Warum Schreiben hilft: Die Wirksamkeitsnachweise zur Poesietherapie 9783666401619, 9783525401613, 9783647401614


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Warum Schreiben hilft: Die Wirksamkeitsnachweise zur Poesietherapie
 9783666401619, 9783525401613, 9783647401614

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Silke Heimes

Warum Schreiben hilft Die Wirksamkeitsnachweise zur Poesietherapie

Mit 5 Tabellen

Vandenhoeck & Ruprecht © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ­http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-40161-3 ISBN 978-3-647-40161-4 (E-Book) Umschlagmotiv: Wolfgang Blauert © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen /  Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Druck und Bindung: e Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Inhalt

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Der Begriff der Poesietherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Schreiben und Lesen als Therapie . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Poesie ist mehr als Lyrik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Das Element der Achtsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.4 Integration der Bibliotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.5 Definition der Poesietherapie . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.1 Poesietherapeutische Forschung im Ländervergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.2 Tradition, Gegenwart und Zukunft . . . . . . . . . . . . 1.2.3 Das Expressive Schreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2.4 Limitationen von Metaanalysen . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Setting der Poesietherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Ambulante und stationäre Poesieeinzelund Poesiegruppentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Stationäre Poesiegruppentherapie . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Ambulante Poesieeinzeltherapie . . . . . . . . . . . . . . 1.3.4 Additive und supportive Poesietherapie . . . . . . .

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2 Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Warum Schreiben hilft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Wirkfaktoren und Krankheitsbilder . . . . . . . . . . . 2.1.2 Modelle und ihre Schwierigkeiten . . . . . . . . . . . . 2.2 Wer vom Schreiben profitiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Persönlichkeitsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Genderaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

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2.3 Wann und wie lange man schreiben soll . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Der richtige Zeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Schreibeinheiten und -frequenzen . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Implikationen für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Welche Nebenwirkungen auftreten können . . . . . . . . . 2.4.1 Stimmungsverschlechterung und Chronifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 Emotionale Krisen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3 Wissenschaftlicher Zugang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Geeignete Evaluationsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Der Versuch einer Annäherung . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Notwendigkeiten in der Poesietherapieforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.3 Quantitative und qualitative Forschung . . . . . . . . 3.2 Evidenzbasierte Medizin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Evidenzklassen und Empfehlungsgrade . . . . . . . . 3.2.3 Ziele der evidenzbasierten Forschung . . . . . . . . . 3.2.4 Grenzen der evidenzbasierten Medizin . . . . . . . . 3.3 Qualitative Forschungsansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Gütekriterien qualitativer Forschung . . . . . . . . . . 3.3.2 Textorientierte Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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4 Wirkungen und Wirkfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Berufspolitische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Aktueller Stand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Wirksamkeit, Effektivität und Effizienz . . . . . . . . 4.2 Konsequenzen für die Poesietherapie . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.1 Versuch einer Differenzierung und Klassifizierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Anwendung der Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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5 Wirksamkeitsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Wirkung: Emotionsregulation (W 1) . . . . . . . . . . . . . . . 5.1.1 Wirkfaktor: Selbstoffenbarung (WF 1.1) . . . . . . . 5.1.2 Wirkfaktor: Verarbeitung belastender Erlebnisse (WF 1.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2.1 Wirkfaktor: Kognitionsförderung (WF 2.1) . . . . 5.2.2 Wirkfaktor: Neubewertung (WM 2.2) . . . . . . . . . 5.2.3 Wirkfaktor: Kohärenzerleben (WF 2.3) . . . . . . . 5.2.4 Wirkfaktor: Selbstkonzept und Lebensziele (WF 2.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Wirkung: Soziale Integration (W 3) . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3.1 Wirkfaktor: Soziale Unterstützung (WF 3.1) . . . . 5.3.2 Wirkfaktor: Kommunikationsförderung (WF 3.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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6 Spezifische Indikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Psychiatrische und psychosomatische Kontexte . . . . . . 6.1.1 Posttraumatische Belastungsstörungen . . . . . . . . 6.1.2 Depressionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.3 Essstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1.4 Suchterkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Somatische Kontexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Erkrankungen des Immunsystems . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Krebserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Schmerzassoziierte Krankheiten . . . . . . . . . . . . . . 6.2.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.5 Atemwegserkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.6 Sonstige Krankheitsbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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7 Einschränkungen, Erweiterungen und Ausblick . . . . . . . 7.1 Das Expressive Schreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.1 Klassisches Paradigma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1.2 Erweiterungen und Variationen . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Expressives Schreiben und Poesietherapie . . . . . . . . . . . 7.2.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede . . . . . . . . . . 7.2.2 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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8 Übersichtstabellen der Studien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 9 Evaluationsinstrumente (alphabetisch) . . . . . . . . . . . . . . . 196 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Stichwortregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256

8Inhalt © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Jede Stelle der Erde schmeckt nach dem, was ich wissen werde, wenn ich den Apfel gegessen habe und die sieben lebendigen Kerne vergrabe im Mondhof unter dem Feigenbaum. Meine Stirne zerschlägt jede Nacht einen Traum, um den Apfel herüberzuholen. Ein paar Sterne leuchten verstohlen und stehen um künftige Kerne bei mir und fallen zu früh, übertaucht vom Geschrei der Hähne, die alles verraten. Gestützt auf mich wächsernen Spaten stolpert tagsüber mein Sinn um die Erde, die alles schon weiß, was ich wissen werde. Christine Lavant (1915–1973)1

1 Aus: Christine Lavant, Die Bettlerschale © Otto Müller Verlag, 7. Auflage, Salzburg 2002.

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Einleitung

Schreiben hilft. Hierfür reichen die Zeugnisse vom alten Griechentum über die Autobiographie des Heiligen Augustinus bis in die Neuzeit zum bekanntesten Beispiel therapeutischen Schreibens, dem Tagebuch der Anne Frank. Allerdings ist die systematisch wissenschaftliche Untersuchung des Schreibens eine relativ junge Disziplin und bis zur endgültigen Klärung der Fragen, wie und auf welche Weise Schreiben seine heilende Wirkung entfaltet und wer am meisten davon profitiert, wird noch einige Forschung zu betreiben sein. Dennoch existieren bereits richtungsweisende Untersuchungen, auf deren Grundlage künftige Studien aufbauen können. Ziel des Buches sind die Darstellung und Systematisierung des kreativen und therapeutischen Schreibens, sprich der Poesietherapie, in ihrer Gesamtheit. Dabei widmet sich das Buch in erster Linie der wissenschaftlichen Erforschung, versteht sich aber zugleich als Praxisbuch, da in der Praxis leichter eingeführt werden kann, was wissenschaftlich nachgewiesen ist. Dies gilt insbesondere im medizinischen Kontext, in dem Evidenzbasierung eine zentrale Rolle spielt, weil sie darüber entscheidet, welche Therapien in die medizinischen Leitlinien aufgenommen werden und als abrechnungsfähig gelten. Da der Goldstandard in der evidenzbasierten Medizin kontrollierte Studien sind, haben Verfahren, bei denen quantitative Ergebnisse erhoben werden, einen Vorteil beim Erbringen der Wirksamkeitsnachweise, während Verfahren, in denen weniger gut zu quantifizierende Ergebnisse erzielt werden, im Nachteil sind und einen niedrigeren Empfehlungsgrad erhalten. Obwohl es viele Möglichkeiten gibt, zu wissenschaftlichen Erkenntnissen zu gelangen, und die Methode stets dem Untersuchungsgegenstand angepasst werden sollte, geht es bei der Poesietherapie aktuell nicht um Methodenpräferenzen, sondern um die Notwendigkeit, quantitative Forschung zu betreiben, um Wirksamkeitsnachweise zu erbringen, die den Kriterien der 11

Einleitung

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evidenzbasierten Medizin genügen, damit die Poesietherapie in die medizinischen Leitlinien aufgenommen und von den Kostenträgern bezahlt wird, um sich im deutschen Gesundheitswesen zu etablieren. Deswegen werden in diesem Buch vor allem wissenschaftliche Ergebnisse und Zugänge präsentiert, die sich an diesen Kriterien orientieren. Erst wenn die Poesietherapie so weit etabliert ist, dass sie in verschiedenen Kontexten eingesetzt wird, kann ihre Wirkung mit unterschiedlichen Methoden untersucht werden. Das Buch möchte zur Verbreitung der Poesietherapie in Klinik und Praxis beitragen und Forschungslust wecken, auf dass sich die Poesietherapie zum Wohl der Patienten in der deutschen Therapielandschaft entwickeln kann. Die Bevorzugung des quantitativen Ansatzes ist dabei Teil der Strategie, Kliniken und Kostenträger von der heilsamen Kraft der Poesietherapie zu überzeugen, so dass Arbeit und Forschung von Poesietherapeuten bezahlt und gefördert wird. In einem zweiten Schritt kann dann die Suche nach poesietherapiespezifischen Untersuchungsmethoden und Evaluationsinstrumenten beginnen, so dass sich mittels verschiedener Forschungszugänge ein zunehmend klareres Bild ergibt, wie, warum und bei wem Poesietherapie hilft. Die Geschlechtsformen werden in diesem Buch anarchistisch gehandhabt, ohne Anspruch auf politische Korrektheit (vgl. Walach 2005, S. 13).

* Ich danke Frau Ulrike Kamp und Herrn Günter Presting von Vandenhoeck & Ruprecht für die gute Zusammenarbeit, ihr Vertrauen und ihren unerschütterlichen Optimismus und Margot, Sven und Wolfgang für ihre unermüdliche Unterstützung, ihre hilfreichen Korrekturen und Anregungen, ihr wohlwollendes Verständnis und ihren zauberhaften Humor.

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1 Einführung

1.1 Der Begriff der Poesietherapie 1.1.1 Schreiben und Lesen als Therapie Der Begriff der Poesietherapie, der dem amerikanischen poetry therapy entlehnt ist, der von Leedy und Lerner geprägt wurde (Lerner 1980; Leedy 1969), scheint für den deutschsprachigen Raum am besten geeignet, Bestrebungen, die das Schreiben und Lesen als therapeutisches Mittel einsetzen, unter einem sprachlichen Dach zu vereinen. Die Festlegung auf einen übergreifenden, im umfassenden Sinn zu verstehenden und zu gebrauchenden Terminus ist aus mehreren Gründen sinnvoll. Erstens ist die derzeit im Bereich der kreativen und therapeutischen Schreibangebote vorherrschende babylonische Sprachverwirrung für die Stärkung der Poesietherapie wenig förderlich. Zweitens ist die Benennung der Therapieform Voraussetzung für die Erstellung von Ausbildungsstandards, die Entwicklung eines eigenen Berufsprofils und eines damit auf lange Sicht einhergehenden Titelschutzes für Poesietherapeuten, der professionelles, informiertes und ethisches Handeln signalisiert und gewährleistet. Drittens wird die Zukunft es erforderlich machen, für Poesietherapeuten Dachverbände zu gründen und Kongresse auszurichten. Und viertens ermöglicht ein einheitlicher Titel, der für eine spezielle therapeutische Methode steht, institutionen- und länderübergreifende Forschung, die wiederum erforderlich ist, um der Poesietherapie im deutschen Gesundheitssystem einen festen Platz als Heilverfahren zu verschaffen. In Analogie zu den Nachbardisziplinen Kunst-, Gestaltund Dramatherapie wird der Begriff der Poesietherapie, bis zu deren endgültiger Etablierung, immer wieder erklärungsbedürftig sein, was aber angesichts der Vorteile, die der Begriff mit sich bringt, in Kauf genommen werden kann. Der Begriff der Poesietherapie

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1.1.2 Poesie ist mehr als Lyrik Der Begriff der Poesie lässt erahnen, dass Poesietherapie mehr ist als der Versuch, Menschen mittels gebundener Sprache zu heilen. Das aus dem Griechischen stammende poiesis bezeichnet nur in erster Instanz einen Gattungsbegriff, der gemäß der Aristotelischen Poetik die Lyrik ebenso umfasst wie das Drama und das Epos. Die Definition der Poesie kam im 18. Jahrhundert ins Wanken, als das Spektrum poetischer Gattungen dekonstruiert wurde und die Prosa in die literarischen Klassifizierungen Einzug hielt. Die Prosa, die in der Poesie bis dato keine Rolle spielte, bekam innerhalb des neuen Literaturbegriffs eine zentrale Stellung, wodurch der Begriff der Poesie im 19. Jahrhundert beinah frei zur Verfügung stand, was dazu führte, dass die literarische Avantgarde des 20. Jahrhunderts den Begriff für andere Kontexte übernahm und von einer Poesie des Alltags sprach. Spätere modernistisch-reduktionistische Verständnisse beschnitten den Begriff wieder und gingen dazu über, unter Poesie nur noch ein Experimentierfeld für das Zustandekommen von Bedeutung in Gedichten zu verstehen. Neben seiner Verwendung als Gattungsbegriff bezeichnet poiesis in zweiter Instanz eine Qualität des Erlebens, wodurch sich für eine so benannte Therapie das weite Denk-, Wahrnehmungs- und Erlebnisfeld der Achtsamkeit öffnet. Achtsamkeit als wesentlicher Bestandteil der Poesietherapie, da nur über etwas geschrieben werden kann, was wahrgenommen wird, wobei sich Schreiben und achtsame Wahrnehmung in einem beständigen Wechselverhältnis befinden, dergestalt, dass Schreiben Achtsamkeit und Wahrnehmung fördert und schult und die Aufnahme der Welt mit allen Sinnen wiederum zu einer veränderten Sprach- und Ausdruckskompetenz führt, die von einer routinierten Wahrnehmung zu einem erweiterten Blick leitet, der Einfluss auf Sprache, Denken, Empfinden und Handeln nimmt, so dass jeder neuen Impression eine veränderte Expression folgt, die eine veränderte Impression nach sich zieht, die eine neue Expression generiert, so dass Impression und Expression sich in einem beständigen Dialog befinden.

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1.1.3 Das Element der Achtsamkeit Beleuchtet man das Element der Achtsamkeit näher, stellt man fest, dass Achtsamkeit entsteht, wenn der Mensch jedem Augenblick seine volle Aufmerksamkeit schenkt, ohne ihn bewerten oder verändern zu wollen. Achtsamkeit verstanden als eine geistige Haltung, die ein offenes und umfassendes Gewahrwerden, Gewahrsein und Gewahrbleiben ermöglicht. Der buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh beschreibt Achtsamkeit als eine Energie, die jedem Menschen zur Verfügung steht und zur Erkenntnis dessen führt, was im gegenwärtigen Augenblick in ihm und um ihn herum geschieht (Thich Nhat Hanh 1995). Im Unterschied zur Aufmerksamkeit, die einen Fokus hat, bedeutet Achtsamkeit eine Weitung des Bewusstseins, eine wache Präsenz, die das Sein in der Gegenwart und die Bewusstheit der eigenen Gedanken, Gefühle und Handlungen ermöglicht. Das Wahrgenommene wird beobachtend festgestellt, teilnehmend registriert und wertfrei angenommen, wobei die erhöhte Wahrnehmungsbereitschaft zur Selbst- und Fremderkenntnis beiträgt. Der Erlebende wird zum Beobachter seiner Gedanken und Gefühle und kann diese als Konstrukte erkennen, was ihm hilft, sich von Konzepten zu lösen und offen für neue Erfahrungen zu werden, was wiederum eine entscheidende Grundlage für die Poesietherapie darstellt. Dieser als Metakognition bezeichnete Prozess erlaubt eine Dezentrierung, wodurch gedankliche Flexibilität und Selbstregulation möglich werden, weil Gedanken und Gefühle nicht mehr als überwältigend, sondern als flüchtig und wandelbar erlebt werden. Sieht man davon ab, dass auch Freud mit seiner frei schwebenden Aufmerksamkeit ein der Achtsamkeit verwandtes Prinzip anwendete, wurde die Idee der Achtsamkeit Anfang des 20. Jahrhunderts unter dem Begriff sensory awareness in psychotherapeutische Konzepte eingebracht. Spezifische Achtsamkeitsübungen wurden seit 1951 in der Gestalttherapie entwickelt und von Kabat-Zinn zur Stressreduktion unter der Bezeichnung Mindfulness Based Stress Reduction in die Medizin eingeführt. Der Körperpsychotherapeut Kurtz integrierte die Achtsamkeit in ein psychodynamisches Verfahren und entwickelte die Hakomi-Methode (Kurtz 1994), bei Gendlin ist die achtsame Beobachtung des Körpers zentraler Bestandteil des Focusing (Gendlin 1998) und in der Verhaltenstherapie entstanden Der Begriff der Poesietherapie

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achtsamkeitsorientierte Verfahren wie die Acceptance and Commitment Therapy (ACT) nach Hayes, die Dialectical Behavioral Therapy (DBT) nach Linehan und die Mindfulness Based Cognitive Therapy (MBCT) nach Teasdale (Germer et al. 2009). In allen diesen Therapien macht man sich zunutze, dass der Mensch durch Achtsamkeit eine größere Distanz und Toleranz seinen Gedanken und Gefühlen gegenüber entwickelt. Weiss und Harrer bezeichnen Achtsamkeit als eine wohlwollend interessierte und akzeptierende Haltung, die eine beinah wissenschaftlich-neutrale Offenheit gegenüber allen Prozessen der Innen- und Außenwelt pflegt (Weiss u. Harrer 2010). Betrachtet man, was Linehan zur Stresstoleranz schreibt, könnte man die Schulung der Achtsamkeit als erweitertes Coping, also als eine Bewältigungsstrategie verstehen, da sie einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der Selbstwirksamkeit leistet. »Stresstoleranz ist die Fähigkeit, die eigene Umgebung wahrzunehmen, ohne dabei zu erwarten, dass sie anders sein sollte, die Fähigkeit, sich des eigenen momentanen emotionalen Befindens gewahr zu sein, ohne zu versuchen es zu verändern, und die Fähigkeit, die eigenen Gedanken und Handlungsmuster zu beobachten, ohne den Versuch, sie zu stoppen oder zu kontrollieren« (Linehan 1996, S. 124). Obwohl Achtsamkeit nur ein Element der Meditation ist, lassen sich wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Meditation auf die Achtsamkeit und damit auf die Poesietherapie übertragen. Davidson und Kollegen untersuchten Personen, die neu mit der Meditation begonnen hatten, und stellten nach einem achtwöchigen Training eine vermehrte Aktivität in der linken vorderen Gehirnrinde fest, einer Region, die bei depressiven Störungen weniger aktiv ist (Davidson et al. 2003), so dass im Umkehrschluss eine Aktivierung dieser Region, durch Meditation oder achtsame Schreibpraxis, zur Verminderung depressiver Störungen beitragen kann. Lutz und Kollegen fanden bei Mönchen mit langjähriger Meditationspraxis bei der Messung der Hirnströme Frequenzen, wie sie bei starker Konzentration und Lernprozessen auftreten (Lutz et al. 2004), was die später im Buch besprochene Idee der Kognitionsförderung durch die Poesietherapie untermauert. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die durch das Schreiben veränderte Haltung und Einstellung sowie die im Schreiben erprobten 16Einführung © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

neuen Wahrnehmungs- und Handlungsformen nicht nur zu Veränderungen auf der Erlebens- und Verhaltensebene, sondern zugleich zu funktionellen und strukturellen Veränderungen im Gehirn führen. In verschiedenen Kontexten hat sich gezeigt, dass eine Haltung der Achtsamkeit und Anerkennung, die das menschliche Bedürfnis nach Wertschätzung befriedigt, Spielräume für die bewusste Wahrnehmung anderer Menschen öffnet und die Empathiefähigkeit steigert (Shapiro u. Izett 2008). Untersuchungen in Schulen haben ergeben, dass ein von Achtsamkeit und Anerkennung getragenes Unterrichtsklima die Entwicklung von Kooperationsbereitschaft, Team- und Konfliktfähigkeit und Toleranz fördert und Schlüsselqualifikationen für eine angemessene Gestaltung sozialer Beziehungen liefert, indem es Verständnis dafür weckt, dass Wahrnehmungen, Gewohnheiten und Eigenheiten aller Beteiligten soziale Wirklichkeit gestalten (Kahlert u. Sigel 2006). Nur mittels einer achtsamen Haltung und einer differenzierten Wahrnehmung, die sich durch die Poesietherapie generieren und steigern lässt, ist es möglich, ein reflektiertes Bild von anderen Menschen und sozialen Situationen zu gewinnen. Honneth versteht eine anerkennende Grundhaltung und ein achtsames soziales Handeln als zentral für die Entwicklung von Respekt und Toleranz sowie für die Bereitschaft, Verantwortung für die Gestaltung sozialer Beziehungen zu übernehmen (Honneth 1994), und Teasdale verweist darauf, dass ein achtsames Erleben und eine Akzeptanz emotionaler Zustände die Grundlage für eine effektive Verarbeitung von Gefühlen darstellt (Teasdale 1999), was wiederum eine Form der Depressionsprävention ist. Sowohl in der Praxis der Achtsamkeit als auch in der Poesietherapie geht es demgemäß um eine achtsame, neugierige, wertfreie und respektvolle Annäherung an das Selbst, die Umwelt und andere Menschen, wobei die Praxis der Achtsamkeit der Poesietherapie inhärent ist, weil sich Schreiben und Wahrnehmung in einem beständigen Wechselverhältnis befinden, in welchem Schreiben zur Achtsamkeit führt und die durch das Schreiben geförderte Wahrnehmung das Erleben vertieft.

Der Begriff der Poesietherapie

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1.1.4 Integration der Bibliotherapie Aber nicht nur das Schreiben, sondern auch das Arbeiten mit fremden Texten, wie es in der Bibliotherapie erfolgt, hat heilende Wirkung, so dass die Bibliotherapie als eine Therapie, die mit fremden Texten Bezüge zu individuellen Befindlichkeiten und Lebensbiographien herstellt, in vielen Definitionen der Poesietherapie enthalten ist. Ein Ansatz, der auch in diesem Buch favorisiert wird, wobei nach meinem Verständnis nur die Bibliotherapie in Form des aktiven Rezipierens von Texten eingeschlossen wird, während die didaktische, im Sinn der Psychoedukation angewendete Bibliotherapie, die vorwiegend informative Texte verwendet, nicht zur Poesietherapie hinzugezählt wird, wohl wissend, dass die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen zum Nachweis der Wirksamkeit der Bibliotherapie diese Unterscheidung nicht vornehmen (Blechinger u. Klosinski 2011). So weist eine siebzig Studien umfassende Metaanalyse von Marrs eine gute Wirksamkeit der Bibliotherapie bei Ängsten und sexueller Dysfunktion nach (Marrs 1995), und eine Übersichtsarbeit von Morgan und Jorm weist die Bibliotherapie als effektives Selbsthilfeverfahren bei Depressionen aus (Morgan u. Jorm 2008), was durch weitere Untersuchungen zur Wirksamkeit der Bibliotherapie bei Depressionen bestätigt wird (Ackerson et al. 1998; Cuijpers 1997; Scogin et al. 1990). Andere erprobte Einsatzbereiche der Bibliotherapie sind Zwangsstörungen (Fritzler et al. 1997), Substanzabhängigkeiten (Pardeck 1991), Angststörungen (Lyneham u. Rapee 2006), Schlafstörungen (Burke et al. 2004) und Kindesmissbrauch (DeMaria 1991; Pardeck 1990).

1.1.5 Definition der Poesietherapie Aus dem Genannten ergibt sich als Grundlage für die Arbeit in der Poesietherapie folgende Definition: Unter Poesietherapie kann jedes therapeutische und (selbst-)analytische Verfahren verstanden werden, das durch Schreiben und Lesen den subjektiven Zustand eines Individuums zu bessern versucht und das (auto-)biographisches, expressives, intuitives, kreatives, therapeutisches, imaginatives, ana18Einführung © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

loges, assoziatives und automatisches Schreiben ebenso umfasst wie die aktive Textrezeption und -verarbeitung. Diese auf sprachlicher Ebene vorgenommene Präzisierung der Poesietherapie befindet sich im Einklang mit der aktuellen Definition der National Association for Poetry Therapy: »The term ›poetry therapy‹ encompasses bibliotherapy (the interactive use of literature) and journal therapy (the use of life-based reflective writing) as well as therapeutic storytelling, the use of film in therapy, and other language-based healing modalities«, sowie der aktuellen Definition der National Federation for Biblio/Poetry Therapy: »The terms poetry therapy, applied poetry facilitation, journal therapy, bibliotherapy, biblio/poetry therapy, and poetry/journal therapy are all intended to reflect the interactive use of literature and/or writing to promote growth and healing. When the umbrella term ›poetry therapy‹ is used herein, it is intended to encompass all of the modalities above.«

1.2 Ausgangslage 1.2.1 Poesietherapeutische Forschung im Ländervergleich In Amerika hat die Poesietherapie neben anderen expressiven Therapien wie Tanz-, Musik-, Gestalt- und Dramatherapie schon lange einen anerkannten Platz; es existiert ein eigener Berufsverband für Poesietherapeuten und es finden jährliche Kongresse statt. Eine 2010 in gelisteten Fachzeitschriften durchgeführte Internetrecherche ergab, dass die meisten wissenschaftlichen Beiträge zur Poesietherapie aus den USA (75,9 %) stammen, gefolgt von Deutschland (9,4 %), England (6,4 %), Australien (2 %) und Japan (1,5 %). Diese Ergebnisse bestätigen, dass die Poesietherapie in den Vereinigten Staaten bereits besser etabliert und wissenschaftlich untersucht ist als in anderen Ländern. Die Vorreiterrolle der Vereinigten Staaten in der Durchführung von Untersuchungen und deren Publikation kann für andere Länder als Anreiz dienen, die Poesietherapie ebenfalls zu fördern, zumal sie eine kostengünstige Therapie ist, die sich jederzeit und überall durchführen lässt und eine Hilfe zur Selbsthilfe darstellt. Auch wenn die heilende Kraft der Worte bereits in der Antike beschrieben 19

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wurde, handelt es sich bei der poesietherapeutischen Forschung jedoch um eine relativ junge Disziplin. Die meisten wissenschaftlichen Publikationen erfolgten zwischen 1999 und 2010. Im letzten Jahrzehnt scheint also das Interesse an der wissenschaftlichen Untersuchung und Etablierung der Poesietherapie zugenommen zu haben. Dabei handelt es sich um eine erfreuliche, zukunftsweisende Entwicklung, die als Ansporn dienen kann, der Poesietherapie auch in Deutschland aus ihrer Nischenexistenz zu verhelfen, sie eingehender zu erforschen und im klinischen und praktischen Alltag zu einem wertvollen therapeutischen Instrument werden zu lassen, das von den Leistungsträgern im Gesundheitswesen anerkannt und bezahlt wird (Heimes 2011b; Heimes et al. 2008a).

1.2.2 Tradition, Gegenwart und Zukunft Es gibt zahlreiche umfassende Darstellungen der allgemeinen Wirksamkeit der Poesietherapie (Pennebaker 2010; Sampson u. Visser 2005; McArdle u. Byrt 2001; Silverman 1988; Morrison 1986; Antebi 1986). Neben der Integration in den klinischen Alltag von Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik wird die Poesietherapie zunehmend auch in der Sozialarbeit (Asner-Self u. Feyissa 2002; Mazza 1996), zur Förderung von Kindern und Jugendlichen, zur Stärkung des Selbstwertgefühls, zur Selbstfindung, zur Kommunikationsförderung, zur sozialen Integration und zur Entwicklung kreativer Fähigkeiten eingesetzt (Heimes 2011a, 2011c, 2010a u. 2008; Seiden 2007; Thwaite et al. 2003; Abell 1998; Angelotti 1985). Auch in der Arbeit mit älteren Menschen bietet die Poesietherapie Raum für seelischen Ausdruck und verringert die zeitlich und psychisch oft große Belastung der Helfenden, indem sie es den Patienten ermöglicht, selbstständig aktiv zu werden und zur eigenen Gesundung und Gesunderhaltung beizutragen (Bresler 1981). Mar���� coen schreibt in einer Zeitschrift für Gerontologie: »Poetry reading and writing can have a beneficial effect. In many countries bibliotherapy and poetry therapy are part of the therapeutic arsenal of the health care practitioners [...] In the Dutch speaking countries, too, the possible benefits of poetry deserves the attention of gerontological practitioners and researchers« (Marcoen 2010, S. 112). 20Einführung © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Auch in Grenzsituationen wie etwa dem nahenden Tod oder bei lebensbedrohlichen Krankheiten hat sich das Schreiben als Teil der Biographiearbeit und zur Krankheitsverarbeitung und Neuausrichtung als hilfreich erwiesen. Im Rahmen der Poesietherapie entstandene Texte können an nachfolgende Generationen weitergegeben werden, wodurch Wissen und Erfahrung erhalten bleiben, was für den Betroffenen oft einen tröstlichen Aspekt hat und zuweilen zur Verstärkung oder Wiederaufnahme von Beziehungen verhilft (Gardner 2006; Robinson 2004; Petzold 1982). In der Onkologie hat sich gezeigt, dass die Poesietherapie nicht nur zur Krankheitsverarbeitung, sondern auch zur Erhöhung der Lebensqualität beiträgt, was im Rahmen verbesserter therapeutischer Möglichkeiten, die nicht nur die Lebenszeit verlängern, sondern zugleich selbst eine Belastung darstellen, eine immer wesentlichere Rolle spielt. Hier kann die Poesietherapie den Umgang mit Ängsten und negativen Gedanken und Gefühlen erleichtern und einen geschützten Raum bieten, in dem neue Wahrnehmungen gemacht werden können (Mosher et al. 2011; Low et al. 2010; Lacetti 2007; Smith et al. 2005; Baerg 2003). Auch in der Therapie von Süchten kann das Schreiben zu einem zuverlässigen Begleiter werden. So berichtet beispielsweise Mazza über den hilfreichen Einsatz der Poesietherapie bei Frauen in einem frühen Stadium der Alkoholabhängigkeit (Mazza 1979), Park weist Erfolge der Poesietherapie in der Rückfallprophylaxe von Frauen mit Alkoholabhängigkeit nach (Park 2000) und Grasing und Kollegen konnten zeigen, dass das Schreiben bei Kokainabhängigkeit zum verminderten Suchtverlangen beiträgt (Grasing et al. 2010). Weitere Einsatzgebiete der Poesietherapie sind die Traumatherapie (Sloan et al. 2011; Chen u. Contrada 2009; Gebler u. Maercker 2007; Tilly u. Caye 2004; DeMaria 1991; Murphy 1983), Depressionen (Heimes et al. 2008a u. 2008b; Stice et al. 2007, Gortner et al. 2006); Essstörungen (Lafont 2011; East et al. 2010, Hiltunen 2008), Krankheiten, die mit einer Schwächung des Immunsystems einhergehen (O’Cleirigh et al. 2008; Rivkin et al. 2006; Petrie et al. 2004), und schmerzassoziierte Krankheiten (Creech et al. 2011; Lumley et al. 2011; Graham et al. 2008). In der Kardiologie hat man den Einfluss von Texten auf den Herzrhythmus untersucht. Cysarz und Kollegen fanden in einer kontrolliert randomisierten Studie heraus, dass 21

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das Rezitieren von Hexametern einen positiven Einfluss auf die Rhythmisierung des Herzschlags hat, und von Bonin, Bettermann und Kollegen kamen zu dem Ergebnis, dass die Metrik rezitierter Texte nicht nur das Herz rhythmisiert, sondern zugleich das Wohlbefinden steigert (Cysarz et al. 2004; Bettermann et al. 2002; Bonin von et al. 2001). Weiterhin wird die Poesietherapie zunehmend im Bereich der helfenden Kräfte im Sinn einer Erweiterung des Dialoges zwischen Helfer und Patient und als Burn-out-Prophylaxe für die Helfenden angewendet (Coulehan u. Clary 2005; Hunter 2002).

1.2.3 Das Expressive Schreiben Das Expressive Schreiben, das von James W. Pennebaker ins Leben gerufen wurde und bei dem an drei bis vier Tagen für fünfzehn bis zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis geschrieben wird, ist das wissenschaftlich am besten untersuchte Verfahren innerhalb der Poesietherapie (Pennebaker u. Beall 1986). Detaillierte Anmerkungen zum klassischen Paradigma und seinen Veränderungen und Erweiterungen finden sich in Kapitel 7 und bei den Beschreibungen der einzelnen Studien. Die Untersuchungen zum Expressiven Schreiben erstrecken sich von gesunden Studienpopulationen über spezifische psychische und somatische Krankheitsbilder und führen in verschiedenen Metaanalysen zu gemischten Ergebnissen. So etwa stellte Smyth in einer Metaanalyse von dreizehn randomisierten Studien mit physisch und psychisch gesunden Teilnehmern fest, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis zur verbesserten Gesundheit führt, zum gesteigerten Wohlbefinden und höheren Funktionsniveau im Alltag (Smyth 1998). Frattaroli, die hundertsechsundvierzig Studien in ihre Metaanalyse einbezog, kam zu dem Ergebnis, dass das Expressive Schreiben eine effektive Methode der Selbstoffenbarung darstellt (Frattaroli 2006), und in einer von Frisina und Kollegen erstellten Metaanalyse mit neun randomisiert kontrollierten Studien zeigte sich eine Verbesserung der Gesundheit, wobei der Effekt im physischen Bereich größer war als im psychischen (Frisina et al. 2004). Harris, der eine Metaanalyse mit dreißig randomisiert kontrollierten Studien durchführte, konnte nachweisen, dass das Schreiben bei gesunden, nicht aber bei physisch 22Einführung © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

oder psychisch kranken Teilnehmern zur Verminderung der Arztbesuche führte (Harris 2006), während Mogk und Kollegen in einer Metaanalyse von dreißig randomisiert kontrollierten Studien keine positiven Effekte finden konnten (Mogk et al. 2006), wie auch Meads und Kollegen in einer Metaanalyse mit einundsechzig Studien keine eindeutigen Verbesserungen der Gesundheit durch das Schreiben feststellten (Meads et al. 2004).

1.2.4 Limitationen von Metaanalysen Anhand dieser sehr unterschiedlichen Ergebnisse der Metaanalysen sei darauf hingewiesen, dass die Ergebnisse von Metaanalysen und systematischen Reviews stark vom Design der Metaanalyse, von der Qualität und Homogenität der eingeschlossenen Studien, den theoretischen Rahmenbedingungen und Hypothesen und den verwendeten statistischen Methoden abhängen (Chalmers u. Altman 1995; Eysenck 1994; Petitti 1994). Die meisten genannten Metaanalysen bezogen bereits Studien mit einer Studienpopulation von nur zehn Teilnehmern pro Studiengruppe in die Untersuchungen ein, ebenso wie Studien mit inhomogenen Studienpopulationen. Eine detaillierte Beschreibung der Studien findet sich bei den Wirksamkeitsnachweisen in Kapitel 5. Studien, die nach 2006 durchgeführt wurden, sind ohnehin nicht in die genannten Metaanalysen einbezogen. Ohne Frage bedarf es aber weiterer Forschung, um die Wirkungen des Expressiven Schreibens im Speziellen und der Poesietherapie im Allgemeinen zu erforschen und zu verstehen. McArdle und Byrt schreiben dazu: »However, positive treatment outcomes have been reported in research papers and other literature, with particular evidence of clinical effectiveness in some studies of bibliotherapy, therapeutic writing and poetry therapy. Further work is needed to clarify and measure the effectiveness of various expressive and therapeutic uses of literature. The authors also recommend collaboration among practitioners and the need for supporting evidence for proposals for increased resources in this field« (McArdle u. Byrt 2001, S. 517).

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1.3 Setting der Poesietherapie 1.3.1 Ambulante und stationäre Poesieeinzel- und Poesiegruppentherapie Die Poesietherapie lässt sich sowohl ambulant als auch stationär, sowohl als Einzel- als auch als Gruppentherapie durchführen. Außer beim Expressiven Schreiben, bei dem das Setting weitgehend vorgegeben ist und sich gemäß Pennebakers Paradigma auf drei bis vier Schreibeinheiten mit einer Schreibzeit von fünfzehn bis zwanzig Minuten bezieht, ist das Setting in Abhängigkeit von den Rahmenbedingungen in der jeweiligen Klinik oder Praxis frei wählbar. Bewährt haben sich für Gruppensitzungen neunzig und für Einzelsitzungen sechzig Minuten. Bei Sitzungen mit längerer Dauer lässt die Konzentration oft nach, zumal zahlreiche Krankheiten ohnehin mit einer eingeschränkten Konzentrationsfähigkeit und erhöhten Erschöpfbarkeit einhergehen. Eine Poesietherapiesitzung besteht aus einzelnen fünf bis zwanzig Minuten langen Schreibeinheiten, nach denen jeweils Zeit zum Lesen und Besprechen der Texte zur Verfügung stehen sollte. Obwohl sich die Poesietherapie im stationären wie ambulanten Rahmen sowohl als Einzel- als auch als Gruppentherapie durchführen lässt, finden aus Praktikabilitätsgründen in den Kliniken meist eine Poesiegruppentherapie und in den Praxen in der Regel eine Poesieeinzeltherapie statt. Bei den in der Praxis vielfach angebotenen Schreibseminaren für Gruppen handelt es sich oft um ein begleitetes kreatives Schreiben und nicht um Poesietherapie. Im Folgenden werden aufgrund der genannten Häufigkeiten die Poesiegruppentherapie im stationären und die Poesieeinzeltherapie im ambulanten Kontext besprochen, wobei die in beiden Abschnitten zur Poesietherapie gemachten Aussagen prinzipiell auf beide Kontexte zutreffen. Sowohl in der Poesieeinzeltherapie als auch in der Poesiegruppentherapie haben sich Achtsamkeits- und Imaginationsübungen als Einstieg in die Sitzung bewährt. Diese helfen beim Ankommen und Erspüren der allgemeinen Atmosphäre und der eigenen Befindlichkeit. Sie sind eine gute Methode, sich auf das Schreiben einzustimmen, und können zugleich als Schreibimpuls genutzt 24Einführung © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

werden. Während Achtsamkeitsübungen eine zentrierende Wirkung haben und die Aufmerksamkeit auf den Körper lenken, haben Imaginationsübungen eine dezentrierende Wirkung und führen die Aufmerksamkeit über den Körper hinaus. Prinzipiell lassen sich alle Schreibübungen sowohl in der Poesieeinzeltherapie als auch in der Poesiegruppentherapie durchführen.

1.3.2 Stationäre Poesiegruppentherapie Im stationären Rahmen hat es sich als vorteilhaft erwiesen, ein bis zwei Poesietherapiesitzungen mit einer Zeitdauer von sechzig bis neunzig Minuten in der Woche durchzuführen. Vor der Teilnahme an der Gruppe sollte ein Einzelgespräch erfolgen, in dem die Poesietherapie erklärt wird und offene Fragen besprochen werden können. Sodann erfolgt der Einstieg in die Gruppe, der in der Regel unproblematisch ist, zumal neu hinzukommende Teilnehmer von den Erfahrungen der Patienten, die schon länger teilnehmen, profitieren können. Dadurch, dass die Patienten in der Klinik zu unterschiedlichen Zeiten aufgenommen und entlassen werden, hat man es in der Regel mit einer fluktuierenden Gruppe zu tun, was als besondere Herausforderung an die Flexibilität der Einzelnen begriffen werden kann. Wichtig bei der Arbeit in der Gruppe ist es, die Teilnehmer darauf hinzuweisen, dass alles innerhalb der Poesietherapie Erfahrene in der Gruppe bleibt und nicht nach außen getragen wird und dass die Teilnehmer ihre Texte so verwahren, dass Dritte keinen unerlaubten Zugriff darauf haben. Obwohl das Lesen der eigenen Texte und der sich anschließende Prozess des Feedback und Sharing ein fruchtbarer Teil der Poesiegruppentherapie darstellt, ist kein Teilnehmer verpflichtet, seine Texte zu lesen, sowie auch kein Teilnehmer zum Schreiben verpflichtet ist, sondern als interessierter Zuhörer in der Gruppe anwesend sein kann. Obwohl es sich von selbst versteht, dass die Deutungshoheit für den Text stets beim Verfasser liegt und er nur Feedback erhält, sofern er dies wünscht, ist es die Aufgabe des Poesietherapeuten, auf die Einhaltung dieser Regel zu achten. Die poesietherapeutische Arbeit in der Gruppe ermöglicht in besonderem Maß Inspiration und Rückmeldung, vermindert das Setting der Poesietherapie

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mit zahlreichen Krankheiten einhergehende Gefühl der sozialen Isolation, bestärkt den Zusammenhalt der Teilnehmer und fördert die Kommunikation (Golden 2000; Ross 1994). Da die Gruppe als sozialer Mikrokosmos verstanden werden kann, treten in ihr oft bekannte Beziehungsmuster zu Tage, die sich mittels poesietherapeutischer Übungen konstruktiv erfassen und gestalten lassen. Das Lesen eigener und fremder Texte kann Ängste und Hemmungen abbauen und das Selbstbewusstsein stärken. Der stimmliche Ausdruck hat Rückwirkungen auf das Erleben und fördert Erkenntnisse (Daldrup et al. 1988; Greenberg u. Safran 1987). Es konnte ein direkter Zusammenhang zwischen einer emotionsgeladenen Stimme und dem Ausmaß, in dem Patienten von einer Therapie profitieren, hergestellt werden (Rice u. Wagstaff 1967). In einer Studie zur Gestalttherapie ließ sich anhand der Variationsfähigkeit der Stimmlage das Therapieergebnis vorhersagen (Greenberg u. Webster 1982). Stimme, Mimik, Gestik und Haltung liefern hilfreiche Hinweise auf die Verfasstheit des Lesers und dienen als Instrumente der Verlaufsbeobachtung. Die Texte eines Autors können auch von anderen Teilnehmern gelesen werden, so dass der Autor seinen eigenen Text als etwas Drittes erlebt, sich auf ihn konzentrieren und emotional von ihm distanzieren kann. Das wechselseitige Lesen der Texte fördert zudem eine respektvolle und wertschätzende Atmosphäre.

1.3.3 Ambulante Poesieeinzeltherapie Im Prinzip gelten in der Poesieeinzel- die für die Poesiegruppentherapie gemachten Aussagen, wobei die Zweiersituation als spezielle Gruppensituation verstanden werden kann. Auch in der Poesieeinzeltherapie erfolgen Feedback und Sharing und es besteht die Möglichkeit, dass der Therapeut den Text des Patienten liest, damit dieser ihn wie zuvor beschrieben als etwas Drittes erleben kann. Auch hier ist es dem Patienten freigestellt, seine Texte zu lesen, und der Aspekt der Deutungshoheit des Verfassers über seine Texte bekommt noch einmal eine besondere Bedeutung, weil mehr Zeit für die Besprechung der Texte zur Verfügung steht, was eine gewisse Verführung für den Therapeuten darstellt, zumal sich die Inhalte der Texte nicht immer auf den ersten Blick erschließen und Texte oft 26Einführung © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

mehrfach determiniert sind. Da sich die Poesietherapie sowohl auf Inhalts- als auch Sprachebene bewegt, gilt es, inhaltliche, sprachliche, formale und strukturelle Aspekte in gleicher Weise zu beachten. Fällt es dem Patienten in der Einzeltherapie schwer zu schreiben, weil er sich in einer Beobachtungssituation wähnt, kann der Therapeut ebenfalls schreiben, wobei er mit seiner Aufmerksamkeit stets beim Patienten bleiben sollte. In der Poesieeinzeltherapie ist meist ausreichend Zeit, auch die Texte, die zwischen den Sitzungen entstanden sind, zu lesen und zu besprechen, so dass es sinnvoll sein kann, dem Patienten Schreibübungen mitzugeben. Zu betonen ist dabei immer, dass der Patient, sofern sich ihm andere Themen aufdrängen, diese fortschreiben soll, sowie er die Übungen für sich anpassen kann. Eine Studie von Graf und Kollegen zeigte, dass Patienten, die zwischen den Sitzungen zu Hause schrieben, weniger ängstlich und depressiv gestimmt waren als eine vergleichbare Kontrollgruppe (Graf et al. 2008). Nach Beendigung der Therapie kann das Schreiben eigenverantwortlich fortgeführt werden, was dem Patienten die Ablösung vom Therapeuten und die Umsetzung der erlernten kognitiven und emotionalen Techniken erleichtert.

1.3.4 Additive und supportive Poesietherapie Die Poesietherapie lässt sich allein, additiv oder supportiv durchführen. Im stationären Rahmen wird sie meist additiv durchgeführt, da die Patienten während ihres Klinikaufenthaltes in der Regel mehrere Therapien gleichzeitig erhalten. Im ambulanten Rahmen wird sie hingegen oft als alleinige Therapie durchgeführt, kann aber auch mit anderen Therapien kombiniert werden. Als supportive Therapie wird sie vor allem in Zusammenhang mit körperlichen Krankheiten angewendet, wenn sie unterstützend zu einer vorwiegend somatisch orientierten Therapie erfolgt. In verschiedenen anderen Therapieverfahren wie etwa den Kognitiven Therapien, der Dialektisch-Behavioralen Therapie, der klassischen Verhaltenstherapie und der Traumatherapie werden Elemente der Poesietherapie in Form von Positivtagebüchern, Selbstbeobachtungsprotokollen, Verhaltensanalysen und Traumanarrativen integriert. Werden zeitgleich zur Poesietherapie andere Therapien durchgeführt, Setting der Poesietherapie

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empfiehlt es sich, dort gemachte Erfahrungen und gewonnene Einsichten in die Poesietherapie einzubeziehen. Falls erforderlich, kann Kontakt zu anderen Therapeuten aufgenommen werden, was im stationären Kontext im Rahmen der Teambesprechungen meist ohnehin erfolgt.

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2 Vorüberlegungen

2.1 Warum Schreiben hilft 2.1.1 Wirkfaktoren und Krankheitsbilder So wie es zahlreiche umfassende Darstellungen der allgemeinen Wirksamkeit der Poesietherapie gibt, konnten zahlreiche Untersuchungen, die in den folgenden Kapiteln ausführlich dargestellt werden, die positiven Effekte des Schreibens auf die körperliche und psychische Gesundheit und spezifische psychosoziale Parameter nachweisen. Durch das Schreiben kam es zur Abnahme der Arztbesuche (Harris 2006), zur Verminderung negativer Stimmungen (Kallay et al. 2008; Sloan u. Epstein 2005; Guinther et al. 2003), zur Verbesserung der Selbstwirksamkeit (Giannotta et al. 2009; Stewart u. Parker 2008; Langens u. Schüler 2007), zur Förderung der Emotionsregulation (Kliewer et al. 2011; Weinstein u. Hodgins 2009), zur Steigerung der Kognitionsfähigkeit (Frattaroli et al. 2011; Kellogg et al. 2010), zur Zunahme des Kohärenzerlebens (DanoffBurg et al. 2010; Graybeal et al. 2002; Smyth et al. 2001), zur Verbesserung des Selbstkonzeptes (O’Connor et al. 2011; Burton u. King 2009; Austenfeld u. Stanton 2008), zur Förderung der sozialen Integration (Pachankis u. Goldfried 2010; Barclay u. Skarlicki 2009; Swanbon et al. 2008) und zur Förderung der sozialen Unterstützung (Ko u. Kuo 2009; Baker u. Moore 2008) und Kommunikation (Baddeley u. Pennebaker 2011; Wong u. Rochlen 2009). Nachweise zur Wirksamkeit des Schreibens existieren für Posttraumatische Belastungsstörungen (Sloan et al. 2011; Kearns et al. 2010; Chen u. Contrada 2009), Depressionen (Heimes et al. 2008a u. 2008b; Stice et al. 2007), Essstörungen (Arigo u. Smyth 2011; Lafont 2011; East et al. 2010), Suchterkrankungen (Grasing et al. 2010; Ames et al. 2008), Erkrankungen mit einer Schwächung des Immunsystems (O’Cleirigh et al. 2008; Rivkin et al. 2006; Stetler et al. 2006), KrebsWarum Schreiben hilft

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erkrankungen (Zakowski et al. 2011; Carmack et al. 2011; Mosher et al. 2011), schmerzassoziierte Krankheiten (Lumley et al. 2011; Creech et al. 2011; D’Souza et al. 2008), Atemwegs-, Herz-Kreislauf- und Hauterkrankungen (Paradisi et al. 2010; Warner et al. 2006; McGuire et al. 2005).

2.1.2 Modelle und ihre Schwierigkeiten Obwohl diverse Modelle entwickelt wurden, auf welche Weise Schreiben seine heilsame Wirkung entfaltet, entzieht sich das Schreiben als komplexes multifaktorielles Geschehen einfachen Analogieschlüssen, so dass alle Theorien und Konzepte immer den Charakter einer Annäherung haben und nur vorläufige Konstrukte darstellen. Bedenkt man zudem, dass das Wort an sich keinen gültigen Sinn hat und sich nicht selbst interpretiert, sondern der ständigen Interpretation bedarf, was Menschen zwingt, sich die Welt in einem ständigen Suchprozess immer wieder neu zu erschließen, um immer wieder feststellen zu müssen, dass ihr Sinn sich nicht festschreiben lässt, erscheinen Zuschreibungen nach dem Kausalitätsprinzip für die Poesietherapie unmöglich. Angermüller schreibt: »Wer einen Zugang zur Welt sucht, gerät unweigerlich in das unstete Terrain des Sinns, das wir uns mit trügerischen und missverständlichen Zeichen der Sprache zu erschließen versuchen« (Angermüller 2010, S. 74). Sinn ist höchst individuell, vergänglich und fragil, so dass die Suche danach keinen Abschluss, sondern immer nur vorläufige Antworten findet, wobei sich die Sinnsuche von der Gegenwart in die Zukunft erstreckt und in Hin- und Rückblick auf die Vergangenheit betrachtet werden muss, in der insbesondere belastende Lebensereignisse einer Sinnzuschreibung bedürfen, um schlüssig in den Lebenskontext eingebettet zu werden und ein Gefühl von Kohärenz entstehen zu lassen (Pennebaker u. Seagal 1999; Frankl 1973), das verhindert, dass sich der Mensch in der ohnmächtigen Position eines in die Welt geworfenen Subjekts erlebt. In der Suche nach Sinn und Kohärenz offenbart sich das Verborgene im interpersonellen Diskurs ebenso wie in der intrapersonalen Auseinandersetzung, so dass der Akt der Selbstoffenbarung kein ausschließlich nach außen gerichteter Prozess ist, 30Vorüberlegungen © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

sondern zugleich einer der Selbsterkenntnis. Pennebaker ging in seinen ersten Untersuchungen davon aus, dass das Schreiben seine Wirkung aufgrund physiologischer Disinhibition entfaltet. Während zurückgehaltene Gedanken und Gefühle im Inhibitionsmodell als potentielle physiologische Stressoren gelten, die Krankheiten verursachen oder verschlechtern, führte der Akt der Selbstoffenbarung in mehreren Untersuchungen zu einer Verminderung der Muskelanspannung und einer Senkung des Blutdrucks (Pennebaker u. Susman 1988; Pennebaker et al. 1987). Die Befunde zur Verifizierung des Inhibitionsmodells erreichten jedoch kaum Signifikanzniveau und erklären überdies nicht, warum Teilnehmer, die bereits mit anderen über ein Trauma gesprochen haben, in gleicher Weise von einer erneuten, im Schreiben vorgenommenen Selbstoffenbarung profitieren wie Teilnehmer, die ein Trauma zum ersten Mal offenbarten (Greenberg u. Stone 1992); und sogar Teilnehmer, die über ein fiktives Trauma schrieben, gesundheitliche Vorteile daraus zogen (Greenberg et al. 1996). Und weil auch Pennebaker merkte, dass das Inhibitionsmodell zu kurz griff, erweiterte er es um eine kognitive Komponente und fand in einer Reanalyse von sechs Studien zum Expressiven Schreiben heraus, dass eine von Essay zu Essay zunehmende Verwendung von Kausalbegriffen und einsichtsbezogenen Worten die positive Wirkung des Schreibens verstärkt (Campbell u. Pennebaker 2003; Pennebaker 1997). Die Befunde der Textanalysen lieferten zugleich Hinweise darauf, dass vor allem Teilnehmer vom Schreiben profitierten, die in der Lage waren, aus anfänglich chaotischen Eindrücken eine kohärente Geschichte zu formen, ein kompaktes Narrativ, das Verbindungen herstellt zwischen traumatischem Erleben und anderen wichtigen Aspekten des Lebens, so dass das traumatische Erlebnis in das vorübergehend gestörte Selbst- und Weltbild integriert werden kann (Pennebaker u. Seagal 1999). Weitere Untersuchungen zeigten, dass das Auffinden eines kohärenten Narrativs kognitive Ressourcen freisetzt, die vordem mit fragmentierten, affektbeladenen Gedächtnisinhalten belegt waren (Klein u. Boals 2001a u. 2001b). Ein weiterer Effekt einer erfolgreichen Übersetzung von Gefühlen in Sprache dürfte in der besseren Kommunizierbarkeit und den sich daraus ergebenden sozialen Interaktionsmöglichkeiten liegen (Pennebaker u. Chung 2007; Pennebaker u. Graybeal 2001). Ebenso Warum Schreiben hilft

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wie die Suche nach Sinn ist die Suche nach Wirkfaktoren ein dynamischer Prozess, der in der Poesietherapie gerade erst begonnen hat und den es lohnt, stringent weiterzuverfolgen, um zunehmend konsistente und kohärente Modelle zu entwickeln.

2.2 Wer vom Schreiben profitiert 2.2.1 Persönlichkeitsmerkmale Verschiedene Persönlichkeitsmerkmale scheinen Einfluss auf die Wirksamkeit des Schreibens zu haben. So fanden Stroebe und Kollegen, dass offene und freizügige Menschen, die im Alltag gut integriert sind und ohnehin viel Gelegenheit zum Reden haben, vom Schreiben weniger profitieren als unsichere und zurückhaltende Menschen, die im Alltag schlecht integriert sind und wenig Gelegenheit zur Selbstoffenbarung haben (Stroebe et al. 2006). Diese Ergebnisse passen zu einer Untersuchung von Christensen und Kollegen, in der feindselige und aggressive Menschen mehr Vorteile vom Schreiben hatten als gelassene und selbstreflektierte (Christensen et al. 1996), vermutlich aus den zuvor genannten Gründen. Denn auch Norman und Kollegen wiesen nach, dass das Schreiben bei unsicheren und ambivalenten Menschen, die überdies zum Katastrophisieren neigen, wirksamer ist als bei Menschen mit einer zuversichtlichen, positiven Haltung (Norman et al. 2004). In einer Studie von Zakowski und Kollegen, die Frauen mit Krebserkrankungen untersuchten, erfuhren Teilnehmerinnen mit einem hohen Neurotizismuswert, die emotional labil waren, zur Nervosität und Depressivität neigten, schnell unsicher und wütend wurden, durch das Schreiben eine stärkere Stressreduktion als Teilnehmerinnen mit einem niedrigen Neurotizismuswert (Zakowski et al. 2011). O’Connor und Ashley, Solano, Paez und Kollegen kamen in verschiedenen Studien zu dem Schluss, dass Menschen mit hohen Werten in der Toronto-Alexithymie-Skala, die Schwierigkeiten beim Erkennen und Benennen von Gefühlen haben, mehr vom Schreiben profitieren als Menschen mit niedrigen Alexithymiewerten (O’Connor u. Ashley 2008; O’Connor et al. 2005; Solano et al. 2003; Paez et al. 1999) und auch Baikie und McIllwain fanden heraus, 32Vorüberlegungen © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

dass Studierende mit hohen Alexithymiewerten und dichotomen Denkmustern mehr vom Schreiben profitierten als Studierende mit niedrigen Alexithymiewerten und flexiblen Denkmustern (Baikie u. McIllwain 2008), während in einer Studie von Lumley alexithyme Menschen, die unter chronischen Krankheiten litten, nicht vom Schreiben profitierten (Lumley 2004). Auch bezüglich des Einflusses der Emotionsregulationsfähigkeit eines Menschen auf die Wirksamkeit des Schreibens kamen verschiedene Untersuchungen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Während eine Studie von Horn und Mehl darauf verweist, dass vor allem Menschen mit Emotionsregulationsstörungen vom Schreiben profitieren (Horn u. Mehl 2004), kommt eine Studie von Sloan und Epstein zu dem gegenteiligen Ergebnis und weist nach, dass insbesondere Menschen mit einer guten Emotionsregulationsfähigkeit vom Schreiben profitieren (Sloan u. Epstein 2005). Eine in Deutschland durchgeführte Studie ergab, dass Jugendliche mit ausgeprägter Tendenz zur Gedankenunterdrückung und zum Grübeln in besonderer Weise vom Schreiben profitieren (Horn 2004), was von Sloan und Kollegen bestätigt wurde, die nachwiesen, dass grübelnde Studierende durch das Schreiben mehr positive Veränderungen erfuhren als weniger grüblerisch veranlagte Kommilitonen (Sloan et al. 2008). In einer Untersuchung von Cameron und Nicholls zeigte sich, dass optimistische Studierende mehr Vorteile vom Schreiben haben als pessimistische (Cameron u. Nicholls 1998), was durch eine Untersuchung von Mackenzie und Kollegen bestätigt wird, in der optimistische, zukunftsorientierte Teilnehmer mehr vom Schreiben profitierten als pessimistische, weniger zukunftsorientierte (Mackenzie et al. 2008); und Poon und Danoff-Burg lieferten Beweise dafür, dass achtsame Menschen mehr vom Schreiben profitieren als weniger achtsame (Poon u. Danoff-Burg 2011). Knowles und Kollegen und Tavakoli und Kollegen zeigten, dass das Schreiben bei Studierenden aus dem asiatischen Raum, die im Emotionsausdruck ungeübt sind, keinen positiven Effekt hat, mindestens dann nicht, wenn die Instruktion lautet, über belastende Erlebnisse zu schreiben (Knowles et al. 2011; Tavakoli et al. 2009). Insgesamt hat sich in den Studien also eine Tendenz herauskristallisiert, dass Menschen, die im direkten sozialen Kontakt zurückhaltend und unsicher sind oder nicht so oft die Gelegenheit Wer vom Schreiben profitiert

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haben, ihre Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen, mehr vom Schreiben profitieren als Menschen, die im Alltag gut integriert sind. Auch Menschen, die Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle zu erkennen, zu benennen und zu regulieren, scheinen durch das Schreiben die Gelegenheit zu erhalten, ihre Gefühle klarer zu erfassen und zu steuern, sowie Menschen mit festen Denkmustern im Schreiben neue Perspektiven ausprobieren können und dementsprechend mehr davon profitieren als Menschen, die ohnehin bereits über flexible Denkmuster verfügen. Ein weiterer Schluss, der sich aus den Untersuchungen ziehen lässt, ist, dass Menschen, die dazu neigen, ihre Gefühle und Gedanken zu unterdrücken, vom Schreiben vor allem deswegen profitieren, weil sie dadurch ihre Gefühle und Gedanken zum Ausdruck bringen können, was den mit der Gedanken- und Gefühlsunterdrückung einhergehenden Stress vermindert. Da die Ergebnisse an einigen Stellen allerdings widersprüchlich sind, braucht es weitere Untersuchungen, diese vorab gefassten Annahmen im Detail zu bestätigen.

2.2.2 Genderaspekte Untersuchungen zur Frage der Geschlechterunterschiede in Hinblick auf die Wirksamkeit der Poesietherapie kommen ebenfalls zu unterschiedlichen Ergebnissen. In einigen Untersuchungen zeigte sich, dass traditionelle Geschlechterrollen, denen zufolge Männer seltener über belastende Erlebnisse und Gefühle sprechen, dazu führen, dass Männer von der Poesietherapie, mit der Chance zur Selbstoffenbarung, mehr profitieren als Frauen, die im Allgemeinen leichter und offener über ihre Gefühle sprechen. Auch ein dem männlichen Geschlecht zugeordneter problemorientierter Copingstil, der Männer beim Schreiben fokussierter vorgehen lässt, könnte Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen Männern und Frauen erklären (Wong u. Rochlen 2005; Ptacek et al. 1993; Pennebaker u. Harber 1993; Solomon et al. 1990). Eine Metaanalyse von Smyth wies nach, dass Männer gesundheitlich mehr vom Schreiben profitieren als Frauen, was eine Untersuchung von Klein und Boals bestätigte, wobei beide Untersuchungen nur Tendenzen aufzeigen konnten (Klein u. Boals 2001a, Smyth 1998). 34Vorüberlegungen © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Weitere Untersuchungen haben ergeben, dass Männer und Frauen unter Umständen auf unterschiedliche Weise vom Schreiben und dem Akt der Selbstoffenbarung profitieren. So kam es in einer Studie von Guinther und Kollegen, in der Witwer und Witwen über den Verlust ihres Lebenspartners berichteten, bei den Witwen zur Abnahme depressiver Symptome, während es bei den Männern zur Abnahme von Ängsten kam (Guinther et al. 2003). In einer Untersuchung von Chen wiederum profitierten vor allem Frauen vom Schreiben (Chen 2005) und Epstein und Kollegen stellten in einer Untersuchung mit achtundvierzig männlichen und sechsundvierzig weiblichen Studierenden keine geschlechtsspezifischen Wirksamkeitsunterschiede fest (Epstein et al. 2005). In den meisten anderen Studien, die sich mit der Wirksamkeit des Schreibens beschäftigten, erfolgte keine explizite Untersuchung der Genderthematik, so dass in diesem Bereich weiterer Forschungsbedarf besteht.

2.3 Wann und wie lange man schreiben soll 2.3.1 Der richtige Zeitpunkt Stressmanagementsysteme zur Betreuung traumatisierter Menschen beinhalten innerhalb der ersten zweiundsiebzig Stunden nach dem belastenden Erlebnis ein Gespräch über Gefühle und Gedanken (Mitchell u. Everly 1996). Obwohl das Vorgehen zum Standard erhoben wurde, gibt es keine Belege dafür, dass es hilfreich ist. Einige Untersuchungen kommen sogar zu dem Schluss, dass eine emotionale Selbstoffenbarung so kurz nach einem Trauma eher schädlich denn hilfreich ist (McNally et al. 2003). Auch eine Untersuchung von Müttern, die kurz nach der Niederkunft ihren Geburtshelfern ihre tiefsten Gedanken, Gefühle und Befürchtungen rund um die Geburt mitteilen sollten, weist in diese Richtung, da für Mütter, die sich offenbart hatten, das Risiko für die Entwicklung einer postpartalen Depression stieg (Small et al. 2000). In einer Untersuchung von Gidron und Kollegen zeigten Teilnehmer mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung nach der Schreibintervention vermehrt depressive Symptome, was die Autoren darauf zurückführen, dass zu früh mit dem Schreiben begonnen wurde, nämlich Wann und wie lange man schreiben soll

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zu einem Zeitpunkt, zu dem die Patienten noch keine ausreichenden Copingstrategien entwickelt hatten, um mit den durch das Schreiben freigesetzten Emotionen umgehen zu können (Gidron et al. 1996). In eine ähnliche Richtung weist eine Studie, die Frauen mit Brustkrebs im Stadium I bis II unmittelbar nach ihrer letzten Strahlenbehandlung über ihre Therapieerfahrungen schreiben ließ, was zu keinerlei Vorteilen gegenüber der Kontrollgruppe führte (Walker et al. 1999). In einer anderen Studie hingegen, die Frauen mit Brustkrebs im Stadium I bis II untersuchte, deren letzte medizinische Behandlung mehr als zwanzig Wochen zurücklag, kam es durch das Schreiben zu einer Verminderung der Beschwerden (Stanton et al. 2002). Solche und ähnliche Untersuchungen legen die Vermutung nahe, dass Vorgänge wie Verdrängung, Ablenkung und Distanzierung in den Stunden und Tagen nach einem belastenden Erlebnis schützende Funktion haben, so dass es sinnvoll sein kann, mit der Poesietherapie erst nach einer Phase der Stabilisierung zu beginnen (Pennebaker u. Chung 2007). Allerdings ist auch hier wieder Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse geboten, weil andererseits Studien existieren, in denen Frauen mit Brustkrebs, die zeitnah nach der letzten medizinischen Behandlung über Gedanken und Gefühle bezüglich ihrer Erkrankung geschrieben hatten, durchaus davon profitierten (Henry et al. 2010; Gellaitry et al. 2010; de Moor et al. 2008). Diese zum Teil widersprüchlichen Ergebnisse zeigen, dass es sorgfältiger weiterer Forschung bedarf, um möglichst viele Einflussvariablen zu erfassen.

2.3.2 Schreibeinheiten und -frequenzen Die Frage nach Zeitdauer und Frequenz der Schreibeinheiten lässt sich nur mittelbar aus Untersuchungen zum Expressiven Schreiben beantworten, zumal die Ergebnisse der Studien aufgrund unterschiedlicher Herangehensweisen, Evaluationskriterien und Studienpopulationen nicht ganz konsistent sind. In der bereits erwähnten Metaanalyse von Smyth, in die Studien eingeschlossen wurden, in denen die Teilnehmer angefangen von einem Tag bis zu insgesamt fünf Tagen für jeweils zehn bis fünfundvierzig Minuten schrieben, 36Vorüberlegungen © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

stellte sich heraus, dass die positiven Wirkungen des Schreibens umso größer waren, je öfter und länger geschrieben wurde und je länger die Schreibeinheiten auseinander lagen (Smyth 1998). In einer Untersuchung von Paez und Kollegen bewerteten Teilnehmer, die einmal drei Minuten über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, das Schreiben negativer als Teilnehmer, die dreimal zwanzig Minuten geschrieben hatten (Paez et al. 1999). Und auch Frattaroli fand in ihrer bereits erwähnten Metaanalyse heraus, dass Sitzungen mit einer Dauer von mehr als fünfzehn Minuten wirksamer waren als Sitzungen mit einer Dauer unter fünfzehn Minuten (Frattaroli 2006). Bestätigt werden die Ergebnisse von Cohen und Kollegen, in deren Untersuchung ein einmaliges Schreiben zu einer Stimmungsverschlechterung führte (Cohen et al. 2008), sowie von Dalton und Glenwick, in deren Untersuchung ein einmaliges im Vergleich zu einem dreimaligen Schreiben zu einer geringeren Verbesserung der Studienleistung führte (Dalton u. Glenwick 2009). Sheese und Kollegen wiederum, bei denen Teilnehmer entweder an drei aufeinanderfolgenden Tagen oder einmal wöchentlich innerhalb von drei Wochen schrieben, fanden keine Unterschiede in der Wirksamkeit (Sheese et al. 2004) und auch Chung und Pennebaker fanden keine Wirksamkeitsunterschiede zwischen Teilnehmern, die an drei aufeinanderfolgenden Tagen, in drei aufeinanderfolgenden Stunden oder dreimal innerhalb einer Stunde geschrieben hatten, auch wenn letzteres Schreibsetting von den Teilnehmern als besonders herausfordernd empfunden wurde (Chung u. Pennebaker 2008). Dass auch ein dreimaliges Schreiben an einem Tag zu positiven Wirkungen führt, konnte von Baddeley und Pennebaker und Smyth und Pennebaker in zwei weiteren Untersuchungen bestätigt werden (Baddeley u. Pennebaker 2009; Smyth u. Pennebaker 2008) und Burton und King, die gesunde Teilnehmer für zwei Minuten an zwei aufeinanderfolgenden Tagen über ein negatives, ein positives oder ein neutrales Erlebnis schreiben ließen, wiesen nach, dass die Gruppen, die über das negative oder das positive Erlebnis geschrieben hatten, weniger physische Beschwerden aufwiesen als die Gruppe, die über das neutrale Erlebnis geschrieben hatte, woraus sie folgern, dass schon ein zweiminütiges Schreiben eine Katalysatorwirkung haben kann (Burton u. King 2008).

Wann und wie lange man schreiben soll

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2.3.3 Implikationen für die Praxis Da sich alle genannten Untersuchungen auf das Setting des Expressiven Schreibens nach Pennebaker beziehen, können die Ergebnisse für die Poesietherapie nur extrapoliert und durch Erfahrungswerte ergänzt werden. Festzuhalten bleibt, dass sich längere Schreibeinheiten tendenziell als vorteilhafter erwiesen haben als kurze, wobei anzumerken ist, dass es sich bei den in den Studien genannten Zeiten um die reine Schreibzeit handelt, während in der klassischen Poesietherapiesitzung maximal die Hälfte der Zeit fürs Schreiben und der Rest für Feedback und Sharing genutzt wird, so dass die reine Schreibzeit etwa mit der beim Expressiven Schreiben aufgewendeten Zeit übereinstimmt, da auch in den Poesietherapiesitzungen die Zeiten für die einzelnen Schreibsequenzen zwischen fünf bis zwanzig Minuten liegen. Weiterhin bleibt als Essenz der aufgeführten Untersuchungen festzuhalten, dass ein Intervall von einer Woche zwischen den Schreibsitzungen, welches die Möglichkeit der Reflexion, der Neuorientierung und des Probehandelns beinhaltet, zu positiveren Wirkungen führt als kurz aufeinanderfolgende Sitzungen, was den praktischen Erfahrungen aus der Poesietherapie entspricht. Sowohl im stationären als auch im ambulanten Setting hat sich eine Frequenz von ein- bis zweimal wöchentlich als positiv erwiesen, wobei im Lauf der Zeit, besonders im ambulanten Kontext, eine Absenkung der Frequenz auf eine Sitzung alle zwei bis vier Wochen sinnvoll und hilfreich sein kann, vor allem gegen Therapieende, wenn eine Ablösung und ein Übergang von der Hilfe zur Selbsthilfe erfolgen soll.

2.4 Welche Nebenwirkungen auftreten können 2.4.1 Stimmungsverschlechterung und Chronifizierung In mehreren Untersuchungen wurde von einer kurzzeitigen Stimmungsverschlechterung und einer Zunahme körperlicher Beschwerden unmittelbar im Anschluss an die Schreibintervention berichtet, was als Ausdruck einer akuten emotionalen Erregung ver38Vorüberlegungen © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

standen werden kann, die zeigt, dass sich der Schreibende emotional auf das Thema eingelassen hat, vergleichbar etwa einer kurzzeitigen Erstverschlechterung in der Homöopathie, die zeigt, dass das richtige Mittel gewählt wurde. Meist klingt die akute negative Erregung wenige Stunden nach dem Schreiben wieder ab und wird von einem positiven oder mindestens neutralen Effekt gefolgt. In keiner Untersuchung führte die kurzzeitige Stimmungsverschlechterung zu einem erhöhten Risiko für depressive Verstimmungen oder Depressionen (Hockemeyer et al. 1999; Smyth 1998; Francis u. Pennebaker 1992; Greenberg u. Stone 1992). Bedenkt man die zahlreichen Untersuchungen zum Schreiben, in denen nur selten Hinweise auf eine Symptomverschlechterung auftauchen, scheint das Schreiben eine sichere Methode zu sein, auch wenn es für einige Patienten möglicherweise nur von geringem Nutzen ist (Baikie u. Wilhelm 2005). Da die meisten Untersuchungen mit Erwachsenen durchgeführt wurden, sei darauf hingewiesen, dass sich die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf Kinder und Jugendliche übertragen lassen, zumal zwei Untersuchungen zum Schreiben mit Kindern und Jugendlichen zu dem Schluss kamen, dass diese möglicherweise andere Rahmenbedingungen brauchen als Erwachsene, wie etwa einen sich an das Schreiben anschließenden verbalen Austausch über die Gedanken und Gefühle beim Schreiben, wie er in der klassischen Poesietherapie in Form des Feedback und Sharing erfolgt (Fivush et al. 2007; Reynolds et al. 2000). Eine weitere Frage ist, ob die wiederholte Beschäftigung mit bestimmten Themen und Problemen zu deren Chronifizierung beitragen kann. Während Schulte-Steinicke darauf verweist, dass das Beibehalten eines einzigen Themas über mehrere Schreibsitzungen hinweg, besonders im Fall der Selbstanalyse, das Risiko birgt, sich in eine sorgenvolle Stimmung hineinzuschreiben (Schulte-Steinicke 2005), wiesen Sloan und Kollegen in einer Untersuchung nach, dass Teilnehmer, die in drei aufeinanderfolgenden Sitzungen über dasselbe Thema geschrieben hatten, größere gesundheitliche Verbesserungen aufwiesen als Teilnehmer, die über drei unterschiedliche Themen geschrieben hatten, woraus die Autoren folgern, dass ein solches Setting einer in der Verhaltenstherapie üblichen wiederholten Exposition vergleichbar sein könnte (Sloan et al. 2005). In zwei früheren Untersuchungen gab es keinen Wirksamkeitsunterschied Welche Nebenwirkungen auftreten können

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zwischen Teilnehmern, die in drei aufeinanderfolgenden Sitzungen über dasselbe Thema geschrieben, und solchen, die das Thema gewechselt hatten (Campbell u. Pennebaker 2003; Pennebaker u. Francis 1996). Pennebaker weist darauf hin, dass eine größere Selbstbestimmungsmöglichkeit durch offene Schreibinstruktionen von Vorteil sein könnte (Pennebaker u. Chung 2007), was in Kapitel 7.1.2 noch einmal aufgegriffen wird.

2.4.2 Emotionale Krisen Sollte der Schreibende merken, dass ihn das Erinnerte zu sehr aufwühlt, so dass er fürchtet, die aufkommenden Gefühle nicht aushalten zu können, ist es ratsam, das Schreiben abzubrechen oder sich einem weniger brisanten Thema zuzuwenden. Sollte das Schreiben im ambulanten Rahmen durchgeführt werden, ist in Krisenfällen sicherzustellen, dass der Patient über die Sitzung hinaus kompetente Ansprechpartner hat. Dies kann bedeuten, dass der Poesietherapeut, sofern er dafür ausgebildet ist, die Krise gemeinsam mit dem Patienten durchsteht und über die Sitzung hinaus erreichbar ist oder für eine angemessene Versorgung und Anbindung des Patienten Sorge trägt. Sollte ein Autor bei der poetischen Selbstanalyse in eine Krise geraten, ist es empfehlenswert, sich fachliche Unterstützung zu holen und nicht den Anspruch zu haben, die Krise allein zu meistern.

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3.1 Geeignete Evaluationsmethoden 3.1.1 Der Versuch einer Annäherung In einem praxis- und handlungsorientierten Feld, das von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird, stellt es eine große Herausforderung dar, Evaluationsmethoden zu entwickeln, die sowohl dem Menschen als auch dem Therapieverfahren gerecht werden. Wenn es um komplexe, dynamische psychische und körperliche Prozesse geht, sind Evaluationsinstrumente immer unzulängliche Hilfsmittel und statistische Berechnungen nur bedingt aussagekräftig, so dass alles, was im Zusammenhang mit der Poesietherapie erforscht werden kann, lediglich den Charakter einer Annäherung besitzt. Hinzu kommt, dass sich die Poesietherapie an den Schnittstellen verschiedener Domänen bewegt, die nur scheinbar zu trennen sind, sich in der Praxis aber überschneiden und in ihren Forschungszugängen und -methoden unterscheiden. Hierzu zählen Medizin, Psychologie, Linguistik, Soziologie, Philosophie, Theologie, Pädagogik und die Neuro-, Sozial- und Kommunikationswissenschaften. Aber nicht nur überschneiden sich die Domänen, in denen sich die Poesietherapie bewegt, sondern zugleich führt der Anspruch der Poesietherapie, ein ganzheitliches Therapieverfahren zu sein, das multiple Lebensbereiche berührt und aktuelle Probleme des Individuums ebenso im Blick hat wie existentielle Fragen, zu Schwierigkeiten in der Erforschung ihres Einflusses auf das Individuum sowie auf die Gesellschaft. Untersucht man ein Medikament zur Behandlung des Bluthochdrucks, sind Forschungsfrage und Studiendesign weitgehend klar, die Einflussvariablen begrenzt und überschaubar. Untersucht man hingegen ein Therapieverfahren, das auf mehreren Ebenen Einfluss auf den Körper und die Psyche hat, wird Forschung zu Neuland, das man auf unterschiedlichen Geeignete Evaluationsmethoden

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Pfaden betreten kann. Bedenkt man, dass es in der Poesietherapie um Sinnfindung, Werteorientierung und Lebensausrichtung ebenso wie um Achtsamkeit, Würde und Respekt, um Hilfe zur Selbsthilfe ebenso wie um Wachstum und Veränderung geht, um Konstanz und Kohärenz ebenso wie um einen guten Zu- und Umgang mit sich und anderen, um eine wache, klare Präsenz und die Wahrnehmung dessen, was ist, ebenso wie um eine Aktivierung kognitiver, sozialer und sprachlicher Fähigkeiten, um ein bewusstes Leben im Hier und Jetzt ebenso wie um soziale Integration und Autonomie, wird klar, dass sich immer nur Einzelaspekte herausgreifen, beobachten, untersuchen und verstehen lassen. Doch bevor dies geschehen kann, bedarf es einer Analyse möglicher Wirkungen, inklusive der ihnen zugrunde liegenden, vorerst hypothetisch formulierten Wirkfaktoren und einer Sondierung des wissenschaftlichen Feldes. Bei der Erforschung der Poesietherapie geht es dabei weder um Ausschließlichkeit noch um die Bewertung verschiedener Ansätze, sondern vielmehr darum, zu erkennen, dass jede Methode mit den ihr eigenen Kriterien und Merkmalen auf ihre Weise zur wissenschaftlichen Untersuchung und Konsolidierung der Poesietherapie beitragen kann.

3.1.2 Notwendigkeiten in der Poesietherapieforschung Eine Übersicht über mögliche Forschungsmethoden, inklusive ihrer Theorien und der praktischen Umsetzung, kann und soll hier nicht gegeben werden. Auch kann hier weder in der Tiefe auf die unterschiedlichen Definitionen noch auf aktuelle Bemühungen der Verschränkung zwischen quantitativer und qualitativer Forschung eingegangen werden. Hier soll lediglich eine Basis geschaffen werden, auf deren Grundlage eine Orientierung möglich wird, die den Zugang, der in diesem Buch gewählt wurde, verständlich und transparent macht. In der Poesietherapieforschung bedarf es sowohl des Einsatzes vorhandener validierter, standardisierter als auch neu zu entwerfender poesietherapiespezifischer Evaluationsinstrumente, wobei letztere in Pilotstudien erprobt und mit Hilfe ausreichend großer Studienpopulationen normiert werden müssen. 42

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Die Poesietherapie muss, sofern sie im medizinischen Kontext zur Heilung von Leiden eingesetzt werden, als Heilmethode anerkannt werden und im klinischen wie praktischen Kontext als abrechnungsfähig gelten will, zumindest in einem Bereich ihrer Forschung dem Paradigma der evidenzbasierten Medizin folgen, um die für ihre Anerkennung in den medizinischen Leitlinien erforderlichen Wirksamkeitsnachweise zu erbringen. Das heißt, dass die Poesietherapie Wirksamkeitsnachweise erbringen muss, die dem in Kapitel 3.2 erklärten Empfehlungsgrad A oder B entsprechen, was eine ebenfalls in Kapitel 3.2 beschriebene EBM-Level-Bewertung von I bis II erforderlich macht, die nur zu erreichen ist, sofern randomisierte klinische Studien durchgeführt werden, die sich in der Regel quantitativer Forschungsmethoden bedienen. Csíkszentmihályi äußert zu Recht, dass heutzutage eine Domäne, in der Ergebnisse messbar sind, Vorrang erhält vor einer Domäne, in der diese Möglichkeiten nicht bestehen, da man messbare Dinge für real hält, während man Dinge, von denen man nicht weiß, wie man sie messen soll, ignoriert (Csíkszentmihályi 1997). Ein weiterer Grund, warum in diesem Buch zur Erforschung der Poesietherapie vor allem Evaluationsinstrumente aus dem Bereich der quantifizierbaren Forschung vorgeschlagen werden, ist die Schwierigkeit, allgemeine Empfehlungen für qualitativ orientierte Verfahren zu geben, die induktiv vorgehen und aus der Praxis heraus entwickelt werden müssen. Die bei den einzelnen Wirkungen, Wirkfaktoren und Krankheitsbildern als mögliche Evaluationsinstrumente exemplarisch vorgeschlagenen Fragebögen werden sowohl in der Medizin als auch in der Psychologie zur Diagnostik, Verlaufskontrolle und zum Wirksamkeitsnachweis verwendet. Plädiert wird dafür, das sei hier noch einmal gesagt, sowohl quantitative als auch qualitative Untersuchungen durchzuführen, bevorzugt wird der quantitative Ansatz in diesem Buch und zu diesem Zeitpunkt vor allem aus berufspolitischen Gründen, da die Erbringung von Wirksamkeitsnachweisen in der Poesietherapie einen wichtigen Baustein zur Anerkennung des Verfahrens im deutschen Gesundheitswesen darstellt, was wiederum unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass das Verfahren möglichst vielen Menschen zugänglich gemacht und in ausreichendem Maß mit verschiedenen, sich ergänzenden Methoden untersucht werden kann. Geeignete Evaluationsmethoden

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3.1.3 Quantitative und qualitative Forschung Prinzipiell und vereinfachend gesprochen kennt die empirische Forschung eine quantitative und eine qualitative Richtung. Bei der quantitativen Forschung wird versucht, bestimmte Verhaltensweisen in Form von Modellen, Zusammenhängen und zahlenmäßigen Ausprägungen zu beschreiben. Dafür werden durch Befragung oder Beobachtung einer repräsentativen Zufallsstichprobe mit Hilfe von Fragebögen, quantitativen Interviews und quantitativen Messverfahren zahlenmäßige Ausprägungen von Merkmalen bestimmt. In einem zweiten Schritt werden die Messwerte miteinander oder mit anderen Variablen in Beziehung gesetzt und die Ergebnisse auf die Grundgesamtheit generalisiert, womit in der Regel eine vorher aufgestellte Hypothese überprüft wird. Um möglichst gleiche Voraussetzungen für die Erhebung der Messwerte zu erreichen, sind quantitative Methoden meist stark strukturiert und standardisiert. Die Vorteile quantitativer Forschung bestehen darin, dass sich große Stichproben mit relativ geringem Zeit- und Kostenaufwand untersuchen lassen, die Messwerte eine Ermittlung von statistischen Zusammenhängen ermöglichen, die Ergebnisse repräsentativ sind und die externe Validität aufgrund der großen Stichproben hoch ist. Nachteilig sind die geringe Flexibilität während der Untersuchung und die eingeschränkte Erfassung von Phänomenen, die nicht in der Hypothese enthalten sind. Im Vergleich dazu zeichnet sich der qualitative Ansatz durch eben diese Flexibilität und Offenheit aus. Qualitative Methoden sind in der Regel nicht hypothesenüberprüfend, sondern hypothesengenerierend und ermöglichen deswegen die Entdeckung unbekannter Sachverhalte. Derartige explorative Untersuchungen, die persönliche Interaktionen begünstigen, bieten zudem die Chance, Unklarheiten und Unstimmigkeiten im Prozess zu detektieren und zu beseitigen, was zu einer hohen internen Validität beiträgt. Allerdings sind qualitative Methoden zeit- und kostenintensiv und die Qualität ihrer Daten ist abhängig von den Erfahrungen und Fähigkeiten des Untersuchers. Zudem sind die Ergebnisse qualitativer Untersuchungen meist nur eingeschränkt generalisierbar. Um die Vorteile beider Vorgehensweisen zu nutzen und die Nachteile zu minimieren, kann eine Kombination quantitativer und qualitativer Methoden, wie 44

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sie aktuell in vielen Bereichen erfolgt, sinnvoll sein (Brüsenmeister 2008; Mayring 1995 u. 2002; Flick 1995; Heinze 1987).

3.2 Evidenzbasierte Medizin 3.2.1 Entstehungsgeschichte Die Idee der evidenzbasierten Medizin (EBM) ist nicht neu, sondern lässt sich auf das in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts von britischen Ärzten entwickelte Konzept der medical arithmetic zurückführen (Black 1789). Erstmalig findet sich die Bezeichnung in dem 1793 publizierten Artikel »An attempt to improve the evidence of medicine« des schottischen Arztes George Fordyce. Und zuvor veröffentlichte Lind 1753 bereits die Ergebnisse einer mehr oder weniger evidenzbasierten Untersuchung, die die Heilung von Skorbut mittels Orangen und Zitronen untersuchte. 1848 publizierte dann der in Wien tätige ungarische Arzt Semmelweis die »Systematische klinische Beobachtung in der medizinischen Forschung«. Obwohl die Idee also nicht neu ist, wurde der Begriff der evidenzbasierten Medizin erst Anfang der 1990er Jahre von einer Gruppe von Wissenschaftlern an der McMaster University in Kanada im Department of Clinical Epidemiology and Biostatistics geprägt (Guyatt 1991). Im deutschen Sprachraum wurde das Konzept erstmals 1995 publiziert (Klemperer 1995). 1998 wurde dann im Rahmen des ersten bundesweiten EBM-Kongresses das Deutsche EBM-Netzwerk als informelle Arbeitsgemeinschaft gegründet (Ollenschläger et al. 1998) und 2000 wurde der Begriff der evidenzbasierten Leitlinien in das deutsche Sozialgesetzbuch (SGB) eingeführt.

3.2.2 Evidenzklassen und Empfehlungsgrade In der evidenzbasierten Medizin wird mit Hilfe von Evidenzklassen die wissenschaftliche Aussagefähigkeit klinischer Studien erfasst und beurteilt. Dabei unterscheidet man entsprechend den Empfehlungen der Agency for Healthcare Research and Quality die Evidenzklassen I bis IV, wobei Studien der Klasse Ia die höchste und Nachweise Evidenzbasierte Medizin 

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der Klasse IV die geringste Evidenz haben. Je höher die Evidenzklasse, desto besser die wissenschaftliche Begründbarkeit für eine Therapieempfehlung, umso wahrscheinlicher, dass die Therapie in die medizinischen Leitlinien aufgenommen und von den Krankenkassen anerkannt wird und als abrechnungsfähig gilt. Die Kriterien für die Einordnung wissenschaftlicher Ergebnisse in die Evidenzklassen finden sich in Tabelle 1. Danach ist die Qualität von Studien maßgeblich davon abhängig, ob es eine Versuchs- und eine Kontrollgruppe gibt und die Teilnehmer den Gruppen nach dem Zufallsprinzip zugeteilt wurden, wie es in Kapitel 3.2.3 beschrieben wird. Tabelle 1: Evidenzklassen (Agency for Health Care Policy and Research 1992, 92–0032:100–107) Klasse Evidenz-Typ Ia

wenigstens ein systematischer Review auf der Basis methodisch hochwertiger kontrollierter, randomisierter Studien (RCTs)

Ib

wenigstens ein ausreichend großer, methodisch hochwertiger RCT

IIa

wenigstens eine hochwertige Studie ohne Randomisierung

IIb

wenigstens eine hochwertige Studie eines anderen Typs quasiexpe­ rimenteller Studien

III

mehr als eine methodisch hochwertige nichtexperimentelle Studie

IV

Meinungen und Überzeugungen von angesehenen Autoritäten (aus klinischer Erfahrung); Expertenkommissionen; beschreibende Studien

Eine erweiterte Evidenzhierarchie, die auf die Erfordernisse unterschiedlicher Fragestellungen eingeht, Schwächen in der Ausführung von Studien und Inkonsistenzen zwischen Studien berücksichtigt, stammt vom Centre for Evidence-Based Medicine in Oxford. Hier werden auf Basis der Evidenzklassen die in Tabelle 2 dargestellten Empfehlungsgrade festgelegt. Diese berücksichtigen neben der Qualität der Einzelstudien die Gesamtheit der Evidenz.

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Tabelle 2: Empfehlungsgrade gemäß dem Scottish Intercollegiate Guidelines Network (A new system for grading recommendations in evidence based guidelines, 2001, BMJ 323(7308):334–336) Grad A

zumindest eine randomisierte kontrollierte Studie von insgesamt guter Qualität und Konsistenz, die sich direkt auf die jeweilige Empfehlung bezieht und nicht extrapoliert wurde (Evidenzklasse Ia und Ib)

Grad B

gut durchgeführte klinische Studien, aber keine randomisierten klinischen Studien, mit direktem Bezug zur Empfehlung (Evidenzklasse II oder III) oder Extrapolation von Evidenzebene I, falls der Bezug zur spezifischen Fragestellung fehlt

Grad C

Berichte von Expertenkreisen oder Expertenmeinung und/oder klinische Erfahrung anerkannter Autoritäten (Evidenzklasse IV) oder Extrapolation von Evidenzklasse IIa, IIb oder III

Grad D

wenn es für eine Behandlungsmethode keine experimentellen wissenschaftlichen Studien gibt, diese nicht möglich sind oder nicht angestrebt werden, das Behandlungsverfahren aber dennoch allgemein üblich ist und innerhalb der Konsensusgruppe eine Übereinkunft über das Verfahren erzielt werden konnte, erhält diese Methode die Empfehlungsstärke »Good Clinical Practice« (GCP)

Die Mitarbeiter des Cochrane-Zentrums, eines internationalen Netzwerkes von Ärzten, Wissenschaftlern und Methodikern, deren Hauptaufgabe die Erstellung, Verbreitung und Aktualisierung von systematischen Übersichtsarbeiten in der Medizin ist, kritisiert das Nebeneinander unterschiedlicher Systeme der Bewertung von Qualität und Empfehlungsstärke und verweist auf die seit 2000 bestehende internationale Arbeitsgruppe Grading of Recommendations Assessment, Development and Evaluation Working Group, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, die einzelnen Klassifikationssysteme zu ordnen und weitere wichtige Aspekte wie Relevanz und Durchführbarkeit bei der Bewertung von EBM-Klassen und Empfehlungsgraden zu berücksichtigen.

3.2.3 Ziele der evidenzbasierten Forschung Die Art der Forschung, wie sie der evidenzbasierten Medizin zugrunde liegt, dient in erster Linie der Wirksamkeitsprüfung einer Maßnahme und zielt in ihrer Untersuchungshaltung und Ansprüchlichkeit auf Reproduzierbarkeit und Objektivität. In der evidenzbasierten Medizin werden abgegrenzte Einzelfaktoren Evidenzbasierte Medizin 

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bezogen auf abgegrenzte Symptome unter streng kontrollierten Bedingungen untersucht, wobei in der Regel eine Behandlungsmit einer Kontrollgruppe verglichen wird. Damit der Behandler nicht bereits bei der Zuteilung eine Auswahl trifft, werden die Teilnehmer einer Studie der Behandlungs- und Kontrollgruppe nach dem Zufallsprinzip, also randomisiert, zugeteilt. Meist werden die Teilnehmer vor und nach der Behandlung mit einer umfassenden Testbatterie eingeschätzt. Die Zielergebnisse werden operationalisiert, wobei die errechnete Effektstärke unter anderem von der statistischen Diskriminierungsfähigkeit abhängt. Messungen in der evidenzbasierten Medizin sind meist quantitativer Natur und erfassen alles, was sich zählen oder auf Skalen abbilden lässt. Durch streng standardisierte, statistische Verfahren, quantitative Messungen, geschlossene Kategoriesysteme, Kontrollgruppen und Randomisierung sollen möglichst viele Unberechenbarkeiten und Störfaktoren, als Bias bezeichnet, ausgeschaltet werden, damit sie das Ergebnis nicht verfälschen (Heimes 2010b).

3.2.4 Grenzen der evidenzbasierten Medizin Die evidenzbasierte Medizin stößt vor allem dann an ihre Grenzen, wenn zu wenige Nachweise und Studien vorliegen, wie beispielsweise in der Kinderheilkunde, in der große kontrollierte Studien selten durchgeführt werden. Weiterhin gibt es Sachverhalte, die seit langem vollkommen geklärt sind, für die aber im Sinn der evidenzbasierten Medizin keine ausreichenden Nachweise vorliegen, weil sich bei hoher Eindeutigkeit von Ergebnissen weitere Vergleichsstudien aus ethischen Gründen verbieten, da nicht zu verantworten ist, eine als effizient bekannte Methode einer Kontrollgruppe vorzuenthalten oder eine Versuchsgruppe mit etwas zu schädigen, was als Schädigungsfaktor bekannt ist. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Vipeholm-Studie, die erste und letzte prospektive Untersuchung zur Verursachung von Karies durch Zucker (Gustafsson et al. 1954). Nach den eindeutigen Ergebnissen der Studie wäre es ethisch nicht vertretbar gewesen, weitere Studien durchzuführen, um den schädlichen Einfluss von Zucker auf die Zahnsubstanz nachzuweisen. Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass eine Beweisführung nach 48

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den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin in vielen Bereichen der Medizin und Psychologie nicht durchführbar oder nur begrenzt sinnvoll ist, da sich viele Prozesse einer monokausalen Betrachtungsweise entziehen, so dass auch hier die evidenzbasierte Medizin an ihre Grenzen stößt.

3.3 Qualitative Forschungsansätze 3.3.1 Gütekriterien qualitativer Forschung Dem in der evidenzbasierten Medizin favorisierten quantitativfaktorenanalytischen Vorgehen steht ein explorativ-qualitatives Modell gegenüber, dessen Wurzeln sich bis zu den Theorien des symbolischen Interaktionismus und der Ethnomethodologie zurückverfolgen lassen. Die Gütekriterien qualitativer Forschung wurden zu verschiedenen Zeiten von unterschiedlichen Autoren immer wieder neu erprobt und formuliert, so dass hier nur der Versuch einer dem Überblick dienenden Synthese unternommen werden kann. Zu nennen ist die in der qualitativen Forschung herrschende Forderung nach Transparenz, die eine genaue Deskription des untersuchten Gegenstandes, des methodischen Vorgehens sowie klare und präzise Definitionen von Begriffen und Kategorien fordert. Nahtlos an die Forderung der Transparenz schließt sich die Forderung der dichten Beschreibung des Forschungsgegenstandes an, die auf den Ethnographen Clifford Geerts zurückgeht und die These vertritt, dass eine differenzierte Theorieentwicklung nur möglich ist, wenn zuvor reiches und vielfältiges Datenmaterial gewonnen wurde, etwa in Form von Projektjournalen, Feldnotizen, Protokollen, qualitativen Interviews und der Erhebung statistischer Kenndaten. Eine weitere Forderung qualitativer Forschung ist die größtmögliche Alltagsnähe, da es Alltagssituationen sind, auf die hin die Ergebnisse später verallgemeinert werden sollen. Forderungen nach größtmöglicher Objektivität werden im qualitativen Ansatz dadurch eingelöst, dass alle bekannten, denkbaren, tatsächlich vorhandenen und neu auftretenden Einflüsse möglichst genau benannt und nachvollziehbar dargestellt werden und die im Forschungsprozess erweiterten Theorien und angepassten Methoden fortlaufend überQualitative Forschungsansätze

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prüft und dokumentiert werden. Da man solche Einflussvariablen wie das Vorverständnis und die Vorerfahrungen der Untersucher nicht als Störfaktoren ausschalten kann, müssen diese zu Beginn der Untersuchung offen gelegt und am Gegenstand selbst im Sinn einer hermeneutischen Spirale weiterentwickelt und geprüft werden. Ebenso müssen alle unternommenen Versuche, anhand der gemachten Beobachtungen allgemeine Gesetzmäßigkeiten zu finden, in jedem einzelnen Fall schrittweise abgeleitet und begründet werden (Heimes 2010b).

3.3.2 Textorientierte Verfahren Da wir es in der Poesietherapie mit Texten zu tun haben, bieten sich ebenfalls Verfahren an, die textorientiert arbeiten und die in der Poesietherapie entstandenen Texte sowohl auf Inhalt als auch auf Sprache und Struktur hin untersuchen. Im Rahmen der Untersuchungen zum Expressiven Schreiben wurde das computerbasierte Textanalyseprogramm Linguistic Inquiry and Word Count (LIWC) entwickelt, das aus einem Zählalgorithmus und über siebzig Wörterbüchern besteht, die Wortlisten enthalten, die grammatikalisch zusammengehören und linguistische Kategorien wie Artikel, Personalpronomen, Präpositionen beinhalten oder thematische Konstrukte repräsentieren, in denen psychologische Kategorien gebildet werden mit Wörtern, die beispielsweise auf positive und negative Affekte oder kognitive, respektive soziale Prozesse verweisen. LIWC scannt einen Text auf die Anzahl der Wörter aus den jeweiligen Kategorien und errechnet Wortprozentsätze für einzelne Sprachkategorien (Pennebaker et al. 2001). In mehreren Untersuchungen erwies sich das Textprogramm als valides Messinstrument mit guten psychometrischen Eigenschaften und einer breiten Abdeckung natürlicher gesprochener und geschriebener Sprache (Kahn et al. 2007). Es wurde von einer Arbeitsgruppe um Wolf für deutsche Texte nutzbar gemacht (Wolf et al. 2008). Ein weiteres Programm zur Textanalyse ist das Latent Semantic Analysis (LSA), ein der Faktorenanalyse ähnliches Verfahren, das sowohl einen Vergleich zwischen den Texten unterschiedlicher Teilnehmer als auch zwischen den Texten eines Teilnehmers im 50

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zeitlichen Verlauf ermöglicht und einen Zusammenhang zwischen Schreibstil, Inhalt und externen Messdaten herzustellen vermag (Foltz et al. 1998; Landauer u. Dumais 1997). Durch Untersuchungen auf Sprachebene kann der Frage nachgegangen werden, ob sich Veränderung von Denkweisen und Perspektiven auf der Textebene festmachen lassen, beispielsweise durch den zunehmenden Gebrauch einsichtsbezogener Worte und Kausalbegriffe. Mit Hilfe der Textprogramme konnte nachgewiesen werden, dass Menschen individuelle sprachliche Muster verwenden, die zeitlich stabil und unabhängig von Kontext und Textart sind. So konnten Pennebaker und King anhand von Textproben von über tausendzweihundert Studierenden einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Sprachmustern, körperlicher Gesundheit, Alkoholkonsum und Studienleistungen nachweisen (Pennebaker u. King 1999). Neben computerbasierten Textanalyseverfahren könnten psychodynamisch orientierte Erzählanalysen, wie beispielsweise die an der Universität Zürich eingesetzte Erzählanalyse Jakob, die Erarbeitung eines Modells für die spezifische Dynamik von Konstellationen und Sequenzen inner- und außerhalb von Narrationen und Texten ermöglichen und damit einen weiteren Forschungszugang bieten.

Qualitative Forschungsansätze

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Wirkungen und Wirkfaktoren

4.1 Vorbemerkungen 4.1.1 Berufspolitische Überlegungen Die meisten wissenschaftlichen Nachweise existieren für das Expressive Schreiben, was mehrere Gründe hat. Erstens ist die Methode klar strukturiert und standardisiert, weswegen sie gut untersucht werden kann. Zweitens handelt es sich um eine Kurzzeitintervention, wodurch die Untersuchungszeiträume und der Forschungsaufwand überschaubar bleiben. Drittens wurden zur Untersuchung der Methode Forschungsgelder zur Verfügung gestellt. Dass im deutschsprachigen Raum so gut wie keine Forschungsergeb­nisse für die Poesietherapie vorliegen, ist auf ihre bereits in der Einleitung beschriebene mangelnde Anerkennung und Etablierung zurückzuführen. Es ist nahezu unmöglich, Studien zu einem Therapieverfahren durchzuführen, das in den Kliniken nicht etabliert ist und für das es nur wenige ausgebildete Therapeuten gibt, die in der Lage und willens wären, die Untersuchungen zu leiten. Zudem hat die Poesietherapie in Deutschland bisher keine Lobby, so dass wenig Aussicht auf Drittmittel besteht, was bedeutet, dass die Untersuchungen mit privaten Mitteln finanziert und Kollegen, die wissenschaftlich arbeiten wollen, ihre Arbeitszeit kostenfrei zur Verfügung stellen müssten, was nur in begrenztem Maß möglich und überdies nicht sinnvoll und erwünscht ist, da es im Rahmen der Professionalisierung der Poesietherapie als kontraproduktiv verstanden werden kann. Um die Poesietherapie in Klinik und Praxis einzuführen und wissenschaftlich fundiert zu untersuchen, bedarf es der Bereitstellung finanzieller Mittel und der Ausbildung von Fachleuten nach einheitlichen Curricula.

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4.1.2 Aktueller Stand Obwohl die unterschiedlichen Wirkungen des Schreibens in zahlreichen Untersuchungen anhand verschiedener Parameter beschrieben wurden, sind die einzelnen Mechanismen, die den Wirkungen zugrunde liegen und die multiplen Faktoren, die zu den Wirkungen beitragen, bisher weder hinreichend formuliert noch ausreichend präzisiert und miteinander in Beziehung gesetzt worden. Eine Zusammenführung der Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen, die Generierung von Hypothesen und das Auffinden geeigneter poesietherapiespezifischer Evaluationsinstrumente sind wichtige Schritte auf dem Weg zur Professionalisierung der Poesietherapie. Wie in Kapitel 3 erläutert, bedarf es dafür eines mehrgleisigen Vorgehens, das sich quantitativer und qualitativer Untersuchungsmethoden bedient. Solange allerdings keine poesietherapiespezifischen Evaluationsinstrumente zur Verfügung stehen, kann auf standardisierte, validierte Fragebögen aus dem medizinisch-psychologischen Kontext zurückgegriffen werden.

4.1.3 Wirksamkeit, Effektivität und Effizienz Beschäftigt man sich im Rahmen der geforderten Wirksamkeitsnachweise mit dem Thema der Wirksamkeit, kommt man nicht umhin, sich mit Begrifflichkeiten auseinanderzusetzen. Der Begriff der Wirksamkeit (efficacy) bezeichnet im medizinischtherapeutischen Kontext das Vermögen einer gezielt eingesetzten therapeutischen Maßnahme, den Verlauf einer Krankheit günstig zu beeinflussen, wobei dieses Vermögen unter kontrollierten Bedingungen getestet wird, das heißt in einem optimierten Umfeld mit einer definierten Zielgruppe. Die Effektivität (effectiveness) einer Maßnahme bestimmt sodann die Wirksamkeit im realen Umfeld und die Effizienz (efficiency) beurteilt die Wirksamkeit in Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Relation. Bedenkt man, dass therapeutische Maßnahmen darauf ausgerichtet sind, Wirkungen im realen Umfeld zu erzielen, könnte man meinen, dass der Begriff der Effektivität im therapeutischen Verständnis die zentrale Rolle spielt, während der Begriff der Wirksamkeit vor allem in der evidenzbasierten Vorbemerkungen

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Forschung angemessen wäre und der Begriff der Effizienz müsste den Ökonomen vorbehalten bleiben. In Wahrheit überschneiden sich die Bedeutungsfelder der Begriffe im allgemeinen Sprachgebrauch allerdings, wobei der Begriff der Wirksamkeit im Sinn von Wirkvermögen dem Begriff der Wirkung häufig gleichgesetzt wird. Die vorgenommenen Unterscheidungen sind Konstrukte, die sich im Therapieprozess nicht abbilden.

4.2 Konsequenzen für die Poesietherapie 4.2.1 Versuch einer Differenzierung und Klassifizierung Eine Isolierung, Abgrenzung und Klassifizierung einzelner Wirkfaktoren und Wirkungen ist rein theoretisch, weil sich die einzelnen Faktoren ebenso wie die ihnen zugrunde liegenden psychischen Prozesse überschneiden und mehrere Wirkfaktoren zur Gesamtwirkung beitragen. Obwohl der Versuch, sprachlich etwas begreifbar zu machen, was sich nicht in Sprache fassen lässt, einen komplexen Sachverhalt auf Begrifflichkeiten reduziert, was eine unzulässige Vereinfachung und Verzerrung zur Folge hat, muss dieser Versuch unternommen werden, um ein tieferes Verständnis zu erlangen, was Poesietherapie bewirkt. Obgleich sich Wirkungen und Wirkfaktoren nicht voneinander trennen lassen, werden sie in der Folge des besseren Verständnisses halber als eigene Konstrukte behandelt. Die dargestellte Einteilung dient dem Überblick und darf nicht dazu führen, dass Wirkfaktoren und Wirkungen als disjunkt missverstanden werden. Die postulierten Wirkungen und Wirkfaktoren bedürfen weiterer dezidierter Studien, um verifiziert oder falsifiziert zu werden. Angemerkt sei, dass sich die Poesietherapieforschung dabei im gleichen Dilemma befindet wie jegliche psychotherapeutische Forschung. Neben den genannten Schwierigkeiten, hochkomplexe psychische und körperliche Prozesse auf untersuchbare Sachverhalte zu reduzieren, ist das Erbringen von Wirksamkeitsnachweisen dadurch erschwert, dass in der Psychotherapie im Allgemeinen und in der Poesietherapie im Speziellen subjektive, an einzelne Personen gebundene Einflüsse auftreten, die den Krankheitsverlauf 54

Wirkungen und Wirkfaktoren

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und Heilungserfolg beeinflussen. Problematisch für die Beurteilung der Wirksamkeit einer Therapie ist überdies die Tatsache, dass ein therapieunabhängiger Effekt über die Zeit auftreten kann, der sich selbst in randomisierten, kontrollierten Studien nicht ausschließen lässt. Aussagen zum Spontanverlauf lassen sich wiederum nur treffen, wenn im Beobachtungszeitraum eine Kontrollgruppe unter sonst gleichen Bedingungen untersucht wird, was ethische Konflikte mit sich bringt und selten verzerrungsfrei möglich ist.

4.2.2 Anwendung der Kriterien Im Folgenden werden die in Tabelle 3 aufgeführten Wirkungen und Wirkfaktoren in einen Gesamtkontext gestellt und, wo möglich und sinnvoll, für die Poesietherapie spezifiziert. Die Reihenfolge der aufgeführten Untersuchungen entspricht ihrem Erscheinungsdatum; Wirkungen und Wirkfaktoren werden einzeln besprochen, Wirksamkeitsnachweise, sofern vorhanden, eingefügt. Allgemeingültige Wirksamkeitsnachweise und Expertenmeinungen finden sich im Fließtext, poesietherapiespezifische Untersuchungen sind am Ende jeden Abschnitts im Überblick dargestellt, wobei nur Studien aufgenommen wurden, die einem EBM-Level von I–III entsprechen. Da in vielen Studien mehrere unterschiedliche Aspekte untersucht wurden, finden diese bei verschiedenen Wirkungen und Wirkfaktoren Erwähnung, die Rahmendaten der Studien, inklusive einer kurzen Studienbeschreibung, sind bei der Wirkung oder dem Wirkfaktor aufgeführt, auf dem der Hauptfokus der Untersuchung liegt. Sofern es für die Wirkungen und Wirkfaktoren spezifische Evaluationsinstrumente gibt, sind diese aufgeführt, ansonsten lassen sich Wirkfaktoren auch anhand ausgewählter Einzelitems von Fragebögen oder mittels krankheitsspezifischer Evaluationsinstrumente untersuchen. Alle Evaluationsinstrumente sind in Kapitel 9 kurz beschrieben, die Fragebögen selbst können aus urheberrechtlichen Gründen nicht abgedruckt werden, lassen sich in der Regel aber über das Internet beziehen und stehen zuweilen sogar kostenfrei zur Verfügung. Bei Fragebögen in der Erprobungsphase lohnt der Versuch, die Verwendungsgenehmigung bei den Autoren selbst anzufragen.

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Tabelle 3: Wirkungen, Wirkfaktoren und Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Wirkung (W)

Wirkfaktor (WF)

Emotionsregulation (W 1) Horn 2004 Sloan u. Epstein 2005 Fivush et al. 2007 Weinstein u. Hodgins 2009 Kliewer et al. 2011

Selbstoffenbarung (WF 1.1) Pennebaker u. Beall 1986 Murray u. Segal 1994 Smyth 1998 Reynolds et al. 2000 Kloss u. Lisman 2002 Meads et al. 2004 Frisina et al. 2004 Sloan u. Marx 2004 Frattaroli 2006 Harris 2006 Radcliffe et al. 2010a Verarbeitung belastender Erlebnisse (WF 1.2) Donnelly u. Murray 1991 Lepore 1997a Range et al. 2000 Kovac u. Range 2000 Stroebe et al. 2002 O’Connor et al. 2003 O’Connor et al. 2005 Boals u. Klein 2005 Burshteyn et al. 2005 Hunt et al. 2007 Niedtfeld et al. 2008 Kallay et al. 2008 Kuiken et al. 2008 Tavakoli et al. 2009 Furnes u. Dysvik 2010 Knowles et al. 2011

Selbstwirksamkeit (W 2) Pennebaker et al. 1990 Greenberg et al. 1996 Cameron u. Nicholls 1998 Kröner-Herwig et al. 2004 Soliday et al. 2004 Langens u. Schüler 2007 Stewart u. Parker 2008 Giannotta et al. 2009 O’Connor et al. 2011 Matthiesen et al. 2011

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Kognitionsförderung (WF 2.1) Pennebaker u. Francis 1996 Klein u. Boals 2001a Ullrich u. Lutgendorf 2002 Lumley u. Provenzano 2003 Ehrhard et al. 2006 Yogo u. Fujihara 2008 Dalton u. Glenwick 2009 Woolf et al. 2009 Radcliffe et al. 2010b Kellogg et al. 2010 Frattaroli et al. 2011 Ramirez u. Beilock 2011

Wirkungen und Wirkfaktoren

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Neubewertung (WF 2.2) Hughes et al. 1994 King u. Miner 2000 Park u. Blumberg 2002 Campbell u. Pennebaker 2003 Rude et al. 2004 Burke u. Bradley 2006 Lyubomirsky et al. 2006 McCullough et al. 2006 Ramirez-Esparza u. Pennebaker 2006 Guastella u. Dadds 2008 Segal et al. 2009 Seih et al. 2011 Kohärenzerleben (WF 2.3) Pennebaker et al. 1997 Smyth et al. 2001 Graybeal et al. 2002 Danoff-Burg et al. 2010 Selbstkonzept und Lebensziele (WF 2.4) King 2001 Burton u. King 2004 Austenfeld et al. 2006 Cohen et al. 2006 Harrist et al. 2007 Austenfeld u. Stanton 2008 Burton u. King 2009 Baikie et al. 2012 Schutte et al. 2012 Soziale Integration (WF 3) Lepore u. Greenberg 2002 Mehl u. Pennebaker 2003 Gordon et al. 2004 Slatcher u. Pennebaker 2006 Kim 2008 Swanbon et al. 2008 Barclay u. Skarlicki 2009 Pachankis u. Goldfried 2010

Soziale Unterstützung (WF 3.1) Sheese et al. 2004 Langens u. Schüler 2005 Eells 2006 Baker u. Moore 2008 Ko u. Kuo 2009

Kommunikationsförderung (WF 3.2) Shapiro u. Lie 2004 Shapiro et al. 2006 Wong u. Rochlen 2009 Baddeley u. Pennebaker 2011

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5 Wirksamkeitsnachweise

5.1 Wirkung: Emotionsregulation (W 1) Mögliche Evaluationsinstrumente: Fragebogen zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen (FEEL-KJ) (Grob u. Smolenski 2009), Skalen zum Erleben von Emotionen (SEE) (Behr u. Becker 2003), Fragebogen zur standardisierten Selbsteinschätzung emotionaler Kompetenzen (EMO-CHECK/SEK-27) (Berking u. Znoj 2008), Fragebogen zur Erfassung von Emotionserleben und Emotionsregulation (EER) (Benecke et al. 2008), Emotionale-Kompetenz-Fragebogen (EKF) (Rindermann 2009), Trait Meta Mood Scale (TMMS) deutsche Version (Otto et al. 2001; Salovey et al. 1995), Toronto Alexithymia Scale (TAS) deutsche Version (Kupfer et al. 2001; Bach et al. 1996; Taylor et al. 1985). Erklärung: Es gibt zahlreiche Definitionsversuche für Emotionen und obwohl bisher keine einheitliche Konzeptualisierung erfolgte, herrscht weitgehend Übereinstimmung, dass es sich dabei um subjektive, stimmungs- und situationsabhängige Erlebniszustände handelt, für die neurophysiologische Erregungs-, kognitive Bewertungs- sowie interpersonale Ausdrucks- und Mitteilungskomponenten eine Rolle spielen, wobei die mit den emotionalen Prozessen einhergehenden Veränderungen des physiologischen Erregungsniveaus auf Kognition und Verhalten zurückwirken, was wiederum Einfluss auf das emotionale Erleben hat, so dass Emotionen als Produkt umfassender, selbstreferentiell vernetzter neuronaler Aktivierungsmuster verstanden werden können, was erklärt, warum sie mehr als Dispositionen, denn als stabile Persönlichkeitseigenschaften gelten (Rindermann 2009; Znoj 2008; Merten 2003; Scherer 1996). Das Emotionserleben wäre dementsprechend ein aktiver, von multiplen Faktoren abhängender Vorgang, bei dem die objektive Situation nicht immer die ausschlaggebende Rolle spielt. Fest steht, dass der Umgang mit Emotionen entscheidenden Einfluss auf den Umgang mit Lebensereignissen hat und als Voraus58Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

setzung für Strukturänderungen verstanden werden kann, wobei Emotionsregulation die Fähigkeit bezeichnet, Emotionen aktiv zu erleben und zu beeinflussen, statt sie als Folge von Aktionen anderer Personen zu interpretieren, denen das Individuum passiv ausgeliefert ist. Koole schreibt: »Emotion regulation determines the offset of emotional responding and is thus distinct from emotional sensitivity, which determines the onset of emotional responding. Among the most viable categories for classifying emotion-regulation strategies are the targets and functions of emotion regulation. The emotion-generating systems that are targeted in emotion regulation include attention, knowledge, and bodily responses« (Koole 2009, S. 4). Das bedeutet, dass die Emotionsregulation der aufmerksamen Wahrnehmung von Gefühlen und deren kognitiver Einordnung und Bewertung unter Einbeziehung körperlicher Signale bedarf. Emotionsregulation wäre demgemäß weniger eine reflexartige, impulsive Handlung als vielmehr eine Überprüfung von Reaktionsmustern auf ihre Aktualität und Angemessenheit hin, immer unter Rückbezug auf bisherige Erfahrungen und unter Antizipation der Folgen des Emotionsausdrucks, was zugleich impliziert, dass die Emotionsregulationsfähigkeit von der Differenzierungs- und Benennungsfähigkeit abhängt (Lammers 2008; Barrett et al. 2001). Für Berking und Znoj besteht das Konstrukt der Emotionsregulation aus neun Faktoren: Aufmerksamkeit, Körperwahrnehmung, Klarheit, Verstehen, Regulation, Akzeptanz, Resilienz, Selbstunterstützung und zielbezogener Konfrontationsbereitschaft (Berking u. Znoj 2008). Benecke verweist auf die Dichotomien, die der Emotionsregulation zugrunde liegen, und kommt zu dem Schluss, dass insbesondere die Möglichkeit des Scheiterns, sprich die nicht gelingende Emotionsregulation, von Bedeutung ist (Benecke et al. 2008). Zahlreiche Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen mit guten Emotionsregulationsmechanismen seltener psychisch erkranken als Menschen mit Schwierigkeiten bei der Emotionsregulation, für die ein erhöhtes Risiko für Depressionen, Posttraumatische Belastungsstörungen, Angst- sowie Schmerzstörungen besteht (Ehring et al. 2008; Müller et al. 2007; Garnefski u. Kraaij 2006; Campbell-Sills et al. 2006; Hamilton et al. 2005; Mennin 2004; Hayes et al. 2004; Rude u. McCarthy 2003; Gross u. Munoz 1995). Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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Webster-Stratton stellte fest, dass eine Förderung der Emotionsregulation bei Kindern mit einer Verbesserung des Sozialverhaltens einhergeht und Rindermann verweist darauf, dass es sich bei der Fähigkeit zur Emotionsregulation um eine Art emotionaler Intelligenz handelt, verstanden als multidimensionale Fähigkeit zum Erkennen eigener und fremder Gefühle und der Fähigkeit, damit umzugehen (Rindermann 2009; Webster-Stratton 2000), wobei sich emotionale und soziale Kompetenz wechselseitig beeinflussen und die emotionale Kompetenz durch gelungene oder misslungene selbstregulatorische Prozesse auf den interpersonalen Umgang einwirkt. Linehan geht davon aus, dass die Fähigkeit, Erleben und Ausdruck von Emotionen zu steuern, von Bedeutung für die Entwicklung zielgerichteten und sozialen Verhaltens ist und die Unfähigkeit dazu nicht nur die soziale Interaktion beeinträchtigt, sondern zugleich die Entwicklung und Aufrechterhaltung eines stabilen Identitätsgefühls verhindert, weil eine unberechenbare emotionale Labilität zu unvorhersagbarem Verhalten und kognitiver Inkonsistenz führt (Linehan 1996). Eingeschränkte Emotionsregulationsfähigkeit und instabiles Identitätsgefühl wiederum beeinträchtigen zwischenmenschliche Beziehungen, da erfolgreiche Beziehungen unter anderem die Fähigkeit erfordern, Gefühle auf angemessene Weise regulieren und emotional belastende Situationen ertragen zu können, was bedeutet, dass eine gelungene Emotionsregulation nicht nur zur psychischen Gesundheit und zum persönlichen Wohlbefinden beiträgt, sondern ebenfalls zu Erfolg und Zufriedenheit in sozialen Interaktionen (Wong u. Law 2002; Goleman 1996; Lux u. Weber 1993). Die Fähigkeit, eigene und fremde Emotionen besser einschätzen und andere Perspektiven nachvollziehen zu können, führt zur gesteigerten Em­pathiefähigkeit, die als Grundlage für den Erwerb sozial kompetenten Verhaltens und als Antagonist aggressiven Verhaltens verstanden werden kann (Otto et al. 2001; Mehrabian 1997; Eisenberg u. Fabes 1991; Miller u. Eisenberg 1988). Horn untersuchte den Einfluss des Schreibens auf die Emotionsregulationsfähigkeit von Jugendlichen und wies nach, dass Schüler, die am Expressiven Schreiben teilgenommen hatten, besser in der Lage waren, ihre Emotionen zu regulieren und ein geringeres Risiko für die Entwicklung von Depressionen hatten als eine vergleichbare, nichtschreibende Kontrollgruppe, woraus sie folgert, dass 60Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

das Schreiben, in dessen Mittepunkt sie kognitiv-affektive Verarbeitungs- sowie emotionsregulatorische Prozesse sieht, als eine im Umgang mit Belastungen und emotionalen Anforderungen hilfreiche Copingstrategie eingesetzt werden kann (Horn et al. 2011; Horn 2004; Horn et al. 2002). Fivush und Kollegen hingegen fanden heraus, dass Kinder im Alter von neun bis dreizehn Jahren noch nicht über ausreichende Emotionsregulationsstrategien verfügen, um vom Schreiben zu profitieren. In ihrer Untersuchung fühlten sich die Kinder nach dem Schreiben über ein emotional bewegendes Thema ängstlicher und trauriger als Klassenkameraden, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten (Fivush et al. 2007). Kliewer und Kollegen wiederum konnten nachweisen, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis bei Schülern zu einer größeren emotionalen Stabilität führte und zur Verminderung aggressiver Tendenzen den Lehrern gegenüber (Kliewer et al. 2011). Sloan und Epstein machten sich die Tatsache zunutze, dass die respiratorische Sinusarrhythmie (RSA), die eine gesunde von der Atmung abhängige Herzfrequenzschwankung bezeichnet, mit der Emotionsregulationsfähigkeit zu korrelieren scheint, wobei hohe RSA-Werte auf eine gute und niedrige auf eine schlechte Emotionsregulation verweisen. In ihrer Untersuchung fanden sie heraus, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis bei Menschen mit guter Emotionsregulationsfähigkeit und entsprechend hohem RSA-Wert zur Abnahme depressiver Stimmungen und körperlicher Beschwerden führte (Sloan u. Epstein 2005). Weinstein und Hodgins legten ihrer Untersuchung die Annahme zugrunde, dass Personen mit zulassendem Emotionsregulationsstil belastende Erlebnisse nicht negieren müssen, sondern darüber reflektieren können, um sodann auf der Basis integrierter Werte und Ziele aus mehreren Handlungsoptionen auswählen zu können, wodurch sie über ein hohes Maß an Autonomie verfügen, während Menschen mit abwehrendem Emotionsregulationsstil externe Faktoren zur Entscheidungsfindung heranziehen müssen und damit abhängiger sind und ein höheres Risiko für die Entwicklung von Intrusionen und Ruminationen aufweisen, wie sie in Kapitel 6.1.1 für die Posttraumatischen Belastungsstörungen beschrieben werden. Weinstein und Hodgins prüften nun, ob Menschen mit zulassendem Emotionsregulationsstil mehr vom Schreiben über ein belastendes Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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Erlebnis profitieren als Menschen mit abwehrendem Emotionsregulationsstil. In zwei Untersuchungen zeigten sie Studierenden beider Emotionsregulationsstile einen belastenden Film oder einen neutralen Dokumentarfilm und ließen sie anschließend über ihre Gedanken und Gefühle schreiben. Teilnehmer mit zulassendem Emotionsregulationsstil fühlten sich nach dem Schreiben wohler und energievoller als Teilnehmer mit abwehrendem Emotionsregulationsstil (Weinstein u. Hodgins 2009; Hodgins 2008). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Horn 2004: Dreihundertneunundfünfzig Schüler im Alter von vierzehn Jahren nahmen im Rahmen eines Depressionspräventionsprogramms am Expressiven Schreiben teil. Sechs Monate nach dem Schreiben waren die Schüler weniger schlecht gestimmt und hatten ein geringeres Risiko für die Entwicklung einer Depression als Schüler, die nicht am Schreibprogramm teilgenommen hatten. Zudem wiesen sie weniger Fehltage auf und erreichten bessere Schulnoten. Besonders Schüler mit ausgeprägter Tendenz zur Gedankenunter­ drückung profitierten von der Schreibintervention. Sloan und Epstein 2005: Vierundneunzig Studierende schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Als Parameter für die Emotionsregulationsfähigkeit wurde der Wert der respiratorischen Sinusarrhythmie (RSA-Wert) gemessen. Bei Menschen mit hohem RSA-Wert, der auf eine gute Emotionsregulationsfähigkeit verweist, kam es durch das Schreiben zur Abnahme der Depressionswerte und zur Verbesserung der körperlichen Beschwerden, während Menschen mit einem niedrigen RSA-Wert und einer entsprechend schlechteren Emotionsregulationsfähigkeit nicht im gleichen Maß vom Schreiben profitierten. Fivush, Marin, Crawford, Reynolds und Brewin 2007: Kinder im Alter von neun bis dreizehn Jahren schrieben an drei Tagen über ein emotional bewegendes oder ein neutrales Thema. Kinder der emotionalen Schreibgruppe waren im Anschluss an die Schreibintervention ängstlicher und depressiver als Kinder, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, was die Autoren unter anderem 62Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

darauf zurückführen, dass nach dem Schreiben nicht die Möglichkeit bestand, über die beim Schreiben aufgekommenen Gefühle und Gedanken zu sprechen. Weinstein und Hodgins 2009: In einer ersten Studienanordnung bekamen siebenundsiebzig Studierende zuerst einen emotional nicht belastenden Dokumentarfilm und dann einen emotional belastenden Film über Hiroshima zu sehen. Danach schrieben sie über ihre Gedanken und Gefühle zum Hiroshima-Film oder zu dem neutralen Dokumentarfilm. Achtundvierzig Stunden später bekamen alle Teilnehmer den Hiroshima-Film ein zweites Mal zu sehen. Teilnehmer mit zulassendem Emotionsregulationsstil, die über den Hiroshima-Film geschrieben hatten, wiesen nach dem zweiten Filmdurchgang ein höheres Wohlbefinden und mehr Energie auf als Teilnehmer mit abwehrendem Emotionsregulationsstil. In einer zweiten Versuchsanordnung erhielten die Studierenden zusätzlich zur Schreibanweisung eine Liste mit Wörtern, die einen zulassenden Emotionsregulationsstil zum Ausdruck brachten, oder eine Liste mit Wörtern, die einen abwehrenden Emotionsregulationsstil zum Ausdruck brachten, und wurden aufgefordert, die Wörter der jeweiligen Liste in ihre Texte zu integrieren. Auch bei dieser Versuchsanordnung zeigten Teilnehmer mit zulassendem Emotionsregulationsstil nach dem Schreiben und dem zweiten Filmdurchgang ein höheres Wohlbefinden und hatten mehr Energie, unabhängig davon, welche Wortliste sie erhalten hatten. Teilnehmer mit abwehrendem Emotionsregulationsstil hingegen profitierten nur dann vom Schreiben, wenn sie die Liste mit Wörtern erhalten hatten, die einen zulassenden Emotionsregulationsstil zum Ausdruck brachten. Kliewer, Lepore, Farrell, Allison, Meyer, Sullivan und Greene 2011: Schüler aus siebzehn Klassen von drei öffentlichen Schulen in sozialen Brennpunkten schrieben achtmal über ein persönliches Gewalterlebnis oder ein neutrales Thema. Schüler, die über erlebte Gewalt geschrieben hatten, waren zwei Monate nach der Schreibintervention emotional stabiler und den Lehrern gegenüber weniger aggressiv als Schüler, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Dabei profitierten Schüler von Schulen, die sich in Gemeinden mit hoher Kriminalitätsrate befanden, am meisten vom Schreiben. Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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5.1.1 Wirkfaktor: Selbstoffenbarung (WF 1.1) Mögliche Evaluationsinstrumente: Offenlegen traumatischer Erfah­ rungen (DISCLOSURE) (Müller et al. 2000), Eigenschaftswörterliste (EWL) (Janke u. Debus 1978), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente WF 1.2 Verarbeitung belastender Erlebnisse Kapitel 5.1.2, Posttraumatische Belastungsstörungen Kapitel 6.1.1. Erklärung: Weitgehend unumstritten scheint, dass der Ausdruck von Gefühlen einem primär menschlichen Bedürfnis entspringt und einen positiven Einfluss auf die psychische und physische Gesundheit hat, während eine Hemmung desselben gesundheitsschädlich sein kann (Heimes 1998; Muray et al. 1989; Pennebaker et al. 1989; Pennebaker 1989 u. 1985; Rachman 1980; Scheff 1979; Breuer u. Freud 1966). Keltner und Kollegen fanden beispielsweise heraus, dass Leser einer traurigen Geschichte, die ihre beim Lesen entstandenen Gefühle zum Ausdruck bringen konnten, sich zufriedener fühlten als Leser, denen diese Möglichkeit verwehrt wurde (Keltner et al. 1993). Und auch in einer Untersuchung von Berkowitz und Trocolli erwiesen sich Teilnehmer, die ihre Gefühle zeigen durften, großzügiger in der Beurteilung anderer Menschen als Teilnehmer, die ihre Gefühle unterdrücken mussten (Berkowitz u. Trocolli 1990). Kennedy-Moore und Watson beschreiben vier zentrale Funk­ tionen des emotionalen Ausdrucks: Emotionsregulation, Selbsterkenntnis, Coping und Beziehungsverbesserung (Kennedy-Moore u. Watson 2001 u. 1999). Aus der Arbeit mit Traumaüberlebenden, die ausführlich in Kapitel 6.1.1 beschrieben wird, weiß man, dass Intrusionen leichter und länger ertragen werden, wenn ehemalige Opfer die Möglichkeit erhalten, mit empathischen und supportiven Menschen über das Trauma zu reden. Das Gespräch mit einem empfänglichen Zuhörer erleichtert die Einordnung des traumatischen Geschehens in einen Sinnzusammenhang, ermöglicht die Entwicklung von Copingstrategien und steigert das Gefühl der Selbstkontrolle (Niederhoffer u. Pennebaker 2002; Clark 1993; Silver et al. 1983). Allerdings erleben Opfer von Gewalttaten und Übergriffen häufig, dass ihr Umfeld nicht bereit ist zuzuhören und über das Erlebte zu sprechen, was die Bewältigung und Integration des traumatischen Erlebnisses behindert. So hatten beispielsweise Müt64Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

ter, die aufgrund gesellschaftlicher Zwänge nicht über den plötzlichen Tod ihres Kindes reden konnten, ein höheres Depressionsrisiko als Mütter, die sich innerhalb ihres sozialen Netzwerkes über das Geschehen austauschen konnten (Lepore et al. 1996; Herbert u. Dunkel-Schetter 1992). Hemmend für den Ausdruck und Austausch von Gefühlen sind oftmals kulturelle Einstellungen und soziale Normen, die bestimmte Gefühle für akzeptabel und andere für inakzeptabel erklären (Kallay u. Baban 2008). Es ist bekannt, dass ein aktives Zurückhalten von Gedanken und Gefühlen Stress verursacht, der durch Modulation vegetativer, endokriner und immunologischer Prozesse zum Ausbruch psychischer und psychosomatischer Krankheiten beitragen und zu Beeinträchtigungen im Alltag führen kann (Kirschbaum u. Hellhammer 1999; Finkenauer u. Rimé 1998; Traue 1998; Pennebaker u. Traue 1993; Pennebaker et al. 1988, DeLongis et al. 1988). Der Akt der Selbstoffenbarung hingegen vermag den durch die Gedanken- und Gefühlshemmung entstandenen Stress und dessen Auswirkungen auf den Körper zu reduzieren. In einer Untersuchung mit amerikanischen und spanischen Teilnehmern führte das Sprechen über ein zuvor gesehenes Vergewaltigungsvideo zu einer Verminderung von Intrusionen und einer Reduzierung des Vermeidungsverhaltens sowie zu einer Senkung des Blutdrucks und der Herzfrequenz. Die deutlichste Stressreduktion erfuhren Teilnehmer, die im Gespräch nicht nur validiert, sondern zugleich zu einem Perspektivwechsel aufgefordert worden waren (Lepore et al. 2004). Aus Gewaltpräventionsprogrammen für Kinder und Jugendliche weiß man, dass die Fähigkeit, Gefühle zu identifizieren und zu benennen, hilft, Konsequenzen von Handlungen besser einzuschätzen, was zu verbesserten sozialen Kompetenzen und prosozialen Interaktionen beiträgt (Schick u. Cierpka 2005). In den ersten theoretischen Annahmen Pennebakers spielte die Idee der Selbstoffenbarung (emotional disclosure) als wirksames Element des Expressiven Schreibens die größte Rolle, führte er doch zu Beginn seiner Untersuchungen Umfragen durch, in denen er Studierende sowie Angestellte einer großen Firma nach belastenden, bisher verschwiegenen Erlebnissen vor dem siebzehnten Lebensjahr befragte und feststellte, dass diejenigen, die niemals über diese Erlebnisse gesprochen hatten, zu vierzig Prozent häufiger einen Arzt Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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aufgesucht hatten als Kollegen, die die belastenden Erfahrungen mit jemandem geteilt hatten (Pennebaker u. Susman 1988). Stiles vermutet, dass durch das Reden über ein belastendes Erlebnis Angst reflektiert und reduziert wird, was die Anpassung erleichtert (Stiles 1995), und auch Esterling und Kollegen unterstreichen in einer Übersichtsarbeit die positiven Wirkungen der Selbstoffenbarung: »It is widely acknowledged in our culture that putting upsetting experiences into words can be healthy. Research from several domains indicates that talking with friends, confiding to a therapist, praying, and even writing about one’s thoughts and feelings can be physically and mentally beneficial« (Esterling et al. 1999, S. 79). Harber und Wenberg fanden heraus, dass die Selbstoffenbarung für Gewaltopfer oftmals ein wichtiger erster Schritt in Richtung Vergebung ist, welche es in einem zweiten Schritt erleichtern kann, das Erlebnis innerlich zu einem Abschluss zu bringen (Harber u. Wenberg 2005). In Erweiterung der Erkenntnis, dass verschwiegene Traumata zu einem erhöhten Erkrankungsrisiko führen, stellten Cole und Kollegen fest, dass sich das Risiko weiter erhöht, sofern Menschen sich in einem intakten sozialen Netzwerk befinden und schweigen. Das heißt, dass Menschen, die potentiell die Möglichkeit zum Reden hätten und diese nicht nutzen, noch mehr gesundheitliche Nachteile haben als Menschen, die nicht über ein belastendes Erlebnis reden, weil sie keine Gelegenheit dazu haben (Cole et al. 1996). Untersuchungen von Müller und Kollegen, die sich mit der Verarbeitung traumatischer Erfahrungen politisch Inhaftierter in der DDR beschäftigten, bestätigen diese Ergebnisse: »Angenommen wird, dass eine akut entstandene Posttraumatische Belastungsstörung durch spezifische Kommunikationsstörungen wie Nicht-Offenheit, die NichtBereitschaft anderer, den Traumaerzählungen zuzuhören, sowie fehlende gesellschaftliche Wertschätzung als Opfer/Überlebender aufrechterhalten und chronifiziert wird« (Müller et al. 2000, S. 415). Ausgehend von der Annahme, dass jeder Mensch in seinem Leben wenigstens ein belastendes Erlebnis hatte, über das er noch nicht gesprochen hat, ließen Pennebaker und Beall Psychologiestudenten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema schreiben. Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, suchten nach dem Schreiben seltener einen Arzt auf als Studierende, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, was die Autoren auf 66Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

die emotionale Entlastung durch das Moment der Selbstoffenbarung zurückführen, wobei Pennebaker einschränkend anmerkt, dass es sich bei den Teilnehmern um gesunde College-Studenten handelte und die Ergebnisse nicht unmittelbar auf andere Populationen übertragbar seien (Pennebaker u. Beall 1986). Aber auch in einer Untersuchung von Murray und Segal fühlten sich Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben oder geredet hatten, hinterher erleichtert und besser gestimmt und zeigten eine veränderte Einstellung dem Trauma gegenüber (Murray u. Segal 1994). In einer Metaanalyse von Smyth konnte nachgewiesen werden, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis sowohl auf physiologischer als auch auf psychologischer Ebene zu zahlreichen Verbesserungen führt (Smyth 1998). Reynolds und Kollegen, die den Effekt des Schreibens über ein belastendes Erlebnis bei Schulkindern im Alter zwischen acht und dreizehn Jahren untersuchten, stellten fest, dass sich sowohl bei den Schülern, die über ein belastendes Erlebnis, als auch bei denen, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, Gesundheit, Aufmerksamkeit und Schulleistungen verbesserten (Reynolds et al. 2000). Der Umstand, dass alle in die Studie einbezogenen Kinder vom Schreiben profitierten, mag unter anderem auf die vermehrte Aufmerksamkeit zurückzuführen sein, die den Kindern im Rahmen der Untersuchung zuteil wurde, oder auf eine durch das Schreiben verbesserte Wahrnehmung. Wie Smyth fanden auch Frisina und Kollegen in ihrer Metaanalyse eine Reduktion körperlicher Beschwerden durch das Schreiben über ein belastendes Erlebnis (Frisina et al. 2004), während Kloss und Lisman in ihrer Untersuchung keine positiven Effekte feststellen konnten (Kloss u. Lisman 2002) und auch eine Metaanalyse von Meads und Kollegen keine positiven Effekte des Expressiven Schreibens nachweisen konnte, wobei die Autoren einräumen, dass unter den in ihre Metaanalyse eingeschlossenen Studien keine mit einer größeren homogenen Teilnehmergruppe war und sich die Ergebnisparameter so sehr voneinander unterschieden hätten, dass eine Vereinheitlichung nur schwer möglich sei (Meads et al. 2004). Sloan und Marx wiederum konnten nachweisen, dass eine physiologische Aktivierung während des Schreibens mit einer Abnahme psychischer Probleme nach dem Schreiben assoziiert war (Sloan u. Marx 2004) und in der wohl größten, insgesamt hundertsechsWirkung: Emotionsregulation (W 1)

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undvierzig Studien umfassenden Metaanalyse von Frattaroli zeigte sich, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis sowohl auf psychischer als auch physischer Ebene positive Effekte hat (Frattaroli 2006), die sich in einer Metaanalyse von Harris nur für gesunde, nicht aber für psychisch kranke Teilnehmer bestätigen ließen (Harris 2006). In einer Untersuchung von Radcliffe führte das Schreiben über ein belastendes Erlebnis insbesondere dann zur Verminderung depressiver Symptome und körperlicher Beschwerden, wenn die Studierenden ihre Texte den Untersuchern überreichten und darauf hoffen konnten, dass ihre Texte gelesen und auf irgendeine Weise gewürdigt werden würden (Radcliffe et al. 2010a). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Pennebaker und Beall 1986: Sechsundvierzig Studierende schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen für fünfzehn Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, fühlten sich zwar unmittelbar nach dem Schreiben schlechter und hatten einen leicht erhöhten Blutdruck, suchten aber in den sechs Monaten nach dem Schreiben in dreiundvierzig Prozent der Fälle seltener einen Arzt auf als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Murray und Segal 1994: Hundertzwanzig Studierende redeten oder schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Studierende, die über ein belastendes Erlebnis gesprochen oder geschrieben hatten, fühlten sich hinterher erleichtert und berichteten, dem Erlebnis gegenüber eine andere Einstellung gewonnen zu haben. Die unmittelbar nach dem Schreiben aufgetretene Stimmungsverschlechterung führte zu keiner Langzeitverschlechterung. Smyth 1998: Eine vierzehn Studien umfassende Metaanalyse ergab, dass gesunde Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, sowohl psychologisch als auch physiologisch davon profitierten, wobei die Bedingungen in den eingeschlossenen Studien so stark variierten, dass eine Vergleichbarkeit und allgemeingültige Aussage nur eingeschränkt möglich ist. 68Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Reynolds, Brewin und Saxton 2000: An vier Schulen schrieben Schüler im Alter zwischen acht und dreizehn Jahren über ein belastendes Erlebnis, ein neutrales Thema oder gar nicht. Alle Kinder wurden zur Studieneinführung und Datenerhebung gesehen und gesprochen. Bei allen an der Studie teilnehmenden Schülern kam es zu einer verbesserten Gesundheit, einer gesteigerten Aufmerksamkeit und zu besseren Schulleistungen. Kloss und Lisman 2002: Hundertneunundzwanzig Studierende schrieben an drei Tagen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis, positive Gefühle oder ein neutrales Thema. Nach neun Wochen unterschieden sich die Gruppen weder in Bezug auf physische noch psychische Parameter. Meads, Carroll, Nouwen und Lyons 2004: Eine einundsechzig Studien umfassende Metaanalyse kam zu dem vorläufigen Schluss, dass aufgrund der bis dato vorliegenden und in die Metaanalyse eingeschlossenen Untersuchungen keine Empfehlung für eine Integration des Expressiven Schreibens in die klinische Praxis gegeben werden kann, da die Ergebnisse der Metaanalyse keine klaren Vorteile erbrachten. Frisina, Borod und Lepore 2004: Eine neun Studien umfassende Metaanalyse stellte eine Verbesserung des Gesundheitszustandes durch das Schreiben über ein belastendes Erlebnis fest, wobei körperlich erkrankte Menschen mehr vom Schreiben profitierten als psychisch erkrankte. Sloan und Marx 2004: Die Teilnehmer der Untersuchung schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, hatten einen Monat danach weniger psychische und körperliche Beschwerden, wobei die Abnahme psychischer Probleme an eine physiologische Aktivierung während des Schreibens gekoppelt war. Frattaroli 2006: Eine hundertsechsundvierzig Studien umfassende Metaanalyse ergab sowohl für gesunde als auch für kranke Teilnehmer eine Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit durch das Schreiben über ein belastendes Erlebnis. Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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Harris 2006: Eine dreißig Studien umfassende Metaanalyse, in die dreizehn Studien mit gesunden Teilnehmern, sechs Studien mit Teilnehmern mit physischen Beschwerden und zehn Studien mit Teilnehmern mit psychischen Problemen eingeschlossen wurden, kam zu dem Ergebnis, dass vor allem gesunde Teilnehmer vom Schreiben über ein belastendes Erlebnis profitierten und in der Folge nach dem Schreiben seltener einen Arzt aufsuchten als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema oder gar nicht geschrieben hatten. Radcliffe, Lumley, Kendall, Stevenson und Beltran 2010a: Hun­dert­ fünfundsechzig Studierende schrieben viermal über ein belastendes Erlebnis, ihr Zeitmanagement oder gar nicht. Die Hälfte der Studierenden, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatte, gab ihre Texte den Untersuchern, die andere Hälfte behielt sie. Bei Teilnehmern, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben und die Texte abgegeben hatten, verminderten sich die depressiven Symptome am stärksten; auch kam es zusätzlich zur Verminderung körperlicher Beschwerden.

5.1.2 Wirkfaktor: Verarbeitung belastender Erlebnisse (WF 1.2) Mögliche Evaluationsinstrumente: Profile of Mood States (POMS) deutsche Version (Biehl u. Landauer 1975; McNair et al. 1971), Aktuelle Stimmungsskala (ASTS) (Dalbert 1992), Positive and Negative Affect Schedule (PANAS) deutsche Version (Krohne et al. 1996; Watson u. Clark 1988), Adjektiv-Skalen zur Einschätzung der Stimmung (SES) (Hampel 1977), Befindlichkeits-Skala, Selbstbeurteilung nach von Zerssen (Bf-SR) (von Zerssen u. Petermann 2011), Selbstrating zur Beurteilung der Schreibaufgabe (RAT) (Niedtfeld et al. 2008), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente WF 1.1 Selbstoffenbarung Kapitel 5.1.1, Posttraumatische Belastungsstörungen Kapitel 6.1.1, Depressionen Kapitel 6.1.2. Erklärung: Ob und auf welche Weise kritische Lebensereignisse verarbeitet werden und ob ein Mensch trotz belastender Erlebnisse körperlich und psychisch gesund bleibt, hängt von dispositionellen 70Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Eigenschaften, Ressourcen, Bewältigungsstrategien und kognitiven Stilen ab (DeGraaf et al. 2002; Williamson et al. 1998). Diese wiederum entscheiden maßgeblich über den Umgang mit negativen Gefühlen und Gedanken, wobei es grob gesagt zwei Möglichkeiten gibt, damit umzugehen. Entsprechend dem Inhibition Confrontation Model kann der Versuch unternommen werden, negative Gefühle und Gedanken zu unterdrücken, oder es kann gemäß dem Cognitive Reappraisal Model versucht werden, negative Gefühle und Gedanken durch Bearbeitung und kognitive Neubewertung so zu gestalten, dass sie sich in das Welt- und Selbstbild integrieren lassen. In ersterem Fall liegt der Unterdrückung der negativen Gedanken und Gefühle die Hoffnung zugrunde, dass sich dadurch ihre Intensität abschwächt, während die zuletzt genannte Strategie dazu dient, belastende Situationen so zu interpretieren, dass ihre negativ affektive Wirkung erträglich wird (Lepore u. Greenberg 2002; Gross 1999; Paez et al. 1999; Pennebaker u. Francis 1996). Eine weitere Möglichkeit, unangenehme Gefühle zu vermeiden, besteht darin, affektiv belastende Gedanken aus dem Bewusstsein zu eliminieren oder zumindest so weit zu hemmen, dass das damit verbundene negative Erleben verhindert wird. Dabei kann es sich um eine aktive Hemmung handeln, die absichtlich und bewusst passiert, oder eine passive, die unbewusst geschieht. Die aktive Hemmung unerwünschter Gedanken mag in der ersten Phase eines traumatischen Erlebnisses adaptiv und funktional sein und dem Selbstschutz dienen; werden die Gedanken allerdings über einen längeren Zeitraum unterdrückt, können daraus, wie in Kapitel 5.1.1 für die Gefühle angeklungen, körperliche und psychische Beschwerden resultieren, da eine fortdauernde Unterdrückung negativer Gedanken das sympathische Nervensystem übermäßig aktiviert und das Immunsystem in besonderer Weise fordert (Ellis u. Cromby 2009; DePaulo u. Rosenthal 1979). Verschiedene Arbeitsgruppen haben herausgefunden, dass Menschen, deren Copingstrategien vor allem auf der aktiven Hemmung negativer Gedanken beruhen, durch Downregulation der natürlichen Killerzellen, die dafür verantwortlich sind, Krebszellen zu eliminieren, ein erhöhtes Risiko für Krebskrankheiten und durch Downregulation zirkulierender T-Lymphozyten eine schlechtere Immunabwehr aufweisen (Booth et al. 1997; Kune et al. 1991; Gross 1989). Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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Da sich die passive, unbewusst verlaufende Hemmung negativer Gedanken nur schwer messen lässt, können für die Auswirkungen dieser Strategie auf Körper und Psyche nur Vermutungen angestellt werden. Eine Hypothese ist, dass es durch die unbewusst verlaufende Hemmung negativer Gedanken zur Abkoppelung von Gefühl und Verstand kommt, so dass keine aufeinander abgestimmte Regulation von Emotion und Kognition erfolgen kann, was zu Fehlsteuerungen und Krankheiten führt, wie etwa bei der psychogenen Amnesie, bei der durch die unbewusste Hemmung negativer Gedanken die Fakten eines traumatischen Erlebnisses nicht mehr erinnert werden, während emotionale und sinnliche Aspekte noch sehr präsent sind (Schwartz u. Kline 1995; Erdelyi 1990). Untersucht man während eines traumatischen Erlebnisses den Blutfluss im Gehirn, stellt man fest, dass dieser in dem für die Sprachproduktion zuständigen Broca-Areal vermindert ist, was mit den Aussagen traumatisierter Menschen korreliert, die vom sprachlosen Terror berichten (Rauch et al. 1996). Wegner und Kollegen untersuchten die Mechanismen der Gedankenunterdrückung mit Hilfe des Weißen-Bären-Versuchs, bei dem Menschen aufgefordert werden, nicht an einen Weißen Bären zu denken. Die Unterdrückung der Gedanken an den Weißen Bären gelingt so lange, wie dafür ausreichend Kapazitäten im Gehirn vorhanden sind. Werden kognitive Kapazitäten für andere Aufgaben benötigt, kommt es zu einem Rebound der unterdrückten Gedanken, was einem mentalen Kontrollverlust entspricht, wie er bei zahlreichen psychischen Erkrankungen auftritt (Wenzlaff u. Wegner 2000; Gold u. Wegner 1995; Wegner et al. 1990). Mit Hilfe des White Bear Suppression Inventory konnte nachgewiesen werden, dass psychisch erkrankte Personen unangenehme Gedanken häufiger unterdrücken als psychisch gesunde. Werden sie kognitivem Stress ausgesetzt, geraten sie an ihre kognitiven Kapazitätsgrenzen, was zu depressiver Stimmung führt, die als Risikofaktor für zahlreiche psychische Erkrankungen gilt (Wenzlaff u. Luxton 2003; Spinhoven u. van der Does 1999; Wegner u. Zanakos 1994). Es scheint also wichtig, eine habituelle Gefühls- und Gedankenhemmung zu vermeiden und die emotionale und kognitive Verarbeitung belastender Erlebnisse so zu unterstützen, dass eine Ankoppelung von Emotion und Kognition und eine Integration des Erlebten möglich wird (Samoilov u. Goldfried 2000; Hunt 1998; Bucci 1995). 72Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Untersuchungen mit traumatisierten Menschen, in denen eine Wiederholung traumatischer Erlebnisse unter Einbezug von Emotion und Kognition zur Abschwächung des negativen Affekts und zur Verminderung der mit der Posttraumatischen Belastungsstörung einhergehenden Übererregungssymptome beitrug, belegen diese Hypothese (Niedtfeld et al. 2008; Horn 2004; Foa u. Rothbaum 2001; Foa et al. 1989); und Ergebnisse einer Studie von Hunt weisen in dieselbe Richtung. In dieser Untersuchung ließen Hunt und Kollegen Tierbesitzer, deren Tiere erkrankt waren oder im Sterben lagen, entweder über ihre Gefühle oder ihre Gedanken oder sowohl über ihre Gefühle als auch ihre Gedanken schreiben. Hundebesitzer, die sowohl über ihre Gefühle als auch ihre Gedanken geschrieben hatten, verkrafteten die Krankheit und den Tod ihres Tieres am besten, während Hundebesitzer, die auf rein kognitiver Ebene über das Erlebnis reflektiert hatten, am schlechtesten damit umgehen konnten (Hunt et al. 2007). Auch in der Narrative Exposure Therapy, die in Kapitel 6.1.1 ausführlich beschrieben wird, wird davon ausgegangen, dass das wiederholte Erzählen und Erleben eines Traumas und die Konstruktion einer kohärenten Geschichte sowohl die emotionale als auch kognitive Verarbeitung fördert. Deswegen werden Betroffene in der Therapie dazu angeregt, ihre Geschichte so zu erzählen, dass das Erlebte einen Sinn bekommt und einen Abschluss findet. Mitunter werden die Geschichten als Erinnerungshilfe für die Betroffenen und als Überblick für die weitere Therapie aufgeschrieben (Schauer et al. 2011; Neuner et al. 2009). Segal und Kollegen, die Witwen die Gelegenheit gaben, über ihre Gedanken und Gefühle bezüglich des Verlustes ihres Ehepartners zu sprechen, konnten zeigen, dass der Ausdruck von Gedanken und Gefühlen zu einer verbesserten Stimmung beitrug und die Hoffnungslosigkeit verminderte (Segal et al. 2001; Segal et al. 1999). Kovac und Range fanden heraus, dass das Schreiben über den Verlust eines Familienangehörigen zur Trauerbewältigung beiträgt, insbesondere wenn ein Angehöriger sich selbst umgebracht hatte (Kovac u. Range 2000; Range et al. 2000). O’Connor und Kollegen wiesen nach, dass das Schreiben über den Verlust eines geliebten Menschen zur verbesserten Selbstfürsorge bei den Hinterbliebenen führte (O’Connor et al. 2005 u. 2003), was in einer Studie von Kuiken und Kollegen bestätigt werden konnte (Kuiken et al. 2008), sowie auch Boals und Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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Klein nachweisen konnten, dass das Schreiben die emotionale und kognitive Verarbeitung einer partnerschaftlichen Trennung fördern kann (Boals u. Klein 2005). Das von Furnes und Dysvik entwickelte Schreibprogramm zur Unterstützung des Trauerprozesses, bei dem in zehn Sitzungen sowohl expressiv-assoziativ als auch essayistisch geschrieben wird, erbrachte ebenfalls erste positive Ergebnisse (Furnes u. Dysvik 2010), während sich in einer Untersuchung von Stroebe und Kollegen keine Befindlichkeitsverbesserungen der Trauernden nach dem Schreiben über den Verlust des geliebten Menschen ergaben (Stroebe et al. 2002). Zu den schwer zu verarbeitenden Lebensereignissen zählen, neben den soeben erwähnten Verlusterlebnissen und den traumatischen Erfahrungen, die bei den Posttraumatischen Belastungsstörungen in Kapitel 6.1.1 besprochen werden, schwere chronische Krankheiten, die mit zahlreichen Einschränkungen einhergehen und möglicherweise lebensgefährlich sind. Bei Krankheiten, die eine existentielle Verunsicherung und Bedrohung darstellen, muss das gewohnte Leben umgestellt und eine neue Selbstorganisation erlangt werden. Im Schreiben können mit der Krankheit assoziierte Gedanken und Gefühle verbalisiert werden und eine kognitive Neubewertung kann Zukunftsperspektiven ermöglichen. Besonders gut untersucht sind die Wirkungen des Schreibens bei Krebserkrankungen, die als wahrhaft traumatisches Geschehen gelten können und ihrer Bedeutung halber im Kapitel 6.2.2 separat aufgeführt sind. Aber auch weniger dramatische Lebensumstände, die eine Anpassungsleistung erfordern und mit Stress einhergehen, wie die Aufnahme eines Studiums, die eine Eingewöhnung in neue Lebensumstände und meist die Trennung von Familie und Freunden mit sich bringt, können zu einem belastenden Erlebnis werden, das verarbeitet sein will. Studien von Donnelly und Murray und Lepore belegen, dass weniger depressive Verstimmungen bei Studienanfängern auftreten, wenn diese die Gelegenheit erhalten, über belastende Erlebnisse zu schreiben (Lepore 1997a; Donnelly u. Murray 1991). Eine Arbeitsgruppe um Kallay fand heraus, dass das Schreiben bei Studienanfängern depressive Symptome zu vermindern vermag (Kallay et al. 2008), ein Befund, der sich bei Burshteyn nur in Kombination von Schreiben und Biofeedback zeigte (Burshteyn et al. 2005). Tavakoli und Kollegen, die ausländische Studierende 74Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

untersuchten, die zum Studieren nach Amerika kamen und sich an eine fremde Kultur anpassen mussten, fanden heraus, dass das Schreiben zur gesteigerten Wahrnehmung führt, was in der Folge allerdings sowohl die positiven als auch die negativen Emotionen akzentuierte und das Heimweh steigerte. Studierende aus asiatischen Kulturkreisen, in denen der Ausdruck von Emotionen nicht unbedingt üblich ist, profitierten in der Untersuchung von Tavakoli weniger vom Schreiben (Tavakoli et al. 2009). Ergebnisse, die durch Untersuchungen einer Arbeitsgruppe um Knowles bestätigt werden, in denen das Schreiben bei Amerikanern mit europäischen Wurzeln zu einer Reduktion körperlicher Beschwerden führte, während es bei Amerikanern mit asiatischen Wurzeln keine positiven Wirkungen zeigte (Knowles et al. 2011). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Donnelly und Murray 1991: Hundertzwei Studierende schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen über belastende Erlebnisse, ein neutrales Thema oder gar nicht. In beiden Schreibgruppen kam es zur Abnahme negativer und zur Zunahme positiver Emotionen. Zudem kam es zu kognitiven Veränderungen und einer Steigerung des Selbstwertgefühls. Lepore 1997a: Vierundsiebzig Studierende schrieben jeweils einen Monat und drei Tage vor ihrem Examen für fünfundzwanzig Minuten über die mit dem Examen verbundenen Belastungen. Durch das Schreiben kam es zu einer Abnahme depressiver Symptome. Zudem hatten die Prüfungsängste, die nach wie vor vorhanden waren, einen weniger starken Einfluss auf die Studierenden. Range, Kovac und Marion 2000: Vierundsechzig Studierende mit einem Trauerfall in der Familie schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen für fünfzehn Minuten über den Verlust oder ein neutrales Thema. Bei Teilnehmern, die über den Verlust geschrieben hatten, kam es zu einer Abnahme von Angst und Depressionen. Kovac und Range 2000: Vierzig Studierende mit einem Trauerfall in der Familie schrieben an vier Tagen innerhalb von zwei Wochen Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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über den Verlust oder ein neutrales Thema. Studierende, die sich schreibend mit dem Verlust auseinandergesetzt hatten, verarbeiteten diesen vor allem dann besser, wenn ihre Angehörigen sich umgebracht hatten. Waren die Angehörigen hingegen durch einen Unfall gestorben, zeigte sich kein Unterschied zwischen den Schreibgruppen. Stroebe, Stroebe, Schut, Zech und van den Bout 2002: In zwei Längsschnittstudien wurde untersucht, ob Witwen und Witwer den Verlust ihres Ehepartners besser verkraften, wenn sie über ihre damit verbundenen Gedanken und Gefühle sprechen oder schreiben. Beides erbrachte keine nachweisbaren Vorteile. O’Connor, Nikoletti, Kristjanson, Loh und Willcock 2003: Trauernde, die über ihren Verlust geschrieben hatten, erwiesen sich danach tendenziell selbstfürsorglicher als Trauernde, die nicht geschrieben hatten. Auf das Ausmaß der Trauer hatte das Schreiben hingegen keinen Einfluss. O’Connor, Allen und Kaszniak 2005: Fünfunddreißig Trauernde schrieben dreimal innerhalb von drei Wochen über ihre Trauer oder ein neutrales Thema. Gemessen wurde der Wert für die respiratorische Sinusarrhythmie (RSA), der mit der Emotionsregulationsfähigkeit korreliert. Während in der Gruppe, die über ihre Trauer geschrieben hatte, vor allem Teilnehmer mit hohem RSA-Wert und einer entsprechend guten Emotionsregulationsfähigkeit vom Schreiben profitierten, hatte der RSA-Wert in der Kontrollgruppe keinen Einfluss. Boals und Klein 2005: Zweihundertachtzehn Studierende, die sich von ihrem Beziehungspartner getrennt hatten, schrieben über die damit verbundenen Gefühle und Gedanken. Teilnehmer, die vorwiegend über die Beziehung geschrieben und die Trennung in ihrem Text weitgehend ausgeklammert hatten, verwendeten in ihren Texten insgesamt weniger einsichtsbezogene Worte und trauerten mehr als Teilnehmer, die sich in ihren Texten aktiv mit der Trennung auseinandergesetzt hatten. 76Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Burshteyn, Lei und Cea-Aravena 2005: Zwanzig Studienanfänger nahmen dreimal am Expressiven Schreiben teil. Die Hälfte erhielt zusätzlich Biofeedback. Nur bei denen, die sowohl geschrieben als auch Biofeedback erhalten hatten, kam es zu kognitiven Einsichten und einer Abnahme der Blutdruckwerte. Hunt, Schloss, Moonat, Poulos und Wieland 2007: Einundvierzig Tierhalter, deren Tiere krank waren oder im Sterben lagen, schrieben entweder über ihre Gefühle oder ihre Gedanken oder sowohl über ihre Gefühle als auch ihre Gedanken. Vor allem in der Gruppe, die sowohl über ihre Gefühle als auch ihre Gedanken geschrieben hatte, besserte sich die Stimmung und verminderte sich der Stress. Am wenigsten vom Schreiben profitierte die Gruppe, die nur über ihre Gedanken geschrieben hatte. Niedtfeld, Schmidt und Scholz 2008: Dreiundfünfzig Studierende schrieben dreimal für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, waren weniger nervös und besser gestimmt. Die Selbstwirksamkeitserwartung hatte dabei keinen Einfluss auf die Wirkung des Schreibens. Kallay, Vaida, Borla und Opre 2008: Hundertzwanzig Studienanfänger schrieben über ein belastendes Erlebnis. Die Hälfte erhielt zusätzlich Elemente aus der Rational-Emotiven Therapie nach Ellis. Bei allen Teilnehmern reduzierten sich die depressiven Symptome, aber nur in der Gruppe, in der das Schreiben mit der RationalEmotiven Therapie kombiniert worden war, kam es zu einer Verminderung aggressiver Gefühle. Allerdings konnten nur die Daten von einundsechzig Studierenden ausgewertet werden, weil zweiundvierzig Prozent die Studie abbrachen, ohne nähere Gründe dafür anzugeben. Kuiken, Dunn und LoVerso 2008: Teilnehmer mit einer Trauma- oder Verlusterfahrung schrieben über Träume in Zusammenhang mit dem Trauma oder dem Verlust. Eine Gruppe schrieb ausschließlich über Fakten, eine über Gefühle und die dritte über Erlebnisse und Erfahrungen. Teilnehmer, die ein Trauma erlitten hatten, profitierten Wirkung: Emotionsregulation (W 1)

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von allen drei Schreibinstruktionen, während Teilnehmer, die einen Verlust erlitten hatten, von keiner Schreibinstruktion profitierten. Tavakoli, Lumley, Hijazi, Slevin-Sepnny und Parris 2009: Hundertachtzehn internationale Studierende schrieben dreimal für zwanzig Minuten über die Belastungen, die es mit sich bringt, in einem fremden Land zu studieren, oder sie erhielten ein Selbstbehauptungstraining oder eine Kombination aus beidem. Die besten Ergebnisse erzielten die Teilnehmer des Selbstbehauptungstrainings, das zu einer Verminderung von Angst und depressiven Symptome führte. In der Schreibgruppe kam es zwar zu einer Zunahme der positiven Affekte, zugleich nahmen aber auch die Ängste und das Heimweh zu. Am wenigsten profitierte die Kombinationsgruppe. Furnes und Dysvik 2010: Es hat sich gezeigt, dass ein fünfmonatiges Schreibprogramm, das sowohl expressives als auch thematisches Schreiben in zehn Gruppensitzungen beinhaltet sowie freies Schreiben zwischen den Sitzungen, den Trauerprozess für Trauernde zu erleichtern vermag. Knowles, Wearing und Campos 2011: Achtundsechzig Studierende mit europäischen und asiatischen Wurzeln schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Bei Studierenden mit europäischen Wurzeln kam es durch das Schreiben zu einer Abnahme körperlicher Beschwerden, auch zeigten sie größere kognitive Einsichten, während es bei Studierenden mit asiatischen Wurzeln zu keinen Veränderungen kam.

5.2 Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2) Mögliche Evaluationsinstrumente: Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) (Schwarzer u. Jerusalem 1999; Jerusalem u. Schwarzer 1986), Stressverarbeitungsfragebogen (SVF/SVF-FJ) (Hampel et al. 2002; Janke et al. 1985), Fragebogen zum Coping (COPE) deutsche Version (Knoll et al. 2005; Carver 1997; Carver et al. 1989), Proactive Coping Inventory (PCI) deutsche Version (Schwarzer et al. 2000, 78Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Greenglass et al. 1999), Freiburger Fragebogen zur Achtsamkeit (FFA) (Walach et al. 2004), Kentucky Inventory of Mindfulness Skills (KIMS) deutsche Version (Ströhle et al. 2010; Baer et al. 2004), Mindfulness Attention Awareness Scale (MAAS) deutsche Version (Kobarg 2007; Brown u. Ryan 2003). Erklärung: Das Gefühl der Selbstwirksamkeit ergibt sich aus dem Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Ressourcen und der Annahme, Hindernisse überwinden und etwas erreichen und bewirken zu können. Schon der Säugling erfährt ein Gefühl der Selbstwirksamkeit, wenn er bemerkt, dass er Einfluss auf seinen Körper und die Welt hat. Während der Grundschulzeit halten die meisten Kinder alle Ziele für erreichbar, sofern sie sich genügend anstrengen. Ab der dritten Klasse entwickeln sie allerdings eine differenziertere Sichtweise und setzen die Aufgabenschwierigkeit ins Verhältnis zu ihren Fähigkeiten, was zu einer veränderten Idee von Machbarkeit führt und die spätere Selbstwirksamkeitserwartung beeinflusst, die maßgeblich auf der internalen Zuschreibung vorangegangener Erfolge und Misserfolge beruht. Bandura entwickelte in den 1980er Jahren ein Konzept, in dem er vier wichtige Erfahrungsquellen für die Selbstwirksamkeitserwartung nennt: das Meistern schwieriger Situationen, das Beobachten von Vorbildern, das Erfahren sozialer Unterstützung und das Erleben physiologischer Reaktionen (Bandura 1997). Catanzaro und Kollegen konnten zeigen, dass ein Mensch eine positive Stimmung generieren kann, sofern er glaubt, dass ein von ihm an den Tag gelegtes Verhalten einen positiven Einfluss auf seine Stimmung haben wird, unabhängig davon, ob das entsprechende Verhalten im Allgemeinen überhaupt eine Wirkung auf die Stimmungslage hat (Catan­ zaro et al. 2000, Catanzaro u. Greenwood 1994). Und Frederickson vertritt in ihrer Broaden-and-Build Theory die Idee, dass positive Erfahrungen erweiternd wirken und eine motivationale Basis für Tätigkeiten legen, die sich zu langfristig nutzbaren Ressourcen entwickeln, wodurch eine positive Aufwärtsspirale entsteht (Frederick­ son 2001). Eine Hypothese, die von Burns und Kollegen und Gable und Kollegen bestätigt wird, die zudem davon ausgehen, dass eine Aufwärtsspirale positiver Gefühle die Grundlage für persönliches Wohlbefinden darstellt (Burns et al. 2008; Gable et al. 2004). Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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Dabei steht das Gefühl der Selbstwirksamkeit in engem Zusam­ menhang zu Stressbewältigungsfähigkeiten und Coping­strategien. Stress wird, im Sinn des transaktionalen Stress-Modells von Lazarus, als Transaktion zwischen innerer und äußerer Welt verstanden, wobei für die Stressreaktion nicht die objektive Beschaffenheit eines Reizes von Bedeutung ist, sondern dessen subjektive kognitive Bewertung. In mehreren Untersuchungen wiesen Lazarus und Alfert den Einfluss von Kognitionen auf die Intensität von Emotionen nach. So zeigten sie beispielsweise Versuchspersonen einen Film über Genitalverstümmelungen bei den Aborigines. Einmal ließen sie den Film ohne Ton laufen, einmal mit einem verharmlosenden Kommentar und einmal gaben sie den verharmlosenden Kommentar vor dem Film. Am wenigsten Stress verursachte der Film, wenn der Kommentar vorab gegeben wurde und sich die Zuschauer kognitiv auf die emotionalen Belastungen einstellen konnten (Lazarus u. Alfert 1964). Lazarus bezeichnete sein Modell als transaktional, um deutlich zu machen, dass zwischen Stressor und Stressreaktion ein Bewertungsprozess liegt. Ausgehend von der Annahme, dass jeder Mensch Situationen und deren Belastung unterschiedlich bewertet, entwickelte Lazarus ein dreistufiges Modell, bei dem auf der ersten Stufe (primary appraisal) eine Situation als positiv, irrelevant oder potentiell stressend bewertet wird, wobei eine Einstufung als stressend zu einer weiteren Bewertung führt, in der entschieden wird, ob die Situation als Herausforderung (challenge), Bedrohung (threat) oder Schädigung (harm) verstanden wird. Auf der zweiten Bewertungsstufe (secondary appraisal) wird geprüft, ob die Situation mit den verfügbaren Ressourcen bewältigt werden kann, wonach eine von Situation, Persönlichkeitseigenschaften und kognitiven Strukturen abhängige Bewältigungsstrategie (Copingstrategie) entworfen wird, die zur Anpassung an den Stressor (Assimilation) oder zur Veränderung der Umweltbedingungen (Akkommodation) führt, wodurch es auf der dritten Stufe zu einer dynamischen Angleichung an die neue Situation und einer kognitiven Neubewertung (reappraisal) kommt (Lazarus et al. 1965). Dementsprechend kann Coping als ein Prozess verstanden werden, der mit einer Destabilisierung des psychischen Systems beginnt und auf die Herstellung einer neuen Homöostase zielt. In diesem Verständnis bezeichnet Coping mehr ein situatives Geschehen 80Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

(state) und nicht so sehr eine Disposition oder Charaktereigenschaft (trait) und hat damit entscheidenden Anteil an der Entwicklung der Selbstwirksamkeitserwartung (Laux u. Weber 1990). Dabei kann der Prozess des Coping auf unterschiedliche Arten geschehen. Beim problemorientierten Coping versucht der Betroffene, situationsbezogen, durch Handlung oder Unterlassung von Handlung oder durch Beschaffung von Informationen oder durch Aktivierung von Hilfe, Problemsituationen zu bewältigen. Menschen mit emotionsorientiertem Copingstil hingegen versuchen in erster Linie, Stress innerpsychisch auszugleichen, und Menschen mit bewertungsorientiertem Copingstil wiederum schätzen ihr Verhältnis zur Umwelt neu ein, wodurch es zu einer neuen Bewertung der stressauslösenden Situation kommt (Lazarus 1999 u. 1991). Selbstverständlich kann eine Bewältigungsstrategie gleichzeitig sowohl der Problemlösung als auch der Emotionsregulation sowie der Neubewertung dienen. Grob orientierend unterscheidet man zwischen adaptiven (funktionalen) Copingstrategien, die zu langfristigen, nachhaltigen Problemlösungen führen, und maladaptiven (dysfunktionalen) Copingstrategien, bei denen die kurzfristige Milderung des Belastungserlebens im Vordergrund steht. Oder man spricht von reaktivem Coping, wenn es zur Bewältigung von Ereignissen eingesetzt wird, von antizipatorischem Coping, wenn es dem Umgang mit künftigen Bedrohungen dient, von proaktivem Coping, wenn damit Widerstandsressourcen aufgebaut werden, und von präventivem Coping, wenn es dazu beiträgt, dass Stresssituationen seltener auftreten (Schwarzer u. Knoll 2003; Schwarzer u. Taubert 2002). Über den Bewältigungsprozess hinaus führt ein gelungener Copingprozess zur persönlichen Reifung und zum Zuwachs an Ressourcen, so dass soziale, personale und krisenspezifische Bewältigungsstrategien generiert werden, die einen positiven Einfluss auf die Selbstwirksamkeitserwartung haben, wobei eine solche positive Erwartungshaltung ebenso wie eine optimistische Grundeinstellung mit einer verbesserten Stimmung und Gesundheit einhergehen (Folkman 2008; Scheier u. Carver 2003 u. 1985; Scheier et al. 2003; Folkman u. Moskowitz 2000; Schaefer u. Moos 1992), wie unter anderem eine Untersuchung von am Herz operierten Optimisten zeigte, die sich von der Operation schneller erholten als operierte Pessimisten (Segerstrom et al. 1998). Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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In einer Untersuchung von Pennebaker trug das Schreiben zu einer erhöhten Achtsamkeit bei, was als eine wichtige Basis für eine verbesserte Selbstwirksamkeit verstanden werden kann (Pennebaker et al. 1990). Greenberg wies nach, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis einen Selbstregulationsprozess in Gang setzt und auf diese Weise das Gefühl der Selbstwirksamkeit erhöht (Greenberg et al. 1996). Cameron und Nicholls zeigten, dass bei Studienanfängern das Schreiben über die mit dem Studienanfang verbundenen Gedanken und Gefühle zu einer verbesserten Gesundheit führte (Cameron u. Nicholls 1998). In Untersuchungen von Kröner-Herwig erbrachte das Schreiben über ein belastendes Erlebnis zwar keine messbaren gesundheitlichen Vorteile, förderte aber die Belastungsverarbeitung (Kröner-Herwig et al. 2004). Untersuchungen von Soliday belegten, dass Studierende, die über ein emotional bewegendes Thema geschrieben hatten, in den Wochen nach der Intervention optimistischer und besser gelaunt waren als Kommilitonen, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten (Soliday et al. 2004). Und auch Langens und Schüler konnten zeigen, dass ein Teil der Wirkung des Schreibens in einer erhöhten Selbstwirksamkeitserwartung begründet ist, die darauf beruht, dass die Schreibenden das Gefühl haben, aktiv etwas zur Verbesserung ihrer Gesundheit beizutragen (Langens u. Schüler 2007). Eine Studie, die den Effekt des Schreibens auf die Selbstwirksamkeit von Jugendlichen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt waren, untersuchte, fand eine Reduktion depressiver Stimmungen und eine Abnahme von Selbstabwertungen nach dem Schreiben (Stewart u. Parker 2008). Ergebnisse, die sich in einer Untersuchung bestätigt finden, in der Jugendliche, die Angriffen in ihren Peergruppen ausgesetzt waren, sich nach dem Schreiben besser vor den Angriffen zu schützen wussten (Giannotta et al. 2009). O’Connor und Kollegen fanden heraus, dass Schreiben über ein belastendes Erlebnis das Selbstwertgefühl bei jungen Frauen steigert, mehr sogar als das Schreiben über das erfolgreiche Erreichen einer optimalen Figur (O’Connor et al. 2011). Und Matthiesen und Kollegen konnten zeigen, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis bei Paaren, die sich der Prozedur einer künstlichen Befruchtung unterzogen, zu einer Stressreduktion führte (Matthiesen et al. 2011). 82Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Pennebaker, Colder und Sharp 1990: Hundertdreißig Erstsemester schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über den Studienbeginn oder ein neutrales Thema. Studierende, die über den Studienbeginn und die damit verbundenen Belastungen geschrieben hatten, suchten in den vier Monaten nach dem Schreiben seltener einen Arzt auf und erreichten bessere Studiennoten als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Allerdings nahm bei Teilnehmern, die über die Belastungen geschrieben hatten, zugleich das Heimweh zu, was auf eine gesteigerte Achtsamkeit und Wahrnehmungsfähigkeit sowohl in positiver als auch negativer Hinsicht zurückzuführen sein mag. Greenberg, Wortman und Stone 1996: Studierende schrieben über ein erlebtes oder imaginiertes Trauma oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein imaginiertes Trauma geschrieben hatten, waren im Anschluss an das Schreiben weniger depressiv als Teilnehmer, die über ein erlebtes Trauma geschrieben hatten. In beiden Gruppen sank die Zahl der Arztkontakte im Folgemonat, woraus die Autoren den Schluss ziehen, dass das Aufschreiben einer emotional belastenden Geschichte, egal ob erfunden oder erlebt, einen Selbstregulationsprozess in Gang setzt und auf diese Weise das Gefühl der Selbstwirksamkeit erhöht. Cameron und Nicholls 1998: Hundertzweiundzwanzig Studienanfänger, die vor der Untersuchung als optimistisch oder pessimistisch eingestuft worden waren, schrieben dreimal in drei Wochen über ihre Gedanken und Gefühle bezüglich des Studienbeginns, wobei eine Gruppe zusätzlich über Bewältigungsstrategien schreiben sollte. Bei pessimistisch eingestellten Studierenden führte das Schreiben über Gedanken und Gefühle vor allem dann zu weniger Arztkontakten, einer verbesserten Stimmung und besseren Noten, wenn sie zusätzlich über Copingstrategien geschrieben hatten. Den Optimisten reichte es, über ihre Gefühle und Gedanken bezüglich des Studienbeginns zu schreiben, um vom Schreiben zu profitieren. Studierende, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, profitieren gar nicht vom Schreiben. Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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Kröner-Herwig, Linkemann und Morris 2004: In einer ersten Untersuchung schrieben Teilnehmer über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. In einer zweiten Untersuchung wurde die Schreibinstruktion durch eine Copinginstruktion erweitert. In beiden Untersuchungen führte das Schreiben zu keinen gesundheitlichen Verbesserungen, förderte aber die Belastungsverarbeitung. Soliday, Garofalo und Rogers 2004: Hundertsechs Studierende schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen über ein emotional bewegendes oder ein neutrales Thema. Studierende, die über ein emotional bewegendes Thema geschrieben hatten, waren in den sechs Wochen nach dem Schreiben optimistischer und besser gelaunt. Langens und Schüler 2007: In einer ersten Untersuchung schrieben sechsundfünfzig Studierende an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Am letzten Tag wurden die Studierenden gebeten einzuschätzen, welchen Einfluss das Schreiben auf ihr Befinden haben würde. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, hatten in der Mehrzahl der Fälle eine positivere Erwartungshaltung als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, was dazu führte, dass das belastende Erlebnis nach dem Schreiben tatsächlich weniger negativen Einfluss auf sie und ihr Leben hatte. Teilnehmer allerdings, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben und eine negative Erwartungshaltung hatten, fühlten sich nach dem Schreiben gestresster. In einer Folgestudie mit hundertachtzehn Studierenden, von denen einundzwanzig die Studie abbrachen, weil sie Angst vor negativen Gefühlen hatten, gab es drei Schreibgruppen, die an vier aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten schrieben. Die erste Gruppe schrieb über Gefühle und Gedanken zu einem belastenden Erlebnis, die zweite nur über ihre Gefühle und die dritte über ein neutrales Thema. In beiden Gruppen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, führte eine negative Erwartungshaltung zu vermehrten und eine positive Erwartungshaltung zu weniger körperlichen Beschwerden, was die Ergebnisse der ersten Untersuchung bestätigt.

84Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Stewart und Parker 2008: Untersucht wurde der Einsatz des Schreibens als Copingstrategie für Jugendliche, die häuslicher Gewalt ausgesetzt waren und sich aufgrund gesellschaftlicher Zwänge nur selten in Gesprächen offenbaren konnten. Fünfzehn Mädchen im Alter zwischen zwölf und siebzehn Jahren schrieben viermal für fünfzehn Minuten über ein Erlebnis häuslicher Gewalt, wobei die Hälfte der Mädchen zusätzlich eine Liste positiver Aspekte erhielt, die sie in ihre Texte integrieren sollten. In beiden Gruppen kam es zu einer Zunahme positiver Affekte, aber nur in der Gruppe, die die positiven Aspekte in ihre Texte integriert hatte, verminderten sich auch die negativen Affekte und depressiven Stimmungen sowie die Selbstabwertungen und die körperlichen Beschwerden. Giannotta, Settanni, Kliewer und Ciairano 2009: Hundertdreiundfünfzig Jugendliche im Alter von zwölf Jahren schrieben über ein belastendes Erlebnis in ihrer Peergruppe oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, legten danach ein verändertes Copingverhalten an den Tag und waren besser in der Lage, sich vor den Angriffen innerhalb der Peergruppe zu schützen. O’Connor, Hurling, Hendrickx, Osborne, Hall, Walklet, Whaley und Wood 2011: Hundertachtundfünfzig Frauen zwischen achtzehn und zweiundzwanzig Jahren schrieben über ein belastendes Erlebnis, das Erreichen einer optimalen Figur oder ein neutrales Thema. Frauen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, zeigten vier bis sechs Wochen nach dem Schreiben ein gesteigertes Selbstwertgefühl, sowohl im Vergleich zur Kontrollgruppe als auch im Vergleich zu den Frauen, die über das erfolgreiche Erreichen einer optimalen Figur geschrieben hatten. Matthiesen, Klonoff-Cohen, Zachariae, Jensen-Johansen, Nielsen, Frederiksen, Schmidt und Ingersley 2011: Zweiundachtzig Personen, die sich dem Prozedere einer künstlichen Befruchtung unterzogen, schrieben zwei Wochen nach Beginn der Behandlung zu Hause über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, erfuhren eine Stressreduktion. Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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5.2.1 Wirkfaktor: Kognitionsförderung (WF 2.1) Mögliche Evaluationsinstrumente: Hamburger Kognitionsinventar (HAKI) (Tönnies 1997), Frankfurter Adaptiver Konzentrationsleistungs-Test (FAKT-II) (Moosbrugger u. Goldhammer 2007). Erklärung: Kognitionen umfassen Prozesse des Wahrnehmens, Erkennens, Begreifens und Urteilens sowie Einstellungen, Gedanken, Bewertungen und Überzeugungen. Die Wahrnehmung und das Erkennen, die Einordnung und Strukturierung von Gefühlen und deren Verbalisierung bilden wichtige Grundlagen für einen konstruktiven Umgang mit Gefühlen im Allgemeinen und schwierigen Lebenssituationen im Speziellen. Die Art und Weise, wie ein Mensch denkt, beeinflusst entscheidend, wie er sich fühlt und verhält. Wahrnehmungsselektion und -bewertung nehmen Einfluss auf Gefühle und Verhalten; und umgekehrt können Wahrnehmungen, Gefühle und Handlungen über Kognitionen aktiv beeinflusst werden. Beck und Ellis verstehen psychische Störungen in erster Linie als Folge unangemessener Informationsverarbeitungsprozesse und Denkmuster. In der Rational-Emotiven Therapie nach Ellis gilt das Erleben der Realität als maßgeblich abhängig von den Grundeinstellungen. Seines Erachtens führen irrationale, negative Denkmuster (irrational beliefs) zu psychischen Problemen, weswegen diese irrationalen Denkmuster in der Therapie identifiziert und durch rationale Denkmuster ersetzt werden sollten (Ellis 1993 u. 1973). Und Beck spricht von einer kognitiven Triade, die entsteht, wenn Menschen bei der Verarbeitung von Erfahrungen auf negative Denkmuster zurückgreifen, aus denen sich logische Denkfehler ergeben, die zu negativen Schlussfolgerungen führen und negative Gedanken generieren (Beck 1999). Untersuchungen haben gezeigt, dass eine zu starke Fokussierung auf die eigene Person, ohne die Fähigkeit der Distanzierung oder des Perspektivwechsels, als Symptom einer Depression gelten kann. Eine entsprechende Untersuchung von Fast und Funder ergab, dass depressive Menschen, wenn sie über ihre Gefühle und Gedanken sprechen, mehr selbstbezogene Worte verwenden als nichtdepressive Menschen, manche bis zu zwanzig in der Minute. Bei depressiven Männern kam noch hinzu, dass sie stark narzisstische Persönlich86Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

keitszüge aufwiesen, ein verstärktes Bedürfnis nach Macht zeigten und die selbstbezogenen Worte dazu verwendeten, sich ein Gefühl von Wichtigkeit zu vermitteln (Fast u. Funder 2010). Auch in früheren Untersuchungen fanden sich Zusammenhänge zwischen Depressionen, einer selbstzentrierten Wahrnehmung und der häufigen Verwendung der ersten Person Singular (Ingram et al. 1998; Smith u. Greenberg 1981; Bucci u. Freedman 1981; Weintraub 1981). Eine Reihe von Untersuchungen legt zudem nahe, dass traurige Stimmungen bei Menschen, die bereits einmal eine depressive Episode hatten, den Weg für negative Gedankenspiralen begünstigen, während negative Stimmungen bei Menschen, die niemals unter einer Depression litten, keine negativen Auswirkungen auf das Denken haben (Miranda et al. 1998). Das selbstbezogene Denken kann aber nicht nur negative Gedankenspiralen befördern und dazu beitragen, dass eine negative Gedanken-Gefühls-Kette in Gang kommt, sondern führt zugleich dazu, dass soziale Kontakte reduziert werden, was die soziale Unterstützung vermindert. Je stärker das selbstfokussierte Denken, umso weniger kognitive Kapazität steht zur Verfügung, um die Wahrnehmung und Aufmerksamkeit nach außen zu richten, sozial aktiv zu werden und sich in ein Netzwerk einzubringen. Welchen Einfluss Kognitionen auf Erleben und Fühlen haben, fand auch Pennebaker nach mehreren Untersuchungen zur Wirksamkeit des Expressiven Schreibens heraus, zumal sich zahlreiche positive Wirkungen durch den alleinigen Akt der Selbstoffenbarung nicht hinreichend erklären ließen, so dass er seine Theorie dahingehend erweiterte, dass die stressneutralisierende Wirkung des Schreibens nicht nur durch die Selbstoffenbarung, sondern ebenfalls durch Strukturierung und Übersetzung von ursprünglich verbal nicht zugänglichem belastenden Material in kognitiv-emotionale Strukturen und verbale Elemente mitbedingt sein könnte. Demgemäß würde Sprache Menschen in die Lage versetzen, stressauslösende Ereignisse gedanklich zu strukturieren und kognitiv-emotionale Strukturen an situative und aktuelle Gegebenheiten anzupassen. Diese Idee wird durch Untersuchungen bestätigt, in denen sich gezeigt hat, dass der alleinige emotionale Ausdruck keine ausreichende Voraussetzung für eine erfolgreiche Verarbeitung belastender Erlebnisse darstellt (Wortman u. Silver 2001 u. 1989; Pennebaker 1995) und eine SelbstWirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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offenbarung ohne kognitive Bearbeitung in manchen Fällen sogar zu einer Retraumatisierung führen kann (Honos-Webb et al. 2000). Umgekehrt führt, wie in Kapitel 5.1.2 beschrieben, eine komplette Unterdrückung belastender Erlebnisse zu intrusiven Gedanken und fragmentierten, affektbeladenen Gedächtnisinhalten, was kognitive Kapazität fordert und die Denkleistung einschränkt, so dass für aktuell anstehende Aufgaben eine verminderte Arbeitsgedächtniskapazität zur Verfügung steht, was zu einer eingeschränkten Aufmerksamkeit und Konzentration und zu schlechteren Leistungen führt (Znoj 2008; Brewin u. Beaton 2002; Klein 2002; Richards u. Gross 2000). Es konnte gezeigt werden, dass die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses umso geringer ist, je mehr belastende Ereignisse ein Mensch in seinem Leben erfahren hat, und dass sich die Arbeitsgedächtniskapazität relativ gut anhand des Ausmaßes von Intrusionen und Gedankenunterdrückung vorhersagen lässt. Werden die disparat gespeicherten belastenden Erinnerungen hingegen durch kognitive Neustrukturierung zu einem einzigen mental repräsentierten Modell zusammengefasst, führt das zur Einsparung von Arbeitsgedächtniskapazität und zur Bereitstellung neuer kognitiver Ressourcen (Cantor u. Engle 1993). Klein und Boals wiesen nach, dass die Arbeitsgedächtniskapazität von Studierenden, die vermehrt über Ruminationen und Intrusionen berichteten, wie sie bei den in Kapitel 6.1.1 beschriebenen Posttraumatischen Belastungsstörungen typischerweise auftreten, sich erhöhte, nachdem sie die Möglichkeit erhalten hatten, über ihre belastenden Gedanken und Gefühle zu schreiben. Die größten Verbesserungen erzielten Teilnehmer, deren Texte gut strukturiert waren. Dabei gab es einen direkten Zusammenhang zwischen der Verbesserung der Arbeitsgedächtniskapazität und kognitiven Verarbeitungsprozessen, die sich auf der Textebene widerspiegelten. Die Erhöhung der Arbeitsgedächtniskapazität ging mit verbesserten Studienleistungen einher (Klein u. Boals 2001a), was die Ergebnisse einer Untersuchung von Pennebaker und Francis bestätigt, die ebenfalls nachweisen konnten, dass das Schreiben über ein traumatisches Erlebnis nicht nur die Gesundheit, sondern auch die Studienleistungen verbesserte (Pennebaker u. Francis 1996). Auch Ullrich und Lutgendorf konnten zeigen, dass Studierende, die sich einem affektbeladenen Thema sowohl emotional als auch kognitiv angenähert 88Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

hatten, vom Schreiben profitierten (Ullrich u. Lutgendorf 2002), sowie Lumley und Provenzano ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis, einer verbesserten Stimmung und verbesserten Studienleistungen herstellen konnten (Lumley u. Provenzano 2003). In einer Untersuchung von Abiturienten führte das Schreiben über den Abiturstress ebenfalls zu besseren Abschlussnoten und weniger Unterrichtsfehlzeiten (Ehrhard et al. 2006). Auch Yogo und Fujihara und Dalton und Glenwick und Frattaroli konnten zeigen, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis zu verbesserten Studienleistungen und besseren Noten in Hochschulaufnahmeprüfungen führte (Frattaroli et al. 2011; Dalton u. Glenwick 2009; Yogo u. Fujihara 2008), während das Schreiben in Untersuchungen von Radcliffe nur bei männlichen Teilnehmern ethnischer Minoritäten eine Verbesserung der Studienleistungen bewirkte (Radcliffe et al. 2010b), ganz anders als bei Woolf, in deren Untersuchung das Schreiben über persönliche Werte bei Studierenden ethnischer Minoritäten zu keiner Verbesserung der Studienleistungen führte und bei englischen Studierenden sogar zu einer leichten Verschlechterung (Woolf et al. 2009). Kellog und Kollegen, die eine Verbesserung der Arbeitsgedächtniskapazität durch das Schreiben über ein belastendes Erlebnis nachwiesen, merken kritisch an, dass diese Verbesserungen auch durch Lernprozesse erklärbar seien und nicht unbedingt auf eine Verminderung von Intrusionen und Ruminationen verweisen würden (Kellog et al. 2010). Aber auch Ramirez und Beilock konnten in mehreren Untersuchungen zeigen, dass das Schreiben über eine bevorstehende Prüfung zu besseren Prüfungsleistungen führte (Ramirez u. Beilock 2011). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Pennebaker und Francis 1996: Zweiundsiebzig Studierende schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über Gedanken und Gefühle bezüglich ihres Studienanfangs oder ein neutrales Thema. Studierende, die über ihren Studienanfang und die damit verbundenen Belastungen geschrieben hatten, suchten nach dem Schreiben seltener einen Arzt auf und erzielten bessere Studienleistungen. Es zeigte sich ein positiver Zusammenhang zwischen Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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der Verbesserung der Gesundheit und der Verwendung positiver Affektworte und einsichtsbezogener Kausalbegriffe. Klein und Boals 2001a: Siebenundsiebzig Studierende schrieben an drei Tagen innerhalb von zwei Wochen für zwanzig Minuten über Gedanken und Gefühle bezüglich ihres Studienanfangs oder ihr Zeitmanagement. Sechs Wochen nach dem Schreiben wies die Gruppe, die über ihre Gedanken und Gefühle geschrieben hatte, bessere Kapazitäten des Arbeitsgedächtnisses auf, während sich die Arbeitsgedächtniskapazität der Kontrollgruppe verschlechtert hatte. Dabei gab es einen direkten Zusammenhang zwischen der Verbesserung der Arbeitsgedächtniskapazität und der Verwendung positiver Affektworte und einsichtsbezogener Kausalbegriffe. In einer im Anschluss durchgeführten Untersuchung schrieben vierunddreißig Studierende über ein negatives Erlebnis, dreiunddreißig über ein positives und vierunddreißig über ihr Zeitmanagement. Bei der Gruppe, die über das negative Erlebnis geschrieben hatte, verbesserte sich die Arbeitsgedächtniskapazität am meisten. Ullrich und Lutgendorf 2002: Hundertzweiundzwanzig Studierende schrieben zweimal über die emotionalen Aspekte eines belastenden Erlebnisses, über die emotionalen und kognitiven Aspekte oder die reinen Fakten. Studierende, die über die emotionalen und kognitiven Aspekte geschrieben hatten, wiesen eine größere Bewusstheit bezüglich positiver Aspekte des belastenden Erlebnisses auf, so dass davon ausgegangen werden kann, dass die Förderung der kognitiven Komponente durch eine entsprechende Schreibinstruktion die emotionale und kognitive Verarbeitung erleichtert und kognitive Ressourcen freisetzt. Lumley und Provenzano 2003: Vierundsiebzig Studierende schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen über ein belastendes Erlebnis oder ihr Zeitmanagement. Studierende, die über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, erzielten bessere Noten und waren besserer Stimmung als Studierende, die über ihr Zeitmanagement geschrieben hatten. Ehrhard, Lo und Viviani 2006: Achtundvierzig Schüler der dreizehnten Jahrgangsstufe schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen 90Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

über ihre Gedanken und Gefühle in Bezug auf das bevorstehende Abitur oder ihr Zeitmanagement. Alle Teilnehmer zeigten beim Näherrücken des Prüfungstermins vermehrt ängstliche und depressive Symptome, dachten verstärkt an die Prüfung und versuchten gleichzeitig, diese Gedanken zu unterdrücken. Schüler, die über ihre Gedanken und Gefühle geschrieben hatten, erzielten in der Prüfung bessere Noten und hatten weniger Unterrichtsfehlzeiten als Schüler, die über ihr Zeitmanagement geschrieben hatten. Yogo und Fujihara 2008: Hundertvier japanische Studierende schrieben für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis, eine bestmögliche Zukunft oder ein neutrales Thema. Die Gruppe, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatte, erzielte bessere Studienleistungen als die Teilnehmer der anderen beiden Gruppen. Dalton und Glenwick 2009: Studierende schrieben dreimal vor ihrem Examen über Prüfungsstress oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über Prüfungsstress geschrieben hatten, wiesen bessere Prüfungsleistungen auf, wobei Studierende, die an allen drei Schreibsitzungen teilgenommen hatten, mehr vom Schreiben profitierten als Kommilitonen, die nur an einer Sitzung teilnehmen konnten. Woolf, McManus, Gill und Dacre 2009: Dreihundertachtundvierzig Medizinstudenten unterschiedlicher Herkunft schrieben über ihre eigenen Werte oder über Wertvorstellungen im Allgemeinen. Studierende, die über ihre eigenen Werte geschrieben hatten, verwendeten in ihren Texten mehr optimistische Worte als Studierende, die über Werte im Allgemeinen geschrieben hatten. Bei Studierenden ethnischer Minoritäten kam es am Ende des Studiensemesters zu einer Angleichung des Notendurchschnitts an den Notendurchschnitt englischer Studierender, allerdings nicht dadurch, dass Studierende ethnischer Minoritäten bessere Examensnoten erreichten, sondern weil englische Studierende schlechter abschnitten. Radcliffe, Stevenson, Lumley, Souza und Kraft 2010b: In insgesamt drei Studien wurde die Wirkung des Schreibens auf die Studienleistungen geprüft. In der ersten hatte das Schreiben keinen Einfluss auf die Studienleistungen von sechsundneunzig Studierenden mit Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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Kopfschmerzen. In der zweiten zeigten hundertvierundzwanzig Studierende, die über ungelöste Probleme geschrieben hatten, ebenfalls keine besseren Studienleistungen und in der dritten, in der das Schreiben mit achtundsechzig Studierenden ethnischer Minoritäten durchgeführt wurde, wiesen vor allem Männer verbesserte Studienleistungen auf. Kellogg, Mertz und Morgan 2010: Bei Studierenden, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, verbesserte sich die Arbeitsgedächtniskapazität. Dies ging allerdings nicht zwangsläufig mit einer Verminderung von Intrusionen und Ruminationen einher, was die Autoren zu dem Schluss kommen lässt, dass die Verbesserung der Arbeitsgedächtniskapazität auch durch eine Anpassungs- und Lernleistung bedingt sein könnte. Frattaroli, Thomas und Lyubomirsky 2011: Studienbewerber schrieben vor ihrer Hochschulaufnahmeprüfung über ihre Prüfungsängste oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ihre Prüfungsängste geschrieben hatten, zeigten weniger depressive Symptome und bessere Prüfungsleistungen. Ramirez und Beilock 2011: In insgesamt vier Untersuchungen schrieben Prüfungskandidaten vor ihren Prüfungen über die damit verbundenen Gedanken und Gefühle, insbesondere ihre Versagensängste. Bei allen Teilnehmern verbesserten sich durch das Schreiben die Prüfungsleistungen, am meisten profitierten Studierende mit ausgeprägter Prüfungsangst.

5.2.2 Wirkfaktor: Neubewertung (WM 2.2) Mögliche Evaluationsinstrumente: Linguistic Inquiry and Word Count (LIWC) deutsche Version (Pennebaker et al. 2001), Latent Semantic Analysis (LSA) (Foltz et al. 1998; Landauer u. Dumais 1997), Profile of Mood States (POMS) deutsche Version (Biehl u. Landauer 1975; McNair et al. 1971), Aktuelle Stimmungsskala (ASTS) (Dalbert 1992), Positive and Negative Affect Schedule (PANAS) deutsche Version (Krohne et al. 1996; Watson u. Clark 1988), Eigenschaftswörterliste 92Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

(EWL) (Janke u. Debus 1978), Adjektiv-Skalen zur Einschätzung der Stimmung (SES) (Hampel 1977), Posttraumatische Persönliche Reifung (PPR) (Maercker u. Langner 2001; Tedeschi u. Calhoun 1996). Erklärung: Um die Wirkungen des Schreibens, die über den Akt der Selbstoffenbarung hinausgehen, besser zu verstehen, entwickelten Pennebaker und Kollegen das in Kapitel 3.3.2 beschriebene computerbasierte Textanalyseprogramm Linguistic Inquiry and Word Count (LIWC) (Pennebaker et al. 2001), das von Wolf und Kollegen für deutsche Texte nutzbar gemacht wurde (Wolf et al. 2008). Nach Analyse zahlreicher Texte von Teilnehmern aus vorangegangenen Schreibstudien kam Pennebaker zu dem Schluss, dass Teilnehmer, die im Verlauf des Schreibens zunehmend positive Affektworte und eine steigende Anzahl von Worten, die kognitive Einsichtsprozesse vermuten lassen, verwendet hatten, am meisten Gesundheitsverbesserungen aufwiesen (Pennebaker 1997). Diese Befunde passen zu Ergebnissen von Maercker und Langner, die die persönliche Reifung von Personen nach erlebten Krisen auf die subjektive Erfahrung positiver Veränderungen zurückführen, welche als Ergebnis einer kognitiven und emotionalen Verarbeitung unangenehmer Ereignisse zu verstehen sind, die zu veränderten und differenzierten Bedeutungszuschreibungen sowie neu geordneten Bedeutungszusammenhängen führen (Maercker u. Langner 2001). Tedeschi und Calhoun argumentieren in ähnlicher Weise, wenn sie sagen, dass eine subjektiv negative Bilanz einer Traumawirkung auf der Grundlage neuer Bewertungen des aktuellen und künftigen Zustandes in eine positive Bilanz transformiert werden kann (Tedeschi u. Calhoun 1995). Aus Untersuchungen in der Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen weiß man, dass diese durch den Dialog mit sich selbst wichtige kognitive Strukturen aufbauen, einüben und festigen, die dann in die individuelle Denk- und Handlungsweise integriert und zur Problemlösung verwendet werden können (Schick u. Cierpka 2005). Da sich die Poesietherapie als ressourcenorientiert und potentialentfaltend versteht, richtet sich der Blick, trotz aller Einschränkungen und Bedingtheiten, die psychisches Leiden und psychische und physische Erkrankungen mit sich bringen, immer auch auf bestehende, wieder zu aktivierende und neu zu generierende Möglichkeiten des Individuums, Leben und Erleben positiv und Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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sinnerfüllt zu gestalten. Das bedeutet nicht, dass schwierige Gefühle außer Acht gelassen werden, sondern dass der Blick geweitet und auch das in den Fokus genommen wird, was stärkt und das Leben lebenswert macht. Dazu gehört unter anderem, Situationen zu erinnern, die mit positiven Gefühlen assoziiert sind, und positive Aspekte eines zunächst als Störung verstandenen Zustandes zu erkennen, was dem Prozess der emotionalen Reifung dient, der erstens die Erregung der mit dem belastenden Ereignis verbundenen negativen Affekte, zweitens die kognitive Veränderung und drittens die Aktivierung positiver Affekte im Sinn eines shift beinhaltet (Murray 1985; Nichols u. Efran 1985). Taylor und Kollegen wiesen nach, dass Menschen, die sich auf positive Aspekte eines belastenden Erlebnisses konzentrieren, über eine effektivere Anpassung verfügen als Menschen, die vor allem oder ausschließlich die negativen Aspekte betrachten (Taylor u. Armor 1996; Taylor u. Brown 1988). Und Hughes und Kollegen konnten zeigen, dass sich die Hautleitfähigkeit verbessert, wenn Menschen über positive Aspekte eines negativen Erlebnisses berichten (Hughes et al. 1994). Während King und Miner, die Studierende entweder über negative oder über positive oder über negative sowie positive Aspekte eines traumatischen Erlebnisses schreiben ließen, keine Unterschiede zwischen den drei Schreibgruppen feststellten (King u. Miner 2000), konnten McCullough und Kollegen, die Opfer persönlicher Übergriffe über negative oder positive Aspekte des Erlebnisses schreiben ließen, nachweisen, dass Teilnehmer, die die positiven Aspekte zu integrieren verstanden, eine größere Bereitschaft zeigten, den Tätern zu vergeben und sich mit dem Erlebnis auszusöhnen (McCullough et al. 2006). Lyubomirsky und Kollegen warnen allerdings davor, positive Aspekte auf rein kognitiver Ebene analysieren zu lassen, weil das dazu führen könne, dass die positiven Gefühle in Frage gestellt würden. In drei Untersuchungen konnten sie zeigen, dass Menschen, die ihre positiven Erlebnisse schriftlich analysierten, eine niedrigere Selbstakzeptanz aufwiesen und mehr gesundheitliche Beschwerden hatten als Menschen, die über die positiven Aspekte einfach nur berichteten, ohne sie zu analysieren oder zu hinterfragen (Lyubomirsky et al. 2006). Weitere Untersuchungen ergaben, dass die Integration positiver Aspekte das persönliche Wachstum nach 94Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

belastenden Erlebnissen günstig beeinflusst (Guastella u. Dadds 2008) und zu verbesserten Anpassungsstrategien beiträgt (Segal et al. 2009). Park und Blumberg stellten fest, dass Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten und in deren Texten ein Perspektivwechsel erkennbar war, weniger Intrusionen aufwiesen als Teilnehmer, bei denen kein Perspektivwechsel stattgefunden hatte (Park u. Blumberg 2002). In einer Reanalyse von drei Studien mit insgesamt hundertdreiundachtzig Teilnehmern fanden Campbell und Pennebaker mittels der ebenfalls in Kapitel 3.3.2 beschriebenen Latent Semantic Analysis (LSA) einen positiven Zusammenhang zwischen dem flexiblen Gebrauch von Personalpronomen und Verbesserungen der Gesundheit, den sie so deuteten, dass ein flexibler Einsatz von Personalpronomen auf die Fähigkeit eines Perspektivwechsels verweist, der die Möglichkeit eröffnet, Erlebnisse in größeren sozialen Bezügen zu verstehen. In ihrer Untersuchung profitierten vor allem Teilnehmer vom Schreiben, die in der Lage waren, ihre individuelle und soziale Perspektive von Sitzung zu Sitzung zu variieren (Campbell u. Pennebaker 2003). In Analogie dazu wiesen Teilnehmer einer anderen Untersuchung, die in ihren Texten vorwiegend die erste Person Singular verwendet hatten, mehr depressive Symptome auf als Teilnehmer, die die Personalpronomen flexibel gebraucht hatten (Rude et al. 2004). Burke und Bradley stellten fest, dass Teilnehmer, die in dialogischer Form über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, einen stärkeren kognitiven Prozess erkennen ließen als Teilnehmer, die nur aus einer Perspektive geschrieben hatten (Burke u. Bradley 2006). Eine weitere Reanalyse von Texten aus vorangegangenen Schreibstudien zeigte ebenfalls, dass Teilnehmer, die in der Lage waren, einen Perspektivwechsel vorzunehmen, am meisten vom Schreiben profitierten (RamirezEsparza u. Pennebaker 2006), während ein Perspektivwechsel beim Schreiben in einer Untersuchung von Seih und Kollegen zu keinerlei Vorteilen führte (Seih et al. 2011). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Hughes, Uhlmann und Pennebaker 1994: Bei vierundzwanzig Personen, die über ein belastendes Erlebnis schrieben, erhöhte sich der Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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Hautwiderstand, sobald die Teilnehmer über negative Aspekte des Erlebnisses schrieben, und sank, wenn sie über positive Aspekte schrieben. King und Miner 2000: Hundertachtzehn Studierende schrieben entweder über negative oder über positive oder über negative sowie positive Aspekte eines belastendes Erlebnisses oder über ein neutrales Thema. Teilnehmer aller drei Gruppen, die über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, verwendeten im Vergleich zur Kontrollgruppe mehr Worte, die auf kognitive Einsichten verwiesen. Die Texte der Teilnehmer, die sowohl über negative als auch positive Aspekte des belastenden Erlebnisses geschrieben hatten, waren am emotionalsten. Alle Teilnehmer, die über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, suchten in den Folgemonaten seltener einen Arzt auf als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Park und Blumberg 2002: Zweiundsechzig Teilnehmer schrieben viermal über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Bei Teilnehmern, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten und in der Lage waren, verschiedene Perspektiven einzunehmen, kam es zu einer Verminderung von Intrusionen und einem reduzierten Vermeidungsverhalten. Campbell und Pennebaker 2003: Reanalysiert wurden die Texte aus einer Studie mit vierundsiebzig Studienanfängern, einer mit fünfzig fortgeschrittenen Studierenden und einer mit neunundfünfzig Gefangenen. Teilnehmer aller drei Studien, die Personalpronomen flexibel verwendet und Perspektivwechsel vorgenommen hatten, suchten in der Zeit nach der Schreibintervention seltener einen Arzt auf. Diejenigen, die ihre individuelle und soziale Perspektive von Schreibtag zu Schreibtag variiert hatten, profitierten am meisten vom Schreiben. Rude, Gortner und Pennebaker 2004: Einunddreißig depressive, sechsundzwanzig ehemals depressive und siebenundsechzig nichtdepressive Teilnehmer schrieben dreimal für zwanzig Minuten über ihre Gedanken und Gefühle bezüglich des Studienanfangs und den damit verbundenen Herausforderungen. Dabei verwendeten depres96Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

sive Teilnehmer häufiger die erste Person Singular als nichtdepressive Teilnehmer; und ehemals depressive Teilnehmer wurden umso besorgter, je länger sie über die Herausforderungen nachdachten, was sich dadurch zeigte, dass sich ihre Schreibweise in ihren dritten Texten der Schreibweise aktuell depressiver Teilnehmer annäherte. Burke und Bradley 2006: Hundertneunundsechzig Studierende schrieben über ein belastendes Erlebnis in Form einer Erzählung oder eines Dialoges. Die Gruppe, die das Erlebnis dialogisch wiedergegeben hatte, schrieb stärker gegenwartsbezogen und emotionaler. Zudem zeigte sich in ihren Texten ein stärker ausgeprägter kognitiver Prozess als in der Gruppe, die nur aus einer Perspektive geschrieben hatte. Lyubomirsky, Sousa und Dickerhoof 2006: Insgesamt wurden drei Studien durchgeführt. In der ersten wurden sechsundneunzig Studierende an drei aufeinanderfolgenden Tagen für fünfzehn Minuten gebeten, über ein belastendes Erlebnis entweder zu schreiben oder darüber in ein Aufnahmegerät zu sprechen oder nur darüber nachzudenken. Teilnehmer der Schreibgruppe hatten nach der Intervention die höchsten Werte in den Fragebögen zur Lebenszufriedenheit, während in der Gruppe der Denker nicht nur die Lebenszufriedenheit geringer, sondern auch die Gesundheit schlechter war. In der zweiten Studie wurden hundertelf Studierende im gleichen Setting wie in der ersten Studie gebeten, über ihr schönstes Erlebnis entweder zu schreiben oder zu reden oder nachzudenken. In dieser Gruppe hatten diejenigen, die still darüber nachgedacht hatten, die größten Vorteile. Und in der dritten Studie, in der hundertzwölf Studierende zum Schreiben oder Nachdenken über ein positives Erlebnis aufgefordert wurden, schnitten Teilnehmer, die wiederholt an das positive Erlebnis gedacht hatten, besser ab als Teilnehmer, die das positive Erlebnis schriftlich analysiert hatten. Während sich bei denen, die wiederholt an das positive Erlebnis gedacht hatten, die Stimmung besserte und potentielle Schmerzen verminderten, kam es bei denen, die das positive Erlebnis schriftlich zergliedert hatten, zu einer Abnahme der Selbstakzeptanz und einer Zunahme der Schmerzen.

Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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McCullough, Root und Cohen 2006: Dreihundertvier Opfer persönlicher Übergriffe schrieben für zwanzig Minuten über traumatische oder positive Aspekte eines belastenden Erlebnisses oder über ein neutrales Thema. Die Gruppe, die über positive Aspekte geschrieben hatte, zeigte die größte Bereitschaft, eine andere Perspektive einzunehmen und den Tätern zu vergeben. Ramirez-Esparza und Pennebaker 2006: In einer Reanalyse von Texten aus mehreren Schreibstudien wurde festgestellt, dass Teilnehmer, die im Verlauf des Schreibens vermehrt positive Affektworte verwendet und Pronomen flexibel gebraucht hatten, am meisten vom Schreiben profitiert hatten. Guastella und Dadds 2008: Hundertachtundneunzig Studierende schrieben dreimal innerhalb von drei Wochen über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Die Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis schreiben sollten, wurden in zwei Gruppen geteilt. Die eine erhielt keine zusätzlichen Instruktionen, während die andere in der ersten Sitzung das Erlebnis faktisch beschreiben, in der zweiten neu einschätzen und in der dritten bezüglich positiver Aspekte untersuchen sollte. Die Gruppe, die sowohl eine Neubewertung als auch eine Integration positiver Aspekte vorgenommen hatte, zeigte eine beschleunigte persönliche Reifung und eine Abnahme von Intrusionen und Vermeidungsverhalten. Segal, Tucker und Coolidge 2009: Vierundsiebzig Studierende schrieben über ein belastendes Erlebnis. Eine Gruppe schrieb über die negativen Aspekte, eine über die positiven Aspekte und die dritte Gruppe erhielt keine zusätzlichen Instruktionen. In allen drei Gruppen kam es zur Verminderung posttraumatischer Symptome; die größten kognitiven Veränderungen und die besten Anpassungsleistungen zeigte die Gruppe, die über die positiven Aspekte geschrieben hatte. Seih, Chung und Pennebaker 2011: Fünfundfünfzig Studierende schrieben dreimal für fünf Minuten aus einer einzigen Perspektive über ein belastendes Erlebnis und hundertneunundzwanzig Stu98Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

dierende schrieben dreimal für fünf Minuten aus verschiedenen Perspektiven darüber. Dabei brachte der Perspektivwechsel keine Vorteile.

5.2.3 Wirkfaktor: Kohärenzerleben (WF 2.3) Mögliche Evaluationsinstrumente: Sense of Coherence (SOC) deutsche Version (Singer u. Brähler 2007), Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens (VEV) (Zielke u. Kopf-Mehnert 1978), Satisfaction with Life Scale (SWLS) deutsche Version (Glaesmer et al. 2011; Diener et al. 1985), indirekt: Profile of Mood States (POMS) deutsche Version (Biehl u. Landauer 1975; McNair et al. 1971), Aktuelle Stimmungsskala (ASTS) (Dalbert 1992), Positive and Negative Affect Schedule (PANAS) deutsche Version (Krohne et al. 1996; Watson u. Clark 1988), Adjektiv-Skalen zur Einschätzung der Stimmung (SES) (Hampel 1977). Erklärung: Das Kohärenzgefühl, Sense of Coherence (SOC), stellt einen zentralen Aspekt in dem Salutogenese-Konzept von Anto­ novsky dar und bedeutet die erworbene Überzeugung eines Menschen, inwiefern er die Anforderungen in seinem Leben als verstehbar (comprehensibility) und bewältigbar (manageability) erlebt und die Auseinandersetzung damit als sinnvoll (meaningfulness) einschätzt. »Das SOC ist eine globale Orientierung, die ausdrückt, in welchem Ausmaß man ein durchdringendes, andauerndes und dennoch dynamisches Gefühl des Vertrauens hat, daß (1) die Stimuli, die sich im Verlauf des Lebens aus der inneren und äußeren Umgebung ergeben, strukturiert, vorhersehbar und erklärbar sind; (2) einem die Ressourcen zur Verfügung stehen, um den Anforderungen, die diese Stimuli stellen, zu begegnen; (3) diese Anforderungen Herausforderungen sind, die Anstrengung und Engagement lohnen« (Antonovsky 1997, S. 36). Im deutschsprachigen Raum hat sich die Übersetzung des Sense of Coherence als Kohärenzgefühl etabliert, was allerdings umstritten ist (Faltermaier 2000), da Antonovsky von einer globalen Orientierung spricht, womit nicht ausschließlich ein Gefühl, sondern eine grundlegende, auf die persönliche Umwelt gerichtete und in Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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der Persönlichkeit verankerte Orientierung gemeint ist (Schneider 2000), weswegen im Zusammenhang mit der Poesietherapie vom Kohärenzerleben die Rede sein wird. Antonovsky ging davon aus, dass Personen mit hohem Kohärenzerleben besser in der Lage sind, Probleme klar und differenziert anzugehen und in ihrer Relevanz für das eigene Wohlbefinden, die eigenen Tätigkeiten sowie die interpersonellen Beziehungen einzuschätzen. Obwohl Antonovsky durch eine Verbesserung des Kohärenzerlebens in erster Linie auf eine Verbesserung der körperlichen Gesundheit zielte, ließ sich nachweisen, dass das Kohärenzerleben ebenfalls Einfluss auf das psychische Befinden hat. Petrie und Brook fanden heraus, dass das Kohärenzerleben zur Risikoeinschätzung suizidaler Patienten verwendet werden kann. Mit Hilfe des Gesamtwertes der SOC-Skala ließ sich die Wiederholung eines Suizidversuches über einen Zeitraum von sechs Monaten vorhersagen (Petrie u. Brook 1992). Eine Untersuchung von McSherry und Holm belegte den Zusammenhang zwischen Stress- und Kohärenzerleben. In einer experimentell induzierten Stresssituation konnten Studierende mit hohem Kohärenzerleben mehr Bewältigungsressourcen freisetzen und zeigten geringere physiologische Stressreaktionen als Studierende mit niedrigem Kohärenzerleben (McSherry u. Holm 1994). Straus und Höfer konnten zeigen, dass ein gutes Kohärenzerleben selbst bei zahlreichen lebensweltlichen Belastungen mit wenig psychischen und psychosomatischen Stresssymptomen einhergeht (Straus u. Höfer 2000), und Franke identifizierte ein gutes Kohärenzerleben als Schutz vor der Entwicklung einer Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit (Franke et al. 2001). Entgegen Antonovskys Annahme, dass sich das Kohärenzerleben bis zum dreißigsten Lebensjahr herausbilde und danach wenig veränderbar sei, zeigte eine Studie von Sack und Lamprecht eine Veränderung des Kohärenzerlebens bei Menschen jenseits des dreißigsten Lebensjahres nach einer positiv verlaufenen achtwöchigen psychosomatischen Behandlung (Sack u. Lamprecht 1998). Die Hypothese aufstellend, dass das Kohärenzerleben unter anderem mit der Entwicklung einer kohärenten Lebensgeschichte zusammenhängt, in dem Sinn, dass die Entwicklung eines Verständnisses für belastende Erlebnisse (comprehensibility) und die Zuschreibung von Sinn (meaningfulness) helfen kann, das Geschehene und seine 100Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Konsequenzen als bewältigbar zu erleben (manageability), kann die Poesietherapie dazu beitragen, das Kohärenzerleben zu fördern, indem sie das Herstellen einer kohärenten Geschichte unterstützt. In der narrativen Psychologie hat die Sinnfindung durch die Gestaltung einer Geschichte bereits eine lange Tradition. Die Konstruktion einer kohärenten Erzählung wird hier als Versuch verstanden, erschütternde Ereignisse zu strukturieren und zu organisieren und Erlebnisse in einem Netz von Bedeutungen zu verorten. Narrationen erleichtern dabei das Erinnern und Erzählen und ermöglichen es dem Erzähler, respektiert und akzeptiert zu werden, sowohl von anderen als auch von sich selbst. Chorpita und Kollegen mutmaßen, dass die narrative Gestaltung vor allem für Menschen, die Schwierigkeiten haben sich zu offenbaren, eine wichtige Funktion hat (Chorpita et al. 2005). Menschen, die erzählen, interpretieren Erlebnisse in Abhängigkeit von ihren Zielen und Erwartungen und suchen nach Möglichkeiten, ihre Handlungen und Absichten zu rechtfertigen. Menschen, die erzählen, sind darum bemüht, Selbstkontrolle zu erhalten oder zurückzugewinnen und Geschichten zu entwerfen, die mit dem Selbstbild möglichst konform sind (Gergen u. Gergen 1997; Mahoney 1995; Baumeister 1994). McAdams wies nach, dass die Konstruktion einer kohärenten Lebensgeschichte einen positiven Einfluss auf das psychische Wohlbefinden hat (McAdams 1996 u. 1993), und Bucci fand heraus, dass Menschen, die ihre Erlebnisse in einem referentiellen Erzählzyklus darstellen, in dem affektbeladene Erinnerungen sinnvoll integriert sind, gesundheitliche Vorteile haben (Bucci 1995). Auch im Stress Inoculation Training nach Meichenbaum existiert die Annahme, dass die Interpretation von Ereignissen und die Bildung narrativer Strukturen die Bewältigungsstrategien positiv beeinflusst (Meichenbaum 1999; Meichenbaum u. Fitzpatrick 1993). Vermutet wird, dass durch die Konstruktion eines kohärenten Narrativs belastende Ereignisse effizienter im Gedächtnis gespeichert werden können, während traumatische Erinnerungen normalerweise fragmentiert vorliegen und zu Intrusionen und Ruminationen führen (Gebler u. Maercker 2007; van der Kolk 1994). Deswegen kann es als ein mögliches Ziel der Traumatherapie verstanden werden, ungeordnete Erinnerungen in strukturierte Gedächtnisinhalte zu überführen, wozu sich die Schrift anbietet, da sie in Form der Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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Syntax bereits eine eigene Struktur hat. Foa und Kollegen wiesen nach, dass eine kohärente Narration zur Reduktion traumabezogener Symptome führt (Foa et al. 1995; Foa u. Riggs 1993), DiSavino und Kollegen fanden ebenfalls heraus, dass eine zunehmende Strukturierung von Erzählungen über belastende Erlebnisse zu einer verbesserten Gesundheit führt (DiSavino et al. 1993), und Harber und Pennebaker konnten zeigen, dass das Schreiben über ein Trauma die Umwandlung von sensorisch-affektiven Erinnerungen in verbalisierbare, strukturierte Einheiten begünstigt und das Ziehen einer Verbindungslinie zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ermöglicht (Harber u. Pennebaker 1992). Anhand einer Analyse von Texten aus vorausgegangenen Schreibstudien zeigte sich, dass Teilnehmer am meisten vom Schreiben profitierten, wenn sie eine große Anzahl positiver Affektworte, eine mittlere Anzahl negativer Affektworte und eine im Verlauf der Sitzungen steigende Anzahl einsichtsbezogener Ausdrücke sowie kausalitätsbezogener Begriffe verwendeten, woraus die Autoren schlossen, dass erfolgreiches Schreiben zu einem kompakten Narrativ führt, das multiple Beziehungen zwischen traumatischen Erlebnissen und anderen Lebensaspekten herstellt, so dass die Erlebnisse in das Lebensskript integriert werden können (Pennebaker et al. 1997). Smyth und Kollegen, die Studierende zusammenhängende Erzählungen oder fragmentierte Essays über ein belastendes Erlebnis schreiben ließen, fanden heraus, dass sich die Gesundheit bei Teilnehmern, die in narrativer Form geschrieben hatten, mehr verbesserte als bei denen, die in fragmentierter Form geschrieben hatten (Smyth et al. 2001). Allerdings hat sich auch gezeigt, dass der Zusammenhang zwischen Kohärenz und Gesundheit mehr vom Kohärenzerleben des Autors abhängt denn vom Kohärenzerleben der Gutachter oder der Wortzählung eines Textanalyseprogramms und dass die Fähigkeit, eine kohärente Geschichte zu kreieren, kontextabhängig ist, so dass Menschen, die beispielsweise eine kohärente Bildergeschichte schreiben können, nicht unbedingt von dieser Kohärenz profitieren, wenn es um persönliche Inhalte geht (Graybeal et al. 2002). Und in einer Untersuchung von Danoff-Burg war nicht die Kohärenz der Geschichte ausschlaggebend für die Wirkung des Schreibens, sondern die emotionale Involviertheit des Autors (Danoff-Burg et al. 2010). 102Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Pennebaker, Mayne und Francis 1997: Die Textanalyse von sechs Studien mit hundertsiebenundsiebzig Teilnehmern zeigte, dass eine zunehmende Verwendung positiver Affekt- und einsichtsbezogener Worte in direktem Zusammenhang zur Verbesserung der Gesundheit stand. Smyth, True und Souto 2001: Hundertsechzehn Studierende schrieben zwanzig Minuten in zusammenhängender oder fragmentierter Form über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Alle Teilnehmer schrieben ein einziges Mal, um zu verhindern, dass die Teilnehmer, die zum fragmentierten Schreiben aufgefordert worden waren, im Verlauf der Sitzungen zunehmend kohärente Texte generieren würden. Als narrative Struktur wurde die Gliederung der Geschichte in Anfang-, Mittel- und Endteil gewertet. In beiden Gruppen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, kam es unmittelbar nach dem Schreiben zu einer Stimmungsverschlechterung, was mit Ergebnissen aus vorherigen Untersuchungen übereinstimmt und als Indikator genommen werden kann, dass die Teilnehmer sich emotional auf das Schreiben eingelassen haben. Fünf Wochen nach dem Schreiben wiesen Teilnehmer, die eine kohärente Geschichte kreiert hatten, weniger körperliche Beschwerden auf als Teilnehmer, die fragmentiert geschrieben hatten. Graybeal, Sexton und Pennebaker 2002: Zweiundfünfzig Studierende schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein emotional bewegendes oder ein neutrales Thema. Zuvor hatten alle Teilnehmer zu einem Bild eine zusammenhängende Geschichte schreiben sollen. Fünf Wochen nach dem ersten Schreiben tauschten die Gruppen; die ehemalige Kontrollgruppe schrieb nun über ein emotional bewegendes und die ehemalige Interventionsgruppe über ein neutrales Thema. Aufgrund der Kohärenz der Bildgeschichte ließ sich keine Vorhersage zur Kohärenz der emotional bewegenden Geschichte machen. Auch fand sich kein Zusammenhang zwischen der Kohärenz der Geschichten und der Gesundheit, wobei die Autoren kritisch anmerken, dass der Zeitraum von fünf Wochen, nach dem das Setting getauscht wurde, Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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möglicherweise zu kurz war, um gesundheitliche Veränderungen zu ermöglichen. Danoff-Burg, Mosher, Seawell und Agee 2010: Hunderteins Studierende schrieben zweimal für zwanzig Minuten in zusammenhängender oder fragmentierter Form über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Bei den Teilnehmern, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, kam es zu einer Stressreduktion und einer Verminderung depressiver Symptome. Dabei war die Stressreduktion umso größer, je emotionaler die Teilnehmer ihre Texte einschätzten, wobei die Gruppe, die fragmentiert geschrieben hatte, einen Vorteil aufwies.

5.2.4 Wirkfaktor: Selbstkonzept und Lebensziele (WF 2.4) Mögliche Evaluationsinstrumente: Skala zur Erfassung der Selbstakzeptierung (SESA) (Sorembe u. Westhoff 1985), Multidimensionale Selbstwertskala (MSWS) (Schütz u. Sellin 2006), Fragebogen zu Lebensbedeutungen und Lebenssinn (LEBE) (Schnell u. Becker 2007), Frankfurter Selbstkonzeptskalen (FSKN) (Deusinger 1986), Posttraumatische Persönliche Reifung (PPR) (Maercker u. Langner 2001; Tedeschi u. Calhoun 1996), Aussagen-Liste zum Selbstwertgefühl für Kinder und Jugendliche (Schauder 2011). Erklärung: Eine Krise bedeutet immer auch eine Chance. Die Chance auf einen Zuwachs an innerer Reife. Die Chance, sich auf Stärken zu konzentrieren, Wertvorstellungen zu überprüfen, sich neu zu orientieren und auszurichten, verschiedene Perspektiven zu entwickeln und die Lebensziele anhand einer möglicherweise neuen Lebensphilosophie und einer veränderten Priorisierung und Positionierung situationsgerecht anzupassen. Dabei ist es von Vorteil, die Lebensziele so konkret wie möglich zu visionieren und zu formulieren und sich dabei so nah wie möglich an den eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Möglichkeiten zu orientieren, da sich innere, den eigenen Bedürfnissen und Vorstellungen entsprechende Ziele, denen eine intrinsische Motivation zugrunde liegt, mit einem größeren Engagement, einem besseren Gefühl und einem nach104Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

haltigeren Bemühen verfolgen lassen als von außen vorgegebene Ziele, denen eine extrinsische Motivation zugrunde liegt, die in Erwartung einer extrinsischen Belohnung nur einen kurzzeitigen positiven oder, durch Aufbau von Erwartungsdruck, sogar negativen Effekt hat (Pham u. Taylor 1999). Sheldon und Kollegen konnten bei einer Gruppe von Studierenden zeigen, dass deren Bemühungen und Erfolge größer waren, wenn sie die Ziele verfolgten, die sie sich selbst gesetzt hatten, und nicht Zielvorgaben von Eltern oder Professoren umzusetzen versuchten. Bemerkenswert war dabei, dass sich die Erfolge zwar in besseren Studienleistungen messen ließen, diese aber bei den zuvor genannten persönlichen Zielvorstellungen der Studierenden eine untergeordnete Rolle gespielt hatten (Sheldon u. Houser-Marko 2001; Sheldon u. Elliot 1999). Bereits die Formulierung und Imagination von Zielen kann einen positiven Einfluss haben und zu einem gesteigerten Wohlbefinden beitragen. Entscheidend dafür sind, neben der intrinsischen Motivation und der konkreten Visionierung und Formulierung der Ziele, die Einflussmöglichkeiten der Betroffenen auf Zielsetzung und Prozess und das konsequente Verfolgen der Ziele. In mehreren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass das Formulieren und Aufschreiben einer Strategie zur Zielerreichung und wiederholtes positives Feedback beim Erreichen von Zwischenzielen einen maßgeblichen Einfluss auf den Erfolg haben (Latham 2001; Latham u. Locke 1991; Bandura 1986). Stein und Kollegen, die Menschen befragten, die ihre an Aids erkrankten Partner gepflegt und dann verloren hatten, fanden heraus, dass diejenigen, die sich bereits während der Pflege und im Prozess des Abschiednehmens Gedanken über ihre eigene Zukunft gemacht und sich Ziele gesetzt hatten, den Verlust besser verkrafteten und weniger depressiv gestimmt waren als Pflegende, die sich ausschließlich auf ihre Partner konzentriert und keine Zukunftspläne gemacht hatten (Stein et al. 1997). Andere Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die sich die Bewältigung von Aufgaben gut vorstellen können, bei der Bewältigung der Aufgaben besser abschneiden als Menschen mit geringer Imaginationsfähigkeit (Pham u. Taylor 1999, Ruvolo u. Markus 1992). Aufgrund dieser Ergebnisse scheint es plausibel, dass Schreiben helfen kann, Erfahrungen auf eine Weise zugänglich zu machen, die es ermöglicht, Visionen und Ziele sowohl in der Gegenwart als auch Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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für die Zukunft zu identifizieren, zu visualisieren und umzusetzen. Die Herstellung einer Verbindung zwischen Erlebtem und Zielen kann überdies den Umgang mit schwierigen Gefühlen und die Integration schwieriger Erlebnisse in die Lebensgeschichte erleichtern. Die Herstellung von Sinnzusammenhängen und die Klärung von Absichten können als Gegengewicht zu Gefühlen von Unsicherheit, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit dienen. Gelingt es, die Gegebenheiten der Gegenwart in Zusammenhang mit zukünftigen Zielen zu bringen, führt dies zu einer realistischeren Einschätzung der Umsetzbarkeit, was wiederum zu einer positiven Erwartungshaltung und einer Aktivierung auf der Handlungsebene beiträgt (Oettingen et al. 2001). King ließ Studierende über ein belastendes Erlebnis oder eine positive Zukunft schreiben, wobei die Zukunft so imaginiert werden sollte, dass alle Lebensziele erreicht sein würden, was King als Best Possible Self (BPS) bezeichnete. Studierende, die über eine positive Zukunft geschrieben hatten, waren positiver gestimmt, fühlten sich insgesamt wohler und hatten häufiger die Einschätzung, für ihr Lebensglück selbst verantwortlich zu sein als Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten (King 2001). In zwei Untersuchungen von Burton und King kam es nach dem Schreiben über ein positives Erlebnis im Vergleich zum Schreiben über ein neutrales Thema zu einer Stimmungsbesserung, einer verbesserten Gesundheit und einem erweiterten Erkenntnishorizont (Burton u. King 2009 u. 2004). Ergebnisse, die von Harrist und Kollegen bestätigt werden konnten, die herausfanden, dass das Schreiben über Lebensziele zu einer verbesserten Gesundheit führte (Harrist et al. 2007). In zwei Untersuchungen von Austenfeld führte das Schreiben über eine positive Zukunft und die Vorstellung eines Best Possible Self vor allem bei Menschen mit schlechten Emotionsregulationsfähigkeiten und einem niedrigen emotionalen Ausdrucksvermögen zu gesundheitlichen Verbesserungen (Austenfeld u. Stanton 2008; Austenfeld et al. 2006). Cohen und Kollegen fanden heraus, dass das Schreiben über positive Werte bei studentischen Minoritäten dazu beiträgt, dass diese sich ihrer Werte bewusst werden und sich dementsprechend positionieren können (Cohen et al. 2006). In einer Untersuchung von Baikie führte das Schreiben über ein positives Thema ebenfalls zu einer verbesserten psychischen und körperli106Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

chen Gesundheit (Baikie et al. 2012) und in einer Untersuchung von Schutte und Kollegen verbesserte sich die Stimmung vor allem dann, wenn dem Schreiben eine ganzheitliche Sichtweise zugrunde gelegt wurde (Schutte et al. 2012). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie King 2001: Einundachtzig Studierende schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder eine Zukunft, in der alles so gelaufen sein würde, wie sie sich das wünschten (Best Possible Self, BPS), oder die Hälfte der Zeit über ein belastendes Erlebnis und die andere Hälfte über ihr BPS oder über ein neutrales Thema. Studierende, die über die Erreichung ihrer Lebensziele geschrieben hatten, zeigten das höchste Maß an subjektivem Wohlbefinden und fühlten sich am häufigsten für ihr Lebensglück selbst verantwortlich, während Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, häufiger andere für ihr Leben und die Ereignisse verantwortlich machten. Studierende, die über ein belastendes Erlebnis oder ihr BPS geschrieben hatten, suchten nach dem Schreiben seltener einen Arzt auf als Studierende der Kombinations- und Kontrollgruppe, wobei die Teilnehmer der Kombinationsgruppe durch die Teilung der Aufgabe möglicherweise nicht ausreichend Zeit hatten, sich auf die Themen einzulassen. Burton und King 2004: Neunzig Studierende schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein positives Erlebnis oder ein neutrales Thema. Studierende, die über das positive Erlebnis geschrieben hatten, suchten danach seltener einen Arzt auf und waren besserer Stimmung als Studierende, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Austenfeld, Paolo und Stanton 2006: Vierundsechzig Medizinstudenten im dritten Studienjahr schrieben an drei Tagen innerhalb von acht Wochen für fünfundzwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis aus ihrer Studienzeit oder über eine Zukunft, in der sie alle Lebensziele erreicht haben würden (Best Possible Self), oder ein neutrales Thema. Studierende mit guter Emotionsregulation profitierten mehr vom Schreiben über ein belastendes Erlebnis, während Wirkung: Selbstwirksamkeit (W 2)

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Studierende mit schlechter Emotionsregulation mehr vom Schreiben über positive Lebensziele profitierten. Cohen, Garcia, Apfel und Master 2006: Afrikanisch-amerikanische Studierende schrieben über wichtige oder unwichtige Werte. Studierende, die über wichtige Werte geschrieben hatten, erreichten am Semesterende bessere Noten als Studierende, die über unwichtige Werte geschrieben hatten. Die Autoren vermuten, dass Schreiben über positive Werte die Abwärtsspirale bei studentischen Minoritäten, bestehend aus Fremd- und Selbstabwertung und schlechten Examensnoten, unterbrechen kann. Harrist, Carlozzi, McGovern und Harrist 2007: Teilnehmer sprachen oder schrieben über ihre Lebensziele oder ihre Tagesplanung. Teilnehmer, die über ihre Lebensziele gesprochen oder geschrieben hatten, suchten danach seltener einen Arzt auf als Teilnehmer, die über ihre Tagesplanung gesprochen oder geschrieben hatten. Das Sprechen über Lebensziele wurde insgesamt als herausfordernder empfunden als das Schreiben; allerdings kam es unmittelbar im Anschluss an das Sprechen seltener zu der beim Schreiben zu beobachtenden kurzzeitigen Stimmungsverschlechterung. Ob die Teilnehmer vor dem Schreiben eine eher optimistische oder pessimistische Grundhaltung an den Tag gelegt hatten, hatte keinen Einfluss. Austenfeld und Stanton 2008: Dreiundsechzig Studierende schrieben über ein belastendes Erlebnis oder eine Zukunft, in der sie alle Lebensziele erreicht haben würden (Best Possible Self), oder ein neutrales Thema. Wie in der zuvor beschriebenen Studie von Austenfeld und Kollegen profitierten auch in dieser Untersuchung Studierende mit guter Emotionsregulation mehr vom Schreiben über ein belastendes Erlebnis, während Studierende mit schlechter Emotionsregulation mehr vom Schreiben über positive Lebensziele profitierten, was die Autoren zu der Schlussfolgerung veranlasst, dass die Schreibaufgabe mit der individuellen Copingstrategie übereinstimmen muss, damit die Teilnehmer optimal vom Schreiben profitieren. 108Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Burton und King 2009: Achtunddreißig Teilnehmer schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein positives Erlebnis oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über das positive Erlebnis geschrieben hatten, wiesen danach eine bessere körperliche Gesundheit auf und einen erweiterten Erkenntnishorizont als Studierende, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Baikie, Geerlings und Wilhelm 2012: Teilnehmer mit affektiven Störungen wurden online rekrutiert und schrieben viermal für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis, ein positives Erlebnis oder ein neutrales Thema. In allen drei Gruppen kam es zu einer Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit, aber nur in den Gruppen, die über ein belastendes Erlebnis oder ein positives Thema geschrieben hatten, kam es zu einer Verminderung von depressiven und ängstlichen Symptomen und einer Stressreduktion. Schutte, Searle, Meade und Dark 2012: Teilnehmer schrieben anhand vier verschiedener Schreibinstruktionen, in denen sie in unterschiedlichem Ausmaß dazu aufgefordert wurden, ihrem Schreiben eine ganzheitliche Sichtweise zugrunde zu legen. Am meisten besserte sich die Stimmung von Teilnehmern, die ihrem Schreiben in hohem Maß eine ganzheitliche Sichtweise zugrunde gelegt hatten und das Schreiben für sinnvoll und bedeutsam hielten.

5.3 Wirkung: Soziale Integration (W 3) Mögliche Evaluationsinstrumente: Electronically Activated Recorder (EAR) (Mehl et al. 2001), Fragebogen zur Erfassung von Empathie, Prosozialität, Aggressionsbereitschaft und aggressivem Verhalten (FEPAA) (Lukesch 2005), indirekt: Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Fahrenberg et al. 2000), Satisfaction with Life Scale (SWLS) deutsche Version (Glaesmer et al. 2011; Diener et al. 1985). Erklärung: Sprache ist ein wichtiges Mittel zum Aufbau und zur Ausgestaltung menschlicher Gemeinschaften und hat Auswirkungen auf sozialer, beruflicher und gesundheitlicher Ebene. Sie entscheidet über Sozialisation und Integration, über Ausschluss und Isolation. Wirkung: Soziale Integration (W 3)

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Menschen, die in selbstverständlicher Weise über Sprache verfügen, haben in einer auf Sprache basierenden Gesellschaft einen unbestreitbaren Vorteil. Sprache entscheidet mit über die kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe eines Menschen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Fähigkeit, emotionales Erleben zu verbalisieren, sich sozial günstig auswirkt und dass Menschen, die in der Lage sind, über belastende Erlebnisse zu reflektieren, bessere soziale Problemlösefähigkeiten zeigen (Pennebaker 2004; Ciarrochi et al. 2002; Pennebaker u. Graybeal 2001). Bereits in Kapitel 5.1.1 wurde ausgeführt, dass eine Hemmung des emotionalen und sprachlichen Ausdrucks gesundheitsschädlich sein kann, und in Kapitel 5.1.2 wurde die Relevanz des emotional sprachlichen Ausdrucks für die Verarbeitung belastender Erlebnisse deutlich. Es klang an, dass ein den Gefühlausdruck hemmendes oder auf eine Offenbarung negativ reagierendes Umfeld die Bewältigung und Integration belastender Erlebnisse erschwert. Neben allen psychischen und physischen Beschwerden haben belastende Ereignisse, die nicht kommuniziert werden, zusätzlich eine sozial isolierende Wirkung. Handelt es sich um Erfahrungen, die mit einem Stigma belegt sind oder mit Angst vor Sanktionen einhergehen, verschärft sich die aus dem Schweigen resultierende Isolation. Wird etwas offenbart und reagiert das Gegenüber mit Unverständnis oder Ablehnung, kann das zum zukünftigen Verschweigen persönlich relevanter Erlebnisse führen. Oft sind unangemessene oder ausbleibende Reaktionen auf belastende Erzählungen allerdings vorwiegend das Resultat von Unsicherheit, Hilflosigkeit und Überforderung. Da das Hören belastender Erzählungen selbst als belastend erlebt wird, bagatellisieren Zuhörer zum eigenen Schutz die Leiden der Erzählenden oder nehmen sich aus der Beziehung heraus (Silver et al. 1990; Coyne et al. 1987). So berichteten Eltern, deren Kinder an einem plötzlichen Kindstod verstorben waren, dass sie in den ersten zwei bis drei Wochen danach viel Unterstützung von Freunden und Verwandten erhalten hätten, dann aber zunehmend das Gefühl vermittelt bekommen hätten, dass das Leben weitergehen müsse (Pennebaker 1993). Diesen Beobachtungen entsprechen Untersuchungen zum Phasenverlauf nach Katastrophen. Pennebaker und Harber untersuchten Opfer des Erdbebens in der San Francisco Bay. In den ersten zwei bis 110Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

drei Wochen nach der Katastrophe sprachen die Menschen häufig über das Erdbeben und zeigten zugleich eine große Bereitschaft zum Zuhören. Dann folgte eine Phase, in der die Betroffenen nach wie vor an das Erdbeben dachten, aber nicht mehr darüber sprachen, weil sie selbst nichts mehr darüber hören wollten. In dieser Phase hatten die Opfer vermehrt Alpträume, stritten häufiger und waren öfter krank. Nach sechs Wochen kam es bei den meisten Betroffenen zu einer Adaption; die Häufigkeit der belastenden Gedanken nahm ab, die Alpträume ließen nach und die Gesundheit verbesserte sich (Pennebaker u. Harber 1993). Wie persönliche Krisen oder globale Katastrophen können auch psychische und chronische Krankheiten, die mit Einschränkungen im Alltag einhergehen, die Möglichkeit der sozialen Teilhabe vermindern und zur sozialen Isolation beitragen. Um das Sozial- und Konversationsverhalten zu untersuchen, entwickelten Mehl und Pennebaker einen modifizierten digitalen Mikroaudiorekorder, den Electronically Activated Recorder (EAR), den Teilnehmer einer Untersuchung im Alltag bei sich tragen und der sich im Zwölf-Minuten-Takt für jeweils dreißig Sekunden einschaltet und alle Geräusche aufzeichnet (Mehl et al. 2001). Erste Untersuchungen mit dem Rekorder zeigten ein verbessertes Sozial- und Kommunikationsverhalten nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis. Studierende, die an drei Tagen über ein emotional bewegendes Thema geschrieben hatten, sprachen zwei Wochen nach dem Schreiben häufiger und optimistischer mit ihren Freunden und lachten schneller und öfter (Mehl u. Pennebaker 2003). In weiteren Untersuchungen zur Wirkung des Schreibens auf Sozialbeziehungen konnte nachgewiesen werden, dass Paare, die über ihre Partnerschaft geschrieben hatten, drei Monate nach dem Schreiben noch häufiger zusammen waren als Paare, die über ihre Tagesaktivitäten geschrieben hatten (Slatcher u. Pennebaker 2006). In einer anderen Untersuchung nahmen Personen, die über die Trennung von ihrem letzten Partner geschrieben hatten, die Beziehung mit diesem häufiger wieder auf als Teilnehmer, die über Beziehungen im Allgemeinen geschrieben hatten (Lepore u. Greenberg 2002). Und in einer Studie, in denen Paare, bei denen es zu außerehelichen Beziehungen gekommen war, ihre partnerschaftliche Beziehung in Briefen zu klären versuchten, führte das Schreiben zu einer Verminderung von Wut und Stress (Gordon et Wirkung: Soziale Integration (W 3)

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al. 2004). Diese Untersuchungen lassen die Vermutung zu, dass das Schreiben über belastende oder emotional bewegende Themen zur Selbstöffnung und verbesserten Ausdrucksfähigkeit beiträgt, was die Kommunikationsfähigkeit fördert, was sich wiederum positiv auf Beziehungen und Sozialverhalten auswirkt. Belegt wird diese These durch eine Untersuchung mit bilingualen Studierenden, bei denen es durch das Schreiben über belastende Erlebnisse zu einer verbesserten Integration in die Studiengemeinschaft und einem gesteigerten sozialen Engagement kam (Kim 2008). Und Barclay und Skarlicki wiesen nach, dass das Schreiben über eine am Arbeitsplatz erfahrene Ungerechtigkeit Wut reduziert und den Wunsch nach einer Lösung fördert (Barclay u. Skarlicki 2009). In zwei anderen Untersuchungen zeigte sich, dass homosexuelle Männer, die über ein belastendes Erlebnis in Zusammenhang mit ihrer Homosexualität geschrieben hatten, entspannter waren und eine größere Offenheit bezüglich ihrer sexuellen Orientierung an den Tag legten als homosexuelle Männer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten (Pachankis u. Goldfried 2010; Swanbon et al. 2008). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Lepore und Greenberg 2002: Zweiundsiebzig Männer und dreiundsiebzig Frauen schrieben über das Ende einer persönlichen Beziehung oder über Beziehungsthemen im Allgemeinen. Bei Teilnehmern, die sich allgemein mit dem Thema Beziehung auseinandergesetzt hatten, kam es nach dem Schreiben vermehrt zu Infektionen der Atemwege, Spannungen, Müdigkeit, Intrusionen und Vermeidungsverhalten. Teilnehmer hingegen, die über das Ende ihrer persönlichen Beziehung geschrieben hatten, waren nicht nur psychisch und körperlich gesünder, sondern nahmen auch häufiger die Beziehung zu ihren Expartnern wieder auf. Mehl und Pennebaker 2003: Zweiundfünfzig Studierende schrieben an drei Tagen über ein emotional bewegendes oder ein neutrales Thema. Zwei Wochen vor und zwei Wochen nach dem Schreiben trugen sie für jeweils achtundvierzig Stunden einen Electronically Activated Recorder (EAR), der ihre sozialen Interaktionen auf112Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

zeichnete. Studierende, die über ein emotional bewegendes Thema geschrieben hatten, sprachen in der Zeit nach dem Schreiben häufiger und optimistischer mit anderen und lachten schneller und öfter als Studierende, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Gordon, Baucom und Snyder 2004: Im Rahmen einer integrativen Paartherapie schrieben sich sechs Paare, bei denen es zu außerehelichen Beziehungen gekommen war, wechselseitig Briefe, in denen sie ihre Gedanken und Gefühle bezüglich der Affäre zum Ausdruck brachten. Das Schreiben der Briefe führte zu einer Stressreduktion und einer Verminderung von Wut und Depressionen. Slatcher und Pennebaker 2006: Von sechsundachtzig Studierenden und ihren Partnern, die im Durchschnitt seit eineinhalb Jahren zusammen waren, wurde jeweils einer gebeten, an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über die Beziehung oder über Tagesaktivitäten zu schreiben. Vor dem Schreiben, während des Schreibens und nach dem Schreiben wurde jeweils für zehn Tage die Instant-Messaging-Kommunikation der Paare untersucht. Paare, in denen einer der Partner über die Beziehung geschrieben hatte, verwendeten in ihrer IM-Kommunikation mehr positive Affektworte; auch waren sie nach drei Monaten zu siebenundsiebzig Prozent noch zusammen, während Paare, in denen ein Partner über Tagesaktivitäten geschrieben hatte, nur noch in zweiundfünfzig Prozent der Fälle zusammen waren. Kim 2008: Neunundachtzig bilinguale koreanisch-englische und spanisch-englische Studierende schrieben viermal nur in Englisch oder in beiden Sprachen über ein belastendes Erlebnis, während eine vergleichbare Kontrollgruppe nicht schrieb. Alle Teilnehmer trugen zwei Tage vor und einen Monat nach dem Schreiben für achtundvierzig Stunden einen Electronically Activated Recorder (EAR), der ihre sozialen Interaktionen aufzeichnete. Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, fanden leichter in die Studiengemeinschaft und zeigten ein größeres soziales Engagement als Studierende, die nicht geschrieben hatten. Am meisten profitierten Studierende, die in beiden Sprachen geschrieben hatten.

Wirkung: Soziale Integration (W 3)

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Swanbon, Boyce und Greenberg 2008: Zweiundsechzig homosexuelle Männer schrieben über Gedanken und Gefühle bezüglich ihrer Beziehung oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ihre Beziehung geschrieben hatten, zeigten zwei Monate danach ein vermindertes Vermeidungsverhalten und eine Stressreduktion im Vergleich zu Teilnehmern, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Barclay und Skarlicki 2009: Hundert Angestellte schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen über eine am Arbeitsplatz erlebte Ungerechtigkeit. Sie schrieben entweder rein emotional, rein kognitiv, emotional-kognitiv oder über ein neutrales Thema. Teilnehmer, die sowohl emotional als auch kognitiv geschrieben hatten, berichteten über ein verbessertes Wohlbefinden, waren weniger wütend und rachsüchtig und zeigten sich lösungsorientierter. Pachankis und Goldfried 2010: Siebenundsiebzig homosexuelle Männer schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis in Zusammenhang mit ihrer Homosexualität oder ein neutrales Thema. Drei Monate danach berichteten Teilnehmer, die über ihre Homosexualität geschrieben hatten, über eine größere Offenheit bezüglich ihrer sexuellen Orientierung. Besonders profitierten Männer, die sonst wenig soziale Unterstützung erhielten.

5.3.1 Wirkfaktor: Soziale Unterstützung (WF 3.1) Mögliche Evaluationsinstrumente: Electronically Activated Recorder (EAR) (Mehl et al. 2001), Berliner Social Support Skalen (BSSS) deutsche Version (Schulz u. Schwarzer 2003; Schwarzer u. Schulz 2000), Fragebogen zur Sozialen Unterstützung (F-SozU) (Fydrich et al. 2007), Fragebogen zur Erfassung von Empathie, Prosozialität, Aggressionsbereitschaft und aggressivem Verhalten (FEPAA) (Lukesch 2005), indirekt: Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Fahrenberg et al. 2000), Satisfaction with Life Scale (SWLS) deutsche Version (Glaesmer et al. 2011; Diener et al. 1985). 114Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Erklärung: Während sich die in Kapitel 5.3 behandelte soziale Integration mehr auf quantitativ-strukturelle Aspekte bezieht, bezieht sich die soziale Unterstützung eher auf qualitativ-funktionale Aspekte und meint die Befriedigung psychosozialer Bedürfnisse in Form von Zuneigung, Anerkennung, Zugehörigkeit und Sicherheit sowie die Befriedigung instrumenteller Bedürfnisse, die den Bedarf an Information sowie praktischer und materieller Hilfe umfasst. Grob kann man also zwischen emotionaler, instrumenteller und informationeller Unterstützung unterscheiden. Während bei der emotionalen Unterstützung vorwiegend Qualitäten auf der Gefühlsebene transportiert werden, handelt es sich bei der instrumentellen Unterstützung um Hilfe bei zu erledigenden Arbeiten oder der Besorgung von Gütern oder dem Bereitstellen finanzieller Ressourcen und bei der informationellen Unterstützung um die Übermittlung von Informationen und um konkrete Beratungshilfen. Dabei besteht ein wichtiger Unterschied zwischen erwarteter (perceived available social support) und erhaltener Unterstützung (actually received social support), wobei die erwartete Unterstützung von der Einbettung in ein soziales System abhängt und die Fähigkeit, mit schwierigen Lebensumständen umzugehen, beeinflusst. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass bereits die Überzeugung, soziale Unterstützung erhalten zu können, zu einer besseren und schnelleren Anpassungsleistung bei stressreichen Ereignissen beiträgt. Das bedeutet, dass es gar nicht so sehr auf die tatsächlich erhaltene Unterstützung ankommt, sondern vielmehr auf die Idee, Unterstützung anfordern zu können, sofern sie benötigt wurde. In den meisten Fällen reicht bereits das Gefühl des Rückhalts, um eigene Ressourcen zu mobilisieren, so dass keine Unterstützung mehr in Anspruch genommen werden muss (Knoll u. Schwarzer 2005; Bolger et al. 1996; Stroebe u. Stroebe 1996; Cohen 1992; Coyne u. Downey 1991). Hingegen ist die negative Erwartung, im Bedarfsfall keine Unterstützung zu erhalten, eng verbunden mit der Angst vor Ablehnung (Vorauer et al. 2003; Sokolowski u. Schmalt 1996). In einer ersten Untersuchung von Langens und Schüler bestätigte sich dieser Zusammenhang und in einer zweiten und dritten Untersuchung zeigte sich, dass das Schreiben über ein stressreiches Erlebnis insbesondere für Menschen mit großer Angst vor Ablehnung hilfreich Wirkung: Soziale Integration (W 3)

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sein und zu einer Stimmungsverbesserung führen kann (Langens u. Schüler 2005). In einer Untersuchung von Sheese und Kollegen profitierten vor allem Teilnehmer, die im Alltag wenig soziale Unterstützung erfuhren, vom Schreiben über ein belastendes Erlebnis (Sheese et al. 2004), und Eells wies nach, dass sowohl das Schreiben über ein belastendes Erlebnis als auch das Schreiben über eine Liebesgeschichte die Qualität sozialer Interaktionen verbessert und zu erfüllten Beziehungen beiträgt (Eells 2006). Zwei weitere Untersuchungen bestätigen diese Ergebnisse. In ihnen waren Menschen, die in einem Internetblog über ihre Gedanken und Gefühle geschrieben hatten, auch im Alltag offener und zugewandter, was ihre soziale Integration förderte und sie vermehrt soziale Unterstützung erfahren ließ (Ko u. Kuo 2009; Baker u. Moore 2008). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Sheese, Brown und Graziano 2004: Fünfhundertsechsundvierzig Teilnehmer schrieben entweder an drei aufeinanderfolgenden Tagen oder dreimal innerhalb von drei Wochen über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, wiesen eine bessere Gesundheit auf als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Teilnehmer, die im Alltag wenig soziale Unterstützung erfuhren, profitierten am meisten vom Schreiben. Die Schreibfrequenz hatte keinen Einfluss auf das Ergebnis. Langens und Schüler 2005: In einer ersten Untersuchung mit hundertneun Studierenden konnte die These bestätigt werden, dass Menschen mit großer Angst vor Ablehnung die Möglichkeiten sozialer Unterstützung geringer einschätzen als Menschen mit weniger Angst vor Ablehnung. In einer zweiten Untersuchung schrieben achtundachtzig Studierende an vier aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein stressreiches Erlebnis oder ein neutrales Thema. Sechsunddreißig Prozent der Studierenden brachen die Untersuchung ab, weil sie sich keinen belastenden Gefühlen aussetzen wollten. Am Ende des Semesters waren Teilnehmer mit großer Angst vor Ablehnung, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, besserer Stimmung als Studierende, die über ein neutrales Thema 116Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

geschrieben hatten. Menschen mit geringer Angst vor Ablehnung hingegen profitierten von keiner der beiden Schreibinstruktionen. In einer dritten Untersuchung schrieben einundsiebzig Studierende achtmal innerhalb von acht Wochen über bedeutsame Lebensereignisse oder ein neutrales Thema. Die Ergebnisse waren denen der zweiten Untersuchung vergleichbar, allerdings gab es dieses Mal keine Studienabbrecher, vielleicht, weil die Schreibinstruktion offener gewählt worden war und das Wort »bedeutsam« weniger negative Assoziationen weckte als das Wort »belastend«. Eells 2006: Dreiundneunzig Paare, die im Durchschnitt seit zwei Jahren zusammen waren, schrieben einmal dreißig Minuten über ein belastendes Erlebnis, eine Liebesgeschichte oder ein neutrales Thema. Eine Woche vor und eine Woche nach der Schreibintervention führten die Paare ein Beziehungstagebuch, in dem sie alle Gespräche notierten, die länger als zehn Minuten dauerten, wobei sie den Grad der Selbstoffenbarung, die Intensität der Gefühle sowie die erlebte Unterstützung vermerkten. Paare, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, waren in der Folgezeit deutlich achtsamer im Umgang miteinander, während Paare, die über eine Liebesgeschichte geschrieben hatten, danach weniger kritisch im Umgang miteinander waren und sich besser verstanden und wohler fühlten. Bei Paaren, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, zeigten sich keine Veränderungen. Baker und Moore 2008: Achtundfünfzig Internetblogger zeigten im Vergleich zu Nichtbloggern in ihrem Alltag eine bessere soziale Integration, eine größere Zufriedenheit mit ihren Freundschaften, erhielten mehr soziale Unterstützung und hatten verlässlichere Beziehungen. Ko und Kuo 2009: Blogger, die ihre tiefsten Gedanken und Gefühle im Internet mitgeteilt hatten, erhielten im Alltag mehr soziale Unterstützung und fühlten sich besser integriert als Nichtblogger, wodurch sich ihre Lebensqualität erhöhte. Die Autoren vermuten, dass das Schreiben über Gefühle und Gedanken im virtuellen Raum auch die Fähigkeit erhöht, sich im Alltag auf andere Menschen einzulassen.

Wirkung: Soziale Integration (W 3)

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5.3.2 Wirkfaktor: Kommunikationsförderung (WF 3.2) Mögliche Evaluationsinstrumente: Electronically Activated Recorder (EAR) (Mehl et al. 2001), Fragebogen zur Partnerschaftsdiagnostik (FPD) (Hahlweg 1996), indirekt: Berliner Social Support Skalen (BSSS) deutsche Version (Schulz u. Schwarzer 2003; Schwarzer u. Schulz 2000), Fragebogen zur Sozialen Unterstützung (F-SozU) (Fydrich et al. 2007), Fragebogen zur Erfassung von Empathie, Prosozialität, Aggressionsbereitschaft und aggressivem Verhalten (FEPAA) (Lukesch 2005), Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Fahrenberg et al. 2000), Satisfaction with Life Scale (SWLS) deutsche Version (Glaesmer et al. 2011; Diener et al. 1985). Erklärung: Kommunikation dient der Mitteilung von Informationen, hat den Charakter einer sozialen Handlung, ist situationsspezifisch, kontext- und kulturabhängig und erfordert große emotionale und soziale Kompetenzen. Die Vorstellung von Kommunikation als Teilhabe und kulturellem Prozess, durch den Gemeinschaft entsteht, verweist auf die Entlehnung des Begriffs aus dem Lateinischen communicare, der sowohl bedeutet, etwas mitzuteilen, als auch, etwas gemeinsam zu machen und damit im Sinn einer Sozialhandlung verstanden werden kann, was wiederum darauf verweist, dass Kommunikation nur in wechselseitiger Bezugnahme stattfinden kann. So postulierten etwa Watzlawick, Beavin und Jackson, dass der Mensch nicht nicht kommunizieren könne (Watzlawick et al. 1971), und Schulz von Thun entwickelte das Vier-Seiten-Modell, in dem eine Nachricht immer unter vier Aspekten betrachtet wird: dem Sachinhalt, dem Aspekt der Selbstoffenbarung, dem Beziehungskontext und dem Appellcharakter (Schulz von Thun 1981). Nachdem immer deutlicher wurde, welchen Einfluss Kommunikation auf das Gelingen von Therapie hat, wurde zunehmend auch der Einfluss von gelungener Kommunikation auf das Schulklima, den Lernerfolg und die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen untersucht, besonders in Hinblick auf die Aufgabe von Schule, die Fähigkeiten für eine bewusste Gestaltung sozialer Beziehungen zu fördern und Gewalt zu verhindern. Die eigenen Gefühle angemessen einzubringen und die Gefühle anderer richtig zu erkennen und zu beachten, stellt die Grundlage für eine verantwortungsvolle Gestal118Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

tung sozialer Beziehungen dar und erfordert unter anderem die Fähigkeit, mittels Sprache auszudrücken, was erlebt, gefühlt und gewünscht wird. Kommunikationsverhalten und soziale Interaktion sind eng aneinander gekoppelt, und meist führt eine verbesserte Kommunikation auch zu verbesserten sozialen Bezügen und einer gesteigerten sozialen Integration. Aus der Überlegung heraus, welchen Einfluss das Schreiben auf die Arzt-Patient-Kommunikation haben könnte, untersuchten Shapiro und Kollegen den Einfluss verschiedener Schreibinstruktionen auf die Empfindung und Wahrnehmung von Medizinstudenten. In einer ersten Untersuchung stellten sie fest, dass Studierende, die Fallberichte sehr emotional verfasst hatten, weniger professionell agierten und in der Patientenkommunikation unsicher waren, während Studierende, die distanzierter geschrieben hatten, einen professionelleren, patientenorientierteren Kommunikationsstil an den Tag legten (Shapiro u. Lie 2004). In einer zweiten Untersuchung bewiesen Studierende, die ihre Fallberichte persönlicher gestaltet hatten, zwar ein größeres Bewusstsein für die emotionalen und spirituellen Aspekte von Krankheit und Tod, konnten sich allerdings weniger gut von den mit dem Fall einhergehenden emotionalen Belastungen distanzieren als ihre sachlich schreibenden Kollegen (Shapiro et al. 2006). In einer Untersuchung von Wong und Rochlen zeigte sich, dass Männer, denen es schwerfiel, sich im Alltag mitzuteilen und Gefühle zum Ausdruck zu bringen, in gleichem Maß vom emotionalen Schreiben profitierten wie Männer, denen es im Alltag leichtfiel, ihre Gefühle auszudrücken. Zwar waren Männer, denen es schwerfiel, ihre Gefühle auszudrücken, in der Realität seltener in Partnerschaften, erfuhren durch das Schreiben über eine fiktive romantische Beziehung aber die gleiche Stressreduktion wie ihre kommunikationsgeübteren Geschlechtsgenossen, die in einer Beziehung lebten (Wong u. Rochlen 2009). Ob das Schreiben Männern, denen es schwerfällt, ihre Gefühle auszudrücken, beim Aufnehmen einer Partnerschaft helfen könnte, muss in weiteren Studien geprüft werden. Baddeley und Pennebaker wiesen für Soldaten, die nach ihrem Kriegseinsatz die Gelegenheit erhielten, über das Erlebte zu schreiben, eine gesteigerte Zufriedenheit in der Ehe nach (Baddeley u. Pennebaker 2011). Wirkung: Soziale Integration (W 3)

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Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Shapiro und Lie 2004: Neunundachtzig Medizinstudenten im zweiten Studienjahr sollten Fallberichte erstellen. Studierende, die ihre Fallberichte emotional verfassten, wirkten in ihrem Verhalten und ihrer Kommunikation weniger professionell als Studierende, die distanzierter geschrieben hatten und einen patientenorientierteren Kommunikationsstil an den Tag legten. Shapiro, Rucker, Boker und Lie 2006: Zweiundneunzig Medizinstudenten schrieben drei entweder klassische klinische Fallberichte oder mehr persönliche Berichte über ihre Patienten. Studierende, die ihre Berichte persönlicher gestaltet hatten, bewiesen zwar ein größeres Bewusstsein für die emotionalen und spirituellen Aspekte von Krankheit und Tod, waren aber weniger in der Lage, sich emotional von den Fällen zu distanzieren. Wong und Rochlen 2009: Hundertachtundfünfzig männliche Studierende schrieben an drei Tagen für zwanzig Minuten über die Vision einer romantischen Beziehung oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über eine romantische Beziehungsvision geschrieben hatten, erfuhren eine größere Stressreduktion als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Männern, denen es schwerfiel, sich auszudrücken, waren zwar seltener in Partnerschaften, profitierten vom Schreiben über eine Beziehung aber ebenso wie Männer in Partnerschaften. Baddeley und Pennebaker 2011: Hundertzwei Paare, von denen ein Partner als Soldat im Kriegseinsatz gewesen war, wurden vier Gruppen zugeteilt. In einer schrieben beide Partner über belastende Erlebnisse, in der zweiten und dritten einer der Partner und die vierte fungierte als Kontrollgruppe. Geschrieben wurde dreimal an einem Tag. Am meisten profitierte die Gruppe, in der der Kriegsteilnehmer über die belastenden Erlebnisse geschrieben hatte. Je unmittelbarer die Teilnehmer dem Kriegsgeschehen ausgesetzt gewesen waren, umso mehr verbesserte sich durch das Schreiben die Zufriedenheit in ihrer Ehe. 120Wirksamkeitsnachweise © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

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Einige der hier dargestellten Ergebnisse wurden bereits bei den Wirkungen und Wirkfaktoren genannt. Allerdings scheint es sinnvoll, sie im spezifischen Kontext ausgewählter Krankheitsbilder gesondert darzustellen, um einen schnellen Überblick über einzelne Krankheitsbilder zu gewährleisten. Die Auswahl der Krankheitsbilder erfolgte aufgrund der Häufigkeit ihres Auftretens in Klinik und Praxis und aufgrund der Datenlage. Hier schien es sinnvoll, Krankheitsbilder darzustellen, für die es bereits Wirksamkeitsnachweise gibt, was nicht bedeutet, dass die Poesietherapie bei anderen Indikationen nicht hilfreich ist, sondern einzig, dass Untersuchungen zur Wirksamkeit noch ausstehen, wie auch für die genannten Krankheitsbilder weitere Studien erforderlich sind, um immer differenziertere Aussagen treffen zu können. Die Einführungen in die Krankheitsbilder dienen lediglich einem ersten Überblick. Für die meisten dargestellten Krankheitsbilder gibt es zahlreiche verschiedene Therapieverfahren, für die mehr oder weniger evidenzbasierte Wirksamkeitsnachweise existieren. In diesem Buch sind vor allem die Therapieverfahren aufgeführt, die eine Nähe zur Poesietherapie aufweisen oder bei denen ähnliche Wirkungen und Wirkfaktoren eine Rolle spielen, wie sie für das Schreiben angenommen werden.

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6.1 Psychiatrische und psychosomatische Kontexte Tabelle 4: Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie für psychiatrische und psychosomatische Kontexte Psychiatrische und psychosomatische Kontexte Posttraumatische Belastungsstörungen Greenberg u. Stone 1992 Gidron et al. 1996 Schoutrop et al. 1997 Brown u. Heimberg 2001 Schoutrop et al. 2002 Batten et al. 2002 Smyth et al. 2002 Deters u. Range 2003 Freyd et al. 2005 Koopman et al. 2005 Chen 2005 Bernard et al. 2006 Gebler u. Maercker 2007 Sloan et al. 2007 Smyth et al. 2008 Resick et al. 2008 Fernandez u. Paez 2008 Chen u. Contrada 2009 Kearns et al. 2010 Sloan et al. 2011

Depressionen Gortner et al. 2006 Stice et al. 2007 Heimes et al. 2008a Sloan et al. 2009 Essstörungen Earnhardt et al. 2002 Frayne u. Wayde 2006 Stice et al. 2006 Grasso 2007 Stice et al. 2008 Hiltunen 2008 Chung 2009 East et al. 2010 Arigo u. Smyth 2011 Lafont 2011 Suchterkrankungen Ames et al. 2005 Baikie et al. 2006 Ames et al. 2007 Ames et al. 2008 Grasing et al. 2010

6.1.1 Posttraumatische Belastungsstörungen Mögliche Evaluationsinstrumente: Diagnose-Manual DSM-IV, Kriterien ICD-10, Impact of Event Skala revidiert (IES-R) deutsche Version (Maercker 2003; Maercker u. Schützwohl 1998; Weiss u. Marmar 1996; Horowitz et al. 1979), Posttraumatische Diagnoseskala (PDS) (Steil u. Ehlers 2000; Foa et al. 1997), Posttraumatische Stress-Skala-10 (PTSS-10) (Maercker 1998; Weisaeth 1989), Clinician Administered PTBS Scale (CAPS) deutsche Version (Schnyder u. Moergeli 2002; Blake et al. 2000), DIA-X Interview (Wittchen u. Pfister 1997), Interviews zu Belastungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen (IBS-KJ) (Steil u. Füchsel 2005), Posttraumatische 122

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Persönliche Reifung (PPR) (Maercker u. Langner 2001; Tedeschi u. Calhoun 1996), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Selbstoffenbarung Kapitel 5.1.1, Verarbeitung belastender Erlebnisse Kapitel 5.1.2, Neubewertung Kapitel 5.2.2, Kohärenzerleben Kapitel 5.2.3. Erklärung: Menschen, die mit einer außergewöhnlichen Bedrohung oder einem katastrophenartigen Ereignis konfrontiert werden, das ihre psychische und physische Integrität oder die einer ihnen nahestehenden Personen existentiell bedroht und sie in einen Zustand überwältigender Hilflosigkeit versetzt, wie etwa Opfer sexuellen Missbrauchs, körperlicher Gewalt oder Überlebende von Naturkatastrophen, Kriegen oder Unfällen, leiden zuweilen noch Jahre nach dem traumatischen Erlebnis unter psychischen und physischen Symptomen. Erlebt ein Mensch als Opfer oder Zeuge unerträgliches Leid, können sein bisheriges Selbst- und Weltbild, seine Weltanschauung und seine Welterklärungsmuster und sein Vertrauen in die Menschen und die Ordnung der Dinge erschüttert werden. Wird das Vertrauen auf grundlegende Weise und nachhaltig beeinträchtigt oder zerstört und findet der Betroffene keine Erklärungen für das Geschehen, ist er mit einer existentiellen Absurdität konfrontiert, die seine innere Orientierung und psychische Stabilität gefährdet. Manchmal ist dem Traumatisierten nicht oder nur unvollständig bewusst, was geschehen ist und wie das Geschehen einzuordnen und zu bewerten ist, und er leidet unter Gefühlen der Fassungs- und Sinnlosigkeit. Je massiver und unerklärlicher das Trauma und je jünger die betroffene Person zum Zeitpunkt des Geschehens ist, umso stärker werden Aspekte des Traumas oder die ganze Situation durch dissoziative Prozesse aus dem Bewusstsein entfernt, was dazu führt, dass die verstörenden Erfahrungen nicht verarbeitet werden können (Sachsse 2004). Schwere, Zeitpunkt und Dauer der Traumatisierung haben Auswirkungen auf das Ausmaß der Störung. Risikofaktoren sind belastende Lebensereignisse oder Lebensumstände, die einzeln oder in ihrem Zusammenwirken die Entstehung einer Posttraumatischen Belastungsstörung begünstigen. Im Vergleich zu Unfällen oder Naturkatastrophen zieht die Erfahrung menschlicher Gewalt meist tiefgreifendere Folgen nach sich, weil sich das Erlebte nur schwer mit dem ursprünglichen Glauben an die Existenz von Menschlichkeit Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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vereinbaren lässt. Norris und Kollegen wiesen in einer Metaanalyse darauf hin, dass Opfer menschlich verursachter Gewalt ein größeres Risiko für die Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung haben als Opfer natürlicher oder technischer Katastrophen (Norris et al. 2002). Kann ein Mensch in einer bedrohlichen Situation weder kämpfen noch fliehen, was die unmittelbaren Reaktionen wären, verfällt er in einen Erstarrungszustand (freezing), gepaart mit innerer Übererregung (hyperarousal). Kann die Schockstarre aufgrund mangelnder Ressourcen nicht aufgelöst und verarbeitet werden, kann es zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung kommen. Der Beginn der Posttraumatischen Belastungsstörung folgt dem Trauma meist mit einer Verzögerung von wenigen Wochen bis Monaten. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in der Erinnerung (Intrusionen), Albträume, Teilnahms- und Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen (Vermeidungsverhalten), die Erinnerungen an das Trauma wachrufen können (Trigger); eine Übererregbarkeit, die sich in übermäßiger Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit und Schlafstörungen äußert, und die Neigung zum Grübeln (Ruminationen). Maercker versteht unter Intrusionen belastende Erinnerungen, die sich aufdrängen und das Gedächtnis mit traumabezogenen Bildern überfluten. Die Intensität der Intrusionen reicht von Einzelerinnerungen bis zu ganzen Bilderserien beziehungsweise inneren Filmen (flashbacks) (Maercker 2003). Verbunden mit den Intrusionen sind depressive Stimmungen. Horn verweist darauf, dass ein erhöhtes Maß an Intrusionen depressogen wirkende kognitiv-dysfunktionale Schemata aktiviert (Horn 2004; Horn u. Hautzinger 2003), was zu den Befunden von Brewin und Kollegen passt, die herausfanden, dass ein vermeidender kognitiver Verarbeitungsstil die Entstehung einer Depression begünstigt (Brewin 1998; Brewin et al. 1996). Die oft mit den Intrusionen zusammen auftretenden Rumi­na­ tionen wirken ebenfalls depressogen. Nolen-Hoeksema und Kollegen wiesen in einer Studie nach, dass ein erhöhtes Maß an Ruminationen als prädiktiver Wert für eine depressive Symptomatik verwendet werden kann (Nolen-Hoeksema u. Morrow 1991), und in einer Untersuchung von Trauernden zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen Ruminationen und der Entwicklung einer Depres124

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sion (Nolen-Hoeksema et al. 1994 u. 1997). Ruminationen können aber nicht nur eine Depression auslösen oder verlängern, sondern zugleich eine effektive Problemlösung verhindern und eine kompetente Einschätzung und angemessene Reaktion in sozial schwierigen Situationen beeinträchtigen (Horn 2004; Watkins u. Baracaia 2002). Im sozialen Kontext können Ruminationen in einen circulus vitiosus führen, da Menschen, die zu Ruminationen neigen, zunächst zwar Zuwendung von der Umgebung erfahren, bei fortgesetztem, in sich kreisendem Grübeln allerdings zunehmend auf Ablehnung stoßen, was den Grübelzwang verstärkt und zur sozialen Isolation führt (Nolen-Hoeksema u. Davis 1999). Ein weiterer Teufelskreis besteht darin, dass Ruminationen zu Verunsicherungen führen, die zur Handlungsunfähigkeit beitragen, welche wiederum die Passivität erhöht und die Ruminationen verstärkt. Studien bei trauernden Müttern (Lepore et al. 1996), Überlebenden von Krebserkrankungen (Lepore 1997b) und Kindern mit Gewalterfahrungen (Kliewer et al. 1998) legen nahe, dass der Ausdruck stressbezogener Gedanken in Gegenwart einer unterstützenden Person die negative Assoziation zwischen intrusiven Gedanken und psychischer Gesundheit verringert. Aber nicht jeder, der ein Trauma erlebt, entwickelt eine Posttraumatische Belastungsstörung. Je nach Untersuchungsbedingungen und in Abhängigkeit von der Art und Schwere des Traumas schwanken die Zahlen zur Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung zwischen zwanzig bis fünfundsechzig Prozent. So litten etwa in einer Studie von Keane fünfundsechzig Prozent der Kriegsheimkehrer unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (Keane 1998), in einer Untersuchung von Brom und Kollegen waren es sechzig bis fünfundsechzig Prozent der Unfallopfer (Brom et al. 1993) und in einer Metaanalyse von Kilpatrick kam es bei zwanzig bis sechzig Prozent weiblicher Vergewaltigungsopfer zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung (Kilpatrick et al. 1998). Dabei erwiesen sich Menschen, die bereits vor dem Trauma unter psychischen Problemen litten, als besonders anfällig für die Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung (Fischer u. Riedesser 2009; Cabrera et al. 2007). Da aber, je nach Untersuchung, immerhin fünfunddreißig bis achtzig Prozent der Traumatisierten keine Posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, stellt sich die Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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Frage, welche Faktoren die Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung verhindern. Dass ein intaktes und supportives soziales Netz, das den Opfern unter anderem die Möglichkeit bietet, über das Erlebte zu reden, einer dieser Faktoren ist, weiß man aus verschiedenen Untersuchungen (Pennebaker u. Harber 1993; Murray 1992; Pennebaker u. Susman 1988). Ein weiterer Faktor, der der Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung vorbeugen könnte, ist die Überführung ungeordneter Erinnerungen in strukturierte Gedächtnisinhalte. Was in der Therapie, wie in Kapitel 5.2.3 beschrieben, bereits als wirksam erkannt wurde, nämlich die Förderung des Kohärenzerlebens, könnte möglicherweise vor der Entwicklung einer Posttraumatischen Belastungsstörung als protektive Maßnahme eingesetzt werden. An dieser Stelle sei noch einmal auf die in Kapitel 5.1.2 erwähnte Narrative Expositionstherapie (Narrative Exposure Therapy) verwiesen, die eine unübersehbare Nähe zum Schreiben aufweist. Dabei handelt es sich um ein psychotherapeutisches Verfahren für traumatisierte Kinder und Erwachsene, das ursprünglich in Situationen eingesetzt wurde, in denen schwer- und mehrfachtraumatisierte Menschen nur wenige Behandlungssitzungen erhalten können, wie etwa in Kriegsund Krisengebieten oder in der Behandlung abschiebegefährdeter Flüchtlinge. Um eine raumzeitliche Rückbindung der traumatischen Erlebnisse zu erreichen, positioniert sich der Patient in der Narrativen Expositionstherapie zusammen mit dem Therapeuten außerhalb des Traumas und erlebt seine eigene Lebensgeschichte in chronologischer Reihenfolge. Erinnert und benannt werden sowohl negative, traumatische als auch positive Erlebnisse, die als Ressource dienen können. Der Vorgang wird so lange wiederholt, bis das Erinnerte und Erzählte sich autobiographisch einordnen, benennen, begreifen und verorten lässt. In der Regel folgt dem mündlichen Dialog eine schriftliche Niederlegung der Lebensereignisse, woraus sich eine Gesamtschau des Lebens ergibt und es zum Erkennen von Lebensmustern und Zusammenhängen, zur Würdigung der Person und Biographie kommt (Schauer et al. 2011; Neuner et al. 2009). In einer Untersuchung in Norduganda linderte die von lokal geschulten Laientherapeuten in acht Doppelsitzungen durchgeführte Narrative Expositionstherapie bei achtundsechzig Prozent der ehemaligen Kindersoldaten die Symptome einer Posttraumatischen 126

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Belastungsstörung (Ertl et al. 2011). Diese Ergebnisse stehen in Einklang mit der von Ehlers und Kollegen beschriebenen kognitiven Theorie der Traumaverarbeitung, in der sie den Prozess des Wiedererlebens und der Verbalisierung des Traumas als Weg der Bearbeitung beschreiben, um das traumatische Erlebnis in das eigene bewusste, autobiographische Gedächtnis zu integrieren (Ehlers et al. 2004). In einer Untersuchung von Greenberg und Stone, in der Studierende über ein bisher verschwiegenes oder ein bereits offenbartes Trauma geschrieben hatten, verbesserte sich vor allem der Gesundheitszustand schwer traumatisierter Teilnehmer, wobei es keinen Unterschied machte, ob das Trauma zum ersten oder zum wiederholten Mal offenbart wurde (Greenberg u. Stone 1992). In einer Untersuchung von Gidron und Kollegen hingegen kam es nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis zu einer Stimmungsverschlechterung und einem stärker ausgeprägten Vermeidungsverhalten (Gidron et al. 1996), was die in Kapitel 2.3.1 aufgestellte These unterstützt, dass nach einem Trauma erst eine ausreichende Stabilisierung erreicht sein muss, bevor es zu einer erneuten Traumakonfrontation kommen sollte. Allerdings ist anzumerken, dass die Teilnehmer, die über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, im Anschluss an das Schreiben zu einer Gruppendiskussion aufgefordert worden waren und angesichts der Tatsache, dass das Schreiben über belastende Erlebnisse in zahlreichen anderen Untersuchungen einen positiven Effekt hatte, nicht auszuschließen ist, dass die Zustandsverschlechterung in dieser Untersuchung mit der Gruppendiskussion zusammenhängen könnte. Überdies war die Teilnehmerzahl mit acht Personen, die über ein belastendes Erlebnis, und sechs, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, sehr klein, was die Allgemeingültigkeit der Ergebnisse einschränkt. In zwei von Schoutrop und Kollegen durchgeführten Untersuchungen führte das Schreiben über ein traumatisches Erlebnis bei Teilnehmern mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung zu einem verbesserten subjektiven Befinden, einer besseren körperlichen Gesundheit, weniger Intrusionen und depressiven Symptomen und einem reduzierten Vermeidungsverhalten (Schoutrop et al. 2002 u. 1997). In einer Untersuchung von Brown und Heimberg von Studentinnen, die Opfer einer versuchten oder vollzogenen Vergewaltigung geworden waren, fand sich ein Zusammenhang zwischen der Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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Genauigkeit der Beschreibung des traumatischen Erlebnisses und der Reduktion depressiver Symptome und sozialer Ängste (Brown u. Heimberg 2001). Batten und Kollegen hingegen konnten keine positiven Wirkungen des Schreibens bei weiblichen Opfern eines sexuellen Missbrauchs feststellen. Da es sich in der überwiegenden Zahl allerdings um einen Missbrauch durch eine Vertrauensperson handelte, merken die Autoren an, dass schwere Traumata, die mit einem Vertrauensmissbrauch einhergehen, möglicherweise eines anderen Settings bedürfen (Batten et al. 2002). In Analogie dazu fanden Freyd und Kollegen heraus, dass schwer und wiederholt traumatisierte Menschen, bei denen das Trauma mit einem Verrat einherging, nicht vom Schreiben über das Trauma profitieren, während weniger schwer traumatisierte Menschen positive Effekte zeigten (Freyd et al. 2005). Smyth und Kollegen fanden heraus, dass bei Opfern eines Hurrikans, die über das Erleben der Naturkatastrophe geschrieben hatten, sich zwar nicht die Häufigkeit, wohl aber der Einfluss intrusiver Gedanken verringerte, so dass es zu einer Verminderung negativer Gefühle kam (Smyth et al. 2002). In einer Untersuchung von Deters und Range kam es sowohl bei Teilnehmern, die über ein traumatisches Erlebnis, als auch bei Teilnehmern, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, zu einer Abnahme der Schwere traumabezogener Symptome und der Häufigkeit von Dissoziationen. Da es nur in der Gruppe, die über das traumatische Erlebnis geschrieben hatte, zu einer kurzzeitigen Stimmungsverschlechterung unmittelbar nach dem Schreiben kam, profitierten die Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, insgesamt mehr vom Schreiben (Deters u. Range 2003), was ein Hinweis darauf sein könnte, dass eine wie in Kapitel 7.1.2 besprochene offenere Schreibinstruktion möglicherweise von Vorteil sein könnte. In einer Untersuchung von Koopman und Kollegen waren Frauen, die Opfer von Gewalt in intimen Beziehungen geworden waren, nach dem Schreiben über das traumatische Erlebnis weniger depressiv als traumatisierte Frauen, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten (Koopman et al. 2005). Zwei Untersuchungen von Chen und Kollegen erweiterten die Schreibinstruktionen um das Element der Spiritualität und ließen eine Hälfte der Teilnehmer in klassischer Weise über ein belasten128

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des Erlebnis schreiben, während sie die andere Hälfte aufforderten, beim Schreiben über das belastende Erlebnis eine religiös-spirituelle Perspektive einzunehmen. Teilnehmer mit leichten Traumata profitierten von beiden Schreibinstruktionen, während Teilnehmer mit schweren Traumata nur vom Schreiben profitierten, wenn sie dabei die religiös-spirituelle Perspektive eingenommen hatten (Chen u. Contrada 2009; Chen 2005). Bernard und Kollegen ließen Menschen, die zweieinhalb Jahre zuvor eine Psychose erlitten hatten und danach Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung aufwiesen, über ihre Psychoseerlebnisse schreiben, was zu einer Verringerung der traumabezogenen Symptome und des Vermeidungsverhaltens führte (Bernard et al. 2006). Gebler und Maercker erweiterten die Schreibinstruktionen ähnlich wie Chen und Kollegen und baten die Hälfte der Teilnehmer, ihrem Schreiben über das traumatische Erlebnis eine existentielle Sinnkomponente zugrunde zu legen. Bei den Teilnehmern, die dem Schreiben eine existentielle Komponente zugrunde gelegt hatten, kam es zu einer größeren Abnahme von Traumasymptomatik, Depressivität und einer als existentiell bezeichneten Frustration, während Teilnehmer der Standardgruppe einen höheren Zugewinn bei der Posttraumatischen Reifung hatten (Gebler u. Maercker 2007), und auch in einer Untersuchung von Smyth und Kollegen zeigten Teilnehmer mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung, die in klassischer Weise über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, einen Zugewinn bei der Posttraumatischen Reifung, eine verbesserte Stimmung und eine Abnahme der Cortisolspiegel (Smyth et al. 2008). In einer Untersuchung von Sloan und Kollegen, die in ihrer Schreibinstruktion die Wichtigkeit des Gefühlausdrucks betonten, kam es zu einer Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit (Sloan et al. 2007) und in einer vergleichenden Untersuchung von Resick kam es sowohl bei Teilnehmern, die eine Kognitive Therapie erhalten hatten, als auch bei Teilnehmern, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, zu einer Verminderung traumabezogener und depressiver Symptome und einer Abnahme von Angst, Wut, Schuld und Scham (Resick et al. 2008) sowie sich in einer Untersuchung von Fernandez und Paez die depressiven Stimmungen nach dem Schreiben über einen Bombenanschlag in der Madrider U-Bahn verminderten (Fernandez u. Paez 2008). Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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Kearns fand sowohl in der Gruppe, die über ein belastendes Erlebnis, als auch in der, die über ein neutrales Thema geschrieben hatte, eine Verbesserung körperlicher Beschwerden, eine Verminderung traumabezogener Symptome und eine Stressreduktion (Kearns et al. 2010), während Sloan und Kollegen bei jungen Erwachsenen mit den Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung keine Wirkungen des Schreibens auf depressive oder traumabezogene Symptome feststellen konnten (Sloan et al. 2011). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Greenberg und Stone 1992: Sechzig Studierende schrieben über ein bisher verschwiegenes Trauma, ein bereits offenbartes Trauma oder ein neutrales Thema. Schwer traumatisierte Teilnehmer, die über das Trauma geschrieben hatten, litten in den Folgemonaten unter weniger physischen Problemen als leicht traumatisierte Teilnehmer, wobei es keinen Unterschied darstellte, ob das Trauma zum ersten oder zum wiederholten Mal offenbart worden war. Gidron, Peri, Connolly und Shalev 1996: Vierzehn Personen mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über das traumatische Erlebnis oder ihre Tagesplanung. Teilnehmer, die über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, wurden danach zusätzlich aufgefordert, in der Gruppe über das Trauma zu diskutieren. Bei ihnen kam es unmittelbar nach dem Schreiben zu einer Stimmungsverschlechterung und fünf Wochen später zu einem verstärkten Vermeidungsverhalten, was die Autoren darauf zurückführen, dass noch nicht ausreichend Copingstrategien vorhanden waren, um von einer Konfrontation mit dem Trauma zu profitieren. Zudem lässt sich nicht ausschließen, dass sich die an das Schreiben anschließende Gruppendiskussion einen negativen Einfluss hatte. Schoutrop, Lange, Brosschot und Everaerd 1997: Zweiunddreißig Studierende mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung schrieben fünfmal innerhalb von zwei Wochen für fünfundvierzig Minuten über das traumatische Erlebnis. Sowohl unmittelbar nach dem Schreiben als auch acht Wochen später kam es zu einer Verminde130

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rung von depressiven und ängstlichen Symptomen, auch wenn sich der Effekt nach acht Wochen abschwächte. Die Schwere des Traumas hatte keinen Einfluss auf die Wirkung. Brown und Heimberg 2001: Fünfundachtzig Studentinnen, die Opfer einer versuchten oder vollzogenen Vergewaltigung geworden waren, wurden vier Gruppen zugeteilt. Zwei Gruppen schrieben über die Fakten des Ereignisses und zwei über Fakten, Gedanken und Gefühle in Bezug auf das Ereignis. Teilnehmerinnen jeweils einer der Gruppen lasen ihren Text danach entweder leise für sich oder lasen ihn laut einer anderen Person vor. Dabei zeigten sich keine bedeutsamen Unterschiede zwischen den vier Gruppen. Allerdings führte die Verwendung einer moderaten Anzahl selbstreferentieller Auskünfte in den Texten in allen vier Gruppen zu einer Abnahme sozialer Ängste, während eine Verwendung sehr weniger oder übermäßig vieler Selbstbezüge den gegenteiligen Effekt hatte, was die Autoren zu dem Schluss kommen lässt, dass Teilnehmerinnen, die zu wenig offenbart hatten, nicht wirklich testen konnten, welche Konsequenzen eine Selbstoffenbarung hat, während Teilnehmerinnen, die zu viel preisgegeben hatten, sich möglicherweise entblößt fühlten. Auffällig war noch, dass Teilnehmerinnen, die längere Texte verfasst hatten, im Folgemonat häufiger mit anderen über das traumatische Erlebnis sprachen. Schoutrop, Lange, Hanewald, Davidovich und Salomon 2002: Sechsundzwanzig Teilnehmer mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung schrieben fünfmal innerhalb von zwei Wochen für fünfundvierzig Minuten über ein traumatisches Erlebnis, während zweiundzwanzig Personen der Warteliste als Kontrollgruppe fungierten. Bei Teilnehmern, die über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, nahmen im sechswöchigen Nachbeobachtungszeitraum Intrusionen, depressive Symptome und Vermeidungsverhalten ab, während sich bei der Kontrollgruppe keine Veränderungen zeigten. Batten, Follette und Palm 2002: Einundsechzig Frauen mit einem schweren Missbrauch in der Kindheit schrieben über den Missbrauch oder ein neutrales Thema. Nach zwölf Wochen zeigte sich in keiner der beiden Gruppen ein Effekt. Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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Smyth, Hockemeyer, Anderson, Strandberg, Koch, O’Neill und McCammon 2002: Dreiundfünfzig Opfer eines Hurrikans mit nachfolgender Überschwemmung und Evakuierung schrieben über das Erleben der Naturkatastrophe oder ein neutrales Thema, während sechsundfünfzig Personen, die in der Region lebten, aber nicht betroffen waren, als Kontrollgruppe fungierten. Die Schreibintervention erfolgte fünf Wochen nach dem Unglück, der Nachbeobachtungszeitraum betrug drei Monate. Alle Personen, die von der Katastrophe betroffen waren, zeigten als Effekt über die Zeit eine Reduzierung negativer Affekte und körperlicher Beschwerden. Bei Teilnehmern, die über die Katastrophe geschrieben hatten, kam es allerdings zu einer stärkeren Symptomreduktion. Obwohl die Häufigkeit intrusiver Gedanken nicht abnahm, waren deren Auswirkungen auf die Stimmungslage nicht mehr so ausgeprägt. Deters und Range 2003: Siebenundfünfzig Studierende mit einem traumatischen Erlebnis in der Vorgeschichte schrieben an vier Tagen innerhalb von zwei Wochen für fünfzehn Minuten über das belastende Erlebnis oder ein neutrales Thema. Bei beiden Gruppen kam es zu einer Abnahme traumabezogener Symptome und weniger Dissoziationen. Auch suchten Studierende nach dem Schreiben seltener einen Arzt auf. Bei Teilnehmern, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, kam es unmittelbar nach dem Schreiben zusätzlich zur Stimmungsaufhellung, während es bei Teilnehmern, die über das traumatische Erlebnis geschrieben hatten, unmittelbar nach dem Schreiben zu einer kurzzeitigen Stimmungsverschlechterung kam, so dass Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, insgesamt am meisten von der Intervention profitierten. Freyd, Klest und Allard 2005: Achtzig Patienten mit Traumata in der Vorgeschichte und chronischen körperlichen Beschwerden schrieben dreimal innerhalb von zwei Wochen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis. Ob die Teilnehmer vom Schreiben profitierten, hing von der Häufigkeit der vorangegangenen Traumata ab und davon, ob diese mit einem Verrat durch eine Vertrauensperson einhergegangen waren oder nicht. Menschen mit wiederholten Traumata, die mit einem Vertrauensmissbrauch verbunden waren, profitierten nicht vom Schreiben, während Teilnehmer mit weniger 132

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Traumata, die nicht mit einem Verrat in Verbindung standen, positive Effekte zeigten. Die Autoren vermuten, dass wiederholt und schwer traumatisierte Menschen, bei denen das Trauma mit einem Vertrauensmissbrauch einhergeht, eines anderen Settings bedürfen, um vom Schreiben zu profitieren. Koopman, Ismailji, Holmes, Classen, Palesh und Wales 2005: Siebenundvierzig Patientinnen, die Opfer von Gewalt innerhalb einer intimen Beziehung wurden und in der Folge unter Depressionen, Posttraumatischer Belastungsstörung oder Schmerzen litten, schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen über das erlebte Trauma oder ein neutrales Thema. Bei Frauen, die über ihre belastenden Erfahrungen geschrieben hatten, kam es zur Reduktion depressiver Symptome. Traumabezogene Symptome und Schmerzen blieben unverändert. Chen 2005: Hundertsiebenundsiebzig Studierende schrieben über ein belastendes Erlebnis, wobei eine Hälfte der Teilnehmer dabei eine religiös-spirituelle Perspektive einnehmen sollte. Teilnehmer mit leichten Traumata profitierten in beiden Gruppen vom Schreiben, während Teilnehmer mit schweren Traumata nur vom Schreiben profitierten, wenn sie dabei eine religiös-spirituelle Perspektive eingenommen hatten. Frauen profitierten insgesamt mehr vom Schreiben als Männer. Bernard, Jackson und Jones 2006: Zweiundzwanzig Teilnehmer schrieben zweieinhalb Jahre nach einer Psychose dreimal für fünfzehn Minuten über die belastenden Aspekte der Psychose oder ein neutrales Thema. Bei Teilnehmern, die über die Psychose geschrieben hatten, verminderten sich traumabezogene Symptome und Vermeidungsverhalten, während ängstliche und depressive Symptome unverändert blieben. Gebler und Maercker 2007: Fünfundvierzig Teilnehmer mit einem traumatischen Erlebnis in der Vorgeschichte schrieben viermal innerhalb von zwei Wochen für zwanzig Minuten über das traumatische Erlebnis. Eine Hälfte der Gruppe sollte ihrem Schreiben dabei eine existentielle Sinnkomponente zugrunde legen. Die AbbruchPsychiatrische und psychosomatische Kontexte

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rate lag bei nahezu fünfzig Prozent, wobei die Studienabbrecher als Grund vor allem Zeitmangel angaben. Teilnehmer, die ohne zusätzliche Instruktion über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, zeigten einen höheren Zugewinn bei der Posttraumatischen Reifung, während es bei Teilnehmern, die dem Schreiben eine existentielle Sinnkomponente zugrunde gelegt hatten, zu einer größeren Abnahme von Traumasymptomatik, Depressivität und einer als existentiell bezeichneten Frustration kam. Sloan, Marx, Epstein und Lexington 2007: Zweiundachtzig Studierende mit den Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Eine Hälfte der Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis schrieben, wurde explizit dazu aufgefordert, dabei insbesondere ihre Gefühle zum Ausdruck zu bringen, während die andere Hälfte vorwiegend über ihre Gedanken schreiben sollte. Bei Teilnehmern, die beim Schreiben vor allem ihre Gefühle bezüglich des belastenden Erlebnisses zum Ausdruck gebracht hatten, kam es zu den deutlichsten Verbesserungen der körperlichen und psychischen Gesundheit. Smyth, Hockemeyer und Tulloch 2008: Fünfundzwanzig Patienten mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ihr Zeitmanagement. Teilnehmer, die über das belastende Erlebnis geschrieben hatten, zeigten einen höheren Zugewinn bei der Posttraumatischen Reifung, eine verbesserte Stimmung und eine Abnahme der Cortisolspiegel, was auf eine bessere Emotionsregulationsfähigkeit und Stressreduktion verweist. Resick, Galovski, Uhlmansiek, Scher, Clum und Young-Xu 2008: Hundertfünfzig Teilnehmer mit den Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung erhielten einmal wöchentlich über sechs Wochen Cognitive Processing Therapy (CPT), klassische Kognitive Therapie, oder schrieben über ein belastendes Erlebnis. In allen Gruppen kam es zu einer Verminderung traumabezogener und depressiver Symptome und einer Abnahme von Angst, Wut, Schuld und Scham. Dabei wiesen Teilnehmer der Kognitiven Therapien eine stärkere Reduktion traumabezogener Symptome auf als Teilnehmer der Schreibgruppe. 134

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Fernandez und Paez 2008: Sechshundertsieben vom Attentat in der Madrider U-Bahn Betroffene schrieben über ihre damit verbundenen Gedanken und Gefühle. Verglichen mit einer nichtschreibenden Kontrollgruppe berichteten die Teilnehmer der Schreibgruppe zwei Monate nach der Intervention über weniger negative Gefühle. Chen und Contrada 2009: Zweihundertfünfzehn Studierende schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Eine Hälfte der Gruppe, die über ein belastendes Erlebnis schrieb, sollte dabei eine religiös-spirituelle Perspektive einnehmen. Nur in dieser Gruppe kam es einen Monat danach zu einer Reduktion depressiver Symptome. Kearns, Edwards, Calhoun und Gidycz 2010: Vierundsiebzig Frauen schrieben über einen sexuellen Missbrauch oder ein neutrales Thema. Unmittelbar nach dem Schreiben kam es in der Gruppe, die über den Missbrauch geschrieben hatte, zu einer Reduktion negativer Gefühle. Einen Monat nach dem Schreiben kam es allerdings in beiden Gruppen zu einer Abnahme körperlicher Beschwerden und traumabezogener Symptome und zu einer Stressreduktion. Sloan, Marx und Greenberg 2011: Junge Erwachsene mit den Symptomen einer Posttraumatischen Belastungsstörung schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Bei Teilnehmern, die über ein belastendes Erlebnis schrieben, erhöhte sich während des Schreibens die Herzfrequenz. Allerdings hatte das Schreiben in keiner der beiden Gruppen einen Einfluss auf depressive oder traumabezogene Symptome.

6.1.2 Depressionen Mögliche Evaluationsinstrumente: Beck-Depressions-Inventar (BDI) (Hautzinger et al. 2009 u. 1995; Beck et al. 1961), Allgemeine Depressionsskala (ADS) (Hautzinger u. Bailer 1993), Hamilton Depressionsskala (HAMD) (Hamilton 1996 u. 1960), Geriatrische Depressionsskala (GDS) (Gauggel u. Birkner 1999; Yesavage et al. 1983), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Selbstoffenbarung Kapitel 5.1.1, Verarbeitung Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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belastender Erlebnisse Kapitel 5.1.2, Neubewertung Kapitel 5.2.2, Selbstkonzept und Lebensziele Kapitel 5.2.4. Erklärung: Depressive Störungen gehören zu den häufigsten Erkrankungen. Das Risiko für jeden Einzelnen, im Verlauf seines Lebens an einer Depression zu erkranken, liegt für Frauen bei fünfundzwanzig und für Männer bei zwölf Prozent. Frauen sind also etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer, am häufigsten zwischen dem vierzigsten und fünfundsechzigsten Lebensjahr. Bei ihnen kommt es auch häufiger zu wiederkehrenden Episoden, während Männer meist nur einmal in ihrem Leben von einer depressiven Episode betroffen sind. Während das Erkrankungsrisiko bei Kindern und Jugendlichen bis zum fünfzehnten Lebensjahr zwischen zwei und drei Prozent liegt, ist bei Jugendlichen im Alter zwischen fünfzehn und siebzehn Jahren von einem ähnlich hohen Erkrankungsrisiko wie bei Erwachsenen auszugehen (Wittchen et al. 2010). Depressionen führen weltweit zu den meisten von Krankheit beeinträchtigten Lebensjahren (disability-adjusted life years) und den meisten durch vorzeitigen Tod verlorenen Lebensjahren (years of life lost). Oft wird die Erkrankung erst sehr spät erkannt. Einige Betroffene klagen über Kraftlosigkeit und Müdigkeit, andere über Rückenschmerzen. Eine depressive Episode besteht, wenn die Betroffenen mindestens zwei Wochen lang unter gedrückter Stimmung, Verlust von Lebensfreude und Interessenverlust leiden; hinzu kommen oft Schlafstörungen, Appetitlosigkeit und körperliche Beschwerden. Psychotische Symptome, bei denen die Betroffenen den Bezug zur Realität verlieren, finden sich nur bei schweren Depressionen. Häufig sind belastende Lebensereignisse Auslöser einer Depression, insbesondere wenn vor Krankheitsbeginn Faktoren bestanden, die eine Depression begünstigen. In der Depressionsforschung hat sich die Vorstellung eines kognitiven Diathese-Stress-Modells durchgesetzt, das von der Annahme ausgeht, dass sich Menschen, die an einer Depression erkranken, durch bestimmte dispositionelle Eigenschaften (Diathese), die sie verletzlich (vulnerabel) machen, von Menschen unterscheiden, die nicht erkranken. Diese dispositionellen Eigenschaften und spezifische kognitive Muster entscheiden mit darüber, wie belastende Erlebnisse und Stress verarbeitet werden. Mehrere Untersuchungen 136

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zeigen die Wechselwirkung von belastenden Bedingungen und deren kognitiver Verarbeitung als wichtigen Faktor für die Entstehung und Aufrechterhaltung von Depressionen (Lewinsohn et al. 2001; Hautzinger 2000). Bei der kognitiven Verarbeitung belastender Erlebnisse spielen kognitive Muster eine Rolle, denen bestimmte Attributionsstile zugrunde liegen. Bei einem depressiven Attributionsstil besteht die Tendenz, die Ursache für negative Ereignisse in sich selbst zu suchen und gedanklich übermäßig stark um die eigene Person zu kreisen (Abramson et al. 1989). Fast und Funder konnten zeigen, dass depressive Menschen in ihren Erzählungen mehr selbstbezogene Worte verwenden als Gesunde oder Menschen mit anderen psychischen Erkrankungen (Fast u. Funder 2010), und auch Rude und Kollegen fanden bei depressiven Patienten eine erhöhte Verwendung der ersten Person Singular (Rude et al. 2004; Rude u. McCarthy 2003). Bestimmte kognitive Schemata führen dazu, dass belastende Erlebnisse von depressiven Menschen negativ bewertet und nicht als Herausforderung oder Chance begriffen werden, was zu einer einseitigen Informationsverarbeitung führt und die Depression verstärkt. Beck spricht von einer kognitiven Triade, die entsteht, wenn depressive Menschen auf negative Denkmuster zurückgreifen, aus denen sich logische Denkfehler ergeben, die zu negativen Schlussfolgerungen führen und negative automatische Gedanken generieren (Beck et al. 1979; Beck 1976). Ellis nennt irrationale Überzeugungen, die die Verwirklichung eigener Lebensziele behindern und die Depression aufrechterhalten (Ellis 1993). Negative Denkschemata, die auf Kindheitserfahrungen beruhen, sind oft relativ stabile kognitive Verarbeitungsmuster, die in Stresssituationen reaktiviert werden. Die kognitiven Fehler, von denen Beck spricht, ähneln dabei dem kindlichen Denken, die Annahmen sind eindimensional, global, invariabel, verabsolutierend und irreversibel. Einige Grundlagen der Kognitiven Therapie nach Beck und der Rational-Emotiven Therapie nach Ellis wurden von Vertretern neuerer Kognitiver Verhaltenstherapien rezipiert und weiterentwickelt, wie etwa in der Acceptance and Commitment Therapy (ACT) nach Hayes (Hayes et al. 1999) oder der Dialectical Behavioral Therapy (DBT) nach Linehan (Linehan 1996). Alle diese Therapien haben, wie auch die Poesietherapie, einen ganzheitlichen handlungsorientierten humanistischen Ansatz, der Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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den Zusammenhang von Denken, Fühlen und Handeln betont und Menschen ermutigt, ihre Gefühle bewusst zu erleben und auszudrücken, um emotional zu reifen. Obwohl zahlreiche Untersuchungen nachweisen konnten, dass das Schreiben bei der Posttraumatischen Belastungsstörung depressive Symptome reduziert (Chen u. Contrada 2009; Resick et al. 2008; Koopman et al. 2005; Schoutrop et al. 2002 u. 1997) und bei der Verarbeitung belastender Erlebnisse negative Affekte vermindert (Kallay et al. 2008; Hunt et al. 2007; Range et al. 2000; Lepore 1997a; Donnelly u. Murray 1991), gibt es bisher nur wenige Studien, die die Wirkungen des Schreibens gezielt bei Menschen mit Depressionen untersucht haben. So konnten etwa Gortner und Kollegen zeigen, dass sich die depressiven Symptome bei depressionsanfälligen Studierenden durch das Schreiben verringern (Gortner et al. 2006), und auch Stice und Kollegen fanden eine Reduktion depressiver Symptome bei Jugendlichen mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Depression (Stice et al. 2007). Eine weitere Untersuchung zeigte, dass sich sowohl Patienten mit einer depressiven Störung als auch Patienten mit einem Erschöpfungssyndrom nach dem Schreiben besser fühlten, selbstreflektierter waren und aktiver nach Lösungen suchten (Heimes et al. 2008a). In einer Untersuchung von Sloan und Kollegen kam es bis zu zwei Monate nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis ebenfalls zu einer Reduktion depressiver Symptome bei depressionsanfälligen Studierenden, auch wenn sich dieser Effekt nach sechs Monaten wieder verlor (Sloan et al. 2009). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Gortner, Rude und Pennebaker 2006: Neunzig depressionsanfällige Studierende schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Fünf Wochen später schrieb die Hälfte der Teilnehmer aus beiden Gruppen im Sinn einer Auffrischübung noch einmal über das jeweilige Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, dachten und sprachen in der Folgezeit häufiger über dieses Erlebnis als Teilnehmer der Kontrollgruppe. Bei Teilnehmern mit einem Hang zur Gedankenunterdrückung reduzierten 138

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sich nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis der Hang zum Grübeln und die depressiven Symptome. Stice, Burton und Bearman 2007: Zweihundertfünfundzwanzig Jugendliche mit depressiven Symptomen und einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer manifesten Depression wurden sechs Gruppen zugeteilt: Kognitive Verhaltenstherapie, supportiv-expressive Therapie, Bibliotherapie, Expressives Schreiben, Tagebuchschreiben oder Kontrollgruppe. Bei allen fünf Interventionsgruppen kam es unmittelbar im Anschluss an die Therapie zu einer Reduktion depressiver Symptome, aber nur in der Kognitiven Verhaltenstherapie und der Bibliotherapie konnte dieser Effekt noch sechs Wochen nach der Therapie nachgewiesen werden. Heimes, Seizer, Soyka und Zingg, 2008a: Untersucht wurden neunzehn Patienten mit Erschöpfungssyndrom oder Depression, die im Zeitraum von drei bis zwölf Wochen zweimal wöchentlich an der Poesietherapie teilnahmen. Die Datenerhebung erfolgte anhand spezifischer für die Poesietherapie entworfener Evaluationsbögen und der Befindlichkeits-Skala nach von Zerssen. Die Teilnehmer zeigten anhand der spezifischen Fragebögen eine Zunahme der Selbstreflexion und des Selbstwertes und berichteten über eine Bewusstseinserweiterung verbunden mit einer Neuorientierung. Zudem verbesserte sich die subjektive Befindlichkeit. Sloan, Feinstein und Marx 2009: Achtundsechzig Studierende schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Zwei Monate danach zeigten Studierende, die über ein belastendes Thema geschrieben hatten, weniger depressive Symptome als die Kontrollgruppe. Die Wirkung verlor sich allerdings nach sechs Monaten. Keinen Einfluss hatte das Schreiben auf körperliche Beschwerden, Stress, Angst und Studienleistungen.

6.1.3 Essstörungen Mögliche Evaluationsinstrumente: Eating Disorder Inventory-2 (EDI2) deutsche Version (Paul u. Thiel 2004, Garner 1991), Eating Disorder Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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Examination Questionnaire (EDE-Q) deutsche Version (Hilbert u. Tuschen-Caffier 2006; Fairburn u. Cooper 1993), Ess-Störungs-Inventar (ESI) (Diehl u. Staufenbiel 1994), Eating Attitudes Test (EAT26) deutsche Version (Meermann u. Vandereycken 1987; Garner et al. 1982; Garner u. Garfinkel 1979), Fragebogen zum Essverhalten (FEV) (Pudel u. Westenhöfer 1989; Stunkard u. Messick 1985), Fragebogen zur Beurteilung des eigenen Körpers (FBeK) (Strauß u. Richter-Appelt 1996), Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Essstörungen (SIAB) (Fichter u. Quadflieg 1999), Body Checking Cognitions Scale (BCCS) deutsche Version (Neubauer et al. 2010; Mountford et al. 2006), Fragebogen zum Körperbild (FKB20) (Clement u. Löwe 1996), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Selbstwirksamkeit Kapitel 5.2, Neubewertung Kapitel 5.2.2, Selbstkonzept und Lebensziele Kapitel 5.2.4. Erklärung: Essstörungen, zu denen die Anorexia nervosa (AN), die Bulimia nervosa (BN) und die Binge-Eating-Störung (BES) gehören, haben eine große klinische und gesellschaftliche Relevanz. Es erkranken viele junge Menschen mit schweren Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit. Sogar schwach ausgeprägte Essstörungen beeinträchtigen die Lebensqualität und gehen mit einem erhöhten Risiko für Depressionen, Substanzmissbrauch, Gesundheitsschäden und Tod einher (Stice u. Peterson 2007). Aufgrund des Erkrankungsgipfels in der späten Jugend, beziehungsweise im frühen Erwachsenenalter, haben die Erkrankungen auch Folgen für den schulischen und beruflichen Werdegang. Sowohl bei der Anorexia als auch bei der Bulimia nervosa haben die Betroffenen eine ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme. Bei der Anorexia nervosa wird ein übertrieben dünnes Körperideal meist durch Nahrungsrestriktion erreicht, bei der Bulimia nervosa durch Erbrechen und Abführmittel, wobei letztere Methoden zunehmend auch bei der Anorexia nervosa eingesetzt werden. Allerdings liegt das Gewicht der Menschen mit Bulimia nervosa meist im Normalbereich, auch haben sie in der Regel keine Körperschemastörung, während von der Anorexia nervosa Betroffene deutlich untergewichtig sind und sich dabei immer noch zu dick finden. Stehen bei der Bulimia nervosa wiederkehrende Essanfälle gefolgt von Maßnahmen gegen eine Gewichtszunahme im Zentrum, so zeigen Menschen, 140

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die an einer Binge-Eating-Störung leiden, episodisch ebenfalls ein anfallartiges Essverhalten, allerdings ohne nachfolgende Maßnahmen zur Gewichtsreduktion, weswegen an Binge-Eating-Störung erkrankte Menschen häufig übergewichtig sind. Die Anorexia nervosa stellt eine schwer zu behandelnde psychische Störung dar, die häufig chronifiziert und einen lebensbedrohlichen Verlauf nehmen kann. Die Sterblichkeit innerhalb von zwölf Jahren liegt bei zehn Prozent und ist damit höher als bei Depressionen oder Schizophrenie. Die Ursachen der Essstörungen sind multifaktoriell. Intrapsychische, psychosoziale, soziokulturelle und biologische Faktoren greifen ineinander und beeinflussen beziehungsweise verstärken sich wechselseitig. Ambulant werden Essstörungen in Deutschland derzeit vornehmlich kognitiv-verhaltenstherapeutisch oder tiefenpsychologisch behandelt. In der stationären Behandlung haben sich multimodale Behandlungsstrategien durchgesetzt, bei denen bei jungen Betroffenen mitunter auch die Familie einbezogen wird. Weil aber nur etwa die Hälfte der von einer Essstörung Betroffenen in einem Zeitraum von fünf Jahren geheilt werden kann, was nahezu der Heilungsrate ohne Therapie entspricht, muss der Fokus bereits auf der Prävention liegen (Fairburn et al. 2000). Eine Präventionsmaßnahme besteht beispielsweise in einem dreistündigen sogenannten Kognitiven Dissonanztraining, bei dem Betroffene, die ein superschlankes Körperideal verinnerlicht haben, dieses Ideal mündlich, schriftlich und in Rollenspielen in Frage stellen. Stice und Kollegen wiesen in mehreren Studien nach, dass junge Frauen, die am Kognitiven Dissonanztraining teilnahmen, ihr Schlankheitsideal relativieren konnten, wodurch sich die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, negative Gefühle und Essstörungssymptome verminderten (Stice et al. 2003, 2001 u. 2000). Und auch Schmidt und Kollegen weisen darauf hin, dass viele Patienten mit Essstörungen ein starkes Vermeidungsverhalten an den Tag legen, weswegen es für sie unter Umständen hilfreich sein könnte, sich schriftlich mit bestimmten Reizthemen auseinanderzusetzen (Schmidt et al. 2002). Eine andere Präventionsmaßnahme besteht in einer dreistündigen Psychoedukation, in der Ernährungs-, Bewegungs- und Lebensgewohnheiten besprochen und angepasst werden. Auch bei diesem Programm kam es in verschiedenen Untersuchungen zu einer Abnahme der Essstörungssymptome und einer Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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Verminderung negativer Gefühle. Beide Programme sind für Risikogruppen und Betroffene mit schwach ausgeprägten Symptomen geeignet, wobei sich die Psychoedukation in den meisten Untersuchungen als weniger nachhaltig erwiesen hat als das Kognitive Dissonanztraining (Stice et al. 2003, 2001 u. 2000; Munoz et al. 1996; Killen et al. 1993). In zwei Untersuchungen verglichen Stice und Kollegen die beiden Präventionsprogramme mit dem Schreiben über emotional bewegende Erlebnisse. Am besten schnitten Teilnehmer des Kognitiven Dissonanztrainings ab, sowohl in Bezug auf die Zufriedenheit mit ihrem Körper als auch in Bezug auf eine Verminderung des negativen Affekts und der Essstörungssymptomatik. Und auch in Hinblick auf die Risikoreduktion für die Entwicklung einer manifesten Essstörung unterschieden sich die Gruppen voneinander. Während das Risiko für die Entwicklung einer manifesten Essstörung in der Kontrollgruppe bei zwölf Prozent lag, betrug es bei Teilnehmerinnen des Kognitiven Dissonanztrainings drei, bei Teilnehmerinnen der Psychoedukationsgruppe fünf und bei Teilnehmerinnen der Schreibgruppe sechs Prozent (Stice et al. 2008 u. 2006). In einer Studie von Earnhardt und Kollegen zeigten sowohl Frauen, die über ihr Körperbild, als auch Frauen, die über ihr Schlafzimmer geschrieben hatten, ein verbessertes Körperbild und eine verminderte Essstörungssymptomatik, so dass von einem Effekt über die Zeit ausgegangen werden kann oder einer therapeutischen Wirkung des Schreibens per se, möglicherweise gekoppelt an eine positive Erwartungshaltung (Earnhardt et al. 2002). In einer Untersuchung von Frayne und Wayde profitierten essgestörte Frauen mit einem verleugnenden Copingstil mehr vom Schreiben über ein belastendes Erlebnis, während Frauen mit einem akzeptierenden Copingstil mehr vom Schreiben über Zukunftspläne profitierten. In beiden Gruppen kam es zu einer Verminderung der Essstörungssymptomatik und einer Stimmungsverbesserung (Frayne u. Wayde 2006). Studierende einer Untersuchung von Grasso, die über Schwierigkeiten bezüglich ihres Körperbildes geschrieben hatten, waren nach dem Schreiben deutlich zufriedener mit ihrem Körper und legten eine positivere Erwartungshaltung an den Tag als Studierende, die über studienbedingten Stress geschrieben hatten (Grasso 2007). In einer Untersuchung von Hiltunen mit Teilnehmern, die unter einer Binge-Eating-Störung litten, kam es 142

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durch das Schreiben zu einer Abnahme des Binge-Eating, einer Reduktion depressiver und ängstlicher Symptome sowie zu einer Zunahme des Selbstwertgefühls. Besonders profitierten Teilnehmer mit hohen Depressions- und Alexithymiewerten (Hiltunen 2008). Chung konnte zeigen, dass das Schreiben in einem Internetblog zur Gewichtsreduktion bei Übergewicht beitrug. Die Gewichtsabnahme war umso größer, je besser die Teilnehmer in die Internetgemeinschaft integriert waren (Chung 2009). In einer Pilotstudie von East und Kollegen zeigte sich eine Abnahme der Essstörungssymptomatik durch das Schreiben über Gedanken und Gefühle (East et al. 2010) und in einer Untersuchung von Arigo und Smyth kam es bei Frauen, die über ihr Körperbild geschrieben hatten, zu einer Abnahme der Essstörungssymptomatik und einem verbesserten Schlaf (Arigo u. Smyth 2011). Lafont untersuchte den Einfluss des Schreibens auf die Einschätzung des eigenen Körperbildes sowie hinsichtlich der Einstellung bezüglich eines Wunschkörperbildes. Bei Frauen mit schweren Essstörungen näherte sich die Einschätzung ihres Körperbildes einen Monat nach dem Schreiben ihrem idealen Körperbild an, auch wenn das tatsächliche Körperbild unverändert blieb. Durch die veränderte Einschätzung nahm zugleich die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper ab und die Essstörungssymptome verminderten sich (Lafont 2011). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Earnhardt, Martz, Ballard u. Curtin 2002: Achtundvierzig Frauen schrieben an vier Tagen über ihr Körperbild oder ihr Schlafzimmer. Unmittelbar nach dem Schreiben sowie vier Wochen später kam es in beiden Gruppen zu einer Verbesserung des Körperbildes, einer verbesserten Stimmung und einer Abnahme der Essstörungssymptomatik, was die Autoren am ehesten auf einen Effekt über die Zeit zurückführen, was aber nicht belegt ist, da es keine nichtschreibende Vergleichsgruppe gab. Frayne u. Wayde 2006: Achtundneunzig Studentinnen mit Essstörungen und einem normalen Body Mass Index schrieben an drei Tagen innerhalb einer Woche für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ihre Zukunftspläne, wobei Teilnehmerinnen, die über Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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ihre Zukunftspläne schrieben, aufgefordert wurden, sich auf die Fakten zu konzentrieren. Bei Teilnehmerinnen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, kam es nach der ersten Schreibeinheit zu einer kurzzeitigen Stimmungsverschlechterung, die nach der zweiten Schreibeinheit in eine Stimmungsverbesserung umschlug, während es bei Teilnehmerinnen, die über ihre Zukunftspläne geschrieben hatten, schon nach der ersten Schreibeinheit zu einer Stimmungsverbesserung kam. Bei der Gruppe, die über ihre Zukunftspläne geschrieben hatte, kam es zudem zu einer stärkeren Verbesserung der Essstörungssymptome, als bei der Gruppe, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatte. Insgesamt profitierten Frauen mit einem verleugnenden Copingstil mehr vom Schreiben über ein belastendes Erlebnis, während Frauen mit einem akzeptierenden Copingstil mehr vom Schreiben über ihre Zukunftspläne profitierten. Stice, Shaw, Burton und Wade 2006: Vierhunderteinundachtzig Frauen im Alter von siebzehn Jahren wurden vier Gruppen zugeteilt. Die erste erhielt ein Kognitives Dissonanztraining, die zweite Psychoedukation, die dritte schrieb über emotional bewegende Erlebnisse und die vierte fungierte als Kontrollgruppe. Teilnehmerinnen der Kognitiven Dissonanzgruppe, der Psychoedukationsgruppe und der Schreibgruppe wiesen weniger Risikofaktoren für eine Essstörung auf und hatten weniger bulimische Symptome als die Kontrollgruppe, wobei Teilnehmerinnen der Kognitiven Dissonanzgruppe am besten abschnitten. Obwohl die Wirkungen im Verlauf eines Jahres abnahmen, zeigten Teilnehmerinnen der Kognitiven Dissonanzgruppe und der Psychoedukationsgruppe auch nach zwölf Monaten noch Verbesserungen, während sich die Wirkungen in der Schreibgruppe nivelliert hatten. Grasso 2007: Hunderteinundachtzig Studierende im Alter von dreiundzwanzig Jahren schrieben im Rahmen einer internetbasierten Untersuchung viermal innerhalb von acht Tagen für zwanzig Minuten über Schwierigkeiten bezüglich ihres Körperbildes oder studienbedingten Stress. Die Gruppe, die über Schwierigkeiten bezüglich ihres Körperbildes schrieb, erhielt zusätzlich Informationsmaterial über ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Programm, während die Gruppe, die über studienbedingten Stress schrieb, Informa144

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tionsmaterial über Stress erhielt. Nach dem Schreiben berichtete die Gruppe, die über Schwierigkeiten bezüglich ihres Körperbildes geschrieben hatte, über eine Verbesserung ihres Körperbildes und eine positive Erwartungshaltung in Hinblick auf die Zukunft. Am meisten profitieren Teilnehmer, die während der Untersuchung viel soziale Unterstützung erhalten hatten. Stice, Marti, Spoor, Presnell und Shaw 2008: Die Teilnehmerinnen der 2006 durchgeführten Studie wurden erneut untersucht. Bei Teilnehmerinnen des Kognitiven Dissonanztrainings zeigten sich weniger Schlankheitsideale, eine geringere Unzufriedenheit mit der eigenen Figur und weniger psychosoziale Beeinträchtigungen, während es bei Teilnehmerinnen der Psychoedukationsgruppe zu der geringsten Gewichtszunahme und in allen drei Interventionsgruppen zu einer Risikoreduktion für die Entwicklung einer manifesten Essstörung gekommen war. Während das Risiko in der Kontrollgruppe bei zwölf Prozent lag, betrug es bei Teilnehmerinnen des Kognitiven Dissonanztrainings drei, bei Teilnehmerinnen der Psychoedukationsgruppe fünf und bei Teilnehmerinnen der Schreibgruppe sechs Prozent. Hiltunen 2008: Zweiundvierzig Frauen und Männer im Alter zwischen zwanzig und vierundsechzig Jahren mit einer Binge-EatingStörung schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. In beiden Gruppen kam es zu einer Reduktion depressiver und ängstlicher Symptome, einer Abnahme des Binge-Eating und einer Zunahme des Selbstwertgefühls. In der Gruppe, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatte, profitierten vor allem Teilnehmer, die zu Beginn hohe Alexithymie- und Depressionswerte aufgewiesen hatten. Chung 2009: Untersucht wurden Frauen, die eine Gewichtsreduktion von hundert auf siebzig Kilo anstrebten und fünfzehn Wochen lang in einem Internetblog über Gedanken und Gefühle in Bezug auf Körperbild, Gewicht und Essstörungssymptome geschrieben oder ein Online-Esstagebuch geführt hatten. Frauen, die über ihre Gedanken und Gefühle geschrieben hatten, zeigten eine stärkere Gewichtsreduktion als Frauen, die ein Online-Esstagebuch geführt Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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hatten. Ein weiterer Faktor für den Erfolg beim Abnehmen war eine gute Integration in die Online-Community. East, Startup, Roberts und Schmidt 2010: In einer Pilotstudie wurde untersucht, ob Schreiben einen Einfluss auf kognitive, affektive und interpersonelle Faktoren bei essgestörten Menschen hat. Im Vergleich zu einer nichtschreibenden Kontrollgruppe kam es bei Teilnehmern, die über ihre Gedanken und Gefühle geschrieben hatten, zu einer Besserung der Essstörungssymptomatik. Arigo und Smyth 2011: Hundertelf Studentinnen schrieben dreimal für fünfzehn Minuten über ihr Körperbild oder ein neutrales Thema. Teilnehmerinnen, die über ihr Körperbild geschrieben hatten, verglichen sich nach dem Schreiben weniger mit anderen Frauen und zeigten weniger Essstörungssymptome. Zudem schliefen sie besser als Frauen der Kontrollgruppe. Lafont 2011: Zweiundneunzig Frauen im Alter von neunzehn Jahren und einem Body Mass Index von dreiundzwanzig, die unter leichten bis schweren bulimischen Essstörungen litten, schrieben viermal innerhalb von zwei Wochen für dreißig Minuten über ihr Körperbild, ein belastendes Erlebnis oder ihr Schlafzimmer. Frauen mit schweren Essstörungen schätzten ihr Körperbild nach der Schreibintervention unabhängig von der Schreibgruppe positiver ein, während sich bei Frauen mit leichten Essstörungen keine Veränderungen ergaben, möglicherweise auch, weil ihr Körperbild bereits vor dem Schreiben realistischer war.

6.1.4 Suchterkrankungen Mögliche Evaluationsinstrumente: Lübecker Alkoholabhängigkeits-/ -missbrauchs-Screening-Test (LAST) (Rumpf u. Hapke 2001), Münchner Alkoholismus-Test (MALT), Trierer Alkoholismusinventar (TAI) (Funke et al. 1987), Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit (FTNA) (Bleich et al. 2002), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Emotionsregulation Kapitel 5.1, Verarbeitung belastender Erlebnisse Kapitel 5.1.2, Selbstwirksamkeit Kapitel 5.2, Neubewertung 146

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Kapitel 5.2.2, Selbstkonzept und Lebensziele Kapitel 5.2.4, Soziale Integration Kapitel 5.3, Soziale Unterstützung Kapitel 5.3.1. Erklärung: Suchterkrankungen sind komplexe Krankheitsbilder, die mit einer hohen Anzahl an zusätzlichen Krankheiten einhergehen und eines multidisziplinären Managements bedürfen, weil neben der Suchterkrankung oft schwierige psychosoziale Bedingungen vorherrschen und zuweilen Arbeits- und Obdachlosigkeit vorliegen. Deswegen müssen Interventionsprogramme leicht zugänglich und in kurzer Zeit effektiv sein, ohne zu große Anforderungen zu stellen. Nach und nach müssen die Behandlungserfolge stabilisiert und die zugrunde liegenden Schwierigkeiten in Angriff genommen werden. Die Substanz, die konsumiert wird, dient häufig der Abwehr schwieriger Gefühle und Gedanken und die aus dem dauerhaften, übermäßigen Substanzkonsum entstehende Abhängigkeit ist meist sowohl physisch als auch psychisch. Das Absetzen der Substanz führt zu Entzugserscheinungen, so dass der Konsum trotz bekannter schädlicher Folgen fortgesetzt wird, was zu einer Toleranzentwicklung führt, weswegen die Substanz in immer größeren Mengen konsumiert wird. Prinzipiell kann jede Substanz abhängig machen, auch eine primär unschädliche. Klassische Suchtmittel sind Alkohol, Opiate, Cannabinoide, Beruhigungs- oder Schlafmittel, Kokain, Halluzinogene, andere Stimulanzien und Tabak. Aber auch Verhaltensweisen können die Charakteristika einer Abhängigkeit aufweisen, wie etwa bei der Spiel- oder Arbeitssucht, der Sex- oder Internetsucht. In Deutschland gehören Suchterkrankungen zu den häufigsten psychischen Störungen. Am häufigsten ist die Alkoholkrankheit, die etwa sechsmal so oft vorkommt wie alle anderen drogenbedingten Störungen. Die Ursachen einer Suchterkrankung sind vielfältig, meist spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Sind Eltern oder Verwandte von einer Suchterkrankung betroffen, erhöht sich das Risiko für die Kinder und Angehörigen, ebenfalls daran zu erkranken, auch wenn sie nicht in der Umgebung der suchtkranken Eltern und Verwandten aufwachsen, was auf eine erbliche Komponente verweist. Neben dieser genetischen Komponente spielen Lernfaktoren für die Entwicklung einer Suchterkrankung eine große Rolle, weswegen Menschen, die im Psychiatrische und psychosomatische Kontexte

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Umfeld suchtkranker Personen aufwachsen, ebenfalls ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben. Das Bestehen einer Depression, Angsterkrankung oder Persönlichkeitsstörung kann eine Suchterkrankung begünstigen. Meist entwickelt sich eine Suchtkrankheit über einen langen Zeitraum hinweg, weswegen auch die Therapie einen langen Zeitraum in Anspruch nimmt, wobei Rückschläge als normaler Bestandteil der Therapie verstanden werden können. Nach einer ersten Kontakt-, folgen eine Entgiftungs-, Entwöhnungs- und Nachsorgephase. Ziel der Therapie ist der Verzicht auf den Suchtstoff oder ein maßvoller Umgang mit ihm, sofern darauf nicht verzichtet werden kann. Zu Beginn einer jeden Therapie stehen stabilisierende Maßnahmen im Vordergrund; konfrontative Aspekte spielen erst im weiteren Therapieverlauf eine Rolle. Da das Schreiben über emotionale Themen Menschen zuweilen in einer nie gekannten Weise mit Gefühlen und Gedanken konfrontiert und sie zur Auseinandersetzung damit zwingt, sollte der Zeitpunkt einer solchen Intervention bei Menschen mit Suchterkrankungen sorgfältig überlegt werden. Und weil Suchterkrankungen häufig mit instabilen sozialen Verhältnissen und Schwierigkeiten bezüglich der Absprachefähigkeit und Verlässlichkeit einhergehen, sollte auch dies beim Therapieangebot mit einbezogen werden. In einer Untersuchung von Baikie, in der diese Faktoren bereits berücksichtigt worden waren, weswegen die geplanten vier Schreibeinheiten innerhalb einer Woche lagen und der Nachbeobachtungszeitraum nur zwei Wochen betrug, beendeten trotzdem nur sechsundzwanzig Prozent der Teilnehmer die Untersuchung, obgleich es sich um Teilnehmer handelte, die sich bereits in der Stabilisierungsphase befanden. Teilnehmer, die an den Schreibsitzungen teilgenommen und die Untersuchung beendet hatten, zeigten eine leichte Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit, berichteten, das Schreiben als persönlich hilfreich erlebt zu haben, und fingen teilweise sogar an, ein Tagebuch zu führen (Baikie et al. 2006). Nachdem eine erste Studie zur Wirkung des Schreibens als ergänzende Therapie bei der Raucherentwöhnung von Jugendlichen keinen Vorteil erbracht hatte, führten Ames und Kollegen die Studie zwei Jahre später mit einer größeren Teilnehmerzahl erneut durch. Wie schon in der ersten Untersuchung nahmen die Jugendlichen entweder nur an einem Beratungsprogramm teil oder schrieben 148

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zusätzlich zwei Tage vor und drei Tage nach dem Rauchstopp über belastende Gedanken und Gefühle. Am Ende der Behandlung hatten von den Teilnehmern, die zusätzlich geschrieben hatten, mehr mit dem Rauchen aufgehört als von den Teilnehmern, die nur das Beratungsprogramm erhalten hatten. Sowohl nach zwei als auch nach viereinhalb Jahren waren die Abstinenzraten in beiden Gruppen allerdings gleich hoch. Die schreibenden Jugendlichen hatten nach zwei Jahren jedoch weniger an Gewicht zugenommen als ihre nichtschreibenden Kollegen (Ames et al. 2008, 2007 u. 2005). In einer Untersuchung von Grasing führte das Schreiben über ein belastendes Erlebnis bei kokainabhängigen Personen zu einem verminderten Suchtdruck und einem geringeren Substanzmissbrauch (Grasing et al. 2010). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Ames, Patten, Offord, Pennebaker, Croghan, Tri, Stevens und Hurt 2005: Sechzig Jugendliche im Alter zwischen achtzehn und einundzwanzig Jahren nahmen zur Raucherentwöhnung an einem Beratungsprogramm teil. Die Hälfte von ihnen schrieb zusätzlich über belastende Gedanken und Gefühle. Am meisten profitierten die Teilnehmer von der Struktur des Beratungsprogramms und der dort erfahrenen Unterstützung. Das zusätzliche Schreiben brachte keine weiteren Vorteile. Baikie, Wilhelm, Johnson, Boskovic, Wegwood und Huon 2006: Dreiundfünfzig Personen, die aufgrund einer Opiatabhängigkeit an einem Methadonprogramm teilnahmen, schrieben an vier Tagen für fünfzehn Minuten über ein belastendes Erlebnis. Aufgrund schwieriger, instabiler sozialer Verhältnisse wurde ein Nachbeobachtungszeitraum von nur zwei Wochen gewählt. Dennoch beendeten nur vierzehn Teilnehmer die Untersuchung. Bei ihnen kam es zu einer leichten Verbesserung der körperlichen und psychischen Gesundheit. Zudem berichteten sie, das Schreiben als persönlich hilfreich erlebt zu haben, und fingen teilweise sogar an, ein Tagebuch zu führen.

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Ames, Patten, Werch, Schroeder, Stevens, Fredrickson, Echols, Pennebaker und Hurt 2007: Hundertsechsundneunzig Jugendliche zwischen achtzehn und vierundzwanzig Jahren nahmen zur Raucherentwöhnung an einem Beratungsprogramm teil. Die Hälfte von ihnen schrieb zusätzlich zwei Tage vor und drei Tage nach dem Rauchstopp über belastende Gedanken und Gefühle. Am Ende der Behandlung hatten von den Teilnehmern, die zusätzlich geschrieben hatten, mehr mit dem Rauchen aufgehört als von den Teilnehmern, die nur das Beratungsprogramm erhalten hatten. Nach zwei und viereinhalb Jahren waren die Abstinenzraten in beiden Gruppen allerdings gleich hoch. Ames, Ames, Stevens, Patten, Werch und Schroeder 2008: Die hundertsechsundneunzig Jugendlichen, die 2007 zur Raucherentwöhnung an einem Beratungsprogramm oder dem Beratungsprogramm plus Schreiben teilgenommen hatten, wurden bezüglich ihrer Gewichtszunahme untersucht. Innerhalb der ersten zwei Jahre hatten Teilnehmer, die zusätzlich geschrieben hatten, weniger an Gewicht zugenommen als Teilnehmer, die nur das Beratungsprogramm erhalten hatten. Dieser Vorteil nivellierte sich jedoch nach viereinhalb Jahren. Grasing, Mathur und Desouza 2010: Kokainabhängige Teilnehmer eines Intensivprogramms schrieben zusätzlich zu dem Intensivprogramm über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, hatten während des Schreibens niedrigere Blutdruckwerte und nach dem Schreiben einen verminderten Suchtdruck, was zu einem geringeren Kokainmissbrauch führte.

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6.2 Somatische Kontexte Tabelle 5: Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie für somatische Kontexte Somatische Kontexte Erkrankungen des Immunsystems Pennebaker et al. 1988 Esterling et al. 1994 Petrie et al. 1995 Booth et al. 1997 Petrie et al. 1998 Bower et al. 2003 Takagi u. Ohira 2004 Petrie et al. 2004 Rivkin et al. 2006 Stetler et al. 2006 Weinman et al. 2008 O’Cleirigh et al. 2008 Krebserkrankungen Walker et al. 1999 Stanton et al. 2002 Rosenberg et al. 2002 de Moor et al. 2002 Zakowski et al. 2004 Low et al. 2006 Owen et al. 2006 Lieberman u. Goldstein 2006 Shaw et al. 2006 Creswell et al. 2007 Morgan et al. 2008 de Moor et al. 2008 Bruera et al. 2008 Han et al. 2008 Kallay u. Baban 2008 Low et al. 2010 Henry et al. 2010 Gellaitry et al. 2010 Zakowski et al. 2011 Carmack et al. 2011 Mosher et al. 2011

Schmerzassoziierte Krankheiten Kelley et al. 1997 Smyth et al. 1999 Norman et al. 2004 Broderick et al. 2005 Gillis et al. 2006 Danoff-Burg et al. 2006 Hamilton-West u. Quine 2007 Kraft et al. 2008 Junghaenel et al. 2008 Graham et al. 2008 D’Souza et al. 2008 Lumley et al. 2011 Creech et al. 2011 Herz-Kreislauf-Erkrankungen Davidson et al. 2002 McGuire et al. 2005 O’Connor u. Ashley 2008 Willmott et al. 2011 Manzoni et al. 2011 Atemwegserkrankungen Smyth et al. 1999 Taylor et al. 2003 Harris et al. 2005 Warner et al. 2006 Sharifabad et al. 2010 Sonstige Krankheitsbilder Harvey u. Farrel 2003 Mosher u. Danoff-Burg 2006 Paradisi et al. 2010 Halpert et al. 2010 Mankad u. Gordon 2010

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6.2.1 Erkrankungen des Immunsystems Mögliche Evaluationsinstrumente: Viruslast, Immunglobulin-, Katecholamin- und Cortisolkonzentrationen, Entzündungs-, Leukozyten- und Lymphozytenwerte, Hautwiderstandsmessung, EBV-Nachweis, Fragebogen zum Gesundheitszustand (SF-36/SF-12) (Morfeld et al. 2011; Ware 1999), Befindlichkeits-Skala, Selbstbeurteilung nach von Zerssen (Bf-SR) (von Zerssen u. Petermann 2011), Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV-LIS-SE) (Muthny 1989), Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Fahrenberg et al. 2000), Symptomcheckliste von L. R. Derogatis (SCL-90-R) (Franke 2002), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Selbstoffenbarung Kapitel 5.1.1, Verarbeitung belastender Erlebnisse Kapitel 5.1.2, Selbstwirksamkeit Kapitel 5.2, Neubewertung Kapitel 5.2.2, Selbstkonzept und Lebensziele Kapitel 5.2.4, Soziale Integration Kapitel 5.3, Soziale Unterstützung Kapitel 5.3.1. Erklärung: Das Zusammenspiel von Nerven- und Hormonsystem ermöglicht dem Menschen kurzzeitige Höchstleistungen und eine schnelle Reaktion auf stressreiche, herausfordernde Situationen. Bei lang andauerndem Stress allerdings kommt es zu einer dauerhaften Aktivierung des körpereigenen Stressmanagementsystems, das eine Kaskade von Reaktionen bewirkt, unter anderem eine anhaltend erhöhte Produktion von Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin. Durch Stress verursachte Störungen im Immunsystem können zu einer erhöhten Infektanfälligkeit, zu Autoimmunerkrankungen und zu zahlreichen anderen Krankheiten führen (Niller et al. 2008; Padgett u. Glaser 2003; DeLongis et al. 1988). Aber nicht nur Stress, sondern auch Lebenseinstellung, Stim­ mungslage und Ausmaß der sozialen Integration haben Einfluss auf das Immunsystem. So konnten Stone und Kollegen nachweisen, dass eine negative Stimmung zu einer verminderten Antikörperproduktion im Speichel führt, was auf eine reduzierte Abwehrkraft verweist (Stone et al. 1994); und Cohen und Kollegen konnten zeigen, dass Menschen mit wenigen sozialen Bindungen mehr Atemwegsinfektionen entwickeln als Menschen, die sozial gut integriert sind (Cohen et al. 1997), während eine Untersuchung von Segerstrom ergab, dass optimistische Menschen eine verbesserte Immunfunk152

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tion haben (Segerstrom 1998) und Reed für optimistisch eingestellte HIV-Infizierte eine verlängerte Überlebenszeit nachweisen konnte (Reed et al. 1999). Ein weiterer möglicher Parameter zur Einschätzung der Immunabwehr ist die Bestimmung des zu den Herpesviren gehörenden Epstein-Barr-Virus (EBV), das etwa achtundneunzig Prozent der Erwachsenen in ihrem Körper tragen, meist nach einer symptomlos verlaufenden Infektion mit dem Virus im Kindes- und Jugendalter. Nach dieser Erstinfektion bleibt das Virus lebenslang im Körper und kann wie alle Herpesviren reaktiviert werden, wobei eine Reaktivierung meist nicht bemerkt wird, weil sie durch das Immunsystem eingedämmt wird. Besteht hingegen eine Immunschwäche, wie etwa bei einer HIV-Infektion, kann sich das Virus unkontrolliert vermehren und zur Entstehung verschiedener Krankheiten beitragen; und auch bei Stress kann es zu einer Erhöhung des EBV-Antikörpertiters kommen (Glaser et al. 2005; Kiecolt-Glaser et al. 1991). Esterling und Kollegen konnten zeigen, dass Menschen mit einem repressiven Copingstil einen höheren EBV-Antikörpertiter aufweisen als Menschen mit einem expressiven Copingstil (Esterling et al. 1990). Weitere Immunparameter, die zur Messung von Stressreaktion und Stressverarbeitung dienen können, sind die Lymphozyten, die zu den weißen Blutkörperchen gehören und in der körpereigenen Immunabwehr eine große Rolle spielen und die in B- und T-Lymphozyten unterteilt werden, je nachdem, in welchem Bereich des Körpers sie gebildet werden. Innerhalb der T-Lymphozyten gibt es wiederum sogenannte T-Helferzellen, die die Bildung von Antikörpern anregen, T-Suppressorzellen, die erkennen, wann die Immunantwort beendet werden muss, und zytotoxische T-Zellen, die auch als natürliche Killerzellen (NK) bezeichnet werden, weil sie fremde oder eigene entartete Zellen, die Krebs auslösen können, zerstören. Die T-Helferzellen gehören zu den CD-4-Zellen, die T-Suppressorund die zytotoxischen T-Zellen zu den CD-8-Zellen, wobei Untersuchungen ergeben haben, dass akuter Stress zum Anstieg der CD-8-, nicht aber der CD-4-Zellen führt (Marsland et al. 1997; Cacioppo et al. 1995; Brosschot et al. 1994). Alle diese Parameter spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, therapeutische Wirkungen auf das Immunsystem zu erfassen, weswegen sie in den folgenden Studien zur Wirksamkeit des SchreiSomatische Kontexte

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bens verwendet wurden. So beispielsweise in einer Untersuchung Pennebakers, in der Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, sowohl unmittelbar nach dem Schreiben als auch sechs Wochen später eine verbesserte Immunfunktion aufwiesen, nachgewiesen durch eine Zunahme der T-Helferzellen (Pennebaker et al. 1988). In einer Untersuchung von Esterling wurde die durch das Schreiben über ein belastendes Erlebnis verbesserte Immunabwehr bei Studierenden durch einen Abfall des EBV-Antikörpertiters nachgewiesen (Esterling et al. 1994). In einer anderen Untersuchung wiederum zeigten Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, ein besseres Ansprechen auf eine zeitgleich gegebene Hepatitis-B-Impfung (Petrie et al. 1995) und in zwei Untersuchungen von Booth und Kollegen schien das Schreiben über ein belastendes Erlebnis einen stabilisierenden Effekt auf das Immunsystem zu haben, nachgewiesen anhand verminderter Schwankungen der Gesamtlymphozytenzahl (Booth et al. 1997). Petrie und Kollegen wiesen anhand einer Zunahme der T-Helferzellen und der Gesamtlymphozytenzahl nach, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis mit nachfolgender Reflexion über das Geschriebene das Immunsystem positiv beeinflusst (Petrie et al. 1998). Bower und Kollegen wiederum, die Frauen, die eine Verwandte aufgrund von Brustkrebs verloren hatten, über ihre Gedanken und Gefühle bezüglich des Verlustes schreiben ließen, konnten bei Frauen, denen es durch das Schreiben gelang, einen Sinn in dem Geschehen zu erkennen und die es zugleich schafften, ihre eigenen Prioritäten und Ziele neu zu klären, eine Zunahme natürlicher Killerzellen feststellen, also genau der Zellen, die dafür verantwortlich sind, entartete, krebsauslösende Zellen zu zerstören (Bower et al. 2003). Takagi und Ohira wiesen nach, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis bei depressiven japanischen Studentinnen zu einer Zunahme von Immunglobulin A im Speichel führte und damit zu einer verbesserten Immunfunktion (Takagi u. Ohira 2004) und in einer weiteren Studie von Petrie kam es bei HIV-Patienten nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis zu einem Abfall der HIV-Viruslast und einem Anstieg der CD4-Lymphozyten, zu denen wie oben beschrieben die T-Helferzellen gehören (Petrie et al. 2004). Ein Ergebnis, das in einer Studie von Rivkin bestätigt werden konnte, 154

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in der eine verbesserte Immunlage von HIV-Patienten nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis anhand des Beta2-Mikroglobulins nachgewiesen werden konnte (Rivkin et al. 2006). Nicht vom Schreiben hingegen profitierten Farbige, die über Rassismuserlebnisse geschrieben hatten, was die Autoren damit begründen, dass eine möglicherweise hohe Ambivalenz diesem Thema gegenüber eine positive Wirkung verhindert haben könnte. Auch in ihrer Untersuchung dienten Parameter des Immunsystems als Erfolgsmarker; in diesem Fall die Bildung von Antikörpern nach einer Grippeimpfung (Stetler et al. 2006). Dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis auch zur Wundheilung, ebenfalls einer Leistung des Immunsystems, beitragen kann, wiesen Weinman und Kollegen mittels eines hochauflösenden Ultraschallscanners nach (Weinman et al. 2008) und O’Cleirigh und Kollegen zeigten, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis einen positiven Einfluss auf die Anzahl der natürlichen Killerzellen bei HIV-Patienten mit extrem niedriger CD4-Zahl hatte (O’Cleirigh et al. 2008). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Pennebaker, Kiecolt-Glaser und Glaser 1988: Fünfzig Studierende schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen für fünfzehn Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Vor dem Schreiben, unmittelbar nach dem Schreiben und sechs Wochen später wurden Blutproben genommen. Die Immunantwort der Studierenden, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, war ausgeprägter als die der Kontrollgruppe, was sich in einer selteneren Inanspruchnahme des Gesundheitsdienstes widerspiegelte. Zugleich kam es bei Studierenden, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, drei Monate danach zu einer Stimmungsverbesserung, auch wenn es unmittelbar nach dem Schreiben zunächst zu einer kurzzeitigen Stimmungsverschlechterung gekommen war. Esterling, Antoni, Fletcher, Margulies und Schneiderman 1994: Siebenundfünfzig EBV-positive Studierende schrieben dreimal innerhalb von drei Wochen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema oder sprachen über ein belastendes Somatische Kontexte

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Erlebnis in ein Aufnahmegerät. Eine Woche vor und eine Woche danach wurden Blutproben genommen. Sowohl bei der Gruppe, die über das belastende Erlebnis geschrieben, als auch bei der, die darüber gesprochen hatte, sank der EBV-Antikörpertiter. Während die schreibende Gruppe am meisten emotionale Worte verwendet hatte, hatte die sprechende am meisten Worte verwendet, die auf kognitive Veränderungen und adaptive Copingmechanismen verweisen. Petrie, Booth, Pennebaker, Davison und Thomas 1995: Vierzig Medizinstudenten schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Unmittelbar im Anschluss wurde ihnen eine Hepatitis-B-Impfung gegeben, eine Auffrischimpfung nach einem Monat und eine dritte Impfung nach vier Monaten. Studierende, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, zeigten nach vier und sechs Monaten höhere Hepatitis-B-Antikörpertiter als Studierende, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Booth, Petrie und Pennebaker 1997: In zwei Untersuchungen schrieben einmal vierzig und einmal achtunddreißig Teilnehmer an vier aufeinanderfolgenden Tagen über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Zur Überprüfung der Immunlage wurden T-Helferzellen, T-Suppressorzellen und die Gesamtlymphozytenzahl bestimmt. Während es in den beiden Gruppen, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, innerhalb des Untersuchungszeitraums zu Schwankungen der Lymphoyztenzahlen kam, blieben diese in den beiden Gruppen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, konstant, was die Vermutung nahe legt, dass das Schreiben eine stabilisierende Wirkung auf das Immunsystem haben könnte. Petrie, Booth und Pennebaker 1998: Fünfundsechzig Studierende schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für fünfzehn Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. In beiden Gruppen sollte eine Hälfte der Teilnehmer danach über das Geschriebene nachdenken, während die andere ihre Gedanken unterdrücken sollte. In beiden Schreibgruppen, die über das Geschriebene nachdachten, kam es unabhängig davon, ob die Teilnehmer über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema 156

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geschrieben hatten, zu einer Zunahme der T-Helferzellen und der Gesamtlymphozytenzahl. Da neutrale Themen im Alltag seltener zur gedanklichen Beschäftigung führen, dürfte die Erkenntnis, dass Schreiben über ein belastendes Thema mit nachfolgender Reflexion das Immunsystem positiv zu beeinflussen vermag, für die Klinik die größere Relevanz besitzen. Bower, Kemeny, Taylor und Fahey 2003: Dreiundvierzig Frauen, die eine Verwandte aufgrund von Brustkrebs verloren hatten, schrieben viermal innerhalb von vier Wochen über diesen Verlust oder ein neutrales Thema. Bei Frauen, denen es durch das Schreiben gelang, einen Sinn in dem Geschehen zu finden, und die es schafften, ihre eigenen Prioritäten und Ziele neu zu klären, kam es zu einer Zunahme natürlicher Killerzellen. Takagi und Ohira 2004: Sechzehn depressive und sechzehn nichtdepressive japanische Studentinnen schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Unmittelbar nach dem Schreiben und eine Woche später wurde das Immunglobulin A im Speichel gemessen. Bei depressiven Teilnehmerinnen führte das Schreiben über ein belastendes Erlebnis zu einer Verbesserung der Immunfunktion, nachgewiesen durch eine Zunahme des Immunglobulin A im Speichel, und zu einer Stimmungsverbesserung. Bei nichtdepressiven Teilnehmerinnen hingegen hatte das Schreiben über ein belastendes Erlebnis keinen Einfluss auf das Immunsystem, führte aber ebenfalls zu einer Stimmungsverbesserung. Petrie, Fontanilla, Thomas, Booth und Pennebaker 2004: Siebenunddreißig HIV-Patienten schrieben an vier Tagen für dreißig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. CD4-Lymphozyten und HIV-Viruslast wurden zu Beginn, zwei Wochen und drei sowie sechs Monate nach dem Schreiben bestimmt. Bei der Gruppe, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatte, kam es zu einem Abfall der HIV-Viruslast und einem Anstieg der CD4-Lymphozyten. In der Gruppe, die über ein neutrales Thema geschrieben hatte, waren keine Veränderungen festzustellen.

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Rivkin, Gustafson, Weingarten und Chin 2006: Neunundsiebzig HIV-Patienten schrieben über ihr Leben mit HIV oder ein neutrales Thema. Als Parameter für die Immunfunktion wurde das Beta2Mikroglobulin im Speichel verwendet. Nur Teilnehmer, die über ihr Leben mit HIV geschrieben und dabei soziale Themen angeschnitten hatten und kognitive Einsichten erkennen ließen, zeigten eine verbessere Immunfunktion und bewerteten das Schreiben als persönlich hilfreich. Stetler, Chen und Miller 2006: Siebenundvierzig farbige Teilnehmer schrieben dreimal für zwanzig Minuten über ihre Erfahrungen mit Rassismus oder ein neutrales Thema. Unmittelbar im Anschluss erhielten sie eine Grippeimpfung. Teilnehmer, die über ihre Rassismuserfahrungen geschrieben hatten, bildeten insgesamt weniger Antikörper als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, was die Autoren auf eine möglicherweise ambivalente Besetzung des Rassismusthemas zurückführen. Weinman, Ebrecht, Scott, Walburn und Dyson 2008: Sechsunddreißig Personen mit einer Wunde von einer Stanzbiopsie schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Die Wundheilung wurde mittels eines hochauflösenden Ultraschallscanners kontrolliert. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, zeigten sowohl nach vierzehn als auch nach einundzwanzig Tagen eine bessere Wundheilung als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. O’Cleirigh, Ironson, Fletcher und Schneiderman 2008: Untersucht wurden siebenunddreißig asymptomatische HIV-Patienten mit einer CD4-Zahl unter fünfzig Zellen/mm3 und hundert symptomatische HIV-Patienten mit einer CD4-Zahl zwischen hundertfünfzig und fünfhundert Zellen/mm3. Alle Teilnehmer schrieben zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis. Patienten, die trotz einer niedrigen CD4-Zellzahl keine Symptome hatten und damit zu einer Patientengruppe mit besonderen psychosozialen Charakteristika gehören, schrieben insgesamt emotionaler, zeigten größere kognitive Einsicht, ein besseres Selbstwertgefühl und bessere Copingstrategien, wobei die Zahl der natürlichen Killerzellen mit diesem Befund korrelierte. 158

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6.2.2 Krebserkrankungen Mögliche Evaluationsinstrumente: Tumorstaging, somatische Parameter, Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV) (Muthny 1989), Lebensqualitätsfragebogen bei Tumorerkrankungen (EORTC QLQ-C30) (Aaronson et al. 1993), WHO Quality of Life (WHO QOL-100/WHO QOL-BREF) deutsche Version (Angermeyer et al. 2000), Fragebogen zum Gesundheitszustand (SF-36/ SF-12) (Morfeld et al. 2011; Ware 1999), Befindlichkeits-Skala, Selbstbeurteilung nach von Zerssen (Bf-SR) (von Zerssen u. Petermann 2011), Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Fahrenberg et al. 2000), Satisfaction with Life Scale (SWLS) deutsche Version (Glaesmer et al. 2011; Diener et al. 1985), Symptomcheckliste von L. R. Derogatis (SCL-90-R) (Franke 2002), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Selbstoffenbarung Kapitel 5.1.1, Verarbeitung belastender Erlebnisse Kapitel 5.1.2, Selbstwirksamkeit Kapitel 5.2, Neubewertung Kapitel 5.2.2, Selbstkonzept und Lebensziele Kapitel 5.2.4, Soziale Integration Kapitel 5.3, Soziale Unterstützung Kapitel 5.3.1. Erklärung: Krebserkrankungen kommen meist plötzlich und unerwartet und stellen für die Betroffenen häufig eine existentielle Bedrohung dar, weswegen sie von der American Psychiatric Association auch als traumatisches Geschehen eingeordnet wurden, weil es bei ihnen, ähnlich wie bei anderen Psychotraumata, meist ebenfalls zu einer fundamentalen Verunsicherung kommt, die dazu führt, dass Grundannahmen, Wertvorstellungen und Prioritäten in Frage gestellt werden, Lebensmodelle und Beziehungen neu definiert, das gewohnte Leben umgestellt und eine neue Selbstorganisation erlangt werden müssen. Und wie bei anderen Psychotraumata kann es auch bei einer Krebserkrankung zu Intrusionen, Ruminationen und zum Vermeidungsverhalten kommen, wobei ein unterstützendes Umfeld zur Verminderung der Intrusionen und des Vermeidungsverhaltens beitragen kann, während ein abwehrendes Umfeld die Intrusionen und mögliche daraus resultierende depressive Symptome eher verschlechtert (Lepore 2001). Die zunehmenden Verbesserungen therapeutischer Möglichkeiten bei Krebserkrankungen haben nicht nur zu verbesserten Heilungschancen und einer verlängerten Lebenszeit beigetragen, Somatische Kontexte

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sondern sind zugleich selbst zu einem Belastungsfaktor für die Patienten geworden. Die Psyche eines an Krebs erkrankten Menschen wird somit nicht nur durch die Erkrankung selbst belastet, sondern zusätzlich durch die oft mit zahlreichen Nebenwirkungen einhergehenden Behandlungen. Deswegen beschäftigt sich die Psychoonkologie, die sich erst vor etwa dreißig Jahren als eigenständiges Fachgebiet etabliert hat, sowohl mit den Ängsten, der Verzweiflung, Trauer, Wut und Hilf- und Hoffnungslosigkeit, die mit der Krebserkrankung selbst einhergehen, als auch mit den Befürchtungen und Sorgen bezüglich der Behandlung und deren Nebenwirkungen sowie mit den Gefühlen und Gedanken, die Metastasen oder das Auftreten eines Rezidivs auslösen. Damit übernimmt die Psychoonkologie die Aufgabe, den erkrankten Menschen in allen Krankheitsphasen zu begleiten. Als unterstützende Maßnahmen kommen hierfür Gruppen-, Einzel-, Paar-, Familien-, Musik-, Gestalt-, Mal- und Poesietherapie in Frage sowie die Teilnahme an Selbsthilfegruppen, wobei allerdings noch unklar ist, welche Faktoren in Selbsthilfegruppen zu einer gelingenden Krankheitsverarbeitung beitragen und welche tendenziell eher eine Belastung für die Betroffenen darstellen, zumal einige Untersuchungen auch einen nachteiligen Effekt von Selbsthilfegruppen festgestellt haben (Helgeson et al. 1999; Helgeson u. Cohen 1996; Redd 1995). Bezüglich des Stellenwertes der kreativen Therapien äußerte sich der Kongresspräsident Michael Bamberg auf dem Deutschen Krebskongress 2004 in Berlin folgendermaßen: »Für alle Patienten stellt die Diagnose Krebs eine schwerwiegende Belastungssituation dar. Ängste, Erschöpfungszustände, Schlafstörungen oder Depressionen können die Folge sein, bei deren Bewältigung die Psychoonkologie wertvolle Hilfestellung leisten kann. Kreative Verfahren wie Mal-, Tanz- und Musiktherapie haben dabei eine besonders große Bedeutung, denn sie weisen den Patientinnen und Patienten eine aktive Rolle in der Bewältigung der psychischen Folgen ihrer Erkrankung zu.« DreifussKattan, die in ihrer Studie »Cancer Stories and Self Repair« künstlerische Arbeiten von an Krebs erkrankten Menschen untersuchte, kam zu der Überzeugung, dass die künstlerische Selbstartikulation einen bedeutsamen Einfluss auf den Gesundheitszustand hat und Kreativität ein intuitiv gewähltes Mittel der Patienten ist, um Psyche und Befindlichkeit zu verbessern. Anders als Bamberg bezieht sie dabei 160

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die literarische Ausdrucksform explizit mit ein: »Literarische oder künstlerische Arbeit ermöglicht es dem Krebspatienten, die Gegebenheiten der Krankheit von den daran beteiligten Gefühlen bis zu den Einzelheiten der Behandlung zu objektivieren, zu externalisieren und damit zu kommunizieren. Gegebenheiten, die von Angesicht zu Angesicht nur schwer mitteilbar sind« (Dreifuss-Kattan 1990, S. 16). Im Lombardi Comprehensive Cancer Center wurde ein Arts and Humanities Programm eingerichtet, in dem Krebspatienten, Angehörige und medizinisches Personal an einer offenen Schreibwerkstatt teilnehmen können. Ein Angebot, das mit dreißig Teilnehmern in der Woche gut angenommen wird, wobei bisher keine wissenschaftliche Evaluation erfolgte. In einer Untersuchung von Walker, in der Frauen mit Brustkrebs im Stadium I bis II nach ihrer Bestrahlungstherapie über ihre Gedanken und Gefühle schrieben, wurde das Schreibangebot zwar ebenfalls gut angenommen, schien den Frauen aber nicht unmittelbar bei der Verarbeitung der Krankheit zu helfen oder die Nebenwirkungen der Bestrahlungstherapie zu vermindern (Walker et al. 1999). Ganz andere Ergebnisse erbrachte eine Untersuchung von Stanton, in der ebenfalls Frauen mit Brustkrebs im Stadium I bis II nach der letzten medizinischen Behandlung, die allerdings bereits zwanzig Wochen zurücklag, über Gedanken und Gefühle bezüglich ihrer Krankheit, über die positiven Aspekte oder die Fakten schrieben. Hier zeigte sich, dass Frauen, die über ihre Gedanken und Gefühle bezüglich ihrer Krankheit geschrieben hatten, weniger krebsbezogene Symptome hatten und seltener einen Arzt aufsuchten als Frauen, die über die positiven Aspekte oder die Fakten geschrieben hatten (Stanton et al. 2002). Eine weitere Untersuchung von Frauen mit Brustkrebs im Stadium I bis II, die in ihrem Aufbau der Studie von Stanton folgte, zeigte ebenfalls, dass Frauen, die über ihre Gefühle und Gedanken geschrieben hatten, nach dem Schreiben weniger körperliche Beschwerden hatten und seltener einen Arzt aufsuchten. Zusätzlich zeigte sich, dass Frauen, die über die positiven Aspekte der Krankheit geschrieben hatten, eine stärkere kognitive Verarbeitung erkennen ließen und ein neues Selbstbewusstsein erlangten (Creswell et al. 2007), während eine Reanalyse der Texte aus der Untersuchung von Stanton ergab, dass Frauen, die in ihren Texten viele negative Emotionen offenbart hatten, am meisten vom Schreiben profitierten (Low et al. 2006). Somatische Kontexte

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Diese Ergebnisse korrelieren mit den Ergebnissen einer Untersuchung von Liebermann und Goldstein, in der Frauen, die in einem Internetforum über ihre Wut bezüglich ihrer Krankheit geschrieben hatten, unter weniger Depressionen litten und eine höhere Lebensqualität hatten (Liebermann u. Goldstein 2006), während in einer Untersuchung von Han wiederum Frauen mit Brustkrebs vor allem dann vom Schreiben profitierten, wenn sie in ihren Texten viele positive Gefühle zum Ausdruck gebracht hatten (Han et al. 2008), was wiederum die Ergebnisse von Creswell bestätigt (Creswell et al. 2007). Und während sich in einer Untersuchung von Shaw vor allem Frauen, die in ihren Texten eine hohe Anzahl einsichtsbezogener Worte verwendet hatten, nach dem Schreiben wohler fühlten (Shaw et al. 2006), litten in einer Untersuchung von Owen gerade die Frauen, deren Texte ebenfalls einen hohen Anteil einsichtsbezogener Worte aufwiesen, unter den größten Stimmungsschwankungen (Owen et al. 2006). Aufgrund dieser sehr unterschiedlichen Ergebnisse wird deutlich, dass es keine einfachen Analogieschlüsse geben kann, was die Verwendung bestimmter Wortklassen in Zusammenhang mit dem Therapieerfolg angeht, und die Ergebnisse auf sprachanalytischer Ebene immer in Bezug zu allen anderen Parametern gesetzt werden müssen. In einer Untersuchung von Rosenberg wurde die positive Wirkung des Schreibens daran deutlich, dass Männer mit Prostatakrebs, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, nach dem Schreiben seltener einen Arzt aufsuchten (Rosenberg et al. 2002) und in einer Studie von de Moor berichteten Patienten mit einem metastasierenden Nierenzellkarzinom, die über ihre Erkrankung geschrieben hatten, über verminderte Schlafstörungen, eine bessere Schlafqualität und weniger Beeinträchtigungen im Alltag (de Moor et al. 2002). Krebspatienten, die in einer Untersuchung von Zakowski über ihre Erkrankung geschrieben hatten, konnten nach dem Schreiben besser mit Ablehnung und Unverständnis in ihrer Umgebung umgehen und fühlten sich weniger gestresst (Zakowski et al. 2004). Morgan, die am Lombardi Comprehensive Cancer Center arbeitet, ließ Patienten mit einer Krebserkrankung im Rahmen eines regulären Untersuchungstermins im Wartebereich oder im Untersuchungszimmer für insgesamt zwanzig Minuten über ihre Krankheit und deren Einfluss auf ihr Leben schreiben. Obwohl die meisten Teil162

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nehmer beim Schreiben mindestens einmal, manche sogar mehrfach, unterbrochen wurden, gaben sie an, dass das Schreiben ihre Krankheitseinstellung verändert habe, wobei vor allem jüngere Teilnehmer und Patienten mit einer erst kürzlich erhaltenen Diagnose vom Schreiben profitierten (Morgan et al. 2008). In einer weiteren Untersuchung von de Moor erfuhren Frauen mit Brustkrebs durch das Schreiben vor allem dann eine Schmerzreduktion, wenn sie im Alltag wenig Gelegenheit zur Selbstoffenbarung hatten (de Moor et al. 2008). Eine Untersuchung von Patienten mit Krebs im Endstadium, die bereitwillig und gerne am Schreiben teilnahmen, scheiterte daran, dass sich zweiundneunzig Prozent der Teilnehmer beim Follow-up in einem so schlechten Zustand befanden, dass bei ihnen keine Daten erhoben werden konnten (Bruera et al. 2008). Und auch einer Untersuchung von Frauen mit verschiedenen gynäkologischen Krebsarten, bei der es zu einer Studienabbruchrate von fünfundfünfzig Prozent kam, kann nur begrenzt Aussagekraft beigemessen werden, weil nicht auszuschließen ist, dass vor allem Frauen, die vom Schreiben profitierten, motiviert waren, die Abschlussuntersuchung mitzumachen und es überdies keine Kontrollgruppe gab, so dass es sich bei der bei allen Teilnehmern festgestellten Abnahme der Depressionswerte auch um einen Effekt über die Zeit handeln könnte (Kallay u. Baban 2008). In einer anderen Untersuchung von Frauen mit fortgeschrittenem Brustkrebs profitierten vor allem Frauen mit geringer sozialer Unterstützung vom Schreiben sowie Frauen mit einer erst kürzlich erhaltenen Diagnose, während Frauen mit einer langen Krankengeschichte nach dem Schreiben vermehrt Schlafstörungen entwickelten (Low et al. 2010). In zwei Studien, die das Schreiben von Frauen mit Brustkrebs in vertrauter Umgebung zu Hause untersuchten, erwies sich dies als hilfreiche Unterstützung, die einmal zu einer verbesserten körperlichen und seelischen Gesundheit führte (Henry et al. 2010) und einmal dazu, dass die Frauen nach dem Schreiben häufiger psychologische Hilfe in Anspruch nahmen (Mosher et al. 2011). Und in einer Untersuchung von Gellaitry äußerten sich Frauen mit Brustkrebs im Frühstadium, die über ihre Krankheit geschrieben hatten, zufriedener mit der psychologischen Betreuung, waren weniger depressiv und wütend und fühlten sich in ihrem sozialen und familiären Umfeld wohler als Frauen, die nur die Routinebehandlung Somatische Kontexte

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erhalten hatten (Gellaitry et al. 2010). Zakowski wiederum konnte nachweisen, dass besonders Frauen mit einem ausgeprägten Neurotizismus vom Schreiben über ihre Krebserkrankung profitierten (Zakowski et al. 2011), und in einer Untersuchung von Carmack und Kollegen kam es bei Patienten mit kolorektalem Karzinom durch das Schreiben über die Krankheit zur Stressreduktion, zur Abnahme der Depressionswerte und zu einer Verbesserung der Lebensqualität (Carmack et al. 2011). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Walker, Nail und Croyle 1999: Vierundvierzig Frauen mit Brustkrebs im Stadium I bis II schrieben unmittelbar nach ihrer letzten Bestrahlungstherapie ein- beziehungsweise dreimal über ihre Gedanken und Gefühle oder schrieben gar nicht und fungierten als Kontrollgruppe. Obwohl das Schreiben gut angenommen wurde, fanden sich keine Hinweise für eine verbesserte Krankheitsverarbeitung oder eine Stimmungsaufhellung und auch die Nebenwirkungsrate der Bestrahlungstherapie verminderte sich nicht durch das Schreiben. Stanton, Danoff-Burg, Sworowski, Collins, Branstetter, RodriguezHanley, Kirk und Austenfeld 2002: Sechzig Frauen mit Brustkrebs im Stadium I bis II, deren letzte medizinische Behandlung mindestens zwanzig Wochen zurücklag, schrieben an vier Tagen innerhalb von drei Wochen für zwanzig Minuten über Gedanken und Gefühle bezüglich ihrer Krankheit, die positiven Aspekte oder die Fakten. Drei Monate danach hatten Frauen, die über ihre Gedanken und Gefühle geschrieben hatten, weniger krebsbezogene Symptome und suchten seltener einen Arzt auf als Frauen, die über die positiven Aspekte oder die Fakten geschrieben hatten. Rosenberg, Rosenberg, Ernstoff, Wolford, Amdur, Elshamy, Bauer-Wu, Ahles und Pennebaker 2002: Dreißig Männer mit Prostatakrebs, die in den vergangenen vier Jahren operiert worden waren oder eine Bestrahlungstherapie erhalten hatten und deren PSA-Wert nicht auf ein Rezidiv hinwies, schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, suchten nach dem Schreiben seltener einen Arzt 164

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auf. Auf psychologischer und immunologischer Ebene ergaben sich hingegen in keiner der beiden Schreibgruppen Veränderungen. De Moor, Sterner, Hall, Warneke, Gilani, Amato und Cohen 2002: Zweiundvierzig Patienten mit einem metastasierenden Nierenzellkarzinom, die an einer Klinischen-Phase-II-Studie teilnahmen, schrieben über ihre Erkrankung oder über das Gesundheitsverhalten im Allgemeinen. Teilnehmer, die über ihre Erkrankung geschrieben hatten, berichteten in der Folgezeit über weniger Schlafstörungen, eine bessere Schlafqualität und weniger Beeinträchtigungen im Alltag. Zakowski, Ramati, Morton, Johnson und Flanigan 2004: Hundertvier Krebspatienten schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ihre Erkrankung oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ihre Erkrankung geschrieben hatten, konnten nach dem Schreiben besser mit Ablehnung und Unverständnis in ihrer Umgebung umgehen, legten ein geringeres Vermeidungsverhalten an den Tag und fühlten sich weniger gestresst als Teilnehmer, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Low, Stanton und Danoff-Burg 2006: Untersucht wurde, welche Mediatoren in der Studie von Stanton im Jahr 2002 verantwortlich sein könnten, dass Frauen, die über ihre Krankheit geschrieben hatten, weniger krebsbezogene Symptome aufwiesen und seltener einen Arzt aufsuchten. Es stellte sich heraus, dass Frauen, die in ihren Texten viele negative Emotionen offenbart hatten, am meisten vom Schreiben profitiert hatten. Owen, Giese-Davis, Cordova, Kronenwetter, Golant und Spiegel 2006: Einundsiebzig Frauen mit einer Krebserkrankung, die eine Selbsthilfegruppe besuchten, schrieben über ihre Krankheit. Frauen, die dabei viele einsichtsbezogene Worte und Kausalbegriffe verwendet hatten, litten unter den größten Stimmungsschwankungen. Lieberman und Goldstein 2006: Zweiundfünfzig Brustkrebspatientinnen, die in einem Internetforum über ihre Wut bezüglich ihrer Krankheit geschrieben hatten, litten unter weniger Depressionen und Somatische Kontexte

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hatten eine höhere Lebensqualität als Frauen, die über ihre Angst oder Traurigkeit geschrieben hatten. Shaw, Hawkins, McTavish, Pingree und Gustafson 2006: Frauen mit Brustkrebs, die mittels eines computerbasierten Selbsthilfeprogramms über ihre Krankheit geschrieben hatten, fühlten sich nach dem Schreiben vor allem dann wohler, wenn sie in ihren Texten einen hohen Anteil einsichtsbezogener Worte verwendet hatten. Creswell, Lam, Stanton, Taylor, Bower und Sherman 2007: Dreiundsechzig Frauen mit Brustkrebs im Stadium I bis II, deren letzte medizinische Behandlung mindestens zwanzig Wochen zurücklag, schrieben wie in der Studie von Stanton aus dem Jahr 2002 an vier Tagen innerhalb von drei Wochen für zwanzig Minuten über Gedanken und Gefühle bezüglich ihrer Krankheit, die positiven Aspekte oder die Fakten. Drei Monate danach hatten Frauen, die über ihre Gedanken und Gefühle geschrieben hatten, weniger krebsbezogene Symptome und suchten seltener einen Arzt auf als Frauen, die über die positiven Aspekte oder die Fakten geschrieben hatten. Frauen, die über die positiven Aspekte geschrieben hatten, zeigten in ihren Texten allerdings eine stärkere Selbstbestätigung und kognitive Verarbeitung, während Frauen, die über ihre Gedanken und Gefühle geschrieben hatten, höhere Werte im Bereich der Selbstbestätigung erlangten. Morgan, Graves, Poggi und Cheson 2008: Einundsiebzig Patienten, die durchschnittlich seit vier Jahren unter Leukämie oder Lymphomen litten, schrieben zwanzig Minuten über ihre Krankheit und deren Einfluss auf ihr Leben oder wie der Krebs sie selbst verändert hatte. Das Schreiben erfolgte im Rahmen eines regulären Untersuchungstermins im Wartebereich oder im Untersuchungszimmer. Wurde das Schreiben unterbrochen, wurde die bereits absolvierte Schreibzeit notiert und die zwanzig Schreibminuten wurden nach der Unterbrechung vervollständigt. Obwohl zwei Drittel der Patienten mindestens einmal unterbrochen wurden, berichteten alle Teilnehmer, dass das Schreiben ihre Einstellung verändert habe, und vierzig Prozent gaben an, dass es auch ihre Gefühlslage verändert habe, wobei es keine Rolle spielte, welche der beiden Schreibinstruktionen die Teilnehmer 166

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erhalten hatten. Jüngere Teilnehmer und Teilnehmer mit erst kürzlich erhaltener Diagnose profitierten am meisten vom Schreiben. De Moor, Moyé, Low, Rivera, Singletary, Fouladi und Cohen 2008: Neunundvierzig Frauen mit Brustkrebs schrieben im Anschluss an ihre Chemotherapie viermal für zwanzig Minuten über ihre Krankheit oder ein neutrales Thema. Frauen, die gesellschaftlichen Zwängen unterlagen und wenig Gelegenheit zur Selbstoffenbarung hatten, erfuhren durch das Schreiben eine leichte Schmerzreduktion, während Frauen, die diesen Zwängen nicht unterlagen, mehr Schmerzen hatten, möglicherweise durch eine aufgrund des Schreibens insgesamt gesteigerte Wahrnehmung und Achtsamkeit. Bruera, Willey, Cohen und Palmer 2008: Vierundzwanzig Patienten mit Krebs im Endstadium, die eine palliative Therapie erhielten, schrieben über Gedanken und Gefühle bezüglich ihrer Krankheit oder ein neutrales Thema. Obwohl das Interesse an der Studie groß war und über achtzig Prozent der Patienten alle Ausgangsfragebögen ausfüllten und am Schreiben teilnahmen, konnten nur acht Prozent der Patientendaten ausgewertet werden, weil der Rest der Patienten aufgrund ihres schlechten Zustandes nicht am Follow-up teilnehmen konnte, so dass keine verwertbaren Studiendaten vorlagen. Han, Shaw, Hawkins, Pingree, McTavish und Gustafson 2008: Zweihunderteinunddreißig Frauen mit Brustkrebs, die in ländlichen Gegenden wohnten und wenig Zugang zu Therapieangeboten hatten, nahmen an einer internetbasierten Selbsthilfegruppe teil, in der der schriftliche Austausch von Gedanken und Gefühlen ein Bestandteil war. Die Analyse der im Internetforum entstandenen Texte von sechsundneunzig Frauen ergab, dass diese sich psychisch besser fühlten, wenn sie mehr positive als negative Gefühle zum Ausdruck gebracht hatten. Kallay und Baban 2008: Zweiundachtzig Frauen mit einem vor vier bis sechzehn Monaten diagnostizierten Brust-, Eierstock-, Gebärmutterhals-, Lungen- oder Magenkrebs und leichten bis schweren Depressionen schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ihre Krankheit. Bei allen Teilnehmern kam es Somatische Kontexte

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zu einer Reduktion der Depressionswerte, wobei ein Effekt über die Zeit nicht ausgeschlossen werden kann, da es keine Kontrollgruppe gab. Zudem konnten nur die Daten von fünfundvierzig Prozent der Teilnehmerinnen ausgewertet werden, weil die Rate der Studienabbrecher bei fünfundfünfzig Prozent lag. Low, Stanton, Bower und Gyllenhammer 2010: Zweiundsechzig Frauen mit Brustkrebs im Stadium IV schrieben viermal innerhalb von drei Wochen für zwanzig Minuten über ihre Gefühle bezüglich der Krankheit oder die Fakten. Bei Frauen, die über ihre Gefühle geschrieben hatten, kam es danach zu einer Abnahme der Intrusionen, sofern es sich um Frauen mit geringer sozialer Unterstützung im Alltag handelte, und zu einer Abnahme körperlicher Beschwerden, sofern es sich um erst kürzlich diagnostizierte Personen handelte. Bei Frauen mit einer langen Krankengeschichte hingegen führte das Schreiben über Gefühle zu vermehrten Schlafstörungen. Henry, Schlegel, Talley, Molix und Bettencourt 2010: Achtzig Frauen mit Brustkrebs aus ländlichen Gebieten oder der Stadt schrieben nach ihrer letzten Bestrahlungstherapie zu Hause über ihre Krankheit oder erhielten die Routinebehandlung. Das Schreiben in vertrauter Umgebung führte zu einer verbesserten körperlichen und seelischen Gesundheit. Frauen aus ländlichen Gebieten und Frauen aus der Stadt profitierten in gleicher Weise vom Schreiben, auch wenn Frauen aus ländlichen Regionen eine größere Teilnahmebereitschaft zeigten. Gellaitry, Peters, Bloomfield und Horne 2010: Dreiundneunzig Frauen mit Brustkrebs im Frühstadium schrieben nach ihrer letzten medizinischen Behandlung an vier aufeinanderfolgenden Tagen für zwanzig Minuten über ihre Krankheit oder erhielten die Routinebehandlung. Frauen, die über ihre Krankheit geschrieben hatten, äußerten sich zufriedener mit der psychologischen Betreuung als Frauen der Kontrollgruppe. Damit einher gingen eine Abnahme depressiver Stimmungen und Wut und eine Steigerung des sozialen und familiären Wohlbefindens. 168

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Zakowski, Herzer, Barrett, Milligan und Beckman 2011: Achtundachtzig Frauen mit einem gynäkologischen Tumor schrieben über ihre Krankheit oder ein neutrales Thema. Insbesondere bei Frauen mit einem hohen Neurotizismuswert, die über ihre Krankheit geschrieben hatten, kam es zur Stressreduktion. Das Ausmaß der Extraversion hatte hingegen keinen Einfluss. Carmack, Basen-Engquist, Yuan, Greisinger, Rodriguez-Bigas, Wolff, Barker, Baum und Pennebaker 2011: Vierzig Patienten mit kolorektalem Karzinom im Stadium I bis III schrieben und sprachen zwölfmal über ihre Krankheit oder erhielten die Routinebehandlung. Bei Patienten, die über ihre Krankheit geschrieben und geredet hatten, kam es im Verhältnis zur Kontrollgruppe zu einer Stressreduktion, einer Abnahme der Depressionswerte und einer Verbesserung der Lebensqualität, sowohl zwei als auch vier Monate nach der Intervention. Mosher, Duhamel, Lam, Dickler, Li, Massie und Norton 2011: Siebenundachtzig Frauen mit metastasiertem Brustkrebs schrieben viermal in vertrauter Umgebung zu Hause über ihre Krankheit oder ein neutrales Thema. Obwohl sich keine Unterschiede hinsichtlich körperlicher und seelischer Gesundheit zwischen beiden Gruppen ergaben, nahmen die Frauen, die über ihre Krankheit geschrieben hatten, danach häufiger psychologische Hilfe in Anspruch als Frauen, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten.

6.2.3 Schmerzassoziierte Krankheiten Mögliche Evaluationsinstrumente: Kieler Schmerz-Inventar (KSI) (Hasenbring 1994), Visuelle Analogskala (VAS) (Hayes u. Patterson 1921), Schmerzempfindungsskala (SES) (Geissner 1996), Fragebogen zum Gesundheitszustand (SF-36/SF-12) (Morfeld et al. 2011; Ware 1999), Befindlichkeits-Skala, Selbstbeurteilung nach von Zerssen (Bf-SR) (von Zerssen u. Petermann 2011), Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV-LIS-SE) (Muthny 1989), Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Fahrenberg et al. 2000), Symptomcheckliste von L. R. Derogatis (SCL-90-R) (Franke 2002), Somatische Kontexte

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indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Selbstoffenbarung Kapitel 5.1.1, Verarbeitung belastender Erlebnisse Kapitel 5.1.2, Selbstwirksamkeit Kapitel 5.2, Neubewertung Kapitel 5.2.2. Erklärung: »Schmerz kann als unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis verstanden werden, das mit einer aktuellen oder potentiellen Gewebeschädigung einhergeht und somit warnenden und schützenden Charakter hat.« Diese Schmerzdefinition der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes beinhaltet einige zentrale Aspekte des Schmerzverständnisses. Beim Schmerz wird die emotionale Komponente gleichwertig neben die sensorische gestellt. Schmerz ist eine subjektive Empfindung, bei der objektivierbare Verletzungen im Sinne einer Reizauslösung nicht zwangsläufig vorhanden sein müssen, das heißt, dass eine Gewebsschädigung weder eine notwendige noch eine hinreichende Bedingung für Schmerzen ist und die ursächliche Verknüpfung von Gewebeschädigung und Schmerzreaktion in ihrer ausschließlichen Form aufgegeben werden muss, worauf in der Definition der Internationalen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes das Wort »potentiell« verweist. Auf welche Art und Weise und in welcher Intensität ein Mensch Schmerzen empfindet, hängt von zahlreichen Faktoren ab, von denen im Folgenden nur einige genannt werden können. Das Schmerzempfinden wird von sensorischen, affektiven und vegetativen Komponenten bestimmt. Beim akuten Schmerz an der Körperoberfläche etwa steht die sensorische Komponente im Vordergrund, während bei Magenschmerzen die vegetative Komponente eine große Rolle spielt und bei chronischen Schmerzen die affektive. Entscheidend für die Schmerzbewertung ist, dass der aktuelle Schmerz mit den im Kurz- und Langzeitgedächtnis gespeicherten Schmerzerfahrungen abgeglichen und anhand dieser gemessen und bewertet wird. Dabei behalten chronische Schmerzpatienten negative Gefühlserlebnisse und Schmerzen länger im Gedächtnis als Gesunde, die nur gelegentlich Schmerzen verspüren, weil sie ein ausgeprägtes Gedächtnis für Schmerzreize und die damit verbundenen unangenehmen Gefühle besitzen, was erklärt, warum insbesondere chronische Schmerzen als Antrieb zur Vermeidung bestimmter Verhaltensweisen, die den Schmerz auslösen oder verschlechtern, wirken, was wiederum zu zahlreichen Einschränkungen führt. Die Schmerzbewertung hängt 170

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zudem von der Situation ab, in dem sich der Schmerz ereignet, und vom sozialen Umfeld und dessen Reaktion auf Schmerzäußerungen (Birbaumer u. Schmidt 2010). Patienten mit chronischen Schmerzsyndromen weisen oft, ebenso wie Patienten mit psychischen Erkrankungen, belastende Lebensereignisse in ihrer Biographie auf. So finden sich etwa in der Lebensbiographie von Frauen mit Schmerzen im kleinen Becken und Patientinnen mit Fibromyalgie überzufällig häufig Erlebnisse körperlichen oder sexuellen Missbrauchs (Broderick et al. 2005; Drossman et al. 1990) und bei Patienten mit chronischer Polyarthritis, auch bekannt als Rheuma, zwischen sieben und acht stressreiche Lebensereignisse (Kelley et al. 1997). Menschen mit Schmerzsyndromen haben oft Schwierigkeiten, Schmerzen anzunehmen oder darüber zu reden, ebenso wie sie Schwierigkeiten haben, unangenehme oder negative Gefühle und Gedanken auszuhalten (Schwartz et al. 1995), was zu den in Kapitel 5.1.1 und 5.1.2 erwähnten negativen gesundheitlichen Folgen führen kann. Ein weiterer negativer Einflussfaktor bei Schmerzkrankheiten stellt eine dauerhafte physiologische Übererregung dar, weswegen in der Therapie oft Techniken eingesetzt werden, die zum Ziel haben, Übererregung abzubauen, wie etwa Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung oder achtsamkeitsbasierte Stressreduktion. Obwohl das Schreiben über belastende Themen die Erregung möglicherweise kurzfristig steigern kann, ist anzunehmen, dass eine durch das Schreiben erfolgte Stärkung des emotionalen Ausdrucks, der eine Verminderung der Gedanken- und Gefühlshemmung mit sich bringt, auf lange Sicht zu einer Reduktion der Beschwerden führt. So etwa führte in einer Untersuchung von Kelley die Beschäftigung mit einem belastenden Erlebnis bei Patienten mit Rheuma zu einer langfristigen Stimmungsstabilisierung und einer Reduktion körperlicher Beeinträchtigungen im Alltag (Kelley et al. 1997), was in einer Untersuchung von Smyth bestätigt werden konnte (Smyth et al. 1999). In Analogie dazu hatten in einer Untersuchung von DanoffBurg Patienten mit Rheuma oder der Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes, die über ein belastendes Erlebnis oder die positiven Aspekte der Krankheit geschrieben hatten, weniger Schmerzen und waren weniger erschöpft als Patienten, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten; wobei sich die Schmerzen bei ängstlichen TeilSomatische Kontexte

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nehmern vor allem dann verminderten, wenn sie über die positiven Aspekte geschrieben hatten, während sie sich bei weniger ängstlichen Teilnehmern vor allem beim Schreiben über belastende Erlebnisse verminderten (Danoff-Burg et al. 2006). Und auch in einer Studie von Lumley kam es bei Rheumapatienten durch das Schreiben oder Sprechen über ein belastendes Erlebnis zu einer Schmerzreduktion, einer verbesserten Gehfähigkeit, einer verminderten Gelenkschwellung und weniger Beeinträchtigungen im Alltag (Lumley et al. 2011). Bei Frauen mit chronischen Schmerzen im kleinen Becken nahm die Schmerzintensität zwei Monate nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis ebenfalls ab, wobei ambivalente Frauen mit der Neigung zum Katastrophisieren am meisten vom Schreiben profitierten (Norman et al. 2004). Bei Frauen mit Fibromyalgie kam es in einer Untersuchung von Broderick vier Monate nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis auch zu einer Reduktion von Schmerzen; zudem zu einer verminderten Müdigkeit und einem gesteigerten Wohlbefinden (Broderick et al. 2005). In einer Untersuchung von Gillis erfuhren schreibende Fibromyalgiepatienten eine verbesserte Schlafqualität (Gillis et al. 2006) und in einer Studie von Junghaenel kam es wie in der Untersuchung von Broderick zu einer Reduktion von Schmerzen und Müdigkeit und einer Steigerung des Wohlbefindens, allerdings nur bei beziehungsgestressten Fibromyalgiepatienten (Junghaenel et al. 2008). Eine andere Gruppe von Schmerzpatienten untersuchten Hamilton-West und Quine. Sie ließen Patienten mit ankylosierender Spondylitis, bei denen es aufgrund der Erkrankung zu einer Einsteifung der Wirbelsäule und damit verbundenen Schmerzen kam, an drei aufeinanderfolgenden Tagen über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema schreiben, was bei den Teilnehmern, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, zu einer Verbesserung des körperlichen Funktionszustandes führte (Hamilton-West u. Quine 2007). In einer Studie von Kraft, der Patienten mit Migräne untersuchte, profitierten vor allem Patienten mit niedrigen Selbstmanagementfähigkeiten vom Schreiben (Kraft et al. 2008), während das Schreiben in einer Untersuchung von D’Souza bei Studierenden mit Spannungskopfschmerz und Migräne keine Wirkung zeigte (D’Souza et al. 2008). In einer Untersuchung von Patienten mit chronischen Schmerzen unterschiedlicher Genese wiederum, führte 172

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das Schreiben über die mit den Schmerzen verbundene Wut bis zu neun Wochen nach dem Schreiben zu verminderten Schmerzen und Depressionen und einem gesteigerten Gefühl der Kontrolle (Graham et al. 2008). Creech fand heraus, dass Frauen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, unmittelbar nach dem Schreiben schmerzempfindlicher waren als Frauen, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, was sich nach einem Monat allerdings umkehrte. Diese Ergebnisse zeigten sich vor allem bei Frauen mit einem Trauma in der Vorgeschichte, was die These, dass belastende Erlebnisse aus der Vergangenheit einen Einfluss auf das Schmerzempfinden haben, bestätigt (Creech et al. 2011). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Kelley, Lumley und Leisen 1997: Zweiundsiebzig Patienten mit chronischer Polyarthritis (cP) im Stadium I bis III, deren Krankheit vor mindestens sechs Monaten diagnostiziert worden war, sprachen an vier aufeinanderfolgenden Tagen zu Hause in ein Aufnahmegerät über belastende Erlebnisse oder lieferten eine neutrale Bildbeschreibung einer ausgeteilten Postkarte. Das klassische Paradigma des Schreibens wurde deswegen abgewandelt, weil Patienten mit chronischer Polyarthritis (Rheuma) oft Schwierigkeiten mit dem Schreiben haben. Bei allen Patienten fanden sich sieben bis acht stressreiche Lebensereignisse in der Vorgeschichte. Bei Teilnehmern, die über belastende Lebensereignisse gesprochen hatten, verschlechterte sich die Stimmung unmittelbar danach kurzzeitig, während sie sich bei Teilnehmern, die das Bild beschrieben hatten, kurzzeitig besserte. Nach drei Monaten allerdings hatten Teilnehmer, die über belastende Erlebnisse gesprochen hatten, weniger Stimmungsschwankungen und körperliche Beeinträchtigungen als Teilnehmer, die das Bild beschrieben hatten. Smyth, Stone, Hurewitz und Kaell 1999: Einundfünfzig Patienten mit chronischer Polyarthritis und einundsechzig Patienten mit Asthma schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Bei Patienten, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, kam es vier Monate später zur Reduktion der Schwere der chronischen Polyarthritis, während sich bei Patienten, die über ein Somatische Kontexte

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neutrales Thema geschrieben hatten, keine Veränderungen ergaben. Die Befunde für Patienten mit Asthma finden sich in Kapitel 6.2.5. Norman, Lumley, Dooley und Diamond 2004: Achtundvierzig Frauen mit chronischen Schmerzen im kleinen Becken schrieben an drei Tagen über ein belastendes oder ein schönes Erlebnis. Bei Frauen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, nahm die Schmerzintensität zwei Monate nach dem Schreiben ab. Dabei profitierten ambivalente Frauen mit einer Neigung zum Katastrophisieren am meisten vom Schreiben; und Frauen, die vor dem Schreiben vermehrt negative Emotionen gehabt hatten, erfuhren eine stärkere Reduktion der negativen Gefühle als Frauen, die bereits vor dem Schreiben positiver gestimmt waren. Broderick, Junghaenel und Schwartz 2005: Zweiundneunzig Frauen mit einer seit neun Jahren bestehenden Fibromyalgie schrieben dreimal innerhalb von drei Wochen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema oder erhielten die Routinebehandlung. Vier Monate nach dem Schreiben kam es bei Teilnehmerinnen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, zu einer Reduktion von Schmerzen und Müdigkeit; ein Effekt, der sich nach zehn Monaten allerdings wieder nivellierte. Gillis, Lumley, Mosley-Williams, Leisen und Roehrs 2006: Zweiundsiebzig Patienten mit Fibromyalgie schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen zu Hause für fünfzehn bis zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Das Schreiben über ein belastendes Erlebnis führte unmittelbar nach dem Schreiben zu einer Stimmungsverschlechterung, nach drei Monaten allerdings zu einer Verbesserung der Schlafqualität und einer Verminderung der Arztkontakte. Danoff-Burg, Agee, Romanoff, Kremer und Strosberg 2006: Fünfundsiebzig Patienten mit chronischer Polyarthritis oder der Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes schrieben viermal über ein belastendes Erlebnis, die positiven Aspekte der Krankheit oder ein neutrales Thema. Patienten, die über ein belastendes Erlebnis oder die positiven Aspekte geschrieben hatten, hatten drei Monate nach 174

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dem Schreiben weniger Schmerzen und waren weniger erschöpft als Patienten, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Dabei verminderten sich die Schmerzen bei ängstlichen Teilnehmern vor allem, wenn sie über positive Aspekte geschrieben hatten, während sich die Schmerzen bei weniger ängstlichen Teilnehmern vor allem verminderten, wenn sie über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten. Hamilton-West und Quine 2007: Achtundsechzig Patienten mit ankylosierender Spondylitis schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Drei Monate nach dem Schreiben hatte sich der funktionelle Zustand der Patienten, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, verbessert. Die Verbesserungen auf der körperlichen Ebene korrelierten mit kognitiven Einsichten auf der Textebene. Kraft, Lumley, D’Souza und Dooley 2008: Neunzig Patienten mit Migräne schrieben an vier Tagen innerhalb von zwei Wochen für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema oder nahmen an einer Entspannungsgruppe teil. Teilnehmer, die bereits vor dem Schreiben über eine gute Selbstwirksamkeit verfügt hatten, profitierten vor allem vom Schreiben über ein belastendes Erlebnis, während Patienten mit niedrigen Selbstmanagementfähigkeiten von allen Gruppen gleichermaßen profitierten. Junghaenel, Schwartz und Broderick 2008: Zweiundneunzig Patienten mit Fibromyalgie schrieben dreimal für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema oder erhielten die Routinebehandlung. Zuvor waren die Patienten entsprechend ihren Copingstilen eingeteilt worden: adaptiv, dysfunktional und interpersonell gestresst. Interpersonell gestresste Patienten erfuhren durch das Schreiben über belastende Erlebnisse ein gesteigertes psychisches Wohlbefinden, hatten weniger Schmerzen und waren weniger müde, während Patienten mit adaptivem und dysfunktionalem Copingstil nicht vom Schreiben profitierten. Graham, Lobel, Glass und Lokshina 2008: Hundertzwei Patienten mit chronischen Schmerzen schrieben über ihre Wut bezüglich der Somatische Kontexte

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Schmerzen oder formulierten ihre Lebensziele als Fakten. Patienten, die über ihre Wut geschrieben hatten, hatten bis zu neun Wochen nach dem Schreiben weniger Schmerzen, ein größeres Gefühl der Kontrolle über die Schmerzen und waren weniger depressiv. D’Souza, Lumley, Kraft und Dooley 2008: Einundfünfzig Studierende mit Spannungskopfschmerz und neunzig Studierende mit Migräne schrieben viermal innerhalb von zwei Wochen über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema oder nahmen an einer Entspannungsgruppe teil. Bei Studierenden mit Spannungskopfschmerz führte das Entspannungstraining zu selteneren und bei Studierenden mit Migräne zu weniger intensiven Kopfschmerzen, während das Schreiben keinen Einfluss hatte. Lumley, Leisen, Partridge, Meyer, Radcliffe, Macklem, Naoum, Cohen, Lasichak, Lubetsky, Mosley-Williams und Granda 2011: Hunderteinundachtzig Patienten mit chronischer Polyarthritis schrieben oder sprachen zu Hause in ein Aufnahmegerät für zwanzig Minuten über ein belastendes, ein positives oder ein neutrales Erlebnis. Das Schreiben über ein belastendes Erlebnis führte nach einem und nach sechs Monaten zur Schmerzreduktion. Das Sprechen über ein belastendes Erlebnis führte hingegen erst nach sechs Monaten zur Schmerzreduktion, wobei sich zusätzlich die Gehfähigkeit verbesserte und die Gelenkschwellungen und körperlichen Einschränkungen verminderten. Creech, Smith, Grimes und Meagher 2011: Frauen, die zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema geschrieben hatten, wurden unmittelbar danach Schmerzreizen ausgesetzt. Frauen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, hatten einen erhöhten Hautwiderstand und waren schmerzempfindlicher als Frauen, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten. Einen Monat später allerdings kam es bei Frauen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, zu einer verminderten Schmerzempfindlichkeit, während Frauen, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, eine erhöhte Schmerzempfindlichkeit aufwiesen. Diese Umkehrung zeigte sich vor allem bei Frauen mit einem Trauma in der Vorgeschichte. 176

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6.2.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen Mögliche Evaluationsinstrumente: Blutdruckmessungen, Klinische Untersuchungen, EKG, Ultraschall, Fragebogen zum Gesundheitszustand (SF-36/SF-12) (Morfeld et al. 2011; Ware 1999), BefindlichkeitsSkala, Selbstbeurteilung nach von Zerssen (Bf-SR) (von Zerssen u. Petermann 2011), Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV-LIS-SE) (Muthny 1989), Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Fahrenberg et al. 2000), Symptomcheckliste von L. R. Derogatis (SCL-90-R) (Franke 2002), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Selbstoffenbarung Kapitel 5.1.1, Verarbeitung belastender Erlebnisse Kapitel 5.1.2, Selbstwirksamkeit Kapitel 5.2, Neubewertung Kapitel 5.2.2, Selbstkonzept und Lebensziele Kapitel 5.2.4, Soziale Integration Kapitel 5.3, Soziale Unterstützung Kapitel 5.3.1. Erklärung: Obwohl ein verbessertes Management die Sterblichkeit nach Herzinfarkten vermindert hat, zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen weltweit nach wie vor zu den Haupttodesursachen. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben oft eine eingeschränkte Lebensqualität, Schwierigkeiten bei der Stressbewältigung und ein erhöhtes Risiko für Depressionen und Angststörungen. Obgleich Herz-Kreislauf-Krankheiten hohe Kosten verursachen, wurden Therapieverfahren wie die Poesietherapie, die kostengünstig und leicht zu implementieren ist, bisher nur wenig eingesetzt und erforscht, auch wenn zwei frühe Untersuchungen nachweisen konnten, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis zur Blutdrucksenkung bei Bluthochdruck führt (Davidson et al. 2002; McGuire et al. 2005). Und auch in zwei neueren Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass Personen, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, auf nachfolgenden Stress mit einem verminderten Blutdruckanstieg reagierten (O’Connor u. Ashley 2008) und Herzinfarktpatienten nach dem Schreiben über Gedanken und Gefühle weniger Herzbeschwerden und niedrigere Blutdruckwerte hatten, wodurch sie weniger Medikamente einnehmen mussten (Willmott et al. 2011). Die Tatsache, dass es so wenige Untersuchungen zur Wirksamkeit des Schreibens bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt, hat Manzoni und Kollegen veranlasst, mit der WRITTEN-HEART-Studie zu beginnen, die den Einfluss des Schreibens auf die Lebensqualität, Somatische Kontexte

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die Symptome von Depression und Angst und die Posttraumatische Reifung bei Patienten nach Herzinfarkt, koronarem Bypass oder Koronarangioplastie untersucht (Manzoni et al. 2011). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Davidson, Schwartz und Sheffield 2002: Unter Anwendung des klassischen Paradigmas des Expressiven Schreibens von Pennebaker belegten Davidson und Kollegen bei Bluthochdruckpatienten, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, eine Blutdrucksenkung. McGuire, Greenberg und Gervitz 2005: Achtunddreißig Patienten mit Bluthochdruck schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Bei Patienten, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, kam es zu einer Blutdrucksenkung. O’Connor und Ashley 2008: Achtundsiebzig Teilnehmer schrieben an drei aufeinanderfolgenden Tagen für fünfzehn Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema und wurden zwei Wochen später experimentellem Stress ausgesetzt. Bei Teilnehmern, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, kam es zu einer verminderten Stressreaktion und einem verminderten Blutdruckanstieg. Teilnehmer mit hohen Alexithymiewerten profitierten allerdings nur dann vom Schreiben, wenn sie zuvor in ihren Texten viele negative Gefühle zum Ausdruck gebracht hatten. Willmott, Harris, Gellaitry, Cooper und Horne 2011: Hundertneunundsiebzig Patienten schrieben nach einem Herzinfarkt über ihre daraus resultierenden Erfahrungen oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über den Herzinfarkt geschrieben hatten, suchten nach dem Schreiben seltener einen Arzt auf und benötigten weniger Medikamente, weil ihre Herzbeschwerden nachgelassen hatten und der Blutdruck gesunken war, während in der Kontrollgruppe die Medikamentendosis erhöht werden musste. Auch nahmen Teilnehmer, die über den Herzinfarkt geschrieben hatten, regelmäßiger und disziplinierter am Rehabilitationsprogramm teil. 178

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Manzoni, Castelnuovo und Molinari 2011: Untersucht werden soll der Einfluss des Schreibens auf Patienten nach Herzinfarkt, koronarem Bypass oder Koronarangioplastie. Dabei werden die Patienten aufgefordert, an vier Tagen innerhalb von zwei Wochen über ein belastendes Erlebnis, ihre Herzkrankheit oder ein neutrales Thema oder gar nicht zu schreiben. Erhobene Parameter sind Lebensqualität, Depressionswerte, Angst und Posttraumatische Reifung. Der Nachbeobachtungszeitraum beträgt ein Jahr.

6.2.5 Atemwegserkrankungen Mögliche Evaluationsinstrumente: Lungenfunktionstests, Klinische Untersuchungen, Körperliche Leistungstests, Fragebogen zum Gesundheitszustand (SF-36/SF-12) (Morfeld et al. 2011; Ware 1999), Befindlichkeits-Skala, Selbstbeurteilung nach von Zerssen (Bf-SR) (von Zerssen u. Petermann 2011), Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (FKV-LIS-SE) (Muthny 1989), Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (FLZ) (Fahrenberg et al. 2000), Symptomcheckliste von L. R. Derogatis (SCL-90-R) (Franke 2002), indirekt: siehe Evaluationsinstrumente Selbstwirksamkeit Kapitel 5.2, Soziale Unterstützung Kapitel 5.3.1. Erklärung: Es gibt vielfältige Atemwegserkrankungen mit unzähligen Ursachen wie Infektionen, Allergien, Verengungen der Atemwege, Zerstörung des Lungengewebes oder Krankheiten der Blutgefäße. Die akute Bronchitis ist eine der häufigsten Atemwegserkrankungen, wie sie eine der häufigsten Krankheiten überhaupt ist. Die chronische Bronchitis hingegen ist weniger häufig, aber auch an ihr leiden laut Angaben des Deutschen Allergie- und Asthmabundes in Deutschland etwa zehn Prozent der Frauen und mehr als fünfzehn Prozent der Männer über vierzig Jahren. Der Anteil der chronisch obstruktiven Bronchitis (COPD) an der Gesamtzahl der Bronchitiden ist nicht bekannt, aber weltweit ist die chronisch obstruktive Bronchitis die vierthäufigste Todesursache, wobei zu erwarten ist, dass die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle zunimmt. Auch von Asthma sind immerhin noch drei bis sechs Prozent der Erwachsenen und zehn Prozent der Kinder betroffen, wobei bei Kindern die Somatische Kontexte

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allergische Form überwiegt (Fink u. Haidinger 2007; Vogelmaier et al. 2007). Da Atemwegserkrankungen die Funktion der Atmungsorgane und damit den lebensnotwendigen Gasaustausch in den Lungenbläschen beeinträchtigen, können chronische Atemwegserkrankungen weitreichende Folgen für andere Organe haben und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken. Zudem gehen sie oft mit zahlreichen Ängsten und depressiven Verstimmungen einher. Neben der klassischen medizinischen Therapie sind deswegen zusätzlich Therapien sinnvoll, die sich mit den Gefühlen, die mit der Krankheit assoziiert sind, beschäftigen, zumal seit langem bekannt ist, dass Stress oder Ängste Asthmaanfälle auslösen und verschlechtern können. In einer ersten Untersuchung zum Einfluss des Schreibens auf Patienten mit Asthma wiesen Smyth und Kollegen nach, dass das Schreiben über ein belastendes Erlebnis zu einer verbesserten Lungenfunktion führte (Smyth et al. 1999), und in einer Studie von Taylor hatte das Schreiben über ein belastendes Erlebnis zwar keinen direkten Einfluss auf die Lungenfunktionswerte von Patienten mit Mukoviszidose, führte aber zu kürzeren Krankenhausaufenthalten (Taylor et al. 2003). In einer Untersuchung von Warner hatte das Schreiben ebenfalls keinen direkten Einfluss auf die Lungenfunktionswerte bei Asthma, führte aber zu einer Verminderung der Beschwerden und zu weniger Einschränkungen im Alltag (Warner et al. 2006). In einer Untersuchung von Harris hingegen ergaben sich für Patienten mit Asthma durch das Schreiben über belastende Erlebnisse keine Veränderungen (Harris et al. 2005) sowie es auch in einer Untersuchung von Sharifabad durch das Schreiben zu keinen Verbesserungen bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung und idiopathischer Fibrose, einer Versteifung des Lungengewebes, kam (Sharifabad et al. 2010). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Smyth, Stone, Hurewitz und Kaell 1999: Einundsechzig Patienten mit Asthma und einundfünfzig Patienten mit chronischer Polyarthritis schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Bei Patienten mit Asthma, die über ein belastendes Erlebnis 180

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geschrieben hatten, kam es vier Monate nach dem Schreiben zu einer Verbesserung der forcierten Einsekundenkapazität (FEV1), während sich bei Teilnehmern, die über ein neutrales Thema geschrieben hatten, keine Veränderungen ergaben. Die Befunde für Patienten mit chronischer Polyarthritis finden sich in Kapitel 6.2.3. Taylor, Wallander, Anderson, Beasley und Brown 2003: Neununddreißig Patienten mit Mukoviszidose schrieben dreimal für zwanzig Minuten über ein belastendes Erlebnis oder erhielten die Routinebehandlung. Nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis verkürzte sich die Krankenhausverweildauer, auch wenn das Schreiben keinen direkten Einfluss auf die Lungenfunktionswerte hatte. Harris, Thoresen, Humphreys und Faul 2005: Hundertsiebzehn Patienten mit Asthma schrieben dreimal innerhalb von drei Wochen für zwanzig Minuten über ein belastendes, ein positives oder ein neutrales Erlebnis. Bei keiner der Gruppen kam es zu bedeutsamen Veränderungen der Lungenfunktionswerte, weder unmittelbar nach dem Schreiben noch zwei Monate später. Warner, Lumley, Casey, Pierantoni, Salazar, Zoratti, Enberg und Simon 2006: Fünfzig Patienten mit Asthma schrieben an drei Tagen über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, waren zwei Monate später besser gestimmt und hatten weniger Beschwerden und funktionelle Einschränkungen, obwohl sich die Lungenfunktionswerte nicht geändert hatten. Besonders profitierten Teilnehmer, deren Texte viele einsichtsbezogene Worte und Kausalbegriffe enthielten. Sharifabad, Hurewitz, Spiegler, Bernstein, Feuerman und Smyth 2010: Sechsundsechzig Teilnehmer mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung oder idiopathischer Fibrose schrieben über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema. In keiner der Gruppen führte das Schreiben zu bedeutsamen Veränderungen.

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6.2.6 Sonstige Krankheitsbilder Für die hier aufgeführten Krankheitsbilder gibt es erst wenige Untersuchungen oder nur Befunde am Rand der Untersuchung anderer Krankheitsbilder, wie im Fall der in Kapitel 6.2.2 dargestellten Untersuchung von de Moor, in der Krebspatienten nach dem Schreiben über ihre Krankheit weniger Schlafstörungen aufwiesen (de Moor et al. 2002), oder in der in Kapitel 6.2.3 aufgeführten Untersuchung von Gillis, in der sich drei Monate nach dem Schreiben über ein belastendes Erlebnis bei Frauen mit Fibromyalgie die Schlafqualität verbesserte (Gillis et al. 2006), während in der ebenfalls in Kapitel 6.2.2 beschriebenen Untersuchung von Low Frauen mit fortgeschrittenem Brustkrebs über vermehrte Schlafstörungen nach dem Schreiben klagten (Low et al. 2010). In zwei Untersuchungen, die sich explizit mit der Wirkung des Schreibens auf Schlafstörungen beschäftigten, zeigten sich positive Effekte. In der Untersuchung von Harvey und Farrel trug das Schreiben über Ängste und Sorgen am Abend zur Verbesserung des Einschlafens bei (Harvey u. Farrel 2003) und Mosher und DanoffBurg konnten nachweisen, dass Studierende, die einen emotional bewegenden Brief an Menschen schrieben, die sie entweder erfreut oder verletzt hatten, danach besser schlafen konnten (Mosher u. Danoff-Burg 2006). In einer Untersuchung von Paradisi verlängerte sich bei Patienten mit Schuppenflechte, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, die beschwerdefreie Zeit nach einer zugleich durchgeführten Lichttherapie (Paradisi et al. 2010). Halpert konnte zeigen, dass Menschen mit einem Reizdarmsyndrom bis zu drei Monate nach dem Schreiben weniger Beschwerden hatten (Halpert et al. 2010) und in einer Untersuchung von Mankad führte das Schreiben bei verletzten Leistungssportlern zu einer verbesserten kognitiven Verarbeitung der Verletzung (Mankad u. Gordon 2010). Spezifische Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Harvey und Farrel 2003: Zweiundvierzig Teilnehmer mit Schlafstörungen schrieben an drei Abenden über ihre Ängste und Sorgen, ihre Hobbys und Interessen oder gar nicht. Teilnehmer, die über ihre 182

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Ängste und Sorgen geschrieben hatte, konnten nach dem Schreiben besser einschlafen als Teilnehmer, die über ihre Hobbys oder nicht geschrieben hatten. Mosher und Danoff-Burg 2006: Hundertacht Studierende schrieben einen Brief an jemanden, der ihnen geholfen oder jemanden, der sie verletzt hatte oder einen behördlichen Brief. Teilnehmer, die einen emotional bedeutsamen Brief geschrieben hatten, schliefen danach besser und hatten weniger Fehlzeiten im Studium. Paradisi, Abeni, Finore, Di Pietro, Sampogna, Mazzanti, Pilla und Tabolli 2010: Vierzig Patienten mit Schuppenflechte (Psoriasis), die mit UVB-Therapie behandelt wurden, schrieben zusätzlich über ein belastendes Erlebnis, ihre Lebensziele oder gar nicht. Nach Beendigung der UVB-Therapie kam es bei Teilnehmern, die über ihre Lebensziele oder gar nicht geschrieben hatten, zu einer Zunahme der Beschwerden, während Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, nach der UVB-Therapie länger beschwerdefrei waren. Halpert, Rybin und Doros 2010: Hundertdrei Patienten mit einem Reizdarmsyndrom schrieben an vier aufeinanderfolgenden Tagen für dreißig Minuten über ihre Krankheit oder schrieben nicht. Teilnehmer, die über ihre Krankheit geschrieben hatten, hatten sowohl nach einem als auch nach drei Monaten eine veränderte Krankheitseinstellung und weniger Beschwerden. Mankad und Gordon 2010: Neun verletzte Leistungssportler, die dreimal für zwanzig Minuten über ihre Verletzung und die Folgen für ihre Karriere geschrieben hatten, fühlten sich durch das Schreiben ermutigt. Die Textanalyse verwies auf eine gelungene kognitive Verarbeitung.

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7.1 Das Expressive Schreiben 7.1.1 Klassisches Paradigma Wie in Kapitel 1.2.3 beschrieben, geht das Expressive Schreiben auf den amerikanischen Psychologen James W. Pennebaker zurück. In seiner ersten Studie ließ er Psychologiestudenten an vier aufeinanderfolgenden Tagen für fünfzehn Minuten über ein belastendes Erlebnis oder ein neutrales Thema schreiben (Pennebaker u. Beall 1986). Die Instruktion für die Experimentalgruppe lautet seither in den meisten Studien, die das klassische Setting verwenden: »In den nächsten vier Tagen möchte ich Sie bitten, über Ihre tiefsten Gedanken und Gefühle zu der traumatischsten Erfahrung Ihres Lebens zu schreiben. Versuchen Sie beim Schreiben wirklich loszulassen und Ihre tiefsten Gedanken und Gefühle zu erkunden. Wenn Sie möchten, können Sie das Ereignis mit Ihrer Kindheit und Ihren Beziehungen zu Ihren Eltern, Partnern, Freunden oder anderen Angehörigen in Zusammenhang bringen. Sie können auch einen Zusammenhang zu Ihrer Vergangenheit, Ihrer Gegenwart und Ihrer Zukunft herstellen oder sich fragen, inwieweit das Ereignis beeinflusst hat, wer Sie waren, wer Sie sind und wer Sie gerne wären. Sie können an allen vier Tagen über das gleiche Ereignis oder über verschiedene Ereignisse schreiben. Nicht jeder hatte ein bestimmtes traumatisches Erlebnis, aber jeder hatte mit Sicherheit größere Konflikte oder stressreiche Erlebnisse, und auch darüber können Sie schreiben. Was Sie schreiben, bleibt streng vertraulich. Sorgen Sie sich nicht um Rechtschreibung, Grammatik oder Satzstruktur. Wenn Sie mit dem Schreiben begonnen haben, schreiben Sie bitte, bis die vorgegebene Zeit zu Ende ist« (Pennebaker u. Chung 2007, Übersetzung durch die Autorin). Die Kontrollgruppe hingegen schrieb in dieser ersten Untersuchung am ersten Tag über ihr Zimmer, am zweiten über ihre 184

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Schuhe, am dritten über einen Baum vor dem Fenster und am vierten über den Untersuchungsraum. Dabei wurden die Teilnehmer aufgefordert, rein deskriptiv vorzugehen und keine eigenen Gedanken und Gefühle zum Ausdruck zu bringen. In dieser ersten Untersuchung führte das Schreiben über ein belastendes Erlebnis zu einer Zunahme der physiologischen Erregung unmittelbar im Anschluss und zu einer Abnahme gesundheitlicher Beschwerden in der Folgezeit. Teilnehmer, die über ein belastendes Erlebnis geschrieben hatten, schätzten das Schreiben zudem für sie persönlich als wertvoll und wichtig ein und gaben an, dass es ihnen neue Erkenntnisse vermittelt und sie ruhiger gemacht habe (Pennebaker u. Beall 1986). Aufgrund dieser vielversprechenden Ergebnisse wurde das Experiment in verschiedenen Kontexten und unter leicht veränderten Konditionen bis heute mehr als zweihundert Mal durchgeführt. In den meisten Studien wurden die Teilnehmer zufällig zwei oder mehreren Gruppen zugeteilt und schrieben an ein bis fünf Tagen für fünfzehn bis dreißig Minuten. Das Schreiben fand entweder in dafür vorgesehenen Untersuchungsräumen (Kiecolt-Glaser et al. 2002; Pennebaker et al. 1990), zu Hause (Lumley et al. 2011; Mosher et al. 2011) oder in Kliniken (Morgan et al. 2008; Kallay u. Baban 2008) statt. In der Regel erfolgte kein Feedback zu den Texten, die in einigen Untersuchungen zu Studienzwecken allerdings auf Sprachebene analysiert wurden.

7.1.2 Erweiterungen und Variationen Das klassische Paradigma des Expressiven Schreibens wurde in verschiedener Hinsicht erweitert und verändert; zuweilen wurden die Schreibinstruktionen variiert oder wie in Kapitel 2 beschrieben die Schreibzeiten und -intervalle. Die Schreibinstruktionen wurden, wie in den zahlreichen beschriebenen Untersuchungen dargestellt, dergestalt abgewandelt, dass die Teilnehmer beispielsweise aufgefordert wurden, über positive Aspekte eines belastenden Erlebnisses zu schreiben (Lyubomirsky et al. 2006; McCullough, et al. 2006; King u. Miner 2000), über angestrebte Lebensziele (Burton u. King 2004 u. 2009, Harrist et al. 2007) oder ein Best Possible Self (BPS), das in der Zukunft alle Lebensziele erreicht haben würde Das Expressive Schreiben

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(Austenfeld et al. 2006; King 2001). Oder die Teilnehmer wurden aufgefordert, aus einer religiös-spirituellen Perspektive (Chen u. Contrada 2009; Chen 2005) oder unter dem Gesichtspunkt einer existentiellen Sinnkomponente (Gebler u. Maercker 2007) über ein belastendes Erlebnis zu schreiben. Und auch die Instruktionen bezüglich der Textart wurden variiert. So wurden Teilnehmer zum Beispiel aufgefordert, dialogisch über ein belastendes Erlebnis zu schreiben (Burke u. Bradley 2006), in Listenform oder in Form einer kohärenten Erzählung (Smyth et al. 2001), in Briefform (Mosher u. Danoff-Burg 2006) oder aus unterschiedlichen Erzählhaltungen und -perspektiven heraus (Seih et al. 2011 u. 2008). Auch für Menschen, in deren Kulturen der emotionale Ausdruck nicht zum Standardrepertoire gehört, wurden andere Schreibinstruktion angedacht, wie beispielsweise für japanische Studierende das Schreiben über traditionelle Beziehungswerte statt über Gefühle bezüglich eines belastenden Erlebnisses (Tavakoli et al. 2009; Knowles et al. 2011). Aber nicht nur die Instruktionen für die Experimentalgruppen, sondern auch die Instruktionen für die Kontrollgruppen variieren zum Teil erheblich. Und selbst wenn meist die Aufforderung an die Teilnehmer ergeht, sich rein auf die Fakten zu konzentrieren, hat die Beschreibung des eigenen Schlafzimmers sicher einen anderen Einfluss auf das Schreiben und Befinden als die Beschreibung eines Untersuchungsraumes. Eine gängige Kontrollinstruktion, die als Zeitmanagement bezeichnet wird, weist die Teilnehmer an, zu beschreiben, wie sie ihren Tag oder ihre Woche verbracht haben oder verbringen werden, was unter Umständen ebenfalls eine positive Wirkung entfalten und nicht als völlig neutrales Thema betrachtet werden kann. Will man die Ergebnisse der Untersuchungen miteinander vergleichen, müssen diese Unterschiede im Studiendesign, die in den Untersuchungen zuweilen auch explizit diskutiert werden, Berücksichtigung finden. Pennebaker selbst plädiert nach zahlreichen Untersuchungen dafür, die Schreibinstruktionen so offen zu gestalten, dass es den Teilnehmern möglich ist, über die für sie persönlich relevanten Themen zu schreiben, die nicht immer in Zusammenhang mit den im Fokus der Untersuchung stehenden Belastungen übereinstimmen müssen, wie beispielsweise für Patienten mit Krebs nicht zwangsläufig die Krankheit im Vorder186

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grund stehen muss, wenn der Patient sich vielleicht zeitgleich in einer Trennungsphase befindet oder einen Angehörigen verloren hat (Pennebaker u. Chung 2007). Auch Langens und Schüler fanden heraus, dass eine offenere Schreibinstruktion von Vorteil sein kann. Während in einer ersten Untersuchung, in der sie die Teilnehmer baten, über ein belastendes Erlebnis zu schreiben, sechsunddreißig Prozent die Studie abbrachen, weil sie sich keinen belastenden Gefühlen aussetzen wollten, gab es in einer zweiten Untersuchung, in der die Teilnehmer gebeten wurden, über bedeutsame Lebensereignisse zu schreiben, keine Studienabbrecher (Langens u. Schüler 2006). Und in einer Untersuchung von Deters und Range hatten traumatisierte Studierende den gleichen Langzeitbenefit, egal, ob sie über das traumatisierende Erlebnis oder ein neutrales Thema geschrieben hatten, wobei es bei der Gruppe, die über das neutrale Thema geschrieben hatte, zu keiner Stimmungsverschlechterung unmittelbar nach dem Schreiben kam (Deters u. Range 2003). Austenfeld fand in zwei Untersuchungen heraus, dass das Schreiben vor allem dann seine volle Wirkung entfaltet, wenn die Schreibinstruktion mit der Copingstrategie der einzelnen Teilnehmer übereinstimmt. So profitierten in seinen Studien Studierende mit guter Emotionsregulation mehr vom Schreiben über ein belastendes Erlebnis, während Studierende mit schlechter Emotionsregulation mehr vom Schreiben über positive Lebensziele profitierten (Austenfeld u. Stanton 2008; Austenfeld et al. 2006). Nicholls weist darauf hin, dass Pennebakers Zugang insgesamt sehr standardisiert ist und alternative Wege zu wenig berücksichtigt, weswegen sie dafür plädiert, dass sich zukünftige Forschung mit verschiedenen Zugängen beschäftigen solle (Nicholls 2009).

7.2 Expressives Schreiben und Poesietherapie 7.2.1 Gemeinsamkeiten und Unterschiede Das Expressive Schreiben kann als eine mögliche standardisierte Variante der Poesietherapie verstanden werden, wobei die Tatsache, dass beim klassischen Paradigma nach Pennebaker kein Feedback erfolgt, wohl die größte Besonderheit dieses Zugangs darstellt. Expressives Schreiben und Poesietherapie

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Obgleich auch beim Expressiven Schreiben ein Therapeut anwesend ist, der den Impuls gibt und den Prozess einleitet, ist der Patient danach mit dem Text weitgehend auf sich gestellt, während der Patient und sein Prozess in der Poesietherapie, wie sie in diesem Buch in Kapitel 1.3 beschrieben wird, in der Regel therapeutisch begleitet wird, was einen triadischen Aufbau, der Autor, Text und Therapeut umfasst, impliziert. Während Feedback und Sharing im Expressiven Schreiben gemäß dem klassischen Paradigma ausgeklammert werden, stellen sie in der Poesietherapie einen wichtigen und integralen Bestandteil dar und nehmen Einfluss auf den Therapieprozess und die Wirkungen des Schreibens. So legt beispielsweise die in Kapitel 5.1.1 beschriebene Studie von Reynolds die Vermutung nahe, dass Kinder und Jugendliche am meisten vom Schreiben profitieren, wenn sie danach die Gelegenheit zur Diskussion erhalten (Reynolds et al. 2000), sowie die in Kapitel 5.1.1 dargestellte Untersuchung von Radcliffe nachweisen konnte, dass Studierende, die über ein belastendes Thema schrieben und ihre Texte nachher den Untersuchern aushändigten, mehr vom Schreiben profitierten als Teilnehmer, die ihre Texte behielten und davon ausgehen mussten, dass niemand sie jemals lesen würde. Teilnehmer, die ihre Texte aushändigten und die Idee entwickeln konnten, jemand lese und würdige ihre Texte, hatten weniger depressive Verstimmungen und körperliche Beschwerden als Teilnehmer, die zwar auch über ein belastendes Erlebnis geschrieben, ihre Texte aber behalten hatten (Radcliffe et al. 2010a). Da die Texte nur weitergegeben und nicht besprochen oder tatsächlich gewürdigt wurden, ist davon auszugehen, dass ein dem Feedback und Sharing vergleichbarer Prozess mindestens eine ebensolche, wenn nicht gar stärkere Wirkung hervorrufen kann. Wie in Kapitel 4 angemerkt, lassen sich die Ergebnisse, die sich vor allem auf das klassische Setting des Expressiven Schreibens beziehen, nur bedingt auf die Poesietherapie im Allgemeinen übertragen. Allerdings können die beim Expressiven Schreiben gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse dazu beitragen, die Dynamik des Schreibens als Prozess zu verstehen. Denn obgleich es Unterschiede gibt, darf vermutet werden, dass die Wirkungen und Wirkfaktoren, die sich in den Studien zum Expressiven Schreiben herauskristallisiert haben, auch bei der Poesietherapie zur Entfaltung 188

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kommen. Wenn sich beim Expressiven Schreiben bereits in fünfzehn bis zwanzig Minuten in ein bis drei Sitzungen ohne den sich anschließenden vertiefenden Prozess des therapeutischen Gesprächs Wirkungen erzielen lassen, stimmt dies optimistisch für andere Settings innerhalb der Poesietherapie.

7.2.2 Ausblick Wie im Verlauf des Buches hoffentlich deutlich wurde, muss die Poesietherapie, sofern sie im medizinischen Kontext als Heilmethode anerkannt werden will, Wirksamkeitsnachweise erbringen, die den Standards der evidenzbasierten Medizin entsprechen, wozu kontrollierte randomisierte Studien erforderlich sind. Bis zur Entwicklung eigener Fragebögen erscheint es ratsam, dabei auf standardisierte und validierte Fragebögen aus Medizin und Psychologie zurückzugreifen, wie beispielsweise auf die Impact of Event Skala (IES) zur Beurteilung der Schwere einer Posttraumatischen Belastungsstörung oder die Allgemeine Depressionsskala (ADS) zur Bestimmung der Schwere einer Depression. Hinzuziehen lassen sich zudem Evaluationsinstrumente, die auf der Basis der Textanalyse zu klinischen Erkenntnissen beitragen, wie etwa das in Kapitel 3.3.2 beschriebene Textanalyseprogramm Linguistic Inquiry and Word Count (LIWC). Das Erbringen von Wirksamkeitsnachweisen in der Poesietherapie, das einen wichtigen Baustein zur Anerkennung des Verfahrens im deutschen Gesundheitssystem darstellt, erfordert die Erarbeitung weiterer Wirkfaktoren und deren Verifizierung in klinischen Studien (Heimes 2012). Um repräsentative Aussagen zu erhalten, sollten dabei Untersuchungen mit möglichst großen Teilnehmerzahlen angestrebt werden. Zudem sollten Nachbeobachtungszeiträume gewählt werden, die der Tatsache Rechnung tragen, dass psychische Prozesse und Veränderungen Zeit benötigen und sich manche Wirkungen mitunter erst nach einer gewissen Latenzzeit einstellen. In den bisher durchgeführten Studien betrugen die Nachbeobachtungszeiträume im Mittel vier bis zwölf Wochen, in einigen Studien bis zu sechs Monaten und in wenigen Untersuchungen mehr als sechs Monate. Natürlich lässt sich keine standardisierte Expressives Schreiben und Poesietherapie

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Zeit für das Follow-up festlegen, wichtig scheint aber, den Nachbeobachtungszeitraum, ebenso wie alle anderen Studienvariablen, dem Untersuchungsthema und der spezifisch zu untersuchenden Studienpopulation anzupassen. Wünschenswert wären krankheitsadaptierte Schreibsettings, da sich im Überblick der Studien gezeigt hat, dass unterschiedliche Teilnehmergruppen und unterschiedliche Persönlichkeiten unterschiedliche Bedürfnisse und Belange haben, angefangen vom passenden Zeitpunkt der Schreibintervention über die Schreibinstruktion bis hin zur Frage der Schreibfrequenz und des Schreibortes. Anzustreben sind sowohl eine krankheitsspezifische Forschung als auch eine präventionsbezogene Forschung und eine Forschung, die sich speziell mit dem holistischen Heilungsansatz der Poesietherapie beschäftigt. Hierfür wird es in Zukunft sowohl quantitativer als auch qualitativer Untersuchungen bedürfen und einer Verschränkung beider Ansätze, die in Wahrheit keine konkurrierenden, sondern sich wechselseitig befruchtende und ergänzende Verfahren darstellen. Dass zunächst eine an den Standards der evidenzbasierten Medizin orientierte Forschung stattfinden sollte, ist wie gesagt ein rein pragmatisches Vorgehen. Nur wenn es gelingt, die Poesietherapie als Heilmethode zu etablieren, besteht auf lange Sicht die Chance, ausreichend Interesse für diese Methode in Fachkreisen zu wecken und die nötigen Forschungsgelder für eine angemessene Forschung zu erhalten. Pennebaker spricht in diesem Zusammenhang von big science, big medicine und plädiert sowohl für die Durchführung großer randomisiert kontrollierter Studien als auch für eine zeitgleich stattfindende innovative Forschung, in der Wirkmechanismen und Möglichkeiten und Grenzen der Poesietherapie untersucht werden (Pennebaker u. Chung 2007). Pennebaker schreibt auch, dass es den meisten Therapeuten mehr um das Wohl ihrer Patienten gehe denn darum, den Wert einer bestimmten Methode zu beweisen (Pennebaker 2004). Bleibt zu hoffen, dass er Recht hat, zumal die Therapielandschaft in Deutschland zuweilen ein wenig eng wirkt und Schulendogmen mitunter wichtiger scheinen als die Offenheit dafür, schulenunabhängig zum Wohl des Patienten zu denken, ohne sich dabei den Vorwurf der Beliebigkeit einzuhandeln. Trotz der Wichtigkeit wissenschaftlicher Methoden und Nachweise muss eingestanden werden, dass es unendlich viel gibt, was 190

Einschränkungen, Erweiterungen und Ausblick

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wir weder verstehen noch nachweisen können, was dessen Wert allerdings nicht schmälert. Ehrliches, aufrichtiges, achtsames, respektvolles, empathisches und wertschätzendes Bemühen und verantwortungsvolles, ethisches, zugewandtes und menschliches Verhalten zeichnen therapeutisches Denken und Handeln aus. Diese Werte vertritt die Poesietherapie und es ist an jedem einzelnen Therapeuten, sie in seinem Alltag umzusetzen. Zum Abschluss hat noch einmal der Pionier des Expressiven Schreibens das Wort: »In the real world, a large number of people need inexpensive, fast, and effective treatments in their dealing with traumas, emotional upheavals, and daily stressors. Why expressive writing works is certainly an interesting and important question. But for the general populace, we also need to know when and how well it works« (Pennebaker 2004, S. 141).

Expressives Schreiben und Poesietherapie

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Übersichtstabellen der Studien

Tabelle 3: Wirkungen, Wirkfaktoren und Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie Wirkung (W)

Wirkfaktor (WF)

Emotionsregulation (W 1) Horn 2004 Sloan u. Epstein 2005 Fivush et al. 2007 Weinstein u. Hodgins 2009 Kliewer et al. 2011

Selbstoffenbarung (WF 1.1) Pennebaker u. Beall 1986 Murray u. Segal 1994 Smyth 1998 Reynolds et al. 2000 Kloss u. Lisman 2002 Meads et al. 2004 Frisina et al. 2004 Sloan u. Marx 2004 Frattaroli 2006 Harris 2006 Radcliffe et al. 2010a Verarbeitung belastender Erlebnisse (WF 1.2) Donnelly u. Murray 1991 Lepore 1997a Range et al. 2000 Kovac u. Range 2000 Stroebe et al. 2002 O’Connor et al. 2003 O’Connor et al. 2005 Boals u. Klein 2005 Burshteyn et al. 2005 Hunt et al. 2007 Niedtfeld et al. 2008 Kallay et al. 2008 Kuiken et al. 2008 Tavakoli et al. 2009 Furnes u. Dysvik 2010 Knowles et al. 2011

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Selbstwirksamkeit (W 2) Pennebaker et al. 1990 Greenberg et al. 1996 Cameron u. Nicholls 1998 Kröner-Herwig et al. 2004 Soliday et al. 2004 Langens u. Schüler 2007 Stewart u. Parker 2008 Giannotta et al. 2009 O’Connor et al. 2011 Matthiesen et al. 2011

Kognitionsförderung (WF 2.1) Pennebaker u. Francis 1996 Klein u. Boals 2001a Ullrich u. Lutgendorf 2002 Lumley u. Provenzano 2003 Ehrhard et al. 2006 Yogo u. Fujihara 2008 Dalton u. Glenwick 2009 Woolf et al. 2009 Radcliffe et al. 2010b Kellogg et al. 2010 Frattaroli et al. 2011 Ramirez u. Beilock 2011 Neubewertung (WF 2.2) Hughes et al. 1994 King u. Miner 2000 Park u. Blumberg 2002 Campbell u. Pennebaker 2003 Rude et al. 2004 Burke u. Bradley 2006 Lyubomirsky et al. 2006 McCullough et al. 2006 Ramirez-Esparza u. Pennebaker 2006 Guastella u. Dadds 2008 Segal et al. 2009 Seih et al. 2011 Kohärenzerleben (WF 2.3) Pennebaker et al. 1997 Smyth et al. 2001 Graybeal et al. 2002 Danoff-Burg et al. 2010 Selbstkonzept und Lebensziele (WF 2.4) King 2001 Burton u. King 2004 Austenfeld et al. 2006 Cohen et al. 2006 Harrist et al. 2007 Austenfeld u. Stanton 2008 Burton u. King 2009 Baikie et al. 2011 Schutte et al. 2012

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Soziale Integration (WF 3) Lepore u. Greenberg 2002 Mehl u. Pennebaker 2003 Gordon et al. 2004 Slatcher u. Pennebaker 2006 Kim 2008 Swanbon et al. 2008 Barclay u. Skarlicki 2009 Pachankis u. Goldfried 2010

Soziale Unterstützung (WF 3.1) Sheese et al. 2004 Langens u. Schüler 2005 Eells 2006 Baker u. Moore 2008 Ko u. Kuo 2009

Kommunikationsförderung (WF 3.2) Shapiro u. Lie 2004 Shapiro et al. 2006 Wong u. Rochlen 2009 Baddeley u. Pennebaker 2011 Tabelle 4: Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie für psychiatrische und psychosomatische Kontexte Psychiatrische und psychosomatische Kontexte Posttraumatische Belastungsstörungen Greenberg u. Stone 1992 Gidron et al. 1996 Schoutrop et al. 1997 Brown u. Heimberg 2001 Schoutrop et al. 2002 Batten et al. 2002 Smyth et al. 2002 Deters u. Range 2003 Freyd et al. 2005 Koopman et al. 2005 Chen 2005 Bernard et al. 2006 Gebler u. Maercker 2007 Sloan et al. 2007 Smyth et al. 2008 Resick et al. 2008 Fernandez u. Paez 2008 Chen u. Contrada 2009 Kearns et al. 2010 Sloan et al. 2011

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Depressionen Gortner et al. 2006 Stice et al. 2007 Heimes et al. 2008a Sloan et al. 2009 Essstörungen Earnhardt et al. 2002 Frayne u. Wayde 2006 Stice et al. 2006 Grasso 2007 Stice et al. 2008 Hiltunen 2008 Chung 2009 East et al. 2010 Arigo u. Smyth 2011 Lafont 2011 Suchterkrankungen Ames et al. 2005 Baikie et al. 2006 Ames et al. 2007 Ames et al. 2008 Grasing et al. 2010

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Tabelle 5: Wirksamkeitsnachweise in der Poesietherapie für somatische Kontexte Somatische Kontexte Erkrankungen des Immunsystems Pennebaker et al. 1988 Esterling et al. 1994 Petrie et al. 1995 Booth et al. 1997 Petrie et al. 1998 Bower et al. 2003 Takagi u. Ohira 2004 Petrie et al. 2004 Rivkin et al. 2006 Stetler et al. 2006 Weinman et al. 2008 O’Cleirigh et al. 2008 Krebserkrankungen Walker et al. 1999 Stanton et al. 2002 Rosenberg et al. 2002 de Moor et al. 2002 Zakowski et al. 2004 Low et al. 2006 Owen et al. 2006 Lieberman u. Goldstein 2006 Shaw et al. 2006 Creswell et al. 2007 Morgan et al. 2008 de Moor et al. 2008 Bruera et al. 2008 Han et al. 2008 Kallay u. Baban 2008 Low et al. 2010 Henry et al. 2010 Gellaitry et al. 2010 Zakowski et al. 2011 Carmack et al. 2011 Mosher et al. 2011

Schmerzassoziierte Krankheiten Kelley et al. 1997 Smyth et al. 1999 Norman et al. 2004 Broderick et al. 2005 Gillis et al. 2006 Danoff-Burg et al. 2006 Hamilton-West u. Quine 2007 Kraft et al. 2008 Junghaenel et al. 2008 Graham et al. 2008 D’Souza et al. 2008 Lumley et al. 2011 Creech et al. 2011 Herz-Kreislauf-Erkrankungen Davidson et al. 2002 McGuire et al. 2005 O’Connor u. Ashley 2008 Willmott et al. 2011 Manzoni et al. 2011 Atemwegserkrankungen Smyth et al. 1999 Taylor et al. 2003 Harris et al. 2005 Warner et al. 2006 Sharifabad et al. 2010 Sonstige Krankheitsbilder Harvey u. Farrel 2003 Mosher u. Danoff-Burg 2006 Paradisi et al. 2010 Halpert et al. 2010 Mankad u. Gordon 2010

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9 Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

ADS – Allgemeine Depressionsskala ALS – Aussagen-Liste zum Selbstwertgefühl für Kinder und Jugendliche ASTS – Aktuelle Stimmungsskala BCCS – Body Checking Cognitions Scale deutsche Version BDI – Beck-Depressions-Inventar deutsche Version Bf-SR – Befindlichkeits-Skala, Selbstbeurteilung nach von Zerssen BSSS – Berliner Social Support Skalen deutsche Version CAPS – Clinician Administered PTBS Scale deutsche Version COPE – Fragebogen zum Coping deutsche Version DIA-X – DIA-X-Interview DISCLOSURE – Fragebogen zum Offenlegen traumatischer Erfahrungen EAT-26 – Eating Attitudes Test deutsche Version EDE-Q – Eating Disorder Examination Questionnaire deutsche Version EDI-2 – Eating Disorder Inventory-2 deutsche Version EER – Fragebogen zur Erfassung von Emotionserleben und Emotionsregulation EKF – Emotionale-Kompetenz-Fragebogen EMO-CHECK/SEK-27 – Fragebogen zur standardisierten Selbsteinschätzung emotionaler Kompetenzen EORTC QLQ-C30 – Lebensqualitätsfragebogen bei Tumorerkrankungen ESI – Ess-Störungs-Inventar EWL – Eigenschaftswörterliste FAKT-II – Frankfurter Adaptiver Konzentrationsleistungs-Test FBeK – Fragebogen zur Beurteilung des eigenen Körpers FEEL-KJ – Fragebogen zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen FEPAA – Fragebogen zur Erfassung von Empathie, Prosozialität, Aggressionsbereitschaft und aggressivem Verhalten FEV – Fragebogen zum Essverhalten FFA – Freiburger Fragebogen zur Achtsamkeit FKB-20 – Fragebogen zum Körperbild FKV – Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung FLZ – Fragebogen zur Lebenszufriedenheit FPD – Fragebogen zur Partnerschaftsdiagnostik FSKN – Frankfurter Selbstkonzeptskalen

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Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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F-SozU – Fragebogen zur Sozialen Unterstützung FTNA – Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit GDS – Geriatrische Depressionsskala HAKI – Hamburger Kognitionsinventar HAMD – Hamilton Depressionsskala IBS-KJ – Interviews zu Belastungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen IES-R – Impact of Event Scale, revidiert deutsche Version KIMS – Kentucky Inventory of Mindfulness Skills deutsche Version KSI – Kieler Schmerz-Inventar LAST – Lübecker Alkoholabhängigkeits- und -missbrauchs-ScreeningTest LEBE – Fragebogen zu Lebensbedeutungen und Lebenssinn MAAS – Mindfulness Attention Awareness Scale deutsche Version MALT – Münchner Alkoholismus-Test MSWS – Multidimensionale Selbstwertskala PANAS – Positive and Negative Affect Schedule deutsche Version PCI – Proactive Coping Inventory deutsche Version PDS – Posttraumatische Diagnoseskala POMS – Profile of Mood States deutsche Version PPR – Posttraumatische Persönliche Reifung PTSS-10 – Posttraumatische Stress-Skala-10 RAT – Selbstrating zur Beurteilung der Schreibaufgabe SCL-90-R – Symptomcheckliste von L. R. Derogatis SEE – Skalen zum Erleben von Emotionen SES – Adjektiv-Skalen zur Einschätzung der Stimmung SES – Schmerzempfindungsskala SESA – Skala zur Erfassung der Selbstakzeptierung SF-36/SF-12 – Fragebogen zum Gesundheitszustand SIAB – Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Essstörungen SOC – Sense of Coherence deutsche Version SVF/SVF-FJ – Stressverarbeitungsfragebogen SWE – Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung SWLS – Satisfaction with Life Scale deutsche Version TAI – Trierer Alkoholismusinventar TAS – Toronto Alexithymia Scale deutsche Version TMMS – Trait Meta Mood Scale deutsche Version VAS – Visuelle Analogskala VEV – Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens WHO QOL-100/WHO QOL-BREF – WHO Quality of Life

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ADS – Allgemeine Depressionsskala (Hautzinger u. Bailer 1993): Der Test ist ein Selbstbeurteilungsinstrument, das Vorhandensein und Dauer der Beeinträchtigung durch depressive Affekte, körperliche Beschwerden, motorische Hemmung und negative Denkmuster erfragt. Er liegt in einer Lang- und Kurzform vor. Die erfragten depressiven Merkmale sind: Verunsicherung, Erschöpfung, Hoffnungslosigkeit, Selbstabwertung, Niedergeschlagenheit, Einsamkeit, Traurigkeit, Antriebslosigkeit, Weinen, Rückzug und Angst. Der Bezugszeitraum ist die letzte Woche. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten für die Lang- und fünf für die Kurzversion. ALS – Aussagen-Liste zum Selbstwertgefühl für Kinder und Jugendliche (Schauder 2011): Der Test erfasst Art und Ausmaß des Selbstwertgefühls in Abhängigkeit von verschiedenen Lebens- und Verhaltensbereichen (Schule, Freizeit, Familie, Heimgruppe). Es stehen zwei Versionen zur Verfügung: eine für in ihren Familien aufwachsende Kinder und Jugendliche (Version F) und eine für Heimkinder und -jugendliche (Version H). Der Fragebogen umfasst achtzehn Beschreibungen, beziehungsweise Aussagen aus dem Alltag von Kindern und Jugendlichen, wobei jeweils neun Beschreibungen positiv beziehungsweise negativ formuliert sind. Die Bearbeitungszeit beträgt zwanzig Minuten. ASTS – Aktuelle Stimmungsskala (Dalbert 1992): Der Test erfasst das subjektive Wohlbefinden. Er umfasst neunzehn Items, die den fünf Teilskalen Trauer (TR), Hoffnungslosigkeit (HO), Müdigkeit (MÜ), Zorn (ZO) und positive Stimmung (PO) zugeordnet sind. Die drei Dimensionen Trauer, Hoffnungslosigkeit und Müdigkeit sowie die Dimensionpositive Stimmung sind geeignet, die aktuelle Stimmung zu beschreiben. Es wird nach den aktuellen Gefühlszuständen gefragt und zur Beurteilung der dargebotenen Adjektive wird eine siebenstufige Rating-Skala vorgelegt. Aufgrund seiner Kürze kann der Test für den Einsatz bei psychisch belasteten Personen, die häufig Schwierigkeiten mit der Bearbeitung langer Fragebögen haben, empfohlen werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. BCCS – Body Checking Cognitions Scale deutsche Version (Neubauer et al. 2010; Mountford et al. 2006): Der Test hilft Kognitionen, die körperbezogenem Kontrollverhalten zugrunde liegen, zu identifizieren. Er besteht aus vier Subskalen mit neunzehn Items. Erfasst werden die Überzeugungen, dass körperbezogenes Kontrollverhalten eine zuverlässige und präzise Möglichkeit zur Überprüfung der eigenen Figur und des eigenen Gewichts darstellt, dass man sich dadurch besser fühlt und über die eigene Figur rückversichert wird, dass das Kontrollverhalten hilft, Essen und Gewicht zu kontrollieren, und dass gefürchtete Konsequenzen eintreten,

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wenn man den eigenen Körper nicht überprüft. Die Antworten werden auf einer fünfstufigen Rating-Skala zur Häufigkeit des Auftretens der Überzeugungen gegeben. Auf allen Skalen und im Gesamtwert weisen höhere Werte auf auffällige Kognitionen in Bezug auf körperbezogenes Kontrollverhalten hin. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. BDI – Beck-Depressions-Inventar deutsche Version (Hautzinger et al. 2009; Hautzinger et al. 1995; Beck et al. 1961): Der Test ist ein Selbstbeurteilungsverfahren zur Erfassung der Schwere depressiver Symptomatik. Er enthält einundzwanzig Gruppen von Aussagen, innerhalb derer es jeweils vier Antwortmöglichkeiten gibt, die die Intensität des Items beschreiben. Bereiche, die die Items umfassen, sind: traurige Stimmung, Pessimismus, Versagen, Unzufriedenheit, Schuldgefühle, Strafbedürfnis, Selbsthass, Selbstanklage, Selbstmordimpulse, Weinen, Reizbarkeit, sozialer Rückzug/ Isolierung, Entschlussunfähigkeit, negatives Körperbild, Schlafstörungen, Arbeitsunfähigkeit, Ermüdbarkeit, Appetitverlust, Gewichtsverlust, Hypochondrie, Libidoverlust. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. Bf-SR – Befindlichkeits-Skala, Selbstbeurteilung nach von Zerssen (von Zerssen u. Petermann 2011): Die Skala dient der Erfassung der momentanen psychischen Befindlichkeit, wobei das gesamte Spektrum normaler und pathologischer Veränderungen des Wohlbefindens abgebildet werden kann. Der Test ist bei Patienten mit körperlichen oder psychischen Störungen sowie bei gesunden Personen einsetzbar. Der Test kann zur Therapiekontrolle wiederholt angewendet werden, um Befindlichkeitsänderungen zu objektivieren. Es stehen zwei Parallelformen (Bf-SR und Bf-SR’) zur Verfügung, die jeweils vierundzwanzig Paare von Eigenschaftswörtern beinhalten; anzukreuzen sind die Eigenschaften, die dem gegenwärtigen Zustand am ehesten entsprechen. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. BSSS  – Berliner Social Support Skalen deutsche Version (Schulz u. Schwarzer 2003; Schwarzer u. Schulz 2000): Mittels fünf Skalen, die vierunddreißig Items umfassen, werden kognitive und behaviorale Aspekte sozialer Unterstützung erhoben. Die wahrgenommene soziale Unterstützung wird mit acht, die erhaltene soziale Unterstützung mit elf, das Bedürfnis nach sozialer Unterstützung mit vier, die Suche nach sozialer Unterstützung mit fünf und das protektive Abpuffern mit sechs Items abgefragt. Daneben werden Indikatoren der sozialen Integration wie Familienstand und Anzahl wichtiger Netzwerkpartner erhoben. Zwei weitere Fragen, die sowohl den Patienten als auch den Partnern gestellt werden, erfassen die subjektive Belastung der Beziehung. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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CAPS – Clinician Administered PTBS Scale deutsche Version (Schnyder u. Moergeli 2002; Blake et al. 2000): Den Teilnehmern wird eine Liste mit möglichen traumatischen Lebensereignissen (Erfahrungen im Kriegseinsatz, körperliche Bedrohung oder Verletzung, Vergewaltigung, sexueller Missbrauch in der Kindheit; Erleben von Naturkatastrophen, schwerwiegende Unfällen oder Gefangenschaft) vorgelegt, auf der sie die zutreffenden Ereignisse markieren und angeben, ob sie Opfer oder Zeuge eines dieser Ereignisse waren oder andere schwerwiegende Ereignisse erlebt haben. Für die beiden am meisten belastenden Ereignisse holt der Interviewer folgende Zusatzinformationen ein: Alter, Häufigkeit, beteiligte Personen sowie die A-Kriterien der PTBS. Anhand dieser werden anschließend die Häufigkeit und Intensität der siebzehn Symptome gemäß DSM-IV auf einer fünfstufigen Likert-Skala bewertet. Zusätzlich werden Beginn und Dauer sowie Grad der subjektiven Belastung und Auswirkung auf die soziale und berufliche Anpassung erfasst. Im Anschluss an das Interview beurteilt der Untersucher die Validität der Aussagen, die Gesamtschwere und gegebenenfalls die Veränderung der Symptomatik. Die Bearbeitungszeit beträgt vierzig Minuten. COPE – Fragebogen zum Coping deutsche Version (Knoll et al. 2005; Carver 1997; Carver et al. 1989): Der Fragebogen bestand ursprünglich aus fünfzehn Skalen mit sechzig Items. Auf der Basis des Stress-Modells nach Lazarus wurde er 1989 von Carver und Kollegen entwickelt und untersucht die Möglichkeiten der Stressbewältigung. Aufgrund mangelnder Compliance wurde er als Brief COPE herausgegeben. Die deutsche Version wurde von Knoll und Carver überarbeitet und hat vier Skalen mit achtundzwanzig Items. Die vier Skalen sind Focus on Positive, Support Seeking, Active Coping und Evasive Coping. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. DIA-X – DIA-X-Interview (Wittchen u. Pfister 1997): Das Interview liegt in zwei Versionen vor. Die eine dient der Erfassung der LängsschnittSymptomatik, das heißt der Symptomatik über die gesamte Lebenszeit, und die andere zentriert auf die Querschnitt-Symptomatik, sprich die letzten zwölf Monate. Beide Versionen sind voll standardisiert und liefern Diagnosen von etwa hundert psychischen Störungen nach ICD-10 und DSM-IV. Der modulare Aufbau und die Möglichkeiten der Verzweigung stellen sicher, dass trotz der Standardisierung nur die für den jeweiligen Probanden bedeutsame Symptomkonstellation in den Mittelpunkt des Interviews gestellt wird. Darüber hinaus können einige Komplexe ausgewählt werden. Zu dem eigentlichen Interviewheft gibt es ein Ergänzungsheft, in dem die untersuchte Person Angaben zu der Symptomatik macht, die im Interview vertieft wird. Die Bearbeitungszeit beträgt sechzig Minuten.

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Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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DISCLOSURE – Fragebogen zum Offenlegen traumatischer Er­fah­ rungen (Müller et al. 2000): Mit dem Fragebogen werden insgesamt drei Faktoren untersucht. Der erste Faktor setzt sich aus Items zusammen, die das Schweigen über traumatische Erfahrungen erfassen, der zweite wird aus Items gebildet, die das aktive Erzählverhalten erfassen, und unter dem dritten werden psychische und körperliche Reaktionen beim Erzählen subsumiert. Daneben existieren drei Subskalen: Bedingungen des Schweigens, Bedingungen des Redens und emotionale Reaktion. Die Korrelation mit den Subskalen der IES-R verweist auf den Zusammenhang des Disclosure-Konstrukts mit der Posttraumatischen Belastungsstörung. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. EAT-26 – Eating Attitudes Test deutsche Version (Meermann u. Van­der­ eycken 1978; Garner et al. 1982; Garner u. Garfinkel 1979): Der Test erfasst charakteristische Symptome und Gedanken von Essstörungen. Er beinhaltet sechsundzwanzig Items mit sechsstufiger Antwortmöglichkeit. Die Items lassen sich in drei Subskalen aufteilen: Diätverhalten, Bulimie und ständige Beschäftigung mit Nahrung sowie orale Kontrolle. Die Antworten für jedes Item werden von null bis drei gewichtet. Ein Wert von drei spricht für eine deutliche Ausprägung in symptomatischer Richtung, Werte über zwanzig für eine Essstörung. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. EDE-Q – Eating Disorder Examination Questionnaire deutsche Version (Hilbert u. Tuschen-Caffier 2006; Fairburn u. Cooper 1993): Es handelt sich um ein strukturiertes Experteninterview zur Klassifikation und Erfassung der Psychopathologie von Essstörungen. Der Fragebogen erlaubt eine Erfassung der spezifischen Essstörungspsychopathologie mit den vier Subskalen: gezügeltes Essen, essensbezogene Sorgen, Gewichtssorgen und Figursorgen. Weitere vierzehn Items dienen der Diagnosestellung der Essstörungen Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und der Binge-Eating-Störung sowie weiterer nicht näher bezeichneter Essstörungen nach den Kriterien des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen. Zur Diagnostik der Binge-Eating-Störung wurde das im englischen Sprachraum gängige Binge-Eating-Störungsmodul eingefügt. Die Items beziehen sich auf die letzten drei beziehungsweise sechs Monate. Der Test kann ab dem vierzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfundvierzig Minuten. EDI-2 – Eating Disorder Inventory-2 deutsche Version (Paul u. Thiel 2004, Garner 1991): Der Test gilt international als Standardverfahren zur mehrdimensionalen Beschreibung der spezifischen Psychopathologie von Patienten mit Anorexia und Bulimia nervosa sowie anderen Essstörungen. Er kann vor Beginn einer Psychotherapie für die Therapieplanung oder im Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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Verlauf einer Therapie zur Veränderungsmessung eingesetzt werden. Die elf Skalen erfassen folgende Dimensionen: Schlankheitsstreben, Bulimie, Unzufriedenheit mit dem Körper, Ineffektivität, Perfektionismus, Misstrauen, interozeptive Wahrnehmung, Angst vor dem Erwachsenwerden, Askese, Impulsregulation und soziale Unsicherheit. Die Bearbeitungszeit beträgt zwanzig Minuten. EER – Fragebogen zur Erfassung von Emotionserleben und Emotionsregulation (Benecke et al. 2008): Der Fragebogen ist inhaltlich in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil erfasst in zwanzig Skalen das subjektive Emotionserleben. Dafür werden die Versuchspersonen gefragt, wie intensiv sie verschiedene Emotionen innerhalb der letzten sieben Tage erlebt haben. Zur Beantwortung ist eine siebenstufige Skala vorgegeben. Im zweiten Teil geht es in fünfzehn Skalen um die Erhebung verschiedener Emotionsregulationsstrategien. Zur Beantwortung wählt die befragte Person ein für sie persönlich schwieriges Gefühl aus dem ersten Teil des Fragebogens aus. Wieder liegt eine siebenstufige Antwortskala vor, anhand der die befragte Person einschätzen soll, wie sehr die aufgelisteten Regulationsstrategien/Reaktionen für sie beim Umgang mit dem ausgewählten Gefühl zutreffen. Die Bearbeitungszeit beträgt vierzig Minuten. EKF – Emotionale-Kompetenz-Fragebogen (Rindermann 2009): Mit diesem Fragebogen werden Daten über emotionale Fähigkeiten und Einstellungen zu Emotionen erhoben. Auf vier Grundskalen werden folgende Parameter gemessen: das Erkennen eigener Emotionen, das Erkennen fremder Emotionen, Regulation und Kontrolle eigener Gefühle und emotionale Expressivität. Auf zwei Zusatzskalen werden die Regulation und der Umgang mit Gefühlen bei anderen und die eigenen Einstellungen bezüglich Emotionen bestimmt. Die Fähigkeits- und Einstellungsskalen können sowohl über Selbst- als auch über Fremdeinschätzung erhoben werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. EMO-CHECK/SEK-27 – Fragebogen zur standardisierten Selbsteinschätzung emotionaler Kompetenzen (Berking u. Znoj 2008): Der Test setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der erste Teil (EMO-CHECK) umfasst eine Liste mit zweiundfünfzig Adjektiven zu Emotionen, aus deren Antworten sich auch die Werte für die Positive Affect Schedule Negative Affect Schedule (PANAS) sowie verschiedener anderer Emotionen berechnen lassen. Der zweite Teil (SEK-27) beinhaltet siebenundzwanzig Fragen zur Emotionsregulation, die anhand einer vierstufigen Likert-Skala eingeschätzt werden. Es gibt für den Fragebogen zwei Versionen: die Trait-Version mit der Einleitung »Im Allgemeinen …« und die Prolonged-State-Version mit der Einleitung »In der letzten Woche …« Die Bearbeitungszeit beträgt dreißig Minuten.

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EORTC QLQ-C30  – Lebensqualitätsfragebogen bei Tumorerkrankungen (Aaronson et al. 1993): Es handelt sich um einen dreißig Fragen umfassenden Test für Tumorpatienten, bestehend aus Mehrfach- und Einzelfragen zur Messung der Lebensqualität. Der Test beinhaltet neben der Skala Globale Lebensqualität fünf Funktionsskalen, die sich auf körperliche Funktion, Rollenfunktion, kognitive Funktion, emotionale Funktion und soziale Funktion beziehen. Zudem umfasst er drei Skalen, die Ermüdung, Schmerz und Übelkeit/Erbrechen erfassen. Einzelfragen beziehen sich auf weitere Symptome, die bei Krebspatienten auftreten wie zum Beispiel Atemnot, Appetitverlust, Schlafstörungen, Verstopfung und Durchfall. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. ESI – Ess-Störungs-Inventar (Diehl u. Staufenbiel 1994): Der Test wurde entwickelt, um spezielle Essstörungssymptome zu erfassen. Er besteht aus neun Skalen mit siebenundvierzig Items. Fünf Skalen beziehen sich auf Probleme mit Essen und Gewicht/Figur, vier Skalen messen Persönlichkeitsaspekte, von denen eine korrelative oder ursächliche Beziehung zum Grad der Essstörung angenommen wird. Die Beantwortung der Items erfolgt auf einer vierstufigen Skala. Die Bearbeitungszeit beträgt dreißig Minuten. EWL – Eigenschaftswörterliste (Janke u. Debus 1978): Die Eigenschaftswörterliste ist ein mehrdimensionales Selbstbeurteilungsverfahren zur quantitativen Beschreibung des aktuellen Befindens. Sie liegt in einer längeren (EWL-N) und einer kürzeren Form (EWL-K) vor. Das Verfahren erfasst fünfzehn Befindlichkeitsaspekte, die sich sechs größeren Bereichen zuordnen lassen: leistungsbezogene Aktivität, allgemeine Desaktivität, Extra-/Introversion, allgemeines Wohlbehagen, emotionale Gereiztheit und Angst. Der Test kann ab dem sechzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt zwanzig Minuten für die Lang- und zehn für die Kurzversion. FAKT-II – Frankfurter Adaptiver Konzentrationsleistungs-Test (Moos­ brugger u. Goldhammer 1997): Der Test dient der Ermittlung der Konzentrationsfähigkeit. Zur Bestimmung der Konzentrationsfähigkeit werden die Aspekte Konzentrations-Leistung (KL), Konzentrations-Genauigkeit (KG) und Konzentrations-Homogenität (KH) erfasst. Es existieren drei Testformen (FAKT-E, FAKT-S, FAKT-SR), bei denen sich der situative Belastungsgrad durch die Darbietungsweise der Items unterscheidet. FAKT-E bietet nur jeweils ein Item auf dem Bildschirm dar und hat eine hohe situative Belastung, FAKT-S bietet gleichzeitig zehn Items dar und hat eine mittlere situative Belastung und FAKT-SR erhebt Reaktionszeiten für die Itembearbeitung und hat eine niedrige situative Belastung. Für jede Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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Testform existieren zwei Durchführungsarten: adaptive oder wählbare Testzeit, wobei sechs Minuten als Standardtestzeit voreingestellt sind. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. FBeK – Fragebogen zur Beurteilung des eigenen Körpers (Strauß u. Richter-Appelt 1996): Es handelt sich um ein Selbstbeurteilungsverfahren mit zweiundfünfzig Items, die bewusste Einstellungen zum eigenen Körper abfragen. Die Items sind zweistufig zu beantworten. Es gibt ein DreiSkalen-Modell zur Auswertung: Unsicherheit/Missempfinden, Attraktivität/Selbstvertrauen, Akzentuierung des Körpers/Sensibilität und ein alternatives Vier-Skalen-Modell: Unsicherheit/Besorgnis, Attraktivität/ Selbstvertrauen, Akzentuierung des körperlichen Erscheinungsbildes, körperlich-sexuelles Missempfinden. Der Test kann ab dem achtzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. FEEL-KJ – Fragebogen zur Erhebung der Emotionsregulation bei Kindern und Jugendlichen (Grob u. Smolenski 2009): Der Fragebogen erfasst Emotionsregulationsstrategien für Angst, Trauer und Wut. Es werden sowohl adaptive Strategien wie problemorientiertes Handeln, Zerstreuung, Stimmung anheben, akzeptieren, vergessen, umbewerten und kognitives Problemlösen als auch maladaptive Strategien wie Aufgeben, aggressives Verhalten, Rückzug, Selbstabwertung und das Verharren auf bestimmten Gedanken erfasst. Zusätzlich werden Strategien erfasst, die keiner der zwei Sekundärskalen zugeordnet werden: Ausdruck, soziale Unterstützung und Emotionskontrolle. Die Werte geben Hinweise auf das Risiko für die Entwicklung krankhafter Auffälligkeit. Der Test ist nicht auf Störungsbilder beschränkt, sondern berücksichtigt ebenfalls psychosoziale Kompetenzen, weswegen er auch zur Erstellung eines Ressourcenprofils eingesetzt werden kann. Die Bearbeitungszeit beträgt zwanzig Minuten. FEPAA  – Fragebogen zur Erfassung von Empathie, Prosozialität, Aggressionsbereitschaft und aggressivem Verhalten (Lukesch 2005): Mit dem Test werden auf vier Skalen positives und negatives Sozialverhalten erfasst: Empathie, Prosozialität, Aggressionsbereitschaft und aggressives Verhalten. Empathie wird dabei als Antagonist zur Aggressionsbereitschaft verstanden, während Prosozialität als Gegenstück zu aggressivem Verhalten verstanden wird. Die Skalen beruhen zum Teil auf der Vorgabe von Situationen, bei denen vorgegebene Handlungsalternativen ausgewählt oder eingeschätzt werden können, und zum Teil auf Selbstbeschreibungen. Der Test eignet sich für Wiederholungsmessungen. Die Bearbeitungszeit beträgt dreißig Minuten.

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FEV – Fragebogen zum Essverhalten (Pudel u. Westenhöfer 1989; Stunkard u. Messick 1985): Selbstbeurteilungstest mit sechzig Items zur Erfassung des Essverhaltens. Der Test trifft Aussagen über drei grundlegende psychologische Dimensionen des Essverhaltens: kognitive Kontrolle, Störbarkeit des Essverhaltens sowie Hungererleben. Er eignet sich zur Therapieverlaufskontrolle. Die Bearbeitungszeit beträgt zwanzig Minuten. FFA – Freiburger Fragebogen zur Achtsamkeit (Walach et al. 2004): Es handelt sich um ein quantitatives Verfahren zur Selbstbeurteilung. Der Test entspricht formal einer Eigenschaftsskala und enthält in der Langform dreißig Items. Er erfasst auf vier Skalen unterschiedliche Facetten der Achtsamkeit: gegenwärtige, nicht identifizierte Achtsamkeit, akzeptierende, nichturteilende Haltung, ganzheitliches Annehmen und prozesshaftes, einsichtsvolles Verstehen. Die vierzehn Items umfassende Kurzform eignet sich zur eindimensionalen Erfassung von Achtsamkeit. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten für die Lang- und zehn für die Kurzversion. FKB-20 – Fragebogen zum Körperbild (Clement u. Löwe 1996): Es handelt sich um einen Fragebogen zur Diagnose von Körperbildstörungen und zur Erfassung des Körpererlebens. Er besteht aus zwanzig fünfstufigen Items, die zwei unabhängige Dimensionen des Körperbildes messen. Mit der Skala Ablehnende Körperbewertung (AKB) wird einerseits die äußere Körpererscheinung beurteilt, andererseits das Gefühl der Stimmigkeit sowie das Wohlbefinden im eigenen Körper beschrieben. Die Skala Vitale Körperdynamik (VKD) thematisiert den energetischen und bewegungsbezogenen Aspekt des Körperbildes und beschreibt, in welchem Ausmaß Kraft, Fitness und Gesundheit empfunden werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. FKV – Freiburger Fragebogen zur Krankheitsverarbeitung (Muthny 1989): Der Test kommt vor allem bei körperlich chronisch Kranken beziehungsweise bei Personen mit Folgeerscheinungen akuter Erkrankungen zum Einsatz und ist für Verlaufsuntersuchungen geeignet. Er erfasst Krankheitsverarbeitungsmodi auf den Ebenen von Kognition, Emotion und Verhalten und besteht aus einem ausführlichen Instrument (FKV 102) mit hundertzwei Items und zwölf Skalen und einer Kurzversion mit fünfunddreißig Items (FKV-LIS) zur Selbst- (FKV-LIS SE) oder Fremdeinschätzung (FKV-LIS FE). Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten für die Lang- und fünf Minuten für die Kurzversion. FLZ – Fragebogen zur Lebenszufriedenheit (Fahrenberg et al. 2000): Der Test erfasst relevante Aspekte der Lebenszufriedenheit in zehn Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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Lebensbereichen: Gesundheit, Arbeit und Beruf, finanzielle Lage, Freizeit, Ehe und Partnerschaft, Beziehung zu den Kindern, eigene Person, Sexualität, Freunde/Bekannte/Verwandte und Wohnung. Jede der zehn Subskalen umfasst sieben Items, die auf einer siebenstufigen Antwortskala beantwortet werden. Neben der Erfassung der bereichsspezifischen Lebenszufriedenheit gestattet der Test die Abschätzung der allgemeinen Lebenszufriedenheit, wobei diese als Summenwert von sieben der zehn Skalen berechnet wird; nicht berücksichtigt werden die Skalen Arbeit und Beruf, Ehe und Partnerschaft sowie Beziehung zu den eigenen Kindern. Der Test kann ab dem vierzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. FPD – Fragebogen zur Partnerschaftsdiagnostik (Hahlweg 1996): Der Fragebogen zur Partnerschaftsdiagnostik umfasst drei Instrumente: den Partnerschaftsfragebogen (PFB) zur Bestimmung der partnerschaftlichen Qualität; eine Problemliste (PL) zur Erfassung der wesentlichen Konfliktbereiche in der Partnerschaft; einen Fragebogen zur Lebensgeschichte und Partnerschaft (FLP) zwecks Anamneseerhebung. Der Partnerschaftsfragebogen (PFB) besteht aus dreißig Items und einem zusätzlichen Item zur globalen Glückseinschätzung. Es können Werte für die drei Skalen Streitverhalten, Zärtlichkeit und Gemeinsamkeit/Kommunikation berechnet werden. Der Test kann ab dem achtzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. FSKN – Frankfurter Selbstkonzeptskalen (Deusinger 1986): Der Test besteht aus zehn eindimensionalen Skalen zur Bestimmung des Bildes oder der Selbstkonzepte, die das Individuum in wichtigen Bereichen des Selbst von der eigenen Person entwickelt hat. Die Skalen erfassen ein System von Einstellungen zur eigenen Person, die als Aspekte der Identität der Person interpretiert werden. Die Skalen sind als Gesamttest, aber auch in Einzelversionen anwendbar. Die Art der Selbstbeschreibung kann Hinweise auf die psychische Gesundheit oder die Störung liefern. Der Test kann ab dem dreizehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt zwanzig Minuten. F-SozU – Fragebogen zur Sozialen Unterstützung (Fydrich et al. 2007): Mit dem Test wird die soziale Unterstützung als wahrgenommene beziehungsweise antizipierte Unterstützung aus dem sozialen Umfeld gemessen. Er erfasst die subjektive Überzeugung, im Bedarfsfall Unterstützung von anderen zu erhalten, sowie die Einschätzung, auf Ressourcen des sozialen Umfeldes zurückgreifen zu können. Die Langform des Fragebogens (S-54) erfasst mit vierundfünfzig Items die Skalen emotionale Unterstützung, praktische Unterstützung, soziale Integration und Belastung aus dem

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sozialen Netzwerk sowie die ergänzenden Skalen Gegenseitigkeit, Verfügbarkeit einer Vertrauensperson und Zufriedenheit mit sozialer Unterstützung. Zudem stehen zwei Kurzformen mit zweiundzwanzig (K-22) beziehungsweise vierzehn Items (K-14) zur Verfügung. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten für die Lang- und zehn für die Kurzversion. FTNA – Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit (Bleich et al. 2002): Der Test ist eine Weiterentwicklung des Fagerström Tolerance Questionnaire und erfasst nikotinrelevante Suchtkriterien. Die Selbstbeurteilungsskala ermöglicht Diagnosestellung und Graduierung der Nikotinabhängigkeit. Das Verfahren besteht aus sechs Items; anhand des erreichten Punktwertes kann der Schweregrad der Abhängigkeit eingestuft werden. Der Test ist geeignet für jugendliche und erwachsene Nikotinkonsumenten. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. GDS – Geriatrische Depressionsskala (Gauggel u. Birkner 1999; Yesavage et al. 1983): Der Test besteht aus fünfzehn Fragen, die aus einem hundert Fragen umfassenden Katalog entwickelt wurden und mit »ja« und »nein« beantwortet werden können. Der Fragebogen kann entweder in Interviewform oder durch den Patienten selbst ausgefüllt werden. Wichtig ist es, den Patienten darauf hinzuweisen, dass sich die Fragen auf die letzte Woche beziehen und es keine richtigen oder falschen Antworten gibt. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. HAKI – Hamburger Kognitionsinventar (Tönnies 1997): Der Test kann zur Therapiekontrolle, zur Kontrolle kognitiver Trainingsprogramme sowie in der klinischen und pädagogischen Forschung eingesetzt werden. Er besteht aus sechs Standard- und sechs Zusatzskalen mit zusammen hundert Items, wobei die Standardskalen dem vormaligen Inventar zur Selbstkommunikation für Erwachsene und die Zusatzskalen dem Zusatzinventar zur Selbstkommunikation entsprechen. Die Standardskalen differenzieren sich in drei Skalen zur positiven Kognition: Selbstzufriedenheit, Selbstermutigung, positive psychische Befindlichkeit; sowie drei Skalen zur negativen Kognition: Selbstunzufriedenheit, Selbstentmutigung, negative psychische Befindlichkeit. Die Zusatzskalen differenzieren sich in zwei Skalen zur positiven Kognition: Wertschätzung anderer, positive psychosomatische Befindlichkeit; sowie vier Skalen zur negativen Kognition: Geringschätzung anderer, negative psychosomatische Befindlichkeit, Selbstkritik, Selbstkontrolle. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. HAMD – Hamilton Depressionsskala (Hamilton 1996 u. 1960): Es handelt sich um einen Fremdbeurteilungstest zur Einschätzung des SchwereEvaluationsinstrumente (alphabetisch)

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grades einer Depression. Die Gesamtskala besteht je nach Version aus siebzehn bis einundzwanzig Items. Beurteilt werden folgende depressionsrelevante Bereiche: depressive Stimmung, Schuldgefühle, Suizidalität, Ein- und Durchschlafstörungen, Schlafstörungen am Morgen, Arbeit und sonstige Tätigkeiten, depressive Hemmung, Erregung, psychische und somatische Angst, Symptome des Magen-Darm-Trakts, allgemeine körperliche Symptome, Genitalsymptome, Hypochondrie, Gewichtsverlust, Krankheitseinsicht, Tagesschwankungen, Depersonalisation und Derealisation, paranoide Symptome, Zwangssymptome. Die Beurteilung der einzelnen Bereiche erfolgt drei- beziehungsweise fünfstufig. Grundlage der Beurteilung ist ein Interview mit dem Patienten. Aufgrund des zeitlichen Bezugsrahmens ist eine Wiederholung der Beurteilung in kürzeren Abständen als einer Woche nicht sinnvoll. Die Bearbeitungszeit beträgt dreißig Minuten. IBS-KJ – Interviews zu Belastungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen (Steil u. Füchsel 2005): Mit dem Test liegt ein strukturiertes Interview vor, das das Vorhandensein einer Traumatisierung und Posttraumatischen Belastungsstörung sowie die Häufigkeit und Intensität der Symptome bei Kindern und Jugendlichen erfasst. Die Kinder und Jugendlichen werden selbst befragt; Alternativformulierungen können entsprechend dem Entwicklungsstand ausgewählt werden. Es gibt ein Interview zur Diagnose der Posttraumatischen Belastungsstörung (IBS-P-KJ) und eines zur Diagnose der Akuten Belastungsstörung (IBS-A-KJ), das in den ersten vier Wochen nach einem Trauma eingesetzt werden kann. Der Test eignet sich für Kinder und Jugendliche zwischen sieben und sechzehn Jahren. Die Bearbeitungszeit beträgt vierzig Minuten. IES-R – Impact of Event Scale, revidiert deutsche Version (Maercker 2003; Maercker u. Schützwohl 1998; Weiss u. Marmar 1996; Horowitz et al. 1979): Der Test wird zur Darstellung persönlicher Belastungsreaktionen nach traumatischen Lebensereignissen verwendet. Die drei Subskalen Intrusionen, Vermeidung und Übererregung erfassen typische Formen individueller Reaktionen beziehungsweise Symptome auf extrem belastende Ereignisse. Den ersten Teil bildet die Eventliste, die mit »ja« oder »nein« zu beantworten ist und feststellt, ob eines oder mehrere von zwölf möglichen belastenden Ereignissen stattgefunden haben. Bei Mehrfachnennung soll der Proband das für ihn am stärksten belastende Ereignis wählen. Es muss mindestens eine der zwölf Antworten bejaht werden, um den zweiten Teil zu beantworten. In sechzehn Items wird anhand einer vierstufigen Antwortskala untersucht, wie stark der Proband auf das angegebene Ereignis innerhalb der letzten sieben Tage reagiert hat. Eine Schätzformel erlaubt es, aus den drei Subskalen das Vorliegen einer

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Posttraumatischen Belastungsstörung abzuschätzen. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. KIMS – Kentucky Inventory of Mindfulness Skills deutsche Version (Ströhle et al. 2010; Baer et al. 2004): Der Test besteht aus neununddreißig Fragen zur Selbsteinschätzung von vier Elementen: beobachten, beschreiben, bewusstes Handeln, akzeptieren, ohne zu beurteilen. Der Test basiert auf dem Achtsamkeits-Konzept der Dialektisch-Behavioralen Therapie und bezieht sich auf Achtsamkeit im Alltag und auf Menschen ohne Meditationserfahrung. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. KSI – Kieler Schmerz-Inventar (Hasenbring 1994): Der Test besteht aus drei Selbstbeurteilungsinstrumenten zur Erfassung der individuellen Schmerzverarbeitung auf emotionaler und kognitiver Ebene und auf der Verhaltensebene. Teil eins erfasst mit fünfzehn Items die emotionale Schmerzverarbeitung anhand der Skalen Angst/Depressivität, gereizte und gehobene Stimmung. Teil zwei erfasst mit vierunddreißig Items schmerzbezogene Kognitionen anhand der Skalen Hilf-/Hoffnungslosigkeit, Behinderung, Katastrophisieren, Durchhalteappell, Bagatellisieren, Copingsignal und psychische Kausalattribution. In Teil drei werden mit achtundsechzig Items Aspekte der Schmerzbewältigung erfasst, die in acht Skalen repräsentiert sind: Vermeiden sozialer oder körperlicher Aktivitäten, Durchhaltestrategien, nichtverbales Ausdrucksverhalten, direkte Bitte um soziale Unterstützung, entspannungsfördernde Ablenkung, passive und aktive Maßnahmen. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfunddreißig Minuten. LAST – Lübecker Alkoholabhängigkeits- und -missbrauchs-ScreeningTest (Rumpf u. Hapke 2001): Es handelt sich um einen Screening-Test, der anhand von Selbstaussagen eine Abschätzung erlaubt, ob eine alkoholbezogene Störung vorliegt. Primäre Zielsetzung ist die Erfassung von Alkoholabhängigkeit oder -missbrauch und Risikokonsum. Der Test besteht aus sieben Fragen, die mit »ja« oder »nein« beantwortet werden. Die Items umfassen die Einschätzung des eigenen Konsumverhaltens bis zur Abfrage von Folgeproblemen. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. LEBE – Fragebogen zu Lebensbedeutungen und Lebenssinn (Schnell u. Becker 2007): Der Fragebogen erlaubt die Beschreibung von Personen oder Gruppen hinsichtlich der Ausprägung verschiedener Lebensbedeutungen und ermöglicht Rückschlüsse darauf, ob eine Sinnkrise besteht oder eine Person ihr Leben als sinnerfüllt wahrnimmt und welche Lebensbedeutungen dazu beitragen. Anhand von hunderteinundfünfzig Items werden sechsundzwanzig Lebensbedeutungen sowie die Ausprägungen Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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von Sinnerfüllung beziehungsweise Sinnkrise gemessen. Die Lebensbedeutungen lassen sich vier übergeordneten Dimensionen zuordnen: Selbsttranszendenz, Selbstverwirklichung, Ordnung, Wir-/Wohlgefühl. Der Test kann ab dem sechzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfundzwanzig Minuten. MAAS  – Mindfulness Attention Awareness Scale deutsche Version (Kobarg 2007; Brown u. Ryan 2003): Es handelt sich um eine Skala aus fünfzehn Items, die die Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment messen soll. Die Items sind auf einer sechsstufigen Skala zu beantworten. Alle Items sind so formuliert, dass hohe Werte einer hohen Ausprägung von Achtsamkeit entsprechen. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. MALT – Münchner Alkoholismus-Test (Feuerlein et al. 1999): Es handelt sich um ein Verfahren sowohl zur Fremd- als auch zur Selbstbeurteilung. Der Test besteht aus zwei Teilen, die zusammen eine Einheit bilden: Fremdbeurteilungsteil (MALT-F) für den Arzt/Psychologen und Selbstbeurteilungsteil (MALT-S). Er ist durchführbar mit alkoholgefährdeten Erwachsenen sowie Alkoholikern. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. MSWS – Multidimensionale Selbstwertskala (Schütz u. Sellin 2006): Der Test dient zur Erfassung der Selbstwertschätzung. Er eignet sich sowohl zur Eingangsdiagnostik als auch zur Therapieerfolgsmessung. Mit zweiunddreißig Items werden sechs Facetten erfasst: emotionale Selbstwertschätzung (ESWS), soziale Selbstwertschätzung und Sicherheit im Kontakt (SWKO), soziale Selbstwertschätzung und Umgang mit Kritik (SWKR), leistungsbezogene Selbstwertschätzung (LSWS), Selbstwertschätzung und physische Attraktivität (SWPA), Selbstwertschätzung und Sportlichkeit (SWSP). Die Subskalen können zu den übergeordneten Skalen allgemeine Selbstwertschätzung (ASW) und körperbezogene Selbstwertschätzung (KSW) zusammengefasst werden. Außerdem ist die Bildung eines Gesamtwertes (GSW) möglich. Der Test kann ab dem sechzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. PANAS  – Positive and Negative Affect Schedule deutsche Version (Krohne et al. 1996; Watson u. Clark 1988): Der Test dient zur Erfassung der Affektivität und besteht aus zehn positiven Affektitems (PA) und zehn negativen Affektitems (NA). Die Einschätzung der Intensität der Affekte erfolgt auf einer fünfstufigen Likert-Skala. Der Test existiert in sechs Versionen, die sich auf unterschiedliche Zeiträume beziehen: momentan, aktueller Tag, letzte Tage, letzte Wochen, letztes Jahr, im Allgemeinen. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten.

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PCI – Proactive Coping Inventory deutsche Version (Schwarzer et al. 2000, Greenglass et al. 1999): Der Test dient zur Messung der allgemeinen und proaktiven Stressbewältigung und integriert sowohl Prozesse persönlicher Lebensbewältigung als auch selbstbestimmter Zielsetzungen. Die Schwerpunkte liegen auf proaktiven, planenden und präventiven Strategien und der Nutzung sozialer Ressourcen. Individuen, die hohe Werte auf der Skala Proaktives Coping haben, werden als Menschen angesehen, die eigene und soziale Ressourcen aktivieren können und eine gute Vorstellung besitzen, wie Anforderungen des Lebens erfolgreich bewältigt werden können. Der Fragebogen umfasst sieben Skalen mit insgesamt fünfundfünfzig Items, die auf einer vierstufigen Skala beantwortet werden. Sechs Skalen fokussieren positive Aspekte von Coping, eine Skala fokussiert negative Aspekte von Coping. Die Bearbeitungszeit beträgt zwanzig Minuten. PDS – Posttraumatische Diagnoseskala (Steil u. Ehlers 2000; Ehlers et al. 1996; Foa et al. 1997): Es handelt sich um ein Selbstbeurteilungsinstrument zur Diagnostik und Erfassung des Schweregrades einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Neben dem Schweregrad der Störung können Mittelwerte für folgende Symptomkomplexe gebildet werden: Wiedererleben, Vermeidung und erhöhtes Erregungsniveau. Die Ergebnisse können auf eine Akute oder eine Posttraumatische Belastungsstörung verweisen. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. POMS – Profile of Mood States deutsche Version (Biehl u. Landauer 1975; McNair et al. 1971): Der Fragebogen ist als Eigenschaftswörterliste konstruiert und dient der Erfassung des situativen Gefühlszustandes. Die deutsche Version besteht aus fünfunddreißig Items und vier Skalen: Niedergeschlagenheit, Müdigkeit, Tatendrang und Missmut. Die Antwort erfolgt auf einer fünfstufigen Skala. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. PPR – Posttraumatische Persönliche Reifung (Maercker u. Langner 2001; Tedeschi u. Calhoun 1996): Der Fragebogen erfasst mit insgesamt einundzwanzig Items verschiedene Dimensionen des Reifungskonstruktes. Mit ihm lässt sich die persönliche Reifung in mehreren Inhaltsbereichen messen. Er besteht aus fünf Subskalen: neue Möglichkeiten, Beziehung zu anderen, persönliche Stärken, Wertschätzung des Lebens und religiöse Veränderungen. Die Antworten erfolgen auf einer dreistufigen Skala. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. PTSS-10 – Posttraumatische-Stress-Skala-10 (Maercker 1998; Weisaeth 1989): Der Fragebogen wurde als kurzes Screeninginstrument zur Erfassung der Posttraumatischen Belastungsstörung nach dem Konzept des Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen (DSMIII) unter Berücksichtigung von Übererregungssymptomen entwickelt. Die Instruktion fragt nach dem Vorliegen der Probleme in den letzten sieben Tagen. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. RAT – Selbstrating zur Beurteilung der Schreibaufgabe (Niedtfeld et al. 2008): Es handelt sich um einen spezifisch für das Expressive Schreiben entworfenen Fragebogen mit sieben Items, die auf einer fünfstufigen Skala beantwortet werden. Er erfasst Qualität und Quantität der Emotionen beim Schreiben, gedankliche Beschäftigung mit dem Thema und emotionale beziehungsweise kognitive Veränderungen hinsichtlich des Themas. Hinzu kommen zwei offene Fragen nach Veränderungen und dem Sinn des Expressiven Schreibens. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. SCL-90-R – Symptomcheckliste von L. R. Derogatis (Franke 2002): Der Fragebogen misst die subjektiv empfundene Beeinträchtigung durch körperliche und psychische Symptome innerhalb der letzten sieben Tagen. Er besteht aus neun Skalen mit neunzig Items, die folgende Bereiche abdecken: Somatisierung, Zwanghaftigkeit, Unsicherheit im Sozialkontakt, Depressivität, Ängstlichkeit, Aggressivität/Feindseligkeit, phobische Angst, paranoides Denken und Psychotizismus. Drei Werte geben Auskunft über das Antwortverhalten bei allen Items. Der Test kann ab dem zwölften Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. SEE – Skalen zum Erleben von Emotionen (Behr u. Becker 2003): Der Test umfasst insgesamt zweiundvierzig Items, die sich in sieben voneinander unabhängige Skalen gliedern: Akzeptanz eigener Emotionen, Erleben von Emotionsüberflutung, Erleben von Emotionsmangel, körperbezogene Symbolisierung von Emotionen, imaginative Symbolisierung von Emotionen, Erleben von Emotionsregulation und Erleben von Selbstkontrolle. Die Skalen messen, wie Personen eigene Gefühle wahrnehmen, bewerten und damit umgehen. Der Test kann ab dem achtzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. SES – Adjektiv-Skalen zur Einschätzung der Stimmung (Hampel 1977): Der Test misst die aktuelle Stimmung mit dreißig Items und einer siebenstufigen Antwortskala. Untersucht werden sechs Faktoren: gedrückte Stimmung, Missstimmung, ausgeglichene Stimmung, Trägheit, Müdigkeit und gehobene Stimmung. Es besteht eine hohe Korrelation zur Eigenschaftswörterliste. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten.

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SES – Schmerzempfindungsskala (Geissner 1996): Der Test erlaubt die Messung und differenzierte Beschreibung subjektiv wahrgenommener Schmerzen. Er besteht aus fünf Skalen mit vierundzwanzig Items. Zwei Skalen messen affektive Merkmale der Schmerzempfindung und drei Skalen messen sensorische Merkmale. Der Test kann ab dem sechzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. SESA – Skala zur Erfassung der Selbstakzeptierung (Sorembe u. Westhoff 1985): Der Test ist die deutsche Version der von Berger entwickelten und auf der Persönlichkeitstheorie von Rogers aufbauenden Skala zur Erfassung der Selbstakzeptierung und ist für Therapieverlaufs- und Wirkungsforschung geeignet. Er besteht aus neunundzwanzig Feststellungen, für die auf einer fünfstufigen Skala der Grad an Zustimmung oder Ablehnung angegeben werden soll. Der Test kann ab dem fünfzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. SF-36/SF-12 – Fragebogen zum Gesundheitszustand (Morfeld et al. 2011; Ware 1999): Der Test ist ein krankheitsübergreifendes Messinstrument zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Er besteht aus sechsunddreißig beziehungsweise zwölf Items und erfasst acht Dimensionen der subjektiven Gesundheit: körperliche Funktionsfähigkeit, körperliche Rollenfunktion, körperliche Schmerzen, allgemeine Gesundheitswahrnehmung, Vitalität, soziale Funktionsfähigkeit, emotionale Rollenfunktion und psychisches Wohlbefinden. Diese acht Dimensionen lassen sich wiederum den Grunddimensionen körperliche und psychische Gesundheit zuordnen. Sowohl SF-36 als auch SF-12 liegen in sechs Versionen vor: Die Akutversion bezieht sich auf die vergangene Woche, die Standardversion auf die vergangenen vier Wochen. Beide Versionen können auch als Interview durchgeführt werden, wobei jeweils zwischen Selbst- und Fremdbeurteilung gewählt werden kann. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten für die Lang- und fünf für die Kurzversion. SIAB – Strukturiertes Inventar für Anorektische und Bulimische Essstörungen (Fichter u. Quadflieg 1999): Der Test dient der Erfassung der Essstörungssymptome von Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und nicht näher bezeichneter Essstörungen, einschließlich Binge-Eating-Disorder, sowie der häufig mit Essstörungen einhergehenden Depression, Angst, Alkohol- und Drogenprobleme. Er besteht aus einem siebenundachtzig Fragen umfassenden Interview für Experten (SIAB-EX) und einer Fragebogenversion zur Selbstauskunft (SIAB-S). Die Symptome werden für zwei Zeiträume erfasst: die letzten drei Monate und von der Pubertät bis vor drei Monaten. Die Bearbeitungszeit beträgt vierzig Minuten für den SIAB-EX und dreißig für den SIAB-S. Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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SOC – Sense of Coherence (Singer u. Brähler 2007): Der Test erfasst den Kohärenzsinn. Neben der Langform (SOC-29), die aus neunundzwanzig Items besteht, liegen eine dreizehn Items (SOC-13) und eine neun Items umfassende Kurzform (SOC-L9) vor. Alle drei Skalen wurden testtheoretisch überprüft und zeigten befriedigende bis gute interne Konsistenzen. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten für die Lang- und fünf für die Kurzversionen. SVF/SVK-FJ – Stressverarbeitungsfragebogen (Hampel et al. 2002; Janke et al. 1985): Der Test dient der Erfassung bestimmter Bewältigungsstrategien in Belastungssituationen und bietet ein differenziertes Beschreibungssystem zu habituellen Reaktionsformen bei Stress. Voraussetzung ist, dass die Strategien soweit bewusst sind, dass sie abfragbar sind. Der Fragebogen besteht aus neunzehn Subtests mit hundertvierzehn Items. Die Auswertung erfolgt über Aufsummierung der Subtestrohwerte. Der Test ist auch für Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis dreizehn Jahren verfügbar (SVK-FJ). Die Bearbeitungszeit beträgt zwanzig Minuten. SWE – Allgemeine Selbstwirksamkeitserwartung (Schwarzer u. Jerusalem 1999; Jerusalem u. Schwarzer 1986): Die Skala misst die subjek­ tive Überzeugung, kritische Anforderungssituationen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Es handelt sich um ein Selbstbeurteilungsverfahren mit zehn Items zur Erfassung allgemeiner optimistischer Selbstüberzeugungen. Es existieren bereichsspezifische Varianten: schulbezogener SWE, Lehrer-SWE, kollektiver Lehrer-SWE. Der Test kann ab dem zwölften Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. SWLS – Satisfaction with Life Scale deutsche Version (Glaesmer et al. 2011; Diener et al. 1985): Es handelt sich um den international am meisten verwendeten Fragebogen zur Lebenszufriedenheit. Er besteht aus fünf Fragen mit einer siebenstufigen Antwortskala. Eine volle Zustimmung erbringt eine hohe Punktzahl und zeigt bei der Summation aller Einzelwerte eine hohe Lebenszufriedenheit an. Die Bearbeitungszeit beträgt fünf Minuten. TAI – Trierer Alkoholismusinventar (Funke et al. 1987): Es handelt sich um einen Test für alkoholabhängige Männer und Frauen, der behandlungsrelevante, differenzialdiagnostische Informationen liefert. Die neunzig Fragen fokussieren auf spezifische Erlebens- und Verhaltensweisen, wie sie von alkoholabhängigen Personen als Konsequenzen des Alkoholkonsums dargestellt werden. Die sieben Skalen betreffen: Verlust der Verhaltenskontrolle und negative Gefühle nach dem Trinken; soziales Trinken; süchtiges Trinken; Trinkmotive; Folgen, Schädigung und Ver-

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Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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suche der Selbstbehandlung von Begleiterscheinungen; Partnerprobleme wegen des Trinkens; Trinken wegen Partnerproblemen. Die Bearbeitungszeit beträgt dreißig Minuten. TAS – Toronto Alexithymia Scale deutsche Version (Kupfer et al. 2001; Bach et al. 1996; Taylor et al. 1985): Der Fragebogen misst die Alexithymie, also die Unfähigkeit, Gefühle mit Worten zu beschreiben. Gemessen werden drei Persönlichkeitsmerkmale: die Schwierigkeit, Gefühle zu identifizieren und von körperlichen Sensationen zu unterscheiden; die Schwierigkeit, Gefühle auszudrücken; die konkretistische, extern orientierte Denk- und Sprechweise, die nur geringe Verbindungen zu affektiven Komponenten sowie einen Mangel an Phantasie aufweist. Die Antworten werden auf einer fünfstufigen Antwortskala angegeben. Es ist eine Differenzierung bezüglich der Schulbildung möglich. Der Test kann ab dem vierzehnten Lebensjahr eingesetzt werden. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. TMMS  – Trait Meta Mood Scale deutsche Version (Otto et  al. 2001; Salovey et al. 1995): Der Test misst die Gedanken einer Person über vorhandene Stimmungszustände und die Versuche, diese Stimmungszustände zu regulieren. Er besteht aus den drei Subskalen Aufmerksamkeit, Klarheit und mood repair. Die Bearbeitungszeit beträgt zehn Minuten. VAS – Visuelle Analogskala (Hayes u. Patterson 1921): Es handelt sich um eine Skala zur Messung der subjektiven Schmerzempfindung. Meist handelt es sich um eine hundert Millimeter lange Linie, deren Endpunkte extreme Zustände darstellen, wie »kein Schmerz« und »unerträglicher Schmerz«. Die subjektive Empfindung wird durch einen vertikalen Strich auf der Linie markiert. Der angegebene Wert wird als Prozentzahl oder mittels einer definierten Skala, meist von null bis zehn, quantifiziert. Die Bearbeitungszeit beträgt eine Minute. VEV – Veränderungsfragebogen des Erlebens und Verhaltens (Ziele u. Kopf-Mehnert 1978): Der Fragebogen wird zur Erfolgskontrolle von Psychotherapie angewendet. Er erfasst einen bipolaren Veränderungsfaktor mit den Polen Entspannung/Gelassenheit/Optimismus und Spannung/ Unsicherheit/Pessimismus. Für zweiundvierzig Erlebens- und Verhaltensweisen wird die Veränderung durch die Therapie eingeschätzt. Die Items, von denen achtundzwanzig positiv und vierzehn negativ formuliert sind, sind als Veränderungen (besser/schlechter) formuliert. Die Beurteilung erfolgt anhand einer siebenstufigen Skala, die als Indifferenzpunkt »keine Änderung« zur Auswahl gibt. Die Bearbeitungszeit beträgt fünfzehn Minuten. Evaluationsinstrumente (alphabetisch)

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WHO QOL-100/WHO QOL-BREF – WHO Quality of Life (Angermeyer et al. 2000): Der Test erfasst die subjektive Lebensqualität. Der WHO QOL-100 umfasst hundert Items, die den Dimensionen physisches Wohlbefinden, psychisches Wohlbefinden, Unabhängigkeit, soziale Beziehungen, Umwelt und Religion/Spiritualität zugeordnet sind. Der WHO QOL-BREF umfasst sechsundzwanzig Items, die den Dimensionen physisches Wohlbefinden, psychisches Wohlbefinden, soziale Beziehungen und Umwelt zugeordnet sind. Die Bearbeitungszeit beträgt dreißig Minuten für die Lang- und zehn für die Kurzversion.

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Stichwortregister

Acceptance and Commitment Therapy 16, 137 Achtsamkeit 14–17, 24 f., 33, 42, 82 f., 171 Alexithymie 32 f., 143, 145, 178 Alkoholabhängigkeit 21, 51, 100, 147 Ängste 18, 21, 26 f., 35, 59, 61 f. 66, 75, 78, 84, 91 f., 109 f., 115 f., 128 f., 131, 133 f., 139 f., 143, 145, 148, 160, 166, 171 f., 175, 177–180, 182 f. Anorexia nervosa 140 f. Arbeitsgedächtniskapazität 88–90, 92 Asthma 173 f., 179–181 Atemwegserkrankungen 30, 151 f., 179 f., 195 Aufmerksamkeit 15, 25, 27, 59, 67, 69, 87 f. Autonomie 40, 42, 61

akzeptierend 142, 144, 153 bewertungsorientiert 81 emotionsorientiert 81 problemorientiert 81 verleugnend 142, 144 Copingstrategien 16, 36, 61, 64, 71, 80 f., 83, 85, 101, 108, 130, 158, 187 adaptiv 81, 156, 175 antizipatorisch 81 maladaptiv 81 präventiv 81 proaktiv 81 reaktiv 81

Best Possible Self 106–108, 185 Bibliotherapie 18 f., 139 Binge-Eating-Störung 140– 142, 145 Blutdruck Erhöhung 68, 177 f. Senkung 31, 65, 77, 150, 177 f. Broaden-and-Build Theory 79 Bronchitis 179–181 Bulimia nervosa 140 Burn-out 22, 138 f.

Depressionen 16, 18, 21, 29, 39, 59 f., 62, 75, 86 f., 96, 113, 122, 124 f., 133, 135–141, 148, 162, 165, 167, 173, 177 f., 189, 194 postpartal 35 Prävention 17, 62 Depressionswerte 62, 143, 145, 163 f., 168 f., 179 depressive Symptome 32, 35, 62, 68, 70, 74 f., 77 f., 91 f., 95, 97, 104, 109, 124, 127–131, 133–135, 138 f., 143, 145, 154, 157, 159, 163, 176 Dialectical Behavioral Therapy 16, 27, 137 Diathese-Stress-Modell 136 Dissoziationen 123, 128, 132

Chronifizierung 38 f. Coping 16, 64, 80 f., 124 Copingstil 34, 175 abwehrend 153

Effekt über die Zeit 55, 132, 142 f., 163 Electronically Activated Recorder 111–113

256Stichwortregister © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Emotionen 36, 58 f., 60, 72 f., 75 Ausdruck 33–35, 59 f., 64, 74, 86–88, 118 f., 129, 134, 161 f., 165, 171, 186 Erleben 58, 80, 110 Hemmung 64 f., 71, 110, 171 Emotionsregulation 56, 58–64, 81, 107 f., 187, 192 -fähigkeit 33, 59–62, 76, 106, 134 -förderung 29, 60 -störung 33, 59 Empathiefähigkeit 17, 60 Erzählanalyse Jakob 51 Essstörungen 21, 29, 122, 139–146, 194 Symptomatik 141–146 Evaluationsinstrumente 41, 43, 55, 58, 64, 70, 78, 86, 92, 99, 104, 109, 114, 118, 122 f., 135, 139 f., 146, 152, 159, 169 f., 177, 179, 189, 196 Fragebögen 43 f., 53, 55, 189 poesietherapiespezifisch 12, 42, 53, 55 evidenzbasierte Medizin 11 f., 43, 45, 47–49, 189 f. Empfehlungsgrade 43, 45–47 Evidenzklassen 45 f. Leitlinien 12 randomisiert-kontrolliert 11, 43, 48, 55, 189 expressive Therapien 13, 19, 139 Expressives Schreiben 22–24, 31, 36, 38, 50, 52, 60, 62, 65, 67, 69, 77, 87, 139, 178, 184 f., 187–189, 191 Feedback 25 f., 38 f., 105, 185, 187 f. Fibromyalgie 171 f., 174 f., 182 Focusing 15 Forschung 11–13, 19, 23, 35 f., 41–44, 47, 49, 51 f., 54, 187, 190 empirisch 44 Kontrollgruppe 46, 48, 55 poesietherapiespezifisch 20, 42, 52, 54 qualitativ 42–44, 49, 53, 190

quantitativ 11 f., 42–44, 48, 53, 190 Stichproben 44, 46, 48 Studienpopulationen 22 f., 190 Validität 44 Gedankenhemmung 31, 33 f., 62, 65, 71 f., 88, 91, 138, 156, 171 Genderaspekte 34 f., 133 Gewaltprävention 65, 93 Grippeimpfung 155, 158 Hauterkrankungen 30 Heilverfahren 13, 43, 189 Hepatitis-B-Impfung 154, 156 hermeneutische Spirale 50 Herzinfarkt 177–179 Herz-Kreislauf-Erkrankungen 30, 151, 177, 195 HIV-Infektion 153–155, 157 f. Homosexualität 112, 114 Hypothesen 23, 44, 53, 72, 100 Imagination 24 f., 105 Immunsystem 158 Abwehr 71, 153–155, 157, 158 Erkrankungen 21, 29, 71, 151 f., 195 Schwächung 152 Inhibitionsmodell 31, 71 Intrusionen 61, 64 f., 88 f., 92, 95 f., 98, 101, 112, 124 f., 127 f., 131 f., 159, 168 Kognitionen 31, 58–61, 71–74, 80, 86–90, 93 f., 114, 124, 127, 136 f., 146 Förderung 16, 29, 42, 56, 86, 193 Kognitive Therapien 27, 129, 134, 137, 139, 141, 144 kognitive Triade 86, 137 Kognitives Dissonanztraining 141 f., 144 f. Kohärenz 30 f., 42, 73, 99–103, 186

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Kohärenzerleben 29 f., 57, 99–102, 126, 193 Kokainabhängigkeit 21, 149, 150 Kommunikation 113, 118–120 Fähigkeit 31 Förderung 20, 26, 29, 57, 111 f., 118 f., 194 Konzentration 16, 24, 88 Körperbild 140, 142–146 Krankheitsverarbeitung 21, 160, 164 Krebserkrankungen 30, 74, 125, 151, 159 f., 162–165, 167, 195 Brustkrebs 36, 154, 157, 161–169, 182 Darmkrebs 164, 169 Leukämie 166 Lymphome 166 Nierenkrebs 162, 165 Prostatakrebs 162, 164 Krise 40, 93, 104, 110 f., 123 f., 132 Latent Semantic Analysis 50, 95 Lebensqualität 21, 97, 117, 140, 162, 164, 166, 169, 177, 179 f. Lebensziele 57, 74, 91, 104–108, 137, 142–144, 176, 183, 185, 187, 193 Linguistic Inquiry and Word Count 50, 93, 189 Meditation 16 Metaanalyse 18, 22 f., 34, 36 f., 67–70, 124 f. Migräne 172, 175 f. Mindfulness Based Cognitive Therapy 16 Mindfulness Based Stress Reduction 15 Missbrauch 18, 123, 128, 131, 135, 171 Mukoviszidose 180 f. Narrative Exposure Therapy 73, 126 National Association for Poetry Therapy 19

National Federation for Biblio/ Poetry Therapy 19 Neubewertung 21, 57, 81, 92, 98, 193 kognitiv 71, 74 f., 77 f., 80, 88, 93 f., 97 f., 156, 158, 161, 166, 182 f. Neurotizismus 32, 164 Opiatabhängigkeit 149 Partnerschaft 35, 73 f., 76, 105, 111–114, 116 f., 119 f., 128, 133, 159, 172, 175 Persönlichkeitsmerkmale 32, 58, 80, 87, 190 Perspektivwechsel 34, 51, 60, 65, 86, 95–99, 104, 186 Poesietherapie 11–30, 32, 34, 36, 38 f., 41–43, 50, 52, 54 f., 93, 100 f., 121, 137, 160, 177, 187–191 Setting 24, 25, 27, 36, 37, 38, 185 Posttraumatische Belastungsstörungen 29, 35, 59, 61, 73 f., 88, 122–127, 129–131, 133–135, 138, 189, 194 Psychoedukation 18, 141 f., 144 f. Rational-Emotive Therapie 77, 86, 137 Raucherentwöhnung 148–150 Reifung persönlich 42, 81, 93 f., 98 posttraumatisch 129, 134, 178 f. Reizdarmsyndrom 182 f. Ressourcen 71, 79–81, 93, 100, 115, 124, 126 kognitiv 31, 88, 90 Rheuma 171, 173 f., 176 Ruminationen 33, 61, 88 f., 92, 101, 124 f., 139, 159 Schlafqualität 143, 162, 165, 172, 174, 182 f.

258Stichwortregister © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Schlafstörungen 18, 124, 136, 162 f., 165, 168, 182 Schmerz 133, 136, 170–176 Bewertung 170 Erleben 170, 173, 176 Intensität 172, 174, 176 Reaktion 170 f. Reduktion 97, 163, 167, 171–176 Zunahme 97, 167 schmerzassoziierte Krankheiten 21, 30, 59, 151, 169, 171, 195 Schreibinstruktionen 78, 84, 90, 119, 129, 166, 184–187, 190 Coping 83 f. existentiell 129, 133, 186 ganzheitlich 109 offen 40, 117, 128, 186 spirituell 128, 133, 135, 186 Schul- und Studienleistungen 37, 67, 69, 88 f., 91 f., 105, 108, 139 Schuppenflechte 182 f. Selbsthilfe 18 f., 38, 42, 160, 165–167 Selbstkonzept 15, 20, 29, 31, 57, 60, 64, 71, 101, 104, 193 Selbstoffenbarung 22, 30–32, 34 f., 56, 64–67, 87 f., 93, 117 f., 131, 163, 167, 192 Selbstwertgefühl 20, 26, 75, 82, 85, 94, 97, 139, 143, 145, 158, 161 Selbstwirksamkeit 15 f., 29, 56, 64, 78–80, 82 f., 101, 173, 175 f., 193 Selbstwirksamkeitserwartung 77, 79, 81 f. Sense of Coherence 99 Sensory awareness 15 Sharing 25 f., 38 f., 188 Sinn 30, 32, 42, 64, 73, 94, 99–101, 106, 123, 129, 133 f., 154, 157, 186 soziale Integration 17, 20, 29, 42, 57, 74, 109–113, 115–117, 119, 146, 152, 163, 168, 194 soziale Interaktionen 17, 21, 26, 31, 33, 50, 60, 64, 110–113, 116, 118 f., 171 soziale Isolation 26, 87, 110 f., 125

soziale Unterstützung 29, 57, 79, 87, 114–117, 145, 163, 168, 194 soziales Netzwerk 65 f., 87, 115, 119, 126, 152 Spannungskopfschmerz 92, 172, 176 Stimmungen depressiv 27, 39, 61, 72, 74, 82 f., 85, 105, 124, 128 f., 136, 168, 180, 188 negativ 50, 84 f., 87, 94, 116, 141, 152, 167, 174, 178 positiv 50, 79, 94, 134, 167, 174 Verbesserung 29, 73, 77–79, 81, 83, 85, 89 f., 97, 106, 107, 109, 116, 128 f., 132, 135, 138, 142–144, 155, 157, 164, 174 Verschlechterung 37–39, 68, 103, 108, 127 f., 130, 132, 144, 173 f., 187 Stress 34, 65, 72, 74, 80 f., 84, 87, 89, 91, 100, 111, 115 f., 125, 136 f., 139, 142, 144 f., 152 f., 171, 173, 175, 177 f., 180 Bewältigung 35, 80, 152 f., 177 Reaktion 16, 80, 100, 153, 178 Reduktion 15, 32, 65, 77, 82, 85, 87, 104, 109, 113 f., 119 f., 130, 134 f., 162, 164 f., 169, 171 Stress Inoculation Training 101 Stressoren 31, 80 Suchterkrankungen 18, 29, 140, 146 f., 149 Textanalyse 27, 31, 50 f., 76, 90, 93, 95 f., 102, 162, 165 f., 175, 181, 183, 185 transaktionales Stressmodell 80 Trauerbewältigung 73–76 Trauma 31, 35, 64, 66 f., 71–74, 77, 83, 88, 93 f., 101 f., 123–133, 159, 173, 176, 187 traumabezogene Symptome 98, 102, 128–130, 132–135 Traumatherapie 21, 27, 101 f., 126

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Übererregungssymptome 73, 124, 171 Vergewaltigung 125, 127 Vermeidungsverhalten 65, 96, 98, 112, 114, 124, 127, 129, 130 f., 133, 141, 159, 165, 170 Wahrnehmung 14, 17, 21, 42, 59, 86 f., 119 Fähigkeit 15, 59, 83, 86 Förderung 14, 17, 67, 75, 167 Weißer-Bären-Versuch 72 Wirkfaktoren 29, 32, 42 f., 52, 54, 121, 188 f., 192

Wirksamkeit 18, 20, 29, 32–35, 37, 39, 47, 53–55, 87, 121, 153, 177 Wirksamkeitsnachweise 11, 23, 43, 53–56, 58, 121, 189 poesietherapiespezifisch 62, 68, 75, 83, 89, 95, 103, 107, 112, 116, 120, 122, 130, 138, 143, 149, 155, 164, 173, 178, 180, 182, 192, 194 f. Wohlbefinden 22, 60, 63, 79, 100, 101, 105, 107, 114, 139, 172, 175 Wundheilung 155, 158

260Stichwortregister © 2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN Print: 9783525401613 — ISBN E-Book: 9783647401614

Vandenhoeck & Ruprecht

Schreiben hilft. Das wissen wir, das erfahren wir. Jetzt liefert die Wissenschaft Beweise für die heilsamen Wirkungen des Schreibens. Zahlreiche Untersuchungen bestätigen, dass man schreibend schwierige Lebensereignisse besser verarbeitet, sein Gehirn trainiert, seine Leistungen steigert, sich und andere besser versteht, sein Gefühlsleben sortieren kann, besser gelaunt ist und sich im Kontakt mit anderen Menschen leichter und unbeschwerter fühlt. Schreiben ist Therapie und Hilfe zur Selbsthilfe. Silke Heimes Buch bricht eine Lanze für die Poesietherapie auf dem Weg zu einem anerkannten Psychotherapieverfahren. Die Autorin Prof. Dr. med. Silke Heimes ist Gründerin und Leiterin des Instituts für Kreatives und Therapeutisches Schreiben (IKUTS) in Darmstadt und hat mehrere Lehraufträge an deutschsprachigen Hochschulen.  www.silke-heimes.de

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