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German Pages 386 Year 2013
In der knappen Testimoniensammlung Ad Fortunatum, die Cyprian von Karthago kurze Zeit vor seinem eigenen Martyrium im Jahre 258 n.Chr. verfasst hat, hat der Bischof und Seelsorger all das zusammengetragen, was er Zeit seines Lebens zum Thema der Vorbereitung auf das Martyrium an Erfahrung gesammelt, gelehrt und verfasst hat. Die Schrift erweist sich damit als Schlüsseltext zu diesem zentralen Thema des cyprianischen Œuvres.
Robert Walz, 1972 in Hassfurt geboren; Diplomstudium der katholischen Theologie an der Universität Würzburg; von 2006-2012 Assistent am Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Altertums, christliche Archäologie und Patrologie.
www.peterlang.de
ISBN 978-3-631-63987-0
R. Walz · Vorbereitung auf das Martyrium bei Cyprian von Karthago
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PATROLOGIA BEITRÄGE ZUM STUDIUM DER KIRCHENVÄTER
XXVII
Robert Walz
Vorbereitung auf das Martyrium bei Cyprian von Karthago Eine Studie zu Ad Fortunatum
PATROLOGIA
BEITRÄGE ZUM STUDIUM DER KIRCHENVÄTER Herausgegeben von Andreas Spira †, Hubertus R. Drobner, Christoph Klock
Band XXVII
Robert Walz
Vorbereitung auf das Martyrium bei Cyprian von Karthago Eine Studie zu Ad Fortunatum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Zugl.: Würzburg, Univ., Diss., 2012 P-Initiale zum weihnachtlichen Introitus aus dem Abdinghofer Graduale fol. 12V, Bibliotheca Theodoriana Hs. Ba 1 aus dem Jahr 1507. Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek Paderborn. Umschlaggestaltung: © Olaf Glöckler, Atelier Platen, Friedberg
D 20 ISSN 0940-4015 ISBN 978-3-653-01966-7 (E-Book) DOI 10.3726/978-3-653-01966-7 ISBN 978-3-631-63987-0 (Print) © Peter Lang GmbH Internationaler Verlag der Wissenschaften Frankfurt am Main 2013 Alle Rechte vorbehalten. Peter Lang Edition ist ein Imprint der Peter Lang GmbH Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. www.peterlang.de
Meinen Eltern
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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg im Sommersemester 2012 als Promotionsschrift angenommen und für den Druck geringfügig überarbeitet. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Franz Dünzl. Über die Jahre hinweg hat er die Arbeit mit größtem Interesse und fachlichem Rat begleitet und gefördert. Den zahlreichen Gesprächen am Lehrstuhl verdanke ich wertvolle Anregungen und Ratschläge, weit über das rein wissenschaftliche hinaus. Frau PD Dr. habil. Anette Rudolph bin ich zu großem Dank verpflichtet, da sie die Mühe auf sich genommen hat, das Zweitgutachten anzufertigen. Ein herzlicher Dank gilt auch Herrn Prof. Dr. Dr. Dr. Hubertus Drobner für die Aufnahme der Arbeit in die Reihe Patrologia. Last but not least möchte ich mich an dieser Stelle von ganzem Herzen bei meiner Frau Corinna bedanken: ohne ihre Unterstützung, Geduld und Liebe wäre diese Arbeit nicht entstanden.
Würzburg, im November 2012
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Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ........................................................................................................ 1 2. Das decische Opferedikt und seine Folgen für die Kirche ............................. 8 2.1. Die religionspolitischen Hintergründe des decischen Opferediktes ............................................................................................ 8 2.2. Die Intention des decischen Opferediktes............................................. 19 2.3. Die Auswirkungen des decischen Opferediktes auf die Kirche ........... 22 2.4. Das Krisenmanagement Cyprians während der Zeit der Verfolgungsmaßnahmen ....................................................................... 27 2.5. Fazit ....................................................................................................... 40 2.6. Cyprians Konsequenzen aus der Erfahrung der Verfolgungsmaßnahmen ....................................................................... 43 2.6.1. Cyprians Analyse der Ursachen für den massenhaften Glaubensabfall in der karthagischen Kirche .............................. 44 2.6.2. Die Notwendigkeit der praeparatio ad martyrium .................... 46 3. Cyprians Schrift „Ad Fortunatum“ als Kompendium der praeparatio ad martyrium ................................................................................................. 49 3.1. Intention, Methode und Aufbau von „Ad Fortunatum“........................ 49 3.2. Die Bedeutung von „Ad Fortunatum“ innerhalb des cyprianischen Œuvres ........................................................................... 54 4. Die apologetische Auseinandersetzung Cyprians mit der paganen religio [Fort. 5 (1)] ........................................................................................ 63 4.1. Gründe für die Auseinandersetzung in „Ad Fortunatum“ .................... 63 4.2. Die Ausbreitung des Christentums in Nordafrika bis ca. 250 n.Chr. und ihre Folgen für die karthagische Kirche ................. 71 4.3. Fazit ....................................................................................................... 91 4.4. Apologetische Argumentationen im Werk Cyprians ............................ 92 4.4.1. Apologie in Fort. 5 (1) ............................................................... 92
X 4.4.2. Apologetische Schriften Cyprians ............................................. 95 4.5. Der Aufweis der Nichtigkeit der Götzen in „Ad Demetrianum“ ......... 98 4.5.1. Der heidnische Vorwurf: Die Christen als Ursache allen Übels........................................................................................... 98 4.5.2. Das erste Argument der Verteidigung Cyprians: Der senectus mundi-Gedanke (Dem. 3f) ......................................... 104 4.5.3. Das zweite Argument der Verteidigung Cyprians: Der Zorn Gottes (Dem. 5-7) ............................................................ 109 4.5.4. Das dritte Argument der Verteidigung Cyprians: Der Tod des Verfolgerkaisers Decius als exemplum religionis neglectae (Dem. 14-17)............................................................ 120 4.6. Fazit ..................................................................................................... 138 5. Der Monolatrieanspruch Gottes und die Folgen der Zuwiderhandlung [Fort. 5 (2-5)] ................................................................. 140 5.1. Der Monolatrieanspruch Gottes und die Folgen der Zuwiderhandlung in Fort. 5 (2-5) ....................................................... 140 5.2. Der Monolatrieanspruch Gottes und die Folgen der Zuwiderhandlung im Werk Cyprians.................................................. 141 5.2.1. Gott allein muss verehrt werden [Fort. 5 (2)] .......................... 141 5.2.2. Gott droht den Götzendienern [Fort. 5 (3)] .............................. 145 5.2.3. Gott verzeiht Götzendienern nicht leicht [Fort. 5 (4)] ............. 150 5.2.4. Gott ist so über Götzendienst erzürnt, dass er befohlen hat, auch die zu töten, die zum Opfern geraten haben [Fort. 5 (5)] ............................................................................... 154 5.3. Fazit ..................................................................................................... 159 6. Das Gebot, nichts über Christus zu stellen [Fort. 5 (6)] ............................. 161 6.1. Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, in Fort. 5 (6) ................... 161 6.2. Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, im Werk Cyprians.......... 164
XI 6.2.1. Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, in den Testimonien Fort., test. 6.......................................................... 164 6.2.2. Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, in den übrigen Schriften Cyprians .................................................................... 171 6.2.2.1. Das Gebot, nichts über Christus zu stellen und das Ideal der Nachfolge (Christum sequi) .................. 173 6.2.2.2. Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, als lex und mandatum ............................................................ 176 6.2.2.3. Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, als exemplum .................................................................... 182 6.3. Fazit ..................................................................................................... 189 7. Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben [Fort. 5 (7-8)] ................... 191 7.1. Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben in Fort. 5 (7-8) ......... 191 7.2. Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben im Werk Cyprians .............................................................................................. 193 7.2.1. Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben in den Testimonien Fort., test. 7-8 ...................................................... 193 7.2.1.1. Fort., test. 7 .................................................................. 193 7.2.1.2. Fort., test. 8 .................................................................. 200 7.2.2. Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben in den übrigen Schriften Cyprians ...................................................... 215 7.3. Fazit ..................................................................................................... 223 8. Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen [Fort. 5 (9-11)] ........ 225 8.1. Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen in Fort. 5 (9-11) ....................................................................................... 225 8.2. Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen im Werk Cyprians .............................................................................................. 227
XII 8.2.1. Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen in den Testimonien Fort., test. 9-11 ............................................. 227 8.2.1.1. Fort., test. 9 .................................................................. 227 8.2.1.2. Fort., test. 10 ................................................................ 231 8.2.1.3. Fort., test. 11 ................................................................ 242 8.2.2. Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen in den übrigen Schriften Cyprians................................................ 270 8.2.2.1. Bedrängnisse und Verfolgungen als Prüfung .............. 270 8.2.2.2. Die Überlegenheit Gottes über den Teufel.................. 276 8.2.2.3. Das Eintreffen der vorhergesagten Bedrängnisse als Garant künftiger Belohnungen .............................. 279 8.3. Fazit ..................................................................................................... 294 9. Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer [Fort. 5 (12-13)] ....................... 297 9.1. Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer in Fort. 5 (12-13) ............. 297 9.2. Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer im Werk Cyprians............ 299 9.2.1. Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer in den Testimonien Fort., test. 12-13 .................................................. 299 9.2.1.1. Fort., test. 12 ................................................................ 299 9.2.1.2. Fort., test. 13 ................................................................ 309 9.2.2. Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer in den übrigen Schriften Cyprians .................................................................... 317 9.3. Fazit ..................................................................................................... 330 10. Auswertung ................................................................................................. 332 Abkürzungen ..................................................................................................... 349 Quellen .............................................................................................................. 351 Literatur ............................................................................................................. 355 Register .............................................................................................................. 365
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Einleitung „Da das [decische] Opfergebot [für die Christen] völlig überraschend kam, waren seine Auswirkungen gewaltig. Cyprian …, erst seit kurzem Bischof v.[on] K.[arthago], berichtet von Massen von Christen, die sich in den Tempeln zum Opfer drängten, so dass die Beamten die Leute bitten mussten, am nächten Tag wiederzukommen (laps. 8). Nach Decius` Tod iJ. 251 beruhigte sich die Lage vorübergehend, doch folgte schon 257 unter Valerian eine zweite Verfolgungswelle. An Schärfe übertraf sie die erste bei weitem, stieß aber bei den Christen auf entschlossenen Widerstand“1, so dass konstatiert werden kann, „daß Cyprian während all dieser Jahre nicht umsonst gekämpft, gepredigt und gerungen hat: seine Gemeinde ‚steht‘“2.
Die beiden Zitate leiten aus zweierlei Grund diese Arbeit ein. Zunächst umreißen sie ihren thematisch-zeitlichen Rahmen: Circa ein Jahr, nachdem Cyprian3 den Bischofsstuhl von Karthago besteigt, wird seine Gemeinde von den Auswirkungen des decischen Opferediktes schwerstens getroffen, denn freiwillig und in Scharen strömen die Christen zu den heidnischen Opferaltären und machen sich damit des Vergehens der Idolatrie schuldig. Zweifelsohne, die Kirche war für
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Elliger, Karthago, 256. Campenhausen, Amt, 294. Zur Biographie Cyprians vgl. Bardenhewer, Geschichte, 446-451; Kraft, Kirchenväter, 359-436; Monceaux, Histoire, 201-241; Quasten, Patrology, 341-343; Clarke, Biography, 679-690; Sage, Cyprian, 95-164; Hoffmann, Cyprian von Karthago, 169-174; Stuiber, Cyprianus I, 463-466; Bévenot, Cyprian von Karthago, 246-254; Altaner; Stuiber, Patrologie, 172-181; Dassmann, Cyprianus, 196-21; Proksch, Christus, 16-19. Da oben genannte Literatur Cyprians Leben (und Werke) ausgiebig behandelt, kann im Rahmen dieser Arbeit auf eine Biographie des Bischofs von Karthago verzichtet werden. Lediglich einige wenige Eckdaten sollen hier erwähnt sein, die für den weiteren Verlauf von Bedeutung sein werden: Im Jahr 248 bzw. 249 wird der erst vor wenigen Jahren getaufte Cyprian zum Bischof seiner Heimatstadt Karthago gewählt. Sein ca. zehnjähriger Episkopat erfährt sogleich eine erste schwere Krise durch das Opferedikt des Kaisers Decius aus dem Jahr 250, das von allen römischen Bürgern eine öffentliche Sakralhandlung verlangt. Cyprian flieht daraufhin aus Karthago, um sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen und weiterhin seine Gemeinde von seinem Versteck aus durch diese schwere Krisenzeit führen zu können. Die Masse der Christen, die diesem staatlichen Aufruf folgt und damit ihren Glauben verleugnet, stellt die Kirche vor große Herausforderungen, denn nicht zuletzt im Gefolge dieser Lapsi-Problematik kommt es sowohl in Karthago als auch in Rom zu schismatischen Bestrebungen. Bereits im Jahre 253 droht den Christen unter Kaiser Gallus eine erneute Verfolgungssituation, die zwar in Rom, nicht jedoch in Karthago akut wird. Das Jahr 257 schließlich markiert den Ausbruch der valerianischen Christenverfolgung. Nach ca. einjähriger Verbannungszeit stirbt Cyprian am 14. 9. 258 den Märtyrertod durch Enthauptung.
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eine solche reichsweite und systematisch durchgeführte „Christenverfolgung“4 in keinster Weise gerüstet und vorbereitet5, entsprechend groß war die Zahl der Lapsi, d.h. derer, die ihren Glauben verleugneten6. In deutlichem Kontrast dazu steht, wie die Forschung betont7, der Zustand der Kirche während der valerianischen Christenverfolgung, in deren Gefolge Cyprian im September 258 das Martyrium erleidet, wohl wissend, dass er eine in ihrem Glauben gefestigte und gegen die Anfeindungen des Staates gewappnete Gemeinde zurücklässt. Der Frage, was geschehen war, dass es innerhalb dieser relativ kurzen Zeitspanne zu dieser Veränderung kommen konnte, will die vorliegende Arbeit nachgehen. Darüber hinaus verweisen die beiden Zitate auf ein Defizit innerhalb der Forschungsliteratur, die sich mit dieser Thematik beschäftigt: Man nimmt zwar zur Kenntnis, dass nach den desaströsen Erfahrungen im Zuge des decischen Opferediktes die Kirche sich circa sieben Jahre später in der valerianischen Verfolgung standhaft und gefestigt im Glauben präsentiert; die Frage jedoch, wie und auf welche Art und Weise die Bischöfe und Seelsorger der damaligen Zeit „gekämpft, gepredigt und gerungen“ haben8, so dass ihre Gemeinden in den erneuten Anfeindungen nicht wieder zu Fall kommen, sondern „stehen“, wird dabei nicht detailiert berücksichtigt. Dieses standhafte Ausharren im christlichen Glauben angesichts einer Christenverfolgung bedeutete aber nicht weniger, als die drohende Todesstrafe als mögliche Konsequenz in Kauf zu nehmen. Eine Vorbereitung auf eine Verfolgungssituation war deshalb letztendlich stets eine praeparatio ad martyrium. Führt man sich nun vor Augen, dass der knapp zehnjährige Episkopat Cyprians nicht nur von zwei Verfolgungssituationen umrahmt wird, sondern dass im Jahre 253 darüber hinaus noch eine dritte Verfolgung
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Zur Diskussion, inwieweit es sich bei dem decischen Opferedikt um eine gezielte „Christenverfolgung“ gehandelt hat oder nicht, vgl. die Ausführungen unter Kap. 2.2. Vgl. dazu Hoppenbrouwers, Recherches, 89; Sage, Cyprian, 191; Fischer, Synoden, 213; Lomiento, Cypriano, 8. Zum Themenkomplex des decischen Opferediktes und seiner Auswirkungen auf die Kirche vgl. die Ausführungen unter Kap. 2.3. Vgl. dazu desweiteren Freudenberger, Christenverfolgungen, 26; Dassmann, Kirchengeschichte I, 109. Exemplarisch dafür fällt etwa die Antwort Freudenbergers, Christenverfolgungen, 26 aus: „Dieses Mal [bei der valerianischen Verfolgung] hielt sich die Kirche besser als beim Opferedikt des Decius; die vorhergehenden Provinzialsynoden über die Behandlung der Folgen des decischen Ediktes hatten sie offenbar für diesen zweiten Ansturm gerüstet“. Hierzu gilt es festzuhalten, dass die synodale Aufarbeitung der dramatischen Geschehnisse im Gefolge des decischen Opferediktes nur ein wichtiger Eckpfeiler war innerhalb der Vorbereitung der Christen auf kommende Verfolgungen.
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drohte9, dann lässt sich leicht erahnen, welch hohen Stellenwert dieses Thema im Œuvre des so eminent pastoral und praktisch ausgerichteten Bischofs von Karthago hat10. So verfasst Cyprian kurz vor seiner Hinrichtung auf Bitten eines Bischofskollegen eine knappe Schrift, „Ad Fortunatum (de exhortatione martyrii)“, die keinen ausgearbeiteten Traktat darstellt, sondern vielmehr den Charakter einer Materialsammlung trägt, da sie unter dreizehn thematisch geordneten Leitsätzen (Tituli) jeweils geeignete und passende biblische Testimonien anführt, die ein Christ vor Augen haben müsse, wenn es darum geht, ihn für den Kampf und die Leiden einer Verfolgung zu wappnen11. In dieser Schrift, so die These dieser Arbeit, sind all die Erfahrungen, Erlebnisse und schriftlichen Zeugnisse eingeflossen, verarbeitet und auf den Punkt gebracht, die der Bischof von Karthago während seines zehnjährigen Episkopates zum Thema der praeparatio ad martyrium gesammelt und verfasst hat, so dass „Ad Fortunatum“ (Fort.) als die Summe und Quintessenz dessen verstanden werden kann12. Gegen diese Leseart von Fort. mag man vielleicht einwenden, dass es sich bei genannter Schrift doch „nur“ um eine Testimoniensammlung handelt, in der der Bischof von Karthago „lediglich“ thematisch geordnete Bibelstellen zusammenträgt und dies womöglich nur aufgrund mangelnder anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten während seiner Verbannungszeit in Curubis13. Dem ist zum einen entgegenzuhalten, dass Fort. – im Gegensatz zu Cyprians zweiter Testimoniensammlung „Ad Quirinum“ (Quir.) – nicht einfach nur eine weitestgehend unpersönliche Sammlung von Bibelstellen darstellt, sondern durch die thematische Auswahl, Anordnung und Zusammenstellung der Thesen in Verbindung mit den dazugehörigen Bibelzitaten ein eigenes persönliches Gepräge erfährt14. Fort. ist dadurch keine bloße, anonyme Materialsammlung, sondern trägt die unverwechselbare Handschrift ihres Urhebers. 9 10
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Zur Verfolgung unter Kaiser Gallus im Jahre 253, die jedoch in Karthago niemals eintraf, vgl. die Ausführungen unter Kap. 2.6. Vgl. dazu etwa die Aussage von Deléani-Nigoul, L’utilisation, 324: „On comprend, dans ces conditions [L’évêque de Carthage a connu trois persécutions officielles], la place qu’occupe le martyre dans son œuvre, essentiellement pastorale“. … ad proelium persecutionis et passionis armandis (Fort. 5; die Schriften Cyprians von Karthago werden nur nach dem Werktitel zitiert, ohne Angabe des Autors. Dies erfolgt, soweit nicht anders angegeben, nach CChr.SL 3, A-E. Die deutsche Übersetzung des lateinischen Textes wurde von mir angefertigt. Davon abweichende Ausnahmen sind kenntlich gemacht). Weiterführende Informationen bzgl. Fort. finden sich unter Kap. 3. Vgl. etwa die Überlegungen von Sage, Cyprian, 346 in Bezug auf Fort.: „It was perhaps the dream and the time of leisure provided by the exile that moved Cyprians to comply with the request of Fortunatus for a compendium of Scriptural citations“. Vgl. Monceaux, Histoire, 285f.
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Zum anderen gilt es hierbei die Art und Weise zu berücksichtigen, wie Cyprian Theologie betreibt. Bardenhewer hat den Bischof von Karthago pointiert und sicher nicht zu Unrecht, als den „homo unius libri“15 bezeichnet, um den herausragenden Stellenwert, den die Bibel für seine Werke hat, zu verdeutlichen, denn der „Inhalt der Rede … ist der Heiligen Schrift entlehnt. Allenthalben sind es Schriftworte, welche nicht bloß als Stützpunkte der Argumentation, sondern als Leitsätze der ganzen Ausführung dienen, und zwar in so beherrschender Weise dienen, daß alles andere das Aussehen eines Kommentars gewinnt“16. Monceaux spricht in diesem Zusammenhang von der „rôle … prédominant, presque tyrannique, que joue chez lui [Cyprien] la citation [biblique]“17. Wenn aber die Bibel bzw. einzelne Bibelstellen das Fundament und die Basis für die ganze Theologie Cyprians darstellen und die Mitte einer jeden Einzelnen seiner Schriften bilden, so dass der Rest das „Aussehen eines Kommentars gewinnt“, dann liegt es nahe, gerade in einer systematisch aufgebauten Testimoniensammlung wie Fort. die komprimierte „Summe“ der Gedanken Cyprians zu vermuten. Es scheint mir notwendig, dies so nachdrücklich zu betonen: Denn in der Forschung wird Fort. entweder nur isoliert von den übrigen Werken und Schriften Cyprians für sich bzw. in Verbindung mit seiner anderen Testimoniensammlung Quir. betrachtet und zwar als eine (apologetisch ausgerichtete) Ansammlung von Bibelstellen, die der Bischof von Karthago anlässlich der valerianischen Verfolgung zum Thema Martyrium zusammengestellt hat18, oder aber 15 16 17 18
Bardenhewer, Geschichte, 507. Ebd. Monceaux, Histoire, 317. Als exemplarisch für eine solche Betrachtungsweise, die Fort. unter den Begriff „Testimoniensammlung“ subsumiert, sie deshalb zusammen mit Quir. behandelt und ihr jeglichen Bezug zum übrigen Schrifttum Cyprians abspricht, kann die Äußerung Webers, Introduction, LIII gelesen werden: „Les deux ouvrages Ad Quirinum (= Quir.) et Ad Fortunatum (= Fort.) ne sont que des recueils de textes tirés de la Bible et disposés sous un certain nombre de rubriques ou tituli“. Monceaux behandelt Fort. und Quir. zusammen in einem Kapitel, da es sich bei beiden um „recueils de textes sacrés“ handelt, die er den „livres apologétiques“ zuordnet. Mit diesen beiden Kriterien, „Testimoniensammlungen“ und „apologetische Bücher“ sind die beiden wichtigsten Aspekte genannt, unter die Fort. und Quir. in aller Regel subsumiert werden. Bei Monceaux, Histoire, 286 ist es der Aspekt der Apologie, den er stark betont: „Par la présence de ces cinq thèses, posées au début du livre, le Ad Fortunatum prend une allure d’apologie: la critique du paganisme y sert de base au sermon. De ce recueil si l’on rapproche les trois livres des Testimonia, on aura une idée nette de l’apologétique de Cyprien“. Vgl. dazu auch Kraft, Kirchenväter, 366; Pellegrino, Studi, 135. In Turners „Prolegomena to the Testimonia and Ad Fortunatum of St. Cyprian“ ist dagegen der Aspekt betont, dass es sich bei bei-
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Fort. wird vorrangig unter dem Gesichtspunkt (einer Theologie) des Martyriums bei Cyprian gesehen, wie etwa in den Monographien von E. L. Hummel, The concept of martyrdom according to St. Cyprian; S. Deléani, Christum sequi. Étude d’un thème dans l’œuvre de saint Cyprien; H. A. M. Hoppenbrouwers, Recherches sur la terminologie du martyre de Tertullien à Lactance; J. Capmany-Casmitjana, „Miles Christi“ en la espiritualidad de San Cipriano oder H. F. v. Campenhausen, Die Idee des Martyriums in der Alten Kirche. Beide Ansätze weisen jedoch, was Fort. betrifft, erhebliche Mängel auf. Ersterer leidet aufgrund der isolierten Betrachtungsweise an dem Defizit, dass der Bezug von Fort. zum restlichen Schrifttum Cyprians, in dem die stichpunktartigen Thesen der Sammlung verankert sind und ihre Entfaltung erfahren, völlig fehlt. Zweiterer wird der Schrift nicht voll gerecht, da das Thema von Fort. nicht das Martyrium an sich ist, sondern die Vorbereitung darauf19, weshalb der Umgang mit Fort. in diesem Fall zwangsläufig steinbruchartig bleiben muss20. Eine eigene Monographie zu dem Thema der praeparatio ad martyrium bei Cyprian fehlt bisher21, während dagegen andere Aspekte und Themen innerhalb seiner Schriften, allen voran ekklesiologische22, juristische23 und liturgische24 intensiv behandelt und erforscht sind25.
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den Schriften um solche handelt, die „almost entirely of Biblical quotations“ (ebd., 225) bestehen und sich dadurch von den übrigen Schriften Cyprians deutlich abgrenzen lassen. Die Parallelität der beiden Schriften in Bezug auf Anlage und Ausführung als „thematisch geordnete Sammlung biblischer Testimonien“ (Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 558) heben neben Gülzow; Wlosok desweiteren Bardenhewer, Geschichte, 473 und Saxer, Bible, 349f hervor. Vgl. Monceaux, Histoire, 286: „L’objet principal du recueil [Fort.] est indiqué par le soustitre; c’est l’exhortation au martyre“. Bezeichnend dafür ist etwa die neueste, eingehende Untersuchung Noormanns zur Paränese Cyprians (R. Noormann, Ad salutem consulere. Die Paränese Cyprians im Kontext antiken und frühchristlichen Denkens), die die Schrift Fort. vor allem unter dem Kapitel „Bewährung gegenüber den Angriffen des Widersachers und der Welt“ (ebd., 184) thematisiert. Andere Aspekte der Schrift, wie sie etwa in Fort. 5 (1-3; 6; 12) zur Sprache kommen, finden dagegen keine Berücksichtigung. Zu diesem Thema ist in erster Linie der Aufsatz von G. Lomiento, Cypriano per la preparazione al martirio dei Tibaritani zu nennen, wobei es sich hierbei um eine weitgehend literarkritische Untersuchung von Cyprians ep. 58 handelt. Vgl. dazu etwa die Monographien von Hinchcliff, P., Cyprian of Carthage and the Unity of the Christian Church, London 1974; Simonis, W., Ecclesia visibilis et invisibilis. Untersuchungen zur Ekklesiologie und Sakramentenlehre in der afrikanischen Kirche von Cyprian bis Augustinus, Frankfurt 1970; Wickert, U., Sacramentum unitatis. Ein Beitrag zum Verständnis der Kirche bei Cyprian, Berlin 1971; Adolph, A., Die Theologie der Einheit der Kirche bei Cyprian, Frankfurt 1993.
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Da eine praeparatio ad martyrium naturgemäß dann besonders aktuell und dringlich ist, wenn eine Verfolgungssituation ansteht bzw. schon im Gange ist und da man vermuten kann, dass die desaströsen und schmerzhaften Erfahrungen im Gefolge des decischen Opferediktes gleich zu Beginn von Cyprians Episkopat tiefe Spuren im Denken und Handeln dieses Seelsorgers hinterlassen haben, soll es in einem ersten Kapitel darum gehen, das Opferedikt als solches, vor allem aber seine Auswirkungen auf die karthagische Gemeinde zu beleuch23
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Vgl. dazu Vögtle, J., Die Schriften des hl. Cyprian einschließlich der „Vita Pontii Diaconi“, der „Acta proconsularia“ und der „Opera spuria“ als Erkenntnisquelle römischen Rechts, Berlin 1920; Beck, A., Römisches Recht bei Tertullian und Cyprian. Eine Studie zur frühen Kirchenrechtsgeschichte, Halle 1930 (Neudruck Aalen 1967); Hoffmann, A., Kirchliche Strukturen und römisches Recht bei Cyprian von Karthago, Paderborn 2000. Vgl. dazu Gaudette, P., Baptême et vie chrétienne chez saint Cyprien de Carthage, Québec 1971; Saxer, V., Vie liturgique et quotidienne a Carthage vers le milieu du IIIe siècle. Le témoignage de Saint Cyprien et de ses contemporains d’Afrique, Rom 1969; Laurance, J. D., Priest as type of Christ. The leader of zhe Eucharist in salvation history according to Cyprian of Carthage, New York u.a. 1984. Darüber hinaus liegen Abhandlungen vor über das sozialgeschichtliche Umfeld Cyprians (Bobertz, C. A., Cyprian of Carthage as patron. A social historical study of the role of bishop in the ancient Christian community of North Africa, Ann Arbor 1989; Wischmeyer, W., Von Golgatha zum Ponte Molle. Studien zur Sozialgeschichte der Kirche im dritten Jahrhundert, Göttingen 1992), über sein „Krisenbewusstsein“ in Bezug auf das römische Reich (Strobel, K., Das Imperium Romanum im „3. Jahrhundert“. Modell einer historischen Krise?, Stuttgart 1993), über sein Verhältnis zur römischen Religion (Heck, E., MH QEOMAXEIN oder: Die Bestrafung des Gottesverächters. Untersuchungen zu Bekämpfung und Aneignung römischer religio bei Tertullian, Cyprian und Lactanz, Frankfurt 1987) und speziell zu Vergil (Freund, S., Vergil im frühen Christentum. Untersuchungen zu den Vergilzitaten bei Tertullian, Minucius Felix, Novatian, Cyprian und Arnobius, Paderborn u.a. 2000). Desweiteren ist Cyprians Position in seiner Auseinandersetzung mit Rom (Gülzow, H., Cyprian und Novatian. Der Briefwechsel zwischen den Gemeinden in Rom und Karthago zur Zeit der Verfolgung des Kaisers Decius, Tübingen 1975) und im sog. Ketzertaufstreit (Sebastian, J. J., Baptisma unum in sancta ecclesia. A theological appraisal of the baptismal controversy in the work and writing of Cyprian of Carthage, Ammersbek 1997) erforscht worden. Darüber hinaus waren die Christologie Cyprians (Proksch, B., Christus in den Schriften Cyprians von Karthago, Münster 2007), sein Gebrauch der hl. Schrift (Fahey, M. A., Cyprian and the Bible: a study in third-century exegesis, Tübingen 1971), das Bischofseinsetzungsverfahren in Karthago (Osawa, T., Das Bischofseinsetzungsverfahren bei Cyprian. Historische Untersuchungen zu den Begriffen iudicium, suffragium, testimonium, consensus, Frankfurt a.M. 1983) und zuletzt die Paränese Cyprians (Noormann, R., Ad salutem consulere. Die Paränese Cyprians im Kontext antiken und frühchristlichen Denkens, Göttingen 2009) Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung.
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ten. Daneben werden die Texte, die im Kontext der zweiten, von Cyprian erwarteten, aber in Karthago nie eingetroffenen Verfolgung unter Kaiser Gallus entstanden sind, von besonderer Bedeutung sein. Im Anschluss daran wird bei der Analyse von Fort. methodisch so vorgegangen, dass in einem ersten Schritt, nach einer knappen Durchsicht der jeweils unter einem Titulus gelisteten Testimonien, untersucht wird, welche dieser Testimonien aus Fort. im cyprianischen Œuvre verarbeitet sind, um somit die Genese von Fort. erklären zu können. Dabei wird auch deutlich werden, wo und inwieweit Fort. neues Material enthält, das in den übrigen Schriften Cyprians keine bzw. eine differierende Verwendung findet. Somit soll zum einen die Verankerung von Fort. im Werk Cyprians aufgezeigt, andererseits aber auch das eigenständige Profil dieser Schrift geschärft werden. In einem zweiten Schritt gilt es dann zu untersuchen, wie die jeweiligen Themen von Fort. sich als die Summe und Quintessenz der Erfahrungen und Lehren Cyprians zum Thema der praeparatio ad martyrium verstehen lassen, und wie sie von den historischen Ereignissen und Gegebenheiten der Zeit bestimmt und geprägt sind. Den Abschluss der Arbeit bildet ein Fazit, in dem die wichtigsten Ergebnisse nochmals zusammengetragen werden.
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Das decische Opferedikt und seine Folgen für die Kirche
Das decische Opferedikt und seine Folgen für die Kirche Die religionspolitischen Hintergründe des decischen Opferediktes In der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts n.Chr.war das Verhalten des römischen Staates den Christen gegenüber weitestgehend von einer Haltung der Toleranz geprägt1, so dass diese Zeit eine Zeit des Friedens2 für die sich stetig im ganzen Imperium Romanum ausbreitende Kirche3 darstellte. Die wenigen und dazu lokal begrenzten Übergriffe auf Christen von Seiten der heidnischen Bevölkerung4 vermochten daran nichts zu ändern, solange man sich christlicherseits des kaiserlichen Wohlwollens sicher war. Sichtbaren Ausdruck erfuhr dieses in der Aufforderung der Kaiserin Mamaea an Origenes, am Hof in Antiochien Vorlesungen über den christlichen Glauben zu halten5, und dem Gerücht, der Kaiser Philippus Arabs (244-249) sei Christ geworden6, da er sich dem Christentum gegenüber so zuvorkommend verhalte. Mit dem Regierungsantritt des Decius (249-251) wandelte sich die Lage für die Kirche dramatisch, denn völlig überrascht und unvorbereitet sah sie sich mit reichsweiten und systematisch durchgeführten Verfolgungsmaßnahmen konfrontiert. Noch im Jahre 249, wenige Monate nach seinem Regierungsantritt in Rom7, hatte Decius ein allgemeines Edikt8 erlassen9, das von allen Reichsbe1 2 3
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Vgl. Molthagen, Staat, 38-60; Stritzky, Erwägungen, 1f; Selinger, Religionspolitik, 141. Zur christlichen Beurteilung des angesprochenen Zeitraumes als einer Zeit des Friedens vgl. laps. 5; ep. 75,10,1; Lact., mort. pers. 3,5 (FC 43,99). Vgl. dazu das immer noch unübertroffene Werk von Harnacks: „Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten“. Das Wachstum der nordafrikanischen Kirche beziffert er darin folgendermaßen: „... um das J.220 (Agrippinus) 70-90 Bistümer, um die Mitte des 3. Jahrhunderts gegen 200 Bistümer“ (ebd., 901). Ep. 75,10,1-5; Tert., cor. 1,1-3 (CChr.SL 2,1039f); Eus., h. e., 6,41,1-9 (SC 41,145147). Eus., h. e. 6,21,3f (SC 41,121). Eus., h. e. 6,34 (SC 41,137); vgl. dazu Körner, Philippus, 260-273. Im September 249 besiegte Decius den Philippus Arabs bei Verona und zog daraufhin sofort nach Rom weiter, wo er noch im September, spätestes jedoch im Oktober des selben Jahres vom Senat als Kaiser anerkannt wurde (vgl. dazu Christ, Geschichte, 659; Selinger, Religionspolitik, 41). Der Wortlaut des Ediktes ist nicht überliefert. Bludau, Libelli, 31 schlägt als Rekonstruktion des Kerngehaltes des Ediktes folgende Formulierung vor: „Daß alle, Männer, Weiber, Sklaven, selbst Säuglinge Schlacht- und Trankopfer darbringen und von dem Opferfleisch wirklich kosten sollen“. Diese in Anlehnung an eine von Harnack versuch-
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wohnern ein öffentliches Opfer für die Götter10 in Form einer Supplicatio11 forderte. Neu war dabei, dass diese religionspolitische Maßnahme mit Nachdruck durchgesetzt wurde, denn das Opfer musste vor einer Opferkommission vollzogen werden, die schriftlich bestätigte, dass die betreffende Person ein solches dargebracht und vom Opferfleisch gegessen hatte. Konnte ein Bürger eine solche Bescheinigung (Libellus)12 nicht vorweisen bzw. weigerte er sich, das Opfer zu vollziehen, so drohten ihm als Folgen dieser „Gehorsamsverweigerung“ Strafen, die zwischen Konfiszierung seiner Güter, Verbannung, Kerkerhaft, Folter und letztlich sogar der Todesstrafe schwankten13. Befragt man nun die christliche Überlieferung, die den weitaus größten Teil der uns erhaltenen Quellen bezüglich des decischen Opferediktes darstellt, nach der Person des Decius und seiner Religionspolitik, so kann ihr vernichtendes Urteil nicht überraschen14. Dies gilt nicht zuletzt deswegen, da das Edikt sehr
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te Rekonstruktion übernehmen Liesering, Untersuchungen, 43-45 und Selinger, Religionspolitik, 29. Zur Datierung des Ediktes vgl. Selinger, Religionspolitik, 41f. Duval, début, 171 kommt aufgrund einer eingehenden Analyse von Cyprians ep. 37, die er auf Frühjahr 251 datiert, zu dem Ergebnis, „on parvient à dater le début de la persécution dans la Ville et plus précisément l’arrestation des confesseurs ... du 14 ou du 25 décembre 249“. Welchen Göttern die Opfer dargebracht wurden, ist aus den Libelli nicht zu entnehmen. Es lässt sich aber mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, dass es sich dabei um die di publici populi Romani gehandelt haben dürfte (Molthagen, Staat, 62; Liesering, Untersuchungen, 19), da dies am ehesten mit der restaurativ-konservativen Gesinnung des Decius in Einklang steht. „The objects of the sacrifices which Decius ordered his subjects to perform were the traditional gods of the Roman state, including the divi“ (Pohlsander, Policy, 1837). Dass die geforderten Opfer in Form von Supplikationen dargebracht wurden, gilt in der Forschung als gesichert. Vgl. dazu: Molthagen, Staat, 63; Liesering, Untersuchungen, 19; Selinger, Religionspolitik, 38. Die überlieferten Libelli sind nach einem stereotypen Schema aufgebaut und unterscheiden sich inhaltlich nur geringfügig. Bludau, Libelli, 4 gibt den Wortlaut eines solchen Libellus folgendermaßen wieder: „(1.H.) An die zur Kontrolle der Opfer gewählte Kommission. Von Aurelia Kamis aus dem Dorf Philagris, wohnhaft im Dorfe Theadelphia. Ich habe immer den Göttern geopfert und jetzt in eurer Gegenwart habe ich gemäß den Verordnungen geopfert und Trankopfer gespendet und von dem Opferfleisch genossen und ich bitte euch, das unten zu bescheinigen. Gehabt euch wohl! (2.H.) Wir Aurelius Serenus und Aurelius Hermas sahen euch opfern. (1.H.) Im 1. Jahre des Kaisers [Caesar Gajus Messius Quintus Trajanus Decius Pius Felix Augustus], am 21. Payni (= 15. Juni 250)“. Die Libelli sind desweiteren veröffentlicht bei Knipfing, J. R., The Libelli of the Decian Persecution, in: HThR 16 (1923), 345-390. Vgl. Eus., h. e. 6,41,12 (SC 41,148); laps. 13. Stellvertretend und exemplarisch ist die Äußerung Cyprians, der Kaiser Decius sei ein tyrannus ferociens (ep. 55,9,2).
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leicht den Eindruck erwecken konnte, dass es speziell gegen die Christen gerichtet war15, denn neben den Juden, die von dem Edikt nicht betroffen waren16, waren sie aufgrund ihres Monotheismus die einzigen, die der Erlass vor die Alternative zu opfern oder Glaubensabfall begehen zu müssen stellte. Entsprechend musste in ihren Augen das Edikt speziell gegen das Christentum und die Kirche gerichtet erscheinen. Erst als Ende des 19. Jahrhunderts in der ägyptischen Wüste Libelli aus der decischen Verfolgung gefunden und publiziert wurden – mittlerweile sind dies 45 Exemplare unterschiedlicher Qualität17 – verfügte die Wissenschaft über eine bedeutende, nicht-christliche Quelle, die neues Licht auf die Ereignisse und Motive der Geschehnisse zu werfen verhalf. Die Libelli machen deutlich, dass das Edikt nicht speziell gegen die Christen gerichtet war, sondern von allen Bewohnern des Reiches das Bittopfer forderte18, von Männern und Frauen jeden Alters und sogar von (unmündigen) Kindern. Dies legt die Vermutung nahe, dass es dem Kaiser mit seinem Edikt nicht (primär) um die Verfolgung und Ausrottung einer Sekte oder eines Kultes, speziell des Christentums, ging, sondern um eine Maßnahme, die zutiefst römischer Religiosität entsprach19. Um dies besser verstehen zu können, empfiehlt es sich, einen kurzen Blick auf die historische Situation des Imperium Romanum zur Zeit des Decius und seiner unmittelbaren Vorgänger zu werfen. In der Geschichtswissenschaft spricht man spätestens seit dem Ausgang der Severerdynastie (193-235) und dem Beginn der Zeit der „Soldatenkaiser“ (235284) fast durchgängig von der „Krise des 3. Jahrhunderts“20. Mit diesem 15 16 17 18
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Vgl. Eus., h. e. 6,39,1 (SC 41,141). Vgl. dazu Noethlichs, Judentum, 89; Molthagen, Staat, 80 (Anm. 84); Selinger, Religionspolitik, 106 (Anm. 382); Clarke, letters 1, 24. Vgl. Selinger, Religionspolitik, 33 (Anm. 104). Beleg dafür ist ein Libellus, ausgestellt für die Petesuchos-Priesterin Aurelia Ammonus (veröffentlicht bei: Bludau, Libelli, 3; Nr. 3). Da diese Priesterin einer ägyptischen Wassergottheit nicht auch zugleich Christin gewesen sein konnte, kann man schließen, dass alle Bewohner des Reiches opfern mussten, nicht nur die Christen. Die Argumentation von Bludau, Libelli, 39, der die Position verficht, das Edikt sei nur gegen die Christen gerichtet gewesen und die heidnische Priesterin habe nur deswegen opfern müssen, weil sie womöglich im Verdacht stand, Beziehungen zu Christen zu unterhalten, kann dagegen kaum überzeugen. Vgl. Vogt, Religiosität, 21. Zum Schluss seiner Ausführungen kommt Vogt zu dem Ergebnis, dass man den Ursprung der römischen Christenverfolgungen „im Glauben an die römischen Götter, der bis zuletzt ein Stück echter religio bewahrt hat“ (ebd., 28), sehen müsse. Vgl. dazu: Alföldi, A., Studien zur Gechichte der Weltkrise des 3. Jahrhunderts nach Christus, Darmstadt 1967; Alföldy, G., Historisches Bewußtsein während der Krise des
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Schlagwort versucht man die neue Situation zu benennen, in der sich das Reich spätestens seit dem ersten Drittel des Jahrhunderts befand. Gekennzeichnet ist diese durch eine ständige Bedrohung der Grenzen, vor allem an Rhein, Donau und Euphrat durch Germanenstämme, Goten und das Sassanidenreich, was einen häufigen Mehrfrontenkrieg zur Folge hatte, der nur durch kurze Zeiten des Waffenstillstandes unterbrochen wurde. Beispielhaft dafür sind die militärischen Aktivitäten des Philippus Arabs (244-249), des Vorgängers des Decius, die Christ folgendermaßen beschreibt: „Von 244 bis 247 n.Chr. dauerten die Einfälle der Karpen an, der Kaiser hielt sich selbst in Dakien auf, um die Verteidigung zu leiten. 248 n.Chr. erfolgte dann der tiefe Vorstoß der Goten. Zu diesen Bedrohungen der Grenzen aber trat eine ganze Serie von Usurpationen, die des Jopatianus im kappadokisch-syrischen Raum, die rasch niedergeworfen wurde, und die des Pacatianus in Pannonien.“21
Zuvor hatte der Kaiser einen Kompromissfrieden mit den Sassaniden geschlossen, die seit 241 eine Großoffensive am Euphrat gestartet hatten. Im Inneren litt das Reich an häufig wiederkehrenden, verlustreichen und zum Teil das eigene Land verwüstenden Usurpationskriegen22, an den immensen Kosten für das Militär23, an Inflation24, hohen Steuern25, zudem an Naturkatastrophen wie Seuchen, Erdbeben und Unwettern26.
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3. Jahrhunderts, in: Ders. u.a. (Hg.), Krisen in der Antike – Bewußtsein und Bewätigung, Düsseldorf 1975, 112-132; Hartmann, F., Herrscherwechsel und Reichskrise. Untersuchungen zu den Ursachen und Konsequenzen der Herrscherwechsel im Imperium Romanum der Soldatenkaiserzeit (3. Jh. n.Chr.), Frankfurt a.M. 1982; Herrmann, P., Hilferufe aus römischen Provinzen. Ein Aspekt der Krise des römischen Reiches im 3. Jahrhundert n.Chr., Hamburg 1990; Witschel, C., Krise – Rezession – Stagnation? Der Westen des römischen Reiches im 3. Jahrhundert n.Chr., Frankfurt a.M. 1999. Christ, Geschichte, 659. So spricht Hartmann, Herrscherwechsel, 183 in Bezug auf die zahlreichen Usurpationen während der Zeit der Soldatenkaiser von einem „circulus vitiosus“, denn waren diese Usurpationen usrprünglich die Folge einer Reichskrise, so wurden sie selbst im Laufe der Zeit aufgrund ihrer zerstörerischen Wirkung immer mehr zu einer der Ursachen der „Reichskrise des 3. Jahrhunderts“. Der Grund, warum seit der Zeit der Severer die Ausgaben für das Militär immens angestiegen waren, lag vor allem darin, dass die Macht der neuen Herrscher nicht mehr primär auf ihre Anerkennung durch Senat und Volk gegründet war, sondern sich der Anerkennung und dem Wohlwollen des Heeres verdankte, das im Laufe der Zeit immer mehr die Rolle des „Kaisermachers“ übernommen hatte. Dementsprechend sahen es die neuen Regenten als eine ihrer ersten Pflichten an, das Heer durch großzügige Solderhöhungen, Donative und andere Vergünstigungen an sich zu binden. Welche Ausmaße dies annehmen konnte, vermag ein Zitat von Alföldy, Sozialgeschichte, 144 zu verdeutlichen: „Ein gewöhnlicher Legionssoldat, der unter Augustus einen Jahressold von 225 Denaren und seit Domitian jährlich 300 Denare bezogen hatte, erhielt unter Septimius
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Fragte nun ein Römer der damaligen Zeit nach den möglichen Ursachen all dieser Katastrophen bzw. wie es überhaupt dazu kommen konnte, so lag die Antwort nahe, vor allem für einen konservativ-restaurativ eingestellten Zeitgenossen wie Decius27: die Götter, die über die Geschicke Roms wachen, waren offenkundig erzürnt und hatten ihre schützende, heilbringende Hand dem Imperium entzogen28. Einsichtig wird dies, wenn man bedenkt, dass der Römer keine
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Severus bereits 550 und seit Caracalla 750 Denare .... Bei seiner Entlassung wurde der Soldat entweder mit Land versorgt oder bekam wiederum Geld, seit Caracalla 5.000 Denare. Noch wichtiger waren jedoch die Donative bei den Regierungswechseln. Schon Kaiser Marcus hatte im Jahre 161 jedem Prätorianersoldaten in Rom 5.000 Denare geschenkt, und im 3. Jahrhundert, als die Regierungswechsel sozusagen an der Tagesordung waren, konnte ein Soldat durch Donative unschwer ein Vermögen erwerben“. Welch immense finanzielle Belastung dies Gebahren für den römischen Staat darstellte, ist unschwer vorzustellen. Um vor allem die explodierenden Kosten für das Militär aufbringen zu können, setzten die Soldatenkaiser den Anteil des Edelmetalles an der Währung stetig herab. Nachdem Septimius Severus den Silbergehalt des Denares um ca. ein Drittel reduziert hatte (von ca. 72 % auf ca. 48%; vgl. dazu Bellen, Grundzüge, 183f; Hartmann, Herrscherwechsel, 50-52), setzte sein Sohn und Nachfolger Caracalla den Inflationsprozess weiter fort, indem die von ihm neu eingeführte Reichswährung des sog. Antoninians den Wert von zwei Denaren besaß, dabei aber nur über etwas mehr Silber verfügte als ein Denar, bis die Währung um 270 n.Chr. „lediglich noch aus einem Kupferstück mit silberähnlichem Schimmer [bestand]“ (Christ, Geschichte, 624). Zur steigenden Belastung der Bevölkerung durch Steuern und andere Angaben, um die hohen Militärkosten und –aufwendungen finanzieren zu können vgl. Christ, Geschichte, 651f; Hartmann, Herrscherwechsel, 53-56; Alföldy, Sozialgeschichte, 145-147. Vgl. dazu Dem. 2; 5. So charakterisiert Huttner, Traditionalismus, 46 das Regierungsprogramm des Decius als eines, „das in der Stadt Rom nicht nur das politische, sondern auch das sakrale Zentrum des Reiches erkennt und sich an den über die Jahrhunderte eingespielten und mit senatorischen Wertvorstellungen übereingehenden Prinzipatstraditionen orientiert“. Vgl. dazu auch: Pohlsander, Policy, 1829-1831; Gross, Decius, 617. Ein Charakteristikum römischer Gesinnung ist die Überzeugung, dass die Größe und das Wohlergehen Roms nicht der eigenen Kraft zuzuschreiben ist, sondern dem Willen und Wirken der Götter. Diese sind es, die über die Geschicke Roms wachen und ihnen ist es zu verdanken, dass Rom zu einem Weltreich geworden ist. Der menschliche Anteil dabei ist nach römischer Auffassung die besondere Sorgfalt und Aufmerksamkeit, die die Römer ihrer religio beigemessen haben und die sich durch eine stetige Achtsamkeit auf den Willen der Götter und einen strikten Gehorsam diesem gegenüber auszeichnet. Ließ diese Achtsamkeit nach und der Mensch tat etwas, das den Zorn der Götter hervorrief, so taten diese ihren darüber empfundenen Unwillen dadurch kund, dass sie den Menschen durch Unheil, Katastrophen, Niederlagen usw. straften. Alles, was dem Imperium Romanum Schaden zufügte, war somit Ausdruck göttlichen Zorns, den
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Trennung zwischen Staat – Politik – Religion kannte. Alles Handeln, vor allem politisches, war stets eingebunden in einen religiös-rituellen Kontext29. Dieser war gedacht als wechselseitiges Verhältnis, „auf der göttlichen Seite machtvolle Forderung, auf der menschlichen sorgfältige Beachtung und Befolgung, Gehorsamsleistung, auf die Lohn erfolgt, oder aber Vernachlässigung und Ungehorsam, dem Strafe folgt“30. Der Mensch schuldete den Göttern die ihnen gebührende Verehrung: „Die Gesamtheit der sacra publica kann man auffassen als die Pflichten der politischen Gemeinschaft gegenüber ihren Göttern. Die Götter, die dieses soziale Gebilde fördern sollen, haben einen Anspruch auf Verehrung“31. Ließ man diese den Göttern zuteil werden, so durfte man auch hoffen – ja hatte sogar gewissermaßen ein Recht darauf32 – dass sie sich entsprechend verhielten, während andererseits eine Vernachlässigung des Kultes nur bedeuten konnte, dass das römische Reich in seiner Existenz bedroht sein musste, denn dem Römer war das feste Bewusstsein zu eigen, dass das Wohl des Staates von den Göttern abhängig war33, denn schließlich waren sie es, die dazu beigetragen hatten, dass sich das Imperium Romanum über den ganzen Erdkreis hatte ausbreiten können.
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es zu besänftigen galt, wollte man nicht das Fundament des Staates gefährden. Vgl. dazu Altheim, Religionsgeschichte, 276-283; Wlosok, Religionsbegriff, 39-46; Latte, Religions-geschichte, 38-41. Rüpke, Religion, 13 verdeutlicht dies folgendermaßen: „Religion war insbesondere präsent im politischen Bereich. Der Senat tagte immer in einem sakral definierten Raum, einem templum, Senatssitzungen wurden durch die Weihrauchopfer der eintretenden Senatoren und ein kleines Weinopfer (unter Heranziehung eines Flötenspielers) eröffnet .... Die hohen Magistrate in Rom, die Verwaltungs-spitzen in den Provinzen, die Feldherren im Krieg führten ständig Opfer durch. Jede größere Aktivität wurde durch Opfer sowie Anfragen an die Götter (Auspizien in Form der Vogelschau) eingeleitet und im folgenden abgesichert“. Zum folgenden vgl. bes. das Kapitel: „Die Rolle der religio im Staatsdenken und Selbstverständnis der Römer“ bei: Wlosok, Rom, 53-67. Wlosok, Religionsbegriff, 43. Rüpke, Religion, 29. Diese rechtliche Komponente des Opfers, d.h. dass auch die Götter sich verpflichten, für die ihnen dargebrachte Gabe eine Gegengabe zurückzuerstatten (z.B. das Gelingen dessen, wofür der Bittsteller gebeten hat) betont Rüpke, Religion, 148f ganz ausdrücklich. Wie bedeutsam dieser Gedanke innerhalb römischer Religiosität war, macht Wlosok, Religionsbegriff, 44 deutlich, wenn sie schreibt: „Diese Auffassung der Geschichte als eines Wirkens der Götter, in den sie sich fordernd, lohnend und strafend offenbaren, ist die einzige Form von Theologie, die Rom aufweisen kann“.
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Es kann folglich nicht verwundern, wenn Decius, der „eine Wiederherstellung des Reiches im Geiste altrömischer Tradition erstrebte“34, gleich zu Beginn seines Regierungsantritts sich das Wohlwollen der Götter zu sichern suchte, indem er reichsweite Supplikationen anordnete. Diese Bittopfer hatten – neben der bereits angesprochenen Funktion, sich die Gunst der Götter zu sichern – noch eine weitere Bedeutung: sie waren ein geeignetes Mittel um die Einheit35 und Loyalität der Bürger ihrem Kaiser gegenüber zu dokumentieren und zu stärken. Dies wird deutlich, wenn man sich den Bedeutungswandel der Supplikationen vor Augen führt, den diese seit der Kaiserzeit erfahren haben. Waren ursprünglich die di publici populi Romani die bevorzugten Adressaten der Bittopfer, so änderte sich dies von dem Zeitpunkt an, als Augustus seinen verstorbenen Adoptivvater Caesar in die Reihe der Götter erheben ließ und ihm selbst noch zu Lebzeiten, als dem Sohn des göttlichen Kaisers, kultische Verehrung als Gott zuteil wurde36. Fortan rückte die Person des Kaisers mehr und mehr ins Zentrum der kultischen Verehrung, denn von ihm wurde nun das Heil erwartet, was zur Folge hatte, dass die Supplikationen nicht mehr primär den Göttern galten, sondern dem genius bzw. der salus des Kaisers als dem Garanten des Heils37. Auf diese Weise konnten die den Göttern dargebrachten Opfer und die Huldigung gegenüber dem Kaiser eng miteinander verwoben sein, so dass die reichsweit durchgeführten Supplikationen, die vermutlich auch solche pro salute imperatoris waren38, geeignet erscheinen mussten, die Einheit aller Bewohner des Reiches zu 34 35
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Molthagen, Staat, 74; siehe dazu ferner: Gross, Decius, 617.622; Liesering, Untersuchungen, 54. Den Aspekt der Stärkung der Einheit des Reiches als Ziel des decischen Opferediktes betonen Moreau, Christenverfolgung, 85f und Latte, Religionsgeschichte, 326 besonders. Vgl. dazu: Koep, Kaisertum, 316. Siehe Molthagen, Staat, 73; Koep, Kaisertum, 316f. Die ägyptischen Libelli nennen als Objekte der kultischen Verehrung lediglich die Götter (vgl. Molthagen, Staat, 62), ohne einen direkten Hinweis darauf, dass auch dem Kaiser zu opfern gewesen wäre. Koep, Kaisertum, 318f macht aber zu Recht darauf aufmerksam, dass aus dieser Beobachtung nicht der Schluss gezogen werden dürfe, die Verehrung des Kaisers habe bei den Opferedikten überhaupt keine Rolle gespielt, denn es gebe Belege dafür, „daß auch in der decischen Verfolgungswelle Kulthandlungen gefordert wurden, die im Sinne des Kaiserkultes verstanden werden mußten“. Noch deutlicher in diese Richtung äußert sich Alföldi, Christenverfolgungen, 334. Er warnt davor, den Schluss zu ziehen, der Kaiserkult habe bei der decischen Verfolgung keine Rolle gespielt, weil die Libelli nur von „den Göttern“ sprechen, denen zu opfern sei, denn „diese überwiegende Bedeutung des Kaiserkultes bei der Inquisition des Decius hat man darum nicht gesehen, weil eine althergebrachte Hypokrisie es forderte, die Götter in den Vordergrund zu schieben und die Rolle des Kaisers diskret zu verschweigen“. Nach
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stärken39, indem alle in einem Akt der Loyalität und Treue zu dem einen Kaiser und den di publici populi Romani opferten. Mit seinem Opferedikt verfolgte Decius folglich ein zumindest zweifaches Interesse: zum einen sollte es Grundlage und auch Garantie dafür sein, dass alles Handeln des Kaisers, sei es auf militärischem, politischem oder administrativem Gebiet, künftig von Erfolg und Gelingen gekrönt sei, denn – so die Logik – wenn das ganze Reich opfere, dann könne dieses auch der Gunst der Götter nicht verlustig gehen. Zum anderen waren die reichsweit angeordneten Opfer ein hervorragendes Mittel, die Einheit des Imperiums zu stärken und alle seine Bewohner zu einem Zeichen der Treue und Loyalität dem Kaiser gegenüber zu bewegen40, was angesichts der Bedrohung des Reiches an seinen Grenzen durch feindliche Völker und der ständig wiederkehrenden Usurpationen im Inneren als nicht unbedeutendes Ziel erscheinen musste. Nicht beantwortet ist in diesem Zusammenhang die Frage, warum Decius nicht wie gewohnt die Teilnahme an den Opfern freistellte41, sondern sie für alle verpflichtend festschrieb. Es ist denn auch von verschiedener Seite festgehalten worden, dass die Teilnahmepflicht, wie sie hier ausgesprochen wurde, ein Novum darstellt, das es so in der Antike noch nicht gegeben hat42. Verständlicher
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Bleckmann, Christenverfolgung, 62; 66 will das Edikt des Decius demnach, „den Bestand der [eigenen] frisch etablierten und erschreckend instabilen Herrschaft sichern … [so dass] es beim Opferedikt hauptsächlich darum ging, nach dem blutigen Bürgerkrieg von 249 die Loyalität aller Reichsbewohner, insbesondere der lokalen Eliten, von denen große Teile auf Seiten des Philippus Arabs gestanden hatten, für die neue Regierung des Decius zu erzwingen“. Die enge Verbindung zwischen Herrscherkult und Reichseinheit in der Kaiserzeit veranschaulicht Vogt, Religiosität, 9 folgendermaßen: „Die Verehrung des Herrschers wurde zu einem Teil der Staatsreligion; mochten die Formen dieser Verehrung für Bürger und Nichtbürger verschieden sein, so kam im Kult des die Gemeinschaft stiftenden Kaisers die Einheit aller Reichsangehörigen zum Ausdruck“. Dieses doppelte Ziel des decischen Ediktes betonen vor allem Stritzky, Erwägungen, 38 und Molthagen, Staat, 70-81. Vgl. dazu Wissowa, Religion, 399f: „... denn die ganze römische Anschauung führt sehr ausgeprägt dahin, vom einzelnen Bürger wohl negativ zu verlangen, daß er in keiner Weise den öffentlichen Gottesdienst störe, nicht aber ihm obligatorische Kulthandlungen aufzuerlegen und eine positive Mitwirkung an den sacra publica von ihm zu erwarten“. „Eine Teilnahmepflicht, die über jeden Zweifel erhaben ist, wirklich durchgesetzt und sanktioniert wurde [sic!], erscheint in der Antike zum ersten Mal in den Opferedikten des Decius, 249 n.Chr.“ (Rüpke, Religion, 14). Ebenso urteilen Wissowa, Religion, 399; Christ, Geschichte, 660; Liesering, Untersuchungen, 34; Stritzky, Erwägungen, 4; Molthagen, Staat, 75; Selinger, Religionspolitik, 70 dagegen meint bereits während der Zeit der Republik eine Teilnahmepflicht am Kult ausmachen zu können und kommt somit,
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wird diese Maßnahme jedoch, wenn man sich eine Tendenz der Politik dieser Zeit vor Augen führt, nämlich die Entwicklung des Imperiums hin zu einem „Zwangsstaat“43, der immer regulierender in die Belange seiner Bürger eingriff und diese rechtlich bindend und verpflichtend zu regeln suchte44. Auch dies steht in enger Verbindung mit der „Krise des 3. Jahrhunderts“, denn diese zwang die rasch aufeinanderfolgenden Kaiser45 zu einer „umfassenden Mobilisierung des römischen Potenzials, dies nicht nur auf militärischem und finanziellem, sondern schließlich auch auf religiösem Gebiet“46, was praktisch nur eine Rückkehr zur religio der Väter bedeuten konnte, denn diese war einerseits das Band der Einheit des Staates, andererseits der Grund dafür, dass Rom sich zur Größe eines Weltreichs hatte entwickeln können. In diesem Zusammenhang war die Verleihung des römischen Bürgerrechts durch Caracalla (211-217 n.Chr.) an praktisch alle freien Bewohner des Imperium Romanum in der sog. Constitutio Antoniniana aus dem Jahr 212 n.Chr. ein Ereignis von nicht geringer Bedeutung. War diese selbst bereits religiös motiviert, mit dem Ziel, alle Bürger zum Kult der Götter zu führen47, so setzte Decius mit seiner Religionspolitik die darin eingeschlagene Richtung konsequent fort, denn vor der Constitutio Antoniniana
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ohne dies überzeugend belegen zu können, zu dem Ergebnis, die „Teilnahme an den öffentlichen Kulthandlungen blieb auch in der Kaiserzeit für alle Bewohner verpflichtend“. Beispielhaft dafür ist die Politik des Septimius Severus, der „für wichtige Kollegien, für die Korporationen der Seefahrer und Lebensmittelhändler, die zwangsweise Erfüllung staatlicher Anforderungen [dekretierte], zu der auch hier die Haftpflicht ihrer Erfüllung gehörte. Neben die Bindung in städtische Beamtenstellen in den einzelnen Gemeinden trat somit in ersten Ansätzen die Bindung in die Berufe, und aus der Fixierung gewisser Spezialistengruppen entwickelte sich im Laufe des 3. Jahrhunderts n.Chr. die immer weiter um sich greifende Reglementierung des wirtschaftlichen Lebens“ (Christ, Geschichte, 615). „Die Form, in der Decius im Jahr 250 alle Reichsangehörigen an das Opfer heranführte, entsprach dem Zug der um sich greifenden Militarisierung des Lebens und der zunehmenden Dienstverpflichtung aller Bürger“ (Vogt, Religiosität, 21). Vgl. ebenso: Liesering, Untersuchungen, 36f. Huttner, Traditionalismus, 51 geht dabei sogar so weit, das Opferedikt als totalitäre Maßnahme zu beschreiben, denn: „Was das Opferedikt des Decius betrifft, so scheint mir dessen Radikalität durch den Begriff des Totalitarismus trotz der sich aus der Forschungsgeschichte ergebenden Bedenken adäquat beschrieben“. Christ, Geschichte, 696 zählt in der Zeit der Soldatenkaiser (235-285 n.Chr.) nicht weniger als 26 römische Kaiser, von denen lediglich ein einziger, Tacitus, eines natürlichen Todes gestorben sei. Dies bedeutet eine durchschnittliche Regierungszeit von ca. zwei Jahren pro Herrscher! Ebd., 697. Vgl. Gross, Decius, 622; Liesering, Untersuchungen, 35f; Pohlsander, Policy, 1827; Vogt, Religiosität, 18.
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waren der Besitz des römischen Bürgerrechts und die religio patrum Garanten der Einheit des Reiches. Nachdem aber nun im Jahr 212 n.Chr. das römische Bürgerrecht auf fast alle freien Bürger des Imperiums, d.h. aber in vielen Fällen auf Menschen, die weder der lateinischen Sprache mächtig, noch mit der Kultur der Römer vertraut waren, ausgeweitet wurde, war es jetzt die Aufgabe, diese Einheit unter den römischen Bürgern erst wieder herstellen zu müssen. Von daher lässt sich der Zwangscharakter des decischen Opferbefehls verstehen, denn solange die Einheit des Reiches – bei all seiner Pluralität und Heterogenität – durch das Band des gemeinsamen Bürgerrechts und das des Kultus gesichert war, war eine staatlich überwachte Teilnahmepflicht am Kultus nicht notwendig, da dieser vom allgemeinen Konsens getragen wurde. In dem Moment aber, in dem Einheit erst (wieder-)hergestellt werden musste, da sie sich nicht auf einen bereits gegebenen Konsens stützen konnte, und dies war die Situation nach 212 n.Chr., lag es nahe, einer religionspolitischen Maßnahme dadurch Wirksamkeit zu verleihen, indem man sie für verpflichtend erklärte und ihre Einhaltung kontrollierte und überwachte48. Wenn aber das Ziel war, das Imperium mittels der Religion zu einen, dann mussten Kultverweigerung und religiöse Abgrenzung als umso schwerere Bedrohung erscheinen, so dass Zwang, bis hin zur Todesstrafe als letztem Druckmittel, für notwendige, ja sogar gebotene Maßnahmen erachtet werden konnten49, auch von einem Staat, dessen Religionspolitik ansonsten von einer Haltung der Toleranz und Offenheit anderen, fremden Kulten gegenüber bestimmt war.
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Den Zusammenhang zwischen der erst wiederherzustellenden Reichseinheit und den Zwangsmaßnahmen, wie sie Decius ergriff, hat Latte, Religionsgeschichte, 326 hervorgehoben: „Es kam hinzu [zu dem sich vergrößernden Abstand zwischen Herrscher und Untertanen], daß seit dem 3. Jh. die Reichseinheit keine Selbstverständlichkeit mehr war. Damit wurden die äußeren Formen, in denen man bisher seine Loyalität gegenüber der Regierung bekundet hatte, wichtiger. Die Weigerung, sich an ihnen zu beteiligen, war nun eine Demonstration oder konnte wenigstens so erscheinen. Dadurch erklärt sich die steigende Schärfe, mit der gerade die energischsten Regenten gegen das Christentum vorgingen“. Rüpke, Religion, 42f hat auf den Zusammenhang zwischen der Bedeutung der Constitutio Antoniniana und den Zwangsmaßnahmen des römischen Staates hingewiesen, denn nach der „Verleihung des Bürgerrechts an praktisch alle freien Einwohner des römischen Reiches ... funktionierte der Begriff des römischen Bürgers nicht mehr als Abgrenzungsbegriff, sondern formulierte eine universale Anspruchsebene. Gerade Religion war der Bereich, in dem Abgrenzung und der neue Anspruch, daß alle dem traditionellen Pantheon opfern müßten, praktikabel waren. Aus dieser Perspektive war es kein Zufall, daß in den 40er Jahren zum ersten Mal systematische Christenverfolgungen auftraten“.
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Dass Decius mit seiner religionspolitischen Maßnahme nicht absolutes Neuland betrat, sondern dabei vielmehr auf bereits vorhandene Stimmungen und Strömungen seiner Zeit zurückgreifen konnte und diese nur umzusetzen brauchte, veranschaulicht die Maecenasrede50 des Cassius Dio, eines Historikers aus senatorischem Stand, der in einer fiktiven Rede des Maecenas an Augustus das religionspolitische Programm seiner Zeit, insbesondere der restaurativ gesinnten Oberschicht ca. drei Jahrzehnte vor dem Opferedikt des Decius folgendermaßen zusammenfasst: „Verehre hinfort selbst die Gottheit allenthalben, ganz nach der Väter Sitte, und nötige auch die anderen, sie zu ehren. Die aber hiervon abweichen, die hasse und züchtige, und zwar nicht allein der Götter wegen – wer sie verachtet, dürfte sich auch aus nichts anderem mehr etwa machen! –, sondern auch, weil Leute, die an ihre Stelle irgendwelche neuen göttlichen Wesen setzen, viele dazu verleiten, sich eigene Gesetze zu machen, woraus dann Verschwörungen, Komplotte und Geheimbünde entstehen, was der Monarchie ganz und gar unzuträglich ist. Dulde deshalb keinen Gottlosen und keinen Gaukler!“51
Deutlich treten hier bereits wichtige Elemente zu Tage, die später dann in der decischen Religionspolitik von Bedeutung sein werden. Als wichtigstes Gebot ist die Verehrung der Götter genannt, die „nach der Väter Sitte“ zu erfolgen habe, womit der restaurative Charakter des Textes offenkundig wird. Nicht in der Verehrung möglichst vieler, neuer Gottheiten wird das Heil gesucht, sondern die di publici populi Romani sind es, deren Kult nach Vätersitte zu pflegen sei. Bei der Durchsetzung dieses Vorhabens dürfe der Kaiser auch nicht davor zurückschrecken, so Cassius Dio, diese Verehrung von der Reichsbevölkerung mit Zwang einzufordern und die zu bestrafen, die sie verweigern. Begründet wird dies in zweifacher Hinsicht: zum einen mit dem Verweis auf die Götter selbst, wobei zweifellos gemeint sein dürfte, dass die, die von der rechten Verehrung abweichen, damit den Zorn der Götter herausfordern, was sich wiederum in Krisen, Katastrophen, Niederlagen und dergleichen manifestieren musste, denn Wohl und Wehe des Staates lagen in den Händen der Götter. Zum anderen wird der Einsatz von Zwang und Strafen religiösen Abweichlern gegenüber damit begründet, dass diese durch ihre separatistischen und nach Autonomie strebenden Tendenzen eine Gefährdung für die Einheit des Staates darstellten, was der Kaiser ebenso nicht dulden dürfe. In aller Klarheit wird hier somit die enge, unlösbare Verbindung von Religion und Politik im römischen Denken verdeutlicht und darüber hinaus die enge geistige Verwandtschaft zwischen den restaurativkonservativ gesinnten senatorischen Kreisen eines Cassius Dio und dem Denken 50 51
Zur Auseinandersetzung bzgl. der Datierung der Maecenasrede auf 214 oder 229 n.Chr. vgl. Molthagen, Staat, 76f (Anm. 68). Die Übersetzung folgt dem Text nach Ritter, Kichengeschichte, 88.
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des Decius, was in Anbetracht der Tatsache, dass auch Decius eine senatorische Ämterlaufbahn vorzuweisen hatte und um gutes Einvernehmen mit dem Senat bemüht war52, nicht verwundern kann. Schließlich hat wohl noch die Tausendjahrfeier Roms im Jahre 248, d.h. ein Jahr vor dem Regierungsantritt des Decius, den traditionell-restaurativen Kreisen einen letzten Ansporn und Antrieb – falls es eines solchen überhaupt noch bedurfte – zum Handeln gegeben53, denn dieses Ereignis war wohl besonders dazu geeignet, einerseits die lange, glorreiche Geschichte des römischen Reiches in Verbindung mit den Göttern, die daran mitgewirkt hatten, und andererseits die Krisen der gegenwärtigen Zeit in einem scharfen Kontrast erscheinen zu lassen, so dass eine Hinwendung zu den di publici populi Romani als den Garanten dieses dauerhaften Erfolges den sichersten Ausweg aus der Krise verhieß.
Die Intention des decischen Opferediktes Das Opferedikt des Decius hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Beurteilung erfahren. Die christlichen Quellen sprechen eine eindeutige Sprache. Sie sehen in ihm eine gezielte Maßnahme zur Bekämpfung, ja Ausrottung der Kirche und dies kann auch nicht verwundern in Anbetracht der Tatsache, dass das Edikt allein die Christen zu der fundamentalen Entscheidung zwang, entweder die vorgeschriebenen Opfer für den Kaiser und die Götter zu vollziehen und damit ihr Eigentum und Leben zu retten, aber dafür den eigenen monotheistischen Glauben zu verraten, die schwere Sünde der Idolatrie zu begehen und dadurch der Taufgnade verlustig zu gehen, oder aber die geforderte kultische Verehrung zu verweigern, im Glauben standhaft zu bleiben und die (möglichen) Konsequenzen wie Konfiskation des Besitzes, Verbannung, Haft und letztlich Todesstrafe auf sich zu nehmen. Aus dieser Perspektive heraus musste das Edikt in den Augen der Christen speziell gegen sie gerichtet erscheinen und konnte nur das eine Ziel haben, die Kirche zu unterdrücken und zu vernichten54. Deshalb kann man 52
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Molthagen, Staat, 77 (Anm. 73) weist darauf hin, dass Decius, um seine innere Haltung auszudrücken, sich den Beinamen Traianus beilegte, von dem man sein gutes Einvernehmen mit dem Senat gerühmt habe. Dass es einen Zusammenhang zwischen der Tausendjahrfeier Roms im Jahre 248 n.Chr. und dem Erstarken der restaurativen Kräfte des Imperiums gab, betonen Christ, Geschichte, 660 und Molthagen, Staat, 77f. Vgl. dazu etwa die Deutung aus den Akten des Maximus: „Decius imperator volens opprimere vel superare legem Christianorum, decreta constituit per universum orbem, ut omnes Christiani recedentes a deo vivo et vero daemoniis sacrificarent, qui vero noluissent, suppliciis subiacerent” (Act. Max., 1,1; SQS 3,60).
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nur sehr eingeschränkt von einer „decischen Christenverfolgung“ sprechen, denn dieser Wortgebrauch ist nur aus dem Blickwinkel der christlichen Kirche zutreffend, nicht jedoch ohne weiteres aus dem des römischen Staates, sofern man unter „Christenverfolgung“ diejenigen Maßnahmen zur Verfolgung und Bekämpfung einzelner Christen oder der kirchlichen Struktur als ganzer versteht, die gezielt gegen diese gerichtet sind. Ob das Edikt des Decius aber gezielt gegen die Christen gerichtet war, ist mehr als fraglich, denn der Fund der Opferlibelli aus dem Sand der ägyptischen Wüste Ende des 19. Jahrhunderts brachte den Erweis, dass der Opferbefehl nicht allein an die Christen gerichtet war, sondern die ganze Bevölkerung des Reiches betraf. Alle freien Bürger waren aufgefordert, Supplikationen für die Götter darzubringen und sich dies in Form von Libelli bestätigen zu lassen. Die Vermutung liegt deshalb nahe, in dem Edikt nicht – zumindest primär – eine Maßnahme zur Verfolgung und Vernichtung der Kirche zu sehen, sondern ein religionspolitisches Mittel, um die Götter gnädig zu stimmen, die Einheit des Reiches zu stärken und sich der Loyalität der Untertanen zu versichern. Die Christen wurden demnach nur deshalb verfolgt, weil sie sich mit ihrer Weigerung am öffentlichen Kult teilzunehmen, dem widersetzten und somit in den Augen der Zeitgenossen die Fundamente des römischen Staates zu unterhöhlen drohten, nicht jedoch allein deswegen, weil sie Christen waren. Wenn dies aber zutrifft, dann kann aus römischer Sicht das Opferedikt nur sehr eingeschränkt – wenn überhaupt – als Maßnahme einer gezielten Christenverfolgung verstanden werden. Man könnte nun mit Recht einwenden, dass das Opferedikt nur deshalb an alle Bewohner des Reiches gerichtet war, um die Christen von den Heiden zu trennen, sie ausfindig zu machen, und um sie somit möglichst effektiv verfolgen und ausrotten zu können, denn man wusste ja schon seit längerem, dass Christen nicht bereit waren, den Göttern zu opfern. Das an die gesamte Bevölkerung gerichtete Edikt wäre dann keine religionspolitische Maßnahme mit oben genannten Zielen, sondern nur der erste Schritt einer speziell auf die Verfolgung der Christen ausgerichteten Aktion. Man hat denn auch auf wissenschaftlicher Seite in der neueren Forschung, nach dem Fund der Libelli, in nicht wenigen Fällen die Sicht der christlichen Quellen beibehalten, und das Edikt primär als Maßnahme gegen die Christen gedeutet55. Gegen eine solche Interpretation sprechen 55
Exemplarisch dafür stehen die Ausführungen von Bludau, Libelli, 37f: „Sein [des decischen Opferediktes] Zweck konnte trotzdem [obwohl es womöglich in allgemeiner Form gehalten war] nicht zweifelhaft sein: es sollte die Christen betreffen. Es ... läßt die Durchführung des Ediktes erkennen, daß ein tödlicher Streich gegen die Kirche geführt werden sollte ... Die Kirche sollte aufhören zu existieren“. Ähnlich urteilen Campenhausen, Kirchenväter, 40; Gross, Decius, 621; 623; Vogt, Christenverfolgung, 1185. Weitere Belege hierzu finden sich bei Molthagen, Staat, 70-72.
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jedoch einige Indizien. So betont Molthagen56, dass die Quellen an keiner Stelle den Schluss nahe legten, dass die staatlichen Behörden von den Christen verlangten, sie müssten ihrem Glauben abschwören57 – eine Maßnahme, die zu erwarten wäre, wenn es sich um eine gezielte Christenverfolgung handelte58. Es wurde offenkundig nicht einmal danach gefragt, ob jemand Christ sei, sondern lediglich dazu aufgefordert zu opfern, und erst wenn der Betreffende dies verweigerte, dann wurde gegen ihn vorgegangen. Ferner, so Molthagen weiter, böten die Quellen keinen Hinweis darauf, dass Decius gezielt die kirchliche Organisation und ihre Struktur bekämpft habe. Schließlich fehlten jegliche Maßnahmen, den christlichen Gottesdienst zu verbieten, wie dies von späteren Kaisern unternommen wurde, so dass es Klerikern möglich war, inhaftierte Bekenner zu besuchen und mit ihnen gemeinsam Gottesdienste zu feiern59. Man kann Molthagen deswegen auch nur zustimmen, wenn er schreibt, die „ganze Art seines [des Decius] Vorgehens läßt es also nicht als gerechtfertigt erscheinen, hinter dem Opferedikt die Absicht zu vermuten, einen vernichtenden Schlag gegen die christliche Religion oder die organisierte Kirche zu führen“60. Zu einem ganz ähnlichen Urteil kommt auch Selinger in seiner eingehenden Untersuchung zur Religionspolitik des Kaisers Decius. Aufgrund der Beobachtung, dass die Behörden auch an solche Leute Bescheinigungen ausstellten, die sich nicht an ihrem Heimatort aufhielten – entgegen dem Vorgehen beim Census, bei dem sich jedes Familienoberhaupt persönlich am Heimatort melden musste – und sich die Behörden damit der Chance einer unmittelbaren Überprüfung, wer nicht geopfert hatte, beraubten, kommt er zu dem Schluss, dass die Libelli „nicht als Teilmaßnahme einer ‚Christenverfolgung’ zu sehen [sind], da … es überhaupt nicht in der Intention des Opferediktes lag, die Christen von den Heiden zu isolieren“61. Decius wollte demnach mit dem Edikt nicht einzelne Gruppen bzw. speziell die Christen vom Rest der Bevölkerung trennen und vernichten62, sondern er wollte möglichst alle Bewohner des Reiches zu den Opferaltären führen, um damit sein religionspolitisches Programm durchzusetzten. Decius folgte damit 56 57 58
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Molthagen, Staat, 72. Vgl. dazu: Gross, Decius, 625. So forderte der Statthalter Plinius von den Christen, Christus zu verfluchen (maledicerent Christo), weil er wusste, dass sie sich dazu nicht zwingen ließen (Plin., ep. 10,96,5; Kasten, 642). Vgl. ep. 5,2. Molthagen, Staat, 72. Selinger, Religionspolitik, 116f. Zu diesem Ergebnis kommt auch Christ, Geschichte, 661 der das Opferedikt nicht als „Instrument einer gezielten systematischen Christenverfolgung“ sieht, sondern als „religiös-politische Integrations-maßnahme“.
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lediglich der Empfehlung des Maecenas bei Cassius Dio, die Verehrung der Götter nötigenfalls mit Zwang durchzusetzen. Der Unterschied zu früheren Christenprozessen und -verfolgungen besteht nun darin, dass im Rahmen des decischen Ediktes gar nicht erst danach gefragt wurde, ob man Christ sei. Statt dessen lag der Nachdruck darauf, dass alle Reichsbewohner opfern sollten, und bestraft wurde nicht eine bestimmte Glaubensüberzeugung, sondern der Akt der Gehorsamsverweigerung63. Für die Christen freilich war dieser Unterschied zur früheren staatlichen Praxis von untergeordneter Bedeutung, denn ihr Glaube forderte von ihnen die Gehorsamsverweigerung und damit standen sie den religionspolitischen Zielen des Decius im Wege, die dieser mit allem Nachdruck und aller Entschiedenheit durchzusetzten entschlossen war.
Die Auswirkungen des decischen Opferediktes auf die Kirche Wie auch immer man im einzelnen das Edikt und die damit verbundenen Maßnahmen interpretieren mag, eines steht fest: seine Wirkung auf die Kirche war verheerend. In einem bis dahin ungekannten Ausmaß verleugneten die Christen ihren Glauben, indem sie der Aufforderung des Staates nachkamen und an den heidnischen Altären die geforderten Opfer vollzogen. Die Anzahl der Lapsi, die, je nachdem ob sie das volle Opfer vollzogen, nur Weihrauch gestreut oder sich Libelli-Bescheinigungen besorgt hatten, entweder als Sacrificati, Thurificati oder Libellatici bezeichnet wurden64, war so groß, dass der römische Klerus in einem Brief an Cyprian schreiben konnte: „Siehe, wie der ganze Erdkreis beinahe verwüstet ist und überall die Überreste und Trümmer der Gefallenen am Boden liegen“65. Die Klage darüber, dass die Kirche fast im ganzen römischen Reich durch die Folgen des decischen Ediktes schwer getroffen wurde und (fast) alle Gemeinden mit einer Vielzahl von Lapsi konfrontiert waren, war aus Sicht der Kirche nicht unbegründet und darf nicht als eine (maßlose) Übertreibung 63
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Selinger, Religionspolitik, 117 hält in diesem Zusammenhang fest, dass es den römischen Behörden im Umgang mit den Opferverweigerern nicht darum ging, schwere Strafen gegen sie zu verhängen – ganz zu schweigen von der Todesstrafe –, denn es lag „nicht in der Absicht sowohl der lokalen als auch der provinzialen Beamten, Opferverweigerer zu bestrafen, sondern vielmehr sie mit allen Mitteln zum Opfervollzug zu bewegen“. Vgl. Sage, Cyprian, 200; Fischer, Synoden, 173-176. Aspice totum orbem paene uastatum et ubique iacere deiectorum reliquias et ruinas (ep. 30,5,4). Vgl. dazu Clarke, letters 1, 231 (Anm. 10); Ders., letters 2, 129 (Anm. 35); Hoppenbrouwers, Recherches, 139f.
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missverstanden werden, sondern kann als durchaus realistische Beschreibung der Lage der Kirche während der Verfolgung gelesen werden66. Nicht anders verhielt es sich in Karthago. An mehreren Stellen in seinen Briefen und Traktaten beklagt Cyprian die große Zahl der Gefallenen67. „Man muss nämlich einsehen und bekennen, dass die so stürmische Verwüstung dieser Verfolgung, die unsere Herde zum größten Teil verwüstet hat und bis jetzt noch verwüstet, wegen unserer Sünden gekommen ist“68. Das ganze Ausmaß der Katastrophe offenbart sich in den Wörtern „zum größten Teil“ (maxima ex parte) d.h. die Zahl der Gefallenen hat sicherlich die der nicht Opfernden bei weitem überschritten69. Dementsprechend hat man sich die Gemeinde nur mehr als eine „Rumpfgemeinde“ vorzustellen, die auf einen kleinen Kern standhafter Christen zusammengeschrumpft ist. Dies betraf aber nicht nur den Stand der Laien, sondern auch den der Kleriker, denn auch unter diesen gab es einige, die vom Glauben abgefallen waren, wie Cyprian beklagt: „Ich hatte freilich, teuerste Mitbrüder, gewünscht, mit meinem Schreiben unseren ganzen Klerus unversehrt und wohlbehalten begrüßen zu können. Aber da der feindliche Sturm, der unser Volk zum größten Teil niedergestreckt hat, dadurch unsere Schmerzen umso mehr gesteigert hat, dass er sogar einen Teil des Klerus durch seine Verheerung erschüttert hat, bitten wir Gott, dass wir wenigstens euch … grüßen können.“70
Es waren aber nicht nur Presbyter und Diakone unter den gefallenen Klerikern, sondern auch von abtrünnigen Bischöfen weiß Cyprian zu berichten71. Besonders schmerzhaft war für den Bischof Cyprian aber nicht allein das Faktum der gewaltigen Zahl der Lapsi, sondern vor allem die Art und Weise, wie diese große Zahl zustande gekommen war. Hätten die Christen erst im Ge66 67 68
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Vgl. dazu die Beschreibung der Geschehnisse in Alexandrien durch Dionysius, die dies bestätigt (Eus., h. e. 6,41,10-14; SC 41,147f). Vgl. ep. 31,1,1.6,2.6,3; laps. 4; 7; 8. Intellegendum est enim et confitendum pressurae istius tam turbidam uastitatem quae gregem nostrum maxima ex parte populata est et adhuc usque populatur secundum peccata nostra uenisse (ep. 11,1,2). Vgl. dazu auch ep. 11,8 (Nos tantum sine cessatione poscendi et cum fide accipiendi simplices et unanimes dominum deprecemur, cum gemitu pariter et fletu deprecantes, sicut deprecari oportet eos qui sint positi inter plangentium ruinas et timentium reliquias, inter numerosam languentium stragem et exiguam stantium paucitatem). Optaueram quidem, fratres carissimi, ut universum clerum nostrum integrum et incolumem meis litteris salutarem. Sed quoniam infesta tempestas, quae plebem nostram ex maxima parte prostruit, hunc quoque addidit nostris doloribus cumulum ut etiam cleri portionem sua strage perstringeret, oramus deum ut uos saltem ... salutemus (ep. 14,1,1). Vgl. ep. 59,10,3; 67,1,1.
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fängnis unter Zwang und Folter ihren Glauben verleugnet, wären sie also zumindest bis dahin standhaft gewesen, so wäre ein Verleugnen des Glaubens unter diesen Umständen ein Vergehen, das in den Augen aller verständlich gewesen wäre und auch leicht hätte vergeben werden können. Einige Lapsi versuchten denn auch mit dem Hinweis auf bevorstehende Folterqualen Verständnis für ihr Handeln zu gewinnen. Cyprian wies dies jedoch streng zurück, denn Verzeihung könne nur dem gewährt werden, der der Marter erliege und diese nicht länger habe ertragen können, nicht jedoch dem, der dem Kampf aus Angst vor Schmerzen von vornherein aus dem Weg ging, indem der sofort die geforderten Opfer vollzog, ohne auch nur den geringsten Widerstand gegen diese Verordnung geleistet zu haben72. Der schärfste Vorwurf, den Cyprian zumindest einem Teil der Lapsi entgegenbringt, ist deshalb, freiwillig, ohne Zwang und Notwendigkeit geopfert und sich dabei nicht einmal bemüht zu haben, auch nur den Schein zu wahren, sie hätten dies gegen ihren Widerstand getan73. Hätten die Betroffenen wenigstens die Frist zu opfern verstreichen lassen74, dann hätten sie zumindest vorgeben können, man habe der Angst vor Strafen nicht standhalten können, denn jedem Reichsbewohner war eine Zeitspanne gegeben, innerhalb der er vor den Altären zu erscheinen hatte, und erst nach Ablauf dieser Frist drohten ihm Strafen. So aber musste der Großteil der Lapsi sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie ihrem Glauben abgeschworen hatten, noch bevor staatlicher Druck sie dazu zwang75. Dass dies kein Einzelfall war, sondern in Massen so praktiziert wurde, verdeutlicht der Vorwurf Cyprians, dass der Andrang christlicherseits bei den Opfern so groß gewesen sei, dass gar nicht alle sofort 72
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Queri de tormentis potest qui per tormenta superatus est, excusationem doloris obtendere qui uictus est in dolore. Potest rogare talis et dicere: ‘Certare quidem fortiter uolui et sacramenti mei memor deuotionis ac fidei arma suscepi, sed me in congressione pugnantem cruciamenta uaria et supplicia longa uicerunt. Stetit mens stabilis et fides fortis, et cum torquentibus poenis inmobilis diu anima luctata est. Sed cum durissimi iudicis recrudescente saeuitia iam fatigatum nunc flagella adhuc scinderent, nunc contunderent fustes, nunc eculeus extenderet nunc ungula effoderet, nunc flamma torreret, caro me in conluctatione deseruit, infirmitas uiscerum cessit, nec animus sed corpus in dolore defecit.’ Potest cito proficere ad ueniam causa talis, potest eiusmodi excusatio esse miserabilis (laps. 13). Ad prima statim uerba minantis inimici maximus fratrum numerus fidem suam prodidit, nec prostratus est persecutionis inpetu, sed uoluntario lapsu se ipse prostrauit. ... Ante aciem multi uicti, sine congressione prostrati, nec hoc sibi reliquerunt ut sacrificare idolis uiderentur inuiti: ultro ad forum currere, ad mortem sponte properare, quasi hoc olim cuperent, quasi amplecterentur occasionem datam quam libenter optassent (laps. 7f). Laps. 3 (Cum dies negantibus praestitutus excessit, quisque professus intra diem non est, christianum se esse confessus est). Non expectauerunt saltim ut ascenderent adprehensi, ut interrogati negarent (laps. 8).
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opfern konnten, sondern von den Behörden zurückgestellt werden mussten, was Einige nur schweren Herzens akzeptieren wollten76. Sogar von gegenseitiger Ermunterung zu opfern weiß Cyprian zu berichten und dass Eltern ihre bereits getauften Kinder mit zu den heidnischen Altären brachten, so dass auch diese – so Cyprians Überzeugung – ihres Heiles verlustig gehen mussten77. Man könnte nun geneigt sein, diese Vorwürfe Cyprians für starke Übertreibung und Polemik den Lapsi gegenüber zu halten, aber da auch Dionysius in seinem Brief an Bischof Fabius im Zusammenhang mit dem decischen Opferedikt davon berichtet, dass in Alexandrien Christen, vor allem die Vornehmeren unter ihnen, sofort bereit waren, zu opfern und dies ohne den geringsten Versuch, Widerstand zu leisten78, so gibt es keinen Grund, die Vorwürfe Cyprians in ihrem Wahrheitsgehalt in Frage zu stellen. Man muss vielmehr davon ausgehen, dass die Ausführungen Cyprians eine klare und nüchterne Beschreibung der Vorgänge in Karthago sind. Die Mehrzahl der Christen leistete den Anordnungen des Ediktes überhaupt keinen Widerstand, sondern opferte sofort und ohne zu zögern den heidnischen Göttern. Cyprian macht daher unmissverständlich klar, dass ein solches Verhalten in seinen Augen durch nichts entschuldigt werden könne, denn jeder, der Angst vor Gefängnis und Folter hatte, hätte ja nur seinen Besitz zurück lassen und in eine andere Stadt fliehen müssen79, um sich dem Edikt und seinen Folgen zu entziehen. An dem Grund, warum nur so wenige von dieser Option Gebrauch machten und anstatt zu fliehen und den eigenen Besitz zurück zu lassen, sich eher dafür entschieden, den heidnischen Göttern zu opfern, ließ der karthagische Bischof keinen Zweifel aufkommen: die Christen hingen so sehr an ihrem Geld und Besitz, dass sie eher bereit waren ihr Seelenheil zu riskieren80, als auf den Mammon zu verzichten81. Sogar Bischöfe, die doch als 76 77
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Quot illic a magistratibus uespera urgente dilati sunt, quot ne eorum differetur interitus et rogauerunt (ebd.). Ac multis proprius interitus satis non fuit: hortamentis mutuis in exitium populus inpulsus est, mors inuicem letali poculo propinata est. Ac ne quid deesset ad criminis cumulum, infantes quoque, parentum manibus inpositi uel adtracti, amiserunt paruuli quod in primo statim natiuitatis exordio fuerant consecuti. ... perdidit nos aliena perfidia, parentes sensimus parricidas (laps. 9). Vgl. Eus., h. e. 6,41,11 (SC 41,147). Vgl. laps. 10. Christus non relinquatur, salutis ac sedis aeternae iactura timeatur (laps. 10). Dissimulanda, fratres, ueritas non est nec uulneris nostri materia et causa reticenda. Decepit multos patrimonii sui amor caecus; nec ad recedendum parati aut expediti esse potuerunt quos facultates suae uelut conpedes ligauerunt. Illa fuerunt remanentibus uincula, illae catenae quibus et uirtus retardata est et fides pressa et mens uincta et anima praeclusa, ut serpenti, terram secundum dei sententiam deuoranti, praeda et cibus fierent qui terrestribus inhaererent (laps. 11).
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Vorbilder ihrer Gemeinde82 den anderen Christen mit gutem Beispiel voran gehen sollten83, müssen sich den Vorwurf Cyprians gefallen lassen, sie hingen so sehr am Geld, dass sie dafür bereit seien, ihre Gemeinden im Stich zu lassen, um anderswo durch betrügerische Geschäfte ihr Vermögen vermehren zu können84. Die Kritik Cyprians richtet sich dabei nicht – zumindest primär – auf das Geld als solches, sondern auf das, was es bei den Menschen bewirkt: es macht sie abhängig und zu Sklaven, so dass der Mensch nicht mehr Herr über das Geld ist, sondern das Geld Herr über den Menschen85. Dadurch nimmt es ihm die Möglichkeit zur Nachfolge Christi86, denn der Christ muss sich entscheiden, ob er Gott oder dem Mammon dienen will87. Wer dagegen auf jeglichen Besitz verzichtet, der ist durch nichts gebunden und somit frei, Christus nachzufolgen. Im Falle der Verfolgungssituation bedeutet dies, frei zur Flucht zu sein und nicht seinen Glauben verleugnen zu müssen, um sein Vermögen vor der drohenden Konfiskation zu retten. Bereits nach diesen knappen Ausführungen wird deutlich, wie sehr die decischen Verfolgungsmaßnahmen geeignet waren, die Missstände, die sich im Laufe der ca. vierzigjährigen Friedenszeit in die Kirche eingeschlichen hatten88, schonungslos ans Tageslicht zu bringen. So widmet Cyprian das ganze sechste Kapitel seiner Schrift „De lapsis“ (laps.) einer Analyse dieser Missstände. Darin berichtet er vom Streben vieler nach Vergrößerung ihres Vermögens (augendo patrimonio), von unersättlicher Habgier, den eigenen Besitz zu vermehren (insatiabili cupiditatis ardore ampliandis facultatibus), von Unbarmherzigkeit in den Werken und Zuchtlosigkeit in den Sitten (non in operibus misericordia, non in moribus disciplina), von schlauem Betrug (callidae fraudes) und tückischer 82 83
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Vgl. laps. 6. Als Vorbild und Ideal christlichen Lebens dient Cyprian u.a. das Beispiel der Apostel. An ihrem Verhalten müssen sich die Christen, und speziell die Bischöfe als Vorbilder ihrer Gemeinde, orientieren. Was dies konkret bedeutet beschreibt Cyprian folgendermaßen: Sequeretur dominum solutus et liber, ut apostoli et sub apostolis multi et nonnulli saepe fecerunt qui, et rebus suis et parentibus derelictis, indiuiduis christi nexibus adhaeserunt (laps. 11). Episcopi plurimi, quos et hortamento esse oportet ceteris et exemplo, diuina procuratione contempta procuratores rerum saecularium fieri; derelicta cathedra, plebe deserta, per alienas prouincias oberrantes negotiationis quaestuosae nundinas aucupari; esurientibus in ecclesia fratribus, habere argentum largiter uelle, fundos insidiosis fraudibus rapere, usuris multiplicantibus faenus augere (laps. 6). Possidere se credunt qui potius possidentur, census sui serui, nec ad pecuniam domini sed magis pecuniae mancipati (laps. 12). Sequi autem christum quomodo possunt qui patrimonii uinculo detinentur? (laps. 12). Vgl. Mt 6,24; Lk 16,13. Vgl. laps. 5 (et quia traditam nobis diuinitus disciplinam pax longa corruperat).
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Ränke (subdolae uoluntates), von Ehen mit heidnischen Partnern (iungere cum infidelibus uinculum matrimonii), von Meineiden (peierare) und von Verachtung den Vorgesetzten gegenüber (praepositos superbo tumore contemnere), von Verleumdung untereinander (uenenato sibi ore maledicere), von unerbittlichem Hass und gegenseitiger Feindschaft (odiis pertinacibus inuicem dissidere). Diese Missstände, und allen voran das von Cyprian häufig gerügte Streben der Christen nach Geld, Besitz und Reichtum waren es, die die Kirche in den decischen Verfolgungsmaßnahmen so leicht verwundbar machten, so dass eine so gewaltige Anzahl von Lapsi zustande kommen konnte. Damit wird aber vor allem eines deutlich: die Kirche war in keinster Weise auf diese plötzlich über sie hereinbrechende Krise vorbereitet. Dies wird aber nicht nur anhand der erschreckend großen Zahl der Lapsi deutlich, die sich durch alle Schichten der Kirche hindurch zog und auch den Stand der Kleriker mit erfasst hatte, sondern auch an den schwierigen und zum Teil chaotischen Verhältnissen, die – verursacht direkt oder indirekt durch die Verfolgungsmaßnahmen – innerhalb der verbliebenen, stark dezimierten Gemeinden herrschten. Dies soll im Folgenden näher erläutert werden.
Das Krisenmanagement Cyprians während der Zeit der Verfolgungsmaßnahmen Zu allererst galt es für die Kirche, die Probleme zu lösen, die damit verbunden waren, dass innerhalb kürzester Zeit die bedeutenden Bischofsstühle von Rom, Antiochien, Cäsarea, Jerusalem, Alexandrien und Karthago verwaist waren, die beiden Letzteren aufgrund der Flucht ihrer Bischöfe, die restlichen, weil ihre Inhaber das Martyrium erlitten hatten89. Somit standen viele Gemeinden, ihres Bischofs beraubt, führerlos da und mussten durch ein Presbyterkollegium geleitet werden, das im Falle der Sedisvakanz an die Stelle des Bischofs trat, wie dies z.B. in Rom praktiziert wurde90, oder das im Falle der Flucht des Bischofs die Gemeinde durch die Krisenzeit hindurch begleitete als ein Organ, das den Ober89 90
Vgl. Gülzow, Cyprian, 111. Aus ep. 8,1,1 wird deutlich, dass der Klerus von Rom in der Zeit der Sedisvakanz die Aufgaben des Bischofs übernommen hat. Et cum incumbat nobis qui uidemur praepositi esse et uice pastorum custodire gregem si neglegentes inueniamur, dicetur nobis quod et antecessoribus nostris dictum est, qui tam neglegentes praepositi erant, quoniam perditum non requisiuimus et errantem non correximus et claudum non collegauimus et lactem eorum edebamus et lanis eorum operiebamur. Pointiert formuliert in diesem Zusammenhang deshalb Gülzow, Cyprian, 116: „Für ihn [den Verfaser von ep. 8] ist das römische Kollegium der Kleriker der Bischof“.
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hirten vertrat und seine Anordnungen ausführte, sofern schriftlicher oder mündlicher Verkehr bestand, wie dies in Karthago der Fall war91. Der Nutzen der Entscheidung Cyprians, sich durch Flucht dem Zugriff des Staates zu entziehen, um weiterhin für die Belange seiner Gemeinde Sorge tragen zu können, sollte sich, trotz anfänglicher Vorwürfe, er verhalte sich wie ein Mietling, der seine Schafe in der Gefahr im Stich lässt92, im Laufe der Zeit erweisen. Die Briefe, die der Bischof während dieser Krisenzeit seiner Gemeinde übersandte, um sie aufzurichten, zu unterweisen und zur Ordnung zu führen, legen ein beredtes Zeugnis dafür ab, wie groß die Not für die Gemeinde infolge der staatlichen Maßnahmen im Zuge der decischen Verfolgung war, und welch tatkräftiger Hand sie bedurfte, um nicht im Chaos zu versinken. Da waren zum einen die Fälle ganz akuter materieller Not, die es zu beseitigen galt. In mehreren Briefen legt Cyprian seinen vor Ort verbliebenen Presbytern und Diakonen die Sorge um die Kranken, Notleidenden, Witwen und Waisen ans Herz, „damit nicht das, was die Verfolgung an den Gläubigen nicht erreicht hat, die Not an den Leidenden vollbringt“93. Ein Mindestmaß an Nahrungsmitteln, Kleidung und Wohnraum musste allen Christen zur Verfügung stehen, wollte man nicht Gefahr laufen, die Durchhaltekraft der Gemeinde, die durch die demoralisierend wirkende große Zahl der Lapsi und durch die ständige Furcht vor Verhaftung, Kerker und Folter bereits auf das Äußerste beansprucht wurde, durch einen Kräfte zehrenden Kampf um das zum Überleben Notwendigste völlig zu brechen. Besondere Aufmerksamkeit soll dabei nach dem Willen des Bischofs den durch die Verfolgung verarmten Bekennern zu Teil werden, die, nach Entlassung aus der Haft und nachdem ihr ganzes Hab und Gut vom Staat konfisziert wurde, auf Kleidung und Nahrung von Seiten der Gemeinde angewiesen waren94. Um dies bewerkstelligen zu können, übersandte
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Cyprian hatte von seinem Versteck aus, das in der Nähe von Karthago gelegen haben dürfte, einen Botendienst eingerichtet, um mit seiner verwaisten Gemeinde in ständigem Kontakt bleiben zu können. Den vor Ort verbliebenen Presbytern trug er auf: Et quoniam mihi interesse nunc non permittit loci condicio, peto uos pro fide et religione uestra fungamini illic et uestris partibus et meis, ut nihil uel ad disciplinam uel ad diligentiam desit (ep. 5,1,1). An anderer Stelle beauftragte er seine Presbyter und Diakone, uice mea fungamini circa gerenda ea quae administratio religiosa deposcit (ep. 14,2,1). Vgl. dazu ep. 8 des Klerus von Rom an den Klerus von Karthago. ... ne quod circa fidentes tempestas non fecit circa laborantes necessitas faciat (ep. 14,2,1). Vgl. dazu auch ep. 5,1,1; 12,2,2; 14,2,1. Confessoribus etiam gloriosis inpertiatur cura propensior. Et quamquam sciam plurimos ex his fratrum uoto et dilectione suspectos, tamen si qui sunt qui uel uestitu uel sumptu indigeant, sicut etiam pridem uobis scripseram cum adhuc essent in carcere constituti, subministrentur eis quaecumque sunt necessaria (ep. 14,2,2).
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Cyprian mehrmals Geldbeträge aus seinem eigenen Vermögen95 an die Bekenner bzw. an den Presbyter Rogatianus, da der immense Geldbedarf der Gemeinde offensichtlich alleine aus der Gemeindekasse nicht mehr aufzubringen war. Neben diesen materiellen Hilfestellungen versuchte Cyprian vor allem durch Unterweisungen und Anordnungen seine Gemeinde durch die Krisenzeit zu führen, verlangten doch die Umstände häufig rasche und tatkräftige Entscheidungen. In ep. 12 legt der Bischof seinen Presbytern und Diakonen die Sorge um die Leichen derer, die im Gefängnis gestorben waren, einerlei, ob sie gefoltert wurden oder nicht96, ans Herz, denn wer um des Namens Christi willen den Tod erlitten hatte, galt ihm als seliger Märtyrer97 (beatus martyr), zu dessen ruhmreichen Gedächtnis man Opfer und Gaben darbrachte98. Da dies stets am Jahrestag des Todes des Märtyrers geschah, war man auf das Todesdatum des zu ehrenden angewiesen. Folglich beauftragte der Bischof seine Presbyter und Diakone, die-
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Vgl. ep. 7,2; 13,7. Die ausführliche Begründung Cyprians, warum auch diejenigen, die zwar im Kerker verstorben sind, aber während der Zeit ihrer Inhaftierung nicht gefoltert wurden, trotzdem den Titel beatus martyr verdienen, lässt darauf schließen, dass es in der Gemeinde Stimmen gab, die der Ansicht waren, dass nur derjenige Märtyrer genannt werden dürfe, der unter der Folter, bzw. in Folge derselben verstorben sei, nicht jedoch jeder, der „nur“ inhaftiert war, ohne gefoltert worden zu sein. Cyprian argumentiert nun damit, dass der lediglich Inhaftierte, aber nicht gefolterte, alles getan habe, was Gott von ihm zu tun verlangt habe, denn Ausschlag gebend sei allein der Wille und die Bereitschaft zum Martyrium, nicht jedoch die faktisch vollzogene Folter, die in den Augen derer, gegen die der Bischof hier argumentiert, offensichtlich die conditio sine qua non für das Martyrium darstellte. Erst wenn der Gläubige unter den Qualen der Folter sein Bekenntnis nicht widerruft und mit seinem Blut seine Treue bezeugt, dann könne er zweifelsfrei Märtyrer genannt werden, so ihre Überzeugung, wie sie sich aus Cyprians Antwort ableiten lässt. Worauf es dem Bischof dagegen ankam, untermauert er mit drei Bibelzitaten, die die vollendete Seligkeit demjenigen versprechen, der sich zu Christus bekennt (Mt 10,32), der bis zum Ende ausharrt (Mt 10,22) und der bis in den Tod getreu ist (Offb 2,10). Da dies auch von einem nicht gefolterten Bekenner ausgesagt werden kann, kommt Cyprian zu dem Ergebnis: Cum uoluntati et confessioni nostrae in carcere et in uinculis accedit et moriendi terminus, consummata martyris gloria est (ep. 12,1,3). Als „Märtyrer“ bezeichnet Cyprian nicht nur all diejenigen, die um des Namens Christi willen den Tod erlitten hatten, sondern auch die, die inhaftiert und gefoltert wurden. Als „Bekenner“ dagegen gelten ihm die Christen, „die ihren Glauben vor den Behörden bekannt haben“ (Noormann, Secundum euangelii legem, 171). ... et celebrentur hic a nobis oblationes et sacrificia ob conmemorationes eorum [beati fratres nostri] (ep. 12,2,1).
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ses zu notieren, damit man, sobald wieder Friede eingekehrt sei, das Gedächtnis der Märtyrer würdig begehen könne99. Ep. 5 bezeugt die Umsicht, Vorsicht und Besonnenheit, die Cyprian seiner Gemeinde im Umgang mit den römischen Behörden und Institutionen ans Herz legte. Den Christen war es möglich, ihre Mitbrüder im Kerker regelmäßig zu besuchen und mit ihnen Gottesdienste zu feiern100. Dies war aber nur unter der Voraussetzung gegeben, dass dieses Verhalten bei den römischen Behörden kein Aufsehen erregte, sonst drohte den Christen das Zutrittsrecht zu den Gefängnissen entzogen zu werden und man hätte sich leicht, wie Cyprian befürchtet, den Hass der Bevölkerung oder der Behörden zugezogen101. Um dies zu vermeiden, trägt Cyprian seinen Mitbrüdern auf, nicht scharenweise oder in Massen (non glomeratim nec per multitudinem) in die Kerker zu strömen, um die dort inhaftierten Bekenner zu sehen und zu besuchen, sondern statt dessen mit Maß (cum temperamento) und sich untereinander ständig abwechselnd (per uices alternent), um so unauffällig bleiben zu können. Oberstes Ziel dabei war für Cyprian, „mild und demütig, wie es Dienern Gottes zukommt, den Zeitumständen zu gehorchen, für Ruhe zu sorgen und sich um das Volk zu kümmern“102. Allem, was die Aufmerksamkeit des Staates oder der Bevölkerung auf die Christen richten, oder sie sogar provozieren könnte, wird eine klare Absage erteilt. Wenn aber die Zielvorgabe christlichen Handelns ist, für Ruhe zu sorgen und um das Wohl des (christlichen) Volkes bedacht zu sein, dann kann das in diesem konkreten Fall nur bedeuten, dass die Christen alles daran setzen mussten, ihre Mitbrüder auch weiterhin im Gefängnis besuchen zu können, denn die gegenseitige Hilfe und Unterstützung, die beide Seiten durch die Besuche erfuhren, war von nicht geringer Bedeutung. Die Inhaftierten profitierten von den Besuchen in materieller, aber wohl noch viel mehr in geistlicher Hinsicht durch Lob, Anerkennung, Aufmunterung und nicht zuletzt durch die gemeinsamen Gebete und Gottesdienste mit ihren Mitbrüdern, die sie zum Ausharren und Durchhalten aufmun99
Denique et dies eorum quibus excedunt adnotate, ut conmemorationes eorum inter memorias martyrum celebrare possimus (ebd.). 100 Consulite ergo et prouidete ut cum temperamento fieri hoc tutius possit, ita ut presbyteri quoque qui illic apud confessores offerunt singuli cum singulis diaconis per uices alternent, quia et mutatio personarum et uicissitudo conuenientium minuit inuidiam (ep. 5,2,2). 101 Wen genau Cyprian vor Augen hat, wenn er seinen Priestern und Diakonen empfiehlt, nicht Hass und Missgunst zu erregen (ne ex hoc ipso inuidia concitetur; ep. 5,2,1), ist der Formulierung nicht zu entnehmen. Vermutlich dürfte der Bischof bei seinen Warnungen sowohl die Behörden als auch die Massen im Blick gehabt haben. 102 Circa omnia enim mites et humiles, ut seruis dei congruit, temporibus seruire et quieti prospicere et plebi prouidere (ep. 5,2,2).
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terten und stärkten. Aber auch die Besucher profitierten von den Zusammenkünften im Kerker, denn der Anblick der Bekenner und die ihnen entgegengebrachte Bewunderung und Hochschätzung103 dürfte ihre Wirkung nicht verfehlt haben, und die Bereitschaft zum Bekenntnis gefördert und gestärkt haben. Die umsichtigen Anordnungen Cyprians, wie sich die Christen im Umgang mit ihren inhaftierten Mitbrüdern verhalten sollten, stehen somit ganz im Zeichen der Sorge um das Volk und empfangen von da her ihren Sinn und ihre Berechtigung. Was der Gemeinde als ganzer nutzt, sie aufbaut und zum Bekenntnis befähigt, das gilt es um jeden Preis zu bewahren und sicherzustellen und darf nicht von Unersättlichen (insatiabiles) leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden. Gefahr für die Gemeinde, Schaden zu nehmen, ging indes nicht nur von diesen „Unersättlichen“ aus, sondern auch von einem Teil der Bekenner selbst, wenngleich diese Gefahr von gänzlich anderer Art war. Erstere drohten ihre Mitchristen ins Blickfeld der römischen Öffentlichkeit zu rücken und sie dadurch Angriffen von außen auszusetzen, jene dagegen stellten eine Gefahr für die Zucht und Ordnung der Kirche dar und drohten diese somit von innen heraus in ihrer Standhaftigkeit zu schwächen. So ist aus ep. 13 zu entnehmen, dass eine nicht näher bestimmbare Zahl von Bekennern zwischen Anfang und Mitte des Jahres 250 aus dem Gefängnis entlassen wurde104, und einige von ihnen105 legten daraufhin in der Gemeinde einen, wie den Klagen Cyprians zu entnehmen ist106, ihrem Stand und Ansehen unwürdigen Lebenswandel an den Tag. Da gab es 103 Nam etsi fratres pro dilectione sua cupidi sunt ad conueniendum et uisitandum confessores bonos quos inlustrauit iam gloriosis initiis diuina dignatio (ep. 5,2,1). Zur Hochschätzung, die den Bekennern sicherlich nicht nur von Seiten Cyprians entgegengebracht wurde, vgl. auch dessen überschwengliche und euphorische Briefe 6 und 10. 104 In ep. 13, die in die erste Hälfte des Jahres 250 zu datieren ist (vgl. Clarke, Chronology, 707) und an Rogatianus und die übrigen Bekenner gerichtet ist, beglückwünscht Cyprian diese zu ihrer Glaubenstreue und ihrem Mut (fidei et uirtuti uestrae uerbis exultantibus gratularer) und ermuntert sie, die den Widersacher in diesem ersten Kampf besiegt haben (qui aduersarium prima hac congressione uicistis), ihren gewonnen Ruhm zu hüten und zu wahren (gloriam suam custodit et seruat). Aus Kap. 4f, in denen der Bischof das Fehlverhalten rügt, das einige dieser Bekenner sich in der Gemeinde haben zu Schulden kommen lassen, geht eindeutig hervor, dass diese seit einiger Zeit aus dem Gefängnis entlassen worden sein mussten. Dies lässt sich anhand von ep. 10, die auf die zweite Hälfte des April 250 zu datieren ist (vgl. dazu Gülzow, Cyprian, 12), relativ exakt bestimmen, denn in ep. 10,5,2 nimmt Cyprian diese Entlassungen in den Blick. 105 Bei der im Folgenden von Cyprian wegen ihres unwürdigen Verhaltens gerügten Gruppe dürfte es sich nur um einige wenige Bekenner gehandelt haben, denn der Bischof spricht davon, dass der größte Teil (maxima pars) der Bekenner sich würdig verhalte. 106 Sed quosdam audio inficere numerum uestrum et laudem praecipui nominis praua sua conuersatione destruere (ep. 13,4,1).
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welche107, die durch ihre Trunkenheit (temulentus) und Ausschweifungen (lasciuiens) Aufsehen erregten. Von anderen wird dem Bischof berichtet, dass sie sich stolz und aufgeblasen verhielten (inflari aliquos et tumere audio), und sich brüsteten und prahlten (extollere se audet et superbire). Wieder andere erregten dadurch Ärgernis, dass sie mit Frauen in enger Gemeinschaft zusammen lebten (turpi et infami concubitu suo maculent, cubilia cum feminis promiscua iungentes). Auch zu Streitigkeiten und Eifersucht (contentiones quoque et aemulationes) kam es unter den Bekennern, wobei Beschimpfungen und Schmähworte (conuiciis etiam et maledictis) nicht fehlten. Der Schaden, der der Kirche aus dem Verhalten dieser Bekenner zu erwachsen drohte, war nicht zu unterschätzen und wurde von Cyprian, wie seine entschiedene und entschlossene Reaktion erkennen lässt, auch nicht unterschätzt. Zum einen musste die Kirche einen, wie wir heute sagen würden, massiven Imageverlust durch solch abschreckendes Verhalten ihrer Bekenner befürchten, denn es waren auf heidnischer Seite die hohen moralischen Anforderungen der Christen, die besonders geschätzt und respektiert wurden und der Kirche eine gewisse Anerkennung unter den Heiden einbrachte108. Umso schmerzhafter war die Erkenntnis, dass es sich bei den Übeltätern nicht um „einfache“ Christen handelte, die sich so verhielten, sondern um einen Teil der Elite der Christen, ihre Bekenner109. Gerade von ihnen erwartete man aber, leuchtendes Beispiel für 107 Der Text spricht an dieser Stelle zwar im Singular von alius aliquis, aber dies muss m.E. nicht bedeuten, dass es sich dabei wirklich nur um einen einzigen Fall gehandelt hat. Vielmehr lässt die Wendung alius ... alius darauf schließen, dass es sich um mehrere handelte, denn es ist eher unwahrscheinlich, dass nur ein einziger sich der Trunkenheit und den Ausschweifungen hingab und wiederum nur ein einziger in die Heimat zurückkehrte, obwohl er verbannt war. Cyprian wollte mit dieser Wendung wohl vielmehr ausdrücken, dass ein solches Handeln auch nur eines einzigen bereits ein Vergehen am Namen der Bekenner darstellt, ganz zu schweigen davon, wenn mehrere sich so verhalten. 108 Vgl. ep. 13,6 (Corroboremus nos exhortationibus mutuis et magis ac magis proficiamus in domino, ut cum pro sua misericordia pacem fecerit quam se facturum repromittit, noui et paene mutati ad ecclesiam reuertamur, et excipiant nos siue fratres nostri siue gentiles circa omnia correctos atque in melius reformatos et qui admirati fuerant prius in uirtutibus gloriam nunc admirentur in moribus disciplinam). 109 Auch wenn Cyprian erklärt, dass es sich für alle Christen geziemt, Ruhe, Demut und ein gutes, friedliches Benehmen (bonorum morum tranquilitas) an den Tag zu legen, so fehlt bei ihm dennoch nicht der Hinweis, dass gerade und vor allem die Bekenner aufgrund ihrer Vorbildfunktion dies umso mehr beachten und erfüllen müssten (tunc magis hoc obseruare et imlpere confessoribus oportet; ep. 13,3,1), womit der Bischof die besondere Stellung und Verantwortung der Bekenner den einfachen Gläubigen gegenüber klar zum Ausdruck bringt.
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alle zu sein. Der drohende Imageschaden war dadurch nur umso größer, denn, so die Logik, wenn schon die besten der Christen, die noch vor kurzem unter Todesgefahr ihren Glauben bezeugt haben, sich so vulgär gebärden, indem sie sich betrinken, untereinander streiten, sich verfluchen, mit fremden Frauen schlafen und sich bei alldem noch brüsten und stolz sind, wie muss es dann erst um die moralische Qualität der einfachen, schwachen Christen bestellt sein. Schwer wieder gut zu machender Schaden drohte der Kirche durch das Verhalten dieser Bekenner aber nicht nur nach außen, den Heiden gegenüber, sondern auch nach innen, da es leicht die Moral, Zucht und Ordnung der Kirche untergraben konnte, entsprechend der alten Erkenntnis: verba movent – exempla (auch, oder vielleicht sogar noch viel mehr die schlechten) trahunt. Auch hier wiederum musste sich die herausgehobene Stellung der Bekenner als besonders problematisch erweisen, denn ihr Tun galt als Vorbild für ihre Mitbrüder und Mitschwestern110. Wie akut für Cyprian die Befürchtung war, das schlechte Beispiel der Bekenner könne Nachahmer unter den Christen finden und sich so in der ganzen Gemeinde ausbreiten, wird deutlich am Beispiel der Rüge derer, die in enger Gemeinschaft mit Frauen lebten. Hierbei war für den Bischof nicht die Frage entscheidend, ob die Beteiligten unzüchtig miteinander verkehrten oder nicht (quando etsi stuprum conscientiae eorum desit), sondern allein das dadurch gegebene schlechte Beispiel und die damit verbundene Gefahr der Nachahmung (cum scandalo in eorum ruinas exempla nascantur) genügten Cyprian, dieses Verhalten als großes Verbrechen (grande crimen) zu brandmarken. Gegen diese Missstände verfolgte Cyprian eine zweifache Strategie: Zum einen beauftragte er die Bekenner, die sich nichts zu Schulden hatten kommen lassen, mit der Verteidigung ihres guten Rufes und der Belehrung und Besserung derer, die es zurechtzuweisen galt111. Dies war insofern eine geschickte Maßnahme, da der Bischof sich sicher sein konnte, in den Bekennern seine engsten Mitstreiter in dieser Sache gefunden zu haben, denn es musste ihr eigenes, persönliches Anliegen sein, dass ihr Name und damit ihr ganzer Stand nicht verunglimpft würde112. Es bestand aber berechtigter Grund zur Sorge, dass ge-
110 ... qui [confessores] exemplum facti estis ceteris fratribus, ad quorum mores omnium uita et actus debeat prouocari (ep. 13,3,1). Vgl. desweiteren: ep. 6,3,1; 15,1,1; laps. 2. 111 Sed quosdam audio inficere numerum uestrum et laudem praecipui nominis praua sua conuersatione destruere, quos etiam uos ipsi utpote amatores et conseruatores laudis uestrae obiurgare et conprimere et emendare debetis (ep. 13,4,1). 112 Psychologisch sehr raffiniert bezeichnet Cyprian die Vergehen des einen Teiles der Bekenner nicht als Vergehen gegen die christliche Zucht, Kirche, o.ä., sondern als Vergehen an eurem Namen (quanto enim nominis uestri pudore delinquitur; ep. 13,4,1). Die Vergehen werden somit zu Vergehen gegen die Bekenner selbst. Die so persönlich An-
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nau dies eintreffen würde, d.h. dass der ganze Stand der Bekenner durch das Handeln einiger weniger in Misskredit gebracht würde, weil man sowohl in der heidnischen, wie auch in der christlichen Öffentlichkeit leicht das Treiben der Wenigen mit dem Gros der Bekenner identifizieren konnte113. Wenn aber Bekenner gegen Bekenner stehen, diese belehren, zurechtweisen und kritisieren, dann war damit für jedermann sichtbar, dass das schlechte Verhalten einiger weniger nicht von der ganzen Gruppe geteilt oder gebilligt wurde, sondern auf deren Ablehnung stieß. Man konnte dann nicht mehr einfach von „den Bekennern“ als Gesamtheit sprechen, sondern musste differenzieren zwischen einigen schwarzen Schafen und dem Rest, der in Opposition zu ihnen stand. Der andere Teil der Strategie Cyprians gegen die sich unwürdig gebärdenden Bekenner bestand darin, dass er selbst, als Bischof und oberster Hirte seiner Schafe, deren Verhalten kritisierte und sie zurechtwies. Die Argumentation Cyprians lässt dabei eine doppelte Stoßrichtung erkennen. Zum einen betont er, dass das bisher Erreichte, das abgelegte Bekenntnis, kein Endpunkt sei, an dem man sich ausruhen könne bzw. der nicht mehr verloren gehen könne, sondern dass es sich dabei lediglich um eine Zwischenetappe handele, die zwar großes Lob verdiene, aber eben nicht mit dem Endziel verwechselt werden dürfe, denn die eigentliche Herausforderung für den Bekenner bestehe darin, das Erreichte auch zu bewahren und zu erhalten114. Um dies zu verdeutlichen bedient sich Cyprian der Kriegsmetaphorik115, spricht von Wachsen und Vollendung116 und davon, dass nicht schon Glaube und Taufe, sondern erst das Festhalten daran die Vollendung sicherten117. Als warnendes, negatives Beispiel dienen ihm die israelitischen Könige Salomon und Saul, die nicht in der Lage gewesen seien, die ihnen verliehene Gnade bis ans Ende zu bewahren118. Die Bilder und Beispiele Cyprians erlauben Rückschlüsse auf die Mentalität zumindest eines Teiles der
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gegriffenen haben das Recht und die Pflicht, ihre Ehre zu verteidigen und den guten Ruf ihres Namens wiederherzustellen. Dass für Cyprian diese Gefahr, dass das Fehlverhalten einiger weniger negative Folgen für den ganzen Stand der Bekenner nach sich ziehen würde, äußerst akut war, bestätigt seine Befürchtung, die wenigen schwarzen Schafe könnten mit ihrem schlimmen Lebenswandel den guten Ruf aller zerstören (vgl. ep. 13,4,1). Vgl. ep. 13,2. Adhuc in saeculo sumus, adhuc in acie constituti, de uita nostra cotidie dimicamus (ep. 13,2,1). Danda opera est, ut post haec initia ad incrementa quoque ueniatur et consummetur in uobis quod iam rudimentis felicibus esse coepistis (ebd.). … sicut et fides ipsa et natiuitas salutaris non accepta sed custodia uiuificat (ebd.). Salomon denique et Saul et ceteri multi quamdiu in uiis domini ambulauerunt, datam sibi gratiam tenere potuerunt: recedente ad his disciplina dominica recessit et gratia (ep. 13,2,2).
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Bekenner, gegen den sie gerichtet sind. Es waren unter ihnen offenkundig einige der Überzeugung, dass das abgelegte Bekenntnis bereits mit der christlichen Vollendung identisch sei. Sie betrachteten sich wohl als bereits Gerettete, die dadurch dem Gesetz, d.h. der christlichen Zucht, nicht mehr unterstellt waren. Als Kronzeugen dafür dürften sie sich wohl besonders auf Mk 13,11 par Mt 10,20 berufen haben (Und wenn man euch abführt und vor Gericht stellt, dann macht euch nicht im voraus Sorgen, was ihr sagen sollt; sondern was euch in jener Stunde eingegeben wird, das sagt! Denn nicht ihr werdet dann reden, sondern der Heilige Geist)119. Es war denn auch feste Überzeugung der alten Kirche, dass das Bekenntnis nicht vom Menschen gewirkt ist, sondern Ausdruck der Geistbegabung des Betreffenden ist. Als Geistbegabter konnte der Bekenner aber 1Kor 2,15 für sich in Anspruch nehmen: „Der geisterfüllte Mensch urteilt über alles, ihn aber vermag niemand zu beurteilen“. Zahlreiche weitere Bibelstellen, wie die Lehre des Paulus von der Freiheit der Christen vom Gesetz120 und Tit 1,15: „Für die Reinen ist alles rein; für die Unreinen und Ungläubigen aber ist nichts rein, sogar ihr Denken und Gewissen sind unrein“, konnten ohne weiteres von den Bekennern in diese Richtung hin interpretiert werden. Es ist leicht ersichtlich, dass für Cyprian eine solche Haltung inakzeptabel war. Die Bekenner haben zwar Großes und Herrliches geleistet121 und dafür verdienen sie auch Lob und Anerkennung122, aber sie sind und bleiben dennoch Teil der christlichen Gemeinschaft, stehen nicht außerhalb derselben bzw. über ihr und unterstehen somit immer noch der christlichen Zucht und Ordnung. Cyprian verdeutlicht dies, indem der die Aufforderung Jesu an einen Geheilten, nicht mehr zu sündigen, damit ihm nicht Schlimmeres geschehe (ecce sanus factus es, iam noli peccare, ne quid tibi deterius fiat)123, die er an alle Christen gerichtet sieht, ganz genau so auch an die Bekenner adressiert (ecce confessor factus es, iam noli peccare, ne quid tibi deterius fiat)124. Durch diese Parallelisierung von (allen) Christen und Bekennern wird klar, dass Alle Teil der Gemeinschaft sind, sich Alle bis an ihr Lebensende vor der Sünde hüten müssen und deshalb Alle gleichermaßen auf die Ordnung und Zucht der Kirche angewiesen sind. 119 Vgl. dazu auch 1Kor 12,3 (Keiner, der aus dem Geist Gottes redet, sagt: Jesus sei verflucht! Und keiner kann sagen: Jesus ist der Herr!, wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet). 120 Vgl. Röm 7,5f. 121 Exulto laetus et gratulor, fortissimi ac beatissimi fratres, cognita fide et uirtute uestra, in quibus mater ecclesia gloriatur (ep. 10,1,1). 122 Quibus ego uos laudibus praedicem, fortissimi fratres? Robur pectoris uestri et perseuerantiam fidei quo praeconio uocis exornem? (ep. 10,2,1). 123 Ep. 13,2,2 (Joh 5,14). 124 Ep. 13,2,2.
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Eng damit verbunden ist die andere Stoßrichtung der Argumentation Cyprians gegen das anstößige Verhalten eines Teiles der Bekenner. „Wenn der Diener nicht größer ist als sein Herr, dann sollen diejenigen, die dem Herrn nachfolgen, in Demut, Stille und Ruhe in seine Fußstapfen treten“125. Die Bekenner, die vor Gericht sich zu Christus bekannt haben, folgen ihm nach, denn sie haben sich selbst verleugnet und ihr Kreuz auf sich genommen126. Damit sind sie aber zugleich die Knechte des Herrn127, die in seine Fußstapfen zu treten haben, d.h., sie haben dem Beispiel und Vorbild Jesu zu folgen. Sich stolz und aufgeblasen (inflari aliquos et tumere audio) zu verhalten ist nicht angebracht, da es in der hl. Schrift doch heißt: Sei nicht überheblich, sondern fürchte dich (noli altum sapere, sed time)128. Ebenso ist es eines Bekenners unwürdig, sich zu brüsten und zu prahlen (extollere se audet et superbire), da doch der Herr sich einem Schafe gleich zur Schlachtbank führen ließ und, lautlos wie ein Lamm vor seinem Scherer, seinen Mund nicht geöffnet hat (Dominus noster sicut ouis ad uictimam adductus est et sicut agnus coram tondente sine uoce sic non aperuit os suum)129. Auch Streitigkeiten und Eifersucht (contentiones quoque et aemulationes) darf es unter Christen nicht geben, denn es steht geschrieben: Liebe deinen Nächten wie dich selbst (diliges proximum tuum tamquam te)130, ebenso werden Beschimpfungen und Schmähworte (conuiciis etiam et maledictis) mit dem Hinweis, dass Schmähsüchtige niemals das Reich Gottes erlangen (neque maledici regnum dei consequentur)131, verurteilt. Das Verhalten des Herrn offenbart somit das Fehlverhalten der Bekenner, die die Aufgabe haben, in seine Fußstapfen zu treten und seine Gebote zu halten. Wer nicht bereit ist, dies zu tun, läuft Gefahr, das bereits Erreichte wieder zu verlieren132. Die Kritik Cyprians am Fehlverhalten einiger Bekenner lässt eine grundsätzliche Spannung erkennen, der diese nach ihrer Entlassung aus dem Kerker und der Rückkehr in ihre Gemeinde ausgesetzt waren und mit der offenkundig nicht alle Bekenner umzugehen vermochten. Zwei extreme Lebenssituationen, die innerhalb kürzester Zeit und völlig unvermittelt aufeinander prallten, galt es zu bewältigen. Da war auf der einen Seite die Zeit im Kerker. Diese war nicht nur von Entbehrungen, Not und – im Falle der Folter – von großen körperlichen 125 Quod si non est maior domino suo seruus, qui dominum sequuntur humiles et quieti et taciturni uestigia eius imitentur (ep. 13,4,3). 126 Vgl. Mk 8,34 par Mt 16,24; 10,38; Lk 9,23. 127 Vgl. Joh 13,16. 128 Ep. 13,4,2 (Röm 11,20). 129 Ep. 13,4,2 (vgl. Jes 53,7). 130 Ep. 13,5,2 (Gal 5,14). 131 Ebd. 132 Vgl. ep. 6,2.
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Qualen und Schmerzen geprägt, sondern auch von einer permanenten Unwissenheit um das eigene Schicksal, die nicht weniger an den Kräften zehrte als das ständige Leiden an Hunger, Durst, Kälte oder Hitze. Auch mit der Angst zu „versagen“, nicht durchhalten zu können, dem inneren Ringen, ob es nicht vielleicht doch besser wäre, den Glauben zu verleugnen, die Opfer zu vollziehen, um sich damit aus dieser katastrophalen Lage zu befreien und wohl auch, so darf vermutet werden, mit ganz grundsätzlichen Glaubenszweifeln, ob die „neuen“ Lehren des Christentums oder nicht doch die alte Tradition des Polytheismus die Wahrheit über Gott (bzw. die Götter) und die Welt beinhalteten, sahen sich die inhaftierten Bekenner tagtäglich konfrontiert und all dies verlangte von ihnen das Äußerste ab. Nach ihrer Entlassung aus dem Kerker und der Rückkehr in ihre Gemeinde, fanden sich diese Bekenner quasi „von heute auf morgen“ in einer genau entgegengesetzten Lebenswirklichkeit wieder. Aus dem geschundenen, erniedrigten und rechtlosen Objekt staatlicher Gewalt wird ein gefeierter, verehrter und hoch angesehener Held, der allseits (innerhalb der Gemeinde) Lob und Anerkennung erfährt133. Eine solche Hochschätzung wurde den Bekennern von den Mitchristen entgegengebracht, dass Cyprian erklären konnte, es mache überhaupt keinen Unterschied, ob jemand tatsächlich das Martyrium erlitten habe, oder „nur“ standhaft seinen Glauben bezeugt habe, ohne dafür gefoltert worden zu sein134. Beiden, Märtyrern wie Bekennern, gebühre gleiche Ehre, da beide vor Gott Zeugnis abgelegt haben und somit beide von Gott die Krone empfangen werden135. Die Märtyrer sieht Cyprian dabei auf der sichereren Seite, da sie sofort zum Herrn gelangen (illa securior ad dominum uictoriae consumatione properare), den Bekennern dagegen spricht er den freudenreicheren Teil zu, da diese noch eine Zeitlang das Lob der Kirche genießen können (haec laetitior accepto post gloriam commeatu in ecclesiae laude florere). Cyprian war sich wohl der Spannung, der die Bekenner ausgesetzt waren, zwischen Erniedrigung im Gefängnis und „Erhöhung“ in der Gemeinde, bewusst, wenn er dieselben dazu auffordert, auf dem engen und schmalen Pfad des Lobes und Ruhmes zu verharren (perseverandum nobis est in arto et in angusto itinere laudis et glori-
133 Lob und Anerkennung haben die Bekenner christlicherseits freilich nicht erst seit ihrer Entlassung aus dem Kerker erfahren, sondern schon während ihrer Haft (vgl. dazu etwa ep. 6; 10). 134 Quod si ante diem certaminis uestri de indulgentia domini pax superuenerit, uobis tamen manet uoluntas integra et conscientia gloriosa. Nec contristetur aliquis ex uobis quasi illis minor qui ante uos tormenta perpessi uicto et calcato saeculo ad dominum glorioso itinere uenerunt (ep. 10,5,1). 135 Ad coronam de eo [Domino] promerendam sufficit ipsius testimonium solum qui iudicaturus est (ebd.).
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Ep. 13,3,1. Vgl. ebd. Vgl. ep. 13,4,3. Ep. 13,4,1. Ep. 13,1,1. Quid enim uel maius in uotis meis potest esse uel melius quam cum uideo confessionis uestrae honore inluminatum gregem Christi? Nam cum gaudere in hoc omnes fratres oportet … (ep. 13,1,1).
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Dass dies bei unbeteiligten Christen leicht Ärgernis erregen konnte und als anstößig empfunden werden musste, ist nachvollziehbar. Noch deutlicher verweist der Vorwurf, die Bekenner seien stolz und aufgeblasen (inflari aliquos et tumere audio), und brüsteten sich und prahlten (extollere se audet et superbire), darauf, dass ihr Verhalten nicht unabhängig von dem der Gemeinde betrachtet werden darf. Die herausgehobene Stellung der Bekenner innerhalb der Gemeinde, die Feststellung des Bischofs, dass sie die Vorbilder und der Maßstab für ihre Mitchristen seien, das vielfältige Lob und die ihnen entgegengebrachte Anerkennung mussten den Bekennern schmeicheln und waren hervorragend dazu geeignet, diese stolz auf ihre eigene Leistung und ihre Verdienste zu machen. Auch die große Zahl der Lapsi trug wohl ihren Teil zum überheblichen Verhalten einiger Bekenner bei, denn wenn so viele ihren Glauben verleugneten, dann musste die Standhaftigkeit der Bekenner nur umso größer und strahlender in den Augen der Mitchristen erscheinen. Entsprechend hoch war die Ehrerbietung, die man ihnen entgegenbrachte, noch dazu, wenn sich die Lapsi bei der Frage der Sündenvergebung hilfesuchend an die Bekenner wandten142. Es bedurfte schon einer starken und gefestigten Persönlichkeit, um bei all dem demütig, ruhig und still zu bleiben und auszuharren auf dem schmalen und engen Pfad des Lobes und des Ruhmes. Es waren aber unter den Bekennern offenkundig einige, die dies nicht vermochten, sondern statt dessen aufgeblasen und stolz wurden, was wohl zumindest mitverursacht war durch das ihnen entgegengebrachte Lob und die Anerkennung. Ganz eng verbunden, so darf vermutet werden, mit der Haltung des Stolzes und der Überheblichkeit der Bekenner sind der Streit und die Eifersucht untereinander (contentiones quoque et aemulationes inter uos), über die Cyprian in diesem Zusammenhang ebenso klagt. Der Bischof nennt zwar nicht den Grund für die Auseinandersetzungen, doch scheint es mir am wahrscheinlichsten, dass es bei diesen Ränken zum einen um das Streben nach Lob und Anerkennung innerhalb der Gemeinde ging, was besonders den Stolz und Hochmut der Bekenner geweckt und gefördert haben dürfte. Da dieser Zuspruch sicherlich nicht Allen in gleicher Weise zuteil wurde, so konnte dies leicht den Neid unter den Bekennern begünstigen . Zum anderen dürfte wohl auch die Frage der materiellen Unterstützung bis zur Aufnahme einzelner Bekenner in christliche Häuser dabei eine Rolle gespielt haben, denn es erscheint plausibel, dass der eine oder andere Bekenner häufiger zu häuslichen Feiern eingeladen wurde als andere und so in stärkerem Maße von den ihm entgegengebrachten Wohltaten profitierte143. 142 Vgl. dazu etwa ep. 15-18; 21-23. 143 So berichtet Cyprian in ep. 13,7, dass den Bekennern von Seiten der Mitchristen reichlich Unterstützung zukomme (Gaudeo autem quando cognosco plurimos fratres nostros
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Die Eifersucht könnte sich demnach auf diese „bessergestellten“ Bekenner erstrecken bzw. auf die Willkür der Gemeinde bei der Bevorzugung Einzelner. Auch die von Cyprian zuletzt beklagten Beschimpfungen und Schmähworte (conuiciis etiam et maledictis) lassen sich mühelos in diese Kette einordnen, denn wo es aufgrund von Stolz und Überheblichkeit zu Streit, Missgunst und Eifersucht kommt, da fehlt es in aller Regel auch nicht an Beschimpfungen, Beleidigungen und sogar an Schmähworten.
Fazit Die auf den vorhergehenden Seiten nur knapp und mit groben Strichen gezeichneten Ausführungen sollen vor allem eines verdeutlichen: es würde zu kurz greifen und wäre damit irreführend und nicht zutreffend, wollte man die Frage nach der Wirkung bzw. den Konsequenzen der decischen Verfolgungsmaßnahmen für das karthagische Gemeindeleben alleine mit dem Verweis auf die gewaltige Zahl derer, die daraufhin ihren Glauben verleugneten, beantworten. Die Gefahr, diesen Aspekt der decischen Verfolgungsmaßnahmen allzu sehr zu betonen, scheint mir dadurch gegeben, dass die im Laufe der Kirchengeschichte wohl einflussreichsten und wirkmächtigsten Schriften Cyprians, nämlich „De lapsis“ und vor allem „De unitate ecclesiae“144, unmittelbar bzw. mittelbar mit dem Problem der Lapsi zu tun haben. Erstere unmittelbar, da sie ganz der Frage, wie die Kirche mit den Lapsi umzugehen habe145, gewidmet ist, zweitere nur mittelbar, da ihr Thema die Betonung der Einheit der Kirche angesichts der Bedrohung durch Schismen ist, welche ihren Auslöser in der nicht einheitlich geklärten Frage nach dem Umgang mit den Lapsi hat. Somit sind die zwei wichtigsten Schriften Cyprians eng mit dem Thema der Lapsi verbunden und der Eindruck kann dadurch leicht entstehen, dass dies, wenn schon nicht das einzige, so doch zumindest das mit Abstand größte und einzig wirklich bedeutsame Problem war, mit dem sich der geflohene Bischof im Gefolge der decischen Verfolgungsmaßnahpro sua dilectione certatim concurrere et necessitates uestras suis conlationibus adiuuare). Dass dies einen jeden Bekenner in gleichem Maße betraf, ist eher unwahrscheinlich und könnte somit einen Grund bieten für deren Rivalität untereinander. Nur ganz vage äußert sich Clarke, letters 1, 258 (Anm. 26) zu der Frage nach den Gründen für die Streitigkeiten der Bekenner, denn „we are left to speculate whether they were caused by anything other than usual sources of social contention and abrasion in highly charged circumstances”. 144 So bezeichnet Heine, Cyprian, 155 Cyprians „De unitate ecclesiae” sicherlich zu Recht als „his most famous treatise”. 145 Vgl. laps. 4-28.
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men auseinanderzusetzen hatte. Das Irreführende einer solchen Sichtweise ist nun, dass dadurch leicht der Eindruck entstehen kann, die Wirkung des Ediktes habe lediglich darin bestanden, einen mehr oder weniger großen Teil der Christen durch deren Opfervollzug von ihrer Gemeinde auszuschließen. So zutreffend dies im einzelnen ohne Zweifel auch ist, so sehr muss man sich jedoch davor hüten, die ganze Thematik auf diesen Punkt zu reduzieren. Das decische Opferedikt verursachte nicht nur einen Riss quer durch die Gemeinde und trennte die, die das Opfer vollzogen hatten, von denen, die sich ihm widersetzten, sondern hatte auch für die verbliebene, standhafte „Restgemeinde“ katastrophale Auswirkungen. In den Briefen, die Cyprian während dieser Zeit geschrieben hat146, erscheint das Problem der Lapsi denn auch nur als eines unter vielen, wenngleich aufs ganze betrachtet, sicher als das weitreichendste und dramatischste. Die cyprianische Korrespondenz aus dieser Zeit macht deutlich, dass das Leben der karthagischen Gemeinde auf das empfindlichste und bis ins innerste Mark getroffen wurde147 und zeitweise drohte, ohne unmittelbare Führung, im völligen Chaos zu versinken. Da war nicht nur die ständig akute Sorge um Notleidende, allen voran Witwen, Waisen und die Bekenner, die durch die Verfolgung ihr ganzes Hab und Gut verloren hatten und die es mit dem Notwendigsten an Kleidung und Nahrung zu versorgen galt. Vorsicht war geboten bei den Gefängnisbesuchen. Wollte man sich nicht der Möglichkeit berauben, die Bekenner auch weiterhin im Kerker zu besuchen und mit ihnen gemeinsam den Gottesdienst zu feiern, so galt es unter allen Unständen kein Aufsehen bei den Behörden oder der heidnischen Bevölkerung zu erregen, um nicht deren Hass auf sich zu ziehen. Die Leichen der im Gefängnis verstorbenen Bekenner galt es zu beerdigen und deren Gedenktage festzuhalten, um ihr Gedächtnis begehen zu können. Besonders gefährlich und destruktiv für das Gemeindeleben musste in den Augen Cyprians die Botschaft vom anstößigen und tadelnswerten Benehmen einiger Bekenner erscheinen, denn sie, die eigentlich Vorbilder für die Gemeinde sein sollten, drohten mit ihrem schlechten Beispiel andere Mitchristen zu eben solchem Handeln zu ermutigen. Darüber hinaus ließ es die karthagische Gemeinde in den Augen ihres Bischofe an Eintracht fehlen, war statt dessen untereinander zerstritten und zersplittert, weshalb seiner Ansicht nach die Gebete der Christen um Frieden vom Herrn nicht erhört würden148. Weiterhin galt es, 146 Vgl. dazu Clarke, Chronology, 692-698. 147 Nach Heine, Cyprian, 154 offenbaren die während der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen entstandenen Briefe „the chaos into which the Church was thrown by the persecution, and the host of internal problems which arose“. 148 Tunc deinde praeceptum plebi adsistenti ut pro quibusdam personis designatis sibi peterent, in petendo autem fuisse dissonas uoces et dispares uoluntates et uehementer hoc displicuisse illi qui dixerat: "petite et inpetratis", quod plebis inaequalitas discreparet
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durch die Ernennung verdienter Gemeindemitglieder zum Lektor, Subdiakon und Presbyter149 die Lücken, die die Verfolgung auch im karthagischen Klerus gerissen hatte, wieder zu füllen, um die Aufgaben der Diakonie und der Liturgie weiterhin erfüllen zu können. Schließlich musste sich der an seinem Zufluchtsort weilende Bischof mit dem Schisma des Felicissimus auseinandersetzen150, das durch die unterschiedliche Haltung in Bezug auf die Frage nach dem Umgang mit den Lapsi ausgelöst wurde, denn Cyprian verlangte von ihnen, dass sie eine ihrer Sünde entsprechende Buße zu leisten hätten, sobald der Kirche der Friede beschieden sei151, während Felicissimus und seine Anhänger dies für zu hart hielten und eine sofortige Versöhnung der Lapsi mit der Kirche anstrebten152. Dem Felicissimus gelang es dabei, einen Teil der karthagischen Gemeinde auf seine Seite zu ziehen, während er zugleich den Anhängern Cyprians mit Exkommunikation drohte, woraufhin Cyprian seinerseits den Felicissimus exkommunizieren ließ153, um dem Schisma ein Ende zu bereiten. Diese Vielzahl von Problemen, die alle direkt oder zumindest indirekt mit den decischen Verfolgungsmaßnahmen zusammenhängen bzw. von diesen verursacht wurden, und die Cyprian von seinem Versteck aus nur mit größter Mühe und unter Aufbietung seiner ganzen diplomatischen Fähigkeiten soweit zu kontrollieren verstand, dass die karthagische Gemeinde auch in dieser schwierigen Krisenzeit fortbestehen konnte, machen deutlich, dass die (karthagischen) Christen auf eine solche Prüfung in keinster Weise vorbereitet waren154, sondern von
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nec esset fratrum consensio una et simplex et iuncta concordia ... quid si secundum pacem quam dominus nobis dedit uniuersis fratribus conueniret? Iam pridem de diuina misericordia inpetrassemus quod petimus nec tamdiu in hoc salutis et fidei nostrae periculo fluctuaremus, immo uero nec uenissent fratribus haec mala, si in unum fraternitas fuisset animata (ep. 11,3,1f). Vgl. ep. 29; 38-40. Vgl. ep. 41-43; Fischer, Synoden, 165-168; 178. Vgl. ep. 15,2-19. Vgl. ep. 43,2; 15,1; 16,2; 17,2. ... interim, cum Felicissimus comminatus sit non communicaturos in monte secum qui nobis obtemperassent, id est qui nobis communicarent, accipiat sententiam quam prior dixit, ut abstentum se a nobis sciat (ep. 41,2,1). Ep. 42 bestätigt in kurzen und knappen Worten, dass diese Anordnung Cyprians ausgeführt worden ist (Abstinuimus a communicatione Felicissimum et Augendum ...). Cyprian selbst teilt die Auffassung, dass die Christen völlig unvorbereitet waren auf diese Krise, denn sie, denen all dies von den Propheten bereits vorhergesagt und vorausverkündet worden sei, hätten das Gesetz und die Weisungen Gottes vergessen (Praenuntiata sunt ista nobis et ante praedicta. Quid oro inauditum, quid nouum uenerat ut, uelut incognitis adque inopinatis rebus exortis christi sacramentum temeritate praecipiti solueretur? Nonne haec et prophetae ante et apostoli postmodum nuntiauerunt? Nonne
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ihr wie vom „Dieb in der Nacht“ überrascht wurden und entsprechend leicht zu überrumpeln waren.
Cyprians Konsequenzen aus der Erfahrung der Verfolgungsmaßnahmen Die decischen Verfolgungsmaßnahmen hatten der Kirche ihre Schwächen, ihre Verwundbarkeit und auch ihre Versäumnisse während der fast 40-jährigen vorhergehenden Friedenszeit deutlich vor Augen geführt. Unübersehbar war, dass sie auf das Opferedikt und seine Folgen nur äußerst mangelhaft vorbereitet war155 und dieses deshalb solch verheerende Wirkung unter den Christen entfalten konnte156. Vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen musste es der Kirche in ihrem Bemühen, eine zweite Katastrophe solchen Ausmaßes zu vermeiden, darum gehen, das Kirchenvolk, das in Massen ohne jeglichen Widerstand der Aufforderung des Staates zu opfern nachgekommen war, dazu zu bewegen, dem römischen Staat im Falle einer erneuten Christenverfolgung Widerstand zu leisten, anstatt sich ihm ohne Gegenwehr zu beugen. Neben der Klärung kirchenrechtlicher und organisatorischer Aspekte, um die Einheit und Widerstandsfähigkeit der Kirche zu stärken, mussten also die Bischöfe als Hirten ihrer Herde versuchen, aus der Masse der ehemaligen faktischen und potentiellen157 Lapsi
iustorum pressuras et gentilium semper iniurias pleni sancto spiritu praedicauerunt? ... Exciderunt quibusdam pro nefas omnia et de memoria recesserunt; laps. 7f). Weil die Christen das Gesetz und die Weisungen Gottes vergessen hatten, deswegen waren für sie die gegenwärtigen Ereignisse „unbekannte und unvermutete Geschehnisse“, auf die sie nicht vorbereitet waren. Zu Recht stellt Sage, Cyprian, 191 deshalb in diesem Zusammenhang fest: „The proclamation of the edict in Africa found a community totally unprepared for its onslaught“. 155 Eine gewisse Ausnahme davon scheint die Kirche von Rom gemacht zu haben, die feststellen konnte: Ecclesia stat fortiter in fide, licet quidam terrori ipso conpulsi (ep. 8,2,3). 156 Zu dieser Einschätzung vgl. Freudenberger, Christenverfolgungen, 26; Elliger, Karthago, 256. 157 Aus laps. 3 ist zu entnehmen, dass einige Lapsi, um die Größe ihres Vergehens zu relativieren – wohl nicht ganz zu Unrecht – darauf hingewiesen hatten, dass die Zahl der Gefallenen weiter gestiegen wäre, wenn die Verfolgung noch länger und konsequenter durchgeführt worden wäre. Es ist zwar nur zu verständlich, wenn Cyprian solchen Spekulationen entschieden eine Absage erteilt mit dem Hinweis, niemand solle dadurch den Ruhm der Standhaften böswillig zu schmälern suchen (nemo incorruptam stantium firmitatem maligna obtrectatione debilitet), es bleibt aber dennoch die Frage, ob wirklich alle, die die ihnen gestellte Frist zum Opfern verstreichen hatten lassen, diese Standhaf-
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ein Heer künftiger Bekenner und Märtyrer zu machen und natürlich auch die standhaft Gebliebenen für weitere Verfolgungen zu stärken. Besondere Dringlichkeit erfuhr diese Aufgabe und Herausforderung zusätzlich durch den Umstand, dass auf Seiten der Kirche weithin eine nächste, noch schwerere und heftigere Verfolgung (grauior nunc et ferocior pugna imminet)158 in Kürze erwartet wurde159, wie aus einem Synodalschreiben der nordafrikanischen Bischöfe um Mitte 253160 und Cyprians ep. 58 aus dieser Zeit hervorgeht. Das Bewusstsein der Bischöfe, die Christen für das öffentliche Bekenntnis ihres Glaubens rüsten zu müssen, war dadurch eine Notwendigkeit, die ihnen permanent vor Augen stand161.
Cyprians Analyse der Ursachen für den massenhaften Glaubensabfall in der karthagischen Kirche Der erste Schritt zur Überwindung dieser Krise bestand für den Bischof von Karthago in einer Analyse der Gründe, warum so viele Lapsi so leichtfertig ihren Glauben verraten hatten. Erst danach konnte an konkrete „Therapiemaß-
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tigkeit bis zum letzten bewahrt hätten, wenn sie von den Behörden daraufhin ergriffen worden wären. Ep. 58,1,2. Sed enim cum uideamus diem rursus alterius infestationis adpropinquare coepisse et crebris atque adsiduis ostensionibus admoneamur ut ad certamen quod nobis hostis indicit armati et parati simus, plebem etiam nobis de diuina dignatione commissam exhortationibus nostris paremus (ep. 57,1,2). Vgl. auch ep. 57,5,2. Zur Verfolgung unter Gallus, die das Synodalschreiben und ep. 58 vor Augen haben, vgl. Clarke, letters 3, 4-17; Alföldi, Christenverfolgungen, 335-338; Duquenne, Chronologie, 36f und Fischer, Synoden, 190 (Anm. 3 mit weiterer Literatur). Während in Rom im Zuge der Verfolgung Bischof Cornelius und sein Nachfolger Lucius ins Exil gehen mussten, kommt Clarke, letters 3, 16 in Bezug auf Karthago zu dem Ergebnis, „our sources show that it [the persecution of Gallus] never eventuates in Carthage“. Zur Datierung von ep. 57 vgl. Duquenne, Chronologie, 38-41; 160; Fischer, Synoden, 190f; 201. Entgegen dem Großteil der Forschung, der ep. 56 und 57 auf das Frühjahrskonzil von 252 bezieht (vgl. den ausführlichen Überblick bei Fischer, Synoden, 191; Anm. 8) kommt Duquenne nach eingehender Untersuchung und im Anschluss an ihn Fischer zu dem Ergebnis, dass ep. 56 und 57 sich erst auf das Frühjahrskonzil von 253 beziehen. (Zur Datierung von ep. 56 und 57 auf das Jahr 253 vgl. desweiteren Clarke, Chronology, 708). Über das Konzil von 252 informieren dagegen ep. 59 und 64 (vgl. Duquenne, Chronologie, 33-35). Vgl. dazu Deléani -Nigoul, L’utilisation, 315: „Vivant dans un climat de tension permanente, les fidèles [au IIIe siècle] doivent être prêts à confesser publiquement leur foi si la persécution éclate ... Leurs pasteurs se font une obligation de les préparer, de faire d’eux de vrais ‘soldats du Christ’ “.
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nahmen“ gedacht werden162. Hauptursache für das Versagen so vieler Christen war seiner Meinung nach der Umstand, dass in Folge der langen Friedenszeit der Glaube eingeschlafen war und die Christen dadurch die Gebote und Weisungen Gottes vergessen hatten163. Wären diese den Christen nicht aus dem Gedächtnis entschwunden, so wäre man besser auf die Verfolgung vorbereitet gewesen, so argumentiert Cyprian weiter, denn all dies, was die Christen jetzt durchzustehen hatten, war ihnen von den Propheten, den Aposteln und nicht zuletzt vom Herrn selbst bereits vorhergesagt worden. Weil die Christen dies aber vergessen hatten, waren die decischen Verfolgungsmaßnahmen für sie „unbekannte und unvermutete Ereignisse“, so dass sie „den Christus geleisteten Treueid in jäher Hast“ brachen164. Mit dem bisher Erreichten ist für Cyprian die Ursachenanalyse für das so zahlreiche Versagen der Christen im Gefolge des decischen Opferediktes aber noch nicht abgeschlossen, denn es gilt noch eine Antwort auf die Frage zu finden, warum nur so wenige von ihnen von der Möglichkeit der Flucht Gebrauch machten, so wie Cyprian dies getan hatte. Wenn viele Christen aufgrund der langen vorhergehenden Friedenszeit und aufgrund des plötzlichen, unerwarteten Auftretens der Verfolgungen sich nicht ausreichend gerüstet sahen, den staatlichen Maßnahmen Widerstand zu leisten und Folter und eventuell sogar den Tod für ein Bekenntnis ihres Glaubens in Kauf zu nehmen, dann hätten sie, so Cyprian, doch nur zu fliehen brauchen165. Als Grund, warum die meisten Christen dies aber nicht taten, sondern statt dessen die von ihnen geforderten Opfer vollzogen, erkennt Cyprian die Liebe zum Geld166. Da Flucht die Konfiskation des Vermö-
162 Si cladis causa cognoscitur, et medella uulneris inuenitur (laps. 5). 163 ... et quia traditam nobis diuinitus disciplinam pax longa corruperat, iacentem fidem et paene dixerim dormientem censura caelestis erexit (laps. 5). Vgl. dazu auch laps. 7; ep. 11,4,1.5,1. 164 Praenuntiata sunt ista nobis et ante praedicta ... Quid oro inauditum, quid nouum uenerat ut, uelut incognitis adque inopinatis rebus exortis christi sacramentum temeritate praecipiti solueretur? Nonne haec et prophetae ante et apostoli postmodum nuntiauerunt? ... In euangelio quoque postmodum dominus, in uerbis doctor et consummator in factis, docens quid fieret et faciens quodcumque docuisset, quicquid nunc geritur et geretur nonne ante praemonuit? ... Exciderunt quibusdam pro nefas omnia et de memoria recesserunt (laps. 7f). 165 Nec est pro dolor iusta aliqua et grauis causa quae tantum facinus excuset: relinquenda erat patria et patrimonii facienda iactura (laps. 10). Zur Begründung der Legitimität der Flucht vgl. laps. 10. 166 Dissimulanda, fratres, ueritas non est nec uulneris nostri materia et causa reticenda. Decepit multos patrimonii sui amor caecus; nec ad recedendum parati aut expediti esse potuerunt quos facultates suae uelut conpedes ligauerunt (laps. 11).
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gens zur Folge hatte167 sahen sich viele Christen vor die Alternative gestellt, entweder nicht zu opfern und dadurch Exil und (relative) Mittellosigkeit in Kauf nehmen zu müssen oder zu opfern und somit den eigenen Besitz samt Vermögen retten zu können. Was es jedoch bedeutet, sich für letzteres zu entscheiden, liegt für Cyprian auf der Hand. Liebe zum Geld und Nachfolge Christi sind nicht miteinander zu vereinbaren, denn zur Nachfolge Christi muss der Betreffende frei und ungebunden sein168. In scharfem Kontrast dazu steht das Anhangen am (ungerechten) Mammon, der die Menschen in Fesseln legt, sie zu Leibeigenen statt zu Besitzenden macht und der sie daran hindert, zu Gott emporzusteigen169. Der an seinem Besitz Hängende und solchermaßen Gefesselte riskiert somit nichts weniger als sein ewiges Heil170. Die Kapitel 11 und 12, in Verbindung mit Kapitel 6, stellen innerhalb von laps. eine offene und schonungslose Kritik der Missstände in der karthagischen Gemeinde zur Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen dar. Im Grunde geht es dabei um einen einzigen Vorwurf, den Cyprian seiner Gemeinde vorhält: sie sei verweltlicht171, mit all den negativen Konsequenzen, die sich daraus ergeben172. Anstatt auf die göttlichen Gebote und Weisungen zu hören und Christus nachzufolgen, strebten die karthagischen Christen lieber nach Geld und Besitz.
Die Notwendigkeit der praeparatio ad martyrium Nachdem Cyprian in einem ersten Schritt, d.h. in seiner Analyse der Gründe für das so zahlreiche Scheitern und Versagen der Christen die „Ursache des Unheils“ erkannt hatte (cladis causa cognoscitur), konnte er in einem zweiten Schritt daran gehen, „auch ein Heilmittel für die Wunde [zu] finden“ (et medella uulneris inuenitur)173. Dieses Heilmittel bestand darin, die Christen für die kommende(n) Verfolgung(en), die ja bereits in Kürze erwartet wurden, so zu 167 Vgl. ep. 66,4,1. 168 Sequeretur dominum solutus et liber, ut apostoli et sub apostolis multi et nonnulli saepe fecerunt qui, et rebus suis et parentibus derelictis, indiuiduis christi nexibus adhaeserunt. Sequi autem christum quomodo possunt qui patrimonii uinculo detinentur? (laps. 11f). Vgl. dazu auch orat. 20. 169 Aut quomodo caelum petunt et ad sublimia et alta conscendunt qui terrenis cupiditatibus degrauantur? (laps. 12). 170 Christus non relinquatur, salutis ac sedis aeternae iactura timeatur (laps. 10). 171 Vgl. dazu: Harnack, Mission, 894; 896; ep. 11,1.4.5. 172 Hierzu zählt vor allem das mangelnde „Unrechtsbewusstsein“ vieler Christen, das dazu führte, dass man die vollzogenen Opferhandlungen als überhaupt kein bzw. nur als ein geringes Vergehen betrachtete. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 4.2. 173 Laps. 5.
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rüsten174 und sie soweit darauf einzustimmen, dass sie in der Lage sein würden, ihren Glauben, falls gefordert, öffentlich zu bekennen und in diesem Bekenntnis standhaft zu bleiben, auch wenn dies Sanktionen und Strafen bis hin zum Verlust von Freiheit und Leben nach sich ziehen würde. Dementsprechend kommt Cyprian an den dafür einschlägigen Stellen immer wieder auf die Bedeutung und Notwendigkeit der Vorbereitung auf die bevorstehende(n) Verfolgung(en) zu sprechen175, ohne die seiner Meinung nach der Christ die kommende Herausforderung nicht bewältigen könne. Ebenso, wie im Bereich des Militärs und des Wettkampfes nur derjenige den Sieg davontragen könne, der zuvor entsprechend trainiert und sich vorbereitet habe, so könne, Cyprian zufolge, auch im Falle der Verfolgung nur der Christ bestehen, der gründlich darauf vorbereitet (worden) ist, denn „wenn der Tag der Verfolgung für uns, die wir dies bedenken und verinnerlichen, überraschend kommt, dann erschrickt der Soldat Christi – vorbereitet durch seine Weisungen und Ermahnungen – nicht vor dem Kampf, sondern ist gerüstet, die Krone [des Martyriums] zu erlangen“176. Unter dem unmittelbaren Eindruck einer bevorstehenden Verfolgung ist denn auch das Synodalschreiben der nordafrikanischen Bischöfe vom Frühjahr 253 (= ep. 57) ganz und gar durchdrungen von der Überzeugung, dass es in Anbetracht dieser Umstände die dringlichste Aufgabe aller sei, sowohl selbst zum Kampf bereit zu sein, als auch im ganzen christlichen Volk die Bereitschaft dazu zu wecken und zu stärken. Dies bedeutet aber, dass hier letztlich die Bereitschaft zum Martyrium, als Aus-
174 Das Vokabular und die Bilder, die Cyprian in diesem Zusammenhang mit Abstand am häufigsten verwendet, sind, neben dem Bereich des (sportlichen) Wettkampfes (vgl. ep. 58,8), aus dem des Militärs und Kriegswesens entlehnt. Wenn der Staat die Christen verfolgt, vergleicht Cyprian dies mit einer Kriegserklärung an die Christen (certamen quod nobis hostis indicitur; ep. 57,1,2). Diese sind dann Soldaten und Streiter Christi (milites Christi), die im Heerlager des Herrn gesammelt werden (intra castra dominica colligamus) und für die bevorstehende Schlacht gerüstet und gewappnet (armati et parati) und mit (geistlichen) Waffen (arma) so versehen werden müssen, dass sie in der Schlacht ihrem Widersacher Stand halten und den Sieg erringen können. Vgl. dazu auch ep. 56,2,2; 57,2,2.3,3.4,3.5,1f und 58,1,2. Zu dieser Thematik vgl. Fischer, Synoden, 207 (Anm. 81 mit weiterer Literatur); Hummel, concept, 58-90 und vor allem die Monographie von Capmany-Casmitjana, J., „Miles Cristi“ en la espiridualidad de San Cipriano, Barcelona 1956. 175 Vgl. ep. 57,1,2.2,1.3,2.4,2; 58,1,1.1,2.2,1f.7,1.8,1.11; Fort. 1; 2; 4; 5. 176 Si haec cogitantibus ac meditantibus nobis superuenerit persecutionis dies, miles Christi praeceptis eius et monitis eruditus non expauescit ad pugnam, sed paratus est ad coronam (ep. 58,11). Nach Strobel, Imperium, 159 ist der ganze Brief 58 eine „von der meisterhaften Handhabung des rhetorischen Repertoires gekennzeichnete praeparatio ad martyrium“.
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druck des unbeugsamen Willens der Christen, sich nicht dem römischen Kultus zu unterwerfen, gefordert war177.
177 Selbstverständlich stand auch in künftigen Verfolgungen den Christen die von Cyprian so vehement verteidigte Möglichkeit der Flucht als legitimes Mittel zur Verfügung, sich staatlichen Zwangsmaßnahmen, die gegen die christliche Religion gerichtet waren, zu entziehen. Dies soll in keinster Weise in Frage gestellt oder bestritten werden. Insofern könnte man argumentieren, dass die Bereitschaft, bis hin zum Martyrium standhaft zu bleiben, gar nicht gefordert war und deshalb auch gar nicht angestrebt werden musste, da man ja nur zu fliehen brauchte. Allein praktische Überlegungen stehen einer solchen Argumentation im Wege, denn Flucht konnte kein dauerhafter Ersatz für eine nicht vorhandene Bereitschaft zum Martyrium sein, denn zum einen war es einfach nicht realitisch zu hoffen, im Falle einer Verfolgung könne und werde eine ganze Gemeinde von der Größe Roms oder Karthagos geschlossen in eine andere Stadt flüchten und zum anderen musste man auch als Flüchtling damit rechnen, vom Staat oder von einer aufgebrachten Bevölkerung (vgl. ep. 20,2,1; 59,6,1; laps. 3) ergriffen zu werden. Diese Möglichkeit gilt es auch im Hinblick auf die Ausführungen Bähnks, Notwendigkeit, 294 zu beachten. In ihrer Untersuchung zur Theologie des Martyriums bei Tertullian kommt die Verfasserin in ihrem abschließenden Kapitel, einem Vergleich der tertullianischen mit der cyprianischen Martyriumstheologie zu dem Ergebnis, dass bei Cyprian – im Gegensatz zu Tertullian – der „Vorstellung von der Notwendigkeit des Martyriums zur Erlangung des vollkommenen Heils ... der Boden entzogen [ist]. Für ihn [Cyprian] stellt das Martyrium nicht eine Pflicht und Notwendigkeit dar, sondern eine mit dem Leben der Christinnen und Christen in der Zeit der Verfolgung gegebene Möglichkeit; diese veränderte Akzentsetzung beinhaltet auch, daß das Erleiden des Glaubenstodes eine Möglichkeit christlichen Verhaltens in der Verfolgung bildet, der andere Ausdrucksformen christlicher Sittlichkeit in der Verfolgung ... in bezug auf ihre Bewertung an die Seite gestellt werden“. Den Ausführungen Bähnks, dass die Bedeutung des Martyriums zur (vollkommenen) Heilserlangung bei Cyprian im Vergleich zu Tertullian eine Relativierung erfahren hat, ist sicherlich zuzustimmen. Ebenso kann man der Autorin nur darin beipflichten, dass bei Cyprian in der Verfolgung das Martyrium nur eine Möglichkeit – neben anderen – ist, wie der Christ das Heil erlangen kann. Dies darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass es für den Christen in der Verfolgung niemals die Pflicht und Notwendigkeit zum Martyrium gegeben hätte und ihm immer eine andere Möglichkeit sittlichen Handelns als adäquater Martyriumsersatz zur Verfügung gestanden hätte. Spätestens dann, wenn der Christ in der Verfolgung gezwungen war vor einer heidnischen Öffentlichkeit Stellung zu nehmen zu seiner Glaubensüberzeugung, und er vor die Alternative, seinen Glauben zu verleugnen oder zu bekennen, gestellt war, gab es für ihn keine wirkliche Wahlmöglichkeit mehr, denn ersteres war gleichbedeutend mit „Christus zu verlassen“, was den Verlust des Heiles bedeutete (vgl. laps. 10).
Cyprians Schrift „Ad Fortunatum“ als Kompendium der praeparatio ad martyrium
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Cyprians Schrift „Ad Fortunatum“ als Kompendium der praeparatio ad martyrium Intention, Methode und Aufbau von „Ad Fortunatum“ Zu Beginn der valerianischen Verfolgung bzw. in unmittelbarer Erwartung derselben1 widmete Cyprian der Thematik der praeparatio ad martyrium – ca. fünf Jahre nach ep. 57 – eine kurze Testimoniensammlung, die auf Wunsch eines Bischofskollegen entstanden ist: „Ad Fortunatum (de exhortatione martyrii)“2 1
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Einen vagen Hinweis auf die Abfassungszeit von „Ad Fortunatum“ bietet die Wendung „ut quoniam praessurarum et persecutionum pondus incumbit“ (Fort. 1). Da als Anlass der Schrift lediglich eine nicht näher bestimmte, aber unmittelbar bevorstehende oder bereits ausgebrochene Verfolgung genannt wird (die lat. Wendung pondus incumbit aus Fort. 1 erlaubt beide Lesearten; vgl. dazu Koch, Untersuchungen, 169f) kommen zunächst die Verfolgungen unter Decius (250/251), Gallus (253) und Valerian (257) in Frage. Im Laufe der wissenschaftlichen Forschung hat denn auch jede der drei möglichen Datierungen Anhänger gefunden. Für eine Abfassung zur Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen sprechen sich z.B. Goetz, Geschichte, 5; Soden, Testament, 19 und Wohleb, Cyprian, 380 aus. Für eine Datierung der Schrift in das Jahr 253 setzt sich entschieden Koch, Untersuchungen, 172 ein, denn die Schrift sei „am Vorabend einer Verfolgung verfasst worden, die man sich so groß und schrecklich vorstellte, daß man das Nahen des Antichrist darin erblicken zu müssen glaubte. Das war aber die Stimmung, die (im Frühjahr 253) vor der heraufziehenden Verfolgung unter Gallus in der afrikanischen Christenheit herrschte“. Diesem Ansatz, der jedoch nicht überzeugen kann, haben sich z.B. Turner, Prolegomena, 231; Hummel, concept, 23 und neuerdings wieder Noormann, Ad salutem, 91 (Anm. 66) angeschlossen. Zur Kritik dazu vgl. Strobel, Imperium, 151 (Anm. 102); 167 (Anm. 224) und Sage, Cyprian, 382 (Anm. 4). Der Großteil der Forschung, insbesondere der neueren, ist der Argumentation Kochs jedoch nicht gefolgt und datiert Fort. in das Jahr 257 (vgl. Saxer, Bible, 349: „... l’Ad Fortunatum est aujourd’hui daté la persécution de 257-258 plutôt que de la menace de 253“), so z.B. d’Alès, théologie, 366; Monceaux, Histoire, 284; Deléani, Christum sequi, 84; Bévenot, Cyprian, 250f; Clarke, Chronology, 709; Weber, introduction (CChr.SL 3), LIII; Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 571f; Heine, Cyprian, 156. Begründet wird dies weitestgehend mit dem Hinweis auf Pontius, Vita, 7 (CSEL 3,3, XCVIIf, wo der Cyprian-Biograph in chronologischer Reihenfolge die Schriften seines Meisters aufzählt. Die Wendung quis martyres tantos exhortatione divini sermonis erigerit, die in der Aufzählung des Pontius die vorletzte darstellt, wird dabei als Verweis auf Ad Fortunatum gedeutet, so dass eine Abfassungszeit um 257 nahe liegend ist. Vgl. dazu: Bardenhewer, Geschichte, 470; Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 535; 572. So lautet der vollständige Titel der Schrift, der jedoch nur von den Codices K und W (vgl. Koch, Untersuchungen, 183; Anm. 1) überliefert ist. Die meisten Codices und
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(Fort.). Erklärtes Ziel dieser Schrift ist es, „zur Vorbereitung und Stärkung unserer Brüder aus den göttlichen Schriften Ermahnungen zusammenzustellen, um mit diesen die Soldaten Christi zum geistlichen und himmlischen Kampf zu ermutigen“3. Die Christen, die in der decischen Verfolgung so kläglich versagt hatten, sollen für die nun bevorstehende valerianische Verfolgung besser gerüstet werden, so dass die Kirche, anstatt viele Lapsi beklagen zu müssen, sich über möglichst viele Märtyrer würde freuen können. Als Grundsatz seiner Testimoniensammlung dient Cyprian nach Fort. 4 der Vorsatz, „sich allein auf solche Worte zu stützen, die Gott spricht, mit denen Christus seine Diener zum Martyrium ermuntert“4, da er die „göttlichen Worte“ selbst als Waffen für die Kämpfenden (arma pugnantibus), als Mahnrufe der Kriegstrompete (militaris tubae hortamenta) und als Kampfsignale (pugnantibus classica) versteht. Jede Form von Weitschweifigkeit (ambages), Langsamkeit (tardidates) und Verzögerung (moras) durch menschliche Worte gelte es dagegen zu vermeiden „bei einer solch wichtigen Aufmunterung, die Märtyrer schaffen soll“5. Methodisch ist die Schrift deshalb so aufgebaut, dass sie nicht einen in sich abgeschlossenen Traktat bildet, sondern lediglich Leitsätze (tituli) und die dazugehörigen Stellen aus der hl. Schrift (capitula dominica) bietet, die Cyprians Meinung nach dazu geeignet sind, die Christen für den bevorstehenden Kampf zu rüsten und in ihnen die Bereitschaft zum Martyrium zu wecken6. Der Bischof
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auch die hier zugrunde liegende Edition betiteln die Schrift lediglich mit „Ad Fortunatum“. Die Frage nach der Person des Adressaten der Schrift lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten, da Ad Fortunatum selbst keine weiteren Hinweis gibt, außer dass es sich wohl um einen Mitbischof gehandelt haben dürfte, (das frater carissime aus Fort. 1 bestimmt Saxer, Bible, 349 als „appellation qu’il [est] réserve aux évêques“) und der Name „Fortunatus“ in den cyprianischen Schriften mehrfach genannt wird (vgl. die Namensliste von ep. 57, die den Namen „Fortunatus“ gleich zweimal enthält). Datiert man Fort., wie dies hier geschehen soll, in das Jahr 257, so spricht manches dafür, den Adressaten der Schrift mit dem in den Sententiae episcoporum 17 (CChr.SL 3E, 37) der Herbstsynode von 256 erwähnten Fortunatus, Bischof von Thuccabor, zu identifizieren. Vgl. dazu: Koch, Untersuchungen, 181f (Anm. 1); Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 572. ... ad praeparandas et corroborandas fratrum mentes de diuinis scripturis hortamenta conponerem quibus milites Christi ad spiritale et caeleste certamen animarem (Fort. 1). ... ponenda illa [verba] sola quae Deus loquitur, quibus seruos suos ad martyrium Christus hortatur. ... in exhortatione tam necessaria quae martyras faciat. In exhortandis itaque ac parandis fratribus nostris et uirtutis ac fidei firmitate ad praeconium dominicae confessionis adque ad proelium persecutionis et passionis armandis (Fort. 5).
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von Karthago verspricht sich von dieser Vorgehensweise den Vorteil, dass alle Leser und Benutzer seiner Testimoniensammlung, d.h. in erster Linie andere Bischöfe und sonstige, mit der Verkündigung und Predigt beauftragte Personen, individuell den von ihm dargebotenen Stoff nach ihren eigenen, persönlichen Wünschen, Vorstellungen und Bedürfnissen so bearbeiten können, dass er für sie von größtmöglichem Nutzen ist. Deshalb, so Cyprian, wolle er nicht ein fertiges Kleid, sondern lediglich die rohe Wolle liefern, damit ein jeder sich daraus ein Kleid nach seinem eigenen Wunsche herstellen könne7. Der Inhalt der Testimoniensammlung8, von Cyprian in dreizehn Punkte gegliedert, lässt sich zu sechs Themenblöcken zusammenfassen9, die aufeinander aufbauen und aufeinander bezogen sind. So wird in ihrer Anordung eine Systematik erkennbar, die sich von der Abkehr von den heidnischen Götzen und der Hinwendung zum biblischen Gott, dem Verharren im Glauben auch angesichts von Verfolgung und Strafe bis hin zur Aussicht auf Belohnung nach dem Tod für die Standhaften erstreckt.
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Quae res in usum singulis proficit utilitate maiore. Nam si confectam et paratam iam uestem darem, uestis esset mea qua alius uteretur et forsitan non pro habitudine staturae et corporis res alteri facta minus congruens haberetur: nunc uero de agno per quem redempti ac uiuificati sumus lanam ipsam et purpuram misi, quam cum acceperis tunicam tibi pro uoluntate conficies et plus ut in domestica tua adque in propria ueste laetaberis (Fort. 3). Es soll hier auf eine eingehendere Analyse und Untersuchung der einzelnen Tituli von Fort. verzichtet und diese anstatt dessen nur kurz vorgestellt werden, da im Hauptteil dieser Arbeit die Tituli von Fort. behandelt werden. Zu grob ist die Einteilung der dreizehn Thesen nach Bardenhewer, Geschichte, 469, der lediglich vier verschiedene Themenblöcke unterscheidet: „Nichtigkeit der Götzen“, „Strafwürdigkeit des Götzendienstes“, „Pflicht standhaften Bekenntnisses des Glaubens“ und „Größe des dem Bekenner winkenden Lohnes“, da hier z.B. die Thematisierung der Verfolgung in den Tituli 9-11 unberücksichtigt bleibt. Auch die Einteilung von Sage, Cyprian, 347 die ebenso nur vier verschiedene Themenblöcke innerhalb von Fort. unterscheidet, wird der Schrift nicht gerecht. Besonders deutlich wird dies, wenn er z.B. schreibt: „As a final consideration Cyprian treats, under four headings [!], the glorious rewards that await the success of the martyr“, obwohl das Thema der Belohnung erst in den beiden letzten Punkten 12 und 13 im Mittelpunkt steht, während es in Punkt 11 lediglich beiläufig erwähnt wird und in Punkt 10 noch völlig abwesend ist. Monceaux, Histoire, 286 dagegen unterteilt Fort. lediglich in zwei große Blöcke: „L’object principal du recueil est indiqué par le soustitre; c’est l’exhortation au martyre. A cette préoccupation dominante se rapportent les huit dernières thèses, qui remplissent la plus grande partie du livre.“ Dem geht ein apologetischer Teil mit fünf Thesen voraus, „c’est ce postulat que Dieu interdit aux fidèles tout de pacte avec l’idolâtrie“.
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Der erste Themenblock, bestehend aus dem ersten Titulus, ist der Bekämpfung des Polytheismus gewidmet10 und kann somit der literarischen Gattung der Apologie zugeordent werden. „An erster Stelle muss man darlegen, dass die Götzen, die der Mensch sich fertigt, keine Götter sind … und dass auch die Elemente nicht verehrt werden dürfen, die nach der Bestimmung und Vorgabe Gottes dem Menschen dienen“11. Begründet wird dies mit dem Argument, dass das nicht als Gott verehrt werden darf, sondern sich als Götze erweist, was von Menschenhand gefertigt worden ist. Da die Götzen aber das Werk von Menschen sind, die sie geschaffen haben, und darüber hinaus auf den Schutz derselben angewiesen sind, ohne den sie aus ihren Tempeln leicht entführt und gestohlen werden konnen, verbietet es sich, diese anzubeten, die doch selbst geschaffen und behütet werden müssen12. Gleiches gilt für die Elemente: auch sie dürfen nicht angebetet werden. Begründet wird dies lediglich mit dem Verweis auf die Bestimmung und Vorgabe Gottes (dispositio et praeceptum Dei), derzufolge die Elemente dazu bestimmt sind, dem Menschen zu dienen. Das Thema des zweiten Blockes, bestehend aus den Tituli zwei bis fünf, ist der christliche Monotheismus bzw. die daraus sich ergebende Forderung, dass (dem christlichen) Gott allein Verehrung gebührt. „Wenn die Götzen gestürzt sind und die Beschaffenheit der Elemente dargelegt ist, dann muss man aufzeigen, dass Gott allein verehrt werden darf“13. Ist dies einmal erkannt, so gilt es aufzuzeigen, „was Gott denen androht, die Götzen opfern“14, „dass Gott Götzendienern gegenüber nicht leicht Verzeihung gewährt“15 und „dass er befohlen hat, dass auch die zu töten seien, die empfohlen haben, den Götzen zu opfern und zu dienen“16. Deutlich ist Cyprian hier bemüht, eine „Drohkulisse“ aufzubauen, um den Christen möglichst drastisch vor Augen zu führen, was Idolatrie bedeutet und welche Konsequenzen sie hat, denn mag dem Christen in Zeiten der Verfolgung von Seiten des Staates auch Schlimmes wie Verbannung, Zwangsarbeit, Kerkerhaft und sogar die Hinrichtung drohen, noch viel Schlim10 11
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Vgl. Pellegrino, Studi, 135f. Primo in loco dicendum est idola deos non esse quae homo sibi faciat,... sed nec elementa colenda esse, quae homini secundum dispositionem et praeceptum dei seruiunt [Fort. 5 (1)]. ... neque enim quae fiunt factore suo et fabricatore maiora sunt, aut protegere et seruare quemquam possunt quae ipsa de templis suis pereunt, nisi ab homine seruentur (ebd.). Destructis idolis et elementorum ratione monstrata ostendendum deum solum colendum esse [Fort. 5 (2)]. Tunc addendum quae comminatio dei sit aduersus eos qui idolis sacrificant [Fort. 5 (3)]. Praeterea docendum non facile ignoscere deum idolatris [Fort. 5 (4)]. Et quod sic idolatriae indignetur deus, ut praeceperit etiam eos interfici qui sacrificare et seruire idolis suaserint [Fort. 5 (5)].
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meres und bei weitem mehr zu Fürchtendes droht dem, der sich der Idolatrie schuldig macht, über die Gott empört ist (indignetur Deus). Im dritten thematischen Block, d.h. im sechsten Titulus, steht Christus im Mittelpunkt. Mittels einer „paradoxen Dialektik“ untermauert Cyprian hier seine zentrale Forderung, der Christ dürfe nichts über seinen Herrn stellen (nihil Christo praeponere debeamus). Begründet wird dies, indem Cyprian all das Negative und Schmerzliche, das Christus in seiner Menschwerdung für die Gläubigen auf sich genommen hat, wie die Armut, die Knechtschaft und den Tod17, kontrastierend all dem Guten und Erfreulichen gegenüberstellt, das die Christen in ihrem Leiden (in passionibus nostris) erwartet, nämlich den Reichtum und die Freuden des Paradieses, die ewige Herrschaft und das Königtum und die Unsterblichkeit18. Wenn Christus, so die Logik, soviel für uns getan und gelitten hat, dann ist es undankbar und unverzeihlich, wenn der Gläubige nicht bereit sein will für Christus zu leiden, zumal ihm dafür solch reicher Lohn versprochen ist. Block vier, bestehend aus den Tituli sieben und acht fordert – auch bzw. gerade angesichts einer Verfolgung (in angustiis et praessuris) – das Ausharren im Glauben. „Man muss vielmehr im Glauben, in der Tugend und in der Vollendung der himmlichen und geistlichen Gnade bestehen und verharren, um zur Palme und Krone [des Martyiums] gelangen zu können“19. Um die Christen, die (durch die Taufe) dem Rachen des Teufels entrissen (erepti de faucibus diaboli) und von den Fallstricken der Welt befreit sind (de laqueis saeculi liberati) zum Durchhalten zu ermuntern, müssen sie eindringlich davor gewarnt werden, nicht erneut in die Welt zurückkehren zu wollen (regredi denuo ad saeculum) und dadurch alles wieder zu verlieren, was sie bereits gewonnen hatten (et perdant quod euaserint). Themenblock fünf, der die Punkte neun bis elf umfasst, beschäftigt sich explizit mit dem Thema Verfolgung. Zuerst gilt es dabei die Frage zu beantworten, warum diese überhaupt entstehe und welchen Zweck sie habe. Cyprian erwidert darauf, in Anlehnung an seinen „Meister“ Tertullian20, dass Verfolgungen den
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... et ille propter nos mala bonis praetulerit, paupertatem diuitiis, seruitutem dominationi, mortem inmortalitati [Fort. 5 (6)]. ... paupertati saeculari paradisi diuitias et delicias praeferamus, dominatum et regnum aeternum temporariae seruituti, inmortalitatem morti, deum et christum diabolo et antichristo [Fort. 5 (6)]. Insistendum potius esse et perseuerandum in fide et uirtute et caelestis ac spiritalis gratiae consummatione, ut ad palmam et coronam possit perueniri [Fort 5 (8)]. De persecutione nunc quaeritur: ... ut ita dixerim, necessariam, ad probationem scilicet seruorum eius siue reprobationem (Tert., fuga 1,3; CChr.SL 2,1135).
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Zweck der Prüfung der Christen hätten21. Diese Aussage setzt implizit die Feststellung voraus, dass Verfolgungen grundsätzlich theologisch interpretiert werden müssen. Sie haben ihren Ursprung in Gott – sei es, dass sie durch ihn selbst gewirkt, oder nur von ihm geduldet werden – auch wenn auf den ersten Blick der Teufel / Antichrist und der heidnische Staat als dessen „Ausführungsorgan“ die Protagonisten einer jeden Verfolgung zu sein scheinen. Deshalb müssen die Christen auch vor den Ungerechtigkeiten und Strafen der Verfolgungen (iniurias et poenas persectionum) keine Angst haben, denn Gott, der ja letztlich hinter jeder Verfolgung steht, hat größere Macht, die Christen zu beschützen, als der Teufel Macht hat, sie zu bekriegen22. Auch gibt es für die Christen keinen Grund, angesichts von Drangsalen und Verfolgungen (ad pressuras et persecutiones) zu erschrecken und in Verwirrung zu geraten (ne expauescat quis et conturbetur), da ihnen bereits vorhergesagt ist, dass die Welt sie hassen und verfolgen wird23. Indem aber diese Prophezeiungen eintreffen und sich als wahr erweisen, gewinnt der Christ die Gewissheit, dass auch die göttlichen Verheißungen, die ihm nach dem Tod reiche Belohnungen versprechen, sich erfüllen werden24. Im sechsten und letzten Themenblock, der die Tituli zwölf und dreizehn umfasst, wird den Gerechten und den Märtyrern (iustos et martyras) die Hoffnung (spes) und der Lohn (merces) ins Gedächtnis gerufen, den sie als Vergeltung (remuneratio) für ihren Kampf und ihr Leiden empfangen werden, wobei betont wird, dass dieser Lohn größer sein wird, als das, was sie zu erleiden haben25.
Die Bedeutung von „Ad Fortunatum“ innerhalb des cyprianischen Œuvres Mit seiner Testimoniensammlung Fort., einer exhortatio bzw. praeparatio ad martyrium, hatte Cyprian kurz vor seinem eigenen Martyrium eine Schrift verfasst, die die Christen auf die bevorstehende valerianische Verfolgung vorbereiten und sie zum Bekenntnis ihres Glaubens trotz drohender Repressalien und 21 22 23 24 25
Ad hoc enim praessuras et persecutiones fieri ut probemur [Fort. 5 (9)]. ... quia maior est dominus ad protegendum quam diabolus ad inpugnandum [Fort. 5 (10)]. ... probandum ante praedictum esse quod nos mundus odio habiturus esset et quod persecutiones aduersum nos excitaret [Fort. 5 (11)]. ... ex hoc ipso quod haec fiant manifesta sit fides diuinae pollicitationis in mercedibus et praemiis postmodum secuturis (ebd.). ... plus accepturi simus in passionis remuneratione quam quod hic sustinemus in ipsa passione [Fort. 5 (13)].
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Strafen ermuntern und bestärken sollte. Dass Cyprian, ähnlich wie seine christlichen Zeitgenossen, das Martyrium sehr hoch schätzte, ist von verschiedener Seite zu Recht betont worden26, denn es ist für ihn das Erfüllen des Willens Gottes27, Nachfolge Christi28, Ausdruck göttlicher Würdigung (divina dignatio)29 und Vollendung der Tugend (consummatio virtutis)30. Darüber hinaus verleiht es dem Betreffenden die Krone des Sieges (coronam uictoriae)31 und des ewigen Lebens (coronam uitae aeternae)32 und ist eine Taufe, die sofort mit Gott vereinigt (baptisma quod nos de mundo recedentes statim Deo copulat)33. Diese ganz wenigen Stellen sollen genügen, um anzudeuten, welch große Wertschätzung der Bischof von Karthago dem Martyrium entgegenbrachte, was angesichts von drei Verfolgungen – zwei tatsächlich eingetretenen und einer erwarteten34 – auch kaum verwundern kann35, ebenso wie der Umstand, dass das Martyrium in den Briefen und Traktaten Cyprians einen entsprechend breiten Raum einnimmt36, weshalb Deléani in Bezug auf Cyprian zu dem Ergebnis kommt: „… 26
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Vgl. Sage, Cyprian, 211. Deléani Nigoul, L’utilisation, 315 stellt diesbezüglich fest, „au IIIe siècle, la spiritualité de l’Occident est tout entière dominée par l’idée du martyre“. Auch Bähnk, Notwendigkeit, 292 kommt zu dem Ergebnis, dass Cyprian, obgleich er Tertullians „Radikalisierung in bezug auf die unbedingte Forderung nach dem Martyrium“ nicht teilt, dieses dennoch mit „größter Hochschätzung würdigt“ (ebd., 295). Zum Ganzen der cyprianischen Martyriumstheologie vgl. die eingehende Untersuchung von Hummel, The concept of martyrdom according to St. Cyprian of Carthage, Washington 1946 und die Arbeit von Hoppenbrouwers über die martyrologische Terminologie Cyprians (Recherches sur la terminologie du martyre de Tertullien à Lactance, Nimwegen 1961, 89-151). Nec quicquam nunc versetur in cordibus et mentibus uestris quam diuina praecepta et mandata caelestia, quibus nos ad tolerantiam passionis spiritus sanctus semper animauit (ep. 6,2,1). Vgl. pat. 9. Vgl. ep. 5,2,1; 11,1,3; mort. 17. Dazu und zum Aspekt der Begnadigung zum Martyrium vgl. Bähnk, Notwendigkeit, 163 mit weiteren Belegen (Anm. 268). Vgl. ep. 10,4,4. Ep. 10,1,2. Ep. 80,1,3. Fort. 4. Von der Verfolgung unter Gallus war lediglich die Kirche von Rom betroffen, nicht jedoch die von Nordafrika. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 2.6 dieser Arbeit. Zum Stellenwert, den die Verfolgungen im Werk Cyprians einnehmen, vgl. Deléani, Christum sequi, 75: „La vie et l’œuvre de l’évêque de Carthage ont été profondément marquées par les persécutions“. Vgl. Deléani-Nigoul, L’utilisation, 324: „On comprend dans ces conditions [trois persecutions], la place qu’occupe le martyre dans son œuvre ... et la haute estime en laquelle il tient tous ceux de ses fidèles qui ont confessé courageusement leur foi“. Bähnk, Not-
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les événements tragiques de son époque ont mis le martyre au centre de ses préoccupations“37. Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten haben dieses Thema aufgegriffen und sich damit beschäftigt38, weshalb dies hier nicht weiter untersucht zu werden braucht. Statt dessen soll in dieser Arbeit ein anderer Aspekt der cyprianischen Theologie bzw. Spritualität behandelt werden, der zwar eng mit dem Bereich der „Theologie des Martyriums“ verbunden ist, sich aber inhaltlich klar davon abgrenzt. Die Rede ist von der praeparatio ad martyrium. An zahlreichen Stellen in seinem Werk39, besonders gehäuft und eindringlich in den Briefen 5740, 58 und in Fort., verleiht der Bischof von Karthago seiner Überzeugung Ausdruck, dass die Christen für das Martyrium gerüstet und darauf vorbereitet werden müssten41. Dass es sich dabei keineswegs um ein bloßes Randgebiet innerhalb des cyprianischen Œuvres handelt, sondern um eines seiner zentralen Anliegen – neben der Frage nach dem Umgang mit den Lapsi, der Bekämpfung schismati-
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wendigkeit, 10 hat in diesem Zusammenhang festgestellt, dass „mehr als die Hälfte der von Cyprian verfaßten Briefe innerhalb des überlieferten Briefcorpus (36 von 66 Briefen) ... unmittelbar durch die Verfolgungen unter Decius und Valerian sowie durch innergemeindliche Folgeprobleme veranlaßt [sind] ... Darüber hinaus finden sich mit einer Ausnahme (‚Ad Donatum’) in jeder seiner weiteren Schriften mehr oder weniger umfangreiche Bezugnahmen auf die Verfolgungs- und Martyriumsthematik“. Deléani, Christum sequi, 84. Vgl. dazu Bähnk, Notwendigkeit, 10 (Anm. 4) . Intensiv beschäftigen sich mit der Thematik der praeparatio ad martyrium, neben ep. 57; 58 und Fort. noch ep. 6; 10; 37; 76 (vgl. Lomiento, Cypriano, 21; Anm. 115). Ep. 57 ist das Synodalschreiben des Konzils von 253 und damit im eigentlichen Sinne kein Brief Cyprians. Es scheint mir aber trotzdem gerechtfertigt, ihn als solchen behandeln zu dürfen, da er ganz offenkundig unter der Federführung Cyprians entstanden ist und stark von seiner Theologie und Spiritualität geprägt ist. Vgl. dazu Hinchliff, Cyprian, 81 und Fischer, Synoden, 203: „Die Formulierung des Synodalbriefes [ep. 57] stammt, wenigstens weitgehend, wieder von Cyprian oder ist von ihm inspiriert.“ Exemplarisch dafür ist ep. 57,1,2. Neben den Bischöfen, die zum Kampf gerüstet und bereit sein müssen (ad certamen armati et parati) gilt es auch das ganze Volk zu rüsten (plebem parare) und im Heerlager des Herrn zu versammeln (intra castra dominica colligere). Deshalb erachten es die Bischöfe der Maisynode von 253 für das Gebot der Stunde, allen Lapsi, die bisher unermüdlich Buße getan haben, den Frieden zu gewähren, um auch sie zum bevorstehenden Kampf zu rüsten und zu wappnen (pacem dandam esse et eos ad proelium quod inminet armari et instrui). Vgl. desweitern dazu: ep. 57,1,2.
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scher Bestrebungen und der Auseinandersetzung um die Gültigkeit der sog. Ketzertaufe42 – sollen drei Aspekte in diesem Zusammenhang verdeutlichen helfen. Erstens, die traumatische Erfahrung der decischen Verfolgungsmaßnahmen zu Beginn seines Episkopats, die drastisch offenbarte, dass nach vorangegangener langer Friedenszeit die Kirche einer solchen Herausforderung nicht gewachsen war, was sich in der erschreckend hohen Zahl der Lapsi manifestierte, die ohne zu zögern bereit waren, ihren Glauben zu verleugnen und sich des Vergehens der Idolatrie schuldig machten. Ermöglicht wurde dieser massenhafte Glaubensbfall in den Augen Cyprians dadurch, dass die Christen zur Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen „ungenügend gerüstete und zu wenig achtsame Rekruten und Neulinge“43 waren, die nur allzu leicht „in ihrem Schrecken über das neue und ungewohnte Ereignis den Kopf verloren“44 hatten. Gerade der scharfe Kontrast zwischen der großen Masse der Lapsi und der im Gegensatz dazu geringen Zahl derer, die bereit waren ihren Glauben öffentlich zu bekennen45, machte deutlich, dass hier enormer Handlungsbedarf herrschte, um aus allen ein einziges Heer zu formen, in dem die Soldaten Christi (milites Christi) zum Kampf gerüstet (armatos ad proelium) und unbesiegbar sind (uinci non posse), weil sie den Tod nicht fürchten (mori non timent). Da die Kirche damit rechnete, dass ihr ein noch schwererer und noch heftigerer Kampf in Kürze bevorstand (grauior nunc et ferocior pugna imminet)46, galt es diese dringliche Aufgabe mit Entschiedenheit und Nachdruck anzugehen, um erfolgreich den religionspolitischen Maßnahmen des Staates oder, wie Cyprian dies interpretiert, dem Wüten und Toben des Feindes (grassatur et saeuit inimicus) Widerstand leisten zu können. Zweitens erfuhr das Bemühen, die Christen auf die kommende Verfolgung besser vorzubereiten und dadurch die Zahl der Lapsi möglichst gering zu halten, durch die Ekklesiologie Cyprians47 eine besondere Verschärfung, denn der Bi42
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Zum Ketzertaufstreit zwischen Cyprian und Stephan I (von Rom), vgl. bes. Sebastian, J. J., Baptisma unum in sancta ecclesia. A theological appraisal of the baptismal controversy in the work and writing of Cyprian of Carthage, Ammersbek 1997. ... tirones et rudes quasi minus paratos et minus cautos (ep. 60,2,2). ... ut appareat nuper subitatos esse et nouae atque insuetae rei pauore trepidasse (ep. 60,2,5). Vgl. ep. 11,8. Ep. 58,1,2. Vgl. dazu auch ep. 57,1,2. Zur Ekklesiologie Cyprians vgl. Wickert, U., Sacramentum unitatis. Ein Beitrag zum Verständnis der Kirche bei Cyprian, Berlin 1971; Simonis, W., Ecclesia visibilis et invisibilis. Untersuchungen zur Ekklesiologie und Sakramentenlehre in der afrikanischen Kirche von Cyprian bis Augustinus, Frankfurt 1970; Hinchcliff, P., Cyprian of Carthage and the unity of the Christian church, London 1974; Adolph, A., Die Theologie der Einheit der Kirche bei Cyprian, Frankfurt a.M. 1993.
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schof von Karthago spricht allen außerhalb der Kirche Stehenden jegliche Möglichkeit ab, das ewige Heil zu erlangen48, indem er die Auffassung vertrat: „Jeder, der sich von der Kirche trennt …, schließt sich aus von den Verheißungen der Kirche, und wer die Kirche Christi verlässt, wird nicht zu den Belohnungen Christi gelangen, er ist ein Fremder, er ist ein Unheiliger, er ist ein Feind. Gott kann nicht mehr zum Vater haben, der die Kirche nicht zur Mutter hat“49. Auch wenn diese Sätze gezielt gegen Schismatiker gerichtet sind, so gelten sie dennoch uneingeschräkt auch für die Lapsi, die durch ihr Vergehen der Idolatrie ihrer Taufgnade verlustig gegangen50 und somit als (geistlich) Tote anzusehen sind51. Sie, die Christus verleugnet haben, haben dadurch ihr ewiges Heil und ihre ewige Heimat verloren52. Da die conditio sine qua non für die Erlangung des Heils die Zugehörigkeit zu der einen, wahren, katholischen Kirche darstellt, ist es nur konsequent, wenn Cyprian betont, dass Menschen, die diese Zugehörigkeit zur Kirche verloren haben – sei es, weil sie sich als Schismatiker von ihr getrennt, oder weil sie als Lapsi ihre Taufgnade eingebüßt haben – nicht einmal das im Namen Christi erlittene Martyrium zum ewigen Heil gereichen könne53, 48 49
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Zur Vorstellung salus extra ecclesiam non est (ep. 73,21,2) vgl. Campenhausen, Amt, 292-322; Hoffmann, Kirche, 371f; Fischer, Synoden, 210f. Quisque ab ecclesia segregatus adulterae iungitur, a promissis ecclesiae separatur, nec perueniet ad christi praemia qui relinquit ecclesiam christi: alienus est, profanus est, hostis est. Habere iam non potest deum patrem qui ecclesiam non habet matrem (unit. 6). Vgl. ep. 59,13,4. Quis non mortuus uiuificari properet? (ep. 15,2,1). Es macht für Cyprian dabei keinen Unterschied, ob jemand freiwillig opferte oder gezwungenermaßen, wie dies der Fall war bei Kleinkindern, die von ihren Eltern mit an die Altäre geschleppt bzw. auf dem Arm getragen wurden. Auch sie müssen den (geistlichen) Tod (von ihren Eltern) erleiden (vgl. laps. 8f). Christus non relinquatur, salutis ac sedis aeternae iactura timeatur (laps. 10). In ep. 57,4,1 wendet sich Cyprian explizit gegen solche, die meinen, wer das Martyrium erlitten habe, könne das Heil erlangen, da er mit seinem eigenen Blut getauft werde (sanguine suo baptizatur), auch dann, wenn ihm der Bischof zuvor nicht den Frieden gewährt hat. Die übrigen Stellen, an denen Cyprian betont, dass all diejenigen, die nicht in Gemeinschaft mit der (wahren) Kirche stehen, selbst dann nicht die Krone des Martyriums erlangen können, wenn sie wegen ihres öffentlichen Bekenntnisses getötet werden, wie z.B. ep. 60,4; 73,21,2; unit. 14 (Tales [qui extra Christi ecclesiam colliguntur] etiam si occisi in confessione nominis fuerint, macula ista nec sanguine abluitur: inexpiabilis et grauis culpa discordiae nec passione purgatur. Esse martyr non potest qui in ecclesia non est), sind zwar aus dem Kontext der Auseinandersetzung mit Schismatikern bzw. dem des sog. Ketzertaufstreits entnommen, gelten aber dennoch uneingeschränkt auch für die Lapsi, denn auch sie stehen nicht innerhalb der Kirche und können deshalb keine Märtyrer werden (vgl. Fischer, Synoden, 210: „Außerhalb der einen Kir-
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da es ein solches außerhalb der Kirche nicht gebe54. Die Masse der Lapsi war damit von den göttlichen Verheißungen des ewigen Lebens ausgeschlossen und dem überlassen, der „Leib und Seele verderben kann in der Hölle“55. Dies war, drittens, für einen duch und durch pastoral ausgericheten Bischof, wie Cyprian es war56, nicht hinnehmbar, sondern forderte sein ganzes pastorales
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che – und der nicht rekonziliierte lapsus steht außerhalb ihrer Glaubensgemeinschaft – kann die Krone des Martyriums nicht erlangt werden“). Bähnk, Notwendigkeit, 285 stellt folgerichtig in diesem Zusammenhang heraus: „Sie [die Kirche] allein ist Vermittlerin des Heils, das in keiner Weise an ihr vorbei erlangt werden kann; das gilt auch für das Martyrium, das entsprechend nur innerhalb der Kirche zum Heil führt“. Dass dieses steng ekklesiologisch ausgerichtete Konzept, das das zum Heil führende Martyrium nur innerhalb der Kirche denken konnte, bei Cyprian selbst Produkt einer historischen Entwicklung ist, die ihren Grund in der Auseinandersetzung des Bischofs mit den Schismen in Karthago und Rom im Anschluss an das decische Verfolgungsedikt hat, darauf deutet die Art und Weise, mit der Cyprian in ep. 19 mit dieser Thematik umgeht. In diesem Brief, der zwischen Anfang und Mitte 250 geschrieben ist (vgl. Clarke, Chronology, 707; Duquenne, Chronologie, 159) legt Cyprian allen Lapsi, die ohne Friedensbriefe ungeduldig wieder in die Kirche zurückdrängen ans Herz, entweder zuerst den Frieden für die Kirche abzuwarten, oder aber sich in der noch immer wütenden Verfolgung die Krone des Martyriums zu verdienen (Acies adhuc geritur et agon cotidie celebratur. Si commissi uere et firmiter paenitent et fidei calor praeualet, qui differri non potest potest coronari; ep. 19,2,3). Zum Zeitpunkt von ep. 19 hatte der Bischof von Karthago also offenbar noch keine Bedenken, den Lapsi, die sich außerhalb der kirchlichen Gemeinschaft befinden, die Möglichkeit zuzusprechen, die Krone des Martyriums, die, wie aus dem Kontext eindeutig hervorgeht, das ewige Heil sichert, zu erwerben, auch wenn den Betreffenden nicht zuvor durch Handauflegung der kirchliche Frieden zugesprochen worden ist (vgl. Hummel, concept, 114-119). Je mehr jedoch die Ekklesiologie Cyprians an Konturen und Schärfe gewann, desto weniger Raum gab es für die Vorstellung, dass das Heil auch außerhalb der Kirche erreicht werden könne (vgl. Simonis, Ecclesia, 14-16). Neben dieser theologischen Entwicklung dürfte für Cyprians „Sinneswandel“ in dieser Frage auch das handfeste Interesse ausschlaggebend gewesen sein, die Kontrolle bzgl. der Bußfrage der Lapsi nicht aus der Hand zu geben. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 9.2.1.2. ... quia salus extra ecclesiam non est (ep. 73,21,2). Magis autem metuite eum qui potest et animam et corpus occidere in gehennam (ep. 6,2,1). Die praktisch-pastorale Ausrichtung der Schriften Cyprians ist von der Forschung immer wieder betont worden. So charakterisiert Campenhausen, Kirchenväter, 47 den Stil Cyprians als „die Sprache des erfahrenen Gemeindepredigers“, dessen rhetorisches Pathos „sich im praktischen Gebrauch des kirchlichen Alltags gefestigt [hat]“. Heine, Cyprian, 156 stellt fest: „There is no speculativ theology in Cyprian’s works. His theology is intensely practical“. Vgl. dazu Monceaux, Saint Cyprien, 2; Bardenhewer, Geschichte, 451; Hoffmann, Cyprian von Karthago, 172; Schuler, Cyprian, 191. Das pastorale Anliegen des Bischofs von Karthago heben hervor: Clarke, letters 1, 19 („we are stu-
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Engagement als Seelsorger heraus, denn Aufgabe des Bischofs und des gesamten Klerus ist es seiner Meinung nach, als Hirten (pastores) und Vorgesetzte (praepositi) für die ihnen anvertrauten Schafe Sorge zu tragen, indem sie ihre Hirtenpflicht wahrnehmen57, die von ihnen in Friedenszeiten verlangt, ihre Schafe zu pflegen (oves curare in pace) und in Zeiten des Kampfes, sie zu wappnen (in acie armare). Besonders für die Bischöfe als Nachfolger der Apostel58 gilt der Auftrag des Herrn an Petrus, seine Schafe zu weiden59. Cyprian versteht es deshalb als seine Pflicht, sich um das Heil aller ihm Anvertrauten zu sorgen60 und sich dafür einzusetzen, dass niemand für die Kirche verloren geht61, d.h. dafür zu sorgen, dass die ganze Gemeinde unversehrt und ohne Verluste erhalten bleibt62. Aufgrund dieser pastoralen Ausrichtung63 kommen die Teilnehmer der Maisynode von 253 unter der Führung Cyprians zu dem Ergebnis, dass in Anbetracht der in Kürze zu erwartenden Verfolgung durch Kaiser Gallus allen Lapsi, sofern sie bis zu diesem Zeitpunkt reumütig Buße getan hatten64, nicht länger die Gemeinschaft mit der Kirche verweigert werden dürfe, da diese sonst nicht für den bevorstehenden Kampf adäquat gerüstet werden könnten65 und die Bischöfe sich deswegen vor Gott am Tage des Gerichts verantworten und sich den Vorwurf der Nachlässigkeit (neglegentia) oder der grausamen Härte (duritia crudelis) gefallen lassen müssten. So hoch schätzten die Bischöfe ihre pastorale Verantwortung ein, dass sie jetzt im Angesicht einer neuen Verfolgung zur Auf-
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dying not a theologian but a pastoralist“), Schuler, Cyprian, 197 (er spricht von einem „unermüdlichen, fast verzweifelten Bestreben des Seelsorgers Cyprian, ... Gefahr von seiner Gemeinde abzuwenden und ihren Glauben zu stärken“) mit weiteren diesbezüglichen Belegen auf S. 191 (Anm. 37), Studer, Soteriologie, 428; 454f und DeléaniNigoul, L’utilisation, 324, die das Werk Cyprians als „essentiellement pastorale“ beschreibt. Zum Bild des Hirten bei Cyprian vgl. Hoffmann, Strukturen, 163-165. Vgl. ep. 33,1,1; unit. 4. Vgl. Joh 21,15; ep. 8,1,2. ... saluti multorum prouidendum putasse (ep. 55,7,2). Quod ad nos adtinet, conscientiae nostrae conuenit, frater, dare operam ne quis culpa nostra de ecclesia pereat (ep. 59,8,1). ... cum mihi propositum semper et uotum sit uniuersam fraternitatem nostram incolumem continere et inlibatum gregem secundum quod caritas exigit reseruare (ep. 41,1,1). Vgl. Fischer, Synoden, 208; 212. Vgl. ep. 57,1,2. Primo idoneus esse non potest ad martyrium qui ab ecclesia non armatur ad proelium, et mens deficit quam non recepta eucharistia erigit et accendit (ep. 57,4,2). Zur Vorstellung Cyprians, dass das Martyrium nur innerhalb der Kirche erlitten werden könne, weil dazu die „Rüstung“ und „Wappnung“ durch biblische Unterweisung und vor allem die Darreichung der Eucharistie notwendig sei, vgl. Bähnk, Notwendigkeit, 282-288; Fischer, Synoden, 206-215.
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gabe ihrer zuvor auf Konzilsebene ausgesprochenen Forderung nach evangelischer Strenge (censura evangelica) und einer langen Bußzeit (diu paenitentia)66 für die Lapsi bereit waren, zugunsten einer „Generalamnestie für die Gefallenen, die alle Bedingungen erfüllt [hatten]“67. Ausschlaggebend für diese Entscheidung, die große Masse der Lapsi ohne vollständig abgeleistete Buße wieder in die Gemeinschaft der Kirche einzugliedern, war zweifelsohne die Überzeugung der Bischöfe, dass die Vorbereitung, Rüstung und Wappnung möglichst vieler Christen zum Kampf, d.h. aber letztlich zum Martyrium, oberste Priorität habe, vor allen Forderungen nach kirchlicher Zucht und Strenge68. Als Resulat dieses pastoralen Ringens und Mühens Cyprians um die praeparatio ad martyrium seiner ihm anbefohlenen Herde kann die oben angesprochene Schrift Fort. verstanden werden, die aller Wahrscheinlichkeit nach zu Beginn der valerianischen Verfolgung entstanden ist und somit das letzte Werke des cyprianeischen Œuvres darstellt69. Fort. kann demnach als ein Kompendium bzw. eine Summe zur Vorbereitung auf das Martyrium gelesen werden, in der Cyprian kurz vor Lebensende die Gedanken und Themen zusammenträgt, die ihm aufgrund seiner fast zehnjährigen Erfahrung und Praxis geeignet erschienen, das intendierte Ziel, die Schaffung von Märtyrern70, errreichen zu können. Die bisherigen Ausführungen dürften zu Genüge verdeutlicht haben, dass der Bischof von Karthago sich mit dem Thema der praeparatio ad martyrium nicht erst in Fort., d.h. im Jahr 257, beschäftigt hat, sondern dieses Anliegen spätestens seit den Erfahrungen im Gefolge des decischen Opferediktes fester Bestandteil seines bischöflich-pastoralen Wirkens darstellte. Wenn nun Cyprian kurz vor seinem Lebensende in einer eigens dieser Themtik gewidmeten Schrift all das zusammenträgt, was es seiner Meinung nach festzuhalten und darzulegen gilt, um die Christen „in der Festigkeit der Tugend und des Glaubens zu wappnen für das offene Bekenntnis zu dem Herrn und für den Kampf in Verfolgung
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Vgl. ep. 55,6,1. Fischer, Synoden, 208; zu den angesprochenen Bedingungen, die die Lapsi zu erfüllen hatten, um rekonziliiert zu werden, vgl. ep. 57,1,2.3,1. Vgl. ep. 30,3,3. Man darf dabei freilich nicht vergessen, dass das Rekonziliationsangebot, das auf der Maisynode 253 ausgesprochen wurde, unter der Erwartung einer unmittelbar bevorstehenden Verfolgung zustande kam, so dass dadurch den Lapsi wohl weitaus mehr Entschlossenheit und Glaubensstärke abverlangt wurde, als durch die bisherige Kirchenbuße. Vgl. etwa Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 544; Clarke, Chronology, 709; Monceaux, Histoire, 258. Nicht berücksichtigt dabei sind freilich die Briefe (ep. 80 und 81), die nach Fort. entstanden sind. Vgl. Fort. 4.
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und Leiden“71, dann ist dies nicht die spontane, erst im Jahre 257 nur auf Anregung eines Mitbischofs entstandene Frucht seiner Bibelkenntnis, sondern die komprimierte Summe dessen, was Cyprian während seines Episkopats zu diesem Thema an Erfahrung gesammelt, gelehrt und verkündet hatte72. Die Gedanken von Fort. durchziehen deshalb das gesamte Schrifttum Cyprians. Diese These soll nun in den folgenden Kapiteln verifiziert werden.
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In exhortandis itaque ac parandis fratribus nostris et uirtutis ac fidei firmitate ad praeconium dominicae confessionis adque ad proelium persecutionis et passionis armandis (Fort. 5). Völlig zu Recht hat Saxer, Bible, 352 Cyprians Fort. als „le testament spirituel du martyr designatus“ bezeichnet, denn Fort. ist der Traktat „ce que Cyprien a écrit de plus achevé sur le martyre“ (ebd., 351). Da Saxer nicht unterscheidet zwischen den Texten, die zur Vorbereitung auf das Martyrium dienen sollen (vor allem ep. 58 und Fort.) und den Texten, in denen Cyprian so etwas wie eine Theologie des Martyriums liefert, sondern allgemein von einem „dossier sur le martyre“ bzw. von „textes martyriaux“ (ep. 6; 10; 12; 30; 31; laps.) bei Cyprian spricht, kommt er zu dem Ergebnis, dass Fort. als die dritte und letzte Etappe gelesen werden müsse, in der sich der Bischof von Karthago während seines Episkopats intensiv mit dem Thema Martyrium beschäftigt hat. „Il en résulte qu’il y a trois états du dossier que Cyprien élabora sur le martyre, le premier en Qui., III, 16, le second en ep. 58, le troisième en Fort. De plus Cyprien a effleuré le sujet en de nombreuses autres occasions“ (ebd.). Nicht berücksichtigt bleibt dabei, dass Fort speziell zur Vorbereitung auf das Martyrium geschrieben wurde und sich auch dieser Themenkomplex, neben dem des Martyriums allgemein, durch das ganze Schrifttums Cyprians zieht.
Die apologetische Auseinandersetzung Cyprians mit der paganen religio [Fort. 5 (1)]
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Die apologetische Auseinandersetzung Cyprians mit der paganen religio [Fort. 5 (1)] Gründe für die Auseinandersetzung in „Ad Fortunatum“ Die erste der 13 Thesen bzw. Tituli, die Cyprian in Fort. zusammengetragen hat, um mit deren Hilfe seine Mitbrüder zum Martyrium zu ermuntern und sie darauf vorzubereiten, ist dem Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götter gewidmet. Diese, so gilt es seiner Meinung nach aufzuzeigen, sind keine Götter, sondern von Menschenhand geschaffene Götzen, die unfähig sind, den Menschen zu beschützen und sich als unwürdig erweisen, verehrt zu werden. Primo in loco dicendum est idola deos non esse quae homo sibi faciat, neque enim quae fiunt factore suo et fabricatore maiora sunt, aut protegere et seruare quemquam possunt quae ipsa de templis suis pereunt, nisi ab homine seruentur, sed nec elementa colenda esse, quae homini secundum dispositionem et praeceptum dei seruiunt [Fort. 5(1)]1.
Bemerkenswert an diesen Zeilen, die die Nichtigkeit der heidnischen Götzen beweisen wollen, ist m.E. auf den ersten Blick nicht so sehr deren Inhalt – es handelt sich hierbei im großen und ganzen zweifelsohne um Allgemeinplätze christlicher Apologetik2 –, sondern der Umstand, dass sie hier, zu Beginn einer exhortatio ad martyrium, überhaupt Erwähnung finden, denn die exhortatio ist eine durch und durch esoterische Schrift, die einzig und allein für den inneren Zirkel christlicher Leser bestimmt ist und keine Entfaltung nach „außen“ zu den Heiden erstrebt3, während dagegen der Erweis der Nichtexistenz heidnischer Götter primär dem Bereich der exoterischen Schriften zuzuordnen ist4, die zumindest auch nach außen wirken wollen. Man kann Autoren wie Price deshalb zustimmen wenn sie betonen, dass auch innerhalb der Gattung „Apologie“ mitunter zwischen „esoterischen“ und 1
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„An erster Stelle muss man darlegen, dass die Götzenbilder, die der Mensch sich schafft, keine Götter sind, denn weder ist das, was gemacht wird, größer als sein Erschaffer und Schöpfer, noch können sie jemanden beschützen und retten, die selbst aus ihren Tempeln verloren gehen, wenn sie nicht vom Menschen behütet werden, aber auch die Elemente dürfen nicht verehrt werden, die nach der Bestimmung und Vorgabe Gottes dem Menschen dienen“. Vgl. dazu Ps 135,15-17; Weish 15,15-17; Ex 20,4; Weish 13,1-4. Vgl. Fiedrowicz, Apologie, 233-238. Vgl. Price, apologetics, 106. Vgl. etwa Cyprians Dem., die Schriften nat. und apol. von Tertullian oder Minucius Felix, Oct.
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„exoterischen“ Schriften unterschieden werden müsse5, da manche von ihnen eindeutig nur für christliche Leser bestimmt waren, während andere sich zumindest formal an Heiden richteten und diese auch direkt ansprachen. Apologie bedeutet eben nicht automatisch, dass Heiden die Adressaten der Schriften sein mussten. Verständlich ist damit gemacht, warum in einer Abhandlung wie Fort., die sich ausschließlich an Christen wendet, auch Platz für apologetische Ausführungen ist. Es bleibt aber die Frage speziell nach dem Motiv des Erweises der Nichtigkeit der Götzen in Fort. offen. Warum hielt Cyprian es für notwendig, seine exhortatio ad martyrium damit einzuleiten, d.h. quasi mit dem „Einmaleins“ eines jeden Christen, denn war diese Gewissheit nicht die conditio sine qua non einer jeden Bekehrung und Taufe6? Musste nicht ein jeder Interessent von der Exklusivität des christlichen Monotheismus überzeugt sein, bevor er sich seiner neuen Glaubensgemeinschaft anschloss? Und dieser Grundpfeiler christlichen Glaubens musste nun Menschen, die immerhin auf nichts weniger als auf das Martyrium vorbereitet werden sollten, erneut dargelegt und bewiesen werden? Die Entscheidung Cyprians, seine exhortatio ad martyrium mit dem Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götter zu beginnen, ist deshalb m.E. erklärungsbedürftig. Die Frage drängt sich damit auf, warum und aus welchen Motiven heraus er sich dazu entschied und welche Schlüsse daraus auf den geistig-geistlichen Zustand der karthagischen Gemeinde, zumindest so wie Cyprian ihn einschätzte, gezogen werden können. Fragt man nun nach Zweck und Funktion des Erweises, dass die heidnischen Götter nicht existieren, sondern lediglich Götzen sind, so wird im konkreten Fall von Cyprians Fort. schnell klar, dass es sich hierbei keinesfalls um ein exoterisches Anliegen, wie etwa im Apologeticum Tertullians, handeln kann. Fort. ist ausschließlich für den strikt innerkirchlichen Gebrauch konzipiert. Auch der 5
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Als Beispiele für lateinisch-christliche Apologien, die esoterisch konzipiert sind, nennt Price, apologetics, 106f: „Tertullian’s On Shows and On Idolatry, Cyprian’s To Donatus ... Novatian’s On Shows; and Commodianus’ Instructions“, während dagegen die fünf Traktate „of Tertullian, To the Gentiles, Apology, On the Evidence of the Soul, On the Philosopher’s Cloak, and To Scapula; Minucius Felix’ Octavius; and Cyprian’s to Demetrianus“ von ihm zu den exoterischen Schriften gezählt werden. Nach Saxer, Vie, 122 hatte zur Zeit Cyprians die Absage an den Teufel als Teil der Taufliturgie höchstwahrscheinlich die folgende Gestalt: „Renuntio diabolo et pompis eius et saeculo“, wobei er den Begriff „pompis“ gezielt gegen die Idolatrie gerichtet sieht, denn: „Il sert à désigner, non pas le cortège que font au diable les anges déchus, mais l’idolâtrie et tout ce qui sert alors à le véhiculer“ (ebd., 123). Vermander, polémique, 83 erinnert daran, diesen Aspekt des Katechumenats nicht zu vergessen: „on oublie trop souvent que les catéchumènes de l’époque anténicéenne recevaient une certaine instruction antipolythéiste“ und v. Harnack, Mission, 403 nennt die stärksten Motive der Taufvorbereitung „den ‚Götzendienst’ in all seinen Gestalten ab[zu]wehren“.
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Gedanke, dass hier die Christen mit „geistigem Rüstzeug“ versehen werden sollten, das sie für Auseinandersetzungen mit Heiden „auf offener Straße“, oder im Falle von Fort. wahrscheinlicher für die Situation der Anklage vor Gericht, hätten gebrauchen können, kann nicht wirklich überzeugen, denn Aufgabe einer Schrift zur Vorbereitung auf das Martyrium war es nicht, die Christen für die geistige Auseinandersetzung mit den Heiden zu rüsten und ihnen zu diesem Zweck Argumente an die Hand zu geben7. Ebenso wenig dürfte Cyprian mit dem Entschluss, seine exhortatio mit einem apologetischen Thema beginnen zu lassen, darauf abgezielt haben, die Christen auf Gerichtsprozesse, die ihnen möglicherweise bevorstanden, besser vorzubereiten8. Wenn der Bischof von Karthago trotzdem meinte, nicht darauf verzichten zu können, obwohl der Erweis der Nichtigkeit der Götzen nicht eigentliches, unmittelbares Thema einer Aufmunterung zum Martyrium ist, dann kann dies m.E. nur den Grund haben, dass er davon überzeugt war, dass die Christen dessen vielmehr zur Versicherung und Stärkung ihres eigenen, persönlichen Glaubensfundamentes bedurften9. Es wäre nun irrig anzunehmen, dass diese Intention von Fort. 5 (1), eine Selbstverständlichkeit ist, da jeder Traktat „Über den Götzendienst“ – sofern esoterisch konzipiert – dazu diene, den Glauben der Christen an das Credo des Monotheismus zu stärken und deshalb keine Rückschlüsse auf die konkrete 7
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Da in den ersten Jahrhunderten nicht wenige Christen aus niederen sozialen Schichten stammten, war die christliche Religion in den Augen der römischen Bildungselite eine Religion der Ungebildeten und Abergläubischen (vgl. Min. Fel., Oct. 8,4; Kytzler 67f), die nicht in der Lage waren vernünftig über ihren Glauben Rechenschaft abzulegen. Dagegen versuchten zahlreiche Apologien Abhilfe zu schaffen, die – wenn auch an Heiden adressiert – nichts desto weniger dazu dienten, den Christen Argumentationsmaterial für die Auseinandersetzung mit ihrer heidnischen Umwelt zu liefern (vgl. dazu Price, apologetics, 105f). Gegen eine solche Annahme spricht der Umstand, dass es nicht Aufgabe und Intention einer Schrift mit dem Ziel der exhortatio ad martyrium sein kann, neben der Aufmunterung zum Martyrium zugleich dafür zu sorgen, wie dieses durch geschickte Argumentation vor Gericht vermieden werden kann. Eine solche Überlegung scheitert dessen ungeachtet an dem Umstand, dass die Christen, zumal in Zeiten der Verfolgung, nur vor die Alternative Bekenntnis oder Verleugnung des Glaubens gestellt waren, ohne die Möglichkeit sich zu verteidigen [vgl. dazu die Verhöre Cyprians vor den Prokonsuln Aspasius Paternus und Galerius Maximus in den Acta Proconsularia (CSEL 3,3,CXCXIV)]. Tertullian berichtet damit übereinstimmend im ersten Kap. seines Apologeticums, dass angeklagten Christen sowohl ein öffentliches Verfahren als auch die Möglichkeit zur Verteidigung verwehrt wurde. Vgl. dazu Price, apologetics, 106: „All the treatises just mentioned [Tertullian’s On Shows and On Idolatry, Cyprian’s To Donatus, To Fortunatus] set out to persuade those who already call themselves Christians to adopt the proper position“.
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(Glaubens)situation der Gemeinde von Karthago – zumindest so wie sie von ihrem Bischof eingeschätzt und beurteilt wurde – zuließe. Ein Vergleich mit Tertullians Schrift „De idololatria“ (idol.)10 kann helfen, den Aussagen Cyprians in Fort. 5 (1) schärfere Konturen zu verleihen. Die Gemeinsamkeiten beider Traktate liegen auf der Hand: sie sind in Karthago entstanden, ihre Textbeispiele thematisieren den Götzendienst und der Adressatenkreis ist jeweils strikt esoterisch begrenzt. Eine Wirkung nach außen, d.h. auf die Heiden, wird nicht angestrebt. Dennoch sind die Unterschiede beider Texte augenfällig. Im Mittelpunkt der Ausführungen Cyprians steht der Erweis der Nichtigkeit der Götzen. Weil diese keine Götter, sondern nur von Menschenhand gefertigte Idole sind, dürfen sie nicht verehrt werden. Da (kultische) Verehrung allein göttlichen Wesen gebührt, ist es Cyprians Anliegen darzutun, dass die heidnischen Götter eben keine Götter, sondern nur Götzen sind. Dies aufzuzeigen bzw. zu beweisen ist sein Hauptanliegen in Fort. 5 (1). Anders dagegen verhält es sich mit Tertullians Schrift idol., in der das Bemühen, jegliche Form von Idolatrie zu vermeiden, im Mittelpunkt steht11. Idol. ist eine stark praktisch ausgerichtete Schrift, die all die Fälle zu regeln versucht, in denen Christen mit der Hauptsünde der Menschheit (principale crimen generis humani)12, wie Tertullian die Idolatrie nennt, in Kontakt geraten könnten, angefangen von den Künstlern, die Götzenbilder herstellen und denen Tertullian die weitere Ausübung ihrer Profession verbietet, da diese ihren Lebensunterhalt ebenso gut auf unverfängliche Weise verdienen könnten13, über eine Auseinandersetzung darüber, wie Idolatrie und Astrologie samt Magie in Verbindung stehen und deshalb ebenso abzulehnen sind14, bis hin zur Diskussion des Verhältnisses von Götzendienst zu Schule und Unterricht15, zu Handel16, zum Verhalten an Festtagen17, zur Erlaubtheit des Befestigens von Lampen und Lichtern an den Türen nach römischem Brauch18, zum Verhalten von christlichen Sklaven und Freigelassenen, die heidnischen Herren gehören bzw. Ämter und Positionen in Staat und Gesellschaft innehaben19, zur Erlaubtheit des Militärdienstes20 und zur 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
Zur Datierung der Schrift auf 196 vgl. Schulz-Flügel, Tertullian, 668. Inter hos scopulos et sinus, inter haec uada et freta idololatriae uelificata spritu dei fides nauigat (Tert., idol. 24,1; CChr.SL 2,1124). Ebd., 1,1 (CChr.SL 2,1101). Vgl. ebd., 7 (CChr.SL 2,1106). Ebd., 9 (CChr.SL 2,1107f). Ebd., 10 (CChr.SL 2,1109f). Ebd., 11 (CChr.SL 2,1110f). Ebd., 13 (CChr.SL 2,1112f). Ebd., 15 (CChr.SL 2,1115-1117). Ebd., 17 (CChr.SL 2,1117f).
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Vorsicht bei bestimmten Redewendungen, Segnungen und Eidesschwüren, bei denen sich der Christ der Idolatrie schuldig machen könnte21. Dabei zieht sich durch die ganze Schrift die selbstverständliche Gewissheit, dass Idolatrie Menschenverehrung (omnem idololatrian in hominis causam esse)22 bzw. Dienst an Dämonen ist (quae ad daemonas pertinent)23 und deshalb um jeden Preis zu meiden ist. Dies extra beweisen oder darlegen zu müssen, hält Tertullian für gänzlich überflüssig. Die mahnende Einschärfung des christlichen Monotheismus, die Cyprian in Fort. präsentiert, um seine Mitchristen auf das Martyrium vorzubereiten, spielt für Tertullian – ca. 60 Jahre vor Fort. – keine Rolle in seiner Schrift über den Götzendienst, denn dieser Kampf ist für ihn, rein innerkirchlich betrachtet, offenkundig bereits längst zu Gunsten des christlichen Monotheismus entschieden und braucht für die Christen zur Zeit Tertullians nicht erneut ausgefochten zu werden24. Dies soll freilich nicht bedeuten, dass für die Christen zur Zeit Cyprians die Frage nach dem Polytheismus eine gänzlich offene und unentschiedene gewesen wäre. Natürlich hatten auch sie, die in der Taufe ihrem Glauben an den einen Gott Ausdruck verliehen und der Idolatrie abgeschworen hatten, sich gegen den Polytheismus entschieden und von ihm losgesagt. Insofern war auch für sie die geistige Auseinandersetzung zwischen dem heidnischen Glauben an die Vielgöt20 21 22 23 24
Ebd., 19 (CChr.SL 2,1120). Ebd., 20-23 (CChr.SL 2,1120-1124). Ebd., 15,1 (CChr.SL 2,1115). Ebd., 15,2 (CChr.SL 2,1115). Bezeichnend dafür ist die Selbstverständlichkeit mit der Tertullian in idol. 15 darauf hinweisen kann, dass die heidnischen Götter nur Götzen sind, da sie ursprünglich Menschen waren. Der gleiche Gedanke begegnet uns wenig später in seinem an den damaligen Statthalter gerichteten Apologeticum (um 197; vgl. Schulz-Flügel, Tertullian, 668) wieder und soll dort die Christen von dem Vorwurf befreien, sie machten sich der Religionsverletzung (sacrilegii) schuldig, da sie den römischen Göttern die ihnen gebührend Verehrung vorenthielten. Davon, so Tertullian, könne jedoch keine Rede sein, da diese Götter früher allesamt Menschen gewesen seien und somit keine Götter sein könnten, weshalb sie auch kein Recht auf Verehrung hätten (vgl. apol. 10). Deutlich tragen hier die Ausführungen den Charakter eines Beweises, den Tertullian mit allerhand Beispielen zu untermauern versucht. Ganz anders verhält es sich dagegen mit idol. 15. Hier, d.h. aber ca. ein Jahr vor apol. 10, begnügt er sich damit, seinen Lesern diesen Sachverhalt lediglich in Erinnerung zu rufen. Eines Beweises oder einer eingehenderen Erläuterung wie in apol. 10 bedarf es nicht. Das Wissen um die Nichtigkeit der heidnischen Götzen kann unter Christen als bekannt und verinnerlicht vorausgesetzt werden, wie auch von Schöllgen, Teilnahme, 5 betont wird: „Dabei [in ‚De idololatria’] geht es ihm [Tertullian] nicht um den Götzendienst im strengen Sinne, also um die kultische Verehrung der Götter, deren Ablehnung für jeden Christen eine Selbstverständlichkeit ist und von daher auch nicht zur Diskussion steht“.
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terei und dem christlichen Monotheismus prinzipiell entschieden und musste im nachhinein nicht erst eigens bewiesen werden. Die Frage ist demnach, warum sich Cyprian trotzdem dazu entschied, Fort. mit dem Erweis der Nichtigkeit der Götzen beginnen zu lassen. Die Antwort darauf kann m.E. nur sein, dass der Bischof von Karthago die Gefahr sah, dass bei einem nicht geringen Teil der Christen dieses Wissen zu einem rein theoretischen verkommen war, das nicht mehr die Kraft besaß, auf das Leben dieser Christen einzuwirken und es zu formen. Idolatrie schien für diese Christen mehr den Charakter eines Irrtums, denn den eines Vergehens zu haben. Cyprian war sich wohl des Umstandes bewusst, dass nur derjenige bereit sein würde, das Martyrium auf sich zu nehmen, in dem ein tiefer und lebendiger Glaube an den einen Gott lebte. Nicht so sehr ein „theoretisches Wissen um etwas“, sondern ein persönliches „überzeugt sein von etwas“ war hier gefordert, aber nach Einschätzung Cyprians nicht ausreichend vorhanden. Es mangelte am festen Glauben an den einen christlichen Gott, einem Glauben, der die Existenz und damit erst recht die kultische Verehrung anderer Götter kategorisch ausschloss, auch auf die Gefahr hin, dafür mit dem eigenen Leben bezahlen zu müssen. Grundlage eines solchen Glaubens war aber die unerschütterliche Gewissheit, dass es außer dem einen Gott keine anderen Götter gab. Dies nur zu wissen reichte nicht aus; es bedurfte hierbei fester Gewissheit, durch die die Christen in ihrem Glaubensbekenntnis gestärkt und gefestigt werden konnten, und dass sie dies notwendig hatten, davon war der Bischof von Karthago offenkundig fest überzeugt. Grund dieser festen Überzeugung, dass viele Christen nicht nur allgemein in ihrem Glauben gestärkt werden mussten um für das Martyrium bereit sein zu können, sondern auch speziell im Zusammenhang mit Idolatrie und Polytheismus eingehender Unterweisungen bedurften, war zweifelsohne das Verhalten einer Vielzahl von Christen25 während der decischen Verfolgungsmaßnahmen26. Ihnen wirft Cyprian in laps. 8 vor, nicht den geringsten Widerstand gegen das Opferedikt geleistet zu haben, ja nicht einmal den Schein erweckt haben zu wollen, sie brächten die geforderten Opfer gegen ihren Willen dar. So selbstverständlich und bereitwillig kamen sie offenkundig der staatlichen Verordnung nach, dass es Cyprians Urteil zufolge den Anschein erwecken konnte, sie täten 25
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Die Wendung Cyprians: Quot illic a magistratibus uespera urgente dilati sunt, quot ne eorum differetur interitus et rogauerunt (laps. 8) erlaubt den Schluss, dass es sich bei denen, die ohne Widerstand zu opfern bereit waren, nicht um eine unbedeutende Zahl gehandelt haben dürfte. Vgl. dazu auch laps. 7, wo Cyprian klagt, dass gleich zu Beginn der Verfolgung sich eine sehr große Anzahl von Christen (maximus fratrum numerus) nicht aufgrund der Heftigkeit der Verfolgung, sondern freiwillig zu Fall gebracht hat (nec prostratus est persecutionis inpetu, sed uoluntario lapsu se ipse prostrauit). Vgl. Monceaux, Histoire, 286.
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dies nicht nur gänzlich freiwillig, sondern hätten auf eine solche Gelegenheit nur gewartet und sie herbeigesehnt27. Auch wenn letzteres sicherlich stark zugespitzt und übertrieben dargestellt ist, da Cyprian damit den Vorwand der Lapsi entkräften will, ihr Handeln sei nicht freiwillig, sondern durch Zwang und drohende Gewaltmaßnahmen bedingt28 und könne deshalb entschuldigt werden, so kann dennoch kein Zweifel daran bestehen, dass der Kern seiner Kritik, nämlich dass zahlreiche Christen bereit waren, ihren Glauben zu verleugnen und den heidnischen Göttern zu opfern, noch bevor sie von den römischen Beamten ergriffen und namentlich zum Opfervollzug aufgefordert wurden29, reale Gegebenheiten widerspiegelt30. Den Ausführungen Cyprians lässt sich demnach entnehmen, dass eine nicht geringe Zahl von Christen unter dem öffentlichen Druck des Opferediktes nur allzu schnell, leichtfertig und widerstandslos bereit war, den heidnischen Göttern zu opfern und somit den eigenen Glauben zu verleugnen. Für den Bischof von Karthago stellte sich angesichts dessen die Frage nach den Gründen, die solches Verhalten der Christen ermöglicht hatten. Die von Cyprian in laps. 8 gestellte rhetorische Frage: „Konnte dort ein Diener Gottes stehen und sprechen und Christus verleugnen, der bereits dem Teufel und der Welt entsagt hatte?“31 ist dabei wegweisend, denn sie erlaubt nur eine Antwort: für einen (wirklichen) Diener Gottes, für einen (echten, überzeugten) Christen ist ein solches Verhalten unmöglich. Ihm, der mit seinem heidnischen Opfer zugleich sein christliches Heil, seine Hoffnung und seinen Glauben opfert und verbrennt32, hätte angesichts der Größe seines Vergehens der Schritt (zum Kapitol als Opferstätte) wanken müssen, es hätte ihm schwarz vor Augen werden 27
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Ante aciem multi uicti, sine congressione prostrati, nec hoc sibi reliquerunt ut sacrificare idolis uiderentur inuiti: ultro ad forum currere, ad mortem sponte properare, quasi hoc olim cuperent, quasi amplecterentur occasionem datam quam libenter optassent (laps. 8) Quam uim potest talis obtendere qua crimen suum purget (ebd.). Non expectauerunt saltim ut ascenderent adprehensi, ut interrogati negarent (ebd.). Vgl. dazu die Schilderung der Ereignisse in Alexandrien von Dionysius (Eus., h. e. 6,41,1-9; SC 41,145-147), die sich mit der von Cyprian im Wesentlichen deckt. Darüber hinaus wäre es kaum erklärbar, warum Cyprian (und mit ihm Dionysius) dies hätten frei erfinden sollen, zumal wenn man bedenkt, dass die Aussage Cyprians, der Bischof habe unter allen Christen besonders großen Anteil am Ruhm der Bekenner, denn der Ruhm der Kirche sei der Ruhm ihres Vorstehers (vgl. ep. 13,1), auch in ihrem Umkehrschluss gültig sein muss: das Versagen so vieler Christen in der Verfolgung ist (zumindest auch) das Versagen der Kirche und ihres Vorstehers, des Bischofs. Stare illic potuit dei seruus et loqui et renuntiare christo, qui iam diabolo renuntiauerat et saeculo? (laps. 8). ... inmolasti illic salutem tuam, spem tuam, fidem tuam funestis illic ignibus concremasti (ebd.).
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müssen, er hätte im Innersten zittern und seine Arme hätten versagen müssen. Seine Sinne hätten betäubt sein müssen, seine Zunge hätte stocken und seine Sprache verstummen müssen33. Kurz gesagt, alles in ihm hätte sich gegen eine solche Tat wehren müssen. Wenn diejenigen aber, die Cyprian hier im Blick hat, sich ganz anders verhalten hatten, nämlich so, als ob sie ihre Tat geradezu herbeigesehnt und erwünscht hätten, und sogar darum baten, angesichts der großen Masse nicht zurückgestellt zu werden, sondern die Opfer möglichst rasch, noch vor Einbruch der Dunkelheit, vollziehen zu dürfen, dann kann es sich bei diesen nicht um (überzeugte) Christen und „Diener Gottes“ handeln34. Um „Christ“ (im Vollsinn des Wortes) genannt zu werden, genügt es in den Augen Cyprians eben nicht, nur auf den Namen Christi getauft und damit in seine Kirche eingegliedert zu sein, sondern es gilt ein Leben lang diesen Christus geleisteten Treueid (Christi sacramentum) zu halten35, der jede Form von Idolatrie ausschließt36. Warum aber verhalten sich diese leichtfertigen Lapsi nicht wie „Diener Gottes“, denen das Bekenntnis allein zu Gott geboten ist, sondern opfern stattdessen bereitwillig fremden Göttern? Weil, so Cyprian, ihr Glaube infolge der langen vorausgehenden Friedenszeit eingeschlafen war.37 Deshalb konnten sich unter ihnen all die Missstände wie Streben nach Besitz, Habgier, Unbarmherzigkeit, Sittenlosigkeit, Betrug, Mischehen, Meineide, Verleumdung, Hass und Feindschaft untereinander einschleichen, die der Bischof von Karthago in laps. 6 so streng geißelt. Darüber hinaus hatten sie, deren Glaube eingeschlafen war, all die Prophezeiungen und Warnungen vergessen, die Gott im AT und Christus in 33
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Nonne quando ad capitolium sponte uentum est, quando ultro ad obsequium diri facinoris accessum est, labauit gressus, caligauit aspectus, tremuerunt uiscera, brachia conciderunt? Non sensus obstipuit, lingua haesit, sermo defecit? (ebd.). Bezeichnenderweise vermeidet es Cyprian in laps. 8 die von ihm Gescholtenen als „Christen“ oder „Diener Gottes“ o.ä. zu bezeichnen, sondern spricht in diesem Zusammenhang lediglich von „einigen“ (quibusdam), die die Weisungen Gottes gänzlich vergessen hatten, von „wie vielen“ (quot ... quot), die die Behörden vom Opfer zurückstellen mussten, da der Abend hereinbrach und die aber trotzdem noch opfern wollten, von „einem solchen Menschen“ (talis), der obwohl er freiwillig gehandelt hat, trotzdem versucht, Zwang vorzutäuschen oder gar von einem „Kläglichen“ (miser), der doch gar keine Gaben mit an den Opferaltar zu bringen bräuchte, da er selbst das Opfer sei. Vgl. dazu etwa habit. 7, wo Cyprian klarstellt, dass es für einen Christen nicht genügt, nur den rechten Glauben zu haben. Entscheidend sei, dass das, was man glaubt, auch in die Tat umgesetzt wird (tunc respondebit ad fidem nominis sectatio ueritatis et credenti praemium datur, si quod creditur et geratur; CSEL 3,1,193). Nach Harnack, Mission, 303 galt die „Pflicht, sich von aller Befleckung mit dem Polytheismus rein zu erhalten ... als die oberste Christenpflicht, die allen anderen voranging“. Vgl. laps. 5.
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den Evangelien ausgesprochen hatte38 und die die Christen auf die jetzigen Ereignisse vorbereiten und sie vom Vergehen der Idolatrie abhalten sollten. Da dies alles aber vergessen und nicht mehr in Erinnerung war, waren die Christen für die aktuellen Geschehnisse nur unzureichend gerüstet und fügten sich freiwillig und widerstandslos der Aufforderung des römischen Staates, an den vorgeschriebenen Opfern teilzunehmen39. Die decischen Verfolgungsmaßnahmen brachten damit die Missstände und Fehlentwicklungen innerhalb der Kirche ans Tageslicht, die sich im Laufe der Jahre eingeschlichen hatten und für die die Kirche nun Tribut zahlen musste. Wie es dazu kommen konnte, soll im Folgenden kurz untersucht werden.
Die Ausbreitung des Christentums in Nordafrika bis ca. 250 n.Chr. und ihre Folgen für die karthagische Kirche Die Ursprünge der christlichen Kirche in Nordafrika liegen im Dunkeln40. Wann genau die Kirche dort Fuß gefasst hat und wie sie sich verbreitet hat, lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit rekonstruieren. Erst für die Zeit ab ca. 180 n.Chr. geben literarische Zeugnisse Aufschluss über die Präsenz von Christen in Nordafrika41. Auch wenn diese Schriftstücke nur sehr wenige sind und sich auf die Gattung der Märtyrerakten beschränken, so bedeutet dies nicht, dass die kirchliche Organisation sich zu dieser Zeit noch in den ersten Zügen befand, denn nur ca. 20 Jahre später setzen die Schriften Tertullians – zumindest was die Haupt38 39
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Vgl. laps. 7f. Als Gegenbeispiel zu denen, deren Glaube eingeschlafen war und die die Weisungen und Prophezeiungen Gottes vergessen hatten und für die deshalb die jetzigen Ereignisse gänzlich unerwartete und überraschende waren und die sich in Folge dessen freiwillig ergaben und vor den fremden Göttern niederwarfen (vgl. laps. 7f), dienen Cyprian die Bekenner (confessores) und Standhaftgebliebenen (stantes), die „gestützt auf die unerschütterlichen Wurzeln der himmlischen Weisungen und gestärkt durch die Überlieferungen des Evangeliums“ (Inconcussis praeceptorum caelestium radicibus nixos et euangelicis traditionibus roboratos; laps. 2) sich trotz Androhung von Verbannung und Folter nicht zur Idolatrie haben zwingen lassen (vgl. ebd.). Harnack, Mission, 891 geht von einer „ältesten, wahrscheinlich griechischen Periode der afrikanischen Kirche“ aus, von der jedoch „uns nichts bekannt“ ist. Vgl. dazu Harnack, Mission, 891f: „Mit Martyrien beginnt für uns die Kirchengeschichte Nordafrikas, und zwar erst im J. 180. Damals wurden als die ersten christlichen Märtyrer Namphano aus Madaura ..., dazu Miggin und Sanam, und einige Christen aus Scilium (einer Stadt, die im prokonsularischen Numidien gelegen haben muss) hingerichtet … Perpetua und Felicitas folgen am Anfang des 3. Jahrhunderts den ersten Märtyrern“.
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stadt Karthago betrifft – „ein etabliertes Christentum voraus“42, das seit Ende des 2. Jahrhunderts43 und besonders in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts zahlenmäßíg stark gewachsen war44 und sich in ganz Nordafrika, nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Lande, rasch ausbreiten konnte45. Die exakte Ursache für dieses schnelle Anwachsen des Christentums ab ca. 180 n.Chr., hier speziell für Nordafrika, lässt sich nicht eindeutig benennen46. Lediglich einige Faktoren, die diese Entwicklung begünstigt haben, können ausfindig gemacht werden. So hat allen voran die in religionspolitischen Fragen weitestgehend tolerante Haltung der severischen Kaiser (193-235)47 dazu beigetragen, dass sich das Christentum ungehindert ausbreiten konnte und sogar in der Lage war, eigenen Besitz zu erwerben48. Ebenso dürfte sich die allgemeine Verleihung des Bürgerrechts in der Constitutio Antoniniana an praktisch alle freien Bewohner des Reiches, d.h. ohne Einschränkung auch an die Christen, für 42 43 44 45
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Elliger, Karthago, 248. Harnack, Mission, 614 geht von einer „größeren Ausbreitung der Kirche in den Tagen des Commodus“, d.h. ab ca. 180 n.Chr., aus (vgl. dazu auch ebd., 321; Anm. 1). Vgl. Harnack, Mission, 894; Kötting, Stellung, 16; Molthagen, Staat, 45; Frend, martyrdom, 330-335. Die Ausbreitung der nordafrikanischen Kirche zwischen 200 und 260 n.Chr. beschreibt Monceaux, Histoire, 6f folgendermaßen: „Ce qui frappe avant tout, c’est le progrès du christianisme dans le nord de l’Afrique, au moins en Provonsulaire et en Numidie. Au temps de Tertullien, les communautés de l’intérieur du pays restaient dans l’ombre, … Au milieu du IIIe siècle, une foule d’autres Eglises se mêlent aux événements, entrent dans l’histoire“. Vgl. Frend, martyrdom, 330. Die Toleranz, die die severischen Kaiser dem Christentum entgegenbrachten, dürfte nicht zuletzt darin begründet sein, dass sie selbst fremden Kulten gegenüber offen waren bzw. sich von diesen angezogen und fasziniert zeigten, was seinen Ausdruck darin fand, dass „aus religiösen und touristischen Motiven ... Septimius Severus auf seiner Ägyptenreise dem Serapis seine Aufwartung [machte]. Caracalla baute ihm auf dem Quirinal einen Tempel und intensivierte den Isis-Dienst. Wenig später hielten mit seinem angeblichen Sohn Varius Avitus, der sich Antoninus nannte [später Elagabal], die syrischen Kulte im Kaiserhaus Einzug“ (Demandt, Privatleben, 214). Die Folge dieser toleranten Haltung der Severer der Kirche gegenüber war Molthagen zufolge, „daß in den ersten Jahrzehnten des dritten Jahrhunderts in vielen Städten eigene Versammlungshäuser und Friedhöfe der Christen entstanden ... Auch in Karthago besaßen die Christen bereits zu Beginn des dritten Jahrhunderts eigene Begräbnisplätze“ (ebd., 47). Vgl. dazu Tert., Scap. 3,1 (CChr.SL 2,1129), der von Angriffen auf diese Begräbnisplätze seitens der Heiden berichtet. Die Frage, auf welche Art und Weise die Kirche Besitz erwerben konnte lässt sich nach Molthagen, Staat, 48 „wohl nicht juristisch exakt beantworten“. Vgl. dazu des weiteren Frend, martyrdom, 324-326.
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die Kirche hinsichtlich ihres Selbstbewusstseins und ihrer Stellung positiv ausgewirkt haben49, waren doch vermutlich die „meisten Gemeindeleiter im 1. und 2. Jh. … nicht im Besitz des römischen Bürgerrechts“50. Daneben gilt es noch einen weiteren Aspekt zu berücksichtigen, der bei der Ausbreitung der Kirche von Bedeutung war und der sich mit dem Begriff „Diakonie“ umschreiben lässt. Diese musste besonders für die unteren und untersten sozialen Schichten der Bevölkerung51 anziehend gewirkt haben52, die kein staatlich getragenes soziales Netzwerk auffing, sondern die weitestgehend sich selbst überlassen waren53. Die Sorge um die Armen und Bedürftigen, die Witwen und Waisen, die Sklaven und Freigelassenen, kurz gesagt die Sorge um die sozialen Härtefälle der damaligen Gesellschaft war für die Kirche von Anfang an fester, die eigene Identität bestimmender und sie definierender Bestandteil54. Es kann deshalb nicht verwun49 50 51
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Vgl. dazu Vogt, Christenverfolgung, 1181; Gross, Decius, 618; Molthagen, Staat, 46. Kötting, Stellung, 16. Hierzu sind vor allem die Sklaven und Freigelassenen, die einfachen Arbeiter wie z.B. die geringer qualifizierten Handwerker und Tagelöhner und all diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nicht mehr aus eigener Kraft bestreiten konnten, zu rechnen. Vgl. dazu Schöllgen, Ecclesia, 246-267. So kommt etwa Christ, Geschichte, 690 zu dem Ergebnis, dass „die christliche Diakonie insgesamt ... nicht wenig zur Festigung und zur weiteren Verbreitung des Christentums [beitrug]“. Schöllgen, Ecclesia, 260 konstatiert, dass in Bezug auf mittellose Witwen, die „wohl zu den bedürftigsten Gliedern der antiken Gesellschaft gezählt werden [müssen], ... nach aller Kenntnis der Quellen in der nichtchristlichen römischen Antike vor Konstantin keine Bemühungen bekannt [sind], ihre rechtliche und wirtschaftliche Lage zu bessern“. Ein nicht weniger hartes Los traf in der Antike die Sklaven, die aufgrund von Krankheit, Verletzung, Alter oder sonstiger Gründe nicht mehr oder nur noch unzureichend arbeiten konnten und deshalb zum Teil von ihrem Herrn, dem eigentlich als pater familias die Unterhaltspflicht zukam, verkauft oder abgeschoben wurden (vgl. dazu ebd., 264). Grundgelegt ist der diakonische Auftrag der Kirche in den zahlreichen diesbezüglichen, vor allem in den Evangelien überlieferten Worten und Taten Jesu und der Aufforderung an seine Jünger, ebenso zu handeln: „Seid barmherzig, wie euer Vater barmherzig ist“ (Lk 6,36). Von einer Kasse, in die jeder Christ einmal im Monat freiwillig einen von ihm selbst bestimmten Betrag einzahlte, sofern er dazu überhaupt in der Lage war, und die für wohltätige Zwecke verwendet wurde, berichtet Tertullian (Modicam unusquisque stipem menstrua die uel cum uelit, et si modo uelit et si modo possit, apponit. Nam nemo compellitur, sed sponte confert. Haec quasi deposita pietatis sunt. Quippe non epulis inde nec potaculis nec ingratis uoratrinis dispensatur, sed egenis alendis humandisque et pueris ac puellis re ac parentibus destitutis, [iamque] domesticis senibus iam otiosis, item naufragis, et si qui in metallis et si qui in insulis uel in custodiis, dumtaxat ex causa dei sectae, alumni confessionis suae fiunt; Tert., apol. 39,5f; CChr.SL 1,150f). Aus Tert., uxor. 2,4,2 (CChr.SL 1,388) (Quis [gemeint sind hier heidnische Ehemänner]
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dern, wenn v. Harnack zu dem Ergebnis kommt, dass „von der ältesten Zeit an bis zur Zeit des M. Aurel [Zeugnisse] bestätigen, dass die christlichen Gemeinden damals ganz überwiegend aus geringen Leuten, aus Sklaven, Freigelassenen und Handwerkern, bestanden haben“55, Menschen also, die durch ihren Übertritt zum Christentum als einer religio illicita, einem nach römischer Einschätzung „wüsten, maßlosen Aberglauben“ (superstitionem pravam, immodicam)56, in Bezug auf ihr gesellschaftliches Ansehen nichts zu verlieren hatten, sondern statt dessen geistliche Tröstung erfuhren57 und im äußersten Notfalle eine zumindest minimale materielle Versorgung erhoffen durften. Mag es also statthaft
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autem sinat coniugem suam visitandorum fratrum gratia vicatim aliena et quidem pauperiora quaeque tuguria circuire?) kann geschlossen werden, dass es im Stadtgebiet von Karthago Elendsviertel gab, in denen auch Christen lebten, und dass „der Besuch dieser Brüder und Schwestern zu den vornehmsten Aufgaben eines Gemeindemitglieds gehört[e]“ (Schöllgen, Ecclesia, 265). Die hohe Stellung, die die Diakonie bei Cyprian einnimmt, bezeugt seine eigens dieser Thematik gewidmete Schrift „De opere et eleemosynis“, ganz abgesehen von seiner im ganzen Schrifttum stets wiederkehrenden Sorge um die Armen und Bedürftigen (vgl. ep. 7; 12,1,1; 13,7; 14,2,1; 62). Harnack, Mission, 559. Vgl. dazu auch Molthagen, Staat, 46. Erklärungsbedürftig dagegen scheinen mir die diesbezüglichen Ausführungen Ecks zu sein, wenn er zu Beginn seines Artikels über „Das Eindringen des Christentums in den Senatorenstand bis zu Konstantin d. Gr.“ feststellt, dass seit „Adolf von Harnacks epochemachendem Werk über die Mission und die Ausbreitung des Christentums die besonders im 19. Jahrhundert weitverbreitete Lehre, das Christentum sei eine ‚Religion der Sklaven, Verbannten, Verstoßenen, Verfolgten, Unterdrückten’ gewesen, endgültig widerlegt worden [sei]“, um dann fortzufahren, „... daß die Anhänger der christlichen Religion ein fast getreues Spiegelbild der allgemeinen sozialen Schichtung im römischen Reich bieten, und zwar von den Ursprüngen an, wie sie in den neutestamentlichen Schriften dargestellt werden“ (ebd., 381f). Hat Eck übersehen, dass Harnack zwar die These widerlegt, „das Christentum sei eine Religion der Sklaven, Verbannten“ usw. (der Begriff „das Christentum“ ist in diesem Kontext eigentlich viel zu generalisierend und unpräzise, als dass man damit sinnvoll arbeiten könnte), er aber deswegen keineswegs mit ihm übereinstimmt, dass von den Ursprüngen an „die Anhänger der christlichen Religion ein fast getreues Spiegelbild der allgemeinen sozialen Schichtung im römischen Reich bieten“, wie aus obigem Zitat deutlich geworden sein dürfte? Darüber hinaus erscheint es mir nicht ganz einsichtig, wie diese These Ecks ohne weiteres in Einklang zu bringen ist mit seiner eigenen Feststellung, dass „das erste sichere Zeugnis für eine Konversion von Angehörigen des Senatorenstandes zur christlichen Religion ... im Apologeticum Tertullians [zu finden ist]“ (ebd., 383). Plin., ep. 10,96,8 (Text und dt. Übers.: Kasten, 642f). Vgl. etwa Mt 5,3-12 par Lk 6,20b-23 (Seligpreisungen); Lk 16,19-31 (Gleichnis vom reichen Mann und vom armen Lazarus); Mt 19,16-30; Mk 10,17-31 (Gefährlichkeit des Reichtums); 2Kor 8,9; Jak 2,5; Offb 2,9; zu Tertullian vgl. pat. 7,3 (CChr.SL 1,306f); uxor. 2,8,5 (CChr.SL 1,393).
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sein, die Kirche der ersten Zeit überspitzt eine „ecclesia sordida“58 zu nennen, so muss man doch feststellen, dass diese Charakterisierung der Kirche spätestens seit Ende des 2. und Anfang des 3. Jahrhunderts irreführend bzw. unzutreffend ist, denn von da ab lässt sich ein rasches und unübersehbares „Hineinwachsen der Kirche in das öffentliche Leben“59 beobachten. Für Karthago bieten die Schriften Tertullians diesbezüglich reiches Material. In seinem Apologeticum z.B. tritt er dem Vorwurf – wohl vorgebracht von heidnischen Kaufleuten und Ladenbesitzern – entgegen, die Christen seien unnütz für den Handel der Stadt (infructuosi negotiis). Dem gegenüber stellt Tertullian die Christen als voll in das karthagische Stadtleben integrierte Mitbürger dar, die einzig und allein die heidnischen Tempel meiden60, sich ansonsten aber nicht wie Brahmanen, indische Gymnosophisten, Waldbewohner oder Lebensflüchtige aus dieser Welt zurückziehen, sondern uneingeschränkt am städtischen Leben teilhaben61. Bemerkenswert an diesen Äußerungen Tertullians, die aufgrund ihrer apologetischen Stoßrichtung und in Anbetracht der Tatsache, dass Tertullian häufig unbedenklich die Argumente je nach Adressatenkreis wechselt62, nicht unbesehen übernommen werden dürfen, sondern einer kritischen Überprüfung bedürfen, ist der Umstand, dass die Christen um 200 n.Chr. offenkundig in Karthago so zahlreich gewesen sein mussten, dass ihnen der Vorwurf gemacht werden konnte, sie schadeten der karthagischen Wirtschaft. Wären die Christen nur eine verschwin58
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Unter einer ecclesia sordida versteht Schöllgen, Ecclesia, 7 eine Kirche, in der „wenige Reiche, Angesehene und Mächtige unter einer erdrückenden Mehrheit von Armen, Sklaven und sozial Deklassierten“ leben. Molthagen, Staat, 46. Sola uobis reliquimus templa (Tert., apol. 37,4; CChr.SL 1,148). Quo pacto homines uobis cum degentes, eiusdem uictus, habitus, instructus, eiusdem ad uitam necessitatis? Neque enim brachmanae aut indorum gymnosophistae sumus, siluicolae et exsules uitae. ... Itaque non sine foro, non sine macello, non sine balneis, tabernis, officinis, stabulis, nundinis uestris ceterisque commerciis cohabitamus hoc saeculum. Nauigamus et nos uobis cum et uobis cum militamus et rusticamur et mercamur; proinde miscemus artes, operas nostras publicamus usui uestro. Quomodo infructuosi uidemur negotiis uestris, cum quibus et de quibus uiuimus, nescio (Tert., apol. 42,1-3; CChr.SL 1,156f). In apol. 42,3 z.B. behauptet Tertullian, um den von ihm angesprochenen Statthalter und alle sonstigen heidnischen Leser der Schrift von der uneingeschränkten Teilnahme der Christen am öffentlichen Leben zu überzeugen, dass die Christen zusammen mit den Heiden Militärdienst leisteten (militamus), während er in seiner lediglich an die eigene Gemeinde gerichteten Schrift „De idololatria“ die Unvereinbarkeit von Soldat sein und Christ sein scharf betont [Non conuenit sacramento diuino et humano, signo christi et signo diaboli, castris lucis et castris tenebrarum; non potest una anima duobus deberi, deo et caesari (Tert., idol. 19,2; CChr.SL 2,1120)].
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dend geringe Gruppe, die größtenteils aus Sklaven, Freigelassenen, Bettlern und einfachen Handwerkern bestünde, so wären die Befürchtungen der karthagischen Händler und ihre daraus resultierenden Vorwürfe nicht zu erklären, und dass diese Vorwürfe keine reine Erfindung Tertullians sein können, sondern vielmehr zumindest ein Stück Realität widerspiegeln, kann m.E. kaum bestritten werden63. Bestätigt wird dies an anderer Stelle im Werk Tertullians, etwa in apol. 37,4, wo er die rasche Ausbreitung der Christen betont, die „alles, was euer [der Heiden] ist, überflutet [haben], Städte und Inseln, Garnisonen, Gemeinden, Ortschaften, ja Heerlager, Stadtbezirke und Dekurien, Palast, Senat und Forum“64, oder in seinem Brief an den Statthalter in Karthago aus dem Jahr 21265 namens Scapula (Scap. 2), in dem er die Christen als eine so große Menschenmenge (tanta hominum multitudo) bezeichnet, dass sie in jeder Stadt den beinahe größeren Anteil (pars paene maior ciuitatis cuiusque) stelle. Auch wenn diese Angaben zweifelsohne Übertreibungen sind66 und nicht als realistische Beschreibung der tatsächlichen Verhältnisse missverstanden werden dürfen67, so muss man sich dennoch davor hüten, sie als gänzlich unrealistisch abzutun. Wären die Christen in Karthago nur eine verschwindend geringe Gruppe gewesen, so wären Tertullians Aussagen für seine heidnischen Adressaten völlig unglaubwürdig und schlichtweg „lächerlich“68 gewesen, was nicht sein Ziel sein konnte69. Die Ausbreitung der Christen musste – so viel ist den Aussagen Tertullians sicherlich zu entnehmen – bereits so weit fortgeschritten sein, dass sie „ein unübersehbarer Teil der karthagischen Gesamtgesellschaft geworden“70 waren. 63 64
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Vgl. Schöllgen, Teilnahme, 3f. Hesterni sumus, et orbem iam et uestra omnia impleuimus, urbes insulas, castella municipia conciliabula, castra ipsa tribus decurias, palatium senatum forum (CChr.SL 1,148; dt. Übers.: Becker, 179). Vgl. Schulz-Flügel, Tertullian, 670. Vgl. Elliger, Karthago, 250. Christ, Geschichte, 690 geht davon aus, dass im 3. Jahrhundert n.Chr. „selbst in den Gebieten besonders erfolgreicher Mission ... damals nach den modernen Schätzungen allenfalls etwa 5 % der Gesamtbevölkerung Christen gewesen sein [dürften]“. Speziell für Karthago kommt Schöllgen, Ecclesia, 298 zu ähnlichen Ergebnissen, auch wenn er, m.E. zu Recht, vor allzu vermeintlich präzisen Angaben über die Anteil der Christen an der karthagischen Gesamtbevölkerung warnt, denn ob sie „ein Zehntel der Bevölkerung ausgemacht haben, bleibt sehr fraglich. Doch scheint es mir nicht unrealistisch, die Zahl der Gemeindemitglieder angesichts einer Gesamtbevölkerung von über 100 000 Einwohner auf tausend oder mehrere tausend zu schätzen“. Elliger, Karthago, 250. Vgl. Schöllgen, Ecclesia, 295. Schöllgen, Ecclesia, 298. Vgl dazu auch die diesbezüglichen Ausführungen von Harnack, Mission, 547 der zu dem Ergebnis kommt, dass in „Carthago und der prokonsula-
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Die Schriften Tertullians belegen aber nicht nur, dass sich die Christen in Karthago um 200 n.Chr. zahlenmäßig hatten stark vermehren können, sondern darüber hinaus geben sie auch Auskunft vom Eindringen der Christen in die höheren Stände der karthagischen Gesellschaft, namentlich den ordo senatorius, den ordo equester und den ordo decurionum71. In apol. 1,7 verkündet Tertullian „den Übertritt jedes Geschlechtes, Alters, Standes und sogar Ranges zu unserem Namen“72, in apol. 37,4 zählt er unter den Stellen, in denen mittlerweile auch Christen zu finden sind, ausdrücklich den ordo decurionum, den (kaiserlichen) Palast, den Senat und das Forum auf73 und in seinem bereits erwähnten Brief an den Statthalter Scapula versucht er diesen von eventuellen Maßnahmen gegen Christen mit dem Argument abzuhalten, dass im Falle der Christenverfolgung die Stadt Karthago den Verlust so vieler tausend Männer und Frauen jeden Geschlechts, Alters und Standes74 zu erleiden hätte. Deutlich schwingt in diesen Aussagen Tertullians ein unüberhörbarer Stolz mit, dass die Christen, die sich zahlenmäßig so stark vermehrt hatten, auch unter den oberen sozialen Schichten Karthagos Glaubensanhänger gefunden hatten und dadurch die unter Heiden wohl gängige Überzeugung zu widerlegen vermochten, der christlichen Religion würden nur „Leute ohne Bildung, ohne Kenntnis der Wissenschaften, die nicht einmal zu den niedrigsten Verrichtungen zu gebrauchen sind“75 angehören. Dass diese Angaben Tertullians im wesentlichen, d.h. abgesehen von Zahlengrößen, die in der Regel übertrieben sind, die Realität widerspiegeln und nicht fingiert sind, haben die Untersuchungen v. Harnacks76, Ecks77 und vor allem Schöllgens gezeigt. So kommt Letzterer, seine Ergebnisse zusammenfassend, zu dem Schluss, „daß selbst für den begrenzten Rahmen der städtischen Gesellschaft Karthagos Christen unter den Mitgliedern aller drei ordines bzw. deren Familien
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rischen Provinz ... das Christentum bereits im J. 197 sehr stark angewachsen gewesen sein [muß], sonst hätte Tertullian nicht so sprechen und mit der großen Zahl der Christen geradezu drohen können“. Zur Beschreibung dieser drei Stände in Karthago zur Zeit Tertullians vgl. Schöllgen, Ecclesia, 109-142. Eine eingehende Untersuchung der Zugehörigkeit von Christen zu diesen Ständen und den „oberen Schichten im weiteren Sinne“ anhand der Schriften Tertullians bietet Schöllgen, ebd., 155-224. ... omnem sexum, aetatem, condicionem, etiam dignitatem transgredi ad hoc nomen (CChr.SL 1,86; dt. Übers.: Becker, 57). Vgl. CChr.SL 2,148. ... quid facies de tantis milibus hominum, tot uiris ac feminis, omnis sexus, omnis aetatis, omnis dignitatis (Tert., Scap. 5,2; CChr.SL 2,1132). ... quosdam, et hoc studiorum rudes, litterarum profanos, expertes artium etiam sordidarum (Min. Fel., Oct. 5,4; Text und dt. Übers.: Kytzler, 52f). Harnack, Mission, 559-611. Eck, Eindringen, 381-384.
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nachgewiesen oder wahrscheinlich gemacht werden konnten“78, auch wenn diese nur einige wenige gewesen sein dürften, im Gegensatz zur Anzahl der Christen aus den „oberen Schichten im weiteren Sinne“79, bei denen es sich „um einen wohl auch zahlenmäßig nicht unbedeutenden Teil der karthagischen Gemeinde“80 gehandelt haben dürfte. War die Kirche von Karthago demzufolge zur Zeit Tertullians, d.h. um 200 n.Chr., keine „ecclesia sordida“ (mehr), sondern hatte bereits deutlich in allen sozialen Schichten der karthagischen Gesellschaft Fuß fassen können und war eng und untrennbar mit ihr verbunden, so lässt sich für die Zeit Cyprians, d.h. ca. 50 Jahre später, feststellen, dass diese Entwicklung noch weiter vorangeschritten war81. Den wohl schlüssigsten Beweis dieser These liefert das zweite Edikt Valerians zur Verfolgung der Christen aus dem Jahr 25882, das in einem Brief Cyprians an seinen Mitbischof Successus Erwähnung findet und offenkundig gezielt gegen die christliche Führungsschicht der Kirche im römischen Reich gerichtet ist83, indem es mit äußerster Strenge gegen die Bischöfe, Presbyter und Diakone, die christlichen Senatoren (senatores), hochgestellten Männer (egregii uiri) und römischen Ritter (equites Romani), gegen angesehene Frauen (matronae) und kaiserliche Beamten (caesariani) vorzugehen befiehlt84. Wenn aber ein kaiserliches Edikt sich gezielt gegen Christen aus der Führungsschicht der römischen Bevölkerung richtet und diese zu bekämpfen trachtet, dann kann 78 79
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Schöllgen, Ecclesia, 223. Als Angehörige der „oberen Schichten im weiteren Sinne“ versteht Schöllgen diejenigen, die zwar nicht einem der drei obersten ordines zugehören, aber dennoch aufgrund ihres Reichtums und Wohlstandes zu Ansehen gekommen waren. Unter den Christen waren dies vor allem reiche Frauen bzw. Witwen, wohlhabende Händler und Großgrundbesitzer (vgl. dazu Ecclesia, 197-224). Ebd., 223. Wischmeyer, Golgatha, 192 spricht in diesem Zusammenhang von einem „leisen Prozeß fortschreitender Verortung des Christentums in der Gesamtgesellschaft des 3. Jahrhunderts“. Vgl. dazu Alföldi, Christenverfolgungen, 341-343; Freudenberger, Christenverfolgungen, 26f; Vogt, Christenverfolgung, 1187f. Vgl. dazu Molthagen, Staat, 92-89; Vogt, Christenverfolgung, 1188; Hantos, Valerian, 525; Eck, Eindringen, 385. Quae autem sunt in uero ita se habent, rescripsisse Valerianum ad senatum ut episcopi et presbyteri et diacones in continenti animaduertantur, senatores uero et egregii uiri et equites Romani dignitate amissa etiam bonis spolientur et si ademptis facultatibus christiani esse perseuerauerint, capite quoque multentur, matronae ademptis bonis in exilium relegentur, Caesariani autem quicumque uel prius confessi fuerant uel nunc confessi fuerint confiscentur et uincti in Caesarianas possessiones descripti mittantur (ep. 80,1,2).
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dies nur bedeuten, dass es sich hierbei nicht (mehr) um Einzelfälle gehandelt haben kann, sondern dass dieses Phänomen – Senatoren, angesehene Männer, Ritter und hohe Beamte, die zum Christentum konvertiert waren – aus Sicht des Kaisers bereits solche Ausmaße erreicht hatte, dass er sich genötigt sah, gegen diese vorzugehen85 und dies auch für eine wirkungsvollere Maßnahme erachtete als ein erneutes allgemeines Opferedikt, das in erster Linie dazu dienen konnte, die christlichen Massen aufzuspüren und ihrer habhaft zu werden86. Die veränderte Strategie der Christenverfolger – gezieltes Vorgehen gegen die klerikale und laikale Führungsschicht der Kirche, statt des Versuches, der christlichen Massen habhaft zu werden – kann somit auch als eine Reaktion auf die sich verändernde soziale Schichtung der Kirche verstanden werden87. Das, was das valerianische Edikt für die Kirche im Ganzen aufzuzeigen vermag, kann anhand der Schriften Cyprians speziell für Karthago bestätigt werden. Deutlich tragen diese die Spuren des Kampfes gegen die Folgen dieser Entwicklung, die mit dem Schlagwort „Verweltlichung“ gekennzeichnet werden
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Vgl. Wischmeyer, Ecclesia, 179. Eck, Eindringen, 385 kommt aufgrund des Umstandes, dass das valerianische Edikt, wie es in ep. 80,1,2 greifbar ist, die Strafen für „christliche Senatoren, ritterliche Verwaltungsbeamte und einfache Mitglieder des ordo equester sowie für die matronae im einzelnen“ festlegte, zu dem Schluss, „daß der Anteil der Christen in den beiden höchsten Ständen des Reiches keine winzige Minderheit mehr betrug, sondern bereits Anlaß zur Besorgnis bot“. Bereits Harnack, Mission, 564 hatte mit Blick auf das valerianische Edikt festgestellt: „Dieses Reskript zeigt sicherer als einzelne Stellen das vermögen, wie verbreitet das Christentum auch unter den höheren Beamten und in den oberen Ständen gewesen sein muss“. So kommt Alföldi, Christenverfolgungen, 341 zu dem Schluss, dass in der valerianischen Verfolgung „die Masse der Gläubigen ... nicht mehr zur Verantwortung gezogen [wird]“. Die veränderte soziale Schichtung der christlichen Gemeinden als alleinigen Grund dafür anführen zu wollen, dass Valerian im Vergleich zu Decius eine deutlich andere Taktik und Methode der „Christenverfolgung“ bevorzugte, trotz prinzipiell gleicher Interessenlage, denn beiden Kaisern ging es wohl nicht darum, die Christen ganz und gar auszurotten, sondern sie lediglich zum Opfern zu bewegen (vgl. dazu Molthagen, Staat, 9396), würde freilich zu kurz greifen. So dürfte bei den Überlegungen Valerians, wie man die Kirche am effektivsten zum Vollzug des Opfers zwingen könne, die Beobachtung eine wichtige Rolle gespielt haben, dass durch das allgemeine Opferedikt des Decius zwar viele Christen zum Opfern gebracht wurden, dies aber auf z.T. entschiedenen Widerstand auf Seiten der kirchlichen Führung stieß. Aus der Perspektive Valerians konnte es demnach erfolgversprechender erscheinen, sich gleich gezielt gegen die kirchliche Führung zu wenden, in der Hoffnung, dass die Masse der Christen keinen Widerstand mehr leisten würde, wenn sie erst einmal ihres Hauptes beraubt wäre.
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kann88, in sich. So nimmt es nicht Wunder, dass einerseits – wie v. Harnack hatte feststellen können – seit dieser Zeit, d.h. seit Mitte des dritten Jahrhunderts, die Vorwürfe der „‚infructuositas in negotiis’ und der ‚contemptissima inertia’“89 von Seiten der Heiden gegen die Christen verstummten, andererseits aber die innerkirchliche Kritik an Wohlstand und Reichtum und den damit verbundenen Missständen in aller Schärfe zu Tage tritt. So unterzieht der Bischof von Karthago seine Gemeinde in laps. 6 einer schonungslosen Kritik, in der er neben der allgemeinen und weit verbreiteten Habgier und dem Streben nach immer größerem Besitz, mangelnde Barmherzigkeit, Sittenlosigkeit, Betrug und das Schwören von Meineiden geißelt. Sogar zahlreiche Bischöfe seien von dieser Habgier gepackt und sorgten sich lieber um die Vermehrung ihres Vermögens als um die ihnen anvertraute Gemeinde90. Gerade dieser, gegen seinen eigenen Stand gerichtete Vorwurf macht deutlich, wie weit nach Ansicht Cyprians die Habsucht als „Wurzel aller Übel“91 verbreitet sein musste, denn es ist m.E. nicht vorstellbar, dass der Bischof von Karthago, „accustomed to treating his own male clergy as a grand seigneur“92, bereit war, ohne konkrete Anhaltspunkte seine „Mitbrüder“ einer derart harschen Kritik zu unterziehen. In laps. 11f macht Cyprian das Anhangen so vieler an ihrem Vermögen als Grund dafür aus, dass sie in den decischen Verfolgungsmaßnahmen nicht bestehen konnten, weil sie, die sich so sehr an ihren Besitz und ihre Schätzen klammerten, nicht zur Flucht bereit waren, mit der sie sich dem Opferedikt hätten entziehen können, wie Cyprian es tat. Unabhängig von der Frage, welches historische Gewicht einer jeden einzelnen Aussage Cyprians beigemessen werden kann – zweifelsohne dürfte es sich hierbei mitunter um Übertreibungen handeln93 – gilt es festzuhal88
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So spricht Harnack, Mission, 896 davon, dass Cyprians Schrift De lapsis zeige, „daß sich die neue Religion in der Hauptstadt in den letzten 30 Jahren wie eine religio licita eingebürgert und verweltlicht hatte“ und dass „die große Zahl der Bischöfe ... sich indirekt auch aus ihrer [der Religion] fortschreitenden Verweltlichung [ergibt]“ (ebd.). Monceaux, Histoire, 16 beschreibt die Folgen der langen Friedenszeit folgendermaßen: „Beaucoup de fidèles réglaient leur vie sur des pensées et des ambitions toutes profanes“. Harnack, Mission, 563. Vgl. dazu laps. 6. Vgl. orat. 19. Brown, body, 193. Zu einseitig negativ und deswegen sicherlich tendenziös und übertrieben ist die Beschreibung der moralisch-sittlichen Situation der karthagischen Gemeinde in laps. 6, wenn Cyprian ganz generell und verallgemeinernd ohne jegliche Differenzierung Kritik übt wie folgt: „Non in sacerdotiis religio deuota, non in ministeriis fides integra, non in operibus misericordia, non in moribus disciplina”. Hier soll wohl bewusst der Eindruck einer durch und durch verkommenen Gemeinde erweckt werden. Die Intention, die sich
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ten, dass in den Augen des Bischofs von Karthago der Reichtum und Wohlstand seiner Gemeinde ganz wesentlich zum Versagen so vieler Christen in der Verfolgung beigetragen haben bzw. dieses Versagen erst ermöglichten und mitverursachten, da viele Christen die blinde Liebe zu ihrem Geld verführt hatte94. Laps. 6; 11f kann somit als Indiz für die nicht unerhebliche Verweltlichung der karthagischen Gemeinde zur Zeit Cyprians gelesen werden. Wie weit diese Verweltlichung wohl vorangeschritten war, lässt sich ferner an Cyprians Schrift „De habitu uirginum“ (habit.)95 an die Jungfrauen von Karthago ablesen. Von den 15 Kapiteln, die den Hauptteil der Schrift bilden96, setzen sich alleine fünf Kapitel (7-11), d.h. ein Drittel (!), mit der Problematik des Reichtums und Wohlstandes einiger Jungfrauen auseinander97. Dass es sich dabei nicht um ein Randphänomen gehandelt haben kann, bezeugen der Umfang, der der Thematik gewidmet ist und die ihr innerhalb der Schrift zugewiesene zentrale Positionierung. Aus wohlhabendem Hause stammende Jungfrauen, die von ihrem Vermögen Gebrauch machten, mussten demnach zumindest so zahlreich gewesen sein, dass Cyprian es für geboten erachtete, diese Problematik in die Mitte seiner Schrift zu rücken98. Dass dies ein Indiz für die voranschreitende
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dahinter verbirgt, tritt in laps. 7 offen zu Tage: die Christen haben keinen Grund über die Verfolgung zu murren, da sie diese – verstanden als Strafe Gottes für ihre Vergehen und Sünden – verdienen. In diesem Sinne mag es sich auch bei der Schilderung des Wohlstandes und Besitzstrebens der karthagischen Gemeinde im Einzelnen um Übertreibungen handeln. Dass diese Kritik jedoch ganz reale und konkrete Anhaltspunkte haben musste und somit durchaus Rückschlüsse auf die soziale Situation der Gemeinde erlauben, kann m.E. nicht in Frage gestellt werden, da es nicht im Interesse Cyprians liegen konnte, seine eigene noch relativ schwache Stellung innerhalb der Gemeinde – er war ja erst vor kurzem aus seinem selbstgewählten Exil wieder nach Karthago zurückgekehrt – durch haltlose und kaum nachvollziehbare Kritik weiter zu schwächen. Vgl. dazu Countryman, Christian, 190-195. Habit. wird in aller Regel auf das Jahr 249 datiert, kurz nach Cyprians Antritt des Bischofsamtes und noch vor Ausbruch der decischen Verfolgung. Vgl. dazu Monceaux, Histoire, 310; Bardenhewer, Geschichte, 258f; Hoffmann, Cyprian von Karthago, 171; Dunn, sheep, 5. Vgl. Keenan, De Habitu, 3. Habit. 7 beginnt mit den Worten: Sed sunt aliquae diuites et facultatum ubertate locupletes (CSEL 3,1,192). Die darauffolgenden Kapitel 8-11 werden jeweils mit der stereotypen Wendung „Locupletem te dicis et diuitem“ (CSEL 3,1,193-195) eingeleitet. Sage, Cyprian, 158 misst dieser Stelle solche Bedeutung zu, dass er sie als „essential for any consideration of the wealth and social standing of mid-third century African Christians“ bezeichnet. Nicht zu überzeugen vermag m.E. die These von Watson, De Habitu, 363f die Schrift aufgrund ihres „strangely artifical style“ als „a very bookish production and one that shows no close touch with reality ..., largely drawn from imagination“ zu bezeichnen,
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Verweltlichung auch des Jungfrauenstandes sein kann, wird einsichtiger, wenn man habit. mit den zwei ihr thematisch verwandten Schriften Tertullians „De virginibus velandis“ (virg. vel.) und „De cultu feminarum“ (cult. fem.) vergleicht, die Cyprian zweifelsohne kannte99. Die primären Gemeinsamkeiten von Tertullians virg. vel. und Cyprians habit. sind formaler Natur: Beide Schriften sind an die Jungfrauen Karthagos gerichtet und in paränetischem Stil gehalten, worunter hier ganz allgemein eine „(Er-)Mahnung mit einer ethisch-pragmat. Konnotation“100 verstanden werden soll. Unterschiedlich dagegen ist der Inhalt beider Schriften101, denn in virg. vel. nimmt Tertullian Stellung zu der Frage bzw. Auseinandersetzung, ob Jungfrauen – wie alle erwachsenen christlichen Frauen – in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen hätten, oder davon ausgenommen seien, was Tertullian entschieden verneint. Allein im 12. Kap. von virg. vel. streift Tertullian kurz das Thema der Schönheitspflege bei Jungfrauen, ohne jedoch weiter darauf einzugehen. In diesen Zeilen tut er zwar eindeutig seinen Unwillen dagegen kund, dass es sich dabei aber um ein Problem von den Ausmaßen handelt, wie sie bei Cyprian begegnen, kann aus dem Text nur schwerlich geschlossen werden. Cyprians habit. dagegen prangert die Freude der karthagischen Jungfrauen in Bezug auf übertriebene Schönheitspflege (Kap. 5), körperliche Schönheit und Anmut (Kap. 6), Reichtum (Kap. 7-11), aufwendigen Schmuck, Schminke und teure Kleider (Kap. 12-17) und den Besuch von Hochzeitsgelagen (Kap. 18) und gemeinsamen Bädern (Kap. 19) an. Dies ist im Großen und Ganzen102 das Thedenn es ist generell äußerst problematisch, aufgrund von stilistischen Beobachtungen Rückschlüsse zu ziehen auf den zugrunde liegenden Realitätsgehalt. Müsste diese Methode, konsequent angewandt, nicht auch das Ergebnis liefern, dass man Cyprians Bekehrungsschrift „Ad Donatum“, die „den versprochenen Verzicht auf rhetorischen Aufputz Lügen straft“ (Kraft, Kirchenväter, 363), d.h. die in ihrem gekünstelten Stil habit. in Nichts nachsteht, ebenso als „drawn from imagination“ bezeichnen müsste und somit Cyprians Bekehrung in Frage zu stellen hätte? Vielversprechender erscheint mir dagegen der Ansatz von Sage, Cyprian, 155 der ep. 4 in die Nähe zu habit. rückt und in beiden das Bemühen Cyprians zu Beginn seines Episkopates sieht, die Disziplin innerhalb des Standes der Jungfrauen wieder zu festigen. 99 Vgl. dazu Keenan, De Habitu, 13-26. 100 Garhammer, Paränese, 1374. 101 Das Thema „Kopfbedeckung“ spielt nicht bloß in Cyprians habit., sondern auch in seinem übrigen Schrifttum keine Rolle. Vgl. dazu Dunn, sheep, 7: „Cyprian had little to say about veiling“. 102 Abgesehen von Cyprians Kritik am Besuch von Hochzeitsgelagen und gemeinsamen Bädern seitens der Jungfrauen lässt sich für die anderen Kritikpunkte, die er anführt, das entsprechende Pendant in Tertullians cult. fem. nachweisen. Vgl. dazu die detaillierte Gegenüberstellung der Gemeinsamkeiten beider Texte bei Keenan, De Habitu, 13-25.
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ma der Schrift cult. fem., in der Tertullian „die verschiedenen Formen des Frauenputzes [bekämpft]“103. Dass der Bischof von Karthago von cult. fem. reichlich Gebrauch machte, belegt ein Zitat Keenans: „A comparison of De Habitu Virginum with its immediate source, De Cultu Feminarum, will show clearly that Cyprian was not a slavish imitator. The treatise differ in three important respects: 1) in the approach to the subject; 2) in structure; 3) in style.“104 Bezeichnenderweise führt Keenan unter den drei wichtigen Punkten, in denen sich Cyprians Schrift von der Tertullians unterscheidet, keinen inhaltlichen an, denn genau darin besteht die große Gemeinsamkeit beider. Diese Beobachtung kann insofern nachdenklich stimmen, als es zu berücksichtigen gilt, dass Tertullian sich mit cult. fem. generell an die Frauen, auch die Verheirateten, richtet105, während hingegen habit. sich dem Stand der Jungfrauen zuwendet, der für Cyprian die Blüte des kirchlichen Stammes (flos ecclesiastici germinis), die Schönheit und der Schmuck der geistlichen Gnade (decus adque ornamentum gratiae spiritalis), das unversehrte und unverdorbene Werk des Lobes und der Ehre (laudis et honoris opus integrum adque incorruptum), das Ebenbild Gottes, das auf die Heiligkeit des Herrn antwortet (Dei imago respondens ad sanctimoniam Domini), und der glanzvollere Teil der Herde Christi (inlustrior portio gregis Christi)106 ist. Die besondere Stellung innerhalb der karthagischen Gemeinde, die Cyprian den Jungfrauen einräumt, da sie ihm als Vorbild und Ideal eines jeden Christen dienen, wird hier deutlich. In geradezu scharfem Kontrast dazu steht die Kritik, die der Bischof von Karthago an der Lebensweise dieser Jungfrauen zu üben sich genötigt sieht, denn trotz ihrer herausgehobenen Stellung vermag er all die Kritikpunkte, die Tertullian ein knappes halbes Jahrhundert zuvor an die „gewöhnlichen Frauen“ Karthagos richtete, ohne nennenswerte inhaltliche Veränderung jetzt den Jungfrauen entgegenzuhalten107. Dass diese ihrer von Cyprian geforderten Vorbildfunktion in irgendeiner Art und Weise gerecht würden, davon kann nach habit. keine Rede sein. Vielmehr erweckt die Schrift beim Leser den Eindruck, dass zwischen den „gewöhnlichen christlichen Frauen“ und dem herausgehobenen Stand der Jungfrauen in asketischmoralischer Hinsicht kein Unterschied (mehr) besteht. War in den Schriften Tertullians der Stand der „gewöhnlichen“, d.h. der verheirateten bzw. heiratswilligen Frauen von dem der Jungfrauen allein dadurch inhaltlich deutlich unterschieden, dass die Probleme, die Tertullian bei den verheirateten Frauen zu bekämpfen trachtete, bei den Jungfrauen so gut wie keine Rolle spielten, so lässt 103 104 105 106 107
Altaner; Stuiber, Patrologie, 157. Keenan, Habitu, 11. Vgl. Dunn, sheep, 6. Habit. 3 (CSEL 3,1,189). Vgl. Dunn, sheep, 9.
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sich für Cyprian feststellen, dass diese Unterscheidung hinfällig geworden ist. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass Cyprian selbst innerhalb von habit. seinen Adressatenkreis mühelos erweitern kann. Während die Kap. 3-13 speziell an die Jungfrauen gerichtet sind108, weitet sich in Kap. 15 – nach dem allgemein gehaltenen Kap. 14 – der Adressatenkreis auf alle Frauen aus109, ohne inhaltlich Neues zu bringen. Die Schrift erweckt dadurch den Eindruck, dass sie nicht speziell an Jungfrauen, sondern an alle Frauen gerichtet ist. Habit. könnte somit Titel wie „Ad feminas“ oder „De cultu feminarum“ tragen und sich an alle (wohlhabenden) Frauen Karthagos richten, um deren Vorliebe für Schmuck, Schminke und aufwendige Kleider zu tadeln. Habit. kann somit als Indiz dafür angesehen werden, dass unter den karthagischen Jungfrauen infolge der vorausgehenden langen Friedenszeit eine nicht unbedeutende Tendenz zur Verweltlichung um sich gegriffen hat110, die zumindest von solchem Ausmaß gewesen sein dürfte, dass Cyprian gleich zu Beginn seines Episkopates es für geboten erachtete, dagegen vorzugehen und die Jungfrauen wieder zu der Strenge ihres Lebenswandels zurückzurufen, zu der er sie aufgrund ihres Standes und ihrer damit verbundenen Vorbildfunktion verpflich-
108 Nunc nobis ad uirgines sermo est (habit. 3; CSEL 3,1,189). Dunn, sheep, 9 spricht sich m.E. irrtümlich dafür aus, dass bereits in den Kap. 7-13 nicht nur Jungfrauen angesprochen seien. „While there are a number of direct references to virgins throughout this part of the treatise [Kap. 7-13], these comments could have been directed to any wealthy Christian woman (or man). This is the case in chapter 8 ... where Cyprian applied his comments about the need for moderation explicitly both to virgins and to married woman“. Dunns Fehler besteht darin, nicht sorgfältig genug unterschieden zu haben zwischen den Adressaten der Aussagen Cyprians und den Adressaten der von ihm zitierten Stellen, denn in Kap. 8 zitiert Cyprian je einmal Paulus (1Tim 2,9f) und Petrus (1Petr 3,3f), die sich an die Frauen allgemein richten und deren Putzsucht verurteilen. Cyprian argumentiert nun, wenn schon allen Frauen von Paulus und Petrus die Putzsucht untersagt ist, dann gilt dies erst recht für die Jungfrauen (quodsi ille [Petrus] mulieres quoque admonet ... quanto id magis observare uirginem fas est; CSEL 3,1,193f). Nicht Cyprian richtet somit eine Aufforderung zur Mäßigung an alle (verheiratete) Frauen, wie Dunn es darstellt, sondern „ille“, d.h. Petrus (und Paulus). Cyprian benutzt dies lediglich, um daraus eine entsprechende Forderung an die Jungfrauen abzuleiten. Einzig und allein sie spricht der Bischof von Karthago hier an, wie die Wendung „Locupletem te [!] dicis et diuitem“ (CSEL 3,1,193), die das Kapitel einleitet und sich aufgrund des Kontextes nur auf die Jungfrauen beziehen kann, verdeutlicht. 109 Et quidem isto in loco pro timore quem nobis fides suggerit, pro dilectione quam fraternitas exigit, non uirgines tantum aut uiduas sed et nuptas puto et omnes omnino feminas admonendas (habit. 15; CSEL 3,1,198). 110 Vgl. dazu die Ausführungen von Quasten, Patrology, 294: “For this reason women are warned in this tract [habit.] not to be dominated by pagan fashion”.
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tet sah111. Dies legen Cyprians Kritik am Reichtum zahlreicher Jungfrauen, der für die Zeit Tertullians in diesem Maße noch nicht greifbar ist, und seine Kritik am Lebenswandel derselben, der stark auf Äußerlichkeit und Ansehen ausgerichtet und dadurch mit den asketischen Richtlinien des Jungfrauenstandes unvereinbar ist, nahe. Fügt man nun die in laps. und habit. gesammelten und für diese Untersuchung relevanten Indizien zusammen, so legt sich die Vermutung nahe, dass Cyprian unter Umständen schon während der Abfassung von habit. im Jahre 249, spätestens jedoch nach den desaströsen Erfahrungen im Gefolge der decischen Verfolgungsmaßnahmen und ihrer Verarbeitung in laps. zu der Erkenntnis gelangt war, dass er als Bischof einer Gemeinde vorstand, die nach langer Zeit des Friedens und zunehmenden Wohlstandes deutlich die Spuren der Verweltlichung in sich trug112 und den Einflüssen und Lockungen der heidnischen Gesellschaft erlegen war113. So beklagt Cyprian in laps. 6, neben dem Streben vieler Christen nach Besitz und Vermögen, auch den Brauch christlicher Männer, sich nach römischer Sitte den Bart zu fälschen (corrupta barba in uiris) und die Gewohnheit der Frauen, es ihren heidnischen Geschlechtsgenossinnen gleichtuend, sich zu schminken und die Haare zu färben (adulterati post Dei manus oculi, capilli mendacio colorati)114. Beides sind Zeichen dafür, dass weltliche Sitten und Bräuche auch für die Christen maßgebend und bestimmend waren. Besonders hoch war die Gefahr heidnischen Einflusses auf Christen in gemischten 111 Keenan, De Habitu, 2 sieht durch habit. bestätigt, „that the ideals even of the virgins who had consecrated their lives definitely to Christ were somewhat affected. Cyprian leaves us in no doubt about their condition – their failures to live true to their first promises and to conduct themselves in a manner consonant with the dignity of their chosen profession“. 112 Keenan, De Habitu, 1f hat m.E. völlig zu Recht hervorgehoben, dass die Verweltlichung der Jungfrauen, wie sie in habit. greifbar wird, nicht als isoliertes Phänomen betrachtet werden darf, sondern im Zusammenhang mit der Verweltlichung, von der wohl weite Teile der karthagischen Gemeinde betroffen waren, zu sehen ist, denn „many of the Christians of Carthage fell in with the spirit of the time and gave way to relaxation in morals and discipline. Imitating their pagan neighbours, they began to regulate their lives by worldly principles – the desire of wealth, luxury and pleasure – rather than by the more spiritual ideals of detachment from the things of the earth, simplicity of living, and uncompromising virtue“. 113 In mort. 2 macht Cyprian u.a. die Lockungen des weltlichen Lebens (dulcedine saecularis uitae) für den Glaubensschwund seiner Gemeinde angesichts der vielen Toten aufgrund einer in Karthago wütenden Seuche verantwortlich und in zelo 2 sieht er die Keuschheit der Christen durch verführerische Bilder und leichtfertige Vergnügungen (formas inlices et faciles uoluptates) gefährdet. 114 Vgl. dazu auch habit. 5; 8; 12; 15-17; 21.
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Ehen, die zwar einerseits die Chance auf weitere Konversionen innerhalb der Familie boten, andererseits aber den christlichen Partner permanent einer polytheistischen Umgebung aussetzten. Wenn Cyprian nun diese gemischten Ehen innerhalb von laps. 6 tadelt115, d.h. dort, wo er einen kurzen Abriss all der Missstände präsentiert, die sich in den letzten Jahren in seine Gemeinde eingeschlichen hatten, dann will der Bischof von Karthago damit offenkundig andeuten, dass auch dieser Missstand seiner Ansicht nach kein Einzelfall war, sondern in der vorausgegangenen Friedenszeit eher noch zugenommen hatte116 und deshalb – neben all den anderen Vergehen – Gottes Eingreifen provozierte117. Die Schriften Cyprians lassen im Zusammenhang mit der massenhaften, freiwilligen Opferpraxis vieler Christen im Gefolge des decischen Opferediktes noch einen weiteren, besonders gravierenden Missstand erahnen, der darüber Aufschluss geben kann, wie eng diese Christen (immer noch) mit ihrer heidnischen Umwelt verbunden waren. Fasst man Cyprians Schilderung des Verhaltens vieler Christen im Rahmen des decischen Opferediktes in Karthago ins Auge, so fällt auf, dass er mehrfach betont, dass diese Christen freiwillig die vorgeschriebenen Opfer vollzogen hätten und diese Gelegenheit sogar herbeigesehnt hätten. Mag letzteres zweifelsohne zweckgebundene Rhetorik sein – Cyprian will an dieser Stelle den Lapsi schließlich klarmachen, dass es für ihr Verhalten keine Entschuldigung gibt –, so kann es dennoch m.E. nicht angehen, die Passage generell als „rhetorisches Konstrukt“ abzutun, denn wäre seine Schilderung der Ereignisse nicht in der Realität verankert, wäre dies für Cyprian kontraproduktiv gewesen, denn sie hätte die Widerrede der Lapsi provoziert, anstatt sie von der Notwendigkeit der zu leistenden Buße zu überzeugen. Geht man aber davon aus, dass eine nicht geringe Zahl von karthagischen Christen bereit war, freiwillig, d.h. ohne zuvorkommende Strafandrohungen von Seiten des Staates im Falle der Verweigerung, die geforderten Operhandlungen zu vollziehen, so stellt sich die Frage, wie dieses Verhalten zu erklären ist. Der Bischof von Karthago versucht darauf eine Antwort: die so handelnden Christen haben alles einfach vergessen (Exciderunt quibusdam pro nefas omnia et de memoria recesserunt)118, wobei unter dem „alles“, wie aus dem vorausgehenden Kapitel laps. 7 hervorgeht, zunächst das biblische Verbot, anderen Göttern zu opfern und die
115 Iungere cum infidelibus uinculum matrimonii, prostituere gentilibus membra Christi. Für Cyprian war die Mischehe verboten (vgl. Quir. 3,62: Matrimonium cum gentilibus non iugendum). Vgl. dazu Harnack, Mission, 607f. 116 Wischmeyer, Golgatha, 114 kommt aufgrund von laps. 6 zu dem Ergebnis, dass die Mischehe nach Cyprian „einen sehr weit verbreiteten Übelstand [darstellt]“. 117 Vgl. laps. 6f. 118 Laps. 8.
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bei Zuwiderhandlung angedrohten Strafen119, zu verstehen ist. Nichts anderes als den Ausschließlichkeitsanspruch des christlichen Monotheismus haben diese Christen also „vergessen“ und die von Cyprian zitierten Bibelstellen haben keine andere Funktion als die Unvereinbarkeit von heidnischem und christlichem Kult zu demonstrieren und ins Gedächtnis zu rufen120. Wie sehr dies wohl notwendig war, bezeugt laps. 15. Hier beklagt Cyprian das aus seiner Sicht völlig inakzeptable Verhalten einiger Lapsi, die, unmittelbar nach ihrer Opferhandlung, d.h. von den „Altären des Teufels“ (a diaboli aris) kommend, sofort wieder den „Leib des Herrn“ (domini corpus) empfangen wollen121. Ein Unrechtsbewusstsein bzw. das Wissen, soeben eine schwere Sünde begangen zu haben, die Buße fordert, scheinen diese Lapsi in den Augen Cyprians nicht gehabt zu haben122. Offenkundig war der Bischof von Karthago also davon überzeugt, dass so mancher Christ meinte, beide Religionen, die christlich-monotheistische und die heidnisch-polytheistische seien ohne größere Schwierigkeiten miteinander zu vereinbaren bzw. Opferhandlungen zugunsten heidnischer Götter und / oder des Kaisers seien kein Vergehen – bzw. wenn überhaupt – dann nur ein geringes. Im Hintergrund könnte dabei die Überzeugung so Mancher gestanden haben, dass es sich bei ihren Opferhandlungen für die heidnischen Götter lediglich um einen rein formalen Akt gehandelt habe, vom dem ihre (wahre) Glaubensentscheidung zugunsten des Christentums nicht betroffen sei, da man beides voneinander trennen könne123. Dass diese Haltung aber nicht nur unter christlichen Laien, 119 Vgl. Dtn 6,13; Jes 2,8f; Ex 22,19. 120 Zum folgenden vgl. Stritzky, Erwägungen, 8-17. 121 A diaboli aris reuertentes ad sanctum domini sordidis et infectis nidore manibus accedunt. Mortiferos idolorum cibos adhuc paene ructantes, exhalantibus etiam nunc scelus suum faucibus et contagia funesta redolentibus, domini corpus inuadunt (laps. 15). Ganz ähnlich erklingt bereits bei Tertullian der Vorwurf: Christianum ab idolis in ecclesiam uenire (idol 7,1; CChr.SL 2,1106), nur mit dem Unterschied, dass hier die Rede ist von solchen Christen, die als Handwerker Götzenbilder herstellen, nicht jedoch von solchen, die Götzen geopfert haben. 122 So kommt Bleckmann, Christenverfolgung, 58 zu dem Schluss: „Die Unvereinbarkeit der Durchführung eines von der kaiserlichen Autorität als Loyalitätskundgebung abverlangten Opfers mit der christlichen Religion war offenkundig nicht allen Christen von Anfang an klar“. Vgl. dazu auch Countryman, Christian, 191, der in diesem Zusammenhang zu Recht feststellt: „Many [rich lapsed] felt that they had done nothing wrong by performing an act of external confirmity“. 123 Im Hintergrund könnte hierbei 1Kor 8 gestanden haben, wo Paulus den Korinthern zwar nahelegt, kein Götzenopferfleisch zu essen, da die „Schwachen“ Anstoß daran nehmen könnten (vgl. V. 9), er aber zugleich festhält, dass „uns keine Speise vor Gottes Gericht bringen [kann]“ (V. 8), denn die Christen wüssten ja, „dass es keine Götzen gibt in der Welt und keinen Gott außer dem einen“ (V. 4).
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sondern sogar unter Klerikern wohl existent war, belegt neben laps. 15 auch ep. 16, die an die Presbyter und Diakone von Karthago adressiert ist. Darin hält Cyprian ihnen vor, dass sie bereit seien, mit den Lapsi zusammen die Eucharistie zu feiern und ihnen das Abendmahl zu reichen, ohne dass diese zuvor Buße geleistet hätten124. Aus diesem Grund sieht Cyprian sich genötigt, seinem Klerus 124 ... nunc crudo tempore persecutione adhuc perseuerante, nondum restituta ecclesiae ipsius pace, ad communicationem admittuntur, et offertur nomine eorum, et nondum paenitentia acta, nondum exomologesi facta, nondum manu eis ab episcopo et clero inposita, eucharistia illis datur (ep. 16,2,3). Hinter diesen Klerikern dürfte wohl die Gruppe um Novatus und dessen Nachfolger Felicissimus gestanden haben, jene Oppositionsgruppe also, die die Wahl Cyprians zum Bischof zu vereiteln gesucht hatte und seither seine Gegner waren (vgl. ep. 41; 43; 59,9,1.12,2). Diese Gruppe lehnte die strengen Bußforderungen Cyprians ab und war statt dessen bereit, mit den Lapsi die Eucharistie zu feiern, auch wenn diese zuvor keine Buße geleistet hatten (vgl. dazu Fischer, Synoden, 165f; Sage, Cyprian, 138-143; Countryman, Christian, 192). Diese laxe Haltung ist zum Teil sicherlich dadurch zu erklären, dass sie bewusst die Konfrontation mit Cyprian und dessen strenger Position suchten bzw. sich dadurch von ihrem Bischof abzugrenzen trachteten. Sie wussten wohl nur zu gut, dass dies der für sie günstigste Zeitpunkt war, den in seinem Exil sich verbergenden und somit in seiner Stellung stark geschwächten Bischof herauszufordern und zu stürzen. Dies allein reicht aber m.E. nicht als Erklärung für ihren gänzlichen Verzicht auf Bußleistungen seitens der Lapsi aus, denn zu einer Zeit, in der es noch keinen allgmeinen Konsens darüber gab, ob die schwere Sünde der Idolatrie überhaupt vergeben werden könne (Quir. 3,28 : Non posse in ecclesia remitti ei qui in Deum deliquerit ; vgl. dazu auch laps. 17), hätte die Gruppe um Novatus und Felicissimus eigentlich wissen müssen, dass ihre Position so extrem war, dass sie von Seiten der Großkirche niemals Anerkennung und Unterstützung finden konnte sondern von ihr verurteilt werden musste. Dies konnte aber nicht im Interesse der Gruppe liegen. Eine weit weniger radikale Haltung, wie z.B. die Lapsi mit Friedensbriefen (libelli pacis) der Bekenner sofort zur Eucharistie zuzulassen und diejenigen ohne ein solches Schreiben wie Katechumenen zu behandeln, die zwar die Eucharistie nicht empfangen dürfen, aber dennoch nicht gänzlich vom Gottesdienst ausgeschlossen sind, hätte ebenso vollends genügt, um in scharfe Opposition zu Cyprian zu gehen, ohne jedoch eine Position in der Bußfrage einzunehmen, die für die Großkirche völlig inakzeptabel und nicht kommunizierbar war. Das bedeutet aber, dass diese so radikal laxe Position nicht allein dadurch erklärt werden kann, dass man auf die Opposition zu Cyprian verweist. Ergänzend dazu bedarf es eines weiteren Aspektes, um diese Haltung verständlich machen zu können, und der dürfte darin bestehen, dass die Gruppe um Novatus und Felicissimus aus jenen Kreisen der karthagischen Gemeinde stammte und ihnen am nächsten stand, die wohlhabend waren und den höheren sozialen Schichten der Gesellschaft angehörten. So kommt Countryman, Christian, 192 zu dem Ergebnis, „that he [Novatus] was in charge of a district of the city (the Byrsa) that included the main public buildings along with much wealth and influence“ und in Bezug auf Felicissimus hat Wischmeyer, Ecclesia, 184 herausgearbeitet, dass es sich bei diesem um einen „aristokratischen Patron, ... der in der Kurie von Karthago einigen Einfluß besitzt“, gehandelt hat. Von jenen
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darzulegen, dass die Teilnahme am Götzenopfer und die Teilnahme an der Eucharistie nicht miteinander zu vereinbaren sind, da erstere die schwere Sünde der Idolatrie darstellt, die den Verlust der Taufgnade bedeutet und den Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft nach sich zieht. Deshalb trifft die Kleriker, die die Strenge des Evangeliums (euangelii uigorem) und das Gesetz Gottes (Dei legem) kennen und der Gemeinde einschärfen müssen, besondere Schuld125 und umso schwerer wiegt der Umstand, dass auch sie so handeln, als ob der Opfervollzug ihrer Mitbrüder kein bzw. nur ein geringes Vergehen sei, indem sie mit den Lapsi zusammen die Eucharistie feiern, obwohl die diesbezüglichen Aussagen der hl. Schrift, die von Cyprian angeführt werden, wie z.B. 1Kor 10,21126 und 1Kor 11,27127, keinen Zweifel an der Unrechtmäßigkeit des Verhaltens dieser Kleriker aufkommen lassen. Darüber hinaus weiß Cyprian in laps. 24-26 von einigen diesbezüglichen konkreten Fällen im Kontext des decischen Opferediktes zu berichten, die nichts anderes als eine Illustration der von ihm angeführten Bibelstellen sind, so z.B. wenn er den Fall eines kleinen Kindes anführt, das den eucharistischen Wein, der ihm vom Diakon eingeflößt wurde, erbrechen musste, weil es zuvor von einem Stückchen Brot gegessen hatte, das in heidnischem Opferwein getaucht war. Begründet wird dies mit dem Vermerk: „In dem entweihten Körper und Mund konnte die Eucharistie nicht verbleiben, das im Blute des Herrn geweihte Getränk verließ die beschmutzten Eingeweide schnell wieder.“128
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Kreisen ist hier also die Rede, die Cyprian bei seiner schonungslosen Kritik der Missstände besonders im Auge gehabt haben dürfte, weil sie am stärksten verweltlicht und am engsten mit ihrer heidnisch-polytheistischen Umwelt verbunden waren, denn „die Christen höherer sozialer Herkunft stehen in einer besonderen Verbindung mit ... ihrem jeweiligen Kapitol und den Kurien. Sie haben vorgegebene traditionelle Verpflichtungen und Vorrechte“ (ebd., 190). Der Grund, warum die Gruppe um Novatian und Felicissimus bereit war, mit den Lapsi ohne zuvor geleistete Buße und ohne den Besitz von Friedensbriefen Eucharistie zu feiern, und dabei offenkundig kein Unrechtsbewusstsein empfand, dürfte demnach darin liegen, dass sowohl diese Presbyter als auch ein beträchtlicher Teil dieser Lapsi während der langen Friedenszeit eng mit ihrer polytheistischen Umwelt verbunden waren und geblieben sind und deshalb den Akt der Idolatrie nicht als schweres Vergehen wahrnahmen, ja sogar vermutlich dachten, dass sie nichts falsches getan hätten. Vgl. ep. 16,3,1. non potestis calicem domini bibere et calicem daemoniorum. Non potestis mensae domini communicare et mensae daemoniorum (ep. 16,2,2; laps. 15). qui ederit panem aut biberit calicem domini indigne reus erit corporis et sanguinis domini (ep. 16,2,3; laps. 15). in corpore adque ore uiolato eucharistia permanere non potuit, sanctificatus in Domini sanguine potus de pollutis uisceribus erupit (laps. 25).
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Wenn aber Cyprian glaubt, auf so vehemente und eindringliche Art und Weise, gestützt auf Schriftworte und konkrete Beispiele, sowohl den Laien als auch den Klerikern von Karthago die Unvereinbarkeit von heidnischem und christlichem Kult vor Augen führen zu müssen, dann drängt sich die Vermutung auf, dass er überzeugt war, in diesem Punkt herrsche erheblicher Klärungsbedarf, denn ganz offenkundig zielen seine Ausführungen daraufhin ab, der Ansicht entgegenzutreten, man könne, ohne größere Schuld auf sich zu laden, den heidnischen Göttern opfern und trotzdem zugleich an der christlichen Eucharistie teilhaben. So hat v. Stritzky deshalb m.E. zu Recht festgehalten, dass „das Bewußtsein der Analogie von heidnischem und christlichem Opfer und deren Konkurrenz … weder bei den Gemeindemitgliedern Cyprians noch bei allen Klerikern vorhanden gewesen zu sein [scheint], weshalb er [Cyprian] es wegen des Ausschließlichkeitscharakters des christlichen Opfers und im Sinne einer klaren Trennung von antiker Religion und Christentum noch während der Verfolgung für notwendig erachtete, in einem Brief an seine Priester und Diakone diese Auffassung einzuschärfen“129.
Anders ausgedrückt: laps. 15 und ep. 16 legen den Verdacht nahe, dass zumindest innerhalb bestimmter Kreise der karthagischen Gemeinde im Laufe der langen vorausgegangenen Friedenszeit und der damit verbundenen Verweltlichung die kompromisslose kirchliche Position des strikten „entweder – oder“ von christlichem Monotheismus und heidnischem Polytheismus eine Abschwächung und Aufweichung erfahren hat zugunsten der Haltung eines verwaschenen „sowohl – als auch“, die im Tatbestand der Idolatrie keine schwere Sünde zu erkennen vermochte und demnach einen Ausschluss aus der Kultgemeinschaft nicht für nötig erachtete. Damit bestätigt sich die Einschätzung v. Harnacks, dass die heidnischen Götzen auch zu Zeiten Cyprians unter den Christen „noch eine Macht [waren]“130, die es ernst zu nehmen und zu bekämpfen galt.
Fazit Die eingangs des Kapitels gestellte Frage, aus welchen Motiven heraus Cyprian überzeugt war, man müsse eine exhortatio ad martyrium, d.h. eine rein esoterische Schrift, mit dem Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götter beginnen lassen, kann jetzt folgendermaßen beantwortet werden: Die Erfahrungen im Gefolge des decischen Opferediktes, allen voran die große Masse der Lapsi und das überstürzte und freiwillige Opfern so vieler Christen hatten Cyprian klar und deutlich vor Augen geführt, dass seine Gemeinde in der vorangegangenen fast 129 Stritzky, Erwägungen, 12. 130 Harnack, Mission, 301.
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40-jährigen Friedenszeit starken Tendenzen der Verweltlichung und der Annäherung an die sie umgebende heidnische Gesellschaft erlegen war131. So konnte „das Eindringen der Christen in den gesamten Kreis des weltlichen Berufslebens nicht aufgehalten werden“132 und immer mehr Christen und Christinnen hatten in dieser Zeit Eingang in die höheren sozialen Schichten der römischkarthagischen Gesellschaft gefunden bzw. stammten aus diesen und waren auch weiterhin untrennbar mit ihrer heidnisch-polytheistisch geprägten Umwelt verbunden133, von der sie sich in der Taufe – zu diesem Zeitpunkt häufig erst im Erwachsenenalter vollzogen – eigentlich losgesagt hatten. Es kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Bischof von Karthago dies erkannt hatte und dagegen zu Felde zog. Zu deutlich tragen seine Schriften und Briefe aus dieser Zeit die Spuren der Auseinandersetzung in sich, dergestalt, dass er seine Gemeinde samt Klerikern wegen ihrer Liebe zum Geld und ihres weitverbreiteten und z.T. skrupel- und gewissenlosen Strebens nach Vermögen und Besitz tadelt, dass er die Übernahme heidnischer Sitten und Bräuche durch christliche Männer und Frauen beklagt, dass er gegen den Wohlstand und die Prunkfreude zahlreicher Jungfrauen zu Felde zieht, dass er sich genötigt sieht gegen Mischehen einzuschreiten und dass er es offenkundig für notwendig erachtete, einen Teil der Lapsi und der Kleriker davon zu überzeugen, dass derjenige, der sich des Vergehens der Idolatrie schuldig gemacht hat, nicht ohne zuvor geleistete Buße und Handauflegung durch den Bischof134 wieder die Eucharistie empfangen könne. Betrachtet man diese zuletzt genannte Diskussion nicht isoliert für sich, sondern als ei131 Vgl. dazu Sage, Cyprian, 191: „The general standards of behaviour among Christians had tended to be assimilated to those of the surrounding pagan community“. 132 Ebd., 323. 133 In idol. 17 setzt sich Tertullian mit der Frage auseinander, ob Christen Ämter bekleiden dürften. Formal lautet seine Antwort, wenn der Christ glaubwürdig versichern könnte, dass er sich in seinem Amt all der Dinge enthalten kann, die ihn in Kontakt mit Götzendienst bringen könnten, dann darf er die Stellung übernehmen (si haec credibile est fieri posse). Tertullian lässt aber keinen Zweifel daran, dass er dies praktisch für unmöglich hält, denn jeder öffentliche Tätigkeitsbereich verlangt vom Christen Handlungen, die ihn direkt oder indirekt in Kontakt mit der heidnischen Kultur und ihren Götzen bringen. Sein diesbezügliches Urteil fällt damit de facto negativ aus. Für Christen aus höheren sozialen Schichten zur Zeit Cyprians, von denen nicht wenige entsprechende Ämter und Funktionen bekleidet haben dürften (vgl. ep. 80,1,2), ist es deshalb kaum vorstellbar, dass sie in der Lage waren, ihre Ämter so auszuführen, dass sie keinen Kontakt mit der sie umgebenden heidnischen Gesellschaft und ihrem omnipräsenten Götterkult pflegen mussten. Eine Annahme, die in laps. 6 von Cyprian selbst bestätigt wird, denn darin entwirft er nach Harnack, Mission, 564 „ein abschreckendes Bild von der totalen Verweltlichung reicher Christen“. 134 Vgl. ep. 16,2,3.
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nen Teilaspekt der Verweltlichung der karthagischen Gemeinde, dann kommt ihr eine Schlüsselfunktion für die Beantwortung der eingangs gestellten Frage zu, warum Cyprian meinte, eine exhortatio ad martyrium müsse mit dem Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götter beginnen. So legt der Umstand, dass es Lapsi gab, die sofort nach vollzogener Opferhandlung wieder zur Eucharistie drängten und dass sich Kleriker bereit fanden, ihnen diese zu reichen, die Vermutung nahe, dass die so Handelnden darin kein Unrecht sahen bzw. nur ein sehr geringes. Wären sie sich der Größe ihrer Schuld bewusst gewesen, dann hätten sie erkannt, dass sie sich durch das schwere Vergehen der Idolatrie selbst aus der kirchlichen Gemeinschaft entfernt haben und somit eine gemeinsame Eucharistiefeier unmöglich ist. Nichts geringeres als den Ausschließlichkeitsanspruch des christlichen Monotheismus, der neben sich keine anderen Götter duldet, sondern diese zu Götzen und Dämonen erklärt und jede Opferhandlung zu ihren Gunsten mit dem geistlichen Tod des Betreffenden gleichsetzt135, haben jene Christen vergessen oder ignoriert, wohl aufgrund ihrer geistig-geistlichen Nähe zu ihrer heidnischen Umwelt und dessen Polytheismus. So kann es nicht verwundern, dass in Cyprian nach diesen Erfahrungen die Erkenntnis reifte, eine Vorbereitung auf das Martyrium müsse zunächst mit einer Kampfansage an diesen Polytheismus beginnen. Dies darzulegen und zu „beweisen“ hat sich der Bischof von Karthago in Fort. 5 (1) als Aufgabe und Ziel gesetzt.
Apologetische Argumentationen im Werk Cyprians Apologie in Fort. 5 (1) Fort. 5 (1) ist dem Thema der Apologie gewidmet. Der erste der zwei Teile dieses Titulus dient, wie bereits erwähnt, dem Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götter als Götzen. Begründet wird dies mit dem Verweis, dass die Götzen(bilder) von Menschenhand gefertigt werden und somit als Geschaffenes niemals größer sein können als ihre Schöpfer und deshalb auch niemanden beschützen können, sondern selbst des Schutzes der Menschen bedürfen um nicht aus ihren Tempeln zu verschwinden136. Die Argumentation ist im Großen und Ganzen aus den drei von Cyprian zitierten Bibelstellen Ps 135,15-18 (Die Götzen der Heiden sind Silber und Gold, ein Werk von Menschenhand. Sie haben einen Mund, sprechen aber nicht, sie haben Augen, sehen aber nicht, sie haben 135 Vgl. laps. 8. 136 Primo in loco dicendum est idola deos non esse quae homo sibi faciat, neque enim quae fiunt factore suo et fabricatore maiora sunt, aut protegere et seruare quemquam possunt quae ipsa de templis suis pereunt, nisi ab homine seruentur.
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Ohren, hören aber nicht, es ist auch kein Lebenshauch in ihrem Mund. Alle, die sie anfertigen, sollen ihnen gleichen)137; Weish 15,15-17 (Sie hielten alle Götzen der Völker für Götter, die weder ihre Augen benutzen können, um zu sehen, noch ihre Nasen, um den Lebenshauch aufzunehmen, noch Ohren, um zu hören, Finger an den Händen, um greifen zu können, und auch ihre Füße sind unfähig zu gehen. Der Mensch nämlich hat sie gemacht, einer, dem der Lebenshauch nur geliehen ist, hat sie erfunden. Kein Mensch kann einen Gott erschaffen, der ihm ähnlich wäre, denn da er sterblich ist, erschafft er mit seinen unfähigen Händen Totes. Besser ist er selbst als die, die er verehrt, da er selbst gelebt hat, jene dagegen niemals)138 und Ex 20,4 (Du sollst dir kein Götzenbild machen, noch irgendetwas dergleichen)139 gewonnen, wobei letztere als viertes Gebot des Dekalogs lediglich das Verbot enthält, ein Götzenbild anzufertigen. Ps 135,15 nennt die Götzen der Heiden (idola gentium) ein Werk von Menschenhand (opus manuum hominum) und Weish 15,17 stellt fest, dass der Mensch besser ist als die von ihm angefertigten Götterbilder, da er im Gegensatz zu seinen toten Werken ein lebendiges Wesen ist. Der Aspekt, dass die Götzen niemanden beschützen können, sondern selbst auf Schutz angewiesen sind, ist nicht explizit in den von Cyprian zitierten Bibelstellen enthalten, ergibt sich aber aus dem Umstand, dass die Götzenbilder als von Menschenhand gefertigte Werke kein Leben in sich haben, sondern tot sind (vgl. Ps 135,17; Weish 15,17). Ausformuliert ist dieser Gedanke etwa in Weish 13,16, wo es heißt, dass der Mensch die Götzenbilder, um sie vor dem Umfallen zu schützen, an der Wand befestigt, weil er weiß, dass sie sich selbst nicht helfen können, sondern vielmehr ihrerseits auf Hilfe angewiesen sind. Lediglich das Motiv, dass die Götzenbilder aus den Tempeln verschwinden140, wenn nicht der Mensch sie bewacht, ist nicht den biblischen Vor-
137 Idola gentium argentum et aurum, opus manuum hominum. Os habent et non loquuntur, oculos habent et non uident, aures habent et non audiunt: neque enim est spiritus in ore eorum. Similes sint illis omnes qui faciunt ea. 138 Omnia idola nationum aestimauerunt deos, quibus neque oculorum usus est ad uidendum neque nares ad percipiendum spiritum neque aures ad audiendum nec digiti in manibus ad tractandum, sed et pedes eorum pigri ad ambulandum. Homo enim fecit illos et qui spiritum mutuatus est is finxit illos. Nemo autem sibi similem homo poterit deum fingere: cum sit enim mortalis, mortuum fingit manibus iniquis. Melior est autem ipse his quos colit, quoniam ipse quidem uixit, illi numquam. 139 Non facies tibi idolum nec cuiusquam similitudinem. 140 In erster Linie dürfte Cyprian hier auf den Umstand abzielen, dass Götterstatuen immer wieder die Beute von Dieben und Eroberern wurden. Auch an ein Verbrennen der oft aus Holz gefertigten Statuen im Falle eines Tempelbrandes ist zu denken.
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lagen zu entnehmen. Hierbei könnte etwa Tertullians Apologeticum141 als Fundquelle und Inspiration gedient haben. Der zweite Teil von Fort. 5 (1) ist mit dem ersten durch den Verweis verbunden, dass ebenso wie die Götzen auch die Elemente nicht verehrt werden dürfen142, da diese nach Gottes Gebot dem Menschen dienen143. Zugrunde liegend ist hier Weish 13,1-4 (Und die Geschöpfe beachtend, erkannten sie ihren Schöpfer nicht, sondern sie hielten das Feuer oder den Geist oder die flüchtige Lust oder den Sternenkreis oder die Wassermassen oder die Sonne oder den Mond für Götter. Wenn sie dies aufgrund deren Schönheit dachten, dann sollten sie auch wissen, dass der Herr noch schöner ist. Oder wenn sie deren Stärke und deren Werke bewunderten, dann hätten sie einsehen müssen, dass der, der dies mit Macht eingerichtet hat, mächtiger ist als Jene)144. Eine Modifikation der Verse nimmt Cyprian jedoch vor, nämlich dass die biblische Vorlage das Verbot der kultischen Verehrung der Elemente damit begründet, dass Gott als Schöpfer und Herr der Elemente mächtiger und größer ist als diese, während er dagegen argumentiert, dass die Elemente nicht verehrt werden dürften, weil sie – nach Gottes Gebot – dem Menschen dienen. Dieser auf den ersten Blick nicht sofort einsichtige Gedanke muss umso mehr überraschen, wenn man bedenkt, dass nach Weish 16,24 die Schöpfung ihrem Schöpfer dient, d.h. aber, sie dient Gott und nicht dem Menschen. Eine ausführliche Illustration dessen, was Cyprian meint, wenn er davon spricht, dass „die Elemente dem Menschen dienen“, bietet er in pat. 4. Dort preist er in Anlehnung an Mt 5,45 die Geduld Gottes, der über allen Menschen, guten wie bösen, die Sonne aufgehen lässt, für alle die Winde wehen, die Quellen fließen und die Ernte gedeihen lässt und allen die Jahreszeiten gefügig macht und ihnen die Elemente dienen lässt145. Die Bibelstelle, die 141 Nam utique suas primo statuas et imagines et aedes uindicarent, quae, ut opinor, caesarum milites excubiis salua praestant (Tert., apol. 29,2; CChr.SL 1,140). Zu diesem Motiv vgl. Fredouille, Götzendienst, 861; Funke, Götterbild, 789-791; Fiedrowicz, Apologie, 237. 142 Zur christlichen Polemik gegen die Verehrung der Elemente vgl. Vermander, polémique, 5-7; Hanson, Christian attitude, 939; Fiedrowicz, Apologie, 235; Fredouille, Götzendienst, 860. 143 ... sed nec elementa colenda esse, quae homini secundum dispositionem et praeceptum Dei seruiunt. 144 Neque opera adtendentes agnouerunt quis esset artifex, sed aut ignem aut spiritum aut citatum aerem aut gyrum stellarum aut nimiam aquam aut solem aut lunam deos putauerunt: quorum si propter speciem hoc aestimauerunt, sciant quanto his Dominus sit speciosior: aut si uirtutes et opera eorum mirati sunt, intellegebant ab ipsis quotiamo qui haec constituit fortia fortior est illis. 145 Uidemus inseparabili aequalitate patientiae nocentibus et innoxiis, religiosis et impiis, gratias agentibus et ingratis dei nutu tempora obsequi, elementa famulari, spirare uen-
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Cyprians Ausführungen wohl am nächsten kommen dürfte, ist Gen 1,14, wo es innerhalb des Schöpfungsberichtes heißt, dass die Lichter des Himmelsgewölbes (dem Menschen) zur Bestimmung von Festzeiten, Tagen und Jahren dienen sollen. Vermutlich war es dieser Gedanke, den Cyprian auf die ganze Schöpfung und somit auch auf die Elemente hin interpretierte und der ihn zu seiner Formulierung veranlasste. Die vier unter Fort., test. 1 gelisteten Testimonien (Ps 135,15-18; Weish 15,15-17; Ex 20,4; Weish 13,1-4) hat Cyprian auch in Quir. 3,59 unter dem Titulus „Über die Götzen, die die Heiden für Götter halten“ (De idolis quae gentiles deos putant) neben zahlreichen weiteren Testimonien gesammelt, so dass sich der Titulus unschwer als Vorlage und Materialquelle für Fort. 5 (1) ausmachen lässt. Da Cyprian von den insgesamt 18 unter Quir. 3,59 geführten Bibelstellen lediglich vier auswählt, belegt dies, wie selektiv er dabei vorging, was die Eigenständigkeit der Konzeption von Fort. unterstreicht. Da Fort. 5 (1-13) allein für sich betrachtet nicht viel mehr als eine biblische Materialsammlung darstellt und infolge dessen die Ausführungen Cyprians in Fort. 5 (1) bezüglich Apologie an dieser Stelle nicht über Allgemeinplätze hinausgehen, erübrigt sich hier eine weiterführende Analyse des Textes. Statt dessen soll im Folgenden, wie bereits dargelegt, untersucht werden, wie Cyprian in seinen früheren Schriften das Thema „Apologie“ behandelt hat.
Apologetische Schriften Cyprians Man kann Cyprian von Karthago schwerlich einen „Apologeten“146 nennen147, denn zu sehr sind seine Traktate und Briefe von seiner pastoralen Ausrichtung durchdrungen oder wie Bardenhewer es formuliert: „Cyprian ist überhaupt ein Mann der Praxis, nicht der Theorie, ein Mann des Glaubens, nicht der Spekulation“148. Nichtsdestoweniger weisen einige seiner Schriften durchaus apologetische Tendenzen auf bzw. lassen sich als „apologetisch“ bezeichnen149, wobei es zu klären gilt, inwieweit dieses Material für die hier zugrunde liegende Fragestellung relevant ist.
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tos, fontes fluere, grandescere copias messium, fructus mitescere uinearum, exuberare pomis arbusta, nemora frondescere, prata florere (pat. 4). Zum Begriff „Apologet“ vgl. Scholten, Apologeten, 832-834. Vgl. Fiedrowicz, Apologie, 64; Monceaux, Histoire, 259. Bardenhewer, Geschichte, 451. Zu den apologetischen Schriften Cyprians vgl. Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 554.
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Unter den apologetisch ausgerichteten Schriften Cyprians wird in der Forschung durchweg „Ad Donatum“ (Donat.) genannt150, welche kurz nach seiner Bekehrung und Taufe vermutlich im Jahr 246151 entstanden ist. Das apologetische Moment des Traktates besteht darin, dass Cyprian, nachdem er in den Kap. 3-5 seine Taufe als geistliche Wiedergeburt, Erleuchtung und Erneuerung dargestellt hat, in den darauffolgenden acht Kapiteln (6-13) dieses neu gewonnene Leben in scharfen Kontrast zur völligen Verderbtheit und Sündhaftigkeit der (heidnischen) Welt setzt152. Nacheinander werden die allgegenwärtigen Kriege (bella ubique diuisia) und das Blutvergießen (madet orbis mutuo sanguine), die Gladiatorenspiele (gladiatorius ludus), die Theateraufführungen (diuersi spectaculi … in theatris), die Schlafgemächer (cubiculorum obductas fores), die Ungerechtigkeit des Forums (forum litibus mugit insanum) und die vermeintlichen Güter der Welt wie Ämter und Ehrenstellungen (honores), Reichtum (diuites) und Herrschermacht (honorum infulas) geschildert und bilden so die Kontrastfolie zur angenehmen und zuverlässigen Seelenruhe (placida et fida tranquillitas) dessen, der durch die Taufe den Wirren und Gefahren der Welt entronnen ist. Die apologetische Ausrichtung von Donat. ist somit offenkundig, dennoch enthält die Schrift keine für diese Untersuchung relevante Aspekte, denn die Ausgangsfrage lautet, wie Fort. 5 (1), der Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götter, im Werk Cyprians konkrete Gestalt angenommen hat. Zu dieser Thematik äußert sich Donat. jedoch nicht, die heidnischen Götter finden im ersten Traktat Cyprians keine Erwähnung und deshalb braucht Donat. trotz seiner apologetischen Ausrichtung hier nicht weiter berücksichtigt zu werden. Ganz ähnlich verhält es sich mit den drei Büchern „Ad Quirinum“, der zweiten Testimoniensammlung Cyprians neben Fort., die ebenso wie Donat. zu seinen apologetischen Werken gezählt wird.153 Auch Quir. liefert für diese Untersuchung kein verwendbares Material, da die Schrift wie Fort. lediglich kurze Thesen bzw. Leitsätze samt dazugehörigen Bibelstellen enthält, ohne diese jedoch auszuformulieren. Quir. und Fort. belegen damit zwar, wie wichtig Cyprian dieses Thema war, für sich betrachtet stellen sie dem Leser jedoch nur biblisches Rohmaterial zur eigenen Verwendung bzw. Verarbeitung zur Verfügung. Da hier aber nach der persönlichen Ausgestaltung und Ausarbeitung des Stoffes gefragt wird, braucht Quir. keine weitere Beachtung zu finden. 150 Vgl. ebd.; Kraft, Kirchenväter, 363; Campenhausen, Kirchenväter, 38; Monceaux, Histoire, 259-266; Pellegrino, Studi, 107-119. 151 Vgl. Hoffmann, Cyprian von Karthago, 171. 152 Nach Pellegrino, Studi, 109f zeigt sich die apologetische Ausrichtung von Donat. darin, „come esaltazione della nobilità morale del cristianesimo ... messa in forte contrasto con la depravazione a cui era giunto il paganesimo nella vita individuale e sociale“. 153 Vgl. Monceaux, Histoire, 277-284.
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Als letzte zu untersuchende apologetische Schrift ist der knapp gehaltene Traktat „Quod idola dii non sint“ (idol.) zu nennen, der lange Zeit Cyprian zugeschrieben wurde, da Hieronymus154 und Augustinus155 ihn als cyprianische Schrift ausweisen, obwohl er weder von Pontius noch im Mommsenschen Verzeichnis156 Erwähnung findet. Dementsprechend war die Verfasserschaft Cyprians bis Ende des 19. Jahrhunderts unbestritten, bis man daran Anstoß nahm, dass Cyprian seine Quellen stets frei handhabt, während hingegen idol. eine Kompilation darstellt, die Tertullians Apologeticum und den Octavius des Minucius Felix zitiert157, so dass im Anschluss daran die Verfasserschaft Cyprians lange Zeit kontrovers diskutiert wurde158. Da zuletzt m.E. überzeugend hat nachgewiesen werden können, dass in idol. neben den bereits erwähnten Quellen auch die Institutiones des Laktanz und deren Epitome Verwendung gefunden haben159, kann Cyprian nicht der Autor von idol. sein. Die Schrift ist in das vierte Jahrhundert zu datieren160 und wird aus diesem Grunde hier nicht weiter berücksichtigt. Als einzige im engeren Sinne apologetisch zu nennende Schrift Cyprians bleibt somit „Ad Demetrianum“ (Dem.) übrig, da allein in ihr der Bischof von Karthago bemüht ist, Angriffe von heidnischer Seite gegen die christliche Religion abzuwehren und zu entkräften. Es liegt deshalb nichts näher, als in Dem. die persönlich-individuelle Ausformulierung der Gedanken Cyprians bezüglich der Auseinandersetzung zwischen dem heidnischen Polytheismus und dem christlichen Monotheismus zu vermuten, weshalb im Folgenden eine Untersuchung von Dem. auf diesen Aspekt hin vorgenommen werden soll.
154 Cyprianus, quod idola dii non sint, qua breuitate, qua historiarum omnium scientia, quo uerborum et sensuum splendore perstrinxit! (Hier., ep. 70,5,2; CSEL 54,707). 155 ... sanctus Cyprianus talibus aduersus eosdem ethnicos utitur testibus. Nam cum de magis loqueretur, ‚quorum tamen’ inquit‚ praecipuus Ostanes ... confitetur (Aug., bapt. 6,44,87; CSEL 51,340; mit einem Zitat aus idol. 6). Für weitere Stellen bei Augustinus, die die Kenntnis von idol. belegen: vgl. Wlosok, Pseudo-Cyprianus, 583. 156 Vgl. Bardenhewer, Geschichte, 474; Pellegrino, Studi, 136. 157 Vgl. Wlosok, Pseudo-Cyprianus, 583f; Pellegrino, Studi, 140; Bardenhewer, Geschichte, 474. 158 Einen knappen Abriss dieser Diskussion bietet Heck, Pseudo-Cyprian, 148f. 159 Vgl. Heck, MH QEOMAXEIN, 153; Ders., Pseudo-Cyprian, 148-155; Wlosok, Pseudo-Cyprianus, 583f. 160 Vgl. ebd., 583.
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Der Aufweis der Nichtigkeit der Götzen in „Ad Demetrianum“ Der heidnische Vorwurf: Die Christen als Ursache allen Übels Die Schrift Dem. wird von der Forschung in aller Regel auf das Jahr 252 datiert161. Über den Adressaten der Schrift, einen gewissen Demetrianus, gibt es – was seine Person betrifft – kaum gesicherte Erkenntnisse, denn die einzige diesbezügliche Informationsquelle ist die Schrift selbst und diese bietet nur vage Hinweise, so dass die Gestalt des Demetrianus für uns im Dunkeln bleibt und Raum für Spekulationen lässt. Da Cyprian seinen Gegner in Dem. 10 als Richter charakterisiert162, mutmaßt Sage: „It may be that Cyprian is referring to his being employed in some judicial capacity, perhaps the proconsul’s court or some local magistracy”163, und Monceaux wagt aufgrund von Dem. 12f164 die These, „il [Demetrianus] avait joué un rôle actif dans la persecution précédente; on suppose qu’il avait été l’un des cinq notables adjoints aux magistrats en vertu de l’édit de Dèce et chargés de présider à l’apostasie des chrétiens“165. So viel Plausibilität diese Vermutungen für sich auch beanspruchen können, so sehr bleiben sie doch nicht beweisbare oder verifizierbare Thesen. Sicher kann von Demetrianus nur ausgesagt werden, dass er mit Cyprian persönlich bekannt war, denn die beiden Kontrahenten hatten schon vor Abfassung der Schrift des öfteren 161 Vgl. Bardenhewer, Geschichte, 466; Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 556; Hoffmann, Cyprian von Karthago, 171; Strobel, Imperium, 171; Heck, MH QEOMAXEIN, 156f. Während Monceaux, Histoire, 271 sich bei der Datierung von Dem. nicht festlegen möchte und deshalb das Jahr 252 oder 253 vorschlägt, plädiert Gallicet, Cipriano, 61 für eine Spätdatierung auf Herbst 253. Ausgangspunkt für diese Entscheidung ist vor allem die Überlegung, die in Dem. 17 angedeutete, kurz vor Abfassung der Schrift eingetretene Katastrophe (documentum recentis rei) nicht wie gewöhnlich auf die Niederlage des Decius gegen die Goten bei Abrittus im Juni 251 (vgl. Christ, Geschichte, 662) zu deuten, sondern darin den Berbereinfall in Numidien zu sehen, von dem Cyprian in ep. 62 aus dem Jahr 253 berichtet. Zur ausführlichen Widerlegung dieser These vgl. Heck, MH QEOMAXEIN, 174-180 und Strobel, Imperium, 171, so dass das Jahr 252 als das wahrscheinlichste für die Abfassung von Dem. gelten kann. 162 Qui alios iudicas aliquando esto et tui iudex (Dem. 10). 163 Sage, Cyprian, 276. 164 Satis non est quod ipse tu deum non colis: adhuc insuper eos qui colunt sacrilega infestatione persequeris ... Innoxios, iustos, deo caros domo priuas, patrimonio spolias, catenis premis, carcere includis, bestiis, gladio, ignibus punis (Dem. 12). 165 Monceaux, Histoire, 271.
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Streitgespräche geführt. Diese waren nach Cyprians Einschätzung aber sehr unbefriedigend verlaufen, denn Demetrianus sei nicht bereit gewesen, sich die Gedanken seines Gegenübers in Ruhe anzuhören, sondern habe lediglich widersprechen wollen, um seine eigenen Ansichten lauthals zu verkünden166. Lange Zeit habe er, so Cyprian in Dem. 1, auf die gotteslästerliche Rede (ore sacrilego) und die frevelhaften Worte (uerbis impiis) seines Gegenübers nichts erwidert, um dessen Zorn nicht weiter zu schüren, doch nachdem Demetrianus und viele Andere behaupteten, die Christen seien schuld an den gegenwärtigen Übeln wie immer häufigeren Kriegen (bella crebrius surgant)167, Seuchen (lues)168, Hungersnöten (fames), Hitze und Dürre (imbres et pluuias serena longa suspendant), da sie sich weigerten, die heidnischen Götter zu verehren169, da könne er nicht länger schweigen, sondern müsse den Vorwürfen seines Kontrahenten entgegentreten und diese widerlegen170. Unmittelbarer Anlass der Abfassung von Dem. war somit die christenfeindliche Agitation des Demetrianus, die während der Zeit der großen Seuche in Karthago bei seinen heidnischen Mitmenschen offenkundig auf reichen Nährboden fiel171, da sie Ausdruck einer weit verbreiteten Gesinnung war, die den Nerv der Zeit traf und die offenkundig auch unter den Christen ihre Wirkung nicht verfehlte172. 166 Vgl. Dem. 1. 167 Es dürfte hier wohl auf die Schlachten des Decius im Jahr 250 gegen die Karpen und die Goten angespielt sein und vor allem die Niederlage des Kaisers gegen die Goten bei Abrittus im Juni 251 (vgl. Alföldy, Cyprian, 494). 168 Während der Jahre 252 und 253 wütete in Karthago eine schlimme Epidemie (vgl. Scourfield, De Mortalitate, 23). Der lateinische Begriff pestis bzw. lues (vgl. Dem. 2; 10) wird in aller Regel mit „Pest“ (vgl. Alföldy, Cyprian, 486; Strobel, Imperium, 171; Bardenhewer, Geschichte, 465) bzw. „peste“ (Monceaux, Histoire, 271; Gallicet, Cipriano, 53f) wiedergegeben. Fredouille, Cyprien, 12 weist zu Recht darauf hin, dass dieser Begriff „médicalement inexacte“ ist. Die deutsche Übersetzung mit „Pest“ ist dagegen irreführend, da es sich bei der Krankheit wohl nicht um die Pest gehandelt hat, sondern um eine andere Epidemie. McNeill, Seuchen, 136 vermutet, dass sich hinter dieser Bezeichnung die Masern und Pocken verbergen. 169 Vgl. Dem. 3. 170 Vgl. Dem. 2. 171 In ep. 59,6,1 berichtet Cyprian, dass die heidnischen Massen ihn erneut vor den Löwen im Theater forderten (clamore popularium ad leonem denuo postulatus in circo). Da ep. 59 auf das Jahr 252 datiert wird (vgl. Clarke, Chronology, 700; Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 544) liegt die Vermutung nahe, dies als Teil einer christenfeindlichen Stimmung in Karthago zu deuten, die u.U. mit der Agitation des Demetrianus in Verbindung steht (vgl. Dem. 2), vielleicht sogar von diesem provoziert und lanciert wurde. Vgl. dazu Strobel, Imperium, 171. 172 Mit seiner Schrift „De mortalitate“ (mort.), verfasst 252 oder 253 in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu Dem., während die große Seuche in Karthago wütete (vgl. Gülzow;
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Neu war diese Anklage gegen das Christentum nicht, wie ein Blick auf Tertullians Apologeticum173 und zahlreiche weitere Stellen174 belegt. Sie war vielmehr Ausdruck einer communis opinio, die von weiten Kreisen der heidnischrömischen Gesellschaft getragen war, denn die Überzeugung, dass Unheil und Katastrophen, von denen die Menschen heimgesucht wurden, auf einen Mangel an kultischer Verehrung der Götter zurückzuführen sind und darin ihre Ursache haben, ist tief verankert in der römischen Religiosität. Charakteristisch für diese war, dass nicht zu verehrende göttliche Personen im Mittelpunkt des Kultes standen, sondern die Wirkmächte, die numina dieser Götter175. Diese waren es, die für den Römer unmittelbar erfahrbar waren, sei es in ihrer Wirkung auf die Natur, sei es als Eingriff in den Lauf der Geschichte, was in der Erkenntnis zum Ausdruck kommt, dass „alles der Regierung und Lenkung durch die Götter unterstellt sei, genauer gesagt, daß alles vom numen der Götter regiert und gelenkt werde“176, wobei unter numen „das Nicken eines Gottes und seine Macht“ bzw. „der gebieterische Wink eines Gottes bei seiner Machtausübung“177 verstanden wird. Weil die römischen Götter nicht primär als Personen, sondern als Wirkmächte gedacht und erfahren wurden, war dem Römer folgerichtig nicht an der inneren Haltung des „Glaubens an“ oder des „Vertrauens auf“ diese Götter gele-
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Wlosok, Caecilius Cyprianus, 566f), will Cyprian die Christen, die aufgrund ihres zu kleinen Glaubens (fidei paruitate) oder aufgrund ihres Abirrens von der Wahrheit (ueritatis errore) ins Wanken geraten sind, wieder aufbauen. Scourfield, De mortalitate, 23 hat in diesem Zusammenhang m.E. zu Recht darauf hingewiesen, dass dieser Glaubensschwund innerhalb der Gemeinde von Karthago in Verbindung mit der christenfeindlichen Agitation, die in Dem. greifbar ist, gesehen werden muss, denn „catastrophe strikes will have been intensified by pagan allegations that it was Christian neglect of the traditional gods of Rome that was responsible for the disaster of the plague“. ... quod existiment omnis publicae cladis, omnis popularis incommodi a primordio temporum christianos esse in causa. Si tiberis ascendit in moenia, si nilus non ascendit in rura, si caelum stetit, si terra mouit, si fames, si lues, statim "christianos ad leonem!" tantos ad unum? (Tert., apol. 40,1f; CChr.SL 1,153). Einen knappen aber informativen Überblick über den Vorwurf „die Christen als Ursache allen Unglücks“ bietet Schäfke, Widerstand, 648-657. Vgl. dazu auch Speyer, Fluch, 1217f. Vgl. Latte, Religionsgeschichte, 62f. Die Anrufung des numen, d.h. der Wirkmacht eines Gottes, anstatt des Gottes selbst (mittels seines Namens), hatte nach Latte, Religionsgeschichte, 63 die Funktion der „Distanzierung, die von dem geheimnisvollen Wesen nur herbeiwünscht, was im eigenen Dasein wirksam werden soll, aber zugleich den Verzicht darauf [übt], mehr zu erfassen, als unmittelbar erfahren wird. Den Zugang zu der unsichtbaren Welt vermittelt nur eine vorsichtig tastende Empirie, keine gestaltende Phantasie, keine fordernde religiöse Inbrunst“. Kerényi, Religion, 160. Wlosok, Religionsbegriff, 40.
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gen – solche relationalen Akte sind ja nur dann sinnvoll, wenn das göttliche Gegenüber als personal gedacht wird, nicht aber, wenn es als unpersönliche Wirkmacht konzipiert ist –, sondern eine peinlich exakte Befolgung und Einhaltung der kultischen Vorschriften. Diese waren von den Vorfahren überliefert und fest tradiert, weil sie als göttlich-geoffenbarter Wille galten178 und sich im Lauf der Geschichte bewährt hatten. Als religiöse Menschen beschreibt Cicero deshalb „diejenigen, die alles, was zur Verehrung der Götter gehört, immer wieder sorgfältig beobachteten und gewissermaßen immer wieder überlasen“179. Das konservative Element dieser Definition, die den Schwerpunkt auf das Tradieren, Bewahren und das sorgsame Einhalten des so Überlieferten im Umgang mit den Göttern betont, ist augenfällig. Für jede Form von Abweichung oder Neuerung ist hierbei kein Platz; sie müssen vielmehr als Bedrohung der göttlichen Ordnung empfunden werden. Latte bestimmt deshalb religio im römischen Sinne als „Gewissenhaftigkeit, Beachtung des Heiligen, Rücksicht auf die Ansprüche der höheren Mächte“180 und nach Wlosok ist sie – zugespitzt formuliert – „nichts anderes als eine sorgfältige Erfüllung des Kultgesetzes“181. Religio ist deshalb nach römischem Verständnis im Sinne eines Vertrages zu denken, der beiden Parteien, den Menschen wie den Göttern, exakt umschriebene Pflichten auferlegt, von dessen Einhaltung aber auch beide Seiten profitieren. So verpflichtet sich der Mensch, das numen der Götter, d.h. deren Wirkmächtigkeit und Machtanspruch zu erkunden, zu akzeptieren und sich ihm in striktem Gehorsam zu unterwerfen und zugleich alles zu unterlassen, was dem entgegenstehen könnte und dadurch den Zorn der Götter hervorzurufen vermag. Für diese Haltung der Unterwerfung unter den Willen der Götter wird der Mensch mit der pax deum belohnt, dem „Ruhezustand“, der das „Normalverhältnis zwischen Menschen und Göttern“182 darstellt und unter dem der Staat Schutz genießt und wachsen und gedeihen kann183. Dafür haben die Götter vor allem Anspruch auf Erfüllung des Kultgesetzes und der ihnen darzubringenden Opfer184. In einem religiösen 178 Vgl. ebd., 39. 179 ... qui autem omnia quae ad cultum deorum pertinerent diligenter retractarent et tamquam relegerent, (ii) sunt dicti religiosi (Cic., nat. deor. 2,72; Text und dt. Übers.: Gigon; Straume-Zimmermann, 150f). 180 Latte, Religionsgeschichte, 39. 181 Wlosok, Religionsbegriff, 39. 182 Latte, Religionsgeschichte, 41. 183 Vgl. Min. Fel., Oct. 6,2f (Kytzler, 61). 184 Die Art und Weise, wie die Götter von den Opfern profitieren, hat Latte, Religionsgeschichte, 45 anhand des lateinischen Begriffs für opfern, „mactare“, dargelegt, denn übersetzt heißt dies „mehren“ und „Objekt [des Verbums] ist in alter Sprache regelmäßig der Gott, das Opfer steht im Instrumentalis“. Das bedeutet, dass die Kraft und Stärke der Gottheit durch das Opfer des Menschen gefördert und vermehrt wird, so dass man
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System, das alles vom Willen und Wirken der Götter abhängig sieht und den Normalzustand zwischen diesen Göttern und den Menschen als Ruhezustand denkt, muss jede als negativ empfundene Abweichung von diesem Idealzustand als Ausdruck des Zornes der Gottheit über das gestörte Verhältnis beider Seiten interpretiert werden185. Wenn also der Staat bedroht oder bedrängt war, anstatt in Frieden zu gedeihen, wenn die Bürger von Krankheiten heimgesucht wurden, anstatt gesund zu sein, wenn in der Schlacht nicht der Sieg, sondern die Niederlage erfahren wurde, wenn statt Regen und Ernte Trockenheit, Hunger und Naturkatastrophen auftraten186, dann war dies das sichere Zeichen dafür, dass dem Willen der Götter nicht genüge getan war und sie auf diese Art und Weise ihren Zorn und Missmut darüber äußerten. Wesentlicher Bestandteil römischer Religiosität war deshalb die ständige Bereitschaft, den Willen der Götter zu erkunden, so weit, dass keine bedeutsame Handlung ohne vorhergehende Befragung der Götter denkbar war. Dass die Götter grundsätzlich bereit waren, ihren Willen dem Menschen kundzutun, daran konnte für einen Römer kein Zweifel bestehen187. Dementsprechend zahlreich waren die unterschiedlichen Mittel und Möglichkeiten, derer man sich bediente, um in Erfahrung zu bringen, was der Wille der zuständigen Gottheit sei188. Diesem Hören und Achten auf den göttlichen Willen als Ausdruck römischer religio stand die neglegentia entgegen, die Vernachlässigung, das Ignorieren der göttlichen Willenskundgebung189. Dabei
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von einem Kreislauf der Macht hat sprechen können, „der von der Gabe des Menschen zu dem Gott und von ihm wieder zu dem Mensch zurück geht“ (ebd., 46). Vgl. Min. Fel., Oct. 7,2 (Kytzler, 63). Zum Motiv des „Zornes der Gottheit“ vgl. Speyer, Religionen, 140-159. Vgl. dazu den Beitrag von Speyer, Verhalten, 254-263, der sich mit der römischern Sicht der Auswirkung von religiös-sittlichem und frevelhaftem Verhalten auf die Naturgewalten befasst. So unterscheidet Cicero zwischen Hinweisen (ostenta), warnenden (monstra), erschreckenden (portenta) und ankündigenden (prodiga) Zeichen, wenn es darum geht, auf welche Art und Weise die Götter ihren Willen kundtun (vgl. Cic., nat. deor. 2,7; Gigon; Straume-Zimmermann, 103). Zu den unterschiedlichen Mitteln, die zur Erfragung und Erforschung des Willens der jeweiligen Gottheit zur Verfügung standen, wie die Eingeweideschau, die Haruspizin, die Beobachtung des Vogelfluges und der Gestirne oder die Befragung heiliger Bücher vgl. Wlosok, Religionsbegriff, 41f. Vor allem Cicero und Livius dient die Haltung der religio einerseits bzw. die der neglegentia andererseits als Interpretationsrahmen für die Betrachtung und Beurteilung römischer Geschichte. So führt Cicero in nat. deor. 2,7-9 militärische Niederlagen römischer Feldherren als Beispiele an, die die negativen Konsequenzen vernachlässigter religio demonstrieren sollen. In Bezug auf Livius kommt Altheim, Religionsgeschichte 2, 276 zu dem Ergebnis, dass Rom nach Ansicht des Dichters seine Größe seiner besonderen
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wurde zwischen willentlich-bewußter und unabsichtlicher-unbewußter, zwischen kultisch-ritueller und sittlich-moralischer Verfehlung nicht unterschieden, denn „als Frevel galt nach antikem Volksglauben jede Tat oder Unterlassung gegen die göttlich begründeten Ordnungen“190. Weil die Götter die Garanten und Hüter dieser Ordnungen waren, auf die sich jedes menschliche Zusammenleben gründete, hatte der Zorn der Götter für die ganze Gemeinschaft katastrophale Auswirkungen. Deshalb traf der göttliche Unmut nach antikem Verständnis in aller Regel nicht einen Einzelnen, sondern allgemein das Kollektiv, die Gemeinschaft. Eine Tat gegen den Willen und die Ordnung der Götter war demnach keine Privatangelegenheit, sondern konnte Staat und Gesellschaft als Ganzes treffen, unabhängig davon, ob das einzelne Individuum irgendeine Schuld auf sich geladen hatte, oder nicht191. Aus Sicht der karthagischen Bevölkerung waren deshalb die jüngsten Katastrophen wie Kriege, Seuchen, Dürre und Hungersnot überdeutliche Warnzeichen göttlichen Zornes, und welche Erklärung lag dafür näher als die Weigerung der Christen, sich am staatstragenden und -erhaltenden Kult zu beteiligen. Das christenfeindliche Treiben des Demetrianus vermochte durch den Umstand, dass vielen Karthagern das Verhalten der Christen während des decischen Opferediktes ca. zwei Jahre zuvor noch deutlich vor Augen gestanden haben dürfte, umso leichter zu überzeugen und Hass zu sähen. Angesichts dieser äußerst angespannten und explosiven Atmosphäre, die sich sicherlich jederzeit in Ausschreitungen gegen Christen hätte entladen können, entschloss sich Cyprian, eine selbstbewusste Verteidigung des christlichen Glaubens zu verfassen und zugleich die These der heidnisch-polytheistischen Religion zu widerlegen, die Christen seien schuld an der gegenwärtigen Misere.
Das erste Argument der Verteidigung Cyprians: Der senectus mundi-Gedanke (Dem. 3f) Zu Beginn von Dem. 3 referiert Cyprian den zentralen Vorwurf seines Kontrahenten: „Du [Demetrianus] hast gesagt, unseretwegen geschähe all dies und uns müsse alles angelastet werden, wodurch die Welt jetzt erschüttert und bedrängt wird, weil euere Götter von uns nicht verehrt würden.“192 Dieser Anklage hält religio zu verdanken habe, denn in der „religio liegt die Grundlage der römischen Herrschaft und römischer Größe beschlossen“. 190 Speyer, Verhalten, 255f. Vgl. dazu auch ders., Fluch, 1180f. 191 Vgl. dazu Speyer, Verhalten, 255-261; Ders., Religionen, 145-156. 192 Dixisti per nos fieri et quod nobis debeant inputari omnia ista quibus nunc mundus quatitur et urguetur, quod dii uestri a nobis non colantur.
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der Bischof von Karthago seine Sicht der Dinge entgegen, nach der die gegenwärtigen Übel nicht auf den Zorn der Götter über mangelnde kultische Verehrung zurückzuführen sind – wie von Demetrianus propagiert –, sondern auf den Umstand, dass die Welt bereits alt geworden sei (senuisse iam mundum) und deshalb ihre ursprüngliche Kraft und Stärke verloren habe (nec uigore et robore ipso ualere). Die Erde selbst, so die These Cyprians, lege Zeugnis ab von ihrem eigenen Untergang durch den Verfall der Dinge. So betont Cyprian in den beiden Kapiteln Dem. 3f, die dem senectus mundi-Gedanken gewidmet sind, das allgemeine Abnehmen und Wenigerwerden aller Dinge, das den gemeinsamen Nenner seiner Aufzählung bildet. Als Beispiele aus dem Bereich der Natur führt er dazu an, dass im Winter zu wenig Regen falle, um den Samen zu nähren (non hieme nutriendis seminibus tanta imbrium copia), im Sommer die Hitze nicht für die Reife der Feldfrüchte ausreiche (non frugibus aestate torrendis solita flagrantia), das Frühjahr sein mildes Klima eingebüßt habe (nec sic uerna de temperie sua laeta sunt) und der Herbst nicht mehr die Menge der Baumfrüchte hervorbringe (nec adeo arboreis fetibus autumna fecunda). Darüber hinaus könnten aus den Bergen weniger Marmorplatten herausgelöst und aus den Bergwerken weniger Silber und Gold gefördert werden193. Aber nicht nur die Natur, sondern auch der Mensch bezeuge diesen allgemeinen Verfall, denn dem Bauer auf den Äckern schwinde die Kraft, ebenso wie dem Seemann auf dem Meer und dem Soldaten im Feldlager194. Nicht anders verhalte es sich mit der Rechtschaffenheit auf dem Markt (innocentia in foro), der Gerechtigkeit vor Gericht (iustitia in iudicio), der Eintracht unter Freunden (in amicitiis concordia) und der Zucht in den Sitten (in moribus disciplina), denn alles Irdische, das seinem Ende und Untergang zugeht, müsse abnehmen und schwächer werden195. Zwei Aspekte der Ausführungen Cyprians sind hier von besonderer Bedeutung. Zum einen: Alles Irdische ist vom Verfall betroffen, kein Bereich bleibt davon verschont. Es ist nicht allein die Natur, die vom Altern und Abnehmen betroffen ist, sondern auch der Mensch und zwar in seiner physischen und moralischen Verfasstheit. Zum anderen: Der von Cyprian eingeschlagene Argumentationsweg lenkt den Blick in eine ganz neue Richtung. Während Demetrianus die Katastrophen und Misserfolge der letzten Zeit auf das Wirken der Götter zurückführt, die darin ihren Zorn und ihren Unmut über die ihnen seitens der Christen verweigerte Verehrung kundtäten196, interpretiert der Bischof von Kar193 Minus de effossis et fatigatis montibus eruuntur marmorum crustae, minus argenti et auri opes suggerunt. 194 Et decrescit ac deficit in aruis agricola, in mari nauta, miles in castris .... 195 Minuatur necesse est quicquid fine iam proximo in occidua et extrema deuergit. 196 Vgl. Dem. 3; 5.
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thago die selben Ereignisse als eine notwendige Folge des der Welt innewohnenden Naturgesetzes (sententia mundo data)197. Die Frage ist demnach, was Cyprian wohl dazu bewogen haben mag, die in Kap. 2 vorgebrachten Anklagepunkte seines Gegners nicht aufzunehmen, sondern statt dessen diesen neuen Argumentationsweg einzuschlagen. Der augenfälligste Vorzug dieses rhetorischen Schachzuges ist, dass er Cyprian in die Lage versetzt, seinen Gegner Demetrianus – und zusammen mit ihm alle, die seiner Anklage folgen198 – als ahnungslosen, unkundigen Gesprächsteilnehmer aussehen zu lassen, der unwissend in bezug auf göttliche Erkenntnis (ignarus diuinae cognitionis) und fern der Wahrheit (ueritatis alienus) ist. Damit wird von Anfang an deutlich, dass sich die beiden Kontrahenten nicht auf gleicher Augenhöhe begegnen, sondern es wird vielmehr ein Lehrer – Schüler Verhältnis konstituiert199. So wird Demetrianus in den ersten drei Kapiteln als lauter, nur auf Widerspruch sinnender, uneinsichtiger und sich im Irrtum befindender Gesprächsteilnehmer charakterisiert, der durch die Ausführungen Cyprians in die Wahrheit eingeführt wird. Diese „Wahrheit“ besagt nun zum einen, dass die Übel der Zeit nicht die Reaktion der Götter auf mangelnde kultische Verehrung seitens der Christen sind, sondern eine Naturnotwendigkeit aufgrund des Alters und des damit verbundenen nahenden Endes der Welt (fine iam proximo)200. Wenn aber all das Beklagenswerte in der Welt die Folge bzw. Auswirkung eines Naturgesetzes ist, dann macht es offenkundig keinen Sinn, Menschen und speziell die Christen dafür verantwortlich machen zu wollen. Die Anklage Demetrians und seiner Gesinnungsgenossen läuft damit ins Leere und ist deshalb genauso falsch und unsinnig, wie es unsinnig wäre, den Christen als Schuld anrechnen zu wollen, dass die Menschen altern und ihre Kräfte dabei langsam dahinschwinden201, denn „niemand möge sich darüber wundern, dass die einzelnen Dinge in der Welt angefangen haben unterzugehen, da sich ja bereits die Welt selbst in ihrer Gesamtheit im Untergang und im Ende befindet“202. 197 Dem. 3. 198 Vgl. Dem. 2. 199 Bereits im ersten Kapitel wird Demetrianus die Rolle des Schülers zugewiesen, der – anstatt von Cyprian zu lernen – lieber nur Widerspruch leisten will (nam cum ad me saepe studio magis contradicendi quam uoto discendi uenires). Die Möglichkeit, dass der Bischof von Karthago von seinem Kontrahenten etwas lernen könnte, wird hier nicht in Betracht gezogen. 200 Vgl. Dem. 3. 201 Vgl. zu dieser Argumentation Dem. 4. 202 ... nemo mirari debeat singula in mundo coepisse deficere, quando totus ipse iam mundus in defectione sit et in fine (Dem. 4).
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Der von Cyprian formulierte Gedanke des Alterns der Welt dient aber nicht nur als Argument für die Unschuld der Christen, sondern er erfüllt darüber hinaus eine weitere wichtige Funktion: er stellt eine gemeinsame Basis heidnischer und christlicher Weltanschauung dar203, auf die Cyprian seine weitere Argumentation in Dem. aufbauen wird. Bezeichnend hierfür ist zunächst, dass Cyprian die in Kap. 2 referierten und den Christen zur Last gelegten Krisenelemente wie Kriege, Seuchen, Hungersnöte und schlechtes Wetter nicht leugnet oder abzuschwächen versucht. Zwar greift Cyprian diese Krisenelemente in Dem. 3f nicht auf und thematisiert sie auch nicht weiter, aber indem er die beiden Kapitel als eine einzige pessimistische, zum Teil drastisch überzogene204 Darstellung einer Welt, die in jeder Hinsicht ihrem Ende zugeht, konzipiert, stimmen die Kap. Dem. 2-4 in ihrem gemeinsamen negativen Grundtenor überein. Prinzipieller Konsens besteht demnach zwischen Cyprian und Demetrianus in deren pessimistischer Weltsicht, die die gegenwärtige Zeit primär als eine Zeit der Missstände und Nöte aller Art interpretiert. Aufschlussreich ist nun die Beobachtung, dass Cyprian mit der Erklärung dieser Missstände aufgrund des Alters der Welt zunächst nicht – wie man es vielleicht erwarten würde205 – auf ein biblischchristliches Modell zurückgreift, sondern stattdessen paganes, philosophischrhetorisches Gedankengut referiert, um seine Position zu vermitteln206. So ist der programmatische Grundsatz von Dem. 3f, „dass alles, was entstanden ist, zugrunde geht und alles, was gewachsen hat, altert“ (ut omnia orta occidant et aucta senescant) ein wörtliches Sallustzitat207, wodurch dem gebildeten paganen Leser unmissverständlich gezeigt werden soll, wess Geistes Kind die vorliegende Argumentation ist. Daneben finden sich vor allem in Dem. 3 zahlreiche wei203 Spanneut, Stoicisme, 413 stellt in diesem Zusammenhang fest: „La décrépitude du monde est un lieu commun de la pensée contemporaine“ und Zocca, „senectus mundi”, 642 nennt das Thema senectus mundi einen „‚luogo comune’ di carattere retorico o filosofico“. 204 Vgl. etwa die Behauptungen Cyprians in Dem. 4, dass der Mensch jetzt kaum 100 Jahre alt werden könne, während er früher dagegen über 800 und 900 Jahre alt geworden sei (dies dürfte von einigen Aussagen des AT, wie z.B. in Gen 5, beeinflusst sein), dass die Knaben jetzt bereits graue Haare hätten und dass das Leben nicht mehr mit dem Greisenalter ende, sondern damit beginne. 205 Vgl. etwa die Einschätzung Daniélous, Histoire, 208: „Il est remarquable qu’ici [dans l’Demetrianum], Cyprien, s’addressant à un paien, écarte les arguments scripturaires“. 206 Die paganen Wurzeln der Lehre vom Alter der Welt in Dem. 3f betonen Zocca, „senectus mundi“, 643; 647; 675, Daniélou, Histoire, 208, Mazzucco, Due visioni, 222. Zur Entstehung und Entwicklung des senectus mundi-Gedankens vgl. Zocca, „senectus mundi“, 651-662, Mazzarino, Ende, 11-42. 207 … omniaque orta occidunt et aucta senescunt (Sall., Iug. 2,3 ; Reynolds, 54). Vgl. dazu auch Min. Fel., Oct. 34,2 (Kytzler, 184).
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tere Anklänge an pagane Philosophen wie etwa den Stoiker Seneca208, der dem Gedanken des Alterns und des Untergangs der Welt Ausdruck verliehen hat209 und den Epikureer Lukrez, bei dem es heißt: So sehr ist unsere Zeit schon gebrochen, und die Erde, die doch einmal ganze Geschlechter geschaffen und die riesigen Leiber der Tiere geboren hat, bringt, durch Gebären erschöpft, kaum mehr kleine lebende Wesen hervor … Das alles wächst jetzt kaum noch, obwohl unsere Arbeit es fördert, und wir erschöpfen die Ochsen und die Kräfte der Bauern, wir nützen das Eisen ab, und kaum helfen uns noch die Fluren. So sehr geizen sie mit ihrer Frucht und erfordern nur größere Arbeit … Und er [der Pflanzer] begreift nicht, daß alles allmählich vergeht und dem Grabe zueilt, erschöpft durch die lange Dauer der Zeit.“210
Der bei Sallust allgemein gehaltene Gedanke, dass alles (was entstanden ist) wieder vergeht, ist bei Lukrez dahingehend konkretisiert, dass er den jetzigen Zeitraum durch Erschöpfung und Untergang der Natur charakterisiert sieht, woraus sich die negativen Folgen wie Kleinwüchsigkeit und immer größere Mühen der Bauern und Pflanzer bei konstant niedrigem Ertrag ergeben. Bei Lukrez ist diese Weltsicht die logische Konsequenz seiner biologischatomistischen Denkweise211, die den Untergang der Erde rein immanent, weil naturgegeben, versteht212. Obwohl das Denken des Christen Cyprian von ganz anderen Voraussetzungen geprägt ist – Transzendenz statt Immanenz, Gottes freier, allmächtiger Wille statt Determinismus – kann seine Analyse der gegenwärtigen Verhältnisse in Dem. 3f die enge Verwandtschaft mit dem heidnischen
208 Die Stellen innerhalb von Dem. 3f, die von den Schriften Senecas beeinflusst sein dürften, hat Koch, Untersuchungen, 298 zusammengetragen. Vgl. dazu auch Daniélou, Histoire, 207f. 209 Vgl. Sen., ep. mor. 71,13 (Rosenbach, 26-29). 210 Iamque adeo fracta est aetas effetaque tellus vix animalia parva creat, quae cuncta creavit saecla deditque ferarum ingentia corpora partu … quae nunc vix nostro grandescunt aucta labore, conterimusque boves et viris agricolarum, conficimus ferrum vix arvis suppeditati : usque adeo parcunt fetus augentque laborem … nec tenet [sator] omnia paulatim tabescere et ire ad capulum spatio aetatis defessa vetusto (Lucr., rer. nat. 2,1150-1174; Text und dt. Übers.: Martin 158-161). Vgl. dazu Mazzarino, Ende, 16-18. Ders., 40 betont die Abhängigkeit von Dem. 3 von der hier zitierten Stelle bei Lukrez. Vgl. dazu auch Hagendahl, fathers, 77. Ders., 77f verweist darüber hinaus auf bis ins Detail gehende literarische Parallelen zwischen Cyprians Schilderung der Seuche in Karthago in mort. 14 und der Schilderung der Seuche in Athen bei Lukrez, nat. rer. 6,1138-1286. 211 Mazzarino, Ende, 17 spricht in diesem Zusammenhang bei Lukrez von einem „naturalistischen Determinismus“. 212 Vgl. Schwarte, Vorgeschichte, 160f.
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Vorbild nicht verbergen – und will dies m.E. auch gar nicht213. Anderenfalls wäre der Umstand kaum nachvollziehbar, dass Cyprian in Übereinstimmung mit seinen paganen Quellen zunächst eine rein naturhaft-physikalische Ursachenanalyse der gegenwärtigen Misere liefert214, ohne nennenswerten theologischen Bezug215. Dies erweist sich bei genauerem Hinsehen als wohlüberlegter, äußerst geschickter Schachzug, der die rhetorische Ausbildung des Bischofs verrät, denn mit Dem. 3f glückt Cyprian der Brückenschlag zwischen paganer und christlicher Weltsicht. Dem heidnischen Publikum wird der Bischof von Karthago gerecht, indem er in Dem. 3f ausschließlich Bezug auf antike Philosophie und Rhetorik nimmt. Diese liefern ihm das geistige Rüstzeug und das Fundament seiner Argumentation und ermöglichen es ihm somit, seinen paganen Lesern eine Erklärung der gegenwärtigen Missstände zu präsentieren, der sie zumindest prinzipiell zustimmen können, ohne ihre eigenen Denkmuster verlassen zu müssen. Dadurch kann Cyprian auf ein Mindestmaß an Wohlwollen seitens seiner heidnischen Leser hoffen und diese können – konfrontiert mit ihren eigenen 213 Nicht gerechtfertigt erscheint mir deshalb der Vorwurf des Laktanz, inst. 5,4,3 (SC 204,148), Cyprian hätte in seiner Verteidigungsschrift nicht allein die Bibel zitieren dürfen, die der Heide Demetrianus nicht als Wahrheit akzeptiere, sondern er hätte seine Argumentation auf Beweisgänge (argumentis) und Vernunft (ratione) aufbauen müssen, die auch einem Nicht-Christen zugänglich sind. Da Cyprian aber zunächst – wie nachgewiesen – in Dem. 3f ausdrücklich philosophisch-rhetorisch argumentiert, ist die Kritik des Laktanz in dieser Form nicht begründet. Vgl. dazu Strobel, Imperium, 172 (Anm. 273). Gleiches gilt für die Äußerung Hecks, MH QEOMAXEIN, 154: „... der wörtlich aus Sall., Iug. 2,3 zitierte Satz ut omnia orta occidant et aucta senescant wird von Cyprian eingeführt: haec sententia mundo data est, haec dei lex est (Dem.3 1.64 S.); Cyprian tut also fast so, als stamme das Sallustwort aus dem Pentateuch“. Dass Cyprian dem Sallustzitat die Wendung „haec dei lex est“ voranstellt, muss keineswegs in der Art und Weise gedeutet werden, wie Heck dies in Anlehnung an die Kritik des Laktanz tut, nämlich dass Cyprian nur mit der Bibel argumentiere bzw. wo dies nicht möglich ist, versuche, ein paganes Zitat zu christianisieren. Wenn Seneca in ep. mor. 71,14, einer Stelle, die Cyprian bei der Abfassung von Dem. wohl vorgelegen haben dürfte (vgl. Koch, Untersuchungen, 298), von der „Schöpferkraft des alles lenkenden Gottes“ (in hoc opere aeternam artem cuncta temperantis dei uerti; Text und dt. Übers.: Rosenbach, 28f) spricht, die sich im regelmäßigen aufgelöst-werden und wieder zusammengefügtwerden aller Dinge manifestiere, dann sollte der bloße Verweis Cyprians auf das „Gesetz Gottes“ nicht als „krasser Fall“ (Heck, MH QEOMAXEIN, 154) der Vereinnahmung eines paganen Zitates (miss-) gedeutet werden. 214 Erst ab Dem. 5 argumentiert Cyprian christlich-theologisch. Vgl. dazu Fredouille, Cyprien, 37. 215 In Dem. 3 erklärt Cyprian ausdrücklich, dass er die „heiligen Schriften“ (scripturis sanctis) und die „göttlichen Verkündigungen“ (praedicationisbusque diuinis) außer Acht lassen wolle.
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Lehrmeistern – das Gelesene nur schwerlich generell verwerfen. Dass sich darüber hinaus die antiken Philosophen vortrefflich als Kronzeugen der Verteidigung des Christentums anführen lassen und Cyprian auf diese Weise seine Angreifer mit deren eigenen Waffen zu konfrontieren vermag, dürfte ihm angesichts deren heftiger Anklagen eine gewisse Genugtuung bereitet haben. Wie raffiniert Dem. 3f von Cyprian konzipiert ist, wird aber erst dann deutlich, wenn man neben dem paganen auch den christlichen Adressatenkreis der Schrift ins Auge fasst. Auf den ersten Blick können die beiden Kapitel Dem. 3f leicht den Eindruck erwecken, Cyprian habe hier seinen christlich-theologischen Standpunkt zugunsten eines heidnisch-philosophischen aufgegeben und dieses „Entgegenkommen“ gegenüber seiner heidnischen Leserschaft sei erkauft mit der Preisgabe seiner christlichen Identität, denn die heilige Schrift und die göttlichen Offenbarungen bleiben außen vor. Statt dessen argumentiert der Bischof von Karthago philosophisch-naturalistisch mit einer alt gewordenen und vom Verfall bedrohten Welt – einer Vorstellung, die in dieser Form zweifelsohne nicht genuin jüdisch-christlichen Ursprungs ist. Trotzdem bietet sie – und das ist für Cyprian entscheidend – zwei wichtige Anknüpfungspunkte für eine Neuinterpretation der gegenwärtigen Missstände aus dezidiert christlicher Sicht. Dies soll im folgenden Kapitel näher erläutert werden.
Das zweite Argument der Verteidigung Cyprians: Der Zorn Gottes (Dem. 5-7) Das fünfte Kapitel von Dem. beginnt mit einer erneuten Aufzählung all der Katastrophen, die den Christen seitens der Heiden zur Last gelegt werden. Auffällig dabei ist, dass Dem. 2 und 5 hierbei bis in den Wortlaut hinein exakt übereinstimmen216, während dagegen die Analyse der gegenwärtigen Situation in Dem. 3f deutlich davon abweicht217. Dies wirft die Frage auf, warum Cyprian innerhalb von nur vier Kapiteln seinen Lesern zwei so unterschiedliche Beschreibungen der gegenwärtigen Verhältnisse präsentiert, die zwar in ihrem gemeinsamen Nenner durch die „pessimistische Weltsicht“ zusammengehalten werden, an216 In Dem. 2 zählt Cyprian Kriege (bella), Seuchen (lues), Hungersnot (fames) und lang anhaltende Trockenheit (serena longa) als die Katastrophen auf, die man den Christen zur Last legt. In Dem. 5 ist ebenfalls von Kriegen (bella), Seuchen (lues) und Hungersnot (fames) die Rede, so dass der Unterschied zwischen Dem. 2 und 5 hinsichtlich der Beschreibung der Katastrophen lediglich darin besteht, dass die „lang anhaltende Trockenheit“ in Dem. 2 durch den Begriff „Unfruchtbarkeit“ (sterilitas) noch verschärft wird und zusätzlich neben den Seuchen in Dem. 5 auch noch „Krankheiten“ (morbis) aufgezählt werden. 217 Vgl. dazu die Ausführungen zu Beginn von Kap. 4.5.2.
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sonsten aber gänzlich verschieden sind. Bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass die in Dem. 3f präsentierte Konzeption des senectus mundi keine befriedigende Antwort auf die Vorwürfe Demetrians in Dem. 2; 5 sein kann, denn speziell Kriege und Seuchen lassen sich nicht stringent als Folgen einer alternden, hinschwindenden und schwächer-werdenden Welt erklären. Sie werden statt dessen von den antiken Menschen vielmehr als Schicksalsschläge erfahren, die quasi „von außen“, d.h. von Seiten der Götter gelenkt sind und deren Zorn kundtun. Das Potential der pagan-philosophischen Lehre vom Altern und Vergehen der Welt, wie sie Cyprian in Dem. 3f aufgegriffen und entfaltet hat, lag für den Bischof von Karthago demnach nicht so sehr in der Möglichkeit, damit das Christentum vor allen Angriffen der Heiden verteidigen zu können, sondern vielmehr darin, dass diese Vorstellung entscheidende Anknüpfungspunkte für eine Neuinterpretation der Geschehnisse aus christlicher Perspektive heraus bot. Diese neue, christliche Perspektive manifestiert sich in Wendungen wie „in den letzten Zeiten“ (in nouissimis temporibus), „Tag des Gerichts“ (iudicii die) oder „Prüfung des zürnenden Gottes“ (censuram Dei indignantis). Diese Topoi jüdisch-christlicher Apokalyptik markieren den Paradigmenwechsel, der mit Dem. 5 einsetzt. Die Gegenwart wird von Cyprian als eschatologische Endzeit gedeutet, das Gericht Gottes ist nahe (adpropinquante). Damit ist zugleich eine Aussage über die Dauer der Welt getroffen, denn das „apokalyptische Verständnis der von Gott geschaffenen Welt ist nachhaltig geprägt von dem Gedanken der Vorläufigkeit und Vergänglichkeit. Die irdische Wirklichkeit hat einen Anfang und ein bevorstehendes Ende“218. Dieses Ende war freilich nicht als ein absolutes gedacht, sondern als Durchgang, Übergang zu einer neuen Schöpfung, wie etwa der Prophezeiung der Johannesapokalypse zu entnehmen ist: „Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen“ (Offb 21,1)219. Hier boten sich nun freilich Anknüpfungspunkte zu stoischem Gedankengut, denn die Stoa verfügte mit ihrer Vorstellung der Ekpyrosis, d.h. der „Auflösung und Reinigung der Welt im Feuer sowie der darauffolgenden Erneuerung und Wiederherstellung“220 über ein „eschatologisches“ Grundkonzept, das direkte Parallelen zu dem des Christentums aufwies221. So legt Minucius Felix dem Octavius, dem christlichen Gesprächsteilnehmer des gleichnamigen Werkes, in den Mund, es für einen Irrtum zu halten, „der Lehre vom Weltenbrand nicht Glauben schenken zu wollen und 218 219 220 221
Hahn, Apokalyptik, 159. Vgl. dazu 1Kor 7,31; Röm 8,20; Mt 24,3; 28,20. Vgl. auch Mt 19,28. Schwabl, Weltalter, 844. Zur stoischen Ekpyrosis-Vorstellung bei den frühen Kirchenvätern vgl. Spanneut, Stoicisme, 358-360.
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zu leugnen, daß plötzlich Feuer niederfallen, [und] der Himmel sich auflösen werde“222, und Tertullian bestimmt den Tag des letzten Gerichts als den Tag, an dem „die alt gewordene Welt und alles, was sie hervorgebracht hat, in einem einzigen Feuer verzehrt wird“223. Darüber hinaus bestand zwischen der stoischen und der epikureischen Philosophie und der christlichen Theologie dahingehend prinzipieller Konsens, dass der Niedergang der Welt nicht als plötzlich und unvermittelt gedacht wurde, sondern unter bestimmten Vorzeichen als Vorboten des Künftigen. Aufgrund der unterschiedlichen weltanschaulichen Ausgangspositionen – auf der einen Seite ein primär naturhaft-physikalisches Weltgeschehen, auf der anderen Seite ein strikt willentlich-personales Gottesbild – kann es jedoch nicht verwundern, dass sich die Vorstellungen der stoisch-epikureischen Philosophie hinsichtlich dieser Vorzeichen des Endes der Welt prinzipiell unterschieden von denen eines apokalyptisch ausgerichteten Christentums. Erstere erkannte auf der Grundlage einer alternden Welt vor allem Naturabläufe, die als Erschöpfung, Ermüdung und Verlust der ursprünglichen Kraft verstanden werden konnten224, als sichere Anzeichen des nahenden Endes, denn „die Welt selbst verkündet es schon und legt Zeugnis ab für ihren Untergang, da alle Dinge verfallen“225, wie Cyprian diesen paganen Gedanken auf den Punkt bringt. Anders dagegen die jüdischchristliche Apokalyptik. Hier lassen sich nach Schüssler-Fiorenza die drei Motivgruppen „the last times before the eschatological intervention“, „the divine intervention“ und „the time of salvation“ unterscheiden226. Ein wesentlicher Bestandteil der ersten Motivgruppe ist die Vorstellung eines eschatologischen Entscheidungskampfes als letztes Aufbäumen der widergöttlichen Kräfte unmittelbar vor dem rettenden Eingreifen Gottes. Dieses endzeitliche Geschehen kann unterschiedlich interpretiert werden, sei es als „der letzte Angriff der Heiden und ihre Vernichtung (äthHen 90,13-16), der Kampf der Söhne der Finsternis gegen die Söhne des Lichts (Kriegsrolle aus Qumran, 1 QM 1,8ff), die Unterwerfung Satans (Röm 16,29; Apk 20,9f), Roms (Apk 14,7) oder der ‚Gesetzlosen’
222 Ceterum de incendio mundi aut improvisum ignem cadere aut diffindi caelum non credere vulgaris erroris est (Min. Fel., Oct. 34,1; Text und dt. Übers.: Kytzler, 184f). 223 ... ille ultimus et perpetuus iudicii dies ... cum tanta saeculi uetustas et tot eius natiuitates uno igni haurientur (Tert., spec. 30,2; CChr.SL 1,252). Zu weiteren christlichen Inhalten, die nach Tertullian mit der Lehre heidnischer Philosophen im Einklang stehen, vgl. apol. 47,12-14; 48,13f (CChr.SL 1,164f; 168). 224 Vgl. Lucr., rer. nat. 2,1174 (Martin, 161). 225 ... mundus ipse iam loquitur et occasum sui rerum labentium probatione testatur (Dem. 3). 226 Schüssler-Fiorenza, Phenomenon, 301.
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(2Thess 2,8f)“227. Begleitet wird dieser eschatologische Kampf in aller Regel von Katastrophen unterschiedlichster Art, wie z.B. Kriegen, Seuchen, Hungersnöten und Erdbeben228. Dieses apokalyptische Katastrophenszenario bot Cyprian nun wiederum direkte Anknüpfungspunkte an die Vorwürfe Demetrians, die Christen seien verantwortlich für die so zahlreichen Kriege, Seuchen und Hungersnöte der letzten Zeit, was ihn letztlich in die Lage versetzte, eine umfassende Neuinterpretation der Gegenwart aus dezidiert christlicher Sicht vorzunehmen. Dazu „christianisiert“ er in einem ersten Schritt den antik-philosophischen senectus mundiGedanken durch die Rede von den „letzten Zeiten“, die bereits angebrochen sind. Wie leicht sich diese beiden Vorstellungskomplexe miteinander verbinden ließen229, zeigt die Äußerung Cyprians aus der zeitlich ganz nah zu Dem. entstandenen Schrift „De mortalitate“ (mort.)230: „Siehe, die Welt wankt und stürzt ein und ihren Untergang bezeugt nicht nur das Alter, sondern auch das Ende der Dinge“231. Weil die Welt alt geworden ist232, geht sie ihrem Ende entgegen. Der 227 Hahn, Endzeiterwartungen, 63. 228 Vgl. Mk 13,3-23 par Mt 24,3-28; Lk 21,7-24. 229 So schreibt Cyprian in Dem. 5: „… so wisse, auch [!] das ist vorhergesagt“ (et hoc scias esse praedictum), womit deutlich wird, dass die nun kommenden Phänomene in einer Reihe stehen mit den in Dem. 3f genannten. 230 In der Forschung werden die beiden Schriften Dem. und mort. auf 252, der Zeit der großen Seuche in Karthago, datiert. Vgl. dazu Clarke, Prolegomena, 708; Scourfield, De mortalitate, 23; Strobel, Imperium, 171. 231 Mundus ecce nutat et labitur et ruinam sui non iam senectute rerum sed fine testatur (mort. 25). 232 Eine gewisse Nähe zum paganen senectus mundi-Gedanken in Dem. 3f weisen zwei Stellen in Fort. auf, die nach jüdisch-christlicher Tradition das Alter der Welt auf sechsbzw. sieben tausend Jahre zu bestimmen scheinen. So heißt es in Fort. 2: „Sechs tausend Jahre sind bereits beinahe vollendet, seit der Teufel gegen den Menschen ankämpft“ (Sex milia annorum iam paene conplentur, ex quo hominem diabolus inpugnat) und in Fort., test. 11 ist davon zu lesen, dass „nach göttlicher Anordung die ersten sieben Tage sieben tausend Jahre umfassen“ (primi in dispositione diuina septem dies annorum septem milia continentes). Verwurzelt ist die hierbei zugrunde liegende Vorstellung bereits in der spätjüdischen Literatur mit ihrem Versuch, die Dauer der Weltzeit zu berechnen. So bestimmte man in Anlehnung an Ps 90,4 (Tausend Jahre sind für dich wie der Tag, der gestern vergangen ist) und unter Bezugnahme auf die sechs Schöpfungstage und den siebten Tag als Sabbat (Gen 1,1ff), das Alter der Welt entweder auf sechs tausend oder auf sieben tausend Jahre, denn: „Entweder es wird der Schöpfungssabbat auf die künftige Welt bezogen, das Hexaemeron entspricht dann dem Verlauf dieser Welt, oder aber es wird mittels chiliadischer Heptaemerontypologie eine Weltdauer von 7000 Jahren statuiert“ (Schwarte, Vorgeschichte, 82). Das Problem, wie die beiden Textpassagen von Fort. miteinander in Einklang zu bringen sind und wie ihr Stellenwert innerhalb der
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Anbruch der eschatologischen Endzeit und der Umstand, dass die Welt bereits alt geworden ist, sind in der Darstellung Cyprians nicht voneinander zu trennen, sondern verhalten sich wie die zwei Seiten einer Medaille233. Indem Cyprian den senectus mundi-Gedanken in sein theologisch-eschatologisches Konzept integriert, kann er konsequenterweise auch die Anzeichen, die das Alter und den Niedergang der Welt ankündigen, übernehmen und für seine apologetischen Zwecke nutzen. Aus diesem Grund ist Cyprian in Dem. 3f in der Lage, explizit philosophisch-rhetorisch zu argumentieren, ohne dabei seinen eigenen christlichen Standpunkt aufgeben zu müssen. Auf diese Weise gelingt es ihm unter Zuhilfenahme stoischen und epikureischen Gedankengutes, die Christen dahingehend zu entlasten, dass er Naturphänomene wie lang anhaltende Trockenheit, unergiebige Ackerböden und damit verbundene Hungersnöte als weltimmanente Naturprozesse einsichtig machen kann, womit jegliche Schuldfrage obsolet wird. Dies betrifft aber nur einen Teil der Punkte, die man den Christen zur Last legte. Nicht beantwortet war damit die Frage nach dem Grund für das gegenwärtige gehäufte Auftreten von Katastrophen wie Kriegen und Seuchen234. Hier liegt der Schwachpunkt der philosophischen Lehre vom Alter der Welt, denn Kriege und Seuchen lassen sich nicht überzeugend als Folgen einer allmählich sich erschöpfenden und kraftlos werdenden Welt interpretieren. Sie sind nach römischem Religionsverständnis vielmehr Zeichen des Zornes der Götter über mangelnde kultische Verehrung und es kann kein Zweifel daran bestehen, dass Demetrian
Theologie Cyprians zu veranschlagen ist, braucht hier nicht weiter diskutiert zu werden (vgl. dazu Schwarte, Vorgeschichte, 159-162). Interessant in Bezug auf den antikpaganen senectus mundi-Gedanken ist jedoch die Beobachtung, dass die Westkirche, vermittelt durch Hippolyt und Sextus Iulius Africanus, mit der Vorstellung vertraut war, die Geburt Jesu sei auf die Mitte des sechsten Jahrtausend zu datieren (vgl. Strobel, Imperium, 165; Schwarte, Vorgeschichte, 148-158; Wikenhauser, Herkunft, 1-24). Für Cyprian würde dies bedeuten, dass seine Zeit bereits in das letzte Drittel des sechsten und vermutlich letzten Jahrtausends dieser Weltzeit zu datieren wäre. Dass der Bischof von Karthago eine solche Vorstellung geteilt haben mag, lässt sich anhand von Fort. 2 plausibel machen, jedoch nicht definitiv beweisen. 233 Fredouille, Cyprien, 37 spricht in diesem Zusammenhang zu Recht von einer „tentative d’harmonisation de deux conceptions de l’histoire – du moins celles-ci sont-elles présentées comme convergentes“ und Zocca, „senectus mundi“, 647 spricht von einem „trait-d’union fra la visione pagana e quella cristiana della finis temporum“. Vgl. dazu auch Mazzarino, Ende, 42; Daniélou, Histoire, 208; Schwabl, Weltalter, 845. Bereits in der frühjüdischen Apokalyptik (4Esra 14,10-12; syrBar 82,2-83,1; vgl. dazu Erlemann, Endzeiterwartungen, 86f; Hahn, Apokalyptik, 63-85) begegnet die Verbindung des senectus mundi-Gedankens mit apoklyptischem Gedankengut. 234 Vgl. Dem. 2; 5
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und die Kreise hinter ihm dieses Religionsverständnis teilten235. Die Erklärung solcher Katastrophen konnte demnach nicht auf philosophischem, sondern nur auf religiösem Terrain erfolgen. An diesem Punkt zeigt sich nun die große Stärke der Argumentation Cyprians auf eben diesem religiösen Terrain, denn mit seinem endzeitlich-apokalyptischen Modell ist er in der Lage, nicht nur die Erschöpfung der Natur aufgrund ihres Alters, sondern auch das Zustandekommen von Katastrophen aller Art einsichtig zu machen: sie sind fester Bestandteil des apokalyptischen Szenarios. Auf Seiten der Gegner Cyprians musste man sich dagegen für eines von zwei miteinander konkurrierenden Modellen entscheiden. Entweder man vertrat die Position, die gegenwärtigen Katastrophen seien auf den Zorn der Götter über einen Mangel an kultischer Verehrung zurückzuführen, dann musste man aber die zumindest in philosophischen Kreisen weit verbreitete senectus mundi-Konzeption verwerfen, denn die Vorstellung eines zürnenden Gottes war weder mit epikureischem noch mit stoischem Gedankengut in Einklang zu bringen. Oder man interpretierte die aktuellen Zustände philosophisch-naturalistisch, als Folge eines natürlichen Alterungsprozesses, dann brachte man sich aber um die Möglichkeit einer überzeugenden Erklärung für die gegenwärtigen Kriege und Seuchen. Anders dagegen verhält es sich bei der Konzeption Cyprians. Sie bringt die beiden antiken konkurrierenden Modelle in Einklang. Die Endzeit ist angebrochen, weil die Welt, ihrem natürlichen Alterungsprozess gehorchend, sich dem Ende neigt. Die Natur selbst, so Cyprian, bezeuge dies in eindrücklicher und für jedermann erkennbarer Art und Weise und dies bedürfe deshalb keiner weiteren Schriftbeweise. Zugleich impliziert „Endzeit“ nach christlichem Verständnis aber auch das richterliche und strafende Eingreifen Gottes, das sich in Katastrophen aller Art manifestiert. Die aktuell immer häufiger auftretenden Kriege und Seuchen sind somit – und da gibt Cyprian seinen Gegnern prinzipiell recht – göttliche Zeichen. In Opposition zu seinen Kontrahenten tritt der Bischof von Karthago freilich hinsichtlich der Frage nach dem Verursacher dieser Zeichen und ihrer Bedeutung. Aus Sicht römischer Religiosität und d.h. aus Sicht der Ankläger Cyprians sind die gegenwärtigen Katastrophen, wie bereits erwähnt, Zeichen des Zornes der Götter, weil die Christen sich beharrlich weigern, diese kultisch zu verehren. In Dem. 5 nun bezeugt der Bischof von Karthago, dass dieser Gedankengang dem Christentum keineswegs fremd war, denn ohne Umschweife schleudert er genau diese Anklage seinen heidnischen Widersachern entgegen: „Dies alles ereignet sich nämlich nicht, wie deine falsche Klage und völlige Unwissenheit der Wahrheit sich vernehmen lässt und umherschreit, weil eure Götter von uns
235 Vgl. Dem. 3; 5.
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nicht verehrt werden, sondern weil von euch Gott nicht verehrt wird“236. Das biblische Fundament dieser Argumentation ist in Röm 1,18ff gelegt. Dort droht Paulus den Zorn Gottes „wider alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit niederhalten“. Eine Entschuldigung, Gott nicht zu kennen, lehnt Paulus mit dem Vermerk ab, dass Gottes „unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen [wird]“. Statt Gott zu verehren, würden sich die Menschen aber den Götzen zuwenden, was zugleich der Grund für all die Übeltaten und Verbrechen der Menschen ist, und da sie nicht bereit seien, von diesen Götzen loszulassen, würden sie sich den Zorn Gottes für sein kommendes Gericht zuziehen. Dieser paulinische Gedankengang ist bereits von Tertullian in apol. 40,10-41,1 aufgegriffen und verarbeitet237: die Heiden verfügten zum Teil (ex parte) über Gotteserkenntnis, statt jedoch Gott zu suchen, zu erkennen und zu verehren, huldigten sie lieber anderen Göttern, die sie sich selbst erdacht haben. Deshalb sind sie allen Lastern und Verbrechen erlegen und verdienen somit den Zorn Gottes238. In apol. 41,1 wendet Tertullian dann konsequenterweise den Vorwurf, die Christen seien die Ursache jeglichen Ungemachs239 gegen die Heiden selbst, denn da sie Gott verachteten, seien sie für die menschlichen Angelegenheiten Unheil bringend und Anziehungspunkt der öffentlichen Unglücksfälle240. Die Retorsio bei Cyprian war damit von Tertullian bestens vorbereitet, ebenso wie der Gedanke, dass die gegenwärtigen Katastrophen als Zeichen des Zornes Gottes über den Unglauben der Heiden und deren Festhalten am Götzendienst zu verstehen sind241. Bei aller Abhängigkeit von seinen Vorbildern, insbesondere seinem „Meister“ Tertullian, vergisst der Bischof von Karthago dennoch niemals, seinen Schriften seine eigene, persönliche Handschrift zu verleihen. So auch hier. Der Gedanke der „natürlichen Gotteserkenntnis“, bei Paulus sehr weit gefasst, bei 236 Non enim, sicut tua falsa querimonia et inperitia ueritatis ignara iactat et clamitat, ista accidunt, quod dii uestri a nobis non colantur, sed quod a uobis non colatur deus (Dem. 5). Zur Retorsio Cyprians vgl. Heck, MH QEOMAXEIN, 159-162. 237 Vgl. dazu die eingehende Untersuchung von Buchheit, Unglaube, 203-208. 238 Semper humana gens male de deo meruit: primo quidem ut inofficiosa eius, quem cum intellegeret ex parte, non solum non requisiuit timendum, sed et alios sibi citius commenta, quos coleret; dehinc quod non inquirendo innocentiae magistrum et nocentiae iudicem et exactorem omnibus uitiis et criminibus inoleuit. Ceterum si requisisset, sequebatur, ut cognosceret requisitum et recognitum obseruaret et obseruatum propitium magis experiretur quam iratum (Tert., apol. 40,10f; CChr.SL 1,155). 239 Vgl. Tert., apol. 40,1; CChr.SL 1,153. 240 Vos igitur importuni rebus humanis, uos publicorum incommodorum illices semper, apud quos Deus spernitur (Tert., apol. 41,1; CChr.SL 1,155). 241 Vgl. Dem. 5.
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Tertullian schon deutlich eingeschränkt, da nur zum Teil (ex parte) gegeben, fehlt bei Cyprian ganz242. Keine Spur weist darauf hin, dass die Menschen seit jeher Gottes „unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen [haben]“243. Statt dessen konstatiert Cyprian den Zorn Gottes, weil es auf Erden keine Erkenntnis Gottes gibt (agnitio Dei non sit in terris)244. Dass es sich hierbei nicht um einen beiläufigen oder belanglosen Unterschied zu seinen Vorbildern Paulus und Tertullian handelt, wird an der Funktion deutlich, die die Lehre von der natürlichen Gotteserkenntnis bei beiden erfüllt: sie versetzt sie in die Lage, alle Menschen zu allen Zeiten für schuldig vor Gott zu erklären, sofern sie ihren Götzendienst nicht aufgegeben haben, unabhängig davon, ob der Einzelne je mit der christlichen Botschaft in Kontakt gekommen ist oder nicht. Da jeder Mensch zu jeder Zeit die Erkenntnis Gottes hätte erlangen können, gibt es im Falle seines Verharrens im Heidentum keine Entschuldigung vor Gott. Für Cyprian, der auf die Rezeption der Lehre von der natürlichen Gotteserkenntnis verzichtet, ergibt sich dadurch das Problem, die Schuld der Heiden an ihrer Unkenntnis Gottes auf anderem Weg erklären zu müssen. Dabei fällt zunächst auf, dass sich die Zeitperspektive Cyprians wesentlich von der des Paulus und der Tertullians unterscheidet. Bei Paulus ist die Rede vom „Zorn Gottes“ in Röm 1,18ff futurisch-eschatologisch zu verstehen im Kontext des Endgerichtes Gottes245. Der Mensch, der nicht zur Umkehr bereit ist, sammelt Zorn gegen sich „für den ‚Tag des Zornes’, den Tag der Offenbarung von Gottes gerechtem Gericht“246, an dem jedem entsprechend seinen Taten vergolten wird. Ähnliches findet sich bei Tertullian. Auch er kennt ein ewiges Gericht am Ende der Zeit (aeternum iudicium post saeculi finem), so dass Gott sich mit der Unterscheidung der Menschen (nach Lohn und Strafe) nicht zu beeilen braucht (non praecipitat discretionem). Bis dahin gilt, dass „Gott sich dem ganzen Menschengeschlecht gegenüber gleich verhält, sowohl hinsichtlich 242 So weist Buchheit, Non agnitione, 326 zu Recht darauf hin, dass „bei Cyprian keine Hinweise zu finden sind, die auf die Annahme einer natürlichen Gotteserkenntnis … schließen lassen“. 243 Röm 1,20. 244 Dem. 9. Der Kontext macht zwar deutlich, dass Cyprian hier nicht an eine „natürliche Gotteserkenntnis“ denkt, aber dennoch scheint mir diese Aussage relevant zu sein, denn wenn es Cyprian zufolge unter den Heiden keinerlei Kenntnis Gottes gibt, obwohl er zürnt und die Sünden der Menschen tadelt, d.h. obwohl er sich und seinen Unmut überdeutlich offenbart, dann ist damit der Vorstellung einer „natürlichen Gotteserkenntnis“ allein aufgrund der Schöpfung der Boden entzogen. 245 Vgl. dazu Eckstein, Gottes Zorn, 82-86; Untergaßmair, Zorn Gottes, 1225-1227; Herzer, Zorn Gottes, 1903f. 246 Röm 2,5.
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der Nachsicht, als auch des Strafens“247. Neben diesem futurischeschatologischen Modell, das die Gleichbehandlung aller Menschen, ob Christen oder Heiden, durch Gott für die Dauer der Weltzeit vorsieht und erst im Endgericht Strafe oder Belohnung erwartet, ist Tertullian, im Gegensatz zu Paulus248, aber auch mit der Vorstellung des Zornes Gottes als eines präsentischinnergeschichtlichen Geschehens vertraut. So kennt apol. 40,10ff einen Aspekt des Zornes Gottes, der als Strafe des Menschengeschlechtes (humana gens) dafür gedacht ist, dass es zwar Gott (zum Teil) erkannt, ihn aber nicht gesucht hat und deswegen im Götzendienst verharrt ist, denn wenn das Menschengeschlecht, so Tertullian, anders gehandelt hätte, dann „hätte es eher die Gnade Gottes erfahren, als seinen Zorn“249. Der Zorn Gottes ist demnach als Folge einer falschen Entscheidung und ihrer Konsequenzen bereits in der Welt erfahrbar. Was in apol. aber nur nebenbei anklingt und von eher sekundärem Charakter ist, findet sich im Brief Tertullians aus dem Jahr 212250 an den damaligen Statthalter der Provinz Africa proconsularis namens Scapula (Scap.) breit ausgearbeitet. So ist das ganze dritte Kapitel der Schrift eine Aufzählung all der Fälle, die den Zorn Gottes belegen angesichts des Unrechts, das den Christen von Seiten der Heiden zugefügt wurde. Besonderes Gewicht legt Tertullian dabei auf die Feststellung, dass die Übeltäter noch zu Lebzeiten die Strafen Gottes erfahren mussten, woraus er die dringende Mahnung an Scapula und alle Anderen ableitet, nicht gegen Gott zu kämpfen251. Blickt man nun auf Cyprians Dem., so lässt sich leicht feststellen, dass hier der präsentische Charakter des Zornes Gottes stark überwiegt. Innerhalb des Hauptteiles (Kap. 3-22)252 verweist der Bischof von Karthago lediglich an zwei Stellen (Kap. 9; 22) auf den Zorn Gottes im kommenden Endgericht253. So stellt er in Dem. 9 seinem Kontrahenten ewiges Gefängnis, nie endendes Feuer und ewige Bestrafung (carcer aeternus et iugis flamma et poena perpetua) im Jen247 Aequalis est interim super omne hominum genus et indulgens et incessens (Tert., apol. 41,3; CChr.SL 1,156). 248 Eckstein, Gottes Zorn, 82 zufolge gibt es bei Paulus nur eine einzige Stelle (Röm 13,4f), bei der oörghß „im Zusammenhang einer innergeschichtlichen und gegenwärtigen Vollstreckung des Gerichtes Gottes gebraucht wird“. Da im Kontext von Röm 13,4f aber die Strafgewalt des Staates thematisiert wird, gilt „für den Begriff o)rgh/ hier die profangriechisch geläufige Bedeutung ‚Strafe’“ (ebd.). 249 ... propitium magis experiretur quam iratum (Tert., apol. 40,11; CChr.SL 1,155). 250 Zur Datierung des Briefes vgl. Schulz-Flügel, Tertullian, 670; Heck, MH QEOMAXEIN, 102. 251 Tert., Scap. 4,1 (CChr.SL 2,1130). 252 Zur Gliederung von Dem. vgl. Fredouille, Cyprien, 55f. 253 Eine dritte Passage mit dem Motiv des Zornes Gottes im Endgericht findet sich im Schlussteil (Kap. 24) der Schrift.
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seits in Aussicht, um fortzufahren, „die Wehklage der Flehenden wird dort nicht gehört werden, weil hier (auf Erden) der Schrecken des zürnenden Gottes nicht gehört worden ist“254. Ganz ähnlich ist der Grundtenor in Dem. 22. Dort verheißt er all denen, die nicht rechtzeitig wiedergeboren und Söhne Gottes geworden sind (non renatos nec Dei filios factos), für den Tag des Gerichts (iudicii dies), dass sie angezündet und verbrannt würden (succendi et cremari). Neben dieser Konzeption des Zornes Gottes als Bestrafung und Marter der Ungläubigen im Jenseits findet sich innerhalb von Dem. jedoch weitaus häufiger die Vorstellung, dass die gegenwärtigen Katastrophen als Folge und Ausdruck des Zornes Gottes zu verstehen seien. Der Grund dafür liegt in der Weigerung der Heiden, den Herrn und Lenker der Welt (mundi dominus et rector) zu verehren, ja ihn nicht einmal zu suchen und zu fürchten. Dadurch und infolge ihrer Vergehen laden die Ungläubigen Schuld auf sich. Besonderes Gewicht erhält nach Cyprian die Schuld aufgrund der Verstocktheit (obstinatione) und Missachtung (contemptu) der Heiden, sich zu Gott zu bekehren. An diesem Punkt wird nun der Lösungsweg Cyprians angesichts der Frage der Schuld der Heiden deutlich, denn wie bereits erwähnt, griff der Bischof von Karthago in diesem Punkt nicht wie Paulus und auch Tertullian auf das Argument der natürlichen Gotteserkenntnis aller Menschen zurück, das die Heiden vor Gott für ihr Verharren im Götzendienst unentschuldbar machte. Statt dessen argumentiert Cyprian, dass die Heiden einfach nur auf die göttliche Stimme (diuina voce) der hl. Schrift zu horchen brauchten, um die Ereignisse der Gegenwart verstehen zu können. Einem möglichen Einwand seitens der Heiden, warum sie den Aussagen der hl. Schrift Aufmerksamkeit schenken und sich nach ihnen richten sollten, obwohl sie diese doch gar nicht als göttliche Stimme anerkennen würden und die hl. Schrift für sie aus diesem Grund überhaupt keine Autorität darstelle, kommt Cyprian mit dem Argument zuvor, dass all das, was sich jetzt in der Gegenwart ereigne, von eben dieser hl. Schrift bereits schon lange vorausgesagt worden sei255. Indem sich die Prophezeiungen erfüllen, beweist die hl. Schrift ihren göttlichen Charakter256. Darin gründet ihre Autorität und der Wahrheitsanspruch ihrer Aussagen. Besonders deutlich wird dies in Dem. 9, wo Cyprian sein Unverständnis darüber äußert, dass die Heiden sich durch die Worte Gottes nicht belehren ließen, obwohl doch der Umstand, dass sich die göttlichen Prophezeiungen in der Gegenwart erfüllen, ihnen als Bestätigung der Legitimation und der Autorität 254 ... nec audietur illic rogantium gemitus, quia nec hic dei indignantis terror auditus est. 255 Vgl. Dem. 5; 9. 256 Biblisch grundgelegt ist dieser Gedankengang in Jes 41f. Die Fähigkeit, das Zukünftige richtig voraussagen zu können, dient dort als Beweis der Göttlichkeit. „Tut kund, was später noch kommt, damit wir erkennen: Ja, ihr seid Götter“, so die Aufforderung Jahwes an die heidnischen Götter. Vgl. dazu Michel, Gericht Gottes, 802.
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der Worte Gottes dienen müsste257. Hierin liegt für Cyprian die Schuld der Heiden begründet. Es ist also nicht das Ignorieren einer natürlichen Gotteserkenntnis, sondern die Missachtung der Worte Gottes, obwohl sich diese als zutreffend und wahr erwiesen haben, was die Heiden vor Gott unentschuldbar macht. Wie können sich angesichts dessen die Heiden aber noch über die aktuellen Katastrophen wundern, klagt Cyprian in Dem. 7, obwohl Gott ganz ausdrücklich sagt, dass er alleinige Anbetung fordert258, keine anderen Götter neben sich zu dulden bereit ist259 und die bestrafen wird, die dagegen verstoßen260. Die Heiden müssten also wissen, dass Gott von ihnen Anbetung einfordert und die Missachtung seiner Forderung straft. Darüber könne es nach Cyprian überhaupt keinen Zweifel geben, denn die hl. Schriften machten desweiteren auch deutlich, dass die gegenwärtigen Schicksalsschläge als Strafe und Züchtigung Gottes angesichts der Verstocktheit derer, die sich weigern, sich zu Gott zu bekehren, zu verstehen sind, denn: „Du [Gott] hast sie geschlagen, aber sie haben keinen Schmerz empfunden, du hast sie gepeitscht, aber sie wollten die Strafe nicht hinnehmen“261. In Anbetracht des nahenden Endes der Welt sind somit die Schläge Gottes, die auf die Menschheit niedergehen, nicht allein als Strafe für ihre Sünden zu verstehen, sondern darüber hinaus als pädagogisches Mittel. Sie sollen die Menschen zur Umkehr zu Gott bewegen. „Siehe, der Herr ist empört und zürnt und droht, dass ihr euch nicht zu ihm hinwendet“262, hält der Bischof von Karthago seinem Kontrahenten vor, um wenig später unmissverständlich klar zu machen, dass Gott es an Geißelhieben (flagella) und Schlägen (uerbera) nicht fehlen lässt, damit sich die Einzelnen aufgrund des so großen Schreckens der Unheilsfälle zu Gott bekehren (ad deum singulos tanto cladium terrore conuertant)263 und um eine strenge Erziehung hin zur Rechtschaffenheit (innocentiae disciplinam) zu erreichen. Da die Heiden sich jedoch weigerten, dies zu akzeptieren und entsprechend zu handeln, seien sie folglich selbst schuld an der gegenwärtigen Misere und hätten keinen Grund, darüber zu klagen264. Die beharrliche Weigerung der Heiden, Gott anzuerkennen, d.h. die „Verstocktheit“ der Heiden ange257 Fiunt ecce quae uerbis dei ante praedicta sunt, nec quisquam fide praesentium ut in futurum consulat admonetur. 258 Vgl. Dtn 6,13. 259 Vgl. Ex 20,3; Jer 25,6. 260 Vgl. Hag 1,9f; Am 4,7f. 261 Verberasti eos nec doluerunt: flagellasti eos nec uoluerunt accipere disciplinam (Jer 5,3; Dem. 7). 262 Indignatur ecce dominus et irascitur et quod ad eum non conuertamini comminatur (Dem.7). 263 Dem. 9. 264 Vgl. Dem. 11.
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sichts der stetig zunehmenden Strafmaßnahmen Gottes, die darauf abzielen, sie zur Bekehrung zu Gott zu bewegen, ja zu drängen, sind der eigentliche Grund und Auslöser der aktuellen Schicksalsschläge. „Verstockt“ kann Cyprian die Heiden aber deshalb nennen, weil sie dies alles in den hl. Schriften unmissverständlich und explizit dargelegt vorfinden könnten, aber anstatt auf die „göttliche Stimme“ zu hören, reagierten sie trotzig mit fortlaufender Missachtung Gottes, die wiederum seinen Zorn umso mehr entfacht. Mit diesen Ausführungen hat Cyprian die christliche Sicht der Dinge dargelegt, die in seiner Retorsio in Dem. 5 auf den Punkt gebracht ist: nicht die Christen, sondern die Heiden sind schuld an den Katastrophen der Gegenwart, weil sie sich weigern, den einzig wahren Gott zu verehren. Einen expliziten, ausgearbeiteten Aufweis, dass es sich beim jüdisch-christlichen Gott um den „einzig wahren“ Gott handelt, ist Cyprian bis dahin aber noch schuldig geblieben, denn der eher nebenbei geführte Beweis, dass der christliche Gott der einzig wahre Gott sei, weil sich dessen Vorhersagen in der Gegenwart erfüllen, war zwar sicherlich dafür geeignet, innerchristlich eventuellen Glaubenszweifeln entgegen zu wirken, konnte aber – und darüber war sich Cyprian wohl bewusst – einen Heiden nicht wirklich vom christlichen Glauben überzeugen. Somit stellt die Retorsio Cyprians der einen Anklage lediglich eine andere gegenüber, ohne jedoch für einen Heiden stichhaltige und überzeugende Argumente oder Beweise für ihre Richtigkeit zu liefern. Wie der Bischof von Karthago seinen Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götzen und den Machterweis des christlichen Gottes im weitern Verlauf von Dem. gestaltet hat, soll daher im folgenden Kapitel untersucht werden.
Das dritte Argument der Verteidigung Cyprians: Der Tod des Verfolgerkaisers Decius als exemplum religionis neglectae (Dem. 14-17) Das vierzehnte Kapitel von Dem. markiert innerhalb der Schrift eine deutliche Zäsur. War der Bischof von Karthago in den vorangehenden Kapiteln darum bemüht, die Christen von dem Vorwurf zu befreien, sie seien schuld an den gegenwärtigen Katastrophen, weil sie sich weigerten, die heidnischen Götter zu verehren, indem er mittels einer Retorsio eben diesen Vorwurf gegen seine Ankläger wendet, die ihrerseits aufgrund ihrer hartnäckigen Weigerung, den christlichen Gott anzuerkennen, verantwortlich seien für all das, was man den Christen zur Last lege, so startet er jetzt mit Kap. 14 einen direkten Angriff gegen die heidnischen Götter selbst. Bemerkenswert dabei ist, dass Cyprian diesen Kampf nicht mittels der hl. Schrift oder sonstiger christlicher Quellen führen will, son-
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dern statt dessen seinen Gegner auffordert, mit der Kraft des Verstandes zu kämpfen (cum animi uigore congredere) und den Sieg mit Argumenten und der Vernunft zu erreichen zu suchen (disceptatione si potes uince, uince ratione)265. Die Aufforderung Cyprians, den Gegner mittels eines rationalen Diskurses zu besiegen, ist zunächst gegen die aus christlicher Sicht widersinnige und in sich widersprüchliche Vorgehensweise römischer Gerichte gegen Christen gerichtet, speziell gegen den Einsatz der Folter. So klagt Cyprian in Dem. 12, dass sich die Heiden mit ihrer erfinderischen Grausamkeit stets neue Martern ausdenken (excogitat nouas poenas ingeniosa crudelitas), um die Christen damit zu quälen. Darüber hinaus, so Cyprian weiter, sei die Anwendung der Folter gegen Christen in sich inkonsequent, denn Folter wende man an, um einem Verbrecher ein Geständnis zu entlocken, die Christen aber seien geständig und trotzdem foltere man sie solange, bis sie ihr Vergehen, d.h. ihren Glauben, leugneten266. Ganz bewusst stellt hier der Bischof von Karthago antithetisch die von ihm eingeforderte „Kraft des Verstandes“ und die „Vernunft“ der Wildheit und Unmenschlichkeit (feritas adque immanitas)267 der Christenverfolger gegenüber und das der Aufforderung subtil eingeschobene „sofern du dazu in der Lage bist“ (si potes)268 lässt keinen Zweifel daran, dass – zumindest aus der Sicht Cyprians – die Anwendung der Folter nichts anderes bedeutet, als das implizite Eingeständnis der Schwäche und der Unfähigkeit seitens der Heiden, dem christlichen Glauben anders Herr werden zu können als durch Gewalt und Folter. Diesen Gedankengang gestaltet Cyprian in Dem. 14 geschickt zu einem Angriff gegen die heidnischen Götter, denn wenn diese „irgendeine göttliche Macht oder Gewalt besitzen, dann sollen sie sich doch selbst zu ihrer Rache erheben und sich selbst mittels ihrer Erhabenheit verteidigen. Aber was können die ihren Verehrern geben, die sich nicht selbst an denen rächen können, die sie nicht verehren“269. Das gerichtliche Vorgehen samt Folter seitens der römischen Behörden gegen die Christen aufgrund deren Weigerung, den heidnischen Göttern kultische Verehrung zukommen zu lassen, ist demnach nicht nur Ausdruck der Unmenschlichkeit, Ungerechtigkeit und der Unterlegenheit seitens der Verehrer 265 Dem. 13. 266 Vgl. Dem. 13. Als Vorlagen hierbei dienten Cyprian aller Wahrscheinlichkeit nach die entsprechenden Ausführungen bei Tert., apol. 2 (CChr.SL 1,87-91) und Min. Fel., Oct. 28 (Kytzler, 158-164). Zum Einfluss von Tertullian und Minucius Felix auf Dem. vgl. Pellegrino, Studi, 122-130. 267 Dem. 12. 268 Dem. 13. 269 Vel si quid diis tuis numinis et potestatis est, ipsi in ultionem suam surgant, ipsi se sua maiestate defendant. Aut quid praestare colentibus possunt qui se de non colentibus uindicare non possunt? (Dem. 14).
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dieser Götter, sondern darüber hinaus auch Beweis für die Machtlosigkeit der Götter selbst. Würden diese „Macht oder Gewalt“ besitzen, dann bräuchten sie niemanden, der sie für ihnen zugefügtes Unrecht – und nichts anderes ist ja die Haltung der Christen – rächt, sondern sie würden dies selbst tun. Die Römer müssen sich deshalb entscheiden: entweder sie bestrafen diejenigen, die ihren Göttern die gebührende Verehrung verweigern, selbst, dann müssen sie aber eingestehen, dass sie im Prinzip mächtiger sind als ihre Götter, „denn [so das Argument Cyprians] wenn derjenige, der die Rache ausübt, stärker ist als derjenige, der gerächt wird, dann bist du stärker als deine Götter“270, oder aber sie vertrauen darauf, dass die Götter sich selbst zu rächen vermögen, dann müssen sie aber konsequenterweise die Strafmaßnahmen gegen die Christen einstellen und dürfen den Kampf lediglich mit den Waffen der Vernunft führen. Die gängige Praxis der Römer ist somit Beweis für die Hilflosigkeit der Götter. Diese manifestiert sich Cyprian zufolge darüber hinaus auch in deren Schutzbedürftigkeit vor Raub oder Beschädigung, so dass die Tempel der Götter von Menschen abgeschlossen und bewacht werden müssten271. Das Fazit von Dem. 14 und damit zugleich das erste Argument Cyprians gegen den Polytheismus lautet demzufolge: man solle sich schämen (pudeat), die als Götter zu verehren, die man selbst verteidigen müsse und von denen Schutz zu erhoffen, die selbst auf (menschlichen) Schutz angewiesen seien272. Ein weiteres Argument gegen die heidnischen Götter führt der Bischof von Karthago in Dem. 15 ins Feld: Die christlicherseits praktizierten Exorzismen273 entlarven diese als das, was sie in Wirklichkeit sind, nämlich Dämonen274. So
270 Nam si eo qui uindicatur pluris est ille qui uindicat, tu diis tuis maior es (Dem. 14). 271 Vgl. dazu Fort. 5 (1). Zu diesem in der christlichen Apologetik weit verbreiteten Motiv vgl. besonders Tert., apol. 29 (CChr.SL 1,140f) und Min. Fel., Oct. 24 (Kytzler, 134140), sowie Fredouille, Cyprien, 166f und Gallicet, Cipriano, 225f. 272 Pudeat te eos colere quos ipse defendis, pudeat tutelam de eis sperare quos tu tueris (Dem. 14). 273 Vgl. dazu Thraede, Exorzismus, 44-117, bes. 67-71. 274 In Donat. 5 beschreibt Cyprian die Fähigkeit, „die unreinen und unsteten Geister, die in die Menschen eingefahren sind, um sie zu besitzen“ (inmundos et erraticos spiritus, qui se expugnandis hominibus inmerserint) zum Entweichen zu zwingen, als Macht (facultas) der Christen aufgrund der überfließenden Gnade (gratiae inundantis) Gottes. Bei diesen Exorzismen werden die Geister oder Dämonen durch laute Drohungen zum Bekenntnis gezwungen, unter harten (unsichtbaren) Schlägen zum Entweichen gebracht, durch immer größer werdende Strafen gefoltert, mit Geißelhieben geschlagen und mit Feuer verbrannt (ad confessionem minis increpantibus cogere, ut recedant duris uerberibus urguere, conflictantes, heiulantes, gementes incremento poenae propagantis extendere, flagris caedere, igne torrere). Vgl. dazu auch ep. 69,15. Der Gedanke, dass die
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lädt Cyprian seinen Widersacher ein, persönlich einem solchen Exorzismus beizuwohnen, um sich selbst davon überzeugen zu lassen, wie die heidnischen Götter „von uns beschworen werden [und] mit geistlichen Schlägen gefoltert und durch die Marter der Worte aus den besetzten Körpern vertrieben werden [und] … durch menschliche Stimme und göttliche Macht heulend und jammernd die Hiebe und Schläge spüren“275. Im Exorzismus trifft die Macht des christlichen Gottes auf die heidnischen Götter, so dass eine überirdische Macht gegen eine andere steht und der Sieger sich als wahrer Gott erweist. Dies könne aber zweifelsohne, so Cyprian, nur der christliche Gott sein, denn im Exorzismus werden die heidnischen Götter selbst zu Bittstellern gegenüber den Christen, vor denen sie sich fürchten und unter deren Hand sie gefesselt sind und als Gefangene zittern276. Solchermaßen bezwungen, könnten diese vermeintlichen Götter gar nicht anders als ihr wahres Wesen darzutun: sie seien lediglich Dämonen277, die durch geschickte Vorspiegelungen (praestigias) und Täuschungen (fallacias) die Menschen in die Irre führen278. Mit diesen Ausführungen am Ende des 15. Kapitels von Dem. spannt Cyprian den Bogen zurück zum Beginn des 14. Kapitels und setzt die Unterlegenheit und auf Täuschung ausgerichtete Vorgehensweise der als Dämonen enttarnten heidnischen Götter in scharfen Kontrast zu deren vermeintlicher Hoheit (numen) und Macht (potestas). Somit stehen sich auf der einen Seite die Begriffspaare Hoheit / Macht und Vorspiegelungen / Täuschungen gegenüber, um die Eigenschaften Gottes bzw. die der Dämonen zu kennzeichnen. Auf Seite der Menschen korrespondiert dies mit den Begriffen Anbetung (colere) und Besessenheit (obsessis corporibus) bzw. Wahrheit (vera esse quae dicimus) und Unwissenheit (ignorantia). Ein Wesen, das über göttliche Hoheit und Macht verfügt, hat ein Anrecht und einen Anspruch auf Verehrung seitens der Menschen und der Mensch, der dies (an)erkennt und befolgt, tut und erkennt die Wahrheit. Umgekehrt gilt: ein Wesen, dessen Vorgehensweise das Täuschen und Betrügen ist, kann nicht auf Anbetung durch die Menschen hof-
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heidnischen Götter (in Wirklichkeit) Dämonen sind, findet sich explizit bereits bei Tert., apol. 23,2 (CChr.SL 1,130) und Min. Fel., Oct. 27,5-7 (Kytzler, 156; 158). ... a nobis adiurantur, torquentur spiritalibus flagris et uerborum tormentis de obsessis corporibus eiciuntur, quando heiulantes et gementes uoce humana et potestate diuina flagella et uerbera sentientes (Dem. 15). Vgl. ebd. Zum Gedanken, dass die heidnischen Götter durch die christlichen Exorzismen zum Bekenntnis ihres wahren Wesens als Dämonen gezwungen würden, vgl. Min. Fel., Oct. 27,5f (Kytzler, 157). Vgl. dazu Tert., apol. 22,7.12 (CChr.SL 1,129f), der das Wirken der Dämonen u.a. ebenfalls mit den Begriffen Vorspiegelungen (praestigiis) und Täuschungen (fallaciae) beschreibt.
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fen, sondern nimmt deren Herzen in Besitz (qui nunc tuum pectus obsedit), d.h. es macht die Menschen zu „Besessenen“, die somit in Unkenntnis und Unwissenheit dahinleben. Es ist freilich erst der radikale Monotheismus-Anspruch des christlichen Glaubens, der die Menschen in diesem Punkt zu einer „entweder – oder“-Entscheidung zwingt, denn der christliche Gott duldet keine anderen Götter neben sich. Lässt er sich als der einzige, wirkliche Gott erweisen, dann müssen folglich die anderen Götter in Wahrheit Dämonen sein. Diese Sichtweise, die für antik-religiöses Denken und Empfinden nicht zuletzt aufgrund ihres radikalen Exklusivitätsanspruchs so schwer nachvollziehbar ist, hat wiederum dramatische Konsequenzen für den Menschen, von dessen Entscheidung nun abhängen soll, ob er frei und in der Wahrheit oder besessen und in Unwissenheit lebt. Einzig und allein das Christentum besitzt, so Cyprian in Dem. 14f, die Kraft und Macht den Schwindel der Dämonen aufzudecken, denn es gibt ein hierarchisches Machtgefälle, ausgehend von Gott, über die Christen, die Anteil an seiner Macht haben, bis hinab zu den Dämonen, die ihrerseits wiederum die Christen fürchten und vor denen sie zittern. Für die heidnischen Leser von Dem. stellt sich somit die Frage, wo sie sich selbst innerhalb dieses Machtgefälles einordnen wollen, denn der Mensch, der diese Dämonen (als Götter) anbetet, steht fraglos auf der untersten aller hierarchischen Stufen279. Als gewisse Provokation, aber auch als Beweis der Stärke und Überlegenheit der eigenen Position kann dabei die Aufforderung Cyprians an seinen Kontrahenten Demetrian verstanden werden, er solle sich doch ganz einfach selbst von der Wahrheit überzeugen, wobei er nicht den Worten des Bischofs Gehör zu schenken brauche, denn die exorzisierten Dämonen würden sogar in Gegenwart der Heiden Zeugnis davon ablegen, wer bzw. was sie in Wirklichkeit seien280. Weil die Dämonen aber auch in Gegenwart der Heiden ihr wahres Wesen offenbaren, deshalb bezichtigt Cyprian zu Beginn von Dem. 16 seinen Gegner der Geistesträgheit (mentis ignauia) bzw. des blinden und dummen Irrsinns 279 Schonungslos stellt Cyprian aus christlicher Sicht die hierarchische Struktur Christen – Dämonen – Heiden dar, wenn er im Kontext der Exorzismen an seinen heidnischen Adressaten gerichtet schreibt: „Du wirst sehen, dass die bei uns zu Bittstellern werden, an die du deine Bitten richtest und dass wir von denen gefürchtet werden, die du anbetest; du wirst sehen, dass die unter unserer Hand gebunden sind und gefangen zittern, die du als deine Herren achtest und verehrst“ (Videbis nos rogari ab eis quos tu rogas, timeri ab eis quos tu adoras: uidebis sub manu nostra stare uinctos et tremere captiuos quos tu suspicis et ueneraris ut dominos; Dem. 15). 280 Vgl. dazu Dem. 15. Eine ganz ähnliche Formulierung findet sich bereits bei Min. Fel., Oct. 27,5-7 (Kytzler, 156; 158). Zur literarischen Abhängigkeit Cyprians von dieser Stelle vgl. Pellegrino, Studi, 123f), der in seiner Darstellung wert darauf legt, dass die Dämonen – zu ihrer eigenen Schande – auch in Gegenwart der Heiden nicht anders könnten, als ihr wahres Wesen, nämlich Dämonen zu sein, zu offenbaren.
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(caeca et stulta dementia), Begriffe, die dem heidnisch-paränetischen Vokabular entlehnt sind281. Demetrian müsse sich, so der Gedanke Cyprians, entweder dafür entscheiden, seine Götter, die er anbetet und verehrt, ernst zu nehmen, was aber zugleich bedeutet, er müsse auch die „Geständnisse“ dieser Götter, sie seien in Wirklichkeit nur Dämonen, ernst nehmen und die Konsequenzen daraus ziehen, oder aber er missachtet das, was diese vermeintlichen Götter von sich geben, und dann würde er sich der Grundlage berauben, sich seiner besonderen Religiosität weiterhin rühmen zu können und hätte kein Recht mehr, die Christen für Katastrophen aller Art verantwortlich zu machen, weil sie diesen Göttern die ihnen gebührende Anbetung verweigerten. Während sich der Vorwurf der „Geistesträgheit“ also vor allem darauf bezieht, dass Demetrian (und das Heidentum insgesamt) nicht bereit sei, die hier zugrunde liegende Logik anzuerkennen und sich für eine der beiden Alternativen samt Konsequenzen zu entscheiden, so gründet die Vorhaltung des „blinden und dummen Irrsinns“ in dem Umstand, dass – in den Augen Cyprians – nicht nur ein Geständnis der heidnischen Götter bezüglich ihres wahren Wesens allen Menschen vorliege, sondern dass darüber hinaus auch der einzig wahre Gott demjenigen mit (ewiger) Strafe und Ausrottung droht, der sich vor diesen Götzen(bildern) verbeugt und sich erniedrigt282. Die beiden an dieser Stelle eingesetzten Bibelzitate erwecken auf den ersten Blick den Eindruck, deplaziert zu sein, da sie offenkundig Cyprians eigener Aufforderung an seinen Kontrahenten aus Dem. 13 zu widersprechen scheinen, den Kampf durch Gegenargumente und mit den Waffen der Vernunft zu führen. Von Rationalität kann aber keine Rede sein bei Zitaten aus einer Schrift, die der Gegner von seinen eigenen Voraussetzungen her überhaupt nicht anerkennen kann und die damit jeglichem rationalem Diskurs entzogen ist283. Der 281 Vgl. dazu Fredouille, Cyprien, 169. 282 Zitiert werden hier von Cyprian die beiden Bibelstellen Ex 22,19 (Sacrificans diis eradicabitur nisi domino soli) und Jes 2,8f (Adorauerunt eos quos fecerunt digiti eorum, et curuatus est homo et humiliatus est uir, et non laxabo illis). 283 Vgl. dazu die Kritik bei Lact., inst. 5,4,3-6 (SC 204,148): „... habe ich diese Mühe nicht gescheut, den Stoff zu vervollständigen, den Cyprian in seiner Rede nicht ausgeführt hat, mit der er gegen Demetrian, der der Wahrheit widersprochen und gegen sie gelärmt hat – um seine eigenen Worte zu verwenden –, zu argumentieren versucht. Von diesem Stoff hat er nicht so Gebrauch gemacht, wie er hätte müssen, denn nicht mit Belegen aus der hl. Schrift, die jener für leer, erfunden und erlogen erachtete, sondern mit Argumenten und mit der Vernunft hätte er widerlegt werden müssen ... Denn so wie ein Kleinkind wegen der Empfindsamkeit seines Magens die Anstrengung einer festen und starken Speise nicht verkraften kann, sondern durch die Flüssigkeit und Weichheit der Milch ernährt wird, ... so hätte er auch ihm, weil er noch nicht in der Lage war, göttliche Beweise zu erfassen, zuerst menschliche Beweise vorlegen müssen, das heißt Beweise der Philosophen und der Geschichtsschreiber, um ihn vor allem mit seinen eigenen Ge-
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Grund, warum Cyprian dennoch nicht auf die beiden Schriftstellen verzichten wollte, wird m.E. dann deutlicher, wenn man sich die anschließenden Zeilen vergegenwärtigt. Dort arbeitet der Bischof von Karthago mit dem in der Antike wohlbekannten „rectus-status“-Schema284. Der Mensch ist als einziges Lebewesen mit einem aufrechten Gang ausgestattet, im Gegensatz zu den Tieren, die gebeugt und zur Erde hin geneigt sind. Aufgrund seiner emporstrebenden Haltung und seines in die Höhe gerichteten Kopfes ist der Mensch deshalb befähigt und berufen, seinen Blick nach oben, d.h. zum Geistig-Göttlichen zu richten. Tut er dies nicht, sondern lässt sich von leiblich-irdischen Dingen leiten, so stellt er sich auf eine gemeinsame Stufe mit den Tieren. Der Mensch müsse sich also, so Cyprian, entscheiden, ob er sich dem Hohen und Himmlischen (alta et caelestia) zuwenden oder unten am Boden (inferis) zusammen mit der Schlange kriechen wolle (cum serpente quem colis cernis)285 bzw. er müsse mit dem Zorn Gottes rechnen, wenn er sich vor Götzenbildern beugt (curuatus) und erniedrigt (humiliatus), so die von ihm zitierte Schriftstelle Jes 2,8f. Unübersehbar bilden somit antithetische Begriffspaare wie aufrecht – gebeugt, oben – unten oder irdisch / währsmännern zu widerlegen“ (ut implerem materiam, quam Cyprianus non est exsecutus in ea oratione, qua Demetrianum, sicut ipse ait „oblatrantem atque obstrepentem“ ueritati redarguere conatur. Qua materia non est usus ut debuit: non enim scripturae testimoniis, quam ille utique uanam, fictam commenticiam putabat, sed argumentis et ratione fuerat refellendus ... Nem sicut infans solidi ac fortis cibi capere uim non potest ob stomachi teneritudinem, sed liquore lactis ac mollitudine alitur, ... ita et huic oportebat, quia nondum poterat capere diuina, prius humana testimonia offerri id est philosophorum et historicorum, ut suis potissimum refutaretur auctoribus). Ganz ähnlich liest sich die Kritik des Hieronymus, ep. 70,3 (CSEL 54,703): „Cyprian, ein Mann, der aufgrund seiner Beredsamkeit und seines Martyriums berühmt ist, wird, wie Firmian berichtet, gerügt, weil er, gegen Demetrian schreibend, Gebrauch machte von Beweisen der Propheten und der Apostel, die jener für erdichtet und erlogen erachtete und nicht viel mehr von solchen der Philosophen und Dichter, gegen deren Ansehen der Heide nicht vorgehen konnte“ (Cyprianus, uir et eloquentia pollens et martyrio, Firmiano narrante mordetur, cur aduersus Demetrianum scribens testimoniis usus sit prophetarum et apostolorum, quae ille ficta et commenticia esse ducebat, et non potius philosophorum ac poetarum, quorum auctoritati ut ethnicus contra ire non poterat). 284 Vgl. dazu Min. Fel., Oct. 17,2 (Kytzler, 98); Sall., Cat. 1,1 (Reynolds, 5). Weitere Belege dazu finden sich bei Fredouille, Cyprien, 171 und Gallicet, Cipriano, 232f. Zum Topos des „rectus-status-Schemas” vgl. Pellegrino, M., Il „topos“, 273-281; Noormann, Ad salutem, 72-74. 285 Vgl. Gen 3,14. Octavius, der christliche Gesprächsteilnehmer des gleichnamigen Werkes von Minucius Felix bezeichnet es als ein „schweres Vergehen am Heiligsten, wollte man im Staube suchen, was man doch in der Höhe finden muß“ (sacrilegii enim vel maxime instar est humi quaerere, quod in sublimi debeas invenire; Oct., 17,2; Text und dt. Übers.: Kytzler, 98f).
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leiblich – göttlich / geistig die Klammer, die das pagane rectus-status-Schema mit den beiden biblischen Zitaten und den dazugehörigen Ausführungen Cyprians zusammenhalten und in Verbindung miteinander setzen. Im Vordergrund steht also zunächst das Gemeinsame beider Quellen: der Mensch ist aufrecht (von Gott) geschaffen, damit er nach oben, zum Himmel blicken kann und nicht wie die Tiere gekrümmt und gebeugt nach unten gerichtet leben muss. Wenn die Beobachtung aber zutrifft, dass Cyprian an dieser Stelle von Dem. 16 zunächst Wert auf das Gemeinsame der pagan-heidnischen und der christlichen Vorstellung legt, dann liegt hier ganz offenkundig die gleiche methodische Vorgehensweise zugrunde wie in Dem. 3f. Auch dort betonte der Bischof von Karthago zunächst das gemeinsame Fundament heidnisch-christlichen Denkens anhand des senectus mundi-Gedankens, der ja die Christen vor dem Vorwurf befreien sollte, sie seien schuld an den gegenwärtigen Übeln. Ganz bewusst war dabei die zentrale Aussage der beiden Kapitel ein wörtliches Sallust-Zitat, denn erst nachdem Cyprian ein gemeinsames Fundament geschaffen hatte, wurde mit Dem. 5 der tiefere Sinn dieser Vorgehensweise deutlich, nämlich die Überlegenheit der christlichen Theologie über die pagane Philosophie zu demonstrieren. Hierzu integrierte Cyprian letztere in erstere und überbot sie zugleich, denn das senectus mundi-Konzept entfaltet er als Teil des apokalyptischen Weltbildes mit seiner Vorstellung der „letzten Zeiten“, deren Geschehnisse vom christlichen Gott als Lenker und Leiter dieser Welt bereits längst vorausgesagt seien und deren Eintreffen in der Gegenwart als sicherer Beweis für die Macht und Stärke Gottes angesehen werden könne. So wie in Dem. 3f, so erfährt auch in Dem. 16 die zugrunde liegende und als Referenz dienende pagane Vorstellung, hier die des rectus-status-Schemas, eine christliche Neuinterpretation, denn in der paganen Konzeption ist der vornüber, nach unten gebeugte Körperbau der Tiere Ausdruck für deren Streben nach Befriedigung sinnlich-körperlicher Bedürfnisse und die im Gegensatz dazu aufrechte, mit erhobenem Haupte geschaffene Statur der Menschen Zeichen für deren Fähigkeit und Aufgabe, sich himmelwärts dem geistig-göttlichen zuzuwenden286. Cyprian dagegen bezieht den Kontrast des gebeugt-tierischen und des aufrecht-menschlichen Körperbaues nicht auf den Gegensatz zwischen sinnli286 Vgl. dazu Sall., Cat. 1,1f (Reynolds, 5), der den Menschen davor warnt, nicht wie die Tiere zu leben, die von Natur aus vornüber geneigt sind und ihren leiblichen Bedürfnissen gehorchen, denn der Mensch bestehe aus Geist und Körper, wobei der Geist den Menschen mit den Göttern verbinde, während ihn der Körper mit den Tieren verbinde (Omnes homines qui sese student praestare ceteris animalibus summa ope niti decet ne uitam silentio transeant, ueluti pecora quae natura prona atque uentri oboedientia finxit. ... animi imperio, corporis seruitio magis utimur; alterum nobis cum dis, alterum cum beluis commune est).
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cher – geistiger Existenzweise, sondern auf die unterschiedliche Art und Weise der Gottesverehrung. Weil die Heiden unsinnige Bildwerke (inepta simulacra) und aus Erde geformte Gebilde (terrena figmenta) anbeten, weil sie sich also vor irdisch-materiellem verbeugen und es anbeten, deshalb müssen sie sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich selbst demütigen (humilias), bücken (inclinas) und erniedrigen (incuruas) gleich den gebeugten Tieren, die ihren Blick nach unten zur Erde richten. Aufrecht nach oben zum Hohen und Himmlischen richten dagegen die Christen ihren Blick, denn nichts irdisch-materielles verträgt sich mit ihrer Gottesvorstellung287. Abgeschlossen wird dieser Gedankengang mit einer weiteren antik-paganen Referenz, die ebenso wie die behandelten Beispiele zuvor, in einen christlichen Kontext gestellt und auf diese Weise neu interpretiert wird. Am Ende von Dem. 16 fordert Cyprian seinen Kontrahenten auf, zuerst sich selbst zu erkennen (te ante cognosce)288, damit er Gott erkennen könne (ut cognoscere Deum possis). Das in der antiken Philosophie weit verbreitete Motiv des „sich-selbstErkennens“289 nutzt der Bischof von Karthago hier als Argument und Handlungsmaxime in eigener Sache, denn der Mensch solle seine Erhabenheit bewahren und so bleiben, wie er von Gott geschaffen ist: aufrecht, mit erhobenem Haupt. Diese Erkenntnis schließe aber jegliche Form von Götzendienst aus, den menschlicher Irrtum erfunden habe (idola quae humanus error inuenit)290 und den Gott zu bestrafen drohe, denn erhaben, d.h. geistig-immateriell, ist nur der christliche Gott, so dass die dem Menschen angemessene Haltung, will er Gott erkennen, nicht das sich-bücken, sondern das sich-aufrichten mit Körper und Geist sei. Untrennbar mit diesen Ausführungen ist die Frage der göttlichen Macht verbunden. Wenn Cyprian die heidnischen Götter als Götzen bezeichnet, die 287 Seinen Niederschlag findet dies u.a. im Atheismus-Vorwurf der Heiden gegen die Christen. Zu Recht stellt Brox, Vorwurf, 278 fest, dass der Begriff Atheismus, der „als Anklage im antiken Sprachgebrauch jeweils auf eine bestimme Göttervorstellung und auf den Kult der Polis bezogen [ist]“, in Bezug auf die christliche Religion einen darüber hinausgehenden Aspekt aufwies, denn die Heiden „reizte bereits das einfache Fehlen von Tempel, Altar und Bild“ (ebd., 280) seitens der Christen. Ohne diese sinnlichsichtbaren Gegenstände konnte sich der antike Heide keinen Götterkult vorstellen und es ist sicherlich kein Zufall, dass Cyprian in Dem. 16, sich auf die selbstgefertigten Götterbilder und aus Erde geformten Gebilde der Heiden beziehend, seinen Gegner auffordert, er solle seinen Blick nach oben, zu Gott erheben, „damit du das Irdische entbehren kannst“ (ut carere inferis possis). Vgl. dazu auch Schäfke, Widerstand, 627-630. 288 Vgl. dazu Dem. 10 (ipse te respice) und Min. Fel., Oct. 17,1 (Kytzler, 98). 289 Zu den pagan-philosophischen Wurzeln dieses Motivs vgl. Fredouille, Cyprien, 155; 172; Gallicet, Cipriano, 234f. 290 Vgl. dazu Fort. 5 (1).
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menschlicher Irrtum erfunden hat, dann ist damit, zumindest implizit, zugleich eine Aussage über deren Machtlosigkeit getroffen. Im Gegensatz dazu steht der christliche Gott, der zur Hilfe eilt, sobald man ihn ruft (quem si imploraueris, subuenit) und der die Seinen mittels göttlicher Rache (ultio diuina) verteidigt. Es ist deshalb nur konsequent, wenn der Bischof von Karthago dieses Kapitel mit der Aufforderung an Demetrian – und damit die Heiden insgesamt – abschließt, die Christen nicht weiter zu verfolgen. Dass es sich dabei nicht um eine Bitte handelt, sondern vielmehr um eine recht unverhohlene Drohung, verleiht zwar zum einen den Worten Cyprians zusätzliches Gewicht und betont den Ernst einer falschen, weil den Zorn Gottes heraufbeschwörenden Entscheidung, setzt zum anderen aber Cyprian selbst unter Zugzwang. Es liegt jetzt an ihm, die These zu beweisen, dass der mächtige, weil zur Rache fähige Gott nicht auf Seiten der Heiden, sondern auf Seiten der Christen steht. Diesem Anliegen ist Dem. 17 gewidmet291. Zu Beginn des neuen Kapitels (Dem 17) liefert Cyprian seinem Kontrahenten eine Erklärung, warum die Christen trotz der ihnen zugefügten Ungerechtigkeiten nicht an Rache denken: sie vertrauen darauf, dass Gott an ihrer statt die Rache vollzieht und zwar umso gerechter und schwerer (tanto iustior et grauior), je größer das Unrecht der (vorangehenden) Verfolgung war (quantoque maior fuerit persecutionis iniuria). Die Gewissheit dieses Umstandes mache die Christen deshalb so geduldig. Das dominierende Motiv des ersten Drittels von Dem. 17 ist somit zweifelsohne die Rache, die von Gott entsprechend dem Talionsprinzip ausgeübt werde292. Auf diese Weise stellt Cyprian nicht nur einen engen Konnex zum vorhergehenden Kapitel her, das mit der Behauptung endet, der christliche Gott sei zur Rache fähig, sondern er schlägt zugleich die Brücke zurück zu Dem. 14 mit der darin enthaltenen provokativen These, die römischen Götter seien überhaupt nicht in der Lage sich selbst zu rächen, sondern bedürften hierzu ihrer Verehrer. Antithetisch stellt Cyprian auf diese Weise die Hilflosigkeit der heidnischen Götter der strafenden Macht des christlichen Gottes gegenüber. Die Frage nach der Fähigkeit zur Rache am Gottesfrevler, die Aus-
291 Zu den folgenden Ausführungen vgl. besonders die eingehende Untersuchung von Heck, MH QEOMAXEIN, 166-185 und Strobel, Imperium, 179f. 292 Wie stark das Motiv der Rache das erste Drittel von Dem. 17 dominiert, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass allein in den ersten drei Sätzen des Kapitels die Rede davon ist, dass das christliche Volk sich nicht selbst rächt (nec ... noster populus ulciscitur), dass es geduldig ist angesichts der mit Sicherheit eintretenden Rache (Patientes facit de secutura ultione securitas) und dass die ihm zugefügten Ungerechtigkeiten nicht ohne Rache (inultum) bleiben und die Schwere der Rache (uindicta) sich nach der Schwere der vorangehenden Verfolgung richtet.
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druck und Beweis göttlicher Macht (numen) und Gewalt (postestas)293 ist, wird somit identisch mit der Frage nach dem wahren Gott. Wenn es Cyprian gelingt zu belegen, dass es nicht die heidnischen Götter, sondern der christliche Gott ist, der zur Rache fähig ist und diese auch ausführt, dann hielte er damit ein starkes Argument gegen den heidnischen Polytheismus und den Usus der Christenverfolgung in Händen. Wenn Gott selbst gegen seine Widersacher zur Rache schreitet, dann ist er offenkundig größer als die heidnischen Götzen, die dabei auf fremde Hilfe angewiesen sind. Eine nicht mehr zu überbietende Zuspitzung erfahren die weiteren Ausführungen Cyprians durch seine Behauptung, den Freveltaten der Heiden gegen die Christen würde stets sofort (!) die göttliche Rache auf dem Fuße folgen294. Während Tertullian in seinem Brief an Scapula die Frage nach dem Zeitpunkt der Rache Gottes an den Christenverfolgern bewusst offen lässt – die zahlreichen Beispiele, die er dafür anführt, dass Gott seine Rache noch zu Lebzeiten der Gottesfrevler vollzog, werden durch die Bemerkung abgeschlossen, dass diejenigen, die zu Lebzeiten der Strafe Gottes entgehen konnten, sich am Tage des Gerichts vor Gott verantworten werden müssen295 –, wagt der Bischof von Karthago in dieser Frage einen Schritt weiterzugehen und den Zeitpunkt der Rache Gottes auf das Diesseits festzulegen. Und selbst diese Aussage meint Cyprian noch weiter präzisieren zu können, denn die Rache erfolge stets zeitnah, sofort (statim). Angesichts dieser kühnen Gewissheit drängt sich die Frage auf, warum Cyprian sich in der Lage sah bzw. warum er sich dazu hinreißen ließ, solch definitive Aussagen über den Zeitpunkt der Rache Gottes zu treffen. Noch verwunderlicher wird dies, wenn man sich vor Augen führt, dass Cyprian ca. vier Jahre später in seiner Schrift „De bono patientiae“ (pat.)296 ganz offenkundig von dieser Linie wieder abgerückt ist, wenn er schreibt: „Und obwohl Gott durch wiederholte, ja sogar fortlaufende Beleidigungen schwer getroffen wird, hält er (dennoch) seinen Zorn zurück und erwartet geduldig den einmal vorherbestimmten Tag der Vergeltung“297. Dass Cyprian diesen eindeutig erst für das Endge293 Vgl. Dem. 14. 294 Nec umquam impiorum scelere in nostrum nomen exsurgitur, ut non statim diuinitus uindicta comitetur. An dieser Stelle ist m.E. der von Gallicet, Cipriano, 104 gebotenen Textvariante „exsurgitur” (statt exurgitur) der Vorzug zu geben. 295 Sed qui sibi uidentur impune tulisse, uenient in diem diuini iudicii (Scap. 3,5; CChr.SL 2,1129). 296 Zur Datierung von pat. auf das Jahr 256 vgl. Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 570 mit weiterer Literatur. 297 Et cum crebris immo continuis exacerbetur offensis deus, indignationem suam temperat et praestitutum semel retributionis diem patienter exspectat (pat. 4).
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richt erwartet und nicht mehr für das Diesseits, wird spätestens durch die Zitation von Röm 2,4-6 an eben dieser Stelle deutlich. Darüber hinaus fordert er in pat. 21 die Christen auf, trotz Verfolgung geduldig den Tag der Rache Gottes abzuwarten und nicht voreilig auf Vergeltung zu drängen. Gleiches gelte auch für die nach Rache rufenden Märtyrer: auch sie sind aufgefordert, sich in Geduld zu üben, bis die Zeit sich vollende (temporibus consummandis), denn „lasst uns nicht in gottloser und unverschämter Ungeduld eilig danach streben, als Sklaven vor dem Herrn [d.h. vor seiner Wiederkunft] gerächt zu werden“298. Diese wenigen Passagen mögen genügen, um den Unterschied zwischen pat. und Dem. 17 deutlich werden zu lassen. Während Cyprian sich in seiner nur an Gleichgesinnte adressierten Schrift dazu genötigt sieht, die Haltung der Geduld einzufordern und jedem Wunsch nach schneller Rache Einhalt zu gebieten, denn der Zeitpunkt der Rache Gottes würde mit dem noch ausstehenden Endgericht erst noch kommen, begründet und rühmt er in seiner apologetischen Schrift die Geduld und den Verzicht auf Rache seitens der Christen trotz ungerechter Verfolgungen durch den Verweis auf die stets sofort erfolgende Rache Gottes. Die je unterschiedliche Akzentsetzung innerhalb der beiden Schriften ist Ausdruck der sehr stark situations- und adressatenbezogenen Argumentationsweise Cyprians und damit Spiegel der sich permanent verändernden Erfordernisse und Herausforderungen, auf die es zu reagieren galt. So war sich der Bischof von Karthago zweifelsohne bewusst, dass der Verweis auf ein noch ausstehendes Endgericht, in dem Gott die Christenverfolger bestrafen werde, für einen ihm feindlich gesinnten Heiden kein überzeugendes Argument darstellen konnte299, sondern vielmehr als Ausflucht und Zeichen der Schwäche interpretiert worden wäre. Darüber hinaus wäre sein Argument aus Dem. 14, die heidnischen Götter seien in Wirklichkeit nur Götzen, da sie zur eigenmächtigen Rache nicht in der Lage seien, jeglicher Überzeugungskraft beraubt, wenn die Rache des christlichen Gottes lediglich als Drohung und Postulat existieren würde. Allein der innerhalb 298 ... nec defendi ante dominum serui irreligiosa et inuerecunda festinatione properemus (pat. 24). 299 Vgl. dazu etwa den Dialog Octavius des Minucius Felix. Weil der christliche Gesprächsteilnehmer Octavius darum bemüht ist, den christlichen Glauben gegen die Vorwürfe seines heidnischen Gegenübers Caecilius zu verteidigen und darüber hinaus auch protreptisch wirken will, verzichtet Octavius auf die einem Heiden kaum zu vermittelnde Idee eines persönlichen Strafgerichts Gottes „am Ende der Tage“, sondern illustriert die christliche Vorstellung der letzten Dinge anhand von stoischem Gedankengut folgendermaßen: „Ferner: der Lehre vom Weltenbrand nicht Glauben schenken zu wollen und zu leugnen, daß plötzlich Feuer niederfallen, der Himmel sich auflösen werde, das ist ein Irrtum, der nur im Volk verbreitet ist (Ceterum de incendio mundi aut improvisum ignem cadere aut diffindi caelum non credere vulgaris erroris est; 34,1; Text und dt. Übers.: Kytzler, 184f).
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von Dem. 14 bis Anfang Dem. 17 erzeugte Spannungsbogen zwischen den zur Rache unfähigen Götzen und dem rächenden Christengott verlangt konsequenterweise Belege dieser Rache Gottes, die aber nur dann überzeugen können, wenn sie allgemein erfahrbar sind. Um jedoch so stark und definitiv mit einer verlässlichen und sofortigen Rache Gottes argumentieren zu können, wie dies Cyprian in Dem. 17 tut, musste der Bischof von Karthago besonderes „Beweismaterial“ zur Hand haben. „Um von den alten Erinnerungen ganz zu schweigen und die bereits so oft vorgebrachten Racheakte zugunsten der Gottesverehrer nicht erneut mit lauter Stimme zu wiederholen, kann das Beispiel eines erst kürzlich vorgefallenen Ereignisses genügen, dass so schnell und bei solcher Schnelligkeit so großartig erst kürzlich die schützende Rache auf dem Fuße folgte durch den Einsturz des Staates und durch den Verlust von Macht, von Soldaten und Heerlagern.“300
So dominierend war für Cyprian offenkundig der Eindruck dieses „erst kürzlich vorgefallenen Ereignisses“, dass er es für nicht geboten erachtete, Beispiele von „Racheakten zugunsten der Gottesverehrer“ aus der weiter zurückliegenden Vergangenheit zu präsentieren301, da sie verglichen mit dem, worauf sich Cyprian hier bezieht, sicherlich nur wenig Aussage- und Überzeugungskraft besaßen. Welches historische Ereignis dem Bischof von Karthago in diesem zentralen Abschnitt seiner Apologie vor Augen steht, lässt er zwar insofern offen, als er auf die Nennung von Namen und exakten Daten verzichtet, aber gerade dieser Umstand, dass es offensichtlich keiner präzisierenden Informationen hinsichtlich dieses jüngsten Ereignisses bedurfte, lässt kaum Zweifel daran, dass Cyprian auch ohne konkret werden zu müssen, davon ausgehen konnte, dass der zeitgenössische Leser wusste, worauf er anspielte. Es sind vor allem drei Aspekte, die in Bezug auf die Identifizierung der Geschehnisse einen deutlichen Hinweischarakter in sich tragen: Zum einen lässt Cyprians Schilderung keinen Zweifel daran, dass die erwähnten Ereignisse in zeitlicher Nähe zur Abfassung von Dem. stehen müssen. Wäre dies nicht der Fall, dann wäre die Behauptung, die Rache Gottes würde stets sofort (statim) eintreffen, sinnlos und die starke Betonung der Schnelligkeit des Handelns Gottes (celeriter; in tanta celeritate) und der kurzen Zeit, die seit300 Vt memorias taceamus antiquas et ultiones pro cultoribus Dei saepe repetitas nullo uocis praeconio reuoluamus, documentum recentis rei satis est quod sic celeriter quodque in tanta celeritate sic granditer nuper secuta defensio est ruinis rerum, iacturis opum, dispendio militum, deminutione castrorum. Zur Übersetzung, insbesondere zur Wiedergabe des lateinischen Genitivs „(ruinis) rerum” in der Bedeutung von „Staat”, vgl. Gallicet, Cipriano, 56 und Fredouille, Cyprien, 109. 301 Ein möglicher Fundus solcher Racheakte wären zweifelsohne die diesbezüglichen Ausführungen in Tertullians Brief an Scapula (Kap. 3) gewesen.
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her verstrichen ist (documentum recentis rei; nuper), kaum zu erklären. Setzt man das Jahr 252 für die Abfassung von Dem. an, so dürften die erwähnten Geschehnisse in einen Zeitraum zwischen 250 und 252 zu datieren sein. Eine erheblich weitere Rückdatierung ist m.E. nicht mehr in Einklang zu bringen mit den Ausführungen Cyprians. Desweiteren lässt die Schilderung Cyprians keinen Zweifel daran, dass er die angeführten Ereignisse als Strafe bzw. Rache Gottes versteht, genauerhin als Rache für vorangegangene Christenverfolgungen. Eingeleitet wird dieser Gedanke bereits am Ende von Dem. 16 mit der drohenden Warnung, die Christen nicht zu verfolgen, da sie durch die Rache Gottes geschützt seien302. Seine Fortsetzung erfährt der Gedanke dann in Dem. 17 mit dem Verweis auf die Strafen und Martern (poenis et cruciatibus), die die Christen ruhig ertrügen im Vertrauen darauf, dass die Rache für ihre Verfolgung (pro persecutione uindicta) umso schwerer ausfalle, je größer das Unrecht der Verfolgung (persecutionis iniuria) war. Bezeichnenderweise verwendet Cyprian in der zu untersuchenden Passage für das strafende Handeln Gottes nicht, wie an den meisten Stellen, den Begriff ultio oder uindicta, sondern statt dessen den Begriff defensio. Wenn Cyprian aber den „Schutzcharakter“ des Handelns Gottes gegenüber den Christen so betont – der Aspekt fand ja bereits am Ende von Dem. 16 Verwendung – so legt dies nahe, dass die Christen zuvor im Rahmen von Verfolgungen verschiedenen Anfeindungen und Foltern ausgesetzt waren und die Rahe Gottes sie vor weiteren Gefahren schützt. Drittens lassen die Substantive (dispendio) militum und (deminutione) castrorum unmissverständlich erkennen, dass Cyprian bei seiner Schilderung ein militärisches Ereignis vor Augen hat303. Da die Rache Gottes so großartig (sic granditer) ausgefallen sei, lässt dies den Schluss zu, dass es sich hierbei nicht um ein völlig bedeutungsloses Scharmützel mit dem Feind gehandelt haben kann. Statt dessen ist von einer nicht unerheblichen militärischen Niederlage Roms auszugehen, die als schützende Rache Gottes interpretiert werden kann, wie dies auch die Wendung ruinis rerum in der Bedeutung „Einsturz des Staates“ nahelegt. Dies setzt aber voraus, dass das Ereignis von solchem Ausmaß gewesen sein muss, dass es Einfluss auf die Christenverfolgungen hatte, genauer, dass es den Christenverfolgungen ein Ende bereitete bzw. eine drohende Ver-
302 Laedere seruos Dei et Christi persecutionibus tuis desine quos laesos ultio diuina defendit. 303 So ließen sich nach Gallicet, Cipriano, 56 unter der Voraussetzung, dass sich die Textpassage auf den Tod des Decius bezieht, dispendio militum als Anspielung „allo scacco militare“ und deminutione castrorum „all’abbandono di posti fortificati ai confini della Mesia“ verstehen.
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folgung abwendete. Ansonsten hätte Cyprian die militärische Niederlage nur schwerlich eine defensio für die Christen nennen können. Die Ergebnisse zusammenfassend, drängt sich der Schluss auf: Die Geschehnisse, auf die der Bischof von Karthago in Dem. 17 anspielt und die im kollektiven Gedächtnis seiner Zeitgenossen so präsent gewesen sein mussten, dass lediglich ein kleiner Fingerzeig in die entsprechende Richtung genügte und Jedermann wusste, wovon er sprach, war die katastrophale Niederlage des Christenverfolgers Decius im Jahre 251 in der Schlacht gegen die Goten bei Abrittus304, bei der der Kaiser sein Leben verlor, und die Cyprian bereits in laps. 1 mit den Worten feierte: „Seht, geliebteste Brüder, der Friede ist der Kirche zurückgegeben und … durch die göttliche Hilfe und Rache [!] ist unsere Sicherheit wiederhergestellt“305. Auf welche Art und Weise Cyprian dieses Ereignis verstanden wissen will, macht er deutlich, wenn er im Anschluss in Dem. 17 schreibt: „Dass ja niemand glaubt, dies sei nur durch Zufall eingetroffen oder sei zufällig geschehen, denn bereits vor langer Zeit hat die göttliche Schrift festgelegt und gesagt: ‚Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr‘ [Dtn 32,35; Röm 12,19] und noch einmal mahnt der Heilige Geist und sagt: ‚Du sollst nicht sagen: Ich werde mich an meinem Feind rächen, sondern warte auf den Herrn, dass er dir zur Hilfe eile [Spr 20,22]‘“306.
Der schmachvolle, gewaltsame Tod des Decius ist in den Augen Cyprians nicht anders zu verstehen denn als Akt göttlicher Rache an einem Christenverfolger, wobei diese Rache unverkennbar zwei Aspekte aufweist: Zum einen ist sie Schutz-Rache (defensio), die geschieht, weil der Christengott seine Anhänger gegen die ungerechten Verfolgungen und Nachstellungen der Heiden verteidigt, so dass Cyprian Dem. 17 mit den Worten schließen kann: „Daher ist es klar und deutlich, dass all dies nicht durch uns, sondern zu unse304 Zu dieser Einschätzung vgl. Bardenhewer, Geschichte, 466; Alföldy, Cyprian, 497f; Schuler, Cyprian, 192; Gülzow; Wlosok, Caecilius Cyprianus, 557; Strobel, Imperium, 180. Wenig überzeugend dagegen ist der Versuch Gallicets, Cipriano, 56-62, die Textpassage auf einen Berbereinfall in Numidien im Jahre 253 (vgl. ep. 62) zu beziehen. Eine ausführliche Kritik dazu findet sich bei Heck, MH QEOMAXEIN, 174-180. 305 Pax ecce, dilectissimi fraters, ecclesiae reddita est et ... ope adque ultione diuina securitas nostra reparata est. Zur Auffassung, dass sich die einleitenden Worte von laps. auf den Tod des Decius beziehen, vgl. Heck, MH QEOMAXEIN, 180; Strobel, Imperium, 180. 306 Nec hoc casu accidisse aliquis existimet aut fuisse fortuitum putet, cum iam pridem scriptura diuina posuerit et dixerit: mihi uindictam, ego retribuam, dicit dominus, et iterum spiritus sanctus praemoneat et dicat: ne dixeris: ulciscar me de inimico meo, sed expecta dominum ut tibi auxilio sit.
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rem Schutz geschieht, was der Zorn Gottes herabsendet“307. Das Schlussmotiv von Dem. 17, der beschützende Gott, verweist aber, über das Ende von Dem. 16 mit seiner drohenden Warnung vor der Schutz-Rache Gottes, zugleich wieder zurück zu Dem. 14 und der Frage nach der Hoheit und Macht, und damit nach der Existenz der heidnischen Götter. Diese seien, so Cyprian, in ihren Tempeln auf den Schutz und die Bewachung durch die Menschen angewiesen, damit sie keinen Schaden nehmen. Hier schließt sich somit der Kreis, denn angesichts der eindrucksvollen Schutz-Tat des christlichen Gottes könnte der Kontrast zu den auf Schutz und Bewachung angewiesenen heidnischen Göttern größer kaum sein. Letztere sollen auf diese Weise als von Menschenhand gefertigte Götzen(bilder) „enttarnt“ werden, deren Anbetung dem Menschen zur Schande gereicht (pudeat). Beantwortet ist damit zugleich die eingangs aufgeworfene und sich durch den ganzen Traktat hindurchziehende Frage, wer für die gegenwärtigen Übel verantwortlich sei und warum, denn die Heiden bräuchten ja einfach nur, so Cyprian, ihre Verfolgungen und Strafmaßnahmen den Christen gegenüber einzustellen, um nicht weiterhin den Zorn Gottes auf sich zu lenken. Dass Gott in der Lage und willens sei, die Christen zu verteidigen und zu beschützen, das habe er erst kürzlich wieder eindrucksvoll durch den Tod des Decius zur Genüge bewiesen. Es ist somit unsinnig, die Christen für die aktuelle Misere verantwortlich machen zu wollen, da diese doch offenkundig von den Heiden durch deren gottwidriges Verhalten verschuldet werde. Darüber hinaus erfährt Cyprians Retorsio aus Dem. 5, nicht die Christen seien schuld an den gegenwärtigen Übeln, sondern umgekehrt die Heiden, da sie sich weigerten, Gott zu verehren, auf diese Weise eine argumentative Legitimation, denn wenn Dem. 14-17 ergeben hat, dass nicht der heidnische Gott (bzw. Götze) Juppiter „Herr über alle Dinge [ist], und auch der, der alles durch seinen Willen lenkt“308, sondern statt dessen der christliche Gott, dann ist damit freilich der heidnischen Agitation jeglicher Boden entzogen. Daneben weist die Rache Gottes einen zweiten, wohl noch wichtigeren Aspekt auf, nämlich den der Straf-Rache (ultio). Cyprian lässt keinen Zweifel daran, dass die Geduld und Leidensfähigkeit der Christen angesichts der Misshandlungen und Verfolgungen durch die Heiden in ihrem Vertrauen darauf begründet ist, dass Gott selbst die Rache an den Peinigern vollzieht und dabei nicht nur kein Vergehen ungestraft und ungerächt (inultum) lässt, sondern dass die Rache nach dem Talionsprinzip im Verhältnis zur vorausgehenden Schuld bemessen 307 Vnde clarum est adque manifestum quia non per nos sed pro nobis accidunt cuncta ista quae de Dei indignatione descendunt. 308 ... et Iovem et dominatorem rerum et omnia nutu regentem (Cic., nat. deor. 2,4; Text und dt. Übers.: Gigon; Straume-Zimmermann, 100f).
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wird309. Die Heiden, so Cyprian, würden aber aus einem zweifachen Grunde die Rache Gottes auf sich ziehen, denn zum einen verfolgen und martern sie die unschuldigen Gottesverehrer (cultores Dei), wodurch sie sich vor Gott schuldig machten und Strafe verdienten, zum anderen aber weigerten sie sich hartnäckig, auf die göttliche Stimme zu hören und Gott anzuerkennen und zu verehren, obwohl doch die sich erfüllenden Prophezeiungen der Schrift klar und deutlich Zeugnis für den „Herrn und Lenker der Welt“ ablegten310. Mit diesem Punkt, dem ignorieren göttlicher Zeichen, verweist die Kritik des Bischofs von Karthago auf das traditionelle römische Religionsverständnis samt der damit verbundenen Vorstellung von der Größe Roms als Verdienst seiner besonderen Religiosität. Wenn Cicero zufolge „die Götter selbst immer wieder durch ihre Gegenwart ihre Macht zu erkennen geben … [und] die Götter die Menschen auf das, was geschehen wird, hinweisen, sie warnen, sie erschrecken und es ihnen ankündigen“311, dann ist es nur konsequent, das Ignorieren solcher Hinweise und Vorzeichen (religione neglecta), wie dies P. Claudius und L. Iunius im ersten punischen Krieg und C. Flaminius vor der Schlacht am trasimenischen See taten312, als Frechheit (temeritas) zu brandmarken, denn „das Ende dieser Männer kann uns darüber belehren, daß das Reich groß geworden ist unter solchen Heerführern, die den Willen der Götter respektiert haben“313. Wenn nun aber der römische Kaiser Decius kurze Zeit nach Anordnung einer reichsweiten Supplikation, aufgrund der die Christen wegen ihrer Opferverweigerung verfolgt wurden, eines gewaltsamen, schmählichen Todes starb und dies durch die Worte der hl. Schrift prophezeiht ist – wie Cyprian ausdrücklich betont –, dann bot sich hier, „indem man aus dem Zusammentreffen von Verfolgung und gewaltsamem Tod einen Kausalzusammenhang machte, ein Exemplum, das vollwertig den altrömischen exempla religionis neglectae entgegentreten konnte“314. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den exempla religionis neglectae, wie sie Cicero überliefert, und dem exemplum religionis neglectae des Decius ist jedoch bedeutsam. Während bei der Darstellung der ersteren der Schwerpunkt auf der Missachtung der göttlichen Zeichen liegt, welche (aber lediglich) die Funktion haben, vor einer eintretenden Niederlage zu warnen bzw. diese vorauszusagen, liegt der 309 Vgl. Dem. 17. 310 Vgl. dazu Dem. 5-9. 311 ... praesentes saepe di vim suam declarant ... nisi hominibus ea quae sint ostendi monstrari portendi praedici (Cic., nat. deor. 2,6f; Text und dt. Übers.: Gigon; StraumeZimmermann, 100-103). 312 Vgl. dazu ebd. 2,7f (Gigon; Straume-Zimmermann, 103-105). 313 Quorum exitio intellegi potest eorum imperiis rem publicam amplificatam qui religionibus paruissent (ebd. 2,8; Text und dt. Übers.: Gigon; Straume-Zimmermann, 104f). 314 Heck, MH QEOMAXEIN, 182.
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Schwerpunkt der Darstellung Cyprians auf dem Umstand, dass es Gott selbst ist, der in der Niederlage des Decius die Rache bzw. Vergeltung vollzogen hat für das den Christen zuvor zugefügte Leid. Wichtig ist diese Unterscheidung, weil sie das zweite apologetische Standbein Cyprians – neben dem Aufweis des Christengottes als eines zur Rache fähigen Gottes im Gegensatz zur Hilflosigkeit der Götzen – verdeutlicht, nämlich sein Bestreben, die Aussagen der Bibel als wahr zu erweisen. Deshalb ist Cyprian bemüht, den Tod des Verfolgers Decius als unmittelbare Schutz- und Rachetat Gottes darzustellen, die nicht zufällig (casu) eingetroffen sei, sondern durch die Schriftworte aus Röm 12,19 und Spr. 20,22 längst prophezeiht war. Da Cyprian bereits in Dem. 5 und 9 damit argumentiert hat, dass jetzt das eintrete, was durch die hl. Schrift schon vorausgesagt sei (praedictum est)315, wird deutlich, dass dieser Gedanke vom Bischof von Karthago sehr bewusst und gezielt eingesetzt ist. Wenn aber, so die weitere logische Schlussfolgerung, durch das sich-Erfüllen der biblischen Prophezeiungen das Wort Gottes sich als wahr, zutreffend und vertrauenswürdig erwiesen hat, dann können auch die mahnenden, warnenden und drohenden Aussagen dieser Schrift, z.B. dass Gott nicht bereit sei, den Götzendienst und die Sünden der Heiden zu tolerieren, sondern darüber zornig und erbost sei316, Gültigkeit für sich beanspruchen. Damit ist aber wiederum die Frage beantwortet, wer die Schuld an den gegenwärtigen Katastrophen zu tragen habe, denn „so geschieht das, was den Zorn des sich empörenden Gottes zeigt, nicht etwa wegen uns, von denen doch Gott verehrt wird, sondern es gilt euren Vergehen und eurer Schuld“317. Und was könnte diese These besser und eindrucksvoller beweisen als der schmähliche Tod des Christenverfolgers Decius? Zweifelsohne, das historische Ereignis der katastrophalen Niederlage und des gewaltsamen Todes des Kaisers Decius, unmittelbar nach seiner reichsweit angeordneten supplicatio und der damit verbundenen Christenverfolgung, interpretiert als christliches exemplum religionis neglectae, ist der apologetische Dreh- und Angelpunkt von Dem. Dieses Geschehnis versetzte den Bischof von Karthago in die Lage, dem Vorwurf der Heiden, die Christen seien schuld an den gegenwärtigen Üblen, auf zweifache Weise wirksam318 entgegentreten zu können: zum einen durch den Aufweis, dass der so schnell und so großartig ausgeführte Racheakt Gottes an dem Christenverfolger Decius ganz offenkundig den Zorn des christlichen Gottes angesichts der Ungerechtigkeiten und der Sünden der Heiden belege und nicht umgekehrt den Zorn der heidnischen Götter 315 Vgl. dazu auch Dem. 21; 23. 316 Vgl. dazu Dem. 5; 7; 9; 11. 317 ... utique quando ea fiunt quae iram dei indignantis ostendunt non propter nos fiunt a quibus deus colitur, sed delictis et meritis uestris inrogantur (Dem. 5). 318 Zu dieser Einschätzung vgl. Strobel, Imperium, 180.
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über des Fehlverhalten der Christen, zum anderen durch die Gegenüberstellung der macht- und hilflosen heidnischen Götter, die sich selbst nicht rächen könnten, sondern dabei auf die Hilfe ihrer Verehrer angewiesen seien, mit dem christlichen Gott, der nicht nur im voraus verkündet habe, dass er den Seinen stets Beistand und Schutz gewähren werde, sondern dies auch prompt in die Tat umgesetzt habe und somit bewiesen habe, dass er – und nicht die heidnischen Götter bzw. Götzen – der „Herr und Lenker der Welt“ ist.
Fazit Cyprian von Karthago lässt seine Schrift Fort., mittels der er die Christen auf die bevorstehende valerianische Verfolgung einstimmen und für das Martyrium vorbereiten will, mit dem apologetischen Motiv des Erweises der Nichtigkeit der heidnischen Götter als wehr- und hilflose Götzen beginnen. Als Grund für diese nicht ohne weiteres einsichtige Entscheidung – denn musste nicht einem jeden Christen, zumal einem solchen, der auf das Martyrium vorbereitet werden sollte, klar und selbstverständlich sein, dass die heidnischen Götter aus christlicher Perspektive nur von Hand gefertigte Götzen(bilder) sind – erwies sich Cyprians schmerzhafte Einsicht, dass das decische Opferedikt vor allem deswegen so viele Lapsi produzieren konnte, weil der Glaube vieler Christen in der vorangegangenen langen Friedenszeit eingeschlafen war319. Infolge dessen hatte sich eine Vermischung christlicher und römisch-heidnischer Lebenswelt innerhalb der karthagischen Gemeinde vollzogen, so weit, dass Teile des Klerus offenkundig in dem Vergehen der Idolatrie ihrer Mitchristen keinen Grund für deren Ausschluss aus der Eucharistiegemeinschaft erkannten. Gegen diese Entwicklung richtet sich der erste Titulus von Fort. mit seiner dezidiert apologetischen Ausrichtung, die den Rückschluss erlaubt, dass der Bischof von Karthago davon überzeugt war, dass erst nach radikaler und vollständiger Trennung vom Heidentum die Christen dazu bereit sind, für ihren Glauben zu sterben und dass dies bei vielen Christen nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann, sondern immer wieder aufs neue eingeschärft werden muss. Die Umsetzung und Ausgestaltung dieses ersten Titulus erfolgt in Cyprians einzig wirklich apologetischer Schrift, „Ad Demetrianum“, indem der den Tod der Verfolgerkaisers Decius als exemplum religionis neglectae deutet und auswertet. Das theologische Potential des abrupten Todes des Christenverfolgers Decius erkannt und konsequent für die eigene Sache umgesetzt zu haben, ist somit der bleibende Verdienst Cypri-
319 Vgl. zu dieser Einschätzung laps. 5.
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ans320 und zugleich seine eigene, persönliche Handschrift in Bezug auf die Frage, wie der Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götzen im Rahmen einer praeparatio ad martyrium gelingen kann.
320 Zur Übernahme und weiteren Ausgestaltung dieses Motives durch Laktanz vgl. Heck, MH QEOMAXEIN, 186-228.
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Der Monolatrieanspruch Gottes und die Folgen der Zuwiderhandlung [Fort. 5 (2-5)] Der Monolatrieanspruch Gottes und die Folgen der Zuwiderhandlung in Fort. 5 (2-5) Nachdem Cyprian in Fort. 5 (1) dargelegt und gefordert hatte, dass weder die heidnischen Götzen noch die Elemente verehrt werden dürften, leitet er in Fort. 5 (2) zum biblischen bzw. christlichen Monolatriegebot über. Thematisch schließen sich daran die Tituli Fort. 5 (3-5) an, da sie vor Augen führen sollen, was dem Zuwiderhandelnden von Seiten Gottes droht, so dass die Thesen Fort. 5 (2-5) als eine in sich geschlossene Einheit betrachtet und behandelt werden können. Destructis idolis et elementorum ratione monstrata ostendendum deum solum colendum esse [5 (2)] 1. Tunc addendum quae comminatio Dei sit aduersus eos qui idolis sacrificant [5 (3)]2. Praeterea docendum non facile ignoscere deum idolatris [5 (4)]3. Et quod sic idolatriae indignetur deus, ut praeceperit etiam eos interfici qui sacrificare et seruire idolis suaserint [5 (5)]4.
War der erste Titulus vorrangig rational geprägt, da es Cyprian darum ging, mit den Mitteln der Vernunft aus der Geschichte heraus zu beweisen, dass die heidnischen Götter lediglich machtlose Götzen sind, so wechselt der Duktus der folgenden vier Tituli hin zur emotionalen Ebene. Nicht argumentative Gedankengänge werden hier den Adressaten präsentiert, sondern statt dessen Bibelstellen, die den Zorn und die Strafen Gottes ins Gedächtnis rufen, die angesichts der schweren Sünde der Idolatrie dem Christen drohen. Deutlich und unüberhörbar sind die „Wehe-Rufe“ zu vernehmen, die keinen Zweifel daran aufkommen lassen wollen, dass jeder, der (in der Verfolgung) seinen Glauben verleugnet, allen Grund dazu hat, die Missgunst und die Strafe Gottes zu fürchten, denn sogar 1
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„Nachdem die Götzen vernichtet sind und die Beschaffenheit der Elemente aufgezeigt ist, muss man darlegen, dass Gott allein Verehrung gebührt“. Vgl. dazu Dtn 5,7; 6,13; 32,39; Offb 14,6f; Mk 12,29-31; Mt 22,40; Joh 17,3. „Dann gilt es anzufügen, was Gott denen androht, die den Götzen opfern“. Vgl. dazu Ex 22,19f; Dtn 32,17; Jes 2,8f; 57,6; Jer 25,6; Offb 14,9-11. „Außerdem muss man belegen, dass Gott denen, die Götzen opfern, nicht leicht verzeiht“. Vgl. dazu Ex 32,31-33; Jer 11,14; Ez 14,12-14.16; 1Sam 2,25. „Und dass sich Gott so über Götzendienst ärgert, dass er angeordnet hat, auch die töten zu lassen, die empfohlen haben, den Götzen zu opfern und zu dienen“. Vgl. dazu Dtn 13,7.9-11; 1Makk 2,24; Mt 10,28f; 2Tim 2,11f; 1Joh 2,23; Joh 12,25.
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diejenigen sieht Cyprian davon nicht ausgenommen, die „nur“ zur Idolatrie raten, sie aber nicht selbst begehen. Gedankenloser und leichtfertiger Idolatrie, wie sie der Bischof von Karthago im Gefolge des decischen Opferediktes für seine Gemeinde in so zahlreichen Fällen hatte konstatieren müssen5, soll auf diese Weise Einhalt geboten werden, wenn dem in seinem Glauben Schwankenden drastisch vor Augen geführt wird, mit welchen Konsequenzen er von Seiten Gottes zu rechnen hat. Auch als „Entscheidungshilfe“ können die Thesen Cyprians gelesen werden, für all diejenigen Christen, die angesichts der drohenden Verfolgung in Erwägung ziehen, den Forderungen der römischen Staatsmacht nachzukommen, um sich auf diese Weise Straflosigkeit, körperliche Unversehrtheit und die Wahrung ihres Hab und Gutes zu sichern, denn in Anbetracht der Androhungen und Strafen Gottes und des Verweises, dass Gott Götzendienern nicht leicht Verzeihung schenkt, kann es aus gutem Grunde ratsam erscheinen, besser die Strafen des Staates in Kauf zu nehmen als die Strafen Gottes. Wie dieses Motiv bei Cyprian ausgestaltet ist, soll im folgenden Kapitel untersucht werden.
Der Monolatrieanspruch Gottes und die Folgen der Zuwiderhandlung im Werk Cyprians Gott allein muss verehrt werden [Fort. 5 (2)] Die logische Weiterführung des Aufweises der Nichtigkeit der Götzen und des damit verbundenen Idolatrieverbotes ist aus christlicher Sicht das Monolatriegebot. Da der christliche Gott die einzig real existierende Gottheit ist, gebührt allein ihm kultische Verehrung. Es ist also nur konsequent, wenn Cyprian auf den apologetisch ausgerichteten Einstieg in seine praeparatio ad martyrium mit der Forderung fortfährt, dass Gott allein verehrt werden dürfe (Quod Deus solus colendus sit). Als biblische Kronzeugen dieses Postulats führt er in Fort., test. 2 sieben Stellen an, drei alt- und vier neutestamentliche: Dtn 6,13; 5,7 (bzw. Ex 20,3); 32,39; Offb 14,6f; Mk 12,29-31 in Verbindung mit Mt 22,406 und Joh 5 6
Vgl. dazu laps. 7f. Der von Cyprian präsentierte Text lautet: „Audi, Israhel, dominus deus tuus dominus unus est, et diliges dominum deum tuum de toto corde tuo et de tota anima tua et de tota uirtute tua. Hoc primum, et secundum simile huic: diliges proximum tibi tamquam te. In his duobus praeceptis tota lex pendet et prophetae“. Zur Diskussion, die für diese Thematik jedoch ohne Bedeutung ist, nämlich ob es sich dabei um eine Zusammenstellung von Mk 12,29-31 und Mt 22,40 oder Mk 12,29 und Mt 22,37-40 handelt, vgl. Fahey, Cyprian, 319f. Auffallend an dieser Teststelle ist aber, dass Cyprian es nicht dabei be-
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17,3. Dtn 32,39 (Sehet, sehet, denn ich bin es und es gibt keinen Gott außer mir. Ich werde töten und lebendig machen, ich werde schlagen und ich werde heilen und es gibt niemanden, der aus meinen Händen befreien könnte)7 findet ausschließlich in Fort. Verwendung, was die Eigenständigkeit der Testimoniensammlung unterstreicht. Die Verse Offb 14,6f (Und ich sah einen anderen Engel mitten am Himmel fliegen, der ein ewiges Evangelium hatte, um es auf der Erde allen Nationen, Stämmen, Sprachen und Völkern zu verkünden und der mit lauter Stimme sprach: Fürchtet viel mehr den Herren und verherrlicht ihn, denn die Stunde seines Gerichtes kommt, und betet ihn an, der den Himmel und die Erde und das Meer und alles, was sich darin befindet, geschaffen hat)8 listet Cyprian neben Fort. 5 (2) lediglich noch in Quir. 3,20 unter dem Titulus „Das Fundament und die Stütze der Hoffnung und des Glaubens ist die (Gottes-)Furcht“ (Fundamentum et firmamentum spei et fidei esse timorem). Den Vers Dtn 6,13 (Du sollst den Herrn, deinen Gott anbeten und ihm allein dienen )9 zitiert Cyprian, abgesehen von Quir. 3,10 unter dem Titulus „An Gott allein muss man glauben und in ihm sich rühmen)10, innerhalb seiner Schriften zweimal. In laps. 7 bedient er sich der Stelle, um den Lapsi die Schwere ihres Vergehens vor Augen zu führen und möglichen Entschuldigungen ihrerseits den Boden zu entziehen, denn den Christen waren die dramatischen Ereignisse durch die Propheten und Apostel vorhergesagt (praenuntiata et ante praedicta), so dass die Verfolgungen im Zusammenhang mit dem decischen Opferedikt die Christen nicht hätten überraschen dürfen und die leichtfertige Idolatrie, die der
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lässt, allein den ersten Teil des „Doppelgebotes“ zu präsentieren (Mk 12,29f bzw. Mt 22,37f), den der Gottesliebe, sondern statt dessen auch das Gebot der Nächstenliebe mit anfügt, das angesichts der Kapitelüberschrift „Quod Deus solus colendus sit“ allerdings deplaziert und überflüssig wirkt. Dies lässt sich m.E. entweder dadurch erklären, dass Cyprian nicht auf den gewichtigen Schlusssatz (Mt 22,40) verzichten wollte, der die herausragende Bedeutung der Gottesliebe betont, oder aber es lässt sich als Hinweis deuten, dass dem Bischof von Karthago diese Zusammenstellung von Anfang an vertraut war und er sie deshalb nicht „auseinanderreißen“ wollte. Für letzteres würde der Umstand sprechen, dass Cyprian die beiden Zitate, die er dreimal gebraucht (unit. 15; orat. 28; Fort., test. 2), ausschließlich in dieser Zusammenstellung verwendet. Videte, uidete quia ego sum, et non est deus praeter me. Ego interimam et uiuere faciam, percutiam et ego sanabo, et non est qui eripiat de manibus meis. Et uidi alium angelum uolantem medio caelo, habentem euangelium aeternum, ut adnuntiaret super terram per omnes nationes et tribus et linguas et populos, dicentem uoce magna: Metuite potius Dominum et date illi claritatem, quoniam uenit hora iudicii eius, et adorate eum qui fecit caelum et terram et mare et omnia quae in eis sunt. Dominum Deum tuum adorabis et ipsi soli seruies. In Deum solum fidendum et in ipso gloriandum.
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Bischof von Karthago einem Großteil von ihnen vorwirft, nicht eingetreten wäre, hätte man das Dekaloggebot, Gott allein zu verehren, vor Augen gehabt. In Dem. 6 rekurriert Cyprian auf Dtn 6,13 in Verbindung mit Dtn 5,7 bzw. Ex 20,3 (Du sollst keine anderen Götter neben mir haben)11, dem ersten Gebot des Dekalogs, um seinem Kontrahenten Demetrianus aus der Schrift heraus zu belegen, dass die gegenwärtigen Katastrophen, die der Heide als Zorn der Götter angesichts der Kultverweigerung der Christen interpretiert, in Wirklichkeit als Strafe Gottes verstanden werden müssen, der trotz expliziter Aufforderung, ihn allein anzubeten, von den Heiden missachtet wird12. Die drei verbleibenden neutestamentlichen Bibelstellen, die Cyprian in Fort., test. 2 anführt, finden sich zunächst gebündelt in orat. 28. Hierbei dienen Cyprian die Verse Mk 12,29-31 (Höre Israel, der Herr, dein Gott, ist dein einziger Herr und du sollst den Herrn deinen Gott mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft lieben. Dies ist das erste Gebot und das zweite ist diesem ähnlich. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst)13 zusammen mit Mt 22,40 (An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten)14 und Joh 17,3 (Dies aber ist das ewige Leben, dass sie dich als den einzigen und wahren Gott erkennen und den, den du gesandt hast, Jesus Christus)15 als Belege für die hervorragende und göttliche Kürze (magna et diuina brevitate) der Gebote Gottes, „damit das Gedächtnis der Lernenden nicht mit der himmlischen Erziehung geplagt werde, sondern damit sich das für einen einfachen Glauben Notwendige schnell lernen lässt“16. So wie das Vaterunser alle Bitten der Christen kurz und bündig zusammenfasst, so stehen 11
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Non erunt tibi dii alii absque me. Da das erste Gebot der beiden Dekalogfassungen Ex 20,3 und Dtn 5,7 gleich lautet, lässt sich nicht entscheiden, welche der beiden Cyprian in Dem. 6 vor Augen hatte. Vgl. dazu Dem. 5. Audi, Israhel, Dominus Deus tuus Dominus unus est, et diliges Dominum Deum tuum de toto corde tuo et de tota anima tua et de tota uirtute tua. Hoc primum, et secundum simile huic: Diliges proximum tibi tamquam te. In his duobus praeceptis tota lex pendet et prophetae. Haec est autem uita aeterna ut cognoscant te solum et uerum Deum et quem misisti Iesum Christum. ... ut in disciplina caelesti discentium memoria non laboraret, sed quod esset simplici fidei necessarium uelociter disceret. Dieser Gedanke findet sich in ähnlicher Form auch in Fort. 3, wenn Cyprian betont, er habe, um den Leser oder Hörer nicht zu ermüden (ne … fatigarem), lediglich „eine knappe Zusammenstellung angefertigt“ (conpendium feci) mit den Tituli, die jeder kennen und im Gedächtnis bewahren muss (propositis titulis quos quis et nosse et tenere). Dies unterstreicht den hohen Stellenwert, den diese Kurztexte für den Bischof von Karthago innerhalb seiner Paränese und speziell seiner praeparatio ad martyrium hatten.
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für den Bischof von Karthago auch das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe und die Verheißung des ewigen Lebens für den, der Gott als den Einzigen und Wahren und Christus als seinen Gesandten erkannt hat, für die Einfachheit und Kürze der christlichen Lehre. Wie in orat. 28, so ist auch in unit. 15 der Aspekt der Kürze und Knappheit von Mk 12,29-31 und Mt 22,40 als Weg der christlichen Hoffnung und des Glaubens (spei et fidei uiam conpendio breuiante) für den Bischof von Karthago von Bedeutung. Diesmal sieht er jedoch die biblischen Worte gegen Schismatiker gewandt, die ihres Heiles verlustig gehen, da sie die von Gott geforderte Einheit und Liebe (unitatem simul et dilectionem) missachten, indem sie die Kirche spalten und den Glauben zerstören. Von Joh 17,3 macht Cyprian neben orat. 28 im protreptisch gehaltenen Schlussteil von Dem. Gebrauch. In Kapitel 23 ruft er seine heidnischen Widersacher in Anbetracht des kurz bevorstehenden Endes der Welt (iam mundi finis in proximo) zur Abkehr von den Götzen und zur Hinwendung zu Gott auf, „denn auch der ankommende Christus mahnt und lehrt dies“17, worauf das Johanneszitat folgt. Da der Bischof von Karthago in Dem. u.a. das Anliegen verfolgt, die Aussagen der hl. Schrift als wahr und zuverlässig zu erweisen, so entbehrt es nicht einer gewissen Logik, gerade Joh 17,3 als Belegstelle für die Notwendigkeit der Umkehr der Heiden in Verbindung mit einer sich anschließenden vierfachen expliziten Aufforderung, den Worten Christi zu vertrauen (credite illi), anzuführen. Eine nochmals veränderte argumentative Stoßrichtung erfährt Joh 17,3 in ep. 73,17. In dem Brief, einem Antwortschreiben Cyprians an den mauretanischen Bischof Jubaianus, in dem der Bischof von Karthago die Notwendigkeit der sog. Ketzertaufe begründet und entfaltet, dient ihm Joh 17,3 als Beleg dafür, dass die vermeintliche Taufe der Ketzer weder Sündenvergebung noch ewiges Heil erwirken könne, da allein die gemeinsame Erkenntnis von Vater und Sohn (nec possit esse spes salutis nisi duobus simul cognitis) Rettung in Aussicht stelle, diese Erkenntnis bei den Ketzern aber nicht vorhanden sei, da sie den Vater nicht kennen und ihn sogar lästern (non cognitio immo et blasphemato deo patre). Betrachtet man die Verwendung der Bibelstellen in den cyprianischen Schriften, die der Bischof von Karthago in seiner exhortatio ad martyrium unter der Rubrik „Quod Deus solus colendus sit“ zusammengetragen hat, um die Christen von der Notwendigkeit der strikten Einhaltung des Monolatriegebotes zu überzeugen, so lässt sich leicht feststellen, wie unterschiedlich deren Einsatz im Gesamtœuvre ist. 17
... quia et Christus adueniens hoc admonet et docet dicens.
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Abgesehen von Vers Dtn 32,39 der, wie bereits erwähnt, ausschließlich in Fort., test. 2 belegt ist und Offb 14,6f, der darüber hinaus noch unter Quir. 3,20 gelistet ist, werden in den übrigen Schriften Cyprians lediglich die beiden alttestamentlichen Stellen Dtn 6,13 und 5,7 (zusammen mit Ex 20,3) so verwendet, dass sie dem Themenbereich der „Vorbereitung auf das Martyrium“ zugeordnet werden können18. Die verbleibenden neutestamentlichen Stellen (Mk 12,29-31; Mt 22,40; Joh 17,3) dagegen werden allein in Fort., test. 2 als Belege des biblischen Monolatriegebotes gedeutet, im restlichen Schrifttum jedoch in gänzlich anderen thematischen Kontexten wie dem Kampf gegen Schismatiker (unit. 15) und der Auseinandersetzung um die sog. Ketzertaufe (ep. 73,17) verwendet. Dieser Umstand belegt einerseits die große Flexibilität, die Cyprian beweist, wenn es darum geht, ein und dasselbe Testimonium für unterschiedlichste argumentative Zwecke einzusetzen. Andererseits wirft dies die Frage nach der Überzeugungskraft dieser Stellen im Rahmen einer praeparatio ad martyrium auf und die Antwort darauf wird wohl eher skeptisch ausfallen müssen.
Gott droht den Götzendienern [Fort. 5 (3)] Dass Gott Götzendienst unter keinen Umständen zu dulden bereit ist, sondern kultische Verehrung allein für sich beansprucht, war das Thema von Fort. 5 (2) samt dazugehöriger Bibelstellen. Dieser Aspekt der praeparatio ad martyrium, so könnte man meinen, sei damit erledigt, alles wesentliche sei gesagt, indem den Christen ins Gedächtnis gerufen ist, dass Idolatrie ein schweres Vergehen gegen die Gebote Gottes darstellt und unter keinen Umständen toleriert werden könne. Cyprian entschließt sich jedoch, diese Thematik weiter zu vertiefen. Es genügt nicht, so war er offenkundig überzeugt, nur das Monolatriegebot einzuschärfen, die Christen sollen auch wissen, was ihnen von Seiten Gottes im Falle der Zuwiderhandlung droht. Zu diesem Zweck sammelt der Bischof von Karthago in Fort., test. 3 insgesamt fünf alt- und eine neutestamentliche Bibelstelle (Ex 22,19; Dtn 32,17; Jes 2,8f; 57,6; Jer 25,6; Offb 14,9-11). Als erste Belegstelle der Maßnahmen, die Gott im Falle des Götzendienstes den Menschen androht, führt Cyprian in Fort., test. 3 das „Vernichtungsgebot“ in Ex 22,19 (Wer anderen Göttern opfert, außer dem Herrn allein, wird ausge-
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Bei der Verwendung von Dtn 6,13 in laps. 7 ist der Bezug zur praeparatio ad martyrium offenkundig, bei Dtn 5,7 und 6,13 in Dem. 6 kann er m.E. eindeutig konstatiert werden, wenn man bedenkt, dass die Schrift zwar an einen Heiden adressiert ist, ihr überwiegender Verbreitungs- und Rezeptionsraum jedoch das innerkirchliche Publikum gewesen sein dürfte.
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löscht)19 an. In laps. 7 verwendet er den Text als Kontrastfolie gegen das – aus seiner Sicht – allzu leichtfertige, ja sogar freiwillige (uoluntario lapsu) Opfern so vieler Christen, das nur aufgrund des Vergessens der Schriftworte (datae legis et obseruationis inmemores) möglich wurde. Die Schuld der Missetäter wiegt aber umso schwerer, so Cyprians Argumentation, da die Bibel nicht nur das Verbot der Idolatrie klar benennt (Dtn 6,13), sondern darüber hinaus auch keinen Zweifel daran lässt, welch drastische Strafe Gott den Zuwiderhandelnden in Aussicht stellt. Um dies noch zu verstärken, stellt Cyprian dem Text den Jesajavers 2,8f (Sie beteten die an, die ihre Hände gebildet hatten und der Mensch muss sich krümmen und erniedrigen, aber ich werde ihn nicht befreien)20 voran, von dem er insgesamt viermal Gebrauch macht21 und dies stets in Verbindung mit Ex 22,19. Der leitende Gedanke dahinter dürfte wohl sein, dass das Jesajazitat allein für sich betrachtet Cyprian zu vage und offen bleibt, denn es stellt zwar fest, dass Gott den Götzendienst nicht vergeben wird (non laxabo illis), macht aber keine Angaben über das Ausmaß möglicher Konsequenzen oder Strafen. Diese „Unsicherheit“ wird jedoch beseitigt, sobald man die Passage zusammen mit der angekündigten Ausrottung des Übeltäters (Sacrificans diis eradicabitur) in Ex 22,19 liest. Über die Intention, die der Bischof von Karthago damit verfolgt, lässt er keinen Zweifel aufkommen: die Furcht vor den göttlichen Strafen (poenae metum) soll die Christen vor einem erneuten massenhaften Glaubensabfall zurückschrecken lassen. In ep. 59,12, in der Cyprian seinen Bischofskollegen in Rom, Cornelius, über Felicissimus und Fortunatus und deren schismatische Bestrebungen in Karthago22 informiert, dient ihm Ex 22,19 als Illustration, wie groß deren Vergehen ist. Obwohl die karthagische Gemeinde noch immer unter den Zwangsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem decischen Opferedikt zu leiden hatte, waren jene bereit, zusammen mit Lapsi Eucharistiegemeinschaft zu halten, ohne zuvor Buße von ihnen zu fordern23. Indem Cyprian diesem allzu laxen und verantwortungslosen Verhalten die Strenge des göttlichen Gebotes in Ex 22,19 gegenüberstellt, brandmarkt er die Schismatiker als Menschen, die sich nicht nur gegen die Menschen und die Kirche vergehen, sondern sogar gegen Gott24. 19 20 21 22 23 24
Sacrificans diis eradicabitur, nisi domino soli. Adorauerunt eos quos fecerunt digiti eorum, et curuatus est homo et humiliatus est uir, et non laxabo illis. Siehe Fort., test. 3; laps. 7; Dem. 16; ep. 65,1. Vgl. dazu ep. 41-43. Vgl. ep. 15,1; 16,1f. Taceo itaque de fraudibus ecclesiae factis, coniurationes et adulteria et uaria delictorum genera praetereo: unum illud, in quo non mea nec hominum sed dei causa est, de eorum facinore non puto esse reticendum ....
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Die Verwendung von Ex 22,19 und Jes 2,8f in Dem. 16 kann als Kehrseite von Joh 17,3 in Dem. 23 gelesen werden. War Cyprian bei letzterer Stelle sichtlich darum bemüht, seinem heidnischen Kontrahenten das Christentum „lockend“ näherzubringen, indem er ihm ewiges Heil (aeternam salutem) und ewiges Leben als Lohn (praemium uitae aeternae) einer Bekehrung in Aussicht stellt, so konfrontiert er ihn in Dem. 16 offen und unverblümt mit den tödlichen Konsequenzen seiner Haltung, Gott nicht zu fürchten, obwohl er droht (non metuere Deum conminantem), woran sich die beiden Bibelzitate anschließen. In ep. 65,1 argumentiert Cyprian mit vier (Ex 22,19; Jes 2,8f; 57,6; Offb 14,9-11) der insgesamt sechs Testimonien aus Fort., test. 3. Der Brief ist an Epictetus, den Bischof von Assuras, und dessen Gemeinde adressiert und spricht sich in scharfen Tönen gegen die Bemühungen des Fortunatianus aus, der als ehemaliger Bischof der Gemeinde nach vollzogenem Götzendienst wieder sein Amt bekleiden möchte, obwohl dies dem Epictetus an seiner statt übertragen wurde. Da für den Bischof von Karthago zweifelsfrei feststeht, dass „diejenigen, die schwerwiegende Vergehen begangen haben, das heißt, die aufgrund ihrer Götzenopfer gottlose Opfer dargebracht haben, weder für sich das Priestertum Gottes beanspruchen noch vor dem Angesicht Gottes irgendeine Bitte für die Mitbrüder formulieren können“25, sieht er in dem Anliegen des Fortunatianus das Bestreben eines Mannes, der durch die Finsternis des Teufels völlig verblendet ist (diaboli tenebris in totum excaecatus). Völlig blind, so der Gedankengang Cyprians, müsse wohl jemand sein, der trotz der drohenden und zürnenden Worte von Ex 22,19 in Verbindung mit Jes 2,8f; 57,6 (Ihr habt ihnen Trankopfer ausgegossen und ihnen Speiseopfer vorgesetzt. Darüber soll ich nicht zürnen, sagt der Herr)26 und Offb 14,9-11 (Wenn jemand das Tier und sein Bild anbetet und sein Zeichen auf seine Stirn und seine Hand erhält, wird er vom Wein des Zornes Gottes, der gemischt ist im Becher seines Zornes, trinken und er wird unter den Augen der heiligen Engel und des Lammes im Feuer und Schwefel gepeinigt werden. Der Rauch ihrer Martern wird in alle Ewigkeit aufsteigen und wer das Tier und sein Bild angebetet hat, wird weder bei Tag noch
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Qui ergo grauia delicta in se adduxerunt, id est qui idolis sacrificando sacrilega sacrificia fecerunt, sacerdotium dei sibi uindicare non possunt nec ullam in conspectu eius precem pro fratribus facere (ep. 65,2,2). Illis fudistis libamina et illis inposuistis sacrificia. Super haec non indignabor? dicit dominus. Zur weiteren Verwendung von Jes 57,6 vgl. ep. 59,12.
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bei Nacht Ruhe finden)27 es wagt, von den Altären des Teufels an den Altar Gottes heranzutreten (post aras diaboli accedere ad altare dei)28. Neben ep. 65,1 und Quir. 3,59 (Über die Götzen, die die Heiden für Götter halten)29 findet sich in ep. 58,7 an die Gemeinde von Thibaris die dritte Belegstelle von Offb 14,9-11. Angesichts der bevorstehenden Verfolgung durch Gallus will der Bischof von Karthago den Mut und die Bereitschaft der dortigen Christen zum Martyrium wecken. Dazu mahnt er sie in seinem Brief, sich weder durch die Angst vor der kommenden Verfolgung (futurae persecutionis metu) noch durch die Ankunft des zu erwartenden Antichrist (antichristi inminentis aduentu) unnötig erschrecken zu lassen, denn zu fürchten sei – im Falle der Idolatrie – einzig und allein Gott, dessen Zorn niemand zu entkommen vermöge (cuius iram nemo poterit euadere), wie Offb 14,9-11 unmissverständlich in Aussicht stelle. Die beiden aus Fort., test. 3 noch verbleibenden Bibelstellen, Jer 25,6 (Ihr sollt nicht fremden Göttern nachlaufen um ihnen zu dienen und ihr sollt sie nicht anbeten und ihr sollt mich nicht aufgrund der Werke eurer Hände dazu verleitet, euch zu vernichten)30 und Dtn 32,17 (Sie opferten den Dämonen und nicht Gott)31, können zügig abgehandelt werden. Erstere findet in dem bereits thematisierten sechsten Kapitel von Dem. Verwendung32. Durch die Positionierung des Zitates direkt im Anschluss an das erste Dekaloggebot (Dtn 5,7 bzw. Ex 20,3) und aufgrund seiner inhaltlichen engen Verwandtschaft mit diesem – thematisiert wird jeweils das von Gott explizit verhängte Verbot des Götzendienstes, bei Jer 25,6 noch erweitert um den Verweis auf die ansonsten drohende Strafe Gottes (ne incitetis me … ad disperdendos uos) – kann Jer 25,6 als verstärkende Wiederholung von Dtn 5,7 bzw. Ex 20,3 gelesen werden. Die zweite Stelle, Dtn 32,17, wird von Cyprian neben Fort., test. 3 nur noch in Quir. 1, test. 1 unter dem Titulus „Die Juden haben bei der Kränkung Gottes schwer gesündigt, da sie den Herrn verlassen haben und den Götzen gefolgt sind“33 zitiert. Erwähnenswert dabei ist, dass der Bischof von Karthago den Beleg in Fort. zur 27
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Si quis adorat bestiam et imaginem eius et accipit notam in fronte sua et in manu, bibet et ipse de uino irae dei mixto in poculo irae eius et punietur igne et sulphure sub oculis sanctorum angelorum et sub oculis agni. Ep. 65,1,2. De idolis quae gentiles deos putant. Nolite ambulare post deos alienos ut seruiatis eis, et ne adoraueritis eos et ne incitetis me in operibus manuum uestrarum ad disperdendos uos. Sacrificauerunt daemoniis et non deo. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 5.2.1. Iudaeos in offensam Dei grauiter deliquisse, quod Dominum reliquerint et idola secuti sint.
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christlichen praeparatio ad martyrium einsetzt, in Quir. dagegen als Beleg für die schweren Vergehen der Juden gegen Gott. Über die in Fort., test. 3 angeführten Testimonien hinaus kennt Cyprian weitere Zeugnisse dessen, was Gott Götzendienern androht. So deutet er in Dem. 5; 7 die Katastrophen der gegenwärtigen Zeit wie Kriege (bella), Trockenheit (sterilitas), Hunger (fames) und Krankheiten (morbis) als Zeichen des zürnenden Gottes (Dei indignantis), da die Heiden sich weigerten, ihn allein zu verehren. Amos 4,7f34 und Hag 1,9-1135 dienen Cyprian dabei, neben den bereits thematisierten Stellen Dtn 5,7 (Ex 20,3) und 6,13, als biblische Belege dafür. Auch von konkreten warnenden Beispielen, wie Gott Götzendiener bestraft, weiß der Bischof von Karthago in laps. 24-26 zu berichten. Diese versteht er als pädagogische Maßnahme Gottes, der bereits zu Lebzeiten einen Teil der Christen für deren Vergehen der Idolatrie zur Rechenschaft zieht, als Warnung für Alle (Exempla sunt omnium tormenta paucorum)36. So sei Jemand, gleich nachdem er seinen Glauben verleugnet hatte, stumm geworden (obmutuit), eine Andere habe sich, von einem unreinen Geist besessen, mit den Zähnen die Zunge zerfleischt (laniauit dentibus linguam) und sei daraufhin wenig später qualvoll gestorben (doloribus cruciata defecit). Ein kleines Mädchen wiederum, das ohne Wissen der christlichen Eltern von seiner Amme zu den heidnischen Altären mitgenommen worden sei und dort von den Opfergaben gekostet habe, sei während des nächsten Gottesdienstes, an dem es teilnahm, von heftigem Weinen erschüttert (ploratu concuti) und innerer Unruhe hin und her geworfen worden (mentis aestu iactari). Bei einer reiferen Frau dagegen, die an den Opfern teilgenommen hatte, habe die Kommunion, die sie zu sich nahm, wie ein Schwert (gladium sibi sumens) und wie Gift (uelut quaedam uenena) gewirkt, so dass sie zuckend und bebend zusammengebrochen sei (palpitans et tremens concidit). So erschreckend und furchteinflößend die Beispiele der noch zu Lebzeiten eintreffenden Strafen Gottes angesichts des Vergehens der Idolatrie auch sein mögen, wirklich zu fürchten sind in den Augen Cyprians dagegen die ewigen Strafen
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Et pluam super unam ciuitatem et super unam non pluam. Pars una compluetur et pars super quam non pluero arefiet. Et congregabuntur duae et tres ciuitates in unam ciuitatem potandae aquae causa nec satiabuntur: et non conuertimini ad me, dicit dominus. Haec dicit dominus omnipotens: eo quod domus mea deserta est, uos autem sectamini unusquisque in domum suam, propterea abstinebit caelum a rore et terra subtrahet procreationes suas, et inducam gladium super terram et super frumentum et super uinum et super oleum et super homines et super pecora et super omnes labores manuum eorum. Laps. 23.
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(poenas aeternas) und nicht endenden Martern (supplicia perpetua), die Gott Götzendienern in Aussicht stellt37. Die Verwendung der Bibelstellen, so lässt sich feststellen, die Cyprian in Fort. 5 (3) unter der Überschrift „Quae comminatio Dei sit aduersus eos qui idolis sacrificant“ sammelt, weist hinsichtlich ihrer thematischen Verwendung eine weitaus größere Geschlossenheit auf, als dies im vorangehenden Kapitel „Quod Deus solus colendus sit“ der Fall war. Vor allem zwei unterschiedliche Stoßrichtungen lassen sich dabei beobachten: zum einen werden die biblischen Belegstellen in der apologetisch ausgerichteten Schrift Dem. gegen die Heiden eingesetzt, zur Klärung der Frage, wer schuld sei an den gegenwärtigen Katastrophen. Zum anderen dienen sie im Kontext der Lapsi-Thematik dazu, die Schwere ihrer Schuld aufzuzeigen. Beiden Stoßrichtungen gemeinsam ist jedoch, dass sie für die praeparatio ad martyrium Material an die Hand geben, mit Hilfe dessen die Christen in ihrer Bereitschaft zum Bekenntnis gestärkt werden können – und sei es aus Angst vor dem drohenden Zorn Gottes und seinen Strafen, wie dies in ep. 58,7 (Offb 14,9-11) und 58,11 geschieht, der einzigen Schrift innerhalb derer, die die Testimonien aus Fort., test. 3 verwenden, und die explizit dem Thema der Vorbereitung auf das Martyrium gewidmet ist.
Gott verzeiht Götzendienern nicht leicht [Fort. 5 (4)] Eine weitere Vertiefung und Verschärfung erfährt die Thematik der Idolatrie bzw. die ihrer Konsequenzen durch Fort. 5 (4), indem Cyprian feststellt, dass Gott Götzendienern nicht leicht verzeihe (Non facile ignoscere Deum idolatris). Vier alttestamentliche Belegstellen dienen ihm in Fort., test. 4 als biblische Kronzeugen dafür: Ex 32,31-33; Jer 11,14; Ez 14,12-14.16; 1Sam 2,25. Letztere, 1Sam 2,25 (Wenn ein Mann den rechten Weg verlässt und gegen einen anderen Mann sündigt, dann sollen sie für ihn zu Gott beten. Wenn sich aber ein Mensch gegen Gott versündigt, wer wird dann für ihn beten?)38, wird von Cyprian nur noch unter Quir. 3,2839 zitiert, um zu belegen, dass ein Vergehen, das sich gegen Gott richtet, von der Kirche nicht vergeben werden könne40. In Fort. 5 (4) dagegen will er damit seine These untermauern, dass Gott Götzendie37 38 39 40
Ep. 59,13,6. Vgl. dazu auch ep. 58,11; 65,2,1; Dem. 9; 23f; laps. 7; 23; mort. 14f; unit. 26. Si delinquendo peccet uir aduersus uirum, orabunt pro eo Dominum: si autem in deum peccet homo, quis orabit pro eo? In der Kirche kann dem nicht vergeben werden, der sich gegen Gott versündigt (Non posse in ecclesia remitti ei qui in Deum deliquerit). Die beiden anderen Stellen, die Cyprian unter Quir. 3,28 listet, Mt 12,32 und Mk 3,28f, sprechen von der Unvergebbarkeit der Sünden gegen den heiligen Geist.
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nern nicht leicht verzeiht. Geht man davon aus, dass Idolatrie ein Vergehen gegen Gott darstellt, so muss man hinsichtlich beider Texte, wenn nicht von einem krassen Widerspruch, so doch zumindest von einer erheblichen Abschwächung und Relativierung in Fort. 5 (4) sprechen, denn Gott verzeihe, wie es dort ja heißt, Götzendienern nicht leicht, was aber bedeutet, dass Verzeihung prinzipiell möglich ist. Die verbleibenden drei von Cyprian in Fort., test. 4 zitierten Textstellen finden sich allesamt in laps. 19 wieder und zwar ausschließlich dort, mit Ausnahme der Verse Ex 32,31-33, die darüber hinaus noch unter Quir. 1,1 (Die Juden haben bei der Kränkung Gottes schwer gesündigt, da sie den Herrn verlassen haben und den Götzen gefolgt sind)41 gelistet sind. In diesem 19. Kapitel argumentiert der Bischof von Karthago entschieden gegen die Praxis mancher Märtyrer und Bekenner während der decischen Verfolgungsmaßnahmen, zahlreichen Lapsi samt deren Anhang Friedensbriefe auszustellen und ihnen auf diese Weise die Vergebung ihrer Schuld zu attestieren und sie wieder in die kirchliche Gemeinschaft ohne zuvor abgeleistete Buße zurückzuführen42. Diese Vollmacht der Sündenvergebung, die einige Märtyrer und Bekenner selbstbewusst für sich beanspruchten, konfrontiert Cyprian in laps. 19 mit biblischen Beispielen, die dies in Abrede stellen (sollen). So habe z.B. Moses zwar für die Sünden seines Volkes bei Gott um Verzeihung gebeten, diese aber nicht erlangt, wie aus Ex 32,3133 (Ach, dieses Volk hat eine große Sünde begangen, sie haben sich Götter aus Gold und Silber gemacht. Und jetzt, wenn du ihnen ihre Sünde nachlassen willst, lass sie ihnen nach. Wenn aber nicht, lösche mich aus dem Buch, das du geschrieben hast. Und der Herr sprach zu Moses: Wer vor mir gesündigt hat, den werde ich aus meinem Buch auslöschen)43 hervorgehe. Der Prophet Jeremia sei von Gott sogar aufgefordert worden, nicht für sein Volk zu bitten, da Gott es nicht erhören wolle (Und du sollst nicht für dieses Volk beten und du sollst dich nicht für sie mit Bitten und Gebet einsetzen, denn ich werde sie nicht erhören in der Stunde, in der sie mich anrufen werden, in der Stunde ihres Elends)44, und der Prophet Ezechiel schließlich musste ebenso wie Moses trotz seines Flehens 41 42 43
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Iudaeos in offensam Dei grauiter deliquisse, quod dominum reliquerint et idola secuti sint. Vgl. dazu ep. 15,4; 22,2; 23; 27,1-3; 33,2; 35. Moyses in exodo pro populo rogat nec inpetrat: Praecor, ait, Domine, deliquit populus hic delictum grande, fecerunt sibi deos aureos et argenteos. Et nunc si dimittis eis delictum, dimitte: sin autem, dele me de libro quem scripsisti. Et dixit dominus ad Moysen: si qui deliquit ante me, deleam eum de libro meo. Item cum Hieremias pro populo depraecaretur, dominus ad eum loquitur dicens: Et tu noli orare pro populo hoc et noli postulare pro ipsis in praece et oratione, quia non exaudiam in tempore quo inuocabunt me, in tempore adflictionis suae (Jer 11,14).
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um Vergebung der Sünden Israels (pro delicto populi deprecaretur) erleben, dass Gott dies Ansinnen ablehnte (Und es erging das Wort des Herrn an mich: Menschensohn, über jedes Land, das sich an mir versündigt, in dem es eine schwere Sünde begeht, werde ich meine Hand ausstrecken und ich werde ihm seinen Vorrat an Brot nehmen und ich werde es dem Hunger übergeben und ich werde ihm Mensch und Vieh nehmen. Und wenn diese drei Männer in seiner Mitte gewesen wären, nämlich Noach, Daniel und Jiob, könnten sie nicht ihre Söhne und Töchter retten, sie allein würden gerettet werden)45. Da heilige und bei Gott hoch angesehene Männer wie Mose, Jeremia und Ezechiel erfahren mussten, dass Gott ihren stellvertretenden Bitten um Sündenvergebung nicht durchwegs Gehör schenkte, sondern ihr Flehen zuweilen auch ablehnte, wie können da, so Cyprian, die karthagischen Märtyrer und Bekenner sich anmaßen, unbedacht (temerarius) und in überstürzter Eile (praepropera festinatione) pauschal Friedensbriefe für Lapsi auszustellen. Das Lapsi-Problem bedürfe statt dessen wohlüberlegter, eingehender Beratung aller Verantwortlichen und fordere daher das Abhalten eines entsprechenden Konzils46. Der Umstand, dass drei der vier in Fort., test. 4 zitierten Bibelstellen in laps. 19 Verwendung finden und zwar, wie bereits erwähnt, ausschließlich dort und dass darüber hinaus sogar die Reihenfolge der Zitation bei beiden Schriften übereinstimmt, führt zwangsläufig zu der Annahme, dass laps. 19 Cyprian als Vorlage für Fort. 5 (4) bzw. Fort., test. 4 diente. Genauer gesagt, es war wohl die Auseinandersetzung, die Cyprian im Gefolge des decischen Opferediktes mit den karthagischen Märtyrern und Bekennern führen musste, aufgrund deren vorschneller und allzu leichtfertiger Bereitschaft, zahlreichen Lapsi samt Anhang Friedensbriefe auszustellen. Hinter diesem Disput verbirgt sich demnach, so kann geschlossen werden, nicht primär die Überzeugung Cyprians, den Märtyrern und Bekennern sei grundsätzlich die Fähigkeit und Legitimation abzusprechen, Friedensbriefe auszustellen47, sondern deren mangelnde Einsicht in die 45
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Et fuit, inquit, uerbum Domini ad me dicens: Fili hominis, terra quaecumque peccauerit mihi ut delinquat delictum, extendam manum meam super eam et obteram stabilimentum panis et inmittam in eam famem et auferam de ea hominem et pecora. Et si fuerint tres uiri hi in medio eius Noe et Danihel et Iob, non liberabunt filios neque filias, ipsi soli salui erunt (Ez 14,12-14.16). Vgl. dazu ep. 15,2,2; 26,2; 30,5,3. Zum entsprechenden Frühjahrskonzil im Jahr 251 vgl. Fischer, Synoden, 163-182. So gesteht Cyprian in ep. 18,1,2; 19,2,1 aus dem Frühjahr 250 (zur Datierung vgl. Clarke, Chronology, 707) nur denjenigen Lapsi, die angesichts einer schweren Krankheit nicht auf das Ende der Verfolgung und die Rückkehr ihres Bischofs warten können, die Möglichkeit zur sofortigen Rekonziliation u.a. unter der Voraussetzung zu, dass sie von den Märtyrern Friedensbriefe (libellos a martyribus) empfangen haben. Dies ändert sich jedoch mit dem Frühjahrskonzil von 251 grundlegend, denn die „Märtyrer und Beken-
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Schwere und Tragweite des von ihnen vergebenen Vergehens der Idolatrie. Deshalb klagt der Bischof von Karthago, eine solch leichtfertige Handlungsweise stehe im Widerspruch zur Strenge des Evangeliums (contra euangelii uigorem) und zum Gesetz des Herrn und Gottes (contra Domini ac Dei legem) und fordere den Zorn Gottes nur weiter heraus (prouocasse iram Domini), anstatt ihn durch Buße, Bitten und Genugtuung zu besänftigen. Wenn Cyprian demnach in Fort. 5 (4) festhält, dass Gott Götzendienern nicht leicht verzeiht und die meisten der hierbei angeführten Bibelstellen der Dikussion in laps. 19 um die unverantwortliche Vergabe von Friedensbriefen seitens mancher Märtyrer und Bekenner entstammt, dann kann dies im Rahmen einer praeparatio ad martyrium nicht nur als Argument für die Schwere und Tragweite des Vergehens der Idolatrie gelesen werden, sondern auch als warnender Hinweis, dass eine allzu leichtfertige und „billige“ Sündenvergebung und Rekonziliation nicht zu erwarten seien48.
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ner wurden durch das Konzil in der Bußfrage ganz ausgeschaltet, von der Vorlage eines Friedensbriefes ist nicht mehr die Rede“ (Fischer, Synoden, 173). Der Grund, warum Cyprian die Frage, ob Friedensbriefe bei der Rekonziliation Gefallener Berücksichtigung finden sollen bzw. dürfen, zuerst positiv, dann ca. ein Jahr später negativ beantwortet, ist sicherlich nur dann verständlich, wenn man sich die jeweils unterschiedliche Position und Stellung des Bischofs von Karthago innerhalb seiner Gemeinde vor Augen führt. Im Frühjahr 250 rang Cyprian von seinem Versteck aus um sein Bischofsamt, das aufgrund seiner Flucht sowohl in den Augen der römischen als auch in den Augen eines Teiles der karthagischen Gemeinde schweren Schaden genommen hatte. Aus dieser geschwächten Position heraus wollte Cyprian sicherlich keinen offenen Konflikt mit den Bekennern von Karthago riskieren, der wohl entstanden wäre, hätte er ihre Friedensbriefe und die der verstorbenen Märtyrer im Hinblick auf die Rekonziliation der Lapsi kategorisch abgelehnt. So spricht sich Cyprian in den Briefen 18 und 19 für eine Kompromisslösung aus, mit der es ihm einerseits gelingt, die Bekenner mit ihren Friedensbriefen in die Bußfrage zu integrieren, mit der er aber andererseits die Vollmacht zur Rekonziliation der Gefallenen nicht vollständig aus den eigenen Händen gibt, da alle anderen Fälle, d.h. all diejenigen, die über keine Friedensbriefe verfügten und nicht in unmittelbarer Todesgefahr schwebten, erst nach einer gewissenhaften gemeinsamen Beratung (omnia consilii communis religione; ep. 19,2,2) entschieden werden sollten. Auf dem Frühjahrskonzil von 251 dagegen war die Position und Stellung Cyprians als Bischof von Karthago so gefestigt, dass er und die anderen versammelten Bischöfe ihren Anspruch durchsetzen konnten, allein zuständig zu sein für die Rekonziliation der Gefallenen, unabhängig von den Friedensbriefen der Bekenner. Vgl. dazu die Beschlüsse des Frühjahrskonzils 251 zur Rekonziliation der Lapsi, wie sie in ep. 55,6,1 überliefert sind. Die Versammlung hatte sich dabei, so berichtet Cyprian, auf einen Mittelweg (temperamentum) geeinigt, der den Lapsi die Wiederaufnahme in die Kirche weder ganz verschließen noch ohne Buße nur aufgrund von Friedensbriefen
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Gott ist so über Götzendienst erzürnt, dass er befohlen hat, auch die zu töten, die zum Opfern geraten haben [Fort. 5 (5)] Im vierten und letzten Titulus zum christlichen Monolatriegebot stellt Cyprian Bibelstellen zusammen, die belegen sollen, dass Gott schwere Strafen nicht nur über Solche verhängt, die aktiv Götzen opfern, sondern auch über solche, die „lediglich“ dies zu tun geraten haben. Von den acht Bibelstellen, die er zum diesem Zweck in Fort., test. 5 sammelt (Dtn 13,7.9-11; Dtn 13,13-19; 1Makk 2,24; Mt10,32f; 2Tim 2,11f; 1Joh 2,23; Mt 10,28; Joh 12,25), finden sich drei, Dtn 13,7.9-11 (Wenn dich dein Bruder oder dein Sohn oder deine Tochter oder deine Gattin, die du liebst, oder dein Freund, der dein Seelenverwandter ist, fragt und heimlich sagt: Lasst uns gehen und fremden Göttern, den Göttern der Völker dienen, dann sollst du ihm nicht zustimmen und nicht auf ihn hören und du sollst ihn nicht verschonen und du sollst ihn nicht verheimlichen, sondern du sollst ihn öffentlich anzeigen. Deine Hand soll sich unter den Ersten gegen ihn erheben, um ihn zu töten und die Hand des ganzen Volkes erst danach. Und sie sollen ihn steinigen und ihn töten, weil er versucht hat, dich vom Herrn, deinem Gott, abzubringen)49, Dtn 13,13-19 (Oder wenn du hörst, dass in einer von den Städten, die der Herr dein Gott dir geben wird, um darin zu wohnen, jemand zu dir sagt: Lasst uns gehen und anderen Göttern dienen, die ihr nicht kennt, dann sollst du mit scharfem Schwert Alle töten, die in dieser Stadt leben, und du sollst die Stadt niederbrennen und sie wird auf ewig unbewohnt sein. Sie soll noch immer nicht wieder aufgebaut werden, damit der Herr von seinem großen Zorn ablässt. Er wird dir Barmherzigkeit schenken und er wird sich deiner erbarmen und er wird dich zahlreich machen, wenn du auf die Stimme des Herrn, deines Gottes hörst und seine Gebote beachtest)50 und 2Tim 2,11f (Wenn wir nämlich mit ihm
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gewähren wollte, sondern statt dessen unter Beachtung der evangelischen Strenge (censura evangelica) eine lang andauernde Bußzeit (diu paenitentia) vorsah. Quodsi rogauerit te frater tuus aut filius tuus aut filia tua aut uxor tua quae est in sinu tuo aut amicus tuus qui aequalis est animae tuae latenter dicens: Eamus et seruiamus diis aliis, diis gentium; non consenties ei et non exaudies eum et non parcet oculus tuus super eum et non celabis eum, adnuntians adnuntiabis de illo. Manus tua erit super eum in primis interficere eum et manus omnis populi postremo: Et lapidabunt eum, et morietur, quoniam quaesiuit auertere te a domino deo tuo. Et iterum loquitur dominus et dicit nec ciuitati parcendum, etiamsi uniuersa consenserit ad idolatriam: aut si audieris in una ex ciuitatibus quas dominus deus tuus dabit tibi inhabitare te illic dicentes: eamus et seruiamus diis aliis quos non nostis; interficiens necabis omnes qui sunt in ciuitate caede gladii et incendes ciuitatem igni, et erit sine habitaculo in aeternum. Non reaedificabitur etiam nunc, ut auertatur dominus ab indignatio-
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sterben, werden wir auch zusammen mit ihm leben. Wenn wir alles ertragen, werden wir auch mit ihm herrschen. Wenn wir ihn verleugnen, wird auch er uns verleugnen)51, einzig und allein hier und belegen damit ein weiteres mal, dass Fort. als eigenständige Schrift zu betrachten ist, in der der Bischof von Karthago nicht nur bereits behandeltes Material zusammenträgt. Das Beispiel des gesetzestreuen Priesters Mattatias, der einen zur Idolatrie bereiten Juden am Opfern hindert, indem er ihn umbringt52 (vgl. 1Makk 2,24), nimmt innerhalb der in Fort. zusammengestellten Testimonien eine Sonderstellung ein, denn Cyprian zitiert hierbei nicht die entsprechende Bibelstelle, sondern begnügt sich mit der kurzen und knappen Erwähnung des Beispiels. Die Gebote Gottes (mandata Dei) dienen ihm dabei als Bindeglied und Anschluss zum vorangehenden Bibelzitat (Dtn 13,13-19), das dem Volk Israel Nachwuchs und Gottes Barmherzigkeit verspricht für den Fall, dass es seine Gebote beachtet. Diese Gebote Gottes, so der Gedanke Cyprians, habe Mattatias vor Augen gehabt (cuius praecepti memor), als er seinen opferwilligen Landsmann tötete und dadurch den Willen Gottes in die Tat umsetzte. Allein in ep. 67,8,2 finden sich innerhalb der Schriften Cyprians Anklänge an 1Makk 2,24. Der Brief setzt sich mit den beiden spanischen Bischöfen Basilides von Astorga und Léon und Martialis von Mérida auseinander, die sich zur Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen Opferbescheinigungen (Libelli) besorgt und sich darüber hinaus weiterer Vergehen schuldig gemacht hatten53 und deshalb von ihres Amtes enthoben und durch Sabinus und Felix ersetzt worden waren. Als es einige Jahre später den Abgesetzten gelang, sich durch Angabe falscher Tatsachen vom römischen Bischof Stephanus die Wiederanerkennung ihrer Bischofswürde zu erschleichen, da wandten sich die rechtmäßig eingesetzten Bischöfe Sabinus und Felix an Cyprian, der den Fall einer gerade in Karthago tagenden Synode vorlegte54. In ihrem Antwortschreiben (ep. 67) nun bestätigt die Versammlung Letztere in ihrem Amt und spricht ihnen Mut zu, denn es sei „in der Kirche Gottes weder die evangelische Kraft so weit gefallen, noch die Stärke der christlichen Tugend und des Glaubens so weit ermüdet, dass nicht ein Teil der Bischöfe übrig bliebe, der nicht diesem Zusammenbruch der Welt und
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ne irae suae. Et dabit tibi misericordiam et miserebitur tui et multiplicabit te, si exaudieris uocem domini dei tui et obseruaueris praecepta eius. Item apostolus Paulus: Si enim commorimur, inquit, et conuiuemus: si toleramus, et conregnabimus: Si negamus, et ipse negabit nos. Cuius praecepti et uigoris memor Matthathias interfecit eum qui ad aram sacrificaturus accesserat. Vgl. dazu ep. 67,1.6. Zur Synode von Karthago 254 und den von ihr behandelten Geschehnissen vgl. Fischer, Synoden, 216-233.
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der Niederlage des Glaubens erliegt“55. Als Beispiele dafür führt Cyprian u.a. den Mattatias an, der, „obwohl alle Anderen unterlagen und sich unterordneten, das Gesetz Gottes tapfer verteidigte“56. Diese Wendung ist freilich so allgemein gehalten, dass zahlreiche Taten des Mattatias, wie sie von der Schrift überliefert sind, darunter subsumiert werden können, u.a. auch die Tötung des opferwilligen Juden, die Cyprian in Fort., test. 5 referiert. In deutlichem Kontrast zu dem konkreten alttestamentlichen Beispiel des Mattatias stehen die eher allgemein und grundsätzlich gehaltenen beiden neutestamentlichen Bibelverse Joh 12,25 (Wer sein Leben liebt, wird es verlieren, und wer sein Leben in dieser Welt hasst, wird es für das ewige Leben retten)57 und Mt 10,28 (Fürchtet nicht diejenigen, die den Leib, aber nicht die Seele töten können, fürchtet vielmehr denjenigen, der in der Hölle Seele und Leib töten kann)58, die Cyprian in Fort., test. 5 zitiert. Auffallend dabei ist, dass die beiden Stellen, die, abgesehen von Quir. 3,16 (Über das Gut des Martyriums)59, sowohl in Fort. als auch in den übrigen beiden Belegstellen, ep. 6,2,1 und 58,7,2 stets als Einheit behandelt werden60, sich thematisch nicht wirklich unter den Titulus „dass sich Gott so über Götzendienst ärgert, dass er angeordnet hat, auch die töten zu lassen, die empfohlen haben, den Götzen zu opfern und zu dienen“, einordnen lassen. Wenn Joh 12,25 dazu auffordert, „seine Seele in dieser Welt zu hassen“, um sie nicht zu verlieren, und Mt 10,28 vor dem warnt, „der Leib und Seele töten kann in der Hölle“, dann stellt sich dem Leser die Frage, inwiefern dies obige These stützen soll. Die beiden Bibelstellen wirken demnach fehlplaziert, und man fragt sich, warum sie Cyprian nicht z.B. dem dritten Titulus „dann gilt es anzufügen, was Gott denen androht, die den Götzen opfern“, beigefügt hat, denn dort wird dem Deliquenten ja explizit die Tötung im Falle der Idolatrie in Aussicht gestellt61. Blickt man auf die beiden Belegstellen von Joh 12,25 und Mt 10,28 in den übrigen cyprianischen Schriften, dann verstärkt sich der Eindruck, dass die bei55
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Non ... in ecclesia dei aut euangelicus uigor cecidit aut Christianae uirtutis et fidei robur elanguit, aut non supersit portio sacerdotum quae minime ad has rerum ruinas et fidei naufragia succumbat (ep. 67,8,1). ... succumbentibus licet et cedentibus ceteris Mattatian legem dei uindicasse fortiter (ep. 67,8,2). Qui amat animam suam perdet illam, et qui odit animam suam in isto saeculo in uitam aeternam conseruabit illam. Nolite timere eos qui occidunt corpus, animam autem non possunt occidere. Magis autem metuite eum, qui potest animam et corpus occidere in gehennam. De bono martyrii. Die beiden Bibelverse sind von Cyprian jedesmal durch die Wendung et iterum miteinander engstens verbunden. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 5.2.2.
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den Testimonien in Fort. 5 (5) fehlplaziert sind, noch weiter. Ep. 6 ist an Sergius und Rogatianus und die übrigen Bekenner von Karthago adressiert und spricht ihnen während ihrer Kerkerhaft aufgrund der decischen Verfolgungsmaßnahmen Mut zu, denn: „Wenn ihr bedenkt, dass ihr zusammen mit Christus dem Herrn richten und herrschen werdet, dann müsst ihr jubeln und aufgrund der Freude über das Künftige die gegenwärtigen Strafen geringachten“62. Da sich die Bekenner die Worte Jesu in Joh 12,25 und Mt 10,28 zu Herzen genommen und sie verwirklicht hätten würden sie zu seinem Reich gelangen (ad suum regnum peruenire), denn sie seien dem Herrn nachgefolgt. In ep. 58,7 an die Gemeinde von Thibaris will der Bischof von Karthago den Mut der dortigen Christen stärken, indem er herausstellt, dass nicht die bevorstehende Verfolgung bzw. das Nahen des Antichrist zu fürchten seien, sondern statt dessen – im Falle der Idolatrie – der Zorn des Herrn, wozu Cyprian neben Offb 14,9-11 die beiden Stellen Joh 12,25 und Mt 10,28 zitiert. Interessant dabei ist, wie der Bischof von Karthago auf den jeweiligen Kontext reagiert. Da in ep. 58,7 die Furcht das entscheidende Schlagwort bildet, zitiert er zuerst Mt 10,28 (nolite timere), dann Joh 12,25. In ep. 6 dagegen erfolgt die Zitation in umgekehrter Reihenfolge, denn auf die Situation der inhaftierten Bekenner antwortet Joh 12,25 gezielter als Mt 10,28. Festhalten lässt sich jedenfalls, dass die beiden Bibelstellen in ep. 6 und 58 gezielt und funktional eingesetzt sind, in Fort., test. 5 dagegen unstimmig und deplaziert wirken63. Nicht wesentlich anders verhält es sich mit den beiden letzten neutestamentlichen Bibelstellen, die Cyprian in Fort., test. 5 zitiert, Mt 10,32f (Zu jedem, der sich vor den Menschen zu mir bekennt, werde auch ich mich vor meinem Vater, der im Himmel ist, bekennen. Wer mich aber vor den Menschen verleugnet, den werde auch ich vor meinem Vater, der im Himmel ist, verleugnen)64 und 1Joh 2,23 (Wer den Sohn verleugnet, wird auch den Vater nicht haben. Wer sich zum
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Quando ergo iudicaturos uos et regnaturos cum Christo domino cogitatis, exultetis necesse est et futurorum gaudio praesentia supplicia caletis (ep. 6,2,1). Vor allem im Hinblick auf ep. 58,7 erhärtet sich dieser Eindruck, denn die drei dort zitierten Bibelstellen Mt 10,28; Joh 12,25 und Offb 14,9-11 sind als eine sichtbare thematische Einheit konzipiert (das Zitat aus der Offb wird mittels der Wendung „Et apocalypsis instruit et praemonet dicens“ an die beiden vorangehenden Zitate angebunden). Eingedenk der Tatsache, dass Cyprian Offb 14,9-11 unter Fort. 5 (3) anführt, ist die Logik nicht nachvollziehbar, warum er die beiden anderen Stellen dann unter Fort. 5 (5) einordnet. Quicumque confessus fuerit in me coram hominibus, et ego confitebor in ipso coram patre meo qui in caelis est. Qui autem me negauerit coram hominibus, et ego negabo eum coram patre meo qui in caelis est.
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Sohn bekennt, wird den Sohn und den Vater haben)65. Auch sie wirken an dieser Stelle deplaziert und nicht hierher gehörig, denn sie thematisieren in keinster Weise die These von Fort. 5 (5), dass Gott sogar die töten lassen wolle, die zum Opfern geraten haben. Aus diesem Grund sollen hier nicht sämtliche Belegstellen von Mt 10,32f untersucht werden66. Allein der Blick auf 1Joh 2,23 möge genügen. Die Stelle wird von Cyprian nur in Fort., test. 5 und Quir. 2, test. 27 unter dem Titulus „Zu Gott dem Vater kann man nur durch seinen Sohn, Jesus Christus, gelangen“67 zitiert, eine Anlehnung daran findet sich in ep. 73,18,3 die sich jedoch mit der Thematik des Ketzertaufstreites auseinandersetzt. Ein Bezug zur Idolatrie – und sei dies auch nur im entferntesten – ist nicht auszumachen. Der letzte der vier Tituli zum Monolatriegebot, der festhält, dass auch die zu töten seien, die (lediglich) zum Opfern geraten haben, hinterlässt nach Durchsicht der Testimonien, die Cyprian hierzu gesammelt hat, einige Irritationen. Lediglich die beiden deuteronomistischen Stellen lassen sich dem Titulus eindeutig zuordnen und stützen ihn. Dies kann von 1Makk 2,24 so nicht ausgesagt werden, denn der Text beinhaltet weder eine direkte Aufforderung Gottes, den opferwilligen Juden zu töten, noch trifft das Todesurteil jemanden, der zum Opfern geraten hat. 1Makk 2,24 könnte ohne weiteres – ja müsste eigentlich – vielmehr Fort. 5 (3) zugeordnet werden. Letzeres lässt sich ohne Einschränkung von allen fünf neutestamentlichen Bibelstellen sagen, die Cyprian unter Fort., test. 5 gesammelt hat, vorausgesetzt natürlich, man ist überhaupt bereit, Stellen wie 1Tim 2,11f oder Mt 10,32f auf Idolatrie hin zu lesen, obwohl nur von „verleugnen“ (negare) die Rede ist. Die Frage stellt sich demnach, was Cyprian dazu veranlasst haben könnte, Fort. 5 (5) in seine praeparatio ad martyrium aufzunehmen, obwohl es ihm doch offenkundig nicht gelingt, seine These mit ausreichendem biblischen Material zu untermauern. Vermutlich war die in laps. 9 referierte Erfahrung während der decischen Verfolgungsmaßnahmen dafür ausschlaggebend, denn er berichtet: „Und Vielen war der eigene Untergang noch nicht genug: aufgrund von gegenseitigen Aufmunterungen (zu opfern) ist das Volk in sein Verderben getrieben worden“68. Laps. 9 liefert damit eine plausible Erklärung, warum Cyprian es für geboten erachtete, diesen Titulus in seiner Vorbereitung auf das Martyrium eigens zu thematisieren. Offen bleiben muss dagegen die Frage, warum Cyprian sich nicht damit begnügte, lediglich die bei65
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Qui negat filium neque patrem habet: Qui confitetur filium et filium et patrem habet. Zur ungewöhnlichen Zitation Cyprians von 1Joh 2,23 mit filium et filium vgl. Fahey, Cyprian, 532. Vgl. dazu Quir. 3,16; laps. 20; ep. 12,1,3; 16,2,2; 30,7,1; 58,3,2; 59,12,2. Quod perueniri non possit ad Deum patrem nisi per filium eius Jesus Christum. Ac multis proprius interitus satis non fuit: hortamentis mutuis in exitium populus inpulsus est.
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den passenden Stellen aus dem Deuteronomium als Beleg seiner These zu zitieren, sondern statt dessen meinte, diese mit weiteren, aber offenkundig nicht zutreffenden neutestamentlichen Zitaten untermauern zu müssen. Die Vermutung liegt nahe, dass Cyprian der Ansicht war, nur zwei Testimonien seien zu wenig „Beweismaterial“ für seinen Titulus und es sei deshalb besser, noch weitere, wenngleich weitaus weniger aussagekräftige Stellen, anzuführen.
Fazit Die Bibelstellen, die Cyprian in Fort., test. 2-5 zum Thema „Monolatrieanspruch Gottes und Folgen der Zuwiderhandlung“ zusammengetragen hat, lassen sich in drei Gruppen untergliedern. Die erste bilden solche Testimonien, die ausschließlich in Fort. Verwendung finden und im restlichen Schrifttum Cyprians keine Spuren hinterlassen haben69. Sie unterstreichen damit die Eigenständigkeit der Testimoniensammlung, in der Cyprian nicht nur bekanntes und bereits verarbeitetes Material zusammenträgt, sondern die er auch mit eigens dafür gesammelten Bibelstellen anfüllt. Die zweite und größte Gruppe besteht aus den Bibelstellen, die Cyprian innerhalb seiner Schriften thematisch und inhaltlich so einsetzt und verwendet, wie er sie in Fort. unter den jeweiligen Tituli zusammengestellt hat. Unverkennbar dabei ist der Einfluss der decischen Verfolgungsmaßnahmen und die mit ihnen verbundenen katastrophalen Ereignisse auf Fort. 5 (2-5). Besonders deutlich wird dies in Fort. 5 (4) „Gott verzeiht Götzendienern nicht leicht“ und Fort. 5 (5) „Gott hat befohlen, auch die zu töten, die dazu geraten haben, zu opfern“, die beide nicht anders denn als Reaktion und Antwort auf Erfahrungen zu verstehen sind, die der Bischof von Karthago während dieser Zeit zu bewältigen hatte – sei es seine Auseinandersetzung um die leichtfertige Ausstellung von Friedensbriefen seitens der Märtyrer und Bekenner in laps. 19 oder die in laps. 9 berichtete Praxis der gegenseitigen Aufmunterung zu opfern. Im Hinblick auf die Verwendung der in Fort., test. 2-5 zusammengetragenen Bibelstellen innerhalb der Schriften Cyprians ist ein Satz Bardenhewers sehr treffend: „Allenthalben sind es Schriftworte, welche nicht bloß als Stützpunkte der Argumentation, sondern als Leitsätze der ganzen Ausführung dienen, und zwar in so beherrschender Weise dienen, daß alles andere das Aussehen eines Kommentars gewinnt“70. Tatsächlich benutzt Cyprian die von ihm zitierten Bibelstellen nicht als Bausteine einer eigenen Theologie, sondern sie bilden sehr häufig den Rumpf seiner 69 70
Vgl. dazu Dtn 13,7.9-11; 13,13-19; 32,39; 2Tim 2,11f. Bardenhewer, Geschichte, 507.
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Der Monolatrieanspruch Gottes und die Folgen der Zuwiderhandlung [Fort. 5 (2-5)]
Argumentation und stellen den Großteil des Textcorpus des jeweiligen Kapitels, indem mehrere Zitate einfach aneinandergereiht werden71. Eine dritte und letzte Gruppe bilden die Testimonien, die Cyprian in seinen Schriften in einem von Fort. gänzlich unterschiedlichen Kontext wie dem Ketzertaufstreit oder der Auslegung des Vaterunsers einsetzt72. Diese Gruppe ist zwar zahlenmäßig gering, belegt aber, dass der Bischof von Karthago z.T. sehr flexibel und situationsbedingt mit Hilfe seiner Testimonien zu argumentieren verstand. Zum Schluss soll noch auf zwei Ungereimtheiten bzw. Unstimmigkeiten innerhalb von Fort. 5 (2-5) hingewiesen werden. Zum einen ist da der Umstand, dass der Großteil der unter Fort. 5 (5) angeführten Bibelstellen nicht zu seinem Titulus passt und dadurch fehlplaziert wirkt. Zum anderen gilt es festzuhalten, dass die Tituli Fort. 5 (2; 3; 5) nicht wirklich in Einklang zu bringen sind mit 5 (4), denn ersteren zufolge wird (von Gott) das Vergehen der Idolatrie mit dem Tode bestraft, während letzterer Idolatrie als vergebbar darstellt – lange Bußzeit natürlich vorausgesetzt. Im Hinblick auf die Überzeugungskraft der Tituli samt Testimonien für eine praeparatio ad martyrium muss deshalb das Urteil differenziert ausfallen. Zweifelsohne ist die überwiegende Zahl der Testimonien, die Cyprian unter Fort. 5 (2-5) listet, um den Christen die Größe und Schwere des Vergehens der Idolatrie vor Augen zu führen und sie damit vor einem erneuten Glaubensabfall angesichts der aktuell drohenden Verfolgung zu warnen, treffend gewählt. Die Verse lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass Götzendienst nicht mit dem biblischen Monolatriegebot vereinbar ist und deshalb den Zorn und die Strafe Gottes hervorruft. Dieses positive Urteil muss jedoch aufgrund der oben genannten Defizite etwas eingeschränkt werden, denn sie schmälern zweifelsohne die rhetorische Wirkung der Verse. Da dies freilich nicht in gravierender Weise geschieht, können die vier Tituli insgesamt überzeugen, wenn es darum geht, den Christen bewusst zu machen und sie in der Überzeugung zu festigen und zu stärken, dass Idolatrie kein geringes Vergehen darstellt, da Gott allein verehrt werden darf.
71 72
Vgl. dazu etwa Dem. 6; laps. 19; ep. 58,7; 59,12; 65,1. Vgl. dazu orat. 28; unit. 15; ep. 73,17f.
Das Gebot, nichts über Christus zu stellen [Fort. 5 (6)]
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Das Gebot, nichts über Christus zu stellen [Fort. 5 (6)] Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, in Fort. 5 (6) Im Anschluss an die vier Tituli Fort. 5 (2-5), in denen Cyprian das christliche Monolatriegebot thematisiert und so seinen Adressaten verinnerlichen will, dass Gott unter keinen Umständen dazu bereit ist, Götzenopfer zu dulden, lässt der Bischof von Karthago einen Titulus folgen, in dem das Gebot, nichts über Christus zu stellen, von zentraler Bedeutung ist und das der mittels einer „paradoxen Dialektik“ auf eingängige Weise begründet: „Subiungendum post haec quod redempti et uiuificati Christi sanguine nihil Christo praeponere debeamus, quia nec ille quicquam nobis praeposuerit et ille propter nos mala bonis praetulerit, paupertatem diuitiis, seruitutem dominationi, mortem inmortalitati, nos contra in passionibus nostris paupertati saeculari paradisi diuitias et delicias praeferamus, dominatum et regnum aeternum temporariae seruituti, inmortalitatem morti, Deum et Christum diabolo et antichristo“ [5 (6)]1.
Die Mitte von Fort. 5 (6) bildet sicherlich das Gebot, nichts über Christus zu stellen (nihil Christo praeponere), das sich problemlos im Kontext der decischen Verfolgungsmaßnahmen verorten lässt. Wenn der Bischof von Karthago die Gründe referiert, die seiner Ansicht nach das Scheitern und Versagen so vieler Christen während dieser Krisenzeit begünstigten und verursachten, dann sind es vor allem die Fesseln des Reichtums und der Familie, die er dabei anführt, denn „diejenigen konnten nicht zum Entweichen bereit und gerüstet sein, die durch ihre Besitztümer wie durch Fußfesseln gebunden waren“2. Konsequenterweise beginnt Cyprian seine Ursachenanalyse des Scheiterns so vieler Christen in der Verfolgung in laps. 6 mit einer Auflistung zahlreicher Missstände, die sich seiner Meinung nach im Laufe der Zeit in die karthagische Gemeinde ein1
„Danach gilt es noch nahezubringen, dass wir – die wir durch Christi Blut erlöst und lebendig gemacht sind – nichts über Christus stellen dürfen, weil auch er nichts über uns gestellt hat und für uns das Leiden gewählt hat, anstelle der Freuden, die Armut anstelle des Reichtums, die Knechtschaft, anstelle der Herrschaft, den Tod anstelle der Unsterblichkeit. Wir dagegen wählen in unseren Leiden den Reichtum und die Freuden des Paradieses anstelle der Armseligkeit der Welt, die Herrschaft und das ewige Königreich anstelle zeitlicher Knechtschaft, die Unsterblichkeit anstelle des Todes, Gott und Christus anstelle des Teufels und des Antichrist“. Vgl. dazu Mt 10,37f; Dtn 33,9; Röm 8,3537; 1Kor 6,19f; 2Kor 5,15. ... nec ad recedendum parati aut expediti esse potuerunt quos facultates suae uelut conpedes ligauerunt (laps. 11).
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Das Gebot, nichts über Christus zu stellen [Fort. 5 (6)]
geschlichen hatten, wobei der Vorwurf des Strebens nach immer mehr Besitz (studebant augendo patrimonio), unersättliche Habgier (insatiabili cupiditatis ardore) und das Geschäftetreiben sogar seitens vieler Bischöfe den breitesten Raum einnimmt. All die vermögenden und wohlhabenden Christen sahen sich somit nach Ausbruch der Verfolgungsmaßnahmen vor die Wahl gestellt, entweder ihren Besitz zu verlassen und völlig frei dem Herrn nachzufolgen (sequeretur Dominum solutus et liber)3, oder dem Irdischen anzuhängen und „Beute und Fraß der Schlange“, d.h. des Teufels zu werden (ut serpenti praeda et cibus fierent qui terrestribus inhaererent)4. Es war aber nicht allein das Festhalten an materiellem Besitztum, das in Cyprians Augen die gewaltige Zahl der Lapsi produziert, sondern darüber hinaus allzu enge Familienbande, die der Bereitschaft zur Flucht entgegenwirkte5. So hebt Cyprian in laps. 11 das Beispiel der Apostel hervor, die „sowohl ihren Besitz, als auch ihre Eltern zurückgelassen hatten und in unzertrennlicher Gefolgschaft Christus anhingen“6, und in laps. 12 zitiert er Lk 18,29f mit den Worten: „Es gibt niemanden, der um des Reiches Gottes willen entweder sein Haus oder seinen Acker oder seine Eltern oder seine Brüder oder seine Gattin oder seine Kinder verlässt und nicht bereits in diesem Leben das Siebenfache erhält, in der kommenden Welt jedoch das ewige Leben“7. Menschliche Familienbande dürften niemals, so Cyprian, Grund und Anlass sein, Christus nicht in allem den Vorrang einzuräumen, da die Taufe eine neue „familiäre“ Zugehörigkeit konstituiere, denn „wir sollen niemanden auf Erden Vater nennen, da wir ja nur einen
3 4 5
6 7
Ebd. Ebd. Der Grund, warum Cyprian in laps. 11f u.a. die zu enge Familienbande als Grund des Scheiterns so Vieler in der Verfolgung thematisiert und das Verlassen der Familie als vorbildliches und sogar gebotenes Verhalten präsentiert, dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass zur Zeit Cyprians Mischehen zwischen Christen und Heiden nicht unüblich gewesen sein dürften, wie laps. 6 zu entnehmen ist. Dort rügt der Bischof von Karthago den Umstand, dass man mit Ungläubigen das Band der Ehe knüpfe (iungere cum infidelibus uinculum matrimonii). Für solche Mischehen samt deren Kinder stellte eine Christenverfolgung naturgemäß eine besondere Zerreißprobe dar bzw. die Motivation auf Seiten des christlichen Ehepartners, seinen Glauben zu verleugnen um des Erhaltes der Ehe willen, musste besonders groß gewesen sein. ... qui, et rebus suis et parentibus derelictis, indiuiduis Christi nexibus adhaeserunt (laps. 11). Nemo est, inquit, qui relinquat domum aut agrum aut parentes aut fratres aut uxorem aut filios propter regnum Dei et non recipiat septies tantum in isto tempore, in saeculo autem uenturo uitam aeternam (laps. 12).
Das Gebot, nichts über Christus zu stellen [Fort. 5 (6)]
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Vater haben, der im Himmel ist“8, und unserem irdischen und fleischlichen Vater entsagt haben (renuntiasse se terreno et carnali patri)9. Das außergewöhnliche und wohldurchdachte an Fort. 5 (6) ist freilich nicht das zentrale Motiv an sich, das Gebot, „nichts über Christus zu stellen“, sondern die Argumentation in Form einer „paradoxen Dialektik“, die die Adressaten der Schrift zu solchem Verhalten bewegen will. Dieses Gebot begründet Cyprian zunächst ganz einfach, indem er auf das entsprechende Verhalten Christi verweist: auch er selbst hat nichts über uns gestellt (quia nec quicquam nobis praeposuerit). Auf diese Weise gelingt es dem Bischof von Karthago, ein relationalemotionales Band zwischen Christus und den Adressaten seiner Schrift herzustellen, denn, so die Logik, wenn Christus zuerst so für uns gehandelt hat und uns erlöst (redempti) und zum Leben erweckt hat (uiuificati), dann sind wir es ihm schuldig und sind verpflichtet, ebenso zu handeln. Aber das einfache Schema „wie Christus gehandelt hat – so müssen auch wir handeln“ durchbricht Cyprian, indem er kontrastierend (nos contra) der katabatisch-kenotischen Bewegungsrichtung Christi die anabatisch-erlösende Perspektive des Menschen gegenüberstellt. Während für Christus das „nichts über die Menschen zu stellen“ radikale Selbstentäußerung, Aufgabe seines vollkommenen Seinszustandes und sich-Hinabbegeben in menschliche Armut (paupertatem), Knechtschaft (seruitutem) und Tod (mortem) bedeutet, wählt der Mensch, der „nichts über Christus stellt“, dagegen all das Gute, das Christus für ihn preisgegeben hat, nämlich den Reichtum und die Freuden des Paradieses (paradisi diuitias et delicias), die Herrschaft und das ewige Königreich (dominatum et regnum aeternum) und die Unsterblichkeit (inmortalitatem) und lässt dabei all das Negative und Böse hinter sich, das der Herr um des Menschen willen auf sich genommen hat. Anders ausgedrückt: Was Christus mit den auf seinen Namen Getauften gemeinsam hat, was beide miteinander teilen, ist ihre Existenz auf Erden, die durch Leiden, Entbehrung und Tod gekennzeichnet ist. Das unterscheidende Moment jedoch – und das ist es, was die besondere Rafinesse von Fort. 5 (6) ausmacht – ist der sich diametral gegenüberstehende Blickwinkel Christi und der Getauften. Als Christus sich um der Menschen willen für das „Jammertal“ Erde entschieden hat, war dies ein Abstieg vom Vollkommenen ins Elend, die Getauften dagegen, die am Herrn festhalten und nichts über ihn stellen, wählen dadurch den Aufstieg aus dem Elend ins Paradies. Die Konzeption dieses ungleichen Tausches verleiht dem Gebot, „nichts über Christus zu stellen“ enormes Gewicht, dem man sich sicherlich nicht ohne 8 9
... ne uocemus nobis patrem in terra, quod sit scilicet nobis unus pater qui est in caelis (orat. 9). Ebd.
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weiteres entziehen konnte, denn sie hebt im Falle der Zuwiderhandlung die Schwere und Größe der eigenen Schuld und des Versagens schonungslos hervor. Wenn Christus nichts über die Menschen gestellt und dabei viel mehr auf sich genommen hat, da er ja anstelle seiner göttlichen Vollkommenheit irdisches Elend für uns gewählt hat, wie unverzeihlich muss es dann sein, wenn der Mensch, der in der Lage ist, anstelle seines Elendes das himmlische Paradies zu wählen, das Angebot Gottes ausschlägt und sich für Besitz und Familie entscheidet, anstatt für Christus. Darüber hinaus wird die Entscheidung, sich in der Verfolgung an Besitz und Familie festzuklammern und dafür den Glauben zu verleugnen, als eine äußerst kurzsichtige und unkluge entlarvt, denn ein solchermaßen Handelnder geht der himmlischen Güter verloren, da er sich für den Tod und den Teufel und Antichrist (diabolo et antichristo) entschieden hat.
Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, im Werk Cyprians Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, in den Testimonien Fort., test. 6 Zu seinem sechsten Titulus listet Cyprian in Fort., test. 6 insgesamt fünf Bibelstellen, eine alttestamentliche (Dtn 33,9) und vier neutestamentliche (Mt 10,37f; Röm 8,35-37; 1Kor 6,19f und 2Kor 5,15). Kurze Beachtung verdient zunächst die Verwendung des alttestamentlichen Belegs. Cyprian führt Dtn 33,9 (Die zu Vater und Mutter sagen: Ich kenne dich nicht und die ihre Söhne nicht anerkennen, die haben deine Vorschriften bewahrt und deinen Bund eingehalten)10 an zweiter Stelle, nach Mt 10,37f (Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig und wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir folgt, ist nicht mein Schüler)11 und verbindet beide miteinander durch die Wendung „ebenso steht im Deuteronomium geschrieben“ (sicut in Deuteronomio scriptum est), worauf der Text folgt. Da die Matthäusstelle dazu auffordert, Christus im Leben den ersten Rang einzuräumen und in die unmittelbare Kreuzesnachfolge zu treten, erwartet der Leser, dass auch das mit sicut angebundene alttestamentliche Zitat zumindest sinngemäß dem folgt. 10 11
Qui dicunt patri et matri: non noui te; et filios suos non agnouerunt, hi custodierunt praecepta tua et testamentum tuum seruauerunt. Qui diligit patrem aut matrem super me non est me dignus, et qui diligit filium aut filiam super me non est me dignus, et qui non accipit crucem suam et sequitur me non est meus discipulus.
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Im Deuteronomiumvers ist die Rede von den Leviten, die, so der alttestamentliche Kontext, Moses neben den anderen Stämmen Israels kurz vor seinem Tod segnet12. Allein aufgrund des Umstandes, dass Fort. 5 (6) Christus gewidmet ist und die Forderung stellt, „nichts über Christus zu stellen“, wirkt Dtn 33,9 deplaziert und nicht zugehörig13. Hinzu kommt, dass der neutestamentliche Beleg seinem Adressaten eine Entscheidung abverlangt bzw. ihn vor die Wahl stellt, entweder bedingungslose Nachfolge oder gar keine. Dem alttestamentlichen Vers dagegen liegt überhaupt keine Entscheidungssituation zugrunde, sondern es wird eine affirmative Aussage über die Leviten getroffen. Aber gerade aufgrund dieses Umstandes, dass Cyprian in Fort., test. 6 die beiden Verse Mt 10,37f und Dtn 33,9 als thematische Einheit konzipiert, während dem modernen Leser primär die differierenden Aspekte beider Texte ins Auge stechen, erlaubt Rückschlüsse auf die zugrunde liegende methodische Vorgehensweise des Bischofs von Karthago. Bei der Zusammenstellung geeigneter Bibelstellen zum Thema „nichts über Christus stellen“ ist ganz offenkundig nicht das (alles) entscheidende Kriterium, ob der Text überhaupt von Christus und seiner Nachfolge handelt, sondern es genügen andere Kriterien. Das, was die beiden Verse in Cyprians Augen als zusammengehörig erscheinen lässt, muss die Idee der Hintansetzung der Eltern und Kinder angesichts „göttlicher Weisungen“14 sein. Bei genauerer Betrachtung fällt dabei auf, dass den beiden Bibelstellen allein die Begriffe „Vater“, „Mutter“ und „Sohn“ (Mt 10,37) bzw. „Söhne“ (Dtn 33,9) gemeinsam sind, alle anderen wesentlichen Bestandteile variieren. Der alttestamentliche Text berichtet von den Leviten, der neutestamentliche ist in der Form einer zumindest impliziten Aufforderung offen an alle Adressaten der Botschaft Jesu gerichtet, der eine betont das radikale „nicht kennen“ (non noui) und „nicht anerkennen“ (non agnouerunt) der Eltern bzw. der Kinder, der andere verlangt lediglich das „mehr Lieben als“ (diligit super), die Deuteronomiumstelle spricht davon, „über die Gebote zu wachen“ (custodierunt praecepta) und „ den Bund zu bewahren“ (testamentum seruauerunt), bei Matthäus dagegen ist es die Person Jesus Christus, der nichts vorgezogen werden darf. Mt 10,38 mit seiner Aufforderung zur Kreuzesnachfolge hat schließlich überhaupt keinen unmittelbaren Bezugspunkt zu Dtn 33,9. Somit verbleibt, wie bereits angeführt, lediglich die Idee der Hint12 13
14
Vgl. dazu Dtn 33,1-25. Vgl. dazu die Einschätzung Faheys, Cyprian, 97 der in Bezug auf Fort. 5 (6) urteilt: „Cyprian appeals first to the words of Mt 10:37-38 and then gives its OT source, Deut 33:9, even though the OT verse as such does not actually prove the testimony“. Mit dem Begriff „göttliche Weisungen“ soll versucht werden, sowohl die alttestamentlichen (göttlichen) Gebote (praecepta) und den Bund (testamentum) Jahwes einerseits als auch andererseits die neutestamentliche Forderung Jesu Christi zur Nachfolge unter einen gemeinsamen Begriff zu subsumieren.
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ansetzung der Eltern und Kinder angesichts „göttlicher Weisungen“ – vorausgesetzt, man subsumiert die Gebote und den Bund Jahwes und die Aufforderungen Jesu zur Nachfolge unter diesen Begiff – als gemeinsames thematisches Band beider Stellen. Fort., test. 6 ist somit ein Beispiel, das belegt, wie sehr der Bischof von Karthago die beiden Testamente als unzertrennliche und aufeinander bezogene Einheit trotz aller Unterschiedlichkeiten verstand und zu lesen gewohnt war, denn anders lässt sich kaum eine solch weit gespannte Brücke schlagen, wie Cyprian dies hier getan hat. Neben Fort., test. 6 macht Cyprian an zwei weiteren Stellen innerhalb seiner Schriften Gebrauch von Dtn 33,9. In orat. 9 zitiert er den Vers zu Beginn seiner Vaterunserauslegung. Hierbei fordert er jeden Christen dazu auf, nicht nur beim ersten Mal unmittelbar nach seiner Taufe, sondern jedesmal, wenn er „Vater unser, der du bist im Himmel“ (pater noster, qui es in caelis) betet, zu bezeugen, „dass er seinen irdischen und fleischlichen Vater preisgibt und begonnen hat, nur einen Vater zu kennen und zu haben, der im Himmel ist, wie geschrieben steht“15, worauf Dtn 33,9 folgt. Den Vers verwendet der Bischof von Karthago hier, um damit bereits aus dem Alten Testament heraus zu belegen, dass einzig und allein Gott-Vater es verdient, als „Vater“ bezeichnet und angesehen zu werden und dass dies seinen Geboten entspricht16. Möglich ist diese Leseart, Vater und Mutter nicht zu kennen, als Gebot Gottes zu verstehen, wenn man das „custodierunt (praecepta tua)“ im Sinne von „bewahren“ (anstatt „wachen über“) liest, was bedeuten würde, dass diejenigen Gottes Gebote und seinen Bund wahren und halten, die Vater und Mutter nicht kennen. Dies dürfte wohl
15 16
... renuntiasse se terreno et carnali patri et patrem solum nosse se et habere coepisse qui sit in caelis, sicut scriptum est. Der Grund, warum Cyprian so entschieden betont, dass ein getaufter Christ allein Gott als Vater ansehen und bezeichnen dürfe und nicht seinen irdisch-fleischlichen „Erzeuger“, und der Meinung war, dies bereits anhand einer alttestamentlichen Bibelstelle belegen zu müssen, dürfte wohl der Existenz zahlreicher Mischehen, wie sie Cyprian in laps. 6 kritisiert, geschuldet sein. Vor allem die Konstellation eines heidnischen Vaters zusammen mit einer christlichen Frau samt christlichen Kindern wurde in Zeiten der Verfolgung auf eine harte Probe gestellt und musste fast unweigerlich zu schweren Familienkonflikten führen. Dass familiäre Rücksichten jedoch niemals Grund und Anlass bieten dürften, seinen Glauben zu verleugnen, schärft Cyprian seiner Gemeinde durch den Verweis auf die Vaterschaft Gottes ein und das damit verbundene Gebot, im Ernstfall Gott den Vorzug zu geben vor den eigenen Eltern. Die Rede von der Vaterschaft Gottes bei Cyprian ist demnach nicht abstrakt-dogmatischen Überlegungen geschuldet, sondern kann als konkrete Maßnahme im Kampf gegen die negativen Auswirkungen des decischen Verfolgungsediktes auf die karthagische Gemeinde verstanden werden.
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die Leseart sein, die Cyprian vor Augen hatte, als er Dtn 33,9 innerhalb seiner Vaterunserauslegung als Beleg zitierte17. Die zweite Belegstelle für Dtn 33,9 – außerhalb von Fort., test. 6 – findet sich in op. 16, d.h. einer Schrift, die den Christen den hohen Stellenwert von Wohltätigkeit und Almosen vor Augen führen und sie dazu anleiten möchte. Im 16. Kapitel ist der Bischof von Karthago darum bemüht, seinen Gläubigen aus der Schrift heraus darzulegen, dass das nicht-Vollbringen guter Werke keineswegs durch Hinweis auf die eigenen Kinder zu entschuldigen sei. „Aber auch jene Tatsache, geliebteste Brüder, soll den Christen nicht von guten und gerechten Werken abhalten und behindern, dass Irgendeiner meint, sich durch die Wohltat seinen Kindern gegenüber entschuldigen zu können, denn bei geistlichen Aufwendungen müssen wir an Christus denken, der versprochen hat, sie entgegenzunehmen“18. Seine Wohltaten nur den eigenen Kindern bzw. der eigenen Familie zugute kommen zu lassen bedeutet für Cyprian, diesen den Vorzug zu geben vor Christus. Dass solches Verhalten für den Bischof von Karthago nicht in Einklang mit der hl. Schrift zu bringen ist, belegt er anhand der beiden Testimonien Mt 10,37 und Dtn 33,9, die an dieser Stelle, ebenso wie in Fort. 5 (6), eng miteinander verbunden sind (Item in Deuteronomio … conscripta sunt). Darüber hinaus, so der Argumentationsgang Cyprians, würden diejenigen die Gebote Gottes halten und seinen Bund bewahren, die ihre Kinder nicht anerkennen (non agnouerunt)19. Dtn 33,9 wird hier zum Kronzeugen eines göttlichen Gebotes, die eigenen Kinder bei der Vergabe von Wohltaten anderen Menschen gegenüber nicht zu bevorzugen. Neben op. 16 findet Mt 10,37f in den Schriften Cyprians lediglich noch in Quir. 3, test. 18 Verwendung. Im dritten Buch seiner Testimoniensammlung „Ad Quirinum“, das der religiösen Zucht gewidmet ist (quaedam capitula ad religiosam disciplinam pertinentia) sammelt der Bischof von Karthago unter dem 18. Titulus „der Liebe zu Gott und Christus darf nichts vorgezogen wer17
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Verstärkt wird diese Vermutung dadurch, dass Cyprian im Text folgendermaßen fortfährt: „Ebenso hat der Herr in seinem Evangelium angeordnet, niemanden auf Erden Vater zu nennen“ (Item dominus in euangelio suo praecepit ne uocemus nobis patrem in terra). Hier wird zweifelsfrei deutlich, dass Cyprian es als göttliches Gebot versteht, allein Gott als Vater zu bezeichnen und das einleitende „ebenso“ (item) lässt kaum Zweifel daran aufkommen, dass der Bischof von Karthago den vorausgehenden Vers Dtn 33,9 in eben diesem Sinn verstanden wissen will. Sed nec illa res, fratres carissimi, a bonis operibus et iustis refrenet et reuocet christianum quod excusari se posse aliquis existimet beneficio filiorum quando in inpensis spiritalibus Christum cogitare qui accipere se professus est debeamus. Es kann kaum Zweifel darüber bestehen, dass Cyprian an dieser Stelle das „custodierunt (praecepta tua)“ – ebenso wie zuvor in op. 16 – im Sinne von „bewahren, einhalten“ verstanden hat und nicht im Sinne von „wachen über“.
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den“ (dilectioni Dei et Christi nihil praeponendum) insgesamt drei Bibelstellen, Dtn 6,5, gefolgt von Mt 10,37f und Röm 8,35-37. Letztere Stelle, Röm 8,35-37 (Wer wird uns von der Liebe Christi trennen, Not oder Bedrängnis oder Verfolgung oder Hunger oder Nacktheit oder Gefahr oder Schwert? So steht geschrieben: Weil wir um deinetwillen den ganzen Tag getötet werden, werden wir wie Schlachtschafe angesehen. Aber dies alles überwinden wir für den, der uns geliebt hat)20 ist, wie bereits erwähnt, auch unter Fort., test. 6 gelistet. Da somit beide Belege, Mt 10,37f und Röm 8,35-37 vereint unter je einem Titulus in beiden Testimoniensammlungen geführt werden, kann sich leicht der Verdacht aufdrängen, Quir. habe hier als Vorlage für Fort. gedient. Dem muss jedoch nicht so sein, denn augenfälliger als die Übereinstimmung beider Passagen ist deren Unterschiedlichkeit. Dies betrifft nicht nur die Anordnung der Belege, denn bei Fort., test. 6 ist dies Mt 10,37f – Dtn 33,9 – Röm 8,35-37, bei Quir. 3, test. 18 dagegen Dtn 6,5 – Mt 10,37f – Röm 8,35-37, sondern viel mehr noch den Umstand, dass es sich bei den Belegen aus dem Deuteronomium um unterschiedliche Stellen handelt. Cyprian hat also nicht einfach Quir. als Vorlage für Fort. benutzt und „ausgeschlachtet“, sondern ganz bewusst und gezielt jeweils die Textstellen zusammengetragen, die ihm passend und angebracht erschienen. Lediglich Vers 35 von Röm 8 zitiert Cyprian in ep. 11, der zweiten Belegstelle dieses Testimoniums innerhalb seiner Schriften. Dieser Brief, abgefasst wohl zu Beginn der decischen Verfolgungsmaßnahmen im Frühjahr 25021 und an die Presbyter und Diakone von Karthago adressiert, verfolgt eine doppelte Stoßrichtung. Zum einen soll mit dem Schreiben die drängende Frage geklärt werden, wieso Gott eine solche Strafe und Prüfung seiner Gemeinde überhaupt zulässt, was der Bischof von Karthago mit der Missachtung der göttlichen Gebote erklärt: „Während wir die Weisungen des Herrn missachteten und während wir die heilsamen Gebote des von ihm gegebenen Gesetzes nicht einhielten, erhielt der Feind die Gelegenheit, Schaden anzurichten“22. Zum anderen will das Schreiben Mut machen und zum Durchhalten im Glauben bewegen, denn „der Vater verbessert und beschützt uns, wenn wir im Glauben ausharren und ange-
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Quis nos, inquit, separabit a caritate Christi, praessura an angustia an persecutio an famis an nuditas an periculum an gladius? sicut scriptum est: Quia propter te occidimur tota die, aestimati sumus ut oues uictimae. Sed in his omnibus superamus pro eo qui dilexit nos. Vgl. dazu Clarke, Chronology, 707. ... dum domini praecepta contemnimus, dum datae legis mandata salutaria non tenemus, facultatem nocendi inimicus acciperet (ep. 11,4,2).
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sichts von Nöten und Schwierigkeiten unerschütterlich seinem Gesalbten anhängen, so wie geschrieben steht“23, worauf Röm 8,35 folgt. Die letzten beiden Testimonien, die Cyprian in Fort., test. 6 gesammelt hat, sind den beiden Korintherbriefen entnommen. 2Kor 5,15 (Für Alle ist er gestorben, damit die, die leben, nicht mehr für sich selbst leben sondern für den, der für sie gestorben und auferweckt worden ist)24 wird vom Bischof von Karthago allein hier zitiert und belegt damit ein weiteres Mal, dass Cyprian in Fort. nicht einfach nur bekanntes und bereits verwendetes Material zusammenträgt, sondern die Schrift als eigenständige und gründlich konzipierte Arbeit verfasst hat. 1Kor 6,19f (Ihr gehört nicht euch selbst, denn ihr seid teuer erkauft. Verherrlicht und tragt Gott in eurem Leib)25 schließlich lässt sich neben Fort. noch drei weitere Mal in den Schriften Cyprians nachweisen. Zuerst werden die Verse in Quir. 3, test. 11 unter dem Titulus geführt: „Wer zum Glauben gelangt ist und den alten Menschen abgelegt hat, darf nur noch das Himmlische und Geistliche im Sinn haben und sich nicht mehr der Welt zuwenden, der er bereits entflohen ist“26. In orat. 11 untermauern sie den Appell Cyprians, ein dem Glauben entsprechendes Leben zu führen, denn „geliebteste Brüder, wir müssen wissen, wenn wir Gott als Vater bezeichnen, dann müssen wir auch wie Söhne Gottes handeln“27, worauf sich die Aufforderung anschließt: „Lasst uns wie Tempel Gottes leben, damit feststeht, dass Gott in uns wohnt“28. Dass die Verse 1Kor 6,19f, die auch das „Tempelmotiv“ und das Bild vom „Wohnen“ (des hl. Geistes) in den Menschen enthalten, sich ganz vortrefflich in den bestehenden Kontext einfügen lassen, liegt auf der Hand. Eine ähnliche, wenngleich deutlich pointiertere und schärfere Argumentation verfolgt der Bischof von Karthago in habit. 2, der dritten und letzten Stelle (außerhalb von Fort.), in der 1Kor 6,19f in seinen Schriften Verwendung findet. Im zweiten Kapitel dieses Traktates, der an die Jungfrauen von Karthago adressiert ist, gibt Cyprian zunächst eine knappe „Definition“ seines Religionsverständnisses wieder: „Wenn nun in den heiligen Schriften immer wieder und überall Zucht und Ordnung vorgeschrieben werden und das ganze Fundament der Religion und des Glaubens auf Gehorsam und 23 24 25 26 27 28
Pater nos et corrigit et tuetur, stantes tamen in fide et pressuris atque angustiis licet Christo eius firmiter adhaerentes, sicut scriptum est (ep. 11,5,3). Pro omnibus mortuus est, ut qui uiuunt iam non sibi uiuant sed ei qui pro ipsis mortuus est et resurrexit. Non estis uestri: empti enim estis magno. Clarificate et portate Deum in corpore uestro. Eum qui fidem consecutus est exposito priore homine caelestia tantum et spiritalia cogitare debere nec adtendere ad saeculum, cui iam renuntiauit. ... fratres dilectissimi, et scire debemus quia quando patrem deum dicimus quasi filii Dei agere debemus. Conuersemur quasi dei templa, ut deum in nobis constet habitare (vgl. dazu 1Kor 3,16).
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Furcht beruht…“29, dann, so Cyprian im Anschluss an 1Kor 6,19f weiter, „lasst uns, die wir durch Christi Blut erlöst sind, dem Befehl des Erlösers in vollkommener sklavischer Ergebenheit gehorchen und uns abmühen, dass nicht irgend etwas Schmutziges und Unheiliges in den Tempel Gottes gebracht werde, damit er nicht gekränkt seinen Platz, den er bewohnt, verlässt“30. Der Leib des getauften Christen, so Cyprian im Anschluss an 1Kor 6,19f, bildet den Tempel, in dem Gott wohnt. Dieses Wohnen Gottes im Menschen sieht der Bischof von Karthago aber nur solange als gegeben, wie der Mensch diese Wohnung „sauber“ hält, denn Gott verlasse ein „schmutziges“ Quartier sofort wieder. Was letztlich den Unterschied zwischen einer „sauberen“ und einer „schmutzigen“ Wohnung ausmacht, ist in den Augen Cyprians der in den hl. Schriften verankerte Aufruf, „dem Befehl des Erlösers in vollkommener sklavischer Ergebenheit [zu] gehorchen“. Dass diese strikte Betonung des Gehorsams zu Beginn des Traktates an die Jungfrauen nicht zufällig geschieht, sondern wohl plaziert und überlegt ist, wird durch den Umstand deutlich, dass der Bischof von Karthago bereits in diesem zweiten Kapitel seinen Unmut gegen so manches Verhalten seitens der Jungfrauen durchblicken lässt, wenn er schreibt: „Und er [Christus] erlaubt nicht, mit freien und ungehinderten Zügeln umherzuschweifen“31. Wenn solches Verhalten gegen die Gebote Christi verstößt und die Jungfrauen davon nicht ablassen, dann riskieren sie, so Cyprians Argumentation, die Wohnstätte Gottes durch ihren Ungehorsam zu besudeln und Christus zum Verlassen derselben zu bewegen, was kaum im Interesse einer gottgeweihten Jungfrau sein kann. Innerhalb von Fort. 5 (6) sind, so lässt sich abschließend festhalten, die beiden Testimonien 2Kor 5,15 und 1Kor 6,19f hervorragend dafür geeignet, die Dringlichkeit und den Pflichtcharakter des Gebotes, „nichts über Christus zu stellen“, biblisch zu belegen, denn wenn es heißt, die Christen gehörten nicht mehr sich selbst, da sie um einen teuren Preis erkauft sind und sie sollten nicht mehr für sich leben, sondern für den, der für sie starb, dann schaffen die Verse genau die relational-emotionale Bindung der Adressaten an Christus, die Cyprian in diesem Titulus von Fort. intendiert.
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Quodsi in scripturis sanctis frequenter et ubique disciplina praecipitur et fundamentum omne religionis ac fidei de observatione ac timore proficiscitur .... ... qui per sanguinem Christi redempti sumus per omnia seruitutis obsequia redemptoris imperio pareamus demusque operam, ne quid immundum et profanum templo Dei inferatur. ... nec habenis liberis et solutis uagari patitur. Zu weiteren Kritikpunkten Cyprians am Verhalten der Jungfrauen vgl. habit. 5-14.
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Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, in den übrigen Schriften Cyprians Das Motiv „nichts über Christus stellen zu dürfen“ in seiner dialektischen Form von Fort. 5 (6) findet in den Schriften Cyprians keine Entsprechung. Die zwei Belegstellen, die dem inhaltlich am nächsten kommen, ep. 58,6 und orat. 15, können dazu dienen, die Sonderstellung von Fort. 5 (6) im cyprianischen Œuvre zu verdeutlichen. In ep. 58,6 versucht der Bischof von Karthago die Bereitschaft zum Martyrium der Gemeinde von Thibaris mit den Worten zu stärken: „Was für ein großes Vergehen eines Christen wäre es, wenn der Knecht nicht leiden wollte, obwohl doch der Herr zuvor gelitten hat und wenn wir für unsere Sünden nicht leiden wollten, obwohl doch jener, der selbst ohne Sünde war, für uns gelitten hat. Der Sohn Gottes hat gelitten, um uns zu Kindern Gottes zu machen und der Mensch will nicht leiden, um Kind Gottes zu bleiben?“32 Beiden Texten gemeinsam ist die Grundbotschaft, dass der Getaufte, für den der Herr gelitten hat und den er erlöst hat, zu entsprechendem Handlen seinerseits verpflichtet ist. Stärker jedoch als die Gemeinsamkeit beider Texte wiegt deren Unterschiedlichkeit in der Argumentation. Während in ep. 58,6 das Schicksal Christi und das seiner Nachfolger „parallel“ zueinander konzipiert werden – weil Christus für uns gelitten hat, müssen auch wir zum Leiden bereit sein – arbeitet Cyprian, wie bereits besprochen, in Fort. 5 (6) mit einer „paradoxen Dialektik“, die darauf beruht, dass der Christ in seinem kurzen (irdischen) Leiden die ewigen himmlischen Wonnen wählt, während Christus für die Menschen bereit war, auf diese zu verzichten und statt dessen auf Erden zu leiden. Der unterschiedlichen Konzeption beider Texte entspricht eine unterschiedliche Begründung hinsichtlich der Frage, warum der Christ nichts über seinen Herrn stellen dürfe. Hierbei fällt auf, dass ep. 58,6 vehement den Pflichtcharakter betont. Weil der Herr so gehandelt hat, deshalb darf der Knecht nicht anders handeln, oder in Cyprians eigenen Worten: „Unser Herr und Gott hat alles, was er gelehrt hat, auch getan, so dass der Schüler nicht entschuldigt werden kann, wenn er zwar lernt, aber nicht danach handelt“33. In Fort. 5 (6) dagegen liegt der Schwerpunkt der Argumentation auf den Freuden und dem Lohn, der demjenigen winkt, der bis zuletzt am Herrn festhält. Darüber hinaus gelingt es Cyprian aufgrund seiner Dialektik emotionale Nähe und Verbundenheit mit Christus zu schaffen, denn das Gefühl 32
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Quam uero grauis causa sit hominis christiani seruum pati nolle, cum passus sit prior dominus, et pro peccatis nostris nos pati nolle, cum peccatum suum proprium non habens passus sit ille pro nobis! Filius dei passus est ut nos filios dei faceret, et filius hominis pati non uult ut esse dei filius perseueret! (ep. 58,6,3). Dominus et deus noster quicquid docuit et fecit, ut discipulus excusatus esse non possit qui discit et non facit (ebd.).
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grenzenloser Undankbarkeit muss sich Jedem aufdrängen, der angesichts der Entbehrungen und der Leiden, die der Herrn um der Menschen willen auf sich genommen hat, nicht bereit ist, kurzes irdisches Leid ertragen zu wollen, obwohl dies doch mit ewigen Freuden und der Gemeinschaft Gottes und Christi entlohnt wird. Wie in ep. 58,6, so liegt auch in orat. 15, der zweiten Belegstelle, die zu Fort. 5 (6) unübersehbare Nähe aufweist, der thematische Schwerpunkt auf der Pflichterfüllung bzw. auf dem Erfüllen des Willens Gottes. Im 15. Kapitel seiner Vaterunserauslegung zählt Cyprian eine ganze Reihe von Eigenschaften und Verhaltensweisen auf, die ein Christ an den Tag legen muss, will er Miterbe Christi werden (hoc est coheredem Christi uelle esse) und dem Willen des Vaters gehorchen (hoc est praeceptum Dei facere, hoc est uoluntatem patris implere). So muss der Getaufte neben Demut (humilitas), Beständigkeit im Glauben (stabilitas in fide), Gerechtigkeit in den Taten (in factis iustitia) usw. auch dazu bereit sein, „überhaupt nichts über Christus zu stellen, da auch jener nichts über uns gestellt hat“ (Christo nihil omnino praeponere quia nec nobis quicquam ille praeposuit). Die bis auf zu vernachlässigende Details exakte Übereinstimmung des Wortlautes mit Fort. 5 (6) legt die Vermutung nahe, orat. 15 habe Cyprian als Vorlage für Fort. 5 (6) gedient. Vergleicht man jedoch die sich jeweils anschließenden Ausführungen miteinander, so sticht zuallererst deren Unterschiedlichkeit ins Auge, denn was Cyprian in orat. 15 unter dem Leitsatz „nichts über Christus zu stellen“ verstanden wissen will, erläutert er folgendermaßen: „… seiner Liebe unzertrennlich anhängen, seinem Kreuz tapfer und treu beistehen, wann immer es Streit gibt anlässlich seines Namens und seiner Ehre, mit den Worten standhaft das Bekenntnis ablegen, beim Verhör, voll Zuversicht sich auf den Kampf einlassen“34. Deutlich steht hier die Erfüllung des göttlichen Willens im Vordergrund. Unterstrichen wird dies zusätzlich, wenn Cyprian zu Beginn von orat. 15 Christus als Jemanden kennzeichnet, der seinerseits den Willen des Vaters erfüllt (voluntas autem Dei est quam Christus et fecit), so dass der Gehorsam dem Willen Gottes gegenüber von Christus beispielhaft vorgelebt wurde und somit in seiner Heilsbedeutung unterstrichen wird. Auch orat. 15 „parallelisiert“, wie ep. 58,6, das Schicksal Christi mit dem der Getauften, nach bekanntem Schema: so wie Christus zu leiden bereit war, muss auch der Mensch zum Leiden bereit sein, denn beides geht letztlich auf den Willen Gottes des Vaters zurück35. Die Sonderstellung, die Fort. 5 (6) innerhalb des cyprianischen Œuvres 34
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... caritati eius inseparabiliter adhaerere, cruci eius fortiter ac fidenter adsistere, quando de eius nomine et honore certamen est, exhibere in sermone constantiam qua confitemur, in quaestione fiduciam qua congredimur…. Vgl. dazu auch orat. 14 (Quodsi filius obaudiuit ut faceret patris uoluntatem, quanto magis seruus obaudire debet ut faciat domini uoluntatem).
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einnimmt, unterstreicht somit ein weiteres Mal, dass die Testimoniensammlung bei weitem mehr ist als eine bloße Zusammenstellung von Altbekanntem in neuem Gewand, sondern dass man der Schrift erst dann gerecht werden kann, wenn man sie als eigenständig konzipiertes und wohldurchdachtes Werk betrachtet. Da, wie bereits dargelegt, das Motiv „nichts über Christus stellen zu dürfen“ in seiner dialektischen Konzeption von Fort. 5 (6) in den Schriften des Bischofs von Karthago keine Entsprechung findet, könnte hier die Untersuchung unter Verweis auf die Sonderstellung von Fort. 5 (6) enden. Da sich diese Arbeit jedoch zum Ziel gesetzt hat, auch die Ausgestaltung der einzelnen Tituli von Fort. innerhalb der cyprianischen Schriften zu untersuchen bzw. um ein Bild Cyprians zu verwenden, wie das bloße Rohmaterial Wolle zu einem fertigen Kleid verarbeitet ist, soll im Folgenden dargestellt werden, wie Cyprian in seinen Schriften das Gebot „nichts über Christus zu stellen“ akzentuiert und verarbeitet hat, um ausgehend davon, die Bedeutung und den Stellenwert von Fort. 5 (6) innerhalb der Schriften Cyprians umso deutlicher zeichnen zu können.
Das Gebot, nichts über Christus zu stellen und das Ideal der Nachfolge (Christum sequi) Die Forderung, „nichts über Christus zu stellen“ aus Fort. 5 (6) gewinnt in den Schriften Cyprians große Bedeutung in Form des Postulates bedingungsloser Nachfolge Christi und der Bereitschaft dafür sogar sein Leben zu geben, so wie dies der Herr bereit war zu tun. Dieses Motiv des Christum sequi durchzieht das ganze cyprianische Œuvre, denn es ist von fundamentaler Bedeutung für die Theologie und Paränese des Kirchenvaters36. So ergeht nicht nur an die Christen, sondern letzlich an alle Menschen sein Aufruf: „lasst uns alle ihm (Christus) folgen“ (hunc sequamur omnes)37. Wenn die Christen aber „seinen heilbringenden Spuren folgen“ wollen (Christum uestigiis salutaribus sequimur)38, dann darf ihr Herz nicht an Besitz und Reichtum hängen – eine Forderung, die in ihrer Dringlichkeit zweifelsohne den negativen Erfahrungen während der decischen Verfolgungsmaßnahmen geschuldet ist. So ist Cyprian überzeugt, „nur der könne ihm [Christus] nachfolgen und den Ruhm des Leidens des Herrn nachahmen,
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Vgl. dazu etwa das Urteil Deléanis, Christum sequi, 110: „En effet, l’usage que fait Cyprien de la formule sequi Christum ... est surtout révélateur de sa propre spiritualité. Sûr de la prééminence du martyre, il repense toute la vie chrétienne en fonction de cette certitude“. Neben der Monographie, die Deléani dem Thema „Christum sequi“ gewidmet hat, vgl. im folgenden Proksch, Christus, 125f; Saxer, Vie, 180-184. Dem. 26. Pat. 9.
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der einsatzbereit und gerüstet, von keinen finanziellen Banden gehalten wird“39, denn „wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein“40, worauf Cyprian fortfährt: „Und als er [Christus] einen wahrlich Vollkommenen zeigen wollte, sagte er ‚wenn du vollkommen sein willst, geh hin und verkaufe deinen ganzen Besitz und gib ihn den Armen und du wirst einen Schatz haben im Himmel und komm und folge mir nach‘“41. Was Cyprian genauerhin unter „nachfolgen“ versteht, erläutert er in zel. 11: „Es folgt aber derjenige Christus nach, der seine Vorschriften einhält, der auf dem Weg seiner Lehre schreitet, der seinen Schritten und Fußspuren folgt, der nachahmt, was Christus gelehrt und gemacht hat“42. Als Begründung dafür, warum der Christ seinem Herrn nachfolgen muss, stellt Cyprian dem Text einen Bibelvers voran, Joh 8,12: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in Finsternis wandeln, sondern das Licht des Lebens haben“43. Gerade im Einhalten und Befolgen der göttlichen Gebote und Vorschriften manifestiert sich in Cyprians Augen Nachfolge. Da Christus der Weg des Heiles ist (ipse est salutis nostrae uia), sind die Christen aufgefordert, seinen Spuren zu folgen (uestigiis salutaribus sequimur)44. Zur Untermauerung dieses Appells dient ihm 1Petr 2,21: „Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren nachfolgt“45. Den karthagischen Priestern, die bereit waren, den Lapsi ohne zuvor geleistete Buße wieder die Kirchengemeinschaft zu gewähren und mit ihnen Eucharistie zu feiern, empfiehlt Cyprian, die eigenen Sünden vor Augen zu führen, das eigene Gewissen zu durchforschen und sich einzugestehen, dass „wir nicht auf den Wegen des Herrn gewandelt sind“ (non ambulasse nos in uiis Domini)46 und als Erklärung, wie es überhaupt zu den decischen Verfolgungsmaßnahmen hatte kommen können, zitiert er den Propheten Jesaja mit den Worten: „Wer hat Jakob zur Plünderung übergeben
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Eum dicit posse se sequi et gloriam dominicae passionis imitari qui expeditus et succinctus nullis laqueis rei familiaris inuoluitur (orat. 20). Ubi enim fuerit thensaurus [sic!] tuus, illic erit et cor tuum (op. 7; vgl. Mt 6,21). Et cum obseruata lege perfectum et consummatum uellet ostendere, Si uis, inquit, perfectus esse, uade et uende omnia tua et da egenis, et habebis thensaurum [sic!] in caelo, et ueni sequere me (ebd.). Vgl. dazu auch laps. 11f. Sequitur autem Christum qui praeceptis eius insistit, qui per magisterii eius uiam graditur, qui uestigia eius adque itinera sectatur, qui id quod Christus et docuit et fecit imitatur. Qui me secutus fuerit non ambulabit in tenebris, sed habebit lumen uitae. Laps. 9. Christus passus est pro uobis relinquens uobis exemplum, ut sequamini uestigia eius. Laps. 21.
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und Israel zum Beute machen? War das nicht Gott, gegen den sie gesündigt hatten und auf dessen Spuren sie nicht nachfolgen wollten“47. Die Nachfolge Christi ist, das machen die Zeilen deutlich, schlicht heilsnotwendig. Zum „Licht des (ewigen) Lebens“ kann nur gelangen, wer Christus in allem, was dieser getan hat, nachahmt und nachfolgt. Wer dies nicht tut, d.h. wer sich nicht an seine Gebote und Weisungen hält und seinem Herrn nicht zu folgen bereit ist, der wandelt, quasi als Strafe, noch zu Lebzeiten in Finsternis48 und muss danach, so Fort. 5 (6), anstatt der Unsterblichkeit (inmortalitatem) den ewigen Tod (morti) in Kauf nehmen. Dass bei Cyprian die Nachfolge Christi in Wort und Tat konsequent eingefordert wird, weil sie heilsnotwendig ist, darüber kann kein Zweifel bestehen. Interessant dabei ist, dass Cyprian in Fort. 5 (6) nicht mittels der Taufe argumentiert, sondern statt dessen soteriologisch mit dem Verweis, dass die Christen durch Christi Blut erlöst und zum Leben erweckt sind (redempti et uiuificati Christi sanguine). Die Begründung dafür ist der Logik von Fort. 5 (6) geschuldet. Cyprian argumentiert, wie bereits dargelegt, dass Christus nichts über uns gestellt hat (nec ille quicquam nobis praeposuerit), sondern um unseretwillen die Widrigkeiten den Freuden vorgezogen hat (propter nos mala bonis praetulerit) und deshalb der Mensch umgekehrt Christus nichts vorziehen dürfe, zumal er ja in seinen Leiden (in passionibus nostris) den Reichtum und die Wonnen des Paradieses wähle (paradisi diuitias et delicias praeferamus), statt der Armut dieser Welt (paupertati saeculari), wie Cyprian mithilfe seiner paradoxen Dialektik in Fort. 5 (6) betont. Angesichts drohender Verfolgungsmaßnahmen macht es durchaus Sinn, die Christen auf bevorstehende Leiden einzustimmen und zum Ertragen derselben zu motivieren durch Bezugnahme auf all das Schlimme, das Christus zuvor für uns ertragen hat, bis hin zu seiner blutigen Lebenshingabe. Der soteriologische Ansatz, den Cyprian in Fort. 6 gewählt hat, bietet somit einen stringenteren und überzeugenderen Weg als die Argumentation mit der Taufe, wenn es gilt, die eigene Gemeinde davon zu überzeugen, dass in Zeiten der Verfolgung das Martyrium u.U. eine unausweichliche Gegebenheit darstellt49. 47 48 49
Quis dedit in direptionem Iacob et Israhel eis qui praedabantur illum? Nonne deus cui peccauerunt et nolebant in uiis eius ambulare (Jes 42,24; laps. 9). Zum Aspekt des „noch zu Lebzeiten in Finsternis wandeln müssen“ vgl. ep. 63,18,3. Auch hier geht den Ausführungen das Bibelzitat Joh 8,12 voraus. Die Flucht, die Cyprian als legitime Möglichkeit, sich den Fängen der Verfolger zu entziehen, explizit billigt, macht es erforderlich, bei Cyprian einschränkend von einer „Pflicht zum Martyrium“ zu sprechen. Erst wenn sich der Christ unausweichlich vor die Wahl gestellt sieht, seinen Glauben (öffentlich) bekennen zu müssen oder Idolatrie zu begehen, dann gibt es für den Bischof von Karthago keine Wahlmöglichkeit mehr.
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Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, als lex und mandatum Das Gebot, „nichts über Christus zu stellen“ – in Fort. 5 (6) soteriologisch mittels einer raffinierten paradoxen Dialektik begründet – wird in den Schriften Cyprians stark von juristischen Begriffen und Gedankenmodellen geprägt50. So sieht Seagraves allein in der Verwendung des Lateinischen durch christliche Autoren einen Grund für den starken Einfluss juristischer Fachtermini und deren Anwendung auf die Theologie, denn „the development of Latin as a special Christian dialect went hand-in-hand with the further evolution of Roman legal terminology and its application by Cyprian and other ecclesiastical leaders“51. Für Beck bleibt bei Cyprian, wie schon bei Tertullian, im „Gottesbegriff … die Gesetzgebereigenschaft Gottes wesentlich“52 und Studer betont, magister bezeichne beim nordafrikanischen Bischof Christus nicht nur in seiner Funktion als Lehrer und Schulmeister, sondern auch „zugleich [als] einen Gesetzgeber“53, Hoffmann schließlich kommt in Bezug auf Cyprian zu dem Ergebnis: „Christlich-biblisches wird verstärkt rechtlich interpretiert“54. Die Bezeichnung biblischer Anweisungen und Gebote als „Gesetz(e) (Gottes)“ musste Cyprian und vor ihm Tertullian freilich nicht erst erfinden, sondern war durch die Bibel selbst grundgelegt55, wenngleich eher vereinzelt und bei weitem nicht in der tragenden Rolle, wie dies bei Tertullian und mehr noch bei Cyprian der Fall ist. Allein ein Blick auf die Verwendung des Begriffes lex beim Bischof von Karthago vermag dies zu bestätigen und ist zugleich erhellend, was den Stellenwert rechtlicher Kategorien bei ihm betrifft56.
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Bähnk, Notwendigkeit, 291 hat deswegen zu Recht konstatiert, dass Cyprian in deutlichem Kontrast zu seinem „Lehrer“ Tertullian, der in seinen Traktaten „Scorpiace“ und „ De fuga in persecutione“ auf die „Einschärfung der absoluten Notwendigkeit und Pflichtmäßigkeit des Martyriums auf der Grundlage des Gehorsams gegenüber Gott [besteht]“, die Flucht in der Verfolgung gutheißt, denn nur „wenn die von Gott festgelegte Stunde des Martyriums für einen Christen gekommen sei, könne dieser das Martyrium erleiden; wer in der Verfolgung fliehe, erwarte noch seine Zeit“ (ebd., 296). Zum folgenden vgl. besonders die eingehende Analyse Hoffmanns, „Kirchliche Strukturen und römisches Recht bei Cyprian von Karthago“, sowie Becks Monographie zu diesem Thema, „Römisches Recht bei Tertullian und Cyprian“. Seagraves, Pascentes, 60. Beck, Recht, 115. Studer, Soteriologie, 443. Hoffmann, Strukturen, 310. Eine Auflistung der von Cyprian hierzu verwendeten biblischen Belege findet sich bei Hoffmann, Strukturen, 49 (Anm. 16). Zum Folgenden vgl. bes. Hoffmann, Strukturen, 48-60; Seagraves, Pascentes, 220-222; Fahey, Cyprian, 37f.
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Der Begriff kann zunächst in einer sehr unspezifischen Verwendung summarisch alle christlichen Gebote und Vorschriften bezeichnen. In laps. 6 z.B. analysiert der Bischof von Karthago die Umstände, die zu der gewaltigen Zahl von Lapsi während der decischen Verfolgungsmaßnahmen führten und kritisiert dabei die Missstände seiner Gemeinde bzw. der Kirche überhaupt. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, dass die Christen die Strafen Gottes, d.h. die Repressionen unter Decius verdient hätten, denn Gott habe ja bereits angekündigt, dass er die Seinigen züchtigen werde, „wenn sie mein Gesetz nicht beachten und meine Urteile nicht einhalten (si derelinquerint legem meam et in iudiciis meis non ambulauerint)57. In laps. 7 stellt Cyprian fest, dass für die Christen, „ohne an das Gesetz und seine Einhaltung zu denken“ (datae legis et obseruationis inmemores), die Bestrafung durch Gott notwendig war. Auch wenn das erste Zitat aus den Psalmen, d.h. aus dem Alten Testament entnommen ist und die Wendung „mein Gesetz“ sich logisch nur auf die Richtlinien Gottes im Alten Testament erstrecken kann und sich der zweite lex-Verweis in laps. 7 unmissverständlich auf das vorangehende Zitat bezieht, so wird aufgrund des Kontextes, in dem Cyprian beide Belege einsetzt, doch klar, dass es dem karthagischen Bischof hier nicht um das Alte Testament allein geht. Wenn er klagt, die Christen hätten dem Gesetz Gottes keine Beachtung (mehr) geschenkt, dann kann damit nur die Gesamtheit aller christlichen Gebote und Vorschriften gemeint sein58. Ebenso allgemein, beide Testamente übergreifend ist Cyprians Verwendung von lex, wenn er den Bruch der kirchlichen Einheit als Vergehen gegen das Gesetz Gottes (Dei legem) und den Glauben an den Vater und den Sohn (Patris et Filii fidem) bezeichnet59, oder wenn er in seinem Schreiben an die Gemeinde von Rom aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen all seine Taten und Bemühungen 57 58
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Ps 89,31. Besonders deutlich wird dies gleich zu Beginn von laps. 6. Cyprian tadelt hier, dass es Jedem nur um die Vergrößerung seines Besitzes gegangen war, „da man nicht beachten wollte, was die Christen zur Zeit der Apostel früher gemacht hatten und immer tun müssen“ (obliti quid credentes aut sub apostolis ante fecissent aut semper facere deberent). Cyprians Vorwurf, die Christen hätten die Gesetze Gottes ignoriert, kann sich somit nicht allein auf die des Alten Testamentes beziehen, sondern muss auch die des Neuen Testamentes und der Apostel(geschichte) mit einbeziehen. Vgl. dazu auch ep. 11,2,1, in dem Cyprian ebenso wie in laps. 6 den Ps 89,31 zitiert, nachdem er im vorangehenden Kapitel die Vergehen seiner Gemeinde vor Ausbruch der decischen Repressionen gegeißelt hat und zu dem Schluss kommt, die Christen hätten die Züchtigung durch Gott deshalb verdient. Unit. 6. Vgl. dazu auch ep. 74,8,2, wo Cyprian die rhetorische Frage stellt, ob einer Gott die Ehre gebe, der die Einheit und Wahrheit der Kirche, die aus dem Gesetz Gottes komme, nicht einhalte (Dat honorem deo qui unitatem et ueritatem de diuina lege uenientem non tenens).
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zugunsten seiner Gemeinde auflistet mit dem Vermerk, er habe dies alles „entsprechend dem Gesetz des Glaubens und der Furcht Gottes“ (secundum legem fidei et timorem dei) getan60. Neben dieser allgemeinen und summarischen Verwendung von lex dient dem Bischof von Karthago der Begriff zur Bezeichnung des alttestamentlichen Gesetzes bzw. des Alten Testamentes insgesamt. So wird Adam, weil er vom verbotenen Baum aß, gescholten, das Gebot vergessen (praecepti immemor) und das ihm gegebene Gesetz überschritten zu haben (datae legis transgressor)61. Von seinen Klerikern fordert Cyprian unter Verweis auf das Alte Testament, sich nicht mit weltlichen Angelegenheiten und Geschäften abzugeben, sondern sich ausschließlich mit göttlichen und geistlichen Dingen zu beschäftigen, denn „das Äußere dieser Regelung und religiösen Verpflichtung haben schon zuvor die Leviten unter dem Gesetz befolgt“62. Auf die Anfrage eines Mitbischofs, ob ein Christ weiterhin Schauspieler bleiben könne, entgegnet Cyprian, dass dies nicht im Einklang mit der Erhabenheit Gottes und der Strenge des Evangeliums stehe, zumal bereits „im Gesetz Männern verboten ist, Frauenkleidung zu tragen“ (in lege prohibeantur uiri induere muliebrem uestem)63, womit der karthagische Bischof auf Dtn 22,5 abzielt. Das Gebot, Vater und Mutter zu ehren aus Ex 20,12, bezeichnet Cyprian als „göttliche Vorschriften des Gesetzes“ (legis praecepta diuina)64 und die Entscheidung, ob Priester, die sich während der decischen Verfolgungsmaßnahmen Opferbescheinigungen (Libelli) besorgt hatten, weiterhin ihr Amt ausüben könnten, ist für den Bischof aus Karthago – zumindest prinzipiell – bereits im Buche Exodus getroffen65. Dort wird mit himmlischer Stimme befohlen (mandatur uoce caelesti)66 und durch das Gesetz Gottes vorgeschrieben (dei lege praescribitur), wer Dienst am Altar tun darf und wie dieser beschaffen sein muss. Der Begriff lex findet bei Cyprian aber nicht nur in Verbindung mit dem Alten Testament Gebrauch, sondern auch – und das muss zunächst überraschen – sogar noch wesentlich zahlreicher in Bezug auf das Neue Testament. Schismatikern, wie dem Felicissimus in Karthago oder Novatian in Rom, wirft Cyprian vor, sie würden sich Christen nennen, obwohl sie sich an das Evangelium Christi, dessen Beobachtung und das Gesetz nicht hielten (cum evangelio Christi et
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Ep. 20,2,1. Pat. 11. Cuius ordinationis et religionis formam leuitae prius in lege tenuerunt (ep. 1,1,2). Ep. 2,1,2. Ep. 73,19,2. Vgl. Ex 19,22; 30,20f. Ep. 67,1,2.
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cum observatione eius et lege non stantes)67. Wenn einige Priester noch während bzw. unmittelbar nach Abklingen der decischen Verfolungsmaßnahmen bereit sind, mit Gefallenen ohne zuvor geleistete Buße zusammen Eucharistie zu feiern, dann verachten diese in den Augen des karthagischen Bischofs „das Gesetz des Herrn und seine Befolgung“ (contempta domini lege et obseruatione)68 und handeln „gegen die Strenge des Evangeliums, gegen das Gesetz des Herrn und Gottes (contra euangelii uigorem, contra Domini ac Dei legem)69. Der wegen seines Glaubens inhaftierte und im Kerker verstorbene Märtyrer Mappalicus dagegen hat „das Gesetz und die Ordnung nicht vergessen“ (legis ac disciplinae memor)70, weil er nicht massenhaft Friedensbriefe ausstellte, wie dies der ebenso inhaftierte Bekenner Lucianus im Namen des verstorbenen Märtyrers Paulus getan hatte. Zwei Briefe, die Cyprian in diesem Zusammenhang erhalten hat und die ihn in seiner Position bestätigen, lobt er, weil sie die „volle Stärke des Evangeliums und die gesunde Zucht des Gesetzes des Herrn enthalten“ (in quibus euangelii plenus uigor et disciplina robusta legis dominicae continetur)71. Das Evangelium Christi ist für Cyprian, soviel wird bereits deutlich, das „Gesetz des Herrn bzw. Gottes“ oder einfach nur „das Gesetz“. Oft werden die Begriffe synonym gebraucht, ohne dass sich ein inhaltlicher Unterschied feststellen ließe. Alles, was Christus der Herr in seinem Evangelium gelebt, gelehrt und geboten hat, hat für den Christen Gesetzescharakter. Besonders deutlich wird dies, wenn z.B. der Bischof von Karthago den Umstand rügt, dass die inhaftierten Bekenner seitens der Presbyter und Diakone nicht über das „Gesetz des Evangeliums“ (euangelii legem)72 belehrt worden seien, dass ohne Prüfung der Umstände und der Person „im Widerspruch zum Gesetz des Evangeliums“ (contra evangelii legem)73 zahllose Friedensbriefe ausgestellt worden seien und manche Presbyter „im Widerspruch zum Gesetz des Evangeliums“ (contra euangelii legem)74 mit Gefallenen ohne zuvor geleistete Buße Eucharistie feierten. Das Neue Testament als Ganzes ist für den karthagischen Bischof ein Gesetzesbuch75, einzelne An67 68 69 70 71 72 73 74 75
Unit. 3. Ep. 16,3,2. Laps. 15. Zur biblischen Begründung des Bußverfahrens bei Cyprian vgl. Noormann, Secundum euangelii legem, 169-191. Ep. 27,1,1. Ep. 27,4. Ep. 15,1,2. Ep. 20,2,2. Ebd. Vgl. dazu auch die Wendung „evangelisches Gesetz“ (euangelicam legem). So bezeichnet Cyprian in ep. 46,1,2 die Wahl eines Gegenbischofs als „gegen das evangelische Gesetz“ (contra euangelicam legem) gerichtet und in ep. 73,7,2 betont er, dass allein die Vorsteher, die „auf der Grundlage des evangelischen Gesetzes und der Ordnung des
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weisungen und Normen daraus werden häufig als Gebote (mandata) und Vorschriften (praecepta) bezeichnet76, so etwa in op. 7, wo Cyprian den Gläubigen einschärft, dass Christus unter seinen göttlichen Geboten und himmlischen Vorschriften (inter sua mandata diuina et praecepta caelestia) nichts häufiger aufgetragen habe, als Almosen zu geben, oder wenn er seine Schrift über die Einheit der Kirche mit biblischen Aufrufen zur Wachsamkeit77 und dem Verweis, „wenn diese Gebote eingehalten werden, wenn diese Ermahnungen und Vorschriften befolgt werden“ (si haec mandata seruentur, si haec monita et praecepta teneantur)78, könne niemand vom Teufel überrascht werden, enden lässt oder wenn er in einem Schreiben an die karthagischen Bekenner dazu aufruft, einzig und allein die „göttlichen Vorschriften und himmlischen Gebote“ (diuina praecepta et mandata caelestia)79 im Herzen zu tragen, da man durch sie zur Standhaftigkeit im Leiden ermuntert werde. Über die Begriffe lex, mandatum und praeceptum hinaus, die an sich schon Ausdruck der stark rechtlich geprägten Sprache und Theologie Cyprians sind, gibt es noch eine Vielzahl weiterer juristisch geprägter Vokabeln, von denen der karthagische Bischof Gebrauch macht, um das Ordnungsverhältnis zwischen Gott und Christus auf der einen Seite und dem gläubigen Menschen auf der anderen Seite auszudrücken. Neben ius80 sind dies vor allem dispositio, ordinatio, observatio, consuetudo und disciplina81. Gott(-vater) und Christus, sein Sohn, sind beide gleichermaßen bei Cyprian als göttliche Gesetzgeber gedacht und konzipiert. Die für den Christen bindende Rechtsquelle sind die beiden Testamente, in denen die göttlichen Personen ihre Gebote (mandata) und Vorschriften (praecepta) niedergelegt haben. Aufgabe der Gläubigen ist es, hierauf mit unbedingtem Gehorsam zu antworten. Die Dringlichkeit und Notwendigkeit dieser Forderung ergibt sich für den Bischof von Karthago aus dem Umstand, dass Gott bzw. Christus dies selbst einfordert. So stellt Cyprian in unit. 2 die rhetorische Frage, „wie können wir die Unsterblichkeit erlangen, wenn wir nicht die Gebote Christi einhalten“ (inmortalitate autem potiri quomodo possumus, nisi … Christi mandata seruemus), worauf er fortfährt, „mahnt er [Christus] doch selbst mit den Worten: ‚Wenn du das Leben
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Herrn“ (euangelica lege ac dominica ordinatione) begründet sind, die Vollmacht haben, zu taufen und Sünden nachzulassen. Zahlreiche Belege hierfür finden sich bei Hoffmann, Strukturen, 79-81. Lk 12,35-37; Mt 5,16. Unit. 27. Ep. 6,2,1. Vgl. dazu Hoffmann, Strukturen, 60-65 und Seagraves, Pascentes, 218-220. Für eine eingehende Untersuchung dieser und weiterer juristischer Vokabeln bei Cyprian vgl. Hoffmann, Strukturen, 65-83.
Das Gebot, nichts über Christus zu stellen [Fort. 5 (6)]
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erlangen willst, halte meine Gebote‘ und weiter: ‚Wenn ihr tut, was ich euch auftrage, dann nenne ich euch nicht mehr Sklaven, sondern Freunde‘“82. Umgekehrt droht Gott, diejenigen mit der Rute und mit Schlägen zu bestrafen, die sein Gesetz und seine Vorschriften nicht einhalten83. Wie zentral für den Bischof von Karthago die Forderung nach unbedingtem Gehorsam dem Gesetz und den Geboten Gottes gegenüber ist, wird daran deutlich, dass seiner Meinung nach „das ganze Fundament der Religion und des Glaubens auf Gehorsam und (Gottes)Furcht gegründet ist“ (fundamentum omne religionis ac fidei de observatione ac timore proficiscitur)84. Die Aufgabe, die dabei den Gläubigen zukommt, ist „dem Befehl des Erlösers in sklavischer Ergebenheit zu gehorchen“ (per omnia seruitutis obsequia redemtoris imperio pareamus)85 und man kann Hummel deshalb nur zustimmen, wenn er feststellt, „the point that seems to have impressed Cyprian most deeply, is the necessity of fulfilling the will of God“86. Der Grund, warum Cyprian in Fort. 5 (6) die christliche Pflicht zur Kreuzesnachfolge nicht unter Verweis auf die göttliche lex und ihre mandata und praecepta und auf den ihnen geschuldeten Gehorsam begründet, sondern statt dessen Christus als Vorbild präsentiert, dem es nachzufolgen gilt, dürfte wohl daran liegen, dass dem karthagischen Bischof dieses Modell geeigneter erschien, emotionale Nähe herzustellen zwischen Christus dem Vorbild, der für uns all die Widrigkeiten aus Fort. 5 (6) auf sich genommen hat, und dem Gläubigen, der angesichts dessen zu ebensolchem Handeln aufgerufen ist, als der juristisch konzipierte Verweis auf den strikten Pflichtcharakter der Nachfolge. Gerade in Zeiten der Verfolgung, in denen den Christen alles abverlangt werden konnte, ist ein Konzept, das auf Nähe und persönliche Bindung aufbaut, den Lohn für solches Verhalten in Aussicht stellt und daraus schließlich die Pflicht zur Nachfolge ableitet, sicherlich erfolgsversprechender als eines, das auf reine Pflichterfüllung pocht. Die Konzeption von Fort. 5 (6) erweist den Bischof von Karthago demnach als geschickten, einfühlsamen „Psychologen“, der sehr gezielt und bewusst aus seinem Repertoire die Mittel auswählt und einsetzt, die seiner Ansicht nach am besten geeignet sind, zum Erfolg zu führen.
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... ipso monente et dicente: ‘Si uis ad uitam uenire serua mandata’, et iterum: ‘Si feceritis quod mando uobis, iam non dico uos seruos sed amicos’ (Mt 19,17; Joh 15,14f). Vgl. dazu Ps 89,31-33: „Si dereliquerint legem meam et in iudiciis meis non ambulauerint, si iustificationes meas profanauerint et praecepta mea non obseruauerint, uisitabo in uirga facinora eorum et in flagellis delicta eorum” (ep. 11,2,1; laps. 6). Habit. 2 (CSEL 3,1,188). Ebd. Hummel, concept, 34.
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Das Gebot, nichts über Christus zu stellen [Fort. 5 (6)]
Das Gebot, nichts über Christus zu stellen, als exemplum Eine weitere Konzeption soll hier kurz erläutert werden, die in Fort. 5 (6) lediglich anklingt, in den Schriften Cyprians jedoch weite Verbreitung und große Bedeutung erfährt: Christus als exemplum, dem es nachzueifern gilt. Angedeutet ist dies in Fort. 5 (6), wenn der Bischof von Karthago die Pflicht der Christen, nichts über ihren Herrn zu stellen, mit eben diesem Verhalten des Herrn den Christen gegenüber begründet (nihil christo praeponere debeamus, quia nec ille quicquam nobis praeposuerit). Diesen Pfad verfolgt der Bischof von Karthago jedoch nicht weiter, wie bereits zu Beginn des Kapitels erläutert, sondern argumentiert statt dessen im weiteren Verlauf von Fort. 5 (6) mittels einer paradoxen Dialektik, die in cyprianischen Œuvre keine Entsprechung findet. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man sich vergegenwärtigt, welch große Tragweite dem Modell, Christus als exemplum, dem es nachzueifern und das es nachzuahmen gilt, in den Schriften Cyprians zukommt. Dies soll im Folgenden kurz illustriert werden. Zu beachten ist dabei zunächst, dass das Konzept des göttlichen Vorbildes menschlichen Handelns bei Cyprian zweifach grundgelegt ist. Zum einen, weil der Mensch, so Cyprian Gen 1,26 zitierend, nach dem Bilde Gottes geschaffen ist, denn Gott sagt: „Lasst uns den Menschen nach unserem Bild uns ähnlich machen“ (faciamus hominem ad imaginem et similitudinem nostram)87. In der Gottebenbildlichkeit des Menschen erkennt der karthagische Bischof auch den Grund und Anlass für den Fall Satans, denn dieser „ertrug es nur mit Ungeduld, den Menschen nach dem Bild Gottes geschaffen zu sehen“88, und er brach in Eifersucht und Neid aus, als er „den Menschen nach dem Bild Gottes geschaffen sah“ (hominem ad imaginem Dei factum)89. Selbstverständlich ergibt sich für Cyprian aufgrund dieser Gabe der Gottebenbildlichkeit für den Gläubigen zugleich die Aufgabe, so zu handeln wie sein Schöpfer. So rühmt Cyprian einen Menschen, der bereit ist, sein Vermögen und seine Einkünfte mit seinen Mitchristen zu teilen, als einen, der Gott den Vater nachahmt (Dei patris imitator)90, da er mit seinen uneigennützigen Spenden (largitionibus gratuitis) dem Beispiel der (göttlichen) Gleichbehandlung (quo aequitatis exemplo) folgt, denn auch Gott lässt die Sonne über Allen strahlen und den Regen auf Alle niedergehen. Da die Geduld dem Bischof von Karthago eine Eigenschaft Gottes ist (patientia Dei res est), ahmt jeder Gläubige, der mild, geduldig und sanft (lenis patiens et
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Habit. 15 (CSEL 3,1,198). Diabolus hominem ad imaginem Dei factum impatienter tulit (pat. 19). Zel. 4. Op. 25.
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mitis)91 ist, Gott den Vater nach (Dei patris imitator est), und sie bewirkt, „dass wir Söhne Gottes bleiben, solange wir die Geduld des Vaters nachahmen“92. Der Mensch ist aber nicht nur aufgrund des Umstandes, dass er nach dem Bild Gottes geschaffen ist, dazu angehalten, sein „Urbild“ nachzuahmen und zu handeln wie dieses, sondern noch weit mehr durch die Taufe in Christus. Mehrfach zitiert Cyprian hierzu die Worte des Paulus aus Gal 3,27: „Die ihr in Christus getauft seid, habt Christus angezogen“ (quotquot in Christo baptizati estis, Christum induistis)93. In der Taufe legt der Mensch seine Sünden ab (peccatis in baptismo expositis), er wird geheiligt (sanctificatus), in einen neuen Menschen geistlich umgestaltet (in nouum hominem spiritaliter reformatus)94 und in einer „zweiten, geistlichen Geburt durch das Bad der Wiederherstellung zu neuem Leben erweckt“95. Die paulinische Rede vom „in-Christus-Getauft-sein“ und „Christus Angezogen-haben“ ist für Cyprian Ausdruck der innigsten Christusverbundenheit aller Getauften, denn sie sind „in Christus und Christus in uns“ (in Christo sumus et Christum in nobis)96. Dieser Zustand ist jedoch nicht unverbrüchlich und per se auf Dauer gegeben, sondern er kann auch wieder verloren gehen. Deshalb muss der Getaufte, „der in Christus ist, den ganzen Tag über flehentlich bitten und beten“97 und ist zum täglichen Empfang der Kommunion aufgerufen, „damit wir nicht, die wir in Christus sind, von seinem Körper wieder getrennt werden“98. Beides zusammen, die Ebenbildlichkeit des Menschen mit seinem Schöpfergott und die innige Verbindung des Täuflings mit Christus, in den er getauft ist, den er angezogen hat und dem er am jüngsten Tag als endzeitlichem Richter gegenüber stehen wird99, begründet für den Bischof von Karthago den Vorbild91 92 93 94 95 96 97 98 99
Pat. 5. ... ut efficit ut perseueremus filii Dei, dum patientiam patris imitamur (pat. 20). Ep. 62,2,2. Vgl. dazu auch ep. 74,5,2; 75,12; 76,2,4; pat. 9; laps. 30; 35; unit. 1. Ep. 74,5,2. ... ut cum natiuitas secunda spiritalis sit, qua in Christo per lauacrum regenerationis nascimur (ep. 74,5,4). Ep. 74,9,2. ... qui in Christo ... instemus per totum diem precibus et oremus (orat. 35). ... ne qui in Christo sumus ... a Christi corpore separemur (orat. 18). So ruft Cyprian die Christen auf, „in ständigen Gebeten zu bitten und Tag und Nacht zu flehen, dass die Heiligung und Wiederbelebung, die durch Gottes Gnade kommt, durch seinen Schutz bewahrt bleibe“ (hanc continuis orationibus precem facimus, hoc diebus ac noctibus postulamus ut sanctificatio et uiuificatio quae de Dei gratia sumitur ipsius protectione seruetur; orat. 12), da Christus, unser Herr und Richter (Dominus et iudex noster) den Gläubigen drohend ermahne, nicht mehr zu sündigen. Das Urteil über die Christen ergeht jedoch nicht sofort, sondern erst dann, „wenn der Tag des Gerichts gekommen ist, wenn nach dem Untergang dieser Weltzeit und dieser Erde vor dem Rich-
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charakter von Gottvater und Sohn und bedeutet damit zugleich die Pflicht eines jeden Christen, seinen göttlichen Herrn nachzuahmen, seinem Vorbild zu folgen und auf seinen Spuren zu wandeln. Damit dies gelingen kann, sind für die Gläubigen konkrete Vorbilder von Nöten, die beispielhaft vorgelebt haben, was es bedeutet, sich gottgefällig zu verhalten. Indem der einzelne Christ diese exempla nachahmt, wird er seinem Vorbild ähnlich100, er folgt ihm auf dessen Spuren und beschreitet somit den Weg des Heiles. Unmittelbares Vorbild christlichen Handelns ist zunächst Gott(-vater) selbst. Da er alle Menschen gleich behandelt (aequitas) und sich als geduldig erweist (patientia), sind die Gläubigen dazu aufgefordert, es ihm gleich zu tun. Wer dies einhält und umsetzt, ist ein Nachahmer des Vaters (imitator patris) und bleibt dadurch „Sohn Gottes“. Weit wichtiger und bedeutender noch als die Vorbild stiftende Funktion Gottvaters ist in den cyprianischen Schriften die des Sohnes. Indem dieser bereit war, das Fleisch des Menschen anzunehmen (carnem hominis induere)101 und dessen Unheilsgeschichte zu teilen und selbst zu erleiden, ist er das Beispiel und Vorbild (exemplum) der Gläubigen schlechthin102. So hat Christus den Seinigen nicht nur aufgetragen, was sie beten sollten, indem er ihnen den Wortlaut des Vaterunsers lehrte, sondern er hat auch durch sein eigenes häufiges Beten und Flehen zum Vater „durch das Zeugnis seines eigenen Beispiels aufgezeigt, was wir tun müssen“ (quid nos facere oporteret exempli sui contestatione demonstrans)103. Wenn der Herr im Garten Getsemani bittet, dass dieser Kelch an ihm vorüber gehen möge, aber nicht sein Wille, sondern der des Vaters geschehe104, dann ist dies ein Beispiel für seine Jünger (exemplum discipulis suis tribuens)105, ebenso zu handeln. Die Fußwaschung, die Jesus an den Aposteln vollzieht, dient dazu, „anhand seines Beispieles zu lehren, wie sich ein Mitsklave seinen Gefährten
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terstuhl Christi sein Volk hintritt“ (cum iudicii dies uenerit, cum post occasum saeculi huius et mundi ante tribunal Christi populus eius adstiterit; laps. 17). Vgl. dazu auch orat. 24; habit. 17; laps. 27; 35; op. 22; 26. Zu Christus als endzeitlichem Richter vgl. Proksch, Christus, 133-135; Studer, Soteriologie, 447-449; Noormann, Ad salutem, 265-273. Vgl. dazu orat. 8; Deléani, Christum sequi, 98f. Pat. 6. Zur Bedeutung von „Fleisch“ (caro) bei Cyprian vgl. Proksch, Christus, 80-83. Dass das Vorbild und Beispiel (exemplum) Christi nicht als etwas Äußerliches verstanden werden darf, sondern „in einem starken Sinn zu nehmen“ ist, dafür plädiert Studer, Soteriologie, 445, denn für Cyprian „war eben Christus nicht ein bloß wegweisendes Beispiel, sondern die wurzelhafte Vorausnahme allen christlichen Lebens“ und Proksch, Christus, 122 sieht im Vorblid Christi bei Cyprian „nicht in erster Linie eine moralische Richtlinie, sondern vor allem eine ontologische Qualität“. Orat. 29. Mt 26,39. Orat. 14.
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und Gleichgestellten gegenüber verhalten muss“106. Vor allem im Leiden hat Christus seinen Jüngern ein Beispiel gegeben, denn „der Herr, der Lehrer der Demut, der Geduld und des Leidens ist im Kriegsdienst vorangegangen, um zuerst das zu tun, was er zu tun lehrte, und um zuerst selbst für uns zu leiden, der zum Leiden ermuntert“107. Die Gläubigen sollen in der Konzeption Cyprians auf die göttlichen Beispiele (exempla) mit deren Nachahmung (imitatio) antworten. Von grundsätzlicher Gültigkeit ist demnach die Weisung des Bischofs aus Karthago, „wer Christ sein will, muss nachahmen, was Christus gesagt hat“ (qui esse cupimus christiani debemus quod Christus dixit imitari)108. Gerade der Umstand, dass Cyprian die christliche Pflicht zur imitatio auch auf die Worte Jesu bezieht – nachgeahmt werden muss, was Christus gesagt hat – belegt, wie umfassend die imitatioKonzeption beim karthagischen Bischof angelegt ist. So würde man zunächst vermuten, sie erstrecke sich lediglich auf die Taten und Handlungen Jesu. Seinen Worten dagegen, die, wie bereits gesehen, häufig als lex, mandata und praecepta verstanden werden, gelte es nicht durch imitatio zu antworten, sondern – aufgrund ihres Gesetzescharakters –, in Gehorsamkeit. Dass für Cyprian der Auftrag zur Nachahmung Jesu jedoch umfassend zu verstehen ist, sowohl die Worte, als auch die Taten des Herrn betreffend, dürfte wohl nicht zuletzt dem Vers 1Joh 2,6 („Wer sagt, er bleibe in Christus, muss auch selbst so wandeln, wie jener gewandelt ist“109) geschuldet sein, denn der Kontext des Testimoniums in ep. 58 macht deutlich, dass Cyprian den Auftrag zur Nachahmung Christi in Wort und Tat (id quod Christus et docuit et fecit imitari)110 als Konkretisierung des Zitates aus dem ersten Johannesbrief versteht, indem er diesem die Wendung „gemäß den Worten des Apostels Johannes“ (secundum Iohannem apostolum dicentem) voranstellt und beides so miteinander verbindet. Zu wandeln wie der Herr bedeutet demnach nichts anderes als seine Worte und Taten nachzuahmen, was zur Folge hat, dass der „in Christus Getaufte“ auch „in Christus bleibt“ und „mit Christus befunden wird“ (cum Christo inueniri)111. Die soteriologische, heilsrelevante Bedeutung der Nachahmung Christi wird auch an anderer Stelle deutlich, z.B. wenn Cyprian die Erlangung der göttlichen Heilsver106 ... exemplo suo doceret qualis circa compares et aequales debeat esse conseruus (pat. 6). 107 ... in ipsa militia primus ambulauerit dominus humilitatis et tolerantiae et passionis magister, ut quod fieri docuit prior faceret et qui pati hortatur prior pro nobis ipse pateretur (ep. 58,3,1). 108 Habit. 7 (CSEL 3,1,193). 109 Qui dicit se in Christo manere, debet quomodo ille ambulavit et ipse ambulare (ep. 58,1,3). 110 Ebd. 111 Vgl. dazu Phil 3,9.
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sprechen (ad domini promissa uenire) an die „Nachahmung des Herrn in allen Dingen“ (imitari dominum in omnibus debeamus)112 bindet. Besondere Bedeutung bei Cyprian erfährt demnach die Nachahmung Christi in seinem Leiden. Programmatisch hierfür zitiert der karthagische Bischof 1Petr 2,21: „Christus hat für euch gelitten und somit ein Beispiel hinterlassen“ (Christus passus est pro uobis reliquens uobis exemplum)113, das dazu auffordert, „den Ruhm des Leidens des Herrn nachzuahmen“ (gloriam passionis dominicae imitari)114. Es sind aber nicht nur Gottvater und Christus, die der Bischof von Karthago seinen Gläubigen als exempla vor Augen führt, die es nachzuahmen gilt, sondern auch zahlreiche Menschen dienen ihm zu diesem Zweck. So fordert er dazu auf, den gerechten Abel nachzuahmen (imitemur Abel iustum)115, den Cyprian als ersten Märtyrer erkennt, da dieser seiner Gerechtigkeit und seiner Geduld116 wegen von seinem Bruder erschlagen wurde. Abraham gelte es, so der Bischof von Karthago, nachzuahmen (imitemur Abraham)117, da er Gott gehorsam ergeben war und nicht zögerte, seinen einzigen Sohn zu opfern118. Ebenso müsse man die drei Jünglinge Ananias, Azarias und Misael nachahmen (imitemur tres pueros Ananiam, Azariam, Misael)119, die sich dem Befehl des Königs Nebukadnezar widersetzten, eine Götterstatue zu verehren und deshalb in einem Feuerofen verbrannt werden sollten. Ihr Glaube jedoch, dass „der Gott, dem wir dienen, in der Lage ist, uns dem Feuerofen zu entreißen“120, habe den König besiegt und sei ein leuchtendes Beispiel für die Kraft und Stärke ihres Gottvertrauens, nämlich „zu glauben und zu wissen, dass Gott uns vor dem drohenden Tod befreien kann“121. Schließlich gelte es die Patriarchen, Propheten und alle Gerechten (patriarchas et prophetas et iustos) als Vorbilder zu nehmen, da sie „die Gestalt Christi als vorausgehendes Bild an sich trugen“ (qui figuram Christi
112 Ep. 6,2,1. 113 Zel. 11. 114 Orat. 20. Zur Bedeutung der Nachahmung des Leidens Christi bei Cyprian vgl. Hummel, concept, 97-104; Deléani, Christum sequi, 95-103. 115 Ep. 58,5,1. 116 In pat. 10 preist der Bischof von Karthago Abel als Vorbild der Geduld an, da er sich gegen seinen Bruder nicht zur Wehr setzte, sondern sich geduldig erschlagen ließ (patienter occiditur). 117 Ep. 58,5,1. 118 Vgl. dazu auch pat. 10. 119 Ep. 58,5,1. Vgl. dazu auch orat. 8. 120 ... deus cui nos seruimus potens eripere nos de camino ignis ardentis (Dan 3,17; ep. 58,5,1). 121 ... credere et scire quod deus a morte praesenti liberare nos possit (ep. 58,5,2).
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imagine praeeunte portabant)122. Neben diesen alttestamentlichen exempla stellt Cyprian den Adressaten seiner Schriften auch neutestamentliche und aktuelle Vorbilder vor Augen. So zitiert er etwa Paulus, der dazu auffordert, ihn nachzuahmen, so wie er selbst den Herrn nachahme (Imitatores mei estote, sicut et ego Christi)123, und den inhaftierten Bekennern legt er nahe, den Beispielen des Apostels Paulus nachzufolgen (Pauli apostoli documenta sectentur)124. Darüber hinaus gelte es das Verhalten der Apostel nachzuahmen, die – so wie der Herr selbst – ohne Unterlass Tag und Nacht beteten (apostoli orare diebus an nocitus non destiterunt)125 und zur Nachfolge Christi bereit waren, da sie alle Bindungen, sei es materieller oder familiärer Natur, aufgegeben hatten126. Nicht zuletzt sind es auch die Bekenner und Märtyrer Karthagos, deren standhaftes Verhalten angesichts der decischen Repressionen Cyprian zur Nachahmung empfiehlt und die er euphorisch mit den Worten lobt: „Ein glorreiches Schaupiel habt ihr Gott geboten, den Brüdern, die euch nachfolgen wollen, habt ihr ein Beispiel gegeben“127. Die Bekenner sind demnach ganz besonders angehalten, christliche Tugenden wie Ruhe und Demut (quies et humilitas) zu praktizieren, da sie für die Übrigen ein Vorbild (exemplum) geworden sind, „an deren Sitten sich das Leben und Verhalten Aller ausrichten muss“ (ad quorum mores omnium uita et actus debeat prouocari)128, und der hochselige Märtyrer (beatissimum martyrem) Mappalicus, der auch unter Foltern nicht zur Verleugnung seines Glaubens gezwungen werden konnte, hat allen ein Beispiel gegeben, das auch die Übrigen nachahmen sollen (ceteri quoque sectemini)129. Die soteriologische Relevanz der imitatio wird in den Schriften Cyprians besonders an solchen Beispielen deutlich, wo der Mensch einem falschem Vorbild nacheifert. Wer streitet, uneins ist und mit seinem Mitbruder nicht in Frieden lebt (discordans et dissidens et pacem cum fratribus non habens), ist für Cyprian ein Mörder130 und als solcher ein Nachahmer des Judas (imitator Judae), der nicht mit Christus zusammen sein kann (non potest esse cum Christo)131. Der 122 Pat. 10. Zur typologischen Verwendung der Begriffe figura und imago und der Bedeutung von portare bei Cyprian vgl. Proksch, Christus, 44-48; 99-103. 123 1 Kor 11,1; Ep. 55,15,2. 124 Ep. 14,2,3. 125 Ep. 11,5,1. 126 Vgl. dazu laps. 11. 127 ... spectaculum gloriosum praebuistis Deo, secuturis fratribus fuistis exemplo (laps. 2). 128 Ep. 13,3,1. 129 Ep. 10,4,4. 130 Als Beleg hierfür zitiert Cyprian 1Joh 3,15: „Wer seinen Mitbruder hasst, ist ein Mörder“ (Qui fratrem suum odit homicida est; orat. 24). 131 Ebd.
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Teufel als gefallener Engel, weil er angesichts der Erschaffung des Menschen als Ebenbild Gottes in Eifersucht und Neid ausbricht, gilt dem karthagischen Bischof als „Meister des Verderbens“ (magistro perditionis), den ein Jeder nachahmt, der selbst Neid und Eifersucht in sich trägt (diabolum qui zelat imitatur), was Cyprian im Buch der Weisheit bestätigt findet: „Durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt. Ihn ahmen also alle nach, die auf seiner Seite stehen“132. Wie eng und unmittelbar Cyprian die Konzeption der imitatio fasst, wird in seiner Kritik an den Jungfrauen Karthagos deutlich, die er wegen ihrer Praxis, sich die Haare zu färben und die Augen zu schminken, scharf tadelt. Einer solchermaßen „Verunstalteten“ werde Gott am Tage des Gerichts, so Cyprian, entgegenhalten: „Dies ist nicht mein Werk und dies ist nicht unser Ebenbild“ (opus hoc meum non est nec imago haec nostra est)133. Von den Belohnungen und Verheißungen des ewigen Lebens ist die geschminkte Frau ausgeschlossen, denn sie ahmt die rötlichen und buntbemalten Augen der Schlange nach (rutilos adque depictos oculos serpentis imitata es) und trägt somit nicht die Augen, die Gott geschaffen hat, sondern die der Teufel verfälscht hat134, zusammen mit dem sie dafür [in der Hölle] brennen werde (cum illo pariter arsura). Die Ausführungen Cyprians, die verdeutlichen und warnen sollen, was dem Christen droht, der sich falscher Vorbilder bedient und diese nachahmt, führen unmittelbar zu Fort. 5 (6) zurück. Wenn der Bischof von Karthago seinen sechsten Titulus mit der Feststellung schließen lässt, der standhafte Gläubige entscheide sich in der Verfolgung letztlich für Gott und Christus gegen den Teufel und Antichrist, dann ist hier jene Entscheidung auf den Punkt gebracht, die der Christ bereits in der Taufe getroffen und öffentlich bekundet hat, die es aber jeden Tag aufs Neue zu bezeugen und zu verwirklichen gilt. Als Unterstützung dafür stellt Cyprian den Gläubigen in seinen Schriften deshalb exempla vor Augen, die es nachzuahmen gilt, allen voran natürlich das des Herrn. In äußerst komprimierter Form finden sich diese Gedanken in pat. 9 wieder, weshalb der Text hier abschließend angeführt werden soll: „Wenn nun auch wir, geliebteste Brüder, in Christus sind, wenn wir ihn angezogen haben, wenn er der Weg unseres Heiles ist, dann lasst uns, die wir Christus auf seinen heilbringenden Spuren folgen, durch sein Vorbild voranschreiten, wie der Apostel Johannes mit den Worten lehrt: ‚Wer sagt, dass er in Christus bleibt, muss auch
132 Inuidia autem diaboli mors introiuit in orbem terrarum. Imitantur ergo illum qui sunt ex parte eius (Weish 2,24; zel. 4). 133 Habit. 17 (CSEL 3,1,199). 134 ... oculi tibi non sunt quos deus fecit sed quos diabolus infecit (ebd.).
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so wandeln, wie jener gewandelt ist‘. Ebenso sagt Petrus …: ‚Christus hat für euch gelitten und euch damit ein Beispiel hinterlassen, damit ihr seinen Spuren folgt‘“135.
Der Gläubige wird in der Taufe in Christus aufgenommen, er zieht Christus an und ist in ihm. Damit hat er, der durch Christi Blut erlöst ist, seinen Heilsweg eingeschlagen. Um aber zur Vollendung gelangen zu können, muss er auf diesem Heilsweg kontinuierlich voranschreiten, er muss dauerhaft in Christus bleiben. Damit dies gelingt, sind ihm die exempla und uestigia des Herrn, der zugleich der göttliche Gesetzgeber und endzeitliche Richter ist, zur Nachahmung und Nachfolge aufgegeben. Besonders im Leiden muss sich diese Nachfolge bewähren, denn auch der Herr hat für die Menschen gelitten und zur Nachfolge im Leiden aufgefordert136. An diesem Punkt wird erneut die Sonderstellung von Fort. 5 (6) innerhalb des cyprianischen Œuvres deutlich und gewinnt an Schärfe, denn anstelle der üblichen Parallelisierung Christus – Gläubige und der Aufforderung zur Nachahmung ausgewählter exempla arbeitet Cyprian hier mittels einer paradoxen Dialektik, in der die Leiden des Herrn den Freuden der Gläubigen kontrastierend gegenüberstehen. Wenn der Bischof von Karthago demnach in Fort. 5 (6) darauf verzichtet, sein eigenes, gängiges Modell einfach zu übernehmen, sondern statt dessen sich die Mühe machte, eine weitestgehend neue und eigenständige Konzeption zu entwerfen, dann legt dies ein klares Zeugnis für den Stellenwert und die Bedeutung ab, die Cyprian selbst der Schrift beimaß.
Fazit Das Leitmotiv, das den Titulus Fort. 5 (6) durchzieht, ist das Gebot, „nichts über Christus zu stellen“. Die Testimonien, die der Bischof von Karthago dazu gesammelt hat, sind durchwegs passend und zielgerichtet gewählt. Im Hinblick auf seine biblische Methodik und Exegese ist dabei aufschlussreich, wie er den alttestamentlichen Beleg Dtn 33,9 und die neutestamentliche Aufforderung zur bedingungslosen Kreuzesnachfolge als Einheit konzipiert und unter das Gebot der Hintansetzung der Familie zugunsten der Nachfolge Christi subsumiert und entsprechend interpretiert. Die drei verbleibenden neutestamentlichen Belegstellen, Röm 8,35-37 und 1Kor 6,19f mit 2Kor 5,15 lassen sich ebenso mühelos der 135 Quodsi et nos, fratres dilectissimi, in Christo sumus, si ipsum induimus, si ipse est salutis nostrae uia, qui Christum uestigiis salutaribus sequimur per Christi exempla gradiamur, sicut Iohannes apostolus instruit dicens: Qui dicit se in Christo manere debet quomodo ille ambulauit et ipse ambulare. Item Petrus ... dicit: Christus passus est pro uobis relinquens uobis exemplum, ut sequamini uestigia eius (1Joh 2,6; 1 Petr 2,21). 136 Vgl. Mt 10,37f, der ersten von Cyprian zitierten Bibelstelle in Fort., test. 6.
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Das Gebot, nichts über Christus zu stellen [Fort. 5 (6)]
Thematik von Fort. 5 (6) zuordnen, denn die Stelle aus dem Römerbrief betont, dass nicht einmal Gefahren wie Verfolgung oder Schwert die Christen von ihrem Herrn trennen können und die beiden Belege aus den Korintherbriefen führen vor Augen, dass die Christen um einen teuren Preis erkauft sind und deshalb nicht mehr sich selbst gehören und dass sie, für die Christus starb und auferweckt wurde, nicht mehr für sich selbst, sondern für den Herrn leben (sollten). Verorten lässt sich die Thematik unschwer im Kontext der decischen Verfolgungsmaßnahmen und der damit verbundenen schonungslosen Kritik des karthagischen Bischofs, zahlreiche Christen hätten ihren Glauben verleugnet, da sie Besitz und Familie höher schätzten als die Nachfolge Christi und das Bekenntnis zum Herrn. Besondere Beachtung verdient die Argumentation von Fort. 5 (6), die als „paradoxe Dialektik“ bezeichnet werden kann. Während Christus für die Menschen auf seine himmlische Vollkommenheit verzichtet hat und irdisches Leid und den Tod auf sich genommen hat, wählt der Gläubige in seinem irdischen Leid dagegen die himmlische Vollkommenheit. Mit dieser originellen Konzeption gelingt es dem Bischof von Karthago auf überzeugende Art und Weise den Gläubigen im Zuge seiner praeparatio ad martyrium einen stichhaltigen Motivationsgrund zum Standhalten im Christusbekenntnis angesichts der drohenden Verfolgung zu liefern. So knüpft er einerseits ein emotional-relationales Band zwischen Christus und den Gläubigen, indem er betont, was der Herrn um der Menschen willen auf sich genommen hat, und macht andererseits einsichtig, wie unklug und kurzsichtig letztlich die Entscheidung ist, irdisch-vergänglichen Dingen den Vorzug zu geben vor einem ewigen Leben mit Gott und Christus. Dass Fort. von Cyprian als eigenständige Schrift sorgsam und mit Bedacht geplant und konzipiert ist, belegt nicht zuletzt die Sonderstellung, die Fort. 5 (6) innerhalb des cyprianischen Œuvres einnimmt, denn die Konzeption der paradoxen Dialektik dieses Titulus weist darin keine vergleichbare Parallele auf. Die Untersuchung dreier gängiger und bei Cyprian weit verbreiteter Motive, die der Nachfolge Christi (Christum sequi), des Gesetzescharakters der heiligen Schriften (lex und mandatum) und des Vorbildcharakters Christi, dem es nachzueifern gilt (exemplum und imitatio), halfen das Profil von Fort. 5 (6) zu schärfen. Alle drei klingen im Text mehr oder minder deutlich an, ohne jedoch vom karthagischen Bischof unbesehen übernommen zu werden, d.h., obwohl Cyprian bei der Abfassung von Fort. 5 (6) auf eine bereits entwickelte Konzeption mühelos hätte zurückgreifen können, entschied er sich, seiner praeparatio ad martyrium ein eigenständiges Gesicht zu geben. Die Bedeutung, die Cyprian seiner Schrift Fort. beimaß, darf angesichts dessen nicht unterschätzt werden und gilt es im Auge zu behalten, wenn es darum geht, den Stellenwert von Fort. im Ganzen der Schriften Cyprians zu beurteilen.
Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben [Fort. 5 (7-8)]
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Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben [Fort. 5 (7-8)] Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben in Fort. 5 (7-8) Nachdem Cyprian in Fort. 5 (6) mittels einer äußerst raffinierten paradoxen Dialektik seine Gläubigen zum Standhalten in der drohenden Verfolgung zu motivieren versuchte, indem er ihnen einschärfte, sie dürften nichts über Christus stellen, lässt der Bischof von Karthago zwei Tituli [Fort. 5 (7-8)] folgen, die dem Ausharren im Glauben (perseuerandum in fide) gewidmet sind: Insinuandum quoque ne erepti de faucibus diaboli et de laqueis saeculi liberati, si in angustiis et praessuris esse coeperint, regredi denuo ad saeculum uelint et perdant quod euaserint [Fort. 5 (7)]1. Insistendum potius esse et perseuerandum in fide et uirtute et caelestis ac spiritalis gratiae consummatione, ut ad palmam et coronam possit perueniri [Fort. 5 (8)]2.
Die beiden Tituli Fort. 5 (7-8) sind zunächst insofern bemerkenswert, als sie – bei genauerer Betrachtung – dem vorangehenden Titulus inhaltlich nicht viel Neues hinzufügen. Die Forderung aus Fort. 5 (6), „nichts über Christus zu stellen“, wird jetzt durch den Aufruf, nicht mehr zur Welt zurückzukehren (ne regredi ad saeculum), sondern statt dessen im Glauben zu verharren (perseuerandum in fide), ergänzt. Die Perspektive ist freilich jeweils eine andere, denn ersterer Titulus rückt die Person Christi in den Mittelpunkt, zweiterer dagegen thematisiert die Pflicht zum Ausharren im Glauben, in der Tugend und der Gnade. Inhaltlich aber bietet letzterer nicht wirklich Neues, denn all dies ist implizit in dem Gebot, „nichts über Christus zu stellen“, bereits enthalten. Wer Christus höher schätzt als alles andere und an ihm festhält bis zum Schluss, der hält eo ipso auch an seinem Glauben, seiner Tugend und seiner Gnade fest und „kehrt nicht zur Welt zurück“. Beides kann also gar nicht voneinander getrennt werden, denn es bedingt sich gegenseitig. Wie eng die beiden Themenblöcke Fort. 5 (6) 1
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„Auch muss man eindringlich betonen, dass nicht etwa diejenigen, die (bereits) dem Rachen des Teufels entrissen und aus den Fallstricken der Welt befreit sind, wieder zur Welt zurückkehren wollen und (somit) vergeuden, dass sie bereits entkommen waren, sobald sie beginnen, in Not und Bedrängnis zu geraten.“ Vgl. dazu Ex 14,11-14; Lk 9,62; 17,31f; 14,33. „Verharren und ausharren muss man vielmehr im Glauben, in der Tugend und in der Vollkommenheit der himmlischen und geistlichen Gnade, um zur Palme und zum Siegeskranz gelangen zu können.“ Vgl. dazu Ex 17,11-14; 1Kor 9,24f; 2Tim 2,4f; Röm 12,1f; 8,16f; Offb 3,11.
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und Fort. 5 (7-8) inhaltlich miteinander verwoben sind, kann darüber hinaus folgende Gegenüberstellung verdeutlichen: Wenn ersterer den Gläubigen, die an Christus festhalten, vor Augen führt, dass sie sich dadurch gegen die Armut der Welt (paupertati saeculi) und gegen den Teufel und Antichrist (diabolo et antichristo) entscheiden, dann erfährt dies seine logische Entsprechung in der Aufforderung, nicht mehr in den Rachen des Teufels (faucibus diaboli) und die Schlingen der Welt (laqueis saeculi), denen man ja bereits entrissen ist, zurückzukehren. Und so, wie Fort. 5 (6) den Christen den Reichtum des Paradieses (paradisi diuitias) und das ewige Reich (regnum aeternum) vor Augen führt, so stellt Fort. 5 (7-8) den Gläubigen in Aussicht, die Palme und den Siegeskranz zu erlangen (palmam et coronam perueniri). Wenn aber die beiden Tituli Fort. 5 (78) inhaltlich nicht gefordert sind, da der Aufruf, „nichts über Christus zu stellen“, aus Fort. 5 (6) das Verbot der Rückkehr zur Welt und die Aufforderung zum Ausharren im Glauben bereits mitbeinhaltet bzw. miteinschließt, dann stellt sich die Frage, warum Cyprian meinte, dies trotzdem so ausführlich und explizit betonen zu müssen. Der Grund dafür lässt sich unschwer wiederum in den Ereignissen der decischen Verfolgungsmaßnahmen der Jahre 249-250 und der damit verbundenen großen Zahl der Lapsi und deren – wie Cyprian betont – freiwilligem und überstürztem Opfern3 ausmachen, was ja nichts anderes als ein regredi ad saeculum war. Weil Cyprian die Christen massenweise nicht gerüstet und bereit fand, den staatlichen Anfeindungen standzuhalten und im Angesicht der Verfolgung im Glauben zu verharren, sondern feststellen musste, dass die Gläubigen scharenweise lieber ihr Vermögen und ihren Besitz zu retten trachteten anstatt „in der Tugend und in der Vollkommenheit der himmlischen und geistlichen Gnade“ (in fide et uirtute et caelestis ac spiritalis gratiae consummatione) auszuharren, deshalb hielt er es wohl für dringend erforderlich, diesen Aspekt seiner praeparatio ad martyrium ausführlich darzustellen und stark zu gewichten.
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Vgl. dazu laps. 8f.
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Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben im Werk Cyprians Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben in den Testimonien Fort., test. 7-8 Fort., test. 7 Seiner Auflistung der Testimonien zu Fort. 5 (7) stellt Cyprian einen typologisch ausgelegten Text voran4, der seiner Mahnung, nicht mehr zur Welt zurückzukehren (ne regredi denuo ad saeculum), da man bereits dem Rachen des Teufels und den Fallstricken der Welt entrissen sei (erepti de faucibus diaboli et de laqueis saeculi liberati), Nachdruck verleihen soll. Anhand des Auzugs der Israeliten aus Ägypten, deren Murren angesichts der Mühsale und Strapazen der Wüstenwanderung und deren mangelndes Gottvertrauen in Verbindung mit dem Wunsch, wieder nach Ägypten zurückgeführt zu werden, hält Cyprian den Adressaten seiner Schrift, die unter dem Eindruck der bevorstehenden Verfolgung schwach zu werden drohen, einen Spiegel vor, der ihnen ihr eigenes Verhalten einzuschätzen und zu verstehen helfen soll. Die drohenden Ereignisse der Gegenwart sind, so Cyprian, nichts wirklich Neues und Unerhörtes, denn sie sind den Christen schemenhaft und bildlich bereits vorgeformt (ad umbram nostri et imaginem praefiguratus)5. Wenn das jüdische Volk unter dem Schutze Gottes der Sklaverei des Pharao und Ägyptens entkommen ist, dann entspricht dies der Befreiung der Christen aus der Knechtschaft des Teufels und der Welt, und wenn die Israeliten wortbrüchig und undankbar gegenüber Gott und Moses werden und die göttlichen Wohltaten der Befreiung nicht erkennen, sondern statt dessen wieder zur Knechtschaft Ägyptens zurückkehren wollen, dann beweisen sie damit mangelndes Gottvertrauen6. Nicht anders verhält es sich, so Cyprian,
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In exodo iudaicus populus ad umbram nostri et imaginem praefiguratus, cum deo tutore et uindice euasisset pharaonis adque aegypti id est diaboli et saeculi durissimam seruitutem, circa deum perfidus et ingratus aduersus moysen mussitat respiciens solitudinis et laboris incommoda et non intellegens libertatis ac salutis beneficia diuina, et reuerti quaerit ad aegypti hoc est ad saeculi seruitutem, unde fuerat exutus, cum magis fidere in deum deberet et credere, quoniam qui a diabolo et saeculo liberat populum suum protegit liberatum (Fort., test. 7). Zum typologischen Vokabular Cyprians vgl. Fahey, Cyprian, 612-622. In der Doppelung von Fort., test. 7 „ad umbram nostri et imaginem“ erkennt Fahey, Cyprian, 615 eine Verstärkung von imago „by the addition of the synonym umbra“. ... circa deum perfidus et ingratus aduersus moysen mussitat respiciens solitudinis et laboris incommoda et non intellegens libertatis ac salutis beneficia diuina, et reuerti
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mit den Christen, die angesichts der drohenden Verfolgung lieber ihren Besitz retten und deshalb den Götzen opfern wollen, d.h. zur Welt zurückkehren wollen, anstatt auf Gott zu vertrauen. Dass es sich hierbei in den Augen Cyprians keineswegs um blindes, unbegründetes Vertrauen handelt, belegen die rettenden und schützenden Wohltaten Gottes (libertatis ac salutis beneficia diuina) dem jüdischen Volk gegenüber. Das christliche Volk, das aus den Fängen des Teufels und der Welt befreit ist, so wie die Israeliten aus der ägyptischen Skalverei befreit wurden, soll deshalb auch darauf vertrauen, dass es unter dem Schutze Gottes steht, so wie die Israeliten unter dem Schutz und der Führung Gottes standen, solange sie nicht gegen ihn murrten und sich gegen ihn auflehnten. Indem Cyprian die Situation der Christen angesichts der drohenden Verfolgung in den Kontext der biblischen Ereignisse des Exodus stellt, kann er zunächst deutlich machen, dass die Christen berechtigten Grund zur Hoffnung auf Gottes Schutz haben, denn diesen haben ja zuvor die Israeliten erfahren dürfen. Darüber hinaus erhöht dies den moralischen Druck zum Durchhalten in der Verfolgung, denn die biblischen Ereignisse werden, so die typologische Interpretation Cyprians, erst dann in ihrer tieferen Bedeutung erfasst, wenn sie auf die Verfolgungssituation der Christen hin gelesen werden, sind sie doch „für uns schemenhaft und bildlich vorgeformt“ (ad umbram nostri et imaginem praefiguratus). Die Aussageabsicht, die sich dahinter verbirgt, ist unzweideutig: wenn schon das Murren und der Widerstand des jüdischen Volkes gegen seine Befreiung durch Gott als „treulos und undankbar“ (perfidus et ingratus) anzusehen ist, da es allein aufgrund des machtvollen Wirkens Gottes ihm „mehr hätte glauben und vertrauen müssen“ (magis fidere in Deum deberet et credere), um wieviel weniger kann dann eine solche Haltung seitens der Christen entschuldigt werden, für deren Stärkung und Festigung im Glauben all dies doch erst geschehen ist. Die ersten Zeilen von Fort., test. 7 erweisen den Bischof von Karthago demnach erneut als äußerst geschickten, psychologisch feinsinnigen Exegeten und Schriftsteller, der es in souveräner Manier versteht die Christen zum Durchhalten in der Verfolgung zu motivieren, indem er sie sowohl mit Argumenten zu überzeugen als auch mit Angst und Schuldgefühlen zum Durchhalten in der Verfolgung zu bewegen versucht. Im Anschluss an seinen eigenen Text listet Cyprian insgesamt vier Testimonien, ein alttestamentliches (Ex 14,11-14) und drei neutestamentliche aus dem Lukasevangelium (Lk 9,62; 17,31f; 14,33). Der alttestamentliche Beleg Ex 14,11-14 (Warum hast du uns das angetan, uns aus Ägypten herauszuführen? Besser war es für uns, den Ägyptern zu diequaerit ad aegypti hoc est ad saeculi seruitutem, unde fuerat exutus, cum magis fidere in deum deberet et credere (ebd.).
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nen, als in dieser Einsamkeit zu sterben. Da sprach Moses zum Volk: Glaubt, seid standhaft und erkennt das Heil, das vom Herrn kommt und das uns heute zuteil werden wird. Der Herr wird für euch kämpfen und ihr werdet schweigen)7, der allein in Fort., test. 7 Verwendung findet, nimmt deutlich Bezug auf den von Cyprian vorangestellten Text und kann geradezu als biblischer Kronzeuge der Ausführungen des karthagischen Bischofs gelesen werden. Dem Murren der Israeliten, die ihre Befreiung aus ägyptischer Knechtschaft bereits nach kurzer Zeit und angesichts erster Strapazen und Mühen nicht mehr als Befreiung, sondern als noch größeres Übel und Elend verstehen und beklagen (melius erat nobis seruire Aegyptiis quam obire in solitudine), stehen die Worte des Moses gegenüber, die zum standhaften Vertrauen auf Gott und dessen rettende Wohltaten aufrufen (fidete, state et cernite … Dominus pugnabit pro uobis). Nach den einleitenden Worten Cyprians dürfte kein Christ, der sich mit dem Gedanken trägt, seinen Glauben in der bevorstehenden Verfolgung zu verleugnen, mehr Zweifel hegen, dass einerseits das biblische Zitat ihm einen Spiegel vorhalten soll, andererseits aber auch die vertrauenerweckenden Worte des Moses, der Herr werde für sein Volk kämpfen, an ihn gerichtet sind. Der Umstand, dass Cyprian dem Exoduszitat einen eigenen, relativ ausführlichen exegetischen Text voranstellt, zeigt, dass er dem richtigen Verständnis des Beleges einige Bedeutung beimaß. Ein Ziel, das der Bischof von Karthago dabei vor Augen gehabt haben könnte, lässt sich folgendermaßen beschreiben: Man kann davon ausgehen, dass den meisten Christen die Exodusereignisse aus den gottesdienstlichen Lesungen und Predigten bekannt waren. Es kann darüber hinaus vermutet werden, dass dabei viele Christen das Verhalten des jüdischen Volkes negativ berurteilten, missbilligten und sich innerlich davon distanzierten, indem sie etwa dachten: Wie kann sich ein Volk, das so große und offenkundige Wohltaten aus Gottes Hand empfangen durfte, nur als so kleingläubig, undankbar und unverbesserlich erweisen. Wer sollte angesichts dessen murren und klagen, wenn Gott diesem Volk seine Gnade und seinen Schutz entzieht und es züchtigt. Sobald aber der Christ sich eingestehen muss, dass er im Begriff ist, ebenso zu handeln, dass auch er sich als undankbar den göttlichen Wohltaten gegenüber erweist, dann fallen all die negativen Urteile und Einschätzungen auf ihn selbst zurück. Man müsste sich selbst eingestehen – und das ist sicherlich nicht einfach –, dass das eigene Handeln nicht besser ist als das derjenigen, die man zuvor verurteilt hat. Gerade weil in diesem Fall die „Verurteilung“ nicht 7
Quid hoc nobis, inquiunt, fecisti in eiciendo nos de Aegypto? melius erat nobis seruire Aegyptiis quam obire in solitudine hac. Et dixit Moyses ad populum: Fidete, state et cernite salutem quae a Domino est, quam nobis faciet hodie. Dominus pugnabit pro uobis et uos tacebitis.
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von außen, von einem „Fremden“ kommt, sondern eine eigene, persönliche Einschätzung ist, kann sie umso schwerer verdrängt oder anderweitig gerechtfertigt werden. Dass sich Cyprian dieses Umstandes durchaus bewusst war und seine Ausführungen zu Beginn von Fort., test. 7 nicht zuletzt daraufhin abzielen, erscheint mir durchaus plausibel zu sein und wäre somit ein weiterer Beleg der psychologischen Raffinesse, die der Bischof von Karthago bei seinem Ziel, der Stärkung des Durchhaltevermögens der Christen angesichts einer drohenden Verfolgung, an den Tag legt. Im Anschluss an die Exodusstelle listet Cyprian drei neutestamentliche Belegstellen aus dem Lukasevangelium, die er mittels einer knappen Erläuterung thematisch an den vorangehenden Text anbindet: „Daran erinnert uns der Herr und ermahnt uns in seinem Evangelium, damit wir nicht wieder zum Teufel und zur Welt, denen wir entsagt haben und denen wir entkommen sind, zurückkehren“8. Die drei nun folgenden Testimonien erweisen sich als inhaltlich eng miteinander verwandt, denn sie sind Zitate, die die Christen vor die radikale Entscheidung stellen, sich entweder für ihr bisheriges Leben, oder die Nachfolge Christi entscheiden zu müssen. Ein Zurückblicken oder gar Zurückkehren in die alte Lebenssituation lässt sich nicht mit den Forderungen und Ansprüchen Jesu und seiner Nachfolge vereinbaren. Als ersten Kronzeugen dieses Postulates führt Cyprian Lk 9,62 (Niemand, der sich rückwärts wendet und seine Hand an den Pflug legt, ist für das Reich Gottes geeignet)9. Verwendung findet dieser Beleg in Cyprians elftem Brief aus dem Frühjahr 25010, der an die Presbyter und Diakone von Karthago adressiert ist und ausdrücklich der ganzen Gemeinde verlesen werden soll11. Unüberhörbar schwingt darin die Frage, wenn nicht gar die Klage Vieler mit, warum Gott dieses Unheil der decischen Verfolgungsmaßnahmen über die Christen habe hereinbrechen lassen. Die diesbezügliche Antwort Cyprians fällt schonungslos und eindeutig aus: „Man muss erkennen und eingestehen, dass die so stürmische Vernichtung dieser Heimsuchung, die unsere Herde bereits zum größten Teil verwüstet hat und immer noch verwüstet, in Folge unserer Sünden gekommen ist, da wir den Weg des Herrn nicht gehen und die uns zu unserem Heil gegebenen himmlischen Gebote nicht beachten. Während unser Herr den Willen des Vaters erfüllte, erfüllen wir nicht den Willen Gottes, sondern streben nach Besitz und Gewinn, sind hochmütig, ergehen
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Quod nos admonens et docens in euangelio suo Dominus ne ad diabolum rursus et ad saeculum quibus renuntiauimus et unde euasimus reuertamur (Fort., test. 7). Nemo retro adtendens et superponens manum suam super aratrum aptus est regno Dei. Vgl. dazu Clarke, Prolegomena, 707. ... nec hanc epistulam teneatis occultam, sed legendam fratribus suggeratis (ep. 11,7,1).
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uns in Neid und Streit, vernachlässigen Einfachheit und Treue und entsagen der Welt nur in Worten, nicht jedoch in Taten“12.
Darüber hinaus tadelt der Bischof von Karthago im weiteren Verlauf seines Briefes die mangelnde Einheit und Übereinstimmung der Christen untereinander (plebis inaequalitas discreparet nec esset fratrum consensio una et simplex)13 und die allgemeine Schläfrigkeit im Beten und Wachen (dormitemus in precibus nec uigilanter oremus)14. All dies habe dazu geführt, so Cyprian, dass die Christen geprüft würden (persecutio ista examinatio est atque exploratio)15 und Hiebe und Schläge verdienten (quas plagas quae uerbera non meremur?)16, denn „der Vater züchtigt und beschützt uns, aber nur solange wir im Glauben standhaft ausharren“17. Im Schlussteil seines Briefes ermahnt er schließlich seine Gemeinde nochmals, nicht vom Glauben abzufallen (nec a fide … deficiant) und den Lebenswandel des „alten Menschen“ abzulegen (conuersationem ueteris hominis exponant)18, woran sich der Lukasvers 9,62 als biblischer Beleg dieser Forderung anschließt. Um dem ganzen Nachdruck zu verleihen fügt Cyprian dem Text das Beispiel der Frau Lots bei, „die nach ihrer Befreiung trotz des Befehles wieder zurückblickte und so verlor, dass sie gerettet war (uxor Loth, quae liberata contra praeceptum retro respexit, quod euaserat perdidit)19. Abgeschlossen wird dieser Themenkomplex mit der Aufforderung, sich nicht zurück zu wenden, wohin der Teufel rufe, sondern nach vorne, wohin Christus rufe (adtendamus non posteriora quo diabolus reuocat, sed priora quo Christus uocat). Vergleicht man Fort., test. 7 mit ep. 11, so drängt sich die Vermutung auf, dass hier ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, genauerhin, dass Brief 11 als Vorlage für das siebte Kapitel der Testimoniensammlung von Fort. diente. Ein erster Hinweis dafür ist die Verwendung von Lk 9,62, eine Bibelstelle, die der karthagische Bischof – abgesehen von Quir. 3, test. 11 – ansonsten ausschließlich in ep. 11 und Fort., test. 7 zitiert. So schwach und wenig aussagekräftig diese Beo12
13 14 15 16 17 18 19
Intellegendum est enim et confitendum pressurae istius tam turbidam uastitatem quae gregem nostrum maxima ex parte populata est et adhuc usque populatur secundum peccata nostra uenisse, dum uiam domini non tenemus nec data nobis ad salutem caelestia mandata seruamus. Fecit dominus noster uoluntatem patris, et nos non facimus dei uoluntatem, patrimonio et lucro studentes, superbiam sectantes, aemulationi et dissensioni uacantes, simplicitatis et fidei neglegentes, saeculo uerbis solis et non factis renuntiantes (ep. 11,1,2). Ep. 11,3,1. Ep. 11,5,1. Ep. 11,5,3. Ep. 11,1,3. ... Pater nos et corrigit et tuetur, stantes tamen in fide (ep. 11,5,3). Ep. 11,7,2. Ebd. Vgl. dazu Gen 19,26; Lk 17,31f.
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bachtung alleine ist – Gewicht erfährt sie durch den Umstand, dass Cyprian in beiden Texten das Beispiel der Frau Lots folgen lässt. Während im Hinblick auf ep. 11 offen bleiben muss, ob Cyprian hier auf Gen 19,26 oder Lk 17,31f (Und wer sich auf dem Acker befindet, soll sich nicht mehr rückwärts wenden. Denkt an die Gattin Lots )20 anspielt, da der Text zu vage und unbestimmt gehalten ist, kann das Testimonium aus Fort. eindeutig als Lukaszitat identifiziert werden. Geht man davon aus, dass in ep. 11 die beiden Lukasverse zumindest mitschwingen, so lässt sich leicht feststellen, dass auch Lk 17,31f, wie Lk 9,62 ausschließlich in diesen beiden Texten eingesetzt wird, was m.E. in dieser Konstellation ein gewichtiges Indiz für eine Abhängigkeit ist. Verstärkt wird dieser Eindruck schließlich durch den Umstand, dass den beiden Texten ep. 11 und Fort., test. 7 eine gemeinsame inhaltlich-exegetische Ausrichtung zugrunde liegt: so wie das jüdische Volk im alten Testament, so sind jetzt die Christen von Gott befreit worden. Die Einen sind aus ägyptischer Gefangenschaft, d.h. aus den Fängen des Teufels und der Welt befreit (a diabolo et saeculo liberat)21, die Anderen sind, so wie die Frau Lots, befreit (denique uxor Loth, quae liberata) und dürfen sich nicht zurück zum Teufel locken lassen (non posteriora quo diabolus reuocat)22. So wie die Israeliten sich Gott und Moses gegenüber wortbrüchig und undankbar zeigten (circa deum perfidus et ingratus aduersus Moysen) und in die Knechtschaft zurück wollten (reuerti quaerit ad Aegyptii hoc est ad seaculi seruitutem)23, so sind die Christen stolz und selbstgefällig (superbiam sectantes … unusquisque sibi placentes) und nicht bereit, den Willen Gottes zu erfüllen, sondern sie „entsagen der Welt nur in Worten, nicht aber in Taten“ (saeculo uerbis solis et non factis renuntiantes)24. An beide ergeht schließlich der Aufruf an Gott zu glauben (fidete) bzw. nicht vom Glauben abzufallen (nec a fide … deficiant)25 und auf seinen Schutz zu vertrauen (cum deo tutore; populum suum protegit bzw. pater nos tuetur; tutos ab inimici infestationibus exhibebit)26. Inhaltlich, so lässt sich bereits jetzt resümieren, sind ep. 11 und Fort., test. 7 eng miteinander verknüpft. Nicht nur die beiden Bibelzitate Lk 9,62 und 17,31f, die – abgesehen von Quir. 3, test. 11 – einzig und allein hier Verwendung finden, belegen dies, sondern auch das gemeinsame Verbot des Zurückkehrens bzw. Zurückblickens zur Welt, d.h. zum Teufel und der Aufruf, an Gott zu glau20 21 22 23 24 25 26
Et iterum: et qui in agro est non conuertatur retro. Memores estote uxoris Loth. Fort., test. 7. Ep. 11,7,2. Fort., test. 7. Ep. 11,1,2. Ep. 11,7,2. Ep. 11,5,3; 11,7,3.
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ben und auf seinen Schutz zu vertrauen. Der wesentliche Unterschied beider Texte besteht lediglich darin, dass Cyprian diese Thematik in Fort., test. 7 anhand der alttesamentlichen Exoduserzählung entfaltet, die er als umbra und imago der gegenwärtigen Ereignisse deutet. In diese Richtung kann auch die dritte und letzte neutestamentliche Bibelstelle, Lk 14,33 (Wer nicht auf sein ganzes Hab und Gut verzichtet, kann nicht mein Schüler sein )27, interpretiert werden, die Cyprian in Fort., test. 7 listet. Wiederum, wie bereits beim Übergang vom alt- zum neutestamentlichen Testimonium, stellt Cyprian dem Vers einen kurzen Text voran: „Und damit niemand durch irgendein Verlangen nach Besitz oder durch die Anziehungskraft der Seinen daran gehindert wird, Christus zu folgen, fügt er hinzu und sagt“28, woran sich das Lukaszitat anschließt. Obwohl diese Thematik bereits im vorangehenden Kapitel, Fort. 6, unüberhörbar mitschwang, wenn Cyprian fordert, man dürfe „nichts über Christus stellen“ (nihil Christo praeponere), so war er offenkundig von der Notwendigkeit und Dringlichkeit dieser Forderung dermaßen überzeugt, dass er meinte, sie an dieser Stelle nochmals – jetzt explizit – aufgreifen zu müssen. Noch eindrücklicher lässt sich die Verankerung von Fort. in den Geschehnissen der decischen Verfolgungsmaßnahmen kaum belegen, denn die Kritik am Streben so vieler Christen nach Besitz und Reichtum ist geradezu chrakteristisch für die Schriften Cyprians aus dieser Zeit29. Dies gilt auch für ep. 11. Gleich zu Beginn des Briefes, noch im ersten Kapitel, tadelt der Bischof von Karthago das Verlangen vieler Christen nach Besitz und Gewinn (patrimonio et lucro studentes) als eine der Ursachen, warum die Christen nicht mehr bereit seien, den Willen Gottes zu erfüllen und dadurch das gegenwärtige Unheil als göttliche Strafe zu Recht verdienten. Die Vermutung, dass Fort., test. 7 von ep. 11 abhängig ist bzw. der Brief als Vorlage diente, wird durch diesen Umstand weiter erhärtet, auch wenn das Lukaszitat 14,33 aus Fort., test. 7 in Brief 11 keine Verwendung findet. Inhaltlich-exegetisch weisen die beiden Texte jedoch so enge Verwandtschaft auf, dass sich der Eindruck der Abhängigkeit geradezu aufdrängt und nur schwer von der Hand zu weisen ist. Neben ep. 11 dürfte darüber hinaus auch Quir. 3, test. 1130 als Vorlage für Fort., test. 7 gedient haben, 27 28 29 30
Qui non renuntiat omnibus quae sunt eius, non potest meus discipulus esse. Ac ne quis aliqua uel cupiditate rerum uel suorum dulcedine retardetur quominus Christum sequatur, addit et dicit. Vgl. dazu laps. 6; 10-12 und die Ausführungen unter Kap. 2.6.1. „Wer zum Glauben gekommen ist und den alten Menschen abgelegt hat, darf nur noch Himmlisches und Geistliches im Sinne haben und nicht mehr nach nach der Welt verlangen, der er bereits abgeschworen hat“ (Eum qui fidem consecutus est exposito priore homine caelestia tantum et spiritalia cogitare debere nec adtendere ad saeculum, qui iam renuntiavit).
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nicht nur, weil seine Thematik weitgehend die von Fort. 7 ist, sondern vor allem deswegen, weil Cyprian auch in Quir. 3, test. 11, neben Lk 9,62, auch den Vers 14,33 listet. Dieser wird vom karthagischen Bischof ansonsten nur noch in orat. 19 zitiert, im Kontext einer der möglichen Interpretationen der Vaterunserbitte: „Unser täglich Brot gib uns heute“ (panem nostrum cotidianum da nobis hodie)31. Dass Cyprian auch seine zweite vermutliche Quelle für Fort., test. 7, Quir. 3,11, nicht ohne weiteres übernahm, sondern diese gezielt und selektiv benutzte, belegt allein der Umstand, dass er hier nicht weniger als 24 Testimonien anführt. Quir. 3,11 dürfte demnach für ihn den Charakter einer Materialsammlung gehabt haben, aus der er die für Fort., test. 7 seiner Ansicht nach treffendsten zwei Belege auswählte. Die einleitende Bemerkung Cyprians zu Fort., dass er sich kurz fassen wolle (ne in longum sermonem meum extenderem)32 und seine Leser und Zuhörer nicht durch allzu weitschweifende Ausführungen ermüden wolle, erweist sich angesichts dieses Umstandes als treffend. Mühelos hätte Cyprian aus den 24 Testimonien von Quir. 3,11 weit mehr als nur zwei auswählen können für Fort., test. 7. Dass er dies dennoch nicht tat, sondern sich gezielt auf lediglich zwei Belege beschränkte, zeigt, dass ihm die Kürze und Knappheit der Schrift wichtiger war als eine möglichst große Materialfülle. Diese bewusst getroffene Entscheidung (illud consilium utile et salubre conspexi)33 bezeugt ein weiteres Mal das psychologische Einfühlungsvermögen des karthagischen Bischofs, der bei der Konzeption seiner Schriften sehr genau die Mittel abwog und einsetzte, um mit deren Hilfe seine Ziel zu erreichen.
Fort., test. 8 Zu seinem achten Titulus von Fort., der die Christen zum Ausharren im Glauben und der Tugend auffordert, um so zur Vollendung zu gelangen, sammelt Cyprian insgesamt elf Testimonien, drei alt- und acht neutestamentliche34. Als ersten Beleg von Fort., test. 8 listet der Bischof von Karthago 2Chr 15,2 (Der Herr ist mit euch, solange ihr mit ihm seid. Wenn ihr ihn aber verlasst, wird 31
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Orat. 18. In orat. 19 erläutert Cyprian, dass die Vaterunserbitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“ u.a. so verstanden werden kann, „dass wir, die wir der Welt abgeschworen haben und ihren Reichtum und ihren Prunk im Vertrauen auf die geistliche Gnade abgeworfen haben, für uns lediglich um Brot und Lebensunterhalt bitten, so wie der Herr uns unterwiesen hat“ (ut qui saeculo renuntiauimus et diuitias eius et pompas fide gratiae spiritalis abiecimus cibum nobis tantum petamus et uictum, quando instruat dominus), worauf das Lukaszitat 14,33 folgt. Fort. 3. Fort. 4. 2Chr 15,2; Ez 33,12; Ex 17,11-14; Mt 10,22; Joh 8,31f; Lk 12,35-37; 1Kor 9,24f; 2Tim 2,4f; Röm 12,1f; 8,16f; Offb 3,11.
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er euch verlassen )35. Der Vers legt besonderes Gewicht auf das menschliche Handeln, denn von ihm hängt die entsprechende Reaktion Gottes ab. So gilt seine Zusage, mit den Gläubigen zu sein (Dominus uobiscum est), nur solange, als diese sich an Gott halten (quamdiu estis uos cum ipso). Verlässt der Mensch Gott, so macht der Vers unmissverständlich klar, wird auch der Herr dem Menschen den Rücken kehren (si autem dereliqueritis eum, derelinquet uos). Die Intention, die der Bischof von Karthago mit diesem Vers verfolgt, liegt auf der Hand: den Christen, die mit dem Gedanken spielen, angesichts der drohenden Verfolgung ihren Glauben zu verleugnen, soll die Tragweite ihres Tuns verdeutlicht werden. Sie sind im Begriff, des Schutzes und der Fürsorge Gottes verlustig zu gehen, sobald sie selbst Gott untreu werden. Andererseits, so der Vers, darf Jeder, der zu Gott hält und ihn nicht verleugnet, auf göttlichen Beistand vertrauen, wenn nicht sogar Anspruch darauf erheben. Abgesehen von Fort., test. 8 zitiert Cyprian den Vers lediglich in Quir. 3, test. 27 unter der Überschrift: „Auch der Getaufte verliert die Gnade, die ihm zuteil geworden ist, wenn er nicht seine Unschuld bewahrt“36. Da auch bei Fort. 5 (8) die Taufe im Hintergrund steht, denn die Forderung, in der Vollkommenheit der himmlischen und geistlichen Gnade auszuharren (perseuerandum in caelestis ac spiritalis gratiae consummatione), kann sich nur auf die Taufgnade beziehen, so liegt es nahe, dass Cyprian bei der Gestaltung von Fort., test 8 auf Quir. 3, test. 27 zurückgegriffen hat bzw. dass ihm für beide Testimoniensammlungen der Vers 2Chr 15,2 passend erschien. Den zweiten Beleg, den Cyprian in Fort., test. 8 listet, Ez 33,12 (Die Gerechtigkeit des Gerechten wird ihn nicht retten an dem Tag, an dem er in die Irre geht)37, versteht er als Bestätigung und Vertiefung des ersten, wie aus der Wendung „ebenso“ (item) hervorgeht, mit der beide verbunden sind. Wenn der Vers von der Gerechtigkeit des Gerechten (iustitia iusti) spricht, so dürfte Cyprian auch hier eine Anspielung auf die christliche Taufe erkannt haben, ohne deren sündentilgende Wirkung es keine menschliche Gerechtigkeit vor Gott gibt. Wenn der Vers jedoch beteuert, dass diese Gerechtigkeit keine Garantie vor Gott darstellt, sondern bedeutungslos wird, sobald der Mensch vom rechten Weg abirrt (non liberabit eum in quacumque die exerravuerit), dann will der Bischof von Karthago seinen Gläubigen damit sagen, dass ihre Taufe keine Heilsgarantie darstellt. Wer seinen Glauben verleugnet, verliert jegliche Hoffnung auf endzeitliches Heil, denn er ist vor dem Herrn nicht besser gestellt als ein Ungetaufter. 35 36 37
Dominus uobiscum est, quamdiu estis uos cum ipso. Si autem dereliqueritis eum, derelinquet uos. Baptizatum quoque gratiam perdere quam consecutus sit, nisi innocentiam seruet. Iustitia iusti non liberabit eum in quacumque die exerrauerit.
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Die Pflicht zum Ausharren „im Glauben und in der Tugend“ (in fide et uirtute), wie sie Fort. 5 (8) fordert, lässt sich somit mühelos aus dem Ezechielzitat ableiten, welches Cyprian ansonsten nur noch in pat. 13 zitiert. Dieses ganze Kapitel ist eine Aufforderung zu geduldigem Ausharren, denn „hoffnungsvolle Geduld ist notwendig, damit wir vollenden, was wir zu sein begonnen haben, und damit wir vor den Augen Gottes erlangen, was wir erhoffen und worauf wir vertrauen“38. Weil die Vollendung noch aussteht, jederzeit aber verloren werden kann, mahnt Cyprian, dass niemand ungeduldig werden solle, weiterhin gute Werke zu vollbringen (ne quis impatiens in operatione deficiat), oder sich durch Versuchungen abhalten oder bezwingen lassen solle, damit er nicht „mitten auf dem Weg des Lobes und Ruhmes aufgibt und (somit) das Erreichte verliert, weil das bereits Begonnene nicht mehr vollendet wurde, so wie geschrieben steht“39, worauf das Ezechielzitat folgt. Direkt im Anschluss an dieses und unmittelbar mit ihm verknüpft durch die Wendung „ebenso“ (item) fährt Cyprian mit einem Vers aus der Offenbarung (3,11) fort: „Halte fest, was du hast, damit nicht ein Anderer deinen Siegeskranz erhält“40. Diesen Vers listet der karthagische Bischof ebenso in Fort., test. 841, wenngleich an vorletzter Stelle, so dass doch ein erster Eindruck entsteht, pat. 13 könne hier als Vorlage gedient haben. Erheblich verstärkt wird dieser Verdacht angesichts der Schlussworte von pat. 13, die sich unmittelbar an das Zitat aus der Offenbarung anschließen: „Dieser Ausspruch ermahnt, geduldig und standhaft auszuharren, damit derjenige, der nach dem Siegeskranz strebt und dem Ruhm schon ganz nahe ist, aufgrund seiner ausdauernden Geduld (auch wirklich) gekrönt wird“42. Dies ist im wesentlichen der Gedanke von Fort. 5 (8) mit seiner Aufforderung zum Ausharren im Glauben 38 39 40 41
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Expectatio et patientia necessaria est, ut quod esse coepimus impleamus et quod speramus et credimus Deo repraesentante capiamus. ... in medio laudis et gloriae itinere desistat et pereant praeterita, dum quae coeperant desinunt esse perfecta, sicut scriptum est. Tene quod habes, ne alius accipiat coronam tuam. Neben Fort., test. 8 und pat. 13 ist Offb 3,11 bei Cyprian nur noch in unit. 20 belegt. Dort versichert er seinen Zuhörern, dass es keinen Grund zur Verwunderung gäbe, wenn die Gläubigen auch bei erprobten Bekennern Betrug, Unzucht und Ehebruch zu sehen bekämen (confessoribus fraudes et stupra et adulteria postmodum uideremus, quae nunc in quibusdam uidentes), denn kein Bekenner sei größer als Salomo, „der dennoch nur so lange, wie er auf den Wegen des Herrn wandelte, die Gnade behielt, die er von Gott erhalten hatte“ (qui tamen quamdiu in uiis Domini ambulavit tamdiu gratiam quam de Domino fuerat consecutus obtinuit). Deshalb gelte auch für die Bekenner, dass ihnen der Siegeskranz wieder entrissen werde könne (auferri posse coronam), was durch Offb 3,11 belegt werde. Quae uox adhortatur patienter et fortiter perseuerare, ut qui ad coronam laude iam proxima nititur durante patientia coronetur.
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und in der Tugend, um die Palme und den Siegeskranz zu erlangen (perseverandum in fide et uirtute … ut ad palmam et coronam possit peruenire). Es ist aber nicht allein der Schluss von pat. 13, der auffällige Übereinstimmung mit Fort. 5 (8) und den dazugehörigen Testimonien aufweist, sondern auch der Beginn des Kapitels. Nach der kurzen, einleitenden Bemerkung, „ein heilsames Gebot unseres Herrn und Lehrers ist es“ (Domini et magistri nostri salutare praeceptum est), fährt Cyprian mit den beiden Bibelzitaten Mt 10,22 (Wer bis zum Ende aushalten wird, der wird gerettet werden)43 und Joh 8,31f (Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wahrhaft meine Schüler und ihr werdet die Wahrheit erkennen und sie wird euch frei machen)44 fort. Beide listet der karthagische Bischof auch in Fort., test. 8 und zwar nicht nur in dieser Reihenfolge, sondern auch mittels der Wendung et iterum miteinander verknüpft, wie bereits in pat. 13. Berücksichtigt man abschließend, dass Joh 8,31f, wie zuvor Ez 33,12, neben Fort., test. 8 ausschließlich in pat. 13 Verwendung findet, dann kann die Vermutung der Abhängigkeit beider Stellen voneinander nicht mehr von der Hand gewiesen werden. Den Vers Mt 10,22 zitiert Cyprian neben pat. 13 noch an vier weiteren Stellen (Quir 3,16; unit. 21; ep. 12,1,3; 14,2,2). In Quir. 3, test. 16 listet er das Testimonium unter der Überschrift „Über das Gut des Martyriums“ (De bono martyrii). Angesichts der engen thematischen Verwandtschaft von Quir. 3,16 mit Fort. 5 (8) ist dies nicht verwunderlich, im Gegenteil, man würde vermuten, von den nicht weniger als 22 Belegen, die der Bischof von Karthago unter Quir. 3,16 gesammelt hat, noch weitaus mehr unter Fort. 5 (8) gelistet zu finden45. Dass dies nicht der Fall ist, dürfte wohl dem Umstand geschuldet sein, dass Quir. 3,16 explizit dem Martyrium gewidmet ist, während Fort. 5 (8) dieses zwar auch thematisiert, denn es will ja dazu anleiten, „zur Palme und zum Siegeskranz zu gelangen“ (ad palmam er coronam peruenire), der Schwerpunkt hier jedoch auf dem „Ausharren“ (perseuerandum) liegt. In unit. 21 argumentiert der karthagische Bischof, dass das Bekenntnis des christlichen Glaubens unter den Gegebenheiten einer Verfolgung zwar ein großes Verdienst sei, nicht jedoch bedeute, man habe schon den Märtyrerruhm sicher erlangt, denn „das Bekenntnis ist der Anfang des Ruhmes, nicht bereits der Gewinn des Siegeskranzes“ (confessio exordium gloriae est non meritum iam coronae). Zur Untermauerung dieser Aussage zitiert er im Anschluss Mt 10,22, wobei er hier den Schwerpunkt auf das Ausharren bis zum Ende (perseuerauerit 43 44 45
Qui perseuerauerit usque ad finem hic saluus erit. Si permanseritis in uerbo meo, uere discipuli mei estis et cognoscetis ueritatem et ueritas liberabit uos. Neben Mt 10,22 haben Quir. 3, test. 16 und Fort., test. 8 lediglich noch Röm 8,16f als gemeinsames Testimonium.
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usque ad finem) legt, denn dies zeige offenkundig, dass „alles, was vor dem Ende liegt, (nur) eine Stufe ist, auf der man zum Gipfel des Heiles emporsteigt, nicht (jedoch schon) das Endziel“46. Mit Hilfe von Mt 10,22 tritt Cyprian demnach innergemeindlichen Missständen und Problemen entgegen, die einerseits im schlechten Lebenswandel zahlreicher Bekenner bestanden (si confessionem suam mala conuersatione prodegerit) und die andererseits die Gefahr der Nachahmung desselben durch das Gemeindevolk in sich bargen (nemo per confessoris exemplum pereat)47. Noch vor unit. 21 setzt Cyprian Mt 10,22 bereits in ep. 14,2,2 aus dem Frühjahr 25048 als Korrektiv gegen anstößiges Verhalten seitens einiger Bekenner ein. So klagt er aus seinem Versteck heraus: „Es schmerzt mich, zu hören, dass einige [Bekenner] ruchlos und überheblich herumlaufen, sich mit Dummheiten und Zwietracht abgeben, die Glieder Christi, die Christus bereits bekannt haben, durch unerlaubten Beischlaf beschmutzen und nicht von den Diakonen oder Presbytern geleitet werden können“49. Diese sollten sich Mt 10,22 zu Herzen nehmen, wobei aus dem Kontext heraus deutlich wird, dass Cyprian den Vers so verstanden wissen will, dass nur und auschließlich die gerettet werden, die bis zum Ende ausharren. Eine etwas andere argumentative Stoßrichtung verleiht Cyprian Mt 10,22 in ep. 12,1,3, der fünften und letzten Belegstelle des Bibelverses. In diesem Brief aus der Anfangszeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen bejaht Cyprian die Frage, ob Christen, die in Kerkerhaft auch ohne Folter verstorben waren, „unter 46 47
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... quicquid ante finem fuerit, gradus est quo ad fastigium salutis ascenditur, non terminus. Neben moralisch-ethischen Missständen wie Überheblichkeit (extollentiam) und verleumderischer und aufwiegelnder Rede (lingua non sit maledica non turbulenta) seitens zahlreicher Bekenner geht Cyprian in unit. 21 vor allem gegen den Umstand vor, dass viele von diesen Getadelten bereit waren, sich dem Schisma des Felicissimus in Karthago anzuschließen. Einem solchen Bekenner, der „die Kirche, in der er Bekenner geworden ist, verlässt und das Band der Einheit zerreißt“ (ecclesiam denique ubi confessor factus est derelinquens, et unitatis concordiam scindens), hält er entgegen, dass ihm sein Bekenntnis keinen Lohn einbringen werde, sondern im Gegenteil umso größere Strafe. Besonders dringlich war für Cyprian die Angelegenheit, da ganz offenkundig nicht wenige Gemeindemitglieder bereit waren, dem Beispiel dieser Bekenner zu folgen und sich der Partei des Felicissimus anzuschließen, wie den warnenden Worten des Bischofs zu entnehmen ist: „Niemand möge Treulosigkeit am Beispiel des Gebahrens der Bekenner lernen (nemo perfidiam de confessoris moribus discat). Vgl. dazu Clarke, Chronology, 707. Doleo enim quando audio quosdam improbe et insolenter discurrere, ad ineptias uel ad discordias uacare, Christi membra et iam Christum confessa per concubitus inlicitos inquinare, nec a diaconis aut presbyteris regi posse (ep. 14,3,2).
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die Zahl der seligen Märtyrer gerechnet werden [können]“ (inter beatos martyras adgregentur)50. Da Mt 10,22 jedem die Rettung verspricht, der bis zum Ende ausharrt, und da sie „bis zum Ende die Verdienste ihrer Tugend unverdorben und rein bewahrt haben“ (ad finem usque incorrupta et immaculata uirtutum suarum merita pertulerunt)51, seien sie als Märtyrer anzusehen, so die Logik Cyprians. Den Vers Mt 10,22 setzt der Bischof von Karthago, so hat sich abschließend herausgestellt, mit zweifacher argumentativer Blickrichtung ein. Zum einen liegt dabei der Schwerpunkt auf dem Versprechen der Rettung als Lohn des Durchhaltens, d.h. das Nicht-Nachlassen im bzw. das Nicht-Abfallen vom Glauben, sei es im christlichen Alltag, wie in pat. 13, oder angesichts einer drohenden Verfolgung, wie in ep. 12,1,3 und Fort., test. 8, wird gefordert und biblisch untermauert, weil es ewigen Lohn verspricht. Zum anderen verwendet Cyprian den Vers in unit. 21 und ep. 14,2,2, um damit Verfehlungen und Missständen seitens der Bekenner Einhalt zu gebieten, indem er das Gewicht der Interpretation auf das Durchhalten bis zum Ende legt und das Bekenntis lediglich als Teilerfolg auf dem Weg dahin beschreibt, nicht jedoch als das Ziel an sich, da dieses Verdienst bei unwürdigem Verhalten jederzeit wieder verloren gehen kann. Nach Mt 10,22 in Verbindung mit Joh 8,31 listet Cyprian in Fort., test. 8 an fünfter Stelle Lk 12,35-37 (Eure Hüften sollen gegürtet sein und die Lampen sollen brennen und ihr sollt wie Menschen sein, die auf ihren Herrn warten, wann er von der Hochzeit kommt, damit sie ihm öffnen, wenn er kommt und anklopft. Selig sind jene Diener, die der Herr bei seiner Ankunft wachend antrifft)52. Die Verse fügen sich nahtlos an die beiden vorangehenden Testimonien an, denn auf die Forderung des Ausharrens (qui perseuerauerit; si permanseritis) folgt nun der Aufruf, wachsam auf das Kommen des Herrn zu warten (felices serui illi quos adueniens dominus inuenerit uigilantes). Ein kurzer Text53, den Cyprian den Lukasversen voranstellt, fungiert dabei sowohl als unmittelbare Überleitung, indem er darin fordert, immer bereit sein zu müssen (nos paratos semper esse debere), als auch als Vorausschau auf weitere Testimonien, wenn es heißt, die Christen müssten kampfbereit in der Rüstung fest stehen (expeditos in procinctu firmiter stare).
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Ep. 12,1,2. Ep. 12,1,3. Sint lumbi uestri adcincti et lucernae ardentes et uos similes hominibus expectantibus dominum suum, quando ueniat a nuptiis, ut cum uenerit et pulsauerit aperiant ei. Felices serui illi quos adueniens dominus inuenerit uigilantes. Praemonens quoque nos paratos semper esse debere et expeditos in procinctu firmiter stare adicit et dicit.
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Die Verse Lk 12,35-37 zitiert Cyprian, neben Fort., test. 8, drei weitere Male. In Quir. 2, test. 19 listet er die Lukasworte unter der Überschrift: „Er [Christus] selbst ist der Bräutigam und hat die Kirche als Braut, aus der Söhne geistlich geboren werden“54. An dieser Stelle ging es dem Bischof von Karthago zweifelsohne nicht um die Aspekte des Erwartens des Herrn (similes hominibus expectantibus) und der Wachsamkeit seiner Ankunft gegenüber (uigilantes), sondern der Begriff „Hochzeit“ (nuptiis) aus Lk 12,36 dürfte ausschlaggebend dafür gewesen sein, die Verse hier zu zitieren, denn er lässt sich mühelos mit dem Bräutigam und der Braut aus Quir. 2,19 assoziieren, weshalb dieser Beleg für das vorliegende Thema nicht von Bedeutung ist. In Quir. 3, test. 11 sind die Verse geführt unter dem Kapitel: „Wer zum Glauben gelangt ist und den alten Menschen abgelegt hat, darf nur noch das Himmlische und Geistliche im Sinn haben und sich nicht mehr der Welt zuwenden, der er bereits entflohen ist“55. Bereits in Fort., test. 7 hatte Cyprian zwei Testimonien aus Quir. 3,11, nämlich Lk 9,62 und 14,33 übernommen. Dass er Lk 12,35-37 ebenfalls unter Quir. 3,11 führt, dürfte wohl daran liegen, dass er die Forderung des Titulus, „nur noch das Himmlische und Geistliche im Sinn [zu] haben“, im lukanischen Auftrag bestätigt findet, wie Menschen zu sein, „die auf die Rückkehr ihres Herrn warten“. Wenn nun Fort. 5 (8), in Anlehnung an Quir. 3,11, dazu aufruft, „in der Vollkommenheit der himmlischen und geistlichen Gnade auszuharren“, dann kann es nicht verwundern, dass Cyprian Lk 12,35-37 auch für Fort., test. 8 passend empfand und hier listete. In unit. 27, der letzten Belegstelle für Lk 12,35-37 innerhalb der cyprianischen Schriften, dient dem karthagischen Bischof das Testimonium im Schlusskapitel des Traktates als Mittelpunkt eines sehr allgemein gehaltenen Aufrufs, „den Schlaf der alten Untätigkeit abzuschütteln und wachsam zu sein, um die Gebote des Herrn zu befolgen und auszuführen“56. Mit seiner finalen Aufforderung zur Wachsamkeit greift Cyprian die eingangs der Schrift formulierte Forderung, „mit besorgtem Herzen wachsam zu sein, um die Nachstellungen des hinterlistigen Feindes zu erkennen und gleichzeitig zu meiden“ (sollicito corde uigilantes subdoli hostis insidias intellegere pariter et cauere)57, wieder auf und schließt somit den Kreis. Wachsam aber gilt es hier zu sein, um sich nicht von den Irrlehren und Kirchenspaltungen (haeresis inuenit et schismata)58 in die Irre führen zu lassen, die Felicissimus in Karthago und Novatian in Rom initiiert hat54 55 56 57 58
Quod ipse sit sponsus ecclesiam habens sponsam, de qua filii spiritaliter nascerentur. Eum qui fidem consecutus est exposito priore homine caelestia tantum et spiritalia cogitare debere nec adtendere ad saeculum, cui iam renuntiauit. ... somno inertiae ueteris abrupto ad obseruanda et gerenda Domini praecepta uigilemus. Unit. 1. Unit. 3.
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ten. Da Cyprian einunddieselbe Bibelstelle sowohl im Kontext von schismatischen Bestrebungen als auch zur praeparatio ad martyrium einzusetzen versteht, belegt dies, wie flexibel und variabel sein Umgang mit den Worten der hl. Schrift war. Im Anschluss an Lk 12,35-37 listet Cyprian in Fort., test. 8 das Testimonium 1Kor 9,24f (Wisst ihr denn nicht, dass von denen, die auf der Rennbahn laufen, zwar Alle laufen, aber nur ein Einziger die Siegespalme erhält? Lauft so, dass ihr sie ergreift. Jene freilich erhalten einen vergänglichen Siegeskranz, ihr dagegen einen unvergänglichen)59. Da beide Texte den Gewinn der Palme und des Siegeskranzes (palmam et coronam) als christliche Siegestrophäe thematisieren, ist es nur konsequent, die Verse aus dem Korintherbrief hier zu zitieren. Darüber hinaus haben beide Texte die gleiche Intention: sie wollen ermuntern und motivieren und gerade das Bild eines Wettkampfes ist dafür hervorragend geeignet, denn es assoziiert den Gewinn eines begehrenswerten Siegespreises, der nicht ohne Anstrengungen und Ausdauer erreichbar ist. Darüber hinaus transportiert das Bild der Konkurrenz der Wettkämpfer die Botschaft, dass der Siegespreis nicht automatisch winkt, sondern bei nachlassender Anstrengung sehr schnell wieder verloren werden kann. Für Fort. 5 (8), dessen thematischer Schwerpunkt auf dem Ausharren bzw. Durchhalten liegt, ist somit 1Kor 9,24f ein trefflich gewähltes Testimonium. Anders dagegen verhält es sich mit Quir. 3, test. 26, der zweiten Belegstelle von 1Kor 9,24f neben Fort., test. 8. Hier führt der Bischof von Karthago unter dem Titulus: „Es ist zu wenig, getauft zu sein und die Eucharistie zu empfangen, wenn man nicht in guten Werken Fortschritte macht“60, die Bibelverse sofort an erster Stelle. Da sich diese weder mit der Taufe, noch der Eucharistie, noch guten Werken problemlos assoziieren lassen, bleibt allein das „Fortschritte machen“ (proficiat) aus Quir. 3,26 als Motiv, sie hier zu listen. Dafür wirken die Verse aber deplaziert, denn das Wettkampfmotiv aus 1Kor 9,24f lässt sich nur äußerst mühsam und gezwungen als biblische Aufforderung lesen, Fortschritte im Vollbringen von guten Werken zu erzielen. Im Gegensatz dazu steht die Verwendung von 1Kor 9,24f in ep. 10,4,3, der dritten Belegstelle der Verse. In dem Brief an die „Bekenner und Märtyrer Jesu Christi“ (martyribus et confessoribus Iesu Christi) lobt Cyprian das hervorragende Beispiel des seligen Mappalicus, den er, an den Prokonsul adressiert, mit den Worten zitiert: „Morgen wirst du einen Wettkampf sehen“ (uidebis cras 59
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Nescitis quia qui in stadio currunt omnes quidem currunt, unus tamen accipit palmam? Sic currite ut occupetis: et illi quidem ut corruptibilem coronam accipiant, uos autem incorruptam. „Parum esse baptizari et eucharistiam accipere, nisi quis factis et opere proficiat.
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agonem)61, um dann fortzufahren: „Der himmlische Wettkampf wurde ausgetragen und der Diener Gottes errang sich im Getümmel des versprochenen Wettkampfes den Siegeskranz“62. Von hier aus ist es nicht mehr weit zu den Versen des Korintherbriefes, ja sie drängen sich geradezu auf, denn „dies ist der Wettkampf, den uns der selige Apostel Paulus gezeigt hat, in dem wir laufen und den Ruhm des Siegeskranzes erlangen müssen“63, worauf 1Kor 9,24f folgt. An die Korintherbriefverse schließen sich in Fort. 5 (8) drei weitere Belege aus den Paulusbriefen an, 2Tim 2,4f, Röm 12,1f und 8,16f, die jeweils mittels der Wendung et iterum miteinander verbunden sind und sich dadurch als thematische Einheit zu erkennen geben. Mit ersterem, 2Tim 2,4f (Niemand, der für Gott in den Krieg zieht, belastet sich mit weltlichen Angelegenheiten, um dem gefallen zu können, der ihn erprobt hat. Aber wenn einer kämpfen wird, wird er nur dann gekrönt werden, wenn er gesetzmäßig gekämpft hat)64, erweitert Cyprian das bisher vorherrschende Wettkampfmotiv um das des Krieges, in den, wie es heißt, niemand ziehe, ohne sich zuvor von seinen weltlichen Angelegenheiten frei gemacht zu haben. Das Kriegsmotiv hatte Cyprian bereits in seiner Überleitung zu Lk 12,3537 mit der Forderung, „kampfbereit in der Rüstung fest zu stehen“ (expeditos in procinctu firmiter stare), angekündigt. Interessant bei der Zitation der Verse ist, dass Cyprian die unbestimmt gehaltene Formulierung „keiner, der in den Krieg zieht“ (nemo militans), aus 2Tim 2,4 zugunsten eines Krieges für Gott modifiziert, denn bei ihm liest sich der Vers in der Form: „keiner, der für Gott in den Krieg zieht“ (nemo militans Deo). Der Bischof von Karthago war wohl der Meinung, dass sich die Adressaten seiner Schrift durch den eindeutigen Gottesbezug unmittelbarer angesprochen fühlen würden als durch die offene biblische Formulierung. War dieser aber unzweideutig hergestellt, so lässt sich die Feststellung, dass sich niemand, der für Gott in den Krieg zieht, mit weltlichen Angelegenheiten (molestiis saecularibus) belastet, nicht anders verstehen als die in Fort. 7 formulierte Aufforderung, nicht mehr zur Welt zurückzukehren (ne regredi ad saeculum). Auf diese Weise gelingt dem Testimonium der Brückenschlag zum vorangehenden Titulus von Fort. und bestätigt damit zugleich die Einheit beider. Dass darüber hinaus der zweite Teil des Testimoniums, 2Tim 2,5, sowohl die Wettkampf- als auch die Siegeskranzthematik bezeugt (sed et si certabis quis, non coronabitur, nisi legitime pugnauerit) und somit 1Kor 9,24f 61 62 63 64
Ep. 10,4,1. Agon caelestis exhibitus et dei seruus in agonis promissi certamine coronatus est (ebd.). Hic est agon quem nobis ostendit et beatus apostolus Paulus, in quo oportet nos currere et ad coronae gloriam peruenire (ep. 10,4,3). Nemo militans deo obligat se molestiis saecularibus, ut possit placere ei qui se probauit. Sed et si certabit quis, non coronabitur, nisi legitime pugnauerit.
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wieder aufgreift, dürfte den Beleg in Cyprians Augen nur umso geeigneter erscheinen haben lassen, wenngleich die Bedeutung des „non coronabitur, nisi legitime pugnauerit“ aus dem Kontext heraus m.E. reichlich dunkel bleibt und eingehenderer Erläuterung bedürfte, denn es ist nicht ersichtlich, was „gesetzmäßig“ (legitime) hier bedeuten soll. Die Verse 2Tim 2,4f sind in den cyprianischen Schriften noch zwei weitere Male belegt. Zum einen in Quir. 3, test. 1165. Der Titulus, der, wie bereits ausgeführt, schon für Fort. 7 als Vorlage gedient haben dürfte66, hat auch in Fort., test. 8 seine Spuren hinterlassen, denn neben 2Tim 2,4f ist auch Lk 14,33 in beiden gelistet. Wenn aber Cyprian vier Testimonien, die in Quir. 3,11 unter einem Titulus gesammelt sind, in Fort. auf die beiden Tituli sieben und acht verteilt mit je zwei Zitationen, dann ist dieser Umstand ein weiteres deutliches Zeichen der thematischen Einheit der beiden Tituli. In diesem Fall bildet die Vorstellung des „Hintersichlassens der Welt bzw. der weltlichen Angelegenheiten“ das gemeinsame Band, denn Quir. 3,11 fordert dazu auf, nicht mehr nach der Welt Verlangen zu haben (nec adtendere ad saeculum), Fort. 7, nicht mehr zur Welt zurückzukehren (non ad saeculo reuerti) und 2Tim 2,4f aus Fort., test. 8 schließlich, sich nicht an weltliche Angelegenheiten zu binden (nemo obligat se molestiis saecularibus). Die Forderung, sich nicht an weltliche Angelegenheiten zu binden, ist auch in ep. 1,1,1, der dritten Belegstelle von 2Tim 2,4f, Anknüpfungspunkt der Verse, dies jedoch in einem gänzlich anderen Kontext als in Fort., test. 8. Nicht die Bereitschaft zum Martyrium soll hier biblisch bestärkt werden, sondern das Verbot für Kleriker, weltliche Geschäfte zu übernehmen. So tadelt der Bischof von Karthago zu Beginn seines ersten Briefes den Umstand, dass sich ein gewisser Priester Geminius Faustinus aus Furni als Testamentsvollstrecker hat einsetzen lassen (Geminium Faustinum presbyterum tutorem testamento suo nominauerit), „obwohl doch schon längst in einer Versammlung der Bischöfe festgeschrieben wurde, dass Niemand einen Kleriker oder Diener Gottes als seinen Testamentsvollstrecker oder -verwalter einsetzen darf, weil jeder, der des göttlichen Priestertums gewürdigt und in den klerikalen Dienst eingesetzt ist, ausschließlich Altar- und Opferdienst verrichten darf und für Bitten und Gebete frei sein muss, denn es steht geschrieben“67, woraufhin die Verse 2Tim 2,4f folgen. Das darin – 65 66 67
Eum qui fidem consecutus est exposito priore homine caelestia tantum et spiritalia cogitare debere nec adtendere ad saeculum, qui iam renuntiavit. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 7.2.1.1. ... cum iam pridem in concilio episcoporum statutum sit, ne quis de clericis et dei ministris tutorem uel curatorem testamento suo constituat, quando singuli diuino sacerdotio honorati et in clerico ministerio constituti non nisi altari et sacrificiis deseruire et precibus atque orationibus uacare debeant. Scriptum est enim ....
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zumindest indirekt – ausgesprochene Verbot, sich an weltliche Angelegenheiten zu binden, sieht der Bischof von Karthago naturgemäß nicht allein auf Kleriker beschränkt, sondern an alle Christen adressiert (quod cum de omnibus dictum est)68, wenngleich dies selbstverständlich für Kleriker ganz besonders gelte. Nach 2Tim 2,4f führt Cyprian in Fort., test. 8 als weiteren Beleg aus den Paulusbriefen Röm 12,1f (Ich bitte euch, Brüder, bei der Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber als lebendiges, heiliges und gottgefälliges Opfer darbringt. Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung eurer Gesinnung, damit ihr prüfen könnt, was nach dem Willen Gottes gut und wohlgefällig und vollkommen ist)69. Wenn der Völkerapostel darin die Christen aufruft, sich als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen (constituatis corpora uestra hostiam uiuam, sanctam) und sich nicht dieser Welt anzugleichen (nec configuremini saeculo huic), dann ist es zumindest auf den ersten Blick nicht ersichtlich, inwieweit dies ein biblischer Kronzeuge für Fort. 5 (8) mit seiner Forderung, in der Vollkommenheit der geistlichen Gnade auszuharren, um zum Siegeskranz zu gelangen, sein soll. Freilich, das Gebot aus Röm 12,1, sich als lebendiges und heiliges Opfer darzubringen, lässt sich vortrefflich auf die Martyriumsthematik hin interpretieren und es fehlt auch nicht an Stellen, an denen Cyprian die Christen als Opfer staatlicher Willkür und Grausamkeit darstellt70, so dass sie sich lediglich zwischen Glaubensabfall oder Martyrium entscheiden können. Es muss aber doch verwundern, das Testimonium an dieser Stelle von Fort. gelistet zu finden, die dem Ausharren (insistendum esse et perseuerandum) im Gnadenstand gewidmet ist. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass die exegetische Vorgehensweise des Bischofs von Karthago in erster Linie darin besteht, Bezugspunkte aufgrund gemeinsamer oder verwandter Begrifflichkeiten herzustellen und auf diese Weise biblische Texte mit aktuell behandelten Themata in Verbindung zu bringen71, so lässt dies den Schluss zu, dass für Cyprian nicht Röm 12,1 Anlass bot, die Verse hier zu listen. Blickt man deshalb weiter auf Röm 12,2 mit seiner Aufforderung, sich nicht dieser Welt anzugleichen (nec configuremini saeculo huic), so stößt man mit dem Begriff saeculum bzw. der Thematik des Sich-nicht-Einlassens auf die Welt auf einen der bestimmenden Grundzüge von Fort. 5 (7-8). Wenn nach 2Tim 2,4f auch Röm 12,1f von Cyprian aufgrund der darin geforderten Distanz zur Welt hier in Fort.
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Ep. 1,1,2. Oro ergo uos, fratres, per misericordiam Dei ut constituatis corpora uestra hostiam uiuam, sanctam, placentem Deo: nec configuremini saeculo huic, sed transformemini in renouatione sensus ad probandum quae sit uoluntas Dei bona et placens et perfecta. Vgl. dazu besonders Dem. 12f. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 6.2.1.
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5 (8) gelistet ist72, beide Testimonien aber zugleich auf Fort. 7 mit seinem Aufruf, nicht zur Welt zurückzukehren, verweisen, dann bestätigt dies aufs Neue die enge, unzertrennliche Einheit von Fort. 5 (7-8). Die einzige Belegstelle von Röm 12,1f, abgesehen von Fort., test. 8, findet sich in ep. 76,3,2, einem Trostbrief des karthagischen Bischofs aus der Zeit der valerianischen Verfolgung, adressiert an die Bischöfe, Priester, Diakone und sonstigen Mitbrüder, die in einem Bergwerk (in metallo) zu Sklavenarbeit verurteilt waren. Ihnen spricht er den Trost zu, dass es keinen Verlust ihrer Frömmigkeit oder ihres Glaubens bedeute, dass sie an diesem Ort das göttliche Opfer nicht darbringen und feiern könnten (nec aliqua postest aut religionis aut fidei iactura sentiri, quod illic facultas non datur offerendi et celebrandi sacrificia diuina)73, denn dieses Opfer brächten sie Gott dar, indem sie sich selbst zum Opfer für Gott gemacht hätten (hostiae facti deo), so wie der Apostel Paulus mahnt, woraufhin Cyprian Röm 12,1f zitiert. Nicht das Wort saeculum, wie in Fort., test. 8, war demnach auschlaggebend für die Zitation von Röm 12,1f an dieser Stelle, sondern die im Kapitel dominierende Thematik des (Sich-)Darbringens (offerendi sacrificia diuina; offertis sacrificium deo; constituatis corpora uestra) in Verbindung mit dem Begriffspaar sacrificium / hostia. Mit Röm 8,16f (Wir sind Söhne Gottes. Wenn wir aber Söhne sind, dann sind wir auch Erben Gottes, Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, so dass wir auch mit ihm verherrlicht werden)74 listet Cyprian das vierte und letzte Pauluszitat aus Fort., test. 8, in dem der Völkerapostel die Gläubigen Miterben Christi nennt (coheredes Christi), wenn sie bereit sind, mit ihm zu leiden, um dann auch mit ihm verherrlicht zu werden (siquidem conpatiamur, ut et conmagnificemur). Auch wenn die beiden Verse auf der Ebene der Begrifflichkeit keinen direkten Anknüpfungspunkt an Fort. 5 (8) bieten, so sind sie dennoch treffend gewählt, denn der Lohn des Ausharrens, der Gewinn der Palme und des Siegeskranzes (ad palmam et coronam peruerniri) aus Fort. 5 (8) findet seine 72
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Für die These, dass Röm 12,1f allein aufgrund des Gebotes, sich nicht dieser Welt anzugleichen, in Fort., test. 8 gelistet ist, spricht auch der weitere Verlauf des Verses, denn wenn Paulus das Gebot damit begründet, dass die Christen dadurch prüfen könnten, was Gottes Wille sei, was in seinen Augen gut, gottgefällig und vollkommen sei (ad probandum quae sit uoluntas Dei bona et placens et perfecta), dann hat dies, so muss man feststellen, nur sehr wenig mit der Thematik von Fort. zu tun, denn in einer Schrift, die Christen auf das Martyrium vorbereiten will, ist bereits längst vorausgesetzt, dass dies Gott wohlgefällig ist. Eine solche Prüfung kann somit nur schwerlich Inhalt einer praeparatio ad martyrium sein und wird dementsprechend an keiner Stelle von Fort. thematisiert. Ep. 76,3,1. Sumus filii Dei: si autem filii, et heredes Dei, coheredes autem Christi, siquidem conpatiamur, ut et conmagnificemur.
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Entsprechung darin, Miterbe Christi zu sein und zusammen mit ihm verherrlicht zu werden. Die Voraussetzung, die Paulus daran knüpft, das Leiden zusammen mit Christus (conpatiamur), wird zwar nicht in Fort. 5 (8) thematisiert, das dem Ausharren gewidmet ist, greift aber über die Not und Leiden (angustiis et praessuris) aus Fort. 5 (7) auf das Leiden Christi, das er für die Menschen auf sich genommen hat (ille propter nos mala bonis praetulerit) und die Leiden der Menschen (in passionibus nostris) zurück und spannt somit den Bogen bis zur paradoxen Dialektik des „Nichts über Christus stellen Dürfen“ in Fort. 5 (6). Außerhalb von Fort., test. 8 ist Röm 8,16f bei Cyprian zunächst in Quir. 3, test. 16 unter dem Titulus „Über das Gut des Martyriums“ (De bono martyrii) belegt. Die Listung der Verse unter einem Titulus, der explizit den Lohn und die Freuden des Martyriums thematisiert, bestätigt die Vermutung, dass Cyprian mit ihnen vor allem den Gewinn der Palme und des Siegeskranzes aus Fort. 5 (8) biblisch fundieren wollte. In ep. 6,2,1, der zweiten Belegstelle von Röm 8,16f, will Cyprian die in Karthago inhaftierten Bekenner in ihrem Durchhaltevermögen bestärken und ermahnt sie deshalb mit den Worten: „Nichts anderes darf jetzt in euren Herzen und eurem Verstand Platz haben als die göttlichen Vorschriften und himmlischen Gebote, mit denen uns der heilige Geist immer zum Ertragen der Leiden ermuntert hat“75. Psychlogisch raffiniert, lässt der Bischof von Karthago auf das Leiden sogleich die Darstellung des Lohnes folgen, der die Bekenner erwarte, denn am jüngsten Tage würden sie zusammen mit Christus richten und herrschen (iudicaturos uos et regnaturos cum Christo domino), wie Weish 3,8 verspreche. Darüber hinaus habe der Herr selbst ein Beispiel gegeben, „dass sein Reich nur die erlangen könnten, die seinem Weg gefolgt sind“ (ad suum regnum non nisi eoas qui se per suam uiam secuti sint peruenire), und auch Paulus habe gemahnt, dass wir, „die wir zu den Verheißungen des Herrn gelangen wollen, den Herrn in allem nachahmen müssen“ (qui ad domini promissa uenire cupimus imitari dominum in omnibus debeamus), woraufhin Cyprian Röm 8,16f folgen lässt. Im Gegensatz zu Fort. 5 (8), Quir. 3,16 und ep. 6,2,1, wo Cyprian bei der Verwendung von Röm 8,16f den Schwerpunkt auf die Verheißung legt, mit Christus mitverherrlicht zu werden, betont er in ep. 58,1,3, der letzten Belegstelle des Testimoniums, das darin geforderte Mitleiden mit Christus (conpatiamur). In dem Brief an die Gemeinde von Thibaris, der ganz unter dem Eindruck der bevorstehenden Verfolgung durch Kaiser Gallus steht, ruft er die Christen auf,
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Nec quicquam nunc versetur in cordibus et mentibus uestris quam diuina praecepta et mandata caelestia, quibus nos ad tolerantiam passionis spiritus sanctus semper animauit.
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zum Kampf bereit da zu stehen (parati omnes ad proelium stemus)76. In diesem Sinne sei auch die tägliche Eucharistie zu verstehen, die den Gläubigen gereicht werde, damit auch sie selbst für Christus ihr Blut vergießen können (ut possint et ipsi propter Christum sanguinem fundere). In der Gemeinschaft mit Christus befunden werden zu wollen (uelle cum Christo inueniri) bedeute nämlich, das nachzuahmen, was er gelehrt und getan habe (quod Christus et docuit et fecit imitari), so wie dies auch der Apostel Paulus verkündet habe, woraufhin sich die Verse Röm 8,16f anschließen. Das „in der Gemeinschaft mit Christus befunden werden Wollen“ (uelle cum Christo inueniri) erfordert demnach das Mitleiden (conpatiamur), was wiederum zur Mitverherrlichung führt (conmagnificemur), wobei in ep. 58,1 der Schwerpunkt eindeutig auf dem Mitleiden liegt. Das vorletzte von Cyprian in Fort., test. 8 gelistete Testimonium ist Offb 3,11: „Halte fest, was du hast, damit nicht ein Anderer deinen Siegeskranz erhält“ (Tene quod habes, ne alius accipiat coronam tuam). So kurz und knapp der Vers ist, so treffend ist er zugleich im vorliegenden Kontext, denn mit seinem Stichwort Siegeskranz (coronam) verweist er auf die Palme und den Siegeskranz (palman et coronam) aus Fort. 5 (8) und in der Aufforderung, festzuhalten, was man hat, lässt sich leicht das Ausharren in der Vollendung der Gnade (perseuerandum in gratiae consummatione) erkennen. Sogar der Aspekt der leichten Verlierbarkeit des geistlich-himmlischen Gutes bei nachlassender Anstrengung, wie er in 1Kor 9,24f bereits mitschwang, als es hieß, dass im Stadion zwar Alle laufen, aber nur Einer den Siegespreis erhalten kann, wird hier deutlich mit warnenden Worten thematisiert: wer sich nicht die Mühe macht, festzuhalten, was er hat, der wird seinen Siegeskranz verlieren und an einen Anderen abtreten müssen. An zwei Stellen in seinen Schriften macht der Bischof von Karthago Gebrauch von Offb 3,11. Erstere, pat. 13, braucht hier nicht erneut thematisiert zu werden, da dies bereits bei der Besprechung von Ez 33,12 erfolgte77. In Zweiterer, unit. 20, wendet Cyprian den Bibelvers gegen einige karthagische Bekenner, die sich während der decischen Verfolgungsmaßnahmen in seinen Augen u.a. des Betrugs, der Unzucht und des Ehebruchs (fraudes et stupra et adulteria) schuldig gemacht hatten78. Niemand, so Cyprian, solle sich darüber wundern, denn „auch das Bekenntnis macht nicht frei von den Nachstellungen des Teufels und schützt nicht dauerhaft gegen die Versuchungen, Gefahren, An-
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Ep. 58,1,2. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 7.2.1.2. Vgl. dazu die entsprechenden Ausführungen Cyprians in ep. 13,2-5.
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griffe und Anstürme der Welt, solange einer noch in der Welt steht“79. Auch Salomo habe nur solange Gottes Gnade innegehabt, wie er auf dessen Spuren wandelte, er habe sie aber sofort verloren, als er den Weg des Herrn verlassen hatte, und so gelte für Alle das Wort der Offb 3,11, nämlich festzuhalten, was man hat, damit nicht ein Anderer die eigene Krone nehme. Es waren somit die negativen Erfahrungen im Gefolge des decischen Opferediktes, die Cyprian mit einigen karthagischen Bekennern machen musste, die ihn dazu führten, diesen Aspekt so deutlich zu betonen und biblisch zu untermauern. Das letzte, von Cyprian unter Fort., test. 8 geführte Testimonium ist Ex 17,11-14 (Und es geschah, solange Moses seine Hände emporhob, war Israel stärker. Sobald er aber seine Hände sinken ließ, war Amalek stärker. Da nahmen sie einen Stein, legten diesen unter ihn und er setzte sich darauf und Aaron und Hur stützten seine Hände auf beiden Seiten. So wurden die Hände des Moses aufrecht gehalten bis zum Sonnenuntergang. So schlug Josua den Amalek mit seinem ganzen Volk in die Flucht. Da sagte der Herr zu Moses: Schreibe dies auf, damit es in einem Buch für das Gedächtnis aufbewahrt wird und erzähle es dem Josua, denn ich will die Erinnerung an Amalek vollständig auslöschen auf der Erde)80. Eingeleitet und exegetisch erschlossen werden die Verse durch einen eigenen Text, den Cyprian dem Testimonium voranstellt81. Dass die Israeliten unter der Führung des Josua in der Schlacht gegen ihren Feind Amalek, den Cyprian als Typos des Teufels versteht (qui figuram portabat diaboli), nur solange die Oberhand behalten konnten, wie Moses in der Lage war, seine Hände emporzustrecken, deutet er als biblisches Beispiel, das den Christen zum Ausharren und Durchhalten (quod exemplum perseuerandi et permanendi) gegeben ist, womit der Bezug zu Fort. 5 (8) hergestellt ist. Einen streng christologischen Bezug der Erzählung schafft der karthagische Bischof dabei, in dem er nicht nur die ausgestreckten Hände des Moses als Zeichen des Kreuzes interpretiert (in signo et sacramento crucis), sondern darüber hinaus konsequent den Namen Jo79
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Neque enim confessio inmunem facit ab insidiis diaboli, aut contra temptationes et pericula et incursus adque impetus saeculares adhuc in saeculo positum perpetua securitate defendit. Et factum est, inquit, cum leuabat manus Moyses, praeualebat Israhel: Ubi autem submiserat manus, inualescebat Amalech. Et accepto lapide subposuerunt sub eo, et sedebat super eum. Et Aaron et Or sustinebant manus eius hinc et inde: Et factae sunt manus Moysi stabiles usque in occasum solis. Et fugauit Iesus Amalech et omnem populum eius. Et dixit Dominus ad Moysen: Scribe hoc, ut sit memoriae in libro, et da in aures Iesu, quoniam deletione deleam memoriam Amalech de sub caelo. Quod exemplum perseuerandi et permanendi designatur in Exodo, ubi Moyses ad superandum Amalech qui figuram portabat diaboli in signo et sacramento crucis adleuabat supinas manus, nec uincere aduersarium potuit, nisi postquam stabilis in signo adleuatis iugiter manibus perseuerauit.
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sua durch Jesus ersetzt, eine Möglichkeit, die ihm die lateinische Sprache bietet, die beide Namen gleichlautend übersetzt82. Aufgrund dieses Umstandes kann Cyprian in Quir. 2, test. 21, der einzigen weiteren Belegstelle des Testimoniums unter dem Titulus „Dass im Leiden und Zeichen des Kreuzes alle Kraft und Macht ist“ (Quod in passione crucis et signo uirtus omnis sit et potestas) feststellen, dass „unter diesem Zeichen des Kreuzes Amalek von Jesus durch Moses besiegt worden ist“ (hoc signo crucis et Amalech uictus est ab Iesu per Moysen).
Die Aufforderung zum Ausharren im Glauben in den übrigen Schriften Cyprians Wenn Cyprian von Karthago in Fort. 7f an die Christen die eindringliche Mahnung adressiert, im Glauben zu verharren (perseuerandum in fide) und nicht wieder zur „Welt“ zurückzukehren (non ad saeculum reuerti), dann ist dies letztlich nicht ohne sein theologisches Verständnis der Taufe und der mit ihr verbundenen Konsequenzen zu verstehen83. In der Taufe wird der Mensch von seinen alten Sünden abgewaschen, gereinigt (ablui et purgari lauacro)84, lebendig gemacht (uiuificari) und geheiligt (sanctificari)85. Der solchermaßen „neue, wiedergeborene und für seinen Gott durch dessen Gnade wiederhergestellte Mensch“ (homo nouus, renatus et Deo suo per eius gratiam restitutus)86 ist ein Sohn Gottes geworden (factus est Dei filius), der, so der paulinischen Terminologie in Gal 3,27 zufolge, Christus angezogen hat und in Christus ist (in Christo sumus)87. Innerhalb der cyprianischen Tauftheologie verdienen vor allem zwei Aspekte an dieser Stelle besondere Beachtung: zum einen ist dies der des radikalen Neubeginns. Der karthagische Bischof wird nicht müde zu betonen, dass dem Kandidaten mit der Taufe ein neues Leben geschenkt wird, dass er wiedergeboren wird und sein altes, sündiges Ich hinter sich lassen kann und darf. Nirgendwo in den Schriften des Bischofs wird dies so deutlich wie in Ad Donatum, seinem Erstlingswerk, das noch merklich unter dem überwältigenden Eindruck der baptismalen Gnadenerfahrung steht. 82 83
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Vgl. dazu Fahey, Cyprian, 73f. Die folgenden Ausführungen können knapp gehalten werden, denn die wesentlichen Aspekte der hier zugrunde liegenden Thematik sind ausführlich und umfassend bei Noormann, Ad salutem, 47-216 behandelt und brauchen deshalb an dieser Stelle nur kurz umrissen zu werden. Zur Theologie der Taufe bei Cyprian vgl. auch Saxer, Vie, 106-144; Proksch, Christus, 146-151. Ep. 69,2,3. Ep. 69,2,1. Orat. 9. Ep. 74,9,2.
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So wird der Leser informiert, dass Cyprian vor seiner Bekehrung sich kaum vorstellen konnte, wie ein solcher Neuanfang gelingen könne, und dass er deshalb den diesbezüglichen göttlichen Verheißungen sehr skeptisch gegenübergestanden habe, „denn bei meinem damaligen Lebenswandel hielt ich es für äußerst unwahrscheinlich und schwierig, was mir die göttliche Gnade zum Heil versprach, dass man schließlich wiedergeboren werden könne und – zu neuem Leben durch das Bad des heilsspenden Wassers belebt – ablegen könne, was man früher war und trotz der weiterhin bestehenden körperlichen Verbindung den Geist und Verstand des Menschen wandele“88. Umso euphorischer erklärt Cyprian im folgenden Kapitel der Schrift, dass mit Hilfe der Taufgnade nun dem so schwierig, ja unmöglich erschienenen Unterfangen eines völligen Neubeginns nichts mehr im Wege stehe, sondern dieses geradezu leicht umsetzbar sei (facultatem dare quod prius difficile uidebatur, geri posse quod inpossibile putabatur). Ermöglicht wird dies dem Menschen, so der karthagische Bischof, da in der Taufe mit Hilfe des lebenspendenden Wassers das Verderben des früheren Lebens abgewaschen wird (undae genitalis auxilio superioris aeui labe detersa), da sich in den entsühnten und gereinigten Menschen von oben das Licht eingießt (in expiatum pectus ac purum desuper se lumen infudit), vom Himmel her der Geist aufgenommen wird (caelitus spiritu hausto) und die zweite Geburt so einen neuen Menschen erschafft (nouum me hominem natiuitas secunda reparauit). Untrennbar verbunden ist für Cyprian mit dem Aspekt des Neubeginns in der Taufe der der Verpflichtung zum Erhalt und zur Bewahrung der Taufgnade89. Der neu geschaffene, gereinigte und geheiligte Mensch übernimmt in der Taufe die Aufgabe und den Auftrag, diesen seinen neuen Seinsstand nach allen Kräften zu erhalten und zu verteidigen. Begründet wird dies mit der Gottessohnschft des Menschen. Der Täufling, der für seinen Gott aufgrund dessen Gnade wiedergeboren und wiederhergestellt ist (renatus et Deo suo per eius gratiam restitutus)90, darf diesen nun „Vater“ nennen, weil er „Sohn Gottes“ geworden ist (pater primo in loco dicit, quia filius esse iam coepit)91. Dass angesichts dessen die familiäre Abstammung keine Rolle mehr spielen darf, ist für Cyprian selbstverständlich, hat sich doch der Täufling von seinem irdischen und 88
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... difficile prorsus ac durum pro illis tunc moribus opinabar, quod in salutem mihi diuina indulgentia pollicebatur, ut quis renasci denuo posset utque in nouam uitam lauacro aquae salutaris animatus, quod prius fuerat, exponeret et corporis licet manente conpage hominem animo ac mente mutaret (Donat. 3). Vgl. dazu besonders Cyprians Ausführungen unter orat. 11-17, wo dies häufig thematisiert wird. Orat. 9. Ebd.
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fleischlichen Vater losgesagt (renuntiasse se terreno et carnali patri) und bekannt, dass er von jetzt an nur einen Vater kenne und habe, nämlich den, der im Himmel ist (contestetur patrem solum nosse se et habere coepisse qui sit in caelis). Die Konsequenzen, die diese neue Gottessohnschaft für die Täuflinge mit sich führt, stellt der karthagische Bischof seinen Adressaten nur wenige Zeilen später vor Augen: „Wir müssen deshalb, geliebteste Brüder, daran denken und uns bewusst sein, dass wir, wenn wir Gott unseren Vater nennen, auch wie Söhne Gottes leben müssen, damit auch Gott an uns Gefallen findet, so wie es uns gefällt, Gott zum Vater zu haben. Lasst uns deshalb wie Tempel Gottes wandeln, damit Gott in uns wohnen bleibt, und unser Handeln soll nicht den Geist beleidigen, damit wir, die wir angefangen haben, geistlich und himmlisch zu sein, ausschließlich Geistliches und Himmlisches denken und tun“92. An diesem Punkt tritt der zweite Aspekt, den es hier innerhalb der cyprianschen Tauftheologie besonders zu beachten gilt, in Erscheinung: Der Mensch, der in der Taufe von der alten Sündenlast reingewaschen, neugeboren und neugeschaffen wurde und sich zu einer diesem neuen Seinsmodus entsprechenden christlichen Lebensführung verpflichtet hat, sieht sich den wütenden Angriffen seitens der Welt und des Teufels konfrontiert, die dem Täufling das soeben erworbene Geschenk des ewigen Lebens wieder zu entreißen trachten. Welt und Teufel (saeculum / mundus et diabolus) sind somit die zentralen Gegenspieler des Christen und ein bedeutendes Thema cyprianischer Paränese besteht demzufolge darin, die aus dem Rachen des Teufels93 Entrissenen und von den Fallstricken der Welt94 Befreiten (ereptos de faucibus diaboli et de laqueis saeculi liberatos) zu ermahnen, nicht wieder zur Welt zurückzukehren (non ad saeculum reuerti)95, der sie bereits entsagt hatten (saeculo renuntiaueramus cum baptizati sumus)96. Der Begriff „Welt“ (saeculum / mundus) ist bei Cyprian, so zeigt ein Blick auf die einschlägigen Stellen, durchweg negativ belegt97. Seinen Anfang hat dies 92
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Meminisse itaque, fratres dilectissimi, et scire debemus quia quando patrem Deum dicimus quasi filii Dei agere debemus, ut quomodo nos nobis placemus de Deo patre, sic sibi placeat et ille de nobis. Conuersemur quasi Dei templa, ut Deum in nobis constet habitare, nec sit degener actus noster ab spiritu, ut qui spiritales et caelestes esse coepimus non nisi spiritalia et caelestia cogitemus et agamus (Orat. 11). Vgl. dazu auch mort. 7; ep. 62,2,2. Vgl. dazu auch mort. 7; 26; Don. 14; ep. 1,1,2. Fort. 7. Nach Noormann, Ad salutem, 157 kennzeichnet der christliche Kampf gegen den Widersacher und die Welt „die gesamte Paränese Cyprians“. Vgl. dazu ebd., 157216. Ep. 13,5,3. Vgl. dazu auch ep. 11,1,2; orat. 13; 19; mort. 26. Exemplarisch dafür steht etwa habit. 7: Ceterum quaecumque terrena sunt in saeculo accepta et hic cum saeculo remansura, tam contemni debent, quam mundus ipse contemnitur (Deshalb muss man alles Irdische, das man in der Welt empfangen hat und das
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in der Gesetzesübertretung Adams genommen, aufgrund der der Ackerboden verflucht ist (maledicta terra)98, so dass die Menschen seither von Geburt an unter Bedrängnissen und Mühsal leiden (sic nascimur ut pressuris istic et conflictationibus laboremus) und in Traurigkeit und unter Seufzen leben müssen (in tristitia et gemitu simus necesse est)99. Weitaus prägender noch als der Genesistext hat sicherlich das kontrastierende, dualisierende johanneische Weltverständnis auf den karthagischen Bischof gewirkt, wie es in Joh 15,18f100, 16,33101 und vor allem in 1Joh 2,15-17102 anzutreffen ist mit seinem Aufruf, nicht die Welt und das, was in der Welt ist, zu lieben, da dies vergänglich sei, im Gegensatz zur Ewigkeit Gottes103. Der gereinigte und entsühnte Christ muss sich, so Cyprian, deshalb davor hüten, erneut durch die Welt befleckt (ne dum in isto mundo diutius inmorantur mundi contactibus polluantur)104, von ihren Fallstri-
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man hier zusammen mit der Welt zurücklassen wird, verachten, so wie die Welt selbst verachtet werden muss). Zu den Begriffen saeculum und mundus bei Cyprian vgl. Orbán, dénominations, 187-192; 221-228. Pat. 11, Gen 3,17 zitierend. Ebd. „Wenn die Welt euch hasst, denkt daran, dass sie mich zuerst gehasst hat. Wenn ihr von dieser Welt wäret, würde die Welt lieben, was ihr eigen wäre. Aber da ihr nicht von dieser Welt seid und ich euch aus dieser Welt erwählt habe, deswegen hasst euch die Welt“ (Si saeculum, inquit, uos odit, mementote quoniam me primo odiit. Si de saeculo essetis, saeculum quod suum esset amaret: sed quia de saeculo non estis et ego elegi uos de saeculo, propterea odit uos saeculum). Die Stelle zitiert Cyprian in ep. 58,6,3; Quir. 3, test. 29; Fort., test. 11. „Dies habe ich euch gesagt, damit ihr in mir Frieden habt, in der Welt aber werdet ihr Bedrängnis haben. Aber habt Vertrauen, denn ich habe die Welt überwunden“ (Haec locutus sum uobis, ut in me pacem habeatis, in saeculo autem pressuram: sed fidite, quoniam ego uici mundum). Die Stelle zitiert Cyprian in pat. 12; Quir. 3, test. 16; Fort., test. 11. „Liebt nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn Jemand die Welt liebt, hat er nicht die Liebe des Vaters, denn alles, was in der Welt ist, ist Begierlichkeit des Fleisches, Begierlichkeit der Augen und weltliches Streben, was nicht vom Vater kommt, sondern von der Begierlichkeit der Welt. Und die Welt wird vergehen und ihre Begierlichkeit. Wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit, so wie auch Gott in Ewigkeit bleibt“ (Nolite, inquit, diligere mundum neque ea quae in mundo sunt. Si quis dilexerit mundum, non est caritas patris in illo: quia omne quod in mundo est concupiscentia carnis est et concupiscentia oculorum et ambitio mundi quae non est a patre sed ex concupiscentia mundi. Et mundus transibit et concupiscentia eius: qui autem fecerit uoluntatem Dei manet in aeternum, quomodo et Deus manet in aeternum). Die Stelle zitiert Cyprian in mort. 24; habit. 7; orat. 14; Quir. 3, test. 11. Zum Kontrast zwischen der Vergänglichkeit der Welt und der Ewigkeit Gottes vgl. darüber hinaus ep. 63,16,2; 67,7f; habit. 6. Mort. 23.
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cken gefangengehalten (saeculi laqueis non teneri)105 und von ihrer Dunkelheit und Finsternis (de hac saeculi nocte)106 umschlungen zu werden. Der Tod ist deshalb nicht beklagenswert, ist er doch zuallererst die Befreiung aus dieser Welt (fratres nostros non esse lugendos accersitione dominica de saeculo liberatos)107. Neben der Welt ist – wie bereits erwähnt – der Teufel der zweite große Gegenspieler der Christen, dem sie in der Taufe abgeschworen hatten108. Werden prinzipiell alle Menschen vom Teufel heimgesucht und verführt, so trifft dies in besonderem Maße die Getauften, denn „wenn der Christ erkennt und daran festhält, unter welcher Voraussetzung und unter welcher Bestimmung er zum Glauben gekommen ist, dann wird er wissen, dass er mehr als die Anderen in der Welt erleiden und sich mehr gegen die Angriffe des Teufels erwehren muss“109. Die Welt ist für Cyprian der Schauplatz, ja geradezu die Arena, in der der ständige Kampf der Christen mit dem Teufel und seinen Engeln (diabolus cum angelis suis)110 stattfindet111. Dabei unterscheidet er zwei unterschiedliche Vorgehensweisen des Widersachers. In Zeiten des Friedens schleicht sich, so Cyprian, der Teufel heimlich an (latenter obrepit) und kriecht auf verborgenen Wegen (occultis accessibus serpit)112 „um jeden von uns herum, gleich einem Feind, der die geschlossenen Mauern belagert und erkundet und prüft, ob nicht irgendein Teil unseres Körpers weniger standhaft und zuverlässig ist, um dadurch Eintritt nach drinnen zu gelangen“113. Dies geschieht etwa, indem er den Augen verbotene Dinge und verführerische Genüsse vorstellt (offert oculis formas inlices et faciles uoluptates), indem er die Ohren durch liebliche Musik verführt (aures per canora musica temptat), die Zunge zum Streit verleitet (linguam conuicio prouocat) und die Hand durch aufwiegelndes Unrecht zu leichtfertigen Mord 105 106 107 108 109
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Mort. 7. Siehe auch ep. 1,1,1; mort. 26. Unit. 27. Vgl. dazu auch ep. 76,7,2; unit. 3. Mort. 20. Siehe auch ep. 60,2,3; 76,6,3; mort. 15; 26. Vgl. dazu pat. 12; laps. 8; zel. 11. ... si qua condicione, qua lege crediderit christianus noscat et teneat, sciet plus sibi quam ceteris in saeculo laborandum, cui magis sit cum diaboli inpugnatione luctandum (mort. 9). Pat. 7. Zu dieser Thematik vgl. Auer, Militia Christi, 340-344; Harnack, Militia Christi, 32-42; Hummel, concept, 58-90; Noormann, Ad salutem, 157-216 und vor allem die Monographie von Capmany-Casmitjana, J., „Miles Cristi“ en la espiridualidad de San Cipriano, Barcelona 1956. Unit. 1. Circuit ille [diabolus] nos singulos et tamquam hostis clausos obsidens muros explorat et temptat an sit pars aliqua membrorum minus stabilis et minus fida, cuius aditu ad interiora penetretur (zel. 2).
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anstachelt (manum iniuriis lacessentibus ad petulantiam caedis instigat)114. Leichter dagegen sei es dem Widersacher entgegenzutreten, so der karthagische Bischof, wenn dieser offen angreife, wie im Falle einer (Christen)-Verfolgung115 und den damit verbundenen Strafmaßnahmen wie Gefängnis, Sklaverei, Folter und Hinrichtung116. Deshalb müssten die Christen mit besorgter und beständiger Wachsamkeit Widerstand leisten (sollicita et plena uigilantia repugnemus)117 und sich „mit allen Kräften wappnen und mit reinem Sinn, unerschütterlichem Glauben und frommer Tapferkeit zum Kampfe rüsten (armemur … uiribus totis et paremur ad agonem mente incorrupta, fide integra, uirtute deuota)118, um die ständigen Wurfgeschosse und Pfeile des Teufels (iacula eius et tela)119 abwehren zu können. Der Christ, der in der Taufe neugeboren und neugeschaffen ist und der sich Zeit seines Lebens den Verlockungen der Welt und den wütenden Angriffen des Teufels ausgesetzt sieht, muss – wie Cyprian in Fort. 8 formuliert – „im Glauben, in der Tugend und in der Vollkommenheit der himmlischen und geistlichen Gnade ausharren, um zur Palme und zum Siegeskranz gelangen zu können“120. Erst vor diesem Hintergrund wird deutlich, welche Bedeutung und welchen Stellenwert in den Schriften Cyprians die Pflicht zum Ausharren (perseuerandum) einnimmt. Erst das lebenslange Ausharren, oder anders ausgedrückt, die Tugend der Geduld (patientia), ermöglichen es dem Christen, seinen in der Taufe eingeschlagenen Weg bis zu Ende zu gehen und so seinen himmlischen Lohn empfangen zu können. Immer wieder führt deshalb Cyprian seinen Adressaten vor Augen, dass die christliche Vollendung in der Taufe zwar begonnen habe, aber eben noch nicht vollendet sei. So führt der karthagische Bischof in seiner Vaterunsererklärung zur Bitte „Geheiligt werde dein Name“ aus: „Dies bitten und erflehen wir, damit wir, die wir in der Taufe geheiligt worden sind, in dem ausharren, was wir zu sein begonnen haben“121, denn schließlich habe Gott geboten (Deus praecepit) und will, „dass wir nach der Wiedergeburt so ausharren, wie er 114 Ebd. 115 Neque enim persecutio sola metuenda .... Facilior cautio est ubi manifesta formido est et ad certamen animus ante praestruitur, quando se aduersarius confitetur (Unit. 1). Vgl. dazu auch laps. 4. 116 Vgl. dazu etwa pat. 12. 117 Zel. 1. 118 Ep. 58,8,2. 119 Mort. 4. 120 ... perseuerandum in fide et uirtute et caelestis ac spiritalis gratiae consummatione, ut ad palmam et coronam possit perueniri. 121 ... id petimus et rogamus, ut qui in baptismo sanctificati sumus in eo quo esse coepimus perseueremus (orat. 12).
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uns in der zweiten Geburt geschaffen hat [und] dass wir, die wir begonnen haben, Söhne Gottes zu sein, in seinem Frieden bleiben“122. Als biblische Kronzeugen dieser Forderung dienen Cyprian vor allem Mt 10,22123, Joh 8,31124 und Offb 3,11125, die er alle drei in pat. 13 ins Feld führt, um die Christen zu geduldigem Ausharren aufzurufen, damit sie die ihnen verheißene Wahrheit und Freiheit auch wirklich erlangen können (tolerandum est et perseuerandum … ad ueritatem et libertatem ipsam peruenire possimus) und damit derjenige, der nach der Krone strebt und dem Ruhm schon ganz nahe ist, aufgrund seiner anhaltenden Geduld (am Ende) auch gekrönt wird (patienter et fortiter perseuerare, ut qui ad coronam laude iam proxima nititur durante patientia coronetur). Indem die Christen die Geduld des Vaters nachahmen (patientiam patris imitamur), bleiben sie in Christus und gelangen mit ihm zusammen zu Gott (patientiam, per quam in Christo manemus et uenire cum Christo ad Deum possumus)126. Wer dagegen den schmalen und engen Pfad, der zum Leben führt (arta et angusta est uia quae ducit ad uitam)127, wieder verlässt und statt dessen den Lockungen des Teufels nachgibt, der verliert das wieder, was er bereits gewonnen hatte. So kann Cyprian den karthagischen Jungfrauen, die nicht von ihrem Reichtum, ihrem Schmuck, ihrer Schminke und ihren kostbaren Kleidern lassen können, sondern sich statt dessen immer reicher schmücken und allzu ungezwungen ausgehen wollen (ornari cultius, liberius euagari uirgines uolunt), vorhalten, dass sie keine Jungfrauen mehr seien (esse uirgines desinunt) und für diesen Verlust mit schweren Strafen belegt würden (magna supplicia pro amissa uirginitate sensurae). Da der Lohn der Jungfräulichkeit groß sein wird, muss unbedingt das bewahrt werden, was man bereits begonnen hat zu sein (seruate, uiriges, seruate quod esse coepistis), und die Jungfräulichkeit muss dauerhaft und unverletzt bestehen, damit sie, die entschlossen begonnen hat, dauerhaft bestehen bleibt (maneat et duret solida et inlaesa uirginitas et ut coepit fortiter, iugiter perseueret). Neben den Jungfrauen richtet Cyprian diesen Appell besonders eindringlich an 122 ... quales nos fecit secunda natiuitate tales uult renatos perseuerare, ut qui filii Dei esse coepimus in Dei pace maneamus (orat. 23). 123 „Wer bis zum Ende ausharren wird, wird gerettet werden“ (Qui tolerauerit usque ad finem hic saluus erit). Desweiteren zitiert Cyprian die Stelle in unit. 21; ep. 12,1,3; 14,2,2. 124 „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wahrhaft meine Jünger und ihr werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Si permanseritis in uerbo meo, uere discipuli mei estis: et cognoscetis ueritatem, et ueritas liberabit uos). 125 „Halte fest, was du hast, damit nicht ein Anderer deine Krone erlangt“ (Tene quod habesne alius accipiat coronam tuam). Desweiteren zitiert Cyprian die Stelle in unit. 20 . 126 Pat. 20. 127 Habit. 20.
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die Bekenner (confessores) aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen. „Das Bekenntnis ist lediglich der Beginn des Ruhmes, nicht schon das Verdienst der Krone und es vollendet nicht das Lob, sondern setzt nur den Beginn der Würdigkeit“128. Das Bekenntnis ist somit für Cyprian nach der Taufe zwar ein weiterer, besonders verdienstvoller und erhabener Schritt auf dem Weg zur Palme und Krone (ad palmam et coronam), wie er in Fort. 8 formuliert, aber eben keineswegs mit dieser gleichzusetzen. Wie schnell das Erreichte wieder verloren gehen konnte, musste Cyprian schmerzhaft feststellen, als er sich zur Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen noch von seinem Versteck aus dazu genötigt sah, in einem Brief an die Bekenner von Karthago deren Lebenswandel scharf zu kritisieren. So lebten einige von ihnen in Trunkenheit und Ausschweifung, seien stolz und hochmütig, untereinander zerstritten und sich gegenseitig beleidigend129. Angesichts dessen liegt der Schluss des karthagischen Bischofs auf der Hand: „Es ist nicht ausreichend, wenn man etwas zu erreichen vermochte. Mehr bedeutet es, das Erreichte zu bewahren“130. Solange der Christ – sei es der einfach getaufte, sei es der durch sein Bekenntnis ausgezeichnete – auf Erden lebt, solange muss er sich gegen die ständigen Anfeindungen der Welt und des Teufels erwehren. Wenn Cyprian deshalb den Bekennern und mit ihnen letztlich allen Getauften zuruft, „ausharren müssen wir auf dem schmalen und engen Weg des Lobes und des Ruhmes“ (perseuerandum nobis est in arto et in angusto itinere laudis et gloriae), und wenn es weiterhin gilt, alle Mühe darauf zu verwenden „dass nach diesen Anfängen in euch wächst und vollendet wird, was ihr mit diesem glückverheißenden Anfang begonnen habt zu sein“131, dann macht dies deutlich, welche Bedeutung der karthagische Bischof der christlichen Pflicht zu geduldigem Ausharren beimaß, denn auf dem Weg zur Vollendung, nachdem man in der Taufe aus dem Rachen des Teufels entrissen und aus den Fallstricken der Welt befreit worden ist (de faucibus diaboli et de laqueis saeculi liberati), wird für die Christen die Pflicht zu geduldigem Ausharren nicht erst in Zeiten der Verfolgung und der Repression akut – da freilich ganz besonders und in eminenter Weise –, sondern sie ist konstitutiv für die christliche Existenz auf Erden.
128 Confessio exordium gloriae est non meritum iam coronae, nec perficit laudem sed initiat dignitatem (unit. 21). 129 Vgl. dazu ep. 13,4f. Zur Datierung von ep. 13 auf die erste Hälfte des Jahres 250 vgl. Clarke, Chronology, 707. 130 Parum est adipisci aliquid potuisse. Plus est quod adeptus es posse seruare (ep. 13,2,1). 131 ... post haec initia ad incrementa quoque ueniatur et consummetur in uobis quod iam rudimentis felicibus esse coepistis (ebd.).
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Fazit Die eingangs des Kapitels aufgestellte These, die Tituli Fort. 5 (7-8) seien nicht ohne die Erfahrungen aus den decischen Verfolgungsmaßnahmen gegen die Christen zu verstehen, hat sich verifizieren lassen. Das zentrale Thema der beiden Tituli, der Aufruf, angesichts drohender Gefahr, nicht wieder in den Rachen des Teufels und die Schlingen der Welt zurückzukehren, aus denen man bereits befreit worden ist, sondern stattdessen im Glauben auszuharren und daran festzuhalten, um den Siegeskranz erlangen zu können, ist ohne diesen Hintergrund nicht einsichtig zu erklären. Bestätigt wurde die Vermutung zum einen durch den Umstand, dass die beiden Tituli inhaltlich nicht wesentlich über das Gebot des vorangehenden Titulus, „nichts über Christus zu stellen“, hinausreichen, sondern als dessen Vertiefung und Konkretisierung zu verstehen sind. Die auffällige Betonung der Pflicht zum Ausharren im Glauben verweist somit eindrücklich auf den massenhaften Glaubensabfall innerhalb der karthagischen Gemeinde unter dem Eindruck des decischen Opferediktes. Zum anderen ließ sich dieser Befund anhand der Texte selbst bestätigen, indem etwa ep. 11, der sich mit dieser Thematik befasst und aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen stammt, als Vorlage für Fort. 5 (7) bestimmt werden konnte. Zugleich ist dies ein weiterer Beleg der dieser Arbeit zugrunde liegenden These, dass man Fort. erst dann gerecht wird, wenn man die Schrift nicht isoliert als bloße Testimoniensammlung betrachtet, sondern als Kompendium all dessen, was der karthagische Bischof Zeit seines Lebens zu diesem Thema an Erfahrung gesammelt und verfasst hat. Die Testimonien, die der Bischof von Karthago zu den beiden Tituli Fort. 5 (7-8) gelistet hat, sind durchwegs treffend gewählt und bezeugen eindrücklich seine profunde Kenntnis beider Testamente. Die geschickt und raffiniert gearbeitete typologische Deutung der Exodusereignisse zu Beginn von Fort. 5 (7) auf die aktuelle Situation der drohenden Verfolgung hin erweist Cyprian darüber hinaus erneut als psychologisch geschulten und feinsinnigen Autor im Dienste einer praeparatio ad martyrium seiner Gemeinde. Die Untersuchung, wie die in Fort. 5 (7-8) formulierten Gedanken in den Schriften des karthagischen Bischofs verarbeitet sind, konnte sehr knapp ausfallen, da zu diesem Themenkreis eine ausführliche und eingehende Untersuchung vorliegt132, die die Bedeutung der Geduld und des Ausharrens für die Christen innerhalb der cyprianischen Paränese facettenreich beleuchtet. Dass diese Thematik innerhalb des cyprianischen Œuvres von großer Bedeutung ist, liegt nicht zuletzt an dem Umstand, dass Cyprian die Zeitspanne zwischen der Taufe und 132 Vgl. Noormann, Ad salutem, 47-216.
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dem Tod eines jeden Christen als fortwährenden Kampf gegen die Angriffe der Welt und des Teufels betrachtet, die beide dem Täufling das Heil, das er zwar in der Taufe erfahren hat, das es aber erst noch zu vollenden gilt, wieder entreißen wollen, wobei eben allein geduldiges Ausharren auf dem bereits eingeschlagenen Weg die Palme und Krone ewigen Lebens sichern können. Ohne Berücksichtigung der dramatischen Ereignisse zu Beginn seines Episkopats, als die decischen Verfolgungsmaßnahmen massenhaft Lapsi produzierten, ist freilich der Stellenwert, den diese Thematik in den Schriften Cyprians einnimmt, nicht einsichtig zu machen.
Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen [Fort. 5 (9-11)]
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Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen [Fort. 5 (9-11)] Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen in Fort. 5 (9-11) Wenn Cyprian von Karthago in Fort. 5 (9-11) die Bedrängnisse und Verfolgungen (pressuras et persecutiones) thematisiert, denen sich die Christen in der Welt ausgesetzt sehen, dann ist dies die logische Weiterführung der beiden vorangehenden Tituli Fort. 5 (7-8), die dem Ausharren im Glauben gewidmet sind. Die Christen, die aus dem Rachen des Teufels und den Fallstricken der Welt befreit sind, dürfen unter keinen Umständen dorthin zurückkehren, auch wenn Nöte und Bedrängnisse über sie hereinbrechen (si in angustiis et praessuris esse coeperint)133. Gilt dies grundsätzlich für die alltäglichen Herausforderungen134, mit denen sich ein getaufter Christ in einer heidnischen Umwelt konfrontiert sah, so ganz besonders im Falle einer drohenden Verfolgung, wie dies die Situation von Fort. darstellt. Eine Schrift, die zum Kampf in Verfolgung und Leiden ermuntern will (in exhortandis … ad proelium persecutionis et passionis)135, muss deshalb notwendigerweise diesen Aspekt thematisieren. So fasst der karthagische Bischof in drei Tituli all das zusammen, wovon er überzeugt war, es müsse den Christen zum diesem Thema erläutert werden, um sie für das Martyrium zu rüsten (in exhortatione tam necessaria quae martyras faciat)136. Ad hoc enim praessuras et persecutiones fieri ut probemur [Fort. 5 (9)]137. Nec timendas esse iniurias et poenas persecutionum, quia maior est Dominus ad protegendum quam diabolus ad inpugnandum [Fort. 5 (10)]138. Ac ne expauescat quis et conturbetur ad praessuras et persecutiones quas patimur in isto mundo, probandum ante praedictum esse quod nos mundus odio habiturus esset et quod persecutiones aduersum nos excitaret, ut ex hoc ipso quod haec fiant manifesta sit fides diuinae pollicitationis in mercedibus et praemiis postmodum secuturis,
133 134 135 136 137
Fort. 5 (8). Vgl. dazu Capmany, Miles Christi, 127-185; Noormann, Ad Salutem, 157-216. Fort. 5. Fort. 4. „Bedrängnisse und Verfolgungen geschehen, damit wir geprüft werden“. Vgl. dazu Dtn 13,4; Sir 27,5; Röm 5,2-5; 1Petr 4,12-14. 138 „Auch sind die Ungerechtigkeiten und Strafen der Verfolgungen nicht zu fürchten, denn der Herr hat größere Macht, uns zu beschützen, als der Teufel Macht hat, uns zu bekriegen“. Vgl. dazu 1Joh 4,4; Ps 118,6f; 20,8f; 27,3f; Ex 1,12; Offb 2,10; Jes 43,1-3; Mt 10,19f; Lk 21,14f; Ex 4,11f.
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nec nouum quid accidat christianis, quando ab initio mundi boni laborauerint et oppressi adque occisi sint iusti ab iniustis [Fort. 5 (11)]139.
Indem Cyprian im ersten der drei Tituli, Fort. 5 (9), die drohenden Bedrängnisse und Verfolgungen als Prüfung (ut probemur) bezeichnet, gelingt es ihm, einen engen Konnex zu den beiden vorangehenden Tituli herzustellen. Der Christ, so heißt es dort, dürfe nicht den Wunsch hegen, wieder zur Welt zurückzukehren (ne … regredi denuo ad saeculum uelint), da er sonst das Geschenk der himmlischen und geistlichen Vollendung verlöre und nicht die Palme und Krone ewigen Lebens erlangen könne. Es ist nun ohne weiteres einsichtig, dass solch reiche Geschenke und Belohnungen, nur dem dauerhaft zuteil werden können, der dies auch verdient und sich dessen als würdig erwiesen hat. Entschieden wird dies, so Cyprian, angesichts der gegenwärtigen Lage in der bevorstehenden Verfolgung. Sie ist der Test, den die Christen zu bestehen haben, und man hat sie erst dann richtig verstanden, wenn man in ihr eine Maßnahme Gottes erkennt mit dem Ziel und dem Zweck, die Christen zu prüfen. Von daher kann Cyprian in Fort. 5 (10) fortfahren, den Christen in begründeter Art und Weise Mut zuzusprechen, denn es gibt überhaupt keinen Grund, die Ungerechtigkeiten und Strafen der Verfolgung fürchten zu müssen (Nec timendas esse iniurias et poenas persecutionum). Da die Verfolgung eine Maßnahme, ein Test Gottes ist, um die Christen zu prüfen, so kann es keinen Zweifel darüber geben, dass nicht der Teufel, sondern Gott letztendlich die Oberhand behalten wird, oder wie Cyprian formuliert, dass die Macht Gottes, die Christen zu beschützen, größer ist als die des Teufels, die Christen zu bekämpfen. Den Charakter eines in sich schlüssigen Beweises versucht Cyprian seinem Gedankengang schließlich in Fort. 5 (11) zu verleihen. Da den Christen vorhergesagt ist, die Welt werde sie hassen, und sich diese Prophezeiung nun als richtig erweist, so gebe es keinen Grund, das Versprechen künftiger Belohnungen in Frage zu stellen, da sich doch die Schriftworte offenkundig als zutreffend und verlässlich erwiesen haben. Wenn Cyprian schließlich darauf verweist, dass es nichts Neues sei, was den Christen widerfährt (nec nouum quid accidat christianis), und dass (deshalb) kein Grund bestehe, im Angesicht der Verfolgung in Schrecken und Verwirrung zu geraten (ne 139 „Und damit sich niemand angesichts der Bedrängnisse und Verfolgungen, die wir in dieser Welt erdulden (müssen), erschrecken und verwirren lässt, muss man nachweisen, dass vorhergesagt ist, die Welt werde uns hassen und gegen uns Verfolgungen starten, damit aus dem Eintreffen dieser Prophezeihung das Vertrauen auf das göttliche Versprechen künftiger reicher Belohnungen gefestigt ist. Auch geschieht den Christen damit nichts Neues, da seit Anbeginn der Welt die Guten zu leiden hatten und die Gerechten von den Ungerechten unterdrückt und getötet worden sind“. Vgl. dazu Joh 15,18-20; 16,2-4.20.33; Mt 24,4-31; Dan 3,16-18; 14,5; Tob 13,6; Mt 23,9; 2Makk 7,14.16f.18f.27-29; 2Makk 6,30; Offb 7,9f.13-15.
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expauescat quis et conturbetur), so kann man darin unschwer eine Reaktion auf die Ereignisse der decischen Verfolgungsmaßnahmen erkennen, als der Bischof von Karthago seiner Gemeinde vorhalten musste: „Was, ich bitte euch, ist denn Unerhörtes, was Neuartiges geschehen, dass man den Christus geleisteten Treueid in überstürzter Hast brach, so als ob völlig unbekannte und unvorstellbare Ereignisse aufgetreten wären“140. Weil man damals auf eine Verfolgung nicht vorbereitet war – denn all die mahnenden und warnenden Worte nicht nur der Propheten, sondern auch von Seiten Gottes hatte man vergessen (omnia et de memoria recesserunt)141 und der Glaube Vieler war eingeschlafen (fidem et paene dixerim dormientem)142 – deshalb konnten die Christen geradezu überrumpelt werden und waren bereits vor der Schlacht besiegt und ohne Kampf niedergestreckt (ante aciem multi uicti, sine congressione prostrati)143. Jetzt dagegen, da man im Begriff ist, sich für eine erneute Verfolgung als etwas Altbekanntes und Wohlvertrautes zu rüsten und zu wappnen, gibt es keinen Grund mehr, in Schrecken und Verwirrung zu geraten. So belegt Fort. 5 (11) erneut die Verankerung der Testimoniensammlung in den Ereignissen der decischen Verfolgungsmaßnahmen und macht deutlich, dass die Schrift ohne diese nicht richtig gelesen werden kann.
Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen im Werk Cyprians Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen in den Testimonien Fort., test. 9-11 Fort., test. 9 Unter dem Titulus Fort. 5 (9) listet Cyprian vier Testimonien, zwei alt- und zwei neutestamentliche (Dtn 13,4b; Sir 27,5; Röm 5,2-5; 1Petr 4,12-14), die belegen sollen, dass Bedrängnisse und Verfolgungen, denen sich die Christen ausgesetzt sehen, als göttliche Prüfung zu verstehen sind. Die erste Bibelstelle, Dtn 13,4b (Der Herr euer Gott stellt euch auf die Probe, um zu erkennen, ob ihr den Herrn euren Gott aus ganzem Herzen, aus ganzer
140 Quid oro inauditum, quid nouum uenerat ut, uelut incognitis adque inopinatis rebus exortis christi sacramentum temeritate praecipiti solueretur (laps. 7). 141 Laps. 8. 142 Laps. 5. 143 Laps. 8.
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Seele und mit ganzer Kraft liebt)144, zitiert Cyprian zweimal innerhalb seiner Schriften. In Quir. 3, test. 15 ist sie unter dem Leitsatz „Gott versucht die Menschen, um sie zu prüfen“ (Ad hoc temptari homines a Deo ut probentur) angeführt. Da Quir. 3,15 und Fort. 5 (9) inhaltlich identisch sind, kann es nicht verwundern, dass Cyprian das Testimonium an beiden Stellen einsetzt. Neben Quir. 3,15 verwendet der karthagische Bischof Dtn 13,4b nur noch in mort. 11. Dort setzt er sich mit der Klage mancher Christen auseinander, wie es geschehen könne, dass die aktuell grassierende Seuche nicht nur die Heiden dezimiere, sondern auch vor den Christen nicht Halt mache (quod aequaliter cum gentilibus nostros morbi istius ualitudo corripiat)145. Dies sei, so Cyprian, dem Umstand geschuldet, dass man zu Lebzeiten mit dem Menschengeschlecht aufgrund der Gleichheit des Fleisches (cum genere humano carnis aequalitate) verbunden sei und sich lediglich im Geiste unterscheide (spiritu separamur). Die Geisteshaltung ist es also, die den Christen auszeichnet und von den Anderen trennt. Genauerhin ist dies die Tugend der Geduld, durch die sich die Gerechten vor Gott auszeichnen (hanc tolerantiam iusti semper habuerunt)146 und aufgrund der sie sich von den Juden unterscheiden, die den Herrn stets durch ihr Murren gegen sich aufbrachten (Iudaeorum populus hinc semper offenderit, quod aduersus Deum frequentius murmuraret). So kommt Cyprian zu dem Schluss, dass man im Unglück nicht murren dürfe (murmurandum non est in aduersis), sondern alles stets mit Geduld zu ertragen habe, was er u.a. in Dtn 13,4b begründet sieht. In der Prüfung der Geduld erweist sich demnach nicht nur der Unterschied zwischen Christen und Juden, sondern auch zwischen Christen und denen, die Gott nicht kennen (qui Deum nesciunt)147, d.h. den Heiden. Interessant bei der Verwendung von Dtn 13,4b durch Cyprian ist, wie selektiv er die Stelle benutzt und ihr dadurch eine völlig neue Bedeutung zuweist, indem er lediglich den letzten Teil des Verses zitiert. Dass Gott sein Volk auf die Probe stellt (temptat), ob es ihn mit ganzem Herzen liebt, wie der Vers verkündet, steht ursprünglich im Kontext des Glaubensabfalls, denn die Israeliten sollen auch dann dem Aufruf fremder Propheten und Traumdeuter, anderen Göttern zu folgen, nicht nachgeben, wenn diese ihre Worte mit Zeichen und Wundern zu untermauern verstünden. Besteht also im Deuteronomiumtext die Prüfung „lediglich“ darin, sich nicht von falschen Propheten zum Glaubensabfall bewegen zu lassen – trotz Wunderzeichen – so deutet Cyprian Seuchen und Verfolgungen, unter denen Christen ihr Leben lassen müssen, als göttliche Prüfung, 144 Temptat dominus deus uester uos ut sciat si diligitis dominum deum uestrum ex toto corde uestro et ex tota anima uestra et ex tota uirtute uestra. 145 Mort. 8. 146 Mort. 11. 147 Mort. 13.
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die es geduldig und ohne Murren zu ertragen gilt. Dass dies nicht der Intention von Dtn 13,4b entspricht, liegt auf der Hand. Betrachtet man jedoch den Halbvers, von seinem Kontext isoliert, so muss man ihn als trefflich gewähltes Testimonium bezeichnen. Im Anschluss an Dtn 13,4b listet der Bischof von Karthago den zweiten alttestamentlichen Vers von Fort. 5 (9), Sir 27,5 (Die Gefäße des Töpfers prüft der Brennofen und gerechte Menschen werden in der Versuchung der Bedrängnis geprüft)148. Wie bereits Dtn 13,4b, so findet auch der Sirachvers jeweils einmal in Quir. und in mort. Verwendung. In Quir. 3, test. 6 ist er unter der Überschrift geführt „die Guten und Gerechten müssen mehr erdulden, aber sie müssen es ertragen, da sie geprüft werden“ (bonos quosque et iustos plus laborare, sed tolerare debere, quia probantur). Während in Quir. 3,15 allgemein die Rede davon war, dass Gott die Menschen versucht, um sie zu prüfen, so ist hier spezifischer von den „Guten und Gerechten“ die Rede, die mehr zu erdulden hätten als die Anderen, wobei Cyprian die „Guten und Gerechten“ zweifelsohne synonym für die Christen versteht149, so dass bei ihm der Titulus die Bedeutung trägt, die Christen müssten mehr erdulden als die Heiden (und Juden). Angesichts dessen muss man konstatieren, dass der Vers Sir 27,5 zwar im Hinblick auf Quir. 3,6 nicht wirklich treffend gewählt ist, denn er thematisiert lediglich die Prüfung der Gerechten durch Leid, nicht jedoch, dass sie mehr zu erdulden hätten als Andere, während er sich gut und sinnvoll unter Fort. 5 (9) anführen lässt, dessen These er ja explizit bekräftigt. Nicht anders verhält es sich in mort. 13, der zweiten Belegstelle von Sir 27,5, die ebenso als durchaus treffend eingesetzt bezeichnet werden kann, denn dort stellt Cyprian den karthagischen Christen in Anlehnung an Paulus150 vor Augen, dass im Angesicht von Krankheit, körperlicher Schwäche oder einer grassierenden Seuche ihre Tapferkeit vollendet und ihr Glaube gekrönt werde, sofern man die Prüfung bestanden habe151, wie in Sir 27,5 geschrieben stehe. Deutlich nehmen nochmals die Schlussworte von mort. 13 auf den alttestamentlichen Vers Bezug, wenn es heißt, die Christen würden nicht wie die Anderen im Unglück klagen und Jammern, sondern dadurch im Leiden geprüft152.
148 Vasa figuli probat fornax et homines iustos temptatio tribulationis. 149 Siehe dazu etwa mort. 13, wenn Cyprian nach dem Sirachvers 27,5 fortfährt: „Das ist schließlich der Unterschied zwischen uns und den Übrigen, die Gott nicht kennen“ (Hoc denique inter nos et ceteros interest qui Deum nesciunt). 150 Vgl. 2Kor 12,7-9. 151 Quando ergo infirmitas et inbecillitas et uastitas aliqua grassatur, tunc uirtus nostra perficitur, tunc fides si temptata perstiterit coronatur (mort. 13). 152 ... quod illi in aduersis queruntur et murmurant, nos aduersa ... conprobant in dolore.
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Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen [Fort. 5 (9-11)]
Neben Sir 27,5 findet sich auch das dritte in Fort., test. 9 gelistete Testimonium, Röm 5,2-5 (Wir rühmen uns der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes. Darüber hinaus rühmen wir uns der Bedrängnisse, wissend, dass Bedrängnis Geduld bewirkt, Geduld aber Prüfung, Prüfung aber Hoffnung. Hoffnung aber lässt nicht in Verwirrung geraten, weil die Liebe Gottes durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist, in unsere Herzen eingegossen ist)153, unter Quir. 3, test. 6 aufgeführt. Da die Bibelstelle neben Fort. innerhalb der cyprianischen Schriften einzig und allein unter Quir. 3,6 gelistet ist, legt dies die Vermutung nahe, Quir. 3,6 habe hier als Vorlage bzw. Quellensammlung gedient. Angesichts der thematischen Nähe beider Tituli liegt dies jedoch auf der Hand und erklärt sich somit leicht. Das letzte in Fort., test. 9 gelistete Testimonium, 1Petr 4,12-14 (Geliebte Brüder, wundert euch nicht über die Feuersglut, die über euch hereingebrochen ist und die zu eurer Prüfung geschieht, und lasst euch nicht verwirren, als ob euch etwas Neues zustoßen würde, denn sooft ihr Anteil habt an den Leiden Christi, freut euch über alles, denn ihr werdet vor Freude jubeln, sobald seine Herrlichkeit geoffenbart ist. Wenn man euch im Namen Christi beschimpft, seid ihr selig zu preisen, denn die Herrlichkeit und die Kraft des Herrn ruht auf euch, was freilich bei jenen verspottet, bei uns jedoch geehrt wird)154, findet allein noch in ep. 58,2,2 Verwendung. In dem Brief an die Gemeinde von Thibaris, der ganz unter dem Eindruck der bevorstehenden Verfolgung durch Kaiser Gallus steht, versucht Cyprian den Mut der dortigen Christen zu stärken, indem er die drohenden Ereignisse als schon lange vorhergesagt (ante praedixerit) versteht, mit dem Ziel, die Christen zu erproben (persecutiones fieri ut probemur), damit „auch wir nach dem wegweisenden Beispiel der Gerechten, durch Tod und Leiden mit der Liebe Gottes vereinigt werden“155, woran sich die Petrusverse anschließen. Indem diese nicht nur Bedrängnisse als Prüfung thematisieren, sondern darüber hinaus betonen, man solle angesichts dessen nicht in Verwirrung 153 Gloriamur in spe claritatis Dei. Non solum autem sed et gloriamur in praessuris scientes quoniam praessura tolerantiam operatur, tolerantia autem probationem, probatio autem spem: spes autem non confundit, quia dilectio Dei infusa est in cordibus nostris per spiritum sanctum qui datus est nobis. 154 Carissimi, nolite mirari ardorem accidentem uobis qui ad temptationem uestram fit, nec excidatis, tamquam nouum uobis contingat. Sed quotienscumque communicatis Christi passionibus, per omnia gaudete, ut et in reuelatione facta claritatis eius gaudentes exultetis. Si inproperatur uobis in nomine Christi, beati estis, quia maiestatis et uirtutis domini nomen in uobis requiescit, quod quidem secundum illos blasphematur, secundum nos autem honoratur. 155 ... ut dilectioni dei iustorum praecedentium exemplo nos etiam morte et passionibus copulemur.
Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen [Fort. 5 (9-11)]
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geraten, da dies nichts Neues sei und der mit Christus Mitleidende selig zu preisen sei, bezeugen die Verse nicht nur den Titulus von Fort. 5 (9), sondern darüber hinaus auch den von Fort. 5 (11) in überzeugender Art und Weise.
Fort., test. 10 Um die These seines zehnten Titulus, die Ungerechtigkeiten und Strafen der Verfolgung seien nicht zu fürchten, da Gott mehr Macht besitze, die Christen zu schützen, als der Teufel, sie zu bekämpfen, biblisch zu untermauern, listet Cyprian neben zwei eigenen ausführlicheren Texten insgesamt sechs alt- und vier neutestamentliche Bibelzitate (1Joh 4,4; Ps 118,6f; 20,8f; 27,3f; Ex 1,12; Offb 2,10a; Jes 43,1-3; Mt 10,19f; Lk 21,14f; Ex 4,11f). Ein erster Durchblick durch die Belegstellen dieser Testimonien innerhalb der cyprianischen Schriften zeigt, dass der Bischof von Karthago fünf der in Fort., test. 10 geführten Bibelstellen, Ps 20,8f; 27,3f; Ex 1,12; Jes 43,1-3 und Ex 4,11f, einzig und allein dort verwendet. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass Cyprian den Titulus mit zwei eigenständig verfassten Texten versehen hat, so legt dies die Vermutung nahe, dass er bei der Gestaltung dieses Kapitels in eher geringem Maße auf existierende Vorlagen zurückgreifen konnte oder wollte, sondern statt dessen einer stärker selbständig-individuellen Ausformung den Vorrang gab, was es freilich noch eingehender zu untersuchen gilt. Als ersten Beleg von Fort., test. 10 zitiert der karthagische Bischof 1Joh 4,4 (Größer ist der, der in euch ist, als der, der in der Welt ist)156. Den Vers führt er darüber hinaus noch in Quir. 3, test. 10 und ep. 10,1,2 an. In Quir. ist der Vers unter dem Titulus „Auf Gott allein müssen wir vertrauen und in ihm uns rühmen“ (In Deum solum fidendum et in ipso gloriandum) gelistet. Hier erscheint der Vers freilich etwas deplaziert, denn er thematisiert weder das Vertrauenmüssen, noch das sich-Rühmen, sondern liefert bestenfalls eine dafür mögliche Grundlage, nämlich die Erklärung, Gott sei mächtiger als der, der in der Welt ist, d.h. der Teufel. In ep. 10,1,2 dagegen setzt Cyprian den Vers sehr gezielt zur Auferbauung und Stärkung der karthagischen Bekenner ein, die im Gefängnis der Folter entgegenblicken oder diese bereits am eigenen Leib ertragen mussten. Trotz dieser furchteinflößenden Lage seien sie jedoch zum Martyrium bereit, denn „alle aus dieser glorreichen Schar, die in Kerkerhaft sitzen, sind von ein und derselben brennenden Leidenschaft beseelt den Wettkampf zu führen“ (uniuersos autem quos agmine glorioso carcer inclusit pari et simili calore uirtutis ad gerendum certamen animatos)157, und es gebe überhaupt keinen Grund, sich von drohender 156 Maior est qui in uobis est quam qui in isto mundo. 157 Ep. 10,1,2.
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Zwangsarbeit in der Mine erschrecken (non minae terreant) oder durch Qualen und Folter bezwingen zu lassen (non cruciatus ac tormenta deuincant), denn „der in uns ist, ist größer als der, der in der Welt ist“ (quia maior est qui est in nobis quam qui est in hoc mundo)158, wie Cyprian mit 1Joh 4,4 trefflich argumentiert. Da Fort., test. 10 und ep. 10,1,2 thematisch eng miteinander verwandt sind, indem beide den Christen angesichts (drohender) staatlicher Verfolgungsmaßnahmen die Angst vor Folter und Repression nehmen und sie zum Durchhalten ermutigen wollen, lässt sich der Vers 1Joh 4,4 an beiden Stellen Gewinn bringend einsetzen – im Gegensatz zu Quir. 3, test. 10, wo er eher deplaziert erscheint. Auf den Johannesvers lässt Cyprian in Fort., test. 10 zwei Psalmverse (118,6f und 20,8f) folgen, die er eng an das vorangehende Testimonium bindet (item; et iterum) und so als thematische Einheit deutlich macht. Ps 118,6f (Ich werde keine Furcht haben, was immer der Mensch mir auch antut. Der Herr ist meine Hilfe)159 findet – wie zuvor 1Joh 4,4 – in Quir. 3, test. 10 unter dem bereits erwähnten Titulus „Auf Gott allein müssen wir vertrauen und in ihm uns rühmen“ (In Deum solum fidendum et in ipso gloriandum) Verwendung – und zwar allein dort. Ps 20,8f (Die Einen vertrauen auf Streitwagen, die Anderen auf Reiterei, wir aber werden auf den Namen unseres Gottes vertrauen. Jenen sind die Füße gebunden und sie fallen, wir aber erheben uns und stehen aufrecht)160 zitiert Cyprian, wie bereits erwähnt, ausschließlich in Fort. Auch wenn Cyprian die beiden Psalmverse als thematische Einheit mit dem vorangehenden Johannesvers konzipiert, so lassen sich dennoch innerhalb der drei Testimionien erhebliche inhaltliche Differenzen ausmachen und entsprechend unterschiedlich fällt das Urteil aus hinsichtlich ihrer Tauglichkeit für Fort., test. 10. Während diese uneingeschränkt für den Johannesvers konstatiert werden konnte, so gilt es 158 Beachtenswert bei der Zitation von 1Joh 4,4 in ep. 10,1,2 ist, dass Cyprian aus dem biblischen „in euch“ (in uobis), das er in Fort., test. 10 überliefert, ein „in uns“ (in nobis) macht. Der Grund dafür dürfte wohl darin liegen, dass Cyprian den Vers in ep. 10,1,2 nicht explizit als Bibelzitat kenntlich gemacht hat und der Satz „Größer ist der, der in euch ist“ leicht dahingehend hätte gelesen werden können, dass Gott bzw. Christus nur in den inhaftierten Bekennern und Märtyrern ist, nicht jedoch z.B. in ihm selbst. Diese Aussageintention kann der karthagische Bischof freilich nicht intendiert haben, weshalb ihm wohl ein „in uns“ passender erschien. In Fort., test. 10 dagegen ist der Vers deutlich als johanneisches Wort gekennzeichnet (Iohannes in epistula sua probat dicens), wodurch das „in euch“ alle Adressaten der Schrift bedeutet und sich jeder Christ angesprochen fühlen darf. 159 Non metuam quid mihi faciat homo: Dominus mihi auxiliator est. 160 Isti in curribus et isti in equis, nos autem in nomine Dei nostri inuocabimus. Illis copulati sunt pedes et ceciderunt, nos autem exsurreximus et erecti sumus.
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für Ps 118,6f und 20,8f diesbezüglich leichte Einschränkungen zu machen. In Fort. 5 (10) konzipiert Cyprian Christenverfolgungen als Auseinandersetzung zwischen Gott und Teufel, denn die Ungerechtigkeiten und Strafen der Verfolgung (iniurias et poenas persecutionum), unter denen die Christen zu leiden haben, sind ja – obgleich von menschlicher Hand ausgeübt – letztendlich Angriffe des Teufels (diabolus ad inpugnandum)161 auf die Schutzmacht Gottes (Dominus ad protegendum) und allein deshalb, weil Gott in diesem Duell stärker ist als jener (quia maior est), brauchen die Christen keine Furcht zu haben. Dies ist aber nicht unmittelbar Thema von Ps 118,6f, der den Schutz Gottes vor menschlicher Willkür und Gewalt in den Mittelpunkt rückt. Dass der Bischof von Karthago dennoch den Psalmvers an dieser Stelle führen wollte, ist sicherlich dem Umstand geschuldet, dass er mit dem Titulus das Motiv des Sich-nicht-fürchtenmüssens (timendas non esse; non metuam) und des göttlichen Schutzes (Dominus ad protegendum; Dominus mihi auxiliator) teilt und dass natürlich auch die Christen nicht direkt dem Teufel gegenüberstehen, sondern seinen menschlichen Handlangern, d.h. den römischen Behörden. Ähnlich verhält es sich mit Ps 20,8f. Auch hier ist der Gegner zwar militärisch hoch überlegen, aber rein innerweltlich gezeichnet. Nicht der Teufel, sondern andere, mächtige Menschen erscheinen als Widerpart. Somit waren es wohl vorrangig die Aspekte des AufGott-Vertrauens (in nomine Dei inuocabimus) und des Sich-erhebens und Aufrecht-stehens (exsurreximus et erecti sumus), die in den Augen Cyprians Ps 20,8f geeignet machten, unter Fort. 5 (10) geführt zu werden, da sie den Christen als Quellen des Mutes und der Zuversicht gegen die Furcht der drohenden Verfolgung dienen konnten. Den dritten in Fort., test. 10 gelisteten Text (Ps 27,3f: Auch wenn Heerlager sich gegen mich formieren, werde ich mich nicht fürchten. Und wenn sich Krieg gegen mich erhebt, verliere ich dennoch nicht meine Hoffnung. Eines erbitte ich vom Herrn, dies erflehe ich, dass ich im Hause des Herrn wohnen darf alle Tage meines Lebens)162 leitet Cyprian mit einem eigenständig verfassten Text ein: „Und noch nachdrücklicher lehrt und zeigt uns der Heilige Geist, dass die Heere des Teufels nicht zu fürchten sind und dass, wenn uns der Feind den Krieg erklärt hat, im Krieg selbst noch mehr unsere Hoffnung Bestand hat und die Gerechten durch diesen Kampf zum Lohn göttlicher Wohnung und ewigen Heils
161 So spricht Cyprian in Fort., test. 10 davon, dass sich die Christen, wenn ihnen der Widersacher den Krieg erklärt habe (si bellum nobis hostis indixerit), nicht fürchten müssten vor den Heeren des Teufels (castra diaboli non timenda). 162 Si directa fuerint in me castra, non timebit cor meum: et si exsurrexerit super me bellum, in illud ego spero. Vnum petii a Domino, hoc exquiram, ut habitem in domo Dei per omnes dies uitae meae.
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gelangen“163. Verglichen mit dem Psalmvers bietet der Text Cyprians nicht wirklich Neues, er liest sich vielmehr wie dessen Paraphrasierung. Lediglich an einer Stelle modifiziert der Bischof von Karthago seine Vorlage. Während der Psalmist im Angesicht von Krieg und ihn belagernden Heeren der flehentlichen Bitte Ausdruck verleiht, im Haus des Herrn ewiglich wohnen zu dürfen – wobei der Vers offen lässt, wie Gott dieser Bitte entgegnet164 – stellt Cyprian dies als sicher und unumstößlich dar. Insofern muss man feststellen, dass der Psalmvers zwar einerseits gut geeignet erscheint, den Christen im Angesicht der drohenden Verfolgung Mut zuzusprechen, denn wenn der Psalmist seine Furchtlosigkeit und Zuversicht betont, obwohl sich Heere (castra) gegen ihn formieren und Krieg (bellum) sich gegen ihn erhebt, dann lässt sich dies ohne große Mühe auf die Heere des Teufels (castra diaboli) und deren Krieg (bellum) gegen die Christen deuten und somit deren Mut und Gottvertrauen stärken. Andererseits gilt es eben zu beachten, dass der Psalmist, zumindest soweit ihn Cyprian zitiert, lediglich darum bittet und fleht, im Haus des Herrn wohnen zu dürfen. Die Gewissheit, dass ihm dies gewährt wird, lässt sich damit nicht begründen, wodurch Cyprians Worte, der Heilige Geist zeige in Ps 27,3f, dass die Gerechten zum Lohn göttlicher Wohnung und ewigen Heils gelangten (iustos ad diuinae sedis et salutis aeternae peruenire), nicht wirklich gut argumentieren, da sie des biblischen Fundamentes entbehren. Das darauf folgende Testimonium, Ex 1,12 (Je mehr sie sie unterdrückten, desto zahlreicher wurden sie und erstarkten immer mehr)165, das Cyprian ausschließlich an dieser Stelle einsetzt, leitet er mit folgenden Worten ein: „Ebenso verkündet im Buch Exodus die Heilige Schrift, dass wir durch Bedrängnisse eher vervielfacht und gestärkt werden“166. Zweifelsohne, Cyprians Eigentext und das dazu gewählte Testimonium rufen Verwunderung hervor. Zunächst das „ebenso“ (item). Es wird nicht klar, worauf es sich beziehen soll, denn weder ist der vorangehende Vers aus dem Buch Exodus genommen, noch lassen sich irgendwelche inhaltliche Anknüpfungspunkte an ihn finden. Thematisiert der Psalmvers die Bitte bzw. das Vertrauen auf göttliche Nähe und Beistand angesichts drohender Heere und Kriege, so konstatiert Ex 1,12, dass sich das Volk 163 Et adhuc fortius docens et ostendens Spiritus sanctus castra diaboli non timenda et si bellum nobis hostis indixerit, in ipso magis bello spem nostram consistere et congressione illa iustos ad diuinae sedis et salutis aeternae praemium peruenire. 164 Im weiteren Verlauf wird freilich deutlich, dass der Psalmist seine Kraft und Stärke aus der Gewissheit schöpft, Gott werde ihn beschützen, etwa wenn es heißt: „Denn er birgt mich in seinem Haus am Tage des Unheils, er beschirmt mich im Schutze seines Zeltes“ (Ps 27,5). 165 Quantoque eos deprimebant, tanto plures fiebant et inualescebant magis. 166 Item in Exodo declarat scriptura diuina praessuris multiplicari nos potius et augeri.
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der Israeliten trotz ägyptischer Repression zahlenmäßig vermehrte (plures fiebant) und erstarkte (inualescebant). Es ist aber nicht allein der von Cyprian durch item angedeutete, aber nicht recht nachvollziehbare enge Konnex beider Testimonien, der Probleme aufgibt, sondern der Sinn und die Bedeutung des Exodusverses bzw. der ihn einleitenden Worte Cyprians lassen sich darüber hinaus nicht eindeutig ermittlen und erschweren dadurch ein abschließendes Urteil. Konkret die Verben augeri und inualescebant aus dem cyprianischen Eigentext und Ex 1,12 lassen Spielraum hinsichtlich ihrer Bedeutung. Während die ihnen jeweils vorangestellten Verben multiplicari bzw. plures fiebant eindeutig zahlenmäßig zu verstehen sind, d.h., dass sich die Bevölkerung unter Bedrängnissen vermehrte und zunahm, können die Verben augeri und inualescebant sowohl zahlenmäßig verstanden werden als auch in dem hier vorgeschlagenen Sinne von „erstarken“ bzw. „gestärkt werden“167. Entscheidet man sich für erstere Variante, steht man vor dem Problem, darlegen zu müssen, inwieweit sich dies überhaupt auf Fort. 5 (10) und die darin gesammelten Testimonien beziehen lässt und worin dann die Aussageintention der beiden Texte liegen soll. Versteht man dagegen augeri und inualescebant im Sinne von „erstarken“ und „gestärkt werden“ (durch Bedrängnisse), so lässt sich dies ohne weiteres auf die Zuversicht spendenden Worte des Psalmisten beziehen, der im vorangehenden Testimonium seiner Furchtlosigkeit und seiner Hoffnung (non timebit cor meum; in illud ego spero) auf Gott trotz heftigster Bedrängnisse Ausdruck verleiht, was m.E. deutlich für letztere Interpretation spricht. Dennoch, es fällt nicht leicht, Gründe anzugeben, die Cyprian dazu bewogen haben könnten, die beiden Texte hier anzuführen. Musste nicht die Aussage, die Heilige Schrift verkünde, dass die Christen sich unter Bedrängnissen eher noch zahlenmäßig vermehrten (declarat scriptura diuina praessuris multiplicari nos potius), angesichts der katastrophalen Erfahrungen im Zuge der decischen Verfolgungsmaßnahmen und dem damit verbundenen massenhaften Glaubensabfall so vieler Christen das Bibelwort schlicht ad absurdum führen? Darüber hinaus, selbst wenn man das augeri und inualescebant in der Bedeutung von „erstarken, gestärkt werden“ durch Bedrängnisse liest und sich dadurch ein Bezug zum vorangehenden Testimonium und schließlich zum Timendas non esse des übergeordneten Titulus herstellen lässt, so kann man nur Vermutungen anstellen, welche Überlegung Cyprian dazu veranlasst haben könnte, die beiden Texte als gewinnbringend für das Thema von Fort. 5 (10), sich nicht fürchten zu müssen aufgrund der Überlegenheit Gottes über den Teufel, zu betrachten168. 167 Vgl. Georges, Lateinisch-Deutsches Handwörterbuch, 546 (augeo); 2535 (invalesco). 168 Am naheliegendsten ist wohl folgender Gedankengang: Im Titulus von Fort. 5 (10) wird erklärt, dass Gott mächtiger ist als der Teufel (maior est Dominus ad protegendum
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Im Anschluss an Ex 1,12 listet Cyprian Offb 2,10a (Nichts von dem sollst du fürchten, was du erleiden wirst)169, eingeleitet durch den knappen Eigentext: „Auch in der Offenbarung wird göttlicher Schutz in unseren Leiden versprochen“170. Dabei fällt sofort auf, dass Offb 2,10a in keinster Weise göttlichen Schutz (protectio diuina) in Aussicht stellt oder verspricht, wie Cyprians Text suggeriert, sondern lediglich dazu auffordert, keine Furcht zu haben (nihil timeas). Dies ist freilich u.a. Thema von Fort. 5 (10) mit seinem Aufruf, sich nicht zu fürchten (timendas non esse). Insofern ist das Testimonium passend gewählt und durch seine offene, unbestimmte Formulierung, nichts zu fürchten, was auch immer kommen mag, lässt es sich mühelos unter Fort. 5 (10) subsumieren, wirkt aber zugleich aufgrund seiner Unbestimmtheit floskelhaft und wohl wenig geeignet, tatsächlich Mut und Vertrauen zu spenden. Dies dürfte wohl auch der Bischof von Karthago so empfunden haben, weshalb er sich entschloss, das Testimonium mittels eines von ihm verfassten Textes zumindest dahingehend zu ergänzen bzw. zu erläutern, dass dem Adressaten einsichtig wird, warum er denn keinen Grund hat, sich vor dem zu fürchten, was er noch erleiden muss. Erst der Verweis auf den göttlichen Schutz macht dies einsichtig und verwandelt dadurch die „leere Floskel“ in ein möglicherweise trost- und kraftspendendes Wort. Den Offenbarungsvers 2,10 zitiert der karthagische Bischof drei weitere Male, allerdings jeweils nur die letzten Worte des Verses, also Offb 2,10b nicht jedoch den Beginn, wie in Fort., test. 10. Eine Untersuchung dieser drei Belegstellen erübrigt sich damit. Das Stichwort „Schutz“ (protectio) aus Cyprians Einleitungstext zu Offb 2,10a ist Anknüpfungspunkt für den auf den Offenbarungsvers folgenden Eigentext (Und kein Anderer verspricht uns Sicherheit und Schutz, als der, der auch
quam diabolus ad ingugnandum). In der Christenverfolgung nun will der Teufel die Christen schwächen und dezimieren, aber mit Gottes Hilfe werden sie dagegen durch die Bedrängnisse erst recht gestärkt und auch vermehrt. Gestärkt würden die Christen, da die lange, vorangehende Friedenszeit den Glauben Vieler schwach und müde gemacht hatte, so dass er durch die decischen Verfolgungsmaßnahmen wieder aufgebaut werden musste (vgl. dazu die Ausführungen in laps. 5). Wenn darüber hinaus in Fort. 5 (10) die Rede davon ist, dass die Christen durch Bedrängnisse (zahlenmäßig) vermehrt würden (praessuris multiplicari), dann ist dabei wohl an den bekannten Ausspruch Tertullians zu denken, das Blut der Christen sei ein Samen, da die Gläubigen nach jeder Verfolgung zahlreicher würden (Etiam plures efficimur, quotiens metimur a uobis: semen est sanguis Christianorum; apol. 50,13; CChr.SL 1,171). In jedem Fall lässt sich festhalten, dass an dieser Stelle Cyprians Vorlage interpretationsoffen und -bedürftig ist. 169 Nihil eorum timeasquae passurus es. 170 Et in Apocalypsi protectio diuina promittitur passionibus nostris.
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durch den Propheten Jesaja spricht)171, den der karthagische Bischof seinem nächsten Testimonium voranstellt, Jes 43,1-3 (Du sollst dich nicht fürchten, denn ich habe dich losgekauft und bei deinem Namen gerufen: mein bist du. Und wenn du über Wasser gehst, bin ich bei dir und Wogen werden dich nicht überfluten. Und wenn du durch Feuer gehst, wirst du nicht verbrannt werden, die Flamme wird dich nicht verbrennen, weil ich, der Herr dein Gott, der Heilige Israels, dich heil mache)172. Die Jesajaverse, die Cyprian ausschließlich in Fort. zitiert, ergänzen hervorragend den zuvor angeführten Offenbarungsvers 2,10a mit seiner Aufforderung keine Furcht vor dem zu haben, was noch kommen mag, denn sie liefern biblisch fundiert und auf sehr direkt-persönliche Art und Weise den Grund solcher Zuversicht. Weil jeder einzelne Christ Gott gehört (meus es tu) und der Herr bei ihm ist (tecum sum), wird er am Ende durch alle Gefahren und Bedrängnisse hindurch gerettet werden (qui te saluum facio). Führt man sich den Text des Titulus vor Augen, unter dem Jes 43,1-3 gelistet ist, so fällt auf, dass zwar beide den Aufruf, keine Furcht zu haben (Timendas non esse; Noli timere), miteinander teilen, sie sich aber hinsichtlich der Begründung solchen Vertrauens unterscheiden. In Fort. 5 (10) argumentiert Cyprian mit der Überlegenheit Gottes über den Teufel (quia maior est Dominus … quam diabolus), der Jesajatext dagegen betont, dass – nach christlicher Leseart – jeder Getaufte in den Besitz Gottes übergegangen ist (quia te redemi … meus es tu) und deswegen auf Schutz und Rettung vertrauen darf. Da es sich hierbei aber nicht um konkurrierende, sondern vielmehr sich ergänzende Begründungsmodelle handelt, lässt sich Jes 43,1-3 ganz vortrefflich unter Fort. 5 (10) führen. Abgesehen davon muss man wohl konstatieren, dass die Bibel insgesamt nur wenige Texte bereitstellt, die auf solch eingängige und eindrucksvolle Art und Weise dem Leser das schützende und rettende Engagement Gottes für sein Volk vor Augen stellen. In dem auf die Jesajaverse folgenden kurzen Text präzisiert Cyprian den Beistand Gottes auf die Situation der Verfolgung hin. „Dieser verspricht auch im Evangelium, dass den Dienern Gottes in der Verfolgung die göttliche Hilfe nicht fehlen werde.“173 Als Beleg dessen zitiert der karthagische Bischof Mt 10,19f (Wenn man euch aber vor Gericht bringt, denkt nicht darüber nach, wie und was 171 Nec alius securitatem nobis et protectionem pollicetur quam qui et per Esaiam prophetam loquitur. 172 Noli timere, quia te redemi et uocaui te nomine tuo: meus es tu. Et si transieris per aquam, tecum sum et flumina te non inundabunt. Et si transieris per ignem, non conbureris, flamma te non conburet, quoniam ego dominus deus tuus sanctus Israhel qui te saluum facio. 173 Qui et in euangelio promittit auxilium diuinum Dei seruis in persecutionibus non defuturum.
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ihr sagen sollt, denn es wird euch in jener Stunde eingegeben werden, was ihr sagen sollt. Denn es seid nicht ihr, die dann sprechen werdet, sondern der Geist eures Vaters wird durch euch sprechen)174. Im Hinblick auf den ersten Teil des Titulus sind die Matthäusverse zweifelsohne passend gewählt, denn sie versichern, wie Cyprian völlig zu Recht einleitet, den Beistand Gottes im Angesicht einer Verfolgungssituation – sofern man ein Verhör vor Gericht, wie in Mt 10,19f vorausgesetzt, als solche akzeptiert. Damit bestätigen sie die Aufmunterung von Fort. 5 (10), sich nicht fürchten zu müssen, da man auf göttliche Hilfe vertrauen könne. Innerhalb seiner Schriften listet Cyprian Mt 10,19f zunächst unter Quir. 3,16 zu dem Titulus „Über das Gut des Martyriums“ (De bono martyrii). An dieser Stelle können die Matthäusworte nur bedingt überzeugen, denn sie thematisieren nicht das Martyrium an sich sondern das ihm vorausgehende Glaubensbekenntnis. Da dieses freilich unweigerlich auf das Martyrium hinausläuft, lassen sich die Matthäusverse – wenn auch nur indirekt – unter Quir. 3,16 subsumieren. Anders dagegen verhält es sich in ep. 10,3. In dem Brief an die Märtyrer und Bekenner von Karthago lobt Cyprian mit überschwenglichen Worten deren Heldenmut angesichts der schweren Martern, die sie ertragen mussten. Dabei seien sie jedoch nicht allein gewesen, denn Christus selbst kämpfe und siege in ihnen (in talibus seruis suis et pugnauit et uicit protector fidei). So sei der Beistand Gottes für Alle sichtbar gewesen in den Worten des Märtyrers Mappalicus, der dem Verhör führenden Prokonsul trotzte und ihm einen Wettkampf für den morgigen Tag versprach (proconsuli diceret: „uidebis cras agonem“)175. Ein solches Wort, das voll des Heiligen Geistes aus dem Munde des Märtyrers entströmte (vox plena spiritu sancto de martyris ore prorupit)176, sei nicht anders zu verstehen, denn als Beweis (documentum) der Worte aus Mt 10,19f. Treffender als in ep. 10,3 lassen sich die Matthäusverse wohl kaum einsetzen. In der nächsten Belegstelle von Mt 10,19f, ep. 58 an die Gemeinde von Thibaris, stellt der karthagische Bischof im Angesicht der drohenden Verfolgung durch Kaiser Gallus den Adressaten seines Briefes die Beispiele biblischer Märtyrer vor Augen, denen es nachzueifern gelte. So sei neben Abel und Abraham das Bekenntnis der drei Jünglinge Anania, Azaria und Misael nachzuahmen (imitemur tres pueros Ananiam, Azariam, Misael)177, die sich vor dem König
174 Cum autem uos tradiderint, nolite cogitare quomodo aut quid loquamini. Dabitur enim uobis in illa hora quid loquamini. Non enim uos estis qui loquimini, sed spiritus patris uestri qui loquitur in uobis. 175 Ep. 10,4,1. 176 Ebd. 177 Ep. 58,5,1.
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Nebukadnezar weigerten, dessen Götter anzubeten (diis tuis non seruimus)178. Dieses Beispiel der ungeschwächten und unbesiegten Kraft des Heiligen Geistes (spiritus sancti incorruptus et inuictus uigor)179 versteht Cyprian als Beweis für die Zuverlässigkeit der Matthäusworte 10,19f (ut appareat uera esse quae in evangelio suo dominus edixit), der Bekenner dürfe darauf vertrauen, dass im Verhör nicht er selbst, sondern der Geist des Vaters durch ihn spreche. In ep. 76 vom April 257180, die Cyprian von seinem Exilsort Curubis aus an die im Bergwerk verskalvten Mitbrüder (fratribus in metallo) richtet, versucht er deren Mut und Durchhaltevermögen zu stärken, denn „wer sollte nicht einen in den Augen Gottes wertvollen Tod tapfer und standhaft annehmen, um den Blicken dessen zu gefallen, der uns beim Kampf um seines Namens willen von oben beobachtet, der unseren Willen prüft, uns im Kampf unterstützt und die Siegreichen krönt“181. Vor allem die Matthäusverse 10,19f sieht Cyprian dabei als Beweis dafür, dass es Gottes Verdienst sei, wenn der Christ den Sieg erlange (Ipsius enim esse quod uincimus)182. Die Logik ist nachvollziehbar, da die Verse ja nicht nur den göttlichen Beistand bezeugen, sondern betonen, dass – im Falle eines Verhöres – der Heilige Geist der eigentlich Handelnde sei, nicht der Christ. Die darin enthaltene frohe Botschaft war demnach, dass die Christen, die ihren Glauben nicht verleugnet haben, im gottgewirkten Bekenntnis den göttlichen Beistand erfahren durften, wie er von der hl. Schrift versprochen ist, und dass man deshalb sicher und zweifelsfrei überzeugt sein kann, ja sogar sein muss, dass Gott die um seines Namens willen Verfolgten nicht im Stich lassen werde und dass sich ebenso auch all die Versprechen künftiger reicher Belohnungen erfüllen werden183. Im Anschluss an Mt 10,19f listet Cyprian in Fort., test. 10 ein Testimonium, das thematisch eng mit diesem verwandt ist, Lk 21,14f (Fasst in euren Herzen den Entschluss, eure Verteidigung nicht im voraus zu überlegen, denn ich werde euch die Worte und die Weisheit eingeben, gegen die eure Ankläger nichts ausrichten können)184. Auch die Lukasverse versprechen den Christen, wie zuvor die Matthäusverse, den göttlichen Beistand im Falle eines (gerichtlichen) Verhö178 179 180 181
Vgl. dazu Dan 3,16-18. Ep. 58,5,2. Vgl. Clarke, Chronology, 709. ... quis non pretiosam in conspectu dei mortem fortiter et constanter excipiat placiturus eius oculis qui nos in congressione nominis sui desuper spectans uolentes conprobat, adiuuat dimicantes, uincentes coronat (ep. 76,4,2). 182 Ep. 76,5,1. 183 Vgl. dazu Fort. 5 (12f). 184 Ponite in cordibus uestris non praemeditari excusare. Ego enim dabo uobis os et sapientiam, cui non possint resistere aduersarii uestri.
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res. Die Lukasverse sind damit sowohl im Hinblick auf die die beiden Testimonien einleitenden Worte, den Christen werde in der Verfolgung die göttliche Hilfe nicht fehlen (auxilium diuinum Dei seruis in persecutionibus non defuturum), als auch im Hinblick auf den Titulus selbst, der die größere Macht Gottes die Christen zu schützen, als die des Teufels sie zu bekämpfen (maior est Dominus ad protedendum quam diabolus ad inpugnandum), betont, passend gewählt, denn sie versprechen göttliche Hilfe in Form geistgewirkter und damit menschlichem Eifer überlegener Rede vor Gericht. Damit ist aber biblisch fundiert ein Grund benannt, warum die Christen sich nicht zu fürchten bräuchten, wie Fort. 5 (10) verspricht. Am Beispiel von Cyprians eigenem Verhör vor dem Prokonsul Paternus, wie es in den Acta Proconsularia überliefert ist, lässt sich dies verdeutlichen: „Die geheiligten Kaiser Valerianus und Gallienus haben gnädigst ein Schreiben an mich [Paternus] gerichtet mit dem Inhalt, dass diejenigen, die die römische Religion nicht ausüben, die römischen Gebräuche anerkennen müssen … Der Bischof Cyprian antwortete: Ich bin ein Christ und Bischof. Ich kenne keine andern Götter außer den einen und wahren Gott … Der Prokonsul Paternus entgegnete: Verharrst du also in dieser Ansicht? Der Bischof Cyprian antwortete: Eine gute Gesinnung, die Gott anerkennt, kann nicht geändert werden. Der Prokonsul Paternus sagte: Bist du also nach dem Gebote des Valerianus und Gallienus bereit, als Verbannter in die Stadt Curubis zu gehen? Der Bischof Cyprian antwortete: Ich gehe.“185
Cyprians Worte aus ep. 76,5: „Darin besteht freilich die große Zuversicht der Gläubigen und die äußerst schwerwiegende Schuld der Ungläubigen, dem nicht zu vertrauen, der versprochen hat, den Gläubigen seine Hilfe zukommen zu lassen“186, können mühelos auf die Situation seines eigenen Verhörs übertragen werden. Die römischen Behörden, die danach streben, die Christen zum „Anerkennen der römischen Gebräuche“ (debere Romanas ceremonias recognoscere) zu zwingen, d.h. sie zum Glaubensabfall zu nötigen, sind nichts anderes als Handlanger des Teufels, die gegen die Gläubigen Krieg führen. In Mt 10,19f und Lk 21,14f hat Gott den Christen für diesen Fall seinen Beistand zugesagt. Wenn die Christen deshalb siegreich sind, d.h. wenn sie sich zu dem einen und 185 Sacratissimi imperatores Valerianus et Gallienus, litteras ad me dare dignati sunt, quibus praeceperunt eos qui Romanam religionem non colunt, debere Romanas ceremonias recognoscere ... Cyprianus Episcopus dixit: Christianus sum, et Episcopus. Nullos alios deos novi, nisi unum et verum Deum .... Paternus Proconsul dixit: In hac ergo voluntate perseveras? Cyprianus Episcopus respondit: Bona voluntas, quae Deum novit, immutari non potest. Paternus Proconsul dixit: Poteris ergo secundum praeceptum Valeriani et Gallieni, exsul ad urbem Curubitanam proficisci? Cyprianus Episcopus dixit: Proficiscor (Act. procons. 1; CSEL 3,3,CX). 186 In quo quidem et credentium magna fiducia est et culpa grauissima perfodorum non credere ei qui se opem suam daturum confitentibus pollicetur (ep. 76,5,1).
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wahren Gott bekennen und trotz Strafandrohung dabei verharren, dann wird darin die versprochene Hilfe Gottes (auxilium diuinum) vor den Angriffen des Teufels und seiner Handlanger deutlich, denn gegenüber der Schutzmacht Gottes können sie nichts ausrichten (quia maior est Dominus ad protegendum quam Diabolus ad inpugnandum). In diesem Sinne verwendet Cyprian Lk 21,14f in ep. 76,5, der einzigen weiteren Belegstelle des Testimoniums innerhalb seiner Schriften. Nachdem er dort bereits Mt 10,19f zitiert hatte, mit der Intention, seine zu Minen- und Bergwerksarbeit verurteilten Mitbüder im Glauben und im Durchhalten zu stärken, fügt er unmittelbar im Anschluss daran die Lukasverse an, die dadurch sowohl in Fort. 5, test. 10 als auch an dieser Stelle als Einheit erscheinen. Auch der nächste Vers, den Cyprian in Fort., test. 10 listet, Ex 4,11f (Wer hat dem Menschen dem Mund gegeben und wer macht stumm oder taub oder sehend oder blind? Bin das nicht etwa ich, der Herr? Und jetzt brich auf und ich werde deinen Mund öffnen und dich unterweisen, was du reden sollst)187 steht in einer Reihe mit den beiden vorangehenden Testimonien Mt 10,19f und Lk 21,14f und zielt darauf ab, den Mut und die Zuversicht der Christen für die bevorstehende Verfolgung zu stärken, indem er göttlichen Beistand im Falle eines gerichtlichen Verhörs zusichern soll. Da Cyprian die Verse ausschließlich hier zitiert, lässt dies den Schluss zu, dass er dieser Thematik großes Gewicht beimaß und sie anhand mehrerer Testimonien zu untermauern bemüht war, auch mit solchen eben, die er sonst nirgends einsetzte, sondern nur für diesen Zweck anführte. Inhaltlich fügen die Exodusverse Mt 10,19f nichts Neues hinzu, denn beide erklären, dass es keinen Grund zur Sorge gibt, da Gott dem Menschen in seinen Worten beistehen werde. Den Abschluss von Fort., test. 10 bildet ein Text aus Cyprians eigener Feder: „Und es ist nicht schwer für Gott, den Mund eines Menschen, der ihm ergeben ist, zu öffnen und seinem Bekenner ein standhaftes und vertrauensvolles Sprechen einzugeben, da er im Buch Numeri gegen den Propheten Balaam sogar eine Eselin zum Sprechen brachte188. Deshalb soll in der Verfolgung niemand daran denken, welche Gefahr der Teufel bringen könnte, sondern er soll sich vielmehr bewusst sein, welche Hilfe Gott gewährt und menschliche Bosheit soll ihn nicht wanken lassen, sondern der göttliche Schutz soll seinen Glauben stärken, da ein Jeder entsprechend den Versprechen des Herrn und den Verdiensten seines Glaubens soviel an göttlicher Hilfe empfängt, wie er überzeugt ist zu erhalten und es gibt nichts, was der Allmäch-
187 Quis dedit os homini et quis fecit mogilalum et surdum et uidentem et caecum? Nonne ego Dominus Deus? et nunc perge, et ego aperiam os tuum et instruam te quid loquaris. 188 Vgl. Num 22,28-30.
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tige nicht gewähren könnte – außer der Glaube des Empfangenden ist verloren gegangen.“189
In diesem Text formuliert der Bischof von Karthago abschließend nochmals den zentralen Gedanken des Titulus Fort. 5 (10), auf den hin sämtliche dort gelisteten Testimonien ausgerichtet sind: der Christ braucht in der Verfolgung, genauer gesagt, beim gerichtlichen Verhör im Zuge der Verfolgung, keine Furcht vor dem Teufel bzw. der Bosheit der Menschen zu haben, denn Gott verspricht ihm beizustehen und ihn zu schützen.
Fort., test. 11 Vergleicht man den Text des Titulus, den Cyprian in Fort. 5 (11) präsentiert190, mit seiner gekürzten Fassung, die er in Fort., test. 11 den Testimonien voranstellt191, so lässt sich leicht feststellen, dass sich durch diese Kürzung das Gewicht der Argumentation erheblich verschiebt. Liegt der Schwerpunkt in Fort. 5 (11) auf dem Beweisgang, dass aus dem Eintreffen der Prophezeiung, die Welt 189 Nec difficile est Deo aperire os hominis deuoti sibi et confessori suo inspirare constantiam et fiduciam loquendi qui in Numeris aduersus Balaam prophetam etiam asinam fecerit loqui. Quare in persecutionibus nemo cogitet quod periculum diabolus inportet, sed immo consideret quod auxilium Deus praestet, nec mentem labefactet humana infestatio, sed corroboret fidem diuina protectio, quando unusquisque secundum dominica promissa et fidei suae merita tantum accipiat de Dei ope quantum se credat accipere, nec sit quod omnipotens praestare non possit, nisi accipientis fides caduca defecerit. 190 „Und damit sich niemand angesichts der Bedrängnisse und Verfolgungen, die wir in dieser Welt erdulden (müssen), erschrecken und verwirren lässt, muss man aufweisen, dass vorhergesagt ist, die Welt werde uns hassen und gegen uns Verfolgungen starten, damit aus dem Eintreffen dieser Prophezeihung das Vertrauen auf das göttliche Versprechen künftiger reicher Belohnungen gestärkt wird. Auch geschieht den Christen damit nichts Neues, da seit Anbeginn der Welt die Guten zu leiden haben und die Gerechten von den Ungerechten unterdrückt und getötet werden“ (Ac ne expauescat quis et conturbetur ad praessuras et persecutiones quas patimur in isto mundo, probandum ante praedictum esse quod nos mundus odio habiturus esset et quod persecutiones aduersum nos excitaret, ut ex hoc ipso quod haec fiant manifesta sit fides diuinae pollicitationis in mercedibus et praemiis postmodum secuturis, nec nouum quid accidat christianis, quando ab initio mundi boni laborauerint et oppressi adque occisi sint iusti ab iniustis). 191 „Vorhergesagt ist, dass die Welt uns hassen und gegen uns Verfolgungen starten werde und dass den Christen damit nichts Neues geschieht, da seit Anbeginn der Welt die Guten zu leiden haben und die Gerechten von den Ungerechten unterdrückt und getötet werden“ (Ante praedictum esse quod nos mundus odio habiturus esset et quod persecutiones aduersum nos excitaret et quod nihil nouum christianis accidat, quando ab initio mundi boni laborauerint et oppressi adque occisi sint iusti ab iniustis).
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werde die Christen hassen, die Gewissheit abgeleitet werden könne, dass auch die Vorhersagen bezüglich der kommenden reichen Belohnung der Gläubigen zutreffen werden, so dominiert in Fort., test. 11, durch Streichung dieser Schlussfolgerung, der Aspekt, dass die Verfolgungen gegen die Christen nichts Neues seien (nihil nouum), da sie schon vorausgesagt wurden (ante praedictum). Dies entspricht dem Wortlaut und Gedankengang in laps. 7, wo Cyprian seiner Gemeinde nach ihrem massenhaften Glaubensabfall in Folge der decischen Verfolgungsmaßnahmen entgegenhält, dies alles sei bereits angekündigt und vorhergesagt (praenuntiata sunt ista nobis et ante praedicta) und somit absolut nichts Unerhörtes und Neues (quid oro inauditum, quid nouum uenerat). Fort. 5 (11), speziell in seiner gekürzten Version von Fort., test. 11 macht somit unmissverständlich seine Verankerung in den Ereignissen der decischen Verfolgungsmaßnahmen deutlich und lässt sich nicht anders denn als Reaktion und Antwortversuch darauf interpretieren. In Fort., test. 11 sammelt Cyprian zu diesem Zweck insgesamt neun alt- und acht neutestamentliche Testimonien (Dan 3,16-18; 14,5; Tob 13,6; 2Makk 7,14.16f.18f.27-29; 2Makk 6,30; Joh 15,18-20; 16,2-4.20.33; Mt 23,9; 24,4-31; Offb 7,9f.13-15), dazu noch vier, z.T. umfangreiche Texte aus eigener Feder. Diese mit Abstand reichste Materialsammlung innerhalb der 13 in Fort. 5 angeführten Tituli macht deutlich, wie sehr dem karthagischen Bischof diese Thematik am Herzen lag und welches Gewicht er ihr in seiner praeparatio ad martyrium einräumte. Den Beginn von Fort., test. 11 bilden vier Testimonien aus dem Johannesevangelium (Joh 15,18-20; 16,2-4.20.33), die Cyprian durch die dreimalige Wendung „und desweiteren“ (et iterum) miteinander verbindet. Joh 15,18-20 (Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich zuerst gehasst hat. Wenn ihr aus dieser Welt wäret, würde die Welt lieben, was ihr Eigentum ist. Aber da ihr nicht aus dieser Welt seid und ich euch aus dieser Welt erwählt habe, deshalb hasst euch die Welt. Erinnert euch an das Wort, das ich zu euch gesprochen habe: Der Sklave ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen)192 setzt der karthagische Bischof neben Quir. 3, test. 29 unter dem Titulus „Über den Hass auf den (christlichen) Namen, der vorhergesagt ist“ (De odio nominis ante praedictum) in ep. 58,6 ein, dem Schreiben an die Gemeinde von Thibaris. Dort ruft er die Christen dazu auf, biblische Vorbilder für das Martyrium nachzuahmen (imitemur, fratres dilectissimi, 192 Si mundus uos odit, scitote quoniam me primo odit. Si de mundo essetis, mundus quod suum esset amaret: sed quia de mundo non estis et ego elegi uos de mundo, propterea odit uos mundus. Mementote sermonis quem dixi uobis: Non est seruus maior domino suo. Si me persecuti sunt, et uos persequentur.
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Abel iustum …), um ihnen schließlich nach den Propheten und Aposteln das Beispiel Christi vor Augen zu führen, mit dem Verweis: „Der Sohn Gottes hat gelitten, um uns zu Kindern Gottes zu machen, und der Sohn eines Menschen will nicht leiden, um ein Sohn Gottes zu bleiben? Wenn wir unter dem Hass der Welt leiden müssen – zuerst hat Christus den Hass der Welt ertragen“193, woran sich die Johannesverse anschließen. Indem diese sowohl den Hass der Welt auf die Christen als auch ihr Verfolgt-werden als Konsequenz daraus thematisieren und erklären, eignen sie sich hervorragend, die Bereitschaft zum Martyrium als notwendige Forderung christlichen Lebens in dieser Welt zu begründen und einsichtig zu machen. Mit einem treffenderen und aussagekräftigerern Testimonium hätte Cyprian somit seinen Titulus kaum beginnen lassen können, wenn es darum geht, den Hass der Welt auf die Christen als biblische Prophezeiung zu untermauern. Das zweite Testimonium, Joh 16,2-4 (Die Stunde wird kommen, in der Jeder, der euch tötet, meint, Gott einen Dienst zu erweisen. Aber das werden sie tun, weil sie weder den Vater noch mich erkannt haben. Dies aber habe ich zu euch gesprochen, damit ihr euch, wenn deren Stunde kommt, daran erinnert, dass ich es euch gesagt habe)194, findet ebenso, wie zuvor Joh 15,18-20, in Quir. 3 und ep. 58 Verwendung. In Quir. 3, test. 16 sind die Verse unter dem Titulus „Über den Segen des Martyriums“ (De bono martyrii) geführt. Dies macht einerseits Sinn, da der Text prophezeiht, man werde die Christen (ihres Glaubens wegen) töten (omnis qui uos occiderit), sie also zu Märtyrern machen, andererseits bleibt jedoch offen, warum es sich hierbei um einen „Segen“ (De bono) handelt. Genauso gut, wenn nicht sogar noch treffender, hätte Cyprian deshalb die Verse unter Quir. 3, test. 29 „Über den Hass auf den (christlichen) Namen, der vorhergesagt ist“ (De odio nominis ante praedictum) listen können, zusammen mit Joh 15,18-20. Für den Titulus von Fort., test. 11 sind sie jedenfalls zielsicher und aussagekräftig ausgewählt, denn sie bestätigen in eindrucksvoller Art und Weise dessen ersten Teil, der Hass der Welt und die Verfolgungen, die sie gegen die Christen durchführen werde, seien bereits vorausgesagt, weshalb sich niemand darüber wundern dürfe. Nicht anders ist die Verwendung der Verse in ep. 58,2,1. Auch dort sollen sie mit den Worten der heiligen Schrift bekräftigen, dass „sich niemand darüber wundert, dass wir durch ständige Verfolgungen in die Enge getrieben und durch beängstigende Bedrängnisse regelmäßig gequält 193 Filius Dei passus est ut nos filios Dei faceret, et filius hominis pati non uult ut esse Dei filius perseueret! Si odio saeculi laboramus, odium saeculi sustinuit prior Christus (ep. 58,6,3). 194 Ueniet hora, ut omnis qui uos occiderit putet se officium Deo facere: Sed hoc facient, quoniam non cognouerunt patrem neque me. Haec autem locutus sum uobis, ut cum uenerit hora eorum memores sitis, quia ego dixi uobis.
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werden, da der Herr diese Geschehnisse für die letzten Tage bereits vorausgesagt hat“195. Solchermaßen belehrt (hortamento sui sermonis instruxerit) und gerüstet, müssen sich die Christen dem Aufruf stellen, zum Kampf bereit zu stehen (ut parati omnes ad proelium stemus)196. Neben Fort., test. 11 verweist somit auch ep. 58 direkt auf die Ereignisse der decischen Verfolgungsmaßnahmen bzw. auf die Klage Cyprians, wie sie in laps. 7 formuliert ist, die Christen hätten wissen müssen, dass Verfolgungen gegen sie gestartet werden, da ihnen dies vorhergesagt sei und sie sich deshalb niemals hätten so überraschen und überrumpeln lassen dürfen. Als dritten der vier Johannesbelege zitiert Cyprian Joh 16,20 (Amen, Amen, ich sage euch, dass ihr weinen und klagen werdet, die Welt sich aber freuen wird. Ihr werdet traurig sein, aber euer Kummer wird sich in Freude wandeln)197. Der Vers, der den Kummer und die Trauer der Christen auf der einen Seite, der Freude der Welt auf der anderen Seite gegenüberstellt, fügt sich nicht wirklich ein unter den Text des Titulus von Fort., test. 11, denn weder thematisiert er den Hass der Welt und die Verfolgungen, die sie gegen die Christen initiiert, noch dass diese unterdrückt und getötet würden (oppressi adque occisi). Allein das Leiden der Guten (boni laborauerint), von dem der Titulus spricht, lässt sich ohne größere Mühe darauf beziehen. Jedoch dürfte diese Parallele kaum der Grund für die Listung des Verses an dieser Stelle gewesen sein. Ausschlaggebend war wohl vielmehr der beiden Texten gemeinsame, negativ belegte Begriff „Welt“ (saeculum bzw. mundus) in Verbindung mit dem Versprechen künftiger Freuden bzw. künftigen Lohnes (tristitia uestra in laetitiam ueniet bzw. fides diuinae pollicitationis in mercedibus et praemiis) aus Fort. 5 (11). Sehr harmonisch fügt sich dagegen Joh 16,20 in mort. 5 ein, der einzigen Belegstelle des Testimoniums innerhalb des cyprianischen Œuvres. In seiner Trostschrift aus dem Jahr 252 anlässlich der großen Seuche, die in Karthago wütete und unter der auch zahlreiche Christen ihr Leben lassen mussten, preist Cyprian den (drohenden) Tod als Übergang zu Gott, denn nur der müsse den Tod fürchten, der nicht zu Christus gehen will (Eius est enim mortem timere, qui ad Christum nolit ire)198. Wer stirbt und aus dieser Welt scheidet, habe, so der Bischof von Karthago, keinen Grund zu trauern, im Gegenteil, er müsse sich freuen, da er nicht mehr unablässig gegen die eigene Habgier und Unzucht, den Zorn und 195 Nec quisquam miretur persecutionibus nos adsiduis fatigari et pressuris angentibus frequenter urgeri, quando haec futura in nouissimis temporibus dominus ante praedixerit (ep. 58,2,2). 196 Ep. 58,1,2. 197 Amen amen dico uobis quoniam uos plorabitis et plangetis, saeculum autem gaudebit: uos tristes eritis, sed tristitia uestra in laetitiam ueniet. 198 Mort. 2.
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Ehrgeiz, gegen fleischliche Laster und weltliche Verlockungen ankämpfen müsse (cum auaritia nobis, cum inpudicitia, cum ira, cum ambitione congressio est, cum carnalibus uitiis, cum inlecebris saecularibus adsidua et molesta luctatio est)199, sondern stattdessen zügig zu Christus komme (ad Christum uelocius properare) und somit seine Traurigkeit gegen Freude eintausche (quis non tristitia carere optet, quis non ad laetitiam uenire festinet)200, wie Joh 16,20 tröstend in Aussicht stellt. Als vierten und letzten Beleg aus dem Johannesevangelium zitiert Cyprian in Fort., test. 11 den Vers 16,33 (Dies habe ich euch gesagt, damit ihr in mir Frieden habt, in der Welt aber leidet ihr unter Bedrängnissen. Aber habt Vertrauen, denn ich habe die Welt besiegt)201. Noch knapper und präziser lässt sich kaum ausdrücken, worum es Cyprian in Fort. 5 (11) geht, denn nicht nur die Bedrängnisse (pressuras), mit denen der Leser unweigerlich auch Verfolgungen assoziiert (praessuras et persecutiones fieri)202, werden prophezeit und thematisiert, so dass nicht nur das ante praedictum esse aus Fort. 5 (11) erfüllt ist, sondern sich auch die Rede vom zu erwartenden Lohn (mercedibus et praemiis), der sich aus der Hoffnung und dem Vertrauen darauf, dass die Christen Anteil haben werden am Sieg Christi über die Welt, ableiten lässt. Dass Cyprian bei der Bedrängnis (pressuram) aus Joh 16,33 nicht nur die Nöte und Drangsale der Christen im Allgemeinen, sondern darüber hinaus speziell Verfolgungen im Blick hatte, belegt die Verwendung des Verses in pat. 12. Nachdem der karthagische Bischof im vorangehenden Kapitel dieser Schrift menschliches Leben grundsätzlich als ein Leben in Bedrängnissen und Erschütterungen bestimmt hat (qui sic nascimur ut pressuris istic et conflicationibus laboremus), folgt die Beobachtung, dass die Christen noch mehr als der Rest der Menschheit zu leiden hätten, da sie vermehrt vom Teufel heimgesucht würden (nobis, qui diabolo impugnante plus quatimur) und in der Verfolgung nicht nur die Heimat verlassen müssten, sondern darüber hinaus auch Gefängnis, Fesseln und Hinrichtung durch das Schwert, durch wilde Tiere, Feuer, Kreuzigung und Martern und Strafen aller Art203 zu fürchten hätten, was jedoch mit der Kraft der Geduld zu ertragen sei (uirtute patientiae perferenda), wie der Herr in Joh 16,33 lehre (Domino ipso instruente). 199 Mort. 4. 200 Mort. 5. 201 Haec locutus sum uobis, ut in me pacem habeatis, in saeculo autem praessuram: Sed fidete quoniam ego uici saeculum. 202 Vgl. Fort. 5 (9). 203 ... in persecutionum quoque certamine patrimonia relinquenda sunt, subeundus carcer, portanda catenae, animae impendendae, gladius, bestiae, ignes, cruces, omnia denique tormentorum ac poenarum genera.
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Der Gedanke, dass die Christen mehr leiden müssten als die Übrigen, war auch in Quir. 3, test. 6, der einzig weiteren Belegstelle von Joh 16,33, ausschlaggebend für die Listung des Verses, der unter dem Titulus „Die Guten und Gerechten müssen mehr leiden, aber sie müssen dies ertragen, da sie geprüft werden“ (Bonos quosque et iustos plus laborare, sed tolerare debere, quia probantur), erfolgt. Da dies jedoch nicht der Aussageintention des Verses entspricht, sondern – wenn überhaupt – lediglich abgeleitet werden kann, ist die Verwendung des Testimoniums in Fort., test. 11 sicherlich treffender und überzeugender. Im Anschluss an die vier Johannesbelege zitiert Cyprian mit den einleitenden Worten „Und als er [Jesus] von seinen Schülern nach einem Zeichen seiner Ankunft und der Vollendung der Welt gefragt wurde, antwortete er folgendermaßen“204 das mit Abstand längste Testimonium innerhalb von Fort., Mt 24,431: Hütet euch, dass euch niemand in die Irre führt, denn Viele werden in meinem Namen kommen und sagen, ich bin der Messias, und sie werden Viele täuschen. Ihr werdet aber anfangen, Kriege und Nachrichten von Kriegen zu hören. Gebt acht und lasst euch nicht verwirren, denn es muss geschehen! Es ist aber noch nicht das Ende. Es wird sich ein Volk über das andere erheben und ein Königreich über das andere und es wird Hunger und Erdbeben und Seuchen an jedem Ort geben. Dies alles ist aber erst der Anfang der Wehen. Dann werden sie euch in Bedrängnis bringen und euch töten und ihr werdet allen Völkern um meines Namens willen verhasst sein. Viele werden dann zu Fall gebracht werden und einander verraten und hassen. Und es werden viele falsche Propheten auftreten und Viele in die Irre führen und weil der Frevel Überhand nimmt, wird die Liebe Vieler erkalten. Wer aber bis zum Ende ausharren wird, der wird gerettet werden. Diese frohe Botschaft vom Reich wird auf der ganzen Welt allen Völkern verkündet werden, damit sie es hören und dann erst wird das Ende kommen. Wenn ihr dann am heiligen Ort das Scheusal der Verwüstung stehen seht, wie es bei dem Propheten Daniel vorhergesagt ist – wer dies liest, begreife –, dann soll, wer in Judäa ist, in die Berge fliehen und wer auf dem Dach ist, soll nicht hinuntergehen, um etwas aus dem Haus mitzunehmen, und wer auf dem Acker ist, soll sich nicht zurück wenden, um seinem Mantel zu holen. Wehe aber den Schwangeren und Stillenden in jenen Tagen. Betet, dass eure Flucht nicht im Winter oder am Sabbat sein wird, denn dann wird es eine solch große Bedrängnis geben, wie es sie seit Anbeginn der Welt bis jetzt noch nicht gegeben hat und nicht mehr geben wird. Wenn jener Zeitraum nicht verkürzt würde, dann würde niemand gerettet werden. Wegen der Erwählten aber wird er verkürzt werden. Wenn dann irgendjemand zu euch sagen wird: Siehe, hier ist der Messias!, oder: Siehe dort!, so glaubt ihm nicht. Es werden sich nämlich falsche Messiasse und falsche Propheten erheben und große Zeichen und Wunder wirken, um – wenn möglich – auch die 204 Et cum a discipulis suis interrogaretur de signo aduentus sui et consummationis mundi, respondit et dixit:
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Auserwählten in die Irre zu führen. Ihr aber, nehmt euch also in Acht, ich habe euch alles vorausgesagt. Wenn sie also zu euch sagen: Siehe, er ist in der Einsamkeit, geht nicht dorthin, und wenn sie sagen: Er ist im Haus, so glaubt ihnen nicht. Denn wie der Blitz, der vom Osten ausgeht und bis zum Westen leuchtet, so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein. Überall wo Aas sein wird, werden sich die Geier sammeln. Sofort nach der Bedrängnis jener Tage wird sich die Sonne verfinstern und der Mond wird sein Licht nicht geben und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. Dann wird am Himmel das Zeichen des Menschensohnes erscheinen und alle Völker der Erde werden klagen und sie werden den Menschensohn in großer Macht und Herrlichkeit kommen sehen auf den Wolken des Himmels. Er wird seine Engel mit lauter Trompete ausschicken und sie werden seine Erwählten aus den vier Windrichtungen sammeln von allen Enden des Himmels205.
Allein der ungewöhnlich große Umfang des Testimoniums lässt vermuten, dass Cyprian dem Text eine besondere, geradezu herausragende Bedeutung beige205 Cauete ne quis uos fallat. Multi enim uenient in nomine meo dicentes ego sum Christus, et multos fallent. Incipietis autem audire bella et auditus bellorum. Videte, nolite tumultuari: Oportet enim fieri: sed nondum est finis. Exsurget autem gens super gentem et regnum super regnum, et erunt fames et terraemotus et pestilentiae per singula loca. Omnia autem ista initia parturitionum. Tunc tradent uos in praessuram et interficient uos, et eritis odibiles omnibus gentibus propter nomen meum. Et tunc scandalizabuntur multi et inuicem tradent et odient inuicem. Et multi pseudoprophetae exsurgent et seducent multos, et eo quod facinus abundet refrigescet caritas multorum. Qui autem tolerauerit usque ad finem hic saluabitur. Et praedicabitur euangelium istud regni per totum orbem terrae in testimonium omnibus gentibus, et tunc ueniet finis. Cum ergo uideritis abominationem uastationis quae dicta est per Danihelum prophetam stantem in loco sancto, qui legit intellegat, tunc qui in Iudaea sunt fugiant in montes, et qui in tecto est non descendat tollere quicquam de domo, et qui in agro est non conuertatur retro auferre uestimentum suum. Vae autem praegnantibus et nutricantibus in illis diebus. Adorate ne fiat fuga uestra hieme neque sabbato. Erit enim tunc praessura magna qualis non est facta ab initio mundi usque nunc, sed neque fiet: Et nisi breuiati essent dies illi, non liberaretur omnis caro: propter electos autem breuiabuntur illi dies. Tunc si qui dixerit uobis: ecce hic Christus, aut: ecce illic, nolite credere. Surgent enim pseudochristi et pseudoprophetae et dabunt signa magna et portenta ad errorem faciendum, si fieri potest, et electis. Vos autem cauete. Ecce praedixi uobis omnia. Si ergo dixerint uobis: Ecce in solitudine est, nolite exire; ecce in cubiculis, nolite credere. Sicut enim coruscatio quae exit ab oriente et apparet usque ad occidentem, ita erit et aduentus filii hominis. Vbi fuerit cadauer, illuc colligentur aquilae. Continuo autem post praessuram dierum illorum sol tenebricabit et luna non dabit lumen suum et stellae cadent de caelo et uirtutes caelorum mouebuntur. Et tunc apparebit signum filii hominis in caelo, et lamentabuntur omnes tribus terrae et uidebunt filium hominis uenientem in nubibus caeli cum uirtute magna et claritate. Et mittet angelos suos cum tuba magna. Et colligent electos eius a quattuor uentis, a summis caelorum usque ad summitates eorum.
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messen haben muss, überragt er doch die Masse seiner anderen Belege um Längen. Was die Matthäusverse von den zuvor zitierten vier Johannesbelegen – und auch den meisten anderen Testimonien – unterscheidet, ist der Umstand, dass hier nicht nur ein oder zwei einzelne Aspekte eines Titulus thematisiert werden, wie etwa der Hass der Welt auf die Christen, sondern dass dieser im wesentlichen in seiner Gänze behandelt wird – abgesehen von seinem letzten Aspekt, der Unterdrückung und Tötung der Gerechten seitens der Ungerechten seit Anbeginn der Welt (ab initio mundi boni laborauerint et oppressi adque occisi sint iusti ab iniustis). Die Matthäusverse gehen inhaltlich sogar noch, und das ist hier das Außergewöhnliche, über die unmittelbare Thematik von Fort. 5 (11) hinaus, indem sie diese in den religionsgeschichtlichen Kontext der Apokalyptik einbetten. Erst aus und mithilfe dieser Perspekive lassen sich die gegenwärtigen Ereignisse wie Puzzleteile zu einem Ganzen zusammenfügen, und dem Aufruf, nicht mehr zur Welt zurückzukehren (non ad saeculum reuerti), sondern im Glauben auszuharren (perseuerandum in fide), wie er in Fort. 5 (7f) formuliert wurde, wird dadurch umso mehr Gewicht verliehen. Gerade weil Cyprian darauf verzichtet hat, innerhalb seiner dreizehn Tituli von Fort. auf die Apokalyptik Bezug zu nehmen, die Schrift ohne diese aber letztlich ein Torso bleibt, deshalb sind die Matthäusverse 24,4-31 von zentraler Bedeutung für das Verständnis der Schrift. Die Frage, warum der karthagische Bischof innerhalb seiner Tituli keinen Bezug zur Apokalyptik herstellte, obwohl diese doch zweifelsfrei essentiell für das Verständnis der ganzen Schrift ist, lässt sich leicht mit einem Verweis auf den ersten Satz seiner Einleitung von Fort. beantworten: „Du hast mich gebeten, teuerster Fortunatus, dass ich, da der Druck der Bedrängnisse und der Verfolgungen auf uns lastet und da beim Ende und der Vollendung der Welt die gefährliche Zeit des Antichrist bereits begonnen hat, sich zu nähern …“206. Die Zeilen machen deutlich, dass für Cyprian Fort. nicht ohne apokalyptischen Bezugsrahmen gelesen werden kann und darf. Dieser erst verleiht der Schrift ihre Schärfe und Dringlichkeit, indem sie das Ende der Zeit für angebrochen erklärt und die gegenwärtigen Ereignisse als eschatologisches Geschehnis interpretiert. Wie sehr diese Sichtweise für einen gläubigen Christen zur Zeit Cyprians nahegelegen haben muss, lässt sich leicht aus den ersten Zeilen von Mt 24,4-31 ablesen. Wenn der Evangelist für den Anfang der Endzeit (omnia autem ista initia parturitionum)207 prophezeit, man werde von Kriegen und deren Nachrichten hören (audire bella et auditus bellorum)208, so trifft dies geradezu den Nerv der 206 Desiderasti, Fortunate carissime, ut quoniam praessurarum et persecotionum pondus incumbit et in fine adque in consummatione mundi antichristi tempus infestum adpropinquare iam coepit … (Fort. 1).mationndi 207 Mt 24,8. 208 Mt 24,7.
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Zeit, wie Cyprians Ausführungen in Dem. belegen209. Besonders naheliegend dürften für Cyprian dabei die dramatische Niederlage und der Tod des Decius in der Schlacht bei Abrittus gegen die Goten aus dem Jahre 251 gewesen sein, den er in laps. 1 und vor allem in Dem. 17f literarisch verwertet210. Desweiteren werde man unter Hunger, Erdbeben und Seuchen (fames et terraemotus et pestilentiae)211 zu leiden haben, wie der Text in Aussicht stellt. Musste da nicht jedem karthagischen Zeitgenossen zwangsläufig das schreckliche Wüten der Seuche aus den Jahren 252-253 in den Sinn kommen, die eine solche Verwirrung und Unsicherheit unter den dortigen Christen auslöste, dass Cyprian sich genötigt sah, sie in einer eigenen Schrift (mort.) zu verarbeiten. Dass diese Verbindung zur Seuche in Karthago aus den Jahren 252-253 keineswegs zufällig, sondern von Cyprian ganz bewusst und gezielt intendiert ist, belegt ein Blick auf mort. 2. Dort versucht er den Glauben und die Zuversicht seiner Gemeinde angesichts der zahlreichen Todesfälle zu stärken und sie zum Durchhalten im Glauben zu bewegen, indem er darauf hinweist, dies alles sei bereits vom Herrn vorausgesagt (haec euentura praedixerit Dominus). Die daraufhin folgende Aufzählung „Kriege, Hunger, Erdbeben und Seuchen, die sich an jedem Ort erheben“ (bella et fames et terrae motus [sic] et pestilentias per loca singula exurgere [sic]) referiert unmissverständlich Mt 24,7 (Exsurget [sic] autem gens super gentem et regnum super regnum, et erunt fames et terraemotus [sic] et pestilentiae per singula loca). So der Text, den Cyprian in Fort., test. 11 präsentiert. Die ursprüngliche, originäre biblische Vorlage dagegen kennt lediglich Hungersnöte und Erdbeben (fames et terrae motus). Dass Cyprian seine Aufzählung in mort. 2 mit „Kriegen“ (bella) beginnen lässt, ist nicht weiter verwunderlich, spricht doch Mt 24,6f explizit von Kriegen und Nachrichten von Kriegen (audire bella et auditus bellorum). Von Seuchen (pestilentias) als apokalyptische Vorboten sprechen die ursprünglichen Matthäusverse hingegen nicht. Dies hat Cyprian unter dem Eindruck der gegenwärtigen Geschehnisse in Karthago eigenhändig eingefügt und zwar zunächst in seine Aufzählung in mort. 2, dann auch in Mt 24,7 aus Fort., test. 11212. Wenn er darüber hinaus meint, die Christen gegen den Vorwurf verteidigen zu müssen, sie seien dafür verantwortlich, „dass immer öfter Kriege entstehen und Seuchen und Hunger wüten“ (quod bella crebrius surgant, quod lues, quod fames saeuiant)213, dann lassen sich darin 209 210 211 212
Vgl. dazu Dem. 2; 5. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 4.5.4. Mt 24,7. Vgl. dazu Fahey, Cyprian, 323, der dies in Bezug auf mort. 2 zurecht erkannt hat: „The word pestilentias is added to the Mattean text because of the plague which had just brocken out in Carthage“. 213 Dem. 2.
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unschwer die Zeichen „apokalyptischer Frühwehen“ ausmachen. Wenn schließlich der Evangelist in Mt 24,9 voraussagt, daraufhin werde man die Christen in Bedrängnis bringen, töten und von allen Völkern um des Namens Christi willen hassen (tradent uos in praessuram et interficient uos, et eritis odibiles omnibus gentibus propter nomen meum), dann ist dies nicht nur exakt die Thematik von Fort. 5 (11), sondern darüber hinaus die Bestätigung der neutestamentlichen Prophezeiung, die sich somit als wahr und zuverlässig erwiesen hat214. Entsprechend heißt es in Mt 24,25: „Ich habe euch alles vorausgesagt“ (Ecce praedixi uobis omnia). Dies ist aber wiederum Thema von Fort. 5 (11), denn Cyprian argumentiert dort, dass aus dem Eintreffen der Prophezeiung, die Welt werde die Christen hassen, das Vertrauen hinsichtlich des verheißenen ewigen Lohnes abgeleitet werden könne (ut ex hoc ipso quod haec fiant manifesta sit fides diuinae pollicitationis in mercedibus et praemiis postmodum secuturis). Auch wenn die Matthäusverse diesen ewigen Lohn nicht eingehender thematisieren, so findet er sich doch unmissverständlich in den Versprechungen, dass der Herr mithilfe seiner Engel „seine Erwählten aus den vier Windrichtungen sammeln werde von allen Enden des Himmels“ (colligent electos eius a quattuor uentis, a summis caelorum usque ad summitates eorum)215 und dass der gerettet werde, der bis zum Ende ausharre (Qui autem tolerauerit usque ad finem hic saluabitur)216. Damit stellt sich Mt 24,4-31 als der biblische Kronzeuge für Fort. 5 (11) heraus und es kann angesichts dessen nicht verwundern, dass der Bischof von Karthago nicht davor zurückschreckte, den Text in seiner ganzen Länge hier zu listen, denn ein treffenderes und aussagekäftigeres Testimonium lässt sich kaum finden. Dass Cyprian die komplette Passage Mt 24,4-31, die maßgeschneidert für Fort. 5 (11) ist, an keiner weiteren Stelle präsentiert, ist nicht überraschend. Lediglich einzelne Verse daraus sind bei ihm an anderer Stelle belegt. So richtet er in unit. 14 den Vers Mt 24,5 (Viele werden in meinem Namen kommen und sagen, ich bin der Messias, und sie werden Viele täuschen)217 gegen die seiner Ansicht nach irrige Vorstellung, auch Schismatiker könnten, wenn sie ihres Glaubens wegen den Tod finden, die Märtyrerkrone erlangen. Da, so der Bischof von Karthago, „auch der Teufel sich häufig als Christus ausgibt, wie der Herr 214 Falls es noch eines letzten Beweises bedurft hätte, so ließe sich – zumindest aus Cyprians Sicht – die Rede von den falschen Propheten in Mt 24,11, die auftreten werden und Viele in die Irre führen werden (multi pseudoprophetae exsurgent et seducent multos), auf die Schismatiker Felicissimus in Karthago und Novatianus in Rom beziehen (vgl dazu ep. 41-43; laps. 3; 10-12). 215 Mt 24,31. 216 Mt 24,13. 217 Multi uenient in nomine meo dicentes: „Ego sum Christus“, et multos fallent.
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mahnt“ (et Christum diabolus saepe mentitur, ipso Domino preamonente), woraufhin Mt 24,5 folgt, könne das Bekenntnis allein nicht ausreichendes Kriterium für die christliche Vollendung sein, solange die kirchliche Gemeinschaft nicht besteht, denn „wenn solche [Schismatiker] auch beim Bekenntnis des (christlichen) Namens getötet werden, so wird dieser Makel durch das Blut nicht abgewaschen … Märtyrer kann nicht sein, wer nicht in der Kirche ist“218. Ein weiteres Mal findet Mt 24,5 in ep. 73,16,2 Verwendung. Hier argumentiert Cyprian gegen die sog. Ketzertaufe, die nicht dadurch Gültigkeit erlange, dass man auch bei ihr sich auf den Namen Jesu berufe, und so sei es ein gewaltiger Irrtum anzunehmen, dass „jedem, der irgendwo und irgendwie auf den Namen Jesu getauft ist, auch die Taufgnade zuteil wird“ (in nomine Iesu Christi ubicumque et quomodocumque baptizati gratiam baptismi sunt consecuti), denn der Herr selbst habe bereits davor gewarnt, sich nicht von falschen Propheten und einem falschen Christus täuschen zu lassen, woraufhin Mt 24,5 zitiert wird. Gleich im Anschluss daran lässt der karthagische Bischof, zur Bestätigung und um dem Ganzen zusätzlichen Nachdruck zu verleihen, den Vers Mt 24,25 folgen: „Ihr aber seid auf der Hut, ich habe euch alles vorausgesagt“ (Vos autem cauete. Ecce praedixi uobis omnia). Eben diesen Vers, Mt 24,25, zitiert Cyprian schließlich noch in unit. 17. Dort bemüht er sich, die Sorge Mancher zu beruhigen, wie „das Verderben häretischer Verkehrtheit und von Schismen“ (haereticae peruersitatis et schismatum uenenata pernicies)219 einen so großen und unerwarteten Abfall so Vieler (multorum nimia et abrupta perfidia) bewirken könne. Dies sei, so der Bischof von Karthago, nicht weiter verwunderlich, da jetzt in Erfüllung gehe, was bereits vorhergesagt sei (adimplentur quaecumque praedicta sunt), nämlich dass im Angesicht des nahen Endes der Welt (adpropinquante iam saeculi fine) mehr und mehr der Widersacher wüte und der Irrtum täusche (magis ac magis aduersario saeuiente, error fallit)220. Deshalb müssten die Christen auf der Hut sein und dürften sich nicht in die Irre führen lassen, denn auch dies sei bereits angekündigt mit den Worten von Mt 24,25. Die offene, unbestimmte Formulierung des Verses, in dem es heißt, dass der Herr „alles“ (omnia) vorhergesagt habe, nutzt Cyprian geschickt, um das Testimonium für unterschiedlichste Zwecke einzusetzen, für seine praeparatio ad martyrium, gegen die sog. Ketzertaufe und gegen schismatische Strömungen. So unterschiedlich die Themen im Einzelnen auch sein mögen, sie alle teilen eine gemeinsame Denkfigur: alles Böse und 218 Tales etiam si occisi in confessione nominis fuerint, macula ista nec sanguine abluitur ... Esse martyr non potest qui in ecclesia non est. 219 Unit. 16. 220 Ebd.
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Schlimme ist schon durch die Worte der hl. Schrift vorausgesagt und darf deshalb niemanden überraschen und in seinem Glauben unsicher machen, sondern ist vielmehr Zeichen der anbrechenden Endzeit. Auf die Matthäusverse 24,4-31 lässt Cyprian in Fort., test. 11 einen ausführlichen Text aus eigener Feder folgen: „Und es ist nicht neu oder unerwartet, was jetzt den Christen widerfährt, da immer die Guten und Gerechten und die, die Gott ergeben sind im Gebot der Unschuld und der Furcht der wahren Gottesverehrung, durch die Bedrängnisse, Ungerechtigkeiten und schweren und vielfältigen Strafen ihrer Feinde unter Mühsal auf dem schmalen Pfad wandern. So wird sofort zu Beginn der Welt der gerechte Abel als Erster von seinem Bruder erschlagen, Jakob wird vertrieben, Joseph wird verkauft, den barmherzigen David verfolgt König Saul und den Elias, der standhaft und tapfer die Erhabenheit Gottes bekennt, versucht König Ahab zu töten. Der Priester Zacharias wird zwischen Tempel und Altar getötet, so dass er dort selbst zum Opfer wird, wo er Gott Opfer darbrachte. So viele Martyrien gerechter Männer wurden oft gefeiert, so viele Beispiele von Glauben und Tapferkeit wurden der Nachwelt hinterlassen!“221
Mit dem ersten Satz seines Textes nimmt Cyprian wörtlich Bezug auf den zweiten Teil von Fort. 5 (11): „Auch geschieht den Christen nichts Neues, da seit Anbeginn der Welt die Guten zu leiden haben und die Gerechten von den Ungerechten unterdrückt und getötet werden“ (nec nouum quid accidat christianis, quando ab initio mundi boni laborauerint et oppressi adque occisi sint iusti ab iniustis). Dieser Aspekt war von den fünf bisher angeführten Testimonien noch nicht behandelt worden und so wird deutlich, dass Cyprians Eigentext eine neue Thematik eröffnet: alttestamentliche Exempla, die das Leiden und Unterdrücktwerden gerechter Männer seit Anbeginn der Zeit bezeugen. Als Ersten in dieser Reihe sieht Cyprian den „gerechten Abel“ (iustus Abel), der von seinem Bruder erschlagen wurde. Desweiteren folgen Jakob, der vertrieben, Joseph, der verkauft, David, der von König Saul verfolgt wird, Elias, den König Ahab zu töten versucht, und die Ermordung des Priesters Zacharias. Mit den Worten „die drei Knaben Ananias, Azarias und Misael, gleich an Alter, einträchtig in der Liebe, fest im Glauben, standhaft in der Tapferkeit, stärker als die ihnen zusetzenden Flammen und Strafen, rufen, dass sie Gott allein dienen, ihn allein kennen und 221 Nec noua aut repentina haec sunt quae nunc accidunt christianis, cum boni semper et iusti et Deo innocentiae lege ac uerae religionis timore deuoti per praessuras et iniurias et graues ac multiformes infestantium poenas angusti itineris difficultate gradiantur. Sic in origine statim mundi Abel iustus a fratre primus occiditur et Iacob fugatur et Ioseph uenundatur et Dauid misericordem Saul rex persequitur et Heliam maiestatem Dei constanter ac fortiter adserentem rex Achab opprimere conatur. Zacharias sacerdos interficitur in medio templi et altaris, ut illic hostia ipse fiat, ubi Deo hostias immolabat. Tot denique martyria iustorum saepe celebrata, tot edita in posterum fidei et uirtutis exempla.
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verehren“222, leitet Cyprian die Verse aus Dan 3,16-18 (König Nebukadnezar, wir haben es nicht nötig, dir darauf zu antworten, denn Gott, den wir verehren, ist in der Lage, uns aus dem Feuerofen zu entreißen. Auch aus deinen Händen, König, wird er uns befreien. Wenn er dies nicht tut, sollst du wissen: Wir dienen auch dann deinen Göttern nicht und beten das goldene Standbild nicht an, das du hast aufstellen lassen)223 ein. Unter den alttestamentlichen Glaubensvorbildern nimmt das Beispiel der drei Knaben im Feuerofen bei Cyprian eine herausgehobene Stellung ein. Dies wird zum einen daran deutlich, dass er dieses – im Gegensatz zu den vorangehenden – nicht nur erwähnt, sondern ausführlich zitiert und zum anderen, dass er den Text darüber hinaus noch kurz einleitet, um die Einmütigkeit ihrer Liebe (dilectione concordes), die Unerschütterlichkeit ihres Glaubens (fide stabiles), die Standhaftigkeit ihrer Tapferkeit (uirtute constantes) und ihre Stärke angesichts der Foltern (flammis ac poenis urguentibus fortiores) besonders zu rühmen und als nachahmenswertes Exempel herauszustellen. Angesichts dessen kann es nicht verwundern, dass Cyprian den Text innerhalb seiner Schriften häufiger einsetzt. In Quir. 3,10 führt er durchaus treffend die Verse unter dem Titulus „Auf Gott allein muss man vertrauen und in ihm sich rühmen“ (In deum solum fidendum et in ipso gloriandum), denn sie sind, wie auch die einleitenden Worte Cyprians in Fort., test. 11 gezeigt haben (fide stabiles), ein beeindruckendes Beispiel der Glaubensstärke und des unbedingten Vertrauens auf Gott. Die beiden Aspekte von Quir. 3,10, das alleinige Vertrauen bzw. der alleinige Glaube an Gott (deum solum fidendum) und das sich ausschließliche Rühmen in ihm (in ipso gloriandum) sind auch in ep. 6,3, einer weiteren Belgestelle von Dan 3,16-18, präsent. In dem Brief aus der Anfangszeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen, adressiert an Sergius, Rogatianus und die übrigen Bekenner, die in Karthago inhaftiert waren, bekundet Cyprian seine besondere Freude über den Umstand, dass nicht allein Männer den Mut zum Bekenntnis zeigten, sondern auch Frauen (beatas etiam feminas quae uobiscum sunt) und sogar Knaben (pueros etiam uobis)224. In Letzteren erkennt der karthagische Bischof freilich eine Parallele zu den drei Knaben im Feuerofen (repraesentans nobis tale ali222 Tres pueri Ananias, Azarias, Misahel, aetate conpares, dilectione concordes, fide stabiles, uirtute constantes, flammis ac poenis urguentibus fortiores soli se Deo seruire, solum nosse, solum colere proclamant dicentes. 223 Nabuchodonosor rex, non opus est nobis de hoc uerbo respondere tibi. Est enim Deus cui nos seruimus potens eripere nos de camino ignis ardentis: Et de manibus tuis, rex, liberabit nos. Et si non, notum sit tibi quia diis tuis non seruimus et imaginem auream quam statuisti non adoramus. 224 Ep. 6,3,1.
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quid quale Ananias, Azarias, Misael inlustres pueri aliquando fecerunt), so dass es nicht verwundern kann, die Verse Dan 3,16-18 an dieser Stelle zitiert zu sehen. Besonders hervorhebenswert sind ihm dabei, wie bereits erwähnt, das Vertrauen auf bzw. der Glaube an Gott, denn die Verse bezeugten, „dass Alle, die an Gott glauben, stets unversehrt und beschützt in allen Lebenslagen verharren“ (quod qui in deum crederent incolumes semper et tuti in omnibus perseuerarent), und die Demut, die sich nicht eigener Taten und Verdienste rühmt, so wie die drei Knaben ihre Glaubensstärke nicht zur Schau stellen und für sich beanspruchen wollten (iactare hoc tamen et uindicare sibi noluerunt)225. Aus dieser Interpretation von Dan 3,16-18 ergibt sich für den karthagischen Bischof jedoch ein Dilemma, denn wenn man, so wie er, die Verse als Beleg dafür versteht, „dass Alle, die an Gott glauben, stets unversehrt und beschützt in allen Lebenslagen verharren“, dann legt dies für die Bekenner in Karthago den Schluss nahe, dass sie – sofern ihr Glaube groß genug ist – wie die drei Knaben, aus der Gefahr befreit werden müssten. Wer also im Kerker umkommt, wäre demnach nicht zuerst ein zu preisender Märtyrer, sondern Einer, dessen Glaube sich ganz offenkundig als zu klein und zu schwach erwiesen hat, denn sonst wäre er ja errettet worden. Um einer solchen Leseart der Verse in keinster Weise Vorschub zu leisten und die inhaftierten Bekenner dadurch nicht zu verunsichern, macht Cyprian deutlich, dass man die Rettung durch Gott nicht auf das Diesseits hin interpretieren dürfe, so wie die drei Knaben nicht aus der gegenwärtigen Gefahr befreit werden wollten, sondern den Ruhm der ewigen Freiheit und Sicherheit im Blick hatten (non in hoc fidere, ut liberari in praesentia uellent, sed illam libertatis et securitatis aeternae gloriam cogitarent) und ihre Rettung aus dem Feuerofen nicht die aus einer diesseitigen Bedrohung war, sondern aus dem Feuer der Hölle (gehennae ardor). Eine andere Gewichtung erfährt die Interpretation von Dan 3,16-18 in ep. 58,5. In dem Brief an die Gemeinde von Thibaris setzt sich Cyprian zunächst mit der Thematik der Flucht auseinander und verteidigt diese als legitime Maßnahme in Zeiten der Verfolgung226. So solle sich niemand Irre machen lassen, wenn er sieht, wie das christliche Volk aus Angst vor der zu erwartenden Verfolgung flieht und sich zerstreut227, denn „Christus sieht den Kampf seines Soldaten überall und gewährt dem, der der Verfolgung wegen für die Ehre seines Namens stirbt, den Lohn, den er versprochen hat, ihm bei der Auferstehung zu
225 Ep. 6,3,2. 226 Vgl. dazu Montgomery, Bishop, 264-267; Bähnk, Notwendigkeit, 296. 227 Nec quisquam, fratres dilectissimi, cum populum nostrum fugari conspexerit metu persecutionis et spargi, conturbetur (ep. 58,4,1).
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geben“228. Im Anschluss daran fährt der Bischof von Karthago mit einer Reihe von Beispielen fort, die die Christen nachahmen sollten, u.a. mit dem der drei Knaben Ananias, Azarias und Misael aus Dan. 3,16-18 (Imitemur tres pueros Ananiam, Azariam et Misael)229. Deren Schicksal weist freilich deutliche Parallelen zum dem der Christen von Thibaris auf. So wie diese jetzt flüchten und zerstreut sind (fugari et spargi)230, so wurden Jene einst „nach der Unterwerfung Judäas und der Eroberung Jerusalems“ (Iudaea deuicta et Hierosolymis captis)231 zerstreut und in ein fremdes Land verschleppt; und so, wie die Christen jetzt „aufgrund der Notwendigkeit der Lage von der Herde lediglich dem Körper, nicht dem Geiste nach getrennt sind“ (a grege interim necessitate temporis corpore non spiritu separatus), so gilt dies auch für Jene, die fern der Heimat „von der Gefangenschaft nicht gebrochen werden konnten, sondern den König mit der Kraft ihrer Tapferkeit besiegten“ (nec captiuitate fracti … regem fidei uirtute uincerunt). Wenn Cyprian daraufhin im Anschluss an Dan 3,16-18 zu dem Ergebnis kommt, dass die drei Knaben „überzeugt waren, aufgrund des Glaubens entkommen zu können“ (Credebant se illi secundum fidem posse euadere), und „dass uns Gott vor dem gegenwärtigen Tod befreien kann, man aber dennoch den Tod nicht fürchten und wanken soll, damit sich der Glaube umso besser bewähren kann“ (quod deus a morte praesenti liberare nos possit, et tamen mortem non timere nec cedere, ut probari fortius fides possit)232, dann lässt sich dies im Hinblick auf die Situation der Gemeinde von Thibaris und ihre flüchtenden Christen wohl nur auf irdische, gegenwärtige Gefahren und den leiblichen Tod beziehen233 im Gegensatz zu ep. 6,3, wo Cyprian dieselben Verse strikt jenseitig verstanden wissen wollte. An Dan 3,16-18 schließt sich in Fort., test. 11 ein weiterer Vers aus dem Buch Daniel an (Ich bete nur meinen Herrn und Gott an, der Himmel und Erde erschaffen hat234: Dan 14,5), den Cyprian mit den Worten „Und Daniel, Gott 228 ... spectat militem suum Christus ubicumque pugnantem et persecutionis causa pro nominis sui honore morienti praemium reddit quod daturum se in resurrectione promisit (ep. 58,4,2). 229 Ep. 58,5,1. 230 Ep. 58,4,1. 231 Ep. 58,5,1. 232 Ep. 58,5,2. 233 Woran Cyprian dabei konkret denkt, wird in ep. 58,4,2 deutlich, wenn es heißt: „Und wenn den Flüchtenden in der Einsamkeit oder in den Bergen ein Räuber überfällt, ein wildes Tier angreift, Hunger oder Durst oder Kälte ihm zu schaffen machen ..., sieht Christus seinen Soldaten überall kämpfen“ (Et si fugientem in solitudine ac montibus latro oppresserit, fera inuaserit, fames aut sitis aut frigus adflixerit, ..., spectat militem suum Christus ubicumque pugnantem). 234 Nihil colo ego nisi Dominum Deum meum qui condidit caelum et terram.
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ergeben und voll des hl. Geistes, ruft“ (Et Danihel, Deo deuotus et sancto Spiritu plenus exclamat et dicit) einleitet. Betrachtet man den Vers an sich, so muss man feststellen, dass er nicht wirklich passend gewählt ist, denn Cyprian stellte ja wenige Zeilen zuvor in Aussicht, das Leiden und die Unterdrückung der Gerechten durch die Ungerechten seit Anbeginn der Welt illustrieren zu wollen. Dazu trägt der Vers jedoch nichts bei, thematisiert er doch nur das Bekenntnis zur Monolatrie Gottes. Damit wäre er aber treffender als biblisches Testimonium unter dem Titulus Fort. 5 (2) zu listen, der eben dieser Thematik gewidmet ist, lautet er doch: „Nachdem die Götzen vernichtet sind und die Beschaffenheit der Elemente aufgezeigt ist, muss man darlegen, dass Gott allein Verehrung gebührt“235. Liest man dagegen den Vers, wie von Cyprian intendiert, im Kontext von Dan 3,16-18, so wird deutlich, dass auch die Worte Daniels gegen königlichen Druck, fremde Götter(bilder) zu verehren, gerichtet sind und somit als Exempel der Unterdrückung eines Gerechten durch einen Ungerechten dienen können. Wie bereits Dan 3,16-18, so ist auch Dan 14,5 in ep. 58,5,2, der einzigen weiteren Belegstelle des Verses, angeführt. Hier dient das Bekenntnis Daniels dem Bischof von Karthago als Beleg des Matthäusverses 10,19f: „Wenn sie euch aber ergreifen, überlegt nicht, was ihr sprechen sollt, denn es wird euch in jener Stunde eingegeben werden. Ihr werdet es nämlich nicht sein, die ihr dann sprecht, sondern es wird der Geist eures Vaters sein, der in euch spricht“236. Dass der Danielvers für sich genommen, ohne entsprechenden Kontext, wenig aussagekräftig ist, hat wohl auch Cyprian so empfunden, weshalb er ihm hier die einleitenden Worte vorausschickt: „So sprach auch Daniel, als er gedrängt wurde, den Götzen Bel anzubeten, den damals das Volk und der König verehrten“ (Sic et Daniel cum conpelleretur adorare idolum Bel quem tunc populus et rex colebant … dicens). Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Vers Tob 13,8 (Ich bekenne mich im Land meiner Gefangenschaft zu ihm und bezeuge seine Macht vor einem sündhaften Volk)237, den Cyprian im Anschluss an Dan 14,5 in Fort., test. 11 listet. Auch hier lässt der Text aufgrund seiner Kürze die Not und Unterdrückung, unter der sich der Gerechte sein Bekenntnis zu Gott abringt, nur erahnen. Damit würde ein solcher Text aber viel von seiner Strahlkraft verlieren und er wäre 235 Destructis idolis et elementorum ratione monstrata ostendum Deum solum colendum esse. 236 Cum autem uos adprehenderint, nolite cogitare quid loquamini. Dabitur enim uos in illa hora quid loquamini. Non enim uos estis qui loquamini, sed spiritus patris uestri qui loquitur in uobis. 237 Ego in terra captiuitatis meae confiteor illi et ostendo uirtutem eius in natione peccatrice.
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kaum in der Lage, Christen, die sich verfolgt sehen und zum Bekenntnis ihres Glaubens und zur Bereitschaft zum Leiden motiviert werden sollen, wirklich anzusprechen und zu berühren. Deshalb stellt Cyprian dem Vers einen knappen Text voran, der dies leisten soll und der die drei Testimonien Dan 3,16-18; 14,5 und Tob 13,8 zu einer inhaltlichen Einheit zusammenfügt: „Auch Tobias, der unter königlicher und tyrannischer Sklaverei stand, aber in seinem Verstand und seinem Geist frei war, hielt an seinem Bekenntnis für Gott fest und preist die göttliche Stärke und Größe auf erhabene Art und Weise“238. Mit dem Beispiel der sieben Makkabäerbrüder aus 2Makk 7,1-42 stellt Cyprian seinen Adressaten ein in seinen Augen hervorragendes exemplum der Glaubenstreue und Standhaftigkeit in Zeiten der Verfolgung vor Augen. Der Abschnitt ist durch äußerst ausführliche Eigentexte von Seiten des karthagischen Bischofs charakterisiert, wobei es sich bei diesen im Großen und Ganzen um eng an das Original angelehnte Paraphrasen handelt, so dass der Komplex im wesentlichen eine mit Zitaten angereicherte Nacherzählung des siebten Kapitels des zweiten Makkabäerbuches ist. Da der Text eine in sich geschlossene Einheit darstellt, soll er, trotz seines erheblichen Umfangs, als ganzer präsentiert werden: „Was sehen wir bei den Makkabäern? Sieben Brüder, völlig gleich aufgrund des Loses ihrer Geburt und ihrer Tapferkeit, erfüllen die Zahl sieben durch das Geheimnis der vollkommenen Vollendung. So sind die sieben Brüder im Martyrium miteinander vereint, wie die ersten sieben Tage, die nach göttlicher Anordnung die siebentausend Jahre umfassen, wie die sieben Geister, wie die sieben Engel, die vor das Angesicht Gottes treten und dort verweilen, wie der siebenarmige Leuchter im Zelt des Bekenntnisses, wie in der Offenbarung die sieben goldenen Leuchter und bei Salomo die sieben Säulen, auf denen die Weisheit ihr Haus errichtet, so umfasst auch hier die Zahl der Brüder sieben aufgrund ihrer Anzahl die sieben Kirchen, wie wir auch im ersten Buch der Könige lesen, dass eine unfruchtbare Frau sieben Kinder geboren hat. Bei Jesaja nehmen sich sieben Frauen einen einzigen Mann und verlangen, dass sein Name über sie angerufen werde. Der Apostel Paulus, der sich dieser gesetzmäßigen und bestimmten Zahl erinnert, schreibt an die sieben Kirchen. In der Offenbarung richtet der Herr seine göttlichen Gebote und himmlischen Vorschriften an die sieben Kirchen und ihre Engel. Diese Zahl findet sich jetzt hier bei den Brüdern, so dass die [von der Schrift] vorgegebene Vollendung erreicht wird. An die sieben Kinder schließt sich auch die Mutter, ihr Ursprung und ihre Wurzel, völlig an, die später sieben Kirchen hervorgebracht hat, wobei selbst die erste und einzige nach dem Wort des Herrn auf Petrus gegründet ist. Und es ist nicht unwichtig, dass in den Leiden die Mutter mit ihren Kindern allein ist. Die Märtyrer nämlich, die sich im Leiden als Söhne Gottes erweisen, haben nur noch Gott als Vater, wie im Evan-
238 Tobias quoque sub regali licet ac tyrannica seruitute, sensu tamen ac spiritu liber, confessionem suam Deo seruat et uirtutem maiestatemque diuinam sublimiter praedicat.
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gelium der Herr lehrt: ‚Nennt niemanden Vater auf Erden. Nur einer ist nämlich euer Vater, der im Himmel ist‘239. Aber welch ruhmvolle Bekenntnisse, welch glänzende und großartige Beweise ihres Glaubens haben sie gegeben! Der feindselige König Antiochus, in dem gewiss der Antichrist Gestalt annimmt, versuchte den ruhmreichen und durch die Kraft des Bekenntnisses unbesiegten Mund der Märtyrer durch die Berührung mit Schweinefleisch zu beflecken und als er sie mit Geißelhieben heftig geschlagen hatte und nichts bewirken konnte, befahl er, Eisenplatten zu erhitzen. Als diese erhitzt waren und glühten, ließ er den, der als Erster gesprochen hatte und den König aufgrund der Standhaftigkeit seiner Tapferkeit und des Glaubens besonders gereizt hatte, herbeiholen und rösten, nachdem man ihm zuvor die Zunge, die Gott bekannt hatte, herausgezogen und abgeschnitten hatte. Dies gereichte dem Märtyrer zu noch größerem Ruhm, denn die Zunge, die den Namen Gottes bekannt hatte, sollte als erste zu Gott gelangen. Danach dachte er sich beim Zweiten noch härtere Strafen aus und bevor er die übrigen Gliedmaßen misshandelte, zog er die Kopfhaut mitsamt den Haaren herunter. Er tat dies mit einem bestimmten Hass: Denn da das Haupt des Mannes Christus ist und Gott das Haupt Christi, verfolgte derjenige, der das Haupt des Märtyrers zerfleischte, in diesem Haupt Gott und Christus. Aber jener, der in seinem Martyrium den Glauben bewahrte und sich von der Belohnung Gottes den Lohn der Auferstehung versprach, rief folgende Worte aus: ‚Du Schwächling reißt uns aus diesem gegenwärtigen Leben! Aber der König der Welt wird uns, die wir für seine Gesetze gestorben sind, zur ewigen Auferstehung des Lebens erwecken‘240. Der Dritte streckte auf die Aufforderung hin schnell seine Zunge heraus, denn er hatte von seinem Bruder schon gelernt, die Strafe des Abschneidens der Zunge zu verachten. Auch seine Hände streckte er standhaft aus, damit sie abgeschnitten würden, sehr glücklich über diese Art der Bestrafung, da es ihm dadurch zuteil wurde, durch die zur Bestrafung ausgestreckten Hände das gleiche Leiden wie der Herr auf sich zu nehmen. Und auch der Vierte verachtete mit der gleichen Tapferkeit die Foltern und um den König zu verspotten antwortete er mit himmlischer Stimme und rief aus: ‚Besser ist es für zum Tode verurteilte Menschen, Hoffnung von Gott zu erwarten, da sie von ihm wiederauferweckt werden. Du dagegen wirst nicht zum Leben auferstehen‘241. Abgesehen davon, dass der Fünfte die Folter des Königs und die harten und verschiedenartigen Qualen mit der Kraft seines Glaubens verachtete, prophezeite er, durch den hl. Geist zum Vorherwissen und zur Kenntnis der Zukunft befähigt, dem König, dass der Zorn Gottes und die Strafe schnell folgen werde. ‚Obwohl du ein vergänglicher Mensch bist, hast du die Macht, unter den Menschen zu tun, was du willst. Glaube aber nicht, dass unser Volk von Gott verlassen ist. Mach weiter so und siehe, wie Gottes große Macht dich und deine Nachkommenschaft quälen wird‘242. Was für eine Erleichterung war das für den Märtyrer, was für ein großer und bedeutender Trost, in seinen Qualen nicht an die eigenen Foltern 239 240 241 242
Mt 23,9. 2Makk 7,9. 2Makk 7,14. 2Makk 7,16f.
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denken zu müssen, sondern die Strafen seines Folterers vorauszusagen! Beim Sechsten muss man nicht nur seine Tapferkeit, sondern auch seine Demut preisen, dass der Märtyrer nichts sich zuschrieb und den Ruhm seines Bekenntnisses auch nicht mit stolzen Worten erklingen ließ, sondern es eher seinen Sünden zuschrieb, dass er die Bestrafung vom König zu erleiden habe, und dass er es Gott überlassen habe, dass er später gerächt würde. Er lehrte, Märtyrer seien bescheiden, zuversichtlich bezüglich der Rache Gottes und rühmten sich keineswegs im Leiden. ‚Lass dich nicht täuschen! Wir erleiden dies nämlich wegen unserer eigenen Schuld, da wir gegen unseren Gott gesündigt haben. Du aber glaube nicht, dass du ungestraft bleiben wirst, der du versucht hast, mit Gott zu kämpfen‘243. Bewundernswert ist auch die Mutter, die, weder durch die Schwäche ihres Geschlechts gebrochen, noch durch den vielfachen Verlust erschüttert, gern auf ihre sterbenden Kinder schaute und nicht jene Bestrafungen ihrer Kinder im Auge hatte, sondern deren Ruhm, wobei sie Gott ein so großartiges Martyrium durch die Tapferkeit ihrer Augen gab, wie ihre Söhne eines durch die Foltern und Qualen ihrer Gliedmaßen gegeben hatten. Als nach der Bestrafung und Ermordung von sechs nur noch einer von den Brüdern übrig war, dem der König Reichtum, Macht und vieles andere versprach, damit seine Grausamkeit und Wildheit wenigstens durch einen einzigen, der sich unterworfen hätte, Trost erfahre und besänftigt werde, und als er wollte, dass auch die Mutter ihren Sohn bitte, sich zusammen mit ihr zu Boden zu werfen, da bat jene, aber wie es sich für eine Mutter von Märtyrern gehörte, wie es sich für eine gehörte, die das Gesetz und Gott im Sinn hatte, wie es sich gehörte für eine, die ihre Söhne nicht zartfühlend, sondern stark liebte. Ja, sie bat ihn, aber dass er sich zu Gott bekenne. Sie bat ihn, dass der Bruder nicht von seinen Brüdern in der Gemeinschaft des Lobes und Ruhmes getrennt werde; sie sah sich nämlich nur dann als Mutter von sieben Söhnen an, wenn es ihr zuteil werde, ihre sieben Söhne nicht für die Welt, sondern viel mehr für Gott geboren zu haben. Und so wappnete sie ihn, stärkte ihn und indem sie ihren Sohn jetzt in einer heilbringenderen Geburt zur Welt brachte, sagte sie: ‚Mein Sohn habe Mitleid mit mir, die ich dich in meinem Leib zehn Monate getragen habe und und dir drei Jahre lang Milch gegeben habe, dich ernährt habe und dich bis zu diesem Alter gebracht habe. Ich bitte dich, mein Kind, betrachte Himmel und Erde und nachdem du dies alles, was es darin gibt betrachtet hast, erkenne, dass Gott dies aus Nichts erschaffen hat und auch das Menschengeschlecht so entsteht. Fürchte nicht diesen Henker, sondern erweise dich deiner Brüder für würdig und nimm den Tod auf dich, damit ich dich in jenem Mitleid zusammen mit deinen Brüdern wiederbekomme‘244. Großes Lob für die Mutter lag in der Aufforderung zur Tapferkeit, größeres aber in ihrer Gottesfurcht und in ihrem wahren Glauben; weil sie sich oder dem Sohn nichts von der Ehre der sechs Märtyrer versprach, und weil sie auch nicht glaubte, dass das Gebet der Brüder dem Heil dessen nützen werde, der [Gott] verleugnet, überzeugte sie ihn, lieber das Leiden auf sich zu nehmen, so dass er am Tage des Gerichts in Gemeinschaft mit seinen Brüdern angetroffen werden könne. Danach starb mit ihren Kindern auch die Mutter. Für sie war nämlich nichts anderes 243 2Makk 7,18f. 244 2Makk 7,27-29.
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mehr möglich, als dass sie, die Märtyrer geboren und sie zu solchen gemacht hatte, in der Gemeinschaft des Ruhmes mit ihnen vereint werde und auch selbst denen folgte, die sie zu Gott vorausgeschickt hatte“245. 245 Quid uero in Machabeis septem fratres et natalium pariter et uirtutum sorte consimiles septenarium numerum sacramento perfectae consummationis implentes? Sic septem fratres in martyrio cohaerentes, ut primi in dispositione diuina septem dies annorum septem milia continentes, ut septem spiritus, ut angeli septem qui adsistunt et conuersantur ante faciem Dei, et lucerna septiformis in tabernaculo martyrii, et in Apocalypsi septem candelabra aurea et apud Solomonem columnae septem, super quas aedificat domum sapientia, ita et istic septem fratrum numerus ecclesias septem numeri sui quantitate conplexus, secundum quod in primo regnorum legimus sterilem septem peperisse. Et apud Esaiam septem mulieres unum hominem adprehendunt, cuius inuocari super se nomen exposcunt. Et apostolus Paulus, qui huius numeri legitimi et certi meminit, ad septem ecclesias scribit. Et in Apocalypsi Dominus mandata sua diuina et praecepta caelestia ad septem ecclesias et earum angelos dirigit. Qui nunc istic numerus in fratribus inuenitur, ut consummatio legitima conpleatur. Cum septem liberis plane copulatur et mater, origo et radix, quae ecclesias septem postmodum peperit, ipsa prima et una super Petrum domini uoce fundata. Nec uacat quod in passionibus sola cum liberis mater est. Martyres enim qui se Dei filios in passione testantur iam non nisi Deo patre censentur, sicut in euangelio Dominus docet dicens : Ne uocaueritis uobis patrem super terram. Unus est enim pater uester qui in caelis est. Quae uero ediderunt confessionum praeconia, quam praeclara, quam magna documenta fidei praebuerunt! Rex Antiochus infestus, immo in Antiocho antichristus expressus, ora martyrum gloriosa et spiritu confessionis inuicta contagio suillae carnis maculare quaerebat et cum flagellis grauiter uerberasset ac nihil promouere potuisset, sartagines iussit igniri: Quibus ignitis et accensis eum qui primus locutus fuerat et magis regem uirtutis et fidei constantia prouocauerat admoueri praecepit et frigi producta et exsecta prius lingua quae confessa deum fuerat: Quod martyri gloriosius contigit. Lingua enim confessa nomen Dei prior ad Deum debuit ipsa proficisci. Post in secundo excogitatis acrioribus poenis, antequam cetera membra torqueret, cutem capitis cum capillis detraxit, odio scilicet certo: Nam cum caput uiri Christus sit et caput Christi Deus, qui caput laniabat in martyre Deum et Christum persequebatur in capite. Ad ille in martyrio suo fidens et resurrectionis sibi praemium de Dei remuneratione promittens exclamauit et dixit: Tu quidem, inpotens, ex hac praesenti uita nos perdis: Sed mundi rex defunctos nos pro suis legibus in aeternam uitae resurrectionem suscitabit. Tertius linguam postulatus cito protulit. Nam poenam linguae exsecandae iam didicerat a fratre contemnere. Manus quoque amputandas constanter extendit multum beatus genere isto supplicii, cui contigit extensis ad poenam manibus passionis Dominicae instar imitari. Nec non et quartus pari uirtute tormenta contemnens et ad retundendum regem caelesti uoce respondens exclamauit et dixit : Potius est ab hominibus morti datos expectare spem a Deo iterum ab eo suscitatos. Tibi enim resurrectio ad uitam non erit. Quintus praeter quod carnificinam regis et duros uariosque cruciatus fidei uigore calcabat, ad praescientiam quoque et notitiam futurorum spiritu diuinitatis animatus prophetauit regi indignationem Dei et ultionem uelociter secuturam. Potestatem, inquit, inter homines habens cum sis corruptibilis, facis quod uis. Noli autem
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Der Text lässt sich mühelos in zwei Teile gliedern. Der erste, im wesentlichen eine Ansammlung aus Testimonien zur Zahl sieben, stellt die „exegetische Präambel“ für das Verständnis der Makkabäergeschichte dar und reicht bis zum Matthäuszitat (Mt 23,9). Den zweiten bildet die Paraphrase von 2Makk 7,1-42, in die insgesamt fünf Zitate daraus (2Makk 7,9.14.16f.18f.27-29) eingeflochten sind. Für den ersten Teil lässt sich Quir. 1,20 eindeutig als Vorlage ausmachen. Unter dem Titulus „Die Kirche, die früher unfruchtbar war, wird aus den Heiden mehr Söhne haben, als die Synagoge vorher hatte“ (Quod ecclesia quae prius sterilis fuerit plures filios habitura esset ex gentibus, quam quod synagoga ante habuisset) sammelt Cyprian neben zwei Testimonien (Jes 54,1-4; 1Sam 2,5) eine Vielzahl der Siebenzahl-Exempel, die sich z.T. wortgetreu auch hier in Fort., test. 11 finden lässt, nämlich: die „sieben Geister“ (spiritus septem bzw. septem putare genus nostrum a Deo derelictum esse. Sustine et uide magna potestas eius qualiter te et semen tuum torquebit. Quale illud leuamentum fuit martyri, quam magnum, quam grande solacium in cruciatibus suis non tormenta propria cogitare sed tortoris sui supplicia praedicare! In sexto uero non uirtus sola sed et humilitas praedicanda est, nihil sibi martyrem uindicasse nec confessionis suae honorem superbis uocibus uentilasse, peccatis potius suis adscripsisse quod persecutionem a rege pateretur, Deo uero dedisse quod postmodum uindicaretur. Docuit esse martyras uerecundos, de ultione fidere et nihil in passione iactare. Noli, inquit, frustra errare. Nos enim propter nosmet ipsos haec patimur peccantes in Deum nostrum. Tu autem ne te existimes inpunitum futurum adgressus pugnare cum Deo. Admirabilis quoque mater quae nec sexus infirmitate fracta nec multiplici orbitate commota morientes liberos spectauit libenter nec poenas illas pignorum sed glorias conputauit, tam grande martyrium Deo praebens uirtute oculorum suorum quam praebuerant filii eius tormentis et passione membrorum. Cum sex punitis et occisis superesset unus ex fratribus, cui rex diuitias et potentatus et multa pollicebatur ut crudelitas eius ac feritas uel unius subacti solacio foueretur, et peteret ut ad filium deiciendum se cum depraecaretur et mater, depraecata est illa, sed ut decebat martyrum matrem, ut decebat legis et Dei memorem, ut decebat filios suos non delicate sed fortiter diligentem. Depraecata est enim, sed ut Deum confiteretur. Depraecata est ne a fratribus suis frater in consortio laudis et gloriae separaretur, tunc se septem filiorum conputans matrem si sibi contingeret filios septem Deo potius peperisse, non saeculo. Armans itaque eum et corroborans et feliciore tunc partu filium generans, fili, inquit, miserere mei quae te in utero mensibus decem portaui et lac triennio dedi et alui et in aetatem istam perduxi. Oro, fili, aspicias in caelum et terram et omnibus quae in eis sunt aspectis intellegas quia ex nihilo fecit illa deus, et hominum genus ita fit. Nec timeas carnificem istum, sed dignus fratribus effectus excipias mortem, ut in illa miseratione cum fratribus te recipiam. Magna laus matris in exhortatione uirtutis, sed maior in Dei timore et in fidei ueritate, quod nihil sibi aut filio de sex martyrum honore promisit nec fratrum praecem profuturam credidit ad negantis salutem, persuasit potius participem passionis fieri, ut in iudicii die posset cum fratribus inueniri. Post haec liberis suis commoritur et mater: neque enim aliud iam licebat quam ut quae martyras et pepererat et fecerat in consortio illis gloriae iungeretur et quos ad Deum praemiserat ipsa quoque sequeretur.
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spiritus)246, die „sieben Engel, die vor das Angesicht Gottes treten und dort verweilen“ (angeli septem, qui adsistunt et conuersantur ante faciem Dei)247, der „siebenarmige Leuchter im Zelt des Bekenntnisses“ (lucerna septiformis in tabernaculo martyrii)248, die „sieben [goldenen] Leuchter in der Offenbarung“ (in Apocalypsi septem candelabra aurea bzw. candelabra in Apocalypsi septem)249, die „sieben Säulen, auf denen die Weisheit ihr Haus errichtet bzw. errichtet hat“ (columnae septem, super quas aedificat bzw. aedificauit domum sapientiae)250, die „sieben Kinder, die eine unfruchtbare Frau geboren hat“ (sterilem septem peperisse bzw. sterilis septem peperit)251, der Apostel Paulus, der „an die sieben Kirchen schreibt bzw. geschrieben hat“ (ad septem ecclesias scribit bzw. ecclesiis septem scripsit)252, und die Apokalypse, „in der der Herr seine göttlichen Gebote und himmlischen Vorschriften an die sieben Kirchen und ihre Engel richtet“ (in Apokalypsi Dominus mandata sua diuina et praecepta caelestia ad septem ecclesias et earum angelos dirigit) bzw. die „sieben Kirchen festlegt“ (Apocalypsis ecclesias septem ponit)253. Lediglich die „ersten sieben Tage, die nach göttlicher Anordnung siebentausend Jahre umfassen“ (primi in dispositione diuina septem dies annorum septem milia continentes)254, die „Zahl sieben der Brüder, die aufgrund ihrer Anzahl die sieben Kirchen umfasst“ (septem fratrum numerus ecclesias septem numeri sui quantitate conplexus) und die „sieben Frauen, die einen Mann nehmen“ (septem mulieres unum hominem adprehendunt)255 finden in Quir. 1, test. 20 keine Entsprechung. Angesichts einer solchen Vielzahl von Übereinstimmungen, kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Text Cyprian als Vorlage für Fort., test. 11 diente, wenngleich seine antijüdische Stoßrichtung hier freilich keinen Widerhall findet. Der Grund, weshalb Cyprian den Text dennoch mühelos als Vorlage verwenden konnte, liegt an dem beiden gemeinsamen Thema „Kirche“. Damit ist zugleich der Schlüssel für das Verständnis der Makkabäergeschichte in Fort., test. 11 benannt: das dort beschriebene Schicksal der Mutter und ihrer sieben Söhne ist das der Kirche, besonders 246 247 248 249 250 251 252
Vgl. Offb 1,4. Vgl. Tob 12,15. Vgl. Ex 25,31; 26,35; 40,4. Vgl. Offb 1,12. Vgl. Spr 9,1. 1Sam 2,5. Cyprian, der freilich nicht zwischen echten und unechten Paulusbriefen unterscheidet, hat hier die Gemeinden der Römer, Korinther, Galater, Epheser, Philipper, Kolosser und der Thessalonicher im Blick. 253 Vgl. Offb 1,4. 254 Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 4.5.3. 255 Vgl. dazu Jes 4,1.
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in ihrer gegenwärtigen Situation. Zugrunde gelegt sieht der Bischof von Karthago diese Typologie in der Zahl sieben. In den sieben Makkabäerbrüdern oder in den sieben Kindern der unfruchtbaren Frau aus 1Sam 2,5 erkennt er die sieben Kirchen, an die Paulus seine Briefe schreibt oder von denen die Offenbarung spricht256. Nicht unwichtig (nec uacat) ist ihm dabei, dass die Mutter mit ihren sieben Kindern im Leiden allein ist (in passionibus sola cum liberis mater), denn dies müsse daraufhin gedeutet werden, dass auch die Märtyrer allein sind, haben sie, die sich als Söhne Gottes erwiesen haben (qui se Dei filios testantur), doch nur noch Gott als Vater (non nisi Deo patre), wie in Mt 23,9 geschrieben stehe257. Mit der Interpretation der Leiden, die die Mutter und ihre sieben Söhne aus 2Makk 7,1-42 ertrugen, auf die Situation der Kirche und speziell ihrer Märtyrer hin, gelingt es Cyprian, nicht einfach nur ein Testimonium für die in Fort. 5 (11) genannte Unterdrückung und Tötung der Gerechten durch die Ungerechten seit Anbeginn der Welt zu liefern, sondern darüber hinaus zu demonstrieren, dass dies bereits vorhergesagt sei (probandum ante praedictum esse), man sich deshalb nicht erschrecken und verwirren zu lassen brauche (ne expauescat quis et contubetur) und dass aufgrund des Eintreffens dieser Prophezeiung das Vertrauen auf das göttliche Versprechen künftiger reicher Belohnungen begründet sei (manifesta sit fides diuinae pollicitationis in mercedibus et praemiis postmodum secuturis). Angesichts dessen ist es nicht verwunderlich, dass Cyprian der Makkabäergeschichte solch breiten Raum einzuräumen bereit war. 256 Vgl. Offb 1,4. So willkommen für Cyprian die Auslegung der sieben Brüder bzw. Kinder als Verweis auf die sieben Kirchen bei Paulus bzw. aus der Offenbarung gewesen sein mag, so barg diese Leseart doch zweifelsohne die Gefahr eines fundamentalen Missverständnisses, nämlich dass es nicht nur eine einzige Kirche geben könnte, sondern derer sieben. Für den Bischof von Karthago, den großen Verfechter der Einheit der Kirche (vgl. seine Schrift unit.!) musste eine solche Redeweise als nicht ungefährlich erscheinen, da sie den Eindruck erwecken konnte, es könne eine Vielzahl von untereinander unabhängigen aber gleichberechtigten Kirchen geben. Um diesem Missverständnis vorzubeugen, lässt er Petrus als Garanten der kirchlichen Einheit einfließen (vgl. dazu unit. 4), auf den die erste und einzige (prima et una super Petrum fundata) der sieben Kirchen gegründet sei, die die Mutter hervorgebracht habe (quae ecclesias septem postmodum peperit). 257 Wie „flexibel“ Cyprian mit Bibelstellen umzugehen versteht, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass er die gleiche Stelle Mt 23,9, die er hier auf die Märtyrer hin deutet, die sich im Leiden als Söhne Gottes erwiesen haben, in orat. 9 an jeden Getauften gerichtet sieht, der „mit den ersten Worten sofort nach seiner Wiedergeburt bekennen soll, dass er seinem irdischen und fleischlichen Vater entsagt und angefangen hat, nur den als Vater anzuerkennen und zu haben, der im Himmel ist (… contestetur quoque inter prima statim natiuitatis suae uerba renuntiasse se terreno et carnali patri et et patrem solum nosse se et habere coepisse qui sit in caelis).
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Wenn Cyprian dann zu Beginn des zweiten Textteiles, der Paraphrase von 2Makk 7,1-42, mit Lobgesängen der Bekenntnisse (confessionum praeconia) der sieben Brüder samt ihrer Mutter startet und deren glänzende und großartige Beweise ihres Glaubens (quam praeclara, quam magna documenta fidei) rühmt, dann konnte für den damaligen Leser, der mit der typologischen Denkfigur vertraut war, kein Zweifel mehr daran bestehen, dass dies auf ihn hin gemünzt sei, um ihn zu animieren, dem gleich zu tun und sich in historischer Kontinuität mit den großen Gestalten biblischer Tradition und deren Schicksal und Heldenmut zu verstehen. Die in den folgenden Text eingeflochtenen fünf Makkabäerzitate verwendet Cyprian innerhalb seiner Schriften ausschließlich an dieser Stelle258, wodurch die Eigenständigkeit dieser Passage zusätzlich betont wird. Der Vers 2Makk 6,30 (Dem Herrn, der das heilige Wissen besitzt, ist offenkundig, dass ich, obwohl ich von der Todesstrafe hätte befreit werden können, die schlimmsten körperlichen Schmerzen erleide und mit Schlägen geprügelt
258 Die Edition Hartels (CSEL 3,1,132) listet unter Quir. 3,17 (Geringer ist das, was wir in der Welt erleiden, als die Belohnung, die uns versprochen ist; Minora esse quae in saeculo patimur quam sit praemium quod promissum est) neben Röm 8,18 mit 2Makk 7,9.14.16f.18f fünf Testimonien aus der Makkabäererzählung von Fort., test. 11, so dass allein 2Makk 7,27-29 daraus in Quir. 3, test. 17 keine Entsprechung findet. Darüber hinaus wird dort auch der Vers 2Makk 6,30 geführt, den Cyprian im Anschluss an seinen Makkabäertext in Fort., test. 11 listet, so dass hier Quir. 3,17 zweifelsohne als Vorlage zu identifizieren wäre. Da jedoch lediglich die beiden Codices V (Veronensis; 6. Jhd.?) und R (Vaticanus; 9. Jhd.) dies bezeugen, die übrigen 13 Codices, die bei der Edition Webers berücksichtigt sind (vgl. dazu Weber, Introduction, LV-LX), unter Quir. 3,17 allein Röm 8,18 überliefern, scheint mir dies die wesentlich gesichertere Variante zu sein. Vgl. dazu Koch, Untersuchungen, 209. Weber führt zwar die Makkabäertestimonien aus Hartels Edition, setzt sie aber in Klammern. Gegen eine Listung der Makkabäerverse in Quir. 3,17 sprechen neben textkritischen Überlegungen zwei weitere Beobachtungen: Erstens, lediglich die Verse 2Makk 7,9.14 mit ihrer Rede von der Auferweckung (in aeternam uitae resurrectionem) bzw. der Hoffnung darauf (spem a Deo suscitatos), thematisieren die Belohnung, von der Quir. 3,17 spricht. Dass diese aber größer sein werde als die hiesigen Leiden, darüber schweigen sich die fünf Belege aus, so dass sie als nicht treffend und zumindest z.T. als gänzlich deplaziert zu qualifizieren sind, was gegen ihre Listung spricht. Zweitens, der Titulus von Quir. 3,17 ist inhaltlich weitestgehend identisch mit dem von Fort. 5 (13) (Dass wir bei der Vergeltung unseres Leidens mehr empfangen werden, als das, was wir hier im Leiden selbst auf uns nehmen; Et quod plus accepturi simus in passionis remuneratione quam quod hic sustinemus in ipsa passione), wo Cyprian ebenfalls auschließlich Röm 8,18 zitiert. Es kann deshalb m.E. als gesichert betrachtet werden, dass Cyprian die Makkabäerverse nicht unter Quir. 3,17 gelistet hat.
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werde, im Geiste aber aus Furcht vor ihm dies gerne erdulde)259 samt den beiden dazugehörigen Eigentexten dient Cyprian als Schaniergelenk zwischen der ausführlichen Makkabäergeschichte 2Makk 7,1-42 einerseits und den sich anschließenden zwei Testimonien aus der Offenbarung, die den Abschluss von Fort., test. 11 bilden, andererseits. Mit Ersterer ist 2Makk 6,30 durch die thematische Gemeinsamkeit verbunden, dass der Vers sich auch auf ein heldenmütiges Martyrium unter König Antiochus, hier des Schriftgelehrten Eleasar, bezieht, zu den beiden Bibelstellen aus der Offenbarung wiederum leitet der Bischof von Karthago mithilfe des Stichwortes „Märtyrer“ über, die bei den Christen so zahlreich seien, dass sie nicht gezählt werden könnten, wie die Schrift berichte. Den Makkabäervers 6,30 führt Cyprian zunächst mit den Worten ein: „Und damit niemand, wenn sich ihm durch einen Libellus260 oder etwas anderes die Gelegenheit bietet, Andere zu täuschen, diese schlimme Rolle der Täuschenden übernimmt, soll auch [der Fall des] Eleasar nicht verschwiegen werden. Als ihm von Dienern des Königs die Möglichkeit geboten wurde, zur Täuschung des Königs Fleisch zu nehmen, das er essen dürfe, und vorzugeben, er esse das, was von den Opfern und verbotenen Speisen aufgetragen werde, da wollte er diesem Betrug nicht zustimmen und sagte, für sein Alter und seinen Stand zieme es sich nicht, das vorzutäuschen, wodurch die Übrigen schockiert und zum Irrtum verführt würden; denn sie würden glauben, Eleasar habe im Alter von 90 Jahren das Gesetz Gottes beiseite gelassen und verraten und sei zu einer fremden Lebensart übergewechselt, und es sei nicht wert, aus den kurzen Augenblicken des Lebens Gewinn zu ziehen und dafür durch die Beleidigung Gottes ewigen Strafen zu verfallen. Und als Jener lange gefoltert und schließlich schon am Ende war und unter Schlägen und Qualen starb, da stöhnte und sagte er“261,
259 Domino, qui sanctam habet scientiam, manifestum est quia cum possim morte liberari durissimos dolores corporis tolero flagellis uapulans, animo autem propter ipsius metum libenter haec patior. 260 An dieser Stelle soll darauf verzichtet werden, das lat. Substantiv libelli ins Deutsche zu übertragen, etwa mit „Büchern“, da somit der Bezug zu den „Libelli“ (Opferbescheinigungen) und den „Libellatici“ (Christen, die sich Opferbescheinigungen besorgten, ohne die dafür vorgesehenen kultischen Handlungen vollzogen zu haben) aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen verschleiert werden würde. 261 Ac ne quis uel libelli uel alicuius rei oblata sibi occasione qua fallat amplectatur decipientium malum munus, nec Eliezer tacendus est. Qui cum sibi a ministris regis offerretur facultas, ut accepta carne qua liceret ei uesci ad circumueniendum regem simularet se illa edere quae de sacrificiis adque inlicitis cibis ingerebantur, consentire ad hanc fallaciam noluit dicens nec aetati suae nec nobilitati conuenire id fingere, quo ceteri scandalizarentur et in errorem inducerentur existimantes Eliezerum nonaginta annos natum ad alienigenarum morem relicta et prodita Dei lege transisse, nec tanti esse lucrari breuia uitae momenta, ut offenso Deo incurreret aeterna supplicia. Adque ille excrucia-
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woraufhin sich eben Vers 6,30 anschließt. Zu deutlich sind die Anspielungen, als dass Zweifel darüber bestehen könnte, worauf Cyprian mit seinen Worten abzielt und gegen wen sie gerichtet sind. Zweifelsohne hatte er hier die sog. Libellatici aus der Zeit des decischen Opferediktes im Blick262, die versucht hatten, wohl auf dem Wege der Bestechung, für sich und Andere Libelli, d.h. Opferbescheinigungen zu erwerben, und die hofften, sich dadurch dem staatlich kontrollierten Opferzwang entziehen zu können, um sich innerkirchlich nicht dem Vorwurf der Idolatrie aussetzen zu müssen. 2Makk 6,30 samt dazugehöriger Ausführungen ist damit ein eindrucksvolles Beispiel, welch tiefe Spuren die Auswirkungen des decischen Opferediktes in Fort. hinterlassen haben und dass die Schrift ohne diesen Hintergrund nicht richtig gelesen werden kann. Diesen Libellatici bzw. all Jenen, die jetzt im Angesicht der gegenwärtigen Verfolgung vielleicht mit dem Gedanken gespielt haben mögen, anstatt ein klares, standhaftes Bekenntnis ihres Glaubens abzulegen, sich lieber mittels irgendwelcher Tricks und Täuschungsmanöver durch diese heikle und gefährliche Situation hindurchlavieren zu können, tritt der karthagische Bischof entgegen, indem er die Schwere eines solchen Vergehens hervorhebt (decipientium malum munus), das sich sowohl gegen die Mitmenschen richtet, die schockiert und zum Irrtum verführt würden (ceteri scandalizarentur et in errorem inducerentur), da sie dächten, man sei zu einer anderen Lebensweise übergewechselt und habe das Gesetz Gottes verlassen (ad alienigenarum morem relicta et prodita Dei lege transisse), als auch gegen Gott selbst, der dadurch beleidigt werde und dies mit ewigen Strafen vergelte (offenso Deo incurreret aeterna supplicia). Vor allem letzterer Aspekt ist Cyprian an dieser Stelle besonders wichtig, nämlich dass man Gott keinesfalls täuschen könne, wie raffiniert und vorsichtig auch immer man dabei zu Werke gehe. Dies wird nicht nur anhand des Makkabäerverses deutlich, der vom heiligen Wissen Gottes spricht (Domino, qui sanctam habet scientiam), vor dem nichts verborgen bleibt, und von der Furcht vor Gott, die Eleasar dies gerne erdulden lässt (propter ipsius metum libenter haec patior), sondern auch aus den sich an das Testimonium anschließenden Worten Cyprians: „Weil sein Glaube aufrichtig und seine Tapferkeit unbescholten und in hohem Maße erhaben war, habe er dabei nicht an König Antiochus gedacht, sondern an Gott den Richter und er habe gewusst, er könne nicht zum Heil gelangen, wenn er einen Menschen verlache und täusche, da ja Gott, der der Richter unseres Gewissens ist und als Einziger gefürchtet werden muss, in keiner Weise weder verlacht noch getäuscht werden kann. Wenn also auch wir Gott geweiht und ergeben leben, wenn wir auf tus diu et in extremo iam constitutus, cum inter uerbera et tormenta moreretur, ingemescens ait. 262 Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 2.3.
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den alten und geheiligten Pfaden der Gerechten unseren Weg gehen, dann lasst uns durch die gleichen [Glaubens-]Zeugnisse von Strafen, durch die gleichen Martyrien von Leiden gehen, bedenkend, dass dadurch der Ruhm unserer Zeit größer ist, da, während die alten Beispiele gezählt werden können, später die christlichen Märtyrer bei der übergroßen Menge an Tapferkeit und Treue nicht gezählt werden können, wie die Offenbarung bezeugt und sagt“263.
Anhand des Verses 2Makk 6,30 gelingt es Cyprian somit nicht nur ein rühmliches Beispiel herausragenden Bekennermutes und unerschütterlicher Standhafigkeit im Glauben zu präsentieren, an dem sich die Christen zur Zeit Cyprians orientieren können und sollen, sondern auch auf eindringliche Art und Weise klarzustellen, dass raffinierte Täuschung, wie im Falle der Libellatici zur Zeit der decischen Opferediktes, keine Alternative zu christlichem Bekennermut darstellt. Mag man mit ihrer Hilfe auch Menschen in die Irre führen und das eigene, irdische Leben samt Hab und Gut retten können, Gott der allmächtige und allwissende Richter dagegen lässt sich, so der Tenor der cyprianischen Ausführungen, niemals täuschen und blenden. Mit der Aufforderung an seine Adressaten, auf den alten und geheiligten Pfaden der Gerechten zu wandeln (supra ipsa iustorum antiqua et sancta uestigia iter facimus), und dem Verweis, dass der Ruhm der Gegenwart größer sei als der der Vergangenheit, da die Zahl der christlichen Märtyrer im Gegensatz zu früher nicht mehr gezählt werden könne, leitet Cyprian zu den beiden letzten Testimonien (Offb 7,9f.13-15) von Fort., test. 11 über. Da diese von ihm als textliche Einheit konzipiert sind, sollen sie auch als solche präsentiert werden: „Danach sah ich eine große Menge, die niemand zählen konnte, aus jedem Geschlecht, jedem Stamm, jedem Volk und jeder Sprache vor dem Thron und dem Lamm stehen. Sie waren in weiße Gewänder gehüllt und hatten Palmzweige in ihren Händen und riefen mit lauter Stimme: Heil unserem Gott, der auf dem Thron sitzt und dem Lamm. Da wendet sich einer von den Ältesten mit den Worten an mich: Wer sind die, die in weiße Gewänder gehüllt sind und woher kommen sie? Und ich sage zu ihm: Herr, du weißt es. Und er sagt zu mir: Es sind diejenigen, die aus großer Bedrängnis kommen und ihre Gewänder gewaschen und weiß gefärbt haben im
263 Sincera prorsus fides et uirtus integra ac satis pura non regem Antiochum cogitasse sed Deum iudicem et scisse proficere sibi ad salutem non posse, si hominem derideret ac falleret, quando Deus qui conscientiae nostrae iudex est et solus timendus est nec derideri possit omnino nec falli. Si igitur et nos dicati ac deuoti Deo uiuimus, si supra ipsa iustorum antiqua et sancta uestigia iter facimus, per eadem documenta poenarum, per eadem passionum martyria pergamus, hoc ampliorem gloriam conputantes temporis nostri, quod cum uetera exempla numerentur, exuberante postmodum copia uirtutis ac fidei numerari non possunt martyres christiani testante Apocalypsi et dicente.
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Blut des Lammes. Deswegen stehen sie vor dem Thron Gottes und dienen ihm in seinem Tempel“264.
Abgesehen von Fort., test. 11, führt Cyprian die beiden Bibelstellen Offb 7,9f.13-15 nur noch in Quir. 3,16 unter dem Titulus „Über das Gut des Martyriums“ (De bono martyrii). Auch wenn er dort das zweite Testimonium um zwei Verse ausführlicher zitiert (Offb 7,13-17), so erweckt dennoch der Umstand, dass auch in Quir. 3,16 beide Stellen als textliche Einheit konzipiert sind, den Eindruck, die Testimoniensammlung könne hier als Vorlage für Fort., test. 11 gedient haben. Wie sorgfältig und gezielt die Textpassage Offb 7,9f.13-15 an dieser Stelle gewählt ist, wird daran ersichtlich, dass sie zum einen den Titulus Fort. 5 (11) stimmig abschließt, indem sie nach all den Testimonien zum Hass der Welt gegenüber den Christen und den Verfolgungen und den Leiden, die die Ungerechten seit Anbeginn der Zeit über die Gerechten bringen, eine nicht zu zählende Menge (turbam multam quam dinumerare nemo poterat) von Gläubigen verspricht, die aus großer Bedrängnis heraus (ex magna tribulatione) geheiligt werden. Zum anderen leitet sie mühelos zu den beiden letzten Tituli Fort. 5 (12f) über, denn die weißen Gewänder, die sie tragen (amicti stolas albas), die Palmzweige in ihren Händen (palmae fuerunt in manibus eorum) und ihr Privileg, vor dem Thron Gottes stehen und in seinem Tempel dienen zu dürfen (in conspectu throni Dei et seruiunt ei in templo eius), künden von der Hoffnung und dem Lohn der Gerechten und der Märtyrer (quae spes et merces maneat iustos et martyras) aus Fort. 5 (12) und dem Versprechen, dass der Lohn für das Leiden größer sein werde als das, was man hier zu erleiden habe (plus nos accipere in passionis mercede quam quod hic sustinemus in ipsa passione), wie Fort. 5 (13) in Aussicht stellt. Mit den aufmunternden Worten: „Wenn also die Menge der christlichen Märtyrer sich als so groß erweist und anerkannt wird, soll niemand glauben, es sei schwierig oder mühevoll, ein Märtyrer zu werden, da er ja sieht, dass die
264 Post haec uidi turbam multam quam dinumerare nemo poterat ex omni gente et ex omni tribu et populo et lingua stantes in conspectu throni et agni: et erant amicti stolas albas et palmae fuerunt in manibus eorum et magno clamore dicebant: Salus Deo nostro sedenti super thronum et agno. Et respondit unus ex senioribus dicens mihi: Qui amicti sunt stolas albas qui sunt et unde uenerunt? Et dixi ei: Domine, tu scis. Et ait mihi: Hi sunt qui uenerunt ex magna tribulatione et lauerunt stolas suas et candidas eas fecerunt in sanguine agni. Propter hoc sunt in conspectu throni Dei et seruiunt ei in templo eius.
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Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen [Fort. 5 (9-11)]
Menge der Märtyrer nicht gezählt werden kann“265, schließt Cyprian das längste und materialreichste Kapitel innerhalb seiner Testimoniensammlung ab.
Die Bedeutung der Bedrängnisse und Verfolgungen in den übrigen Schriften Cyprians Bedrängnisse und Verfolgungen als Prüfung Bevor im Folgenden der Frage nachgegangen werden soll, wie Cyprian in seinen Schriften das Thema „Bedrängnisse und Verfolgungen als Prüfung“ (praessuras et persecutiones fieri ut probemur) ausgestaltet hat, soll zunächst kurz darauf hingewiesen werden, dass in Bezug auf Fort. 5 (9; 11) die Begriffe „Bedrängnis“ (praessura) und „Verfolgung“ (persecutio) synonym zu verstehen sind266. Zwar verwendet Cyprian in seinen Schriften die Vokabel praessura bzw. pressura auch in einer sehr weit gefassten und relativ unbestimmten Bedeutung, biblisch grundgelegt etwa in Joh 16,33 (Dies habe ich euch gesagt, damit ihr in mir Frieden habt, in der Welt aber werdet ihr Bedrängnis haben)267, so z.B. im Falle von pat. 11, wo er es als Los eines jeden Menschen bestimmt, in dieser Welt unter Bedrängnissen und Mühsal leiden zu müssen (qui sic nascimur ut pressuris istic et conflicationibus laboremus)268. Dies kann nicht im Sinne von „Verfolgung“ verstanden werden, da sie nicht das Schicksal aller Menschen ist. Eine solch begrifflich weite Fassung von praessura scheint mir jedoch im Falle von Fort. 5 (9; 11) weder geboten noch sinnvoll zu sein. Dies liegt zum einen daran, dass die Schrift als exhortatio ad martyrium ganz konkret die Christen auf eine bevorstehende Verfolgung vorbereiten möchte. Dies ist die Bedrängnis, mit der sich die Gläubigen hier konfrontiert sehen und auf die ihr Bischof Antwort zu geben versucht. Zum anderen legen die Tituli Fort. 5 (10f) eine solche Leseart nahe, denn Fort. 5 (10) thematisiert ausschließlich die Ungerechtigkeiten und Strafen der Verfolgung (iniurias et poenas persecutionum), ohne „Bedrängnis265 Quodsi tantus ostenditur et probatur christianorum martyrum populus, nemo difficile uel arduum putet esse martyrem fieri, quando uideat martyrum populum non posse numerari. 266 Vgl. dazu etwa ep. 11,1,2, wo Cyprian die decischen Verfolgungsmaßnahmen nicht als Verfolgung (persecutio), sondern als Bedrängnis (pressura) beschreibt, „die unsere Herde bereits zum größten Teil verwüstet hat“ (… quae gregem nostrum maxima ex parte populata est). In ep. 11,7,2 spricht er von der Not der gegenwärtigen Bedrängnis (praesentis praessurae conflictatione), was inhaltlich nichts anderes als die decischen Verfolgungsmaßnahmen bedeuten kann. 267 Haec locutus sum uobis, ut in me pacem habeatis, in saeculo autem pressuram. HaHdfdf 268 Vgl. dazu auch pat. 12; 18; mort. 5; 7.
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se“ eigens zu erwähnen und Fort. 5 (11) argumentiert, dass die Bedrängnisse und Verfolgungen (praessuras et persecutiones) nicht zu fürchten seien, da ja bereits vorhergesagt sei, die Welt werde die Christen hassen und Verfolgungen gegen sie durchführen. Bedrängnisse sind demnach in Fort. 5 (9-11) als wesentlicher Bestandteil von Verfolgungen zu verstehen, es gibt keine Verfolgung ohne Bedrängnisse, so dass diese mitklingen, wenn allein von den persecutiones die Rede ist, die den Christen als Prüfung auferlegt sind. Um die Tragweite besser einschätzen zu können, die das Thema von Fort. 5 (9), Verfolgungen als Prüfung für die Christen, innerhalb der Schriften, d.h. innerhalb der Theologie Cyprians einnimmt, gilt es sich kurz den Kontext zu vergegenwärtigen, in den dieses eingebettet ist. Im Wesentlichen deckt sich diese Verortung mit den Ausführungen unter Kap. 6.2.2.3, die deshalb nur kurz umrissen zu werden brauchen. Die Taufe, so wurde dort gezeigt, stellt für den Bischof von Karthago einen radikalen Neubeginn menschlicher Existenz dar, werden doch in ihr, der zweiten Geburt, den Kandidaten die Sünden vergeben und der Geist Gottes mitgeteilt, so dass für sie als Söhne Gottes zu Lebzeiten die Vollendung bereits begonnen hat. Im Gegenzug dafür verpflichten sie sich, den göttlichen mandata und praecepta im Sinne einer lex diuina269 Gehorsam zu leisten und so die Gnade ihres neu erworbenen Seinsstandes festzuhalten und darin auszuharren (insistendum potius esse et perseuerandum). Solchermaßen dem Rachen des Teufels entrissen (erepti de faucibus diaboli) und aus den Schlingen der Welt befreit (de laqueis saeculi liberati), sehen sie sich den heftigen und wütenden Angriffen dieser beiden konfrontiert, die ihnen das zuteil gewordene Geschenk ewigen Lebens wieder zu entreißen trachten. Die Welt ist deshalb für Cyprian zuallererst der Schauplatz, die Arena, in der der Christ unter den Augen des Herrn270 einen lebenslangen Wettkampf mit seinen Widersachern ausficht und in der sich jeder Christ erproben und bewähren muss, will er sich des in der Taufe gewährten Geschenkes ewigen Lebens für würdig erweisen. Dementsprechend gilt für Cyprian der Grundsatz, „nur wenn im Getümmel der Schlacht der Sieg errungen wird, dann wird den Siegreichen auch der Kranz überreicht“ (cum fuerit in pugnae congressione uictoria, tunc datur uincentibus et corona)271.
269 Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 6.2.2.2. 270 ... spectat militem suum Christus ubicumque (ep. 58,4,2). Ep. 58,8,1 zufolge schauen Gott, die Engel und auch Christus den Kämpfenden zu (pugnantes spectat deus, spectant angeli eius, spectat et Christus). 271 Mort. 12.
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Prüfung, Erprobung (probatio) der Christen272 dient somit zunächst dem Zweck der Wahrheitsfindung, nur der Kampf gegen Widerstände bringt die Wahrheit ans Tageslicht (conflictatio in aduersis, probatio est ueritatis)273. So erweist sich erst im Sturm die Fähigkeit des Steuermanns (gubernator in tempestate dinoscitur) und in der Schlacht wird der Soldat geprüft (in acie miles probatur). Ohne Bewährungsprobe lässt sich nicht entscheiden, wie der wahre Sachverhalt liegt, denn ohne Gefahr ist es leicht zu prahlen (delicata iactatio est, cum periculum non est) und auch wenn die Christen zwar bereits in der Taufe der Welt entsagt haben, tun sie dies erst dann wirklich, so Cyprian, wenn sie z.B. alles Hab und Gut verlassen und dem Herrn nachfolgen, der sie versucht und prüft274. Als biblische Kronzeugen dafür beruft sich Cyprian bevorzugt auf Sir 27,5 (Die Gefäße des Töpfers prüft der Brennofen und gerechte Menschen werden in der Bedrängnis geprüft)275, den Vers, den er auch unter Fort. 5 (9) listet, und Sir 2,4f (Im Leiden sei standhaft und in deiner Demut habe Geduld, denn im Feuer wird Gold und Silber geprüft)276. Beide Testimonien führt Cyprian als „Unterschied zwischen uns [den Christen] und denen, die Gott nicht kennen“ (hoc denique inter nos et ceteros interest qui Deum nesciunt)277 ins Feld, denn wenn die Christen von Krankheit, körperlicher Schwäche oder einer grassierenden Seuche heimgesucht werden (infirmitas, et inbecillitas et uastitas aliqua), dann wird ihre Tapferkeit vollendet und ihr Glaube gekrönt, während die Heiden dagegen angesichts dessen klagen und murren (illi in aduersis queruntur et murmurant). So diene dies alles der Prüfung und Erprobung der Christen 272 Zu biblischen und heidnisch-paganen Vorbildern dieses Motives vgl. Lo Cicero, persecuzione, 91f. Noormann, Ad salutem, 179-216, behandelt dieses Motiv – zu Recht – ausführlich, denn: „Die gesamte christliche Existenz, verstanden als täglicher Kampf gegen die unausgesetzten Angriffe des Widersachers und der Welt, wird für Cyprian zu einer ständigen Bewährungsprobe des Glaubens“ (ebd., 183). 273 Mort. 12. 274 Saeculo renuntiaueramus cum baptizati sumus; sed nunc uere renuntiamus saeculo quando temptati et probati a deo nostra omnia relinquentes dominum secuti sumus (ep. 13,5,3). Als Subjekt der Prüfung kennt Cyprian sowohl Gott selbst, wie hier in ep. 13,5,3 oder in Quir. 3,15 (Dazu werden die Menschen von Gott versucht, um sie zu prüfen; Ad hoc temptari homines a deo ut probentur), als auch den Teufel bzw. Widersacher, wie in ep. 13,1, wo Cyprian über die klagt, die der feindliche Sturm niedergestreckt hat (quos tempestas inimica prostrauit) und sich über die freut, die der Teufel nicht hatte überwinden können (quos diabolus superare non potuit). Vgl. dazu auch orat. 27; pat. 12; Noormann, Ad salutem, 181-183. 275 Vasa figuli probat fornax et homines iustos temptatio tribulationis. 276 In dolore sustine et in humilitate tua patientiam habe, quoniam in igne probatur aurum et argentum. Vgl. dazu pat. 17; mort. 9. 277 Mort. 13.
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(examinandis autem nobis atque explorandis)278, denn in der Geduld, mit der sie dies im Gegensatz zu den Heiden ertrügen, würde der Gerechte erprobt (patientia iustus probatur). Die Widrigkeiten, mit denen die Menschen zu Lebzeiten zu kämpfen haben, dienen somit nicht nur dazu, den Unterschied zwischen Heiden und Christen zu manifestieren, indem sie die seelisch-moralische Hilflosigkeit und Unterlegenheit Ersterer gegenüber den Christen offenbar werden lassen, sondern sie haben darüber hinaus auch die Funktion, innerhalb der christlichen Gemeinschaft „die Liebe unseres Herzens zu erforschen und den Glauben unserer Seele zu prüfen“ (ad explorandum animi nostri caritatem et examinandam nostri pectoris fidem)279. Wie sehr das am eigenen Leib erfahrene Unheil, wie Krankheit, Hunger oder Unwetter, die christliche Glaubensstärke und -treue in ihren Grundfesten zu erschüttern vermochte, weil – so lässt die Reaktion Cyprians erkennen – so mancher Getaufte wohl der Überzeugung war, sein Glaube könne bzw. müsse ihn vor solchen Widerfahrnissen schützen und bewahren280, belegen seine diesbezüglichen Ausführungen vor allem in mort. 8f und Dem. 18f. Dort begegnet er sowohl der rein innerchristlichen Verunsicherung, wie es kommen könne, d.h. wie es Gott zulassen könne, „dass die Stärke dieser Krankheit die Unsrigen in gleichem Maße ergreift wie die Heiden“ (quod aequaliter cum gentilibus nostros morbi istius ualitudo corripiat), als auch der gegen die Heiden gerichteten Kritik, „niemand solle glauben, dass die Christen nicht durch diese Dinge, die geschehen [die Widrigkeiten der Welt; de aduersis mundi] gerächt würden, weil auch sie offenkundig durch das Schicksal der Geschehnisse getroffen werden“ (nec ideo quis putet christianos his quae accidunt non uindicari, quod et ipsi uideantur accidentium incursione perstringi), auf sehr ähnliche Art und Weise: Solange die Christen in dieser Welt weilen, sind sie mit dem Menschengeschlecht aufgrund der Gleichheit des Fleisches verbunden (cum genere humano carnis aequilitate coniungimur) bzw. solange dieser Körper mit den übrigen Menschen gemeinsam ist, solange muss auch die körperliche Bedingtheit gemeinsam bleiben (quamdiu enim corpus hoc permanet commune cum ceteris, sit necesse est et corporalis condicio communis). Was die Christen jedoch von den Übrigen, d.h. auch von den Juden, unterscheide, das sei der Umstand, dass jene angesichts solcher Widrigkeiten murrten und jammerten, die Gläubigen dagegen 278 Pat. 17. 279 Ep. 62,4,1. 280 Vgl. dazu die schroffe Ablehnung eines solchen Ansinnens in mort. 8 mit den Worten: „Als ob ein Christ zu dem Zweck gläubig geworden ist, um unversehrt von der Berührung der Widrigkeiten, die Welt und das Leben glücklich zu genießen“ (quasi ad hoc crediderit christianus, ut immunis a contactu malorum mundo et saeculo feliciter perfruatur).
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die Gewissheit haben dürften, dass all dies lediglich dazu geschehe, um sie zu prüfen, denn „wir wissen und vertrauen darauf, dass wir durch das, was euch quält und erschöpft, geprüft und gestärkt werden“ (per ipsa quae uos cruciant et fatigant probari et corroborari nos scimus et fidimus)281 und dass „Gold und Silber im Feuer geprüft wird“ (in igne probatur aurum et argentum), wie Cyprian am Ende von mort. 9, Sir 2,4f zitiert. Einer theologischen Erklärung für in ihrem Glauben verunsicherte Christen bedurfte es freilich nicht nur angesichts von Naturkatastrophen und Schicksalsschlägen, sondern auch im Zuge der staatlichen Verfolgungsmaßnahmen, die gegen sie ergriffen wurden. Wenn Cyprian in ep. 11,7,2 die Christen dazu auffordert, „angesichts der Not der gegenwärtigen Bedrängnis nicht von dem Glauben abzufallen, den wir einmal gefasst haben (nec a fide qua in eum semel credidimus praesentis praessurae conflictatione deficiant), dann lässt dies erahnen, wie sehr die Christen durch sie in ihren Fundamenten erschüttert wurden. Die Frage nach dem „Warum“ einer solchen Bedrängnis gilt es dann schlüssig und nachvollziehbar zu beantworten, will man nicht riskieren, dass die anvertraute Herde an ihrem Glauben verzweifelt und in die Irre geht. Cyprians knappe und bündige Erklärung daraufhin lautet zunächst: „Sie sollen wissen, dass wir von unserem Herrn geprüft werden“ (probari nos a domino nostro sciant) bzw. „Diese Verfolgung ist eine Untersuchung und Erforschung unseres Herzens. Der Herr wollte, dass wir wachgerüttelt und geprüft werden“ (persecutio ista examinatio est atque exploratio pectoris nostri. Excuti nos deus uoluit et probari)282. Ausführlicher fällt die Antwort in ep. 58,2,2 aus. Dort beruft sich Cyprian auf den Apostel Petrus (1Petr 4,12-14), der gelehrt habe, dass „Verfolgungen geschehen, damit wir geprüft werden“ (docuerit ideo persecutiones fieri ut probemur). Dies sei aber keineswegs etwas Neues (nec excidatis tamquam nouum uobis contingat)283, sondern bereits vom Herrn vorausgesagt (dominus ante praedixerit). Darüber hinaus sei dies kein Grund zu Furcht und Sorge, sondern Anlass, sich zu freuen (per omnia gaudete)284, biete sich hier doch den Christen die Möglichkeit, „dass auch wir nach den Beispiel der früheren Gerechten durch Tod und Leiden mit der Liebe Gottes vereinigt werden“ (ut dilectione dei iustorum praecedentium exemplo nos etiam morte et passionibus copulemur). An anderer Stelle, in laps. 7, lässt Cyprian keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Christen selbst dafür verantwortlich sind, wenn sie von Gott auf solche Art und Weise geprüft werden, denn dies sei einzig und allein ihren Sün281 282 283 284
Dem. 18. Ep. 11,5,3. 1Petr 4,12. 1Petr 4,13.
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den geschuldet (id egimus per nostra peccata)285, da sie die Gebote des Herrn verachteten (Domini mandata contemnimus) und somit „die Prüfung des Glaubens mit strengeren Mitteln“ (probationem fidei remediis seuerioribus) verdienten. Ähnlich lautet der Tenor in laps. 5: Mithilfe der Bedrängnisse der decischen Verfolgungsmaßnahmen wollte der Herr seine Familie prüfen (Dominus probari familiam suam uoluit). Notwendig war dies geworden, weil die lange vorangegangene Friedenszeit die christliche Zucht beeinträchtigt hatte (disciplinam pax longa corruperat) und den Glauben hatte einschlafen lassen286. Wenn der Bischof von Karthago im Kontext von Verfolgung den Aspekt „Prüfung“ (probatio; probari) thematisiert, dann tut er dies nicht in erster Linie, um damit die Sünden und Verfehlungen der Christen zu betonen, sondern – und darin erweist sich zum wiederholten Male das psychologische Gespür Cyprians – um motivierend und zum Durchhalten animierend den Lohn und den Gewinn in den Blick zu rücken, der auf den wartet, der sich in der Prüfung bewährt. So werden die Märtyrer Gottes durch die Folter geweiht und durch die Bewährung im Leiden geheiligt (de tormentis quae martyras dei consecrant et ipsa passionis probatione sanctificant), so dass sie mit Christus richten und herrschen werden (iudicaturos uos et regnaturos cum Christo)287. Die inhaftierten und im Glauben standhaften Bekennner sind für Cyprian, ländlich-bäuerliche Metaphorik benutzend, gereinigte Weizenkörner und wertvolles Getreide, das bereits geprüft und in der Scheune sicher verwahrt ist (ipsi ut tritici grana purgata et frumenta pretiosa iam probati et conditi hospitium carceris horreum conputatis)288. Der Lohn für ihre Glaubenstreue (mercedem fidei)289 wird sein, Gott schauen zu dürfen (admitti ut deum uideas), und Christus, der die Märtyrer prüft und krönt (ille [Christus] qui probat martyras et coronat)290, wird den Lohn gewähren, den
285 Laps. 7. 286 In diesem Kontext macht Cyprian deutlich, dass er die decischen Verfolgungsmaßnahmen nicht nur als Prüfung (probatio) der Christen betrachtet, sondern auch als Strafe (correptio). So sei ein himmlisches Strafgericht (censura caelestis; laps. 5) notwendig gewesen, um den eingeschlafenen Glauben wieder wachzurütteln, und da die Christen die Gebote des Herrn missachteten, sei dies alles eine Strafe (für ihr Vergehen) (ad correptionem delicti; hanc correptionem nostram laps. 7). Was Cyprian genauerhin unter diesem Vergehen (delictum) verstanden wissen wollte, präzisiert Lo Cicero, persecuzione, 93 auf die avaritia hin, denn in ihr erkennt sie „La colpa fondamentale imputata ai cristiani“. Zum Thema der Verfolgung als göttliche Strafe vgl. ebd., 91-97; Noormann, Ad salutem, 179-183. 287 Ep. 6,2,1. 288 Ep. 37,2,2. 289 Ep. 58,10,1. 290 Ep. 58,4,2.
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er versprochen hat, ihnen bei der Auferstehung zukommen zu lassen (praemium reddit quod daturum se in resurrectione promisit).
Die Überlegenheit Gottes über den Teufel Wenn Cyprian in Fort. 5 (9) die These formuliert, Verfolgungen würden geschehen, damit die Christen geprüft werden (praessuras et persecutiones fieri ut probemur), dann ist damit zwar ein Grund benannt, warum es überhaupt geschehen kann, dass eine solche Bedrängnis über die Christen hereinbricht, nicht erklärt ist damit jedoch, wer dafür verantwortlich ist, Gott oder der Teufel. Dass diese Frage beim Bischof von Karthago nicht durchgehend eindeutig beantwortet ist, zeigt ep. 13, wo er innerhalb weniger Zeilen die decischen Verfolgungsmaßnahmen einerseits auf den Teufel291, andererseits auf Gott zurückführt292, ohne dies näher zu bestimmen oder eingehender zu erklären. Wie das Verhältnis von Gott und Teufel zueinander genauerhin zu denken ist293, thematisert er nun in Fort. 5 (10) anhand der Schutzmacht Gottes, die in jedem Falle größer sei als die Macht des Teufels, gegen die Christen zu wüten (maior est Dominus ad protegendum quam diabolus ad inpugnandum). Appelliert Cyprian im vorangehenden Titulus vorrangig an die Vernunft der Christen, indem er ihnen den theologischen Grund darlegt, weshalb es überhaupt zu Verfolgungen kommt, so spricht er in Fort. 5 (10) vorrangig deren Emotionen an mit dem Ziel, ihren Mut und ihre Zuversicht zu stärken, denn „fürchten müsse man sich nicht …“ (Nec timendas esse). Was das Machtgefüge zwischen Gott und dem Teufel betrifft, so gilt für Cyprian grundsätzlich, dass „er selbst [Gott] der Herr und Lenker der Welt ist und Alles nach seinem Willen und auf seinen Befehl hin geschieht und nichts geschehen kann, außer was er selbst tut oder erlaubt, dass es geschehe“294 bzw.: „Der Teufel hat keine Macht gegenüber den Menschen, außer Gott erlaubt es“ (Nihil licere diabolo in homine, nisi Deus permiserit)295. Damit ist zunächst eine klare, unumstößliche Hierarchie benannt. Alle Macht gebührt Gott allein, gegen seinen Willen kann nichts passieren. Wenn etwas geschieht, dann nur deshalb, 291 ... dolemus ex illis quos tempestas inimica prostrauit, tantum laetamur ex uobis quos diabolus superare non potuit (ep. 13,1). 292 ... sed nunc uere renuntiamus saeculo quando temptati et probati a deo nostra omnia relinquentes (ep. 13,5,3). 293 Vgl. dazu Noormann, Ad salutem, 181-183. 294 Nam cum ipse sit mundi dominus et rector et cuncta arbitrio eius et nutu gerantur nec quicquam fieri possit nisi quod aut fecerit aut fieri ipse permiserit (Dem. 5). 295 Quir. 3,80. Unter diesem Titulus listet Cyprian die vier Testimonien Joh 19,11; 1Kön 11,14; Ijob 13,27; Spr 21,1.
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weil er selbst es tut, oder – und hier kommt überhaupt erst der Teufel ins Spiel – weil er erlaubt, dass es geschehe. Aber dies Erlaubte kann niemals etwas sein, das im Gegensatz zu Gottes Willen steht, denn ohne seinen Willen geschieht nichts. Eine Illustration dessen liefert Cyprian in ep. 11, wo er von einer Erscheinung berichtet, die ihm bereits lange vor Ausbruch der decischen Verfolgungsmaßnahmen zugekommen sei (Hoc prius longe ostensum est, quam tempestas uastitatis huius oriretur)296. Dabei beschreibt er einen Familienvater (paterfamilias)297, zu dessen rechter Seite ein Jüngling (sedente sibi ad dexteram iuuene) mit betrübter Miene (maesto uultu) saß. Zu seiner Linken dagegen stellte sich ein anderer Jüngling auf, der ein Netz bei sich hatte, mit dem er das umherstehende Volk einzufangen drohte298. Auf die Frage hin, was dies zu bedeuten habe, sei ihm geantwortet worden, der zur Rechten sei betrübt und verletzt darüber, dass man seine Gebote nicht einhalte (contristari et dolere quod praecepta sua non obseruarentur), der zur Linken dagegen freue sich, da sich ihm eine günstige Gelegenheit biete, vom Familienvater die Vollmacht zu erhalten, wüten zu dürfen (quod sibi daretur occasio ut a patrefamilias potestatem sumeret saeuiendi). Anhand dieser Erscheinung lässt der Bischof von Karthago keinen Zeifel daran aufkommen, dass der Widersacher von sich aus keine Macht besitzt, gegen die Christen vorzugehen. Um dies tun zu können, ist er darauf angewiesen, die Ermächtigung zu schaden ausdrücklich zugesprochen zu bekommen (facultatem nocendi inimicus acciperet)299. Der Teufel stellt für Cyprian also keinen eigenständigen Widerpart zu Gott dar, er nimmt vielmehr die Rolle eines Handlangers ein, der erst dann zum Einsatz kommt, wenn ihm dies gewährt wird. Der Grund dafür liegt, wie Cyprian unmissverständlich betont, im 296 Ep. 11,4,2. Die Vermutung liegt nahe, dass Cyprian nicht selbst die Vision hatte, sondern dass sie ihm zugetragen wurde, denn zum einen verwendet er offensichtlich ganz gezielt nur die unbestimmte Formulierung „es gab die Vision, dass“ (illud ostensum est, quod; ep. 11,4,1) bzw. „wir sehen erfüllt, was geoffenbart worden war“ (uidemus inpletum quod fuerat ostensum; ep. 11,4,2), zum anderen lässt sich die Wendung „jener, der es gesehen hat“ (ille qui uidit; ep. 11,4,1) nur schwerlich auf Cyprian selbst beziehen. Anders dagegen lautet die Einführung einer weiteren Vision in ep. 11,6,1: „Schließlich hat er auch seinen geringsten Diener … für würdig befunden, ihm einen Auftrag zu erteilen“ (Denique ad minimum famulum suum … mandare dignatus est), die kaum Zweifel daran aufkommen lässt, dass hier dem Bischof von Karthago persönlich eine Offenbarung zuteil wurde. Vgl. dazu Harnack, Cyprian, 178-181; Noormann, Ad salutem, 182f. Zu den Visionen Cyprians insgesamt vgl. Robeck, Prophecy, 149-195. 297 Ep. 11,4,1. 298 Alius uero in sinistra parte consistens rete portabat, quod se mittere ut circumstantem populum caperet minabatur. 299 Ep. 11,4,2.
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Fehlverhalten der Christen, die die Vorschriften Gottes ignorieren (domini praecepta contemnimus) und die heilbringenden Gebote seines Gesetzes nicht einhalten (datae legis mandata salutaria non tenemus). Die Christen dürften zwar auf den Schutz Gottes vertrauen (Pater nos tuetur)300, aber nur solange, wie sie im Glauben feststehen (stantes tamen in fide) und unerschütterlich Christus anhangen (Christo eius firmiter adhaerentes). Im Rahmen seiner Auslegung der sechsten Bitte des Vaterunsers „Und lass nicht zu, dass wir in Versuchung geführt werden (Et ne patiaris nos induci in temptationem)301, bietet der Bischof von Karthago eine weitere, grundlegende Bestimmung des Verhältnises Gott – Teufel. In den Worten des Herrengebetes erkennt er zunächst die Bestätigung, dass „der Widersacher gegen uns keine Macht hat, es sei denn, Gott erlaubt es zuvor“ (ostenditur nihil contra nos aduersarium posse, nisi deus ante permiserit), und dass „der Böse bei seinen Versuchungen keine Macht hat, es sei denn, die Macht ist ihm von dort zugewiesen worden“ (quando in temptationibus nihil malo liceat, nisi potestas inde tribuatur). Der Teufel kann also erst dann die Christen in Versuchung führen und gegen sie ankämpfen, wenn Gott ihm dies zuvor erlaubt hat, ansonsten ist er machtlos. Angesichts dessen lautet freilich die drängende Frage, wann bzw. warum erlaubt es Gott dem Teufel, gegen die Christen vorzugehen, wenn er doch genauso gut den Widersacher permanent im Zaume halten könnte. Die Antwort darauf fällt, wie zuvor in ep. 11, für Cyprian eindeutig aus: die Christen selbst haben dies zu verantworten, es ist ihren Vergehen geschuldet, denn „dem Bösen wird Macht gegen uns gegeben infolge unserer Sünden“ (Datur autem potestas aduersum nos malo secundum nostra peccata). Als biblische Kronzeugen dafür zitiert er anschließend Jes 42,24f302 und 1Kön 11,14303. Dass das Wirken des Teufels gegen die Christen in der cyprianischen Konzeption niemals als eigenmächtiges, vom Willen Gottes losgelöstes und unabhängiges Handeln in eigener Vollmacht zu deuten ist, sondern diesem stets untergeordet und eingegliedert ist, wird anhand der zwei Zwecke deutlich, die Cyprian unterscheidet, wenn es um die Frage geht, wozu dem Teufel Macht gegen die Getauften verliehen wird 300 Ep. 11,5,3. 301 Orat. 25. 302 „Wer hat Jakob zur Plünderung gegeben und Israel denen, die es zur Beute gemacht haben? War das nicht Gott, an dem sie sich versündigt haben und sie wollten nicht auf seinen Wegen wandeln und auf sein Gesetz hören und er hat über sie den Zorn seiner Entrüstung ausgegossen“ (Quis dedit in direptionem Iacob et Israel eis qui praedabantur illum? Nonne Deus cui peccauerunt et nolebant in uiis eius ambulare neque audire legem eius, et superduxit super eos iram animationis suae). 303 „Und der Herr erweckte den Satan gegen Salomo selbst“ (Et excitauit Dominus Satanan ipsi Salomoni).
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(Potestas uero dupliciter aduersum nos datur)304. Dies geschieht zum einen zur Bestrafung im Falle des Sündigens (uel ad poenam cum delinquimus) und zum anderen zur Verherrlichung im Falle des sich Bewährens (uel ad gloriam cum probamur). Da die Wendung „zur Bestrafung“ (ad poenam) in diesem Kontext bei Cyprian – wie Noormann völlig zu Recht betont – nicht die (ewige) Verwerfung intendiert, sondern als correptio zu verstehen ist, „die zwar Strafe ist, aber auf die Zurechtbringung des Sünders zielt“305, wird deutlich, dass die Ermächtigung des Teufels, gegen die Christen zu agieren, in den Augen des karthagischen Bischofs stets als Teil einer „göttlichen Pädagogik“ zu sehen ist, die auf den Gewinn des ewigen Lebens abzielt. In dem knappen Schlusssatz des Vaterunsers „Sondern erlöse uns von dem Bösen“ (Sed libera nos a malo)306, in dem Cyprian alle Widrigkeiten des Teufels gegen die Christen zusammengefasst sieht (comprehendentes aduersa cuncta quae contra nos in hoc mundo molitur inimicus), erkennt er denn auch – eingedenk der menschlichen Bedürftigkeit und Schwäche (infirmitatis et imbecillitatis nostrae)307 – die Bitte, über die hinaus es nichts weiter zu erflehen gibt (nihil remanet quod ultra adhuc debeat postulari), denn gegen die Angriffe des Widersachers gibt es nur dann sicheren und zuverlässigen Schutz, wenn Gott die Christen davon erlöst (a quibus potest esse firma et fida tutela, si nos deus liberet). Hat der Christ diesen Schutz erlangt, dann steht er sicher und geschützt gegen alle Angriffe des Teufels und der Welt (contra omnia quae diabolus et mundus operantur securi stamus et tuti). Mit der rhetorisch-programmatischen Frage „Wer nämlich fürchtet sich vor der Welt, den Gott in der Welt beschützt? (Quis enim ei de saeculo metus est cui in saeculo deus tutor est?)“308, lässt Cyprian keinen Zweifel mehr daran aufkommen, dass es keinen Grund zur Furcht gibt (nec timendas esse), denn „die Macht Gottes zu beschützen ist größer, als die des Teufels, zu bekämpfen“ (quia maior est Dominus ad protegendum quam diabolus ad inpugnandum), wie der Titulus von Fort. 5 (10) versichert.
Das Eintreffen der vorhergesagten Bedrängnisse als Garant künftiger Belohnungen Wenn Cyprian seinen elften Titulus von Fort. 5 mit der Aufmunterung beginnen lässt, niemand solle sich bei den aktuellen Bedrängnissen und Verfolgungen erschrecken und verwirren lassen (ne expauescat quis et conturbetur ad praessu304 305 306 307 308
Orat. 26. Noormann, Ad Salutem, 182. Orat. 27. Orat. 26. Orat. 27.
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ras et persecutiones), um dann einige Zeilen später festzuhalten, dass damit den Christen nichts Neues zustoße (nec nouum quid accidat christianis), dann schwingen in diesen Worten unüberhörbar die niederschmetternden Erfahrungen aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen mit. So analysiert der Bischof von Karthago in laps. 5, die damaligen Ereignisse betreffend, der massenhafte Glaubensabfall so vieler Christen sei nur deshalb möglich gewesen, weil infolge der langen vorangegangenen Friedenszeit der Glaube am Boden lag und beinahe eingeschlafen war (iacentem fidem et paene dixerim dormientem)309 und dadurch die Furcht vor der Verfolgung (persecutionis metum)310 eine gänzlich unvorbereitete Gemeinde treffen konnte. Weil die Geschehnisse, so die Einschätzung Cyprians, für die Christen etwas Unerhörtes und völlig Neues waren (Quid oro inauditum, quid nouum uenerat)311, waren sie nicht zum Kampf gerüstet und mit den ersten drohenden Worten des Feindes (Ad prima statim uerba minantis inimici) konnte eine sehr große Zahl Gläubiger (maximus fratrum numerus) vom Widersacher leicht überrumpelt werden. Wenn Cyprian also eine Erkenntnis aus den Ereignissen dieser Zeit gewonnen hat, dann sicherlich die, dass die Christen nur dann für einen bevorstehenden Kampf gut gerüstet und gewappnet sind, wenn sie darauf vorbereitet sind. Teil dessen ist es, zum einen zu wissen, dass die Auseinandersetzung kommt, und zum anderen, warum dies geschieht. Letzteres hat Cyprian bereits in Fort. 5 (9) thematisiert, als er die Bedrängnisse und Verfolgungen als Prüfung (ut probemur) erklärte. Indem er in Fort. 5 (11) die aktuellen Ereignisse in ein theologisches Geschichtskonzept einbettet312, gelingt es ihm, nicht nur die Frage, warum es zu Verfolgungen gegen Christen kommt, zu vertiefen, sondern auch das Vertrauen zu stärken, die Verheißung des zu erwartenden reichen ewigen Lohnes werde sich erfüllen. Wenn die Christen jetzt unter Verfolgungen zu leiden hätten, dann würde ihnen, so Cyprian in Fort. 5 (11), damit nichts Neues geschehen (nec nouum), da seit Anbeginn der Welt die Gerechten von den Ungerechten unterdrückt und getötet würden (ab initio mundi … oppressi adque occisi sint iusti ab iniustis). Damit stellt der karthagische Bischof das Los der gegenwärtigen Christen in eine lange Reihe und Tradition biblischer exempla313. Bereits in ep. 6,2 weist er die inhaftierten Bekenner von Karthago darauf hin, sie wüssten ja, es sei „bereits seit Anbeginn der Welt so festgelegt, dass die Gerechtigkeit hier im Kampf gegen die Welt leidet“ (scientes ab initio mundi sic institutum ut laboret istic in saeculari conflictatione iustitia) und dass infolge dessen „gleich zu Beginn der ge309 310 311 312 313
Laps. 5. Ep. 16,3,2. Laps. 7. Vgl. dazu Strobel, Imperium, 155f; 165-167; Fitschen, Geschichte, 296-301. Vgl. dazu Deléani-Nigoul, exempla, 243-260; dies., L’utilisation, 315-338.
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rechte Abel314 getötet wird und dann alle Gerechte, Propheten und Apostel“ (in origine statim prima Abel iustus occiditur et exinde iusti quique et prophetae et apostoli), denen der Herr „an sich selbst ein Beispiel gegeben hat“ (dominus quoque in se ipso constituit exemplum), das es nachzuahmen gilt (imitari dominum in omnibus). In ep. 58, die angesichts der drohenden Verfolgung unter Kaiser Gallus ebenso wie Fort. der Thematik der praeparatio ad martyrium gewidmet ist, bietet Cyprian eine sehr ausführliche Auflistung biblischer exempla315, die es nachzuahmen gilt (imitemur), angefangen vom „gerechten Abel, der die Reihe der Martyrien eröffnet, da er als Erster der Gerechtigkeit wegen getötet wurde“ (Abel iustum qui initiauit martyria dum propter iustitiam primus occiditur)316, über Abraham, die drei Jünglinge Ananias, Azarias und Misael, dann Daniel, die Makkabäerbrüder und schließlich die Propheten, Apostel und den Märtyrertod der Kinder (von Bethlehem) (a martyriis infantium)317 bis hin zu Christus selbst, der vor uns den Hass der Welt ertragen hat (odium saeculi sustinuit prior Christus)318. Wenn Cyprian im Anschluss an die Auflistung der exempla fortfährt, niemand solle sich aufgrund seiner Furcht vor der drohenden Verfolgung erschrecken lassen (Neque aliquis … futurae persecutionis metu … terreatur)319, denn der Herr könne aus den Händen des Widersachers befreien (Irascitur aduersarius et minatur, sed est qui possit de eius manibus liberare), dann gibt dies Aufschluss über die Funktion der exempla innerhalb seiner praeparatio ad martyrium. Sie dienen in Bezug auf Glaubenstreue und Standhaftigkeit nicht nur als Vorbilder, die man nachahmen soll, sie belegen darüber hinaus, chronologisch aneinandergereiht wie in ep. 58 von Anbeginn der Welt bis zu Christus, den Aposteln und allen Gerechten, dass die aktuellen Verfolgungen und Bedrängnisse nicht als Zeichen einer mangelnden Schutzmacht Gottes missdeutet werden dürfen, sondern eine unumgängliche Konsequenz darstellen, die sich aus dem Zustand und der Verfasstheit dieser Welt ergibt. Dass seitens der Christen Not, Leid und Katastrophen aller Art schnell als Beleg göttlichen Unvermögens bzw. Unwillens, zu beschützen und davor zu bewahren, gedeutet werden konnten, lässt Cyprian nicht nur in ep. 58 erkennen, wenn er versichert und beteuert, man brauche sich nicht vor der drohenden Verfolgung fürchten und erschrecken zu lassen, da der Herr aus den Händen des Widersa314 Zum gerechten Abel (Abel iustus) bei Cyprian siehe auch orat. 24; zel. 5. 315 Eine weitere, umfangreiche Auflistung biblischer exempla findet sich in pat. 10, hier freilich unter dem Aspekt der Geduld (patientia), die die Christen nachzuahmen aufgefordert werden. 316 Ep. 58,5,1. 317 Vgl. Mt 2,16-18. 318 Ep. 58,6,3. 319 Ep. 58,7,1.
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chers befreien könne320. Auch in mort. 8, wenn er sich gegen die irrige Meinung wendet, der Übertritt zum Christentum mache (aufgrund der überlegenen Schutzmacht Gottes) immun gegen die Übel dieser Welt (quasi ad hoc crediderit christianus, ut immunis a contactu malorum), oder in Dem 11, wo er sicherlich nicht nur gegen die Heiden, sondern auch gegen Zweifler aus den eigenen Reihen argumentiert, „der Herr könne (sehr wohl) die Widrigkeiten verhindern, aber aufgrund der Schuld der Sünder komme er nicht zur Hilfe. Ist denn, heißt es, die Hand des Herrn nicht in der Lage, zu retten?“ (Deum posse aduersa prohibere sed ne ille subueniat merita peccantium facere. Numquid, ait, non ualet manus Dei, ut saluos faciat?)321, lässt sich eine solche Haltung eruieren, was nicht verwundern kann, lebten doch die Christen in einer religiösen Umwelt, in der „die Götter mit einem Strafgericht [antworteten]“322 im Falle eines Vergehens gegen sie. Dass auch Cyprian mit diesem Prinzip bestens vertraut war, belegt ein Blick auf seine Kampfschrift Dem323. Im Zuge einer praeparatio ad martyrium war es jedoch gänzlich ungeeignet, um die Christen zum Bekenntnis ihres Glaubens zu motivieren, weshalb der Bischof von Karthago hier stattdessen dem Modell der biblischen exempla den Vorzug gab, denn mit diesen konnte er auf eingängige Art und Weise belegen, dass die gegenwärtigen Verfolgungen nicht als Strafe oder Unvermögen zu schützen seitens Gottes zu deuten sind, sondern als Beleg für die Schlechtigkeit und Hoffnungslosigkeit der Welt. „Welt“ (mundus; saeculum) und Teufel sind für Cyprian, das sei nochmals gesagt324, eine nicht zu trennende Einheit325, der Widersacher ist „le maître du ‚monde‘ hostile à Dieu“326. Angesichts dessen ist der Umstand, verfolgt zu werden, geradezu eine Auszeichnung, ein Beleg, auf der richtigen Seite zu stehen neben all den anderen guten und gerechten Menschen, die zuvor ihres Glaubens und ihrer Gottestreue wegen Nachstellungen zu erleiden hatten und nicht zuletzt 320 Vgl. ebd. 321 Jes 59,1. 322 Wlosok, Religionsbegriff, 42. Zum Motiv des Zornes der Götter vgl. bes. Speyer, Religionen, 140-159, der im Hinblick auf die christliche Religion zu dem Ergebnis kommt: „Das alte Vorstellungsmodell von einem Gott, der über den Frevel eines einzelnen Menschen oder eines Volkes durch sichtbare Zeichen zürnt, ist mit der Religion der Griechen und Römer nicht untergegangen“ (ebd., 158). 323 So hält der Bischof von Karthago seinem heidnischen Kontrahenten und Ankläger entgegen, die gegenwärtigen Übel „die den Zorn des empörten Gottes zeigen, würden nicht wegen uns geschehen, die wir Gott verehren, sondern aufgrund eurer Sünden und Vergehen“ (ea fiunt quae iram Dei indignantis ostendunt non propter nos fiunt a quibus Deus colitur, sed delictis et meritis uestris; Dem 5). 324 Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 7.2.2. 325 Vgl. Fort. 5 (7); Fort., test. 7. 326 Orbán, dénominations, 190.
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neben Christus selbst, der schließlich verkündet hat: „Wenn die Welt euch hasst, erinnert euch, dass sie mich zuerst gehasst hat … Aber weil ihr nicht aus dieser Welt seid und ich euch aus der Welt erwählt habe, deshalb hasst euch die Welt“327. Wenn Cyprian sowohl in ep. 58 als auch in Fort., test. 11 den Johannesvers in Verbindung mit einer ausführlichen Präsentation biblischer exempla zitiert, dann belegt dies, in welchem Maße die beiden Aspekte sich bei ihm gegenseitig bedingen und einander erklären und dass das Eine nicht ohne das Andere gesehen werden darf und kann. Die gegenwärtigen Verfolgungen und Bedrängnisse aus Fort. 5 (11), denen sich die Guten und Gerechten ausgesetzt sehen, sind aber nicht einfach nur Schicksal bzw. zwangsläufige Folge der Verfasstheit dieser Welt, sie sind darüber hinaus auch vorhergesagt (ante praedictum). Damit werden sie Teil eines göttlichen Planes, der im Vorherwissen Gottes328 verankert ist. Legt man Cyprians Grundaxiom aus Dem. 5 zugrunde, „da er selbst [Gott] der Herr und Lenker der Welt ist und Alles nach seinem Willen und auf seinen Befehl hin geschieht und nichts geschehen kann, außer was er selbst tut oder erlaubt, dass es geschehe“329, so wird deutlich, dass die Verfolgungen unter denen die Christen zu leiden haben, nicht nur nicht gegen seinen Willen geschehen können, sondern dass sie – indem Gott sie vorhersagen lässt – geradezu als Beweis seines allmächtigen Willens zu sehen sind. Indem also Gott das Auftreten von Verfolgungen und Bedrängnissen im vornherein ankündigen lässt, erweist sich jetzt, da dies eintrifft, ganz offenkundig seine Macht und seine Zuverlässigkeit. Dies allein wäre freilich ein recht schwacher Trost. Jeder Betroffene würde sich da wünschen, die Macht Gottes solle sich doch lieber im Verhindern, statt im Vorhersagen von Verfolgungen manifestieren. Dass Ersteres nicht realistisch ist, hat Cyprian bereits in Fort. 5 (9) gezeigt: So wie die Gefäße des Töpfers oder Gold im Feuer des Ofens geprüft werden müssen, so auch die Christen, denen Verfolgungen zur Prüfung auferlegt sind (ut probemur). Bewährt sich der Christ darin, so sind ihm reiche Belohnungen versprochen (pollicitationis in mercedibus et praemiis postmodum secuturis)330. Zweifelsohne bilden diese innerhalb der cyprianischen praeparatio ad martyrium den zentralen Motivationsaspekt331, neben dem unter-
327 Si saeculum, inquit, uos odit, mementote quoniam me primo odiit ... sed quia de saeculo non estis et ego elegi uos de saeculo, propterea odit uos saeculum (Joh 15,18-20). 328 Vgl. dazu mort. 19; Fort., test. 11. 329 Nam cum ipse sit mundi dominus et rector et cuncta arbitrio eius et nutu gerantur nec quicquam fieri possit nisi quod aut fecerit aut fieri ipse permiserit. 330 Fort. 5 (11). 331 Vgl. dazu Fort. 5 (11-13); ep. 58,10.
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geordneten der Strafe332, wenn es darum geht, die Christen zu einem standhaften Bekenntnis ihres Glaubens zu bewegen. Der Bischof von Karthago war sich aber offenkundig des Umstandes bewusst, dass die Hoffnung auf künftige reiche Belohnung nur dann ihre volle Wirkung entfalten kann, wenn in ihr nicht der geringste Keim des Zweifels oder der Unsicherheit wohnt. Deshalb deutet er die Macht und die Zuverlässigkeit Gottes, die sich im Eintreffen der von ihm prophezeiten Verfolgungen bestätigt hat, als Garant seines Versprechens künftiger reicher Belohnungen. Wenn, so die Logik, sich Gott in dem einen Aspekt bereits als zuverlässig erwiesen hat, dann könne man mit Gewissheit darauf vertrauen, dass er die Hoffnung seiner Gläubigen in anderer Hinsicht ebenfalls nicht enttäuscht (ut ex hoc ipso quod haec fiant manifesta sit fides). Innerhalb seiner Schriften hat Cyprian diesen Argumentationsgang, um nicht zu sagen „Beweisgang“, in mort. formuliert. Dies kann nicht verwundern, denn sowohl innerhalb seiner praeparatio ad martyrium als auch hier, in seiner Schrift anlässlich der großen Seuche in Karthago gilt es, den Ängsten und Sorgen seiner Gemeinde (Quis hic anxietatis et sollicitudinis locus est)333 entgegenzutreten, wobei Cyprian keinen Zweifel daran aufkommen lässt, warum es überhaupt zu solcher Verunsicherung kommen konnte: „Das aber geschieht, geliebteste Brüder, weil der Glaube fehlt, weil niemand glaubt, dass wahr ist, was Gott verspricht“334. Dass so viele Christen durch die grassierende Seuche ihr Leben lassen müssen, brauche niemanden zu verwundern oder zu verunsichern, denn, so der Bischof von Karthago, der Herr habe sein Kirchenvolk unterrichtet, gelehrt und vorbereitet (Dominus … instruens et docens et praeparans) und er habe vorherverkündigt und prophezeit (praenuntiauit et cecinit), dass Kriege, Hunger, Erdbeben und Seuchen (bella et fames et terrae motus et pestilentias) 332 In Fort. thematisiert Cyprian göttliche Strafe als Konsequenz der Idolatrie in den Tituli 3-5. Dies stellt freilich keinen Selbstzweck dar, sondern dient dazu, den Christen die Schwere und Tragweite des Vergehens der Idolatrie deutlich vor Augen zu führen. Notwendig war dies ja geworden, nachdem Cyprian, vor allem in laps. 7-9, nicht umhin kam, nach dem massenhaften Glaubensabfall so Vieler während der decischen Verfolgungsmaßnahmen, deren mangelndes Unrechtsbewußtsein und deren „Freiwilligkeit“ beim Opfern konstatieren zu müssen. Ohne diesen Hintergrund sind seine Ausführungen in Fort. 5 (3-5) nicht richtig einzuordnen. In ep. 58 illustriert Cyprian vor allem anhand der Verse Offb 14,9-12, die er in 58,7,3 zitiert, was dem droht, der „das Tier anbetet“ (si quis adorat bestiam). Dass innerhalb von Kap. 10, das allein dem Thema LohnStrafe gewidmet ist, ersterer weit mehr Raum einnimmt und farbenprächtiger dargestellt ist als das Thema „Strafe“, spiegelt die Gewichtung wider, mit der Cyprian beide Themen im Rahmen seiner praeparatio ad martyrium behandelt. 333 Mort. 2. 334 Hoc autem fit, fratres dilectissimi, quia fides deest, quia nemo credit uera esse quae promittit Deus (mort. 6).
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auftreten würden. Da sich jetzt seine Prophezeiung erfüllt, könne man auch darauf vertrauen, dass er sein Versprechen künftigen Lohnes einlösen werde, denn: „Siehe, es geschieht, was gesagt wurde und da eintrifft, was vorhergesagt worden ist, wird auch all das folgen, was versprochen ist“335, nämlich der Lohn des [ewigen] Lebens und die Freude ewigen Heils und fortwährende Seligkeit und der Besitz des Paradieses (praemium uitae et gaudium salutis aeternae et perpetua laetitia et possessio paradisi). Die Ausführungen haben gezeigt, dass der „Beweisgang“, den Cyprian in mort. 2 präsentiert, im Zusammenhang mit seiner in mort. 6 geäußerten Kritik steht, die karthagischen Christen würden den Worten Gottes kein Vertrauen schenken. Diese Erfahrung aus mort., dass die Gläubigen die Verheißungen Gottes anzweifelten (Deus de hoc mundo recedenti inmortalitatem adque aeternitatem pollicetur, et dubitas?), dürfte wohl für Cyprian Grund und Anlass gewesen sein, seinen „Beweisgang“ in Fort. zu wiederholen, wohl wissend, dass zum Martyrium nur bereit sein kann, wer fest und unerschütterlich auf die Verheißungen Gottes vertraut. War es aufgrund der pastoralen Herausforderung, gegen die Ängste und Zweifel seiner Gemeinde einen festen Hoffnungsanker zu bieten, nicht verwunderlich, den in Fort. 5 (11) präsentierten „Beweisgang“ auch in mort. anzutreffen, so muss doch die Beobachtung überraschen, dass Cyprian diesen nicht auch in ep. 58 verwendet, was angesichts der thematischen Verwandschaft beider Schriften als einer praeparatio ad martyrium nahe liegen würde. So erklärt er auch hier, den Vers Joh 16,2 zitierend, dass es bereits vom Herrn vorherverkündigt und gelehrt worden sei (dominus noster praenuntiauit et docuit)336, dass „Jeder, der euch tötet, meint, Gott einen Dienst zu erweisen“ (omnis qui uos occiderit putet se officium deo facere) und dass der Herr vorhergesagt habe (dominus ante praedixerit)337, die Christen würden durch anhaltende Verfolgungen ermüdet (persecutionibus nos adsiduis fatigari) und durch beängstigende Bedrängnisse häufig gequält werden (pressuris angentibus frequenter urgeri). Anstatt aber an dieser Stelle, ähnlich wie in mort. 2, aus dem Eintreffen dieser Prophezeiungen die Gewissheit der in Aussicht gestellten reichen Belohnungen abzuleiten, zitiert er die Verse 1Petr 4,12-14338, die ihm als Bindeglied zwischen 335 Fiunt ecce quae dicta sunt, et quando fiunt quae ante praedicta sunt sequentur et quaecumque promissa sunt (mort. 2). 336 Ep. 58,2,1. 337 Ep. 58,2,2. 338 „Geliebte Brüder, wundert euch nicht über die Feuersglut, die über euch hereingebrochen ist und die zu eurer Prüfung geschieht, und lasst euch nicht verwirren, als ob euch etwas Neues zustößen würde, denn sooft ihr Anteil habt an den Leiden Christi, freut euch über alles, denn ihr werdet vor Freude jubeln, sobald seine Herrlichkeit geoffenbart ist. Wenn man euch im Namen Christi beschimpft, seid ihr selig zu preisen, denn
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den vorhergesagten Verfolgungen und dem versprochenen Lohn dienen, den er anhand der beiden Testimonien Lk 18,29f339 und Lk 6,22f340 thematisiert. Die Wahl von 1Petr 4,12-14 als Bindeglied beider Themenbereiche ist freilich sehr geschickt und zielgerichtet gewählt, denn die Verse, die sowohl die Verfolgung als Prüfung, als auch den verheißenen freudigen Jubel als Lohn thematisieren, vereinen beide Aspekte innerhalb eines Testimoniums. Dies, so lässt sich schlussfolgern, war wohl in den Augen des Bischofs von Karthago nicht weniger gewichtig und aussagekräftig als der in Fort. 5 (11) präsentierte „Beweisgang“, so dass ihm damit zwei gleichrangige Möglichkeiten zur Verfügung standen, die vorausgesagten Verfolgungen und den versprochenen Lohn im Falle der Bewährung, aufs engste miteinander zu verknüpfen, um damit seine Adressaten zum Durchhalten in der Bedrängnis zu motivieren. Nicht der versprochene Lohn der Glaubenstreue, sondern die von Gott in Aussicht gestellten Strafen für alle Ungläubigen stehen in Cyprians apologetischer Schrift Dem. im Mittelpunkt seiner dort präsentierten Argumentation. Die Schrift ist diesbezüglich in zweifacher Hinsicht interessant, denn zum einen versucht Cyprian mittels einer Retorsio die von Seiten mancher Heiden vorgetragene Anklage zu widerlegen, den Christen seien all die Übel und Widrigkeiten der Gegenwart anzurechnen, da sie sich weigerten, die Götter zu verehren341, indem er u.a. darauf verweist, dies sei bereits (vom christlichen Gott) vorausgesagt
die Herrlichkeit und die Kraft des Herrn ruht auf euch, was freilich bei Jenen verspottet, bei uns jedoch geehrt wird“ (Carissimi, nolite mirari ardorem accidentem uobis qui ad temptationem uestram fit, nec excidatis, tamquam nouum uobis contingat. Sed quotienscumque communicatis Christi passionibus, per omnia gaudete, ut et in reuelatione facta claritatis eius gaudentes exultetis. Si inproperatur uobis in nomine Christi, beati estis, quia maiestatis et uirtutis domini nomen in uobis requiescit, quod quidem secundum illos blasphematur, secundum nos autem honoratur; ep. 58,2,2). 339 „Es gibt niemanden, der sein Haus zurücklässt, oder seinen Acker, oder seine Eltern, oder seine Brüder, oder seine Gattin, oder seine Söhne und nicht zu Lebzeiten das Siebenfache dafür erhält, in der kommenden Zeit aber das ewige Leben“ (Nemo est qui relinquat domum aut agrum aut parentes aut fratres aut uxorem aut filios propter regnum Dei, et non recipiat septies tantum in isto tempore, in saeculo autem uenturo uitam aeternam; ebd.). Vgl. dazu Fort., test. 12. 340 „Selig werdet ihr sein, wenn euch die Menschen hassen und euch aussondern und vertreiben und euch verfluchen als Nichtsnutz wegen des Menschensohnes. Freut euch an jenem Tag und jubelt, denn siehe, euer Lohn wird groß sein im Himmel“ (Beati, inquit, eritis, cum odio uos habuerint homines et separauerint uos et expulerint et maledixerint nomini uestro quasi nequam propter filium hominis. Gaudete in illa die et exultate. Ecce enim merces uestra multa in caelis; ebd.). Vgl. dazu Fort., test. 12. 341 Vgl. Dem. 5-7 und die Ausführungen unter Kap. 4.5.3.
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(hoc scias esse praedictum)342, worauf ein ganzes Kapitel mit entsprechenden Testimonien folgt, um zu belegen, dass es nicht die heidnischen Götter sind, die da zürnen, sondern der Gott der hl. Schrift. Dieser, so Cyprian weiter, sage, dass er zürnt, weil er auf Erden nicht erkannt werde (Indignari se Deus dicit quod agnitio Dei non sit in terris)343, und: „Siehe, es geschieht, was durch die Worte Gottes vorhergesagt ist und [trotzdem] lässt sich niemand durch die Erfüllung der gegenwärtigen Dinge dazu ermahnen, sich um die Zukunft zu sorgen“ (Fiunt ecce quae uerbis Dei ante praedicta sunt, nec quisquam fide praesentium ut in futurum consultat admonetur), so dass Gott jetzt Geißelhiebe und Schläge (flagella et uerbera) verteilt und danach noch ewiger Kerker, nie erlöschendes Feuer und immerwährende Pein (carcer aeternus et iugis flamma et poena perpetua) folgen werden. Auch wenn Cyprian an dieser Stelle den Beweisgang nicht mit der gleichen Konsequenz und so explizit wie in Fort. 5 (11) oder mort. 2 zu Ende führt, so bleibt dennoch kein Zweifel an seiner Aussageintention: indem jetzt das eintrifft, was bereits vorhergesagt ist, ist ganz offenkundig und nicht zu leugnen, dass das göttliche Wort der hl. Schrift in Erfüllung geht und sich damit als wahr und zuverlässig erweist. Angesichts dessen, so Cyprians Logik, ist es schlichtweg Wahnsinn und eine nicht zu entschuldigende Ignoranz, nicht auch den Worten der hl. Schrift in Bezug auf Gottes Zorn und die in Aussicht gestellten ewigen Strafen im Falle der Verweigerung, sich zu ihm zu bekehren, Glauben schenken zu wollen. Dass Gott den Heiden nicht allein deswegen zürnt, weil sie sich weigern, sich zu ihm zu bekehren und allein ihn zu verehren, sondern dass er sie darüber hinaus auch straft, weil sie die Christen verfolgen, dafür könne er, so Cyprian, einen Beweis (documentum) liefern344. So solle ja niemand glauben, die verheerende Niederlage des Christenverfolgers Decius in der Schlacht bei Abrittus gegen die Goten, auf die Cyprian in Dem 17 unmissverständlich anspielt345, sei durch Zufall oder von ungefähr geschehen (Nec hoc casu accidisse aliquis existimet aut fuisse fortuitum putet), verkünde doch Gott selbst, dass er an seinen Feinden Rache nehmen und die Verfolgung der Seinigen vergelten werde, wie Dtn 32,35 bzw. Röm 12,19 und Spr 20,22 bezeugen. Die Christen wissen sich deshalb, so Cyprian weiter, durch die Rache Gottes verteidigt (quos laesos ultio diuina defendit)346 und geduldig angesichts der gegen sie initiierten Verfolgungen sind sie nicht nur, weil sie darauf vertrauen, dass die Rache folgen werde 342 343 344 345
Dem. 5. Dem. 9. Dem. 17. Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 4.5.4. Gegen den Versuch Gallicets, die Anspielungen Cyprians in Dem. 17 auf die Berbereinfälle im Jahre 253 hin zu deuten, spricht sich zuletzt Noormann, Ad salutem, 259 aus. 346 Dem. 16.
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(Patientes facit de secutura ultione securitas)347, sondern weil dies stets sofort geschehe (Nec umquam impiorum scelere in nostrum nomen exurgitur, ut non statim diuinitus uindicta comitetur), wie die jüngsten Ereignisse ja deutlich belegen würden. Dies alles, so großartig es auch sein mag, was da für die Christen geschehe (quanta sunt quae istic pro nobis interim fiunt)348, ist jedoch nur irgendein (andeutendes) Beispiel, um die Rache des beschützenden Gottes erkennen zu können (In exemplum aliquid datur, ut Dei uindicis ira noscatur). Erst der Tag des Gerichts, den die hl. Schrift ankündigt (iudicii dies quem scriptura sancta denuntiat), werde den Zorn Gottes in seinem ganzen schrecklichen Ausmaße offenbaren und keinen Ungetauften schonen, wie der karthagische Bischof anhand zahlreicher Testimonien illustriert, um schließlich in die Werbung einzumünden: „Glaubt ihm, der niemals täuscht. Glaubt ihm, der dies alles für die Zukunft vorausgesagt hat. Glaubt ihm, der den Gläubigen den Lohn ewigen Lebens geben wird. Glaubt ihm, der den Ungläubigen in den Flammen der Hölle ewige Strafen auferlegen wird“349. Bei allem Nachdruck, den die redundant vorgetragene Aufforderung zu glauben durch die zuvor dargelegten Geschehnisse als Beweis der Wahrhaftigkeit der hl. Schrift erfährt, – trotz allem vollzieht Cyprian auch hier nicht den expliziten Schritt, aus dem Eintreffen und SichErfüllen des Versprechens göttlicher Rache in der Gegenwart auf die Zuverlässigkeit und Gewissheit der eschatologischen Vorhersagen, hier vorrangig der der ewigen Strafen, schlusszufolgernd überzuleiten, was der Dynamik der Argumentation freilich keinen Abbruch tut, denn die Konsequenz liegt, ausgesprochen oder nicht, so unübersehbar auf der Hand, dass sie dem Leser nicht verborgen bleiben kann. Das Kapitel abschließend, soll noch darauf hingewiesen werden, dass Cyprian die Wendung „es ist vorhergesagt“ (ante praedictum esse), mit der er im Titulus Fort. 5 (11) seinen Argumentionsgang einleitet mit dem Ziel, die Zuverlässigkeit der göttlichen Prophezeiungen hinsichtlich des versprochenen reichen ewigen Lohnes zu erweisen, innerhalb seiner Schriften häufig im Kontext der Apokalyptik verwendet350. Vorhergesagt, vorherverkündigt (praenuntiatum)
347 Dem. 17. 348 Dem. 22. 349 Credite illi qui omnino non fallit. Credite illi qui haec omnia futura praedixit. Credite illi qui credentibus praemium uitae aeternae dabit. Credite illi qui incredulis aeterna supplicia gehennae ardoribus inrogabit (Dem. 23). 350 Zur Apokalyptik bei Cyprian vgl. Strobel, Imperium, 146-184; Gallicet, Cipriano, 6983; Noormann, Ad salutem, 258-262. Einen Überblick über die einschlägigen apokalyptischen Stellen bieten d’Alès, theologie, 78-80; Fredouille, Introduction, 32f; Zocca, „senectus mundi“, 644.
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ist den Christen der Anbruch der letzten Zeit (nouissimis temporibus)351, das Nahen des Antichrist (adpropinquante antichristo)352 und der Tag des Gerichts (dies iudicii)353. Den Schilderungen der sog. synoptischen Apokalypse354 folgend, deutet Cyprian Katastrophen wie Kriege, Hungersnöte und Erdbeben als Zeichen der angebrochenen Endzeit, das Eschaton hat bereits begonnen, das Ende der Welt, die Zeit des Antichrist und der Tag des Gerichts stehen bevor. Eingebettet ist dies beim Bischof von Karthago in das weltchronologische Schema, das die Dauer der Weltzeit auf 6000 Jahre determiniert, wobei er das Ende dieser Zeitspanne als beinahe abgelaufen ansieht, wie er in Fort. 2 anklingen lässt355. 351 Vgl. dazu ep. 58,2,2; 59,7,1; 67,7; Dem. 5; orat. 34; mort. 2. 352 Vgl. dazu ep. 58,1,2.7,1; 59,13,4.18,3; 61,2,3; 67,7; mort. 15. 353 Vgl. dazu ep. 4,3,3; 55,20,3; 57,4,3.5,2; 59,8,1; 62,3,1; 65,1,2.2,1.5,2; 66,2,2.10,3; 72,2,3; 74,8,1; 75,5,3.23,2; 76,7,1; Dem. 5; 15. 354 Neben den Versen Mt 24,3-14, die Cyprian in Fort., test. 11 zitiert, berichten die Verse Mk 13,3-13 und Lk 21,7-19 vom „Anfang der Not“. 355 Sex milia annorum iam paene conplentur. Vgl. auch Fort., test. 11 (primi in dispositione diuina septem dies annorum septem milia continentes). Zum weltchronologischen Schema und zur Frage der Datierung des erwarteten Weltuntergangs bei Cyprian vgl. Strobel, Imperium, 165-167; 176; 178; 182f; Fitschen, Geschichte, 297-301; Schuler, Cyprian, 194-197; Hill, Regnum, 144-147; Marrou, fin du monde, 14; Atzberger, Geschichte, 540-543; Fredouille, Introduction, 36-38 und die Ausführungen unter Kap. 4.5.3. Die von Koch, Untersuchungen, 169 vorgetragene und dann von Alföldy übernommene und eindringlich vertretene These, Cyprian habe hinsichtlich seiner Überzeugung vom nahen Ende der Welt eine „Entwicklung“ durchlaufen, die ihren Höhepunkt in den Jahren 252-253 fand, um dann zum Ende hin wieder abzuklingen, und die belege, dass er „in seinen letzten Jahren geistig beweglich genug [war]“ (Cyprian, 483; siehe dazu auch Ders., Bewußtsein, 118), um seine diesbezüglichen Ansichten zu revidieren, scheitert allein an der Datierung von Fort. auf das Jahr 257, die sich in der Forschung mittlerweile durchgesetzt hat, so dass man Fredouille, Introduction, 32 nur zustimmen kann, wenn er den entsprechenden Ausführungen von Koch und Alföldy entgegenhält, „la conviction de Cyprien n’a pas varié“. Vgl. dazu auch Strobel, Imperium, 151. Auch die von Noormann, Ad salutem, 260, vertretene These, dass Cyprian „mit einem plötzlichen Ende der Welt rechnet“, ist abzulehnen, da dies weder mit der Zeitstruktur der synoptischen Apokalypsen, noch mit dem weltchronologischen Schema in Einklang zu bringen ist und von Cyprian selbst widerlegt wird, wenn er in Fort. 1 aufgrund der drohenden Bedrängnisse und Verfolgungen erst den Beginn [!] des nahen Endes und der Vollendung der Welt und der Zeit des Antichrist sieht (tempus infestum adpropinquare iam coepit), wie Strobel, Imperium, 167 zu Recht betont. Vgl. dazu auch Burns, Cyprian’s Eschatology, 63. Dass für Cyprian die Ankunft Christi deshalb nicht in weiter, unbestimmter Ferne gedacht ist, sondern kurz bevorsteht, bezeugt er selbst, denn „seine [Christi] Ankunft wird rasch herannahen“ (cuius quia cito adpropinquabit aduentus; ep. 61,4,1).
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Auch wenn Cyprian innerhalb von Fort. 5 (11) – und nicht nur da, sondern in seinen sämtlichen dreizehn Tituli von Fort. 5 – auf jegliche apokalyptische Anspielung verzichtet, so ist die Schrift dennoch vom Geist des zu erwartenden Endes der Welt durchdrungen. Dies wird nicht nur an ihren einleitenden Worten deutlich, wenn Cyprian den Beginn der gefährlichen Zeit des Antichrist nahen sieht (antichristi tempus infestum adpropinquare iam coepit)356 und den Kampf gegen den alten Widersacher ausruft (Aduersarius uetus est et hostis antiquus cum quo proelium gerimus)357, sondern auch ein Blick auf die unter Fort. 5 (11) gelisteten Testimonien bestätigt dies. Mit Mt 24,4-31, der großen (synoptischen) Endzeitrede, zitiert Cyprian die umfangreichste Bibelpassage überhaupt innerhalb von Fort. und macht damit deutlich, dass ohne diesen Hintergrund seine praeparatio ad martyrium nicht richtig verstanden wird. In prinzipiell allen Übeln (mala) und Widrigkeiten (aduersaria) kann der Bischof von Karthago apokalyptische Vorboten erkennen. „Wenn aber immer häufiger Kriege aufeinander folgen, wenn Unfruchtbarkeit und Hunger die Sorgen vermehren, wenn die Kraft durch wütende Seuchen gebrochen wird, wenn das Menschengeschlecht durch verheerende Verwüstung ausgelöscht wird“358,
356 Fort. 1. 357 Fort. 2. 358 Quod autem crebrius bella continuant, quod sterilitas et fames sollicitudinem cumulant, quod saeuientibus morbis ualitudo frangitur, quod humanum genus luis populatione uastatur (Dem. 5). Vgl. dazu auch die Schilderungen in Dem. 2-4. Dem Versuch Alföldys, Cyprian, 480 aus den zahlreichen „Katastrophenbeschreibungen“ Cyprians eine „tiefergehende Analyse der Krise des Imperiums“ und „die sehr wirklichkeitsnahen Beobachtungen zur Wirtschaftskrise und zum Bevölkerungsrückgang im römischen Reich“ (ebd., 493) entnehmen zu wollen (vgl. dazu auch Ders., Bewußtsein, 112-132), ist, zumindest in dieser allgemeinen Form, eine klare Absage zu erteilen. Anhand von zwei Beispielen soll dies erläutert werden: Wenn Alföldy, Cyprian, 486 schreibt: „In der Schrift De mortalitate aus dem Jahre 252 oder 253 werden die Nöte aufgezählt, die das Reich in die katastrophale Lage brachten: bella et fames et terrae motus et pestilentiae“, dann legt dies den Eindruck nahe, hierbei solle es sich um eine deskriptive Analyse und Beschreibung aktueller Ereignisse handeln. In Wirklichkeit referiert Cyprian hier, in mort. 2 (bella et fames et terrae motus et pestilentias per loca singula exurgere), wie bereits gezeigt wurde, wortgetreu den Vers Mt 24,7 (Exsurget autem gens super gentem et regnum super regnum, et erunt fames et terraemotus et pestilentiae per singula loca), wie er ihn in Fort., test. 11 zitiert. Dass Cyprian den Matthäusvers 24,7, der ursprünglich nur fames et terrae motus kennt, eigenhändig um bella und vor allem pestilentias erweitert – bella ist inhaltlich durch den vorangehenden Vers Mt 24,6 gegeben (audire bella) – ist zweifelsfrei realen Gegebenheiten geschuldet, macht aber auch deutlich, dass es Cyprian nicht um eine Analyse des Imperiums geht, sondern um den Beweis, dass sich die biblische Prophezeiung erfüllt,
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wie er selbst im unmittelbaren Anschluss erklärt, denn der Herr habe dies alles im vornherein angekündigt und prophezeit (praenuntiauit et cecinit). Zweitens, in Dem. erkennt Alföldy, Cyprian, 487 eine Schrift, „die der Krise des römischen Reiches gewidmet ist“, in ihr „wird ein ganzer Katalog von erschreckenden Fakten [!] zusammengestellt“ (ebd., 488) und speziell Dem. 3 belege, dass „es mit den inneren Kräften des Imperium Romanum zu Ende [sei]“ (ebd.). Nicht allein, dass der in Dem. 3f ausgearbeitete senectus mundi-Gedanke paganphilosophisches Allgemeingut ist (vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 4.5.2) und damit kaum für eine reale, aktuelle „Krisenbeschreibung“ taugt, noch weit mehr hätte Alföldy ein Blick auf Cyprians Ausführungen in pat. 4 und ep. 37,2 lehren müssen, wie sehr der Bischof von Karthago zweckgebunden schreibt und wie wenig Interesse er an objektiven Analysen zeigt. Nicht anders lässt sich der Umstand erklären, dass er in Dem. 8 klagt, die Elemente würden nicht mehr seinen, d.h. des Heiden Demetrian Nutzen und Wünschen dienen (non ita utilitatibus tuis et uoluptatibus elementa deseruiant), während er dagegen in pat. 4, die Geduld Gottes auch den Heiden gegenüber als Vorbild christlichen Handelns nehmend (Qualis uero in Deo et quanta patientia, quod in contumeliam suae maiestatis et honoris instituta ab hominibus profana templa … patientissime sustinens … nemo a beneficiis eius excluditur), zu dem Ergebnis kommt, dass die Elemente allen Menschen dienen (Videmus inseparabili aequalitate patientiae nocentibus et innoxiis … elementa famulari), woran sich eine Schilderung blühender Landschaften mit reichen Ernten anschließt, während laut Dem. 3 die ganze Welt sich in einem unaufhaltsamen Prozess des Alterns und Vergehens befinden soll. Ein möglicher Einwand, Cyprian beschreibe in pat. 4 und ep. 37,2 je ein besonders gutes Erntejahr, während zur Zeit der Abfassung von Dem., ca. ein Jahr nach ep. 37 [!], das Wetter katastrophal gewesen sei und dadurch solche Schilderungen bedingte, kann kaum überzeugen und scheitert darüber hinaus an der Aussageintention von pat., denn die Geduld Gottes erweist sich ja gerade darin, dass der Herr trotz der Idolatrie der Heiden beständig und dauerhaft schönes Wetter schenkt und Niemand von seinen Wohltaten ausgeschlossen wird (nemo a beneficiis eius excluditur). Allein diese Beobachtung, dass Cyprian innerhalb so kurzer Zeit (zur Datierung von ep. 37 auf 251, von Dem. auf 252 und pat. auf 256 vgl. Clarke, Chronology, 707-709) zu solch grundsätzlich konträren „Umweltschilderungen“ gelangt, die miteinander nicht in Einklang zu bringen sind [vgl. dazu auch Cyprians Einschätzung der Rache Gottes: in pat. 4 hält Gott seine Rache angesichts der heidnischen Idolatrie zurück und wartet geduldig (indignationem suam temperat … mauult diu tenere patientiam), während er in Dem., d.h. vier Jahre zuvor, verkünden konnte, die Rache Gottes gegen die Heiden folge immer sofort [!] (Nec umquam impiorum scelere in nostrum nomen exurgitur, ut non statim diuinitas uindicta comitetur)], hätte Alföldy Warnung genug sein müssen, dass die Aussagen des Bischofs von Karthago nicht durchweg und ohne exakte Prüfung als historisch-analytische „Krisenbeschreibung“ gelesen werden dürfen. Das grundsätzliche Defizit der Untersuchungen von Alföldy liegt vor allem darin, zu wenig den jeweiligen Kontext, die Aussageintention und den Adressaten der Texte in den Blick genommen zu haben. Unter diesen Gesichtspunkten hat Strobel, Imperium, 146-184 die entsprechenden Passagen einer sehr eingehenden Untersuchung unterzogen. Der Intention, die eige-
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dann ist dies für die letzten Zeiten vorhergesagt (praedictum in nouissimis temporibus) und somit untrügliches Indiz, dass der Tag des Gerichts bereits näher rückt (adpropinquante iam iudicii die)359. Darüber hinaus erkennt Cyprian auch im „vergifteten Verderben einer verkehrten Irrlehre und von Schismen“ (haereticae peruersitatis et schismatum uenenata pernicies)360 sichere Vorzeichen des Untergangs der Welt (sic in occasu mundi oportebat) und unter Berufung auf 2Tim 3,1 („In den letzten Tagen werden beschwerliche Zeiten kommen“)361, dient ihm auch moralisch-ethisch Verwerfliches wie trügerischer Irrtum, Stolz, Neid, Begierlichkeit, Ruchlosigkeit, Hochmut, Zwietracht und Zorn (error fallit, extollit stupor, liuor incendit, cupiditas excaecat, deprauat impietas, superbia inflat, discordia exasperat, ira praecipitat) als Zeichen des nahen Endes der Welt (adpropinquante iam saeculi fine)362. Vor allem aber sind es Christenverfolgungen, die der Bischof von Karthago als apokalyptische Vorboten versteht. Wenn Mt 24,9 par für die Endzeit verkündet: „Dann werden sie euch in Bedrängnis bringen und euch töten“363, dann kann es nicht verwundern, wenn Cyprian in den Bedrängnissen und Verfolgungen, denen er sich ausgesetzt sah, die biblisch vorhergesagte apokalytischendzeitliche Prophezeiung als sich erfüllend wahrgenommen hat. So sieht er sowohl in ep. 58 als auch in Fort., den beiden Schriften, die explizit dem Thema der praeparatio ad martyrium gewidmet sind, die bevorstehenden Verfolgungen durch Kaiser Gallus bzw. Valerianus als Bestätigung (Scire enim debetis et pro certo credere ac tenere)364, dass der Tag der Bedrängnis begonnen hat über die Christen hereinzubrechen (pressurae diem super caput esse coepisse) und dass das Ende der Welt und die Zeit des Antichrist nahe sind (occasum mundi atque antichristi tempus adpropinquasse) bzw. dass, wie bereits ausgeführt, angesichts der Bedrängnisse und Verfolgungen (quoniam praessurarum et persecutionum
ne Arbeit als radikalen Gegenentwurf zu dem Alföldys zu positionieren, mag es geschuldet sein, dass Strobel darum bemüht ist, den Niederschlag realer Krisenelemente in den Schriften Cyprians auf ein Minimum zu reduzieren, wenn nicht gar gänzlich abzustreiten und so kann man der Einschätzung Schulers, Cyprian, 202 zustimmen, wenn er schreibt: „Strobel geht zudem in seiner Auffassung, aus Cyprians Schriften ließen sich keinerlei Erkentnisse über zeitgenössische Probleme ziehen, zu weit“. Vgl. dazu die differenzierten und ausgewogenen Darstellungen von Fredouille, Introduction, 21-38; Fitschen, Geschichte, 296-301; Schuler, Cyprian, 183-202; Christol, Cyprien, 455-480. 359 Dem. 5. 360 Unit. 16. Vgl. dazu auch ep. 59,7,1; 67,8,3. 361 In nouissimis, inquit, temporibus aderunt tempora molesta (2Tim 3,1). 362 Unit. 16. 363 Tunc tradent uos in praessuram et interficient uos. 364 Ep. 58,1,2.
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pondus incumbit)365 und „beim Ende und der Vollendung der Welt die gefährliche Zeit des Antichrist bereits zu nahen begonnen hat“ (in fine adque in consummatione mundi antichristi tempus infestum adpropinquare iam coepit). Für die Interpretation von Fort., speziell von Fort. 5 (11), ist die Berücksichtigung der apokalyptischen Perspektive Cyprians insofern von Bedeutung, als sie – wenn auch nicht explizit, sondern nur still im Hintergrund – einen nicht unerheblichen Aspekt seiner dortigen Argumentation ausmacht. So ist der „Beweisgang“, aus dem Eintreffen der biblischen Prophezeiung, die Welt werde die Christen hassen und gegen sie Verfolgungen durchführen, lasse sich die Zuverlässigkeit des Versprechens künftiger reicher Belohungen erweisen, ohne endzeitlich-apokalyptischen Hintergrund kaum überzeugend zu führen. Denn, wie Schüssler-Fiorenza gezeigt hat, ist „the situation of persecution and trial of the community“ fester Bestandteil neutestamentlicher „motif-cluster“, wenn es darum geht, „the last times before the eschatological intervention“366 zu beschreiben. Darüber hinaus fungiert die Rede von den letzten Zeiten und dem bevorstehenden Ende der Welt als zeitgeschichtlicher Gegenpunkt zu der Unterdrückung der Gerechten seit Anbeginn der Welt (ab initio mundi). Erst durch die Rede von der bereits angebrochenen Endzeit wird den Christen die Möglichkeit gegeben, ihre Situation in einen gesamthistorischen Kontext zu stellen. So wissen sie jetzt, dass sie sich, als Verfolgte und Unterdrückte nicht nur in einer langen Reihe biblischer Gerechter finden, mit denen sie ihr Los teilen, sondern dass darüber hinaus das Ende der Welt (finis mundi) und die gefährliche Zeit des Antichrist (antichristi tempus infestum) vor der Tür stehen. Wie dumm und kurzsichtig wäre es da, so der zugrunde liegende Tenor, zu dieser sich im Untergang befindlichen und dem Tod geweihten Welt zurückkehren zu wollen (regredi ad saeculum)367 und dadurch alles zu verlieren, was man bereits gewonnen hatte (et perdant quod euaserint), statt am Glauben und an der Tugend festzuhalten und darin auszuharren (perseverandum in fide et uirtute)368. Ruft sich der Christ dies in Erinnerung, so muss er erkennen, dass es keinen Grund gibt angesichts der gegenwärtigen Bedrängnisse und Verfolgungen in Schrecken und Verwirrung zu geraten (ne expauescat quis et contubetur), denn er weiß, dass ihm hierbei nicht nur nichts Überraschendes und Neues widerfährt (nec nouum quid accidat christianis), sondern dass er sich auch – im Falle des sich Bewährens und des 365 366 367 368
Fort. 1. Schüssler-Fiorenza, Phenomenon, 301. Fort. 5 (7). Fort. 5 (8). Vgl. dazu Strobel, Imperium, 160, der zu Recht das von der Apokalyptik vorhergesagte Ende der Welt als Motivationsgrund zur Martyriumsbereitschaft sieht, da die Gläubigen angesichts dessen „nichts mehr zu erwarten haben außer der Zeit des Antichrist“.
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Durchhaltens – seiner reichen Belohnung gewiss sein kann. Damit ist aber der letzte inhaltliche Schwerpunkt von Fort. eingeleitet, die Rede von der Hoffnung und dem Lohn (quae spes et quae merces maneat)369 in Fort. 5 (12f), der den Märtyrern und Gerechten winkt.
Fazit Das Urteil hinsichtlich der unter Fort. 5 (9-11) gelisteten Testimonien in Bezug auf ihre Treffsicherheit und Aussageintensität fällt, so haben die Ausführungen gezeigt, im Wesentlichen positiv aus. Die vier Belegstellen, die Cyprian in Fort., test. 9 listet, um biblisch zu belegen, dass die bevorstehende Verfolgung eine (göttliche) Prüfung sei (ut probemur), können durchwegs überzeugen und sind somit als treffend zu qualifizieren. Innerhalb seiner Schriften kommt der Thematik der Prüfung (probatio) bei Cyprian große Bedeutung zu, denn er entwirft das ganze christliche Leben, angefangen von der Taufe, bis zum Tod, als dauerhafte, fortwährende Bewährungsprobe gegen die Stürme und Angriffe der Welt und des Widersachers. Verfolgungen stellen innerhalb dieser Konzeption lediglich besondere Härtefälle dar. Notwendig werden sie aufgrund der Sünden und Vergehen der Christen, wie Cyprian besonders im Kontext der decischen Verfolgungsmaßnahmen betont bzw. weil es ohne vorangehende Prüfung und Sichtung keine Unterscheidung bei der Zuteilung von ewigem Lohn und ewiger Strafe geben kann. Dabei rückt der Bischof von Karthago als feinsinniger Seelenführer motivierend vor allem ersteren in den Focus. Da von den zehn Testimonien, die Cyprian unter dem Titulus Fort. 5 (10) listet, mit der Intention, den Christen die Furcht vor der Verfolgung zu nehmen, da die Macht Gottes zu schützen größer sei als die des Teufels zu bekämpfen, nicht weniger als fünf ausschließlich dort belegt sind und in seinem restlichen Schrifttum keine Verwendung finden, zeigt dies die eigenständige Gestaltung des Titulus. Was die Aussagekraft der Testimonien für eine praeparatio ad martyrium betrifft, so lässt sich festhalten, dass die angeführten Belegstellen im Großen und Ganzen überzeugen können. Gewisse Abstriche gilt es aber zu machen, so ist z.B. die Bedeutung des Bibelverses Ex 1,12, der die zahlenmäßige Vermehrung der Israeliten unter der Bedrängnis ägyptischer Gefangenschaft thematisiert, nicht ohne weiteres einsichtig und bedarf einer eingehenderen Erklärung, besonders angesichts der gegenteiligen Erfahrungen während der Zeit des decischen Opferediktes, als die Christen massenhaft ihren Glauben verleug369 Fort. 5 (12).
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neten und so der Kirche verlustig gingen. Ebenso dürfte Ps 27,3f, der lediglich allgemein der Hoffnung auf göttlichen Schutz Ausdruck verleiht, den Christen in ihrer gegenwärtigen Situation kaum Hilfe und Beistand gewesen sein, ihren Glaubensmut zu stärken. Im Rahmen seiner Schriften thematisiert Cyprian die Schutzmacht Gottes gegenüber den Angriffen des Widersachers vor allem im Kontext einer Erscheinung aus ep. 11 und seiner Vaterunserauslegung. Dabei steht für ihn fest, dass der Teufel keine eigene Macht gegenüber den Christen besitzt. Lediglich wenn ihm von Gott erlaubt wird, gegen die Gläubigen zu wüten, kann er sein unheilvolles Tun umsetzen. Solange die Christen jedoch die praecepta und mandata Gottes befolgen, können sie des göttlichen Schutzes vor allen Angriffen gewiss sein, so wie dies in Fort. in komprimierter Form dargestellt ist: Verfolgungen geschehen als Bewährungsprobe (ut probemur)370; wenn Gläubige nichts über Christus stellen (nihil Christo praeponere)371 und im Glauben verharren (perseruerandum in fide)372, können die, die aus dem Rachen des Teufels und den Schlingen der Welt befreit sind (erepti de faucibus diaboli et de laqueis saeculi)373, sich des göttlichen Schutzes (maior dominus ad protegendum)374 gewiss sein. Durchgängig treffend gewählt sind die Testimonien, die Cyprian unter dem Titulus Fort. 5 (11) gelistetet hat mit seinem zentralen „Beweisgang“, dass aus dem Eintreffen der Prophezeiung, die Welt werde die Christen hassen, zuverlässig darauf geschlossen und vertraut werden könne, dass sich auch das göttliche Versprechen reicher ewiger Belohnung erfüllen werde. Der Titulus ist eine in sich stimmige, sorgfältig konzipierte Texteinheit, bei dem sich Testimonien und cyprianische Eigentexte gegenseitig ergänzen und erklären. Innerhalb dieser Texteinheit lassen sich vier Themenblöcke voneinander unterscheiden. Die ersten vier Johanneszitate bezeugen den Hass der Welt auf die Christen, der ihnen bereits vorherverkündigt ist. Mit dem innerhalb von Fort. umfangreichsten Testimonium überhaupt, Mt 24,4-31, der großen Endzeitrede, verortet Cyprian die gegenwärtigen Geschehnisse in den Kontext der Apokalyptik, d.h. die Verfolgungen, denen sich die Christen ausgesetzt sehen, kündigen vom vorhergesagten und bereits angebrochenen Ende der Welt und den letzten Zeiten. Daran schließt sich eine ausführliche Reihe biblischer exempla an, die belegen soll, dass den Christen aktuell nichts Neues und Unerhörtes geschieht, sondern dass sie in einer Reihe stehen mit den Guten und Gerechten, deren Los es seit Anbe370 371 372 373 374
Fort. 5 (9). Fort. 5 (6). Fort. 5 (8). Fort. 5 (7). Fort. 5 (10).
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ginn der Welt ist, von den Ungerechten unterdrückt und getötet zu werden, wie Cyprian am Ende von Fort. 5 (11) ausführt. Den Abschluss des Titulus bildet ein Text aus der Offenbarung (7,9f.13-15), der den Lohn derer schildert, die aus der großen Bedrängnis (ex magna tribulatione) kommen. Damit leiten die Zeilen zugleich zu Fort. 5 (12f) über, die dem Lohn der Märtyrer gewidmet sind (Quae spes et merces maneat iustos et martyras). In seinen Schriften, so konnte gezeigt werden, setzt Cyprian ausführliche Listen biblischer exempla vorrangig zur praeparatio ad martyrium ein. Damit sollen den Christen nicht nur Vorbilder vor Augen geführt werden, die es nachzuahmen gilt, sondern sie dienen auch als Mittel, die Angst und Unsicherheit der Gläubigen, warum es überhaupt zu Verfolgungen kommen könne, zu beseitigen, indem sie bezeugen, dass die Unterdrückung der Gerechten seit Anbeginn der Welt geschieht und damit Grundkonstitution dieser Welt ist. Der Umstand, verfolgt zu werden ist demnach nicht Zeichen mangelnder Schutzmacht Gottes, sondern Erweis, Glied einer langen, bis in die Gegenwart reichenden Folge Gerechter zu sein, deren Schicksal es ist, hier auf Erden unterdrückt zu werden. Da das Leiden der Gerechten darüber hinaus auch von Gott vorhergesagt ist (ante praedictum; praenuntiatum), lässt sich aus dem Eintreffen dieser Prophezeiung der „Beweis“ führen, dass auch die göttlichen Versprechen künftigen Lohnes bzw. ewiger Strafe eintreffen werden. Davon macht Cyprian besonders in mort. gegen den Verlust des Vertrauens seiner Gemeinde in die göttlichen Verheißungen und unter umgekehrten Vorzeichen in Dem. Gebrauch. Vorhergesagt ist aber nicht nur das Leiden der Gerechten, sondern auch die Häufung der Übel und Widrigkeiten am Ende der Zeiten und so deutet der Bischof von Karthago die gegenwärtigen Seuchen, Kriege und vor allem Verfolgungen als sich erfüllende, apokalyptische Weissagungen, die das Ende der Welt und die Zeit des Antichrist einläuten. Innerhalb seiner praeparatio ad martyrium ist dies für Cyprian ein paränetischer Grundpfeiler, denn sie erweisen nicht nur die Zuverlässigkeit der göttlichen Prophezeiungen, sondern fördern darüber hinaus unmittelbar die Bereitschaft zum Martyrium, denn wer sollte zu einer Welt zurückkehren (regredi ad saeculum)375 und auf sie seine Hoffnung ausrichten wollen, der ihr katastrophales Ende in Kürze erwartet.
375 Fort. 5 (7).
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Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer [Fort. 5 (12-13)] Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer in Fort. 5 (12-13) Im letzten Teil einer praeparatio ad martyrium müsse man, so der Bischof von Karthago, von der Hoffnung und dem Lohn (quae spes et quae merces) sprechen, der den im Glauben Standhaften winkt. Eingeleitet und vorbereitet war das Thema bereits durch den vorangehenden Titulus Fort. 5 (11), in dem Cyprian den „Beweisgang“ antrat, aus dem Eintreffen der göttlichen Prophezeiungen, die Welt werde die Christen hassen, lasse sich sicher und zuverlässig folgern, dass auch die Verheißungen hinsichtlich der in Aussicht gestellten reichen Belohnungen eintreffen würden. Ist aber das Versprechen an sich als glaubwürdig und vertrauenswert erwiesen, so ist es nur folgerichtig, dieses auch inhaltlich zu füllen und auszugestalten, was Cyprian in Fort. 5 (12-13) unternimmt. In nouissima parte ponendum quae spes et quae merces maneat iustos et martyras post conflictationes huius temporis et passiones [Fort. 5 (12)]1. Et quod plus accepturi simus in passionis remuneratione quam quod hic sustinemus in ipsa passione [Fort. 5 (13)]2.
Die beiden abschließenden Tituli Fort. 5 (12-13) mit ihrer Lohnthematik werden nicht nur vom unmittelbar vorangehenden Titulus Fort. 5 (11) eingeleitet und vorbereitet, sie korrespondieren darüber hinaus auch mit Fort. 5 (6), in dem Cyprian seine Adressaten auffordert, „nichts über Christus zu stellen“ (nihil Christo praeponere) und dies mittels einer „paradoxen Dialektik“ untermauert, die dem Weg Christi in seiner Menschwerdung von den himmlischen Freuden und dem göttlichen Reichtum hin zu den Leiden und der Armut der Welt, den der Menschen kontrastierend gegenüberstellt, die in ihren „Leiden den Reichtum und die Freuden des Paradieses wählen anstelle der Armut der Welt“ (in passionibus nostris paupertati saeculari paradisi diuitias et delicias praeferamus). Wenn Cyprian dann fortfährt, die Christen würden desweiteren die Herrschaft und das ewige Königreich (dominatum et regnum), die Unsterblichkeit (inmorta1
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„Im letzten Teil muss man darlegen, welche Hoffnung und welcher Lohn den Gerechten und den Märtyrern in Aussicht gestellt ist nach den Kämpfen und Leiden dieser Zeit“. Vgl. dazu Weish 3,4-6.8; 5,1-9; Ps 116,15; 126,5f; 119,1f; Mt 5,10; Lk 6,22f; 9,24; 18,29f; Offb 20,4. „Und [man muss darlegen], dass wir bei der Vergeltung unseres Leidens mehr empfangen werden als das, was wir hier im Leiden selbst auf uns nehmen“. Vgl. dazu Röm 8,18.
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litatem) und Gott und Christus (Deum et Christum) wählen, dann sind damit bereits einige Aspekte des verheißenen Lohnes genannt. Die, so möchte man sagen, fast überzogene schwarz-weiß-Malerei, die nicht allein in Fort. 5 (6) vorherrscht, sondern sich durch weite Teile von Fort. zieht, indem ewigem Reichtum und Freuden [vgl. Fort. 5 (6; 8; 11-13)] die Armut, die Nöte und die Bedrängnisse der Welt [vgl. Fort. 5 (6; 7; 9-11)] scharf und unversöhnlich gegenübergestellt sind, setzt der Bischof von Karthago ganz gezielt für seine praeparatio ad martyrium ein, wohl wissend, dass ein Jeder nur dann bis zur Lebenshingabe motiviert werden kann, wenn die Hoffnung und Freude auf die zu erwartende ewige Belohnung größer ist und schwerer wiegt als die Angst vor allem irdischen Verlust, sei dies materiell oder das Leben selbst betreffend. Sich jedoch an eine Welt zu klammern, in der die Christen Gäste und Fremde sind (hospites et peregrinos)3, die die Christen hasst (mundus oderit christianum)4, die ihrem Ende entgegengeht und die sich kurz vor ihrem Einsturz und Untergang befindet (Mundus ecce nutat et labitur et ruinam sui non iam senectute rerum sed fine testatur)5, muss jedem, sobald er diese Sichtweise akzeptiert, als reichlich unkluge und kurzsichtige Entscheidung erscheinen. Hat er darüber hinaus noch all das Gute vor Augen, das ihn erwartet, so ist ein Abschied aus dieser Welt um einiges leichter zu ertragen und ein durchaus gangbarer Weg. Wie Cyprian genauerhin diese Hoffnung und diesen Lohn ausgestaltet hat, wird im Anschluss zu untersuchen sein.
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Mort. 26. Mort. 24. Mort. 25. Dass Cyprian diese für seine praeparatio ad martyrium so zentralen Aspekte hinsichtlich seiner Wahrnehmung und Einschätzung der „Welt“ so kompakt und zentriert in mort. präsentiert, kann nicht verwundern, da mort. und Fort. die gemeinsame Grundforderung teilen: Bereitschaft zum Abschied aus dieser Welt. Freilich, in mort. ist dies angesichts einer grassierenden Seuche keine Frage des freien Willens, wer erkrankte, musste u.U. sterben, ob er wollte oder nicht. Als Seelsorger und Hirte seiner Gemeinde konnte es für Cyprian aber nicht unwichtig sein, ob dieses Sterben im Glauben angenommen wurde oder ob man sich dagegen auflehnte, murrte und deshalb sogar seinen Glauben in Frage stellte (vgl. mort. 8; 12f), was nicht ohne Folgen für den innergemeindlichen Frieden bleiben konnte. Die pastorale Herausforderung, mit der sich Cyprian in mort. konfrontiert sah, ist deshalb in dieser Hinsicht nicht wesentlich anders, als die der praeparatio ad martyrium, weshalb so mancher Gedankengang austauschbar ist.
Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer [Fort. 5 (12-13)]
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Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer im Werk Cyprians Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer in den Testimonien Fort., test. 12-13 Fort., test. 12 Um in seinem vorletzten Titulus Fort. 5 (12) darzulegen, welche Hoffnung und welcher Lohn auf die Gerechten und die Märtyrer nach ihren irdischen Leiden warten, sammelt Cyprian insgesamt fünf alt- (Weish 3,4-6.8; 5,1-9; Ps 116,15; 126,5f; 119,1f) und fünf neutestamentliche (Mt 5,10; Lk 6,22f; 9,24; 18,29f; Offb 20,4) Testimonien. Den ersten Beleg, Weish 3,4-6.8 (Auch wenn sie vor den Augen der Menschen Martern erduldet haben, ihre Hoffnung auf Unsterblichkeit ist stark und in Wenigem misshandelt, werden sie in Vielem für gut befunden, weil Gott sie vesucht hat und sie seiner für würdig befunden hat. So wie Gold im Brennofen geprüft wird, so hat er auch jene als vollgültiges Opfer angenommen und zur rechten Zeit wird ihre Anerkennung folgen. Sie werden über Stämme richten und über Völker herrschen und ihr Herr wird in Ewigkeit regieren)6, listet Cyprian in Quir. 3, test. 15 unter dem Titulus „Gott versucht die Menschen, um sie zu prüfen“ (Ad hoc temptari homines a Deo ut probentur). Da die Verse sowohl den Aspekt der Prüfung thematisieren (Deus temptauit illos; probauit illos), als auch den des Lohnes, lassen sie sich sinnvoll unter beiden Themata subsumieren, so dass der karthagische Bischof sie ebenso gut unter Fort. 5 (9)7 hätte listen können. In ep. 6 an die Bekenner von Karthago, der einzig weiteren Belegstelle der Verse, war für Cyprian, ähnlich wie in Fort. 5 (12), der in Aussicht gestellte Lohn, konkret das Richten und Herrschen (iudicabunt nationes et dominabuntur populis), ausschlaggebend für die Listung der Zeilen. Wenn die Bekenner, so Cyprian, sich dies vergegenwärtigen, dass sie einst zusammen mit Christus richten und herrschen werden (iudicaturos uos et regnaturos cum Christo)8, dann müssen sie „angesichts der Freude über das Künftige die gegenwärtigen Strafen verachten“ (exultetis necesse est et futurorum gaudio praesentia supplicia calce6
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Et si coram hominibus tormenta passi sunt, spes eorum inmortalitate plena est: Et in paucis uexati in multis bene disponentur, quoniam Deus temptauit illos et inuenit illos dignos se. Tamquam aurum in fornace probauit illos et quasi holocaustam hostiam accepit illos, et in tempore erit respectus illorum. Iudicabunt nationes et dominabuntur populis, et regnabit dominus eorum in perpetuum. Ad hoc enim praessuras et persecutiones fieri ut probemur. Ep. 6,2,1.
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tis), womit die Gedanken von Fort. 5 (6), speziell die Freuden des Paradieses (paradisi delicias) und die Herrschaft und das ewige Königreich (dominatum et regnum) deutlich anklingen. Dass in den Augen Cyprians die Rede vom künftigen Lohn der Gläubigen für ihr Leiden in dieser Welt erst dann vollständig ist, wenn zugleich auch die Bestrafung ihrer Verfolger und Peiniger thematisiert wird, verdeutlicht das folgende Testimonium, das Cyprian mit den Worten: „Ebenso wird dort unsere Rache beschrieben und unseren Verfolgern und Feinden Strafe in Aussicht gestellt“9 einleitet, nämlich Weish 5,1-9 (Dann werden, heißt es, die Gerechten mit großer Beharrlichkeit dastehen vor denen, die sie bedrängt haben und die ihre Leiden ignoriert haben. Wenn diese sie sehen, werden sie von einer schrecklichen Furcht erschüttert werden und sie werden sich wundern angesichts der plötzlichen und unerwarteten Errettung und sie werden, voll Reue und wegen der Not seufzend, untereinander sagen: Das sind die, die wir einst verspottet und beschimpft haben. Wir Wahnsinnigen hielten deren Leben für Wahnsinn und ihr Ende für ehrlos. Wie kommt es, dass sie unter die Söhne Gottes gerechnet werden und dass ihr Los es ist, unter den Heiligen zu sein? Also sind wir vom Weg der Wahrheit abgeirrt und das Licht der Gerechtigkeit hat uns nicht gestrahlt und die Sonne ist uns nicht aufgegegangen. Erschöpft sind wir auf dem Weg der Ungerechtigkeit und des Verderbens und wir durchwanderten ausweglose Wüsten, den Weg des Herrn erkannten wir aber nicht. Was nützte uns der Hochmut, was brachte uns das zur-Schau-stellen des Reichtums? Dies alles ist wie ein Schatten vorbeigegangen)10. Die Verse thematisieren den Lohn der Gerechten zwar nur am Rande (in subitatione insperatae salutis; conputati inter filios Dei et inter sanctos sors illorum est), aber dennoch sind sie trefflich gewählt, indem sie die Umwälzung der irdischen Zustände für das Jenseits versprechen. War der Christ Zeit seines Lebens gesellschaftlicher Außenseiter und Zielscheibe von Spott und Hohn bis hin zu seiner Unterdrückung und Verfolgung, so werde sich dies alles, 9 10
Item apud eundem uindicta nostra describitur et persequentium nos adque infestantium paenitentia praedicatur. Tunc stabunt, inquit, iusti in magna constantia aduersus eos qui se angustauerunt et qui abstulerunt labores eorum: uidentes turbabuntur timore horribili et mirabuntur in subitatione insperatae salutis dicentes inter se, paenitentiam habentes et per angustiam spiritus gementes: Hi sunt quos habuimus aliquando in risu et in similitudine inproperii. Nos insensati uitam illorum aestimabamus insaniam et finem illorum sine honore. Quomodo conputati sunt inter filios Dei et inter sanctos sors illorum est? Ergo errauimus a uia ueritatis et iustitiae lumen non luxit nobis et sol non est ortus nobis. Lassati sumus iniquitatis uia et perditionis et ambulauimus solitudines difficiles, uiam autem Domini ignorauimus. Quid nobis profuit superbia, aut quid diuitiarum iactatio contulit nobis? transierunt omnia illa tamquam umbra.
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versprechen die Verse, in der künftigen Welt in sein Gegenteil verkehren und die einstigen Peiniger müssen dann erkennen, dass ihr Handeln dumm und töricht war und schlimme Konsequenzen nach sich zieht (paenitentiam habentes et per angustiam spiritus gementes). Dass eine solche Vorstellung in der Situation der Bedrängnis tröstende und von Zweifeln befreiende Kraft entfalten kann, liegt auf der Hand. Der Umstand, dass die Zeilen am Ende auch das Streben nach Reichtum (diuitiarum iactatio) als Irrweg und Wahnsinn brandmarken, dürfte sie in den Augen Cyprians nur umso wertvoller und ergiebiger gemacht haben, wie seine diesbezüglichen Ausführungen etwa in laps.11 oder habit.12 erkennen lassen. Neben Fort., test. 12 zitiert Cyprian dieses ausführliche Testimonium zunächst in Quir. 3,16 unter dem Titulus „Über das Gut des Martyriums“ (De bono martyrii). Neben Weish 5,1-9 listet er dort auch Ps 116,15; 126,5f; 119,1f; Mt 5,10; Lk 6,22f; 18,29f aus Fort., test. 12. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass Ps 126,5f (Die unter Tränen säen, heißt es, werden in Freude ernten. Sie gingen umher und unter Tränen verteilten sie ihr Saatgut. Kommen werden sie aber unter Jubel und ihre Ernte mitnehmen)13, Ps 119,1f (Selig, wer rein ist auf dem Lebensweg, wer auf dem Weg des Herrn wandelt. Selig, wer die Zeichen des Herrn erforscht und ihn von ganzem Herzen sucht)14 und Mt 5,10 (Selig, die der Gerechtigkeit wegen verfolgt werden, denn ihnen gehört das Himmelreich)15 innerhalb seiner Schriften ausschließlich noch dort Verwendung finden, dann legt dies die Vermutung nahe, in Quir. 3,16 eine Materialquelle für Fort. 5 (12) zu sehen, was angesichts der thematischen Verwandtschaft beider kaum verwunderlich ist. In Dem. 24 setzt Cyprian die Verse Weish 5,1-9 ein, um die den Ungläubigen angedrohten ewigen Höllenstrafen biblisch zu bezeugen. Wer zu Lebzeiten nicht bereit ist, der Aufforderung nachzukommen, an Christus zu glauben (Credite ille)16, sondern statt dessen in seiner christenfeindlichen Haltung verharrt, der werde, so Cyprian, an den Verfolgungen einen kurzen Genuss für die Augen 11 12
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Vgl. laps. 6; 10-12. Vgl. dazu die redundant vorgetragene Anklage „Wohlhabend und reich nennst du dich“ (Locupletem te dicis et diuitem), mit der Cyprian die Kap. 8-11 beginnen lässt, nachdem er bereits in Kap. 7 den Reichtum der Witwen getadelt hatte. Qui seminant, inquit, in lacrimis in gaudio metent. Ambulantes ambulabant et plorabant mittentes semina sua: uenientes autem uenient in exultatione tollentes gremia sua. Beati qui inmaculati sunt in uia, qui ambulant in uia Domini. Beati qui perscrutantur martyria eius, in toto corde inquirunt eum. Beati, inquit, qui persecutionem passi fuerint propter iustitiam, quia ipsorum est regnum caelorum. Dem. 23.
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haben (oculorum breuis fructus), danach jedoch ewig in der Hölle brennen (Cremabit addictos ardens semper gehenna) und den Christen damit ein ewiges Schauspiel bieten (perpetua uisione), wie die Verse Jes 66,24 (Ihr Wurm wird nicht sterben und ihr Feuer wird nicht erlöschen und die werden als Schauspiel dienen für Jedermann)17 und Weish 5,1-9 bezeugen. Da letztere Verse dies aber gerade nicht belegen, denn nirgends sprechen sie von ewigen (Höllen-)Strafen derer, die vom rechten Weg abgeirrt sind, sind die Verse in dieser Hinsicht nicht überzeugend. Abgesehen davon ist das Testimonium freilich trefflich gewählt, denn seine Rede vom Irrtum der Ungläubigen und der Umkehrung der Verhältnisse korrespondiert hervorragend mit Cyprians Ausführungen unter Dem. 5, wo er dem Vorwurf der Heiden, die Christen seien aufgrund ihrer Weigerung, die Götter zu verehren, verantwortlich für all die gegenwärtigen Katastrophen, deren irrige Klage und völlige Unkenntnis der Wahrheit (falsa querimonia et inperitia ueritatis ignara) hervorhebt, denn dies alles geschehe nicht etwa, da „eure Götter von uns nicht verehrt werden, sondern umgekehrt, da Gott von euch nicht verehrt wird“ (quod dii uestri a nobis non colantur, sed quod a uobis non colatur Deus). In habit. 10 schließlich setzt der Bischof von Karthago die letzten beiden Verse des Testimoniums, Weish 5,8f, ein, um damit gegen den Reichtum der karthagischen Jungfrauen zu argumentieren. In insgesamt fünf Kapiteln seiner Schrift (habit. 7-11) klagt er diesen an. „Wohlhabend und reich nennst du dich. Aber für eine Jungfrau ziemt es sich nicht, ihren Reichtum zu Schau zu stellen“ (Locupletem te dicis et diuitem. sed iactare diuitias suas uirginem non decet)18, wie die Verse Weish 5,8f bezeugten, die dies alles als Schatten bezeichnen, der vorübergeht (transierunt omnia illa tamquam umbra). Im Anschluss an Weish 5,1-9 listet Cyprian in Fort., test. 12 den Vers 15 aus Ps 116 (Wertvoll ist vor den Augen des Herrn der Tod seiner Gerechten)19. Thematisch lässt sich der Vers mühelos unter Fort. 5 (12) subsumieren, er ist aber zu unbestimmt und zu vage gehalten, als dass er wirklich hierzu einen Beitrag leisten könnte. Dass der Tod eines Gerechten, speziell das Martyrium, vor Gott nicht bedeutungslos sein kann, liegt auf der Hand und braucht deswegen nicht extra belegt zu werden. Wie beschaffen oder wie großartig die Hoffnung und der Lohn der Gerechten sein wird (Quae spes et quae merces), lässt sich anhand von Ps 116,15 kaum ableiten bzw. belegen, so dass das Testimonium als zwar zutreffend, aber wenig aussagekräftig zu beurteilen ist. 17 18 19
Vermis eorum non morietur et ignis eorum non extinguetur, et erunt ad uisionem uniuersae carni. Habit. 10 (CSEL 3,1,194). Praetiosa est, inquit, in conspectu Domini mors iustorum eius.
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Abgesehen von Quir. 3,16, führt Cyprian den Vers in ep. 6 an die in Karthago inhaftierten Bekenner an. Diese dürften jetzt nur noch an die göttlichen Vorschriften und himmlischen Gebote (diuina praecepta et mandata caelestia)20 denken, die stets zum Ertragen der Leiden (ad tolerantiam passionis) ermutigt hätten, wobei sich ein Jeder nicht den Tod, sondern die Unsterblichkeit (nemo mortem cogitet sed inmortalitatem) und nicht die zeitliche Bestrafung, sondern den ewigen Ruhm (nec temporariam poenam sed gloriam sempiternam) vor Augen führen solle, wie in Ps 116,15 geschrieben stehe. Unsterblichkeit und ewiger Ruhm, so legen zumindest Cyprians Ausführungen nahe, sind hier als Konkretisierung dessen verstanden, was der Psalm als „wertvoll“ (pretiosa) in den Augen Gottes bezeichnet. Dies deckt sich im Wesentlichen mit der Verwendung von Ps 116,15 in ep. 10, einer weiteren Belegstelle des Testimoniums. Nachdem die decischen Verfolgungsmaßnahmen unter den karthagischen Christen die ersten Todesopfer gefordert hatten, lobt Cyprian den Bekennermut dieser Märtyrer in höchsten Tönen. Da sie sich mit dem Preis ihres eigenen Blutes die Unsterblichkeit erkauft hätten (emit inmortalitatem pretio sui sanguinis)21, könne man diesen Tod wahrlich als wertvoll (Pretiosa mors) bezeichnen, wie Ps 116,15 dies tue. In ep. 76, von seinem Verbannungsort Curubis aus an die Mitbischöfe, Mitpriester, Diakone und an die bereits zu Bergwerksarbeit verurteilten Christen adressiert, zitiert Cyprian in dieser letzten Belegstelle des Verses innerhalb seiner Schriften Ps 116,12f.15 (Wie soll ich, heißt es, dem Herrn all das zurückerstatten, was er mir hat zukommen lassen? Ich will den Kelch des Heiles annehmen und den Namen des Herrn anrufen. Kostbar ist in den Augen des Herrn der Tod seiner Gerechten)22. Indem die Christen ihren Glauben standhaft bekennen und die über sie verhängten Strafen geduldig ertragen, erstatte, so Cyprian, ein Jeder von ihnen dem Herrn etwas zurück (aliquid et ipse domino suo retribuat)23; und wer sollte nicht tapfer und standhaft (fortiter et constanter) einen in den Augen des Herrn wertvollen Tod erstreben, um damit dem Herrn zu gefallen (placiturus eius oculis). Wertvoll ist ein solcher Tod freilich deshalb, weil der Christ in ihm gekrönt wird (uincentes coronat) und die Unsterblichkeit erlangt. Großen Lohn (merces) für die auf Erden erduldeten Bedrängnisse verspricht das Testimonium Lk 6,22f (Selig werdet ihr sein, wenn euch die Menschen hassen und euch aussondern und vertreiben und euch verfluchen als Nichtsnutz wegen des Menschensohnes. Freut euch an jenem Tag und jubelt, denn siehe, euer 20 21 22 23
Ep. 6,2,1. Ep. 10,2,3. ... quid retribuam, inquit, domino de omnibus quae mihi tribuit? Calicem salutaris accipiam, et nomen domini inuocabo. Pretiosa in conspectu domini mors iustorum eius. Ep. 76,4,2.
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Lohn wird groß sein im Himmel)24 und fügt sich damit trefflich ein unter Fort. 5 (12). Neben Quir. 3,16 setzt Cyprian die Verse noch in laps. ein, um mit ihrer Hilfe gegen das Anhangen vieler karthagischer Christen an ihrem Vermögen zu argumentieren. Weil sie nicht bereit waren, ihr ganzes Hab und Gut in der Verfolgung aufzugeben und zu fliehen, konnten sie, die durch die Fessel ihres Vermögens zurückgehalten wurden (qui patrimonii uinculo detinentur)25, Christus nicht nachfolgen. Man müsse aber im Gegenteil, so Cyprian, den Verlust seiner irdischen Habe in einem solchen Falle nicht nur nicht fürchten, sondern ihn sich geradezu wünschen (non tantum timenda non est eiusmodi sed et optanda iactura), denn der Herr verspreche doch angesichts dessen reichen Lohn im Himmel, wie in Lk 6,22f geschrieben stehe. Unmittelbar davor zitiert Cyprian in laps. 12 die Verse Lk 18,29f aus Fort., test. 12 mit den Worten: „Es gibt niemanden, der sein Haus zurücklässt oder seinen Acker oder seine Eltern oder seine Brüder oder seine Gattin oder seine Söhne und nicht zu Lebzeiten das Siebenfache dafür erhält, in der kommenden Zeit aber das ewige Leben“26. Dies sei geschrieben, damit man erkenne, mit welch großen Belohnungen der Herr die kleinen und unbedeutenden Verluste dieser Zeit aufwiege (parua haec et exigua huius temporis damna quibus mercedibus pensat). Die beiden Testimonien aus Fort., test. 12, Lk 18,29f und Lk 6,22f bilden nicht nur in laps. 12 eine textliche Einheit, sondern auch in ep. 58. Dort dienen sie als Begründung der auf den ersten Blick kaum nachvollziehbaren Aufforderung des Herrn, die Christen sollten sich in der Verfolgung freuen und jubeln (Gaudere nos et exultare uoluit in persecutionibus dominus)27. Dass es überhaupt zu Verfolgungen komme, dürfe niemanden überraschen, denn dies sei vom Herrn für die letzten Zeiten bereits vorhergesagt (in nouissimis temporibus dominus ante praedixerit)28, um die Christen für den bevorstehenden Kampf zu rüsten, damit ein Jeder Christus, der ewig lebt und seinen Dienern das ewige Leben schenkt (qui et uiuit in aeternum et uiuificat seruos suos)29, nachfolgt. Da der Herr in den Testimonien Lk 18,29f; 6,22f allen standhaften Christen reichen Lohn und das ewige Leben verspricht, hätten sie jeden Grund, sich angesichts einer Verfolgung zu freuen und zu jubeln. 24
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Beati eritis, cum odio uos habuerint homines et separauerint uos et expulerint et maledixerint nomini uestro quasi nequam propter filium hominis. Gaudete in illa die et exultate. Ecce enim merces uestra multa in caelis. Laps. 12. Nemo est qui relinquat domum aut agrum aut parentes aut fratres aut uxorem aut filios et non recipiat septies tantum in isto tempore, in saeculo autem uenturo uitam aeternam. Ep. 58,3,1. Ep. 58,2,2. Ep. 58,2,1.
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Die beiden Testimonien Lk 6,22f; 18,29f, die in laps. 12 und ep. 58 eine Einheit bilden, sind in Fort., test. 12 durch den ausschließlich an dieser Stelle geführten Vers Lk 9,24 (Wer sein Leben verliert um meinetwillen, wird es retten)30 und einen Text aus der Feder des Bischofs von Karthago voneinander getrennt, was erneut belegt, dass Cyprian in Fort. nicht nur Bekanntes einfach übernommen hat, sondern sein dort zusammengetragenes Material ausgebaut und weitergeführt hat. Mit seinem Eigentext: „Und die Belohnungen des göttlichen Versprechens gelten nicht nur für die Bestraften und Getöteten, sondern auch, wenn die Gläubigen nicht leiden mussten, ihr Glaube aber dennoch rein und unbesiegt geblieben ist und der Christ gezeigt hat, dass er all seinen Besitz gering geachtet und zurückgelassen hat und Christus nachfolgt; auch dieser wird von Christus unter den Märtyrern geehrt, da er selbst verspricht und sagt …“31, gibt Cyprian den sich anschließenden Lukasversen 18,29f eine im Vergleich zu laps. 12 und ep. 58 deutlich differierende Argumentationsrichtung. Nicht als Hilfe gegen das Sich-Klammern an das eigene Hab und Gut, wie im Falle von laps. 12, und auch nicht zur Begründung, warum die Christen Verfolgungen nicht zu fürchten brauchen, sondern sich statt dessen vielmehr freuen und jubeln sollten, wie ep. 58, verwendet Cyprian hier das Testimonium, sondern um eine Angst und Unsicherheit unter seinen Gemeindemitgliedern zu bekämpfen, die an anderer Stelle in seinen Schriften greifbar wird32: die Furcht, sich nur im Falle eines gewaltsamen Todes den Siegeskranz und die Krone des Martyriums samt entsprechendem Lohn verdienen zu können33. Cyprians Eigentext bleibt aber erstaunlich unbestimmt hinsichtlich der Frage, welche konkrete Situation bzw. welche Befürchtung er im Blick hat, wenn er die göttlichen Verheißungen auch denen zuspricht, die nicht leiden mussten (si passio fidelibus desit), die aber ihren Glauben bewiesen hätten, wenn sie ihren ganzen Besitz zurückgelassen und Christus nachgefolgt sind. Letzteres kann sich nur auf die Flucht beziehen34. Diese ist 30 31
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Qui perdit animam suam propter me hic saluabit illam. Nec solos animaduersos et interfectos diuinae pollicitationis manent praemia, sed etiam si passio fidelibus desit, fides tamen integra adque inuicta perstiterit et contemptis ac relictis suis omnibus christum se sequi christianus ostenderit, ipse quoque a christo inter martyras honoratur pollicente ipso et dicente … Vgl. dazu mort. 17; laps. 3; ep. 58,4. So kommt Bähnk, Notwendigkeit, 290f, die Martyriumstheologie Tertullians untersuchend, zu dem Ergebnis, dass „der Glaubenstod für Tertullian ausdrücklich … seit ‚Scorpiace‘ den Gipfelpunkt christlicher Sittlichkeit dar[stellt], der allein vollkommene Entsprechung gegenüber dem Willen Gottes bedeutet, dem in exklusiver Weise ein besonderer himmlischer Ruhm zugesprochen wird“. Zur Thematik der Flucht bei Cyprian vgl. Montgomery, Bishop, 264-267; Butterweck, „Martyriumssucht“, 177-187; Bähnk, Notwendigkeit, 289-315.
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aber gerade das Mittel, um sich dem drohenden Tod zu entziehen und so bleibt zunächst die Frage offen, aus welchem Grunde ein Solcher unter die Märtyrer gerechnet werden solle (a Christo inter martyras honoratur). Erst ein Blick auf ep. 58,4 schafft Klarheit, was Cyprian vor Augen hatte, denn dort spricht er all denen ihren ewigen Lohn zu, die auf der Flucht von Räubern oder wilden Tieren überfallen werden, denen Hunger Durst und Kälte zusetzen oder die Schiffbruch erleiden35. Es war demnach die Befürchtung, auf der Flucht durch tragische Umstände oder auch durch Krankheit und vielleicht einfach nur aufgrund von Altersschwäche sein Leben verlieren zu können und dadurch des ewigen Lohnes verlustig zu gehen, die hier unausgesprochen mitschwingt36. Dem hält er entgegen, dass zum einen das Martyrium nicht in der eigenen Macht, sondern bei Gott liege (non est in tua potestate sed in Dei dignatione martyrium)37 und dass zum anderen Gott der Erforscher von Nieren und Herz sei und das Verborgene sehe und kenne (Deus scrutator est renis et cordis et occultorum contemplator et cognitor). Deshalb mache es einen Unterschied, ob der Mut zum Martyrium fehlt oder das Martyrium, um den Mut zu beweisen (Aliud est martyrio animum deesse, aliud animo defuisse martyrium), denn Gott gehe es nicht um unser Blut, sondern um unseren Glauben (Nec enim sanguinem Deus nostrum sed fidem quaerit). Diesen könne man sich aber auch im Falle der Flucht ungetrübt bewahren und gerade die Bereitschaft, alles Hab und Gut um Christi willen aufzugeben, bezeuge dies. So habe der Herr selbst dazu aufgefordert, in der Verfolgung zu entweichen und zu fliehen (Dominus in persecutione secedere et fugere mandauit)38, und da Christus seinem Streiter überall zusehe, werde er „dem, der der Verfolgung wegen [auf der Flucht] für die Ehre seines Namens stirbt, den Lohn gewähren, den er versprochen hat, ihm bei der Auferstehung zu geben“39, wie Cyprian in Fort., test. 12 anhand der Lukasverse 18,29f belegen will.
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Et si fugientem in solitudine ac montibus latro oppresserit, fera inuaserit, fames aut sitis aut frigus adflixerit, uel per maria praecipiti nauigatione properantem tempestas ac procella submerserit (ep. 58,4,2). Die Angst mancher Christen, wie sie in ep. 58 greifbar wird, nämlich auf der Flucht zu Sterben und dadurch des Märtyrerlohnes verlustig zu gehen, klingt in Fort., test. 12 sicherlich mit an, ist aber hier nicht explizit thematisiert. Die Botschaft von Fort., test. 12 lautet demnach, dass Jeder, der bereit ist um Christi willen sein Hab und Gut zu verlassen und der seinen Glauben rein und unbesiegt bewahrt (fides tamen intergra adque inuicta perstiterit), unter die Schar der Märtyrer gerechnet werden wird, unabhängig davon, ob er auf der Flucht stirbt, oder nicht. Mort. 17. Laps. 10. ... persecutionis causa pro nominis sui honore morienti praemium reddit quod daturum se in resurrectione promisit (ep. 58,4,2).
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Als letztes Testimonium in Fort., test. 12 zitiert Cyprian den ausschließlich an dieser Stelle gelisteten Vers Offb 20,4, in den Cyprian Eigentexte einfügt (kursiv gedruckt): „Und ich sah die Seelen der um des Namens Jesu willen Getöteten und [ich vernahm] das Wort Gottes. Und als er die Getöteten an erste Stelle gesetzt hatte, fügte er hinzu und sagte: Und wer das Bild des Tieres nicht angebetet hatte, hatte nicht das Zeichen auf der Stirn oder auf seiner Hand. Sobald sie alle von ihm an demselben Ort zusammen gesehen worden waren, fügt er hinzu und sagt: Und sie lebten und herrschten mit Christus“40. Indem Cyprian den Text mit den Worten „Ebenso spricht er in der Offenbarung das Gleiche“ (Item in Apocalypsi hoc idem loquitur) einleitet, macht er deutlich, dass er den Offenbarungsvers in dem Sinne verstanden wissen will, wie er zuvor Lk 18,29f interpretiert hatte. Den Abschluss des Kapitels bildet ein cyprianischer Eigentext, der den letzten Gedankengang nochmals zusammenfasst: „Er sagt, dass Alle mit Christus leben und herrschen, nicht nur die, die getötet wurden, sondern auch die, die in der Festigkeit ihres Glaubens und der Gottesfurcht verharrten und nicht das Abbild eines Tieres anbeteten und nicht seinen tödlichen und gotteslästerlichen Verordnungen zustimmten“41. Die erneute und abschließende Wiederholung dieser These, dass der verheißene Lohn nicht nur den gewaltsam getöteten Märtyrern, sondern Allen winkt, die an ihrem Glauben festhalten, egal auf welche Art und Weise und unter welchen Umständen sie aus diesem Leben scheiden, lässt erkennen, dass die Durchsetzung dieser Überzeugung Cyprian sehr am Herzen lag, dass es aber innerhalb der karthagischen Gemeinde zu dieser Zeit auch Widerstände und anders lautende Meinungen gegeben haben muss, gegen die er hier so entschieden und vehement ankämpft. Gegen Vorbehalte, ob Flucht ein legitimes Mittel sei, sich einer Verfolgung zu entziehen, musste sich Cyprian nicht nur seitens seines „Meisters“ Tertullian wehren, der – zumindest in seinen späteren Schriften – eine klare „Absage an jede Flucht vor der Verfolgung“42 ausspricht; auch in einem Schreiben des römischen Klerus aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen an den Klerus von Karthago43 wird die ablehnende Haltung der Römer deutlich, die speziell in Cyprians Flucht die Tat eines 40
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Et uidi, inquit, animas occisorum propter nomen Iesu et sermonem Dei. Et cum primo in loco posuisset occisos, addidit dicens: Et quicumque imaginem bestiae non adorauerunt nec acceperunt inscriptionem in fronte aut in manu sua. Quos uniuersos a se in eodem loco simul uisos coniungit ac dicit: Et uixerunt et regnauerunt cum Christo. Viuere omnes dicit et regnare cum Christo, non tantum qui occisi fuerint, sed quique in fidei suae firmitate et Dei timore perstantes imaginem bestiae non adorauerint neque ad funesta eius et sacrilega edicta consenserint. Bähnk, Notwendigkeit, 291. Vgl. dazu Gülzow, Cyprian, 30-36.
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Mietlings (Mercenarius)44 sehen, der seine ihm anvertraute Herde im Stich lässt. Auch im weiteren Verlauf des Schreibens wird deutlich, dass für die Verfasser des Briefes Flucht keine in Erwägung zu ziehende Option darstellt, denn man müsse die Gläubigen dazu ermuntern, „im Glauben festzustehen und bereit zu sein, mit dem Herrn zu gehen“ (hortantes eos stare in fide et paratos esse debere ire cum domino)45, da sie ansonsten „Hals über Kopf zum Götzendienst schreiten und die Brudergemeinde völlig ausgelöscht wird“ (praeceps euntes ad idolatria funditus eradicetur fraternitas)46. Flucht als Alternativmöglichkeit zumindest einfacher Christen, um dies zu verhindern, erwähnt der Brief mit keiner Silbe und so wird deutlich, dass Cyprians Betonung der legitimen Möglichkeit der Flucht von den Gläubigen der Zeit nicht von vornherein widerspruchslos akzeptiert wurde. Unabhängig von der theologischen Diskussion, wie sich Flucht vor der Verfolgung durch die Worte der hl. Schrift legitimieren lasse oder eben nicht, dürften für Cyprian vor allem pastorale Überlegungen47 ausschlaggebend gewesen sein für seine Position48. Dies betrifft nicht nur seine eigene Entscheidung, bei Ausbruch der decischen Verfolgungsmaßnahmen Karthago zu verlassen und sich an einem sicheren Ort versteckt zu halten, die er u.a. mit dem Frieden für seine Gemeinde begründet, der aufgrund des Hasses und der Gewalt der Heiden gegen seine Person solange nicht möglich sei, wie er in Karthago verweile (ne praesentia nostri inuidiam et uiolentiam gentilium prouocet et simus auctores rumpendae pacis)49, sondern auch die Erkenntnis, dass Flucht all denen einen Ausweg bietet, die zwar – aus welchen Gründen auch immer – zum gewaltsamen Martyrium noch nicht bereit sind, aber dazu, ihren ganzen Besitz 44 45 46 47
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Ep. 8,1,2. Ep. 8,2,2. Ep. 8,2,1. Wenn Cyprian in Fort. Flucht als legitime Reaktion auf eine Verfolgung so vehement verteidigt, dann – so kann man vermuten – verbirgt sich dahinter nicht ausschließlich ein pastorales Interesse, sondern auch ein autobiographisch-apologetisches Anliegen, denn nach seiner eigenen Flucht zur Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen und den ablehnenden Reaktionen daraufhin, lassen sich beide Anliegen nicht mehr voneinander trennen. Zu Recht sieht Bähnk, Notwendigkeit, 293 in der veränderten Ekklesiologie Cyprians im Vergleich zu der Tertullians die entscheidende Voraussetzung für Cyprians positive Einstellung gegenüber der Erlaubtheit der Flucht. Da „nach Tertullians Ekklesiologie nicht die organisierte Kirche ihren Gliedern qua Zugehörigkeit das Heil vermittelt, sondern jeder Gläubige das Heil individuell durch die Bewährung seiner ‚virtus‘ erlangen muss“, gebe es für Tertullian keinen adäquaten Ersatz für das Martyrium, während dagegen bei Cyprian „die Zugehörigkeit zu der einen Kirche, außerhalb derer es kein Heil gibt“ (ebd., 294) entscheidend für die Erlangung des Heils ist. Ep. 7,1.
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zu verlassen. Solange Flucht jedoch als adäquate Reaktion auf eine Verfolgung nicht akzeptiert und gesehen wird, ist jeder Christ, der sich nicht zur Hingabe seines Lebens, oft unter grausamen Foltern, in der Lage sieht, genötigt, die Todsünde der Idolatrie begehen zu müssen, da er, gebunden an Haus und Hof, sich dem Zugriff des Staates kaum entziehen kann, zumal wenn es sich um eine systematisch und bürokratisch organisierte Maßnahme handelt, wie unter Kaiser Decius. Da aber für den Bischof von Karthago „die Krone von der Gnade Gottes abhängt und nicht empfangen werden kann, solange nicht die Stunde dafür da ist“ (Nam cum corona de Dei dignatione descendat, nec possit accipi nisi fuerit hora sumendi)50, und da „jeder, der in Christus bleibt und [nur] zwischenzeitlich flieht, seinen Glauben nicht verleugnet, sondern den richtigen Zeitpunkt abwartet“ (quisquis in Christo manens interim cedit, non fidem denegat sed tempus expectat), werden all diejenigen, deren Zeit noch nicht gekommen ist, in eine unnötige Zwangslage versetzt, wenn man ihnen die Möglichkeit der Flucht nimmt. Es war somit wohl das pastorale Bemühen Cyprians nach den Erfahrungen aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen, so viele Christen wie irgendmöglich von der Idolatrie fernzuhalten – auch solche, die zur Zeit noch nicht zum Martyrium in der Lage waren –, das am Ende seiner Ausführungen in Fort., test. 12. hinter seiner entschiedenen Betonung der Möglichkeit der Flucht in der Verfolgung stand.
Fort., test. 13 In seinem dreizehnten und letzten Titulus von Fort. führt Cyprian den Aufweis, dass die Christen nach ihrem Tod mehr empfangen würden, als sie hier auf Erden zu erdulden hatten. Um dies biblisch zu untermauern listet er lediglich ein einziges Testimonium, Röm 8,18 (Die Leiden dieser Zeit, heißt es, stehen in keinem Verhältnis zur kommenden Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden wird)51. Der Vers deckt sich inhaltlich mit dem Titulus, oder anders gesagt, der Titulus ist eine Paraphrasierung von Röm 8,18 und zweifelsohne hatte Cyprian diesen Vers vor Augen, als er Fort. 5 (13) schrieb. Liest man den Titulus, so gewinnt man den Eindruck, der Bischof von Karthago rechnete damit, man könne seine Entscheidung, an dieser Stelle lediglich einen einzigen biblischen Kronzeugen zu listen, als Mangel an Überzeugungskraft verstehen und seine These deshalb in Frage stellen. Wohl um dem entgegenzuwirken, schickt Cyprian seinem Testimonium die einleitenden Worte voraus: „Der selige Apostel Paulus, der durch göttliche Würdigung in den dritten Himmel und ins Paradies aufge50 51
Laps. 10. Non sunt, inquit, condignae passiones huius temporis ad superuenturam claritatem quae reuelabitur in nobis.
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nommen wurde und bezeugt, dass er Unbeschreibliches gehört habe, der sich rühmt, mit eigenen Augen Jesus Christus wahrhaftig gesehen zu haben, der das, was er erfahren und gesehen hat, mit der Wahrheit größeren Wissens verkündet, dieser bestätigt“52, woran sich der Römervers anschließt. Der Entrückungsbericht des Paulus aus 2Kor 12,2-4 dient Cyprian als Garant und Beweis (probat) der Verlässlichkeit und der Wahrhaftigkeit des Römerverses. Weil Paulus bis in den dritten Himmel und ins Paradies entrückt worden war und dadurch Erkenntnis davon erlangt hatte, deshalb ist seinen Worten, d.h. der These von Fort. 5 (13), unbedingt Glauben zu schenken. Offen bleibt damit freilich noch die Frage, warum Cyprian hier lediglich ein einziges Testimonium listete. Geschah dies aus Mangel an weiteren, passenden Belegstellen? Allein ein Blick auf ep. 58 zwingt dazu, diese Vermutung zu verwerfen, denn mit 1Kor 2,9, die Christen würden bei Gott „empfangen, was noch kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und was in kein Menschenherz gedrungen“ sei (sumere illic quod nec oculus uidit nec auris audiuit nec in cor hominis ascendit), zitiert Cyprian unmittelbar vor Röm 8,18 eine Passage, die sich hervorragend für dieser Thematik eignet. Wenn er in Fort. 5 (13) auf ihre Zitation verzichtet, obwohl man davon ausgehen muss, dass er sie kannte, dann kann dies im Hinblick auf Fort. nur bedeuten, dass er sich bewusst und gezielt dafür entschieden hat, ausschließlich Röm 8,18 hier zu listen und damit seinen letzten Titulus diesbezüglich in deutlichen Kontrast zu den übrigen zu setzen, wohl in der Überzeugung, der Vers sei aussagekräftig genug, so dass man auf weitere Belege gut und gerne verzichten könne. Innerhalb seiner Schriften zitiert Cyprian den Vers insgesamt vier weitere Male. In Quir. 3,17 führt er ihn unter dem Titulus „Geringer ist das, was wir in der Welt erdulden, als die uns versprochene Belohnung“ (Minora esse quae in saeculo patimur quam sit praemium quod promissum est). Dass Cyprian den Römervers unter diesem Titulus listet, der ja mit Fort. 5 (13) inhaltlich identisch ist, kann nicht verwundern. In ep. 6 an die in Karthago inhaftierten Bekenner setzt Cyprian Röm 8,18 ein, um diese zum Durchhalten in ihrem Leiden zu motivieren, denn „eingedenk des Ruhmes dieser Herrlichkeit müssen wir alle Bedrängnisse und Verfolgungen erdulden (claritatis gloriam cogitantes pressuras omnes et persecutiones tolerare nos conuenit)53. In diesem Kontext zitiert Cyprian zunächst Röm 8,16f (Wir sind Söhne Gottes. Wenn wir aber Söhne sind, dann auch Erben Gottes, Miterben Christi, wenn wir mit ihm mitleiden, damit wir auch mit ihm mitverherrlicht 52
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Probat beatus apostolus Paulus qui dignatione diuina usque in tertium caelum adque in paradisum raptus audisse se inenarrabilia testatur, qui oculata fide Iesum dominum uidisse se gloriatur, qui id quod et didicit et uidit maioris conscientiae ueritate profitetur. Ep. 6,2,1.
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werden)54 mit dem Hinweis, dass man dem Herrn in Allem nachfolgen müsse, wenn man seine Verheißungen erlangen wolle (qui ad domini promissa uenire cupimus imitari dominum in omnibus debeamus). In dem darauffolgenden Römervers 8,18 sieht er einen Vergleich zwischen der Gegenwart und der künftigen Herrlichkeit (conparationem praesentis temporis et futurae claritatis), wobei auffällt, dass diese Wendung relativ blass und kraftlos wirkt und einen eher schematischen Eindruck erweckt, so dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, Cyprian habe den Stellenwert des Verses für seine praeparatio ad martyrium erst im Laufe der Zeit entdeckt. Nach ep. 6 zitiert der Bischof von Karthago Röm 8,18 in ep. 58. Zum Schluss des Briefes stellt er seinen Adressaten, um deren Durchhaltewillen in der drohenden Verfolgung zu stärken, den Ruhm und die Freude vor Augen, die die Christen erwarte, wenn sie zugelassen werden, Gott zu schauen (Quae erit gloria et quanta laetitia admitti ut deum uideas)55 und zusammen mit Christus, ihrem Herrn und Gott, die Freude des ewigen Heiles und Lichtes zu genießen (cum Christo domino deo tuo salutis ac lucis aeternae gaudium capias). Sichtlich ist Cyprian an dieser Stelle bemüht, den zu erwartenden ewigen Lohn möglichst farbenprächtig und verlockend darzustellen. Die Christen erwarte nämlich, so das Zitat von 1Kor 2,9, „was noch kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und was in kein Menschenherz gedrungen“ sei (quod nec oculus uidit nec auris audiuit nec in cor hominis ascendit), womit deutlich gemacht sei, „dass wir Größeres empfangen, als was wir hier erdulden und erleiden“ (Maiora enim nos accipere quam quod hic aut operamur aut patimur)56, wie der Apostel Paulus in Röm 8,18 verspreche. In ep. 76, geschrieben von seinem Verbannungsort Curubis aus an die Mitbischöfe, Mitpresbyter, Diakone und alle übrigen zu Bergwerksarbeit verurteilten Christen, zitiert Cyprian in dieser letzten weiteren Belegstelle den Vers Röm 8,18, um ihnen angesichts ihres Leidens Mut zu machen und sie in ihrem Glauben zu stärken, denn „ihr eilt den Geschenken für die Märtyrer und den göttlichen Heimstätten entgegen, um nach dieser Finsternis der Welt das strahlendste Licht zu erblicken und um eine größere Herrlichkeit zu empfangen als alle Leiden und Kämpfe“57, wie Röm 8,18 verspreche. Nach der eher blassen und schematisch wirkenden Verwendung des Römerverses in ep. 6 ist das Testimonium, 54 55 56 57
Sumus, inquit, filii dei: si autem filii, et heredes dei, coheredes autem Christi, siquidem compatiamur ut et conmagnificemur. Ep. 58,10,1. Ep. 58,10,2. ... ad martyrum munera et domicilia diuina properatis, post has mundi tenebras uisuri candidissimam lucem et accepturi maiorem passionibus omnibus et conflicationibus claritatem.
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wie die Durchsicht seiner Belegstellen ergeben hat, erst in ep. 58 und 76 ein zentraler Bestandteil der cyprianischen praeparatio ad martyrium geworden, wenn es darum geht, die Christen im Angesicht einer Verfolgung u.a. mithilfe des in Aussicht gestellten göttlichen Lohnes zum Durchhalten im Glauben zu motivieren. Den Abschluss seiner Schrift Fort. bildet ein ausführlicher Text aus Cyprians eigener Feder: „Wer also sollte nicht mit allen Kräften danach streben, zu der großen Ehre zu gelangen, ein Freund Gottes zu werden, sich sogleich mit Christus zu freuen und nach den irdischen Foltern und Qualen die göttlichen Belohnungen zu empfangen? Wenn es schon für die Soldaten dieser Welt Ruhm bedeutet, nach dem Sieg über den Feind triumphierend in ihre Heimat zurückzukehren, wieviel erhabener und größer ist dann der Ruhm, nach dem Sieg über den Teufel triumphierend zum Paradies zurückzukehren und die Siegeszeichen dorthin, von wo Adam als Sünder vertrieben wurde, zurückzutragen, nachdem der, der vorher getäuscht hatte, zu Boden gestreckt ist; Gott als willkommenstes Geschenk den aufrichtigen Glauben anzubieten, die unversehrte Kraft des Geistes, den erhabenen Ruhm der Hingabe; an seiner Seite zu gehen, wenn er zu kommen beginnt, um die Strafe von den Widersachern abzuverlangen; an seiner Seite zu stehen, wenn er sich setzt, um Gericht zu halten; Miterbe Christi zu werden, den Engeln gleichgestellt zu werden, sich mit den Patriarchen, Aposteln und Propheten über den Besitz des himmlischen Reiches zu freuen. Welche Verfolgung kann diese Gedanken besiegen, welche Foltern können sie überwinden? Der tapfere und feste Geist, gegründet auf gottesfürchtiges Denken, bleibt standhaft und gegen alle Schrecknisse des Teufels und Drohungen der Welt bleibt das Herz unerschüttert, das der sichere und feste Glaube an das Künftige stärkt. Bei den Verfolgungen ist die Welt verschlossen, der Himmel aber steht offen; es droht der Antichrist, Christus aber schützt; man erleidet den Tod, aber es folgt die Unsterblichkeit; dem Getöteten wird die Welt entrissen, aber dem Auferweckten wird das Paradies gewährt; das zeitliche Leben wird ausgelöscht, aber das ewige wird wiederhergestellt. Wie groß ist die Ehre und wie groß die Sicherheit, fröhlich von hier wegzugehen, ruhmreich wegzugehen inmitten von Bedrängnissen und Nöten, in einem Moment die Augen zu schließen, mit denen Menschen und Welt gesehen wurden, und sofort dieselben zu öffnen, um Gott und Christus zu sehen. Wie groß ist die Schnelligkeit einer solch gesegneten Reise! Du wirst plötzlich von der Welt weggenommen, damit du in die himmlischen Reiche wieder zurückgebracht wirst. Darauf müssen wir unseren Geist und unser Denken richten, darüber müssen wir Tag und Nacht nachsinnen. Wenn die Verfolgung auf einen solchen Soldaten Gottes trifft, wird die zum Kampf bereite Tapferkeit nicht besiegt werden können. Oder wenn der Ruf schon vorher kommt, wird der Glaube, der zum Martyrium gerüstet war, nicht ohne Belohnung bleiben: ohne Zeitverlust wird ihm der Lohn durch das
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Gericht Gottes gewährt. In der Verfolgung wird die Kriegsführung gekrönt, im Frieden das (entschlossene) Gewissen.“58
Der Text liest sich wie ein Fazit zu Fort., in dem nochmals die zentralen Elemente der cyprianischen praeparatio ad martyrium zusammengetragen sind. Dominierend ist hierbei die kriegerisch-militärische Interpretation der Geschehnisse. Der Christ ist ein Soldat Gottes (Dei militem) und die Angriffe des Teufels und der Welt gegen ihn sind der Krieg, in dem er sich befindet und in dem er sich immer wieder aufs Neue bewähren muss, besonders in Zeiten der Verfolgung, in denen die Schlacht besonders heftig ausgetragen wird. So wie sich ein Heer dem feindlichen Ansturm nur dann widersetzen kann, wenn seine Schlachtordnung fest und unerschütterlich bleibt und sich nicht in panischer Flucht auflöst, so kann auch der Christ gegenüber allen Schrecknissen des Teufels und den Drohungen der Welt (aduersus omnes diaboli terrores et minas mundi)59 nur dann standhaft bleiben60, wenn der Geist tapfer und fest gegründet ist (Durat fortis et stabilis … mens) und das Herz unerschüttert bleibt (animus
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Quis ergo non omnibus uiribus elaboret ad claritatem tantam peruenire, ut amicus Dei fiat, ut cum Christo statim gaudeat, ut post tormenta et supplicia terrena praemia diuina percipiat? Si militibus saecularibus gloriosum est ut hoste deuicto redeant in patriam triumphantes, quanto potior et maior est gloria uicto diabolo ad paradisum triumphantem redire et unde Adam peccator eiectus est illuc prostrato eo qui ante deceperat tropea uictricia reportare, offerre Domino acceptissimum munus incorruptam fidem, uirtutem mentis incolumem laudem deuotionis inlustrem, comitari eum cum uenire coeperit uindictam de inimicis recepturus, lateri eius adsistere cum sederit iudicaturus, coheredem Christi fieri, angelis adaequari, cum patriarchis, cum apostolis, cum prophetis caelestis regni possessione laetari. Has cogitationes quae persecutio potest uincere, quae possunt tormenta superare? Durat fortis et stabilis religiosis meditationibus fundata mens et aduersus omnes diaboli terrores et minas mundi animus inmobilis perstat quem futurorum fides certa et solida corroborat. Cluduntur in persecutionibus terrae, sed patet caelum: minatur antichristus, sed Christus tuetur: mors infertur, sed inmortalitas sequitur: occiso mundus eripitur, sed restituto paradisus exhibetur: uita temporalis extinguitur, sed aeterna reparatur. Quanta est dignitas et quanta securitas exire hinc laetum, exire inter praessuras et angustias gloriosum, cludere in momento oculos, quibus homines uidebantur et mundus, et aperire eosdem statim, ut Deus uideatur et Christus. Tam feliciter migrandi quanta uelocitas. Terris repente subtraheris, ut in regnis caelestibus reponaris. Haec oportet mente et cogitatione conplecti, haec die ac nocte meditari. Si talem persecutio inuenerit Dei militem, uinci non poterit uirtus ad proelium prompta. Vel si arcessitio ante praeuenerit, sine praemio non erit fides quae erat ad martyrium praeparata: sine damno temporis merces iudice Deo redditur: in persecutione militia, in pace conscientia coronatur. Vgl. dazu Fort. 5 (7). Vgl. dazu Fort. 5 (8).
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inmobilis perstat)61. Eine solche Geisteshaltung ist aber nicht selbstverständlich, sondern bedarf eines Grundes. Für den Christen ist dies die Gewissheit, dass Gott ihn beschützt (Christus tuetur)62, und sein sicherer und fester Glaube an die künftige Belohnung (futurorum fides certa et solida corroborat)63. Ist ein Soldat Christi solchermaßen gerüstet, dann kann die zum Kampf bereite Tapferkeit nicht überwunden werden (uinci non poterit uirtus ad proelium prompta) und er wird den Sieg davontragen. So wie dies für einen irdischen Soldaten Ruhm bedeutet, wenn er mit seinen Standarten und Siegeszeichen in die Heimat zurückkehrt (militibus saecularibus gloriosum est ut hoste deuicto redeant in patriam), so gilt dies umso mehr für jeden Christen, der nach seinem Sieg über den Teufel (uicto diabolo) triumphierend in seine Heimat, d.h. ins Paradies zurückkehrt (ad paradisum triumphantem redire), aus dem Adam, der Sünder, vertrieben wurde (unde Adam peccator eiectus), und dorthin seine Siegeszeichen, nämlich seinen aufrichtigen Glauben, die unversehrte Kraft des Geistes und den erhabenen Ruhm der Hingabe (incorruptam fidem, uirtutem mentis incolumen, laudem deuotionis inlustrem) zurückträgt. Die Rückkehr ins Paradies ist freilich nicht der einzige göttliche Lohn nach all den irdischen Foltern und Qualen (post tormenta et supplicia terrena praemia diuina). Indem Cyprian das Bild wechselt, vom Soldaten und der Schlacht hin zum endzeitlichen Gericht, wird dem Gläubigen darüber hinaus verheißen, bei der Bestrafung der Widersacher an Christi Seite zu gehen (comitari eum … uindictam de inimicis recepturus), bei ihm zu sein, wenn er Gericht hält (lateri eius adsistere cum sederit iudicaturus), und Miterbe Christi zu werden (coheredem Christi fieri)64. Auf sehr raffinierte Art und Weise verknüpft der Text das Motiv der Rückkehr der Soldaten in ihre Heimat, d.h. die Rückkehr der Christen ins Paradies, mit einem ihm verwandten Bild: dem der Reise. Der Christ geht ehrenvoll, sicher, fröhlich und ruhmvoll weg aus diesen Bedrängnissen und Nöten (Quanta est dignitas et quanta securitas exire hinc laetum, exire inter pressuras et angistias gloriosum), um sofort (statim) Gott und Christus zu sehen (ut Deus uideatur et Christus)65. Aus der Welt wird man plötzlich weggenommen und im Himmel erhält man seinen Platz (Terris repente subtraheris, ut in regnis caelestibus reponaris). Eine solche Reise kann man nur gesegnet nennen (Tam feliciter migrandi) und wenn die Christen über all dies Tag und Nacht nachsinnen (haec die ac nocte meditari), dann gibt es keinen Grund, warum sie sich angesichts der gegenwärtigen Ereignisse zu fürchten brauchen, denn: „Welche Verfolgung kann diese Gedanken besie61 62 63 64 65
Vgl. dazu Fort. 5 (10f). Vgl. dazu Fort. 5 (10). Vgl. dazu Fort. 5 (11). Vgl. dazu Fort. 5 (12). Vgl. dazu Fort. 5 (6).
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gen, welche Foltern können sie überwinden“ (Has cogitationes quae persecutio potest uincere, quae possunt tormenta superare). Das Kapitel abschließend soll noch auf den bemerkenswerten Umstand hingewiesen werden, dass Cyprian innerhalb von Fort. die Idee der sündentilgenden Kraft des Martyriums mit keinem Wort erwähnt.66 Erklärungsbedürftig ist dies vor allem deshalb, weil sich diese Konzeption hervorragend für eine praeparatio ad martyrium eignen würde, liefert sie doch einen kaum zu überschätzenden Motivationsgrund für die Bereitschaft, das Martyrium auf sich zu nehmen, indem sie dem Gläubigen die Reinwaschung von sämtlichen postbaptismalen Sünden in Aussicht stellt67. Umso mehr muss Cyprians Verzicht auf diese Idee verwundern, wenn man bedenkt, dass sie biblisch fundiert ist (vgl. Offb 7,14) und zur damaligen Zeit weit verbreitet war, wie nicht zuletzt ein Blick auf Tertullian bestätigt68. Dass auch der Bischof von Karthago mit der Idee der sündentilgenden Kraft des Martyriums bestens vertraut war bezeugt er in ep. 19. Dort entgegnet er dem vehementen Drängen zahlreicher Lapsi, sofort wieder in die Gemeinschaft der Kirche aufgenommen zu werden, mit dem scharfzüngigen Hinweis, dass die Verfolgung noch immer andauere (Acies adhuc geritur et agon cotidie celebratur)69 und sich somit ein Jeder, der nicht (das Ende der Verfolgung und die sich anschließende Bußzeit) abwarten möchte, die Märtyrerkrone verdienen könne (qui differri non potest potest coronari). Unmissverständlich kommt hier Cyprians Ansicht zum Ausdruck, dass das ungeheuerliche Vergehen der Idolatrie durch das (eigene) Martyrium gesühnt werden könne. Ganz anders dagegen lautet das Urteil ca. drei Jahre später70 in einem Synodalschreiben der nordafrikanischen Bischöfe angesichts der drohenden Verfolgung durch Kaiser Gallus. Dort heißt es, „Niemand solle sagen: ‚Wer das Martyrium auf sich nimmt, wird in seinem eigenen Blut getauft und den Frieden vom Bischof hat der nicht nötig, der den Frieden seines Ruhmes haben und noch größeren Lohn von der Gnade des Herrn empfangen wird‘“71. Mit dem Argument der Synodalen, dass sich Niemand zum Martyrium eignen könne, den nicht zuvor die Kirche gewappnet habe (idoneus esse non potest ad martyrium qui ab ecclesia non 66 67 68 69 70 71
Zum Folgenden vgl. bes. die Ausführungen von Dünzl, Bekenner, 504-524. Belege dazu siehe: Ebd., 508. Tert., bapt., 16 (CChr.SL 1,290f). Diese Stelle und weitere Belege finden sich bei Dünzl, Bekenner, 508. Ep. 19,2,3. Zur Datierung von ep. 19 auf das Jahr 250 und ep. 57 auf das Jahr 253 vgl. Clarke, Chronology, 707f. Nec quisquam dicat: „qui martyrium tollit sanguine suo baptizatur, nec pax illi ab episcopo necessaria est habituro gloriae suae pacem et accepturo maiorem de domini dignatione mercedem” (ep. 57,4,1).
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armatur)72, wird die „Gültigkeit“ des Martyriums untrennbar mit der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Kirche verknüpft. Da es außerhalb der Kirche kein Heil gibt (quia salus extra ecclesiam non est)73, wie der Bischof von Karthago unmissverständlich im Kontext der Auseinandersetzung um die sog. Ketzertaufe betont, so nützt (nicht einmal) die (Blut)-Taufe dem Häretiker etwas, auch wenn er als Bekenner Christi außerhalb der Kirche den Tod erleidet (nec hoc baptisma haeretico prodest, si quamuis Christum confessus extra ecclesiam fuerit occisus)74. Erst vor dem Hintergrund der konkreten historischen Gegebenheiten wird Cyprians Meinungsumschwung in Bezug auf die Frage der sündentilgenden Kraft des Martyriums bzw. der Gültigkeit der Bluttaufe verständlich. In ep. 19 aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen ging es Cyprian mit seinem Hinweis, die Lapsi könnten ihr gewaltiges Vergehen der Idolatrie durch ihr Martyrium tilgen, um den Versuch, der ausufernden Praxis mancher Bekenner, massenhaft Friedensbriefe für die Gefallenen auszustellen, Einhalt zu gebieten. Darüber hinaus versuchte er damit dem Drängen vieler Lapsi, wieder in die Gemeinschaft der Kirche zurückkehren zu dürfen ohne zuvor geleistete Buße allein aufgrund dieser libelli pacis, entgegenzutreten. Zu dieser Zeit, als die Position des Bischofs aufgrund seiner Flucht und der starken Opposition gegen ihn innerhalb der karthagischen Gemeinde zu geschwächt war für weitreichendere Maßnahmen, war der Verweis auf die sündentilgende Macht des Martyriums zweifelsohne die schärfste Waffe gegen die aus seiner Sicht nicht zu tolerierenden Auswüchse. Drei Jahre später, zur Zeit des Synodalschreibens, war die Position Cyprians so gefestigt, dass er und die anwesenden Mitbischöfe die „neue“ Position mühelos durchsetzen konnten, die die Gültigkeit des Martyriums an die Zugehörigkeit zur Kirche band. Notwendig und geboten erschien dies, da man angesichts der drohenden Verfolgung durch Kaiser Gallus die eigenen Reihen wieder schließen wollte, die Kirche sollte „nach innen und nach außen ein Bild der Geschlossenheit abgeben; das Vetrauen auf die individuelle Rettung der Büßer durch die Bluttaufe kann da nur stören“75. Der Grund, warum Cyprian in Fort. darauf verzichtet, die Gläubigen mithilfe des Verweises auf die sündentilgende Kraft des Martyriums zum Bekenntnis ihres Glaubens und zum Durchhalten in der Verfolgung zu motivieren, liegt demnach in seinem episkopalekklesiologischen Konzept, das die Vollmacht zur Vergebung der Sünden an die Person des Bischofs bindet und die Zugehörigkeit zu der einen, wahren Kirche voraussetzt. Die Vorstellung, dass das Martyrium per se von allen Sünden rein72 73 74 75
Ep. 57,4,2. Ep. 73,21,2. Ep. 73,21,1. Dünzl, Bekenner, 510.
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wasche, unabhängig davon, ob es im Frieden mit dem Bischof und der Kirche geschieht, steht dem entgegen und kann von Cyprian demzufolge nicht für seine praeparatio ad martyrium fruchtbar gemacht werden.
Die Hoffnung und der Lohn der Märtyrer in den übrigen Schriften Cyprians In seinen letzten beiden Tituli von Fort. thematisiert Cyprian den jenseitigen Lohn, der den Gerechten und den Märtyrern für ihre Kämpfe und ihr Leiden winkt. Wie Fort., test. 12 belegt, ist für ihn jedoch die Rede von den göttlichen Verheißungen nicht zu trennen von der Strafen, die den Christenverfolgern in Aussicht gestellt sind76, und so gilt es an dieser Stelle einen Blick auf die cyprianische Eschatologie77 mit ihrer Rede vom jenseitigen Lohn und der künftigen Strafe zu werfen, wie sie der Bischof von Karthago in seinen Schriften entwirft. Der Tod bedeutet für Cyprian Übergang zu Gott. Den Tod fürchtet nur der, der nicht zu Christus gehen will (Eius est enim mortem timere qui ad Christum nolit ire)78, wer als Gerechter oder Märtyrer stibt, wird schnell zu Christus eilen (celeriter ad Christum glorioso itinere cursuri)79 und rasch von dieser Welt und ihren Schmerzen ins Himmelreich gelangen (cito a terris et poenis istis ad caelorum regna uenietis), denn den Märtyrern steht der Himmel offen (martyribus patent caeli)80. Die Ausführungen belegen – zumindest was die Märtyrer betrifft – dass Cyprian im Einklang mit der altkirchlichen Tradition für sie keinen Interimszustand (im Hades) und keinen zeitlichen Aufschub zwischen irdischem Tod und dem bei-Gott-Sein kennt81. Dies scheint er aber nicht nur für Märtyrer und Jungfrauen82 anzunehmen, sondern grundsätzlich für alle Christen, die im
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Vgl. dazu etwa Weish 5,1-9 und die Fort., test. 12 einleitenden Worte: „Ebenso wird dort unsere Rache beschrieben und unseren Verfolgern und Feinden Strafe in Aussicht gestellt“ (Item apud eundem uindicta nostra describitur et persequentium nos adque infestantium paenitentia praedicatur). Vgl. dazu besonders Fernández, escatologia, 93-168; Studer, Soteriologie, 427-456; Burns, eschatology, 59-73; Atzberger, Geschichte, 521-546; Hummel, concept, 129166; Noormann, Ad salutem, 258-290; Proksch, Christus, 133-135. Mort. 2. Ep. 76,2,3. Ep. 58,3,1. Vgl. dazu Stuiber, Refrigerium, 69; Fischer, Studien, 264-266; Hummel, concept, 124128; Noormann, Ad salutem, 262. Vgl. habit. 22-24.
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Frieden mit der Kirche sterben, d.h. für alle Gerechten gleichermaßen83. Für sie, deren irdisches Leben Verweilen in der Fremde bedeutet, ist der Tod die Rückkehr in die Heimat und ins Paradies, in dem eine große Zahl von Lieben den Christen erwartet (Patriam nos nostram paradisum conputamus … Magnus illic nos carorum numerus expectat)84. In einer gewissen Spannung dazu steht seine Verkündigung der Wiederkunft Christi am Tage des Gerichts (dies iudicii)85 bzw. des Zornes (dies irae)86. Dieser steht kurz bevor, wie die gegenwärtigen Katastrophen und Schicksalsschläge deutlich anzeigen87, denn nach dem Untergang dieser zeitlichen Welt werde das Volk Christi vor seinem Richterstuhl erscheinen (cum iudicii dies uenerit, cum post occasum saeculi huius et mundi ante tribunal Christi populus eius adstiterit)88. Dieses Gericht ist Christus vom Vater übertragen worden, wie Cyprian in Anlehnung an Joh lehrt (qui omne iudicium a patre solus accepit)89, und in Mt 10,32f ist Jedermann der Grundsatz dieses Gerichtes vorherverkündigt, nämlich dass der Herr vor seinem Vater den bekennen werde, der ihn bekenne, und den verleugnen werde, der ihn verleugne (confessurum se coram patre suo confitentes et
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So verspreche Gott grundsätzlich dem aus der Welt scheidenden Christgläubigen Unsterblichkeit und ewiges Leben (Deus de hoc mundo recedenti inmortalitatem adque aeternitatem pollicetur; mort. 6). Dies gelte auch für einen spät bekehrten Heiden, der erst unmittelbar vor seinem Tod und dem Ausgang seines zeitlichen Lebens Gott um Vergebung seiner Sünden bittet (Tu sub ipso licet exitu et uitae temporalis occasu pro delictis roges), da für ihn der Tod selbst der (sofortige) Übergang zur Unsterblichkeit ist (ad inmortalitatem sub ipsa morte transitur; Dem. 25) und nach Fort., test. 13 wird in Friedenszeiten das (entschlossene) Gewissen eines jeden Christen gekrönt (in pace conscientia coronatur), so wie überhaupt jeder, der sich einen reinen und unbesiegten Glauben bewahrt und all sein Habe zurücklässt, um Christus zu folgen, unter die Märtyrer gerechnet wird (vgl. Fort., test. 12). Da Cyprian an keiner Stelle in seinen Schriften einen Interimszustand für „einfache“, gerechte Christen erwähnt und da sowohl das (entschlossene) Gewissen als auch das Martyrium „gekrönt“ werden, die Märtyrer aber zweifelsohne sofort zur Seligkeit gelangen, liegt die Vermutung nahe, dies auch für die einfachen, gerechten Christen anzunehmen. Vgl. dazu auch Atzberger, Geschichte, 534f; Fischer, Studien, 181; 264-266; Hill, Regnum, 147-149; Daley, Eschatologie, 118; Noormann, Ad salutem, 262; Fernández, escatologia, 105-111. Vgl. Ep. 73,10,3.22,2; 76,2,3; Dem. 20; 26; mort.2; 21f; 26; op. 22; 26; zel. 18. Vgl. ep. 4,3,3; 55,15,1.20,3; 57,4,3.5,2; 59,8,1; 62,3,1; 65,1,2.2,1.5,2; 66,2,2.10,3; 72,2,3; 74,8,1; 75,5,3.23,2; 76,7,1; Dem. 5; 22; 24; orat. 23f; 32; laps. 9; 17; op. 9; 15; unit. 10; zel. 6. Vgl. pat. 24; unit. 26. Vgl. Dem. 5; 22. Laps. 17. Vgl. dazu Stuber, Soteriologie, 447-449. Ep. 58,3,2. Vgl. dazu auch laps. 17.
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negaturum negantes)90. Zusammen mit Christus werden dann die seligen Märtyrer, als Zeichen ihrer besonderen Wertschätzung, Gericht halten (iudicaturos uos et regnaturos cum Christo domino)91 und die Verdienste eines jeden Einzelnen untersuchen (singulorum merita recognoscere)92, um schließlich die Schuldigen in die Hölle zu schicken (mittere in gehennam nocentes), den Guten und Gerechten dagegen den Lohn ihrer Treue und Hingabe zu gewähren (mercedem fidei et deuotionis exsoluere)93. Dass sich die beiden Konzeptionen, einerseits der Tod als sofortiger Übergang in die Herrlichkeit Gottes nicht nur für die Märtyrer, sondern für alle Gerechten und andererseits ein göttliches Gericht am Ende der Tage mit Zuweisung von Lohn und Strafe, nicht ohne Weiteres miteinander in Einklang bringen lassen, sondern einer Harmonisierung bedürfen, scheint der Bischof von Karthago nicht empfunden zu haben und so kommt Noormann diesbezüglich wohl zu Recht zu dem Schluss, „offenbar können für ihn [Cyprian] beide Vorstellungen nebeneinander bestehen“94. Die Frage, ob Cyprian für Sünder einen postmortalen Reinigungszustand im Sinne eines Fegefeuers oder Purgatoriums zwischen dem individuellen Tod und der ewigen Herrlichkeit des Paradieses gelehrt hat, wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Entscheidend hierfür ist die Interpretation von ep. 55,20,3, der einzigen in Frage kommenden Quelle für eine solche Vorstellung bei Cyprian, wo es heißt, dass es etwas anderes sei, „für die Sünden durch langanhaltende Pein gemartert und für lange Zeit durch Feuer gründlich gereinigt zu werden, als alle seine Sünden durch sein Leiden gesühnt zu haben“ (aliud pro peccatis longo
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Ep. 58,3,2. Ep. 6,2,1; Vgl. dazu auch ep. 15,3,1; orat. 24. Ep. 58,10,1. In laps. 7 stellt Cyprian den ewigen Strafen für Christusverleugner (negantibus aeterna supplicia), die heilbringenden Belohnungen für Bekenner (salutaria confitentibus praemia) gegenüber und in mort. 15 werden die Gerechten zur Erfrischung gerufen (Ad refrigerium iusti uocantur), die Ungerechten zur Bestrafung hinweggerissen (ad supplicium rapiuntur iniusti). Zur Bedeutung von refrigerium bei Cyprian vgl. Stuiber, Refrigerium, 68-71. Noormann, Ad salutem, 264f. Die Lösung Atzbergers, Geschichte, 544f für diese Problematik, dass „schon vor dem Tage des Gerichts eine gewisse Vergeltung [erfolgt]“, was aber nicht ausschließe, „daß am Gerichtstag allgemein und definitiv vergolten wird“, kann kaum überzeugen, da nicht klar wird und sich aus dem Schrifttum Cyprians nicht erklären lässt, was genau der Unterschied zwischen einer „gewissen Vergeltung“ unmittelbar nach dem Tod des Einzelnen und einer „definitiven Vergeltung“ beim Gericht sein soll.
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dolore cruciatum emundari et purgari diu igne, aliud peccata omnia passione purgasse)95. Das Gericht Gottes ist gerecht (Iustum iudicium Dei)96, weil Gott es erst spät einberuft (quia serum est) und lange und weit hinausschiebt (quia diu et multum differtur), damit dem Menschen durch die lange Geduld Gottes zum Leben geholfen werde (homini ad uitam longa Dei patientia consulatur), indem Gott die von Menschenhand errichteten heidnischen Tempel und aus Erde geformten Bildnisse und gottlosen Opfer (instituta ab hominibus profana templa et terrena figmenta et sacra sacrilega) langmütig erträgt, in der Hoffnung, dass sich doch noch die lange dauernde Bosheit der Menschen ändere (multum malitia protracta aliquando mutetur) und sie sich, wenn auch spät, zu Gott bekehren (sero ad Deum conuertatur). Und so harren die Christen, die in diesen wogenden Stürmen der Welt (in istis fluctuantibus mundi turbinibus)97 den Verfolgungen seitens der Juden, der Heiden und der Häretiker ausgesetzt sind (Iudaeorum siue gentilium et haereticorum quoque persecutionibus constituti), auf den Tag der Rache (exspectamus ultionis diem). Während Gott bei seiner ersten Ankunft in Niedrigkeit verborgen war (in humilitate prius fuerit occultus)98, wird er dann als Richter und Rächer (iudicem et uindicem) zum Gericht offen in seiner Machtfülle erscheinen (ueniet in potestate manifestus). Bis zu diesem Zeitpunkt, d.h. entweder bis zum individuellen Tod eines jeden Einzelnen oder bis zum Tage des Gerichts, steht den Menschen die Möglichkeit der Umkehr offen. Wer jedoch bis zuletzt im Unglauben verharrt, den wird große Trauer befallen, da er hier auf Erden nicht glauben wollte (quae maestitia perfidorum noluisse istic prius credere)99 und jetzt nicht mehr zurück kann, um zu glauben (ut credant iam redire non posse). Darin liegt für Cyprian die große Tragweite und Verantwortung menschlichen Lebens, genauerhin, die Entscheidung für oder gegen den Glauben an Gott und Christus, dass dies ausschließlich zu Lebzeiten erfolgen kann, zugleich aber über ewiges Heil oder Verdammnis entscheidet. Stirbt der
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Autoren wie Hill, Regnum, 148f; Noormann, Ad salutem, 277 beziehen die Worte „auf die öffentliche Buße der in das Leben der Kirche wiederaufgenommenen lapsi“ (Daley, Eschatologie, 118) und nicht auf ein mögliches Purgatorium. Dass letzteres jedoch wahrscheinlicher ist, hat zuletzt Merkt, Fegefeuer, 40-51 in einer detailierten und ausgewogenen Untersuchung aufgezeigt. Vgl. dazu auch Jay, Saint Cyprien, 133-136; Atzberger, Geschichte, 536-538; Fischer, Studien, 267f; Stuiber, Refrigerium, 70f. Pat. 4. Pat. 21. Pat. 23. Dem. 24.
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Mensch als Ungläubiger extra ecclesiam100, weil er nicht auf die mahnenden und belehrenden Worte der hl. Schrift hören und sich durch sie zum Glauben an Gott bekehren wollte, so gibt es für ihn im Nachhinein keine Möglichkeit mehr, dies rückgängig zu machen und doch noch zur ewigen Herrlichkeit zu gelangen101. „Die immer lodernde Hölle und die gefräßige Pein mit ihren immerwährenden Flammen wird die ihr Überlassenen verbrennen und es gibt keine Aussicht, dass die Martern einmal aussetzen oder zu Ende kommen könnten. Aufbewahrt werden die Seelen zusammen mit ihren Körpern zur Qual durch ewige Foltern.“102 Innerhalb der cyprianischen Schriften stellt dies die ausführlichste Beschreibung des Loses der Verdammten dar. Ansonsten finden sich diesbezüglich lediglich knappe Hinweise auf die poena, supplicia und tormenta der Ungerechten, die sie in ewig loderndem Feuer o.ä. zu erdulden haben103. Wenn Cyprian auf eine Ausmalung der Strafen der Verdammten weitestgehend verzichten kann und sich statt dessen mit kurzen Verweisen darauf begnügt, so belegt dies deutlich, dass dieser Aspekt für ihn nicht von zentraler Bedeutung war. Überhaupt lässt sich feststellen, dass für den Bischof von Karthago die Rede von den Höllenstrafen niemals Selbstzweck ist104, sondern einem übergeordneten Ziel dient: die Menschen von allen erdenklichen Irrwegen abzuhalten bzw. sie davon zurückzurufen, um sie zum ewigen Heil zu führen. So klagt er in Dem. 9, dass sich niemand trotz gegenwärtiger göttlicher Hiebe und Schläge (Dei flagella nec uerbe100 In Dem. 22 stellt Cyprian allen „Fremdlingen“ (alienigenas), d.h. allen Menschen, die dem göttlichen Geschlecht fremd sind und unheilig, da sie nicht geistlich wiedergeboren und Söhne Gottes wurden (alienos a diuino genere et profanos, spiritaliter non renatos nec Dei filios factos), in Aussicht, dass sie angezündet und verbrannt würden (Succendi et cremari). Vgl. dazu auch mort. 14; 23; ep. 73,21,2. 101 Vgl. dazu etwa Cyprians Ausführungen in Dem. 24: „Ohne die Frucht der [irdischen] Buße wird dann der Schmerz ihrer Qual bestehen, bedeutungslos wird ihr Weinen, wirkungslos ihr Flehen sein“ (Erit tunc sine fructu paenitentiae dolor poenae, inanis ploratio et inefficax deprecatio). 102 Cremabit addictos ardens semper gehenna et uiuacibus flammis uorax poena, nec erit unde habere tormenta uel requiem possint aliquando uel finem. Seruantur cum corporibus suis animae infinitis cruciatibus ad dolorem (Dem. 24). Vgl. dazu auch Dem. 9. 103 Vgl. dazu etwa mort. 14; unit. 26; ep. 58,10; 59,13,6; erschöpfend behandelt ist dies bei Fernández, escatología, 151-163. Desweiteren siehe Atzberger, Geschichte, 538-540; Capmany, Miles Christi, 298-301; Noormann, Ad salutem, 267f. 104 Bezeichnend dafür ist, dass die Vorstellung, die Geretteten würden sich am Anblick der Leiden der Verdammten ergötzen, für Cyprian keine nenneswerte Rolle spielt. Diese Idee, die er biblisch in Jes 66,24 und Weish 5,1-9 begründet sieht, findet neben Fort., test. 12 lediglich in Dem. 24 Anklang, wobei „nicht die zukünftige Schadenfreude der Christen, sondern die dringende Einladung der Adressaten der Schrift zur Umkehr“ (Noormann, Ad salutem, 268) im Mittelpunkt steht.
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ra) und angesichts der Drohung künftiger ewiger Strafen (poena perpetua) dazu ermahnen lässt, sich um die Zukunft zu sorgen, obwohl doch all das eintrifft, was von Gott vorhergesagt ist, und sich damit als zuverlässig erwiesen hat (Fiunt ecce quae uerbis Dei ante praedicta sunt, nec quisquam fide praesentium ut in futurum consulat admonetur); und die Schilderung der ewigen Strafen in Dem. 24 ist umrahmt von einem ausführlichen und eindringlichen Aufruf zur Umkehr und zur Christusnachfolge105. In ep. 58 setzt Cyprian die Rede von der immerwährenden Pein (mittere in gehennam … flammae poenalis perpetuo ardore damnare; inextinguibili igne torqueri)106 im Zuge seiner praeparatio ad martyrium dazu ein, um einerseits anhand des Schicksals „unserer Widersacher und Verfolger“ (nocentes et persecutores nostros)107 den Christen Mut zum Durchhalten zu machen, indem er ihnen in Aussicht stellt, dass die Leiden und die Unterdrückung, die sie auf Erden erfahren müssen, nicht folgenlos bleiben, sondern im Jenseits gerächt würden; andererseits dienen ihm die drohenden Worte als Mahnung an die Christen selbst, stellen sie doch das vor Augen, was jedem Götzendiener droht, der Gott verlässt und gegen Gott kämpfend den Willen des Teufels tut (dei desertores aut deum rebelles uoluntatem fecerunt diaboli). In unit. schließlich mündet die Androhung der Strafen, die über die Ungläubigen kommen werden108, in den Aufruf, den Schlaf der alten Trägheit abzuschütteln und wachsam die Vorschriften des Herrn zu beachten und auszuführen (somno inertiae ueteris abrupto ad obseruanda et gerenda Domini praecepta uigilemus)109. Es sind indes nicht die Strafen, sondern der ewige Lohn110, der einem Jedem winkt, der Christus bis zum Ende treu geblieben ist, der für die Paränese und die Martyriumsvorbereitung des Bischofs von Karthago von zentraler Bedeutung ist111. Nicht nur versucht Cyprian weit häufiger mit dem Lohngedanken als mit der Androhung von (Höllen-) Strafen seine Adressaten zu entsprechendem Handeln zu motivieren, er verfügt darüber hinaus auch über ein weitaus größeres Repertoire an Bildern und Motiven, um dies zu illustrieren. In einer offenen, alle Güter und Gaben Gottes umfassenden Bedeutung spricht Cyprian vom Heil (sa105 106 107 108 109 110
Vgl. Dem. 23-26. Ep. 58,10,1f. Ep. 58,10,1. Vgl. unit. 26. Unit. 27. Zum Folgenden vgl. Fernández, escatología, 131-151; Atzberger, Geschichte, 522-534; d’Alès, théologie, 32-36; Hummel, concept, 132-143; Capmany, Miles Christi, 290-298; Studer, Soteriologie, 435-440; Noormann, Ad salutem, 268-273. 111 Vgl. dazu Campenhausen, Idee, 131; Hummel, concept, 47f; Studer, Soteriologie, 448; Noormann, Ad salutem, 268.
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lus)112, das es zu erlangen gilt. So ist Christus der Lehrer des Heiles (salutis magister)113, seine Gebote sind heilsame Vorschriften und Mahnungen (praecepta eius et monita salutaria)114; wer vorschnell den Lapsi kirchlichen Frieden gewährt, vernichtet deren Heil (prostrata salute)115, anstatt es wiederherzustellen (restitundae salutis); das ganze christliche Leben ist überhaupt ein Heilsweg (salutaris uia)116 und außerhalb der Kirche gibt es kein Heil (salus extra ecclesiam non est)117. Ist der Christ zum Heil zugelassen, so geht er nach seinem Tod ein in das Himmelreich (regnum caelorum; regnum caeleste) bzw. das Gottesreich (regnum Dei) oder einfach nur in das Reich (regnum) bzw. er kehrt, wie bereits gesehen, in seine Heimat, das Paradies, zurück. Heilsnotwendig ist die Kirche, weil sie die Kinder, die sie hervorgebracht hat, dem Reiche (Christi) zuteilt (haec filios regno quos generauit adsignat)118. Wer Almosen gegeben hat, hat Christus zu einem Teilhaber seines Besitzes gemacht (possessionum terrestrium Christum participem), so dass er jetzt Miterbe seines himmlischen Reiches ist (regnorum caelestium coheredem)119 und den ewigen Lohn des himmlischen Reiches empfängt (perpetuum praemium regni caelestis accipitur)120. Selbst den Widersachern und Feinden seines Namens erlässt Gott nicht nur ihre Schuld (non solum ad indulgentiam criminis), sondern gewährt ihnen sogar den Lohn des himmlischen Reiches (sed praemium regni caelestis admittit), wenn sie Buße tun für ihr Vergehen (si paenitentiam delicti agant)121. Im Himmelreich gibt es keine Nacht, nur noch Tag (habituri in regno sine interuentu noctis solum diem)122. Man freut sich zusammen mit Christus (cum illo in aeternis sedibus adque in regnis caelestibus gaudeamus)123, so dass es keinen Grund zu trauern und zu klagen gibt. Die Diener Gottes kümmern sich nicht um die Drangsale des Lebens, da das Paradies sie einlädt und die ganze Gnade und Fülle des himmlischen Reiches auf sie wartet (quid ad Dei seruos quos paradisus inuitat, quos
112 Zum Gebrauch von „Heil“ (salus) bei Cyprian, vor allem aber zu seinem paganrömischen Hintergrund vgl. Andresen, Erlösung, 54-219; Studer, Soteriologie, 436-440; Proksch, Christus, 117-120. 113 Mort. 7. 114 Laps. 21. 115 Ep. 16,2,1. 116 Unit. 2. 117 Ep. 73,21,2. 118 Unit. 6. 119 Op. 13. 120 Op. 21. 121 Pat. 8. 122 Orat. 36. 123 Mort. 22.
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gratia omnis et copia regnis caelestis exspectat)124. So schreiten die zu Bergwerksarbeit inhaftierten Bekenner auf den Spuren und Wegen Christi zu den ewigen Reichen (per uestigia et uias suas ad regna aeterna gradientium)125 und auch die Jungfräulichkeit ist bestimmt für das Reich Gottes (regno Dei uirginitas destinatur)126. Daneben verwendet Cyprian häufig die Wendung „zu Christus bzw. zu Gott gehen / kommen“ (ad Christum / Deum ire / uenire), um den Gläubigen vor Augen zu führen, dass der Tod nicht das Ende bedeutet, sondern lediglich ein Übergang (Non est exitus iste sed transitus)127 ist. Konzentriert findet sich der Gedanke in mort., da Cyprian hier versucht im Angesicht der wütenden Seuche den Seinigen die Angst vor dem drohenden Tod zu nehmen. Den Tod zu fürchten bedeutet deshalb, nicht zu Christus gehen zu wollen (Eius est enim mortem timere qui ad Christum nolit ire)128, die Gläubigen sollen sich statt dessen wünschen, rasch zu Christus zu kommen (cito ad Christum uenire)129, zum Herrn, wenn er ruft (ad Dominum ipso uocante ueniamus)130. Wer stirbt, wird zu Christus gerufen (ad Christum uoceris)131, durch einen schnellen Tod eilt man zu Christus (ad Christum subueniente uelocius morte properare)132 und der Geist geleitet uns zu Gottvater (spiritus nos perducat ad Deum patrem)133. Ist der Christ durch den Tod hindurch zu Gott gelangt, so kann und darf er Gott schauen (Deum uidere), was gleichbedeutend ist mit immerwährender Freude, denn, wie Cyprian in Anlehung an Joh 16,20.22 betont, es könne keine Freude geben, außer man schaue Christus (nec possit esse gaudium nostrum nisi quis uiderit Christum)134, denn Christus sehen, bedeute sich freuen (Cum ergo Christum uidere gaudere sit). Durch gute Werke und sittliches Verhalten hat der Christ es sich verdient135 (Deum et operibus et moribus promereris), zur Schau 124 125 126 127 128 129 130 131 132 133 134 135
Dem. 20. Ep. 76,7,1. Habit. 5 (CSEL 3,1,190). Mort. 22. Mort. 2. Mort. 26. Mort. 24. Vgl. dazu auch pat. 20, wo es heißt, dass die Christen, die sich in Geduld üben, zusammen mit Christus zu Gott kommen (uenire cum Christo ad Deum). Mort. 3. Mort. 5. Mort. 8. Mort. 5. Zum Verdienstgedanken (mereri; promerere; meritum o.ä.) bei Cyprian vgl. Bakhuizen van den Brink, Mereo(r), 333-340; Atzberger, Geschichte, 527-529; Beck, Recht, 118123; Proksch, Christus, 115f; Noormann, Ad salutem, 273-290, der völlig zu Recht zu dem Ergebnis kommt, dass man in Bezug auf Cyprian nicht von einer „ausgeprägten
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Gottes zugelassen zu werden (ut peruenire ad uidendum Deum possis)136, er kann nur dann Gott schauen, wenn er zu Lebzeiten Gott, der ihn sieht, erfreut hat (peruenire nos tunc demum posse, ut eum uidere contingat, si ipsum nunc uidentem delectemus)137; so haben sich die Augen der inhaftierten Bekenner durch ihre Verachtung der Welt für würdig erwiesen, Gott zu schauen (oculis uestris qui despecto saeculo conspiciendo deo digni extiterunt)138. So hoch schätzt Cyprian diese Gunst, dass er den sich auf eine Verfolgung vorbereitenden Thibaritanern freudig zurufen kann: „Wie groß wird der Ruhm und die Freude sein, wenn du zugelassen wirst, Gott zu schauen“ (Quae erit gloria et quanta laetitia admitti ut deum uideas)139. Ein anderes Bild, um die innige Nähe zu Gott und Christus auszudrücken, ist für Cyprian die Rede von der Umarmung (conplexum) und dem Kuss (osculum) Gottes, der zumindest den Märtyrern winke. So sollen die inhaftierten Bekenner Tag und Nacht an das denken, was sie künftig erwarte, nämlich an den Lohn des ewigen Reiches, die Umarmung und den Kuss des Herrn und die Schau Gottes (futura tantummodo cogitemus, fructum regni aeterni, conplexum et osculum domini, conspectum dei)140, und wer in Kerkerhaft bereits verstorben ist, den beglückwünscht der Bischof, dass er bereits zur Umarmung und zum Kuss des Herrn gelangt sei (ad conplexum et osculum domini … uenerunt)141. Nähe und innige, freundschaftliche Gemeinschaft mit Gott will Cyprian ausdrücken, wenn er vom himmlischen Gastmahl (caeleste conuiuium) spricht, das die Gläubigen erwarte. Wer zu Lebzeiten Speis und Trank spendet (Demus cibum et potum saecularem), der wird dafür zusammen mit den Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob am himmlischen Gastmahl teilnehmen (cum Abraham et Isaac et Iacob ad conuiuium caeleste uenturi)142, denn Jeder, der für treu, gerecht und lobenswert befunden wird, wird ihrem Gastmahl zugesellt (ad quorum conuiuium congregatur quisque fidelis et iustus et laudabilis inuenitur)143. Den gemeinschaftlichen Charakter der ewigen Seligkeit betont der Bischof von Karthago darüber hinaus, indem er den Verstorbenen ein Wiedersehen mit
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Verdiensttheologie“ sprechen kann, da es sich hierbei „weniger um ein exaktes, berechenbares Verhältnis zwischen Leistung und Lohn als vielmehr um die Vorstellung [handelt], dass jemand etwas verdientermaßen, billigerweise erlangt“ (ebd., 282). Op. 14. Zel. 18. Ep. 6,1,1. Ep. 58,10,1. Ep. 6,4. Ep. 37,3,1. Op. 24. Mort. 17.
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Geliebten und Gleichgesinnten in Aussicht stellt. So werde man dereinst Abraham, Isaak, Jakob und alle Patriarchen, Propheten, Apostel und Märtyrer begrüßen und sich zusammen mit den Gerechten und den Freunden Gottes im Himmelreich an dem Genuss der Unsterblichkeit erfreuen144. Man müsse eilig danach streben, die eigentliche Heimat, das Paradies zu erreichen (properamus et currimus, ut patriam nostram uidere), denn dort erwarte einen bereits eine große Anzahl von Lieben, Eltern, Geschwistern und Kindern sehnsüchtig (Magnus illic nos carorum numerus expectat, parentum, fratrum, filiorum frequens nos et copiosa turba desiderat)145 und auch der glorreiche Chor der Apostel sei dort zu finden (Illic apostolorum gloriosus chorus), die Schar der jubelnden Propheten (illic prophetarum exultantium numerus), das zahllose Volk der Märtyrer (illic martyrum innumerabilis populus), die triumphierenden Jungfrauen (triumphantes uirgines) und schließlich die belohnten Barmherzigen (remunerati misericordes). Weil der Tod von den Stürmen und Wogen der Welt (procellas et turbines mundi)146 und den so zahlreichen täglichen Verfolgungen und Gefahren für Leib und Seele (Tot persecutiones animus cotidie patitur, tot periculis pectus urgetur)147 befreit, deswegen bedeutet für den Gläubigen das jenseitige Leben wahren Frieden, zuverlässige Ruhe, beständige, feste und ewige Sicherheit (Illa est enim nostra pax, illa fida tranquillitas, illa stabilis et firma et perpetua securitas)148, da er den Hafen seiner ewigen Wohnstätte und der ewigen Sicherheit erreicht hat (sedis et securitatis aeternae portum petimus)149, so wie Jemand, der wohltätig war, eben für seine ewige Sicherheit und sein ewiges Heil gesorgt hat (Securitati ac saluti aeternae dum tempus est consulamus)150. Dem Christen, der sich zu Lebzeiten als Soldat Christi bzw. Gottes (miles Christi / Dei) erwiesen hat und tapfer und standhaft tagtäglich die Gebote Gottes befolgt und gegen den Teufel angekämpft (pugna aduersus diabolum cotidie geritur)151 und sich seiner Wurfgeschosse und Pfeile (iacula eius et tela) erwehrt 144 ... Abraham et Isaac et Iacob et patriarchas omnes et prophetas et apostolos et martyras salutare, cum iustis et dei amicis in regno caelorum datae inmortalitatis uoluptate gaudere (Ep. 58,10,1). 145 Mort. 26. 146 Mort. 2. 147 Mort. 5. 148 Mort. 3. 149 Fischer, Studien, 265f verweist auf „formell verwandte Trostmotive“ bei Cicero und Seneca, die ebenso von tranquillitas, pax und securitas sprechen und auf den in der Antike weit verbreiteten Topos „vom Hafen im Jenseits“. 150 Op. 24. 151 Mort. 4.
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hat, wird jetzt als Lohn dafür die (Sieges-) Palme (palma)152 überreicht. Weit häufiger spricht Cyprian jedoch davon, dass der Soldat Christi vom Herrn gekrönt wird (coronatur), er erlangt die Krone des Bekenntnisses (corona confessionis), die Krone Gottes bzw. des Herrn (corona Dei / domini), die Sieges- oder Leidenskrone (corona uictoriae / passionis), die Krone des ewigen Lebens (corona uitae aeternae)153. Da es aber nicht nur eine einzige Krone gibt, die allein in Zeiten der Verfolgung vergeben wird (Non enim christiani hominis corona una est quae tempore persecutionis accipitur)154, bietet auch die Friedenszeit zahlreiche Möglichkeiten, diese Auszeichnung zu erlangen (Habet et pax coronas suas), denn seine Leidenschaften bezwungen zu haben, bedeutet die (Sieges)Palme der Enthaltsamkeit (Libidinem subegisse continentiae palma est) und gegen Zorn und Ungerechtigkeit angekämpft zu haben, bedeutet die Krone der Geduld (Contra iram, contra iniuriam repugnasse corona patientiae est). Diese (Sieges-) Palmen und Kronen der Gerechtigkeit können die Christen jederzeit erlangen (ad has iustitiae palmas et coronas sine intermissione temporis peruenimus). Es sind indes für Cyprian nicht alle Kronen gleichbedeutend, d.h., der in Aussicht gestellte Lohn wird nicht für Alle derselbe sein, sondern es gibt Abstufungen entsprechend den vorausgegangenen Taten155. So deutet Cyprian in Anlehnung an Mt 13,8 par, indem er sich an die Jungfrauen von Karthago richtet, den 100-fachen Ertrag auf die Märtyrer, den 60-fachen auf die Jungfrauen und den 30-fachen auf die Gerechten hin (per hunc uiae limitem martyres pergunt, eunt uirgines, iusti quique gradiuntur … primus cum centeno martyrum fructus est, secundus sexagenarius uester est)156. Unter Bezugnahme auf Joh 14,2 stellt er ihnen das Zeugnis aus, dass sie angesichts der vielen Wohnungen, die es beim Vater gebe (sed cum habitationes multas aput patrem)157, die besseren davon anstreben (habitacula ista meliora petitis). In Friedenszeiten wird den Siegrei152 Vgl. Ep. 10,4,3; 39,3,1; 76,51; pat. 7; op. 26; zel. 15f. 153 Belege dafür finden sich bei Atzberger, Geschichte, 527f. Wenn man sich folgendes vor Augen führt: „Las coronas eran las condecoraciones clásicas en el Imperio Romano y se daban lo mismo por méritos cívicos como militares“ (Capmany-Casmitjana, Miles Christi, 293), dann kann es nicht verwundern, dass das Motiv der „Siegeskrone“ bei Cyprian, dessen Paränese stark von militärischem und den Wettkampf entlehntem Sprachgebrauch durchzogen ist (vgl. dazu etwa Noormann, Ad salutem, 184-216), eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Vgl. dazu Baus, Kranz, 144-230; CapmanyCasmitjana, Miles Christi, 244-251; 290-295; Noormann, Ad salutem, 271f. 154 Zel. 16. 155 Zum Folgenden vgl. bes. Atzberger, Geschichte, 528f; Hummel, concept, 132-143; Noormann, Ad salutem, 273-282. 156 Habit. 21 (CSEL 3,1,202). Vgl. dazu Beatrice, Il sermone, 215-243; Noormann, Ad salutem, 274f. 157 Habit. 23 (CSEL 3,1,204).
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chen für ihre guten Werke die weiße Krone überreicht (in pace uincentibus coronam candidam pro operibus dabit)158, in der Verfolgung jedoch die purpurne für die Leiden (in persecutione purpuream pro passione)159. Zwar genügt allein das Bekenntis zu Christus, um sich die Krone zu verdienen (Ad coronam de eo promerendam sufficit ipsius testimonium solum)160, und so braucht niemand ein vorzeitiges Abklingen der Verfolgungsmaßnahmen zu fürchten, weil ihm dann die Möglichkeit zum blutigen Martyrium genommen werde und er deshalb (vor Gott) geringer geschätzt werde als ein verstorbener Märtyrer (Nec contristetur aliquis ex uobis quasi illis minor qui ante uos tormenta perpessi … ad dominum glorioso itinere uenerunt). Zugleich gilt aber auch, dass nur ein einziges Mal siegt, wer sofort den Tod erleidet (Semel uincit qui statim patitur)161. Wer dagegen lange Zeit in Kerkerhaft schmachtet und Schmerzen erduldet, ohne ihnen zu unterliegen, der wird tagtäglich gekrönt (cotidie coronatur) und mit jedem Tag wächst sein Ruhm und mit jedem Monat sein Verdienst (Tot uestrae laudes quot dies, quot mensium curricula tot incrementa meritorum), so dass er durch das Hinauszögern des Leidens zu (noch) höheren Würden aufsteigt und seinen Ruhm noch weiter vermehrt (ad fastigia celsiora mora ipsa passionis ascenditis … glorias uestras … augetis). Für jeden Tag in Schmerzen wird der Bekenner umso reicheren Lohn bei seiner himmlischen Vergeltung empfangen (habitura tot mercedes in caelestibus praemiis quot nunc dies numerat in poenis)162 und eine ihren Glauben bekennende Jungfrau, die in Haft verstirbt, erhält zu ihrer 60-fachen Frucht noch die 100-fache des Martyriums dazu (ad sexagenarium fructum centenus accessit)163, so dass ihr ein doppelter Ruhm zuteil wird (gloria gemina prouexit)164. Darüber hinaus verfügt Cyprian über eine Vielzahl weiterer Bilder und Vorstellungen, um den Christen die Größe und Erhabenheit dessen vor Augen zu führen, was sie einst erwarten wird und wofür es zu kämpfen und zu leiden sich 158 159 160 161 162 163 164
Op. 26. Vgl. dazu auch ep. 10,5,2. Ep. 10,5,1. Ep. 37,1,3. Ep. 76,1,2. Ep. 76,6. Dass Cyprian bezüglich der Krone des Martyriums Abstufungen hinsichtlich des zu erwartenden Lohnes macht, war sicherlich pastoral motiviert, denn die „Belohnung aller Christen mit der Teilhabe am Reich Gottes reicht offenbar als Motivierung zu besonders schwierigen, entsagungsvollen Leistungen oder als Trost für außergewöhnlich schweres Leiden nicht aus“ (Noormann, Ad salutem, 274); Hummel, concept, 136 formuliert dazu: „As a wise and zealous pastor of souls Cyprian knew only to well that it requires more than a general reference to the reward of martyrdom to inspire men to a steadfast and courageous endurance of suffering that was frequently long and protracted“.
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lohnt. So werden z.B. die Gläubigen verwandelt und umgeformt nach der Gestalt Christi und der Herrlichkeit der himmlischen Gnade (mutari et reformari ad Christi speciem et ad caelestis gratiae dignitatem)165; sie werden nach Lk 20,35 den Engeln gleich sein (aequales enim sunt angelis Dei)166 und zusammen mit Christus ewig Sieger sein und herrschen (cum quo et uicturi et regnaturi semper sumus)167 und mit ihm sich in den ewigen Wohnstätten freuen (cum illo in aeternis sedibus … gaudeamus)168, um die Unsterblichkeit169 und ewige Herrlichkeit170 zu genießen. Den Christen ist verheißen, nach ihrem Tod so unbeschreiblich Großes zu empfangen, was noch kein Auge gesehen, kein Ohr vernommen und in kein Menschenherz gedrungen ist (quod nec oculus uidit nec auris audiuit nec in cor hominis ascendit)171 und so fällt es Cyprian nicht schwer, angesichts dessen zu erklären, die irdischen Leiden seien gering verglichen mit dem, was kommen werde, und der Tod sei nicht als Bedrohung und Verlust anzusehen, sondern ganz im Gegenteil, als Übergang zum Besseren hin172 (ad meliora festinet)173. Auf das Irdische folgt das Himmlische, Großes dem Kleinen, das Ewige dem Vergänglichen (terrenis caelestia et magna paruis et caducis aeterna succedunt)174. Wer all sein Hab und Gut um Christi willen aufgibt, der empfängt bereits zu Lebzeiten das Siebenfache, in der künftigen Welt aber das ewige Leben (recipiat septies tantum in isto tempore, in saeculo autem uenturo uitam aeternam)175 und wer um Christi willen verfolgt wird, soll sich freuen und jubeln, denn sein Lohn wird groß sein im Himmel (Ecce enim merces uestra multa in caelis)176. Die gegenwärtigen Katastrophen sind für den kein Schmerz, der Vertrauen auf die künftigen Güter hat (fiducia est futurorum bonorum)177, und die Übel und Widrigkeiten der Welt können denen nichts anhaben, die das Paradies einlädt und die die künftigen Güter und Freuden (bona et prospera futura) und die ganze Gnade und Fülle des Himmelreiches erwarten (quos paradisus inuitat, 165 166 167 168 169 170 171 172 173 174 175 176 177
Mort. 22. Siehe auch ep. 76,2,4. Zugrunde liegend ist Phil 3,20f. Habit. 22 (CSEL 3,1,203). Mort. 21. Vgl. auch mort. 2. Mort. 22. Vgl. auch ep. 76,7,2. Vgl. dazu etwa ep. 6,2,1; 58,10,1; Dem. 16; 19; 25f; Don. 14; mort. 3; 6; 8; 22; 24; op. 22; 26. Vgl. dazu etwa ep. 6,1,2.2,1; 76,7,2; Dem. 26; mort. 22; unit. 27. Ep. 58,10,1 (1Kor 2,9). Vgl. dazu Atzberger, Geschichte, 533f; Normann, Ad salutem, 270f. Mort. 22. Mort. 2. Laps. 12 (Lk 18,30). Ebd. (Lk 6,23). Dem. 18.
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quos gratia omnis et copia regni caelestis exspectat)178. Wer den ewigen Lohn, nämlich Unsterblichkeit (inmortalitas), ewiges Leben (perpetua uita) und das Himmelreich (regnum) im Blick hat, für den ist ziemlich gering, was er hier auf Erden erdulden muss (minus est quod laboras)179, denn mit welch herrlicher und ewiger Ehre wird die irdische und kurze Pein belohnt (Saecularis haec et breuis poena quam clari et aeterni honoris mercede mutabitur)180; so kann der Bischof von Karthago im Zuge seiner praeparatio ad martyrium seinen Adressaten, um sie im Glauben und im Standhalten in der Verfolgung zu motivieren, freudig die Worte des Apostels Paulus zurufen: „Die Leiden dieser Zeit stehen in keinem Verhältnis zur kommenden Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden wird“181.
Fazit Die Testimonien, die Cyprian unter Fort., test. 12 auflistet, um die Größe der Hoffnung und des Lohnes zu belegen, der den Märtyrern und Gerechten verheißen ist, sind durchwegs als treffend zu charakterisieren. Als Vorlage des Titulus konnte Quir. 3,16 (De bono martyrii) bestimmt werden, der insgesamt sieben der zehn unter Fort. 5 (12) geführten Testimonien enthält. Die beiden Eigentexte und die ausschließlich an dieser Stelle zitierten Bibelstellen (Lk 9,24; Offb 20,4) verweisen auf die inhaltliche Eigenständigkeit des Titulus, die ihm trotz der ausgiebig benutzten Vorlage nicht abgesprochen werden kann. Ein eigenes Profil entwickelt der Titulus vor allem dort, wo Cyprian – gegen anderslautende Meinungen – die Erlaubtheit bzw. die u.U. Gebotenheit der Flucht, auch seiner eigenen während der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen, verteidigt und auch all denen die göttlichen Verheißungen zuspricht, die nicht das blutige Martyrium erlitten, sich aber ihren Glauben treu und unverletzt bewahrt haben. Unter dem letzten Titulus von Fort., in dem der Bischof von Karthago aufzeigen will, dass der künftige Lohn größer ist als das irdische Leiden, listet er lediglich ein einziges Testimonium, Röm 8,18, das dies exakt bestätigt. Als Zeugnis seiner Zuverlässigkeit stellt er dem Vers den paulinischen Visionsbericht aus 2Kor 12,2 voran, was belegt, welches Gewicht er dem Testimonium beimaß, das als Quintessenz dieser ganzen Thematik gelesen werden kann. So kann der Umstand, dass Cyprian am Ende von Fort. ausschließlich den künftigen Lohn, nicht jedoch die ewigen Strafen thematisiert, als Beleg dafür gewertet 178 179 180 181
Dem. 20. Habit. 21 (CSEL 3,1,202). Ep. 76,2,4. Non sunt condignae passiones huius temporis ad superuenturam claritatem quae reuelabitur in nobis (Röm 8,18, zitiert in ep. 6,2,1; 58,10,2; Fort., test. 13).
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werden, dass ersterer für ihn den motivatorischen Mittelpunkt einer jeden praeparatio ad martyrium bildet und nicht die abschreckende Drohung des Loses der Verdammten. In dem folgenden ausführlichen Eigentext, der den weitaus größten Teil des Titulus beansprucht, trägt Cyprian nochmals die zentralen Gedanken von Fort., abgesehen von den ersten beiden Themenblöcken, der Apologie und dem Kampf gegen Idolatrie, zusammen, so dass sich der Text als abschließendes Fazit der Schrift lesen lässt. Mit Blick auf den Lohngedanken, wie Cyprian ihn in seinen übrigen Schriften entfaltet, lässt sich festhalten, dass diesem die zentrale Rolle zukommt, nicht nur was die praeparatio ad martyrium betrifft, sondern grundsätzlich, wenn es darum geht, Christen zu entsprechendem Handeln zu bewegen. Die Rede von den (drohenden) ewigen Höllenstrafen gehört zwar zum selbstverständlichen und unverzichtbaren motivatorischen Repertoire des Bischofs von Karthago bei dem Versuch, die Bedeutung und die Tragweite menschlicher Entscheidungen zu illustrieren, sie ist aber niemals Sebstzweck, sondern stets funktional eingesetzt, sei es consolatorisch, sei es protreptisch, sei es abschreckend. Bis auf Dem. 24 finden sich diesbezüglich keine längeren Ausführungen, sondern lediglich kurze Wendungen, die über den biblischen Sprachgebrauch nicht hinausgehen. Die von Gott seinen Märtyrern und Gerechten verheißenen reichen künftigen Belohnungen dagegen malt Cyprian in zahlreichen Bildern und Motiven z.T. farbenprächtig aus. Ihnen ist im cyprianischen Œuvre weitaus mehr Raum gewidmet als dem Strafmotiv. Nicht Angst sollte das Tun und Handeln der Christen bestimmen, sondern die Freude auf den künftigen überreichen Lohn und die Gemeinschaft mit Gott und allen (gerechten) Verstorbenen. Eine Abstufung innerhalb des Märtyrerlohnes dient dem Bischof von Karthago dazu, den Durchhaltewillen solcher Christen, die für lange Zeit eingekerkert oder zu Bergwerksarbeit veruteilt waren, für die gesamte Dauer ihres Leidens zu stärken, denn ihnen winkt größerer Lohn für größeres Leiden; so bewahrheitet sich für ihn am Ende das Pauluswort aus Röm 8,18, dass irdisches Leiden, wie schlimm dies auch immer sein mag, in keinem Verhältnis steht zur künftigen ewigen Herrlichkeit, der die Christen auf ihrem kurzen und beschwerlichen Lebensweg entgegeneilen.
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Auswertung
Auswertung Die These dieser Arbeit, dass die Testimoniensammlung Fort., geschrieben höchstwahrscheinlich kurz vor der Hinrichtung Cyprians im Jahre 258, nicht primär bzw. einfach nur als eine weitere Testimoniensammlung neben den drei Büchern „Ad Quirinum“ zu verstehen ist, in denen der Bischof von Karthago mehr oder weniger unpersönlich lediglich biblisches Material zusammenträgt, sondern dass die Schrift als Summe und Quintessenz dessen zu lesen ist, was er während seines ca. zehnjährigen Episkopats zum Thema der praeparatio ad martyrium verfasst hat, konnte sich verifizieren lassen. Grundvoraussetzung dafür ist zunächst die Beobachtung, dass dieses Motiv im cyprianischen Œuvre keine Randerscheinung darstellt, sondern von tragender Bedeutung ist, was nicht verwundern kann, wenn man sich vor Augen führt, dass der Episkopat des karthagischen Bischofs kurz vor den decischen Verfolgungsmaßnahmen beginnt, in der valerianischen Verfolgung sein Ende findet und dazwischen im Jahre 253 eine dritte Krisenzeit durch Kaiser Gallus drohte. Entsprechend zahlreich sind die Dokumente unter den Schriften Cyprians, die sich mit dieser Thematik beschäftigen. Aus der Zeit des decischen Opferediktes sind dies zahlreiche Briefe, allen voran ep. 6; 10; 14, die zum einen die Freude des Bischofs angesichts des ungebrochenen Bekennermutes einiger Weniger spiegeln, die aber zum anderen auch schonungslos das Versagen und die Unzulänglichkeiten der großen Masse der Christen offenbaren, die allzu bereitwillig ihren Glauben verleugnen und am Götzenopfer partizipieren oder sich zumindest Libelli erkaufen, die dokumentieren sollen, dies getan zu haben. Diese Lapsi-Problematik behandelt Cyprian unmittelbar nach Ende der decischen Verfolgungsmaßnahmen in seiner Schrift laps., die für das Verständnis von Fort., so haben die Ausführungen gezeigt, von eminenter Bedeutung ist. Aus der Zeit der drohenden, aber in Karthago nie realisierten Verfolgung durch Kaiser Gallus ist im Hinblick auf die zugrunde liegende Thematik vor allem Brief 58 an die Gemeinde von Thibaris von überragender Bedeutung, da das Schriftstück eine wohldurchdachte und ausgearbeitete praeparatio ad martyrium darstellt1. Allein der Umstand, dass Cyprian in Fort. nicht weniger als 14 der in ep. 58 zitierten Testimonien listet, vermag dies zu verdeutlichen. Das Schreiben ist somit nach Quir. 3,16 die mit Abstand umfangreichste Materialquelle für Fort. Übertroffen wird dies lediglich noch von letzterem Text, indem Cyprian aus seiner zweiten großen Testimoniensammlung Quir. von den 22 unter dem Titulus „Über das Gut des Martyriums“ (De bono martyrii) geführten Bibelstellen insgesamt 17 in Fort. übernimmt. Aus der Zeit der valerianischen Christenverfol1
Vgl. dazu Strobel, Imperium, 159.
Auswertung
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gung ist an dieser Stelle besonders ep. 76 zu erwähnen. In dem Brief, der wohl in nächster zeitlicher Nähe zu Fort. entstanden ist, versucht Cyprian den zu Bergwerksarbeit verurteilten Christen Trost zu spenden und sie zum Durchhalten im Glauben zu stärken, in dem er ihnen eindringlich die Belohnungen und ewigen Freuden vor Augen führt, die ihnen dereinst winken, ein Thema, das Cyprian in seinen letzten beiden Tituli von Fort. behandelt und für das ihm neben ep. 76 vor allem die beiden bereits erwähnten Quellen ep. 58 und Quir. 3,16 als Materialsammlung dienten. Ziel dieser Arbeit ist, wie bereits dargelegt, der Aufweis, dass Fort. innerhalb des cyprianischen Werkes nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern als die Summe und Quintessenz dessen zu interpretieren ist, was der Bischof von Karthago während seines ca. 10-jährigen Episkopats zum Thema der praeparatio ad martyrium verfasst hat. Um dies zu untermauern ging es nicht nur darum, die Materialquellen von Fort. aufzuzeigen und zu untersuchen, d.h. zu belegen, welche Vorarbeiten Cyprian an welcher Stelle verarbeitet hat, sondern darüber hinaus zu dokumentieren, wie Fort. in den Erfahrungen und Schriften und damit auch im Leben und Denken Cyprians verankert und davon bedingt ist. Dabei hat sich gezeigt, dass es besonders die dramatischen Ereignisse im Gefolge des decischen Opferediktes waren, die ihre Spuren in Fort. hinterlassen haben und ohne die die Schrift nicht wirklich zu erklären und zu verstehen ist. So galt es gleich am Beginn der Untersuchung zu Fort. 5 (1) die Frage zu klären, was Cyprian wohl zu der Überzeugung gebracht haben mag, man müsse eine praeparatio ad martyrium – eine Schrift immerhin, die sich zum Ziel gesetzt hat, Märtyrer zu schaffen (quae martyras faciat)2 – mit dem Aufweis der Nichtigkeit der heidnischen Götter als von Menschenhand gefertigte Götzen(bilder) beginnen, ein Motiv, das traditionell in der Taufkatechese zu verorten ist. Ohne die fortgeschrittene Verweltlichung zumindest weiter Teile der karthagischen Gemeinde und deren Assimilierung an die heidnisch-pagane Umwelt, die während der langen, dem decischen Opferedikt vorausgeganenen Friedenszeit um sich gegriffen hatte, und die für uns vor allem in laps. und ep. 11 greifbar wird, lässt sich dies nicht überzeugend erklären. Speziell die schmerzhafte Erfahrung, dass die Christen freiwillig und in Massen zu den heidnischen Opferaltären strömten und dass etliche ihrer Presbyter im vollzogenen Götzendienst keinen Hinderungsgrund erkannten, mit diesen Lapsi sofort wieder die (christliche) Eucharistie zu feiern, ohne zuvor geleistete Buße, muss in Cyprian die Erkenntnis gereift haben lassen, dass die Unvereinbarkeit von paganem Polytheismus und christlichem Monotheismus vielen Christen nicht mehr präsent
2
Fort. 4.
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Auswertung
war und somit grundlegend neu eingeschärft werden müsse, um sie überhaupt auf das Martyrium vorbereiten zu können. Vorbereitet und ausformuliert findet sich bei Cyprian der apologetische „Beweisgang“, dass die heidnischen Götter machtlose Götzen sind, in der Schrift Dem., die eine Reaktion auf die Vorwürfe eines uns unbekannten Heiden namens Demetrianus darstellt, die Christen seien schuld an all den Übeln und Katastrophen der gegenwärtigen Zeit, weil sie die (heidnischen) Götter nicht verehrten. Seine retorsio, nicht den Christen, sondern den Heiden sei all dies zuzurechnen, da sie sich weigerten, den einen wahren Gott zu verehren, untermauert Cyprian auf zweifache Art und Weise: zum einen indem er die Prophezeiungen der hl. Schrift als sich erfüllende Gottesworte präsentiert und indem er die heidnischerseits nicht miteinander in Einklang zu bringenden Modelle – auf der einen Seite die naturalistische, pagan-philosophische Idee vom senectus mundi als Grund des Schwächer-Werdens und des Abnehmens alles Irdischen und andererseits die universale Vorstellung vom Zorn der Gottheit als Grund allen Übels – als die beiden Seiten des einen christlich-apokalyptischen Weltbildes interpretiert und so die Überlegenheit der christlichen Lehre aufzeigt. Den „Beweis“ schließlich, dass die heidnischen Götter hilflose Götzen sind und stattdessen der christliche Gott wirkmächtig und in der Geschichte aktiv handelnd ist, führt der karthagische Bischof, indem er den plötzlichen und unerwarteten Tod des Kaisers Decius in der Schlacht bei Abrittus gegen die Goten nach altrömischem Schema als exemplum religionis neglectae interpretiert und als Zeichen der göttlichen Schutzmacht zugunsten der Christen deutet. Als Materialsammlung seines apologetischen Titulus konnte Quir. 3,59 (Über die Götzen, die die Heiden für Götter halten)3 identifiziert werden, da alle vier unter Fort., test. 1 geführten Testimonien auch dort gelistet sind und ansonsten in den restlichen Schriften Cyprians keine weitere Verwendung finden. Auch die vier Tituli [Fort. 5 (2-5)], die sich an den apologetischen Einstieg von Fort. anschließen und dem Thema des christlichen Monolatriegebotes gewidmet sind, können ohne den Blick auf die decische Krise kaum überzeugend erklärt werden. Warum gewährt Cyprian dem Thema dermaßen breiten Raum, so dass ihm vier von 13 Tituli gewidmet sind? Warum verwendet er je einen eigenen Titulus, um zu betonen, dass Gott Götzendienern nicht leicht verzeiht [Fort. 5 (4)] und dass Gott befohlen habe, auch die zu töten, die zum Opfern geraten haben [Fort. 5 (5)]? Ersteres wird einsichtig, wenn man sich Cyprians Klage vor Augen führt, dass die Christen die entsprechenden göttlichen Gebote vergessen hätten und (deshalb) scharenweise freiwillig zum Götzendienst geströmt seien (vgl. laps. 5; 7-9) und dass, wie bereits erwähnt, zahlreiche Presbyter be3
De idolis quae gentiles deos putant.
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reit waren mit diesen Lapsi sofort eucharistische Gemeinschaft zu halten, ohne zuvor Buße zu fordern. Dies muss bei Cyprian die Erkenntnis gereift haben lassen, dass zahlreiche Christen Götzendienst als kein bzw. wenn überhaupt, dann nur als ein geringfügiges Vergehen gegen Gott betrachteten und deshalb eingehender Unterweisung bedurften. Was Fort. 5 (4) betrifft, so konnte laps. 19 zum einen als gewichtigste Materialvorlage des Titulus ausgemacht werden, da Cyprian drei der vier in Fort., test. 4 geführten Testimonien dort zitiert und darüber hinaus auch die exakte Reihenfolge von laps. 19 übernimmt; zum anderen bieten die Kapitel laps. 18-21 mit ihrer Kritik an der leichtfertigen und z.T. unkontrollierten Praxis mancher Bekenner, pauschal Friedensbriefe (libelli pacis) für Lapsi auszustellen und ihnen somit eine vollständige, der Autorität des Bischofs und der Kirche entzogene Sündenvergebung zuzusprechen, die historische Verortung von Fort. 5 (4). Den „Sitz im Leben“ des darauffolgenden und den Themenkomplex „Idolatriegebot“ abschließenden Titulus Fort. 5 (5) mit seiner These, dass Gott befohlen habe auch die zu töten, die zu opfern geraten haben, offenbart laps. 9 mit seinem darin geäußerten Vorwurf, dass das Kirchenvolk durch gegenseitige Ermunterung in den (geistlichen) Tod getrieben worden sei (hortamentis mutuis in exitium populus inpulsus est). Es sind aber gerade „Schwachstellen“, wie sie in Fort. 5 (2-5) auszumachen sind, die die Verankerung der Tituli in den decischen Verfolgungsmaßnahmen nur umso deutlicher erkennen lassen. Was Fort. 5 (5) betrifft, so ließ sich beobachten, dass eine Vielzahl der dort geführten Testimonien als ungeeignet qualifiziert werden musste, die These des Titulus (Und dass sich Gott so über Götzendienst ärgert, dass er angeordnet hat, auch die töten zu lassen, die empfohlen haben, den Götzen zu opfern und zu dienen)4 zu bestätigen5. Dennoch war Cyprian offenkundig der Überzeugung, der Titulus sei wichtig und notwendig für eine praeparatio ad martyrium. Ohne Verweis auf die dramatischen Geschehnisse aus der Anfangszeit seines Episkopats ist dies nicht nachzuvollziehen und einsichtig zu machen. Dies gilt ebenso für die Beobachtung, dass die Tituli Fort. 5 (2; 3; 5) nicht wirklich in Einklang zu bringen sind mit Fort. 5 (4), denn letzterer stellt als Reaktion auf die Auseinandersetzung um die Bußfrage im Falle von Götzendienst prinzipiell (göttliche) Verzeihung in Aussicht, während die anderen Tituli, um möglichst vor erneutem Götzendienst abzuschrecken und die Schwere des Vergehens zu betonen, entweder direkt oder aufgrund der gelisteten Testimonien für ein solches Vergehen die (sofortige) Todesstrafe proklamieren. 4 5
Et quod sic idolatriae indignetur deus, ut praeceperit etiam eos interfici qui sacrificare et seruire idolis suaserint. Vgl. dazu dazu die Ausführungen unter Kap. 5.2.4.
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Auswertung
Auch der christologisch geprägte sechste Titulus von Fort. mit seinem Gebot „nichts über Christus zu stellen“ (nihil Christo praeponere), lässt sich unschwer als Antwort auf die zahlreichen Missstände lesen, die innerhalb der karthagischen Gemeinde im Gefolge des decischen Opferediktes offenkundig wurden. So klagt Cyprian in laps. und ep. 11 z.B., dass ein Jeder nur noch die Vergrößerung seines Vermögens in Blick gehabt habe und somit zum Sklaven seines Vermögens geworden sei (census sui serui)6. Die programmatische Frage aus laps. 12: „Wie können diejenigen Christus nachfolgen, die durch die Fessel ihres Vermögens zurückgehalten werden?“7 verweist auf die in Cyprians Augen falsche Werteordnung vieler Gläubiger, die nicht mehr bereit waren, Christus in ihrem Leben den ersten Rang einzuräumen, wogegen sich eben Fort. 5 (6) richtet. Dass der Bischof von Karthago auf den Titulus Fort. 5 (6) zwei Kapitel folgen lässt, in denen er seinen Adressaten ausführt, sie dürften nicht wieder zur Welt zurückkehren (ne … regredi denuo ad saeculum), sondern müssten im Glauben ausharren (perseuerandum in fide), erwies sich als erklärungsbedürftig, da dies den vorangehenden Tituli nichts prinzipiell Neues hinzufügt, sondern darin, zumindest implizit, mitenthalten ist. Neben der generellen Erfahrung, dass massenhaft Christen freiwillig, überstürzt und leichtfertig bereit waren, die vorgeschriebenen Opferhandlungen zu vollziehen und so ihren Glauben zu verleugnen8, dürfte hier wohl das schlechte Beispiel einiger Bekenner ausschlaggebend gewesen sein, die nach ihrer Kerkerhaft in der Gemeinde einen schlimmen Lebenswandel (praua sua conuersatione)9 an den Tag legten und denen Cyprian deswegen entgegenhält, man müsse (im Glauben) ausharren (perseuerandum), um das bereits Erreichte zu bewahren10. Als Materialquellen konnte für Fort. 5 (7) vor allem ep. 11 und für Fort. 5 (8) pat. 13 herausgearbeitet werden. Der Themenkomplex Verfolgung, der von Cyprian in den drei Tituli Fort. 5 (9-11) behandelt wird, verweist der Art und Weise seiner Gestaltung nach, ebenso wie die vorangehenden Kapitel, auf die Erfahrungen in der Zeit des decischen Opferediktes. Dass Verfolgungen als Prüfung der Christen zu verstehen seien, wie Fort. 5 (9) konstatiert (persecutiones fieri ut probemur), hatte der Bischof von Karthago bereits in ep. 1111 und wiederum in laps.12 unmissverständlich dargelegt. Den „Beweisgang“ aus Fort. 5 (11), dass aus dem Sich-Erfüllen gött6 7 8 9 10 11 12
Laps. 12. Sequi autem Christum quomodo possunt qui patrimonii uinculo detinentur? Vgl. dazu laps. 8. Ep. 13,4,1. Vgl. ep. 13,2,1. Vgl. dazu ep. 11,5,3.6,1.7,2. Vgl. dazu laps. 5; 7.
Auswertung
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licher Prophezeiungen in der Gegenwart die Zuverlässigkeit des Versprechens künftigen Lohnes abgeleitet werden könne, hatte Cyprian zuvor in mort. eingesetzt und in ähnlicher Form in ep. 58 und in Dem. verwendet, wobei in letzterer Schrift nicht die zu erwartenden Belohnungen, sondern die drohenden Strafen im Falle des Verharrens im Unglauben thematisiert werden. Ein eindrückliches Beispiel für die Verankerung von Fort. in den decischen Verfolgungsmaßnahmen liefert Cyprian in Fort. 5 (11), wenn er den alttestamentlichen Vers 2 Makk 6,30 in einem Text aus eigener Feder so deutet, dass er ihn gegen die Praxis der Libellatici geschrieben sieht, die versucht hatten, sich gegen Bezahlung eine Opferbescheinigung zu erwerben und damit in Kauf nahmen, ihre Mitchristen zu täuschen und in die Irre zu führen. Neben den Episteln 6 und 58 mit ihren alttestamentlichen exempla der Glaubenstreue, die Cyprian seinen Adressaten zur Nachahmung vor Augen führt, konnten Quir. 1,20 und erneut Quir. 3,16 als wichtigste Materialquellen speziell für Fort. 5 (11) identifiziert werden. Sogar die letzten beiden Tituli von Fort., in denen Cyprian den reichen ewigen Lohn behandelt, der denen winkt, die in ihrem Glauben bis zum Ende standhaft geblieben sind, lassen sich nicht ohne Blick auf die Geschehnisse im Gefolge des decischen Opferediktes schlüssig erklären. Es ist dies genauerhin gesagt der Umstand, dass Cyprian am Ende von Fort. 5 (12) nicht wenig Raum dafür verwendet, um seinen Adressaten darzulegen, dass Flucht in der Verfolgung nicht nur erlaubt und unter Umständen sogar geboten sei, sondern darüber hinaus kein Hindernis darstelle, unter die Zahl der Märtyrer gerechnet zu werden. Unschwer ist dieses Anliegen von Seiten Cyprians zumindest auch als Reaktion auf seine eigene Flucht während der decischen Verfolgungsmaßnahmen zu verstehen und auf die anfängliche harsche Kritik, die ihm diese Entscheidung nicht nur durch die römische Gemeinde einbrachte, die darin – wohl dem Zeitgefühl überzeugter Christen entsprechend –, die Tat eines feigen Mietlings erkannte, der in der Gefahr seine ihm anvertraute Herde im Stich gelassen hatte. Mit nicht weniger als sieben Zitationen innerhalb von Fort. 5 (12) stellt Quir. 3,16 erneut eine der wichtigsten Quellen für diesen Titulus. Daneben verwendet Cyprian für die Gestaltung seiner letzten beiden Tituli von Fort. zahlreiche Testimonien aus den Episteln 6; 58 und 76. Mithilfe der hier zusammengetragenen Ergebnisse konnte aufgezeigt werden, dass die Testimoniensammlung Fort. in den Schriften Cyprians und speziell in denen aus der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen fest verankert ist und ohne diese das ganze Leben der christlichen Gemeinden erschütternde Krise nicht überzeugend zu erklären ist. So konnten innerhalb des cyprianischen Œuvres nicht nur einzelne Texte als konkrete Materialquelle für die unter den jeweiligen Tituli gelisteten Testimonien identifiziert werden, es konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass der Aufbau und die Konzeption von Fort. an zahlreichen
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Auswertung
Stellen nicht anders denn als Reaktion und Antwort auf die dramatischen Geschehnisse im Gefolge des decischen Opferediktes interpretiert werden können. Man würde der Testimoniensammlung Fort. jedoch in keinster Weise gerecht werden, sähe man in ihr lediglich ein Werk, in dem bereits bekanntes und zuvor verarbeitetes Material zum Thema praeparatio ad martyrium abgeschrieben und (neu) zusammengesetzt worden ist. Fort. ist eben, in deutlichem Kontrast zu Cyprians weiterer Testimoniensammlung, den drei Büchern Quir., weit mehr als eine (relativ) unpersönliche Ansammlung von thematisch geordneten Bibelzitaten. Die Schrift spiegelt die Erfahrungen und Überlegungen wider, die der Bischof von Karthago während seines ca. zehnjährigen Episkopats zu diesem Thema gesammelt hat, wodurch sie eine eigene, ganz persönliche, die unverwechselbare Handschrift Cyprians tragende Note erfährt. Diese Eigenständigkeit offenbart die Schrift Fort. aber nicht nur aufgrund ihres Aufbaus und der Auswahl ihrer 13 Tituli, sondern auch in den Tituli selbst hat der karthagische Bischof seine Spuren hinterlassen. Am auffälligsten ist dies zunächst dort, wo Cyprian unter einem Titulus nicht nur biblische Testimonien listet, sondern auch Texte aus eigener Feder anführt. Dies können zum einen Paraphrasen biblischer Vorlagen sein13, zum anderen aber auch mehr oder weniger freie, von biblischen Vorlagen unabhängige Eigentexte14. In jedem Fall belegen sie, dass Fort. von Cyprian selbst nicht als reine Testimoniensammlung gedacht und konzipiert ist, die auf möglichst unpersönliche Art und Weise lediglich (biblisches) Rohmaterial darbieten will, wie der karthagische Bischof, dem Topos der Bescheidenheit verpflichtet, etwas irreführend in seiner Einleitung zu Fort. beteuert15. Dass Cyprian in Fort. nicht nur bekanntes und bereits anderswo verarbeitetes Material zusammenträgt, sondern die Schrift als eigenständiges Werk verfasst hat, belegt darüber hinaus die rein formale Beobachtung, dass von den insgesamt 91 Testimonien, die er innerhalb von Fort. zitiert, nicht weniger als 20 einzig und allein hier Verwendung finden16. Dadurch ergibt sich das Bild, dass Cyprian bei der Ausgestaltung der einzelnen Tituli zum Teil mehr bereit bzw. in
13 14 15
16
Vgl. dazu 1Makk 2,24 (Fort. 5); Num 22,28-30 (Fort. 10); 2Makk 7,1-42 (Fort. 11); 2Makk 6,30 (ebd.). Vgl. dazu Fort. 7; 11; 12; 13. Vgl. Fort. 3, wo Cyprian versichert, er habe dem Fortunatus nicht eine fertige Abhandlung geschickt, sondern lediglich das dafür notwendige Material geliefert (… ut non tam tractatum meum uidear tibi misisse quam materiam tractantibus praebuisse). Vgl. dazu Dtn 32,39; Dtn 13,7.9-11; Dtn 13,13-19; 2Tim 2,11f; 2Kor 5,15; Ex 14,1114; Ps 20,8f; Ex 1,12; Jes 43,1-3; Ex 4,11f; Mt 24,4-31; Tob 13,6; 2Makk 7,9; 2Makk 7,14; 2Makk 7,16f; 2Makk 7,18f; 2Makk 7,27-29; 2Makk 6,30; Lk 9,24; Offb 20,4.
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der Lage war, auf bestehende Vorlagen zurückzugreifen17, während er andere Abschnitte relativ neu und individuell gestaltete18. Hierbei ist besonders Fort. 5 (6) zu erwähnen, denn die „paradoxe Dialektik“, die das Grundgerüst der Argumentation des Titulus ausmacht, weist im cyprianischen Œuvre keine direkte Entsprechung auf. Selbst dort, wo Cyprian für die Ausgestaltung von Fort. auf bereits vorhandenes Material zurückgreift, geschieht dies in aller Regel äußerst selektiv, was erneut den individuellen Charakter der Schrift unterstreicht. So wählt er aus den 18 Testimonien, die er unter dem Titulus Quir. 3,59 gelistet hat, welcher ihm nachweislich als Quelle für Fort. 5 (1) diente, lediglich die vier seiner Ansicht nach treffendsten aus, und für Fort. 5 (7) übernimmt er von den 24 unter Quir. 3,11 gesammelten Bibelstellen lediglich die zwei seiner Ansicht nach aussagekräftigsten. Zwischen die beiden Testimonien Lk 6,22f und 18,29f, die Cyprian sowohl in laps. 12 als auch in ep. 58 als textliche Einheit konzipiert hat schiebt er in Fort., test. 12 einen weiteren, ausschließlich hier zitierten Lukasvers (9,24) und einen eigenständig verfassten Text, was deutlich macht, dass Cyprian bei der Abfassung von Fort. seine Vorlagen keineswegs rein mechanisch gebraucht, sondern als Material, das es zu bearbeiten und neu zu gestalten gilt. Für seinen sechsten Titulus von Fort., in dem Cyprian betont, man dürfe nichts über Christus stellen (nihil Christo praeponere), hätte der karthagische Bischof mühelos die drei unter Quir. 3,18 (Man darf nichts über die Liebe zu Gott und Christus stellen)19 geführten Testimonien übernehmen können. Wenn er statt dessen nur die beiden neutestamentlichen Belege daraus (Mt 10,37f; Röm 8,35-37) in Fort. 5 (6) aufführt, den alttestamentlichen Vers Dtn 6,5 aus Quir. 3,18 dagegen durch Dtn 33,9 ersetzt, obwohl thematisch beide sinnvoll sind, dann zeigt dies eindrücklich, dass Cyprian seine praeparatio ad martyrium nicht auf möglichst einfache und zeitsparende Art und Weise zusammengestellt und verfasst hat, sondern dass er bemüht war, ihr – trotz Vorlagen – ein eigenständiges Gepräge zu verleihen. Diese Eigenständigkeit von Fort. lässt sich schließlich auch an dem Umstand aufzeigen, dass nicht selten Testimonien, die der Bischof von Karthago in Fort. verwendet, eine z.T. gänzlich unterschiedliche Argumentationsrichtung erfahren, als dies in den anderen cyprianischen Schriften der Fall ist. Dabei beweist der Bischof von Karthago mitunter eine erstaunliche Flexibilität und Variationsbreite, was das exegetische Anwendungsspektrum einzelner Testimonien betrifft. So setzt er die Verse Mt 24,5.25 (Viele werden in meinem Namen 17 18 19
Vgl. dazu etwa Fort. 5 (1; 4; 12). Vgl. dazu etwa Fort. 5 (5; 6; 11). Dilectioni Dei et Christo nihil praeponendum.
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kommen und sagen, ich bin der Messias und sie werden Viele täuschen; ihr aber seid auf der Hut, ich habe euch alles vorausgesagt)20 nicht nur in Fort. 5 (11) für seine praeparatio ad martyrium, sondern auch gegen Schismatiker und die sog. Ketzertaufe ein und die Verse Lk 12,35-3721 dienen ihm einerseits in Fort., test. 8 dazu, seine Aufforderung zum Ausharren im Glauben biblisch zu untermauern, während sie in unit. die Funktion haben, der Gemeinde Wachsamkeit vor Irrlehren und Kirchenspaltungen in Erinnerung zu rufen. Den Vers Dtn 32,1722 verwendet er in Fort. 5 (3) als Beleg, dass Götzendienern die Todesstrafe droht, während er ihm in Quir. 1,1 dazu dient, die Schwere der Schuld der Juden aufzuzeigen; und die beiden Verse Mk 12,29-3123 und Mt 22,4024, die Cyprian unter Fort. 5 (2) listet, um zu beweisen, dass Gott allein verehrt werden müsse (deum solum colendum esse), versteht er in orat. 28 als Beleg für die die hervorragende und göttliche Kürze (magna et diuina brevitate) der Gebote Gottes, während er sie in unit. 15 gegen Schismatiker richtet, um deren Heilsverlust biblisch zu untermauern, da diese die von Gott geforderte Einheit und Liebe (unitatem simul et dilectionem) nicht beachteten. Die Eigenständigkeit von Fort. konnte damit nicht nur anhand der Texte, die aus Cyprians Feder stammen, der zahlreichen Testimonien, die er ausschließlich in Fort. verwendet hat, und der selektiven Auswahl einzelner Testimonien aus bereits existierenden, umfangreichen Materialquellen nachgewiesen werden, sondern auch anhand einer Vielzahl von solchen Testimonien, die Cyprian zwar in seinen Schriften vor der Abfassung von Fort. bereits verwendet hatte, die er aber in seiner praeparatio ad martyrium in einer z.T. gänzlich neuen exegetischen Ausrichtung und Interpretation einsetzt. Dies geschieht in aller Regel 20 21
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Multi uenient in nomine meo dicentes: „Ego sum Christus“, et multos fallent. Vos autem cauete. Ecce praedixi uobis omnia. „Eure Hüften sollen gegürtet sein und die Lampen sollen brennen und ihr sollt wie Menschen sein, die auf ihren Herrn warten, wann er von der Hochzeit kommt, damit sie ihm öffnen, wenn er kommt und anklopft. Selig sind jene Diener, die der Herr bei seiner Ankunft wachend antrifft“ (Sint lumbi uestri adcincti et lucernae ardentes et uos similes hominibus expectantibus dominum suum, quando ueniat a nuptiis, ut cum uenerit et pulsauerit aperiant ei. Felices serui illi quos adueniens dominus inuenerit uigilantes). „Sie opferten den Dämonen und nicht Gott“ (Sacrificauerunt daemoniis et non deo). „Höre Israel, der Herr, dein Gott, ist dein einziger Herr und du sollst den Herrn deinen Gott mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft lieben. Dies ist das erste Gebot und das zweite ist diesem ähnlich. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Audi, Israhel, Dominus Deus tuus Dominus unus est, et diliges Dominum Deum tuum de toto corde tuo et de tota anima tua et de tota uirtute tua. Hoc primum, et secundum simile huic: Diliges proximum tibi tamquam te). „An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und die Propheten“ (In his duobus praeceptis tota lex pendet et prophetae).
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entweder durch erläuternde Eigentexte oder schlicht aufgrund des Kontextes, in den das Testimonium eingebettet wird25. Insgesamt kann damit für Fort. festgehalten werden, dass die Testimoniensammlung einerseits nicht ohne ihre Quellen und Vorlagen angemessen verstanden und interpretiert werden kann. Verankert ist die Schrift vor allem in den dramatischen Ereignissen im Gefolge des decischen Opferediktes, ihr Quellenmaterial erstreckt sich jedoch, so hat die Untersuchung der einzelnen Testimonien ergeben, über das gesamte cyprianische Œuvre, so dass sie zu Recht als Summe und Quintessenz dessen verstanden werden kann, was der Bischof von Karthgo zum Thema der praeparatio ad martyrium während seines ca. zehnjährigen Episkopats an Erfahrung gesammelt, gelehrt und verfasst hat. Andererseits gilt es stets im Blick zu halten, dass die Schrift Fort. trotz ihrer Konzeption als Testimoniensammlung und trotz der in ihr verarbeiteten Quellen, weit mehr ist als eine reine, unpersönliche Anhäufung von thematisch geordneten Bibelstellen, denn zu zahlreich und zu deutlich sind die Spuren, die der Bischof von Karthago in Fort. hinterlassen hat und mithilfe derer er der Schrift seine ganz eigene, individuelle Handschrift verliehen hat, so dass man Fort. erst dann wirklich gerecht wird, wenn man es als eigenständiges, sorgfältig konzipiertes und ausgearbeitetes Werk versteht. Abschließend sollen noch einige Aspekte erwähnt werden, die sich als bedeutsam und aufschlussreich für die Interpretation von Fort. erwiesen haben und die zugleich ein Schlaglicht werfen auf die ganz eigene, individuelle Handschrift Cyprians innerhalb seiner praeparatio ad martyrium. Zunächst gilt es hier festzuhalten, dass für Cyprian beide Testamente der hl. Schrift eine unzertrennliche Einheit bilden. Aus ihnen spricht gleichermaßen die Stimme Gottes, die den Gläubigen die göttlichen Gebote (mandata diuina) und himmlichen Vorschriften (praecepta caelestia)26 kundtut. Als Einheit kann Cyprian die beiden Testamente nicht zuletzt deshalb mühelos betrachten, weil er alttestamentliche Ereignisse und Gestalten häufig typologisch interpretiert27, als 25
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Exemplarisch hierfür soll der oben bereits erwähnte Vers Dtn 32,17 (Sie opferten den Dämonen und nicht Gott; Sacrificauerunt daemoniis et non deo) erwähnt werden, den Cyprian unter Fort. 5 (3) listet, um zu belegen, was Gott denen androht, die den Götzen opfern (… quae comminatio Dei sit aduersus eos qui idolis sacrificant). Der Vers an sich trägt nichts zum Titulus bei, unter dem er gelistet ist, denn er macht keine Aussage über irgendwelche Konsequenzen, die sich aus dem Götzendienst ergeben. Erst durch die Voranstellung von Ex 22,19 mit seiner Drohung, dass Jeder ausgerottet werde, der anderen Göttern opfert (Sacrificans diis eradicabitur, nisi Domino soli), verleiht Cyprian dem Vers die gewünschte Bedeutung. Fort. 5 (11). Zur typologischen Bibelexegese Cyprians vgl. Fahey, Cyprian, 48f; 612-622; Proksch, Christus, 41-54.
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sacramentum, typus, imago oder figura Christi, bzw. der christlichen Offenbarung. So versteht der Bischof von Karthago in Fort. 5 (7) den Auszug der Israeliten aus Ägypten und deren Murren und Klagen „für uns schattenhaft und bildlich vorausgestaltet“ (ad umbram nostri et imaginem praefiguratus); in Fort. 5 (8) interpretiert er, Ex 17,11-14 vor Augen, den Amalek, den Gegner des Mose, als Jemanden, der die Gestalt des Teufels an sich trägt (qui figuram portabat diaboli). Die erhobenen Hände des Mose deutet er sogar auf das Kreuz Christi hin (in signo et sacramento crucis) und in Fort. 5 (11) illustriert er anhand zahlreicher Beispiele, wie die Siebenzahl, die im AT begegnet, auf das NT und die Kirche hin zu verstehen sei. Die typologische Interpretation ist in Fort. freilich nicht die einzige Methode, die Cyprian für alttestamentliche Texte anwendet. Daneben kennt er ebensogut eine wörtliche, dem Literalsinn folgende Leseweise, etwa in Fort. 5 (10), wenn er schreibt, dass kein Gläubiger Angst zu haben brauche in der Verfolgung, denn Gott könne (im Falle eines gerichtlichen Verhöres) leicht zu Hilfe kommen und die richtigen Worte eingeben und so zu einem standhaften Bekenntnis verhelfen (confessori suo inspirare constantiam et fiduciam loquendi), denn im Buch Numeri (22,28-30) werde berichtet, dass Gott sogar einen Esel zum Sprechen brachte (aduersus Balaam prophetam etiam asinam fecerit loqui). Daneben dienen ihm vor allem die alttestamentlichen exempla der Guten und Gerechten, die seit Anbeginn der Welt verfolgt werden [vgl. Fort. 5 (11)], als konkrete Vorbilder, die es in ihrem standhaften und unüberwindlichen Glauben nachzuahmen gilt. Da dieses Motiv neben Fort. auch in ep. 6 und 58 von Bedeutung ist, d.h. in Schriftstücken, die explizit dem Thema der praeparatio ad martyrium gewidmet sind, konnte es als tragendes Element der cyprianischen Vorbereitung auf das Martyrium bestimmt werden. Darüber hinaus lässt sich anhand der alttestamentlichen exempla Cyprians zweifache Art und Weise der Bibelexegese gut verdeutlichen: einerseits liest und versteht er die entsprechenden Texte wörtlich, indem er Gestalten wie Abel, Abraham, die drei Knaben aus dem Feuerofen oder die Makkabäerbrüder und ihre Mutter als konkrete Beispiele gottgefälligen Handelns präsentiert, die es nachzuahmen gilt. Andererseits interpretiert er diese Patriarchen, Propheten und Gerechte typologisch als Menschen, die die Gestalt Christi im vorausgehenden Bilde an sich tragen (patriarchas et prophetas et iustos omnes qui figuram Christi imagine praeeunte portabant)28, d.h. als Menschen, die in ihrem Verhalten auf (den erst noch kommenden) Christus verweisen, ihn dadurch aber schon jetzt gegenwärtig machen, denn „Bilder offenbaren etwas von dem, was oder wen sie darstellen“29. 28 29
Pat. 10. Proksch, Christus, 47.
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Im Hinblick auf die Methodik, mit der Cyprian die Testimonien auswählt, die er unter den jeweiligen Tituli listet bzw. mit der er innerhalb der Tituli mehrere Bibelstellen zu Texteinheiten zusammenfügt (meist mittels der Wendungen et iterum; item), zeigte sich, dass nicht selten dem Bischof von Karthago einzelne, dem zugrunde liegenden Kontext gemeinsame Begrifflichkeiten als Kriterium dienen bzw. genügen, um einen Vers anzuführen. Besonders auffällig wird dies dort, wo der moderne Leser primär die Unterschiedlichkeiten zweier Texte wahrnimmt, während der karthagische Bischof sie als (thematische) Einheit konzipiert und versteht. So überrascht z.B. die Beobachtung, unter dem Titulus Fort. 5 (6), der mithilfe einer „paradoxen Diaklektik“ die Gläubigen dazu auffordert, nichts über Christus zu stellen (nihil Christo praeponere), den alttestamentlichen Vers Dtn 33,930 im Anschluss an Mt 10,37f31 angeführt zu finden, wobei letzterer mittels der Wendung „ebenso steht im Deuteronomium geschrieben“ (sicut in Deuteronomium scriptum est) an den vorangehenden Matthäusvers angebunden ist. Obwohl Dtn 33,9 (naturgemäß) weder die Person Christi, noch den Aufruf zur Nachfolge thematisiert, bilden beide Texte für Cyprian eine Einheit, denn sie sprechen von der Aufforderung, die eigenen Eltern und Kinder (Vater; Mutter; Sohn bzw. Söhne) aufgrund „göttlicher Anordnung“ hintanzusetzen. Nicht weniger verwundert den Leser, das Testimonium Röm 12,1f32 unter Fort. 5 (8) geführt zu sehen, da der Titulus dazu aufruft, im Glauben auszuharren, um die Siegespalme erlangen zu können (perseuerandum in fide … ut ad plamam … possit perueniri). Hier bildet der bei Cyprian fast durchgängig negativ belegte Begriff „Welt“ (saeculum / mundus) den Anknüpfungspunkt für die Listung des Verses, da das Verbot, nicht zur Welt zurückzu-
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Qui dicunt patri et matri: non noui te; et filios suos non agnouerunt, hi custodierunt praecepta tua et testamentum tuum seruauerunt („Die zu Vater und Mutter sagen: Ich kenne dich nicht und die ihre Söhne nicht anerkennen, die haben deine Vorschriften bewahrt und deinen Bund eingehalten“). Qui diligit patrem aut matrem super me non est me dignus, et qui diligit filium aut filiam super me non est me dignus, et qui non accipit crucem suam et sequitur me non est meus discipulus („Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig und wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und mir folgt, ist nicht mein Schüler“). Oro ergo uos, fratres, per misericordiam Dei ut constituatis corpora uestra hostiam uiuam, sanctam, placentem Deo: nec configuremini saeculo huic, sed transformemini in renouatione sensus ad probandum quae sit uoluntas Dei bona et placens et perfecta („Ich bitte euch, Brüder, bei der Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber als lebendiges, heiliges und gottgefälliges Opfer darbringt. Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung eurer Gesinnung, damit ihr prüfen könnt, was nach dem Willen Gottes gut und wohlgefällig und vollkommen ist“).
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kehren (non ad saeculum reuerti) aus Fort. 5 (7) eines der bestimmenden Elemente der beiden Tituli darstellt. Die individuelle Handschrift Cyprians innerhalb von Fort. konnte desweiteren immer dort identifiziert werden, wo der Text deutlich adressatenbezogene bzw. situationsbedingte Spuren aufweist. Dass der Theologe Cyprian von Karthago kein „Dogmatiker“ war, dem es darum ging, ein möglichst vollständiges und geschlossenes Lehrsystem des christlichen Glaubens zu entwerfen, sondern dass er als Hirte seiner Gemeinde zuallererst pastoral tätig war und seine Schriften deshalb durchwegs „Gelegenheitswerke“ darstellen, die einem konkreten Anlass geschuldet sind und auf eine bestimmte Situation und Herausforderung reagieren, wurde bereits hervorgehoben33. Überraschend dabei war dennoch die Beobachtung, wie weit Cyprian hier ging, denn er war sogar bereit den Wortlaut der hl. Schrift dort zu verändern, wo es ihm sinnvoll und passend erschien, obgleich ihm die Bibel als heilige34, himmlische35 und göttliche36 Schrift galt, durch die der hl. Geist spricht37. So fügte er, aus pastoralen Erwägungen heraus, in mort. 2 unter dem Eindruck der schlimmen Seuche in Karthago, eigenhändig den Begriff pestilentiae in den Matthäusvers 24,7 ein, der ursprünglich nur von Hunger und Erdbeben (fames et terraemotus) als apokalyptische Vorboten spricht und übernimmt diese modifizierte Version des Bibelverses in Fort. 5 (11). In Fort. 5 (8) präzisiert er das Testimonium 2Tim 2,4 mit seiner offenen Formulierung „keiner, der in den Krieg zieht“ (nemo militans) auf Gott hin, denn bei Cyprian liest sich der Vers, „keiner, der für Gott in den Krieg zieht“ (nemo militans Deo).38 Neben den Eingriffen in den Wortlaut der hl. Schrift ist es die situationsbedingte und den konkreten Gegebenheiten angepasste Konzeption der Flucht in der Verfolgung und der Martyriumstheologie, die in Fort. Cyprians eigene, persönliche Handschrift verrät. Wenn der Bischof von Karthago am Ende von Fort. 5 (12) ausführlich die Erlaubtheit der Flucht in der Verfolgung verteidigt, obwohl der Titulus der jenseitigen Hoffnung und dem ewigen Lohn gewidmet ist (Quae spes et merces maneat), dann zeigt dies eindrücklich, welch hohen Stellenwert er diesem Thema beimaß. Grundgelegt ist dies in der Zeit der decischen Verfolgungsmaßnahmen und in der Einsicht Cyprians, dass wohl in zahlreichen Fällen die Todsünde der Idolatrie hätte vermieden werden können, wäre den 33 34 35 36 37 38
Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 3.2. Vgl. dazu Dem. 3; 7; 22; 24; orat. 24; 35; habit. 2; 12. Vgl. dazu laps. 23. Vgl. dazu Dem. 17; orat. 5; 8; 32; habit. 10; laps. 7; 15; 21; 31; mort. 9; 23; unit. 7. Loquitur in scripturis Spiritus sanctus (op. 2). Der Hinweis auf drei weitere Testimonien (1Tim 4,12; Joh 5,14; Mt 25,36), die Cyprian eigenhändig modifiziert hat, findet sich bei Fahey, Cyprian, 51f.
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Christen bewusst gewesen, dass – entgegen dem damals vorherrschenden Zeitgeist – Flucht in der Verfolgung erlaubt ist und kein Hindernis für die Erlangung der Märtyrerkrone darstellt, wie der Bischof von Karthago vor allem unter Berufung auf Lk 18,29f argumentiert. Untrennbar mit diesem pastoralen Anliegen, möglichst vielen Gläubigen, die sich zu einem blutigen Martryrium nach langer, grausamer Folter aktuell (noch) nicht in der Lage sahen, eine Alternative zur Idolatrie zu offerieren, ist mit Cyprians vehementer Verteidigung der Flucht in der Verfolgung ebenso das autobiographisch-apologetische Interesse verbunden, die eigene Flucht von damals als legitim zu rechtfertigen. Was Cyprians Martyriumstheologie betrifft fiel der Umstand auf, dass der karthagische Bischof in Fort., speziell in Fort. 5 (12f) die Möglichkeit und Größe der Sünden tilgenden Kraft des Martyriums mit keiner Silbe erwähnt, obwohl diese Konzeption biblisch fundiert ist, weit verbreitet war und eine nicht unerhebliche Motivation darstellte, das Martyrium auf sich zu nehmen. Dass Cyprian sie dennoch nicht rezipiert, liegt in dem Umstand begründet, dass sie sich nicht in sein episkopalekklesiologisches Konzept integrieren lässt, das Sündenvergebung an die Vollmacht des Bischofs und die Zugehörigkeit zu der einen, wahren Kirche bindet. Da dem die Vorstellung entgegensteht, das Martyrium wasche per se von sämtlichen postbaptismalen Sünden rein (vgl. Offb 7,14), verzichtet der karthagische Bischof auf diese Idee – so nützlich und förderlich sie für eine praeparatio ad martyrium auch sein mag. Zuletzt gilt es die Apokalyptik als entscheidenden Bezugsrahmen für Fort. in den Blick zu nehmen. Auch wenn Cyprian innerhalb seiner 13 Tituli von Fort. seine endzeitlich-apokalyptische Naherwartung nicht zum Ausdruck bringt, so geschieht dies doch unmissverständlich in der Einleitung der Schrift und durch das ausführliche, unter Fort. 5 (11) geführte Testimonium Mt 24,4-31, die sog. synoptische Endzeitrede. Da für Cyprian grundsätzlich alle Übel und Widrigkeiten Vorboten des nahenden Eschaton sein können, ist es nicht verwunderlich, dass er in den Kriegen, Seuchen, Hungersnöten und besonders in den Christenverfolgungen seiner Zeit sichere Anzeichen des kurz bevorstehenden Endes der Welt und des kommenden Gerichts erkennt. Dadurch erhält die Schrift insgesamt eine besondere Schärfe und Dringlichkeit, denn erneuter Glaubensabfall und das nicht-Ausharren im Glauben erweisen sich angesichts dessen als umso schwerwiegender und unverzeihlicher. Speziell im Hinblick auf Fort. 5 (11) stellte sich die endzeitlich-apokalyptische Perspektive als bedeutsam dar, denn mit ihrer Hilfe kann Cyprian innerhalb seines geschichtstheologischen Konzepts die Leiden und die Unterdrückung, unter der die Guten und Gerechten seit Anbeginn der Welt zu leiden haben, für bald beendet erklären. Darüber hinaus ist der zentrale „Beweisgang“ des Titulus, aus dem Eintreffen der biblischen Prophezeiung, die Welt werde die Christen hassen und sie verfolgen, lasse sich die
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Zuverlässigkeit der Verheißung künftigen reichen Lohnes erschließen, ohne diesen Hintergrund kaum überzeugend zu führen. Wenn Cyprian von Karthago in seinem Vorwort zu Fort. die Intention seiner Schrift dahingehend bestimmt, er wolle angesichts der ausgebrochenen Verfolgung „aus den göttlichen Schriften Ermahnungen zusammentragen, um mit deren Hilfe die Soldaten Christi zum geistlichen und himmlischen Wettkampf zu begeistern … um ihre Tapferkeit durch göttliche Worte zu stärken … und sie gegen die Pfeile und Speere des Teufels mit Hilfe von unablässigen Ermahnungen rüsten … um dadurch Märtyrer zu schaffen“39, dann ist Fort. als eine durchaus gelungene und zielführende Schrift zu bezeichnen. Dies ist zum einen darin begründet, dass die dreizehn Tituli, die thematisch geordnet und logisch aufgebaut sind, dem Adressaten die Grundpfeiler und das Gerippe für eine umfassende und schlüssige praeparatio ad martyrium bieten, so dass, wie Cyprian es ausdrückt, ein Jeder für sich aus dem Rohmaterial Wolle, das er darbiete, mühelos ein eigenhändig gefertigtes Kleid herstellen könne40. Zum anderen ist Fort. als gelungen zu bezeichnen, weil weitestgehend die unter den jeweiligen Tituli gelisteten Testimonien treffend gewählt sind und somit überzeugen können. Ihre größte Kraft entfaltet die Schrift aber dort, wo sie [in Fort. 5 (11)], zumindest für damalige Leser, auf schlüssige und nachvollziehbare Art und Weise zunächst die Aussagen der Bibel als wahr und zuverlässig erweist, um dann, vor dem Horizont des nahe bevorstehenden Endes der Welt und der anbrechenden Zeit des Antichrist die besondere Dringlichkeit der Bereitschaft zum Martyrium zu betonen, die ihrerseits wiederum durch die Anfangs- und Schlusskapitel von Fort. untermauert wird, in denen einerseits die Schwere des Vergehens der Idolatrie und andererseits die Größe des zu erwartenden Lohnes im Falle des Durchhaltens im Glauben thematisiert und kontrastierend gegenübergestellt werden. Ein Christ, der all dies vor Augen hatte und im Glauben nachvollziehen konnte, war wohl in der Tat gegen einen unüberlegten und allzu leichtfertigen Glaubensabfall, wie ihn Cyprian im Zuge des decischen Opferediktes zu beklagen hatte, gut gerüstet und gewappnet. Dass die dahingehenden Bemühungen Cyprians und der anderen Bischöfe und Seelsorger in der Tat nicht fruchtlos geblieben waren, lässt sich nicht zuletzt aus dem Umstand ablesen, dass die Kirche in der valerianischen Verfolgung insgesamt einen weitaus geschlosseneren und gefestigte-
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… de diuinis scripturis hortamenta conponerem quibus milites Christi ad spiritale et caeleste certamen animarem … uirtutem diuina lectione firmemus … aduersus diaboli tela et iacula exhortationibus adsiduis praeparare … (in exhortatione tam necessaria quae) martyras faciat (Fort. 1f; 4). Vgl. dazu Fort. 3.
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ren Eindruck hinterließ, als dies zur Zeit des decischen Opferediktes der Fall war41. Auch wenn Fort., so lässt sich abschließend festhalten, zusammen mit Quir. sicherlich die „unpersönlichste“ Schrift Cyprians darstellt, so ist sie dennoch, wie die Ausführungen gezeigt haben, bei weitem nicht so abstrakt und formal verfasst, dass sie nicht doch klar und unverwechselbar die Person des Bischofs von Karthago und seine individuelle Handschrift erkennen lassen würde. Insgesamt erweist sich Cyprian als profunder Kenner der hl. Schrift, die für ihn als Stimme Gottes und geoffenbartes Gesetzbuch den letztgültigen Bezugspunkt christlichen Lebens darstellt. Darüber hinaus zeigt sich Cyprian nicht nur als versierter Exeget, der die Worte der hl. Schrift mitunter sehr variabel und gezielt für seine Zwecke und Notwendigkeiten zu verwenden versteht; zahlreiche Stellen lassen den Bischof von Karthago auch als einfühlsamen und geschickten Psychologen erkennen, der es auf raffinierte Art und Weise versteht sowohl mit Ängsten, viel mehr aber noch mit dem zu erwartenden ewigen Lohn und den im Jenseits winkenden Freuden seine Gemeinde zum Durchhalten in der bevorstehenden Christenverfolgung zu motivieren. So stellt Fort. die Quintessenz des Ringens und Mühens eines durch und durch pastoral eingestellten Bischofs dar, der in Erwartung seines eigenen Todes all das zusammengetragen und geformt hat, was er Zeit seines Lebens im Dienste einer praeparatio ad martyrium an Erfahrung gesammelt, gelehrt und geschrieben hat.
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Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap. 1.
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Abkürzungen Die bibliographischen Abkürzungen, soweit nicht eigens angegeben, richten sich nach dem Verzeichnis, das S. Schwertner im ²IATG (Berlin; New York 21992) und im Abkürzungsverzeichnis der TRE (Berlin; New York 1976) zusammengestellt hat. Zusätzlich verwendet sind folgende Abkürzungen: • Lexikon der antiken christlichen Literatur = LACL • Handbuch der lateinischen Literatur der Antike Bd. 4 = HLL 4
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Register 1. Bibel a. Altes Testament Gen 1,1ff .......................................... 112 1,14 ............................................ 95 1,26 .......................................... 182 3,14 ..........................126, 197, 218 5…… ....................................... 106 19,26 ........................................ 198 Ex 1,12 ..................225, 231, 234, 338 4,11f .................225, 231, 241, 338 14,11-14 ........................... 191, 194 17,11-14 ...........191, 200, 214, 342 20,3...119, 141, 143, 145, 148, 149 20,4 ...................................... 93, 95 20,12 ........................................ 178 22,19...87, 125, 145, 146, 147, 341 22,19f ....................................... 140 32,31-33 ...................140, 150, 151 Num 22,28-30 ...................241, 338, 342 Dtn 5,7 ............................143, 148, 149 6,5 .................................... 168, 339 6,13 ......... 141, 142, 143, 145, 146 13,4 .......................................... 225 13,4b ........................227, 228, 229 13,7.9-11 .................................. 154 13,13-19 ................................... 154 22,5 .......................................... 178 32,17 ........................145, 148, 340 32,35 ................................ 134, 287 32,39 ................................ 142, 145 33,9 . 161, 164, 165, 166, 167, 343
1Sam 2,25 .................................. 140, 150 2,5 ............................ 262, 263, 264 1Kön 11,14 ................................ 276, 278 2Chr 15,2 .................................. 200, 201 Tob 13,6 .......................................... 243 1Makk 2,24 .......... 140, 154, 155, 158, 338 2Makk 6,30 ..226, 243, 265, 267, 268, 338 7,1-42 ............................... 258, 338 7,9 .................................... 259, 338 7,9.14 ....................................... 265 7,9.14.16f.18f .......................... 265 7,9.14.16f.18f.27-29 ................ 262 7,14 .................................. 259, 338 7,14.16f.18f.27-29 ........... 226, 243 7,16f ................................. 259, 338 7,18f ................................. 260, 338 7,27-29 ............................. 260, 338 Ijob 13,27 ........................................ 276 Ps 20,8f ................. 231, 232, 233, 338 27,3f ................................. 233, 295 27,5 .......................................... 234 89,31 ........................................ 177 89,31-33 ................................... 181 90,4 .......................................... 112 116,15 .............. 297, 299, 302, 303
366
Register
118,6f .......................225, 231, 232 119,1f ....................................... 301 126,5f ....................................... 301 135,15 ........................................ 93 135,15-17 ................................... 63 135,15-18 ............................. 92, 95 135,17 ........................................ 93 Spr 9,1 ............................................ 263 20,22 ........................134, 137, 287 21,1 .......................................... 276 Weish 2,24 .......................................... 188 3,4-6.8 .............................. 297, 299 3,8 ............................................ 212 5,8f…………………………...302 5,1-9 ..... ..299, 300, 301, 302, 317, 321 13,1-4 .............................63, 94, 95 13,16 .......................................... 93 15,15-17 .........................63, 93, 95 15,17 .......................................... 93 16,24 .......................................... 94 Sir 2,4f ................................... 272, 274 27,5 ..................225, 227, 229, 272
b. Mt 2,16-18 ..................................... 281 5,10 ..........................297, 299, 301 5,16 .......................................... 180 5,45 ............................................ 94 6,21 .......................................... 174 6,24 ............................................ 26
Jes 2,8f .... 87, 125, 126, 140, 145, 146, 147 4,1 ............................................ 263 41f ............................................ 118 42,24 ........................................ 175 42,24f ....................................... 278 43,1-3 ............... 225, 231, 237, 338 54,1-4 ....................................... 262 57,6 .......................................... 147 59,1 .......................................... 282 66,24 ................................ 302, 321 Jer 5,3 ............................................ 119 11,14 ........................ 140, 150, 151 25,6 .................. 119, 140, 145, 148 Ez 14,12-14.16 .............. 140, 150, 152 33,12 ........................ 200, 201, 203 Dan 3,16-18 .... 226, 239, 243, 254, 256, 258 3,17 .......................................... 186 14,5 .......................................... 256 Am 4,7f ................................... 119, 149 Hag 1,9f ........................................... 119 1,9-11 ....................................... 149
Neues Testament 10,18 ........................................ 156 10,19f ............... 225, 231, 237, 240 10,20 .......................................... 35 10,22 .................. 29, 200, 203, 221 10,28 ........................ 154, 156, 157 10,28f ....................................... 140 10,32 .......................................... 29
Register
10,32f .......................154, 157, 318 10,37f ...... 161, 164, 165, 189, 339 12,32 ........................................ 150 16,24 .......................................... 36 19,17 ........................................ 181 22,37-40 ................................... 141 22,40.. .... 140, 141, 143, 144, 145, 340 23,9 ..................226, 243, 259, 262 24,3-14 ..................................... 289 24,4-31 .............226, 247, 251, 290 24,5 .......................................... 251 24,5.25 ..................................... 339 24,6 .......................................... 290 24,6f ......................................... 250 24,7 .................................. 249, 290 24,8 .......................................... 249 24,9 .......................................... 251 24,13 ........................................ 251 24,25 ................................ 251, 252 24,31 ........................................ 251 26,39 ........................................ 184 Mk 3,28f ......................................... 150 3,3-13 ....................................... 289 8,34 ............................................ 36 12,29-31 ......…140, 141, 143, 144, 145, 340 13,3-23 ..................................... 112 13,11 .......................................... 35 Lk 6,22f .................286, 297, 301, 303 6,23 .......................................... 329 6,36 ............................................ 73 9,23 ............................................ 36 9,24 .................................. 330, 338 9,62…….191, 194, 196, 197, 198, 200 12,35-37 ......…180, 200, 205, 206, 208, 340 12,36 ........................................ 206 14,33 ........................199, 206, 209
367 16,13 .......................................... 26 17,31f ............................... 197, 198 18,29f ....................... 162, 286, 345 18,30 ........................................ 329 20,35 ........................................ 329 21,7-19 ..................................... 289 21,7-24 ..................................... 112 21,14f ....................... 225, 231, 239 Joh 5,14 .................................... 35, 344 5,22 .......................................... 318 8,12 .................................. 174, 175 8,31 .................................. 205, 221 8,31f ................................. 200, 203 12,25 ................ 140, 154, 156, 157 13,16 .......................................... 36 14,2 .......................................... 327 15,14f ....................................... 181 15,18f ....................................... 218 15,18-20 ........... 226, 243, 244, 283 16,2 .......................................... 285 16,2-4 ....................................... 244 16,2-4.33 .................................. 243 16,20 ................................ 245, 246 16,20.22 ................................... 324 16,33 ................................ 246, 270 17,3 .................. 140, 141, 143, 147 19,11 ........................................ 276 21,15 .......................................... 60 Röm 1,18ff ............................... 115, 116 1,20 .......................................... 116 2,4-6 ......................................... 131 2,5 ............................................ 116 5,2-5 ......................... 225, 227, 230 7,5f ............................................. 35 8,16f ................. 203, 208, 211, 310 8,18 .......... 265, 297, 309, 310, 330 8,20……………………….......110 8,35-37..............164, 168, 189,339 11,20 .......................................... 36
368 12,1f ... …191, 200, 208, 210, 211, 343 12,19 ........................134, 137, 287 13,4f ......................................... 117 1Kor 2,9 ............................310, 311, 329 2,15 ............................................ 35 3,16 .......................................... 169 6,19f ........ 161, 164, 169, 170, 189 7,31 .......................................... 110 9,24f .........................191, 200, 207 10,21 .......................................... 89 11,27 .......................................... 89 12,3 ............................................ 35 2Kor 5,15…161, 164, 169, 170, 189,338 8,9 .............................................. 74 12,2 .......................................... 330 12,2-4 ....................................... 310 12,7-9 ....................................... 229 Gal 3,27 .................................. 183, 215 5,14 ............................................ 36 Phil 3,9 ............................................ 185 3,20 .......................................... 329 1Tim 2,9f ............................................. 84 2,11f ......................................... 158 4,12 .......................................... 344 2Tim 2,4 .................................... 208, 344 2,4f ...................191, 200, 208, 209
Register
2,11f ................. 140, 154, 159, 338 3,1 ............................................ 292 Jak 2,5 .............................................. 74 1Petr 2,21 .................................. 174, 186 3,3f ............................................. 84 4,12 .......................................... 274 4,12-14 .... 225, 227, 230, 274, 285, 286 4,13 .......................................... 274 1Joh 2,6 .................................... 185, 189 2,15-17 ..................................... 218 2,23 .................. 140, 154, 157, 158 3,15 .......................................... 187 4,4 ............................ 225, 231, 232 Offb 1,4 ............................................ 263 1,12 .......................................... 263 2,9 .............................................. 74 2,10 .................................... 29, 225 2,10a ................................ 231, 236 3,11 .......... 191, 200, 202, 213, 221 7,9f.13-15 ................ 226, 243, 268 7,13-17 ..................................... 269 7,14 .................................. 315, 345 14,6f ................. 140, 141, 142, 145 14,9-11 ..... 140, 145, 147, 150, 157 14,9-12 ..................................... 284 20,4 .......... 297, 299, 307, 330, 338 21,1 .......................................... 110
369
Register
2.
Antike Autoren und Werke
Act. Max. 1,1 .............................................. 19 Act. procons. 1…… ....................................... 240 Aug., bapt. 6,44,87 ....................................... 97 Cic., nat. deor. 2,72 .......................................... 101 Eus., h. e. 6,21,3f .......................................... 8 6,34 .............................................. 8 6,39,1 ......................................... 10 6,41,1-9 .................................. 8, 69 6,41,10-14 .................................. 23 6,41,11 ....................................... 25 6,41,12 ......................................... 9 Hier., ep. 70,5,2 ......................................... 97 Lact., inst. 5,4,3-6 ...................................... 125 Lact., mort. pers. 3,5 ................................................ 8 Lucr., rer. nat. 2,1150-1174 ............................. 107 2,1174 ...................................... 111 Min. Fel., Oct. 5,4 .............................................. 77 6,2f ........................................... 101 7,2 ............................................ 102 8,4 .............................................. 65 17,1 .......................................... 128 17,2 .......................................... 126 24. ............................................ 122 27,5f ......................................... 123 27,5-7 ............................... 123, 124 28…… ............................... …..121 34,1 .......................................... 111
34,2 .......................................... 106 Plin., ep. 10,96,5 ....................................... 21 10,96,8 ....................................... 74 Pontius, Vita, 7…… ......................................... 49 Sall., Cat. 1,1 ............................................ 126 1,1f ........................................... 127 Sall., Iug. 2,3 .................................... 106, 108 Sen., ep. mor. 71,13 ........................................ 107 Tert., apol. 2…… ....................................... 121 22,7.12 ..................................... 123 23,2 .......................................... 123 29…… ..................................... 122 29,2 ............................................ 94 37,4 ............................................ 75 39,5f ........................................... 73 40,1f ................................. 100, 115 40,10f ....................................... 115 40,11 ........................................ 117 41,1 .......................................... 115 41,3 .......................................... 117 42,1-3 ......................................... 75 Tert., bapt. 16. ....................................... ….315 Tert., cor. 1,1-3 ............................................. 8 Tert., fuga 1,3 .............................................. 53 Tert., idol. 19,2 ............................................ 75 24,1 ............................................ 66
370
Register
Tert., Scap. 3,1 .............................................. 72 4,1 ............................................ 117 5,2 .............................................. 77
3.
Tert., spec. 30,2 .......................................... 111 Tert., uxor. 2,4,2 ........................................... 73
Moderne Autoren
Adolph ....................................... 5, 57 Alföldi....................10, 14, 44, 78, 79 Alföldy...... .10, 11, 12, 99, 134, 289, 290, 291 Altaner ....................................... 1, 83 Altheim .................................. 13, 102 Andresen ...................................... 322 Atzberger ... 289, 317, 318, 320, 321, 322, 324, 327, 329 Auer ............................................. 219 Bähnk..... …55, 56, 59, 60, 176, 255, 305, 307, 308 Bakhuizen van den Brink ............ 324 Bardenhewer….....1, 4, 5, 49, 51, 59, 81, 95, 97, 98, 99, 134, 159 Baus ............................................. 327 Beatrice ........................................ 327 Beck .................................6, 176, 324 Bellen............................................. 12 Bévenot ..............................1, 49, 349 Bleckmann ............................... 15, 87 Bludau..............................8, 9, 10, 20 Bobertz ............................................ 6 Brown ............................................ 80 Brox ……………………………128 Buchheit............................... 115, 116 Burns.................................... 289, 317 Butterweck................................... 305 Campenhausen....1, 5, 20, 58, 59, 96, 322
Capmany-Casmitjana ..... ..5, 47, 219, 327 Christ .... 6, 11, 12, 15, 16, 19, 21, 73, 76, 98 Christol ........................................ 292 Clarke .... ….1, 10, 22, 31, 40, 41, 44, 49, 59, 61, 99, 112, 152, 168, 196, 204, 222, 239, 291, 315 Daley ................................... 318, 319 Daniélou ...................... 106, 107, 113 Dassmann .................................... 1, 2 Deléani ...... .3, 5, 49, 55, 56, 60, 173, 184, 186, 280 Deléani-Nigoul ...... 3, 44, 55, 60, 280 Demandt ........................................ 72 Dunn ............................ 81, 82, 83, 84 Dünzl ................................... 315, 316 Duquenne ................................ 44, 59 Duval ............................................... 9 Eck…........................... 74, 77, 78, 79 Eckstein ............................... 116, 117 Elliger ............................ 1, 43, 72, 76 Fahey ...... 6, 141, 158, 176, 193, 215, 250, 341, 344 Fiedrowicz ......................... 63, 94, 95 Fischer .... …2, 22, 42, 44, 47, 56, 58, 60, 61, 88, 152, 153, 155, 317, 318, 320, 326 Fitschen ......................... 280, 289, 29
Register
Fredouille…....94, 99, 108, 113, 117, 122, 125, 126, 128, 132, 288, 289, 292 Freudenberger ...................... 2, 43, 78 Freund ..............................6, 154, 312 Funke ............................................. 94 Gallicet ..... ….98, 99, 122, 126, 128, 130, 132, 133, 134, 287, 288 Garhammer .................................... 82 Gaudette........................................... 6 Georges ........................................ 235 Goetz.............................................. 49 Gross ................12, 14, 16, 20, 21, 73 Gülzow…5, 6, 27, 31, 49, 50, 61, 95, 98, 99, 130, 134, 307 Hagendahl .................................... 107 Hahn ............................110, 112, 113 Hanson ........................................... 94 Hantos ............................................ 78 Harnack. ….8, 46, 64, 70, 71, 72, 74, 76, 77, 79, 80, 86, 90, 91, 219, 277 Hartmann ................................. 11, 12 Heck ... 6, 97, 98, 108, 115, 117, 129, 134, 136, 139 Heine............................40, 41, 49, 59 Herrmann ....................................... 11 Herzer .......................................... 116 Hill… ...........................289, 318, 319 Hinchcliff................................... 5, 57 Hoffmann1, 6, 58, 59, 60, 81, 96, 98, 176, 180 Hoppenbrouwers .............2, 5, 22, 55 Hummel… ......5, 47, 49, 55, 59, 181, 186, 219, 317, 322, 327, 328 Huttner ..................................... 12, 16 Jay… ............................................ 320 Kerényi ........................................ 100 Knipfing........................................... 9 Koch ..............49, 107, 108, 265, 289 Koep .............................................. 14 Körner .............................................. 8 Kraft.............................…1, 4, 82, 96
371 Latte................... 13, 14, 17, 100, 101 Laurance .......................................... 6 Liesering ........................ 9, 14, 15, 16 Lo Cicero ............................. 272, 275 Lomiento ............................... 2, 5, 56 Marrou ......................................... 289 Mazzarino .................... 106, 107, 113 Mazzucco .................................... 106 McNeill ......................................... 99 Merkt ........................................... 320 Michel.......................................... 118 Molthagen …8, 9, 10, 14, 15, 18, 19, 20, 21, 72, 73, 74, 75, 78, 79 Monceaux ..... …1, 3, 4, 5, 49, 51, 59, 61, 68, 72, 80, 81, 95, 96, 98, 99 Montgomery ........................ 255, 305 Moreau .......................................... 14 Noethlich ....................................... 10 Noormann ... …5, 6, 29, 49, 126, 179, 184, 215, 217, 219, 223, 225, 272, 275, 276, 277, 279, 287, 288, 289, 317, 318, 319, 321, 322, 324, 327, 328 Orbán ................................... 218, 282 Osawa .............................................. 6 Pellegrino ..... 4, 52, 96, 97, 121, 124, 126 Pohlsander ........................... 9, 12, 16 Price................................... 63, 64, 65 Proksch ... …1, 6, 173, 184, 187, 215, 317, 322, 324, 341, 342 Quasten ...................................... 1, 84 Ritter ........................................ 18, 78 Robeck......................................... 277 Rüpke ................................ 13, 15, 17 Sage .... 1, 2, 3, 22, 43, 49, 51, 55, 81, 82, 88, 91, 98 Saxer .... 5, 6, 49, 50, 62, 64, 173, 215 Schäfke ................................ 100, 128 Scholten ......................................... 95 Schuler................... 59, 134, 289, 292 Schulz-Flügel ............ 66, 67, 76, 117
372 Schüssler-Fiorenza .............. 111, 293 Schwabl ............................... 110, 113 Schwarte .............................. 107, 112 Seagraves ............................. 176, 180 Sebastian .................................... 6, 57 Selinger ................8, 9, 10, 15, 21, 22 Simonis ................................ 5, 57, 59 Soden ............................................. 49 Spanneut .............................. 106, 110 Speyer ..................100, 102, 103, 282 Stritzky ..........................8, 15, 87, 90 Strobel …6, 47, 49, 98, 99, 108, 112, 113, 129, 134, 137, 280, 288, 289, 291, 293, 332 Studer.............60, 176, 184, 317, 322 Stuiber................1, 83, 317, 319, 320 Thraede ........................................ 122 Turner ........................................ 4, 49
Register
Untergaßmair............................... 116 Vermander ............................... 64, 94 Vogt ................. 10, 15, 16, 20, 73, 78 Vögtle .............................................. 6 Watson........................................... 81 Weber ................................ 4, 49, 265 Wickert ...................................... 5, 57 Wikenhauser................................ 113 Wischmeyer............. 6, 78, 79, 86, 88 Wissowa ........................................ 15 Witschel......................................... 11 Wlosok ... …5, 13, 49, 50, 61, 95, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 130, 134, 282 Wohleb .......................................... 49 Zocca ........................... 106, 113, 288
Patrologia Beiträge zum Studium der Kirchenväter Herausgegeben von Andreas Spira †, Hubertus R. Drobner und Christoph Klock Band
1 Henriette M. Meissner: Rhetorik und Theologie. Der Dialog Gregors von Nyssa De anima et resurrectione. 1991.
Band
2 Gregor von Nyssa: Contra Eunomium I 1 - 146. Eingeleitet, übersetzt und kommentiert von Jürgen-André Röder. 1993.
Band
3 Albert Viciano: Retórica, Filosofía y Gramática en el Aduersus nationes de Arnobio de Sica. 1993.
Band
4 Helmut Seng: Untersuchungen zum Vokabular und zur Metrik in den Hymnen des Synesios. 1996.
Band
5 Giampietro Dal Toso: La nozione di proairesis in Gregorio di Nissa. Analisi semioticolinguistica e prospettive antropologiche. 1998.
Band
6 Gregor von Nazianz: De humana natura (c. 1,2,14). Text, Übersetzung, Kommentar von Kristijan Domiter. 1999.
Band
7 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo, Predigten zum Buch Genesis (Sermones 1-5). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2000.
Band
8 Jochen Rexer: Die Festtheologie Gregors von Nyssa. Ein Beispiel der reichskirchlichen Heortologie. 2002.
Band
9 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zu Kirch- und Bischofsweihe (Sermones 336-340/A). Einleitung, revidierter Mauriner-Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2003.
Band 10 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zu den Büchern Exodus, Könige und Job (Sermones 6-12). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2003. Band 11 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zum Weihnachtsfest (Sermones 184-196). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2003. Band 12 Igor Pochoshajew: Die Seele bei Plato, Plotin, Porphyr und Gregor von Nyssa. 2004. Band 13 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zum Buch der Sprüche und Jesus Sirach (Sermones 35-41). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2004. Band 14 Daniel J. Jones: Christus Sacerdos in the Preaching of St. Augustine. Christ and Christian Identity. 2004. Band 15 Manuel Mira: Ideal ascético y antropología antiarriana en las homilías de Basilio Magno. 2004. Band 16 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zum österlichen Triduum (Sermones 218–229/D). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2006. Band 17 Andreas Spira: Kleine Schriften zu Antike und Christentum. Menschenbild – Rhetorik – Gregor von Nyssa. Herausgegeben von Hubertus R. Drobner. 2007. Band 18 Hans Feichtinger: Die Gegenwart Christi in der Kirche bei Leo dem Großen. 2007. Band 19 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zum Markusevangelium (Sermones 94/A-97). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2007. Band 20 Igor Pochoshajew: Gregory of Nyssa, De Beatitudinibus IV, Ad Ablabium and Adversus Macedonianos. English and German Translations and Studies. With the collaboration of David J. McCollough and Oliver Erckens. 2008.
Band 21 Notker Baumann: Die Demut als Grundlage aller Tugenden bei Augustinus. 2009. Band 22 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zu Neujahr und Epiphanie (Sermones 196/A-204/A). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2010. Band 23 Andrea Bizzozero: Il misterio pasquale di Gesù Cristo e l'esistenza credente nei Sermones di Agostino. 2010. Band 24 Hans-Bernd Krismanek: Das Briefkorpus Kyrills von Alexandrien als Quelle des antiken Mönchtums. Kirchenpolitik, Christologie und Pastoral. 2010. Band 25 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo – Sermones ad populum. Überlieferung und Bestand – Bibliographie – Indices: Supplement 2000-2010. 2010. Band 26 Hubertus R. Drobner: Augustinus von Hippo. Predigten zur Apostelgeschichte (Sermones 148-150). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen. 2012. Band 27 Robert Walz: Vorbereitung auf das Martyrium bei Cyprian von Karthago. Eine Studie zu Ad Fortunatum. 2013. www.peterlang.de