Wahrheit und Subjektivität 9783495997277, 9783495479285


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German Pages [289] Year 2010

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Einleitung
A. Wahrheit und Bedeutung
I. Probleme einer Konzeption vonWahrheit
I.1. Formen der Skepsis
I.2. Die Pilatusfrage
I.3. Zur Typologie von Theorien der Bedeutung
II. Ontologisierung und Bestimmtheit von Bedeutung
II.1. Die Objektivität des Sinnes und die (In-)Determiniertheit des Regelfolgens – Frege undWittgenstein
II.2. Der Primat derWahrheit
II.3. Wahrheit und Objektivierung
II.4. Holismus
III. Der Naturalismus in der Semantik
III.1. Die reduktive Variante (Field, Loar)
III.1. a. Referenz als kausale Relation
III.1. b. Naturalisierung der Intentionalität
III.2. Die eliminative Variante (Quine)
III.2. a. Unerforschlichkeit der Referenz und ontologische Relativität
III.2. b. Die Indeterminiertheitsthese und ihre Voraussetzungen
IV. Versuch und Probleme eines Neuansatzes in der Bedeutungstheorie (Davidson)
IV.1. Bedeutungstheorie ohne Bedeutungen
IV.2. Einwände und Desiderate
B. Subjektivität
I. Schwierigkeiten des Materialismus in der Philosophie des Geistes
I.1. Zur Aufgabe einer philosophischen Theorie des Mentalen
I.2. Schwierigkeiten des Funktionalismus
I.2. a. Die Einheit des Subjekts und die Struktur von Intentionalität
I.2. b. Die Inversion der Qualia und Kripkes modales Argument
II. Aspekte einer nichtontologischen Konzeption des Mentalen
II.1. Wittgensteins Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache als Kritik an einer Ontologisierung des Mentalen
II.2. Privatsprachenargument und Regelfolgenparadox
II.3. Eine Theorie der Subjektivität als nichtontologische Konzeption des Mentalen
III. Wahrheit und wissende Selbstbeziehung
III.1. Die Ontologisierung des Subjekts
III.2. Indexikalität und Aktualität
C. Wahrheit und Objektivität
I. Deduktionsversuche
II. Die Objektivitätsthese und ihre Rechtfertigung
II.1. Selbstbewußtsein und propositionale Verbindung
II.2. Objektivität und Urteilsstruktur
II.3. Konsequenzen
D. Praktische Intentionalität
I. Vorläufige Überlegungen zu einer nichtontologischen Theorie
II. Praktische Intentionalität und moralisches Handeln
Literatur
Personenverzeichnis
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Wahrheit und Subjektivität
 9783495997277, 9783495479285

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Hans-Peter Falk

Wahrheit und Subjektivitt Mit einem Vorwort von Anton Friedrich Koch

ALBER PHILOSOPHIE

https://doi.org/10.5771/9783495997277

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Hans-Peter Falk Wahrheit und Subjektivität

ALBER PHILOSOPHIE

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https://doi.org/10.5771/9783495997277 .

Über dieses Buch: In diesem Buch wird eine Strategie gegen zwei skeptische Tendenzen entwickelt, deren eine den Sonderstatus von Personen bestreitet und deren andere »wahr« für ein Prädikat ausgibt, das schlicht gewissen Verwendungsregeln unterworfen und instrumentalistisch zu interpretieren sei. Die antiskeptische Strategie soll dadurch zum Erfolg führen, daß die beiden von der Skepsis bedrohten Sachverhalte sich gegenseitig stützen. Gezeigt wird, daß die Aufgabe des Sonderstatus von Personen die Leugnung der Bedeutung von »wahr« impliziert und umgekehrt. Positiv gewendet: Die Bedeutung von »wahr« ist in Beziehung auf Subjektivität zu explizieren, und Subjektivität (d. h. das, was Personen ihren Sonderstatus garantiert) erschließt sich theoretisch durch die Beziehung auf Wahrheit. Die Vorgehensweise ist im wesentlichen negativ; ihr positiver Aspekt besteht in der systematischen Zuordnung der negativen Ergebnisse. Zu Gegenständen der Kritik werden dabei der Naturalismus in der reduktiven wie der eliminationistischen Variante sowie ontologisierende Ansätze, d. h. Versuche, philosophische Probleme durch das Postulat von Entitäten sui generis (Meinungen, Sinnesdaten etc.) zu lösen. In der Ablehnung von Ontologisierungen und im negativen Charakter der philosophischen Tätigkeit ergeben sich Berührungspunkte mit dem späten Wittgenstein. Die Differenz liegt in der erwähnten Zuordnung der Resultate der Kritik, die es erlaubt, die intendierte Position als eine transzendentalphilosophische zu charakterisieren. Über den Autor: Hans-Peter Falk wurde 1953 in Düsseldorf geboren. Von 1971 an studierte er Philosophie, Germanistik und Mathematik in Düsseldorf und in Heidelberg, wo er 1980 promoviert wurde. An der Universität München habilitierte er sich 1991 im Fach Philosophie und wurde 2006 zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Falk ist Autor der Studie »Das Wissen in Hegels ›Wissenschaft der Logik‹« (Freiburg/München 1983) und einer Reihe von Aufsätzen zur Subjektivitätstheorie und zum Deutschen Idealismus.

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Hans-Peter Falk

Wahrheit und Subjektivität Mit einem Vorwort von Anton Friedrich Koch

Verlag Karl Alber Freiburg / München https://doi.org/10.5771/9783495997277 .

Gedruckt mit Hilfe der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein.

Originalausgabe © VERLAG KARL ALBER in der Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2010 Alle Rechte vorbehalten www.verlag-alber.de Satz: SatzWeise Föhren Druck und Bindung: Difo-Druck, Bamberg Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier (säurefrei) Printed on acid-free paper Printed in Germany ISBN 978-3-495-47928-5

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Vorwort

Mit der hier dem Publikum vorgelegten Untersuchung über Wahrheit und Subjektivität wurde Hans-Peter Falk 1991 an der Universität München habilitiert. Stets war es seine Absicht, den Text für die Veröffentlichung noch etwas leserfreundlicher zu gestalten. Doch was er geschrieben hatte, war lange und genau durchdacht und stand nun da wie in Stein gemeißelt. Es gibt, in der Philosophie wie anderswo, verschiedene Arbeitsweisen; seine war es, theoretische Probleme ohne Gespräche mit Kollegen und ohne schriftliche Vorstudien denkend zu durchdringen und nach Abschluß der Gedankenarbeit die Ergebnisse in einer großen Gestaltungsanstrengung ein für allemal schriftlich zu fixieren. Seine Werkstatt war allein sein Kopf; das Schreibgerät diente ihm nicht zur Bearbeitung der Gedanken, sondern nur zu deren Mitteilung. So hat er auch die Segnungen der elektronischen Textverarbeitung – die dem Naturell anderer Autoren entgegenkommen, indem sie ihnen die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Schreiben und die Bastelarbeit an ihren Texten erleichtern – für seine Zwecke nicht nutzen können oder mögen, sondern den Wortlaut von »Wahrheit und Subjektivität« nach getaner Denkarbeit handschriftlich fixiert und dann das Manuskript von fremder Hand abschreiben, speichern und ausdrucken lassen. In das so entstandene Typoskript, das der Münchner Fakultät als Habilitationsschrift vorgelegen hatte, noch einmal redigierend einzugreifen, erschien ihm einerseits, schon wegen der Fehler, die beim Abschreiben entstanden und der Korrektur entgangen waren, mehr aber noch deswegen wünschenswert, weil er der Bitte von Freunden und Kollegen, allzu verschachtelte Perioden ab- und Verständnishilfen einzubauen, gerne nachgekommen wäre, andererseits aber auch überaus schwierig, weil die Perioden jeweils genau dem Gedanken entsprachen, den er mittels ihrer auszudrücken gedachte, und weil eingefügte Verständnishilfen ihm wie Verwässerungen des theoretischen Gehalts und unnötiges Gerede vorgekommen wären. So verzögerte sich die Bearbeitung und wurde dabei zu einer immer anspruchsvolleren AufA

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Vorwort

gabe, weil mit der Zeit neue Literatur zu den behandelten Problemen erschien, die zwar an seiner Theorie nichts Wesentliches änderte, auf die er aber gleichwohl, und sei es nur beiläufig, hätte eingehen müssen und wollen, um eben dies zu zeigen. Im Frühjahr 2007 ist Hans-Peter Falk schwer erkrankt und nun nicht mehr in einer Lage, die es ihm gestatten würde, sein Manuskript zu revidieren und zu ergänzen. Unter diesen Umständen hat er sich auf mein Bitten hin entschlossen, den unrevidierten Text von 1991 zu veröffentlichen. Denn veröffentlicht werden muß diese Untersuchung, die in der methodisch reflektierten Durchdringung zentraler philosophischer Probleme und der Erarbeitung neuartiger Lösungen, aus einem Guß, nicht leicht ihresgleichen unter den philosophischen Monographien der letzten 25 Jahre finden dürfte. Es grenzt fast an ein Wunder, daß im marginalisierten und sich mit jedem Tag weiter marginalisierenden deutschen Sprach- und Diskussionsraum ein Werk dieses Ranges entstehen konnte. Ein Solitär. In meiner Zeit an der Universität Tübingen, die vor kurzem zu Ende ging, habe ich Falks Theorie mehrere Male in Oberseminaren und Doktorandenkolloquien behandelt. Bei solchen Gelegenheiten wurden eine Reihe von Abschreibfehlern im Typoskript entdeckt, die es stillschweigend zu korrigieren galt. Insbesondere Andreas Schmidt hat sich um die systematische Erfassung von Fehlern und um angemessene Korrekturvorschläge (wenn etwa hier und da ein Wort oder ein kurzer Satzteil zu ergänzen war) verdient gemacht. Da uns in Tübingen weder das handschriftliche Original noch der elektronische Datenträger des Jahres 1991 vorlag – beides dürfte verlorengegangen sein – und da mein eigenes Arbeitsexemplar zu viele Spuren der Arbeit aufwies, hat im Frühjahr 2008 freundlicherweise Carlos Oliveira aus München sein Exemplar als Vorlage für das Einscannen des Textes zur Verfügung gestellt. Maresa Mühlemeier hat als studentische Hilfskraft am Tübinger Philosophischen Seminar das Einscannen besorgt und die resultierende Datei, in die durch die absehbaren Tücken der Technik zahlreiche neue, teils groteske, teils eher unauffällige, Fehler gekommen waren, bearbeitet und korrigiert. Einen weiteren Korrekturgang, unter Berücksichtigung der von Andreas Schmidt erstellten Liste der Korrigenda, hat Hildegard Mühlemeier durchgeführt. So lag mir im Herbst 2008 eine mehrfach berichtigte neue Textfassung zur Durchsicht vor. Im Zuge meines Wechsels von Tübingen nach Heidelberg und der gleichzeitigen Wahrnehmung einer Gastprofessur an der 6

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Vorwort

Emory Universität im amerikanischen Frühlingssemester 2009 kam die Bearbeitung dieser Fassung aber vorübergehend zum Erliegen. Im Sommersemester 2009 habe ich schließlich in Heidelberg den Text durchgesehen und Marius Bartmann zur abschließenden Korrektur übergeben. Der Alber Verlag, in dem die Arbeit jahrelang angekündigt war, hat ihr unbeirrt die Treue gewahrt und sie nunmehr als Buch veröffentlicht. Die Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften hat die Herstellung mit einem großzügigen Druckkostenzuschuß unterstützt. Allen Beteiligten – in München, Tübingen, Heidelberg, Freiburg und Heidesheim – sei sowohl im Namen von Hans-Peter Falk als auch in meinem Namen herzlich gedankt. Abschließend noch eine Bemerkung zum Gebrauch. Falk schenkt seinen Lesern nichts. Ihm fiel es außerordentlich leicht, sich in philosophische Argumentationen, dank seinem Studium der Mathematik auch in formale Argumentationen, einzuarbeiten. Daß andere dafür mehr Zeit und Mühe aufwenden mußten als er, war ihm zwar in abstracto bewußt; er vermochte es sich aber in concreto kaum vorzustellen. Infolgedessen sind seine Texte in mindestens zwei Hinsichten sehr voraussetzungsvoll, in einer dritten, der sachlich entscheidenden, aber ganz und gar nicht. Faktisch vorausgesetzt werden erstens gewisse Text- und Theoriekenntnisse bezüglich der Autoren, mit denen Falk sich auseinandersetzt. Zwar schreibt er in der Absicht, jeweils alles Nötige zum Verständnis seiner Argumentation zu referieren, aber die Referate sind so knapp gehalten, daß diese Absicht wohl nicht immer zur Gänze erreicht wird und eine unabhängige Vertrautheit mit den behandelten Positionen und Autoren (Frege, Wittgenstein, Quine, Davidson, Dummett, Putnam, Field, Loar, Kripke, Shoemaker, Lewis u. a.) die Lektüre und das Verständnis spürbar erleichtern dürfte. Vorausgesetzt wird zweitens ein in der Mathematik mehr als in der Philosophie verbreiteter und gepflegter Sinn für lakonische Kürze im Beweisen. Tatsächlich verliert, auch außerhalb der Mathematik, zumindest ein Witz erheblich an Reiz, wenn der Erzähler die Pointe lang und breit erklären zu müssen glaubt. Über fremde und eigene argumentative Pointen macht Falk daher nicht viel Worte. Nichts Großes, nichts Schönes darf zerredet werden. Er ist ein Meister in der Kunst der trockenen Untertreibung und gestattet sich Übertreibungen allenfalls in deren Ausübung. Wir Leser hingegen würden bisweilen gern der

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Vorwort

reizenden Würze der Kürze den faden Geschmack umständlicher Belehrung vorziehen. Nicht vorausgesetzt werden, um zum entscheidenden dritten Punkt zu kommen, philosophische Lehrmeinungen. Mitunter entsteht, wie ich aus der Beschäftigung mit »Wahrheit und Subjektivität« in meinen Lehrveranstaltungen weiß, der Anschein des Gegenteils. Doch die Leser seien eingeladen, immer dann, wenn es ihnen scheinen will, als mache Falk sich von starken philosophischen Prämissen abhängig, es einmal mit der Interpretationshypothese zu versuchen, er bemühe sich vielmehr um genaue Buchführung über mögliche und wirkliche Prämissen eines Arguments und erwäge Mittel und Wege, sich von der einen oder anderen unter ihnen sofort oder im Fortgang zu lösen. Oft ist, was prämissenreich aussieht, nur eine kunstvoll komponierte Überlegung zur Verringerung der Abhängigkeit von Voraussetzungen. Denn die Philosophie ist nach Falks Überzeugung methodisch definiert durch ihr Streben nach begrifflicher und erst recht doktrinaler Voraussetzungslosigkeit; darin besteht ihr Apriorismus, und aus diesem methodischen Grundzug lassen sich dann die genuin philosophischen Inhalte gewinnen. Deswegen ist es für ihn auch jedes Mal eine zunächst offene Frage, ob ein bestimmtes Problem, das traditionell in der Philosophie diskutiert wird, etwa die Frage des ontologischen Status mentaler Ereignisse, ein genuin philosophisches im umrissenen Sinn oder nicht vielmehr ein (natur-)wissenschaftliches Problem von sehr hohem Allgemeinheitsgrad ist. Es gehört zu Falks Methode, daß die Erwägungen, mittels deren der genuin philosophische Charakter einer Problematik gesichert werden kann, ipso facto schon Wesentliches zur Lösung der Problematik beitragen. Das methodische Bemühen um Voraussetzungslosigkeit ist insofern selbst die bedeutendste Quelle inhaltlicher philosophischer Einsicht. Die Virtuosität, mit welcher Falk Methode und Inhalt der Philosophie jeweils in produktive Wechselwirkung zu bringen versteht, sei den Lesern als einer der Aspekte seines Werkes empfohlen, durch die die Strapazen der Lektüre immer wieder mit großem intellektuellem Vergnügen vergolten werden. Im übrigen wappne sich der Leser mit Geduld und Entschlossenheit. Versprochen wird eine nichtreduktive und nichteliminative, im Falkschen Sinn genuin philosophische und philosophisch gehaltvolle Theorie der Wahrheit und zugleich der Subjektivität, eine Theorie, die ganz aus dem Kontext der analytischen Philosophie heraus entwickelt wird und doch mehr als nur von Ferne an die theoretischen Errungen8

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Vorwort

schaften Kants und des deutschen Idealismus, vor allem Fichtes, erinnern dürfte und erinnern soll. Dieses Versprechen ist ernst zu nehmen und lohnt die Mühe, sich auf den Weg zu machen. Auch wenn am Ende für den einen oder die andere unter den Lesern weniger herausspringen sollte als seine vollständige Einlösung, wird der Ertrag die Mühe mehr als gelohnt haben. Am Ende seiner fünften Vorlesung über »Mind and World« sagt John McDowell im Blick auf Gareth Evans mit vollem Recht: »Nicht wenige Philosophen glauben, sie könnten Evans’ Position abtun, ohne Rücksicht auf den weiteren Kontext [in den sie gehört], weil ihnen ihre Folgen kontraintuitiv vorkommen. Das zeigt nur, in welch bedrückendem Ausmaß sein bahnbrechendes Werk nicht verstanden wurde. Daß solch ein Werk so wenig Würdigung erfahren kann, ist ein Zeichen von Verkommenheit in unserer philosophischen Kultur.« Es ist unserer philosophischen Kultur und unserem Fach zu wünschen, daß wir Bücher, die uns äußerste Konzentration und angestrengtes Nachdenken abverlangen, uns dabei mit vermeintlich kontraintuitiven Folgerungen quälen und necken, aber ganz neue Theoriemöglichkeiten eröffnen, besser – und im Fall von Hans-Peter Falks »Wahrheit und Subjektivität«, das ja gerade erst erscheint, überhaupt erst – schätzen lernen. Heidelberg, im Februar 2010

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Inhalt

Einleitung

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

A. Wahrheit und Bedeutung . . . . . . . . . I. Probleme einer Konzeption von Wahrheit . I.1. Formen der Skepsis . . . . . . . . . I.2. Die Pilatusfrage . . . . . . . . . . .

. . . .

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. . . .

. . . . Zur Typologie von Theorien der Bedeutung .

. . . . . I.3. II. Ontologisierung und Bestimmtheit von Bedeutung .

. . . . . .

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. . . . . .

II.1. Die Objektivität des Sinnes und die (In-)Determiniertheit des Regelfolgens – Frege und Wittgenstein . II.2. Der Primat der Wahrheit . . . . . . . . . . . . . . II.3. Wahrheit und Objektivierung . . . . . . . . . . . . II.4. Holismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Naturalismus in der Semantik . . . . . . . . . . . . III.1. Die reduktive Variante (Field, Loar) . . . . . . . . . III.1.a. Referenz als kausale Relation . . . . . . . . III.1.b. Naturalisierung der Intentionalität . . . . . III.2. Die eliminative Variante (Quine) . . . . . . . . . . III.2.a. Unerforschlichkeit der Referenz und ontologische Relativität . . . . . . . . . . . III.2.b. Die Indeterminiertheitsthese und ihre Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . IV. Versuch und Probleme eines Neuansatzes in der Bedeutungstheorie (Davidson) . . . . . . . . . . . . . . IV.1. Bedeutungstheorie ohne Bedeutungen . . . . . . . IV.2. Einwände und Desiderate . . . . . . . . . . . . . .

13 29 29 29 34 43 51 52 58 68 73 78 78 80 83 95 99 107 121 121 130

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I.

Schwierigkeiten des Materialismus in der Philosophie des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I.1. Zur Aufgabe einer philosophischen Theorie des Mentalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

Schwierigkeiten des Funktionalismus . . . . . . . . I.2.a. Die Einheit des Subjekts und die Struktur von Intentionalität . . . . . . . . . . . . . . . . I.2.b. Die Inversion der Qualia und Kripkes modales Argument . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Aspekte einer nichtontologischen Konzeption des Mentalen II.1. Wittgensteins Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache als Kritik an einer Ontologisierung des Mentalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II.2. Privatsprachenargument und Regelfolgenparadox . II.3. Eine Theorie der Subjektivität als nichtontologische Konzeption des Mentalen . . . . . . . . . . . . . . III. Wahrheit und wissende Selbstbeziehung . . . . . . . . . III.1. Die Ontologisierung des Subjekts . . . . . . . . . . III.2. Indexikalität und Aktualität . . . . . . . . . . . . . I.2.

C. Wahrheit und Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . I. Deduktionsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Objektivitätsthese und ihre Rechtfertigung . . . . . II.1. Selbstbewußtsein und propositionale Verbindung . II.2. Objektivität und Urteilsstruktur . . . . . . . . . II.3. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

. . . . . .

145 145 150 159

159 169 174 191 191 197 205 214 223 223 236 251

D. Praktische Intentionalität . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 I. II.

Vorläufige Überlegungen zu einer nichtontologischen Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praktische Intentionalität und moralisches Handeln . . . .

261 274

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285

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Einleitung

Wie der Titel der vorliegenden Untersuchung bei all seiner Vagheit vermuten läßt, soll es im folgenden um die Behandlung von Themen gehen, deren enge Verbindung wohl alles andere als selbstverständlich ist. Wollte man sie verschiedenen Disziplinen zuordnen, so gehörten sie in die philosophische Semantik und in die Philosophie des Geistes; die beiden ersten Hauptteile (A, B) bewegen sich denn auch jeweils in diesen Bereichen. Das hauptsächliche Argumentationsziel besteht darin, eine Strategie gegen zwei skeptische Tendenzen zu entwickeln, von denen die eine den Sonderstatus von Personen unter anderen (Typen von) materiellen Objekten bestreitet und die andere die These vertritt, ›wahr‹ sei nichts anderes als ein Prädikat, das gewissen Verwendungsregeln unterworfen und dessen Signifikanz in rein instrumentalistischer Weise zu interpretieren sei. Jene antiskeptische Strategie soll im wesentlichen dadurch zum Erfolg führen, daß die beiden von der Skepsis bedrohten Sachverhalte sich gegenseitig stützen: Es wird gezeigt, daß die Aufgabe des Sonderstatus von Personen eine Leugnung der Bedeutung von ›wahr‹ – m. a. W. desjenigen, was durch eine sogenannte Redundanztheorie von Wahrheit nicht erfaßt wird – impliziert und umgekehrt. Positiv gewendet heißt das, daß die Bedeutung von ›wahr‹ in Beziehung auf Subjektivität zu explizieren ist und daß umgekehrt Subjektivität, womit das gemeint ist, was Personen ihren oben angesprochenen Sonderstatus garantiert, sich theoretisch durch die Beziehung auf Wahrheit erschließt. Die Vorgehensweise in Richtung auf dieses Ziel ist im wesentlichen von negativem Charakter; der positive Aspekt der Strategie besteht nicht zuletzt in der systematischen Zuordnung der negativen Ergebnisse. Zu Gegenständen der Kritik werden dabei zwei Typen von Positionen (besser gesagt: philosophischen Strategien), zum einen der Naturalismus sowohl der reduktiven wie der eliminationistischen Variante, zum anderen ›ontologisierende‹ Theorieansätze. Darunter sind A

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Einleitung

die mannigfaltigen Formen des Versuchs zu verstehen, spezifisch philosophische Probleme wie etwa die Frage nach dem Sonderstatus von Personen durch das Postulat von Entitäten sui generis (in diesem Fall z. B. Meinungen, Sinnesdaten, etc.), also durch eine ›Ontologisierung‹ zu lösen. Die Abgrenzung gegen den Naturalismus auf der einen, eine metaphysisch motivierte Ontologie auf der anderen Seite kann als Begründung dafür angeführt werden, die intendierte Position als eine transzendentalphilosophische zu charakterisieren. Was die Methodologie betrifft, ergeben sich Berührungspunkte mit dem Philosophiebegriff des späten Wittgenstein sowohl hinsichtlich der Ablehnung von Ontologisierungen wie hinsichtlich des wesentlich negativen Charakters der philosophischen Tätigkeit; die wesentliche Differenz zu Wittgensteins Konzeption liegt in der erwähnten Absicht einer systematischen Zuordnung der Resultate der Kritik.

A Den Ausgangspunkt bildet (nicht weiter verwunderlich) die Pilatusfrage in Form der Suche nach dem, was hier ›Konzeption von Wahrheit‹ genannt wird, worunter eine positive Auskunft darüber zu verstehen ist, worin die ›Bedeutung‹ des Wahrheitsprädikates (über dessen bekannte Verwendungsregeln hinaus) besteht. Dabei gilt es zunächst zu klären, welcher Weg bei dem Versuch einer Beantwortung dieser Frage einzuschlagen ist, ob z. B. unter einer Konzeption von Wahrheit eine Definition zu verstehen ist oder sich eine andere Strategie anbietet. Außerdem ist die Beziehung dieses Problembereichs zu dem der Theorie der Bedeutung zu klären, eine Beziehung, die dann auf der Hand zu liegen scheint, wenn man eine Theorie der Bedeutung als Theorie der Wahrheitsbedingungen konzipiert. Da dies keine unkontroverse Position darstellt, sind die Alternativen zu ihr zu erwägen, insbesondere der sogenannte Anti-Realismus in der Semantik, der vor allem mit dem Namen M. Dummett verbunden wird. Ferner wird die Rede von ›Skepsis‹ in Beziehung auf Wahrheit präzisiert und die Verwendung des Terminus ›Skepsis‹ wenigstens ex negativo durch die Schwierigkeiten motiviert, die sich bei dem Versuch ergeben, das Problem der Skepsis als ein spezifisch philosophisches und daher nichtempirisches zu formulieren. Betroffen von diesen Schwie14

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Einleitung

rigkeiten ist insbesondere die Bindung der Skepsis an die Täuschungsproblematik. Die genauere Bestimmung des Verhältnisses der Täuschungsproblematik zur Skepsis in Beziehung auf Wahrheit bleibt allerdings Teil C vorbehalten. Es wird zu einigen Punkten Stellung genommen, die oft im Kontext einer Thematisierung der Wahrheitsproblematik auftauchen, nämlich (1) die Kontroverse Korrespondenz- vs. Kohärenztheorie der Wahrheit, (2) die Frage nach der Notwendigkeit besonderer ›Wahrheitsträger‹, etwa Propositionen, und (3) die These der Undefinierbarkeit von Wahrheit. Diese Stellungnahme bedeutet nicht die Aufarbeitung der entsprechenden Diskussionen, sondern eher den Hinweis auf eine beabsichtigte Verschiebung der Fragestellung, im Fall von (1) auf die Realismus-Idealismus-Problematik im Bereich der Semantik, auf die noch zurückzukommen ist, im Fall von (2) auf die schon erwähnte antiontologische Strategie, die, was den semantischen Bereich betrifft, in A.II diskutiert wird. Als Grund der von Kant (in verschiedener Weise) und Frege vertretenen Undefinierbarkeitsthese wird eine Verflechtung von Wahrheit und Bedeutung identifiziert, die dann vorliegt, wenn die Frage nach der Bedeutung (eines Satzes und davon ausgehend auch von dessen semantisch signifikanten Teilen) als die nach Wahrheitsbedingungen formuliert wird. Bevor aber zu dem Problem übergegangen wird, ob durch die Gleichsetzung von Bedeutung und Wahrheitsbedingungen die Frage nach der adäquaten Theorie der Bedeutung in unzulässiger Weise präjudiziert wird, ist noch zu klären, in welcher Weise die Wahrheitsfrage sich dann artikulieren soll, wenn man die Undefinierbarkeitsthese akzeptiert. Als Alternative zu der damit als aussichtslos erscheinenden Frage nach einer Definition von ›wahr‹ wird vorgeschlagen, die Frage nach der Bedeutung von ›wahr‹ als Aufforderung dazu zu interpretieren, aus der formal möglichen Pluralität von Prädikaten, deren Verwendungsweise strukturell der unseres Wahrheitsprädikates analog ist, dieses auszusondern. Mit der Basis für eine solche Aussonderung wäre dasjenige gefunden, was über die bloßen Verwendungsregeln des Wahrheitsprädikates hinausgeht und worauf die Rede von der Bedeutung von ›wahr‹ abzielt, mit der ja eine Signifikanz des Wahrheitsprädikats zum Ausdruck gebracht werden soll, die über das hinausgeht, was ein Redundanztheoretiker der Wahrheit anzuerkennen bereit ist. A

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Einleitung

Wie schon erwähnt, werden dann einige prima facie-Alternativen zu einer Theorie der Wahrheitsbedingungen als philosophischer Theorie der Bedeutung erhoben, insbesondere verschiedene Varianten des Verifikationismus und »Anti-Realismus«. Zentral für diese Erörterung ist die Betonung der Tatsache, daß die Kategorie der Bedeutung dabei in einer spezifisch philosophischen Theorie als zentraler Begriff auftritt und nicht nur dazu dienen soll, im Rahmen einer empirischen Theorie das faktische Sprachverhalten zu systematisieren. Was die Realismus-/Anti-Realismus-Kontroverse innerhalb der Semantik betrifft, so geht die hier verfolgte Intention dahin, die Strategie des Anti-Realismus gegen den Theoretiker der (realistisch verstandenen) Wahrheitsbedingungen in gewisser Weise umzukehren: Der Anti-Realist (etwa M. Dummett oder H. Putnam) argumentiert von der Prämisse des kognitiven Charakters von Bedeutung her gegen einen realistisch verstandenen Wahrheitsbegriff, bei der ins Auge gefaßten Umkehrung ergäbe sich der kognitive Charakter von Bedeutung als Konsequenz einer Bindung des Sinnes von Wahrheit an Kognitivität. Voraussetzung dabei ist, daß letzteres (wie schon erwähnt, das Hauptziel dieser Untersuchung) nicht den realistischen Charakter von Wahrheit aufhebt, sondern im Gegenteil ihn erst zu legitimieren erlaubt – die Rede von Legitimation ist dabei im Sinne einer Antwort auf die kantische Frage de iure zu verstehen. Die Frontstellung zwischen Realismus und Kognitivität der Bedeutung, in der das hauptsächliche Argumentationspotential des Anti-Realisten besteht, würde sich so als nicht haltbar und im übrigen als Konsequenz einer verfehlten psychologistischen Auffassung von Kognitivität herausstellen. Ein weiterer positiver Aspekt dieser Strategie wäre darin zu sehen, daß sie ein indirektes Argument für den kognitiven Charakter von Bedeutung liefert, der zwar intuitiv plausibel, aber deshalb nicht unumstritten ist (vgl. die Vertreter der »New Theory of Reference«). In A.II wird das Problem einer ontologischen Interpretation von Bedeutung behandelt. Die Kritik an einer solchen Auffassung wird an drei Punkten festgemacht: Zunächst wird am Beispiel Freges gezeigt, daß die Kombination von (1) Objektivität und (2) Kognitivität von Bedeutung, verbunden mit (3) einer psychologistischen Auffassung des Kognitiven in schwer überwindlich scheinende Schwierigkeiten gerät.

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Einleitung

Das entscheidende Argument gegen eine ontologische Hypostasierung von Bedeutungen stammt von Wittgenstein und ist in letzter Zeit unter dem Namen »Regelfolgenparadox« durch S. Kripke in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit gerückt worden. Aus diesem Paradox scheint sich aber eine noch viel stärkere Konsequenz zu ergeben, nämlich eine vitiöse Indeterminiertheit und damit eine Skepsis hinsichtlich von Bedeutung überhaupt. Es wird versucht, trotz des Akzeptierens der antiontologischen Konsequenz diese nicht so zu verstehen, daß die Skepsis unvermeidlich wird. Der von Wittgenstein selbst stammende Ansatzpunkt dazu besteht darin, die Bedeutung von Ausdrücken zu bestimmen durch den Rekurs auf die Wahrheit bestimmter Prädikationen, in denen sie auftreten. Man könnte dies auch den Primat von Wahrheit gegenüber Bedeutung nennen. Nun erhebt sich aber die Frage, ob und wie eine solche Wahrheit bzw. die Absenz massiver Täuschung einfach vorausgesetzt werden kann. Dies führt dazu, die Basis für die Bestimmung von Bedeutung in einer Dimension zu suchen, wo zwar eine (epistemische) Beziehung auf Objektivität vorliegt, vom Wahrheitswert der entsprechenden Meinung aber abstrahiert werden kann. Bei diesem Typ epistemischer Beziehung handelt es sich um Wahrnehmungen im nichtveridischen Sinn (vgl. B.II und C.II). Das, was in Beziehung auf die Differenz von Wahrheit und Irrtum konstant bleibt, ist dasjenige, was dem wahrnehmenden Subjekt so scheint. Die Irrtumsmöglichkeit eröffnet sich dann, wenn auf die Objektivität als solche Bezug genommen wird, ein Bezug, der immer eine theoretische Komponente involviert; insofern wird versucht, jeden Irrtum im Prinzip als theoretischen Irrtum aufzufassen. Nun besitzt die Bedeutung aller Ausdrücke, zumindest derjenigen, die in referentieller Position auftreten können, eine theoretische Komponente. Die oben angesprochene Basis führt also nicht zu einer sensu stricto so zu nennenden Bestimmung von Bedeutungen, wohl aber zur Abwehr der Gefahr einer vitiösen Indeterminiertheit und, wie sich noch zeigen wird, zur Legitimation der Prinzipien, die auf der Ebene der Bestimmung von Bedeutung i. e. S. in Anspruch genommen werden müssen. Konkret ist dabei auf dieser zweiten Ebene an die Voraussetzungen von Davidsons Methode der radikalen Interpretation (vgl. A.IV) gedacht, insbesondere an das sogenannte ›principle of charity‹, also die Präsumption hinsichtlich der Wahrheit unserer Meinungen. A

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Einleitung

Es zeigt sich eine enge Verbindung des Problems der Sicherung der Bestimmtheit von Bedeutung (und damit der Legitimation der Bedeutungskategorie) zu dem der Aussonderung unseres Wahrheitsprädikats, durch die ja die Bestimmung seiner Bedeutung (im erläuterten Sinn) und damit die Abwehr der Skepsis hinsichtlich von Wahrheit gelingen soll. Dabei wird vorausgesetzt, daß eine Theorie der Bedeutung als Theorie der Wahrheitsbedingungen aufzufassen ist. Folgt man bei der Bestimmung der Bedeutung von ›wahr‹ der Analogie, so wird diese Bedeutung auch durch die Wahrheit gewisser Sätze bestimmt. Dann jedoch droht eine Zirkularität: Worin die Wahrheit dieser Sätze besteht, wird bestimmt durch die Bedeutung der in ihnen auftretenden Ausdrücke; diese aber könnten laut Voraussetzung statt Wahrheitsbedingungen auch Wahrheitsbedingungen* (relativ zu einem alternativen Wahrheitsprädikat ›wahr*‹) spezifizieren. Der Versuch der Bestimmung des Wahrheitsprädikats würde so gerade derjenigen Indeterminiertheit ausgeliefert sein, die er beseitigen will. Es gibt nun aber den singulären Fall eines Typs von Sätzen, bei dem diese Gefahr nicht droht, da ihre Wahrheit feststeht unabhängig davon, was durch die Bedeutung der in ihnen vorkommenden (deskriptiven) Ausdrücke spezifiziert wird (und die trotzdem nicht bloß tautologisch wahr sind). Diese Sätze sind vom Typ ›Es scheint mir (ihm), daß p‹, wobei das Personalpronomen im von Wittgenstein so genannten Subjektgebrauch verwendet wird, der eine Substitution durch eine bestimmte Beschreibung ausschließt. Der durch die Differenz etwa von Wahrheitsbedingungen und Wahrheitsbedingungen* bezeichnete Spielraum erweist sich als irreal; es existiert zwar in der Tat ein Spielraum hinsichtlich dessen, was durch die Bedeutung der in ›p‹ auftretenden Ausdrücke spezifiziert wird, dabei handelt es sich aber um den durch die Möglichkeit des normalen empirischen Irrtums eröffneten Spielraum, der auch die Bestimmung von Bedeutungen affiziert. Dasjenige, was als die Basis der Bestimmung von Bedeutung angesprochen wurde, das ›mir so Scheinen‹ zeigt sich also auch als Basis für die Bestimmung der Bedeutung von ›wahr‹. M. a. W. dasjenige, was über die Bestimmung von Bedeutung die ›Fixierung‹ der Beziehung auf Objektivität ermöglicht (wobei der empirische Irrtum natürlich nicht ausgeschlossen ist), erlaubt es auch, einen wichtigen Schritt in Richtung auf die Abwehr der Skepsis hinsichtlich von Wahrheit zu tun, indem die Annahme eines alternativen Wahrheitsprädikats sich hier als leere Annahme erweist. 18

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Einleitung

Gegen Ende von A.II wird noch eine dritte Kritik an der Ontologisierung von Bedeutungen skizziert, die von Quine in »Two Dogmas of Empiricism« entwickelt wurde und sich an eine Behandlung des Begriffs der Analytizität anschließt. Es wird dargelegt, daß es nicht möglich ist, in nichtzirkulärer Weise den Begriff von Bedeutungen als objektiv existierenden Entitäten zu entwickeln; dies wäre aber notwendig, um auf dasjenige Bezug nehmen zu können, was analytische Sätze wahr macht. Die Aufgabe der analytisch-synthetisch-Dichotomie führt zu einer holistischen Konzeption von Bedeutung, nach der Sprache und Theorie sich als untrennbare Faktoren des Gesamtsystems unserer Meinungen erweisen. Der Abschnitt A.III ist der Behandlung naturalistischer Positionen im Bereich der Bedeutungstheorie gewidmet. In A.III.1 wird die reduktive Variante des Naturalismus behandelt, die wiederum hauptsächlich in zwei Formen auftritt, nämlich als Reduktionismus einmal hinsichtlich der Referenzbeziehung, zum anderen hinsichtlich von Intentionalität, wodurch indirekt eine reduktionistische Interpretation semantischer Sachverhalte erreicht werden soll. Gegen die erstgenannte Form, die z. B. von H. Field vertreten wird, spricht vor allem die Schwierigkeit, aus den unleugbaren realen Beziehungen von Worten und Objekten eine naturalistisch definierte Referenzrelation zu gewinnen, sowie die semantische Unselbständigkeit der referentiellen Funktion. Die zweite Form ist ein Versuch, Intentionalität ontologisch zu reinterpretieren; dies ist hier der Ansatzpunkt für Kritik. Es wird auf eine Reihe von Argumenten Bezug genommen (H. Putnams These vom indexikalischen Charakter von Ausdrücken für natürliche Arten, S. Kripkes »Puzzle of Belief« und last not least die Individualismuskritik von T. Burge), die übereinkommen in der Ablehnung der Auffassung, Bedeutung (und damit der intentionale Gehalt von Meinungen) sei durch etwas determiniert, was sich in den Köpfen der Sprecher befindet, welcher Natur dies auch immer sein möge. Diese Sachlage sollte aber nicht dazu führen, daß eine bestimmte (nämlich die individualistische) Ontologisierung durch eine andere, umfassendere ersetzt werden sollte. Als eigentlicher Grund der Schwierigkeiten, in die eine ontologisierende Behandlung von Intentionalität gerät, zeigt sich vielmehr der bei der Behandlung von Wittgensteins Regelfolgenparadox schon konstatierte Primat von Wahrheit A

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gegenüber Bedeutung; daraus ergibt sich nämlich, daß der normative Aspekt von Wahrheit (und damit Beziehung auf Objektivität) sich auf Bedeutung überträgt und so deren Interpretation durch naturalistisch beschreibbare Sachverhalte ausschließt. In A.III.2 wird Quines semantische Konzeption zum Thema, vor allem als das paradigmatische Beispiel für die eliminative Variante des Naturalismus. Im Zentrum steht seine These der Indeterminiertheit der Übersetzung; es wird versucht, sie als reductio ad absurdum eines Transzendentalismus innerhalb der semantischen Theorie zu verstehen (und nicht nur als Folgerung aus einer naturalistischen Position). Die Indeterminiertheit betrifft sowohl die Ebene von (1) Referenz und Ontologie wie (2) die Wahrheitswerte. Die Lehre, die aus (1) zu ziehen ist, besteht darin, daß mit der Frage nach Referenz und Ontologie keine mysteriöse Sprache-Welt-Beziehung angesprochen ist, sondern Beziehungen zwischen Theorien (sofern es sich nicht ganz einfach um eine innertheoretische, empirische Frage handelt), Beziehungen, die als solche zwischen den Modellen dieser Theorien beschreibbar sind. Daraus folgt, daß dann, wenn modelltheoretisch erfaßbare Sachverhalte das einzige sind, was zum Bereich des Semantischen zu zählen ist, für die Interpretation dieses Bereichs die eliminationistische Konsequenz unausweichlich wird. Die Indeterminiertheitsthese i. e. S. betrifft Wahrheitswerte. Die kritische Betrachtung verschiedener Möglichkeiten, diese These zu begründen, ohne dabei den Naturalismus der Skepsis preiszugeben, endet mit einem negativen Ergebnis. Es scheint nicht möglich zu sein, Naturalismus als eine Zwischenposition zu etablieren, die gleichermaßen gegen Transzendentalismus wie Skepsis abgegrenzt werden kann. A.IV widmet sich der Bedeutungstheorie D. Davidsons, die der hier verfolgten Strategie einmal durch ihren nichtreduktionistischen Charakter, zum anderen durch ihre Ablehnung einer Ontologisierung sowohl von Bedeutungen wie Meinungen entgegenkommt. Nicht diskutiert werden Einzelprobleme der konkreten Durchführung von Davidsons Programm, das sich als Methodologie empirischer Theorien der Wahrheitsbedingungen natürlicher Sprachen präsentiert. Betrachtet werden vielmehr die Voraussetzungen dieser Methodologie, die unabdingbar sind, um überhaupt im Rahmen einer solchen 20

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holistisch verfaßten Theorie zu einer Bestimmung der Wahrheitsbedingungen der Sätze einer natürlichen Sprache zu kommen. Dabei ist insbesondere das sogenannte ›principle of charity‹ zu nennen, die Annahme, daß die Majorität unserer (bzw. der Sprecher der thematisierten Sprache) Meinungen wahr ist. Nur unter dieser Annahme ist es in einer Situation, in der sowohl die Bedeutungen der Sätze wie die Wahrheitswerte der sich in ihnen ausdrückenden Meinungen unbekannt sind, möglich, zu einer Bestimmung von Bedeutungen zu kommen (eben durch das ›Festhalten‹ dieser Wahrheitswerte, das dann eine solche Bestimmung ermöglicht). Es zeigt sich eine unauflösliche Verbindung dieser Annahme mit der anderen zentralen Voraussetzung von Davidsons Konzeption, nämlich der des Wissens um die Bedeutung von ›wahr‹. Außerdem wird die Notwendigkeit erkennbar, eine realistische Theorie der Wahrnehmung zu entwickeln; denn Wahrnehmungssituationen scheinen die Basis einer solchen empirischen Theorie der Wahrheitsbedingungen einer Sprache bilden zu müssen, und dies nicht nur aus methodologischen Gründen. Abschließend werden noch einige Punkte der Kontroverse zwischen D. Davidson und M. Dummett behandelt, die vor allem die schon erwähnte Realismusproblematik betreffen.

B Teil B, der der Philosophie des Geistes innerhalb des Bereiches der sogenannten analytischen Philosophie gewidmet ist, weist gegenüber A zwei Analogien auf: Einmal die Auseinandersetzung mit dem Naturalismus bzw. Materialismus, zum anderen die antiontologische Zielrichtung. Zunächst wird die Inadäquatheit verschiedener Formen des Materialismus in der Philosophie des Geistes dargelegt, wobei sich der ontologische Charakter dieser Konzeption (die sie natürlich mit einem naiven Mentalismus teilen) als die eigentliche Ursache dieser Inadäquatheit herausgestellt. In B.I wird zunächst versucht, die Aufgabe einer spezifisch philosophischen Konzeption des Mentalen von der einer entsprechenden empirischen Theorie abzugrenzen. Ausgangspunkt ist dabei der Hinweis auf die geläufigsten Versuche, das Mentale auf philosophisch signifikante Weise vom Materiellen zu unterscheiden, nämlich durch Hinweis einmal auf die Besonderheit von Intentionalität und zum anA

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deren auf den angeblich besonderen Zugang zu einem spezifisch »Inneren« (das meist als das Sensorische gefaßt wird), wobei jene besondere epistemische Beziehung ihren Niederschlag in der Unkorrigierbarkeit der Aussagen über dieses Innere finden soll. Das Folgende ist eine Kritik an Ontologisierungen des Mentalen, die sich an diese beiden Vorschläge anschließen. Unmittelbar richtet sich die Kritik meist gegen bestimmte Formen der materialistischen These der Leib-Seele-Identität, betroffen sind aber natürlich ebenso mentalistische Konzeptionen, sofern sie die Besonderheit von Personen durch das Postulat spezifisch mentaler Entitäten erklären wollen. Die ontologische Interpretation von Intentionalität wird unter zwei Aspekten thematisch: Erstens als Ontologisierung der spezifischen Struktur von Intentionalität, des ›Gerichtetseins-auf‹ ; dagegen wird ein auf Wittgensteins zurückgehendes Argument mobilisiert, welches im wesentlichen darauf rekurriert, daß eine Intention und ihre Erfüllung deskriptiv nicht unterscheidbar sind. Zweitens ist die Ontologisierung des intentionalen Gehalts etwa von Meinungen problematisch – dies war bereits ein Hauptthema von A.III.1. Hinzuzufügen wäre noch, daß durch diese Kritik nicht eine materialistische Identitätsthese auf der »token-Ebene«, also der der einzelnen Vorkommnisse intentionaler Zustände, ausgeschlossen wird, wohl aber eine materialistische Theorie von Intentionalität. Der Hauptteil von B.I widmet sich dem anderen Vorschlag einer Definition des Mentalen, nämlich der als eines spezifisch Inneren; insbesondere werden die Schwierigkeiten erörtert, die sich für den Funktionalismus als der heutigen Standardvariante einer materialistischen Theorie des Mentalen bei der Erfassung der sogenannten Qualia ergeben. Die Stichworte Qualia, Inversion und absente Qualia gehören in diesen Zusammenhang. Ebenfalls kritisch behandelt wird ein Argument von S. Kripke, das im Ausgang von seiner Theorie der rigiden Designation essentialistische Konsequenzen zieht, die dann eine cartesianische Position in einem günstigeren Licht erscheinen lassen sollen. Als eigentliche Ursache der Schwierigkeiten, der sich eine Ontologisierung des Mentalen qua Inneren gegenübersieht, erweist sich die Kombination der Auffassung vom Mentalen als einer spezifischen Klasse von Objekten mit dem Postulat einer besonderen epistemischen Beziehung auf diese Objekte, durch die einerseits deren Besonderheit erst 22

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definiert wird, der andererseits aber die Merkmale fehlen (z. B. intersubjektive Nachvollziehbarkeit, Täuschungsmöglichkeit), durch die die Beziehung auf Objekte meist charakterisiert ist. Diese Diagnose erhärtet sich in B.II durch die Betrachtung von Wittgensteins Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache und deren Konsequenzen für die Philosophie des Geistes. Eine Privatsprache ist dadurch ausgezeichnet, daß nur der Sprecher sie verstehen kann aufgrund seines besonderen Zugangs zu demjenigen, was durch die privatsprachlichen Ausdrücke bezeichnet wird. Es zeigt sich aber, daß gerade durch diese Charakterisierung der Privatsprache, die ja auf der bedeutungstheoretischen Ebene die Ontologisierung des Inneren ausdrückt, es ausgeschlossen ist, die Verwendung privatsprachlicher Ausdrücke noch als spezifisch semantische Sachverhalte zu interpretieren, d. h. sie von einem bloßen Naturprozeß zu unterscheiden. Verantwortlich dafür ist die Tatsache, daß der normative Aspekt, der einen semantischen Sachverhalt von einem bloßen Naturprozeß abzugrenzen erlaubt, an eine Beziehung auf Objektivität, die Fallibilität wesentlich einschließt, gebunden ist; genau dies wird von dem Privatsprachler per definitionem ausgeschlossen. Hingewiesen wird auf Beziehungen zwischen dem so interpretierten Privatsprachenargument und Wittgensteins Behandlung des Regelfolgenparadoxes. Das Stichwort vom Primat von Wahrheit gegenüber Bedeutung, durch das oben seine Lösung dieses Problems gekennzeichnet wurde, drückt die bei der Behandlung der Privatsprache hervorgetretene Bindung von Bedeutung an eine Beziehung auf Objektivität aus. Die positive Lösung der Aufgabe einer philosophischen Charakterisierung des Mentalen und damit desjenigen, was Personen unter anderen Objekten auszeichnet, kann also nicht in einer ontologischen These bestehen. Es handelt sich bei dem Lösungsvorschlag um eine Art Kombination der beiden diskutierten Vorschläge. Das Personsein und dessen irreduzibler Charakter wird über Intentionalität definiert, wobei diese Intentionalität wiederum nicht über eine ontologische, sondern eine semantische Charakterisierung erfaßt wird. Konkret wird eine Person als solche als Akteur des »Wahr-Falsch-Spiels« beschrieben, als ›Ort von dessen Vollzug‹. Diese Vollzüge selbst, d. h. Urteile bzw. die sich in ihnen artikulierenden Meinungen werden ausgedrückt durch Sätze des Typs ›es scheint mir, daß p‹, die so definiert sind, daß ihre A

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Wahrheit feststeht unabhängig von der Möglichkeit der Täuschung hinsichtlich des Bestehens des in ›p‹ thematischen Sachverhalts (vgl. A.II). Mit dieser Konzeption wird also auch dem Wahrheitsmoment desjenigen Vorschlags zur Charakterisierung des Mentalen Rechnung getragen, der auf einen besonderen Zugang zum »Inneren« rekurriert; diese Besonderheit erscheint hier als die sich in der a priori gesicherten Wahrheit der es-scheint-Sätze manifestierenden epistemischen Nähe desjenigen, das mir ›so scheint‹ (in einem noch näher erläuterten Sinn von ›Scheinen‹, aus dem auch verständlich wird, warum es sich primär um Wahrnehmungsmeinungen handelt, wodurch im übrigen kein epistemologischer Fundamentalismus impliziert ist). Es ist hier der Punkt erreicht, an dem die antiskeptische Strategie zur Bestimmung der Bedeutung von ›wahr‹ mit der anderen antiskeptischen Strategie hinsichtlich der Irreduzibilität des Personseins konvergiert derart, daß sich ein Verhältnis wechselseitiger Legitimation ergibt. Das Personsein ist dasjenige, in Beziehung worauf sich die Bedeutung von ›wahr‹ bestimmt (durch die Tatsache, daß die Sätze vom ›es scheint‹-Typ immer wahr sind, was den Gedanken alternativer Wahrheitsprädikate als irreal erweist [vgl. A.II]). Umgekehrt ist der derart vor der Skepsis bewahrte Wahrheitsbegriff dasjenige, in Beziehung worauf das Personsein charakterisiert wird. Dessen Irreduzibilität würde also hinfällig, wenn der Skepsis hinsichtlich von Wahrheit nicht erfolgreich begegnet werden könnte. Wichtig ist dabei, daß es sich nicht nur um einen bloß begrifflichen Zusammenhang handelt: Das Personsein wird legitimiert durch Rekurs auf den Vollzug des WahrFalsch-Spiels und nicht auf etwas (einen begrifflichen Sachverhalt), das innerhalb des Diskurses auftritt. Umgekehrt stützt sich die Legitimität des Wahrheitssinnes nicht auf einen bestimmten Begriff von Personalität, sondern auf die Realität des Intentionalen selbst. Was nun diese Legitimität betrifft, so ist sie damit noch nicht eigentlich etabliert, erreicht ist nur der Ausgangspunkt für eine entsprechende Legitimation, in der zu zeigen wäre, inwiefern mit dem mir-Scheinendaß, dem Vollzug des Wahr-Falsch-Spiels, wirklich eine Beziehung auf Objektivität gesetzt ist. Das Vorhandensein einer solchen Beziehung war ja als Bedingung für die Anerkennung semantischer Sachverhalte als solcher identifiziert worden. 24

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Damit ist die Hauptaufgabe für Teil C genannt. Zuvor wird noch in B.III, als Pendant zur Kritik am Postulat von spezifisch mentalen Ereignissen und Zuständen der Person das Postulat eines besonderen Subjekts, das von der konkreten Person ontologisch zu unterscheiden ist, einer Kritik unterzogen. Mißverständnisse in Beziehung auf die Natur der sogenannten wissenden Selbstbeziehung erweisen sich als verantwortlich für diese Form der Ontologisierung des Mentalen. Auch die Einführung einer Nonstandardform von Intentionalität, etwa im Sinne von D. Lewis’ de se-Meinungen, zeigt sich als ungeeignet dafür, die Besonderheit von Subjektivität adäquat zu erfassen. In diesem Zusammenhang wird auch, in Aufnahme von Lewis’ indexikalischer Theorie der Aktualität sowie in kritischer Abgrenzung zu seinem modalen Realismus, die Beziehung von Indexikalität (der wissenden Selbstbeziehung) und Aktualität näher erörtert. Es ergibt sich die Nichtäquivalenz von Wahrheit mit Wahrheit in einer möglichen Welt, die eine wichtige Rolle spielt bei dem Vorhaben, semantische Sachverhalte vor einer eliminationistischen Interpretation zu bewahren (vgl. A.III.2).

C Teil C widmet sich, wie schon angedeutet, dem Versuch, unseren Anspruch, auf Objektivität Bezug zu nehmen, als berechtigt zu erweisen, ein Versuch, dessen Erfolg für das Gelingen der beiden miteinander verflochtenen antiskeptischen Strategien aus den schon grob skizzierten Gründen unverzichtbar ist. Es besteht hier offenbar ein sachlicher Zusammenhang mit einem wichtigen Aspekt des Beweisziels von Kants Transzendentaler Deduktion der reinen Verstandesbegriffe, der auch als »Objektivitätsthese« bezeichnet wurde. In C wird erst in zweiter Linie ein im eigentlichen Sinne exegetischer Anspruch hinsichtlich der entsprechenden Passagen der Kritik der reinen Vernunft erhoben; es werden teilweise sogar Thesen vertreten, die klar im Widerspruch zu den kantischen Auffassungen stehen. Zurückzuführen ist dies im wesentlichen auch darauf, daß bei Kant der Versuch der Begründung der Objektivitätsthese einhergeht mit der Intention, einen mit seiner Konzeption des synthetischen Apriori verbundenen Fundamentalismus in der Epistemologie zu etablieren, der mit der hier vertretenen Position nicht kompatibel ist. A

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Im einleitenden Abschnitt wird das »Beweisziel« näher präzisiert sowie eine zweistufige Struktur des »Beweises« dafür in Aussicht gestellt. Ferner wird von einigen für Kants Konzeption wichtigen Punkten gezeigt, ob und inwiefern sie (eventuell transformiert) für die vorzuführende Argumentation bedeutsam sind – zu nennen sind die analytisch-synthetisch-Dichotomie, die These von der »Zweistämmigkeit« unserer Erkenntnis sowie die Differenz von Erscheinung und Ding an sich. In C.I werden einige teilweise an den historischen Kant angelehnte, teilweise (z. B. Strawson) vom Text der ersten Kritik relativ weit entfernte Versuche kritisch behandelt, das Deduktionsziel zu erreichen. C.II ist dann die Skizze eines Versuchs, die Objektivitätsthese zu rechtfertigen, und zwar in einer Weise, die gleichermaßen unterschieden ist vom Konstitutionsidealismus des kantischen Buchstabens (zentral ist hier der Synthesisbegriff bzw. verschiedene seiner Interpretationen) wie etwa von Strawsons Absicht, durch ein Korrelationsargument das Beweisziel im Sinne eines bloß begrifflichen Sachverhalts zu etablieren, was die Gefahr der Skepsis natürlich nicht endgültig bannen könnte. Zentral für den ersten Teil des Arguments ist die Inanspruchnahme des in A.II und B.II erörterten ›mir-Scheinen-daß‹ als Interpretament für Kants ursprünglich-synthetische bzw. objektive Einheit der Apperzeption. Etabliert wird dadurch hinsichtlich eines sinnlich gegebenen Mannigfaltigen das Zusammenfallen von Zugänglichkeit für das Bewußtsein (theoretische Intentionalität) und Objektivierung. Der zweite Teil entwickelt daraus die Umrisse einer realistischen Epistemologie, wobei zunächst die objektive Gültigkeit von Substanz und Kausalitätskategorie dargelegt werden kann. Zwei zusätzliche Prämissen sind dazu notwendig: Die in B.III durch die Bindung von Aktualität an den indexikalischen Charakter des ›mir-Scheinen-daß‹ begründete These, daß die aktuale Wirklichkeit nicht auf die Wirklichkeit einer möglichen Welt reduzierbar ist, und der raumzeitliche Charakter des Wahrnehmbaren. Im Zuge der Behandlung von Substanz- und Kausalitätsbegriff ergibt sich die vielleicht überraschende Konsequenz, daß eine realistische Auffassung der wahrnehmbaren Eigenschaften (und die damit in gewissem Sinne verbundene Rechtfertigung des sogenannten natür26

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lichen Weltbildes) mit einem szientifischen Realismus durchaus kompatibel ist, wobei mit diesem Realismus allerdings zwar die uneingeschränkte Anerkennung der Objektivität theoretischer Aussagen verbunden ist, nicht jedoch die Anerkennung besonderer theoretischer Objekte (in einem nichtinstrumentalistischen Sinn). Weitere Folgerungen betreffen die Realismusproblematik im semantischen Bereich (das hauptsächliche Desiderat aus A.I und A.IV) sowie das Verhältnis des Bezugs auf realistisch verstandene Wahrheitsbedingungen überhaupt zur logischen Form der Prädikation (schon im »Beweis« selbst spielte der in diesen Kontext gehörende Hinweis auf die Differenz von propositionaler Verbindung und Verbindung zur Einheit eines Komplexes bzw. als Komplex konzipierten Objektes eine nicht unbedeutende Rolle). Die in C.II versuchte Skizze einer realistischen Epistemologie ist allerdings nicht als umfassende Behandlung der genannten Themen (miß)zuverstehen, sondern eher als eine erste Strukturierung des Terrains, auf dem sich eine solche Behandlung zu bewegen hätte.

D Teil D, der den Charakter eines Anhangs hat, thematisiert den Bereich der praktischen Intentionalität. Als Leitfaden dient dabei hauptsächlich das Skepsisproblem im Bereich der praktischen Philosophie (und zwar sowohl hinsichtlich der praktischen Intentionalität im allgemeinen wie der Moralität im besonderen) und dessen Beziehung zur Skepsis hinsichtlich von Wahrheit und (theoretischer) Subjektivität. Es ergibt sich zwischen praktischer und theoretischer Intentionalität ein Verhältnis wechselseitiger Legitimation (der jeweiligen Irreduzibilität), das analog ist zu dem zwischen Wahrheitssinn und (theoretischer) Intentionalität. Wie aus diesem ganz kursorischen Überblick hervorgeht, wird im folgenden versucht, einen Dialog zu ermöglichen zwischen analytischer Philosophie und Transzendentalphilosophie. Abgesehen davon, daß sich hinter beiden Bezeichnungen durchaus heterogene Positionen verbergen bzw. verbergen können, ergeben sich näher hauptsächlich drei Schwierigkeiten, einmal die der Zuordnung verschiedener systematiA

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scher Bereiche wie Semantik, Subjektivitätstheorie und Epistemologie, zum anderen das Problem, die miteinander in keinem expliziten Bezug stehenden (und meist durch jeweils verschiedene dogmatische Voraussetzungen geprägten) Einzeluntersuchungen aus dem analytischen Bereich in einen Zusammenhang zu bringen, und last not least die Aufgabe, eine wegen ihres Anschlusses an die entsprechende Tradition sich als transzendentalphilosophisch verstehende Position in einer Sprache zu artikulieren, die eine fruchtbare Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Theorien erst ermöglicht, ohne daß damit etwa in der Weise einer vorschnellen Anpassung an zeitgenössische Strömungen der Geist einer solchen Position verleugnet werden müßte. Auch wenn keineswegs bestritten werden soll, daß, zumal was die Philosophie betrifft, alles in gewisser Weise schon dagewesen ist, so mag doch die Tatsache, daß mit einem in dieser Weise (die sich grundlegend unterscheidet von der Art der Debatte über die sogenannten ›transzendentalen Argumente‹) konzipierten Dialog zwischen analytischer Philosophie und Transzendentalphilosophie in mancher Hinsicht Neuland betreten wird, als Entschuldigung dienen für die sicher vorhandenen Defizienzen der Darstellung; zu erwähnen wäre dabei vor allem die mit der Natur eines ernsthaft geführten philosophischen Dialogs (wie auch m. E. der Philosophie überhaupt) wohl wesentlich verbundene Tatsache, daß eine gewisse Klarheit über das, wovon eigentlich die Rede ist, zumal wenn es sich um die Themen Wahrheit und Subjektivität handelt, nicht zu Beginn erwartet werden kann, sondern sich allenfalls (bei einer äußerst optimistischen Prognose) sehr langsam über das Ganze auszubreiten beginnt.

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A. Wahrheit und Bedeutung I. Probleme einer Konzeption von Wahrheit

Mit der Kombination der beiden Themen ›Wahrheit‹ und ›Subjektivität‹ soll, wie schon in der Einleitung angedeutet wurde, die Strategie verfolgt werden, sie mittels einer Art wechselseitiger Stützung bzw. Legitimation gegen skeptische Angriffe zu sichern. Was nun das Thema ›Wahrheit‹ betrifft, das zunächst im Mittelpunkt des Interesses stehen soll, so ist auf den ersten Blick keineswegs selbstverständlich, was in diesem Zusammenhang die Rede von Skepsis und entsprechend von Legitimation resp. Legitimationsbedürftigkeit zu bedeuten hat. Im Falle von Subjektivität, worunter dasjenige zu verstehen ist, was Personen zu solchen macht, m. a. W. wodurch sie mehr sind als nur materielle Objekte, ist der ›Gegner‹ schnell als der Naturalismus in einer seiner Varianten identifiziert. Es ist jedoch nicht, wenigstens nicht unmittelbar, zu sehen, inwiefern sich ein Naturalist negativ hinsichtlich des Wahrheitsbegriffes verhalten sollte. Allenfalls wird man an die naturalistische Kritik etwa W. V. O. Quines am Mentalismus in der Theorie der Bedeutung erinnert, die jedoch den Status des Wahrheitsbegriffs nicht zu tangieren scheint. (Inwiefern es sich doch in gewisser Weise so verhält, wird an anderer Stelle noch zu erörtern sein, ebenso wie die naturalistischen Versuche einer reduktionistischen Konzeption von Wahrheit.)

I.1. Formen der Skepsis Der Skeptiker hinsichtlich von Wahrheit, von dem im folgenden die Rede ist und gegen den sich die argumentativen Anstrengungen richten, ist also nicht mit dem Naturalisten zu verwechseln, der ja ganz im Gegenteil den Wahrheitsanspruch zumindest des naturwissenschaftlichen Diskurses zu verteidigen verpflichtet ist. 1 Unter Skepsis hinsichtEs gibt allerdings Versionen des Naturalismus (z. B. den eliminativen Naturalismus Quines), die eine Kompatibilität zwischen dem Wahrheitsanspruch des naturwissen-

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lich von Wahrheit soll vielmehr die These verstanden werden, daß ›wahr‹ nichts anderes sei als ein Prädikat, das gewissen Verwendungsregeln unterworfen ist (z. B. Disquotationseigenschaft, Einbettung in den Kalkül der Wahrheitsfunktionen) und eine normative Funktion innerhalb des Diskurses erfüllt, eine Funktion, die aber – laut Aussage der Skepsis – auch rein instrumentalistisch interpretierbar ist. Die Verwendung von ›Skepsis‹ in diesem Sinn läuft demnach auf das hinaus, was gemeinhin die Redundanztheorie von Wahrheit genannt wird. (Allerdings würden viele Redundanztheoretiker sich selbst wohl kaum in der angedeuteten Weise als normative Skeptiker verstehen.) Bei manchem mag diese Verwendungsweise von ›Skepsis‹ auf Ablehnung stoßen; es wird auch keineswegs der Anspruch erhoben, damit etwa implizit eine Analyse des Sinns von philosophischer Skepsis gegeben zu haben. Insofern fungiert ›Skepsis‹ hier als terminus technicus. Allerdings lassen sich einige Überlegungen anstellen, die zwar diese Verwendungsweise nicht rechtfertigen, aber doch ex negativo etwas zu ihrer Plausibilisierung beitragen können dadurch, daß eine verbreitete Vorstellung von Skepsis auf gewisse Schwierigkeiten stößt. Diese Vorstellung sieht das Skepsisproblem als Forderung, die Möglichkeit von Wissen zu erklären, wobei die gewünschte, den Skeptiker zufriedenstellende Erklärung eine Art Vermittlung von Subjektivität und Welt aufzuzeigen hätte, wodurch einsehbar würde, daß und inwiefern eine radikalere Form von Irrtum als der selbstverständlich zugestandene normale, empirische Irrtum ausgeschlossen werden könnte. Zunächst einmal ist zu fragen, worin diese radikalere Form besteht. Gedacht wird meist an eine Universalisierung des normalen, empirischen Irrtums; in der Diskussion der letzten Jahre wird dies durch das Bild der »brains in a vat« illustriert. Übersehen wird dabei manchmal, daß aus der Universalisierung eines empirischen Sachverhalts (bzw. einer empirischen Möglichkeit) nicht dessen Transformation in einen nichtempirischen Sachverhalt folgt (wenn auch umgekehrt die Univer-

schaftlichen Diskurses und demjenigen, was der Skeptiker hinsichtlich von Wahrheit sagt, vertreten. Es wird sich zeigen, daß diese Kompatibilität in der Tat nicht besteht.

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salität ein Charakteristikum nichtempirischer Sachverhalte sein mag, insbesondere dann, wenn diese Thema apriorischer Thesen sind). Im Hinweis auf die Möglichkeit der universalen Täuschung kann also nicht die philosophische Skepsis bestehen, falls man darunter, wie hier unterstellt wird, eine nichtempirische These resp. Position versteht. Im übrigen setzt der Hinweis auf die Täuschungsmöglichkeit, wie umfassend diese auch immer sein mag, eo ipso die Möglichkeit von wahrer Erkenntnis voraus. Falls also der (angebliche) Skeptiker seinen Hinweis auf die Möglichkeit der Täuschung in irgendeiner Weise als apriorisch verstanden wissen will, sägt er selbst den Ast ab, auf dem er sitzt, bzw. umgekehrt formuliert setzt er just das voraus, was zu leugnen er vorgibt. Es gibt zwar in der Tat nichtempirische Erwägungen in Beziehung auf bestimmte Klassen von Urteilen (bzw. in Beziehung auf deren mögliche Wahrheit), die zu einer Haltung führen, die weithin als eine skeptische charakterisiert wird. Die Skepsis gegenüber der Existenz materieller Gegenstände in einer objektiven Außenwelt oder die Skepsis gegenüber der Existenz abstrakter Entitäten wären Beispiele einer Haltung, die die Wahrheit einer bestimmten Klasse von Aussagen (nämlich solcher, die auf die Elemente einer bestimmten Klasse von Entitäten Bezug nehmen) aus prinzipiellen Gründen bezweifeln. Vielleicht wäre es angebrachter, von einem Vorschlag der Reinterpretation eines gewissen Typs von Aussagen zu reden, z. B. in Form der These, daß Aussagen, die scheinbar von materiellen Gegenständen handeln, in Wahrheit Aussagen über Sinnesdaten darstellen o. ä. Zur Verhinderung von Konfusion könnte man den Ausdruck ›ontologische Skepsis‹ im Gegensatz zu ›(epistemologischer) Skepsis‹ verwenden. Es handelt sich bei der Differenz dieser beiden Typen von Skepsis im übrigen nicht um bloße Nichtidentität, sondern um ein Verhältnis der Inkompatibilität, zumindest in denjenigen Fällen, in denen die ontologische Skepsis nicht lediglich auf Erwägungen basiert, die die formale Konsistenz bzw. Inkonsistenz des Begriffs eines bestimmten Typs von Entitäten betreffen. Ansonsten nämlich (und dies geschieht in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle) rekurriert die ontologische Skepsis auf eine funktionierende epistemische Praxis, deren Ergebnisse sie nur anders artikuliert sehen möchte aufgrund gewisser Einsichten in die Weise dieses Funktionierens. Insofern stützt sie sich auf genau das, was die epistemologische Skepsis in Zweifel zieht.

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Letztere ist auch nicht das Resultat einer Universalisierung der ontologischen Skepsis (einer Universalisierung, die deren reinterpretativen Charakter aufheben würde). Eine solche Universalisierung würde vielmehr auf das hinaus laufen, was als ›semantischer Idealismus‹ bezeichnet werden kann (s. u. S. 43 f.). Mit diesem Versuch einer Differenzierung zwischen zwei Typen von Skepsis ist die epistemologische (die ›eigentliche‹) Skepsis allerdings immer noch nicht positiv bestimmt. Die erwähnte Vorstellung, durch Angabe einer Vermittlung von Erkenntnissubjekt und Objektivität die Skepsis abzuwehren, führt aber in eine Sackgasse. Dies wird deutlich, wenn man danach fragt, welcher Art eine solche Vermittlung sein kann, bzw. welcher Art die Evidenzen sein können, die zur Einsicht in ihre Existenz und Verfassung führen sollen. Ohne die Antwort auf die Frage nach Status und Methodologie des philosophischen Diskurses überhaupt zu präjudizieren, die mit jener Frage implizit angesprochen ist, mögen diese Evidenzen (bzw. genauer deren Bezugspunkte) in ›naiver‹ Weise in faktische und begriffliche unterteilt werden. Begriffliche Erwägungen können aber, bildlich gesprochen, die Sphäre des Subjekts qua Ort der Begrifflichkeit nicht überschreiten bzw. zu einer solchen Überschreitung berechtigen, so daß die geforderte Subjekt-Objekt-Vermittlung unmöglich wird. Sie kann aber auch nicht im Rekurs auf den objektiven Realzusammenhang, als dessen Teil das Subjekt auch thematisierbar sein mag, zustande kommen: Eine solche Art von Vermittlung würde eines ihrer Glieder aufheben, nämlich die Subjektivität qua Ort von Wissensansprüchen, als die sie vom Realzusammenhang unabhängig gedacht werden muß, da sonst die Differenz von (möglicher) Gültigkeit und faktischer Genese aufgehoben würde. (Das Programm einer naturalisierten Epistemologie à la Quine wird durch diese Argumentation nicht direkt berührt, da es ja auf einer Leugnung von genuin, d. h. nichteliminationistisch verstandenen epistemischen Zuständen beruht.) Die in dieser Argumentation angenommene Naivität hinsichtlich der Existenz begrifflicher Sachverhalte stellt im übrigen eine Konzession an den ›Gegner‹ dar. Das Entfallen der Dichotomie von Faktischem und Begrifflichem etwa im Sinne eines Quineschen Holismus (s. u. S. 73) ließe immer die Situation einer faktischen Subjekt-Objekt-Ver32

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mittlung mit den entsprechenden unerwünschten Konsequenzen eintreten. Ebensowenig ist die vorgeführte Argumentation gegen eine verfehlte Auffassung epistemologischer Skepsis davon abhängig, daß die, wenn man so will, ontologische Dichotomie von Faktischem und Begrifflichem mit der epistemologischen von a posteriori und a priori kongruiert. Auch ein etwaiger apriorischer Charakter der Einsicht in einen Zusammenhang von Subjekt und Objekt würde diesen aus den angesprochenen Gründen nicht als diejenige Vermittlung qualifizieren können, die gegen die Skepsis (in der unterstellten Form) geltend zu machen wäre. An dieser Stelle kann und soll nun nicht die These verteidigt werden, allen sich als skeptische (im epistemologischen Sinne) verstehenden philosophischen Positionen ließe sich die hier kritisierte Konzeption zuordnen. Verzichtet werden soll auch auf eine Argumentation, die im Ausgang von historischen Formen der Skepsis (vielleicht) herausarbeiten könnte, was deren ›eigentlichen‹ Kern ausmacht. Vielmehr soll zunächst rein thetisch ein neuer Kandidat für die Interpretation der epistemologischen Skepsis vorgeschlagen werden. Im folgenden wird sich allerdings zeigen, daß auch der diskutierten, intuitiv wohl naheliegenden Vorstellung von Skepsis, die diese eng an das Problem der Täuschung bindet, ein Wahrheitsmoment zukommt, das lediglich durch die Form, in der diese Vorstellung sich üblicherweise präsentiert, verdeckt wird. Dasjenige, dessen Existenz die Skepsis (im Sinne jenes Alternativvorschlags) bestreitet bzw. bezweifelt, soll im folgenden als ›die Bedeutung von ›wahr‹‹ oder der ›Wahrheitssinn‹ bezeichnet werden. Diese Bezeichnungen sind ebenfalls nur im Sinne von termini technici zu verstehen; ihr Sinn ist lediglich ex negativo durch das bestimmt, was hier Skepsis genannt wurde. Diese bedroht im übrigen nicht nur einen möglichen Gegenstand des philosophischen Diskurses, sondern diesen insgesamt, falls man ihn als strikt nichtempirisch charakterisiert und außer dem Rekurs auf die Differenz von faktischer Genese und (möglicher) Geltung von Wahrheitsansprüchen keine andere Möglichkeit sieht, diese Charakterisierung zu rechtfertigen. Die Charakterisierung ›nichtempirisch‹ macht natürlich eine Abgrenzung zu Logik und Mathematik notwendig, außerdem ist diese Festlegung auf das Nicht-Empirische nicht als AbA

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wertung anderer Diskursformen zu verstehen, die auch die Charakterisierung ›philosophisch‹ für sich reklamieren, sondern lediglich als terminologische Klärung, die eine wesentliche Voraussetzung namhaft macht, die im folgenden unterstellt wird. Die Behauptung, der Rekurs auf die Differenz von Genese und Geltung von Wahrheitsansprüchen stelle die einzige Möglichkeit zur Legitimation des Status eines solchen nichtempirischen Diskurses dar, stellt zunächst sicher nur eine bloße Behauptung dar und ist wohl auch keiner Begründung fähig, die Alternativen endgültig ausschließen würde. Sie gewinnt allerdings an Plausibilität, je mehr der solcherart sich legitimierende Diskurs auch das zu thematisieren in der Lage ist, was nicht unmittelbar mit dieser semantischen Basis verknüpft zu sein scheint, insbesondere unser Selbstverständnis als Personen.

I.2. Die Pilatusfrage Um ein solches Unternehmen in Gang zu bringen, ist also eine positive Beantwortung der Frage nach der Bedeutung von ›wahr‹ vonnöten. Bei der Suche nach einer positiven Konzeption von Wahrheit kommt man nicht umhin, zu drei Themenkomplexen Stellung zu beziehen: 1) 2)

3)

Die Kontroverse Korrespondenz- vs. Kohärenztheorie von Wahrheit, die Frage nach den Wahrheitsträgern, m. a. W. nach denjenigen, denen das Prädikat ›wahr‹ eigentlich zugeschrieben wird (Sätzen, Meinungen, Propositionen?), das Theorem der Undefinierbarkeit von Wahrheit, das so bedeutende wie auch unterschiedliche Theoretiker wie Kant und Frege vertreten haben.

Die unter (1) angesprochene Kontroverse und ihre Geschichte adäquat aufzuarbeiten würde sicher den Rahmen dieser Untersuchung sprengen. Oftmals geht es dabei auch weniger um eine wahrheitstheoretische als um eine epistemologische Kontroverse, nämlich um die zwischen einem Fundamentalismus und einer eher holistischen Konzeption von Wissen. Auch die Auskunft, man suche nicht nach einer Definition, sondern einem Kriterium von Wahrheit, hilft in diesem Zusammen34

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hang nicht weiter, da damit, wenn überhaupt, letztlich auch nur ein Kriterium dafür geliefert wird, was in unserem Diskurs als wahr akzeptiert wird, mithin also ein Kriterium für Wissen (falls nicht eigens geklärt wird, warum es ein Kriterium für Wahrheit ist, m. a. W. worin seine begriffliche und nicht nur kontingente Verbindung mit Wahrheit besteht, wodurch man wieder zu dem Ausgangsproblem der begrifflichen Bestimmung von Wahrheit zurückgekommen wäre). Im folgenden wird auf die Kontroverse Korrespondenz vs. Kohärenz in indirekter Weise eingegangen werden, und zwar im Zusammenhang der Diskussion der Realismusproblematik in der semantischen Theorie bzw. der Problematik einer Theorie der Wahrheitsbedingungen als philosophischer Konzeption von Bedeutung. Da dort versucht werden wird, eine solche Konzeption zu verteidigen und eine Antwort zu finden auf die Schwierigkeiten, denen sie zu begegnen hat, mag man dies als Votum für eine Form der Korrespondenztheorie interpretieren. Andererseits wird durchaus dem Rechnung getragen, was von den Befürwortern einer Kohärenztheorie zu Recht ins Feld geführt worden ist, nämlich die Tatsache, daß Meinungen immer nur wieder durch Meinungen gerechtfertigt werden können, also die Immanenz unseres Wissenssystems sowie sein schon angesprochener holistischer Charakter. Es wird wesentlich darum gehen darzulegen, daß dies mit dem Realismus durchaus verträglich ist. Auch was den zweiten Punkt angeht, die Frage nach den ›Wahrheitsträgern‹, ist die Antwort zunächst nur eine vorläufige. Es wird sich herausstellen, daß es nicht notwendig ist, spezifische Klassen von Entitäten zu postulieren, denen das Wahrheitsprädikat ›eigentlich‹ zukommt, etwa Propositionen, Fregesche »Gedanken« oder auch genuin mentale Entitäten wie Meinungen. Wahr oder falsch sind Sätze bzw. Meinungen, insofern diese als Fürwahrhalten bestimmter Sätze zu verstehen sind – inwiefern damit kein Postulat spezifisch mentaler Entitäten verbunden ist, wird noch zu erörtern sein. Vorwegnehmend ließe sich sagen, daß Wahrheit nicht etwas darstellt, was in der Welt zu verorten ist und insofern auch nicht Eigenschaft irgendwelcher Gegebenheiten, welcher Art diese auch sein mögen. In diesem Sinn ist Wahrheit auch nicht in der Weise Eigenschaft eines Satzes, wie die Röte Eigenschaft der Rose ist.

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Last not least ist das Problem der (Un-)Definierbarkeit von Wahrheit zu erörtern. Davon noch zu unterscheiden ist die Frage nach einem allgemeinen Kriterium für Wahrheit, deren Beantwortung – bzw. der Versuch dazu – laut Kants berühmtem Verdikt in einer »elenden Dialexe« (KrV, B 82) endet. Das Verdikt gründet sich darauf, daß der Gedanke der Anwendung eines (nicht einmal notwendigerweise zureichenden) Kriteriums unmittelbar in einen infiniten Regreß führt. 2 Im Text der Kritik der reinen Vernunft selbst spielt das Diallelenargument bei der Begründung der These von der Inexistenz eines allgemeinen Wahrheitskriteriums jedoch keine Rolle. Vielmehr führt Kant aus, die Forderung nach einem allgemeinen und zureichenden Wahrheitskriterium sei deshalb »ungereimt« (B 83), weil die geforderte Allgemeinheit eines solchen Kriteriums im Widerspruch dazu stehe, daß es bei der Frage nach der Wahrheit einer »Erkenntnis« auf deren jeweils spezifischen Inhalt ankomme. Freges Votum gegen die Möglichkeit einer Definition von Wahrheit findet sich in »Der Gedanke« 3 : Kann man nicht festsetzen, daß Wahrheit bestehe, wenn die Übereinstimmung in einer gewissen Hinsicht stattfinde? Aber in welcher? Was müßten wir dann aber tun, um zu entscheiden, ob etwas wahr wäre? Wir müssten untersuchen, ob es wahr wäre, daß etwa eine Vorstellung und ein Wirkliches in der festgesetzten Hinsicht übereinstimmten. Und damit ständen wir wieder vor einer Frage derselben Art, und das Spiel könnte von neuem beginnen. So scheitert dieser Versuch, die Wahrheit als eine Übereinstimmung zu erklären. So scheitert aber auch jeder andere Versuch, das Wahrsein zu definieren. Denn in einer Definition gäbe man gewisse Merkmale an. Und bei der Anwendung auf einen besonderen Fall käme es dann immer darauf an, ob es wahr wäre, daß diese Merkmale zuträfen. So drehte man sich im Kreise. Hiernach ist es wahrscheinlich, daß der Inhalt des Wortes ›wahr‹ ganz einzigartig und undefinierbar ist. Zum Begriff der Diallele vgl. Reflexion 2143: »Mein Urtheil soll mit dem obiect übereinstimmen. Nun kan ich das obiect nur mit meiner Erkenntnis vergleichen, dadurch daß ich es erkenne. Diallele«. 3 In: Logische Untersuchungen. Hrsg. von G. Patzig, Göttingen 1966, S. 30–53, hier: S. 32. 2

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Die Stelle gilt allgemein als dunkel, und ihre Deutung ist entsprechend umstritten. Die Rede von einer »Entscheidung« und »Untersuchung« hinsichtlich von Wahrheit legt die Vermutung nahe, es handele sich auch hier um die Frage nach einem Kriterium für Wahrheit. Eine solche Interpretation erscheint aber als nicht unbedingt zwingend, wenn man etwa das Ende des Zitats für sich betrachtet, obwohl auch diese Passage im Sinne des Kantischen Diallelenarguments verstanden werden könnte. Daher sind auch die folgenden Überlegungen zur Möglichkeit einer Definition von Wahrheit nicht mit einem exegetischen Anspruch verbunden. Zunächst einmal wäre die Frage nach einer Definition von ›wahr‹ 4 unabhängig zu stellen von der nach einem allgemeinen Wahrheitskriterium. Ein Vertreter der Definierbarkeit von Wahrheit, der seinen Anspruch derart ermäßigt hätte, sähe sich aber trotzdem mit einem Zirkeleinwand konfrontiert: Das Formulieren der Definition stellt wiederum einen Zug im Wahr-Falsch-Spiel 5 dar und setzt somit ein zumindest implizites Verständnis dessen voraus, worin das Spezifikum dieses Spiels als eines solchen, d. h. als auf Wahrheit hin orientierten, besteht. Gegen diesen Einwand könnte jedoch die Unterscheidung zwischen dem Inhalt (dem propositionalen Gehalt) der ins Auge gefaßten Definition und der behauptenden Kraft (force), die mit ihrer Formulierung verbunden ist, mobilisiert werden, eine Unterscheidung, die der Fregeschen zwischen dem Gedanken (sowie seinem Erfaßtwerden) und seiner Behauptung nachgebildet ist, aber auch außerhalb eines orthodoxen Fregeanismus mit breiter Zustimmung rechnen kann. Entkräftet wird der Zirkeleinwand mithin dadurch, daß er anscheinend nur die Artikulationsbedingungen, nicht aber den Inhalt der Definition betrifft, die somit ebensowenig zirkulär wäre wie das Unternehmen, in Sätzen über das zu reden, was ein Satz (als syntaktische Kategorie verstanden) ist. Die Einsicht, daß die Immanenz des Wahr-Falsch-Spiels nicht zu durchbrechen ist, hebt somit nicht dessen Natürlich im Sinne von wahr simpliciter, also nicht Wahrheit in einer bestimmten Sprache – zu dieser Frage gibt es ja mit den Arbeiten von A. Tarski eine befriedigende Antwort. 5 Die Wittgensteins Spätphilosophie entlehnte Rede von einem Wahr-Falsch-Spiel soll daran erinnern, daß die Entscheidung über die Skepsis, m. a. W. darüber, ob es sich nur um ein Spiel handelt oder ob Wahrheit sozusagen ein fundamentum in re besitzt, noch nicht gefallen ist. 4

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Reflexibilität auf. Ironischerweise also entkräftet gerade das Akzeptieren einer der Grundthesen von Freges Semantik das Fregesche (bzw. zumindest fregenahe) Argument für die Undefinierbarkeit von Wahrheit. Näher betrachtet entpuppt sich der Gegenzug gegen das Undefinierbarkeitsargument aber als ohnmächtig, da er den eigentlichen Grund der Zirkularität verfehlt, der in der Verflechtung von Wahrheit und Bedeutung zu sehen ist: Die Definition, d. h. ihre Bedeutung, verstehen, heißt ihre Wahrheitsbedingungen kennen (wie auch immer diese Kenntnis näher expliziert werden mag); insofern betrifft die Zirkularität nicht nur, wie es zunächst schien, die Artikulationsbedingungen der Definition, sondern deren propositionalen Gehalt. Wenn eine philosophische Theorie der Bedeutung eine Theorie der Wahrheitsbedingungen ist (dazu s. u. S. 43 f.), kann die ›Bedeutung‹ des Wahrheitsprädikats nicht durch eine Definition angegeben werden. Die Einschränkung der Undefinierbarkeitsthese auf eine bestimmte Bedeutungstheorie, nämlich die der Wahrheitsbedingungen, impliziert im übrigen nur scheinbar eine Abschwächung. Denn unter Voraussetzung einer anderen, d. h. also konkret einer nichtrealistischen, Theorie der Bedeutung, etwa eines Verifikationismus, stellt sich die Frage der Definition von ›wahr‹ nicht mehr in der erörterten Weise. Dies klingt zunächst überraschend, und es mag der Verdacht aufkommen, hier würde die Differenz zwischen dem Bereich der Theorie der Wahrheit und dem der Bedeutungstheorie mißachtet. Der Verdacht ist aber deshalb unbegründet, weil die Basis für diese Differenz gerade in der Annahme besteht, die Wahrheit von Sätzen sei im allgemeinen unabhängig von ihrer Behauptung, selbst wenn diese den Regeln von Behauptbarkeit (d. h. konkret etwa Verifikation) in idealer Weise entspricht. Nur wenn die Wahrheit bzw. Falschheit von Sätzen in dieser Weise deren Verwendungszusammenhang ›transzendiert‹, stellt sich die Frage nach dem Sinn von Wahrheit unabhängig von der Frage nach der Bedeutung. Ansonsten wäre die Wahrheit eines Satzes dadurch definiert, daß eine Behauptung nach den entsprechenden Regeln der Verifikation (die ja seine Bedeutung ausmachen) erfolgt – für eine falsifikationistische Theorie würde entsprechendes gelten. Dies soll nicht heißen, daß es nicht, prima facie wenigstens, möglich wäre, einen Verifikationismus in der Theorie der Bedeutung mit einer realistischen Auffassung von Wahrheit (und damit auch einer Theorie der Wahrheitsbedingungen) zu kombinieren, wahrscheinlich 38

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entsprechen sogar die meisten Positionen, die sich als verifikationistisch verstehen, diesem Schema. 6 Dazu zählen verschiedene naturalistische Positionen, etwa die von Quine; die Probleme einer naturalistisch orientierten semantischen Theorie, die ganz spezifischer Art sind, sollen allerdings an anderer Stelle diskutiert werden. Aber ganz unabhängig von der Naturalismusproblematik könnte man sich eine semantische Theorie vorstellen, die sich gliedert in eine realistische ›theory of reference‹, die eine Theorie der Wahrheitsbedingungen darstellt, und eine ›theory of meaning‹, die sich etwa als eine verifikationistisch orientierte Theorie des Sprachgebrauchs präsentiert. H. Putnam hat z. B. Ende der 70er Jahre eine solche Konzeption vertreten. 7 Die Struktur einer solchen Konzeption trägt zwei intuitiv sehr plausiblen Überzeugungen Rechnung: einmal der realistischen Haltung zum Wahrheitsbegriff, also der Überzeugung, daß Wahrheit oder Falschheit unserer Sätze im Prinzip unabhängig ist von unserem Fürwahrhalten, zum anderen der Überzeugung vom kognitiven Charakter von Bedeutung. Aus dieser Kognitivität wird – ob zu Recht wird noch zu eruieren sein – geschlossen, das, was hinsichtlich von Bedeutung zu sagen sei, könne bildlich gesprochen den subjektiven bzw. intersubjektiven Bereich des Verwendungszusammenhangs sprachlicher Ausdrücke nicht transzendieren, der durch Regeln der Verifikation bzw. Falsifikation von Behauptungen bestimmt werde. Eine solche Transzendenz liege aber vor im Falle von Wahrheitsbedingungen, deren Bestehen oder Nichtbestehen dem Bereich der Kognitivität, konkret also den Verifikationsprozeduren, auch unzugänglich sein könnte (oft genannte Beispiele sind hier Quantifikation über unendliche Gesamtheiten, unentscheidbare Sätze mathematischer Theorien, Aussagen über räumlich oder zeitlich weit Entlegenes). Die Schwierigkeit einer derart von Wahrheitsbedingungen abgekoppelten Theorie der Bedeutung liegt im Verlust ihres spezifisch philosophischen Charakters, sofern man (1) die Charakterisierung ›philosophisch‹ in dem oben angedeuteten (zugegebenermaßen rigiden)

Ein Verifikationismus in der vorgestellten Form wäre dagegen etwa die Position, die E. Tugendhat in seiner Einführung in die sprachanalytische Philosophie (Frankfurt am Main 1976) vertritt. 7 Vgl. »Reference and Understanding«, in: ders., Meaning and the Moral Sciences. London 1978, S. 97–119. 6

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Sinn von ›nichtempirisch‹ versteht und (2) unterstellt, daß dieser nichtempirische Charakter mangels anderer Kandidaten nur durch Rekurs auf die Differenz von möglicher Geltung und Genese von Wahrheitsansprüchen zu etablieren ist. Natürlich kann man eine empirische Theorie von eventuell sehr hohem Abstraktionsgrad über das Phänomen der semantischen Kompetenz (als faktisches Phänomen genommen) entwickeln und dies mit Recht als eine Theorie der Bedeutung bezeichnen. Wenn man allerdings Bedeutung zum Thema einer spezifisch philosophischen Theorie machen will, müssen die Bedingungen für die Entwicklung einer solchen Theorie aber erfüllt sein. Im vorliegenden Fall geht also der philosophische Charakter der Bedeutungstheorie durch ihre Abkoppelung von der Theorie der Wahrheitsbedingungen verloren. Damit soll nicht behauptet werden, daß die Theorie der Wahrheitsbedingungen als philosophische Bedeutungstheorie zureichend gegen mögliche Alternativen und berechtigte Einwände gesichert wäre. Im folgenden wird dieses Thema noch ausführlich und an verschiedenen Stellen zu erörtern sein. Unter der Voraussetzung, daß Wahrheit in der oben erläuterten realistischen Weise verstanden wird, ist also die Bedeutung von ›wahr‹ nicht durch eine Definition angebbar, selbst dann, wenn an diese Definition nicht der Anspruch gestellt wird, als allgemeines Kriterium für Wahrheit zu fungieren. 8 Angesichts dieses Resultats erhebt sich die Frage, in welcher Weise, wenn nicht als Suche nach einer Definition, das Projekt einer positiven Konzeption von Wahrheit in Angriff genommen werden soll. Einen Schritt weiter in Richtung der Antwort darauf kommt man durch den Hinweis auf eine bestimmte Art, in der sich die Skepsis darstellen kann, nämlich als eine Form des Relativismus. Rein formal ist nämlich eine unbestimmte Vielzahl von ›Wahrheitsprädikaten‹ denkbar, die alle den normalen Kriterien einer Wahrheitsdefinition nach der Methode von Tarski genügen. Daß dies merkwürdig erscheint, ist darauf zurückzuführen, daß de facto in einer solchen Situation, d. h. in der

Diese Inkompatibilität einer realistischen Semantik der Wahrheitsbedingungen mit dem Versuch, Wahrheit zu definieren, konstatiert auch M. Dummett in: »Can Truth be Defined?«, in: ders., Frege: Philosophy of Language. Cambridge, Mass. 1973, Ch. 13, S. 442–470.

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Entwicklung einer Theorie der Wahrheitsbedingungen nach Tarskis Muster, entweder (sofern es sich um das originale Tarskische Vorhaben handelt) eine Übersetzung der objektsprachlichen Zeichen in die Metasprache (mit unserem Wahrheitsprädikat) oder aber (sofern es sich um Davidsons Variante handelt [vgl. A.IV]) ein Verständnis der Bedeutung von ›wahr‹ natürlich unseres, also des ›richtigen‹ Wahrheitsprädikates vorausgesetzt wird. Das Problem der Aussonderung des richtigen Wahrheitsprädikates, das als dasjenige der Bestimmung der Bedeutung von ›wahr‹ reformuliert werden soll, entsteht in einer Situation, in der keine der beiden Voraussetzungen erfüllt bzw. als erfüllt gedacht ist, also nur syntaktische Informationen verfügbar sind. Abgesehen wird hier insbesondere von der Frage, inwieweit empirische Erwägungen das richtige Wahrheitsprädikat aussondern helfen könnten; auch die Quinesche These von der Indeterminiertheit der Übersetzung, an die man hier (allerdings nur von fern) erinnert wird, wird erst bei der Behandlung der naturalistischen Positionen innerhalb der Bedeutungstheorie diskutiert werden. Es mag sich hinsichtlich der von der Skepsis als Möglichkeit behaupteten Situation, daß nämlich verschiedene Formen von Sprachverhalten, die dem Wahr-Falsch-Spiel nur schematisch gleichen, denkbar sind, der Einwand erheben, diese Situation sei auch anders interpretierbar; könnte es nicht sein, daß in einer solchen Situation gar keine Differenz hinsichtlich des Wahrheitsprädikates vorliegt, sondern eine extreme Inkompatibilität der Meinungen derjenigen Sprecher, die an den vermeintlich unterschiedlichen Wahr-Falsch-Spielen teilnehmen? Die Voraussetzung der Inkompatibilität ist deshalb unverzichtbar, weil es sich sonst um den ganz normalen Fall einer Divergenz von Meinungen (aus Gründen bzw. Ursachen, die im Prinzip empirisch feststellbar sind) handelt. Dieser Alternativinterpretation liegt die Vorstellung zugrunde, es gebe einen Dualismus von Realität und einem Begriffsschema (bzw. einer Sprache) derart, daß miteinander inkommensurable (und deshalb auch nicht ineinander übersetzbare) Möglichkeiten bestehen, mittels eines solchen Schemas die Realität zu organisieren. Die daraus resultierende Divergenz von Meinungssystemen läßt sich somit nicht beheben durch Rekurs auf Gründe und Ursachen für das Auftreten bestimmter Meinungen (Aufklärung von Täuschungen etc.). Diesen Dualismus von Begriffsschema (Sprache) und Realität hat A

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D. Davidson einer Kritik unterzogen. 9 Das hauptsächliche Argument besteht in dem Hinweis darauf, daß hier zwei Fälle zu betrachten sind und daß in keinem von beiden der behauptete Dualismus aufrechtzuerhalten ist. Entweder wird nämlich unterstellt, daß auf die Realität als auf eine objektive Gegebenheit Bezug genommen wird; das impliziert aber das Vorhandensein bzw. in-Operation-Getretensein des referentiellen Apparates (Quantifikation, Identität, etc.) und damit die Verfügbarkeit der damit gesetzten Struktur. Unter diesen Bedingungen aber handelt es sich nicht mehr um eine strukturlose Realität, der noch auf verschiedene, eventuell miteinander inkompatible Weisen eine Struktur gegeben werden müßte. Die Alternative dazu besteht darin, den Objektivitätscharakter der Realität nicht schon zu unterstellen. Dann präsentiert sie sich als Totalität der sensorischen Evidenzen, denen eine Theorie zu ›entsprechen‹ (»fit«) bzw. die sie miteinander zu verbinden hat. Hier ergibt sich aber die Frage, was unter der Forderung nach einer solchen Entsprechung anderes zu verstehen ist, als daß die Theorie wahr sein soll. Für Davidson hat die Frage einen rein rhetorischen Charakter; im Lichte des hier diskutierten Problems ist wohl noch eine gewisse Differenz anzubringen: Die Möglichkeit verschiedener Formen von ›Entsprechung‹ ist keineswegs a priori ausgeschlossen, sondern nur dann, wenn die Identifikation eines Wahrheitsprädikates schon erfolgt ist; anderenfalls würden den verschiedenen ›Entsprechungen‹ verschiedene Wahrheitsprädikate zuzuordnen sein. Analog verhält es sich in dem erstgenannten Fall, in dem eine Beziehung auf Objektivität als solche vorliegt: Der mit dieser Beziehung gesetzte referentielle Apparat ›strukturiert‹ die Realität nur relativ zu dem jeweils vorausgesetzten Wahrheitsprädikat. Die eigentliche Pointe des Davidsonschen Arguments bleibt davon aber unberührt. Wenn einmal festliegt, was unter Wahrheit zu verstehen ist, dann ist es sinnlos, von inkommensurablen Meinungssystemen zu reden. Es wird allerdings deutlich, daß die Durchschlagskraft des Argumentes wesentlich davon abhängt, daß die Rede von Wahrheit nicht in einem bloß instrumentalistischen Sinn verstanden wird. Und noch ein weiterer Zusammenhang verdient Beachtung, nämlich der zwischen der Fixierung des Wahrheitsprädikates und derjenigen der Vgl. »On the Very Idea of a Conceptual Scheme«, in: ders., Inquiries into Truth and Interpretation. Oxford 1984, S. 183–198.

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Bedeutung (wiederum unter der Voraussetzung, daß die Angabe der Wahrheitsbedingung eines Satzes seine Bedeutung mitteilt). Denn sei ›wahr*‹ ein alternatives Wahrheitsprädikat, so differieren die Wahrheitsbedingungen* sicherlich im allgemeinen von den Wahrheitsbedingungen.

I.3. Zur Typologie von Theorien der Bedeutung Da nun schon wiederholt die These aufgetaucht ist, im folgenden würde, was die bedeutungstheoretische Position betrifft, der Standpunkt einer Theorie der Wahrheitsbedingungen vertreten und daher die realistische Position innerhalb der Semantik, sind wohl einige vorläufige Bemerkungen zu prima facie-Alternativen zu diesem Standpunkt angebracht. Vorläufig sind diese Bemerkungen deshalb, weil die eigentliche Legitimation dieser These der Durchführung des hier anvisierten Programms vorbehalten bleiben muß. Im übrigen soll hier keineswegs die jeden Rahmen sprengende Absicht verfolgt werden, das gesamte Spektrum gegenwärtig diskutierter semantischer Theorien zu sichten, 10 sondern nur einige speziell die genannte These betreffende Gegenpositionen diskutiert werden. Auch mit den späteren Erörterungen ist keineswegs beabsichtigt, etwa einen neuen Analysevorschlag für einen bestimmten Typ von Aussagen zu entwickeln. Vielmehr soll es um die Frage der Legitimation der Kategorie der Bedeutung gehen. Damit soll nicht behauptet werden, es gelte überhaupt keine Beziehung zwischen dieser Frage und der Entwicklung einer Theorie, die die semantische Struktur verschiedener Typen von Aussagen in der einen oder anderen Weise beschreibt. Es handelt sich aber trotzdem um verschiedene Problemstellungen. Beispielsweise wird mit der hier (zunächst nur) behaupteten Kognitivität von Bedeutung und insbesondere der Bindung der Bestimmtheit von Bedeutung an Wahrnehmung nicht der Anspruch verbunden, eine eigene Analyse der semantischen Struktur etwa von Wahrnehmungssätzen zu liefern. Aus diesem Grund findet auch keine Auseinandersetzung mit entsprechenden Theorieansätzen statt, z. B. den der Situationssemantik (vgl. Barwise, J./Perry, J., Situations and Attitudes. Cambridge, Mass. 1983, zitiert nach der deutschen Ausgabe Situationen und Einstellungen. Berlin [u. a.] 1987). Im übrigen ist für diesen Ansatz, obwohl für seine Entwicklung die Analyse von Wahrnehmungssätzen eine wesentliche Rolle gespielt hat und immer noch spielt, gerade nicht die Kognitivität von Bedeutung in dem hier angesprochenen Sinne der Legitimation der Bedeutungskategorie in Beziehung auf Kognitivität charakteristisch; vielmehr ist die »Leitidee der Situationssemantik« (a. a. O., S. 24), »die Bedeutung eines einfachen Deklarativsatzes« sei »eine Relation zwischen Äußerungen und beschriebenen Situatio-

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1) Der erste zu betrachtende Typ von Positionen (der dem sogenannten Griceprogramm zuzuordnen ist) fällt hier insofern aus dem Rahmen, als er keineswegs eine Semantik der Wahrheitsbedingungen ablehnt, bzw. notwendigerweise ablehnen muß; bestritten wird aber der basale Status der semantischen Begriffe für eine Theorie der Bedeutung (im Sinne von ›theory of meaning‹). Es wird vielmehr der Versuch unternommen, ohne Rekurs auf semantische Begriffe (insbesondere den der Wahrheitsbedingung) eine Theorie der Sprecherintentionalität (und damit ›Sprecherbedeutung‹) zu entwickeln. Der Begriff der Wahrheitsbedingung kommt dann erst in sekundärer Hinsicht, nämlich in Beziehung auf eine bestimmte Artikulationsweise der Sprecherintention, insofern diese nämlich durch konventionelle Zeichen erfolgt, ins Spiel. Bedeutung wird also primär nicht durch Wahrheitsbedingungen definiert; vielmehr werden in Beziehung auf die auf Sprecherintentionalität basierende Bedeutung (›nonnatural meaning‹) die Wahrheitsbedingungen von Sätzen und die semantische Funktion von Satzteilen festgelegt. Dieser Ansatz, von dessen immanenten Problemen hier abgesehen werden muß, scheint einer Theorie der Wahrheitsbedingungen, die unabhängig vom Bezug auf Intentionalität entwickelt wird, an Plausibilität überlegen. Denn beruht die Bedeutungshaftigkeit von Zeichen nicht darauf, daß Sprecher mit ihnen etwas meinen, so daß also der Begriff der Sprecherintentionalität (auf welche Weise auch immer) dazu dienen muß, die semantischen Begriffe (der ›theory of meaning‹) zu begründen und nicht umgekehrt? Zeigt sich die Basalität des Intentionalitätsbegriffs nicht auch darin, daß Intentionalität sich offenbar nicht im Gebrauch von Zeichen erschöpft und demnach nicht zureichend durch Begriffe explizierbar zu sein scheint, die nur auf Sprachliches Anwendung finden? Es wird sich zeigen, daß diese so plausibel scheinenden Erwägungen letztlich auf gravierende Schwierigkeiten stoßen. An dieser Stelle sei nur noch einmal darauf hingewiesen, daß der angesprochene Ansatz vor der Aufgabe steht, ohne Rekurs auf semantische Begriffe eine Theorie der Intentionalität zu entwickeln. Diese Theorie kann nun schwerlich eine genuin philosophische im oben angedeuteten Sinn sein, denn wie anders als durch den Rekurs auf die Differenz von Gülnen«. Die »mentale Signifikanz der Sprache« soll durch ihr vorgeordnete »externe Signifikanz« erklärt werden (s. u. S. 58).

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tigkeit und faktischer Genese kann die Unabhängigkeit des Gegenstandes dieser Theorie vom Naturzusammenhang gesichert werden? Es ist also anzunehmen, daß die zur Debatte stehende bedeutungstheoretische Konzeption sich mit einem naturalistischen Ansatz (und zwar der reduktiven Variante) in der Philosophie des Geistes verbinden muß; die de facto vorliegenden Arbeiten hierzu bestätigen denn auch diese Annahme. (Es wird sich im übrigen herausstellen, daß auch die Umkehrung der Annahme gilt, d. h. ein Naturalismus der reduktiven Variante nach dem hier grob skizzierten Ansatz vorgehen muß.) 2) Als klassischer Konkurrent einer Bedeutungstheorie als Theorie von Wahrheitsbedingungen präsentiert sich der Verifikationismus (auch hier soll von den Formen des Verifikationismus abgesehen werden, die sich aus einer naturalistischen Konzeption ergeben, gemeint ist also der Verifikationismus als philosophische Theorie im positiven Sinn). Die Differenz der beiden Konzeptionen bzw. Typen von Konzeptionen scheint durch die Dichotomie realistisch (Theorie der Wahrheitsbedingungen) vs. idealistisch (Verifikationismus) interpretierbar zu sein. Es handelt sich dabei nun aber um eine epistemologische Dichotomie. Und in der Tat ist der Verifikationismus darstellbar als Ausdruck des Zweifels, ob zu dem in den Bereich des Kognitiven Fallenden, m. a. W. des dem bzw. den Subjekten Zugänglichen dasjenige zu rechnen ist, das in den Wahrheitsbedingungen thematisch wird. Wenn sich dieser Zweifel bestätigt und ferner an der Kognitivität von Bedeutung festgehalten wird, ist eine denkbare Konsequenz, die an Kognitivität gebundene Bedeutung (die sich dann in Verifikations- respektive Falsifikationsregeln konkretisiert) von den Wahrheitsbedingungen zu separieren. Das hauptsächliche Argument gegen diese Variante des Verifikationismus wurde oben schon genannt: Es ist nicht klar, inwiefern die von Wahrheitsbedingungen separierte ›Bedeutung‹ etwas anderes sein soll als ein Inbegriff von empirisch-psychologischen Sachverhalten, die mit dem Sprachgebrauch verbunden sind. Damit soll keineswegs die Wichtigkeit dieser Sachverhalte bestritten werden; es geht vielmehr nur um die Klärung des Unterschieds zwischen einer empirischen Theorie des Sprachgebrauchs und einer philosophischen Bedeutungstheorie. An die wesentliche Prämisse dieser Abgrenzung sei noch einmal erinnert; es handelt sich (wie im Falle von [1]) um die Annahme, daß sich nur im Rekurs auf die Differenz von Genese und möglicher A

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Geltung von Wahrheitsansprüchen der philosophische Charakter einer (Bedeutungs-)Theorie etablieren läßt. Es gibt allerdings noch eine alternative Deutung der verifikationistischen Position, wonach das in den Wahrheitsbedingungen Thematisierte nur eine Art (vielleicht nützliche und in gewisser Hinsicht notwendige) Projektion darstellt, während eigentliche Realität nur demjenigen zukommt, das in den Verifikationsverfahren in Anspruch genommen wird (man denke an die These, materielle Objekte seien nichts anderes als Konstrukte aus Sinnesdaten). In dieser Deutung verliert der Verifikationismus nun aber endgültig den Anspruch, als Alternative zu einer Theorie der Wahrheitsbedingungen aufzutreten; es handelt sich schlicht um einen (epistemologisch begründeten) Reduktionismus im Bereich der Ontologie, um die These, die Wahrheitsbedingungen unseres Diskurses seien andere, als es oberflächlich scheint. 3) Eine weitere, als Version des Verifikationismus zu bezeichnende (und von den diesen motivierenden epistemologischen Erwägungen sicherlich beeinflußte) Konzeption ergibt sich aus dem von M. Dummett vorgeschlagenen Programm einer Semantik, die auf den Begriff objektiv bestehender Wahrheitsbedingungen verzichtet. Diese Konzeption könnte man als semantischen Idealismus bezeichnen, in Abgrenzung zum Idealismus als epistemologischer Position. Sie scheint das einzulösen, was der Verifikationismus nur prätendierte, nämlich eine idealistische bedeutungstheoretische Alternative zur realistischen Semantik der Wahrheitsbedingungen anbieten zu können. Das (im übrigen wohlbegründete) Insistieren auf der Kognitivität von Bedeutung führt hier nicht zu einem Auseinanderfallen von ›theory of meaning‹ und ›theory of reference‹ (wie beim Verifikationismus unter der zunächst vorgeschlagenen Deutung), sondern zum Zweifel an der Legitimität des Begriffs der Wahrheitsbedingungen selbst. 11 Insofern wäre diese kognitive Konzeption von Bedeutung ipso facto auch eine kognitive Konzeption von Wahrheit (ohne daß allerdings zu erkennen wäre, was dies nun positiv heißen könnte).

Man könnte sagen, daß damit die Konsequenz hinsichtlich des Wahrheitsbegriffs gezogen wird aus der obengenannten Möglichkeit, die Wahrheit einer Aussage zusammenfallen zu lassen mit deren Behauptbarkeit.

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Den einzigen Anhaltspunkt bietet das Paradigma der intuitionistischen Konzeption der Mathematik; das vorgeschlagene Programm einer alternativen Semantik soll in einer Entpsychologisierung und Universalisierung dieser Konzeption bestehen. Dieses Programm (bzw. besser: dieses Programm eines Programms) zielt aber ins Leere, nicht zuletzt deshalb, weil die angestrebte Universalisierung die Plausibilität des genannten Paradigmas aufhöbe, ja es völlig unverständlich machen würde: Die (vermeintlich) für sich bestehenden mathematischen Objekte bzw. Sachverhalte als aus den konstruierenden Aktivitäten des Geistes hervorgehend zu interpretieren setzt eben voraus, diese Aktivitäten als unabhängig von der Reflexion auf sie (wenn auch diese zum Typ dieser Aktivitäten gehören mag) bestehend thematisieren zu können. Der Intuitionismus bezieht ja seine Plausibilität gerade aus der Disanalogie zwischen der ›Objektivität‹ mathematischer Entitäten und derjenigen von z. B. materiellen Objekten. Die Schwierigkeit, der sich der Vorschlag gegenübersieht, läßt sich vielleicht folgendermaßen charakterisieren: Eine revisionäre Semantik, ein Vorschlag zur Veränderung des Wahrheitsbegriffes, die ja die Ablehnung des Begriffs der Objektivität von Wahrheitsbedingungen (und damit der klassischen Logik) bedeutet, bewegt sich nicht in der gleichen Dimension wie eine revisionäre Ontologie, die z. B. dafür plädiert, unsere Auffassung von materiellen Objekten zu verändern o. ä. Eine revisionäre Ontologie will grundlegende Strukturen unseres theoretischen Diskurses, des Wahr-Falsch-Spiels verändern, die revisionäre Semantik (in dem oben festgelegten Sinn) ist nur als Vorschlag aufzufassen, eine andere Art von Spiel zu spielen. Daß es hier um keine graduelle Differenz geht, sondern um zwei völlig verschiedene Typen von Vorschlägen, wird meist dadurch verschleiert, daß jene Differenz auf den ersten Blick als eine von lokalem und globalem Anti-Realismus erscheinen mag (auch M. Dummett selbst stellt die Situation zuweilen auf diese etwas irreführende Weise dar), obgleich es im ersten Typ von Fällen um einen Reduktionismus in der Ontologie geht, im zweiten Fall aber um eine Position, die eine Verschiebung des Sinns von Existenz und Ontologie impliziert. Die Universalisierung des Anti-Realismus bedeutet gerade die Negation eines Anti-Realismus, der ja in der Existenz einer (nach der Dummettschen Terminologie) ›privilegierten Klasse‹ besteht, einer Klasse von Entitäten also, auf die eine gewisse andere (antirealistisch interpretierte) Klasse von Entitäten reduziert werden soll. A

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Und auch dies ist eine Formulierung, die strenggenommen unhaltbar ist – wie jeder Versuch zum Scheitern verurteilt sein muß, den Anti-Realismus als eine revisionäre Semantik positiv zu charakterisieren, wenn die obige These zutrifft, die bedeutet, daß es sich bei der revisionären Semantik im Grunde um ein hölzernes Eisen handelt, da sie keine Veränderung unseres Wahr-Falsch-Spiels intendiert, sondern dessen Verlassen. Damit wäre natürlich auch der Rede von Existenz und Ontologie die Basis entzogen. Nun mag mancher diese These als voreilig und dogmatisch empfinden, vor allem jemand, der den Realismus respektive den Begriff der Objektivität der Wahrheitsbedingungen nicht als geschenkt zu akzeptieren bereit ist, da ihm dessen Schwierigkeiten und Beweislasten vor Augen stehen. Im übrigen ist auch Michael Dummetts eigene Position weniger die eines überzeugten Anti-Realisten als die des Kritikers eines zu unreflektierten Realismus im Bereich der Semantik (dieser unreflektierte Realismus im Bereich der Semantik ist nicht zu verwechseln mit dem erkenntnistheoretischen naiven Realismus). Weshalb sollte man nicht Alternativen zur realistischen Auffassung des Wahr-Falsch-Spiels erwägen, solange kein Beweis für deren Alternativlosigkeit vorliegt? Die Schwierigkeit dabei besteht wie gesagt darin, positiv zu artikulieren, wie eine solche Alternative aussehen könnte. An dieser Stelle legt sich der Rekurs auf dasjenige nahe, was man den formalen Reflex einer alternativen Bedeutungstheorie nennen könnte, nämlich eine alternative Logik, konkret insbesondere die intuitionistische Logikkonzeption mit ihrer Ablehnung des Gesetzes vom ausgeschlossenen Dritten. Die Annahme jedoch, damit der Verpflichtung enthoben zu sein, den Charakter der anvisierten Alternative semantisch zu explizieren, erweist sich als trügerisch. Um überhaupt die Alternative als solche (und insbesondere dem Opponenten) darstellen zu können, ist es schon auf der formalen Ebene notwendig, eine Semantik zu liefern. 12 Ansonsten läge ja kein Grund vor, irgendeinem auf der syntaktischen Ebene definierten Kalkül eine alternative Logik zu nennen. Die Schwierigkeiten, eine auch intuitionistisch akzeptable Semantik der intuitionistischen Prädikatenlogik zu liefern (insbesondere 12 Vgl. Dummett, M., »Reply to John McDowell«, in: Taylor, B. M. (Hrsg.), Michael Dummett. Contributions to Philosophy. Dordrecht (u. a.) 1987, S. 253–268.

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einen intuitionistisch akzeptablen Vollständigkeitsbeweis) sind bekannt, und auf sie soll hier auch nicht näher eingegangen werden. Denn auch wenn sie in befriedigender Weise lösbar wären, bliebe das zentrale philosophische Problem bestehen, das sich aus dem Universalisierungspostulat des intuitionistischen Ansatzes ergibt, wodurch dieser erst den Status einer alternativen Deutungstheorie gewinnen kann. Es wäre lediglich ein lokaler Anti-Realismus semantisch angemessen expliziert, der als lokaler noch gar keine Alternative zur Semantik der Wahrheitsbedingungen bildet, sondern (aus realistischer Perspektive) nichts anderes ist als eine regionale ontologische Theorie mit einer reduktionistischen Orientierung. Dies alles sichert umgekehrt natürlich noch keineswegs den Ausschließlichkeitsanspruch des semantischen Realismus. Diesem Ziel wäre man aber dann um ein gutes Stück nähergerückt, wenn sich die folgende, zunächst nur sehr vage formulierbare Strategie als durchführbar erwiese, die zentral auf die epistemologischen Motive des semantischen Idealisten abhebt bzw. diese berücksichtigt: Gelänge es, die Bedeutung des Wahrheitsprädikates zu bestimmen (was unter Bestimmung hier zu verstehen ist, wird erst bei deren konkreter Durchführung deutlich werden) in Beziehung auf das Subjekt qua Ort der Kognitivität, und zwar so, daß im Ausgang davon der Realismus in Beziehung auf Wahrheitsbedingungen explizierbar wäre, ohne daß – wie es der Anti-Realist respektive Idealist vermutet und von seiner Perspektive aus kritisch gegen den Realismus in der Semantik vorbringt – ein Konflikt aufträte zwischen der den ›Ursprung‹ des Sinnes von Wahrheit bildenden Kognitivität (bzw., weniger prätentiös formuliert, der Kognitivität, die mit diesem Sinn wesentlich verbunden ist) und dem Realismus. Dem Anti-Realismus, der oben als semantischer Idealismus charakterisiert wurde, wäre so seine Motivation entzogen, bzw. es könnte auf diese Weise dargelegt werden, daß er diese Motivation aus dem Errichten einer falschen Front (zwischen dem Realismus und der Kognitivität nämlich) bezieht. Als Grund dafür wird sich eine verfehlte ontologisierende Konzeption des Kognitiven bzw. Intentionalen im allgemeinen herausstellen, m. a. W. eine Version des Psychologismus. Die Beweislastverteilung hätte sich damit eindeutig zu Ungunsten des Anti-Realisten verschoben, dem es nun obliegt, innerhalb der so entwickelten Konzeption eine Restriktion des Realismus, d. h. der A

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Wahrheitsansprüche im Sinne eines Bezugs auf objektiv vorliegende Wahrheitsbedingungen zu begründen. Nebenbei gesagt entpuppte er sich damit als das, was er in Wirklichkeit ist, nämlich eine reduktionistische Position. Die konkrete Ausführung der genannten Strategie, die somit eine Legitimation von Objektivitätsansprüchen überhaupt bedeutete, wird zeigen, daß für eine solche Einführung von Restriktionen wohl kaum Raum bleiben dürfte, wenn sie auch nicht formal (d. h. im Sinn einer Art von philosophischem ›Vollständigkeitsbeweis‹ für die realistische Position) auszuschließen ist.

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II. Ontologisierung und Bestimmtheit von Bedeutung

Neben dem Realismus ist noch eine zweite These zu erwähnen, nämlich die vom nichtontologischen Charakter von Bedeutungen, m. a. W. die Behauptung, Bedeutungen seien keine Entitäten sui generis. Abgesehen von den konkreten, im folgenden darzulegenden Schwierigkeiten, die zu der Aufgabe einer entsprechenden Existenzannahme nötigen, ist dabei eine Art metaphilosophische Motivation wichtig, die auch im Falle der Philosophie des Geistes noch eine Rolle spielen wird. Es handelt sich um die vom späten Wittgenstein formulierte Überzeugung, der Sonderstatus des philosophischen Diskurses beruhe im wesentlichen darauf, daß er, anders als der empirisch-naturwissenschaftliche, keine Erklärungen liefere. Und solche »Erklärungen« sind nach Wittgenstein charakterisiert durch die Einführung hypothetischer (theoretischer) Entitäten. Was unter den Bedingungen (wie auch immer vermittelter) empirische Verifizier- oder Falsifizierbarkeit sinnvoll ist, gerät dann, wenn diese Bedingungen entfallen sind, bei der Betrachtung spezifisch philosophischer Fragen nämlich, zu einem funktionslosen verbalen Zierat, was natürlich im Einzelfall nachzuweisen ist. Insofern ist das Folgende durchaus Wittgensteins Reflexionen über die Eigentümlichkeit des philosophischen Diskurses verpflichtet. Allerdings sind auch zwei gravierende Differenzen hervorzuheben: Einmal bedeutet die Zurückweisung von Erklärung (im erläuterten ›ontologisierenden‹ 13 Sinn von Erklärung) nicht den Rückfall in den Immediatismus der ›theoriefreien‹ Betrachtung von ›Phänomenen‹, der – zu Recht oder zu Unrecht – oft mit Wittgensteins Devise der Ersetzung von Erklärungen durch Beschreibungen verbunden wird.

›Ontologie‹ wird hier und im folgenden in dem Quineschen Sinn verwendet; gemeint ist der Bereich (bzw. die Angabe des Bereichs) der Entitäten, über die quantifiziert wird, die also als existierend angenommen werden. Eine ›Ontologisierung‹ im angesprochenen pejorativen Sinn liegt dann vor, wenn die Existenz von Entitäten sui generis allein deshalb unterstellt wird, um eine philosophische Schwierigkeit zu beseitigen.

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Zum anderen impliziert die Tatsache, daß philosophische Fragen nicht nur ihrem Abstraktionsgrad nach, sondern toto genere von empirischen verschieden sind, nicht einen Partikularismus von mehr oder minder isoliert auftretenden Beunruhigungen spezifisch philosophischen Charakters, die durch geeignete ›Therapien‹ zu beheben wären. Zwar bleibt es bei dem, was die Resultate betrifft, bloß negativen Charakter der philosophischen Tätigkeit: Es kommt zu keinen Entdeckungen verborgener Sachverhalte, sondern es geht eher um das, was derartig offen daliegt bzw. uns nahe ist, daß es nicht bemerkt wird. Insofern sind auch keine ›neuen Erkenntnisse‹ bzw. Theorien mitzuteilen; wenn etwas an den sich ergebenden Einsichten befremdlich ist, beruht dies darauf, daß, wie Wittgenstein es formuliert hat, anderes uns nicht befremdlich genug erscheint. Es soll im folgenden aber – kontra Wittgenstein – so gut es geht, plausibel gemacht werden, daß jene negativen Aspekte durchaus damit kompatibel sind, daß die philosophischen Fragen im Sinne eines (mit aller Vorsicht so zu nennenden) systematischen Zusammenhanges einander zuzuordnen sind. Als dessen Einheitsaspekt wird dabei die Beziehung der Bedeutung von ›wahr‹ mit dem Sonderstatus von Personen fungieren. 14

II.1. Die Objektivitt des Sinnes und die (In-)Determiniertheit des Regelfolgens – Frege und Wittgenstein Nach diesen rein programmatischen Bemerkungen nun zur Frage nach der Existenz solcher Entitäten wie Bedeutungen. In diesem Zusammenhang sind zwei Vorfragen wenigstens zu erwähnen, nämlich einmal die nach der Berechtigung der Einführung der Kategorie ›Bedeutung‹, zum anderen nach dem Motiv für das Postulat der Bedeutungen als Entitäten sui generis. Die Einführung der Kategorie der Bedeutung (als unterschieden von Referenz, also nicht im Sinne von Freges terminus technicus »Bedeutung«) läßt sich motivieren durch den Hinweis darauf, daß Sätze wahr oder falsch sein können. Sätzen und ihren semantischen, d. h. Das ›positive‹ Resultat wird sich, etwas vereinfacht ausgedrückt, ergeben aus der Kombination der Kritik an der Ontologisierung der Bedeutung mit der Kritik an derjenigen des Mentalen. Der positive Aspekt ist somit nichts anderes als die systematische Zuordnung der negativen Resultate.

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für ihren Wahrheitswert relevanten Komponenten wird also etwas zugeschrieben unabhängig von ihrem Wahrheitswert und der Referenz bzw. Extension der in ihnen vorkommenden Terme bzw. Prädikate, aber rein in Beziehung auf die Möglichkeit, wahr oder falsch zu sein. Der weitere Schritt zur Hypostasierung von Bedeutungen als Entitäten wird dadurch nicht unmittelbar nahegelegt. Dies könnte man vielleicht aber auch negativ so formulieren, daß dann, wenn nicht mehr als dies zu sagen ist, der Verdacht sich aufdrängt, die Rede von der Kategorie ›Bedeutung‹ sei nur eine sehr prätentiöse Umschreibung der einfachen Tatsache, daß Sätze eben wahr oder falsch sein können. Etwas anders verhält es sich bei Freges Einführung der Kategorie des Sinnes als »Weise des Gegebenseins« des Referenten, der Fregeschen »Bedeutung« des betreffenden Ausdrucks. Das fast schon klassisch zu nennende Argument 15 weist darauf hin, daß auf der Ebene der Referenz nicht die Differenz des »Erkenntniswerts« solcher Aussagen wie ›Der Abendstern ist der Morgenstern‹ und ›Der Abendstern ist der Abendstern‹ festzumachen sei. Zentral ist also hier der Rekurs auf den kognitiven Charakter von Bedeutung. Mit dem Zusammenhang von Kognitivität und Bedeutung ist eines der innerhalb der semantischen Theorie meistdiskutierten Themen der letzten Zeit angesprochen. Zunächst einmal ist im Rahmen der sogenannten »new theory of reference«, die innerhalb der Semantik gewissermaßen die Russellsche Linie favorisiert, bestritten worden, daß Freges zur Einführung der Sinnkategorie führendes Argument wirklich zwingend sei. So hat etwa Nathan Salmon in seiner Interpretation von Frege’s Puzzle 16 vorgebracht, daß die von Frege hinsichtlich der beiden genannten Beispielsätze konstatierte Differenz dadurch zu erklären sei, daß dieselbe Proposition (wobei die Elemente der so gefaßten Proposition etwa Individuen, Eigenschaften, Relationen sind) in verschiedenen Weisen ›genommen‹ werde (»To take a proposition in different ways«). Vielleicht könnte man hier die Gegenfrage stellen, ob nicht mit der Rede vom Nehmen einer Proposition wieder Kognitivität in einer durchaus aufklärungsbedürftigen Weise ins Spiel gebracht werde. Dieser Punkt soll hier aber nicht weiter vertieft werden. Ganz allgemein besteht in dieser Richtung die Tendenz, die semantiIn: »Über Sinn und Bedeutung«, in: Funktion, Begriff, Bedeutung. Fünf logische Studien. Hrsg. von G. Patzig, Göttingen 1962, S. 38–63. 16 Cambridge, Mass. (u. a.) 1986. 15

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sche Theorie von allem zu reinigen, was in den Bereich der Epistemologie bzw. der Philosophie des Geistes gehört. Die Lösung von Schwierigkeiten innerhalb dieser Sphäre, zu denen auch die Fregesche der Vereinbarkeit von Gleichheit des Wahrheitswertes und Verschiedenheit des Erkenntniswerts im Falle von Identitätsaussagen zählt, soll nicht mehr als Kriterium der Adäquatheit einer semantischen Theorie gelten. 17 Man ist versucht, dies im Sinne einer sauberen Methodologie für einen vernünftigen Vorschlag zu halten; was haben eigentlich die Wahrheitsbedingungen (und deren Struktur) von Sätzen mit der Tatsache zu tun, daß diese Sätze verwendet werden, um gewisse Meinungen auszudrücken und mitzuteilen? Der Titel dieser Untersuchung läßt vermuten, daß diese Abkoppelung des Semantischen von dem Intentionalen keine These sein kann, die hier vertreten wird. Es soll aber nicht versucht werden, auf der Ebene der Bedeutungstheorie (›theory of meaning‹) für die Kognitivität von Bedeutung zu argumentieren. Die Strategie besteht vielmehr darin, den Wahrheitsbegriff bzw. das, was hier ›Bedeutung von ›wahr‹‹ genannt wurde, an Kognitivität zu binden. Indirekt ergibt sich daraus die Kognitivität von Bedeutung, unter der Bedingung, daß eine Theorie der Bedeutung als Theorie der Wahrheitsbedingungen sich artikuliert. Im Lichte dieser Strategie dürfte das Votum für eine Theorie der Wahrheitsbedingungen noch verständlicher werden. Es wird sich außerdem noch zeigen, daß auch die realistische Auffassung von Wahrheit, die schon (als nicht unproblematisch) angesprochen wurde, eine unverzichtbare Komponente dieser Strategie darstellt, durch die Bindung von Wahrheit und Subjektivität aneinander beide dem skeptischen Zugriff zu entziehen. Was die damit eingenommene und hier noch nicht zu rechtfertigende bedeutungstheoretische Position angeht, soll sie der Alternative entgehen können, entweder Verwendung sprachlicher Ausdrücke als gegenüber dem Semantischen rein kontingenten Sachverhalt einzustufen oder aber jene Verwendungspraxis gleichsam von den empirischen Phänomenen her zu thematisieren und so in die Gefahr des Psychologismus zu geraten. Einer solchen Gefahr ist – um den fallengelassenen Faden wieder aufzunehmen – Frege sicher nicht ausgesetzt; ist er doch vielmehr der Vgl. Wettstein, H., »Has Semantics rested on a Mistake?«, in: The Journal of Philosophy 83 (1986), S. 185–209.

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Psychologismuskritiker par excellence. Sein Bemühen geht dahin, die Ebene des Sinns von der empirischen mentaler Ereignisse zu unterscheiden; eine Hauptthese von Frege ist die Objektivität von »Sinnen« und »Gedanken«, die ja außerdem als Referenten (»Bedeutungen«) von Ausdrücken in den sogenannten ungeraden Kontexten fungieren, die z. B. den Inhalt propositionaler Attitüden artikulieren. In dieser Funktion wird die Ontologisierung von Bedeutung manifest; sie ist aber auch dann unvermeidlich (und wird von dem in dieser Beziehung platonisch gesonnenen Frege auch affirmiert – man denke an seine Rede von einem »dritten Reich« der Bedeutungen), wenn (1) zu Recht auf der Objektivität von Bedeutungen insistiert wird, die sich darauf gründet, daß die ›Sinne‹ die Wahrheitsbedingungen der Sätze determinieren, (2) die Kognitivität von Bedeutung betont und damit sichergestellt wird, daß Bedeutungen etwas dem Subjekt Zugängliches sind, (3) aber keine Konzeption zur Verfügung steht, den Bereich des Mentalen anders als den bloß empirischer Phänomene zu verstehen, die von der Objektivität der Bedeutung strikt zu separieren sind. Aus der Kombination dieser drei Punkte ergibt sich aber eine Schwierigkeit: Die Sinne müssen dem Subjekt zugänglich sein; wegen ihrer angesprochenen Objektivität kann der Bezug des Subjekts auf sie nicht lediglich ein empirisch-psychologischer Sachverhalt sein, sondern muß sich über einen weiteren Sinn vermitteln etc. ad infinitum. Die Notwendigkeit der Einführung eines weiteren Sinns ergibt sich entsprechend auch bei der Analyse der ungeraden Kontexte, allerdings hier nicht – zumindest was die jeweilige Analyse betrifft – mit der unmittelbaren Konsequenz eines infiniten Regresses; die infinite Hierarchie von Sinnen ist hier nur als potentielle gegenwärtig. Der Regreß ergibt sich erst – allerdings dann zwangsläufig – wenn auf (vollständigen) Bedingungen der Analysierbarkeit gemäß Freges Theorie reflektiert wird. Der eigentliche Grund der Schwierigkeit besteht darin, daß an der Kognitivität von Sinn festgehalten wird, dieser zu Recht als nicht empirisch psychologisch aufgefaßt wird, andererseits aber Frege keine Möglichkeit hat, den Vollzug der Kognitivität durch das Subjekt anders als psychologistisch zu beschreiben. Das Resultat ist eine Trennung der (damit ontologisierten) Kognitivität (qua Gedanke) von dem Ort ihres Vollzuges. Die ›Unmöglichkeit‹ dieser Trennung manifestiert sich dann in Form des infiniten Regresses. Um ein Mißverständnis zu vermeiden: Keineswegs soll damit etA

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wa behauptet werden, die angesprochene einfache Überlegung brächte Freges Gesamtkonzeption in ernsthafte Gefahr. Ganz im Gegenteil soll ja an den beiden Grundprinzipien seiner bedeutungstheoretischen Konzeption, nämlich der Orientierung einer philosophischen Bedeutungstheorie am Begriff der Wahrheitsbedingungen und der Kognitivität von Bedeutung, festgehalten werden. Im übrigen läßt sich wohl kaum sagen, daß Frege selbst die Absicht hatte, eine ausgearbeitete philosophische Bedeutungstheorie vorzulegen. Seine genuin philosophische Leistung wäre eher zu beschreiben als Eröffnung eines neuen Problemfeldes und Markierung der hauptsächlichen Punkte darin (etwa durch die Festlegung wesentlicher Kriterien, die ein Bedeutungsbegriff zu erfüllen hat). Ein weiterer Fall von Ontologisierung ist denkbar in Beziehung auf das Wissen von Bedeutung (das Sprachverstehen in einem nichtpsychologischen Sinn). Dieses Wissen, das den sonst ›toten‹, bloß materiellen Zeichen erst ihr ›Leben‹, ihre Sinnhaftigkeit verleiht oder verleihen soll, kann offenbar nicht auf einen rein empirisch beschreibbaren Sachverhalt reduziert werden – ein jeder solcher Sachverhalt wäre ja selbst, um im Bild zu bleiben, etwas Totes. Die Vorstellung drängt sich auf, es müsse sich dabei um etwas ganz Einzigartiges, etwas spezifisch ›Geistiges‹ handeln. Nun hat Wittgenstein, von dem die genannten Metaphern stammen, in den Philosophischen Untersuchungen mit dem berühmten Paradox des Regelfolgens (das Wissen von Bedeutung wird dabei als Wissen von der Verwendungsregel des betreffenden Ausdrucks bestimmt) gezeigt, daß eine solche Annahme nicht das leisten kann, was von ihr erwartet wird und verlangt werden muß. 18 Der entscheidende Punkt dabei ist die Tatsache, daß das Wissen von der Bedeutung bzw. Regel, worin auch immer es bestehen mag, nicht den konkreten Fall des Regelfolgens, also die jeweilige Äußerung als bedeutungsvolle, determinieren kann. Denn bei der Anwendung der Regel auf den jeweiligen Fall ist wieder eine Regel vonnöten, da dieser Subsumtionsschritt des Falles unter die Regel eine Interpretation des Falles als eines, der unter die erstgenannte Regel fällt, voraussetzt, etc. ad infinitum. Das Problem, das sich so als infiniter Regreß Wittgensteins Schriften werden zitiert nach: Wittgenstein, L., Werkausgabe. 8 Bde., Frankfurt am Main 1989.

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von Interpretationen manifestiert, läßt sich auch als ein Fall von Indeterminiertheit darstellen: Ein von Wittgenstein (und auch von S. Kripke) 19 betrachtetes Beispiel ist das der Addition der Zahl 2 bzw. genauer der Versuch, jemandem die Bedeutung von ›2 addieren‹ zu vermitteln. Wie oft auch der Schüler die Operation ›richtig‹ ausgeführt hat, es ist doch nicht ausgeschlossen, daß er, etwa ab einer ziemlich großen Zahl, etwas tut, was wir z. B. als ›4 addieren‹ bezeichnen; er würde aber behaupten, die Regel, der er von Anfang an gefolgt wäre, würde genau das implizieren. Insofern wird es auch möglich, einen Fall des Regelfolgens auch als Befolgen einer (mit der zunächst unterstellten) inkompatiblen Regel zu interpretieren. Die Indeterminiertheit mündet in ein Paradox – mit Kripkes Revitalisierung der Wittgensteinschen Einsicht hat sich die Bezeichnung ›Paradox des Regelfolgens‹ eingebürgert. Während also im Fregeschen Fall das zum infiniten Regreß nötigende Problem in der Vermittlung des Subjekts mit der Bedeutung bestand, ist das Vermittlungsproblem, das hier zum Regreß führt, das zwischen der als Kognitivität bzw. als in ihr befindlich aufgefaßten Bedeutung und dem, um dessen Bedeutung es sich handeln soll. Die Funktion jenes einzigartigen geistigen Aktes oder Zustandes des Wissens von der Bedeutung bzw. der Verwendungsregel eines Ausdrucks sollte darin bestehen, die Bedeutungshaftigkeit der konkreten Äußerung zu garantieren, indem sie durch ihn als Quelle der richtigen Anwendung der Regel determiniert werden soll. Die Einführung bzw. Postulierung jener genuin mentalen Entität hat sich aber als funktionslos herausgestellt (ohne daß damit allerdings – dies muß nachdrücklich betont werden – die Motive, die zu jener Einführung genötigt hatten, als obsolet ad acta gelegt werden könnten). Es ergibt sich daraus, daß keine Entität, welcher Art auch immer, in der Lage ist, die richtige Verwendung eines Zeichens und damit seine Bedeutungshaftigkeit zu sichern. Die Annahme einer mysteriösen geistigen Tätigkeit, die das Regelfolgen leitet, ist nicht deshalb abzulehnen, weil eine prinzipielle Skepsis gegenüber dem Mentalen angebracht wäre, sondern wegen der Funktionslosigkeit dieser Annahme. Zu ihr motivierte die Ansicht, ein bloßes Moment des Naturzusammenhangs könnte sicher nicht zu den geforderten einzigartigen Leistungen befähigt sein; die aus dem Paradox des Regelfolgens zu ziehende Moral besteht jedoch darin, daß der Fehler nicht in der getroffenen 19

Wittgenstein on Rules and Private Language. Oxford 1982. A

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Auswahl des Typs von Entitäten zu sehen ist, die den sprachlichen Zeichen ihre Bedeutungshaftigkeit sichern sollen, sondern in der Ontologisierung überhaupt. Beide betrachteten Fälle von Ontologisierung ergeben sich also aus der Bindung von Bedeutung an Kognitivität. Gemeinsam ist auch das Motiv bzw. der Motivtyp dafür, nämlich die Bindung von Bedeutung an eine Faktizität, die gleichwohl nicht der Empirie überantwortet werden soll. Wenn also diese Ontologisierungen in eine Sackgasse führen, besteht für eine philosophische Bedeutungstheorie, die an der Kognitivität von Bedeutung festhält, das Desiderat, eine nichtontologisierende Konzeption von Kognitivität zu entwickeln.

II.2. Der Primat der Wahrheit Die Frage ist, ob als Konsequenz der Wittgensteinschen Kritik eine skeptische Haltung in Bezug auf die Bedeutung und den Bereich des Semantischen überhaupt unvermeidlich ist, wie Kripke meint, oder ob es eine Alternative gibt, die es erlaubt, den Bereich der Bedeutungen nicht der völligen Indeterminiertheit und damit der Skepsis preiszugeben. Die Antwort Wittgensteins lautet, daß sich die Bedeutung eines Ausdrucks dadurch bestimmt, daß bestimmte Prädikationen dieses Ausdrucks (mit Beziehung auf paradigmatische Fälle) wahr sind. Zu betonen ist, daß es sich wirklich um Wahrheit handeln muß, nicht nur um das empirische Faktum, daß die Majorität einer Sprachgemeinschaft diese Prädikationen für wahr hält. In diesem Fall wäre die Skepsis natürlich die unausweichliche Konsequenz. 20 Durchbrochen wird mit Wittgensteins Lösung des Problems im übrigen auch die Zirkularität zwischen Wahrheit und Bedeutung, die darin liegt, daß die Bedeutung eines Ausdrucks (Prädikats) kennen darin besteht zu wissen, was es heißt, daß eine entsprechende Prädikation wahr ist, umgekehrt aber

Vgl. die Diskussion der Privatsprache und ihrer Verbindung zum Paradox des Regelfolgens in B; dort ergibt sich aus der Analogie der Lösungen der beiden Probleme auch eine weitere Plausibilisierung der von Wittgenstein gezogenen Konsequenzen. Um es vorwegzunehmen: Der Rekurs auf die Wahrheit gewisser Prädikationen zur Bestimmung der Bedeutung der entsprechenden Prädikate wird nicht zuletzt auch notwendig, um die Verwendung von sprachlichen Zeichen nicht nur als Naturprozeß interpretieren zu müssen. 20

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das Verstehen der Wahrheit einer Prädikation die Kenntnis der Bedeutung der darin auftretenden Zeichen voraussetzt. Von einer Zirkularität zu reden setzt voraus, daß die Absicht unterstellt wird, etwas aus etwas anderem zu erklären, in diesem Fall etwa das Verstehen eines Satzes aus der Kenntnis der Bedeutung der in ihm verwendeten Ausdrücke. Daß der angeführte Wittgensteinsche Vorschlag nicht von der genannten Zirkularität betroffen ist, ist eben darauf zurückzuführen, daß Verwendung und Verstehen von Sätzen nicht durch etwas anderes erklärt (im oben erläuterten spezifischen Sinn von Erklärung) wird. Der Verweis auf die paradigmatischen Fälle, die quasi als Berufungsinstanzen für die Mitglieder der Sprachgemeinschaft fungieren, sollte daher auch nicht so verstanden werden, daß etwa das Wissen von diesen Fällen (also z. B. denen, an denen das Kind die Verwendung etwa eines Prädikats gelernt hat) nun als Erklärung für die Richtigkeit der Verwendung sprachlicher Ausdrücke dienen soll. Die aufgezeigte Schwierigkeit bliebe ja dieselbe. 21 Positiv könnte man jene Abwehr von Erklärungsversuchen – zunächst vage genug – charakterisieren als den Primat von Wahrheit gegenüber Bedeutung; die Legitimation von Bedeutung und damit ihre Rettung vor der Gefahr der Indeterminiertheit geschieht im Rekurs auf Wahrheit. Nun erhebt sich aber angesichts dieser Lösung die Frage, inwiefern eine solche Wahrheit einfach vorausgesetzt werden, m. a. W. eine massive und kollektive Täuschung der Mitglieder der Sprachgemeinschaft in Beziehung auf jene Basis der Bestimmung von Bedeutung ausgeschlossen werden kann. Wie oben schon ausgeführt wurde, ist eine universale Täuschung, also eine empirische Möglichkeit, sicher nicht a priori auszuschließen. Vielleicht, so ist zu vermuten, ist ein solcher Ausschluß auch gar nicht notwendig, um sicherzustellen, daß hinsichtlich der Was in der Tat im Kontext der originalen Wittgensteinschen Überlegungen schwer zu trennen ist, ist der Hinweis auf faktische Zusammenhänge – das Kind lernt die Bedeutung eines Worts an paradigmatischen Fällen – und die Erörterung von begrifflichen Zusammenhängen, die ihren Ausgang nimmt von solchen nach Wittgenstein nicht genügend beachteten Fakten des Sprachgebrauchs. Mißverständnisse entstehen dann, wenn die bei Wittgenstein weitgehend implizit bleibende Differenz von faktischer und begrifflicher Abhängigkeit nicht beachtet wird.

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sprachlichen Äußerungen der betreffenden Personen von Bedeutung geredet werden kann, zumal wenn man an die noch zu erörternde Tatsache denkt, daß Fragen nach der Bedeutung von Ausdrücken und Tatsachenfragen nicht strikt zu separieren sind. Und selbst wenn jener Ausschluß notwendig ist, genügt es nicht, daß Bedeutung durch die Wahrheit von Prädikationen in einer kontrafaktischen Situation bestimmt ist? Dazu ist zweierlei zu sagen: 1) Selbst wenn aufgrund des holistischen Charakters unseres Sprach- und Theoriesystems eine strikte Trennung von Bedeutungsund Tatsachenfragen nicht möglich ist, hätte es doch verheerende, nämlich die Skepsis heraufbeschwörende Folgen, wenn dieser Holismus bedeuten würde, daß prinzipiell keine Differenz zwischen einer irrigen Meinung und der falschen Verwendung eines Ausdrucks markiert werden könnte. Dies braucht nicht für jeden Einzelfall einer sprachlichen Äußerung möglich zu sein; was gesichert sein muß, ist aber die Legitimität der Idee einer – wie immer auch konkret aussehenden – Konfrontation des Begriffs- bzw. Theoriesystems mit einer davon unabhängigen Realität. Im Falle der prinzipiellen Negation der Differenz von falscher Meinung und unkorrekter Verwendung eines Ausdrucks wäre dies eben nicht gewährleistet. Insofern muß zwar nicht an der Bestimmtheit von Bedeutung, gleichsam im atomistischen Sinn genommen, festgehalten werden, wohl aber an der Möglichkeit eines prinzipiellen Rekurses auf jene Differenz. 2) Was den zweiten Punkt betrifft, nämlich die Frage danach, ob Bedeutung auch durch die Wahrheit von Prädikationen in einer kontrafaktischen Situation als bestimmt gedacht werden könnte, so ist daran zu erinnern, daß die Frage nach der Bestimmtheit von Bedeutung, wie sie etwa in der Diskussion des Regelfolgenparadoxes behandelt wird, eine Frage nach der Rechtfertigung des jeweiligen Zeichengebrauchs ist; dabei wird implizit vorausgesetzt, daß eine solche Rechtfertigung dem Subjekt verfügbar ist in dem Sinne, daß diese Verfügbarkeit ipso facto die Richtigkeit des jeweiligen Zeichengebrauchs bedeutet. 22 Nichts anderes manifestiert sich ja in der Vorstellung, das Wenn auch nicht unbedingt die Wahrheit der entsprechenden Meinung; es könnte ja z. B. der Fall einer nichtveridischen Wahrnehmung vorliegen.

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Wissen von der Bedeutung (der Verwendungsregel) ›leite‹ bzw. bestimme den Gebrauch. Die genannte implizite Voraussetzung ist die der Kognitivität von Bedeutung; es wurde schon gesagt, daß hier nicht der Versuch unternommen werden soll, sie direkt gegen denkbare Alternativen zu verteidigen, sondern daß sie auf indirektem Wege etabliert werden soll, nämlich über die Bindung des Wahrheitssinnes an Kognitivität. Wenn allerdings diese Voraussetzung einmal gemacht ist, wird deutlich, daß der oben erwogene Vorschlag keine Antwort auf das Problem des Regelfolgenparadoxes darstellen kann. Dies gilt, wie schon angeklungen ist, ganz allgemein für jeden Vorschlag, der die Basis der Rechtfertigung von dem trennt, was zu rechtfertigen ist – damit sind ja die Bedingungen für das Eintreten des Interpretationsregresses gegeben, der ja ebenso als vitiöse Indeterminiertheit dargestellt werden kann. Die Frage nach der Sicherung der Bestimmtheit von Bedeutung ist jetzt noch nicht beantwortbar, es kann aber wenigstens die Richtung einer möglichen Antwort angegeben werden: Die Basis für die Bestimmung von Bedeutung ist vermutlich in einer Dimension zu suchen, wo zwar eine (epistemische) 23 Beziehung auf Objektivität vorliegt, 24 vom Wahrheitswert der entsprechenden Meinung aber abstrahiert werden kann und somit eine Indifferenz in Beziehung auf die Möglichkeit der Täuschung besteht. Die Annahme liegt nahe, daß es sich bei dieser Form epistemischer Beziehung um Wahrnehmungen (im nichtveridischen Sinn) handelt. 25 In zweifacher Hinsicht kann dabei (wie sich zeigen wird, in einer nur cum grano salis) von einer Bestimmung der Bedeutungen derjenigen Ausdrücke geredet werden, die in den Sätzen auftreten, die die betreffenden Wahrnehmungsmeinungen spezifizieren. Vorab ist noch folgendes festzustellen: Wenn die TäuschungmögIn dieser noch ungeschützten These, die erst in C begründet wird, manifestiert sich die Annahme der Kognitivität von Bedeutung. 24 Damit ist also nicht der Fall der oben angesprochenen, zur Indeterminiertheit führenden Trennung gegeben. 25 Wenn dem in der Tat so ist, muß natürlich gezeigt werden (vgl. C), inwiefern die Bestimmung von Bedeutung in der Dimension von Wahrnehmungen etwas mit der Bestimmung der Bedeutung von Ausdrücken zu tun hat, die sich nicht auf Wahrnehmbares beziehen. 23

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lichkeit a priori ausgeschlossen werden könnte, dann wären durch die angesprochene epistemische Beziehung ipso facto die betreffenden Bedeutungen bestimmt. Es handelt sich hier nahezu um eine Kontraposition der oben aufgestellten Behauptung, die Notwendigkeit, von Bedeutung zu reden, ergäbe sich aus der Möglichkeit, daß Sätze wahr oder falsch sein können. Die in jenem kontrafaktischen Fall vorliegende Bestimmung von Bedeutung, die mit der Wahrheit der betreffenden Sätze ja zusammenfällt, macht die Kategorie der Bedeutung im Grunde überflüssig. Wenn also in einer ›nichtredundanten‹ Weise von der Determinierung von Bedeutungen die Rede sein soll, so ist anzunehmen, daß dabei auf etwas rekurriert wird, was in Beziehung auf den Unterschied von Wahrheit und Irrtum konstant bleibt. Dieses ›Etwas‹ ist nunmehr zu identifizieren: Es ist das, was dem wahrnehmenden Subjekt so scheint (salopp formuliert: ›the passing show‹); dies ist dasselbe, auch wenn es in der Tat sich nicht so verhält, wie es scheint. Dieses im veridischen und nichtveridischen Fall Identische ist negativ dadurch bestimmt, daß es unabhängig ist vom Zutreffen oder Nicht-Zutreffen des theoretischen Gehalts der Meinungen bzw. der in ihnen vorkommenden Ausdrücke. Daraus folgt, daß deren Bedeutung nur insofern durch die angesprochene epistemische Beziehung bestimmt sein kann, wie sie deren theoretische Komponente nicht tangiert. Eine solche theoretische Komponente besitzen aber, wie Quine dargelegt hat, alle Terme, die in referentieller Funktion auftreten können, also auch Ausdrücke, die sich auf wahrnehmbare Gegenstände beziehen. Die Bestimmung der Bedeutung dieser Ausdrücke kann somit nur diejenige Komponente betreffen, die als der sensorische Aspekt der Wahrnehmung zu bezeichnen wäre. Der Begriff des Sensorischen wird noch näher zu erläutern sein. Hier ist nur darauf hinzuweisen, daß damit nicht die Einführung einer spezifischen Klase von Entitäten (Sinnesdaten oder ähnliches) verbunden ist. Das Sensorische ist integrales Moment der Objektbeziehung, die sekundären Qualitäten kommen insofern den vermeinten Objekten selbst zu (die Rede von ›Beziehung‹ und deren mißverständliche Aspekte werden noch näher aufzuklären sein). Dies ist die erste Hinsicht, in der von einer Bestimmung von Bedeutung über eine Objektbeziehung geredet werden kann, und zwar deshalb nur in eingeschränktem Sinn, weil nur die auf das Sensorische gehende Bedeutungskomponente erfaßt wird. Trotzdem wird hiermit ein bedeutungstheoretisch wichtiger 62

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Schritt vollzogen; es handelt sich gewissermaßen um die Stelle, an der die Realität Kontakt mit dem Meinungssystem hat: Wichtig ist festzuhalten, daß die Art des Kontaktes epistemischer und nicht nur kausaler Natur ist; 26 dennoch führt diese Konzeption nicht zu der fundamentalistischen Auffassung von als Basis hinzunehmenden Meinungen, auf die alle anderen Meinungen letztlich zurückgeführt werden müssen. Ferner dürfen die Voraussetzungen dieses Vorschlags nicht verschwiegen werden, deren Begründung noch aussteht. Es handelt sich einmal um die Legitimation des Sinnes von Wahrheit, ohne die die Rede von Bedeutung und damit von Wahrheitsbedingungen eine façon de parler bliebe, zum anderen darum, daß diese Legitimation im Rekurs auf Kognitivität erfolgt, und zwar so, daß drittens daraus die Rechtfertigung der Rede vom Bezug auf Objektivität hervorgeht. M. a. W. der vorgeschlagene Weg zur Abwendung der Gefahr einer vitiösen Indeterminiertheit von Bedeutung setzt die positive Lösung der zentralen Probleme voraus, die zu Anfang formuliert wurden.

Mit diesem Vorschlag wird die Alternative unterlaufen, die D. Davidson (vgl. »Meaning, Truth and Evidence«, in: Barrett, R./Gibson, R. [Hrsg.], Perspectives on Quine. Cambridge, Mass./Oxford 1990, S. 68–79) zwischen seiner eigenen und der Quineschen Konzeption von Bedeutung als die zwischen einer »distal« und einer »proximal theory of meaning« formuliert (vgl. dazu A.IV bzw. A.III.2). Danach hätte man zu wählen zwischen der aus Quines Naturalismus sich ergebenden ›Nähe‹ desjenigen, das die Basis für Bedeutung bildet, nämlich der Stimuli (die angesprochene Nähe ist allerdings nur eine kausale) und der Konsequenz aus Davidsons Gegenvorschlag, nach dem Bedeutung sich primär auf eine epistemische Beziehung auf Objekte gründet. Diese Konsequenz besteht im wesentlichen darin, daß das Vorliegen einer epistemischen und nicht nur kausalen Beziehung damit erkauft wird, daß dasjenige, in Beziehung worauf sich nach diesem Vorschlag Bedeutung bestimmt, die Objekte nämlich, dem Subjekt nicht mehr so ›nahestehen‹ wie die Stimuli nach der »proximal theory«. Während bei dieser (laut Davidson) nicht sichergestellt ist, daß das Subjekt epistemisch überhaupt die Außenwelt erreichen kann, scheint im Falle der »distal theory« umgekehrt gerade aufgrund der angesprochenen ›Ferne‹ ebenfalls Skepsis angebracht zu sein gegenüber der Behauptung, direkt ›bei den Objekten zu sein‹. Bei Davidson steht an dieser Stelle das noch zu diskutierende methodologische Postulat des ›principle(s) of charity‹, die Annahme der Wahrheit der Majorität unserer Meinungen. Es fragt sich eben, wie diese Annahme zu begründen ist. Der Vorschlag, der im folgenden noch zu erläutern ist, kombiniert dagegen die Nähe zu demjenigen, in Beziehung worauf Bedeutung sich primär bestimmt, damit, daß die Beziehung darauf nicht nur kausaler, sondern epistemischer Natur ist. 26

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Dies gilt auch für die zweite Hinsicht, in der nun im Vollsinn von der Bestimmung von Bedeutung, d. h. im Sinne von Bedeutung als etwas, das Wahrheitsbedingungen festlegt, gesprochen werden kann, und zwar, weil sie sich wesentlich an die erste anschließt. 27 Gedacht ist an die im Kontext der Diskussion von Donald Davidsons bedeutungstheoretischem Vorschlag noch genauer zu untersuchende Methode, im Ausgang von Fällen des Fürwahrhaltens – und hier wäre im Blick auf das Folgende hinzuzufügen: primär in Beziehung auf Wahrnehmungssituationen – die Bedeutungen von Sätzen bzw. Satzteilen zu erschließen. Wie dies konkret geschehen soll, mag hier noch dahingestellt sein. Wichtig sind im gegenwärtigen Zusammenhang nur die dabei sowohl explizit wie implizit im Spiel befindlichen Voraussetzungen dieser Methode: Die Gesichertheit des Wahrheitssinns und die Kognitivität von Bedeutung gehören offenbar dazu. Spezifisch für die hier sogenannte zweite Hinsicht der Bestimmung von Bedeutung ist jedoch eine methodologische Voraussetzung, die in dem betreffenden Zusammenhang als ›principle of charity‹ bekannt ist. Es ist die Präsumption hinsichtlich von Wahrheit, d. h. die Annahme, daß die Majorität der Meinungen der betreffenden Sprecher wahr ist. Ansonsten würde das intendierte Unternehmen nicht von der Stelle Die erstgenannte Hinsicht stellt die Bedingung für die Legitimität der zweiten dar. Es wird zu zeigen sein, daß (1) eine solche Legitimation wirklich vonnöten ist, um die Bestimmtheit von Bedeutung (um damit die Legitimität der Bedeutungskategorie überhaupt) nicht nur auf ein methodologisches Postulat (das ›principle of charity‹ nämlich) stützen zu müssen (vgl. A.IV) und (2) die erste Hinsicht selbst in der Tat mit Recht als dasjenige angenommen werden darf, das Bedeutung vor der Indeterminiertheit bewahrt (dies soll in C dargelegt werden). Wie gesagt ist nur in Beziehung auf die zweite Hinsicht, nicht aber auf die erste, sensu stricto von Bestimmung von Bedeutung zu reden, da nur auf dieser Ebene Wahrheitsbedingungen fixiert werden. Damit hängt zusammen, daß das Verhältnis des ersten Aspekts zum zweiten nicht das einer strikten Determination ist – daraus würde sich im übrigen, anders als bei dem hier gemachten Vorschlag, eine Form des Fundamentalismus ergeben. Die ›Ebenendifferenz‹ der beiden Aspekte wird sich (vgl. B.II) als die Differenz von Innen- und Außenperspektive herausstellen. Als vermittelnde Instanz fungieren dabei Kriterien (verstanden in Anlehnung an, aber auch Modifikation von Wittgensteins Kriterienbegriff, vgl. B.II); es wird sich zeigen, daß es die Nichtreduzierbarkeit der Innenauf die Außenperspektive ist, die ein striktes Determinationsverhältnis ausschließt. Diese Nichtreduzierbarkeit drückt sich auch darin aus, daß die Kriterien wesentlich mit Wahrheitsbedingungen in Beziehung stehen, ohne mit ihnen identifiziert werden zu können (vgl. ebd.).

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kommen, denn dann wären die beiden Faktoren, die das Fürwahrhalten bestimmen, nämlich die Bedeutungen der Sätze und die Meinungen der Sprecher, nicht voneinander separierbar (vgl. A.IV). Zunächst einmal kann dies auch als eine empirische Hypothese von hoher Allgemeinheit aufgefaßt werden, die natürlich auch falsch sein kann. Diese prinzipielle Fallibilität einer solchen empirischen Theorie der Bedeutung einer bestimmten natürlichen Sprache ist auch durch kein apriorisches philosophisches Argument aufzuheben. Wichtig ist aber, daß ein Irrtum hier nur empirischen Charakter hat und eine prinzipielle Skepsis gegenüber der Bestimmtheit von Bedeutungen ausgeschlossen ist – m. a. W. das ›principle of charity‹ sollte in diesem Sinn interpretiert werden. Die angesprochene prinzipielle Skepsis wäre (abgesehen von der schon erwähnten Skepsis gegenüber dem Wahrheitssinn) als Hinweis auf die Möglichkeit aufzufassen, daß in keiner Weise eine a priori gesicherte Verbindung zwischen Meinungen und dem in ihm thematischen Sachverhalt bestehen könnte. In diesem Fall würde die angesprochene Methode leerlaufen, und zwar nicht aufgrund bestimmter empirischer Irrtümer. Dieser Skepsis begegnet aber die oben sogenannte erste Hinsicht der Bestimmung von Bedeutung dadurch, daß aus ihr folgt, daß die wahrgenommenen (im nichtveridischen Sinn von Wahrnehmung) Objekte auch wirkliche Objekte sind, 28 und ferner, daß diese Objekte auch die vermeinten wahrnehmbaren Eigenschaften (sprich sekundäre Qualitäten) haben – dies ergibt sich aus der Determinierung von Bedeutung hinsichtlich des sensorischen Aspekts. 29 In zweierlei Hinsicht bleibt hier die Möglichkeit des Irrtums hinsichtlich der Fixierung von Bedeutung: (1) hinsichtlich des theoretischen Gehalts der verwendeten Ausdrücke – hierin reflektiere sich die Untrennbarkeit von Theorie und Sprache – und (2) hinsichtlich der korrekten Identifikation des wahrgenommenen Gegenstandes (im Falle einer Halluzination etwa wird der wahrgenommenen Gegenstand als ein neuraler Zustand aufzufassen sein). 30 Wichtig ist, daß der Irrtum in beiden Fällen nur empirischen Charakter hat. Inwiefern dies in der Tat aus der Legitimation des Objektivitätsanspruchs von (Wahrnehmungs-)Meinungen sich ergibt, wird in C noch zu sehen sein. 29 Der hier sofort aufkommende Einwand, wie es sich denn im Fall der Sinnestäuschung verhalte, muß auf die nähere Diskussion in C vertröstet werden. 30 Daß in diesem Fall überhaupt ein Gegenstand wahrgenommen wird, ist erst noch zu 28

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Nach diesem weitgehend programmatischen Exkurs zur Möglichkeit der Rede von Bedeutung unter den Bedingungen des Ausschlusses der Annahme solcher Entitäten wie Bedeutungen ist noch eine Konsequenz hinsichtlich der Bestimmung der Bedeutung von ›wahr‹ nachzutragen. Wenn man der Analogie folgt, liegt die Vermutung nahe, auch sie werde dadurch bestimmt, daß gewisse Sätze wahr sind. Es ist zu berücksichtigen, daß die Prädizierung von ›wahr‹ äquivalent ist mit der Wahrheit von Sätzen; das Wort ›wahr‹ braucht in solchen Sätzen also nicht aufzutreten. Außerdem scheint es prinzipiell ausgeschlosssen, daß solche Sätze sich auf objektive Sachverhalte beziehen, denn abgesehen davon, daß es merkwürdig anmuten würde, wenn die Bestimmung der Bedeutung von ›wahr‹ dem empirischen Irrtum ausgeliefert wäre – und wie könnte bei einer Beziehung auf objektive Sachverhalte ein empirischer Irrtum a priori ausgeschlossen werden? –, spricht zweierlei dagegen: Einmal würde es sich ja um eine Art Definition von Wahrheit handeln, deren (Un-)Möglichkeit oben schon erörtert wurde, zum anderen würde sich eine Zirkularität einstellen hinsichtlich der Tatsache, daß die gesuchte Bestimmung des Wahrheitssinnes zur Identifikation des ›richtigen‹ Wahrheitsprädikates dienen soll; ›wahr‹ und ›wahr*‹ seien zwei alternative Wahrheitsprädikate – wenn die betreffenden Sätze sich auf objektive Sachverhalte beziehen, spezifizieren sie kraft der Bedeutung ihrer Komponenten etwas, von dem nicht feststeht, ob es sich (z. B.) um Wahrheitsbedingungen oder Wahrheitsbedingungen* handelt, da ja die Entscheidung über die ›Richtigkeit‹ des Wahrheitsprädikates als noch nicht gefallen unterstellt ist. Wenn diese Entscheidung aber von der Wahrheit dieser Sätze abhängt, ist sie schon dadurch präjudiziert, daß es sich entweder um Wahrheitsbedingungen oder Wahrheitsbedingungen* bzw. um Wahrheit oder Wahrheit* handelt. Der Zirkel ist offensichtlich. Auf den ersten Blick mag man die Betonung, die darauf gelegt wurde, daß Sätze von objektiven Sachverhalten handeln und die in ihnen vorkommenden Ausdrücke bestimmte Wahrheitsbedingungen spezifizieren, als trivial bzw. überflüssig empfinden. Gibt es denn (immer vorausgesetzt, die Theorie der Wahrheitsbedingungen ist als Bedeutungstheorie akzeptiert) Sätze, die wahr sind unabhängig vom Beerläutern (vgl. C.II); an dieser Stelle kann noch nicht begründet werden, warum das Nichtvorliegen der Standardbedingungen bei einer Wahrnehmung als Fehlidentifikation des Wahrgenommenen zu deuten ist.

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stehen von Wahrheitsbedingungen? Und spezifizieren nicht die in einem Satz vorkommenden deskriptiven Komponenten notwendig Wahrheitsbedingungen; und was spricht dagegen, die nichtdeskriptiven, etwa die indexikalischen Komponenten salva veritate durch entsprechende von deskriptiver Natur zu ersetzen, wenn es doch hier nur auf den Wahrheitswert (nämlich ›wahr‹) ankommen soll? Außerdem scheint doch der erwähnte Zirkel ganz einfach dadurch zustande zu kommen, daß die Wahrheit der betreffenden Sätze ebensogut auch Wahrheit* sein könnte, mithin der Umweg über die Thematisierung der Wahrheitsbedingungen ganz überflüssig zu sein. Diese Diagnose erweist sich aber als voreilig. Um einen darin en passant erwähnten Punkt aufzunehmen – es gibt einen indexikalischen Ausdruck, der nicht durch einen deskriptiven ersetzbar ist, zumindest nicht in allen Kontexten, nämlich das Personalpronomen der ersten Person Singular in der Verwendungsweise, die Wittgenstein im »Blue Book« als den Subjektgebrauch von ›ich‹ bezeichnet hat. Der Ausschluß der Substituierbarkeit durch eine bestimmte Beschreibung der betreffenden Person, der diesen Gebrauch charakterisiert, erklärt sich daraus, daß mit dem Gebrauch von ›ich‹ als Subjekt nicht eine Selbstidentifikation vorliegt (vgl. B.III). Eine Wahrheitswertdifferenz ergibt sich dann, wenn ›ich‹ bzw. entsprechende indirekte Reflexiva wie ›mich‹, ›mir‹ etc. in indirekten Kontexten auftreten: Wenn das Pronomen durch eine bestimmte Beschreibung ersetzt würde, wäre ein Irrtum hinsichtlich der Selbstidentifikation ja relevant für den Wahrheitswert des Satzes, was bei dem Subjektgebrauch per definitionem ausgeschlossen ist, da hier keine Selbstidentifikation vorliegt bzw. ausgedrückt werden soll. Die Signifikanz des Subjektgebrauchs von ›ich‹ für das anstehende Problem wird erkennbar, wenn man den zuvor behandelten Punkt einbezieht, nämlich die zunächst nur behauptete und nur in abstracto plausibel gemachte Tatsache, daß Bedeutungen und damit Wahrheitsbedingungen sich wesentlich bestimmen im Rekurs auf eine epistemische (konkret eine wahrnehmende) Beziehung, die noch indifferent gegen die Täuschungsmöglichkeit ist. Die Rede von Bestimmung ist, wie zu erinnern ist, dabei nicht im Sinn einer strikten Determination zu verstehen; wichtig ist aber, daß der dadurch noch freie Spielraum nicht offensteht für eine philosophisch signifikante, d. h. aus dem Bedeutungsbegriff zu erschließende Instanz, sondern daß es um den A

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Spielraum für den rein empirischen Irrtum geht. Dieser tritt in zwei Formen auf, nämlich einmal als Irrtum hinsichtlich des von Bedeutung nicht, wie noch zu sehen sein wird, völlig separierbaren Theorieaspekts, zum anderen als Irrtum hinsichtlich des Erfülltseins oder Nichterfülltseins der Standardbedingungen bei einer bestimmten Wahrnehmung. 31

II.3. Wahrheit und Objektivierung Es ist jetzt möglich, eine These zu dem gesuchten Typ von Sätzen aufzustellen: Es müssen solche sein, deren Wahrheit anerkannt werden kann und muß unabhängig vom Bezug auf ihre Wahrheitsbedingungen; bei Voraussetzung eines solchen Bezugs würde sich der oben entwickelte Zirkel unweigerlich einstellen. Was liegt näher, als hier an dasjenige zu denken, in Beziehung worauf erst die Bestimmung der Wahrheitsbedingungen erfolgt? Aber, so wäre einzuwenden, dies wäre doch seinerseits auch nur in Sätzen thematisierbar und träte seinerseits als deren Wahrheitsbedingung auf. Aus dieser Schwierigkeit gäbe es nur dann einen Ausweg, wenn in diesem singulären Fall bzw. Typ von Fällen das Thema des Satzes durch ihn nicht objektiviert würde – dies bildet ja die Ursache der Schwierigkeit – sondern gleichsam selbst in die Sprache einträte, sich artikulieren würde. Zum Glück ist dies gerade hier der Fall, und der Subjektgebrauch von ›ich‹ stellt die semantische Konstruktion dar, mittels deren dieses Zur-Sprache-Bringen dessen, was nicht objektivierbar und daher wohl zu Recht Subjektivität zu nennen ist, gelingen kann. Die gesuchten Sätze sind solche von der Form: ›Es scheint mir (ihm), daß p‹, wobei das Personalpronomen im Subjektgebrauch verwendet wird und ›p‹ eine Wahrnehmungsmeinung ausdrückt. Sätze dieser Art werden de facto meist geäußert, um eine Relativierung oder einen gewissen Vorbehalt, wenn nicht gar einen Zweifel zum Ausdruck zu bringen. Von diesem eher pragmatischen Aspekt soll hier abstrahiert werden. Die Es wird sich noch herausstellen (vgl. C.II), daß die zweite Form des Irrtums (also hinsichtlich des Vorliegens von Standardbedingungen) als Fehlidentifikation des Objekts der Wahrnehmung zu interpretieren ist; eine solche Fehlidentifikation wiederum beruht nach der noch zu erläuternden epistemologischen Konzeption auf einem theoretischen Irrtum. Insofern sind die beiden Formen des Irrtums nicht voneinander unabhängig.

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Rede vom mir-so-Scheinen (bzw. mir-Scheinen-daß) ist außerdem so zu verstehen, daß nicht nur der Wahrheitswert des gesamten Satzes nicht von ›p‹ abhängt 32 , sondern daß auch ein möglicher Irrtum der Person hinsichtlich der Bedeutung der in ›p‹ auftretenden Ausdrücke den Wahrheitswert des Satzes nicht tangieren soll. Die Möglichkeit eines solchen Irrtums ist ja dadurch gegeben, daß das Wissen der Person von theoretischen Aspekten der Bedeutung eines Ausdrucks in irgendeiner Weise defizient ist. Im übrigen ist es, um in der hier intendierten Weise sagen zu können, daß es jemandem so scheint, daß p, nicht notwendig, ihm eine sprachliche Kompetenz hinsichtlich der in ›p‹ auftretenden Ausdrücke zuzusprechen. Man mag einwenden, es sei doch problematisch, so Kognitivität vom sprachlichen Bereich unabhängig zu machen. Eine zureichende Antwort würde natürlich die Verfügbarkeit einer Theorie (theoretischer) Intentionalität voraussetzen; in Teil B werden einige Aspekte einer solchen Theorie erörtert. Dies vorwegnehmend also nur einige Thesen: Worauf der Einwand letztlich basiert, ist, daß die Thematisierung von Kognitivität als so1cher (m. a. W. im nichtreduktiven Sinn) im Kontext einer philosophischen Theorie von Intentionalität in der Tat im Rekurs auf semantische Begriffe erfolgen muss. Es wurde oben schon angedeutet, daß die Interpretation von Intentionalität im Sinne des Naturalismus der reduktiven Variante ist. Aus der noch zu entwickelnden Weise des Zusammenhangs von Kognitivem und Semantischem geht aber hervor, daß daraus nicht folgt, daß auf der empirischen Ebene der Zuschreibung bestimmter kognitiver Zustände eine entsprechende Sprachkompetenz bzw. etwas dazu Analoges zugeschrieben werden müßte. Es mag zwar – wenn es auch nicht besonders plausibel erscheint – zutreffen, daß Intentionalität (als empirisches Phänomen verstanden) de facto das Vorhandensein eines sprachanalogen internen Repräsentationssystems (etwa einer »language of thought« im Sinn z. B. von J. Fodor) 33 voraussetzt, dies stellt aber eine rein empirische Hypothese dar, die völlig unabhängig ist von dem in

Dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn ›p‹ keine Wahrnehmungsmeinung ausdrückt. Die oben getroffene Einschränkung auf diesen Typ von Meinungen bedeutet lediglich, daß in diesen Fällen aus der erwähnten Irrtumsimmunität von ›Mir scheint, daß ›p‹‹ philosophisch relevante Folgerungen gezogen werden können. 33 Vgl. Psychosemantics. Cambridge 1987. 32

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der Tat bestehenden begrifflichen Zusammenhang von Intentionalem und Semantischem. Was somit in diesem Sinne von ›Scheinen‹ erscheint, ist das Wahrgenommene rein als solches. Dabei darf die Rede von mir – bzw. ihmso-Scheinen nicht dazu verleiten, hier eine Subjekt-Objekt-Relation anzunehmen. Es gilt hier der Satz aus Wittgensteins Tractatus, daß nichts im Gesichtsfeld auf den Betrachter schließen läßt. Damit wäre die Rolle des Personalpronomens im Subjektgebrauch in solchen Sätzen angesprochen. Es wurde schon festgestellt, daß die Besonderheit dieser Verwendungsweise darin liegt, daß eine Substitution durch eine bestimmte Beschreibung des Referenten (der betreffenden Person) ausgeschlossen ist. Diese Besonderheit des referierenden Ausdrucks, kombiniert mit der Tatsache, daß sich in Beziehung auf das so-Scheinen erst die Wahrheitsbedingungen bestimmen, ermöglicht es, die Wahrheit der Sätze dieses Typs anzuerkennen, ohne zur Begründung dieser Anerkennung auf deren Wahrheitsbedingungen Bezug zu nehmen. Voraussetzung dafür ist nur, daß die betreffende Person überhaupt als Subjekt von intentionalen Zuständen und insbesondere Wahrnehmungen anerkannt wird; es wird sich zeigen (vgl. B), daß dies bedeutet, eine Person überhaupt als solche anzuerkennen. Unterstellt wird natürlich ferner die Aufrichtigkeit etc. der Äußerung respektive Zuschreibung. Jene Anerkennung wiederum erfolgt aufgrund von Kriterien (vgl. B.II), die dabei aber nicht als Wahrheitsbedingungen fungieren. Möglich wird das Akzeptieren der Wahrheit vom Typ ›Es scheint mir, daß p‹ durch den Ausschluß jeglicher Irrtumsmöglichkeit von seiten dessen, dem es so scheint. Was das Scheinen betrifft, so sind Irrtum hinsichtlich des theoretischen Aspekts der Objektvermeinung sowie hinsichtlich des Erfülltseins der Standardbedingungen ausgeschlossen, 34 und daß ein Irrtum hinsichtlich der Bedeutung der in ›p‹ auftretenden Ausdrücke irrelevant ist, wurde ebenfalls dargelegt. Eine Irrtumsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung des SubEs bleibt zugestandenermaßen noch die Frage danach offen, was dem Subjekt etwa im Fall der Täuschung so scheint. Wie sich (in C) zeigen wird, setzt eine adäquate Antwort die Legitimation einer realistischen Epistemologie voraus, die es erlaubt, auch im Fall der Täuschung von einem Objektbezug zu sprechen. Damit wird auch deutlich werden, daß die genannten beiden Irrtumsmöglichkeiten wirklich die einzigen sind.

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jektterms ist wie gesehen aufgrund der Besonderheit des Subjektgebrauchs von ›ich‹ nicht gegeben. Hier tritt der Vollzug der Äußerung gleichsam an die Stelle der Selbstidentifikation. Was zu ›identifizieren‹ ist, ist ja das jeweilige mir-Scheinen-daß selbst; die Identitätsbedingungen der Person, die den Träger dieser Wahrnehmung darstellt, spielen in diesem Fall des Subjektgebrauchs ja keine Rolle. Insofern ermöglicht es die Konstruktion des Subjektgebrauchs von ›ich‹, Intentionalität in einer Weise zur Sprache zu bringen, die sie nicht wiederum objektiviert. Es wurde oben von der Skepsis gegenüber der Bedeutung von ›wahr‹ gesprochen als demjenigen, um dessen Entkräftung es hier wesentlich gehen soll. Falls man Wahrheit im realistischen Sinn interpretiert, behauptet die Skepsis also, daß die Beziehung auf Objektivität irreal bzw. von bloß verbalem Charakter sei. Eine wesentliche Bedingung dafür, dieser Behauptung entgegentreten zu können, dürfte darin bestehen, diese Objektbeziehung als sie selbst vorstellig machen bzw. zur Sprache bringen zu können. Die hauptsächliche Schwierigkeit bei diesem Vorhaben besteht nun aber darin, daß Thematisieren immer auch Objektivieren heißen zu müssen scheint. Die Objektivierung entzieht sich der Thematisierung als sie selbst durch ihre eigene Manifestation – ein Problem, das als das des Reflexionsabschlusses aus einem ganz anderen historischen Kontext, nämlich dem der Fichteschen Philosophie, vertraut ist. Die Sätze vom es-scheint-Typ vermeiden wesentlich aufgrund der semantischen Eigentümlichkeit von ›ich‹ im Subjektgebrauch diese Schwierigkeit; die Subjektivität erhält dadurch die Möglichkeit, sich selbst als solche zu manifestieren. Es steht noch aus, dieses Ergebnis auf die Formulierung des Problems des Wahrheitssinnes als Relativismusverdacht zu beziehen. Aus der a priori gesicherten Wahrheit der es-scheint-Sätze, kombiniert mit der oben erörterten Tatsache, daß sich in Beziehung darauf die Wahrheitsbedingungen (unter anderem natürlich auch die dieser Sätze selbst) bestimmen, resultiert die Fixierung unseres Wahrheitsprädikates. Aber ist unser Wahrheitsprädikat auch das richtige? Hier fragt sich, was dabei unter ›richtig‹ zu verstehen ist. Die Legitimation unseres Wahrheitsprädikates einmal vorausgesetzt (s. u.), ist die Existenz eines ›anderen‹ Wahrheitsprädikates, das dann eben nicht das unsere wäre, wohl A

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nicht formal auszuschließen, es stellt sich aber die Frage nach dessen Legitimation, die ja nicht in Beziehung auf Kognitivität erfolgen kann. Als Alternative bietet sich die Vorstellung an, daß die Realität eine a priori namhaft zu machende ›Struktur‹ aufweist, der die Sätze entsprechen müssen, soll ihnen Wahrheitsfähigkeit zukommen. Die Schwierigkeiten eines solchen Projektes sollen hier nicht weiter verfolgt werden, aber das Beispiel von Wittgensteins Tractatus läßt ahnen, daß es wirkliche Schwierigkeiten sind. Unterschlagen werden dürfen an dieser Stelle aber nicht zwei schlechthin zentrale Prämissen, die in der entwickelten Argumentation gegen die Wahrheitsskepsis ohne weitere Begründung in Anspruch genommen wurden. Diese Begründung wird im wesentlichen das Thema der Teile B bzw. C darstellen. Die erste Voraussetzung wäre als subjektivitätstheoretische zu bezeichnen; sie kam dadurch ins Spiel, daß die Anerkennung der Person als solche und insbesondere als Träger von Intentionalität die Voraussetzung für die Anerkennung der Wahrheit der es-scheint-Sätze bildete. Der Frage der Legitimation des Personbegriffs wird in B nachzugehen sein. Es wird sich dort eine wechselseitige Abhängigkeit in Beziehung auf den Wahrheitssinn herausstellen. Die zweite Voraussetzung bildet die wirkliche Durchführung der Legitimation des Wahrheitssinns. Mit der Wahrheit der es-scheintSätze ist nur der Punkt markiert, von dem aus diese Legitimation zu erfolgen hat, m. a. W. daß unsere Sätze wirklich auf Objektivität bezogen sind. In den oben gebrauchten Formulierungen wurde dies immer implizit vorausgesetzt, etwa indem von der Fixierung von Wahrheitsbedingungen die Rede war. Konkret ist zu zeigen, daß mit den mirscheint-daß-Sätzen bzw. in ihnen ein Bezug auf Objektivität notwendigerweise schon gesetzt ist. Dies bräuchte ja keineswegs unbedingt der Fall zu sein; es könnten dem Subjekt sensorische Gehalte ›erscheinen‹, ohne daß mit dem Erscheinen in diesem Sinn eine kognitive Beziehung auf sie zu verbinden wäre, die noch dazu einen Bezug auf Objektivität darstellen würde. In C wird versucht werden, die letztgenannte Möglichkeit auszuschließen und so die Legitimität des Objektivitätsanspruchs unserer Urteile darzulegen, und zwar in Anlehnung an Kants Argumentation in der B-Auflage der Transzendentalen Deduktion. Damit sollen die programmatischen Erwägungen beendet sein, die 72

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sich anknüpften an Wittgensteins Regelfolgenparadox mit dem Versuch, unter den Bedingungen der Skepsis an der Existenz solcher Entitäten wie Bedeutungen und der Existenz einer ›geistigen‹ Fähigkeit, die die Bedeutungshaftigkeit unserer Ausdrücke sichern sollte, eine positive Antwort auf die Frage nach der Rechtfertigung der Rede von Bedeutung zu skizzieren. Im Verlauf dieser Skizze hat sich dann auch herausgestellt, daß diese Antwort ipso facto auch eine hinsichtlich des Sinnes von Wahrheit ist, was nicht weiter überrascht, wenn der Begriff der Bedeutung an den der Wahrheitsbedingungen gebunden wird.

II.4. Holismus Nachzutragen ist noch eine dritte Form der Kritik an der Ontologisierung der Bedeutung, deren zentrales Ergebnis, die Untrennbarkeit von Sprache und Theorie, oben schon vorweggenommen wurde. Angeknüpft werden soll an Quines schon klassisch gewordenen Aufsatz »Two dogmas of empiricism« 35 . Den Ansatzpunkt dabei bildet die (vermeintliche) Tatsache, daß Bedeutungen qua objektiv existierende Wesenheiten auch die Rolle spielen können, gewisse Aussagen wahr zu machen. Anders (und vertrauter) ausgedrückt: Es geht um das Problem der analytischen Wahrheiten bzw. um die Haltbarkeit der analytischsynthetisch-Dichotomie. Dabei besteht die Kritik nicht (wie manche Quine-Interpreten wie Verteidiger der analytisch-synthetisch-Dichotomie meinen) in der These, die Unterscheidung ließe sich nicht durchführen (dies trifft einfach nicht zu), noch in der Behauptung, sie sei nicht exakt und unzweideutig genug (Vagheit und Problemfälle gibt es bei den meisten empirischen Unterscheidungen). Vielmehr zielt sie darauf, daß der Begriff von Bedeutungen als objektiv existierende Entitäten nicht in nichtzirkulärer Weise formulierbar ist. Quine erörtert drei Versuche einer begrifflichen Bestimmung von Analytizität (und damit von Bedeutung[en]): Der erste Vorschlag besteht darin zu sagen, analytische Wahrheiten wie ›kein Junggeselle ist verheiratet‹ seien durch Definition auf logische Wahrheiten zurückführbar. Es ist leicht zu sehen, daß dies nicht weiterhilft: Definitionen rekurrieren entweder auf Synonymien, präzisieren den bestehenden Sprachgebrauch oder verleihen einem 35

In: ders., From a logical point of view. Cambridge, Mass. 1953, S. 20–46. A

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neuen Zeichen erst seine Bedeutung. In formalen Systemen schließlich haben Definitionen die Funktion von Übersetzungsregeln. In keinem Fall ist es also möglich, mittels des Definitionsbegriffs den der Synonymie respektive Analytizität zu erklären. Der zweite Vorschlag rekurriert auf die Austauschbarkeit salva veritate als Kriterium bzw. Definiens von Synonymie. Allerdings existieren (etwa durch Zitation entstehende) Kontexte, in denen Synonyme nicht austauschbar sind (z. B. ››Junggeselle‹ hat weniger als zwölf Buchstaben‹). Diese wären aber auszuschließen, wenn man die Austauschbarkeit innerhalb von Worten ausschlösse (und eine Zitation als ein Wort behandelte). Nun wäre die Austauschbarkeit in einer rein extensionalen Sprache kein zureichendes Definiens für Synonymie. Eine Sprache jedoch, die diejenigen Kontexte (z. B. auch Modaloperatoren) aufweist, die die Austauschbarkeit salva veritate zu einem solchen zureichenden Kriterium machen würden, ist ihrerseits nur verständlich, wenn der Begriff der Analytizität geklärt ist – der Zirkel ist offensichtlich. Der dritte Vorschlag verwendet den Begriff der semantischen Regeln, die für eine bestimmte Sprache S die analytischen Wahrheiten festlegen als diejenigen, die aufgrund einer solchen Regel wahr sind. Dies ist aber solange keine Erklärung von Analytizität, als ›S‹ nicht auch als Variable betrachtet werden kann. Dann aber hat man nur den ungeklärten Begriff der Analytizität durch den ebenso ungeklärten der semantischen Regel ersetzt. Quine schließt seine Kritik mit einer Betrachtung des Verifikationismus in der Bedeutungstheorie. Hier scheint es so zu sein, daß man in der Lage wäre, Bedeutungen zu individuieren, nämlich als Verifikationsprozeduren. Dagegen sprechen zwei Defizienzen des Verifikationismus in seiner klassischen (vor-Quineschen) Form (im logischen Empirismus), nämlich der Reduktionismus, und die unhaltbare Vorstellung, eine Aussage könnte gleichsam in Isolation von allen anderen verifiziert werden. Beide sind sowohl miteinander eng verbunden wie mit dem »Dogma« der analytisch-synthetisch-Dichotomie: Wenn es sinnvoll ist, von der Bestätigung einer isolierten Aussage zu sprechen, scheint es auch sinnvoll zu sein, von einem Grenzfall von Aussage zu sprechen, die unabhängig von äußeren Fakten, allein durch ihre sprachliche Komponente, wahr (bestätigt) sind. Die angesprochenen Defizienzen führen (wenigstens, was Quine 74

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betrifft) nicht zu einer Aufgabe des Verifikationismus (und damit des Empirismus), sondern zu seiner Modifikation, die einer Radikalisierung gleichkommt. Mit der analytisch-synthetisch-Dichotomie wird auch die Vorstellung aufgegeben, Sätze stünden einzeln dem »Tribunal der Erfahrung« gegenüber. Resultat ist eine holistische Konzeption von Bedeutung, die keinen Typ von Aussagen gegen Revidierbarkeit immunisiert. Festzuhalten bleibt, daß diese Wendung zum Holismus ohne die Leugnung des ontologischen Charakters von Bedeutung unmöglich wäre. Die Quineschen Argumente gegen den Begriff der Analytizität respektive die Existenz von Bedeutungen erscheinen vielleicht deshalb als etwas unbefriedigend, weil sie sich nur auf verschiedene Versuche beziehen, diesen Begriff positiv zu fassen, aber ihn nicht ganz im allgemeinen als irreal erweisen. Ein entsprechendes Argument könnte vielleicht nach folgender Strategie vorgehen: Nach dem Ockhamschen Prinzip kombiniert mit der Devise »no entity without identity« wären Bedeutungen als Entitäten in normalen (»geraden«) Kontexten deshalb abzulehnen, weil sie dort gewissermaßen nur einen Reflex der Entitäten auf der Referenzebene darstellen. Sie in Beziehung auf andere Typen von Kontexten einzuführen, wäre deshalb zirkulär, weil diese ihrerseits nur verständlich sind unter Voraussetzung der Legitimität der Annahme der Existenz von Bedeutungen. Bei dem ersten Argument wurde eine Semantik der Wahrheitsbedingungen vorausgesetzt. Eine semantische Konzeption, die (prima facie) auf der Bedeutungsebene Individuationskriterien sui generis vorsieht wie der Verifikationismus und damit von dem Argument nicht getroffen zu werden scheint, verfällt aber der oben schon vorgetragenen Kritik: Entweder handelt es sich ganz einfach nur um eine verbale Verschleierung einer reduktionistischen Ontologie (also gar nicht um eine andere semantische Theorie), oder aber dasjenige, was dabei unter ›Bedeutung‹ verstanden wird, kann nicht mehr als philosophisch relevante Kategorie aufgefasst werden, weil der zur Rechtfertigung dieser Relevanz notwendige Rekurs auf die Differenz zwischen faktischen und Gültigkeitsproblemen für diese Art von ›Bedeutungen‹ keine Rolle spielt (die Probleme der konkreten Durchführung eines verifikationistischen Programmes, auf die Quine abhebt, sind dabei noch gar nicht berührt).

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Außerdem wäre folgendes Regreßargument gegen die objektive Existenz von Bedeutungen denkbar, das übrigens, anders als das im Zusammenhang mit Freges Sinnbegriff konstruierte, von der Annahme der Kognitivität von Bedeutung unabhängig ist: Die objektive Existenz von Bedeutungen impliziert die Existenz von weiteren Bedeutungen, nämlich derjenigen solcher Sätze, in denen auf die erstgenannten Bedeutungen Bezug genommen wird etc. ad infinitum. (Die faktische Existenz solcher Sätze ist dabei irrelevant für die Notwendigkeit der Existenz dieser infiniten Hierarchie weiterer Objekte, die aus rein a priorischen Gründen postuliert werden. Man kann nun sicher darüber streiten, welche argumentative Kraft solche Regreßargumente wirklich haben – auf jeden Fall dürften sie Zweifel säen an der zunächst so unproblematisch scheinenden Ontologisierung von Bedeutung.) Quines Holismus hat jedoch seine Tücken, wenn man ihn in einer völlig unqualifizierten Weise versteht (Quine selbst tut dies sicherlich nicht). Näher betrachtet mündet er ein in die Skepsis (in dem oben bestimmten Sinn). Entfällt nämlich die Möglichkeit der Entwicklung eines Begriffs der Rechtfertigung von Wahrheitsansprüchen in Beziehung auf die Realität, 36 so ergibt sich eine nichtbehebbare Relativität von Gesamttheorien bzw. Meinungssystemen. Die angesprochene Beziehung auf die Realität, durch die die Relativität aufgehoben werden könnte, ist unter einem zweifachen Aspekt zu sehen: Einmal hat sie Rechtfertigungsfunktion, zum anderen aber soll es sich ja nicht um einen begrifflichen (im weitesten Sinn genommen) Zusammenhang wie den zwischen Meinungen handeln, also doch wohl um einen Realkonnex irgendeiner Art. Nun stellt die Kategorie der Wahrnehmungen diejenige Kategorie von Meinungen dar, bei der dieser zweifache Aspekt geradezu definitorisch ist. Man kann daher vermuten, daß die Theorie der Wahrnehmung in der Weiterentwicklung der Konzeption von Wahrheit eine zentrale Rolle spielen dürfte. Eine weitere wichtige Folgerung, die natürlich auch aus dem Wahrnehmungsbegriff zu erschließen wäre, betrifft die Notwendigkeit Diese Möglichkeit ist signifikant schwächer als die im Sinne des epistemologischen Fundamentalismus konzipierte Rechtfertigung von Meinungen in Beziehung auf etwas, das nicht wiederum Meinungscharakter hat; im übrigen bleibt offen, wie ›Begriff der Rechtfertigung‹ und ›Beziehung auf die Realität‹ zu bestimmen ist.

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der Einführung einer Kategorie, die die Beziehbarkeit von Meinungen und Realität im angesprochenen Sinn verbürgt, eine Kategorie von etwas, das einerseits dem Epistemischen zuzuordnen, in irgendeiner Weise Bestandteil der Wahrnehmung ist, andererseits nicht mit dem Epistemischen zu identifizieren und in einer Weise real ist, in der das Epistemische für sich genommen dies nicht ist. Es handelt sich um die Kategorie des Sensorischen, deren Notwendigkeit so auch unabhängig vom Verweis auf (immer bestreitbare und de facto auch bestrittene) Phänomene einleuchtet oder zumindest plausibel wird. In Beziehung auf das Sensorische wird dann auch eine Theorie der Täuschung möglich (in der Tat ist eine Wahrnehmungstheorie wesentlich eine Theorie der Möglichkeit von Täuschung), die denkbar werden läßt, inwiefern auch eine falsche Meinung noch ein Bezug auf Realität hat. Indem damit ein Zusammenhang der Bestimmung des Sinnes von ›wahr‹ mit der erkenntnistheoretischen und näher der Täuschungsproblematik hergestellt ist, wird auch das Wahrheitsmoment derjenigen Konzeption von Skepsis gerettet, die diese in Beziehung auf die Täuschungsmöglichkeit formulieren will. Es wird auch hier erkennbar, daß Erkenntnis und näher Wahrnehmungstheorie einer Konzeption von Wahrheit nicht schlichtweg äußerlich sind. Bevor dies in den Teilen B und C ausführlicher zum Thema wird, sollen im folgenden einige Betrachtungen zu den naturalistischen Versuchen folgen, den Bereich des Semantischen entweder naturalistisch zu reinterpretieren (die reduktive Variante des Naturalismus) oder sich eliminationistisch zu ihr zu verhalten.

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III. Der Naturalismus in der Semantik

III.1. Die reduktive Variante (Field, Loar) Bisher ist die ins Auge gefaßte Konzeption von Wahrheit (und Bedeutung) nur als Antwort auf bzw. im Gegensatz zu der Skepsis (im hier verwendeten Sinn) dargestellt worden. Es existiert aber noch ein anderer, im Kontext der analytischen Philosophie sehr wirkungsmächtiger Typ von Positionen, der auf die gleiche Problemlage antwortet oder zumindest so interpretiert werden kann und zwischen der positiven (um es vorwegzunehmen, transzendentalistischen) Konzeption von Wahrheit und der Skepsis zu verorten ist. Gemeint ist der Naturalismus, der einerseits, im Gegensatz zur Skepsis, Wahrheits- respektive Objektivitätsansprüche ernstnimmt, da der (natur-)wissenschaftliche Diskurs, der die »facts of the matter« thematisiert, als legitimiert betrachtet werden soll, andererseits aber im Gegensatz zu einer transzendentalistischen Position dies nicht zum Anlaß nimmt, eine genuin philosophische, d. h. den Bereich des Diskurses der empirischen Wissenschaft verlassende Konzeption zu entwickeln. Der damit angesprochene Naturalist unterscheidet sich, indem er in die genannte Konstellation gestellt wird, in signifikanter Weise vom traditionellen Materialismus (bzw. Naturalismus) 37 etwa des 18. und 19. Jahrhunderts. Es genügt offenbar nicht, die These zu verteidigen, alle Ereignisse in der Welt seien prinzipiell von der empirischen Wissenschaft erklärbar und in diesem Sinne materiell; in der Tat kann dies von der Seite des Transzendentalismus geschenkt werden (es wird noch Wenn auch im folgenden die Ausdrücke ›Materialismus‹ und ›Naturalismus‹ wie Synonyme verwendet werden, wird doch der Bezeichnung ›Naturalismus‹ deshalb meist der Vorzug gegeben, weil damit nicht eine bestimmte Ontologie assoziiert wird, während bei der Rede vom ›Materialismus‹ sich eben aufgrund der materialistischen Tradition eine solche Vorstellung (z. B. einer atomistischen Ontologie) zuweilen aufdrängen mag. Welche Ontologie dagegen ein Naturalist (in dem hier gemeinten, weitgehend Quine verpflichteten Sinn) haben mag, hängt von seiner Antwort auf empirische (naturwissenschaftliche) Fragen ab.

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zu zeigen sein, daß dies auch für den Bereich der Philosophie des Geistes, konkret für das Leib-Seele-Problem gilt, hinsichtlich dessen man am ehesten denken mag, es gehe hierbei um die Verteidigung eines bestimmten Bereichs von Entitäten gegen den materialistischen Zugriff). Vielmehr hat der Naturalismus eine andere Problemlast zu tragen (genaugenommen die einzige für ihn als philosophische Position, also sofern er mehr ist als die Darstellung und Propagierung einer bestimmten Art von ›Weltbild‹), die ihm durch den Transzendentalismus (und somit auch indirekt durch die Skepsis) aufgebürdet wird. Es handelt sich um den Hinweis darauf, daß die vom Naturalismus geleistete Weltbeschreibung (von der Frage nach der empirischen Wahrheit einmal abgesehen) nur akzeptabel ist, wenn der Geltungsanspruch dieser Beschreibung, ihr Objektivitätsanspruch als solcher, legitimierbar ist gegen die Skepsis. Der Naturalismus muß also eine (selbstredend naturalistische, nichttranszendentalistische) Theorie dieser Geltungsansprüche liefern, ist mithin gezwungen, eine eigene Konzeption des Semantischen zu entwickeln. Um es noch einmal zu betonen: es handelt sich dabei um eine Konzeption von Wahrheitsrespektive Objektivitätsansprüchen als solchen, d. h. um deren Geltungsaspekt; mit dem banalen Hinweis darauf, daß sie qua empirische Ereignisse kausal bedingt und naturalistisch beschreibbar sind, ist es also nicht getan, zumal sich das genannte Problem sofort wieder einstellt. Es gibt nun zwei Varianten des derart ›idealtypisch‹ bestimmten Naturalismus, die reduktive und die eliminative Variante (es mag auch Kombinationen davon geben – W. Sellars’ philosophische Konzeption stellt eine solche dar). Wie die Charakterisierungen nahelegen, bietet die erste für das Semantische ein naturalistisch beschreibbares ›Substitut‹ an, während die zweite einen Weg sucht, die Fragestellung als ins Leere zielend darzustellen. Der reduktive Naturalismus in der Semantik ist nun in der letzten Zeit wiederum in zwei Formen aufgetreten: Die eine, die vor allem mit dem Namen H. Field verbunden ist, strebt eine Naturalisierung der Semantik auf dem Weg der Entwicklung einer kausalen Theorie der Referenzbeziehung (»primitive denotation«) an. Die andere, deren überzeugendste Formulierung m. E. mit B. Loars Mind and Meaning 38 vorliegt, geht das Problem von der Seite der Intentionalität an: zu38

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nächst wird eine naturalistische (genauer funktionalistische) Theorie der Meinungs- (und anderen intentionalen) Zustände entwickelt, denen dann die entsprechenden Wahrheitsbedingungen zugeordnet werden sollen, wodurch sie als Träger von Bedeutung bzw. Vollzüge von Wahrheitsansprüchen interpretierbar werden. Es ist leicht erkennbar, daß diese Konzeption der Grundstruktur des Griceprogramms folgt, das Semantische auf das Intentionale zu reduzieren. Vielleicht stellt der reduktive Naturalismus auch die einzige Möglichkeit dar, dieses Programm zu substantiieren.

III.1.a. Referenz als kausale Relation Zunächst soll jedoch die erste Form des reduktiven Naturalismus kurz betrachtet werden. H. Fields Theorievorschlag hat, sieht man einmal ab von der naheliegenden vortheoretischen Intuition, in der Semantik gehe es in erster Linie um die Beziehung zwischen Wort und Gegenstand (und was liegt dann näher als die Betrachtung von kausalen Aspekten dieser Beziehung), einen doppelten Motivationshintergrund. Zum einen ist der Einfluß von S. Kripkes Betrachtungen über die Semantik von Eigennamen und die sich daran anschließende Diskussion über die sogenannte kausale Theorie der Eigennamen spürbar. 39 Wichtiger aber noch ist der Anschluß an die Arbeiten A. Tarskis zum Wahrheitsbegriff, die der semantischen Begrifflichkeit wissenschaftliche Respektabilität verschafften. Dabei sieht Field die rein formale Grundlegung der logischen Semantik durch die Einführung des Erfüllungsbegriffes, der Wahrheit in einer bestimmten formalen Sprache zu definieren erlaubt, im Zusammenhang einer Strategie einer naturalistischen Reduktion der Semantik, die ihr erst eigentlich den wissenschaftlichen Status sichern würde. (Er befindet sich damit in der Tat in Einklang mit Äußerungen Tarskis, der dem Szientismus des Wiener Kreises nahestand. Ob es allerdings irgendeine immanente sachliche Motivation unabhängig von prinzipiellen Präferenzen, die von der lo-

In B.I wird noch etwas näher erörtert werden, ob Kripkes Begriff der rigiden Designation wirklich im Kern von Annahmen etwa über die konkreten Bedingungen unserer Verwendung von Eigennamen abhängt, die in einer solchen ›kausalen Theorie‹ erfaßt werden.

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gischen Semantik bzw. Modelltheorie zu einem reduktionistischen Naturalismus führen könnte, gibt, ist wohl fraglich.) Eine solche Reduktion findet nun in Tarskis Arbeit auch nicht statt; um sie zu erreichen, fordert Field darüber hinaus eine naturalistische Interpretation des Grundbegriffs der »primitive denotation«, m. a. W. eine kausale Theorie der Referenzbeziehungen (sowohl singulärer Terme zu ihren Referenten wie genereller Terme zu ihren Extensionen). Wenn dies einmal geleistet wäre, könnten ja auch alle anderen semantischen Begriffe (Erfüllung und damit auch Wahrheit) mit Hilfe der Tarskischen Technik definiert werden. Die Problematik dieses Ansatzes ist ganz allgemein darauf zurückzuführen, daß er nicht den Wahrheits-, sondern den Referenzbegriff als für die semantische Theorie basal annimmt. Zwar wird dies durch die Struktur des Tarski-Projektes nahegelegt, bei dem in der Tat Wahrheit in einer bestimmten Sprache S durch eine referentielle Beziehung (Erfüllung) erklärt wird. Es handelt sich nun aber um eine erheblich verschobene bzw. erweiterte Problemsituation. Diese Verschiebung zeigt sich vor allem daran, daß nicht mehr eine rein semantische Erklärung verlangt wird, sondern eine (naturalistische, nichtsemantische) Erklärung der semantischen Theorie selbst. Und es ist kurzschlüssig zu meinen, aus der Tatsache, daß innerhalb der semantischen Theorie, die die Wahrheitsbedingungen für die Sätze der jeweiligen Sprache festlegt, der Referenzbegriff grundlegend ist, folge, daß dieser Primat gegenüber dem Wahrheitsbegriff auch für die naturalistische Erklärung bzw. Reduktion der semantischen Theorie selbst gelte. 40 Es spricht vielmehr einiges dagegen, denn diejenigen sprachlichen Einheiten, in Beziehung auf die eine Beziehung zur Realität unmittelbar empirisch konstatierbar ist (man denke an die Disposition zur Zustimmung und Ablehnung von Sätzen in Beziehung auf konkrete Wahrnehmungssituationen), sind nicht einzelne Worte, sondern Sätze (dies gilt im übrigen nicht nur für den assertorischen Modus, sondern ganz allgemein). Dies schließt natürlich nicht aus, daß die Beziehung zwischen einem Designator und seinem Referenten kausale Aspekte aufweist, wahrscheinlich wird sogar in den meisten Fällen eine Art von Kausalkette zwischen dem Gegenstand und einer Verwendung seiVgl. McDowell, J., »Physicalism and primitive Denotation: Field on Tarski«, in: Erkenntnis 13 (1978), S. 131–152.

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nes Namens nachweisbar sein. Daraus folgt aber nicht, daß es einen bestimmten Typ von Kausalbeziehung gibt, der zwischen jeder Verwendung irgendeines Namens und dessen Referent besteht. Genau dies ist aber für eine naturalistische Reduktion der Referenzbeziehungen unbedingt erforderlich; ansonsten nämlich ergäbe sich eine Zirkularität: Irgendwelche Kausalbeziehungen zwischen Fällen der Verwendung irgendeines Namens und dessen Referenten würden nur deshalb als Erklärung der Denotation angenommen, weil das Vorliegen der Denotationsbeziehung in diesen Fällen vorausgesetzt ist (entscheidend dabei ist nicht, daß die naturalistisch beschreibbaren Realisierungen der Referenzbeziehung verschiedenartig sind, sondern, daß die These, bei diesen verschiedenen kausalen Beziehungen handele es sich gleichermaßen um Fälle von Referenz, selbst nicht in naturalistisch akzeptabler Begrifflichkeit legitimierbar ist). Ein weiterer schwerwiegender Einwand gegen Fields Projekt ergibt sich aus Quines These der Unerforschlichkeit der Referenz, die jedoch erst unten im Zusammenhang mit Quines Strategie eines eliminativen Naturalismus behandelt werden soll. Last not least ist nur noch darauf hinzuweisen, daß selbst wenn Fields Vorhaben von Erfolg gekrönt wäre, damit der skeptischen (bzw. transzendentalistischen) Herausforderung noch nicht adäquat begegnet wäre. Im Idealfall kann eine naturalistische Beschreibung von Wahrheitsansprüchen als solchen (d. h. nicht einfach als empirischen Ereignissen unter anderen) gegeben werden, aber nicht deren Legitimation qua Wahrheitsansprüche, m. a. W. der Nachweis, daß »Wahrheit« mehr ist als ein Wort, in Beziehung auf dessen Verwendung sich de facto ein bestimmter Typ von Sprachverhalten organisiert. Dieser Kritik mag man entgegnen, das transzendentalistische Legitimationsverlangen sei unerfüllbar, weil übertrieben. Was realistischerweise nur geleistet werden könne und von dem diskutierten Theorievorschlag – von den angesprochenen konkreten Einwänden abgesehen – auch geleistet werde, sei eine Legitimation ›von innen‹ durch die Verankerung des Semantischen in objektiven empirischen Sachverhalten. Hinter dieser Entgegnung steht die Überzeugung, eine Legitimation unserer Wahrheitsansprüche als solcher sei undenkbar, die sich ihnen gegenüber ›extern‹ verhält. Es wird sich zeigen, daß die transzendentalistische Legitimation in der Tat eine Legitimation ›von innen‹ ist. Dies läßt sich aber von dem Legitimationsvorhaben des reduktiven Materialismus (dieser Variante) deshalb nicht mit Recht be82

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haupten, weil es sich um überhaupt keine Legitimation handelt, denn was als Legitimation angeboten wird, gehört ja zu dem, wofür eine Legitimation gerade verlangt wird. Aus der Sicht des Skeptikers schrumpft die beanspruchte Immanenz der Legitimation, die die empirische, naturalistisch erfaßbare Objektivität erreichen sollte, zusammen zu der Immanenz des Sprachverhaltens, von dem nur noch zu sagen ist, daß in ihm auch im Falle der Reflexion über sich (der Frage nach seiner ›Legitimation‹) keine Störungen und Inkohärenzen auftreten (wobei diese Störungsfreiheit eben nicht begründet werden kann, sondern nur als bloßes [vielleicht vorübergehendes] Faktum konstatierbar ist). Angesichts dessen, daß die Schwierigkeiten von Fields Ansatz sich daraus ergeben, daß dem Referenzbegriff ein Primat gegenüber dem der Wahrheit zugestanden wurde, könnte man auf die Idee verfallen, in Beziehung auf Wahrheit einen reduktionistischen Naturalismus zu entwickeln. Es ist jedoch leicht zu sehen, daß dies ein aussichtsloses Unterfangen darstellen würde, und zwar wegen der schlichten, aber grundlegenden Tatsache, daß Wahrheit und Falschheit einer Behauptung im allgemeinen unabhängig von deren Ursachen sind. Es gibt denn auch wohl keinen Theoretiker, der dieses ›Programm‹ verfolgen würde.

III.1.b. Naturalisierung der Intentionalität Ganz anders verhält es sich mit einer Strategie, die indirekt einen Reduktionismus im semantischen Bereich erreichen will (bei dem der Primat von Wahrheit über Referenz [respektive von Sätzen gegenüber Einzeltermen] gewahrt ist), indem direkt die Träger von Wahrheitsansprüchen (sprich: Meinungen) in reduktionistischer Absicht theoretisch behandelt werden. Der Reduktionismus richtet sich also zunächst auf die Intentionalität, und zwar ohne daß für diese das Semantische in irgendeiner Weise als konstitutiv angenommen würde (und angenommen werden könnte: das Programm wäre ja dann unmittelbar zirkulär). Im zweiten Schritt werden den derart naturalistisch beschriebenen Meinungen (respektive funktionalen Rollen) Wahrheitsbedingungen zugeordnet. Im Rahmen der hier verfolgten Fragestellung brauchen die Details A

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der ins Auge gefaßten Theorie der Intentionalität nicht erörtert zu werden. 41 Zu erwähnen wären nur zwei Punkte: Es handelt sich um eine funktionalistische Theorie und das Problem, wie man Meinungen bzw. die entsprechenden funktionalen Zustände spezifiziert, ohne daß man ihnen als solchen schon semantische Eigenschaften zuspricht, wird dadurch gelöst, daß die natürlich für eine solche Spezifikation nötigen Propositionen den Status von bloßen Indizes funktionaler Rollen erhalten, für diese selbst jedoch nicht konstitutiv sind (damit wird die Frage bedeutungslos, wie Propositionen philosophisch zu interpretieren sind). 42 Entscheidend beim Übergang von der ›reinen‹ (d. h. nichtsemantischen) Intentionalität zu den ihr zuzuordnenden Wahrheitsbedingungen ist die auch von Loar reflektierte Frage danach, wie dabei das richtige Wahrheitsprädikat aus den vielen (rein formal) möglichen (s. o. S. 29 f.) ausgesondert werden kann, so daß über eine nach Tarskis Methode erstellte Definition des Wahrheitsprädikats für die Sprache, in der die Indizes der funktionalen Rollen formuliert sind, jenen Indizes Wahrheitsbedingungen und damit den im Prinzip von Sprachlichkeit unabhängig thematisierten Meinungen intentionale Gehalte zugeordnet werden können. Ein falsches Wahrheitsprädikat würde natürlich auch zu abwegigen Meinungen (bzw. zur Abwegigkeit von deren Wahrheitsbedingungen) führen. Loar führt als Hauptkriterium des richtigen, d. h. unseres Wahrheitsprädikats an, daß bei seiner Wahl die Beobachtungsmeinungen informativ verläßlich sind. Diese Eigenschaft soll also das Wahrheitsprädikat hinsichtlich der Wahrheitsbedingungen von Beobachtungsmeinungen eindeutig festlegen. 43 Die Übertragbarkeit dieser Eindeutigkeit auf theoretische Meinungen wird im wesentlichen durch Rekurs auf Ramseys Konzeption theoretischer Aussagen gestützt. 44 Selbst wenn man diese Überlegungen akzeptiert (die durch die noch zu diskutierenden Quineschen Indeterminiertheitsargumente sowohl hinsichtlich Referenz wie Ontologie und Wahrheitswerten radikal in Frage gestellt werden), bleibt die Frage, inwiefern damit eine 41 Eine sehr präzise und ausführliche Darstellung liefert B. Loar in Mind and Meaning, a. a. O. 42 Relevant sind sie zunächst nur als Sätze, d. h. als syntaktisch charakterisierbare Gegebenheiten. 43 Vgl. Mind and Meaning, a. a. O., S. 175 ff. 44 Ebd., S. 187 ff.

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Antwort auf das gestellte Problem gegeben wurde, sofern man dieses, wie es hier geschieht, im Lichte einer möglichen Legitimationsstrategie betrachtet, durch die sich der Naturalismus von der Skepsis abgrenzen könnte und so eine echte Alternative zum Transzendentalismus darstellen würde (darauf, daß die starke Betonung dieses Aspektes sich nicht unbedingt voll mit den Intentionen der betreffenden Autoren decken mag, wurde schon hingewiesen). Was gezeigt worden ist, ist ja nur, daß unser Wahrheitsprädikat dadurch charakterisiert ist, daß die in Wahrnehmungsmeinungen artikulierten Wahrheitsansprüche allgemein für informativ verläßlich gehalten werden. Kann man ihre Falschheit aber a priori ausschließen (»brains in a vat«)? 45 Die Voraussetzung der »Verläßlichkeit« bedeutet, daß wir unter optimalen Bedingungen allwissend sind. Wie aber kann das Vorliegen oder Nichtvorliegen dieser Bedingungen in nichtintentionaler Begrifflichkeit charakterisiert werden? 46 Aus dem Wittgensteinschen Paradox des Regelfolgens (vgl. A.II) läßt sich noch ein weiterer Einwand herleiten – es sei an das Beispiel der folgenden beiden Operationen erinnert: (1) Das ›normale‹ Addieren von 2; (2) diejenige Operation, die bis zu einer sehr großen Zahl mit (1) übereinstimmt, dann jedoch davon abweicht; nimmt man einmal an, diese Zahl befinde sich jenseits des geistigen Fassungsvermögens einer bestimmten Person, diese Person hätte ferner auch keine allgemeinen zahlentheoretischen Meinungen hinsichtlich von Addition, so ergibt sich, daß hinsichtlich des Gesichtspunkts der Verläßlichkeit (1) und (2) ununterscheidbar wären trotz der vorausgesetzten Bedeutungsverschiedenheit. Außerdem gibt es gegen den reduktiven Materialismus auf dem Gebiet der Intentionalität noch weitere Einwände, die seine Adäquatheit als Theorie der Intentionalität in Zweifel ziehen. Gemeinsam ist diesen Einwänden, daß sie die erscheinende Annahme erschüttern, irgendwelche Entitäten im Geist (seien sie nun mentalistisch oder materialistisch

Im folgenden wird von den Besonderheiten von Loars Konzeption der durch Propositionen indizierten funktionalen Rollen abstrahiert, wenn das Problem der Festlegung der Wahrheitsbedingungen von Meinungen über Verläßlichkeit thematisiert wird. 46 Vgl. die Kritik von Stephen Schiffer in: ders., Remnants of Meaning. Cambridge, Mass. (u. a.) 1987, hier: S. 78 f. 45

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beschrieben), die man als Meinungen auffaßt, könnten die Wahrheitsbedingungen dieser Meinungen determinieren. Auf die erste Schwierigkeit hat H. Putnam aufmerksam gemacht. Sie hängt mit der Besonderheit von de re-Meinungen zusammen. 47 Man stelle sich hier eine andere mögliche Welt vor, in der eine Flüssigkeit existiert, die alle Eigenschaften mit Wasser teilt, die wir zur Identifikation von Wasser gebrauchen (m. a. W. die epistemischen Relationen der Bewohner dieser möglichen Welt zu dieser Flüssigkeit sind mit denen von uns zu Wasser völlig gleich), die jedoch nicht H2O ist, sondern XYZ. Eine Meinung über Wasser ist also, sofern man Meinungen als eine Art von Entitäten im Geist (oder funktionale Zustände im Gehirn) betrachtet, von der entsprechenden Meinung über XYZ nicht unterscheidbar, obgleich ihre Wahrheitsbedingungen differieren. Dies hat Putnam dazu veranlaßt, Kognitivität von Wahrheitsbedingungen zu separieren, eine für einen Vertreter einer kognitiven Konzeption von Bedeutung (qua Wahrheitsbedingung) schlichtweg inakzeptable Konsequenz. Im übrigen dürfte es dann kaum möglich sein, eine einheitliche Konzeption von de dicto- und de re-Meinungen zu entwickeln: Inwiefern kann man unter diesen Bedingungen die sogenannten de reMeinungen überhaupt als Meinung und damit als von propositionaler Struktur auffassen? Sind sie etwa ein eigenartiges ›Kompositum‹ aus amputierter Kognitivität und einem realen Objekt? (Daß man sie rein formal, d. h. im Zusammenhang eines Analyseschemas, das Sätzen entsprechende Wahrheitsbedingungen [eventuell unter Einführung von Kontextparametern] zuordnet, vielleicht so ›auffassen‹ kann, mindert nicht die Absurdität der Annahme qua Vorschlag innerhalb einer In der Tat ist das folgende Beispiel samt seiner für eine ontologisierende Theorie der Intentionalität negativen Konsequenzen auch so darstell- bzw. interpretierbar, daß die Annahme, es handle sich um de re-Meinungen, überflüssig wird (dann ist das Beispiel eines für T. Burges antiindividualistische These [s. u.]). Putnams Folgerung hinsichtlich der Semantik von Ausdrücken für natürliche Arten, es handele sich um indexikalische Ausdrücke, wird damit fragwürdig, erscheint dann zumindest nicht zwingend (vgl. Burge, T., »Other Bodies«, in: Woodfield, A. [Hrsg.], Thought and Object. Oxford 1982, S. 97–120). Dies alles bedeutet jedoch nicht, daß de re-Meinungen im Zusammenhang des diskutierten Problems kein eigenes Interesse verdienten (wie Burge meint). Denn selbst, wenn irgendwelche mentalen oder materiellen Entitäten die Wahrheitsbedingungen bzw. den propositionalen Gehalt von de dicto-Meinungen determinieren würden (was nicht der Fall ist, wie zu sehen sein wird), bestünde die ›Determinationslücke‹ bei de re-Meinungen nach wie vor.

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Theorie der Intentionalität, der als solcher natürlich voraussetzt, daß man im Ernst an der Kategorie der de re-Meinungen festhält und diese nicht als bloß semantische Eigentümlichkeit gewisser Sätze [bzw. von Vorkommnissen bestimmter Terme darin] (weg-)erklärt.) Loar begegnet der Schwierigkeit dadurch, daß er das Wahrheitsprädikat auf mögliche Welten relativiert. 48 Diese Ausweichstrategie, die die Schwierigkeit im semantischen Bereich (ad hoc-verdächtig) behebt, ist jedoch für denjenigen gerade nicht akzeptabel, der an de reMeinungen als einer Kategorie von Intentionalität bzw. Kognitivität sui generis festhalten will. Denn wenn funktionale Rollen nicht Wahrheit simpliciter (d. h. in der wirklichen Welt) determinieren, wird unerklärbar, wie sich Meinungen auf diesen realen Gegenstand hier beziehen können, wenn dieser Bezug (z. B. auch einer, die ihn von einem gleich aussehenden etc. counterpart in einer anderen möglichen Welt unterscheidet) unabhängig gedacht wird. Der Hinweis auf eine weitere Schwierigkeit, die sich zwar nicht auf die Besonderheit von de re-Meinungen stützt, aber von der Annahme abhängt, daß die referentielle Funktion nicht auf die deskriptive reduzierbar ist, stammt von S. Kripke: Der Franzose Pierre, der von London (für ihn: ›Londres‹), das er noch nie besucht hat, allerlei Positives gehört hat, kommt dadurch zu der Meinung, es handele sich um eine schöne Stadt, was er wie folgt ausdrückt: ›Londres est jolie‹. Später wohnt er in London, entwickelt sich zu einem kompetenten Sprecher des Englischen, ohne allerdings zu realisieren, daß die Stadt, in der lebt, und die ›London‹ genannt wird, mit der identisch ist, die er auf Französisch mit ›Londres‹ bezeichnet hat. Aufgrund der häßlichen Umgebung, in der er wohnt, kommt er zu einer negativen Meinung über London, was er wie folgt ausdrückt: ›London is not pretty‹. Unter der Voraussetzung, daß er die vorher auf Französisch ausgedrückte Meinung nicht geändert hat und gewisse Minimalbedingungen von Rationalität erfüllt, ist nun die Frage danach in der Tat verwirrend, was Pierre wirklich von London meint. Es gibt selbstverständlich – Kripke selbst verweist darauf – Möglichkeiten, das Beispiel so darzustellen, daß kein »puzzle« entstehen kann, etwa indem man die Situation auf die metalinguistische Ebene transponiert oder aber, wie schon angedeutet wurde, indem man ›Londres‹ und ›London‹ auf reine Beschreibungen reduziert, d. h. sol48

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che, in denen keine referentiellen Ausdrücke auftreten, in Beziehung auf die das Problem sich iterieren würde. Solche Darstellungsweisen haben aber gemeinsam, daß unter ihren Bedingungen die Frage, was Pierre von London meint, nicht gestellt werden kann. Sie geben somit auch keine Antwort darauf. Wie auch immer nun die Lösung des Puzzles aussehen mag, fest steht zumindest, daß, sofern man die Irreduzibilität der referentiellen Funktion 49 und damit das Puzzle als solches akzeptiert, wohl der Konsequenz nicht auszuweichen ist, daß es keine Entität geben kann, die die Wahrheitsbedingung(en) von Pierres Meinungen determiniert. Die wohl allgemeinste dieser Art von Schwierigkeiten – die allgemeinste deshalb, weil sie weder auf de re-Meinungen noch auf einen bestimmten Typ von Ausdrücken beschränkt ist – wurde von T. Burge aufgezeigt. Verdeutlicht wird sie an einem Gedankenexperiment, das aus dem Vergleich einer faktischen mit einer kontrafaktischen Situation besteht: eine bestimmte Person hat (mit Recht) eine Reihe von Meinungen hinsichtlich von Arthritis (daß sie Arthritis in den Fingern hat, daß sie schon seit Jahren Arthritis hat, etc.). Sie glaubt nun zudem fälschlich, sie habe Arthritis im Oberschenkel, eine Meinung, die sie erst aufgibt, als der Arzt sie darüber aufklärt, daß Arthritis nur Gelenke befällt. Nun zur kontrafaktischen Situation, die dadurch gekennzeichnet ist, daß die gesamte physikalisch beschreibbare Geschichte der Person (ihr Sprachverhalten natürlich eingeschlossen) sowie ihre nichtintentional beschreibare Umgebung vollkommen identisch sind mit dem faktischen Fall. Was sich nur geändert hat, ist die Tatsache, daß in der kontrafaktischen Situation ›Arthritis‹ nicht Arthritis bezeichnet. In der angenommenen Situation wird dieses Wort von der Sprachgemeinschaft nämlich nicht nur für Arthritis verwendet, sondern auch für verschiedene andere rheumatische Erkrankungen, so daß die Person bei ihrem Arztbesuch nicht die Meinung aufgeben muß, sie habe ›Arthritis‹ im Oberschenkel. Die verblüffende Konsequenz lautet, daß die Person im kontrafaktischen Fall im Unterschied zur faktischen Situation keine Meinungen über Arthritis hat, obwohl alles, was es hinsichtlich der Person an Daß diese Irreduzibilität in der Tat besteht, wird sich bei der Durchführung der Legitimation des Wahrheitssinnes (vgl. Teil C) herausstellen.

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nichtintentional Beschreibbarem gibt, identisch geblieben ist. Die Differenz betrifft nur die soziale Umgebung (daß damit die Inadäquatheit eines reduktiven Naturalismus der oben skizzierten Bauart gezeigt worden ist, dürfte einleuchten). Burge hat daraufhin eine antiindividualistische (also auch die soziale Dimension einschließende) Konzeption des Intentionalen vorgeschlagen. Hier gilt es allerdings, genau zu beachten, was die entscheidende Folgerung, daß nämlich die Person im kontrafaktischen Fall keine Meinungen über Arthritis hat, notwendig gemacht hat. Es kann sich dabei nämlich nicht um das rein empirische Faktum handeln, daß die anderen Mitglieder der Sprachgemeinschaft sich in ihrer Majorität in einer gewissen Weise verhalten; vorausgesetzt werden muß vielmehr, daß ihre Verwendung des betreffenden Ausdrucks die richtige Verwendung ist (und somit auch festlegen kann, wie der propositionale Gehalt der betreffenden Meinungen der Person bestimmt ist). Auch die Majorität der Sprachgemeinschaft könnte sich ja bei der Verwendung des Ausdrucks in Beziehung auf objektive Gegebenheiten täuschen. Eine Ausnahme bilden solche Ausdrücke, deren Bedeutung durch Nominaldefinition von einer ›obersten semantischen Instanz‹, d. h. von den zuständigen Experten festgelegt wird (bei ›Arthritis‹ liegt es nahe, an einen solchen Fall zu denken, weshalb es auch hier so leicht möglich ist, der irrigen Meinung zu verfallen, das Problem werde durch Einbeziehung eines weiteren Typs von dem Inhalt von Meinungen determinierenden Faktoren, eben den sozialen, gelöst). Nun ist aber in Beziehung auf diese Ausnahme zweierlei zu bemerken: Einmal handelt es sich dabei gar nicht darum, eine Bedeutung (was immer das sein mag) einzuführen, sondern lediglich um die Regelung der Substituierbarkeit von Zeichen, also etwas, was die semantische Ebene als solche nicht betrifft. Ein Zeichen, das über eine Nominaldefinition eingeführt wird, verdankt seine Bedeutung dem betreffenden Definiens, seine Bedeutungshaftigkeit ist also insofern parasitär. Und hinsichtlich dessen, was Bedeutungshaftigkeit überhaupt konstituiert, ist oben im Zusammenhang einer positiven Antwort auf das Wittgensteinsche Regelfolgenparadox schon (teilweise das Resultat der Erörterungen von C.II vorwegnehmend) festgestellt worden, daß Ausdrücken nur insofern Bedeutung zuzuschreiben ist, als ihre Verwendung – wie vermittelt auch immer – auf eine (mögliche) Objektbeziehung rekurriert; nur so war die Gefahr einer vitiösen IndetermiA

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niertheit abzuwenden. Es besteht übrigens auch ein Zusammenhang mit der Privatsprachenproblematik insofern, als dann, wenn Bedeutung nicht in der beschriebener Weise intern durch Beziehung auf Objektivität konstituiert wäre, eine Privatsprache möglich wäre. Insofern aber Bedeutung an Beziehung auf Objektivität gebunden ist, ist jede faktische Verwendung eines betreffenden Ausdrucks der Möglichkeit der Täuschung ausgesetzt. Dies wiederum impliziert, daß kein faktisches Sprachverhalten hinsichtlich eines Ausdrucks (auch nicht das der Majorität der Sprachgemeinschaft) als korrekte Verwendung dieses Ausdrucks vorausgesetzt werden darf. Mithin liegt, um auf das angeführte Gedankenexperiment zurückzukommen, dessen entscheidender Punkt nicht in der Einführung bzw. Entdeckung neuer Fakten (des Sprachverhaltens), sondern in einer durch die Beschreibung der Situation implizit vollzogenen Stipulation – nämlich der der Korrektheit der Verwendung von ›Arthritis‹ durch die Sprachgemeinschaft. Voraussetzung für das Beispiel war die innerhalb der natürlichen Sprache, in der das vorliegt, was H. Putnam »division of linguistic labor« genannt hat, sicher weitverbreitete Tatsache des unvollständigen Verstehens der Bedeutung eines Ausdrucks durch die betreffende Person. Aus dem obigen geht hervor, daß es sich hier in Wahrheit nicht um ein kontingentes Faktum der natürlichen Sprache handelt, das in einer Situation, in der jedes Mitglied der Sprachgemeinschaft über die Gesamtheit des Expertenwissens erfolgen würde, ausgeschlossen wäre. Vielmehr ist das unvollständige Verstehen Index der Tatsache, daß das Wissen von Bedeutung, insofern für Bedeutung Beziehung auf Objektivität konstitutiv ist, immer Täuschungsmöglichkeit ausgesetzt ist. Die im Beispiel eine Rolle spielende Tatsache, daß es de facto Andere gibt, die es möglicherweise besser wissen (wobei der veridische Charakter dieses Wissens, wie gesagt, nur ein stipulierter ist und nicht im Faktum des Verhaltens als solchem liegt), ist nur die Bedingung dafür, das, worum es geht, konkret anschaulich zu illustrieren. Der Sachverhalt, um den es geht, ist der, daß es nichts (keine Entität) geben kann, weder im Geist oder Gehirn der Person noch irgendein Faktum des Sprachverhaltens der ›linguistic peers‹, das den propositionalen Gehalt von Meinungen determiniert. Der Grund dafür ergibt sich aus der schon mehrfach angeführten, für Bedeutung schlechthin konstitutiven Funktion der Beziehung auf Objektivität (und damit auf Wahrheitsansprüche bzw. deren Erfülltsein). Dadurch 90

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nämlich überträgt sich der normative Charakter von Wahrheit auf Bedeutung. 50 Die angesprochene wesentliche Fallibilität des Wissens von Bedeutung ist somit nichts anderes als Ausdruck der Bedeutung schlechthin inhärenten Normativität. Bedeutung sowie das Wissen von Bedeutung kann somit nicht irgendeine objektiv fixierbare Faktizität (sei sie nun mental oder materiell) sein, die unabhängig von Wahrheitsansprüchen als deren Möglichkeitsbedingung bzw. für deren Erklärung zu identifizieren wäre, da diese ja gerade für Bedeutung konstitutiv sind. Alle theoretischen Versuche, die Bedeutung und Intentionalität auf objektivierbare Sachverhalte reduzieren zu wollen, unterliegen somit einem entscheidenden Irrtum, den man als den naturalistischen Fehlschluß in der Theorie von Bedeutung und Intentionalität bezeichnen könnte. Dies gilt somit für den reduktiven Materialismus ebenso wie für einen ›ontologisierenden‹ Mentalismus. Burges eigene Deutung und Lösung seines Problems ist ebenfalls nicht frei davon. 51 Es geht nicht um Individualismus versus Anti-Individualismus, sondern um die tiefer liegende Problematik des Reduktionismus überhaupt (hinsichtlich von Intentionalität). Das (zumindest prima facie-)Scheitern des Individualismus (auch die Bezeichnung ›Internalismus‹ ist mittlerweile geläufig) bei der Bestimmung des intentionalen Gehaltes hat zur Ausarbeitung einer Konzeption bzw. eines Typs von Konzeption geführt, die einerseits anerkennt, daß dasjenige, was in der Person selbst an mentalen oder materiellen Ereignissen, Zuständen, etc. zu konstatieren ist, nicht den intentionalen Gehalt von Meinungen determiniert, andererseits aber an einer individualistisch zu erfassenden Komponente von Bedeutung festhält. Diese Komponente von Bedeutung bzw. intentionalem Gehalt wird als »narrow content« bezeichnet, im Gegensatz zu dem »broad content«, der in der Tat Wahrheitsbedingungen determiniert. ZuweiWoraus sich auch ergab, daß das Wissen von Bedeutung als solches (d. h. nicht nur aufgrund kontingenter Umstände des Spracherwerbs, des Zugangs zu Informationen, etc.) der Fallibilität ausgesetzt ist. 51 Er konstatiert zwar selbst die Wichtigkeit von Normativität für die Bestimmung des intentionalen Gehalts von Meinungen (vgl. »Intellectual Norms and Foundations of Mind«, in: Journal of Philosophy 83 [1986], S. 697–720), er wertet sie aber nur als ein wenn auch zentrales Faktum, das gegen den von ihm so genannten Individualismus geltend gemacht werden kann, diagnostiziert aber nicht die Normativität als solche (und nicht nur das faktische Auftreten von auf Normen bezogenen Phänomenen des Sprachgebrauchs) als den Kern des Problems. 50

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len wird ›Bedeutung‹ auch als doppeldeutig hinsichtlich dieser beiden Formen von ›Gehalt‹ aufgefaßt. Brian Loar entwickelt z. B. einen solchen Begriff von »narrow content« als desjenigen, das die Realisierungsbedingungen (»realization conditions«) von Meinungen bestimmt. 52 Diese Realisierungsbedingungen sind aufzufassen als diejenigen möglichen Welten, in denen die Meinungen wahr sind, die dies in der wirklichen Welt deshalb nicht sind, weil die Verwendung der in ihrer Artikulation auftretenden Ausdrücke wie in den Burge-Beispielen nicht die richtige Verwendung ist. Für das Programm des reduktiven Materialismus bietet sich dieser Begriff deshalb an, weil sich damit die Möglichkeit anzudeuten scheint, jenes Programm hinsichtlich von Intentionalität mittels einer Art kombinierter Strategie zum Erfolg zu führen. Gemeint ist eine Kombination zwischen einem naturalistisch beschriebenen »narrow content« und einem geeigneten Beitrag der Außenwelt, die die hinsichtlich des für sich genommenen »narrow content« bestehende Determinationslücke in Beziehung auf die Wahrheitsbedingungen der entsprechenden Meinungen schließen könnte. Bevor dies etwas näher betrachtet wird, ist die Frage zumindest aufzuwerfen, ob der Begriff des »narrow content« überhaupt in geeigneter Weise substantiierbar ist, m. a. W. die Frage danach, was man sich darunter konkret vorstellen könnte. Hilary Putnam hat Skepsis geäußert hinsichtlich von zwei Vorschlägen zu einer solchen Konkretisierung. 53 Der erste Vorschlag geht auf Jerry Fodor zurück und besteht in der Behauptung, Worte (in der »mentalen Sprache«) seien mit etwas assoziiert, was er »perceptual prototype« nennt. Dabei soll es sich weder um ein konkretes geistiges Bild handeln, noch um etwas im engeren Sinne Sprachliches, 54 sondern eine unabhängig von anderen kognitiven Leistungen bestehende Fähigkeit, bestimmte Muster (»patterns«) wiederzuerkennen. Es ist aber sehr die Frage, ob es sich hier überhaupt um Bedeutungskomponenten handeln kann, die also in der Übersetzung In: »Social and Psychological Content of Thought«, in: Grimm, R. H./Merrill, D. D. (Hrsg.), Contents of Thought. Tucson 1988, S. 99–110. 53 In: Representation and Reality. Cambridge, Mass. (u. a.) 1988, insbesondere Ch. 3. 54 Die Bedeutung eines Symbols oder eine Bedeutungskomponente kann ja auch nicht einfach ein anderes (uninterpretiertes) Symbol sein. 52

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konstant bleiben müßten. Denn nimmt man einmal das Beispiel einer natürlichen Art, etwa Katze, so hängt das konkrete Muster bei einem bestimmten Sprecher sicher wesentlich davon ab, mit welchen Exemplaren (einer speziellen Rasse etwa) er faktisch konfrontiert ist; dies braucht aber nicht zu heißen, daß sein Wort für ›Katze‹ auf diese bestimmten Exemplare (bzw. diese spezielle Rasse) beschränkt sein müßte. Ein anderer Vorschlag zur Konkretisierung des »narrow content« ist der der begrifflichen Rolle bzw. Funktion (»conceptual role«). Gemeint sind dabei innersprachliche Zusammenhänge (ähnlich den »language-language rules« in der Terminologie von Wilfrid Sellars), die rein auf syntaktischer Ebene beschreibbar sind. Diese Einschränkung läßt es aber zu, daß eine so gefaßte begriffliche Rolle eines Ausdrucks sich gravierend verändern kann, ohne daß es zu einem Bedeutungswandel kommt. 55 Wenn man andererseits diese Restriktion fallen läßt, schrumpft der auf begriffliche Rollen rekurrierende Vorschlag zu der vagen These, eine funktionalistische Konkretisierung von »narrow content« sei irgendwie möglich. Nun also zu einer Betrachtung der Erfolgsaussichten der angedeuteten kombinierten Strategie unter der Voraussetzung, daß eine adäquate naturalistische Konkretisierung von »narrow content« doch gelingt, beispielsweise aufgrund einer geeigneten Fassung des Begriffs der »conceptual role«. Die angesprochene Kombination wäre dann die zwischen der innerhalb des Meinungssystems definierten, funktionalistisch beschreibbaren begrifflichen Rolle und der kausalen Beziehung der singulären und generellen Terme auf ihre Referenten bzw. Extensionen. Gegen diesen Vorschlag wären aber dieselben Einwände vorzubringen, die oben schon bei der Betrachtung von Fields Vorschlag einer naturalistischen Reduktion des Referenzbegriffs genannt wurden. 56 Ein Verteidiger des Internalismus (und Vertreter des reduktiven Materialismus), der nicht mit dem Begriff des »narrow content« operiert, ist J. Searle. 57 Seine recht elaborierte Konzeption von Intentiona-

Vgl. Putnams Beispiele in Representation and Reality, a. a. O., S. 48 f. Eine sehr differenzierte Kritik dieses Typs von Vorschlag, der den Begriff des »narrow content« allerdings nicht explizit thematisiert, findet sich in Stephen Schiffers Remnants of Meaning, a. a. O., Ch. 4. 57 Vgl. Intentionality. London (u. a.) 1983. 55 56

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lität (insbesondere Wahrnehmung) kann hier nicht detailliert entwikkelt werden; sie berücksichtigt die Rollen des holistischen Zusammenhangs (»network«) der intentionalen Gehalte sowie die des nichtintentional beschreibbaren »background«, außerdem wird ein besonderes indexikalisches Verhältnis der Person zu ihren eigenen intentionalen Zuständen behauptet. Zentral allerdings für Searles Antwort auf das diskutierte Problem ist seine These, daß die kausale Relation zu dem wahrgenommenen Gegenstand einen Teil des entsprechenden intentionalen Gehaltes darstellt. Wenn man dies akzeptiert, stellen z. B. Putnams »Twin World«-Beispiele (s. o.) offensichtlich keinen Einwand gegen den Internalismus mehr dar. Die Frage ist allerdings, was damit eigentlich akzeptiert würde. Natürlich kann man einen Begriff von intentionalem Gehalt und entsprechend von Kausalität (im Sinne von Searles »intentional causation«) so definieren, daß dies sichergestellt ist. Der Verdacht läßt sich völlig abweisen, daß die Strategie des reduktiven Materialismus hier nur dadurch zum Erfolg führt, daß etwas (die »intentional causation« nämlich) als Teil des Naturzusammenhangs ausgegeben wird, für dessen Annahme aber allein die Absicht maßgeblich war, etwas zu beschreiben, was nur durch Gebrauch des intentionalen Idioms überhaupt thematisierbar wird. Nichts an den Gehirnzuständen einer Person läßt darauf schließen, ob sie einen bestimmten Gegenstand wahrnimmt oder einen qualitativ identischen (von »network« und »background« sei hier einmal abstrahiert). Trotzdem sind die intentionalen Gehalte verschieden; gleichzeitig aber wird von Searle behauptet, Intentionalität sei Teil des biologischen Wesens von Personen. Der geäußerte Verdacht besteht darin, es werde das, was der materialistischen Reduktion entgegensteht, allein aufgrund des Reduktionsprogrammes als Teil des Naturzusammenhanges postuliert. Abschließend sei noch nach allen negativen Resultaten hinsichtlich des reduktiven Naturalismus betont, daß die materielle Basis des psychologischen Gehalts, das also, worauf diese Version des Naturalismus in ihrer Theorie von Intentionalität wesentlich rekurriert, nicht etwa mit Intentionalität gar nichts zu tun hat. Im Gegenteil ist der Bezug darauf bzw. die prinzipielle Möglichkeit des Bezugs darauf eine wesentliche Voraussetzung unseres Diskurses über intentionale Zustände (vgl. B.II). Festzuhalten bleibt auf der anderen Seite, daß der reduktive Na94

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turalismus wie auch jede andere ontologisierende Theorie von Intentionalität prinzipiell zum Scheitern verurteilt ist. Dabei entspricht die Unmöglichkeit, auf der Basis einer solchen Konzeption das richtige Wahrheitsprädikat als das richtige (d. h. im Sinn einer Legitimation) zu identifizieren, der sich innerhalb dieser Konzeption ergebenden völligen Indeterminiertheit von Bedeutung (in Form des propositionalen Gehalts von Meinungen). Daß es sich dabei nicht nur um eine äußerliche Analogie handelt, wurde schon durch den Hinweis darauf deutlich, daß die letztgenannte Indeterminiertheit auf der (in dieser Konzeption) uneinholbaren Normativität von Wahrheit beruht, derjenigen Normativität also, in Beziehung auf die das genannte Legitimationsbedürfnis besteht.

III.2. Die eliminative Variante (Quine) W. V. O. Quine wird allgemein als der Hauptvertreter des eliminativen Naturalismus angesehen. Zentral für die Begründung dieser Konzeption ist bei ihm seine vieldiskutierte These der Indeterminiertheit der Übersetzung. Der ›locus classicus‹ hierfür findet sich im zweiten Kapitel von Word and Object 58 : »The infinite totality of any given speaker’s language can be so permuted, or mapped onto itself, that (a) the totality of the speaker’s dispositions to verbal behavior remains invariant, and yet (b) the mapping is no mere correlation of sentences with equivalent sentences, in any plausible sense of equivalence however loose.« Die Plausibilierung dieser abstrakten These soll in einem Szenarium erfolgen, in dem die Aufgabe besteht, eine radikal fremde Sprache zu übersetzen, wobei die prinzipiell nicht behebbare Indeterminiertheit einer solchen Übersetzung in Beziehung auf alles, was objektiv der Fall (»fact of the matter«) ist, die Wahrheit jener These vor Augen führen soll. Die Indeterminiertheit ist dabei Ausdruck der im obigen Zitat angesprochenen semantischen Nichtäquivalenz jener Sätze, die Definitions- und Wertebereich einer Bijektion der Menge aller Sätze einer Sprache auf sich bilden, einer Bijektion, die die Gesamtheit der Dis58

Cambridge, Mass. 1960, hier: S. 27. A

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positionen zu sprachlichem Verhalten invariant läßt. Die Indeterminiertheit kann (wenn dies auch in »Word and Object« noch nicht deutlich zum Ausdruck kommt) verschiedene semantische Ebenen betreffen: Die singuläre Referenz, die logische Form und die Wahrheitswerte von Sätzen. Bevor diese verschiedenen Formen der Indeterminiertheit sowie ihre Relevanz für die Auseinandersetzung des Naturalismus mit dem Transzendentalismus (und der Skepsis) diskutiert werden, ist es angebracht, noch einen kurzen Blick auf die Weise zu werfen, in der Quine sich eine solche Übersetzungsprozedur hinsichtlich einer radikal fremden Sprache vorstellt. Es dürfte dabei klar sein, daß das Ziel der Quineschen Unternehmung nicht die Erarbeitung einer Methodologie der Feldlinguistik ist, sondern daß in Form solcher Erwägungen zur Methode der radikalen Übersetzung eine gewisse Art von Bedeutungstheorie präsentiert wird. Insofern muß also jeder selbst zugleich sein eigener Feldlinguist und Eingeborener sein. Dies klingt nun paradox: Weiß ich denn nicht mit allergrößter Sicherheit, was ich meine, insofern ich überhaupt semantische Kompetenz in Beziehung auf meine Sprache habe? Folgt aus der Indeterminiertheitsthese etwa, daß diese Überzeugung lediglich auf einer Selbsttäuschung beruht? In der Tat entspricht es Quines Überzeugung, daß solche Aussagen wie ›Ich weiß, was ich meine … ich weiß, worauf die von mir verwendeten Ausdrücke referieren‹ etc. eine Quelle von philosophischen Mißverständnissen darstellen. Die Mißverständnisse betreffen jedoch nicht den epistemischen Zugang zu Meinungen oder Bedeutungen; insofern es hinsichtlich von Semantischem und Intentionalem etwas zu wissen gibt – und zwar zunächst ganz unabhängig davon, wie dieses Wissen philosophisch zu interpretieren ist –, weiß ich es auch. Die von der Indeterminiertheitsthese zu stützende Skepsis betrifft vielmehr dasjenige, was dabei als Gewußtes behauptet wird. Erklärt z. B. jemand emphatisch, er wisse doch, daß ›Kaninchen‹ auf Kaninchen referiere, so manifestiert sich in seiner Äußerung de facto zunächst nur die Disquotationseigenschaft semantischer Prädikate. Ob sich darüber hinaus hier ein Wissen über eine Sprache-Welt-Beziehung namens ›Referenz‹ artikuliert, ist noch sehr die Frage – Quines Argumente werden zeigen, daß dies gerade nicht der Fall ist und der 96

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Betreffende einer Täuschung durch etwas unterliegt, das man als den Mythos der Referenz bezeichnen könnte. Es ergeben sich daraus zwar in der Tat Konsequenzen für Meinungen und Intentionalität überhaupt, es handelt sich aber um indirekte Implikationen eines Arguments, das sich unmittelbar gegen die Existenz semantischer Sachverhalte richtet. Wenn es sich nämlich herausstellt, daß eine Indeterminiertheit von Referenz, Ontologie und Wahrheit besteht, folgt aus der unmittelbar zu ziehenden eliminationistischen Konsequenz hinsichtlich des Semantischen, daß es auch so etwas wie (ontologisch verstandene) Träger von Wahrheitsbedingungen (sprich: Meinungen) deshalb nicht geben kann, weil es diese eindeutig fixierbaren Wahrheitsbedingungen nicht gibt, in Beziehung auf die die Rede von (theoretischer) Intentionalität nur sinnvoll ist (denn was sollten Meinungen sein, die nicht als Meinungen über etwas zu beschreiben sind – es handelt sich dabei wohlgemerkt nicht um die epistemische Schwierigkeit, herauszufinden, welche Wahrheitsbedingungen welchen Meinungen zuzuordnen sind, sondern um die Negation der Möglichkeit der Existenz solcher Entitäten als Konsequenz einer semantischen Indeterminiertheit, die ja [bzw. da diese] ihrerseits nicht als Ausdruck einer epistemischen Schwierigkeit interpretierbar ist [wie noch zu sehen sein wird]). Insofern geht auch alle vermeintliche Kritik an Quines Argumentation in die Irre, die sich auf eine bestimmte Konzeption von Intentionalität gegen deren eliminative Behandlung durch ihn berufen zu können glaubt, ebenso wie der immer wieder zu hörende Vorwurf, das ganze Argument beruhe auf der (falschen und dogmatischen) Voraussetzung des Behaviorismus. Dazu ist zweierlei zu sagen: Natürlich neigt Quine einem Behaviorismus zu, was die Philosophie des Geistes betrifft. Dies tangiert zuweilen die Darstellung seiner Position, aber nicht deren argumentative Basis, zumindest nicht in Beziehung auf die Indeterminiertheitsthese. Es ist auch nicht so, daß die für ihn akzeptable Evidenz prinzipiell auf das in engerem Sinn Behaviorale beschränkt wäre. Vielmehr kann er auf alles physikalisch Beschreibbare (also etwa auch neurophysiologische Prozesse im Gehirn, etc.) rekurrieren, wobei mit dem Kriterium der physikalischen Beschreibbarkeit keineswegs eine Verkürzung der Objektivität verbunden sein muß. Denn das, was »fact of the matter« ist, bestimmt sich nicht in Beziehung auf ein existierendes Paradigma physikalischer Begriffsbildung, sondern Physik ist gerade A

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umgekehrt definiert als das, was die Beschreibung der »facts of the matter« ist. Es wäre also sogar denkbar, daß etwa so verschrieene Entitäten wie Sinnesdaten im Rahmen einer Beschreibung dessen, was der Fall ist, auftauchten, falls dies innerhalb einer empirischen Theorie sinnvoll wäre bzw. sich als notwendig herausstellen würde, was freilich aus verschiedenen Gründen nicht zu erwarten ist. Wirklich (a priori) ausgeschlossen aus dem Bereich der möglichen Evidenz, in Beziehung auf die dann die verschiedenen Formen der Indeterminiertheit sich ergeben sollen, ist nur das, von dem gezeigt werden kann, daß es gar kein objektiver Sachverhalt sein kann (vgl. die Diskussion von »Two Dogmas of Empiricism« [s. o. S. 73]). Derjenige Aspekt, der hinsichtlich des Themas Behaviorismus speziell für die Indeterminiertheitsthese relevant ist, ergibt sich aus der erwähnten Tatsache, daß Quines Argument (unmittelbar) semantische Sachverhalte betrifft. Insofern muß die Betrachtung ihren Ausgang nehmen von sprachlichem Verhalten und darf nicht rekurrieren auf etwas, das zu dessen Erklärung als wie auch immer (naturalistisch oder nicht) bestimmter Träger von Intentionalität möglicherweise dienen könnte. 59 Die letztere Strategie war ja die des reduktiven Naturalismus, der von einer Theorie der Intentionalität zu einer der Bedeutung gelangen wollte. Zur Klarstellung sei noch hinzugefügt, daß die Leugnung der Existenz intentionaler Zustände das Resultat und nicht die Prämisse des Arguments bildet, zu dessen Methodologie als eines semantischen Arguments es nur gehört, daß der Rekurs auf solche Entitäten nicht als PräDas Gesagte läßt sich durch zwei Aussagen Quines aus der jüngsten Zeit illustrieren: »One can wallow in the rankest mentalistic ontology without affecting the indeterminacy of translation« (»Comment on Føllesdal«, in: Perspectives on Quine, a. a. O., S. 110); »In psychology one may or may not be a behaviorist, but in linguistics one has no choice« (The Pursuit of Truth. Cambridge, Mass./London 1990, hier: S. 37 f.). Entscheidend ist, daß die mögliche Evidenz für den Übersetzer nicht über die Evidenz hinausgehen kann, aufgrund deren der betrachtete Sprecher selbst die Bedeutung seiner Worte gelernt hat. Dies impliziert keine empirische, lerntheoretische Hypothese, sondern macht klar, daß es bei der Eruierung von Bedeutung um die Wahrheitsbedingungen der entsprechenden Sätze geht. Denn die Bedeutung der Worte lernt und lehrt man in Beziehung auf das, was für die Wahrheitsbedingungen der Sätze relevant ist, in denen diese Worte verwendet werden. 59

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misse fungieren kann; und dieser methodologische Sachverhalt ist es, der zuweilen als Behaviorismus (im Sinne einer Position innerhalb der Philosophie des Geistes) mißverstanden wird. Im übrigen bedeutet die Leugnung der Existenz ›intentionaler Entitäten‹ nicht etwa, daß geleugnet würde, daß zwischen dem Zustand einer Person, die von dem, was sie sieht, in Furcht und Schrecken versetzt wird, und dem einer solchen, die darüber noch erfreut ist, eine Differenz hinsichtlich von »facts of the matter« besteht. Dies wäre schlichtweg absurd. Aus der eliminationistischen These hinsichtlich von Intentionalität folgt lediglich, daß eine Theorie, die diese Differenz beschreibt, nicht mit intentionalistischer Begrifflichkeit operieren kann.

III.2.a. Unerforschlichkeit der Referenz und ontologische Relativität Nun also zu einer kursorischen Betrachtung der Hauptetappen innerhalb der radikalen Übersetzung. Ausgangspunkt ist die Zustimmung oder Ablehnung (bzw. die Disposition dazu) gegenüber solchen Sätzen, bei denen die Disposition zu Zustimmung und Ablehnung mit der Änderung der jeweiligen konkreten Situation sich ebenfalls verändert. Es handelt sich um sogenannte Gelegenheitssätze (»occasion sentences«), deren Wahrheitswert mit der jeweiligen Situation variiert. Diese Gelegenheitssätze (der Gegenbegriff dazu ist der der »standing« bzw. »eternal sentences«, die dieser Variabilität nicht unterworfen sind, da bei ihnen der indexikalische Aspekt eliminiert ist), lassen sich ihrerseits unterteilen in solche, bei denen Zustimmung und Ablehnung von zusätzlicher Information (»collateral information«) unabhängig ist, und solche, bei denen diese Art von Abhängigkeit besteht. Der erste Typ wird von den sogenannten Beobachtungssätzen (»observation sentences«) gebildet. Dazu ist zu bemerken, daß Beobachtbarkeit resp. Theoretizität ein relativer Sachverhalt ist: Selbst die Zustimmung zu Farbprädikationen mag von Informtionen über Beleuchtungsverhältnisse etc. abhängen. Terme aus Beobachtungssätzen treten durchaus auch in Theorieformulierungen auf. Die entscheidende Rolle auf dieser Ebene der Übersetzung spielt der Begriff der Stimulus-Bedeutung (»stimulus meaning«) eines Satzes A

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(für einen Sprecher), die in der Klasse aller Stimuli besteht, die (bei der affirmativen Stimulus-Bedeutung) Zustimmung hervorrufen würde. Stimulus-Bedeutung ist offensichtlich nicht mit Bedeutung gleichzusetzen, eine Übereinstimmung besteht nur hinsichtlich der (holophrastisch genommenen) Bedeutung von Beobachtungssätzen. Mit der Stimulus-Bedeutung ist jedoch alles erfaßt, was hinsichtlich von Bedeutung »fact of the matter«, also physikalisch beschreibbar ist und von einer naturalistischen Perspektive aus als legitim anerkannt werden kann. Der erste Schritt über die Stimulus-Bedeutung hinaus ist verbunden mit der Einführung des referentiellen Apparats (bestehend aus Pluralbildung, Pronomina, bestimmtem Artikel, Identitätszeichen, etc.), und damit einher geht auch der erste (und bekannteste) Typ von Indeterminiertheit. Ganz allgemein läßt sich sagen, daß durch die verschiedenen Typen von Indeterminiertheit die Differenz von Stimulus-Bedeutung und Bedeutung markiert wird. Da nicht durch Stimulus-Bedeutung bestimmbar, hat die Übersetzung des referentiellen Apparats, die immer im Ganzen erfolgen muß, da sich seine Teile bzw. Aspekte wechselseitig voraussetzen, den Status einer sogenannten »analytischen Hypothese«. Die Indeterminiertheit besteht nun darin, daß es gleichermaßen mit den Fakten verträgliche, aber miteinander unverträgliche analytische Hypothesen gibt. Nun zu dem (in keiner Quine-Darstellung vermeidbaren) berühmten Beispiel dafür: Ein Kaninchen läuft vorbei, und der Eingeborene ruft ›gavagai‹. Nach einigen weiteren Beobachtungen kristallisiert sich heraus, daß ›gavagai‹ mit ›Kaninchen‹ (im Sinne von: ein Kaninchen ist präsent) stimulus-synonym ist. Ebenso stimulus-synonym ist ›gavagai‹ jedoch mit ›unabgetrennter Kaninchenteil‹, ›Kaninchenstadium‹ etc., kurz gesagt allen Ausdrücken, die etwas bezeichnen, was mit dem Auftreten von Kaninchen notwendigerweise kopräsent ist. Um diese abweichenden Übersetzungen mit der konstant bleibenden Zustimmung resp. Ablehnung gegenüber solchen Sätzen zu vereinbaren, in denen ›gavagai‹ als Term vorkommt, müssen entsprechende Uminterpretationen innerhalb des referentiellen Apparats vorgenommen werden (der Ausdruck, der vorher mit ›ist identisch mit‹ übersetzt wurde, steht nun z. B. für ›hängt zusammen mit‹ etc.). 100

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Die Frage stellt sich, inwiefern dieses bekannteste und meistdiskutierte Beispiel für Quines Indeterminiertheitsthese wirklich ein Beispiel für diese These ist. Denn die entscheidende semantische Äquivalenz, nämlich die hinsichtlich von Wahrheitswerten, wird von dieser Form von Unbestimmtheit (sogar per definitionem) nicht tangiert. Und auch ein nichtinstrumentalistisch gesonnener Referenztheoretiker sieht seinen Glauben an die Realität einer solchen Sprache-Welt-Beziehung wie ›Referenz‹ doch wohl nur sehr partiell in Frage gestellt. G. Evans etwa hat darauf hingewiesen, daß man sehr wohl empirische Gründe für die Entscheidung pro oder contra von solchen Alternativen anführen kann; 60 jede ›abwegige‹ Wahl nämlich würde den betreffenden Sprechern entweder mehr oder weniger konzeptuelle Ressourcen zusprechen, als der Übersetzer aufgrund empirischer Evidenz anzunehmen berechtigt ist. Und auch eine kausale Theorie der Referenz, wie sie von H. Field vertreten wird, würde von den Beispielen des ›gavagai‹-Typs nur dazu veranlaßt, eine Verallgemeinerung des Referenzbegriffs vorzunehmen, wie es auch Field mit seiner Einführung des Begriffs der »partial denotation« getan hat. 61 Der Grund dafür liegt auf der Hand: Jede kausale Beziehung auf ein gerade präsentes Kaninchen ist ja auch eine kausale Beziehung auf das betreffende Kaninchenstadium, etc. Das berühmteste Beispiel für die Indeterminiertheit der Übersetzung ist also im strengen Sinne gar kein Beispiel dafür, und Quine hat dies auch mehr oder weniger eingestanden, indem er die ›eigentliche‹, Wahrheitswerte betreffende Indeterminiertheit unterschieden hat von dem, was er »inscrutability of terms« bzw. »of reference« nennt; insistiert hat er dabei jedoch auf einer Analogie in der Argumentation für die beiden von ihm behaupteten Sachverhalte. 62 Bevor die eigentliche Indeterminiertheit diskutiert wird, die nicht zuletzt auch unter dem Aspekt, ob und wie durch Rekurs auf sie der NaIn: »Identity and Predication«, in: The Journal of Philosophy 72 (1975), S. 343–363. Vgl. »Quine and the Correspondence Theory«, in: Philosophical Review 83 (1974), S. 200–228. 62 Vgl. »On the Reasons for the Indeterminacy of Translation«, in: The Journal of Philosophy 67 (1970), S. 178–183. 60 61

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turalismus sich gleichsam zwischen der Scylla der Skepsis und der Charybdis des Transzendentalismus stabilisieren kann, mit anderen Worten als eine legitimierte Position zu etablieren in der Lage ist, soll noch ein kurzer Blick auf Formen der Unerforschlichkeit der Referenz geworfen werden, die über das gavagai-Beispiel hinausgehen und die im Unterschied zu diesem wirklich dazu geeignet sind, den Mythos der Referenz (Quine selbst spricht vom »Mythos des Museums«) entscheidend zu treffen. Hauptquelle dafür ist Quines Artikel »Ontological Relativity« 63 . Wie der Titel schon verrät, konzentriert sich sein Interesse nicht auf die singuläre Referenz sondern auf die Gesamtontologie einer Theorie und deren Unerforschlichkeit und Relativität. Dies ist daraus erklärbar, daß Quines Behandlung der Referenzproblematik wesentlich am Paradigma Modelltheorie orientiert ist; im übrigen zeigt es sich, daß man ganz analog für den Fall der singulären Referenz die Unerforschlichkeit der Referenz darlegen kann. Das genannte Paradigma der Modelltheorie macht sich in der Weise geltend, wie Quine ontologische Fragen interpretiert. Falls sie nicht empirischer Natur sind, betreffen sie nach Quine die Übersetzbarkeit einer Theorie in die andere, sind also letztlich verbaler Natur und betreffen nicht ein Verhältnis zu einer Sprache bzw. Theorie gegenübertretenden Realität. So wird die Frage ›Was sind natürliche Zahlen?‹ nur dann sinnvoll, wenn man sie im Kontext einer Betrachtung darüber sieht, wie etwa die elementare Zahlentheorie (z. B.) in die Mengenlehre übersetzbar ist. In Beziehung auf solche Übersetzungen ist nun eine doppelte Relativität (und damit auch Unerforschlichkeit) von Referenz und Ontologie zu konstatieren: Erstens hinsichtlich der Wahl der Metasprache bzw. der Theorie, in die hinein übersetzt werden soll, und zweitens hinsichtlich der Wahl des Übersetzungsmanuals in die gewählte Hintergrundsprache (bekanntlich gibt es z. B. [mindestens] zwei Möglichkeiten, die natürlichen Zahlen in der Mengenlehre zu interpretieren). Für die Anwendung auf das Übersetzungsproblem wird die Methode der Stellvertreterfunktionen (»proxy functions«) in besonderer Weise 63

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In: Ontological Relativity and other essays. New York (u. a.) 1969, S. 26–68.

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relevant. Durch eine Injektion in einen anderen Gegenstandsbereich erhält man ein alternatives Referenzschema, wobei nur zu berücksichtigen ist, daß die Prädikate entsprechend uminterpretiert werden müssen, um die Wahrheitswerte konstant zu halten. Diese Methode kann auch auf die singuläre Referenz angewandt werden, wie J. Wallace gezeigt hat, 64 wobei sogar das für natürliche Sprachen charakteristische (und ein Hauptmotiv für die Überzeugung von der absoluten Bestimmtheit der Referenz bildende) Phänomen der Indexikalität in relativistischer Weise interpretierbar wird. Das Faktum der Existenz alternativer Referenzschemata dürfte wohl unbestreitbar sein. Die Frage ist, ob sich hieraus auch ein allgemeiner semantischer Instrumentalismus hinsichtlich des Wahrheitsbegriffes ergibt. Die letzte Frage läßt sich, zumindest was die bisher vorgetragenen Argumente betrifft, klar verneinen, da die Konstanz der Wahrheitswerte ja gerade die Bedingung für die Explikation der Möglichkeit alternativer Referenzschemata ist. Ein semantischer Transzendentalist bräuchte sich also durch Quines Überlegungen nicht getroffen zu fühlen, im Gegenteil: Die Tatsache, daß es sich bei Referenzfragen um keine Tatsachenfragen handelt, ist ihm deshalb sehr willkommen, weil sie einen möglichen Reduktionismus, der sich an die Bestimmtheit der Referenzbeziehung anknüpfen könnte, von vornherein abweist. Quines am Ende von »Ontological Relativity« (zugegebenermaßen in vorsichtige Formulierung gekleidete) Andeutung einer zur ontologischen Relativität analogen Relativität von Wahrheit entbehrt im übrigen jeder Begründung. Die sich bei der Definition des Wahrheitsprädikates einer Sprache (à la Tarski) ergebende potentiell infinite Hierarchie immer stärkerer Metasprachen impliziert keineswegs eine Relativierung irgendwelcher Wahrheitswerte und hat somit mit der Relativierung von Referenz und Ontologie auf eine Metasprache überhaupt nichts gemeinsam. Im Gegensatz dazu scheint die instrumentalistische Konsequenz hinsichtlich des Referenzbegriffes (und Ontologiebegriffs) 65 kaum verVgl. Wallace, J., »Only in the context of a sentence do words have any meaning«, in: Midwest Studies in Philosophy 2 (1977), S. 144–164. 65 Daß Quines Behandlung von Ontologie deren traditioneller Gestalt, in der die Intention sich auf eine apriorische Charakterisierung von Verfassung und Struktur der Rea64

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meidbar. Auf die Technik der Stellvertreterfunktionen kann auch nicht, wie im Fall von ›gavagai‹, mit einer leichten Modifikation des Referenzbegriffs reagiert werden. H. Field hat, um seine Konzeption der kausalen Theorie der Referenz zu retten, einen Konventionalismus hinsichtlich der alternativen Referenzschemata vorgeschlagen: 66 Es ist zwar objektiv nicht festgelegt, welches Referenzschema man wählt, wenn man sich jedoch für eines entschieden hat, ist Referenz objektiv (und das heißt physikalisch interpretierbar) festgelegt. Aus der Konventionalität der Referenz soll also deren instrumentalistische Behandlung gerade nicht erfolgen. Dieser Ausweg endet aber, von den oben schon angeführten Einwänden gegen die kausale Theorie der Referenz einmal ganz abgesehen, in einer Sackgasse, weil er nicht berücksichtigt, daß die Formulierungen der verschiedenen Referenzschemata selbst der Relativität unterliegen. 67 Der entscheidende Punkt dabei ist nicht der Hinweis auf einen Regreß – dies würde gar keinen Einwand gegen den Vorschlag darstellen –, sondern daß es zu überhaupt keiner, eben auch keiner relativen Fixierung der Referenz kommen kann. Zu konstatieren ist zwar aus einer Metametaperspektive, daß die Referenzschemata für die (ursprüngliche) Objektsprache differieren, dadurch bleibt aber unbestimmt bzw. unerforschlich (wobei die Unerforschlichkeit, um dies noch einmal zu betonen, auf keiner epistemischen Schwierigkeit beruht), welche Referenzbeziehungen durch diese Schemata jeweils festgelegt werden, mit anderen Worten, es gibt keine solchen Beziehungen zwischen Sprache (Theorie) und Realität, auch nicht relativ zu einer Metasprache. Quine selbst hat in »Ontological Relativity« diesen Sachverhalt verdunkelt, indem er die ontologische Relativität mit der Relativität von Orts- und Zeitbestimmungen auf ein Koordinatensystem verglichen hat; in diesem Fall eröffnet die Relativierung nämlich anders als in lität richtet, kaum gerecht wird, dürfte schon klar geworden sein. Selbstverständlich lehnt ein Naturalist ein solches Vorhaben ab, dies hat jedoch mit der Doktrin der ontologischen Relativität direkt nur wenig zu tun, sondern gründet sich primär auf die Eingrenzung des theoretischen Diskurses auf empirische Erkenntnis. 66 Vgl. »Conventionalism and Instrumentalism in Semantics«, in: Nous 9 (1975), S. 375–405. 67 Vgl. zum Folgenden Davidson, D., »The Inscrutability of Reference«, in: Inquiries into Truth and Interpretation, a. a. O., S. 272–242.

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jenem wirklich die Möglichkeit einer objektiven Fixierung. In seiner Replik auf Davidson hat er diesen Vergleich aber (zu Recht) zurückgezogen. 68 Abschließend zum Thema Unerforschlichkeit der Referenz noch zwei Bemerkungen: Erstens basiert die These auf rein semantischen Erwägungen und betrifft daher auch nur einen (angeblichen) semantischen Sachverhalt. Zumindest nicht unmittelbar davon tangiert ist das, was man Referenz im intentionalen Sinn nennen könnte und in der Rede davon zum Ausdruck kommt, man ›meine‹ etwas (ein Objekt). Innerhalb von Quines eliminativem Naturalismus ist für dieses ›Meinen‹ selbstverständlich kein Platz reserviert, dies hat jedoch mit der Doktrin der Unerforschlichkeit der Referenz 69 unmittelbar nichts zu tun, sondern ergibt sich aus der eliminativen Konsequenz wiederum hinsichtlich von Intentionalität überhaupt, die wiederum sich herleitet aus der Gültigkeit der Indeterminiertheitsthese überhaupt, also insbesondere hinsichtlich von Wahrheit. Kurzschlüssig wäre es nämlich zu glauben, aus der instrumentalistischen Konsequenz hinsichtlich Referenz (im semantischen Sinn), die ein Korollar der Unerforschlichkeit respektive Relativität darstellt, ergebe sich unmittelbar die eliminative Konsequenz hinsichtlich desjenigen Typs von Intentionalität, der gewissermaßen das Analogon von Referenz ist. Andererseits muß jedoch festgehalten werden – und hier ergibt sich in der Tat aus der Unerforschlichkeit eine Folgerung in Beziehung auf Referenz im intentionalen Sinn –, daß diese Referenz, dieses Meinen kein objektiver Sachverhalt (und sei es auch ein sehr mysteriöser, spezifisch ›mentaler‹) sein kann, der von dem radikalen Übersetzer nicht in Rechnung gestellt worden wäre. Es wurde ja schon betont, daß irgendwelche Annahmen über die Natur von Meinungen die Wahrheitsbedingungen der betrachteten Sätze nicht tangieren, und daß es diese Wahrheitsbedingungen sind (und nicht das Meinen), in Beziehung worauf Referenz im semantischen Sinn zu erörtern ist. Es ist also nicht zu erwarten, daß über eine Legitimation der Rede vom Meinen eines Gegenstandes, sollte sie denn gelingen, die These von der Unerforschlichkeit schlicht revoziert würde. »Reply to Davidson«, in: Philosophical Topics 12 (1981), S. 227–244. Im semantischen Sinn, in dem Referenz der spezifische Beitrag eines Terms zu den Wahrheitsbedingungen der Sätze ist, in denen er auftritt (in der Terminologie von M. Dummett: der »semantische Wert« der referentiellen Ausdrücke).

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Die zweite Anmerkung zur Unerforschlichkeitsthese, deren Signifikanz erst im folgenden hervortreten wird, betrifft die Tatsache, daß Quines Überlegungen zur Semantik am Paradigma der Modelltheorie orientiert sind. Dabei geht es nicht um eine Entgegensetzung von formalen und natürlichen Sprachen, m. a. W. um den Hinweis darauf, daß für natürliche Sprachen charakteristische Phänomene wie Indexikalität, Vagheit etc. aus dem Blickfeld verschwinden, da der Sprachbegriff eine szientistische Verkürzung erleidet. Vielmehr geht es um die viel grundlegendere Tatsache, daß Wahrheit in einem Modell der Wahrheit (simpliciter) gegenüber zwar strukturell analog verfaßt ist, es sich aber eben nicht um Wahrheit handelt. M. a. W. Wahrheit ist nicht identisch mit Wahrheit in einem Modell, das zufälligerweise die wirkliche Welt ist. Die angesprochene Differenz drückt sich auch darin aus, daß dasjenige, was im modelltheoretischen Fall Sprachen »interpretiert« bzw. Aussagen erfüllt, selbst sprachliche Setzung ist, d. h. die Einführung semantischer Begriffe (und zwar sogar [wie die Gödelschen Resultate zeigen] auf syntaktische nicht reduzierbare semantische Begriffe) nicht das Verlassen der Dimension des bloß Sprachlichen (Syntaktischen) bedeutet. Mit dieser Behauptung, nämlich daß durch das Instrumentarium semantischer Begrifflichkeit in der Modelltheorie nur syntaktische Entitäten (Theorien) miteinander in Beziehung gesetzt werden, wird natürlich keineswegs die Ansicht vertreten, daraus folge, daß etwa Zahlen, Mengen oder was auch immer den Individuenbereich eines Modells bildet, bloße Setzung sei. Behauptet wird lediglich, daß die Frage, ob es sich um eine bloße Setzung handelt oder nicht, erst in dem Rahmen auftreten und behandelt werden kann, der durch Wahrheit simpliciter und nicht durch Wahrheit in einem Modell definiert ist. Daß der Hinweis auf diese Differenz für die Behandlung des semantischen Referenzbegriffes folgenlos bleibt, ergibt sich daraus, daß Referenz (in diesem Sinn) aufgeht in ihrer Funktion für die Wahrheitsbedingungen des ganzen Satzes und diese Funktion beschreibbar ist im Rekurs auf die (von A. Tarski erstmals präzise formulierten) strukturellen Eigenschaften, die Wahrheit und Wahrheit in einem Modell teilen. Der Mythos der Referenz beruht letztlich in einer Verkennung dieser Unselbständigkeit der referentiellen Funktion, einer Verkennung, die auch die Unerforschlichkeit der Referenz zunächst als äußerst bizarren Sachverhalt erscheinen läßt. 106

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Die Grenzen einer philosophischen Semantik, die am Paradigma der Modelltheorie festgemacht ist, das sich für die Behandlung des Referenzbegriffes als besonders erfolgreich erwiesen hat, da es die wirklich semantische Funktion von Referenz klar und präzise herauszuarbeiten und von der mythischen Vorstellung einer ganz besonderen (»semantischen«) Verbindung von Wort und Objekt zu befreien erlaubt, werden sich somit bei der Betrachtung der Wahrheitsproblematik bzw. konkret der Indeterminiertheitsthese in Beziehung auf Wahrheitswerte zeigen.

III.2.b. Die Indeterminiertheitsthese und ihre Voraussetzungen Nun also – last not least – zu der ›eigentlichen‹ Indeterminiertheit der Übersetzung, die Wahrheitswerte betrifft. Sie basiert auf einer (nicht mit ihr selbst zu verwechselnden) Prämisse, nämlich der prinzipiellen empirischen Unterbestimmtheit von Theorien, d. h. der Behauptung, es gäbe empirisch äquivalente, aber logisch inkompatible Theorien. Sogar wenn wir uns selbst auf eine dieser Theorien festgelegt haben, sind wir frei, den Eingeborenen als Vertreter der einen oder anderen dieser Theorien aufzufassen (seine Sprache in diesem Sinne zu übersetzen). Die Indeterminiertheit besteht somit nach Quine nicht einfach darin, daß die Übersetzung auch eine empirisch unterbestimmte Theorie ist (für uns ist ja die durch Unterbestimmtheit verursachte »Indeterminiertheit« durch Festlegung auf eine bestimmte Theorie beseitigt). Hinzuzufügen wäre noch, daß die Indeterminiertheit nicht etwa nur sehr abstrakte theoretische Diskurse betrifft, und zwar deshalb, weil nach Quine im Prinzip jeder Term ein theoretischer Term ist (man denke an die »Theoriegeladenheit« auch solcher Ausdrücke, die in Beobachtungssätzen auftreten). Die breite Zustimmung zu seiner Prämisse der empirischen Unterbestimmtheit, die Quine erwartet hat, ist allerdings ausgeblieben. 70 Von wissenschaftstheoretischer Seite ist insbesondere auf die Resultate von Ramsey und Craig über das Verhältnis von Beobachtungs- und theoretischen Termen bzw. Sätzen hingewiesen worden, in deren Licht die postulierte Kombination von empirischer Äquivalenz und logischer Inkompatibilität als kaum denkbar erscheint. Quine selbst hat in einem 70

Vgl. »On the Reasons …«, a. a. O., S. 179. A

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Versuch der Präzisierung der These sie darauf zurückgeführt, daß in der endlichen Formulierung einer Theorie ein gewisser Spielraum für deren »Abrundung« bestehe, was darauf beruhe, daß die Menge der Beobachtungssätze bzw. Beobachtungskonditionale nicht in so hohem Grad geordnet sei, der eine bestimmte endliche Theorieformulierung eindeutig fixiere. 71 Es käme also in jeder solchen Formulierung theoretisches Material vor, das durch Beobachtungssätze nicht abgedeckt sei, und hier liege Spielraum für die Unterbestimmtheit der Theorie. Dies bedeutet sicherlich eine erhebliche Abschwächung der Unterbestimmtheits- und damit der Indeterminiertheitsthese; darüber hinaus wird die erstere (und damit natürlich auch die letztere) von einer empirischen Prämisse abhängig gemacht, nämlich dem angesprochenen Grad an »Unordnung« auf der Beobachtungsebene. Und selbst diese letzte abgeschwächte Version der Unterbestimmtheit enthält noch ein thetisches Element, was Quine selbst zugibt; es kann nämlich nicht definitiv ausgeschlossen werden, daß die verschiedenen empirisch äquivalenten Theorieformulierungen durch Rekonstruktion ihrer Prädikate doch miteinander logisch verträglich gemacht bzw. ineinander überführt werden können. Neben der offenkundigen Schwäche der Prämisse für die Indeterminiertheit besteht eine hauptsächliche Schwierigkeit darin, daß ihr (postuliertes) Auftreten im Widerspruch zu stehen scheint mit der unaufgebbaren Voraussetzung der Konstanz der Sprecherdisposition hinsichtlich Zustimmung und Ablehnung (Die Voraussetzung ist deshalb unaufgebbar, weil in Beziehung auf die angesprochene Konstanz die Indeterminiertheit ja definiert ist). Dies wird dann offenkundig, wenn man realisiert, daß die logische Inkompatibilität verschiedener Übersetzungen nicht auf eine Eigentümlichkeit der Sprache, in die hinein übersetzt wurde, zurückzuführen ist. In der übersetzten Sprache selbst muß also ein Konflikt bestehen, der natürlich nicht darauf beruhen kann, daß ein Teil der Sprecher etwas Falsches behauptet, auf der Vagheit der Aussagen etc … M. Dummett hat eine Reihe von Möglichkeiten erwogen (und verworfen), wie ein solcher Fall eintreten könne. 72 Quine selbst hat darauf geantwortet, daß dies in der Tat nicht eintreten 71 In: »On Empirically Equivalent Systems of the World«, in: Erkenntnis 9 (1975), S. 313–328. 72 »The Significance of Quines Indeterminacy Thesis«, in: Synthese 27 (1974), S. 351– 397.

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könne. 73 Der Fall der Indeterminiertheit ergebe sich vielmehr dann, wenn die Sprecher zwei theoretische Sätze für inkompatibel halten, aber die Wahrheitswerte beider Sätze nicht kennen und daher gar keine Disposition zu Zustimmung oder Ablehnung in Beziehung auf sie haben, jedoch dem Bikonditional zustimmen, das einen der Sätze mit der Negation des anderen verbindet. Es ist klar, daß die Inkompatibilität zweier Übersetzungen, die jeweils den einzelnen Sätzen verschiedene Wahrheitswerte zuordnen, nun mit der Konstanz der Disposition zum Sprechverhalten nicht in Konflikt steht. In seiner Gegenreplik hat M. Dummett berechtigte Zweifel an der Möglichkeit einer solchen Konstellation geäußert. 74 Es ist schwer vorstellbar, daß einerseits genügend Evidenz zur Verfügung steht, um in gesicherter Weise die Unverträglichkeit zweier Aussagen behaupten zu können, andererseits aber keine Evidenz vorliegen soll, die zur Behauptung oder Ablehnung der Sätze führen würde; anders ausgedrückt, die behauptete völlige Unabhängigkeit der beiden genannten Sachverhalte leuchtet nicht ein, denn der erste setzt eine inferentielle Einbettung der Sätze in eine umfassendere Theorie voraus, dies jedoch steht im Widerspruch zur zweiten Behauptung. Wenn die inkompatiblen Übersetzungen eines der Sätze nicht bereits in der Sprache enthalten sind, in die hinein übersetzt wird, besteht keine Indeterminiertheit, da keine signifikante Differenz der Sätze in dieser Sprache besteht. Im entgegengesetzten Fall besteht eine Einbettung der Sätze in Theorien, die zur Favorisierung einer der Alternativen führen würde. Neben diesem Zweifel an der Möglichkeit des (falls man sie als innerhalb einer Sprache auftretende Differenz von Wahrheitswerten konstruiert) einzig denkbaren Falles von Indeterminiertheit ist noch unabhängig davon zu bemerken, daß dann, wenn die Indeterminiertheit vom Vorliegen einer kontingenten epistemischen Defizienz abhängig gemacht wird, wie es hier geschieht (und geschehen muß), sich aus dieser Indeterminiertheit nicht die tiefgreifenden semantischen Konsequenzen ergeben können, die Quine im Auge hat. Darauf hat auch J. Bennett hingewiesen. 75 Was jedoch die fatalsten Auswirkungen für das materialistische Programm hat, ist die Tatsache, daß das antitranszendentalistische Ar73 74 75

»Reply to Dummett«, in: Synthese 27 (1974), S. 399. »Reply to W. V. Quine«, in: Synthese 27 (1974), S. 413–416. Vgl. Linguistic Behavior. Cambridge (u. a.) 1976. A

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gument, falls es in dieser Weise auf Indeterminiertheit rekurriert, seine eigene naturalistische Basis angreift, zu deren Verteidigung es doch dienen sollte. Denn wenn es wirklich eine logische Inkompatibilität von Theorien gäbe, ergäbe sich unmittelbar eine relativistische Konsequenz hinsichtlich des Wahrheitsbegriffes und damit selbstverständlich auch hinsichtlich der Objektivitätsansprüche des Naturalismus als eines, wie Quine es zuweilen nennt, robusten Realismus; m. a. W., die eliminative Variante des Naturalismus entpuppte sich als Skepsis. Übrigens hilft es an dieser Stelle nicht, darauf hinzuweisen, daß doch per definitionem bezüglich stimulus meaning Übereinstimmung bestehen muß. Denn als derart identische »Basis« ist stimulus meaning naturalistisch nicht einholbar – beim Versuch einer naturalistischen Beschreibung dessen, worin stimulus meaning de facto besteht (z. B. Reizungen von Nervenenden o. ä.) ergibt sich ja wiederum laut Voraussetzung eine logische Inkompatibilität mehrerer möglicher Theorien. Wenn der Naturalist also auf stimulus meaning qua Basis rekurriert, kann er dies nur auf Grund methodologischer Überlegungen (zur Theorie der Übersetzung resp. der Semantik), die als solche nicht in die wissenschaftliche Weltbeschreibung eingehen können. (Quine selbst betont gern die nicht einziehbare Differenz zwischen der Methodologie [Epistemologie] und der Immanenz des robusten Realismus. 76 ) In Beziehung auf den Status dieser methodologischen Reflexion ergibt sich dann aber folgende Alternative: Entweder werden sie in rein instrumentalistischem Sinn interpretiert – dann sind sie nicht in der Lage, die oben angesprochene Gefahr der Skepsis zu bannen, oder aber sie sind Ausdruck eines Transzendentalismus, der der naturalistischen Position aller Rhetorik zum Trotz immer im Rücken bleibt. In beiden Fällen ist der Versuch gescheitert, den Naturalismus als eigene Position zwischen Transzendentalismus und Skepsis zu stabilisieren. Quines Reaktion auf seine Kritiker und vielleicht auch auf Selbsteinwände ist (wenn überhaupt, dann) nur indirekt an den Veränderungen ablesbar, die er an der Formulierung seiner These in letzter Zeit vorgenommen hat. Zum einen dürfte es so sein, daß die These der prinzipiellen Unterbestimmtheit von Theorien stillschweigend fallen gelassen worden ist, bzw. nur noch in einer derart abgeschwächten Form vertreten wird (nämlich als die rein kontingente epistemische Defizienz, die in der Unfähigkeit besteht, die Kompatibilität zweier 76

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Vgl. Theories and Things. Cambridge, Mass. (u. a.) 1981, hier: S. 21.

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Theorien zu erkennen), daß sie nicht mehr als Prämisse der Indeterminiertheitsthese fungieren kann. Was weiter auffällt – gerade im Licht des zuletzt vorgetragenen Einwandes –, ist der Nachdruck, mit dem Quine jetzt darauf hinweist, daß seine Position (in ihrer jetzigen Formulierung, wäre nach dem obigen hinzuzufügen) von der Gefahr des Relativismus nicht bedroht sei. Ganz allgemein steht eine Auseinandersetzung mit Quine sehr oft vor der Schwierigkeit, daß der Status seiner Äußerungen, bzw. Argumente nicht selten unklar bleibt. Es ist nicht eindeutig auszumachen, ob sie zur bloßen Explikation einer (im übrigen dogmatisch vertretenen) Position gehören oder ob sie zu deren Legitimation dienen sollen. Die Entscheidung für die eine oder die andere der beiden Interpretationen verändert die Wertung seiner Argumente natürlich erheblich. Hier und im folgenden wird, was die Indeterminiertheitsthese betrifft, eindeutig die zweite Interpretation vorausgesetzt, aus dem einfachen Grunde, weil diese These ansonsten von keinem großen philosophischen Interesse wäre (falls man Philosophie nicht schon von vornherein im Quineschen Sinn faßt als eine Art empirische Spekulation von hohem Abstraktheitsgrad und damit die Entscheidung für den Naturalismus dogmatisch vorwegnimmt). Daß damit der Anspruch aufgegeben wird, die »eindeutig richtige« Quine-Exegese zu liefern, versteht sich damit von selbst. Wenn, wie angedeutet, die Unterbestimmtheit nicht mehr als Voraussetzung der Indeterminiertheit in Anspruch genommen wird (oder werden kann), stellt sich natürlich die Frage nach einem »Ersatz«. Als solcher kommt eigentlich nur die Unerforschlichkeit der Referenz in Frage. G. Harman hat schon relativ früh versucht, auf der Basis der Unerforschlichkeit einen Fall von Indeterminiertheit zu konstruieren: 77 Die beiden verschiedenen, auf Zermelo und v. Neumann zurückgehenden Weisen, die natürlichen Zahlen mengentheoretisch zu interpretieren (in dieser Verschiedenheit besteht der Grund der Unerforschlichkeit) sind nach Harman der Grund dafür, daß »3 e 5« unter der einen Interpretation als wahrer, unter der anderen als falscher Satz gilt. Bei näherer Überlegung zeigt sich allerdings, daß hier von Indeterminiertheit (von Wahrheitswerten) nicht die Rede sein kann. Nimmt man »3 e 5« als Satz der mengentheoretischen Sprache, so sind In: »An Introduction to ›Translation and Meaning‹«, in: Davidson, D./Hintikka, J. (Hrsg.), Words and Objections. Dordrecht 1968, S. 14–26.

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»3« und »5« definitorisch eingeführte Symbole, die als Abkürzungen für mengentheoretische Ausdrücke dienen; »3« und »5« ersetzen dabei aber jeweils verschiedene mengentheoretische Ausdrücke, je nachdem, ob man Zermelos oder v. Neumanns Methode der mengentheoretischen Interpretation der Zahlen zugrunde legt. Den Satz »3 e 5« gibt es somit gar nicht, sondern – je nach Interpretation und darauf basierender Einführung der Abkürzungssymbole – einen wahren und einen (davon unterschiedenen, wenn auch [vielleicht aus mnemotechnischen Gründen] typographisch identischen) falschen Satz. Deutete man »3« und »5« im übrigen nicht in dieser Weise als Abkürzungen für jeweils verschiedene mengentheoretische Ausdrücke, was die angebliche Indeterminiertheit natürlich zum Verschwinden bringt, so wäre« 3 e 5« ganz einfach eine sinnlose Zeichenfolge, da es sich ja dann weder um einen mengen- noch einen zahlentheoretischen Satz handeln kann. Quines eigenes, auf Unerforschlichkeit der Referenz basierendes Beispiel der Indeterminiertheit ist dieser Art von Einwand nicht ausgesetzt, da es nicht auf die Übersetzung (bzw. auf die Verschiedenheit der Übersetzungen) einer Theorie in eine andere rekurriert. Es besteht schlicht darin, zwei theoretische Terme, die nicht in Beobachtungssätzen auftreten (etwa »Molekül« und »Elektron«) miteinander zu vertauschen. Empirische Äquivalenz und logische Inkompatibilität liegen offensichtlich vor. (Wenn man will, könnte man die Grundlage des Beispiels als eine Art trivialen Grenzfall von Unbestimmtheit ansehen, der hier mit der Unerforschlichkeit zusammenfällt.) Dies gilt allerdings natürlich nur dann, wenn das Beispiel überhaupt als semantisch signifikanter Sachverhalt interpretiert werden kann, und dies scheint doch sehr fraglich zu sein. Viel näher liegt es, hierin nur eine Illustration für die Arbitrarität sprachlicher Zeichen zu sehen. Die beiden Sprecher, die die beiden Ausdrücke derart verschieden verwenden, sprechen ganz einfach zwei verschiedene Sprachen resp. Idiolekte. Quine selbst schlägt zur Behebung der (prima facie) Inkompatibilität vor, die in einem wegen jener Vertauschung unterschiedlich bewerteten Satz auftretenden theoretischen Terme einfach jeweils als verschiedene Ausdrücke aufzufassen, wodurch die aus der Inkompatibilität sich ergebende Relativismusgefahr gebannt werde. Dies bestätigt die Diagnose, wonach hier gar kein semantisch signifikanter Sachverhalt vorliegt, sondern ein rein in der syntaktischen Dimension gelegenes Problem. Wenn nämlich wirklich logische Inkompatibilität vorläge und die Theorieformulierungen nicht verträglich 112

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gemacht werden könnten, ergäbe sich ja der Relativismus mit seinen (wohl auch von Quine erkannten, wenn auch nicht explizit artikulierten) desaströsen Folgen für die naturalistische Position. Es kommt außerdem auf das gleiche hinaus, ob man von zwei verschiedenen Sprachen spricht oder dieselben Zeichen in einer Sprache im Sinn verschiedener Begriffe interpretiert. Im übrigen könnte man sich das Leben natürlich wesentlich erleichtern, wenn man die Ausdrücke ›Molekül‹ resp. ›Elektron‹ jeweils in zwei verschiedene Terme ›aufspaltete‹. Quines komplizierterer Vorschlag erklärt sich daraus, daß er eine Situation voraussetzt, in der die Sprecher de facto keine Möglichkeit sehen, die Theorien ineinander zu übersetzen. Dies liegt in der Linie der schon erwähnten Abschwächungsstrategie Quines, die Unterbestimmtheit und Indeterminiertheit zu einem rein praktischen Problem werden läßt, wodurch sie natürlich ihre bedeutungstheoretische Signifikanz (als antitranszendentalistisches Argument) verlieren. Betont werden muß noch einmal, daß die Basis des Beispiels in der Unerforschlichkeit der Referenz besteht und nicht in der Unterbestimmtheit von Theorien qua von der Unerforschlichkeit verschiedenem Sachverhalt, wie ihn Quine eingeführt hatte. 78 Die notwendig vorauszusetzende prinzipielle Rekonstruierbarkeit einer Theorie in der anderen bedeutet ja nichts anderes als die Rückführung der prima facie-Unterbestimmtheit auf die Unerforschlichkeit der Referenz (resp. Extension). Aus dem vorigen ergibt sich auch, daß die Unerforschlichkeit auch die Basis für eine eventuelle Indeterminiertheit sein muß, falls sich nicht ein Relativismus ergeben soll (von den anderen erwähnten Schwierigkeiten ganz zu schweigen). Insofern ist die Quinesche These sozusagen auf ihre letzte Verteidigungsposition zurückgedrängt worden. Wie schon angedeutet, findet sich in Quines Darstellung kein Argument dafür, daß es sich bei seinem Beispiel wirklich um einen semantisch signifikanten Sachverhalt handelt. Es scheint jedoch mit einigem guten Willen in folgendem Sinne so interpretiert werden zu können: Angenommen ›Moleküle sind y‹ sei ein wahrer Satz, und ›Elektronen sind y‹ ein falscher, so wäre ›Moleküle sind y‹ dann ein falscher, wenn (Unerforschlichkeit der Referenz!) ›Moleküle‹ sich nicht auf Moleküle, sondern auf Elektronen bezöge. Es ergäben sich natürlich Konsequenzen für eine Vielzahl von anderen theoretischen Sätzen, 78

In: »On the Reasons …«, a. a. O. A

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wenn man diesen (aus unserer Perspektive falschen) Satz als wahren Satz einer logisch inkompatiblen Theorie annehmen würde. Da der Wahrheitswert der anderen theoretischen Sätze (Beobachtungssätze sollen laut Voraussetzung nicht tangiert sein) nicht verändert werden darf (Konstanz des Sprecherverhaltens als wesentliche Voraussetzung der Formulierbarkeit der Indeterminiertheitsthese), müssen die in ihnen vorkommenden Terme entsprechend uminterpretiert werden (wiederum Unerforschlichkeit der Referenz). Ob dies im Prinzip wirklich immer durchführbar ist, sei zu Quines Gunsten einmal unterstellt. Was die skizzierte Situation von den ›normalen‹ Beispielen für Unerforschlichkeit unterscheidet und zu einem Fall von Indeterminiertheit macht, ist die Tatsache, daß die Kompensation für eine ›abweichende‹ Interpretation eines Ausdrucks nicht im selben Satz vorgenommen wird (etwa durch Anwendung einer Stellvertreterfunktion auf ›y‹), was den Wahrheitswert des Satzes konstant hielte, sondern stattdessen praktisch das ganze theoretische System durchgreift, so daß trotz logischer Inkompatibilität das Verhalten der Zustimmung zu und Ablehnung von Sätzen konstant bleibt. Der Unterschied zwischen dieser Darstellung und der von Quine liegt im übrigen nur darin, daß das, was Quine auf der syntaktischen Ebene beschreibt, nämlich etwa die Behandlung eines Ausdrucks im Sinne von zwei Termen, hier semantisch als Differenz von Interpretationen eines Terms gefaßt wird. Ob dies wirklich im Sinne von Quines Intention ist, sei dahingestellt, da es hier nur darauf ankommen soll, aus seinem Beispiel, das in seiner Darstellung, wie gezeigt, kein Argument für Indeterminiertheit in einem philosophisch signifikanten Sinn ist, ein solches nach Möglichkeit herauszuinterpretieren. Nun scheint es so, als sei endlich ein Beispiel für die Indeterminiertheit auch von Wahrheitswerten gefunden, das die Konstanz des Sprecherverhaltens gewährleistet, nicht bloß auf epistemischen Defizienzen beruht und in keiner Weise relativistische Konsequenzen heraufbeschwört. Der Strategie des eliminativen Naturalismus wäre es damit gelungen, die vom Transzendentalismus etwa gegen den Naturalismus der reduktiven Variante erfolgreich geltend gemachte Differenz des Normativen und Faktischen dadurch zu unterlaufen bzw. den Hinweis auf sie argumentativ wirkungslos zu machen, daß sie zwar einerseits respektiert wird, andererseits jedoch die Irreduzibilität des Normativen auf das Faktische bzw. der Gültigkeit von Wahrheitsansprüchen auf deren Genese sich als die Bedeutungslosigkeit rein ver114

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baler Differenzen für das, was »fact of the matter« ist, herausstellt. Was traditionell als Differenz von Genese und Geltung bezeichnet wird, ist im Quineschen Rahmen die Differenz von stimulus meaning und Bedeutung im eigentlichen Sinn, und diese Differenz ist es, die den Spielraum für die Indeterminiertheit auf allen semantischen Ebenen eröffnet, eine Indeterminiertheit, die eben als Möglichkeit rein verbaler Differenzen beschreibbar sein soll, während in der konstanten »stimulus meaning« die eigentliche faktische Basis für Objektbezug und Weltbeschreibung zu sehen sei. Die besondere Attraktivität des eliminativen Naturalismus rührt nicht zuletzt daher, daß er seinem Anspruch nach gleichsam zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen erlaubt. Indem nämlich der Tranzendentalismus im Bereich des Semantischen (und damit mittelbar im Bereich des Intentionalen) abgewiesen wird – mithilfe einer Argumentation übrigens, die niemals die Immanenz des naturalistischen Diskurses verlassen muß, da sie die logische Form einer reductio ad absurdum hat –, wird dem Semantischen gleichzeitig eine Position zugewiesen, die es erlaubt, den in der Immanenz des naturalistischen Diskurses vertretenen ›robusten Realismus‹ gegen mögliche skeptische Einwände zu immunisieren. Denn mit der Verortung des »genuin«, d. h. nicht durch naturalistisch beschreibbare Sachverhalte abgedeckten Semantischen in dem Bereich des bloß Verbalen ist die Skepsis, die ja auf eine Relativierung des Wahrheitssinnes zielt, schon immer unterlaufen, bzw. anders ausgedrückt, sie kann den naturalistischen Diskurs selbst nicht treffen. Die antitranszendentalistische Strategie hätte so den Effekt einer Stabilisierung ›von innen‹. Eine solche Stabilisierung von innen kann die Quinesche naturalisierte Epistemologie natürlich nicht sein – sie ist ja ein Teil dessen, was zu stabilisieren ist. Dies alles gilt natürlich nur unter dem Vorbehalt, daß die Strategie wirklich erfolgreich ist, d. h. daß wirklich die Indeterminiertheit von Wahrheitswerten plausibel gemacht werden kann, die a) nicht den Relativismus und damit die Skepsis zur Konsequenz hat, und b) nicht einfach in einem praktischen, auf kontingenten epistemischen Defizienzen beruhenden Problem besteht, aus dem aber weiter keine philosophischen Folgerungen zu ziehen sind – Quines jüngste Darstellungen seines berühmtesten Arguments legen, wie gesehen, die Deutung nahe, daß er sich für b) entschieden hat (was selbstredend einen Rückzug auf den Naturalismus als pures Dogma bedeutet), um a) zu vermeiden und um überhaupt eine Möglichkeit zu haben, ein konA

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kretes Beispiel für Indeterminiertheit wirklich anzugeben und dabei nicht auf Prämissen angewiesen zu sein, die bloße Postulate bleiben (müssen). Es bleibt noch zu prüfen, ob das aus Quines Darstellung rekonstruierte Beispiel, das prima facie sowohl a) wie b) vermeidet, wirklich das leistet, was es vorgibt. (Ob es zutrifft oder nicht, daß damit die argumentative Basis dessen vorliegt, was Quine de facto [vielleicht aus Gründen der besseren Veranschaulichung] als praktisches Problem darstellt, ist dabei zweitrangig.) In der Tat entpuppt sich die angebliche Indeterminiertheit als bloß verbaler Schein. Der entscheidende Punkt dabei besteht darin, daß die Unerforschlichkeit der Referenz, die in Gestalt der Möglichkeit einer Differenz von Interpretationen (bzw. Referenzschemata) die Basis für die Indeterminiertheit bilden soll, in Wahrheit diese Funktion gar nicht erfüllen kann, und daß der Anschein, sie wäre dazu in der Lage, auf der Verwechslung von Wahrheit in einem Modell mit Wahrheit beruht (siehe oben zu Quines Orientierung am Paradigma der Modelltheorie). Zur Erinnerung: Die in der Indeterminiertheitsthese hinsichtlich des Satzes ›Moleküle sind y‹ in Anspruch genommene Differenz von Wahrheitswerten beruht darauf, daß in dem Satz einmal von Molekülen, einmal von Elektronen die Rede ist. Nun steht aber ganz unabhängig davon, wie ›von-etwas-die-Rede-Sein‹, also Referenz, philosophisch interpretiert wird, folgendes fest: Wenn die Differenz der referentiellen Beziehungen lediglich darin besteht, daß in der Formulierung der Wahrheitsbedingungen verschiedene Ausdrücke, nämlich Molekül und Elektron, auftreten, wobei diese Verschiedenheit prinzipiell nicht auf eine nicht bloß verbale Basis zurückführbar ist, kann keine Rede davon sein, daß das eine Mal von Elektronen, das andere Mal von Molekülen die Rede ist (es scheint sich hier der schon in der Literatur geäußerte Verdacht zu bestätigen [wenn auch anders als dort vermutet], daß Quines These möglicherweise auf einer subtilen Verwechslung von Gebrauch und Erwähnung beruht). Diese Differenz ist nämlich ganz unbestreitbar keine bloß verbale und sie allein könnte auch eine Differenz von Wahrheitswerten begründen; ihre Unausweisbarkeit würde also die Indeterminiertheit der Theorie hinfällig machen. Nun besteht die These von der Unerforschlichkeit der Referenz aber gerade darin (bzw. hat als unmittelbare Konsequenz die These), 116

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daß jene Differenz der referentiellen Beziehung (resp. Referenzschemata, Interpretationen) ein lediglich verbaler Sachverhalt ist. Dasjenige also, was der Indeterminiertheit als Basis dienen soll, ist per definitionem dazu ungeeignet. Was die Einsicht in diese Tatsache, nämlich daß die angebliche Indeterminiertheit in Wahrheit doch nichts anderes ist als ein ungewöhnlich komplizierter Fall der Arbitrarität sprachlicher Zeichen, verdunkelt, ist die Weise, in der Quine von der Relativität von Ontologie und Referenz spricht. Damit wird nämlich insinuiert, als sei es zwar nicht möglich, die Worte gleichsam an der Realität festzunageln, wie es der Mythos der Referenz meint, es sei aber doch relativ zu einer Hintergrundsprache und einem Übersetzungsmanual möglich, semantische Beziehungen zu etablieren derart, daß deren mögliche Differenz, die wiederum Folge der Relativierung ist, theoretisch signifikant und damit nicht bloß verbaler Natur ist (mithin genau die Struktur vorliegt, die für das Beispiel postuliert wurde). Dies klingt plausibel, solange man es an modelltheoretischen Beispielen demonstriert – man denke an die schon mehrfach erwähnten verschiedenen Einbettungen der Zahlentheorie in die Mengenlehre: Hier ist die Differenz der Referenten (entsprechend der Differenz der Übersetzungsmanuale) in der Tat ein theoretisch signifikanter Sachverhalt in der Mengenlehre. Vergessen wird dabei leicht, daß, wie schon oben ausgeführt, hier in Wahrheit nur Beziehungen zwischen Theorien, also syntaktischen Entitäten, geknüpft werden und die angeblichen semantischen Sachverhalte nur strukturell semantischen Sachverhalten (falls man davon überhaupt sprechen kann) analog sind, entsprechend der strukturellen Analogie von Wahrheit in einem Modell und Wahrheit. Die angesprochene theoretische Signifikanz und der damit verbundene nicht bloß verbale Charakter beruht dabei allein darauf, daß verschiedene Theorien miteinander in Beziehung gesetzt werden. Bei dem vorgeblichen Indeterminiertheitsbeispiel ist dies nun gerade nicht der Fall. Es geht um Wahrheit und nicht um die Beziehung einer bestimmten Satzmenge auf eine andere. Es ist damit gerade das entfallen, was der angeblichen Relativität der Referenz (die in Wahrheit keine Relativität wirklich semantischer Beziehungen ist – denn diese gibt es eben gar nicht, weder absolut noch relativ) und den damit verbundenen Differenzen theoretische Signifikanz und einen nicht A

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bloß verbalen Charakter verleihen können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn es eine (wie immer auch auf eine Hintergrundsprache relativierte) Möglichkeit gäbe, die Worte an den Dingen selbst festzumachen 79 – Quine scheint sich hier also in den Fallstricken des Mythos der Referenz zu verfangen, den er doch so erfolgreich kritisiert hat. Was bleibt, ist nichts anderes als ein Spiel mit Worten. Der Anschein, es sei nicht so, beruht dabei, wie nun schon mehrfach betont, lediglich auf der strukturellen Analogie zwischen dem modelltheoretischen Fall und dem Erwägen von Wahrheitsbedingungen (im Sinne von Wahrheit simpliciter). Der Versuch einer ›anspruchsvollen‹, für die semantische Theorie wirklich signifikanten Interpretation von Quines Beispiel ist damit in sich zusammengebrochen – damit allerdings auch alle Versuche, Quines Indeterminiertheitsthese plausibel werden zu lassen und damit die Position des eliminativen Naturalismus indirekt (nämlich durch erfolgreiche Kritik des Transzendentalismus bei gleichzeitiger Absicherung gegen die Skepsis) zu legitimieren (zumindest, was die Quinesche Variante dieser Position betrifft). Vielleicht ist es gerade die Grundidee des eliminativen Naturalismus à la Quine, die für sein Scheitern verantwortlich ist. Gemeint ist das, was D. Davidson, in Anspielung auf Quines Rede von den zwei Dogmen des Empirismus, das dritte Dogma des Empirismus genannt hat, 80 nämlich die Vorstellung, es gäbe einen Dualismus von Realität und eines sie organisierenden bzw. auf sie passenden (»fitting«) Begriffsschemas (resp. Sprache [eine Differenz von Sprache und Begriffsschema anzunehmen ist dabei nicht nötig und angesichts von Quines schon erwähnter Kritik in »Two Dogmas of Empiricism« auch inadäquat]), was zu Quines instrumentalistischem Bild von Theorie als einer »Brücke« paßt, die Sinnesreize mit Sinnesreizen verbindet. Dahinter steht die Vorstellung, die schlichte Wahrheit der Theorie bzw. von Sätzen auf etwas anderes zurückzuführen, auf Übereinstimmung mit den Fakten Daß Quine diese Interpretation der Relativität der Referenz mit Recht verwirft (die mit seiner früheren Analogisierung der Relativität der Ontologie mit der von raumzeitlicher Position verbunden ist), wurde oben schon vermerkt. 80 Vgl. »On the Very Idea of a Conceptual Scheme«, a. a. O. 79

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oder der Evidenz. Es versteht sich, daß eine Konzeption, die den transzendentalen Charakter des Wahrheitssinnes negiert, in der einen oder anderen Weise von einer solchen Vorstellung ausgehen muß bzw. bestimmt wird. Näher betrachtet erweißt sie sich jedoch als unhaltbar, bzw. sie kollabiert in den schlichten Begriff der Wahrheit. 81 Entweder nämlich wird die dem Begriffsschema (Sprache) resp. den anderen möglichen Begriffsschemata (der angesprochene Dualismus ist es, der die Möglichkeit einer Relativierung von Begriffsschmata [wie auch des Semantischen] eröffnet, wobei diese Relativierung sowohl in die skeptische [wie bei Kuhns Vorstellung von inkommensurablen Theorien] wie auch in der Quineschen [Indeterminiertheit] Richtung führen kann) gegenüberstehende Realität als objektive (und damit unter Bedingungen der Anwendung des referentiellen Apparates) thematisiert – damit jedoch muß sie als bereits begrifflich organisierte thematisch werden; oder aber – und dies ist bei Quine der Fall – die Realität als solche, d. h. als nicht der Relativität von Setzungen unterworfene – tritt als die Totalität der sinnlichen Evidenz auf, der die Theorie zu ›entsprechen‹ habe (bzw. die sie adäquat miteinander verbinden müsse oder wie die Formulierungen auch immer lauten mögen). Es ist aber nicht ausweisbar, was unter dieser Entsprechung anderes und mehr zu verstehen sei, als daß die Theorie schlicht und einfach wahr ist. Der evasive Charakter dieser Entsprechung zeigte sich auch in der für die Explizierbarkeit der Indeterminiertheitsthese so fatalen Tatsache, daß die Stimulus-Bedeutung als solche, in der sich die Totalität der Evidenz ja manifestiert (oder anders gesprochen die Realität als solche, als von begrifflicher Strukturierung resp. Setzung unabhängig), sich dem naturalistischen Zugriff gerade entzieht. Quines Replik darauf, die auf die Differenz von Wahrheit und begründeter Meinung hinweist, verfehlt im übrigen den Punkt des Einwandes, der ja gerade darin besteht, daß sein Begriff von begründeter Meinung (d. h. des Der-Evidenz-Entsprechens) sich nicht von Wahrheit unterscheiden lasse. 82 Vgl. Davidson, D., »On the Very Idea of a Conceptual Scheme«, a. a. O., hier: S. 192– 194. 82 Vgl. »Reply to Davidson«, a. a. O. 81

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Die Moral, die letzten Endes aus der Betrachtung des Naturalismus bzw. der Naturalismen zu ziehen ist (die im übrigen natürlich nicht den Charakter des Resultats eines formalen Beweises haben kann, allein schon deshalb nicht, weil nicht zu sehen ist, wie ein Beweis für die Vollständigkeit der betrachteten Varianten des Naturalismus zu führen wäre) scheint demnach zu sein, daß der eliminative Charakter des (Quineschen) Naturalismus mit dessen realistischem Charakter nicht verträglich ist, der für die Abgrenzung unverzichtbar ist. Andererseits ist es gegen die Skepsis gerade dieser eliminative Charakter (hinsichtlich des Semantischen, also letztlich der des Wahrheitssinnes), der ihn davor bewahrt, wie die reduktive Variante des Naturalismus an dem zu scheitern, was oben der naturalistische Fehlschluß im Bereich des Semantischen genannt wurde. Es ist nicht zu sehen, wie ein Naturalismus diesem Dilemma entgehen kann.

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IV. Versuch und Probleme eines Neuansatzes in der Bedeutungstheorie (Davidson)

Donald Davidsons bedeutungstheoretische Konzeption ist wohl, sieht man einmal von M. Dummetts rein im Programmatischen verbleibenden Vorschlägen ab, heute vielleicht die einzige ihrer Art, die nicht entweder als reduktionistisch oder eliminativ zu charakterisieren wäre. Allerdings dürfte diese positive Einschätzung nicht allgemeine Zustimmung finden, vor allem aus zwei Gründen: Einmal ist bestritten worden, daß es sich bei dieser Konzeption wirklich um eine Bedeutungstheorie im Vollsinne handelt; zum anderen ist der Status der Konzeption, die, wie gesagt, innerhalb ihrer selbst ganz unbestreitbar nicht reduktionistisch oder eliminativ verfährt, unbestimmt – es ist auch nicht zu sehen, zumindest nicht unmittelbar, wie sie sich definitiv gegen Quines Position abgrenzen läßt (Davidson selbst bezeichnet sich als Materialisten), m. a. W. ob sie nicht letzten Endes als methodologische Variante dieser Position zu interpretieren ist. Als dritter Kritikpunkt hinzuzufügen wären M. Dummetts skeptische Einwände gegen eine realistische Semantik ganz im allgemeinen. Im folgenden soll versucht werden, die These zu begründen, daß diese Einwände bzw. Zweifel zwar ihre Berechtigung haben, aber nicht zu einer Ablehnung der Konzeption führen müssen, sondern als Hinweis auf wichtige Desiderate dieser Konzeption zu begreifen sind, die allerdings mit deren eigenen begrifflichen Mitteln nicht zu erfüllen sind.

IV.1. Bedeutungstheorie ohne Bedeutungen Das Auffälligste an dieser Konzeption dürfte vielleicht sein, daß sie nicht direkt das philosophische Problem der Bedeutung angeht, sondern einen indirekten Weg beschreitet, indem sie von der Frage ausgeht, wie eine Theorie der Bedeutung für eine bestimmte (natürliche) Sprache auszusehen habe. Eine solche Theorie beantwortet natürlich keine einzige philosophische Frage, die Einsicht in die allgemeine VerA

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fassung einer solchen Theorie und die Natur der Evidenz für sie soll aber ein Licht auf das philosophische Problem der Bedeutung werfen. Die philosophische Theorie der Bedeutung hat also über weite Strecken die Form einer Methodologie von empirischen Theorien der Bedeutung bestimmter Sprachen. Zwei bedeutungstheoretische Grundannahmen und eine logische Methode bestimmen wesentlich Davidsons Konzept der Verfassung einer solchen Theorie; die Grundannahmen stammen von Frege, die Methode bzw. logische Technik von A. Tarski. Von Frege übernimmt Davidson die Bindung des Bedeutungsbegriffs an den der Wahrheitsbedingungen; außerdem wird bei ihm die Aufgabe einer Bedeutungstheorie qua Theorie der Wahrheitsbedingungen wesentlich im Hinblick auf das ebenfalls auf Frege zurückgehende Prinzip der Kompositionalität, die These, daß die Bedeutung des Satzes von der Bedeutung seiner Teile abhängt, formuliert: Eine solche Theorie muß nicht nur die Wahrheitsbedingungen aller Sätze einer Sprache formulieren, sondern diese auch so darlegen, daß deutlich wird, wie die Teile eines Satzes bzw. deren semantischer Wert (um einen Ausdruck von Dummett zu gebrauchen) in die Wahrheitsbedingungen des Satzes eingehen bzw. diese konstituieren. M. a. W. die Theorie muß zeigen, wie die Bedeutung eines Satzes von den Bedeutungen seiner Teile abhängt; nur so kann die Theorie die semantische Kompetenz eines Sprechers wiedergeben, die im impliziten Wissen dessen besteht, was die Theorie behauptet. Bei der Durchführung dieses Projekts erweist sich die Annahme der Existenz solcher Entitäten wie Bedeutungen als überflüssig, was laut Davidson für ihn den Grund dafür darstellt, ihre Existenz zu negieren 83 Dieser nichtontologische Charakter von Davidsons Theorie macht sie für die hier vertretene Position natürlich besonders interessant. In letzter Zeit hat Davidson eine nichtontologische These auch hinsichtlich der Existenz von Sprachen und sprachlichen Konventionen (in dem Sinn, in dem davon im Kontext einer philosophischen Bedeutungstheorie die Rede ist) vertreten (vgl. etwa »A nice Derangement of Epitaphs«, in: Le Pore, E. [Hrsg.], Truth and Interpretation. Perspectives on the Philosophy of Donald Davidson. Oxford 1986, S. 433–446, sowie »Communication and Convention«, in: Inquiries into Truth and Interpretation, a. a. O., S. 265–280). B. Ramberg hat (Donald Davidson’s Philosophy of Language: An Introduction. Oxford 1989) in diesem Sinne als 83

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Versuch und Probleme eines Neuansatzes in der Bedeutungstheorie (Davidson)

– Quines Kritik in »Two Dogmas of Empiricism« dürfte allerdings doch dabei eine erhebliche Rolle gespielt haben. Eine Theorie der Bedeutung à la Davidson kommt also ohne Bedeutungen aus, und sie gibt auch keine philosophisch signifikante Antwort auf die Frage nach der Wortbedeutung – die Bedeutung der nichtlogischen Ausdrücke wird axiomatisch eingeführt unter Verwendung des entsprechenden (›synonymen‹) Ausdrucks der Meta-(Theorie-)Sprache. Dies heißt im übrigen nicht, die Theorie bestehe (zumindest partiell) in einer Übersetzung der Objekt- in die Metasprache; die metasprachlichen Ausdrücke werden ja verwendet und nicht erwähnt, wie es bei einer Übersetzung in sie selbst hinein der Fall wäre. Was die Theorie offenlegt sind somit strukturelle bzw. inferentielle Beziehungen, die für den Aufbau der Wahrheitsbedingungen der Sätze der betrachteten Sprache von Wichtigkeit sind. Wie schon angedeutet, bedient sich Davidson bei seiner Theorie der Wahrheitsbedingungen einer Sprache der Tarskischen Technik der Definition von Wahrheit für eine bestimmte Sprache. Bekanntlich bietet diese Methode der Wahrheitstheorie für eine bestimmte Sprache durch den von Tarski eingeführten Begriff der Erfüllung (über den Wahrheit definiert werden kann) die Möglichkeit, strukturelle Beziehungen zu erfassen, die für den Aufbau der Wahrheitsbedingungen signifikant, aber nicht wahrheitsfunktionaler Natur sind. Insofern ist diese Technik für Davidsons Programm natürlich geradezu prädestiniert. Dies darf jedoch nicht dazu führen, die Differenzen zu Tarskis Programm zu ignorieren. In der Tat wäre Davidsons Vorhaben geradezu als dessen Umkehrung zu charakterisieren (eine Einsicht übrigens, zu der Davidson erst bei der Weiterentwicklung seines Projekts gelangte); es wird nicht auf der Basis einer Übersetzung der Objekt- in die Metasprache (also auf der Grundlage der Kenntnis der Bedeutung der objektsprachlichen Ausdrücke) das Wahrheitsprädikat für eine bestimmte Sprache definiert, vielmehr wird umgekehrt auf der Grundlage eines Verständnisses von Wahrheit überhaupt (d. h. als nicht auf eine bestimmte Sprache bezogen und auch nicht als im modelltheoreti-

roten Faden der Entwicklung von Davidsons Theorie deren nichtontologischen Charakter hervorgehoben. A

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schen Sinn verstanden,) 84 versucht, die Bedeutung der Sätze der Objektsprache zu erfassen. Die als Ergebnis der Theorie auftretenden Bikonditionale, die mithilfe des Prädikatenkalküls aus den die Bedeutung der nichtlogische Ausdrücke festlegenden Axiomen abgeleitet werden, haben folgende Form: Auf der einen Seite steht die Behauptung der Wahrheit eines Satzes der Objektsprache, auf der anderen Seite der mit dem objektsprachlichen bedeutungsgleiche Satz der Metasprache. 85 Im Kontext des ursprünglichen Tarski-Programms ist die Tatsache, daß die genannten Bikonditionale, die die Implikation der Wahrheitstheorie darstellen, von der Form ››p‹ ist w , q‹ sind, wobei ›q‹ die (vorausgesetzte) metasprachliche Übersetzung von ›p‹ ist, das entscheidende Kriterium dafür, daß es sich bei dem dadurch (beweisbar eindeutig) festgelegten Prädikat ›w‹ um das Wahrheitsprädikat handelt – die berühmte Konvention W; aus der Davidson-Perspektive gesehen ist die mit den Bikonditionalen gelieferte Übersetzung umgekehrt das Ergebnis der Theorie und der Voraussetzung des Vorverständnisses von Wahrheit. Die Frage ist, wie die Theorie dies leisten kann, m. a. W. wie es möglich ist, letztendlich die materiale Äquivalenz der Bikonditionale als ›bedeutet, daß‹ zu lesen. Wie sind solche Bikonditionale wie ››Schnee ist weiß‹ ist wahr , Gras ist grün‹ auszuschließen? Als Antwort ist zunächst auf den holistischen Charakter der Theorie zu verweisen. Die Theorie soll auf der Grundlage einer endlichen Axiomatisierung die richtigen Resultate für alle Sätze der betrachteten Sprache liefern; diese breite Grundlage für einen empirischen Test auf Adäquatheit (dieser Test erfolgt auf der Ebene der Sätze und nicht der Satzkomponenten, m. a. W. empirisch geprüft wird die Wahrheit der Bikonditionale und nicht die der Axiome) dürfte den Großteil der abwegigen Theorien auszuschließen erlauben.

Es sei im übrigen noch darauf hingewiesen, daß auch eine Wahrheitstheorie à la Tarski das Wahrheitsprädikat (indem es dort ja als Wahrheit simpliciter auftritt) nicht im modelltheoretischen Sinn behandelt, obwohl die Technik der rekursiven Definition von Wahrheit (im wesentlichen die Rolle des Erfüllungsbegriffes) auch die ist, die die formale Semantik bzw. Modelltheorie ermöglicht hat. 85 Statt des Satznamens kann auch eine sogenannte strukturelle Beschreibung des Satzes auftreten; im Falle einer homophonen Wahrheitstheorie, in der die Objekt- in Metasprache enthalten ist, steht natürlich anstelle der Übersetzung ›p‹ (s. u.) der Satz selbst. 84

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Dennoch erscheint es nicht unmöglich, die Extensionalität der Theorie auszunutzen, um für eine Theorie der Bedeutung abwegige Folgerungen zu erhalten. 86 Der Holismus der Theorie rein als solcher scheint hier nicht auszureichen, bzw. anders formuliert ein bestimmter Teil dieses Ganzen muß eine besondere Funktion erhalten. Es handelt sich um die Sätze, die sich auf demonstrative Präsentationen in Wahrnehmungssituationen beziehen wie ›das ist Schnee‹, ›das ist weiß‹ ; dieser Punkt geht über Davidsons ursprüngliche Formulierung seines Programms in signifikanter Weise hinaus. 87 Von besonderem Interesse ist der Hinweis auf diesen Typ von Situation auch deshalb, weil hier der spezifische Charakter der Evidenz für eine als Theorie der Bedeutung fungierende Theorie der Wahrheitsbedingungen einer Sprache und damit verbunden der spezifische Charakter der Theoreme und Axiome einer solchen Theorie hervortritt: Es handelt sich darum, daß diese Theoreme und Axiome Gesetzescharakter haben müssen; z. B. kennt ein Sprecher des Englischen die Bedeutung von ›snow is white‹ dadurch, daß er weiß, daß ›snow is white‹ wahr ist, weil Schnee weiß ist. Dies läßt sich auch so ausdrücken, daß die semantische Kompetenz eines Sprechers nicht allein im impliziten Wissen der entsprechenden Wahrheitstheorie besteht. Hinzukommen muß das Wissen, daß es sich dabei um eine Theorie der Wahrheit der betreffenden Sprache handelt. 88 Der modale Aspekt der Theoreme und Axiome einer Wahrheitstheorie reflektiert somit das in dieser rein extensionalen Theorie nicht ausdrückbare Wissen 89 darum, daß es sich etwa bei den Bikonditionalen à la Konvention W um Implikate einer Wahrheitstheorie handelt. Dies läßt vermuten, daß jener Modalaspekt letzten Endes auf einen Aspekt des Sinnes von Wahrheit (simpliciter) verweist bzw. ihn manifestiert. Vgl. die Einleitung und die Beiträge von J. Foster und B. Loar in: Evans, G./McDowell, J. (Hrsg.), Truth and Meaning. Oxford 1976. 87 »Truth and Meaning«, in: Synthese 17 (1967), S. 304–323. Er erscheint im Wiederabdruck des Aufsatzes an entscheidender Stelle (vgl. Inquiries into Truth and Interpretation, a. a. O., S. 26) in einer hinzugefügten Fußnote. 88 Vgl. Davidson, D., »Reply to Foster«, in: Inquiries into Truth and Interpretation, a. a. O., S. 171–180, sowie die dortige Einleitung. 89 Es ist jedoch gerade dieses Wissen, das das implizite Wissen der Theorie der Wahrheitsbedingungen als semantische Kompetenz interpretierbar werden läßt, mithin die Theorie der Bedeutung macht (vgl. Davidson, »Reply to Foster«, a. a. O.). 86

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Auf die Evidenz für eine Theorie der Wahrheitsbedingungen bezogen bedeutet die Berücksichtigung jenes Modalaspektes, daß dieser in irgendeiner Weise in der Beziehung zwischen der Zustimmung zu einem Satz und dessen Wahrheitsbedingung (selbstredend nicht für alle Sätze der Sprache, aber doch vielleicht für einen gewissen Typ von ihnen) auftauchen muß. Genau dies ist bei den demonstrativen Präsentationen bzw. Wahrnehmungssituationen der Fall, indem hier eine entsprechende Verbindung kausaler Natur (im veridischen Fall von Wahrnehmung) vorliegt. Das Vorliegen einer solchen kausalen Beziehung ist so auch die Bedingung dafür, die entsprechenden (zeit- und sprecherrelevanten) Wahrheitsbedingungen als die der jeweiligen Sätze, denen vom Sprecher zugestimmt wird, zu akzeptieren. 90 Es scheint, als finde das holistische System der Theorie der Wahrheitsbedingungen hier seine (natürlich nicht im fundamentalistischen Sinn zu interpretierende) ›Basis‹, als werde an dieser Stelle der Kontakt zur Realität hergestellt. Dies bestätigt die oben rein in abstracto angestellten Überlegungen, wonach ein unqualifizierter Holismus als im semantischen Bereich inakzeptabel (weil in die Skepsis führend) sich erwies und eine im engeren (auf eine Theorie der Wahrnehmung hinauslaufenden) Sinn epistemische Komponente für eine adäquate Konzeption von Bedeutung als notwendig sich herausstellte. Es handelt sich – um einen Vergleich mit Quine zu ziehen – um das Davidsonsche Pendant zu Quines »stimulus meaning«, ein Pendant, das jedoch nicht einer empiristischen (und damit letzten Endes [d. h. nach der Quineschen Transformation] naturalistischen) Konzeption von Bedeutung angehört, wie im folgenden noch klarer erkennbar sein wird. Zuvor allerdings soll auf zwei Punkte wenigstens hingewiesen werden, die prima facie als Hindernisse für Davidsons Konzeption auftauchen. Zum einen ist dies die Schwierigkeit, bestimmte semantisch relevante Konstruktionen der natürlichen Sprache (z. B. indirekte Kontexte) im Rahmen einer extensionalen, den Kriterien einer Tarskischen Wahrheitsdefinition unterworfenen Theorie auszudrücken. Daraus läßt sich aber wohl kein prinzipieller Einwand gegen den skizzierten Theorie90

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Vgl. Davidson, »Truth and Meaning«, a. a. O., S. 26 Fn. 11.

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Versuch und Probleme eines Neuansatzes in der Bedeutungstheorie (Davidson)

vorschlag ableiten, und Davidson selbst hat hier auch z. T. konkrete Lösungsvorschläge angeboten, die hier nicht näher diskutiert werden sollen (parataktische Analyse indirekter Kontexte, Analyse der logischen Form von Sätzen über Kausalbeziehungen). Der andere (vermeintliche) Einwand bezieht sich auf die (von Tarski selbst bewiesene) Tatsache, daß eine Sprache (Theorie) nicht in der Lage ist, ihr eigenes Wahrheitsprädikat zu definieren (es drohen die semantischen Paradoxien), diese Definition also in einer stärkeren Metasprache erfolgen muß. Man könnte nun meinen, das DavidsonProgramm sei durch einen infiniten Regreß immer stärkerer Metasprachen bedroht, wenn die semantische Kompetenz eines Sprechers in der Form einer Wahrheitsdefinition seiner Sprache ausgedrückt werden soll. In der Tat besteht hier kein Grund zur Besorgnis. Das erwähnte Tarskische Theorem bezieht sich nämlich nur auf eine Wahrheitsdefinition in der Form einer expliziten Definition, 91 die sich ja auch aus Tarskis Programm ergibt. Innerhalb der Davidsonschen Konzeption besteht aber, wie oben dargestellt, eine veränderte Situation; Wahrheit wird als undefinierbarer Grundbegriff vorausgesetzt, und unter dieser Voraussetzung ist es möglich, in einer Theorie der Wahrheit die Wahrheitsbedingungen der Sätze einer Sprache zu charakterisieren, ohne eine explizite Wahrheitsdefinition zu erstellen. 92 Bis jetzt wurde im wesentlichen nur die Form einer Theorie der Wahrheitsbedingungen diskutiert. Davidson hat seine Konzeption aber später weiterentwickelt zu einer Theorie der »radikalen Interpretation« (dem Gegenstück zu Quines radikaler Übersetzung), in der die Natur Vgl. Quine, W. V. O., »On an Application of Tarski’s Theory of Truth«, in: Selected Logic Papers. New York 1966, S. 141–145. 92 Für das Davidson-Programm ist eine induktive Definition von Erfüllung und damit Wahrheit ausreichend, die für jeden einzelnen Satz die Bedingungen seiner Erfüllung darlegt, aber keine Übersetzung von ›x erfüllt y‹ mit ›y‹ als Variable liefert. Letzteres würde in der Tat die Wahrheitstheorie selbst in die Gefahr der Paradoxie bringen, eine induktive Definition mit der genannten Eigenschaft aber nicht (vgl. Quine, W. V. O., The Pursuit of Truth. a. a. O., hier: S. 86). Es versteht sich, daß damit noch kein Beitrag zur Analyse der semantischen Paradoxien geleistet ist. 91

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der Evidenz für und die Methodologie der Entwicklung einer Theorie der Wahrheitsbedingungen thematisch wird. Ausgangspunkt dabei ist das Problem, daß weder die Meinungen noch die Bedeutungen der Sätze des zu interpretierenden Sprechers bekannt sind, man also gewissermaßen eine Gleichung mit zwei Unbekannten hat. Als Lösung schlägt Davidson vor, die Meinungen konstant zu halten und auf dieser Grundlage die Bedeutungen (Wahrheitsbedingungen) zu eruieren. ›Konstanthalten‹ heißt dabei, daß angenommen wird, ja um überhaupt das Projekt in Gang zu bekommen, angenommen werden muß, daß die Majorität der Meinungen des Sprechers wahr ist, eine Präsumption in Beziehung auf die Wahrheit seiner Meinungen besteht (das berühmte ›principle of charity‹). Evidenzbasis für die radikale Interpretation bilden Akte des Fürwahrhaltens der Sprecher; in Beziehung darauf werden in der holistisch verfahrenden Interpretation unter Voraussetzung des ›principle(s) of charity‹ die propositionalen Attitüden der Sprecher und die Bedeutungen ihrer Sätze als theoretische Konstrukte eingeführt. Neben dem holistischen Charakter der Theorie der Wahrheitsbedingungen ist also auch ein Holismus der Evidenz für sie zu konstatieren. Dieser zweite Holismus ist in doppelter Hinsicht bedeutsam: Zum einen verbietet er, Bedeutungen und Meinungen als objektiv bestehende Entitäten zu ontologisieren, da sie ja nur im systematischen Zusammenhang des Ganzen signifikant und miteinander eng verflochten sind; ihre Einführung als theoretische Konstrukte hat nur die Funktion, die Gesamtheit der Akte des Fürwahrhaltens der Sprecher interpretierbar werden lassen. Der zweite Aspekt der holistischen Verfaßtheit der Evidenz für eine empirische Theorie der Wahrheitsbedingungen besteht nach Davidson darin, daß er die Irreduzibilität von Bedeutung und propositionalen Attitüden auf physikalische Kategorien sichern soll, indem die Methodologie der radikalen Interpretation durch Begriffe gesteuert wird (z. B. die Rationalität des Gesamtsystems der Meinungen eines Sprechers, die auch einen Aspekt des ›principle(s) of charity‹ darstellt), die in der physikalisch beschreibbaren Welt kein Gegenstück finden. 93

Vgl. Davidson, D., »Belief and the basis of meaning«, in: Inquiries into Truth and Interpretation, a. a. O., S. 141–154, hier: S. 154.

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Versuch und Probleme eines Neuansatzes in der Bedeutungstheorie (Davidson)

Das ›principle of charity‹ als methodologischesc Grundprinzip 94 bedarf natürlich der Rechtfertigung; in seinem Vortrag »A Coherence Theory of Truth and Knowledge« 95 bietet Davidson zwar keine solche Rechtfertigung im strikten Sinn an, stellt aber einen Zusammenhang her mit dem Skepsisproblem. Dies formuliert er als die Schwierigkeit, für Meinungen andere Rechtfertigungsinstanzen zu finden als wiederum Meinungen (die Argumente dagegen, Empfindungen und anderes ›Gegebene‹ als solche Instanzen zu akzeptieren, dürften weitgehend bekannt sein – sie beziehen sich meist darauf, daß die Beziehung auf das jeweilige Gegebene, sollte sie bloß kausaler Natur sein, das Problem qua Frage nach Rechtfertigung nicht beantworten kann, aber auch nicht, wenn sie epistemischer Natur ist, da sich dann das Problem bloß iteriert). Sobald zwischen den Meinungen und dem, worauf sie sich beziehen, epistemische Zwischenglieder eingefügt werden (und dies ist z. B. auch bei Quines Rede von sensorischen Stimulationen der Fall wie bei allen Formen des Verifikationismus), ist der Skepsis laut Davidson Tür und Tor geöffnet. Das Rechtfertigungsproblem kann also nicht durch Einführung einer spezifischen Art von Evidenz gelöst werden; vielmehr sollte nach Davidson auf die Bedingungen der Interpretation der Äußerungen eines Sprechers reflektiert werden, und hier hat das ›principle of charity‹ seinen Auftritt: Im allgemeinen sind die kausalen Bedingungen, unter denen ein Sprecher einem Satz regelmäßig zustimmt, dessen Wahrheitsbedingungen. Dies gilt natürlich nicht für alle Sätze, und es gilt umso mehr, je mehr man an die ›Wahrnehmungsbasis‹ kommt. Davidson weigert sich allerdings, die Quinesche Trennung von Wahrnehmungs- und theoretischen Sätzen zu akzeptieren. Der Grund dafür, nämlich die Ablehnung der empiristischen (und damit letztlich skeptischen) Konsequenzen, die aus Quines Weise, diese Trennung zu begründen, folgen, ist verständlich, aber wohl nicht zwingend, wenn man eine nichtempiristische Konzeption von Wahrnehmung für möglich hält. Festzuhalten ist, daß die radikale Interpretation von der BeDavidson interpretiert auch die besondere Autorität, die eine Person in Beziehung auf die eigenen Meinungen hat, durch das ›principle of charity‹. Vgl. »First Person Authority«, in: Dialectica 38 (1984), S. 101–112. 95 In: Henrich, D.,/Horstmann, R.-P. (Hrsg.), Kant oder Hegel? Stuttgart 1981, S. 423– 438. 94

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trachtung des Fürwahrhaltens von Sätzen mit wesentlich indexikalischer Komponente, die sich also auf Wahrnehmbares bezieht, ihren Ausgang nehmen muß. 96 Und nun wird deutlich, daß das ›principle of charity‹, die Präsumption in Beziehung auf die Wahrheit der Meinung eines Sprechers, wenn man es derart auf die konkreten Bedingungen der radikalen Interpretation bezieht, als Antwort auf das Rechtfertigungsproblem fungieren kann: Da es sich verbietet, epistemische Zwischeninstanzen einzuführen, müssen bei den für die radikale Interpretation als ›Basis‹ auftretenden Sätzen die Ursachen der Zustimmung als Wahrheitsbedingungen fungieren; und die Ursachen können deshalb als die Rechtfertigungsinstanzen auftreten, weil ein Zusammenhang von Ursachen und Wahrheitsbedingungen für die Methodologie der Interpretation zwingend notwendig ist.

IV.2. Einwnde und Desiderate Selbst wenn man diesem Gedankengang folgt, ergibt sich daraus keine Rechtfertigung des ›principle(s) of charity‹. Allenfalls läßt sich sagen, daß es dann gerechtfertigt sein muß, wenn die Skepsis eine Antwort findet (finden kann); umgekehrt gilt, daß aus dem ›principle of charity‹ eine Antwort auf die Skepsis sich ergibt. Davidsons Überlegungen, die die Gestalt methodologischer Reflexionen über eine mögliche Theorie der Interpretationen haben (und nicht die Basis der dabei entwickelten Prinzipien direkt thematisieren), stellen kein Mittel bereit, das diesen Zirkel zu durchbrechen erlauben würde. Und im übrigen ist das ›principle of charity‹, wenn es nicht als methodologisches Prinzip, sondern als ›metaphysische‹ Aussage über die Verfassung von Bedeutung verstanden würde, sicher falsch. Wenn wir, ohne es zu wissen, zu »brains in a vat« transformiert werden, ändern sich die Wahrheitsbedingungen unserer Sätze nämlich nicht, wie aus dem so verstandenen Prinzip folgen würde. 97 Andernfalls würde die Wahrheit auf Fürwahrgehaltenwerden reduziert, m. a. W. die Skepsis wäre unabweisbare Konsequenz. Vgl. Davidson, D., »Belief and the Basis of Meaning«, a. a. O., hier: S. 151. Entgegen Putnam, vgl. ders., Reason, Truth and History. Cambridge (u. a.) 1981, hier: Ch. 1.

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Festzuhalten ist, daß die bisher aus Davidsons Konzeption sich ergebenden Desiderate eng miteinander verflochten sind: Das vorausgesetzte Verständnis des Wahrheitssinnes verweist, sofern es auf den Inhalt der Theorie der Wahrheitsbedingungen bezogen wird (als Wissen, daß es sich um eine Wahrheitstheorie handelt) – ein Bezug, der, wie gezeigt, erst eigentlich die Brücke zwischen Wahrheit und Bedeutung schlägt – auf einen Modalaspekt, der wiederum noch in mindestens zwei Hinsichten bedeutsam wird: einmal dient er dazu, die holistische Wahrheitstheorie derart ›an die Realität zu binden‹, daß sie von einer gewissen Beliebigkeit befreit wird und dadurch erst in die Lage versetzt wird, die Funktion einer Theorie der Bedeutung zu erfüllen. Zum anderen ergibt sich eine Relevanz für das Problem der Skepsis (verstanden als die Frage nach der Rechtfertigung des Meinungssystems). 98 Der Zusammenhang der beiden genannten Hinsichten stellt sich also dar als der von Bedeutung und Meinung, was u. a. auch noch daran offenkundig wird, daß die Relevanz für das Skepsisproblem mittelbar eine Rechtfertigung des Prinzips bedeutet, das die Methodologie einer Theorie der Interpretation wesentlich bestimmt, die Meinungen und Bedeutungen in einem holistischen Zusammenhang verorten. Dunkel bleibt ebenso, worin das Verständnis des Wahrheitssinnes besteht, wie der genaue Zusammenhang der weiteren genannten Punkte. Insbesondere wäre Licht zu bringen in die Verbindung zwischen dem rein semantischen und dem epistemischen Aspekt der Bedeutungstheorie, der sich in den beiden Hinsichten manifestiert. Was diesen epistemischen Aspekt betrifft, sei, vor allem angesichts der Rolle, die die Kausalität in Davidsons Konzeption dabei spielt, die (im folgenden natürlich einzulösende) These gewagt, daß sich die Notwendigkeit einer Theorie der Wahrnehmung ergibt, die sich an die Bestimmung des Wahrheitssinnes anschließen muß. Denn Wahrnehmungen sind ja dadurch charakterisiert, daß bei ihnen unter Standardbedingungen Ursachen und Wahrheitsbedingungen zusammenfallen. Und dieser begriffliche Zusammenhang zwischen Ursachen und WahrheitsbedinMan beachte den Zusammenhang, der hier deutlich wird zwischen diesem Begründungsproblem und der obigen Fassung der Bedeutung von Skepsis in Beziehung auf den Sinn von Wahrheit – über die Art und Weise dieses Zusammenhangs ist allerdings noch kaum etwas auszumachen.

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gungen ist es ja, der das ›principle of charity‹ als methodologisches Prinzip rechtfertigt (ohne daß damit impliziert wäre, daß de facto die Standardbedingungen in der Mehrzahl der Fälle vorlägen, d. h. wirklich die Majorität unserer Meinungen wahr sein müßte). Daß eine solche basale Rolle der Wahrnehmungstheorie innerhalb der Epistemologie mit Davidsons Äußerungen nicht in vollem Einklang steht, wurde schon erwähnt, ebenso wie die Tatsache, daß seine Reserve von der Befürchtung herrührt, hier in empiristisches und damit verifikationistisches (und damit idealistisches) Fahrwasser zu geraten. Daß diese Befürchtung nicht von ungefähr kommt, zeigen die Schwierigkeiten, die der Aufbau einer realistischen Epistemologie auf der Basis einer Theorie der Wahrnehmung bereitet (s. u. C). Zum Abschluß der Betrachtung von Davidsons Vorschlag zum philosophischen Problem der Bedeutung soll in aller Kürze die vor allem von M. Dummett erhobene Kritik an diesem Vorschlag behandelt werden. Als Hauptpunkte dieser Kritik können folgende Thesen gelten: 1) Eine Theorie der Wahrheitsbedingungen à la Davidson ist allenfalls eine ›theory of reference‹ und nicht dazu geeignet, dasjenige zu spezifizieren, was auf der Ebene der Bedeutung bzw. des Fregeschen Sinns liegt. Sie kann nicht die spezifische Weise des Gegebenseins der Referenten ausdrücken, da sie auf diese nur quasi simpliciter bezugnimmt, und erreicht die Dimension des Sinnes daher überhaupt nicht, was sie als mögliche Bedeutungstheorie diskreditiert. 2) Der holistische Charakter einer Davidson-Theorie macht es unmöglich anzugeben, worin die semantische Kompetenz in Beziehung auf linguistische Einheiten unterhalb der der Gesamtsprache besteht. Fragt man nach der Bedeutung dieser Einheiten, so wird man immer nur auf ihre Rolle im Gesamtsystem der Sprache verwiesen. Der kognitive Charakter von Bedeutung macht es aber notwendig, daß sich die semantische Kompetenz etwa in Beziehung auf ein Prädikat oder einen referierenden Ausdruck in einer bestimmten kognitiven Fähigkeit bzw. deren Ausübung manifestieren (können) muß. Genau dies aber kann von einer Theorie à la Davidson nicht erfaßt werden. Die Punkte 1) und 2) hängen damit zusammen, daß Davidsons Theorie eine »modest theory of meaning« ist, die die Frage nach der Bedeutung 132

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einzelner Worte nicht thematisiert, im Gegensatz zu einer »full-blooded theory«, die dies tut. 99 3) Der Realismus einer Theorie der Wahrheitsbedingungen ist mit der Kognitivität von Bedeutung inkompatibel. Denn dieser Realismus schafft Raum für die Möglichkeit, daß etwas, worauf sich manche unserer Aussagen beziehen, unseren kognitiven Fähigkeiten prinzipiell unzugänglich bleibt. (Paradigmatische Beispiele sind Aussagen über unendliche Gesamtheiten, über zeitlich und räumlich Entlegenes, unentscheidbare mathematische Sätze.) Dies widerspricht aber einer Konzeption, wonach Bedeutung (also z. B. die solcher Sätze) an Kognitivität wesentlich gebunden ist. Was das mit 1) angesprochene Problem der Beziehung bzw. der Differenz von Theorie der Wahrheitsbedingungen und Bedeutungstheorie im engeren Sinne betrifft, so wurde schon hier darauf hingewiesen, daß nach Davidsons eigener Meinung hier eine Differenz besteht, die nur durch die Inanspruchnahme (auf seiten des Sprechers) des Wissens, daß es sich um eine Theorie der Wahrheitsbedingungen handelt, aufgehoben werden kann. Im übrigen folgt aus der Tatsache, daß eine solche Theorie nicht von Bedeutung (Sinnen) redet, nicht, daß sie sich gegenüber der Fregeschen Differenz von Sinn und Bedeutung indifferent verhielte. Es wäre hier an die von M. Dummett selbst in Beziehung auf die Differenz von Sinn und Bedeutung herangezogene Früh-Wittgensteinsche Unterscheidung von Zeigen und Sagen zu erinnern, wonach der Sinn eines Ausdrucks sich zeigt, indem von der Bedeutung (dem Referenten) geredet wird, m. a. W. der Ausdruck verwendet wird. Konkret erweist sich die Sensitivität der Davidson-Konzeption für die Sinn-Bedeutung-Differenz daran, daß nicht jede (extensional korrekte) Theorie der Wahrheitsbedingungen dazu geeignet ist, als Theorie der Bedeutung (des Sinnes) zu fungieren. Z. B. mag eine Theorie mit dem Axiom ››Hesperus‹ bezeichnet ›Hesperus‹‹ besser dazu geeignet sein, die semantische Kompetenz eines Sprechers zu repräsentieren, als eine Im Appendix zu »What is a theory of meaning (I)« (in: Guttenplan, S. [Hrsg.], Mind and Language. Oxford 1975, S. 97–138) vertritt Dummett allerdings die Meinung (entgegen seiner sonstigen Diagnose), daß Davidsons Konzeption doch eine Version einer full-blooded-theory sei, wobei die Besonderheit dieser Version zu inakzeptablen Konsequenzen führt, die Dummett dann (m. E. zu Unrecht) kritisch gegen Davidson wendet.

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mit dem Axiom ››Hesperus‹ bezeichnet ›Phosphorus‹‹. Auch der Einwand, ein solches Axiom wie das erstgenannte offenbare die Unfähigkeit einer Theorie der Wahrheitsbedingungen, als Bedeutungstheorie zu fungieren, da das Wissen von diesem Axiom in keiner Weise etwas kognitiv (und damit für Bedeutung) Relevantes enthalte und lediglich in der Beherrschung einer Disquotationsregel bestehe, beruht auf einem Fehler, nämlich auf der Verwechslung des Wissens davon, daß dieses Axiom wahr ist, mit dem Wissen von der Wahrheit, die es ausdrückt. 100 Letzteres ist keineswegs trivial und für den Sinn von ›Hesperus‹ sehr wohl relevant. 101 Der tieferliegende Grund für Dummetts Intention, den Begriff des Sinnes, vage gesprochen, mehr zu substantiieren, die ihn im Gegensatz zu Davidsons damit verglichen eher ›blutarmer‹ Konzeption bringt und auch den Einwand 2) wesentlich motiviert, besteht darin, daß er von einer Theorie der Bedeutung erwartet, daß sie das angibt, was den bedeutungsvollen Zeichengebrauch qua Form kognitiven Verhaltens steuert. Insofern kann er sich nicht mit dem moderaten Vorschlag begnügen, den McDowell in Davidsons Sinn macht, daß nämlich das Wissen von dem, was ein Satz behauptet, unmittelbar manifestiert wird durch den Gebrauch des Satzes selbst und daß keine weitere Spezifikation dieses Wissens nötig sei (und möglich sei, wäre hinzuzufügen). Hinter Dummetts Unzufriedenheit mit einer moderaten Theorie der Bedeutung verbirgt sich eine psychologistische 102 Konzeption des Ko100 Die Differenz besteht darin, daß im zweiten Fall eine Kenntnis der Bedeutung des Satzes (Axioms) unterstellt wird, im ersten nicht. Die Frage, wie Wissen im ersten Fall theoretisch zu explizieren ist, stellt sich somit für Davidson nicht. Was den zweiten Fall betrifft, haben sich oben (vgl. A.II) schon im Zusammenhang mit Wittgensteins Regelfolgenparadoxon und einer möglichen Reaktion darauf einige Resultate ergeben, die in C.II noch weiter erörtert werden. 101 Vgl. hierzu und zum Folgenden McDowell, J., »On the sense and reference of a proper name«, in: Mind 86 (1977), S. 159–185; ders., »Anti-Realism and the epistemology of understanding«, in: Parret, H./Bouveresse, J. (Hrsg.), Meaning and Understanding. Berlin 1981, S. 225–248; ders., »In defence of modesty«, in: Taylor, B. (Hrsg.), M. Dummett. Contributions to Philosophy. Dordrecht (u. a.) 1987, S. 59–80. 102 Der Psychologismusvorwurf mag vielleicht auf den ersten Blick überraschen angesichts der Tatsache, daß Dummett ja auch der Vorwurf gemacht worden ist, ein ›KryptoBehaviorist‹ zu sein. Gemeint ist mit ›Psychologismus‹ in diesem Zusammenhang, daß Dummett zwar an der

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gnitiven, die die Praxis des Fürwahrhaltens durch bestimmte mentale Mechanismen erklären will (die dann in bestimmten Formen von Verhalten manifest werden). Aus der Betrachtung von Wittgensteins Paradox des Regelfolgens (vgl. A.II) läßt sich lernen, daß jede solche Konzeption prinzipiell zum Scheitern verurteilt ist. Ein gewisses Wahrheitsmoment des Einwandes 2) gilt es allerdings festzuhalten, nämlich das oben herausgearbeitete Desiderat einer genaueren Bestimmung des Verhältnisses von Epistemischem und Semantischem, die zu einer (notwendigen) Qualifizierung des semantischen Holismus in Beziehung auf eine epistemische (nicht im fundamentalistischen Sinn zu verstehende) ›Basis‹ führen müßte. Die Erfüllung dieses Desiderats bedeutet aber sicher nicht einen Schritt in die Richtung einer bedeutungstheoretischen Konzeption in Dummetts Sinn. Mit Einwand 3) ist in der Tat ein schwerwiegendes (von Davidsons Konzeption nicht gelöstes und in ihrem begrifflichen Rahmen auch wohl nicht lösbares) Problem angesprochen, nämlich das der Vereinbarkeit von semantischem Realismus (m. a. W. dem Festhalten an dem Begriff der Wahrheitsbedingung als Grundbegriff einer semantischen Theorie) und dem kognitiven Charakter von Bedeutung. Daß das Problem dann unlösbar wird, wenn man, wie Dummett, das Kognitive letztlich in einem psychologistischen Sinn versteht, liegt auf der Hand: Kein mentaler Mechanismus im Kopf einer der Objektivität gegenüberstehenden Person kann diese Objektivität je ›erreichen‹. Die Schwierigkeit der Vereinbarkeit des Realismus mit dem kognitiven Charakter von Bedeutung betrifft im übrigen nicht nur die oben angeführten und auch von Dummett oft genannten paradigmatischen Fälle, sondern ist noch prinzipiellerer Natur: Die Unabhängigkeit der Wahrheitswertverteilung von irgendwelchen kognitiven Aktivitäten eines Sprechers, die den Sinn von Objektivität (bzw. des semantischen ReaKognitivität von Bedeutung festhält, andererseits aber nur eine empirisch-psychologische Konzeption des Kognitiven zur Verfügung hat, was sich gerade auch darin niederschlägt, daß jene Kognitivität bei ihm nur als mögliche Erklärung von sprachlichem Verhalten auftritt. A

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lismus) ausmacht, betrifft auch solche Fälle, die der erfolgreichen Anwendung einer Verifikationsprozedur keine prinzipiellen Hindernisse in den Weg stellen, also auch den Fall der Bezugnahme auf unmittelbar präsente wahrnehmbare Sachverhalte. Letzten Endes geht es um das Problem, wie die Normativität von Wahrheit zu vereinbaren ist mit der aus dem Festhalten an der Kognitivität von Bedeutung sich ergebenden Forderung, daß die Objektivität ›in‹ den Bereich des Kognitiven bzw. Epistemischen fallen muß. Es ergibt sich hier (wie schon aus der immanenten Betrachtung der Davidson-Konzeption) das Desiderat einer realistischen Epistemologie, das im Anschluß an Kant in groben Umrissen zu erfüllen versucht werden soll (Teil C), nachdem die Antwort auf die Bestimmung des Sinns von Wahrheit aus einer Behandlung des Problems der Subjektivität sich ergeben hat, und zwar so, daß die Konzeption einer realistischen Epistemologie einen integralen Bestandteil der Sicherung dieser Antwort bildet.

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B. Subjektivität – »Und doch gelangst du immer wieder zum Ergebnis, die Empfindung selbst sei ein Nichts.« – Nicht doch. Sie ist kein Etwas, aber auch nicht ein Nichts! …« L. Wittgenstein, PU § 304.

Unabhängig von jedem spezifischen Personbegriff, d. h. unabhängig davon, ob eine Person z. B. als etwas gefaßt wird, dem gleichursprünglich materielle und mentale Prädikate zukommen, oder ob sie als Kompositum aus Physischem und Psychischem gedeutet werden muß, besteht das Problem, eine adäquate Theorie des Mentalen zu entwerfen, wobei unter dem Mentalen sowohl intentionale wie sensorische Zustände und Ereignisse zu verstehen sind. Die lediglich additive Art dieser Charakterisierung ist im übrigen nicht zufällig, weil schon die Entwicklung eines präzisen Kriteriums des Mentalen Schwierigkeiten bereitet. 103 Damit soll nicht geleugnet werden, daß es neben der angesprochenen allgemeinen Theorie des Mentalen, die die Explikation der Besonderheit von Personen gegenüber anderen materiellen Entitäten zur Aufgabe hat, noch andere wichtige Problemkomplexe gibt, die unser Selbstverständnis als Personen betreffen, etwa die Frage nach der Natur der personalen Identität, doch sind diese Fragen sicherlich nicht unabhängig von jener Theorie zu diskutieren. Dies gilt prima facie auch für das Problemsyndrom Subjektivität bzw. Selbstbewußtsein, das insofern in Beziehung auf das allgemeine Problem des Mentalen als parasitär auftritt, als es unmöglich erscheint, sich eine wissende Selbstbeziehung unabhängig von Intentionalität vorzustellen. Unmittelbar drängen sich zwei Intuitionen hinsichtlich des Charakters einer allgemeinen Theorie des Mentalen auf: daß es sich um eine spezifisch philosophische Theorie handelt und es näher zweitens um ein ontologisches Problem geht. Eine Rechtfertigung dieser Intuition fällt aber keineswegs so leicht, wie es ihre ›Natürlichkeit‹ vermuten läßt, und dies hängt wesentlich mit der Kombination der Charakterisierungen der anvisierten Theorie zusammen; die Schwierigkeit Vgl. Rorty, R., »Incorrigibility as the Mark of the Mental«, in: Journal of Philosophy 67 (1970), S. 399–424.

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besteht darin, daß ein ontologisches nicht notwendig auch ein philosophisches Problem sein muß. Weshalb etwa sollte sich das Problem des Materialismus bzw. Leib-Seele-Dualismus nicht transformieren in die empirische Frage, ob die (wissenschaftliche) Letztbeschreibung der Welt eine homogene Gestalt hat oder sich auf zwei aufeinander nicht reduzierbare Bereiche bezieht? Die Frage, ob man die letztgenannte Möglichkeit als Ausdruck einer Dualität von Natur und Geist zu beschreiben hat oder aber als Manifestation einer Doppelung in der Natur, würde sich dann als rein verbaler Natur herausstellen. 104 Auf diese Weise entpuppte sich das Zentralproblem der Philosophie des Geistes als ein Scheinproblem im pejorativen Sinne. Im folgenden soll nun versucht werden, auf einem eher indirekten Wege zu einer Beantwortung der Frage nach dem philosophischen Charakter einer Theorie des Mentalen zu gelangen. Aufgezeigt werden sollen (I) Schwierigkeiten, denen sich der Materialismus in der heutigen analytischen Philosophie des Geistes gegenübersieht und von denen anzunehmen ist, daß sie sich wohl kaum im Rahmen einer materialistischen Position lösen lassen. Dies führt aber nicht zu einer Stärkung des Gegners105 im Streit um die Leib-Seele-Identität; vielmehr scheint ein Stadium dieser Kontroverse erreicht zu sein, in dem ihr eigener Sinn fraglich wird, was jedoch nicht ihre Elimination als bloßes Scheinproblem nach sich ziehen muß, sondern auf die Notwendigkeit verweisen könnte, ein beiden einander entegengesetzten Positionen gemeinsames Moment zu beseitigen, das die Diskussion in diese auswegslose Lage geführt hat. Jenes Moment ist der ontologische Charakter, den Materialismus und Mentalismus teilen. Im Anschluß an Wittgensteins Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache, das sich gegen beide Positionen wendet, wird (II) versucht, die Umrisse einer nichtontologischen Konzeption des Mentalen zu entwerfen, deren Zentrum das bildet, was Subjektivität zu nennen wäre, deren Explikation von einer Analyse des sogenannten Subjektgebrauchs von ›ich‹ ausgeht, die es erlaubt, den Begriff von Subjektivität an den Sinn von Wahrheit zu binden. Bemerkenswert dabei ist die Analogie zu einem (ebenfalls antiontologischen) 104 Vgl. Shoemaker, S., »On an argument for dualism«, in: Identity, Cause and Mind. Cambridge (u. a.) 1984, S. 287–308. 105 Aus Gründen der Vereinfachung wird hier das Spektrum der nichtmaterialistischen ontologischen Konzeptionen des Mentalen auf den Dualismus reduziert.

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bedeutungstheoretischen Argument Wittgensteins, das auf das sogenannte Paradox des Regelfolgens reagiert. Teil III, der zunächst die Absicht verfolgt, ontologisierende (Fehl-)Interpretationen von Subjektivität abzuwehren, die in den meisten ihrer Varianten auf der irrigen Vorstellung basieren, Selbstbewußtsein (im philosophisch signifikanten Sinne) bestünde in einer spezifischen Art von Referenz auf eine Entität sui generis, konzentriert sich dann auf eine genauere Bestimmung des Verhaltnisses von Subjektivitätstheorie und Semantik, dessen Bedeutsamkeit in (II) sowohl durch Explikation von Subjektivität durch einen semantischen Begriff wie auch durch die Analogie der beiden angesprochenen Wittgensteinschen Argumente hervortrat. Als Resultat ergibt sich, daß die Irreduzibilität des Semantischen und die des Mentalen auf Subjektivität als ihren gemeinsamen Ursprung zurückverweisen und daß nur in Beziehung auf diesen Zusammenhang jene beiden Typen von Irreduzibilität als gegen skeptische oder eliminationistische Strategien gesichert gedacht werden können, was die zentrale Stellung des Begriffs der Subjektivität innerhalb des philosophischen Diskurses im Ganzen bekräftigt.

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I. Schwierigkeiten des Materialismus in der Philosophie des Geistes

I.1. Zur Aufgabe einer philosophischen Theorie des Mentalen Zunächst ist also das Problem des Materialismus bzw. der Leib-SeeleIdentität genauer zu formulieren im Hinblick darauf, worin sein spezifisch philosophischer Charakter besteht; es stellt sich m. a. W. die Frage, was eigentlich die Beweislast einer materialistischen Position ausmacht. Zu ihren Gunsten sei die Vollständigkeit einer wissenschaftlichen Weltbeschreibung vorausgesetzt; zu erinnern ist dabei an die oben gemachte Bemerkung, daß die Existenz von in eine solche Weltbeschreibung nicht integrierbaren Sachverhalten kein philosophisch relevantes Faktum darstellen würde, das die Entscheidung für oder gegen den Materialismus beeinflussen könnte. Des weiteren sei, wie es auch der opinio communis entspricht, die Ungültigkeit aller Argumente zugestanden, die a priori etwa den LeibSeele-Dualismus oder eine andere mit der materialistischen inkompatible Ontologie zu etablieren unternehmen. Wenn man will, kann man auch (möglicherweise unter Heranziehung geeigneter Zusatzprämissen) die Gültigkeit von apriorischen antidualistischen Argumenten annehmen, die z. B. das Problem der Leib-Seele-Interaktion (unter Voraussetzung der kausalen Geschlossenheit der Natur) als eine für eine dualistische Position unüberwindliche Hürde aufzeigen wollen. Nach diesen für den Materialismus so positiven Vorgaben mag es verwundern, worin man für einen Identitätstheoretiker überhaupt noch eine Schwierigkeit sehen könnte. In Wahrheit fangen die genuin philosophischen Schwierigkeiten hier erst an, die man wiederum unterteilen könnte in diejenigen, die die Art der Formulierung der Identitätstheorie betreffen, und die, die mit deren Rechtfertigung als theoretischer Aussage (genauer: Rechtfertigung einer solchen [empirischen] Theorie ihrer allgemeinen Verfassung nach) zu tun haben. Die erste Klasse von Problemen hat offensichtlich die Entwicklung des Materialismus als einer Position innerhalb der Philosophie des Gei140

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stes strukturiert, eine Entwicklung, die vom Behaviorismus über den Materialismus im eigentlichen Sinne (in der Form einer type-typeIdentitätstheorie) hin zum Funktionalismus geführt hat, der heute wohl als die Standardversion des Materialismus anzusehen ist. Die logisch präzise Fassung des funktionalistischen Theorietyps stammt von D. Lewis, nach der funktionalistische Definitionen mentaler Prädikate aus dem Ramseysatz einer psychologischen Theorie gewonnen werden. 106 Die Schwierigkeiten, deren Lösung jene Entwicklung hin zum Funktionalismus vorantrieb, waren bekanntlich (unter anderem) im Falle des Behaviorismus die Unmöglichkeit, einem intentionalen Verhalten eindeutig eine Ursache zuzuordnen, im Falle der type-typeIdentitätstheorie die Tatsache, daß wir auch Entitäten verschiedenen (nicht einmal notwendigerweise materiellen) Typs als Realisationen derselben Art von mentaler Entität anzuerkennen geneigt sind. Der Funktionalismus vermeidet beide Schwierigkeiten – er trägt dem holistischen Charakter des Intentionalen Rechnung, und er vertritt die Leib-Seele-Identität im Sinne einer token-token-Identitätstheorie. Manche Vertreter des Funktionalismus meinen sogar unter Hinweis auf die ›Liberalität‹ dieser Konzeption, die es zuläßt, daß die in einer funktionalen Theorie spezifizierten kausalen Rollen in einer anderen möglichen Welt auch durch nichtmaterielle Entitäten realisiert sein könnten, damit sei das Materialismusproblem für sie kein Thema mehr. Dies trifft nicht zu, da die Forderung bestehen bleibt, zu erklären, wie es überhaupt möglich ist, daß mentale Zustände und Ereignisse materieller Natur sind. Im übrigen wird in jener Liberalität des Funktionalismus nur die schon hervorgehobene Tatsache manifest, daß die ontologische Frage nach der materiellen bzw. immateriellen Natur des Mentalen, wenn sie ohne Bezug auf die mögliche Rechtfertigung einer Identitätstheorie (ihrer Form nach) gestellt wird, nur von empirischer Bedeutung sein kann. An dieser Stelle soll weder auf mögliche Differenzen hinsichtlich der Konkretisierung der funktionalistischen Konzeption eingegangen – ob z. B. die Theorie ihren Ausgang nehmen soll von einer commonsense-Psychologie, wie es Lewis, von einer philosophisch-begrifflichen Analyse des Mentalen, wie es D. Armstrong, oder aber von szienti106 Vgl. »Psychophysical and Theoretical Identifications«, in: Australasian Journal of Philosophy 50 (1972), S. 249–258.

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fischen Hypothesen, wie es J. Fodor und H. Putnam vorschlagen – noch die Probleme diskutiert werden, die der Begriff der Kausalität, 107 der innerhalb des Funktionalismus eine so zentrale Rolle spielt, mit sich bringen könnte. Vielmehr rückt nach Lösung der noch in den Bereich der Ontologie fallenden Schwierigkeiten, die auch als solche der Metatheorie bzw. Methodologie charakterisierbar wären, jetzt das deutlicher ins Blickfeld, was das Problem der Rechtfertigung der Identifikation von Mentalem und Materiellem genannt wurde. Seine Thematisierung zeichnet im übrigen den ›analytischen Materialismus‹ gegenüber der materialistischen Tradition aus, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß es sich präsentiert als das Problem einer Theorie der Besonderheit des mentalistischen Diskurses. Dabei geht es, um einen mittlerweile wohl kontroversen, aber deshalb nicht unwichtigen Punkt noch zu nennen, nicht um eine Übersetzung mentalistischer Terme, sondern um die Festlegung von deren Referenz. 108 Dies wird unmittelbar deutlich, wenn man indirekte Kontexte betrachtet; wenn jemand meint, er habe Zahnschmerzen, meint er damit nicht ipso facto, daß seine C-Fasern aktiviert sind. Ebensowenig kann die materialistische Position in einem Vorschlag zur Änderung des Sprachgebrauchs bestehen (etwa im Vorschlag der Elimination des mentalistischen Diskurses), was das in semantischer Gestalt auftretende und als epistemologisch charakterisierte Problem auf ein ›bloß‹ sprachliches reduzierte. Der Materialismus verlöre außderdem den Status einer theoretischen Aussage. R. Rorty hat mit der Position des »eliminativen Materialismus« wohl die bekannteste Version eines solchen Vorschlags vertreten. 109 Ausgangspunkt dabei ist die Identifikation des Mentalen mit dem, hinsichtlich dessen Meinungen aus der Subjektperspektive als inkorrigibel gelten. Diese Inkorrigibilität nun hängt nach Rorty ab von den empirischen Evidenzstandards einer Sprachgemeinschaft; die Verfügbarkeit Hier wäre insbesondere die These zu diskutieren, die H. Putnam wiederholt aufgestellt hat (vgl. The Many Faces of Realism. La Salle, Ill. 1987, hier: Lecture II), nämlich daß die Unterscheidung von Ursachen und Randbedingungen nicht objektiv festliege, sondern interessenrelativ sei. 108 Genauer: um eine Festlegung der Extension der mentalen Prädikate. 109 Vgl. »Mind-Body-Identity, Privacy, and Categories«, in: Review of Metaphysics 19 (1965), S. 24–54, sowie »Incorrigibility as the Mark of the Mental«, a. a. O. 107

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eines Zerebroskops etwa würde wesentliche Veränderungen hinsichtlich dessen mit sich bringen, was noch zum Bereich des Mentalen gezählt werden könnte. Das Problem des Materialismus wird als ein bloß sprachliches diagnostiziert und so zum Verschwinden gebracht; der Glaube an das Mentale steht letztlich auf derselben Stufe wie der an Dämonen. Diese Konzeption sieht sich aber mit der Frage konfrontiert, warum etwa der Glaube an die Entitäten der Physik nicht ebenso ›ideologischer‹ Natur sei. Darauf scheint es nur zwei Reaktionen geben zu können: Entweder gelingt es, den Sonderstatus des Mentalen hinsichtlich der Möglichkeit seiner Elimination zu rechtfertigen – dies hieße allerdings, den eliminativen Materialismus genau in die Problemsituation des reduktiven zurückzubringen, m. a. W. man wäre mit dem Eliminationsvorschlag hinsichtlich des Problems des Mentalen in Wahrheit keinen Schritt vorangekommen – oder aber man zieht in der Tat die in der Fragestellung sich andeutende Konsequenz eines universalen Relativismus. Rorty selbst scheint später bereit gewesen zu sein, diesen Weg zu gehen. 110 Ebenfalls eine Strategie der Relativierung auf sprachliche Sachverhalte verfolgt indirekt D. Lewis, wobei er von der Schwierigkeit der funktionalistischen Konzeption des Mentalen ausgeht, die sich daraus ergibt, daß das Mentale (etwa der Schmerz) nur kontingenterweise sowohl mit der materiellen Realisierung wie auch mit der kausalen (funktionalen) Rolle verbunden ist. 111 Die beiden Schwierigkeiten für sich genommen sind leicht lösbar: Daß er eine Lösung der ersten Schwierigkeiten darstellt, bildet geradezu die Definition des Funktionalismus; von der zweiten Schwierigkeit bleibt eine type-type-Identitätstheorie traditionellen Zuschnitts unberührt. Das Fatale dabei ist nur die Tatsache, daß diese beiden Lösungen miteinander inkompatibel sind. Lewis’ Ausweg aus dieser Situation besteht in dem Vorschlag einer »gemischten Theorie«: Es existiert eine Ambiguität im Begriff des Schmerzes relativ zu den Konventionen einer Sprachgemeinschaft derart, daß der eine Schmerzbegriff die erste Schwierigkeit vermeidet, der andere die zweite.

Vgl. Philosophy and The Mirror of Nature. Princton NJ 1980. Vgl. »Mad Pain and Martian Pain«, in: ders., Philosophical Papers I. Oxford 1983, S. 122–132. 110 111

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Wenn dieser Vorschlag in seine Konsequenzen hinein verfolgt wird, ergibt sich die Gefahr eines universalen Relativismus 112 in gleicher Weise wie bei Rortys eliminativem Materialismus. Blockiert werden könnte diese Konsequenz nur durch eine Vorentscheidung im Bereich der Semantik zugunsten eines Physikalismus bzw. Naturalismus (etwa à la Quine), der dem (natur-)wissenschaftlichen Diskurs dieser Relativität entzöge. Eine solche Vorentscheidung scheint, wenn auch weitgehend implizit, in vielen Beiträgen zum Leib-Seele-Problem (wohl auch dem von Lewis) vorausgesetzt zu sein; damit wird allerdings das Problem nur aus dem Bereich der Philosophie des Geistes in das der Semantik verschoben. Soviel zur vorläufigen Klärung der Problemlage, die hauptsächlich deshalb nicht ganz überflüssig sein dürfte, weil innerhalb der analytischen Diskussion, die weitestgehend den Cartesianismus nicht mehr als ernsthaften Gegner ansieht, nur ein sehr vages Bewußtsein über die 112 Diese These mag vielleicht auf den ersten Blick überraschen; aber warum sollte nicht das (nämlich der Relativismus) dem wissenschaftlichen Diskurs billig sein, was angeblich für den mentalistischen Diskurs recht ist? Diese Konsequenz wäre nur dann vermeidbar (abgesehen von einer dogmatischen Vorentscheidung, die im Fall von Lewis sicher gegeben ist), wenn die Legitimität des Wahrheits- bzw. Objektivitätsanspruchs des Diskurses über materielle Objekte (nicht die Wahrheit dieser oder jener Aussage) als gesichert vorausgesetzt werden könnte in einer Weise, die deutlich werden läßt, daß diese Legitimität nicht auf die ›Gegenstände‹ anderer Diskurse übertragbar ist. Es ist bereits angeklungen (und wird im folgenden noch deutlicher werden), daß die Legitimation von Wahrheitsansprüchen als solchen zusammenfällt mit dem, was die positive Bestimmung des Sinnes von Wahrheit genannt wurde. Lewis’ modelltheoretische Konzeption von Wahrheit, die mit seiner mögliche-Welten-Semantik vorliegt, ist nun Ausdruck der Tatsache, daß (für ihn) eine solche Legitimation nicht vorausgesetzt werden kann, weil ›Wahrheit in einem Modell bzw. in einer möglichen Welt‹ in instrumentalistischer Weise auf syntaktische bzw. bloß sprachliche Sachverhalte reduzierbar ist (was natürlich nicht die Definierbarkeit der semantischen durch syntaktische Begriffe bedeuten muß [und auch nicht bedeuten kann]); ›wahr‹ ist unter diesen Bedingungen eben nur ein Prädikat mit gewissen Verwendungsregeln. Insofern haben die Objekte, auf die ein Diskurs jeweils bezogen ist, den Status bloßer begrifflicher Setzungen – die relativistische Konsequenz ist im Prinzip unvermeidbar und wird nur aufgrund des faktischen Erfolges einer bestimmten Diskursform nicht gezogen. Anzumerken ist vielleicht noch, daß das Fehlen einer Legitimation von Wahrheitsansprüchen als solchen (natürlich) nicht dazu führen muß, daß jemand explizit eine mögliche-Welten-Semantik vertritt. Allerdings wäre dies im angesprochenen Zusammenhang vielleicht die einzig wirklich konsequente Haltung.

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eigentlichen Beweislasten einer materialistischen Position besteht, was damit zusammenhängt, daß keine Alternative greifbar zu sein scheint, gegen die der Materialismus in der Philosophie des Geistes sich zu verteidigen hätte. Ex negativo wäre diese Alternative – unbestimmt genug – zu charakterisieren als die Möglichkeit, daß sich in Beziehung auf den mentalistischen Diskurs eine theoretisch zu nennende Perspektive eröffnet, die nicht deskriptiver und damit ontologischer Natur ist. Die so anvisierte mögliche Theorie des Mentalen mag als transzendentalphilosophisch bezeichnet werden, allerdings ohne daß damit der Anspruch verbunden ist, einen Sprachgebrauch der Tradition ohne Bedeutungsverschiebung wiederaufzunehmen. Im folgenden sollen nun einige konkrete Schwierigkeiten des Funktionalismus diskutiert werden, die im Lichte der angesprochenen Alternative eine besondere Signifikanz gewinnen.

I.2. Schwierigkeiten des Funktionalismus I.2.a. Die Einheit des Subjekts und die Struktur von Intentionalität Die Liberalität des Funktionalismus hinsichtlich dessen, was die kausalen Rollen realisiert, scheint es zu sein, die dafür verantwortlich ist, daß absurde Möglichkeiten nicht ausgeschlossen werden können: Vielleicht realisieren Tausende kleiner Homunculi, die sich an der Stelle befinden, wo das Gehirn vermutet wird, die mentalen Zustände einer Person, wobei jedem dieser Lebewesen eine sehr beschränkte Aufgabe zufiele, sein Bewußtsein sicherlich nicht das der Gesamtperson wäre. Oder, um ein anderes Beispiel zu erwähnen, 113 warum sollte nicht die chinesische Bevölkerung, anhaltendes Training vorausgesetzt, einen mentalen Zustand, z. B. Schmerz, realisieren, indem die Beziehungen der Einwohner Chinas aufeinander die entsprechende Form annehmen? Hat dann die chinesische Bevölkerung als Gesamtsubjekt Schmerzen? Es ist schwer vorstellbar, wie diese Absurditäten anders als durch ad hoc-Restriktionen zu vermeiden sind. Der Kern des Problems liegt nicht nur in einer Besonderheit des Funktionalismus (d. h. der angesprochenen Liberalität), was zu seiner 113 Vgl. Block, N., »Troubles with Functionalism«, in: ders. (Hrsg.), Readings in Philosophy of Psychology I. London 1980, S. 268–305.

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Transformation in eine weitere Variante anregen würde, sondern in der Unmöglichkeit, das Subjekt 114 des Schmerzes materialistisch zu reinterpretieren. Was auch immer als Ort des Schmerzes angegeben wird, ist etwas, wovon sich das Subjekt als Fühlendes gleichsam distanzieren kann. Es ist als solches – um das erste Beispiel aufzugreifen – nicht davon betroffen, was im Bewußtsein eines der Homunculi vorgeht; ebensowenig ist einzusehen, warum es – um ein nicht spezifisch auf den Funktionalismus bezogenes Beispiel zu wählen – von Vorgängen in bestimmten Gehirnpartien (Schmerzzentrum) tangiert sein müßte. (Der banale Hinweis darauf, es sei eben der lebendige Körper, der Schmerzen habe, ist an dieser Stelle nutzlos, da in einer materialistischen Konzeption ja die Gesamtperson nicht als nicht weiter analysierbare Einheit auftreten kann, der dann unterschiedslos alle mentalen Zustände und Ereignisse zuzuschreiben wären.) D. Dennett hat, ganz in diesem Sinne, darauf hingewiesen, daß es prinzipiell unmöglich sei, an irgendeiner Stelle der Kausalkette, die von den Ursachen bis zu den Wirkungen des Schmerzes sich erstreckt, den ›Schmerz selbst‹ zu lokalisieren – er löst sich gleichsam immer wieder in Input-Output- respektive Ursache-Wirkungs-Relationen auf. 115 Der semantische Hintergrund dieser Schwierigkeit, die unmittelbar als starke antimaterialistische Intuition erscheint, besteht darin, 114 Die hier geführte Rede von einem Subjekt mentaler Zustände ist natürlich von Skepsis bedroht. Weshalb sollte man nicht die einzelnen mentalen Vorkommnisse selbst als ›letzte Subjekte‹ annehmen? Dieser Skepsis kann dadurch begegnet werden, daß dasjenige, wodurch jenes angebliche Subjekt zu explizieren ist, nämlich der Subjektgebrauch von ›ich‹ (s. u.), unabhängig von der Frage nach dem Subjekt mentaler Zustände theoretische Respektabilität gewinnt. In zweifacher Hinsicht ist das der Fall, einmal durch die auf diese Weise eröffnete Möglichkeit, eine den hier genannten bzw. noch zu nennenden Schwierigkeiten entgehende Konzeption des Mentalen zu entwickeln, zum anderen durch die Funktion, die der Subjektgebrauch von ›ich‹ im Rahmen einer semantischen Konzeption einnehmen könnte, die Bedeutung der Gefahr der Indeterminiertheit entzieht (vgl. A.II). Was auf diesem Wege nicht zu retten ist, ist die Vorstellung von einem ›Ich‹ als von der konkreten Person verschiedener Entität sui generis (vgl. B.III). Es ergibt sich, dies sei hier vorweggenommen, zunächst allerdings auch nicht ein Sinn von ›Subjekt‹, der als Einheitssinn der Person zu interpretieren wäre, sondern allenfalls eine anonyme ›Subjektivität‹. Die Möglichkeit, diese Subjektivität auch als Einheitssinn der einzelnen Person zu deuten, wird sich erst in Beziehung auf den praktischen Aspekt des Personseins ergeben (vgl. D). 115 Vgl. »Why you can’t make a computer that feels pain«, in: ders., Brainstorms. Philosophical essays on mind and psychology. Hassocks 1978, S. 190–229.

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daß in den Sätzen, die eine Selbstzuschreibung ›innerer‹ Zustände artikulieren, das Pronomen ›ich‹ in einer Weise gebraucht wird, die eine Substitution durch irgendeine bestimmte Beschreibung ausschließt (die Beschreibung braucht also nicht auf Materielles bezogen sein – die Schwierigkeit betrifft damit auch jede mentalistische Konzeption, sofern sie ontologischen Charakters ist). Dieser Sachverhalt ist dafür verantwortlich, daß ich mich als der Ort des Schmerzes (Schmerzfühlens) von allem distanzieren kann, das durch irgendeine Beschreibung eingeführt wird. L. Wittgenstein hat diesen Gebrauch von ›ich‹ im Blue Book als Subjektgebrauch bezeichnet und von einem Objektgebrauch unterschieden, der die Substitution durch eine bestimmte Beschreibung zuläßt. Die entscheidende (und an dieser Stelle noch nicht zu beantwortende) Frage ist die, ob und – wenn ja – welche weiteren Konsequenzen aus diesem semantischen Sachverhalt, der zunächst nur ein ›bloß‹ sprachlicher ist, zu ziehen sind. Erliegt man nicht einer Variante dessen, was Kant in seiner Kritik der rationalen Psychologie den Paralogismus der Simplizität genannt hat, d. h. einer Hypostasierung eines grammatischen zu einem ontologischen Sachverhalt, wenn man daraus die Unmöglichkeit einer materialistischen Theorie des Geistes folgern zu können glaubt? Prima facie wenigstens sind auch andere Auswege denkbar, etwa der von Dennett, der (zumindest implizit) dafür plädiert, das Sensorische als Bereich des Mentalen zu eliminieren, da es eine in einer materialistischen Konzeption in der subpersonalen Ebene loziert beschriebene Schwierigkeit hervorrufe. Das Mentale beschränkt sich so auf den (auf der personalen Ebene thematisierbaren) Bereich der Intentionalität, die dann (wodurch dem Geist des Materialismus Genüge getan wird) instrumentalistisch interpretiert wird, was hinsichtlich des Sensorischen als solchen, unmittelbar wenigstens, unmöglich ist. Noch nicht beantwortet ist die zu Beginn aufgetauchte Frage nach einer Charakterisierung des Mentalen. Eine Antwort kann im übrigen deshalb nur vorläufig sein, weil sie ja im Grunde die Verfügbarkeit einer adäquaten Konzeption des Mentalen voraussetzt. Nur soviel kann nach dem vorigen schon gesagt werden: Die gesuchte Charakterisierung darf, soll die Differenz zwischen Mentalem und Materiellem philosophische Signifikanz beanspruchen, keine bloß empirische sein. Zwei Vorschläge zur nichtempirischen Charakterisierung der DifA

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ferenz von Mentalem und Materiellem bieten sich an: Einmal die Definition des Mentalen durch Intentionalität, zum anderen durch eine besondere epistemische Beziehung auf ein ›Inneres‹ in einem nichtempirischen Sinn (m. a. W. es soll nicht einfach um Wahrnehmungen von Vorgängen unter der Hautoberfläche handeln). Was nun den erstgenannten Vorschlag der Charakterisierung des Mentalen durch Intentionalität betrifft, soll zunächst ein Argument entwickelt werden, das von Überlegungen des späten Wittgenstein ausgeht und sich gegen den ontologischen Charakter von Intentionalität richtet. Genauer formuliert, richtet es sich nicht gegen die Existenz von intentionalen Zuständen, sondern gegen die Annahme, das das Intentionale wesentlich charakterisierende ›Auf-etwas-Gerichtetsein‹ sei eine Struktur der Realität. Bestritten werden soll also der ontologische Charakter desjenigen, das konstitutiv ist für die Differenz zwischen dem intentionalen Diskurs und dem über materielle Objekte als solche. Das Argument hebt darauf ab, daß die Intention und das, worauf sie sich richtet, deskriptiv nicht unterscheidbar sind (mit Wittgensteins Worten: »In der Sprache berühren sich Erwartung und Erfüllung.« [PU § 445]). Die Prämisse dazu lautet, daß die Beschreibung der Intention als derjenigen des in ihr Intendierten die Beschreibung dieses Intendierten notwendig enthalten muß, damit sie als die so bestimmte Intention beschrieben werden kann. Die Beschreibung eines Wunsches, daß p, als eines solchen, enthält ›p‹. Wäre dies nämlich nicht der Fall, könnte etwas anderes als das ›eigentlich‹ Intendierte die Funktion der Erfüllung der Intention übernehmen. Dies muß aber a priori ausgeschlossen sein; ansonsten wäre die betreffende Intention ja nicht diejenige, als die sie eingeführt wurde. Die Überlegung läßt sich auch noch in anderer Form präsentieren: Meinen und Gemeintes müssen, soll das betreffende Meinen ein Meinen dieses bestimmten Gemeinten sein, einander in gewisser Weise zugeordnet sein. Da aber unbestimmt viele Weisen einer solchen Zuordnung denkbar sind, muß die Weise der Zuordnung im Meinen mitgemeint sein. Es erhebt sich dann aber die Frage nach der Zuordnung des ur148

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sprünglichen Meinens und der zuerst genannten Zuordnung; die Folge ist ein infiniter Regreß. 116 Kombiniert man die Einsicht in die deskriptive Ununterscheidbarkeit von Intention und Intendiertem mit der wohl kaum kontroversen Annahme von deren Nichtidentität (im allgemeinen), so ergibt sich der nichtontologische Charakter von Intentionalität (sowohl für den theoretischen wie den praktischen Bereich). Dabei wurde schon betont, daß dies keineswegs eine ontologische (z. B. naturalistische) Reinterpretation der einzelnen Fälle von Intentionalität ausschließt, sondern sich gegen den ontologischen Charakter desjenigen richtet, das Intentionalität überhaupt als solche charakterisiert – oben wurde es als die Struktur des ›Auf-etwas-Gerichtetseins‹ bezeichnet. In A.III.1 wurden allerdings bei der Betrachtung des reduktionistischen Programms in Beziehung auf Intentionalität einige weitere Argumente, die hier nicht wiederholt werden sollen, angeführt, die gegen eine ontologische Reinterpretation des jeweiligen intentionalen Gehalts etwa einer Meinung sprechen. Auch dies schließt es nicht aus, auf der Ebene der einzelnen Vorkommnisse (der ›token‹-Ebene) eine Identität von Intentionalem und Materiellem zu behaupten. Im folgenden (vgl. B.II) wird auch hier eine solche Position vertreten, allerdings nicht in materialistischer Absicht. Andererseits bleibt auch für den Materialismus noch wenigstens prima facie die Option offen, eine solche ›token-token-Identität‹ zu vertreten, aber auf eine materialistische Theorie des Mentalen (Intentionalen) zu verzichten. Ein Beispiel dafür liefert Davidsons anomaler Monismus. Eine solche Rückzugsposition dürfte direkt nur schwer angreifbar sein, 117 vielleicht ist ihr nur durch die positive Entwicklung einer (nichtontologischen) Konzeption zu begegnen, was hier ja ansatzweise versucht werden soll.

Es wird deutlich werden, daß das vorgeführte Argument strukturelle Parallelen aufweist zum Regelfolgenparadox und dem Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache, auf deren Beziehung noch hinzuweisen sein wird. 117 Dies gilt sicher für den Bereich der Philosophie des Geistes. Eine antimaterialistische Strategie müßte den Konflikt auf den Bereich der Semantik verlagern und dort zeigen, daß der Naturalismus nicht in der Lage ist, sich gegen die Skepsis (im in A.I gefaßten Sinn) zu verteidigen; eine solche Strategie wurde in A auch verfolgt. 116

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I.2.b. Die Inversion der Qualia und Kripkes modales Argument Da die Probleme der naturalistischen Beschreibung des intentionalen Gehaltes schon in A.III.1 angesprochen wurden sollen im folgenden einige Schwierigkeiten betrachtet werden, die sich für eine materialistische (und, wie sich zeigen wird, allgemein für eine ontologische) Position ergeben, die dem anderen Vorschlag zur Charakterisierung des Mentalen nachgeht, bei dem der besondere Zugang zu dem Sensorischen als einem spezifisch ›Inneren‹ die zentrale Rolle spielt. Vorwegnehmend läßt sich sagen, daß sich dabei die Schwierigkeiten vor allem daraus ergeben, daß einerseits das Mentale als eine besondere Art von Objekten aufgefaßt wird, es andererseits aber für notwendig gehalten wird, von Bedingungen zu abstrahieren, die ansonsten die Beziehung auf Objektivität wesentlich charakterisieren, z. B. die Möglichkeit der Täuschung und die prinzipielle intersubjektive Zugänglichkeit. Konkret sind zwei für eine materialistische (was den ersten Fall betrifft, funktionalistische) Konzeption schwer zu nehmende Hürden zu erwähnen, die den Bereich des Sensorischen betreffen, einmal das absente Qualia-/Qualia-Inversionsproblem, zum anderen ein Argument von S. Kripke, das die Möglichkeit einer Identität von Mentalem und Materiellem in gewisser Weise fragwürdig erscheinen läßt. Die erstgenannten beiden, eng zusammenhängenden Probleme ergeben sich aus der Vermutung, daß ein mentaler Zustand A möglicherweise hinsichtlich input-output sowie kausaler Relationen zu anderen mentalen Zuständen mit einem qualitativen mentalen Zustand B übereinstimmt, selbst jedoch kein qualitativer Zustand ist (absentes Quale) bzw. ein qualitativ anderer Zustand (Qualia-Inversion). Das seit Locke bekannte und wohl plausibelste Beispiel für Qualia-Inversion ist die Inversion des Spektrums der Farbempfindungen. (Außer Betracht bleiben soll der Versuch, das genannte Problem durch ein verifikationistisches Dogma zum Verschwinden zu bringen, das die Inkommunikabilität des Qualitativen behauptet. 118 Eine solche Position wurde von M. Schlick vertreten.) S. Shoemaker hat wohl den argumentativ ausgefeiltesten Versuch unternommen, den Funktionalismus gegen diesen Angriff zu verteidi118 Indirekt wird diese Position in (II) behandelt, da sie (falls das Bewußtsein von Qualitativem nicht überhaupt geleugnet wird) die Annahme einer Privatsprache impliziert.

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gen. 119 Seine Strategie besteht einmal in der Leugnung der Möglichkeit absenter Qualia sowie zum anderen darin, aufzuzeigen, daß die Möglichkeit der Spektrum-Inversion nicht so fatal für den Funktionalismus ist, wie es unmittelbar den Anschein hat. Das Argument gegen die Möglichkeit absenter Qualia basiert wesentlich darauf, daß im Definiens von qualitativen Zuständen mentale Zustände auftreten können, z. B. auch Meinungen über qualitative Zustände. Der Fall absenter Qualia würde nun unter dieser Voraussetzung zu epistemologisch inakzeptablen Konsequenzen führen: Angenommen, die Meinung, Schmerzen zu haben, gehöre zu einer funktionalen Definition von Schmerzen, so könnte ich, wenn ich davon überzeugt wäre, Schmerzen zu haben, nicht sicher sein, ob ich wirklich den qualitativen Zustand Schmerz hätte oder einen nichtqualitativen, aber funktional äquivalenten ›Ersatzschmerz‹. Zum Stellenwert dieses Arguments ist anzumerken, daß es nicht die Adäquatheit einer funktionalistischen Theorie des Geistes im allgemeinen sichert (die erwähnte Voraussetzung ist unverzichtbar, die die Adäquatheit zumindest für nichtqualitative Zustände anerkennt), sondern nur zeigen will, daß das Qualia-Problem keine spezifische Schwierigkeit für diese Konzeption darstellt. Sowohl bemerkenswert wie problematisch ist ferner, daß der qualitative sensorische Zustand Schmerz und die zum Bereich des Intentionalen gehörende Meinung über ihn als separate Gegebenheiten aufgefaßt werden müssen. Aber ist nicht der Schmerz identisch mit seinem Gefühltwerden (wobei Gefühltwerden als kognitiver Sachverhalt aufzufassen ist)? Dieser Frage wird im Zusammenhang einer Erörterung von Wittgensteins Privatsprachenargument noch nachzugehen sein (vgl. II). Der Apologet des Funktionalismus kann aber unabhängig davon noch darauf verweisen, daß der Vertreter der Möglichkeit absenter Qualia in die Position der Skepsis gegenüber Fremdpsychischem gedrängt wird (zumindest hinsichtlich des Bereichs der Qualia). Doch selbst wenn dies als reductio ad absurdum des Einwandes aufgefaßt würde, bliebe die Frage, was dadurch eigentlich genau ad absurdum geführt worden 119 Vgl. »Functionalism and qualia« (S. 184–205), sowie »Absent qualia are impossible – a reply to Block« (S. 309–326), und »The inverted spectrum« (S. 327–357), alle in: Identity, Cause and Mind, a. a. O.

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wäre, m. a. W. es stellt sich ein argumentationsstrategisch zu nennendes Problem, das daher rührt, daß der Einwand nicht in totaler Isolation, sondern wesentlich eingebettet in bzw. in Kombination mit einer bestimmten begrifflichen Konstellation die Gefahr der Skepsis heraufbeschwört. Die funktionalistische Position für sich genommen ist zwar ohne Zweifel gegen diese Gefahr immun, der ein naiver Mentalismus erliegt. Aber es mag sein, daß der Funktionalismus dieser Gefahr nur um den Preis seiner Inadäquatheit als einer Theorie des Geistes nicht ausgesetzt ist. Der Verdacht, es liege eine solche Inadäquatheit vor, wird jedenfalls nicht dadurch entkräftet, daß eine in eine ansonsten materialistische Theorie inkorporierte naiv mentalistische Konzeption der Qualia zu inakzeptablen Konsequenzen führt. (Ob und inwiefern die Skepsis gegenüber Fremdpsychischem inakzeptabel ist, braucht hier nicht erörtert zu werden. Der entscheidende Punkt ist, daß der Funktionalismus durch den Hinweis darauf wenigstens nicht von seinen Schwierigkeiten hinsichtlich der Qualia entlastet wird.) Der eigentliche Grund für das Auftreten dieser unerwünschten Konsequenz könnte nämlich in etwas liegen, das Mentalismus und Materialismus miteinander teilen, nämlich in der Eigenschaft, eine ontologische Theorie des Mentalen zu sein, das Mentale als eine Klasse von Entitäten zu betrachten, deren besondere Verfassung nur noch zur Diskussion stünde. Der zweite Aspekt des Qualia-Problems ist durch den Terminus ›Spektrum-Inversion‹ indiziert. Wie bereits angedeutet, leugnet Shoemaker nicht die Möglichkeit, daß das Spektrum der Farbempfindungen sowohl intrasubjektiv wie intersubjektiv invertierbar sein könnte. Unter Hinweis auf die prinzipielle Mitteilbarkeit der intrasubjektiven Inversion versucht er jedoch plausibel zu machen, daß auch die intersubjektive Variante der Spektrum-Inversion, die sicherlich im Vordergrund des Interesses steht, nicht dem öffentlichen Zugang und damit der Erfaßbarkeit durch die Ressourcen einer materialistischen bzw. funktionalistischen Konzeption entzogen sein dürfte. Anderenfalls wären inakzeptable epistemologische Konsequenzen zu befürchten (Skepsis gegenüber ›other minds‹), analog zum Fall der absenten Qualia. Entsprechend ist also auch gegen diese Strategie geltend zu machen, daß sie eo ipso noch nichts zur Reduktion der Problemlast des Funktionalismus beiträgt.

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Sie liefert auch keine Antwort darauf, wie Qualia unter der Voraussetzung ihrer Undefinierbarkeit durch input-output-Relationen sowie Beziehungen zu anderen mentalen Zuständen von einer funktionalistischen Konzeption erfaßbar sind. Shoemaker rekurriert an dieser Stelle auf Kripkes Begriff der rigiden Designation (der sowohl auf Eigennamen wie auf ›natural kind terms‹ anwendbar ist), insbesondere auf deren Eigenschaft, nicht auf das Zutreffen von Beschreibungen reduzierbar, wohl aber durch Beschreibungen einführbar zu sein. Im vorliegenden Fall müßte das heißen, daß durch den Funktionalismus verfügbare Beschreibungsmittel die Referenz eines mentalen Terms ›fixiert‹ wird. Die bestimmte Beschreibung – etwa: ›die spezifische Farbempfindung, die ich jetzt habe‹ – würde also ›rigidisiert‹ und damit gehörten auch die Qualia zu dem Bereich der Individuen, die die funktionalistische Theorie erfüllen. Diese Referenzfixierung ist zu unterscheiden von der Festlegung der Extension eines mentalen Prädikates, von der bei der Charakterisierung der Aufgaben einer materialistischen Theorie im allgemeinen die Rede war. Letzteres fungiert als Gegenbegriff zu ›Übersetzung‹, ersteres als Gegenbegriff zu ›Beschreibung‹. Im allgemeinen ist gegen das Verfahren der Rigidisierung einer bestimmten Beschreibung, die sich in eine rigide Designation verwandelt, sicher nichts einzuwenden. Die Rigidisierung manifestiert sich bekanntlich in modalen Kontexten: Falls der ›Erfinder des Rades‹ als (nichtrigide) Beschreibung aufgefaßt wird, gilt, daß notwendigerweise der Erfinder des Rades das Rad erfunden hat, im rigidisierten Sinn gilt, daß der Erfinder des Rades dies hätte möglicherweise auch nicht sein können. Die einzige Voraussetzung besteht dabei (vom Problem der Eindeutigkeit einmal abgesehen) darin, daß es etwas gibt, worauf die Beschreibung zutrifft; die Rigidisierung von ›Einhorn‹ geht ins Leere. Daraus ergibt sich, daß – so abwegig dies auch zunächst klingen mag – eine Argumentation gegen diesen Versuch einer Apologie des Funktionalismus das Vorliegen dieser Voraussetzung bestreiten muß (natürlich nicht in dem Sinne, daß ich in dem angesprochenen Fall farbenblind wäre o. ä., sondern) im Sinne einer Konzeption, die ganz allgemein in der Ontologisierung des Mentalen die eigentliche Ursache der Schwierigkeiten sieht, die in der Philosophie des Geistes kontrovers diskutiert A

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werden. Es geht also darum zu zeigen, daß das Modell Gegenstand/ Beschreibung an der Realität des Mentalen vorbeigeht. Dies soll, wie schon erwähnt, im Anschluß an eine Würdigung von Wittgensteins Argument gegen die Privatsprache geschehen, ein Argument, das an eine Situation anknüpft, die in entscheidenden Zügen derjenigen verwandt ist, die mit Shoemakers Einführung der rigiden Designation gegeben ist. Zuvor soll noch ein ebenfalls mit dem Begriff der rigiden Designation verbundenes Argument gegen den Materialismus (allerdings ohne spezifische Zielrichtung gegen dessen funktionalistische Variante – die Formulierung des Argumentes betrifft unmittelbar eine type-type-Identitätstheorie, es gilt aber mutatis mutandis ebenso für den Fall der token-token-Identität) erörtert werden, das von S. Kripke selbst stammt. 120 Ausgangspunkt dabei ist der Hinweis auf den Notwendigkeitscharakter von Identität: Wasser kann nicht möglicherweise nicht = H2O sein, es wäre dann ja möglicherweise nicht mit sich identisch. Den Grund dafür, daß dieser Notwendigkeitscharakter nicht so offen zutage liegt, sieht Kripke im aposteriorischen Charakter der Erkenntnis dieser Identität und dem irrigen Glauben, eine Notwendigkeit könne nicht a posteriori erkannt werden. Was vorliegt, ist die Illusion einer Kontingenz, die daher rührt, daß es eine mögliche Welt gibt, in der eine Flüssigkeit existiert, die alle Eigenschaften hat, mittels deren wir Wasser identifizieren, die aber nicht die chemische Zusammensetzung H2O aufweist. Die Illusion der Kontingenz ergibt sich, anders ausgedrückt, also daraus, daß ein rigider Designator (hier: ›Wasser‹) als nichtrigider Designator (d. h. einer, der nicht in allen möglichen Welten dasselbe bezeichnet) verstanden bzw. verwendet wird. Da der Begriff der rigiden Designation weithin als problematisch empfunden wurde und wird, scheinen einige klärende Vorbemerkungen dazu angebracht, da m. E. der Begriff deshalb zuweilen problematisch erscheint, weil verschiedenen Bereichen zugehörige Fragestellungen miteinander konfundiert werden: 1) Die Frage, ob ein bestimmter Ausdruck, etwa ›Moses‹, in 120 Vgl. »Naming and Necessity«, in: Davidson, D./Harman, G. (Hrsg.), Semantics of natural language. Dordrecht 1972, S. 253–355; S. 763–769.

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Wahrheit ein rigider Designator ist oder nicht, ist keine philosophische, sondern eine empirische Frage nach dem faktischen Sprachgebrauch bzw. den semantischen Intuitionen einer Sprachgemeinschaft (etwa hinsichtlich modaler Kontexte), die diesen Ausdruck betreffen. 2) läßt sich natürlich die weitergehende Frage nach der Rechtfertigung eines solchen Sprachgebrauchs hinsichtlich gewisser Klassen von Ausdrücken (Eigennamen, Bezeichnungen natürlicher Arten, etc.) stellen. Diese Frage ist in der Tat philosophischer Natur, berührt aber die semantische Theorie im engeren Sinne (in dem sie sich auf die Entwicklung solcher Begriffe wie ›rigide Designation‹ beschränkt und nicht die Bedingungen ihrer Anwendbarkeit erwägt) nicht, sondern fällt in den Bereich von Ontologie und Epistemologie. Die Quinesche These, die einzigen Ausdrücke mit genuin referentieller Funktion seien die bindbaren Variablen im Prädikatenkalkül, stellt z. B. eine mögliche (negative) Antwort auf die Frage dar. 3) ist die Unterscheidung zweier Typen von Designatoren in gewisser Weise irreführend.121 Zentral hierbei ist die Stellung zur Ontologie und Semantik der möglichen Welten. Akzeptiert man diese im Ernst als Semantik und nicht als instrumentalistisch reinterpretierbare façon de parler, vertritt man also wie D. Lewis einen modalen Realismus, der die Existenz möglicher Welten im wörtlichen Sinne behauptet, d. h. als selbständig existierende »big concrete particulars«, dann impliziert dies das Auftreten nichtrigider Designatoren: Gleichzeitig wird dadurch aber die rigide Designation ausgeschlossen, denn es fällt (auch entgegen anderslautenden Beteuerungen) schwer einzusehen, wie der Bewohner einer möglichen Welt gleichzeitig zu einer von dieser ontologisch völlig separierten anderen möglichen Welt gehören, m. a. W. wie dann die Konsequenz einer Counterpart-Theorie vermieden werden soll. Vertritt man hingegen eine Semantik der Wahrheitsbedingungen (wobei das Wahrheitsprädikat als singuläres einstelliges Prädikat auftritt und nicht als Familie von Prädikaten der Form ›wahr in der Welt W‹), dann entfällt die nichtrigide Designation. Alle Designatoren sind ›rigide‹ Designatoren, die ›nichtrigiden‹ Designatoren sind semantisch

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Vgl. Evans, G., »Reference and Contingency«, in: The Monist 62 (1979), S. 161–189. A

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nichts anderes als Beschreibungen, obwohl sie syntaktisch natürlich etwa als singuläre Terme an Subjektstelle auftreten und sogar zur (syntaktischen) Kategorie der Eigennamen gehören können. Eine vorschnelle Verwechslung semantischer und syntaktischer Kategorien verschleiert hier den wahren Sachverhalt. Worauf Kripke demnach mit seiner Unterscheidung von rigider und nichtrigider Designation zu Recht letztlich verweist, ist die Tatsache, daß die Differenz von Referenz und Prädikation genuin semantischer Natur ist und nicht syntaktische und epistemologische Differenzen als Unterschied im identifikatorischen Potential der betreffenden Ausdrücke, wie es manchen Vertretern der Äquivalenz der Bedeutung von Eigennamen (qua semantische Kategorie) mit der von Beschreibungsclustern vorgeschwebt haben mag und wie es sich als Konsequenz auch aus dem modalen Realismus ergibt, der sich unter dem Anspekt (aus der Perspektive einer Semantik der Wahrheitsbedingungen) als extremer Nominalismus präsentiert, für den die Differenz von Referenz und Beschreibung nur noch von technisch-syntaktischer Bedeutung sein kann. Kripkes Position, die sich in jenem Hinweis manifestiert, ist damit eine realistische genau in dem Sinne, in dem eine Semantik der Wahrheitsbedingungen eine realistische Semantik ist. Essentialistische Konsequenzen sind dadurch im übrigen noch keineswegs gegeben, wie Kripkes Darstellung es allerdings teilweise suggeriert. Der Essentialismus stellt aber eine intuitiv naheliegende Möglichkeit dar, die angesprochene Differenz theoretisch festzuhalten bzw. philosophisch zu konkretisieren. Eine wesentliche Rolle spielt dabei, daß eine Semantik, die nur nichtrigide Designatoren (also in Wahrheit nur Beschreibungen) zuläßt, die Idee des konkreten Einzeldings bzw. seiner Einheit unerklärbar werden zu lassen scheint; um eine Bündeltheorie der Einzeldinge zu vermeiden, sollen damit die essentiellen Eigenschaften eines Gegenstandes jene Einheit konstituieren. Bezogen auf die Leib-Seele-Problematik stellt Kripke nun die These auf, die Illusion der Kontingenz der Identität etwa von Schmerzen mit der Aktivität von C-Fasern sei, anders als im Falle derjenigen von Wasser und H2O, unerklärbar. Denn es ist keine mögliche Welt denkbar, in der sich etwas wie Schmerz anfühlt, aber kein Schmerz ist, m. a. W. es

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gibt keinen mentalistischen nichtrigiden Designator von Schmerz, der in einer anderen möglichen Welt nicht auf Schmerzen zutrifft. 122 Kripke selbst äußert sich zurückhaltend hinsichtlich der Möglichkeit, diesen Gedankengang im strikten Sinn als antimaterialistisches bzw. produalistisches Argument interpretieren zu können. Dies hängt wohl wesentlich (mit) davon ab, ob der Essentialismus akzeptabel ist, der, falls er es überhaupt wäre, dies vermutlich auch im Falle der mentalen Zustände vom Typ Schmerz sein dürfte. Das Problem des Essentialismus soll an dieser Stelle nicht weiter diskutiert werden. Vielmehr ist auf eine andere, trivial erscheinende Prämisse zu verweisen, die das antimaterialistische Argument Kripkes mit dem promaterialistischen Shoemakers sowohl ironischer- wie bezeichnenderweise gemeinsam hat, nämlich die Annahme, bei ›Schmerz‹ 123 handele es sich nicht nur syntaktisch, sondern auch semantisch (in der »Tiefengrammatik« im Sinne Wittgensteins) um einen Designator, m. a. W. Schmerzen seien prinzipiell im gleichen Sinn Objekte wie Tische und Stühle und müßten nur noch einem bestimmten ontologischen Bereich zugeordnet werden. Diese Voraussetzung ist selbstredend in jeder ontologischen Konzeption des Mentalen enthalten, in den beiden angesprochenen Argumenten bildet sie aber nicht bloß einen als selbstverständlich angenommenen Ausgangspunkt, sondern (allerdings implizit) das zentrale Thema, indem die Inanspruchnahme der rigiden Designation, wie sich 122 Der Einwand von R. Boyd (vgl. »Materialism without Reductionism: What Physicalism Does Not Entail«, in: Block, N. [Hrsg.], Readings in Philosophy of Psychology I, a. a. O., S. 67–106) gegen Kripke, die Illusion der Kontingenz im zur Debatte stehenden Fall ließe sich doch durch die Betrachtung einer möglichen Welt erklären, in der Gegenstände existieren, die alle Eigenschaften aufweisen, die für uns Evidenzen dafür sind, daß es sich um C-Fasern handelt, die aber keine C-Fasern sind, verweist zwar zu Recht darauf, daß eine Erklärung der Illusion der Kontingenz auch durch Substitution eines nichtrigiden Designators für den szientifischen Term in der Identitätsaussage zustandekommen kann und nicht nur durch die intuitiv näherliegende Substitution eines nichtrigiden Designators für den ›natural kind‹-Term, greift aber andererseits deshalb zu kurz, weil im Fall der Identität von Schmerzen und C-Faseraktivität, anders als im Fall der Identität von Wasser und H2O, keine Symmetrie in der Erklärung der Illusion der Kontingenz besteht. 123 Respektive den auf Qualia bezogenen Ausdrücken – die Rede von der Identität der Prämisse ist cum grano salis zu nehmen, da es bei dem Argument von Shoemaker um die Festlegung der Extension von Prädikaten via Rigidisierung (›Fixierung der Referenz‹) von bestimmten Beschreibungen ging, der semantische Hintergrund ist aber der Sache nach derselbe, nämlich das Modell Gegenstand/Beschreibung.

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gezeigt hat, letztlich nichts anderes ist als die Inanspruchnahme des vermeintlich referentiellen bzw. auf Referentialität bezogenen Charakters des mentalistischen Diskurses. Wenn also der sie definierende Charakter der ontologischen Theorien des Mentalen – um mit Hegel zu reden – nicht nur an sich, sondern auch (allerdings nur für uns) gesetzt ist, ergibt sich für sie eine fast als antinomisch zu bezeichnende Situation. Auf die Frage nach der Adäquatheit jener Voraussetzung bzw. dieses Charakters spitzt sich somit die philosophische Materialismusproblematik zu (zumal ja auch hinter dem Problem des Essentialismus sich das der Annahme des referentiellen Charakters mentalistischer Terme verbirgt), falls man nicht die schon genannte Ausweichstrategie der Relativierung auf die Faktizität von Diskursen verfolgt, die wiederum mit der Alternative konfrontiert, einen universalen Relativismus akzeptieren zu müssen oder das Problem durch eine Option für den Naturalismus bzw. Physikalismus vorzuentscheiden. Wittgensteins Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache stellt nun den Versuch dar, jene Frage negativ zu beantworten, wobei gleichzeitig Perspektiven (die von ihm allerdings aus noch zu erörternden Gründen nicht systematisch in einer Theorie entwickelt wurden) einer nichtontologischen Konzeption des Mentalen sich andeuten, die wesentlich mit der zentralen Stellung der wissenden Selbstbeziehung verbunden sind.

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II. Aspekte einer nichtontologischen Konzeption des Mentalen

II.1. Wittgensteins Argument gegen die Mglichkeit einer Privatsprache als Kritik an einer Ontologisierung des Mentalen Das Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache, einer Sprache also, die nur der Sprecher verstehen kann (im Sinne eines logischen Könnens), das Wittgenstein in §§ 243 ff. der Philosophischen Untersuchungen vorführt, ist sowohl unter dem Aspekt seiner bedeutungstheoretischen Signifikanz wie auch dem seiner Konsequenzen für die Philosophie des Geistes zu lesen. Für den erstgenannten Aspekt ist insbesondere die Beziehung zu der Passage über die Problematik des Regelfolgens von Wichtigkeit, an die sich die Diskussion der Privatsprache unmittelbar anschließt. Dieser Anschluß läßt sich als Anwendung einer allgemeinen bedeutungstheoretischen Einsicht im Bereich der Philosophie des Geistes interpretieren – in § 202 ist die Negation der Möglichkeit der Privatsprache bereits explizit formuliert. S. Kripke hat in einer interessanten Studie diese Ansicht vertreten. 124 Ohne diese Interpretationsmöglichkeit völlig in Abrede stellen zu wollen, soll im folgenden der Versuch gemacht werden, das Privatsprachenargument als eines zu verstehen, das auch unabhängig von dieser Prämisse Bestand hat, und zwar so, daß beide Argumente gleichsam in Engführung zu sehen sind: Zu konstatieren sind weitgehende Analogien in der Argumentationsstruktur, die auf wesentliche inhaltliche Beziehungen verweisen; andererseits schließt dies nicht aus, daß die Beziehung der beiden Argumente aufeinander durchaus einen Sachverhalt von eigener Signifikanz darstellt, es sich also weder um ein bloßes Applikationsverhältnis noch lediglich um die Variierung desselben handelt. Der Privatsprachler gibt vor, mittels einer inneren ostensiven Definition die Bedeutung eines Zeichens ›E‹ festlegen zu können als Be124

Vgl. Wittgenstein on Rules and Private Language, a. a. O. A

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zeichnung einer spezifischen Empfindung. Wittgensteins Text (PU §§ 258 ff.) vermeidet eine Festlegung darauf, ob ›E‹ etwa zur Kategorie der Eigennamen, Sortale oder Prädikate gehören soll. Für das Argument sind diese Unterscheidungen auch nicht bedeutsam; allerdings ist es, wie noch zu sehen sein wird, für die Würdigung des Argumentes bedeutsam, daß in der Situation, in der der Privatsprachler angeblich die Bedeutung von ›E‹ festlegt, die begrifflichen Bedingungen (etwa die Möglichkeit der Unterscheidung von Einzelnem und Allgemeinem in Beziehung auf ›E‹) gar nicht erfüllt sind, die solche Unterscheidungen erst erlauben würden. Der Einwand gegen die Möglichkeit der Privatsprache besteht nun in dem Hinweis darauf, es gäbe keine Kriterien dafür, daß die betreffende Person sich richtig an die durch die ostensive Definition hergestellte Verbindung erinnere, die die Bedeutungshaftigkeit des Zeichens konstituiert, bzw. es gäbe keine Kriterien der Gleichheit für E, der Privatsprachler könne seine Aussage nicht rechtfertigen, das gleiche E sei wieder präsent. Dieser Einwand hat zu Recht unterschiedlichen Deutungen Anlaß gegeben. Erwähnenswert ist dabei der Hinweis auf Wittgensteins allgemeine Kritik an der Vorstellung, eine ostensive Definition sei gleichsam in Isolation imstande, einem Zeichen eine Bedeutung zu verschaffen. Dabei wird übersehen, daß ohne Voraussetzung einer bestimmten begrifflichen Struktur die Ostension gar keinen Anhaltspunkt findet. Im konkreten Fall ist es die Verfügbarkeit des Begriffs der Empfindung, die den privatsprachlichen Taufakt davor sichern müßte, von vornherein als nutzlose Zeremonie decouvriert zu werden. Dem Privatsprachler bietet sich allerdings die Möglichkeit, diesen Kritikpunkt zu akzeptieren und von dem ihm (zu Recht oder Unrecht) unterstellten ambitiösen Vorhaben abzulassen, die gesamte Sprache ›von innen her‹ aufzubauen (dabei dürfte es insbesondere schwerfallen, die Differenz von Einzelnem und Allgemeinem ohne Beziehung auf etwas ›Äußerliches‹, also Räumliches oder zumindest dem Räumlichen Analoges, aufzubauen, wie P. F. Strawson überzeugend dargelegt hat, dennoch aber an der Möglichkeit einer in die öffentliche eingebetteten Privatsprache festzuhalten. 125 Damit wäre auch die Privatsprachenpro125 In: Individuals. London 1959 (deutsch: Einzelding und logisches Subjekt. Stuttgart 1972, bes. S. 75 ff.).

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blematik auf denjenigen Typ von Fällen eingegrenzt, auf die sich die Materialismuskontroverse zugespitzt hatte, also z. B. die ›private‹ Einführung der Ausdrücke für die einzelnen Farbqualitäten unter Voraussetzung des öffentlichen Farbbegriffs. Die meisten Interpreten unterstellen Wittgenstein implizit ein dogmatisches Vorgehen gegen den Privatsprachler. Aber Wittgenstein greift weder auf den Verifikationismus in der Bedeutungstheorie zurück (dies die ›klassische‹ Intepretationsvariante), noch rekurriert er unmittelbar auf die These vom Praxischarakter der Zeichenverwendung, die das Ergebnis der Diskussion der Problematik des Regelfolgens bildet. 126 Letzteres ist zwar, im Gegensatz zum Ersteren, in der Tat eine von ihm vertretene Position, die Passage über die Privatsprache kann aber als von der vorhergehenden Diskussion argumentativ unabhängig dargestellt werden. A. Kenny 127 und in seinem Gefolge P. M. S. Hacker 128 haben zu Recht auf die Bipolarität der Satzstruktur als ein für den frühen wie den späten Wittgenstein zentrales semantisches Prinzip hingewiesen, das im Falle der Privatsprache nicht erfüllt ist. Damit ist, wie noch zu sehen sein wird, in der Tat ein wichtiger Punkt berührt, der Hinweis allein ist jedoch noch kein schlagendes Argument gegen den Privatsprachler, sondern gerät so ebenfalls in den Verdacht des Dogmas. Wittgensteins Argument betrifft offenbar die Schwierigkeit, die die Möglichkeit des Irrtums seinem fiktiven Kontrahenten bereitet. Der Punkt besteht aber nicht darin, daß das Gedächtnis unzuverlässiger wäre als äußere Instanzen oder daß das Subjekt, auf sich allein gestellt, niemals einen Irrtum als solchen erkennen könnte. Vielmehr liegt die Defizienz des privatsprachlichen Vorgehens darin, daß es objektiv (gewissermaßen aus Gottes Perspektive gesehen) nicht festlegt, was als wahr oder falsch gelten soll. Die singuläre Situation der Bedeutungsverleihung ist nicht in der Lage, die Grenzen dafür abzustecken, was in Beziehung auf die Pluralität der möglichen Verwendungsfälle noch E 126 Wie E. Tugendhat meint, vgl. Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung. Frankfurt am Main 1976, hier: 5. Vorlesung. 127 Vgl. Wittgenstein. London 1972. 128 Vgl. Insight und Illusion. Oxford 1972.

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und nicht mehr E ist. Insofern ist auch aus einer objektiven Perspektive das richtig, was mir so scheint, und das heißt eben, daß hier von Wahrheit oder Falschheit nicht mehr geredet werden kann. Der Privatsprachler mag sich darauf versteifen, eine solche ›Bandbreite‹ der Verwendung von ›E‹ zu leugnen und nur den Fall als den einer richtigen Verwendung anzuerkennen, in dem völlige qualitative Identität vorliegt (bzw. Identität, falls man ›E‹ als Eigennamen konstruiert [in diesem Falle allerdings eine recht bizarre Konstruktion]). Aber diese Ausflucht endet ebenso in einer reductio ad absurdum. Die Zeichenverwendung hört dann nämlich auf, ein genuin semantischer Sachverhalt zu sein, ist nichts anderes als Teil des Naturprozesses. Wittgenstein illustriert letzteres durch sein Manometerbeispiel (PU § 270) (ohne es allerdings mit dem Problem der Determiniertheit der privatsprachlichen Bedeutung explizit in Verbindung zu bringen): Denken wir uns nun eine Verwendung des Eintragens des Zeichens ›E‹ in mein Tagebuch. Ich mache folgende Erfahrung: Wenn immer ich eine bestimmte Empfindung habe, zeigt mir mein Manometer, daß mein Blutdruck steigt. So werde ich in den Stand versetzt, ein Steigen meines Blutdrucks ohne Zuhilfenahme eines Apparates anzusagen. Dies ist ein nützliches Ergebnis. Und nun scheint es hier ganz gleichgültig zu sein, ob ich die Empfindung richtig wiedererkannt habe oder nicht. Nehmen wir an, ich irre mich beständig bei ihrer Identifizierung, so macht es gar nichts. Und das zeigt schon, daß die Annahme dieses Irrtums nur ein Schein war. (Wir drehten gleichsam an einem Knopf, der aussah, als könnte man mit ihm an der Maschine einstellen; aber er war ein bloßes Zierat, mit dem Mechanismus gar nicht verbunden.) Die Annahme, der Sprecher habe etwas richtig erkannt oder sich geirrt, ist völlig irrelevant für die Beschreibung des vorliegenden Sachverhaltes, der nur in einer empirischen Korrelation bzw. einer kausalen Beziehung besteht. Ein genuin semantischer Sachverhalt wie der Fall eines Fürwahrhaltens muß aber als von empirischen Bedingungen ablösbar gedacht werden können. 129 129 Diese Unabhängigkeit von empirischen Bedingungen ist strenggenommen die der Gültigkeit eines Wahrheitsanspruchs von seiner faktischen Genese und nicht die des Wahrheitsanspruchs als solchen qua kognitiver Akt (zumindest prima facie nicht – die

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Natürlich kann man, etwa als Naturalist im Quineschen Sinne, die Berechtigung der Kategorie ›genuin semantischer Sachverhalt‹ in Abrede stellen, diese das Problem verschiebende Möglichkeit sowie die sich daraus ergebenden Beweislasten sollen an dieser Stelle aber nicht zur Debatte stehen. Denkbar ist noch der Einwand, die Verwendung von ›E‹ sei noch von der Präsenz von E ablösbar – vgl. ›E war präsent‹ – und deshalb nicht auf eine Kausalbeziehung reduzierbar. Die Antwort darauf lautet, daß E hier nur die Funktion eines Käfers in der Schachtel hat, durch den man ›kürzen‹ kann. Die Existenz von E ist nämlich für die Verwendung von ›E‹ völlig belanglos, wie das Manometerbeispiel zeigt. Worüber bei der Verwendung von ›E‹ wirklich geredet wird, ist das Steigen des Blutdrucks bzw. dessen Ursache (wobei dies, wenn überhaupt dann nur in einem sehr uneigentlichen Sinne als Rede über etwas zu bezeichnen wäre, da der Privatsprachler selbst seine Zeichenverwendung gar nicht in diesem Sinne interpretieren würde und die entsprechende kategoriale Struktur bzw. begriffliche Verbindung in diesem Fall nicht verfügbar sind). Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Privatsprachler vor der schlechten Alternative steht, entweder eine Indeterminiertheit der BeBeziehung zwischen semantischem und kognitivem [und damit subjektivitätstheoretisch relevantem] Aspekt des Fürwahrhaltens wird noch in [III] zu erörtern sein). Es gibt zwei Gründe dafür, daß dieser Sachverhalt nicht klar erkannt wird. Der eine beruht auf einer Verwechslung der in der Tat bestehenden Unabhängigkeit des Satzsinns (wie auch immer ›Sinn‹ konkret zu interpretieren ist) von Wahrheit oder Falschheit der entsprechenden Behauptung mit einer angeblichen Unabhängigkeit der Behauptung qua kognitiver Akt – jene Unabhängigkeit betrifft aber nur die semantische Ebene und impliziert eo ipso noch keine Unabhängigkeit irgendwelcher Akte des Fürwahrhaltens vom Naturzusammenhang; der Sinnbegriff kann (prima facie) völlig frei von subjektivitätstheoretischen Implikationen formuliert werden (man denke an Wittgensteins Konzeption im Tractatus). Der zweite Grund ist spezifisch für die privatsprachliche Situation: Hier dient nämlich der Verweis auf die (angebliche) Kognivität des Wiedererkennens von E dazu, die Verwendung von ›E‹ überhaupt als semantischen Sachverhalt und damit auch im Hinblick auf mögliche Gültigkeit thematisieren zu können. Wenn also die angebliche Kognitivität sich auf ein bloßes Moment des Naturzusammenhangs reduzierte, wäre der privatsprachlichen These, die Verwendung von ›E‹ sei ein genuin semantischer Sachverhalt, jede Plausbilität entzogen. Insofern richtet sich das Argument, das im folgenden aus Wittgensteins suggestivem Beispiel zu extrapolieren versucht wird, unmittelbar gegen den kognitiven Charakter des Wiedererkennens von ›E‹. A

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deutung nicht vermeiden zu können oder aber anstelle einer semantischen Determiniertheit eine empirisch-faktische zu erreichen, die den intendierten semantischen Sachverhalt zum Verschwinden bringt. Wenn nämlich die richtige Verwendung von ›E‹ in der angesprochenen Weise eingeschränkt werden soll auf das, was qualitativ oder numerisch identisch ist mit demjenigen, in Beziehung worauf die Bedeutung von ›E‹ eingeführt wurde (was in der öffentlichen Sprache natürlich im Prinzip völlig unproblematisch ist), ergibt sich aufgrund der spezifischen Bedingungen der Privatsprache, daß die faktische Präsenz des (angeblichen) Referenten von ›E‹ mit dem ›richtigen Wiedererkennen von E‹ derart zusamenfällt, daß der Gedanke der Differenz beider Sachverhalte hinfällig wird, und dies nicht aufgrund einer abstrakten Anwendung des Ockhamschen Prinzips oder eines verifikationistischen Dogmas, sondern weil die Kognitivität bzw. Veritativität des angeblichen Wiedererkennens per definitionem keine Rolle spielen kann: Die Annahme eines falschen Wiedererkennens verändert nämlich überhaupt nichts – dies ist der Punkt, an dem gleichsam die Indeterminiertheit in anderer Form das Determiniertheitspostulat einholt. Galt oben, daß (objektiv) alles richtig ist, was mir so scheint, so gilt hier, daß die Verwendung von ›E‹ korrekt ist, sofern nur das faktisch vorhanden ist, in Beziehung worauf die Bedeutung von ›E‹ definiert wurde – eine etwaige Beziehung (worin sie auch immer bestehen mag) zwischen dieser faktischen Präsenz und dem ›Wiedererkennen‹ bzw. dem, worin dieses sich manifestiert, spielt für die Richtigkeit des Wiedererkennens keine Rolle, was auf eine reductio ad absurdum der Rede von Richtigkeit hinausläuft. Wurde oben die objektive, so wird hier die subjektive Seite des intendierten kognitiven bzw. semantischen Sachverhaltes irrelevant. Um ein Mißverständnis zu vermeiden: Das Argument gegen die Privatsprache besteht nicht in der These, das Zusammenfallen von kognitiver und kausaler Beziehung (zwischen E und seinem ›Wiedererkanntwerden‹), das sich als Konsequenz der Sicherung der Bestimmtheit der Bedeutung von ›E‹ notwendig ergab, schlösse die Annahme von Kognitivität aus. Das Vorhandensein einer kausalen Beziehung kann durchaus konstitutiv für den veridischen Charakter (eines bestimmten Typs) von Kognitivität sein (man denke nur an die Kategorie der Wahrnehmung im allgemeinen). Vielmehr ist es die Tatsache, daß diese kausale Beziehung auch als 164

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entfallen gedacht werden kann, ohne daß sich an der ›Richtigkeit‹ des Wiedererkennens etwas ändert, was sie zu einem ›bloß‹ empirischen Sachverhalt depotenziert. Falls eine kausale Beziehung vorliegt (wie anzunehmen ist), so ist sie für das Bestehen des (angeblichen) kognitiven Sachverhaltes also irrelevant. Damit wird jedoch letzterem die einzige Stütze entzogen, denn die faktische Präsenz von E kann die Richtigkeit des Wiedererkennens (wenn überhaupt) nur aufgrund des Bestehens der entsprechenden faktischen Beziehung zur Verwendung von ›E‹ verbürgen. Anderenfalls wäre das Wiedererkennen von der Existenz des Wiedererkannten völlig unabhängig. An dieser Stelle könnte der Privatsprachler als ultima ratio auf die Idee verfallen, die Bedeutung von ›E‹ erstrecke sich auch auf die faktische Beziehung zwischen E und der Verwendung von ›E‹, im Meinen von E sei diese kausale Relation also mitgemeint, wodurch sie davor bewahrt bliebe, bei Vorliegen eines ›richtigen Wiedererkennens‹ auch als entfallen gedacht werden zu können. Aus der erwähnten schlechten Alternative, daß ihm entweder die objektive oder die subjektive Seite des intendierten kognitiven bzw. semantischen Sachverhaltes entgleitet, zieht der Privatsprachler die verzweifelte Konsequenz, die objektive Seite in die subjektive gleichsam hineinzuschieben. Dieser Versuch ist aber zum Scheitern verurteilt, weil das Subjekt als der Träger von Kognitivität an keiner Stelle der Kausalkette zu verorten ist, wie schon in anderem Zusammenhang dargelegt wurde (vgl. B.I). Wie weit auch immer die als mitgemeint definierte Kausalkette reicht, das wiedererkennende Subjekt ist per definitionem in der Lage (semantisch manifestiert sich dies, wie schon erwähnt, in der Besonderheit des Subjektgebrauchs von ›ich‹), sich von ihr zu distanzieren, wodurch das ursprüngliche Problem immer wieder von neuem auftritt. Übrig bleibt, wie schon gesagt, ein ›bloß‹ empirischer Sachverhalt. Die Verwendung von ›E‹ bzw. das Wiedererkennen von E hat eine empirische Ursache (möglicherweise die Präsenz von E), die aber mit dem veridischen Charakter der Verwendung nichts zu tun hat. Die Verwendung von ›E‹ kann somit ihrer Isoliertheit und Indeterminiertheit nicht entgehen; dies könnte man auch dadurch ausdrücken, daß eine Verwendungssituation von ›E‹ von der Einführung eines ›neuen‹ ›E‹ prinzipiell ununterscheidbar ist.

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Die Unabhängigkeit vom Naturzusammenhang vermag die privatsprachliche Konzeption deshalb nicht zu gewährleisten, weil sie es nicht erlaubt, die Differenz von ›wirklich E‹ und ›scheinbar E‹ in die Bedeutungshaftigkeit von ›E‹ zu integrieren. Notwendig ist m. a. W. die Etablierung einer Differenz zwischen dem Subjekt als dem Ort des ihm-so-Scheinens, d. h. der Kognitivität des Wiedererkennens und dem Objektiven und daher intersubjektiv Zugänglichen 130 derart, daß es möglich ist, in vollem Sinn von einem objektiven Zutreffen des betreffenden Prädikats (bzw. der objektiven Existenz des Referenten des betreffenden Eigennamens) zu sprechen. Die Differenz zwischen dem Ort des Wissens von der Bedeutung von ›E‹ ist also für die Bedeutungshaftigkeit von ›E‹ konstitutiv. Diese vom Privatsprachler in ihrer Bedeutung falsch eingeschätzte Differenz macht sich dann hinter seinem Rücken gegen ihn geltend, indem er sich gezwungen sieht, entweder die Subjekt- oder die Objektseite zu verabsolutieren, die jeweils andere Seite der Differenz dadurch zu verlieren und so letztlich in eine unhaltbare Situation getrieben zu werden. Man mag einwenden, der Bereich des Mentalen lasse es zu, diese Differenz innerhalb seiner zu etablieren, die Subjektivität beschränke sich also nicht auf den Bereich des ihr-so-Scheinens. Die Antwort darauf ist, daß es sicher möglich ist, ›von innen her‹ die Bedeutung von Zeichen festzulegen, daß es sich dabei aber dann um keine Privatsprache im strikten Sinne handelt, die Bedeutung der betreffenden Zeichen daher im Prinzip auch anderen zugänglich gemacht werden kann (durch Zusammenschaltung der Gehirne o. ä.). Nachzutragen bleibt noch, daß die Sein-Schein-Differenz sich in der Satzstruktur als deren Bipolarität manifestiert, als Differenz von Einzelnem und Allgemeinem; hierin liegt demnach das Wahrheitsmoment der Kenny/Hacker-Interpretation, deren Defizit darin zu sehen ist, daß sie diese Bipolarität nur als äußere Bedingung der Etablierung von Bedeutung thematisiert (diese ist im übrigen ja schon dann erfüllt, wenn der Privatsprachler darauf verzichtet, die gesamte Sprache in seiner 130 Die Notwendigkeit der intersubjektiven Zugänglichkeit stellt also eine Folge des Vorrangs der Objektivität hinsichtlich der Festlegung von Bedeutungen dar; nicht etwa resultiert der Primat des Objektiven hinsichtlich der Konstellation der Bedeutungshaftigkeit von Zeichen aus einer Aufwertung der Intersubjektivität.

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Weise aufbauen zu wollen) und nicht als äußere Manifestation der internen Verfassung von Bedeutungshaftigkeit überhaupt, die darin sich zeigt, daß für die Konstitution von Bedeutung nicht nur die Satzstruktur bzw. der durch sie gesetzte kategoriale Rahmen die Voraussetzung bildet, sondern daß die Bezugnahme auf das, in Beziehung worauf die Bedeutung des Zeichens sich bestimmen soll, selbst die Sein-ScheinDifferenz einschließen muß. Womit der Privatsprachler also nicht rechnet, ist die interne Verflechtung von Bedeutung und Wahrheit (respektive der durch den Wahrheitsbegriff gesetzten Differenz). Es bleibt der Verdacht, daß in dieser Argumentation, die aus dem Nichtbestehen der Kognitivität des Wiedererkennens von E folgert, daß ›E‹ kein sprachliches Zeichen, die Verwendung von ›E‹ kein semantischer Sachverhalt ist, in wie auch immer subtiler Weise das Dogma des Verifikationismus in Anspruch genommen worden ist. Warum sollte ein konsequenter Privatsprachler nicht behaupten, daß ›E ist präsent‹ wahr sein kann ohne das Bestehen einer entsprechenden kognitiven Beziehung, wenn dies auch deshalb mehr als merkwürdig anmutet, weil die Bedeutung von ›E‹ doch durch eine kognitive Beziehung eingeführt wurde und das ganze privatsprachliche Szenarium eine enge Bindung des Semantischen an das (im cartesischen Sinn interpretierte) Kognitive suggeriert? Jener Verdacht ist aber ganz unabhängig von einer allgemeinen Diskussion des Verhältnisses von Semantischem und Kognitivem zu entkräften. Die Voraussetzung dafür, daß dieser Verdacht überhaupt entstehen konnte, ist das privatsprachliche Szenarium und dies ist, näher betrachtet, deshalb fragwürdig, weil nicht einsichtig ist, warum eine logische Unmöglichkeit der Mitteilbarkeit der Bedeutung von ›E‹ überhaupt als eine zu erwägende Möglichkeit vorausgesetzt werden kann. Fragwürdig erscheint der Ausgangspunkt der Diskussion auch dann, wenn man berücksichtigt, daß das Argument gegen die Möglichkeit einer Privatsprache vom Typ einer reductio ad absurdum sein soll, es aber so präsentiert wird, als würden Vorbereitungen zur Verwendung von ›E‹ getroffen (es wurde schon dargelegt, daß die Argumente gegen diese Vorbereitungen, d. h. die Argumente gegen die Möglichkeit einer ostensiven Definition, nicht zentral sind), diese Verwendung aber stoße dann auf unüberwindliche Schwierigkeiten bzw. laufe leer. Genau diese Darstellung ist es ja, die den Verdacht des Verifikationismus hervorruft bzw. die Majorität der Interpreten veranlaßt hat, das Argument als ein verifikationistisches zu deuten. A

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Wenn es sich aber wirklich um eine erfolgreiche reductio ad absurdum handelt, müßte schon der Ausgangspunkt, d. h. die Vorbereitungen zur Verwendung von ›E‹, an sich selbst (und ohne Bezug auf irgendwelche Sachverhalte, die möglicherweise den semantischen Charakter der Verwendung von ›E‹ ausschließen) betrachtet, unmöglich sein, wenn doch die Implikationen, die sich für die Verwendung von ›E‹ ergeben, nichts anderes sind als logische Folgerungen aus ihm (und nicht aus der Inanspruchnahme spezifischer, die Zeichenverwendung betreffender semantischer Prinzipien resultieren). Und in der Tat stellt die Definition von ›E‹ den in sich widersprüchlichen Versuch dar, die Subjektivität als das durch Objektivierung Definierte zu objektivieren. Die logische Garantie nämlich für die Inkommunikabilität der Bedeutung des privatsprachlichen Zeichens kann nur gegeben werden durch die Verortung dessen, worauf es zutrifft, in demjenigen, was der Objektivierung entzogen ist, dem mir-Scheinendaß (s. u.). Andererseits impliziert der Sinn von Wahrheit respektive der Sinn der Objektivität von Wahrheitsbedingungen, daß die bedeutungsvolle Verwendung von ›E‹ eine Objektivierung impliziert. Dieser Widerspruch wird vorstellungshaft (d. h. durch das privatsprachliche Szenarium) dadurch abgehalten, daß der Ort des mirScheinens-daß bzw. des Wiedererkennens von dem des Zutreffens von ›E‹ separiert wird (sonst ergäbe sich unmittelbar die völlige Beliebigkeit der Verwendung von ›E‹) und trotzdem die für die Privatsprache definitorische logische Garantie der Inkommunikabilität der Bedeutung von ›E‹ aufrecht erhalten wird, obgleich der Charakter dieser Garantie durch dieses cartesianische Bild keineswegs gerechtfertigt werden kann. Daß sich daraus dann die schlechte Alternative völlige Indeterminiertheit oder Determiniertheit rein empirischer Natur ergibt, überrascht nach der Diagnose der wahren Verfassung der Ausgangslage nicht. Die widersprüchliche Objektivierung der Subjektivität bedeutet nämlich entweder Verlust der Objektivität (also Indeterminiertheit) oder Aufhebung der Subjektivität (und damit Verlust des semantischen respektive kognitiven Charakters der Verwendung von ›E‹). Das Privatsprachenargument erweist sich somit letztlich als eines, das auf dem nichtontologischen Charakter der Subjektivität beruht und ihn direkt (über ein vorstellungshaftes Szenarium, das dazu führt, daß 168

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nicht die Ontologisierung der Subjektivität als solche problematisch wird, sondern die ihr zugeordneten Entitäten) dadurch bestätigt, daß die Annahme von Entitäten, die der Bezugnahme von außen unzugänglich sind, sich als unhaltbar erweist – diese in den Bereich der Philosophie des Geistes fallende Konsequenz ist ja nur eine andere Formulierung des für die Privatsprache negativen bedeutungstheoretischen Resultats.

II.2. Privatsprachenargument und Regelfolgenparadox Es fällt nun relativ leicht, die Analogie zwischen Privatsprachen- und Regelfolgenproblematik bzw. deren Lösung(en) herauszuarbeiten. Das Problem des Begriffs der Regel bzw. des Bewußtseins der Regel, der die Bedeutungshaftigkeit der Zeichenverwendung sichern soll – insofern eine Person ›bewußt‹ einer Regel folgt, ist ihre Zeichenverwendung von einem Naturprozeß unterschieden, der natürlich auch Regularitäten aufweist – besteht bekanntlich darin, daß jede beliebige Äußerung als Fall des Befolgens einer bestimmten Regel interpretierbar ist bzw. (was nur eine andere Manifestation desselben Sachverhalts darstellt) daß eine bestimmte Äußerung als Resultat des Befolgens verschiedener, ja einander sogar widersprechender Regeln aufgefaßt werden kann, was daher rührt, daß die Anwendung der allgemeinen Regel auf den Einzelfall wieder einer Regel bedarf, die die Interpretation der ersteren leistet, etc. ad infinitum. Der Beliebigkeit darin, die faktische Äußerung im Hinblick auf das zu interpretieren, was sie zu mehr machen soll als einem empirischen Ereignis, entspricht offenbar im Fall der Privatsprache die Beliebigkeit, eine Äußerung von ›E‹ als richtig oder falsch aufzufassen. In beiden Fällen ist es auch so, daß etwas Faktisches die Bedeutungshaftigkeit sichern soll, indem es als Ursache dafür angegeben wird. Im Fall der Privatsprache ist es die Erinnerung an den ›Taufakt‹, im Fall des Regelbefolgens das Bewußtsein der Regel, das den Sprecher bei seinen Äußerungen leiten soll. Daß es sich beide Male bei den Ursachen der Bedeutungshaftigkeit um ›Geistiges‹ handelt, darf (im Lichte von Wittgensteins Kritik beider Konzeptionen) nicht als Diskreditierung des Mentalen angesehen werden. Niemand käme auf die Idee, etwas Materielles als Ursache von Bedeutung anzugeben. Es wird aber an der Vorstellung festgehalten, Bedeutung durch etwas zu begründen im Sinne der Angabe der Ursache für die BedeuA

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tungshaftigkeit von Äußerungen. Angesichts der Tatsache, daß materielle Kandidaten hierfür ausscheiden, wird das Geistige als ein ontologisch dafür prädestiniertes Medium angesehen, die gewünschte Funktion zu erfüllen. Wittgensteins Punkt besteht darin, daß nichts (keine Entität, aus welchem ontologischen Bereich auch immer) das zu leisten imstande ist, was diejenigen erwarten, die Bedeutungshaftigkeit aus einer Ursache herleiten wollen in Analogie zur Erklärung eines Naturphänomens. Der Fehler liegt also im Falle der Problematik des Regelfolgens in einer ontologisierenden Konzeption von Bedeutung (respektive des Wissens von Bedeutung); im Falle der Privatsprache ist es dagegen primär eine ontologisierende Konzeption des Mentalen, die notwendig zu einer bedeutungstheoretisch abwegigen Konzeption führt (die dann ihrerseits die erwähnten Entsprechungen zu dem aufweist, was das sogenannte Paradox des Regelfolgens heraufbeschwört). Im Zusammenhang der Beziehbarkeit auf das Privatsprachenargument ist im übrigen die Tatsache bemerkenswert, daß der Kern des Problems nicht eigentlich in der Differenz zwischen der Endlichkeit der Lernsituation und der potentiellen Unendlichkeit der durch sie bestimmt sein sollenden Anwendungsfälle besteht. Es ist m. a. W. nicht so, daß die Notwendigkeit der Interpretation der Regel, die die Schwierigkeit ja herbeiführt, erst entsteht durch das Auftreten von Fällen, die oder deren Kontext qualitativ different sind von denen, an denen die betreffende Person die Bedeutung des jeweiligen Wortes gelernt hat. Auch wenn eine solche Differenz nicht gegeben wäre, die Anwendungsfälle also mit denen in der Lernsituation thematischen übereinstimmten, besteht die in den infiniten Regreß führende Notwendigkeit einer Interpretation der Regel in der Angabe einer Projektionsmethode auf den Einzelfall. Würde man diese Notwendigkeit leugnen unter Hinweis darauf, im Falle einer solchen Übereinstimmung von Lernsituation und Anwendungsfall sei die Anwendung doch problemlos als determiniert durch die Lernsituation zu denken, so ergäbe sich eine analoge Situation zu der des Privatsprachlers, der, um die von ihm nicht eingrenzbare ›Bandbreite‹ der Verwendung von ›E‹ zu vermeiden, sich auf die strikte qualitative Identität des Anwendungsfalles zurückzog. Das Gegenargument ist (nicht überraschend) auch analog: Mit der Annahme einer direkten, nicht durch eine weitere Interpretation vermittelten Determination der Zeichenverwendung ist unter der Hand der zur De170

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batte stehende semantische Sachverhalt des Regelfolgens verschwunden zugunsten der empirischen Beziehung zwischen der Zeichenverwendung und ihrer Ursache. Das Normative der Regel hat sich aufgelöst in die faktische Regularität des Auftretens von Zeichenvorkommnissen. Für die bedeutungstheoretische Frage nach der Determiniertheit des Zeichengebrauchs durch das Regelbewußtsein ist die empirische Ursache und deren Beschaffenheit aber völlig gleichgültig. Der Fehler des ›naiven‹ Bedeutungstheoretikers ist demnach darin zu sehen, daß er, fasziniert durch den mysteriösen Charakter des Geistigen, das für ihn den Ort der Bedeutung bildet, meint, daß dieser mysteriöse Charakter auch in der Lage sei, den Widerspruch aufzulösen, das Modell der Erklärung eines Sachverhaltes durch seine Ursache auf einen Bereich zu übertragen (das Semantische), der die Anwendbarkeit dieses Modells per definitionem ausschließt (die Normativität einer Regel ist eben irreduzibel auf faktische Regularität). Der Ausweg aus der Aporie des Regelbegriffs besteht in der Anerkennung der Unhintergehbarkeit der Praxis der »Wahr-Falsch-Spiele«, d. h. in der Aufgabe des Versuchs, den Vollzug des Fürwahrhaltens aus etwas anderem (dem Wissen von Bedeutungen respektive Regeln) erklären bzw. herleiten zu wollen. Dies heißt m. a. W. – und hier zeigt sich wiederum die Analogie zur Privatsprachenproblematik, gleichsam nach der Analogie der Probleme die Analogie der Lösungen –, daß das subjektive Wissen von Bedeutung der Anwendung der Zeichen in der Praxis des Fürwahrhaltens – und das heißt Anwendung auf Objekte – nicht vorausgehen kann. Das Etabliertsein der Differenz zwischen dem Subjekt als dem Ort des Wissens von Bedeutung (der mit dem Ort des mir-Scheinens-daß identisch ist) und den Objekten als den primären Bezugspunkten der Zeichenverwendung ist für Bedeutung vielmehr konstitutiv. 131 An dieser Stelle gilt es, ein Mißverständnis abzuwehren: Den Primat der Sprachpraxis anerkennen heißt nicht, die Bedeutungshaftigkeit der Zeichenverwendung auf die Regularität des faktischen Sprachverhaltens einer Sprachgemeinschaft zu reduzieren. Dies würde in der Tat die 131 In diesem Zusammenhang wäre die Bedeutung des Privatsprachenarguments darin zu sehen, daß sie diese positive Folgerung aus dem Regelfolgenparadox stützt. Würde diese Folgerung nämlich nicht bestehen, wäre eine Privatsprache möglich.

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Elimination des Semantischen durch Aufgabe der Normativität des Wahrheitsbegriffes bedeuten; wahr wäre dann per definitionem das, was von der Majorität für wahr gehalten würde. Eine solche skeptische Lösung hat Wittgenstein aber sicherlich nicht im Auge. 132 Noch weniger darf man ihm, wie eine Vielzahl seiner Interpreten es tun, unterstellen, die Identifikation der empirischen Praxis des Sprachgebrauchs mit dessen Bedeutungshaftigkeit als positiven Beitrag zur Bedeutungstheorie verstanden zu haben. Ein solcher positiver Beitrag müßte vielmehr erklären können, daß die begriffliche Dependenz der Bedeutung von der Sprachpraxis kompatibel ist mit der Möglichkeit einer Situation, in der ich allein recht habe und alle übrigen Mitglieder der Sprachgemeinschaft sich im Irrtum befinden. Die Meinung, dies käme der Quadratur des Zirkels gleich, resultiert aus einer Verwechslung der verschiedenen Weisen, in denen Bedeutung von Sprachpraxis abhängig ist. Zunächst einmal existiert eine faktische Abhängigkeit von der realen Sprachpraxis in Beziehung auf die Lernsituation; durch Hinweis darauf, daß dieses und jenes etc. ›rot‹ genannt wird, lernt das Kind die Bedeutung des Wortes ›rot‹ bzw. erwirbt die Fähigkeit, das Wort entsprechend den Standards der Sprachgemeinschaft zu verwenden. Daraus, daß es sich um eine faktische Abhängigkeit handelt, geht hervor, daß sie nicht notwendig besteht, m. a. W. der Erwerb der semantischen Sprachkompetenz hätte auch auf andere Weise zustandekommen können, durch Einwirkung eines Giftes, Manipulation am Gehirn, also durch irgendeine schlechthin kontingente Ursache. Von dieser faktischen Dependenz zu unterscheiden ist die begriffliche (»grammatische«, vgl. PU § 199), die zu fassen ist als die Notwendigkeit der Möglichkeit der Praxis einer Sprachgemeinschaft. Sie ist die Konsequenz daraus, daß die Unhintergehbarkeit des Fürwahrhaltens (durch ein subjektives Wissen von Bedeutung) impliziert, daß von mir Unterschiedenes, also Objekte, Bezugspunkte der Zeichenverwendung sind und mithin diese Bezugspunkte intersubjektiv zugänglich sein müssen. Intersubjektivität ist also keineswegs Definiens von Objektivität, sondern deren Konsequenz.

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Vgl. Kripkes Interpretation in Wittgenstein on Rules and Private Language, a. a. O.

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Es liegt nun intuitiv nahe (nicht zuletzt aufgrund von Wittgensteins Neigung, ein falsches Bild, das er mit Recht als Ursache einer inadäquaten philosophischen Konzeption identifiziert, nicht primär durch eine klar erkennbare argumentative Strategie, sondern durch die Entwicklung von Gegenbildern zu bekämpfen, die ihrerseits in die Irre führen, falls man ihre begriffliche Substanz bzw. ihren argumentativen Stellenwert nicht sorgfältig herausarbeitet), die begriffliche Dependenz in die reale gleichsam hineinzuschieben, m. a. W. der kontingenten Abhängigkeit von der faktischen Sprachpraxis noch zusätzlich eine logische Dignität zu verleihen. Dies ist eine begriffliche Konfusion. Die logische Abhängigkeit besteht eben nicht in Beziehung auf die Praxis der faktischen Sprachgemeinschaft – diese bräuchte ja nicht einmal zu existieren –, sondern in Beziehung auf die Notwendigkeit der Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Sprachpraxis. Wittgensteins Lösung des Regelfolgenparadoxons impliziert ebensowenig die Abhängigkeit des Semantischen von dem Faktum eines Sprachspiels wie sein Argument gegen die Privatsprache die Möglichkeit ausschließt, über seine Gefühle Tagebuch zu führen und dazu unter Umständen auch eigene Wortschöpfungen zu verwenden. Der Kollaps des Semantischen in das Faktische, die Reduktion von Wahrheit auf das Fürwahrgehaltenwerden durch die Majorität einer Sprachgemeinschaft stellt also keineswegs eine Konsequenz von Wittgensteins Kritik der naiven, ontologisierenden Bedeutungstheorie dar; es soll aber nicht verschwiegen werden, daß damit noch keine positive Konzeption entwickelt ist, die jenen Kollaps definitiv ausschließt (es ist nur gezeigt worden, daß seine Annahme nicht zwingend ist). Dadurch erklärt sich die Ambivalenz, die in den Schriften des späten Wittgenstein spürbar ist, sowie auch die Neigung seiner Interpreten, ihn sowohl in der Philosophie des Geistes wie auch in der Bedeutungstheorie (entgegen seinen explizit gegenteiligen Stellungnahmen) letztlich doch als eine Art Sozialbehavioristen zu sehen. Die fatalen Folgen aus jenem Kollaps sind offenkundig: Der Sieg der Skepsis wäre in der Tat vollständig, wobei unter Skepsis nicht der Zweifel an der Berechtigung eines gewissen Typs von Existenzannahmen (bezüglich der Außenwelt oder solcher eigentümlicher Entitäten wie Bedeutungen) zu verstehen ist – die Negation der Existenz von Bedeutungen im ontologischen Sinne folgt zwar wirklich aus Wittgensteins Lösung, wodurch diese aber nicht zu einer Lösung im Geiste der A

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Skepsis wird, wie Kripke meint –, sondern der Zweifel am Sinn von Wahrheitsansprüchen überhaupt, der Zweifel daran, ob das Wahrheitsprädikat wirklich mehr ist als ein Wort, das bei der Organisation eines gewissen Typs von sozialem Verhalten eine signifikante Rolle spielt.

II.3. Eine Theorie der Subjektivitt als nichtontologische Konzeption des Mentalen Ob und inwiefern diese Bedrohung des Semantischen respektive deren mögliche Abwendung etwas mit dem Problem der Subjektivität zu tun hat, wird noch zu erörtern sein. Zuvor muß noch die (wenn auch nur in eingeschränktem Sinn so zu nennende) positive Konzeption vorgestellt werden, die sich in der Philosophie des Geistes aus der Kritik an der Möglichkeit einer Privatsprache ergibt. Für die Entwicklung dieser Konzeption ist zunächst festzuhalten, daß sie keine ontologische Theorie des Mentalen sein kann. Denn wenn das Geistige als Entität betrachtet wird, die dem Subjekt in besonderer Weise, in einer jedweden äußeren Zugang ausschließenden inneren Wahrnehmung zugänglich ist, fällt es gerade als irrelevant aus einer philosophischen Konzeption des Mentalen heraus. Die Diskussion der materialistischen Ansätze einer Theorie des Geistes hat ergeben, daß diese, wenn sie adäquat sein und auch dem Problem der Qualia Rechnung tragen wollen, hinter dem sich das der Besonderheit des subjektiven ›Zugangs‹ verbirgt, in gleicher Weise wie der Cartesianismus, den Wittgenstein bei seiner Kritik im Auge hatte, genötigt sind, die Referenz von mentalistischen Termen zu fixieren ohne Rekurs auf begriffliche Mittel, die sich auf Äußeres beziehen; sie werden damit also ebenfalls in die Situation des Privatsprachlers gedrängt. Zusammenfassend lässt sich über den Materialismus in der Philosophie des Geistes sagen, daß er, insofern er in seiner ontologisierenden Behandlung des Mentalen (die ihn mit dem naiven Mentalismus verbindet) an das Modell Gegenstand/Beschreibung gebunden ist, letztlich sich der schlechten Alternative gegenübersieht, einen der beiden Pole der Satzstruktur gleichsam zu verabsolutieren: Die Situation des Privatsprachlers entspräche einer einseitigen Betonung der Seite der Re174

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ferenz, die, wie sich zeigte, zu einem ›Verlassen‹ des Diskurses insgesamt führt; die Alternative dazu, die einseitige Betonung der Prädikat- bzw. Beschreibungsseite, findet sich in den Versuchen, den mentalistischen Diskurs linguistisch zu relativieren, was (falls das Problem nicht schon als im Sinne des Naturalismus vorentschieden angesehen wird) eine Universalisierung des Relativismus und damit eine ›Verabsolutierung‹ des Diskurses überhaupt zur Folge hat, die allerdings seiner Selbstaufgabe (im Sinne von etwas, das nicht bloßes Faktum ist) gleichkommt. Positiv gewendet heißt das, daß von einer angemessenen Lösung des Problems des Mentalen wohl auch eine Antwort auf die Frage zu erwarten ist, wie der Status des Wahr-Falsch-Spiels im Ganzen gegen seine Reduktion auf das bloß Faktische zu sichern sei (eine Erwartung, die durch die Parallelen zwischen Privatsprachen- und Regelfolgenargument sicher gestärkt wird). Die anscheinend unüberwindlichen Schwierigkeiten, denen sich eine philosophische Konzeption des Mentalen gegenübersieht, die ihren Ansatzpunkt bei den Ausdrücken für mentale Entitäten hat, drängen dazu, das Interesse einer solchen Konzeption stattdessen zu konzentrieren auf eine Analyse des ›ich‹-Gebrauchs in Selbstzuschreibungen von Mentalem, zumal es ja auch die Besonderheit des subjektiven Zugangs war, die in Gestalt der Qualia-Problematik jene Schwierigkeiten herbeigeführt hatte (von der oben erwähnten Schwierigkeit [bzw. für eine ontologische Konzeption des Mentalen: Unmöglichkeit], der Einheit der Subjektivität Rechnung zu tragen, ganz zu schweigen). In diesem, im folgenden natürlich zu präzisierenden Sinne wäre eine Theorie des Mentalen also primär Subjektivitätstheorie. Als erster Schritt mag der Hinweis auf die schon erwähnte Unterscheidung dienen, die Wittgenstein im Blue Book zwischen Subjektund Objektgebrauch von ›ich‹ getroffen hat. Sätzen wie ›Ich habe Schmerzen‹, die als paradigmatisch für den Subjektgebrauch von ›ich‹ gelten, wird traditionellerweise die Eigenschaft der Inkorrigibilität zugestanden. Darin manifestiert sich der spezielle Zugang, den eine Person zu ihren eigenen mentalen (insbesondere sensorischen) Zuständen hat, der gegenüber einem Zugang von außen als privilegiert erscheint. Diese Inkorrigibilität ist nun, nicht zuletzt natürlich von materialistischer Seite, immer wieder in Zweifel gezogen worden, und sie läßt sich anscheinend kaum anders als durch

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ein cartesianisches Dogma verteidigen, obwohl sie durch eine starke Intuition gestützt wird. 133 Wittgenstein selbst hat bei seiner Einführung des Subjektgebrauchs von ›ich‹ die Inkorrigibilitätsthese nicht in dieser globalen Weise vertreten, sondern explizit nur hinsichtlich der Möglichkeit des Irrtums bei der Selbstidentifikation. Die Selbstreferenz im Subjektgebrauch von ›ich‹ erfolgt kriterienlos und kann deshalb nicht fehlgehen, weil in diesem Fall per definitionem gar keine Identifikation vorliegt. Die Unterscheidung der Inkorrigibilität hinsichtlich der Prädikation von derjenigen hinsichtlich der Selbstreferenz scheint jedoch von Wittgenstein nicht so strikt durchgehalten zu werden bzw. nicht wirklich eine Unabhängigkeit der beiden Sachverhalte zu bedeuten, da es gerade diejenigen Sätze sind, in denen ›ich‹ im Subjektsinn gebraucht wird, von denen gelten soll, daß hinsichtlich ihrer überhaupt (d. h. qua Prädikation) ein Zweifel ausgeschlossen ist, was ihn sogar zu der Aussage veranlaßt, es sei sinnlos zu sagen, ich wisse, daß ich Schmerzen habe. Ein Großteil der Wittgensteininterpretation hat dies als die These der Nichtkognitivität etwa von Schmerz respektive des Schmerzbewußtseins gedeutet; es dürfte Wittgenstein aber wohl eher darum gegangen sein, das Bild der inneren Wahrnehmung abzuwehren, das sich bei der Rede vom Wissen vom Mentalen allzu leicht aufdrängt, ein Bild, in dem das Wissen als vom Gewußten getrennter Sachverhalt auftritt. Eine interessante Version der These der Nichtkognitivität der ›ich y‹-Sätze (›y‹ steht dabei für ein mentales Prädikat) vertritt E. Tugendhat, indem er gleichzeitig, und dies im Gegensatz zur klassischen Fassung der ›avowals‹-Theorie, nicht die Wahrheitsfähigkeit dieser Sätze in Abrede stellt, da diese garantiert sei durch eine Äquivalenz in den Wahrheitsbedingungen mit den entsprechenden ›er y‹-Sätzen. 134 Diese Trennung von Veritativität und Kognitivität behält ihre Plausibilität aber wohl nur, solange die Frage nach jenen Wahrheitsbedingungen nicht gestellt wird. Denn unabhängig von deren konkreter Fassung muß das Verhältnis zwischen ihnen und den entsprechenden ›ich y‹-Äußerungen – vorausgesetzt, es wird an deren Sonderstatus als 133 134

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Vgl. etwa Quinton, A., The Nature of Things. London (u. a.) 1973, hier: Ch. 6 u. 7. Vgl. Selbstbewußtsein und Selbstbestimmung, a. a. O., hier: 6. Vorlesung.

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dem von Äußerungen festgehalten, an deren Wahrheit ein Zweifel sinnlos ist (vom Fall der Lüge einmal abgesehen) – angesichts des Ausschlusses von Kognitivität eines von Ursache und Wirkung sein, was aber ihre Veritativität aufhebt, indem die Gültigkeit von Aussagen per definitionem als von deren faktischer Genese unabhängig gedacht werden muß (dies schließt natürlich den Fall nicht aus, daß die Ursache der Äußerung mit deren Wahrheitsbedingungen identisch ist; diese dürfen jedoch nicht auf die faktische Existenz der Ursache reduziert werden – der Anspruch der Wahrheit muß von der Existenz der Ursache ablösbar sein, und genau dies wird durch die Absenz der Täuschungsmöglichkeit ausgeschlossen). Gegen Tugendhats Vorschlag spricht also letztlich ein Argument, das auch in der Privatsprachendiskussion eine zentrale Rolle spielte. Das Problematische dieses Vorschlags läßt sich noch von einer anderen Perspektive beleuchten: Die Veritativität einer Äußerung, ihre Anerkennung als semantischer Sachverhalt setzt auf Seiten des Sprechers ein Verstehen seiner Äußerung voraus in dem (wie u. a. die Regelfolgenproblematik gezeigt hat, natürlich hochgradig explikationsbedürftigen) Sinne, daß es sich bei ihr nicht nur um ein materielles Ereignis handelt. Indem nun aber die semantische Dignität des ›ich y‹-Satzes ganz an die Korrespondenz mit dem entsprechenden ›er y‹-Satz gebunden wird, folgt, daß das Verstehen von ›ich y‹ auf das Verstehen von ›er y‹ zurückführbar sein muß. Dies widerspricht aber dem Sondercharakter der ›ich y‹-Sätze, in denen ›ich‹ im Subjektgebrauch auftritt (Unmöglichkeit der Substitution von ›ich‹ durch eine bestimmte Beschreibung), insbesondere steht es in Konflikt mit dem Fehlen der Zweifelsmöglichkeit. Veritativität und Bedeutungshaftigkeit (in diesem minimalen, noch diesseits jeder bestimmten bedeutungstheoretischen Konzeption befindlichen Sinne) treten so in einer inakzeptablen Weise auseinander, woran deutlich wird, daß es eben nicht möglich ist, einerseits den suspekten Bereich des Mentalen behavioristisch preiszugeben, andererseits jedoch einen semantischen Transzendentalismus aurechtzuerhalten, der sich im Aufrechterhalten des semantischen Diskurses manifestiert. Die Frage bleibt, wie die Inkorrigibilität in einer dezidiert nichtcartesischen Position behauptet werden kann, die gleichwohl nicht mit einer Version der Behaviorismus verwechselt werden darf.

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Der Ausweg besteht darin, die Aussagen, in denen ›ich‹ im Subjektgebrauch vorkommt, als Sätze der Form ›Es scheint mir, daß p‹ zu analysieren. Dabei wird von den pragmatischen Bedingungen (bzw. Bedeutungskomponenten) abstrahiert, unter denen solche Sätze geäußert werden, z. B. daß damit eine Unsicherheit hinsichtlich der Wahrheit von ›p‹ zum Ausdruck gebracht werden soll, etc. Entscheidend ist die logische Unmöglichkeit des Irrtums bei diesem Typ von Aussagen, die sich nicht daraus herleitet, daß die Erkenntnis einer bestimmten Klasse von Sachverhalten (der ›mentalen‹ etwa) der Fallibilität entzogen wäre (wie könnte dies auch logisch garantiert werden?); es können also nicht solche Aussagen sein, in denen Reporte innerer Zustände gegeben werden (etwa in einem psychologischen Experiment), es handelt sich eben nicht um die Artikulation innerer Wahrnehmungen. Andererseits mutet es seltsam an, die Möglichkeit innerer Wahrnehmungen zu bestreiten, und welche anderen Satztypen kämen als Kandidaten dafür infrage, ihnen Ausdruck zu verleihen? Es kommt offenbar darauf an, einen Sinn von ›Innerlichkeit‹ zu bestimmen, der frei von cartesianischen Implikationen ist, dadurch aber auch (aller Vermutung nach) nicht in der Lage, die Garantie der Inkorrigibilität plausibel zu machen: Innere Wahrnehmungen in diesem nichtambitiösen Sinne sind schlicht und einfach Körperwahrnehmungen. Die Möglichkeit der Täuschung ist damit selbstredend gegeben, sie spielt jedoch de facto deshalb nur eine geringe Rolle, weil die aus innerer Wahrnehmung gewonnenen Evidenzen aus rein empirischen Gründen an Verläßlichkeit denjenigen überlegen sind, die aus äußerer Wahrnehmung (Beobachtung des Verhaltens, etc.) stammen. Was aussteht, ist die Antwort auf die Frage nach demjenigen, was die Inkorrigibillität der Sätze des Typs ›Es scheint mir, daß p‹ nun eigentlich garantiert. Was wird eigentlich anerkannt, wenn die Wahrheit solcher Sätze anerkannt wird, und worin bestehen deren Wahrheitsbedingungen? Die Antwort mag zunächst als These formuliert werden: Es wird damit eine Äußerung ›p‹ als eine Äußerung eines Fürwahrhaltens (und damit nicht bloß materielles Ereignis) anerkannt. Indem die Äußerung eines Sprechers, etwa ›p‹, als (ehrliche, nicht im Spaß gemeinte etc.) Äußerung eines Fürwahrhaltens anerkannt wird, wird die Wahrheit

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des Satzes ›Es scheint mir (ihm), daß p‹ anerkannt. Sie ist ja gesichert unabhängig von der Täuschungsmöglichkeit hinsichtlich ›p‹. 135 Es wird deutlich, daß die Anwendbarkeit der Kategorie des mirScheinens-daß unabhängig ist davon: ob Sätze der Form ›Es scheint mir, daß p‹ faktisch auftreten. Insofern treffen Einwände, 136 die zu zeigen versuchen, daß alle Sätze von der Form ›ich y‹, die als Beispiele des Subjektgebrauchs von ›ich‹ herangezogen werden, als Artikulationen von de re-Meinungen des Sprechers über sich interpretierbar seien, so daß die Einführung einer Kategorie von de se-Meinungen überflüssig bzw. sogar inadäquat würde, nicht den eigentlichen Punkt. Die Kategorie der de se-Meinungen mag in einer empirischen Theorie des intentionalen Verhaltens einer Person, die u. a. deren Äußerungen als Meinungen, die in gewisse Kategorien fallen, interpretiert, entbehrlich sein. Unentbehrlich ist sie in einer philosophischen Theorie für die Beschreibbarkeit gewisser sprachlicher Sachverhalte als Manifestationen von Intentionalität. Sie ist erforderlich, um auf das Wahr-FalschSpiel als solches Bezug nehmen zu können und nicht angewiesen auf die Existenz von Aussagen des Typs ›ich y‹, die gewöhnlich als Index wissender Selbstbeziehung angesehen werden. In diesem Sinne der universalen Anwendbarkeit der Kategorie der de se-Meinungen (in den betreffenden Äußerungen braucht ›ich‹ überhaupt nicht bzw. kann z. B. in de se-Positionen auftreten) ist alles Bewußtsein Selbstbewußtsein; die explizite Reflexion entpuppt sich so als ein Sekundärphänomen, wenn auch die sprachlichen Mittel ihrer Artikulation (der Subjektgebrauch von ›ich‹ bzw. äquivalente Konstruktionen) die notwendige Bedingung der Artikulierbarkeit der Kategorie der de se-Meinungen darstellt. In A.II wurde schon dargelegt, inwiefern durch die a priori gesicherte Wahrheit der es-scheint-Sätze die Bestimmung der Bedeutung des Wahrheitsprädikats erfolgt, 137 was gleichzusetzen ist mit der Identifikation unseres Wahrheitsprädikats aus dem Bereich der unbestimmt vielen formal möglichen ›Wahrheitsprädikate‹. Dort wurde die Kon135 In A.II wurde ausführlich der Ausschluß der Irrtumsmöglichkeit, die hier in mehreren Formen vermutet werden könnte, dargelegt. 136 Vgl. etwa Boër, S./Lycan W., »Who, me?«, in: Philosophical Review 89 (1980), S. 427–466. 137 Der Zusammenhang mit der Bestimmung von Bedeutung überhaupt braucht hier nicht noch einmal erörtert zu werden.

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struktion der es-scheint-Sätze bzw. des Subjektgebrauchs von ›ich‹ als notwendig für das Gelingen dieses Vorhabens aufgezeigt; hier ergibt sich durch diese Konstruktion die Möglichkeit, eine Konzeption des Mentalen zu entwickeln, die die Probleme vermeidet, die sich aus dessen Ontologisierung ergeben. Insofern liegt an dieser Stelle der Schnittpunkt zweier Strategien, die jeweils von Problemen der Semantik bzw. der Philosophie des Geistes ihren Ausgang nehmen. In III wird noch der genaue Sinn der Rede von ›Selbstbeziehung‹ bzw. ›de se-Meinung‹ aufzuklären sein, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese so zu verstehen ist, daß hier ein ›Subjekt‹ als spezifischer, von der Person zu unterscheidender Referent thematisch wird. An dieser Stelle sollen nun noch einige Aspekte des mir-Scheinendaß erörtert werden, die nicht unmittelbar solche der konkreten sogenannten wissenden Selbstbeziehung sind, aber wesentlich zur genaueren Bestimmung dessen, was mit dem mir-Scheinen-daß gemeint ist. Im Sinne der erwähnten universellen Anwendbarkeit der Kategorie der de se-Meinungen kann das ›p‹ in ›Es scheint mir, daß p‹ Ausdruck einer beliebigen Meinung sein. Für das hier verfolgte Programm einer gegenseitigen Stützung von Wahrheitssinn und Personsein ist aber nur eine gewisse Klasse von Meinungen relevant, diejenigen nämlich, die die Basis (im in A.II erläuterten Sinn von ›Basis‹) für die Bestimmung der Wahrheitsbedingungen bilden. Diese Bestimmung der Wahrheitsbedingungen ist es ja, die den vom Skeptiker erhobenen Relativismusverdacht gegenüber Wahrheit zerstreut. Konkret handelt es sich um Wahrnehmungsmeinungen, also um aktuale bzw. okkurrente Fälle von Fürwahrhalten, d. h. von Intentionalität, und zwar solche, bei denen eine definierende Beziehung realen Charakters zu dem in ihnen Thematisierten besteht derart, daß sie (also das ›p‹ in ›Es scheint mir, daß p‹) unter Standardbedingungen wahr sind. Und gerade aufgrund des genannten Charakters dieser Beziehung können Wahrnehmungsmeinungen als Basis für die Bestimmung von Bedeutung dienen, sie gleichsam in der Realität verankern. Dies alles steht allerdings unter einer durchaus nicht unproblematischen epistemologischen Prämisse, nämlich der des erkenntnistheoretischen Realismus, der Annahme also, daß wir wie auch immer geartete Objekte wahrnehmen und nicht etwa deren wie auch immer geartete subjektive Repräsentanten. Die Rechtfertigung dieser Prämis180

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se, die in C erfolgen soll, vollendet somit erst das Unternehmen der Legitimation des Wahrheitssinnes, das hier mit der des Personseins verknüpft wird dadurch, daß Personen als solche, d. h. insofern sie nicht nur materielle Objekte unter anderen sind, als Subjekte von Wahrnehmungen 138 aufzufassen sind. Das Mir-Scheinen-daß stellt also keinen besonderen epistemischen Modus neben der falliblen Objektkenntnis dar; das, was dem Subjekt erscheint, ist die Objektivität selbst und keine epistemische Vermittlungsinstanz. Daß und inwiefern dies auch im Falle der Täuschung behauptet werden kann, muß im Zuge der angekündigten Rechtfertigung des epistemologischen Realismus gezeigt werden. Die Art, wie hier das Mentale als Intentionalität aufgefasst wird, trägt beiden in B.I genannten prima facie-Kandidaten für die Charakterisierung des Mentalen Rechnung bzw. stellt eine Kombination von beiden dar, die allerdings auch eine Abgrenzung gegenüber beiden bedeutet. Bei jenen beiden Vorschlägen handelt es sich einmal um die Bindung an Intentionalität, zum anderen an eine epistemische Besonderheit, von der vermutet wird, sie manifestiere sich in der Unkorrigierbarkeit eines bestimmten Typs von Aussagen und basiere auf einem speziellen Zugang zu Entitäten sui generis, z. B. den sogenannten Qualia. Die mit dem letzten Vorschlag verbundene Ontologisierung des Mentalen – d. h. das Postulat von Entitäten sui generis – wurde oben einer ausführlichen Kritik unterzogen; die Bindung an Intentionalität andererseits ist, wie sich zeigte, mit der Schwierigkeit konfrontiert, daß sie der mit dem Wahrheitsbegriff verbundenen Normativität Rechnung zu tragen hat. Denn einzelne Zustände von Intentionalität werden in Beziehung auf die Wahrheitsbedingungen derjenigen Sätze spezifiziert, die ihren jeweiligen intentionalen Gehalt ausdrücken. Es legte sich die Konsequenz nahe, daß Intentionalität nicht aufgefaßt werden kann als Inbegriff bestimmter in den Personen befindlicher Gegebenheiten (Ereignisse, Zustände, etc.) – eine Konsequenz, die auch gegen die reduktive Variante des Naturalismus geltend gemacht werden konnte (vgl. A.III). Die Alternative zu dieser ontologisierenden Behandlung von Intentionalität besteht darin, den Diskurs darüber in einem rein instru138 Daß das Verhältnis von Wahrnehmungs- und theoretischen Meinungen noch der genaueren Aufklärung bedarf (vgl. C.II), braucht wohl kaum eigens erwähnt zu werden.

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mentalistischen respektive eliminativen Sinn zu interpretieren; in diese Richtung scheint zur Zeit auch die Majoritätsmeinung zu tendieren (vgl. dazu vor allem Arbeiten von Stephen Stich und Daniel Dennett). Die hier vorgeschlagene Bindung des Personseins an Intentionalität unterläuft diese Alternative dadurch, daß die Realität des Intentionalen weder geleugnet noch mit bestimmten Entitäten – seien sie Meinungen als spezifisch mentalen Entitäten oder die entsprechenden materiellen Zustände – identifiziert wird. Inwiefern doch von bestimmten intentionalen Zuständen als konkreten Entitäten zu sprechen ist, wird noch zu erläutern sein. Es wird aber auch dem anderen Vorschlag zur Charakterisierung des Mentalen, nämlich über eine epistemische Besonderheit, Rechnung getragen, und zwar durch die Bindung an die a priori gesicherte Wahrheit der es-scheint-Sätze. Dabei kommt auch ein gewisses Wahrheitsmoment desjenigen Aspekts jenes Vorschlags zu seinem Recht, von dem die hier vertretene Konzeption sich gerade distanziert, nämlich das Postulat der sogenannten Qualia als spezifisch ›innerer‹ Entitäten. Denn das, was (im Sinne der es-scheint-Sätze) so scheint, ist etwas, was wahrnehmbare Qualitäten aufweist. Allerdings handelt es sich um ein objektives, intersubjektiv zugängliches Bestehen dieser sogenannten sekundären Qualitäten (wobei die Legitimation dieses Objektivitätsanspruchs noch aussteht). 139 Das erwähnte Postulat der Qualia im ›cartesianischen‹ Sinn bezieht seine intuitive Plausibilität offenbar aus dem Zusammenfallen der im mir-Scheinen-daß vorliegenden epistemischen Nähe – die noch näher zu explizieren sein wird – mit der kausalen Nähe desjenigen, das der Körperwahrnehmung zugänglich ist, aber im allgemeinen nicht der äußeren Wahrnehmung, letzteres aber aus rein empirischen Gründen. Aus diesem besonderen Verhältnis von Wahrheitssinn und Wahrnehmungsmeinungen darf allerdings nicht geschlossen werden, theo139 Zu Argumenten, die (natürlich ganz unabhängig von der hier vertretenen Konzeption) aufzeigen, daß die unleugbare Relativität der sekundären Qualitäten auf die wahrnehmende Subjektivität nicht die Negation von deren objektivem Bestehen impliziert, vgl. Hacker, P. M. S., Appearance and Reality. Oxford (u. a.) 1987. Allerdings bleibt auch angesichts dieser Kritik an einer vorschnellen Folgerung die Forderung bestehen, die Kompatibilität von Objektivität und Relativität auf wahrnehmende Subjektivität verständlich zu machen. Und genau dies leistet die vorgeschlagene Konzeption.

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retische Meinungen seien derivativ hinsichtlich ihres Objektivitätsanspruchs, also ihres intentionalen Charakters. Ebensowenig sind sie derivativ hinsichtlich ihres Gehaltes, m. a. W. theoretische Meinungen sind im allgemeinen nicht auf Wahrnehmungsmeinungen reduzierbar. Das genaue Verhältnis von theoretischen und Wahrnehmungsmeinungen wird noch (in C) zu bestimmen sein. Die es-scheint-Sätze wurden eingeführt als solche, deren Wahrheit ohne Bezug auf Wahrheitsbedingungen anzuerkennen ist. Daraus muß nun weder folgen, daß ihnen in überhaupt keiner Weise Wahrheitsbedingungen zuzuordnen sind – schließlich steht das, dem sie Ausdruck verleihen, in kausalen Beziehungen zu anderen unzweifelhaft objektiven Ereignissen – noch daß keine Gründe für ihre Anerkennung bzw. die Verweigerung gibt. Was den ersten Punkt betrifft, ist an das in B.I vorgestellte Argument Wittgensteins gegen den ontologischen Charakter von Intentionalität als solcher zu erinnern, sowie daran, daß dies nicht ausschließt, daß das jeweilige Vorkommnis von Intentionalität etwa mit einem materiellen Ereignis zu identifizieren ist. Insofern wären den es-scheint-Sätzen auch Wahrheitsbedingungen zuzuordnen; was mit jener Identifikation jedoch nicht erfaßt wird und werden kann – eben aufgrund des nichtontologischen Charakters von Intentionalität –, ist der intentionale Charakter der betreffenden Zustände, im konkreten Fall also das bei-dem-Wahrgenommenen-sein des Subjekts. Was durch die Zuordnung von Wahrheitsbedingungen und somit durch alles, was überhaupt als objektiver Sachverhalt anzusprechen ist, nicht eingeholt werden kann, ist der spezifische epistemische Charakter der es-scheint-Sätze, als wahr anerkannt werden zu können ohne Bezug auf irgendwelche objektiven Gegebenheiten. Bezogen auf das, was in solchen Sätzen zum Ausdruck gebracht wird, wäre dies so zu formulieren, daß es die hier sich manifestierende Subjektivität ist, die das Personsein vor dem Reduziertwerden bewahrt. Der zweite noch zu erörternde Punkt betrifft die Tatsache, daß die Anerkennung eines mir-Scheinen-daß als solchen bzw. die Anerkennung der Wahrheit des entsprechenden es-scheint-Satzes zwar nicht auf das Konstatieren bestimmter Wahrheitsbedingungen reduzierbar ist, daß es aber nicht ohne jegliche Rechtfechtfertigung erfolgt. Hier spielen A

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die jeweiligen Wahrheitsbedingungen natürlich eine Rolle, de facto wohl hauptsächlich in indirekter Weise, nämlich durch das mit ihnen (also den neuralen Prozessen, die aus empirischen Gründen wohl kaum von außen zugänglich sein dürften) kausal verbundene manifeste Verhalten der Person, natürlich auch deren Verhalten in anderen Kontexten, aufgrund dessen man z. B. keinen Zweifel daran hat, daß es sich überhaupt um eine Person und nicht um einen Roboter handelt, etc. Festzuhalten dabei bleibt aber, daß dieser Bezug auf Wahrheitsbedingungen, der die Verbindung des Diskurses über das, was Personen als solche ausmacht, das Mentale also, mit dem objektivierenden Diskurs garantiert, nicht die entscheidende Tatsache aufhebt, daß die Wahrheit der es-scheint-Sätze auch unter Voraussetzung einer idealen Naturwissenschaft nicht äquivalent ist mit der Wahrheit der Sätze über die entsprechenden Wahrheitsbedingungen. 140 Es liegt nahe, hier eine Verbindung zu ziehen zu Wittgensteins Kriterienbegriff. Von dem Wittgensteinschen Kriterienbegriff zu reden verbietet sich eigentlich angesichts der Tatsache, daß in Wittgensteins Spätphilosophie mit diesem Terminus eine ganze Familie von Problemen verbunden ist, die hier natürlich nicht alle zur Debatte stehen können und von denen nur zwei genannt seien: Als ein Kriterium bezeichnet Wittgenstein meist etwas, was zu den Wahrheitsbedingungen einer Aussage zu rechnen ist, aber weder eine notwendige, noch eine hinreichende Bedingung für die Wahrheit der Aussage darstellen muß. Zur Einführung dieses Begriffs motivieren die Besonderheiten der natürlichen Sprache (ihre ›open texture‹-Verfassung) – insbesondere das Phänomen der Vagheit. Die für das hier behandelte Problem relevante Verwendungsweise von ›Kriterium‹ geht im Unterschied dazu auf etwas, was begrifflich zwar mit dem verbunden ist, wofür es Kriterium ist, das gegenüber diesem aber ontologisch distinkt ist. Als prominentes Beispiel für ein 140 Bei der Rede vom Bezug auf die Wahrheitsbedingungen der es-scheint-Sätze mag vielleicht der Verdacht einer Inkonsistenz mit der These aufgekommen sein, in Beziehung auf die Wahrheit dieser Sätze seien Wahrheitsbedingungen erst zu bestimmen. Die Inkonsistenz besteht aber nur scheinbar, da ›Bestimmen‹ hier im Sinne von Legitimation zu lesen ist und nicht im Sinne von faktischem Erwerb semantischer Kompetenz. Insofern kann jemand de facto durchaus auf Bedingungen für die Wahrheit einer Aussage rekurrieren, die als Wahrheitsbedingungen sich erst in Beziehung auf die Wahrheit von Aussagen dieses Typs ›bestimmen‹.

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Aspekte einer nichtontologischen Konzeption des Mentalen

Kriterium in diesem Sinn wäre das Schmerzverhalten als Kriterium für Schmerz anzuführen – in diesen Zusammenhang gehört auch das Diktum, innere Vorgänge bräuchten äußere Kriterien (PU § 580). 141 Die genannte begriffliche Verbindung macht es notwendig, Kriterien von »Symptomen« zu unterscheiden, die ebenso wie Kriterien kontingent sind gegenüber dem Bestehen dessen, wofür sie ein Symptom darstellen, bei denen jene begriffliche Verbindung aber nicht gegeben ist. Der jeweilige Verlauf der Grenze zwischen Kriterium und Symptomen kann sich entsprechend dem Wandel des faktischen Sprachgebrauchs verschieben; d. h. aber nicht, daß die Differenz von Kriterien und Symptomen als solche empirischer Natur wäre. Es erhebt sich natürlich die Frage, wie eine solche Kombination von nicht bloß empirischem Zusammenhang und ontologischer Kontingenz überhaupt zu denken ist. Im Kontext der hier ins Auge gefaßten nichtontologischen Konzeption des Mentalen wäre eine Reinterpretation dieses Kriterienbegriffs vorzuschlagen, die auch dessen Veränderung bedeutet und daher schon deshalb nicht in Anspruch nehmen kann, Wittgensteins Intentionen adäquat wiederzugeben. Bezogen werden soll dabei das Verhältnis von Kriterien und dem, wofür sie Kriterien sind, auf das Verhältnis der Gründe für die Anerkennung der Wahrheit der es-scheint-Sätze und dieser Wahrheit selbst. Es wurde oben dargelegt, daß hier zwei Momente zu beachten sind: Es ist möglich, daß jene Gründe ex post als Wahrheitsbedingungen des jeweiligen mir-Scheinen-daß identifiziert werden (wenn auch nicht als Bedingungen für dessen intentionalen Charakter); andererseits fungieren sie bei der Anerkennung des betreffenden intentionalen Zustandes oder Aktes bzw. bei der Anerkennung der Person als Träger von Intentionalität nicht als Wahrheitsbedingungen. Der Grund dafür ist darin zu sehen, daß die Wahrheit der es-scheint-Sätze, was den Legitimationsaspekt angeht, Wahrheitsbedingungen für sie vorgeordnet ist. 142 Es besteht also ein Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit zwischen den Kriterien (nach der vorgeschlagenen Interpretation) und D. Birnbacher hat in Die Logik der Kriterien. Analysen zur Spätphilosophie Wittgensteins (Hamburg 1974) die beiden genannten Typen von Kriterien als semantische respektive Evidenzkriterien bezeichnet. 142 Wie in A.II erläutert wurde, ist sie der Bestimmung von Wahrheitsbedingungen auch überhaupt vorgeordnet, da sie den Bezugspunkt für deren Bestimmung (wieder im Sinne von Legitimation verstanden) bildet; diese Vorordnung hat, wie dort erläutert wurde, nicht ontologischen, sondern epistemischen Charakter. 141

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dem, wofür sie Kriterien sind, allerdings ein asymmetrisches; diese Asymmetrie gründet sich auf die Vorordnung der Wahrheit der esscheint-Sätze gegenüber ihren Wahrheitsbedingungen. Darin wiederum manifestiert sich der nicht auf objektivierbare Sachverhalte zurückzuführende Charakter von Intentionalität, der den Sinn des Personseins sowohl dem naturalistischen wie dem skeptischen Zugriff entzieht – unter der noch nicht gesicherten Voraussetzung allerdings, daß eine Legitimation des Sinnes von Wahrheit gelingt, d. h. daß aufgezeigt werden kann, daß sich in der Rede von der Beziehung auf von unseren Vermeinungen im allgemeinen unabhängige Wahrheitsbedingungen nicht nur eine Regel der Verwendung des Prädikats ›wahr‹ reflektiert. In der Tat sind Kriterien also unabdingbar, um auf einzelne mentale (intentionale) Akte und Zustände als einzelne (bestimmte) Bezug nehmen zu können; in diesem Sinn könnte also das erwähnte Diktum Wittgensteins gelesen werden, innere Vorgänge bräuchten äußere Kriterien. Der Zusammenhang ist kein bloß empirischer deshalb, weil sie ja ex post als Wahrheitsbedingungen bestimmbar sind; andererseits fungieren sie primär eben nicht als Wahrheitsbedingungen. In dieses Moment der Nichtäquivalenz mit ›normalen‹ Wahrheitsbedingungen hätte sich somit derjenige Aspekt der Evidenzkriterien transformiert, der oben als die ontologische Kontingenz der Kriterien gegenüber dem, wofür sie Kriterien sind, bezeichnet wurde. In diesem transformierten Sinn könnten also im Prinzip auch neurale Prozesse als Kriterien für mentale Zustände fungieren – hier könnte man, anders als im Fall der Verhältnisses von Schmerzverhalten und Schmerz, aber sicher nicht von ontologischer Kontingenz sprechen. In welchem Sinn kann nun von einer nichtontologischen Konzeption des Mentalen, das als Intentionalität bestimmt worden ist, die Rede sein? Zweifellos handelt es sich doch um reale Vorkommnisse bzw. Zustände, und es wurde ja schon darauf hingewiesen, daß auf der Ebene der einzelnen Vorkommnisse eine Identität mit materiellen Ereignissen, Prozessen, etc. anzunehmen ist. 143 143 Wobei andererseits nicht prinzipiell ausgeschlossen ist, daß Mentales und Materielles zwei distinkte Bereiche der Wirklichkeit darstellen; die Frage, ob in der Tat ein solcher Dualismus besteht, wäre dann allerdings eine rein empirische.

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Eine Theorie des Mentalen bzw. Intentionalen hat allerdings deshalb keinen materialistischen Charakter, da die Bestimmtheit der einzelnen Ereignisse als mentaler bzw. intentionaler im Rahmen einer Theorie festgelegt wird, die wesentlich nicht auf im naturwissenschaftlichen Rahmen konstatierbare Gesetzmäßigkeiten zurückführbar ist. Die Gründe dafür, die nicht zuletzt auf den holistischen Charakter einer solchen Theorie zurückgehen, wurden bei der Diskussion von Davidsons Theorie der radikalen Interpretation erläutert. Nun bedeutet der nichtmaterialistische Charakter einer Theorie des Mentalen (im Sinne einer empirischen Theorie der konkreten Fälle von mentalen Ereignissen) nicht, daß man nicht, was die philosophische Konzeption des Mentalen angeht, materialistische – und damit eine ›ontologisierende‹ nach der hier verwendeten Terminologie – Position einnimmt. Dabei braucht man nur an Davidsons eigene These des anomalen Monismus zu denken, nach der ein materialistischer Monismus sich durchaus damit verträgt, daß es keinerlei gesetzmäßige Zusammenhänge zwischen Mentalem und Materiellem gibt. Entscheidend für die These vom nichtontologischen Charakter des Mentalen ist die Tatsache, daß die Irreduzibilität des Mentalen bzw. Intentionalen nicht nur im Sinne eines methodologischen Prinzips für empirische Theorien der intentionalen Zustände einzelner Personen gesichert werden konnte, sondern als die Realität des mir-Scheinendaß, dessen intentionaler Charakter nicht ontologisch reinterpretierbar ist. Ein letzter Punkt, der im Zusammenhang der Zuschreibung relevant ist, betrifft die Charakterisierung des jeweiligen intentionalen Gehaltes, der in den entsprechenden daß-Sätzen ausgedrückt wird. Hierzu gibt es in den letzten Jahren eine ausgedehnte, an dieser Stelle nicht en detail wiederzugebende Diskussion zwischen ›internalistischen‹ und ›externalistischen‹ Positionen, die sich darin unterscheiden, ob zur Bestimmung des intentionalen Gehaltes einer Meinung auf Faktoren außerhalb der betreffenden Person Bezug genommen werden muß oder nicht. Bei der Betrachtung des Problems des reduktiven Materialismus (vgl. A.III) wurde schon auf die proexternalistischen Argumente, die vor allem von T. Burge vorgebracht wurden, hingewiesen. Die hier vorgeschlagene Konzeption bietet nun die Möglichkeit, einen solchen Externalismus hinsichtlich der Bestimmtheit des intentionalen Gehaltes der jeweiligen Meinung zu kombinieren mit der für A

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eine ontologisierende Konzeption (unter den Bedingungen dieses Externalismus) sicher inakzeptablen These, daß die Realität des Intentionalen als solchen die der Subjektivität selbst ist und keine externen Komponenten in sich aufnehmen muß. Diese Möglichkeit wird dadurch eröffnet, daß diese Realität des mir-Scheinen-daß (und die Wahrheit des entsprechenden es-scheint-Satzes) nicht gleichzusetzen ist mit den Wahrheitsbedingungen für die Zusprechung des entsprechenden intentionalen Zustandes, bei dem die Bestimmtheit seines intentionalen Gehaltes auch von externen Faktoren abhängen kann, wie etwa die Burge-Beispiele zeigen. Was nun die Zuschreibung der es-scheint-Sätze aus der Innenperspektive betrifft, so stellt sich hier das Problem der Rechtfertigung offenbar nicht. Das, wovon in ihnen die Rede ist, artikuliert sich in ihnen selbst (vgl. A.II). Es wurde erläutert (ebd.), inwiefern sich in Beziehung auf diesen Punkt – unter Voraussetzungen, die noch zu diskutieren sind – Wahrheitssinn und Wahrheitsbedingungen bestimmen. Wenn die leicht metaphorische Formulierung gestattet ist, so tritt hier die Realität selbst in Form der Realität des Intentionalen in die Sprache ein. 144 Und wie sonst sollten sich Realität und Sprache bzw. Theorie miteinander vermitteln, wenn dieser Bezug nicht nur als kausal, sondern als epistemisch im unreduzierten Sinn gedacht werden soll? Allerdings gibt es die (derivative) Möglichkeit, daß mit Recht gesagt werden kann, jemand meine etwas anderes als er sagt, bzw. er befinde sich im Irrtum hinsichtlich seiner Meinung. Aufgrund der theoretischen Komponente von Bedeutung ist ein Irrtum hinsichtlich der Bedeutung der in ›p‹ (in: Es scheint, daß p) auftretenden Ausdrücke möglich. Ein weiterer Typ von Irrtumsmöglichkeit ergibt sich aufgrund der kausalen Vermittlung zwischen der dem mir-Scheinen-daß zuzuordnenden materiellen Wahrheitsbedingung und dem Sprachzentrum des Gehirns (oder auch anderen Gehirnregionen, die als materielle Basis für Meinungen über Wahrnehmungsmeinungen bezeichnet werden können). 144 Entfernt erinnert dies an Wittgensteins Aussage, das Sprachspiel mit Ausdrücken wie etwa ›Schmerzen‹ beginne damit, daß der Ersatz der natürlichen Schmerzäußerung, als den er das Wort ›Schmerz‹ interpretiert, in die Sprache eintrete. Allerdings liegt hier noch eine naturalistische Deutung nahe, die dann auch von vielen Interpreten vertreten worden ist.

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Den jetzigen Stand der Argumentation könnte man folgendermaßen charakterisieren: Aufgrund der Defizienzen ontologisierender Konzeptionen des Mentalen wurde vorgeschlagen, dasjenige, was Personen als solche ausmacht, zu binden an eine epistemische Besonderheit, die, wie in Teil A schon vorweggenommen, einen Punkt bezeichnet, der als für den Bereich auch des Semantischen zentral zu bezeichnen ist. Denn in Beziehung auf ihn kann unser Wahrheitsprädikat identifiziert werden; außerdem (und damit zusammenhängend) bestimmen sich in Beziehung darauf die Wahrheitsbedingungen (daß die Rede von ›Bestimmung‹ cum grano salis zu nehmen ist, wurde schon erläutert). Es ist nun allerdings eine wechselseitige Abhängigkeit von Personsein und Wahrheitssinn 145 zu konstatieren, die man, wollte man unfreundlich sein, auch als Zirkularität bezeichnen könnte. Das Personsein wird in Beziehung auf eine bestimmte Verwendungsweise des Wahrheitsprädikates bestimmt; andererseits erfolgt die Bestimmung des Wahrheitssinnes in Beziehung auf Personalität. Die daraus zu ziehende Konsequenz lautet, daß man der Skepsis gegen den Sinn von Wahrheit und derjenigen, die dasjenige betrifft, was Personen zu mehr macht als »ein Stück Lava im Monde«, wie Fichte es einmal formuliert hat, nur gemeinsam begegnen kann oder überhaupt nicht. An dieser Stelle konvergieren somit die beiden jeweils gegen eine der angesprochenen Formen der Skepsis gerichteten Strategien, die in dieser Untersuchung verfolgt wurden. Entscheidend dabei ist, daß die gegenseitige Stützung von Personund Wahrheitssinn nicht eine wechselseitige Dependenz bedeutet, die bloß begrifflichen Charakter hätte. Das Personsein legitimiert sich vielmehr in Beziehung auf den Vollzug des Wahr-Falsch-Spiels und nicht auf etwas, das innerhalb des Diskurses auftritt. Umgekehrt stützt sich die noch aufzuzeigende Legitimität des Wahrheitssinnes auch nicht auf einen bestimmten Begriff von Personalität, sondern auf die Realität des Intentionalen selbst. Die Skepsis wird damit in eine Situation gebracht, in der ihr nicht lediglich vorgehalten wird, daß sie bei der Aufgabe eines bestimmten 145 Es wurde schon (vgl. A.II.) darauf hingewiesen, daß die Identifizierung unseres Wahrheitsprädikates nicht mit der Legitimation des Wahrheitssinnes gleichzusetzen ist, sondern lediglich den terminus a quo für eine solche Legitimation (die in C erfolgen soll) darstellt. Davon wird an dieser Stelle weitgehend abstrahiert.

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Begriffs auch den Verlust eines anderen in Kauf nehmen muß, sondern sie erweist sich als pragmatisch inkohärent: Der Skeptiker nimmt am Wahr-Falsch-Spiel teil und dementiert diese Teilnahme gleichzeitig. Der Zirkel, der oben namhaft gemacht wurde, umfaßt also den gesamten theoretischen Diskurs, ist somit innerhalb von diesem prinzipiell nicht zu durchbrechen; eben darum handelt es sich auch nicht um eine vitiöse Zirkularität. Was noch aussteht, ist die Betrachtung solcher Formen der Ontologisierung des Mentalen, in denen sie sich darin manifestiert, daß eine spezifisch mentale Substanz, ein besonderer Referent für ›ich‹, postuliert wird. In diesem Kontext wird auch die Rolle des Personalpronomens der ersten Person im mir-Scheinen-daß noch näher zu betrachten sein.

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III. Wahrheit und wissende Selbstbeziehung

III.1. Die Ontologisierung des Subjekts Der Ansatzpunkt zur Behandlung dieses Problems liegt wohl in einer präzisen Bestimmung des Sinnes von ›Beziehung‹ bzw. ›Referenz‹, der in der Rede von Selbstbeziehung in Anspruch genommen wird. Es geht dabei vor allem darum, eine Differenz nicht zu unterschlagen, die als die zwischen dem semantischen und dem intentionalen Sinn von ›Referenz‹ zu bezeichnen wäre. Ersterer bezieht sich auf den Beitrag, den etwa ein singulärer Term zu den Wahrheitsbedingungen des ganzen Satzes leistet, indem er ein Objekt bezeichnet. Der zweite Sinn von ›Referenz‹ kommt dann zum Tragen, wenn davon die Rede ist, jemand ›meine‹ einen Gegenstand. Nun ist dieses Meinen ein propositionaler Sachverhalt; gemeint wird immer etwas als etwas. Referenz in diesem (intentionalen) Sinne ist demnach nicht auf eine simple Wort-Gegenstand-Relation zu reduzieren. Der Hauptgrund dafür, daß die angeführte Differenz so leicht zu übersehen ist, liegt wohl darin, daß der Subjektterm eines normalen singulären Subjekt-Prädikat-Satzes aufgrund seiner deskriptiven Komponente gleichsam in kondensierter Form die Struktur der Propositionalität enthält. Wenn ich äußere: ›Dieser Tisch ist viereckig‹, so ist im Gebrauch von ›dieser Tisch‹ enthalten, daß ich mich auf den Gegenstand vor mir als auf einen Tisch beziehe bzw. ihn als solchen ›meine‹. Ein entsprechender Fall ist beim Objektgebrauch von ›ich‹ gegeben, indem hier ja das Personalpronomen durch eine bestimmte Beschreibung meiner selbst ersetzbar ist. Insofern läßt sich sagen, daß ich mich mittels des Objektgebrauchs von ›ich‹ auf mich als die so und so bestimmte Person beziehe, mich als diese Person identifiziere bzw. mich als so und so bestimmt meine. Beim Subjektgebrauch von ›ich‹ jedoch sind die Bedingungen für eine Referenz im intentionalen Sinne gerade entfallen, da eine Ersetzbarkeit des Pronomens durch eine bestimmte Beschreibung in diesem Fall ausgeschlossen ist. Es kann also eine Selbstidentifikation bzw. eine A

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wissende Selbstbeziehung nach dem Modell der Referenz im intentionalen Sinne gar nicht stattfinden. Daher ist auch die Rede von einer Immunität gegenüber dem Irrtum bei der Selbstidentifikation irreführend: Wo gar keine Selbstidentifikation vorliegt, kann es natürlich auch keinen Irrtum hinsichtlich ihrer geben. Eine Referenz im semantischen Sinne besteht auch im Falle des Subjektgebrauchs von ›ich‹ (zwar sind die entsprechenden Sätze, wie mehrfach betont, nicht auf Wahrheitsbedingungen bezogen, die semantische Beziehung auf den Referenten bildet aber den notwendigen Anknüpfungspunkt für den kriteriellen Diskurs). Die zuweilen zu findende These, ›ich‹ sei in diesem Fall kein referentieller Ausdruck, beruht auf einer Verwechslung der beiden Sinne von Referenz. 146 Das, was auf der Ebene der Referenz im semantischen Sinn zum Thema Selbstbewußtsein gesagt werden kann, erschöpft sich in dem, was die token-reflexive Analyse dazu beiträgt, was nichts anderes heißt, als daß das Problem der wissenden Selbstbeziehung auf dieser Ebene gar nicht aufkommen kann. Der (allerdings sehr naheliegende) Fehler besteht nun darin, das Problem des Selbstbewußtseins darin zu erblicken, einen anderen Referenten als den Sprecher qua konkrete Person zu suchen, da die Referenz (im intentionalen Sinn) auf diesen nicht das sein kann, was im philosophischen Sinn mit dem Begriff ›Selbstbewußtsein‹ gemeint ist. Meist wird dann das Pronomen ›ich‹ im Subjektgebrauch mit dem Begriff des denkenden Wesens (genauer: mit dem Begriff eines Wesens, das qua denkend selbständig existiert) verwechselt, ein Fehler, den im übrigen schon Kant in seiner Kritik der rationalen Psychologie als solchen hervorgehoben hat. Natürlich ist die Bezugnahme auf mich als denkendes Wesen (wenn sie nicht im Sinne der es-scheint-Sätze gemeint ist) dann völlig unproblematisch, wenn sie interpretiert wird als meine Beziehung auf mich unter der Beschreibung ›denkendes Wesen‹. Es handelt sich dann um einen Fall des Objektgebrauchs von ›ich‹, Referent ist der Sprecher als konkrete Person. Die Beziehung auf sie ist selbstredend konstitutiv für ihre Thematisierung unter irgendeiner bestimmten Beschreibung. Die cartesianische Problematik kommt erst dann auf, wenn die (schein146 Vgl. etwa Anscombe, E., »The first person«, in: Guttenplan, S. (Hrsg.), Mind and Language. Oxford 1975, S. 45–65.

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bare) 147 epistemische Möglichkeit, mich als denkend zu thematisieren ohne Bezug auf (bzw. implizite Voraussetzung von) sonstige (materielle) Eigenschaften meiner selbst, zum Anlaß genommen wird, eine qua denkend existierende Entität als den wahren Referenten von ›ich‹ zu postulieren. Es geht nicht darum, die Existenz einer solchen Entität a priori auszuschließen, sondern darum, daß die Frage ihrer Existenz oder Inexistenz rein empirischer Natur ist und keinerlei Relevanz für das philosophische Problem der Subjektivität besitzt, das in Gestalt des Problems der adäquaten Beschreibung des Subjektgebrauchs von ›ich‹ thematisch wurde. Um nun die Beziehung (im intentionalen Sinn) auf eine res cogitans als adäquaten Vorschlag für eine solche Beschreibung per Postulat geltend zu machen, wäre zumindest eine logische (begriffliche) Existenzgarantie dieser Entität (in Beziehung auf das Faktum des Subjektgebrauchs von ›ich‹) sowie eine logische Garantie ihrer Zugänglichkeit bzw. Selbsttransparenz notwendig, da sonst die Spezifika des Subjektgebrauchs von ›ich‹ als eines begrifflichen Sachverhalts nicht erfüllt wären. Doch selbst die Erfüllung dieser Forderungen, die bedeuten würde, daß einem hypothetisch angenommenen empirischen Sachverhalt begriffliche Dignität zugesprochen würde, brächte das Problem der wissenden Selbstbeziehung im Grunde keinen Schritt weiter, was sich daran zeigt, daß die bekannten, in unauflösbare Aporien treibenden Fragen immer noch formulierbar bleiben. Wie weiß ich z. B., daß das Denken (der Denker), auf das (den) ich mich angeblich im 147 Diese Möglichkeit wird sprachlich dadurch vorgetäuscht, daß die Bezugnahme auf mein Denken sich in Sätzen artikuliert, in denen das Pronomen ›ich‹ auftritt und damit eine Bezugnahme auf mich im semantischen Sinne gegeben ist. Dadurch ist aber keineswegs gewährleistet, daß die Bezugnahme auf mein Denken eine Bezugnahme (im intentionalen Sinn) auf mich als Denkenden bedeutet, denn die ›Innenperspektive‹ (die Beziehung auf meine mentalen Zustände) bietet nicht die Möglichkeit, mich (im epistemischen Sinne) zu individuieren, was übrigens davon unabhängig ist, ob ich bzw. das, worin meine Identitätsbedingung letztlich besteht, eine res cogitans ist oder nicht. Der Übergang von der Thematisierung meiner jetzigen Gedanken zur Thematisierung meiner selbst als des Denkers dieser Gedanken impliziert demnach die stillschweigende Einbeziehung der Außenperspektive, die die erforderlichen Identifikations- bzw. Individuationskriterien bereitstellt. Hinzuzufügen wäre, daß selbst wenn die Innenperspektive allein eine Individuation ermöglichen würde, es sich bei der Beziehung auf mich als den Denker immer noch um einen Fall des Objektgebrauchs von ›ich‹ handelte. (Zum Vorschlag, diese Beziehung per Postulat zum Subjektgebrauch zu erklären, s. u.)

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Subjektgebrauch von ›ich‹ beziehe, meines ist (ich bin) – die Frage bleibt übrigens auch dann noch bestehen, wenn man die Individualität des einzelnen Denkers als aufgehoben annimmt; die Meinigkeit hat dann sozusagen ihren Bezugspunkt gewechselt. Ein Ausweg für die ontologisierende Theorie der Subjektivität wird auch nicht durch den Vorschlag eröffnet, Selbstbewußtsein bestünde in einer Beziehung auf mich, die offenließe, welcher konkreten Beschaffenheit dieses ›ich‹ wäre, das den ›Kern‹ meiner Person bildete. Es handelt sich nämlich ganz einfach um eine de re-Beziehung auf mich. In der Tat ist es z. B. nicht ausgeschlossen, daß eine Entität von Verfassung, die zu beweisen das Ziel der rationalen Psychologie darstellte, meine eigentliche Identitätsbedingung bildet, ohne daß ich von dieser empirischen Tatsache Kenntnis habe. Für ›ich‹ in dieser Verwendungsweise wäre also eine (als genuin referentieller Ausdruck) gebrauchte Beschreibung dieser Entität substituierbar. Es liegt mithin ein Fall des Objektgebrauchs von ›ich‹ vor. Selbst wenn daher die erwähnten Aporien der Struktur der wissenden Selbstbeziehung als gelöst oder als in ihrer Unlösbarkeit affirmierbar angenommen würden, liefe ein solcher Vorschlag, der in der Tat eine Art ultima ratio einer ontologisierenden Theorie der Subjektivität darstellt, lediglich darauf hinaus (und dies gilt auch für den vorigen Vorschlag), daß – um das schon erwähnte Diktum zu wiederholen – an einem Knopf gedreht würde, der mit dem Mechanismus nicht verbunden ist. Zwar kann mich niemand daran hindern, mit meinem Subjektgebrauch von ›ich‹ die Vorstellung eines ›Kerns‹ meiner Person o. ä. zu verbinden, nur hat diese Vorstellung keine Signifikanz für den bedeutungshaften Gebrauch von ›ich‹ (im Subjektsinn) und erklärt dessen Besonderheit keineswegs. Beide diskutierten Vorschläge reagieren auf die Schwierigkeiten, denen sich eine subjektivitätstheoretische Konzeption gegenübersieht, die den Begriff der Referenz in den Mittelpunkt stellt. Keiner der Vorschläge, die schon als ontologisierende Konzeptionen charakterisiert wurden, liefert eine philosophische Interpretation des Subjektgebrauchs von ›ich‹ ; in Wahrheit handelt es sich um Versuche, ein Substitut dafür zu entwickeln. Wenn diese Überlegungen auch nicht sensu stricto ein Argument gegen jede denkbare ontologisierende Konzeption von Subjektivität darstellen, so erinnern sie doch indirekt an die oben angedeutete Alternativkonzeption, die zentral am Wahrheitsund nicht am Referenzbegriff orientiert ist. 194

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Ein gravierendes Defizit der ontologisierenden Konzeptionen besteht außerdem darin, daß sie den Aporien der wissenden Selbstbeziehung hilflos gegenüberstehen. Dagegen wäre es sicher wünschenswert, daß zu der Position der token-reflexive-Analyse, die diese Schwierigkeiten dadurch bewältigt, daß sie das Problem des Selbstbewußtseins gar nicht erst aufkommen läßt, eine andere Alternative bestünde als die Affirmation von dessen paradoxalen Charakter. Ferner bestehen bei den beiden Vorschlägen noch je spezifische Defizite. Der erste, der für die Einführung eines neuen Typs von Referenten plädiert, die an die Besonderheit der mit dem Subjektgebrauch von ›ich‹ einhergehenden Prädikate gebunden sein soll (darauf, daß hier leicht die Gefahr besteht, durch eine Ambiguität mentaler Prädikate in die Irre geführt zu werden, wurde schon hingewiesen), setzt eine logische Garantie der Existenz und Selbsttransparenz eines solchen Referenten voraus, was eine unzulässige Vermengung von Empirischem und Begrifflichem bedeutet – 148 von den nicht spezifisch am Problem des Selbstbewußtseins orientierten Einwänden gegen eine cartesianische Theorie des Mentalen, die oben im Anschluß an Wittgensteins Kritik der Privatsprache vorgeführt wurden, ganz zu schweigen. Gegen den zweiten Vorschlag ist, nimmt man ihn als Hinweis auf die Möglichkeit einer de re-Beziehung auf mich, die per definitionem die Möglichkeit einräumt, daß sich die Meinung, ich bestünde aus dem gleichen Material wie meine natürliche Umgebung etc., als grundlegender Irrtum erweisen könnte, nichts einzuwenden. Die Meinung, dies sei ein Vorschlag zur Analyse von Selbstbewußtsein (im philosophischen Sinn), beruht auf der Verkennung des empirischen Charakters eines solchen (möglichen) Irrtums. Die Verwechslung von Begrifflichem und Faktischem bildet mithin die Gemeinsamkeit der spezifischen Defizite der diskutierten ontologisierenden Konzeptionen von Subjektivität. In abstracto ist noch die Position denkbar, der Verweis auf jene de reMeinungen über mich sei letztlich das einzige, was zum Problem der

148 Abgesehen von dem Fehlen eines stichhaltigen Argumentes für diese Einführung (der Schluß von der Möglichkeit der vom Bezug auf Materielles unabhängigen Thematisierung meines Denkens auf meine selbständige Existenz qua Denker ist eben ein Fehlschluß) und der Fehlinterpretation der zu dieser Einführung motivierenden epistemischen Situation.

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wissenden Selbstbeziehung zu sagen wäre, m. a. W. einen Subjektgebrauch von ›ich‹ gebe es in Wahrheit gar nicht. Dem begegnet die angedeutete Alternativkonzeption dadurch, daß sie die Kategorie des Subjektgebrauchs von ›ich‹ unabhängig von bestimmten subjektivitätstheoretischen Erwägungen legitimiert als Bedingung der Möglichkeit der Beschreibung des Vollzugs des Wahr-Falsch-Spiels als solchen. 149 Diese Konzeption teilt mit der reduktionistischen token-reflexiven Analyse die Auffassung vom Scheincharakter des Problems der Struktur der wissenden Selbstbeziehung. Die Rede von Selbstbeziehung rührt her von der Anerkennung eines referentiellen Bezugspunktes des Subjektgebrauchs von ›ich‹ (die sich daraus ergibt, daß die betreffenden Sätze als Manifestationen kognitiver Sachverhalte anerkannt werden und in ihnen das Personalpronomen ›ich‹ in irreduzibler [keinen Ersatz durch ein Scheinsubjekt zulassender] Weise vorkommt), die gleichzeitig wegen der Besonderheit dieses Subjektsinnes wieder negiert werden muß, was das Bild von einem in sich Zurückkehren der Referenz (im intentionalen Sinne) evoziert, die in Wahrheit in diesem Fall gar nicht vorliegt. Abstrahiert man einmal von der Besonderheit des Subjektgebrauchs von ›ich‹, so wäre der Schein einer im wörtlichen Sinne zu nehmenden wissenden Selbstbeziehung dadurch zu erklären, daß in die Zeichenreflexivität die Vorstellung von Intentionalität gleichsam hineingeschoben wird – wiederum also eine ungerechtfertigte Identifikation der beiden Sinne von Referenz. Nach den vorangegangenen Erörterungen ist klar, daß die hier geführte Rede von einer zu analysierenden wissenden Selbstbeziehung bzw. der Kategorie der de se-Meinungen zu Mißverständnissen Anlaß gibt. Insbesondere liegt das Mißverständnis nahe, es gebe einen bestimmten ›Sachverhalt‹, dessen ›Struktur‹ die eines sich auf sich beziehenden Wissens aufweisen würde. Die Basis für eine solche Annahme ist darin zu sehen, daß es in der Tat ein isolierbares Datum gibt, nämlich den Subjektgebrauch von ›ich‹, der als philosophisch signifikant interpretiert werden konnte und dem daher die Rede von wissender Selbstbeziehung zuzuordnen ist, wenn sie auf etwas philosophisch Signifikantes Bezug nehmen will. Aus dieser Deutung ging nun aber hervor, daß man jenem Datum (das ja für sich genommen auch eine 149 Womit gleichzeitig die Bestimmung des Wahrheitssinnes erfolgt ist, von der in A die Rede war.

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rein kontingente Besonderheit unseres Sprachgebrauches sein könnte) nicht einen bestimmten Sachverhalt, etwa eine bestimmte Klasse von intentionalen Fakten, als seine Interpretation zuordnen kann, wie es durch die Form der Rede von wissender Selbstbeziehung bzw. de seMeinung suggeriert wird. Die referentielle Funktion eines Ausdrucks wie ›wissende Selbstbeziehung‹ legt eben die Annahme der Existenz eines solchen Sachverhalts nahe, und die Bedeutung des Teilausdrucks ›Beziehung‹, es handele sich dabei um die Bezugnahme auf einen besonderen Typ von Gegenstand. In Ermangelung einer Alternative, die ein Mißverständnis ausschließen würde (auch bei dem hier zuweilen verwendeten Ausdruck ›mir-scheint-daß‹ ist dies nicht der Fall), wird allerdings auch im folgenden von der ›wissenden Selbstbeziehung‹ geredet werden.

III.2. Indexikalitt und Aktualitt Aus der Tatsache, daß die Referenz im intentionalen Sinn nicht als Interpretament des Subjektgebrauchs von ›ich‹ fungieren kann, sind noch andere Schlußfolgerungen denkbar als die der ontologisierenden Konzeptionen. D. Lewis etwa zieht aus der Tatsache die Konsequenz, das Verhältnis von zu interpretierendem Sachverhalt und Interpretament in diesem Fall genau umzukehren. 150 Alle Meinungen sind danach de se-Meinungen und jene Referenz im intentionalen Sinn bzw. jede Meinung, in der eine solche Referenz auftritt, muß als Fall einer de se-Meinung interpretiert werden. Die de se-Meinung wird dabei als Selbstidentifikation gefaßt, ganz in der Linie der herkömmlichen Intuition, beim Selbstbewußtsein gehe es um eine wörtlich zu nehmende Beziehung auf sich selbst ganz besonderer Art. Die Möglichkeit, alle Meinungen als Fälle von de se-Meinungen zu erklären, beruht auf einem Realismus hinsichtlich der Existenz möglicher Welten. In Meinungen, die keine indexikalische Komponente erhalten, identifiziere ich mich als Bewohner einer derjenigen möglichen Welten, in denen die betreffenden Sätze wahr sind. Meinungen mit indexikalischer Komponente bedeuten meine raum-zeitliche Selbstidentifikation in dieser Welt. Vgl. »Attitudes de dicto and de se«, in: ders., Philosophical Papers I, a. a. O., S. 133– 159.

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Bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß die wissende Selbstbeziehung in dem Sinne, wie sie sich im Subjektgebrauch von ›ich‹ manifestiert, in dieser Konzeption gar keine Rolle spielt, obgleich die Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer zu deren Entwicklung veranlassten. Meinungen de se in Lewis’ Sinn sind selbstredend fallibel, die Falschheit von Sätzen wird ja durch das Fehlgehen meiner Selbstidentifikation erklärt. Es besteht dabei gar kein signifikanter Unterschied zwischen Subjekt- und Objektgebrauch von ›ich‹. Demnach ist es nicht nur so, daß diese Konzeption über Selbstbewußtsein nichts aussagt, da es den Status eines nicht weiter auflösbaren Grundbegriffs hat – dieser Grundbegriff subsumiert in Wahrheit nur den Sachverhalt der wissenden Selbstbeziehung unter sich (worin er sich vom üblichen Referenzbegriff unterscheidet), trägt aber dem Spezifikum der wissenden Selbstbeziehung überhaupt nicht Rechnung, so daß auch keine Rede davon sein kann, unter Voraussetzung der Anerkennung von Selbstbewußtsein als schlechthin unhintergehbarem und basalem kognitivem Sachverhalt erschienen andere Typen von kognitivem Sachverhalt in einem neuen Licht, wodurch der Begriff des Selbstbewußtseins respektive der de se-Meinungen einen explanatorischen Wert bekäme. Aber der Begriff der de se-Meinungen in Lewis’ Sinn besitzt einen solchen explanatorischen Wert hinsichtlich anderer Typen von Meinungen nicht. Dies wäre nur der Fall, wenn er den traditionellen Grundbegriff, nämlich den der Wahrheit, zu ersetzen vermöchte. Dieser tritt aber wieder auf, einmal in Gestalt des Begriffs des Gelingens der Selbstidentifikation, zum anderen in Gestalt des Begriffs der Gültigkeit einer Aussage in einer möglichen Welt. Die einzige Funktion des Begriffs der Selbstidentifikation besteht demnach darin, per definitionem die wissende Selbstbeziehung unter sich subsumieren zu können, woraus aber sowohl für eine Theorie der Subjektivität wie für eine Theorie des Kognitiven im allgemeinen gar nichts folgt. Die ganze Konzeption erschöpft sich somit hinsichtlich dieser Problemkomplexe in der Einführung einer Nonstandard-Terminologie. 151 Ein anderer Analysevorschlag, der ebenso wie derjenige von D. Lewis seine Motivation aus der Unmöglichkeit bezieht, Selbstbewußtsein (wie auch [in diesem Fall] demonstrative Aussagen im allgemeinen) nach dem Modell der Referenz im intentionalen Sinn zu konstruieren und ebenso wie Lewis’ Vorschlag daran scheitert, daß er, obgleich er jener Schwierigkeit ohne Zweifel entgeht, der epistemischen Besonderheit von Selbstbewußtsein keine Rechnung trägt, stammt von J. Perry (vgl. »Frege on Demonstratives«, in: Philosophical Review 86 [1977], S. 474–497). Es handelt sich dabei im 151

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Ein Analyseschema ist eben nicht schon eo ipso eine philosophische Konzeption, wenn es auch deren unabdingbares Explikationsmittel darstellt. Voraussetzung für die Fruchtbarkeit eines Analyseschemas scheint zu sein, daß sich in ihm die relevanten Differenzen epistemologischer Natur reflektieren, weil ansonsten der Bezug auf die betreffende kognitive Praxis (respektive deren sprachliche Manifestation) nur zu einer Klassifikation bestimmter Sachverhalte führt (die, Konsistenz vorausgesetzt, natürlich relativ beliebig sein kann) und zu keiner inhaltlichen philosophischen Konzeption. Obwohl dies im Fall des Vorschlags von Lewis sich so verhält, verdient er doch deshalb ein besonderes Interesse, weil die Bedingungen der universalen Anwendbarkeit der Nonstandard-Terminologie Inhalt einer genuin philosophischen Theorie sind (wenn diese sich auch hinsichtlich einer Theorie der Intentionalität nicht als fruchtbar erweist). Es handelt sich dabei, wie schon angedeutet wurde, um den modalen Realismus, die Anerkennung der Existenz möglicher Welten als »big concrete particulars«. Die wichtigste Konsequenz dieser These bildet die Relativierung der Aktualität der wirklichen Welt. Ausgangspunkt ist die indexikalische Theorie der Aktualität, d. h. die These, die wirkliche Welt sei die, in der ich existiere. Verbunden mit der Doktrin des modalen Realismus ergibt sich die absurd anmutende (von Lewis im übrigen akzeptierte) Konsequenz, daß ich in Beziehung auf den Bewohner einer anderen möglichen Welt eine bloße Möglichkeit bin. Nun stellt der Verweis auf eine vermeintliche Absurdität noch kein Gegenargument dar, zumal nicht leicht zu erkennen ist, wie die indexikalische Theorie der Aktualität aufrechterhalten und gleichzeitig übrigen um eine Anwendung von D. Kaplans Logik der Demonstrativa. Konkret vertritt Perry die These, der kognitive Aspekt des Selbstbewußtseins bestünde im Wissen von der Verwendungsregel von ›ich‹, d. h. daß ›ich‹ auf den Sprecher referiert. Dieser kognitive Aspekt für sich determiniert nun nicht die Referenz des in der je konkreten Äußerung auftretenden Personalpronomens, ein ›Meinen‹ des Referenten (der Ursprung der Schwierigkeit in der Analyse von Selbstbewußtsein) gibt es nicht. Insofern besteht eine Differenz zwischen dem, was Inhalt des Satzes ist, und dem ›im Kopf befindlichen‹ kognitiven Aspekt, dem Wissen von Bedeutung. Diese Differenz verhindert aber das Auftreten von Selbstbewußtsein. Denn wenn ich zwar weiß, daß ›ich‹ mich als Sprecher bezeichnet, ich aber nicht wissen kann, daß ich (im Subjektsinn) es bin, der im konkreten Fall sich mit ›ich‹ bezeichnet, das Personalpronomen verwendet (da ja der Inhalt der Aussage, wozu nicht zuletzt die Bestimmung des Referenten gehört, nicht in den Bereich des Kognitiven fällt), liegt eben kein Fall von Selbstbewußtsein vor. A

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die Relativierung der Aktualität im Sinne des modalen Realismus vermieden werden kann. Und eine plausible Alternative zu jener indexikalischen Theorie ist noch weniger zu erkennen. Verantwortlich für die genannte Konsequenz aus der für sich genommenen sehr einleuchtenden indexikalischen Konzeption von Aktualität ist die schon oben genannte, für Lewis’ Konzeption von de se-Meinungen zentrale Vorstellung, eine de se-Meinung stelle eine Selbstidentifikation der konkreten Person dar. Dadurch wird das, was nach der indexikalischen Theorie Aktualität definiert, als ein Objekt unter anderen aufgefaßt. Es ist somit ebensogut auch rein deskriptiv identifizierbar, ergibt sich aber, daß es hinsichtlich dessen, was es selbst ist, indifferent dagegen ist, ob es in der wirklichen oder einer bloß möglichen Welt sich befindet. Denn mögliche Welten werden durch Beschreibungen (der Objekte, Relationen, etc., die sie konstituieren) spezifiziert. In dieser Situation ist der erwähnte Relativismus unausweichlich. Der Grund ist der, daß der Bezugspunkt der intentionalen Beziehung, die Definiens von Aktualität sein soll, indifferent ist gegen den Unterschied von Aktualität und Nichtaktualität. In der vorgeschlagenen Konzeption von Selbstbeziehung wird diese Relativismuskonsequenz dadurch vermieden, daß die (nur mit Vorbehalt so zu nennende, s. o.) wissende Selbstbeziehung keine Beziehung auf etwas darstellt, das ebenso auch deskriptiv spezifizierbar wäre. Dasjenige an dem mir-Scheinen-daß, was die Rede von Selbstbeziehung hervorhebt, ist nämlich überhaupt keine Beziehung auf ein Etwas, weder auf die konkrete Person noch auf ein rein mentales Selbst. Aus der Innenperspektive gesehen ist das Personalpronomen in den es-scheint-Sätzen ein Scheinsubjekt; aus der Außenperspektive gesehen referiert es auf die konkrete Person. Subjekt- und Objektgebrauch von ›ich‹ vereinigen sich also nicht nur kontingenterweise im Gebrauch desselben Wortes; dieser Doppelaspekt der Verwendung von ›ich‹ ermöglicht es, das mir-Scheinen-daß, dessen Wahrheit ohne Beziehung auf Wahrheitsbedingungen sowohl anerkannt wird wie auch besteht, 152 im auf Wahrheitsbedingungen bezogenen Diskurs zu verankern. Die oben erläuterte Differenz von intentionalem und 152 Es ist daran zu erinnern, daß sich in Beziehung darauf die Wahrheitsbedingungen erst bestimmen.

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semantischem Sinn von Referenz ist es, die es erlaubt, vom Personalpronomen im Subjektgebrauch (aus der Innenperspektive) als von einem Scheinsubjekt zu sprechen (wenn es um die Frage der Identifikation des intentionalen Objektes geht), ihm aber gleichzeitig (von außen gesehen) eine referentielle, auf Wahrheitsbedingungen bezogene Funktion zuzuerkennen. Unter diesen Bedingungen wird es möglich, dasjenige, wodurch Aktualität bestimmt wird – der prinzipiell nicht auf Deskriptivität reduzierbare indexikalische Charakter von ›ich‹ (im Sinne eines Falles von Intentionalität verstanden) – freizuhalten von der Bindung an etwas, die konkrete Person nämlich, das deskriptiv fixierbar ist. Dadurch wird genau das ausgeschlossen, was in Lewis’ Konzeption für die relativistische Konsequenz aus der indexikalischen Theorie der Aktualität verantwortlich war. Bewahrt werden konnte die Aktualität der wirklichen Welt vor Subjektivität und dem Relativismus durch die Weise, in der Subjektivität und Wahrheit aneinander gebunden sind. Und diese Bindung wiederum wird dadurch möglich, daß einerseits Subjektivität nicht als (Selbst-)Beziehung auf eine bzw. einer Entität gefaßt und Wahrheit in der erläuterten Weise der Abhängigkeit von bestimmten deskriptiv fixierbaren Wahrheitsbedingungen vorgeordnet wird und außerdem dies beides als zwei Seiten desselben Sachverhaltes begreifbar ist. Eine wesentliche Konsequenz daraus besteht darin, daß Wahrheit nicht äquivalent ist mit Wahrheit in einer möglichen Welt. Im Grunde manifestiert sich hier die (sensu stricto, wie mehrfach betont wurde, noch nicht sichergestellte) Legitimität des Sinnes von Wahrheit. Wäre nämlich Wahrheit gleichbedeutend mit Wahrheit in einer möglichen Welt, reduzierte sie sich auf ihre formalen, sich in den Verwendungsregeln des Prädikats ›wahr‹ ausdrückenden Eigenschaften. Bedenkt man, daß mögliche Welten nichts anders sind als Modelle (im Sinne der Modelltheorie als dem semantischen Zweig der mathematischen Logik) einer Sprache (Theorie) von maximalem Ausdrucksreichtum, so wird erkennbar, daß semantische Sachverhalte sich auf syntaktische reduzierten (was natürlich nicht bedeutet, daß jene in diese übersetzbar wären). Darin besteht auch die von Quine in »Ontological Relativity« artikulierte Grundeinsicht, daß bei der Frage nach der Referenz von Ausdrücken bzw. anders gewendet der Existenz bestimmter Entitäten, falls A

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sie nicht rein empirischer Natur ist, keine Sprache-Welt-Beziehung zur Debatte steht, sondern die verschiedener Theorien, also syntaktischer Entitäten. Die Grundeinsicht hinter der indexikalischen Theorie der Aktualität war, daß die Aktualität der wirklichen Welt nicht durch deskriptive Mittel fixierbar ist, weil via Deskription mögliche Welten spezifiziert werden. Demnach muß diese Fixierung durch irreduzibel indexikalische Mittel erfolgen. Wenn nun aber die betreffende indexikalische Konstruktion als Identifikation von etwas interpretiert wird, das auch durch deskriptive Mittel erfaßbar ist, ergibt sich die erläuterte relativistische Konsequenz. Die Irreduzibilität des Zuganges (d. h. der Sondercharakter der de se-Meinungen) überträgt sich nicht auf das dadurch Zugängliche, dem diese Zugangsweise völlig äußerlich ist. Die Gleichgültigkeit des empirischen Objektes, das die konkrete Person auch ist, gegen die Differenz von indexikalischer und deskriptiver Bezugnahme auf sie führt zur Relativierung der Aktualität. Nach der hier vorgeschlagenen Bindung von Aktualität an das, was in dem Aspekt des Gebrauchs von ›ich‹ zum Ausdruck kommt, der nicht auf Deskriptivität reduzierbar ist, ist dieser Aspekt eben nicht als eine besondere Weise der Identifikation von etwas (der Person selbst) zu interpretieren. Insofern tritt hier auch keine Entität als Bezugspunkt der Aktualität definierenden Beziehung auf, eine Entität, von der man ja als einer empirischen immer sagen könnte, sie bräuchte nicht notwendig zu existieren. Dasjenige, wodurch Aktualität wird, ist auch dasjenige, was Intentionalität als solche ausmacht, und als solche ist sie eben nichts Objektivierbares, sondern das ursprüngliche Objektivieren (vgl. A.II) selbst. Genau dies manifestiert sich ja in der Anerkennung der Wahrheit der es-scheint-Sätze ohne Rekurs auf Wahrheitsbedingungen. Man könnte die Differenz zwischen Lewis’ Vorschlag und dem hier favorisierten, die beide auf die epistemische Besonderheit des ›ich‹-Gebrauchs rekurrieren, auch folgendermaßen ausdrücken: Bei jenem Vorschlag wird auf das, was Aktualität definieren soll, aus der Außenperspektive, bei diesem aus der Innenperspektive Bezug genommen. Entsprechend ist die indexikalische Bestimmung der wirklichen Welt als derjenigen, in der ich mich befinde, in unterschiedlicher Weise zu 202

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lesen, entweder als Identifikation einer bestimmten Entität, nämlich der konkreten Person, die ich bin, oder aber als Artikulation meiner (im Subjektsinn von ›ich‹ verstandenen) Intentionalität. Was in dem Subjektgebrauch von ›ich‹ sich manifestiert, ist somit nicht eine ganz spezielle epistemische Beziehung auf etwas, dem die Art dieser Beziehung aber gleichgültig ist – diese Indifferenz war im Rahmen von Lewis’ Theorie der de se-Meinungen der Grund für die Relativierung von Aktualität –, sondern eine Realität, die als solche für eine andere (nämlich die objektivierende) Art der Bezugnahme unzugänglich ist. Diese Behauptung der Unzugänglichkeit bedeutet nun keine Version des Obskurantismus, sondern das genaue Gegenteil; sie bedeutet auch nicht das Postulat einer verborgenen Instanz, die nur an ihren Leistungen erkennbar würde. Das, was das ursprüngliche Objektivieren genannt wurde, 153 ist nicht die Leistung einer Subjektivität, die so als hypothetische Entität zum Zwecke der Erklärung gewisser Sachverhalte angenommen würde, sondern die epistemische Zugänglichkeit der Objektivität selbst; in C wird zu zeigen sein, daß epistemische Zugänglichkeit und Objektivität zusammenfallen. ›Subjektivität‹ ist somit kein Designator, das, was damit zur Sprache gebracht wird, keine Entität neben oder hinter anderen. Der erläuterte Zusammenhang der Selbstzuschreibung von Intentionalität in der Definition des aktualen Charakters der wirklichen Welt bedeutet vielmehr, daß sich über Subjektivität das erschließt, was Entitäten (primär, wie sich zeigen wird, wahrgenommene Objekte) zu mehr macht als bloßen begrifflichen respektive theoretischen Setzungen, um die es sich dann handeln würde, wenn der Relativismusgefahr hinsichtlich Aktualität nicht begegnet werden könnte. Die Bindung von Aktualität an das mir-Scheinen-daß wird in C noch als Prämisse in Anspruch genommen werden bei dem Versuch, letzteres wirklich als Beziehung auf Objektivität zu erweisen. Dieser Schritt ist für die Gesamtstrategie der gegenseitigen Stützung von Subjektivität und Wahrheitssinn unverzichtbar; die Einführung von Subjektivität als philosophisch signifikantem Sachverhalt basierte auf der Anerkennung der Wahrheit der Sätze vom Typ ›Es scheint mir, daß p‹ in dem oben genauer erläuterten Sinn. Damit wurde auch unser 153 Daß die Rede vom Ursprung nicht nur zufällig an die Kantische Rede vom Ursprung und der ursprünglich-synthetischen Einheit der Apperzeption erinnert, wird sich in C herausstellen.

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Wahrheitsprädikat identifiziert, nicht zuletzt auch deshalb, weil hier der Bezugspunkt für die Bestimmung von Wahrheitsbedingungen liegt. Was allerdings noch nicht gezeigt wurde, ist, ob der mit dem Begriff von Wahrheit (im realistischen Sinn verstanden) gesetzte Begriff der Beziehung auf objektive, von unseren Vermeinungen im allgemeinen unabhängige Wahrheitsbedingungen auch Realität besitzt oder sich darin nur ein Aspekt der Verwendungsregel des Prädikats ›wahr‹ (die Disquotationseigenschaft) manifestiert.

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C. Wahrheit und Objektivität

Daß ein Hauptproblem von Kants theoretischer Philosophie zum Thema der Untersuchung wird, kann nicht nur deshalb nicht überraschen, weil diese die Umrisse einer nichtreduktionistischen wie auch nichtontologischen philosophischen Konzeption sichtbar machen will, was zu deren Charakterisierung als transzendentalphilosophisch motivieren mag, sondern konkret auch deshalb nicht, weil sich gezeigt hat, daß die gegenseitige Stützung von Subjektivität und Wahrheitssinn die erfolgreiche Verteidigung der Legitimation von Wahrheits- bzw. Objektivitätsansprüchen zur Voraussetzung hat, also das zentrale Beweisziel von Kants transzendentaler Deduktion. Außerdem hat sich als das zentrale Desiderat einer nichtreduktionistischen bzw. nichteliminativen Theorie der Bedeutung neben der Explikation des Sinnes von Wahrheit die Ausarbeitung einer realistischen Epistemologie ergeben. Andererseits ist ausdrücklich zu betonen, daß im folgenden nur in zweiter Linie exegetische Ansprüche im engeren Sinn erhoben werden. Es geht um einen sachlichen Zusammenhang mit einem wichtigen Aspekt von Kants Theorie, den Versuch der Legitimation von Ansprüchen von Objektivität nämlich, nicht jedoch um den Versuch, im Sinne einer wirklichen Exegese allen Aspekten Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, die in der transzendentalen Deduktion Beachtung verdienen. Insofern darf es auch nicht überraschen, daß daraus eine – vom interpretatorischen Standpunkt aus gesehen – sehr einseitige Lesart resultiert und sogar manches auftaucht, was klar im Widerspruch zu Kantischen Thesen steht. Die angedeutete und im folgenden deutlich zutage tretende Differenz zu Kant betrifft vor allem die konstitutionsidealistischen Aspekte seiner Theorie, deren damit zusammenhängende, auf weite Strecken psychologistische Erscheinungsform sowie seine Tendenz zum Fundamentalismus in der Epistemologie, die in seiner Konzeption des synthetischen Apriori nicht zu verkennen ist. Versucht werden soll eine A

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Darstellung einiger seiner zentralen Einsichten, die dies vermeidet und trotzdem nicht den antiskeptischen Anspruch seiner Theorie dadurch preisgibt, daß sie letztlich auf gewisse begriffliche Zusammenhänge etwa im Sinne der Philosophiekonzeption von P. F. Strawson verweisen zu können glaubt und damit die kantische Theorie dem Relativismus begrifflicher frameworks ausliefert. Das Gelingen des Versuchs setzt somit voraus, daß die Legitimation der in der analytischen Theorie sogenannten Objektivitätsthese, d. h. der Legitimität unserer Objektivitäts- respektive Wahrheitsansprüche als solcher, unabhängig von der Etablierung eines synthetischen Apriori im Sinne des historischen Kant erfolgen kann. Der Terminus ›synthetisches Apriori‹ erinnert noch an eine weitere Schwierigkeit, der sich derjenige, der Kants Zentralanliegen (in der theoretischen Philosophie) unter gegenwärtigen Bedingungen zu verfolgen versucht, schon ganz zu Beginn seines Projektes gegenübersieht. Es handelt sich um das Problem der analytisch-synthetisch-Dichotomie respektive um das ihrer Unhaltbarkeit und die sich daraus ergebenden Folgen für die kantische Theorie. Diese Folgen scheinen eines von deren Zentralstücken zu betreffen, nämlich die These von der Zweistämmigkeit unserer Erkenntnis, also die Behauptung, Anschauung und Begriff seien nicht bloß graduell, sondern ihrem Ursprung nach verschieden. Die Frage ist, wie diese These anders als durch Rekurs auf die analytisch-synthetisch-Dichotomie zu verteidigen ist – indem etwa Anschauung als das für Synthetizität konstitutive Moment eingeführt wird. Eine Begründung der These durch schlichten Verweis auf das Phänomen Wahrnehmung wäre im übrigen nicht nur wegen der Tatsache unbefriedigend, daß solche Verweise auf angeblich Selbstverständliches meist schließlich doch zu Kontroversen führen, sondern auch deshalb, weil dann noch zu zeigen wäre, daß und inwiefern (aposteriorische) Erkenntnis überhaupt auf Wahrnehmung(-swissen) zurückführbar ist bzw. inwiefern Wahrnehmung aus epistemologischen und nicht nur empirischen Gründen einen unverzichtbaren Typ von Wissen darstellt. Es geht dabei um die Legitimation einer genuin epistemologischen Kategorie des Gegebenseins für mögliche Erkenntnis; es genügt also nicht, die Endlichkeit unserer selbst als erkennender Wesen, die Tatsache, daß, kantisch gesprochen, der Verstand nicht selbst sich seine 206

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Gegenstände geben kann, durch den Verweis auf die kausale Bedingtheit des Auftretens von Erkenntnisansprüchen zu interpretieren. An dieser Stelle erweist sich der Rekurs auf die oben begründete These als nützlich, daß die Einführung einer solchen Kategorie, durch die die Beziehung von Realität und Erkenntnisansprüchen zu einem genuin philosophischen Thema wird, auch für eine analytisch-synthetisch-Dichotomie (und damit auch die von Sprache und Theorie) negierende Konzeption von Erkenntnis bzw. Wissen notwendig ist, und zwar deshalb, weil sich sonst die skeptische Konsequenz ergäbe. Mithin ist es auch unabhängig von den im Rahmen des historischen Kant zu diesem Zweck ins Feld zu führenden Überlegungen möglich, Erkenntnis (bzw. genauer: einen aus philosophischen Gründen unaufgebbaren Bereich von Erkenntnis) derart zu bestimmen, daß an ihrem Zustandekommen zwei aufeinander nicht reduzierbare Faktoren beteiligt sein müssen: Der Ort des Epistemischen i. e. S. (der Verstand), der, wenn es um die Frage nach möglicher Gültigkeit geht, als von äußeren (kausalen) Bedingungen unabhängig thematisiert werden muß (die negative Bedeutungskomponente von Spontaneität im kantischen Sinn), und das von ihm unabhängig Gegebene, das zunächst einmal das Sensorische genannt werden soll und das eine bekannt heikle Zwischenstellung einnimmt zwischen der objektivierbaren Realität und dem Epistemischen i. e. S. Angesichts des Vorhabens, mit (cum grano salis so zu nennenden) Kantischen Mitteln eine realistische Epistemologie zu entwickeln, mag sich der Einwand einstellen, die kritische Distinktion von Erscheinung und Ding an sich rücke den anvisierten Realismus zumindest ins Zwielicht. Was allerhöchstens zu erreichen wäre, so der Einwand, sei der sogenannte »empirische Realismus« Kants, den man als eine als-obPosition aufzufassen hätte. Damit würde nicht der Realismus legitimiert, sondern bestenfalls die Notwendigkeit unserer Meinung aufgezeigt, wirklich auf Objektivität Bezug zu nehmen. Dazu ist zweierlei zu sagen: Beim historischen Kant bildet seine Raum- (und die dazu weitgehend in Analogie konzipierte Zeit-)Theorie wohl die hauptsächliche Wurzel für die genannte Unterscheidung und die damit verbundene Doktrin des transzententalen Idealismus. Von diesem Aspekt soll im folgenden abstrahiert werden. Davon abgesehen würde die Ding an sich/Erscheinung-Differenz nur dann ein Hindernis für einen Realismus in der Epistemologie darstellen, wenn A

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man sie als eine ontologische zwischen zwei Typen von Entitäten interpretierte. Diese Interpretation ist aber keineswegs zwingend; die Alternative dazu bildet die Deutung als Reflexionsdifferenz. Als an sich wird das uns erscheinende Objekt thematisiert, insofern es Bestand hat unabhängig von seinem Erscheinen. Wie G. Prauss gezeigt hat, kann diese Deutung sogar durch die Majorität der Vorkommnisse der Wendung »Ding an sich« und ihrer Varianten gestützt werden. 154 Das Stichwort ›Konstitutionsidealismus‹ ist oben schon gefallen als Bezeichnung desjenigen Aspekts der Konzeption des historischen Kant, von dem eine »kantianisierende« Legitimation unseres Objektbezuges vor allem sich zu distanzieren hätte. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Konzeption von Synthesis zu betrachten, hauptsächlich unter dem Aspekt, ob damit ein realer Vollzug von bestimmten Operationen am gegebenen Mannigfaltigen, der es zum Objekt qua Einheit eines Komplexes zusammenfügt, gemeint ist oder aber die propositionale Einheit. Kants Stellung dazu ist nicht eindeutig; zwar wird in der im folgenden im Vordergrund stehenden B-Auflage die Synthesis dem Verstand, dem Vermögen zu urteilen also, zugeschrieben (im Gegensatz zur A-Auflage, in der sie als Tätigkeit der Einbildungskraft eingeführt wurde), dies bedeutet aber nicht, wie noch zu sehen sein wird, daß Synthesis bzw. deren Resultat nicht auch als Einheit eines Komplexes aufgefaßt würde. Im Zusammenhang der Differenz der beiden Versionen der transzendentalen Deduktion ist ein Begriff zu erwähnen, der in der Fassung der A-Auflage eine schlechthin zentrale Stellung einnimmt, aus der Fassung der B-Auflage aber völlig verschwunden ist. Gemeint ist der Begriff der Regel; Begriffe, also auch Kategorien, werden von Kant als Regeln aufgefaßt. Die Synthesis der Rekognition, die der von der Einbildungskraft vollzogenen Synthesis der Reproduktion ihre Einheit verleihen soll, ist demnach als eine nach Regeln sich vollziehende Operation zu interpretieren. Von daher liegt es für Kant nahe, den Sinn von Objektivität und Objekten von Geregeltheit her zu denken (die Geregeltheit des Objektiven unterscheidet es vom »Geratewohl« bloß subjektiver Vorstellungen) und diese Geregeltheit als Resultat eines realen Vollzugs von Synthesis aufzufassen.

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Vgl. Kant und das Problem der Dinge an sich. Bonn 1974.

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Damit wird ein Zusammenhang sichtbar zwischen dem Konstitutionsidealismus und der zentralen Funktion des Regelbegriffs. Nun scheint es vom Phänomen her recht plausibel, Objektivität wesentlich durch Geregeltheit zu charakterisieren, die Frage ist aber, ob dies innerhalb des Unternehmens einer Legitimation unserer Objektvermeinungen zum Erfolg führt. Dagegen spricht die Lehre, die aus dem Paradox des Regelfolgens zu ziehen war. Es hatte sich dort gezeigt, daß die Frage nach der Richtigkeit der Anwendung der Regel letzten Endes nicht im Kontext der Betrachtung eines vom Bewußtsein der Regel geleiteten Vorgangs des Regelfolgens zu beantworten war, sondern die Beziehung auf Objektivität voraussetzt. Dadurch ist es aber ausgeschlossen, umgekehrt Objektivität aus einem Prozeß des Regelfolgens hervorgehen zu lassen, wie es die A-Auflage der transzendentalen Deduktion nahelegt. Geregeltheit kann sicher als Kriterium für Objektivität dienen, aber nicht als deren Konstituens. Insofern ist es ein großer Fortschritt, daß in der B-Auflage der Sinn von Objektivität direkt an den Urteilssinn gebunden wird, während in der A-Auflage das Wort ›Urteil‹ nur als eine Vollzugsbedingung für die Begriffsfunktionen (d. h. also des Regelfolgens) auftritt. Die Umgestaltung des Textes der Deduktion, die das Urteil in den Mittelpunkt rückt, wäre vor dem erläuterten Hintergrund also nicht nur, wie Kant behauptet, als Verbesserung der Darstellung, sondern auch als inhaltlicher Gewinn zu werten. Vorwegnehmend noch einige Bemerkungen zu Ziel und Struktur des ins Auge gefaßten Unternehmens. Das Ziel, das in der analytischen Literatur als ›Objektivitätsthese‹ bezeichnet wird, wurde oben als Legitimation des Wahrheitssinnes charakterisiert. Es ist keineswegs an eine Art Ableitung der Struktur des Wahrheitsbegriffs, d. h. also der formalen Eigenschaften des Wahrheitsprädikates, die sich ja schon in dessen Verwendungsregeln reflektieren, zu denken. Dies ist sehr gut vereinbar mit dem kantischen Begriff von Deduktion, mit dem keine (formale) Ableitung im modernen Sinn gemeint ist, sondern die Rechtfertigung von Ansprüchen aus deren ›Ursprung‹. Dieser Ursprung ist im Kontext der hier entwickelten Konzeption unschwer zu identifizieren als das mir-Scheinen-daß, von dem vorwegnehmend schon als dem ursprünglichen Objektivieren gesprochen wurde. In der Betrachtung des in der B-Deduktion zentralen § 16 wird sich zeigen, daß dieses mirScheinen-daß die Eigenschaften aufweist, die der ursprünglich-syntheA

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tischen Einheit der Apperzeption zugesprochen werden müssen, um das Beweisziel zu erreichen (bzw. den ersten Schritt dazu zu tun). Was soll nun – jetzt unabhängig vom historischen Kant gesehen – mit den Ansprüchen auf Objektivität gerechtfertigt werden? Denkt man an den juristischen Kontext, dem der Deduktionsbegriff entstammt, so könnte man vielleicht meinen, es würden die Bedingungen hergeleitet, unter denen es jederzeit legitim ist, einen Anspruch aufzustellen (um die Erfüllung des jeweiligen konkreten, sich in einem entsprechenden Urteil artikulierenden Objektivitätsanspruchs kann es offensichtlich nicht gehen). Zu illustrieren wäre diese Vorstellung etwa durch den von Kant behaupteten Einheitszusammenhang der Erfahrung, der vielleicht als Bedingung dafür vermutet werden könnte, daß einzelne Ansprüche auf Objektivität qua Ansprüche legitim sind. Die in B erläuterte Bindung von Subjektivität und Wahrheitssinn aneinander führt jedoch dazu, das anders zu formulieren. Denn wenn der Wahrheitssinn an die Realität des Intentionalen, also an okkurrente Meinungen als solche (aktuale) unabhängig von ihrem veridischen Charakter gebunden ist, muß aufgezeigt werden können, daß diese als solche schon das aufweisen, was Wahrheitssinn genannt wurde, m. a. W. sie müssen schon qua Meinungen einen Objektbezug aufweisen. Und dies heißt in dem Zusammenhang nicht nur, daß sie ein intentionales Objekt haben; das Beweisziel muß darin bestehen darzulegen, daß sie immer auf wirkliche Objektivität bezogen sind. Anderenfalls wäre die Behauptung nicht mehr aufrechtzuerhalten, dasjenige, was (theoretische) Intentionalität als solche konstituiere, bilde das fundamentum in re der Beziehung von Sätzen auf das, was sie wahrmacht, bzw. anders ausgedrückt, mache diese Beziehung zu mehr als einem syntaktischen Sachverhalt, der sich aus der Befolgung der Verwendungsregel der sogenannten semantischen Prädikate ergibt. Gezeigt werden muß also nicht, 155 daß der Anspruch auf Objektivität immer legitimerweise als Anspruch geltend gemacht werden kann, sondern daß das Erfülltsein des Anspruches qua Anspruch legitimerweise immer vorausgesetzt werden kann. Es wird im folgenden noch genauer zu sehen sein, wie die Differenz zwischen dem Erfülltsein des konkreten Anspruchs, der sich in dem die betreffende Meinung ausdrückenden Satz manifestiert, und dem Erfülltsein des Anspruchs qua Anspruch 155 Unter den genannten Voraussetzungen, wie zu betonen ist, die sicherlich nicht der Kantischen Theorie unterstellt werden sollen.

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zu bestimmen ist. Die Frage läßt sich auch folgendermaßen formulieren: Wie ist Täuschung möglich unter der Voraussetzung, daß immer ein Bezug auf reale Objektivität vorliegt? Die hier intendierte (mit aller Vorsicht nur zu beanspruchende) Nähe zur Kantischen Theorie legt es nahe, daß es sich bei den angesprochenen Meinungen um Wahrnehmungsmeinungen handelt. Dies läßt sich auch sachlich (abgesehen von den bedeutungstheoretischen Erwägungen in A.II) plausibel machen: Wenn die Legitimität des Wahrheitssinns an die Realität des Intentionalen gebunden wird, müssen die für das Legitimationsvorhaben herangezogenen Meinungen solche sein, deren intentionaler Charakter, d. h. in diesem Fall deren Beziehung auf Objektivität, an ihre Aktualität, ihr Auftreten als okkurrente Meinung gebunden ist. M. a. W. es muß einen systematischen Zusammenhang geben zwischen ihrem aktualen Auftreten und ihren Objekten: Sonst wäre ja das Vorhaben, ausgehend von Intentionalität die Legitimität des Wahrheitssinns (im soeben erläuterten Sinn des Erfülltseins des Objektivitätsanspruchs als solchen) darzulegen, von vornherein als aussichtslos einzustufen. Durch einen solchen systematischen Zusammenhang sind aber nur Wahrnehmungsmeinungen charakterisiert, und zwar als solche, die unter Standardbedingungen wahr sind. Ein systematischer Zusammenhang zwischen dem Auftreten von theoretischen Meinungen und deren Objekten ist hingegen nicht zu entdecken, woraus übrigens nicht folgt, der mit ihnen verbundene Wahrheitsanspruch sei in irgendeiner Weise nur derivativ. Es wird vielmehr zu zeigen sein, inwiefern ausgehend von Wahrnehmungsmeinungen auch der in Sätzen über theoretische Objekte sich artikulierende Wahrheitsanspruch gerechtfertigt ist. Das ins Auge gefasste Projekt der Legitimation des Wahrheitssinnes gliedert sich in zwei Schritte. Im ersten, der sich an die erste Hälfte (§ 15–20) von Kants transzendentaler Deduktion der reinen Verstandesbegriffe in der B-Auflage der Kritik der reinen Vernunft anschließt, ohne damit allerdings den Anspruch zu verbinden, damit etwa eine allen Aspekten gerecht werdende Interpretation dieser Textpassagen zu liefern, wird dargelegt, daß alles, was dem wahrnehmenden Subjekt an sinnlichem Mannigfaltigen erscheint, als unter Bedingungen des Denkens bzw. der Propositionalität stehend anzusehen ist. Im zweiten Teil ist dann ferner zu zeigen, inwiefern damit eine Beziehung auf wirkliche Objekte gesetzt ist. Hier wird auch die Frage A

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akut nach dem Verhältnis der Objektivitätsthese zum Kantischen Beweisziel der kategorialen Bestimmtheit des empirischen Mannigfaltigen. Denn die angesprochene Beziehung auf wirkliche Objekte bedeutet ja u. a., daß die Anwendung der Substanzkategorie gerechtfertigt ist. Es soll hier nun nicht Kants Kategorien- und Urteilslehre behandelt, sondern nur auf eine bestimmte Schwierigkeit aufmerksam gemacht werden, die noch im folgenden von Bedeutung sein wird. Zunächst einmal ist an Kants »Erklärung« von »Kategorie« im § 14 zu erinnern (B 128/129): Vorher will ich nur noch die Erklärung der Kategorien voranschicken. Sie sind Begriffe von einem Gegenstande überhaupt, dadurch dessen Anschauung in Ansehung einer der logischen Funktionen zu Urteilen als bestimmt angesehen wird. So war die Funktion des kategorischen Urteils die des Verhältnisses des Subjekts zum Prädikat, z. B. alle Körper sind teilbar. Allein in Ansehung des bloß logischen Gebrauchs des Verstandes blieb es unbestimmt, welchem von beiden Begriffen die Funktion des Subjekts, und welchem die des Prädikats man geben wolle. Denn man kann auch sagen: Einiges Teilbare ist ein Körper. Durch die Kategorie der Substanz aber, wenn ich den Begriff eines Körpers darunter bringe, wird es bestimmt: daß seine empirische Anschauung in der Erfahrung immer nur als Subjekt, niemals als bloßes Prädikat betrachtet werden müsse; und so in allen übrigen Kategorien. Abgesehen von den Fragen, die man in Beziehung auf die strukturelle Adäquatheit der Definition für die verschiedenen Kategorien stellen könnte, 156 ist festzustellen, daß die Definition von Kategorie rein auf der syntaktischen Ebene erfolgt, obgleich doch die kategoriale Bestimmtheit konstitutiv für die Beziehung auf Wirklichkeit sein soll. Dem wäre sicherlich von seiten des historischen Kant zu entgegnen, daß es die Schemata sind, die den Kategorien und dem Gedanken der kategorialen Bestimmtheit Bedeutung verleihen in dem Sinn, daß erst damit eine Beziehung auf eine erkennbare Wirklichkeit vorliegt, wäh156 Bei den mathematischen Kategorien bzw. den entsprechenden Urteilsfunktionen liegt z. B. keine asymmetrische Relation vor, in Beziehung auf die in § 14 kategoriale Bestimmtheit definiert wird.

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rend auf der Ebene der unschematisierten Kategorien höchstens vom Gedanken von Objekten die Rede sein konnte. Diese Auskunft begegnet aber nicht eigentlich der genannten Schwierigkeit, bzw. nur dann, wenn man die fragliche Differenz von syntaktischer und semantischer Ebene gleichsetzen könnte mit der in der Antwort markierten Differenz zwischen Formalem und Konkretem. Der Grund für die Schwierigkeit sei nur rein thetisch angedeutet: Kants Urteilstheorie ist immer noch der Vorstellung der traditionellen Logik verpflichtet, Urteile seien Verbindungen von Begriffen. Der semantische Aspekt spielt bei dieser Auffassung von logischer Form bzw. Urteilsstruktur keine Rolle; der Dualismus von Referenz und Prädikation ist Kants Vorstellungen sicherlich fremd. Hier liegt der Einwand nahe, bei der schon angesprochenen und für die Konzeption der B-Auflage so zentralen Definition von Urteil bzw. der »logischen Form aller Urteile«, die Kant im § 19 der transzendentalen Deduktion (und bezeichnenderweise gerade nicht in der metaphysischen Deduktion, die das Verhältnis von Begriff, Urteil und Kategorie thematisiert) formuliert, sei doch der Objektivitätsaspekt, die Beziehung auf die »objektive Einheit der Apperzeption« zentral. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, daß diese Rede von der »logischen Form« folgenlos bleibt für eine etwaige Konzeption von Urteilsstruktur und damit zusammenhängend des Kategorienbegriffs. 157 Außerdem ist, wie noch zu sehen sein wird, Kants Rede von der objektiven Einheit bedroht von der schon angesprochenen Gefahr, die Differenz von propositionaler Einheit und Einheit eines Komplexes nicht ernst genug zu nehmen. Zu erwarten ist also, daß der zweite Teil der ›Deduktion‹ zu Themen auch etwas beizutragen hat, die bei Kant in den Bereich der metaphysischen Deduktion fallen. Im übrigen wird es sich herausstellen, daß das Problem der logischen Form eng verbunden ist mit dem zuvor erwähnten des Verhältnisses von theoretischen und Wahrnehmungsmeinungen.

157 Dies wäre zu zeigen anhand einer eingehenden Analyse der metaphysischen Deduktion, die Kant für die B-Auflage ja keiner durchgreifenden Umarbeitung unterzogen hat.

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I. Deduktionsversuche

Bevor das eigentliche Projekt der Legitimation des Wahrheitssinnes in Angriff genommen wird, sollen noch recht kursorisch alternative mögliche Deduktionsvorschläge betrachtet werden, die teils sich nahe an den Kantischen Text anschließen, teils auch eher unabhängig davon formulierbar sind. Der erste Vorschlag nimmt seinen Ausgang von der Synthesistheorie der A-Auflage, von der nur die für das Argument notwendigen Elemente rein thetisch zu nennen sind: Kant behauptet 1) die Notwendigkeit einer sich an dem Anschauungsmannigfaltigen vollziehenden Synthesis der Apprehension, 2) ein regressives Bedingungsverhältnis dreier Formen von Synthesis, der schon genannten der Apprehension, der von der Einbildungskraft vollzogenen der Reproduktion, und der dem Verstand zuzuordnenden Rekognitionssynthesis, 3) hinsichtlich jedes Synthesistyps, daß die jeweilige empirische Synthesis die Synthesis eines reinen Mannigfaltigen voraussetze. Dies heißt im Fall der Rekognitionssynthesis, daß die Rekognition nach empirischen Begriffen die Synthesis nach den reinen Verstandesbegriffen, den Kategorien also, voraussetzt. Es stellt sich nun die Frage, wie genau die Notwendigkeit von Synthesis sowie das Voraussetzungsverhältnis der verschiedenen Typen von Synthesis sich zum Beweisziel der transzendentalen Deduktion verhält. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dieses Ziel, die Notwendigkeit der kategorialen Bestimmung des in der Anschauung Gegebenen nämlich, ergäbe sich direkt aus der Synthesistheorie. Ebenso nämlich, wie die empirische Apprehensions- und Reproduktionssynthesis eine entsprechende Synthesis eines reinen Mannigfaltigen (nach Kants These zumindest), voraussetzt, kann gesagt werden, daß der in der Rekognitionssynthesis jeweils verwendete Begriff »seiner Form nach jederzeit etwas Allgemeines« ist, »und was zur Regel dient« (A 106). Diese Form ist nun nichts anderes als die »formale Einheit des Be214

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wusstseins in der Synthesis des Mannigfaltigen der Vorstellungen«, »welche die Reproduktion des Mannigfaltigen a priori notwendig und einen Begriff, in welchem dieses sich vereinigt, möglich macht« (A 105). Damit ist aber schon die Beziehung auf das Objekt erreicht als der Gedanke von »etwas überhaupt = X« (A 104), der charakterisiert ist bzw. konstituiert wird durch die Notwendigkeit einer Einheit unter den Vorstellungen. An dieser Stelle kommt Kants Konzeption vom transzendentalen Objekt zum Tragen, das interpretierbar wäre als Projektion der formalen Einheit des Bewußtseins mit ihrem Notwendigkeitscharakter nach außen. Danach müßte man sagen, daß die Erscheinungen selbst als solche keine Objekte (i. e. S. von Objektivität, der abzuheben ist von einem weiteren, in dem jede bewußte Vorstellung ein Objekt genannt werden kann [vgl. A 189]) sind, sondern, insofern sie jener notwendigen formalen Einheit des Bewußtseins unterworfen sind, »nur ein Objekt bezeichnen« (A 190). Dieses Objekt, das ja eigentlich gar keine separate Existenz hat, sondern nur das intentionale Korrelat der Bewußtseinseinheit darstellt, wäre danach auch zu unterscheiden von dem Ding an sich, das »hinter« der Erscheinung steht und für deren Existenz (via Affektion) verantwortlich ist. Es sei allerdings nicht verschwiegen, daß es Stellen gibt, an denen Kant den Begriff des transzendentalen Objekts, der in der B-Fassung der transzendentalen Deduktion bezeichnenderweise nicht auftaucht, von dem des Dinges an sich offenbar nicht unterscheidet (z. B. A 288). Der Gedanke der kategorialen Bestimmtheit des Anschauungsmannigfaltigen ergibt sich dann daraus, daß sich jene formale Einheit des Bewußtseins, die ja der Verstand selbst ist, diversifiziert nach den verschiedenen logischen Funktionen. Was auch immer noch weiter über die formale Bewußtseinseinheit, die transzendentale Apperzeption, gesagt werden mag, scheint für das Argument als solches unerheblich zu sein und höchstens dazu dienen zu können, den aufgezeigten Zusammenhang noch weiter verständlich zu machen. Es dürfte jedem nach eingehender Lektüre des Textes klar werden, daß die skizzierte Argumentation, die von unten nach oben aufsteigend lediglich auf das Voraussetzungsverhältnis der Synthesistypen sowie auf die metaphysische Deduktion rekurriert, nicht mit der von Kant vorgeführten bzw. intendierten identisch ist. Dies leuchtet auch der Sache nach ein; denn es ergibt sich aus dem obigen allerhöchstens, daß A

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eine kategoriale Bestimmtheit (in dem schwachen Sinne, daß ein Anschauungsmannigfaltiges hinsichtlich einer bestimmten Urteilsfunktion thematisiert wird) alles zum Bewußtsein kommenden Mannigfaltigen der Anschauung notwendig ist, nicht jedoch der Notwendigkeitscharakter einer solchen Bestimmtheit selbst, und diesen aufzuzeigen scheint gerade erforderlich zu sein, um die Objektivitätsthese zu begründen. Kant selbst sagt denn auch explizit, »Einheit der Synthesis nach empirischen Begriffen würde ganz zufällig sein […]. Alsdann fiele aber auch alle Beziehung der Erkenntnis auf Gegenstände weg« (A 111). Eine Deduktion von unten, die von der empirischen Synthesiseinheit zur kategorialen Bestimmtheit als den allgemeinen Vollzugsweisen der in jener Einheit sich vollziehenden transzendentalen Apperzeption übergehen will, führt also nicht zum erwünschten Ziel. Vielmehr scheint es erforderlich zu sein, in der transzendentalen Apperzeption selbst einen Notwendigkeitscharakter ausfindig zu machen und dann einen vergleichsweise direkten Zusammenhang mit dem Anschauungsmannigfaltigen herzustellen derart, daß sich jener Notwendigkeitscharakter gleichsam auf dessen synthetische Einheit überträgt (A 111/112): Die Möglichkeit aber, ja sogar die Notwendigkeit dieser Kategorien beruht auf der Beziehung, welche die gesamte Sinnlichkeit, und mit ihr auch alle mögliche Erscheinungen, auf die ursprüngliche Apperzeption haben, in welcher alles notwendig den Bedingungen der durchgängigen Einheit des Selbstbewußtseins gemäß sein, d. i. unter allgemeinen Funktionen der Synthesis stehen muß, nämlich der Synthesis nach Begriffen, als worin die Apperzeption allein ihre durchgängige und notwendige Identität a priori beweisen kann. Kant entdeckt jenen Notwendigkeitscharakter in der Durchgängigkeit und Allgemeinheit der Einheit des Bewußtseins in der Tatsache, daß wir uns dieser Eigenschaften a priori gewiß sind (vgl. A 112: »[…] durchgängige und allgemeine, mithin notwendige Einheit des Bewußtseins«). (Es kann wohl nicht verschwiegen werden, daß der präzise Sinn der Rede von der Notwendigkeit hier im Dunklen bleibt. Dies soll an dieser Stelle jedoch nicht weiter problematisiert werden, ebensowenig wie die Tatsache, daß die Selbstverständlichkeit, mit der Kant 216

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von durchgängiger Allgemeinheit auf Notwendigkeit schließt und mit der er apriorische Gewißheit und Notwendigkeit zumindest für koextensiv hält, wohl aus heutiger Perspektive nicht so leicht nachvollziehbar ist.) Alles, was überhaupt mir zu Bewußtsein kommen kann bzw. möglicher Erkenntnisgegenstand für mich sein mag, gehört notwendigerweise insofern zu einer Einheit des Bewußtseins, als es mir (möglicherweise) bewußt ist, zu meinem (möglichen) Bewußtsein gehört. Es fragt sich, welche Implikationen sich daraus (wenn überhaupt) ergeben, Implikationen in Richtung auf eine Verbindung des Mannigfaltigen, die als dessen kategoriale Bestimmtheit interpretierbar ist. Ein erster Versuch könnte sich darauf richten, eine solche Verbindung als Bedingung dafür einzuführen, daß das erkennende Subjekt sich a priori als diejenige Einheit denken kann, der alles ihr zu Bewußtsein kommende Mannigfaltige zuzurechnen ist. Da es an diesem Mannigfaltigen rein als solchem sich nicht wiedererkennen kann, bietet sich als Grundlage für ein solches Wiedererkennen die kategoriale Bestimmtheit des Mannigfaltigen an, da das Subjekt sich ja qua Verstand a priori als Akteur der kategorial bestimmten bzw., was die A-Auflage betrifft, genauer als Akteur der kategorialen Bestimmung der Synthesis versteht. Einige Stellen der A-Auflage scheinen solchen Überlegungen nicht fernzustehen (A 108): Denn diese Einheit des Bewußtseins wäre unmöglich, wenn nicht das Gemüt in der Erkenntnis des Mannigfaltigen sich der Identität der Funktion bewußt werden könnte, wodurch sie dasselbe synthetisch in einer Erkenntnis verbindet … : denn das Gemüt könnte sich unmöglich die Identität seiner selbst in der Mannigfaltigkeit seiner Vorstellungen und zwar a priori denken, wenn es nicht die Identität seiner Handlung vor Augen hätte, welche alle Synthesis der Apprehension (die empirisch ist) einer transzendentalen Einheit unterwirft, und ihren Zusammenhang nach Regeln a priori zuerst möglich macht. Zwei Dinge sind es hauptsächlich, an denen dieser Deduktionsversuch scheitert: Einmal ist daran zu erinnern, daß die Beziehung auf sich im Subjektsinn, um die es hier ja gehen muß, ohne Rekurs auf irgendeine A

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Beschreibung des Subjekts (auch nicht der Akteur von kategorialer Bestimmung zu sein) erfolgt. Entweder also muß man eine Beziehung des Anschauungsmannigfaltigen auf das Subjekt (was immer näher unter dieser Beziehung zu verstehen ist) immer schon voraussetzen oder aber eine solche Beziehung qua wissende Selbstbeziehung im philosophisch signifikanten Sinn ist unmöglich. Daß dies nicht sofort ins Auge fällt, liegt daran, daß in dem oben angeführten Gedankengang die Perspektive des philosophischen Theoretikers mit der des gewöhnlichen Bewußtseins implizit verwechselt wurde. Auch wenn die Beschreibung des Subjekts, Akteur kategorial bestimmter Synthesis zu sein, adäquat ist, folgt daraus nicht die Notwendigkeit, daß das Subjekt sich als solches versteht – genau dies müßte aber für das Gelingen des Deduktionsversuches vorausgesetzt werden. Außerdem kann dieser, selbst wenn alle Bedenken gegen seinen konstitutionsidealistischen Charakter zurückgestellt werden, das erwünschte Ziel sowieso nicht erreichen. Denn das Resultat wäre ja günstigstenfalls, daß das Subjekt das Anschauungsmannigfaltige sich zuordnet; das genaue Gegenteil, nämlich die Beziehung auf Objektivität, soll aber erreicht werden (auch hier mag die Konfusion der Perspektiven des gewöhnlichen und philosophischen Bewußtseins im Motivationszusammenhang des hier unterstellten Arguments eine Rolle spielen). Wenn also die wissende Selbstbeziehung des durchgängig identischen Bewußtseins nicht die geeignete Basis für eine Deduktion bildet, liegt es nahe, diese Identität selbst unabhängig von dem apriorischen Wissen von ihr, als eine solche Basis anzunehmen. Es wäre also zu zeigen, inwiefern sie sich als kategoriale Bestimmung im Anschauungsmannigfaltigen geltend machen kann, etwa im Sinne von A 113: Da nun diese Identität notwendig in die Synthesis alles Mannigfaltigen der Erscheinungen, sofern sie empirische Erkenntnis werden soll, hineinkommen muß, so sind die Erscheinungen Bedingungen a priori unterworfen, welchen ihre Synthesis (der Apprehension) durchgängig gemäß sein muß. Die entscheidende Frage bei einer solchen Argumentation ist, in welchem Sinne hier von Identität die Rede ist bzw. um wessen Identität genau es gehen soll, damit sich die gewünschten Implikationen ergeben. 218

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Offenbar kann es sich nicht um die Identität eines Gedankentyps (etwa: ›ich bin‹, ›ich denke, daß p‹, ›ich bin mir eines Mannigfaltigen bewußt‹, etc.) handeln, da sich daraus keine Verbindungen innerhalb des in diesem Gedanken etwa thematisierten Mannigfaltigen ableiten lassen. Ebensowenig kann es sich um die notwendige Identität eines metaphysischen Subjekts, eines qua denkend existierenden Wesens gehen, wenn man Kants Kritik der rationalen Psychologie im Paralogismuskapitel in Rechnung stellt. Übrig bleibt die kontingente Identität des erkennenden Subjekts. Diese könnte man auf mehrere Weisen ins Spiel zu bringen versuchen. Zunächst einmal liegt der Gedanke nahe, Implikationen daraus zu entwikkeln, daß ich mich auf mich (qua konkrete empirische Person) als auf ein denkendes Wesen beziehe, mich unter der Beschreibung ›denkendes Wesen‹ thematisieren kann. 158 Es ist aber leicht zu sehen, daß diese Strategie wenig erfolgreich ist. Denn wenn laut Voraussetzung meine Identität nicht in Beziehung auf mein denkend-Sein zustandekommt (anderenfalls läge ja der schon diskutierte Fall des qua denkend existierenden Wesens vor), ist meine Identität für etwaige Implikationen aus der Thematisierung meiner selbst als denkendes Wesen gar nicht relevant. Die einzige relevante Identität wäre also die des möglicherweise Gedankentyps ›ich denke‹ (s. o.). Etwas aussichtsreicher erscheint folgende Strategie: Geltend gemacht im Hinblick auf Implikationen für das Anschauungsmannigfaltige wird nicht die volle personale Identität, sondern nur eine notwendige Bedingung dafür, und zwar diejenige, die von innen etabliert werden kann. Gemeint sind Kriterien für die Selbstzuschreibung von Erinnerungen159 (es dürfte mittlerweile wohl unstrittig sein, daß rein von innen, also über das Gedächtnis allein, nicht die personale Identität definierbar ist, es sich bei den angesprochenen Kriterien also nur um notwendige Bedingungen handelt). Nun ist zwar plausibel, daß notwendigerweise gewisse Kriterien verfügbar sein müssen, damit eine Person sich der eigenen Vergangenheit als solcher bewußt werden kann

158 Daß die Identität meiner selbst als empirische Person im Vollsinne nicht als Prämisse in das Argument eingeführt werden kann, versteht sich wohl von selbst, da hiermit ja (indem ich also als Objekt thematisch würde) die Legitimität der Objektivitätsthese vorausgesetzt wäre. 159 Vgl. Bennett, J., Kant’s Analytic. Cambridge 1966.

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und so eine Einheit des Bewußtseins über die Zeit garantiert wird. Daraus folgt aber keineswegs, daß es bestimmte Kriterien bzw. Regeln (die Kategorien nämlich) gibt, von denen gilt, daß sie in der genannten Weise notwendigerweise verfügbar sein bzw. in Gebrauch genommen werden müssen. Was allerhöchstens erreicht wird, ist etwas, dem im Rahmen der A-Auflage die Notwendigkeit der (empirischen) Rekognitionssynthesis entspricht. Außerdem ist, bedenkt man das anvisierte Ziel, ein grundsätzlicher Einwand gegen die Argumentation zu machen: Zwar spielt die volle personale Identität, deren Voraussetzung einer Voraussetzung des Beweiszieles gleichkäme, bei der Entwicklung der Kriterien für die mentale Identität keine Rolle; sie wird aber insofern implizit vorausgesetzt, als vorausgesetzt wird, daß es sich bei der mentalen Identität um die notwendige Bedingung einer wirklichen und nicht nur einer vermeinten Identität handelt. Eine weitere Strategie, die auf Strawson zurückgeht, teilt mit der Bennettschen Konzeption den Rekurs auf notwendige (und nicht hinreichende) Bedingungen für die Identität des Bewußtseins. Ausgangspunkt bei Strawson ist allerdings nicht die Reflexion auf personale Identität und deren Bedingungen, sondern die Überlegung, daß eine Differenz von Einzelnem und Allgemeinem, Anschaulichem und Begrifflichem festgehalten werden muß, wenn der Gedanke des erfahrenden Subjekts, dem etwas so scheint (im Gegensatz zu dem wirklich so-Seienden), nicht verlorengehen soll. Wenn aber die Rekognitionskomponente (das Allgemeine also) nicht durch das jeweilige einzelne Erfahrene absorbiert wird, sind bereits die Grundbedingungen für den Gedanken von einzelnen (von ihrem Erfahrenwerden distinkten) Objekten gegeben. Strawson vertritt nun weiter die These, daß die angesprochene Differenz den Gedanken der Identität eines Bezugspunktes (demjenigen also, dem es so scheint) für die Zuschreibung möglicher Erfahrungen impliziert – diese Identität ist somit nicht die volle personale Identität, sondern stellt deren notwendige Bedingung dar. Kritisch wurde gegen Strawsons Vorschlag vorgebracht, daß seine eher psychologisch orientierten Komponenten, die auf den erwähnten Einheitssinn des Bewußtseins abzielen, nicht zu halten seien und der Vorschlag sich letzten Endes doch reduziere auf den Rekurs auf die grundlegende, in der Prädikationsstruktur gelegene Differenz von Einzelnem 220

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und Allgemeinem. 160 Diese Kontroverse braucht hier nicht weiter verfolgt zu werden; fest steht ja, daß die Differenz von Einzelnem und Allgemeinem die Basis für Strawsons Vorschlag bildet, und fest steht damit auch, daß dieser Vorschlag keinesfalls die Funktion einer transzendentalen Deduktion übernehmen kann. Denn mit der Voraussetzung der Legitimität der Kategorie des Einzelnen wird deren Ziel vorweggenommen. Ganz allgemein läßt sich sagen, daß ein Korrelationsargument vom Strawsonschen Typ sicher wichtige Aspekte unseres Begriffs von Objektivität zu beleuchten in der Lage ist, aber nicht dazu, dessen Legitimität darzutun. Nach diesen negativen Ergebnissen sowohl für den Versuch, aus der wissenden Selbstbeziehung als solcher, wie für den, aus einem Identitätssinn des Bewußtseins eine Deduktion der Kategorien zu entfalten, soll nun noch ein Vorschlag diskutiert werden, der in gewisser Weise eine Kombination von Elementen aus den beiden schon behandelten (Typen von) Vorschlägen darstellt. Er geht aus von einem apriorischen Wissen des Bewußtseins von sich, was ihn in die Nähe des ersten Vorschlages bringt; andererseits aber rekurriert er nicht auf den Vollzug der wissenden Selbstbeziehung qua Faktum bzw. dessen Bedingungen, sondern auf die in ihm (angeblich) notwendigerweise, zumindest ihrer Möglichkeit nach, präsenten Gedanken, die wiederum – und dies erinnert an den zweiten Vorschlagstyp – die Identität des Bewußtseins sowie deren Implikationen zum Inhalt haben. Konkret stellt sich der Vorschlag161 folgendermaßen dar: In jedem faktischen Bewußtsein meiner selbst als desjenigen, der denkt, bin ich in einem Wissen a priori, qua Bewußtsein meiner selbst als »Vermögen«, auf den Inbegriff meiner möglichen Ich-denke-Gedanken bezogen. Daraus ergibt sich der Gedanke von a priori möglich sein müssenden, nicht notwendig durch Temporalitätsbedingungen affizierten Übergängen zwischen meinen möglichen Ich-denke-Gedanken. Man gelangt so zum Begriff von Bedingungen einer Identität meiner selbst, die einen apriorischen Charakter aufweisen. Diese Bedingungen sind, anders gewendet, Bedingungen der systematischen Einheit der mir möglichen Ich-denke-

160 Vgl. Rorty, R., »Strawson’s Objectivity Argument«, in: Review of Metaphysics 24 (1970), S. 207–244. 161 Vgl. dazu Henrich, D., »Die Identität des Subjekts in der transzendentalen Deduktion«, in: Oberer, H./Seel, G. (Hrsg.), Kant. Analysen, Probleme, Kritik. Würzburg 1987, S. 39–70.

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Gedanken hinsichtlich möglicher Ich-Identitäten, eine Einheit, die es nahe legt, als Einheit der Natur unter den Kategorien interpretiert zu werden. Einige Passagen der Auflage passen recht gut zu diesem Vorschlag, z. B. A 116: Wir sind uns a priori der durchgängigen Identität unserer selbst in Ansehung aller Vorstellungen, die zu unserem Erkenntnis jemals gehören können, bewußt, als einer notwendigen Bedingung der Möglichkeit aller Vorstellungen (weil diese in mir doch nur dadurch etwas vorstellen, daß sie mit allen anderen zu einem Bewußtsein gehören, mithin darin wenigstens müssen verknüpft werden können). Diese Wendung von der Rekognitions- zur Präkognitionsanalyse scheint die Möglichkeit zu eröffnen, über einen apriorischen Identitätssinn des erkennenden Subjekts, der gleichwohl nicht dem Paralogismusverdacht ausgesetzt ist, das Ziel der Deduktion zu erreichen. Diese Hoffnung erweist sich aber als trügerisch: Zunächst einmal kann die Möglichkeit eines hinreichend starken Schlusses von den Beziehungen zwischen meinen (möglichen) Ich-denke-Gedanken auf Beziehungen zwischen dem in ihnen Gedachten bezweifelt werden (ein Zweifel, der sich im übrigen gegen jeden Versuch richtet, der die kategoriale Bestimmtheit des Gegebenen aus einem Identitätssinn des Subjekts herleiten will). Doch selbst wenn dieses Hindernis aus dem Weg geräumt werden könnte, wäre das Kantische Beweisziel nicht erreicht, also die kategoriale Bestimmtheit des von mir in einem jeweiligen faktischen Urteil Thematisierten; allenfalls wird die Möglichkeit deduziert, daß ich in Beziehung auf jeden faktischen Gedanken den Gedanken seiner notwendigen kategorialen Bestimmtheit entwickeln kann. Daraus folgt weder, daß ich die Implikationen dieses Gedankens auf das jeweilige Urteil auch anwende, mich also den apriorischen Kriterien für Rationalität auch de facto gemäß verhalte, noch daß die Bedingungen für eine solche Anwendbarkeit erfüllt sind. Und es folgt erst recht nicht die Legitimität einer solchen Anwendung; die kategoriale Bestimmtheit und damit der Objektivitätscharakter wird zu einer Art regulativen Idee, die notwendig ist, um den Gedanken einer a priori gesicherten IchIdentität aufrechterhalten zu können. 222

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II. Die Objektivittsthese und ihre Rechtfertigung

Im folgenden soll nun versucht werden, im Ausgang von der B-Fassung der transzendentalen Deduktion eine Rechtfertigung des Objektivitätsanspruches unserer Erkenntnis zu erreichen, wobei diese Rechtfertigung sich zumindest in ihrem zweiten Teil zugegebenermaßen von dem Buchstaben des Kantischen Textes entfernen wird.

II.1. Selbstbewußtsein und propositionale Verbindung Zunächst einmal ist der Einleitungsabschnitt (§ 15) zu betrachten, der der eigentlichen Deduktion, die mit § 16 beginnt, vorausgeht. Auf den ersten Blick scheint es so, daß die These, die »Verbindung eines Mannigfaltigen überhaupt« sei etwas, das nur von uns vollzogen werden könne, daraus abgeleitet würde, daß die Mannigfaltigkeit der Anschauung als solche verbindungslos sei und auch die Form der Anschauung keine Verbindung stifte. Indem somit in dem zur Rezeptivität zu Rechnenden keine Verbindung zu entdecken ist, muß die Spontaneität also Akteur von Verbindung überhaupt sein. Das so gezeichnete Bild rückt Kant in große Nähe eines Sinnesdatenatomismus und einer konstitutionsidealistischen Konzeption. Der Verstand konstruiert als Akteur von Verbindung gleichsam die komplexen Objekte aus dem vereinzelt gegebenen Anschauungsmannigfaltigen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, daß die Argumentationsstruktur des Textes jenem ersten Eindruck widerspricht. Gerade an der Stelle nämlich, wo nach dem zunächst entworfenen Bild aus der Vereinzelung des in der Rezeptivität gelegenen Mannigfaltigen auf die Verbindungstätigkeit der Spontaneität geschlossen werden müßte, wird im Gegenteil der Rekurs auf die »Spontaneität der Vorstellungskraft« als Begründung dafür angeführt, daß die Verbindung eines Mannigfaltigen überhaupt »auch nicht in der reinen Form der sinn-

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lichen Anschauung zugleich mit enthalten sein« könne. An der Stelle des zu erwartenden »also« steht ein »denn« (B 129/130): Allein die Verbindung (conjunctio) eines Mannigfaltigen kann niemals durch Sinne in uns kommen, und kann also auch nicht in der reinen Form der sinnlichen Anschauung zugleich mit enthalten sein; denn (Herv. v. Verf.) sie ist ein Actus der Spontanität der Vorstellungskraft, und, da man diese, zum Unterschiede von der Sinnlichkeit, Verstand nennen muß, so ist alle Verbindung, wir mögen uns ihrer bewußt werden oder nicht, es mag eine Verbindung des Mannigfaltigen der Anschauung oder mancherlei Begriffe, und an der ersteren der sinnlichen oder nicht sinnlichen Anschauung sein, eine Verstandeshandlung, die wir mit der allgemeinen Benennung Synthesis belegen würden, um dadurch zugleich bemerklich zu machen, daß wir uns nichts, als im Objekt verbunden, vorstellen können, ohne es vorher selbst verbunden zu haben, und unter allen Vorstellungen die Verbindung die einzige ist, die nicht durch Objekte gegeben, sondern nur vom Subjekte selbst verrichtet werden kann, weil sie ein Actus seiner Selbsttätigkeit ist. Auf die richtige Fährte, wie »Verbindung überhaupt« hier zu interpretieren ist, gelangt man durch den (im Grunde selbstverständlichen) Hinweis darauf, daß es dabei laut Kant um eine Verstandeshandlung geht und ferner, daß es um die einzige Vorstellung geht, die durch das Subjekt verrichtet werden kann respektive muß. Zusammengenommen ergibt sich daraus, daß der Verstand nichts anderes ist als das Verbindungsvermögen (genau dies wird in B 135 dann auch expressis verbis gesagt). Erinnert man sich weiter daran, daß der Verstand als das Urteilsvermögen vollständig charakterisierbar war, so folgt, daß es sich bei der Verbindung überhaupt um die propositionale Verbindung handeln muß und gerade nicht um die Verbindung zu einem Komplex (Daß Kant die Differenz zwischen der Einheit eines Komplexes und der propositionalen Einheit wohl nicht hinreichend deutlich war, sei zugestanden). Auch die Rede von der ursprünglichen Einigkeit der Verbindung ergibt wenig Sinn, wenn es um die Verbindung von Sinnesdaten zu einem dann als Objekt vermeinten Komplex geht. Die Verbindung überhaupt stellt nicht einfach die Gattung aller möglichen Arten von Verbindung 224

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dar (wie es der Fall wäre, wenn »Verbindung« der Oberbegriff der [natürlich durchaus heterogenen] Verbindungsbegriffe in Beziehung auf Komplexe wäre). Verbindung ist qua »Verbindung überhaupt« etwas Bestimmtes, und als solches ursprünglich einig. Die Differenz, die durch den Allgemeinheitscharakter des »überhaupt« indiziert ist, ist nicht die zwischen Gattung und Art, sondern die zwischen der propositionalen Verbindung überhaupt und den jeweiligen Fällen ihres Bestehens. Erklärbar wird nun auch die zunächst merkwürdig anmutende Aussage, die Verbindung werde von der Analysis, die ihr Gegenteil zu sein scheine, jederzeit vorausgesetzt. Bezogen auf Auflösung und Verbindung von Komplexen sind Analysis und Synthesis natürlich Gegenteile, und dies nicht nur scheinbar. Wenn hier überhaupt von einem Voraussetzungsverhältnis zu sprechen ist, dann von einem wechselseitigen. Anders verhält es sich aber, wenn unter Synthesis die propositionale Verbindung verstanden wird: Hier besteht nämlich ein einsinniges Voraussetzungsverhältnis; wird etwas z. B. nach seiner kategorialen Struktur hin analysiert (und nicht nach den Bestandteilen, aus denen es zusammengesetzt ist), so ist die entsprechende propositionale Verbindung immer schon vorausgesetzt (dazu, daß die entsprechende Umkehrung nicht gilt, s. u.). Es handelt sich nicht um korrelative Operationen – Analysis und Synthesis befinden sich gleichsam auf verschiedenen Ebenen. Was der Anerkennung der vorgeschlagenen Interpretation entgegensteht, ist die Tatsache, daß man zunächst unter propositionaler Verbindung (der Verbindung im Urteil) eine Verbindung von Begriffen versteht, wohingegen die Verbindung, von der in § 15 Rede ist, sich ausdrücklich auf alles Mannigfaltige, und natürlich insbesondere das Mannigfaltige der Anschauung erstreckt. Und von daher liegt es nahe, eine bloß begriffliche, propositionale Verbindung von einer in irgendeiner Weise realen Verbindung abzugrenzen, um die es eigentlich gehen soll. Nun ist es gerade die Hauptthese von § 15, daß das erstere, das etwas-als-verbunden-Vorstellen, die Verbindung des so Vorgestellten voraussetze. Die These folgt daraus, daß das Urteilen, die (propositionale) Verbindung als Verbindung, als ein Akt der Spontaneität aufgefaßt wird, also A

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weder als ein in-Beziehung-Treten zu etwas objektiv Vorhandenem (also etwa einem Fregeschen Gedanken) noch auch als Nachzeichnen einer die Wirklichkeit prägenden (propositionalen) Struktur (etwa der »logischen Form der Abbildung« des Wittgensteinschen Tractatus); es gilt festzuhalten, daß diese Voraussetzung in keiner Weise trivial ist – für eine radikal nichtkognitive semantische Konzeption gilt sie gerade nicht. Wenn sie aber gemacht wird, so folgt in der Tat, daß die in dem betreffenden Urteil thematische propositionale Verbindung (wohlgemerkt qua Verbindung überhaupt und nicht als das jeweilige faktische Bestehen der Verbindung [dies wäre ja die Wahrheit des betreffenden Urteils]) der Spontaneität zuzurechnen ist – sie ist ja (unter der gemachten Voraussetzung) gar nichts anderes als der Ausdruck der vollzogenen Urteilsverbindung (ihrer allgemeinen Form nach). Das Urteilen (die Verbindung als Verbindung) und die in ihm jeweils thematische Verbindung stellen somit gar keine realiter differenten Sachverhalte dar, was bei Kant nur durch zwei Dinge verschleiert wird: Einmal die Tendenz zur Verwechslung von Komplex und Proposition, zum anderen die wohl in erster Linie darstellungsbedingte psychologistische Vorstellung vom Verstand als einem realen Akteur, der zum einen Begriffe zu der Einheit eines Urteils, zum anderen zu derjenigen des in diesem Thematisierten verbindet. Der dahinterstehende rationale Kern, der oben entwickelt wurde, fällt weitgehend mit der Negation dessen zusammen, was W. Sellars den »Mythos des Gegebenen« genannt hat, also der Vorstellung, daß sich dem Geist die (kategoriale) Struktur des Wirklichen gleichsam aufprägt. In diesem Sinn kann auch mit Kant gesagt werden, daß die der Erkenntnis zugängliche Wirklichkeit eine Erscheinung relativ auf den Verstand sei, ihm »inhäriere« (diese Erscheinungsthese wird von ihm übrigens explizit unterschieden von derjenigen relativ zu den Formen der Anschauung [vgl. etwa B 164]). Es erübrigt sich wohl, daran zu erinnern, was durch die These von § 15 nicht etabliert worden ist, nämlich weder daß hinsichtlich des jeweiligen Anschauungsmannigfaltigen eine Bestimmtheit der propositionalen Verbindung vorliegt, noch daß alles Anschauungsmannigfaltige überhaupt (seiner Möglichkeit nach) auf die propositionale Verbindung beziehbar, m. a. W. dem Verstand zugänglich ist. 226

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Dies darzulegen stellt ja die Aufgabe der transzendentalen Deduktion dar, die mit § 16 in Angriff genommen wird (die These von § 15 bildet allerdings, wie leicht zu sehen ist, dafür eine notwendige Bedingung). Ein wichtiger, vielleicht sogar der wichtigste Schritt dazu wird bereits zu Anfang des § 16 getan (B 131/132): Das: Ich denke, muß alle meine Vorstellungen begleiten können; denn sonst würde etwas in mir vorgestellt werden, was gar nicht gedacht werden könnte, welches eben so viel heißt, als die Vorstellung würde entweder unmöglich, oder wenigstens für mich nichts sein. Diejenige Vorstellung, die vor allem Denken gegeben sein kann, heißt Anschauung. Also hat alles Mannigfaltige der Anschauung eine notwendige Beziehung auf das: Ich denke, in demselben Subjekt, darin dieses Mannigfaltige angetroffen wird. Zunächst einmal mag es so scheinen, als würde hier die Möglichkeit der expliziten Selbstzuschreibung von Vorstellungen (die Möglichkeit, daß ich in Beziehung auf jede einzelne Gegebenheit den Gedanken entwickeln kann, daß ich sie denke oder daß ich mir ihrer bewußt bin) als Basis für weitere Implikationen, konkret die der Synthesis dieser Vorstellungen als sich aus ihrer Zugehörigkeit zu mir ergebend, eingeführt. Daß eine solche Argumentation aussichtslos ist, wurde schon dargelegt. In Wahrheit entwickelt der Text aber eine andere Konzeption. Auffällig ist zunächst einmal, daß nicht, wie in der A-Auflage, vom »stehenden und bleibenden Ich« die Rede ist, sondern von dem: »Ich denke«. Dies wirft insbesondere angesichts dessen, daß es alle meine Vorstellungen (also auch Anschauungen) begleiten können muß, Probleme auf für eine Interpretation, die das Begleitenkönnen als Möglichkeit der expliziten Reflexion deutet. Andererseits muß eine alternative Interpretation den im Begleitenkönnen gelegenen modalen Aspekt erklären können. Hier bieten sich zwei Deutungsmöglichkeiten an, die im übrigen auch miteinander kompatibel sind: 1. Einmal ist der genannte Modalaspekt auf den Spontaneitätscharakter des Denkens beziehbar: Das Gegebensein des Anschauungsmannigfaltigen erzeugt nicht sein Gedachtwerden. 2. Zum anderen ist das Begleitenkönnen interpretierbar als das A

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aktuale Vorliegen der Bedingungen für das Begleiten. Gemeint ist also nicht, daß das Begleiten ins Belieben des Subjekts gestellt ist (abgesehen von dem unter 1. genannten Aspekt, der mit 2. kompatibel ist), sondern daß in der Tat begleitet werden kann und demnach auch begleitet wird (B 132): Denn die mannigfaltigen Vorstellungen, die in einer gewissen Anschauung gegeben werden, würden nicht insgesamt meine Vorstellungen sein, wenn sie nicht insgesamt zu einem Selbstbewußtsein gehöreten, d. i. als meine Vorstellungen (ob ich mich ihrer gleich nicht als solcher bewußt bin) müssen sie doch der Bedingung notwendig gemäß sein, unter der sie allein in einem allgemeinen Selbstbewußtsein zusammenstehen können, weil sie sonst nicht durchgängig mir angehören würden. Die hier angeführte bzw. vorausgesetzte Bedingung ist es ja auch, auf die sich das Interesse richtet. Konkret handelt es sich um nichts anderes als den Vollzug von Synthesis: Die »durchgängige Identität der Apperzeption eines in der Anschauung gegebenen Mannigfaltigen enthält eine Synthesis der Vorstellungen« (B 133); es ist demnach keineswegs so, daß für die Synthesis selbst und damit auch das ›Ich denke‹ noch weitere Voraussetzungen namhaft gemacht werden müßten. Insofern bedeutet das Begleitenkönnen, daß de facto auch begleitet wird. Im übrigen würde eine Identifikation des ›Ich denke‹, das Kant als die ursprünglich-synthetische Einheit der Apperzeption einführt, mit dem expliziten Gedanken ›ich denke‹ die Unterscheidung zwischen synthetischer und analytischer Einheit der Apperzeption unverständlich werden lassen. Synthesis in dem hier in Anspruch genommenen Sinn müsste daher so gedacht werden können, daß in ihm der Aspekt der Meinigkeit, der im Begriff des ›Ich denke‹ zum Ausdruck kommt, schon impliziert ist. Das Scheitern der oben betrachteten Deduktionsversuche beruht nicht zuletzt darauf, daß dann, wenn Selbstbeziehung und Synthesis als realiter differente Sachverhalte in Ansatz gebracht werden, die Notwendigkeit der Synthesis nicht in dem starken Sinn zu etablieren ist, den das Beweisziel der Deduktion erfordert.

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Das ›Ich denke‹ ist also nicht zu identifizieren mit dem expliziten Gedanken ›ich denke‹, sondern dient nur dazu, »alles Denken, als zum Bewußtsein gehörig, aufzuführen.« (B 400) Vgl. auch B 406: Da nun der Satz: Ich denke, (problematisch genommen,) die Form eines jeden Verstandesurteils überhaupt enthält, und alle Kategorien als ihr Vehikel begleite … Kant bezeichnet es auch als den »Actus der Apperzeption« (B 137), durch den gegebene Vorstellungen zu einem Selbstbewußtsein zusammengefaßt würden, wobei hier zu beachten ist, daß im Kantischen Sprachgebrauch unter Selbstbewußtsein (zumindest in einem Großteil von Fällen) nicht die explizite wissende Selbstbeziehung verstanden wird, sondern die Bewußtseinseinheit als solche, insofern sie, vage und vorläufig gesprochen, auf die Möglichkeit der expliziten, wissenden Selbstbeziehung hin orientiert ist. Nun hat die anvisierte Alternativinterpretation natürlich die Frage zu beantworten, weshalb es nicht einfach heißt, das Denken müsse alle meine Vorstellungen begleiten können – eine sicherlich unwillkommene Konsequenz, da diese Behauptung schwer zu begründen sein dürfte, da ja die Anschauung als vom Denken unabhängige Instanz eingeführt wurde. Gefordert ist vielmehr eine Konzeption, die Selbstbeziehung und Denken derart aneinander bindet bzw. vielleicht sogar als Aspekte derselben Sache beschreibt, daß aus der Möglichkeit der Selbstzuschreibung von Vorstellungen die Notwendigkeit der Möglichkeit ihres Gedachtwerdens folgt. Die entsprechende Zuordnung von Ich und Denken ist im Kantischen Text nun zwar in aller Deutlichkeit vorhanden (und zwar schon in der A-Auflage), eine Konzeption, die die geforderte interne Verflechtung aufzeigt, fehlt aber ohne Zweifel. (Was die B-Auflage betrifft, könnte man allenfalls sagen, sie sei in der Urteilsdefinition des § 19 qua Postulat vorhanden, von der Kant ja antizipierend [in der Generalanmerkung der Einleitung zu den »metaphysischen Anfangsgründen der Naturwissenschaft«] behauptet hatte, sie liefere recht verstanden eigentlich schon das Beweisziel der Deduktion, was die zentrale Bedeutung der in dieser Definition festgeschriebenen Beziehung [von Apperzeption und Urteil] unterstreicht.)

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Nun besteht die in B entwickelte Konzeption von Intentionalität geradezu in dem, was hier für das Gelingen des ersten Schritts der ›Deduktion‹ erforderlich zu sein scheint, nämlich in der engen Verbindung von Selbstzuschreibung und Denken bzw. Gedachtwerden. Diese enge Verbindung erweist sich sogar als Identität, und zwar dann, wenn Selbstzuschreibung nicht als explizite Reflexion, als Bezugnahme auf die Einzelperson gefaßt wird und Denken nicht als Vollzug eines konkreten Urteils. Dann nämlich wird das Kantische ›Ich denke‹ interpretierbar als das, was hier als mir-Scheinen-daß bezeichnet wurde. Die beiden genannten Abgrenzungen ergeben sich aus dessen Herleitung: Daß es sich um keine explizite Bezugnahme auf sich (d. h. die betreffende Person) handelt, bedeutet außerdem, daß nur mit einiger Vorsicht von Selbstzuschreibung zu reden ist. Zu beachten ist dabei der Unterschied von Außen- und Innenperspektive, der sich in der Differenz von Objekt- und Subjektgebrauch von ›ich‹ niederschlägt. Aus der Außenperspektive werden in der Tat der konkreten Person, dem Referenten von ›ich‹ bestimmte intentionale Zustände bzw. Akte zugeschrieben, die qua jeweilige Vorkommnisse (im Sinne einer token-token-Identität) durchaus etwa mit bestimmten Gehirnzuständen oder -prozessen identifiziert werden können. Aus der Innenperspektive des mir-Scheinen-daß betrachtet existiert gar kein Bezugspunkt für die Zuschreibung intentionaler Zustände – ›Bezugspunkt‹ ist hier zu verstehen als Referent einer Referenzbeziehung im intentionalen Sinn –, ›ich‹ im Subjektgebrauch stellt ja, was den Aspekt der Referenz im intentionalen Sinn betrifft, ein Scheinsubjekt dar, allerdings ein notwendiges: Denn es stellt als Bezugspunkt der Referenz im semantischen Sinn die Verankerung der es-scheint-Sätze im auf Wahrheitsbedingungen bezogenen Diskurs sicher; insofern ist es auch alles andere als zufällig, daß Objektund Subjektgebrauch von ›ich‹ dasselbe Wort betreffen. Ein isolierter Subjektgebrauch würde eine nutzlose Zeremonie darstellen. Was in der Innenperspektive vorliegt, ist genau dasjenige, was durch die Identifikation der einzelnen intentionalen Zustände mit z. B. neuralen Prozessen nicht erfaßt wird, nämlich Intentionalität als solche. Daß diese Nichtreduzierbarkeit besteht, ergibt sich, wie zu erinnern ist, aus der Anerkennung der Wahrheit der es-scheint-Sätze ohne Bezug auf etwaige Wahrheitsbedingungen, die sich ja umgekehrt erst im Hinblick auf jene Wahrheit bestimmen bzw. legitimieren. Aus der erwähnten Tatsache, daß das ›mir‹ im mir-Scheinen-daß nicht den Bezugspunkt einer Referenz im intentionalen Sinn, das Ge230

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meintsein eines Subjekts bestimmter mentaler Zustände ausdrückt, folgt, daß es sich hier um keinen relationalen Sachverhalt handelt. Die Rede davon, Intentionalität bestehe in einer Subjekt-Objekt-Beziehung, 162 basiert auf einer Bezugnahme auf dasjenige – die konkrete Person nämlich – was als Träger der intentionalen Zustände anzusprechen ist. Diese Bezugnahme erfolgt aber wesentlich aus der Außenperspektive. Was dagegen von innen gesehen sich präsentiert, ist das Wahrgenommene selbst. Die Nichtreduzierbarkeit von Intentionalität (und damit die des Personseins, die ja in Beziehung auf Intentionalität festgehalten werden konnte) ist somit auch dadurch ausdrückbar, daß die Innen- nicht auf die Außenperspektive reduzierbar ist. Dies bedeutet aber keineswegs die Einführung spezifisch subjektiver Sachverhalte, etwa im Sinne eines Theoretikers wie Thomas Nagel, der die Differenz von Subjektivem und Objektivem als für philosophische Probleme wesentlich strukturgebend eingestuft hat. Die ›Innerlichkeit‹ der Innenperspektive impliziert nicht Privatheit, und zwar weder Privatheit im Sinne des Besitzens noch im Sinne eines das betreffende Subjekt privilegierenden Zugangs zu bestimmten Gegebenheiten. Was sich von innen her erschließt oder zugänglich ist, ist ja die Objektivität selbst, sicherlich jeweils nur als begrenzter Ausschnitt, doch diese Begrenztheit ist eine rein kontingente. Allen anderen Personen könnte unter entsprechenden Bedingungen genau dasselbe zugänglich sein. Aus dem perspektivischen Charakter der Wahrnehmung folgt nicht die Unmöglichkeit, gerade diese Perspektive nachzuvollziehen. Wenn also von Selbstzuschreibung die Rede sein soll in dem Sinn, daß mir (im Subjektgebrauch) etwas zugeschrieben wird, so heißt das, daß der betreffenden aus der Außenperspektive identifizierten Person die Präsenz eines Wahrgenommenen (in der Innenperspektive) zugeschrieben wird. 163 Die Außenperspektive in Beziehung auf mich stellt

Wobei noch unausgemacht bleiben mag, ob das Objekt als reales oder bloß intentionales verstanden wird, und auch, ob es sich um einen einzelnen (z. B. wahrnehmbaren) Gegenstand oder aber eine propositional strukturierte Gegebenheit (eine Proposition wie im Sinn von Russell oder aber in dem des Fregeschen »Gedankens«) handeln soll. 163 Diese Präsenz ist, worauf nachdrücklich hinzuweisen ist, kein von dem Wahrgenommenen distinkter Zustand des Subjekts, sondern eben die des Wahrgenommenen selbst. 162

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so die Bedingung der Thematisierung der Innenperspektive dar. Und dies gilt ebenso für die explizite Reflexion auf mich, die ja, da ›ich‹ hier im Sinne einer Bezugnahme im intentionalen Sinn verwendet wird (also im Objektgebrauch), die Einnahme der Außenperspektive der Person hinsichtlich ihrer selbst bedeutet. Ebenfalls aus der Außenperspektive erfolgt die Individuation der bestimmten intentionalen Zustände (hinsichtlich des in der Innenperspektive Präsenten). Damit ist implizit der zweite erwähnte Punkt angesprochen, der berücksichtigt werden muß, um zu einer Identifikation von Selbstzuschreibung und Gedachtwerden in einer Weise zu kommen, die die Kantische Schlußfolgerung in § 16 nachzuvollziehen erlaubt. Es handelt sich darum, daß das Denken (und entsprechend das Gedachtwerden) nur aus der Außen-, nicht jedoch aus der Innenperspektive, der des ›Ich denke‹ bzw. des mir-Scheinen-daß, als Vollzug eines konkreten Urteils auzufassen ist. Im Prinzip wurden die Gründe dafür schon in A.II genannt, die damit zusammenhängen, daß die Wahrheit der entsprechenden esscheint-Sätze als a priori gesichert vorausgesetzt werden muß. Dies könnte jedoch in dem Fall der Zuschreibung bestimmter Urteile (und damit auch bestimmter intentionaler Zustände) auch hinsichtlich der Innenperspektive gerade nicht als gesichert angenommen werden, vor allem wegen der mit der Bedeutung der in den betreffenden Urteilen verwendeten Ausdrücke notwendig verbundenen theoretischen Komponente, aber auch wegen der Probleme, die sich aus der Voraussetzung einer Sprachkompetenz ergeben könnten, deren Zuschreibung von der bestimmter Urteile wohl impliziert sein dürfte. Die zitierte Eingangsthese des § 16 wird nun unter Voraussetzung des genannten Interpretaments relativ leicht begründbar. Das ›Ich denke‹ kann dabei gedeutet werden als das mir-Scheinen-daß als solches, als die (propositionale) Verbindung überhaupt, von der in § 15 die Rede war und auf dessen nähere Bestimmung er im übrigen an seinem Ende zusteuerte. Es muß deshalb alle meine Vorstellungen begleiten können, weil sie sonst nicht mir (im Subjektsinn, d. h. als erkennendes Subjekt) zugeordnet werden könnten, d. h. für mich (im epistemischen Sinn) nichts wären. Der Nerv der Begründung liegt dabei, wie schon angekündigt worden ist, darin, daß im mir-Scheinen-daß Denken und Selbstbeziehung derart zusammengeführt werden, daß die Möglichkeit 232

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des Gedachtwerdens und die Zuordenbarkeit zum epistemischen Subjekt zusammenfallen. Die Einheit des ›Ich denke‹ wird von Kant auch als ursprünglich-synthetische Einheit der Apperzeption bezeichnet, im Unterschied zu der analytischen Einheit der Apperzeption, wobei die analytische (d. h. »daß ich mir die Identität des Bewußtseins in diesen Vorstellungen selbst vorstelle« [B 133]) die synthetische Einheit voraussetzen soll. Das in der Anmerkung zu B 133 gegebene Argument 164 für eine Vorordnung der synthetischen Einheit (wobei nicht eindeutig klar ist, ob es gleichzeitig ein Argument für die im Haupttext postulierte Vorordnung sein soll) kann allerdings nicht überzeugen: Zwar mag es plausibel sein (die Voraussetzungen, die dabei noch im Spiel sind, mögen hier vernachlässigt werden), daß die analytische Einheit des Bewußtseins als dasjenige, was die Form des conceptus communis konstituiert, hinsichtlich eines möglichen Bezugspunktes von dessen Verwendung voraussetzt, daß dieser als möglicher Bezugspunkt der Verwendung auch anderer Allgemeinbegriffe und somit als synthetische Einheit denkbar ist. Das Argument läßt sich aber leicht umkehren, was nicht verwundert, da es sich ja um ein Korrelationsargument handelt (die Korrelation ist die von Einzelnem und Allgemeinem respektive von Referenz und Prädikation); die synthetische Einheit des Einzelnen setzt die analytische Einheit der conceptus communes voraus, da sie ja nichts anderes ist als die (mögliche) synthetische Einheit von deren Instantiierungen. Im übrigen ist an dieser Stelle wieder die Verwechslung von Einheit des Komplexes (des Einzelnen) und des Urteils zu konstatieren, die Kants Rede von synthetischer Einheit durchweg affiziert. 164 »Die analytische Einheit des Bewußtseins hängt allen gemeinsamen Begriffen, als solchen, an, z. B. wenn ich mir rot überhaupt denke, so stelle ich mir dadurch eine Beschaffenheit vor, die (als Merkmal) irgend woran angetroffen, oder mit anderen Vorstellungen verbunden sein kann; also nur vermöge einer vorausgedachten möglichen synthetischen Einheit kann ich mir die analytische vorstellen. Eine Vorstellung, die als verschiedenen gemein gedacht werden soll, wird als zu solchen gehörig angesehen, die außer ihr noch etwas Verschiedenes an sich haben, folglich muß sie in synthetischer Einheit mit anderen (wenn gleich nur möglichen Vorstellungen) vorher gedacht werden, ehe ich die analytische Einheit des Bewußtseins, welche sie zum conceptus communis macht, an ihr denken kann. Und so ist die synthetische Einheit der Apperzeption der höchste Punkt, an dem man allen Verstandesgebrauch, selbst die ganze Logik, und, nach ihr, die Transzendental-Philosophie heften muß, ja dieses Vermögen ist der Verstand selbst« (B 133–135).

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Der wirkliche Grund dafür, daß die analytische die synthetische Einheit des Bewußtseins voraussetzt, ist, wie schon dargelegt wurde, darin zu suchen, daß die explizite Reflexion auf mich als den Denker aller meiner Vorstellungen, hinsichtlich deren ich also derselbe bin bzw. mich als solcher denke, die synthetische Einheit, den Vollzug des ›Ich denke‹ voraussetzt. (Davon, daß die explizite Reflexion wegen der referentiellen Rolle des Personalpronomens noch an andere Bedingungen gebunden ist [man denke an die Verflechtung von Subjekt- und Objektgebrauch von ›ich‹], die Kant nicht reflektiert und in seinem Rahmen auch nicht reflektieren kann, sei hier ganz abgesehen.) Denn die Zurechenbarkeit zu mir als dem epistemischen Subjekt fällt ja mit dem Vollzug des ›Ich denke‹ zusammen (bzw. dessen Möglichkeit, wenn von jener Zurechenbarkeit gewissermaßen in präkognitivem Sinne die Rede ist). Die Basis der transzendentalen Deduktion bildet somit nicht eine Eigenschaft meiner selbst (auch nicht die, urteilende Instanz zu sein), deren Implikationen das Anschauungsmannigfaltige deshalb unterworfen ist, weil bzw. insofern es mir als epistemischem Subjekt zuzuordnen ist. Vielmehr ergeben sich jene Implikationen direkt aus dieser Meinigkeit des Anschauungsmannigfaltigen, weil der Einheitssinn des Bewußtseins, aus denen sie sich ergeben, mit der Meinigkeit zusammenfällt. Jener Einheitssinn wurde als der der propositionalen Verbindung identifiziert. Dies mag zu der Frage veranlassen, ob damit wirklich der Einheitssinn alles meines Bewußtseins, die gesamte Erfahrung als meine Erfahrung erreicht wird bzw. ob diese umfassende Einheit sich aus den kleineren (propositionalen) Einheiten gleichsam zusammensetzt. In Wahrheit besteht aber hier gar kein realer Konflikt. Denn jene ursprüngliche propositionale Einheit der »Verbindung überhaupt« ist sicherlich nicht unmittelbar gleichzusetzen mit dem Einheitssinn konkreter Sätze respektive den ihnen korrespondierenden, von einer entsprechenden, intentionale Begrifflichkeit verwendenden empirischen Theorie (z. B. von dem Typ, den Davidson in seiner Konzeption der radikalen Interpretation vorschlägt) zu identifizierende Meinungen bzw. einzelnen Wahrnehmungen. Dies heißt andererseits natürlich nicht, daß hier gar keine Beziehung bestünde. Zumindest steht ja fest, daß Begriffe, die sich auf Sprachliches beziehen, notwendig sind für die Thematisierung jenes ursprünglichen ›Ich denke‹. Festzuhalten bleibt auf jeden Fall, daß die Antwort auf die Frage noch offen ist, wie genau 234

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sich jene ursprüngliche Beziehung auf Objektivität verhält zu denjenigen Objektivitäts- bzw. Wahrheitsansprüchen, die sich ganz konkret in bestimmten Sätzen artikulieren, und zwar sowohl in solchen, die Wahrnehmbares, als auch solchen, die dies nicht zum Gegenstand haben. In den §§ 18/19 charakterisiert Kant die ursprünglich synthetische bzw. transzendentale auch als »objektive Einheit der Apperzeption«, die als »logische Form aller Urteile« zu gelten habe. Dies liegt einerseits ganz in der Linie der vorgeschlagenen Konzeption und stellt, was deren interpretatorischen Aspekt angeht, mit deren größte Evidenzbasis dar. Andererseits ist auf die Möglichkeit einiger (nun vom sachlichen Aspekt her gesehen) Mißverständnisse hinzuweisen. Einmal könnte man versucht sein, die Bezeichnung »objektive Einheit« und ihre Identifikation mit der ursprünglich-synthetischen Einheit nicht wörtlich genug zu nehmen und sie als Leistung bzw. Projektion des davon noch different zu denkenden Subjekts aufzufassen. Inwiefern dies inadäquat ist, wurde schon dargelegt. Ferner legt Kants Unterscheidung von subjektiver und objektiver Einheit, die noch in Beziehung zu setzen wäre zu der in den Prolegomena getroffenen Unterscheidung zwischen Wahrnehmungs- und Erfahrungsurteilen, es nahe zu meinen, es gäbe für die erkennende Subjektivität zwei gleichursprüngliche Möglichkeiten, sich hinsichtlich des Gegebenen zu verhalten, nämlich es entweder sozusagen »zum Subjekt« oder aber »zum Objekt« zu verbinden. 165 Daß auch dies nicht haltbar ist und die bloß subjektive Einheit daher gegenüber der objektiven derivativ sein muß (in der Tat dependiert ihre Existenz von der Einführung des empirischen Subjekts als Teil der Objektivität), ergibt sich unmittelbar aus der vorgeschlagenen Deutung des ›Ich denke‹. Die Identifikation von Selbstzuschreibung und Denken bzw. Gedachtwerden des ›Erscheinenden‹ ergibt sich also unmittelbar, wenn Selbstzuschreibung und Denken in der oben erläuterten Weise interpretiert werden. Insofern etwas dem epistemischen Subjekt in diesem Sinne erscheinen kann, ist es den Bedingungen des Denkens unterworfen.

165 Eine solche Auffassung vertritt etwa G. Prauss in: Erscheinung bei Kant. Berlin 1971.

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Bevor näher erörtert wird, was mit Letzterem gemeint sein kann, wäre noch ein möglicher Einwand zu behandeln, der infrage stellt, ob hiermit überhaupt ein Schritt in Richtung der Legitimation der Objektivitätsthese getan worden ist. Ist nicht, so wäre der Einwand zu formulieren, das, was erscheint, auch nur etwas Subjektives, das – mit Kant zu reden – nur einem anderen Vermögen (der Rezeptivität nämlich) der Subjektivität zuzuordnen ist? Wäre alles andere, also ein direktes beiden-Objekten-Sein, nicht ein völlig unerklärbares Postulat? Die Antwort lautet, daß dies in der Tat nicht aus etwas anderem herleitbar ist, also nicht deduzierbar im modernen (nichtkantischen) Sinn. Allerdings – und dies spricht gegen den Einwand – ist das beklagte Erklärungsdefizit nicht dadurch zu beseitigen, daß man das Erscheinende ›näher‹ an das Subjekt heranrückt. Denn eine solche Nähe ist allenfalls eine kausale, was den epistemischen Aspekt betrifft, ist die Situation (bzw. die Schwierigkeit, falls sie eine ist) genau die gleiche. Andererseits heißt das nicht, daß damit das Scheitern des Objektbezuges im Sinne einer massiven Täuschung ausgeschlossen wäre. Es bedeutet lediglich, daß diese Möglichkeit rein empirischer Natur ist.

II.2. Objektivitt und Urteilsstruktur Was bis jetzt dargelegt wurde, ist das Zusammenfallen der Zugänglichkeit des Wahrnehmbaren für das epistemische Subjekt mit der Tatsache, daß es möglicher Inhalt eines Wahrheitsanspruches und insofern den Bedingungen von Propositionalität unterworfen ist. Der Grund für dieses Zusammenfallen liegt in der in B entwickelten Bindung von Intentionalität (und insbesondere Wahrnehmung) an die Wahrheit bestimmter Aussagen. Daß es sich dabei um Wahrheit handelt und nicht nur um Wahrheitsansprüche, ist in diesem Kontext besonders hervorzuheben; ansonsten wäre ja das genannte Unterworfensein unter die Bedingungen von Propositionalität nicht als wirklich, sondern nur als beansprucht vorauszusetzen. Was damit allerdings noch nicht einsichtig gemacht wurde, ist die Legitimität des Bezugs auf Objektivität als solche, d. h. auf etwas, das (im allgemeinen) von den Meinungen über es und hier seinem Wahrgenommenwerden unabhängig Bestand hat. Das konstatierte Unterworfensein unter die Bedingungen von Propositionalität hängt gerade 236

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im Gegenteil von dem aktualen Bestehen einer intentionalen Beziehung ab. Es wurde nun schon oben darauf hingewiesen, es könne keine Deduktion des Begriffs der Objektivität von Wahrheitsbedingungen erwartet werden. Wenn also die Legitimität dieses Begriffs bzw. seiner jeweiligen Inanspruchnahme dargelegt werden soll, kann das nur heißen, daß zu zeigen ist, inwiefern der direkte Bezug auf das mir-soScheinende, in dem dieses von der Beziehung darauf nicht ablösbar ist (et vice versa), kompatibel ist damit, daß ein Bezug auf Objektivität als solche vorliegt. Erst mit diesem Schritt ist auch die Legitimität des Sinns von Wahrheit aufgezeigt; denn erst dann wird es möglich, von etwas zu reden, was wahr oder falsch sein kann. Bliebe es bei dem mir-Scheinendaß, wäre dies gerade nicht der Fall. Es wurde schon angedeutet, daß dieser zweite Schritt in der Legitimation der Objektivitätsthese zusammenhängt mit dem Übergang von Propositionalität überhaupt zu einer Satzstruktur, in der sich die Beziehung auf Objektivität reflektiert. Es handelt sich um den Dualismus von Referenz und Prädikation. Dieser ist strukturell sicherlich völlig unabhängig von der Beziehung auf Intentionalität zu explizieren, 166 im hier anstehenden Legitimationszusammenhang wird es jedoch darauf ankommen, ob und in welcher Weise dieser Dualismus in Relation zu der direkten Beziehung auf wahrgenommene Gegebenheiten zu bringen ist. Damit würde es dann auch möglich, die genannte Kompatibilität von direkter Beziehung auf Wahrgenommenes mit der Beziehung auf Objektivität als solche darzulegen. 167 Dabei ist anzunehmen, daß der bestimmte Typ von Objektivität, der in diesem Zusammenhang der Legitimation von Objektivitätsansprüchen überhaupt eine Rolle spielt, anderen Typen von ObjektiviW. V. O. Quine hat z. B. (in The Roots of Reference. La Salle, Ill. 1974) in der Form einer »ontogenetischen Spekulation« den Versuch unternommen, die strukturelle Ausdifferenzierung der Urteilsform unter dem Aspekt der Entwicklung der Objektbeziehung nachzuzeichnen von dem primitiven Stadium der Ein-Wort-Sätze bis zu dem vollständigen Apparat des Prädikatenkalküls mit der referentiell (»objektuell«) verstandenen Quantifikation. 167 Diese Kompatibilität kann ja deshalb nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden, weil jene direkte Beziehung, anders als diejenige auf Objektivität als solche (von unseren Meinungen unabhängige), nicht die Möglichkeit der Täuschung offenläßt. 166

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tät in gewisser Hinsicht (der epistemischen nämlich) vorgeordnet ist. Es fällt nicht schwer zu erraten, daß damit das Verhältnis von wahrnehmbaren und theoretischen Objekten gemeint ist. Ferner wird sich zeigen, daß mit diesem Schritt die Legitimation der Anwendung der Relationskategorien Substanz und Kausalität einhergeht, womit ein Berührungspunkt mit der Kantischen Theorie genannt wäre. Das intendierte Vorhaben läßt sich nun auch etwas konkreter formulieren: Es geht um wahrnehmbare Gegebenheiten, die unabhängig davon existieren, daß sie wahrgenommen werden. Einzuführen ist also die Differenz von bloßen Instantiierungen wahrnehmbarer Qualitäten von einzelnen wahrnehmbaren Objekten. P. F. Strawson hat gezeigt, daß die Räumlichkeit bzw. eine dazu analoge Dimension die Bedingung für die Einführung dieser Differenz darstellt. 168 Ferner ist noch das Faktum der zeitlichen Verfassung des Wahrgenommenen und der Wahrnehmung in Rechnung zu stellen. Was in diesem zweiten Schritt gerechtfertigt werden soll, könnte man also auch eine Ontologie nennen, nämlich die Ontologie von im Raum befindlichen, einzelnen, wahrnehmbaren, sich im Laufe der Zeit möglicherweise verändernden und vielleicht zu existieren aufhörenden Objekten, die durchgängig einer (realen) kausalen Verknüpfung unterworfen sind. Nun ist spätestens seit Quine Zweifel am Sinn einer Rede davon angebracht, eine Ontologie sei zu legitimieren, falls es dabei nicht um theorieinterne, d. h. empirische Fragen geht, wovon hier ja abgesehen werden kann. Inwiefern wäre etwa eine Ontologie konkre168 Um jene Differenz legitimerweise annehmen zu können, muß nämlich Raum geschaffen werden für den Gedanken der Differenz der Wiederkehr derselben (numerisch identischen) wahrnehmbaren Gegebenheit zu der wiederholten Instantiierung derselben wahrnehmbaren Qualität bzw. Qualitäten. Und um diese Differenz wiederum als etwas festhalten zu können, was sich in einer (möglichen) kognitiven Praxis manifestieren kann und nicht nur eine rein theoretische, diese Praxis auch der Möglichkeit nach nicht tangierende begriffliche Distinktion bleibt, wird der Gedanke der Existenz eines wahrnehmbaren Einzelnen notwendig, das sich ›an einem anderen Ort befindet‹ (vgl. Individuals, a. a. O., Teil I, Kapitel 2). Die Annahme der Räumlichkeit bildet so die Voraussetzung für die Annahme der Existenz eines einzelnen Wahrnehmbaren, die im Prinzip von dessen faktischem Wahrgenommenwerden unabhängig ist. Räumlichkeit stellt somit eine notwendige (wenn auch nicht hinreichende) Bedingung für wahrnehmbare Objektivität dar.

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ter Ereignisse als falsch zu bezeichnen, oder auch sogar eine Ontologie sogenannter abstrakter Objekte wie Mengen, sofern sich in Beziehung auf die Wahrheitswerte der einzelnen empirischen Sätze keine Differenz ergibt? Die Frage nach der Ontologie betrifft die Wahl einer bestimmten Ausdrucksweise, die praktikabel sein mag oder nicht, aber nicht legitim oder illegitim. Allerdings mag es sein, daß eine bestimmte Ausdrucksweise es erlaubt, etwas philosophisch (etwa epistemologisch) Relevantes zu artikulieren, was mit anderen Ausdrucksweisen nicht gelingen kann. Beispielsweise mag es sein, daß die Artikulierbarkeit der Legitimität des Sinnes von Wahrheit von der Bezugnahme auf eine bestimmte, nämlich die obengenannte Ontologie abhängt. Und in diesem indirekten Sinn wäre eine solche Ontologie, eben die des ›natürlichen Weltbildes‹ dann als gerechtfertigt zu bezeichnen. Noch ein weiterer, im Verlauf der Argumentation wichtiger Aspekt ist zu erwähnen: Der ursprüngliche Wirklichkeitsbezug des mir-Scheinen-daß ist ein Bezug auf Wirklichkeit qua Aktualität; in B.III wurde erläutert, inwiefern dadurch Aktualität sogar definiert ist. Die Wichtigkeit dieser Tatsache besteht darin, daß es sich hierbei um eine nicht von deskriptiven Mitteln abhängige Beziehung auf Wirklichkeit handelt. Sie kann daher auch dann noch behauptet werden, wenn eine allein auf Deskriptivität beruhende Objektbeziehung aus bestimmten Gründen nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. Aus diesem Grund ist sie auch in der Lage, letztere in einem solchen Fall zu ›stabilisieren‹. In dieser Funktion nun wird die angesprochene Beziehung auf Wirklichkeit qua Aktualität im folgenden auftreten: nämlich als Garantie dafür, daß auch dann noch ein Wirklichkeitsbezug zu behaupten ist, wenn eine bestimmte (aus den oben erläuterten Gründen notwendige) deskriptive Beziehung auf Wirklichkeit, nämlich auf einzelne, wahrnehmbare Objekte, von Inkohärenz bedroht ist dadurch, daß der Faktor der zeitlichen Veränderung dieser Objekte in Rechnung zu stellen ist. Das Argument, das dazu führen soll, stellt also eine Kombination dar aus den bisher genannten Implikationen der objektiven Einheit der Apperzeption, von denen die eine den Begriff der Objektivität, die andere die Legitimität des Wahrheitssinnes betrifft. Diese Kombination wiederum erweist sich nur als möglich durch den Rekurs auf ein drittes A

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Moment, nämlich das Faktum der zeitlichen Verfaßtheit des Anschauungsmannigfaltigen, ein Faktum, das durch diese theoretische Konstellation zu mehr wird als lediglich einer kontingenten Bedingung, nämlich zu einer internen Komponente der Konzeption von wahrnehmbaren Objekten. Ausgangspunkt ist die Bezugnahme auf einzelne Objekte im Raum (die erstgenannte Implikation), die sich in der Zeit verändern. Dies, d. h. die mögliche Abfolge kontradiktorischer Bestimmungen in Beziehung auf dasselbe identische Objekt führt auf das Problem, wie dieses Objekt überhaupt als einzelne Substanz zu begreifen ist, d. h. als etwas, das (mit logischer Notwendigkeit) das ist, was es ist, und nichts anderes. Natürlich bietet sich eine Möglichkeit an, sich dieses Problems auf bequeme Weise zu entledigen, nämlich durch eine Deindexikalisierung der Zeit, die eine Veränderung der Ontologie zur Folge hat, konkret etwa den Übergang entweder zu einer Ontologie vierdimensionaler Entitäten oder einer Ontologie konkreter Ereignisse. Es wurde oben schon hervorgehoben, daß eine solche alternative Ontologie nicht als falsch oder illegitim zu bezeichnen ist, daß sie aber unter Umständen philosophisch Signifikantes nicht zu artikulieren in der Lage ist. In diesem Fall wären das die beiden genannten Implikationen der objektiven Einheit der Apperzeption, nämlich einmal die Räumlichkeit eines wahrnehmbaren Einzelnen – die genannten Alternativontologien würden die Differenz von Einzelnem und Allgemeinem in der Form aufheben, in der sie die Basis für die Einführung des Begriffs von Objekten als solchen bildet 169 (das Strawsonsche Argument wäre nicht mehr durchführbar) –, zum anderen die Beziehung auf die Wirklichkeit qua Aktualität, deren Artikulierbarkeit, wie noch zu zeigen sein wird, von der Annahme einer Ontologie sich in der Zeit verändernder Substanzen abhängt. 170 Eine Deindexikalisierung der Zeit würde zum Auftreten von Prädikaten wie ›rotzur-Zeit-t1‹ führen; dies bezeichnet jedoch keine (zu einer bestimmten Zeit) wahrnehmbare Eigenschaft – t1 ist keine wahrnehmbare Gegebenheit –, anders als ›rot‹, das (zur Zeit t1 wie auch allen anderen Zeitpunkten) für eine solche wahrnehmbare Eigenschaft steht. 170 Daß die Artikulierbarkeit des letztgenannten Aspekts, nämlich der Beziehung auf Wirklichkeit qua Aktualität, von dieser Annahme dependiert, leuchtet wohl nicht auf 169

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Diese vorausgesetzte Beziehung auf Wirklichkeit qua Aktualität ist es auch, die es ermöglicht bzw. erzwingt, das sich in der Zeit Verändernde überhaupt als etwas denken zu können, dem das, was ihm zukommt, notwendigerweise zukommt, weil es nämlich notwendigerweise (im Sinne von logischer Notwendigkeit) das ist, was es ist, und das heißt, es überhaupt als etwas Wirkliches denken zu können – denn von allem Wirklichen gilt, daß ihm notwendigerweise das zukommt, was ihm zukommt, und nichts anderes. Es geht also um die Vereinbarkeit von Kontingenz des Zustands – der jeweilige Zustand kommt einem Objekt für sich genommen nicht notwendigerweise zu, da es ja zumindest der Möglichkeit nach einmal nicht in ihm war oder einmal nicht mehr in ihm sein wird – mit der Wirklichkeit des Objekts (die Zeitlichkeit spielt dabei die Rolle der Möglichkeitsbedingung für die Denkbarkeit von [realer] Kontingenz). Die Sequenz der Zustände eines Objekts muß daher als eine notwendige begriffen werden können – dies führt auf die Kategorie der Kausalität, die gleichsam die Inkohärenz der Ontologie der wahrnehmbaren Substanzen auffängt. Bevor die Überlegung noch weiter verfolgt wird, sei darauf hingewiesen, daß, obwohl sie auf den ersten Blick vielleicht etwas fremdartig erscheinen mag, es für sie sehr wohl eine gewisse Basis bei Kant gibt, und zwar in den späten Metaphysikreflexionen. Vgl. z. B. Reflexion 5929: Wenn ich etwas durch den Verstand als zufällig denke, so kann ich eben dasselbe durch den Verstand nicht als existirend denken ohne eine Ursach. Reflexion 6391: Wir können uns kein existirend Ding in Aller Absicht als Zufallig dencken. (Denn da wäre es als Gegenstand der Erfahrung etwas, für die Vernunft aber nichts.)

den ersten Blick ein. Nun bedeutet Artikulation immer Bestimmung gegen anderes; es wird sich zeigen, daß in Beziehung auf diese Annahme der Ontologie einzelner, der zeitlichen Veränderung unterworfener Objekte die Differenz zwischen einer Beziehung auf eine Wirklichkeit, die auch die einer bloß möglichen Welt sein könnte, und einer Beziehung auf Wirklichkeit qua Aktualität hervortritt und somit die Bedingungen dafür gegeben sind, letztere als solche zu artikulieren. A

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Reflexion 5769: Das Gegenteil der Prädicate eines Dinges kann wohl möglich seyn, aber nicht das Gegenteil des Daseyns in der durchgängigen Bestimmung. Vgl. auch die Reflexionen 5794, 5809, 5913, 5917, 6410 und 6413. Sicherlich ist es nicht möglich, aus solchen Äußerungen eindeutig eine kohärente Argumentation herauszuinterpretieren, und schon gar nicht die oben vorgeschlagene, die ohne Zweifel Komponenten enthält, die bei Kant nicht zu finden sind (z. B. das an Strawson angelehnte Argument – die Problematik der Wahrnehmbarkeit und Einzelnheit der Substanz[en] spielt bei Kant keine Rolle). Was aber in der Tat aus den genannten Stellen herauszulesen ist, ist die Bindung des Modalcharakters von Kausalität an einen Begriff von Existenz, der nicht durch den Existenzquantor artikulierbar ist, sondern eine Modalbestimmung bedeutet (ein »Setzen des Dings außerhalb des Begriffs« [vgl. Reflexion 6382]) 171 , eben die der Aktualität; in diesen Zusammenhang gehört auch die bekannte These, ›Sein‹ sei offenbar kein reales Prädikat (vgl. B 626). Ferner ist der Zusammenhang von Zeitlichkeit und der Denkbarkeit (realer) Kontingenz Kant sehr wohl bewußt (vgl. Reflexion 5948), außerdem, wie aus den Zitaten hervorgeht, die Tatsache, daß die Kombination von Kontingenz und wirklichem Dasein auf den Begriff der Kausalität führt. Auch im Grundsatzkapitel selbst, und zwar in den in der B-Auflage hinzugekommenen Passagen, finden sich, wenn man sie nur einmal unter diesem Aspekt betrachtet, (zugegebenermaßen recht entfernte) Hinweise auf den dargelegten sachlichen Zusammenhang: z. B. das Bewußtsein von dem modalen (und nicht bloß relationalen) Aspekt der Zufälligkeit, der für die Einführung der Kausalität entscheidend ist (vgl. B 289/B 290); auch gibt es Stellen, die (vielleicht nicht notwendig) so gedeutet werden können, daß die enge Bindung der Begriffe von Notwendigkeit und Objektivität aneinander herrührt von einem Bezug auf die wirkliche Existenz der Erfahrungsobjekte (in Differenz zur bloßen Zusammenstellung des Mannigfaltigen in der Apprehension [vgl. 171 Bei Kant selbst spielt in diesem Zusammenhang sein »Grundsatz der durchgängigen Bestimmung (bzw. Bestimmtheit) alles Existierenden« eine Rolle, von dem hier aber abgesehen werden soll.

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B 218/219]) und nicht aus der Zuordnung von Geregeltheit (im Unterschied zum subjektiven, zufälligen »Geratewohl«) und Objektivität, die etwa das Hauptargument der zweiten Analogie bestimmt. (Es ist dabei auch darauf hinzuweisen, daß der Regelbegriff sowohl aus der Hauptüberschrift des Analogienkapitels verschwunden ist wie auch aus der Formulierung der zweiten Analogie.) Daß es trotzdem nicht möglich ist, in der Begrifflichkeit des historischen Kant das vorgeschlagene Argument nachzuvollziehen, hat neben der Tatsache, daß Kant sowohl das Verhältnis von Einzelsubstanzen zu der Substanz wie auch das Problem der Wahrnehmbarkeit der Substanzen (im Verhältnis zur wissenschaftlichen Erklärung ihres Verhaltens, die noch durch die Kausalitätskategorie ihre Legitimation erhalten dürfte [s. u.]) kaum reflektiert, damit zu tun, daß die zentrale Prämisse des Arguments innerhalb des Buchstabens der Kantischen Theorie geradezu einer Quadratur des Zirkels gleichkommt: Diese Prämisse bestand ja darin, daß die Beziehung auf Wirklichkeit qua Aktualität (also mit Kant gesprochen auf das als absolut außer dem Verstand als dem Vermögen der Begriffe Gesetzte) geradezu den Wahrheitssinn ausmachte, m. a. W. der Verstand (die ursprünglich-synthetische Einheit der Apperzeption) als solcher wesentlich die Beziehung auf die durch Begrifflichkeit nicht einholbare Aktualität ist. Zwar stellt Kant in der Tat eine Beziehung her zwischen dem Sein als nichtrealem Prädikat und dem Sein als Kopula (vgl. B 626/627), und in der Urteilsdefinition der B-Auflage ist, wenn man sie nur im Lichte einer angemessenen Bestimmung des ›Ich denke‹ liest, jene Beziehung enthalten. Sie erscheint nur dann paradoxal, wenn in psychologistischer Manier der Verstand als eine Art realer Akteur gedacht wird, innerhalb dessen sich die Begrifflichkeit befindet und außerhalb dessen die zu erkennende Realität anzutreffen ist, die dann auf in der Tat schwer begreifliche Weise mit der Sphäre der Kognitivität vermittelt werden muß. Außerdem spielt sicher eine Rolle, daß der Primat des Urteils gegenüber dem Begriff (trotz der Urteilsdefinition der B-Auflage) nicht wirklich realisiert wird. Ferner macht sich hier ein anderes grundlegendes Defizit der Kantischen Theorie bemerkbar, nämlich das Fehlen einer ausgearbeiteten Konzeption der wissenden Selbstbeziehung. Wie man weiß, war Kant A

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der Meinung, eine solche Konzeption sei 1) gar nicht möglich und 2) für sein Projekt auch gar nicht erforderlich; es würde genügen, in Beziehung auf das Faktum der Apperzeption die entscheidenden funktionalen Zuordnungen herauszuarbeiten. Diese Zuordnungen, etwa die zwischen Denken und Meinigkeit, Urteilssinn und Realität (qua aktualer Anschauungsmannigfaltigkeit) sind in der Tat auch vorhanden; ihre Berechtigung bleibt wegen des Fehlens einer subjektivitätstheoretischen Konzeption aber im Dunkeln, und dies dürfte der eigentliche Grund für den immer wieder zu konstatierenden Rückfall in Vorstellungen sein, die die Theorie ihrem Geiste nach schon längst hinter sich gelassen hat. Um zu dem oben kurz skizzierten Argument zurückzukommen, das sozusagen der Sache nach den zweiten Teil der transzendentalen Deduktion bildet, so resultiert es, wie schon erwähnt, aus einer Kombination der beiden Implikationen der objektiven Einheit der Apperzeption, die durch die zeitliche Verfaßtheit des Anschauungsmannigfaltigen hervorgerufen wird. Diese nämlich würde (falls man nicht den aus anderen Gründen versperrten Weg der Deindexikalisierung der Zeit beschreitet) zu einer Inkohärenz und damit Auflösung der ersten Implikation, nämlich der Ontologie einzelner wahrnehmbarer Objekte im Raum, führen, wenn nicht auf einen (durch den ersten Schritt der Deduktion schon legitimierten) Objektivitäts- bzw. Wirklichkeitsbezug rekurriert werden könnte, der qua Beziehung auf die Aktualität des Wirklichen nicht gebunden ist an bestimmte begriffliche Charakterisierungen der Realität und so auch nicht durch eine etwaige Inkohärenz solcher Charakterisierungen aufgehoben wird. Andererseits heißt das keineswegs, daß deshalb etwa eine inkohärente Beschreibung der Wirklichkeit akzeptiert werden müßte, sondern nur, daß eine Spannung besteht zwischen der Weise, wie das jeweilige Gegebene (nämlich als Wahrnehmbares) präsent ist, und der Notwendigkeit (erste Implikation), es als einzelnes Objekt zu denken, wobei die Identität über die Zeit die Bedingung dafür darstellt, die Einzelnheit des Objekts von der bloßen Kopräsenz von Allgemeinem unterscheiden zu können und damit überhaupt Raum zu schaffen für den Gedanken der Differenz zwischen objektiven Sachverhalten und bloß subjektiven Vorstellungen.

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Die angesprochene Inkohärenz ergibt sich nicht in Beziehung auf die jeweilige Wahrnehmungssituation (zu einer bestimmten Zeit), sondern erst durch den Gedanken der Identität über die Zeit des jeweiligen Gegebenen als eines einzelnen Objekts. Die begriffliche Beziehung auf wahrnehmbare Objektivität als solche ist also an den Gedanken eines über die Zeit identischen Einzelnen gebunden. Nun hat es nicht an Vorschlägen gefehlt, die mit dem Gedanken dieser Identität verbundenen Schwierigkeiten zu bewältigen (von der oben schon diskutierten Möglichkeit des Übergangs zu alternativen Ontologien einmal ganz abgesehen). Einmal gibt es die aus dem Empirismus vertraute Konzeption, das Einzelne als Bündel seiner (wahrnehmbaren) Eigenschaften aufzufassen. 172 Dies ist erstens überhaupt keine Antwort auf das gestellte Problem, da sie ja deren wesentliches Moment, nämlich die Differenz zwischen Einzelnem und Allgemeinem, zu einer mehr oder weniger bloß verbalen nivelliert – es gibt in sensu stricto dann auch keine Identität eines sich verändernden Einzelnen über die Zeit. Zweitens kommt hier eine weitere Verwirrung zum Vorschein, wenn man diese Konzeption auch als Versuch einer Antwort auf die Frage betrachtet, wie sich wahrnehmbares Allgemeines und Einzelnes sozusagen real zueinander verhalten, wobei die Antwort hier natürlich lautet, daß das Allgemeine das Einzelne konstituiert. Irrig ist dabei die Meinung, die Tatsache, daß ein genuin Einzelnes bestimmte Eigenschaften hat, dadurch interpretieren zu können, daß es aus diesen Eigenschaften bestehe. 173 Vorausgesetzt ist dabei eine (oben schon angesprochene) Projektion der Prädikationsstruktur auf die Realität, die überhaupt erst die Frage nach der Art eines realen Verhältnisses von Einzelnem und Allgemeinem aufkommen läßt. Eine solche Projektion ist aber ohne weitere spezifische Begründung illegi172 Sicherlich hat es seit Hume sehr elaborierte Versionen der Bündeltheorie gegeben (als Beispiel aus der jüngsten Zeit sei nur H.-N. Castaneda genannt, vgl. etwa: Sprache und Erfahrung. Frankfurt am Main 1982); hier geht es aber gar nicht um Probleme der strukturellen Ausarbeitung verschiedener möglicher Varianten einer solchen Position (bzw. von entsprechenden Gegenpositionen, s. u.), sondern um die Frage nach der Legitimität der Voraussetzung, die bei allen solchen Ansätzen implizit gemacht wird. Diese Voraussetzung besteht in der wie auch immer vermittelten Projektion einer auf der sprachlichen Ebene aufgewiesenen Struktur (zu diskutieren wäre hier der Begriff der logischen Form) auf die Realität. 173 Die, wie schon oben angedeutet, bei dieser Art von Konzeption vorherrschende Tendenz, die Rede vom Einzelnen überhaupt als bloße façon de parler aufzufassen, sei hier für einen Moment ausgeklammert.

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tim. Und eine spezifische Begründung ist nur für die Einzelnheit gegeben worden, nämlich die, die mit der Notwendigkeit von Räumlichkeit in Beziehung auf wahrnehmbare Objektivität zu tun hatte. Die Frage nach dem realen Verhältnis von Einzelnem und Allgemeinem, die eines der Motive für die Bündeltheorie darstellt, entbehrt also der Grundlage. 174 Es ist nicht so, daß sich eine Struktur der Wirklichkeit dem Geist bzw. der Propositionalität gleichsam aufprägt; aber ebenso irrig ist die umgekehrte Vorstellung, der Geist strukturiere die Wirklichkeit (im Sinne von kategorialen Strukturen wie etwa Einzelnheit und Allgemeinheit). Die Konkurrenzkonzeptionen zur Bündeltheorie der Einzeldinge unterliegen derselben falschen Vorstellung, man könnte und müßte in Beziehung auf eine in abstracto verfügbare Struktur von Kategorialität, insbesondere von Einzelnheit und Allgemeinheit, die konstitutiven Faktoren für ein Einzelnes als solches angeben. Der Unterschied zur Bündeltheorie liegt lediglich darin, daß im Ernst an einer Identität des Einzelnen festgehalten wird und nun ein spezieller Träger benötigt wird, da das Einzelne als Ganzes anscheinend nicht über die Zeit mit sich identisch sein kann. Als ein Träger kommt z. B. eine Eigenschaft (oder mehrere Eigenschaften) des Einzelnen in Frage, die schlicht als ein solcher Träger gesetzt werden (Essentialismus); andere Möglichkeiten sind die Zuflucht zu Eigenschaften mit merkwürdigen Charakteristika – sie kommen per definitionem nur einem Einzelnen zu (haecceitas) –, oder der Rekurs auf sogenannte ›bare particulars‹ – ebenfalls eine ad hoc-Lösung, diesmal ganz direkt Einzelnheitsstruktur. Neben der schon erwähnten Tatsache, daß die Entwicklung von Alternativkonzeptionen zur Bündeltheorie ihre hauptsächliche Motivation aus der illegitimen Projektion der Prädikationsstruktur auf die Realität bezieht, ist noch eine Vorstellung erwähnenswert, die ebenfalls als An-

174 Im Hintergrund steht im übrigen wieder die Verwechslung der propositionalen Verbindung (von Einzelnem und Allgemeinem) mit der Verbindung (des Allgemeinen) zu einem Komplex (dem Einzelnen).

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stoß zu solchen Entwicklungen gesehen werden könnte. Es handelt sich um die Ansicht, die Identität von Einzeldingen könne nicht rein konventioneller Natur sein und benötige daher eine reale Basis – etwa in einer essentiellen Eigenschaft oder der jeweiligen haecceitas. Denn nur hier könne gewissermaßen mit metaphysischer Strenge von Identität die Rede sein; eine von (durch Konventionen festgelegten Kriterien) bestimmte Identität sei gleichsam nicht im Vollsinn Identität, sondern nur in einer sehr stark moderierten Bedeutung – wie anders könnte es sonst von unserer Entscheidung abhängen, ob wir etwa einen Gegenstand (nach eventuell gravierenden Veränderungen) als noch denselben oder nicht bzw. als noch immer existent oder nicht ansehen dürfen (man denke hier auch an die science-fiction-Beispiele in der Diskussion über personale Identität)? In Wirklichkeit ist die konventionell bestimmte Identität materieller Einzeldinge in keiner Weise etwa von Vagheit affiziert; der Striktheit von Identität lässt sich auch keineswegs etwas abhandeln. Es besteht zwar in der angedeuteten Situation eine Vagheit, aber eine solche der Referenz, allerdings eine, die deshalb relativ unbeachtet bleibt, weil sie in der Praxis zu keinen Schwierigkeiten bei der Identifikation eines Einzeldings führt, wie man es bei Vagheit der Referenz erwartet. Denn identifiziert wird ein Einzelding und damit unterschieden von anderem etc. relativ zu einem bestimmten Zeitpunkt, es ist nicht nötig, seine künftige Entwicklung in Rechnung zu stellen. Dies läßt nun die Möglichkeit zu, daß die für die Identifikation völlig hinreichenden Kriterien (die üblicherweise an die Bedeutung von Sortalen geknüpft sind) es offenlassen, ob es sich bei einem späteren Zeitpunkt noch um dasselbe handelt oder nicht; m. a. W. man hat sich zum Zeitpunkt der Identifikation nicht festgelegt und braucht es nicht, kann es aus kontingenten Gründen meist auch nicht, auf welches der verschiedenen Einzeldinge man Bezug nehmen will, die zu diesem Zeitpunkt noch kongruieren. Es wird noch zu erläutern sein, worin diese Kongruenz besteht – nämlich in der Identität dessen, was die Wirklichkeit oder Substantialität der (möglicherweise verschiedenen) Einzelsubstanzen ausmacht. Die konstatierte Vagheit der Referenz auf Einzeldinge ist demnach darin begründet, daß sie nicht an dem festgemacht ist, was deren Substantialität ausmacht – was, wie noch zu sehen sein wird, mit dem Status der Einzelheit als solcher zusammenhängt; die Identität einer EinzelsubA

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stanz ist gleichsam parasitär gegenüber der Identität dessen, das ihre Substantialität bildet. Es besteht demnach auch keineswegs die Notwendigkeit, das Identitätsprädikat zu relativieren auf die Prädikate, in Beziehung auf die die Individuation (bzw. Identifikation) vor Einzeldingen erfolgt, wie es P. Geach vorgeschlagen hat. 175 Wie nun schon mehrfach hervorgehoben wurde, besteht eine Spannung zwischen der Idee eines über die Zeit mit sich identischen wahrnehmbaren Einzelnen und der Notwendigkeit, es als etwas Wirkliches zu denken, d. h. als etwas, dem notwendigerweise das zukommt, was ihm zukommt. Daß diese Spannung auch ausgetragen werden muß, ist auf die Implikationen der objektiven Einheit der Apperzeption zurückzuführen, die dazu zwingen, beides in voller Stärke aufrechtzuerhalten. Offenbar kann die Wirklichkeit des wahrnehmbaren Einzelnen wegen der durch seine zeitliche Verfassung heraufbeschworenen Inkohärenz nicht in der Begrifflichkeit gedacht werden, die seine Wahrnehmbarkeit betrifft (m. a. W. als Träger sekundärer Qualitäten). Das natürliche Weltbild ist somit in einem radikalen Sinn nicht theoriefähig (obgleich die Artikulation der Legitimität des Wahrheitssinnes eine Rechtfertigung der Ontologie der wahrnehmbaren Einzeldinge mit sich brachte). Andererseits ist seine Wirklichkeit (seine Substantialität) eben als seine Wirklichkeit zu denken (es geht weder darum, eine Ontologie durch eine andere abzulösen noch darum, zu einer ›hinter‹ den wahrnehmbaren Erscheinungen liegenden Realität vorzudringen). Dies nun kann sich nur darin artikulieren, daß, obgleich das, was dem Einzelnen an Wahrnehmbarem zukommt, sich nicht zu einer kohärenten Beschreibung seiner Wirklichkeit zusammenfügen läßt, die Tatsache, daß dasjenige, was ihm jeweils zukommt, zu seiner Wirklichkeit gehört, zum Ausdruck kommt, was wiederum, da es ja wegen der Inkohärenz nicht durch deskriptive Mittel möglich ist, durch (Beziehung auf) die Not175 Vgl. Reference and Generality. Ithaca (N.Y.) 1962. Zur Kritik der Geachschen Beispiele für die Relativitätsthese vgl. Wiggins, D., Sameness and Substance. Oxford 1980 – Wiggins selbst kommt dabei der essentialistischen Position sehr nahe.

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wendigkeit geschehen muß, kraft deren ihm das zukommt, was ihm zukommt. In dieser Notwendigkeit reflektiert sich damit der ursprüngliche Wirklichkeitsbezug, der, wenn es sich um den Bezug auf die Wirklichkeit einer möglichen Welt (die unter Umständen auch die unsrige sein könnte) handelte, wegen der Inkohärenz unmöglich wäre, und also nur als ein von deskriptiven Mitteln unabhängiger (und in seiner Besonderheit auch nur durch diese Unabhängigkeit denkbarer) Bezug auf die Aktualität des Wirklichen möglich ist. 176 Genaugenommen manifestiert sich in dieser modalen Bestimmung also die Differenz der beiden Formen von Wirklichkeitsbezug, wobei die erste dieser Formen der Bezug auf die Wirklichkeit einer möglichen Welt bzw. eines Modells, eigentlich nur cum grano salis so genannt werden dürfte, obgleich sie wohl – allerdings ohne explizit als solche reflektiert zu werden – den Vorstellungen der überwiegenden Mehrheit der philosophischen Konzeptionen von Wahrheit und Wirklichkeit entspricht – eine Differenz, die erst hervortreten konnte durch die Inkohärenz und den dadurch bedingten Ausfall der einen Form, die ansonsten (was unsere Welt betrifft) mit der anderen quasi verschmilzt; das Spezifische des Sinnes von Aktualität fände sich damit wieder im Modalcharakter von Kausalität. Natürlich ist jede Rede von Notwendigkeit per definitionem auf eine Differenz bezogen, nämlich auf die von Notwendigkeit und Kontingenz. Ohne Beziehung auf die Denkbarkeit von Kontingenz, etwa im rein logischen Rahmen, ist die Rede davon, notwendigerweise käme allem das zu, was ihm zukommt, funktionslos. Unter Kontingenz ist dabei im gegenwärtigen Zusammenhang nicht die rein logische Kontingenz zu verstehen, die alle Aussagen charakterisiert, die keine logischen Wahrheiten sind, sondern die durch die Zeitlichkeit ermöglichte reale Kontingenz, die darin besteht, daß selbst durch den vollständigen Begriff (die vollständige Beschreibung) eines Einzeldings seine zukünftigen Zustände nicht logisch determiniert sind. 176 Die, wie zu erinnern ist, thematisierbar wurde anhand der Besonderheit (irreduzible Indexikalität) der wissenden Selbstbeziehung und durch das Argument des ersten Teils der ›Deduktion‹ als Charakter des vermeinten Anschauungsmannigfaltigen (qua der epistemischen Subjektivität zugänglichen) etabliert werden konnte – und zwar dies nicht nur als vermeinter, sondern als wirklicher Charakter.

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An dieser Stelle wird das allgemeine Problem des Status von logischer Notwendigkeit berührt sowie die damit zusammenhängende Frage nach der Gültigkeit der Logik. Es wäre sicher voreilig, aus dem dargelegten Sachverhalt nun schon ganz allgemeine Schlüsse ziehen zu wollen. Festzuhalten bleibt jedoch, daß die reale Notwendigkeit der Kausalität sich als Manifestation logischer Notwendigkeit herausstellt (was natürlich nicht heißt, daß Aussagen über kausale Zusammenhänge logisch notwendig wären). In der Tat wäre die Rede von kausalen Zusammenhängen ein Mythos, und der Glaube an Naturgesetze, wie Wittgenstein im Tractatus behauptet hat, die moderne Form des Aberglaubens, wenn man zu den für sich bestehenden Substanzen bzw. Ereignissen noch eine Art ›Zement‹ postulieren würde, der das Universum erst zusammenhielte. Im übrigen ist für die hier geführte Rede von Notwendigkeit wesentlich, daß nur unter Voraussetzung der Legitimität des Objektbezugs, also des Bezugs auf aktuale Realität als einer solchen, der nicht begrifflich vermittelt ist, der Übergang von einer de dicto- zu einer de re-Notwendigkeit möglich wird hinsichtlich der Rede davon, allem käme das zu, was ihm zukommt. Denn wenn die Beziehung auf aktuale Realität einmal festliegt, kann diese nicht anders sein als sie ist, im Unterschied zum Fall der rein begrifflich vermittelten Beziehung auf Objekte (im Sinne einer modelltheoretischen Konzeption bzw. einer mögliche-Welten-Semantik), die sie dann nur als begriffliche Setzungen thematisch werden lassen kann (die also auch anders hätten ausfallen können). Wenn die Wirklichkeit nur als eine der Möglichkeiten aufgefaßt werden kann, steht natürlich ein wirkliches Objekt (d. h. ein mögliches Objekt, das zufälligerweise sich in meiner Welt befindet) mit seinen counterparts auf einer Stufe – nämlich der der bloßen Möglichkeit. Durch die im Sinne der vorgestellten Argumentation eingeführte Notwendigkeit scheint allerdings der Kausalitätsbegriff nicht in seiner vollen Bestimmtheit erreicht zu sein. Bei näherer Betrachtung zeigen sich aber zwei weitere Implikationen jenes Arguments, durch das man diesem Ziel ein gutes Stück näherkommt. Einmal muß die angesprochene Notwendigkeit einen relationalen Charakter aufweisen, denn es soll ja nicht ein jeweils zu einer bestimmten Zeit bestehender Sachverhalt als notwendig charakterisiert 250

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werden, sondern der Wechsel von Zuständen, also gerade das, in dem sich die Kontingenz (auf der Ebene der Wahrnehmbarkeit) manifestiert. Ferner ist es nicht erforderlich (wenn auch nicht ausgeschlossen), daß beide Relata einer solchen als notwendig zu charakterisierenden Relation demselben wahrnehmbaren Objekt (zu verschiedenen Zeitpunkten) zuzuordnen sind, und zwar deshalb nicht, weil das, was als die Substantialität einer wahrnehmbaren Substanz bezeichnet wurde, nicht notwendig festliegen bzw. beschreibbar sein muß in Beziehung auf ein temporales Stadium des betreffenden Objekts (so daß sich aus dieser Beschreibung allein die zukünftige Entwicklung des Objekts ablesen ließe). Und nur dann, wenn eine solche Notwendigkeit bestünde, wäre es auch notwendig, daß kausale Relationen nur zwischen verschiedenen Stadien desselben Objekts bestünden. Mit Kant zu reden würde sich dann die substantia phaenomenon auf der Ebene der Beschreibung ihrer Substantialität als substantia noumenon (à la Leibniz) herausstellen. Dadurch, daß dies eben nicht durch das gegebene Argument impliziert wird, öffnet sich die substantia phaenomenon gleichsam dem Einfluß von außen (influxus): Objekte wirken (möglicherweise) kausal aufeinander. Es dürfte klar geworden sein, daß dies schwächer ist und auch auf ganz anderen Gründen basiert als Kants dritte Analogie der Erfahrung – es scheint auch wenig sinnvoll zu sein, die Notwendigkeit einer durchgängigen Wechselwirkung a priori dartun zu wollen.

II.3. Konsequenzen Auch der zweite Schritt zur Legitimation der Objektivitätsthese wäre damit vollzogen. Bemerkenswert dabei ist vielleicht noch, daß darin auch eine Art Substitut für Kants Metaphysische Deduktion enthalten ist, nämlich die Entwicklung der Reaktionskategorien unter den Bedingungen eines Minimalbegriffes von propositionaler Struktur einerseits und der Bezogenheit auf die spezifischen Bedingungen wahrnehmbarer Objektivität andererseits. Jener Minimalbegriff bestimmt die Bipolarität überhaupt, die das Propositionale aufgrund seines wahr-oderfalsch-sein-Könnens charakterisiert, durch den Rekurs auf den Begriff A

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der Objektivität weiter zu einer Differenz von Referenz und Prädikation, einer Differenz jedoch, durch die ausdrücklich noch keine kategoriale Bestimmtheit etwa im Sinne einer Minimalstruktur von Einzelnheit und Allgemeinheit gesetzt ist, was einer unzulässigen Projektion der Verfassung von Propositionalität auf die Wirklichkeit gleichkäme. Vielmehr sind es erst die spezifischen Bedingungen der Wahrnehmung, die Objektivität als solche denkbar werden lassen, die es erlauben, den Begriff der Einzelnheit als kategoriale Bestimmung, als Bestimmung von Wirklichkeit einzuführen. In welcher Weise die Kategorie der Kausalität an diese besondere Weise der Einführung von Einzelnheit gebunden ist, braucht wohl nicht noch einmal wiederholt zu werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist aber, daß die Beschreibung dessen, was die Wirklichkeit respektive Substantialität der wahrnehmbaren Substanzen ausmacht – eine Beschreibung, die an die Einführung der Kausalitätskategorie gebunden ist – nicht einen neuen Typ von Einzelnheit in Anspruch nehmen kann, zum einen deshalb nicht, weil die dafür erforderlichen spezifischen Bedingungen fehlen, die bei den wahrnehmbaren Einzelnen durch die Räumlichkeit gegeben sind, zum anderen darum, weil es sich ja um die Beschreibung der Wirklichkeit eben dieser wahrnehmbaren Einzelnen handeln soll. Diese Tatsache hat wichtige Konsequenzen für das Problem des Verhältnisses des sogenannten natürlichen Weltbildes zu der wissenschaftlichen Weltbeschreibung. Denn einerseits folgt aus der vorgeführten Argumentation ein szientifischer Realismus, da in der wissenschaftlichen Weltbeschreibung ja der sich auf die wahrnehmbaren Einzeldinge richtende Objektivitätsanspruch erst eigentlich eingelöst wird, weil deren Wirklichkeit auf der Ebene der Wahrnehmbarkeit gar nicht beschreibbar war (Inkohärenz). Andererseits ergibt sich aber ein negatives Resultat hinsichtlich der Existenz von spezifisch theoretischen Entitäten. Die referentielle Funktion muß also, was (natur-)wissenschaftliche Theorien betrifft, durchaus ernst genommen werden, dagegen ist die Rede von theoretischen Entitäten im instrumentalistischen Sinn zu interpretieren. Die Objektivität der Theorie erfordert nicht das Postulieren spezifischer Objekte. Die Anonymisierung der referentiellen Funktion (wie sie etwa Quine als Endresultat von deren Entwicklung beschreibt), läßt sich vor diesem Hintergrund als Indiz für diesen Sach252

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verhalt deuten: Indem die bindbare Variable der Quantifikation zum eigentlichen und alleinigen Träger der referentiellen Funktion geworden ist, hat sich der deskriptive Gehalt der Aussagen vollständig auf die Prädikatsseite verlagert, was im übrigen bedeutet, daß damit die Trennung von referentieller und prädikativer Funktion erst in aller Konsequenz vollzogen ist, so daß die Differenz von referentieller und prädikativer Funktion nicht mehr inhaltlich festgemacht werden kann. Die beschriebene Position besitzt somit alle Vorteile eines Instrumentalismus in der Interpretation von naturwissenschaftlichen Theorien, ohne jedoch ein Instrumentalismus zu sein. Was den Kausalitätsbegriff angeht, so wäre noch nachzutragen, daß Kausalität nicht notwendig nomologischen Charakter haben muß (wie es nach der zweiten Analogie sein müßte), wenn auch das Vorliegen von Geregeltheit das zentrale Kriterium für Kausalität bildet. Wissenschaftliche Erklärungen von irreduzibel statistischem Charakter sind also durchaus kompatibel mit dem Kausalitätsprinzip sensu stricto. Da damit schon als spezifisch philosophisch eingeschätzte Probleme der theoretischen Physik (namentlich der Quantenmechanik) angesprochen sind, sei hier die Vermutung geäußert, daß sie (gedacht ist insbesondere an das sogenannte Interpretationsproblem der Quantenmechanik) als philosophische dann verschwinden, wenn die vermeintliche Notwendigkeit entfallen ist, die Objektivität theoretischer Aussagen durch Sachverhalte interpretieren zu müssen, in die spezifisch theoretische Entitäten involviert sind. Theoretische Objekte sind also nur im technischen Sinn bzw. im Rahmen des Quineschen Verständnisses von Ontologie als Objekte zu bezeichnen. Entfallen ist damit das Problem der abstrakten Objekte: Wenn diese (also insbesondere formale bzw. mathematische Objekte wie Zahlen, Mengen, etc.) zur Ontologie (in Quines Sinn) der wissenschaftlichen Weltbeschreibung gehören, sind sie genauso real wie als ›konkret‹ angesehene theoretische Objekte wie Elementarteilchen etc., und sie sind genauso wenig Objekte im Vollsinn. (In Beziehung auf eine von der Weltbeschreibung völlig unabhängig betrachtete mathematische Theorie könnte man allerdings nur im schematischen Sinn sagen, in ihr würden Ansprüche auf Wahrheit bzw. Objektivität erhoben – dies ist das Wahrheitsmoment der formalistischen Position in der Philosophie der Mathematik.) A

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In Beziehung auf die Ontologieproblematik sind also rein semantische und epistemologische Ebene sorgfältig zu unterscheiden. Angesprochen ist damit auch die noch ausstehende Antwort auf das Verhältnis von Referenz im semantischen zur Referenz im intentionalen Sinn sowie – wie sich zeigen wird – damit zusammenhängend die Bestimmung des Verhältnisses von de dicto- zu de re-Meinungen. Die referentielle Funktion als solche (d. h. im semantischen Sinn) ist zwar unabhängig von Referenz im intentionalen Sinn, dem Meinen von Objekten, konzipierbar, sie ist von dieser jedoch abhängig, was ihre Legitimität betrifft. Und da der ursprüngliche Objektbezug ein de reBezug ist, m. a. W. unabhängig von einer bestimmten Beschreibung des betreffenden Objekts, sind de re-Meinungen gegenüber de dicto-Meinungen epistemologisch primär. Wer den vorgeführten Gedankengang verfolgt hat, dem wird aufgefallen sein, daß es in der Beziehung auf das, was ursprünglicher Wirklichkeitsbezug genannt wurde, unmöglich ist, von Täuschung zu reden – ein auf den ersten Blick vielleicht etwas paradox erscheinender Sachverhalt, der sich aus der Legitimierung des Sinnes von Wahrheit ergeben hat. Es zeigt sich darin, daß Wahrheit und Falschheit nicht gleichursprünglich sind, sondern ein Primat der Wahrheit ausweisbar ist. Ein wichtiger Aspekt jener Unmöglichkeit der Täuschung ist der, daß, auf jener Ebene betrachtet, die vermeinten Objekte immer wirkliche Objekte sind. Daß unsere sich in Sätzen artikulierenden Wahrheitsansprüche qua Ansprüche legitimiert sind, heißt also, daß wir immer (auch im Fall der Täuschung) auf wirkliche (wahrnehmbare) Objekte bezogen sind. Hervorgehoben wurde dabei schon verschiedentlich, daß die Rede von Beziehung hinsichtlich jenes ursprünglichen Wirklichkeitsbezugs deshalb in die Irre führt, weil etwas wie eine Subjekt-Objekt-Differenz nicht besteht, und auch Kognitives und Sensorisches nicht in einem vermittlungsbedürftigen Verhältnis stehen: Das Sensorische sind die wahrgenommenen Objekte selbst, und diese stehen bereits als solche unter den Bedingungen der ursprünglichen Kognitivität namens objektive Einheit der Apperzeption. Die Möglichkeit von Täuschung (und falscher Meinung, falschen Sätzen überhaupt) ergibt sich, wenn Meinungen bzw. Sätze über die betreffenden Objekte als solche, d. h. über ihre Objektivität, also theoretische Meinungen bzw. zumindest »theoriegeladene« Meinungen vorliegen. Dabei ist zu beachten, daß auch Ausdrücke für wahrnehm254

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bare Objekte theoriegeladen sind (entsprechend der These von Quine, daß alle Terme theoretische Terme sind), da ihre Bedeutung wesentlich auch auf die kausalen Dispositionen der Objekte geht. Und selbst Ausdrücke für sekundäre Qualitäten sind deshalb indirekt theoriegeladen, weil, wie im Zusammenhang der Diskussion von Wittgensteins Regelfolgenparadox gezeigt wurde, Bedeutung überhaupt sich konstituiert in Beziehung auf die objektive Wahrheit von Prädikationen, wodurch die kausalen Dispositionen der betreffenden Objekte indirekt ins Spiel kommen können. Konkret bedeutet die angebotene Erklärung der Möglichkeit der Täuschung, daß etwa im Falle einer Halluzination ich in der Tat auf ein Objekt und auch auf einen objektiven Sachverhalt (der selbstverständlich im Prinzip intersubjektiv zugänglich ist) bezogen bin, daß ich mich aber im Irrtum darüber befinde, welches Objekt mir präsent ist, z. B. meine ich, daß es sich um einen Tisch (mit den entsprechenden kausalen Dispositionen etc.) handelt, in der Tat aber nehme ich nur meinen gegenwärtigen Gehirnzustand wahr. Vielleicht erhebt sich daraufhin der Einwand, warum man nicht auch im Fall der veridischen Wahrnehmung davon sprechen könne, daß ich meine Gehirnzustände wahrnehme. Dies leitet über zu der Frage danach, wie eine Konzeption von Wahrnehmungen und Meinungen ganz im allgemeinen (und im Unterschied zu der Intentionalität, die als ursprünglicher Wirklichkeits- bzw. Objektbezug bezeichnet wurde) auszusehen habe. Zu erinnern ist dabei an die im Zusammenhang der Diskussion von D. Davidsons bedeutungstheoretischem Ansatz erfolgte Betrachtung der sogenannten radikalen Interpretation und der sich aus ihr ergebenden Art der Theoriebildung. Danach sind Meinungen (also auch Wahrnehmungen) und Bedeutungen Konstrukte einer holistisch verfaßten Theorie, die Akte des Fürwahrhaltens zu ihrer Evidenzbasis hat. Es werden also im Ernst keine neuen (Typen von) Entitäten postuliert, und es ist auch keine Frage nach einem bestimmten »fact of the matter«, etwa ob eine bestimmte Wahrnehmung sich auf diesen oder jenen Sachverhalt bezieht, sondern die Beantwortung gehört in den Kontext einer (empirischen) Theorie, die das gesamte intentionale Verhalten einer Person möglichst adäquat beschreiben und erklären soll, wobei ihre im Zuge dieses Vorhabens eingeführte Rede von Meinungen, Wahrnehmungen etc. wesentlich von methodologischen Kriterien gesteuert wird, die mit der holistischen Verfassung A

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der Theorie zusammenhängen, z. B. Kriterien der Rationalität. Eine bestimmte Wahrnehmung stellt somit keine isolierte Entität dar, die unabhängig von einer Gesamttheorie der Intentionalität der betreffenden Person erfaßt werden könnte, sondern es handelt sich um eine rein theoretische Setzung im instrumentalistischen Sinn. Insofern erledigt sich der gestellte Einwand qua philosophisches Problem – was bleibt, ist ein Einzelproblem innerhalb einer empirischen Theorie der Intentionalität und Bedeutung. Es ist nunmehr auch möglich, den Status einer solchen Theorie eindeutiger zu bestimmen als es innerhalb der Davidsonschen Konzeption möglich war, die im wesentlichen nur methodologische Erwägungen aufbieten konnte, um die Irreduzibilität einer solchen Theorie auf naturwissenschaftliche Theorien zu sichern. Denn der Begriff der Intentionalität als solcher ist ja nun legitimiert als Konsequenz der Legitimation des Wahrheitssinnes, da die Subjektivität den Ort der Bestimmung des jetzt als legitim in Anspruch zu nehmenden Sinnes von Wahrheit darstellt (eine Legitimierung des Bedeutungsbegriffs ergibt sich aus der Legitimierung unserer Wahrheitsansprüche als solcher natürlich unmittelbar). Insofern ist die Irreduzibilität der Rede von Meinungen und Bedeutungen gesichert durch eine allgemeine Konzeption von Intentionalität, die als nichtontologische auch die Tatsache verständlich macht, daß es, trotz jener Irreduzibilität nicht solche Entitäten gibt (im Sinne des Existenzquantors) wie etwa Meinungen etc. Was den Intentionalitätsbegriff betrifft, bleibt noch die Schwierigkeit aufzulösen, daß spätestens seit Brentano eine philosophische Theorie von Intentionalität dem ›Phänomen‹ der sogenannten intentionalen Inexistenz Rechnung zu tragen hat, was der vorgeschlagenen Konzeption deshalb schwerzufallen scheint, weil auf der Ebene des ursprünglichen Bezugs auf Objektivität die intentionalen Objekte immer wirkliche Objekte sind. Daß die Schwierigkeit nur eine scheinbare ist, wird deutlich, wenn man die Differenz dieser Ebene zu der der einzelnen Meinungen beachtet, die wesentlich individuiert sind in Beziehung auf ihre (mögliche) sprachliche Artikulation, wie es Davidsons Konzept einer radikalen Interpretation deutlich macht (es soll hier im übrigen nur die theoretische Intentionalität behandelt werden). Die Theoriegeladenheit der Subjektterme erklärt es, daß man sagen kann, jemand meine ein Objekt (dasjenige, das den deskriptiven Gehalt dieses Terms 256

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erfüllt), dies existiere aber nicht. Die betreffende Person hat sich dabei darüber getäuscht, auf welches Objekt sie im ursprünglichen Objektbezug bezogen ist (bzw. es gibt ein solches Objekt gar nicht [im Fall von falschen theoretischen Meinungen]). Ein weiteres Desiderat, das sich aus Davidsons Konzeption ergab, ist nun ebenfalls erfüllt, nämlich die Erklärung der Tatsache, daß die Akte des Fürwahrhaltens in Beziehung auf demonstrativ präsentierte Sachverhalte (m. a. W. Wahrnehmungen) basal sind innerhalb einer Theorie der Interpretationen und auch wesentlich für die Bestimmtheit der von der Theorie den sprachlichen Äußerungen der betreffenden Person zugeordneten Bedeutungen verantwortlich, eine Bestimmtheit, die durch die holistische Verfassung der Theorie allein ja nicht garantiert werden konnte (vgl. A.IV; es versteht sich, daß von Bestimmtheit hier schon aufgrund dieser holistischen Verfassung nur cum grano salis die Rede sein kann, also im Sinne des Ausschlusses von Beliebigkeit). Denn diese Bestimmtheit ist gegeben durch den ursprünglichen Wirklichkeitsbezug, der eine Beziehung auf wahrnehmbare Objektivität ist. 177 Der Primat von Wahrheit gegenüber Bedeutung wird daraus ebenso verständlich wie die Unmöglichkeit, aus dieser Bestimmtheit der ursprünglichen theoretischen Intentionalität zu einer für eine eindeutige Individuation hinreichenden Fixierung der Bedeutung sprachlicher Zeichen zu gelangen; der Grund dafür liegt in der oben schon angeführten Tatsache, daß durch die sich aus dem sprachlichen Objektbezug notwendig ergebende Theoriegeladenheit von Ausdrücken die Ebene des ursprünglichen Bezugs auf Wirklichkeit verlassen wird, und dies schon in Sätzen, in denen sich bestimmte Wahrnehmungen artikulieren, und natürlich um so mehr in rein theoretischen Aussagen. Es läßt sich damit in gewissem Sinn von einer Basis für die Bestimmtheit von Bedeutung reden, in einem Sinn, der die Kategorie der Bedeutung (vgl. das Regelfolgenparadox) vor der Auflösung bewahrt, andererseits aber weder zu einer spezifisch philosophischen ›Erklärung‹ von Kognitivität führen kann noch im Sinne eines Fundamentalismus eine 177 In A.II. wurde im einzelnen dargelegt, in welchem Sinn hier überhaupt von einer Bestimmtheit von Bedeutung zu sprechen ist und inwiefern dasjenige, was hier ›ursprünglicher Wirklichkeitsbezug‹ genannt wird, dabei die Grundlage für deren Legitimation bildet.

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bestimmte Klasse von Bedeutungen (derjenigen Ausdrücke etwa, die sich auf Wahrnehmbares beziehen) zur Basis der Bestimmung aller anderen Bedeutungen (insbesondere derjenigen theoretischer Ausdrücke) erklärt. Der Holismus einer aufgrund der radikalen Interpretation entwickelten Theorie ist somit mit der Annahme einer Basis (im erläuterten Sinn) sehr wohl verträglich. Die entwickelte Bestimmung des Verhältnisses von Kognitivität und Bedeutung macht auch verständlich, warum die von der antirealistischen Seite (namentlich M. Dummett) vorgetragenen Zweifel an der Adäquatheit einer Theorie der Wahrheitsbedingungen als Theorie der Bedeutung, Zweifel, die sich wesentlich auf die Kognitivität von Bedeutung stützen, nicht berechtigt sind. Denn diejenige Kognitivität, an die Bedeutung konstitutiv gebunden ist, ist die der ursprünglichen Objektbeziehung (und nicht eine im Kopf der einzelnen Person vorhandene Fähigkeit, durch die gewisse Formen des Sprachverhaltens zu erklären sind – eine so gefaßte Kognitivität könnte die Objektivität der Wahrheitsbedingungen natürlich nie erreichen); jene Beziehung impliziert aber nicht, daß den Bedeutungen bestimmter sprachlicher Zeichen (etwa theoretischer Terme) bestimmte kognitive Fähigkeiten zugeordnet werden müssen, die den Sprecher jeweils gewissermaßen vom sprachlichen Zeichen zu der entsprechenden Wirklichkeit zu leiten hätten, und diese Vorstellung ist es ja, die hinter jenem Zweifel steht. Der genannte Primat von Wahrheit gegenüber Bedeutung – Bedeutung bestimmt sich in Beziehung auf die a priori gesicherte Wahrheit der ursprünglichen Objektbeziehung, die sich sprachlich in den es-scheintSätzen artikuliert – bildet auch das gesuchte fundamentum in re des für die Entwicklung einer empirischen Theorie von Bedeutung und Intentionalität schlechthin zentralen ›principle of charity‹, und zwar in einer Weise, aus der folgt, daß dieses Prinzip eben nicht mit der empirischen Annahme der Wahrheit der meisten unserer Meinungen bzw. Sätze zu identifizieren ist. Und schließlich erhellt aus der Natur des Ursprungs der Legitimität des Wahrheitssinnes (der Subjektivität nämlich – trotz aller Mißverständlichkeiten dieses Ausdrucks ist wohl kein geeigneterer verfügbar), daß eine Theorie der Wahrheitsbedingungen einer Sprache rein als solche 258

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noch keine Bedeutungstheorie sein kann, sondern daß erst das Wissen darum, daß es sich um eine Wahrheitstheorie handelt, sie dazu macht; im irreduzibel indexikalischen Charakter des mir-Scheinen-daß manifestiert sich der Grund dafür, daß jenes Wissen durch keine Objektivierung, durch keine deskriptiven Mittel, also keine Angabe von bestimmten Wahrheitsbedingungen, einholbar ist. Die hier nur in Ansätzen skizzierte realistische Epistemologie bildet somit das Scharnier, das Semantik und Subjektivitätstheorie miteinander verbindet. Die durch sie geleistete Legitimierung des Wahrheitssinnes bildet indirekt die Stütze für den Begriff derjenigen Subjektivität, die den Ausgangspunkt jener Legitimation bildet (auf die wechselseitige Stützung der Irreduzibilität von Wahrheit und Subjektivität wurde schon nachdrücklich hingewiesen), und zudem wird dadurch sowohl die Rede von der Intentionalität von Personen wie die von der Bedeutung der Ausdrücke, in denen sich diese Intentionalität sprachlich manifestiert, davor bewahrt, eine bloß verbale Verschleierung des (eliminativen) Naturalismus zu sein. Insofern sichert das Gelingen jenes Unternehmens der Legitimierung des Wahrheitssinnes, das sich als Entwicklung einer realistischen Epistemologie vollzieht, die transzendentalphilosophische Position sowohl gegen die Skepsis (dies ist natürlich der primäre Gegner) wie gegen den Naturalismus. Und da eine direkte Widerlegung dieser beiden Alternativen zur Transzendentalphilosophie nicht möglich ist, ist die positive Entwicklung einer solchen Position die einzig denkbare Form der Rechtfertigung der Meinung, die Rede von Wahrheit und Subjektivität sei mehr als eine prätentiöse verbale Floskel.

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D. Praktische Intentionalität I. Vorläufige Überlegungen zu einer nichtontologischen Theorie Im folgenden sollen einige Konsequenzen vorgestellt werden, die sich aus einer bestimmten, als nichtontologisch charakterisierbaren Konzeption des Personbegriffes (s. o. Teil B) für den Bereich der praktischen Philosophie ergeben. Im Zentrum jener Konzeption steht eine hier nur grob anzudeutende gegenseitige Stützung von Person- und Wahrheitsbegriff: Aus der rein formal möglichen Pluralität von Wahrheitsprädikaten (vgl. A.I) wird unser Wahrheitsprädikat dadurch ausgesondert, daß die Sätze, die von Personen als Träger von Meinungen handeln, wahr sind. Es handelt sich um Sätze des Typs ›Es scheint mir (ihm), daß p‹, wobei das Personalpronomen im sogenannten Subjektsinn verwendet wird, d. h. in der Weise verwendet wird, die eine Substitution durch eine bestimmte Beschreibung der betreffenden Person ausschließt. Die gegenseitige Stützung, von der die Rede war, besteht darin, daß zum einen die Skepsis gegenüber dem Wahrheitsbegriff ausgeräumt wird, d. h. der Verdacht, ›wahr‹ sei nichts anderes als ein Prädikat mit gewissen Verwendungsregeln, dessen Bedeutung letzten Endes instrumentalistisch zu interpretieren sei. Zum anderen wird es möglich, durch die Bindung an den Wahrheitsbegriff den Sinn von Personalität in einer Weise zu bestimmen, die ihn vor reduktionistischen und eliminativen Zugriffen bewahrt. Der Unterschied zwischen Personen und anderen Objekten ist kein bloß empirischer; andererseits macht das Festhalten an dieser Differenz keine Bereicherung der Ontologie notwendig. Eine solche Bereicherung müßte, soll sie philosophische Signifikanz beanspruchen, nichtempirischer Natur sein, bedürfte also einer apriorischen Legitimation. An deren Verfügbarkeit ist eine gewisse Skepsis anzumelden, sofern es sich um eine echte Legitimation handeln soll, also nicht lediglich um einen Hinweis darauf, daß der Verlust des Personbegriffs möglicherweise den Verlust anderer Begriffe nach sich zieht. Diejenige Legitimation des Personenbegriffs, auf die hier Bezug genommen wurde, rekurriert nicht auf bestimmte Begriffe, sondern A

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auf den Vollzug des theoretischen Diskurses insgesamt. Die Alternative dazu bestünde nur in der als pragmatisch inkohärent zu charakterisierenden Haltung, am Wahr-Falsch-Spiel sich zu beteiligen, ohne es ernst zu nehmen. Wichtig ist, festzuhalten, daß es nicht etwas an der Person ist, eine spezifische Fähigkeit etwa, in der ihr Personsein oder dessen besondere Dignität bestünde. Allerdings ist es so, daß aufgrund gewisser Sachverhalte bzw. Fähigkeiten (zu als intentional charakterisierbarem Verhalten etwa) eine Person als solche anerkannt wird. Diese fungieren aber als Kriterien (wobei Kriterien hier als Evidenzen zu verstehen sind) und nicht als Wahrheitsbedingungen einer solchen Anerkennung. Das Subjekt von Intentionalität ist die Person selbst; Intentionalität ist nicht etwas, das es sozusagen neben der materiellen Existenz der Person auch noch gibt. Das Problem der Identität einer Person über die Zeit wird dadurch insofern berührt, als die angesprochene spezifische Dignität einer Person, m. a. W. die Tatsache, daß es sich dabei nicht nur um ein materielles Objekt handelt, nicht impliziert, daß es notwendig würde, neben den üblichen Identitätsbedingungen einer Person, nämlich materielle und (vor allem) mentale Kontinuität, noch einen weiteren, und zwar dann den essentiellen Faktor anzunehmen, der die Einheit der Person (den synchronen Aspekt der Identität) und deren Identität über die Zeit zu verbürgen hätte. Die personale Identität weist somit ebenso den Charakter einer Setzung auf wie die Identität anderer materieller Objekte – wobei die Rede vom Setzungscharakter nicht dahingehend mißzuverstehen ist, als sei damit gemeint, die Identität des betreffenden Objekts selbst sei eine bloße Setzung; vielmehr soll damit lediglich zum Ausdruck gebracht werden, daß die Art, wie wir die Welt in Objekte einteilen, m. a. W. auf welche ›Identitäten‹ wir Bezug nehmen wollen, in unser Belieben gestellt ist. Dabei darf nicht verschwiegen werden, daß diese These nicht ohne Alternative ist; ein Vertreter des logischen Atomismus etwa würde sie nicht teilen. Eine gewisse Abschwächung der mit dem Setzungscharakter der personalen Identität gegebenen Beliebigkeit wäre dann erreicht, wenn es gelänge, die Ontologie wahrnehmbarer, räumlich ausgedehnter, zeitlichen Veränderungen unterworfener Einzeldinge zu legitimieren (in einem näher zu bestimmenden Sinn von Legitimation einer Ontologie, vgl. Teil C), wodurch auch die Ontologie von Personen als einer 262

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Unterklasse solcher Einzeldinge nicht mehr schlichtweg beliebig wäre; z. B. könnte man dann nicht mehr eine Person als Sequenz von Personenstadien auffassen, wobei diese Stadien die ontologisch grundlegenden Entitäten darstellen würden. Damit wäre – um auf die Konsequenzen für den ethischen Bereich zu sprechen zu kommen – die Befürchtung zumindest abgeschwächt, die Sorge um die eigene Zukunft sei völlig irrational, bzw. sie sei, um das genannte Beispiel heranzuziehen, nur insoweit rational, als sie sich auf die Dauer des jeweiligen Personenstadiums bezöge. Eine ähnlich unwillkommene Konsequenz für den moralisch praktischen Bereich scheint sich daraus zu ergeben, daß dann, wenn die Identität einer Person keinen schlichtweg irreduziblen Sachverhalt (gleichsam einen von metaphysischer Dignität) darstellt, sie sich auf Bedingungen gründen muß, deren Logik unter Umständen nur kontingenterweise mit der Identität übereinstimmen könnte. Genau dies ist, wie D. Parfit dargelegt hat, auch tatsächlich der Fall. 178 Denn mentale Kontinuität, das Hauptkriterium (hier ist unter Kriterium eine Identitätsbedingung zu verstehen) für personale Identität, läßt im Gegensatz zu Identität Fälle der Spaltung und Verschmelzung sowie auch graduelle Abstufung zu. 179 Vgl. Reasons and Persons. Oxford 1986, hier: insbes. Part Three. Ein Theoretiker der personalen Identität, der diese als nicht auf andere Bedingungen (mentale und materielle Kontinuität) reduzierbaren Sachverhalt versteht, gerät durch dieses Resultat in eine unkomfortable Situation, wenn er auch nicht als in formalem Sinne widerlegt anzusehen ist. Durch die erwähnte Divergenz der logischen Eigenschaften von Identität und (z. B.) mentaler Kontinuität wird er aber zu der These gezwungen, dasjenige, was üblicherweise als (wenn auch nicht unbedingt zureichende) Bedingung personaler Identität genommen wird, etwa mentale Kontinuität, sei mit personaler Identität nur kontingenterweise verbunden. Dadurch verliert der Nichtreduktionist (wie Parfit ihn nennt) in Beziehung auf personale Identität aber die Plausibilität seiner Position; es fällt nämlich demjenigen, der gern bereit wäre zuzugestehen, daß personale Identität nicht einfach in mentaler Kontinuität besteht, schwer nachzuvollziehen, daß die Identität einer Person davon logisch völlig unabhängig ist. Die Person wäre in diesem Fall eine Substanz, der gegenüber ihre Akzidenzen schlechthin kontingent sind. Die Frage wird dann akut, worin die derart von ihren Akzidenzen separierte Substanz bestehen soll. Sicherlich gibt es rein formal gesehen mögliche Antworten darauf; man kann die Existenz einer Seele postulieren, deren Fortbestehen mit mentaler Kontinuität nichts zu tun hat. Einem solchen Postulat könnte aber nichts als Evidenz dienen, das zur normalen Praxis der Rede über Personen gehört. Denn diese Rede besteht im Zuschreiben von materiellen oder mentalen Prädikaten, berührt also nur die (angeblichen) Akzidenzen und somit auch nur deren Kontinuität. 178 179

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Dies bedeutet aber nicht, daß deswegen, weil etwa statt von personaler Identität nur noch von mentaler Kontinuität die Rede sein sollte, die Sorge um die eigene Zukunft als lediglich naturwüchsige Verhaltensweise ohne weitere rationale Legitimation interpretiert werden müßte. Vielmehr zeigt sich nur, daß unser Begriff von Person, der wesentlich die genannten Kriterien für personale Identität miteinschließt, zwar im Normalfall erlaubt zu entscheiden, ob etwas noch dieselbe Person ist oder nicht, sich aber in dieser Beziehung angesichts der von Parfit herangezogenen science-fiction-Situationen als unvollständig erweist. Eine entsprechende Vervollständigung, die eine Entscheidung über Selbigkeit oder Nichtselbigkeit auch dann noch erlauben würde, bedeutete eine Veränderung unseres Personbegriffs. Eine solche Veränderung ist sicher denkbar, wenn auch alles andere als wahrscheinlich. Auf jeden Fall impliziert die angesprochene Unvollständigkeit nicht die Notwendigkeit einer solchen Veränderung. Wenn im vorigen von der Rationalität oder Irrationalität der Sorge um die eigene Zukunft die Rede war, so wurde damit implizit die Frage nach einem für den praktischen Bereich wohl konstitutiven Moment akut, die Frage danach nämlich, ob und inwiefern es etwas gibt, das weder bloß naturwüchsig noch auf rein theoretische Erwägungen reduzierbar ist. Motive für Handlungen, soll von ihnen in nichtreduktionistischer Weise als solchen die Rede sein, sind nicht bloß Ursachen, andererseits können sie, falls es nicht nur um die Erwägung von Mittel-Zweck-Relationen geht, nicht bloß theoretischer Natur sein. 180 Am Beispiel des Schmerzes kann dies verdeutlicht werden: Wenn es einen Grund bzw. ein Motiv dafür geben soll, Schmerzen aus dem Weg zu gehen, so müssen Schmerzen einen negativen Charakter haben, der nicht nur darin besteht, daß Lebewesen, die Schmerzen haben, die entsprechenden Reaktionen zeigen, aber auch nicht, daß es vielleicht (theoretische) Gründe für die Überzeugung gibt, Schmerzen An dieser Stelle soll es übrigens nicht um das Problem gehen, wie überhaupt von theoretischen Überzeugungen zu Handlungsmaximen übergegangen werden kann. Dies wäre als das formale Problem des Verhältnisses von Theoretischem und Praktischem zu bezeichnen (in diesen Zusammenhang gehört z. B. die Problematik des sogenannten naturalistischen Fehlschlusses von einem Sein auf ein Sollen). Vielmehr ist die inhaltliche Schwierigkeit angesprochen, wie eine theoretische Überzeugung qua theoretische als Motiv für ein bestimmtes Handeln fungieren kann. Mit der getroffenen Unterscheidung soll im übrigen keineswegs jeglicher Zusammenhang der beiden Probleme geleugnet werden.

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sollten Lebewesen nicht zugefügt werden. Letzteres wäre im Prinzip vom selben Typ wie die Überzeugung, daß wertvolle Gegenstände nicht beschädigt werden sollten. Man könnte sich vorstellen, daß eine solche Überzeugung im Falle von Personen sich vielleicht auf eine Metaphysik gründen könnte, aufgrund der etwa Schmerzen und Verletzungen von den Personen als unvernünftig bzw. irrational aufgrund des durch eine solche Metaphysik gesetzten Standards von Rationalität gelten müßten. Aber ganz unabhängig davon, ob eine solche Strategie erfolgreich sein könnte, ist festzustellen, daß der negative Charakter von Schmerzen (und damit auch die Furcht vor ihnen) grundsätzlich nicht durch Überlegungen dieser Art erfassbar ist. Diese Behauptung ist jedoch dem Verdacht ausgesetzt, eine bloße These zu sein, die sich lediglich auf eine (als solche immer greifbare) Intuition stützt, die Intuition nämlich, es existiere in der Tat ein bestimmter Faktor, der weder bloß auf einen materiellen Prozeß noch auf theoretische Rationalität reduzierbar ist. Für den Augenblick kann diese Schwierigkeit zunächst ausgeklammert werden, um diesen Faktor erst einmal näher zu charakterisieren. Terminologisch soll er, in Anklang an den Kantischen Sprachgebrauch (was aber nicht Deckungsgleichheit bedeutet, wie sich noch zeigen wird) als Gefühl der Lust bzw. Unlust bezeichnet werden. Die Anlehnung an Kant besteht einmal im nichtepistemischen Charakter von Lust/Unlust, der Tatsache, daß sie »gar kein Erkenntnisstück werden« 181 können. Sie gehören zum »Subjektiven an einer Vorstellung« (ebd.). 182 Ferner verdient die Beziehung zur praktischen Intentionalität, dem »Begehrungsvermögen«, zentrale Beachtung, eine Beziehung, die allerKdU, S. XLIII (Originalausgabe 1793). Für Kant gehören auch Empfindungen zum »Subjektiven an einer Vorstellung«, sie unterscheiden sich von Lust/Unlust dadurch, daß sie, in der Sprache der zitierten Stelle, zum »Erkenntnisstück« werden können. Wenn sich allerdings darlegen läßt, (vgl. Teil C), daß jede epistemische Beziehung als solche eine Beziehung auf Objektivität ist und insbesondere die sogenannten sekundären Qualitäten, Eigenschaften der Objekte selbst sind und nicht durch diese hervorgerufenen Affektionen der erkennenden Subjektivität, stellen Lust/Unlust das (einzige) »Subjektive an einer Vorstellung dar«. Diese Tatsache spielt bei der Klärung des Verhältnisses von theoretischer und praktischer Intentionalität eine wichtige Rolle. 181 182

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dings im folgenden anders als im Rahmen der Kantischen Theorie entwickelt werden wird. Der erwähnte radikal nichtepistemische Charakter von Lust/Unlust erklärt die Nichtreduzierbarkeit des praktischen auf den theoretischen Bereich, immer vorausgesetzt, Lust/Unlust spielen für die Konstitution des praktischen Bereichs die zentrale Rolle. Wenn man eine weitere Voraussetzung heranzieht, die zu begründen hier nicht möglich ist (vgl. Teil C), nämlich die Gleichsetzung des Objektiven mit dem epistemisch Zugänglichen, so bedeutet die Zuordnung von Lust/Unlust zum »Subjektiven«, daß das »Gefühl« nicht nur keine Komponente von Erkenntnis, sondern auch nicht deren Gegenstand werden kann. Dies klingt zunächst einigermaßen sonderbar, denkt man gerade an das Schmerzbeispiel. Die Schwierigkeit verschwindet dann, wenn man sich an den nichtontologischen Charakter dessen erinnert, was Personen als solchen zugeschrieben wird, nämlich Intentionalität (vgl. Teil B). Zwar ist von Lust/Unlust noch nicht gezeigt worden, daß es sich um Fälle von Intentionalität handelt, aber dies einmal vorausgesetzt, würde es jene nichtontologische Konzeption erlauben, die Differenz zwischen Epistemischem und Nicht-Epistemischem, im angesprochenen Beispiel zwischen dem epistemischen Bewußtsein des Schmerzes (im Sinne einer Körperwahrnehmung) und der ›Unlustkomponente‹, nicht als Differenz zweier distinkter (Typen von) Entitäten, sondern als Reflexionsdifferenz aufzufassen. Die Oberflächengrammatik etwa von ›Schmerz‹ verschleiert also, daß dreierlei zu unterscheiden ist: 1) Der Schmerz qua Objekt der Körperwahrnehmung; er ist identisch mit einem bestimmten Gehirnvorgang (der jedoch selbstverständlich nicht als Gehirnvorgang wahrgenommen wird). 183 2) Die Schmerzwahrnehmung als Fall von theoretischer Intentionalität, der als solcher 184 nicht ein vom Schmerz qua Objekt distinktes 183 Ausgeklammert werden kann an dieser Stelle die sekundäre Frage, ob der Schmerz (qua Objekt) nicht vielmehr derjenige Vorgang ist, der Auslöser derjenigen Nervenreizung ist, die zu dem entsprechenden Vorgang im Schmerzzentrurn des Gehirns führt, ob also der Schmerz qua Objekt nicht in dem schmerzenden Körperteil sich befindet und nicht nur als dort befindlich wahrgenommen wird. Eine entsprechende Antwort kann nur im Rahmen einer adäquaten empirischen Theorie der Körperwahrnehmung erfolgen. 184 Wesentlich ist hier die Unterscheidung zwischen Schmerzwahrnehmung als Fall von

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objektives Ereignis ist, sondern der Person qua Einheit zugesprochen wird, und dies gerade insofern die Person mit einer solchen Zusprechung von (theoretischer) Intentionalität als Person anerkannt wird (vgl. Teil B). Die spezifische Dignität einer Person ist also mit ihrem Einheitscharakter untrennbar verbunden; daß Personen nicht lediglich materielle Objekte sind, bedeutet ipso facto, daß sie nicht nur die Summe aller derjenigen (im Prinzip physikalisch beschreibbaren) Entitäten sind, die sie konstituieren. 3) Die Unlustkomponente der Schmerzwahrnehmung, deren weitere begriffliche Bestimmung noch aussteht. Vorwegnehmend wurde schon angedeutet, daß es sich um (praktische) Intentionalität handeln soll. Dies klingt allerdings vom Phänomen her gesehen nicht besonders plausibel, denn von Lust/Unlust redet man sicher auch dort, wo kein Bezug auf bestimmte Absichten respektive deren Erfüllung oder Nichterfüllung vorliegt. Kant etwa unterscheidet zwischen »praktischer« (auf »Begehrungen« bezogener) und »kontemplativer« (nicht darauf bezogener) Lust. Abgesehen von diesem Einwand, dem noch Rechnung zu tragen sein wird, ist es wohl kaum möglich, das Ziel der Beschreibung von Lust/Unlust als intentionalen Sachverhalten auf dem Wege eines ›Beweises‹ zu erreichen, der formal stringent jede Alternative ausschließen würde. Allerdings lassen sich die unwillkommenen Konsequenzen namhaft machen, die aus der Negation jener Beschreibungsweise entstehen würden. Entsprechend dem doppelten ›Richtungssinn‹ der Identifikation

Intentionalität und als Gegenstand z. B. einer empirischen Theorie, die sie als Wirkung und Ursache anderer Ereignisse betrachtet und sie in diesem Sinne durchaus mit einem Gehirnvorgang identifizieren mag (es handelt sich um eine Identifikation auf der Ebene von einzelnen Ereignissen ohne eine Identifikation von Ereignistypen – eine solche ist durch die hier vorausgesetzte Konzeption von Intentionalität ebenso ausgeschlossen wie eine materialistische Theorie von Intentionalität). Dasjenige, was sich ontologisch nicht reinterpretieren läßt, ist somit die Intentionalität als solche bzw. der intentionale Charakter von bestimmten Ereignissen; diese selbst finden sich durchaus (eben als bestimmte materielle Ereignisse) in der Ontologie wieder, aber nicht als intentionale. A

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von Lust/Unlust mit praktischer Intentionalität (also Begehrungen etc.) sind hier zwei Überlegungen anzustellen: Einerseits bietet die genannte Identifikation die Möglichkeit, Lust/Unlust demjenigen zuzuordnen (der Intentionalität), in Beziehung auf das Personen als solche anerkannt werden (vgl. Teil B). Nimmt man einmal weiter an, daß die Legitimation des Personbegriffs, d. h. eine nichtreduktionistische Konzeption von Personalität nur auf diese Weise, also vermittelt über Intentionalität, möglich ist, dann folgt, daß dies auch die einzige Weise darstellt, Lust/Unlust nicht nur als Momente des Naturprozesses zu interpretieren. Was die andere ›Richtung‹ der Identifikation betrifft, so wäre die Annahme einer praktischen Intentionalität, deren Beziehung auf Lust/ Unlust etwa lediglich kausaler Natur wäre, zwar sicher nicht unplausibel, sie würde aber die Stütze verlieren, die sie bei dem hier favorisierten Vorschlag durch den Rekurs auf das Faktum von Lust/Unlust hätte. Daß dieser Rekurs selbst gegen Skepsis nicht völlig immun ist, wurde schon hervorgehoben (wie dieser Skepsis zu begegnen ist, wird noch näher zu erörtern sein); seine Plausibilität dürfte aber wesentlich höher sein als eine völlig ›ungeschützte‹ Annahme praktischer Intentionalität (als solcher, d. h. nicht nur als façon de parler verstanden). Man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen, denkt man an die Konsequenzen, die sich aus den Argumenten gegen den ontologischen Charakter von Intentionalität ergeben (vgl. Teil B), Konsequenzen, die theoretische und praktische Intentionalität gleichermaßen betreffen. Im hier betrachteten Zusammenhang der Beziehung von praktischer Intentionalität und Lust/Unlust gewinnt der nichtontologische Charakter von Intentionalität überhaupt dann besondere Bedeutung, wenn 1) die theoretische Absicht verfolgt wird, eine nichtreduktionistische und nichteliminative Konzeption von (praktischer) Intentionalität zu entwickeln und 2) der Rekurs auf Intentionalität die einzige Möglichkeit darstellen sollte, hinsichtlich von Personalität einen nichtnaturalistischen Standpunkt einzunehmen. Unter Voraussetzung von (2) nämlich geriete der Vertreter eines solchen Standpunktes in ernste Schwierigkeiten, da gerade das, worauf er ihn gründen will, die Intentionalität also, gleichsam nicht in der Reali268

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tät verankert werden kann. Im Fall der theoretischen Intentionalität konnten zwar einzelne intentionale Zustände auch nur in einem instrumentalistischen Sinne zugeschrieben werden, ihre Annahme war aber trotzdem nicht der Skepsis ausgeliefert, da sie sich auf die Legitimität von Wahrheitsansprüchen als solchen stützen konnte. Auf die praktische Intentionalität scheint diese Legitimation nur insoweit übertragbar zu sein, als es sich überhaupt um Intentionalität handelt. (Dies wurde auch oben bei der ›umgekehrten Richtung‹ der Identifikation von Lust/Unlust mit Intentionalität in Anspruch genommen, um jenes als etwas interpretieren zu können, das nicht nur Teil des Naturzusammenhangs ist.) Was so noch ohne Legitimation bleibt, ist der spezifisch praktische Charakter der Intentionalität. Die hier vorgeschlagene Identifikation mit Lust/Unlust hebt natürlich den ›Hiatus‹ zwischen theoretischem und praktischem Bereich von Intentionalität keineswegs auf, verhilft der praktischen Intentionalität aber gerade in ihrer Besonderheit zur Verankerung in einer Faktizität, deren Anerkennung (im Sinne einer nicht nur naturwüchsigen Gegebenheit) wohl nicht so sehr von Skepsis bedroht sein dürfte wie die der praktischen Intentionalität selbst ›in Isolation‹. Dennoch bleibt festzuhalten, daß es hier keineswegs um einen rein deduktiven Zusammenhang geht, sondern darum, daß im Falle der vorgeschlagenen Identifikation der Mangel an deduktivem Zusammenhang vergleichsweise noch am geringsten ist. Was bleibt, ist die Unableitbarkeit der Differenz von Theoretischem und Praktischem, dieser Hiatus jedoch fällt dann zusammen mit der Unableitbarkeit des Gefühls der Lust/Unlust als einer Faktizität, die Personen als solche (d. h. nicht bloß qua materielle Objekte) auszeichnet. Blickt man zurück auf den Verlauf der Argumentation, so war deren Ausgangspunkt die Suche nach etwas, das als Grundlage für die Sorge um das eigene Wohl und als Motiv für Zwecksetzungen überhaupt infrage kommen könnte; nunmehr ist der Übergang zur praktischen Intentionalität vollzogen worden. Der nächste Schritt soll in der Frage nach einem Kriterium für moralisches Handeln sowie nach der Motivation dazu bestehen. Zuvor sind noch einige weitere Aspekte zu betrachten, die sich aus dem schon erreichten Resultat ergeben und die es vielleicht in einem noch vorteilhaften Licht erscheinen lassen. Es gilt zunächst, dem schon erwähnten naheliegenden Einwand A

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gegen die vollzogene Identifikation zu begegnen, der in dem Hinweis auf das Phänomen einer nicht auf Erfüllung/Nichterfüllung von Intentionen beziehbaren Lust/Unlust besteht. Dazu sei (hier nur in thetischer Form) an die Voraussetzungen und Implikationen erinnert, die für die Zuschreibung bestimmter, einzelner Fälle von Intentionalität als konstitutiv anzusehen sind. Drei Momente sind dabei hervorzuheben: 1) Die Voraussetzung von Intentionalität überhaupt in nichtreduktionistischem und nichteliminativem Sinn. 2) Der nichtontologische Charakter einer Theorie der Intentionalität; mit anderen Worten die einzelnen intentionalen Zustände stellen keine Entitäten sui generis dar. 3) Der holistische Charakter einer Theorie der Intentionalität; wenn einer Person ein bestimmter intentionaler Zustand zugesprochen wird, so geschieht dies wesentlich nach Kriterien, die auf das Gesamtsystem ihrer intentionalen Zustände ausgerichtet sind, z. B. Minimalbedingungen von Rationalität. Die dadurch bestimmte Konzeption von der Verfassung einer Theorie der Intentionalität (im Sinne einer empirischen Theorie der bestimmten intentionalen Zustände einer Person) deckt sich weitgehend mit derjenigen, die D. Davidson in seiner Theorie der »radikalen Interpretation« herausgearbeitet hat; die Differenz besteht darin, daß Davidson, der sich selbst als Materialist bezeichnet, die Charakterisierungen ›nichtreduktionistisch‹ und ›nichteliminativ‹ in (1) wohl lediglich als methodologische Prinzipien ohne weiteres fundamentum in re verstehen würde. Für das anstehende Problem der kontemplativen, d. h. nicht auf Intentionalität bezogenen Lust/Unlust erlauben (1)–(3) die Deutung, daß die Zuschreibung einer entsprechenden Intention von geringem oder gar keinem explanatorischen Wert innerhalb der holistisch verfaßten Gesamttheorie der Intentionalität der betreffenden Person wäre, etwa weil sie so selbstverständlich und allgegenwärtig ist. Z. B. würde niemand auf den Gedanken kommen, jemandem, der sich unabsichtlich verletzt, ein Unlustgefühl zuzuschreiben, das aus der Nichterfüllung seiner Intention auf die Vermeidung von Schmerzen zu erklären sei – diese scheinen hier offensichtlich ›kontemplativer‹ Natur zu sein. Diese 270

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Vorläufige Überlegungen zu einer nichtontologischen Theorie

Deutung betrifft aber unter der angenommenen methodologischen Voraussetzung nur die empirische Ebene, auf der einzelne intentionale Zustände im Sinne von theoretischen Konstrukten zugeschrieben werden. Die prinzipielle (d. h. auf der philosophischen Ebene erfolgende) Identifikation von Lust/Unlust mit praktischer Intentionalität wird aber nicht dadurch ausgeschlossen, daß sie, partiell zumindest, für die empirische Ebene keinen großen explanatorischen Wert besitzt. Ganz unabhängig vom explanatorischen Wert oder Unwert einer solchen Voraussetzung mag an dieser Stelle aber der folgende Einwand aufkommen: Inwiefern kann überhaupt eine Intention zur Vermeidung von Schmerzen vorausgesetzt werden? Wird nicht dabei stillschweigend der Unlustchararakter von Schmerzen vorausgesetzt, und wie ist dieser Unlustcharakter begründbar, wenn man Schmerzen, wie es nach der vorgeschlagenen Konzeption geschieht, abgesehen vom dem hier infrage stehenden Aspekt des (subjektiven) »Gefühls« als Objekt von Körperwahrnehmung auffaßt? Die Schwierigkeit besteht darin, den postulierten intentionalen Charakter von Lust/Unlust mit der Tatsache zu vereinbaren, daß die Negativität, die mit einer Schmerzempfindung verbunden ist, feststeht ganz unabhängig davon, ob die betreffende Person diese oder jene Absicht verfolgt oder nicht. Unlösbar wird die Schwierigkeit offenbar dann, wenn man praktische Intentionalität als etwas interpretiert, das ganz von der Willkür der jeweiligen Person abhängt. Es muß also umgekehrt die ›vom Phänomen her‹ als kontemplativ zu beschreibende Lust/Unlust bei der (theoretischen) Bestimmung der einzelnen praktischen Intentionen die Rolle einer zentralen Voraussetzung spielen. Dementsprechend ist es also z. B. unmöglich (im Sinne einer begrifflichen Unmöglichkeit), daß jemand nicht bestrebt ist, Schmerzen zu vermeiden; die dem prima facie widersprechenden Verhaltensweisen wären in irgendeiner Weise als parasitär zu interpretieren. Zwei Faktoren sind es demnach hauptsächlich, die die Zuschreibung bestimmter Fälle (respektive Dispositionen zu) praktischer Intentionalität steuern: einmal das schon erwähnte, mit dem holistischen Charakter einer Theorie der Intentionalität einer bestimmten Person zusammenhängende Kriterium der Rationalität; zum anderen liegen die ›Basisfälle‹ von Lust/Unlust quasi naturwüchsig fest. Dies ist auch notwendig, um die einzelnen Fälle von Intentionalität etwa mit materiellen Ereignissen identifizieren zu können (ohne daß damit, wie A

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schon hervorgehoben wurde, die Intentionalität als solche ontologisiert würde). Es lassen sich die Ursachen für Auftreten, Intensität etc. dieser Fälle innerhalb einer naturwissenschaftlichen (z. B. neurophysiologischen) Theorie prinzipiell angeben ohne Inanspruchnahme irgendwelcher intentionaler Begrifflichkeit. An dieser Stelle liegt demnach der Berührungspunkt von Naturzusammenhang und praktischer Intentionalität, entsprechend zur Rolle der Wahrnehmungen im theoretischen Bereich, die ja durch eine Koinzidenz (im veridischen Fall) von realer (kausaler) und epistemischer Beziehung wesentlich charakterisierbar ist. Kombiniert man die beiden genannten Faktoren, so ergibt sich die wichtige Konsequenz, daß etwas prinzipiell nicht wünschbar (im logischen Sinn von Wünschbarkeit) ist, was dem Eigeninteresse massiv zuwiderläuft. Definiert wird das Eigeninteresse im wesentlich durch jene beiden Faktoren, mit anderen Worten die ›egoistischen‹ Interessen sind dadurch bestimmt, daß sie 1) sich auf die Vermeidung physischer Unlust richten und 2) nach Maßgabe von Kriterien der Rationalität (Kohärenz, etc.) organisiert sind. Hervorzuheben ist dabei, daß der ›Egoismus‹ damit nicht nur als naturwüchsiger (z. B. darwinistisch begründbarer) und damit kontingenter Sachverhalt aufgenommen wird, sondern sich aus der Bestimmung des Begriffs praktischer Intentionalität ergibt. Was das Verhältnis von theoretischer und praktischer Intentionalität, insbesondere von Wahrnehmungen und Lust/Unlust betrifft, so wurde schon auf den Reflexionscharakter dieser Differenz hingewiesen: Der Lust/Unlust-Aspekt stellt denjenigen Faktor dar, der aufs Subjekt, der epistemische denjenigen, der auf objektive (insbesondere wahrgenommene) Sachverhalte bezogen ist; dabei ›entstehen‹ die beiden Faktoren als getrennte erst durch diesen entgegengesetzten Bezug – dies ist der Sinn der Rede von einer bloßen Reflexionsdifferenz. Wahrnehmungen sind in diesem Sinn also immer von Lust/Unlust ›begleitet‹. Zurückzuführen ist der Reflexionscharakter der Differenz der beiden Typen von Intentionalität auf die nichtontologische Konzeption von Intentionalität. Deren Kohärenz, die durch die Einführung von Lust/Unlust als factum brutum gefährdet schien, präsentiert sich nun gerade im Blick auf jene Differenz in einem günstigeren Licht. Es ist nunmehr nämlich deutlich, daß zwischen dieser Faktizität und der 272

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Vorläufige Überlegungen zu einer nichtontologischen Theorie

theoretischen Intentionalität ein in gewisser Hinsicht ähnliches Verhältnis der wechselseitigen Legitimation besteht wie dasjenige, das zwischen Wahrheitssinn und Intentionalität im theoretischen Bereich zu konstatieren war. Einerseits nämlich erfolgte die Anerkennung einer Person als etwas, das nicht darin aufgeht, ein materielles Objekt unter anderen zu sein, in Beziehung auf theoretische Intentionalität, auf die Person als Subjekt von Akten bzw. Zuständen des Fürwahrhaltens. Diese Anerkennung bildete dann die Basis für die Interpretation von Lust/Unlust als nicht auf naturalistische Beschreibungen reduzierbare Gegebenheit. Andererseits hat sich diese als dasjenige herauskristallisiert, was, aus der Innenperspektive der Person gesehen, dem Subjekt als solchem zuzuordnen ist, während die theoretische Intentionalität gleichsam von der vermeinten Objektivität absorbiert wurde (vgl. Teil C). So läßt sich cum grano salis sagen, daß, was die ratio cognoscendi angeht, die theoretische Intentionalität den Primat besitzt, andererseits aber der praktische Aspekt des Personseins dasjenige darstellt, was sich ex post als die ratio essendi der Irreduzibilität von Personen ergeben hat. Im Verlauf der Entwicklung der Konzeption von Subjektivität, von dem also, was Personen als solche auszeichnet, kehrt sich die Richtung der Legitimation zwischen theoretischer und praktischer Intentionalität um, wobei die Art der Legitimation – es wurde die Differenz von ratio cognoscendi und ratio essendi angesprochen – jeweils verschiedene Formen annimmt. 185

185 Anzumerken ist außerdem, daß die Beziehbarkeit der Differenz von theoretischer und praktischer Intentionalität auf diejenige von Objektivität und Subjektivem es noch in einer anderen Hinsicht ermöglicht, die Kohärenz der Gesamtkonzeption zu erhöhen. Denn dadurch wird indirekt ein Zusammenhang hergestellt zwischen den beiden Fällen, in denen innerhalb dieser Konzeption eine nicht behebbare Unvermittelbarkeit zu konstatieren war, nämlich zwischen der Irreduzibilität des Persondaseins auf den objektiven Naturprozeß einerseits, der Unaufhebbarkeit der Differenz zwischen theoretischer und praktischer Intentionalität andererseits.

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II. Praktische Intentionalitt und moralisches Handeln

Es wurde schon angekündigt, daß sich aus der in groben Zügen skizzierten Konzeption praktischer Intentionalität gewisse moralphilosophische Perspektiven ergeben. Zunächst gilt es, aus dem Gesamtbereich der praktischen Intentionalität dasjenige zu isolieren, was geeignet erscheint, auf Moralität bezogen zu werden. Ausgangspunkt dabei soll eine Differenz sein, die hinsichtlich der Zuschreibung von praktischen Intentionen entwickelt werden kann. Von allen Intentionen gilt trivialerweise, daß sie der Person zugeschrieben werden können bzw. daß diese sie sich selbst zuschreiben kann. Man könnte die Zuschreibung von praktischer Intentionalität aber noch in einem engeren Sinn verstehen, dann nämlich, wenn das Personsein nicht nur die allgemeine Bedingung für das Vorhandensein von Intentionalität darstellt, sondern Intentionen demjenigen an der Person zugeschrieben werden, das das Personsein als solches ausmacht bzw. konstituiert. Es wäre hier prima facie an so etwas wie den ›Kern‹ einer Person zu denken, ihr ›Selbst‹, dem ein bestimmter Typ von Intentionen (und damit auch von Handlungsmaximen) zuzuordnen wäre. Nun wurde dargelegt, daß das Personsein nicht in einer solchen als ›ontologisierend‹ charakterisierten Weise zu interpretieren ist. Wenn aber das Personsein als solches nicht in irgendeiner konkreten Gegebenheit an der Person zu verorten ist, bleibt allein die formale Einheit der Person (qua Träger von Intentionalität) übrig als dasjenige, worauf Intentionen dann zu beziehen sind, wenn sie auf das bezogen werden sollen, was das Personsein als irreduziblen Sachverhalt ausmacht. Der Person werden (praktische) Intentionen also nicht nur zugeschrieben als der Bedingung dafür, daß Intentionalität überhaupt auftreten kann, sondern können der Person auch derart zugeschrieben werden, daß diese als solche Bedingung bestimmte praktische Intentionen hat. Anders formuliert, in solchen Fällen intendiert nicht einfach die Person, sondern das Personsein der Person. Das Personsein ist nicht nur allgemeine Bedingung von Intentio274

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nalität, sondern wird als solches als Ursprung bestimmter Intentionen thematisierbar. Die Rede vom Personsein als Ursprung bestimmter Intentionen ist natürlich insofern irreführend, als ja die nichtontologische Konzeption von dem, was Personen zu solchen macht, die erwähnte Vorstellung von einem ›Kern‹ der Person ausschließt, dem diese besonderen Intentionen zuzuordnen wären. Da deren Bestimmtheit somit nicht von besonderen Bedingungen ihrer Genese herrühren kann, muß sie sich gewissen Restriktionen verdanken, denen die praktische Intentionalität dann unterworfen ist, wenn sie in der angedeuteten Weise auf das Personsein als solches bzw. auf die formale Einheit der Person als solcher bezogen wird. Diese Restriktionen können demnach nichts anderes sein als die Bedingung für eine solche Beziehbarkeit. Sie ist nur dann gegeben, wenn der betreffenden Person auch die Intention zugeschrieben werden kann, daß die betreffende Intention auch jeder anderen Person unter den gleichen Umständen zukommen soll. Denn zum einen muß die Intention universalisierbar sein, da sie ja dem Personsein als solchem zugeschrieben wird, das allen Personen als solchen zukommt; zum anderen muß außerdem diese Universalisierbarkeit ihrerseits von der betreffenden Person noch intendiert werden können. Ansonsten würde die Intention als ihre Intention durch ihre Universalisierung aufgehoben. Dann könnte sie der Person aber überhaupt nicht mehr zugeschrieben werden. Dies muß aber gewährleistet bleiben; das Personsein als solches eines Individuums ist eben sein Personsein, wenn es sich auch qualitativ nicht von dem anderer Individuen unterscheidet. Denmach unterliegt auch die Zuschreibung des Personseins als solchem und dem, was damit verbunden ist, hier der universalisierbaren Intentionen, den Bedingungen der Zuschreibbarkeit von praktischer Intentionalität überhaupt, also der Kompatibilität mit dem Eigeninteresse. Die Kompatibilität einer Intention mit ihrer Universalisierung hat somit zwei Aspekte, die formale Möglichkeit der Universalisierung, die etwa im Falle der Absicht zur Lüge nicht gegeben ist, und deren Wünschbarkeit, die z. B. Mordabsichten ausschließt. Der durch die erläuterte Restriktion abgegrenzte Bereich läßt sich dem der Intentionalität zweiter Stufe zurechnen. Die betreffenden IntentioA

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nen treten nicht nur faktisch in der Person auf, aufgrund von deren faktischer Verfassung oder aufgrund von äußeren Einflüssen, sondern sie ›macht‹ sie zu ihren eigenen, indem ihre Zuschreibung nicht nur durch ihr faktisches Auftreten sondern durch dasjenige bestimmt ist, wodurch die Person gerade nicht darin aufgeht, bloßes Moment des Naturprozesses zu sein. Dieser bestimmende Faktor war es, der als ›Personsein als solches‹ bezeichnet wurde und das Universalisierungspostulat mit sich brachte. Vor diesem Hintergrund wird die Rede davon möglich, etwas sei der eigene (freie) Wille einer Person und nicht nur eine ihr zuzurechnende Begehrung. Es wird deutlich, daß Freiheit (bzw. Unabhängigkeit vom bloßen Naturprozeß) in diesem Sinn mit kausaler Determiniertheit sehr wohl verträglich ist. Bei der angesprochenen Willensfreiheit handelt es sich nicht um eine Ursache sui generis, es geht nicht um einen besonderen, mit dem naturwissenschaftlichen konfligierenden Typ von Erklärung der Zustände und des Verhaltens von Personen, sondern um eine Art der Beschreibung der praktischen Intentionalität, die nicht auf das Aufzeigen natürlicher Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge reduzierbar ist. Nicht allzu überraschend korrespondieren die (nach der hier verwendeten Terminologie) dem Personsein als solchem zuzuschreibenden Intentionen denjenigen Handlungsmaximen, die unter dem Kantischen kategorischen Imperativ stehen, etwa in der Formulierung: »Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne« 186 . Insofern liegt ein Vergleich der hier skizzenhaft angedeuteten Konzeption mit der Kantischen Theorie nahe. Zwei Punkte wurden schon erwähnt. Einmal konnte aufgrund der Identifikation von Lust/Unlust mit praktischer Intentionalität deren Ausrichtung auf das Eigeninteresse aus dem Begriff von praktischer Intentionalität abgeleitet werden. Diese Ausrichtung auf das Eigeninteresse stellt bei Kant den Inhalt des »Lehrsatzes II« der Kritik der praktischen Vernunft dar. Allerdings bleibt in diesem Zusammenhang die Frage völlig offen, warum die praktische Intentionalität, wenn es sich denn wirklich um Intentionalität handeln soll und nicht nur um den natürlichen Prozeß der Bedürfnisbefriedigung, sich nicht aufgrund

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irgendwelcher Ursachen etwas zum Ziel setzen kann, das mit dem Eigeninteresse in keine rationale Verbindung zu bringen ist. Kants (im übrigen nicht weiter begründete) Behauptung, daß die »Empfindung der Annehmlichkeit, die das Subjekt von der Gegenwart des Gegenstandes erwartet, das Begehrungsvermögen bestimmt« (ebd., S. 40), legt den Verdacht nahe, daß er diejenige praktische Intentionalität, die er dem »unteren Begehrungsvermögen« zuordnet, der empirischen Psychologie überantwortet bzw. dem Prozeß der Bedürfnisbefriedigung assimiliert. 187 Da ihm praktische Intentionalität als solche nie zum Problem wird, bleibt bei ihm der Aspekt der Wünschbarkeit von Handlungsmaximen innerhalb des kategorischen Imperativs eine faktisch angenomene anthropologische Konstante. Zweitens wurde darauf hingewiesen, daß die vorgeschlagene Konzeption ohne das die Skepsis auf den Plan rufende Postulat einer »Kausalität durch Freiheit« auskommt und damit auch der Schwierigkeit entgeht, die damit verbunden ist, diese Art von Kausalität als mit der natürlichen verträglich aufzufassen. Als Alternative zu einem solchen Projekt der Erklärung eines bestimmten (des moralischen) Typs von Handlungen wurde in Beziehung auf die vorgeschlagene Konzeption davon gesprochen, es handele sich nur um eine Weise der Beschreibung von Personen. Diese Rede von einer ›bloßen‹ Beschreibung setzt sich dem Verdacht aus, es handele sich dabei um eine Art als-ob-Position. Der Verdacht läßt sich aber weitgehend zerstreuen, wenn man sich einmal an den terminus a quo der hier angestellten Überlegungen erinnert, das Gefühl der Lust/Unlust, und den Zusammenhang zwischen diesem terminus a quo und dem entsprechenden terminus ad quem, der Legitimation von Moralität, in den Blickpunkt rückt, zum anderen an die Weise des Zusammenhangs von theoretischer und praktischer Intentionalität denkt. Was den ersten Punkt betrifft, so läßt sich aus dem dargelegten Zusammenhang von Lust/Unlust, der praktischen Intentionalität im weiten und derjenigen im engen (›moralischen‹) Sinn schließen, daß In der Tat unterscheidet er zwar das Begehrungsvermögen und seine Tätigkeit von einem bloßen Naturprozeß dadurch, daß bei jenem die Vorstellung des Intendierten eine determinierende Rolle spiele. Allerdings werden die für eine Theorie der Intentionalität zentralen Fragen weder gestellt noch beantwortet, 1) was die Vorstellung des Intendierten zu einer solchen Vorstellung macht und 2) inwiefern das Auftreten einer solchen Vorstellung ein bestimmtes (sei es materielles oder mentales) Ereignis zu einem Fall von Intentionalität werden läßt. 187

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ein Skeptiker hinsichtlich der Möglichkeit moralischer Intentionen (und damit Handlungsmaximen und Handlungen) gleichzeitig ein Skeptiker hinsichtlich der Existenz des Gefühls der Lust/Unlust als eines nicht auf den Naturprozeß reduzierbaren Sachverhalts sein müßte. Denn weitere Annahmen als diese waren zur Herleitung der Möglichkeit der dem Personsein als solchen zuzuschreibenden Intentionen, die vorgreifend als moralisch charakterisiert wurden, nicht notwendig. Dies wiederum hätte aber zur Konsequenz, daß er sich selbst als Einzelsubjekt verleugnen müßte, wenn es denn zutrifft, daß Lust/Unlust, aus der Innenperspektive des Subjekts betrachtet, den ihm als solchen zuzuordnenden Aspekt von Intentionalität darstellt und ferner Intentionalität dasjenige ist, in Beziehung worauf sich die Irreduzibilität des Personseins konstituiert. Es handelt sich um keine Widerlegung im formalen Sinn, aber um einen extremen Fall von pragmatischer Inkohärenz, ähnlich wie im theoretischen Bereich, wo der Skeptiker als jemand auftritt, der sich vom Diskurs distanziert, obwohl er eodem actu daran teilnimmt. Eine zusätzliche antiskeptische Pointe ergibt sich daraus, daß diese Selbstverleugnung der Subjektivität indirekt auch die Legitimationsbasis des theoretischen Diskurses untergräbt: Die Bezugnahme auf das Einzelsubjekt, das als Träger von Wahrheitsansprüchen anerkannt wurde, bildete ja die Grundlage für die Sicherung des Sinnes von Wahrheit gegen mögliche skeptische bzw. relativistische Angriffe. Jene Bezugnahme erfolgte zwar unabhängig vom Rekurs auf die praktische Dimension des Personseins, eben dieses Personsein droht sich aber durch die angesprochene Selbstverleugnung gleichsam von innen heraus zu verflüchtigen. Insofern führt der Beschreibungscharakter des praktischen und moralischen Diskurses nicht dazu, daß er als bloße façon de parler bzw. in instrumentalistischer Weise gedeutet werden müßte. Er steht zum naturwissenschaftlichen Diskurs nicht in Konkurrenz, ist ihm aber auch keineswegs untergeordnet. In Beziehung auf jenen Beschreibungscharakter läßt sich noch ein spezifischer Einwand gegen die hier vorgeschlagene Konzeption anbringen. Er mobilisiert die Kantische Distinktion zwischen Handeln gemäß dem (moralischen) Gesetz und Handeln um des Gesetzes willen; nur 278

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beim letzten Fall geht es (nach Kant zumindest) um ein als moralisch zu charakterisierendes Handeln, im ersten Fall nur um eine kontingente Übereinstimmung mit dem, was moralisch geboten ist. Scheinbar kann diese Differenz nur durch eine unterschiedliche Erklärung (und eben nicht auf der Ebene einer bloßen Beschreibung) adäquat erfaßt werden, da es um eine Differenz hinsichtlich der Ursachen (bzw. Motive, die als Ursachen fungieren) von Handlungen zu gehen scheint. Die Schwierigkeit für eine deskriptive Konzeption erscheint aber nur auf den ersten Blick als unüberwindlich. Denn der angesprochenen Differenz läßt sich durchaus Rechnung tragen innerhalb einer empirischen Theorie der intentionalen Zustände einer Person, und zwar durch Zuschreibung (im Sinne einer theoretischen Setzung, also durchaus ›deskriptiv‹ zu verstehen) jeweils unterschiedlicher Meinungen und Begehrungen. Auf diesem Wege müßte z. B. verständlich werden, ob eine Person etwa trotz ihres, äußerlich betrachtet, moralisch untadeligen Verhaltens nur rücksichtslos das eigene Interesse verfolgt oder ob ihre Absichten auf Gründen basieren, die mit dem Sittengesetz (bzw. in der hier verwendeten Terminologie: mit der Beziehbarkeit auf das Personsein als solches) in Übereinstimmung zu bringen sind. Die gesuchte Differenz liegt demnach nicht auf der Ebene von Ursachen, sondern von Gründen. (Die Problematik des Verhältnisses von Gründen und Ursachen in Beziehung auf Handlungen, insbesondere die Frage, ob und inwiefern Gründe als Ursachen fungieren können, muß hier ungeklärt bleiben.) 188 Es ist also weder erforderlich, daß für alle als moralisch zu klassifizierenden Handlungsmaximen ein bestimmtes (›spezifisch moralisches‹) Motiv, etwa die Kantische »Achtung vor dem Gesetz«, zugrunde liegen müßte, noch besteht die Notwendigkeit, den entsprechenden Handlungen eine spezifische Art von Kausalität (ein »oberes Begehrungsvermögen« etwa) als Erklärung zugrundezulegen – mit der ersten ist im übrigen auch die zweite Notwendigkeit entfallen. Damit ist indirekt die Frage nach dem Motiv für sittliches Handeln beantwortet bzw. anders formuliert, in der vorgeschlagenen Konzeption tritt diese Frage in einer bestimmten Form nicht auf, in einer Form nämlich, in der sie keine befriedigende Antwort zuzulassen scheint. 188 Vgl. hierzu die von D. Davidson entwickelte Konzeption in: Essays on Actions and Events. Oxford 1980.

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Eine solche Situation ist in der Kantischen Moralphilosophie gegeben, da hier für das sittliche Handeln ein bestimmtes, von allen auf das Eigeninteresse gerichteten verschiedenes Motiv vorhanden sein muß, von dem aber gleichzeitig gilt, daß es seine motivierende Kraft zur Ausscheidung aller mit dem kategorischen Imperativ inkompatiblen Handlungsmaximen nicht aus der Erwartung der Wirklichkeit eines Zweckes beziehen darf. Kant findet es in der »Achtung vor dem Gesetz«, doch es ist sehr die Frage, ob diese Antwort über ihre Funktion hinaus, inadäquate andere Antworten auszuschließen, mehr ist als die terminologische Fixierung eines ungelösten Problems. Und in der Tat ist es Kants primäre Intention, alle Willensbestimmungen auszuschließen, die auf eine Heteronomie hinauslaufen würden, um auf diese Weise Raum zu schaffen für den Gedanken des Praktischwerdens der reinen Vernunft, der mit dem der Autonomie verknüpft wird. Was die vorgeschlagene Konzeption betrifft, wäre eher von Selbstbestimmung (in einem sehr wörtlich zu nehmenden Sinn) als von Selbstgesetzgebung zu reden. Es geht also nicht darum, ein Prinzip zu akzeptieren, dem das Handeln der Person sich unterzuordnen hätte, ein Gesetz gegen ein anderes einzutauschen; dasjenige, was das Handeln in diesem Falle bestimmt, ist ja ihr Personsein als solches, bzw. sie selbst als diejenige Einheit, die sie nur qua Person ist, und weder ein Aspekt der Person, dem andere dann unterzuordnen wären, noch ein abstraktes Prinzip; das auch dann, wenn es sich um die Vernunft selbst handelt, die Skepsis unweigerlich auf sich zieht. Insofern als das Gute bzw. die Verpflichtung dazu in dem verankert wird, das das Sein von Personen als solchen ausmacht, entgeht diese Konzeption somit auch der bekannten (und wohl auch berechtigten) Kritik an der Kantischen Moralphilosophie, sie untergrabe mit ihrer abstrakten Entgegensetzung von Pflicht und Neigung die Bedingungen der Realisierung des Guten. Und es wird auch möglich, eine Freiheit des Handelns zu denken, ohne sie entweder einem (wenn auch nicht Natur-)Gesetz subordinieren oder der puren Kontingenz preisgeben zu müssen.

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ALBER PHILOSOPHIE

Hans-Peter Falk https://doi.org/10.5771/9783495997277 .

Personenverzeichnis

Anscombe, E. 192 Barwise, J. 43 Bennett, J. 109, 219 Birnbacher, D. 185 Block, N. 145, 151, 157 Boyd, R. 157 Burge, T. 19, 86, 88–89, 92, 187–188 Castaneda, H.-N. 245 Davidson, D. 7, 11, 21, 42, 63, 104–105, 111, 118–119, 121–130, 132–134, 136, 154, 234, 270, 279 Dennett, D. 146–147, 182 Dummett, M. 7, 14, 16, 21, 40, 46–48, 105, 108–109, 122, 132– 135, 258 Evans, G. 9, 101, 125, 155 Falk, H.-P. 5–8 Fichte, J.G. 189 Field, H. 7, 11, 19, 78– 81, 101, 104 Fodor, J. 69, 92, 142 Frege, G. 7, 11, 15, 34, 40, 52–56, 122, 198

Hacker, P.M.S. 161, 166, 182 Harman, G. 111, 154 Hegel, G.W.F. 129, 158 Henrich, D. 129, 221 Kant, I. 15, 25–26, 34, 36, 129, 136, 147, 192, 205, 207–210, 212– 216, 219, 221, 223– 224, 226, 228–229, 233–236, 241–243, 251, 265, 267, 276, 279–280 Kenny, A. 161, 166 Kripke, S. 7, 17, 22, 57– 58, 87, 150, 154, 156– 157, 159, 174 Leibniz, G.W. 251 Lewis, D. 7, 25, 141, 143–144, 155, 197– 203 Loar, B. 7, 11, 78, 84, 87, 92, 125 Lycan, W. 179 McDowell, J. 9, 48, 81, 125, 134 Parfit, D. 263–264 Perry, J. 43, 198 Prauss, G. 208, 235 Putnam, H. 7, 16, 39, 86, 90, 92, 130, 142

Quine, W.V.O. 7, 11, 19, 32, 39, 62–63, 73–76, 78, 95–98, 100–102, 104, 107–114, 116– 119, 126–127, 144, 201, 237–238, 252, 255 Quinton, A. 176 Ramberg, G. 122 Rorty, R. 137, 142–143, 221 Salmon, M. 53 Schiffer, S. 85 Searle, J. 93–94 Sellars, W. 79, 93, 226 Shoemaker, S. 7, 138, 150, 152–153, 157 Strawson, P.F. 26, 160, 206, 220–221, 238, 242 Tugendhat, E. 39, 161, 176 Wallace, J. 103 Wettstein, H. 54 Wiggins, D. 248 Wittgenstein, L. 7, 11, 14, 17–18, 51–52, 56– 59, 67, 137, 147–148, 159, 161–162, 172– 176, 184, 250

Geach, P. 248

A

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