediation 1 ff., 62, 68, 150, 221, 230, 289 Ergebnisoffenheit 80, 105 ff., 179, 234, 306 (G) Eskalation von Konflikten 233
Fachleute, andere
26, 31, 76, 113, 149 ff., 263, Fairnesskriterien 18 ff., 44 ff., 136 ff., 143 ff., 256, 306 (G) Fallvorbereitung s. Vorlaufphase Familien-Mediation 88, 110, 248 Finanzen 120, 122, 258 Fokussieren 56, 111, 167, 195 ff., 224, 254 Fragen – Bedeutungs~ 126 – Fokussierende 171 – Hypothetische 189 – Lineare 185, 307 (G) – Reflexive 132, 134, 184, 187 ff., 224, 302, 309 (G) – Strategische 184, 185 ff., 309 (G) – W-Fragen 185 – Zirkuläre 56, 132, 134, 167, 186 ff., 235, 309 (G) – Zukunftsorientierte 188 Freiwilligkeit 11, 80, 84, 115, 234, 250 f.
Geben und Nehmen
s. Kontenausgleich Geeignetheit s. positive Indikation Gefühls- und Sachebene 201 Gegenseitigkeit s. Window I Geheimnisschutz, kein 83, 96, 109 Gemeinsamkeit s. Window II Genogramm 4 ff., 61, 219 ff., 286, 306 (G) Gerechtigkeit 21 ff., 67, 101, 136 ff., 256
312
Gerechtigkeitskriterien s. Fairnesskriterien Geschickte Medianden s. Zwangskontext Gewalt 73, 74, 116 Gewichtung 15, 99, 122, 306 (G) Grenzüberschreitende Konflikte 97 Großgruppen-Mediation 118, 154, 192, 207, 236 Grundbauplan 103 ff. Grundprinzipien 80 ff. Gruppen-Mediation 135, 232 ff.
Haftung
82, 83, 88, 91, 94 f., 97, 114, 160, 161, 260 Haftpflichtversicherung 95, 259 f. Haltung des Mediators 56, 57, 60, 83, 132, 135, 169, 177 ff., 199, 251 Harvard-Konzept 76, 125 f., 130, 131, 152 ff., 201, 307 (G) Hilfspersonen 82 Hochstrittigkeit 246 ff. Honorar s. Vergütung Hospitant 29, 30 f., 38, 82, 135, 156, 209, 265 Hypothesen 6, 18, 23, 29, 36, 37, 61 f., 72, 73, 119, 123, 142, 167, 170 f., 173 ff., 180, 187, 193, 196, 204, 222, 225, 230, 235, 237, 245, 253, 307 (G)
I
ch-Botschaften 121, 307 (G) Immaterielle Werte 30, 33, 67 ff., 139, 153, 155, 178, 212 f., 237 Indikation 71 ff., 233, 241, 242, 255 Informationsgespräch 102, 110 Informationsmaterial 4, 109, 266 Informiertheit 10, 80, 87, 90 Innere Buchführung s. Kontenausgleich Interdisziplinarität 150, 151, 236, 241, 243, 263, 270 Interessen und Bedürfnisse 16 f., 99, 124 ff., 141, 143, 152, 161, 163, 166, 168, 170, 172, 187, 204, 208, 223, 224, 256, 307 (G)
Stichwortverzeichnis Interessenkollision 84 Interkulturelle Mediation
71, 234
Kinder/Jugendliche
64, 86, 123, 139, 161, 187, 189, 192, 210, 219, 221 Klageverzicht 88, 116 Kommunikation 75, 82, 96, 116, 190 Konflikt – ~erhaltungsmechanismen 247 – ~interaktion 53 ff. – ~lösungsstrategien 53 ff. – ~muster 54, 110 – ~reaktion 53 ff. – ~spiel-Bild 20 ff., 32., 57, 100, 206, 215 f., 307 (G) – ~verhalten 53 ff., 63, 197 Konstruktivismus 58, 215 Kontakt- und Zuständigkeitspläne 209, 287 Kontaktanbahnung 84 Kontenausgleich 67 ff., 137, 178, 310 (G) Kontra-Indikation 47 ff., 469, 255 Kosten(regelungen) 188, 259 Kurzzeit-Mediation 104 ff., 147, 164, 222, 228, 252 ff., 307 (G)
Langzeit-Mediation M
66, 222, 252
achtungleichgewicht 64, 73 ff., 85 Mailänder Schule 58 Marketing 265 ff. Mediationsanaloge Fall-Supervision 180 ff. Mediationsergebnisse 91, 147 Mediationsgeeignetheit s. Indikation Mediationsgesetz 261, 293 ff. Mediationsklausel 41, 291 ff., 307 (G) Mediationskontrakt 79 ff., 89, 105, 110, 114, 115 ff., 163, 273 ff., 307 (G) Mediationsprozess s. Ablauf einer Mediation Mediationsräume 257 ff. Mediationsvereinbarung s. Mediationskontrakt Mediatorenrolle 43
Mediatorvertrag 79, 273, 307 (G) Mehrparteien-Mediation 126 ff., 139, 190 ff., 205, 230 ff., 307 (G) Mehrwege-Mediation 65, 238 ff., 307 (G) Memorandum 80, 91, 159, 307 (G) Mini-Mediation 110, 117 Misch-Mediation 62, 232, 237 ff., 308 Mobbing-Mediation 64, 237
Nachbarschafts-Mediation
220, 237 Nachfolge-Regelungen 7, 42 Negative Interessen 124, 126, 127 Netzwerk 263 ff. Neutralität s. Allparteilichkeit Nichteinigungsalternative s. BATNA Nonverbale Kommunikation 176, 249, 301 Normalisieren 197 ff., 308 (G) Notarielle Vereinbarung 39
Offenbarungspflichten
84, 95 Ökonomisches Bild 215 Optionalität 61, 74, 121, 123, 180, 218, 241, 243 Optionen 61 ff., 130 ff. Organigramm 98, 105, 219, 137, 285 ff., 308 (G) Organisationsberater 8, 26, 31, 107, 236
Paraphrasieren
56, 203 ff., 308 (G) Parkplatz 98 ff., 114, 122, 206, 308 (G) Partialisieren 56, 201 ff., 308 (G) Pausen 12, 104, 112, 223, 228 Pflichten des Mediators 90, 94, 95 ff. Phasenmodell 81, 103 ff. (s.a. Grundbauplan) PMI-Methode 134, 156, 308 (G) Politische Mediation 59 Polyvalenz 59 ff., 238 Positionen 125 ff., 226 f. Positive Indikation 72 Positives Umformulieren 56, 111, 127, 171, 193, 200, 204, 310
313
Stichwortverzeichnis Präambel 41, 70, 139, 161 Praemediation/(Vor-Mediation) 98, 104, 150, 233, 309 (G) Prae-Vision 255 Privatautonomie 78 ff., 85, 136, 153, 308 (G) Protokolle s. Sitzungsprotokoll Prozess- und Stufenplan 257 Prozessrisikoanalyse 206, 207
Qualitätssiegel
269
Rechtsanwälte
s. Beratungsanwälte Rechtsberatung 7, 96, 116, 142, 145 ff. Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) 87, 88, 91, 142, 160 Rechtsinformationen 88, 142, 152 Rechtsposition 113, 141 ff., 146, 228 Regeln 12, 120 Regelungsvorschläge 87, 89 Ressourcen(-orientierung) 60, 66, 77, 105, 143, 180 ff. Rolle des Rechts 23 ff., 65, 78, 101, 140 ff., 228, 234 Rollenkonflikt 302
Sachebene
18, 206, 210 Salvatorische Klausel 41 Sanktionen 37, 41, 132, 162, 191 Schlussvereinbarung s. Abschlussvereinbarung Schuld 136, 141, 166, 187 Schul-Mediation 76, 139, 150 f., 173, 219, 237, 241 Schutzbedürfnisse 129 Schweigen 56 ff. Schweigepflicht 113, 230, 234 Selbstbehauptung s. Window I Selbstregulierung von Konflikten 59, 269 Setting 151 ff., 230 ff. Shuttle-Mediation s. Einzelgespräche Sitzordnung 9, 120, 208, 235 Sitzungsprotokoll s. Dokumentation
314
Soziogramm 61, 219, 221, 234, 237, 309 (G) Spiegeln 119, 176 Spielregeln 20 f., 215, 218 (s.a. Regeln) Streitwert 95, 148 Sucht 74 Supervision 57, 180 ff., 307 (G) (s.a. mediationsanaloge FallSupervision) Systemischer Ansatz 58, 309 (G) Systemtheorie 60
Tätigkeitsverbot
84, 95 (s.a. Vorbefassungsverbot) Team-Mediation s. GruppenMediation Techniken 56 ff., 105, 110, 116, 144, 167, 171, 176 Telefonate 5 ff., 106 Termine 114, 223, 274 Themensammlung 13 ff., 99 ff., 118 ff. Therapeutische Arbeit 65, 187 Trennungs- und Scheidungs-Mediation 63, 116
Übergaberitual
s. Abschlussritual Übergangsregelungen 64, 99 ff., 111, 208, 223 Übergangsschritte 138, (s.a. Viererschritt) Überprüfung, juristische 37, 39, 41 Überweisungskontext 112 (s.a. Zwangskontext) Umformulierungen 122 Umwelt-Mediation 83, 104, 116, 210, 230, 237 ff. Unabhängigkeit des Mediators 68, 83 Unfreiwilligkeit 115, 250 (s.a. Zwangskontext) Unterschriften 43 Unterthemen 120, 128, 201
V
eränderbarkeit 74, 214, 223 Verbindlichkeit 115, 223, 280
Stichwortverzeichnis Vereinbarungen 12, 28, 41, 156, 159 ff., 234, 280 (s.a. Abschlussvereinbarung) Vergrößerung des Kuchens 130 Vergütung 79, 116, 118, (s.a. Honorar) Verhandeln 10, 101, 144, 152 ff., 227, 236 (s.a. Angebots-Verhandeln) Verhandlungsergebnisse 29, 137, 144, 150 ff. Verhandlungsmodelle 29, 132, 150 ff., 199, 224 Verjährung 91 ff. Verlangsamen 56, 135, 223 f., 245 Vermögensaufstellung 289 f. Verrechnung materieller und immaterieller Werte s. Kontenausgleich Verrechtlichung 140 ff. „Verschnellen“ 100, 135, 223 f. Verschwiegenheitspflicht 79, 82 ff., 94 f., 294 Versöhnung 173 Verstehensprozess 167 ff., 180 Verteilungsgerechtigkeit 67 Vertragsbeziehungen der Beteiligten 79 Vertraulichkeit 11, 82 ff., 207, 234, 250 f., 279 Verwaltungs-Mediation 64, 231 f., 237, 258 f., 285 Video 182 Viererschritt der Übergänge 19, 225 ff. Visualisieren 111, 171, 201, 208 f., 212, 238, 309 (G) Vollstreckbarkeit 96, 302 (s.a. Durchsetzbarkeit) Vorbefassungsverbot 84 Vorläufige Vereinbarung 28 ff., 156, 159, 214, 245, 248
Vorlaufphase 4 ff., 95, 98, 103 ff., 142, 220, 227, 233 Vor-Vereinbarung s. Prae-Mediation
W
ährung der Gerechtigkeit 69 ff. WATNA 76, 131, 152, 154, 229, 309 (G) Wechselseitigkeit s. Window II Werbung 39, 45, 267 Wertebild 9, 30, 206, 209, 212 ff., 237, 309 (G) Wertesysteme 67, 212 Wertschätzung 66, 167, 172, 177, 196, 200 Window I (Arbeit mit der Selbstbehauptung) 16, 22, 28, 120, 128, 166 ff., 309 (G) Window II (Arbeit mit der Wechselseitigkeit) 17, 22, 28, 128, 169 ff., 309 (G) Win-win-Alternative 152 Wirtschafts-Mediation 95, 146 Würdigung 19, 37, 172, 226
Zeitmanagement
9, 64, 222 ff., 235, 309 (G) Zeittechniken 223, 224 Zertifizierter Mediator 268 f., 295, 297, 299 Zeugnisverweigerungsrecht 82, 275, 279 ZMediatAusbV 268 f., 297 ff. Zukunftsorientieren 56, 111, 132, 167, 199 ff., 204, 224 Zusammenfassen 56, 62, 121, 126, 132, 193 ff. Zwangskontext 250 ff. (s.a. Freiwilligkeit) Zwischenergebnisse 106, 109, 156
315