Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern [1 ed.] 9783428527564, 9783428127566

Vera Jungkind behandelt in ihrer Arbeit Probleme, die sich daraus ergeben, dass ein Verwaltungsakt sich nicht an einen P

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German Pages 304 Year 2008

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Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern [1 ed.]
 9783428527564, 9783428127566

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1108

Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern Von

Vera Jungkind

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

VERA JUNGKIND

Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1108

Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern

Von

Vera Jungkind

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität des Saarlandes hat diese Arbeit im Jahre 2007 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2008 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Werksatz, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-12756-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2007 von der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes als Dissertation angenommen. Meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Klaus Grupp, danke ich sehr herzlich für die engagierte Betreuung der Arbeit und die Erstellung des Erstgutachtens ebenso wie Herrn Prof. Dr. Ulrich Stelkens für vielfältige Anregungen und Unterstützung. Herrn Prof. Dr. Wilfried Fiedler gilt mein Dank für die Übernahme des Zweitgutachtens im Rahmen des Promotionsverfahrens. Ein ehrendes Andenken bewahre ich Herrn Prof. Dr. Peter J. Tettinger †, an dessen Institut ich während der Erstellung des Manuskripts beschäftigt war und dort über beste Arbeitsbedingungen verfügte. Ganz besonders herzlich danke ich schließlich meinem Mann, Herrn Matthias Jungkind, ebenso wie meinen Eltern für ihre ausdauernde und engagierte Unterstützung bei Erstellung und Publikation der Arbeit. Düsseldorf, im Juli 2008

Vera Jungkind

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

Erstes Kapitel Die Qualifizierung von Maßnahmen zwischen Hoheitsträgern als Verwaltungsakte A. Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 35 S. 1 VwVfG . . . . . . . . . . . . . I. Der gegenüber dem Bürger erlassene Verwaltungsakt als Leitbild des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der der Untersuchung zugrunde liegende Begriff des Hoheitsträgers . . 2. Ungerechtfertigte Konzentration auf den Bürger als Adressaten des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Berücksichtigung der Funktionen des Verwaltungsakts und des Willens der erlassenden Behörde bei der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . 29 I. Das Tatbestandsmerkmal „hoheitlich“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Das herkömmliche Verständnis der hoheitlichen Maßnahme als eine im Verhältnis öffentlich-rechtlicher Über- und Unterordnung erlassene Maßnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Historische Erklärung dieser Auffassung: Der Bürger als Untertan der Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3. Kritik: Kein genereller Ausschluss der zwischen Hoheitsträgern ergehenden Maßnahmen aus dem Anwendungsbereich der §§ 35 ff. VwVfG 33 II. Das Tatbestandsmerkmal „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ . . . . . . III. Das Tatbestandsmerkmal „auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Definition der unmittelbaren Außenwirkung . . . . . . . . . . . . 2. Problem der fehlenden Definition – unmittelbare Außenwirkung als Blankettbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Außenwirkung bei Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern . . .

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a) Verschiedenheit von Adressaten-Rechtsträger und Rechtsträger der handelnden Behörde als notwendiges Kriterium der Außenwirkung . 38 aa) Maßnahmen einer Behörde gegenüber einem anderen Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

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Inhaltsverzeichnis bb) Insbesondere: Maßnahmen der Rechtsaufsicht gegenüber Gemeinden und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Weisungen innerhalb desselben Rechtsträgers . . . . . . . . . . . . . . . dd) Maßnahmen zwischen Organen desselben Rechtsträgers . . . . . . (1) Die Inter- und Intraorganakte als Akte innerorganisatorischer Selbstgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Sonderfall des § 63 Abs. 2 HGO: Anordnung der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Die Ausnahme des sog. In-Sich-Verwaltungsakts: Außenwirkung auch bei Identität der beteiligten Rechtsträger . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Maßnahme einer Behörde gegenüber dem eigenen Rechtsträger als Verwaltungsakt (In-Sich-Verwaltungsakt) . (2) Der Verwaltungsakt einer Behörde gegenüber einem Dritten als Verwaltungsakt gegenüber dem eigenen Rechtsträger – Die Unteilbarkeit der Rechtsnatur einer Maßnahme . . . . . . . b) Die Inanspruchnahme des Adressaten-Rechtsträgers gerade in seiner Qualität als eigenständige Rechtspersönlichkeit als entscheidendes Kriterium der Außenwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Weisungen der Fachaufsichtsbehörde in staatlichen Auftragsangelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine Außenwirkung mangels Betroffenheit des Adressaten in eigenen (Selbstverwaltungs-)Rechten . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Außenwirkung bei fachaufsichtlichen Weisungen, die Rechtspositionen von Selbstverwaltungskörperschaften berühren . bb) Weisungen der Sonderaufsicht bei den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Mitwirkungshandlungen einer zweiten Behörde im Verwaltungsverfahren gegenüber dem Bürger – Außenwirkung gegenüber der federführenden Behörde? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Beispielsfälle und Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegenüber dem Bürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Keine Außenwirkung bei unselbständiger Mitwirkungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Unerheblichkeit der Bindungswirkung der Mitwirkungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Unerheblichkeit der Bekanntgabe der Mitwirkungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Rechtsschutzerwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Die Ausnahme der Außenwirkung bei selbständiger Mitwirkungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Die unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegenüber der federführenden Behörde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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(a) Beschränkung des Rechtskreises der federführenden Behörde durch das Mitwirkungsrecht einer zweiten Behörde 64 (b) Keine Außenwirkung bei Berücksichtigung der Funktionen des Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (c) Keine Außenwirkung auch bei selbständiger Mitwirkungshandlung der zweiten Behörde . . . . . . . . . . . . . . . 66 C. Ergebnis des ersten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Zweites Kapitel Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander in Rechtsprechung und Literatur A. Die Rechtsprechung zur Verwaltungsaktbefugnis bei Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Anwendbarkeit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes auf die Problematik der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . II. Die Erstattungs- und sonstigen Geldleistungsansprüche der Verwaltung gegen den Bürger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage . . . . . . . . . 2. Die Subordinationstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Kehrseitentheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die feststellenden Verwaltungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt bei Erstattungsansprüchen und sonstigen Geldleistungsansprüchen gegenüber Hoheitsträgern: Die Gleichordnungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das grundsätzlich fehlende Über- und Unterordnungsverhältnis (Subordinationsverhältnis) zwischen Hoheitsträgern als Kriterium für die Unzulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Verhältnis verschiedener Hoheitsträger zueinander als Verhältnis der Gleichordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Schluss von der Gleichordnung auf die Unzulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Ausnahmefall des Über- und Unterordnungsverhältnisses als Grund für die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die in der Rechtsprechung anerkannten Fälle eines Über- und Unterordnungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Über- und Unterordnungsverhältnis aufgrund gesetzlicher Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Begründung eines Über- und Unterordnungsverhältnisses aus der Natur der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Unterordnung des Adressaten-Hoheitsträgers unter die erlassende Behörde aufgrund seiner Vergleichbarkeit mit einer Privatperson . . .

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Inhaltsverzeichnis d) Die Unterordnung des Adressaten-Hoheitsträgers unter die erlassende Behörde aufgrund der Vornahme einer fiskalischen Tätigkeit . . . . . . 2. Der Schluss von dem Über- und Unterordnungsverhältnis auf die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Rückgriff der Rechtsprechung auf die zur Verwaltungsaktbefugnis bei Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen entwickelte Argumentation . . 1. Ausdrückliche Bezugnahme auf die Rechtsprechung zur Verwaltungsaktbefugnis bei gegenüber Privatpersonen erlassenen Verwaltungsakten 2. Die Austauschbarkeit der Argumentation: Rückübertragung der zu Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern entwickelten Rechtsprechung auf Verwaltungsakte gegenüber Privatpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

C. Die Rechtsprechung zu den feststellenden Verwaltungsakten: Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für feststellende Verwaltungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Herleitung dieses Erfordernisses: Der Vorbehalt des Gesetzes . . . . . . . III. Ausdrückliche Übernahme der zu feststellenden Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen ergangenen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Kritische Würdigung der Rechtsprechung: Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes als Maßstab für die Zulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern I. Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für grundrechtsrelevante Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) „Eingriffe in Freiheit und Eigentum“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) „Grundrechtswesentliche“ Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung für andere „wesentliche“ Entscheidungen ohne Grundrechtsrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die spezialgesetzlichen organisatorischen Gesetzesvorbehalte . . . . . b) Sonstige nicht grundrechtsbezogene wesentliche Entscheidungen . . II. Die Anwendbarkeit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes auf die Problematik der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Geltung des Vorbehalts des Gesetzes gegenüber Hoheitsträgern als Grundrechtsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Hoheitsträger als Träger von Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die fehlende Grundrechtsberechtigung von Hoheitsträgern . . . bb) Sonderfälle der Grundrechtsberechtigung einzelner Hoheitsträger bezüglich einzelner Grundrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Unanwendbarkeit des Vorbehalts des Gesetzes für grundrechtsrelevante Tätigkeiten auf die vorliegende Problematik . . . . . . . . . . . 2. Die institutionellen Gesetzesvorbehalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis a) Der Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Reichweite des Gesetzesvorbehalts für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Gesetzesvorbehalt als Ausgestaltungsvorbehalt . . . . . (2) Der Gesetzesvorbehalt als Eingriffsvorbehalt . . . . . . . . . . bb) Kritische Würdigung der Behandlung der Problematik als Aspekt des Gesetzesvorbehalts für Eingriffe in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Parallelität der Gesetzesvorbehalte für Eingriffe in Grundrechte und das kommunale Selbstverwaltungsrecht . . . . . . (2) Pflicht zur Anfechtung rechtswidriger Verwaltungsakte . . cc) Die Grenzen der Anwendbarkeit des Vorbehalts des Gesetzes für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht . . . . . . . . (1) Kein Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht durch begünstigende Verwaltungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „Numerus clausus“ der Selbstverwaltungsgarantien im Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die institutionellen Gesetzesvorbehalte für die Regelung der Verwaltungszuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gesetzesvorbehalt für die originäre Festlegung wesentlicher behördlicher Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Kein Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in Zuständigkeiten . . . . . E. Kritische Würdigung der Gleichordnungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Unzulänglichkeit des Kriteriums der Gleichordnung . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entbehrlichkeit des Gleichordnungsverhältnisses als Kriterium für die Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Untauglichkeit der bisher verwendeten Kriterien für die Gleichordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Unzulänglichkeit der Kriterien für die Ausnahmen zur Gleichordnung 1. Subordination aufgrund gesetzlicher Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Subordination aus der Natur der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Subordination aufgrund der Vergleichbarkeit des Adressaten-Hoheitsträgers mit einer Privatperson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Drittes Kapitel Unzulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern im Gefahrenabwehrrecht: Keine formelle Polizeipflicht

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A. Das Problem der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 I. Die materielle Polizeipflicht von Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

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Inhaltsverzeichnis II. Der Grundsatz der fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern 1. Eingriff in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des AdressatenHoheitsträgers durch polizeiliche Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kein Eingriff beim Unberührtlassen der hoheitlichen Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern in Ausnahmefällen . . . 4. Die Argumente für die grundsätzlich fehlende formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das selbständige Nebeneinander von Polizeibehörden und sonstigen Verwaltungsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bindung des polizeipflichtigen Hoheitsträgers an Gesetz und Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bei Gemeinden: Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die Zuständigkeit der Kommunalaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Vergleich mit der Argumentation zur Unzulässigkeit von Leistungsbescheiden und feststellenden Verwaltungsakten . . . . . . . . . 1. Das Abstellen auf den Vorrang des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Abstellen auf die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Kritische Würdigung der Rechtsprechung und Literatur zur fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Zuständigkeit und Verpflichtung des störenden Hoheitsträgers zur Beseitigung polizeirechtswidriger Zustände – die materielle Polizeipflicht . . 1. Materielle Polizeipflicht aufgrund besonderer gesetzlicher Regelungen 2. Keine materielle Polizeipflicht aufgrund der landesrechtlichen Polizeiund Ordnungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Materielle Polizeipflicht als Folgerung aus der Kompetenzverteilung . II. Die fehlende formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Unzuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden zur Abwehr der von Hoheitsträgern ausgehenden Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Eingriff in die Zuständigkeit des störenden Hoheitsträgers zur Gefahrenabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Schlussfolgerungen für die weitere Untersuchung der Zulässigkeit von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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Viertes Kapitel Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Problem des Vorrangs des Gesetzes A. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für den Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern aufgrund des Vorrangs des Gesetzes . . . I. Die Lehre vom Vorrang des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Vorrang des Gesetzes als Bindungsklausel und Kollisionsnorm . . 2. Die Einschränkung des Vorrangs des Gesetzes aus Gründen der Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Eingriff in die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenzund Finanzmittelaufteilung durch den Erlass von Verwaltungsakten . . . . . 1. Die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenzverteilung zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . a) Die Kompetenzverteilung zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Problem der Verbandskompetenz . . . . . . . . . . . . . b) Die Abgrenzung der Verbandskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Begründung und Begrenzung der Handlungsbefugnisse eines Verwaltungsträgers durch die Zuständigkeitsordnung . . . . . . . . . . . . . . 2. Die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Finanzmittelaufteilung zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . a) Das verwaltungsorganisationsrechtliche Vermögensrecht . . . . . . . . b) Die Zweckbindung des Verwaltungsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Eingriff in diese Kompetenz- und Finanzmittelverteilung durch den Erlass von Verwaltungsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kompetenz- und Vermögensverschiebungen durch materiell bestandskräftige Verwaltungsakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der belastende Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der rechtswidrige Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der rechtmäßige Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Einheitliche Lösung für alle Verwaltungsakte unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der begünstigende Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Keine Differenzierung zwischen begünstigenden und belastenden Verwaltungsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die eingeschränkte materielle Bestandskraft von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufhebungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die Pflicht zur Anfechtung rechtswidriger Verwaltungsakte (2) Die eingeschränkte Anwendbarkeit der §§ 48 ff. VwVfG .

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Inhaltsverzeichnis (a) Vertrauensschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Wegfall der Bereicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Jahresfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abweichungsverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der Eingriff in die gesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die fehlende Sanktionierbarkeit der Nichtbeachtung der Hoheitsträgern auferlegten Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die verjährungshemmende Wirkung des Erlasses eines Verwaltungsakts (§ 53 VwVfG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Notwendigkeit der gesetzlichen Ermächtigung für den durch Verwaltungsakt bewirkten Eingriff in die gesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Befugnis des Gesetzgebers, die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt vorzusehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Ermächtigung durch den Gesetzgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Vorrang der gesetzlichen Regelung der Zuständigkeits- und Finanzordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Abwägung von Rechtssicherheit und Gesetzmäßigkeit . . . . . . . c) Der Verwaltungsakt als Fremdkörper im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Vergleich mit anderen Durchbrechungen der Zuständigkeitsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Der Verwaltungsakt als Maßnahme besonderer Autorität . . . . . . . .

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung für die Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die nur auf das Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander bezogenen Ermächtigungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Auslegung der gesetzlichen Ermächtigungsnorm . . . . . . . . . . . . . a) Kein Schluss von der materiellrechtlichen Befugnis auf die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die zu verwendenden Auslegungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Die teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beispiele für nicht zum Erlass eines Verwaltungsakts ermächtigende Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Beispiele für eine durch Auslegung zu ermittelnde Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

160 161 162 163 165 166 166 167

171 171 173 173 174 175 176 178 179 179 180 180 181 181 181 182 183 183 185

Inhaltsverzeichnis a) Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kreisumlage und Zweckverbandsumlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kommunalaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Allgemeine Körperschaftsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Sonstige Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die in Bezug auf ihren Adressaten offenen Ermächtigungsgrundlagen . . . 1. Das Erfordernis einer spezifischen Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsakts gerade auch gegenüber einem Hoheitsträger . . . . . . . . . . 2. Untersuchung einiger häufig verwendeter Normen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Festsetzung von Abgaben gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . aa) Der Umkehrschluss aus Befreiungstatbeständen zugunsten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . bb) Die Anknüpfung an die Eigentümerstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Eintritt in die Stellung einer Privatperson . . . . . . . . . . . . . . b) Verwaltungsakte gegenüber Hoheitsträgern im Bereich des Naturschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Die Verpflichtung zur Unterlassung vermeidbarer Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft bzw. zu Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen (§ 19 Abs. 1 und 2 BNatSchG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Naturschutzrechtliche Befreiungen nach § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausnahmegenehmigungen vom Biotopschutz gem. § 30 Abs. 2 BNatSchG iVm den landesrechtlichen Ausnahmeregeln . . . . . C. Das Problem der Entbehrlichkeit einer (spezifischen) Ermächtigung bei fehlendem Eingriff in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des AdressatenHoheitsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Verwaltungsakte, die keinen Eingriff in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers bewirken sollen . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Fiskalische Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers . . . . . . . . . . . . . . a) Der Begriff der fiskalischen Tätigkeit eines Hoheitsträgers . . . . . . b) Beispiele für die fiskalische Tätigkeit eines Hoheitsträgers . . . . . . 2. Unberührtlassen der hoheitlichen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Betroffenheit der hoheitlichen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kein Eingriff in die hoheitliche Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erfordernis einer (spezifischen) Ermächtigungsnorm auch für den Erlass von Verwaltungsakten gegenüber dem fiskalischen Handeln eines Hoheitsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Unentbehrlichkeit einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage . . . 2. Die an die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zu stellenden Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 185 186 188 189 190 192 193 194 194 195 196 197 197

197 198 199

200 200 201 201 202 203 203 204

206 206 207

D. Ergebnis des vierten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

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Inhaltsverzeichnis Fünftes Kapitel Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen im Falle der Zulässigkeit des Verwaltungsakts

A. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Anhörung (§ 28 VwVfG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Wortlaut des § 28 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Anhörung und ihre Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Begründung (§ 39 VwVfG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Funktionen der Begründung und ihre verfassungsrechtliche Fundierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahmen von der Begründungspflicht wegen besonderer Sach- und Rechtskunde des adressierten Hoheitsträgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Ausnahme des § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausnahme von der Begründung von Ermessensentscheidungen bei intendiertem Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die inhaltliche Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . I. Die Rechtsbehelfsbelehrung (§ 58 VwGO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Keine generelle Pflicht zur Belehrung von Hoheitsträgern über die gegen Verwaltungsakte einzulegenden Rechtsbehelfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Rechtsfolgen der gegenüber einem Hoheitsträger nicht oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Kenntnis des Adressaten-Hoheitsträgers von den gegen einen Verwaltungsakt einzulegenden Rechtsbehelfen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Unbeachtlichkeit der tatsächlichen Kenntnis der Rechtsbehelfe II. Die nur eingeschränkte Vollstreckbarkeit aus gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Vollstreckung aus Gerichtsurteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vollstreckung aus Gerichtsurteilen, die zur Begleichung einer Geldforderung verpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verwaltungsgerichtliche Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zivilgerichtliche Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vollstreckung aus Gerichtsurteilen, die zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verwaltungsgerichtliche Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zivilgerichtliche Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Vollstreckung aus öffentlich-rechtlichen Verträgen wegen der Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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211 211 212 213 215 216 217 218 219 221 222 222 222 223 224 225 226 227 227 227 229 229 229 232 232

Inhaltsverzeichnis a) Die Anwendbarkeit des § 61 VwVfG auf zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts geschlossene Verwaltungsverträge . . b) Die auf die Vollstreckung aus einem zwischen zwei Hoheitsträgern geschlossenen Verwaltungsvertrag anwendbaren Vorschriften . . . . 3. Die Vollstreckung von Verwaltungsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vollstreckung von Leistungsbescheiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darstellung und Vergleich der bestehenden Regelungen des Bundes- und Landesrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Rechtslage bei fehlender Regelung der Zulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Die fehlende Regelung der Vollstreckung gegenüber Bund und Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Das vollständige Fehlen einer Regelung der Verwaltungsvollstreckung gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vollstreckung von Verwaltungsakten, die zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Darstellung der vorhandenen Regelungen des Bundes- und Landesrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Rechtslage bei fehlender Regelung der Zulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die uneingeschränkte Rücknehmbarkeit von rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die anstelle eines zulässigen Verwaltungsakts in Frage kommenden alternativen Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der öffentlich-rechtliche Vertrag als Alternative zum Zuwendungsbescheid 1. Die Zulässigkeit und Praktikabilität des öffentlich-rechtlichen Subventionsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Zulässigkeit des Vertrages gem. § 54 VwVfG . . . . . . . . . . . . . b) Die Praktikabilität des öffentlich-rechtlichen Subventionsvertrags . 2. Die Vor- und Nachteile des Vertrages für die betroffenen Hoheitsträger a) Die Vorteile für den leistungsempfangenden Hoheitsträger . . . . . . b) Die Vorteile für den leistungsgewährenden Hoheitsträger . . . . . . . . II. Die Leistungsklage als Alternative zum Verwaltungsakt – Problem des Rechtsschutzbedürfnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Verwaltungsakt als einfachere und effektivere Rechtsschutzmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Rechtsschutzbedürfnis bei der Leistungsklage zur Erwirkung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17 232 234 235 236 236 237 237 239 240 240 241 243 244 245 245 245 248 248 248 249 250 250 252

D. Ergebnis des fünften Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252

18

Inhaltsverzeichnis Sechstes Kapitel Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

A. Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts . . . . . . . . I. Die Rechtswidrigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Rechtswidrigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts in Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Nachteile eines „nur“ rechtswidrigen Verwaltungsakts . . . . . . . . . 3. Möglichkeiten zur Kompensation der Nachteile der bloßen Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Unzulässigkeit des Verwaltungsakts – kein besonders schwerwiegender Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Nichtigkeit wegen Unzuständigkeit der handelnden Behörde als Vergleichsgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Vergleichbarkeit der Unzuständigkeit der handelnden Behörde mit ihrer fehlenden Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts . . . aa) Argumente für eine Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Argumente gegen eine Vergleichbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Unzulässigkeit des Verwaltungsakts – kein offensichtlicher Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die für die Offensichtlichkeit des besonders schwerwiegenden Fehlers maßgebliche Sicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der herkömmliche Maßstab des aufmerksamen und verständigen Staatsbürgers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der hier erforderliche Maßstab des „typisierten Verwaltungsträgers“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine Offensichtlichkeit wegen der rechtlichen Komplexität der Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die der handelnden Behörde anstelle des Verwaltungsakts zulässigerweise zustehenden Handlungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Geltendmachung von Geldforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schlichte Zahlungsaufforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Leistungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Feststellung von Rechtsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtlich unverbindliche Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Gewährung von Zuwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Beseitigung von Gefahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtlich unverbindliches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufforderung der Aufsichtsbehörde, gegen den störenden Hoheitsträger vorzugehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

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3. Verweis des Bürgers auf die Leistungsklage gegen den störenden Hoheitsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 4. Leistungsklage der Gefahrenabwehrbehörde gegen den störenden Hoheitsträger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 5. Öffentlich-rechtlicher Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 C. Ergebnis des sechsten Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 Schlussbetrachtung und Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 Anhang: Zusammenstellung der Vorschriften über die Vollstreckung aus Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

Abkürzungsverzeichnis Die verwendeten Abkürzungen – mit Ausnahme der unten aufgeführten – entsprechen den amtlichen Gesetzesabkürzungen bzw. denen in: Kirchner, Hildebert / Butz, Cornelie, Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 5. Aufl., Berlin, 2003. aA aE aF Bay. KostenG BDiszG BT-Drs. bzw. ders. dies. etc. evtl. gem. ggf. HandwO hM HS idR iSd iVm juris KritV Losebl. nF o. g. Saarl. Schl.-H. sog. u. ä. v. Verf. Vorb. z. T. zit. zugl.

anderer Ansicht am Ende alte Fassung Bayerisches Kostengesetz Bundesdisziplinargericht Bundestags-Drucksache beziehungsweise derselbe dieselbe(n) et cetera eventuell gemäß gegebenenfalls Handwerksordnung herrschende Meinung Halbsatz in der Regel im Sinne der / des in Verbindung mit Juristisches Informationssystem Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Loseblattsammlung neue Fassung oben genannte(r, s, n) Saarland, saarländisch Schleswig-Holstein sogenannte(r, n) und ähnliches von / vom Verfasserin Vorbemerkung(en) zum Teil zitiert zugleich

Einleitung „Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern“ sind Verwaltungsakte, die von der Behörde eines Hoheitsträgers gegenüber einem anderen Hoheitsträger erlassen werden. Dabei richtet sich die Definition des Verwaltungsakts – wie auch sonst – nach der Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG. Unter „Hoheitsträgern“ sind juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnehmen, zu verstehen. Diese für Verwaltungsakte spezielle Konstellation, in der ein Hoheitsträger die üblicherweise dem Bürger vorbehaltene Position einnimmt, ist in Rechtsprechung und Literatur bislang nicht berücksichtigt worden. Mit der Definition Otto Mayers vom Verwaltungsakt als „einem der Verwaltung zugehörigen obrigkeitlichen Ausspruch, der dem Untertanen im Einzelfall bestimmt, was für ihn Rechtens sein soll“ 1 im Hinterkopf könnte man sogar geneigt sein, die Existenz der „Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern“ zu bestreiten. In der Praxis treten diese Fälle jedoch mit gewisser Häufigkeit auf, so beispielsweise die Festsetzung eines Wochenmarkts zugunsten einer Gemeinde gem. § 69 GewO 2, die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gegenüber einer Gemeinde durch Leistungsbescheid 3 oder die kommunalaufsichtliche Anordnung gegenüber einer Gemeinde, eine Haushaltssatzung zu beschließen 4 oder die Stelle einer Gleichstellungsbeauftragten zu schaffen 5. Werden Streitigkeiten zwischen den betroffenen Hoheitsträgern vor die Gerichte gebracht, ist die Rechtsprechung gezwungen, einzelne Probleme einer Lösung zuzuführen. Die Literatur hat diese Rechtsprechung bisher weder systematisiert noch in einen größeren Zusammenhang eingeordnet und dogmatisch untermauert. Einzelne Arbeiten befassen sich unter dem Stichwort „formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern“ lediglich mit Teilaspekten der Problematik und konzentrieren sich auf die Besonderheiten des Gefahrenabwehrrechts. 6

1

Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 9, S. 93; Hervorhebung der Verf. VGH Kassel, NVwZ-RR 2003, 345. 3 VGH München, NVwZ 2000, 83. 4 VG Dessau, LKV 2003, 293. 5 VG Minden, NWVBl. 1997, 405. 6 Beispielhaft seien aus neuerer Zeit hier genannt Delbrück, Die Umweltpflichtigkeit der öffentlichen Verwaltung, 1992, für das Umweltrecht und Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen gegen hoheitliche Anlagenbetreiber, 1999, für das Immissionsschutzrecht. 2

22

Einleitung

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist daher die umfassende Darstellung der Probleme, die sich überhaupt im Zusammenhang mit dem Phänomen „Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern“ ergeben können, die kritische Würdigung teilweise vorhandener Lösungen und die Entwicklung eines generellen Lösungsansatzes. Dabei ist in einem ersten Schritt zu klären, unter welchen Umständen eine gegenüber einem Hoheitsträger ergehende Maßnahme als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, inwiefern diese Maßnahme also die Tatbestandsmerkmale des § 35 S. 1 VwVfG erfüllt (1. Kap.). In einem zweiten Schritt, und darin liegt der Schwerpunkt der Arbeit, ist zu untersuchen, wann es einem Hoheitsträger gestattet ist, die Handlungsform des Verwaltungsakts gegenüber einem anderen Hoheitsträger zu verwenden, wann die Handlungsform Verwaltungsakt also zulässig, d. h. rechtmäßig, ist (2. bis 4. Kap.). Daran schließt sich die Behandlung der Frage an, welche sonstigen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für einen nach diesen Maßstäben zulässigen Verwaltungsakt gelten und welche spezifischen Rechtsfolgen er nach sich zieht, insbesondere inwieweit die Vollstreckung aus Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern möglich ist (5. Kap.). Schließlich ist auch von Interesse, welche Rechtsfolge – Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit – bei einem nach diesen Maßstäben unzulässigen Verwaltungsakt eintritt und welche alternativen Handlungsformen der Verwaltung zur Verfügung stehen (6. Kap.). Bei der Beantwortung jeder dieser Fragen kann es nicht darum gehen, einfach die Antworten zu übernehmen, die für die bei gegenüber dem Bürger erlassenen Verwaltungsakten zum Teil parallel auftretenden Fragen existieren. Stattdessen ist deren Übertragbarkeit auf das Verhältnis zweier Hoheitsträger jeweils gesondert zu überprüfen, ggf. sind abweichende Lösungswege aufzuzeigen. Ein besonderes Anliegen der Untersuchung ist es, entgegen der oben genannten bisherigen Vorgehensweise einiger Autoren die Problematik der „Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern“ im Bereich des Allgemeinen Verwaltungsrechts bzw. des Verwaltungsorganisationsrechts 7 anzusiedeln und somit Aussagen treffen zu können, die für alle Bereiche des Besonderen Verwaltungsrechts und damit auch für das Gefahrenabwehrrecht Geltung beanspruchen. Dies schließt es nicht aus, nach dem Fachrecht oder in besonderen Fallkonstellationen abweichende Lösungen zuzulassen. Wegen der enormen Zahl der Fachgebiete und der zunehmenden Spezialisierung der Verwaltung beispielsweise im Umweltrecht 8 erlaubt jedoch allein dieser Ansatz, einer unübersehbaren Kasuistik vorzubeugen. Besonderer Wert wird, insbesondere im 4. Kap. B. bezüglich der Befugnis der Verwaltung, die Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Hoheitsträgern zu verwenden, darauf gelegt, Auslegungshilfen für Rechtsnormen anzubieten, die 7 Auch Frotscher, JuS 1997, L 49, 51 und Wallerath / Strätker, JuS 1999, 127, 130 sehen das Problem der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern als Problem des Verwaltungsorganisationsrechts an. 8 Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., § 1 Rn. 24.

Einleitung

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eine vergleichbare Handhabung der verschiedenen Rechtsgebiete erleichtern und über die Lebenszeit einzelner Normen hinaus gültig sind. Auch werden Ausführungen zu den Handlungsformen gemacht, die der Verwaltung in dem Fall, in dem die Verwendung des Verwaltungsakts unzulässig ist, zur Verfügung stehen (6. Kap. B.). Des Weiteren werden alle Vorschriften des Bundes- und des Landesrechts, die die Vollstreckung von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern regeln, zusammengestellt (Anhang). Nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist hingegen der Inhalt der behandelten Verwaltungsakte, so dass es hier beispielsweise nicht darauf ankommt, ob die durch Leistungsbescheid geltend gemachten Erstattungs- und Ausgleichsansprüche tatsächlich bestehen oder die Verweigerung einer Genehmigung oder die Anordnung zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen materiell rechtmäßig ist. Ebenso wenig wird behandelt, welche Zuständigkeiten einzelnen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zustehen und wie die Zuständigkeitsbereiche verschiedener Hoheitsträger im Einzelnen voneinander abzugrenzen sind. Vielmehr möchte sich die Arbeit mit der hinter den oben aufgezählten Einzelfragen stehenden Grundproblematik auseinandersetzen, inwiefern der Verwaltungsakt, der zur Regelung von zwischen Hoheitsträgern bestehenden Rechtsverhältnissen verwendet wird, als Handlungsform die nach materiellrechtlichen Vorschriften schon bestimmte Rechtslage beeinflusst und beeinflussen darf.

Erstes Kapitel

Die Qualifizierung von Maßnahmen zwischen Hoheitsträgern als Verwaltungsakte Ob eine zwischen Hoheitsträgern ergehende Maßnahme als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann, ist nach dem Vorliegen der Tatbestandsmerkmale der Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG zu beurteilen. Danach ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. 1

A. Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 35 S. 1 VwVfG Die Subsumtion unter diese Tatbestandsmerkmale kann sich aber unter Umständen als schwierig erweisen. Denn es stellt sich das Problem, dass sich die gängigen Definitionen der einzelnen Tatbestandsmerkmale am Leitbild des gegenüber einem Bürger erlassenen Verwaltungsakts orientieren (I.) und daher für den hiesigen Zusammenhang zum Teil neu gefasst werden müssen. Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Legaldefinition sind Funktionen und Rechtsfolgen des Verwaltungsakts sowie der Wille der erlassenden Behörde, sich der Handlungsform Verwaltungsakt zu bedienen, zu berücksichtigen (II.).

I. Der gegenüber dem Bürger erlassene Verwaltungsakt als Leitbild des Verwaltungsakts Die Rechtsfigur des gegenüber einem Hoheitsträger ergehenden Verwaltungsakts wird in weiten Teilen der Literatur nicht eigens behandelt.

1 Identische Legaldefinitionen enthalten § 31 S. 1 SGB X und § 118 S. 1 AO 1977 und die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder mit Ausnahme von § 106 Abs. 1 LVwG Schleswig-Holstein, wo es anstelle von hoheitlicher Maßnahme öffentlich-rechtliche Maßnahme heißt.

A. Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 35 S. 1 VwVfG

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1. Der der Untersuchung zugrunde liegende Begriff des Hoheitsträgers Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung ist unter „Hoheitsträger“ eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnimmt, zu verstehen. Die Begriffe „Verwaltungsträger“ und „Träger öffentlicher Verwaltung“ sind synonym. 2 Hoheitsträger sind demnach in erster Linie der Bund und die Länder (originäre Verwaltungsträger) sowie die Gemeinden und Gemeindeverbände, aber auch Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Universitäten, Sozialversicherungsträger und sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. 3 Hingegen werden Beliehene, d. h. Privatpersonen, denen bestimmte Verwaltungsaufgaben zur selbständigen hoheitlichen Wahrnehmung übertragen werden und die dadurch Verwaltungsträger sind 4, und die Unternehmen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die in den Rechtsformen des Privatrechts organisiert sind 5, aus der Betrachtung ausgeklammert. Keine Hoheitsträger im hier verwendeten Sinne sind auch die Kirchen, die gem. Art. 140 GG iVm Art. 137 Abs. 5 WRV Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Denn zum einen sind sie nicht vom Staat geschaffen und nicht in die Staatsverwaltung eingegliedert, und zum anderen nehmen sie in ihrem Eigenbereich weder staatliche Aufgaben wahr noch üben sie staatliche Gewalt aus. 6 2. Ungerechtfertigte Konzentration auf den Bürger als Adressaten des Verwaltungsakts Die Ausführungen über den Verwaltungsakt in Lehrbüchern und Kommentaren vernachlässigen den gegenüber einem Hoheitsträger ergehenden Verwaltungsakt zwar nicht dergestalt, dass sie seine Behandlung ausdrücklich ausklammern. Sie lassen die Identität des Regelungsadressaten eines Verwaltungsakts in der Regel vielmehr offen 7 und konzentrieren sich auf den Bürger als Adressaten des Verwaltungsakts. 8 Dem entspricht, dass die Zahl der gegenüber Hoheitsträgern ergehen2

Ebenso Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 3. Vgl. die Aufzählungen bei Frotscher, JuS 1997, L 49, 50; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 23 Rn. 30 ff. 4 Frotscher, JuS 1997, L 49, 50; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 21 Rn. 11; Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 9 Rn. 24. 5 Siehe hierzu Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 21 Rn. 15 ff.; Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 9 Rn. 7 ff. 6 BVerfGE 21, 362, 374; 18, 385, 386 f.; 19, 1, 5; 42, 312, 321 f.; BVerwGE 68, 62, 64; OVG Saarlouis, NVwZ 1992, 72, 73. 7 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 9 ff.; Janßen, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 35 Rn. 9 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 25 ff. 3

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

den Verwaltungsakte naturgemäß erheblich geringer sein muss als die der gegenüber Bürgern ergehenden Verwaltungsakte. Andererseits können juristische Personen auch des öffentlichen Rechts gem. § 11 Nr. 1, 2. Alt. VwVfG Beteiligte des Verwaltungsverfahrens sein, das auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet ist (§ 9 VwVfG). 9 Die Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG nennt den Adressaten des Verwaltungsakts nicht 10 und § 41 Abs. 1 VwVfG, der den Verwaltungsakt als einseitige, im Regelfall empfangsbedürftige Willenserklärung ausgestaltet 11, sagt über dessen Empfänger nichts aus. Der Kreis der möglichen Adressaten eines Verwaltungsakts ist damit nicht schon kraft Gesetzes auf Privatpersonen beschränkt. Des Weiteren ist nicht bestritten, dass gewisse, im Verhältnis zweier Hoheitsträger zueinander ergehende Maßnahmen als Verwaltungsakte qualifiziert werden können, so z. B. die Maßnahmen der Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber der beaufsichtigten Gemeinde. 12 Daher ist es nicht gerechtfertigt, „Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern“ unberücksichtigt zu lassen, zumal sich angesichts der rechtlichen Verschiedenheit von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und natürlichen und juristischen Personen des Privatrechts nicht annehmen lässt, der gegenüber einem Hoheitsträger erlassene Verwaltungsakt sei im Rahmen der Ausführungen zu gegenüber dem Bürger erlassenen Verwaltungsakten gleichsam mitbehandelt.

II. Berücksichtigung der Funktionen des Verwaltungsakts und des Willens der erlassenden Behörde bei der Auslegung Mit der Qualifizierung einer Maßnahme als Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG wird die Entscheidung getroffen, dass die Rechtsfolgen, die das Gesetz, insbesondere das VwVfG, an das Tatbestandsmerkmal „Verwaltungsakt“ knüpft, eintreten sollen. Umgekehrt ist die Legaldefinition daran zu messen, ob das dort als Verwaltungsakt Definierte geeigneter Anknüpfungspunkt für die 8 Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 12 Rn. 46; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., Vor § 35 Rn. 14 ff., 38 ff.; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 9 Rn. 40 f.; ausdrücklich benannt und behandelt wird der gegenüber einem anderen Hoheitsträger ergehende Verwaltungsakt nach meiner Kenntnis nur von Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 241 ff., und P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 113 ff. 9 Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 11 Rn. 15; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 11 Rn. 6; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 11 Rn. 5; Riedl, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 11 Rn. 7, 9. 10 Meyer, in: Meyer / Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 35 Rn. 29. 11 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 41 Rn. 4 a. 12 Siehe unten B. III. 3. a) bb) (S. 40 f.).

A. Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 35 S. 1 VwVfG

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vom Gesetz vorgesehenen Funktionen des Verwaltungsakts ist. 13 Diese Funktionen sind die Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion, die bedeutet, dass durch den materiellen 14 Verwaltungsakt eine allgemeine, in der Regel gesetzliche Regelung mit Bindungswirkung auf den Einzelfall umgesetzt wird; 15 die Titelfunktion, die die Vollstreckbarkeit des Verwaltungsakts im Verwaltungsvollstreckungsverfahren nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen garantiert; 16 die Rechtsgrundfunktion, die besagt, dass der Verwaltungsakt den Nachweis einer Rechtsstellung vermittelt und den „Durchgriff“ auf das materielle Recht abschneidet; 17 die verfahrensrechtliche Funktion, nach der der Verwaltungsakt auf das Verfahren zurückwirkt, die Verfahrensrechte der §§ 9 ff. VwVfG gewährleistet und das Verwaltungsverfahren formell zum Abschluss bringt, 18 und schließlich die verwaltungsprozessuale Funktion, die die Ausgestaltung des Rechtsschutzes im Einzelnen bestimmt. 19 Neben den Funktionen und Rechtsfolgen des Verwaltungsakts ist bei der Auslegung einer behördlichen Maßnahme auch der Wille der erlassenden Behörde, durch Verwaltungsakt zu handeln, zu berücksichtigen. Ob ein Verwaltungsakt vorliegt, ist nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu bestimmen, die für die Auslegung von Willenserklärungen allgemein gelten. Insoweit sind § 133 BGB und, da der Verwaltungsakt im Regelfall eine empfangs13

Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 4 a; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 24. 14 Materielle Verwaltungsakte sind Maßnahmen, die alle Tatbestandsmerkmale der Legaldefinition des § 35 VwVfG erfüllen; hingegen werden als rein formelle Verwaltungsakte diejenigen Maßnahmen bezeichnet, die z. B. aufgrund einer Rechtsbehelfsbelehrung oder der Kennzeichnung als „Bescheid“ ihrer Form nach von ihrem Adressaten als Verwaltungsakt verstanden werden müssen, ohne den Kriterien des § 35 VwVfG gerecht zu werden; vgl. P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 24. 15 Siehe hierzu im Einzelnen Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 6; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 24a ff.; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 9 Rn. 40 f.; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., Vor § 35 Rn. 26 ff. 16 Siehe hierzu im Einzelnen Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 7; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., Vor § 35 Rn. 35; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 30 ff. Soweit juristische Personen des öffentlichen Rechts Regelungsadressaten eines Verwaltungsakts sind, ist jedoch zu beachten, dass der Verwaltungsakt als Vollstreckungstitel nur eine eingeschränkte Rolle spielt, siehe hierzu 5. Kap. B. II. 3. (S. 235 ff.). 17 Siehe hierzu im Einzelnen P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 30 c; VGH Mannheim, NVwZ 1991, 79, 80. 18 Siehe hierzu im Einzelnen Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 8; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 31; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 9 Rn. 37. 19 Siehe hierzu im Einzelnen Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 8; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 34; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 9 Rn. 38.

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

bedürftige Willenserklärung darstellt (§ 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG) 20, § 157 BGB entsprechend anwendbar. 21 Dabei ist der die ganze Rechtsordnung durchziehende Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch im Verhältnis von Behörden zueinander maßgeblich. 22 Die Rechtsprechung legt, wie die nachfolgend zitierten Urteile zeigen, zur Auslegung von Maßnahmen zwischen Hoheitsträgern dieselben Maßstäbe an wie in den Fällen, in denen die Behörde gegenüber einem Bürger tätigt wird. Entscheidend für die Bedeutung der Erklärung ist damit auch hier nicht der innere Wille des Sachbearbeiters, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Adressat von seinem Standpunkt aus bei verständiger Würdigung verstehen kann. Es kommt also auf den objektiven Erklärungswert für den Empfänger an, nicht auf sein konkretes subjektives Verständnis. 23 Eine Auslegung gegen den erklärten und erkennbaren Willen der Behörde ist allerdings nicht möglich. 24 Abzustellen ist zunächst auf den Wortlaut der Maßnahme. 25 Auch die Verwaltungspraxis kann für die Auslegung eine Rolle spielen; z. B. spricht für das Vorliegen eines Verwaltungsakts im Einzelfall, dass Zuwendungen von der betreffenden Behörde generell durch Zuwendungsbescheid vergeben werden. 26 Weiterer Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Verwaltungsakts kann unter dem Gesichtspunkt der Formenklarheit die äußere Form der Maßnahme sein, insbesondere die Bezeichnung als Bescheid und das Beifügen einer Rechtsbehelfsbelehrung. 27 Dadurch wird für den Adressaten, auch wenn das Schreiben ansonsten in einem verbindlichen Ton formuliert ist, 28 unmissverständlich deutlich, dass die erlassende Behörde das Recht zur hoheitlichen Regelung des zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsverhältnisses durch Verwaltungsakt in Anspruch nimmt. 29 Das Fehlen einer Rechtsbehelfsbelehrung spricht aber z. B. dann nicht gegen das Vorliegen eines Verwaltungsakts, wenn die fragliche Maßnahme zusammen mit einer zweifellos einen Verwaltungsakt darstellenden Entscheidung erging, der auch die Rechtsbehelfsbelehrung fehlt. 30 Auch ein beigefügtes Rechtsgutachten, das die Auffassung der Behörde stützen soll, kann für einen Verwaltungsakt sprechen. 31 20 21

P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 41 Rn. 4 a. Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl., § 133 Rn. 1, 4, 9; BVerwG, NJW 1976, 303,

304. 22

OVG Münster, NVwZ 1985, 118, 119. OVG Münster, NVwZ 1985, 118 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 18; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 43. 24 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 43; VGH Mannheim, NVwZ 1991, 79, 80. 25 OVG Koblenz, NVwZ 1988, 945. 26 OVG Koblenz, NVwZ 1988, 945; Weides, NJW 1981, 841, 844. 27 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 16; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 44; OVG Koblenz, AS 15, 157, 158; VGH Kassel, NVwZ 1993, 497; NVwZ-RR 1990, 96, 97; OVG Schleswig, NVwZ 2000, 1196, 1197. 28 VG Dessau, LKV 2000, 553. 29 OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894. 23

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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Bei der Abgrenzung von Verwaltungsakten und sonstigen Maßnahmen kann schließlich die Befugnis der Behörde zur verbindlichen Entscheidung über den fraglichen Sachverhalt von Bedeutung sein. Fehlt etwa offensichtlich die Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt, wird man nicht ohne weiteres annehmen können, die Behörde habe dennoch einen Verwaltungsakt erlassen wollen. 32 So zieht beispielsweise die Rechtsprechung aus der Tatsache, dass zwei Hoheitsträger zueinander nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis stehen, sondern einander gleichgestellt sind, was von der Rechtsprechung als Kriterium für die Unzulässigkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes angesehen wird (siehe hierzu 2. Kap.), die Schlussfolgerung, ein in diesem Verhältnis ergangenes Schreiben stelle keinen Verwaltungsakt dar. Das Schreiben erscheine als Willenserklärung, wie sie unter gleichgestellten Behörden üblich sei, es enthalte keinen Hinweis darauf, dass das aufgeworfene Problem mittels einer hoheitlichen Maßnahme gelöst werden sollte. 33 Umgekehrt spricht eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines Leistungsbescheids zur Geltendmachung einer Forderung gegenüber einem Träger öffentlicher Verwaltung für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des Verwaltungsakts. 34 Schließlich können auch die Bestimmungen des der Maßnahme zugrunde liegenden Gesetzes, z. B. die Befugnis der Behörde, die Maßnahme einseitig abzuändern, zur Auslegung des Behördenwillens herangezogen werden. 35

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG Unter Zuhilfenahme der dargestellten Auslegungsgrundsätze sind nun die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts ergehenden Maßnahmen unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG zu subsumieren. Da andere als die spezifischen Probleme der Auslegung der Legaldefinition im Hinblick auf Verwaltungsakte zwischen verschiedenen Trägern öffentlicher Verwaltung außer Betracht 30

OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338. OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338. 32 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 44. 33 BSGE 12, 65, 67 f.; 70, 99, 103 f.; BVerwGE 36, 108, 112. Zu beachten ist allerdings, dass dies nur eine Auslegungshilfe ist. Für die Frage, ob eine Maßnahme als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann, kommt es auf die Befugnis der Behörde, sich zur Regelung des Sachverhalts der Handlungsform Verwaltungsakt zu bedienen, nicht an; dies ist eine Frage der Rechtmäßigkeit und nicht Kriterium der Definition des Verwaltungsakts, vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 16. 34 OVG Koblenz, AS 15, 157, 158; BSGE 25, 66, 67. 35 BVerwGE 60, 208, 210 zu § 57 Abs. 1 des Gesetzes über die Abgeltung von Besatzungsschäden (Abgrenzung von Verwaltungsakt und öffentlich-rechtlichem Vertrag). 31

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

bleiben sollen, beschränkt sich die Untersuchung auf die Tatbestandsmerkmale „hoheitlich“, „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ und „auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet“.

I. Das Tatbestandsmerkmal „hoheitlich“ Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „hoheitlich“ in der Legaldefinition des § 35 VwVfG ist umstritten. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung kann aber dahingestellt bleiben, ob eine Regelung schon dann hoheitlich ist, wenn sie dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist, 36 die Tatbestandsmerkmale „hoheitlich“ und „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ also identisch sind, 37 oder ob „hoheitlich“ bedeutet, dass der Verwaltungsakt ein Mittel zur einseitigen Regelung von Sachverhalten ist 38 und sein Gegenstück der öffentlich-rechtliche Vertrag als konsensuale Handlungsform ist. Denn die Entscheidung dieses Meinungsstreits ist für die Frage, wann Maßnahmen im Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander als Verwaltungsakte qualifiziert werden können, ohne Belang. Stattdessen ist zu klären, ob „hoheitliche Maßnahme“ als eine im Verhältnis öffentlich-rechtlicher Über- und Unterordnung erlassene Maßnahme zu verstehen ist. 1. Das herkömmliche Verständnis der hoheitlichen Maßnahme als eine im Verhältnis öffentlich-rechtlicher Über- und Unterordnung erlassene Maßnahme Die Rechtsprechung nimmt zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals „hoheitlich“ nur selten Stellung. Zur behördlichen Aufrechnungserklärung urteilt sie, dass diese nicht aus einer hoheitlichen Position abgegeben werde, sondern ähnlich wie eine Willenserklärung, mit der ein öffentlich-rechtlicher Vertrag (Aufrechnungsvertrag) geschlossen wird, auf einer gleichgeordneten rechtlichen Ebene. 39 Hoheitliches Handeln und Handeln durch öffentlich-rechtlichen Vertrag werden zwar als Gegenstücke angesehen, woraus sich ergibt, dass hoheitlich „nicht gegen36 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl. § 9 Rn. 11; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 9, 16 (Maurer und Henneke nehmen die Abgrenzung vom Verwaltungsvertrag durch das Merkmal „Behörde“ vor: Der Verwaltungsakt wird nur von einer Behörde erlassen und ist damit eine einseitige Regelung.). 37 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 25; Meyer, in: Meyer / Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 35 Rn. 26; Hufen, VerwProzR, 6. Aufl., § 14 Rn. 5. 38 Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 12 Rn. 22; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl. § 35 Rn. 68; Meyer, SGb 1981, 501, 507; Wallerath, Allg. VerwR, 3. Aufl., § 7 I 1, S. 150; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 48 Rn. 3. 39 BVerwGE 66, 218, 220; VGH Mannheim, VBlBW 1991, 386, 387; VGH München, BayVBl. 1996, 660, 661.

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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seitig“, mithin „einseitig“ bedeuten muss. 40 Gleichwohl klingt bei dieser Umschreibung an, dass sich Behörde und Bürger bei dem Abschluss eines (Aufrechnungs-) Vertrages auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstehen, beim Erlass eines Verwaltungsakts die Behörde demnach dem Bürger übergeordnet ist. Noch darüber hinausgehend ist folgende Definition eines Teils der Literatur: Hoheitlich sei eine Maßnahme, wenn eine natürliche Person als Amtsträger eines Hoheitsträgers handele und sich dabei zumindest konkludent auf dessen öffentliche Gewalt berufe. Letzteres sei der Fall, wenn sie für den von ihr repräsentierten Hoheitsträger eine Maßnahme einseitig verbindlich im Verhältnis öffentlich-rechtlicher Über- und Unterordnung erlasse. 41 Ähnlich ist die Formulierung, dass eine Maßnahme dann hoheitlich sei, wenn von der erlassenden Behörde ein Überordnungsverhältnis zum Adressaten in Anspruch genommen werde. 42 Konsequenz dieser Ansicht ist, dass Maßnahmen im Staat-Bürger-Verhältnis als hoheitlich, nämlich im Verhältnis der Über- und Unterordnung ergehend, angesehen werden, Maßnahmen im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander hingegen als Ausdruck eines Gleichordnungsverhältnisses betrachtet werden und somit keine Verwaltungsakte sein können. So urteilt beispielsweise das BSG, dass ein Verwaltungsakt nicht denkbar sei, wo sich zwei Rechtsträger des öffentlichen Rechts in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger begegnen, 43 oder dass für den Erlass eines Verwaltungsakts kein Raum sei, wenn die beteiligten Versicherungsträger sich zwar in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger, aber als gleichgeordnete Rechtsträger gegenübertreten. 44 Noch expliziter ist die Argumentation, die den Verwaltungsaktcharakter der Aufrechnungserklärung einer Krankenkasse gegenüber 40 Das Urteil BVerwGE 66, 218, 220 ist insofern allerdings missverständlich: Es fehlt nicht an dem Merkmal „hoheitlich“, denn die Aufrechnungserklärung ist ebenso wie der Verwaltungsakt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Jedoch macht die Behörde hiermit nur von einem Gestaltungsrecht Gebrauch und führt die gesetzliche Rechtsfolge des § 389 BGB herbei, ohne durch die Erklärung eine verbindliche Regelung zu treffen, vgl. P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 67 b. 41 Janßen, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 35 Rn. 18, 24; vgl. auch Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 9: „Der Verwaltungsakt ist eine hoheitliche, d. h. öffentlich-rechtliche Maßnahme. [...] Sie beruht auf dem Prinzip der Über- und Unterordnung.“; Bauer / Krause, JuS 1996, 411, 413; Preusche, NVwZ 1987, 854, 856; Stober, KommunalR in der BRD, 3. Aufl., S. 222; Waechter, Kommunalrecht, 3. Aufl., Rn. 413; ebenso OVG Münster, OVGE 17, 261, 262. 42 Krause, in: GK-SGB X 1, § 31 Rn. 14. 43 BSGE 5, 140, 143. 44 BSGE 12, 65, 68. Allerdings sagt keines der beiden Urteile ausdrücklich, dass eine bestimmte Maßnahme nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren sei, weil es an dem Tatbestandsmerkmal „hoheitlich“ fehle. Vielmehr wird entweder der Wille der handelnden Behörde dahingehend ausgelegt, dass sie einem ihr gleichgeordneten Verwaltungsträger gegenüber gar keinen Verwaltungsakt erlassen, sondern diesen zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages auffordern (BSGE 12, 65, 68) oder eine schlichte Willens-

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung daran scheitern lässt, dass sich die zwei betroffenen Hoheitsträger in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüberstünden, in dem ein Verwaltungsakt über den Anspruch nicht ergehen könne. 45 2. Historische Erklärung dieser Auffassung: Der Bürger als Untertan der Verwaltung Eigentümlich für diese Auffassung ist, dass sie von den Autoren, die sie vertreten, in der Regel nicht begründet, sondern lediglich behauptet wird. 46 Sie lässt sich aber wohl historisch, ausgehend von dem durch Otto Mayer geprägten Verwaltungsaktbegriff, erklären. Otto Mayer verstand den Verwaltungsakt als „einen der Verwaltung zugehörigen obrigkeitlichen Ausspruch, der dem Untertanen im Einzelfall bestimmt, was für ihn Rechtens sein soll“. 47 Eine derartige Verwaltungsaktdefinition bringt das Verständnis einer Unterordnung des Bürgers (als „Untertan“) unter die staatliche Hoheitsgewalt zum Ausdruck. 48 Gleichzeitig diente der Verwaltungsakt Otto Mayer aber zum Kampf dafür, den Polizeistaat durch den Rechtsstaat zu überwinden, 49 die Macht des Staates zu begrenzen und die Freiheitsrechte des Bürgers zu wahren. Folglich kam der Verwaltungsakt auch nur in zwischen Staat und Bürger bestehenden Rechtsverhältnissen in Betracht; Rechtsverhältnisse, an denen der Bürger nicht beteiligt ist, gehörten nicht zu seinem historisch ausgeprägten Inhalt. 50 Dies erklärt, warum Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern historisch gesehen undenkbar sind: Für das Zusammenwirken einzelner Verwaltungsträger untereinander ist der entscheidende Unterschied zum Verhältnis Staat und Untertan, dass es sich hier nicht um Verhältnisse zwischen Ungleichen handelt, sondern erklärung abgeben wollte (BSGE 70, 99, 103 f.). Oder eine von einem Hoheitsträger gegen einen anderen erhobene Leistungsklage wird unter Bejahung des Rechtsschutzbedürfnisses als zulässig erachtet, weil die Forderung nicht durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden könne (BSGE 5, 140, 143; 32, 21, 22; 76, 113, 114). 45 BSGE 76, 113, 114. 46 Beispielhaft insofern Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 142: „Wo sich Hoheitsträger begegnen, ist prinzipiell eine Regelung durch Verwaltungsakt ausgeschlossen, weil der Verwaltungsakt Subordination voraussetzt, die in aller Regel [in] den Rechtsbeziehungen verschiedener Hoheitsträger zueinander fehlt.“ Allerdings verzichtet auch die Gegenansicht auf jegliche Argumentation, vgl. z. B. Krasney, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 31 SGB X, Rn. 5 f.: „Ob hoheitlichem Handeln aber in allen Rechtsbereichen, insbes. im Sozialrecht, ein Über- und Unterordnungsverhältnis eigen ist, bleibt weiterhin fraglich und ist zu verneinen. (...) Die Konstruktion eines Über- oder Unterordnungsverhältnisses ist entbehrlich.“ 47 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, § 9, S. 93. 48 Hill, DVBl. 1989, 321. 49 Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 140. 50 Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 142.

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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sich gleichwertige Träger öffentlicher Gewalt gegenüberstehen. 51 Ihre Zusammenarbeit ist mit der zwischen Völkerrechtssubjekten zu vergleichen; das seiner Natur nach für sie bestimmte Rechtsgeschäft ist der öffentlich-rechtliche Vertrag. 52 Außerdem bedürfen Hoheitsträger nicht des Schutzes ihrer Freiheitsrechte, dem die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt dienen könnte. 3. Kritik: Kein genereller Ausschluss der zwischen Hoheitsträgern ergehenden Maßnahmen aus dem Anwendungsbereich der §§ 35 ff. VwVfG Die Kritik an dieser Auffassung, die die zwischen Hoheitsträgern ergehenden Maßnahmen aus dem Anwendungsbereich der §§ 35 ff. VwVfG ausschließt, setzt an zwei Stellen an. Zum einen ist ein schon vor Erlass des konkreten Verwaltungsakts bestehendes, vorrechtliches, abstraktes Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger, auf dessen Grundlage generell die Möglichkeit zum Erlass von Verwaltungsakten besteht, abzulehnen, da es nicht der Verfassungswirklichkeit des Grundgesetzes entspricht. Nicht der Bürger ist der Staatsgewalt unterworfen, sondern er selbst ist Teil der Volkssouveränität, von der die Staatsgewalt ausgeht (Art. 20 Abs. 2 S. 1 GG). Die vollziehende Gewalt ist an Gesetz und Recht gebunden (Art. 20 Abs. 3, 2. HS GG). Die Beziehungen zwischen Bürger und Staat sind verrechtlicht: Der Bürger ist Träger von Grundrechten, an die die vollziehende Gewalt gebunden ist (Art. 1 Abs. 3 GG). Insofern ist das Bild von einer vorrechtlichen Überordnung des Staates über den Bürger überholt 53 und daher ein untaugliches Kriterium dafür, die Staat-Bürger-Beziehung von anderen im Staat bestehenden Rechtsbeziehungen abzugrenzen. Ist aber schon eine naturgegebene Über- und Unterordnung nicht charakteristisch für das Verhältnis zwischen Bürger und Staat und kann sie daher auch nicht Wesensmerkmal für den Verwaltungsakt sein, kann der Verweis auf das Fehlen eines derartigen Über- und Unterordnungsverhältnisses die Unmöglichkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Verwaltungsträger nicht begründen. 51 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 60, S. 380: „Zwischen den einzelnen Verwaltungskörpern findet auf mancherlei Weise ein Zusammenwirken statt, in welchem ihre Zwecke sich berühren und rechtlich zusammenordnen. (...) Grundsätzlich (...) findet es seine Ordnung im öffentlichen Rechte: man handelt allerseits als Träger öffentlicher Verwaltung und der darin erscheinenden öffentlichen Gewalt. Das Besondere gegenüber dem, was sonst den Grundton unserer Verwaltungsrechtsinstitute bildet, ist, daß es sich hier nicht um Verhältnisse zwischen Ungleichen handelt: gleichwertige Träger öffentlicher Gewalt stehen sich gegenüber.“ 52 Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 60, S. 381. 53 Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 138; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 3 Rn. 17; Erichsen, Jura 1982, 537, 539; Hill, DVBl. 1989, 321, 322; Ipsen / Koch, JuS 1992, 809, 811; Schnapp, DÖV 1986, 811, 813.

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

Zum anderen kann man von Subordination im Staat-Bürger-Verhältnis zwar insofern sprechen, als das Parlament als Vertretung des Bürgers die Verwaltung ermächtigen kann, im konkreten Fall verbindliche Rechtsfolgen für den Einzelnen festzusetzen, was dieser umgekehrt nicht kann. Zu überprüfen ist dann aber, ob ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen erlassender Behörde und Adressat überhaupt Tatbestandsmerkmal des Verwaltungsakts und damit Voraussetzung der Qualifizierung einer Maßnahme als Verwaltungsakt ist. Dagegen spricht einerseits, dass in diesem Falle Qualität und Stellung des Adressaten einer Maßnahme im Verhältnis zur erlassenden Behörde für deren rechtliche Qualifizierung eine Rolle spielen würden. In der Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG ist aber der Adressat des Verwaltungsakts nicht erwähnt. Auch die Legaldefinition der Allgemeinverfügung (§ 35 S. 2 VwVfG) sagt nichts zum Adressaten des Verwaltungsakts aus, sondern bestimmt das Tatbestandsmerkmal „Einzelfall“ in Abgrenzung des Verwaltungsakts zur abstrakt-generellen Rechtsnorm näher. 54 Ebenso wenig werden in anderen Vorschriften des VwVfG, etwa zur inhaltlichen Bestimmtheit (§ 37) oder zur Bekanntgabe (§§ 41, 43), nähere Anforderungen an den Adressaten gestellt. Adressat eines Verwaltungsakts kann somit jedes denkbare Rechtssubjekt sein, auch juristische Personen des öffentlichen Rechts. 55 Andererseits verbirgt sich hinter der Forderung, zwischen erlassender Behörde und Adressaten müsse ein Über- und Unterordnungsverhältnis bestehen bzw. zumindest in Anspruch genommen werden, folgende Idee: Die Befugnis zur einseitigen Entscheidung soll nur da bestehen, wo das Adressaten-Rechtssubjekt der handelnden Behörde untergeordnet ist, seiner Hoheitsgewalt untersteht. Fehlt ein solches öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis, soll die eine Stelle die andere auch nicht einseitig verpflichten können. Diese Überlegungen sind aber hier unangebracht, wo es um die Qualifizierung einer Maßnahme als Verwaltungsakt geht. Sie gehören vielmehr zu der Frage, ob ein solcher Verwaltungsakt rechtmäßig ist, weil die handelnde Behörde die Handlungsform Verwaltungsakt zutreffend verwendet hat, ob also ein Verwaltungsakt zulässig ist. 56 Zusammenfassend ist also das Merkmal „hoheitlich“ nicht davon abhängig, ob sich Behörde und Betroffener nach materiellem Recht auf einer Ebene der Gleichordnung oder der Über- und Unterordnung gegenüberstehen. 57 Über die Fähigkeit, Verwaltungsakte zu erlassen, entscheidet nicht die Rechtsnatur des Adressaten, sondern allein die Behördeneigenschaft der Stelle, die eine nach objektiven Merk54

P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 82 b. Meyer, in: Meyer / Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 35 Rn. 29. 56 Wahrendorf, in: Giese / Wahrendorf, Sozialgesetzbuch, X § 31 Rn. 9. 57 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 68; Krasney, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 31 SGB X Rn. 5 f. 55

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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malen als Verwaltungsakt zu qualifizierende Maßnahme erlässt. 58 Im Rahmen der Untersuchung der Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern ist auf die Frage einzugehen, inwieweit ein im konkreten Fall vorliegendes Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen handelnder Behörde und Adressaten als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Verwaltungsakts verlangt werden kann (2. Kap. B. und E.).

II. Das Tatbestandsmerkmal „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ Verwaltungsakt ist nach der Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG eine Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Aus dem weiten Kreis des öffentlichen Rechts ist jedoch nur die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit gemeint; es muss sich um eine verwaltungsrechtliche Maßnahme handeln. Dies wird deutlich durch die Beschränkung des Anwendungsbereichs des VwVfG auf die öffentlichrechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden in § 1 Abs. 1 und 3 VwVfG. 59 Um zu bestimmen, was öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ist, sind nach der sog. Substraktionsmethode oder Negativklausel die Tätigkeit von Rechtsprechung, Rechtsetzung und Regierung sowie Maßnahmen des Völkerrechts und des Verfassungsrechts auszuschließen. 60 Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung von Maßnahmen inländischer juristischer Personen des öffentlichen Rechts zueinander ist insbesondere die Abgrenzung des Verwaltungsrechts vom Verfassungsrecht von Bedeutung. Diese ist entsprechend dem zur Bestimmung der „öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art“ in § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO entwickelten Kriterium der „doppelten Verfassungsunmittelbarkeit“ vorzunehmen. 61 Danach ist eine Streitigkeit verfassungsrechtlicher Art gegeben, wenn es sich auf beiden Seiten um einen Streit zwischen unmittelbar am Verfassungsleben beteiligten Rechtsträgern handelt und inhaltlich der Kern der Streitigkeiten im Verfassungsrecht liegt. 62 Nach diesem Kriterium können sich Maßnahmen im Bund-Länder-Verhältnis und im Verhältnis zweier Länder untereinander auf dem Gebiet des Verfassungsrechts abspielen, wenn es sich um verfassungsrechtliche Streitigkeiten im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 und 4 GG handelt. Keine Verwaltungsakte sind daher 58

Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 247. P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 135; Wolff / Bachof / Stober, VerwR II, 6. Aufl., § 45 Rn. 29; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 9 Rn. 13 (allerdings zu dem Tatbestandsmerkmal „hoheitlich“). 60 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 1 Rn. 145, 147. 61 P. Stelkens / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 1 Rn. 153. 62 Hufen, VerwProzR, 6. Aufl., § 11 Rn. 69; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 40 Rn. 32. 59

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

Aufsichtsmaßnahmen und Einzelweisungen des Bundes gegenüber den Ländern beim landeseigenen Vollzug von Bundesgesetzen (Art. 84 GG) und im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung (Art. 85 GG). 63 Entsprechend stellt auch die Bewilligung von Finanzhilfen des Bundes an die Länder gem. Art. 91a Abs. 4 und Art. 104a Abs. 4 GG keinen Verwaltungsakt dar. 64 Allerdings ist nicht jede Maßnahme im Bund-Länder-Verhältnis verfassungsrechtlicher Natur. Beispielsweise begründen die Vorschriften des Vermögenszuordnungsgesetzes zwischen Bund und Ländern Rechtsbeziehungen des Verwaltungsrechts. 65 Verwaltungsakte sind z. B. auch: die Unterstellung eines dem Bund gehörenden Waldstücks unter die Forsthoheit des Landes, 66 die bauordnungsrechtliche Zustimmung eines Landes zu einem Bauvorhaben des Bundes, 67 die Erteilung einer naturschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung durch die Landesnaturschutzbehörde für ein Bauvorhaben des Bundes, 68 die Geltendmachung einer Kostenerstattungspflicht des Bundes durch das Land, 69 der Planfeststellungsbeschluss einer Bundesbehörde gegenüber einem Land als davon Betroffenem. 70 Entsprechendes muss für das Verhältnis zweier Bundesländer zueinander gelten, auch sie können zueinander in einem Verwaltungsrechtsverhältnis stehen. 71

III. Das Tatbestandsmerkmal „auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet“ 1. Allgemeine Definition der unmittelbaren Außenwirkung Der Verwaltungsakt muss nach der Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sein. Gegenbegriff ist das Verwaltungsinternum. Nach allgemeiner Ansicht ist eine Regelung mit Außenwirkung zu bejahen, wenn die Maßnahme auf Setzung einer Rechtsfolge für eine natürliche oder juristische Person in der Weise gerichtet ist, dass sie ihren Rechtskreis erweiternd, verringernd oder feststellend gestaltet, insbesondere deren Grundrechte tangiert. 72 Wie der Verweis auf die Grundrechte des Adressaten zeigt, sind solche Definitionen in der Regel auf den Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber 63

P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 104. P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 115; U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 335 ff. 65 BVerfG, ThürVBl. 1997, 155. 66 BVerwGE 29, 52, 54. 67 BVerwG, NJW 1977, 163. 68 VG Frankfurt, NuR 1998, 673. 69 VGH Kassel, DÖV 1992, 752. 70 BVerwG, NVwZ 1990, 561. 71 BVerfGE 42, 103, 112. 64

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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einem Bürger oder einer juristischen Person des Privatrechts gemünzt. Seltener finden sich Umschreibungen, die als Adressaten eines Verwaltungsakts einen anderen Hoheitsträger in Betracht ziehen. Danach setzt die Rechtswirkung nach außen die Betroffenheit eines anderen Rechtsträgers voraus, der mit dem von der handelnden Behörde repräsentierten Hoheitsträger nicht identisch ist: Maßnahmen gegenüber einer Behörde hätten Außenwirkung, soweit sie – einseitig verbindlich erlassen – eigene Rechte der betroffenen Behörde oder des durch diese repräsentierten Hoheitsträgers berührten, insbesondere dann, wenn eine Selbstverwaltungskörperschaft als eigenständiges Rechtssubjekt betroffen werde. 73 2. Problem der fehlenden Definition – unmittelbare Außenwirkung als Blankettbegriff Die Grenze zwischen Verwaltungsakt und Verwaltungsinternum ist aber gerade bei Maßnahmen zwischen Hoheitsträgern nicht deutlich zu ziehen: Behörden eines Rechtsträgers handeln nicht unbedingt für diesen, wie die Institute der Organleihe, des zwischenbehördlichen Mandats und der Auftragsverwaltung zeigen; sie sind in diesen Fällen vielmehr einem anderen Rechtsträger zugeordnet. Weiter stellt sich die Frage, wann ein Verwaltungsträger in eigenen Rechten betroffen sein kann. In Zweifelsfällen muss daher weniger auf die Begrifflichkeit als auf die anerkannten Funktionen des Verwaltungsakts abgestellt werden. Bei dem Tatbestandsmerkmal der Außenwirkung handele es sich um einen Blankettbegriff, der es ermöglichen soll, diejenigen Maßnahmen aus dem Verwaltungsaktbegriff auszunehmen, bei denen zwar das Vorliegen einer Regelung nicht oder nur schwerlich verneint werden kann, die im Hinblick auf die verfahrensrechtliche und die Individualisierungsund Klarstellungsfunktion, evtl. sogar die Titelfunktion des Verwaltungsakts im Interesse der Funktionsfähigkeit der Verwaltung dennoch nicht als Verwaltungsakt qualifiziert werden sollen. 74 Folglich ist ein Verwaltungsakt immer dann zu verneinen, wenn eine Verpflichtung der Verwaltung, die Verfahrensvorschriften der §§ 9 ff. VwVfG anzuwenden, untunlich wäre, wenn es einer verbindlichen Umsetzung einer allgemeinen, idR gesetzlichen Regelung auf den Einzelfall durch die Verwaltung nicht bedarf, wenn die Rechtsfolge der Bestandskraft dazu führen könnte, die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung zu unterlaufen, die Maßnahme auch nicht im Vollstreckungsverfahren nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen von der Verwaltung selbst durchgesetzt werden soll 75 und schließlich Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben sollen. 72 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 35; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 84. 73 Janßen, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 35 Rn. 112; so auch Delbrück, Umweltpflichtigkeit der öffentlichen Verwaltung, S. 154 ff. 74 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 84.

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

Aufgrund der oben dargestellten Abgrenzungsschwierigkeiten ist es unerlässlich, Fallgruppen zu bilden. 3. Die Außenwirkung bei Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern a) Verschiedenheit von Adressaten-Rechtsträger und Rechtsträger der handelnden Behörde als notwendiges Kriterium der Außenwirkung Bei Maßnahmen zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern ist Außenwirkung nicht schon deshalb zu verneinen, weil es sich um Maßnahmen zwischen verschiedenen Teilen der Verwaltung handelt, die sozusagen innerhalb der Verwaltung bleiben. Denn dann würde man die Außenbeziehungen der Verwaltung von vornherein auf diejenigen zum Bürger und zu den juristischen Personen des Privatrechts beschränken, was so in der Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG nicht angelegt ist und auch der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen der Verwaltung widersprechen würde. 76 In Anlehnung an die Abgrenzung von Maßnahmen mit Außenwirkung und Verwaltungsinterna im Staat-Bürger-Verhältnis soll als in erster Linie notwendiges Kriterium für die Bejahung der Außenwirkung angesehen werden, dass der Adressat der Maßnahme ein anderer Rechtsträger ist als der, dem die handelnde Behörde angehört. 77 aa) Maßnahmen einer Behörde gegenüber einem anderen Rechtsträger In der Regel stellen sich Maßnahmen einer Behörde gegenüber einem von ihrem Träger verschiedenen Rechtsträger als Maßnahmen mit Außenwirkung dar. 78 Ausgewählte Beispiele hierfür, die als Verwaltungsakte eingestuft werden, sind: die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs einer Gemeinde gegenüber einer anderen Gemeinde, 79 eines Landkreises gegenüber einer Gemeinde 80 oder einer 75 Beachte jedoch die eingeschränkte Titelfunktion der gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakte, siehe hierzu 5. Kap. B. II. 3. (S. 235 ff.). 76 So deutlich auch Widtmann, BayVBl. 1978, 723, 725: Außenwirkung bedeute nicht die Wirkung auf den Bürger, denn es gebe zahlreiche Arten von Verwaltungsakten des Staates gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Es solle vielmehr drei Arten des Verwaltungshandelns die Verwaltungsakteigenschaft abgesprochen werden: den Weisungen übergeordneter Behörden an untergeordnete Behörden desselben Rechtsträgers; den Mitwirkungsakten bei mehrstufigen Verwaltungsakten; den Maßnahmen im „Betriebsverhältnis“ der besonderen Gewaltverhältnisse. Für diese Aufzählung liefert er allerdings keine tragfähige Begründung. 77 So auch Janßen, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 35 Rn. 112. 78 Hierzu zählen nicht fachaufsichtliche Weisungen und Maßnahmen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens gegenüber einem Bürger, dazu unten b) (S. 50 ff.). 79 VGH München, NVwZ 2000, 83, 84.

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Innungskrankenkasse gegenüber einer Berufsgenossenschaft; 81 die Rückforderung von Zuwendungen des Landes gegenüber einer Gemeinde; 82 die Erhebung der Kreisumlage durch den Landkreis bei den kreisangehörigen Gemeinden 83 bzw. der Zweckverbandsumlage durch einen kommunalen Zweckverband bei den Mitgliedsgemeinden; 84 die Erhebung einer naturschutzrechtlichen Ausgleichsabgabe durch einen Landkreis gegenüber dem Bund; 85 die Erteilung einer Baugenehmigung an eine Gemeinde; 86 die Erteilung der Zustimmung durch die obere Bauaufsichtsbehörde zu Vorhaben öffentlicher Bauherren; 87 die baurechtliche Beseitigungsanordnung durch den Landkreis als untere Bauaufsichtsbehörde gegenüber dem Bund; 88 die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch die nach Landesrecht zuständige Behörde gem. § 36 Abs. 2 S. 3 BauGB; 89 die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch die höhere Verwaltungsbehörde gem. § 37 Abs. 1 BauGB; 90 die Entscheidung des zuständigen Bundesministers nach § 37 Abs. 2 S. 3 BauGB; 91 die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zu Vorhaben der Landesverteidigung gem. § 37 Abs. 2 S. 1 BauGB gegenüber dem öffentlichen Bauherrn; 92 der Planfeststellungsbeschluss einer Landesbehörde gegenüber dem Bund als Träger der Straßenbaulast nach § 17 BFStrG; 93 die Prüfungsanordnung 80

VG Dessau, LKV 2000, 553. BSG, SozR 3 – 1500 § 54 Nr. 22, S. 53. 82 OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448. 83 OVG Lüneburg, NdsVBl. 2003, 101, 102; OVG Koblenz, AS 15, 157, 158; VGH München, BayVBl. 1996, 691; VG Würzburg, BayVBl. 2000, 730; Schneider, NWVBl. 2003, 121, 122. 84 VG Dresden, LKV 2000, 412; VG Dessau, LKV 2000, 415; VGH München, BayVBl. 1969, 180; VGH Kassel, NVwZ-RR 2002, 680; OVG Weimar, ThürVBl. 2003, 109, 110 („Der Zweckverband tritt mit der Anforderung der Umlage den Mitgliedern als außenstehender Rechtsträger gegenüber. Der Umlagebescheid ist insoweit auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet.“); VG Weimar, Beschluss vom 28. 11. 2001, Az: 6 E 2576/00.We; VGH Mannheim, Urteil vom 14. 5. 1996, Az: 2 S 590/94 (juris). 85 BVerwGE 81, 220. 86 VGH München, BayVBl. 2003, 370. 87 VGH Kassel, NVwZ 1995, 1010 (zu § 107 Hess. BauO 1990); VGH Kassel, NVwZ 2001, 823, 824 (zu § 75 Hess. BauO). 88 OVG Lüneburg, BauR 2000, 1030 (zu § 89 Abs. 1 Nds. BauO). 89 Möstl, BayVBl. 2003, 225. 90 VGH Kassel, NVwZ 2001, 823, 824. Die höhere Verwaltungsbehörde überwinde das fehlende gemeindliche Einvernehmen und stelle die städtebauliche Zuständigkeit des Vorhabens fest. Damit werde rechtsverbindlich die Planungshoheit der betreffenden Gemeinde eingeschränkt. 91 BVerwGE 91, 227, 228 f. mit einer Begründung, die der des VGH Kassel, NVwZ 2001, 823, 824 vergleichbar ist: Der Bundesminister entscheide verbindlich auch gegenüber der Gemeinde über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens und überwinde ihren Widerspruch; er greife damit unmittelbar in die gemeindliche Planungshoheit ein. 92 Außenwirkung ist gegeben: Es handelt sich um eine positive Zulässigkeitsentscheidung (Krautzberger, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 37 Rn. 34) 81

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eines Rechnungshofs gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus dem Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung. 94 bb) Insbesondere: Maßnahmen der Rechtsaufsicht gegenüber Gemeinden und sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts Ebenso sind Maßnahmen der Rechtsaufsicht über die Gemeinden und die sonstigen selbstverwaltungsberechtigten juristischen Personen des öffentlichen Rechts wegen ihrer unmittelbaren Außenwirkung als Verwaltungsakte anzusehen. 95 Jene genießen im Rahmen der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung, das zum Teil verfassungsrechtlich, zum Teil einfachgesetzlich geregelt ist. 96 Die Einhaltung der Gesetzmäßigkeit der Selbstverwaltung wird von den Rechtsaufsichtsbehörden überwacht, 97 die Rechtsaufsicht stellt mithin das Korrelat zur Selbstverwaltung dar. 98 Da die selbstverwaltungsberechtigten Körperschaften den Aufsichtsbehörden nicht nur als eigenständige juristische Personen gegenüberstehen, sondern darüber, ob die besondere öffentliche Zweckbestimmung eine Abweichung von den §§ 29 ff. BauGB erforderlich macht, nicht nur um eine Übernahme der vom Bauherrn vorgenommenen Abwägung (so aber Dürr, in: Brügelmann, BauGB, § 37 Rn. 21). Die Formulierung „nur“ bedeutet, dass lediglich eine Mitwirkungshandlung, nämlich diejenige der höheren Verwaltungsbehörde, notwendig ist und nicht auch das Einvernehmen der Gemeinde wie bei § 37 Abs. 1 BauGB, die Gemeinde ist lediglich zu hören, § 37 Abs. 2 S. 2 BauGB, vgl. Krautzberger, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 37 Rn. 33. Soweit keine Zustimmung der oberen Bauaufsichtsbehörde nach Landesrecht (z. B. § 80 Abs. 4 BauO NRW) ergeht, schließt eine positive Zustimmung das Verwaltungsverfahren ab, OVG Lüneburg, BauR 2000, 1030, 1033; Schmaltz, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl., § 37 Rn. 13. 93 BVerwGE 51, 6, 9. 94 Groß, VerwArch 95 (2004), 194, 216. 95 BVerwG, DVBl. 1972, 828, 829; BVerwGE 17, 87, 91; 19, 121, 123; 34, 301, 303; 52, 313, 317; 75, 142, 143; OVG Münster, DVBl. 1981, 227, 228; 1989, 1009; NVwZ-RR 1992, 536 und 631, 632; OVG Koblenz, NVwZ 1995, 1227; VG Chemnitz, LKV 1997, 261; OVG Lüneburg, DVBl. 1973, 928, 929; VG Minden, NWVBl. 1997, 405; VGH Kassel, NVwZ-RR 1988, 111; BSGE 61, 235. 96 Für die Gemeinden z. B. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, Nordrhein-Westfalen: Art. 78 Abs. 1 Verf., § 1 Abs. 1 GO, Saarland: Art. 118 SVerf / § 1 Abs. 1 KSVG; für die Hochschulen z. B. Nordrhein-Westfalen: Art. 16 Abs. 1 Verf. / § 2 Abs. 1 S. 2 HG, Saarland: § 3 Abs. 1 UG; für die Rundfunkanstalten z. B. Nordrhein-Westfalen: § 1 Abs. 1 S. 2 WDRG, Saarland: § 22 Abs. 1 S. 2 SMG; für die Handwerkskammern: §§ 90 ff. HandwO; für die Sozialversicherungsträger: § 29 Abs. 1 SGB IV. 97 Für die Gemeinden z. B. Nordrhein-Westfalen: Art. 78 Abs. 4 Verf. / § 116 Abs. 1 GO, Saarland: Art. 122 SVerf / § 127 Abs. 1 S. 1 KSVG; für die Hochschulen z. B. NordrheinWestfalen: § 106 Abs. 1 HG, Saarland: § 96 UG; für die Rundfunkanstalten z. B. NordrheinWestfalen: § 54 WDRG, Saarland: § 42 SMG; für die Handwerkskammern: § 115 Abs. 1 HandwO; für die Sozialversicherungsträger: §§ 87 ff. SGB IV. 98 BVerfGE 6, 104, 118.

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jede rechtsaufsichtliche Maßnahme die beaufsichtigte Körperschaft gerade in ihrer Qualität als Selbstverwaltungsberechtigte bzw. aufgrund eines Tuns oder Unterlassens in dieser Eigenschaft in Anspruch nimmt und das Selbstverwaltungsrecht berührt, haben Maßnahmen der Rechtsaufsicht unzweifelhaft Außenwirkung. 99 Auf die Frage, ob in der rechtsaufsichtlichen Maßnahme ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht liegt, kommt es für deren Qualifizierung als Verwaltungsakt nicht an. Dies ist lediglich für die Rechtmäßigkeit der Maßnahme entscheidend. cc) Weisungen innerhalb desselben Rechtsträgers Dagegen scheiden Weisungen innerhalb einer Behörde und Weisungen an nachgeordnete Behörden des gleichen Trägers der öffentlichen Verwaltung von vornherein als Verwaltungsakte aus: sie regeln nur den internen Dienstbetrieb oder die interne Behandlung von Sachfragen und haben daher keine Außenwirkung. 100 dd) Maßnahmen zwischen Organen desselben Rechtsträgers Zu erwägen ist jedoch, ob Maßnahmen zwischen Organen (Interorganakte) oder innerhalb eines Organs (Intraorganakte) desselben Rechtsträgers Außenwirkung zukommen kann und damit eine Ausnahme zu dem Grundsatz, dass Außenwirkung unterschiedliche Rechtsträgerschaft voraussetzt, zugelassen werden muss. Relevante Bereiche sind das Kommunalverfassungsrecht, das Universitäts- und Rundfunkrecht, das Recht der Sozialversicherungsträger und der Bereich der unmittelbaren Staatsverwaltung. 101 Beispiele aus dem Kommunalverfassungsrecht sind: Beschluss des Gemeinderats, den Ortsrat zu einer die gesamte Gemeinde betreffenden Angelegenheit nicht zu hören; 102 Weigerung des Bürgermeisters, ein Rauchverbot für Rats- und Ausschusssitzungen zu verhängen; 103 Weigerung des Bürgermeisters, einen Änderungsantrag zur Tagesordnung einer Stadtratssitzung zuzulassen; 104 Ausschluss eines Gemeinderatsmitglieds aus einer Gemeinderats99 BVerwGE 16, 83, 84; VGH Kassel, NVwZ-RR 1990, 96, 97; Schmidt-Aßmann, in: ders., Bes. VerwR, 13. Aufl., 1. Kap., Rn. 43; speziell zu Gemeinden und Gemeindeverbänden: v. Mutius, JuS 1979, 342, 349; Leidinger, in: FS für Menger, 1985, S. 257 ff.; Schröder, JuS 1986, 371, 375; Picozzi, MDR 1980, 972, 975; Knemeyer, JuS 2000, 521, 524; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 98 ff.; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., Anh. § 42 Rn. 80; Kallerhoff, NWVBl. 1996, 53 ff.; Koll, VR 1994, 366; Lübking / Vogelsang, Die Kommunalaufsicht, Rn. 302. 100 Janßen, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 35 Rn. 117; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 50 f.; Meyer, in: Meyer / Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 35 Rn. 48, 52 ff. 101 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 118 f. 102 VG Chemnitz, LKV 2001, 80. 103 OVG Münster, NVwZ 1983, 485. 104 OVG Bautzen, LKV 1997, 229.

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

sitzung durch den Gemeinderat. 105 Ein Beispiel aus dem Rundfunkrecht ist der Ausschluss eines Mitglieds der Rundfunkkommission der Landesanstalt für Rundfunk aus einem Ausschuss. 106 Beispiele aus dem Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung sind die Entscheidung des Staatsministeriums, dem Landesdatenschutzbeauftragten über einen bestimmten Sachverhalt keine Auskunft zu erteilen, 107 und die Ablehnung der Beteiligung des Beirats der unteren Landschaftsbehörde durch die untere Landschaftsbehörde. 108 In Literatur und Rechtsprechung wird dieses Problem in erster Linie aus der Sicht des Kommunalrechts behandelt, die dort angeführten Argumente lassen sich aber ohne weiteres auf die Rechtsbeziehungen der Organe und Organteile anderer Hoheitsträger übertragen. 109 (1) Die Inter- und Intraorganakte als Akte innerorganisatorischer Selbstgestaltung Von einem Teil der Literatur wird bei derartigen Maßnahmen zwischen Organen desselben Rechtsträgers Außenwirkung angenommen: Den einzelnen Organen einer Körperschaft seien klagefähige Wahrnehmungszuständigkeiten, d. h. ein eigener Kompetenzbereich, zugewiesen worden. Übergriffe von anderen Organen in solche Wahrnehmungszuständigkeiten stellten sich als solche aus einem fremden Kompetenzbereich dar und gälten somit als quasi „von außen“ kommend. 110 Das Organ, das Adressat der Maßnahme sei, werde als selbständiger Träger von Rechten und Pflichten betroffen. 111 Allerdings sagt die Anerkennung von selbständigen Rechtspositionen noch nichts über deren Zuordnung zum Innen- oder Außenrecht aus. Im Gegenteil spricht für Innenrecht, dass es sich um Akte innerorganisatorischer Selbstgestaltung handelt, also um Maßnahmen, die den Funktionsbereich des handelnden Organs oder der juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht verlassen, sondern lediglich ihre interne Organisation und Willensbildung regeln. 112 Auch könnten für die Außenwirkung der Inter- bzw. Intraorganakte Erwägungen der Rechtssicherheit und der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung fruchtbar gemacht werden: Wenn diese nämlich Verwaltungsakte wären, wären sie 105

VGH München, BayVBl. 1988, 16. OVG Münster, NWVBl. 1995, 223. 107 OVG Bautzen, NJW 1999, 2832. 108 OVG Münster, NWVBl. 1998, 149. 109 BVerwG, NVwZ 1995, 112, 113; OVG Münster, NWVBl. 1998, 149; v. Nicolai, in: Redeker / v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rn. 15. 110 Martensen, JuS 1995, 1077; Hufen, VerwProzR, 6. Aufl., § 21 Rn. 12; Schenke, JZ 1996, 998, 1008 f.; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., Anh. § 42 Rn. 87. 111 VGH Kassel, NVwZ-RR 1996, 409. 112 Bauer / Krause, JuS 1996, 411, 413; Preusche, NVwZ 1987, 854, 856; Stober, KommunalR in der BRD, 3. Aufl., S. 222; Grupp, in: FS für Lüke, 1997, S. 207, 214. 106

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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auch bei Fehlerhaftigkeit grundsätzlich rechtswirksam. Dies wäre vorteilhaft, weil Rechtmäßigkeit bzw. Rechtwidrigkeit einer Maßnahme oftmals strittig ist. Würde jede Fehlerhaftigkeit die Unwirksamkeit nach sich ziehen, wie dies allgemein für Hoheitsakte mit Ausnahme der Verwaltungsakte angenommen wird, 113 wären diejenigen Handlungssubjekte der Verwaltung, die eine solche Fehlerhaftigkeit annehmen, an die Maßnahme nicht mehr gebunden. Dies hätte eine erhebliche Rechtsunsicherheit und die Schwächung der Einheitlichkeit und Effektivität der Verwaltung zur Folge. 114 Bei Annahme eines Verwaltungsakts würden hingegen erst Widerspruch und Anfechtungsklage verhindern, dass dieser befolgt werden müsste, und deren aufschiebende Wirkung könnte von vornherein durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO verhindert werden. Allerdings berücksichtigt diese Ansicht nicht hinreichend, dass schon die Gemeindeordnungen selbst, um die Funktionsfähigkeit der Verwaltung zu erhalten, für bestimmte häufig vorkommende Fälle Regelungen über die Wirksamkeit von Inter- bzw. Intraorganakten auch im Falle der Rechtswidrigkeit vorsehen, z. B. bei der Beanstandung eines Gemeinderatsbeschlusses durch den Bürgermeister. 115 Dort hat die Anordnung der aufschiebenden Wirkung 116 überhaupt nur Sinn, wenn der beanstandete Regelungsakt im Falle eines Rechtsverstoßes noch Regelungswirkung entfalten kann und nicht nichtig ist. 117 Entsprechendes gilt für die Beanstandung und die Aufhebung eines Gemeinderatsbeschlusses etc. durch die Kommunalaufsichtsbehörde. 118 Solche Regelungen wären nicht notwendig, wenn 113 Papier, DÖV 1980, 292, 299; Fehrmann, DÖV 1983, 311, 314; Schoch, JuS 1987, 783, 789. 114 Schenke, JZ 1996, 998, 1009. 115 Baden-Württemberg: § 43 Abs. 2 GO; Bayern: Art. 59 Abs. 2 GO; Brandenburg: § 65 GO; Hessen: § 63 GO; Mecklenburg-Vorpommern: § 33 KV; Niedersachsen: § 65 NGO; Nordrhein-Westfalen: § 54 GO; Rheinland-Pfalz: § 42 GemO; Saarland: § 60 KSVG; Sachsen: § 52 Abs. 2 SächsGemO; Sachsen-Anhalt: § 62 Abs. 3 GO LSA; Schleswig-Holstein: § 43 GO; Thüringen: § 44 ThürKO. 116 Baden-Württemberg: § 43 Abs. 2 S. 3 GO; Brandenburg: § 65 Abs. 1 S. 3 GO; Hessen: § 63 Abs. 1 S. 4 und Abs. 2 S. 3 GO; Mecklenburg-Vorpommern: § 33 Abs. 1 S. 4 und Abs. 2 S. 3 KV; Niedersachsen: § 65 Abs. 1 S. 5 NGO; Nordrhein-Westfalen: § 54 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 GO; Rheinland-Pfalz: § 42 Abs. 1 GemO (Aussetzung der Ausführung des Beschlusses); Saarland: § 60 Abs. 3 KSVG; Sachsen: § 52 Abs. 2 S. 3 SächsGemO; Sachsen-Anhalt: § 62 Abs. 3 S. 4 GO LSA; Schleswig-Holstein: § 43 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 S. 2 GO. Entsprechende Regelungen fehlen in Bayern und Thüringen. 117 Ehlers, NVwZ 1990, 105, 108; Grupp, in: FS für Lüke, 1997, S. 207, 217. 118 Baden-Württemberg: § 121 Abs. 1 S. 1 GemO; Bayern: Art. 112 S. 1 GO; Brandenburg: § 124 Abs. 1 S. 1 GO; Hessen: § 138 HGO; Mecklenburg-Vorpommern: § 81 Abs. 1 S. 1 KV; Niedersachsen: § 130 Abs. 1 S. 1 NGO; Nordrhein-Westfalen: § 119 Abs. 2 S. 1 GO; Rheinland-Pfalz: § 121 GemO; Saarland: § 130 S. 1 KSVG; Sachsen: § 114 Abs. 1 S. 1 GemO; Sachsen-Anhalt: § 136 Abs. 1 S. 1 GO; Schleswig-Holstein: § 123 Abs. 1 GO; Thüringen: § 120 Abs. 1 S. 1 ThürKO.

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

man wegen der Qualifizierung der betroffenen Maßnahmen als Verwaltungsakte eine fehlerunabhängige Wirksamkeit der Interorganakte annehmen könnte. Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dass z. B. die Vorschriften über die Beanstandung lediglich die Modalitäten (Inhaber des „Anfechtungs“-Rechts, Fristen) eines von vornherein schon bestehenden Widerspruchs- und Anfechtungsrechts regeln. Denn die Inter- bzw. Intraorganakte erlangen keine formelle Bestandskraft, wie dies bei Verwaltungsakten geschieht, wenn sie nicht innerhalb der Fristen der §§ 70 und 74 VwGO angefochten werden: Zum einen ist die vielfach verwendete Formulierung „unverzüglich“ 119 bei der Beanstandung durch den Bürgermeister zu unbestimmt, zum anderen unterliegt die Befugnis zur Beanstandung bzw. Aufhebung durch die Kommunalaufsicht meist überhaupt keiner Frist. 120 Darüber hinaus ist auch für die gesetzlich nicht geregelten Fälle zu beachten, dass die Bestandskraftfähigkeit der Inter- bzw. Intraorganakten dazu führen würde, dass die gesetzlich vorgesehene, ausgewogene Kompetenzverteilung zwischen den einzelnen Organen eines Rechtsträgers durch bestandskräftige Verwaltungsakte unterlaufen werden könnte. 121 Die Verteilung der auf einen Rechtsträger übertragenen Kompetenzen auf mehrere Organe und Stellen innerhalb dieses Rechtsträgers und deren Ausstattung mit eigenen wehrfähigen Rechtspositionen soll aber gerade dazu dienen, dass widerstreitende Interessen wahrgenommen und miteinander in Einklang gebracht werden und einzelne Teile der Verwaltung eine Kontrolle über andere ausüben, wodurch Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Transparenz der innerkörperschaftlichen Willensbildung gewährleistet werden sollen. 122 Diesem Ziel würde es zuwider laufen, wenn ein Organ oder Organteil sich Kompetenzen 119 Baden-Württemberg: § 43 Abs. 2 S. 2 GO (unverzüglich, spätestens eine Woche nach Beschlussfassung); Brandenburg: § 65 Abs. 1 S. 2 (unverzüglich, spätestens eine Woche nach Beschlussfassung), Abs. 1 S. 5 (unverzüglich) GO; Hessen: § 63 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1 GO (unverzüglich, spätestens zwei bzw. eine Wochen nach Beschlussfassung); Mecklenburg-Vorpommern: § 33 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 1 KV (zwei Wochen nach Beschlussfassung); Niedersachsen: § 65 Abs. 1 S. 1 und 4 NGO (unverzüglich); Nordrhein-Westfalen: § 54 Abs. 1 S. 1 (spätestens am dritten Tag nach Beschlussfassung), Abs. 2 S. 4 (unverzüglich) GO; Saarland: § 60 Abs. 1 S. 1 KSVG (unverzüglich); Sachsen: § 52 Abs. 2 S. 2 SächsGemO (unverzüglich, spätestens binnen einer Woche); Sachsen-Anhalt: § 62 Abs. 3 S. 3 GO LSA (binnen zwei Wochen); Schleswig-Holstein: § 43 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1 GO (zwei Wochen); Thüringen: § 44 S. 1 ThürKO (innerhalb eines Monats). Entsprechende Regelungen fehlen in Bayern und Rheinland-Pfalz. 120 Einzig § 138 HGO sieht eine Frist von sechs Monaten für die Beanstandung durch die Kommunalaufsichtsbehörde vor. 121 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 119; Pietzcker, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 42 Abs. 1 Rn. 18 aE. 122 Beispielsweise ist der Datenschutzbeauftragte eine zur Wahrung des Rechts auf Datenschutz und zur Unterstützung bei der Ausübung der parlamentarischen Kontrolle berufene Einrichtung, vgl. OVG Bautzen, NJW 1999, 2832, 2833; die bei der unteren Landschaftsbehörde gem. § 11 Abs. 1 LG NRW gebildeten Beiräte sind zur unabhängigen Vertretung der Belange von Natur und Landschaft berufen und sollen bei Schutz, Pflege und Landschaft mitwirken, vgl. OVG Münster, NWVBl. 1998, 149 f.

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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eines anderen dauerhaft anmaßen könnte. Soweit in diesem Rahmen für notwendig erachtet wird, dass zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung bestimmte Maßnahmen unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit als wirksam angesehen werden, kann der Gesetzgeber dies entsprechend den bereits bestehenden Regelungen tun. (2) Der Sonderfall des § 63 Abs. 2 HGO: Anordnung der Entbehrlichkeit des Vorverfahrens Soweit der VGH Kassel 123 im Gegensatz zur überwiegenden Rechtsprechung 124 eine Außenwirkung von Interorganakten für möglich hält und der Beanstandung eines Gemeinderatsbeschlusses durch den Bürgermeister gem. § 63 Abs. 2 HGO Außenwirkung beimisst, stützt sich seine Argumentation aber im Wesentlichen auf diese Vorschrift, so dass sie nicht verallgemeinert werden kann. Er begründet die Außenwirkung zum einen damit, dass die Gemeindevertretung und der Bürgermeister gem. § 63 Abs. 2 S. 5 HGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Stellung von Verfahrensbeteiligten haben. Dies ist für die Annahme eines Außenrechtsstreits allerdings nicht zwingend, denn § 61 VwGO gilt für alle Klagearten und ist daher auch anwendbar, wenn man die Feststellungs- oder Leistungsklage für statthaft hält. Für einen Verwaltungsakt spreche zum anderen, dass die Beanstandung gem. § 63 Abs. 2 S. 3 HGO aufschiebende Wirkung besitze. Der Beanstandung wird also die gleiche Bedeutung zugemessen wie Widerspruch und Anfechtungsklage gem. § 80 Abs. 1 VwGO. Dies spricht allerdings höchstens für die Verwaltungsaktqualität des Gemeinderatsbeschlusses, nicht für die der Beanstandung, die hier die Funktion des Rechtsbehelfs ausfüllt. Schließlich sei für die Verwaltungsaktqualität der Beanstandung anzuführen, dass gem. § 63 Abs. 2 S. 4 VwGO für das weitere Verfahren die Vorschriften der VwGO mit der Maßgabe Anwendung fänden, dass ein Vorverfahren nicht stattfindet. Allein die Anwendbarkeit der Vorschriften der VwGO spricht noch nicht für die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage gegen die Beanstandung als Verwaltungsakt, denn die VwGO gilt auch für andere Klagearten. Allerdings macht die Regelung über die Entbehrlichkeit des Vorverfahrens nur als Ausnahmevorschrift iSd § 68 Abs. 1 S. 2, 1. Alt. VwGO Sinn. Sähe man nämlich die Beanstandung nicht als Verwaltungsakt an, zöge man die Durchführung eines Vorverfahrens gar nicht in Betracht. Nur diese Formulierung in § 63 Abs. 2 S. 4 HGO kann hier für die Qualifizierung der Maßnahme als Verwaltungsakt ins Feld geführt werden. 125 Allerdings kann 123 VGH Kassel, NVwZ-RR 1996, 409; siehe hierzu Ehlers, Die Verwaltung 31 (1998), 53, 63. 124 VG Chemnitz, LKV 2001, 80; OVG Münster, NVwZ 1983, 485; OVG Münster, NVwZ 1983, 485; VGH München, BayVBl. 1988, 16.

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

daraus nicht generell auf die Verwaltungsaktqualität von kommunalen Organakten geschlossen werden. In den entsprechenden Vorschriften anderer Bundesländer lässt sich eine vergleichbare Regelung nicht finden. 126 Von dieser Ausnahme abgesehen ist es daher abzulehnen, Maßnahmen zwischen Organen oder innerhalb eines Organs desselben Rechtsträgers als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Es bleibt hier bei dem Grundsatz, dass Maßnahmen im Funktionsbereich desselben Rechtsträgers keine Außenwirkung entfalten. ee) Die Ausnahme des sog. In-Sich-Verwaltungsakts: Außenwirkung auch bei Identität der beteiligten Rechtsträger Trotz der nochmaligen Bekräftigung dieses Grundsatzes ist zu überlegen, ob bei Maßnahmen einer Behörde gegenüber dem eigenen Rechtsträger ausnahmsweise die Außenwirkung bejaht werden muss. (1) Die Maßnahme einer Behörde gegenüber dem eigenen Rechtsträger als Verwaltungsakt (In-Sich-Verwaltungsakt) Beispiele für derartige Konstellationen, in denen eine Behörde gegenüber dem eigenen Rechtsträger tätig wird, sind: Verweigerung einer Ausnahmegenehmigung gegenüber einer Gemeinde nach Naturschutz- und Landschaftspflegerecht durch deren Oberbürgermeister als untere Landschaftspflegebehörde; 127 Erteilung einer Baugenehmigung an eine Gemeinde durch die ihr zugehörige Bauaufsichtsbehörde; 128 Zustimmung der Bauaufsichtsbehörde zu einem Vorhaben ihres Trägers; 129 Eintragung eines im Eigentum einer Gemeinde stehenden Gebäudes in die Denkmalschutzliste durch deren Gemeindedirektor als untere Denkmalbehörde; 130 Restitutionsbescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen gegenüber der Stadt als dem eigenen Rechtsträger bezüglich eines der Stadt gehörenden

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AA (ohne Begründung) Ehlers, Die Verwaltung 31 (1998), 53, 63. Baden-Württemberg: § 43 Abs. 2 GO; Bayern: Art. 59 Abs. 2 GO; Brandenburg: § 65 GO; Hessen: § 63 GO; Mecklenburg-Vorpommern: § 33 KV; Niedersachsen: § 65 NGO; Nordrhein-Westfalen: § 54 GO; Rheinland-Pfalz: § 42 GemO; Saarland: § 60 KSVG; Sachsen: § 52 Abs. 2 SächsGemO; Sachsen-Anhalt: § 62 Abs. 3 GO LSA; Schleswig-Holstein: § 43 GO; Thüringen: § 44 ThürKO. Beachte aber Mecklenburg-Vorpommern: § 33 Abs. 2 S. 3 KV und Schleswig-Holstein: § 43 Abs. 3 S. 3 GO, die gegen die Beanstandung die Klage vor dem Verwaltungsgericht zulassen, ohne aber zur Notwendigkeit des Vorverfahrens Stellung zu nehmen. 127 OVG Lüneburg, NuR 1979, 161. 128 OVG Münster, NVwZ 1992, 186; VG Dessau, LKV 1996, 342; BVerwG, NVwZ 1998, 737; OVG Münster, NVwZ-RR 1999, 366. 129 OVG Hamburg, BauR 1982, 259, 261; NuR 2001, 51. 130 OVG Münster, NVwZ-RR 1993, 132. 126

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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Grundstücks; 131 Festsetzung eines Wochenmarktes nach § 69 GewO durch eine Gemeinde zu Gunsten der Gemeinde selbst als Veranstalterin. 132 Von einem Teil der Rechtsprechung und Literatur wird in diesen Fällen die Außenwirkung der Maßnahme mit der schlichten Begründung verneint, dass die erlassende Stelle und der Adressat der Maßnahme ein und demselben Rechtsträger zugeordnet seien, 133 es handele sich somit lediglich um einen behördeninternen Mitwirkungsakt. 134 Dies entspricht zwar dem eingangs genannten Kriterium, dass bei gleicher Rechtsträgerschaft von handelnder Behörde und Adressaten der Maßnahme keine Außenwirkung gegeben sei. Jedoch beachten einzelne Anhänger dieser Ansicht 135 nicht hinreichend, dass sich in den hier untersuchten Fällen die Maßnahme der erlassenden Behörde nicht gegen eine andere Behörde desselben Rechtsträgers, sondern gegen den Rechtsträger selbst richtet: Beispielsweise ist Adressat einer bauaufsichtlichen Zustimmung der öffentliche Bauherr, also der Rechtsträger, der das Vorhaben beabsichtigt, und nicht die für die Durchführung des Vorhabens verantwortliche Behörde dieses Rechtsträgers. Dies macht jedoch einen entscheidenden Unterschied, denn durch den Erlass der Maßnahme wird der Adressaten-Rechtsträger in seiner Eigenschaft als selbständige juristische Person betroffen. 136 Hinzu kommt, dass solche Konstellationen in der Regel nur entstehen, weil die handelnde Behörde die ihr obliegende Tätigkeit entweder als staatliche Auftragsangelegenheit oder Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung vornimmt und somit entweder der Fachaufsicht oder der Sonderaufsicht einer nicht ihrem Rechtsträger angehörenden Aufsichtsbehörde unterliegt. 137 Dass die erlassende Behörde dem Adressaten-Rechtsträger angehört, ist lediglich Konsequenz des Verzichts auf einen unabhängig von den Selbstverwaltungskörperschaften organisierten staatlichen Verwaltungsaufbau. 138

131

BVerwGE 101, 47. VGH Kassel, NVwZ-RR 2003, 345. 133 VG Dessau, LKV 1996, 342; OVG Hamburg, BauR 1982, 259, 261; NuR 2001, 51, 52; ebenso Brohm, Öffentliches BauR, 3. Aufl., § 30 Rn. 26; Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches BauR II, 4. Aufl., S. 94 f. 134 OVG Hamburg, BauR 1982, 259, 261. 135 OVG Hamburg, BauR 1982, 259, 261; NuR 2001, 51, 52. 136 OVG Münster, NVwZ 1992, 186. Dieses Verständnis entspricht auch einem praktischen Bedürfnis, weil es zu einem einheitlichen Rechtsschutzsystem gegenüber der Maßnahme führt, denn oftmals könnte die von dem Hoheitsträger-Adressaten wahrgenommene Aufgabe ebenso gut durch einen Privaten erfüllt werden, vgl. VGH Kassel, NVwZ-RR 2003, 345, 346, und die Maßnahme gegenüber einem Privaten erlassen werden; Vertreter der Gegenansicht behandeln daher in solchen Fällen die Maßnahme als Verwaltungsakt, vgl. Brohm, Öffentliches BauR, 3. Aufl., § 30 Rn. 26; VG Dessau, LKV 1996, 342. 137 So explizit VGH Kassel, NVwZ-RR 2003, 345, 346. 138 Eine derartige Lösung ist mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar; vgl. BVerwG, DÖV 1987, 870; BVerwG, NVwZ 1991, 781, 782; BVerwG, NVwZ 1998, 737. 132

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

Daneben existieren Fälle, die nicht durch die rechtlichen Besonderheiten der Wahrnehmung von Auftragsangelegenheiten bzw. der Erledigung von Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung gekennzeichnet sind, so die Übertragung des Eigentums an einem Gemäuer auf das Land durch dessen obere Flurbereinigungsbehörde, 139 die Prüfungsanordnung eines Rechnungshofs gegenüber den Behörden und sonstigen Stellen innerhalb der Verwaltung der Gebietskörperschaft, der er selbst angehört, 140 und der Planfeststellungsbeschluss gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts als Trägerin des Vorhabens, die auch Verwaltungsträger der Planfeststellungsbehörde ist. 141 In diesen Fällen – und dadurch sind sie mit den oben genannten vergleichbar – ist die erlassende Behörde aber ebenfalls nicht vom Adressaten des Verwaltungsakts weisungsabhängig oder in dessen hierarchischen Behördenaufbau eingegliedert: In dem Flurbereinigungsfall entschied die Obere Flurbereinigungsbehörde in sachlicher Unabhängigkeit nach ihrer freien, aus den gesamten Verhandlungen und Ermittlungen gewonnen Überzeugungen in der Gestalt eines Ausschusses (Spruchstelle), dem ehrenamtliche Beisitzer angehörten, gegenüber dem als Fiskus betroffenen Land. 142 Auch in dem Rechnungshoffall handelte der Rechnungshof aufgrund seiner weisungsungebundenen verfassungsrechtlichen Sonderstellung. 143 Schließlich erließ die Planfeststellungsbehörde den Planfeststellungsbeschluss ebenfalls aufgrund des ihr durch die materielle Ermächtigung zur eisenbahnrechtlichen Fachplanung eingeräumten Planungsermessens. 144 Insgesamt ist daher die Außenwirkung solcher Maßnahmen aufgrund der Inanspruchnahme des Adressaten in seiner Eigenschaft als eigenständigem Rechtsträger zu bejahen. 145 139

OVG Koblenz, DÖV 1970, 351. Fittschen, VerwArch 83 (1992), 165, 184 ff. 141 BVerwG, NVwZ 1991, 781, 782 zu § 36 Abs. 4 BBahnG aF (implizit); Obermayer, DVBl. 1987, 877, 878. 142 OVG Koblenz, DÖV 1970, 351. 143 Fittschen, VerwArch 83 (1992), 165, 184; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 117. 144 BVerwG, DÖV 1987, 870. 145 Eine andere Frage ist, ob der Rechtsträger den Verwaltungsakt anfechten kann. Ein derartiger In-Sich-Prozess wird heute nicht mehr generell für unzulässig gehalten, so noch BVerwGE 31, 263, 267, jetzt aber OVG Koblenz, DÖV 1970, 351; BVerwGE 45, 207, 210; OVG Lüneburg, NuR 1979, 161. Allerdings ist das Rechtsschutzbedürfnis (und nicht die Klagebefugnis, so noch BVerwGE 45, 207) dann abzulehnen, wenn der Rechtsstreit zwischen den verschiedenen Behörden oder Ämtern durch eine Entscheidung der gemeinsamen Entscheidungsspitze ausgeräumt werden könnte, vgl. BVerwGE 101, 47, 50, nicht aber dann, wenn eine Lösung des Konflikts zwischen den Beteiligten nicht möglich wäre, vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 1993, 132, 134; OVG Lüneburg, NuR 1979, 161; OVG Koblenz, DÖV 1970, 351; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 117. 140

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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(2) Der Verwaltungsakt einer Behörde gegenüber einem Dritten als Verwaltungsakt gegenüber dem eigenen Rechtsträger – Die Unteilbarkeit der Rechtsnatur einer Maßnahme Nur erwähnt werden soll hier, dass Maßnahmen, die eine Behörde einem Dritten gegenüber erlässt und die deswegen Außenwirkung haben und einen Verwaltungsakt darstellen, auch Verwaltungsakte gegenüber dem eigenen Rechtsträger sind. 146 Zwar wird z. T. vertreten, man könne die Rechtsnatur einer Maßnahme teilen und sie beispielsweise gegenüber dem Bürger als Verwaltungsakt qualifizieren, gegenüber dem eigenen Rechtsträger 147 hingegen als Verwaltungsinternum (Theorie vom relativen Verwaltungsakt) ansehen. Entsprechend nehmen einige Urteile des BVerwG an, eine Maßnahme könne zugleich Verwaltungsakt gegenüber einer Gemeinde und Verwaltungsinternum gegenüber dem Bürger sein. 148 Für eine derartige rechtliche Behandlung einzelner Maßnahmen wird vorgebracht, dass die unterschiedliche Einordnung von Behördenentscheidungen je nach ihren konkreten Rechtswirkungen grundsätzlich sinnvoll und systemgerecht sein könne, 149 sie wird aber ansonsten nicht näher begründet. Dagegen spricht aber, dass es gerade Sinn der Handlungsformen des öffentlichen Rechts ist, für die Äußerung der Staatsgewalt ordnungsstiftende rechtliche Regelungshülsen zur Verfügung zu stellen. Diese Intention wird konterkariert, wenn Maßnahmen „doppelqualifiziert“ werden. Zum Beispiel gelten für die verschiedenen Handlungsformen vielfach unterschiedliche Verfahrensbestimmungen und Fehlerfolgen. Eine janusköpfige Natur von Maßnahmen kann es daher nur ausnahmsweise geben, wenn und soweit sich dies zwingend aus Rechtsnormen ergibt. 150 Die Verwaltungsakteigenschaft ist eine absolute, keine relative Qualität. Wenn eine Maßnahme ein Verwaltungsakt ist, dann ist sie es gegenüber jedermann, nicht nur im Verhältnis zu bestimmten Personen. Eine Maßnahme kann nicht gleichzeitig Außenwirkung haben (Verwaltungsakt) und keine Außenwirkung haben (verwaltungsinterne Maßnahme). 151

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BVerwGE 45, 207. Oder gegenüber einer mitwirkenden Behörde, siehe dazu unten b) cc) (S. 57 ff.). 148 BVerwGE 74, 124, 130; BVerwG, NVwZ-RR 1994, 305, 306; BVerwG, NVwZ 1994, 784; offen gelassen von BVerwG, NVwZ 1990, 260, 261; ebenso Jäde, ThürVBl. 1997, 217, 219; aA VGH Mannheim, NVwZ 1998, 416. 149 BVerwG, NVwZ 1990, 260, 261. 150 Ehlers, Die Verwaltung 31 (1998), 53, 61; Geiger, BayVBl. 1990, 504 f.; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn 18 f.; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 35 Rn. 74; Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 12 Rn. 42; Koehl, BayVBl. 2003, 331; Ziekow, VwVfG, § 35 Rn. 52. 151 Laubinger, VerwArch 77 (1986), 421, 431 f. 147

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

b) Die Inanspruchnahme des Adressaten-Rechtsträgers gerade in seiner Qualität als eigenständige Rechtspersönlichkeit als entscheidendes Kriterium der Außenwirkung Aus den obigen Ausführungen zur Rechtsnatur verschiedener zwischen Hoheitsträgern ergehender Maßnahmen ergibt sich, dass die Zugehörigkeit der handelnden Behörde zu einem anderen Rechtsträger als dem Adressaten des Verwaltungsakts ein nicht immer ausreichendes Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung von Innen- und Außenbereich darstellt. Eine rein formalistische Betrachtungsweise sollte vermieden werden. Entscheidend ist darüber hinaus, dass der Adressat des Verwaltungsakts auch in seiner Qualität als eigenständige Rechtspersönlichkeit in Anspruch genommen wird. Dies zeigen die folgenden Überlegungen zu den Weisungen der Fachaufsichtsbehörde in Auftragsangelegenheiten und den Weisungen der Sonderaufsicht bei Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Auch soll auf die Mitwirkungshandlungen weiterer Behörden im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren gegenüber einem Bürger eingegangen werden. aa) Weisungen der Fachaufsichtsbehörde in staatlichen Auftragsangelegenheiten Zunächst stellt sich die Frage nach der Rechtsnatur von Weisungen der Fachaufsichtsbehörde in solchen Angelegenheiten, die einer Gemeinde (Selbstverwaltungskörperschaft) vom Staat als sog. Auftragsangelegenheiten übertragen worden sind. (1) Keine Außenwirkung mangels Betroffenheit des Adressaten in eigenen (Selbstverwaltungs-)Rechten Im Anschluss an die obigen Ausführungen ließe sich auch hier vertreten, dass derartige Weisungen an einen rechtlich selbständigen Verwaltungsträger gerichtet sind und daher Außenwirkung entfalten. 152 Allerdings ist zu beachten, dass die Gemeinde im „übertragenen Wirkungskreis“ nicht eigene Angelegenheiten wahrnimmt, sondern solche des Landes 153 – gleichsam als dessen Organ. 154 Sie nimmt Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises kraft staatlicher Verleihung und nicht aufgrund ihres Selbstverwaltungsrechts wahr. 155 Ist sie also Adressat einer fachaufsichtlichen Weisung, steht sie dem Staat zwar als ein von diesem verschiedener Rechtsträger gegenüber, wird von ihm aber nicht in dieser Eigen-

152 153 154 155

Schröder, JuS 1986, 371; Jäde, JuS 1998, 503, 505. BVerwGE 19, 121, 123; OVG Lüneburg, NVwZ 1982, 385, 386. VGH München, BayVBl. 1977, 152, 153. VGH München, BayVBl. 1977, 152.

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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schaft in Anspruch genommen. Folglich kommt einer solchen Maßnahme keine Außenwirkung zu. 156 Hiergegen wird eingewandt, dass Aufgaben im übertragenen Wirkungskreis kommunale Aufgaben seien, die zum Rechtskreis der Kommunen und nicht zum Rechtskreis des Staates gehörten. Die ursprünglich staatlichen Aufgaben seien mit der Übertragung zu Angelegenheiten der Kommunen geworden, die diese im eigenen Namen, mit eigenem Personal und eigenen Mitteln verwalteten. Sie seien organisatorisch selbständig; sie handelten zwar als untere staatliche Verwaltungsbehörde, seien aber keine staatliche Behörde. 157 Die Rechtsfolgen träfen die Kommunen und nicht den Staat. Im Prozess seien sie passiv legitimiert. 158 Daher handle es sich auch hier um selbständige, vom Staat unabhängige Rechtsträger. Die hier in Frage stehenden Weisungen hätten Außenwirkung. 159 Den Vertretern dieser Ansicht ist zuzugeben, dass sich die Tätigkeit der Gemeinde bei der Wahrnehmung von Auftragsangelegenheiten in den von ihnen genannten Punkten nicht von der Wahrnehmung von Selbstverwaltungsangelegenheiten unterscheidet. Es könnte daher als zu formalistisch erscheinen, die Weisungen der Fachaufsicht anders als die Maßnahmen der kommunalen Rechtsaufsicht nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich das Aufsichtsrecht bei Auftragsangelegenheiten und bei Selbstverwaltungsangelegenheiten grundlegend unterscheidet. Während in Selbstverwaltungsangelegenheiten die staatliche Aufsicht auf eine reine Rechtskontrolle beschränkt ist, handelt es sich bei Auftragsangelegenheiten um ein Fachaufsichtsrecht, das sich auch auf die Handhabung des Verwaltungsermessens und damit auf die Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns erstreckt. 160 Diese Fachaufsicht trägt dem Umstand Rechnung, dass die den Kommunen zur Fremdverwaltung aufgegebenen Angelegenheiten der Sache nach („funktional“) Aufgaben des Staates bleiben. Er hat sie zur Regelung aufgegriffen, und ihm werden sie in der rechtlichen Kompetenzordnung weiterhin zugerechnet. Dass die Kommunen sie verwaltungsmäßig ausführen, ändert daran nichts, sondern bedeutet nur eine technische Besonderheit 161 aus Gründen der Zweckmäßigkeit und um dem Prinzip einer ortsnahen, bürgerschaftsverbundenen Aufgabenerfüllung zu entsprechen, zumal der Aufbau 156

Koll, VR 1994, 366, 368. Ipsen, Nds. Kommunalrecht, 3. Aufl., Rn. 167. 158 So ist ein Anspruch aus Amtshaftung bei amtspflichtwidrigem Verhalten der mit der staatlichen Auftragsangelegenheit betrauten Körperschaft aufgrund der Amtsübertragungs(Anvertrauens-) theorie gegen diese und nicht gegen das Land zu richten, vgl. Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 26 Rn. 42; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 113. 159 Knemeyer, JuS 2000, 521, 524 f.; ders., Bay. Kommunalrecht, 11. Aufl., Rn. 160 ff., 431; Hufen, VerwProzR, 6. Aufl., § 14 Rn. 41 f. 160 Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 361; Seewald, in: Steiner (Hrsg.), Bes. VerwR, 8. Aufl., I, Rn. 361. 161 Schmidt-Jortzig, JuS 1979, 488, 489. 157

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

einer eigenen staatlichen Verwaltung auf Ortsebene entfällt. 162 Der Staat behält danach die Befugnis, für die sachlich richtige Behandlung der Aufgaben Sorge zu tragen, d. h. sie durch fachaufsichtliche Weisung zu lenken und zu überwachen. 163 Der Sache nach stellt sich die fachaufsichtliche Weisung an eine Gemeinde als untere staatliche Verwaltungsbehörde daher nicht anders dar als eine Weisung an eine nachgeordnete Behörde desselben Rechtsträgers, z. B. eine Weisung einer obersten Landesbehörde an die Landesoberbehörde oder die Landesmittelbehörde. Die organisatorische Selbständigkeit der angewiesenen Körperschaft kann daher für die Bestimmung der Rechtsnatur der fachaufsichtlichen Weisungen nicht die entscheidende Rolle spielen. 164 Diese Ansicht wird bestätigt, wenn man die Funktionen des Verwaltungsakts in die Betrachtung miteinbezieht: Da der angewiesenen Behörde die eigene Sachkompetenz für die ihr übertragenen Aufgaben fehlt und daher kein Eingriff in ihre (Selbstverwaltungs-) Rechte erfolgt, bedarf es auch des Schutzes ihrer Interessen durch Anhörung, Durchführung eines Verwaltungsverfahrens, aufschiebende Wirkung des Widerspruchs etc. nicht (verfahrensrechtliche Funktion). Auch bestünde die Gefahr, dass ein bestandskräftiger Verwaltungsakt dauerhaft Wahrnehmungszuständigkeiten zwischen anweisender und angewiesener Behörde verschöbe (Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion), 165 z. B. zu Lasten der anweisenden Aufsichtsbehörde dahingehend, dass sie der beauftragten Körperschaft verbindlich eine bestimmte Art und Weise der Aufgabenwahrnehmung vorschreibt, an der sie später nicht mehr festhalten will, und ihr dadurch die uneingeschränkte Lenkungs- und Überwachungsbefugnis verloren geht. Schließlich ist die Bejahung eines Verwaltungsakts in den hier behandelten Fällen wohl überwiegend dadurch motiviert, den Gemeinden gegen fachaufsichtliche Weisungen Rechtsschutz zu eröffnen und eine eventuelle Überschreitung des Weisungsrechts durch die Aufsichtsbehörden ggf. zu sanktionieren. 166 Das Vorliegen eines Verwaltungsakts ist aber seit Einführung der verwaltungsgerichtlichen Generalklausel in § 40 VwGO nicht mehr rechtsschutzbegründend, die angewiesene Behörde kann gegen die anweisende Fachaufsichtsbehörde Leistungs- bzw. Unterlassungsklage oder Feststellungsklage erheben. 167 Zweifelhaft ist allein die Klagebefugnis. 168 162

VGH München, NVwZ 1998, 205, 206. Schmidt-Jortzig, JuS 1979, 488, 489; Schwerdtner, VBlBW 1996, 209, 211. 164 So auch (ohne Begründung) VGH Mannheim, DVBl. 1994, 348; BVerwG, NVwZ 1995, 910, vgl. aber zu den Einschränkungen unten (2); VGH München, BayVBl. 1977, 152, 153; BVerwG, NJW 1978, 1820, 1821. 165 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 105. 166 So wohl Knemeyer, JuS 2000, 521, 524 f. 167 Czermak, BayVBl. 1978, 310; Koll, VR 1994, 366, 367. 168 Ipsen, Nds. Kommunalrecht, 3. Aufl., Rn. 905. 163

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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Zusammenfassend sind also Weisungen der Fachaufsichtsbehörde gegenüber der angewiesenen Körperschaft im Rahmen von Auftragsangelegenheiten mangels Außenwirkung keine Verwaltungsakte. Sie stellen in gewisser Weise das Gegenstück zu den oben behandelten In-Sich-Verwaltungsakten dar, die Außenwirkung aufweisen, obwohl der Rechtsträger der erlassenden Behörde und der adressierte Rechtsträger identisch sind. (2) Außenwirkung bei fachaufsichtlichen Weisungen, die Rechtspositionen von Selbstverwaltungskörperschaften berühren Von dem Grundsatz fehlender Außenwirkung bei fachaufsichtlichen Weisungen wird von der Rechtsprechung und einigen Stimmen in der Literatur dann eine Ausnahme gemacht, wenn die Weisung in ihrer Wirkung über den Bereich der Weisungsunterworfenheit der Selbstverwaltungskörperschaft hinausgeht und diese zugleich in einem ihr in dieser Eigenschaft zustehenden Recht betrifft – unabhängig davon, ob dieser Eingriff rechtmäßig oder rechtswidrig ist. 169 Der Weisung komme dann Außenwirkung zu. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn das Recht einer Universität, einen Vorschlag zur Erteilung eines Lehrauftrags bei der Berufung von Angehörigen des Lehrkörpers abzugeben, 170 oder das Recht einer Gemeinde auf angemessene Berücksichtigung der örtlichen Verkehrsplanung bei der Entscheidung über die Einrichtung einer geschwindigkeitsbeschränkten Zone (§ 45 Abs. 1b S. 1 Nr. 3, S. 2 StVO) 171 oder die geschützte Rechtsposition einer Gemeinde aus Art. 109 Abs. 2 S. 2 BayGO 172 berührt werde. 173 In diesen Fällen ergebe sich die Außenwirkung daraus, dass die Weisung gesetzliche Rechtspositionen bzw. Selbstverwaltungsrechte berührt, die insbesondere der Gemeinde neben ihrer Funktion als unterer staatlicher Verwaltungsbehörde eingeräumt sind. Nicht gemeint sind hingegen Konstellationen, in denen eine fachaufsichtliche Weisung deshalb in das Selbstverwaltungsrecht der betroffenen Körperschaft eingreift, weil sie in rechtswidriger Weise über den zulässigen Regelungsgehalt einer fachaufsichtlichen Weisung hinausgeht 174. 175

169 VGH Mannheim, DVBl. 1994, 348, 349; BVerwG, NVwZ 1995, 910; VGH München, BayVBl. 1977, 152; Obermayer, Verwaltungsakt und innerdienstlicher Rechtsakt, 1956, S. 143; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., Anh. § 42 Rn. 77 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 101; Ziekow, VwVfG, § 35 Rn. 48; Reigl, BayVBl. 1985, 369; SchmidtJortzig, JuS 1979, 488, 491. 170 BVerwGE 52, 313, 317. 171 VGH Mannheim, DVBl. 1994, 348; BVerwG, NVwZ 1995, 910. 172 „Eingriffe in das Verwaltungsermessen sind auf die Fälle zu beschränken, in denen das Gemeinwohl oder öffentlich-rechtliche Ansprüche Einzelner eine Weisung oder Entscheidung erfordern ...“; vgl. hierzu VGH München, BayVBl. 1977, 152; BVerwG, NJW 1978, 1820 (dort verneint). 173 VGH München, BayVBl. 1985, 368, 369.

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

Die Notwendigkeit, in den genannten Fällen fachaufsichtliche Weisungen ausnahmsweise als Verwaltungsakte zu qualifizieren, kann nicht damit begründet werden, dass andernfalls den Selbstverwaltungskörperschaften kein ausreichender Rechtsschutz zur Verfügung stünde. Denn anstelle der Anfechtungsklage können Leistungsklage und Feststellungsklage statthaft sein, die Klagebefugnis ergibt sich jedenfalls hier aus der Möglichkeit der Verletzung des Selbstverwaltungsrechts. 176 Für die Qualifizierung fachaufsichtlicher Weisungen als Verwaltungsakte spricht in diesem Ausnahmefall aber, dass staatliche Aufsichtsmaßnahmen insbesondere gegenüber Gemeinden auch im Bereich des übertragenen Wirkungskreises unter bestimmten Voraussetzungen die Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG beeinträchtigen können, weil sie eine geschützte Rechtsposition berühren, die den Gemeinden neben ihrer Funktion als unterer staatlicher Verwaltungsbehörde eingeräumt ist. Beispielsweise wird den Gemeinden neben ihrer Funktion als unterer Straßenverkehrsbehörde (§ 44 Abs. 1 StVO) durch die Formulierung „im Einvernehmen mit der Gemeinde“ in § 45 Abs. 1b S. 2 StVO eine klagefähige Rechtsposition auf Berücksichtigung ihrer örtlichen Verkehrsplanung zugesprochen. Daraus steht den Gemeinden ein Klagerecht beispielsweise dann zu, wenn die höhere Straßenverkehrsbehörde gegen oder ohne dieses Einvernehmen eine geschwindigkeitsbeschränkte Zone anordnet oder die Gemeinde von der höheren Straßenverkehrsbehörde angewiesen wird, die Einrichtung einer geschwindigkeitsbeschränkten Zone rückgängig zu machen, die die Gemeinde als untere Straßenverkehrsbehörde beschlossen hat. 177 Durch die Anerkennung einer derartigen klagefähigen Rechtsposition werden nicht lediglich zusätzliche Rechtmäßigkeitsanforderungen an das staatliche Aufsichtshandeln gestellt 178, sondern die Rechtsposition ist gerade Ausfluss der der Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zustehenden Planungshoheit. Insofern wird die Gemeinde mit der Weisung gerade auch in ihrer Eigenschaft als Selbstverwaltungskörperschaft in Anspruch genommen. Zweck der Maßnahme ist zwar die Regelung eines Sachverhalts im Rahmen einer staatlichen Auftragsangelegenheit, 174 So aber Widtmann, BayVBl. 1978, 723, 725 f., der sodann betont, dass die Rechtswidrigkeit einer Weisung kein maßgebliches Kriterium für deren Qualifizierung als Verwaltungsakt darstellen könne. 175 Zum Beispiel Eingriff in das Wasserversorgungsrecht einer Gemeinde (Selbstverwaltungsangelegenheit) durch Lockerung der Anforderungen an den Schutz des Wassers in einem Wasserschutzgebiet durch die Fachaufsichtsbehörde (Auftragsangelegenheit), vgl. BVerwG, DVBl. 1970, 580, 581 (dort verneint). 176 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 105 f.; Meyer, in: Meyer / Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 35 Rn. 49; Hufen, VerwProzR, 6. Aufl., § 14 Rn. 41 f.; Jäde, JuS 1998, 503, 505; Koll, VR 1994, 366, 367. 177 VGH Mannheim, DVBl. 1994, 348, 349; BVerwG, NVwZ 1995, 910; Steiner, DVBl. 1994, 351, 352; aA Schwerdtner, VBlBW 1994, 194, 196; ders., VBlBW 1996, 209, 211. 178 So Steiner, DVBl. 1994, 351, 353.

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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aber zugleich und zwangsläufig auch die Einflussnahme auf eine Rechtsposition der Selbstverwaltungskörperschaft. Denn die Gemeinde als untere Straßenverkehrsbehörde wird nur Maßnahmen treffen, zu denen sie auch ihr Einvernehmen erteilen würde. Die auf Abänderung einer solchen Maßnahme drängende Weisung der höheren Straßenverkehrsbehörde berührt damit zugleich auch die in diesem hypothetischen Einvernehmen zum Ausdruck kommende gemeindliche Planungshoheit. Damit ist die fachaufsichtliche Weisung auch auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet. 179 Im Ergebnis sind daher fachaufsichtliche Weisungen zwar generell nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren. In wenigen Ausnahmefällen ist die Außenwirkung jedoch zu bejahen, wenn der Rechtsträger, an den die Weisungen gerichtet sind, wie bei § 45 Abs. 1b S. 2 StVO innerhalb der Sachmaterie der Auftragsangelegenheit über eine klagefähige Rechtsposition verfügt, und daher durch den Erlass der Weisung zugleich als Selbstverwaltungskörperschaft in eigenen Rechten betroffen ist. Wegen der klar umrissenen Kriterien dieser Ausnahme und ihres von vornherein begrenzten Anwendungsbereichs wird Rechtsunsicherheit bei der Bestimmung der Rechtsnatur fachaufsichtlicher Weisungen nicht entstehen. 180 bb) Weisungen der Sonderaufsicht bei den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung In den Bundesländern, die dem monistischen Aufgabenmodell folgen, 181 stellt sich außerdem das Problem der Rechtsnatur der Weisungen im Rahmen der Sonderaufsicht bei den Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Die Qualifizierung dieser Weisungen als Verwaltungsakte oder verwaltungsinterne Maßnahmen hängt davon ab, ob man die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung eher den Selbstverwaltungsaufgaben oder den Auftragsangelegenheiten nach dem herkömmlichen dualistischen Aufgabenmodell zuordnet. 182 Eine derartige Einordnung ist sehr umstritten. Angesichts der unterschiedlichen Ausgestaltung der Aufgaben der Gemeinden in den einzelnen Bundesländern und dort wiederum in den einzelnen Sondergesetzen wird sich eine bundeseinheitliche Qualifikation verbieten. 183 Entscheidend ist entsprechend den oben entwickelten Kriterien im konkreten Einzelfall, ob die angewiesene Gemeinde in ihrer Rechtsstellung als 179 AA P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 105 f. 180 So aber Manssen, DVBl. 1997, 633, 639. 181 Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, NordrheinWestfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein. 182 Leidinger, in: FS für Menger, 1985, S. 257, 270; Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 365. 183 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 108.

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

Körperschaft des öffentlichen Rechts, also als Trägerin eines Selbstverwaltungsrechts, in Anspruch genommen wird und ob im Hinblick auf die Funktionen des Verwaltungsakts die Qualifizierung der Maßnahme als Verwaltungsakt geboten ist. Für Nordrhein-Westfalen 184 kann exemplarisch wie folgt argumentiert werden: Der sog. Weinheimer Entwurf einer Gemeindeordnung vom Juli 1948, dem Verfassung und Gemeindeordnung von Nordrhein-Westfalen insoweit nachgebildet sind, ging davon aus, dass die bisherigen staatlichen Auftragsangelegenheiten diesen Charakter verlieren und als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung in Selbstverwaltungsangelegenheiten umgewandelt werden. 185 Entsprechend differenzieren Art. 78 Verf. und § 3 GO NW nicht nach Selbstverwaltungsangelegenheiten und sonstigen (staatlichen Auftrags-) Angelegenheiten, sondern nur noch zwischen den – ungenannten – freiwilligen und den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben. Die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung sind ein Unterfall der gemeindlichen Pflichtaufgaben, für die nach einfachem Recht ein besonderes Aufsichts- und Weisungsrecht bestimmt werden kann. 186 Für diese Auffassung spricht auch § 7 AG VwGO, nach dem in Angelegenheiten, die den Gemeinden und Kreisen als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen sind, die Aufsichtsbehörde Widerspruchsbehörde ist, denn diese Vorschrift wäre überflüssig, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen wäre, dass es sich nicht um Selbstverwaltungsangelegenheiten iSd § 73 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 VwGO handelte. 187 Außerdem kann für diese Ansicht § 1 Abs. 2 S. 2 GebG NRW angeführt werden, nach dem Pflichtaufgaben nach Weisung nicht als Angelegenheiten der Selbstverwaltung im Sinne von Nummer 2.1. gelten, denn auch dieser Vorschrift bedürfte es nicht, wenn die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung auch sonst nicht als Selbstverwaltungsangelegenheiten angesehen würden. Hinzu kommt, dass das Weisungsrecht der Sonderaufsichtsbehörde nach § 3 Abs. 2 S. 1 GO NW in der Regel zu begrenzen ist. Beispielsweise können nach § 9 Abs. 2 OBG NW nur bestimmte Aspekte der Zweckmäßigkeit einer Maßnahmen überprüft werden, so dass auch aus diesem Grund die Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung den Selbstverwaltungsaufgaben näher stehen. 188 Nach anderer Ansicht verträgt sich das Weisungsrecht zwar nicht mit der eigenverantwortlichen Auf184

Zur Rechtslage in Brandenburg siehe Bbg. VerfG, NVwZ-RR 1997, 352, 353; Benedens, LKV 2000, 89 ff. 185 BVerwG, DVBl. 1970, 580, 581; Vietmeier, DVBl. 1992, 413; Riotte / Waldecker, NWVBl. 1995, 401, 403. 186 VerfGH NRW, NVwZ 1985, 820, 821; OVG Münster, NVwZ-RR 1995, 502; Vietmeier, DVBl. 1992, 413, 420; Leidinger, in: FS für Menger, 1985, S. 257, 269, 270; aA VG Köln, NVwZ 1984, 745. 187 Erichsen, in: Grimm / Papier, Nordrhein-westfälisches Staats- und Verwaltungsrecht, 1986, S. 128; Tettinger, in: Löwer / Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 78 Rn. 28; Riotte / Waldecker, NWVBl. 1995, 401, 404. 188 Schmidt-Aßmann, in: ders., Bes. VerwR, 13. Aufl., 1. Kap., Rn. 37 ff.

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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gabenwahrnehmung von Selbstverwaltungsangelegenheiten (Art. 28 Abs. 2 GG) und begründet daher die Herausnahme der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung aus dem Kreis der Selbstverwaltungsaufgaben. 189 Diese Ansicht trägt allerdings dem Umstand nicht hinreichend Rechnung, dass auch die Existenz eines (beschränkten) Weisungsrechts nichts daran ändert, dass die Gemeinden mit den Pflichtaufgaben kommunale, also eigene Aufgaben und nicht – wie bei den Auftragsangelegenheiten – staatliche Aufgaben wahrnehmen. Folglich sind die in diesem Bereich ergehenden Weisungen auch als Verwaltungsakte zu qualifizieren. 190 Entsprechend entschied beispielsweise das BVerwG, dass ein Erlass des Innenministers von Nordrhein-Westfalen, mit dem dieser eine Gemeinde aufforderte, für öffentliche Baudarlehen keine Zinsen zu erheben und bereits erhobene Zinsen den Darlehensnehmern zu erstatten, auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei, denn der Gemeinde stehe die freie und eigenverantwortliche Entscheidung zu, eigene Haushaltsmittel zur Förderung des örtlichen sozialen Wohnungsbaus zur Verfügung zu stellen, auch werde sie durch den Erlass in ihrer Rechtsstellung als Darlehensgeberin und Gläubigerin betroffen. 191 Das BVerwG stellte also entscheidend darauf ab, dass die Maßnahme unmittelbare Auswirkungen auf den gemeindlichen Selbstverwaltungsbereich hatte. 192 Anders gewendet bedeutet dies, dass auch im Bereich der Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung die Selbstverwaltungskörperschaft als eigenständige Rechtspersönlichkeit in Anspruch genommen wird. Dagegen kann auch nicht eingewendet werden, dass die verwaltungsverfahrensrechtlichen Institute der Anhörung, Beratung und Begründung für das Verhältnis der Gemeinde zum Staat in Weisungsmaterien nicht passten. 193 Denn gerade die Inanspruchnahme einer eigenständigen Rechtspersönlichkeit in Bezug auf eigene Aufgaben und Selbstverwaltungsrechte und die Beschränkung des Weisungsrechts lassen es als erforderlich erscheinen, dem Adressaten diesen verfahrensrechtlichen Schutz zu gewähren. cc) Mitwirkungshandlungen einer zweiten Behörde im Verwaltungsverfahren gegenüber dem Bürger – Außenwirkung gegenüber der federführenden Behörde? (1) Beispielsfälle und Problemstellung Des Weiteren ist zu klären, ob Mitwirkungshandlungen anderer Behörden im Verwaltungsverfahren einer federführenden Behörde gegenüber einem Bürger 189

Gern, Deutsches Kommunalrecht, 3. Aufl., Rn. 239. Keller, in: Articus / Schneider, GO NW, 2. Aufl., S. 81; Lübking / Vogelsang, Die Kommunalaufsicht, Rn. 93. 191 BVerwGE 52, 151, 152 f. 192 BVerwGE 52, 151, 153. 193 Schmidt-Aßmann, in: ders., Bes. VerwR, 13. Aufl., 1. Kap., Rn. 39. 190

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

Außenwirkung besitzen und somit Verwaltungsakte darstellen. Auch hier ist der Umstand, dass die beteiligten Behörden unterschiedlichen juristischen Personen des öffentlichen Rechts angehören, kein geeigneter Auslegungshinweis für die Abgrenzung von Außenrecht und Innenrecht. 194 Denn als Besonderheit dieser Fallgruppe ist zu beachten, dass es sich um Maßnahmen handelt, die im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren gegenüber einem Bürger stehen; in der Regel bereitet die Maßnahme der mitwirkenden Behörde die Maßnahme der federführenden Behörde vor. 195 Beispiele für die untersuchten Mitwirkungshandlungen sind: Zustimmung der Bankaufsichtsbehörde gem. § 49 Abs. 1 S. 2 KWG aF zur Erteilung einer Genehmigung nach § 3 KWG aF; 196 Zustimmung der obersten Landesstraßenbaubehörde zu Baugenehmigungen nach § 9 Abs. 2 S. 1 FStrG; 197 Zustimmung der Luftfahrtbehörde nach § 12 Abs. 2 LuftVG; 198 das gemeindliche Einvernehmen gem. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB; 199 die Zulassung einer Ausnahme durch den Bundespersonalausschuss nach § 42 Abs. 1 BLV aF (§ 44 Abs. 1 BLV nF); 200 die Bescheinigung einer Behörde zur Vorlage beim Finanzamt; 201 die Überprüfung der Befähigung für das Amt des Richters oder Staatsanwalts durch den Richterwahlausschuss bzw. Staatsanwaltsberufungsausschuss bei Übernahme von Richtern und Staatsanwälten der ehemaligen DDR; 202 die Ausnahmegenehmigung nach § 7 Abs. 2 Hess. BeamtenG; 203 die Festsetzung der Pflegesätze durch die Schiedsstelle nach § 18 Abs. 4 KHG. 204 Ein typischer Beispielsfall lag einer Entscheidung des OVG Münster zugrunde: 205 194

P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 93. Nicht behandelt werden hier Fälle, in denen ein zweites Verwaltungsverfahren zwischen dem Bürger und einer zweiten Behörde zwar in sachlichem Zusammenhang mit einem ersten Verwaltungsverfahren zwischen dem Bürger und einer ersten Behörde steht, die zweite Behörde jedoch nicht an der Entscheidung der ersten mitwirkt, sondern beide unabhängig voneinander handeln, z. B. Erteilung einer Sanierungsgenehmigung gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einerseits, Erteilung einer Baugenehmigung nach den Landesbauordnungen andererseits, vgl. VGH Mannheim, NVwZ-RR 1997, 156; NVwZRR 1993, 7; ebenso Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde gem. § 34 FlurBG einerseits, Baugenehmigung andererseits, vgl. VGH München, BRS 32, S. 231; Rieder, BayVBl. 1975, 42. 196 BVerwG, NJW 1959, 590. 197 BVerwGE 16, 116. 198 BVerwGE 21, 354. 199 BVerwGE 22, 342; 28, 145; NJW 1971, 1147. 200 BVerwGE 26, 31. 201 BVerwGE 34, 65. 202 OVG Magdeburg, DVBl. 1993, 960. 203 VGH Kassel, DVBl. 1981, 1069. 204 BVerwGE 94, 301. 195

B. Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 35 VwVfG

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Ein Beamter der Freien und Hansestadt Hamburg beantragt seine Versetzung nach Nordrhein-Westfalen gem. § 123 Abs. 1 BRRG. Erforderlich hierfür sind Vornahme bzw. Ablehnung der Versetzung durch den abgebenden Dienstherrn und Erklärung bzw. Verweigerung des Einverständnisses des aufnehmenden Dienstherrn (§ 123 Abs. 2 S. 1 BRRG). Das Land Nordrhein-Westfalen verweigert sein Einverständnis zu dieser Versetzung, folglich lehnt auch Hamburg das Versetzungsgesuch ab. Der Beamte klagt auf Erteilung des Einverständnisses gegen das Land Nordrhein-Westfalen. Eine entsprechende Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO setzt voraus, dass es sich bei diesem Einverständnis um einen Verwaltungsakt handelt. In solchen Konstellationen sind verschiedene Aspekte der Außenwirkung auseinander zu halten: Die Maßnahme der federführenden Behörde gegenüber dem Bürger hat unzweifelhaft Außenwirkung und ist daher Verwaltungsakt. Wegen der Unteilbarkeit der Rechtsnatur des Verwaltungsakts 206 stellt diese Maßnahme zugleich einen Verwaltungsakt gegenüber der mitwirkenden Behörde dar. Es stellt sich daher nur die Frage, ob die Mitwirkungshandlung der mitwirkenden Behörde auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Dabei sind wiederum zwei Aspekte zu unterscheiden: 207 Die Mitwirkungshandlung kann zum einen auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegenüber der federführenden Behörde gerichtet sein, zum anderen kann sich diese unmittelbare Außenwirkung auf das Verhältnis zum Dritten beziehen. Nimmt man an, dass die Mitwirkungshandlung der mitwirkenden Behörde gegenüber dem Bürger Außenwirkung hat und daher einen Verwaltungsakt darstellt, handelt es sich wegen der Unteilbarkeit der Rechtsnatur einer Maßnahme auch um einen Verwaltungsakt gegenüber der federführenden Behörde. 208 Umgekehrt gilt dies auch: Nimmt man an, dass die Maßnahme Außenwirkung gegenüber der federführenden Behörde hat und daher ein Verwaltungsakt dieser gegenüber ist, handelt es sich auch um einen Verwaltungsakt gegenüber dem Bürger. (2) Die unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegenüber dem Bürger Rechtsprechung und Literatur beschränken sich im Wesentlichen auf das Problem der unmittelbaren Rechtswirkung nach außen gegenüber dem Bürger. Ausgangspunkt ist die Frage, welchen Rechtsschutz der Bürger gegen die Versagung 205

NVwZ 1986, 581. Siehe oben a) ee) (2) (S. 49). 207 Diese Unterscheidung wird auch vorgenommen von Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 12 Rn. 44. 208 Dies rechtfertigt die Behandlung dieser Frage im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zu Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern. Außerdem wird zu zeigen sein, dass die Rechtsprechung die Außenwirkung einer Maßnahme gegenüber dem Bürger und gegenüber der federführenden Behörde mit vergleichbarer Argumentation begründet. 206

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der Mitwirkungshandlung durch die mitwirkende Behörde erlangen kann. Zu beachten ist, dass die Frage, ob eine bestimmte Mitwirkungshandlung ein Verwaltungsakt ist, nicht generell zu beantworten ist, sondern angesichts der Vielfalt der Formen, in denen Behörden an den Entscheidungen anderer Behörden beteiligt sein können, nur anhand des konkreten Sachverhalts und der konkreten Norm entschieden werden kann. 209 (a) Keine Außenwirkung bei unselbständiger Mitwirkungshandlung Zur Klärung, ob einer Mitwirkungshandlung Außenwirkung zukommt, muss die anspruchsbegründende Vorschrift nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie Entstehungsgeschichte 210 unter Berücksichtigung der Funktionen des Verwaltungsakts ausgelegt werden. Entscheidend ist das materielle Recht. Eine intendierte Außenwirkung liegt idR nicht vor, wenn zwischen der mitwirkenden Behörde und dem Bürger keine rechtlichen Beziehungen bestehen, wenn die mitwirkende Behörde also nicht befugt ist, gegenüber dem Bürger eine rechtliche Entscheidung zu treffen, 211 sondern durch ihre Beteiligung lediglich ihre Sachkompetenz genutzt werden soll. Sie liegt idR auch dann nicht vor, wenn der Gesetzgeber nur eine einheitliche Entscheidung nach außen für wünschenswert hielt 212 und dem Bürger insgesamt nur ein unteilbarer Anspruch zusteht. 213 Schließlich ist eine Außenwirkung auch dann zu verneinen, wenn die mitwirkende Behörde zwar über gewisse Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs des Bürgers zu befinden hat, diese Befugnis ihr aber nur im Verhältnis zur federführenden Behörde zukommt. 214 Wenn der federführenden Behörde die Zuständigkeit für die Beurteilung derselben Tatbestandsmerkmale nicht entzogen wird, sie vielmehr die Vornahme des Verwaltungsakts auch aus Gründen ablehnen kann, deren Geltendmachung der mitwirkenden Behörde obliegt, 215 d. h. die Prüfungsbefugnisse nicht unter den verschiedenen Behörden aufgeteilt, insbesondere diejenigen der federführenden Behörde nicht beseitigt oder eingeschränkt sind, 216 ist keine Außenwirkung gegeben. 209

BVerwGE 26, 31, 37. BVerwGE 94, 301. 211 BVerwGE 16, 116, 119; 21, 354, 355; 22, 342, 345. 212 Bäumler, BayVBl. 1978, 492, 494. 213 BVerwGE 16, 116, 121; 21, 354, 355. So richtet sich beispielsweise der Anspruch des Bürgers auf Erteilung einer Baugenehmigung lediglich gegen die untere Bauaufsichtsbehörde, nicht aber gegen die mitwirkungsberechtigte oberste Landesstraßenbaubehörde (§ 9 Abs. 2 FStrG), Luftfahrtbehörde (§ 12 Abs. 2 S. 1 LuftVG) oder Gemeinde (§ 36 Abs. 1 S. 1 BauGB). 214 BVerwGE 16, 116, 122; 21, 354, 355. 215 BVerwGE 16, 116, 123; 26, 31, 39. 216 BVerwG, NJW 1959, 590. So prüft die untere Bauaufsichtsbehörde in Bezug auf die Frage, ob der beantragten Baugenehmigung öffentlich-rechtliche Vorschriften entge210

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Dies wird bestätigt durch die Funktionen des Verwaltungsakts: Da die federführende Behörde den Sachverhalt umfassend prüft, gegenüber dem Bürger die Verantwortung hierfür trägt und im Verpflichtungsprozess Klagegegner ist, ist es zum Schutze der Interessen des Bürgers nicht erforderlich, ein Verwaltungsverfahren auch im Verhältnis zur mitwirkenden Behörde durchzuführen (verfahrensrechtliche Funktion). Auch hat der Bürger kein Interesse daran, dass das Ergebnis der Beurteilung des fraglichen Sachverhalts durch die mitwirkende Behörde ihm gegenüber verbindlich festgestellt wird, da dieses Ergebnis ja auch Teil der Endentscheidung der federführenden Behörde sein wird und sich insofern überschneidet (Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion). Außerdem müsste er, um den Eintritt der Bestandskraft dieser Entscheidung zu verhindern, Rechtsschutz auch gegenüber dieser Maßnahme in Anspruch nehmen. (b) Unerheblichkeit der Bindungswirkung der Mitwirkungshandlung Nicht entscheidend für die Außenwirkung einer Maßnahme gegenüber dem Bürger, sondern allenfalls für deren Regelungscharakter ist hingegen, ob die Mitwirkungshandlung für die federführende Behörde „bindend“ ist. 217 Denn die Bindung betrifft jedenfalls nur die federführende Behörde, nicht auch den Bürger; 218 im Verhältnis zu ihm ist allein die federführende Behörde zu einer abschließenden Entscheidung berufen. Verweigert die mitwirkende Behörde die Mitwirkungshandlung, ist der Bürger in seinen Rechten noch nicht betroffen. Er wird dies erst durch die ablehnende Entscheidung der federführenden Behörde. Zu kritisieren ist daher die Argumentation des OVG Münster 219 in obigem Beispielsfall, dass die Verweigerung des Einverständnisses des aufnehmenden Dienstherrn gem. § 123 Abs. 2 BRRG gegenüber dem betroffenen Beamten deswegen auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei, weil diese Maßnahme unmittelbar dadurch auf die Rechtsposition des Beamten „durchschlage“, dass der abgebende Dienstherr das Versetzungsgesuch des Beamten nunmehr ablehnen müsse. Diese Pflicht des abgebenden Dienstherrn ergibt sich allein daraus, dass die Verweigerung des Einverständnisses durch den aufnehmenden Dienstherrn als Ausdruck von dessen Personalhoheit für ihn bindend ist: Gegen dessen Willen kann dieser nicht gezwungen werden, eine Person in das Beamtenverhältnis aufzunehmen. Auch wenn durch die Verweigerung des Einverständnisses das Schicksal des Versetzungsgesuches faktisch entschieden wird, ist die Willenserklärung des aufnehgenstehen, die Anforderungen an bauliche Anlagen an Bundesfernstraßen (§ 9 FStrG), die Baubeschränkungen im Bauschutzbereich rund um einen Flughafen (§ 12 LuftVG) und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach §§ 31, 33 bis 35 BauGB, auch wenn die Überprüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzungen wegen deren besonderer Sachkompetenz auch den jeweils mitwirkungsberechtigten Behörden obliegt. 217 BVerwGE 16, 116, 125; Meyer, in: Meyer / Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 35 Rn. 59. 218 BVerwGE 28, 145, 147; 34, 65, 68. 219 OVG Münster, NVwZ 1986, 581, 582.

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menden Dienstherrn jedenfalls nicht auf unmittelbare Außenwirkung gegenüber dem abgelehnten Beamten gerichtet. Indessen wird noch aus einem anderen Grund die Außenwirkung der Mitwirkungshandlung aus deren Bindungswirkung hergeleitet: Der Bürger müsse die mitwirkende Behörde direkt durch Verpflichtungsklage zur Vornahme der Mitwirkungshandlung verpflichten können. Richte sich nämlich die Verpflichtungsklage nur gegen die federführende Behörde und gebe das Gericht dieser statt, obwohl die federführende Behörde die Erteilung des Verwaltungsakts lediglich aufgrund der Verweigerung der Mitwirkungshandlung abgelehnt habe, werde die federführende Behörde zu einer rechtlich unmöglichen Leistung verurteilt: Sie müsse nunmehr den begehrten Verwaltungsakt erlassen, ohne dass die erforderliche Mitwirkungshandlung vorliege. 220 Dagegen spricht allerdings, dass die behördliche Mitwirkungshandlung kein Tatbestandsmerkmal der anspruchsbegründenden Norm ist und das Gericht bei Vorliegen aller anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale der Klage stattgeben muss. 221 Das Gericht ersetzt die fehlende oder rechtswidrig verweigerte Mitwirkungshandlung. 222 (c) Unerheblichkeit der Bekanntgabe der Mitwirkungshandlung Unerheblich ist auch, in welcher Form und wann die Entscheidung der mitwirkenden Behörde dem Bürger mitgeteilt wird. Insbesondere spricht die Tatsache, dass diese dem Bürger gar nicht oder zusammen mit der Entscheidung der federführenden Behörde mitgeteilt wird, nicht gegen das Vorliegen eines Verwaltungsakts: Eine Maßnahme wird nicht durch ihre Bekanntgabe zum Verwaltungsakt, sondern die Verwaltungsaktqualität entscheidet darüber, ob und ggf. wie die Maßnahme bekannt gegeben werden muss. Die Bekanntgabe wirkt sich nur auf die Fristen für die förmlichen Rechtsbehelfe gegen die behördliche Entscheidung aus. 223 (d) Rechtsschutzerwägungen Schließlich sprechen auch Erwägungen des Rechtsschutzes und der Prozessökonomie gegen die Annahme der Außenwirkung in solchen Fällen: Der Bürger muss so nur eine Klage auf Erteilung des Verwaltungsakts gegen die federführende Behörde erheben. Das Gericht entscheidet über das Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale und kann die fehlende oder rechtswidrig verweigerte Mitwirkungshandlung ersetzen; 224 mit dem Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung 220

VGH Kassel, DVBl. 1981, 1069, 1071. BVerwGE 16, 116, 126. 222 Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 65 Rn. 18 d. 223 VGH Kassel, DVBl. 1981, 1069, 1071; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 93. 224 BVerwGE 16, 116, 126; BVerwG, NJW 1971, 1147. 221

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kann die mitwirkende Behörde durch die Rechtskraft des Urteils gebunden werden (§§ 65 Abs. 2, 63 Nr. 3, 121 Nr. 1 VwGO). 225 (e) Die Ausnahme der Außenwirkung bei selbständiger Mitwirkungshandlung Ausnahmsweise wird unmittelbare Außenwirkung angenommen, wenn das Mitwirkungsrecht derart selbständige Bedeutung hat, dass der mitwirkungsberechtigten Behörde die ausschließliche Wahrnehmung bestimmter Aufgaben und die alleinige Geltendmachung besonderer Gesichtspunkte übertragen ist, 226 dass die mitwirkungsberechtigte Behörde ein eigenes selbständiges Verwaltungsermessen ausübt. 227 Begründet wird dies damit, dass in solchen Fällen die von der mitwirkenden Behörde behandelte Frage präjudiziert wird und daher einer eigenständigen Beurteilung durch die federführende Behörde nicht mehr zugänglich ist. Dies verlangt die Durchführung eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens gem. §§ 9 ff. VwVfG im Verhältnis Bürger-mitwirkende Behörde und die Möglichkeit der Inanspruchnahme der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs. 228 Sieht man von den wenigen Fällen ab, in denen ausnahmsweise die Außenwirkung 225 Bei Identität der Rechtsträger der federführenden und der mitwirkenden Behörde ist die Beiladung der mitwirkenden Behörde in den Konstellationen nicht denkbar, in denen der beteiligte Rechtsträger die Bundesrepublik Deutschland ist oder die betroffenen Ländern von der Ermächtigung des § 61 Nr. 3 VwGO nicht Gebrauch gemacht haben, denn in diesen Fällen ist der Rechtsträger schon mit allen seinen Behörden als Beklagter am Rechtsstreit beteiligt, §§ 78 Abs. 1 Nr. 1, 61 Nr. 1, 63 Nr. 2 VwGO, die Beiladung einer Behörde wäre unwirksam, vgl. BVerwGE 72, 165, 167. Hingegen ist in den übrigen Fällen die Beiladung zulässig und notwendig, da die Mitwirkungsbefugnisse der mitwirkenden Behörde zur selbständigen Wahrnehmung der ihr übertragenen Befugnisse dienen und die Entscheidung daher auch ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann. 226 BVerwG, NJW 1959, 590; OVG Magdeburg, DVBl. 1993, 960, 961 (in beiden Fällen wurde eine Ausnahme aber nicht angenommen); VGH Kassel, DVBl. 1981, 1069, 1070 bejaht hingegen die Außenwirkung einer Ausnahmegenehmigung nach § 7 Abs. 2 S. 1 Hess. Beamtengesetz aF für die Aufnahme einer französischen Staatsangehörigen in den Schuldienst aufgrund eines dringenden dienstlichen Bedürfnisses durch den Innenminister des Landes Hessen im Einvernehmen mit dem Direktor des Landespersonalamtes als Vorfrage zur Entscheidung des Regierungspräsidenten über die Aufnahme in den Schuldienst. In diesem Fall gehören die handelnden Behörden, Innenminister und Regierungspräsident, außerdem demselben Rechtsträger, nämlich dem Land, an. 227 VGH Kassel, DVBl. 1981, 1069, 1071. 228 VGH Kassel, DVBl. 1981, 1069, 1071. Der VGH Kassel stellt zur Begründung der Verwaltungsaktqualität zum einen darauf ab, dass der Gesetzgeber die Entscheidung über die Zulassung der Ausnahme bei dem Innenminister als dem „Beamten-Minister“ konzentriert habe, wobei er zudem noch das Einvernehmen mit dem Direktor des Landespersonalamtes statuiert habe, der für das Personalwesen in besonderer Weise verantwortlich sei. Die Ausnahmegenehmigung habe damit selbständigen Charakter. Zum anderen spreche für die Verwaltungsaktqualität auch die Nichtigkeit der Ernennung gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 Hess. Beamtengesetz aF bei Nichtvorliegen dieser Genehmigung, denn der Innenminister prüfe selbständig und in eigener Verantwortung aufgrund eines eigenen selbständigen

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1. Kap.: Die Qualifizierung von Maßnahmen als Verwaltungsakte

einer behördlichen Mitwirkungshandlung bejaht wird, 229 führt die Verneinung der Verwaltungsaktqualität allerdings in einigen Fällen zu der irrigen Annahme, dass die erhobene Anfechtungsklage als unzulässig abzuweisen ist. 230 Dagegen ist nochmals zu betonen, dass das Vorliegen eines Verwaltungsakts nicht rechtsschutzbegründend ist. 231 Das Klagebegehren des Bürgers ist gem. § 88 VwGO auszulegen und ggf. die Statthaftigkeit einer Leistungs- oder Feststellungsklage zu prüfen. Zweifelhaft ist allenfalls die Klagebefugnis. 232 Verneint man die Außenwirkung im Verhältnis zum Bürger, liegt auch kein Verwaltungsakt im Verhältnis der handelnden Behörden zueinander vor. (3) Die unmittelbare Rechtswirkung nach außen gegenüber der federführenden Behörde Der Aspekt der unmittelbaren Außenwirkung der Mitwirkungshandlung gegenüber der federführenden Behörde wird in Rechtsprechung und Literatur überwiegend nicht behandelt. 233 Die Vernachlässigung dieses Problems lässt sich wohl dadurch erklären, dass eine derartige Außenwirkung in den seltensten Fällen vorliegen wird. (a) Beschränkung des Rechtskreises der federführenden Behörde durch das Mitwirkungsrecht einer zweiten Behörde Nach der Ansicht von Erichsen liegt Außenwirkung gegenüber dem Rechtsträger der federführenden Behörde dann vor, wenn die mitwirkende Behörde der federführenden Behörde verbindlich aufgebe, eine bestimmte Entscheidung gegenüber dem Bürger zu treffen, die den Außenrechtskreis des Trägers der federführenden Behörde unmittelbar betreffe. 234 Dagegen ist allerdings einzuwenden, Verwaltungsermessens deren Voraussetzungen und präjudiziere diese Frage. Der Regierungspräsident hingegen prüfe das dringende dienstliche Bedürfnis nicht. 229 VGH Kassel, DVBl. 1981, 1069, 1070. 230 BVerwGE 28, 145, 146; Krautzberger, in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 36 Rn. 5; Söfker, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauBG, § 36 Rn. 23 f. 231 Schwabe, DVBl. 1997, 1322, 1323. 232 Schwabe, DVBl. 1997, 1322, 1323. 233 Soweit ersichtlich, nimmt bislang allein das Urteil OVG Münster, NVwZ 1986, 581, 582, diese Differenzierung vor; ebenso Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 12 Rn. 44; Jäde, ThürVBl. 1997, 217, 218. 234 Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 12 Rn. 44. Beispielsweise werde, soweit die nach außen handelnde Behörde Organ der Gemeinde sei, deren durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteter Rechtskreis (Planungshoheit) durch die [bindende] Erteilung oder Versagung der Zustimmung seitens der Mitwirkungsbehörde gemäß § 36 Abs. 1 oder § 9 Abs. 2 FStrG tangiert.

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dass wenn das Gesetz eine verbindliche Mitwirkungshandlung einer anderen Behörde vorsieht, es sich insoweit um eine verfassungsrechtlich zulässige gesetzliche Beschränkung des Rechtskreises der federführenden Behörde und nicht um einen Eingriff in ihren Rechtskreis handelt. Die federführende Behörde ist somit, auch wenn sie einem anderen Rechtsträger angehört, nicht in eigenen Rechten und eigenen Interessen betroffen, wenn die Entscheidung der mitwirkenden Behörde nicht so ausfällt wie von ihr gewünscht. Eines Verwaltungsverfahrens gem. §§ 9 ff. VwVfG mit Anhörung und der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe etc. bedarf es daher nicht. Bei einer Überschreitung des Mitwirkungsrechts seitens der mitwirkenden Behörde ist entsprechend den Fällen zur Überschreitung des Weisungsrechts der Fachaufsichtsbehörden jedenfalls zu verneinen, dass die Maßnahme auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. 235 In diesen Fällen wird Rechtsschutz durch Leistungs- oder Feststellungsklage gewährt. Zum anderen liegt nach Erichsen Außenwirkung dann vor, wenn nach der Vornahme der Mitwirkungshandlung durch die mitwirkende Behörde die Entscheidung der federführenden Behörde dahingehend freigegeben werde, dass sie in Wahrnehmung eigener Aufgaben des von ihr repräsentierten Trägers öffentlicher Verwaltung selbst positiv oder negativ entscheiden dürfe. 236 Dieser Fallgruppe steht allerdings schon entgegen, dass mangels verbindlicher Entscheidung durch die mitwirkende Behörde keine Regelung vorliegt 237 und daher unabhängig von der Frage der Außenwirkung kein Verwaltungsakt gegeben sein kann. (b) Keine Außenwirkung bei Berücksichtigung der Funktionen des Verwaltungsakts Schließlich sollte nicht vergessen werden, dass es sich bei der Mitwirkung einer Behörde an der Entscheidung einer anderen nicht um „reine“ Maßnahmen zwischen Behörden handelt, sondern diese im Zusammenhang mit dem Verwaltungsverfahren gegenüber einem Dritten stehen. Ziel der einzelnen Verfahrenshandlungen ist der Abschluss des Verwaltungsverfahrens durch Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber diesem Dritten, dessen Interessen während des gesamten Verwaltungsverfahrens zu berücksichtigen sind. Die mitwirkende Behörde hätte im Falle einer Untätigkeit der federführenden Behörde nach Vornahme der Mitwirkungshandlung kein Interesse an der zwangsweisen Durchsetzung ihrer Entscheidung (Titelfunktion des Verwaltungsakts). Überschreitet die mitwirkende Behörde ihre Kompetenzen bei der Mitwirkungshandlung, läuft die federführende Behörde nicht Gefahr, durch Untätigbleiben diese Kompetenzverschiebung endgültig festzuschreiben (Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion). Auch 235 236 237

Meyer, in: Meyer / Borgs, VwVfG, 2. Aufl., § 35 Rn. 60. Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 12 Rn. 44. P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 89 ff.

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unter Berücksichtigung der Funktionen des Verwaltungsakts erscheint die Annahme eines Verwaltungsakts im Verhältnis beider Behörden zueinander daher weder sinnvoll noch notwendig. (c) Keine Außenwirkung auch bei selbständiger Mitwirkungshandlung der zweiten Behörde Einen weiteren Aspekt erörtert schließlich das OVG Münster 238 in dem obigen Beispielsfall bezüglich der Frage, ob die Erklärung bzw. Verweigerung des Einverständnisses durch den aufnehmenden Dienstherrn gegenüber dem abgebenden Dienstherrn einen Verwaltungsakt darstellt. Für das OVG Münster ist ausschlaggebend, dass bei der Frage, ob ein Beamter aus einem anderen Bundesland in das Beamtenverhältnis übernommen werden soll, ähnlich wie bei der Neubegründung des Beamtenverhältnisses die Personalhoheit des aufnehmenden Dienstherrn betroffen ist. Daher unterliegt die Erklärung des Einverständnisses grundsätzlich denselben rechtlichen Kriterien, die für die Begründung des Beamtenverhältnisses maßgeblich sind, d. h. es handelt sich um eine Ermessensentscheidung bezüglich der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des zu Versetzenden. Diese kann nicht aufgrund eines einheitlichen, nach schematisierten Maßstäben ablaufenden Vorganges getroffen werden; vielmehr werden die Einzelheiten des diesbezüglichen Erkenntnisprozesses durch die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen tatsächlichen Verhältnisse beeinflusst. Diese Überlegungen können von der federführenden Behörde nicht angestellt werden. Es handelt sich also um eine autonome, nur vom aufnehmenden Dienstherrn zu treffende Entscheidung, die vom abgebenden Dienstherrn nicht überprüfbar ist und von ihm zu respektieren ist: Verweigert der aufnehmende Dienstherr sein Einverständnis, muss er das Versetzungsgesuch ablehnen. Entscheidend ist also nicht, dass der Adressat der Maßnahme, d. h. die federführende Behörde (hier der abgebende Dienstherr), in eigenen Rechten betroffen ist, sondern dass die mitwirkende Behörde (hier der aufnehmende Dienstherr) in Wahrnehmung eines nur ihrem Rechtsträger zustehenden Rechts tätig wird, das von der federführenden Behörde weder beurteilt noch berücksichtigt werden kann. Vergleicht man diesen Ansatz mit dem unter (2) (e) genannten Kriterium, dass das Mitwirkungsrecht dann selbständige Bedeutung hat und zu einer Maßnahme mit Außenwirkung führt, wenn der mitwirkungsberechtigten Behörde die ausschließliche Wahrnehmung bestimmter Aufgaben und die alleinige Geltendmachung besonderer Gesichtspunkte übertragen ist bzw. wenn ihr ein eigenes selbständiges Verwaltungsermessen zusteht, weisen beide eine große Ähnlichkeit auf. Für beide Fälle, für die Außenwirkung sowohl gegenüber dem Bürger als auch gegenüber der federführenden Behörde, ist entscheidend, dass die mitwirkende 238

OVG Münster, NVwZ 1986, 581, 582.

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Behörde zur selbständigen, ausschließlichen und abschließenden Entscheidung berufen ist, eine dahingehende Entscheidungskompetenz der federführenden Behörde hingegen abgesprochen wird. Als Grund für die Notwendigkeit, in solchen Fällen einen Verwaltungsakt anzunehmen, wurde oben genannt, dass eine derartige Konstellation die Durchführung eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens gem. §§ 9 ff. VwVfG im Verhältnis Bürger-mitwirkende Behörde und die Möglichkeit der Inanspruchnahme der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs verlangt. 239 Entsprechende Überlegungen müssten auch im Beispielsfall des OVG Münster 240 – zugunsten des abgebenden Dienstherrn – fruchtbar gemacht werden können. Zu beachten ist aber in diesem Fall noch einmal, dass die Rechte des abgebenden Dienstherrn nur so weit gehen, wie sie durch § 123 Abs. 2 BRRG gewährt werden. Sieht diese Vorschrift als notwendige Voraussetzung für eine Versetzung das Einverständnis des aufnehmenden Dienstherrn vor, können die Rechte des abgebenden Dienstherrn durch eine Verweigerung des Einverständnisses folglich nicht berührt werden, die Durchführung eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens und die Gewährung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs sind daher ihm gegenüber nicht notwendig. Notwendig ist dies aber gegenüber dem Beamten: In einem im Verhältnis zum abgebenden Dienstherrn durchgeführten Verwaltungsverfahren würde es keinen Sinn machen, die Argumente vorzubringen, die nur vom aufnehmenden Dienstherrn berücksichtigt werden können. Dementsprechend ist es auch nur sinnvoll, eine Verpflichtungsklage gegen diesen zu erheben. In dem obigen Beispielsfall ist dem OVG Münster also darin beizupflichten, dass es sich bei der Erklärung bzw. Verweigerung des Einverständnisses durch den aufnehmenden Dienstherrn um einen Verwaltungsakt handelt, die Außenwirkung ist aber lediglich gegenüber dem Bürger begründet, nicht gegenüber dem abgebenden Dienstherrn. Dieser Fall belegt, dass auch das Kriterium der alleinigen Geltendmachung bestimmter Aspekte und der eigenverantwortlichen Entscheidung hierüber nicht geeignet ist, eine Außenwirkung der Maßnahme gegenüber der federführenden Behörde zu begründen. Absehen davon, dass die handelnden Behörden unterschiedlichen Rechtsträgern angehören, was für die Fälle der Mitwirkungshandlungen allein nicht aussagekräftig ist, lässt sich somit kein Kriterium finden, das zu einer Außenwirkung gegenüber der mitwirkenden Behörde führt. Lässt sich also die Verwaltungsakteigenschaft einer Maßnahme nicht aufgrund einer Außenwirkung gegenüber dem Bürger begründen, ist sie insgesamt abzulehnen.

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BVerwG, DVBl. 1981, 1069, 1071. NVwZ 1986, 581.

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C. Ergebnis des ersten Kapitels Das vorliegende Kapitel hat gezeigt, unter welchen Umständen und gemäß welchen Kriterien eine zwischen zwei Hoheitsträgern ergehende Maßnahme unter die Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG subsumiert und als Verwaltungsakt qualifiziert werden kann. Entscheidend ist zum einen, dass das Tatbestandsmerkmal „hoheitlich“ nicht impliziert, dass sich Behörde und Adressat nach materiellem Recht in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander befinden müssen, und dass daher ein eventuell bestehendes Gleichordnungsverhältnis zwischen Hoheitsträgern die Qualifikation einer Maßnahme als Verwaltungsakt nicht hindert. Zum anderen kommt es für das Tatbestandsmerkmal der „unmittelbaren Außenwirkung“ wesentlich darauf an, dass sich die Maßnahme an einen von dem Rechtsträger der erlassenden Behörde verschiedenen Rechtsträger richtet, dieser aber auch gerade in seiner Qualität als eigenständige Rechtspersönlichkeit betroffen sein muss. In Zweifelsfällen muss weniger auf die formale Verwaltungsorganisation als auf die Funktionen des Verwaltungsakts abgestellt werden. Daran schließt sich nun die Untersuchung an, unter welchen Voraussetzungen ein Hoheitsträger die Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber einem anderen Hoheitsträger verwenden darf, d. h. wann der Erlass eines Verwaltungsakts zulässig ist. Hierbei handelt es sich um ein Problem der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts. In einem ersten Schritt sind die zu dieser Problematik ergangene Rechtsprechung und die bereits vorhandene Literatur darzustellen und kritisch zu würdigen (2. und 3. Kap.).

Zweites Kapitel

Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander in Rechtsprechung und Literatur Die Rechtsprechung nimmt zur Frage der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander nur sehr uneinheitlich Stellung. Nach Art und Weise der Behandlung der Problematik lassen sich die bisher ergangenen Urteile jedoch in vier Gruppen aufteilen. Eine erste Gruppe umfasst die Geltendmachung von Geldleistungsansprüchen durch Leistungsbescheid und eine zweite Gruppe den Erlass feststellender Verwaltungsakte. Die Rechtsprechung hierzu wird im Folgenden dargestellt (B. und C.) und kritisch gewürdigt (D. und E.). Eine dritte Gruppe betrifft Polizeiverfügungen gegenüber Hoheitsträgern (3. Kap.). Schließlich ist festzustellen, dass eine vierte Gruppe von Urteilen die Zulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern überhaupt nicht problematisiert, eine Auswertung der Rechtsprechung ist daher unergiebig. Der Grund für die fehlende Problematisierung könnte darin liegen, dass die Urteile allesamt Fälle betreffen, in denen der Erlass eines Verwaltungsaktes zulässig ist. Dies kann aber erst dann untersucht werden, wenn die an die Zulässigkeit eines Verwaltungsaktes zu stellenden Anforderungen geklärt sind (4. Kap. B.). Ebenso wenig hat sich bislang eine Literaturmeinung zur Zulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern gebildet, lediglich das Problem wird von einigen wenigen Autoren beschrieben. 1 Einzig zur sogenannten formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern ist Literatur vorhanden, 2 auch wenn es hier noch der grundsätzlichen Klärung bedarf. 3 Daher wird hier auf die Auseinandersetzung mit der Literatur in einem eigenständigen Kapitel verzichtet. Die Literatur ist vielmehr jeweils an geeigneter Stelle zu berücksichtigen. Bei der Untersuchung der Rechtsprechung zu Leistungsbescheiden und feststellenden Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern ist festzustellen, dass die Gerichte die zur Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Privatpersonen entwickelten Grundsätze auf Verwaltungsakte zwischen 1 Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 241 ff.; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 113 ff. 2 Siehe hierzu die Nachweise im 3. Kap. 3 Götz, Allg. POR, 13. Aufl., Rn. 240.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Hoheitsträgern übertragen. Diese Grundsätze sind daher zunächst kurz zusammenzufassen (A.).

A. Die Rechtsprechung zur Verwaltungsaktbefugnis bei Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen Kernproblem der sog. Verwaltungsaktbefugnis bei Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen ist die Frage, ob die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes für die Problematik der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt Geltung beanspruchen kann.

I. Die Anwendbarkeit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes auf die Problematik der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG iVm den Grundrechten) verlangt nach der klassischen Formel, die durch die Wesentlichkeitsrechtsprechung nicht obsolet geworden, sondern ergänzt worden ist, für alle „Eingriffe in Freiheit und Eigentum“ durch die Verwaltung eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. 4 Es kommt daher darauf an, ob allein in der Wahl der spezifischen Handlungsform Verwaltungsakt – abgesehen von seinem materiellrechtlichen Inhalt – eine Belastung für den Bürger liegt. Eine solche kann in der potenziellen Bestandskraft und ggf. in der potenziellen Vollstreckbarkeit eines (belastenden 5) Verwaltungsakts gesehen werden: 6 Wird in dem Verwaltungsakt eine für den 4 Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 107 f.; Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20 Abs. 3 Rn. 276; Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 20 Rn. 114. 5 Ob die hier dargestellten Grundsätze auch für die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt bei begünstigenden Verwaltungsakten gelten, wird in der Rechtsprechung und Literatur im Allgemeinen nicht untersucht. Da aber nach überwiegender Ansicht der Vorbehalt des Gesetzes schon nicht auf den Inhalt begünstigender Verwaltungsakte Anwendung findet bzw. bei Subventionen die etatmäßige Bereitstellung der Mittel im Haushaltsplan als ausreichend angesehen wird (Schmidt, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR I, 2. Aufl., § 1 Rn. 166 ff.), ist nach dieser Ansicht für die Handlungsform Verwaltungsakt im Bereich der Leistungsverwaltung wohl keine gesetzliche Grundlage notwendig. Nur wenige Gegenstimmen sprechen sich für eine Ausdehnung des Vorbehalts des Gesetzes auch auf die Leistungsverwaltung und zugleich auf die Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt in diesem Bereich aus, da auch hier eine Individualisierung und Konkretisierung des Staat-Bürger-Verhältnisses durch den Verwaltungsakt stattfinde und ein spezifischer Regelungswert gegeben sei, vgl. Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg.

A. Die Rechtsprechung zur Verwaltungsaktbefugnis

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Adressaten ungünstige Entscheidung getroffen, muss er diesen innerhalb der Widerspruchsfrist anfechten und ggf. bei erfolglosem Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid Anfechtungsklage erheben. Er trägt also die Anfechtungslast. Versäumt er diese Anfechtung, wird der Verwaltungsakt bestandskräftig. Die durch den Verwaltungsakt gesetzten Rechtsfolgen gelten dann im Interesse der Rechtssicherheit unabhängig von ihrer Vereinbarkeit mit dem materiellen Recht – insoweit wird von der Rechtsordnung eine Abweichung vom Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes in Kauf genommen. 7 Außerdem können sich verjährungsrechtliche Konsequenzen ergeben: Ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung eines Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung bis zum Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts; danach beträgt die Verjährungsfrist 30 Jahre (§ 53 VwVfG nF). Schließlich dient der Verwaltungsakt der Verwaltung als Vollstreckungstitel. Gegen eine derartige Sichtweise kann eingewendet werden, dass der Verwaltungsakt dem Bürger auch Vorteile bringt: 8 Vor Erlass des Verwaltungsakts ist dessen Adressat anzuhören (§ 28 VwVfG), der Verwaltungsakt ist zu begründen (§ 39 VwVfG) und wird mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen (§§ 70 Abs. 2, 58 Abs. 1 VwGO); es besteht die Möglichkeit einer verwaltungsinternen Überprüfung des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren (§§ 68 ff. VwGO), Widerspruch und Anfechtungsklage haben idR aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 S. 1 VwGO); es gilt der Untersuchungsgrundsatz, Widerspruchsbehörde und Gericht haben auf die Stellung sachdienlicher Anträge hinzuwirken (§§ 24 ff. VwVfG; 86 VwGO), die Behörde trägt die Beweislast für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts. 9 Der Bürger wird also umfassend auf die Rechtsfolge der Bestandskraft und die Möglichkeit und Notwendigkeit einer Anfechtung hingewiesen für den Fall, dass er diese Rechtsfolge nicht akzeptieren will. Im Übrigen kann die Bestandskraft aufgrund der damit verbundenen Rechtssicherheit auch durchaus in seinem eigenen Interesse liegen. Die Ansicht, die in der Verwendung des Verwaltungsakts einen Eingriff in Rechte des Bürgers sieht, sei, so wird argumentiert, noch zu stark von der Vorstellung des Verwaltungsakts als einem obrigkeitsstaatlichen Machtinstrument beherrscht, das eigentlich mit einem rechtsstaatlich-demokratischen Staat nur schwer vereinbar sei und jedenfalls gesetzlich gebändigt werden müsse. 10 VerwR, 12. Aufl., § 15 Rn. 4; Ehlers, Die Verwaltung 31 (1998), 53, 59; Arbeiter, Die Durchsetzung gesetzlicher Pflichten, S. 134. 6 OVG Lüneburg, NVwZ 1989, 880, 881; VGH Mannheim, NVwZ 1990, 388; OVG Lüneburg, NJW 1996, 2947; Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 41 ff.; Fischer, Der Verwaltungsakt als staatsrechtlich determinierte Handlungsform, S. 54 ff.; Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 208; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 21. 7 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 2 a. 8 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 9 Rn. 40 f. 9 P. Stelkens / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 24 Rn. 55.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Die Verwaltung sei daher grundsätzlich befugt, die öffentlich-rechtlich begründeten Pflichten und Rechte des Bürgers durch Verwaltungsakt zu konkretisieren und festzustellen. Die Ermächtigung der Verwaltung zur Tätigkeit auf Grund öffentlichen Rechts und damit kraft hoheitlicher Gewalt impliziere die Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt. Eine spezifische Ermächtigung zum Handeln durch Verwaltungsakt sei daher nicht erforderlich. 11 Gegen diese Argumentation ist einzuwenden, dass einige dieser Vorteile nur Scheinvorteile sind. Sie sind nämlich lediglich Konsequenz der spezifischen Rechtsfolge der fehlerunabhängigen Wirksamkeit und Bestandskraft von Verwaltungsakten. So wären die Rechtsbehelfsbelehrung, die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage und die verwaltungsinterne Überprüfung des Verwaltungsakts nicht notwendig, wenn ein rechtswidriger Verwaltungsakt wie beispielsweise eine rechtswidrige Rechtsverordnung nichtig wäre. Andere „Vorteile“ dienen dazu, den Eingriff in die Rechte des Adressaten abzumildern, so die Anhörung, die eine sachlich richtige Entscheidung garantieren, und die Begründung, die die Entscheidung nachvollziehbar und die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs abschätzbar machen sollen. Sie können also nicht darüber hinwegtäuschen, dass in der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt wegen dessen fehlerunabhängiger Wirksamkeit, der Gefahr der Bestandskraft und der Schaffung eines Vollstreckungstitels eine Belastung für den Adressaten (Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG) liegt, die – wenn auch nur formaler Natur – als Belastung im Sinne der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes anzusehen ist. 12 Eine gesetzliche Grundlage für die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt ist daher erforderlich. Allerdings können aufgrund dieser eher formalen Natur der Belastung geringere Anforderungen an die Deutlichkeit der Ermächtigungsgrundlage zu stellen sein; die „Verwaltungsaktbefugnis“ kann unter Umständen auch durch weite Auslegung der Rechtsnormen zu gewinnen sein, die eine bestimmte Behörde zur Durchsetzung bestimmter (materieller) Belastungen ermächtigen. 13

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Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 9 Rn. 41. BVerwGE 25, 72, 76 f.; Fischer, Der Verwaltungsakt als staatsrechtlich determinierte Handlungsform, S. 122 f.; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 10 Rn. 5; Weides, Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren, 3. Aufl, S. 151. 12 Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 31 ff., 41 ff.; Hill, DVBl. 1989, 321, 323; Osterloh, JuS 1983, 280, 283; Renck, BayVBl. 1977, 76; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 55; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 21; Wolff / Bachof / Stober, VerwR II, 6. Aufl., § 45 Rn. 14. 13 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 23. 11

A. Die Rechtsprechung zur Verwaltungsaktbefugnis

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II. Die Erstattungs- und sonstigen Geldleistungsansprüche der Verwaltung gegen den Bürger 1. Das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage Entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen fordert daher ein Teil der Rechtsprechung 14 und Literatur 15 auch für den Erlass eines Leistungsbescheides unabhängig von der materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage eine gesetzliche Ermächtigung. 2. Die Subordinationstheorie Abweichend lässt die Rechtsprechung dagegen in einigen – eng begrenzten – Fallgruppen den Erlass eines Leistungsbescheides zur Geltendmachung einer Erstattungs- oder Schadensersatzforderung auch ohne gesetzliche Grundlage zu, wenn erlassende Behörde und Adressat im Verhältnis zueinander gerade in Bezug auf den konkreten Anspruch im Verhältnis hoheitlicher Über- und Unterordnung stehen. 16 Begründet wird diese Annahme mit dem Grundsatz des deutschen Verwaltungsrechts, dass die Organe der öffentlichen Gewalt diejenigen 14

OVG Lüneburg, NVwZ 1989, 880, 881; OVG Bremen, DAR 1977, 276 (implizit); VGH München, BayVBl. 1990, 51. 15 Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 31 ff., 41 ff.; Hill, DVBl. 1989, 321, 323; Osterloh, JuS 1983, 280, 283; Renck, BayVBl. 1977, 76; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 55; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 21; Wolff / Bachof / Stober, VerwR II, 6. Aufl., § 45 Rn. 14. 16 Eine anschauliche Zusammenfassung dieser Rechtsprechung findet sich bei VGH Mannheim, NVwZ 1990, 388: „Nicht jedes Rechtsverhältnis zwischen einem Träger öffentlicher Verwaltung und einem einzelnen ist freilich durch ein solches Qualifikationsmerkmal gekennzeichnet. Es gibt keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass sich aus jedem beliebigen öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnis die Befugnis der Organe der vollziehenden Gewalt herleiten lässt, zur hoheitlichen Erfüllung von Verwaltungsaufgaben Verwaltungsakte zu erlassen. Zum Wesen des Verwaltungsaktes gehört es, dass die Verwaltung eine einseitige Regelung trifft, die den Adressaten bindet. Fehlt es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung, so bedarf es hierfür eines besonderen Legitimationsgrundes, den, wenn überhaupt, nur die Überordnung des Verwaltungsträgers über den Regelungsadressaten herzugeben vermag. Noch nicht getan ist es in diesem Zusammenhang mit der Feststellung, dass ein Rechtsverhältnis ein subordinationsrechtliches Gepräge aufweist. Denn diese Tatsache allein rechtfertigt nicht zwangsläufig den Schluss, dass das Überordnungsverhältnis sämtliche Einzelansprüche erfasst, die hieraus erwachsen. Die Überordnung muss gerade auch in bezug auf den Anspruch bestehen, der durch Verwaltungsakt geregelt werden soll. [...] Fehlt es insoweit an einer ausdrücklichen Bestimmung, so ist aus dem Gesamtregelungszusammenhang heraus zu ermitteln, wieweit die Befugnis reicht, im Einzelfall kraft obrigkeitlicher Gewalt zu entscheiden. Eine Regel des Inhalts, dass ein dem öffentlichen Recht zuzurechnendes Rechtsverhältnis im Zweifel auf ein umfassendes und für alle Beziehungen geltendes Über- und Unterordnungsverhältnis angelegt ist, gibt es nicht. Durch eine generelle Über- und Unterordnung sind lediglich

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Rechtsbeziehungen, bezüglich derer sie dem Einzelnen hoheitlich gegenüberstehen, hoheitlich, d. h. einseitig und verbindlich regeln können, soweit nicht etwas anderes vorgeschrieben wird. 17 Bejaht wird ein derartiges Subordinationsverhältnis im Wesentlichen im Soldaten- und Beamtenverhältnis 18 und in vergleichbaren Rechtsverhältnissen. 19 Bei sonstigen Erstattungs- und Schadensersatzansprüchen bedarf deren Geltendmachung durch Verwaltungsakt nach den allgemeinen, oben dargestellten Grundsätzen einer gesetzlichen Grundlage. 20 Das BSG hat die Subordinationstheorie sogar inzwischen ausdrücklich aufgegeben. 21 Das OVG Lüneburg zweifelt, ob sich allein aus einem allgemeinen Subordinationsverhältnis die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes folgern lässt, und setzt sich ausdrücklich in Gegensatz zur Rechtsprechung des BVerwG zu Leistungs- und Erstattungsbescheiden im Beamten- und Soldatenrecht. 22 Resultiert der Erstattungs- oder Schadensersatzanspruch aus einem öffentlichrechtlichen Vertrag, ist der Erlass eines Leistungsbescheides generell ausgeschlossen, weil die Verwaltung sich auf die Ebene der Gleichordnung mit dem Bürger begeben habe und folglich ein Über- und Unterordnungsverhältnis in dem genannten Sinne nicht bestehe („Waffengleichheit“), 23 es sei denn, für den Erlass eines Leistungsbescheides sei eine ausreichende gesetzliche Grundlage vorhanden. 24 Gegen die Subordinationstheorie wird eingewandt, dass sie gegen die oben dargelegten Grundsätze der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes verstoße. 25 Sie könne sich weder auf Gewohnheitsrecht stützen, da man von einer allgemein verbindlich das Beamten- und das Soldatenverhältnis sowie diesen vergleichbare Rechtsverhältnisse gekennzeichnet“; Hervorhebung der Verf. 17 BVerwGE 21, 270, 271; 27, 245, 246; 28, 1, 2. 18 BVerwGE 18, 283; 21, 270; 24, 225 (dort verneint); 27, 245; 28, 1; Osterloh, JuS 1983, 280, 284. 19 Z. B. Rückforderung zu Unrecht empfangener Entschädigung für Besatzungsschäden nach dem AHK-Gesetz, BVerwGE 25, 72, 78 f.; Geltendmachung der Abschiebungskosten gegen den Arbeitgeber eines Ausländers gem. § 24 Abs. 6a S. 1 AuslG aF, BVerwGE 59, 13, 19 f.; Geltendmachung der Kosten für die Aufbewahrung eines abgeschleppten Fahrzeuges, VGH Kassel, DÖV 1991, 699. Gegenbeispiele sind: OVG Lüneburg, NVwZ 1989, 880, 881 (kein Subordinationsverhältnis zwischen Landeskrankenhaus und dort durch den Vormund mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts untergebrachtem Kranken); VGH Mannheim, NVwZ 1990, 388 (Kanalbenutzungsverhältnis zwischen Gemeinde und Grundstückseigentümer kein Subordinationsverhältnis); OVG Lüneburg, NJW 1996, 2947 (kein Subordinationsverhältnis zwischen Schule und Eltern eines Schülers); BSGE 62, 251, 254 (kein Subordinationsverhältnis zwischen den Versicherten und einer Krankenkasse). 20 BSGE 49, 291, 294; VGH Mannheim, NVwZ 1990, 388; OVG Lüneburg, NJW 1996, 2947; OVG Lüneburg, NVwZ 1989, 880. 21 BSG, NVwZ-RR 1998, 564. 22 OVG Lüneburg, NJW 1996, 2947. 23 BVerwGE 50, 171, 174; 59, 60, 62. 24 BVerwGE 50, 171, 173; 89, 345, 348 f.

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anerkannten Übung angesichts der Ablehnung dieser Rechtsprechung in Teilen der Literatur und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht sprechen könne, 26 noch gebe es einen entsprechenden allgemeinen Grundsatz des deutschen Verwaltungsrechts bzw. könne ein solcher jedenfalls als Rechtsgrundlage dienen. 27 Schließlich liege die Problematik der Subordinationstheorie darin, dass sie keine klaren Kriterien für das Vorliegen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses angeben könne, sondern dieses im Ergebnis lediglich behaupte. Es werde bestimmten Rechtsgebieten pauschal zugeordnet und bedeute daher nichts anderes als die Annahme einer partiellen vorrechtlichen Überordnung der Verwaltung über den Bürger, die mit heutigen verfassungsrechtlichen Vorstellungen unvereinbar sei. 28 3. Die Kehrseitentheorie Einen weiteren Anwendungsbereich erfährt die Subordinationstheorie in ihrer besonderen Ausprägung als sog. Kehrseitentheorie. Nach dieser kann, wenn ein begünstigender leistungsgewährender Verwaltungsakt zurückgenommen wird, der Rückerstattungsanspruch ohne gesetzliche Grundlage 29 ebenfalls durch Verwaltungsakt festgesetzt werden, weil sich der Erstattungsanspruch als Kehrseite des Leistungsanspruchs darstelle. 30 Nach allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts könnten die zu Unrecht erbrachten Leistungen in demselben Verfahren, in dem sie gewährt worden seien, zurückgefordert werden, wenn der sie gewährende Verwaltungsakt mit Rückwirkung zurückgenommen sei. Nach der Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsakts stelle die Rückforderung des Gewährten keine neue Belastung für den Pflichtigen mehr dar, sondern ziehe nur die sich aus der Rücknahme notwendig ergebenden Folgen; gegen den Rücknahmebescheid stünde dem Subventionsempfänger ausreichender Rechtsschutz zur Verfügung. Die Berechtigung zum Erlass eines Rückforderungsbescheids ergebe sich auch hier aus dem Gewohnheitsrecht, im Verhältnis hoheitlicher Überordnung sich ergebende Rechtsfolgen durch Verwaltungsakt geltend zu machen. 31 Darüber hinaus sprächen auch Gründe der Praktikabilität, wie Verfahrenserleichterung und schnellere Durchsetzbarkeit von Ansprüchen der Verwaltung, für die Geltendmachung der Forderung durch Leistungsbescheid. Sie verhindere auch eine verfahrensmäßige Aufspaltung der Gestaltung einheitlicher Rechtsverhältnisse. 32 25

Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 522; Schoch, Jura 1994, 82, 90; Windthorst, JuS 1996, 894, 900. 26 OVG Lüneburg, NVwZ 1989, 880; Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 131. 27 Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 133. 28 Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 137 ff. 29 Beispiele für spezialgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen in solchen Konstellationen sind: § 49a Abs. 1 S. 2 VwVfG; § 50 Abs. 3 S. 1 SGB X. 30 BVerwGE 20, 295, 297; 40, 85, 89; 40, 336, 343. 31 BVerwG, NJW 1977, 1838; BVerwG, NVwZ 1984, 36.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Gegen die Kehrseitentheorie wird ebenso wie gegen die Subordinationstheorie geltend gemacht, sie verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes. 33 Nur wenn gesetzlich die Gewährung der Subvention durch Verwaltungsakt vorgeschrieben sei, ermächtige der Gesetzgeber die Behörde zugleich, ggf. die Leistung durch Verwaltungsakt zurückzufordern. 34 Insoweit ist jedoch zu beachten, dass die Kehrseitentheorie einen großen Teil ihres Anwendungsbereiches durch die Einführung des § 49a Abs. 1 S. 2 VwVfG 35 ohnehin verloren hat.

III. Die feststellenden Verwaltungsakte Entsprechend dem oben unter I. Gesagten ergibt sich nach Ansicht des BVerwG die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage auch für die Handlungsform Verwaltungsakt bei feststellenden Verwaltungsakten jedenfalls dann, wenn der Inhalt der durch den Verwaltungsakt getroffenen Regelung für den Adressaten „nicht genehm“ ist, weil er eine gegenteilige Feststellung beantragt hat. 36 Einer ausdrücklichen Grundlage bedarf es allerdings nicht, sie kann auch im Wege der Auslegung ermittelt werden. 37 Ein feststellender Verwaltungsakt kann hingegen ohne gesetzliche Grundlage erlassen werden, wenn er seinem Inhalt nach den Rechtsstandpunkt des Antragstellers bestätigt. 38 Das grundlegende Urteil BVerwGE 72, 265 wird von einigen Autoren so interpretiert, dass es nicht für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage allein für die Handlungsform Verwaltungsakt spreche, da das BVerwG zu deren Begründung nicht nur auf die Form, sondern auch auf den Inhalt der Regelung abstelle. 39 In der Tat sind die Ausführungen des BVerwG nicht ganz eindeutig. Das Gericht verzichtet auf eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Problematik und setzt sich auch nicht ausdrücklich von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. 40

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Osterloh, JuS 1983, 280, 285. Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, § 29 Rn. 31; Grosser, Die Verwaltung 17 (1984), 329, 351; Schoch, Jura 1994, 82, 90. 34 VGH München, BayVBl. 1975, 590, 591. 35 Änderungsgesetz vom 2. 5. 1996 (BGBl. I, S. 656); vgl. auch § 50 Abs. 3 S. 1 SGB X (1980), nach dem die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen ist. 36 BVerwGE 72, 265, 267; BVerwG, NVwZ-RR 1992, 192; OVG Münster, NVwZ 1989, 1082; BVerwG, NVwZ 1991, 267; BVerwG, NVwZ 1992, 665, 666; VG Augsburg, NVwZ 2000, 1449, 1450; VGH München, BayVBl. 1987, 499; BSG, SozR 3 –4100 § 128 Nr. 4 S. 33, 35 f.; BSG, SozR 3 – 3100 § 62 Nr. 4 S. 13, 16. 37 BVerwGE 72, 265, 268. 38 BVerwG, NJW 1987, 969. 39 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 10 Rn. 5. 40 Drescher, DVBl. 1986, 727, 729; Bauer, NVwZ 1987, 112, 113. 33

B. Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

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Für die Interpretation, nach der unter bestimmten Umständen eine gesetzliche Grundlage auch für die Handlungsform erforderlich ist, spricht jedoch entscheidend, dass das BVerwG es für vertretbar hält, dass feststellende Verwaltungsakte „stets von (zumindest latent) belastender Qualität“ sind, und dass es darauf abstellt, dass eine förmliche Feststellung als Regelung iSd § 35 VwVfG die Rechtsfolge möglicher Bestandskraft für sich in Anspruch nimmt. 41 Zusammenfassend tendiert die Rechtsprechung bei Verwaltungsakten gegenüber dem Bürger aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes vermehrt zur Erforderlichkeit einer spezifischen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage gerade auch für die Handlungsform Verwaltungsakt, bleibt aber in einigen Ausnahmefällen noch der Annahme verhaftet, dass ein sich aus der Natur des bestehenden Rechtsverhältnisses ergebendes Über- und Unterordnungsverhältnis genügt.

B. Die Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt bei Erstattungsansprüchen und sonstigen Geldleistungsansprüchen gegenüber Hoheitsträgern: Die Gleichordnungstheorie Nach der Rechtsprechung ist die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen und sonstigen Geldleistungsansprüchen per Leistungsbescheid gegenüber einem anderen Hoheitsträger in der Regel unzulässig. Denn juristische Personen des öffentlichen Rechts seien an sich in ihrer Rechtsstellung gleichgeordnet, daher könnten zwischen ihnen keine Verwaltungsakte ergehen. 42 Dies soll im Folgenden als Gleichordnungstheorie bezeichnet werden.

I. Das grundsätzlich fehlende Über- und Unterordnungsverhältnis (Subordinationsverhältnis) zwischen Hoheitsträgern als Kriterium für die Unzulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt Alle untersuchten Urteile sowohl des BVerwG als auch des BSG sind, sofern sie zur Frage der Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

41 Ebenso Drescher, DVBl. 1986, 727, 728; Bauer, NVwZ 1987, 112, 113; OVG Lüneburg, NVwZ 1989, 880, 881; wohl auch Fischer, Der Verwaltungsakt als staatsrechtlich determinierte Handlungsform, S. 7 ff. 42 BSGE 45, 296, 298.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

zwischen zwei Trägern öffentlicher Verwaltung überhaupt Stellung nehmen, 43 der einhelligen Auffassung, dass das entscheidende Kriterium für die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt im Verhältnis zweier Hoheitsträger das zwischen erlassender Behörde und Adressaten bestehende Über- und Unterordnungsverhältnis (Subordinationsverhältnis) ist. Folglich ist die Verwendung dieser Handlungsform unzulässig bei Gleichordnung bzw. Gleichberechtigung der Behörden. 44 Gleichbedeutende Formulierungen für das Über- und Unterordnungsverhältnis sind „öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis“ 45 und das „Unterworfensein unter die Hoheitsgewalt der handelnden öffentlich-rechtlichen Person“. 46 Für das Verhältnis der Gleichordnung wird auch der Ausdruck „Inanspruchnahme des Adressaten der Maßnahme in seiner Eigenschaft als Träger von Hoheitsgewalt“ 47 verwandt. 1. Das Verhältnis verschiedener Hoheitsträger zueinander als Verhältnis der Gleichordnung Zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern wird ein Verhältnis der Gleichordnung als Normalfall angesehen. Größtenteils wird dieses nicht definiert und begründet, sondern lediglich festgestellt. 48 Nur in einigen Fällen werden Gründe für die Annahme einer derartigen Gleichordnung genannt oder lassen sich zumindest erschließen. So spricht für eine Gleichordnung: − die Gleichartigkeit der rechtlichen Organisation der Hoheitsträger, z. B. bei Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden als kommunalen Gebietskörperschaften 49 oder bei Versicherungsträgern; 50 43 In einigen Fällen wird die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts stillschweigend bejaht und nicht näher problematisiert, so OVG Schleswig, DVBl. 2000, 1877; VGH Kassel, NVwZ-RR 1992, 624; VG Dresden, NVwZ 1999, 1137, 1138; in anderen Fällen wird ohne weitere Diskussion über die Zulässigkeit eines Leistungsbescheides die Leistungsklage für statthaft gehalten: OVG Münster, OVGE 16, 60, 61; BGH, DVBl. 1970, 499; BVerwG, NJW 1986, 2524 und 2526; OVG Münster, NVwZ-RR 1988, 46, 47; NVwZ-RR 1990, 322; BVerwGE 87, 181; VGH München, NVwZ 1993, 794. 44 BVerwGE 36, 108, 112; OVG Koblenz, NVwZ, 1989, 894; VGH München, BayVBl. 1993, 374; BayVBl. 1994, 243; BayVBl. 1997, 48; NVwZ 2000, 83, 84; OVG Münster, NWVBl. 1999, 144, 145 mit Verweis auf BSG, ZfSH 1985, 29; BSGE 5, 140, 143; 12, 65, 68; 32, 21, 22; 41, 237, 238; 45, 296, 299; 58, 54, 57; 68, 195, 197; 70, 99, 103; BSG, DÖV 1970, 284; NJW-RR 1994, 788, 790; BSG, SozR 3 –2400 § 26 Nr. 4, S. 12 f.; BSG, SozR 3 –1500 § 54 Nr. 22, S. 54; BSG, SozR 3 – 5555 § 15 Nr. 1, S. 9; BSG, NZS 2003, 592. 45 BSGE 32, 21, 22. 46 BSGE 5, 140, 143. 47 BSGE 5, 140, 143. 48 VGH München, BayVBl. 1997, 48; OVG Münster, NWVBl. 1999, 144, 145; BSGE 5, 140, 143; 70, 99, 103.

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− das partnerschaftliche Zusammenwirken von Landkreis und kreisangehöriger Gemeinde bei der Erfüllung der Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung und das Einwirken in demselben Gebiet auf denselben Menschenkreis (Gemeindebürger / Kreiseinwohner); 51 − die Auslegung des Wortlauts der Anspruchsgrundlage, z. B. bei Ausgleichszahlungen zwischen zwei Dienstherren; 52 bei Ausgleichszahlungen zwischen Krankenkasse und Versorgungsbehörde nach § 19 BVG 53 und bei Erstattungsansprüchen zwischen Sozialleistungsträgern gem. §§ 102 ff. SGB X und diesen vergleichbaren Erstattungsansprüchen; 54 − eine zwischen zwei Hoheitsträgern bestehende Gesamtschuld, z. B. zwischen zwei Gemeinden wegen Personalkostenzuschüssen für einen Kindergarten nach Art. 24 Abs. 2 S. 2 BayKiG 55 oder zwischen Landkreisen und kreisangehörigen Gemeinden wegen Beiträgen zu einer Feuerwehr-Unfallkasse; 56 − der (nicht vorhandene) Wille der handelnden Behörden, gegenüber einem untergeordneten Rechtsträger tätig zu werden; 57 − das Tätigwerden im Wege der Amtshilfe, die innerhalb eines bestehenden Weisungsverhältnisses nicht vorliege; 58 − die Begründung des Rechtsverhältnisses zwischen der handelnden und der adressierten Behörde durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung: So führe beispielsweise die Gründung eines Abwasserzweckverbandes durch öffentlich-rechtliche Vereinbarung der Mitgliedsgemeinden zu einem Verhältnis der Gleichordnung zwischen dem Zweckverband und einer Mitgliedsgemeinde. 59 2. Der Schluss von der Gleichordnung auf die Unzulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt Auch die Schlussfolgerung, aufgrund der rechtlichen Gleichordnung zwischen erlassender Behörde und Adressaten-Hoheitsträger sei erstere zum Erlass eines Verwaltungsaktes nicht befugt, wird in der Regel nur behauptet und nicht nä49

OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894; Maslaton / Koch, NVwZ 2003, 1347, 1348. BSG, SozR 3 – 2400 § 26 Nr. 4, S. 12. 51 OVG Koblenz, AS 15, 157, 159. 52 BVerwGE 36, 108, 112; VGH München, BayVBl. 1993, 374. 53 BSGE 31, 21, 22. 54 BSG, NVwZ-RR 1998, 566; VG Dresden, NVwZ-RR 1999, 512. 55 VGH München, NVwZ 2000, 83, 84. 56 VG Dessau, LKV 2000, 553. 57 BSGE 12, 65, 68; ebenso BSGE 70, 99, 103 f., hier aber kein Erstattungsanspruch. 58 VGH München, BayVBl. 1994, 243: Der Erstattungsanspruch gem. Art. 8 Abs. 1 S. 2 BayVwVfG kann nur im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden. 59 OVG Weimar, ThürVBl. 2003, 109, 110; VGH Mannheim, Urteil vom 14. 5. 1996, Az: 2 S 590/94 (juris). 50

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her begründet. Das Fehlen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses wird als ausreichender Grund für das Fehlen der Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes angesehen: „In dem Fall, in dem sich öffentlich-rechtliche Rechtsträger nicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis, sondern im Verhältnis der Gleichordnung gegenüberstehen, ist deshalb der Erlass des Verwaltungsaktes als Handlungsform prinzipiell untersagt.“ 60 Lediglich den Ansatz für eine Erklärung bietet das BSG durch die Aussage, dass der Adressaten-Hoheitsträger nicht der Hoheitsgewalt der erlassenden öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf dem fraglichen Gebiet unterworfen sei. 61 Konsequenz aus der Unzulässigkeit des Leistungsbescheids ist, dass der Erstattungsanspruch durch Leistungsklage geltend zu machen ist. Diese Rechtsprechung wird daher nur verständlich, wenn man zwei Urteile hinzuzieht, die etwas von dieser knappen Argumentationslinie abweichen und das Erfordernis des Über- und Unterordnungsverhältnisses als Begründung für die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts als Ausnahme von dem Grundsatz ansehen, dass dafür eigentlich eine gesetzliche Grundlage erforderlich ist. So führt zum einen das OVG Koblenz 62 aus: „Der bekl. Landkreis war nicht befugt, die ihm entstandenen Kosten [...] durch Leistungsbescheid von der kl. Gemeinde anzufordern. Es fehlt nämlich an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für den Erlass eines derartigen Verwaltungsakts. Zwar sind nach einem allgemeinen Rechtsgrundsatz des deutschen Verwaltungsrechts die Organe der vollziehenden Gewalt grundsätzlich befugt, zur hoheitlichen Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben Verwaltungsakte zu erlassen, ohne dass es einer ausdrücklichen rechtssatzmäßigen Ermächtigung zu diesem Vorgehen bedürfte (vgl. BVerwGE 28, 1 [2]). Da diese Befugnis aus der Überordnung der hoheitlichen Verwaltung hergeleitet wird, setzt sie jedoch ein hoheitliches Überordnungsverhältnis voraus, das im vorliegenden Fall nicht besteht.“ Vergleichbar, aber noch deutlicher begründet zum anderen das VG Dessau 63 diese Auffassung: „Träger öffentlicher Verwaltung haben – ebenso wie Zivilpersonen – die Möglichkeit, Berechtigungen aus verwaltungsrechtlichen Schuldverhältnissen durch Leistungsklage gerichtlich geltend zu machen. Sie können darüber hinaus Berechtigungen durch Verwaltungsakt (z. B. durch Leistungsbescheid) festsetzen, wenn ein Rechtssatz sie dazu ermächtigt. [...] Allerdings lässt die höchstrichterliche Rechtsprechung in bestimmten Fällen auch bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung Leistungsbescheide nach ungeschriebenen allgemeinen Verwaltungsrechtsgrundsätzen zu – so z. B. wenn 60 61 62 63

VGH München, NVwZ 2000, 83, 84. BSGE 5, 140, 143. OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894; Hervorhebung der Verf. VG Dessau, LKV 2000, 553, 554 ; Hervorhebung der Verf.

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der betreffende Geldleistungsanspruch aus einem Über-Unter-Ordnungsverhältnis hergeleitet wird.“ Grundsatz ist also die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs durch Leistungsklage, außer es liegt eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines Leistungsbescheides vor. Eine solche ist entbehrlich, wenn die entsprechende Befugnis aus einem Über- und Unterordnungsverhältnis hergeleitet werden kann. Vereinzelt wird außerdem hinzugefügt, dass das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage im Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, der Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) ist, verfassungsrechtlich verankert sei und nach bestrittener Ansicht auch für die Art und Weise der Durchsetzung eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs gelte. 64

II. Der Ausnahmefall des Über- und Unterordnungsverhältnisses als Grund für die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt In einigen Fällen nimmt die Rechtsprechung jedoch ein Über- und Unterordnungsverhältnis auch zwischen an sich in ihrer Rechtsstellung Gleichgeordneten an. Nicht erforderlich ist, dass die Behörden generell in diesem Subordinationsverhältnis stehen; dieses muss lediglich im konkreten Fall gegeben sein. 65 Die Begründungen hierfür sind recht unterschiedlich. Hauptanwendungsfall ist, dass einem Hoheitsträger für eine bestimmte Aufgabe ein gesetzlicher Auftrag erteilt und ihm insoweit Regelungsmacht übertragen ist. 66 1. Die in der Rechtsprechung anerkannten Fälle eines Über- und Unterordnungsverhältnisses a) Das Über- und Unterordnungsverhältnis aufgrund gesetzlicher Regelung Die Rechtsprechung leitet die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem anderen Hoheitsträger in erster Linie daraus ab, dass ein Gesetz einer Verwaltungsstelle eine hoheitliche Entscheidungskompetenz zuweist und gleichzeitig anordnet, dass diese auch für betroffene öffentlich-rechtliche Rechtsträger gilt, also insoweit ein Über-Unterordnungsverhältnis bestehen soll. 67 Das an 64 So ausdrücklich VGH München, BayVBl. 1994, 243; VG Regensburg, Urteil vom 4. 12. 1996, Az: RO 3 K 95.391; VG Dessau, LKV 2000, 553, 554 implizit unter Verweis auf Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 10. Aufl., § 55 Rn. 50. 65 BSG, NJW-RR 1994, 788, 790; BSG, SozR 3 – 5555 § 15 Nr. 1, S. 9. 66 BSGE 45, 296, 298. 67 BSG, NJW-RR 1994, 788, 790; BSG, SozR 3 – 5555 § 15 Nr. 1, S. 9.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

sich bestehende Gleichordnungsverhältnis wird also kraft Gesetzes in ein partiell, d. h. in Bezug auf den konkreten durch Verwaltungsakt geltend zu machenden Anspruch, bestehendes Subordinationsverhältnis umgewandelt. Dabei reicht es nicht aus, dass sich aus dieser Rechtsnorm die materiellrechtliche Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch ergibt, sondern daraus muss gerade auch die Befugnis resultieren, diesen Erstattungsanspruch auch gegenüber dem Hoheitsträger per Verwaltungsakt festzusetzen. 68 Ausreichend für ein Gesetz in diesem Sinne ist aber auch eine untergesetzliche Rechtsnorm, z. B. eine Verordnung, 69 oder ein öffentlich-rechtlicher Vertrag. 70 Als Beispielsfall nennt das BSG 71 in diesem Zusammenhang das Rechtsverhältnis zwischen Aufsichtsbehörde und Selbstverwaltungskörperschaft: Das Überund Unterordnungsverhältnis zwischen beiden sei hier „sachgeboten“. 72 Indem das BSG 73 auf die Urteile BVerwGE 19, 121 74 und BSGE 31, 247 verweist, macht es deutlich, dass mit den hier genannten Aufsichtsmaßnahmen solche der Rechtsund nicht der Fachaufsicht gegenüber Selbstverwaltungskörperschaften gemeint sind, denn bei letzteren fehlt es schon am Merkmal der Außenwirkung. 75 Man muss wohl hinzufügen, dass sich die Befugnis der Aufsichtsbehörde zum Eingriff in Rechte der Selbstverwaltungskörperschaft und zum Erlass von Verwaltungsakten dieser gegenüber aus den gesetzlichen Regelungen über die Rechtsaufsicht 76 ergibt 77. 78 68

BSGE 45, 296, 299; VGH München, BayVBl. 1993, 374. VGH München, BayVBl. 1993, 374. 70 BSG, NJW-RR 1994, 788, 790; BSG, SozR 3 – 5555 § 15 Nr. 1, S. 9. 71 BSGE 45, 296, 298. 72 BSGE 45, 296, 298; ähnlich auch Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 142: „Es entspricht deutscher Verwaltungsrechtstradition, Aufsichtsakte gegenüber Selbstverwaltungsträgern als Verwaltungsakte anzusehen, weil auch hier ein Überordnungsverhältnis besteht.“; Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 90. 73 BSGE 45, 296, 298. 74 Dieses Urteil ist identisch mit dem ebenfalls zitierten BVerwG, DVBl. 1965, 86. 75 BVerwGE 19, 121, 123; Bachof, in: FS für Laforet, 1952, S. 285, 287; Bachof beschäftigt sich allerdings mit der Abgrenzung von Verwaltungsakt und innerdienstlicher Weisung und nimmt im Übrigen keine Stellung zu einem zwischen Aufsichtsbehörde und Selbstverwaltungsträger bestehenden Über- und Unterordnungsverhältnis, der Verweis des BSGE 45, 296, 298 auf diese Literaturquelle ist daher verfehlt. 76 Für die Gemeinden z. B. Nordrhein-Westfalen: Art. 78 Abs. 4 Verf. / § 116 Abs. 1 GO, Saarland: Art. 122 SVerf / § 127 Abs. 1 S. 1 KSVG; für die Hochschulen z. B. NordrheinWestfalen: § 106 Abs. 1 HG, Saarland: § 96 UG; für die Rundfunkanstalten z. B. NordrheinWestfalen: § 54 WDRG, Saarland: § 42 SMG; für die Handwerkskammern: § 115 Abs. 1 HandwO; für die Sozialversicherungsträger: §§ 87 ff. SGB IV. 77 Siehe hierzu 4. Kap. B. I. 3. c) und d) (S. 188 ff.). 78 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 35 Rn. 98; Brunn, in: Schweickhardt, Allg. VerwR, 7. Aufl., Rn. 1177. 69

B. Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

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Allerdings sind Beispiele für gesetzliche Regelungen, aus denen sich die Befugnis zum Handeln durch Verwaltungsakt auch gegenüber rechtsfähigen Körperschaften des öffentlichen Rechts ergibt und die von der Rechtsprechung als Ausnahme zum in der Regel vorliegenden Gleichordnungsverhältnis bezeichnet werden, in der Rechtsprechung rar. Dies mag teilweise daran liegen, dass diese Fälle unproblematisch sind und nicht vor die Gerichte gebracht werden müssen. Schon in dem Urteil, in dem das BSG den Fall eines zumindest partiellen Subordinationsverhältnisses zwischen Hoheitsträgern aufgrund gesetzlicher Regelung – soweit ersichtlich – erstmals ausdrücklich benennt, leitet es die Befugnis zur Geltendmachung des Anspruchs durch Verwaltungsakt nicht aus einem Gesetz, sondern – schon in Weiterentwicklung dieser Rechtsprechung – aus der „Natur der Sache“ ab (dazu unten b)). 79 Ein Beispiel ist die Berechtigung der Landkreise, die bei den kreisangehörigen Gemeinden zu erhebende Kreisumlage per Verwaltungsakt festzusetzen, die sich aus den Landkreisordnungen, z. B. aus § 58 Abs. 3 LKrO Rh.-Pf., 80 ergebe. Nach Ansicht der Rechtsprechung trifft es zwar zu, dass Kreise und kreisangehörige Gemeinden im partnerschaftlichen Zusammenwirken die ihnen gestellten Aufgaben der kommunalen Selbstverwaltung zu erfüllen haben. Gerade diese wechselseitige Ergänzungsfunktion mache deutlich, dass die kommunalen Gebietskörperschaften, die in ein und denselben Raum hineinwirken und über ihn – sei es als Gemeindebürger oder als Kreiseinwohner – dieselben Menschen erfassen, sich grundsätzlich gleichberechtigt und gleichgeordnet begegneten. Dieser Grundsatz der Gleichrangigkeit werde jedoch punktuell insoweit durchbrochen, als einer umlageberechtigten kommunalen Gebietskörperschaft die Rechtsmacht eingeräumt sei, mit hoheitlichen Mitteln – Satzung und Veranlagungsbescheid – die Kreisumlage einseitig festzusetzen. 81 Dieses Beispiel zeigt, dass die Ermächtigung zum Handeln durch Verwaltungsakt nicht ausdrücklich vorliegen muss, sondern auch durch Auslegung der anspruchsbegründenden Vorschrift, hier § 58 Abs. 3 LKrO Rh.-Pf., ermittelt werden kann. 82 79

BSGE 45, 296, 299. Nach § 58 Abs. 3 LKrO Rh.-Pf. [...] erhebt der Landkreis nach den näheren Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes jährlich eine Kreisumlage. Die vergleichbaren Vorschriften anderer Bundesländer sind: Baden-Württemberg: § 49 Abs. 2 S. 1 LKrO, § 19 Abs. 1 S. 1 GKZ; Bayern: Art. 42 Abs. 1 S. 1 KommZG; Brandenburg: § 65 Abs. 1 LKrO, § 19 Abs. 1 S. 1 GKG; Hessen: § 53 Abs. 2 S. 1 HKO, § 19 Abs. 1 S. 1 KGG; Mecklenburg-Vorpommern: § 11 Abs. 1 FAG, § 162 Abs. 1 S. 1 KV; Niedersachsen: § 15 Abs. 1 FAG; Nordrhein-Westfalen: § 56 Abs. 1 KrO, § 19 Abs. 1 S. 1 GkG; Rheinland-Pfalz: § 58 Abs. 3 LKO, § 10 Abs. 1 ZwVG; Saarland: § 146 Abs. 1 KSVG, § 16 Abs. 1 GkG; Sachsen: § 60 Abs. 1 S. 1 SächsKomZG; Sachsen-Anhalt: § 67 Abs. 2 S. 1 LKO LSA, § 13 Abs. 1 S. 1 GKG-LSA; Thüringen: § 37 Abs. 1 S. 1 ThürKGG. 81 OVG Koblenz, AS 15, 157, 159 f.; NVwZ 1989, 894; zustimmend Kraft-Zörcher / Neubauer, LKV 2000, 528, 529 f.; ebenso für das Verhältnis von Zweckverbänden und Mitgliedsgemeinden VG Dresden, SächsVBl. 1996, 286, 287. 80

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Weiteres Beispiel ist die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 76 S. 2 Hessisches Wassergesetz (F. 1981), der vorsieht, dass die Auslagen für Maßnahmen der Wasseraufsicht im Verwaltungszwangsverfahren eingezogen werden. 83 Dies bedeute, dass die Auslagenerstattung in einem Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Wasserbehörde und Erstattungsschuldner durch Verwaltungsakt (Leistungsbescheid) verlangt werden könne. Dass auf beiden Seiten eines Verwaltungsrechtsverhältnisses Behörden verschiedener Gebietskörperschaften beteiligt seien, hindere die Annahme eines Über- und Unterordnungsverhältnisses nicht. Dies gelte auch im Verhältnis eines Bundeslandes zu dem aus seinem Eigentum in Anspruch genommenen Bund, der in diesem Zusammenhang keine rechtliche Sonderstellung genieße. 84 Die hier dargestellte Rechtsprechung unterscheidet sich durchaus von der oben unter I. 2. zitierten Rechtsprechung des OVG Koblenz 85 und des VG Dessau. 86 In deren Argumentationsstruktur greift nämlich das Kriterium der Über- und Unterordnung nur dann ein, wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, stellt also eine Ausnahme zur regelmäßig erforderlichen gesetzlichen Grundlage dar. Hier muss sich das Über- und Unterordnungsverhältnis hingegen aus einer gesetzlichen Regelung ergeben, die das grundsätzlich gegebene Gleichordnungsverhältnis zwischen Hoheitsträgern derogiert. Da beide Vorgehensweisen aber von einer grundsätzlichen Gleichordnung der Hoheitsträger und damit von einer grundsätzlichen Unzulässigkeit der Geltendmachung von Ansprüchen per Leistungsbescheid ausgehen, dürften beide letztlich zu demselben Ergebnis führen. b) Die Begründung eines Über- und Unterordnungsverhältnisses aus der Natur der Sache Über die Herleitung eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen erlassender Behörde und Regelungsadressaten aus einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung hinaus hält es die Rechtsprechung für ausreichend, wenn sich dieses Verhältnis der Über- und Unterordnung unmittelbar „aus der Natur der Sache“ 87 oder „aus der Gesamtregelung oder der Einzelregelung“ 88 ergibt. Allerdings sind auch diese Fälle selten. 82

OVG Weimar, ThürVBl. 2003, 109, 110 unter Verweis auf BVerwGE 97, 117, 119 f. und OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337. 83 VGH Kassel, DÖV 1992, 752. 84 Mitentscheidend für die Zulässigkeit der Geltendmachung der Auslagen durch Leistungsbescheid ist wohl auch, dass der Bund hier in seiner Eigenschaft als Eigentümer einer Bundeswasserstraße und damit im fiskalischen Bereich in Anspruch genommen wurde. Siehe hierzu 4. Kap. C. 85 OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894. 86 VG Dessau, LKV 2000, 553. 87 BSGE 45, 296, 299; 58, 54, 57.

B. Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

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Ein erstes Beispiel für ein solches Über- und Unterordnungsverhältnis kraft Natur der Sache ist die Erhebung von Beiträgen durch einen Krankenversicherungsträger gegenüber einem Rehabilitationsträger 89 oder die Festsetzung der Erstattung dieser Beiträge. 90 Der Krankenversicherungsträger könne die ihm gesetzlich übertragenen Aufgaben nicht erfüllen, wenn ihm hierzu keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt würden. Die erforderlichen Mittel würden vornehmlich durch Beiträge aufgebracht (wie zum Zeitpunkt der Entscheidung in §§ 380 ff. RVO geregelt 91). Es komme daher dem Krankenversicherungsträger zu, die jeweiligen Krankenversicherungsbeiträge vom Beitragspflichtigen zu fordern. Ebenso wie der Krankenversicherungsträger gegenüber dem Arbeitgeber als Beitragsschuldner berechtigt sei, in einem Beitragsbescheid die Beiträge zur Krankenversicherung eines abhängig beschäftigten Arbeitnehmers festzusetzen und anzufordern, habe er das gleiche Recht auch gegenüber dem Rehabilitationsträger, der von Gesetzes wegen 92 beitragspflichtig sei, ohne dass ihn daran die sonstige Rechtsstellung als Körperschaft des öffentlichen Rechts hindere. 93 Weiteres Beispiel ist die Erhebung einer jährlichen Umlage für den vertrauensärztlichen Dienst (jetzt Medizinischer Dienst) durch dessen Träger, eine Landesversicherungsanstalt (LVA), bei den Krankenkassen. 94 Für die Erhebung dieser Umlage durch Verwaltungsakt spreche, dass es einer Bestimmung des Kostenschlüssels und der Kostenbeteiligung durch die LVA bedürfe; die LVA müsse auch imstande sein, alle ihr entstandenen Kosten von den begünstigten Krankenkassen erstattet zu erhalten. Anders als durch hoheitliches Handeln könne sie jedoch die Kosten auf die Krankenkassen nicht verbindlich so verteilen, dass ihr keine verblieben. Dieses Ergebnis sei nicht sichergestellt, wenn die LVA auf Vereinbarungen mit den Krankenkassen angewiesen sei oder Gerichte darüber bestimmten. Hinzu komme, dass dem öffentlichen Recht die Bestimmung durch Verwaltungsakt ohnehin angemessener sei. 95 Letztlich zeige das Gesetz 96 selbst, dass ihm eine 88

BSGE 58, 54, 57. BSGE 45, 296, 299; BSG, SozR 3 – 1500 § 54 Nr. 22, S. 54. 90 BSG, SozR 3 – 2400 § 26 Nr. 4, S. 13. 91 Jetzt §§ 220 ff. SGB V. 92 Früher § 381 Abs. 3a Nr. 2 RVO; jetzt § 251 Abs. 1 SGB V. 93 BSG, SozR 3 –1500 § 54 Nr. 22, S. 55 fügt hinzu, dass die Hoheitsbefugnis des für die Beitragserhebung zuständigen Versicherungsträgers im Verhältnis zum Beitragszahlungspflichtigen aus der ihm gesetzlich übertragenen Aufgabe, die Finanzierung von Leistungen durch Beiträge zu sichern, folge; das sei ihm Verhältnis zu Privatpersonen nicht anders als zu Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das BSG lässt also hier einen Schluss von der Aufgabe auf die Befugnis zu. 94 BSGE 58, 54, 57 f. 95 Ähnlich BSG, NZS 2003, 592, 593 für die von einem Krankenkassenverband bei den Mitgliedsgemeinden erhobene Verbandsumlage. 96 Abschnitt II Art. 3 § 3 AufbauG. 89

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Überordnung der LVA über die Krankenkassen nicht fremd sei, weil es dort die Krankenkassen den Weisungen der LVA unterwerfe. Mangels weiterer Beispiele für ein sich aus der Natur der Sache ergebendes Über- und Unterordnungsverhältnis kann eine Verallgemeinerung dieser Kriterien nicht in Betracht gezogen werden; die zitierten Urteile müssen wohl als Einzelfallentscheidungen angesehen werden. c) Die Unterordnung des Adressaten-Hoheitsträgers unter die erlassende Behörde aufgrund seiner Vergleichbarkeit mit einer Privatperson In einigen Urteilen wird das Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen erlassender Behörde und Adressaten-Hoheitsträger, das die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts begründet, mit dem regelmäßig zwischen Verwaltung und Bürger bestehenden Rechtsverhältnis gleichgesetzt. 97 Allerdings müsse dieses nicht allgemein bestehen, so wie dies zwischen Staat und Bürger der Fall sei, sondern könne sich auf den konkreten Fall beziehen. 98 So wurde schon vom BSG 99 für die Begründung eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen erlassender Behörde und Adressaten-Hoheitsträger mitentscheidend darauf abgestellt, dass sich der in Anspruch genommene Hoheitsträger, der Rehabilitationsträger, in der Situation eines gewöhnlichen Beitragsschuldners gegenüber dem Krankenversicherungsträger befinde und sich aus dieser Vergleichbarkeit dessen Befugnis ergebe, die Forderung durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Entsprechend wird ein Über- und Unterordnungsverhältnis dann anerkannt, wenn der Sozialhilfeträger gem. § 90 Abs. 1 S. 1 BSHG einen Anspruch des Sozialhilfeempfängers gegen einen anderen Leistungsträger auf sich überleitet, weil der Träger der Sozialhilfe mit der Überleitung des Anspruchs in die untergeordnete Stellung des Hilfeempfängers eintrete. 100 Der dritte Leistungsträger ist dann gegenüber dem Sozialhilfeträger ebenso zum Erlass von Verwaltungsakten, die z. B. auf die Rückzahlung zu viel geleisteter Beträge gerichtet sind, 101 berechtigt wie gegenüber dem Sozialhilfeempfänger. Der Sozialhilfeträger muss an den Sozialhilfeempfänger gerichtete Bescheide, z. B. die Ablehnung der Übernahme von

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BSGE 45, 296, 299; BSG, NZS 2003, 592, 593. BSG, NJW-RR 1994, 788, 790. 99 BSGE 45, 296, 299; BSG, SozR 3 – 2400 § 26 Nr. 4, S. 12. 100 BSGE 41, 237, 238; BVerwG, DÖV 1970, 284. Der Übergang von Ansprüchen ist jetzt in § 93 SGB XII geregelt. 101 BVerwG, DÖV 1970, 284. 98

B. Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

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Kosten, 102 ebenso wie der Sozialhilfeempfänger anfechten, um ihre Bestandskraft zu verhindern, und gegen sich gelten lassen, wenn sie unanfechtbar geworden sind. d) Die Unterordnung des Adressaten-Hoheitsträgers unter die erlassende Behörde aufgrund der Vornahme einer fiskalischen Tätigkeit Schließlich lässt das BSG in einem obiter dictum anklingen, dass ein Hoheitsträger gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die sich gerade nicht in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger, sondern fiskalisch betätige, durchaus einen Verwaltungsakt erlassen könnte. 103 Diese Frage musste in dem zitierten Urteil allerdings nicht entschieden werden und wird in der späteren Rechtsprechung zu den Erstattungsansprüchen auch nicht mehr erörtert. 2. Der Schluss von dem Über- und Unterordnungsverhältnis auf die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt Ebenso wie oben von dem Vorliegen eines Gleichordnungsverhältnisses ohne nähere Begründung auf die Unzulässigkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes geschlossen wurde, ist im Umkehrschluss die Befugnis eines Hoheitsträgers zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem anderen Hoheitsträger die Konsequenz der Existenz eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen beiden. Warum ein Über- und Unterordnungsverhältnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes ermächtigen soll, wird von den einschlägigen Urteilen nicht begründet. Allenfalls heißt es, dass eine Behörde der anderen nur dann ein rechtlich verbindliches Ge- oder Verbot auferlegen könne, wenn sie ihr übergeordnet sei, 104 d. h. die andere ihrer Hoheitsgewalt unterworfen sei. 105 Diese Formulierungen erscheinen jedoch nur als weitere Umschreibungen des Subordinationsverhältnisses und nicht als Begründung. Auch aus den zitierten Literaturquellen, soweit überhaupt welche genannt werden, lässt sich nur erschließen, dass es einen allgemeinen Satz des ungeschriebenen Rechts darstelle, dass in hoheitsrechtlichen Über- und Unterordnungsverhältnissen die Behörden im Zweifel auch dann zum Erlass von Verwaltungsakten befugt seien, wenn diese Befugnis nicht ausdrücklich geregelt sei. 106

102 103 104 105 106

BSGE 41, 237, 238. BSGE 5, 140, 143. BSGE 45, 296, 298. BSGE 5, 140, 143. VGH München, BayVBl. 1993, 374 iVm Kopp, VwVfG, 5. Aufl., § 35 Rn. 2.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

III. Der Rückgriff der Rechtsprechung auf die zur Verwaltungsaktbefugnis bei Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen entwickelte Argumentation 1. Ausdrückliche Bezugnahme auf die Rechtsprechung zur Verwaltungsaktbefugnis bei gegenüber Privatpersonen erlassenen Verwaltungsakten An der Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Leistungsbescheiden gegenüber Hoheitsträgern ist bemerkenswert, dass sich die Urteile auf Rechtsprechung und Literaturquellen beziehen, die nur das Staat-Bürger-Verhältnis, insbesondere das Verhältnis des Staates zu seinen Beamten und Soldaten, im Blick haben. So greift beispielsweise das Urteil des OVG Koblenz, 107 in dem es um einen Erstattungsanspruch zwischen einem Landkreis und einer Gemeinde geht, zum Nachweis der Gedankenführung auf BVerwGE 28, 1 zurück, das einen Erstattungsanspruch eines Dienstherrn gegenüber einem Beamten betrifft. In diesem Urteil heißt es, dass nach einem allgemeinen Grundsatz des deutschen Verwaltungsrechts die Organe der vollziehenden öffentlichen Gewalt befugt seien, zur hoheitlichen Erfüllung ihrer Verwaltungsaufgaben Verwaltungsakte zu erlassen, einer besonderen gesetzlichen oder gewohnheitsrechtlichen Ermächtigung bedürfe es nicht. Die Befugnis der öffentlichen Verwaltung zum Erlass von Verwaltungsakten werde nicht aus besonderen Rechtssätzen, sondern aus der Überordnung der hoheitlichen Verwaltung, aus der „rechtlich überwiegenden Kraft des namens des Gemeinwesens geäußerten Willens“, hergeleitet. 108 In Verbindung mit den von BVerwGE 28, 1, 2 zitierten Urteilen BVerwGE 18, 283, 285 und E 21, 270, 271 ergibt sich, dass im Umkehrschluss bei einem hinsichtlich des Anspruchs bestehenden Gleichordnungsverhältnis zwischen Anspruchsberechtigtem und Anspruchsverpflichtetem die Anspruchsverwirklichung per Verwaltungsakt ausgeschlossen ist. Aus dieser Rechtsprechung schließt das OVG Koblenz, dass, weil das zwischen einem Landkreis und einer kreisangehörigen Gemeinde bestehende Rechtsverhältnis grundsätzlich durch Gleichberechtigung und Gleichordnung geprägt sei, sich die Befugnis des Landkreises zum Erlass eines Leistungsbescheids gegenüber der Gemeinde nur aus einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung ergeben könne. Es hält also die in dem Urteil des BVerwG zum Staat-Bürger-Verhältnis aufgestellten Grundsätze auf ein zwischen zwei kommunalen Gebietskörperschaften bestehendes Verhältnis für anwendbar und ergänzt sie nur um den Aspekt, dass auch gleichgeordnete Hoheitsträger bei gesetzlicher Ermächtigung gegeneinander Verwaltungsakte erlassen könnten. Die 107 108

OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894. BVerwGE 28, 1, 2 f.

B. Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

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Verhältnisse Staat-Bürger und Staat-Staat werden zwar im Ergebnis unterschiedlich beurteilt (im ersten Fall ist der Verwaltungsakt zulässig, im zweiten Fall nicht), die anzulegenden Kriterien sind jedoch dieselben. Auch das VG Regensburg 109 und der VGH München 110 zitieren ausschließlich Rechtsprechung zur Verwaltungsaktbefugnis im Staat-Bürger-Verhältnis. 111 Sie schließen sich aber der Meinung des BVerwG, Leistungsbescheide seien in Überund Unterordnungsverhältnissen ohne spezielle gesetzliche Grundlage kraft hoheitlicher Gewalt aufgrund Gewohnheitsrechts zulässig, nicht an, sondern lassen den Meinungsstreit über die Anwendbarkeit des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) unentschieden, da sich Klägerin und Beklagte jeweils im Verhältnis der Gleichordnung gegenüberstünden. Bei einem Gleichordnungsverhältnis sei auch nach der Rechtsprechung die Handlungsform Verwaltungsakt ohne spezielle Rechtsgrundlage nicht zulässig. Auch das Urteil des OVG Koblenz, 112 das die Befugnis zum Erlass eines Leistungsbescheids zur Rückforderung einer an eine Gemeinde gewährten Subvention unter Verweis auf BVerwG, NJW 1977, 1838 auf die Kehrseitentheorie stützt, bezieht sich ausdrücklich auf eine zu Leistungsbescheiden gegenüber Privatpersonen ergangene Rechtsprechung. Schließlich zeigt die oben unter II. 1. c) behandelte Fallgruppe, nach der eine Unterordnung des Adressaten-Hoheitsträgers unter die erlassende Behörde dann angenommen werden soll, wenn seine Situation mit der einer Privatperson vergleichbar ist, dass die Rechtsprechung von einer parallelen Behandlung der gegenüber Privatpersonen und der gegenüber Hoheitsträgern ergehenden Verwaltungsakte ausgeht. 2. Die Austauschbarkeit der Argumentation: Rückübertragung der zu Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern entwickelten Rechtsprechung auf Verwaltungsakte gegenüber Privatpersonen Dieser Befund wird gestützt von einer gegenläufigen Entwicklung, im Rahmen derer die Rechtsprechung nicht – wie bereits gesehen – die zur Verwaltungsaktbefugnis bei Privatpersonen ergangene Rechtsprechung auf Verwaltungsakte gegenüber Hoheitsträgern überträgt, sondern umgekehrt die zu Verwaltungsakten

109

VG Regensburg, Urteil vom 4. 12. 1996, Az: RO 3 K 95. 391. VGH München, BayVBl. 1994, 243. 111 Das VG Regensburg zitiert BVerwGE 18, 283 und BVerwG, NJW 1985, 2602; der VGH München zitiert BVerwGE 28, 1, 2 und E 41, 106, 108 f. 112 OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448. 110

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

gegenüber Hoheitsträgern aufgestellten Grundsätze auf Verwaltungsakte gegenüber Privatpersonen anwendet. So heißt es in dem Urteil BSGE 49, 291, das die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs per Leistungsbescheid der Bundesanstalt für Arbeit gegen einen Arbeitgeber wegen unrichtiger Ausfüllung einer Arbeitsbescheinigung, also einen Verwaltungsakt gegenüber einer Privatperson, betrifft und zur Zulässigkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes zwischen Trägern der öffentlichen Verwaltung gar nicht Stellung nimmt, folgendermaßen: „[...] nicht jedes öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis berechtigt den zuständigen Träger der öffentlichen Verwaltung, Ansprüche aus diesem Rechtsverhältnis durch Verwaltungsakt geltend zu machen. Zum Wesen des Verwaltungsakts gehört es, dass er eine Regelung trifft, die den Adressaten binden soll; das schließt [...] die Überordnung des Erklärenden über den Adressaten ein [...]. In ständiger Rechtsprechung hat das BSG in Übereinstimmung mit dem BVerwG zusätzlich zum öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis gefordert, dass, soweit nicht ausdrücklich ein Verwaltungsakt vorgesehen ist, der Erlass des Verwaltungsakts durch das Überordnungsverhältnis legitimiert sein muss [...]. Das gilt nicht nur im Verhältnis mehrerer Träger öffentlicher Verwaltung zueinander, sondern auch im Verhältnis eines Trägers öffentlicher Verwaltung zum Bürger.“ 113 Daran ist zum einen bemerkenswert, dass das BSG seine Rechtsprechung mit der des BVerwG in Einklang sieht, auch wenn die zitierten Urteile des BSG 114 bis auf eine Ausnahme 115 Verwaltungsakte zwischen Trägern öffentlicher Verwaltung betreffen und die zitierten Urteile des BVerwG 116 Verwaltungsakte eines Hoheitsträgers gegenüber einer Privatperson. Zum anderen weist das BSG ausdrücklich darauf hin, dass die aufgestellten Grundsätze seiner ständigen Rechtsprechung „nicht nur im Verhältnis mehrerer Träger öffentlicher Verwaltung zueinander, sondern auch im Verhältnis eines Trägers öffentlicher Verwaltung zum Bürger“ gelten. Seiner Ansicht nach ist also die Zulässigkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes in beiden Fällen nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Schließlich ist zu beachten, dass nicht, wie sonst üblich, zur Begründung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger die Grundsätze der Verwaltungsaktbefugnis bei Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen herangezogen werden, sondern umgekehrt. Das BSG hätte eine solche Bemerkung eigentlich nicht machen müssen, weil es mit BSGE 30, 230 schon selbst einmal ein Urteil zur Zulässigkeit eines Leistungsbescheids gegenüber einer Privatperson erlassen hatte 117 und im Übrigen die Rechtsprechung des 113 114 115 116 117

BSGE 49, 291, 294; ebenso BSG, SozR 3 – 1500 § 54 Nr. 22, S. 55. BSGE 5, 140; 12, 65; 41, 237; 45, 296. BSGE 30, 230. BVerwGE 21, 270; 24, 225; 27, 245. Aber auch in diesem musste es auf BSGE 5, 140 und 12, 65 zurückgreifen.

C. Die Rechtsprechung zu den feststellenden Verwaltungsakten

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BVerwG hätte heranziehen können. Die Bemerkung zeigt aber sehr deutlich, dass nach Ansicht des BSG die Argumentationsgänge in beiden Fällen austauschbar sind.

C. Die Rechtsprechung zu den feststellenden Verwaltungsakten: Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes I. Das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für feststellende Verwaltungsakte Anders verhält sich die Rechtsprechung zu feststellenden Verwaltungsakten. Feststellende Verwaltungsakte sind solche, durch die rechtserhebliche Eigenschaften in Bezug auf einen Einzelfall verbindlich festgestellt oder abgelehnt werden. Entspricht die Feststellung nicht dem geltenden Recht, ist der feststellende Verwaltungsakt rechtswidrig, aber wirksam und schneidet den Durchgriff auf das materielle Recht ab. Der feststellende Verwaltungsakt begründet zwar unmittelbar keine Handlungsverbote oder –gebote und kann daher selbst keinen Vollstreckungstitel darstellen. Jedoch kann er nach Eintritt der Bestandskraft Rechtsgrundlage für die Auferlegung von Ge- oder Verboten oder die Gewährung von Leistungen durch andere Verwaltungsakte sein. Insoweit kann die Bestandskraft eines feststellenden Verwaltungsakts weitreichende Folgen haben. 118 Bezüglich feststellenden Verwaltungsakten, die gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts erlassen werden, geht die Rechtsprechung übereinstimmend davon aus, dass diese in gewissen Fällen einer gesetzlichen Grundlage bedürfen. 119 Nicht ganz eindeutig ist, ob diese Voraussetzung für alle feststellenden Verwaltungsakte ohne Differenzierung gilt 120 oder ob sie gewissen Einschränkungen unterliegt. So sei eine gesetzliche Grundlage jedenfalls dann erforderlich, wenn die erlassende Behörde etwas als rechtens feststellt, was der Betroffene erklärtermaßen für unzutreffend hält bzw. was dem Antrag des Betroffenen widerspricht. 121 Nach anderer Ansicht sei eine gesetzliche Grundlage dann notwendig, wenn der feststellende Verwaltungsakt belastende Wirkung habe. 122 Über den Begriff der 118

P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 142. OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338; BSGE 69, 259, 261; VGH Kassel, NVwZ 1993, 497; BVerwG, DVBl. 1992, 1295; OVG Münster, NVwZ-RR 1992, 449, 450; OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337. 120 Diesen Eindruck erweckt OVG Münster, NVwZ-RR 1992, 449, 450. 121 OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338. 122 VGH Kassel, NVwZ 1993, 497; OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337. 119

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

belastenden Wirkung herrscht allerdings Unklarheit: Nach einer Ansicht ergibt sich die belastende Wirkung aus der dem Betroffenen nachteiligen inhaltlichen Regelung des Verwaltungsakts und deren bestandskräftiger Feststellung, durch die dem Betroffenen Einwendungen gegen die inhaltliche Regelung abgeschnitten würden. 123 Nach anderer Ansicht genügt eine Belastung durch die inhaltliche Regelung. 124 Es wird also offengelassen, ob auch bei einer inhaltlich begünstigenden Regelung allein die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt genügt, um die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zu begründen; Rechtsprechung hierzu gibt es, soweit ersichtlich, bislang nicht. Übereinstimmend verlangt die Rechtsprechung für feststellende Verwaltungsakte allerdings keine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage; ihr Vorhandensein könne auch im Wege der Auslegung unter Anwendung der anerkannten Auslegungsgrundsätze ermittelt werden. 125

II. Die Herleitung dieses Erfordernisses: Der Vorbehalt des Gesetzes Das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für feststellende Verwaltungsakte wird in den zitierten Urteilen unterschiedlich hergeleitet. Genannt werden das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) 126 und Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den Grundrechten. 127 Nach VGH Kassel 128 folgt dieses Erfordernis aus dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes, nach welchem Eingriffe in die Rechte natürlicher oder juristischer Personen nur durch oder aufgrund eines formellen Gesetzes erfolgen dürfen. Dieser Grundsatz werde verfassungsrechtlich auf unterschiedliche Grundlagen gestützt, so etwa auf Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den Grundrechten oder auf Verfassungsgewohnheitsrecht. Was die Klägerin (eine Gemeinde) betreffe, so ergebe sich der Vorbehalt des Gesetzes in Bezug auf Eingriffe in den Selbstverwaltungsbereich aus Art. 28 Abs. 2 GG. Bemerkenswert ist, dass, obwohl in allen drei Fällen der Adressat des Verwaltungsakts eine Gemeinde ist und es in allen drei Fällen um einen Eingriff durch den feststellenden Verwaltungsakt in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) geht (Feststellung, dass eine Gemeinde die Bezeichnung 123

VGH Kassel, NVwZ 1993, 497. OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337. 125 OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338; BSGE 69, 259, 261; VGH Kassel, NVwZ 1993, 497; BVerwG, DVBl. 1992, 1295; OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337 unter Verweis auf BVerwGE 72, 265. 126 OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338. 127 OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337. 128 VGH Kassel, NVwZ 1993, 497. 124

C. Die Rechtsprechung zu den feststellenden Verwaltungsakten

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„Stadt“ nicht führen darf; 129 Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl einer Gemeinde; 130 Feststellung der Mitgliedschaft einer Gemeinde in einem Abwasserzweckverband 131), nur im zweiten Fall der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG hergeleitet wird. Überraschend ist auch, dass im letzten Fall der Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den Grundrechten hergeleitet wird, obwohl Adressat des Verwaltungsakts eine Gemeinde ist. Außer Betracht bleibt also, ob sich eine Gemeinde als Trägerin öffentlicher Verwaltung in Bezug auf ihre hoheitliche Tätigkeit, nämlich ihre Mitgliedschaft in einem der Daseinsvorsorge dienenden Abwasserzweckverband, überhaupt auf Grundrechte berufen kann. 132

III. Ausdrückliche Übernahme der zu feststellenden Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen ergangenen Rechtsprechung Noch eindeutiger als bei den Erstattungsansprüchen wird bei feststellenden Verwaltungsakten auf die zu Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen ergangene Rechtsprechung Bezug genommen. Alle bereits zitierten Urteile 133 verweisen ohne Ausnahme auf BVerwGE 72, 265 134 und gehen dabei stillschweigend von einer uneingeschränkten Übertragbarkeit der Argumentationsweise aus, ohne zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung des BVerwG den Fall eines feststellenden Verwaltungsakts gegenüber einer Privatperson betraf. Insbesondere halten alle den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes auch auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber Trägern öffentlicher Verwaltung für anwendbar. Einzig der VGH Kassel 135 ändert diese Aussage dahingehend ab, dass er den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes in Bezug auf eine Gemeinde aus Art. 28 Abs. 2 GG ableitet. Die anderen Urteile stellen keine Überlegungen dazu an, ob sich aus der Betroffenheit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (Gemeinde) Besonderheiten ergeben könnten.

129

OVG Münster, NWVBl. 1988, 337. VGH Kassel, NVwZ 1993, 497. 131 OVG Weimar, LKV 2002, 336. 132 Dazu D. II. 1. (S. 100 ff.). 133 OVG Münster, NWVBl. 1988, 337; BSGE 69, 259, 261; VGH Kassel, NVwZ 1993, 497; BVerwG, DVBl. 1992, 1295; OVG Münster, NVwZ-RR 1992, 449; OVG Weimar, LKV 2002, 336. 134 = BVerwG, NJW 1986, 1120; OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337, zitiert außerdem BVerwG, NVwZ-RR 1992, 192, das wohl ebenfalls einen feststellenden Verwaltungsakt gegenüber einer Privatperson betrifft. 135 VGH Kassel, NVwZ 1993, 497. 130

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Die Rechtsprechung des BVerwG zu feststellenden Verwaltungsakten 136 wird aber nicht nur auf feststellende Verwaltungsakte, die gegenüber Hoheitsträgern erlassen worden sind, angewendet, sondern auch auf andere Arten von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern. 137 Die vorliegende Untersuchung der Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt zwischen Trägern der öffentlichen Verwaltung hat gezeigt, dass die Rechtsprechung die Zulässigkeit des Verwaltungsakts bei Leistungsbescheiden und feststellenden Verwaltungsakten gegenüber Trägern der öffentlichen Verwaltung und gegenüber Privatpersonen nach den gleichen Grundsätzen beurteilt. Sie bezieht sich zum einen auf das Kriterium der Gleichordnung bzw. Subordination, zum anderen auf den Vorbehalt des Gesetzes. Allerdings wird bei Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen das Kriterium der Subordination in zunehmendem Maße auf die Fälle des Beamten- und Soldatenrechts beschränkt und nicht mehr als allgemein gültiges Kriterium angesehen. An dessen Stelle tritt das immer größere Bewusstsein für die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage. Diese Entwicklung könnte Auswirkungen auf die Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts haben, indem dort ebenfalls vermehrt der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes angewandt wird. Im Anschluss an die Darstellung der Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Leistungsbescheiden und feststellenden Verwaltungsakten im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander soll diese kritisch gewürdigt, insbesondere die Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur Verwaltungsaktbefugnis bei gegenüber Privatpersonen erlassenen Verwaltungsakten auf die hier behandelte Problematik überprüft werden. Daher ist zu untersuchen, ob der Vorbehalt des Gesetzes im Verhältnis zweier Hoheitsträger überhaupt anwendbar ist (D.) und ob dem Kriterium der Gleichordnung bzw. Subordination Berechtigung zukommt (E.).

D. Kritische Würdigung der Rechtsprechung: Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes als Maßstab für die Zulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern Der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden Bereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu tref136

BVerwGE 72, 265. So verweist VGH München, BayVBl. 1992, 655 auf BVerwG, NVwZ 1991, 267, das seinerseits wieder BVerwGE 72, 265 zitiert. 137

D. Kritische Würdigung der Rechtsprechung

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fen, und darf sie nicht anderen Normgebern überlassen. 138 Gewisse, zu bestimmten Sachbereichen gehörende Staatsakte müssen sich auf ein formelles oder durch ein solches gedecktes materielles Gesetz zurückführen lassen, um rechtmäßig zu sein. Die dem Vorbehaltsbereich angehörenden Gegenstände sollen der unmittelbaren oder jedenfalls mittelbaren Regelung durch die gesetzgebende Gewalt – das Parlament – „vorbehalten“ und der Eigeninitiative der Exekutive entzogen sein. 139 Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur bezogen auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. 140 Im Folgenden ist daher die Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes näher zu untersuchen (I.) und zu überlegen, ob dieser Grundsatz auf die Frage der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts anzuwenden ist (II.).

I. Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes stellt das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage sowohl für grundrechtsrelevante Entscheidungen als auch für andere „wesentliche“ Entscheidungen ohne Grundrechtsrelevanz auf. 1. Das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für grundrechtsrelevante Entscheidungen a) „Eingriffe in Freiheit und Eigentum“ Ursprünglich forderte die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes eine gesetzliche Grundlage nur für Eingriffe in Freiheit und Eigentum. 141 Dies steht in der Tradition der Staatsauffassung des liberalen Bürgertums des 19. Jahrhunderts, das eine Bedrohung seines Freiheitsbereichs vor allem von der dem Landesherrn un138

BVerfGE 98, 218, 251 (Rechtschreibreform); 40, 237, 248 ff.; 47, 46, 79; 49, 89, 126 f.; 95, 267, 307 f. 139 Selmer, JuS 1968, 489; Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, Bd. 1, S. 69 f. 140 BVerfGE 98, 218, 251 (Rechtschreibreform); 40, 237, 248 ff.; 47, 46, 79; 49, 89, 126 f.; 95, 267, 307 f. 141 BVerfGE 8, 155, 167; BVerwGE 42, 331, 335; 72, 265, 266; Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 276; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 107; Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 20 Rn. 114; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 9. Aufl., Art. 20 Rn. 46; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, 10. Aufl., Art. 20 Rn. 70; Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 Rn. 64.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

terstehenden Exekutivgewalt fürchtete und diese daher zu beschränken versuchte, indem es in den Verfassungen einen Parlamentsvorbehalt für derartige Eingriffe in Freiheit und Eigentum formulierte und diesen durch seine Teilnahme an der Gesetzgebung wahrnahm. 142 Ein derartiges Verständnis der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes herrschte auch in den Anfängen der Bundesrepublik und des Grundgesetzes vor: Für alle Grundrechtseingriffe ist daher stets eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Später wurde die Geltung der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes auch auf die besonderen Gewaltverhältnisse, die bis dahin als außerhalb der Gesellschaft stehend und in die Staatsorganisation integriert angesehen wurden, ausgeweitet. 143 Sofern für die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber einem Bürger eine gesetzliche Grundlage verlangt wird, wird dies mit dem Vorbehalt des Gesetzes für Eingriffe in Freiheit und Eigentum begründet, da in der Notwendigkeit der Anfechtung des Verwaltungsakts zur Vermeidung seiner Bestandskraft ein von der materiellrechtlichen Regelung unabhängiger Eingriff der Verwaltung zumindest in die allgemeine Handlungsfreiheit des Bürgers aus Art. 2 Abs. 1 GG zu sehen ist 144. 145 b) „Grundrechtswesentliche“ Entscheidungen Im Laufe der Entwicklung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung stellte das BVerfG fest, dass die Formel, ein Gesetz sei nur dort erforderlich, wo „Eingriffe in Freiheit und Eigentum“ in Rede stehen, dem heutigen Verfassungsverständnis nicht mehr voll gerecht werde. Im Rahmen einer demokratisch-parlamentarischen Staatsverfassung liege es näher anzunehmen, dass die Entscheidung aller grundsätzlichen Fragen, die den Bürger unmittelbar betreffen, durch Gesetz erfolgen müsse, und zwar losgelöst von dem Abgrenzungsmerkmal des Eingriffs. Staatliches Handeln, durch das dem Einzelnen Leistungen und Chancen gewährt und angeboten werden, sei für eine Existenz in Freiheit oft nicht weniger bedeutungsvoll als das Unterbleiben eines Eingriffs. 146 Allerdings gibt es eine allgemeingültige Definition für „wesentliche“ Entscheidungen nicht. In der Rechtsprechung des BVerfG ist „wesentlich“ in der Regel als „wesentlich für die Verwirklichung von Grundrechten“ zu verstehen. 147 Während für Grundrechtseingriffe weiterhin eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage nach der klassischen Formel erforderlich ist, 148 dient die Wesentlichkeitslehre 142

Selmer, JuS 1968, 489, 490. BVerfGE 33, 1, 11 (Strafgefangene); Selmer, JuS 1968, 489, 491. 144 Siehe oben A. I. (S. 70 ff.). 145 BVerwGE 75, 265, 266; OVG Lüneburg, NVwZ 1989, 880, 881; VGH Mannheim, NVwZ 1990, 388; OVG Lüneburg, NJW 1996, 2947. 146 BVerfGE 8, 155, 166 f.; 40, 237, 248 f. 143

D. Kritische Würdigung der Rechtsprechung

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hauptsächlich dazu, Bereiche, in denen eine strikte Trennung von Leistungs- und Eingriffsverwaltung nicht durchzuführen ist, z. B. das Bildungswesen, dennoch dem Erfordernis einer gesetzlichen Ausgestaltung zu unterwerfen, soweit dies für die Verwirklichung von Grundrechten notwendig ist. 149 2. Das Erfordernis einer gesetzlichen Regelung für andere „wesentliche“ Entscheidungen ohne Grundrechtsrelevanz Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes verlangt eine gesetzliche Ermächtigung nicht nur für grundrechtsrelevante Entscheidungen der Exekutive, sondern auch für andere „wesentliche“ Entscheidungen ohne Grundrechtsbezug. Diese Fälle sind z. T. speziell geregelt, z. T. werden sie von der Rechtsprechung entwickelt. a) Die spezialgesetzlichen organisatorischen Gesetzesvorbehalte Zahlreiche Normen des Grundgesetzes ohne Grundrechtsbezug verlangen für bestimmte Aktivitäten der Exekutive ein Gesetz bzw. eine andere verbindliche Erklärung des Parlaments. Man kann insoweit von organisatorischen 150 oder institutionellen 151 Gesetzesvorbehalten sprechen. Dazu gehören folgende Sachverhalte: − Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 GG), − Übertragung von Hoheitsrechten (Art. 23 Abs. 1 S. 2, Art. 24 Abs. 1 GG), − Neugliederung des Bundesgebiets (Art. 29 Abs. 2 S. 1 GG), − Zustimmung oder Mitwirkung bei völkerrechtlichen Verträgen (Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG), − Schaffung von Bundesbehörden (Art. 87 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 S. 1 GG), − Übertragung von Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung auf die Länder (Art. 87d Abs. 2 GG), − nähere Bestimmung der Gemeinschaftsaufgaben (Art. 91a Abs. 2 S. 1 GG), − Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG), − Aufbau der Finanzverwaltung (Art. 108 Abs. 1, 2 und 4 GG), 152 − Feststellung des Haushaltsgesetzes (Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG),

147 BVerfGE 33, 330 f., 336 f.; 34, 165, 192 f.; 47, 46, 79; 49, 89, 127; 57, 295, 321; 58, 257, 268 ff.; 62, 169, 182 f.; 83, 130, 142; BVerfG, NJW 1997, 1975, 1977; NJW 1998, 2515, 2520. 148 BVerwGE 72, 265, 266. 149 Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl., S. 808 ff.; Degenhart, Staatsrecht I, 22. Aufl., Rn. 304 ff. 150 Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 9. Aufl., Art. 20 Rn. 51; BVerfGE 106, 1, 22. 151 Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 283. 152 BVerfGE 106, 1, 22.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

− Kreditaufnahme und Übernahme von Gewährleistungen (Art. 115 Abs. 1 S. 1 GG), − Beschränkung der Wählbarkeit von Angehörigen des öffentlichen Dienstes (Art. 137 Abs. 1 GG). Entsprechend finden sich in den Landesverfassungen institutionelle Gesetzesvorbehalte, aufgrund deren insbesondere die Organisation der allgemeinen Staatsverwaltung und die Regelung der Zuständigkeiten durch Gesetz erfolgen müssen. 153 b) Sonstige nicht grundrechtsbezogene wesentliche Entscheidungen Der Vorbehalt des Gesetzes ist nicht von vornherein auf das Staat-BürgerVerhältnis beschränkt. Dies zeigen schon die im Grundgesetz und in den Landesverfassungen aufgeführten institutionellen bzw. staatsorganisatorischen Gesetzesvorbehalte. Die gegenteilige Ansicht, 154 die nicht näher begründet wird, lässt sich nicht auf BVerfGE 84, 212, 226 stützen. Denn dort ging es um das Problem, ob ein Eingriff in Art. 9 Abs. 3 GG (Koalitionsfreiheit) iVm dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Wesentlichkeitstheorie) darin lag, dass das BAG die Regeln der Aussperrung selbst entwickelt hat, ohne sich hierzu auf eine gesetzliche Ermächtigung stützen zu können. Das BVerfG verneinte dies, da die Gerichte jeden Rechtsstreit sachgerecht entscheiden müssten. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bzw. die Wesentlichkeitstheorie begrenzt das Tätigwerden der Rechtsprechung also nicht. Die Formulierung, die Wesentlichkeitstheorie gelte für das Verhältnis zwischen Staat und Bürger, im vorliegenden Fall gehe es jedoch um das Verhältnis gleichgeordneter Grundrechtsträger, sollte nicht überbewertet werden, denn sie trifft nicht den Kern der Aussage des BVerfG: Es ging um einen Eingriff in Rechte der Tarifparteien durch die richterliche Rechtsfortbildung des BAG und damit um einen Eingriff im Verhältnis Staat (Rechtsprechung) – Bürger und um die eventuelle Begrenzung dieser Eingriffsmöglichkeit durch die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts, also um das Verhältnis zwischen Judikative und Legislative. Die Konstellation unterschied sich von den klassischen Anwendungsfällen der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes also nur dadurch, dass hier ein Eingriff seitens der Judikative und nicht der Exekutive in 153 Baden-Württemberg: Art. 70 Abs. 1 S. 1 Verf.; Bayern: Art. 77 Abs. 1 S. 1 Verf.; Brandenburg: Art. 96 Abs. 1 S. 1 Verf.; Hamburg: Art. 57 Verf.; Mecklenburg-Vorpommern: Art. 70 Abs. 2 S. 1 Verf.; Niedersachsen: Art. 56 Abs. 2 Verf.; Nordrhein-Westfalen: Art. 77 S. 1 Verf.; Saarland: Art. 112 S. 1 Verf.; Sachsen: Art. 83 Abs. 1 S. 1 Verf.; Sachsen-Anhalt: Art. 86 Abs. 2 Verf.; Schleswig-Holstein: Art. 45 Abs. 2 Verf.; Thüringen: Art. 90 S. 2 Verf.; entsprechende Vorschriften fehlen in Berlin (beachte jedoch Art. 67, insbes. III 1 Verf.), Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz. 154 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 6 Rn. 11 a; Degenhart, Staatsrecht I, 20. Aufl., Rn. 338.

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Rede stand. Aus diesem Urteil kann nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass in jedem Fall nur ein Eingriff in Rechte des Bürgers, nicht aber in Rechte und Kompetenzen juristischer Personen des öffentlichen Rechts die Anwendbarkeit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes auslöst. Insbesondere heißt es nicht, die Wesentlichkeitstheorie gelte nur für das Verhältnis zwischen Staat und Bürger. Die Passage kann auch so verstanden werden, dass sie jedenfalls für das Verhältnis zwischen Staat und Bürger gilt. Zur Frage, ob eine gesetzliche Ermächtigung erforderlich ist, wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung in Rechte und Kompetenzen eines anderen Trägers öffentlicher Verwaltung eingreift, sagt das Urteil nichts. Darüber hinaus sind nach Ansicht einiger Autoren diese speziell geregelten Gesetzesvorbehalte nicht abschließend, sondern werden um weitere institutionelle Gesetzesvorbehalte ergänzt, die sich insbesondere aus dem Demokratie- oder Rechtsstaatsprinzip ableiten lassen, denn die „Wesentlichkeit“ eines Entscheidungsgegenstandes bestehe unabhängig davon, ob das Grundgesetz ausdrücklich einen Gesetzesvorbehalt vorsehe. 155 Entsprechend ist nach Ansicht des nordrheinwestfälischen Verfassungsgerichtshofs die Grundrechtsbewahrung und Grundrechtsentfaltung nur ein, wenn auch besonders bedeutsamer Bereich, der dem Gesetzgeber zur Regelung des Wesentlichen vorbehalten ist. Der Vorbehalt des Gesetzes erfasse darüber hinaus auch andere für das Gemeinwesen grundlegende Entscheidungen. 156 Auf diese Weise solle sichergestellt werden, dass derartige Entscheidungen aus einem Verfahren hervorgehen, das sich durch Transparenz auszeichnet, die Beurteilung der parlamentarischen Opposition gewährleistet, den Betroffenen und dem Publikum Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das Parlament anhält, Notwendigkeit und Ausmaß der Regelung in öffentlicher Debatte zu klären. 157 Wesentlich könne eine Entscheidung dann sein, wenn sie zwar nicht von grundlegender Bedeutung für die Grundrechte und deren Verwirklichung sei, wohl aber diese Bedeutung für andere tragende Prinzipien der Verfassung und deren Verwirklichung besitze. Ein Vorbehalt des Gesetzes könne danach für organisatorische Entscheidungen bestehen, die wesentlich sind für die Verwirklichung des Rechtsstaatsprinzips und der Gewaltenteilung, insbesondere für die Sicherung einer eigenständigen und unabhängigen rechtsprechenden Gewalt. Im Organisationsbereich sei wesentlich schließlich eine Entscheidung, wenn sie wesentlich für die Wahrnehmung der Staatsleitung sei und nicht einseitig und ausschließlich der Exekutive vorbehalten sei. 158 Für eine derartige wesentliche Entscheidung hielt der nordrhein-westfälische Verfas155 Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 114; Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 280, 283 f.; Ohler, AöR 131 (2006), 336, 344 ff.; aA Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 9. Aufl., Art. 20 Rn. 52. 156 VerfGH NRW, NJW 1999, 1234, 1245; BVerfG, NJW 1999, 2515, 2520: „insbesondere“; BVerfGE 49, 89, 126: „zumal“; BVerfGE 88, 103, 116: „zumal“. 157 VerfGH NRW, NJW 1999, 1243, 1244. 158 VerfGH NRW, NJW 1999, 1243, 1245.

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sungsgerichtshof dementsprechend die Entscheidung des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. 6. 1998, die Geschäftsbereiche des bisherigen Innenministeriums und des bisherigen Justizministeriums zu einem gemeinsamen Ministerium zusammenzufassen, 159 und nahm damit erstmals eine Ausdehnung der Wesentlichkeitstheorie auf nicht grundrechtsrelevante Bereiche vor. 160 Zusammenfassend lässt sich die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes je nach ihrem entsprechenden Anwendungsgebiet auf verschiedene Verfassungsgrundsätze stützen. Diese sind das Rechtsstaatsprinzip, 161 der umfassend gewährleistete Grundrechtsschutz 162 und das Demokratieprinzip. 163

II. Die Anwendbarkeit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes auf die Problematik der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Hoheitsträgern Die obigen Darstellungen zum Anwendungsbereich der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes zeigen, dass die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage für den Erlass von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern unter verschiedenen Gesichtspunkten in Betracht kommt. 1. Die Geltung des Vorbehalts des Gesetzes gegenüber Hoheitsträgern als Grundrechtsberechtigten Die Anwendbarkeit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes auf die Frage der Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Trägern öffentlicher Verwaltung kann zum einen unter dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für grundrechtsrelevante Tätigkeiten 159

VerfGH NRW, NJW 1999, 1243, 1245. Kritisch gegenüber der Einstufung dieser Entscheidung als „wesentlich“ Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, Art. 20 Abs. 3, Rn. 284; Sendler, NJW 1999, 1232; Böckenförde, NJW 1999, 1235; gegen die Ausdehnung der Wesentlichkeitstheorie auf andere als das Bürger-Staat-Verhältnis betreffende Fragen Degenhart, Staatsrecht I, 20. Aufl., Rn. 338 und 22. Aufl., Rn. 308; VerfGH Berlin, NJW 1995, 858, 859; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 6 Rn. 11 a. 161 BVerfGE 40, 237, 248 f.; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, 10. Aufl., Art. 20 Rn. 70; Hesse, Grundzüge, 20. Aufl., Rn. 201; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 9. Aufl., Art. 20 Rn. 44; Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 20 Rn. 114; ders., in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 45 ff.; Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl., S. 805. 162 BVerwGE 42, 331, 335; 72, 265, 266; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 45 ff. 163 BVerfGE 40, 237, 249; VerfGH NRW, NJW 1999, 1243, 1244; Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 273. 160

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diskutiert werden, so wie dies zu der von der Rechtsprechung parallel behandelten Frage der Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber dem Bürger geschieht. Dies setzt allerdings voraus, dass die Träger öffentlicher Verwaltung, die Adressaten von Verwaltungsakten sein können, als Träger von Grundrechten in Betracht kommen. a) Hoheitsträger als Träger von Grundrechten aa) Die fehlende Grundrechtsberechtigung von Hoheitsträgern Heute ist von der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und herrschenden Lehre anerkannt, dass sich Verwaltungsträger schlechthin nicht auf Grundrechte berufen können. Dies gilt sowohl für die Wahrnehmung hoheitlicher Tätigkeit 164 als auch für den rein fiskalischen Bereich 165 – die Träger öffentlicher Verwaltung sind immer und umfassend an die Grundrechte gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG) und nie selbst durch die Grundrechte berechtigt. Die Begründung geht aus von Art. 19 Abs. 3 GG, nach dem die Grundrechte auch für inländische juristische Personen gelten, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Diese Formulierung schließt juristische Personen des öffentlichen Rechts als Grundrechtsberechtigte auf den ersten Blick zwar nicht aus. Die Grundrechte beträfen aber das Verhältnis des Einzelnen zur öffentlichen Gewalt, und damit sei es unvereinbar, den Staat selbst zum Teilhaber oder Nutznießer der Grundrechte zu machen; er könne nicht gleichzeitig Adressat und Berechtigter der Grundrechte sein. 166 Der Staat in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen trete dem Bürger als einheitliche Staatsgewalt gegenüber, innerhalb derer es keine Grundrechte als subjektive öffentliche Rechte geben könne. Zwar seien auch Eingriffe und Übergriffe des einen Hoheitsträgers in die Funktion und das Vermögen eines anderen denkbar, es handele sich dabei aber der Sache 164 BVerfGE 21, 362, 368 ff.; 39, 302, 312 ff.; 68, 193, 205 ff.; 74, 192 ff.; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 19 III Rn. 55 ff.; Huber, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 251 ff.; Jarass, in: Jarass / Pieroth, GG, 9. Aufl., Art. 19 Rn. 18; v. Komorowski, DÖV 2002, 67, 70; Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 19 Rn. 89 ff.; Roellecke, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 19 I-III Rn. 117 ff.; Hofmann, in: Schmidt-Bleibtreu / Klein, GG, 10. Aufl., Art. 19 Rn. 22; U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 23; Stern, Staatsrecht III/1, S. 1149 ff. 165 BVerfGE 61, 82, 105 ff. (Sasbach); OLG Brandenburg, NVwZ 1999, 1142, 1146; BKartA, NJW 2000, 151, 153; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 1 III Rn. 65 ff., Art. 19 III Rn. 68 ff.; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 3 Rn. 80; ders., DVBl. 1983, 422, 424; Hesse, Grundzüge, 20. Aufl., Rn. 348; Höfling, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 1 Rn. 102 ff.; Schnapp, JuS 1989, 1, 6; Starck, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 1 Abs. 3, Rn. 227 ff.; U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 23; Stern, Staatsrecht III/1, S. 1394 ff. 166 Dieses sog. Konfusionsargument überzeugt nicht, weil es nicht ausgeschlossen ist, dass ein Rechtsträger in unterschiedlichen Rechtsbeziehungen unterschiedlich gebunden bzw. berechtigt ist, Bleckmann, Staatsrecht II – Die Grundrechte, 4. Aufl., S. 141; Krebs, in: v. Münch / Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 19 Rn. 41.

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nach um Kompetenzkonflikte im weiteren Sinne, bei denen es um eine sinnvolle und zweckmäßige Aufteilung der staatlichen Gewalt und die Abgrenzung der Teilzuständigkeiten gegeneinander gehe. Die Regelung dieser Beziehungen und die Entscheidung solcher Konflikte seien nicht Gegenstand der Grundrechte, weil der unmittelbare Bezug zum Menschen fehle. Hierfür gälten die grundlegenden Organisationsbestimmungen der Verfassungen des Bundes und der Länder sowie die dazu ergangenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. 167 Insoweit werden für die juristischen Personen des öffentlichen Rechts die Grundrechte nämlich durch das Staatsorganisationsrecht verdrängt. Könnten sich die juristischen Personen des öffentlichen Rechts auf die Freiheiten des Grundgesetzes berufen, würde die verfassungsrechtliche und die durch die Verfassung implizierte gesetzliche Zuständigkeitsordnung unterlaufen. Speziell für Art. 14 GG gilt: Das Eigentum ist den juristischen Personen des öffentlichen Rechts vom Staat zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben zugeordnet worden. Dem Staat muss die Möglichkeit offen stehen, die Zuständigkeitsordnung zu ändern, also die Aufgaben einer anderen juristischen Person zuzuordnen. Entsprechend muss das Eigentum der öffentlichen Hand dieser Aufgabenzuordnung folgen können. 168 bb) Sonderfälle der Grundrechtsberechtigung einzelner Hoheitsträger bezüglich einzelner Grundrechte Die anerkannten Ausnahmen zu diesem Grundsatz sprechen nicht gegen diese Auffassung: So ist unbestritten, dass sich juristische Personen des öffentlichen Rechts auf die grundrechtsähnlichen Rechte der Art. 101 Abs. 1 S. 2, 103 Abs. 1 GG berufen können. Nach Ansicht des BVerfG gehören diese Verfassungsbestimmungen formell nicht zu den Grundrechten iSd Art. 19 Abs. 3 GG; sie gewährleisten nach ihrem Inhalt keine Individualgrundrechte wie die Art. 1 bis 17 GG, sondern enthalten objektive Verfahrensgrundsätze, die für jedes gerichtliche Verfahren gelten und daher auch jedem zugute kommen müssen, der nach den Verfahrensnormen parteifähig ist oder von dem Verfahren unmittelbar betroffen wird. 169 Sie sind außerdem als Konsequenz der besonders strikten Ausgestaltung der Gewaltenteilung zwischen Judikative und Exekutive zu sehen. 170 Des Weiteren sind die Universitäten und Fakultäten in Bezug auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG 171 und die Rundfunkanstalten in Bezug auf Art. 5 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. 167

BVerfGE 21, 362, 369 ff.; ähnlich BVerfGE 68, 193, 205. Bleckmann, Staatsrecht II – Die Grundrechte, 4. Aufl., S. 146. 169 BVerfGE 21, 362, 373; 61, 82, 104; ebenso Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 54; Huber, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 19 III, Rn. 327 ff.; Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 19 Rn. 49 f., 108; Roellecke, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 19 IIII, Rn. 103 ff., 122; Stern, Staatsrecht III/1, S. 1155. 170 U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 23 (Fn. 14). 171 BVerfGE 15, 256, 262. 168

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GG 172 grundrechtsfähig, weil diese Verwaltungsträger einem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich unmittelbar zugeordnet sind. 173 Dies beruht auf der Überlegung, dass im „Kultursektor“ ein mittelbarer Staatseinfluss ausgeschlossen sein muss und aus den genannten Vorschriften Staatsstrukturbestimmungen herausgelesen werden, die eher mit den Staatsstrukturbestimmungen des Art. 28 Abs. 2 GG als mit der Anerkennung von Grundrechten Privater vergleichbar sind. 174 Entsprechendes gilt für die Kirchen. 175 Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass selbst in den Ausnahmefällen, in denen die Grundrechtsberechtigung juristischer Personen des öffentlichen Rechts bejaht wird, dies nur in Bezug auf ein bestimmtes Grundrecht geschieht, in keinem Fall aber ein umfassender Grundrechtsschutz gewährleistet wird. b) Die Unanwendbarkeit des Vorbehalts des Gesetzes für grundrechtsrelevante Tätigkeiten auf die vorliegende Problematik Sieht man somit juristische Personen des öffentlichen Rechts in keinem Fall als umfassend grundrechtsberechtigt an und fehlt insofern die Vergleichbarkeit mit Privaten, folgt daraus, dass auch die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht wie bei Privaten auf den Vorbehalt des Gesetzes für Eingriffe in Freiheit und Eigentum gestützt werden kann. 176 Da die juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht Träger des Grundrechts der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG sind, kann der Erlass eines Verwaltungsaktes ihnen gegenüber auch nicht wegen eines unerlaubten Eingriffs in dieses Recht untersagt sein. Die Geltung der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes für grundrechtsrelevante Tätigkeiten ist einzig dort denkbar, wo sich Universitäten und Fakultäten auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG und Rundfunkanstalten auf Art. 5 Abs. 1 S. 2, 2. Alt. GG berufen können. Demgemäß ist es schlicht falsch, wenn das OVG Weimar 177 das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für den Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts gegenüber einer Gemeinde aus Art. 20 Abs. 3 GG in Verbindung mit den Grundrechten herleitet. Darin liegt eine unreflektierte Übernahme einer zur Frage 172 BVerfGE 31, 314, 322; nicht jedoch in Bezug auf andere Grundrechte BVerfGE 59, 231, 254 f.; 78, 101, 102 f.; 83, 238, 312; BVerfG, NJW 1999, 109. 173 BVerfGE 21, 362, 373 f. 174 U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 23 (Fn. 14); Bleckmann, Staatsrecht II – Die Grundrechte, 4. Aufl., S. 145. 175 BVerfGE 21, 362, 374; die Kirchen sind in dieser Arbeit aber von vornherein aus der Betrachtung ausgeklammert, siehe 1. Kap. A. I. 1 (S. 25). 176 So auch Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 255. 177 OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337.

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der Zulässigkeit des Erlasses feststellender Verwaltungsakte gegenüber Privaten ergangenen Rechtsprechung, 178 ohne dass auf die Unterschiede eingegangen wird, die sich aus dem Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem anderen Träger der öffentlichen Verwaltung ergeben können. Soweit in der Literatur für Eingriffe in rechtlich geschützte Positionen der Handwerksinnungen, insbesondere für Maßnahmen der Rechtsaufsicht durch die Handwerkskammern, nach dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) eine rechtssatzmäßige Ermächtigung gefordert wird, 179 kann diese Ansicht jedenfalls nicht auf die Betroffenheit der Handwerksinnungen in ihren Grundrechten gestützt werden. Diese sind nämlich als Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 53 S. 1 HandwO) jedenfalls bei der Wahrnehmung von öffentlichen Aufgaben 180 nicht grundrechtsberechtigt, 181 insbesondere hierauf bezieht sich aber die Rechtsaufsicht durch die Handwerkskammern. Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes könnte aber unter dem Gesichtspunkt des Erfordernisses einer gesetzlichen Regelung für sonstige wesentliche Entscheidungen ohne Grundrechtsrelevanz auf die vorliegende Problematik anzuwenden sein. 2. Die institutionellen Gesetzesvorbehalte Aus der Liste der oben I. 2. a) 182 aufgeführten Beispiele für Gesetzesvorbehalte im Grundgesetz und in den Landesverfassungen sind hier der Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG und ein institutioneller Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in einfachgesetzlich geregelte Kompetenzen und Selbstverwaltungsrechte zu prüfen.

178

BVerwGE 72, 265. Kormann, GewArch 1989, 105; Musielak / Detterbeck, Das Recht des Handwerks, 3. Aufl., § 75 Rn. 11. Eine entsprechende gesetzliche Ermächtigung ist derzeit nicht vorhanden, denn da die Handwerksinnungen nicht der Aufsicht des Landes, sondern derjenigen der Handwerkskammern unterstehen (mittelbare Staatsaufsicht), sind die Landesorganisationsgesetze mit ihrem Verweis auf das Kommunalaufsichtsrecht auf sie nicht anwendbar (z. B. § 1 Abs. 1 S. 3 Saarl. LOG). In der HandwO sind als Maßnahmen der Rechtsaufsicht nur die Auflösung der Handwerksinnung (§ 76) und die Einberufung und Leitung der Innungsversammlung (§ 62 Abs. 3 S. 2, 2. HS) genannt. In der Praxis dient § 75 HandwO iVm den der Staatsaufsicht nach allgemeinem Verwaltungsrecht zur Verfügung stehenden Mitteln als Rechtsgrundlage für sonstige Aufsichtsmaßnahmen. 180 Z. B. Regelung und Überwachung der Lehrlingsausbildung (§ 54 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 HandwO), siehe hierzu Musielak / Detterbeck, Das Recht des Handwerks, 3. Aufl., § 54 Rn. 2; daneben nehmen die Handwerksinnungen die gemeinsamen berufsständischen und wirtschaftlichen Interessen der in ihnen zusammengeschlossenen Handwerker wahr. 181 BVerfGE 68, 193, 208. 182 S. 97 f. 179

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a) Der Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG aa) Die Reichweite des Gesetzesvorbehalts für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet die kommunale Selbstverwaltung als institutionelle Garantie (Einrichtungsgarantie), nicht als Grundrecht. 183 Gem. Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG muss den Gemeinden das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Nach Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG haben auch die Gemeindeverbände im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die beiden Formulierungen „im Rahmen der Gesetze“ und „nach Maßgabe der Gesetze“ entsprechen sich inhaltlich. 184 Der in diesen Vorschriften normierte Vorbehalt des Gesetzes hat eine Doppelfunktion als Ausgestaltungsauftrag und Eingriffsvorbehalt. 185 (1) Der Gesetzesvorbehalt als Ausgestaltungsvorbehalt Der Ausgestaltungsvorbehalt richtet sich zum einen an den (Landes-) 186 Gesetzgeber und überträgt ihm die Kompetenz zur Konkretisierung der örtlichen, sozialen und funktionalen Elemente der Selbstverwaltung. 187 Denn wie jede Einrichtungsgarantie bedarf auch die Garantie der Einrichtung „kommunale Selbstverwaltung“ der gesetzlichen Ausgestaltung und Formung. 188 Sie muss von der Rechtsordnung als solche anerkannt, die Kommunalkörperschaften müssen verfasst, mit Organen und Zuständigkeiten versehen und so „auf den Weg gebracht“ werden. 189 Die Ausgestaltungs- und Formungsbefugnis bezieht sich sowohl auf die Universalität der Aufgabenzuweisung („alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“) als auch auf die Eigenverantwortlichkeit („in eigener Verantwortung“). 190 Die verfassungsrechtlich gewährleistete kommunale Selbstverwaltungsgarantie steht jedoch nicht zur Disposition des Gesetzgebers: Ihm setzt der Kernbereich 183 Rennert, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 28 II, Rn. 76; Nierhaus, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 28 Rn. 39; Dreier, in: Dreier, GG, Art. 28 Rn. 87; Tettinger, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 154. 184 Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, BK, Art. 28 Rn. 173. 185 Nierhaus, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 28 Rn. 61; Schmidt-Aßmann, in: FS BVerfG II, 2001, S. 803, 818. 186 Rennert, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 28 II, Rn. 80. 187 Nierhaus, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 28 Rn. 62. 188 BVerfGE 79, 127, 143 (Rastede). 189 Rennert, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 28 II, Rn. 78. 190 BVerfGE 79, 127, 143 (Rastede); Nierhaus, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 28 Rn. 59; Tettinger, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 187.

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der Selbstverwaltungsgarantie eine Grenze; der Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung darf nicht ausgehöhlt werden. 191 (2) Der Gesetzesvorbehalt als Eingriffsvorbehalt Zum anderen – und dies ist für die vorliegende Untersuchung von Bedeutung – statuiert Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 GG gegenüber Verwaltungsmaßnahmen einen Vorbehalt des Gesetzes. Dies gilt für Verwaltungsmaßnahmen von Bundesund Landesbehörden, aber auch anderer Hoheitsträger. Derartige Maßnahmen dürfen nur aufgrund eines Gesetzes ergehen, das seinerseits mit Art. 28 GG vereinbar ist; 192 insbesondere muss die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage selbst Inhalt, Zweck und Ausmaß der Beschränkbarkeit des Selbstverwaltungsrechts festlegen. Administrative Beschränkungen kommunaler Selbstverwaltung sind dann nicht mehr vom Vorbehalt des Gesetzes erfasst und somit verfassungswidrig, wenn eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage fehlt, deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind oder die Maßnahme über das Ziel der Ermächtigung hinausgeht. 193 Ein Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht begründet für die Gemeinde oder den Gemeindeverband die Klagebefugnis aus § 42 Abs. 2 VwGO. 194 Insofern ist zu überprüfen, ob allein die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt, also der Erlass eines Verwaltungsakts unabhängig von seinem materiellen Inhalt, gegenüber einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband einen Eingriff in ihr Selbstverwaltungsrecht darstellt. Unter Eingriff ist jedes staatliche Handeln zu verstehen, das einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband die Ausübung des Selbstverwaltungsrechts ganz oder teilweise unmöglich macht, sie insbesondere zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet. Dabei ist es zweckmäßig, zwei Fallkonstellationen zu unterscheiden: (a) Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht wegen des Fehlens jeglicher gesetzlichen Grundlage, auch für den Inhalt der Maßnahme Ein Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht kommt in Betracht, wenn ein anderer Verwaltungsträger gegenüber einer Gemeinde in deren Selbstverwaltungsbereich einen Verwaltungsakt erlässt und sie durch diesen zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet, ohne dass wenigstens für die inhaltliche Maßnahme eine gesetzliche Grundlage besteht. 191 BVerfGE 79, 127, 143 (Rastede); Tettinger, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 190 f. 192 Blümel, in: FS für v. Unruh, 1983, S. 265, 299; Rennert, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 28 II, Rn. 84. 193 V. Mutius, in: FS für v. Unruh, 1983, S. 227, 251; Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, BK, Art. 28 Rn. 115. 194 Rennert, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 28 II, Rn. 85; Wahl / Schütz, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2, Rn. 104 ff.; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 138.

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Zur Veranschaulichung soll folgendes Beispiel dienen: Das Kultusministerium eines Landes weist eine Gemeinde per Verwaltungsakt an, den Namen einer Schule, deren Träger sie ist, abzuändern. 195 Die Benennung der öffentlichen Schulen ist eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft und fällt als eine Angelegenheit des „eigenen Wirkungskreises“ kraft der subsidiären Allzuständigkeit der Gemeinde in den Bereich der gemeindlichen Selbstverwaltung. Eine abweichende gesetzliche Regelung besteht nicht. Durch die Anweisung zur Abänderung des Schulnamens in der Form des Verwaltungsaktes entsteht zu Lasten der Gemeinde eine Rechtspflicht: Die Gemeinde muss diesen Verwaltungsakt, der wirksam und verbindlich ist (§ 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG), befolgen. Zu beachten ist, dass die Rechtspflicht gerade und nur durch die spezifische Handlungsform Verwaltungsakt bewirkt wird: Die Rechtspflicht ist einerseits nicht schon durch Gesetz begründet. Andererseits würde eine einfache unverbindliche Aufforderung erst in Verbindung mit einer Leistungsklage und dem anschließenden Gerichtsurteil die Gemeinde verbindlich zur Änderung des Schulnamens verpflichten können (mangels gesetzlicher Grundlage für die inhaltliche Regelung hätte diese Leistungsklage aber keinen Erfolg). Durch den Verwaltungsakt wird aber eine Rechtspflicht geschaffen, die auch nicht inhaltlich durch Gesetz vorgesehen wurde. Daher liegt hierin ein Eingriff in das durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gewährleistete Selbstverwaltungsrecht. Dasselbe gilt, wenn bei einer an sich vorhandenen gesetzlichen Ermächtigung nicht alle Tatbestandsmerkmale für die materiellrechtliche Regelung erfüllt sind. (b) Problem des Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht bei nur für den Inhalt der Maßnahme, nicht für die Handlungsform Verwaltungsakt bestehender gesetzlicher Grundlage In Betracht kommt ein Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht auch dann, wenn ein Hoheitsträger gegenüber einer Gemeinde einen sich aus einem Gesetz ergebenden materiellrechtlichen Anspruch auf ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlassen hat, die Form der Geltendmachung dieses Anspruchs gesetzlich aber nicht geregelt ist. Es stellt sich dann die Frage, ob bei Vorliegen aller gesetzlichen Tatbestandsmerkmale des Anspruchs ein Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht gegeben ist, wenn der anspruchsberechtigte Hoheitsträger diesen in Form des Verwaltungsaktes geltend macht. Zu dieser Frage sind, soweit ersichtlich, bisher nur zwei sich widersprechende Urteile ergangen. Nach Ansicht des VG Dresden 196 wird durch die Erhebung von Zinsen wegen der verfrühten Inanspruchnahme einer Subvention durch eine Gemeinde die gemeindliche Finanzhoheit (Art. 28 Abs. 2 S. 3, 1. HS GG) betroffen. Hierfür sei nach dem Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG), hier konkret nach dem institutio195 196

OVG Lüneburg, DVBl. 1973, 928. VG Dresden, NVwZ 1999, 1137.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

nellen Gesetzesvorbehalt aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, eine gesetzliche oder auf ein Gesetz zurückzuführende rechtliche Grundlage 197 erforderlich. Lediglich in einem Nebensatz erwähnt das VG Dresden – ohne nähere Begründung –, dass ein derartiger Zinsanspruch des Landes gegen eine Gemeinde durch Verwaltungsakt konkretisiert werden könne. Dies kann nur bedeuten, dass sich seiner Ansicht nach der Vorbehalt des Gesetzes aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 GG nicht auf die Art und Weise der Geltendmachung des gesetzlichen Anspruchs bezieht und in der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt kein selbständiger Eingriff in die gemeindliche Finanzhoheit liegt. Eine gegenteilige Ansicht vertritt VGH Kassel 198 bezüglich eines Bescheides, mit dem das Hessische Statistische Landesamt die amtliche Einwohnerzahl einer Gemeinde als Ergebnis der Volkszählung 1987 feststellte: Der als Verwaltungsakt erlassene Feststellungsbescheid über die durch die Volkszählung ermittelte Einwohnerzahl bedürfe einer Ermächtigungsgrundlage; dies folge aus dem Vorbehalt des Gesetzes. Was die Klägerin, eine Gemeinde, betreffe, so ergebe sich der Vorbehalt des Gesetzes in Bezug auf Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG. Der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes gelte auch für sogenannte feststellende Verwaltungsakte, soweit diesen eine belastende Wirkung zukomme. Belastend sei der Verwaltungsakt zum einen, weil er zu Lasten der Gemeinde eine niedrigere als die bisherige Einwohnerzahl feststelle, und zum anderen, weil durch die bestandskräftige Feststellung der Bevölkerungszahl der Gemeinde Einwendungen gegen das Volkszählungsergebnis abgeschnitten würden. Nach Ansicht des VGH Kassel kann aber durch Auslegung des Volkszählungsgesetzes ermittelt werden, dass dieses sowohl eine materiellrechtliche Feststellungsbefugnis als auch eine Befugnis für eine bestimmte Form des Verwaltungshandelns, nämlich den Erlass von Feststellungsbescheiden, beinhaltet. 199 Für einen Eingriff in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht spricht nach Ansicht des VGH Kassel also, dass sich die materiellrechtliche Feststellungsbefugnis zwar bereits aus dem Volkszählungsgesetz ergibt, erst der Verwaltungsakt aber die amtliche Einwohnerzahl der Gemeinde konkret feststellt und im Falle seiner Bestandskraft den Durchgriff auf das Gesetz abschneidet. Nach Eintritt der Bestandskraft kann die Gemeinde Einwendungen gegen den Feststellungsbescheid nicht mehr vorbringen. Die Gemeinde muss also, um ihre Rechte gegenüber dem eventuell rechtswidrigen Verwaltungsakt zu wahren, Widerspruch und Anfechtungsklage erheben, trägt mithin die Anfechtungslast gegen diesen Verwaltungsakt. 200

197 198 199

444 f.

§ 44 Abs. 4 S. 4 SächsHO (jetzt § 1 SächsVwVfG iVm § 49a Abs. 4 S. 1 VwVfG). VGH Kassel, NVwZ 1993, 497; bestätigt von BVerwG, DVBl. 1992, 1295. VGH Kassel, NVwZ 1993, 497, 498; kritisch hierzu Poppenhäger, NVwZ 1993,

D. Kritische Würdigung der Rechtsprechung

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bb) Kritische Würdigung der Behandlung der Problematik als Aspekt des Gesetzesvorbehalts für Eingriffe in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht (1) Parallelität der Gesetzesvorbehalte für Eingriffe in Grundrechte und das kommunale Selbstverwaltungsrecht Bejaht man einen Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde durch die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt wegen der Auferlegung der Anfechtungslast, stimmt dies im Wesentlichen mit der Argumentation zur Bejahung eines Eingriffs in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) des Bürgers überein, demgegenüber ein Anspruch der Verwaltung per Verwaltungsakt geltend gemacht wird. 201 Dem entspricht, dass in diesem Zusammenhang der Vorbehalt des Gesetzes für Eingriffe in das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 GG als spezialgesetzliche Regelung des allgemeinen rechtsstaatlichen Vorbehalts des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 3 GG (in Verbindung mit den Grundrechten) für Eingriffe in die Rechte natürlicher oder juristischer Personen 202 bzw. in die subjektive Rechtssphäre 203 angesehen wird. Dem entspricht auch, dass der VGH Kassel mit dem zitierten Urteil die Rechtsprechung des BVerwG zu feststellenden Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen 204 auf einen feststellenden Verwaltungsakt gegenüber einer Gemeinde überträgt 205. 206 Vereinfacht gesagt übernimmt also in dieser Frage das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht für die Gemeinden dieselbe Funktion wie die allgemeine Handlungsfreiheit für den Bürger. Wird eine derartige, sich an die zur Verwaltungsaktbefugnis beim Erlass von Verwaltungsakten gegenüber dem Bürger anlehnende Argumentationsweise verwandt, darf nicht verkannt werden, dass das kommunale Selbstverwaltungsrecht keine grundrechtliche Freiheitsgarantie, sondern eine Kompetenz- und Strukturgarantie des Staatsorganisationsrechts ist und sich Staat und Kommunalkörperschaft nicht wie Staat und Bürger gegenüberstehen. 207 Dennoch verlangt jeder zulässige Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht ein „Gesetz“. Insofern ist die kommunale Selbstverwaltung gleich der Eigentums- und Freiheitssphäre des Bürgers geschützt, 208 hierin liegt eine Parallelisierung von Art. 28 Abs. 2 und 200

Dies ist wohl auch der Gedankengang von OVG Weimar, ThürVBl. 2003, 109, 110, wenn es knapp formuliert: „Die Inanspruchnahme durch Verwaltungsakt greift in Rechte des Adressaten [Gemeinde] ein und bedarf deshalb einer gesetzlichen Grundlage.“ 201 Siehe A. I. (S. 70 ff.). 202 VGH Kassel, NVwZ 1993, 497. 203 VG Dresden, NVwZ 1999, 1137. 204 BVerwGE 72, 265 = NJW 1986, 1120. 205 Siehe C. III. (S. 93 f.). 206 Ebenso BVerwG, DVBl. 1992, 1295. 207 Rennert, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 28 II Rn. 76.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Art. 2 Abs. 1 GG. 209 Außerdem muss beachtet werden, dass das kommunale Selbstverwaltungsrecht dadurch subjektivrechtlich ausgestaltet ist, dass Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden und Gemeindeverbänden eine rechtsschutzfähige Position zur Abwehr von Eingriffen in den Garantiebereich vermittelt; ihnen stehen die verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Rechtsbehelfe zur Verfügung. 210 Insofern wäre es verfehlt, die Argumente für die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Verwaltungsaktes gegenüber dem Bürger unbesehen auf die Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Verwaltungsaktes gegenüber der Gemeinde zu übertragen. Angesichts der Parallelität des umfassenden Gesetzesvorbehalts für Eingriffe in Freiheit und Eigentum des Bürgers und für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht kann das Ergebnis aber durchaus vergleichbar sein. (2) Pflicht zur Anfechtung rechtswidriger Verwaltungsakte Dagegen vertritt Druschel die Ansicht, in der Auferlegung der Anfechtungslast könne nicht ohne weiteres ein Eingriff in Rechte des Adressaten-Hoheitsträgers, hier also ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht einer Gemeinde, gesehen werden. Hiergegen spreche die Verpflichtung aller staatlichen Stellen, Recht und Gesetz zu beachten. Darin enthalten sei die Pflicht, im Rahmen der eigenen Zuständigkeit die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu wahren, wovon auch eine Pflicht zur Anfechtung rechtswidriger Verwaltungsakte umfasst sein dürfte. 211 Dieses Argument erweist sich aber bei näherer Betrachtung als nicht schlüssig, weil der Eingriff ja Voraussetzung der Anfechtung ist. Zur Erleichterung der Argumentation soll zunächst unterstellt werden, dass es eine aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung herzuleitende Verpflichtung eines Hoheitsträgers zur Anfechtung rechtswidriger Verwaltungsakte gibt. 212 Rechtswidrig kann ein Verwaltungsakt zum einen dann sein, wenn er inhaltlich nicht mit höherrangigem Recht vereinbar ist oder inhaltlich nicht auf einer gesetzlichen Grundlage beruht. Ein Eingriff durch einen solchen Verwaltungsakt lässt sich kaum leugnen. Zum anderen könnte ein Verwaltungsakt dann rechtswidrig sein, wenn er zwar aufgrund seiner Form einen Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht darstellt, aber unter Missachtung des Vorbehalts des Gesetzes ohne gesetzliche Ermächtigung ergangen ist. Verneint man jedoch das Vorliegen eines Eingriffs, weil eine Pflicht zur Anfechtung rechtswidriger Verwaltungsakte bestehe, nimmt man das Ergebnis dieser Untersuchung vorweg. 208

Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, BK, Art. 28 Rn. 115. Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, BK, Art. 28 Rn. 177. 210 Tettinger, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 28 Abs. 2, Rn. 157; Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl., § 12, S. 409; Stern, in: Dolzer / Vogel / Graßhof, BK, Art. 28 Rn. 174 ff. 211 Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 255. 212 Siehe dazu 4. Kap. A. II. 3. b) aa) (1) (S. 157 ff.). 209

D. Kritische Würdigung der Rechtsprechung

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Druschel ist zuzugeben, dass die Folgen des Erlasses eines rechtswidrigen Verwaltungsakts aufgrund der Anfechtungspflicht relativ unproblematisch ausgeräumt werden können. Die Anfechtungspflicht spricht aber nicht dagegen, in der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber einer Gemeinde einen Eingriff in deren kommunales Selbstverwaltungsrecht zu sehen, weil damit eine derartige Verpflichtung konkretisiert würde. cc) Die Grenzen der Anwendbarkeit des Vorbehalts des Gesetzes für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht (1) Kein Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht durch begünstigende Verwaltungsakte Allerdings versagt eine Behandlung der Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber den Gemeinden unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in ihr Selbstverwaltungsrecht überall dort, wo der Verwaltungsakt inhaltlich begünstigend 213 ist, z. B. bei der Gewährung von Subventionen eines Landes an eine Gemeinde. So lässt sich schwer begründen, dass ein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht darin liegt, dass einer Gemeinde durch bestandskräftigen Subventionsbescheid 100.000 € gewährt werden. Nun könnte man in Anlehnung an den Gesetzesvorbehalt für grundrechtswesentliche Entscheidungen auch bezüglich des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts an einen Gesetzesvorbehalt für „selbstverwaltungsrechtswesentliche“ Entscheidungen denken. Beispielsweise könnte die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Land Zuwendungen an eine Gemeinde gewährt, als für die Rechtsposition der Gemeinde wesentliche Frage angesehen werden. 214 Zweifelhaft ist hingegen, ob bei begünstigenden Verwaltungsakten die Gewährung der Begünstigung in der Form des Verwaltungsakts eine für die Rechtsposition der Gemeinde wesentliche Frage in diesem Sinne ist. Die Konstruktion einer derartigen Wesentlichkeitslehre liefe zudem Gefahr, sich zu sehr an die in grundrechtsrelevanten Bereichen behandelten Fragen anzulehnen; sie würde sich schließlich allein auf die Rechtsposition der Gemeinde konzentrieren und die erlassende Behörde aus dem Blickfeld verlieren. Sie soll daher nicht weiter verfolgt werden. 215 Es bleibt jedoch zu überlegen, ob begünstigende 213

Ein begünstigender Verwaltungsakt ist nach der Legaldefinition des § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat. Die Problematik der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt speziell bei gegenüber Hoheitsträgern erlassenen begünstigenden Verwaltungsakten wird weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur erwähnt und wurde daher im 2. Kap. vernachlässigt. Sie soll aber in die weitere Untersuchung miteinbezogen werden. 214 So VGH München, BayVBl. 2000, 245, 246. 215 Auch VGH München, BayVBl. 2000, 245, 246, bezweifelt, dass die Wesentlichkeitslehre des Bundesverfassungsgerichts im Subventionsrecht auch für das Verhältnis der Kommunen zum Staat Geltung beansprucht.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Verwaltungsakte unter Umständen auch wegen der Verletzung der Kompetenzen der gewährenden Behörde unzulässig sein könnten. 216 (2) „Numerus clausus“ der Selbstverwaltungsgarantien im Grundgesetz 217 Eine Grenze für die Anwendbarkeit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes auf Eingriffe in das Recht anderer als kommunaler Selbstverwaltungskörperschaften ergibt sich daraus, dass der Gesetzesvorbehalt aus Art. 28 Abs. 2 GG zugunsten von sonstigen (Selbst-)Verwaltungsträgern nicht verallgemeinert werden kann. Selbstverwaltung wird in Art. 28 Abs. 2 GG nur den kommunalen Körperschaften gewährt. 218 Zwar kann sich ein Selbstverwaltungsrecht auch aus anderen Vorschriften des GG ergeben, wie das Selbstverwaltungsrecht der Rundfunkanstalten aus Art. 5 Abs. 1 S. 2, 2. HS GG und das der Universitäten aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG. 219 In diesem Bereich ergibt sich die Geltung des Vorbehalts des Gesetzes aus der partiellen Grundrechtsberechtigung dieser juristischen Personen des öffentlichen Rechts bezüglich Eingriffen, die gerade in den durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zielen. 220 Und in zwei Landesverfassungen wird das den Gemeinden und Gemeindeverbänden / Landkreisen verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsrecht auf andere öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten ausgedehnt. 221 Alle anderen Selbstverwaltungsrechte und sonstigen Kompetenzen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind aber nicht verfassungsrechtlich gewährleistet 222 und stehen nicht unter dem Vorbehalt des Gesetzes des Art. 28 Abs. 2 GG oder einer vergleichbaren Vorschrift. Zugunsten dieser Verwaltungsträger kommt aber unter Umständen ein institutioneller Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in einfachgesetzlich geregelte Kompetenzen und Selbstverwaltungsrechte in Betracht.

216

Siehe hierzu 4. Kap. A. II. 3. a) bb) und cc) (S. 155 ff.). Hendler, in: HStR IV, § 106 Rn. 55. 218 Faber, in: Denninger / Hoffmann-Riem / Schneider / Stein, GG, Art. 28 Abs. 1 II, Abs. 2, Rn. 35; Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 28 Rn. 55. 219 Faber, in: Denninger / Hoffmann-Riem / Schneider / Stein, GG, Art. 28 Abs. 1 II, Abs. 2, Rn. 35. 220 Siehe oben 1. a) bb) (S. 102 f.). 221 So Baden-Württemberg: Art. 71 Abs. 1 S. 3 Verf.; Niedersachsen: Art. 57 Abs. 1 Verf. 222 BVerwG, DÖV 2000, 1008. 217

D. Kritische Würdigung der Rechtsprechung

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b) Die institutionellen Gesetzesvorbehalte für die Regelung der Verwaltungszuständigkeiten Die Landesverfassungen und das GG enthalten neben der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung andere organisatorische Gesetzesvorbehalte, die für die Problematik der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber den sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die keine Gemeinden und Gemeindeverbände sind, fruchtbar gemacht werden können. So heißt es beispielsweise in Art. 112 S. 1 SVerf im Abschnitt über die Verwaltung: „Die Organisation der allgemeinen Staatsverwaltung und die Regelung der Zuständigkeiten erfolgen durch Gesetz.“ 223 Daraus könnte man ableiten, dass, wenn schon die Regelung der Zuständigkeiten der Behörden des Landes und der Träger der mittelbaren Staatsverwaltung durch Gesetz erfolgen muss, erst recht ein Eingriff in deren Zuständigkeiten, z. B. durch Auferlegung der Anfechtungslast gegen einen Verwaltungsakt, durch Gesetz legitimiert sein muss. aa) Gesetzesvorbehalt für die originäre Festlegung wesentlicher behördlicher Zuständigkeiten Allerdings lässt sich ein derartiger Gesetzesvorbehalt schon für die Festlegung der Zuständigkeiten von Behörden der Länder, des Bundes und der Träger der mittelbaren Staatsverwaltung nicht durchgängig begründen. 224 Die Vorschrift des Art. 112 S. 1 SVerf und die entsprechenden Vorschriften anderer Landesverfassungen sind nicht so zu verstehen, dass jede Zuständigkeitsregelung durch den Gesetzgeber erfolgen muss. 225 Vielmehr sind sie im Zusammenhang mit der Formulierung, dass die Organisation der allgemeinen Staatsverwaltung im Gegensatz zur Einrichtung der Behörden im Einzelnen durch Gesetz erfolgen soll, im Sinne eines gesetzlichen Vorbehalts für Organisationsaufgaben von allgemeiner und grundlegender Bedeutung zu interpretieren. 226 Danach fallen Entscheidungen, die der Organisation durch Schaffung, Veränderung und Aufhebung von Behördentypen allgemeine Gestalt verleihen, dem Gesetzgeber zu, während alle übrigen 223 S. 2 lautet: „Die Einrichtung der Behörden im Einzelnen obliegt der Landesregierung und auf Grund der von ihr erteilten Ermächtigung den einzelnen Ministerien.“ Die vergleichbaren Vorschriften in anderen Landesverfassungen sind: Baden-Württemberg: Art. 70 Abs. 1 S. 1 Verf.; Bayern: Art. 77 Abs. 1 S. 1 Verf.; Brandenburg: Art. 96 Abs. 1 S. 1 Verf.; Hamburg: Art. 57 Verf.; Mecklenburg-Vorpommern: Art. 70 Abs. 2 S. 1 Verf.; Niedersachsen: Art. 56 Abs. 2 Verf.; Nordrhein-Westfalen: Art. 77 S. 1 Verf.; Sachsen: Art. 83 Abs. 1 S. 1 Verf.; Sachsen-Anhalt: Art. 86 Abs. 2 Verf.; Schleswig-Holstein: Art. 45 Abs. 2 Verf.; Thüringen: Art. 90 S. 2 Verf.; entsprechende Vorschriften fehlen in Berlin (beachte jedoch Art. 67, insbes. III 1 Verf.), Bremen, Hessen und Rheinland-Pfalz. 224 Ohler, AöR 131 (2006), 336, 365 ff. 225 U. Stelkens, LKV 2003, 489, 492. 226 Nedden, VR 1985, 369, 370 f.

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Organisationsmaßnahmen nicht typisierenden Charakters in den Entscheidungsbereich der Exekutive fallen. 227 Für die Festlegung von Zuständigkeiten bedeutet dies, dass zwar die originäre Zuordnung von Zuständigkeiten an Behörden vom Vorbehalt des Gesetzes umfasst wird, nicht jedoch beispielsweise die spätere bloße Veränderung örtlicher Zuständigkeitsbezirke. 228 Diese Auslegung des landesverfassungsrechtlichen Organisationsrechts stimmt mit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes im Sinne der Wesentlichkeitslehre überein. 229 Dies gilt umso mehr für diejenigen Landesverfassungen, nach denen nur der allgemeine Aufbau und die räumliche Gliederung der allgemeinen Landesverwaltung eines Gesetzes bedürfen, nicht auch die Regelung der (wesentlichen) Zuständigkeiten. 230 Aber auch soweit einige Landesverfassungen 231 und das GG 232 einen Gesetzesvorbehalt dieser Art nicht enthalten, ergibt sich nach Ansicht des BVerfG aus dem Allgemeinvorbehalt des Gesetzes für wesentliche Fragen ebenfalls nicht, dass die Regelung der Behördenzuständigkeiten und des Verwaltungsverfahrens bis in alle Einzelheiten dem Gesetz vorbehalten sei. 233 bb) Kein Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in Zuständigkeiten Auch wenn man in diesen Grenzen teilweise einen Gesetzesvorbehalt für die Festlegung behördlicher Zuständigkeiten annehmen kann, lässt er sich nicht als Verbot des Erlasses eines Verwaltungsaktes gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts ohne gesetzliche Grundlage interpretieren. Dieser institutionelle Gesetzesvorbehalt stellt nicht eine Art freiheitlichen Gesetzesvorbehalts für Behörden und Träger der mittelbaren Staatsverwaltung dar. Er dient nicht dem Schutz ihrer Kompetenzen und Selbstverwaltungsrechte vor Einschränkungen und Eingriffen durch die Exekutive, sondern verfolgt andere Ziele: Zum einen verteilt er die Organisationsgewalt (die Kompetenz, Behörden und Einrichtungen sowie rechtsfähige Verwaltungsträger zu errichten, einzurichten, sie zu verändern und aufzuheben, sie in den Aufbau der Landesverwaltung einzuordnen, ihre innere Ordnung zu regeln und ihre räumlichen und personellen Zuständigkeiten 227

Nedden, VR 1985, 369, 370 f.; Schmidt-Aßmann, in: FS für Ipsen, 1977, S. 333, 342. Tettinger, in: Löwer / Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes NordrheinWestfalen, Art. 77 Rn. 12. 229 Schmidt-Aßmann, in: FS für Ipsen, 1977, S. 333, 346. 230 Hamburg: Art. 57 Verf.; Niedersachsen: Art. 56 Abs. 2 Verf.; Sachsen-Anhalt: Art. 86 Abs. 2 Verf.; Nedden, VR 1985, 369, 371. 231 Berlin (beachte jedoch Art. 67, insbes. III 1 Verf.), Bremen, Hessen und RheinlandPfalz. 232 Abgesehen von Art. 86, 87 Abs. 1 S. 2 und Abs. 3 S. 1 und 2, 108 Abs. 1 S. 2 und Abs. 5 S. 1 GG, die jedoch im Hinblick auf den föderativen Staatsaufbau in das GG aufgenommen worden sind und daher nicht als Beleg für einen entsprechenden allgemeinen institutionellen Gesetzesvorbehalt angeführt werden können; Nedden, VR 1985, 369, 372. 233 BVerfGE 8, 155, 167 ff.; 40, 237, 250. 228

D. Kritische Würdigung der Rechtsprechung

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und ihre Aufgaben festzulegen und so die Voraussetzungen für den Vollzug der Gesetze zu schaffen 234) auf Parlament und Exekutive und entscheidet damit darüber, welchen Anteil beide Gewalten an der Staatsleitung haben. 235 Zum anderen dient er der Rechtssicherheit des Bürgers im Sinne eines Gesetzesvorbehalts für grundrechtswesentliche Entscheidungen: Der Einzelne kann anhand der Gesetze hinreichend klar erkennen, welcher Rechtsträger und welche Behörde ihm gegenüber in welcher Angelegenheit tätig zu werden befugt ist. 236 Dagegen sagt der Gesetzesvorbehalt nichts darüber aus, in welchem Verhältnis die solchermaßen mit Zuständigkeiten ausgestatteten Behörden des Bundes oder der Länder 237 und die selbständigen Träger der mittelbaren Staatsverwaltung 238 zueinander stehen und was geschieht, wenn sie sich ihre Zuständigkeiten gegenseitig streitig machen. Dabei ginge es nämlich nicht um ein Problem der originären Zuordnung von Zuständigkeiten, sondern um eine nachträgliche, punktuelle Verschiebung bereits bestehender Zuständigkeiten. Es würde daher zu weit führen, wollte man auch die Frage des Erlasses von Verwaltungsakten zwischen Verwaltungsträgern unter diesen Gesetzesvorbehalt fassen. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass die Frage der Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur für den Spezialfall der Verwaltungsakte gegenüber Gemeinden und Gemeindeverbänden unter den Gesetzesvorbehalt für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 GG) gefasst werden kann. Im Übrigen kommt aber die Anwendung des Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes unter keinem Gesichtspunkt in Betracht. 239 Insbesondere ist es auch mangels Betroffenheit tragender Prinzipien der Verfassung nicht vertretbar, 234

Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Art. 70

Rn. 6. 235

Braun, Kommentar zur Verfassung des Landes Baden-Württemberg, 1984, Art. 70 Rn. 7; David, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg, 2004, Art. 57 Rn. 1; Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 77 Rn. 1; U. Stelkens, LKV 2003, 489, 491 f.; Tettinger, in: Löwer / Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, Art. 77 Rn. 4. 236 Tettinger, in: Löwer / Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes NordrheinWestfalen, Art. 77 Rn. 14. 237 Maßnahmen zwischen Behörden desselben Rechtsträgers, z. B. eines Landes, haben in der Regel mangels Außenwirkung nicht die Qualität eines Verwaltungsaktes; es kann sich hier also nur um Maßnahmen zwischen den selbständigen Trägern der mittelbaren Staatsverwaltung oder um solche zwischen Land bzw. Bund und diesen handeln, siehe 1. Kap. B. III (S. 36 ff.). 238 Für die kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften gelten diese Gesetzesvorbehalte nicht. 239 So im Ergebnis (ohne Begründung) auch Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 255. Die von Kormann, GewArch 1989, 105, und Musielak / Detterbeck, Das Recht des Handwerks, 3. Aufl., § 75 Rn. 11, vertretene Auffassung, für Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht der Handwerksinnungen durch Maßnahmen der Rechtsaufsicht sei nach dem

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

diese Frage als ungeschriebene, nicht grundrechtsbezogene wesentliche Frage im Sinne der Wesentlichkeitslehre anzusehen.

E. Kritische Würdigung der Gleichordnungstheorie Die hier als Gleichordnungstheorie bezeichnete Rechtsprechung, nach der juristische Personen des öffentlichen Rechts an sich in ihrer Rechtsstellung gleichgeordnet sind und daher zwischen ihnen keine Verwaltungsakte ergehen können, ist ebenfalls, wenn auch nicht wegen des erzielten Ergebnisses, zu kritisieren. Soweit die Zulässigkeit des Verwaltungsaktes aufgrund eines zwischen erlassender und adressierter Behörde bestehenden Subordinationsverhältnisses als Ausnahme zum Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes angesehen wird, ist diese Argumentation schon deshalb hinfällig, weil – wie ausgeführt – der Vorbehalt des Gesetzes im Verhältnis von Hoheitsträgern (mit Ausnahme der Gemeinden als Regelungsadressaten) nicht anwendbar ist. Aber auch soweit die Subordination ohne Verweis auf den Vorbehalt des Gesetzes als Voraussetzung der Zulässigkeit eines Verwaltungsaktes angesehen wird, stößt dies auf Kritik.

I. Die Unzulänglichkeit des Kriteriums der Gleichordnung Grund für diese Kritik ist, dass nach der Gleichordnungstheorie unklar bleibt, nach welchen Kriterien und unter welchen Voraussetzungen Gleichordnung oder Über- und Unterordnung zwischen Hoheitsträgern angenommen werden kann, und damit das Bestehen oder Nichtbestehen eines Gleichordnungsverhältnisses im Einzelfall lediglich behauptet wird. 240 1. Die Entbehrlichkeit des Gleichordnungsverhältnisses als Kriterium für die Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts Soweit der Wortlaut der materiellrechtlichen Anspruchsgrundlage dahingehend ausgelegt wird, dass zwischen erlassender und adressierter Behörde ein Gleichordnungsverhältnis gegeben ist, ist gegen diese Vorgehensweise einzuwenden, dass der Umweg über die Feststellung eines derartigen Rechtsverhältnisses unnötig ist. Das Gleichordnungsverhältnis bzw. Über- und Unterordnungsverhältnis ist kein gesetzlich vorgesehenes Tatbestandsmerkmal für die Unzulässigkeit bzw. ZulässigGrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes eine rechtssatzmäßige Ermächtigung erforderlich, ist daher abzulehnen. 240 So auch Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 247.

E. Kritische Würdigung der Gleichordnungstheorie

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keit des Erlasses eines Verwaltungsakts. Statt dessen kann die Anspruchsgrundlage unmittelbar dahingehend ausgelegt werden, ob der materiellrechtliche Anspruch durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist oder nicht. 241 Das gleiche gilt, wenn die Anspruchsgrundlage selbst zu dieser Frage keinen Aufschluss gibt und der systematische Zusammenhang und Sinn und Zweck der Vorschrift in die Auslegung miteinbezogen werden. 2. Die Untauglichkeit der bisher verwendeten Kriterien für die Gleichordnung Soweit Kriterien wie die Gleichartigkeit der rechtlichen Organisation, z. B. bei kommunalen Gebietskörperschaften oder Sozialversicherungsträgern, herangezogen werden, scheinen diese zwar auf den ersten Blick brauchbar zu sein, bergen aber die Gefahr, dass im Umkehrschluss rechtlich verschieden organisierte juristische Personen des öffentlichen Rechts, z. B. aus der unmittelbaren und mittelbaren Staatsverwaltung oder Gebietskörperschaften und Personalkörperschaften, nicht als grundsätzlich gleichgeordnet angesehen werden. Soweit die rechtliche Gleichordnung zwischen einem Zweckverband und einer Mitgliedsgemeinde daraus hergeleitet wird, dass der Zweckverband durch freiwilligen Zusammenschluss mehrerer Gemeinden durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag gegründet wurde, darf nicht übersehen werden, dass gleichberechtigte Vertragspartner allein die Mitgliedsgemeinden sind und sich nach Gründung des Zweckverbandes die Rechtsbeziehungen der Beteiligten allein aus den Gesetzen über die kommunale Zusammenarbeit und der Satzung des Zweckverbandes ergeben. 242 Letztlich fehlt es der Rechtsprechung an einem Kriterium, das eine grundsätzliche Gleichordnung aller juristischen Personen begründen kann. Die dargestellten Entscheidungen bieten zwar – wie es Aufgabe der Rechtsprechung ist – Lösungen für den jeweiligen Einzelfall an, lassen aber eine unübersichtliche Kasuistik entstehen. Zwar könnte man es ausreichen lassen zu behaupten, dass grundsätzlich zwischen allen juristischen Personen des öffentlichen Rechts ein Gleichordnungsverhältnis besteht, hierfür also gar keine Kriterien notwendig sind, und dass nur die Ausnahmen zu diesem Grundsatz besonders begründet werden müssen. Diese Ansicht lieferte zwar immer noch keine Begründung der Gleichordnung, wäre 241 So auch Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 88 f., zu §§ 17, 24 BImSchG, der aber dann inkonsequent dennoch das Vorliegen eines Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen Immissionsschutzbehörde und hoheitlichem Anlagenbetreiber prüft. 242 OVG Weimar, ThürVBl. 2003, 109; VGH Mannheim, Urteil vom 14. 5. 1996, Az: 2 S 590/94 (juris).

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

aber zumindest praktikabel. Allerdings ist die Anzahl der Ausnahmen, in denen die Rechtsprechung ein Subordinationsverhältnis annimmt, beträchtlich, und die Kriterien für diese Ausnahmen sind ebenfalls nicht aussagekräftig.

II. Die Unzulänglichkeit der Kriterien für die Ausnahmen zur Gleichordnung 1. Subordination aufgrund gesetzlicher Regelung Wenn sich nach Ansicht der Rechtsprechung aus einer gesetzlichen Regelung oder aufgrund der Auslegung einer gesetzlichen Regelung auch unter Zuhilfenahme des systematischen Zusammenhangs und Sinns und Zwecks der Vorschrift ergibt, dass die beiden betroffenen Hoheitsträger zueinander in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und folglich der Erlass eines Verwaltungsaktes zulässig ist, stellt sich das Subordinationsverhältnis wieder als überflüssiges Hilfskriterium dar. Es dient lediglich zur Beschreibung einer anderweitig begründeten Befugnis zum Erlass des Verwaltungsakts. Durch Auslegung des Gesetzes kann die Frage, ob ein Verwaltungsakt zulässig ist oder nicht, unmittelbar beantwortet werden, des Zwischenschritts über die Feststellung eines Gleichordnungsbzw. Subordinationsverhältnisses bedarf es nicht. 2. Subordination aus der Natur der Sache Auch die Fallgruppe, die das zwischen beiden Hoheitsträgern bestehende Subordinationsverhältnis in einigen wenigen Fällen aus der Natur der Sache begründet, bereitet Schwierigkeiten. Denn Schlussfolgerungen aus der Natur der Sache müssen begriffsnotwendig sein und eine bestimmte Lösung unter Ausschluss anderer Möglichkeiten sachgerechter Lösungen zwingend fordern. Argumente aus der Natur der Sache versagen aber, wenn sich auch eine andere Lösung mit beachtlichen Gründen rechtfertigen lässt. 243 Fälle, in denen ein Anspruch begriffsnotwendig nur durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden kann und in denen der Gesetzgeber den Erlass eines Verwaltungsaktes nicht, auch nicht stillschweigend, vorgesehen haben soll, sind aber schwer vorstellbar. Angesichts der Möglichkeiten der Verwaltung, ihren Anspruch durch Erhebung einer Leistungsklage vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen und so zu einer verbindlichen Entscheidung über den Anspruch zu kommen, sind auch kaum Fälle denkbar, die zwingend eine Durchsetzung des Anspruchs durch Verwaltungsakt erfordern.

243

BVerfGE 11, 89, 99 (zu Gesetzgebungskompetenzen des Bundes kraft Natur der Sache).

E. Kritische Würdigung der Gleichordnungstheorie

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Hingegen können Erwägungen der Praktikabilität und Verfahrenseffizienz, 244 also reine Zweckmäßigkeitserwägungen, eine bestimmte Lösung kraft Natur der Sache nicht begründen. Dies sind keine rechtlichen Maßstäbe. Ebenso wenig kann die größere Sachnähe und Sachkenntnis einer Behörde eine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einer anderen Behörde einräumen, 245 denn die Fähigkeit zur sachgerechten Entscheidung sagt nichts über das rechtliche Dürfen aus. Schließlich kann auch nicht behauptet werden, dass dem öffentlichen Recht eine Regelung durch Verwaltungsakt angemessener sei, 246 denn der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages und die Erhebung einer Klage vor den Verwaltungsgerichten sind ebenfalls gesetzlich anerkannte Methoden zur Streitbeilegung und Konfliktlösung im öffentlichen Recht. 3. Subordination aufgrund der Vergleichbarkeit des Adressaten-Hoheitsträgers mit einer Privatperson Soweit sich schließlich die Subordination des Adressaten-Hoheitsträgers unter die erlassende Behörde aus der Vergleichbarkeit seiner Situation mit der einer Privatperson ergeben soll, ist anzumerken, dass es kein allgemeines, vorrechtliches Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger gibt. Dies widerspricht dem heutigen Verfassungsverständnis; ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Staat und Bürger kann nur insoweit bestehen, als Rechtssätze der Verfassung und der Gesetze ein solches Verhältnis begründen. 247 Daher kann ein Vergleich der Situation des Adressaten-Hoheitsträgers mit der eines Bürgers höchstens dann weiterhelfen, wenn wenigstens die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber dem Bürger gesetzlich geregelt ist, so z. B. bezüglich der Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen gem. § 50 Abs. 3 S. 1 SGB X oder § 49a Abs. 1 S. 2 VwVfG. Auch dann ist allerdings noch nicht viel gewonnen, denn es stellt sich die zusätzliche Frage, ob eine gesetzliche Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Bürger zugleich eine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem anderen Hoheitsträger beinhaltet. 248 Da es hier entscheidend auf die Auslegung dieser Anspruchs- bzw. Ermächtigungsgrundlage ankommt, ist in einem solchen Fall das Kriterium der Subordination ebenfalls entbehrlich. Im Ergebnis ist daher die Gleichordnungs- bzw. Subordinationstheorie zur Begründung der Unzulässigkeit bzw. Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt im Verhältnis der Hoheitsträger untereinander abzulehnen. 244

BSGE 58, 54, 58. So aber Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 91. 246 BSGE 58, 54, 58. 247 Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 138 und schon oben 1. Kap. B. I. 3. (S. 33 ff.). 248 Siehe hierzu 4. Kap. B. II. (S. 192 ff.). Hier könnte ggf. die fiskalische Tätigkeit der adressierten Behörde eine Rolle spielen, siehe hierzu 4. Kap. C. (S. 200 ff.). 245

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2. Kap.: Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Rechtsprechung den Erlass von Leistungsbescheiden und feststellenden Verwaltungsakten gegenüber Trägern öffentlicher Verwaltung ohne eine – wie auch immer herzuleitende – gesetzliche Ermächtigung in der Regel für unzulässig hält. Im folgenden Kapitel soll nun untersucht werden, inwieweit nach Rechtsprechung und Literatur Anordnungen, Verfügungen und feststellende Verwaltungsakte der Polizeibehörden gegenüber sonstigen Trägern öffentlicher Verwaltung zulässig sind.

Drittes Kapitel

Unzulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern im Gefahrenabwehrrecht: Keine formelle Polizeipflicht Rechtsprechung und Literatur betrachten die Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern aus dem Bereich des Gefahrenabwehrrechts 1 getrennt von den im 2. Kap. untersuchten Fallgruppen der Leistungsbescheide und feststellenden Verwaltungsakte und beurteilen sie allein nach den Grundsätzen des Polizei- und Ordnungsrechts, ohne auf sonstige Rechtsbereiche Bezug zu nehmen. Die zu deren Zulässigkeit vertretenen Ansichten sind zunächst darzustellen (A.) und anschließend kritisch zu würdigen (B.). Dabei ist auch zu untersuchen, ob die hier verwendeten Argumente mit den Argumenten, die zur Zulässigkeit von Leistungsbescheiden und feststellenden Verwaltungsakten vertreten werden, vergleichbar sind und ob diese Sonderbehandlung gerechtfertigt ist.

A. Das Problem der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern in Rechtsprechung und Literatur Bei der Behandlung der Frage, ob im Bereich des Gefahrenabwehrrechts Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern zulässig sind, wird generell zwischen materieller und formeller Polizeipflicht von Hoheitsträgern unterschieden.

I. Die materielle Polizeipflicht von Hoheitsträgern Ausgangspunkt der Überlegungen zur Zulässigkeit von gefahrenabwehrrechtlichen Verfügungen gegenüber Hoheitsträgern in Rechtsprechung und Literatur 1 Das Recht der Gefahrenabwehr ist hier in einem weiten Sinne zu verstehen und umfasst neben dem Polizeirecht auch beispielsweise das Bauordnungsrecht, das Immissionsschutzrecht, das Wasserrecht und das Abfallrecht. Entsprechend dient der Begriff der Polizeiund Ordnungsbehörden als Oberbegriff für die Bauordnungsbehörden, Immissionsschutzbehörden, Wasserbehörden, Abfallbehörden etc.

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3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

ist, dass sich die allgemeine Polizeipflicht im Sinne der Pflicht zur Beobachtung eines Verhaltens, das keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung heraufführt, und im Sinne der Verantwortlichkeit für den ordnungsmäßigen Zustand einer Sache nicht nur auf Privatpersonen beschränkt, sondern auch die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, auch in ihren hoheitlichen Funktionen, erfasst. Diese sind gehalten, ihre Tätigkeit so einzurichten, dass Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vermieden werden. 2 Dies wird als sogenannte materielle Polizeipflicht von Hoheitsträgern bezeichnet. 3 Zum Teil wird dieser Grundsatz unter den Vorbehalt gestellt, dass die im Einzelfall kollidierenden öffentlichen Interessen gegeneinander abzuwägen sind. 4 Einhellig wird die materielle Polizeipflicht der Träger öffentlicher Verwaltung aus der Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) hergeleitet, 5 wonach Hoheitsträger, auch der Bund, 6 an das einfachgesetzliche Polizei- und Ordnungsrecht und damit insbesondere an die landesrechtlichen Polizei- und Ordnungsgesetze gebunden seien. 7 2 Weber, ArchivPT 1958, 65, 66; BVerwGE 29, 52, 56 ff.; BVerwG, DÖV 1962, 142; BVerwG, NJW 1977, 163; Britz, DÖV 2002, 891, 892; Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., S. 343; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 240, 294 f.; Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 11. Aufl., 2. Abschn., Rn. 103; Götz, Allg. POR, 13. Aufl., Rn. 239; Gornig / Jahn, Sicherheits- und PolizeiR, 2. Aufl., S. 25; Gusy, PolizeiR, 6. Aufl., Rn. 140; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 431; Knemeyer, POR, 10. Aufl., Rn. 351; v. Mutius, Jura 1983, 298, 301; Rüfner / Muckel, Bes. VerwR, 2. Aufl., S. 19; Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 233; Schoch, JuS 1994, 849, 852; ders., in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 12. Aufl., 2. Kap., Rn. 125; ders., JURA 2005, 324, 325; Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 522. 3 Weber, ArchivPT 1958, 65, 66; R. Schmidt, ArchivPT 1958, 70, 71; BVerwGE 29, 52, 57. 4 Weber, ArchivPT 1958, 65, 66; BVerwGE 29, 52, 56 ff.; vgl. zu der gegen diese Einschränkung vorgebrachten Kritik, auf die hier nicht näher eingegangen wird, Schoch, JuS 1994, 849, 852; Menger / Erichsen, VerwArch 60 (1969), 89, 92, 95. 5 Menger / Erichsen, VerwArch 60 (1969), 89, 92, 94; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 431; Schoch, JuS 1994, 849, 852; ders., in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 12. Aufl., 2. Kap., Rn. 125; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 294; VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; VGH Kassel, NVwZ 2002, 889. 6 BVerwGE 29, 52, 58. 7 OVG Lüneburg, OVGE 12, 340, 341 (zum SOG Niedersachsen aF); NuR 2004, 684, 685 (zu §§ 6, 7 SOG Niedersachsen und § 4 Abs. 1 BBodSchG) und NuR 2004, 687, 688 (zu §§ 6, 7 SOG Niedersachsen); BVerwG, DÖV 1962, 142 (zum damaligen Brückenwerbungsgesetz Hamburg); VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305 (zum BImSchG); VGH Kassel, NVwZ 2002, 889 (zum BImSchG); Scholz, DVBl. 1969, 116 und Menger / Erichsen, VerwArch 60 (1969), 89, 92, 95 (zum damaligen Forstpolizeigesetz B-W); Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 431 (Bindung an die landesrechtlichen Gefahrenabwehrgesetze); Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 522 (Bindung an die polizei- und ordnungsrechtlichen Normen); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 240, 294 (Bindung an das Polizeirecht der Länder); Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 11. Aufl., 2. Abschn., Rn. 103 (Bindung an die landesrechtlichen Vorschriften

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II. Der Grundsatz der fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern Hingegen ist es nach Ansicht der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur 8 den Polizei- und Ordnungsbehörden grundsätzlich untersagt, diese materielle Polizeipflicht eines Trägers öffentlicher Verwaltung durch Verwaltungsakt zu konkretisieren und ihm gegenüber eine polizeiliche Verfügung zu erlassen. 1. Eingriff in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers durch polizeiliche Verfügung Diese Auffassung wird damit begründet, dass durch den Erlass einer polizeilichen Verfügung in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des AdressatenHoheitsträgers eingegriffen werde: 9 Werde nämlich ein derartiger Bescheid bestandskräftig, sei der Adressaten-Hoheitsträger verpflichtet, der darin enthaltenen Anordnung nachzukommen. Die sich aus dem Bescheid ergebende Verpflichtung gehe über die materiellrechtlich bestehende (gesetzliche) Polizeipflicht hinaus, da sie diese in einer bestimmten Art und Weise konkretisiere. 10 Ein derartiger Eingriff in die Rechte des Adressaten-Hoheitsträgers liege auch dann vor, wenn die Polizeibehörde anstelle eines anordnenden einen feststellenden Verwaltungsakt erlasse. Denn auch dieser konkretisiere die abstrakte, sich aus dem Gesetz ergebende materielle Polizeipflicht in einer von der erlassenden Polizeibehörde bestimmten Art und Weise und begründe, wenn er bestandskräftig geworden sei, die Verpflichtung des Adressaten, die darin getroffene Feststellung einzuhalten. 11

des Polizei- und Ordnungsrechts); Götz, Allg. POR, 13. Aufl., Rn. 239 (Bindung an die allgemeinen und besonderen ordnungsrechtlichen Gesetze). 8 Denninger, in: Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., S. 344; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 241; Götz, Allg. POR, 13. Aufl., Rn. 240; Gornig / Jahn, Sicherheits- und PolizeiR, 2. Aufl., S. 25; Gusy, PolizeiR, 6. Aufl., Rn. 140 ff.; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 432; Knemeyer, POR, 10. Aufl., Rn. 352; v. Mutius, Jura 1983, 298, 301 f.; Pieroth / Schlink / Kniesel, POR, 4. Aufl., § 9 Rn. 8; Rüfner / Muckel, Bes. VerwR, 2. Aufl., S. 20; Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 234; Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 523; Würtenberger, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 21 Rn. 218; aA: Britz, DÖV 2002, 891, 897 ff.; Delbrück, Umweltpflichtigkeit der öffentlichen Verwaltung, S. 135 ff.; Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 11. Aufl., 2. Abschn., Rn. 104; Schoch, JuS 1994, 849, 853; ders., in: SchmidtAßmann, Bes. VerwR, 12. Aufl., 2. Kap., Rn. 125; ders., JURA 2005, 324, 326 f. 9 VG Berlin, UPR 1984, 101, 102; OVG Lüneburg, ZfW 1992, 317, 318. 10 VGH Kassel, NVwZ 2002, 889. 11 VGH Kassel, NVwZ 2002, 889, 890.

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3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

2. Kein Eingriff beim Unberührtlassen der hoheitlichen Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers Kein Eingriff in die hoheitliche Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers liege hingegen vor, wenn die Verfügung seine hoheitliche Tätigkeit unberührt lasse. 12 Ebenso wenig könne seine hoheitliche Tätigkeit betroffen sein, wenn die polizeiliche Verfügung ihn im Rahmen seiner fiskalischen Tätigkeit in Anspruch nehme. In einem solchen Fall entspreche die Rechtsstellung des Hoheitsträgers in allen wesentlichen Punkten der jedes anderen Staatsbürgers und es fehle daher an jeder Rechtfertigung, ihn einem Sonderrecht zu unterwerfen. 13 Schließlich werde die hoheitliche Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers auch dann nicht berührt, wenn sich die Polizei alternativer Handlungsmöglichkeiten ohne Rechtsverbindlichkeit bediene, so wenn sie Zustimmungs-, Genehmigungs-, Auskunfts- oder Überwachungsrechte wahrnehme, auf Gesetzesverstöße hinweise, Empfehlungen ausspreche und die Aufsichtsbehörde unterrichte. 14 3. Die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern in Ausnahmefällen Ausnahmsweise könne eine Polizeibehörde trotz der grundsätzlich fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern eine Polizeiverfügung gegenüber einem anderen Hoheitsträger erlassen, wenn dies durch eine besondere Eingriffsbefugnis gesetzlich ausdrücklich erlaubt sei. 15 Allerdings stellt die Rechtsprechung erhöhte Anforderungen an die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage. Im Bereich des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts reichten danach die allgemeinen Eingriffsbefugnisse des Polizei- und Ordnungsrechts, die Generalklausel und die Standardermächtigungen, die jedenfalls zum Erlass polizeilicher Verfügungen gegenüber Privatpersonen ermächtigen, nicht aus, weil sie nicht speziell auf ein Tätigwerden gegenüber einem Hoheitsträger gemünzt seien. 16 Die Ein12 BVerwGE 29, 52, 59: „Dieser Grundsatz [der fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern] schließt nur Übergriffe und Eingriffe in die der anderen Hoheitsverwaltung zustehende Tätigkeit aus, nicht aber Einwirkungen, welche ihre Tätigkeit unberührt lassen.“; OVG Schleswig, ZfW 1993, 57, 62; NVwZ 2000, 1196, 1197; OVG Lüneburg, ZfW 1988, 434, 435; ZfW 1987, 186, 187; NuR 1980, 30, 31 f.; VG Freiburg, NVwZ 1990, 594, 595; BGH, DVBl. 1970, 499; OVG Lüneburg, NuR 2004, 684, 687; NuR 2004, 687, 690. Siehe hierzu 4. Kap. C. 13 OVG Lüneburg, NuR 1980, 30, 31 f.; VG Frankfurt (Oder), NuR 1998, 673; VG Meiningen, ThürVBl. 2000, 137, 138 (implizit); ebenso auch schon Pr.OVG, Urteil vom 5. 5. 1877, Kurzausgabe I 1, S. 53, 55. 14 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; VGH Kassel, NVwZ 2002, 889. 15 VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris); VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; VGH Kassel, NVwZ 2002, 889; BVerwGE 117, 1, 3; VGH Mannheim, VBlBW 2001, 496. 16 OVG Lüneburg, OVGE 12, 340, 341.

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griffsbefugnis müsse gerade diesen behördlichen Kompetenzkonflikt etwa aus Gründen vorrangiger ordnungsbehördlicher Interessen abweichend von den allgemeinen Grundsätzen zugunsten der Gefahrenabwehrbehörde lösen. 17 Im Bereich des Sonderordnungsrechts wurde etwa die Befugnis zum Erlass bauaufsichtlicher Anordnungen (Abrissverfügung / Nutzungsuntersagung) aus § 89 Abs. 1 Nds. BauO 18 oder § 97 Abs. 1 BauO Bln. 19 verneint. Hingegen ergebe sich aus § 24 S. 1 BImSchG die Befugnis zum Erlass von Anordnungen gegenüber öffentlichen Anlagenbetreibern. 20 Schließlich gestatte auch Gefahr im Verzug bzw. ein Katastrophenfall (plötzliche und schwerwiegende Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung) den Erlass einer Polizeiverfügung gegenüber einem anderen Hoheitsträger. 21 4. Die Argumente für die grundsätzlich fehlende formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern Der Grundsatz der fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern wird von der Rechtsprechung zum Teil nur sehr unzureichend begründet. Insbesondere das in dieser Frage grundlegende Urteil BVerwGE 29, 52 begnügt sich lediglich mit der Feststellung: „In der Kompetenzfrage folgt der Senat der von jeher herrschenden Meinung [...]“. 22 Daher ist es nicht verwunderlich, wenn sich die 17

VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris), nach dem § 10 HAKA (Hessen) eine Ermächtigungsnorm darstellt, die der Abfallbehörde (nur) die verbindliche Feststellung einer Pflichtverletzung durch einen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger erlaubt; Götz, Allg. POR, 13. Aufl., Rn. 240, zitiert als Beispiele für Normen, nach denen die für die Überwachung zuständigen Gefahrenabwehrbehörden auch zuständig sind, soweit sich die Überwachung auf Verwaltungsträger bezieht, §§ 40 ff. LMBG; 41 IfSG; 10 ff. KrW- / AbfG. 18 OVG Lüneburg, OVGE 43, 311, 312; aA (ohne Diskussion) OVG Lüneburg, BauR 2000, 1030, 1031. 19 VG Berlin, UPR 1984, 101, 102. 20 BVerwGE 117, 1, 3 ff. Das BVerwG hob die Urteile VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305 und VGH Kassel, NVwZ 2002, 889, die eine Eingriffsermächtigung aus § 24 S. 1 BImSchG mit der Begründung verneint hatten, dem Immissionsschutzrecht lasse sich keine Regelung entnehmen, die die Immissionsschutzbehörden generell ermächtige, gegenüber anderen Behörden Verwaltungsakte zu erlassen, auf. Dabei führte es aus, dass die gesetzliche Ermächtigung nicht nach der Rechtsform, in der die Anlage betrieben werde, differenziere; mit ihrer Bezugnahme auf § 22 BImSchG erfasse sie neben den von Privaten betriebenen Anlagen auch Anlagen öffentlicher Betreiber, und zwar unabhängig davon, ob diese privatrechtlich oder hoheitlich betrieben würden; ebenso VGH Mannheim, VBlBW 2001, 496; VGH Mannheim, NVwZ-RR 2002, 643, 644; VG Berlin, UPR 1984, 101, 102; Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 2 Rn. 15; Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 81 ff.; Scheidler, UPR 2004, 253, 256 f. 21 BVerwGE 29, 52, 59; OVG Lüneburg, NuR 1980, 30, 31; OVG Lüneburg, OVGE 12, 340, 343; BGH, DVBl. 1970, 499, 500; in allen Fällen wurde eine derartige Ausnahme jedoch nicht bejaht.

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erst- und zweitinstanzlichen Gerichte auf zum Teil abweichende, wenn auch im Ergebnis übereinstimmende Argumentationsansätze stützen. a) Das selbständige Nebeneinander von Polizeibehörden und sonstigen Verwaltungsträgern Nach einer insbesondere vom OVG Lüneburg vertretenen Ansicht sind die Ordnungsbehörden Teil der als Einheit aufzufassenden Gesamtorganisation der Staatsverwaltung, im Rahmen derer es ein grundsätzlich selbständiges Nebeneinander der einzelnen Aufgabenträger der Staatsverwaltung gibt, die selbstverantwortlich tätig werden. Ein Aufgabenträger dürfe daher nicht in den Bereich eines anderen Aufgabenträgers eingreifen, es sei denn, dass ihm ausnahmsweise eine besondere Zuständigkeit hierfür übertragen sei. 23 Ähnlich lautet die Formulierung, dass die Polizeibehörden anderen öffentlichen Verwaltungsträgern nicht über-, sondern nebengeordnet und daher zum Eingriff in deren Hoheitstätigkeit nicht befugt seien. 24 Abstrakter und dadurch weniger verständlich heißt es an anderer Stelle: „Dass Ordnungsbehörden nicht ihre Befugnisse mit obrigkeitlichen Mitteln gegenüber der Hoheitsgewalt einer anderen Behörde durchsetzen dürfen, [...] ist ein ungeschriebener Grundsatz des Verwaltungsrechts, der im Einzelfall aus dem Aufgabenbereich der verschiedenen Behörden und dem Begriff der Einheit der Verwaltung hergeleitet wird.“ 25 Dieses Argument wird vereinzelt auch in der Literatur vertreten: Den einzelnen Verwaltungsressorts komme der gleiche Rang zu; die Polizeibehörden fungierten nicht als „Oberbehörden“ mit Befehlsgewalt über andere Verwaltungsbehörden. 26 Das Argument des selbständigen Nebeneinander von Polizeibehörden und sonstigen Verwaltungsträgern zur Verneinung der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern entspricht dem bei Erstattungsansprüchen verwendeten Argument, dass die Gleichordnung von Hoheitsträgern die Unzulässigkeit von Verwaltungsakten zur Durchsetzung von Ansprüchen in diesem Verhältnis mit sich bringt. 27

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BVerwGE 29, 52, 59. OVG Lüneburg, OVGE 12, 340, 341. 24 OVG Lüneburg, OVGE 43, 311, 312. 25 OVG Lüneburg, NuR 1980, 30, 31; zum Begriff der Einheit der Verwaltung, der nach allgemeiner Ansicht kein Rechtsbegriff ist und keine rechtlichen Schlussfolgerungen zulässt: Bryde, VVDStRL 46 (1988), 181; Haverkate, VVDStRL 46 (1988), 217; Oebbecke, DVBl. 1987, 866; Schuppert, DÖV 1987, 757. 26 Weber, ArchivPT 1958, 65, 67; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 241; Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 234. 27 Siehe 2. Kap. B. I.; zur Kritik an dieser Argumentation siehe 2. Kap. E. 23

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b) Die Bindung des polizeipflichtigen Hoheitsträgers an Gesetz und Recht Nach anderer, insbesondere vom VGH Kassel vertretener Ansicht, führt der Fall der materiellen Polizeipflicht eines Hoheitsträgers zu einem behördlichen Kompetenzkonflikt zwischen dem betroffenen Hoheitsträger und den Polizeibehörden: „Durch Art. 20 Abs. 3 GG sind nämlich die Träger öffentlicher Verwaltung verpflichtet, sowohl die ihnen gesetzlich übertragenen hoheitlichen Aufgaben zu erfüllen als auch dabei die öffentlich-rechtlichen Vorschriften zur Gefahrenabwehr in eigener Verantwortung zu beachten, wie andererseits auch die zuständigen Gefahrenabwehrbehörden nach Art. 20 Abs. 3 GG verpflichtet sind, ihrerseits für die Einhaltung der ordnungsrechtlichen Vorschriften [auch durch andere Hoheitsträger] zu sorgen.“ 28 Um einen solchen behördlichen Kompetenzkonflikt zu lösen, sei der Erlass einer Ordnungsverfügung oder die verbindliche Feststellung der Pflichten eines Hoheitsträgers durch feststellenden Verwaltungsakt nicht das geeignete Mittel. Soweit der die jeweiligen Aufgabenzuweisungen regelnde Gesetzgeber zur Bewältigung dieses behördlichen Kompetenzkonflikts den Kompetenzbereich der Gefahrenabwehrbehörde nicht ausdrücklich durch besondere Eingriffsbefugnisse gegen andere Hoheitsträger erweitert habe, dürfe die Gefahrenabwehrbehörde die ihr nur allgemein verliehenen Befugnisse gegenüber anderen Hoheitsträgern nur insoweit ausüben, als sie damit nicht in deren hoheitlichen Tätigkeits- und Kompetenzbereich eingreife. 29 Diese Begründung wird als „allgemeiner Grundsatz des Polizei- und Ordnungsrechts über die Polizeipflichtigkeit von Hoheitsträgern“ 30 bezeichnet. Der VGH Kassel sieht also die Bindung des materiell polizeipflichtigen Hoheitsträgers an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) und damit an das materielle Gefahrenabwehrrecht als entscheidend für die Unzulässigkeit des Erlasses einer polizeilichen Verfügung an. Der Verweis auf Art. 20 Abs. 3 GG bezieht sich auf den Vorrang des Gesetzes, der in diesem Zusammenhang besagt, dass die Verwaltung die in den Gesetzen zum Gefahrenabwehrrecht abstrakt getroffenen Entscheidungen zu respektieren, d. h. zu beachten, ggf. zu konkretisieren und zu vollziehen hat, 31 also diesen Gesetzen entsprechend handeln muss und keine gegen die Gesetze verstoßenden Maßnahmen treffen darf. 32 Bei dieser Argumentation handelt es sich um eine auf die spezifische Situation des Adressaten-Hoheitsträgers 28 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; ebenso VGH Kassel, NVwZ 2002, 889; ähnlich, allerdings ohne Verweis auf Art. 20 Abs. 3 GG, VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris). 29 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; ebenso VGH Kassel, NVwZ 2002, 889; VG Berlin, UPR 1984, 101, 102. 30 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; ebenso VGH Kassel, NVwZ 2002, 889. 31 Herzog, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 20 Rn. 35. 32 Maurer, Allg. VerwR., 16. Aufl., § 6 Rn. 2.

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3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

ausgerichtete Argumentation, denn durch die aufgrund von Art. 20 Abs. 3 GG bestehende Bindung an Gesetz und Recht unterscheidet sich dieser wesentlich von einer Privatperson. Zwar sind auch die Bürger an die geltenden Gesetze gebunden, dies ergibt sich aber nicht aus Art. 20 Abs. 3 GG, sondern aus dem Begriff des Gesetzes selbst, den das GG voraussetzt. 33 Der oben beschriebene Kompetenzkonflikt resultiert daraus, dass auch die erlassende Polizeibehörde dem Vorrang des Gesetzes verpflichtet ist und für die Einhaltung des Gefahrenabwehrrechts zu sorgen hat. Auch in der Literatur wird überwiegend entscheidend darauf abgestellt, dass jede Behörde selbst dafür sorgen müsse, dass ihre Tätigkeit nicht zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung werde, ihr obliege als Annex zu ihrer eigentlichen Fachkompetenz auch die Kompetenz zur Gefahrenabwehr. Dabei wird aber nicht ausdrücklich auf Art. 20 Abs. 3 GG Bezug genommen. Entsprechend wird den Polizei- und Ordnungsbehörden in der Regel generell die sachliche Zuständigkeit abgesprochen, zur Abwehr von Gefahren in den hoheitlichen Tätigkeitsbereich dritter Behörden einzugreifen. 34 Die Polizei- und Ordnungsbehörden seien nicht befugt, gegenüber anderen Verwaltungsträgern Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu treffen, weil sie dadurch in den Kompetenzbereich des anderen Verwaltungsträgers eingegreifen würden. 35 Einige wenige Autoren verneinen hingegen das Vorliegen eines Kompetenzkonflikts, weil ausschließlich die Polizei- und Ordnungsbehörden zur Gefahrenabwehr zuständig seien, die Kompetenzen der störenden Behörde aber gerade außerhalb des Gefahrenabwehrrechts anzusiedeln seien und dieser nicht streitig gemacht würden. Folglich sei der Erlass von Polizeiverfügungen grundsätzlich auch gegenüber anderen Hoheitsträgern zulässig, solange nicht deren öffentlich-rechtliche Aufgabenerfüllung ernstlich beeinträchtigt werde. 36

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Herzog, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 20 Rn. 36. Gornig / Jahn, Sicherheits- und PolizeiR, 2. Aufl., S. 25; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 432; Knemeyer, POR, 10. Aufl., Rn. 352; Rüfner / Muckel, Bes. VerwR, 2. Aufl., S. 20; Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 523; Würtenberger, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR I, 2. Aufl., § 7 Rn. 218; ähnlich Wolff / Bachof, VerwR III, 4. Aufl., § 127 Rn. 30; ebenso OVG Münster, NJW 1984, 1982, 1985. 35 Brohm, Öffentliches BauR, 3. Aufl., § 31 Rn. 11; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 432; v. Mutius, Jura 1983, 298, 301. 36 Britz, DÖV 2002, 891, 895 (Kongruenz von materieller und formeller Polizeipflicht); Delbrück, Umweltpflichtigkeit der öffentlichen Verwaltung, S. 138 ff.; Götz, Allg. POR, 13. Aufl., Rn. 240 (zumindest für einige Bereiche des Sonderordnungsrechts); Schoch, in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 13. Aufl., 2. Kap., Rn. 125; ders., JuS 1994, 849, 852 f.; ders., JURA 2005, 324, 327; ähnlich Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 11. Aufl., 2. Abschn. Rn. 104. 34

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c) Die Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts Zur Unterstützung des unter b) genannten Arguments wird darauf hingewiesen, dass der Grundsatz der fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern auch in der grundsätzlichen Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts in § 17 VwVG und den entsprechenden Vorschriften der Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze 37 zum Ausdruck komme. 38 Diese Vorschriften hätten eine für den Bereich des Vollstreckungsrechts klarstellende Funktion und ließen keinen dahingehenden Umkehrschluss zu, dass andere Maßnahmen als Vollstreckungsakte auch gegen Behörden zulässig seien. Auch diese Vorschriften beruhten auf der Erwartung, dass Hoheitsträger ihre Aufgaben rechtmäßig erfüllen; andernfalls sei die Aufsichtsbehörde zu bemühen. 39 d) Bei Gemeinden: Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die Zuständigkeit der Kommunalaufsicht Neben diesen gegen die polizeiliche Inanspruchnahme von Hoheitsträgern allgemein vorgetragenen Argumenten werden zwei weitere angeführt, wenn der störende Hoheitsträger eine Gemeinde ist: Der Erlass einer polizeilichen Verfügung verstoße gegen diejenigen Vorschriften der Gemeindeordnungen, die dem Schutz der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Vorschriften garantierten gemeindlichen Selbstverwaltung dienen, indem sie die Befugnis zum Eingriff in die Gemeindeverwaltung allein auf die Kommunalaufsichtsbehörden übertragen. 40 Dementsprechend seien die Polizeibehörden darauf beschränkt, ein Ersuchen bezüglich des Erlasses einer kommunalaufsichtlichen Anweisung an die allgemeine Kommunalaufsichtsbehörde zu richten, die von jener ggf. zwangsweise durchzusetzen sei. 41 Schließlich stelle der Erlass einer polizeilichen Verfügung gegenüber einer Gemeinde auch einen Eingriff in die Zuständigkeit der Kommunalaufsichtsbehörde dar, deren Aufgabe allein es sei sicherzustellen, dass die Gemeinde die geltenden Gesetze beachte. 42 37

Siehe die Nachweise im Anhang. VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; ebenso Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 234, unter Verweis auf § 85 SOG M-V, der bestimmt, dass gegen Träger der öffentlichen Verwaltung der Vollzug nur zulässig ist, soweit er durch Rechtsvorschrift ausdrücklich zugelassen ist. 39 VGH Kassel, NVwZ 2002, 889. 40 Baden-Württemberg: § 129 Abs. 2 S. 2 GemO; Bayern: Art. 116 Abs. 1 S. 3 GO; Brandenburg: § 131 GO; Hessen: § 145 S. 2 GO; Nordrhein-Westfalen: § 124 GO; RheinlandPfalz: § 127 Abs. 1 GO; Saarland: § 137 Abs. 1 KSVG; Sachsen: § 123 Abs. 2 GemO; Sachsen-Anhalt: § 145 Abs. 2 GO; Schleswig-Holstein: § 129 GO. Entsprechende Vorschriften fehlen in Niedersachsen und Thüringen. 41 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305 f.; VGH Kassel, NVwZ 2002, 889. 38

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3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

Allerdings ist zweifelhaft, ob die genannten Vorschriften der Gemeindeordnungen diese Argumentation stützen. Denn sie verbieten nach ihrem Wortlaut nur Eingriffe in die Kommunalverwaltung nach den Vorschriften über die Kommunalaufsicht, 43 betreffen also das Informationsrecht, das Beanstandungsrecht, das Aufhebungsrecht, das Anordnungsrecht, die Ersatzvornahme und die Bestellung eines Beauftragten. 44 Dies schließt nicht zwingend Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus, die sich auf andere gesetzliche Befugnisnormen stützen, solange sich diese im Rahmen des Gesetzesvorbehalts des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG bewegen. 45 Darüber hinaus ist Zweck dieser Normen die Sicherung der Einheit der Kommunalaufsicht zum Schutze der Kommunen: Nur die allgemeinen Kommunalaufsichtsbehörden, nicht auch die Sonder- und Fachaufsichtsbehörden sollen kommunalaufsichtliche Maßnahmen ergreifen können. 46 Die Zulässigkeit nicht aufsichtlicher Maßnahmen, z. B. der Immissionsschutzbehörde im Rahmen der Anlagenüberwachung, 47 ist damit nicht ausgeschlossen. Insofern kann dann auch nicht von einem Eingriff in die Zuständigkeiten der Kommunalaufsicht gesprochen werden. 48

III. Zusammenfassung und Vergleich mit der Argumentation zur Unzulässigkeit von Leistungsbescheiden und feststellenden Verwaltungsakten Zusammenfassend verneinen Rechtsprechung und herrschende Lehre die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern grundsätzlich und lehnen den Erlass von

42

OVG Lüneburg, OVGE 43, 311, 312 f.; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 242. 43 So in Brandenburg Eingriffe nach §§ 123 bis 128 GO; in Hessen Eingriffe nach §§ 137 bis 141a GO; in Nordrhein-Westfalen Eingriffe nach §§ 118 ff. GO; in RheinlandPfalz Eingriffe nach §§ 121 bis 125 GemO; im Saarland Eingriffe nach §§ 129 bis 134 KSVG; in Sachsen Eingriffe nach §§ 114 bis 118 GemO; in Sachsen-Anhalt Eingriffe nach §§ 136 bis 139 GO; in Schleswig-Holstein Eingriffe nach §§ 123 bis 127. 44 Britz, DÖV 2002, 896. 45 Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 64 f.; Schoch, JURA 2005, 324, 328. 46 Held / Becker / Decker / Kirchhof / Krämer / Wansleben, Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen, GO § 127, S. 1; Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 62 f.; Rehn / Cronauge, Gemeindeordnung für Nordrhein-Westfalen, Kommentar, § 124, S. 1; so ausdrücklich die Regelungen in Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen und SachsenAnhalt. 47 BVerwGE 117, 1, 3 ff.; VGH Mannheim, VBlBW 2001, 496. 48 Im Ergebnis ebenso Britz, DÖV 2002, 891, 897; Delbrück, Umweltpflichtigkeit der öffentlichen Verwaltung, S. 143 ff.

A. Das Problem der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern

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Polizeiverfügungen gegenüber anderen Trägern öffentlicher Verwaltung in der Regel ab. 1. Das Abstellen auf den Vorrang des Gesetzes Das Fehlen der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern wird überwiegend damit begründet, dass der störende Hoheitsträger aufgrund seiner Bindung an Gesetz und Recht selbst zur Beseitigung der von ihm verursachten Gefahren zuständig und verpflichtet sei und folglich die Polizeibehörden hierzu sachlich nicht zuständig oder ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung nicht befugt seien. Es fällt auf, dass das hier als entscheidend angesehene Argument der Bindung des Adressaten-Hoheitsträgers an den Vorrang des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) bei Erstattungsansprüchen und feststellenden Verwaltungsakten keine Entsprechung findet. Im Gegenteil wird dort insbesondere bei feststellenden Verwaltungsakten auf die Bindung der erlassenden Behörde an den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes als Teilaspekt des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung abgestellt. Auch wenn beide Argumentationsgänge im Ergebnis übereinstimmen und sich nicht ausschließen, eventuell sogar kombinierbar sind, erstaunt es doch, dass die beiden Teilaspekte des in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Vorrang des Gesetzes und Vorbehalt des Gesetzes, voneinander getrennt und scheinbar unabhängig verschiedene Argumentationen zur Frage der Zulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen zwei Hoheitsträgern stützen. Dieser Unterschied ist auch im Zusammenhang damit zu sehen, dass die Rechtsprechung in Bezug auf die Polizeipflicht von Hoheitsträgern eine auf die spezielle Situation von Hoheitsträgern im Gefahrenabwehrrecht bezogene Argumentation verfolgt, während sie in den anderen Rechtsbereichen eine zu Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen entwickelte Argumentation überträgt. 2. Das Abstellen auf die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts Im Gegensatz zum Polizei- und Ordnungsrecht wird in den oben aufgeführten Urteilen zu den Erstattungs- und sonstigen Geldleistungsansprüchen das Argument der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht verwandt. Dies liegt wohl daran, dass die Vollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen mit gewissen Beschränkungen gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts zulässig ist. 49 Allerdings ist das im Gefahrenabwehrrecht benutzte Argument nicht zwingend: Dass Zwangsmittel im Verwaltungsvollstreckungsrecht gegenüber anderen Verwaltungsträgern 49

Siehe hierzu 5. Kap. B. II. 3. a) (S. 236 ff.).

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3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

unzulässig sind, sagt gerade nichts über die Zulässigkeit von Maßnahmen im davor liegenden Verwaltungsverfahren aus. 50 Im Gegenteil kann dies auch bedeuten, dass der Verwaltungsakt mit all seinen Rechtsfolgen auch gegenüber Hoheitsträgern ergehen kann und lediglich die Titelfunktion des Verwaltungsakts ausgeklammert werden soll. Dies ist beispielsweise anerkannt für Polizeiverfügungen im fiskalischen Bereich des in Anspruch genommenen Hoheitsträgers. 51 Außerdem sind von dem Grundsatz der Nichtvollstreckbarkeit Ausnahmen zugelassen, beispielsweise kann die Kommunalaufsichtsbehörde eine Anordnung eines anderen Hoheitsträgers gegenüber einer Gemeinde zwangsweise durchsetzen. 52 Von der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung kann daher nicht auf die Unzulässigkeit des Verwaltungsakts geschlossen werden.

B. Kritische Würdigung der Rechtsprechung und Literatur zur fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern Einige Argumente, die von Rechtsprechung und Literatur zur fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern vertreten werden – Gleichordnungsverhältnis, Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs, Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht und die Zuständigkeit der Kommunalaufsicht –, sind bereits verworfen worden. Bevor auf das Hauptargument der Bindung des polizeipflichtigen Hoheitsträgers an Gesetz und Recht eingegangen wird (II.), ist noch einmal auf die materielle Polizeipflicht von Hoheitsträgern zurückzukommen (I.).

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Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 59 f.; Schoch, JuS 1994, 849, 853 (Fn. 52); OVG Lüneburg, ZfW 1980, 314, 317; OVG Schleswig, ZfW 1993, 57, 62 f. 51 Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 522; Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 17 VwVG Rn. 13 f. 52 Engelhardt / App, VwVG, VwZG, 7. Aufl., § 17 VwVG Rn. 3. Die einschlägigen Vorschriften sind: Baden-Württemberg: §§ 122, 123 GemO; Bayern: Art. 112 S. 2, 113 GO; Brandenburg: §§ 126, 127 GO; Hessen: §§ 139, 140 HGO; Mecklenburg-Vorpommern: § 82 KV; Niedersachsen: § 131 NGO; Nordrhein-Westfalen: § 120 GO; Rheinland-Pfalz: §§ 122, 123 GemO; Saarland: §§ 132, 133 KSVG; Sachsen: §§ 115, 116 GemO; SachsenAnhalt: §§ 137, 138 GO; Schleswig-Holstein: §§ 124, 125 GO; Thüringen: §§ 120 Abs. 1 S. 2, 121 Abs. 1 ThürKO.

B. Kritische Würdigung der Rechtsprechung und Literatur

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I. Die Zuständigkeit und Verpflichtung des störenden Hoheitsträgers zur Beseitigung polizeirechtswidriger Zustände – die materielle Polizeipflicht Im Ergebnis ist unbestreitbar, dass auch juristische Personen des öffentlichen Rechts in Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Verwaltungsaufgaben die öffentliche Sicherheit nicht stören oder gefährden dürfen. Es stellt sich allerdings die Frage, woraus sich diese Verpflichtung ergibt. Insofern reicht es nicht aus, allein auf die Bindung des störenden Hoheitsträgers an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) hinzuweisen, denn damit ist noch nicht gesagt, was „Gesetz und Recht“ ist. Denn das Ausmaß der Bindung an Gesetz und Recht richtet sich allein nach dem formellen und materiellen Geltungsumfang der jeweiligen Rechtsnormen: Nur in diesem Umfang darf das Handeln der vollziehenden Gewalt dem Geltungsbefehl der Rechtsnormen nicht widersprechen. 53 1. Materielle Polizeipflicht aufgrund besonderer gesetzlicher Regelungen So kann die materielle Polizeipflicht von Hoheitsträgern in bestimmten Konstellationen des Sonderordnungsrechts aus dem Gesetz hergeleitet werden, wenn dieses die Verpflichtung, sich in einer bestimmten Art und Weise zu verhalten oder keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu verursachen, unmittelbar begründet. So gilt z. B. nach § 4 Abs. 1 BBodSchG, dass „jeder, der auf den Boden einwirkt, sich so zu verhalten [hat], dass schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden“, oder nach § 2 Nds. Abfallgesetz, dass „jede Person sich so zu verhalten [hat], dass nicht unnötig Abfälle entstehen und dass die umweltverträgliche Entsorgung von Abfällen nicht unnötig erschwert wird“. 54 Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich diese Verpflichtung auch an Hoheitsträger und nicht nur an Privatpersonen richtet. Dies kann entweder ausdrücklich normiert sein, wie in § 3 Abs. 1 Nds. Abfallgesetz, nach dem „das Land, die Gemeinden, die Landkreise und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts unter der Aufsicht des Landes die Pflicht nach § 2 vorbildhaft zu erfüllen [haben]“, 55 oder ist durch Auslegung zu ermitteln: Dass § 4 Abs. 1 BBodSchG auch eine Verpflichtung für Hoheitsträger begründet, 56 zeigt die Sondervorschrift des § 23, die den besonderen Bedürfnissen der Landesverteidigung Rechnung trägt; eine 53

Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 92. Eine vergleichbare Vorschrift ist § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 (i.V. m. §§ 59 f.) BImSchG. 55 Im Ergebnis ebenso OVG Lüneburg, NuR 2004, 684, 685, das aber die materielle Polizeipflicht nicht aus §§ 2, 3 Nds. AbfallG herleitet, sondern aus den Grundsätzen der materiellen Polizeipflicht, die auch den heutigen Polizeigesetzen, insbesondere §§ 6, 7 Nds. SOG, als Maßnahmevoraussetzung zugrundeliege. 54

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3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

solche Vorschrift wäre nicht erforderlich, wenn das BBodSchG Hoheitsträger von vorneherein aus seinem Anwendungsbereich ausnehmen würde. 57 2. Keine materielle Polizeipflicht aufgrund der landesrechtlichen Polizei- und Ordnungsgesetze Die Verpflichtung zur Beachtung der öffentlichen Sicherheit ergibt sich hingegen nicht aus den Normen des allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts, denn sie ist dort nicht ausdrücklich normiert. Nach den Generalklauseln der landesrechtlichen Polizei- und Ordnungsgesetze 58 können die Polizei- und Ordnungsbehörden die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine im einzelnen Fall bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren. Die Maßnahme ist entweder gegen die Person zu richten, die die Gefahr verursacht (Verhaltensstörer), oder gegen den Inhaber der tatsächlichen Gewalt oder Eigentümer des Tieres oder der Sache, von dem oder der die Gefahr ausgeht (Zustandsstörer). 59 Außerdem sehen die Polizeiund Ordnungsgesetze Standardmaßnahmen für besondere Fälle der Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor. 60 Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die Polizeiund Ordnungsbehörden für den Fall, dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorliegt, bestimmte Maßnahmen zur Abwehr dieser Gefahr ergreifen können. Sie regeln also Eingriffsbefugnisse. Hingegen sagen sie nichts darüber aus, dass Hoheitsträger (und Privatpersonen) aufgrund dieser Gesetze verpflichtet sind, ihr Verhalten so auszurichten, dass sie keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursachen. 56 Versteyl, in: Versteyl / Sondermann, BBodSchG, 2005, § 4 Rn. 9, § 23 Rn. 3; Frenz, BBodSchG, 2000, § 4 Abs. 1 Rn. 7. 57 Im Ergebnis ebenso OVG Lüneburg, NuR 2004, 687, 688. 58 Baden-Württemberg: § 3 iVm § 1 PolG; Bayern: Art. 1 PAG, Art. 7 LStVG; Berlin: § 17 Abs. 1 ASOG; Brandenburg: § 10 Abs. 1 Bbg. PolG, § 13 OBG; Hamburg: § 3 SOG; Hessen: § 11 HSOG; Mecklenburg-Vorpommern: §§ 13, 16 SOG; Niedersachsen: § 11 Nds. SOG; Nordrhein-Westfalen: § 8 PolG, § 14 Abs. 1 OBG; Rheinland-Pfalz: § 9 POG; Saarland: § 8 Abs. 1 SPolG; Sachsen: § 3 SächsPolG; Sachsen-Anhalt: § 13 SOG; SchleswigHolstein: §§ 174, 176 LVwG; Thüringen: § 12 PAG, § 5 OBG. 59 Baden-Württemberg: §§ 6, 7 PolG; Bayern: Art. 7, 8 PAG; Berlin: §§ 13, 14 ASOG; Brandenburg: §§ 5, 6 Bbg. PolG, §§ 16, 17 OBG; Hamburg: §§ 8, 9 SOG; Hessen: §§ 6, 7 HSOG; Mecklenburg-Vorpommern: §§ 69, 70 SOG; Niedersachsen: §§ 6, 7 Nds. SOG; Nordrhein-Westfalen: §§ 4, 5 PolG, §§ 18, 19 OBG; Rheinland-Pfalz: §§ 4, 5 POG; Saarland: §§ 4, 5 SPolG; Sachsen: §§ 4, 5 SächsPolG; Sachsen-Anhalt: §§ 7, 8 SOG; SchleswigHolstein: §§ 218, 219 LVwG; Thüringen: §§ 7, 8 PAG, §§ 10, 11 OBG. 60 Baden-Württemberg: §§ 26 –36 PolG; Bayern: Art. 12 –19 PAG; Berlin: §§ 20 –23, 29 –41 ASOG; Brandenburg: §§ 11 –28 Bbg. PolG, § 23 OBG; Hamburg: §§ 11 –16b SOG; Hessen: §§ 12, 18, 19, 30 –43 HSOG; Mecklenburg-Vorpommern: §§ 50 –67 SOG; Niedersachsen: §§ 12 –29 Nds. SOG; Nordrhein-Westfalen: §§ 34 –46 PolG, § 24 OBG; RheinlandPfalz: §§ 10 –25 POG; Saarland: §§ 9 – 24 SPolG; Sachsen: §§ 18 –29 SächsPolG; SachsenAnhalt: §§ 14, 20, 21, 35 –48a SOG; Schleswig-Holstein: §§ 180 –183, 199 –216 LVwG; Thüringen: §§ 13 – 20 PAG, §§ 15 – 25 OBG.

B. Kritische Würdigung der Rechtsprechung und Literatur

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3. Materielle Polizeipflicht als Folgerung aus der Kompetenzverteilung Die Pflicht zur Vermeidung von Störungen und Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit ergibt sich (für Hoheitsträger) hingegen aus allgemeineren Überlegungen der Kompetenzverteilung: Jeder Hoheitsträger verfügt über die Zuständigkeit zur Wahrnehmung der ihm übertragenen öffentlichen Aufgaben. Diese Zuständigkeiten sind nicht nur gegenüber den Zuständigkeiten anderer Hoheitsträger genau abgegrenzt. Sie werden außerdem durch die Verpflichtung begrenzt, keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu verursachen. Denn Hoheitsträger handeln nicht nach ihren eigenen privatautonom gesetzten Zielen, sondern nehmen öffentliche Aufgaben wahr und kommen damit regelmäßig gesetzlichen Verpflichtungen nach. An der Erledigung dieser Aufgaben besteht ein öffentliches Interesse. 61 Das öffentliche Interesse besteht jedoch nur insoweit, als durch die Erledigung dieser Aufgaben die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet wird. Beispielsweise muss das öffentliche Interesse an dem Betrieb eines städtischen Schwimmbades insoweit verneint werden, als dadurch die Grenzwerte zulässiger Lärmimmissionen überschritten werden. 62 Durch die Verursachung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit bei der Wahrnehmung seiner Sachaufgabe überschreitet der Hoheitsträger also seine Kompetenzen. Insofern ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz anzunehmen, dass die Zuständigkeiten eines Hoheitsträgers zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Sachaufgaben durch die Verpflichtung, die öffentliche Sicherheit nicht zu gefährden, begrenzt sind. Daraus ergibt sich zugleich, dass jeder Hoheitsträger für den Fall, dass er bei der Wahrnehmung seiner Sachaufgabe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursacht hat, zuständig und befugt ist, diese Gefahr zu beseitigen, um das öffentliche Interesse an der Erfüllung seiner Aufgaben wieder herzustellen und die Kompetenzüberschreitung rückgängig zu machen. Für die Zuständigkeit und Verpflichtung des störenden Hoheitsträgers zur Bekämpfung von Gefahren, die bei der Wahrnehmung seiner Sachaufgabe entstanden sind, kann unterstützend angeführt werden, dass jeder Hoheitsträger in seinem Sachgebiet in der Regel die größere Fachkunde für die Abwehr der dort entstandenen Gefahren besitzen wird. Dagegen wird eingewandt, dass der Gesetzgeber in einigen Bereichen des Sonderordnungsrechts wie dem Bauordnungsrecht Hoheitsträger nicht ohne weiteres für fachlich kompetent halte, sondern den Nachweis besonderer Fachkunde verlange. So müsse z. B. nach § 80 Abs. 1 BauO NRW die Leitung der Entwurfsarbeiten und der Bauüberwachung eines öffentlichen Bauvorhabens an eine Baudienststelle des Bundes, eines Landes oder eines Landschaftsverbandes übertragen und die Baudienststelle mit mindestens einem besonders fachkundigen Ingenieur besetzt werden. 63 Auch im Bereich des Immissionsschutz61 62 63

Britz, DÖV 2002, 891, 897. Britz, DÖV 2002, 891, 898. Britz, DÖV 2002, 891, 895 f.

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3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

rechts verfügten allein die immissionsschutzrechtlichen Behörden über das für die Feststellung schädlicher Umwelteinwirkungen notwendige Personal und Gerät. 64 Daher erscheine es nicht systemgerecht, im Übrigen jede Behörde ohne weiteres fremdes Fachrecht ausführen lassen zu wollen. 65 Die Regelungen in diesen Bereichen können jedoch nicht verallgemeinert und auf das allgemeine Polizei- und Ordnungsrecht rückübertragen werden, da diese Bereiche aufgrund des dortigen hohen Technisierungsgrades spezialgesetzlich geregelt sind und den Erlass von Verfügungen gegenüber Hoheitsträgern gerade zulassen. 66 Im Übrigen bleibt es dem störenden Hoheitsträger unbenommen, die Fachkunde der Gefahrenabwehrbehörde im Wege der Amtshilfe in Anspruch zu nehmen. Hat man die materielle Polizeipflicht von Hoheitsträgern als Folgerung aus der Kompetenzverteilung und der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im öffentlichen Interesse festgestellt, ist zu fragen, welche Konsequenzen sich hieraus für die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern ergeben.

II. Die fehlende formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern Polizeiverfügungen gegenüber Hoheitsträgern könnten unzulässig sein, weil die Polizei- und Ordnungsbehörden aufgrund der Zuständigkeit des störenden Hoheitsträgers zur Gefahrenabwehr in seinem sachlichen Aufgabengebiet die sachliche Zuständigkeit und Befugnis verloren haben, gegen den Hoheitsträger anordnend vorzugehen. 67 Die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern müsste folglich verneint werden (1.). Polizeiverfügungen gegenüber Hoheitsträgern könnten auch deshalb unzulässig sein, weil die Polizei- und Ordnungsbehörden durch den Erlass einer Polizeiverfügung in die Zuständigkeit des störenden Hoheitsträgers zur Gefahrenabwehr in seinem sachlichen Aufgabengebiet eingreifen. Die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern müsste folglich ebenfalls verneint werden (2.). 64

Jarass, BImSchG, 4. Aufl., § 2 Rn. 15. Britz, DÖV 2002, 891, 895 f. 66 Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 234. Im Bauordnungsrecht erlaubt z. B. § 80 Abs. 1 S. 2 BauO NRW den Erlass einer Zustimmung der oberen Bauaufsichtsbehörde zu Vorhaben öffentlicher Bauherren und im Umkehrschluss den Erlass einer Baugenehmigung gem. § 75 Abs. 1 BauO NRW, wenn die Voraussetzungen des § 80 Abs. 1 BauO NRW nicht vorliegen; für das Immissionsschutzrecht siehe schon oben A. II. 3. (S. 124 f.) und Jarass, BImSchG, 6. Aufl., § 2 Rn. 15. 67 So VGH Kassel, NVwZ 2002, 889; Gornig / Jahn, Sicherheits- und OrdnungsR, 2. Aufl., S. 25; Knemeyer, POR, 10. Aufl., Rn. 352; Rüfner / Muckel, Bes. VerwR, 2. Aufl., S. 20; Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 523; Wallerath / Strätker, JuS 1999, 127, 129 f.; Würtenberger, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR I, 2. Aufl., § 7 Rn. 218. 65

B. Kritische Würdigung der Rechtsprechung und Literatur

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1. Die Unzuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden zur Abwehr der von Hoheitsträgern ausgehenden Gefahren Nach den Polizei- und Ordnungsgesetzen der Länder sind die Polizei- und Ordnungsbehörden 68 zur Gefahrenabwehr zuständig, soweit durch Rechtsvorschriften nichts anderes bestimmt ist. Die Polizeigesetze enthalten keine Einschränkung dahingehend, dass die sachliche Zuständigkeit der Polizeiverwaltungs- und Vollzugsbehörden dann ausgeschlossen sein soll, wenn die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit von anderen Hoheitsträgern ausgeht. Dies spricht für die Annahme einer Doppelzuständigkeit zur Gefahrenabwehr. Dagegen kann auch nicht eingewendet werden, dass Doppelzuständigkeiten rechtsstaatlich unerwünscht und auf äußerste Einzelfälle zu reduzieren seien, weil die staatliche Zuständigkeitsordnung auf Klarheit und Widerspruchslosigkeit hin angelegt sei und auf überschneidungsfreie Abgrenzungen ziele. 69 Denn solche Argumente können nur vorgebracht werden, wenn es um eine Doppelzuständigkeit zweier Behörden bezüglich eines gegenüber dem Bürger zu regelnden Sachverhalts geht. Die sachliche Zuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden auch zur Abwehr der von einem Hoheitsträger ausgehenden Gefahren kann aber nur dann gegeben sein, wenn der Regelungsbereich der landesrechtlichen Polizei- und Ordnungsgesetze diesen Fall überhaupt umfasst. 70 Dies soll am Beispiel des Saarländischen Polizeigesetzes (SPolG) erläutert werden. Der Wortlaut des SPolG schließt juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht von vornherein aus seinem Anwendungsbereich aus; 71 sie werden an keiner Stelle im SPolG ausdrücklich genannt, insbesondere kennt das SPolG keine mit den §§ 20 Abs. 3, 38 Abs. 1 Nr. 1, 63 BNatSchG, 17a WHG, 10 Abs. 11, 59, 60 BImSchG, 58 KrW / AbfG, 45 Abs. 1 Nr. 1 BWaldG, 23 BBodSchG, 69 Saarl. LBO vergleichbaren Sonderregelungen für Hoheitsträger. 72 Aus dem Fehlen ausdrücklicher Sondervorschriften für behördliche Störer kann aber noch nicht 68 Baden-Württemberg: §§ 60 Abs. 2 und 3, 66, 67 PolG; Bayern: Art. 3 PAG i.V. m. Art. 6 LStVG, Art. 3 POG; Berlin: §§ 2, 4 ASOG; Brandenburg: § 8 POG, §§ 5, 6 OBG; Bremen: §§ 64, 79 BremPolG; Hamburg: § 3 SOG i.V. m. Gesetz über Verwaltungsbehörden; Hessen: § 89 HSOG, § 1 PolOrgVO; Mecklenburg-Vorpommern: §§ 4, 7 SOG, § 2 POG; Niedersachsen: § 101 Nds. SOG; Nordrhein-Westfalen: §§ 10 ff. PolG, §§ 5, 6 OBG; Rheinland-Pfalz: §§ 77, 90 POG; Saarland: §§ 80, 85 SPolG; Sachsen: §§ 68, 69, 73 SächsPolG; Sachsen-Anhalt: §§ 1, 2, 78, 89, 90 SOG; Schleswig-Holstein: §§ 165, 168 LVwG; Thüringen: § 3 PAG, §§ 3, 4 OBG. 69 Morlok, DVBl. 1989, 1147; Schoch, Jura 1994, 241, 243; Stettner, Grundfragen einer Kompetenzlehre, S. 293 f. 70 Die Polizei- und Ordnungsbehörden sind nicht zur Gefahrenabwehr an sich zuständig, sondern nur zur Gefahrenabwehr nach den Polizei- und Ordnungsgesetzen; zu weitgehend daher Britz, DÖV 2002, 891, 895; Schoch, JuS 1994, 849, 853. 71 Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 107 (zu § 14 Abs. 1 OBG NRW). 72 Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 108 (zu § 14 Abs. 1 OBG NRW).

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3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

geschlossen werden, dass diese uneingeschränkt dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen. 73 Denn das SPolG bezieht sich nur auf natürliche und juristische Personen des Privatrechts, was sich daran zeigt, dass die Standardmaßnahmen der §§ 9 – 24 SPolG und die Befugnisse zur Verarbeitung personenbezogener Daten gem. §§ 25 – 40 SPolG 74 nur gegenüber Privaten Sinn machen, zumal die detaillierten Regelungen Ausprägungen der Grundrechtsgebundenheit der Polizeibehörden sind. Außerdem enthält es mit § 7 eine Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG genügende Zitiernorm, 75 was ebenfalls darauf schließen lässt, dass es vornehmlich das Verhältnis zum Bürger regeln soll. 76 Hinzu kommt, dass obwohl das SPolG in §§ 44 – 58 die Durchsetzung von Polizeiverfügungen durch Verwaltungszwang regelt, 77 es keine den §§ 17 VwVG, 17 SVwVG entsprechende Regelung über die Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts oder eine Ausnahmeregelung im Sinne dieser Vorschriften trifft. Auch § 17 SVwVG ist nicht auf die Vollstreckung polizeilicher Verfügungen nach den §§ 8 ff. SPolG anwendbar, da nach § 1 Abs. 3 S. 1 SVwVG die Vorschriften des Saarländischen Polizeigesetzes zur Durchsetzung von polizeilichen Verfügungen mit Zwangsmitteln unberührt bleiben. 78 Polizeiliche Verfügungen in diesem Sinne sind solche, die auf der Grundlage der §§ 8 ff. SPolG ergehen. 79 Die Formulierung des § 1 73

So aber Britz, DÖV 2002, 891, 893, 895. Baden-Württemberg: §§ 19 –25, 37 –48 PolG; Bayern: Art. 30 –49 PAG; Berlin: §§ 18, 19, 24 –28, 42 –51 ASOG; Brandenburg: §§ 29 –49 Bbg. PolG, § 23 OBG; Hamburg: GDatPol; Hessen: §§ 13 –17, 20 –29 HSOG; Mecklenburg-Vorpommern: §§ 25 –49 SOG; Niedersachsen: §§ 30 –48 Nds. SOG; Nordrhein-Westfalen: §§ 9 –33 PolG, § 24 OBG; Rheinland-Pfalz: §§ 25 a-25g POG; Sachsen: §§ 35 –51 SächsPolG; Sachsen-Anhalt: §§ 13 a, 15 –19, 22 –32 SOG; Schleswig-Holstein: §§ 177 –179, 184 –198 LVwG; Thüringen: §§ 31 – 47 PAG, § 26 OBG. 75 Baden-Württemberg: § 4 PolG; Bayern: Art. 74 PAG, Art. 58 LStVG; Berlin: § 66 ASOG; Brandenburg: § 8 Bbg. PolG, § 43 OBG; Hamburg: § 31 SOG; Hessen: § 10 HSOG; Mecklenburg-Vorpommern: § 78 SOG; Niedersachsen: § 10 Nds. SOG; NordrheinWestfalen: § 7 PolG, § 44 OBG; Rheinland-Pfalz: § 8 POG; Sachsen: § 79 SächsPolG; Sachsen-Anhalt: § 11 SOG; Schleswig-Holstein: § 227 LVwG; Thüringen: § 11 PAG, § 14 OBG. 76 Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 183; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 91 ff. 77 Ebenso: Bayern: Art. 53 ff. PAG; Brandenburg: §§ 53 ff. Bbg. PolG; Hessen: §§ 47 ff. HSOG; Nordrhein-Westfalen: §§ 50 ff. PolG; Sachsen-Anhalt: §§ 53 ff. SOG; Thüringen: §§ 51 ff. PAG. Folgende Länder regeln zwar den unmittelbaren Zwang in den Polizeigesetzen, verweisen aber bezüglich der übrigen Zwangsmittel auf die Verwaltungsvollstreckungsgesetze, dort aber nicht auf die Vorschriften über die Zulässigkeit des Verwaltungszwangs gegenüber Hoheitsträgern: Hamburg: §§ 17 ff. SOG; Rheinland-Pfalz: §§ 57 ff. PoG; Sachsen: §§ 30 ff. SächsPolG. 78 Ebenso Bayern: Art. 18 Abs. 2 VwVZG; Hessen: § 1 Abs. 2 VwVG. 74

B. Kritische Würdigung der Rechtsprechung und Literatur

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Abs. 3 S. 1 SVwVG muss daher so verstanden werden, dass die §§ 44 ff. SPolG so gelten, als ob es das SVwVG für diesen Zusammenhang nicht gäbe, nicht hingegen so, dass die §§ 44 ff. SPolG je nach Bedarf durch die §§ 13 ff. SVwVG ergänzt werden. Denn dann könnte beispielsweise auch gem. §§ 13 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, 28 SVwVG die Erzwingungshaft in das Polizeirecht eingeführt werden, die dort ersichtlich nicht vorgesehen ist (§ 45 Abs. 1 SPolG), und dies würde das in sich geschlossene und stimmige System der zwangsweisen Durchsetzung von Polizeiverfügungen aus dem Gleichgewicht bringen. §§ 44 ff. SPolG stellen somit eine abschließende Spezialregelung zur Durchsetzung von polizeilichen Verfügungen mit Zwangsmitteln dar. 80 Aus dem Fehlen eines Verbots der Verwaltungsvollstreckung gegenüber Hoheitsträgern kann nicht geschlossen werden, dass die Polizeiund Ordnungsbehörden zur Verwaltungsvollstreckung gegenüber Hoheitsträgern und damit erst recht zum Erlass von Ordnungsverfügungen gegenüber Hoheitsträgern zuständig und befugt sein sollen. Denn es erscheint systemwidrig, für den Bereich des allgemeinen Polizeirechts die Verwaltungsvollstreckung gegenüber Hoheitsträgern zuzulassen, außerhalb des Anwendungsbereichs des Polizeigesetzes, wo § 17 SVwVG wieder gilt, hingegen nicht, zumal da das Gesetz sonst keine Anhaltspunkte dafür enthält, dass es den Fall der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Hoheitsträger mitumfasst. Es kann auch nicht angenommen werden, dass ein dem § 17 VwVG und den entsprechenden Landesvorschriften entnommener allgemeiner Rechtsgedanke, dass die Verwaltungsvollstreckung von Hoheitsträgern untereinander unzulässig ist, auch für das SPolG gilt und daher nicht explizit – wie in anderen Bundesländern geschehen – festgeschrieben werden musste. Dagegen spricht ebenfalls, dass das SPolG sonst keine Anhaltspunkte dafür enthält, dass es den Fall der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Hoheitsträger regeln wollte. Die fehlende Regelung über die Zulässigkeit des Verwaltungszwangs kann daher nur so verstanden werden, dass der Gesetzgeber den Erlass von gegenüber Hoheitsträgern zu vollstreckenden Verwaltungsakten von vornherein gar nicht in Betracht gezogen hat und somit auch deren (fehlende) Vollstreckbarkeit nicht regeln musste. Zusammenfassend ergibt die Auslegung des SPolG in seinem systematischen Zusammenhang, dass sich die Zuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden von vorneherein nicht auf die von einem Hoheitsträger ausgehende Gefahr bezieht und diese folglich zum Erlass von Ordnungsverfügungen gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht befugt sind. Die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern ist daher zu verneinen. Eine gegenteilige Argumentation ist in den Bundesländern möglich, die eine Regelung der grundsätzlichen Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs gegenüber 79 Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 506; Grupp / U. Stelkens, Saarheimer Fälle zum Staats- und Verwaltungsrecht, Scheunenabbruch, www.jura.uni-sb.de / FB / LS / Grupp / Faelle / scheune-loesung.htm. 80 So auch allgemein Lisken / Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Aufl., S. 677.

140

3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

Hoheitsträgern in die Polizeigesetze aufgenommen haben. 81 Denn dies muss ja bedeuten, dass zwar der Erlass von Verwaltungsakten möglich, die Vollstreckung aber in jedem Fall ausgeschlossen sein muss. 2. Der Eingriff in die Zuständigkeit des störenden Hoheitsträgers zur Gefahrenabwehr Die Unzulässigkeit des Erlasses von Ordnungsverfügungen gegenüber Hoheitsträgern wird durch das Argument gestützt, dass unabhängig vom Bestehen der sachlichen Zuständigkeit hierfür der Erlass einer Ordnungsverfügung zu einem Eingriff in die Zuständigkeit des störenden Hoheitsträgers zur Abwehr der von seiner Tätigkeit ausgehenden Gefahr darstellt. 82 Im Gegensatz zu einer rechtlich unverbindlichen Maßnahme bestimmt die Gefahrenabwehrbehörde durch die Verfügung nämlich verbindlich Art und Weise der Ausübung der hoheitlichen Tätigkeit. Dies liegt in der Rechtsnatur des Verwaltungsakts als rechtsverbindlicher Anordnung. Zu diesem Übergriff in fremde Kompetenzen ist die Gefahrenabwehrbehörde nur befugt, wenn sie ihre Maßnahme auf eine besondere gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen kann. 83 Die polizeiliche Generalklausel (§ 8 Abs. 1 SPolG) kann hierfür aber aus den oben genannten Gründen nicht dienen. Auch daher ist die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern zu verneinen. Die Absage an die formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern kann zur Folge haben, dass ein Hoheitsträger stört und dennoch unter Missachtung seiner Zuständigkeit und Verpflichtung zur Gefahrenabwehr untätig bleibt. Steht der allgemeinen Gefahrenabwehrbehörde oder auch einer Sonderordnungsbehörde keine Ermächtigungsnorm zur Verfügung, die den Erlass einer Ordnungsverfügung gerade auch gegenüber diesem Hoheitsträger zulässt, besteht keine Handhabe gegen den Störer. Allenfalls kommen Maßnahmen der Aufsicht in Betracht, auf deren Einschreiten jedoch kein Rechtsanspruch besteht. In Notfällen sind Notkompetenzen aufgrund von Gefahr im Verzug oder aufgrund eines Katastrophenfalls denkbar, die in der Rechtsprechung allerdings noch nie praktisch geworden sind. Die fehlende Handhabe mag im Einzelfall als unbefriedigend erscheinen, ist an81

So Mecklenburg-Vorpommern (§ 85 SOG) und Niedersachsen (Umkehrschluss aus § 64 Abs. 2 S. 3 Nds. SOG); in Berlin gelten mangels eigenständiger Regelung des Verwaltungszwangs im Polizeigesetz die allgemeinen Vorschriften, nämlich § 5 Abs. 2 BlnVwVfG iVm § 17 VwVG; in Schleswig-Holstein die allgemeine Vorschrift des § 234 LVwG. In Baden-Württemberg ist kraft der Verweisung in § 49 Abs. 1 PolG auf §§ 18 ff. LVwVG auch § 22 LVwVG anwendbar. 82 So explizit VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris). 83 BVerwGE 29, 52, 57; OVG Lüneburg, OVGE 43, 311, 312; VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris); VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; VGH Kassel, NVwZ 2002, 889; BVerwGE 117, 1, 3; VGH Mannheim, VBlBW 2001, 496.

B. Kritische Würdigung der Rechtsprechung und Literatur

141

dererseits aber auch nichts Neues, sondern entspricht der seit jeher geltenden Rechtsprechung und herrschenden Literatur. Selbst wenn man den Erlass einer Ordnungsverfügung für zulässig hielte, würde dies wegen der Unzulässigkeit der Vollstreckung noch keine Handhabe für den Fall liefern, dass der Störer weiterhin untätig bliebe. Insofern obliegt es dem Gesetzgeber, die erforderlichen Ermächtigungsgrundlagen zu schaffen, um den Gefahrenabwehrbehörden zu ermöglichen, im Einzelfall den störenden, aber untätigen Hoheitsträger zur Gefahrenabwehr zu verpflichten. 3. Schlussfolgerungen für die weitere Untersuchung der Zulässigkeit von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern Im Anschluss an die Darstellung und Würdigung des Problems der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern stellt sich die Frage, ob es in die Untersuchung der Zulässigkeit von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern mit einzubeziehen ist. Nach Ansicht von Druschel beruht die eingeschränkte formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern auf einer Einschränkung der sachlichen Zuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden, während deren Verwaltungsaktbefugnis aufgrund der polizei- und ordnungsrechtlichen Generalklausel grundsätzlich bestehe. Es handele sich also um ein Problem der Einschränkung des Anwendungsbereichs der Generalklausel. Er hingegen setze in Bezug auf die Verwaltungsaktbefugnis die sachliche Zuständigkeit einer Behörde voraus und frage unter dem Blickwinkel des Vorbehalts des Gesetzes, welche rechtlichen Bedingungen für die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt erfüllt sein müssen. 84 Folgte man dieser Ansicht, wäre der Problemkreis der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern aus der vorliegenden Untersuchung auszuklammern. In der Tat erscheint die Sonderbehandlung dieses Problemkreises gerechtfertigt, soweit speziell mit der materiellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern und den landesrechtlichen Polizei- und Ordnungsgesetzen argumentiert wird. Druschel ist zuzugeben, dass die Einschränkung der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern auf einer Einschränkung der sachlichen Zuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden beruht. Insofern unterscheidet sich der Erlass einer Ordnungsverfügung von dem Erlass eines Leistungsbescheides, mit dem die erlassende Behörde einen ihr zustehenden Anspruch einfordert, wofür sie unbestreitbar zuständig ist. Hingegen kann von einer grundsätzlich bestehenden Verwaltungsaktbefugnis zum Erlass von Polizeiverfügungen gegenüber störenden Hoheitsträgern nicht gesprochen werden. Entscheidend gegen die Zulässigkeit des Erlasses von Polizeiverfügungen gegenüber Hoheitsträgern spricht, dass diese als Verwaltungsakte der potenziellen Bestandskraft unterliegen, die Rechte und Pflichten des adressierten Hoheitsträgers einseitig konkretisieren und damit in dessen Verwaltungstätig84

Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 250.

142

3. Kap.: Unzulässigkeit von Verwaltungsakten

keit eingreifen. Für einen derartigen Eingriff ist eine gesetzliche Ermächtigung erforderlich. Diese Argumentation ist aber nicht ausschließlich gefahrenabwehrrechtlich motiviert, sondern knüpft in erster Linie an die Rechtsnatur des Verwaltungsakts an. Daher spricht nichts dagegen, sie auf die Frage der Zulässigkeit anderer Verwaltungsakt zu übertragen. Auch die Art und Weise, bestimmte Gesetze unter dem Gesichtspunkt auszulegen, ob sie überhaupt auf einen Hoheitsträger anwendbar sind, ist nicht auf das Gefahrenabwehrrecht beschränkt, sondern auf andere Rechtsbereiche übertragbar. Daher ist die Frage der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern ebenfalls ein Problem der Zulässigkeit des Erlasses von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern. Im Folgenden ist insbesondere die verfassungsrechtliche Fundierung der Problematik zu klären. Wie im 2. Kap. D. 85 gezeigt, kann das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zumindest nicht generell aus dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes hergeleitet werden. Auch die Bindung des Adressaten-Hoheitsträgers an Gesetz und Recht aus Art. 20 Abs. 3 GG unter dem Gesichtspunkt des Vorrangs des Gesetzes ist wenig aussagekräftig. Es ist daher zu überlegen, ob nicht ein anderer Verfassungsgrundsatz gefunden werden kann, unter den die Problematik der Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts gefasst werden kann.

85

S. 94 ff.

Viertes Kapitel

Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Problem des Vorrangs des Gesetzes Als Verfassungsgrundsatz, der als Maßstab für die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts dienen könnte, kommt noch einmal die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aus Art. 20 Abs. 3 GG in Betracht, hier aber als Bindung der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde an Gesetz und Recht und damit insbesondere an die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenzordnung (Vorrang des Gesetzes). Der Vorrang des Gesetzes ist daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für den Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern ergibt (A.), wie diese gesetzliche Ermächtigung im Einzelfall ausgestaltet sein muss (B.) und ob sie in bestimmten Fällen entbehrlich ist (C.). In diesem Rahmen können auch die Gemeinden und Gemeindeverbände, für die der Vorbehalt des Gesetzes gilt, noch einmal in die Betrachtung einbezogen werden.

A. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für den Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern aufgrund des Vorrangs des Gesetzes Entscheidende Frage ist, inwiefern der Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger einen Eingriff in die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung zwischen den Hoheitsträgern bewirkt und ob hierfür aufgrund des Vorrangs des Gesetzes eine gesetzliche Ermächtigung für die Verwendung dieser Handlungsform notwendig ist.

144 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

I. Die Lehre vom Vorrang des Gesetzes Die Lehre vom Vorrang des Gesetzes ist in Art. 20 Abs. 3 GG verankert, gemäß dem die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht gebunden ist. 1. Der Vorrang des Gesetzes als Bindungsklausel und Kollisionsnorm Der Vorrang des Gesetzes begründet für die Verwaltung zum einen die Pflicht, die Anordnungen des Gesetzes zu befolgen oder sonst in ihrer Wirksamkeit zu respektieren (Bindungsklausel). 1 Zum anderen bedeutet dies, dass die verfassungsmäßige gesetzliche Willensäußerung über der gesamten übrigen Staatstätigkeit steht. Der Vorrang des Gesetzes ist danach eine Kollisionsnorm. 2 Das Gesetz hat Derogationswirkung (lex superior derogat legi inferiori) und kann selbst nur durch ein Gesetz geändert oder aufgehoben werden. 3 Mit diesem Vorrang des Gesetzes ist zugleich eine gewisse Vorbehaltswirkung verbunden; denn soweit die gesetzliche Regelung reicht, ist eine exekutive ausgeschlossen. 4 Konsequenz dieser Kollisionsregel ist, dass untergesetzliche Normen (Verordnungen, Satzungen), die mit der Verfassung oder dem Gesetz unvereinbar sind, nichtig sind. 5 2. Die Einschränkung des Vorrangs des Gesetzes aus Gründen der Rechtssicherheit Der Vorrang des Gesetzes ist allerdings der gesetzlichen Ausgestaltung zugänglich und lässt namentlich Raum dafür, dass gesetzwidrige Entscheidungen der zweiten und dritten Gewalt aus Gründen der Rechtssicherheit, einem ebenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleitenden Wert mit gleichem Verfassungsrang, 6 unanfechtbar, bestands- und rechtskräftig werden können. 7 Für Verwaltungsakte sind entsprechende Regelungen, die dem Gebot der Rechtssicherheit in verfassungsmäßiger Weise Rechnung tragen, 8 in den §§ 43 ff. VwVfG getroffen worden:

1

Wehr, JuS 1997, 231; Gusy, JuS 1983, 189, 191; Erichsen, Jura 1995, 550. Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 20 Rn. 112; Erichsen, Jura 1995, 550; Wehr, JuS 1997, 231. 3 Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl., S. 802; damit entspricht der Vorrang des Gesetzes dem Stufenbau der Rechtsordnung: Verfassung-Gesetz-Verordnung-Verwaltungsakt / Rechtsgeschäft, vgl. Roellecke, in: Umbach / Clemens, GG, Art. 20 Rn. 70. 4 Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl., S. 802; BVerfGE 2, 307, 313. 5 Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 271. 6 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 8. 7 Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 20 Rn. 112, 140; Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 150; Sommermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 20 Abs. 3, Rn. 304. 2

A. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung

145

Danach sind Verwaltungsakte grundsätzlich unabhängig von einer eventuellen Rechtswidrigkeit wirksam (§ 43 VwVfG) und nur ausnahmsweise nichtig (§ 44 VwVfG). Dies sei Folge der Tatsache, dass dem Verwaltungsakt als einer hoheitlichen Maßnahme des Staates oder eines anderen Trägers öffentlicher Verwaltung eine Autorität zukomme, die dem privaten Rechtsgeschäft fehle. Die staatliche Ordnung würde erheblich beeinträchtigt, wenn der Einzelne jeden an ihn gerichteten Verwaltungsakt, den er für rechtswidrig hält und der auch rechtswidrig ist, als nichtig und damit unbeachtlich beiseite schieben und den Staat etwa zwingen könnte, über die Rechtmäßigkeit zunächst eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen. 9 Die Rechtssicherheit wird durch die materielle Bestandskraft von Verwaltungsakten garantiert. Zum einen bestehen Aufhebungsverbote. Der Adressat des Verwaltungsakts kann nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen den Verwaltungsakt nicht mehr mit Widerspruch und Anfechtungsklage anfechten (formelle Bestandskraft) 10 und für die erlassende Behörde besteht eine durch Vertrauensschutzregelungen eingeschränkte Aufhebbarkeit des Verwaltungsaktes durch Rücknahme und Widerruf gem. §§ 48 ff. VwVfG. 11 Zum anderen gibt es Abweichungsverbote, die eine Behörde daran hindern, bei einer von ihr zu treffenden Entscheidung vom Inhalt einer früheren wirksamen Verwaltungsentscheidung, die in ihrer Existenz nicht angetastet wird, abzuweichen, also die einmal entschiedene Frage in einem anderen Sinne zu beantworten. Durch Abweichungsverbote wird im Sinne der Rechtsklarheit verhindert, dass widersprüchliche Entscheidungen ergehen, zugleich wird im Interesse der Verfahrensökonomie bewirkt, dass die später entscheidende Behörde die bindend vorentschiedene Frage nicht erneut und selbständig prüfen muss. 12 Wenn sich also die bereits durch einen ersten Verwaltungsakt geregelte Frage als Vorfrage einer anderen, in einem späteren Verfahren zu treffenden Regelung stellt, entfaltet die materielle Bestandskraft des ersten Verwaltungsakts präjudizielle Wirkung, d. h. die durch ihn geregelte Vorfrage kann – vorbehaltlich der Aufhebung der ersten Entscheidung – nicht erneut anhand der gesetzlichen Voraussetzungen geprüft und entschieden werden, vielmehr ist die insoweit im ersten Verwaltungsakt getroffene Regelung unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit für die zweite Entscheidung zugrunde zu legen. 13 Dieses Abweichungsverbot richtet 8

Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 13; BVerfGE 59, 128, 166 f.; Schmidt-Aßmann, in: HStR I, § 24 Rn. 83; Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl., S. 849 f.; Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 20 Rn. 140. 9 Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 56 Rn. 2. 10 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 11 Rn. 4; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 18. 11 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 11 Rn. 7; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 31. 12 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 39. 13 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 44.

146 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

sich jedenfalls an die erlassende Behörde bzw. ihren Rechtsträger, 14 unter Umständen auch an andere Verwaltungsträger. 15 Es besteht als sog. Selbstbindung auch schon vor bzw. unabhängig vom Eintritt der formellen Bestandskraft des Verwaltungsakts. 16 Aus dem Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der Rechtsprechung folgt außerdem, dass alle rechtsanwendenden Instanzen verpflichtet sind, die durch einen Verwaltungsakt bewirkten Rechtsänderungen als neue Rechtslage zu beachten. 17

II. Der Eingriff in die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung durch den Erlass von Verwaltungsakten Im Folgenden soll gezeigt werden, dass wegen der gerade beschriebenen Eigenschaften des Verwaltungsakts durch den Erlass einer derartigen Regelung im Verhältnis zweier juristischer Personen des öffentlichen Rechts die verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich vorgeschriebene Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung verschoben werden kann und darin ein systemwidriger Verstoß gegen den Vorrang des Gesetzes liegt, der aus Gründen der Rechtssicherheit nicht gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang darf ein solcher Verstoß nicht so verstanden werden, dass ein Gesetz den Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger verbietet und ein dennoch erlassener Verwaltungsakt gegen dieses Gesetz verstößt. Denn problematisch ist ja gerade, dass in der Regel derart ausdrückliche gesetzliche Regelungen fehlen. Es geht vielmehr um einen Verstoß gegen Gesetze, die bestimmen, wie die Kompetenzen und Finanzmittel zwischen den einzelnen juristischen Personen des öffentlichen Rechts aufgeteilt sind. 1. Die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenzverteilung zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts a) Die Kompetenzverteilung zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts als Problem der Verbandskompetenz Die Abgrenzung der Kompetenzen der juristischen Personen des öffentlichen Rechts innerhalb eines Staatswesens, das in rechtlich selbständige Verwaltungsträ14

Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 99. Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 99 ff., insbes. 107. 16 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 127. 17 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 18; diese allgemeine Beachtlichkeit wirksamer Verwaltungsakte wird von einigen Autoren als Tatbestandswirkung bezeichnet, so Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 11 Rn. 8; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 56 Rn. 4. 15

A. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung

147

ger gegliedert ist, ist ein Problem der Verbandskompetenz. 18 Verbandskompetenz bezeichnet die Aufgabenträgerschaft eines Verbandes (eines Verwaltungsträgers / einer juristischen Person des öffentlichen Rechts). Dem Verwaltungsträger sind Aufgaben zu eigener Erledigung zugewiesen, ihm wird ein eigener Wirkungskreis eröffnet, der zugleich seine Betätigung begrenzt. Außerhalb seiner Verbandskompetenz ist der Verwaltungsträger samt seinen Organen zur Aufgabenwahrnehmung nicht legitimiert; die Schranken seiner Kompetenz sind auch die Schranken seiner rechtlichen Gewalt. Umgekehrt ist der Kompetenzbereich eines Verbandes für andere Verwaltungsträger grundsätzlich unantastbar und impermeabel; Eingriffe sind nur nach Maßgabe verfassungsrechtlicher und gesetzlicher Bestimmungen gestattet. Erst dieser letztgenannte Aspekt der Impermeabilität und Abschottung von Kompetenzbereichen hebt den einzelnen Verwaltungsträger über den Charakter einer bloßen Verwaltungseinheit hinaus und verhilft ihm zu eigener Verbandspersönlichkeit. 19 Zu unterscheiden ist die Verbandskompetenz im Wesentlichen von der Organkompetenz als der Zuständigkeit der verschiedenen Organe innerhalb einer juristischen Person des öffentlichen Rechts. 20 b) Die Abgrenzung der Verbandskompetenzen Die Abgrenzung der Verbandskompetenzen der einzelnen Träger öffentlicher Verwaltung ergibt sich aus der Verfassung und den Gesetzen. So werden die jeweiligen Kompetenzen des Bundes und der Länder gem. Art. 30 ff., 70 ff., 83 ff., 91a und b GG voneinander abgegrenzt; 21 diese Verfassungsnormen werden ggf. durch Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates konkretisiert. 22 Die Staatsorgane des Bundes oder der Länder verhalten sich unzulässig (ultra vires), wenn sie sich ohne verfassungsrechtliche Legitimation im Wirkungskreis des jeweils anderen Verbandes betätigen. Sie überschreiten dann nicht nur ihre eigene Verbandszuständigkeit, sondern verletzen damit zugleich eine fremde Verbandskompetenz. 23 Von der Verfassung selbst vorgesehene Ausnahme ist die Amtshilfe (Art. 35 Abs. 1 GG). 24 18 Oldiges, DÖV 1989, 873; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 10 Rn. 3; Eiselstein, JuS 1987, 30, 34 (Fn. 71); Achterberg, JA 1980, 701, 703; Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 7 Rn. 7 f. 19 Oldiges, DÖV 1989, 873, 874. 20 Oldiges, DÖV 1989, 873, 875. 21 Eiselstein, JuS 1987, 30, 31; Achterberg, JA 1980, 701, 703. 22 Beispielsweise hat der Bundesgesetzgeber mit Zustimmung des Bundesrates durch das Luftverkehrsgesetz vom 27. 3. 1999 (BGBl. I S. 550) von der in Art. 87d Abs. 2 GG eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, den Ländern die Aufgaben der Luftverkehrsverwaltung als Auftragsangelegenheiten zu übertragen, siehe hierzu BVerwG, NVwZ-RR 1991, 601, 602. 23 Oldiges, DÖV 1989, 873, 877; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585, 587.

148 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

Hingegen ist die Abgrenzung der Verbandskompetenzen der Länder zueinander im Grundgesetz und den Landesverfassungen nicht ausdrücklich geregelt, sondern wird dort vorausgesetzt. Im Rahmen ihres Gebietes besitzen die Länder eine eigene unabgeleitete Hoheitsmacht in Bezug auf alle Funktionsbereiche und haben Staatsqualität. Maßgeblich ist das Territorialprinzip, das generell im Verhältnis von Gebietskörperschaften zueinander gilt. 25 Bei Gemeinden erfolgt die Abgrenzung zu den Verbandskompetenzen des Bundes und der Länder nach dem in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG und den entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Vorschriften genannten Kriterium der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft. 26 Bei diesen handelt es sich in materieller Hinsicht um staatliche Angelegenheiten, die aber aufgrund ihres örtlichen Bezuges den Gemeinden überantwortet werden. Da die Wahrnehmung dieser Aufgaben den Gemeinden nur „im Rahmen der Gesetze“ garantiert ist, können Gesetze die Kompetenzabgrenzung im Einzelfall näher konkretisieren, soweit nicht dadurch in den Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung eingegriffen wird. Im Verhältnis zu anderen Gemeinden gilt auch hier das Territorialprinzip, das ebenfalls in Art. 28 Abs. 2 GG angesprochen ist: Das Selbstverwaltungsrecht einer Gemeinde ist räumlich auf ihr Gebiet beschränkt. 27 Den Gemeindeverbänden (Art. 28 Abs. 2 S. 2 GG) und sonstigen Trägern der mittelbaren Staatsverwaltung mit und ohne Selbstverwaltungsrechte werden ihre Kompetenzen nach dem Enumerationsprinzip durch Gesetze zugewiesen. 28 Diese Gesetze sind daher auch maßgeblich für die Abgrenzung der Kompetenzen im Verhältnis der Gemeinden, Gemeindeverbände und Träger der mittelbaren Staatsverwaltung zueinander (mit der vorgenannten Einschränkung zum Schutz gemeindlicher Selbstverwaltung). 29 c) Begründung und Begrenzung der Handlungsbefugnisse eines Verwaltungsträgers durch die Zuständigkeitsordnung Juristische Personen des öffentlichen Rechts können schlechthin nicht Träger von Grundrechten sein und sind selbst umfassend an die Grundrechte gebunden. 30 24 Zu beachten ist, dass Maßnahmen im Bund-Länder-Verhältnis unter Umständen auf dem Gebiet des Verfassungsrechts und damit nicht „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG ergehen und daher nicht als Verwaltungsakte zu qualifizieren sind, siehe hierzu 1. Kap. B. II (S. 35 f.). 25 Auch hier ist zu beachten, dass Maßnahmen zwischen zwei Ländern unter Umständen solche auf dem Gebiet des Verfassungsrechts sind und keine Verwaltungsakte darstellen. 26 Achterberg, JA 1980, 701, 703; Eiselstein, JuS 1987, 30, 31; hier geht es nur um Selbstverwaltungsangelegenheiten, vgl. Oldiges, DÖV 1989, 873, 881. 27 Held, in: Henneke, Optimale Aufgabenerfüllung im Kreisgebiet?, S. 181, 189. 28 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 23 Rn. 26, 42, 51, 55. 29 Oldiges, DÖV 1989, 873, 881.

A. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung

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Ihnen kommt keine Privatautonomie zu. 31 Daher muss sich jede ihrer Tätigkeiten auf einen – wenn auch nicht notwendigerweise geschriebenen – Kompetenztitel zurückführen lassen. 32 Jede Kompetenzzuweisung ist zugleich eine Ermächtigung und Beschränkung: die Ermächtigung, die übertragene Funktion zu erfüllen, und die Beschränkung auf eben diese Funktion. 33 Für den Bürger dient die Zuständigkeitsordnung in erster Linie der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit. Eingriffe in die Grundrechte bzw. die Gewährung von Leistungen werden durch eine kompetente Behörde mit größerer Sachkunde vorgenommen und haben daher eher die Vermutung für sich, den Grundsätzen der Geeignetheit und Erforderlichkeit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips zu genügen, als andere. Abgesehen davon sichert die regelmäßige Aufgabenwahrnehmung durch dieselbe Stelle auch ein gewisses Maß an Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit. 34 Entsprechend verlangt das BVerfG, dass Grundrechtsschutz weitgehend auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken ist. 35 Für das hier allein interessierende Verhältnis zweier Verwaltungsträger zueinander bedeutet die Zuständigkeitsordnung, dass sie in fremde Kompetenzen nicht eingreifen dürfen. 36 Die juristischen Personen sind „Zweckschöpfungen“ ohne Selbstzweck und haben als solche kein Interesse, den Rahmen ihrer Zuständigkeiten zu überschreiten; ihr Verhalten wird vielmehr unmittelbar durch Verfassung und Gesetz gesteuert. 37 Sie nehmen Staatsgewalt unter dem Blickwinkel der Volkssouveränität immer nur als abgeleitete Gewalt wahr (Art. 20 Abs. 2 GG). Die Zuteilung von begrenzten, aber aufeinander abgestimmten Aufgaben und die Zuweisung geeigneter Machtmittel zu ihrer Realisierung trägt auch die Idee in sich, über diese abgezirkelten Bereiche Rechenschaft fordern zu können – als eine notwendige Kehrseite des Vorschusses an Vertrauen, den die Gemeinschaft ihren Amtswaltern einräumt. 38 Entsprechend sind Kompetenznormen in dem Sinne zwingend, dass eine Übertragung der Kompetenz ausgeschlossen ist. Sie sind nicht abdingbares Recht. Hoheitsträger können hierüber auch nicht mit Zustim30

Siehe 2. Kap. D. II. 1. (S. 100 ff.). Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 3 Rn. 82; Ipsen, Allg. VerwR, 3. Aufl., Rn. 199; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 3 Rn. 9; U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 23. 32 U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 23. 33 Forsthoff, Verwaltungsrecht I, AT, 10. Aufl., S. 450; Schoch, Jura 1994, 241, 243. 34 BVerwGE 110, 226, 232; BGH NJW 1992, 3229, 3230; Eiselstein, JuS 1987, 30; Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 257 f.; U. Stelkens, NVwZ 2004, 304. 35 BVerfGE 53, 30, 65; 55, 274, 302. 36 Achterberg, JA 1980, 701, 704; Eiselstein, JuS 1987, 30, 31; Oldiges, DÖV 1989, 873, 877. 37 U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 27; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585, 589 (für das Bund-Länder-Verhältnis). 38 Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585, 589. 31

150 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

mung anderer Hoheitsträger verfügen, 39 soweit dies nicht in der Kompetenznorm zugelassen ist. Die Klarheit der Kompetenzordnung wird selbst als Element des Rechtsstaates angesehen. 40 2. Die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Finanzmittelaufteilung zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts a) Das verwaltungsorganisationsrechtliche Vermögensrecht Ähnlich wie die Abgrenzung der Verbandskompetenzen ergibt sich auch die Aufteilung der öffentlichen Finanzmittel unter den juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus Verfassung und Gesetzen. Im Verhältnis des Bundes zu den Ländern richtet sich die Verteilung der Einnahmen im Wesentlichen nach Art. 104 a, 106 Abs. 1 bis 4 und 8, 106a GG, im Verhältnis der einzelnen Länder zueinander nach Art. 107 GG (Länderfinanzausgleich). 41 Diese Verfassungsnormen werden größtenteils durch Bundesgesetze, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, konkretisiert. Die Zuweisung von Finanzmitteln an die Gemeinden bestimmt sich nach Art. 106 Abs. 5 bis 8 GG, den Landesverfassungen, Gemeindeordnungen, Kommunalabgabengesetzen, Gemeindefinanzierungsgesetzen und Gesetzen über den kommunalen Finanzausgleich; vergleichbares gilt für die Gemeindeverbände. Die Finanzausstattung der Verwaltungsträger im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung wird in den jeweiligen Gesetzen über die betreffenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts geregelt. Daneben bestehen Vorschriften des Fachrechts, die in Einzelfällen Finanzierungs- und Erstattungsansprüche eines Hoheitsträgers gegenüber einem anderen begründen. 42 Die Gesamtheit dieser Regelungen, die die Finanzbeziehungen zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts ordnen, kann man als verwaltungsorganisationsrechtliches Vermögensrecht bezeichnen. 43

39 Achterberg, JA 1980, 701, 704; Eiselstein, JuS 1987, 30, 31; Morlok, DVBl. 1989, 1147, 1148; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585, 590; BVerfGE 32, 145, 156; 39, 96, 109; 41, 291, 311; 55, 274, 301; 63, 1, 39; BVerfG, DÖV 2003, 902, 903. 40 Stern, Staatsrecht I, 2. Aufl., S. 824. 41 Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 94 (2003), 295. 42 Beispiele sind die Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander gem. §§ 102 ff. SGB X (vgl. BSG, NVwZ-RR 1998, 566); Erstattungsansprüche für Ausbildungskosten des ausbildenden Dienstherrn gegenüber dem verwendenden Dienstherrn, z. B. gem. Art. 144b BayBG (vgl. VGH München, BayVBl. 1993, 374); Erstattungsanspruch des Landkreises gegenüber der kreisangehörigen Gemeinde gem. § 48 Abs. 4 S. 1 LKO Rh.-Pf. aF (jetzt § 2a Abs. 2 LKO Rh.-Pf., vgl. OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894). 43 U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 32.

A. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung

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b) Die Zweckbindung des Verwaltungsvermögens Die Ausstattung der Verwaltungsträger mit Finanzmitteln durch den Haushaltsgesetzgeber dient dazu, ihnen die zumindest ausreichende Wahrnehmung aller notwendigen Aufgaben dauerhaft zu sichern (Grundsatz der Sicherung stetiger Aufgabenerfüllung). 44 Dies bedeutet zugleich, dass die Verwaltungsträger Ausgaben ausschließlich für diejenigen Aufgaben veranschlagen und vornehmen dürfen, für die sie die Wahrnehmungszuständigkeit besitzen. 45 Sie dürfen damit ohne besondere Ermächtigung nur solche Ausgaben finanzieren, die ihnen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unmittelbar selbst entstehen; die Finanzierung der Aufgaben eines anderen Hoheitsträgers ist nur zulässig, wenn einerseits der leistende Hoheitsträger eine entsprechende Finanzierungszuständigkeit besitzt und andererseits der empfangende Hoheitsträger berechtigt ist, sich die Erfüllung ihm obliegender Aufgaben vom leistenden Hoheitsträger finanzieren zu lassen. Die Ausgabenlast folgt also den Verwaltungszuständigkeiten, wenn nichts anderes geregelt ist (Konnexitätsprinzip i. e. S.). 46 Jeder Verwaltungsträger muss im Verhältnis zu anderen Verwaltungsträgern die bei ihm unmittelbar anfallenden Ausgaben und Vermögensminderungen selbst finanzieren. 47 Andernfalls verstößt der Hoheitsträger unter Missachtung des Willens des Haushaltsgesetzgebers gegen die Zweckbindung des Verwaltungsvermögens und ist unter Umständen gezwungen, zur Erfüllung seiner eigentlichen Aufgaben entgegen dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung 48 Mittel aufzuwenden, die andernfalls hätten eingespart werden können. 49 Gegen die grundsätzliche Geltung des Konnexiätsprinzips i. e. S. kann auch nicht eingewendet werden, dass es gerechter sei, für die Verteilung der Ausgabenlast auf das Kriterium der Kostenveranlassung oder der gesetzlichen Aufgabenbegründung abzustellen (Konnexitätsprinzip i.w. S.). 50 Denn das Konnexitätsprinzip i.w. S. ist bislang nur in Einzelfällen in das geltende Recht übernommen worden 51 und stellt im Übrigen lediglich eine rechtspolitische Forderung dar; 52 seine Geltung im Sinne eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes muss daher abgelehnt werden. 44

Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 34. Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 35. 46 U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 34 f.; ders., DVBl. 2003, 22, 24; vgl. Art. 104a Abs. 1 GG; aA v. Komorowski, VerwArch 93 (2002), 62, 72. 47 U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 24. 48 Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 26 ff. 49 U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 33. 50 AA v. Komorowski, VerwArch 93 (2002), 62, 72. 51 Z. B. Baden-Württemberg: Art. 71 Abs. 3 Verf.; Schleswig-Holstein, Art. 49 Abs. 2 Verf. 52 U. Stelkens, DVBl. 2003, 22, 24; Hellermann, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 104 a, Rn. 158 ff. 45

152 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

Speziell für das Verhältnis von Bund und Ländern gilt: Die in den Art. 104a bis 108 GG enthaltenen finanzverfassungsrechtlichen Normen sind einer der Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes. Sie sollen eine Finanzordnung sicherstellen, die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der Volkswirtschaft sachgerecht beteiligt; Bund und Länder müssen im Rahmen der verfügbaren Gesamteinnahmen so ausgestattet werden, dass sie die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlichen Ausgaben leisten können (Art 104a Abs. 1 GG). Dabei kommt der strikten Beachtung der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereiche von Bund und Ländern eine überragende Bedeutung für die Stabilität der bundesstaatlichen Verfassung zu. 53 3. Der Eingriff in diese Kompetenz- und Finanzmittelverteilung durch den Erlass von Verwaltungsakten Der Erlass eines Verwaltungsaktes seitens eines Hoheitsträgers gegenüber einem anderen Hoheitsträger kann nun dazu führen, dass diese ausgewogene, durch die Verfassung und die Gesetze zur bestmöglichen Wahrnehmung aller öffentlichen Aufgaben vorgesehene Kompetenz- und Finanzmittelverteilung gestört wird. Um dies zu zeigen, sind die oben dargestellten spezifischen Rechtsfolgen eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger zu untersuchen. a) Kompetenz- und Vermögensverschiebungen durch materiell bestandskräftige Verwaltungsakte aa) Der belastende Verwaltungsakt Unter belastendem Verwaltungsakt ist in Anlehnung an die Legaldefinition des begünstigenden Verwaltungsakts in § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG eine Regelung zu verstehen, die dem Betroffenen ein Tun, Dulden oder Unterlassen oder eine Geldleistung auferlegt, einen Anspruch ablehnt oder eine negative Feststellung trifft. 54 Dieser Verwaltungsakt hat die Wirkung, zu Lasten des Adressaten einen behördlichen Subsumtionsvorgang festzuschreiben und den (real oder vermeintlich existierenden) materiellrechtlichen Anspruch zu individualisieren und zu konkretisieren. Die Inpflichtnahme und Belastung des Adressaten resultiert danach nicht mehr aus der (gesetzlichen) Anspruchsnorm, sondern aus dem Verwaltungsakt, der auch den Rechtsgrund für die zu erbringende Leistung darstellt. Dieser Verwaltungsakt ist unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit wirksam (§ 43 Abs. 1 VwVfG) und wird nach Ablauf der Fristen der §§ 70 Abs. 1 S. 1, 74 Abs. 1 S. 1 VwGO formell bestandskräftig. 53

Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 94 (2003), 295, 296 f.; BVerfGE 55, 274, 300 f.; 105, 185, 194. 54 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 49 Rn. 18.

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(1) Der rechtswidrige Verwaltungsakt Ein Eingriff in die oben beschriebene verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung wird augenscheinlich, wenn dieser Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Dann wird der in Anspruch genommene Hoheitsträger nämlich zu einer Leistung verpflichtet, auf die die erlassende Behörde keinen Anspruch hat bzw. zu deren Erbringung er gesetzlich nicht verpflichtet und auch nicht befugt ist. Der Verwaltungsakt greift somit in die Kompetenzen des adressierten Hoheitsträgers ein; der erlassenden Behörde wachsen diese Kompetenzen zu, der adressierte Hoheitsträger verliert sie. Wird ein Geldleistungsanspruch geltend gemacht, liegt hierin zugleich ein Eingriff in das Vermögen des betroffenen Hoheitsträgers, denn dieser ist nicht befugt, sein Vermögen anders als zur Wahrnehmung der ihm zugewiesenen öffentlichen Aufgaben einzusetzen, insbesondere nicht Aufgaben eines anderen Hoheitsträgers zu finanzieren. Dies bedeutet auch eine Missachtung des Willens des Haushaltsgesetzgebers, der sich in der angemessenen Finanzausstattung eines jeden Verwaltungsträgers manifestiert und ihm dadurch und nur dadurch die zumindest ausreichende Wahrnehmung aller notwendigen Aufgaben dauerhaft ermöglicht. Die durch den Verwaltungsakt bewirkte Rechtsfolge perpetuiert sich dadurch, dass diese im Sinne der sog. Tatbestandswirkung 55 nicht nur für die erlassende Behörde verbindlich ist, sondern auch von allen anderen rechtsanwendenden Stellen als neue Rechtslage zu beachten ist. (2) Der rechtmäßige Verwaltungsakt Hingegen rechtfertigt sich die Belastung des Adressaten durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt aus den zugrundeliegenden Rechtsvorschriften. Dies gilt jedenfalls für die gebundene Verwaltung. Bei Ermessensentscheidungen mit mehreren möglichen Lösungen lässt es der VGH Kassel 56 für eine nachteilige Betroffenheit des adressierten Hoheitsträgers und damit für einen Eingriff in dessen Kompetenzen aber genügen, wenn die Feststellung der Rechtslage durch die erlassende Behörde von der Rechtsauffassung des adressierten Hoheitsträgers abweicht; denn der adressierte Hoheitsträger werde durch die einseitige Feststellung verpflichtet, diese zu beachten und die daraus resultierenden Verpflichtungen zu erfüllen. So werde beispielsweise durch die Festlegung eines Immissionsrichtwertes von 50 dB (A) für ein gemeindliches Schwimmbad zugleich die Verpflichtung der Gemeinde begründet, diesen Wert auch einzuhalten. 57 Darüber hinaus habe diese Festlegung präjudizierende Wirkung für die Qualifizierung des fraglichen Bereichs als reines Wohngebiet, schreibe Maßnahmen des aktiven und nicht nur des passiven Schallschutzes vor 55 56 57

Siehe oben I. 2. (S. 144 ff.). NVwZ 2002, 889, 890. VGH Kassel, NVwZ 2002, 889, 890.

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und schneide der Gemeinde alle Einwendungen gegen die Festlegung dieses Immissionsrichtwertes ab. 58 Die ganz allgemein bestehende immissionsschutzrechtliche Pflicht der Gemeinde, vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen zu verhindern bzw. unvermeidbare auf ein Mindestmaß zu beschränken (§ 22 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 BImSchG), wird somit in einer von der erlassenden Behörde zu bestimmenden Art und Weise konkretisiert und der Handlungsspielraum des Adressaten-Hoheitsträgers bei der Beseitigung der Gefahr erheblich eingeengt. Auch wenn der festgelegte Immissionsrichtwert an sich korrekt ist, liegt darin ein Eingriff in die Kompetenzen der in Anspruch genommenen juristischen Person des öffentlichen Rechts. Nicht selten wird schließlich die Rechtslage zwischen beiden Hoheitsträgern umstritten sein, z. B. was Grund, Höhe oder Fälligkeit einer Forderung oder die Art und Weise der Beseitigung einer Gefahr angeht, und die erlassende Behörde wird den Verwaltungsakt unter Umständen dazu verwenden, den die Leistung ihrer Ansicht nach zu Unrecht verweigernden Verwaltungsträger verbindlich zur Erbringung derselben aufzufordern. Die erlassende Behörde wird also versuchen, den entstandenen Konflikt einseitig entsprechend ihrer Rechtsauffassung zu lösen. Der Erlass eines Verwaltungsakts hat für sie zugleich den Vorteil, dass er die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs hemmt (§ 53 Abs. 1 S. 1 VwVfG) und die Verjährungsfrist nach Eintritt der Unanfechtbarkeit 30 Jahre beträgt (§ 53 Abs. 2 S. 1 VwVfG) und dass er – mit gewissen Beschränkungen – als Vollstreckungstitel dienen kann. Da aber der Rechtsauffassung des in Anspruch genommenen Verwaltungsträgers ebenfalls eine gewisse Berechtigung zukommen wird, besteht in solchen Fällen zumindest die Gefahr der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes und damit die Gefahr eines Eingriffs in die oben beschriebene Kompetenz- und Finanzmittelverteilung. (3) Einheitliche Lösung für alle Verwaltungsakte unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit An dieser Argumentation, dass insbesondere rechtswidrige Verwaltungsakte einen Eingriff in die Zuständigkeits- und Finanzordnung bewirken, könnte zu kritisieren sein, dass sie im Wesentlichen auf den Rechtsfolgen von rechtswidrigen oder zumindest möglicherweise rechtswidrigen Verwaltungsakten aufbaut, obwohl keine Behörde aufgrund ihrer Gesetzesbindung rechtswidrige Verwaltungsakte erlassen darf und diese im Verhältnis zu den rechtmäßigen Verwaltungsakten nur einen Bruchteil aller Verwaltungsakte ausmachen dürften. Es könnte daher unverhältnismäßig erscheinen, eine allgemeingültige Regel für alle, insbesondere auch die rechtmäßigen Verwaltungsakte aufzustellen, wenn nur eine geringe Anzahl von ihnen Probleme aufwirft. 58

VGH Kassel, NVwZ 2002, 889, 890.

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Allerdings ist zum einen festzustellen, dass rechtswidrige Verwaltungsakte eine Realität darstellen, die auch der Gesetzgeber erkennt, wenn er z. B. in § 45 VwVfG bestimmte Verfahrens- und Formfehler für unbeachtlich erklärt und Rechtsbehelfe gegen rechtswidrige Verwaltungsakte zur Verfügung stellt. Insofern kann man sich nicht darauf verlassen, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Zum anderen würde es zu Unstimmigkeiten führen, wenn man beispielsweise nur rechtswidrige Verwaltungsakte dem Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung unterstellte, rechtmäßige hingegen nicht. Denn dann würde man der erlassenden Behörde ja abverlangen, für den Erlass eines rechtswidrigen Verwaltungsakts andere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen zu prüfen als für den Erlass eines rechtmäßigen Verwaltungsakts. Damit würde man unterstellen, dass sie wissentlich und willentlich rechtswidrige Verwaltungsakte erlässt, wovon in aller Regel nicht ausgegangen werden kann. Außerdem würde man rechtliche Anforderungen an bestimmte Verwaltungsakte stellen, die es gar nicht geben darf. Schließlich mag die Zahl der rechtswidrigen Verwaltungsakte gering und die Durchbrechung der Zuständigkeits- und Finanzordnung punktuell und auf den Einzelfall bezogen sein. Angesichts der bereits dargelegten überragenden Bedeutung der Ausgewogenheit der Zuständigkeitsordnung und der Finanzmittelverteilung für eine ordnungsgemäße und sachgerechte Erfüllung der öffentlichen Aufgaben muss aber Störungen dieses Systems entgegengewirkt werden. Und jeder Verwaltungsakt bedeutet einen potenziellen Eingriff in dieses System. Daher sollte im vorliegenden Zusammenhang nicht nur die Gefahr der Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts mit der tatsächlichen Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts gleichgesetzt werden, sondern alle belastenden Verwaltungsakte sollten unabhängig von ihrer Rechtmäßigkeit den gleichen Anforderungen unterstellt werden. bb) Der begünstigende Verwaltungsakt Untersucht man daneben den begünstigenden Verwaltungsakt als denjenigen, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (§ 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG), ist hingegen nicht zu erkennen, inwiefern dieser – auch im Falle seiner Rechtswidrigkeit – in die Kompetenzen und das Vermögen des Adressaten-Hoheitsträgers eingreifen könnte. Allenfalls könnte er diesem etwas gewähren, was ihm nicht zusteht. Es darf aber nicht übersehen werden, dass es in einem solchen Falle auf der Seite der erlassenden Behörde zu einem Verlust von Kompetenzen und Finanzmitteln kommen kann, wenn diese dem Adressaten etwas zuweist, dessen sie sich aufgrund der Indisponibilität von Zuständigkeiten und öffentlichen Geldern nicht begeben darf. Auch eine so geschaffene neue Rechtslage ist wiederum von allen rechtsanwendenden Stellen zu beachten. Auch bei dem Erlass begünstigender Verwaltungsakte besteht also die Gefahr, dass sich im Falle der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts Zuständigkeiten und öffentliche Gelder zugunsten des Adressaten-Hoheitsträgers und zu Lasten des Rechtsträgers der erlassenden Behörde dauerhaft verschieben.

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Zur Veranschaulichung sollen folgende Beispiele dienen: Ein Land gewährt einer Gemeinde durch Bewilligungsbescheid eine Zuwendung aus Landesmitteln, 59 die Gemeinde erfüllt aber nicht alle Voraussetzungen des diese Zuwendung vorsehenden Gesetzes oder der entsprechenden Ermächtigung im Haushaltsplan 60 in Verbindung mit den Vergaberichtlinien. In einem solchen Fall begibt sich das Land mit Erteilung der Zuweisung dieser Finanzmittel, ohne dass ihm eine entsprechende Finanzierungskompetenz zukommt und ohne dass die Gemeinde berechtigt ist, entsprechende Gelder zu empfangen. Wird der Bescheid bestandskräftig, kann sich die Gemeinde zunächst auf diesen als Rechtsgrund für die Leistung berufen, das Land kann diese nicht ohne weiteres zurückfordern. Die durch das Gesetz oder durch den Haushaltsplan vorgesehenen Voraussetzungen für die Gewährung von Finanzmitteln des Landes an die Gemeinden werden durchbrochen. Noch komplizierter wird die Lage dann, wenn der Bund einem Land Finanzmittel gewährt, z. B. gem. Art. 104a Abs. 4 S. 1 GG 61 oder Art. 91a Abs. 1 GG, 62 und das Land diese den Gemeinden per Zuwendungsbescheid zuweist. In der Regel fließen solche Bundesmittel nicht in den Landeshaushalt ein, sondern die Länder handeln bei der Vergabe dieser Zuwendungen unmittelbar zu Lasten des Bundeshaushalts. 63 Erfüllt eine solche Zuweisung nicht alle Voraussetzungen des ihr zugrundeliegenden Bundesgesetzes, widerspricht sie zugleich dem Grundsatz der Kongruenz von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung (Art. 104a Abs. 1 GG) im Verhältnis von Bund und Land und stellt einen Eingriff in das Vermögen des Bundes dar. Auch in einem solchen Fall kann sich die Gemeinde zunächst auf den bestandskräftigen Erhalt der Mittel berufen. Der Bund kann mangels Eingriffsbefugnis in die Verwaltung der Länder diese Zuwendungen nicht von den Gemeinden zurückfordern. Bezüglich der Geltendmachung seiner Rückzahlungsforderung ist er auf die Länder angewiesen, die den Zuwendungsrückforderungsbescheid ggf. nicht erlassen können oder wollen. 59 Z. B. zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen, siehe hierzu VG Köln, NVwZ 1984, 537; aus Mitteln der Grenzlandhilfe, siehe hierzu OVG Münster, NVwZ 1985, 118; für kommunale verkehrswirtschaftliche Investitionen, siehe hierzu OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448. 60 Der Haushaltsplan ist ein formelles Gesetz (vgl. Art. 110 Abs. 2 S. 1 GG, § 3 BHO und die entsprechenden Vorschriften der Landesverfassungen und Landeshaushaltsordnungen), das die Verwaltung zwar ermächtigt, Ausgaben und Verpflichtungen einzugehen, aber nur zu den dort genannten Verwendungszwecken; vgl. Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 16 ff. 61 Z. B. zum Ausbau von Gemeindestraßen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz vom 11. 2. 1988 (BGBl. I S. 101, zul. geändert durch Gesetz vom 29. 10. 2001), siehe hierzu VGH München, NVwZ 2000, 829; VGH München, BayVBl. 2000, 245. 62 Z. B. zur Erweiterung und zum Betrieb einer Landwirtschaftsschule, siehe hierzu OVG Koblenz, NVwZ 1988, 945 und 947. 63 U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 51 f.

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In beiden Fällen wird der Wille des Haushaltsgesetzgebers übergangen, der dem begünstigenden Verwaltungsträger diejenigen Mittel für die Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellt hat, die dieser nun unter Umständen rechtswidrigerweise einem dritten Verwaltungsträger zuweist. cc) Keine Differenzierung zwischen begünstigenden und belastenden Verwaltungsakten Insofern ist es bei der Problematik der Zulässigkeit von Verwaltungsakten im Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander nicht geboten, nach belastenden und begünstigenden Verwaltungsakten zu differenzieren; ein sachlicher Grund hierfür besteht nicht. Im Verhältnis zweier Hoheitsträger macht es nämlich keinen Unterschied, ob Zuständigkeiten und Finanzmittel zugunsten des Rechtsträgers der erlassenden Behörde und zu Lasten des Adressaten-Hoheitsträgers oder umgekehrt zu Lasten des Rechtsträgers der erlassenden Behörde und zugunsten des Adressaten-Hoheitsträgers verschoben werden. Beide haben weder das Recht, sich ihrer Kompetenzen und Finanzmittel zu begeben, noch die Befugnis, in Zuständigkeiten und Vermögen eines anderen Hoheitsträgers einzugreifen. Diese bestehen nicht im Eigeninteresse einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, sondern im Interesse der Allgemeinheit. b) Die eingeschränkte materielle Bestandskraft von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern Gegen eine derartige, allein auf die negativen Rechtsfolgen rechtswidriger oder möglicherweise rechtswidriger Verwaltungsakte abstellende Sichtweise lässt sich einwenden, dass die Rechtsordnung selbst die Bestandskraft des Verwaltungsakts so einschränkt, dass der eben beschriebene Eingriff in die gesetzliche Kompetenzund Finanzmittelaufteilung zwischen den betroffenen Hoheitsträgern rückgängig gemacht werden kann. Zudem treffen Rechtsprechung und Literatur durch eine einschränkende Auslegung der §§ 48 ff. VwVfG insbesondere bei begünstigenden Verwaltungsakten gewisse Vorkehrungen gegen die Gefährdung der Rechtsordnung durch rechtswidrige bestandskräftige Verwaltungsakte. aa) Aufhebungsverbote (1) Die Pflicht zur Anfechtung rechtswidriger Verwaltungsakte Was zum einen die Anfechtbarkeit von Verwaltungsakten angeht, ist zu betonen, dass derjenige Hoheitsträger, der Adressat des Verwaltungsakts ist, berechtigt ist, den seiner Ansicht nach rechtswidrigen Verwaltungsakt durch Widerspruch (§ 68 Abs. 1 S. 1 VwGO) und Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1, 1. Alt. VwGO) im Rahmen der Fristen (§§ 70 Abs. 1 S. 1, 74 Abs. 1 S. 1 VwGO) anzufechten und

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die formelle Bestandskraft des Verwaltungsakts zu verhindern. Darüber hinaus ist sogar eine Rechtspflicht des Adressaten-Hoheitsträgers anzuerkennen, einen rechtswidrigen Verwaltungsakt anzufechten. Denn während der Bürger es unterlassen kann, Rechtsschutz in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten in Anspruch zu nehmen (Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG) 64, ist die juristische Person des öffentlichen Rechts als Adressat des Verwaltungsakts dem Gemeinwohl und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet und nicht berechtigt, die ihr zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben eingeräumten Rechtspositionen aufzugeben. Zwar ist zuzugeben, dass sich die Unrichtigkeiten, die sich beispielsweise bei der verbindlichen Feststellung der Bevölkerungszahl einer Gemeinde durch ein Statistisches Landesamt ergeben, vor allem zu Lasten der Gemeinde auswirken, deren rechtliche Stellung von der amtlichen Zahl ihrer Einwohner in vielen Bereichen abhängig ist. 65 Allerdings dient ihr die Art der rechtlichen Stellung wiederum zur sachgerechten Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben und stellt keinen Selbstzweck dar. Daher steht auch die Beseitigung von Verwaltungsakten, die in diese Rechtsstellung eingreifen, im öffentlichen Interesse. Die Zuweisung von Aufgaben, Zuständigkeiten und Finanzmitteln an die einzelnen Verwaltungsträger ist unverzichtbar. Für Bescheidenheit und Nachgiebigkeit in Kompetenzfragen ist kein Raum, vielmehr besteht ein „Legalitätsprinzip“ 66 im Staats- und Verwaltungsorganisationsrecht. Es besteht die Pflicht zur Wachsamkeit gegenüber Kompetenzüberschreitungen des anderen und zur Abwehr von Störungen im föderativen Bereich. Kompetenzen haben altruistischen Charakter; ihnen fehlt jedes Element voluntativer Beliebigkeit. 67 Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts müssen daher ihre Verfahrensrechte gegen möglicherweise rechtswidrige Verwaltungsakte in Anspruch nehmen. 68 Die Pflicht zur Anfechtung ist eine echte Rechtspflicht. 69 Diese Erwägungen gelten im Grundsatz auch dann, wenn ein Hoheitsträger durch einen an ihn gerichteten Verwaltungsakt begünstigt wird; zur Anfechtung eines begünstigenden Verwaltungsaktes fehlt ihm in aller Regel aber die

64 In einem solchen Fall macht der Bürger lediglich tatsächlich von einem Grundrecht keinen Gebrauch, es handelt sich nicht um einen Fall des Grundrechtsverzichts, Pieroth / Schlink, Grundrechte, 22. Aufl., Rn. 133. 65 VGH Mannheim, NJW 1988, 988, 989. 66 Hier ist Legalitätsprinzip nicht im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO als Pflicht der Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Straftaten bei zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten zu verstehen, sondern als Pflicht desjenigen Hoheitsträgers, in dessen Kompetenzen eingegriffen wird, hiergegen vorzugehen. 67 Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585, 589 f. (zum Bund-LänderVerhältnis). 68 So auch Druschel, Verwaltungsaktbefugnis, S. 255. 69 Die Nichtbeachtung dieser Pflicht zieht keine rechtlichen Konsequenzen nach sich, siehe hierzu c) aa) (S. 166 f.). Dies ändert aber nichts an dem Charakter einer echten Rechtspflicht, vgl. VerfGH Rh.-Pf., NVwZ 1982, 614, 618.

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Widerspruchs- und Klagebefugnis (§§ 42 Abs. 2, 68 Abs. 1 S. 1, 70 Abs. 1 S. 1 VwGO). Um den Charakter der Anfechtungspflicht als (sanktionslose) Rechtspflicht zu beschreiben, sollte der Begriff der Obliegenheit vermieden werden. 70 Dieser Begriff stammt aus dem Zivilrecht, insbesondere dem Versicherungsrecht, 71 und bezeichnet eine in einem Schuldverhältnis bestehende Mitwirkungspflicht des Gläubigers ohne eigentlichen Schuldcharakter, 72 die keinen Erfüllungsanspruch begründet und im Falle der Nichterfüllung keine Schadensersatzpflicht nach sich zieht. 73 Das Einlegen eines Rechtsbehelfs kann aber nicht mit einer Mitwirkungspflicht in einem Schuldverhältnis verglichen werden, denn das Verstreichenlassen der Widerspruchs- bzw. Anfechtungsfrist stellt lediglich ein Untätigbleiben des Adressaten und kein Unterlassen einer notwendigen Mitwirkungshandlung dar; die Wirksamkeit des Verwaltungsakts als einseitige Maßnahme ist von der Zustimmung des Adressaten unabhängig. Die Bezeichnung der Anfechtungspflicht als Obliegenheit ist auch deswegen nicht angebracht, weil die Befolgung der Obliegenheit ein Gebot des eigenen Interesses des Gläubigers ist 74 und der Gläubiger durch eine Obliegenheitsverletzung ein Recht oder einen rechtlichen Vorteil verliert, über den er aufgrund der ihm zustehenden Privatautonomie verfügen kann, während die Anfechtungspflicht gerade aus der Gemeinwohlverpflichtung und der Bindung an Gesetz und Recht des Verwaltungsträgers resultiert. Da also jeder Verwaltungsträger rechtlich dazu verpflichtet ist, die ihm gegenüber erlassenen Verwaltungsakte auf ihre Rechtmäßigkeit und speziell auf einen Eingriff in seine Kompetenzen und sein Vermögen hin zu überprüfen und ggf. innerhalb eines Monats anzufechten, und hierfür auch die nötige Fach- und Rechtskunde 75 besitzt, lässt sich die Zahl der rechtswidrigen Verwaltungsakte, die den oben beschriebenen Eingriff in die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelverteilung bewirken, beträchtlich reduzieren. (2) Die eingeschränkte Anwendbarkeit der §§ 48 ff. VwVfG Soweit die materielle Bestandskraft des Verwaltungsakts auf dessen nur beschränkte Aufhebbarkeit gem. §§ 48 ff. VwVfG gestützt wird, ist auch dies im Verhältnis zweier Hoheitsträger zueinander nur eingeschränkt zutreffend.

70

So BVerwG, DVBl. 1992, 1295. Esser / Schmidt, SchR AT I/1, 8. Aufl., S. 113. 72 Creifelds, Rechtswörterbuch, 19. Aufl., S. 836. 73 Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl., Einl. v. § 241, Rn. 13; Esser / Schmidt, SchR AT I/1, 8. Aufl., S. 113. 74 Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl., Einl. v. § 241, Rn. 13. 75 OVG Koblenz, NVwZ 1988, 947, 948; VGH München, BayVBl. 2000, 945, 946. 71

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(a) Vertrauensschutz Es entspricht überwiegender Ansicht, dass sich Hoheitsträger nicht auf Vertrauensschutz berufen können. 76 Der in § 48 Abs. 2 VwVfG normierte Vertrauensschutz ist eine Einrichtung für den Staatsbürger gegenüber dem ihm überlegenen Staat nebst seiner mächtigen Verwaltung. 77 Er ist auf die Belange des häufig rechtsunkundigen und den Behörden hilflos gegenüberstehenden Bürgers ausgerichtet und kann auf die Beziehungen von Behörden untereinander nicht übertragen werden. 78 Denn die Verwaltungsträger sind dem Gemeinwohl und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet, sie sind dafür verantwortlich, dass die öffentlichen Mittel sachgerecht, d. h. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, und rechtmäßig verwendet werden. Insofern hat ein Hoheitsträger, der zu Unrecht öffentliche Mittel erhalten hat, Pflichten von stärkerer Bindungskraft als ein privater Bürger, der nicht dem Gemeinwohl und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet ist. 79 Zwar trifft es zu, dass das Gesetz in § 48 Abs. 2 VwVfG ebenso wenig wie in § 35 S. 1 VwVfG einen Unterschied zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern macht und auch Hoheitsträger die ihnen gewährten Leistungen schon verbraucht haben können (vgl. das Regelbeispiel für schutzwürdiges Vertrauen in § 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG). 80 Aber der Gesetzgeber hat den Fall, dass sowohl auf Seiten des Begünstigten als auch auf Seiten des Leistungserbringers öffentliche 76 BVerwGE 23, 25, 30 f.; BVerwGE 27, 215, 217 f.; BVerwGE 60, 208, 211; OVG Münster, NVwZ 1985, 118, 119; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448, 449; BSGE 64, 24, 26 f.; OVG Münster, DVBl. 1997, 1286, 1287; VGH München, BayVBl. 2002, 80, 81; NVwZ 2000, 829, 830; VG Minden, NVwZ-RR 2000, 269; Becker, DÖV 1973, 379, 381; Meyer, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 48 Rn. 90; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 44, 142 a; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 48 Rn. 48; U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 369; Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 11. Aufl., § 30 Rn. 7; aA VGH Mannheim, NVwZ 1991, 79, 80; Kisker, VVDStRL 32 (1974), 149, 168 ff.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 48 Rn. 101 (ohne Begründung). Der Beschluss des VerfGH Rh.-Pf., DVBl. 2007, 1176, trifft keine Aussage zur Geltung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes für juristische Personen des öffentlichen Rechts allgemein, hält es aber für zulässig, dass sich Gemeinde und Gemeindeverbände auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes im Sinne einer Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der Rechtsordnung, konkret auf das Rückwirkungsverbot, berufen können, wenn und soweit sie durch ein rückwirkendes Gesetz in ihrer durch Art. 49 Abs. 5 und 6 LVerf. geschützten Finanzhoheit betroffen werden. 77 OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448, 449; BVerwGE 23, 25, 30. 78 OVG Münster, NVwZ 1985, 118, 119. 79 St. Rspr. seit BVerwGE 60, 208, 211; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448, 449; VGH München, NVwZ 2000, 829; VG Minden, NVwZ-RR 2000, 269. 80 VGH Mannheim, NVwZ 1991, 79, 80; nach U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 369, kann die Tatsache, dass eine Gemeinde eine gewährte Finanzhilfe bereits verbraucht hat, allenfalls bei der Ermessensentscheidung nach § 48 Abs. 1 VwVfG berücksichtigt werden.

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Aufgaben und Interessen wahrgenommen werden, erkennbar nicht bedacht. Dies ergibt sich insbesondere aus § 48 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 und 2 VwVfG, in dem die Befugnis zur Rücknahme von bestimmten subjektiven Merkmalen auf Seiten des Begünstigten abhängig gemacht wird, wie sie bei einem Hoheitsträger gewöhnlich nicht vorliegen oder jedenfalls kaum feststellbar sind. 81 Insgesamt ist es bei der Rücknahme eines gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsakts daher notwendig und geboten, allein die Herstellung materieller Gerechtigkeit entsprechend der vom Gesetzgeber geschaffenen Rechtslage zu verfolgen und die zum Schutze der Interessen des Bürgers geschaffenen Einschränkungen in diesem Falle außer Acht zu lassen. 82 (b) Wegfall der Bereicherung Ebenso wenig können sich Hoheitsträger bezüglich des Erstattungsanspruchs der gewährenden Behörde nach § 49a Abs. 1 VwVfG auf den Wegfall der Bereicherung gem. § 49a Abs. 2 VwVfG berufen, so dass zu Unrecht erfolgte Vermögensverschiebungen uneingeschränkt rückgängig gemacht werden können. 83 Die hier anzustellenden Erwägungen sind mit denjenigen zum Vertrauensschutz vergleichbar. In der Möglichkeit, sich gegenüber einem Erstattungsanspruch auf den Wegfall der Bereicherung zu berufen, hat ebenfalls der Gedanke des Vertrauensschutzes Niederschlag gefunden. 84 Auch in Bezug auf den Wegfall der 81 BSGE 64, 24, 26 (dort zu dem im Wesentlichen gleich lautenden § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X). 82 BSGE 64, 24, 27. OVG Münster, DVBl. 1997, 1286, 1287 will eine Ausnahme hierzu für den Fall anerkennen, dass der Empfänger der Leistung die Rechtswidrigkeit der Leistungsgewährung objektiv nicht erkennen konnte, er auch nicht als endgültiger Empfänger der Zuwendung anzusehen war und der die Leistung gewährende Hoheitsträger diese ausschließlich finanzieren sollte. In einem solchen Fall könne man dem Leistungsempfänger das Risiko einer eventuellen Rückzahlungspflicht im Falle der Rechtswidrigkeit der Zuwendung nicht ohne Gewährung von Vertrauensschutz aufbürden. Das OVG Münster sah aber selbst im zu entscheidenden Falle die Voraussetzungen dieser Ausnahme nicht als gegeben an. 83 BVerwGE 36, 108, 113 f.; BVerwGE 60, 208, 211; BVerwGE 71, 85, 89; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448, 449; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 945, 946; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 947, 948; OVG Münster, DVBl. 1997, 1286, 1287; OVG Lüneburg, Nds. VBl. 2000, 165, 171; VGH München, BayVBl. 2002, 80, 82; Meyer, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 49a Rn. 17; v. Mutius, VerwArch 71 (1980), 413, 415; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., S. 435; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 49a Rn. 46; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 49a Rn. 31; Hüttenbrink / Windmöller, SächsVBl. 2001, 181, 184; aA (ohne Begründung) Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 49a Nr. 14. Auch wenn der erstattungspflichtige Hoheitsträger sich nicht auf Entreicherung berufen kann, darf hieraus nicht geschlossen werden, dass § 49a VwVfG insgesamt nicht auf ein Erstattungsverhältnis zwischen Hoheitsträgern anwendbar ist (so aber Hüttenbrink / Windmöller, SächsVBl. 2001, 181, 184); die Unbeachtlichkeit des Entreicherungseinwandes führt lediglich zu einer einschränkenden Auslegung des § 49a Abs. 2 VwVfG, vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 2004, 317, 318.

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Bereicherung wird wieder betont, dass Verwaltungsträger dem Gemeinwohl und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sind und insbesondere dafür verantwortlich sind, dass die öffentlichen Mittel sachgerecht, d. h. nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, und rechtmäßig verwendet werden. Auch bestehe für einen Hoheitsträger nicht das gleiche schutzwürdige Interesse wie für eine Privatperson, sich schuldbefreiend auf den Wegfall der Bereicherung berufen zu dürfen. Denn aufgrund der Finanzausgleichssysteme könne beispielsweise eine Gemeinde anders als eine Privatperson durch eine hohe Rückerstattungsverpflichtung nicht in ihrer wirtschaftlichen Existenz und ihrer wirtschaftlichen Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Aufgaben ernstlich gefährdet werden. 85 (c) Ermessen Auch im Rahmen des Ermessens sind Besonderheiten zu beachten. Generell gilt, dass die bloße Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts das Ermessen nicht auf Null schrumpfen lässt. Dies würde dem gesetzlich eingeräumten Ermessen nicht ausreichend Rechnung tragen. 86 Vielmehr sind die beiden Prinzipien der materiellen Gerechtigkeit einerseits und der Rechtssicherheit andererseits grundsätzlich als gleichgewichtige Leitpunkte des Ermessens anzusehen. 87 Dies gilt auch, wenn der Adressat des Rücknahmebescheides ein Verwaltungsträger ist; in diesem Fall ist die Ausübung des Ermessens nicht schon allein aus diesem Grund entbehrlich. 88 Jedoch wäre es inkonsequent, Erwägungen des Vertrauensschutzes bei der Prüfung der Voraussetzungen der Rücknahme zu verbieten und sie bezüglich des Ermessens gleichsam durch die Hintertür wieder zuzulassen. Entsprechend muss also die subjektive Komponente der Rechtssicherheit zurücktreten, die Herstellung des rechtmäßigen Zustandes hat im öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung im Vordergrund zu stehen. 89 Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Haushaltsführung und das Interesse an der gleichmäßigen Belastung aller öffentlichen Haushalte gebieten es in der Regel, rechtswidrige Begünstigungen aufzuheben. 90 Dabei muss die erlassende Behörde nicht unbedingt die Entlastung ihres eigenen Haushalts durch 84

BVerwGE 36, 108, 113. BVerwGE 36, 108, 114; insofern gilt für Selbstverwaltungsträger nichts anderes als für staatliche Behörden, denn Selbstverwaltung findet nur im Rahmen der Gesetze statt, entbindet nicht von ihnen, vgl. U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 369. 86 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 89; vgl. auch BVerfGE 20, 230, 235. 87 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 96; BVerwGE 44, 333, 336; BVerwG, NVwZ 1985, 265; VGH Kassel, NVwZ 1995, 394, 395 (die zitierten Urteile betreffen gegenüber Privaten erlassene Verwaltungsakte). 88 BSGE 64, 24, 28. 89 BSGE 64, 24, 28; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448, 449. 85

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den Rückfluss ungerechtfertigt bewilligter Mittel bezwecken; die Rückforderung ist auch gerechtfertigt, wenn die Mittel stattdessen den Haushalten von anderen Verwaltungsträgern, die an dem durch den Verwaltungsakt begründeten Rechtsverhältnis nicht unmittelbar beteiligt waren, zufließen. 91 Trotz der Annahme eines derartigen intendierten Ermessens, nach dem im Regelfall von einer Ermessensausübung in eine bestimmte Richtung auszugehen ist, darf es aber nicht versäumt werden, alle Umstände des Einzelfalls in die Abwägung einzubeziehen. 92 Die erlassende Behörde kann daher beispielsweise von der Rücknahme eines Leistungsbescheids absehen, wenn der Vollzug der Rücknahme angesichts des damit verbundenen Verwaltungsaufwandes unangemessen wäre. 93 Insofern besteht also keine generelle Pflicht der erlassenden Behörde zur Rücknahme von gegenüber Hoheitsträgern erlassenen rechtswidrigen bestandskräftigen Verwaltungsakten, die Behörde entscheidet vielmehr nach – wenn auch durch die aufgezeigten Kriterien gelenktem – pflichtgemäßem Ermessen. Dem betroffenen Hoheitsträger steht ein entsprechender Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des Ermessens zu, der mittels einer Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage gerichtlich geltend gemacht werden kann. 94 Gegen eine auf der Grundlage des Art. 20 Abs. 3 GG geforderte Pflicht zur Rücknahme und einen dem betroffenen Hoheitsträger zustehenden Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsakts, der durch Verpflichtungsklage gem. § 42 Abs. 1, 2. Alt. VwGO durchgesetzt werden könnte, spricht außerdem, dass die Rechtsbehelfsfristen für Widerspruch und Anfechtungsklage praktisch bedeutungslos würden und die Sache ständig im Streit bliebe. 95 Auch würde die oben statuierte Anfechtungspflicht entkräftet, wenn der Adressaten-Hoheitsträger den Fristablauf nicht fürchten müsste und zwischen Widerspruch und Anfechtungsklage einerseits und Verpflichtungsklage andererseits frei wählen könnte. (d) Jahresfrist Schließlich ist zu überlegen, ob der Ablauf der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG der Rücknahme 96 eines gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen Ver90 OVG Bautzen, SächsVBl. 1998, 263, 266; BVerwGE 116, 332, 337; so auch für an Private gewährte Subventionen BVerwGE 105, 55, 57 f.; OVG Magdeburg, LKV 2000, 545, 546; OVG Münster, NVwZ 1996, 610, 613; OVG Münster, NVwZ-RR 1997, 585, 590. 91 OVG Bautzen, SächsVBl. 1998, 263, 266. 92 OVG Bautzen, SächsVBl. 1998, 263, 266. Vgl. zu den Anforderungen an die Begründung einer derartigen Ermessensentscheidung unten 5. Kap. A. II. 2. b) (S. 219 ff.). 93 BSGE 64, 24, 28. 94 Schenke, VerwProzR, 10. Aufl., Rn. 264, 278; Schmitt Glaeser / Horn, VerwProzR, 15. Aufl., Rn. 303. 95 VGH München, BayVBl. 1984, 405; Hufen, VerwProzR, 6. Aufl., § 15 Rn. 8; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 100; Schenke, VerwProzR, 10. Aufl., Rn. 278, 497 b.

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waltungsakts entgegenstehen kann oder ob diese Fristbestimmung im Verhältnis zweier Hoheitsträger zueinander ebenfalls nicht anwendbar ist. Nach dieser Vorschrift ist die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts (§ 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG) nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig, wenn die Behörde von Tatsachen Kenntnis erhält, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts rechtfertigen. In Literatur und Rechtsprechung wird diese Vorschrift auch auf die Rücknahme eines gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsaktes angewandt. 97 Dafür wird vorgebracht, dass § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG eine Regel ohne Ausnahme sei und ihrem Wortlaut nach nicht danach differenziere, gegenüber wem der Verwaltungsakt erlassen worden sei. 98 Dafür spreche auch, dass die Fristbindung unabhängig von schutzwürdigen Vertrauenspositionen des Betroffenen eingreife. 99 Denn Abs. 4 kommt im Sinne einer Begrenzung der Rücknahme erst zur Anwendung, wenn die Rücknahme des Verwaltungsakts nach Abs. 2 zulässig, d. h. nicht wegen überwiegenden Vertrauensschutzes ausgeschlossen ist. Die Jahresfrist diene der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit als rechtsstaatlichen Anliegen objektiver Natur 100 und der Verfahrensbeschleunigung. 101 Der Wortlaut der Vorschrift allein kann jedoch nicht ausschlaggebend sein. Denn wenn der Gesetzgeber schon bei der Regelung des Abs. 2 nicht an den Fall des gegenüber einem anderen Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsakt gedacht hat, ist es unwahrscheinlich, dass dies bei Abs. 4 so sein soll. Entscheidend müssen daher systematischer Zusammenhang und Sinn und Zweck dieser Vorschrift sein. Gegen eine Anwendbarkeit der Vorschrift in den hier behandelten Fällen spricht systematisch, dass eine Differenzierung nach begünstigenden und belastenden Verwaltungsakten wegen der auf beiden Seiten bestehenden öffentlich-rechtlichen Pflichtenbindung verfehlt ist und dass im Übrigen die einen anderen Hoheitsträger 96

Die Jahresfrist gilt auch für den Widerruf von Verwaltungsakten (vgl. § 49 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2 VwVfG). 97 So ausdrücklich VG Köln, NVwZ 1984, 537, 538; VGH München, BayVBl. 2002, 80, 81; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 48 Rn. 148; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 204; ferner implizit OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448, 449; VGH München, BayVBl. 2000, 248 (Widerruf eines zugunsten einer Gemeinde erlassenen Subventionsbescheides wegen Ablauf der Jahresfrist unzulässig); VG Minden, NVwZ-RR 2000, 269. 98 VG Köln, NVwZ 1984, 537, 538. 99 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 204. 100 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 204 f. Der Rechtsgrundsatz der Rechtssicherheit als wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips verlangt objektiv ein Mindestmaß an Kontinuität des Rechts, vor allem für die Modalitäten seiner Änderung, um die Verlässlichkeit der Rechtsordnung zu erhalten; vgl. Schulze-Fielitz, in: Dreier, GG, Art. 20 (Rechtsstaat), Rn. 146. 101 Meyer, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 48 Rn. 72, 73; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 48 Rn. 87.

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begünstigenden Verwaltungsakte wegen der Versagung des Vertrauensschutzes und des Wegfalls der Bereicherung und wegen der vorgeprägten Ermessensentscheidung kaum anders behandelt werden als die belastenden Verwaltungsakte. Es erscheint daher inkonsequent, die an sich schon fragwürdige Differenzierung dadurch fortzuführen, dass auf die begünstigenden Verwaltungsakte die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG angewendet wird und auf die belastenden nicht. Auch Sinn und Zweck dieser Regelung sprechen dagegen. Nach Ansicht des BVerwG dient die Jahresfrist der im Interesse der Rechtssicherheit nötigen Klarstellung, ob ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zurückgenommen wird oder ob und von welchem Zeitpunkt an der jeweilige Einzelfall durch Nichtrücknahme des Verwaltungsakts endgültig abgeschlossen ist, da die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts aufgrund des § 48 Abs. 2 VwVfG ganz oder teilweise ausgeschlossen sein kann und die Behörde auch nach dem in Abs. 1 eingeräumten Ermessen von der Rücknahme absehen kann. 102 Die Vorschrift dient also nochmals dem Vertrauensschutz, 103 wenn auch einem Vertrauensschutz, der das öffentliche Interesse an einer Rücknahme des Verwaltungsaktes nicht überwiegt. Sie ist in unmittelbarem Zusammenhang mit den anderen Sonderregelungen für begünstigende Verwaltungsakte zu sehen. Da aber zugunsten des Adressaten-Hoheitsträgers die Regelungen des Vertrauensschutzes nicht anwendbar sind und das Ermessen in der Regel zugunsten der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ausfällt, ist eine derartige Klarstellung nicht notwendig. Eine Ungewissheit über das Ob der Rücknahme des Verwaltungsaktes besteht nicht: Der Verwaltungsakt wird zurückgenommen. Auch bedarf der Adressaten-Hoheitsträger keines Schutzes durch eine zeitliche Beschränkung des Rücknahmerechts der erlassenden Behörde. Ein darüber hinausgehendes rein objektives Interesse an dem Bestand eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts ist angesichts des Fehlens einer gleichartigen Regelung für belastende Verwaltungsakte aus den o. g. Gründen nicht ersichtlich. bb) Abweichungsverbote Bezüglich der Abweichungsverbote ist zu beachten, dass die Bindung der erlassenden Behörde an den von ihr erlassenen Verwaltungsakt vor und nach dessen Unanfechtbarkeit nur soweit besteht, wie die erlassende Behörde diesen nicht gem. §§ 48 und 49 VwVfG zurücknimmt bzw. widerruft. 104 Die Voraussetzungen 102

BVerwGE 70, 356, 359. VGH Mannheim, NVwZ 1984, 382; BVerwG, DVBl. 1982, 1001; BVerfG, NJW 2000, 2015, 2016; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 48 Rn. 146; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 48 Rn. 87; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 48 Rn. 205. 104 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 44, 46. 103

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hierfür werden aber – wie gerade gezeigt – im Verhältnis zweier Hoheitsträger zueinander erleichtert. Unter diesen Umständen ist die Bedeutung der Selbstbindung der erlassenden Behörde gering. Insgesamt lässt sich daher festhalten, dass die formelle und materielle Bestandskraft von zwischen zwei Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten aufgrund der Anfechtungspflicht und einer restriktiven Auslegung der §§ 48 ff. VwVfG in geringerem Umfange besteht als bei gegenüber einem Bürger erlassenen Verwaltungsakten. Die eingeschränkte materielle Bestandskraft insbesondere von begünstigenden Verwaltungsakten bedeutet zugleich, dass die Rücknahme belastender und begünstigender Verwaltungsakte im Wesentlichen nach denselben Grundsätzen erfolgt, und belegt noch einmal, dass eine differenzierte Behandlung beider Arten von Verwaltungsakten nicht geboten ist. c) Der Eingriff in die gesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung Auch wenn die angeführten Grenzen der formellen und materiellen Bestandskraft beachtlich sind, wird die Gefahr der Verschiebung von Kompetenzen und Finanzmitteln zwischen den einzelnen Verwaltungsträgern nicht vollständig ausgeräumt. aa) Die fehlende Sanktionierbarkeit der Nichtbeachtung der Hoheitsträgern auferlegten Pflichten Die Gefahr der Verschiebung von Kompetenzen und Finanzmitteln zwischen den einzelnen Verwaltungsträgern besteht zum einen deshalb, weil die Pflicht des Adressaten-Hoheitsträgers zur Anfechtung des streitigen Verwaltungsakts und die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens der erlassenden Behörde in Bezug auf die Aufhebung des Verwaltungsakts nicht sanktionierbar sind. Es ist nicht auszuschließen, dass der Adressaten-Hoheitsträger es aus Nachlässigkeit versäumt, einen Rechtsbehelf innerhalb der Fristen einzulegen, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und den damit bewirkten Eingriff in seine Kompetenzen verkennt und davon absieht, Widerspruch zu erheben, oder es schließlich sogar willentlich und wider besseres Wissen unterlässt, Rechtsbehelfe in Anspruch zu nehmen. In diesen Fällen tritt die formelle Bestandskraft des Verwaltungsakts trotz der Pflicht zur Anfechtung ein. Dritte können die Anfechtungspflicht nicht durchsetzen, denn sie haben keinen Anspruch auf Anfechtung des rechtswidrigen Verwaltungsakts durch den Adressaten. Die Rechtsordnung kennt eine solche Konstruktion nicht. Dritte sind nur selbst widerspruchs- und klagebefugt, wenn eine Verletzung ihrer eigenen Rechte durch den Verwaltungsakt möglich ist. Auch die erlassende Behörde bedarf der Anfechtung nicht, da sie den Verwaltungsakt selbst zurücknehmen bzw. widerrufen kann. Die Anfechtungspflicht kann daher gerichtlich nicht eingefordert werden, mangels Vollstreckungstitel ist auch eine

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Vollstreckung nicht möglich. Auch können Dritte bei Verletzung der Anfechtungspflicht keinen Amtshaftungsanspruch geltend machen. Die erlassende Behörde erleidet schon keinen Schaden, da sie insbesondere die sie belastenden, den Adressaten begünstigenden Verwaltungsakte selbst aufheben kann. Im Übrigen obliegt dem Adressaten die Anfechtungspflicht nicht gegenüber der erlassenden Behörde, sondern allenfalls gegenüber der Allgemeinheit. Deren Schaden ist aber nicht individualisierbar und bezifferbar. Auch würde der Verwaltungsakt durch einen Amtshaftungsanspruch nicht aus der Welt geräumt. Außerdem ist denkbar, dass der zur Rücknahme oder zum Widerruf berechtigte Hoheitsträger die Aufhebung des Verwaltungsakts schlicht unterlässt oder das Vorliegen der Voraussetzungen bestreitet, obwohl im Regelfall allein eine Aufhebung des Verwaltungsakts ermessensfehlerfrei sein wird. Diese Gefahr besteht bei begünstigenden Verwaltungsakten beispielsweise dann, wenn ein Hoheitsträger, z. B. ein Land, einem anderen Hoheitsträger Mittel aus fremden Töpfen, z. B. aus Bundesmitteln oder EU-Mitteln, zugewiesen und kein eigenes Interesse an deren Rückforderung hat. Das Problem stellt sich aber auch bei belastenden Verwaltungsakten, wenn die Rechtslage zwischen beiden Verwaltungsträgern umstritten ist und der erlassende Hoheitsträger den Verwaltungsakt verwendet hat, um den seines Erachtens die Leistung zu Unrecht verweigernden Hoheitsträger zur Erbringung der Leistung anzuhalten und um vorsorglich den Eintritt der Verjährung des Anspruchs zu verhindern. bb) Die verjährungshemmende Wirkung des Erlasses eines Verwaltungsakts (§ 53 VwVfG) Zum anderen können die Rechtswirkungen eines Verwaltungsakts nicht immer rückgängig gemacht werden. Dies trifft auf die Auswirkungen des Erlasses eines Verwaltungsakts auf die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs 105 zu: Gemäß § 53 Abs. 1 S. 1 VwVfG hemmt ein Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, die Verjährung dieses Anspruchs. 106 Es ist anerkannt, dass alle iSd § 43 VwVfG wirksamen Verwaltungsakte die Hemmung der Verjährung bewirken können, also auch die rechtswidrigen, solange 105 Auch Ansprüche im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander unterliegen der Verjährung, siehe hierzu unten III. 1. (S. 171 f.). 106 § 53 VwVfG wurde durch Gesetz vom 21. 6. 2002 (BGBl. I S. 2167 (2186 f.)) geändert und an die durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz vom 26. 11. 2001 (BGBl. I S. 3138) bewirkte grundlegende Neuregelung des Verjährungsrechts der §§ 194 ff. BGB angepasst, vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 53 Rn. 1. Nach § 53 VwVfG aF bewirkte der Erlass eines Verwaltungsakts noch die Unterbrechung der Verjährung des geltend gemachten Anspruchs.

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sie nicht nichtig und damit unwirksam sind (§ 43 Abs. 3 VwVfG). 107 Die neugefasste Formulierung „zur Feststellung oder Durchsetzung des Anspruchs“ stellt zudem klar, dass nicht nur Verwaltungsakte im Rahmen von Verwaltungsvollstreckungsverfahren, Festsetzungs- und Leistungsbescheide, sondern auch Feststellungsbescheide, also Verwaltungsakte, die eine Leistung verbindlich feststellen, die Verjährung hemmen können. 108 Freilich muss ein Anspruch geltend gemacht werden, hoheitliche Eingriffsbefugnisse unterliegen keiner Verjährung. 109 Auch ist unbestritten, dass der Adressaten-Hoheitsträger eine Beendigung oder Unterbrechung der Hemmung durch Widerspruch und Anfechtungsklage nicht erreichen kann. Diese Rechtsbehelfe haben zwar gem. § 80 Abs. 1 S. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Unabhängig davon, wie man den Streit über die Rechtsnatur dieses sog. Suspensiveffekts entscheidet, 110 ergibt sich aber aus einem Umkehrschluss zu § 53 Abs. 1 S. 2 VwVfG, dass kein Rechtsbehelf die ursprünglichen Verjährungsfristen des Anspruchs weiterlaufen lassen kann. 111 Denn gemäß § 53 Abs. 1 S. 2 VwVfG endet die Hemmung erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts oder sechs Monate nach seiner anderweitigen Erledigung. Diese knappe Formulierung lässt sich nur so verstehen, dass die Aufzählung der beiden Alternativen abschließend ist. Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts ist gegeben, wenn die Rechtsbehelfsfristen abgelaufen sind, die Rechtsbehelfe verwirkt sind oder wirksam auf sie verzichtet wurde oder die Rechtskraft eines klageabweisenden gerichtlichen Urteils eingetreten ist. 112 In diesem Fall tritt gem. § 53 Abs. 2 S. 1 VwVfG an die Stelle der regulären Verjährungsfrist 107 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 8; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 53 Rn. 29; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 53 Rn. 21; P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 27; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 54 Rn. 3; VGH München, NVwZ 2000, 83, 84. 108 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 7. Diese Neufassung übersieht Kopp / Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 22, und 9. Aufl., § 53 Rn. 30, hält aber dennoch Feststellungsbescheide für vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst. In diesem Sinne aber schon vor der Gesetzesänderung Kopp / Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 53 Rn. 22; P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 29; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 482 f. 109 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 53 Rn. 15; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 53 Rn. 6; P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 6 a; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 475 ff. 110 Vgl. hierzu Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 10 Rn. 30b und Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 80 Rn. 22 mit Nachweisen zum Streitstand. 111 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 53 Rn. 36; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 11; zu § 53 Abs. 1 S. 2 VwVfG aF P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 30. 112 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 12; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 53 Rn. 37; P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 30, § 43 Rn. 21; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 53 Rn. 23.

A. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung

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eine 30jährige Verjährungsfrist. Dies entspricht auch der bisherigen Rechtslage (§ 53 Abs. 1 S. 2, 1. Alt., Abs. 2 VwVfG aF iVm § 218 BGB aF). Unter anderweitiger Erledigung ist jede Form der Beendigung der Wirksamkeit des Verwaltungsakts iSd § 43 VwVfG zu verstehen 113, z. B. ein gerichtlicher Vergleich, ein Vergleichsvertrag nach § 55 VwVfG, aber auch Rücknahme und Widerruf durch die erlassende Behörde gem. §§ 48, 49 VwVfG, Aufhebung im Widerspruchsverfahren durch die Widerspruchsbehörde (§§ 72, 73 VwGO) oder im Anfechtungsprozess durch das Gericht (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO). Anders als § 53 Abs. 1 S. 2 und 3 VwVfG aF differenziert die Neufassung der Vorschrift nicht mehr nach unterschiedlichen Arten der Erledigung. 114 Der frühere Verweis auf § 212 Abs. 1 BGB aF („Die Unterbrechung durch Klageerhebung gilt als nicht erfolgt, wenn die Klage zurückgenommen oder durch ein nicht in der Sache selbst entscheidendes Urteil rechtskräftig abgewiesen wird.“) wurde in der Literatur so interpretiert, dass die Unterbrechung der Verjährung als nicht erfolgt anzusehen war, wenn der Verwaltungsakt, der sie bewirkt hatte, von der erlassenden Behörde selbst oder im Rechtsbehelfsverfahren rückwirkend auf den Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsakts aufgehoben wurde. Nur bei Aufhebung des Verwaltungsakts lediglich für die Zukunft blieb die Unterbrechung der Verjährung bestehen. 115 Insofern konnte eine rückwirkende Aufhebung des Verwaltungsakts dessen Einfluss auf den Lauf der Verjährung rückgängig machen. Der Verweis auf § 212 Abs. 2 BGB aF bedeutete entsprechend, dass die Verjährung weiterhin durch den ersten Verwaltungsakt als unterbrochen galt, wenn binnen sechs Monaten nach Aufhebung des ersten Verwaltungsakts ein neuer erlassen wurde. 116 Diese Unterscheidung lässt sich aber nach der Neufassung der Vorschrift nicht mehr halten: Zum einen ist der Verweis auf die Vorschriften des BGB gestrichen und eine verwaltungsverfahrensrechtliche Sondervorschrift geschaffen worden. Zum anderen hat sich auch im BGB die Rechtslage geändert: Nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nF wird die Verjährung durch die Erhebung der Klage auf Leistung 113 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 53 Rn. 38; P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 31. 114 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 53 Rn. 38; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 13. 115 Henneke, in: Knack, VwVfG, 7. Aufl., § 53 Rn. 11; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 53 Rn. 33 f.; P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 33 f.; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 483; anschauliches Anwendungsbeispiel: VG Regensburg, Urteil vom 25. 2. 1998, Az: RO 3 K 97.92. 116 Henneke, in: Knack, VwVfG, 7. Aufl., § 53 Rn. 12; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl., § 53 Rn. 35; P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 34; de Wall, Die Anwendbarkeit privatrechtlicher Vorschriften im Verwaltungsrecht, S. 483.

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oder auf Feststellung des Anspruchs gehemmt; nach Abs. 2 S. 1 endet diese Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Eine dem § 212 Abs. 1 BGB aF entsprechende Vorschrift und damit eine Sonderregelung über die Klagerücknahme oder Klageabweisung durch Prozessurteil gibt es nicht mehr, 117 das Prozessurteil gilt nunmehr als Entscheidung iSd § 204 Abs. 2 S. 1, 1. Alt. BGB, die Klagerücknahme als anderweitige Beendigung des eingeleiteten Verfahrens iSd § 204 Abs. 2 S. 1, 2. Alt. BGB 118. 119 Entsprechend musste § 53 Abs. 1 S. 2 VwVfG nF geändert werden mit der Folge, dass nunmehr auch die rückwirkende Aufhebung des die Verjährung hemmenden Verwaltungsakts die Hemmung nicht rückwirkend beseitigen kann. Weder die erlassende Behörde, der betroffene Hoheitsträger noch das Gericht haben auf die Verjährungshemmung Einfluss. Im Gegenteil endet die Hemmung immer erst sechs Monate nach der Aufhebung des Verwaltungsakts. 120 Der Erlass eines Verwaltungsakts stellt damit einen erheblichen Eingriff in die regulären, vom Gesetzgeber vorgegebenen Verjährungsfristen dar. Zusammenfassend lassen sich die Rechtsfolgen eines Verwaltungsakts nicht vollständig ausräumen, auch wenn diese aufgrund der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts unerwünscht sind. Im Übrigen hängt die Wiederherstellung der Übereinstimmung mit der materiellen Rechtslage ganz von der Bereitschaft der betroffenen Behörden ab, den Verwaltungsakt anzufechten bzw. aufzuheben. In der Zwischenzeit bleibt der Verwaltungsakt für die Beteiligten und für alle anderen rechtsanwendenden Stellen beachtlich. 117 Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl., § 204 Rn. 33. Die Neuregelung berücksichtigt, dass die Rechtsverfolgung nicht mehr zum Neubeginn, sondern nur noch zur Hemmung der Verjährung führt und damit in deutlich geringerem Maße als bisher auf den Lauf der Verjährung einwirkt, vgl. Mansel, in: Dauner-Lieb / Heidel / Lepa / Ring, Anwaltkommentar Schuldrecht, § 204 Rn. 53. 118 Heinrichs, in: Palandt, BGB, 66. Aufl., § 204 Rn. 34. 119 Für den Bereich des Zivilrechts wird daher an dem neuen § 204 Abs. 2 BGB kritisiert, dass er zu einem Missbrauch der Hemmungswirkung führen könne, für dessen Bekämpfung keine verjährungsrechtlichen Instrumente zur Verfügung stünden. Eine Rechtsverfolgung allein zum Zwecke der Verjährungshemmung könne aber ggf. als rechtsmissbräuchlich und damit als unbeachtlich angesehen werden, vgl. Grothe, in: Münchener Kommentar zum BGB, AT, Bd. 1 a, 4. Aufl., § 204 Rn. 62. Zu den Möglichkeiten, im Bereich des Öffentlichen Rechts die Verjährungshemmung auszuschalten, siehe 6. Kap. A. I. 3. (S. 257 f.). 120 Ähnlich auch Kopp / Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 30, und 9. Aufl., § 53 Rn. 36, missverständlich und wohl noch die alte Rechtslage betreffend insoweit aber 8. Aufl., § 53 Rn. 21 (vgl. den Verweis auf Rn. 33, der in der 7. Aufl. die Problematik behandelte, in der 8. Aufl. aber nicht mehr vorhanden ist) und 9. Aufl., § 53 Rn. 29. Da die Hemmung nicht mehr rückwirkend entfallen kann, stellt sich das Problem, unter welchen Umständen der aufgehobene Verwaltungsakt durch einen anderen (oder ggf. durch eine Leistungsklage) ersetzt werden kann, um die verjährungsunterbrechende Wirkung zu erhalten, nicht mehr. Eine dem § 212 Abs. 2 BGB aF entsprechende Vorschrift macht keinen Sinn mehr. Vgl. aber zur alten Rechtslage VG Regensburg, Urteil vom 25. 2. 1998, Az: RO 3 K 97.92; VGH München, NVwZ 2000, 83, 85.

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III. Die Notwendigkeit der gesetzlichen Ermächtigung für den durch Verwaltungsakt bewirkten Eingriff in die gesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung Aufgrund der gerade beschriebenen Gefahr, dass ein rechtswidriger Verwaltungsakt entgegen den gesetzlichen Regelungen die Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung zwischen den betreffenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts bestimmt, erscheint es notwendig, eine gesetzliche Ermächtigung allein für die Handlungsform Verwaltungsakt zu fordern. Dies stellt sich entsprechend den Ausführungen im 2. Kap. D. 121 nicht als Schlussfolgerung aus der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes dar, sondern als Schlussfolgerung aus der Lehre vom Vorrang des Gesetzes, nach der jeder Eingriff in ein gesetzliches Regelungssystem durch eine Norm gleichen Ranges gestattet sein muss. 122 Nur insofern kann man hier von der Vorbehaltswirkung einer bereits bestehenden gesetzlichen Regelung sprechen. 1. Die Befugnis des Gesetzgebers, die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt vorzusehen Unproblematisch ist es dem Gesetzgeber gestattet, den Erlass von Verwaltungsakten im Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander zuzulassen. Denn auch im Verhältnis von Hoheitsträgern findet der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Rechtssicherheit grundsätzlich Anwendung. Zwar ist – wie oben ausgeführt – im Interesse der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bei der Rücknahme von rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakten die subjektive Komponente der Rechtssicherheit, der Vertrauensschutz, zu vernachlässigen. Ein Hoheitsträger soll sich also nicht auf den Bestand einer zu seinen Gunsten bestehenden rechtswidrigen Lage berufen können. Hingegen besitzt der Gedanke der Rechtssicherheit im Sinne eines Mindestmaßes an Kontinuität des Rechts und im Interesse des Rechtsfriedens und der Verlässlichkeit der Rechtsordnung grundsätzlich auch im Verhältnis von Hoheitsträgern seine Berechtigung. Dies wird dadurch belegt, dass in der Regel auch Ansprüche im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander der Verjährung unterliegen. 123 Idee der Verjährung ist, dass tatsächliche Zustände, die längere Zeit hindurch unangefochten bestanden haben, im Sinne von Rechtsfrieden und Rechtssicherheit als zu Recht 121

S. 94 ff. Siehe I. 1. (S. 144 ff.). 123 Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 53 Rn. 3; P. Stelkens / Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 5; BVerwGE 28, 336, 339; BVerwG, BayVBl. 1987, 23, 26. 122

172 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

bestehend anerkannt werden und die am Rechtsverkehr Beteiligten mittelbar angehalten werden, ihre Rechtspositionen in überschaubarer Frist geltend zu machen. Der Schuldner soll nach einer gewissen Zeit davon ausgehen können, dass ein etwaiger Gläubiger selbst den Anspruch nicht (mehr) für begründet hält oder jedenfalls nicht mehr auf Leistung beharrt. 124 Auch soll den Schwierigkeiten des Schuldners, nach langer Zeit Beweise für anspruchshemmende und anspruchsvernichtende Tatsachen vorbringen zu müssen, entgegengewirkt werden. 125 Diese letztgenannten Aspekte haben auch im Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander ihre Berechtigung: Zum einen liegt eine Verjährung derartiger Ansprüche im öffentlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung. Jedem Hoheitsträger sollen möglichst schnell die ihm zustehenden Finanzmittel zur Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben zur Verfügung stehen, er soll seine Ansprüche daher innerhalb der Fristen geltend machen. 126 Zum anderen liegt auch der Schutz derjenigen Körperschaft, die Schuldner der der Verjährung unterliegenden Ansprüche ist, im allgemeinen Interesse, da das Anwachsen eines Schuldenberges und die überraschende Geltendmachung dieser Forderungen nach längerer Zeit unter Umständen die Wahrnehmung ihrer öffentlichen Aufgaben gefährden oder behindern könnte. 127 Insofern soll auch im Verhältnis von Hoheitsträgern nach Ablauf einer bestimmten Zeit einem unangefochtenen tatsächlichen Zustand der Vorzug vor der wirklichen Rechtslage gegeben werden. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass in den zitierten Urteilen 128 der Akzent der Begründung für die Verjährung von Ansprüchen im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander auf der beschleunigten Abwicklung der Forderungen liegt. Darüber hinaus ist es unbestritten, dass die einen Rechtsstreit zwischen zwei Hoheitsträgern beilegenden verwaltungs- und verfassungsrechtlichen Gerichtsurteile nach den allgemeinen Vorschriften in formelle und materielle Rechtskraft erwachsen. Der VerfGH Rh.-Pf. hält es schließlich für zulässig, dass sich Gemeinden und Gemeindeverbände auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes im Sinne einer Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der Rechtsordnung, konkret auf das Rück124

Witt, JuS 2002, 105. Grothe, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 1 a, 4. Aufl., § 194 Rn. 6; Mansel, in: Ernst / Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 2001, S. 333, 342, 349. 126 BVerwG, BayVBl. 1987, 23, 26; dem widerspricht nicht, dass gem. § 53 Abs. 1 S. 1 VwVfG durch den Erlass eines Verwaltungsaktes zur Feststellung oder Durchsetzung eines Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers dessen Verjährung gehemmt wird, denn dahinter steht entsprechend § 204 BGB nF die Idee der Rechtsverfolgung, die den Schuldner nicht weiter darüber im Unklaren lässt, ob sein Gläubiger die Forderung durchsetzen möchte. 127 BVerwGE 28, 336, 339. 128 BVerwG, BayVBl. 1987, 23, 26; BVerwGE 28, 336, 339. 125

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wirkungsverbot, berufen können, wenn und soweit sie durch ein rückwirkendes Gesetz in ihrer durch Art. 49 Abs. 5 und 6 LVerf. geschützten Finanzhoheit betroffen werden. 129 Angesichts der Beachtlichkeit von Erwägungen der Rechtssicherheit auch im Verhältnis von Hoheitsträgern erscheint es unbedenklich, dem Gesetzgeber zu gestatten, in bestimmten Fällen den Erlass von Verwaltungsakten in diesem Verhältnis zuzulassen. 2. Die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Ermächtigung durch den Gesetzgeber Darüber hinaus ist es geboten, dass der Gesetzgeber die Verwendung dieser Handlungsform durch die Behörde eines Verwaltungsträgers gegenüber einem anderen Verwaltungsträger ausdrücklich zulässt. a) Der Vorrang der gesetzlichen Regelung der Zuständigkeits- und Finanzordnung Jeder materiell bestandskräftige rechtswidrige Verwaltungsakt bewirkt aufgrund seiner oben beschriebenen spezifischen Rechtsfolgen einen Verstoß gegen den Vorrang des Gesetzes und stellt den Grundsatz, dass die gesetzlich geschaffene Rechtslage nur durch Gesetz geändert werden darf, in Frage. Dies liegt letztlich im Wesen des Verwaltungsakts als Rechtsakt mit fehlerunabhängiger Wirksamkeit. Erkennt man diese Rechtsfolge an, ist es aber nur konsequent, es dem Gesetzgeber zu überlassen, darüber zu entscheiden, ob er in gewissen Fällen aus Gründen der Rechtssicherheit diese Durchbrechung des Vorrangs des Gesetzes zulassen möchte. Der Gesetzgeber soll darüber entscheiden dürfen, ob er die Gefahr, dass durch einen möglicherweise rechtswidrigen Verwaltungsakt punktuell die von ihm geschaffene Kompetenz- und Finanzordnung verändert wird, in Kauf nehmen möchte. Nur auf diese Weise kann der Gesetzgeber selbst den Stufenbau der Rechtsordnung bewahren. Nur wenn er selbst vorsieht, dass eine untergesetzliche Regelung wie der Verwaltungsakt bei fehlerhafter Rechtsanwendung durch die Verwaltung ein Gesetz rechtswirksam durchbricht, hat diese Durchbrechung ihre Berechtigung. Unterlässt der Gesetzgeber hingegen bewusst eine entsprechende Regelung, sollte dem die Bedeutung zugemessen werden, dass der Gesetzgeber das Risiko, durch die Zulassung von Verwaltungsakten die von ihm geschaffene Ordnung zu gefährden, nicht in Kauf nehmen wollte. Dabei darf die vom Gesetzgeber zu erteilende Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten gegenüber der Verwaltung nicht als Ermächtigung zum Erlass von rechtswidrigen Verwaltungsakten angesehen werden; die inhaltliche Gesetzesbindung der Verwaltung bleibt 129

VerfGH Rh.-Pf., DVBl. 2007, 1176.

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selbstverständlich bestehen. Sie muss vielmehr so verstanden werden, dass der Gesetzgeber, solange er keine Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten erteilt hat, davor geschützt wird, dass seine Regelungen durch die Verwaltung unterlaufen werden. 130 Gegen das so hergeleitete Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass von Verwaltungsakten kann auch nicht eingewendet werden, dass der Gesetzgeber in den §§ 43 ff. VwVfG deutlich gemacht hat, dass ein Verwaltungsakt selbst dann, wenn er ohne gesetzliche Ermächtigung erlassen wurde, wirksam sein soll, solange er nicht nichtig oder aufgehoben ist. Denn diese besondere Rechtsfolge der Durchbrechung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ist gerade Grund für dieses Erfordernis. b) Die Abwägung von Rechtssicherheit und Gesetzmäßigkeit Wie die Rechtskraft von Gerichtsurteilen findet die Bestandskraft der Verwaltungsakte ihre verfassungsrechtliche Grundlage in dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit, das als Element des Rechtsstaatsprinzips dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung prinzipiell gleichwertig gegenübersteht. Der Gesetzgeber hat das Gewicht der beiden Prinzipien im jeweiligen Kontext abzuwägen. 131 Bezüglich der Verbindlichkeit von Verwaltungsakten hat er dies mit den §§ 43, 48 ff. VwVfG in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise getan. Allerdings wird dieses gesetzliche Gleichgewicht bei gegenüber Verwaltungsträgern erlassenen Verwaltungsakten durch die von Rechtsprechung und Literatur und auch hier vertretene Nichtanwendbarkeit der §§ 48 Abs. 2 und 4, 49a Abs. 2 VwVfG gestört: Subjektive Erwägungen der Rechtssicherheit (Vertrauensschutz) finden keine Anwendung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung überwiegt. Dies ist im Wesentlichen unbestritten.

130 Eine derartige Argumentation könnte dazu führen, bei begünstigenden Verwaltungsakten gegenüber Privatpersonen die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bejahen zu müssen. Denn die Interessenlage ist dort in gewisser Weise vergleichbar, wenn man einmal die Frage ausklammert, ob der Vorbehalt des Gesetzes auch auf den Fall des Erlasses eines begünstigenden Verwaltungsakts gegenüber dem Bürger anwendbar ist. Betrachtet man nur die Seite der erlassenden Behörde, ergibt sich auch hier, dass sich diese durch die rechtswidrige Bewilligung von Subventionen, die nicht in den Gesetzen oder dem Haushaltsplan vorgesehen sind, ihrer Finanzmittel begibt, die dann für andere öffentliche Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen. Diese Finanzmittel können wegen der Möglichkeit des Bürgers, sich auf Vertrauensschutz oder den Wegfall der Bereicherung zu berufen, u. U. sogar nicht einmal mehr zurückgefordert werden. Diese Gefahr der Rechtswidrigkeit von Bewilligungsbescheiden und des damit verbundenen Eingriffs in die gesetzliche Finanz- und Haushaltsplanung sollte dann wenigstens durch den Gesetzgeber selbst vorgesehen werden. 131 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 43 Rn. 8.

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Daneben besteht an der fehlerunabhängigen Beständigkeit solcher Einzelfallregelungen gerade im Verhältnis von Hoheitsträgern nur ein geringes objektives Interesse. Denn deren Kompetenzen und Finanzmittel bestehen nicht im Interesse des einzelnen Hoheitsträgers, sondern im öffentlichen Interesse. Sie dienen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben und müssen unbedingt bei demjenigen Hoheitsträger verbleiben, dem sie ursprünglich gesetzlich zugewiesen wurden. Weder darf ein Hoheitsträger die Kompetenzen eines anderen für sich beanspruchen noch darf er zugunsten eines anderen auf eigene Kompetenzen verzichten. Unter diesen Voraussetzungen sollte es dem Gesetzgeber überlassen bleiben, die Abwägung zwischen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und den verbleibenden objektiven Aspekten der Rechtssicherheit bezüglich Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern neu vorzunehmen und über die Anwendbarkeit der sonstigen, nicht in einem ausgewogenen System von Rechtsfolgen stehenden verbliebenen Rechtsfolgen zu entscheiden. 132 Dies würde es auch erlauben, die Zulässigkeit von Verwaltungsakten je nach Sachgebiet unterschiedlich zu bestimmen. c) Der Verwaltungsakt als Fremdkörper im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander Gegen die Notwendigkeit einer gesetzlichen Individualermächtigung könnte zwar vorgebracht werden, dass der Gesetzgeber durch die Schaffung des Rechtsinstituts des Verwaltungsakts eine Globalermächtigung zur Verwendung dieser Handlungsform geschaffen hat und zugleich von vornherein in Kauf genommen hat, dass durch die spezifischen Rechtsfolgen des Verwaltungsakts im Einzelfall der Vorrang des Gesetzes verletzt werden kann. Ob diese Aussage generell zutrifft, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls im Verhältnis zweier Hoheitsträger zueinander spricht dagegen, dass sich der Verwaltungsakt dort als Fremdkörper darstellt und dessen spezifische Rechtsfolgen in diesem Verhältnis höchst unerwünscht sind. Dies zeigt deutlich die oben dargestellte von der Rechtsprechung und Rechtslehre vorgenommene einschränkende Auslegung der §§ 48 ff. VwVfG. Der Verwaltungsakt scheint für dieses Verhältnis nicht zu passen. Aus der Nichtanwendbarkeit eines Großteils der Rechtsfolgen kann daher gefolgert werden, dass der Verwaltungsakt als Handlungsinstrument zur Gewährung von Leistungen an andere Hoheitsträger generell ungeeignet ist und entgegen der langjährigen Praxis durch andere öffentlich-rechtliche Handlungsformen, z. B. den öffentlich-rechtlichen Vertrag, ersetzt werden sollte. 133 Auch ist insbesondere in Bezug auf Finanzmittelzuweisungen zwischen den einzelnen Hoheitsträgern zu beachten, dass diese nicht immer durch Subventionsbescheid bewilligt werden (können). Dies ist beispielsweise der Fall bei Finanzmittelzuweisungen im Bund132 133

Siehe hierzu auch 5. Kap. B. III. (S. 243 f.). Siehe hierzu auch 5. Kap. C. I. (S. 245 ff.) und 6. Kap. B. III. (S. 269 f.).

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Länder-Verhältnis, weil diese auf dem Gebiet des Verfassungsrechts ergehen, 134 oder wenn ein an sich unabhängiger Rechtsträger, z. B. eine Universität (Körperschaft des öffentlichen Rechts), mit seinem Haushalt in den Landeshaushalt eingegliedert ist und Landesmittel nicht per Zuwendungsbescheid erhält, sondern unmittelbar durch den Landeshaushaltsplan. 135 Dafür, dass die einen Finanzzuweisungen durch Bescheid bewilligt werden, der spezifische Rechtsfolgen nach sich zieht, die anderen hingegen durch einfache Überweisung / Auszahlung getätigt werden, ist angesichts der für alle Hoheitsträger geltenden Gesetzesbindung und haushaltsrechtlichen Grundsätze kein Grund ersichtlich. Anstatt aber von der Rechtsprechung zu fordern, die Rechtsfolgen der Bewilligungsbescheide durch eine einschränkende Auslegung der §§ 48 ff. VwVfG an die einer gewöhnlichen Finanzüberweisung anzugleichen, sollte von vornherein dem Gesetzgeber überlassen bleiben, ob die Handlungsform Verwaltungsakt überhaupt verwendet werden soll. d) Der Vergleich mit anderen Durchbrechungen der Zuständigkeitsordnung Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für eine Verschiebung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung wird auch durch einen Vergleich mit den rechtlichen Voraussetzungen für andere Durchbrechungen der gesetzlichen Verbandszuständigkeiten deutlich. Dies gilt insbesondere für Delegation und Mandat. Um Delegation handelt es sich, wenn ein Hoheitsträger (oder ein Organ) die ihm zugeordnete Zuständigkeit auf einen anderen Hoheitsträger (oder ein anderes Organ) überträgt, der die ihm übertragene Zuständigkeit nunmehr in eigenem Namen und in eigener Verantwortung wahrnimmt. 136 Von Mandat spricht man, wenn ein Hoheitsträger (oder eine Behörde) einen anderen Hoheitsträger (oder eine andere Behörde) damit beauftragt, eine diesem eingeräumte Kompetenz an dessen Stelle in fremdem Namen und zugunsten und zu Lasten des Mandanten wahrzunehmen. 137 In beiden Fällen wird die ursprüngliche Zuständigkeitsordnung in Frage gestellt. Was für die Delegation offensichtlich ist, gilt auch für das Mandat: Zwar wird die Entscheidung des Mandatars formal weiterhin dem Mandanten zugerechnet, in der Sache trifft jedoch der Mandatar eine eigene, selbstverantwortliche Entscheidung, 134

Siehe oben 1. Kap. B. II. (S. 35 f.). Baden-Württemberg: § 8 Abs. 1 UG; Niedersachsen: § 49 NHG; Saarland: §§ 93 Abs. 1 UG; 77 Abs. 1 FhG (Gesetz vom 23. 6. 1999, ABl. S. 982); Sachsen: § 98 SächsHG; Sachsen-Anhalt: § 116 HSG LSA. 136 Achterberg, JA 1980, 701, 704; Eiselstein, JuS 1987, 30, 31 (Fn. 20); Schenke, VerwArch 68 (1977), 118, 120; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 10 Rn. 16 f. 137 BDiszG, DÖV 1985, 450, 451; Achterberg, JA 1980, 701, 704; Eiselstein, JuS 1987, 30, 31 (Fn. 20); Horn, NVwZ 1986, 808, 809; Schenke, VerwArch 68 (1977), 118, 148; ders., DÖV 1985, 452; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 10 Rn. 18. 135

A. Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung

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was insbesondere bei Ermessensentscheidungen deutlich wird. 138 Somit bedarf die Übertragung von Verbandszuständigkeiten von einem Hoheitsträger auf einen anderen im Wege der Delegation oder des Mandats einer Ermächtigung durch Rechtssatz, die mindestens denselben Rang haben muss wie diejenige, durch die die zu übertragende Kompetenz begründet worden ist. 139 Andernfalls läge ein Verstoß gegen das Prinzip der Selbstorganschaft, 140 nach dem eine Behörde die ihr eingeräumten Kompetenzen selbst, d. h. durch eigene Bedienstete, ausüben muss, vor. 141 Bei einer gesetzlich festgelegten Zuständigkeit bedarf es also einer Delegations- oder Mandatsermächtigung durch Gesetz. Dies gilt dabei völlig unabhängig davon, ob und inwieweit bezüglich der Zuständigkeitsbestimmungen der Gesetzesvorbehalt zum Tragen kommt. 142 Das Erfordernis einer solchen Ermächtigung ergibt sich nämlich bereits als unabweisbare Folgerung aus dem im Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) eingeschlossenen Vorrang des Gesetzes. 143 Nun könnte man die Vergleichbarkeit dieser Problematik mit der Problematik der Zulässigkeit des Erlasses von Verwaltungsakten im Verhältnis zweier Hoheitsträger zueinander deswegen bestreiten, weil es sich bei Delegation und Mandat um eine bewusste Änderung der Zuständigkeitsordnung handelt, die von der konkreten Vornahme einer Amtshandlung abstrahiert werden kann und unter Umständen für eine Vielzahl von Entscheidungen bedeutsam ist. Hingegen betrifft der Verwaltungsakt nur die konkrete Regelung eines Einzelfalls und kann auch eine nicht intendierte Änderung der Zuständigkeitsordnung bewirken. Letztlich ist aber zum einen aufgrund der Indisponibilität und Rigidität der gesetzlichen Zuständigkeiten kein Raum für eine Differenzierung von bewusstem oder unbewusstem Eingriff in dieselben. Zum anderen kann es aufgrund der überragenden Bedeutung der Zuständigkeitsordnung nicht von Bedeutung sein, ob ein einmaliger oder mehrfacher Eingriff vorliegt, zumal sich eine einmalige, bestandskräftige Verschiebung von Zuständigkeiten durch Verwaltungsakt aufgrund ihrer Beachtlichkeit für andere Behörden in anderen Verfahren fortsetzen kann. 138 BDiszG, DÖV 1985, 450, 451; Horn, NVwZ 1986, 808; Schenke, DÖV 1985, 452; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 10 Rn. 19. 139 BDiszG, DÖV 1985, 450, 451 (zum Mandat); Horn, NVwZ 1986, 808 (zum Mandat); Schenke, DÖV 1985, 452 f. (zum Mandat); Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 10 Rn. 17 (zur Delegation), 19 (zum Mandat); Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 224 f. 140 Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 21 ff. 141 Hufeld, Die Vertretung der Behörde, S. 260. 142 Auf erhebliche Bedenken stößt daher das Urteil des OVG Koblenz, NVwZ 1986, 843, 844. Es verkennt, dass das Zweite Wohnungsbaugesetz iVm Art. 83 GG die Zuständigkeit zur Ausführung dieses Gesetzes den Bundesländern zuweist und daher eine Vorbehaltswirkung in Bezug auf die Änderung dieser Zuständigkeiten entfaltet (Problem des Vorrangs des Gesetzes). Kritisch auch Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 10 Rn. 17 (Fn. 20). 143 Schenke, DÖV 1985, 452, 453.

178 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

Daher ist in Übereinstimmung mit der zu den Voraussetzungen von Delegation und Mandat vertretenen Literatur und Rechtsprechung auch für den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger eine gesetzliche Ermächtigung zu verlangen. e) Der Verwaltungsakt als Maßnahme besonderer Autorität Im Gegensatz zum privaten Rechtsgeschäft stützt sich der Verwaltungsakt auf die Autorität des Staates und nimmt aus diesem Grunde die Vermutung der Gültigkeit für sich in Anspruch. 144 Dies drückt sich sowohl darin aus, dass die Wirksamkeit des Verwaltungsakts nicht von seiner Rechtmäßigkeit abhängt (§ 43 VwVfG), als auch darin, dass der Erlass eines Verwaltungsakts zur Durchsetzung eines öffentlich-rechtlichen Anspruchs dessen Verjährung hemmt (§ 53 Abs. 1 S. 1 VwVfG) und nach Unanfechtbarkeit die 30jährige Verjährungsfrist gilt, auch wenn der materiellrechtliche Anspruch an sich einer kürzeren Verjährungsfrist unterlag (§ 53 Abs. 2 S. 1 VwVfG). Der Verwaltungsakt nimmt also die gleiche Autorität und Richtigkeitsgewähr für sich in Anspruch wie ein durch rechtskräftiges Urteil festgestellter Anspruch (vgl. § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB nF) und andere titulierte Ansprüche (§ 197 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BGB nF). 145 Dieser Autorität in den Rechtsfolgen des Verwaltungsakts steht entgegen, dass vor dessen Erlass einem Hoheitsträger gegenüber einem anderen nicht schon per se Autorität zukommt. Allenfalls könnte einer Rechtsaufsichtsbehörde eine derartige Autorität über die von ihr beaufsichtigte Körperschaft zukommen; die Rechtsaufsicht einer Körperschaft über eine andere ist aber die Ausnahme und muss ausdrücklich gesetzlich begründet werden. Ist ein solches Verhältnis nicht gegeben, sind beide Hoheitsträger in eigener und letzter Verantwortung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verpflichtet. Keiner kann von sich behaupten, seine Rechtsauffassung, beispielsweise dass ihm ein Anspruch gegen den Adressaten zustehe, sei stichhaltiger als die Behauptung des Adressaten, dass er zur Leistung nicht verpflichtet sei. Eine derartige Autorität kann der erlassenden Behörde erst dadurch verliehen werden, dass ihr der Gesetzgeber, sozusagen als neutrale, vermittelnde Instanz, gestattet, einen zwischen ihr und dem Adressaten-Hoheitsträger bestehenden Konflikt durch den Erlass eines Verwaltungsaktes zu lösen. Gibt es eine derartige gesetzliche Ermächtigung nicht, liegt bei Verwendung des Verwaltungsakts ein Missbrauch öffentlich-rechtlicher Handlungsformen 146 und eine Autoritätsanmaßung vor. Dies bedeutet nicht, dass die anspruchsberechtigte Behörde ihren Anspruch nicht durchsetzen soll. Sie ist aber auf die Verwendung konsensualer Handlungsformen (schlichte Aufforderung zur Leistung, Abschluss 144 145 146

Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 56 Rn. 2. Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 14. So ausdrücklich VGH München, NVwZ 2000, 83, 84.

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

179

eines öffentlich-rechtlichen Vertrages) oder auf die Erhebung einer Leistungsklage zu verweisen. Dem Urteil des Richters kommt aufgrund seiner Neutralität und Unparteilichkeit wiederum die Autorität zu, den in Frage stehenden Anspruch endgültig festzustellen oder abzuweisen. Auch aus diesen Erwägungen bedarf es daher einer gesetzlichen Ermächtigung für die Handlungsform Verwaltungsakt bei dem Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem anderen Hoheitsträger.

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung für die Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Hoheitsträgern Fordert man eine gesetzliche Ermächtigung für die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Hoheitsträgern, ist als nächstes zu überlegen, wie dieses Erfordernis konkret ausgestaltet sein soll. Dabei ist in erster Linie der Fall des im Hinblick auf die hoheitliche Tätigkeit des adressierten Hoheitsträgers erlassenen Verwaltungsakts zu prüfen. Ob sich ggf. Abweichungen daraus ergeben, dass der Verwaltungsakt die hoheitliche Tätigkeit des Adressaten nicht berührt oder in Bezug auf eine fiskalische Tätigkeit des Adressaten ergeht, ist im Anschluss daran zu untersuchen (C.). Innerhalb der Rechtsnormen, die als Ermächtigungsgrundlage für den Erlass von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern in Frage kommen, können zwei Arten unterschieden werden: diejenigen, bei denen schon wegen des Sinnzusammenhangs nur ein Hoheitsträger als Adressat des Verwaltungsaktes in Betracht kommt (I.), und diejenigen, die den Adressaten nicht näher bestimmen und bei denen aufgrund des Sinnzusammenhangs sowohl ein Privater als auch ein Hoheitsträger Adressat des Verwaltungsakts sein kann (II.).

I. Die nur auf das Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander bezogenen Ermächtigungsgrundlagen Ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang, dass eine Norm einem Hoheitsträger einen Anspruch (nur) gegenüber einem anderen Hoheitsträger gewährt oder eine Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht eines Hoheitsträgers zugunsten eines anderen Hoheitsträgers begründet, ist durch Auslegung der anspruchsbegründenden bzw. verpflichtenden Norm zu ermitteln, ob der Anspruch oder die Pflicht durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden kann.

180 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

1. Die Auslegung der gesetzlichen Ermächtigungsnorm a) Kein Schluss von der materiellrechtlichen Befugnis auf die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts Bei der Auslegung ist es aufgrund der oben beschriebenen Gefahren für den Stufenbau der Rechtsordnung durch insbesondere rechtswidrige bestandskräftige Verwaltungsakte nicht zulässig, von der materiellrechtlichen Befugnis auf die Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsaktes zu schließen. 147 Denn sonst wäre das Erfordernis einer gesetzlichen Ermächtigung hinfällig. Stattdessen müssen weitere Anhaltspunkte dafür vorhanden sein, dass der Anspruch oder die Pflicht gerade durch Verwaltungsakt konkretisiert werden kann. Diese Befugnis müsse dem erlassenden Hoheitsträger ausdrücklich eingeräumt sein, könne aber auch durch Auslegung ermittelt werden. 148 Beispiel für eine derart ausdrückliche Verwaltungsaktbefugnis gegenüber einem anderen Hoheitsträger ist nach Ansicht des VGH Kassel 149 die Vorschrift des § 10 S. 1 HAKA: 150 „Kommen die öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger oder der Umlandverband Frankfurt ihren Aufgaben und Pflichten als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger mit Ausnahme der Gebührenerhebung nicht nach, stellt die Abfallbehörde die Pflichtverletzung fest.“ Hier werden ausdrücklich die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger (kreisangehörige Gemeinden, kreisfreie Städte und Landkreise, § 4 Abs. 1 HAKA) als Adressaten der Maßnahme bezeichnet, Gegenstand der Maßnahme ist die Feststellung einer Pflichtverletzung, also der Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts mit diesem Inhalt. Die Aussage des VGH Kassel, 151 dem anordnenden Hoheitsträger müssten vom Gesetzgeber ausdrücklich besondere Eingriffsbefugnisse gegen andere Hoheitsträger eingeräumt werden, sollte nicht überbewertet werden, da das Gericht anschließend selbst eine Auslegung möglicher Ermächtigungsnormen des BImSchG bzw. des HAKA vornimmt. 152 Im Übrigen stellt die Berufung auf die Formulierung schon (grammatische) Auslegung dar.

147

VGH München, BayVBl. 1993, 374; aA VG Dresden, SächsVBl. 1996, 286, 287. OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338; BSGE 69, 259, 261; VGH Kassel, NVwZ 1993, 497; OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337. 149 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris). 150 Hessisches Ausführungsgesetz zum Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom 23. 5. 1997 (GVBl. I, S. 173). 151 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris). 152 Vgl. hierzu Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 98 ff. 148

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

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b) Die zu verwendenden Auslegungsregeln Zur Auslegung der betreffenden Anspruchs- und Ermächtigungsnormen sind die anerkannten vier Auslegungskriterien heranzuziehen, die sich gegenseitig ergänzen und kombiniert anzuwenden sind. 153 aa) Die grammatische Auslegung Die grammatische Interpretation ermittelt den Wortsinn einer Vorschrift, wobei sowohl der allgemeine umgangssprachliche Sinn der im Rechtssatz verwendeten Worte und deren grammatikalischer Zusammenhang als auch der spezifische juristische Sprachgebrauch zu berücksichtigen sind. 154 Schon aus dem Wortlaut einer Norm ergibt sich die Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt dann, wenn die für das jeweilige Sachgebiet einschlägige Rechtsgrundlage den speziellen Verwaltungsakt nennt, z. B. „Verbot“, „Erlaubnis“, „Genehmigung“, „Bewilligung“, „Konzession“, „Zulassung“, „Lizenz“, „Maßnahme“, „Entscheidung“, „Verleihung“, „Widmung“, „Steuerbescheid“, „Zwangsgeldfestsetzung“, „Widerruf“, „Ernennung“, „Untersagung“, zu dessen Erlass sie ermächtigt. 155 Hierzu gehört – wie gerade erwähnt – auch die „Feststellung“. 156 bb) Die systematische Auslegung Die systematische Interpretation erforscht um der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung willen den Standort einer Bestimmung im Gesetz, ihre Stellung und Funktion im Gefüge der Rechtsinstitute und ihr Zusammenspiel mit anderen Vorschriften innerhalb der Normordnung. 157 Es ist darauf abzustellen, dass einzelne Rechtssätze, die der Gesetzgeber in einen sachlichen Zusammenhang gestellt hat, grundsätzlich so zu interpretieren sind, dass sie logisch miteinander vereinbar sind. Denn es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber sachlich Zusammenhängendes so geregelt hat, dass die gesamte Regelung einen durchgehend verständlichen Sinn ergibt. 158

153

Larenz / Wolf, BGB AT, 9. Aufl., § 4 Rn. 50; Tettinger, Arbeitstechnik, 3. Aufl., Rn. 313. 154 Larenz / Wolf, BGB AT, 9. Aufl., § 4 Rn. 35 ff.; Tettinger, Arbeitstechnik, 3. Aufl., Rn. 208. 155 Wolff / Bachof / Stober, VerwR II, 6. Aufl., S. 19. 156 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris). 157 Larenz / Wolf, BGB AT, 9. Aufl., § 4 Rn. 40 ff.; Tettinger, Arbeitstechnik, 3. Aufl., Rn. 209. 158 BVerfGE 48, 246, 257.

182 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

Als Beispiel für die systematische Auslegung kann die Auslegung des Art. 144b Abs. 1 S. 1 BayBG, nach der bei einem Dienstherrnwechsel eines Beamten der neue Dienstherr dem bisherigen Dienstherrn die Ausbildungskosten des Beamten zu erstatten hat, herangezogen werden. 159 Die Formulierung „hat zu erstatten“ sagt noch nichts über die Form der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aus. Die zu dieser Vorschrift ergangene Ausbildungskostenerstattungsverordnung 160 sieht in § 4 hingegen vor, dass der vom bisherigen Dienstherrn festgesetzte Erstattungsbetrag beim neuen Dienstherrn „durch schriftlichen Bescheid zur Erstattung angefordert“ wird. Unter Verweis auf diese ausführende Vorschrift kann daher die Befugnis zur Anforderung des Erstattungsbetrages per Leistungsbescheid bejaht werden. 161 cc) Die historische Auslegung Die historische Interpretation untersucht die Entstehungsgeschichte einer Norm und zieht dabei auch die Motive der gesetzgebenden Organe, also die bei den Beratungen geäußerten Meinungen und Absichten, heran, um den objektiven Gesetzesinhalt zu erschließen. Allerdings darf der Wille des Gesetzgebers bei der Auslegung des Gesetzes nur insoweit berücksichtigt werden, als er in dem Gesetz selbst einen hinreichend bestimmten Ausdruck gefunden hat. 162 Als Beispiel für eine historische Auslegung kann die Auslegung des § 49a Abs. 1 S. 2 VwVfG angeführt werden. Aus der Entstehungsgeschichte dieser Norm ergibt sich, dass ein Hoheitsträger, wenn er einen gegenüber einem anderen Hoheitsträger erlassenen Zuwendungsbescheid zurücknimmt oder widerruft oder wenn dieser Bescheid infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, seine Erstattungs- und Zinsforderung gegenüber diesem Hoheitsträger nach § 49a Abs. 1 S. 2 VwVfG durch Verwaltungsakt geltend machen darf. 163 Denn § 49a VwVfG ist durch Gesetz vom 2. 5. 1996 164 in das VwVfG eingefügt worden und hat damit u. a. § 44a BHO ersetzt. Ziel dieser gesetzgeberischen Maßnahme war es, die im Bereich der Zuwendungen bestehenden Sondervorschriften des § 44a BHO in das VwVfG zu integrieren. 165 Zu den von § 44a BHO erfassten Zuwendungen zählten aber nicht nur solche an Rechtssubjekte des Privatrechts, sondern solche an nachgeordnete Verwaltungsträger, insbesondere kommunale Körperschaften. 166 159

VGH München, BayVBl. 1993, 374. Vom 24. 7. 1986 (GVBl. S. 258). 161 VGH München, BayVBl. 1993, 374. 162 Larenz / Wolf, BGB AT, 9. Aufl., § 4 Rn. 42; Tettinger, Arbeitstechnik, 3. Aufl., Rn. 211. 163 OVG Münster, NVwZ-RR 2004, 317. 164 BGBl. I S. 656. 165 BT-Drs. 12/2297, S. 5. 166 Weides, NJW 1981, 841. 160

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

183

dd) Die teleologische Auslegung Die teleologische Interpretation forscht unter Berücksichtigung des Rechtssystems, der Rechtsgeschichte, des Willens des Gesetzgebers und der – wandelbaren – sozialen Gegebenheiten nach der in einer Norm zum Ausdruck gekommenen Interessenbewertung, dem Normzweck, der ratio legis. Durch eine am Regelungsziel des auszulegenden Rechtssatzes orientierte Auslegung wird dem Sinn der anzuwendenden Rechtsnormen und ihrer rechtspolitischen Zielsetzung Geltung verschafft. 167 Als Beispiel für die teleologische Auslegung kann die Auslegung des § 13 Abs. 3 S. 1 FStrG verwendet werden, nach der bei dem Bau von Kreuzungen der Träger der Straßenbaulast der neu hinzugekommenen Straße dem Träger der Straßenbaulast der vorhandenen Straße die Mehrkosten für die Unterhaltung zu erstatten hat 168. Der Wortlaut der Vorschrift gebe nichts für die Befugnis zum Erlass eines Leistungsbescheides her; auch Sinn und Zweck der Ablöse erforderten nicht deren Durchsetzung kraft einseitiger Regelungsbefugnis: Die Verpflichtung zur Ablöse lasse sich auch anders als durch Verwaltungsaktermächtigung durchsetzen, 169 z. B. durch Leistungsklage. 2. Beispiele für nicht zum Erlass eines Verwaltungsakts ermächtigende Vorschriften Aus den gesetzlichen Anspruchs- oder Ermächtigungsgrundlagen kann sich also zunächst ergeben, dass der Anspruch oder die Leistung nicht durch Verwaltungsakt geregelt werden soll, nämlich dann, wenn der Gesetzeswortlaut die oben beispielhaft aufgeführten besonderen Verwaltungsakte nicht nennt und auch sonst keine Anhaltspunkte für die Zulässigkeit eines Verwaltungsakts gegeben sind. Dies gilt insbesondere für die Erstattungs- und Schadensersatzansprüche zwischen Hoheitsträgern. Formulierungen wie die bereits genannten Regelungen des Art. 144b Abs. 1 S. 1 BayBG, nach der bei einem Dienstherrnwechsel eines Beamten der neue Dienstherr dem bisherigen Dienstherrn die Ausbildungskosten des Beamten zu erstatten hat, 170 und des § 13 Abs. 3 S. 1 FStrG, nach der bei dem Bau von Kreuzungen der Träger der Straßenbaulast der neu hinzugekommenen Straße dem Träger der Straßenbaulast der vorhandenen Straße die Mehrkosten für die Unterhaltung zu erstatten hat, 171 oder die Regelung des § 19 Abs. 1 BVG, nach 167 Larenz / Wolf, BGB AT, 9. Aufl., § 4 Rn. 44; Tettinger, Arbeitstechnik, 3. Aufl., Rn. 212. 168 Maslaton / Koch, NVwZ 2003, 1347 f. 169 Maslaton / Koch, NVwZ 2003, 1347 f. 170 VGH München, BayVBl. 1993, 374. 171 Maslaton / Koch, NVwZ 2003, 1347 f.

184 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

der den Krankenkassen bestimmte Aufwendungen ersetzt werden, 172 enthalten weder eine ausdrückliche noch eine durch Auslegung zu ermittelnde Regelung über die Form der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs. Dasselbe gilt für alle sonstigen Erstattungsansprüche, die in ähnlicher Weise formuliert sind. 173 Die Rechtsprechung begnügt sich bei diesen Schadensersatz- und Erstattungsansprüchen in der Regel mit der Begründung, dass sich aus dem Wortlaut die Befugnis zum Erlass eines Leistungsbescheids nicht herleiten lasse 174 (grammatische Auslegung) und dass sich erstattungspflichtiger und erstattungsberechtigter Verwaltungsträger in einem Verhältnis der Gleichordnung gegenüber stünden. 175 Hinter der Berufung auf die Gleichordnung verbergen sich freilich Erwägungen der Systematik und des Zwecks der untersuchten Normen. Beispielsweise argumentiert das VG Dresden zu § 107 Abs. 1 BSHG: „Die Vorschrift [...] sieht als Rechtsfolge keinen über die Erstattung entscheidenden Verwaltungsakt vor. Stattdessen hält sie den erstattungspflichtigen Sozialhilfeträger bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen unvermittelt zur Zahlung der betr. Geldsumme an. Der Gesetzgeber trägt damit dem zwischen den jeweiligen Sozialhilfeträgern gegebenen Verhältnis der Gleichordnung Rechnung [...]. Überdies verleiht er dergestalt einem Grundgedanken öffentlichrechtlicher Schuldverhältnisse Ausdruck, zu denen auch der allgemeine öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch gehört, welcher in § 107 BSHG eine Positivierung erfahren hat. Wegen ihrer inhaltlichen Ausrichtung auf die Normen des Privatrechts ([...] §§ 812 ff. BGB]) ist solchen öffentlichrechtlichen Schuldverhältnissen nach ihrem Wesen eine Festsetzung durch Verwaltungsakt in der Regel fremd.“ Die Ansprüche sind daher nicht durch Verwaltungsakt zu konkretisieren. Auch soweit ein Zahlungsanspruch aufgrund des allgemeinen ungeschriebenen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs geltend gemacht wird, 176 ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Befugnis der anspruchsberechtigten Behörde, den 172

BSGE 32, 21, 22. OVG Münster, NWVBl. 1999, 144, 145 (zu § 89d SGB VIII); OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894 (zu § 48 Abs. 4 S. 1 LKO Rh.-Pf. aF, jetzt § 2a Abs. 2 LKO Rh.-Pf.); VGH München, NVwZ 2000, 83, 84 (zu Art. 24 Abs. 2 S. 2, 23 Abs. 3 S. 2 BayKiG, § 426 Abs. 2 S. 1 BGB); VG Dessau, LKV 2000, 553; BSGE 5, 140, 143 f. (zu § 1184a Abs. 2 RVO); BSGE 12, 65 (zu § 1739 RVO); auch die Erstattungsansprüche gem. §§ 102 ff. SGB X dürfen weder vom berechtigten noch vom verpflichteten Träger durch Verwaltungsakt geregelt werden, BSG, NVwZ-RR 1998, 566; VG Dresden, NVwZ-RR 1999, 512; SchneiderDanwitz, in: Gesamtkommentar Sozialversicherung, SGB X, § 31 Rn. 33. 174 OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894; VG Dessau, LKV 2000, 553; BSGE 5, 140, 143 f.; 12, 65; BSG, NVwZ-RR 1998, 566; VG Dresden, NVwZ-RR 1999, 512. 175 OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894; VG Dessau, LKV 2000, 553; BSGE 5, 140, 143 f.; 12, 65; BSG, NVwZ-RR 1998, 566; VG Dresden, NVwZ-RR 1999, 512; siehe hierzu bereits oben 2. Kap. B. (S. 77 ff.). 176 OVG Münster, NVwZ-RR 1988, 46, 47; OVG Münster, NVwZ-RR 1990, 322; VGH München, NVwZ 1993, 794; VGH München, BayVBl. 1997, 48, 50. 173

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

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Anspruch durch Verwaltungsakt durchzusetzen. Sie ist daher auf die Erhebung einer Leistungsklage verwiesen. 177 3. Beispiele für eine durch Auslegung zu ermittelnde Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt a) Zuwendungen Zuwendungen im Sinne des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder sind gem. § 14 HGrG i.V. m. § 23 BHO / LHO Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen für Leistungen an Stellen außerhalb des Bundes oder des Landes zur Erfüllung bestimmter Zwecke, d. h. Geldleistungen an Dritte. Als Empfänger von Zuwendungen des Bundes bzw. eines Landes kommen neben den Rechtssubjekten des Privatrechts auch nachgeordnete Verwaltungsträger, insbesondere kommunale Körperschaften (Gemeinden, Kreise, Zweckverbände), in Betracht. 178 Nach allgemeiner Ansicht können Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere an Gemeinden, aufgrund von Zuwendungsbescheiden gewährt werden. 179 Zwar ergibt sich aus § 23 und § 44 BHO / LHO kein Anhaltspunkt dafür, dass Zuwendungen in einer bestimmten Art und Weise gewährt werden sollen bzw. der Erlass eines Zuwendungsbescheids zulässig ist. Auch der Begriff der Zuwendung, der in § 23 LHO als „Leistung an Stellen außerhalb der Landesverwaltung zur Erfüllung bestimmter Zwecke“ definiert wird, impliziert nicht die Handlungsform, in der die Zuwendungen vergeben werden. Der Landeshaushaltsplan sagt über die Handlungsform ebenfalls nichts aus. Erst die Verwaltungsvorschriften, beispielsweise die Verwaltungsvorschriften Nr. 4.1 zu § 44 LHO NRW, Teil II – VV für Zuwendungen an Gemeinden vom 30. 9. 2003, 180 die die Verwaltung aufgrund ihrer Befugnis zur Leitung eines Geschäftsbereichs und der sich daraus ergebenden Befugnis zum Erlass von Weisungen gegenüber nachgeordneten Behörden erlässt, 181 bestimmen, dass Zuwendungen (an Gemeinden) durch schriftlichen Zuwendungsbescheid bewilligt werden. Der Verwaltungsakt wird also als Handlungsform zur Gewährung von 177

Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 522; Schoch, Jura 1994, 82, 89; Windthorst, JuS 1996, 894, 900. 178 Weides, NJW 1981, 841. 179 VG Köln, NVwZ 1984, 537; OVG Münster, NVwZ 1985, 118; DVBl. 1997, 1286; NVwZ-RR 2004, 317; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448 und 945 und 947; VGH München, NVwZ 2000, 829; BayVBl. 2000, 248; VG Minden, NVwZ-RR 2000, 269; Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 106; R. Schmidt, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 1 Rn. 173; Dommach, in: Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht, § 44 BHO Rn. 11; Weides, NJW 1981, 841, 842. 180 MBl. S. 1254. 181 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 24 Rn. 33.

186 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

Subventionen zwingend vorgesehen; die Möglichkeit, andere Handlungsformen zu verwenden, wird nicht eröffnet. Die Verwaltungsvorschriften stehen rechtlich mit der Landeshaushaltsordnung bzw. dem Haushaltsgesetz, das mit dem Haushaltsplan eine Einheit bildet und die Qualität eines förmlichen Gesetzes besitzt, das der Verwaltung die im Haushaltsplan veranschlagten Mittel bewilligt, 182 nicht auf derselben Stufe. Verwaltungsvorschriften sind untergesetzliches Recht und können daher gesetzliche Regelungen nicht derogieren. Sie können daher auch keine Ermächtigungsgrundlage für einen Verwaltungsakt darstellen, der die gesetzliche Regelung ggf. durchbricht, wenn z. B. Zuwendungen an Körperschaften des öffentlichen Rechts zu anderen als in den o. g. Gesetzen aufgeführten Zwecken gewährt werden. Das förmliche Haushaltsrecht lässt jedoch Verfahren und Form der Zuwendungsvergabe offen und erlaubt also auch die Handlungsform Verwaltungsakt. Nicht die Verwaltungsvorschriften, sondern §§ 44, 23 BHO / LHO selbst stellen die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Zuwendungsbescheids dar. Darin liegt auch kein Widerspruch zu der oben vertretenen Auslegung der Anspruchsgrundlagen für Erstattungs- und Schadensersatzansprüche. Denn der frühere § 44a BHO / LHO 183 regelte den Widerruf von Zuwendungsbescheiden und brachte dadurch zum Ausdruck, dass diese Form der Zuwendungsvergabe in jedem Fall zulässig war. Zu den von § 44a BHO / LHO erfassten Zuwendungen zählten aber nicht nur solche an Rechtssubjekte des Privatrechts, sondern auch solche an nachgeordnete Verwaltungsträger. 184 Durch die Verankerung des Regelungsinhalts des § 44a BHO / LHO in den Verwaltungsverfahrensgesetzen hat sich in Bezug auf die Zulässigkeit der Handlungsform bei der Gewährung von Zuwendungen nichts geändert. b) Kreisumlage und Zweckverbandsumlage Mit Hilfe der oben genannten Auslegungskriterien lässt sich auch die Befugnis der Landkreise und Zweckverbände zur Einziehung von Kreisumlage bzw. Zweckverbandsumlage per Veranlagungsbescheid aus den Landkreisordnungen und Gesetzen über die interkommunale Zusammenarbeit herleiten. Die entsprechenden Vorschriften 185 verwenden in der Regel 186 die Formulierung, dass 182

Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 17. § 44a BHO wurde durch Gesetz vom 14. 7. 1980 (BGBl. I, S. 955) geschaffen; durch Gesetz vom 2. 5. 1996 (BGBl. I, S. 656) wurde die Regelung über die Rückabwicklung fehlgeschlagener Subventionsverhältnisse in das VwVfG aufgenommen, vgl. Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 49 Rn. 85 ff. 184 OVG Münster, NVwZ-RR 2004, 317. 185 Baden-Württemberg: § 49 Abs. 2 S. 1 LKrO, § 19 Abs. 1 S. 1 GKZ; Bayern: Art. 42 Abs. 1 S. 1 KommZG; Brandenburg: § 65 Abs. 1 LKrO, § 19 Abs. 1 S. 1 GKG; Hessen: § 53 183

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

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die Landkreise bzw. Zweckverbände zur Deckung ihres Finanzbedarfs von ihren Mitgliedern eine Umlage erheben. „Erheben“ sei im Sinne einer Ermächtigung zum Handeln in Form eines Verwaltungsakts eindeutig begrifflich besetzt, 187 die Formulierung sei gleichbedeutend mit „Geltendmachung im Wege des Abgabenbescheids“ gem. § 12 Abs. 1 Nr. 4b Saarl. KAG 188 iVm § 155 Abs. 1 S. 1 AO 1977 189 (vgl. die Erhebung von Steuern (§ 3 Abs. 1 S. 1 Saarl. KAG), Gebühren (§ 4 Abs. 1 Saarl. KAG) und Beiträgen (§ 8 Abs. 1 Saarl. KAG)). Es handelt sich also um eine Auslegung des Wortlauts der Norm (grammatische Auslegung) unter Berücksichtigung gleichlautender Formulierungen in anderen Vorschriften (Normvergleich). Hinzu treten Erwägungen des Sinns und Zwecks der Befugnis, den Anspruch durch Verwaltungsakt zu konkretisieren (teleologische Auslegung): Die Kreisumlage stellt heute die Haupteinnahmequelle der Landkreise dar 190 und ohne die Befugnis zum Erlass von Umlagebescheiden könnte die Umlagebefugnis kaum – wie dem Abgabenrecht an sich eigen ist – systemkonsequent durchgeführt werden. 191 Folglich wäre die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Landkreise nicht mehr gesichert. 192 Entsprechendes gilt für den Zweckverband: Einer Verschiebung der Umlagemöglichkeit, die eine sekundäre, den Zweckverband absichernde Finanzquelle sein soll, von einer gesetzlich garantierten und sofort einziehbaren Einnahme zu einem im Wege der Leistungsklage geltend zu machenden Erstattungsanspruch steht entgegen, dass der Zweckverband für die Gemeinden hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wahrnimmt. Die dazu notwendigen finanziellen Mittel müssen dem Verband, wie den Gemeinden selbst, im Wege der Abgabenerhebung und der damit gem. § 80 Abs. 2 S. 1 Abs. 2 S. 1 HKO, § 19 Abs. 1 S. 1 KGG; Mecklenburg-Vorpommern: § 11 Abs. 1 FAG, § 162 Abs. 1 S. 1 KV; Niedersachsen: § 15 Abs. 1 FAG; Nordrhein-Westfalen: § 56 Abs. 1 KrO, § 19 Abs. 1 S. 1 GkG; Rheinland-Pfalz: § 58 Abs. 3 LKO, § 10 Abs. 1 ZwVG; Saarland: § 146 Abs. 1 KSVG, § 16 Abs. 1 GkG; Sachsen: § 60 Abs. 1 S. 1 SächsKomZG; SachsenAnhalt: § 67 Abs. 2 S. 1 LKO LSA, § 13 Abs. 1 S. 1 GKG-LSA; Thüringen: § 37 Abs. 1 S. 1 ThürKGG. 186 Bayern: Art. 18 ff. FAG („umlegen“, „festsetzen“); Niedersachsen: § 29 Abs. 1 S. 2 ZweckVerbG („umlegen“); Thüringen: § 28 Abs. 1 ThürFAG („umlegen“). 187 OVG Weimar, ThürVBl. 2003, 109, 110; aA Kraft-Zörcher / Neubauer, LKV 2000, 528, 530. 188 Diese Vorschrift entspricht folgenden landesrechtlichen Bestimmungen: BadenWürttemberg: § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG; Bayern: Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG; Brandenburg: § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG; Hessen: § 4 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG; MecklenburgVorpommern: § 12 Abs. 1 KAG; Niedersachsen: § 11 Abs. 1 Nr. 4 b) NKAG; NordrheinWestfalen: § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG; Rheinland-Pfalz: § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG; Saarland: § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG; Sachsen: § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) SächsKAG; Sachsen-Anhalt: § 13 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG-LSA; Schleswig-Holstein: § 11 S. 2 KAG; Thüringen: § 15 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) ThürKAG. 189 OVG Münster, NWVBl. 1997, 220, 222. 190 Schneider, NWVBl. 2003, 121. 191 OVG Koblenz, AS 15, 157, 159. 192 VGH Mannheim, Urteil vom 14. 5. 1996, Az: 2 S 590/94 (juris).

188 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

Nr. 1 VwGO verbundenen erleichterten Durchsetzungsmöglichkeit zur Verfügung stehen. 193 c) Kommunalaufsicht Entsprechende Erwägungen sind zu den Maßnahmen der Kommunalaufsicht anzustellen: Die Befugnis der Kommunalaufsichtsbehörden zum Erlass von Maßnahmen der Rechtsaufsicht gegenüber den Gemeinden als Selbstverwaltungskörperschaften ergibt sich aus den entsprechenden Ermächtigungsnormen der Gemeindeordnungen, 194 die begriffsnotwendig nur auf Gemeinden gemünzt sind. Die Rechtsprechung spricht insoweit ausdrücklich von „Ermächtigungsgrundlage“ 195, „Befugnis“ 196 und „Rechtsgrundlage“ 197 für den Erlass kommunalaufsichtlicher Verfügungen. Entsprechend finden beispielsweise die Anordnung zur Beseitigung einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 198 die Anordnung bezüglich des Abfallwirtschaftskonzepts einer Gemeinde 199 und die Anordnung der Einrichtung einer Stelle für eine Gleichstellungsbeauftragte 200 ihre Rechtsgrundlage in § 120 Abs. 1 GO NRW (§ 109 Abs. 1 aF); die Anweisung, eine fachaufsichtliche Weisung zu befolgen, 201 stützt sich auf § 139 HGO. Für die Aufhebung eines Ratsbeschlusses durch die Kommunalaufsicht 202 ist § 119 Abs. 1 S. 2 GO NRW (§ 108 aF) die Rechtsgrundlage. Wie bereits ausgeführt, 203 stellen all diese kommunalaufsichtlichen Maßnahmen Verwaltungsakte dar, insbesondere besitzen sie Außenwirkung. Dies wird zum einen durch den Wortlaut deutlich, z. B. durch die Begriffe „Anordnung“ oder „Anweisung“, die spezielle Verwaltungsakte bezeichnen, zum anderen aus dem systematischen Zusammenhang. Somit sind die Kommunalaufsichtsbehörden 193 VG Weimar, Beschluss vom 28. 11. 2001, Az: 6 E 2576/00.We; VG Dresden, SächsVBl. 1996, 286, 287. 194 Baden-Württemberg: §§ 121 ff. GemO; Bayern: Art. 112 ff. GO; Brandenburg: §§ 124 ff. GO; Hessen: §§ 138 ff. HGO; Mecklenburg-Vorpommern: §§ 81 ff. KV; Niedersachsen: §§ 130 ff. NGO; Nordrhein-Westfalen: §§ 119 ff. GO NRW; Rheinland-Pfalz: §§ 121 ff. GemO; Saarland: §§ 130 ff. KSVG; Sachsen: §§ 114 ff. GemO; Sachsen-Anhalt: §§ 136 ff. GO; Schleswig-Holstein: §§ 122 ff. GO; Thüringen: §§ 120 ff. ThürKO. 195 OVG Münster, DVBl. 1989, 1009; OVG Münster, NWVBl. 1992, 320. 196 VGH Kassel, NVwZ-RR 1988, 111; OVG Münster, NWVBl. 1995, 304. 197 OVG Münster, DVBl. 1981, 227, 228; VG Minden, NWVBl. 1997, 405; VG Dessau, LKV 2000, 551, 552; VG Dessau, LKV 2003, 293 ; OVG Bautzen, LKV 2004, 509. 198 OVG Münster, DVBl. 1989, 1009. 199 OVG Münster, NWVBl. 1995, 304. 200 VG Minden, NWVBl. 1997, 405. 201 VGH Kassel, NVwZ-RR 1988, 111. 202 OVG Münster, DVBl. 1981, 227, 228. 203 Siehe 1. Kap. B. III. 3. a) bb) (S. 40 f.).

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

189

aufgrund der Befugnisnormen der Gemeindeordnungen sowohl zur inhaltlichen Regelung als auch zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber den beaufsichtigten Körperschaften befugt. Dasselbe gilt für sonstige Formen der Rechtsaufsicht über die Gemeinden: Schon aufgrund des Wortlauts der Vorschriften lässt sich die Genehmigung bzw. Verweigerung der Genehmigung eines Bebauungsplans inhaltlich und der Form nach auf §§ 10 Abs. 2, 6 BauGB stützen. 204 Zwar gibt es den Begriff der Genehmigung auch im Zivilrecht im Sinne der nachträglichen Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft (§§ 182, 184 BGB). Soweit er aber im öffentlichen Recht, hier im Bauplanungsrecht, verwendet wird, beinhaltet er jeweils die Regelung, dass dem Adressaten ein bestimmtes Verhalten erlaubt wird; die Genehmigung stellt somit einen Verwaltungsakt dar. Soweit das Gesetz für ein bestimmtes Tun die Erteilung einer Genehmigung durch eine bestimmte Behörde vorschreibt, gewährt sie dieser zugleich die Befugnis, diese Genehmigung zu erteilen und damit einen Verwaltungsakt zu erlassen. 205 Entsprechendes gilt für die Anordnung der Rechtsaufsichtsbehörde gegenüber einer Gemeinde, die Sicherheitsneugründung eines Zweckverbandes durchzuführen, gem. § 1 Abs. 3 Sächsisches Sicherheitsneugründungsgesetz. 206 Hingegen ergab sich aus der Formulierung, dass die höhere Verwaltungsbehörde eine Verletzung von Rechtsvorschriften durch einen Bebauungsplan gem. § 11 Abs. 3 BauGB aF (Anzeigeverfahren) „geltend zu machen“ habe, nicht ohne weiteres, dass diese Geltendmachung durch Verwaltungsakt erfolgen durfte. Jedoch zeigte der Vergleich des Genehmigungs- und des Anzeigeverfahrens, dass die Geltendmachung der Rechtsverletzung ebenso wie die Verweigerung der Genehmigung die Wirkung einer Sperre für den weiteren Verfahrensgang hatte und die Gemeinde an der In-Kraft-Setzung des Bebauungsplans hinderte. Somit ließ sich durch Auslegung des systematischen Zusammenhangs der Regelung ermitteln, dass das Gesetz die fristgerechte Geltendmachung der Rechtsverletzung als Verwaltungsakt vorsah. 207 d) Allgemeine Körperschaftsaufsicht Entsprechendes gilt für Maßnahmen der Rechtsaufsicht gegenüber sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts (allgemeine Körperschaftsaufsicht). Auf die Rechtsaufsicht über die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind z. T. die Vorschriften über die Kommunalaufsicht entsprechend anwendbar, so dass auf 204 205 206 207

BVerwGE 75, 142, 143; 34, 301, 303 (zu §§ 11 Abs. 1 und 2, 6 Abs. 2 und 4 BBauG). Wolff / Bachof / Stober, VerwR II, 6. Aufl., S. 19. Vom 18. 4. 2002 (GVBl. S. 140), vgl. hierzu OVG Bautzen, LKV 2004, 509. OVG Münster, NVwZ-RR 1992, 536.

190 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

das oben Gesagte verwiesen werden kann. Beispielsweise ist für eine Anordnung gegenüber einer Zahnärztekammer § 28 Abs. 1 HeilBerG NRW(§ 22 Abs. 1 aF) iVm § 20 Abs. 1 LOG NRW, 208 § 120 Abs. 1 GO NRW (§ 109 Abs. 1 aF) Rechtsgrundlage sowohl für den Inhalt als auch für die Handlungsform. 209 Z. T. sind die Maßnahmen der Rechtsaufsicht auch in den einzelnen Fachgesetzen geregelt. So bildete für die Genehmigung der Dienstordnung einer AOK durch die Aufsichtsbehörde § 355 Abs. 2 RVO die Rechtsgrundlage; 210 die Genehmigung der Gebührenordnung einer Handwerkskammer durch die Aufsichtsbehörde beruht auf § 106 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 HandwO 211 In beiden Fällen ergibt sich die Befugnis zum Erlass des Verwaltungsakts wiederum daraus, dass für ein bestimmtes Tun der beaufsichtigten Körperschaft eine Genehmigung erforderlich ist. Die Genehmigung regelt das Einverständnis der Aufsichtsbehörde mit der von der beaufsichtigten Körperschaft erlassenen Satzung und ist daher ein Verwaltungsakt, wie sich auch aus der Verwendung des Begriffs Genehmigung in einem spezifisch öffentlich-rechtlichen Zusammenhang ergibt. Die Vorschrift, die für den Erlass einer Satzung durch die beaufsichtigte Körperschaft die Genehmigung der Aufsichtsbehörde verlangt, ermächtigt diese zugleich, den entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen. e) Sonstige Fälle In anderen Fällen als denen der Rechtsaufsicht, in denen sich aus der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage unzweifelhaft ergibt, dass Adressat des Verwaltungsaktes nur ein Hoheitsträger sein kann, kann die Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt ebenfalls durch Auslegung ermittelt werden. So rührt die Befugnis zum Erlass einer Zustimmung zu baulichen Anlagen öffentlicher Bauherren dem Inhalt und der Form nach aus dem Wortlaut und systematischen Zusammenhang der entsprechenden Befugnisnormen des Bauordnungsrechts der Länder 212 her. Dort heißt es im Wesentlichen übereinstimmend, dass bauliche Anlagen bestimmter öffentlicher Bauherren unter bestimmten Umständen keiner Baugenehmigung, Bauüberwachung und Bauzustandsbesichtigung bedürfen, sondern, soweit sie genehmigungsbedürftig sind, der Zustimmung der 208 Entsprechende Vorschriften in anderen Bundesländern sind: Brandenburg: § 19 Abs. 1 LOG; Saarland: § 20 Abs. 1 S. 2 LOG; Schleswig-Holstein: § 52 LVwG. 209 OVG Münster, NWVBl. 1992, 320. 210 BSGE 61, 253, 237. 211 BVerwGE 16, 83. 212 Baden-Württemberg: § 70 LBO; Bayern: Art. 86 BayBO; Berlin: § 67 BauO Bln; Brandenburg: § 80 BbgBO; Hamburg; § 62 HBauO; Hessen: § 107 BauO; MecklenburgVorpommern: § 77 LBauO M-V; Niedersachsen: § 82 NBauO; Nordrhein-Westfalen: § 80 BauO NRW; Rheinland-Pfalz: § 83 LBauO; Saarland: § 69 LBO; Sachsen: § 75 SächsBO; Sachsen-Anhalt: § 82 BauO LSA; Schleswig-Holstein: § 83 LBO; Thüringen: § 75 ThürBO.

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

191

oberen / obersten Bauaufsichtsbehörde. Die Zustimmung beinhaltet die Feststellung, dass die Baumaßnahme mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften vereinbar ist; die Zustimmungsbehörde entscheidet darüber im Rahmen einer eigenständigen Prüfungskompetenz. Die Zustimmung stellt somit ebenso wie die Baugenehmigung, an deren Stelle sie tritt, einen Verwaltungsakt dar. 213 Die Vorschrift, dass bestimmte bauliche Vorhaben dem Zustimmungsverfahren unterliegen, beinhaltet für die Zustimmungsbehörde zugleich die Ermächtigung, diesen Verwaltungsakt zu erlassen. Dasselbe gilt für die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch die nach Landesrecht zuständige Behörde gem. § 36 Abs. 2 S. 3 BauGB, die Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens durch die höhere Verwaltungsbehörde gem. § 37 Abs. 1 BauGB, die Entscheidung des zuständigen Bundesministers nach § 37 Abs. 2 S. 3 BauGB und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde zu Vorhaben der Landesverteidigung gem. § 37 Abs. 2 S. 1 BauGB gegenüber dem öffentlichen Bauherrn. Diese Maßnahmen sind als Verwaltungsakte zu qualifizieren. 214 Aus den zitierten Vorschriften ergibt sich zugleich, dass die zuständigen Behörden zum Erlass dieser Maßnahmen befugt sind. Dies trifft auch auf die Untersagung raumordnungswidriger Maßnahmen durch die obersten Landesplanungsbehörden gegenüber denjenigen öffentlichen Stellen zu, die als Planfertiger oder Projektträger die Planung durchführen (§ 12 Abs. 1 ROG iVm den landesrechtlichen Bestimmungen). 215 Diese Untersagung lässt sich als Verbot raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen nicht nur unschwer als Verwaltungsakt qualifizieren, worauf auch die gesetzliche Anordnung des Entfallens der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage iSd § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO in § 12 Abs. 3 ROG 216 hinweist. Sondern die zitierten Vorschriften lassen sich zugleich als Befugnisnormen zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts gerade gegenüber einem Hoheitsträger interpretieren. 217

213

VGH Kassel, NVwZ 1995, 1010; OVG Münster, NVwZ-RR 1990, 531. Siehe hierzu 1. Kap. A. III. 3. a) (S. 38 ff.). 215 Baden-Württemberg: § 20 LPlG; Bayern: Art. 24 BayLplG; Berlin und Brandenburg: Art. 14 LPlVertr; Hessen: § 16 HLPG; Mecklenburg-Vorpommern: § 16 LPlG; Niedersachsen: § 22 NROG; Nordrhein-Westfalen: § 22 LPlG; Rheinland-Pfalz: § 19 LPlG; Saarland: § 11 SLPG; Sachsen: § 18 SächsLPlG; Sachsen-Anhalt: § 11 LPlG; Schleswig-Holstein: § 15 LPlG; Thüringen: § 18 ThürLPlG. 216 Ebenso Baden-Württemberg: § 20 Abs. 3 LPlG; Bayern: Art. 24 Abs. 6 BayLplG; Berlin und Brandenburg: Art. 14 Abs. 4 LPlVertr; Hessen: § 16 Abs. 7 HLPG; MecklenburgVorpommern: § 16 Abs. 4 LPlG; Niedersachsen: § 22 Abs. 3 NROG; Rheinland-Pfalz: § 19 Abs. 5 LPlG; Sachsen: § 18 Abs. 3 SächsLPlG; Sachsen-Anhalt: § 11 Abs. 3 LPlG; Thüringen: § 18 Abs. 3 ThürLPlG. 217 Goppel, BayVBl. 2002, 617, 618 f. 214

192 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

Weiteres Beispiel ist § 20 Abs. 2 S. 1 FStrG, nach dem die Straßenaufsichtsbehörde gegenüber den Trägern der Straßenbaulast, die selbständige Rechtsträger des öffentlichen Rechts sind, 218 die Durchführung der notwendigen Maßnahmen unter Setzung einer angemessenen Frist anordnen kann. Auch hier ergibt sich wiederum aus der Formulierung der Befugnisnorm, dass ein Verwaltungsakt (eine Anordnung) zulässig ist. Schließlich kann beispielsweise auch die Befugnis zum Erlass von Prüfungsanordnungen durch den Bayerischen Obersten Rechnungshof gegenüber einer Handwerkskammer im Wege der Auslegung auf Art. 111 Abs. 1, 94, 95 BayHO gestützt werden. 219 Zwar regelt die BayHO die Prüfungskompetenzen des Rechnungshofs: Er bestimmt Zeit und Art der Prüfung (Art. 94 Abs. 1); erforderliche Unterlagen sind ihm innerhalb einer bestimmten Frist zu übersenden und erbetene Auskünfte zu erteilen (Art. 95 Abs. 1 und 2). Sie enthält aber keine Befugnisnormen zur Durchsetzung dieser Prüfungsrechte im Einzelfall. Zweifel daran, dass der Rechnungshof seine Prüfungsrechte gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Verwaltungsakt durchsetzen kann, sind gleichwohl nicht angebracht. 220 Denn anderenfalls wäre eine schnelle, unabhängige und alle erforderlichen Unterlagen und Informationen umfassende Prüfung der landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts durch den Rechnungshof nicht gewährleistet. Gerade das Recht des Rechnungshofes, Zeit und Art der Prüfung zu bestimmen, zeigt, dass er nicht von anderen Institutionen, z. B. der Aufsichtsbehörde der zu prüfenden Körperschaft, abhängig sein soll, sondern sein Prüfungsrecht selbständig durchsetzen soll. Die Einräumung von Prüfungsrechten bietet daher zugleich die gesetzliche Grundlage für den Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts. 221

II. Die in Bezug auf ihren Adressaten offenen Ermächtigungsgrundlagen Soweit die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage den Adressaten des zu erlassenden Verwaltungsaktes nicht näher bestimmt und der Wortlaut und Sinnzusammenhang nicht von vornherein ausschließt, dass es sich sowohl um einen Privaten als auch um einen Hoheitsträger handeln kann, muss dennoch überprüft werden, ob eine derartige Ermächtigungsgrundlage tatsächlich zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger ausreicht. 222 218

Grupp, in: Marschall / Schroeter / Kastner, FStrG, 5. Aufl., § 20 Rn. 2. BVerwGE 98, 163, 165; VGH München, BayVBl. 1992, 655, 657. 220 VGH München, BayVBl. 1992, 655, 657. 221 Im Ergebnis so auch VGH München, BayVBl. 1992, 655, 657. 222 Vorweggenommen bzw. ausgeklammert sei hier die Frage, ob die betreffende Vorschrift überhaupt zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt ermächtigt, dies muss ggf. zuvor nach den oben dargestellten Grundsätzen bestimmt werden. 219

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

193

1. Das Erfordernis einer spezifischen Ermächtigung zum Erlass eines Verwaltungsakts gerade auch gegenüber einem Hoheitsträger Die Rechtsprechung geht in der Regel davon aus, dass, sobald eine Ermächtigungsnorm zum Erlass eines Verwaltungsakts berechtigt, sie auch den Erlass eines solchen gegenüber einem Hoheitsträger stützen kann. Die Frage, ob dieser Hoheitsträger vom Gesetzgeber als Adressat des Verwaltungsakts vorgesehen ist, wird nicht näher problematisiert. 223 Auch wenn die betreffende Vorschrift die Inanspruchnahme eines Hoheitsträgers nicht von vornherein ausschließt, bedeutet dies aber noch nicht zwingend, dass sie diese auch zulässt. Kommen nämlich als Adressaten einer Regelung hauptsächlich Private in Betracht und ist die Gesamtregelung auf das Staat-Bürger-Verhältnis zugeschnitten, ist davon auszugehen, dass in dieser Regelung auch die Bindung der öffentlichen Hand an die Grundrechte zum Ausdruck kommt. Da nach allgemeiner Ansicht die Beziehungen zwischen Hoheitsträgern nicht grundrechtsgeprägt sind, beide Seiten an die staatliche Kompetenzordnung gebunden sind und ihr Vermögen nur im Rahmen dieser Kompetenzen einsetzen dürfen, 224 ist in einem solchen Fall die Übertragbarkeit dieser Norm auf das Verhältnis zwischen Hoheitsträgern dann zu verneinen, wenn aufgrund der rechtlichen Verschiedenheit der Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger und zwischen Hoheitsträgern die Anwendung der Norm nicht sachgerecht erscheint. Die Übertragbarkeit ist hingegen zu bejahen, wenn durch Auslegung ermittelt werden kann, dass der Gesetzgeber durch die offene Formulierung der Anspruchs- bzw. Ermächtigungsgrundlage ganz bewusst sicherstellen wollte, dass diese Norm auch zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts Geltung erlangt. 225 Sie kann schließlich auch dann angenommen 223 BVerwG, NVwZ 1988, 147 (wasserrechtliche Genehmigung zur Errichtung von Rohrleitungen, die der Landesverteidigung dienen, gem. § 19b Abs. 1 S. 1 WHG zugunsten des Bundes); VGH Mannheim, NVwZ-RR 1999, 317 (Betriebserlaubnis für Kindergarten gem. § 45 SGB VIII zugunsten einer Gemeinde); OVG Lüneburg, BauR 2000, 1030, 1031 (Beseitigungsanordnung nach § 89 Abs. 1 Nds. BauO gegenüber dem Bund; aA OVG Lüneburg, OVGE 43, 311, 312; VG Berlin, UPR 1984, 101; siehe hierzu Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 104 ff.); BVerwG, NVwZ 2000, 1044 (Ausübung des Vorkaufsrechts durch Gemeinde gem. § 28 Abs. 2 BauGB zu Lasten des Landes als Käufer); BVerwGE 87, 332, 391 (Anordnung von Schutzvorkehrungen und -anlagen im Planfeststellungsbeschluss zugunsten von Gemeinden gem. § 74 Abs. 2 VwVfG); VG Berlin, NJ 1995, 553 (Zuordnungsbescheid gem. § 2 Abs. 1 VZOG im Rahmen eines Vermögenszuordnungsverfahrens); BSGE 68, 195, 197 (Entscheidung der Prüfungs- und Beschwerdeausschüsse bei Kassenärztlichen Vereinigungen darüber, ob eine Poliklinik bei der Behandlung von Versicherten gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat (§ 106 Abs. 5 und 6 SGB V)). 224 Siehe zur fehlenden Grundrechtsberechtigung von Hoheitsträgern 2. Kap. D. II. 1. (S. 100 ff.) und die dortigen Nachweise. 225 So zur Übertragbarkeit von materiellrechtlichen Anspruchsgrundlagen im StaatBürger-Verhältnis auf das Verhältnis von Hoheitsträgern: U. Stelkens / Cohrs, NVwZ 2002,

194 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

werden, wenn in der Norm zwar die Grundrechtsbindung der öffentlichen Hand zum Ausdruck kommt, sie aber auch nicht ausschließt, dass sie auch im Verhältnis zwischen Hoheitsträgern Anwendung finden kann, die Grundrechtsberücksichtigung also insoweit nicht schädlich ist. 2. Untersuchung einiger häufig verwendeter Normen Im Anschluss an diese grundsätzlichen Überlegungen soll anhand von Beispielen aus verschiedenen Bereichen des Besonderen Verwaltungsrechts die Vorgehensweise bei der Auslegung der Ermächtigungsnormen in ihren jeweiligen Regelungszusammenhängen dargestellt werden. 226 a) Festsetzung von Abgaben gegenüber Hoheitsträgern Erfüllen Träger öffentlicher Verwaltung den Tatbestand einer Norm, die die zuständige Behörde zur Erhebung von Abgaben (Steuern, Gebühren, Beiträge) berechtigt, können sie nach Ansicht der Rechtsprechung durch Verwaltungsakt zur Entrichtung dieser Abgaben herangezogen werden. Generell ergibt sich die Ermächtigung zum Erlass eines Abgabenbescheids bei Steuern aus § 155 Abs. 1 S. 1 AO 1977, bei kommunalen Abgaben aus den Vorschriften der Kommunalabgabengesetze, 227 die auf § 155 AO 1977 verweisen, 228 bei Kosten (Gebühren und Auslagen) aus §§ 14, 22 VwKostG des Bundes und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften 229 in den Kosten- und Gebührengesetzen 230 und 917, 924 (zur Anwendbarkeit des § 15 BSHG (jetzt § 74 SGB XII) auf Erstattungsansprüche der bestattenden Behörde gegen den Sozialhilfeträger); U. Stelkens, Verwaltungshaftungsrecht, S. 416 ff. (zur Übertragbarkeit der Grundwertungen des allgemeinen Staatshaftungsrechts auf das Verhältnis zwischen Hoheitsträgern); ders., DVBl. 2003, 22, 28 ff. (zur Anwendbarkeit des Art. 34 S. 1 GG auf das Verhältnis zwischen Hoheitsträgern). 226 Siehe zur entsprechenden Auslegung der Ermächtigungsgrundlagen im Wasserrecht, Bauordnungsrecht NRW und insbesondere Immissionsschutzrecht Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 102 ff., 104 ff., 109 ff. 227 Baden-Württemberg: § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) KAG; Bayern: Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG; Brandenburg: § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG; Hessen: § 4 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG; Mecklenburg-Vorpommern: § 12 Abs. 1 KAG; Niedersachsen: § 11 Abs. 1 Nr. 4 b) NKAG; Nordrhein-Westfalen: § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG; Rheinland-Pfalz: § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG; Saarland: § 12 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG; Sachsen: § 3 Abs. 1 Nr. 4 c) SächsKAG; SachsenAnhalt: § 13 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG-LSA; Schleswig-Holstein: § 11 S. 2 KAG; Thüringen: § 15 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) ThürKAG. 228 BVerwGE 27, 225 (Kanalanschlussgebühr); 78, 321 (Erschließungsbeitrag); 90, 202 (Erschließungsbeitrag); OVG Greifswald, LKV 2000, 502 (Gebühr zur Deckung der Beiträge eines Wasser- und Bodenverbands); VGH München, NVwZ-RR 2000, 826 (Fremdenverkehrsbeitrag). 229 Baden-Württemberg: §§ 1 Abs. 1, 19 S. 1 LGebG; Bayern: Art. 1 Abs. 1, 12 Abs. 3 KostenG; Berlin: §§ 12, 13 GebührenG; Brandenburg: §§ 14, 22 GebG Bbg; Hamburg:

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

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schließlich aus sonstigen Normen des Fachrechts. 231 Diese Normen sehen Träger öffentlicher Verwaltung weder ausdrücklich als Adressaten von Abgabenbescheiden an noch schließen sie diese ausdrücklich als solche aus. Bei unbefangener Betrachtung erfüllen diese die Tatbestände der betreffenden Normen vielmehr in gleicher Weise wie Private. Aus den oben genannten Gründen kann der Wortlaut jedoch nicht allein ausschlaggebend sein, hinzutreten müssen sonstige Anhaltspunkte, die den Erlass eines Verwaltungsaktes gerade gegenüber Trägern öffentlicher Verwaltung gestatten. Dies kann freilich nicht für alle Abgabentatbestände einheitlich beurteilt werden. Beispielhaft seien jedoch einige Fälle aufgeführt, in denen die Befugnis zum Erlass eines Abgabenbescheids auch gegenüber einem Hoheitsträger durch Auslegung ermittelt werden kann. aa) Der Umkehrschluss aus Befreiungstatbeständen zugunsten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts Ist in einem Gesetz oder einer Satzung die persönliche Gebührenfreiheit für bestimmte juristische Personen des öffentlichen Rechts vorgesehen, 232 bedeutet dies, dass diese nur deswegen nicht Gebührenschuldner nach diesem Gesetz sein können, weil sie von der Gebührenpflicht befreit sind. Daraus ergibt sich aber im Umkehrschluss, dass alle anderen dort nicht aufgeführten juristischen Personen des öffentlichen Rechts Gebührenschuldner sind und ihnen gegenüber der Anspruch durch Gebührenbescheid geltend gemacht werden kann, wenn sie den Gebührentatbestand verwirklichen. Gleiches gilt für die dort aufgeführten juristischen Personen des öffentlichen Rechts, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen der persönlichen Gebührenfreiheit nicht erfüllen.

§ 16 GebG; Hessen: § 14 HVwKostG; Mecklenburg-Vorpommern: §§ 14, 22 VwKostG M-V; Niedersachsen: § 1 Abs. 1 NVwKostG; Nordrhein-Westfalen: §§ 14, 22 GebG NRW; Rheinland-Pfalz: §§ 14, 22 LGebG; Saarland: § 1 Abs. 1 SaarlGebG; Sachsen: § 1 Abs. 3, 23 SächsVwKG; Sachsen-Anhalt: § 1 Abs. 1 VwKostG LSA; Schleswig-Holstein: §§ 14, 22 VerwKostenG; Thüringen: § 12 ThürVwKostG. Ausschlaggebend dürften auch hier Formulierungen wie „erheben“, „festsetzen“ und „Kostenentscheidung“ sein. 230 BVerwGE 10, 219 (Verwaltungsgebühr für das Einlegen einer Beschwerde); 32, 249 (Gebühr für Genehmigung nach dem Atomgesetz); 32, 252 (Gebühr für Genehmigung nach dem Personenbeförderungsgesetz); BVerwG, NVwZ 2000, 673 (Verwaltungsgebühr für Anhörung im Planfeststellungsverfahren). 231 BVerwGE 81, 220 (naturschutzrechtliche Ausgleichsabgabe gem. § 11 Abs. 5 NatSchG B-W). 232 BVerwGE 10, 219 (Art. 4 Bay. KostenG); 32, 249 (§ 8 GebG NRW); VGH München, NVwZ-RR 2000, 826, 827 (Fremdenverkehrsbeitragssatzung); vgl. z. B. auch § 8 VwKostG des Bundes.

196 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

bb) Die Anknüpfung an die Eigentümerstellung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts Wird eine juristische Person des öffentlichen Rechts durch einen Beitragsbescheid zu einem Erschließungsbeitrag gem. §§ 127 ff. BauGB iVm der Erschließungsbeitragssatzung der Gemeinde herangezogen, stellt sich die Frage, ob die Beitragspflicht und ihre Geltendmachung durch Bescheid auch für Grundstücke der öffentlichen Hand gilt. Diese sind dort weder ausdrücklich genannt noch ausdrücklich von der Beitragspflicht ausgeschlossen: Das BauGB kennt keine allgemeine Beitragsfreiheit für Grundstücke der öffentlichen Hand. 233 Ein Umkehrschluss, wie er unter aa) vorgenommen wurde, ist daher nicht möglich. Anknüpfungspunkt der Beitragspflicht ist hingegen die bauliche oder gewerbliche Nutzung eines Grundstücks (§ 133 Abs. 1 S. 1 BauGB) und die Eigenschaft als Eigentümer eines solchen Grundstücks (§ 134 Abs. 1 S. 1 BauGB). In dieser Hinsicht unterscheiden sich aber im Eigentum von Privaten und im Eigentum von Hoheitsträgern stehende Grundstücke nicht, auch auf die hoheitliche oder fiskalische Nutzung kommt es nicht an. 234 Der Erlass eines Erschließungsbeitragsbescheids auch gegenüber einem Hoheitsträger als Eigentümer eines Grundstücks ist daher aufgrund der Auslegung dieser Vorschriften zulässig. Auch soweit eine juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihrem Grundstück an gemeindliche öffentliche Einrichtungen angeschlossen wird (Anschlusszwang) und hierfür entsprechende Gebühren tragen muss, ergibt sich die Befugnis der Gemeinde, diese Gebühren durch Bescheid gegenüber dem Hoheitsträger geltend zu machen, daraus, dass dieser dem Grundsatz nach wie jeder andere Grundstückseigentümer den ordnungsgemäß zustande gekommenen Satzungen und Abgabenpflichten unterliegt. 235 Denn Anknüpfungspunkt für den Anschlusszwang ist ebenso wie beim Erschließungsbeitrag das Grundstück des Hoheitsträgers und dessen Eigentum daran, nicht die Person des Eigentümers oder die Art und Weise der Nutzung des Grundstücks. 236 Somit ist beispielsweise auch der Erlass von Kanalanschlussgebührenbescheiden ohne weiteres zulässig. Entsprechendes gilt, wenn Anknüpfungspunkt für die Erhebung einer Gebühr zur Deckung der Beiträge eines Wasser- und Bodenverbandes durch eine Gemeinde gegenüber dem Land dessen Eigenschaft als Eigentümer von Wasserflächen ist und es nur auf die Eigentümerstellung ankommt, nicht auf die Frage, ob ein Privater oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts deren Eigentümer ist und wie das Grundstück genutzt wird. 237 233

BVerwG, BRS 37, S. 322, 325. BVerwGE 78, 321, 327; Ernst, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 134 Rn. 4; Löhr, in: Battis / Krautzberger / Löhr, BauGB, 10. Aufl., § 131 Rn. 23, § 134 Rn. 2. 235 BVerwGE 27, 225, 226. 236 Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 268. 234

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

197

cc) Der Eintritt in die Stellung einer Privatperson In Ausnahmefällen kann eine Kostenforderung gegenüber einer Behörde dann durch Leistungsbescheid geltend gemacht werden, wenn diese an die Stelle einer Privatperson, des eigentlichen Kostenschuldners, tritt. So können Kosten für Amtshandlungen im Vollstreckungsverfahren von der Vollstreckungsbehörde auch gegenüber der Anordnungsbehörde per Verwaltungsakt geltend gemacht werden, wenn sie beim Vollstreckungsschuldner nicht beigetrieben werden können, Art. 41 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 BayVwZVG, Art. 12 Bay. KostenG (Kostenerstattungsanspruch nach dem KostenG). 238 Die Anordnungsbehörde nimmt nämlich quasi die Stellung des Vollstreckungsschuldners ein. b) Verwaltungsakte gegenüber Hoheitsträgern im Bereich des Naturschutzrechts Das bundes- und landesgesetzlich geregelte Naturschutzrecht verfügt über eine größere Anzahl von Eingriffsnormen und Verboten mit Erlaubnisvorbehalt, anhand derer sich die unterschiedlichen Argumentationsmöglichkeiten für und gegen die Zulässigkeit des Erlasses der entsprechenden Verwaltungsakte gegenüber Hoheitsträgern aufzeigen lassen. Selbstverständlich unterliegen Hoheitsträger den materiellen Anforderungen des Naturschutzrechts, denn würde man bei der Verursachung von Umweltbelastungen zwischen Privaten und der öffentlichen Hand differenzieren, stellte dies die Glaubwürdigkeit der Umweltschutzgesetzgebung insgesamt in Frage. 239 Dies kommt auch in § 7 S. 1 BNatSchG zum Ausdruck, nach dem bei der Bewirtschaftung von Grundflächen im Eigentum oder Besitz der öffentlichen Hand die Ziele und Grundsätze des Naturschutzes und der Landschaftspflege in besonderer Weise berücksichtigt werden sollen, der Staat also beim Naturschutz mit gutem Beispiel vorangehen soll. aa) Die Verpflichtung zur Unterlassung vermeidbarer Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft bzw. zu Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen (§ 19 Abs. 1 und 2 BNatSchG) Die materielle Bindung an das Naturschutzrecht bedeutet allerdings noch nicht, dass die Träger öffentlicher Gewalt auch im Hinblick auf die Eingriffs- und Kon237 OVG Greifswald, LKV 2000, 502; der Erhebung von Verbandsbeiträgen mittels Beitragsbescheids durch einen Wasser- und Bodenverband selbst auch gegenüber seinen Mitgliedern, die Hoheitsträger sind, dienen §§ 31 Abs. 1, 28 Abs. 1, 4 Abs. 1 WVG vom 12. 2. 1991 (BGBl. I, S. 405) als Rechtsgrundlage. 238 VG München, NVwZ-RR 2000, 742. 239 Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl., § 5 Rn. 539 ff.

198 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

trollmöglichkeiten den zuständigen Naturschutzbehörden unterworfen sind. So ist beispielsweise gem. § 20 Abs. 3 BNatSchG bei Eingriffen in Natur und Landschaft durch Behörden des Bundes nicht die zuständige Landesbehörde zu einer Entscheidung über die Zulässigkeit des Eingriffes befugt, sondern es ergeht eine Entscheidung der fachlich zuständigen Behörde des Bundes im Benehmen mit der obersten Landesbehörde für Naturschutz und Landschaftspflege. Die Länder haben also in diesem Bereich keine eigenständige Kompetenz zum Vollzug des Naturschutzrechts gegenüber dem Bund 240 und nach dem insofern eindeutigen Wortlaut weder in Bezug auf hoheitliches noch auf fiskalisches Tätigwerden des Bundes. 241 Gilt diese Einschränkung zugunsten von Behörden des Bundes, bedeutet dies aber im Umkehrschluss, dass gegenüber anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die einen Eingriff in Natur und Landschaft verursachen, das Handlungsinstrumentarium des § 19 Abs. 1 und 2 BNatSchG zur Verfügung steht. Entsprechendes gilt für die Erhebung einer Ausgleichsabgabe für durch Hoheitsträger verursachte unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Eingriffe in Natur und Landschaft nach den Landesnaturschutzgesetzen: Da eine dem § 20 Abs. 3 BNatSchG entsprechende Vorschrift für die Erhebung der Ausgleichsabgabe fehlt und ansonsten keine Differenzierung nach der Rechtsqualität des Verursachers des Eingriffs gemacht wird, ist die Erhebung der Ausgleichsabgabe durch Verwaltungsakt auch gegenüber Hoheitsträgern zulässig. 242 bb) Naturschutzrechtliche Befreiungen nach § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchG Gem. § 62 Abs. 1 S. 1 BNatSchG kann von den Verboten des § 42 und den Vorschriften einer Rechtsverordnung auf Grund des § 52 Abs. 7 eine Befreiung gewährt werden, wenn das betreffende Handeln oder Unterlassen nicht zugleich einen Eingriff in Natur und Landschaft iSd § 18 darstellt. Fraglich ist, ob auch der Bund und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts dieser Befreiung bedürfen. Dafür spricht, dass auf die Befreiungen nach § 62 Abs. 1 S. 1 die Ausnahmeregelung des § 20 Abs. 3 weder nach ihrem Wortlaut noch nach dem systematischen Zusammenhang – §§ 18 ff. betreffen den allgemeinen Schutz von Natur und Landschaft (Abschnitt 3), §§ 42 und 52 Abs. 7 den Schutz und die Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten (Abschnitt 5) – anwendbar ist 243 und eine vergleichbare Ausnahmeregelung für den Artenschutz fehlt. Hinzu kommt, dass 240 VG Frankfurt (Oder), NuR 1998, 673; OVG Frankfurt (Oder), NuR 2000, 288, 289; BVerwG, NVwZ 2001, 1152. 241 Zur Unterscheidung von hoheitlichem und fiskalischem Tätigwerden des AdressatenHoheitsträgers siehe auch unten C. 242 BVerwGE 81, 220 (zu § 11 LNatSchG B-W). 243 OVG Frankfurt (Oder), NuR 2000, 288, 289; BVerwG, NVwZ 2001, 1152 f.

B. Die Ausgestaltung des Erfordernisses der gesetzlichen Ermächtigung

199

nach § 63 S. 1 bei Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf Flächen, die bestimmten typisch hoheitlichen Nutzungen (Verteidigung, Bundesgrenzschutz) dienen, die bestimmungsgemäße Nutzung zu gewährleisten ist. Diese Vorschrift bedeutet keine Einschränkung des sachlichen und räumlichen Anwendungsbereichs des BNatSchG und auch keine Privilegierung dieser Nutzungen entsprechend der land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung (§ 18 Abs. 2). Hingegen ist § 63 eine Vorschrift über die inhaltliche Reichweite der materiellrechtlichen Einwirkungsbefugnisse der Naturschutzbehörde: Diese ist nur bis an die Grenze der bestimmungsgemäßen Nutzung berechtigt und verpflichtet, das formelle und materielle Naturschutzrecht zur Geltung zu bringen. § 63 bewirkt also, dass im Rahmen der Ermessensabwägung des § 62 Abs. 1 S. 1 („kann“) der Durchsetzung der bestimmungsgemäßen Nutzung der Vorrang gewährt werden muss, sich unter Umständen also das Befreiungsermessen so reduziert, dass eine Befreiung erteilt werden muss. 244 Dies bedeutet aber zugleich, dass eine Befreiung für diese hoheitlichen Tätigkeiten in jedem Fall erforderlich ist. A fortiori sind für alle anderen – hoheitlichen und fiskalischen 245 – Tätigkeiten aller juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die gegen ein Ge- oder Verbot iSd § 62 Abs. 1 S. 1 verstoßen, Befreiungen erforderlich, die durch Verwaltungsakt ausgesprochen werden können. 246 cc) Ausnahmegenehmigungen vom Biotopschutz gem. § 30 Abs. 2 BNatSchG iVm den landesrechtlichen Ausnahmeregeln Was die Ausnahmegenehmigungen vom Biotopschutz gem. § 30 Abs. 2 BNatSchG iVm den landesrechtlichen Ausnahmeregeln angeht, kann eine ähnliche Argumentation wie bei § 62 verfolgt werden. Denn auch hier ist § 20 Abs. 3 weder nach seinem Wortlaut noch nach seinem systematischen Zusammenhang anwendbar. 247 Dies spricht für die Erforderlichkeit einer Ausnahmegenehmigung auch für Vorhaben von Hoheitsträgern. Da in Bezug auf sonstige Eingriffs- und Handlungsbefugnisse der Naturschutzbehörden nicht danach unterschieden wird, ob sie das hoheitliche oder fiskalische Handeln des betroffenen Hoheitsträgers berühren, muss diese Entscheidung auch hier nicht vorgenommen werden. 248 Die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen an Hoheitsträger ist daher zulässig und erforderlich; auch hier besteht insoweit die Befugnis zum Erlass eines entsprechenden Verwaltungsakts gegenüber Hoheitsträgern.

244 245 246 247 248

Salzwedel, NuR 1984, 165, 173; VGH Kassel, NVwZ 1986, 675, 676. OVG Frankfurt (Oder), NuR 2000, 288, 290. Salzwedel, NuR 1984, 165, 173. VG Frankfurt (Oder), NuR 1998, 673, 674. In diese Richtung wohl auch VG Frankfurt (Oder), NuR 1998, 673, 674.

200 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

C. Das Problem der Entbehrlichkeit einer (spezifischen) Ermächtigung bei fehlendem Eingriff in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers Wie oben A. gezeigt, ist der Grund für die Unzulässigkeit des Erlasses eines Verwaltungsaktes gegenüber einem anderen Hoheitsträger bzw. die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung hierfür, dass insbesondere durch bestandskräftige, rechtswidrige Verwaltungsakte entgegen dem Vorrang des Gesetzes ein dauerhafter, unumkehrbarer Eingriff in die gesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts bewirkt wird. Im Rahmen dieser Untersuchung wurde bislang nicht nach Art der betroffenen Kompetenzen und Art der Tätigkeit, die der in Anspruch genommene Verwaltungsträger aufgrund dieser Kompetenzen ausübt und die Anlass für den Erlass des Verwaltungsakts ist, unterschieden. Insbesondere wurde das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage nicht auf den Schutz eines Kernbereichs der Kompetenzen oder der nur hoheitlichen Tätigkeit des adressierten Hoheitsträgers beschränkt. Hingegen machen Rechtsprechung und Literatur im Gefahrenabwehrrecht 249 von der generellen Unzulässigkeit des Erlasses von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern eine Ausnahme für solche Regelungen, die keinen Eingriff in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers bewirken. Sie beschränken also die Gültigkeit der aufgestellten Regel auf Verwaltungsakte, die sich auf die hoheitliche Tätigkeit des Verwaltungsträgers beziehen und zudem die Schwelle eines Eingriffs überschreiten.

I. Die Verwaltungsakte, die keinen Eingriff in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers bewirken sollen Nach überwiegender Ansicht kommen zwei Fälle in Betracht, in denen trotz des Erlasses eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger kein Eingriff in dessen hoheitliche Verwaltungstätigkeit bewirkt wird. Im ersten Fall ergeht die Anordnung in Bezug auf eine fiskalische Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers, im zweiten Fall wird die hoheitliche Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers von dem Verwaltungsakt nicht berührt.

249

Eine entsprechende Ausnahme für Erstattungsansprüche wird von BSGE 5, 140, 143 lediglich angedeutet.

C. Entbehrlichkeit einer (spezifischen) Ermächtigung

201

1. Fiskalische Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers Nach allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur sind im Gefahrenabwehrrecht polizeirechtliche Anordnungen und Verfügungen entgegen der grundsätzlich fehlenden formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern auch dann zulässig, wenn sie (nur) die fiskalische Tätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers betreffen. 250 a) Der Begriff der fiskalischen Tätigkeit eines Hoheitsträgers Der Begriff der fiskalischen Tätigkeit im Gegensatz zur hoheitlichen Tätigkeit eines Verwaltungsträgers wird allerdings in der Regel im Zusammenhang mit der formellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern nicht näher definiert. Daher muss die Begriffsbildung des allgemeinen Verwaltungsrechts herangezogen werden. Nach herrschender Ansicht wird als Fiskus der Staat bezeichnet, soweit er als reiner Vermögensträger fungiert und als Privatrechtssubjekt im zivilrechtlichen Rechtsverkehr auftritt. Zur fiskalischen Tätigkeit gehören also die reine Verwaltung eigenen Vermögens, die Beteiligung mit wirtschaftlichen Erwerbsunternehmen an der Wettbewerbswirtschaft mit Gewinnerzielungsabsicht und die Beschaffung der von der Verwaltung benötigten Güter und Leistungen (fiskalische Hilfsgeschäfte). Nicht hierzu gezählt wird hingegen die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in Privatrechtsform (sog. Verwaltungsprivatrecht). 251 Daraus ergeben sich zwei Kriterien, die beide erfüllt sein müssen, damit von fiskalischer Tätigkeit der Verwaltung gesprochen werden kann: Der Form nach muss die Tätigkeit auf der Grundlage und mit den Mitteln des Privatrechts durchgeführt werden, und dem sachlichen Gegenstand nach darf es sich nicht um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben handeln. 252 Nach anderer Ansicht wird die fiskalische Tätigkeit der Verwaltung mit der Verwaltung in den Formen des Privatrechts gleichgesetzt und erfasst somit auch 250 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; OVG Lüneburg, NuR 1980, 30, 31; VG Frankfurt (Oder), NuR 1998, 673, 674; OVG Frankfurt (Oder), NuR 2000, 288, 290; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 243; Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 11. Aufl., Rn. 102; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 433; Knemeyer, POR, 10. Aufl., Rn. 353; Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 237; Schoch, JuS 1994, 849, 852; Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 521; Würtenberger, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 7 Rn. 221. Maske, Immissionsschutzrechtliche Verfügungen, S. 2 f., bezieht daher von vornherein nur Verfügungen gegenüber hoheitlichen Anlagenbetreibern in Bezug auf „hoheitliche“ Immissionen in seine Untersuchung ein. 251 Burmeister, DÖV 1975, 695, 700; Creifelds, Rechtswörterbuch, 19. Aufl., S. 420 f.; Püttner, in: Deutsches Rechts-Lexikon, I, 3. Aufl., S. 1639; so verkürzt auch VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305. 252 Burmeister, DÖV 1975, 695, 702.

202 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

das Verwaltungsprivatrecht, auf das sachliche Kriterium der Erfüllung öffentlicher Aufgaben kommt es nicht an. 253 Im vorliegenden Zusammenhang dient die Zuordnung eines bestimmten Verwaltungshandelns zur fiskalischen bzw. hoheitlichen Tätigkeit nicht lediglich der Kategorisierung der verschiedenen Erscheinungsformen der Verwaltung, sondern führt nach allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur zur Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit einer diesbezüglichen polizeilichen Anordnung. Eine rein begriffliche, nur auf die Rechtsform der Verwaltungstätigkeit Bezug nehmende Abgrenzung reicht daher nicht aus, zumal die Rechtsform in erster Linie im Verhältnis des Adressaten-Hoheitsträgers zu dem Dritten, nicht aber im Verhältnis zur erlassenden Behörde eine Rolle spielt. Denn die Gefahr, dass die Ordnungsbehörde „mit Befehl und Zwang“ in die Wahrnehmung der einem Hoheitsträger durch die staatliche Kompetenzordnung zugewiesenen öffentlichen Aufgaben eingreift und einen Kompetenzkonflikt einseitig in ihrem Interesse entscheidet, besteht unabhängig davon, ob der Adressat die ihm zugewiesenen öffentlichen Aufgaben in den Formen des Privatrechts oder des Öffentlichen Rechts erledigt. Das Verwaltungsprivatrecht gehört daher nicht zu der fiskalischen Tätigkeit der Verwaltung im hier verwendeten Sinne. 254 Hingegen besteht diese Gefahr nach allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Literatur dann nicht, wenn der Verwaltungsakt sich lediglich auf die Erledigung nicht öffentlicher Aufgaben bezieht. b) Beispiele für die fiskalische Tätigkeit eines Hoheitsträgers Ausdrücklich bejaht wurde fiskalisches Tätigwerden eines Hoheitsträgers, demgegenüber der Erlass von Verwaltungsakten zulässig ist, bei einer forstwirtschaftlichen Bodennutzung durch den Bund als Waldeigentümer 255 (erwerbswirtschaftliche Tätigkeit) und bei der Errichtung eines Arbeitsamtes im Rahmen der Bedarfsdeckung 256 (fiskalisches Erwerbsgeschäft). Als fiskalische Tätigkeit wurde auch das Verklappen von Räumgut durch den Bund als Eigentümer einer Bundeswasserstraße in einem einer Gemeinde gehörenden See angesehen. Diese Tätigkeit gehöre nicht mehr zu seiner hoheitlichen Tätigkeit der Unterhaltung der Bundeswasser253 Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 3 Rn. 11; so verkürzt auch VGH Kassel, Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris). 254 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 243; Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 236; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 433; Würtenberger, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 7 Rn. 221. Nicht problematisiert wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit die Zulässigkeit des Erlasses von Polizeiverfügungen gegenüber juristischen Personen des Privatrechts, die die öffentliche Hand ganz oder teilweise beherrscht und durch die sie öffentliche Aufgaben wahrnimmt. 255 OVG Frankfurt (Oder), NuR 2000, 288, 290. 256 VG Frankfurt (Oder), NuR 1998, 673, 674.

C. Entbehrlichkeit einer (spezifischen) Ermächtigung

203

straßen gem. § 7 Abs. 1 WaStrG. Bei der Beseitigung des Räumguts unterliege er wie jeder Private den einschlägigen Normen des Abfall- und Wasserrechts. 257 Für das Verklappen des Räumguts im See habe er einer Erlaubnis gem. § 7 WHG bedurft, da diese nicht vorlag, habe gegenüber dem Bund eine Untersagungsverfügung ergehen können. 258 Auch wurde entschieden, dass der Bund als Eigentümer einer Bundeswasserstraße unter dem Gesichtspunkt der Zustandshaftung zu den Kosten für die Beseitigung einer Ölverschmutzung herangezogen werden könne, da die wasserpolizeiliche Zustandshaftung an Bundeswasserstraßen dem Bund nicht als hoheitliche Aufgabe, sondern in seiner Eigenschaft als Eigentümer und damit im fiskalischen Bereich obliege. 259 2. Unberührtlassen der hoheitlichen Tätigkeit Nach Ansicht der Rechtsprechung und eines Teils der Literatur sind zur Abwehr von Gefahren, für die andere Verwaltungsträger verantwortlich sind, auch solche Anordnungen zulässig, die die hoheitliche Tätigkeit des anderen Verwaltungsträgers unberührt lassen. 260 Andere Teile der Literatur vertreten teilweise abweichende Nuancen, nach denen eine polizeiliche Anordnung auch dann zulässig sei, wenn sie die Erfüllung der hoheitlichen Aufgabe des Adressaten-Hoheitsträgers nicht beeinträchtige 261 oder nicht ernstlich beeinträchtige 262 oder dessen Kompetenzen nicht vollständig negiere. 263 Die von der Rechtsprechung unter diese Fallgruppe geordneten Fälle setzen zwei unterschiedliche Akzente. a) Keine Betroffenheit der hoheitlichen Tätigkeit Zum einen liegt der Akzent darauf, dass der Verwaltungsakt nicht die hoheitliche Tätigkeit des adressierten Verwaltungsträgers betreffe. So wurde eine abfallrecht257

OVG Lüneburg, NuR 1980, 30, 32. OVG Lüneburg, NuR 1980, 30, 31. 259 BVerwGE 87, 181, 186 f.; VGH Kassel, DÖV 1992, 752. 260 BVerwGE 29, 52, 59; OVG Schleswig, ZfW 1993, 57, 62; NVwZ 2000, 1196, 1197; OVG Lüneburg, NuR 2004, 687, 690; NuR 2004, 684, 687; ZfW 1988, 434, 435; ZfW 1987, 186, 187; NuR 1980, 30, 31 f.; VG Freiburg, NVwZ 1990, 594, 595; BGH, DVBl. 1970, 499, 500; VGH Mannheim, NVwZ-RR 1997, 267, 268; ebenso Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 241; Götz, Allg. POR, 13. Aufl., Rn. 240; Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 234; Oldiges, JuS 1989, 616, 618. 261 Friauf, in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 11. Aufl., Rn. 104; Wallerath / Strätker, JuS 1999, 127, 130. 262 Schoch, in: Schmidt-Aßmann, Bes. VerwR, 13. Aufl., Rn. 125; ders., JuS 1994, 849, 853. 263 Scholz, DVBl. 1969, 116. 258

204 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

liche Verfügung gegenüber der – früher noch hoheitlich betriebenen – Deutschen Bundesbahn für zulässig gehalten, weil sie eine endgültige Ablagerung von Abfällen auf deren Grundstück betraf, die nicht mehr dem hoheitlichen Eisenbahnbetrieb diente, 264 oder einen Grundstücksteil, den die Bahn seit Jahren an private Firmen vermietete und der daher ebenfalls nicht mehr dem Bahnbetrieb diente. 265 Die an den Bund gerichtete Anordnung, Ufersicherungsarbeiten an einem bestimmten Gewässerabschnitt durchzuführen, berühre nicht die Zweckbestimmung der Bundeswasserstraße als öffentlicher Einrichtung und dessen darauf bezogene hoheitliche Verwaltungstätigkeit. 266 Die Anordnung an eine Gemeinde, die in einem Strandbad stehenden Bäume zurückzuschneiden, betreffe nicht die Zweckbestimmung des Erholungsgebietes als öffentliche Einrichtung und die darauf bezogene hoheitliche Verwaltungstätigkeit. 267 Ebenso wenig bilde die Verpflichtung der Bundeswehr zur Erstattung von Aufwendungen für die Beseitigung von bei einem Manöver ausgelaufenem Treibstoff einen unzulässigen Eingriff in die hoheitlichen Belange der Streitkräfte. 268 Desgleichen berühre eine Ersatzvornahme zur Entsorgung von Sonderabfällen von einem Ufergrundstück des Bundes und ein daran anknüpfender Kostenbescheid gem. § 66 Abs. 1 Nds. SOG nicht dessen hoheitliche Tätigkeit als Wasser- und Schifffahrtsbehörde, denn die Heranziehung des Bundes knüpfe an die tatsächliche Sachherrschaft und Eigentümerstellung über die betroffenen Grundstäcke an. 269 Bei näherer Betrachtung lässt sich diese erste Unterfallgruppe aber nicht von der oben genannten ersten Fallgruppe der Inanspruchnahme des Hoheitsträgers in Bezug auf seine fiskalische Tätigkeit trennen. Auch wenn dies nicht ausdrücklich so gesagt wird, betreffen die hier zitierten Verfügungen die fiskalische Tätigkeit des Adressaten, insbesondere seine Eigenschaft als Eigentümer von Grundstücks- und Gewässerflächen, 270 und lassen deswegen dessen hoheitliche Tätigkeit unberührt. b) Kein Eingriff in die hoheitliche Tätigkeit Zum anderen wird betont, dass sich der Verwaltungsakt zwar auf die hoheitliche Tätigkeit des in Anspruch genommenen Hoheitsträgers beziehe, aber nicht in seine hoheitliche Tätigkeit eingreife. Beispielsweise sei zwar die Unterhaltung und 264 VG Freiburg, NVwZ 1990, 594, 595; vgl. als Gegenbeispiel OVG Lüneburg, ZfW 1992, 317, 318. 265 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1997, 267, 268. 266 OVG Lüneburg, ZfW 1988, 434, 435. 267 OVG Lüneburg, ZfW 1987, 186, 187. 268 BVerwG, DVBl. 1970, 499, 500. 269 BVerwG, BayVBl. 2004, 151, 152. Das BVerwG betont, dass sich aus § 66 Abs. 1 Nds. SOG keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass derartige Kostenbescheide nicht gegen Körperschaften des öffentlichen Rechts erlassen werden können. 270 So auch Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 243.

C. Entbehrlichkeit einer (spezifischen) Ermächtigung

205

Pflege des eine Munitionsanstalt tarnenden Waldes hoheitliche Tätigkeit, die Unterstellung der Waldparzelle unter die Forsthoheit eines Landes und ihre Aufnahme in das Waldverzeichnis verletze aber nicht die hoheitliche Verteidigungstätigkeit des Bundes. 271 Auch beeinträchtige ein Kostenbescheid, mit dem eine Gemeinde gem. § 85 Abs. 2 Landeswassergesetz Schleswig-Holstein 272 zur Erstattung der Kosten für Gefahrerforschungsmaßnahmen auf einer bereits geschlossenen Mülldeponie herangezogen werde, nicht die hoheitliche Tätigkeit der Abfallbeseitigung als solche. 273 Ebensowenig beeinträchtige ein Kostenbescheid, mit dem der Bund gem. § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Abfallgesetzes 274 zur Erstattung von Aufwendungen für eine Altlastenerkundung und Gefährdungsabschätzung aufgefordert werde, seine hoheitliche Aufgabenerfüllung. 275 Schließlich beeinträchtige eine Verfügung, mit der der Bund gem. § 15 Abs. 2 S. 1 BBodSchG zur Durchführung von Eigenkontrollmaßnahmen wegen des Vorliegens einer Altlast verpflichtet werde, ebenfalls nicht seine hoheitliche Aufgabenerfüllung. 276 In den drei letztgenannten Beispielen ermöglicht allerdings die fachgesetzliche Ermächtigungsgrundlage gerade auch den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger: Die Vorschriften über die Gewässeraufsicht und ihre Befugnisse gem. §§ 83 –85 LWG Schl.-H. regeln gerade auch die Gewässeraufsicht über Hoheitsträger, wie die Ausnahmevorschrift des § 84 Abs. 3 zeigt, nach der Bauvorhaben öffentlicher Bauherrn keiner wasserrechtlichen Bauüberwachung und Bauabnahme bedürfen, bezüglich der Kostenerstattungspflicht des § 85 aber keiner Sonderregelung unterliegen. Ebenso richtet sich der Erstattungsanspruch gem. § 33 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 NAbfG auch gegen Hoheitsträger, 277 da diese gem. §§ 2, 3 Abs. 1 NAbfG ausdrücklich dazu verpflichtet sind, nicht unnötig Abfälle entstehen zu lassen und die umweltverträgliche Entsorgung von Abfällen nicht unnötig zu erschweren. Schließlich kann aus einem Umkehrschluss zu § 23 BBodSchG, der aus Gründen der Landesverteidigung Ausnahmen zu diesem Gesetz zulässt, hergeleitet werden, dass bei dem Vorliegen von Altlasten auch von Hoheitsträgern die Durchführung von Eigenkontrollmaßnahmen gefordert werden kann.

271 272 273 274 275 276 277

BVerwGE 29, 52, 59. Jetzt in der Fassung vom 6. 1. 2004, GVOBl., S. 8. OVG Schleswig, NVwZ 2000, 1196, 1197. In der Fassung vom 14. 10. 1994, GVBl. S. 468. OVG Lüneburg, NuR 2004, 684, 687. OVG Lüneburg, NuR 2004, 687, 690. So ausdrücklich auch OVG Lüneburg, NuR 2004, 684, 687.

206 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

II. Erfordernis einer (spezifischen) Ermächtigungsnorm auch für den Erlass von Verwaltungsakten gegenüber dem fiskalischen Handeln eines Hoheitsträgers Ergibt die Prüfung der Zulässigkeit einer Ordnungsverfügung gegenüber einem Hoheitsträger, dass diese dessen fiskalische Tätigkeit betrifft, ist allerdings nach Rechtsprechung und Literatur nicht ganz klar, ob dann jede gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Handlungsform Verwaltungsakt entbehrlich sein soll oder ob auf Ermächtigungsgrundlagen zurückgegriffen werden kann, die nach dem unter B. II. Gesagten auf den Erlass von Verwaltungsakten gegenüber der hoheitlichen Tätigkeit von Hoheitsträgern nicht angewendet werden können. 1. Die Unentbehrlichkeit einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage Streng genommen müsste die zuerst genannte Lösung die richtige sein: Denn mangels Eingriffs in die hoheitlichen Kompetenzen des Adressaten-Hoheitsträgers bestünde ja auch keine Gefahr für die oben beschriebene verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung und damit für den Vorrang des Gesetzes durch den Erlass von dieser widersprechenden Verwaltungsakten. Folglich wäre in diesen Fällen eine gesetzliche Grundlage für die Handlungsform Verwaltungsakt nicht erforderlich. Allerdings sollte der oben unter A. verwendete Begriff der „Kompetenz“ nicht auf die Bedeutung „hoheitliche Kompetenz“ im Sinne einer Kompetenz, die sich lediglich auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in den Formen des öffentlichen oder privaten Rechts bezieht, beschränkt werden. Denn es darf nicht übersehen werden, dass die Verwaltung auch in Bezug auf ihre fiskalische Tätigkeit an die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) gebunden und selbst nicht grundrechtsberechtigt ist. Sie kann sich daher auch bei fiskalischem Handeln nicht auf Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) berufen, sondern bedarf stets der Rechtfertigung durch ein öffentliches Interesse bzw. einen öffentlichen Zweck. Auch im fiskalischen Bereich sind die Zuständigkeiten und Kompetenzen dem Staat nicht um seiner selbst, sondern um der Menschen willen übertragen worden. Der Staat darf in all seinen Tätigkeitsbereichen nur pflichtgebunden und im Rahmen der ihm zugewiesenen Kompetenzen handeln. 278 Konkret heißt dies, dass der Staat nur in solchen Bereichen erwerbswirtschaftlich handeln, seinen Bedarf decken und sein Vermögen nutzen darf, in dem ihm durch Gesetz die 278 Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190, 219; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 1 Rn. 28, § 3 Rn. 81; ders., DVBl. 1983, 422, 424; Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 11. Aufl., S. 298; BVerfGE 12, 205, 246; OVG Koblenz, GewArch 1980, 339 f.

C. Entbehrlichkeit einer (spezifischen) Ermächtigung

207

Kompetenz zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben eingeräumt worden ist. 279 Ebenso darf er seine Finanzmittel nur zur Finanzierung von Aufgaben verwenden, zu deren Wahrnehmung ihm Kompetenzen zustehen. 280 Im Umkehrschluss bedeutet dies zugleich, dass, wenn einem Hoheitsträger Kompetenzen zur fiskalischen Tätigkeit zur Verfügung stehen – diese werden zumeist implizit zusammen mit der Zuständigkeit zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben begründet werden –, ihm diese von einem anderen Hoheitsträger nicht streitig gemacht werden dürfen. „Fiskalische Kompetenzen“ sind vollwertige Kompetenzen, in die ein Eingriff ebenso unzulässig ist wie in „hoheitliche Kompetenzen“. Die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenzordnung begründet und begrenzt die Befugnis der Verwaltung zum fiskalischen Tätigwerden ebenso wie die Befugnis zum hoheitlichen Tätigwerden. Insgesamt ist daher auf eine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Handlungsform Verwaltungsakt auch bei fiskalischem Handeln des in Anspruch genommenen Hoheitsträgers nicht zu verzichten. Dies ist wohl auch die Intention der Rechtsprechung, die in den jeweiligen Fällen das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen bestimmter vorhandener Eingriffsnormen prüft. 281 Es stellt sich nur die Frage, welche Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage zu stellen sind. 2. Die an die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zu stellenden Anforderungen Sucht man nach einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage, die zum Erlass einer Verfügung gegenüber einem Verwaltungsträger in Bezug auf dessen fiskalische Tätigkeit berechtigt, stehen sicherlich all diejenigen Normen zur Verfügung, die oben bereits als geeignet dafür angesehen wurden, zum Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger zu ermächtigen: diejenigen, die überhaupt nur zum Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger ermächtigen, 282 und diejenigen, die zum Erlass eines Verwaltungsaktes sowohl gegenüber einem Privaten als auch gegenüber einem Hoheitsträger ermächtigen. 283 279 Burmeister, VVDStRL 52 (1993), 190, 221 f.; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 3 Rn. 81; ders., DVBl. 1983, 422, 424; Held, in: Henneke, Optimale Aufgabenerfüllung im Kreisgebiet?, S. 181, 188 ff.; BVerfGE 61, 82, 108. Held weist ausdrücklich darauf hin, dass Art. 28 Abs. 2 GG das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden sowohl in Bezug auf hoheitliche als auch auf fiskalische Tätigkeiten zugleich garantiert und begrenzt. 280 Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 35. 281 So prüft VGH Mannheim, NVwZ-RR 1997, 267 die Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage des § 24 AbfallG BW; OVG Lüneburg, ZfW 1988, 434, 436 stützt eine wasserrechtliche Anordnung wohl auf § 38 Abs. 3 WG Schl.-H.; OVG Schleswig, NVwZ 2000, 1196 gründet einen Kostenerstattungsanspruch auf § 85 Abs. 2 WG Schl.-H. 282 Oben B. I. 3. (S. 185 ff.).

208 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

Darüber hinaus könnten hier auch diejenigen Ermächtigungsgrundlagen herangezogen werden, die zum Erlass eines Verwaltungsakts nur gegenüber einer Privatperson ermächtigen und daher oben keine Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger begründen konnten (z. B. § 8 Abs. 1 SPolG). Denn Rechtsprechung und Literatur setzen den fiskalisch handelnden Hoheitsträger mit einem Privaten gleich. Der fiskalisch handelnde Hoheitsträger nehme wie ein privater Dritter am Rechtsverkehr teil, 284 er genieße keine rechtliche Sonderstellung, 285 und es gebe keinen sachlichen Grund für eine Differenzierung bezüglich der formellen Polizeipflicht von Privatpersonen und fiskalisch handelnden juristischen Personen des öffentlichen Rechts. 286 Bei einer derartigen Argumentation wird allerdings übersehen, dass die rechtliche Stellung von Privatpersonen und Trägern öffentlicher Verwaltung auch in Bezug auf deren nicht hoheitliches Tätigwerden kaum vergleichbar ist. Auf die fehlende Privatautonomie und die Bindung an die Grundrechte und die staatliche Kompetenzordnung auch des fiskalisch handelnden Hoheitsträgers wurde bereits hingewiesen. Darüber hinaus ist die fiskalische Tätigkeit auch nicht von sonstigen öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen frei und unterscheidet sich dadurch von den Privatpersonen: Hoheitsträger haben den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen und sind an das haushaltsrechtliche Prinzip der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gebunden; öffentliche Aufträge sind gem. § 55 BHO und den entsprechenden Bestimmungen der Landeshaushaltsordnungen und gem. §§ 97 ff. GWB auszuschreiben. 287 Die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden wird in den Gemeindeordnungen 288 von der Verfolgung eines öffentlichen Zwecks und anderer Voraussetzungen abhängig gemacht. Daneben gelten die Zuständigkeits- und Vertretungsregeln des öffentlichen Rechts und z. B. für die Gemeinden besondere Genehmigungspflichten und Beschränkungen hinsichtlich der Ausgestaltung privatrechtlicher Rechtsgeschäfte. 289 Das Insolvenzverfahren ist gem. § 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO über das Vermögen des Bundes und der Länder und gem. § 12 Abs. 1 Nr. 2 iVm Landesrecht über das Vermögen von juristischen Personen, die der Aufsicht des Landes unterstehen, 290 unzulässig. 283

Oben B. II. 2. (S. 194 ff.). OVG Lüneburg, NuR 1980, 30, 32; VG Frankfurt (Oder), NuR 1998, 673, 674. 285 VGH Kassel, DÖV 1992, 752; Knemeyer, POR, 9. Aufl., Rn. 353; Schoch, JuS 1994, 849, 852. 286 Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 237. 287 OLG Brandenburg, NVwZ 1999, 1142, 1146. 288 Baden-Württemberg: §§ 102 ff. GemO; Bayern: Art. 86 ff. GO; Brandenburg: §§ 100 ff. GO; Hessen: §§ 121 ff. HGO; Mecklenburg-Vorpommern: §§ 68 ff. KV; Niedersachsen: §§ 108 ff. NGO; Nordrhein-Westfalen: §§ 107 ff. GO; Rheinland-Pfalz: §§ 85 ff. GemO; Saarland: §§ 108 ff. KSVG; Sachsen: §§ 95 ff. GemO; Sachsen-Anhalt: §§ 116 ff. GO; Schleswig-Holstein: §§ 101 ff. GO; Thüringen: §§ 71 ff. ThürKO. 289 Ehlers, DVBl. 1983, 422, 424. 284

D. Ergebnis des vierten Kapitels

209

Die Vollstreckung von Verwaltungsakten und gerichtlichen Urteilen gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts unterliegt Besonderheiten (§ 5 VwVG iVm § 255 Abs. 1 AO 1977, § 17 VwVG und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften und §§ 170, 172 VwGO, 882a ZPO 291). 292 Insofern macht die Inanspruchnahme des Privatrechts die Verwaltung nicht zum Privaten, der Staat bleibt Staat. 293 Er verliert auch beim fiskalischen Handeln nichts von seinem „Wesen“ und ist deshalb nicht mit dem Bürger auf eine Stufe zu stellen. 294 Aus der fehlenden Vergleichbarkeit von Privaten und fiskalisch handelnden Hoheitsträgern folgt zwar, dass die gesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen, die zum Erlass eines Verwaltungsaktes nur gegenüber einem Privaten ermächtigen, nicht unbesehen auf den Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger angewendet werden sollten. Bei der Auslegung dieser Vorschriften ist jedoch zu untersuchen, ob der Gesetzgeber auch die Inanspruchnahme des Hoheitsträgers in Bezug auf seine fiskalische Tätigkeit stillschweigend geregelt hat, weil er sich aufgrund der langen Tradition der Gleichbehandlung von fiskalischem Handeln und Handeln Privater nicht dazu veranlasst sah, dies ausdrücklich klar zu stellen. In einem solchen Fall ist die Verwaltungsaktbefugnis zu bejahen. Schließlich besteht in den Fällen, in denen die oben dargestellte Wesensverschiedenheit von Privaten und Hoheitsträgern gar nicht zum Tragen kommt, weil beide beispielsweise gem. § 127 BauGB in ihrer Eigenschaft als Eigentümer eines Grundstücks zu Erschließungsbeiträgen verpflichtet werden, kein Grund, Verwaltungsträger anders als Private zu behandeln; auch für diesen Fall besteht daher die Befugnis, Verwaltungsakte gegenüber dem fiskalisch handelnden Hoheitsträger zu erlassen.

D. Ergebnis des vierten Kapitels Ergebnis des vorliegenden Kapitels ist, dass insbesondere bestandskräftige, rechtswidrige Verwaltungsakte entgegen dem Vorrang des Gesetzes einen dauerhaften, unumkehrbaren Eingriff in die gesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts bewirken, 290

Beispielsweise ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen von Gemeinden nach folgenden Vorschriften unzulässig: Baden-Württemberg: § 45 AGGVG; Bayern: Art. 77 Abs. 3 GO; Brandenburg: § 129 Abs. 2 GO; Hessen: § 146 HGO; MecklenburgVorpommern: § 62 Abs. 2 KV; Niedersachsen: § 136 Abs. 2 NGO; Nordrhein-Westfalen: § 125 Abs. 2 GO; Saarland: § 138 Abs. 2 KSVG; Schleswig-Holstein: § 131 Abs. 2 GO; Thüringen: § 69 Abs. 3 ThürKO. 291 Siehe hierzu 5. Kap. B. II. (S. 226 ff.). 292 Vgl. zu weiteren „fiskalischen Sonderrechten“ Wolff / Bachof / Stober, VerwR I, 11. Aufl., S. 307. 293 Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 13. Aufl., § 3 Rn. 80 ff. 294 Dürig, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 19 Abs. 3, Rn. 45.

210 4. Kap.: Die Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt

und dass daher der Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem anderen Hoheitsträger nur dann zulässig ist, wenn der Gesetzgeber hierfür eine gesetzliche Ermächtigung vorsieht. Dabei kann die Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt zwar auch durch Auslegung der zugrunde liegenden Rechtsvorschrift ermittelt werden. Regelt diese Vorschrift aber nicht eine Fallkonstellation, in der nur Hoheitsträger betroffen sein können, ist entscheidend, dass sie gerade auch die Möglichkeit vorsieht, dass ein Verwaltungsträger Adressat des Verwaltungsakts sein kann. Eine nur zu dem Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber dem Bürger ermächtigende Rechtsvorschrift reicht hingegen nicht aus. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Verwaltungsakt die fiskalische Tätigkeit des adressierten Hoheitsträgers betrifft und die Wesensverschiedenheit von Hoheitsträgern und Privatpersonen, die sich aus der Bindung auch des fiskalisch handelnden Hoheitsträgers an Gesetz und Recht ergibt, im konkreten Fall nicht zum Tragen kommt.

Fünftes Kapitel

Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen im Falle der Zulässigkeit des Verwaltungsakts Hält man den Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger entsprechend den oben aufgestellten Voraussetzungen aufgrund einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für zulässig, gelten für ihn grundsätzlich die für alle Verwaltungsakte bestehenden formellen und materiellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und werden an ihn dieselben Rechtsfolgen geknüpft wie an alle Verwaltungsakte, es sei denn, der Gesetzgeber sieht Sonderregelungen vor. Nichtsdestotrotz müssen einige Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen (A.) und Rechtsfolgen (B.) daraufhin untersucht werden, ob sie ggf. wegen der besonderen Situation des Hoheitsträger-Adressaten zu modifizieren sind. Des Weiteren ist zu klären, ob in dem Fall, in dem der Gesetzgeber den Erlass eines Verwaltungsakts für zulässig hält bzw. diesen sogar ausdrücklich vorsieht, die Verwendung anderer Handlungsformen möglich bleibt (C.).

A. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern Im Folgenden soll überprüft werden, inwieweit es berechtigt ist, geringere Anforderungen an die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts zu stellen, wenn ein Hoheitsträger Adressat der Maßnahme ist, wie dies von der Rechtsprechung in Bezug auf die Begründungspflicht (II.) und die inhaltliche Bestimmtheit (III.) praktiziert wird. Zunächst ist aber die Geltung des Anhörungsrechts (I.) auch zugunsten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu untersuchen.

I. Die Anhörung (§ 28 VwVfG) Das Verwaltungsverfahren ist nach § 9 VwVfG die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass des Verwaltungsakts gerichtet ist. Es umfasst insbesondere die Anhörung gem. § 28 VwVfG, aufgrund derer dem Beteiligten, in dessen Rechte

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

der Verwaltungsakt eingreift, Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. In der Rechtsprechung scheint bislang nicht thematisiert worden zu sein, ob vor Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger die Durchführung eines derartigen Verwaltungsverfahrens mit Anhörung ebenfalls erforderlich oder ggf. entbehrlich ist. 1. Der Wortlaut des § 28 VwVfG Der Wortlaut des § 28 VwVfG allein zieht die Notwendigkeit der Anhörung juristischer Personen des öffentlichen Rechts im Verwaltungsverfahren nicht in Zweifel: Beteiligter kann gem. § 11 Nr. 1, 2. Alt. VwVfG eine juristische Person auch des öffentlichen Rechts sein. Allerdings könnte die Formulierung, dass eine Anhörung nur bei einem Eingriff in Rechte eines Beteiligten notwendig ist, die Anhörung juristischer Personen des öffentlichen Rechts ausschließen, wenn man Rechte im Sinne von subjektivöffentlichen Rechten versteht 1 und vertritt, dass Verwaltungsträger nur Inhaber von Kompetenzen, nicht aber von subjektiv-öffentlichen Rechten sein können. 2 Zur Auslegung des Begriffs Rechte in § 28 Abs. 1 VwVfG ist die Vorschrift des § 11 Nr. 2 VwVfG 3 hinzuzuziehen, in der der Begriff Recht ebenfalls verwendet wird: Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Dies betrifft alle öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vereinigungen, d. h. Personenmehrheiten, die nicht selbst rechtsfähig sind oder sonst juristischen Personen gleichgestellt sind, denen aber nach materiellem Recht das im Rechtsstreit streitige oder berührte Recht zustehen kann, d. h. die Zuordnungssubjekt der bezüglich des Gegenstands des Verfahrens in Frage stehenden Rechte und Pflichten sein können. 4 Zu diesen Rechten werden nach allgemeiner Ansicht auch öffentlich-rechtliche Kompetenzen gezählt, die einer Personenmehrheit, einem Organ oder Organteil (einer juristischen Person auch des öffentlichen Rechts) als eigene Rechte zustehen, 5 z. B. im Kommunalverfassungsstreit. A fortiori sind Rechte in diesem Sinne auch die Verbandskompetenzen, die den juristischen Personen nach § 11 Nr. 1, 2. Alt. VwVfG zustehen. Daraus kann geschlossen werden, dass die Verwendung des Begriffs Rechte in § 28 Abs. 1 VwVfG nicht dazu 1

So Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 28 Rn. 8. So z. B. Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585, 590 mit Nachweisen zum Streitstand. 3 § 11 Nr. 2 VwVfG ist eine aus § 61 Nr. 2 VwGO übernommene Regelung, vgl. Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 11 Rn. 16. 4 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 11 Rn. 9; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 61 Rn. 8; M. Redeker, in: Redeker / v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 61 Rn. 4. 5 Bonk / Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 11 Rn. 19; Riedl, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 11 Rn. 23; aA v. Albedyll, in: Bader / Funke-Kaiser / Kuntze / v. Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 61 Rn. 9. 2

A. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

213

dienen sollte, subjektiv-öffentliche Rechte von Kompetenzen nicht grundrechtsfähiger juristischer Personen des öffentlichen Rechts abzugrenzen und damit von vornherein bestimmte Beteiligte aus dem Anwendungsbereich der Norm herauszunehmen. Schließlich ist der Fall des Erlasses eines Verwaltungsakts gegenüber einem Verwaltungsträger auch nicht als Ausnahme in § 28 Abs. 2 und 3 VwVfG aufgeführt. Diese Auslegung spricht insgesamt für eine Anhörung auch juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Sie wird gestützt durch Erwägungen zu der verfassungsrechtlichen Verankerung der Vorschrift und ihren Funktionen. 2. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Anhörung und ihre Funktionen § 28 Abs. 1 VwVfG gewährt dem Beteiligten, in dessen Rechte durch den Verwaltungsakt eingegriffen wird, einen Anspruch auf rechtliches Gehör. Dieser Anspruch leitet sich weder direkt noch analog aus Art. 103 Abs. 1 GG ab, der rechtliches Gehör nach seinem eindeutigen Wortlaut und seiner systematischen Stellung nur vor Gericht gewährt. 6 Stattdessen kann der Anspruch auf rechtliches Gehör mit demselben Ergebnis auf andere Verfassungsgrundsätze gestützt werden. Soweit die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), die verbietet, dass der Bürger zum Objekt staatlichen Handelns gemacht wird, 7 und die Idee des Grundrechtsschutzes durch Verfahren 8 der Anhörungspflicht im Verwaltungsverfahren zugrunde gelegt werden, spricht dies nicht gegen einen Anspruch auf rechtliches Gehör der nicht grundrechtsberechtigten Verwaltungsträger, sondern bedeutet lediglich, dass das Anhörungsrecht unter diesem Gesichtspunkt nicht verfassungsrechtlich abgesichert ist. Daneben wird der Anspruch auf rechtliches Gehör aber insbesondere auf das Recht auf ein faires Verfahren und die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gestützt, die beide aus dem Rechtsstaatsprinzip herzuleiten sind. 9 Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird dabei nicht als Grundrecht verstanden, sondern als Verfah6 BVerfGE 101, 397, 404 f.; Degenhart, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 103 Rn. 8; Kunig, in: v. Münch / Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 103 Rn. 5; Nolte, in: v. Klein / Starck, GG, Art. 103 Abs. 1, Rn. 20; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 103 I, Rn. 62. 7 Degenhart, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 103 Rn. 8; Nolte, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 103 Abs. 1, Rn. 20; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 103 I, Rn. 62. Ausschließlich auf den Schutz der Menschenwürde stellt Grünewald, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 28 Rn. 2, ab. 8 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 28 Rn. 3 a. 9 Bonk / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 28 Rn. 3; Clausen, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 28 Rn. 3; Degenhart, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 103 Rn. 8; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 28 Rn. 2; Nolte, in: v. Mangoldt / Klein / Starck,

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

rensgrundsatz, der eine richtige Entscheidung verbürgen soll. 10 Der Beteiligte soll auf das Verfahren und das Ergebnis der Entscheidung Einfluss nehmen, zur Vervollständigung des der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts beitragen und damit auf eine materiellrechtlich korrekte Entscheidung hinwirken sowie Überraschungsentscheidungen vermeiden helfen. 11 Dies liegt in erster Linie im öffentlichen Interesse und dient zugleich der Sicherung der materiellen Rechtsposition des betroffenen Hoheitsträgers, insbesondere des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG (Planungshoheit). 12 Zudem wird durch die Pflicht der Behörde, im Rahmen der Anhörung die von ihr beabsichtigte Entscheidung mit der entsprechenden Argumentation dem Beteiligten offen zu legen, das Verfahren transparenter und ermöglicht eine Selbstkontrolle der Verwaltung. Insofern gilt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs nicht nur für den einzelnen Bürger, sondern auch für den Staat. 13 Dieses Ergebnis entspricht auch der gemeinhin zu Art. 103 Abs. 1 GG vertretenen Wertung, nach der der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht als objektives Verfahrensrecht auch zugunsten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts Anwendung findet. Denn es würde wenig Sinn machen, juristischen Personen des öffentlichen Rechts im gerichtlichen Verfahren rechtliches Gehör zu gewähren, nicht aber im vorangegangenen Verwaltungsverfahren. Durch die Einbeziehung der Informationen und Rechtsauffassung des Adressaten des Verwaltungsakts von Beginn des Verwaltungsverfahrens an kann die Zahl der Streitigkeiten vor Gericht sogar verringert werden. Diese Argumentation wird im Ergebnis zusätzlich durch Beispiele für gesetzliche Regelungen gestützt, die die Anhörung auch juristischer Personen des öffentlichen Rechts ausdrücklich vorsehen, wie z. B. bei der Aufstellung der Abfallwirtschaftspläne § 29 Abs. 7 KrW- / AbfG iVm den landesrechtlichen Vorschriften 14 oder bei der Untersagung raumordnungswidriger Planungen § 12 ROG iVm den landesrechtlichen Vorschriften. 15 Auch die Rechtsprechung hat den AnGG, Art. 103 Abs. 1, Rn. 20; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 103 I, Rn. 62; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 1 Rn. 7. 10 Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 1 Rn. 7. 11 Bonk / Kallerhoff, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 28 Rn. 6. Beispielsweise können bei der Genehmigung eines Flughafens nach § 6 Abs. 1 LuftVG die Erfordernisse des Städtebaus nur aufgrund derjenigen Informationen angemessen berücksichtigt werden, die durch Anhörung der betroffenen Gemeinde zu erlangen sind, vgl. BVerwG, NVwZ 1988, 731, 732. 12 BVerwG, NVwZ 1988, 731, 732; BVerwG, NVwZ 1987, 590, 591; BVerwG, NJW 1995, 1690, 1692; OVG Lüneburg, DVBl. 1987, 1021, 1022; Zimmerling, NVwZ 1992, 122. 13 So ausdrücklich nur Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 1 Rn. 7. 14 Baden-Württemberg: § 10 Abs. 2 LAbfG; Bayern: Art. 11 Abs. 1 BayAbfG; Berlin: § 14 Abs. 3 KrW- / AbfG Bln.; Brandenburg: § 17 Abs. 3 BbgAbfG; Hamburg: § 8 Abs. 1 HmbAbfG; Hessen: § 16 Abs. 2 HAKA; Mecklenburg-Vorpommern: § 11 Abs. 1

A. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

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spruch auf rechtliches Gehör von juristischen Personen des öffentlichen Rechts bislang lediglich aus inhaltlichen Gründen verneint, z. B. mangels Verwaltungsverfahrens oder mangels Eingriffs in Rechte der betroffenen Gemeinde, 16 im Übrigen aber für erforderlich gehalten. 17 Zusammenfassend sind daher keine Gründe ersichtlich, nicht auch juristischen Personen des öffentlichen Rechts ein Anhörungsrecht gem. § 28 Abs. 1 VwVfG zu gewähren, wenn ihnen gegenüber ein Verwaltungsverfahren nach §§ 9 ff. VwVfG durchgeführt wird.

II. Die Begründung (§ 39 VwVfG) Gemäß § 39 Abs. 1 VwVfG ist insbesondere ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, in der die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. § 39 Abs. 2 sieht Ausnahmen von der Begründungspflicht vor. Insgesamt bestimmen sich die Anforderungen an den Inhalt und den Umfang der Begründung eines Verwaltungsaktes nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebietes und nach den Umständen des Einzelfalls. 18 Aufbauend auf diese gesetzlichen Vorgaben stellt das VG München geringere Anforderungen an die Begründungspflicht, wenn Adressat des Verwaltungsakts ein Hoheitsträger ist: Der Begründungsfunktion bei einem Verwaltungsakt gegenüber einer Behörde komme nicht die Bedeutung zu wie im Fall eines einen Bürger belastenden Verwaltungsakts. 19 Im Folgenden ist daher zu untersuchen, ob diese Verwaltungsakte überhaupt zu begründen sind und welche Anforderungen ggf. an die Begründung zu stellen sind. AbfAlG; Niedersachsen: § 21 Abs. 4 NAbfG; Nordrhein-Westfalen: § 17 Abs. 1 LAbfG; Rheinland-Pfalz: § 11 Abs. 1 LAbfWAG; Saarland: § 19 Abs. 1 SAWG; Sachsen: § 4a Abs. 3 SächsABG; Sachsen-Anhalt: § 16 Abs. 4 AbfG LSA; Schleswig-Holstein: § 8 Abs. 1 LAbfWG; Thüringen: § 9 Abs. 3 und 4 ThAbfAG. 15 Bayern: Art. 24 Abs. 4 BayLplG; Berlin und Brandenburg: Art. 14 Abs. 3 LPlVertr; Mecklenburg-Vorpommern: § 16 Abs. 3 S. 3 LPlG; Nordrhein-Westfalen: § 22 Abs. 3 LPlG; Saarland: § 11 Abs. 1 S. 2 SLPG; Schleswig-Holstein: § 15 Abs. 4 LPlg. 16 BVerwG, NJW 1995, 1690, 1691 f. 17 VGH München, BayVBl. 2002, 80, 82. 18 VG München, NVwZ-RR 2000, 742, 743; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 20; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 19. 19 VG München, NVwZ-RR 2000, 742, 743. In allen anderen hier untersuchten Urteilen zu gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten wird die Begründungspflicht nicht problematisiert.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

1. Die Funktionen der Begründung und ihre verfassungsrechtliche Fundierung Ob die Pflicht zur Begründung von Verwaltungsakten grundsätzlich auch zugunsten von Hoheitsträgern als deren Adressaten gilt, ist anhand der verschiedenen Funktionen der Begründungspflicht zu überprüfen. Zu nennen ist zunächst die Klarstellungs- und Beweisfunktion: Die Begründung erläutert den Ausspruch des Bescheides, konkretisiert den Regelungsgegenstand und dient damit der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. 20 Die Begründungspflicht hat außerdem Befriedungsfunktion: Sie soll dem Betroffenen helfen, die Entscheidung der Behörde zu verstehen und damit besser zu akzeptieren. 21 Diese beiden Funktionen sprechen nicht gegen eine Begründungspflicht auch für gegenüber Hoheitsträgern erlassene Verwaltungsakte. Darüber hinaus erfüllt die Begründung die Funktion, die Inanspruchnahme von Rechtsschutz zu erleichtern, und ist damit Voraussetzung für die Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG: Der Betroffene muss die Gründe, auf denen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde beruht, kennen, um sich schlüssig zu werden, ob er gegen einen belastenden Verwaltungsakt Anfechtungsklage oder gegen die Ablehnung eines begünstigenden Verwaltungsakts Verpflichtungsklage erheben soll. 22 Zugleich ist die Begründungspflicht unverzichtbarer Teil des Grundrechtsschutzes durch Verfahren und deshalb, wenn in der Sache Grundrechte betroffen sind, notwendige Folge aus diesen. 23 Diese Rechtsschutzfunktion könnte gegen die Notwendigkeit der Begründung der an Hoheitsträger gerichteten Verwaltungsakte sprechen, denn weder die Grundrechte allgemein noch – nach bestrittener, aber überwiegender Ansicht – die Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG stehen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu. 24 Andererseits wird Verwaltungsträgern ohne verfassungsrechtliche Garantie nach §§ 40 ff. VwGO Rechtsschutz gewährt, 25 und auch hier kann die Begründung dem Hoheitsträger-Adressaten helfen abzuschätzen, ob die 20 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 39 Rn. 5; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 2 a; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 39 Rn. 9; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 6. 21 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 39 Rn. 5; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 2 a; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 39 Rn. 9; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 6. 22 Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 1 Rn. 10. 23 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 4. 24 Huber, in: v. Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 384; Krebs, in: v. Münch / Kunig, GG, 5. Aufl., Art. 19 Rn. 51; Sachs, in: Sachs, GG, 4. Aufl., Art. 19 Rn. 114; Schmidt-Aßmann, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4, Rn. 42; aA Bettermann, NJW 1969, 1321, 1322; Klein, VVDStRL 8 [1950], 67, 102. 25 Schmidt-Aßmann, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Einleitung Rn. 5, 171.

A. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

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Einlegung eines Rechtsbehelfs Aussicht auf Erfolg hat, und eine überflüssige Inanspruchnahme der Justiz vermieden werden. Sie erleichtert zugleich die Nachprüfung der Entscheidung durch Aufsichtsbehörden, Rechtsbehelfsinstanzen und Gerichte. Auch ist hervorzuheben, dass die Begründung des Verwaltungsakts eine Selbstkontrolle der Verwaltung ermöglicht und sich daher aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung rechtfertigt: 26 Die erlassende Behörde muss sich selbst über die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen klar werden, die sie zu ihrer Entscheidung geführt haben, und ist so gezwungen, die Rechtmäßigkeit der Entscheidung vor deren Bekanntgabe (§ 41 Abs. 1 VwVfG) noch einmal zu überprüfen. Die Begründung ist insofern Konsequenz der rechtsstaatlichen Anhörung und macht die Sachverhaltsermittlungspflicht der erlassenden Behörde erst transparent. 27 Lässt man daher aus den oben aufgeführten Gründen im Verwaltungsverfahren die Anhörung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu, ist es nur folgerichtig, für diese Verwaltungsakte auch eine Begründung zu fordern. Zuletzt dient die Begründung auch der Dokumentation der maßgeblichen Beweggründe für spätere Verfahren und einer vollständigen Aktenführung. 28 Insbesondere die Kontroll- und die Dokumentationsfunktion zeigen, dass die Begründung von Verwaltungsakten nicht nur im Individualinteresse des Betroffenen liegt, sondern darüber hinaus auch im Allgemeininteresse unverzichtbar ist. Insgesamt ist deshalb eine grundsätzliche Pflicht zur Begründung von gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten zu bejahen. Bestätigt wird dies durch spezialgesetzliche Begründungserfordernisse gerade auch zugunsten juristischer Personen des öffentlichen Rechts, z. B. für Entscheidungen der Kommunalaufsicht gegenüber den beaufsichtigten Gemeinden nach § 135 S. 2 Saarl. KSVG. 29 2. Ausnahmen von der Begründungspflicht wegen besonderer Sach- und Rechtskunde des adressierten Hoheitsträgers § 39 Abs. 2 VwVfG sieht aus Gründen der Vereinfachung des Verwaltungshandelns und der Verwaltungsökonomie Ausnahmen von der Begründungspflicht vor. 30 Diese Ausnahmen stehen im Ermessen der erlassenden Behörde; die erlassende Behörde muss den Verwaltungsakt nicht begründen, kann dies aber tun. Angesichts der überragenden Bedeutung der Begründungspflicht im Rechtsstaat ist 26 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 39 Rn. 5; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 39 Rn. 5; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 6; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 1 Rn. 10. 27 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 1. 28 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 6. 29 Eine entsprechende Vorschrift fehlt aber in allen anderen Bundesländern. 30 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 31.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

der Ausnahmekatalog als abschließend anzusehen 31 und unter Berücksichtigung der Funktionen der Begründungspflicht eng auszulegen. 32 Das grundsätzliche Begründungserfordernis darf nicht unterlaufen werden. a) Die Ausnahme des § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG Aus Gründen der Verwaltungseffizienz bedarf es insbesondere nach Nr. 2 einer Begründung nicht, soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist. Dahinter steht die Erwägung, dass in einem solchen Fall seitens des Adressaten kein erhebliches Interesse an der Mitteilung der Gründe besteht. 33 Mit dieser Ausnahmeregelung trägt der Gesetzgeber allerdings nur denjenigen Funktionen der Begründungspflicht Rechnung, die in der Kenntnis oder Erkennbarkeit der Begründung durch den Adressaten begründet sind, also der Klarstellungs- und Beweisfunktion, der Befriedungsfunktion und der Rechtsschutzfunktion. Hingegen werden die Förderung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch Selbstkontrolle und die Dokumentation des Verwaltungsverfahrens in vollständigen Verfahrensakten zugunsten der Verwaltungseffizienz in den Hintergrund gedrängt. Im Hinblick auf die überragende Bedeutung der Begründungspflicht im Rechtsstaat müssen die Tatbestandsmerkmale der Nr. 2 eng ausgelegt werden 34: Erforderlich ist, dass dem Betroffenen die wesentliche Sach- und Rechtslage, von der die Behörde ausgeht, und die rechtlichen Erwägungen der Behörde (Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage), bei Ermessensentscheidungen auch die wesentlichen Ermessenserwägungen, bekannt sind oder diese offensichtlich sind. 35 Bezüglich der hier untersuchten gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakte stellt sich nun die Frage, ob sich nur aufgrund dieser Eigenschaft „Hoheitsträger“ Besonderheiten ergeben. Man wird in der Tat davon ausgehen können, dass ein Hoheitsträger, der selbst an Gesetz und Recht gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG), z. B. weiß, dass die erlassende Behörde bei der Haushaltsführung die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten hat. 36 Insofern muss auch 31 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 39 Rn. 11; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 31; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 43. 32 Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 39 Rn. 11; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 32; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 39 Rn. 45; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 5, 44. 33 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 39; Liebetanz, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 39 Rn. 41. 34 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 32. 35 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 41. 36 VG München, NVwZ-RR 2000, 742, 743; BVerwGE 116, 332, 337.

A. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

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nicht – wie beim Bürger – auf eine sogenannte „Parallelwertung in der Laiensphäre“ 37 zurückgegriffen werden. Dies bedeutet aber nicht notwendig, dass der Hoheitsträger, der Adressat des Verwaltungsaktes ist, zugleich nur aufgrund seiner Eigenschaft als Hoheitsträger die Auffassung der erlassenden Behörde über die Sach- und Rechtslage kennt. Angesichts des klaren Wortlauts, der von „bekannt“ bzw. „ohne weiteres erkennbar“ spricht, und der notwendigen engen Auslegung der Ausnahmevorschrift ist die Begründung insbesondere dann nicht entbehrlich, wenn die Sach- und Rechtslage umstritten ist oder der erlassenden Behörde eine (gewöhnliche 38) Ermessensentscheidung zukommt. Stattdessen müssen besondere Anhaltspunkte hinzutreten, aufgrund derer die Adressaten-Behörde die Auffassung der erlassenden Behörde über die Sach- und Rechtslage kennt, z. B. weil alle ihre Einwände gegen die Regelung mit der erlassenden Behörde vor Erlass des Bescheides in einem Anhörungstermin im Einzelnen erörtert worden waren. 39 Insofern ergeben sich bezüglich eines Hoheitsträgers als Adressaten eines Verwaltungsakts im Vergleich zu einem Privaten keine Besonderheiten, was noch einmal unterstreicht, dass im Hinblick auf die im Allgemeininteresse stehenden Funktionen der Begründungspflicht dieser – entgegen VG München 40 – auch bei gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts erlassenen Verwaltungsakten keine geringere Bedeutung zukommt. 41 b) Ausnahme von der Begründung von Ermessensentscheidungen bei intendiertem Ermessen Über die in § 39 Abs. 2 VwVfG aufgeführten Ausnahmen zur Begründungspflicht hinaus nimmt die Rechtsprechung bei Ermessensentscheidungen gem. § 39 Abs. 1 S. 3 VwVfG von der auch dort regelmäßig erforderlichen Begründungspflicht („soll“) eine Ausnahme für den Fall des sog. intendierten Ermessens an. Von intendiertem Ermessen spricht sie, wenn die Richtung der Ermessensbetätigung vom Gesetz vorgezeichnet ist, 42 wenn also eine ermessenseinräumende Vorschrift dahin auszulegen ist, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht. 43 In einem solchen Fall müssten besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. 44 Liege ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, verstehe sich das Ergebnis 37

Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 39 Rn. 41. Siehe zum Fall des sog. intendierten Ermessens unten b). 39 OVG Weimar, NVwZ-RR 1999, 435, 437. 40 VG München, NVwZ-RR 2000, 742, 743. 41 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 6. 42 VG München, NVwZ-RR 2000, 742, 743. 43 BVerwGE 105, 55, 57. 44 Siehe zum intendierten Ermessen auch schon oben 4. Kap. A. II. 3. b) aa) (2) (c) (S. 162 f.). 38

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

der Abwägung von selbst. Insoweit bedürfe es nach § 39 Abs. 1 S. 3 VwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung. 45 Folgt man dieser Rechtsprechung, muss die Begründung der Ermessensentscheidung lediglich zwei Punkte umfassen: Sie muss zum einen darstellen, dass es sich um eine Vorschrift mit intendiertem Ermessen handelt, und zum anderen, dass im konkreten Fall keine besonderen Umstände vorliegen, die ein Abweichen von der typischen Entscheidung rechtfertigen würden. 46 Hingegen scheint es die Rechtsprechung in der Regel für ausreichend zu halten, dass die erlassende Behörde nur auf die der Entscheidung zugrundeliegenden gesetzlichen Vorschriften und die Tatsache, dass keine besonderen Umstände gegeben sind, hinweist; wenn dem Betroffenen außerdem die für den Regelfall vorgesehene Entscheidung bekannt sei, reiche insgesamt der Hinweis auf die maßgeblichen Rechtsvorschriften aus. 47 So liege es beispielsweise auf der Hand, dass sich die Behörde, die eine Zuwendung an einen Bürger gewähre, bei der Entscheidung über die Rückforderung zweckwidrig verwendeter und nicht mehr bestimmungsgemäß verwendbarer Zuwendungen vom Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung der staatlichen Haushaltsmittel leiten lasse; dies sei auch dem juristischen Laien ohne weiteres einsichtig und müsse nicht besonders dargelegt werden. 48 Dass die Existenz eines Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushaltsführung für juristisch nicht Vorgebildete selbstverständlich ist, kann bezweifelt werden. 49 Angesichts der oben festgestellten Sach- und Fachkunde von Hoheitsträgern muss diese Frage aber in Bezug auf die Träger öffentlicher Verwaltung abweichend beurteilt werden: Es ist davon auszugehen, dass diese die rechtliche Beurteilung einer Ermessensnorm selbst vornehmen und ein ggf. darin zum Ausdruck kommendes intendiertes Ermessen erkennen können. Auch werden sie beurteilen können, ob der sie betreffende konkrete Sachverhalt dem gesetzlichen Regelfall entspricht oder besondere Umstände aufweist. Entsprechend ist die Begründung der Ermessenserwägungen bei einem Kostenerstattungsanspruch einer Landesbehörde gegen eine Gemeinde aus Art. 41 Abs. 2 BayVwZVG entbehrlich, weil es der in Anspruch genommenen Gemeinde als kommunaler Körperschaft bekannt ist, dass die erlassende Behörde an die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gebunden ist, ihre Einnahmemöglichkeiten auszuschöpfen und ihre Kosten nach den Kostengesetzen zu erheben hat, und weil eine atypische Fallkonstellation weder ersichtlich noch 45

BVerwGE 72, 1, 6 f.; 91, 82, 90; OVG Weimar, NVwZ-RR 1999, 435, 437. Welche Ermessenserwägungen bei diesem intendierten Ermessen im Einzelnen anzustellen sind, soll hier nicht diskutiert werden; siehe hierzu Borowski, DVBl. 2000, 149 ff.; Bull, Allg. VerwR, 6. Aufl., Rn. 412 a; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 7 Rn. 12; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 40 Rn. 28 ff.; Volkmann, DÖV 1996, 282 ff. 46 Borowski, DVBl. 2000, 149, 159. 47 VGH Kassel, GewArch 1996, 291, 292. 48 VGH Mannheim, NVwZ 1983, 552, 555. 49 So P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 Rn. 36.

A. Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen

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vorgetragen ist. 50 Dasselbe gilt für eine Zinsforderung wegen nicht alsbaldiger Verwendung von Investitionszuschüssen aus § 49a Abs. 4 S. 1 VwVfG und den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften. 51 Ergänzt werden muss, dass sich die hier angestellten Erwägungen nicht immer von den oben zu der Ausnahme nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG gemachten trennen lassen und ggf. auch dort eine Rolle spielen können. Zusammenfassend spielt die Begründungspflicht gem. § 39 VwVfG bei gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten grundsätzlich keine geringere Rolle als bei gegenüber dem Bürger erlassenen Verwaltungsakten. Einschränkungen können sich allenfalls aus der bei Hoheitsträgern vorauszusetzenden Kenntnis der Rechtslage, nicht aber aus der bloßen Eigenschaft als Hoheitsträger ergeben.

III. Die inhaltliche Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 VwVfG) Gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies dient vor allem der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit und folgt aus dem Rechtsstaatsprinzip. 52 Es bedeutet, dass der Inhalt der getroffenen Regelung, der Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne weiteres erkennbaren Umständen, für die Beteiligten so vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, dass sie ihr Verhalten danach richten und auch die mit dem Vollzug betrauten oder sonst mit der Angelegenheit befassten Behörden den Inhalt etwaigen Vollstreckungsmaßnahmen und sonstigen weiteren Entscheidungen zugrunde legen können. 53 Damit stellt die inhaltliche Bestimmtheit eine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Verwaltungsakts dar, 54 die ohne weiteres auch für gegenüber Hoheitsträgern erlassene Verwaltungsakte gilt. Zu beachten ist nur Folgendes: Für die Bestimmtheit des Verwaltungsakts sind Bezugnahmen auf dem Betroffenen bekannte Unterlagen, Pläne, auf technische Regelwerke und bei Subventionsbescheiden auf die sich aus den Subventionsbedingungen ergebenden Nebenbestimmungen zulässig. Dies gilt schon für gegenüber Privaten erlassene Verwaltungsakte, 55 insbesondere aber für Verwaltungsakte gegenüber Hoheitsträgern: Denn beispielsweise eine Gemeinde verfüge über genügend Fachkunde, um aus den Richtlinien über die Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körperschaften den Inhalt des Zuwendungsbescheids und insbesondere die mit der Bewilligung der Zu50 51 52 53 54 55

VG München, NVwZ-RR 2000, 742, 743. OVG Weimar, NVwZ-RR 1999, 435, 437; BVerwGE 116, 332, 337. Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 37 Rn. 2. Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 37 Rn. 5. P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 37 Rn. 1. BVerwG, NVwZ-RR 1997, 278, 279; OVG Magdeburg, NVwZ 2000, 585.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

wendung verbundenen Nebenbestimmungen zu entnehmen. 56 Die hinreichende Bestimmtheit ist aber nicht gegeben, wenn die Unterlagen, die die Regelung des Bescheides erst hinreichend bestimmen, diesem Bescheid nicht beiliegen und von der Gemeinde erst beschafft werden müssen, auch wenn dies unschwer möglich ist. 57 Denn trotz bestehender Fachkunde der betroffenen Gemeinde ist in diesem Fall die Maßnahme nicht als hinreichend bestimmte Regelung gem. § 41 Abs. 1 VwVfG bekannt gegeben worden. 58 Zusammenfassend sind somit in Bezug auf die inhaltliche Bestimmtheit eines gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsakts keine Besonderheiten zu beachten.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern Nachdem die Untersuchung ausgewählter Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen nur geringen Modifikationsbedarf gezeigt hat, sind die an einen gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsakt zu knüpfenden Rechtsfolgen zu analysieren. Im 4. Kap. bereits dargestellt ist die nur eingeschränkte Anwendbarkeit der §§ 48 ff. VwVfG (III.), auch die nur eingeschränkte Vollstreckbarkeit dieser Verwaltungsakte wurde bereits angesprochen (II.). Zuvor sind einige Überlegungen zur Rechtsbehelfsbelehrung anzustellen (I.).

I. Die Rechtsbehelfsbelehrung (§ 58 VwGO) Im Folgenden ist zu untersuchen, ob den gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten eine Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen ist und welche Rechtsfolgen sich aus ihrem Fehlen oder ihrer Unrichtigkeit ergeben. 1. Keine generelle Pflicht zur Belehrung von Hoheitsträgern über die gegen Verwaltungsakte einzulegenden Rechtsbehelfe Das VwVfG enthält keine allgemeine Pflicht der einen Verwaltungsakt erlassenden Behörde, diesem Verwaltungsakt eine Rechtsbehelfsbelehrung über die gegen diesen einzulegenden Rechtsbehelfe beizufügen. Eine entsprechende Pflicht ist auch an anderer Stelle nicht einheitlich festgelegt, sondern nur in Teilbereichen für 56 57 58

VGH München, BayVBl. 2000, 245, 246. So aber VGH München, BayVBl. 2000, 245, 246. P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 37 Rn. 13.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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bestimmte Verfahrensarten, z. B. für das förmliche Verwaltungsverfahren (§ 69 Abs. 2 S. 4 VwVfG), für das Planfeststellungsverfahren (§ 74 Abs. 4 S. 2 VwVfG), im Sozialverwaltungsverfahren (§ 36 SGB X), für Widerspruchsbescheide (§ 73 Abs. 3 S. 1 VwGO), für Steuerbescheide (§ 157 Abs. 1 S. 3 AO 1977), für Verwaltungsakte nach dem BauGB (§ 211 BauGB), oder für bestimmte Behörden, z. B. für Bundesbehörden (§ 59 VwGO) und für Berliner Landesbehörden (§ 3 VwVfG Bln), 59 normiert. Sie kann nach allgemeiner Ansicht auch nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden. 60 Insofern bestehen für Verwaltungsakte, die gegenüber anderen Verwaltungsträgern erlassen werden, keine Besonderheiten: Eine Rechtsbehelfsbelehrung ist nur dort dem Verwaltungsakt zwingend beizufügen, wo der Gesetzgeber dies ausdrücklich vorgesehen hat. 61 Im Übrigen spricht aber nichts dagegen, dass solche Verwaltungsakte jederzeit mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen werden können. Nichtsdestotrotz besteht an der Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung zu dem Verwaltungsakt ein praktisches Bedürfnis, denn gem. § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für einen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die hierfür zuständige Stelle und die einzuhaltende Frist schriftlich belehrt worden ist. Andernfalls tritt gem. § 58 Abs. 2 VwGO anstelle der Rechtsbehelfsfrist eine Jahresfrist. Dies gilt insbesondere für die Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 S. 1 VwGO: ein Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts). Ohne Rechtsbehelfsbelehrung kämen diese recht kurze Frist nie zum Tragen. 62 Die vollständige und richtige Rechtsbehelfsbelehrung ist somit zwar keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Verwaltungsakt, 63 hat aber Auswirkungen auf den Lauf der Rechtsbehelfsfristen und den Zeitpunkt des Eintritts der formellen Bestandskraft des Verwaltungsakts. 2. Die Rechtsfolgen der gegenüber einem Hoheitsträger nicht oder unrichtig erteilten Rechtsbehelfsbelehrung Nun könnte man daran denken, bei gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten von der Regelung des § 58 Abs. 1 und 2 VwGO eine Ausnahme zu machen und die Rechtsbehelfsfristen in jedem Falle – unabhängig von einer Rechtsbehelfsbelehrung – immer unmittelbar mit Bekanntgabe des Verwaltungs59

Vgl. auch die Soll-Vorschrift des § 108 Abs. 4 LVwG Schl.-H. Czybulka, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 58 Rn. 7; Meissner, in: Schoch / SchmidtAßmann / Pietzner, VwGO, § 58 Rn. 2; P. Stelkens, NuR 1982, 10, 11; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 37 Rn. 6. 61 So sind beispielsweise gem. § 135 S. 2 Saarl. KSVG die Entscheidungen der Kommunalaufsichtsbehörde gegenüber den Gemeinden mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen. Entsprechende Vorschriften fehlen allerdings in allen anderen Bundesländern. 62 Czybulka, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 58 Rn. 10. 63 Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 58 Rn. 3; P. Stelkens, NuR 1982, 10, 14. 60

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

akts bzw. Zustellung des Widerspruchsbescheids beginnen zu lassen. Dann würde bei Untätigkeit des Adressaten-Hoheitsträgers der Bescheid immer schon nach Ablauf eines Monats in formelle Rechtskraft erwachsen. a) Die Kenntnis des Adressaten-Hoheitsträgers von den gegen einen Verwaltungsakt einzulegenden Rechtsbehelfen Diese Überlegung rechtfertigt sich aus Folgendem: Hinter der Vorschrift des § 58 VwGO steht der Gedanke, dass die VwGO dem Bürger ein einfaches gerichtliches Verfahren zur Verfügung stellen will, in dem dieser in der Lage sein soll, seine Interessen selbst und ohne notwendige Hinzuziehung eines Anwalts zu vertreten. 64 Der im Allgemeinen verwaltungsprozessual unerfahrene Bürger soll nicht aus Rechtsunkenntnis eines Rechtsbehelfs verlustig gehen. 65 Daher wird die Behörde zur Information des Bürgers in die Pflicht genommen. Kommt sie dieser Pflicht nicht ordnungsgemäß nach, erhält der Bürger mehr Zeit, um sich über die gegebenen Rechtsschutzmöglichkeiten zu informieren. 66 Die Ausschlussfrist von einem Jahr dient zugleich der Rechtssicherheit, indem sie verhindert, dass Rechtsbehelfe zeitlich unbegrenzt möglich bleiben. 67 Eine vergleichbare Interessenlage ist aber bei einem Verwaltungsakt, der gegenüber einem Hoheitsträger erlassen wird, nicht gegeben: So wurde oben 68 bereits dargelegt, dass sich aus der Bindung des in Anspruch genommenen Hoheitsträgers an Gesetz und Recht eine Rechtspflicht zur Anfechtung von rechtswidrigen Verwaltungsakten, die in seine ihm gesetzlich eingeräumten Kompetenzen eingreifen, ergibt. Konsequenterweise muss man ihm auch die Kenntnis der einschlägigen Rechtsbehelfe gegen einen Verwaltungsakt zusprechen bzw. von ihm verlangen, ggf. Rechtsbeistand in Anspruch zu nehmen: Jeder Verwaltungsträger weiß oder muss wissen, dass gegen einen Verwaltungsakt Widerspruch und Anfechtungsklage statthaft sind. Diese Auffassung entspricht der oben 69 dargestellten Unanwendbarkeit des Rechtsinstituts des Vertrauensschutzes als eines auf die Belange des häufig rechtsunkundigen und den Behörden hilflos gegenüber stehenden Bürgers ausgerichteten Rechtsinstituts auf den gegenüber einem anderen Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsakt. Folglich würde das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung nicht die Rechtsfolgen des § 58 VwGO auslösen. 64

Czybulka, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 58 Rn. 4. Czybulka, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 58 Rn. 5; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 58 Rn. 1; Leber, NVwZ 1996, 668; Meissner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 58 Rn. 2; J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 58 Rn. 1; Stollmann, BayVBl. 1993, 200, 201. 66 Czybulka, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 58 Rn. 5. 67 Czybulka, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 58 Rn. 6. 68 4. Kap. A. II. 3. b) aa) (1) (S. 157 ff.). 69 4. Kap. A. II. 3. b) aa) (2) (a) (S. 160 f.). 65

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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b) Die Unbeachtlichkeit der tatsächlichen Kenntnis der Rechtsbehelfe Gegen diese Sichtweise ist jedoch einzuwenden, dass § 58 VwGO nach seinem insofern eindeutigen Wortlaut nicht nach der Eigenschaft des Adressaten des Verwaltungsakts differenziert, sondern den Begriff des Beteiligten verwendet. Beteiligte können aber gem. § 11 Nr. 1, 2. Alt. VwVfG und § 61 Nr. 1, 2. Alt. VwGO auch juristische Personen des öffentlichen Rechts sein. Hinzu kommt, dass § 58 Abs. 1 VwGO den Nichtbeginn der Rechtsbehelfsfristen nicht davon abhängig macht, ob der Beteiligte die möglichen Rechtsbehelfe tatsächlich nicht gekannt hat. Für die Ersetzung der regulären Fristen durch die Jahresfrist ist es ohne rechtliche Relevanz, ob die unterlassene oder fehlerhaft erteilte Rechtsbehelfsbelehrung die nicht fristgemäße Einlegung des Rechtsbehelfs tatsächlich verursacht hat oder der Beteiligte bei ordnungsgemäßer Belehrung den Rechtsbehelf fristgemäß eingelegt hätte. 70 Auf einen Kausalzusammenhang kommt es insofern nicht an. 71 Die VwGO objektiviert somit die Rechtsfolgen, die aus dem Fehlen oder der Unrichtigkeit der Belehrung zu ziehen sind, indem sie allein an die Tatbestände des Fehlens oder der Unrichtigkeit anknüpft und die subjektiven Vorstellungen des Betroffenen unberücksichtigt lässt. 72 Alle Betroffenen werden also gleichbehandelt, und dies bedeutet zugleich Rechtssicherheit, da somit klar einzuschätzende und sichere Kriterien für die formelle Bestandskraft vorliegen. 73 Auch aus den Bundestags-Drucksachen zum Entwurf einer Verwaltungsgerichtsordnung 74 geht nicht hervor, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Bürger beschränken wollte. Wenn es aber für die Rechtsfolgen des § 58 VwGO nicht auf die Kenntnis bzw. Unkenntnis des Betroffenen von den einzulegenden Rechtsbehelfen ankommt, ist folglich die Rechtsbehelfsbelehrung auch gegenüber generell rechtskundigen und nicht schutzbedürftigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts erforderlich. Gerade aus der Rechtsbehelfsbelehrung wird oftmals erst deutlich, dass die erlassende Behörde ihre Maßnahme als Verwaltungsakt ansieht. 75 Entsprechend wird in der Praxis dieses Problem gar nicht aufgeworfen: In der Regel werden den gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten Rechtsbehelfsbelehrungen beigefügt. 76 Soweit ersichtlich, hatte die Rechtsprechung den Fall eines 70

Czybulka, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 58 Rn. 5. BVerwGE 81, 81, 84. 72 OVG Münster, NVwZ 2000, 212, 213 f. 73 Meissner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 58 Rn. 6. 74 3/55, S. 36 und 55 (zu § 61). 75 Siehe hierzu 1. Kap. A. II. (S. 26 ff.). 76 Soweit Literatur (Czybulka, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 58 Rn. 4 ff.; J. Schmidt, in: Eyermann, 12. Aufl., § 58 Rn. 1; P. Stelkens, NuR 1982, 10) und Rechtsprechung (BVerwGE 25, 261, 262; 50, 248, 252) betonen, dass die Formvorschrift des § 58 VwGO für den Bürger 71

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

nicht innerhalb der Monatsfristen eingelegten Rechtsbehelfs, der mit dem Fehlen bzw. der Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung und einer daraus resultierenden Fristverlängerung gem. § 58 Abs. 2 VwGO begründet wurde, bislang nicht zu entscheiden. Zusammenfassend führt damit das Unterbleiben oder die Unrichtigkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung auch bei dem Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger zur Anwendbarkeit der Rechtsfolgen des § 58 VwGO. Die formelle Bestandskraft tritt auch in diesem Fall nach Ablauf der regulären Rechtsbehelfsfristen nur dann ein, wenn der Verwaltungsakt mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehen war.

II. Die nur eingeschränkte Vollstreckbarkeit aus gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten Mit dem Verwaltungsakt schafft sich die Verwaltung einen Titel, den zu vollstrecken sie nach den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts befähigt ist. Selbsttitulierung und Selbstvollstreckung sind kennzeichnende Momente des Verwaltungsverfahrens. 77 Die Titelfunktion macht die Handlungsform Verwaltungsakt für die Verwaltung attraktiv und zugleich für den Adressaten, dem die Anfechtungslast obliegt, gefährlich. 78 Gegenüber Hoheitsträgern ist diese Titelfunktion allerdings eingeschränkt: An die Vollstreckbarkeit werden zum Teil höhere Anforderungen gestellt, teilweise ist sie auch vollständig unzulässig. Die entsprechenden Regelungen der Verwaltungsvollstreckungsgesetze des Bundes und der Länder werden im Folgenden zusammengestellt und miteinander verglichen. Der Schwerpunkt liegt dabei weniger auf der Erläuterung einzelner Tatbestandsmerkmale als auf der Darstellung der Systematik und der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Vollstreckung zulässig ist, wenn der Gesetzgeber selbst keine Regelungen getroffen hat (3.). Zuvor soll auch im Hinblick darauf, ob der Handlungsform Verwaltungsakt ggf. der öffentlich-rechtliche Vertrag oder die Leistungsklage vorzuziehen ist (C.), die Vollstreckung gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts aus Gerichtsurteilen (1.) und öffentlich-rechtlichen Verträgen (2.) zusammengefasst werden. bestimmt sei, darf dies nicht so interpretiert werden, dass sie damit deren Anwendungsbereich auf Verwaltungsakte gegenüber dem Bürger beschränken wollen. Neutraler sprechen v. Albedyll, in: Bader / Funke-Kaiser / Kuntze / v. Albedyll, VwGO, § 58 Rn. 1; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 58 Rn. 1, und Meissner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 58 Rn. 2, nur von dem Betroffenen bzw. davon, dass niemand aus Rechtsunkenntnis eines Rechtsbehelfs verlustig gehen soll. 77 Renck, BayVBl. 1994, 161, 163. 78 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 30.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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1. Die Vollstreckung aus Gerichtsurteilen Bei jeder Art von Vollstreckungstitel, seien es Gerichtsurteile, Verträge mit Unterwerfungsklausel oder Verwaltungsakte, sind die Titel, die zur Zahlung einer Geldsumme verpflichten, und die Titel, die auf die Erzwingung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, zu unterscheiden. a) Die Vollstreckung aus Gerichtsurteilen, die zur Begleichung einer Geldforderung verpflichten aa) Verwaltungsgerichtliche Urteile Die Vollstreckung von Geldforderungen gegen die öffentliche Hand aus verwaltungsgerichtlichen Urteilen bestimmt sich nach § 170 VwGO, der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts zu vermeiden sucht, um diese vor Beeinträchtigungen ihrer Tätigkeit im Gemeinwohlinteresse zu bewahren. 79 Daher wird die Verfahrensherrschaft des Vollstreckungsgläubigers zugunsten des Vollstreckungsgerichts eingeschränkt (Abs. 1 S. 1). Außerdem wird die Vollstreckung angekündigt mit der Aufforderung, die Vollstreckung innerhalb einer vom Gericht bestimmten Frist abzuwenden (Abs. 2 S. 1). Schließlich ist die Vollstreckung unzulässig in Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht (Abs. 3 S. 1). 80 In dem hier wegen der Vergleichbarkeit mit der Vollstreckung aus einem gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsakt allein interessierenden Fall, dass ein Verwaltungsträger Vollstreckungsgläubiger ist, ist das Verhältnis von § 170 VwGO und § 169 VwGO, der die Vollstreckung zugunsten der öffentlichen Hand regelt, zu klären. Nach überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur ist in diesem Fall nur § 170 VwGO anwendbar. 81 Hierfür kann allerdings nicht vorgebracht werden, dass § 169 VwGO nur für Vollstreckungsfälle gelte, bei denen der Vollstreckungsschuldner in einem Unterordnungsverhältnis zum Vollstreckungsgläubiger stehe, während sich zwei Verwaltungsträger auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberträten. 82 Denn diese Voraussetzung ergibt sich 79

Pietzner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 170 Rn. 1. Pietzner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 170 Rn. 1. 81 VGH Kassel, NJW 1976, 1766 (1. LS); Bader, in: Bader / Funke-Kaiser / Kuntze / v. Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 169 Rn. 1; Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 170 Rn. 33; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 169 Rn. 1; Pietzner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 170 Rn. 7; M. Redeker, in: Redeker / v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 170 Rn. 1; aA P. Schmidt, in Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 169 Rn. 1 und § 170 Rn. 6 (vorrangige Anwendung des § 170, aber Vollstreckung nach dem VwVG); Wettlaufer, Die Vollstreckung aus verwaltungs-, sozial- und finanzgerichtlichen Titeln zugunsten der öffentlichen Hand, S. 47 (Anwendung von § 169 und § 170). 80

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

weder aus § 169 VwGO noch aus dem VwVG. Auch liefert diese Ansicht keine Definition oder Kriterien für ein derartiges Über- und Unterordnungsverhältnis. Es kann daher auf die obigen Ausführungen 83 verwiesen werden. Zum anderen wird die Spezialität des § 170 VwGO damit begründet, dass die Privilegien des prozeduralen und gegenständlichen Vollstreckungsschutzes des Hoheitsträger-Schuldners auch bei der Vollstreckung durch einen anderen Hoheitsträger ihre Berechtigung hätten. 84 Allerdings ist zu bedenken, dass auch das VwVG in § 5 Abs. 1 iVm § 255 Abs. 1 S. 1 und 2 AO 1977 die Zulässigkeit des Verwaltungszwangs zur Durchsetzung von öffentlich-rechtlichen Geldforderungen gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts zum Schutz der Verwaltungstätigkeit und des Vermögens des Hoheitsträger-Schuldners einschränkt. 85 Danach ist die Vollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Bund oder ein Land gar nicht zulässig und gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Staatsaufsicht unterliegen, nur mit Zustimmung der betreffenden Aufsichtsbehörde. Diese Vorschriften schließen die Vollstreckung also zum Teil ganz aus und stellen im Übrigen höhere Anforderungen an die Vollstreckungsvoraussetzungen als § 170 VwGO. 86 § 169 VwGO iVm dem Verwaltungsvollstreckungsrecht würde den Schutz des Hoheitsträger-Schuldners also sogar in noch stärkerem Maße gewährleisten. Gegen eine Anwendbarkeit des § 169 VwGO auf die Vollstreckung aus verwaltungsgerichtlichen Urteilen gegenüber Hoheitsträgern spricht aber, dass sich der geringere Schutz des Hoheitsträger-Schuldners bei einer Vollstreckung gemäß § 170 VwGO daraus rechtfertigt, dass hierfür ein gerichtliches Urteil als eine von einer neutralen Instanz gefällte Entscheidung als Grundlage dient und zudem das Gericht des ersten Rechtszugs die Vollstreckung leitet und überwacht. Andernfalls käme der Unterschied zwischen einem Titel, den sich die Verwaltung selbst in die Hand gibt, und einem vor dem Verwaltungsgericht erlangten Titel auch gar nicht zum Tragen. Insofern stellt § 170 VwGO eine spezialgesetzliche Regelung für die 82 So aber VGH Kassel, DVBl. 2000, 357; wohl auch Pietzner, in: Schoch / SchmidtAßmann / Pietzner, VwGO, § 170 Rn. 7; dagegen Wettlaufer, Die Vollstreckung aus verwaltungs-, sozial- und finanzgerichtlichen Titeln zugunsten der öffentlichen Hand, S. 41 f. 83 2. Kap. E. (S. 116 ff.). 84 Bader, in: Bader / Funke-Kaiser / Kuntze / v. Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 170 Rn. 1; Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 170 Rn. 33; M. Redeker, in: Redeker / v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 170 Rn. 1; Miedtank, Die Zwangsvollstreckung gegen Bund, Länder, Gemeinden und andere juristische Personen des öffentlichen Rechts, S. 100. 85 Wettlaufer, Die Vollstreckung aus verwaltungs-, sozial- und finanzgerichtlichen Titeln zugunsten der öffentlichen Hand, S. 38 f., hält die Verweisung auf § 255 AO 1977 bei der Vollstreckung aus einem gerichtlichen Urteil für unbeachtlich. 86 Eine Argumentation mit § 17 VwVG führt hier nicht weiter, da dieser die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen und nicht die Vollstreckung wegen einer Geldforderung betrifft, so aber Schunck / De Clerck, VwGO, 3. Aufl., § 169 Anm. 1.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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Vollstreckung aus verwaltungsgerichtlichen Urteilen gegenüber der öffentlichen Hand dar. bb) Zivilgerichtliche Urteile Die Zwangsvollstreckung aus zivilprozessualen Titeln gegen den Bund, die Länder und sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts 87 richtet sich nach § 882a ZPO, der ähnliche Beschränkungen wie § 170 VwGO vorsieht. 88 b) Die Vollstreckung aus Gerichtsurteilen, die zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten aa) Verwaltungsgerichtliche Urteile Die Vollstreckung aus verwaltungsgerichtlichen Urteilen, die eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten, durch eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts ist aufgrund der unvollständigen Regelung des § 172 VwGO sehr umstritten. 89 Für das Verhältnis der §§ 169 und 172 VwGO zueinander kann allerdings auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden. 90 Nach § 172 S. 1 VwGO kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag des Gläubigers ein Zwangsgeld bis 10.000 € 87 Beachte wegen der Zwangsvollstreckung von privatrechtlichen Ansprüchen gegen Gemeinden auch § 15 Nr. 3 EGZPO iVm den landesrechtlichen Vorschriften: BadenWürttemberg: § 127 GemO; Bayern: Art. 77 Abs. 1 GO; Brandenburg: § 129 Abs. 1 GO; Mecklenburg-Vorpommern: § 62 Abs. 1 KV; Niedersachsen: § 136 Abs. 1 NGO; NordrheinWestfalen: § 125 Abs. 1 GO; Rheinland-Pfalz: § 128 GemO; Saarland: § 138 Abs. 1 KSVG; Sachsen: § 122 GemO; Sachsen-Anhalt: § 143 GO; Schleswig-Holstein: § 131 Abs. 1 GO; Thüringen: § 69 Abs. 1 und 2 ThürKO. 88 Auch dies spricht noch einmal dafür, dass § 170 VwGO eine Spezialvorschrift zu § 169 VwGO darstellt. Siehe zur Zwangsvollstreckung aus zivilprozessualen Titeln im Einzelnen beispielsweise Hartmann, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 882 a; Loeser, in: Wieczorek / Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 882 a; Walker, in: Schuschke / Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 882 a. 89 Siehe hierzu Roth, VerwArch 91 (2000), 12 ff. 90 Siehe hierzu Bader, in: Bader / Funke-Kaiser / Kuntze / v. Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 169 Rn. 1; Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 172 Rn. 20; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 169 Rn. 1; Pietzner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 172 Rn. 24; M. Redeker, in: Redeker / v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 169 Rn. 1. Allein P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 172 Rn. 9 f., vertritt unter Berufung auf § 169 Abs. 1 S. 1 VwGO, § 17 VwVG, dass der öffentlichen Hand gegen die öffentliche Hand für die Vollstreckung von Leistungsurteilen gar keine Zwangsmittel zur Verfügung stehen. Aber auch hier rechtfertigt sich der im Vergleich zum Verwaltungsvollstreckungsrecht (Unzulässigkeit jeglicher Zwangsmittel) geringere Schuldnerschutz (Zwangsgeld möglich) aus der Herkunft des zu vollstreckenden Titels.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

erheben, wenn die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 S. 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nachkommt. Unstreitig mit Zwangsgeld belegt werden kann damit in erster Linie die Nichtbeachtung von Urteilen auf Beseitigung der Folgen eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts und auf Verpflichtung zum Erlass eines Verwaltungsakts. 91 Da hier aber vor allem die Fälle betrachtet werden, die mit der Vollstreckung aus einem Verwaltungsakt verglichen werden können, stellt sich die Frage nach der Vollstreckung eines aufgrund einer allgemeinen Leistungsklage ergangenen Urteils, gerichtet auf die Erzwingung eines schlichthoheitlichen Tuns oder Unterlassens (Realhandeln), z. B. eine Auskunft zu erteilen, ein Grundstück von Altlasten zu befreien oder Immissionen, die einen bestimmten Richtwert überschreiten, zu unterlassen. Diese Frage wird im Einzelnen sehr unterschiedlich beantwortet, es sind aber zwei Meinungsströmungen erkennbar. Nach einer Meinungsgruppe ist § 172 VwGO entsprechend auf die Vollstreckung von Leistungsurteilen anzuwenden. Dies folge aus dem historischen Hintergrund und der systematischen Stellung der Vorschrift, deren Sinn es sei, eine abschließende Sonderregelung für die Erzwingung hoheitlicher, nicht auf eine Geldleistung gerichteter Amtshandlungen zu schaffen. Die Nichtberücksichtigung im Wortlaut der Vorschrift liege lediglich daran, dass zur Zeit des Erlasses der VwGO die allgemeine Leistungsklage nicht im Blickfeld des Gesetzgebers gestanden habe. 92 Die Anwendung des § 172 VwGO wird teilweise auf Urteile, die auf eine dem Erlass eines Verwaltungsakts vergleichbare unersetzbare (nicht vertretbare) Handlung, Unterlassung oder Willenserklärung der Verwaltung gerichtet sind, beschränkt, 93 da der unterschiedlichen Behandlung der Vollstreckung wegen Geldforderungen und wegen der Verpflichtung zum Erlass von Verwaltungsakten gem. §§ 170 bzw. 172 VwGO die Unterscheidung von vertretbaren und unvertretbaren Handlungen zugrunde liege. 94 Teilweise wird § 172 VwGO nur auf die Erzwingung von Verwaltungsakten und anderen hoheitlichen Maßnahmen, bei denen der Staat eine spezifisch hoheitliche Regelungsbefugnis für sich in Anspruch nimmt, angewendet. 95 91

Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 172 Rn. 33, 36; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 172 Rn. 1; Pietzner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 172 Rn. 14; M. Redeker, in: Redeker / v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 172 Rn. 2; P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 172 Rn. 4. 92 Bader, in: Bader / Funke-Kaiser / Kuntze / v. Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 169 Rn. 1; Pietzner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 172 Rn. 18. 93 Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 172 Rn. 41, 44, 47; vertretbare Handlungen seien gem. § 167 Abs. 1 VwGO iVm § 887 ZPO durch Ersatzvornahme zu vollstrecken. 94 Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 172 Rn. 30. 95 Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 172 Rn. 1; siehe hierzu auch Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 172 Rn. 41.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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Nach der anderen Meinungsgruppe ist § 172 VwGO aufgrund seines insofern eindeutigen Wortlauts nicht auf die Vollstreckung aus Leistungsurteilen anwendbar, 96 eine analoge Anwendung scheide mangels planwidriger Regelungslücke aus, da gem. § 167 Abs. 1 VwGO iVm §§ 883 ff. ZPO Vollstreckungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. 97 Dennoch halten auch die Vertreter der zweiten Meinungsgruppe nur das Zwangsgeld für ein zulässiges Zwangsmittel: Da eine hoheitliche Maßnahme allein von der zuständigen Behörde und nicht durch einen beliebigen Dritten erlassen werden könne, stelle sie eine unvertretbare Handlung dar, so dass eine Vollstreckung gem. § 887 ZPO (Ersatzvornahme) ausscheide. 98 § 172 VwGO lasse deutlich erkennen, dass direkt wirkender Erfüllungszwang bei der Vollstreckung hoheitlicher Amtshandlungen ausgeschlossen sei; daher sei die bei der Vollstreckung nicht vertretbarer Handlungen gem. § 888 Abs. 1 ZPO und die bei der Erzwingung von Unterlassungen und Duldungen gem. § 890 Abs. 1 ZPO vorgesehene Zwangshaft bzw. Ordnungshaft von vornherein unstatthaft, sie gefährde die Erfüllung öffentlicher Aufgaben. 99 Auch die Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung gem. § 894 Abs. 1 ZPO stelle sich als systemwidrig dar, da im Parallelfall der Verurteilung einer Behörde zum Erlass eines Verwaltungsakts das Verpflichtungsurteil gerade nicht durch eine Abgabefiktion, sondern gem. § 172 S. 1 VwGO im Wege der Androhung und Verhängung von Zwangsgeld zu vollstrecken sei. 100 Somit bleibe nur die Verhängung eines Zwangsgeldes gem. § 888 Abs. 1 ZPO bzw. eines Ordnungsgeldes gem. § 890 Abs. 1 ZPO. Aber auch die dort vorgesehenen Höchstbeträge (25.000 € bzw. 250.000 €) müssten in Anlehnung an die in § 172 VwGO getroffene Entscheidung des Gesetzgebers an die Größenordnung von 10.000 € angeglichen werden. 101 Auch wenn die ZPO im Gegensatz zur VwGO ein umfangreiches Vollstreckungsinstrumentarium anbietet, kommen beide Meinungsgruppen somit dennoch im Wesentlichen nicht zu abweichenden Ergebnissen: Im Falle der Vollstreckung von Leistungsurteilen ist einzig zulässiges Zwangsmittel ein Zwangsgeld bis zu 96 M. Redeker, in: Redeker / v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 172 Rn. 3; P. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 172 Rn. 4; Roth, VerwArch 91 (2000), 12, 29 ff. 97 Bank, Zwangsvollstreckung gegen Behörden, S. 77 ff.; Felix / Schwarplys, ZBR 1996, 33, 38; Grupp, in: FS für Lüke, 1997, 207, 218 f. 98 Bank, Zwangsvollstreckung gegen Behörden, S. 82 f.; Grupp, in: FS für Lüke, 1997, 207, 219. Soweit die Maßnahme vertretbar ist, kommt eine Ersatzvornahme gem. § 167 Abs. 1 VwGO, § 887 ZPO in Betracht, VGH München, NVwZ 2001, 822 (Beseitigung einer Teerdecke mit Straßenunterbau). 99 Bank, Zwangsvollstreckung gegen Behörden, S. 88 f.; Felix / Schwarplys, ZBR 1996, 33, 38; Grupp, in: FS für Lüke, 1997, 207, 219; VGH Mannheim, VBlBW 1995, 191, 192. 100 Felix / Schwarplys, ZBR 1996, 33, 38; aA Bank, Zwangsvollstreckung gegen Behörden, S. 90 f. 101 Grupp, in: FS für Lüke, 1997, 207, 219; Pietzner, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 172 Rn. 18; VGH Mannheim, VBlBW 1995, 191, 192; aA OVG Berlin, NVwZ-RR 2001, 99, 100.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

einer Höhe von 10.000 €, bei vertretbaren Handlungen ist nach überwiegender Ansicht auch die Ersatzvornahme möglich. bb) Zivilgerichtliche Urteile Für die Vollstreckung aus zivilprozessualen Titeln, die sich auf die Erwirkung der Herausgabe von Sachen oder die Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen beziehen, gibt es keine dem § 882a ZPO entsprechende Vorschrift. Hierfür gelten also uneingeschränkt die allgemeinen Regeln (§§ 704 ff., insbes. §§ 883 ff. ZPO) ohne Sondervorschriften für Hoheitsträger. 102 Ob diese ggf. ebenfalls einschränkend auszulegen sind, soll hier nicht weiter diskutiert werden. 2. Die Vollstreckung aus öffentlich-rechtlichen Verträgen wegen der Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung Die Vollstreckung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, in dem sich eine andere juristische Person des öffentlichen Rechts der sofortigen Vollstreckung unterworfen hat, ist nicht ausdrücklich geregelt. In der Literatur wird dieses Problem zum Teil als rein theoretisch bezeichnet 103 und überwiegend nicht behandelt. a) Die Anwendbarkeit des § 61 VwVfG auf zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts geschlossene Verwaltungsverträge § 61 VwVfG eröffnet den Parteien eines öffentlich-rechtlichen Vertrages die Möglichkeit, sich der sofortigen Vollstreckung aus diesem Vertrag zu unterwerfen und dadurch dem Vertragspartner im Falle der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten einen Vollstreckungstitel zu verschaffen. Dies gilt aber nur für Verträge im Sinne des § 54 S. 2 VwVfG, wodurch die Vollstreckungsmöglichkeit aus zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts bestehenden Verwaltungsverträgen ausgeschlossen sein könnte. Denn jene werden in der herkömmlichen Terminologie als subordinationsrechtliche Verträge bezeichnet und zum Teil nur im Verhältnis von Staat und Bürger als denkbar angesehen. 104 Diese Auffassung ist aber nicht überzeugend. Sie geht aus dem Wortlaut des § 54 S. 2 VwVfG 102 Hartmann, in: Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 882a Rn. 4; Loeser, in: Wieczorek / Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 882a Rn. 41; Walker, in: Schuschke / Walker, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz, 3. Aufl., § 882a Rn. 1. 103 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 61 Rn. 10. 104 Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 23 Rn. 2; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 14 Rn. 12; Tiedemann, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 54 Rn. 46; Ziekow / Siegel, VerwArch 94 (2003), 593, 607.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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nicht hervor. Auch die Gesetzesbegründung ist insoweit offener und definiert subordinationsrechtliche Verträge als solche, bei denen die Vertragspartner normalerweise im Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen, also z. B. Staat und Bürger. 105 Hingegen kommt es aufgrund der Wendung „anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen“ darauf an, dass der Verwaltungsvertrag in einer Situation geschlossen wird, in der die Behörde dem Vertragspartner gegenüber bezüglich des Vertragsgegenstandes auch zum Erlass eines Verwaltungsakts ermächtigt wäre. 106 Erkennt man an, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch der Erlass eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger zulässig ist, kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass zwei Träger öffentlicher Verwaltung Parteien eines öffentlich-rechtlichen Vertrages im Sinne des § 54 S. 2 VwVfG sein können. 107 Folglich kann die ausdrückliche Bezugnahme auf § 54 S. 2 VwVfG in § 61 Abs. 1 S. 1 VwVfG nur bedeuten, dass die Parteien eines koordinationsrechtlichen Vertrages iSd § 54 S. 1 VwVfG – zumeist Hoheitsträger – nicht in den Anwendungsbereich des § 61 VwVfG fallen. 108 Hingegen ist es inkonsequent zu behaupten, Hoheitsträger, die Parteien eines Verwaltungsvertrages iSd § 54 S. 2 VwVfG sind, könnten sich nicht der sofortigen Vollstreckung unterwerfen. Dies widerspricht dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift („jeder Vertragsschließende“). Daneben wird gegen eine Vollstreckungsmöglichkeit aus einem zwischen Hoheitsträgern geschlossenen Vertrag vorgebracht, dass für eine solche Vollstreckung das praktische Bedürfnis fehle. 109 Soweit mit dieser Ansicht zum Ausdruck gebracht werden soll, dass Sinn und Zweck der Norm den Fall der Vollstreckung eines Hoheitsträgers gegen einen anderen Hoheitsträger nicht erfassen, weil er gar nicht auftreten wird, kann entgegnet werden, dass gerade die bereits zitierten Vorschriften über die Vollstreckung von gerichtlichen Urteilen, die ein Hoheitsträger gegen einen anderen erstritten hat, und über die Vollstreckung von gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten ein praktisches Bedürfnis an Vollstreckung in diesem Verhältnis aufzeigen. Trotz der Gesetzesbindung der öffentlichen Hand 105

BT-Drs. 7/910, S. 78. Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 54 Rn. 9; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 54 Rn. 48. 107 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 54 Rn. 58; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 54 Rn. 9; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 54 Rn. 49; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 68 Rn. 12. 108 Die Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung in einem Vertrag iSd § 54 S. 1 VwVfG sei folglich unzulässig, so Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 61 Rn. 3; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 61 Rn. 4; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 72 Rn. 19; aA Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 170 Rn. 48. Der Zulässigkeit und den Voraussetzungen der Vollstreckung aus einem koordinationsrechtlichen Vertrag iSd § 54 S. 1 VwVfG soll hier, da dieser als alternative Handlungsform zu einem Verwaltungsakt nicht in Frage kommt, nicht weiter nachgegangen werden. 109 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 61 Rn. 12. 106

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

kann in der Praxis nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass jeder Hoheitsträger seine Verpflichtungen pünktlich und beanstandungsfrei erfüllt. Allein die aufgrund der Unterwerfungsklausel eröffnete Möglichkeit der sofortigen Vollstreckung dürfte eine disziplinierende Wirkung auf die Vertragserfüllung entfalten. Dies betrifft die nach § 61 Abs. 1 S. 1 VwVfG unstreitig mögliche Vollstreckung des Bürgers gegen den Hoheitsträger, der sein Vertragspartner ist, 110 ebenso wie die Vollstreckung von Hoheitsträgern untereinander. Von der Literatur wird daher sogar ein gewisses Unverständnis dahingehend geäußert, dass nicht auch koordinationsrechtliche Verwaltungsverträge iSd § 54 S. 1 VwVfG – zumeist zwischen Hoheitsträgern abgeschlossen – in den Anwendungsbereich des § 61 VwVfG fallen. 111 Schließlich ist auch die Argumentation, dass für eine Vollstreckung gegen Behörden ohnehin besondere Vorschriften gälten (§ 17 VwVG, § 882a ZPO), 112 nicht stichhaltig. Denn die zitierten Vorschriften betreffen zum einen gar nicht die Vollstreckung aus verwaltungsrechtlichen Verträgen (gegenüber Hoheitsträgern), sondern aus anderen Titeln (Verwaltungsakt, zivilgerichtliche Titel), und zum anderen sind die Vorschriften, die die verschiedenen Fälle der Vollstreckung von Hoheitsträgern gegenüber anderen Hoheitsträgern regeln, zu vielfältig, als dass man daraus ein einheitliches Regime der Vollstreckung gegenüber Hoheitsträgern folgern könnte. Vielmehr hängen die Zulässigkeit und die Voraussetzungen der Vollstreckung im Einzelfall von der Art der zu vollstreckenden Forderung und der Art des Vollstreckungstitels ab. b) Die auf die Vollstreckung aus einem zwischen zwei Hoheitsträgern geschlossenen Verwaltungsvertrag anwendbaren Vorschriften Eine differenzierte Lösung der Problematik bietet aber § 61 Abs. 2 VwVfG selbst an. Dessen Sätze 2 und 3 VwVfG verweisen auf §§ 170 Abs. 1 bis 3 und 172 VwGO, die – wie unter 1. gezeigt 113 – Sondervorschriften auch für die Vollstreckung durch Behörden gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts darstellen. § 61 Abs. 2 S. 2 und 3 VwVfG regeln zwar ausdrücklich nur die Vollstreckung von Privatpersonen gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Entscheidend ist aber, dass sie durch die Anwendbarkeit der §§ 170, 172 VwGO einerseits der Tatsache Rechnung tragen, dass ein Hoheitsträger Vollstreckungsschuldner ist, andererseits durch eine Sondervorschrift zu § 61 Abs. 2 S. 1 VwVfG die Anwendbarkeit des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes und damit 110 Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 72 Rn. 18; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 61 Rn. 3. 111 Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 72 Rn. 19. 112 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 61 Rn. 12. 113 S. 227 ff.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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die Unzulässigkeit der Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen gegenüber Hoheitsträgern (§ 17 VwVG) und die noch eingeschränktere Vollstreckung wegen Geldforderungen verhindern. Dieser geringere Schutz des Vollstreckungsschuldners lässt sich entsprechend dem zum Verhältnis von § 169 und § 170 bzw. § 172 VwGO Gesagten dadurch rechtfertigen, dass sich der Vertragschließende durch verwaltungsrechtliche Willenserklärung 114 freiwillig der Vollstreckung aus dem Vertrag unterworfen hat und diesen dadurch erst zum Vollstreckungstitel gemacht hat. Dem Schutzbedürfnis des Vollstreckungsschuldners wird des Weiteren durch das Vertretungserfordernis des § 61 Abs. 1 S. 2 VwVfG Rechnung getragen. 115 Es spricht also nichts dagegen, analog § 61 Abs. 2 S. 2 VwVfG iVm § 170 Abs. 1 bis 3 VwGO die Vollstreckung wegen Geldforderungen und analog § 61 Abs. 2 S. 3 VwVfG iVm § 172 VwGO die Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen auch zwischen Trägern der öffentlichen Verwaltung auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mit Unterwerfungsklausel zuzulassen. 116 3. Die Vollstreckung von Verwaltungsakten Die Vollstreckung von gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten ist in den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder im Grundsatz übereinstimmend, im Einzelnen unterschiedlich und zum Teil auch gar nicht geregelt. Zu unterscheiden ist wiederum die Vollstreckung von Leistungsbescheiden, die mit Einschränkungen grundsätzlich für zulässig gehalten wird, 117 und die Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen, die unzulässig ist, soweit nicht gesetzlich ausdrücklich etwas anderes geregelt ist. 118 114

Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 61 Rn. 7. Darüber hinaus besteht in einigen Bundesländern die Pflicht, die Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung durch die Aufsichtsbehörde genehmigen zu lassen, so BadenWürttemberg: § 61 Abs. 1 S. 3 VwVfG; Brandenburg: § 61 Abs. 1 S. 3 und 4 VwVfG; Mecklenburg-Vorpommern: § 61 Abs. 1 S. 3 VwVfG; Nordrhein-Westfalen: § 61 Abs. 1 S. 3 und 4 VwVfG; Saarland: § 61 S. 3 und 4 VwVfG; Sachsen-Anhalt: § 61 Abs. 1 S. 3 und 4 VwVfG; Schleswig-Holstein: § 128 S. 3 und 4 LVwG; Thüringen: § 61 Abs. 1 S. 3 und 4 VwVfG; § 61 Abs. 1 S. 3 und 4 VwVfG des Bundes wurden mit Wirkung vom 1. 2. 2003 abgeschafft, vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 61 Rn. 9. 116 Heckmann, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 170 Rn. 48. 117 Bund: § 5 Abs. 1 VwVG iVm § 255 AO 1977; Baden-Württemberg: § 17 LVwVG; Berlin: § 5 Abs. 2 BlnVwVfG iVm § 5 VwVG iVm § 255 AO 1977; Brandenburg: § 38 VwVG; Hessen: § 26 HessVwVG; Mecklenburg-Vorpommern: § 111 Abs. 1 S. 1 VwVfG M-V iVm § 5 Abs. 1 VwVG iVm § 255 AO 1977; Niedersachsen: § 21 NVwVG; NordrheinWestfalen: § 78 VwVG; Rheinland-Pfalz: § 7 LVwVG; Saarland: § 37 SVwVG; Sachsen: § 18 SächsVwVG; Sachsen-Anhalt: § 21 VwVG LSA; Schleswig-Holstein: § 271 LVwG; Thüringen: § 40 VwVZG. Eine entsprechende Vorschrift fehlt in Bayern, Bremen und Hamburg. Siehe hierzu im Einzelnen die im Anhang abgedruckten Vorschriften. 115

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

a) Die Vollstreckung von Leistungsbescheiden aa) Darstellung und Vergleich der bestehenden Regelungen des Bundes- und Landesrechts Die Vollstreckung von Leistungsbescheiden gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts wird mit Einschränkungen grundsätzlich für zulässig gehalten. 119 Es ist allerdings nach der Person des Vollstreckungsschuldners zu unterscheiden: Die Vollstreckung gegen den Bund ist gem. § 5 Abs. 1 VwVG iVm § 255 Abs. 1 S. 1 AO 1977 im Bund, in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern ausdrücklich untersagt. Die Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder mit eigener Regelung sehen hingegen eine Vollstreckung gegen den Bund weder ausdrücklich vor noch untersagen sie diese ausdrücklich. 120 Die Vollstreckung gegen ein Land ist gem. § 5 Abs. 1 VwVG iVm § 255 Abs. 1 S. 1 AO 1977 im Bund, in Berlin und in Mecklenburg-Vorpommern ebenfalls ausdrücklich unzulässig. Die Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze sehen hierzu Unterschiedliches vor: In Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen ist die Vollstreckung auch gegen das Land vorgesehen und zulässig mit der Einschränkung, dass die Landesregierung oder die zuständigen Landesminister die Vollstreckung zulassen. Die übrigen Länder (Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Saarland und Sachsen-Anhalt) beschränken ihre Regelungen von vornherein auf Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Landes unterstehen; sie regeln die Vollstreckung gegen das Land nicht. Gegen die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die der Staatsaufsicht unterstehen, ist nach den insoweit übereinstimmenden Regelungen der Verwaltungsvollstreckungsgesetze des Bundes und der Länder die Vollstreckung zulässig, sofern die Aufsichtsbehörde dieser zustimmt oder sie zulässt. Im Saarland genügt die Benachrichtigung der Aufsichtsbehörde mit der Aufforderung, die Vollstreckung innerhalb eines Monats abzuwenden. Der Bund und alle Länder, die die Vollstreckung von Leistungsbescheiden gegenüber Hoheitsträgern regeln, sehen vor, dass die genannten Beschränkungen für öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute nicht gelten. 121 Einzig in Rheinland-Pfalz ist die Vollstreckung gegen 118

Bund: § 17 VwVG; Baden-Württemberg: § 22 LVwVG; Bayern: Art. 29 Abs. 4 VwVZG; Berlin: § 5 Abs. 2 BlnVwVfG iVm § 17 VwVG; Brandenburg: § 36 VwVG; Hessen: § 73 HessVwVG; Mecklenburg-Vorpommern: § 110 VwVfG M-V iVm § 85 SOG M-V; Nordrhein-Westfalen: § 76 VwVG; Rheinland-Pfalz: § 7 LVwVG; Saarland: § 17 SVwVG; § 21 VwVG LSA; Schleswig-Holstein: § 234 LVwG; Thüringen: § 44 Abs. 3 VwVZG. Eine entsprechende Vorschrift fehlt in Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Siehe hierzu im Einzelnen die im Anhang abgedruckten Vorschriften. 119 So ausdrücklich § 37 Abs. 1 S. 1 Saarl. VwVG. 120 App, KKZ 1997, 128. 121 Ebenso § 882a Abs. 3 S. 2 ZPO und § 170 Abs. 4 VwGO.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur zulässig, soweit dies durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes besonders zugelassen ist. 122 Ausnahmen vom verfahrensrechtlichen Vollstreckungsschutz machen einige Länder (Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) allerdings für die Verfolgung dinglicher Rechte, diese ist nach den allgemeinen Regeln zulässig. 123 In einigen Ländern (Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein) besteht zudem ein besonderer gegenständlicher Vollstreckungsschutz, d. h. die Vollstreckung ist unzulässig in Sachen, die der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen; 124 Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gehen noch darüber hinaus, indem sie auch Vollstreckungen verbieten, die den geordneten Gang der Verwaltung oder die Versorgung der Bevölkerung gefährden würden. Im Bund und den meisten Ländern (Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen) bestimmt die Aufsichtsbehörde in der Zulassungsverfügung außerdem den Zeitpunkt der Vollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden soll. Insgesamt ist festzuhalten, dass die Beitreibung von Geldforderungen nach diesen Vorschriften im Wesentlichen den gleichen Konditionen unterliegt wie die Vollstreckung eines Leistungsurteils nach § 170 VwGO, 125 sieht man von der teilweise bestehenden Unzulässigkeit der Vollstreckung gegen Bund und Länder und der Unterscheidung von Benachrichtigung bzw. Zulassung / Zustimmung der Aufsichtsbehörde einmal ab. bb) Die Rechtslage bei fehlender Regelung der Zulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung (1) Die fehlende Regelung der Vollstreckung gegenüber Bund und Ländern In der Kommentarliteratur nicht geklärt ist die Frage, ob das einige Länder betreffende Fehlen einer gesetzlichen Regelung für die Vollstreckung gegen den Bund, das eigene Land und andere Bundesländer deren Zulässigkeit – ggf. mit Einschränkungen – oder Unzulässigkeit bedeutet.

122 Insbesondere sieht § 7 LVwVG keine Ausnahmen für kirchliche Körperschaften und öffentlich-rechtliche Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen vor, Engelhardt / App, VwVG, VwZG, 7. Aufl., Anh. 1 § 255 AO Rn. 5. 123 Dies entspricht der Ausnahme für die Verfolgung dinglicher Rechte in § 882a ZPO. 124 Ebenso § 882a Abs. 2 ZPO und § 170 Abs. 3 VwGO. 125 VG Dresden, SächsVBl. 1996, 286, 288 (zu § 18 SächsVwVG).

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

Gegen die Zulässigkeit der Vollstreckung kann vorgebracht werden, dass, wenn schon die Vollstreckung gegen die der Staatsaufsicht des Landes unterstellten juristischen Personen des öffentlichen Rechts einschränkenden Anforderungen unterliegt, nicht die Vollstreckung gegen die mit Staatlichkeit ausgestatteten und keiner Aufsicht unterliegenden Bund und Länder ohne weiteres zulässig sein kann. Dies würde der abgestuften Wertung in § 5 Abs. 1 VwVG iVm § 255 Abs. 1 AO 1977 widersprechen. Andererseits zeigen die bundesrechtliche Regelung und die landesrechtlichen Regelungen der Verwaltungsvollstreckung bezüglich anderer juristischer Personen des öffentlichen Rechts, dass dem Gesetzgeber dieses Problem bewusst gewesen sein muss. Er hätte die Verwaltungsvollstreckung gegenüber Bund und Ländern ohne weiteres für unzulässig erklären können. Dass er dies nicht für notwendig hielt, spricht dafür, dass die Vollstreckung gegenüber Bund und Ländern ohne Einschränkungen zulässig ist. 126 In Anlehnung an die oben dargestellten Regelungen in einigen Bundesländern und in § 882a ZPO, § 170 VwGO erscheint aber folgende Lösung als sachgerecht: Die Vollstreckung gegenüber dem Bund, dem eigenen Land und anderen Bundesländern ist grundsätzlich zulässig, erfordert aber die vorhergehende Benachrichtigung des zuständigen Fachministers, Finanzministers oder der Landesbzw. Bundesregierung mit der Aufforderung, die Vollstreckung innerhalb einer bestimmten Frist abzuwenden. 127 Denn bei den unter Staatsaufsicht stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist Sinn und Zweck des Einschaltens der Aufsichtsbehörde zum einen, dass diese ihre Schutzfunktion gegenüber der beaufsichtigten Körperschaft wahrnimmt und sicherstellt, dass durch die Vollstreckung die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt wird, 128 und zum anderen, dass sie im Interesse des Vollstreckungsgläubigers ihren Einfluss auf die baldige freiwillige Erfüllung von dessen Ansprüchen geltend macht. 129 Dies soll aber die Vollstreckung nicht generell ausschließen, sondern nur dann, wenn durch die Vollstreckung die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben tatsächlich gefährdet wird. Auch wenn eine Aufsichtsbehörde bei Bund und Ländern nicht vorhanden ist, erlaubt eine Benachrichtigung des zuständigen Fachministers, Finanzministers 126 So wohl Engelhardt / App, VwVG, VwZG, 7. Aufl., Anh. 1 § 255 AO Rn. 5 (zur hessischen Regelung). 127 Ähnlich auch VV 78.4 zu § 78 VwVG NW, abgedruckt bei Erlenkämper, VwVG NW, 3. Aufl., § 78, bezüglich der Vollstreckung gegen den Bund, deren Voraussetzungen an die der Vollstreckung gegen das eigene Land angeglichen werden, und App, KKZ 1997, 128, 129 f., unter Berufung auf das verfassungsrechtliche Bundestreueprinzip. 128 Engelhardt / App, VwVG, VwZG, 7. Aufl., Anh. 1 § 255 AO Rn. 3; VV 78.3 zu § 78 VwVG NW, abgedruckt bei Erlenkämper, VwVG NW, 3. Aufl., § 78. 129 App / Wettlaufer, Verwaltungsvollstreckungsrecht, 4. Aufl., § 5 Rn. 20.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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oder der Regierung über die anstehende Vollstreckungsmaßnahme auch hier die Prüfung, ob die Gefahr einer Beeinträchtigung der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben des Staates besteht, und fördert durch deren Einwirken auf die betroffene Behörde eine einvernehmliche Lösung. Die Benachrichtigung anstelle der Zulassung / Zustimmung trägt zum einen dem Fehlen einer Aufsichtsinstanz Rechnung, dient aber auch dem mangels ausdrücklicher Unzulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung gegenüber dem Staat notwendigen Schutz des Vollstreckungsgläubigers: Wird die Forderung innerhalb der gesetzten Frist nicht erfüllt, ist die Vollstreckung auch gegenüber dem Staat statthaft. (2) Das vollständige Fehlen einer Regelung der Verwaltungsvollstreckung gegenüber Hoheitsträgern Unklar ist die Rechtslage auch in denjenigen Bundesländern, die die Beitreibung zu Lasten von Hoheitsträgern überhaupt nicht geregelt haben, so Bayern, Bremen und Hamburg. Auch hier spricht aber einiges für deren Zulässigkeit. Zumindest in Bayern zeigt die Vorschrift des Art. 29 Abs. 4 VwZVG zur Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts, dass der Gesetzgeber das Problem der Vollstreckung gegenüber Hoheitsträgern nicht übersehen, sondern in Bezug auf Geldforderungen bewusst nicht geregelt hat. Auch ist in Bayern die Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Geldforderungen gegenüber den Gemeinden und Landkreisen in Gemeindeordnung und Landkreisordnung 130 besonders geregelt. Nimmt man im Übrigen eine uneingeschränkte Zulässigkeit an, ist dies im Vergleich mit der bundesrechtlichen Regelung und den übrigen landesrechtlichen Vorschriften, die die Beitreibung ja durchweg nicht ausschließen, sondern nur gewisse Anforderungen an Verfahren und Gegenstand der Vollstreckung stellen, kein derartiger Systembruch, dass etwa aus allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsvollstreckungsrechts mangels anderweitiger Regelung deren Unzulässigkeit statuiert werden müsste. Im Gegenteil folgt die Vollstreckung von Geldforderungen auch in den anderen Bundesländern gegenüber bestimmten Arten von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und zum Teil wegen der Verfolgung dinglicher Rechte den allgemeinen Regeln. Daher muss das Fehlen einer gesetzlichen Regelung bezüglich der Zulässigkeit der Beitreibung von Geldforderungen gegenüber Hoheitsträgern so verstanden werden, dass diese ohne Einschränkungen zulässig ist.

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Art. 77 Abs. 2 BayGO; Art. 71 Abs. 2 BayLKrO (Zustellung einer beglaubigten Abschrift des vollstreckbaren Titels an die Rechtsaufsichtsbehörde).

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

b) Die Vollstreckung von Verwaltungsakten, die zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten aa) Darstellung der vorhandenen Regelungen des Bundes- und Landesrechts Nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und aller Länder, die diese Frage regeln, ist der Einsatz von Zwangsmitteln zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen gegenüber Behörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts übereinstimmend unzulässig, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Das Gesetz geht also davon aus, dass es einer Zwangsmittelanwendung gegenüber einer Behörde oder juristischen Person des öffentlichen Rechts nicht bedarf, da diese wegen der Bindung an das geltende Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) ihren Verpflichtungen auch ohne Zwangsanwendung nachkommt 131, insbesondere also die in einem ihr gegenüber erlassenen Verwaltungsakt festgelegten Pflichten befolgt. Nach Ansicht des Gesetzgebers genügt somit die Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion des Verwaltungsakts, nämlich eine allgemeine, in der Regel gesetzliche Regelung auf den Einzelfall umzusetzen, zur Durchsetzung des Rechts; die Titelfunktion des Verwaltungsakts spielt keine Rolle. Ausnahmsweise kommt die Titelfunktion zum Tragen, wenn das Zwangsverfahren auch gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts ausdrücklich vorgesehen ist. Beispielsweise kann die Kommunalaufsicht gegenüber den beaufsichtigten Gemeinden bestimmte in den Gemeindeordnungen festgelegte Zwangsmittel wie Ersatzvornahme und Bestellung eines Beauftragten anwenden; 132 ebenso besitzen andere Rechtsaufsichtsbehörden die Befugnis zum Verwaltungszwang gegenüber den beaufsichtigten juristischen Personen des öffentlichen Rechts. 133 Weiteres Beispiel ist § 64 Abs. 2 S. 3 Nds. SOG, nach dem zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr das Zwangsmittel der Ersatzvornahme auch gegen eine nach § 7 verantwortliche juristische Person des öffentlichen Rechts angewendet werden 131 Erlenkämper, VwVG NRW, 3. Aufl., § 76 Rn. 3; Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 17 VwVG Rn. 7. 132 Baden-Württemberg: §§ 122, 123 GemO; Bayern: Art. 112 S. 2, 113 GO; Brandenburg: §§ 126, 127 GO; Hessen: §§ 139, 140 HGO; Mecklenburg-Vorpommern: § 82 KV; Niedersachsen: § 131 NGO; Nordrhein-Westfalen: § 120 GO; Rheinland-Pfalz: §§ 122, 123 GemO; Saarland: §§ 132, 133 KSVG; Sachsen: §§ 115, 116 GemO; Sachsen-Anhalt: §§ 137, 138 GO; Schleswig-Holstein: §§ 124, 125 GO; Thüringen: §§ 120 Abs. 1 S. 2, 121 Abs. 1 ThürKO. 133 So z. B. die Aufsichtsbehörde gegenüber einem Wasser- und Bodenverband als Körperschaft des öffentlichen Rechts gem. §§ 76 f. Wasserverbandsgesetz vom 12. 2. 1991 (BGBl. I S. 405); der von Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 17 VwVG Rn. 5 (2006); Engelhardt / App, VwVG, VwZG, 7. Aufl., § 17 VwVG Rn. 5 (2006), und App / Wettlaufer, Verwaltungsvollstreckungsrecht, 4. Aufl., § 39 Rn. 3 (2005), zitierte § 126 WWVO ist mit Erlass des Wasserverbandsgesetzes von 1991 außer Kraft getreten.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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kann, sofern diese dadurch nicht an der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gehindert wird. Im Übrigen sind derartige Vorschriften rar. 134 Ausdrücklich mit der Befugnis, Zwangsmittel gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts anzuwenden, ausgestattet wird beispielsweise die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht gem. § 17 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz vom 22. 4. 2002 (BGBl. I S. 1310), der § 50 Abs. 1 KWG aF ersetzt. Im Gegensatz zur Vollstreckung wegen Geldforderungen sehen die Vorschriften über den Verwaltungszwang zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen nämlich keine Ausnahme für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute vor. Ebenso können Entscheidungen der Vergabekammer, die durch Verwaltungsakt ergehen (§ 114 Abs. 3 S. 1 GWB), auch gegen einen Hoheitsträger nach den Verwaltungsvollstreckungs-gesetzen vollstreckt werden (§ 114 Abs. 3 S. 2 GWB). Zitiert werden können außerdem §§ 28 Abs. 1 S. 2, 2. HS, 33 IfSG 135 (vergleichbar mit §§ 44, 46 BSeuchenG aF), nach denen die Schließung von Gemeinschaftseinrichtungen, z. B. Schulen, beim Auftreten ansteckender Krankheiten möglich ist. 136 Dagegen ergibt sich aus § 16 ZSG 137 wohl nur ein Anordnungsrecht, nicht auch ein Durchsetzungsrecht. 138 bb) Die Rechtslage bei fehlender Regelung der Zulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung Eine entsprechende Regelung über die Zulässigkeit von Verwaltungszwang gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts fehlt allerdings generell in Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Zumindest in Niedersachsen lässt sich aus dem Vorhandensein der Vorschrift des § 64 Abs. 2 S. 3 Nds. SOG, der gem. § 70 Abs. 1 NVwVG iVm §§ 64 ff. Nds. SOG auch für die Vollstreckung von nicht gefahrenabwehrrechtlichen Verwaltungsakten gilt, schließen, dass dem Gesetzgeber das Problem der Zwangsvollstreckung gegenüber Hoheitsträgern bewusst war und die Zulässigkeit der Ersatzvornahme in einem eng begrenzten Fall gerade bedeutet, dass im Übrigen die Zwangsvollstreckung unzulässig sein soll. In den übrigen vier Ländern ist dies nicht so eindeutig: Das Fehlen einer Regelung kann entweder bedeuten, dass die Anwendung von Zwangsmitteln mangels abweichender Regelung den allgemeinen Vorschriften 134

Die von Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 17 VwVG Rn. 5, zitierte Vorschrift des § 44 Abs. 1 S. 2 Bundesleistungsgesetz vom 27. 9. 1961 (BGBl. I S. 1769) ist keine Ausnahme, sondern eine Bestätigung des genannten Grundsatzes. 135 Infektionsschutzgesetz vom 20. 7. 2000 (BGBl. I S. 1045). 136 Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 17 VwVG Rn. 5. 137 Zivilschutzgesetz vom 25. 3. 1997 (BGBl. I S. 726). 138 Anders Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 17 VwVG Rn. 5 (2006) zur Vorgängerregelung § 13a Gesetz über die Erweiterung des Katastrophenschutzes vom 14. 2. 1990 (BGBl. I S. 229).

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

folgt oder dass in den betreffenden Ländern dieselbe Rechtslage besteht wie im Bund und in den Ländern, die die Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs ausdrücklich regeln. Die einzigen beiden Literaturquellen, die zu dieser Frage Stellung nehmen, 139 halten mangels anderweitiger gesetzlicher Regelung den allgemeinen polizeirechtlichen Grundsatz, dass eine Hoheitsverwaltung nicht mit Anordnungen oder gar mit Zwang in die hoheitliche Tätigkeit einer anderen Hoheitsverwaltung eingreifen darf, für anwendbar. 140 Dieser Grundsatz verbietet zunächst den Erlass von gefahrenabwehrrechtlichen Verfügungen, das Verbot des Verwaltungszwangs gilt daneben wohl nur für den Fall, dass rechtswidrig doch ein Verwaltungsakt erlassen wurde. Da hier eine Regelungslücke im allgemeinen Verwaltungsvollstreckungsrecht geschlossen werden muss, ist diese Ansicht so zu verstehen, dass dieser Grundsatz des Polizeirechts auch auf die Fälle, in denen es nicht um die Vollstreckung gefahrenabwehrrechtlicher Verfügungen geht, zu übertragen ist. Da das hier behandelte Problem aber im allgemeinen Verwaltungsvollstreckungsrecht angesiedelt ist, ist zu überlegen, ob sich die Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs gegen Hoheitsträger nicht für alle Rechtsgebiete begründen lässt. Für einen entsprechenden allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsvollstreckungsrechts spricht, dass alle vorhandenen gesetzlichen Regelungen in der Sache vollständig übereinstimmen, der Wortlaut zum Teil sogar identisch ist, und dass die Zahl der gesetzlich fixierten Ausnahmen gering ist. Dafür spricht auch, dass in der Zusammenschau der §§ 170, 172 VwGO, der § 5 Abs. 1 VwVG iVm § 255 AO 1977, § 17 VwVG und der entsprechenden landesrechtlichen Regelungen die Systematik zum Ausdruck kommt, dass zum einen die Vollstreckung aus Gerichtsurteilen gegenüber Hoheitsträgern geringeren Anforderungen unterliegt als die Vollstreckung aus Verwaltungsakten und dass zum anderen die Vollstreckung wegen Geldforderungen leichter zugelassen wird als die Vollstreckung zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen. Insbesondere bezüglich der Vollstreckung aus Leistungsurteilen ist die Wertung des analog anzuwendenden § 172 VwGO bzw. die einschränkende Auslegung des § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO iVm §§ 883 ff. ZPO zu berücksichtigen. Eine Anwendung der allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts wäre daher von vornherein zu undifferenziert, allenfalls käme eine Anpassung dieser Regeln an die besonderen Bedürfnisse des betroffenen Hoheitsträgers in Betracht, so dass die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt wird. Dies bedeutete, dass unmittelbarer Zwang und Erzwingungshaft ausschieden und allenfalls Zwangsgeld und bei vertretbaren Handlungen Ersatzvornahme als Zwangsmittel in Betracht kämen. Dennoch blieben die einzelnen Voraussetzungen der Anwendung dieser Zwangs139

Loeser, in: Wieczorek / Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 882a Rn. 102 (zur Rechtslage in Niedersachsen); Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 17 VwVG Rn. 25. 140 BVerwGE 29, 52, 59.

B. Die Rechtsfolgen bei Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern

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mittel unklar, beispielsweise wäre fraglich, ob in Anlehnung an die Beitreibung zuvor eine Zustimmung oder Benachrichtigung der Aufsichtsbehörde verlangt werden kann. Im Interesse der Rechtsklarheit ist es daher vorzuziehen, die Frage der Zulässigkeit der Verwaltungsvollstreckung gegenüber Hoheitsträgern und die Ausgestaltung der möglichen Zwangsmittel im Einzelnen dem Gesetzgeber zu überlassen und die Anwendung von Zwangsmitteln grundsätzlich für unzulässig zu erklären. Diese im Vergleich zum Leistungsurteil erschwerte Durchsetzung des gegenüber einem Hoheitsträger ergangenen Verwaltungsakts erscheint auch angesichts der dem Gerichtsurteil aufgrund der richterlichen Neutralität zukommenden erhöhten Legitimität gerechtfertigt. Zusammenfassend ist daher auch in den Bundesländern, in denen die Unzulässigkeit des Verwaltungszwangs gegenüber Hoheitsträgern nicht ausdrücklich geregelt ist, die Vollstreckung aus Verwaltungsakten, die zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichten, unstatthaft.

III. Die uneingeschränkte Rücknehmbarkeit von rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakten Bereits oben 141 wurde ausgeführt, dass nach überwiegender und auch hier vertretener Ansicht die gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte aufgrund einer einschränkenden Auslegung der §§ 48 ff. VwVfG uneingeschränkt aufhebbar sind. Insbesondere die Instrumente des Vertrauensschutzes und des Wegfalls der Bereicherung und die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG kommen nicht zur Anwendung. Diese Einschränkung der materiellen Bestandskraft bei leistungsgewährenden Verwaltungsakten wurde oben als Argument dafür verwendet, dass Verwaltungsakte im Verhältnis von Hoheitsträgern zueinander Fremdkörper sind und deshalb der ausdrücklichen Zulassung durch den Gesetzgeber im konkreten Einzelfall bedürfen. Wird aber nun für die Gewährung einer einmaligen oder laufenden Geldleistung oder teilbaren Sachleistung (§ 48 Abs. 2 VwVfG) die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt entsprechend den oben 4. Kap. B. 142 aufgestellten Grundsätzen ausdrücklich oder konkludent durch Gesetz zugelassen, könnte dies zugleich bedeuten, dass auch die Rechtsfolgen der §§ 48 ff. VwVfG auf diesen Verwaltungsakt anwendbar sind, insbesondere der Verwaltungsakt nicht mehr rücknehmbar ist, wenn der empfangende Hoheitsträger die Leistung bereits verbraucht hat oder die Jahresfrist verstrichen ist. Denn der Gesetzgeber könnte mit der Möglichkeit (ggf. sogar Verpflichtung) zum Einsatz der Handlungsform Verwaltungsakt auch vorgesehen haben, dass bei Vorliegen der Tatbestandsmerk141 142

4. Kap. A. II. 3. b) aa) (2) (S. 159 ff.). S. 179 ff.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

male des § 48 Abs. 2 und 4 VwVfG die rechtswidrig erbrachte Leistung eben nicht mehr zurückgefordert werden kann. Die Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt würde somit die Anwendbarkeit aller Rechtsfolgen bedeuten. Wie die Ausführungen zu den Rechtsfolgen einer fehlenden oder unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung und zur nur eingeschränkten Vollstreckbarkeit von zulässigen Verwaltungsakten zeigen, ist die Zulässigkeit eines Verwaltungsakts aber nicht immer gleichbedeutend mit der vollständigen Anwendbarkeit aller Rechtsfolgen. Auch im Falle der einfachgesetzlichen Zulassung des Verwaltungsakts müssen die besonderen Bedürfnisse des Adressaten-Hoheitsträgers und die verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere dessen Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG), beachtet werden. Lässt der Gesetzgeber den Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger zu, nimmt er damit in Kauf, dass im Falle der Bestandskraft eines rechtswidrigen Verwaltungsakts ggf. eine dem Gesetz widersprechende Verschiebung von Kompetenzen und Finanzmitteln entsteht, die aber aus anderen Gründen des Gemeinwohls (Rechts- und Planungssicherheit) hingenommen wird. Dies bedeutet aber weder, dass dadurch die erlassende Behörde von der Beachtung von Gesetz und Recht entbunden wird – selbstverständlich ist ihr der Erlass rechtswidriger Verwaltungsakte nicht gestattet – noch dass sich der Adressaten-Hoheitsträger auf einen zu seinen Gunsten bestehenden rechtswidrigen Zustand berufen kann. Eine Verschiebung von Kompetenzen und Finanzmitteln muss in jedem Falle vermieden werden; die Verwaltung kann daher keinen Vertrauensschutz in Anspruch nehmen, dieses Instrument bleibt für die Belange des Bürgers reserviert.

C. Die anstelle eines zulässigen Verwaltungsakts in Frage kommenden alternativen Handlungsformen Ist der Erlass eines Verwaltungsakts zulässig, stellt sich dennoch die Frage, ob an seiner Stelle nicht andere der Verwaltung zur Verfügung stehende Handlungsformen besser geeignet sind, die Rechtslage zwischen zwei Hoheitsträgern zu regeln, insbesondere im Hinblick darauf, dass – wie insbesondere unter B. gezeigt – gewisse Rechtsfolgen des Verwaltungsakts gegenüber Hoheitsträgern keine oder nur eingeschränkte Anwendung finden. Untersucht werden soll hier zum einen, welche Vorteile es bringt, eine Zuwendung nicht durch Zuwendungsbescheid, sondern durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zu gewähren (I.), und zum anderen, ob Geldleistungen und sonstige Leistungen statt durch Verwaltungsakt durch allgemeine Leistungsklage eingefordert werden können (II.).

C. Die alternativen Handlungsformen

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I. Der öffentlich-rechtliche Vertrag als Alternative zum Zuwendungsbescheid Nach hier vertretener Ansicht ist die Gewährung von Subventionen an juristische Personen des öffentlichen Rechts durch Zuwendungsbescheid ohne gesetzliche Grundlage, die auch zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt befugt, unzulässig. Beispiele für derartige gesetzliche Ermächtigungen sind im positiven Recht aber – auch für an Private zu gewährende Subventionen – selten. 143 Hingegen ist nach Rechtsprechung und herrschender Ansicht in der Literatur – soweit dazu überhaupt Stellung genommen wird – eine gesetzliche Ermächtigung nicht erforderlich; die Vergabe von Zuwendungen mittels Zuwendungsbescheid durch die öffentliche Hand an juristische Personen des öffentlichen Rechts, insbesondere Gemeinden und Gemeindeverbände, entspricht gängiger Verwaltungspraxis. 144 Unterstellt man die Rechtmäßigkeit dieser Verwaltungspraxis, ist dennoch zu überlegen, ob die Vergabe öffentlicher Mittel nicht auch durch öffentlich-rechtlichen Vertrag zulässig und praktikabel ist und welche Vorteile dieser für die beteiligten Hoheitsträger bringt. 1. Die Zulässigkeit und Praktikabilität des öffentlich-rechtlichen Subventionsvertrags a) Die Zulässigkeit des Vertrages gem. § 54 VwVfG Nach der Regelung des § 54 VwVfG ist die Verwaltung ohne weitere Ermächtigung zum Einsatz der Handlungsform öffentlich-rechtlicher Vertrag befugt, 145 soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Als entgegenstehend ist jede Regelung anzusehen, die der Verwaltung eine bestimmte andere als die vertragliche 143 Vergleiche die Ausführungen zu §§ 23, 44 LHO NRW oben im 4. Kap. B. I. 3. a) (S. 185 f.). Siehe außerdem z. B. § 5 Abs. 1 S. 1 Gasöl-Verwendungsgesetz Landwirtschaft vom 22. 12. 1967 (BGBl. I S. 1339), nach dem die Berechtigung zum Bezug von verbilligtem Gasöl durch schriftlichen Bescheid anerkannt wird, und § 6 Abs. 1 Investitionszulagengesetz 1999 vom 11. 6. 2001 (BGBl. I S. 1018), das – implizit – die Gewährung von Investitionszulagen durch Bescheid vorschreibt; beide Gesetze sind aber wohl nur für Private relevant. 144 VG Köln, NVwZ 1984, 537; OVG Münster, NVwZ 1985, 118; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 448; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 945; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 947; BSGE 64, 24; VGH Mannheim, NVwZ 1991, 79; OVG Münster, DVBl. 1997, 1286; VGH München, NVwZ 2000, 829; VGH München, BayVBl. 2000, 248; VG Minden, NVwZ-RR 2000, 269; ausdrücklich auch VGH Kassel, NVwZ 1990, 879 (zu einer an eine katholische Kirchengemeinde, Körperschaft des öffentlichen Rechts, gewährten Subvention); Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 106; Menger, in: FS für Ernst, 1980, S. 301, 304; vgl. VV zu § 44 LHO NRW, Teil II, Nr. 4.1 (MBl. S. 1254). 145 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 54 Rn. 1; Maurer, Allg. VerwR, 16. Aufl., § 14 Rn. 26; Ziekow / Siegel, VerwArch 94 (2003), 593, 604.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

Handlungsform zwingend vorschreibt, 146 also z. B. den Verwaltungsakt nicht nur erlaubt, sondern fordert. Dies ist durch Auslegung der einschlägigen Normen zu ermitteln. Die reine Zulässigkeit des Verwaltungsakts verbietet die Handlungsform öffentlich-rechtlicher Vertrag aber noch nicht. 147 Daher besteht bei der Vergabe von Subventionen grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen den Handlungsformen des (zulässigen) Bewilligungsbescheids und des Subventionsvertrags. 148 Gegen die Zulässigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages zur Regelung von Subventionsverhältnissen zwischen Hoheitsträgern spricht auch nicht, dass diesem im Vergleich zum Verwaltungsakt, der (im Rahmen der Rechtsbehelfsfristen) wegen jedes Verstoßes gegen die Rechtmäßigkeit angefochten werden kann, über § 59 VwVfG eine erhöhte Bindungswirkung zukommt 149 und sich insofern vertreten ließe, dass die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch einen rechtswidrigen, nicht nichtigen Verwaltungsvertrag eher gefährdet wird als durch einen rechtswidrigen, aber anfechtbaren und rücknehmbaren Verwaltungsakt. Die erhöhte Bindungswirkung ergibt sich zum einen daraus, dass der Vertrag zwar gekündigt werden kann. 150 Denn die Parteien eines Subventionsvertrags werden in der Regel ein vertragliches Kündigungsrecht vereinbaren, das die Bedingungen der Subventionsvergabe sichert. Daneben bestehen die gesetzlichen Kündigungsrechte des § 60 Abs. 1 S. 1 und 2 VwVfG wegen einer wesentlichen Veränderung der für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebenden Verhältnisse oder zur Verhütung oder Beseitigung schwerer Nachteile für das Gemeinwohl. 151 Auch andere vertragliche Gestaltungen wie die Vereinbarung von auflösenden Bedingungen, Rücktrittsrechten u. ä. sind denkbar. Die Ausübung dieser Gestaltungsrechte erfordert allerdings das Vorliegen der vorgesehenen (Kündigungs-) gründe und die Initiative der Vertragspartner. Zum anderen liegt die Problematik des Nichtigkeitsgrunds des § 59 Abs. 1 VwVfG iVm § 134 BGB darin, dass nach ganz hM nicht jede Rechtswidrigkeit einem Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot iSd § 134 BGB gleichzusetzen ist, 146

Erichsen, in: Erichsen / Ehlers, Allg. VerwR, 12. Aufl., § 26 Rn. 4. Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 54 Rn. 42; Ziekow / Siegel, VerwArch 94 (2003), 593, 604 f. 148 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 54 Rn. 47; Friehe, DÖV 1980, 673; Menger, VerwArch 69 (1978), 93, 97; Schmidt, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR I, 2. Aufl., § 1 Rn. 175; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 13. Aufl., S. 270, 273; VGH Kassel, NVwZ 1990, 879. 149 Müllmann, NVwZ 1994, 876, 877; Maurer, in: Hill, Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 233, 245 ff. 150 Grupp, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR II, 2. Aufl., § 19 Rn. 106 (Fn. 482); Menger, VerwArch 69 (1978), 93, 101; Schmidt, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR I, 2. Aufl., § 1 Rn. 187; Stober, Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht, 12. Aufl., S. 273, 282 f. 151 Schmidt, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR I, 2. Aufl., § 1 Rn. 187. 147

C. Die alternativen Handlungsformen

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sondern ein qualifizierter Rechtsverstoß erforderlich ist. 152 Andernfalls würde es kaum Sinn machen, für verwaltungsaktersetzende Verträge iSd § 54 S. 2 VwVfG in § 59 Abs. 2 VwVfG zusätzliche besondere Nichtigkeitsgründe vorzusehen. 153 Dies bedeutet, dass ein Verstoß gegen eine zwingende Rechtsnorm vorliegen muss, dass der mit dem Verstoß (objektiv) erreichte Rechtsverstoß nach Wortlaut, Sinn und Zweck einer Rechtsnorm unbedingt ausgeschlossen sein muss und durch den Vertrag öffentliche Belange oder Interessen von einigem Gewicht beeinträchtigt werden. 154 Entsprechend wurde zwar z. B. Art. 88 Abs. 3 EG, der für die Gewährung staatlicher Beihilfen deren Notifizierung an die Europäische Kommission vorsieht, als Verbotsgesetz iSd § 134 BGB angesehen, 155 nicht jede Rechtswidrigkeit kann aber die Rechtsfolge der Nichtigkeit bewirken. Diese besondere einfachgesetzliche Ausgestaltung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die dem Interesse der Vertragspartner am Bestand der vertraglichen Vereinbarung (pacta sunt servanda) und der Rechtssicherheit dient, kann jedoch nicht gegen die Zulässigkeit dieser Handlungsform sprechen. Denn entscheidend ist, dass die generelle Zulässigkeit des Verwaltungsvertrags anders als die Zulässigkeit des Verwaltungsakts in § 54 VwVfG ausdrücklich ausgesprochen ist und dies insbesondere auch für Rechtsverhältnisse zwischen Hoheitsträgern gilt. Die erhöhte Bestandsfestigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages ist also hier Kehrseite der generellen Zulässigkeit der Handlungsform. 156 Der erhöhten Bindungswirkung des öffentlich-rechtlichen Vertrages kann darüber hinaus dadurch entgegengesteuert werden, dass eine Verpflichtung der Hoheitsträger, die Vertragspartner eines rechtswidrigen Vertrages sind, angenommen wird, diesen rechtswidrigen Vertrag aufzuheben. Die Pflicht zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages ist nicht durch das Fehlerfolgensystem der §§ 54 ff. VwVfG ausgeschlossen. Im Gegenteil stellt sie die Konsequenz aus der Bindung beider Vertragspartner an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) dar. Auch wenn diese Pflicht 152 Bernsdorff, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 59 Rn. 43; Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 59 Rn. 50; Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 59 Rn. 8; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 59 Rn. 10 f.; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 70 Rn. 23. 153 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 59 Rn. 1. 154 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 59 Rn. 52. 155 BGH, EuZW 2003, 444, 445 mit Anmerkung von Pechstein, EuZW 2003, 447 ff. und Koenig, EuZW 2003, 417. 156 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 59 Rn. 4 f. Weniger überzeugend ist das für Vertragsverhältnisse zwischen Verwaltung und Bürger verwendete Argument, dass der Vertrag ohne Zustimmung des Bürgers nicht zustande komme und dieser auf bestimmte Rechtspositionen verzichten und Verpflichtungen, Einschränkungen und sonstige Belastungen akzeptieren könne, wenn ihm dies wegen der damit verbundenen Vorteile nützlich erscheine; vgl. Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 59 Rn. 2. Denn bei Verwaltungsträgern kann sich das Rechtsverhältnis nur auf unverzichtbare Rechte und Kompetenzen beziehen.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

ebenso wie die Rücknahme- und Anfechtungspflichten beim Verwaltungsakt nicht sanktionsbewehrt ist und beide Hoheitsträger zur Erfüllung dieser Pflicht durch die Abgabe übereinstimmender Willenserklärungen zusammenwirken müssen, kann sie zumindest dazu beitragen, die Zahl der rechtswidrigen Verwaltungsverträge in diesen Verhältnissen zu verringern. Jedenfalls entspricht damit in Bezug auf die Fehlerfolgen die Rechtslage beim rechtswidrigen öffentlich-rechtlichen Vertrag derjenigen beim Verwaltungsakt. b) Die Praktikabilität des öffentlich-rechtlichen Subventionsvertrags Der Subventionsvertrag ist auch nicht deswegen unpraktikabel, weil die massenhafte Vergabe von Zuwendung und die Notwendigkeit einer einheitlichen Vergabepraxis eine einvernehmliche Gestaltung der öffentlich-rechtlichen Geldzahlungen nicht erlaubten. 157 Denn wie die Nebenbestimmungen zum Zuwendungsbescheid können die Vergabebedingungen ähnlich den Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zivilrecht formularmäßig in den Vertrag aufgenommen werden; nicht notwendig ist, dass diese einzeln ausgehandelt werden. 158 2. Die Vor- und Nachteile des Vertrages für die betroffenen Hoheitsträger a) Die Vorteile für den leistungsempfangenden Hoheitsträger Für denjenigen Hoheitsträger, der Empfänger der Zuwendung ist, hat die Vergabe durch Vertrag den Vorteil, dass, wenn die Gewährung rechtswidrig ist oder ein Widerrufsgrund iSd § 49 Abs. 2 und 3 VwVfG vorliegt, die Leistung nicht einfach durch Leistungsbescheid zurückgefordert und ggf. im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt werden kann. 159 Zwar kann auch das wegen einer Geldforderung ergangene Leistungsurteil gem. § 170 VwGO unter vergleichbaren, etwas erleichterten Bedingungen vollstreckt werden, 160 eventuell hat sich der Leistungsempfänger auch analog § 61 Abs. 2 S. 3 VwVfG iVm § 170 VwGO der sofortigen Vollstreckung unterworfen, 161 so dass er vor der Vollstreckung nicht gefeit ist. Der gewährende Hoheitsträger muss aber nach Kündigung des Vertrages oder bei dessen Nichtigkeit zuerst Klage auf Rückzahlung der gewährten Leistung erheben. Gegen diese muss sich der Leistungsempfänger zwar verteidigen, ihm obliegt aber nicht die Anfechtungslast gegen den Rückforderungsbescheid unter Wahrung der Rechtsbehelfsfristen. Zudem ist die Unterwerfung unter die 157

So aber Weides, NJW 1981, 841, 844. Ehlers, VerwArch 74 (1983), 112, 126; Henke, DVBl. 1984, 845 ff.; Menger, VerwArch 69 (1978), 93, 98. 159 BVerwGE 59, 60, 62. 160 Siehe hierzu B. II. 1. a) (S. 227 ff.). 161 Siehe hierzu B. II. 2. (S. 232 ff.). 158

C. Die alternativen Handlungsformen

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sofortige Vollstreckung im öffentlich-rechtlichen Vertrag nicht zwingend. Wird einem potenziellen Zuwendungsempfänger die Zuwendung nicht gewährt, hat die Ablehnung der Leistung durch negativen Bescheid allerdings den Vorteil, dass der Adressat anzuhören, die Entscheidung zu begründen und bei dessen Widerspruch ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist. 162 Insofern greift der Schutz des Adressaten nur, wenn die Zuwendung tatsächlich gewährt worden ist. b) Die Vorteile für den leistungsgewährenden Hoheitsträger Bei der Gewährung einer Subvention aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Vertrages mögen die eben genannten Vorteile für den Leistungsempfänger der gewährenden Behörde als Nachteile erscheinen. 163 Der Vertrag hat für sie aber andere Vorteile, nämlich was die Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen, insbesondere die Durchsetzung von Nebenpflichten, angeht. Werden diese einem Subventionsbescheid als Auflagen beigefügt, 164 hat die Behörde die Möglichkeit, deren Erfüllung bzw. Beachtung nach den für Verwaltungsakte geltenden Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts zu erzwingen; die Auflage stellt insoweit eine Grundverfügung iSd § 6 Abs. 1 VwVG dar. 165 Nicht zulässig ist diese Vorgehensweise aber gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts (§ 17 VwVG). Gegenüber diesen können derartige Nebenpflichten – in den oben dargestellten Grenzen – nur aufgrund eines Leistungsurteils analog § 172 VwGO oder gem. § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO iVm §§ 883 ff. ZPO (einschränkend ausgelegt) oder aufgrund der Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung analog § 61 Abs. 2 S. 3 VwVfG iVm § 172 VwGO vollstreckt werden. 166 Die Zusammenstellung der sich aus der Verwendung der Handlungsform öffentlich-rechtlicher Vertrag sowohl für die erlassende Behörde als auch für den Adressaten-Hoheitsträger resultierenden Rechtsfolgen ergeben danach ein differenziertes Bild: Jede Handlungsform schafft für den einen oder den anderen Hoheitsträger Vorteile und Nachteile. Die Bevorzugung des öffentlich-rechtlichen 162

Ehlers, VerwArch 74 (1983), 112, 130. Hierin dürfte der Hauptgrund für das Schattendasein des öffentlich-rechtlichen Vertrags im Bereich der Subventionsverwaltung liegen, Schmidt, in: Achterberg / Püttner / Würtenberger, Bes. VerwR I, 2. Aufl., § 1 Rn. 175. 164 So die Auflage, dass bei Nichtverwendung des ausgezahlten Betrages innerhalb zweier Monate dieser zu verzinsen ist (VG Dresden, NVwZ 1999, 1137); die Auflage, für den Nachweis über die Verwendung der Zuwendung bestimmte Belege vorzulegen (OVG Magdeburg, NVwZ 2000, 585); die Auflage, vor Auszahlung der Förderung den Abschluss von Verträgen mit hauptamtlichen Fachkräften nachzuweisen (VG Regensburg, NVwZ-RR 2000, 435, 437). 165 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 36 Rn. 70; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 36 Rn. 38. 166 Siehe oben B. II. 1. b) und 2. (S. 229 ff.). 163

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

Vertrags hätte jedoch für sich, dass die Modalitäten der Aufhebung des Subventionsbescheides nicht an die besonderen Bedürfnisse des Adressaten-Hoheitsträgers angepasst werden müssten, was ja zeigt, dass die ursprüngliche Konstruktion der §§ 48 ff. VwVfG bezüglich der materiellen Bestandskraft des Verwaltungsakts für den Spezialfall des gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen Verwaltungsakts nicht passt.

II. Die Leistungsklage als Alternative zum Verwaltungsakt – Problem des Rechtsschutzbedürfnisses Anstelle eines Verwaltungsakts, der auf eine Geldleistung oder ein Tun, Dulden oder Unterlassen gerichtet ist, kommt auch die Erhebung einer Leistungsklage in Betracht. Diese ist jedoch nur dann zulässig, wenn die handelnde Behörde ein Rechtsschutzbedürfnis für sich in Anspruch nehmen kann. Dieses ist immer schon dann zu bejahen, wenn der Kläger einen materiellen Anspruch geltend macht, und nur ausnahmsweise dann zu verneinen, wenn es einfachere und effektivere Möglichkeiten des Rechtsschutzes gibt. 167 1. Der Verwaltungsakt als einfachere und effektivere Rechtsschutzmöglichkeit Bei Hoheitsträgern und Behörden ist als der einfachere und effektivere Weg in diesem Sinne allerdings der Erlass eines Bescheids anzusehen, wenn die Behörde die begehrte Entscheidung selbst durch Verwaltungsakt treffen kann. 168 Danach müsste die Leistungsklage als Handlungsalternative zu einem zulässigen Verwaltungsakt ausscheiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Leistungsbescheid bereits erlassen, wirksam und unanfechtbar ist und einen Vollstreckungstitel darstellt, da die Vollstreckung wegen einer Geldforderung gegen die öffentliche Hand nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen kaum anderen Voraussetzungen unterliegt als die Vollstreckung aus einem Leistungsurteil gem. § 170 Abs. 1 bis 3 VwGO. 169 Die Leistungsklage kann daher dem Kläger keinen besonderen Vorteil verschaffen. 170 167 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 80 f.; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., Vorb. § 40 Rn. 37. 168 VG Dresden, SächsVBl. 1996, 286, 287 (Leistungsklage / Leistungsbescheid gegenüber einer Gemeinde); BSG, SozR 3 –1500 § 54 Nr. 22 S. 54 (Leistungsklage / Leistungsbescheid gegenüber einem Rentenversicherungsträger); VGH Mannheim, DVBl. 1987, 274, 275; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., Vorb. § 40 Rn. 50; v. Nicolai, in: Redeker / v. Oertzen, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 154. 169 Siehe oben B. II. 1. a) aa) (S. 227 ff.) und 3. a) (S. 236 ff.). 170 VG Dresden, SächsVBl. 1996, 286, 287 f.

C. Die alternativen Handlungsformen

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Von dieser Regel macht die Rechtsprechung dann eine Ausnahme, wenn schon vor Erlass des Verwaltungsakts feststeht, dass ohnehin mit dessen Anfechtung durch den Betroffenen und einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu rechnen ist. 171 Denn dann entfalle der verfahrens- bzw. prozessökonomische Vorteil des eigenen Vorgehens des Hoheitsträgers durch Verwaltungsakt, nämlich die Aussicht, dass sich eine Befassung des Gerichts mit dem Streitstoff erübrige. 172 In diesem Fall könne von vornherein anstelle des Verwaltungsakts auch eine allgemeine Leistungsklage erhoben werden, es sei denn, der Erlass eines Verwaltungsakts ist gesetzlich verpflichtend. 173 Soweit an dieser Ansicht kritisiert wird, es lasse sich nicht sicher vorhersagen, ob der Betroffene gerichtlich gegen den Verwaltungsakt vorgehen werde, 174 kann aber zumindest bei Hoheitsträgern als Adressaten eines Verwaltungsakts von einer Inanspruchnahme des Gerichts ausgegangen werden, da diese – wie oben gezeigt – zur Anfechtung von rechtswidrigen Verwaltungsakten und Verwaltungsakten, deren Rechtmäßigkeit sie bezweifeln, verpflichtet sind. Darüber hinaus wird auch kritisiert, dass dem Anspruchsgegner die Möglichkeit genommen werde, angehört zu werden 175 und die Entscheidung im Widerspruchsverfahren von einer zweiten Verwaltungsinstanz auch hinsichtlich der Zweckmäßigkeit überprüfen zu lassen, wodurch zugleich die Sach- und Rechtslage aufbereitet und das gerichtliche Verfahren vorbereitet werde. 176 Außerdem sei der Erlass eines Verwaltungsakts und die anschließende Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht mit einer unzumutbaren Zeitverzögerung verbunden. 177 Dass bei Erlass eines zulässigen Verwaltungsakts der Betroffene das Rechtsschutzrisiko (Verstreichen der Anfechtungsfrist) trage, sei vom Gesetzgeber gewollt. 178 Bedenkt man, dass das Rechtsinstitut des Rechtsschutzbedürfnisses in erster Linie die Gerichte vor unnötiger oder missbräuchlicher Inanspruchnahme schützen soll, 179 sprechen die umfassende Aufbereitung des Streitstoffes im Vorverfahren und die mögliche Erledigung einiger Fälle durch den Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts für den Vorrang des Leistungsbescheids vor der Leistungs171 BVerwGE 24, 225, 227; VGH Kassel, DÖV 1992, 752 (Leistungsklage / Leistungsbescheid gegenüber dem Bund); OVG Münster, DÖV 1983, 428; BSGE 62, 251, 252 (Verwaltungsakt bereits erlassen, aber angefochten); Oldiges, JuS 1989, 616, 617. 172 VGH Mannheim, VBlBW 1995, 314, 315. 173 BSG, DÖV 1987, 209; BSG, NJW 1987, 1846, 1847 (zu § 50 Abs. 3 S. 1 SBG X). 174 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 85. 175 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 85. 176 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 85; Hufen, VerwProzR, 6. Aufl., § 17 Rn. 18; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., Vor § 40 Rn. 13. 177 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 85. 178 Ehlers, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, Vorb. § 40 Rn. 85. 179 Rennert, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., Vor § 40 Rn. 11.

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5. Kap.: Die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen und Rechtsfolgen

klage. Die Beschwerung mit der Anfechtungslast und einen damit einhergehenden eventuellen Rechtsverlust des Adressaten hat der Gesetzgeber durch die Zulässigkeit des Verwaltungsakts in Kauf genommen. Dies kann unter Umständen auch im Interesse des Betroffenen liegen, denn er kann die Anfechtungsfrist bewusst verstreichen lassen, um durch die Bestandskraft des Verwaltungsakts Rechtssicherheit zu erlangen. Für den Erlass einer Leistungsklage ist daher in der Regel kein Raum. 2. Das Rechtsschutzbedürfnis bei der Leistungsklage zur Erwirkung einer Handlung, Duldung oder Unterlassung Für Verwaltungsakte bzw. Leistungsklagen, die an einen Hoheitsträger gerichtet sind, könnte aber dann etwas anderes gelten, wenn dieser zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet werden soll. In einem solchen Fall kann sich die erlassende Behörde nämlich durch den Erlass eines Bescheids keinen Vollstreckungstitel beschaffen, da die Vollstreckung zur Erzwingung von Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen aus einem Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich unzulässig ist. 180 Dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt im Anfechtungsverfahren gerichtlich überprüft wurde. 181 Zu einer (wenn auch eingeschränkten) Vollstreckungsmöglichkeit kann hier nur die Erwirkung eines Leistungsurteils führen, das entweder analog § 172 VwGO oder gem. § 167 Abs. 1 S. 1 VwGO iVm §§ 883 ff. ZPO (einschränkend ausgelegt) durch Androhung und Festsetzung eines Zwangsgelds und bei vertretbaren Handlungen durch Ersatzvornahme vollstreckt werden kann. 182 Befürchtet die erlassende Behörde also, dass der in Anspruch genommene Hoheitsträger seine Leistungsverpflichtung nicht freiwillig erfüllen wird, ist ihr zu empfehlen, unmittelbar Leistungsklage zu erheben. Das Rechtsschutzbedürfnis ist zur Ermöglichung der zwangsweisen Durchsetzung der Handlungs-, Duldungs- oder Unterlassungspflicht in diesem Fall zu bejahen.

D. Ergebnis des fünften Kapitels Die Untersuchung der formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen, die an einen gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen zulässigen Verwaltungsakt zu stellen sind, hat gezeigt, dass diese sich kaum von den bei einem gegenüber einer Privat180

Siehe oben B. II. 3. b) (S. 240 ff.). Der durch rechtskräftige Entscheidung bestätigte Verwaltungsakt ist unanfechtbar iSd § 6 Abs. 1 VwVG und der entsprechenden Vorschriften der Landesverwaltungsvollstreckungsgesetze, Engelhardt / App, VwVG, VwZG, 7. Aufl., § 6 VwVG Rn. 3; Sadler, VwVG, VwZG, 6. Aufl., § 6 VwVG Rn. 34. 182 Siehe oben B. II. 1. b) aa) (S. 227 ff.). 181

D. Ergebnis des fünften Kapitels

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person erlassenen Verwaltungsakt erforderlichen formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen unterscheiden. Wegen der besonderen Sach- und Rechtskunde des Adressaten-Hoheitsträgers können aber Ausnahmen von der Begründungspflicht zugelassen werden. Die Zusammenstellung der bundes- und landesrechtlichen Vorschriften bezüglich der Vollstreckung von Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern auch im Vergleich zur Vollstreckung aus verwaltungsgerichtlichen Urteilen führt zum einen zu dem Ergebnis, dass die Beitreibung von Geldforderungen aus Verwaltungsakten und Leistungsurteilen im Wesentlichen den gleichen Voraussetzungen unterliegt, nämlich mit gewissen Einschränkungen zulässig ist, und dass dies auch bei fehlender gesetzlicher Regelung gilt. Zum anderen ist die Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen aufgrund eines Verwaltungsaktes in der Regel gänzlich unzulässig, während ein entsprechendes Urteil gewisse Vollstreckungsmöglichkeiten bietet, und auch dies gilt auch bei fehlender gesetzlicher Regelung. Als alternative Handlungsform zum – zulässigen – Zuwendungsbescheid kommt schließlich der öffentlich-rechtliche Vertrag in Betracht, mangels Rechtsschutzbedürfnisses scheidet die Leistungsklage hingegen in der Regel als Alternative zum Leistungsbescheid aus.

Sechtes Kapitel

Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts Hält man den Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem Hoheitsträger für unzulässig, weil die oben aufgrund des Vorbehalts oder des Vorrangs des Gesetzes aufgestellte Voraussetzung, nämlich die gesetzliche Ermächtigung zur Verwendung dieser Handlungsform, nicht vorliegt, leidet der dennoch erlassene Verwaltungsakt an einem Fehler. Fraglich ist, ob dieser Fehler als so gravierend einzustufen ist, dass er die Nichtigkeit und damit die Unwirksamkeit des Verwaltungsakts bewirkt (A.). Außerdem ist zu untersuchen, welche anderen Handlungsformen dem handelnden Hoheitsträger anstelle des Verwaltungsakts zur Verfügung stehen (B.).

A. Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts Bei fehlerhaften Verwaltungsakten werden mit Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit zwei verschiedene Stufen der Fehlerhaftigkeit unterschieden. 1 Ein Gesetzesverstoß führt in der Regel zur bloßen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, unabhängig von seiner Rechtmäßigkeit ist der Verwaltungsakt wirksam (§ 43 Abs. 1 und 2 VwVfG). Nichtigkeit kommt nur bei einem offensichtlichen und besonders schwerwiegenden Fehler in Betracht (§ 44 VwVfG). Der nichtige Verwaltungsakt ist unwirksam (§ 43 Abs. 3 VwVfG).

I. Die Rechtswidrigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts Bislang wurde der unzulässige Verwaltungsakt als lediglich rechtswidrig und anfechtbar angesehen.

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Meyer, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 44 Rn. 7.

A. Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts

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1. Die Rechtswidrigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts in Rechtsprechung und Literatur Halten die Gerichte die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber einem anderen Hoheitsträger entsprechend der oben dargestellten Rechtssprechung mangels Über- und Unterordnungsverhältnisses, mangels gesetzlicher Ermächtigung oder wegen eines Eingriffs in die hoheitliche Verwaltungstätigkeit des betroffenen Hoheitsträgers für unzulässig, nehmen sie übereinstimmend an, dass der Verwaltungsakt deswegen rechtswidrig ist und den Adressaten in seinen Rechten verletzt; eine gegen den Verwaltungsakt gerichtete Anfechtungsklage halten sie folglich gem. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO für begründet. 2 Ob diese Rechtsfolge der Problematik gerecht wird oder die Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts in Betracht kommt, wird nicht problematisiert. Zuzugeben ist allerdings, dass in den entschiedenen Fällen die Verwaltungsakte jeweils innerhalb der Rechtsbehelfsfristen angefochten worden waren und somit nicht formell bestandskräftig werden konnten. Auf eine eventuelle Unwirksamkeit gem. § 43 Abs. 3 VwVfG kam es daher nicht an, zumal gegen nichtige Verwaltungsakte dieselben Rechtsbehelfe wie gegen rechtswidrig-anfechtbare Verwaltungsakte gegeben sind, da nichtige Verwaltungsakte zumindest den Rechtsschein der Rechtswirksamkeit und der Verbindlichkeit der von ihnen ausgehenden Rechtsfolgen erzeugen und Nichtigkeit zugleich auch immer Rechtswidrigkeit bedeutet. 3 Diese Rechtsfolge der Rechtswidrigkeit und Anfechtbarkeit entspricht der auch sonst bei Verstößen gegen den Vorrang und den Vorbehalt des Gesetzes (Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, Art. 20 Abs. 3 GG) angenommenen Rechtsfolge, der Verstoß gegen diese Verfassungsbestimmung allein stellt noch keinen besonders schwerwiegenden Fehler dar. 4 Sie stimmt auch mit der Rechtsauffassung überein, die zu den Rechtsfolgen von unzulässigerweise – mangels Verwaltungsaktbefugnis – gegenüber Privaten erlassenen Verwaltungsakten vertreten wird: Zwar wird die Unzulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber dem Bürger damit begründet, dass die Auferlegung der Anfechtungslast gegen einen rechtswidrigen Verwaltungsakt einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG darstelle, 5 der ohne 2 OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338; OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894; OVG Lüneburg, OVGE 43, 311, 312; VG Dessau, LKV 2000, 553; VGH Kassel, Urteil vom 29. 8. 2001, Az: 2 UE 1491/01 (juris; insoweit in NVwZ 2002, 889 ff. nicht abgedruckt); VG Regensburg, Urteil vom 4. 12. 1996, Az: RO 3 K 95.391; ebenso Maslaton / Koch, NVwZ 2003, 1347, 1348. 3 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 43 Rn. 48; Kopp / Schenke, VwGO, 14. Aufl., § 42 Rn. 3; Pietzcker, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 1 Rn. 18; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 43 Rn. 32, § 44 Rn. 8; Schnapp / Cordewener, JuS 1999, 39, 41. 4 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 100.

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

gesetzliche Ermächtigung erlassene Verwaltungsakt wird jedoch als rechtswirksam und lediglich anfechtbar angesehen. 6 2. Die Nachteile eines „nur“ rechtswidrigen Verwaltungsakts Zur Sanktionierung der Unzulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt erscheint die bloße Rechtswidrigkeit und Anfechtbarkeit allerdings nicht immer ohne weiteres als passende Rechtsfolge. Zwar kommt es bei gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten nicht zu der bei gegenüber Privaten erlassenen Verwaltungsakten als paradox anmutenden Situation, dass der Bürger die Auferlegung der Anfechtungslast nur durch Anfechtung rügen kann. Denn aufgrund seiner eigenen Bindung an Gesetz und Recht muss der adressierte Hoheitsträger nicht davor geschützt werden, in einer verfahrensmäßig schlechteren Ausgangsposition zu stehen. Im Gegenteil obliegt ihm sogar die Pflicht, die seiner Ansicht nach rechtswidrigen Verwaltungsakte anzufechten. Die Nachteile des nur anfechtbaren Verwaltungsakts beruhen aber im Wesentlichen auf denselben Erwägungen, aus denen schon die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts hergeleitet wurde: Zum einen sind die Pflicht des Adressaten-Hoheitsträgers zur Anfechtung des streitigen Verwaltungsakts und die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens der erlassenden Behörde in Bezug auf die Aufhebung des Verwaltungsakts nicht sanktionierbar und zum anderen hat auch der rechtswidrige Verwaltungsakt, der zur Feststellung oder Durchsetzung eines Anspruchs erlassen wird, verjährungshemmende Wirkung, die weder durch Anfechtung noch durch behördliche oder gerichtliche Aufhebung des Verwaltungsakts rückwirkend beseitigt werden kann. 7 Daher ist es nicht ausgeschlossen, dass es durch den Erlass eines Verwaltungsakts trotz dessen Unzulässigkeit zu einer Verschiebung der gesetzlichen Kompetenz- und Finanzmittelverteilung zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts kommt. 8 Die Einschränkung der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt durch die Erforderlichkeit einer gesetzlichen Ermächtigung hierfür macht daher nur dann Sinn, wenn die Verwaltung (erlassender und adressierter Verwaltungsträger) diese entweder selbst beachtet oder wenn man die Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts annimmt. Im zweiten Fall ist der unzulässige Verwaltungsakt von vornherein unwirksam (§ 43 Abs. 3 VwVfG), gesetzeswidrige Tatsachen kön5

Siehe hierzu 2. Kap. A. I. (S. 70 ff.). Krause, Rechtsformen des Verwaltungshandelns, S. 211; P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 22; VGH München, BayVBl. 1990, 51; VGH Mannheim, NVwZ 1990, 388; BSGE 62, 251 ff. 7 Siehe hierzu 4. Kap. A. II. 3. c) (S. 166 ff.). 8 P. Stelkens / U. Stelkens, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 35 Rn. 23 a. 6

A. Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts

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nen gar nicht erst geschaffen werden. Zugleich erleiden Rechtssicherheit und Effektivität der Verwaltung, in deren Dienst die grundsätzliche fehlerunabhängige Wirksamkeit des Verwaltungsakts steht, 9 keine wesentlichen Einbußen, da Bürger, die an dem Bestand der einmal getroffenen autoritativen Entscheidung interessiert sein könnten, in der Regel nicht beteiligt sind und die betroffenen Sachverhalte zumeist keine Massenvorgänge sein werden. 3. Möglichkeiten zur Kompensation der Nachteile der bloßen Rechtswidrigkeit Um insbesondere das Problem der Hemmung der Verjährung auch durch zwar unzulässige, aber rechtswirksame Verwaltungsakte zu beheben, wird von der Rechtsprechung und einem Teil der Literatur ein anderer Weg verfolgt: § 53 VwVfG sei nur dann anwendbar, wenn der Leistungsbescheid als Handlungsform an sich zulässig sei und der hoheitlichen Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers dienen könne und deswegen die Erhebung einer Leistungsklage zur Hemmung der Verjährung entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ausscheide. 10 Denn die öffentliche Hand solle aus dem Missbrauch oder Fehlgebrauch obrigkeitlicher Befugnisse keine Vorteile ziehen können; andernfalls hätte sie die Möglichkeit, in jedem Fall vorsorglich zur Unterbrechung (jetzt Hemmung) der Verjährung einen Verwaltungsakt zu erlassen. 11 Diese Argumentation trifft auch nach der Neufassung des § 53 VwVfG noch zu, zumal eine rückwirkende Beseitigung der Hemmung nicht mehr möglich ist. In den zitierten Urteilen konnte hingegen noch hilfsweise argumentiert werden, dass jedenfalls mit rechtskräftiger Aufhebung des Leistungsbescheides im Anfechtungsprozess die Unterbrechung der Verjährung rückwirkend als nicht erfolgt gelte und die verjährungsunterbrechende Wirkung des unzulässigen Leistungsbescheids auch nicht durch nachträgliche Erhebung einer Leistungsklage aufrecht erhalten werden könne (entsprechende Anwendung des § 212 Abs. 1 und 2 BGB aF). 12 Diese Argumentation hat zudem den Vorteil, dass der Erlass eines unzulässigen Verwaltungsakts den ursprünglichen Lauf der Verjährung auch dann nicht beeinträchtigt, wenn der Adressaten-Hoheitsträger den zur Durchsetzung der gegen ihn bestehen9

Schnapp / Cordewener, JuS 1999, 39, 40. VG Regensburg, Urteil vom 25. 2. 1998, Az: RO 3 K 97.92; VGH München, NVwZ 2000, 83, 84 f. (dort ging es um die vergleichbare Frage, ob nach Art. 53 Abs. 1 S. 1 BayVwVfG aF der an sich unzulässige Verwaltungsakt das Erlöschen eines Anspruchs gem. Art. 71 Abs. 1 S. 1 AGBGB unterbrechen konnte); Henneke, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 53 Rn. 8; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 53 Rn. 1, 28; aA Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 53 Rn. 27. 11 VGH München, NVwZ 2000, 83, 84. 12 VG Regensburg, Urteil vom 25. 2. 1998, Az: RO 3 K 97.92; VGH München, NVwZ 2000, 83, 85. 10

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

den Forderung erlassenen Verwaltungsakt nicht anficht und dieser bestandskräftig wird. Allerdings ergibt sich aus der zitierten Rechtsprechung, 13 dass die Gerichte hier keine Argumentation verfolgen, die spezifisch auf das Verhältnis von Hoheitsträgern und die Problematik der Zulässigkeit der Handlungsform Verwaltungsakt gerade gegenüber diesen zugeschnitten ist, vielmehr wird diese auch in Bezug auf die Verjährung der Ansprüche des Staates gegen den Bürger und deren Durchsetzung durch Verwaltungsakt verwendet. Da die Rechtsprechung aber über die Unanwendbarkeit des § 53 VwVfG hinaus nicht die Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts vertritt, kann sie die Rechtsfolgen, die sich sonst aus der bestandskräftigen Regelung bestimmter Sachverhalte durch unzulässige Verwaltungsakte ergeben, nicht aus dem Weg räumen. Daher ist im Folgenden zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Nichtigkeit bei einem unzulässigen Verwaltungsakt erfüllt sind.

II. Die Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts Nach der Generalklausel des § 44 Abs. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. Die Vorschrift wird durch einen Positivkatalog absoluter Nichtigkeitsgründe nach Abs. 2, die unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Abs. 1 zur Nichtigkeit führen, und einen Negativkatalog von Rechtsmängeln, die als solche den Verwaltungsakt nicht nichtig machen, in Abs. 3 ergänzt. 1. Die Unzulässigkeit des Verwaltungsakts – kein besonders schwerwiegender Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG Da die Unzulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt als Fehler in § 44 Abs. 2 und 3 VwVfG nicht ausdrücklich genannt wird und mit den dortigen Fällen auch nicht annähernd vergleichbar ist, kommt die Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts nur nach Abs. 1 in Betracht. Die Generalklausel umfasst besonders schwere formelle und materielle Fehler, die mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sind. Abgestellt wird auf das Gewicht und die Bedeutung des Fehlers, nicht auf Fehlerarten oder gar auf ein mehr oder weniger schuldhaftes Verhalten des Behördenvertreters. Der Verstoß gegen eine wichtige Rechtsbestimmung allein, selbst eine Verfassungsbestimmung wie Art. 20 Abs. 3 GG oder Grundrechte, führt nicht zur Nichtigkeit. Der Verstoß muss über die unrichtige Anwendung hinausgehen und schlechthin unerträglich für die 13

VG Koblenz, RiA 1980, 177.

A. Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts

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Rechtsordnung sein. Die an eine ordnungsgemäße Verwaltung zu stellenden Anforderungen müssen in einem so hohen Maße verletzt sein, dass von niemandem erwartet werden kann, den Verwaltungsakt als verbindlich anzuerkennen. 14 Die Unzulässigkeit des Erlasses eines Verwaltungsakts gegenüber einem anderen Hoheitsträger ist – wie oben gesehen – weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur als Fall der Nichtigkeit angesehen worden. Es ist daher zu untersuchen, ob diese Art der Fehlerhaftigkeit mit einem anerkannten Fall der Nichtigkeit verglichen werden kann. Als Vergleichsgröße kommt die Nichtigkeit wegen Unzuständigkeit der handelnden Behörde in Betracht. a) Die Nichtigkeit wegen Unzuständigkeit der handelnden Behörde als Vergleichsgröße In der Regel führt die Unzuständigkeit der handelnden Behörde, insbesondere die örtliche Unzuständigkeit (mit Ausnahme des § 44 Abs. 2 Nr. 3 iVm § 3 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG, vgl. § 44 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG), aber auch die sachliche und instanzielle Unzuständigkeit nicht zur Nichtigkeit, sondern lediglich zur Anfechtbarkeit des Verwaltungsakts. 15 Ausnahmsweise nimmt die Rechtsprechung aber in besonders schwerwiegenden Fällen der Unzuständigkeit die Nichtigkeit des Verwaltungsakts an. Dies gilt zum einen für die fehlende Verbandskompetenz. 16 Die Behörde einer Körperschaft handelt ohne Verbandskompetenz, wenn sie außerhalb des räumlich abgegrenzten Tätigkeitsbereichs ihres Verbandes handelt, z. B. wenn eine Gemeindebehörde auf dem Gebiet der Nachbargemeinde tätig wird oder eine Landesbehörde über die Landesgrenzen hinweg agiert, oder wenn sie innerhalb ihres Hoheitsgebiets Aufgaben wahrnimmt, die allein einem anderen Hoheitsträger zustehen, wie namentlich bei der Wahrnehmung von Bundesaufgaben durch eine Landesbehörde und umgekehrt. 17 Ein Verstoß gegen die Verbandskompetenz ist im Vergleich zur Überschreitung der sachlichen Zuständigkeit eines Organs innerhalb der Verbandskompetenz einer Körperschaft insofern von größerem Gewicht, als dieser Mangel nicht die innerorganisatorische Zuständigkeit des handelnden Organs betrifft, sondern die Befugnisse des Verbandes selbst, dem das Organhandeln zugerechnet wird. 18 Der Mangel in der Verbandszuständigkeit bewirkt, dass der Verband, der 14 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 100 f.; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 44 Rn. 8; Meyer, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 44 Rn. 14. 15 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 44 Rn. 14 ff.; Meyer, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 44 Rn. 16; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 165 ff.; BVerwG, NJW 1974, 1961, 1963; VGH Mannheim, VBlBW 1981, 291, 292. 16 Zum Begriff der Verbandskompetenz siehe 4. Kap. A. II. 1. a) (S. 146 f.). 17 Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 156. 18 Oldiges, DÖV 1989, 873, 876.

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

als solcher gar nicht tätig werden darf, mit seinem unzulässigen Handeln zugleich auch die Verbandskompetenz des eigentlich zuständigen Hoheitsträgers verletzt. 19 Ein derartiger Verbandsakt ist daher im Kompetenzgefüge der Verwaltungsträger untereinander generell untersagt. 20 Die fehlende Verbandszuständigkeit wird folglich in der Regel als besonders schwerwiegender Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG angesehen. 21 Zum anderen ist nach der Rechtsprechung Nichtigkeit bei absoluter sachlicher Unzuständigkeit der handelnden Behörde gegeben. Von dieser spricht man, wenn eine Behörde anstelle einer anderen Behörde desselben Rechtsträgers tätig wird, die unter keinem wie immer gearteten Umstand mit der Sache befasst sein kann. 22 Schließlich wird auch in den (seltenen) Fällen fehlender hoheitlicher Gewalt, z. B. bei hoheitlichem Handeln auf fremdem Staatsgebiet ohne Zustimmung der dort herrschenden Gewalt, 23 und den Fällen fehlender Verwaltungskompetenz, z. B. bei der Entscheidung eines zivilrechtlichen Rechtsstreits durch eine Verwaltungsbehörde anstelle eines Zivilgerichts, 24 die Nichtigkeit des betreffenden Verwaltungsakts bejaht. 25

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Oldiges, DÖV 1989, 873, 882. Oldiges, DÖV 1989, 873, 876. 21 OLG Frankfurt, NJW 1992, 1400, 1401 (Geschwindigkeitsmessung durch den Bürgermeister als Ortspolizeibehörde anstelle der staatlichen Polizei); VGH Kassel, NVwZ-RR 1991, 226, 227 (Aufstellung eines Entmischungsplans durch eine Gemeinde anstelle des staatlichen Forstamts); VGH München, NVwZ 1988, 749 (Beleihung eines privatrechtlichen Vereins durch den Bundesverkehrsminister anstelle der zuständigen Landesbehörde); OVG Münster, DVBl. 1976, 395, 396 (Zulassung einer Spielbank durch eine Gemeinde anstelle des Landesinnenministers; für die Rechtslage vor In-Kraft-Treten des § 44 VwVfG); Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 44 Rn. 14; Ule / Laubinger, VwVfR, 4. Aufl., § 10 Rn. 43; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 155 ff. Z. T. wird die fehlende Verbandskompetenz aber mit der fehlenden örtlichen Zuständigkeit gleichgesetzt und nicht als besonders schwerwiegender Fehler angesehen, OVG Hamburg, NVwZ-RR 1993, 27, 28; NVwZ-RR 1999, 633, 634. 22 VGH Kassel, NVwZ-RR 1989, 631, 633 (Erlass einer naturschutzrechtlichen Genehmigung durch die Naturschutzbehörde, obwohl ein Planfeststellungsverfahren zu erfolgen hat); OLG München, NVwZ 1984, 399 und BayVBl. 1966, 66 (Aufstellung eines Straßenverkehrszeichens durch die Forstbehörde / das Flurbereinigungsamt anstelle der Straßenverkehrsbehörde); OLG München, BayVBl. 1973, 242, 243. 23 BSG, NJW 1973, 1064 (Zustellung im Ausland entgegen § 14 VwZG); BVerwG, VRspr 25, 534, 538 (Zustellung in Berlin ohne Zustimmung der Drei Mächte). 24 OLG München, NVwZ 1982, 150, 151. 25 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 44 Rn. 14. 20

A. Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts

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b) Die Vergleichbarkeit der Unzuständigkeit der handelnden Behörde mit ihrer fehlenden Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts aa) Argumente für eine Vergleichbarkeit Für die Vergleichbarkeit der Unzuständigkeit der handelnden Behörde mit ihrer fehlenden Befugnis zum Erlass eines Verwaltungsakts spricht, dass insbesondere in den Fällen der fehlenden Verbandskompetenz, fehlenden hoheitlichen Gewalt und fehlenden Verwaltungskompetenz mit der Nichtigkeit die Verletzung der Kompetenzen einer anderen Körperschaft, 26 einer ausländischen Staatsmacht oder der dritten Gewalt (Rechtsprechung) 27 sanktioniert werden soll. Denn nur die Rechtsunwirksamkeit des Verwaltungsakts kann bewirken, dass der Eingriff in die fremden Kompetenzen von Anfang an als nicht erfolgt gilt. Die erlassende Behörde soll sich in diesen Fällen nicht auf die Unanfechtbarkeit bzw. auf die Unaufhebbarkeit des Verwaltungsakts wegen überwiegenden Vertrauensschutzes des Bürgers berufen können. Entscheidendes Kriterium für die Nichtigkeit des Verwaltungsakts ist also ein schwerer Eingriff in die (Verbands-) Kompetenzen einer von dem Rechtsträger der erlassenden Behörde verschiedenen juristischen Person des öffentlichen Rechts. In einem solchen Fall kann das Ob der Sanktionierung dieser Kompetenzverletzung nicht dem Bürger überlassen bleiben, zumal wenn dieser von der unzuständigen Behörde genau das bekommen hat, was er haben wollte. 28 Im Gegenteil liegt die Einhaltung der verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Kompetenzordnung im öffentlichen Interesse und muss daher von Gesetzes wegen sanktioniert werden. Diese Idee ist mit der Argumentation, die der Unzulässigkeit des Erlasses von Verwaltungsakten ohne gesetzliche Ermächtigung zugrunde liegt, in gewisser Weise vergleichbar, wenn man nicht auf die Art des Fehlers, sondern auf dessen Wirkungen abstellt. In beiden Fällen entsteht nämlich die Gefahr eines nicht mehr rückgängig zu machenden Eingriffs in die Kompetenzen des handelnden und des adressierten Verwaltungsträgers. bb) Argumente gegen eine Vergleichbarkeit Gegen eine Vergleichbarkeit der gerade beschriebenen, zur Nichtigkeit führenden Unzuständigkeit der handelnden Behörde mit der Unzulässigkeit des Erlasses

26 So ausdrücklich BGHZ 54, 157, 164; OVG Hamburg, NVwZ-RR 1999, 633, 634 (dort verneint). 27 Zu einem Eingriff in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte OLG München, NVwZ 1982, 150, 151. 28 OVG Münster, DVBl. 1976, 395, 396 (Erlaubnis zur Errichtung und zum Betrieb einer Spielbank).

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

eines Verwaltungsaktes gegenüber einem Hoheitsträger sprechen jedoch folgende Argumente: In den Fällen der Unzuständigkeit geht es um den Erlass einer an sich zulässigen Maßnahme an einen Dritten (in der Regel den Bürger) durch die falsche Stelle; die zuständige Stelle wäre zum Erlass der identischen Maßnahme berechtigt. Hingegen ist in den Fällen der Unzulässigkeit die handelnde Behörde die an sich inhaltlich zuständige Stelle, sie darf grundsätzlich tätig werden; unzulässig ist aber die Form (Verwaltungsakt), in der sie handelt. Dieser Formenwahlfehler führt aber noch nicht ohne weiteres zu einem schweren Eingriff in die Kompetenzen des adressierten Hoheitsträgers und damit zu einem schwerwiegenden Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG. Hinzu kommt, dass im Gegensatz zu einem Kompetenzeingriff aufgrund einer Maßnahme gegenüber einem Dritten bei dem unzulässigen Verwaltungsakt aufgrund des Anfechtungsrechts und der Anfechtungspflicht des Adressaten-Hoheitsträgers bereits eine Möglichkeit existiert, den Zuständigkeitsübergriff zu korrigieren. Gegen eine Vergleichbarkeit spricht auch, dass bei Maßnahmen der unzuständigen Behörde aufgrund der regelmäßigen Beteiligung eines Bürgers sicherlich der Gedanke an dessen Rechtsschutz eine Rolle spielt: 29 Grundsätzlich gilt nämlich, dass Eingriffe in die Grundrechte bzw. die Gewährung von Leistungen durch eine kompetente Behörde mit größerer Sachkunde vorgenommen werden und daher eher die Vermutung für sich haben, den Grundsätzen der Geeignetheit und Erforderlichkeit als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips zu genügen. Die regelmäßige Aufgabenwahrnehmung durch dieselbe Stelle sichert auch ein gewisses Maß an Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit. 30 Speziell für die Verbandskompetenz heißt dies, dass der Bürger sich in einer bestimmten Angelegenheit nur einem, nämlich dem zuständigen Hoheitsträger gegenübergestellt sehen und damit Klarheit über seinen Ansprechpartner bei Sach- und Rechtsfragen und über seinen Gegner im Rechtsschutzbegehren bekommen soll, 31 entsprechendes gilt für die absolute sachliche Unzuständigkeit. 32 Für den Rechtsschutz des Bürgers genügt zwar wie bei sonstigen Rechtsverletzungen in der Regel die Anfechtbarkeit des Verwaltungsakts. In den zitierten Fällen ist die Abweichung von der regulären Zuständigkeit aber so gravierend, dass es dem Betroffenen nicht zum Nachteil gereichen soll, wenn er versäumt, den Verwaltungsakt anzufechten, dieser soll vielmehr von vornherein keinerlei Wirksamkeit ihm gegenüber entfalten. Eine derartige Interessenlage ist hier aber nicht gegeben, so dass auch deswegen nicht von einem besonders schwerwiegenden Fehler gesprochen werden kann. 29

Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 44 Rn. 1. Eiselstein, JuS 1987, 30; vgl. auch BVerfGE 53, 30, 65: Grundrechtsschutz ist weitgehend auch durch die Gestaltung von Verfahren zu bewirken. 31 Schiedeck, JA 1994, 483, 486. 32 Schiedeck, JA 1994, 483, 486. 30

A. Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts

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2. Die Unzulässigkeit des Verwaltungsakts – kein offensichtlicher Fehler im Sinne des § 44 Abs. 1 VwVfG Gemäß § 44 Abs. 1 VwVfG setzt die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts nicht nur voraus, dass dieser an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet, sondern auch, dass dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. a) Die für die Offensichtlichkeit des besonders schwerwiegenden Fehlers maßgebliche Sicht Die Beurteilung der Offensichtlichkeit eines besonders schwerwiegenden Fehlers hängt im Wesentlichen davon ab, auf wessen Sichtweise es hierfür ankommt. Unabhängig davon ist die Offensichtlichkeit nicht schon deswegen zu verneinen, weil die Rechtsprechung die fehlende Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Hoheitsträgern zwar als Fehler, aber noch nie als besonders schwerwiegenden Fehler anerkannt hat. 33 Denn bislang kam es in keinem der vor die Gerichte gebrachten Fälle auf die Nichtigkeit der streitigen Verwaltungsakte an, da alle innerhalb der Rechtsbehelfsfristen mit Widerspruch und Anfechtungsklage angefochten wurden und diese Rechtsbehelfe auch gegen nichtige Verwaltungsakte statthaft sind. 34 Die Rechtsprechung hat sich daher noch nicht zur Schwere des in der fehlenden Befugnis zum Einsatz der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Hoheitsträgern liegenden Fehlers geäußert. aa) Der herkömmliche Maßstab des aufmerksamen und verständigen Staatsbürgers In aller Regel werden die Anforderungen an die Offensichtlichkeit 35 so formuliert, dass die schwere Fehlerhaftigkeit des Verwaltungsaktes für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich sein muss, sich also geradezu aufdrängt. Ernsthafte Zweifel, dass der Verwaltungsakt doch rechtmäßig sein könnte, dürfen 33

So VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, 490; VGH Mannheim, ESVGH 42, 106, 109 zur sog. obligatorischen Teilzeitbeschäftigung von neu eingestellten Beamten (jeweils unter Verweis auf BVerwGE 82, 196 ff., das von der bloßen Rechtswidrigkeit und Anfechtbarkeit der streitigen Verwaltungsakte ausgegangen war und keine Ausführungen zu deren eventueller Nichtigkeit gemacht hatte). 34 Ebenso wenig kam es in BVerwGE 82, 196 ff. auf die Nichtigkeit des Verwaltungsakts an, während in VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, 490 und VGH Mannheim, ESVGH 42, 106 die Rechtsbehelfsfristen abgelaufen waren. 35 In § 44 Abs. 1 VwVfG wurde durch Gesetz vom 6. 8. 1998 (BGBl. I S. 2022) das Wort „offenkundig“ durch das Wort „offensichtlich“ ersetzt, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung einhergeht, vgl. Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 117.

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

nach Lage der Dinge für einen unvoreingenommenen, urteilsfähigen, weder besonders sach- noch rechtskundigen, aber aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachter nicht bestehen. Kenntnis der verletzten Rechtsvorschriften oder Rechtsgrundsätze ist nicht Voraussetzung. Es genügt, dass ein gerecht und billig denkender, aufgeschlossener Staatsbürger ohne weitere Ermittlungen oder besondere rechtliche Überlegungen zu dem Schluss kommen muss, dass der Verwaltungsakt unmöglich rechtens sein kann. 36 Diese Formulierung ist aber unzweifelhaft auf Fälle zugeschnitten, in denen ein Bürger von dem Verwaltungsakt betroffen ist. Daher stellt sich die Frage, ob in den Fällen, in denen eine juristische Person des öffentlichen Rechts Adressat eines Verwaltungsakts ist, dennoch das Erkenntnisvermögen des typisierten Staatsbürgers entscheidend ist oder es auf die Offensichtlichkeit für eine „durchschnittliche“ juristische Person des öffentlichen Rechts ankommt. Rechtsprechung ist zu dieser Problematik nicht ersichtlich; insbesondere die Urteile zur Nichtigkeit wegen fehlender Verbandskompetenz sagen hierzu nichts aus, da es dort jeweils um gegenüber dem Bürger erlassene Verwaltungsakte geht. bb) Der hier erforderliche Maßstab des „typisierten Verwaltungsträgers“ Jedoch bietet die gerade gegebene Umschreibung der Offensichtlichkeit Anhaltspunkte zur Lösung der Problematik: Die maßgebliche Person muss mit den Umständen des Einzelfalls vertraut sein (vgl. § 44 Abs. 1 VwVfG: „unter Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände“), d. h. sie muss Beteiligte im Sinne des § 13 VwVfG oder zumindest Angehörige des Personenkreises sein, dem auch der Betroffene angehört (z. B. Beamte, Grundstückseigentümer). Nicht erforderlich ist hingegen die Allgemeinkundigkeit der Nichtigkeit bzw. ihre Erkennbarkeit für Dritte. 37 Ist nun in dem hier behandelten Fall des Erlasses eines Verwaltungsakts gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im Wesentlichen diese Beteiligte im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG und mit den Umständen des Einzelfalls vertraut, der Bürger im Verhältnis zu einem solchen Verwaltungsverfahren hingegen nur unbeteiligter Dritter, kommt es folglich für die Beurteilung der Offensichtlichkeit auf die Erkenntnisfähigkeit eines Durchschnittsbetrachters in der Lage der betroffenen juristischen Person des öffentlichen Rechts an. Nun sind allerdings Staatsbürger und Verwaltungsträger so grundverschieden, 38 dass sich ein Staatsbürger – in seiner Eigenschaft als solcher – nie in der Situation 36 OVG Bautzen, SächsVBl. 1997, 59; BVerwG, NVwZ 1987, 230; OVG Koblenz, GewArch 1992, 428, 430; FG Hannover, NVwZ-RR 1991, 662; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 44 Rn. 12; Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 Rn. 121; Schäfer, in: Obermayer, VwVfG, 3. Aufl., § 44 Rn. 20. 37 Kopp / Ramsauer, VwVfG, 9. Aufl., § 44 Rn. 13; Meyer, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 44 Rn. 29. 38 Siehe hierzu 2. Kap. D. II. 1. (S. 100 ff.) und 4. Kap. C. II. (S. 206 ff.).

A. Rechtswidrigkeit oder Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts

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eines Verwaltungsträgers befinden wird. Daher erscheint es unangemessen, auf den typisierten Staatsbürger abzustellen. Vielmehr muss es für einen Hoheitsträger in der Situation desjenigen Hoheitsträgers, der Adressat eines Verwaltungsakts einer Behörde eines anderen Rechtsträgers ist, ohne weiteres erkennbar sein, dass die fragliche Maßnahme nicht in der Form des Verwaltungsakts erlassen werden durfte. Zu präzisieren ist nur, dass juristische Personen (des öffentlichen und des privaten Rechts) als fiktive Kunstgebilde des Rechtslebens keine unmittelbare Wahrnehmungs- und Erkenntnisfähigkeit haben; für sie denken und handeln ihre Organe durch deren Organwalter. 39 Insofern kommt es also darauf an, ob der besonders schwerwiegende Fehler für den die zuständige Behörde leitenden Organwalter, dessen Kenntnis der Behörde und darüber der juristischen Person des öffentlichen Rechts zugerechnet wird, offensichtlich ist. b) Keine Offensichtlichkeit wegen der rechtlichen Komplexität der Problematik Der Offensichtlichkeit könnte entgegenstehen, dass es sich bei der Frage der Zulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts um ein sehr komplexes und bislang uneinheitlich gelöstes juristisches Problem handelt. Zwar ist die Offensichtlichkeit des besonders schwerwiegenden Fehlers nicht schon deshalb abzulehnen, weil der aufmerksame und verständige Staatsbürger den besonders schwerwiegenden Fehler, an dem der Verwaltungsakt leidet, gerade auch ohne besondere Fach- und Rechtskunde erkennen können soll 40 und dies hier unmöglich ist. Denn insofern müssen für die typisierte Behörde und den typisierten Behördenleiter andere Maßstäbe gelten: Wie bereits mehrfach festgestellt, kann aufgrund der Bindung der öffentlichen Verwaltung an Gesetz und Recht deren Kenntnis der Rechtslage vorausgesetzt werden bzw. zumindest die Pflicht, sich diese Kenntnis zu verschaffen, angenommen werden. So ist die Adressaten-Behörde bereits verpflichtet zu kontrollieren, ob der ihr gegenüber erlassene Verwaltungsakt inhaltlich, d. h. formell und materiell, rechtmäßig ist, ggf. muss sie den rechtswidrigen Verwaltungsakt anfechten. 41

39 Kohler-Gehrig, VBlBW 1998, 212, 213; Grupp / U. Stelkens, Saarheimer Fälle zum Staats- und Verwaltungsrecht, Anmerkung zur Unterscheidung zwischen juristischer Person, Organ und Organwalter, www.jura.uni-sb.de / FB / LS / Grupp / Anmerkungen / organ.htm. 40 Meyer, in: Knack, VwVfG, 8. Aufl., § 44 Rn. 29; P. Stelkens, NJW 1980, 2174, 2175; Schiedeck, JA 1994, 483, 485; FG Hannover, NVwZ-RR 1991, 662; VGH München, BayVBl. 1998, 367, 369. 41 Siehe hierzu 4. Kap. A. II. 3. b) aa) (1) (S. 157 ff.).

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

Im Rahmen dieser Prüfung soll die Adressaten-Behörde grundsätzlich auch überprüfen, ob die erlassende Behörde zum Handeln in der Form des Verwaltungsaktes berechtigt war oder nicht. Allerdings ist zu beachten, dass die Rechtslage insofern komplex ist. Im Einzelfall kann es sehr schwierig sein festzustellen, ob die Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts eingesetzt werden darf oder nicht. Rechtsprechung und Literatur haben die Zulässigkeit des Erlasses von Verwaltungsakten im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander bislang an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft, die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung zum Teil verworfen und durch andere Voraussetzungen ersetzt wurden. Zwar ist allen bisherigen Stellungnahmen und der vorliegenden gemeinsam, dass sie den Verwaltungsakt zwischen Hoheitsträgern im Grundsatz für unzulässig halten und ihn nur im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen zulassen. Darüber hinaus stehen der Adressaten-Behörde aber keine einheitlichen Prüfungsmaßstäbe zur Verfügung; die Rechtslage ist höchstrichterlich nicht geklärt. Der AdressatenBehörde kann insofern auch nicht mehr an Rechtskenntnis zugetraut werden als der erlassenden Behörde, der nicht unterstellt werden darf, dass sie vorsätzlich trotz fehlender Berechtigung einen Verwaltungsakt erlassen hat; grundsätzlich spricht eine Vermutung für die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten. Zusammenfassend ist daher die Unzulässigkeit der Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt im Verhältnis von Hoheitsträgern untereinander nicht als offensichtlicher und besonders schwerwiegender Fehler, der die Nichtigkeit des Verwaltungsakts gem. § 44 Abs. 1 VwVfG und damit seine Unwirksamkeit gem. § 43 Abs. 3 bewirkt, anzusehen. Verschiebungen der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Zuständigkeits- und Finanzmittelaufteilung können nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen nur noch durch Aufhebung des Verwaltungsaktes seitens der erlassenen Behörde rückgängig gemacht werden. Um die Problematik der Verjährungshemmung durch den unzulässigen Verwaltungsakt zu lösen, kann der von der Rechtsprechung aufgezeigte Weg der Unanwendbarkeit des § 53 VwVfG auf diesen Fall beschritten werden.

B. Die der handelnden Behörde anstelle des Verwaltungsakts zulässigerweise zustehenden Handlungsformen Während die Rechtsprechung, wenn sie die Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt gegenüber Verwaltungsträgern für unzulässig hält, lediglich diese Unzulässigkeit und damit die Rechtswidrigkeit des betroffenen Verwaltungsakts feststellt, müssen für die Verwaltungspraxis zulässige alternative Handlungsformen zur Behandlung der fraglichen Sachverhalte gefunden werden. Grundsätzlich kommen schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln, die Erhebung von Leistungs-

B. Die der handelnden Behörde zulässigerweise zustehenden Handlungsformen 267

und Feststellungsklagen und der öffentlich-rechtliche Vertrag in Betracht. Diese sind für vier Fallgruppen, in denen unzulässige Verwaltungsakte – nach der hier vertretenen Ansicht – recht häufig vorkommen, nämlich Geltendmachung von Geldforderungen, Feststellung von Rechtsverhältnissen, Gewährung von Subventionen und Beseitigung von Gefahren, zu untersuchen.

I. Die Geltendmachung von Geldforderungen 1. Schlichte Zahlungsaufforderung Beabsichtigt ein Verwaltungsträger, bei einem anderen Verwaltungsträger eine Geldforderung geltend zu machen, ist ihm zu empfehlen, diesem zunächst eine schlichte Zahlungsaufforderung zuzusenden, wie sie regelmäßig einer Zahlungsklage oder sonstigen Befriedungsversuchen vorausgeht. 42 Um keine Missverständnisse über den Willen der handelnden Behörde, keinen Verwaltungsakt zu erlassen, aufkommen zu lassen, darf die Zahlungsaufforderung nicht den Eindruck einer verbindlichen Regelung des geltend gemachten Anspruchs erwecken; der Begriff „Bescheid“, Rechtsbehelfsbelehrung und Hinweis auf die Möglichkeit der Verwaltungsvollstreckung sind auf jeden Fall zu vermeiden. 43 Auch die Bezeichnung als Rechnung ist nicht unproblematisch, da sie den Eindruck einer zivilrechtlichen Zahlungsaufforderung vermittelt. 44 Stattdessen bieten sich Formulierungen wie „Hiermit fordere ich Sie auf, / Es wird gebeten, den Betrag ... bis zum ... auf das Konto ... einzuzahlen.“ an. 2. Allgemeine Leistungsklage Begleicht der Hoheitsträger-Schuldner die Forderung nicht, ist eine allgemeine Leistungsklage vor dem Verwaltungsgericht (ggf. vor dem Sozialgericht) zu erheben. 45 Die Sachurteilsvoraussetzungen hierfür sind in der Regel unproblematisch gegeben: Der klagende Hoheitsträger ist analog 46 § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, wenn er geltend macht, durch die Nichtbegleichung der Forderung in seinen Rechten verletzt zu sein. Bei Leistungsklagen ist das als verletzt gerügte Recht 42

BVerwGE 29, 310, 312. BVerwGE 29, 310, 312 f.; 48, 279, 281 f.; siehe auch 1. Kap. A. II. (S. 26 ff.). 44 BVerwGE 41, 305, 306 ff.; OVG Koblenz, NVwZ-RR 1991, 322, 324. 45 VGH München, BayVBl. 1993, 374; OVG Münster, NWVBl. 1999, 144, 145; OVG Koblenz, NVwZ 1989, 894; VGH München, BayVBl. 1997, 48; VG Dessau, LKV 2000, 553, 554; BSGE 5, 140, 143 f.; 12, 65, 68; 32, 21, 22; BVerwG, NJW 1986, 2524; BVerwGE 87, 181; OVG Münster, NJW 1986, 2526. 46 Die überwiegende Ansicht verlangt auch für die Zulässigkeit der allgemeinen Leistungsklage das Vorliegen der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog), vgl. nur Wahl / Schütz, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2, Rn. 33 mit weiteren Nachweisen. 43

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

identisch mit dem materiellen Anspruch, den der Kläger mit der Klage verfolgt. 47 Für die Klagebefugnis genügt also, dass nicht schon von vornherein und nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist, 48 dass dem Kläger der materielle Anspruch zusteht. Auch ist mangels der Möglichkeit, den Anspruch durch Leistungsbescheid geltend zu machen, das Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage gegeben. 49 Der Durchführung eines Vorverfahrens und der Einhaltung einer Klagefrist bedarf es hingegen nicht. Die Klageerhebung bewirkt die Hemmung der Verjährung des geltend gemachten Anspruchs entsprechend § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB nF.

II. Die Feststellung von Rechtsverhältnissen 1. Rechtlich unverbindliche Handlungen Soweit ein feststellender Verwaltungsakt zur Feststellung eines Rechtsverhältnisses zwischen zwei Verwaltungsträgern mangels gesetzlicher Ermächtigung für unzulässig gehalten wird, bleibt der erlassenden Behörde die Möglichkeit, rechtlich unverbindlich zu handeln und lediglich eine Auskunft zu erteilen oder Wissenserklärung abzugeben. Beantragt beispielsweise ein Verwaltungsträger bei einem anderen Verwaltungsträger die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses, das dieser aber für nicht bestehend hält und daher ablehnen möchte, muss er sich auf die schlichte Ablehnung des Antrags beschränken. So darf der Antrag einer Gemeinde festzustellen, dass sie die Bezeichnung „Stadt“ führen darf, bei fehlender Berechtigung nicht mit der negativen Feststellung, dass die Gemeinde die Bezeichnung „Stadt“ nicht führen darf, beschieden werden. 50 Die schlichte Ablehnung des Antrags ohne Regelungswirkung genügt den Zwecken der ablehnenden Behörde in der Regel auch. 2. Allgemeine Feststellungsklage Darüber hinaus kann in einigen Fällen eine Klage auf Feststellung des betreffenden Rechtsverhältnisses gem. § 43 Abs. 1, 1. Alt. VwGO in Frage kommen. So kann einerseits in dem gerade beschriebenen Beispiel die beantragende Gemeinde, deren Antrag auf Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses abgelehnt wird, auf Feststellung der Berechtigung zur Führung der Bezeichnung „Stadt“ klagen. In diesem Fall ersetzt zwar die Feststellungsklage den Verwaltungsakt nicht in dem Sinne, dass gerade die Behörde, die sonst den unzulässigen ablehnenden Bescheid erlassen hätte, Feststellungsklage erhebt, aber das streitige 47

Wahl / Schütz, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2, Rn. 53. Siehe zu dieser Möglichkeitstheorie z. B. Sodan, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 42 Rn. 379 ff. mit weiteren Nachweisen. 49 VGH München, BayVBl. 1993, 374; BSGE 5, 140, 143 f. 50 OVG Münster, NWVBl. 1988, 337, 338. 48

B. Die der handelnden Behörde zulässigerweise zustehenden Handlungsformen 269

Rechtsverhältnis kann einer gerichtlichen Klärung zugeführt werden, ohne dass bei Versäumung der Rechtsbehelfsfristen die Gefahr der Schaffung vollendeter Tatsachen besteht. Andererseits kann aber auch diejenige Behörde, die nicht befugt ist, ein Rechtsverhältnis durch Erlass eines feststellenden Verwaltungsakts zu regeln, Klage auf Feststellung dieses Rechtsverhältnisses erheben, z. B. kann ein Abwasserzweckverband auf Feststellung der Mitgliedschaft einer Gemeinde in diesem Abwasserzweckverband bzw. auf Feststellung, dass die Kündigung dieser Mitgliedschaft der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde bedarf, klagen. 51 Bezüglich der Sachurteilsvoraussetzungen der Feststellungsklage gem. § 43 Abs. 1, 1. Alt. VwGO 52 bestehen keine Besonderheiten im Hinblick auf das berechtigte Interesse an einer baldigen Feststellung des Rechtsverhältnisses, insbesondere ist mangels einseitiger Entscheidungsbefugnis einer Seite ein Rechtsschutzbedürfnis nach den allgemeinen Voraussetzungen gegeben. 53

III. Die Gewährung von Zuwendungen Für die Gewährung von Zuwendungen wurde schon oben 54 als Alternative zum an sich zulässigen Zuwendungsbescheid die Verwendung der Handlungsform öffentlich-rechtlicher Vertrag vorgeschlagen. Erst recht kommt dieser anstelle des unzulässigen Zuwendungsbescheids in Betracht, auf die dortigen Ausführungen kann insoweit verwiesen werden. Dagegen spricht ebenso wenig wie oben, dass die Handlungsform öffentlich-rechtlicher Vertrag aufgrund dessen erhöhter Bestandsfestigkeit (§ 59 VwVfG) dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung ebenfalls nicht in vollem Umfang Rechnung trägt. Denn zu dem Argument, dass der öffentlich-rechtliche Vertrag im Gegensatz zum Verwaltungsakt keiner ausdrücklichen Verwendungsbefugnis bedarf, tritt hinzu, dass der anstelle eines unzulässigen Verwaltungsakts abgeschlossene Verwaltungsvertrag kein verwaltungsaktersetzender iSd § 54 S. 2 VwVfG ist, sondern ein sog. koordinationsrechtlicher Vertrag iSd § 54 S. 1 VwVfG. Bezüglich der Fehlerfolgen ist daher 51 Vgl. BVerwGE 25, 151, 156 und OVG Weimar, LKV 2002, 336, 337 (dort wurde der feststellende Verwaltungsakt allerdings für zulässig gehalten). 52 Siehe hierzu z. B. Pietzcker, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 43 Rn. 5 ff.; Sodan, in: Sodan / Ziekow, VwGO, § 43 Rn. 5 ff., jeweils mit weiteren Nachweisen. 53 Pietzcker, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 43 Rn. 37. In der Rechtsprechung wurde das Feststellungsinteresse bejaht für die Klage des Bundes gegen ein Land auf Feststellung, dass bestimmte Gewässer Bundeswasserstraßen seien (BVerwGE 9, 50, 53), für die Klage einer Gemeinde gegen den Bund auf Feststellung, dass Pflichten aus Garnisonsverträgen erloschen seien (BVerwGE 25, 299, 300) und für die Klage einer Gemeinde gegen eine andere Gemeinde auf Feststellung, dass deren Planung gegen das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 4 BBauG (jetzt § 2 Abs. 2 BauGB) verstoße (BVerwGE 40, 323, 326 f.). 54 5. Kap. C. I. (S. 245 ff.).

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

auch nur § 59 Abs. 1 VwVfG anwendbar. Der Grund für eine restriktive Auslegung des § 59 Abs. 1 VwVfG, dass andernfalls die Aufzählung der besonderen Fälle der Nichtigkeit in Abs. 2 keinen Sinn mehr machen würde, greift daher in diesem Fall nicht. Entsprechend kann über § 59 Abs. 1 VwVfG iVm § 134 BGB die Nichtigkeit des öffentlich-rechtlichen Vertrages leichter zugelassen werden als bei einem verwaltungsaktersetzenden Vertrag. Hinzu kommt, dass auch in diesem Fall die beiden Vertragspartner verpflichtet sind, einen rechtswidrigen Vertrag aufzuheben. Hingegen bietet sich in dieser Konstellation schlicht-hoheitliches Handeln, hier also die schlichte Auszahlung der gewährten Zuwendung, nicht als Alternative an, da diese es nicht erlauben würde, die Gewährung der Subvention verbindlich an einen bestimmten Zweck zu knüpfen und mit bestimmten Auflagen, Bedingungen etc. zu verknüpfen.

IV. Die Beseitigung von Gefahren 1. Rechtlich unverbindliches Handeln In Betracht kommt zunächst wieder schlicht-hoheitliches Handeln: Die zur verbindlichen Anordnung nicht befugten Polizeibehörden können den störenden Hoheitsträger auf Gesetzesverstöße hinweisen, ihm die Beseitigung der Gefahr nahe legen und Auskünfte und Empfehlungen zur Art und Weise der Beseitigung der Gefahr erteilen. Sie können die Störung überwachen und den Sachverhalt ermitteln. 55 2. Aufforderung der Aufsichtsbehörde, gegen den störenden Hoheitsträger vorzugehen Die Polizeibehörden (und ebenso der Bürger) können auch die Aufsichtsbehörde oder die übergeordnete Behörde von der Störung unterrichten und ihr Einschreiten anregen. 56 Die Aufsichtsbehörde kann die beaufsichtigte Körperschaft durch aufsichtliche Verfügungen zur Gefahrenbeseitigung heranziehen und diese ggf. zwangsweise durchsetzen. 57 Das Tätigwerden der Aufsichtsbehörde

55 VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305; NVwZ 2002, 889; Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 242. 56 OVG Lüneburg, OVGE 43, 311, 313; ZfW 1992, 317, 319; VGH Kassel, NVwZ 1997, 304, 305 f.; NVwZ 2002, 889; Urteil vom 25. 7. 1997, Az: 14 TZ 1755/97 (juris); Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 242; Haus / Wohlfarth, Allg. POR, Rn. 432; Schoch, JuS 1994, 849, 852. 57 OVG Münster, DVBl. 1989, 1009; Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 523.

B. Die der handelnden Behörde zulässigerweise zustehenden Handlungsformen 271

liegt allerdings in deren Ermessen; Polizeibehörden und Bürgern steht hierauf kein durchsetzbarer Anspruch zu. 3. Verweis des Bürgers auf die Leistungsklage gegen den störenden Hoheitsträger Soweit ein Bürger durch eine von einer Tätigkeit eines Hoheitsträgers ausgehenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gestört wird, hat er die Möglichkeit, unmittelbar gegen diesen im Wege der verwaltungsgerichtlichen Leistungsklage vorzugehen, und die Beseitigung gegenwärtiger bzw. die Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen zu verlangen. 58 Die analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis kann sich z. B. bei Lärmimmissionen aus den analog anzuwendenden §§ 1004, 906 BGB oder Art. 2 Abs. 2 und 14 Abs. 1 GG ergeben. 59 Gegebenenfalls muss er vorläufigen Rechtsschutz in Anspruch nehmen. Diese Vorgehensweise ist jedoch ungeeignet, soweit die Gefahrenabwehr keinen zeitlichen Aufschub duldet. 4. Leistungsklage der Gefahrenabwehrbehörde gegen den störenden Hoheitsträger? Hingegen kommt eine allgemeine Leistungsklage der Gefahrenabwehrbehörde gegen den störenden Hoheitsträger, gerichtet auf ein Tun, Dulden oder Unterlassen, nämlich die Beseitigung der Gefahr, mangels Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO nicht in Betracht. Denn dann müsste der klagenden Behörde gegenüber dem störenden Hoheitsträger ein materieller Anspruch auf Beseitigung der Gefahr zustehen, d. h. es müsste einen Rechtssatz geben, der objektiv den störenden Hoheitsträger zu einem Tun, Dulden oder Unterlassen verpflichtet und zugleich subjektiv eine entsprechende Berechtigung der Gefahrenabwehrbehörde begründet. 60 Teil der materiellen Polizeipflicht von Hoheitsträgern ist es, Gefahren nach Möglichkeit selbst zu vermeiden und eingetretene Störungen selbst zu beheben. 61 Insofern kann man von einer objektiven Verpflichtung des störenden Hoheitsträgers sprechen. Die Gefahrenabwehrbehörden sind aber subjektiv nicht Anspruchsberechtigte dieser Verpflichtung. Sie besitzen zwar hoheitliche Eingriffsbefugnisse, die sie zum Handeln im öffentlichen Interesse oder zum 58 VG Berlin, UPR 1984, 101, 102; Drews / Wacke / Vogel / Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl., S. 243; Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 234; Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 529. 59 Siehe hierzu BVerwGE 79, 254, 257; OVG Münster, NJW 1984, 1982, 1983; VGH München, NVwZ 1989, 269, 270; Schenke, POR, 4. Aufl., Rn. 234 f.; Brohm, Öffentliches BauR, 2. Aufl., § 31 Rn. 12. 60 Wahl / Schütz, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 42 Abs. 2, Rn. 53. 61 Tettinger / Erbguth / Mann, Bes. VerwR, 9. Aufl., Rn. 522.

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6. Kap.: Rechtsfolgen im Falle der Unzulässigkeit eines Verwaltungsakts

Schutze der individuellen Interessen des Bürgers ermächtigen, und setzen diese Verpflichtung durch. Diese Eingriffsbefugnisse stellen aber keine eigenen Ansprüche der Gefahrenabwehrbehörden selbst dar, die eine Klagebefugnis iSd § 42 Abs. 2 VwGO begründen könnten. 62 5. Öffentlich-rechtlicher Vertrag Von Literatur und Rechtssprechung weitgehend unbeachtet ist schließlich die Möglichkeit der Gefahrenabwehrbehörden, mit dem störenden Hoheitsträger einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über das „Ob“ und „Wie“ der Beseitigung der Gefahr abzuschließen. 63 Auch wenn der störende Hoheitsträger hierzu nicht durch Ordnungsverfügung verpflichtet werden kann, ist es nicht ausgeschlossen, dass er dennoch aufgrund seiner materiellen Polizeipflicht in einigen Fällen ein Interesse daran haben wird, den Umfang seiner ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit und die konkret erforderlichen Maßnahmen durch einvernehmliche Vereinbarung zu regeln. Der öffentlich-rechtliche Vertrag dient der effektiven Gefahrenabwehr jedoch nur in den Fällen, in denen der Zeitfaktor keine Rolle spielt und der störende Hoheitsträger seine Störerhaftung auch akzeptiert.

C. Ergebnis des sechsten Kapitels Als Ergebnis der Prüfung, welche Rechtsfolge der mangels gesetzlicher Ermächtigung zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt unzulässige Verwaltungsakt nach sich zieht, ist anstelle der Nichtigkeit und Unwirksamkeit des unzulässigen Verwaltungsakts dessen bloße Rechtswidrigkeit und Anfechtbarkeit anzunehmen. Anstelle des unzulässigen Verwaltungsaktes stehen der Verwaltung neben dem generell zulässigen schlichthoheitlichen Verwaltungshandeln zur Geltendmachung von Geldforderungen die Leistungsklage und zur Feststellung von Rechtsverhältnissen die allgemeine Feststellungsklage zur Verfügung. Weiterhin kann zur Gewährung von Zuwendungen und zur Beseitigung von Gefahren der öffentlichrechtliche Vertrag als alternative Handlungsform verwendet werden, wobei im Gefahrenabwehrrecht zu beachten ist, dass er sich dort wegen des Gebots der Effektivität der Gefahrenabwehr nur in bestimmten Gefahrensituationen als Handlungsform eignet. 62 Siehe aber als Beispiel für eine zulässige Unterlassungsklage einer Gemeinde gegen eine andere wegen Verletzung des interkommunalen Abstimmungsgebots aus § 2 Abs. 4 BBauG (jetzt § 2 Abs. 2 BauGB) VGH München, BayVBl. 1976, 112, 113. 63 Siehe zu öffentlich-rechtlichen Verträgen über Altlastensanierung anstelle von Ordnungsverfügungen im Staat-Bürger-Verhältnis Müllmann, NVwZ 1994, 876 ff.; Pape, NJW 1994, 409, 411; Frenz / Heßler, NVwZ 2001, 13 ff.

Schlussbetrachtung und Zusammenfassung Die vorliegende Untersuchung der „Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern“ legt eine Studie zu den Problemen vor, die sich daraus ergeben, dass ein Verwaltungsakt sich nicht – wie überwiegend üblich – an einen Privaten richtet, sondern an einen anderen Verwaltungsträger. Die Rechtsprechung löst die sich in der Praxis stellenden Probleme, insbesondere die Zulässigkeit dieser Verwaltungsakte, anhand derselben Grundsätze, die sie zu gegenüber Privaten erlassenen Verwaltungsakten vertritt, ohne die Übertragbarkeit auf die besondere Konstellation eingehend zu prüfen. Die Literatur hat die Thematik bislang nicht aufgegriffen. Im Gegensatz dazu steht eine in Rechtsprechung und Literatur herausgebildete herrschende Meinung zur grundsätzlichen Unzulässigkeit des Erlasses polizeilicher Verfügungen gegenüber Hoheitsträgern, deren Begründung sich aber nicht unbedingt auf die spezifischen Rechtsfolgen des Verwaltungsakts und deren Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen den betroffenen Hoheitsträgern stützt. Ein Zusammenhang mit der Gesamtproblematik „Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern“ kann aber nicht bestritten werden. Es wurde daher versucht, die teilweise dort vorhandenen Argumentationen weiter zu entwickeln und zu verallgemeinern und dabei die sich aus der Bindung der öffentlichen Verwaltung an Gesetz und Recht und aus der rigiden Aufteilung der Kompetenzen und Finanzmittel zwischen den Verwaltungsträgern ergebenden besonderen Verpflichtungen der öffentlichen Hand zu berücksichtigen. Die Ergebnisse lassen sich in folgenden Thesen zusammenfassen: 1. Die Ausführungen über den Verwaltungsakt in Lehrbüchern und Kommentaren konzentrieren sich auf den Bürger als Adressaten des Verwaltungsakts, obwohl der Kreis der möglichen Adressaten eines Verwaltungsakts nicht schon kraft Gesetzes auf Privatpersonen beschränkt ist. 2. Bei der Qualifizierung einer Maßnahme als Verwaltungsakt im Sinne des § 35 S. 1 VwVfG sind die gesetzlich vorgesehenen Funktionen und Rechtsfolgen des Verwaltungsakts und der Wille der handelnden Behörde, sich dieser Handlungsform zu bedienen, zu berücksichtigen. 3. Das Tatbestandsmerkmal „hoheitlich“ impliziert nicht, dass sich Behörde und Adressat nach materiellem Recht in einem Verhältnis der Über- und Unterordnung zueinander befinden müssen. Ein eventuell bestehendes Gleichordnungsverhältnis zwischen Hoheitsträgern hindert die Qualifikation einer Maßnahme als Verwaltungsakt daher nicht.

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Schlussbetrachtung und Zusammenfassung

4. Für das Tatbestandsmerkmal der „unmittelbaren Außenwirkung“ kommt es wesentlich darauf an, dass sich die Maßnahme an einen von dem Rechtsträger der erlassenden Behörde verschiedenen Rechtsträger richtet, dieser aber auch gerade in seiner Qualität als eigenständige Rechtspersönlichkeit angesprochen werden muss. Weder Maßnahmen zwischen Organen desselben Rechtsträgers noch Weisungen der Fachaufsicht in staatlichen Auftragsangelegenheiten noch Mitwirkungshandlungen einer zweiten Behörde im Verwaltungsverfahren gegenüber einem Bürger haben daher Außenwirkung. 5. Die Rechtsprechung beurteilt die Zulässigkeit des Verwaltungsakts bei Leistungsbescheiden und feststellenden Verwaltungsakten gegenüber Trägern der öffentlichen Verwaltung und gegenüber Privatpersonen nach den gleichen Grundsätzen, sie bezieht sich zum einen auf das Kriterium der Gleichordnung bzw. Subordination, zum anderen auf den Vorbehalt des Gesetzes. 6. Die Rechtsprechung nimmt grundsätzlich ein Gleichordnungsverhältnis zwischen Hoheitsträgern an, aus dem sie die Unzulässigkeit des Erlasses von Leistungsbescheiden folgert; ausnahmsweise besteht ein Über- und Unterordnungsverhältnis, insbesondere kraft Gesetzes, aus der Natur der Sache oder wegen der Vergleichbarkeit des adressierten Hoheitsträgers mit einer Privatperson, und damit die Befugnis zum Erlass von Leistungsbescheiden. 7. Bei feststellenden Verwaltungsakten stellt sie aufgrund des Vorbehalts des Gesetzes, der sich für Gemeinden aus Art. 28 Abs. 2 GG, aber auch aus Art. 20 Abs. 3 GG, zum Teil in Verbindung mit den Grundrechten, ergebe, das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage für deren Erlass auf. 8. Die Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, die eine gesetzliche Grundlage für Eingriffe in Freiheit und Eigentum bzw. für sonstige grundrechtswesentliche Entscheidungen fordert, ist mangels Grundrechtsberechtigung von Hoheitsträgern für die Zulässigkeit von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern ohne Belang. 9. Hingegen ergibt sich aufgrund des Gesetzesvorbehalts für Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG bei gegenüber Gemeinden und Gemeindeverbänden erlassenen belastenden Verwaltungsakten das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage gerade auch für die Verwendung dieser Handlungsform. 10. Die sog. Gleichordnungs- bzw. Subordinationstheorie der Rechtsprechung bietet keine geeigneten Kriterien für die Unzulässigkeit bzw. Zulässigkeit des Verwaltungsakts. 11. Die grundsätzliche Unzulässigkeit des Erlasses von Polizeiverfügungen gegenüber Hoheitsträgern wird von Rechtsprechung und Literatur überwiegend damit begründet, dass der störende Hoheitsträger aufgrund seiner Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) selbst zur Beseitigung der von ihm verur-

Schlussbetrachtung und Zusammenfassung

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sachten Gefahren zuständig und verpflichtet sei und folglich die Polizeibehörden hierzu sachlich nicht zuständig oder ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung nicht befugt seien. 12. Der Verweis der Rechtsprechung auf Art. 20 Abs. 3 GG bezieht sich auf die Bindung des Adressaten-Hoheitsträgers an den Vorrang des Gesetzes, eine auf die spezifische Situation des Adressaten-Hoheitsträgers ausgerichtete Argumentation, die bei Erstattungsansprüchen und feststellenden Verwaltungsakten keine Entsprechung findet. 13. Die materielle Polizeipflicht von Hoheitsträgern ergibt sich, soweit sie nicht im Sonderordnungsrecht begründet ist, aus der Kompetenzverteilung zwischen den Hoheitsträgern. Die Kompetenzen jedes Hoheitsträgers werden durch die Verpflichtung begrenzt, keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu verursachen, woraus sich auch die Zuständigkeit zur Beseitigung der Gefahr ergibt. 14. Polizeiverfügungen gegenüber Hoheitsträgern sind unzulässig, weil die Polizei- und Ordnungsbehörde durch den Erlass einer Polizeiverfügung in die Zuständigkeit des störenden Hoheitsträgers zur Gefahrenabwehr in seinem sachlichen Aufgabengebiet eingreifen würde. Zu diesem Übergriff in fremde Kompetenzen ist sie nur befugt, wenn sie ihre Maßnahme auf eine besondere gesetzliche Ermächtigung stützen kann. 15. Nach dem saarländischen Polizeigesetz sind die Polizei- und Ordnungsbehörden nicht zur Abwehr der von Hoheitsträgern ausgehenden Gefahren sachlich zuständig, da solche Gefahren nicht von seinem Regelungsbereich umfasst sind. 16. Anstelle der bisherigen Lösungsansätze der Rechtsprechung ist die Zulässigkeit der Verwaltungsakte zwischen Hoheitsträgern am Vorrang des Gesetzes, d. h. an der Bindung der den Verwaltungsakt erlassenden Behörde an Gesetz und Recht und damit insbesondere an die verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Kompetenz- und Vermögensordnung, zu messen. 17. Insbesondere bestandskräftige, rechtswidrige Verwaltungsakte bewirken entgegen dem Vorrang des Gesetzes einen dauerhaften, unumkehrbaren Eingriff in die gesetzliche Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung zwischen den juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Dies gilt sowohl für belastende als auch für begünstigende Verwaltungsakte. Zwischen rechtswidrigen und rechtmäßigen Verwaltungsakten ist nicht zu differenzieren. 18. Die Rechtsordnung selbst schränkt die Bestandskraft von Verwaltungsakten zwischen Hoheitsträgern so ein, dass der Eingriff in die gesetzliche Kompetenzund Finanzmittelaufteilung zwischen den betroffenen Hoheitsträgern in den meisten Fällen rückgängig gemacht werden kann: Es besteht eine Pflicht des AdressatenHoheitsträgers, den rechtswidrigen Verwaltungsakt anzufechten. Rücknahme und Widerruf von gegenüber Hoheitsträgern erlassenen Verwaltungsakten sind ohne wesentliche Einschränkungen möglich.

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Schlussbetrachtung und Zusammenfassung

19. Die Kompetenz- und Vermögensverschiebung wird nicht in allen Fällen rückgängig gemacht, denn die Aufhebung des rechtswidrigen Verwaltungsakts hängt von der Eigeninitiative der betroffenen Hoheitsträger ab. Zudem hat jeder Verwaltungsakt Einfluss auf die Verjährung des geltend gemachten Anspruchs. 20. Zum Schutz der gesetzlichen Kompetenz- und Finanzmittelaufteilung ist der Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber einem anderen Hoheitsträger nur dann zulässig, wenn der Gesetzgeber hierfür eine gesetzliche Ermächtigung vorsieht. 21. Dabei kann die Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt zwar auch durch Auslegung der zugrunde liegenden Rechtsvorschrift ermittelt werden. Regelt diese Vorschrift aber nicht eine Fallkonstellation, in der nur Hoheitsträger betroffen sein können, ist entscheidend, dass sie gerade auch die Möglichkeit vorsieht, dass ein Verwaltungsträger Adressat des Verwaltungsakts sein kann. Eine nur zu dem Erlass eines Verwaltungsakts gegenüber dem Bürger ermächtigende Rechtsvorschrift reicht hingegen nicht aus. 22. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Verwaltungsakt die fiskalische Tätigkeit des adressierten Hoheitsträgers betrifft und die Wesensverschiedenheit von Hoheitsträgern und Privatpersonen, die sich aus der Bindung auch des fiskalisch handelnden Hoheitsträgers an Gesetz und Recht ergibt, im konkreten Fall nicht zum Tragen kommt. 23. Die formellen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen, die an einen gegenüber einem Hoheitsträger erlassenen zulässigen Verwaltungsakt zu stellen sind, unterscheiden sich kaum von denjenigen, die bei einem gegenüber einer Privatperson erlassenen Verwaltungsakt erfüllt sein müssen. Wegen der besonderen Sach- und Rechtskunde des Adressaten-Hoheitsträgers können aber Ausnahmen von der Begründungspflicht zugelassen werden. 24. Die Beitreibung von gegenüber Hoheitsträgern bestehenden Geldforderungen aus Verwaltungsakten und aus verwaltungsgerichtlichen Leistungsurteilen unterliegt im Wesentlichen den gleichen Voraussetzungen, ist nämlich mit gewissen Einschränkungen zulässig. Dies gilt auch bei fehlender gesetzlicher Regelung. 25. Die Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen gegenüber Hoheitsträgern aufgrund eines Verwaltungsaktes ist hingegen in der Regel unzulässig, während ein entsprechendes verwaltungsgerichtliches Urteil eingeschränkte Vollstreckungsmöglichkeiten bietet. Dies gilt ebenfalls bei fehlender gesetzlicher Regelung. 26. Als alternative Handlungsform zum – zulässigen – Zuwendungsbescheid kommt der öffentlich-rechtliche Vertrag in Betracht, mangels Rechtsschutzbedürfnisses scheidet die Leistungsklage aber in der Regel als Alternative zum Leistungsbescheid aus. 27. Der mangels gesetzlicher Ermächtigung zur Verwendung der Handlungsform unzulässige Verwaltungsakt ist nicht nichtig, sondern lediglich rechtswid-

Schlussbetrachtung und Zusammenfassung

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rig und anfechtbar. Verschiebungen der verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Zuständigkeits- und Finanzmittelaufteilung können nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen nur noch durch Aufhebung des Verwaltungsaktes seitens der erlassenen Behörde rückgängig gemacht werden. Der Erlass eines unzulässigen Verwaltungsakts hemmt die Verjährung des mit ihm geltend gemachten Anspruchs nicht, § 53 VwVfG ist in diesem Fall nicht anwendbar. 28. Anstelle des unzulässigen Verwaltungsaktes stehen der Verwaltung neben dem generell zulässigen schlichthoheitlichen Verwaltungshandeln zur Geltendmachung von Geldforderungen die Leistungsklage, zur Feststellung von Rechtsverhältnissen die allgemeine Feststellungsklage sowie zur Gewährung von Zuwendungen und zur Beseitigung von Gefahren – mit Einschränkungen – der öffentlich-rechtliche Vertrag als Handlungsformen zur Verfügung.

Anhang: Zusammenstellung der Vorschriften über die Vollstreckung aus Verwaltungsakten gegenüber Hoheitsträgern Vollstreckung von Geldforderungen

§ 5 Abs. 1 VwVG iVm § 255 AO 1977: (1) Gegen den Bund oder ein Land ist die Vollstreckung nicht zulässig. Im Übrigen ist die Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Staatsaufsicht unterliegen, nur mit Zustimmung der betreffenden Aufsichtsbehörde zulässig. Die Aufsichtsbehörde bestimmt den Zeitpunkt der Vollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden kann. (2) Gegenüber öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten gelten die Beschränkungen des Abs. 1 nicht. Baden§ 17 LVwVG: Württemberg (1) Gegen unter Aufsicht des Landes stehende Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts kann nur vollstreckt werden, soweit diese durch die Beitreibung nicht in der Erfüllung ihrer Aufgaben wesentlich beeinträchtigt werden. Mit der Beitreibung darf erst begonnen werden, denn sie die Rechtsaufsichtsbehörde zugelassen hat. In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Beitreibung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden darf, zu bestimmen. (2) Für öffentlich-rechtliche Kreditinstitute gelten die Beschränkungen des Abs. 1 nicht. Bayern Bund

Erzwingung von Handlungen, Duldungen und Unterlassungen § 17 VwVG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts sind Zwangsmittel unzulässig, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

§ 22 LVwVG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts kann nur vollstreckt werden, soweit dies durch Rechtsvorschriften ausdrücklich gestattet ist.

Art. 29 Abs. 4 VwZVG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts ist Verwaltungszwang nur zulässig, soweit er durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes besonders zugelassen ist.

Anhang Berlin

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§ 5 Abs. 2 BlnVwVfG iVm § 5 VwVG iVm § 255 AO 1977 § 38 VwVG: (1) Das Zwangsverfahren wegen einer Geldforderung wird auch gegen Gemeinde, Gemeindeverbände, sowie Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Landesaufsicht unterstehen, nach diesem Gesetz, jedoch nach Maßgabe der folgenden Vorschriften durchgeführt. (2) Zur Einleitung der Zwangsvollstreckung bedarf es – soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden – einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde. Darin hat diese auf Antrag der Vollstreckungsbehörde die Vermögensgegenstände zu bestimmen, in die eine Zwangsvollstreckung zugelassen wird, und über den Zeitpunkt zu befinden, zu dem sie stattfinden soll. (3) Die Aufsichtsbehörde darf die Zwangsvollstreckung nicht zulassen, wenn dadurch die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben des Schuldners gefährdet würde, bei einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband auch dann nicht, wenn der geordnete Gang der Verwaltung oder die Versorgung der Bevölkerung gefährdet würde. Ein Konkursverfahren findet nicht statt. (4) Die besonderen Vorschriften der Absätze 2 und 3 gelten nicht für das Zwangsverfahren gegen Kreditanstalten und Versicherungsanstalten des öffentlichen Rechts. Hinsichtlich des Zwangsverfahrens gegen Gemeinde und Gemeindeverbände bleiben die §§ 67, 68 und 97 der Kommunalverfassung vom 17. 5. 1990 (...) unberührt. (5) Wegen eines Zwangsverfahrens gegen das Land trifft im Einzelfall der zuständige Fachminister auf Antrag der Vollstreckungsbehörde die näheren Bestimmungen, es sei denn, dass es sich um die Verfolgung dinglicher Rechte handelt.

§ 5 Abs. 2 BlnVwVfG iVm § 17 VwVG § 36 VwVG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts sind Zwangsmittel unzulässig, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

Bremen

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Hamburg

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Brandenburg

280 Hessen

MecklenburgVorpommern

Niedersachsen

Anhang § 26 HessVwVG: (1) Vollstreckungsmaßnahmen gegen die unter Landesaufsicht stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind statthaft, soweit diese hierdurch nicht an der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gehindert werden. Die Vollstreckungsmaßnahmen bedürfen einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde, es sei denn, dass dingliche Rechte verfolgt werden. In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Vollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden soll, zu bestimmen. Ein Insolvenzverfahren ist unzulässig. (2) Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen öffentlich-rechtlicher Bank- und Kreditinstitute sowie von Versicherungsunternehmen ist zulässig; die Beschränkungen des Abs. 1 Satz 1 bis 3 gelten nicht. § 111 Abs. 1 S. 1 VwVfG M-V iVm § 5 Abs. 1 VwVG iVm § 255 AO 1977

§ 73 HessVwVG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts kann nur vollstreckt werden, soweit dies auf Grund von Rechtsvorschriften ausdrücklich zugelassen ist.

§ 110 VwVfG M-V iVm § 85 SOG M-V:Gegen Träger der öffentlichen Verwaltung ist der Vollzug nur zulässig, soweit er durch Rechtsvorschrift ausdrücklich zugelassen ist. § 21 NVwVG: (1) Die Vollstreckung gegen juristische Per- Beachte aber (§ 70 Abs. 1 sonen des öffentlichen Rechts ist zulässig, NVwVG iVm) § 64 Abs. 2 soweit diese dadurch nicht an der Erfül- S. 3 Nds. SOG. lung ihrer öffentlichen Aufgaben gehindert werden. Die Vollstreckungsmaßnahmen bedürfen einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde, es sei denn, es handele sich um die Verfolgung dinglicher Rechte. In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Vollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden dar, zu bestimmen. Die Vollstreckung ist unzulässig in Sachen, deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. (2) Für öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen, und für öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute einschließlich der Sparkassen gelten die Beschränkungen des Absatzes 1 nicht.

Anhang NordrheinWestfalen

RheinlandPfalz

§ 78 VwVG: (1) Das Zwangsverfahren wegen einer Geldforderung wird auch gegen Gemeinden, Gemeindeverbände sowie Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die der Landesaufsicht unterstehen, nach diesem Gesetz, jedoch nach Maßgabe der folgenden Vorschriften durchgeführt. (2) Zur Einleitung der Zwangsvollstreckung bedarf es – soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden – einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde. Darin hat diese auf Antrag der Vollstreckungsbehörde die Vermögensgegenstände zu bestimmen, in die eine Zwangsvollstreckung zugelassen wird, und über den Zeitpunkt zu befinden, zu dem sie stattfinden soll. (3) Die Aufsichtsbehörde darf die Zwangsvollstreckung in Vermögensgegenstände des Schuldners nicht zulassen, wenn dadurch die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Aufgaben des Schuldners gefährdet würde, bei einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband auch dann nicht, wenn der geordnete Gang der Verwaltung oder die Versorgung der Bevölkerung gefährdet würde. Ein Insolvenzverfahren findet nicht statt. (4) Die besonderen Vorschriften der Absätze 2 und 3 gelten nicht für das Zwangsverfahren gegen Kreditanstalten und Versicherungsanstalten des öffentlichen Rechts. Hinsichtlich des Zwangsverfahrens gegen Gemeinden und Gemeindeverbände bleibt § 125 der Gemeindeordnung unberührt. (5) Wegen eines Zwangsverfahrens gegen das Land trifft im Einzelfall das zuständige Fachministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium auf Antrag der Vollstreckungsbehörde die näheren Bestimmungen, es sei denn, dass es sich um die Verfolgung dinglicher Rechte handelt. § 7 LVwVG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechtes kann nur vollstreckt werden, soweit dies durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes besonders zugelassen ist.

281 § 76 VwVG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts sind Zwangsmittel unzulässig, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

§ 7 LVwVG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechtes kann nur vollstreckt werden, soweit dies durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes besonders zugelassen ist.

282 Saarland

Sachsen

SachsenAnhalt

Anhang § 37 SVwVG: (1) Vollstreckungsmaßnahmen gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts sind zulässig. Sie sind unzulässig in Sachen, die für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. Soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden, ist die Aufsichtsbehörde von den beabsichtigten Vollstreckungsmaßnahmen zu benachrichtigen mit der Aufforderung, die Vollstreckung innerhalb eines Monats abzuwenden. Ein Insolvenzverfahren findet nicht statt. (2) Für öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen und öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute der Sparkassen gelten die Beschränkungen des Absatzes 1 nicht. § 18 SächsVwVG: (1) Die Beitreibung bedarf der Zulassung durch 1. die Staatsregierung, wenn sie sich gegen eine oberste Landesbehörde richtet, 2. die zuständige oberste Landesbehörde, wenn sie sich gegen eine andere Behörde des Freistaates Sachsen richtet, 3. die Aufsichtsbehörde, wenn sie sich gegen eine der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehende Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts richtet; dies gilt nicht für öffentlichrechtliche Unternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen. (2) Die Zulassung hat zu erfolgen, soweit es sich nicht um Vermögensgegenstände handelt, die für die Erfüllung von Pflichtaufgaben des Schuldners unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht. (3) In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Beitreibung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden darf, zu bestimmen. § 21 VwVG LSA: (1) Die Vollstreckung gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts ist zulässig, soweit diese dadurch nicht an der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gehindert werden. Die Vollstreckungsmaßnahmen bedürfen einer Zulassungsverfügung der Aufsichtsbehörde, es sei denn, es handelt sich um die Verfolgung dinglicher Rechte. In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Vollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden darf, zu bestimmen. Die Vollstreckung ist unzulässig in Sachen, deren Veräußerung ein öffentliches Interesse entgegensteht. (2) Für öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen, und für öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute einschließlich der Sparkassen gelten die Beschränkungen des Absatzes 1 nicht.

§ 17 SVwVG: Verwaltungszwang gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts ist unzulässig, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist.

-

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Anhang SchleswigHolstein

Thüringen

§ 271 LVwG: (1) Gegen Gemeinden, Kreise und Ämter sowie gegen Körperschaften des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit und rechtsfähige Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts darf erst vollstreckt werden, nachdem die für die Vollstreckungsschuldnerin oder den Vollstreckungsschuldner zuständige Aufsichtsbehörde die Vollstreckung zugelassen hat. Dies gilt nicht, soweit dingliche Rechte verfolgt werden. (2) Auf Antrag der Vollstreckungsbehörde hat die Aufsichtsbehörde die Vermögensgegenstände zu bestimmen, in die eine Vollstreckung zugelassen wird. Sie hat auch über den Zeitpunkt zu befinden, zu dem die Vollstreckung stattfinden soll. Sie darf die Vollstreckung in Vermögensgegenstände der Vollstreckungsschuldnerin oder des Vollstreckungsschuldners nicht zulassen, wenn dadurch die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben der Vollstreckungsschuldnerin oder des Vollstreckungsschuldners, der geordnete Gang der Verwaltung oder die Versorgung der Bevölkerung gefährdet würde. (3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für das Vollstreckungsverfahren gegen Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen des öffentlichen Rechts. (4) Soll gegen das Land vollstreckt werden, so trifft die Entscheidung nach Abs. 2 das fachlich zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen und Energie. § 40 VwVZG: (1) Die Beitreibung gegen die unter Landesaufsicht stehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Behörden ist statthaft, soweit diese hierdurch nicht an der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gehindert werden. (2) Die Beitreibung bedarf, soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden, einer Zulassungsverfügung durch 1. die Landesregierung, wenn sie sich gegen eine oberste Landesbehörde richet, 2. die zuständige oberste Landesbehörde, wenn sie sich gegen eine andere Behörde des Landes richtet, 3. die obere Aufsichtsbehörde, wenn sie sich gegen eine der Aufsicht des Landes unterstehende Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts richtet.Die Absätze 1 und 2 Nr. 3 gelten nicht für öffentlich-rechtliche Versicherungsunternehmen, die am Wettbewerb teilnehmen, und für öffentlich-rechtliche Bank- und Kreditinstitute einschließlich der Sparkassen. (3) In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Beitreibung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden kann, zu bestimmen.

283 § 234 LVwG: Gegen Träger der öffentlichen Verwaltung ist der Vollzug nur zulässig, soweit er durch Rechtsvorschriften ausdrücklich zugelassen ist.

§ 44 Abs. 3 VwVZG: Gegen Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts ist Verwaltungszwang nur zulässig, soweit er durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes besonders zugelassen ist.

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Sachwortverzeichnis Anfechtungslast 71, 110 Anfechtungspflicht 110, 157, 166 Anhörung 71, 211 Begründung 71, 215 Bürger als Untertan der Verwaltung 32 Delegation 176 Erstattungsansprüche 77 Feststellender Verwaltungsakt 76, 91, 130 Feststellungsklage 268 Finanzmittelverteilung 150 – Eingriff 166 Fiskalische Tätigkeit des AdressatenHoheitsträgers 201 – Anforderungen an gesetzliche Ermächtigungsnorm 207 – Begriff 201 – Beispiele 202, 204 – Gesetzliche Ermächtigung für die Handlungsform Verwaltungsakt 206 Formelle Polizeipflicht von Hoheitsträgern 123, 132, 136 Gesetzliche Ermächtigung für die Handlungsform Verwaltungsakt 173, 179 – Entbehrlichkeit 200 Gesetzliche Ermächtigungsnorm – Allgemeine Körperschaftsaufsicht 189 – Auslegung 180 – Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt 185 – bei fiskalischer Tätigkeit 207 – Erstattungs- und Schadensersatzansprüche 183 – Festsetzung von Abgaben 194

– Handlungsermächtigung gegenüber Hoheitsträgern und Privatpersonen 192 – Handlungsermächtigung nur gegenüber Hoheitsträgern 179 – keine Befugnis zur Verwendung der Handlungsform Verwaltungsakt 183 – Kommunalaufsicht 188 – Kreisumlage/Zweckverbandsumlage 186 – Naturschutzrecht 197 – Zuwendungen 185 Gleichordnung 30, 33, 74, 78, 116 Gleichordnungstheorie 77, 116 –117, 119 Grundsatz der Sicherung stetiger Aufgabenerfüllung 151 Hoheitsträger 25, 101 – Grundrechtsberechtigung 101 Inhaltliche Bestimmtheit 221 Kehrseitentheorie 75 Kompetenzkonflikt 125, 127 Kompetenzverteilung 135 –136, 146 – Eingriff 152, 166 Konnexitätsprinzip 151 Leistungsbescheid 73, 77, 130 Leistungsklage 250, 267, 271 Mandat 176 Materielle Polizeipflicht von Hoheitsträgern 121, 133 Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts – besonders schwerwiegender Fehler 258 – offensichtlicher Fehler 263

302

Sachwortverzeichnis

Organkompetenz 147 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 232, 245, 269, 272 Rechtsbehelfsbelehrung 71, 222 Rechtsschutzbedürfnis 250 Rechtssicherheit 71, 144, 171, 173 – 174 Sachliche Zuständigkeit der Polizei- und Ordnungsbehörden 137 Schlichte Zahlungsaufforderung 267 Subordination 30 Subordinationstheorie 73 Subventionsvertrag 245 Über- und Unterordnung 73, 77, 81, 84, 86 – 87, 116 – Adressat wie Privatperson 86, 119 – aufgrund Gesetzes 81, 118 – aus der Natur der Sache 84, 118 – wegen fiskalischer Tätigkeit 87 Verbandskompetenz 146, 259 Verjährung 71, 167, 171, 256 – 257 Verwaltungsakt 26 – alternative Handlungsformen 244, 266 – auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts 35 – Auftragsangelegenheiten 50 – Auslegung 26 – Außenwirkung 36, 38 – begünstigender Verwaltungsakt 155 – belastender Verwaltungsakt 152 – Bestandskraft 71, 145, 157 – Ermessen 162 – fachaufsichtliche Weisung 50 – hoheitlich 30 – In-Sich-Verwaltungsakt 46 – Individualisierungs- und Klarstellungsfunktion 27, 37, 52, 65 – Interorganakte 41 – Intraorganakte 41 – Jahresfrist 163

– Maßnahme besonderer Autorität 145, 178 – Maßnahme gegenüber anderem Rechtsträger 38 – Mitwirkungshandlung 57, 60, 64 – Nichtigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts 258 – Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung 55 – rechtmäßiger Verwaltungsakt 153 –154 – Rechtsaufsicht 40 – Rechtsgrundfunktion 27 – rechtswidriger Verwaltungsakt 153 – Rechtswidrigkeit des unzulässigen Verwaltungsakts 254 – Rücknahme 159, 243 – selbständige Mitwirkungshandlung 63, 66 – Sonderaufsicht 55 – Theorie vom relativen Verwaltungsakt 49 – Titelfunktion 27, 37, 65, 226 – unselbständige Mitwirkungshandlung 60 – Unteilbarkeit der Rechtsnatur 49 – Unzulässigkeit 254 – verfahrensrechtliche Funktion 27, 37, 52 – Verletzung von Selbstverwaltungsrechten 53 – Vertrauensschutz 160 –162, 165 – Wegfall der Bereicherung 161 – Zulässigkeit 34, 69, 121, 143, 211, 254 Verwaltungsaktbefugnis 34, 70, 88 –89 Verwaltungsorganisationsrechtliches Vermögensrecht 150 Verwaltungszwang 129 Vorbehalt des Gesetzes 70, 91 –92, 94 –95, 100, 131 – Eingriffe in das kommunale Selbstverwaltungsrecht 105 – Eingriff(e) in Freiheit und Eigentum 70, 95 – grundrechtswesentliche Entscheidungen 96

Sachwortverzeichnis – institutionelle Gesetzesvorbehalte 97, 104 – organisatorische Gesetzesvorbehalte 97 – wesentliche Entscheidungen ohne Grundrechtsrelevanz 97 Vorrang des Gesetzes 127, 131, 143, 171, 173 – 174 Zuwendungen 185, 245, 269

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Zuwendungsbescheid 245, 269 Zwangsvollstreckung 131, 138, 226, 278 – aus Gerichtsurteilen 227 – aus Verwaltungsakten 235 – Leistungsbescheid 236 – Verpflichtung zu Tun, Dulden oder Unterlassen 240 Zweckbindung des Verwaltungsvermögens 151