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German Pages 365 [378] Year 2016
Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Herausgeber / Editor Jörg Frey (Zürich) Mitherausgeber / Associate Editors Markus Bockmuehl (Oxford) · James A. Kelhoffer (Uppsala) Hans-Josef Klauck (Chicago, IL) · Tobias Nicklas (Regensburg) J. Ross Wagner (Durham, NC)
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Vermittelte Gegenwart Konzeptionen der Gottespräsenz von der Zeit des Zweiten Tempels bis Anfang des 2. Jahrhunderts n. Chr.
Herausgegeben von
Andrea Taschl-Erber und Irmtraud Fischer
Mohr Siebeck
Andrea Taschl-Erber, geboren 1971; Studium der Kath. Theologie und Klassischen Philologie/Griechisch an der Universität Wien; 2006 Promotion (Dissertation zu Joh 20, 1–18); derzeit Universitätsassistentin am Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Graz. Irmtraud Fischer, geboren 1957; 1988 Promotion; 1993 Habilitation; 1997–2004 Professorin für Altes Testament und Theologische Frauenforschung an der Kath. Theol. Fakultät Bonn; seit 2004 Professorin für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Kath.-Theol. Fakultät Graz.
Gedruckt mit Unterstützung der Karl-Franzens-Universität Graz.
e-ISBN PDF 978-3-16-154725-6 ISBN 978-3-16-154617-4 ISSN 0512-1604 (Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio nalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb. de abrufbar. © 2016 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck papier gedruckt und von der Großbuchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.
Johannes Marböck, Prof. em. für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät Graz, zur Vollendung des 80. Lebensjahres
Vorwort Die vorliegende Publikation widmet sich einem theologischen Zentralthema, das dennoch bislang kaum so ausführlich über beide Teile der christlichen Bibel hinweg behandelt wurde. Sie basiert auf einem internationalen und interdisziplinären Symposion, das unter dem gleichen Titel vom 5. bis zum 7. März 2015 an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz zu Ehren des Emeritus des Instituts für Alttestamentliche Bibelwissenschaft, em. Univ.Prof. Dr. Johannes Marböck, zur Vollendung seines 80. Lebensjahres abgehalten wurde. Als ein Forscher, der seinen Schwerpunkt in der späten Weisheit, insbesondere im Buch Jesus Sirach, hat, gehört er zu jenen, die immer wieder die theologischen Linien nicht nur ins Neue Testament hin ausgezogen haben, sondern auch jüdische Schriften aus der Zeit des Zweiten Tempels berücksichtigt haben. Das Symposion fügte sich zudem bestens in das Habilitationsprojekt von Univ.-Ass. MMag. Dr. Andrea Taschl-Erber zur Imago Dei-Konzeption ein, welches ebenso im Horizont einer interdisziplinären Zusammenschau von Altem und Neuem Testament sowie antikem Judentum situiert ist. Die Durchführung des Symposions wurde durch großzügige finanzielle Unterstützungen seitens der Diözese Graz-Seckau, des Landes Steiermark sowie der Universität Graz, vor allem des Habilitationsforums „Diskurse und Episteme“ sowie des Forschungsschwerpunkts „Kultur- und Deutungsgeschichte Europas“, ermöglicht. Zudem danken wir der Stadt Graz sowie der Diözese Linz für ihre Kostenbeiträge. Für einen Druckkostenzuschuss sei dem Forschungsmanagement und -service der Universität Graz gedankt. Die Aufnahme des Bandes in die renommierte Reihe Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament verdanken wir dem Herausgeber Prof. Dr. Jörg Frey; den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verlags Mohr Siebeck sei für ihre freundliche Betreuung gedankt. Für die professionelle Erstellung des Layouts und der Register gilt unser Dank Patrick Marko. Gerald Baumgartner danken wir für die sorgfältige Arbeit an den Literaturangaben, Dagmar Giglleitner für ihre Hilfe beim Sachregister sowie Ass.-Prof. Dr. Johannes Schiller für die Unterstützung bei den hebräischen Schriftsätzen. Prof. em. Dr. Siegfried Kreuzer sei für die Erstellung einer deutschen Fassung des Beitrags von Daniel Boyarin gedankt. Graz, September 2016
Andrea Taschl-Erber – Irmtraud Fischer
Inhaltsverzeichnis Vorwort ...........................................................................................................VII Einleitung .......................................................................................................... 1 Beate Ego Der Engel Rafael und die Witwe Judit Aspekte vermittelter Gottespräsenz in den Apokryphen ................................. 11 Ludger Schwienhorst-Schönberger Metaphorisch vermittelte Gottespräsenz Aufgezeigt am Hohelied ................................................................................. 31 Nuria Calduch-Benages Ben Sira 24:22 – Decoding a Metaphor ......................................................... 57 Franz Sedlmeier „Ezechiel sah eine Vision und beschrieb die Gestalten am Thronwagen“ (Sir 49,8) Zur Rezeption der Thronwagenvision Ezechiels in spätalttestamentlicher und zwischentestamentarischer Zeit ........................ 73 Loren Stuckenbruck Henoch als Menschensohn in den Bilderreden von 1 Henoch und im breiteren traditionellen Kontext ....................................................... 105 Daniel Boyarin Henoch und Metatron, der „Fürst der göttlichen Gegenwart“: „Apokalypse“ und der „zweite Gott“ ........................................................... 125 Martin Ebner Abgebrochene Karriere Zur Funktion der jüdischen Weisheitsspekulation bei der Entwicklung der neutestamentlichen Christologien in den synoptischen Evangelien ................................................................... 151
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Inhaltsverzeichnis
Jörg Frey „Wer mich sieht, der sieht den Vater“: Jesus als Bild Gottes im Johannesevangelium .............................................. 179 Samuel Vollenweider „Einer ist der Mittler“ (1 Tim 2,5) Mittleraussagen der neutestamentlichen Briefliteratur in ihren frühjüdischen und hellenistischen Kontexten ................................. 209 Christoph Heil „Angeordnet durch Engel durch die Hand eines Mittlers“ (Gal 3,19) Das paulinische Konzept von der Vermittlung der Tora ................................ 229 Andrea Taschl-Erber „Erstgeborener der ganzen Schöpfung“: Der exklusive „Mittler“ im Brief an die Gemeinde in Kolossä .................... 245 Wolfgang Kraus Jesus als „Mittler“ im Hebräerbrief .............................................................. 293 Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes ................................................. 317 Stellenregister ................................................................................................ 319 Register der Autorinnen und Autoren............................................................. 353 Sachregister.................................................................................................... 359
Abkürzungen Die Abkürzungen der Quellenliteratur richten sich hauptsächlich nach dem Abkürzungsverzeichnis des LThK3, ansonsten erfolgen die Abkürzungen von Reihen, Zeitschriften und Lexika nach dem IATG3.
Einleitung Andrea Taschl-Erber – Irmtraud Fischer „Eine Gestalt habt ihr nicht gesehen, ihr habt nur eine Stimme gehört“ stellt das Deuteronomium fest (vgl. Dtn 4,12.15) und alle in der Hebräischen Bibel erzählten Gottesbegegnungen sind in Bezug auf das Sehen der Gottheit seltsam gebrochen: Jakob behauptet nach Gen 32,31 zwar, „Gott von Angesicht zu Angesicht geschaut“ zu haben, der Erzähler lässt die konfliktuöse Begegnung jedoch nachts stattfinden, noch bevor die Morgenröte aufsteigt und man einander erkennen kann (32,27). Auch Mose, von dem doch gesagt wird, dass er mit der Gottheit von Angesicht zu Angesicht redete (Ex 33,11), bekommt seinen Wunsch, Gottes Herrlichkeit sehen zu dürfen (Ex 33,18), nicht direkt erfüllt, sondern sieht „nur“ hinter ihm her: „Du kannst mein Angesicht nicht sehen, denn ein Mensch kann nicht mich sehen und am Leben bleiben.“ (Ex 33,20) Dieselbe Vorstellung findet sich auch im Neuen Testament: „Niemand hat Gott jemals gesehen“ (Joh 1,18). Eine unmittelbare Gottesschau ist in der biblischen Überlieferung verwehrt. Doch wie offenbart sich die Gottheit? Durch welche vermittelnden „Medien“ wird die Kommunikation zwischen Gott und Mensch möglich? Hier ist zunächst einmal festzuhalten, dass angesichts des Bilderverbots1 statt einer Repräsentanz im Kultbild wie in den umgebenden Kulturen andere Vermittlungsinstanzen akzentuiert werden und insbesondere das Wort von eminenter Bedeutung ist, das sich in vielfältigen Sprachbildern2, Gottesvorstellungen und Gottesbegegnungen artikulieren kann. Im biblischen und außerbiblischen Schrifttum finden sich unterschiedlichste Konzeptionen, die Gottespräsenz zu erschließen. Einigen geht der vorliegende Band nach, ohne enzyklopädisch-systematisch die Vermittlung göttlicher 1 Dazu Christoph Dohmen, Studien zu Bilderverbot und Bildtheologie des Alten Testaments (SBAB 51), Stuttgart 2012, dessen Vortrag auf dem Symposium leider krankheitsbedingt entfallen musste. 2 Zu metaphorisch vermittelter Gottesrede siehe den Beitrag von Ludger SchwienhorstSchönberger in diesem Band sowie Irmtraud Fischer, Las imágenes de Dios tras la adopción del monoteísmo: Ninguna imagen iconografíca, pero miles de imágenes verbales, in: Carmen Bernabé Ubieta (Hg.), Los rostros de Dios. Imágenes y experiencias de lo divino en la Biblia. III Congresso Bíblico Internacional de la ABE (Sevilla, 3–5 septiembre 2012) (Asociación Bíblica Española/Monografías 62), Estella 2013, 167–180.
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Gegenwart aufarbeiten zu können oder zu wollen. Der zeitliche Rahmen der erforschten biblischen und außerbiblischen Konzepte erstreckt sich dabei von der Zeit des Zweiten Tempels bis zur formativen Epoche neutestamentlicher Texte und im Falle der Henoch-Tradition auch noch darüber hinaus. Eine besondere Rolle kommt Mittlerfiguren zu, um die Distanz zum Göttlichen zu überwinden. Der – eher religionswissenschaftliche als biblische – Begriff des „Mittlers“ (im Neuen Testament technisch μεσίτης3) ist unscharf; es treten vielmehr unterschiedliche Konzepte und Aspekte zu Tage. Als Aufgabe lässt sich eine „Vermittlung“ zwischen Gott und Menschen definieren, wodurch eine Kommunikationsfunktion gegeben ist, die in zwei entgegengesetzte Richtungen läuft. Mittlerschaft bestimmt daher eine Position „in der Mitte“ zwischen zwei Polen4 sowie eine Funktion im Dienste beider (z. B. die Verkündigung eines Gotteswortes und die Fürbitte für das Volk durch eine prophetische Mittlerfigur).5 Insbesondere geht es etwa um die vergegenwärtigende Repräsentation Gottes oder um die Vermittlung von Gottes Offenbarung sowie Heils- und Gerichtshandeln. In der Hebräischen Bibel begegnen als menschliche Mittler beispielsweise prophetisch Begabte, Priester, Könige6 oder charismatische Führer- und Rettergestalten auch jenseits eines formellen Auftrags oder bestimmten Amtes (darunter Frauen wie Judit7). Einige Figuren werden in der Rezeption in der Literatur des Zweiten Tempels in den himmlisch-göttlichen Bereich „erhöht“, z. B. Patriarchen wie Abraham, Jakob oder Henoch. An bestimmte Figuren und Ämter knüpfen sich heilvolle Zukunftserwartungen. So richten sich die Hoffnungen etwa auf den davidischen Messias-König oder den endzeitlichen Hohepriester (siehe z. B. die Melchisedek-Tradition). Mose als Mittler par excellence8 fun Auf Mose bezogen in Gal 3,19.20 (siehe den Beitrag von Christoph Heil); auf Jesus angewandt in Hebr 8,6; 9,15; 12,24 (Wolfgang Kraus); 1 Tim 2,5 (Samuel Vollenweider). Zur Semantik des in der hellenistischen Rechtssprache beheimateten Begriffs (Schiedsrichter, Vermittler, Zeuge eines Rechtsakts und Vertragsgarant, Bürge etc.), der in der LXX nur in Ijob 9,33 auftaucht, siehe etwa Albrecht Oepke, Art. μεσίτης, μεσιτεύω, in: ThWNT 4 (1942) 602–629; Dieter Sänger, Art. μεσίτης, μεσιτεύω, in: EWNT 2 (1981) 1010–1012, sowie Wolfgang Kraus in diesem Band. 4 Vgl. etwa Plato, symp. 202e (in Bezug auf den Eros als δαίμων). 5 Vgl. z. B. Philo, somn. 1,143: „Wenn wir seiner angesichtig würden, brauchten wir wohl einen der Mittler (τινος τῶν μεσιτῶν) und würden sagen: ‚Sprich du für uns, und nicht soll Gott zu uns sprechen, damit wir nicht sterben‘ (Ex 20,19).“ 6 In Entsprechung zum sakralen Königtum altorientalischer Königsideologie (der König als „Sohn“ und „Bild“ Gottes). 7 Siehe den Beitrag von Beate Ego in diesem Band. 8 Siehe Lev 26,46 (LXX: … καὶ ὁ νόμος, ὃν ἔδωκεν κύριος ἀνὰ μέσον αὐτοῦ καὶ ἀνὰ μέσον τῶν υἱῶν Ισραηλ ἐν τῷ ὄρει Σινα ἐν χειρὶ Μωυσῆ); Sir 45,1–5; AssMos 1,14 (von Anfang der Welt als „Mittler“ des Bundes erwählt); 3,12 (jeweils arbiter/μεσίτης); Philo, Mos. 2,166 3
Einleitung
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giert als Typos aller weiteren Prophetie (Dtn 18,15–18).9 In der Rezeptionslinie des „Menschensohns“ von Dan 7 verbinden sich messianische Elemente mit der Tradition des jesajanischen „Gottesknechts“ zum Erwählten des äthiopischen Henochbuchs.10 Daneben erweisen sich Engel als klassische Gottesboten und -repräsentanten, die in früheren alttestamentlichen Texten als anonym bleibende Kommunikationsmittler zwischen Gott und Mensch auftreten, in den Spätschriften bereits Namen erhalten (in Dan Gabriel, Michael, in Tob Rafael) und so stärker als eigenständige Figuren gezeichnet werden.11 Eine ausgeprägte Angelologie – mit hierarchischer Machtpyramide – findet sich allerdings erst im außerkanonischen Schrifttum, das die Vorstellungen vom himmlischen Hofstaat spekulativ entfaltet,12 korrelierend mit einem insbesondere in hellenistischer Zeit großen Interesse an himmlischen Mittlerwesen. Dabei können die differenzierten Kompetenzen der Engel, die auch die Elemente und Gestirne kontrollieren, die Rolle von paganen Gottheiten übernehmen, wodurch die Kosmologie mit einem inklusiven Monotheismus kompatibel wird.13 Ob Messias, Menschensohn oder Engelfürsten: Figuren neben oder auf dem göttlichen Thron (z. B. Metatron14) partizipieren im religiösen Symbolsystem an der göttlichen Identität. Teilweise werden sie als Träger des göttlichen Namens vorgestellt (vgl. Ex 23,21). Seien es mythisch-transzendente oder irdische Gestalten, es handelt sich jeweils um personale oder personhaft gedachte Figuren. Zunehmend vermitteln auch „hypostasierte“ göttliche Attribute wie die präexistente Weisheit, Gottes Wort, der göttliche Name, JHWHs Kabod oder die Schekina die göttliche Präsenz. Eine besondere Rolle nimmt hier die personifi(μεσίτης καὶ διαλλακτής, „Mittler und Versöhner“); Gal 3,19f. Vgl. auch seine Inthronisation in der Exagoge Ezechiels des Tragikers. 9 Siehe dazu ausführlich Irmtraud Fischer, Gotteskünderinnen. Zu einer geschlechterfairen Deutung des Phänomens der Prophetie und der Prophetinnen in der Hebräischen Bibel, Stuttgart 2002, sowie dies., Das Prophetieverständnis von Dtn 18 als kanonische Deute kategorie, in: Ilse Müllner / Ludger Schwienhorst-Schönberger / Ruth Scoralick (Hg.), Gottes Name(n). Zum Gedenken an Erich Zenger (HBS 71), Freiburg i. Br. 2012, 151–168. 10 Siehe z. B. äthHen 48. Zur Identifikation Henochs mit dem „Menschensohn“ in den Bilderreden des äthHen siehe den Beitrag von Loren T. Stuckenbruck. 11 Zu Rafael im deuterokanonischen Tobitbuch siehe den Beitrag von Beate Ego. 12 Zur Rezeption der Thronwagenvision Ezechiels siehe den Beitrag von Franz Sedlmeier. 13 Im Unterschied dazu werden die Chaosmächte in Gen 1 durch den Schöpfer gebändigt, die astralen Mächte depotenziert und die Herrschaft über die Natur auf den Menschen übertragen. Vgl. Erhard S. Gerstenberger, Boten, Engel, Hypostasen: Die Kommunikation Gottes mit den Menschen, in: Markus Witte (Hg.), Gott und Mensch im Dialog (FS Otto Kaiser) 1 (BZAW 345/1), Berlin 2004, 139–154: 140. 14 Dazu Daniel Boyarin in diesem Band.
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zierte Weisheit ein, welche etwa die göttliche Schöpfungsordnung repräsentieren kann, in der sich Gottes Gegenwart vermittelt.15 Vor allem in der Spätzeit verbinden sich mit der theologischen Weisheit teilweise auch Vorstellungen von Gottes Geist (vgl. z. B. Weish 1,6; 7,7.22). Wie gerade das Beispiel der Weisheitsliteratur zeigt, stoßen in veränderten historischen Situationen traditionelle Entwürfe oft an ihre Grenzen, sodass in je neuen Kontexten eine Neuformulierung der herkömmlichen Modelle nötig ist, insbesondere auch im interkulturellen Dialog. Das Wort, das etwa in der Wortereignisformel gleichsam als selbständiges Subjekt auftritt, wird im Alten Testament als das Charakteristikum der Prophetie gesehen: Das Prophetiegesetz Dtn 18,14‒22 versteht Prophetie ausschließlich vom Wort her und nach Jer 18,18 mangelt es den prophetisch Begabten nicht am Wort. Durch die priesterschriftliche Schöpfungskonzeption in Gen 1 wird das göttliche Wort auch zur kreativen Macht. Die Mittlerschaft des Wortes verbindet damit Schöpfung und Offenbarung, wodurch ein Anstoß gegeben wird, dass sich die Wort-Theologie zunehmend zu einem zentralen Konzept entwickelt. In einer Synthese von Weisheit und Wort (vgl. Sir 24)16 wird die Tora als Konkretisierung heilsgeschichtlicher Offenbarung im Horizont der universalen Schöpfungsordnung (in dieser Spannung von Universalismus und Partikularismus) zum entscheidenden Kriterium jüdischer Identität, als stets neu auszulegendes „Erbteil“ bzw. Vermächtnis. Die spätnachexilischen Weisheitsund Logos-Spekulationen stellen schließlich die Matrix für jüdische und christliche Konzepte des 1. Jh. dar,17 welche im Dialog mit griechischer Philosophie (vor allem Mittelplatonismus und Stoa) formuliert werden. Insbesondere mit dem Logosbegriff werden in die alttestamentliche Wort-Theologie philosophische Ideen integriert (siehe Philo von Alexandrien)18. Unter Wahrung der Trans Für einen knappen Überblick über die Entwicklung der personifizierten Weisheit siehe z. B. Martin Leuenberger, Die personifizierte Weisheit vorweltlichen Ursprungs von Hi 28 bis Joh 1. Ein traditionsgeschichtlicher Strang zwischen den Testamenten, in: ZAW 120 (2008) 366–386; Gerlinde Baumann, Die Weisheitsgestalt. Kontexte, Bedeutungen, Theologie, in: Christl Maier / Nuria Calduch-Benages (Hg.), Schriften und spätere Weisheitsbücher (Die Bibel und die Frauen. Eine exegetisch-kulturgeschichtliche Enzyklopädie 1/3), Stuttgart 2013, 57–74. Siehe auch den Beitrag von Andrea Taschl-Erber in diesem Band. 16 Dazu siehe den Beitrag von Nuria Calduch-Benages. 17 Vgl. Daniel Boyarin, Abgrenzungen. Die Aufspaltung des Judäo-Christentums. Aus dem Amerikanischen von Gesine Palmer (ANTZ 10), Berlin 2009, 165: „Die Idee, daß der Logos oder die Sophia (die personifiziert gedachte Weisheit) der Ort von Gottes Gegenwart in der Welt ist – tatsächlich die Idee von Gottes Wort oder seiner Weisheit als Vermittlerfigur –, war in der Welt des jüdischen Denkens im ersten und zweiten Jahrhundert sehr weit verbreitet.“ 18 Sarah J. Pearce konnte der Einladung zum Symposium aufgrund dienstlicher Verhinderung leider nicht nachkommen und ihren angekündigten Vortrag „Mediating the Divine 15
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zendenz Gottes vermitteln Wort und Weisheit das göttliche Engagement in der Schöpfung.19 Dass diese im theologischen Diskurs zunehmend wie selbständige Personen agieren (ohne aber getrennt von Gott existierende „Hypostasen“ zu werden)20, zeigt beispielsweise der Anfang der Genesis im Targum Neophyti, wo die Memra mit (der) Weisheit Himmel und Erde erschafft. Vorstellungen von Gottes Kabod/Doxa und Schekina prägen die kultisch repräsentierte göttliche Gegenwart.21 Als Haftpunkte sind etwa die Jerusalemer Tempeltheologie mit ihrem eher statischen Konzept der Anwesenheit Gottes im Allerheiligsten zu erheben, aber auch die Entwürfe einer mit dem Volk mitgehenden, mobilen Gottespräsenz, wie sie in den Texten um das Offenbarungszelt sowie um den ezechielischen Thronwagen zu Tage treten. Apokalyptische22 Schriften und die an die Thronwagenvision Ezechiels23 anknüpfende MerkabaMystik bezeugen demgegenüber ein besonderes Interesse an der himmlischen Gottesschau und der Teilhabe am Kult der Engel im himmlischen Heiligtum (siehe z. B. die Sabbatlieder von Qumran). Im Neuen Testament werden viele Traditionslinien auf Jesus Christus als ikonischen24 Repräsentanten Gottes fokussiert und konzentriert,25 „durch den“ Schöpfung und Erlösung vermittelt werden – in einer Synthese von König, Prophet und Priester26, von Messias/Menschensohn- und Weisheit/LogosTraditionen,27 von Engel-, Adam- und Doxa-Christologie. Eine ähnlich vereinheitlichende Tendenz belegt bereits Philo, der etwa im Summarium von Prädikationen des „vielnamigen“ Logos in conf. 146 diesen als „Erstgezeugten“, Presence: Philonic Perspectives“ daher nicht halten. 19 Vgl. z. B. Philo, quaest. Ex. 2,13: der Logos als μεσίτης. 20 Hier liefert Larry W. Hurtado, Art. Mediator Figures, in: John J. Collins / Daniel C. Harlow (Hg.), The Eerdmans Dictionary of Early Judaism, Grand Rapids 2010, 926–929: 928, einen guten Hinweis: „The clearest indication of this is the complete absence of any evidence that any of these figures was ever the recipient of worship.“ 21 Zum Konzept der „Einwohnung“ Gottes siehe den von Bernd Janowski herausgegebenen Sammelband, dessen Vortrag ebenso krankheitsbedingt entfallen musste: ders. / Enno Edzard Popkes (Hg.), Das Geheimnis der Gegenwart Gottes. Zur Schechina-Vorstellung in Judentum und Christentum (WUNT 318), Tübingen 2014. 22 Zur Problematisierung des Begriffs „Apokalyptik“ siehe Daniel Boyarin in diesem Band. 23 Dazu Franz Sedlmeier in diesem Band. 24 Zu Jesus als „Bild Gottes“ im Johannesevangelium siehe den Beitrag von Jörg Frey; zu Kol 1,15 Andrea Taschl-Erber und Samuel Vollenweider. 25 Vgl. dazu Daniel Boyarin, The Jewish Gospels. The Story of the Jewish Christ, New York 2012, 72f.: „Jesus for his followers fulfilled the idea of the Christ […]. […] The job description […] was there already and Jesus fit (or did not according to other Jews) the bill.“ 26 Zur priesterlichen Rolle Jesu siehe bes. Hebr: dazu Wolfgang Kraus in diesem Band. 27 Zu weisheitschristologischen Entwürfen im NT siehe die Beiträge von Martin Ebner (in Dialektik mit der Königschristologie) und Andrea Taschl-Erber.
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„Erzengel“, „Anfang“, „Gottes Namen“, „Mensch nach dem Bild (Gottes)“ etc. tituliert. Ältere Traditionen aufnehmend, bezeugt später ebenso Justin eine gewisse Austauschbarkeit der Konzepte, der als „Anfang vor allen Geschöpfen“ eine göttliche Kraft („Dynamis“) benennt, die auch als „Doxa“, „Sohn“, „Weisheit“, „Engel“, „Gott“, „Kyrios“, „Logos“ bezeichnet werde (dial. 61,1). Die Verbindung einer göttlichen „Hypostase“ mit einem konkreten Menschen stellt jedoch ein Novum dar, wenngleich die Gleichsetzung einer himmlischen Figur mit einem erhöhten Menschen schon in der Henoch-Überlieferung begegnet. In Anknüpfung an die Hebräische Bibel, die deuterokanonischen Schriften und die pseudepigraphe Literatur des Zweiten Tempels werden in den christologischen Entwürfen kontinuierliche Rezeptionslinien, aber auch – gerade in der christozentrischen Zuspitzung – Brüche sichtbar. Sprachformen einer „hohen Christologie“ werfen zudem die Frage nach der Kompatibilität mit dem Monotheismus auf,28 insbesondere auch im Hinblick auf den jüdisch-christlichen Dialog und die Diskussion um „the parting of the ways“. Damit verbunden ist die Frage der Identität der sich neu konstituierenden Gruppe bzw. Bewegung im Rahmen einer jüdischen Matrix. Deswegen wird die Relevanz jüdischer Identitätsmerkmale wie Tora und Beschneidung im 1. Jh. heftig diskutiert (was sich auch in der Auslegungsgeschichte niederschlägt).29 Gegenüber einer solchen Christozentrik beleuchtet der vorliegende Band die Konzeptionen, wie Gottes Gegenwart erfahren, ausgedrückt und kommuniziert werden kann, in einer großen Breite, ohne diese freilich ganz auszuloten. Die Beiträge zeigen die Akzente und Impulse auf, die biblische und außerkanonische Schriften setzen, wenn sie in unterschiedlichen Epochen und Kontexten in Konfrontation mit zeitgenössischen theologischen und philosophischen Konzepten die Gottespräsenz neu interpretieren. Nicht jedem Vermittlungskonzept ist ein eigener Beitrag gewidmet. Alttestamentliche Vorstellungen spiegeln sich zudem auch im Horizont der neutestamentlichen Rezeption und Reflexion und kommen teilweise in den Artikeln zur Sprache, die Texten des Neuen Testaments gewidmet sind. Die Reihenfolge der Beiträge folgt dem katholischen Kanon, der sich an jenem der Septuaginta orientiert, mit einem Blick auf die Henoch-Literatur zwischen den Testamenten. Beate Ego legt dar, wie verschiedene Konzepte der vermittelten Gottespräsenz in apokryphen bzw. deuterokanonischen Schriften in narrativen Diskursen entfaltet und in Relation zum Tempel gestellt werden. In den exemplarisch untersuchten Büchern Tobit und Judit treten Mittlerfiguren auf, durch welche Gottes Gegenwart in der Welt wirksam wird: Während sich im Tobitbuch der
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Siehe dazu Samuel Vollenweider in diesem Band. Zur paulinischen Diskussion im Galaterbrief siehe den Beitrag von Christoph Heil.
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Engel Rafael als Projektionsfläche göttlicher Gegenwart erweist, wirkt Gott in der Juditerzählung „durch die Hand einer Frau“. Am Beispiel des Hohelieds zeigt Ludger Schwienhorst-Schönberger das „Konzept einer metaphorisch vermittelten Unmittelbarkeit“ auf: Nicht die klassischen Mittlerinstanzen wie König/Messias, Weisheit, Tora oder Tempel vermitteln hier die Gottespräsenz, sondern die im Hld besungene Liebesbeziehung zielt auf die unvermittelte „Einswerdung zwischen Gott und seinem Volk“ bzw. „zwischen Gott und Mensch“. Allerdings begegnet die Gottheit in metaphorischer Vermittlung (z. B. als König). Diese Metaphorik entfaltet der Autor nach einer Diskussion divergierender Auslegungstrends des Hld anhand von Textbeispielen aus dessen Ouvertüre, die in intertextueller Lektüre die Dynamik der Liebesgeschichte Gottes mit Israel (etwa Exil, Exodus, Rückkehr ins Land) beleuchten. Nuria Calduch-Benages behandelt in ihrem Jesus Sirach gewidmeten Beitrag den wenig bearbeiteten V. 22 innerhalb der Gesamtkomposition von Sir 24. Hier gehen die überblendeten Metaphern, mit denen sich die Weisheit in ihrer Rede selbst beschreibt (wobei die erotische Metaphorik an das Hld erinnert), zu einer decodierten Sprache über, die bereits die Verbindung der Weisheit zum Gesetz (siehe V. 23) anklingen lässt. In Sir 49,8 scheint der für die Rezeption der Thronwagenvision Ezechiels bedeutsame Begriff Merkaba auf (vgl. 1 Chr 28,18). Mit den Visionen in Ez 1–3; 10; 40–43, den Akzentsetzungen in der Septuaginta und den Targumim sowie der Rezeption inner- und außerhalb der Bibel (etwa in der Henoch-Tradition, in Qumrantexten und in der rabbinischen Literatur) befasst sich der Beitrag von Franz Sedlmeier. Die in der Vorstellung vom göttlichen Thronwagen implizierte Mobilität deutet auf eine Dissoziierung von Gottespräsenz und Tempel, gerade im Exil. Während Ezechiel den entweihten wie den künftigen Tempel sieht, schaut der entrückte Henoch bei seiner Himmelsreise im Wächterbuch das himmlische Heiligtum als „Andersort“ gegenüber dem Zweiten Tempel. In den Sabbatopferliedern wird der Lobpreis der sich zunehmend verselbständigenden Wesen des Thronwagens zu einem himmlischen Gottesdienst entfaltet, an dem die Qumrangemeinde partizipiert. Demgegenüber rückt in der rabbinischen Diskussion die Tora als Ort der Gottesgegenwart in den Vordergrund. Ebenso geht Loren T. Stuckenbruck auf 1 Hen (= äthHen) ein, der die Identifikation Henochs mit dem Menschensohn in den Bilderreden in den Blick nimmt. Als möglichen Anknüpfungspunkt präsentiert er dabei Henochs Rolle als „Schreiber“ in der frühen Henoch-Tradition, gerade auch im Kontext des göttlichen Gerichts, und in verwandter Literatur (z. B. Buch der Giganten, Jubiläenbuch, Genesis-Apokryphon). Zur Erläuterung der – mit heutigem Denken nicht kompatiblen – Identifikationsvorstellung greift er insbesondere auf
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das paulinische Konzept der Gleichgestaltung bzw. Identifikation mit Christus zurück. Auch Daniel Boyarin beschäftigt sich mit dem Henoch-Material, allerdings richtet er den Fokus auf die spätere Überlieferung und Rezeption, namentlich im Blick auf die Henoch-Metatron-Tradition. Zunächst problematisiert er den Begriff „Apokalyptik“, insbesondere im Sinne einer an den Rändern eines imaginierten „Mainstream“-Judentums verorteten Ideologie separatistischer Konventikel, um ausgehend von einer Neubewertung des Entstehungshintergrundes der darunter subsumierten Gattung von Texten (vor allem auch ihrer Verwurzelung in babylonischer Weisheit) Verbindungen der älteren Apokalypsen zur Hekalot-Literatur aufzuzeigen. Besonders spannend ist die Frage, ob eine kontinuierliche, wenngleich umstrittene, Überlieferung von Vorstellungen im Zentrum jüdischen religiösen Lebens vorliegt, in Bezug auf die Idee einer (in einen Menschen verwandelten oder aus einem Menschen hervorgehenden) zweiten göttlichen Figur. Denn mit dem in 3 Hen (Sefer Hahekalot) als „Fürst“ (oder „Prinz“) „des Angesichts“ bzw. „der göttlichen Gegenwart“ bezeichneten Erzengel Metatron ist die – auch im babylonischen Talmud30 reflektierte – Vorstellung von „zwei Mächten im Himmel“ verknüpft, da er (wie der Menschensohn) im Himmel thront. Am Anfang der neutestamentlichen Beiträge stehen die den Evangelien gewidmeten Artikel. Martin Ebner untersucht, welche Rolle die jüdische Weisheitsspekulation für die Christologien der synoptischen Evangelien spielt. Nach einem Einstieg mit Mt 11,28–30, wo die funktionale Gleichsetzung Jesu mit der Weisheit seine Überlegenheit gegenüber anderen Toralehrern begründet, wendet er sich den sogenannten Weisheitslogien der Spruchquelle Q (7,31–35; 11,49–51; 13,34f.; 10,21f.) zu, die Jesus als Repräsentanten oder Gesandten der Weisheit bis hin zur Weisheit Gottes in Person stilisieren und so gegenüber konkurrierenden Institutionen in Israel göttlich autorisieren (und damit auch die Q-Missionare). In der „Übernahme“ durch Mt und Lk zeichnet sich allerdings ein Paradigmenwechsel zur Königschristologie als alternativem Leitkonzept ab, ausgelöst durch den angezielten Adressatenkreis. Jörg Frey beleuchtet die im 4. Evangelium in nachösterlicher Perspektive entfaltete exklusive Offenbarerfunktion und Gottesrepräsentanz Jesu zunächst anhand narrativer und motivischer Beobachtungen zum Eingangskapitel, zu den erzählten „Zeichen“ und den Jesusreden sowie anhand einer Analyse christologischer Titel (Messias/Χριστός, Prophet, König, Gesandter, Menschensohn, Sohn, Gott-Prädikation). Daraufhin erörtert er die „Visualisierung“ und Ver30 In bḤagiga 15a hat Metatron „die Macht zu sitzen“ erhalten, um gute Taten aufzuschreiben (was wiederum an die von Loren T. Stuckenbruck skizzierte Schreiberfunktion Henochs erinnert).
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gegenwärtigung des unsichtbaren Gottes „in“ Jesus (siehe Joh 14,9–11 sowie andere Aussagen der reziproken Immanenz von Vater und Sohn) näher als durch die johanneische Darstellung des erhöhten Gekreuzigten „lektoral vermittelte Offenbarung“. Den Beiträgen zur neutestamentlichen Briefliteratur ist jener von Samuel Vollenweider vorangestellt, der nach einer hermeneutischen Hinführung zur Kategorie „Mittlerschaft“ überblickshaft einige bekenntnisartige Texte bespricht (1 Tim 2,4–7; 1 Kor 8,6; Eph 4,4–6; Hebr;31 Kol 1,15–20), welche die Einzigkeit Gottes mit der Exklusivität eines Mittlers korrelieren. Diesen „christologischen Monotheismus“ verortet er etwa in den hellenistischen Kontexten kultischer Henotheismen und philosophischer Diskurse der göttlichen Einheit. Insbesondere wendet er sich der für das religionsphilosophische Milieu der frühen Kaiserzeit repräsentativen pseudo-aristotelischen Schrift De mundo zu: Deren Konzept einer von Gottes transzendenter οὐσία differenzierten göttlichen „Kraft“, die den Kosmos durchdringt, konvergiert mit Denkformen jüdischer Weisheits- und Logostheologie, wie sie z. B. bei Philo zu Tage tritt, sowie christlicher Theologie. Christoph Heil erörtert die paulinische Sicht der Vermittlung der Offenbarung Gottes in der Tora anhand einer Untersuchung von Funktion und Herkunft des „Gesetzes“ im Galaterbrief. Nach einer knappen Darstellung des historischen und literarischen Briefkontextes bietet er eine detaillierte Analyse von Gal 3,19f. einschließlich motivgeschichtlicher Studien zur diesbezüglichen Mittlerschaft von Engeln und durch Mose. In dieser doppelt vermittelten Herkunft der Tora sieht er einerseits die zeitgenössische philosophische Auffassung eines nur indirekt in der Welt handelnden transzendenten Gottes rezipiert, die sich etwa in der Vorstellung der Beteiligung von Engeln bei der Gesetzgebung am Sinai niederschlägt, andererseits gerade im Gal die heilsgeschichtliche Bedeutung der Tora relativiert. Andrea Taschl-Erber zeigt die christologische Konzentration vermittelnder Konzepte im Christushymnus des Kolosserbriefs auf, dessen Doppelstruktur den „Sohn“ als – gegenüber konkurrierenden Instanzen exklusiven – Mittler von Schöpfung sowie Versöhnung präsentiert. Im Titel des „Erstgeborenen“ klingt bereits die Synthese von messianischer Soteriologie und Weisheits-/ Logosspekulation an. Die in Anknüpfung an die kosmologischen Prädikationen der Weisheitstradition (siehe insbesondere die intertextuellen Bezüge zu Spr 8; Sir 24; Weish und Philo) und unter Aufnahme von Topoi griechischer Philosophie entfaltete universale Schöpfungsmittlerschaft stellt – in identitätspolitischer Abgrenzung zur gegnerischen φιλοσοφία (Kol 2,8) – die Priorität des 31 Aufgrund des eigens dem Hebr gewidmeten Beitrags von Wolfgang Kraus nur in aller Kürze behandelt.
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„Sohnes“ gegenüber kosmisch-angelischen Mächten heraus, welcher „Anfang“ und Ziel einer neuen Schöpfung ist. An dem in ihm als „Bild des unsichtbaren Gottes“ einwohnenden göttlichen Pleroma erlangen die Glaubenden Anteil durch die Inkorporierung in seinen Leib, die kosmisch-universale ἐκκλησία. Wolfgang Kraus beleuchtet schießlich verschiedene Aspekte der Mittlerschaft Jesu im Hebräerbrief: In der Schriftargumentation des Eingangskapitels wird der „Sohn“ über einen „Mittler“ des Wortes und „Schöpfungsmittler“ (in Aufnahme jüdisch-hellenistischer Weisheitsspekulation) hinaus zum „Ort“, an dem Gott endgültig spricht, und zum Mitschöpfer, weshalb ihm als Träger des göttlichen Namens die Proskynese der Engel gebührt. Im Unterschied zur mittelplatonischen Metaphysik liege das Grundproblem des Hebr nicht im Hiat von Gott und Welt bzw. Mensch, sondern in jenem von Verheißung und (noch ausstehender) Vollendung des Heils. Gegenüber einer Infragestellung der Erhöhung Jesu fungiert der himmlische „Hohepriester“ als „Bürge“ (ἔγγυος, 7,22) und Garant der Erfüllung der Verheißung, indem er sie als μεσίτης (8,6; 9,15; 12,24) einer neuen διαθήκη in Kraft setzt. Insgesamt bietet dieser Band damit einen Einblick in die große Vielfalt von Konzepten, mit denen man ab der Epoche des Zweiten Tempels versuchte, die Vermittlung zwischen Gott und Mensch zu verdeutlichen.
Der Engel Rafael und die Witwe Judit Aspekte vermittelter Gottespräsenz in den Apokryphen Beate Ego 1 Einleitung Die Frage nach der Gegenwart Gottes, also nach der Vermittlung der Transzendenz in die Immanenz, gehört zu den zentralen Themen eines jeden religiösen Symbolsystems. Auf die spezifische Ausgestaltung dieses Motivs als der Vorstellung der Einwohnung Gottes im Rahmen der biblischen Tradition hat in jüngerer Zeit der von Bernd Janowski und Enno Edzard Popkes im Jahre 2014 herausgegebene Sammelband „Das Geheimnis der Gegenwart Gottes“ in eindrücklicher Art und Weise aufmerksam gemacht.1 Während die altorientalischen Sachparallelen, allen voran die spätägyptischen Tempelinschriften, immer wieder dem Gedanken der incorporatio Ausdruck geben – die Gottheit tritt in die Welt ein, indem sie sich temporär mit ihrem Kultbild „vereinigt“ –, sprechen die alttestamentlichen Schekina-Texte von einer inhabitatio, also von einer „Einwohnung“ Gottes im Tempel und/oder in seinem Volk.2
In diesem allgemeinen Rahmen ist es wiederum das Verdienst des Jubilars Johannes Marböck, den Blick auf die Überlieferung der Apokryphen bzw. Deuterokanonen gelenkt zu haben. Wie er in mehreren wichtigen Studien gezeigt hat, war es vor allem die Schrift des jüdischen Weisheitslehrers Jesus Sirach, die Entscheidendes zu dieser so theologisch-fundamentalen Thematik beigetragen hat. Denn in Sir 24 hören wir davon, wie die göttliche Weisheit auf dem Zion einwohnt, um sich dann in der Gestalt der Tora in die Welt hinein zu verbreiten. Interessant sind dabei die engen Bezüge der Bildwelt zur traditionellen Zionstheologie, insofern dass die Weisheit in Zion eingesetzt wird und sich in Jerusalem niederlässt (Sir 24,10f.). Die Metapher des Stromes, der in die Welt hinausgeht und der die Weisheit in der Gestalt der Tora, vermittelt durch einen Bernd Janowski / Enno Edzard Popkes (Hg.), Das Geheimnis der Gegenwart Gottes. Zur Schechina-Vorstellung in Judentum und Christentum (WUNT 318), Tübingen 2014. 2 Bernd Janowski, Die Einwohnung Gottes in Israel. Eine religions- und theologiegeschichtliche Skizze zur biblischen Schekina-Theologie, in: ders./Popkes (Hg.), Geheimnis (Anm. 1) 3–40: 39. 1
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Weisheitslehrer, gleichsam allgegenwärtig macht (Sir 24,23–34), erinnert wiederum an das Motiv der Tempelquelle, das einen elementaren Bestandteil der Jerusalemer Kultkonzeption bildet.3 Ein Blick auf weitere Überlieferungen aus den Apokryphen bzw. den Deuterokanonen macht schnell deutlich, dass Jesus Sirach innerhalb der apokryphen Schriften des biblischen Kanons im Hinblick auf die Bedeutung des Themas der „vermittelten Gottesgegenwart“ keine Sonderrolle einnimmt. Neben dem Konzept der „Einwohnung“ gibt es hier vielmehr noch weitere Vorstellungen, die ganz generell dem Diskurs einer vermittelten Gottesgegenwart zuzuordnen sind. Wenn der Begriff auch nicht in der Eigensprachlichkeit der Texte erscheint, sondern das dahinterstehende Konzept aus verschiedenen Begriffen, Motiven und Bildern extrapoliert werden muss, so eröffnet sich hier doch ein extrem reiches und weites Feld, das bislang nur in Ansätzen aufgearbeitet wurde. So stellt im Zweiten Makkabäerbuch der Tempel als locus classicus der Gegenwart Gottes ein wichtiges Thema dar. Die Bildthematik – um den Überblick fortzuführen – wird in der Erzählung von „Bel und dem Drachen“ reflektiert, und gleich mehrere Werke widmen sich dem Motiv der vermittelten Gottesgegenwart am Beispiel der Herrschaftsideologie – so die Makkabäerbücher, aber auch – wenngleich nicht ganz so offensichtlich – die Juditerzählung und die Zusätze der Estererzählung. Schließlich wäre bei dieser umfassenden tour d’horizont auch auf angelologische Konzepte zu verweisen, wie sie insbesondere im Kontext der Tobiterzählung und im Zweiten Makkabäerbuch erscheinen. Damit bietet die Fragestellung nach der vermittelten Gottesgegenwart im Hinblick auf die Apokryphen bzw. Deuterokanonen geradezu Stoff für eine kleine Monographie. Innerhalb dieses breiten Spektrums und nach dieser knappen Einleitung (1) sollen in diesem Beitrag das Tobitbuch (2) und die Juditerzählung (3) fokussiert werden. Diese Überlieferungen sind insofern besonders interessant, da hier verschiedene Konzepte der vermittelten Gottesgegenwart in einem narrativen Diskurs entfaltet und zudem dezidiert in Relation zum Tempel gestellt werden.4 Vgl. u. a. Johannes Marböck, Gottes Weisheit unter uns. Sir 24 als Beitrag zur biblischen Theologie, in: ders., Gottes Weisheit unter uns. Zur Theologie des Buches Sirach, hg. v. Irmtraud Fischer (HBS 6), Freiburg i. Br. 1995, 73–87; ders., Weisheit im Wandel. Untersuchungen zur Weisheitstheologie bei Ben Sira (BBB 37), Bonn 1971, 34–96; ders., Die Einwohnung der Weisheit und das Hauptgebot. Schöpferischer Umgang mit Traditionen im Sirachbuch, in: BN 154 (2012) 69–81. Siehe hierzu auch Beate Ego, Der Strom der Tora. Zur Rezeption eines tempeltheologischen Motivs in frühjüdischer Zeit, in: dies. / Armin Lange / Peter Pilhofer (Hg.), Gemeinde ohne Tempel / Community without Temple. Zur Substituierung und Transformation des Jerusalemer Tempels und seines Kults im Alten Testament, antiken Judentum und frühen Christentum (WUNT 118), Tübingen 1999, 205–214. 4 Die Überlieferung in 2 Makk wird hier bewusst ausgespart, da zu diesem Thema derzeit eine Dissertation an meinem Lehrstuhl entsteht. 3
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Eine kurze Zusammenfassung und ein Ausblick werden den Beitrag abschließen (4).
2 Der Engel Rafael und Angelologie im Buch Tobit Die Handlung des Buches Tobit5, das wohl in der östlichen Diaspora entstand,6 ist bekannt: Die Geschichte beginnt mit dem Lebensrückblick des alten Tobit aus dem Stamme Naftali. Nachdem er in seiner Jugend treu am Tempelgottesdienst teilgenommen hat und regelmäßig gewallfahrtet ist, nach Jerusalem etwa, wird er zusammen mit seiner Frau Hanna und seinem Sohn Tobias in das assyrische Exil nach Ninive deportiert. Auch dort pflegt er einen vorbildlich frommen Lebenswandel, denn er hält sich von den Mahlzeiten der Heiden fern und übt Taten der Barmherzigkeit und Nächstenliebe – etwa die Bekleidung seiner Brüder aus seinem Volk und deren Bestattung. Man würde erwarten, dass Tobit für seine guten Werke belohnt wird, aber das Gegenteil ist der Fall: Als er sich einmal nach der Bestattung eines seiner Brüder aus seinem Volk im Freien zum Schlafen niedergelegt hat, lässt ihm eine Schwalbe ihren Kot in die Augen 5 Das Buch Tobit weist eine komplexe Textgeschichte auf. Abgesehen von den Fragmenten aus Qumran liegt es im Wesentlichen in zwei griechischen Rezensionen vor, im sogenannten Langtext (G II; Ms. Sinaiticus) sowie im Kurztext (G I; Ms. Alexandrinus, Ms. Vaticanus). Da die Qumrantexte meist mit der Langform (G II) übereinstimmen, liegt es nahe – so ein gewisser Forschungskonsens – dieser Textform eine zeitliche Priorität in der Überlieferung einzuräumen. Die Kurzversion (G I) ist dann als eine sekundäre Fassung zu beschreiben, die ihre Vorlage paraphrasiert und gegebenenfalls auch glättet. Weitere wichtige Überlieferungen des Textes liegen in lateinischer Sprache vor (Vetus Latina und Vulgata). Zur Textgeschichte des Tobitbuches siehe ausführlich Michaela Hallermayer, Text und Überlieferung des Buches Tobit (DCLS 3), Berlin 2008; siehe auch Joseph Fitzmyer, Tobit, in: Magen Broshi u. a. (Hg.), Qumran Cave 4. 14. Parabiblical Texts, Part 2 (DJD 19), Oxford 1995, 1–76; Tafeln I–X: 3–17; Robert Hanhart, Text und Textgeschichte des Buches Tobit (AAWG.PH 139/ MSU 17), Göttingen 1984; Christian J. Wagner, Polyglotte Tobit-Synopse. Griechisch – Lateinisch – Syrisch – Hebräisch – Aramäisch. Mit einem Index zu den Tobit-Fragmenten vom Toten Meer (AAWG.PH 258/MSU 28), Göttingen 2003, XIII–XVI. Ein Meilenstein für die Erforschung des Tobitbuches war die Edition der Fragmente aus Qumran durch Joseph Fitzmyer (s. o.). Vgl. auch die Rekonstruktion des Textes von Klaus Beyer, Die aramäischen Texte vom Toten Meer samt den Inschriften aus Palästina, dem Testament Levis aus der Kairoer Genisa, der Fastenrolle und den alten talmudischen Zitaten. Ergänzungsband, Göttingen 1994, 134–147. Die Texte aus der griechischen Tobitüberlieferung werden hier nach meiner Übersetzung des Buches in Wolfgang Kraus / Martin Karrer (Hg.), Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung, Stuttgart 2009, 635–663, zitiert. 6 Zur Datierung des Werkes siehe u. a. Beate Ego, Das Buch Tobit, in: Gerbern S. Oegema (Hg.), Unterweisung in erzählender Form (JSHRZ 6/1/2), Gütersloh 2005, 115–150: 130f.; Joseph A. Fitzmyer, Tobit (CEJL), Berlin 2003, 50–54.
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fallen, woraufhin er erblindet. So wird er von seinen Nachbarn verspottet, und die Dinge spitzen sich zu, als seine Frau Hanna, die nun durch Heimarbeiten den Lebensunterhalt für die Familie verdienen muss, ihm Vorwürfe macht und ihm deutlich macht, dass all seine gerechten Taten letztlich umsonst sind. Daraufhin ist er so verzweifelt, dass er Gott in einem Bittgebet anfleht, ihn von dieser Schmach zu erlösen und sterben zu lassen (Tob 1,3–3,6). Erzähltechnisch synchronisiert hören wir auch vom Schicksal der Sara in Ekbatana: Schon sieben Männern wurde sie zur Frau gegeben, aber ein böser Dämon, der Sara liebt, hat sie alle in der jeweiligen Hochzeitsnacht getötet. Der Dämon Aschmodai kann als ein Incubus beschrieben werden: Da er selbst seinem Opfer in Liebe verbunden ist, versucht er mit seinem aggressiven Verhalten – einem eifersüchtigen Liebhaber gleich – alle potentiellen Konkurrenten unschädlich zu machen. Im Gesamtkontext der Tobiterzählung symbolisiert Aschmodai aber nicht nur ein lebensfeindliches Element an sich, sondern auch ganz konkret einen Feind des Volkes Israel. Durch seine Aktivität steht er dem Prinzip der Endogamie entgegen, das für die Tobiterzählung einen hohen Wert bildet und als einer der wichtigsten Inhalte der Tora des Mose betrachtet wird (Tob 7,11). Sara, auf der als der einzigen Tochter ihrer Eltern eine enorme Bürde liegt, ist nun dem Hohn und dem Spott ihrer Mägde ausgesetzt (Tob 3,7–15). Wie der alte Tobit wendet sich auch Sara in ihrer Not mit einem Gebet an Gott, und daraufhin erfolgt der entscheidende Wendepunkt der Erzählung: Das Gebet der beiden wird erhört, sodass Gott den Engel Rafael aussendet, die beiden zu heilen: Tobith, indem er die weißen Flecken von seinen Augen löste, damit er das Licht Gottes sähe, und Sarra, (die Tochter des) Raguel, indem er sie Tobias, dem Sohn des Tobith, zur Frau gäbe und den bösen Dämon Asmodaios von ihr löste (Tob 3,16f. G II).
Tatsächlich gelingt es dann im Laufe der Handlung, die Probleme der Protagonisten zu bewältigen: Rafael leitet Tobias an, aus der Leber, dem Herzen und der Galle eines Fisches eine Räucheressenz zur Vertreibung des Dämons und eine Augensalbe zur Heilung seines blinden Vaters herzustellen und diese auch im Verlauf der weiteren Handlung zum Einsatz zu bringen. Bei der Verabschiedung des Engels gibt dieser dann seine Identität preis (Tob 12,6–15.17–20) und offenbart, dass er „einer der sieben Engel [ist], welche bereitstehen, um vor die Herrlichkeit des Herrn hinzutreten“ (Tob 12,15 G II).7 Die Erzählung endet mit 7 Einen etwas anderen Akzent setzt Tob 12,15 G I, wo es wörtlich heißt: „Ich bin Raphael, einer der sieben heiligen Engel, die die Gebete der Heiligen hinauftragen und vor die Herrlichkeit des Heiligen hintreten.“ In dieser Passage wird das Konzept des himmlischen Rats bzw. des himmlischen Hofstaats aufgenommen. Im Unterschied zur früheren biblischen Überlieferung erscheint aber hier der zunächst eher untypische Terminus ἄγγελος, der das hebräische $alm wiedergibt. Dieser Begriff steht in der biblischen Überlieferung zunächst für den Mal’akh Adonay und wird erst in relativ späten Texten – so Ps 103 oder Ps 150 – mit
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dem Preislied Tobits auf das erfahrene Rettungsgeschehen (Tob 13,1–18) und seiner Abschiedsrede, die einen Ausblick auf die Erlösung des Volkes beinhaltet (Tob 14,4–11), sowie mit einer Notiz über seinen Tod und den seiner Frau Hanna (Tob 14,11–15). Der Name der Engelgestalt, die für den gesamten Hauptteil der Handlung eine zentrale Bedeutung innehat, ist Programm, denn Rafael bedeutet nichts anderes als „Gott heilt“. Da Rafael im Folgenden bei der Heilung der beiden Protagonisten auch selbst eine entscheidende Rolle spielt, ist es durchaus legitim, das Konzept der vermittelten Gottespräsenz als Interpretationskategorie zur Deutung dieser Figur heranzuziehen: Mit und durch Rafael werden den Protagonisten die göttliche Hilfe und der göttliche Schutz zuteil, die sie für die Lösung ihrer komplexen Lebensprobleme benötigen. Man kann an vergleichbare Vorstellungen aus den älteren Überlieferungen der Hebräischen Bibel denken, wonach der Mal’akh Adonay ebenfalls als eine Figur in menschlicher Gestalt erscheint und die göttliche Rettung vermittelt – hier sei nur an die beiden Versionen der Erzählung von Hagar in der Wüste in Gen 16,1–14 bzw. Gen 21,8–20 oder an die Erzählung von der Bindung Isaaks in Gen 22,1–14 gedacht.8 Während aber der Mal’akh Adonay oft gar nicht deutlich von Gott zu trennen ist, da JHWH selbst in ihm spricht, wird Rafael als eine eigenständige Figur gekennzeichnet. Dies beginnt damit, dass er – im Gegensatz zum göttlichen Boten der früheren Überlieferung – einen Namen9 hat; aber auch andere Momente zeigen die Eigenständigkeit dieser Figur. So erscheint Rafael nicht nur punktuell, sondern er begleitet Tobias auf seiner langen Reise über mehrere Wochen und Monate (Tob 4,1–10,13), bis dann auch sein Abschied in einer eigenen Szene ausgeschmückt dargestellt wird (Tob 12,1–22). Rafaels Wirken für die beiden in Not geratenen Menschen ist nicht primär durch einzelne spektakuläre Rettungsaktionen bestimmt; vielmehr kommt Rafael Tobit und Sara vor allem dadurch zur Hilfe, dass er den jungen Tobias beständig während ihrer gemeinsamen Reise zum richtigen heilenden und helfenden Handeln anleitet. So befiehlt er, den Fisch zu fangen; er erklärt ihm die Herstellung der Räucheressenz und der Heilsalbe; er gibt ihm die Anweisung, wo er in Ekbatana übernachten soll und schließlich ordnet er auch an, dass er der Hofstaatvorstellung verknüpft. Während die ältere biblische Überlieferung keine Hierarchisierung dieser Hofstaatwesen zeigt, erscheint der Hofstaat hier in der Tobiterzählung als eine besonders herausgehobene Gruppe von Engeln. Zur biblischen Botenvorstellung siehe auch Gen 16,7–13; 21,17–20; 22,11–18; 31,11; Num 22,22–35; Ri 13,2–24; 2 Kön 1,3. Zum Ganzen siehe Michael Mach, Entwicklungsstadien des jüdischen Engelglaubens in vorrabbinischer Zeit (TSAJ 34), Tübingen 1993, 13–36.52–56, mit Hinweisen auf weitere Literatur. 8 Zur biblischen Botenvorstellung siehe die Ausführungen in Anm. 7. 9 Namentlich erscheinen Engel nur in wenigen späten Texten des Danielbuchs; vgl. Dan 8,15; 9,21 (Gabriel) und 12,1 (Michael).
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Sara zur Frau nehmen soll. Wie Bianca Schnupp gezeigt hat,10 erscheint der Engel Rafael, der in menschlicher Gestalt auftritt, somit als weiser Ratgeber. Nur einmal durchbricht er seine menschliche Rolle, wenn er im Hinblick auf Sara zu Tobias sagen kann, dass er weiß, dass diese ihm von Ewigkeit her zugeteilt ist (Tob 5,18). Dieser weisheitliche Aspekt der Gestalt Rafaels kommt auch bei seiner Abschiedsrede zum Ausdruck. Denn kurz vor seiner Selbstoffenbarung formuliert Rafael weisheitliche Sentenzen, die auch aus dem Buch der Sprüche oder dem Sirachbuch stammen könnten, als hier der Wert des integren Verhaltens, des Gebets und der Taten der Barmherzigkeit betont wird (Tob 12,7–10). Rafael vermittelt aber nicht nur Weisheit zur praktischen Lebensbewältigung, er fungiert auch als Schutzengel im klassischen Sinne11, indem er die Reise Tobias’ beschützt. Geradezu ironisch klingt es, wenn der greise Tobit seinem Sohn und dessen Begleiter folgende Segensworte auf den Weg gibt: Kind, bereite die Dinge für den Weg und geh fort mit deinem Bruder, und der Gott, der im Himmel ist, bewahre euch dort und bringe euch wohlbehalten zu mir zurück. Und sein Engel begleite euch mit (seinem) Schutz, Kind. (Tob 5,17 G II).
Mit dem entsprechenden literarischen Mittel der Ironie arbeitet der Erzähler auch in Tob 5,22, wenn der greise Tobit zu seiner Frau, die sich um ihr Kind sorgt, sagt, dass ein guter Engel es begleiten und seinen Weg gelingen lassen werde und es wohlbehalten zurückkehren werde (G II). An dieser Stelle ist ein älteres Motiv aus der alttestamentlichen Überlieferung aufgenommen, nämlich die Vorstellung vom Schutzengel als einem stillen Weg-Begleiter, dessen Gegenwart gerade dadurch offenkundig wird, dass dem Beschützten auf seinem Wege kein Unheil widerfährt und alle seine Unternehmungen erfolgreich sind. Darüber hinaus finden sich Spuren des Schutzengelmotivs, wonach die Gegenwart des Engels auch in unmittelbarer Not rettend wirkt. Zu verweisen wäre hier auf die Episode vom Durchqueren des Tigris. Nach der Darstellung von Tob 6,1–3 scheinen die Überquerung des Flusses und der Fischfang nicht ungefährlich gewesen zu sein: Der Fisch, aus dem das Räucherwerk und die Augensalbe gewonnen werden, attackiert Tobias zunächst und will ihn verschlingen. G II, die ältere Überlieferung, weiß sogar noch, dass der junge Mann aufschreit, und unterstreicht damit, dass sich Tobias in großer Gefahr befindet; in der jüngeren Version G I fehlt dieses Element. Die Tatsache, dass es Tobias 10 Bianca Schnupp, Schutzengel. Genealogie und Theologie einer religiösen Vorstellung vom Tobitbuch bis heute (NET 9), Tübingen 2004, 67–72. 11 Vgl. Ex 23,20f.23; Gen 24,7.40; Num 20,16; Ri 2,1–4; Mal 3,1 sowie Ps 91,11. Zum Ganzen siehe Beate Ego, Auf dem Weg mit dem Engel – Tradition und Transformation eines biblischen Motivs, in: Georg Steins / Franz Georg Untergaßmair (Hg.), Das Buch, ohne das man nichts versteht. Die kulturelle Kraft der Bibel (VBT 11), Münster 2005, 23–34 (mit weiterführenden Literaturhinweisen).
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gelingt, auf den Befehl des Engels hin den großen Fisch zu ergreifen, kann man wohl als Resultat der schützenden Gegenwart des Engels verstehen. Dies wird an dieser Stelle zwar nicht explizit entfaltet, legt sich aber im Kontext anderer frühjüdischer Engelstraditionen nahe. Hier ist auf die griechische Überlieferung der Erzählung von den drei Männern im Feuerofen in Dan 3,1–30 zu verweisen. Danach lässt der babylonische König Nebukadnezzar Daniel und seine Freunde gefesselt in einen Feuerofen werfen, da sie die Anbetung eines goldenen Standbildes verweigert haben. Als der König in den Feuerofen blickt, ist er erstaunt, dass dort nicht drei gefesselte Männer liegen, sondern vielmehr vier Männer frei umhergehen, ohne Schaden zu nehmen, wobei der vierte „wie ein Göttersohn“ (B.E.; !yhla rb) aussieht (Dan 3,25 [3,92 LXX]). Nachdem schließlich drei Männer den Ofen unversehrt verlassen haben, interpretiert Nebukadnezzar das Geschehen in einem staunenden Ausruf: Gepriesen sei der Herr, der Gott des Sedrach, Misach Abdenago, der seinen Engel aussandte und seine Knechte, die auf ihn hofften, rettete. Die Anordnung des Königs hatten sie nämlich verworfen und ihre Körper dem Untergang im Feuer ausgeliefert, um nicht einem anderen als ihrem Gott zu dienen und sich nicht (vor einem anderen) niederzuwerfen (Dan 3,95 LXX).
Auch hier wird nicht explizit über das konkrete Eingreifen des Engels berichtet, dennoch steht – wie der erklärende Ausspruch des Königs zeigt – das schützende und rettende Handeln eines Engels, das allein durch dessen Gegenwart gegeben ist, außer Zweifel. Dies macht nicht zuletzt die Semantik des Lexems byzyv deutlich. Dieses aramäische Lehnwort aus dem Akkadischen, das nur im Danielbuch erscheint, „bedeutet eine durch Gott bewirkte wunderhafte Rettung, wo Leben bedroht war“12. Das Konzept der vermittelten Gottesgegenwart, wie es durch diese verschiedenen Aspekte der helfenden Wirksamkeit des Engels zum Ausdruck kommt, wird nun in der Tobit-Erzählung selbst in unterschiedliche Diskurse eingebunden. Dabei erfolgt im Rahmen der Narration zum einen (1) eine Reflexion über die Rolle Rafaels und sein Verhältnis zu Gott und zum anderen (2) eine generelle Kontextualisierung mit dem Motiv des Tempels. 2.1 Die Rolle Rafaels Sowohl nach der Vertreibung des Dämons als auch nach der Heilung des blinden Tobit stimmen die Figuren der Erzählung einen Hymnus an, bei dem Gott selbst als der Akteur ihrer Rettung herausgestellt wird. So preist Raguël, der Vater Saras, Gott dafür, dass er Sara und Tobias seine Barmherzigkeit erwiesen hat (Tob 8,17 G I und G II); ebenso stimmt Tobit unmittelbar nach seiner Heilung einen Hymnus an (Tob 11,14 G I und G II). In diesem Kontext ist es inter12 Vgl. zum Ganzen Klaus Koch, Daniel. 1. Teilband: Dan 1–4 (BKAT 22/1), NeukirchenVluyn 2005, 304 (Zitat ebd.). Siehe hierzu auch Schnupp, Schutzengel (Anm. 10) 104–106.
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essant, dass die beiden griechischen Rezensionen einen auffälligen Unterschied aufweisen. Wenn wir uns zunächst der älteren Überlieferung in G II zuwenden, so erfolgt nach dem Lobpreis Gottes und dem seines Namens ein doppelter Lobpreis an die Engel: […] Gepriesen (ist) Gott und gepriesen (ist) sein großer Name, und gepriesen (sind) alle seine heiligen Engel. Es möge sein großer Name unter uns sein und gepriesen (seien) alle Engel in alle Ewigkeiten. Denn er hat mich gezüchtigt, und siehe, ich sehe Tobias, meinen Sohn. […] (Tob 11,14f.)
In der jüngeren Rezension dagegen ist der Aufruf zum Lob der Engel weitaus kürzer, da nur ein Lobaufruf bezüglich der Engel erscheint; zudem wird hier Gottes Handeln deutlicher in den Vordergrund gestellt, wenn Tobit am Ende sagt, dass Gott sich seiner erbarmt habe (Tob 11,15 G I). Wie bereits Loren Stuckenbruck in seiner Untersuchung zum Motiv der Engelverehrung im antiken Judentum und frühen Christentum gezeigt hat, lassen sich diese Unterschiede vor dem Hintergrund der Textgeschichte des Tobitbuches dahingehend erklären, dass sich in diesem Abschnitt die Reste der Vorstellung einer Verehrung von Engeln widerspiegeln, wie sie auch aus anderen Texten des antiken Judentums zu belegen ist. Während die ältere Lesart dieses Element noch deutlich zeigt, scheint der Redaktor der jüngeren Lesart hier korrigierend eingegriffen und es zurückgedrängt zu haben.13 Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist auch der Passus am Ende der Erzählung, in dem der Engel seine wahre Identität enthüllt (Tob 12,6–15.17– 20). Rafael formuliert verschiedene weisheitliche Sentenzen, welche die Bedeutung von Barmherzigkeitstaten zum Ausdruck bringen (Tob 12,7–10). Darüber hinaus macht der Engel in diesem Kontext aber auch deutlich, dass alles, was den Protagonisten der Handlung widerfahren ist, auf Gottes Wirken zurückgeht und dass ihm allein deshalb der Lobpreis gebührte (Tob 12,7.17–20). Rafael erscheint somit nicht nur als weisheitlicher Lehrer, sondern auch als Lehrer des rechten Gottesverhältnisses: Indem er sich offenbart, tritt er gleichzeitig hinter sich zurück. Die Quintessenz der Botschaft Rafaels lautet: Alles, was geschehen ist, ist nicht seinem Verdienst zuzuschreiben, sondern einzig und allein der Initiative Gottes. Rafael ist nichts anderes als ein Werkzeug, durch das Gott seine Heilung den Menschen zukommen lässt. Damit zeigt Rafael den Geretteten, wie sie das ihnen Widerfahrene zu deuten haben und in ihre Erfahrungswelt Vgl. die ausführliche Analyse dieses Textes in Loren T. Stuckenbruck, Angel Veneration and Christology. A Study in Early Judaism and in the Christology of the Apocalypse of John (WUNT 2/70), Tübingen 1995, 164–167; Belege für weitere Texte aus dem antiken Judentum ebd. 150–180. 13
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verstehend integrieren können. Gott selbst ist die unsichtbare Hand, die alles gewirkt hat; er ist es, der zu preisen ist. Wenn unmittelbar im Anschluss an die Rede Rafaels erzählt wird, dass die Protagonisten Gott für seine Werke und für die Erscheinung des Engels danken (Tob 12,22), so macht der Erzähler damit unmissverständlich deutlich, dass die Botschaft des Engels verstanden wurde.14 Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch auf den großen Hymnus am Ende der Erzählung in Tob 13 zu verweisen, in dem Gottes Handeln in den Kategorien des Züchtigens und des rettenden Erbarmens in geschichtlichen Dimensionen interpretiert wird. Hier verschränken sich Tobits persönliche Erinnerung und Erfahrung mit der Geschichte seines ganzen Volkes. Die Tatsache, dass der Engel Rafael an dieser Stelle nicht mehr genannt wird, kann literarkritisch erklärt werden, indem man das Gebet als sekundär ansieht. Synchron im Kontext des Buchganzen jedoch ist dieses Phänomen als Bestätigung dafür anzusehen, dass Tobit die Botschaft des Engels, allein Gott zu preisen, tatsächlich in die Praxis umsetzt. Da de facto aber der Engel an Tobit (und natürlich auch an Sara) gehandelt hat, wird an diesem Punkt in textpragmatischer Hinsicht ebenfalls das Moment einer vermittelten Gottesgegenwart eingespielt. 2.2 Das Motiv des Tempels Wichtig für unsere Zusammenhänge ist zudem die Tatsache, dass in Tobits Hymnus ein expliziter Bezug auf den Tempel erfolgt. So verweist diese Figur in Aufnahme der Heilsprophetie Deuterojesajas auf die Hoffnung des Wiederaufbaus Jerusalems und des Tempels. Gottes Gegenwart scheint an dieser Stelle wieder unmittelbar in den Blick zu kommen, wenn vom „Haus“ (sc. Gottes) die Rede ist und Tobit in etwas dunkler Formulierung sagen kann, dass er selig sein wird, wenn der Rest seines Samens ersteht, um Gottes Herrlichkeit zu sehen (Tob 13,16). Durch das Sehen der göttlichen Herrlichkeit im Tempel wird an dieser Stelle auf die Möglichkeit eines direkten Kontaktes mit dem Göttlichen, der am Ort des Heiligtums stattfinden kann, angespielt. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Bezug zu Jerusalem und zum Tempel auch am Anfang der Erzählung in Tobits Lebensrückblick ein tragendes Motiv darstellt, erscheint das Motiv der vermittelten Gottespräsenz über den Engel Rafael als eine Art „Interimslösung“, die für eine Situation der Tempellosigkeit ihre besondere Relevanz hat. Auch ohne funktionierenden Tempelkult darf sich Israel im Exil der Zuwendung seines Gottes sicher sein, und es Zu dieser Passage siehe Stuckenbruck, Angel Veneration (Anm. 13) 84. Für Rafaels Abschiedsrede siehe meine ausführliche Analyse in Beate Ego, The Figure of the Angel Raphael According to his Farewell Address in Tob 12:6–20, in: Friedrich V. Reiterer, Tobias Nicklas und Karin Schöpflin (Hg.), Angels. The Concept of Celestial Beings – Origins, Development and Reception (DCLY 2007), Berlin 2007, 239–253. 14
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wird – wie es insbesondere das Beispiel der Vertreibung des Dämons Aschmodai zeigt – mittels des Engels auch die zukünftige Existenz des Volkes gesichert.
3 Die Gestalt der Judit und die Auseinandersetzung mit der griechischen Herrschaftsideologie Während in der Tobiterzählung der Diskurs der vermittelten Gegenwart Gottes im Rahmen der Angelologie erfolgt, behandelt das Juditbuch15, das am Ende des 2. Jh. v. Chr. entstanden ist,16 diese Thematik im Kontext der Auseinandersetzung mit der griechischen Herrschaftsideologie, die ihrerseits den Anspruch des Herrschers auf göttliche Verehrung impliziert. In dieser Erzählung wird eine Gefährdung geschildert, die das jüdische Volk in seinen Grundfesten erschüttert. Denn es ist nicht nur die Stadt Betulia, die durch das assyrische Heer und den König Nebukadnezzar bedroht ist, sondern auch Jerusalem mit dem Tempel.17 Dank des Mutes und der List der schönen und klugen Judit, die zum Werkzeug der göttlichen Hilfe wird, gelingt es aber, diese elementare Bedrohung von Israel abzuwenden und den Feind zu besiegen. Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Figur der Judit als Projektionsfläche des Diskurses um die vermittelte Gottesgegenwart fungiert. Dabei wird die Thematik in drei großen Teilen entfaltet, nämlich zunächst (1) im Einleitungsteil, wo das Thema des Herrscherkultes angestoßen wird, dann (2) im Hauptteil der Erzählung, wo der Sieg über Holofernes und die Rettung des Volkes durch Judits Heldentat erfolgen, und schließlich (3) am Ende der Erzählung, wenn Judit für ihre Heldentat gepriesen wird und das Volk in einer großen Prozession zum Tempel nach Jerusalem zieht. Zum Text des Juditbuches siehe Robert Hanhart (Hg.), Iudith (Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum 8/4), Göttingen 1979; ders., Text und Textgeschichte des Buches Judith (AAWG.PH 109/MSU 14), Göttingen 1979. Die Texte aus dem Juditbuch werden hier nach der Übersetzung von Helmut Engel in Kraus/Karrer (Hg.), Septuaginta Deutsch (Anm. 5) 618–635, zitiert. 16 Für Einleitungsfragen siehe Barbara Schmitz / Helmut Engel, Judit (HThKAT 20), Freiburg i. Br. 2014, 50–63 (insbesondere zur Entstehungszeit ebd. 61–63); Helmut Engel, Das Buch Judit, in: Erich Zenger u. a., Einleitung in das Alte Testament, 8. Auflage hg. v. Christian Frevel (KStTh 1,1), Stuttgart 82012, 362–375 (insbesondere zur Entstehung ebd. 370f.); David A. deSilva, Introducing the Apocrypha. Message, Context, and Significance, Grand Rapids 2004, 85–102 (speziell zur Datierung in die Hasmonäerzeit ebd. 90–92). 17 Vgl. hier insbesondere Jdt 4,2f.11–15; 8,21; 9,8. Zur Bedeutung von Tempel und Tempelkult in der Juditerzählung siehe Barbara Schmitz, Gedeutete Geschichte. Die Funktion der Reden und Gebete im Buch Judit (HBS 40), Freiburg i. Br. 2004, 229–232; außerdem Ellen Juhl Christiansen, Judith: Defender of Israel – Preserver of the Temple, in: Géza G. Xeravits (Hg.), A Pious Seductress. Studies in the Book of Judith (DCLS 14), Berlin 2012, 70–84. 15
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3.1 Der Kampf um den Tempel Wie Barbara Schmitz und Helmut Engel in ihrem jüngst erschienenen Kommentar zur Juditerzählung deutlich gezeigt haben, ist das Thema dieser Erzählung nicht nur ein militärischer Konflikt, sondern vielmehr auch die Auseinandersetzung mit dem hellenistischen Herrscherkult, der den weltlichen Herrscher als göttliche Gestalt verehrte. Unverkennbar klingen diese Zusammenhänge an, wenn Nebukadnezzar sich selbst als „der große König, der Herr der ganzen Erde“ (ὁ βασιλεὺς ὁ μέγας, ὁ κύριος πάσης τῆς γῆς; Jdt 2,5) bezeichnet. Der Titel ὁ βασιλεὺς ὁ μέγας bzw. auf Hebräisch br $lm ist in der biblischen Tradition nicht nur Titel weltlicher Herrscher, sondern auch ein Titel Gottes.18 Ganz eindeutig werden Assoziationszusammenhänge dieser Art dann, wenn man sich vor Augen hält, dass die Bezeichnung ὁ κύριος πάσης τῆς γῆς in der biblischen Überlieferung ausschließlich Gott vorbehalten ist.19 So werden durch die Applizierung dieser biblischen Gottesepitheta auf Nebukadnezzar dessen Hybris und sein Selbstverständnis, Weltbeherrscher mit göttlichem Anspruch zu sein, aufs deutlichste greifbar. Wenn Nebukadnezzar nach Jdt 3,8 alle Haine abholzt und alle Götter des Landes vernichten möchte, „damit alle Völker ihn allein, den Nebukadnezzar, verehrten, und alle ihre Zungen und Stämme ihn als Gott anriefen“, tritt die Absicht des ganzen Feldzuges zu Tage, die darin besteht, dass dieser König als einziger Gott verehrt werden möchte.20 Bezeichnend in diesem Kontext sind schließlich auch die Worte in Jdt 6,2–4, wo Holofernes zu Achior sagt: (2) […] Und wer ist Gott außer Nebukadnezzar? Dieser wird seine Kraft aussenden und sie vom Angesicht der Erde vernichten, und ihr Gott wird sie nicht retten. (3) Vielmehr werden wir, seine (Nebukadnezzars) Knechte, sie schlagen wie einen einzigen Menschen, und sie werden der Kraft unserer Pferde nicht standhalten, (4) und wir werden sie mit ihnen überschwemmen, und ihre Berge werden mit ihrem Blut trunken gemacht und die Felder mit ihren Toten angefüllt werden, und nicht (einmal) die Spur ihrer Füße wird uns gegenüber Widerstand leisten, vielmehr werden sie völlig zugrunde gehen, sagt der König Nebukadnezzar, der Herr der ganzen Erde. Denn er hat es gesagt – die Reden seiner Worte werden nicht leer bleiben.
Wie Helmut Engel und Barbara Schmitz in ihrer umsichtigen Kommentierung des Juditbuches gezeigt haben, unterscheidet sich das hier vorgestellte Kon Vgl. u. a. Mal 1,14; Tob 13,15; Ps 46,3 LXX (= 47,3 MT); 47,3 LXX (= 48,3 MT). Vgl. Ex 8,18 LXX; Jos 3,11.13; 4,7 LXX; Mi 4,13; Sach 4,14; Ps 96,5.9 LXX (= 97,5.9 MT); außerdem Ps 46,3.8 LXX (= 47,3.8 MT). 20 Vgl. Jdt 3,8, wonach Nebukadnezzar das ganze Gebiet der Judäer zerstörte, ihre Haine abholzte (καὶ τὰ ἄλση αὐτῶν ἐξέκοψεν) und es ihm aufgegeben war, alle Götter des Landes zu vernichten. Durch den Begriff „Hain“ klingt die Zerstörung von Kulthainen an, da mit dem Terminus bei Homer und Herodot ein „heiliger Hain, der Gottheit geweiht“ gemeint ist; zum Ganzen siehe Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 128–131. 18 19
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zept des Herrscherkultes ganz grundsätzlich von anderen Konzepten dieser Art. Während nämlich der hellenistische Herrscherkult letztlich in einem polytheistischen Kontext steht und „neben den selbstverständlich fortgeführten Kulten anderer Götter seinen Ort hat, wird dieser in der Juditerzählung als unsinniger und abzulehnender Anspruch und als Gegenkonzept zum exklusiven jüdischen Monotheismus dargestellt.“21 Vor diesem breiten Hintergrund kommt dann auch der in der Juditerzählung immer wieder geäußerten Sorge um Jerusalem und den Tempel eine durchaus vielschichtige Bedeutung zu. Der Tempel ist nicht nur militärisches Ziel Nebukadnezzars, sondern auch ein ideelles, das mit dem Weltherrschaftsanspruch des babylonischen Königs in direkter Verbindung steht. Der Tempel in Jerusalem stellt den Inbegriff der göttlichen Gegenwart bei seinem Volk und in der Welt dar und kann so als Symbol und Zentrum der göttlichen Macht beschrieben werden. 3.2 Das Motiv der Hand Im Hinblick auf die Konzeptionalisierung der Vorstellung einer vermittelten Gottesgegenwart und dem damit verbundenen Diskurs kommt im Hauptteil der Erzählung den Reden im Juditbuch eine herausragende Bedeutung zu. Dabei ist es das Motiv der „Hand“, das geradezu als ein Leitbegriff fungiert.22 Nachdem die Ältesten der Stadt Betulia beschlossen haben, sich dem Feind kampflos zu ergeben, erscheint die schöne und kluge Witwe Judit. In einer weisheitlichen Lehrrede23, die den Ältesten Gottes Schöpfermacht und seine Rettungstaten aus der Vergangenheit vor Augen stellt, bewegt sie die Ältesten zum Umdenken (Jdt 8,11–27) und kündigt dann – ohne auf weitere Details einzugehen – an, dass sie mit ihrer Magd aus der belagerten Stadt hinausgehen und dass Gott inner-
21 Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 131. In diesem Kontext ist bemerkenswert, dass der Begriff ὁ κύριος wechselnd sowohl Gott als auch Nebukadnezzar bezeichnet (vgl. ebd. 139f.). 22 Vgl. hierzu die synoptische Zusammenstellung der Belege bei Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 296f.; zum Motiv der Hand als Leitmotiv siehe auch Paul W. Skehan, The Hand of Judith, in: CBQ 25 (1963) 94–110; Erich Zenger, Das Buch Judit (JSHRZ 1/6), Gütersloh 1981, 429–534: 433; Philip F. Esler, „By the Hand of a Woman“. Culture, Story and Theology in the Book of Judith, in: John J. Pilch (Hg.), Social Scientific Models for Interpreting the Bible. Essays by the Context Group in Honour of Bruce J. Malina (BiInS 53), Leiden 2001, 217–231. 23 Zu weisheitstheologischen Aspekten siehe Schmitz, Gedeutete Geschichte (Anm. 17) 474–478, wonach die Juditfigur als narrative Umsetzung des in Sir 38,24–39 geschilderten Ideals des Schriftgelehrten verstanden werden kann. Zu Judit als Weisheitslehrerin siehe auch Irmtraud Fischer, Gotteslehrerinnen. Weise Frauen und Frau Weisheit im Alten Testament, Stuttgart 2006, 93–96.
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halb von wenigen Tagen Israel durch ihre Hand heimsuchen werde (ἐπισκέψεται κύριος τὸν Ισραηλ ἐν χειρί μου; Jdt 8,33).24 In dem sich anschließenden großen Bittgebet in Jdt 9,2–14, in dem Judit Gott um seinen Beistand anruft, verweist sie auf die Geschichte der Dina. Gott selbst hat – so Judit in ihrem Gebet – ein Schwert zur Bestrafung der Andersstämmigen in die Hand Simeons gegeben (Jdt 9,2). Ein unmittelbarer Vergleich mit der biblischen Vorlage zeigt dabei deutlich, dass mit dem Verweis auf Gott als den Akteur, der hinter der Rachehandlung Simeons steht, Judits eigene Interpretation in die Erzählung eingetragen wird; die biblische Vorlage in Gen 34 kennt dieses Moment jedenfalls nicht.25 Zweimal greift Judit in ihrem Gebet um göttliche Hilfe auf das Motiv der „Hand“ zurück, wenn sie zum einen Gott darum bittet, seinen Zorn auf die Feinde zu schicken und in ihre, „der Witwe Hand“, die Kraft für ihren Plan zu geben (ἀπόστειλον τὴν ὀργήν σου εἰς κεφαλὰς αὐτῶν, δὸς ἐν χειρί μου τῆς χήρας ὃ διενοήθην κράτος; Jdt 9,9) bzw. den Hochmut der Feinde „durch die Hand einer Frau“ zu zerschmettern (θραῦσον αὐτῶν τὸ ἀνάστεμα ἐν χειρὶ θηλείας; Jdt 9,10). Eine weitere Referenz auf das Motiv der „Hand“ erfolgt bei Judits erster Begegnung mit Holofernes, wobei das Motiv hier geradezu ironische Züge erhält, wenn Judit dem Feldherrn verkündet, dass Gott durch ihre Hand ausführen wird, was er beschlossen hat (… ποιήσῃ κύριος ἐν χειρί μου ἃ ἐβουλεύσατο; Jdt 12,4). Vordergründig wird dem Feldherrn der Assyrer so suggeriert, dass Judit ihm für seinen Sieg über die Israeliten die göttliche Hilfe vermitteln wird; hintergründig klingt natürlich bereits hier Judits Heldentat und Holofernes’ Niederlage an.26 Weitere Referenzen auf das Motiv der „Hand“ erfolgen im Kontext der beiden Gebete, die Judit unmittelbar vor bzw. nach der Enthauptung des Holofernes spricht. Zunächst bittet sie Gott um seinen Beistand (13,4f.): (4) […] Herr, (du) Gott aller Macht, blicke in dieser Stunde auf die Werke meiner Hände (ἐπίβλεψον ἐν τῇ ὥρᾳ ταύτῃ ἐπὶ τὰ ἔργα τῶν χειρῶν μου) zur Erhöhung Jerusalems! (5) Denn
Ausführlich zur Rede Judits in Jdt 8,11–27 Schmitz, Gedeutete Geschichte (Anm. 17) 151–222. 25 Vgl. hierzu Gen 34,25: „Am dritten Tag aber, als sie im Wundfieber lagen, nahmen zwei Söhne Jakobs, Simeon und Levi, die Brüder Dinas, jeder ein Schwert und überfielen dreist die Stadt und erschlugen die Männer“; zum Ganzen siehe Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 274–278. 26 Vgl. in diesem Kontext auch Holofernes’ Äußerung in Jdt 10,11, wonach Gott gut gehandelt habe, weil er Judit gesandt hat. Zur Zweideutigkeit dieser Äußerung siehe Claudia Rakel, Judit – über Schönheit, Macht und Widerstand im Krieg. Eine feministisch-intertextuelle Lektüre (BZAW 334), Berlin 2003, 121. 24
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jetzt ist die Gelegenheit, dass du dich deines Erbes annimmst und ich mein Vorhaben vollbringe zur Zerschmetterung der Feinde, die sich gegen uns erhoben haben.27
Unmittelbar im Anschluss an die Tötung des assyrischen Feldherrn und nachdem es Judit gelungen ist, aus dem Lager zu flüchten, interpretiert sie das Geschehen im Rückblick als eine Tat Gottes, die durch ihre Hand bzw. „die Hand einer Frau“ erfolgte (Jdt 13,14f.): Lobt Gott, lobt (ihn)! Lobt Gott, der dem Haus Israel sein Erbarmen nicht entzogen hat, sondern unsere Feinde durch meine Hand in dieser Nacht zerschmettert hat (ἔθραυσε τοὺς ἐχθροὺς ἡμῶν διὰ χειρός μου). […] Siehe der Kopf des Holophernes, des Oberfeldherrn der Streitmacht Assurs, und siehe, das Mückennetz, unter dem er in seiner Betrunkenheit lag; und der Herr hat ihn erschlagen durch die Hand einer Frau (καὶ ἐπάταξεν αὐτὸν ὁ κύριος ἐν χειρὶ θηλείας).
Unüberhörbar ist hier die Verbindung der Interpretation der Handlung mit dem Lobpreis Gottes. So wird der Handlung als solcher, in der nach der Erzählerstimme unmissverständlich Judit agiert (Jdt 13,8), eine theologische Reflexion an die Seite gestellt, die deutlich macht, dass es letztlich Gott ist, der durch Judit handelt.28 3.3 Wem gebührt der Lobpreis? Im weiteren Verlauf der Erzählung wird der Diskurs um die durch das Handeln Judits vermittelte Gegenwart Gottes in einen noch größeren Zusammenhang gestellt. Nach dem Sieg über Holofernes und nachdem es gelungen ist, das Lager der Assyrer einzunehmen, preisen der Hohepriester Jojakim und die Ältestenschaft Judit für ihre Tat, und das Volk bestätigt dies mit „Amen“ (Jdt 15,8–10): (8) Und der Hohepriester Joakim und die Ältestenschaft der Israeliten, die in Jerusalem wohnten, kamen, um das Gute anzuschauen, das der Herr für Israel getan hatte (τοῦ θεάσασθαι τὰ ἀγαθά, ἃ ἐποίησεν κύριος τῷ Ισραηλ), und um Judith zu sehen und sie zu beglückwünschen. (9) Als sie aber bei ihr eintraten, lobten alle sie einmütig und sagten zu ihr: Du bist die Erhöhung Jerusalems, du bist der große Ruhm Israels, du bist der große Stolz unseres Volkes. (10) Du hast dies alles mit deiner Hand getan, du hast das Gute für Israel getan (ἐποίησας ταῦτα πάντα ἐν χειρί σου, ἐποίησας τὰ ἀγαθὰ μετὰ Ισραηλ), und Gott hatte Gefallen daran (καὶ εὐδόκησεν ἐπ᾽ αὐτοῖς ὁ θεός). Sei gesegnet beim Herrn, dem Allmächtigen, für ewige Zeit. 27 Zum Gebet Judits vgl. Schmitz, Gedeutete Geschichte (Anm. 17) 223–317; Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 267–304; siehe auch Markus H. McDowell, Prayers of Jewish Women. Studies of Patterns of Prayer in the Second Temple Period (WUNT 2/211), Tübingen 2006, 51f. 28 Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 297. Siehe hierzu Rakel, Judit (Anm. 26) 122, in Aufnahme eines Zitats von Erich Zenger, wonach Judit als „eine weibliche Epiphanie des Rettergottes“ charakterisiert werden kann; vgl. Erich Zenger, „Wir erkennen keinen anderen Gott an …“ (Jdt 8,20). Programm und Relevanz des Buches Judit, in: rhs 39 (1996) 23–36: 33.
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Auffälligerweise wird hier das Motiv der göttlichen Hilfe zwar durch die Erzählerstimme formuliert (Jdt 15,8), in den Figurenstimmen des Priesters und der Ältesten aber wird die Tat ganz allein der Hand Judits zugeschrieben; Gott selbst ist in der Rolle dessen, der diesem Handeln seine Wertschätzung und Zustimmung entgegenbringt (εὐδόκεω; Jdt 15,10). Bezeichnenderweise erscheint das Verb εὐδόκεω nur an dieser Stelle in der Juditerzählung. Die Erzählerstimme bzw. Judit selbst sprechen somit viel deutlicher von Gottes Wirken durch die Hand Judits, wenn unmittelbar vor den Worten des Priesters und der Ältesten davon die Rede ist, dass Gott gehandelt habe (Jdt 15,8). Vom Handeln Gottes jeweils durch die Hand Judits ist auch in Jdt 12,4 und 13,14f. die Rede; andere Passagen in der Juditerzählung wissen, dass Gott Israel durch die Hand der Judit heimsucht (ἐπισκέψεται κύριος τὸν Ισραηλ ἐν χειρί μου; Jdt 8,33) oder dass er ihr die Kraft gibt, ihren Plan durchzuführen (Jdt 9,9; s. o.). So scheint der Erzähler es in Jdt 15,8–10 offen zu lassen, ob der Priester und die Ältesten tatsächlich die göttliche Rettung hinter den Ereignissen sehen.29 Nach der dreißigtägigen Plünderung des Lagers kommen die Frauen Israels zusammen, um Judit mit einem Reigentanz zu ehren.30 Dieser Reigentanz wird von Judit angeführt, die Männer folgen, wobei sie Lobgesänge anstimmen (Jdt 15,12f.). Auch hier wird das Rettungsgeschehen mittels der Figurenstimmen Judits eigener Kraft zugeschrieben; von Gott als dem, der Judit die Kraft für ihr Handeln verliehen hat, ist zunächst nicht die Rede. Die Szene steht zudem in einem engen Bezug zum göttlichen Herrscheranspruch Nebukadnezzars: Wenn Judit einen Kranz von Ölzweigen auf dem Haupt trägt und die sie begleitenden Frauen Thyrsoszweige in den Händen halten, verrät diese Szene griechischen Einfluss und eine Auseinandersetzung mit dem Herrscherkult. So weist Barbara Schmitz darauf hin, dass der Olivenkranz an die Siegerehrung bei den Olympischen Spielen erinnert und Judit somit als „Siegerin von Olympia“ charakterisiert wird. Die Thyrsoszweige wiederum, welche die Frauen tragen, spielen beim Dionysoskult eine wichtige Rolle, da Frauen in diesem Kontext mit solchen Zweigen wie die Mänaden ihrem Gott entgegenziehen. Eine solche implizite Aktualisierung des Dionysoskultes ist wiederum im Kontext des Vgl. dagegen Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 391. Danach deuten der Hohepriester und die Gerousia „die Ereignisse theologisch richtig […]: Der Herr ist kein deus ex machina, der von außen in die geschichtlichen Abläufe eingreift, er handelt durch die Hand von Menschen. Judit hat bei ihrer Tat das volle Risiko getragen und wusste sich dabei vor Gott verantwortlich, sie hat auf biblische Vorbilder geschaut, nach den Geboten Gottes gelebt und von ihm alle Kraft und Gelingen erbeten.“ 30 Im biblischen Kontext erinnert diese Szene an das Mirjamlied, wo ja auch der Reigentanz der Frauen den Sieg über die Feinde feiert; siehe Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 393; McDowell, Prayers (Anm. 27) 53–55. Vgl. Rakel, Judit (Anm. 26) 230–247, wo insbesondere der Bezug zu Jaël und zu Debora stark gemacht wird. 29
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hellenistischen Herrscherkultes zu verstehen, da sich gerade die Ptolemäer mit Dionysos identifizierten und sich seinen Namen als Beinamen zulegten. Insofern verweist die Anspielung auf Dionysos auf den hellenistischen Herrscherkult und korrigiert diesen: Es war zunächst eben kein griechischer Herrscher, der den Sieg in der Schlacht für sich beanspruchen kann, sondern vielmehr eine jüdische Frau.31 Diese Huldigungen an ihre Person nimmt die Protagonistin unserer Handlung im Folgenden auf, um sie auf eine andere Ebene zu transformieren. Denn jetzt stimmt Judit selbst ein Preislied auf den Gott Israels an (Jdt 15,14–16,17) und führt die jubelnde Menge zum Jerusalemer Tempel, um die Beute aus der Schlacht dem Gott Israels zukommen zu lassen (Jdt 16,18–20). Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist zunächst, dass Judit in ihrem Lobpreis explizit formulieren kann, dass Gott es war, der sie der Hand ihrer Verfolger entrissen (Jdt 16,2) und die Feinde durch die Hand einer Frau unwirksam gemacht habe (Jdt 16,5). Damit wird über die Figurenstimme der Judit und – so in Jdt 16,5 – am Motiv der „Hand“ deutlich gemacht, dass es ein Missverständnis wäre, die Figur der Judit zu sehr in das Zentrum der Verehrung zu stellen. Es war eben nicht Judit, die die Rettungstat gewirkt hat, sondern Gott selbst ist die eigentliche Ursache dieser Begebenheit. Intratextuell kann diese Aussage durchaus in Korrespondenz zu der Rede des Priesters und der Ältesten in Jdt 15,9f. bzw. zum Lobpreis der Frauen in 15,12 gesehen werden, sodass an dieser Stelle im narrativen Rahmen ein Diskurs über Gottes helfendes Wirken stattfindet. Gleichzeitig wird hier nun auch ein klares Pendant zum göttlichen Anspruch Nebukadnezzars formuliert. Sein Anspruch auf Göttlichkeit wurde durch die Hand einer Frau entlarvt; diese aber ist nichts anderes als das Werkzeug des Gottes Israels, mit Hilfe dessen er seinem Volk Schutz und Hilfe bietet. Für die Gesamterzählung ist es bedeutsam, dass nun am Ende das Motiv des Tempels so stark in den Vordergrund gestellt wird. Der Tempel ist nicht nur das äußerliche Ziel des Triumphzuges, sondern steht vielmehr in einem größeren symbolischen Zusammenhang: Da der Begriff „Thyrsos“ auch terminus technicus für den Feststrauß des Laubhüttenfestes ist, werden durch die Beschreibung der Frauen, die Judit mit den Thyrsoszweigen begleiten, Assoziationen
31 Siehe hierzu Schmitz, Gedeutete Geschichte (Anm. 17) 352: „Insofern weist die Nennung von Dionysos auf hellenistischen Herrscherkult und kehrt zugleich dessen Aussage um: Kein Mensch, auch nicht Judit, hat Israel gerettet, sondern allein Gott. Damit wird kontrastierend auf die Rede Nabuchodonosors in Jdt 2 Bezug genommen, in der diese Grenzüberschreitung zwischen Gott und Mensch inszeniert wird.“ Generell zum Herrscherkult siehe Hans-Joachim Gehrke, Der siegreiche König. Überlegungen zur Hellenistischen Monarchie, in: AkuG 64 (1982) 247–277.
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an dieses Fest geweckt.32 Diese sind aber nicht nur allgemeiner Art, sondern intertextuell auch ganz spezifisch auf die Tempelweihe durch Salomo bzw. die Wiedereinweihung des Tempels durch die Makkabäer zu beziehen. Beide fanden nach biblischer Überlieferung an einem Laubhüttenfest statt. Somit kommt Judits Zug zum Tempel in symbolischer Art und Weise einer Neueinweihung des Heiligtums gleich und korrespondiert im Kontext der Gesamterzählung mit der Bedrohung des Tempels, wie sie durch die Aggressivität Nebukadnezzars zum Ausdruck gebracht wurde. Gott ist der wahre Herrscher, und – das zeigt sich in dieser triumphalen Abschlussszene ganz deutlich – ihm gebührt es, dass er in seinem Tempel in Jerusalem durch die Darbringung von Opfer- und Weihegaben verehrt wird.33
4 Fazit Möchte man abschließend ein Fazit ziehen, so lässt sich Folgendes feststellen: (1) In den Apokryphen bzw. Deuterokanonen erscheinen unterschiedliche Motive, die dem Thema der vermittelten Gottespräsenz zugeordnet werden können. Da dieses Konzept aber nicht mit der Eigensprachlichkeit der Texte korrespondiert, müssen solche Vorstellungen expliziert werden. (2) Dabei sind es unterschiedliche Motive, deren sich die Erzähler bedienen: Im Tobitbuch wird der Engel „Rafael“ zur Projektionsfläche der göttlichen Gegenwart; in der Juditerzählung steht das Konzept des Wirkens Gottes durch die Hand Judits im Vordergrund. Für beide Fälle gilt, dass Gottes Gegenwart durch seine Hilfe in einer Notsituation erfahrbar wird. (3) Beide Überlieferungen zeigen auch, dass diese Texte nicht nur von Gottes vermittelter Gegenwart und Hilfe erzählen, sondern darüber hinaus – wiederum in einem narrativen Rahmen – auch einen Diskurs um die richtig vermittelte Gottespräsenz führen. Im Hinblick auf die Rolle des Engels in der Tobiterzählung ist hier insbesondere auf dessen Abschiedsrede in Tob 12,6– 20 zu verweisen, wo dieser die an ihn adressierten Huldigungen zu Gott hin weiterleitet. Im Juditbuch wird der Diskurs um die vermittelte Gottesgegenwart in einem etwas komplexeren Rahmen geboten. Auch hier werden die entschei Siehe z. B. 2 Makk 10,7 oder Ios., ant. 13,372; auf diesen Aspekt verweisen Schmitz/Engel, Judit (Anm. 16) 393f. 33 Auch in diesem abschließenden Zug spielt das weisheitliche Element wieder eine Rolle, da in Jdt 16,15f. die Überlegenheit der Gottesfurcht über die Opfer formuliert wird; dies mindert aber nicht die Bedeutung des Kultes. Zum Verhältnis von Opfer und Gottesfurcht siehe Schmitz, Gedeutete Geschichte (Anm. 17) 409–411. 32
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denden Hinweise am Ende der Erzählung gegeben, nämlich in Judits Wallfahrtslied, das diese bei ihrer Prozession zum Tempel anstimmt (Jdt 15,14– 16,17). In einem ersten Schritt wird Nebukadnezzars Anspruch auf Gottgleichheit dadurch definitiv entlarvt, dass Judit, die Siegerin, mit den Attributen des vergöttlichten Herrschers dargestellt wird; in einem zweiten Schritt wird dann aber deutlich gemacht, dass nur Gott allein die Verehrung und der Dank zukommen sollen. Sowohl die Tobit- als auch die Juditerzählung bringen somit, wenn auch auf unterschiedliche Art und Weise, dieselbe Botschaft zum Ausdruck: Nicht dem Engel bzw. Judit soll der Lobpreis der Geretteten zukommen, sondern allein dem Gott Israels. Ihm allein ist die Rettung zu verdanken, Rafael bzw. Judit sind Mittlerfiguren, durch welche die göttliche Gegenwart in der Welt wirksam wird. (4) Beide Erzählungen verbinden den Diskurs um die vermittelte Gottesgegenwart auf unterschiedliche Art und Weise mit dem Tempel. Durch die narrative Rahmung der Haupthandlung der Tobiterzählung, die mit einem Rückblick auf die Zeit im Land und Tobits Wallfahrten zum Tempel beginnt und mit dem eschatologischen Hymnus auf Jerusalem endet, wird die Zeit in der Diaspora, in der Gottes Schutz und Hilfe durch einen Engel vermittelt werden, als eine Zeit des Interims dargestellt. Auch im Juditbuch findet sich eine entsprechende Rahmung des Rettungsgeschehens, insofern als am Anfang der Geschichte das Motiv der elementaren Gefährdung des Tempels erscheint und der Triumphzug der Geretteten schließlich auch seinen Abschluss im Tempel findet. Gottes vermittelte Gegenwart – sei es durch den Engel, sei es durch Judit – steht somit letztlich in einem direkten Bezug zum Kontakt des Volkes zum Tempel und seinem Kult. Gottes bewahrendes Handeln im Exil – so die Basisaussage der Tobiterzählung – stellt die Grundlage für die Existenz des Volkes überhaupt dar und ermöglicht es letztendlich auch, die Zeit des Exils mit ihren Gefährdungen zu überstehen, um dann einst nach der Rückkehr in das Land wieder Gott im Tempel selbst anbeten zu können. In der Juditerzählung werden diese Zusammenhänge in einem engeren Zeitrahmen und durch das Element einer militärischen Bedrohung abgehandelt. Aber auch hier bildet die Errettung vor dem Feind, dessen erklärtes Ziel in der Zerstörung des Tempels besteht, die Bedingung der Möglichkeit, Gott auch weiterhin in seinem Tempel verehren zu dürfen. (5) Ein Ausblick auf andere Überlieferungen der Apokryphen bzw. Deuterokanonen zeigt, dass diese nicht nur Motive der vermittelten Gottespräsenz enthalten, sondern ebenso wie die Tobit- und die Juditerzählung einen Diskurs um diese Thematik bieten. Daniel entlarvt die Falschheit der Götterbilder und macht so deutlich, dass diese eben nur Menschenwerk und nicht Ort göttlicher Einwohnung sind. Mordechai und Ester können Haman, der
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für sich mit der Proskynese gleichsam göttliche Ehren beansprucht und der das jüdische Volk, das seinem Ansinnen widersteht, ausrotten möchte, letztlich mit Gottes Hilfe besiegen. Durch das ausführliche Gegenedikt (E 1–24 = Est 8,12a–x) wird mit Ahasverosh auch eine Herrscherfigur entworfen, die – um es einmal ganz allgemein auszudrücken – ein harmonisches und konstruktives Verhältnis gegenüber dem jüdischen Volk zeigt. Thema der Makkabäerbücher wiederum ist über weite Strecken die Thematik des Tempels – auf der einen Seite seine Entweihung durch die Hellenisten, die jeglichen Kontakt mit der Präsenz JHWHs unmöglich macht, und auf der anderen Seite die Rückeroberung des Heiligtums durch die Makkabäer sowie seine Einweihung, die symbolisch die Möglichkeit des Gotteskontakts auch wieder herstellt. Diese Zusammenhänge im Einzelnen und differenzierter darzustellen, wird die Aufgabe weiterer Studien sein.
Metaphorisch vermittelte Gottespräsenz Aufgezeigt am Hohelied Ludger Schwienhorst-Schönberger 1 Hinführung Im Folgenden soll auf eine sprachliche Figur aufmerksam gemacht werden, die als eine Figur der Vermittlung par excellence anzusehen ist, nämlich die Figur der Metapher. Welche der vielen Definitionen und Theorien der Metapher auch zugrunde gelegt wird, immer geht es um eine Vermittlung zwischen zwei Bereichen, sei es, dass man mit der aristotelischen Substitutionstheorie von einer Übertragung aus einem Bereich („Herkunftsbereich“) in einen anderen Bereich („Zielbereich“) rechnet, sei es, dass man mit der sogenannten Interaktionstheorie von einer wechselseitigen Wirkung zweier Bedeutungsfelder spricht. Schon das Wort μεταφέρειν bringt den Vorgang der Übertragung zum Ausdruck, im Lateinischen gewöhnlich mit translatio (transferre) wiedergegeben. Richtet sich beim Begriff der Metapher der Blick primär auf den dynamischen Vorgang der Übertragung, so ruht der Blick beim Begriff der Vermittlung primär auf der Mitte zwischen zwei Bereichen. Im griechischen Wort μεσίτης, „Mittler“, stecken τό μέσον, „die Mitte“, und μέσος, „(in)mitten, in der Mitte, zwischen“ (ebenso wie im lateinischen mediator, „Mittler“, medium, „Mitte“, und medius, „mitten, in der Mitte“). Der Begriff μεσίτης, „Mittler“, weckt die Vorstellung eines Mittelwesens oder einer neutralen Mittelsperson. Möglicherweise wurde er deshalb nur selten im Neuen Testament auf Jesus angewandt (1 Tim 2,5; Hebr 8,6; 9,15; 12,24; in Gal 3,19.20 bezogen auf Mose). Demgegenüber hat die Metapher den Vorteil, dass sie, um eine Verbindung zwischen zwei Bereichen herzustellen, kein Mittelwesen benötigt, also keinen Dritten im Bunde, sondern dass sie die eine Bedeutungsebene ganz auf eine andere Ebene herüberholen kann. Auf einen solchen Vorgang möchte ich im Folgenden aufmerksam machen. Ich möchte mich einer Gottesmetapher widmen, die für die Theologie- und Spiritualitätsgeschichte eine besondere Bedeutung erlangte. Diese Metapher erscheint nicht nur beiläufig an der einen oder anderen Stelle des Alten Testaments, sondern sie ist tief in der biblischen Tradition verankert und wird in
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einem Buch, nämlich dem Hohelied, programmatisch entfaltet. In diesem Buch wird das Verhältnis zwischen Gott und Israel als eine erotisch-existentielle Liebesbeziehung besungen. Darin kommt eine vor allem in späten prophetischen Texten angelegte Thematik zur Entfaltung, die auch im Neuen Testament ihre Spuren hinterlassen hat und die für das christliche (und jüdische) Verständnis von Gott und Mensch und ihrer Beziehung zueinander konstitutiv wurde.1 Damit steht die in diesem Beitrag entfaltete These in einer gewissen Spannung zum Titel und Thema des Buches. Wir finden in der Tat in den nachexilischen Texten der Hebräischen Bibel eine Reihe von Mittlerkonzepten wie das des Königs (Messias), der Weisheit, der Tora und des Tempels. Im Hohelied jedoch geht es um eine unvermittelte Beziehung zwischen den beiden Protagonisten. Die Interaktion der beiden Figuren zielt auf ihre Vereinigung. Wenn nun, wie im Folgenden gezeigt werden soll, der Mann des Hoheliedes für Gott und die Frau für das Volk Israel stehen, dann entwirft das Hohelied das Konzept einer unvermittelten Einswerdung zwischen Gott und seinem Volk. Weder Tora noch Tempel, weder Weisheit noch Messias treten zwischen die beiden Größen. Das Konzept wird im Rahmen einer hochgradigen und auf den ersten Blick nicht leicht zu entschlüsselnden Metaphorik entfaltet. Wird nun im Rahmen einer individualisierenden und zugleich generalisierenden Rezeption die Frau nicht nur als Repräsentantin der Kollektivgröße Israel, sondern als Repräsentantin einer jeden einzelnen Person in Israel und darüber hinaus eines jeden Menschen überhaupt gelesen, dann findet sich im Hohelied das theologischanthropologische Konzept einer Einswerdung zwischen Gott und Mensch ohne Medium. Dieses Konzept sollte für die Geschichte der Theologie und Philosophie von Bedeutung werden. Mit einem kurzen Ausblick auf die Philosophie Meister Eckharts soll am Ende des Beitrags darauf hingewiesen werden.
2 These Die beiden Hauptfiguren des Hoheliedes, der Geliebte und die Geliebte, stehen für Gott und Israel. Ihre Beziehung repräsentiert die Liebesbeziehung zwischen Gott und seinem Volk. Das Hohelied entfaltet in poetisch-programmatischer Form und Intention ein vor allem in der späten Prophetie belegtes Bildfeld. 1 Die Literatur zum Thema Metapher und Allegorie ist uferlos. Zu dem hier vorausgesetzten Verständnis im Hinblick auf das Hohelied sei verwiesen auf Ludger SchwienhorstSchönberger, The Song of Songs as Allegory. Methodological and Hermeneutical Considerations, in: Annette Schellenberg / Ludger Schwienhorst-Schönberger (Hg.), Interpreting the Song of Songs – Literal or Allegorical? (BToSt 26), Leuven 2016. Vgl. ferner Gerhard Sellin, Allegorie – Metapher – Mythos – Schrift. Beiträge zur religiösen Sprache im Neuen Testament und in seiner Umwelt, hg. v. Dieter Sänger (NTOA/StUNT 90), Göttingen 2011.
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Ein besonderes Merkmal der Ausgestaltung dieses Bildfeldes im Hohelied ist die Qualifikation dieser Beziehung als einer Liebe von „Angesicht zu Angesicht“. Die hierarchische, insbesondere patriarchale Struktur, wie wir sie sowohl aus den alttestamentlichen Zeugnissen über die Ehe als auch über die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk kennen, wird im Hohelied weitgehend unterlaufen. Der Geliebte bestraft seine Geliebte nicht, er überwältigt sie nicht, ohne ihre freie Zustimmung kann er nicht zu ihr kommen. Er wirbt um sie, aber sie entscheidet, ob und wann der verschlossene Garten sich öffnet. Theologisch greift das Hohelied damit auf die herrschaftsfreie Beziehung zwischen Mann und Frau zurück, wie sie in Gen 2, also vor dem Sündenfall, konzeptionell entworfen wird. Dieses Modell wird auf die Beziehung zwischen Gott und seinem Volk übertragen. Damit bildet das Hohelied einen Gegenentwurf zu jenen prophetischen Texten, die von der tiefen Störung dieser Beziehung sprechen, von Untreue und Gewalt (vgl. u. a. Ez 16; 23) – einen Gegenentwurf aber nicht in dem Sinne, dass jene Texte für obsolet erklärt werden, sondern einen Gegenentwurf in dem Sinne, dass sich jetzt der Blick auf das Ende dieser Störung und den Beginn einer neuen Phase der Liebe zwischen Gott und seiner geliebten Braut richtet. Die Geliebte sehnt sich nun nach ihrem königlichen Geliebten (Hld 1,2–4) und nicht mehr nach anderen Liebhabern, und der Geliebte möchte sich mit seiner Geliebten vereinen. In der tiefen wechselseitigen Zugehörigkeit findet ihre Liebe zu ihrem Ziel (Hld 2,16; 6,3). Im Hinblick auf das Thema „Vermittelte Gegenwart. Konzeptionen der Gottespräsenz von der Zeit des Zweiten Tempels bis Anfang des 2. Jh. n. Chr.“ ist das besondere theologische Profil des Hoheliedes darin zu sehen, dass Gott selbst und nicht eine von ihm zu unterscheidende Person oder Gestalt wie etwa der König oder die Weisheit oder das Wort Gottes zur vermittelnden Instanz wird. Allerdings erscheint die Gottheit nicht unter ihrem Namen und nicht unter ihrer Bezeichnung, sondern in metaphorischer Vermittlung als König, als Hirte, als Geliebter. Das Konzept einer metaphorisch vermittelten Unmittelbarkeit bot vor allem der christlichen Auslegungsgeschichte, die im Anschluss an Mk 2,19f. par.; Joh 3,29 Christus als den Bräutigam ansah, einen idealen Anknüpfungspunkt, die für die christliche Theologie prägende innere Verschränkung von Anthropologie und Theologie weiter zu entfalten. Es dürfte kein Zufall sein, dass vor allem das Johannesevangelium, das die Gottheit Jesu und die Einheit von Vater und Sohn wie keines der anderen Evangelien betont, das Hohelied in genau diesem Sinne verstand.2 2 Vgl. dazu die umsichtige Studie von Andrea Taschl-Erber, Der messianische Bräutigam. Zur Hohelied-Rezeption im Johannesevangelium, in: Ludger Schwienhorst-Schönberger (Hg.), Das Hohelied (ÖBS), im Erscheinen begriffen.
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3 Das Hohelied – eine Allegorie? 3.1 Stimmen der Forschung Allerdings ist das hier vorausgesetzte metaphorische bzw. allegorische Verständnis des Hoheliedes alles andere als selbstverständlich. Noch bis vor wenigen Jahren galt dessen sogenannte natürliche Deutung als eine gesicherte exegetische Erkenntnis. Nach Otto Kaiser widerstreitet die allegorische Interpretation dem klaren Wortlaut der Lieder. Sie war in der alten und mittelalterlichen Kirche, ihrem Schriftverständnis entsprechend, verständlich. Seit dem 18. Jahrhundert befindet sie sich zunehmend in der Defensive. Findet sie auch heute noch ihre Anhänger, so dürfte ihr gänzliches Verschwinden, sofern die Klarheit des historischen Bewußtseins nicht erlischt, nur noch eine Frage der Zeit sein.3
Nach Hans-Peter Müller hat sich die „natürliche Deutung“ der „Sammlung von Liebesliedern“ „nicht zuletzt dank des reformatorischen Schriftverständnisses […] so weit durchgesetzt, daß es ihrer Rechtfertigung nicht mehr bedarf.“4 Nach Oswald Loretz ist die allegorisch-typologische Auslegung des Hoheliedes „ein Tribut christlichen Denkens an die Zeitumstände vergangener Jahrhunderte“5. Othmar Keel spricht in seinem Kommentar von einer dem Hohelied „in der Allegorese totalitär verordnete[n] theologische[n] Persönlichkeitsveränderung“6 und sieht in der Allegorisierung „nichts als eine elegant gestaltete Verachtung des Textes“7. Diesen Konsens gibt es inzwischen nicht mehr. Nach Yair Zakovitch tragen [v]iele Lieder von Hld […] Rätsel- und Gleichnischarakter. Von daher rechnet der Leser mit vielschichtiger Bedeutung […]. […] Überhaupt ist die Allegorie der biblischen Literatur nicht fremd […]. […] Das völlige Fehlen jeglicher Gottesbezeichnung in Hld erleichtert paradoxerweise die Deutung des Textes auf die Beziehung zwischen Gott und Israel. Wenn nämlich neben dem männlichen Protagonisten (Bräutigam, Hirt, König) hier und da auch Gott genannt wäre, könnte die zentrale männliche Hauptfigur nicht ohne weiteres mit Gott identifiziert werden. Dies ist eher möglich, weil Gott überhaupt nicht vorkommt. […] Gott wird biblisch sowohl mit einem Hirten (z. B. Gen 48,15; Ps 23,1f.; 80,2) als auch mit einem König (z. B. Ps 93,1; 98,6) verglichen. Daher lassen sich die entsprechenden Erwähnungen des Mannes in Hld auf Gott beziehen. […] Was die allegorische Deutung des Hld vor allem fördert und stützt, ist die Tatsache, dass die Beziehung zwischen Gott und Israel in der Bibel mit denselben 3 Otto Kaiser, Einleitung in das Alte Testament. Eine Einführung in ihre Ergebnisse und Probleme, Gütersloh 51984, 361. 4 Hans-Peter Müller, Das Hohelied, in: Hans-Peter Müller / Otto Kaiser / James Alfred Loader, Das Hohelied. Klagelieder. Das Buch Ester (ATD 16/2), Göttingen 41992, 1–90: 8. 5 Oswald Loretz, Die theologische Bedeutung des Hohenliedes, in: BZ NF 10 (1966) 29–43: 42. 6 Othmar Keel, Das Hohelied (ZBK.AT 18), Zürich 1986, 21992, 41. 7 Keel, Hohelied (Anm. 6) 40.
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Worten und Bildern dargestellt wird, die in Hld die Beziehung zwischen dem Geliebten und seiner Freundin beschreiben.8
Zakovitch weist darauf hin, dass der biblische Kontext, in dem das Hohelied überliefert ist, reichlich Anhaltspunkte für ein allegorisches Verständnis biete.9 Er selbst legt den Text zwar weitgehend in einem „natürlichen“ Sinn aus, hält aber das allegorische Verständnis keineswegs für willkürlich oder an den Haaren herbeigezogen. Einen wesentlichen Schritt über Zakovitch hinaus geht Meik Gerhards. Ihm zufolge ist das Hohelied bereits in seiner ursprünglichen Bedeutung als Allegorie zu verstehen. Er weist auf die Verbreitung allegorischer Texte innerhalb des Alten Testamentes hin und zeigt, dass in diesen vor allem prophetischen Texten (u. a. Hos 1–3; 14,5–9; Jes 54,4–8; 61,10f.; 62,1–12; Ps 45) die Wiederherstellung Israels nach Exil und Fremdherrschaft in das Bild einer Hochzeit gefasst [wird], wobei es jeweils eindeutig um das Verhältnis zwischen Jahwe und Israel bzw. Jahwe und Jerusalem geht. Diese Texte aktualisieren also ein Bildfeld, das einen Spezialfall der altorientalischen göttlich-menschlichen Geschlechtsmetapher darstellt.10
Nach Gerhards „kann die Annahme, das Hohelied sei vom Autor als religiöse Allegorie verfasst worden, […] als die aus historisch-kritischer Sicht am besten begründete Hypothese zum Grundverständnis der Dichtung gelten.“11 Was im Laufe der Auslegungsgeschichte die allegorische Auslegung vor allem in Misskredit gebracht hat, war der häufig unternommene Versuch, jedem einzelnen Element des Textes einen allegorischen Sinn abzugewinnen. Das führte zu Deutungen, die aus dem kulturellen Umfeld, in dem das Hohelied entstanden ist, nicht mehr nachzuvollziehen sind. Diese – rezeptionsästhetisch verständliche, produktionsästhetisch aber nicht mehr verifizierbare – Überstrapazierung der allegorischen Deutung ändert jedoch nichts an der exegetisch gut begründeten These, so Gerhards, „das Hohelied als religiös-allegorische Dichtung der Seleukidenzeit [d. h. des 2. Jh. v. Chr.] zu verstehen“12. Auch aus religionsgeschichtlicher Sicht wird neuerdings die rein profane Deutung des Hoheliedes zunehmend in Frage gestellt. Es wird darauf hingewiesen, dass die Trennung von religiöser und erotisch-sexueller Sphäre, wie sie in modernen Gesellschaften verbreitet ist, nicht ohne weiteres für antike Kulturen vorausgesetzt werden darf. Martti Nissinen hält es für berechtigt, in diesem Yair Zakovitch, Das Hohelied (HThKAT), Freiburg i. Br. 2004, 94f. Zakovitch, Hohelied (Anm. 8) 97. 10 Meik Gerhards, Das Hohelied. Studien zu seiner literarischen Gestalt und theologischen Bedeutung (ABIG 35), Leipzig 2010, 503. 11 Gerhards, Hohelied (Anm. 10) 532. 12 Gerhards, Hohelied (Anm. 10) 538. 8 9
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Zusammenhang von einer „in der göttlich-menschlichen Geschlechtsmetapher verankerten Spiritualität zu reden.“13 Da der Alte Orient […] diese „göttlich-menschliche Geschlechtsmetapher“ kennt, haben „moderne westliche Gelehrte“ zu beachten, dass altorientalische Liebespoesie sowohl religiös als auch nichtreligiös verstanden werden kann.14
Weiter schreibt Nissinen: Offenbar wurde die Liebespoesie im Alten Orient in verschiedenen Situationen gesungen, was wohl auch zu verschiedenen Auslegungen geführt hat, je nach den Bedürfnissen der Aufführung. Auch das Hohelied wurde schon früh im religiösen Sinne interpretiert – so früh in der Tat, dass wir eigentlich keinen eindeutigen Beleg für Auslegungen anderer Art haben.15
Wir berühren damit im weiteren Sinn das Thema der Geschlechtermetaphorik in der Bibel. Ruben Zimmermann hat sich ausführlich mit der Thematik befasst. Allerdings spielt das Hohelied in seiner Arbeit lediglich eine untergeordnete Rolle, was damit zusammenhängt, dass er von dem damaligen (weitgehenden) Konsens ausging, dass das Hohelied nicht von der Liebe Gottes zu seinem Volk spricht, in diesem Sinne also keine Metapher ist.16 Die neueren – wieder stärker am Text orientierten – Kommentare haben jedoch inzwischen mit großer argumentativer Schlagkraft die natürliche Deutung des Cant verfochten. Demnach liegt hier eine Sammlung von weltlichen Liebesliedern vor, die auf der Ebene des Wortsinns keine Hinweise auf allegorische oder mythisch-kultische Intentionen geben.17
Zimmermann rechnet das allegorische Verständnis des Hoheliedes zu seiner Auslegungsgeschichte. Allerdings führt er dann doch eine Reihe von Beobachtungen an, die diese strenge Trennung und somit ein ursprünglich rein profanes Verständnis relativieren, was eigentlich dem Anliegen seiner Arbeit entgegenkommt, wozu er sich aber aufgrund des damaligen breiten Konsenses noch nicht durchringen konnte: Auch wenn somit auf der Ebene des unmittelbaren Textsinns eine allegorische Intention des Cant abzuweisen ist, ist damit doch keineswegs die Frage nach dem religiösen Tiefengehalt der verwendeten Symbole oder nach den allegorischen Implikationen durch die Integration profaner Liebeslieder in den hebräischen Kanon beantwortet.18 13 Martti Nissinen, Die Heilige Hochzeit und das Hohelied, in: lectio difficilior 1/2006; http://www.lectio.unibe.ch/06_1/nissinen_hochzeit.htm [abgerufen am 22.03.2016], 9. 14 Nissinen, Heilige Hochzeit (Anm. 13) 6. 15 Nissinen, Heilige Hochzeit (Anm. 13) 9. 16 Ruben Zimmermann, Geschlechtermetaphorik und Gottesverhältnis. Traditionsgeschichte und Theologie eines Bildfeldes in Urchristentum und antiker Umwelt (WUNT 122), Tübingen 2001, 101–104. 17 Zimmermann, Geschlechtermetaphorik (Anm. 16) 110. 18 Zimmermann, Geschlechtermetaphorik (Anm. 16) 102.
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Zimmermann tendiert also zu der Annahme, dass bereits auf der Ebene der Integration des Textes in den (entstehenden) Kanon das allegorische Verständnis leitend war oder zumindest leitend wurde: Metaphern sind kontextuelle und intertextuelle Phänomene […], so dass selbst ein profanes Liebeslied durch die Beiordnung zu den Glaubenstexten des Volkes Israel eine ursprünglich nicht intendierte Tiefendimension erhält.19
Die von Keel für das Hohelied herausgestellte Metaphorik ist nach Zimmermann nicht nur ein Stilmittel der Liebeslyrik […], das den/die Geliebte/n übersteigernd als Gott/ Göttin anspricht und das als „Theomorphie“ (H.-P. Müller), „divine fiction“ (V. L. Davis) oder „Göttertravestie“ (O. Keel) bezeichnet werden könnte. Die Anleihen in der kultischen Liebeslyrik Mesopotamiens oder Ägyptens zeigen vielmehr, dass zumindest in Israels religiöser Umwelt die Gottesbeziehung und die Beziehung unter Menschen mit der gleichen Bildersprache aussagbar waren. Die „profane“ Bildverwendung steigert die erotische Dimension der Gottesbeziehung, wie umgekehrt die Liebesbeziehung zwischen Mann und Frau durch die religiöse Symbolik mit der Ebene der Götterwelt verbunden bleibt.20
3.2 Von der Gattungskritik zur Intertextualität Das sogenannte profane Verständnis des Hoheliedes ist in erster Linie von der Gattungskritik her geprägt. Diese Methode wurde in der alttestamentlichen Exegese zu Beginn des 20. Jh. vor allem von Hermann Gunkel im Rahmen der Genesis- und Psalmenexegese entwickelt. Gunkel war stark von der Ästhetik Herders mit ihrer Vorliebe für die einfache, im literarisch ungebildeten Volk beheimatete Naturpoesie inspiriert. Die Gattungskritik fragt nach der Gattung, der ursprünglichen und idealen Form eines Textes und einem ihr entsprechenden „Sitz im Leben“. Bei dieser Methode tritt der literarische Zusammenhang, in dem der Text überliefert ist, in den Hintergrund. Bezeichnend für diese Methode ist eine Aussage von Othmar Keel: Wer das Hhld. in irgend einem anderen Zusammenhang als dem der Bibel anträfe, zögerte kaum, darin eine Sammlung von Liebesliedern zu sehen, was das Büchlein von Haus aus auch ist.21
Dem ist durchaus zuzustimmen. Nun ist uns das Hohelied aber nicht in irgendeinem Zusammenhang überliefert, sondern in einem ganz bestimmten, nämlich dem der Heiligen Schrift. Nur in diesem Kontext wird es von Kirche und Synagoge als kanonisches Buch anerkannt. Und in eben diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Von welcher Liebe wird hier gesprochen? Zimmermann, Geschlechtermetaphorik (Anm. 16) 103. Zimmermann, Geschlechtermetaphorik (Anm. 16) 103. 21 Keel, Hohelied (Anm. 6) 9. 19 20
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In der Bibel gibt es Allegorien, die nicht als solche gekennzeichnet sind. Ps 45, das Lied zur Hochzeit des Königs, ist eines von vielen Beispielen. Gott ist hier der König und die Tochter Zion die von ihm geliebte Braut, „die ihre Sündengeschichte hinter sich lässt und sich vorbehaltlos ihrem königlichen Herrn und Gemahl verbindet“22. Dass hier eine Allegorie vorliegt, wird nirgends ausdrücklich gesagt. Es ist also keineswegs so, dass eine Allegorie in der Bibel ausdrücklich als Allegorie gekennzeichnet sein muss, um als Allegorie zu gelten. Es macht gerade den Reiz literarisch und poetisch anspruchsvoller Texte aus, hintergründig angelegte Sinndimensionen zu erfassen. Auch außerhalb der biblischen Literatur gibt es viele zeitgenössische nicht als solche gekennzeichnete Allegorien. Eine Inschrift aus der Zeit der Entstehung des Hoheliedes wie etwa die aus der Grabanlage von Marisa, die einen erotischen Inhalt aufweist, ist sehr wahrscheinlich als Allegorie zu verstehen.23 Othmar Keel gesteht zwar ein, dass „schon im Alten Testament Mann-FrauBeziehungen als Modelle (Metaphern) für das Verhältnis JHWH-Israel benützt (Hos. 2; Jer. 2) und gelegentlich auch allegorisch ausgebaut (Ez. 16 und 23)“ werden. Dabei wird das tertium comparationis aber auf die rechtlichen Aspekte, vor allem die Treue eingeschränkt, sexuell-erotische Symbolik wird im Hinblick auf die gemeinte Sache vermieden […]. Diese ganze Tradition ist typisch für die prophetische Literatur und strikt auf sie beschränkt.24
Eine strikte Trennung zwischen prophetischer und weisheitlicher Literatur ist schon in überlieferungsgeschichtlicher Hinsicht künstlich. Gerade in Texten der nachexilischen Zeit sind die Übergänge fließend. Die weisheitliche Literatur greift auf prophetische Redeformen zurück, prophetische Texte werden weisheitlich gelesen und erweitert (vgl. Hos 14,10). Im Buch der Sprichwörter (1,20–33) tritt die Weisheit wie eine Prophetin auf. In späten Passagen weisheitlicher Literatur wird in hohem Maße mit Metaphern und Allegorien gespielt. In Spr 1–9 erscheinen Weisheit und Torheit in der Gestalt einer Frau. In der Sapientia Salomonis ist die Geliebte Salomos Frau Weisheit, die an der Seite Gottes thront (Weish 8,9–18; 9,4). Dass alttestamentliche Texte vielfach untereinander interagieren […], ist zwar ein bekannter Befund, der allerdings noch keineswegs ausschöpfend behandelt worden ist und auch in der Zukunft die Forschung noch erheblich weiter beschäftigen wird. […] Die übliche Art und Weise der nicht eigens eingeführten Anspielung, für schriftgelehrte Leser aber erkennbar an
Erich Zenger, Psalm 45. Der Zionkönig und seine Braut, in: Frank-Lothar Hossfeld / Erich Zenger, Die Psalmen. 1. Psalm 1–50 (NEB.AT), Würzburg 1993, 278–284: 279. 23 Vgl. Gerhards, Hohelied (Anm. 10) 137–152. 24 Keel, Hohelied (Anm. 6) 15. 22
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Wort- und Themenwahl […] bestätigt noch einmal auf ihre Weise die vermutlich in engen Gelehrtenzirkeln vonstatten gegangene Textproduktion und -rezeption.25
Von Bedeutung für unsere Fragestellung ist der hermeneutische und methodologische Umbruch, der sich in jüngerer Zeit in der Exegese vollzogen hat. Völlig unumstritten war die in der Neuzeit dominierende rein profane Deutung des Hoheliedes nie. Der französische Exeget André Robert hat mit einer Gruppe von Exegeten die allegorische Deutung des Hoheliedes immer verteidigt. Der von ihm und Raymond Jacques Tournay verfasste Kommentar aus dem Jahre 1963 gilt gewöhnlich als der letzte große Versuch, mit streng exegetisch-wissenschaftlicher Methode die allegorische Auslegung gegenüber der vor allem im deutschsprachigen Raum vorherrschenden Exegese zu rechtfertigen.26 André Feuillet vertritt die Ansicht, dass ohne Rücksicht auf die Tradition mit streng exegetischen Methoden gezeigt werden kann, dass das Hohelied von seinem Ursprung her als religiöse Dichtung zu verstehen sei. Die exegetische Methode, die bei ihm zur Anwendung kommt, bezeichnet er als „la méthode des parallélismes“27. Mit dieser Methode stößt er auf prophetische Texte, die den erneuerten Bund zwischen Gott und seinem Volk im Bilde eines Liebesund Ehebundes zur Sprache bringen und die dabei signifikante lexematische, motivische und thematische Entsprechungen zu den Texten des Hoheliedes aufweisen. Was André Robert, Raymond Jacques Tournay und André Feuillet in den 1950er Jahren als „méthode des parallélismes“ bezeichnen, wird heute in der Exegese gewöhnlich „Intertextualität“ genannt. Forschungsgeschichtlich inter essant ist die Tatsache, dass die „moderne“, profane Deutung des Buches zu einer „konservativen“ Frühdatierung desselben tendiert(e). Mit dem Vorschlag, das Buch in die salomonische Epoche28 oder die mittlere Königszeit29 zu datieren, versuchte man, eine möglichst enge Verbindung zu den altorientalischen, insbesondere ägyptischen Kulturen und Literaturen herzustellen. Die „konservative“ religiöse Deutung von Robert, Tournay und Feuillet hingegen vertritt dezidiert eine Spätdatierung des Buches. Sie geht davon aus, dass ein litera Konrad Schmid, Literaturgeschichte des Alten Testaments. Eine Einführung, Darmstadt 2008, 56. 26 André Robert / Raymond Jacques Tournay, Le Cantique des Cantiques. Traduction et Commentaire. Avec le concours de André Feuillet (Études Bibliques), Paris 1963. Vgl. auch André Robert, Le Cantique des Cantiques (La Sainte Bible), Paris 21958. 27 André Feuillet, Comment lire le Cantique des Cantiques. Étude de théologie biblique et réflexions sur une méthode d’exégèse, Paris 1953, 21999, 11. 28 So Gillis Gerlemann, Ruth. Das Hohelied (BKAT 18) Neukirchen-Vluyn 21981, 76f. 29 So Keel, Hohelied (Anm. 6) 14: „Die Sammlung scheint mir am ehesten irgendwo zwischen das 8. und 6. Jahrh. v. Chr. zu gehören, weil damals auch die altägyptische Liebesliteratur noch blühte.“ 25
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risch hoch gebildeter Autor aus der späten nachexilischen Zeit im Rückgriff auf und in subtiler Anspielung an vor allem prophetische Texte ein hochpoetisches Kunstwerk mit einem tief religiösen Inhalt verfasst habe. Da sich die Spätdatierung des Hoheliedes heute weitgehend durchgesetzt hat,30 kann diesem Verständnis eine gewisse Plausibilität nicht von vornherein abgesprochen werden. 3.3 Einige Beobachtungen am Text Im Folgenden sollen einige wenige Beobachtungen zum Text angeführt werden, um die genannte These zumindest ansatzweise zu plausibilisieren.31 Dabei konzentriere ich mich auf die Eingangsverse des Buches. 3.3.1 Der König (Hld 1,2–4) 1,2 1,3 1,4
Er küsse mich mit Küssen seines Mundes! Ja, deine Liebkosungen sind süßer als Wein. Der Duft deiner Salben ist süß, ausgegossenes Salböl ist dein Name, darum lieben dich die jungen Frauen. Zieh mich hinter dir her, lasst uns eilen! Der König hat mich in seine Gemächer gebracht. Jubeln wollen wir und deiner uns freuen. Rühmen wollen wir deine Liebkosungen mehr als Wein.
Zu Beginn des Hoheliedes erscheint der Geliebte als König und als Hirt. In Hld 1,4 spricht die Frau über ihren Geliebten als König: „Der König hat mich in seine Gemächer gebracht.“ In Hld 1,7 spricht sie ihn als Hirten an und fragt ihn: „Sag mir, den meine Seele liebt, wo weidest du (h[r), wo lässt du lagern am Mittag?“ Die „Vorstellung vom Königtum Gottes“ prägt nach Georg Steins die gesamte Bibel so stark wie keine andere Metapher. Viele herausragende und bekannte Metaphern sind dieser einen zugeordnet, so dass sich das Bild von JHWH als König geradezu als eine organisierende Vorstellung und Basismetapher begreifen lässt. Dies ist der Fall, wenn der Gott JHWH zum Beispiel als Hirte, Gesetzgeber, Richter und Krieger vorgestellt wird.32
Mit der Prädikation des Geliebten als König und Hirt wird gleich zu Beginn des Hoheliedes ein starkes Signal in Richtung eines metaphorischen Verständnisses gesetzt. König und Hirt können für das Alte Testament als zwei konventionelle 30 Gianni Barbiero, Song of Songs. A Close Reading. Translated by Michael Tait (VT.S 144), Leiden 2011, 25–36, datiert das Hohelied in die zweite Hälfte des 3. Jh. v. Chr. 31 Ausführlicher dazu Ludger Schwienhorst-Schönberger, Das Hohelied der Liebe, Freiburg i. Br. 2015; ders., Song of Songs (Anm. 1); ders. (Hg.), Hohelied (Anm. 2). 32 Georg Steins, Kanonbewusste Bibelauslegung. Exegetische Prolegomena zu einer sozialethisch orientierten Lektüre, in: Marianne Heimbach-Steins / Georg Steins (Hg.), Bibelhermeneutik und Christliche Sozialethik, Stuttgart 2012, 37–62: 44.
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Gottesmetaphern bezeichnet werden. Sie finden sich vor allem in exilisch-nachexilischen Texten. Die Rede vom Königtum Gottes ist tief in der biblischen Tradition verankert (Ex 15,18; Num 23,21; 1 Sam 8,7; 12,12; Jes 6,5; 24,23; 33,22; Ez 20,33; Mi 4,7; Ps 93–100 u. a.). Für unsere Frage ist insbesondere Jes 40–55 von Bedeutung. Der vierte und letzte Beleg vom Königtum Gottes in Deuterojesaja (Jes 41,21; 43,15; 44,6) enthält in Jes 52,7 mit der Aussage des „erneuerten Verhältnisses zwischen JHWH und Zion“33 die „Klimax der Botschaft“34. In der „Ankündigung der erneuten Königsherrschaft JHWHs“ in Jes 52,7 geht es um die „enge persönliche Beziehung zwischen Zion als Gottesstadt und Gottesbraut“35. Die Aussage Jes 52,7 „Dein Gott ist König“ gilt der Stadt und Frau Zion. Mit der Rückkehr der Zerstreuten aus Babel und der Diaspora zum Zion und mit dem Wiederaufbau Jerusalems als Stadt des göttlichen Königs bewahrheitet sich JHWHs Alleinanspruch gegenüber den Fremdgöttern ebenso wie sein Zuspruch für Jakob/Israel.36 JHWH erscheint im Alten Testament als königlicher Hirt (Gen 49,24; Ps 80,2; Koh 12,11) seiner Herde Israel (Jer 13,17; 23,1; Ps 74,1; 77,21 u. a.). Er wird vor allem in nachexilischen Texten mit einem Hirten verglichen (Jes 40,11; Jer 31,10; Ez 34,11–16 u. a.). Seit dem 3. Jahrtausend wird sowohl in Ägypten als auch in Mesopotamien die Hirtenmetapher auf Herrscher und Götter angewandt. In Hld 1,3 wird vom Namen des Geliebten gesprochen: „Ausgegossenes Salböl ist dein Name.“ Es fällt auf, dass die Faszination des Namens im Hohelied nur vom (nicht genannten) Namen des Mannes und nicht vom (genannten) Namen der Frau (vgl. Hld 7,1: „Schulammit“) ausgesagt wird. Einer prosopologisch ausgerichteten Exegese stellt sich die Frage: „Wie ist sein Name?“ Das wird nirgends ausdrücklich gesagt. Am Ende des Hoheliedes, in Hld 8,6, findet sich jedoch eine verdeckte Anspielung an den Gottesnamen: „Stark wie der Tod ist die Liebe, hart wie die Unterwelt die Leidenschaft. Ihre Funken sind Funken von Feuer, eine Flamme Jahs (hytbhlX).“ Liegt möglicherweise mit dem Bild vom Feuer und von der Flamme eine Anspielung an die Namensoffenbarung am brennenden Dornbusch vor (Ex 3,13–15), bei der ebenfalls der Name zunächst nicht genannt, sondern nur auf seine Bedeutung angespielt wird? Interessant ist, dass das hebräische Wort ydwd (dodi, „mein Geliebter“) im Hohelied genau 26-mal vorkommt. Die Zahl 26 ist der Zahlenwert des Gottesnamens JHWH. Das dürfte kein Zufall sein. „Perhaps there is already present here an element of allegorical interpretation: it is well-known that, according to the allegory, the Ulrich Berges, Jesaja 49–54 (HThKAT), Freiburg i. Br. 2015, 198. Berges, Jesaja 49–54 (Anm. 33) 196. 35 Berges, Jesaja 49–54 (Anm. 33) 198. 36 Vgl. Berges, Jesaja 49–54 (Anm. 33) 196–198. 33 34
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beloved man is God himself.“37 So stellt sich mit der Aussage „ausgegossenes Salböl ist dein Name“ dem mit der Heiligen Schrift vertrauten Leser sofort die Frage: Wessen Name ist hier gemeint (vgl. Ex 3,13; Spr 30,4)? Wer ist dieser königliche Geliebte, nach dem sich die Frau so sehr sehnt, dessen Name „ausgegossenem Salböl“ gleicht? Bei der Inthronisation des Königs wie auch im Kult (Ex 30,22–33) spielt die Salbung eine Schlüsselrolle. Deshalb wird der König im Alten Testament oft einfach „der Gesalbte“ genannt (2 Sam 22,51; Ps 2,2; 18,51). Im folgenden V. 4 spricht die Frau von ihrem Geliebten als einem König. In Ps 45 sind Königstöchter unter den Geliebten des Königs, den Gott „mit dem Öl der Freude“ gesalbt hat; dessen Gewänder duften von Myrrhe, Aloë und Kassia. In Hld 1,2–4 ist die Sprecherin nicht die Einzige, die den König liebt. Weitere junge Frauen lieben ihn. Konkurrenz und Eifersucht scheinen keine Rolle zu spielen. Dass auch andere Frauen den König lieben, scheint die Gefühle der Frau nicht zu verletzen, sondern zu bestätigen: „Zu Recht lieben sie dich.“ Die erste Strophe endet mit dem Themawort des Buches: Lieben. „Darum lieben dich die jungen Frauen. Zieh mich hinter dir her“ (1,3f.): Das hebräische Verb $Xm („ziehen“) kommt in Verbindung mit dem Wort „Liebe“ noch zweimal im Alten Testament vor. In Hos 11,4 geht es um die Herausführung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens als Ausdruck der Liebe Gottes zu seinem Volk: „Mit menschlichen Fesseln zog ich sie ($Xm), mit den Banden der Liebe.“ In Jer 31,3 kündigt Gott die Heimführung Israels aus dem Exil als Ausdruck seiner „ewigen Liebe und Treue“ an. Bemerkenswert ist, dass Gott Israel in Jer 31,3 in der 2. Person fem. Sg. als Frau anspricht: „Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt, darum habe ich dir so lange die Treue bewahrt ($Xm; Jer 38,3 LXX: εἵλκυσα).“ In Jer 31 geht es um den Neuen Bund, um ein „neues Leben nach dem Ende“. Darin bietet Gott von sich aus „frei die persönliche, unmittelbare Beziehung zu ihm wieder an, ihn selber aus eigener Erfahrung zu kennen.“38 Auffallend ist, dass das Hohelied mehrfach auf Jer 30–33 und auf das Motiv vom Neuen Bund anspielt. Möglicherweise hat auch das Johannesevangelium diese Stellen vor Augen, wenn Jesus dort sagt: „Niemand kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zieht (ἑλκύσῃ)“ (Joh 6,44; vgl. 12,32). „Jubeln wollen wir und deiner uns freuen“ (1,4): Die Abfolge der Verben „jubeln“ (lyg) und „sich freuen“ (xmX) in der 1. Person Pl. findet sich noch an zwei weiteren Stellen im Alten Testament. Im Anschluss an die Verheißung vom endzeitlichen Festmahl auf dem Zion „mit feinsten Speisen und erlesenen Weinen“ heißt es in Jes 25,9 über die göttliche Rettung: „Wir wollen jubeln 37 38
Barbiero, Song of Songs (Anm. 30) 499. Georg Fischer, Jeremia 26–52 (HThKAT), Freiburg i. Br. 2005, 174.
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und uns freuen über seine Rettung“ (vgl. Ps 31,8). Ps 118,24 spricht von Jubel und Freude angesichts der Rettung eines Verworfenen („der Stein, den die Bauleute verwarfen“). Ähnlich wie in Hld 1,4 heißt es in Joël 2,23: „Ihr Söhne Zions, jubelt und freut euch über den Herrn, euren Gott!“ (vgl. Sach 10,7). In umgekehrter Reihenfolge begegnen die Verben in der messianischen Weissagung Jes 9,2: „Sie freuen sich vor deinem Angesicht, wie man sich freut bei der Ernte, wie man jubelt, wenn Beute verteilt wird.“ Auch wenn Gianni Barbiero das metaphorische Verständnis des Hoheliedes nicht teilt, muss er an dieser Stelle doch konstatieren, dass die Worte „jubeln“ (lyg) und „sich freuen“ (xmX) eine liturgische Färbung haben. „They belong to the vocabulary of messianic salvation (cf. Isa 9:2; 25:9).“39 Ähnlich bemerkt Luca Mazzinghi zu Hld 1,4: L’ingresso nella camera nuziale è sottolineato da tre verbi: „far festa“ e „gioire“ spesso hanno un colorito liturgico (cfr. Is 9,2; 25,9; Sal 32,11; 118,24 ecc.), mentre il verbo „ricordare“ appartiene al vocabolario dell’alleanza (Dt 5,15; 8,2.18 ecc.); in questo modo il poeta allude qui, con questo doppio sfondo, liturgico e dell’alleanza, alla sacralità dell’amore dei due giovani.40
3.3.2 „Zieh hinaus“ (Hld 1,5f.) 1,5 1,6
Schwarz bin ich, aber doch schön, Töchter Jerusalems, wie die Zelte Kedars, wie die Zeltplanen Salomos. Schaut mich nicht so an, weil ich so schwärzlich bin, weil mich die Sonne erspäht hat. Die Söhne meiner Mutter zürnten mir, setzten mich ein zur Hüterin der Weinberge. Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.
Auch dieser Text ist rätselhaft und stellt die Auslegung auf allen Ebenen eines möglichen Verstehens vor große Herausforderungen. Zwischen der jungen Frau und ihren Brüdern scheint es Spannungen zu geben. Das geht eindeutig aus Hld 1,5 hervor: „Die Söhne meiner Mutter zürnten mir, setzten mich ein zur Hüterin der Weinberge.“ Die Aussage könnte als Anspielung an das Babylonische Exil zu verstehen sein, als Israel in fremden Ländern für andere arbeiten musste wie einst in Ägypten (vgl. Gen 29–32; Hos 8,13; 9,1–6; 10). „Die Söhne meiner Mutter“ dürften auf die Bewohner Babyloniens verweisen (vgl. Gen 11,27–32; 22,20–24; 25,20; 28,1–9; Ez 16,3.45), aber auch auf die mit Israel verwandten Brudervölker wie die Edomiter, die die Babylonier bei der Eroberung Jerusalems unterstützten und grausam mit den Bewohnern der Stadt verfuhren (vgl. Klgl 4,21f.; Obd 1–15; Ps 137,7; Ez 25,12–14; Joël 4,2f.9). Barbiero, Song of Songs (Anm. 30) 58. Luca Mazzinghi, Cantico dei Cantici. Introduzione, traduzione e commento, Mailand 2011, 40. 39 40
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Esau, der Zwillingsbruder Jakobs, gilt als Stammvater der Edomiter (Gen 36,9), die nach Am 1,11 bei der Einnahme und Zerstörung Jerusalems die Bewohner der Stadt ohne Erbarmen mit dem Schwert verfolgten. In der wahrscheinlich nachexilisch in den Völkerspruchzyklus eingefügten Edom-Strophe heißt es: Wegen der drei Verbrechen von Edom und wegen der vier nehme ich es nicht zurück: Weil es seinen Bruder mit dem Schwert verfolgte und sein Mitgefühl erstickte. Sein Zorn zerfleischte immerfort, und seine Wut blieb fortwährend wach (Am 1,11).
Die Frau des Hoheliedes hat den Zorn ihrer Brüder zu spüren bekommen. Vor dem Hintergrund von Am 1,11 und anderer Texte, die von der Zerstörung Jerusalems und vom Exil sprechen, stellt sich die Frage, ob in Hld 1,6 nicht genau darauf angespielt wird. Dieser Verdacht wird mit dem letzten Kolon der Strophe verstärkt: „Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet“ (Hld 1,6). Zweimal ist in Hld 1,5f. von Weinbergen die Rede, und zwar in einem deutlich erkennbaren Gegensatz. Auf der einen Seite sagt die Frau: „Die Söhne meiner Mutter zürnten mir, setzten mich ein zur Hüterin der Weinberge.“ Dem stellt sie unmittelbar anschließend die Aussage entgegen: „Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“ Weitgehend unumstritten ist, dass in der zweiten Aussage der Weinberg eine Metapher ist. Die Frage ist: eine Metapher wofür? Einige verstehen den Weinberg als Metapher für die Frau, insbesondere für ihren Leib. „Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet“ hieße dann: „Meine Jungfräulichkeit habe ich nicht bewahrt.“ Die Frau, so eine verbreitete Deutung, bekenne sich dazu mit einem gewissen Stolz.41 Unklar bleibt bei diesem Verständnis, weshalb die Brüder sie ausgerechnet zur Hüterin der Weinberge eingesetzt haben. Um sie von Männern fern zu halten, scheinen Weinberge ein denkbar ungeeigneter Ort zu sein (vgl. Ri 9,27; 21,20f.), denn in den Weinbergen konnten sich die jungen Leute am ehesten ungestört treffen. Will ein Vater die Jungfräulichkeit seiner Tochter bewahren, empfiehlt ihm Jesus Sirach, sie in einen Raum einzuquartieren, der kein Fenster zur Straße hat (Sir 42,11).42 So deutet Keel, Hohelied (Anm. 6) 56f., die Metapher: „Mit dem Weinberg können nur die Reize der Sprecherin gemeint sein. […] Durch das Geständnis, daß sie ihren Weinberg nicht gehütet hat und deshalb vom richtenden Sonnengott strafend angeblickt wurde, umgibt sie sich mit einem Hauch von Verruchtheit, der ähnlich wie ihr Schwarzsein ihre Attraktivität aber nur erhöht. Und das ist ja auch der Zweck der Selbstdarstellung, die schon von ihrer Form her nur als Ausdruck eines stolzen Selbstwertgefühls verstanden werden kann.“ 42 Die wörtliche Auslegung von Othmar Keel kann eine Reihe von Eigenheiten des Textes nicht erklären oder muss Inkonsistenzen zu anderen biblischen Texten in Kauf nehmen. Vgl. Keel, Hohelied (Anm. 6) 56: „Ihre Brüder, die ihr (aus einem nicht genannten Grund) zürnten, haben sie als Hüterin in die Weinberge geschickt. Normalerweise wurden Männer als Hüter der Weinberge eingesetzt […]. […] Die Aufgabe, den Weinberg zu hüten, dient 41
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Demnach bietet sich eine andere Erklärung an, bei der die Kohärenz des Textes und seiner Bilder gewahrt bleibt. In der folgenden Texteinheit (Hld 1,7f.) sucht die Frau voller Verzweiflung und Sehnsucht ihren Geliebten. Dieser wird hier nicht als König, sondern als Hirte vorgestellt. Sie ruft ihn an mit den Worten: „Sag mir, den meine Seele liebt, wo weidest du, wo lässt du lagern am Mittag?“ Ps 80 beginnt mit den Worten: „Hirte (h[r) Israels, höre, der du Josef weidest wie eine Herde!“ Der Psalm beklagt den Zorn JHWHs über sein untreu gewordenes Volk. Der Blick geht zurück in die Anfangsgeschichte des Gottesvolkes. Israel wird hier mit einem Weinstock verglichen: „Du hobst in Ägypten einen Weinstock aus, du hast Völker vertrieben, ihn aber eingepflanzt“ (Ps 80,9). Dieser Weinstock hat das ganze Land erfüllt. Jetzt aber liegt er verlassen da, seine Mauern sind eingerissen, „die Tiere des Feldes fressen ihn ab“ (Ps 80,14; vgl. Hld 2,15). Weinstock und Weinberg werden in der Bibel einige Male als Bild für das Gottesvolk und sein Land verwendet (vgl. Jes 27,2–6; Jer 12,10; Mt 21,33–44 par.). Bekannt ist das Weinberglied aus Jes 5. Das Lied ist eine Allegorie. Der Weinberg ist hier eine Metapher für das Gottesvolk (Jes 5,7). Der Freund, der den Weinberg angelegt hat, steht für Gott. Er ist enttäuscht über seinen Weinberg, da dieser keine süßen Trauben gebracht hat. Deshalb gibt er ihn der Verwüstung preis (Jes 5,5f.; 1,8). Als Allegorie begegnet der Weinstock auch in Ez 19,10–14: „Deine Mutter war wie ein Weinstock im Garten.“ Der zu Beginn kräftige und fruchtbare Weinstock wird „im Zorn“ ausgerissen und ein Fraß des Feuers, womit an das Ende des judäischen Königtums und das Exil angespielt wird (vgl. Ez 17,6). In Hos 1–3 wird die Treulosigkeit Israels mit der Treulosigkeit einer Ehefrau verglichen, die anderen Liebhabern folgt (Hos 2,7). Gott, ihr „erster Mann“ (Hos 2,9), bestraft sie für ihre Untreue. Er verwüstet ihren Weinstock (Hos 2,14). Einst „war Israel ein üppiger Weinstock, der seine Frucht brachte“ (Hos 10,1), doch dann ließ Gott gegen sie Völker versammeln und das Land verwüsten „wegen ihrer doppelten Schuld“ (Hos 10,10). Doch JHWH gibt seine Geliebte nicht auf. Erneut will er „sie verlocken und neu um sie werben und ihre Weinberge zurückerstatten“ (Hos 2,16f.; vgl. Ez 28,26). Aufgrund der engen Beziehung zwischen Israel und seinem Land kann die Bibel sowohl von der Treulosigkeit Israels als auch von der Treulosigkeit des Landes sprechen, wenn das Volk anderen Göttern nachläuft (vgl. Hos 1,2). Vor diesem Hintergrund ergibt sich für Hld 1,5f. folgende Deutung: Der Weinberg am Ende von V. 6 kann sowohl als Metapher für die Frau als auch für das Land verstanden werden. Dass die Frau ihn nicht gehütet hat, ist Eingeständnis ihrer Treulosigkeit. Die Aussage: „Meinen eigenen Weinberg habe in unserem Gedicht nur als Kontrasthintergrund zur Enthüllung: ‚Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet‘.“
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ich nicht gehütet“ wäre demnach nicht stolzer Ausdruck eines selbstbestimmten Sexualverhaltens, sondern Eingeständnis eines Fehlverhaltens. Die Frau, die ihren eigenen Weinberg nicht gehütet hat, wird von den Söhnen ihrer Mutter dazu verurteilt, die Weinberge anderer zu hüten (vgl. 2 Kön 18,31f.). Sie hat den Zorn ihrer Brüder zu spüren bekommen. Dazu passt das schwarze Aussehen der Frau, weshalb sie von den Töchtern Jerusalems verächtlich angeschaut wird (vgl. Klgl 4,6–8; Ez 16,57): „Schwarz bin ich, aber doch schön“ (Hld 1,5). Das betont an erster Stelle stehende Wort „schwarz“ (V. 5) begegnet in abgewandelter Form („schwärzlich“) noch einmal in V. 6. Wie ist es zu verstehen? Einige Exegeten denken an die Faszination einer afrikanischen Schönheit und übersetzen: „Schwarz bin ich und schön.“ In Verbindung mit der Hautfarbe sind Schönheitsideale stark kultur- und zeitabhängig. Der hebräische Text lässt zwei Übersetzungsmöglichkeiten zu: (1) „Schwarz bin ich und schön“ oder (2) „Schwarz bin ich, aber doch schön.“ Die Schwärze der Frau zieht die Blicke der Töchter Jerusalems auf sich (V. 6). Sind es Blicke der Faszination und Bewunderung oder Blicke der Verachtung? In Hld 6,10 beschreibt der Mann seine Geliebte als „schön wie die Weiße (gemeint ist der helle Schein des Mondes) und rein wie die Glut (der Sonne)“. In Hld 5,10 preist die Frau ihren Geliebten in einem Beschreibungslied als „glänzend-weiß und rot“. Schwarz sind nur seine (lockigen) Haare (Hld 5,11). Demnach scheint eine hell-glänzende Hautfarbe dem Schönheitsideal des Hoheliedes zu entsprechen. Der mit schwerem Aussatz geschlagene Ijob klagt: „Die Haut an mir ist schwarz geworden, von Fieberglut brennen meine Knochen“ (Ijob 30,30). In Klgl 4,6–8 werden weiße und schwarze Haut in einem metaphorischen Sinn verwendet. Die schwarze Haut ist hier ein Bild für die Schuld „der Tochter meines Volkes“. In herzzerreißenden Bildern wird die Zerstörung Jerusalems im Jahre 586 v. Chr. beklagt. Eingeleitet wird das vierte Klagelied mit dem Bild vom „glanzlos gewordenen Gold und verdunkelten Feingold“ (Klgl 4,1). Weiter heißt es dort (V. 6–8): Größer ist die Schuld der Tochter meines Volkes als die Sünde Sodoms […]. Reiner waren ihre Vornehmen als Schnee, weißer als Milch, rötlicher der Leib als Korallen, ein Lapislazuli ihre Gestalt. Schwärzer als Kohle ist ihr Aussehen, man erkennt sie nicht wieder in den Gassen. Geschrumpft ist ihre Haut auf ihrem Leib, ausgetrocknet wie (dürres) Holz.
Nach Ulrich Berges geht es in der Aussage von Klgl 4,8: „Schwärzer als Kohle war ihr Aussehen“ nicht nur um „die Beschreibung des unansehnlich gewordenen Aussehens“, sondern auch um „das Thema der Sünde, die größer war als die Sodoms (V 6a).“43 Nach Jer 18,13 „hat die Jungfrau Israel Abscheuliches getan“. Ihr einst strahlendes Aussehen hat sich verdunkelt. Im Exil hat sie die Strafe für ihre Sünden erlitten. Dort musste sie anderen Völkern dienen. Dort 43
Ulrich Berges, Klagelieder (HThKAT), Freiburg i. Br. 2002, 247.
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wird sie aber auch zur Erkenntnis und zum Bekenntnis ihrer Schuld geführt. Ihre dunkle Seite, die sie nicht verleugnet, hat ihre Schönheit (vgl. Ez 16,14) jedoch nicht gänzlich zerstört. Die Töchter Jerusalems schauen auf die Sprecherin ob ihrer dunklen Haut verächtlich herab. Die Frau setzt sich gegen diesen Blick der Verachtung zur Wehr. Trotz ihrer Schuld, die sich in ihrer schwarzen, von der Sonne verbrannten Haut zeigt, bleibt die Frau dennoch schön: „Schwarz bin ich, aber doch schön.“ Dieses Wissen verleiht ihr den Mut und das Selbstbewusstsein, sich ihrem wahren Geliebten erneut zuzuwenden. Jetzt, da sie dazu verstoßen wurde, die Weinberge anderer zu hüten, entbrennt sie in leidenschaftlicher Liebe zu ihrem Geliebten (vgl. Dtn 4,29; 30,1–10). Sie sucht ihn und fragt: „Sag mir, den meine Seele liebt, wo weidest du, wo lässt du lagern am Mittag.“ Hier liegt wahrscheinlich eine Anspielung an Ps 23 vor (#br in Ps 23,2 und Hld 1,7), der auf Exodus, Wüstenwanderung und Landnahme anspielt und zugleich „auf die prophetische Verheißung von der Erneuerung Israels durch den Zweiten Exodus aus dem Exil“44. Im Folgenden begibt sich die Frau auf die Suche nach ihrem Geliebten (Hld 1,7). Ebenso verweist der Vergleich „wie die Zelte Kedars“ auf ferne Länder. Kedar gilt als Nachkomme Ismaels (Gen 25,13). Kedar ist das Land, das der babylonische König Nebukadnezzar erobert hat. Dort wohnen „die Söhne des Ostens“ (Jer 49,28). Interessant ist in diesem Zusammenhang Ps 120,5. Nur dort begegnet noch einmal der Ausdruck „Zelte Kedars“. In diesem Psalm klagt der Beter, dass er in der Fremde weilen muss, „in Meschech und bei den Zelten Kedars“, weit entfernt vom Tempel in Jerusalem. Im folgenden Ps 121 bricht er auf zur Wallfahrt nach Jerusalem. Ihm ist die Zusage gegeben, dass JHWH, der „Hüter Israels“, ihn auf dem gefahrvollen Weg beschützen werde und dass Sonne (vgl. Hld 1,6) und Mond ihm nicht schaden werden. Im folgenden Ps 122 erreicht er die heilige Stadt. In Ps 124 schaut die Gruppe der Pilger, die die heilige Stadt wohlbehalten erreicht hat, zurück auf die Zeit, da sich Menschen „gegen uns erhoben und ihr Zorn gegen uns entbrannte“ (Ps 124,2f.). Doch da JHWH sich für sie eingesetzt hat, konnten sie der vollkommenen Vernichtung entkommen. Wahrscheinlich sind es die Töchter Jerusalems aus der unmittelbar vorangehenden Strophe (Hld 1,5), die im folgenden V. 8 eine Antwort geben. Die Frau, die ihren Geliebten so sehr liebt, wird aufgefordert: „Zieh hinaus!“ Das Verbum acy ist in den Erzählungen vom Auszug aus Ägypten fest verankert (Ex 3,10– 12; 6,6.7.13.26f.; 7,5; Num 26,4; Dtn 1,27; 16,3.6 u. a.). In der unmittelbar folgenden Strophe Hld 1,9–11 wird an den Exodus angespielt: „Einer Stute bei 44 Erich Zenger, Psalm 23. Bleibende Lebensgemeinschaft mit JHWH, in: Hossfeld/Zenger, Psalmen (Anm. 22) 152‒158: 154.
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Pharaos Streitwagen vergleiche ich dich, meine Freundin.“ Wie immer diese Strophe zu verstehen sein mag, mit der Wortverbindung „Pharaos Streitwagen“ wird dem bibelkundigen Leser die Exoduserzählung in Erinnerung gerufen, und zwar der Exodus im engeren Sinn: der Auszug, die Flucht aus Ägypten. Streitwagen, Pharao und Pferde zusammen genommen, begegnen ausschließlich im Kontext des Exodus. JHWH erweist sich dadurch als „König für immer und ewig“ (Ex 15,18), dass er „die Pferde des Pharao und seine Wagen und seine Reiter ins Meer warf“ (Ex 15,19). Der Midrasch Canticum Rabba vergleicht an dieser Stelle die Israeliten mit Stuten, die von den brünstigen Hengsten der Ägypter verfogt werden. Diese kommen im Meer um, jene werden gerettet.45 Das Wort acy bezeichnet aber auch den zweiten Exodus, den Auszug aus Babylon. In Jes 48,20 werden die Exilanten aufgefordert: „Zieht hinaus aus Babel, flieht aus Chaldäa!“ Mit der programmatischen Aufforderung zum Auszug endet der erste Teil von Deuterojesaja, der sogenannte „Babel-Teil“46. Ähnlich heißt es in Jes 52,11: „Fort, fort! Zieht von dort weg! Fasst nichts Unreines an! Zieht von dort weg!“ (ebenso Jes 49,9). „In Jes 40ff. geht von diesem Verb ein dichtes und vielschichtiges Bedeutungsgeflecht aus“, schreibt Ulrich Berges.47 Meine Frage lautet: Kann man die geprägte Bedeutung von acy bei der Auslegung von Hld 1,8 unberücksichtigt lassen? Eine interessante kleine Beobachtung sei noch genannt: Beim Imperativ yac „zieh hinaus!“ in Hld 1,8 fällt der dativus commodi auf: %l'-yaic.. Das erinnert an Gen 12,1, die an Abram gerichtete Aufforderung, aus seinem Land auszuziehen: ^l.-%l,. Mit diesen Worten wird die Perikope in der jüdischen Liturgie bezeichnet. ^l.-%l, kommt in der Abram-Erzählung nur zweimal vor, und zwar am Anfang und am Ende, in Gen 12,1 und Gen 22,2. Der Brückentext Gen 12,1–3 wird heute gewöhnlich spät datiert: Der Text von der Berufung Abrams ist im Hinblick auf die Rückkehr aus dem Exil, aus Chaldäa (Gen 11,28), und den friedlichen Einzug in das Land der Verheißung zu lesen. In der jüdischen Liturgie wird dieser Zusammenhang deutlich, da diesem Abschnitt aus der Tora als Prophetenlesung Jes 40,27–41,16 zugeordnet ist. Der Imperativ fem. Sg. Qal von acy kommt im Alten Testament nur an dieser Stelle Hld 1,8 vor, und hier, wie gesagt, in Verbindung mit dem dativus commodi. Der Imperativ mask. Sg. Qal von acy kommt im Alten Testament 18-mal vor, aber nie in Verbindung mit einem dativus commodi. Das Verbum scheint also eine solche Verbindung nicht zu verlangen. Das heißt: Dem idealen Leser, der die Schrift kennt, sticht die Verbindung %l'-yaic. in Hld 1,8 ins Auge. Vgl. Zakovitch, Hohelied (Anm. 8) 128; Schwienhorst-Schönberger, Hohelied (Anm. 31) 50. 46 So die Gliederung von Ulrich Berges, Jesaja 40–48 (HThKAT), Freiburg i. Br. 2008, 72. 47 Berges, Jesaja 40–48 (Anm. 46) 545. 45
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Die Geliebte wird aufgefordert, auszuziehen „auf den Spuren der Schafe“. Wahrscheinlich ist damit jener Weg gemeint, den Israel ins Exil gegangen ist. Dem Sinn nach dürfte eine Anspielung an Jer 31,21f. vorliegen: Stell dir Wegweiser auf, setz dir Wegmarken, achte genau auf die Straße, auf den Weg, den du gegangen bist. Kehr zurück, Jungfrau Israel, kehr zurück (ybwX, vgl. Hld 7,1) in diese deine Städte! Wie lange noch willst du dich hin und her wenden, du abtrünnige Tochter? Denn etwas Neues erschafft der Herr im Land: Die Frau wird den Mann umfangen.
In Jer 31 wird die Jungfrau Israel aufgefordert, in ihr Land und zu ihrem Gemahl zurückzukehren. Die Frau des Hoheliedes sehnt sich nach dem, den „ihre Seele liebt“. Sie sucht, wo er „zur Mittagszeit“ lagern lässt (vgl. Joh 6,10), wo er ihr Verlangen stillt (Ps 23,2f.; vgl. Mk 6,30–44). Ihre Sehnsucht kann nur in Erfüllung gehen, wenn sie aufbricht – wie einst beim Exodus aus Ägypten, wie beim Auszug Abrams aus Chaldäa: „Zieh hinaus!“ In Texten der nachexilischen Zeit wird der Auszug aus Babylon häufig mit dem Auszug aus Ägypten in Beziehung gesetzt. Die Entsprechungen werden bisweilen nur angedeutet (Ps 114; Jes 48,20f.; 50,2; 51,9–11; 52,4.12; Hos 9,3). Einige Texte verstehen den zweiten Exodus als eine Überbietung des ersten (Jes 43,14–21). Ebenso konnte die Sammlung Israels aus der Zerstreuung im Lichte des Exodus verstanden werden (Jes 11,10–16; Sach 10,10–12). Die Aufforderung: „Zieh hinaus“ in Hld 1,8 wird somit gerahmt von Anspielungen an das Babylonische Exil und an den Exodus aus Ägypten: Exil (1,5f.): „Die Söhne meiner Mutter zürnten mir“ (vgl. Gen 11,27–32; 22,20–24; 25,20; 28,1–9; Ez 16,3.45; Klgl 4,21; Obd 1–15; Ps 137,7; Ez 25,12–14; Joël 4,2f.9; Am 1,11). „Zieh hinaus!“
%l'-yaic. (1,7f.) → vgl. Ex 3,10–12; Jes 48,20; 52,11; Gen 12,1–3 (^l.-%l,).
„In Jes 40ff. geht von diesem Verb ein dichtes und vielschichtiges Bedeutungsgeflecht aus.“48
Exodus (1,9–11): „Pharaos Streitwagen“ (vgl. Ex 15,21) → Land / Tempel (1,12–17): Weinberge von En Gedi / Balken unseres Hauses seien Zedern.
Berücksichtigt man diese und weitere nicht genannte Bezüge, dann wird im Prolog des Hoheliedes (1,2–2,7) die Thematik von Exil, Auszug, Exodus, Rückkehr in das Land, Tempel, Vereinigung („Heilige Hochzeit“) eingespielt. Jede der hier angeführten Beobachtungen mag, für sich betrachtet, nicht signifikant 48
Berges, Jesaja 40–48 (Anm. 46) 545.
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sein. Aber die Summe der Beobachtungen, von denen hier nur einige genannt sind, spielt eine Bedeutungsebene ein, die über den angeblich klaren Wortlaut der Lieder hinausgeht. Das Hohelied steht damit in der Hebräischen Bibel keineswegs allein. Auch in Ez 16 wird die Metapher von Israel als einer untreuen Ehefrau biographisch unter Anspielung an die Geschichte Israels erweitert. Nach Moshe Greenberg liegt hier unter anderem eine gezielte Anspielung an die Exodus-Tradition und das Zeltheiligtum vor.49
4 Metaphorisch vermittelte Gottespräsenz – mit einem Ausblick auf Meister Eckhart Die Liebe zwischen Gott und seinem Volk wird im Alten Testament nach unterschiedlichen Modellen konzipiert. Vertragliche Verpflichtungen zwischen nicht gleichrangigen Staaten wurden im Alten Orient gewöhnlich als Liebesbeziehung stilisiert und konnten mit dem Begriff des Bundes auf das Verhältnis zwischen Israel und seinem Gott übertragen werden. Im Vordergrund stehen dabei Loyalität, Treue und Gehorsam (vgl. Ex 34,10–26). Die Liebe Gottes zu seinem Volk konnte auch nach dem Muster der elterlichen Liebe gedacht werden. Dabei rücken Aspekte wie Versorgung und Erziehung in den Vordergrund (vgl. Dtn 8,5; Ps 27,10; 103,8–14). Beide Modelle sind hierarchisch denotiert bzw. konnotiert. Das Besondere des Hoheliedes besteht darin, dass hier die Liebe zwischen Gott und seinem Volk nach dem Modell der Liebe zwischen Mann und Frau erschlossen wird. Dabei fällt auf, dass die geläufigen Muster patriarchaler Bevormundung weitgehend unterlaufen werden. Es geht um eine Liebe „von Angesicht zu Angesicht“. 49 Siehe Moshe Greenberg, Ezechiel 1–20 (HThKAT), Freiburg i. Br. 2001, 320–326, zu Ez 16 in kritischer Auseinandersetzung mit Gunkel: „Die Behauptung, daß die Erzählung von Jerusalems Geschichte weit entfernt sei, verliert viel von ihrem Gewicht, wenn man berücksichtigt, daß Jerusalem Israel repräsentiert. […] Gottes Aussetzung des Mädchens bis zur Geschlechtsreife, nachdem er ihre Rettung befohlen hat, ist eine künstliche Angleichung an die Exodus-Tradition. Während der langen Phase der Knechtschaft in Ägypten blühte Israel auf und wuchs heran, offensichtlich vergessen von seinem Gott, bis die Zeit der Rettung kam, als Gott es als sein Volk annahm (die Aussetzung des Kindes im ‚Feld‘ und seine Entwicklung ‚wie die Blumen des Feldes‘ erinnern an die Arbeit der Israeliten auf dem ‚Feld‘ und Gottes Wundertaten gegen Ägypten, ‚dem [sic] Feld von Zoan‘ [Ex 1,14; Ps 78,43]). […] Geht man soweit, dann ist man versucht, auch die anderen Einzelheiten der Geschichte nicht als Sage zu interpretieren, sondern mit Ereignissen der alten Geschichtstraditionen zu verbinden. Handelt es sich um einen Zufall, daß Gegenstände, die beim Bau des Zeltheiligtums und zur Herstellung der Kleidung der Priester verwendet wurden, im Zusammenhang mit der Kleidung der Frau auftauchen?“ (324f.)
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Die Deutung der Gottesliebe nach dem Modell der menschlichen Liebe hat das Hohelied nicht erfunden, sondern bei den Propheten und im Deuteronomium50 vorgefunden. Vor allem in den jüngeren Texten der Prophetenbücher Hosea, Jesaja, Jeremia und Ezechiel wird die dramatische Geschichte der Beziehung zwischen Gott und seinem Volk nach dem Modell einer ebenso dramatischen Geschichte zweier Liebender respektive Ehegatten erzählt und gedeutet. Diese Erzählungen bewegen sich aber weitgehend noch im Horizont eines hierarchisch-patriarchalen Musters, das, wenn es positiv gewendet wird, vor allem Aspekte von Fürsorge, Schutz und Versorgung in den Vordergrund rückt (vgl. Hos 1–3; Jes 54,48; Ez 16,1–14). Der negative Aspekt dieses Modells zeigt sich vor allem daran, dass der männliche Partner, also Gott, die Liebe einfordert und im Falle der verweigerten Treue Strafmaßnahmen ergreift (vgl. u. a. Hos 2,15; Jer 2,20–3,13; Ez 16,15–58; 23). Die ambivalenten Aspekte dieser theologischen Konzeption, vor allem derjenigen von Ez 23, wurden in den vergangenen Jahren vor allem von Seiten der feministischen und gender-fairen Exegese thematisiert.51 Allerdings finden sich in diesen Texten bereits Ansätze, die Struktur einer fordernden und unter Androhung von Strafe beanspruchenden Liebe zu durchbrechen. Zunehmend tritt Gott als ein Partner in Erscheinung, der um die Liebe wirbt, der sich wie ein menschlicher Liebhaber nach seiner Geliebten sehnt, der auf ihr Einverständnis und ihre Einsicht wartet und auf die Androhung und Anwendung von Gewalt verzichtet (vgl. Hos 2,16f.; 14,5). Hier nun setzt das Hohelied ein. Es entfaltet in einer hochpoetischen Sprache die Dynamik dieser neuen Liebe. Es setzt die prophetischen Texte, die vor allem von der gescheiterten Liebe zwischen Gott und seinem Volk sprechen, voraus und entfaltet die dort verheißene Aussicht auf eine erneuerte und bleibende Liebe als eine Geschichte der Sehnsucht, des Suchens und des Findens, als eine Geschichte der Trennung und der Vereinigung, in der die Aspekte der unguten Vergangenheit noch anklingen, aber doch radikal verwandelt werden und in einem gänzlich neuen Licht erscheinen.
Zur „Kurzformel der Jahwereligion“ Dtn 6,4f. vgl. Georg Braulik, Deuteronomium 1–16,17 (NEB.AT), Würzburg 1986, 56: „‚Einzig‘ ist vielmehr ein Topos der Liebessprache (Hld 68f). So proklamiert Dtn 64f den Ausschließlichkeitsanspruch Jahwes in einem Liebesbezug.“ Im Dtn geht es allerdings um eine erwartete und geforderte Liebe: „Das von Israel erwartete Verhalten gründet in dem ihm bereits geschenkten Gottesverhältnis; Liebe kann nur gefordert werden, weil Jahwe der einzige Gott Israels ist“ (55). 51 Vgl. Phyllis Trible, Texts of Terror. Literary-Feminist Readings of Biblical Narratives (OBT 13), Philadelphia 21985; Marie-Theres Wacker, Figurationen des Weiblichen im Hosea-Buch (HBS 8), Freiburg i. Br. 1996; Gerlinde Baumann, Liebe und Gewalt. Die Ehe als Metapher für das Verhältnis JHWH – Israel in den Prophetenbüchern (SBS 185), Stuttgart 2000. 50
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Liest man die hier angesprochenen Texte in ihrer Abfolge als eine erzählte Geschichte, so steht das Hohelied am Ende dieser Erzählung. Es rückt das Thema damit zugleich in einen eschatologischen Horizont. Demnach gibt es so etwas wie eine anfängliche Liebe Gottes zu seinem Volk (vgl. Hos 11,1), die von Seiten des Volkes letztlich nicht angemessen erwidert wurde. Es hat die Liebe seines Gottes ausgeschlagen, ist ihm davongelaufen und hat sich damit selbst ins Verderben gestürzt. Gottes Liebe jedoch bleibt: „Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt, darum habe ich dir so lange die Treue bewahrt“ (Jer 31,3; vgl. Ez 16,59–62; Hos 2,16). Das Hohelied greift auf Erfahrungen menschlicher Liebe zurück. Menschliche Sprache ist grundsätzlich metaphorisch. Die grundsätzliche Metaphorik der Sprache gründet in der Analogie von Mensch und Natur. Der Mensch deutet sich und sein Verhalten im Rückgriff auf die Natur, die er selbst aber bereits anthropomorph wahrnimmt. Nach Bruno Snell müssen wir Homer beim Wort nehmen, wenn er sagt, „wie ein Löwe“ stürzt sich jemand auf den Feind. Es ist dasselbe, was in dem Löwen und in dem Krieger wirkt; […]. Die Tiere der homerischen Gleichnisse sind nicht nur Symbole, sondern die spezifischen Träger der lebendigen Kräfte, als die sie uns in der bildenden Kunst des 7. Jahrhunderts dann überall entgegentreten.52
Nach diesem Modell hat Gerhard von Rad die israelitische Weisheit gedeutet. In diesem Sinn kann auch Gianni Barbiero, der eine explizit allegorische Auslegung des Hoheliedes ablehnt, sagen: The Song is not an allegory, but it is a metaphor, a symbol which refers to something higher. It belongs to the logic of the Incarnation: the divine is present in the human and inseparable from it because the love between man and woman is at the same time sensual and spiritual, human and divine. The theological dimension, therefore, is not something added on to the Song on the basis of an allegorical interpretation but is inherent in the letter itself. It is the literal sense of the Song which has a theological dimension.53
Es ist durchaus möglich, dass der ursprüngliche Sitz im Leben einzelner Lieder ein rein profaner war. Im vorliegenden Kontext jedoch dürften die Lieder von Anfang an die Liebesbeziehung zwischen Gott und seiner geliebten Braut, dem Gottesvolk, im Blick haben. Dafür sprechen vor allem die zahlreichen Bezüge zu den ehemetaphorischen Texten des Alten Testaments. Sowohl die jüdische als auch die christliche Tradition haben diese Zusammenhänge richtig erfasst. Der göttliche Liebhaber nimmt an einigen Stellen messianische Züge an. Vor dem Hintergrund der vorauszusetzenden prophetischen Texte rückt das Thema in einen eschatologischen Horizont. Hier konnte das Neue Testament, insbe52 Bruno Snell, Die Entdeckung des Geistes. Studien zur Entstehung des europäischen Denkens bei den Griechen, Göttingen 1975, 71993, 186. 53 Barbiero, Song of Songs (Anm. 30) 41f.
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sondere das Johannesevangelium, anknüpfen (vgl. Mt 9,15; Mk 2,19; Lk 5,34; Joh 3,29; Offb 3,19f.). Es ist nicht ausgeschlossen, dass einige Lieder aus einem ursprünglich polytheistischen Symbolsystem herausgewachsen sind. In den polytheistischen Religionen gehen Götter und Göttinnen gewöhnlich vielfältige Liebesbeziehungen miteinander ein. Ob JHWH ursprünglich in solchen polytheistischen Konstellationen beheimatet war, ist in der Forschung umstritten. Archäologische Forschungen haben Inschriften entdeckt, in denen von „JHWH von Teman und seiner Aschera“ die Rede ist. Es wird diskutiert, ob diese Bezeichnung im Sinne einer sexuell determinierten Paar-Relation zu verstehen ist, dergestalt, dass JHWH hier die Göttin Aschera als seine Partnerin an die Seite gestellt wurde.54 Die im Alten Testament bezeugte „offizielle Religion“ Israels jedenfalls kennt solche Konstellationen nicht. Dennoch kann vor dem hier skizzierten religionsgeschichtlichen Hintergrund das besondere Profil des Hoheliedes weiter erhellt werden: Die Rolle, die in altorientalischen Religionen die Göttin als Partnerin eines Gottes einnimmt, wird im Hohelied von einer menschlichen Figur, nämlich der Frau, eingenommen. Diese Frau steht für das Gottesvolk Israel und – vermittelt durch das Gottesvolk – für die ganze Menschheit und somit für jeden einzelnen Menschen. Damit findet eine Revolution im Gottesbild statt. Der menschliche Partner, repräsentiert durch die Frau, wird geadelt und in gewisser Weise vergöttlicht, der göttliche Partner, repräsentiert durch den Mann, wird vermenschlicht. Gott und Mensch finden zu einer wahrhaft menschlich-göttlichen Begegnung. Vor dem Hintergrund dieser Dynamik wird verständlich, weshalb die christliche Tradition das Hohelied als das für den spirituellen Weg wichtigste Buch der Heiligen Schrift erachtet hat, sind doch in ihr die Vergöttlichung (θέωσις, θεοποίησις) des Menschen und die Menschwerdung Gottes die beiden Brennpunkte ihrer Theologie.55 Die Hochschätzung des Buches verdankt die christliche Theologie der jüdischen Tradition. Sie bestätigt und konkretisiert damit das Urteil Rabbi Akibas: „Sind alle Schriften heilig, so ist das Hohelied hochheilig“ (mJadajim 3,5). So führt gerade der explizite Monotheismus der Bibel aus seiner inneren Dynamik heraus nicht zu einem deistischen Gott, der der Welt in beziehungsloser Ferne gegenübersteht, sondern zu einem Gott, der „zur Welt kommt“. Die konstitutiven Beziehungen dieses Gottes sind nicht mehr wie im Polytheismus 54 Vgl. dazu die Diskussion bei Othmar Keel / Christoph Uehlinger, Göttinnen, Götter und Gottessymbole. Neue Erkenntnisse zur Religionsgeschichte Kanaans und Israels aufgrund bislang unerschlossener ikonographischer Quellen (QD 134), Freiburg i. Br. 41998, § 129–147. 55 Vgl. Albert Franz / Reinhard Flogaus / Peter Fonk, Art. Vergöttlichung, in: LThK 10 (32001) 664–667; Christoph Schönborn, Über die richtige Fassung des dogmatischen Begriffs der Vergöttlichung des Menschen, in: FZPhTh 34 (1987) 3–45.
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diejenigen zu anderen Göttern und Göttinnen, sondern diejenigen zu den Menschen. Zugespitzt gesagt: Das Single-Dasein dieses Gottes, sein Heraustreten aus dem Raum des Polytheismus, machte ihn frei, sich ganz auf die Welt und ihre Bewohner einzulassen. Seine eigentlichen Partner und Gegner sind nun Menschen und nicht mehr andere Götter. Vor dem religions- und theologiegeschichtlichen Hintergrund gelesen, führt die hochgradige Form der Metaphorisierung zu einer Divinisierung des Menschen, in der Gestalt der Frau, und zu einer Humanisierung Gottes, in der Gestalt des Mannes. Beide begegnen sich als Liebende auf einer Ebene. Das Hohelied kann somit als eine spezifische Transformation des Motivs der Heiligen Hochzeit verstanden werden. Die Theologie der Inkarnation artikuliert sich nicht zuletzt auch vor diesem hermeneutischen Horizont. Welche weitreichenden Konsequenzen dieses Konzept für das Gottes- und Menschenbild und vor allem für die Soteriologie hat, sei abschließend mit einem Hinweis auf Meister Eckhart angedeutet. Meister Eckhart findet im Hohelied einen biblischen Bezugspunkt für die in seiner Theologie grundlegende Lehre von der Gottesgeburt im Menschen. In der Bitte osculetur me osculo oris sui aus Hld 1,2 bekundet nach Eckhart der Mensch seine Sehnsucht, „ganz vollendet und (in sie) [die ungezeugte Gerechtigkeit, scil. die Gottheit] ohne irgend ein Mittel umgeformt zu werden (se toto perfici et absque medio quolibet transformari desiderans).“56 Damit wird einem rein äußerlichen Verständnis von Erlösung eine radikale Absage erteilt. In seinem Kommentar zum Johannesevangelium schreibt Eckhart: Denn wenig bedeutete es mir, dass das Wort für die Menschen Fleisch wurde in Christus, jener von mir verschiedenen Person, wenn es nicht auch in mir persönlich (Fleisch annähme), damit auch ich Gottes Sohn wäre. […] Denn das Wort, das in Christus, außer uns, Fleisch geworden ist, macht uns eben dadurch, dass es außer uns ist, nicht vollkommen; aber nachdem und dadurch, dass es in uns Wohnung genommen hat, gibt es uns Namen und Vollkommenheit, „dass wir Gottes Söhne genannt werden und sind“ (1. Joh 3,1). Denn dann wohnt der Sohn Gottes, das Fleisch gewordene Wort, in uns, wirklich in uns selbst: […]. Darum bittet die Braut im Hohen Lied, wenn sie sagt: „er küsse mich mit dem Kusse seines Mundes“ (Hohel. 1,1). Nachdem sie ihn empfangen, „ist der Winter vorüber und vergangen“, „die Weinberge blühen und verbreiten ihren Duft“ (Hohel. 2,11.13); denn „wie träufelnder Honig sind seine Lippen“ (Hohel. 4,11).57
Meister Eckhart, Liber parabolarum Genesis 3,146 (LW 1,615). Vgl. ebenfalls im Anschluss an Hld 1,2 und in Bezug auf Gen 32,31 (= 32,30 Vulgata: facie ad faciem) LW 1,471: „Gottes Hinwendung und Hinblicken auf das Geschöpf ist sein Sprechen und sein Wort, der Geschöpfe Sprechen und ihr Wort ist aber ihre Rückwendung zu Gott und ihr Zurückblicken auf ihn ‚von Angesicht zu Angesicht‘.“ 57 Expositio sancti evangelii secundum Iohannem 117f. (LW 3,101f.103). 56
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In der Geschichte der Theologie und der Philosophie dürfte Meister Eckhart derjenige sein, der das im Hohelied angelegte Konzept der Einswerdung von Gott und Mensch am konsequentesten durchdacht hat. Das führte nach Kurt Flasch zu einer neuen Konzeption des Christentums: Nur Gott selbst kann die Seele beseligen, unmittelbar, ohne medium. […] Bei Thomas kommt etwas von Gott unmittelbar Geschaffenes in die Seele, bei Eckhart kommt Gott selbst unmittelbar in die Seele. […] Die Predigt Eckharts ruft zunächst auf zum Bruch mit der Weltverliebtheit, aber zugleich lädt sie ein, das christliche Selbstverständnis zu renovieren. […] So aber erdachte er eine neue Auslegung des Christlichen und predigte eine neue Konzeption der christlichen Lebenspraxis.58
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Kurt Flasch, Meister Eckhart. Philosoph des Christentums, München 2010, 90f.
Ben Sira 24:22 – Decoding a Metaphor Nuria Calduch-Benages The Festschrift dedicated to Friedrich V. Reiterer on the occasion of his 65th birthday1 opens with a contribution by Pancratius C. Beentjes on Sir 24:19–22.2 With a few exceptions3, this little passage has not aroused a great deal of interest among scholars who have generally preferred to study the preceding verses, that is Sir 24:1–17(18), and, particularly, Sir 24:23, the heart of the chapter. I do not intend to repeat here Beentjes’ careful analysis in the article just mentioned but only the conclusion which he reaches: “If Lady Wisdom is connected – not identified – with the Torah indeed, then the final verse of her invitation (24:22) at once is crystal-clear: ‘He who obeys me will not be ashamed, and those who work with me will not sin.’”4 Taking its cue from this statement, the present work will seek to determine the meaning and function of Sir 24:22 within the final exhortation (24:19–22) and the composition as a whole (Sir 24). Special attention will be given to the use of metaphors and their decoding.
1 Wisdom’s Discourse (Sir 24:1–22) The poem on Wisdom, the most commented on in the whole of the book, comes in chapter 24.5 It is known as the “Praise of Wisdom”, a title attested in the 1 Renate Egger-Wenzel / Karin Schöpfling / Johannes Friedrich Diehl (eds.), Weisheit als Lebensgrundlage (FS Friedrich V. Reiterer) (DCLS 15), Berlin 2013. 2 Pancratius C. Beentjes, “Come to me, you who desire me …”. Lady Wisdom’s Invitation in Ben Sira 24:19–22, in: Egger-Wenzel/Schöpfling/Diehl (eds.), Weisheit (n. 1) 1–11. 3 Maurice Gilbert, La Sapienza si offre come nutrimento (Sir 24,19–22), in: PSV 7 (1983) 51–60; Alice M. Sinnott, The Personification of Wisdom (SOTSMS), Aldershot 2005, 125– 127. 4 Beentjes, “Come to me” (n. 2) 10. 5 Among more recent studies, cf. Bernd Janowski, Gottes Weisheit in Jerusalem. Sirach 24 und die biblische Schekina-Theologie, in: Hermann Lichtenberger / Ulrike Mittmann-Richert (eds.), Biblical Figures in Deuterocanonical and Cognate Literature (DCLY 2008), Berlin 2009, 1–29; Martti Nissinen, Wisdom as Mediatrix in Sirach 24. Ben Sira, Love Lyrics, and Prophecy, in: Mikko Luukko / Saana Svärd / Raija Mattila (eds.), Of God(s), Trees, Kings, and Scholars. Neo-Assyrian and Related Studies (FS Simo Parpola) (StOr 106), Helsinki 2009, 377–390; Ibolya Balla, Ben Sira on Family, Gender and Sexuality (DCLS 8), Berlin 2011,
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majority of Greek manuscripts.6 Taking his inspiration from Prov 8:1–36, Ben Sira puts in the mouth of its protagonist a long speech in which Wisdom praises herself in the midst of her people (24:1–22).7 Beginning from 24:23, the sage takes over in order to explain Wisdom’s speech (24:23–29) and his mission as the teacher of life (24:30‒34). The theological depth of Sir 24, situated precisely half way through the book, has led some authors to consider it as the conclusion of the first part (Sir 1–24); others, however, see it as acting as an introduction to the second part (Sir 24–51). A third solution is that suggested by Johannes Marböck according to whom Sir 24 acts as a bridge between the two parts.8 At any rate, it is clear that, beginning from chap. 25 up to chap. 43, the sage is concerned with many more concrete themes bound up with everyday life. Preceded by an introduction (24:1f.), the speech of Wisdom, properly so called (24:3–22), consists of 22 bicola (22 is the number of letters in the Hebrew alphabet). This procedure, often employed by the biblical authors (e. g. Prov 2:1–22; 31:10–31), enables Ben Sira to focus on the idea of totality, completeness and fullness which is involved in Wisdom (cf. 1:11–30; 6:18–37; 51:13–30).9 The speech is partly marked out by the double inclusion between vv. 3f. (ἐγώ, 2x) and vv. 16f. (ἐγώ, 2x). I use the word “partly” because the use of the first person singular does not finish in v. 17 but continues as far as v. 22 (ἐν ἐμοί). Added to this is the threefold repetition of the term κληρονομία, at the beginning (v. 7; cf. v. 8d: κατακληρονομέω), the middle (v. 12) and the end of the passage (v. 20). Starting out from these observations, we can distinguish two 195–206; Martin Leuenberger, Gott in Bewegung. Religions- und theologiegeschichtliche Beiträge zu Gottesvorstellungen im alten Israel (FAT 76), Tübingen 2011, 298–304; Marko Marttila, Foreign Nations in the Wisdom of Ben Sira. A Jewish Sage between Opposition and Assimilation (DCLS 13), Berlin 2012, 80–118. 6 Cf. Joseph Ziegler (ed.), Sapientia Iesu Filii Sirach (Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum 12/2), Göttingen 21980, 236 (not in the Origenic manuscripts). We do not know if this title (absent from the Siriac) formed part of the first edition of the book, but it is similar to the one which we find at the beginning of the “Praise of the Ancestors” in 44:1, πατέρων ὕμνος (B: ~lw[ twba xbX). 7 On the context in which Wisdom praises herself, cf. Marttila, Foreign Nations (n. 5) 102f. 8 Cf., in this connection, Johannes Marböck, Weisheit im Wandel. Untersuchungen zur Weisheitstheologie bei Ben Sira (BBB 37), Bonn 1971, 41–44; idem, Structure and Redaction History in the Book of Ben Sira. Review and Prospects, in: Pancratius C. Beentjes (ed.), The Book of Ben Sira in Modern Research. Proceedings of the First International Ben Sira Conference 28–31 July 1996 Soesterberg, Netherlands (BZAW 255), Berlin 1997, 61–79: 77; idem, Jesus Sirach 1–23 (HThKAT), Freiburg i. Br. 2010, 27. 9 Cf. Maurice Gilbert, L’éloge de la Sagesse (Siracide 24), in: RTL 5 (1974) 326–348: 329f.
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sections within the speech: one of a narrative character (vv. 3–17+18 G II)10 in which Wisdom tells about herself and another in exhortatory mode (vv. 19–22) in which she addresses those who desire her. In the first part of the speech, Wisdom presents herself in continual movement: first, she journeys in space and time (cf. the verbs with the prefix κατα-); then, she limits her movements to a geographical space which each time becomes more limited, and, finally, she expands into the whole territory of Israel (cf. the triple repetition of the verb ἀνυψόω). This first part is composed of three sections: vv. 3–7, vv. 8–12 and vv. 13–17.11 Verses 3–7 describe the divine origin of Wisdom and her activity in the cosmos (expressed by means of 7 verbs in the aorist). The section ends with a question which Wisdom poses to herself (7b) and which will find its answer in the following verse. Verses 8–12 are distinguished by the appearance of the Creator (cf. 8a: ὁ κτίστης ἁπάντων; 8b: ὁ κτίσας με; 9a: ἔκτισέν με) and the presence, in almost every colon, of a circumstantial complement of place (the preposition ἐν + proper or common noun) referring to the dwelling place of Wisdom, that is, the temple in Jerusalem. Finally, verses 13–17 are characterised, on the one hand, by the repetition of the comparative adverb ὡς (12x) – almost always in the initial position – which introduces a series of vegetable and cultic images referring to Wisdom and, on the other hand, by the presence of several toponyms for the land of Israel. The second part of the speech is a lively exhortation to listen to and follow Wisdom, a companion of life, who offers to all who choose her innumerable benefits and protection against evil. It is precisely to this exhortation that the following paragraphs are devoted.
2 Wisdom’s Final Exhortation (Sir 24:19–22) Wisdom’s exhortation, much shorter than her praise (only 4 verses), opens with an invitation which sets the tone for this small unit. Having listened to Wisdom’s praise of herself, it is surprising that her speech does not end with a glorification of her excellences, as one would perhaps have expected. In place of this missing glorification, Wisdom’s final words concentrate on her relationship with her disciples. As we shall see, this relationship is personal, intimate and profound, one which Ben Sira describes with a metaphorical language based on multiple biblical allusions. On the Lucianic addition in 24:18, see Severino Bussino, The Greek Additions in the Book of Ben Sira. Translated from the Italian by Michael Tait (AnBib 203), Rome 2013, 372–375. 11 For the literary structure of the passage, cf. Gilbert, L’éloge (n. 9) 326–341. 10
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2.1 Text and Translation Sir 24 is certainly one of the most, if not the most, important texts among those where we cannot make use of the Hebrew text (in addition to Sir 1:1–3:5; 16:28–30:10 apart from some verses, and 38:27–39:14). The wish to be able to have the Hebrew original, or, at least, a copy of it, has encouraged some scholars, older and modern, to attempt a retroversion of this chapter. This is what was done by Robert Lowth in 1753, Otto F. Fritzsche in 1859 and, later, Patrick W. Skehan in 1979.12 Although offering thought-provoking results, these texts remain wholly hypothetical and cannot serve as the basis for a careful study of the passage. However, as Martti Nissinen has rightly observed, “even the Greek text clearly reflects the parallel structure of the original Hebrew poem, and the lexical associations are easily observable”13. Our analysis, therefore, will be made on the basis of the Greek version of Sir 24:19–22 according to the edition of Joseph Ziegler14, which we reproduce in what follows. The Greek text will be accompanied by our translation and by some textual notes which will take account of the Syriac and Latin versions. 19 20 21 22
προσέλθετε πρός με οἱ ἐπιθυμοῦντές μου, καὶ ἀπὸ τῶν γενημάτων μου ἐμπλήσθητε τὸ γὰρ μνημόσυνόν μου ὑπὲρ τὸ μέλι γλυκύ, καὶ ἡ κληρονομία μου ὑπὲρ μέλιτος κηρίον. οἱ ἐσθίοντές με ἔτι πεινάσουσιν, καὶ οἱ πίνοντές με ἔτι διψήσουσιν. ὁ ὑπακούων μου οὐκ αἰσχυνθήσεται, καὶ οἱ ἐργαζόμενοι ἐν ἐμοὶ οὐχ ἁμαρτήσουσιν.
Robert Lowth, De sacra poesi Hebraeorum praelectiones academicae Oxonii habitae: subjicitur metricae Harianae brevis confutatio: et oratio Crewiana. Notas et epimetra adiecit Ioannes David Michaelis. Pars prior. Editio secunda, Göttingen 1770, 325; Otto Fridolin Fritzsche, Die Weisheit Jesus-Sirach’s (KEH.Apokryphen 5), Leipzig 1859, 134–136; Patrick W. Skehan, Structure in Poems on Wisdom: Proverbs 8 and Sir 24, in: CBQ 41 (1979) 365–379: 374. Cf. also: Elia Samuele Hartom, arys-!b ¾d $rk ~ynwcyxh ~yrpsh, Tel Aviv 3 1969, 87; Abraham Kahana, arys-!b !w[mv yrbd ¾b $rk ~ynwcyxh ~yrpsh, Tel Aviv 2 1955–56, 51; Moshe Zvi Segal, ~lvh arys !b rps, Jerusalem 21958, 146. 13 Nissinen, Wisdom (n. 5) 380. 14 Ziegler, Sapientia Iesu Filii Sirach (n. 6) 239. For the Syriac version (Syr), we make use of the edition of Nuria Calduch-Benages / Joan Ferrer / Jan Liesen, Wisdom of the Scribe. Diplomatic Edition of the Syriac Version of the Book of Ben Sira according to Codex Ambrosianus, with Translations in Spanish and English (Biblioteca Midrásica 26), Estella 2003, 162f., and, for the Latin (Lat), Biblia sacra iuxta latinam vulgatam versionem ad codicum fidem. XII. Sapientia Salomonis, Liber Hiesu filii Sirach / iussu Pauli PP. VI cura et studio monachorum Abbatiae pontificiae Sancti Hieronymi in urbe ordinis Sancti Benedicti edita; cum praefationibus et variis capitulorum seriebus, Rome 1964, 735, and Walter Thiele (ed.), Sirach (Ecclesiasticus) (VL 11/2), Freiburg i. Br. 1987‒2005, 698f. 12
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19 Come to me,15 you who desire me, and16 be filled with my produce.17 20 For the memory18 of me is sweeter than honey, and my inheritance19 better than a honeycomb [of honey]20. 21 Those who eat me will still hunger21, and those who drink me will still thirst. 22 He who listens to me will not be put to shame22 and those who put me into practice (lit. work with me) will not miss the mark (lit. sin).23
2.2 Literary Analysis In addition to the initial imperative προσέλθετε (followed by ἐμπλήσθητε), which marks a neat distinction from the previous passage, Sir 24:19–22 is characterised by the concentration of nine pronouns in the first person singular. Each colon has one, with the exception of the first colon, where there are two. Even if the author never uses the pronoun ἐγώ (cf., by contrast, vv. 3, 4, 16, 17), the “I” of Wisdom dominates the entire exhortation. Not only is she the speaking Codex S, Syr and Lat add “all”, which, according to Ziegler, could derive from Matt 11:28 (Ziegler, Sapientia Iesu Filii Sirach [n. 6] 239). 16 Gilbert understands this καί in a final sense and translates “to be filled with my produce” (Gilbert, Sapienza [n. 3] 56). 17 Syr: “And you will delight yourselves ( ) in my good fruits” (cf. Otto Rickenbacher, Weisheitsperikopen bei Ben Sira [OBO 1], Fribourg/Göttingen 1973, 112.124). Lat: et a generationibus meis implemini. 18 According to Marböck, instead of μνημόσυνον one should read μνημοσύνη which is attested by the addition 24:28 Lat (Marböck, Weisheit [n. 8] 39). Syr: “teaching”. Lat: spiritus. 19 Syr translates freely: “and for those who inherit me”. 20 Ziegler follows Rahlfs in emending κηρου (B and S) or κηριου (A) to κηριον (Ziegler, Sapientia Iesu Filii Sirach [n. 6] 239). Lat reads super mel et favum (cf. Ps 18:11 LXX: ὑπὲρ μέλι καὶ κηρίον) and adds: memoria mea in generatione saeculorum (24:28). For Peters, in generatione saeculorum means “bis zu den letzten Geschlechtern”; cf. 24:14 Lat (Norbert Peters, Das Buch Jesus Sirach oder Ecclesiasticus [EHAT 25], Münster 1913, 201). 21 Syr adds “for me” at the end of both the stichs. This reading is followed by Rickenbacher, Weisheitsperikopen (n. 17) 112.125. 22 Ms 248 adds δια παντος. Syr: “Whoever listens to me will not fall ( )”. 23 Syr translates freely: “and all his works ( ) will not be destroyed ( )”. According to Smend, Syr has not really understood the meaning of the verb txX (cf. 5:15; 7:36; 49:9); cf. Rudolf Smend, Die Weisheit des Jesus Sirach, Berlin 1906, 221. Lat adds a further verse (24:31) in order to facilitate the transition to the following unit (24:32–47) where we hear the voice of the sage: Qui elucidant (understood as the teachers of wisdom) me vitam aeternam habebunt (cf. Dan 12:3). In his commentary, Peters observes that this is the only occurrence of the verb elucidare in the entire Latin Bible (cf. Peters, Buch Jesus Sirach [n. 20] 201). 15
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subject, but, in addressing her audience, she employs a self-referential language (“come to me”, “my produce”, “the memory of me”, “my inheritance”). Moreover, her potential hearers/disciples are presented as “those who desire me”, “those who eat me”, “those who drink me”, “those who listen to me” (in the singular in the text) and “those who put me into practice”. From the syntactic point of view, the presence of the conjunction γάρ in v. 20a is important. In our opinion, it governs not only v. 20 but also the following verses. In other words, the invitation to approach Wisdom and to be filled with her fruits in v. 19 is justified in vv. 20–22 (cf. the 4 verbs in the future). Consequently, it would be possible to propose the following division into two parts for our passage: Wisdom’s invitation (v. 19) and the reasons for it (vv. 20–22). However, if we take as point of reference the use of metaphorical language, then we are faced with another, twofold, structure. The first part comprises vv. 19–21, where all the metaphorical expressions are concentrated: Wisdom presents herself as a lover, as a tree or plant which bears fruit, and even as food and drink for nourishment. The second part, on the other hand, is composed of a single verse (v. 22) which, in our view, has the function of decoding the metaphors by way of a final conclusion. 2.3 Wisdom’s Metaphorical Self-presentation (Sir 24:19–21) The invitation which Wisdom addresses to her hearers/readers (her potential disciples)24 is permeated with a metaphorical vocabulary which refers to other passages of the book and of the biblical tradition. As we shall see, Ben Sira employs his metaphors in a very original way. They are often superimposed upon one another, making it very difficult, almost impossible, to determine their limits of meaning. One can say with Jessie Rogers that “he makes imaginative use of metaphors that allow for a variety of free associations with biblical imagery”25. This is precisely what happens in Sir 24:19–22. 2.3.1 Sir 24:19 In Sir 24:19a, Wisdom addresses her audience with the vocative “you who desire me” (οἱ ἐπιθυμοῦντές μου). This is not the first time that Ben Sira refers to the relationship between Wisdom and her disciples in terms of desire. It is enough to recall Sir 1:26 (ἐπιθυμήσας σοφίαν διατήρησον ἐντολάς, “if you desire wisdom, keep the commandments”) or Sir 6:37 (ἡ ἐπιθυμία τῆς σοφίας δοθήσεται σοι, “the desire for wisdom will be given to you”). The latter passage According to Marttila, we have here a universal invitation (Marttila, Foreign Nations [n. 5] 109), while Gilbert holds that Wisdom is speaking to the people of Israel (Gilbert, L’éloge [n. 9] 335). 25 Jessie F. Rogers, Wisdom and Creation in Sirach 24, in: JNSL 22 (1996) 141–156: 144. 24
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is the conclusion of a poem which presents the picture of the disciple doing his utmost to attain the Wisdom he desires (Sir 6:18–37). This passionate search on the part of the disciple and the numerous trials which he has to overcome evoke the vicissitudes of the experience of love (cf. Sir 4:11–19; 14:20–15:10; 51:13–30).26 In the final analysis, desire is that power of the heart which attracts one human being to another. Thus, the woman in the Canticle can say: “I am my beloved’s, and his desire is for me” (Cant 7:11).27 Beside the love metaphor, there is also the botanical one, and it is a metaphor very dear to Ben Sira. Wisdom/the lover now becomes a thriving tree/plant with whose products the disciple must fill himself (v. 19b). Behind this image, Maurice Gilbert glimpses “a certain discreet allusion to the tree of life in paradise (Gen 2:17)”28. The careful reader is hardly surprised by this language, since from the first chapter of the book, Ben Sira has referred to the root (1:6, 20), fruits (1:16; 6:19; 24:17), branches (1:20; 14:26; 24:16 [3x]) and produce (1:17; 6:19; 24:19) of Wisdom. Sir 24:12–17 deserves special mentioning, for there this metaphor reaches its maximum development in illustrating the plant cycle of a fruit tree (its roots, its growth, its scent, its foliage, its flowers and its fruits), as Alain Fournier-Bidoz has, correctly, shown.29 In our opinion, the most remarkable aspect of v. 19 is the superimposition of the metaphors (cf. supra). Wisdom’s invitation to fill oneself with her products recalls the invitation of the woman of the Canticle, even if this is formulated indirectly: “Let my beloved come to his garden, and eat its choicest fruits” (Cant 4:16). The erotic connotations of the Canticle’s fruits emerge again in Sir 24:19, where to be filled with the fruits of Wisdom also implies – in the words of Ibolya Balla – “quenching one’s desire for an intimate relationship with her”30. This intimate relation is also hinted at, even if expressed differently, in Sir 4:15 Ms A: “He who gives heed to me – says Wisdom – will dwell in my inmost chambers [of the house]” (Syr: “within me”). 2.3.2 Sir 24:20 Sir 24:20 is the only verse of the passage in which the addressees of the speech are not present, at least explicitly. There remains only the “I” of Wisdom who is 26 Cf. Balla, Ben Sira (n. 5) 187: “Some of the images used in Sir 6:18–31 potentially have erotic overtones and describe a love affair between wisdom and her lover”. 27 Cf. Gilbert, Sapienza (n. 3) 54. 28 Gilbert, Sapienza (n. 3) 55; “una certa allusione discreta all’albero di vita del paradiso (Gen 2,17)”. 29 Alain Fournier-Bidoz, L’arbre et la demeure. Siracide XXIV 10–17, in: VT 34 (1984) 1–10. 30 Balla, Ben Sira (n. 5) 204.
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revealed by means of two concepts that are fundamental in the thought of Ben Sira: μνημόσυνον, “memory”, and κληρονομία, “inheritance” (each 17x). Both the memory which the disciple will have of Wisdom (cf. 49:1) and the inheritance which he will receive from her are compared to honey whose sweetness is a pleasure to the taste (cf. Prov 24:13f.).31 The mention of honey, as Maurice Gilbert suggests, could refer to the blessing of the land in the Pentateuch and so evoke “the land flowing with milk and honey” (Exod 3:8).32 However, if we bear in mind the interweaving of the metaphors, it seems to us that the honey metaphor together with that of the fruits echoes the response of the male lover to the invitation of his female beloved in the Canticle of Canticles: “I have come to my garden, my sister, my bride, and I gather my myrrh and my balsam; I eat my honeycomb and my honey, I drink my wine and my milk. Eat, friends, drink; intoxicate yourselves, my dear ones” (Cant 5:1). Balla’s interpretation is along the same lines.33 According to her, the sage employs the honey image to describe the sweetness of the relationship between Wisdom and her disciple, the same sweetness which characterises the relationship between the two lovers in the Canticle: “Your lips are oozing with honey, O virgin, O bride; there is milk and honey under your tongue, and the scent of your garments is like the scent of Lebanon” (Cant 4:11). Martti Nissinen, after observing the contacts between Sir 24:19f. and the Canticle of Canticles (in addition to some references to the love poetry of the Ancient Near East), reaches the following conclusion: “It seems like Lady Wisdom presents herself superior even to the (divine) love praised by the Song of Songs.”34 One can discuss the significance of this statement, but the expressions employed by Wisdom do indeed confirm her superiority: The memory of her and her We should note the lexical links between 24:20 and the pericope on the adulteress: μνημόσυνον (23:26), κληρονομία (23:22), γλυκύτερον (23:27c). By means of these, a relationship is established between the two female figures: the adulterous woman is presented as the opposite of Wisdom. The links are extended if we take into account chapters 1 and 24 (ῥίζα, 1:6, 20; 24:12; 23:25a; κλάδοι, 1:20; 23:25b; 24:16 [3x] and καρπός, 1:16; 23:25b; 24:17). Cf. Marböck, Weisheit (n. 8) 42; idem, Jesus Sirach (n. 8) 275.277; Pancratius C. Beentjes, “Full Wisdom is Fear of the Lord”. Ben Sira 19,20–20,31. Context, Composition and Concept, in: EstBib 47 (1989) 27–45: 32f.; Balla, Ben Sira (n. 5) 204; Claudia V. Camp, Ben Sira and the Men Who Handle Books. Gender and the Rise of Canon-Consciousness (HBM 50), Sheffield 2013, 92f.; Nuria Calduch-Benages, Ben Sira 23:27 – A Pivotal Verse, in: eadem (ed.), Wisdom for Life (FS Maurice Gilbert) (BZAW 445), Berlin 2014, 186–200: 195f. 32 Gilbert, L’éloge (n. 9) 336; cf. Sinnott, Personification (n. 3) 126. According to Hogan, Ben Sira borrows imagery from Ps 19:11, cf. Karina Martin Hogan, Theologies in Conflict in 4 Ezra. Wisdom Debate and Apocalyptic Solution (JSJS 130), Leiden 2008, 78. 33 Balla, Ben Sira (n. 5) 204. 34 Nissinen, Wisdom (n. 5) 383. 31
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inheritance are precisely sweeter than honey (ὑπὲρ τὸ μέλι γλυκύ, ὑπὲρ μέλιτος κηρίον), that is to say, a sweetness that is superlative, incomparable. 2.3.3 Sir 24:21 In Sir 24:21 the addressees reappear, this time in the guise of dining companions. Wisdom has invited them to a banquet which recalls that of Prov 9:1–6. The hostess opens with these words: “Come, eat my bread and drink the wine which I have prepared for you” (Prov 9:5; cf., also, Isa 25:6; 55:1–3). Already in his first chapter, Ben Sira associates the activity of Wisdom with eating and drinking: “The fear of the Lord is the fullness of wisdom; she intoxicates (μεθύσκει) her devotees with her fruits (ἀπὸ τῶν καρπῶν αὐτῆς). She fills their house with desirable things (ἐπιθυμημάτων), and their storehouses with her produce (ἀπὸ τῶν γενημάτων αὐτῆς)” (1:16f.). The same goes for Sir 15:3. Here too, we have the idea of the banquet, even if the food and drink which are provided are of a spiritual order (cf. 4:12–15). Wisdom, personified as a mother and as a virgin bride, nourishes her disciple with “the bread of understanding (lkX ~xl, ἄρτον συνέσεως), and the water of wisdom (hnwbt ym, ὕδωρ σοφίας)”. The association between wisdom and food is also found in 6:19, where the sage invites the disciple to draw near to Wisdom (πρόσελθε αὐτῇ), to wait for her good fruits (τοὺς ἀγαθοὺς καρποὺς αὐτῆς), and, at the same time, to toil to obtain them. The reward will not be long in coming and, like the farmer, the disciple will soon be able to feed on her produce (τῶν γενημάτων αὐτῆς). In all these texts of Ben Sira, the disciple is invited to nourish himself with the fruits of Wisdom both material and spiritual. In Sir 24:21, on the other hand, she offers herself as food and drink, something rather unusual (cf. John 6). If we go through the pages of the Old Testament, we will not find a single person who presents him- or herself as nourishment, as the source of life and salvation. A self-referential speech of this type is found only in the mouth of Wisdom.35 She is, at one and the same time, the spring and the water, the tree and the fruit. Her products are she herself. Wisdom speaks in the first person and speaks of herself so as to invite, exhort, teach, motivate, stimulate, attract and nourish those who desire her and seek her in order to love her. “Her language is the poetic projection of a desire which” – in the words of Paul Beauchamp – “is neither realised nor completely unsatisfied but which already anticipates, even if imperfectly, its realisation.”36 This idea is inspired by Paul Beauchamp, La personificazione della Sapienza in Proverbi 8,22–31. Genesi e orientamento, in: Giuseppe Bellia / Angelo Passaro (eds.), Libro dei Proverbi. Tradizione, redazione, teologia, Casale Monferrato 1999, 191–209: 208f. 36 Beauchamp, La personificazione (n. 35) 208: “Il suo linguaggio è la proiezione poetica di un desiderio che non è né appagato né del tutto frustrato, ma che già anticipa, benché in 35
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Normally, eating and drinking satisfy hunger and thirst. However, if the food and drink being consumed is Wisdom herself, then one is never filled.37 “Even if one is satisfied a little”, comments Marko Marttila, “one immediately longs for more.”38 Continuing to have hunger and thirst after eating and drinking seems something negative or even a contradiction. In the text, however, it has a positive value. According to Gilbert, the fundamental idea in Sir 24:21 is that “the banquet offered by Wisdom is so excellent that whoever tastes it will return without ever again seeking his nourishment elsewhere”39. The fact is that the search for Wisdom has no limits. The more one involves oneself with her, the more the desire to meet her increases and the more one realises that one is far from the goal of reaching her. According to Ben Sira’s own testimony, this “never ending, inexhaustible but attractive activity”40 lasts throughout the whole of life: “When I was young and innocent, I kept seeking wisdom. She came to me in her beauty and until the end I will seek her out” (Sir 51:13f. according to 11QPsa).
3 From Metaphorical to Decoded Language (Sir 24:22) The metaphorical language which Wisdom has employed in her speech up until now vanishes abruptly. If, in the preceding verses, the metaphorical images and allusions concerning her relationship with her disciples are interwoven to create a rather evocative scenario, in Sir 24:22, they are replaced by a decoded language with a pedagogic purpose. This process of decoding, that is, the passing from metaphorical language to the identification and interpretation of its content, is not a new thing; in fact, it is frequent in biblical texts (cf., e. g., Ps 23; Isa 5:1–7 or Sir 6:18–37). We shall now analyse this process in our verse. 3.1 Two Parallel Verses From a formal point of view, v. 22 is practically identical to v. 21. Both verses are constructed according to the rules of parallelism, and in both verses this parallelism is synonymous.
modo imperfetto, il suo appagamento.” 37 On the relationship between this verse and the Fourth Gospel (John 4:14; 6:35), cf. Gilbert, Sapienza (n. 3) 59; Marttila, Foreign Nations (n. 5) 109f., n. 83. 38 Marttila, Foreign Nations (n. 5) 109. 39 Gilbert, Sapienza (n. 3) 58f.: “il banchetto offerto dalla Sapienza è così ottimo che colui che lo gusta vi ritornerà sempre senza cercare mai più altrove il suo sostentamento”. 40 Beentjes, “Come to me” (n. 2) 7.
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Ben Sira 24:22 – Decoding a Metaphor 21a 21b
καὶ
οἱ ἔσθοντές οἱ πίνοντές
με με
ἔτι ἔτι
πεινάσουσιν διψήσουσιν
22a 22b
καὶ
ὁ ὑπακούων οἱ ἐργαζόμενοι
μου ἐν ἐμοὶ
οὐκ οὐχ
αἰσχυνθήσεται ἁμαρτήσουσιν
Very striking are the two differences between the verses and within the same verse: the negation in v. 22 (v. 21, by contrast, is formulated positively) and the use of the singular in 22a (in v. 21 and in 22b, on the other hand, the third person plural is employed). As for the rest, all the elements correspond perfectly: present participles with the article (subjects), pronouns in the first person (objects) and verbs in the future. The parallel arrangement of the subjects highlights the correspondence between eating and drinking, on the one hand, and listening and putting into practice on the other. Eating and drinking are two complementary actions as are listening and putting into practice. The former act as nourishment for the body, the latter as formation of the mind and spirit. All four, however, are oriented to the same target: the growth of the person. As for the parallel arrangement of the verbal forms, it shows an interesting fact: While v. 21 is formulated in the positive, but its meaning seems to have a negative value (the absence of satisfaction), v. 22 is formulated in the negative, but its meaning is decidedly positive. Finally, it should be noted that the only element which remains unchanged is the first person singular pronoun referring to Wisdom (object complement of all the participles). It is through this pronoun that we are able to glimpse her chameleon-like presence and listen to her authoritative voice. 3.2 Hearing and Putting into Practice The unusual image of Wisdom offering herself as food and drink disappears all of a sudden. For a moment, the reader remains disconcerted, but immediately takes up the thread of the speech. When all is said, it is a question of listening to Wisdom and putting her into practice, just as it is the case with the father/ teacher and his teachings (cf. Prov 5:7; 7:24), or with the Law of the Most High. According to Luis Alonso Schökel, “the two verbs, listen and fulfil, are applied traditionally to the law: the human being ‘observes’ the Law when he ‘fulfils’ it”41. Let us linger for a moment on the first element of the pair of words just mentioned, that is “hearing”. This is not the first time that Wisdom exhorts her dis41 Luis Alonso Schökel, Proverbios y Eclesiástico (Los Libros Sagrados 8/1), Madrid 1968, 231: “Los dos verbos, escuchar y cumplir, se aplican tradicionalmente a la ley: el hombre ‘guarda’ la ley al ‘hacerla’”; cf. Rickenbacher, Weisheitsperikopen (n. 17) 125.
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ciples to listen to her. She has done this also in Sir 4:15 Ms A (“Whoever listens to me [yl [mX] will judge nations [or: in truth] and whoever gives heed to me [yl !yzam] will dwell in my inmost chambers”) and in the book of Proverbs, specifically in Prov 1:33: “Whoever listens to me will live in safety and be at ease, without fear of harm”, in Prov 8:32: “And now, my children, listen to me: happy are those who keep my ways”, and in Prov 8:34: “Happy is the one who listens to me, watching daily at my gates, waiting beside my doors”. We should note that these three verses, exactly like Sir 24:22, are texts of a concluding character which are intended to influence the hearer in a particular way. Prov 1:33 is the conclusion of Wisdom’s first speech (Prov 1:20–33), and Prov 8:32 and 8:34 form part of the conclusion of her second speech (Prov 8:1–36). We intend now to consider the second element of this pair of words, that is, “putting into practice”. The expression οἱ ἐργαζόμενοι ἐν ἐμοί has long given trouble to scholars.42 How is ἐν ἐμοί to be understood when it refers to Wisdom? In a local sense (“in me”)43, an instrumental one (“through me”)44, a final one (“for me”)45, or as a modal complement (“with me”)46? This last option seems to be the most frequent assumed. In fact, in Sir 13:4 we find a similar expression: ἐὰν χρησιμεύσῃς, ἐργᾶται ἐν σοί, “If you are useful, he [the rich man] will work with you” (to profit from it, obviously). However, the translation οἱ ἐργαζόμενοι ἐν ἐμοί in Sir 24:22 with “those who toil/work with me” does not fit into the context. Not by chance, although he goes for this translation, Alexander A. Di Lella holds it necessary to give a further explanation: “i. e. those whose obedience to her [i. e. Wisdom] is put into practice”47.
Some translate freely according to Syr: “they that serve me” (George H. Box / William O. E. Oesterley, The Book of Sirach, in: Robert H. Charles [ed.], APOT 1, Oxford 1913, 268–517: 399); “wer mir dient” (Vinzenz Hamp, Sirach [EB.AT 13/2], Würzburg 1951, 66; Josef Schreiner, Jesus Sirach 1–24 [NEB.AT 38], Würzburg 2002, 131). 43 Cf. William O. E. Oesterley, The Wisdom of Jesus the Son of Sirach or Ecclesiasticus (CBSC), Cambridge 1912, 161; John G. Snaith, Ecclesiasticus or the Wisdom of Jesus, Son of Sirach (CBC), Cambridge 1974, 123; Georg Sauer, Jesus Sirach / Ben Sira (ATD.A 1), Göttingen 2000, 178. 44 Cf. Eve-Marie Becker / Heinz-Josef Fabry / Michael Reitemeyer, Sophia Sirach. Ben Sira. Das Buch Sirach, in: Wolfgang Kraus / Martin Karrer (eds.), Septuaginta Deutsch. Das griechische Alte Testament in deutscher Übersetzung, Stuttgart 2009, 1090–1163: 1124. 45 Cf. Gilbert, Sapienza (n. 3) 59. 46 Cf. Patrick W. Skehan / Alexander A. Di Lella, The Wisdom of Ben Sira. A New Translation with Notes, Introduction and Commentary (AB 39), New York 1987, 336; Benjamin G. Wright, Wisdom of Iesous Son of Sirach, in: Albert Pietersma / Benjamin G. Wright (eds.), A New English Translation of the Septuagint and the Other Greek Translations Traditionally Included under That Title, New York 2007, 715–762: 739. 47 Skehan / Di Lella, Wisdom (n. 46) 336. 42
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In our opinion, the fundamental idea of the text is not so much working for wisdom, through wisdom or with her as acting according to her, that is, putting her teachings into practice (we should remember that she appears personified in the text). We agree, therefore, with Otto Rickenbacher, who translates “die mir gemäss handeln”, even if, within parentheses, he offers another possible translation in which Wisdom becomes the object complement of the verb: “die mich tun”.48 This proposal takes its cue from the translation of Luis Alonso Schökel, behind which we can glimpse the figure of the Law: “he who puts me into practice”49. This veiled association between Wisdom and the Law (due to be made clear in the next verse) had already been perceived by Rudolf Smend in his commentary of 1906: “Man kann am Ende auch die Weisheit ‘tun’ wie das Gesetz.”50 Finally, we should mention the translation of Johannes Marböck: “die sich um mich mühen”51, which places the emphasis on the effort presupposed by the search for Wisdom. Orienting one’s own life towards her and acting according to her teachings is certainly a laborious task for her disciple (cf. Sir 6:18f.) and the testimony of Ben Sira confirms this (cf. Sir 24:34; 33:16, 18; 51:19). 3.3 Shame and Sin/Failure Listening to and committing oneself to Wisdom are two praiseworthy attitudes. So the disciple who behaves in this way will receive rewards: he will never need to be ashamed and he will not sin (in other words, he will not fail in reaching his goals). The first reward has to do with “shame”, an important theme in the book of Ben Sira.52 Even if there is a good kind of shame, which can be described as glory and favour (4:21b), Ben Sira shows himself to be much more concerned Rickenbacher, Weisheitsperikopen (n. 17) 112. Cf. Sir 27:9f., where ἀλήθεια and ἄδικα are the object complement of ἐργάζομαι: “Birds will nest with those like them, and truth will come back to those who practise it. A lion lies in wait for prey, so sin for people who practise injustices.” 49 Alonso Schökel, Proverbios y Eclesiástico (n. 41) 231: “el que me pone en práctica”. 50 Smend, Weisheit (n. 23) 221. 51 Marböck, Weisheit (n. 8) 76; cf. Hamp, Sirach (n. 52) 635: “wer sich um mich abmüht”. 52 Cf. Claudia V. Camp, Honor and Shame in Ben Sira. Anthropological and Theological Reflections, in: Beentjes (ed.), The Book of Ben Sira (n. 8) 171–187; eadem, Honor, Shame and Hermeneutics of Ben Sira’s Ms C, in: Michael Barré (ed.), Wisdom, You Are My Sister (FS Roland E. Murphy) (CBQMS 29), Washington 1997, 157–171; eadem, Ben Sira (n. 31); Phil J. Botha, The Ideology of Shame in the Wisdom of Ben Sira: Ecclesiasticus 41,14–42,8, in: OTE 9 (1996) 353–371; David A. deSilva, The Wisdom of Ben Sira. Honor, Shame, and the Maintenance of the Values of a Minority Culture, in: CBQ 58 (1996) 433–455; Andrzej Piwowar, La vergogna come criterio della fama perpetua. Studio esegetico-teologico di Sir 40,1–42,14. Dissertazione per il Dottorato nella Facoltà di teologia della Pontificia Università Gregoriana, Katowice 2006. 48
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with that shame which, in itself, is sin or leads to sin (4:21a), and so must always be avoided. It is to this subject that he dedicates Sir 41:14–42:8, a long section which, according to Josef Haspecker, contains a double decalogue on the shame which “nimmt sich fast aus wie ein Resumé wichtiger im Buch schon behandelter Themen weisheitsgemässen Verhaltens im praktischen Leben”53. In the first decalogue (Sir 41:14–42:1d), Ben Sira lists the things one must be ashamed of (true shame) and, in Sir 42:1ef–8, what one must not be ashamed of (false shame). We should note that in 9 of the 10 occurrences of αἰσχύνω54 in the book, the verb is always accompanied by a complement.55 In some cases, it is a question of being ashamed of sinful things such as being ashamed of sexual immorality before parents (41:17), or of ill-mannered behaviour such as peering into someone else’s house (21:22). In other cases, however, we are dealing with not being ashamed of good things (42:1e) such as being oneself (4:20), confessing one’s own sins (4:26), protecting a friend (22:25), practising wisdom (51:18) or praising God (51:29). Finally, we should point out 13:5b, the only text in which the object complement of αἰσχύνω is a person: “He [the rich man] will shame you with his foods”. Interestingly, the only exception is our passage. In Sir 24:22, the verb αἰσχύνω is used absolutely. Wisdom promises the attentive and obedient disciple that he is not to be ashamed. In our view, the lack of a complement is very suitable to a concluding phrase which avoids details and so favours a broad interpretation of the content. In other words, the good disciple is never to be ashamed, on no occasion and for no reason. Whoever wants something more concrete can always consult the double decalogue mentioned. We pass on to the second reward now. The key word is the verb ἁμαρτάνω, which is usually translated with “to sin”. But is this the sense which the verb has in Sir 24:22? Again, we find ourselves faced with a problem of translation. The verb ἁμαρτάνω, just like αἰσχύνω, is not accompanied by any complement. In some texts, by means of complements, Ben Sira specifies the kind of sin (19:16; 23:11; 32:12), the reason which provokes it (27:1; 42:1), or against whom it is committed (7:7; 10:29; 38:15). In others, however, it refers to the act of sinning in a general way (5:4; 7:36; 15:20; 19:4, 28; 20:21; 21:1). From a grammatical point of view, 24:22 belongs to the latter group. I repeat, however, are we sure that our verse is speaking of sin at all? Josef Haspecker, Gottesfurcht bei Jesus Sirach. Ihre religiöse Struktur und ihre literarische und doktrinäre Bedeutung (AnBib 30), Rome 1967, 185. 54 On 6 occasions, αἰσχύνω renders the Hebrew Xwb (4:20, 26; 41:17; 42:1; 51:18 QPsa [$ph in Ms B]; 51:29). 55 Note that, in Sir 41:14–42:1d and 42:1ef–8, even if the verb αἰσχύνω is mentioned only twice, at the beginning of each unit respectively (41:17; 42:1e), it is implicit in each verse. 53
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In the LXX, the main Hebrew word corresponding with ἁμαρτάνω is ajx. In Ben Sira, this correspondence is confirmed on only three occasions (5:4; 38:15; 42:1). In 7:7 and 10:29, ἁμαρτάνω renders [Xr and, in 7:36, txX. Without the Hebrew text of 24:22, one can only hypothesize as to what verb lies behind ἁμαρτάνω. According to Skehan, we would have here wajxy al, which he translates with “will not fail”. In this case, just as in Prov 8:36, the verb ajx “has its basic physical sense of falling short, missing the mark, and does not rather convey the derived sense of ‘sin’”56. Another possibility is that defended by Rudolf Smend. Basing himself on 7:36, he claims that, in 24:22, ἁμαρτάνω renders the Hebrew txX (Hiph. “to be corrupt, to act corruptly”)57. At any rate, even if the idea of sin could be implicit and is not to be rejected completely, we think that in 24:22 the sense of ἁμαρτάνω is rather that of “missing the mark”, that is, failing to achieve the result that was intended.58 Thus, what we have suggested for αἰσχύνω is applicable to ἁμαρτάνω, that is, the concluding function of the verse is expressed also by the use of terms with broad significance which embrace all the areas of a person’s life. Let us add a final observation. By contrast with Sir 4:11–19, where the rewards awaited by the good disciple are all formulated in the positive, in 24:22, on the other hand, the two promises made by Wisdom are expressed negatively. It is our contention that the two negations before the verbs in the future and in final position confer on Wisdom’s speech a sententious and authoritative tone which is reassuring for the disciple (cf. 7:36).
4 Conclusion Following our analysis, we can affirm that Sir 24:22 acts as a conclusion, not only to Wisdom’s exhortation (24:19–22), but to her entire speech in the first person (24:3–22). In this case, the method chosen by Ben Sira to conclude the poem has been to decode the metaphor of Wisdom as a fruit tree (together with that of Wisdom as a lover) which he had developed so carefully in the previous verses. The metaphorical language is, then, replaced by a language that is direct and clear but not for this reason any less stimulating and convincing. There is also a note of realism in this conclusion of his. An essential component of lis Skehan, Structure (n. 12) 378. Cf. Smend, Weisheit (n. 23) 221. Cf. note 23. 58 Cf. Jeremy Corley, An Intertextual Study of Proverbs and Ben Sira, in: idem / Vincent Skemp (eds.), Intertextual Studies in Ben Sira and Tobit (FS Alexander A. Di Lella) (CBQMS 38), Washington 2005, 155–182: 159f.: “Proverbs 8 and Sirach 24 both warn against missing the opportunity to gain wisdom, in each case at the end of her first-person speech.” The reference is clearly to Prov 8:36 and Sir 24:22. 56 57
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Nuria Calduch-Benages
tening to Wisdom and putting her into practice (her teachings are understood) is personal effort. Without a fundamental commitment, the disciple will never succeed in reaching these objectives. At the same time as he decodes Wisdom’s metaphors, Ben Sira introduces indirectly the figure of the Law in such a way as to prepare the passage for the following verse. It will be precisely in Sir 24:23, where the close relationship between Wisdom and the Law will come to light. So, then, in addition to its concluding function, Sir 24:22 acts as a transition to the speech of the sage (24:23–34), with which chapter 24 finishes. In 24:1–22, Ben Sira has chosen a point of view and a voice in order to transmit his message. The point of view and the voice are those of Wisdom, but, behind these, is hidden the figure of the sage and his authority. Perhaps, as Benjamin Wright suggests, we have here the authoritative voice of the ideal sage, “one who embodies Wisdom”, with whom Ben Sira identifies himself. The ideal sage (Ben Sira) is an example for the disciples who frequent his school: “His is not simply an example to be imitated, but he is someone to be emulated.”59
59 Benjamin G. Wright, Ben Sira and the Sage as Exemplar, in: idem, Praise Israel for Wisdom and Instruction. Essays on Ben Sira and Wisdom, the Letter of Aristeas and the Septuagint (JSJ.S 131), Leiden 2008, 165–182: 181. Cf. Camp, Ben Sira (n. 31) 163–168.
„Ezechiel sah eine Vision und beschrieb die Gestalten am Thronwagen“ (Sir 49,8) Zur Rezeption der Thronwagenvision Ezechiels in spätalttestamentlicher und zwischentestamentarischer Zeit Franz Sedlmeier 1 Hinführung „Ezechiel sah eine Vision und beschrieb die Gestalten am Thronwagen“. Kurz und prägnant greift Jesus Sirach gegen Ende seiner Geschichtsschau von Sir 44–50 die Vision Ezechiels aus Ez 1 und 10 auf. Der Jubilar, den dieser kleine Beitrag ehren will, hat einen Großteil seiner Lebens- und Schaffenskraft dem schriftgelehrten Weisen gewidmet. Jesus Sirach spricht ausdrücklich von „Gestalten am Thronwagen“ (Einheitsübersetzung; hebräisch: hbkrm ynz; LXX: ἐπὶ ἅρματος χερουβιν), fasst also die Vorgaben aus Ez 1 und 10 unter einem Ausdruck zusammen, den Ezechiel noch nicht kennt, dem aber in der Rezeption der Ezechielvision besondere Bedeutung zukommen wird, dem der hbkrm. Im Folgenden sollen zunächst die einschlägigen Gebertexte aus Ezechiel (Kap. 1–3; 10 und 40–43) in den Blick genommen werden, um dann deren Wirkungs- bzw. Rezeptionsgeschichte nachzugehen. Dabei gilt das Augenmerk neben dem bereits erwähnten Ausschnitt aus Jesus Sirach auch der LXX, den Targumim und in der speziellen außerbiblischen Merkaba-Literatur dem ersten Buch Henoch (äthHen),1 Qumran und abschließend der rabbinischen Rezeption.
2 Die Visionen Ezechiels: Ez 1–3; 10; 40–43 Die Visionen Ezechiels in Ez 1–3; 10 und 40–43 stellen ein hochkomplexes literarisches Gebilde dar, in dem mit Sicherheit mehrere Bearbeiter ihre Spuren hinterlassen haben. Das gilt bereits innerhalb Ez 1–3, dann aber auch im Verhältnis von Ez 10 zu Ez 1 mit einer präzisierenden und aktualisierenden Interpretation in Kap. 10. Der enigmatische Text Ez 1 hat also nicht erst in der 1
Auf weitere Apokalypsen wie VitAd und ApkAbr kann hier nicht eingegangen werden.
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Franz Sedlmeier
späteren Rezeption, sondern bereits im Rahmen der Genese des Ezechielbuches zu kommentierenden und aktualisierenden Fortschreibungen angeregt. Der folgende Durchgang durch den Ezechieltext hebt insbesondere jene Aspekte hervor, die in der Rezeptionsgeschichte bedeutsam werden sollen. 2.1 Anmerkungen zu Ez 1–3: die Berufungsvision 2.1.1 Zu V. 1–3a Das Ezechielbuch beginnt mit einem Paukenschlag, einem Ereignis, das die ungewöhnliche Bucheröffnung mit dem Narrativ yhiy>w: bereits intoniert: WxT.p.nI ~yhil{a/ tAar>m; ha,r>a,w" ~yIm;V'h;. Und eben dieses Ereignis – dass die Himmel sich öffnen und der Prophet göttliche Gesichte schaut – geschieht in der Golah, am Fluss Kebar (rb'K.-rh;n>-l[; hl'AGh;-%Atb. ynIa]w:), im Land der Chaldäer: ~yDIf.K; #r) mit jeweils vier Flügeln und vier Gesichtern – ein Menschen-, ein Löwen-, ein Stier- und ein Adlergesicht. Sie besitzen einerseits Menschenhände, andererseits Stierfüße. Für die Beschreibung der Chajjot greift Ezechiel auf aus der Umwelt bekannte Vorstellungen von throntragenden Wesen und Himmelsträgern zurück und verbindet diese Vorstellungen auf seine Weise miteinander. Dabei wird die vom Tempel losgelöste, vom Himmel her kommende göttliche Erscheinung durch die betonte Vierzahl (vier Flügel, vier mal vier Gesichter, vier Räder) in ihrem universalen Herrschaftsanspruch gezeigt.5 Nun hat diese eigenartige Beschreibung der Chajjot bereits innerhalb des Ezechielbuches eine interpretierende Relecture erfahren. Um die Beweglichkeit des göttlichen Thrones zu unterstreichen, konzentrieren sich V. 15–21 auf die Räder der vier Wesen (V. 15: t AYx;h; lc,ae #ra;l.).6 Die Nägel, mit denen die Räder rundum beschlagen sind, werden vom Seher als Augen wahrgenommen, ein Hinweis auf die Allgegenwart der göttlichen Macht. Wie zuvor schon bei den Lebewesen (V. 12) erscheint auch bei den Rädern (V. 21) die x:Wr als bewegende Kraft: ~yNIp;AaB' hY"x;h; x:Wr yKi. In dieser Relecture erhalten somit die Ofannim besondere Bedeutung für die Bewegung der gesamten Erscheinung. In einer späteren aktualisierenden Nachexegese in Ez 10,8–18 werden die Lebewesen mit den Kerubim des Jerusalemer Tempels identifiziert, wie 10,15 ausdrücklich festhält: rb'K.-rh;n>Bi ytiyair" rv,a] hY"x;h; ayhi ~ybiWrK.h; WMroYEw:.7 Allerdings sind die Keruben, die an anderer Stelle in den alttestamentlichen Texten beschrieben werden, deutlich verschieden von den Chajjot in Ez 1.8 Auf diesen Aspekt der Mächtigkeit des Thronenden aufgrund der Chajjot wird später der Midrasch Rabba zu Ex 15,1 ausdrücklich Bezug nehmen: „Das stolzeste von allen lebenden Geschöpfen ist der Mensch; von den Vögeln – der Adler, von den wilden Tieren – der Löwe. Sie alle haben Königliches empfangen und Größe wurde ihnen gewährt. Und sie alle stehen unter dem Thronwagen des Heiligen“ (Shemot 23,13; zitiert nach Franz Sedlmeier, Das Buch Ezechiel. Kapitel 1–24 [NSK.AT 21/1], Stuttgart 2002, 83). 6 Ez 1,15 (revidierte Zürcher Bibel): „Und ich sah die Wesen, und sieh: Da war je ein Rad auf der Erde neben den Wesen, an ihren vier Vorderseiten.“ 7 Ez 10,15 (revidierte Zürcher Bibel): „Und die Kerubim erhoben sich. Das war das Wesen, das ich am Fluss Kebar gesehen hatte.“ 8 Vgl. 1 Sam 4,4; 2 Sam 22,11; Ex 25,18–22; 37,7–9; Num 7,89; 1 Kön 6,23–28; 8,6f. Dazu David J. Halperin, The Faces of the Chariot. Early Jewish Responses to Ezekiel’s Vision (TSAJ 16), Tübingen 1988, 43: „But the ḥayyot are so unlike the cherubim that I cannot imagine that anyone who knows, on whatever subconscious level, that the two are identical, would describe them with all the idiosyncrasies of Ezekiel 1. Given that so much of chapter 10 was written to interpret chapter 1, it seems to me more likely that the ḥayyot = cherubim 5
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Diese Inkohärenz wird in der Rezeption dazu führen, dass die Identifizierung der Chajjot mit den Keruben als Wächter der Lade und als Bewohner des Allerheiligsten zum Teil weiterwirkt, nach Halperin in der Merkaba-Exegese vor allem außerhalb der rabbinischen Literatur. Daneben existiert jedoch eine weitere Überlieferung, in der die Identifizierung nicht übernommen wird, sondern die Chajjot und die Kerubim als unterschiedliche Größen, später als unterschiedliche Engelklassen nebeneinander bestehen.9 Aber auch der Abschnitt Ez 1,15–21 mit der Beschreibung der Räder wird in Ez 10 aufgegriffen und neu interpretiert. Dabei erhalten die Räder aus Kap. 1 zunehmend ein Eigengewicht, vielleicht sind sie bereits „personifiziert“: Although its author assumes and supports the equation of the ḥayyot with the cherubim, made throughout chapter 10, his real interest is the ’ofannim. He turns this „wheels“ from machines into angels, almost literally fleshing them out. In verse 11, he equips them with heads; in verse 12, with flesh, arms and wings.10
In Ez 10,13 werden die Ofannim als galgal bezeichnet: ar"Aq ~h,l' ~yNIp;Aal' yn"z>a'B. lG:l.G:h;.11 Der sich anschließende V. 14 beschreibt unter Rückgriff auf Ez 1,10 die vier Gesichter, wobei das Stiergesicht aus 1,10 (lwaOmF.h;me rAv-ynEp.W) durch ein Kerubengesicht (bWrK.h; ynEP. dx'a,h' ynEP.) ersetzt ist. Hinzu kommt noch ein Weiteres: Da der gesamte Zusammenhang von den ~h,yNEp;Aa spricht, bezie-
hen sich die Gesichter nicht auf die Chajjot (so die Einheitsübersetzung, die hier twOYx; als logisches Subjekt einfügt), sondern auf die ~yNIp;wOa (so richtig die revidierte Zürcher Bibel). Damit werden die ~yNIp;wOa gleichsam mit den ~ybiWrK. parallelisiert, die ihrerseits mit den twOYx; von Ez 1 identifiziert worden sind.12 Zurück zu Kap. 1: Wie schon erwähnt, führt die Himmelsträgertheophanie in V. 22–25 hin zur [:yqir", zur „Himmelsplatte“, auf welcher der göttliche Thron steht. Dabei werden die ausgebreiteten Flügel der die Himmelsplatte tragenden Wesen, die einander berühren, ebenso erwähnt (V. 23) wie – als akustisches Element – das Geräusch der Flügel (V. 24), das dem Rauschen „vieler Wasser“ (~yBir: ~yIm; lAqK.), ja der Stimme des Allmächtigen (yD:v;-lAqK.), dem Lärm einer Volksmenge (hL'muh] lAq) wie dem eines Heerlagers (hn haer>m; aWh („dies war die Erscheinung der Gestalt der Herrlichkeit JHWHs“). Es ist diese Begegnung, die Ezechiel zu Boden wirft: yn:P'-l[; lPoa,w" ha,r>a,w", wobei von einem Erschrecken oder von Ängsten des Propheten nicht die Rede ist, im Unterschied zur späteren Tradition etwa beim äthiopischen Henoch. 2.1.3 Berufung (Ez 1,28b–3,15) und Ende der Vision (Ez 3,12–15) Unmittelbar auf die Vision mit dem durchgängigen Motiv des „Sehens“ folgt die Audition (Stichwort [mv, „hören“), in der die Berufung Ezechiels zum Gerichtspropheten berichtet wird. Die Vision ist somit nicht Selbstzweck, sie führt zur Berufung und Sendung und ist letztlich auf die Adressaten der Verkündigung Ezechiels zu beziehen, auf das Haus Israel, bei Ezechiel despektierlich als yrIm. tyBe, „Haus der Widerspenstigkeit“, disqualifiziert (etwa 2,6). Das Ende der Berufung fällt zusammen mit dem Abschluss der Vision Ez 3,12–15. Wie die x:Wr den Propheten befähigt hatte, die Botschaft JHWHs aufzunehmen,13 so reißt die gleiche x:Wr den Propheten aus dem visionären Erleben heraus. Nur noch hinter sich hört Ezechiel lAdG" v[;r: lAq, „ein Geräusch, ein gewaltiges Dröhnen“ (3,12). Nun wird der sich anschließende hebräische Es heißt in Ez 2,1f.: „Er sagte zu mir: Stehe auf deinen Füßen (^yl,g>r:-l[; dmo[]), Menschensohn; ich will mit dir reden. Als er das zu mir sagte, kam Geist in mich (x:Wr ybi aboT'w:) und er ließ mich auf meinen Füßen stehen (yl'g>r:-l[; ynIdEmi[]T;w:). Und ich hörte den, der mit mir redete.“ 13
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Text in 3,12b in der Regel dahingehend korrigiert, dass das eröffnende %WrB' durch ~WrB. ersetzt wird.14 Nach dieser Korrektur hört Ezechiel das laute Geräusch ~WrB., „beim Sich-Erheben der Herrlichkeit JHWHs von seinem Ort“. Diese vermutlich ursprüngliche Lesart wurde wohl schon sehr früh durch den jetzt vorliegenden MT wOmwOqM.mi hwh'y>-dwObK. %WrB' ersetzt. Auch die LXX kennt diese Wiedergabe bereits: Εὐλογημένη ἡ δόξα κυρίου ἐκ τοῦ τόπου αὐτοῦ. Damit aber mutiert, in Verbindung mit der Umdeutung der Räder in Ez 10, der Lobpreis von 3,12 zum Lobpreis der twOYx; und der ~yNIp;wOa, wie V. 13 dann im Anschluss an Halperin verstanden werden kann. Zugleich entsteht ein Brückenschlag zwischen der Vision Ezechiels mit ihrem abschließenden Lobpreis durch die twOYx; und die ~yNIp;wOa einerseits und dem Lobpreis in Jes 6,3 andererseits. Dazu kommentiert Halperin: Ezekiel’s „great quaking“ corresponds to the shaking of the bases of the thresholds in Isaiah. Isaiah ties this shaking to a great cry of praise uttered by the Lord’s winged attendants […]. Ezekiel now has a corresponding doxology, nearly meaningless and therefore profoundly evocative: „Blessed be the glory of the Lord from his place […].“ And, just as Isaiah suggests that the attendant beings cry out their formula antiphonally, so the altered text of Ezekiel: the „voice of the ’ofannim“ answers the „wings of the ḥayyot.“ The wings of the ḥayyot thus give the impression of being their organs of song – a remarkable idea that we will meet again and again – and the ’ofannim, „wheels,“ no longer appear as the mechanical objects we might have imagined, but as active supernatural beings who correspond to the ḥayyot.15
Dieser relativ ausführliche Durchgang durch den Ezechieltext erlaubt es, den Zugriff späterer Bearbeiter und Rezipienten auf die Vision des Propheten leichter nachzuvollziehen.16
3 Übersetzungen und innerbiblische Rezeption von Ez 1–3; 10; 40–43 3.1 Septuaginta und Targumim Leider sind die ersten elf Kapitel des Ezechielbuches in Papyrus 967 nicht erhalten, sodass dieser wichtige Textzeuge fehlt. Die LXX von Ez 3,12–15 greift die hymnische Note des MT von 3,12 (AmAqM.mi hw"hy>-dAbK. %WrB') auf und über14 Vgl. dazu Walther Zimmerli, Ezechiel 1–24 (BKAT 13/1), Neukirchen-Vluyn 21979, 12.82; Daniel I. Block, The Book of Ezekiel. Chapters 1–24 (NICOT), Grand Rapids 1997, 132–138; Karl-Friedrich Pohlmann, Der Prophet Hesekiel/Ezechiel. Kapitel 1–19 (ATD 22/1), Göttingen 1996, 46; anders Moshe Greenberg, Ezechiel. 1. Teilband: Kapitel 1–20 (HThKAT), Freiburg i. Br. 2001, 78.99. 15 Halperin, Faces (Anm. 8) 45. 16 Auf den ebenfalls relevanten Text Ez 40–43 wird später eingegangen.
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nimmt sie: Εὐλογημένη ἡ δόξα κυρίου ἐκ τοῦ τόπου αὐτοῦ. Der Targum verstärkt diese Tendenz, indem er das „große Geräusch“ (ygIs; [y"z> lq') erläutert: !yxib.v;mdI („derer, die lobten“)17 !yrIm.a'w> („und die sagten“): ywyd: ar"q'y> $yrIb. („gepriesen sei die Ehre Adonajs“) hyten>ykiv. tybe rt;a]me („vom Ort des Hauses seiner Schekina aus“). Die Tendenz, Teile des Thronwagens zu personifizieren und das Gotteslob hymnisch zu mehren, könnte auch, so der Vorschlag von Halperin, hinter der LXX-Wiedergabe von V. 13 stehen: „Und ich vernahm – καὶ εἶδον – das Geräusch / den Klang der Flügel der Lebewesen (φωνὴν πτερύγων τῶν ζῴων), die gegeneinander flatterten (πτερυσσομένων ἑτέρα πρὸς τὴν ἑτέραν).“ Bereits der masoretische Text hatte in Ez 3,13 die tAYx; und die ~yNIp;Aa als korrespondierende Größen einander zugeordnet. In diesem Sinne fährt die LXX fort: καὶ φωνὴ τῶν τροχῶν („und das Geräusch / der Klang der Räder“) ἐχομένη αὐτῶν („nah bei ihnen / ihnen gegenüber“). Die seltsame Wiedergabe von MT Ht'Axa]-la, hV'ai tAqyVim; („die sich gegenseitig berühren“) mit πτερυσσομένων ἑτέρα πρὸς τὴν ἑτέραν („gegeneinander flatternd“) wird uns noch beschäftigen, weil das Verb πτερύσσομαι („Flügel schwingen“) noch in Ez 1,23 und in manchen Handschriften zudem in 1,24 auftaucht. Auch in der Beschreibung der Rückkehr des Propheten (3,14) weicht die LXX deutlich vom MT ab. Statt yxiWr tm;x]B; rm; %leaew" („und ich ging erbittert, in der Zornglut meines Geistes“) formuliert die LXX: καὶ ἐπορεύθην ἐν ὁρμῇ τοῦ πνεύματός μου („und ich ging dahin im Drang / Eifer meines Geistes“). Ein mögliches hymnisches Verständnis ist wohl auch in 1,23f. LXX gegeben, wo wie eben erwähnt das Verb πτερύσσομαι („Flügel schwingen“) auftaucht. Während der MT die Flügel unterhalb der Himmelsfeste gerade ausgespannt sein lässt, einer zum andern hin – Ht'Axa]-la, hV'ai tArv'y> ~h,ypen>K; [;yqir"h' tx;t;w> –, ergänzt die LXX: πτερυσσόμεναι ἑτέρα τῇ ἑτέρᾳ („und sie flatterten ein jeder gegeneinander“). Nach einigen Handschriften18 wird auch in V. 24 statt ~T'k.l,B. / ἐν τῷ πορεύεσθαι erneut πτερύσσομαι bezeugt. Also statt: „Und ich hörte das Rauschen ihrer Flügel, wenn sie gingen / sich bewegten, wie das Rauschen vieler Wasser“ würde der Text lauten: „Und ich hörte das Rauschen / den Klang ihrer Flügel, wenn sie gegeneinander flatterten, wie das Rauschen vieler Wasser.“ „The use of ‚fluttering‘ in all three passages only makes sense“ – so Halperin – „if we assume that, in the dialect of Greek used by the LXX translator, the word could indicate the creation of a musical sound.“19 Der Targum führt diese Tendenz in V. 24 fort: 17
Zur Form
xbv.
!yxib.v;mdI: Relativpronomen + Partizip Paʽel, mask. Plural von der Wurzel
18 So Halperin, Faces (Anm. 8) 59: „The other is Ezek 1:24, where fourteen manuscripts read pteryssesthay, ‚fluttered‘, in place of poreuesthai, ‚went‘.“ 19 Halperin, Faces (Anm. 8) 59.
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Und ich hörte das Rauschen ihrer Flügel wie das Rauschen vieler Wasser, wie eine Stimme vor dem Herrn, wenn sie gingen. Das Rauschen ihrer Rede, als sie den ewigen Gott priesen und segneten, den Herrn der Ewigkeit, war wie das Rauschen des Heeres der erhabenen Engel. Wenn sie standen, brachten sie ihre Flügel zum Schweigen.
Das Rauschen vieler Wasser ist nach T nicht länger auf die Stimme Gottes bezogen, sondern charakterisiert die Stimmen derer, die Gott lobpreisen. Ähnlich wie in 1,24 wird in Ez 43,1–3 MT der zum Tempel zurückkehrende laer"f.yI yhel{a/ dAbK. mit dem „Rauschen der vielen Wasser“ (~yBir: ~yIm; lAqK.) verglichen. Während der MT in 1,23f. sehr ausladend ergänzte: ~T'k.l,B. yD:v;-lAqK. („wie die Stimme des Allmächtigen, wenn sie gingen“), hntai). 22 Michael Konkel, Jezekiel/Ezechiel/Hesekiel. Erläuterungen zu Kap. 40–48, in: Martin Karrer / Wolfgang Kraus (Hg.), Septuaginta Deutsch. Erläuterungen und Kommentare zum griechischen Alten Testament. 2. Psalmen bis Daniel, Stuttgart 2011, 2968‒2992: 2978. 23 Auf Dan 7 wird an dieser Stelle nicht eingegangen. 24 Die Tatsache, dass Gott als Richter herrscherlich kommt, bedeutet, dass der Wagen sowohl als Thron- wie auch als Streitwagen zu verstehen sein wird. 25 1 Kön 7,33 spricht vom „Werk der Räder“ (~yNIp;Aah' hfe[]m;W), die „wie das Werk eines Wagenrads“ (hb'K'r>M,h; !p;Aa hfe[]m;K.) gemacht waren. Es geht hier nicht einfach um einen „Streitwagen“, sondern in Verbindung mit dem Ehernen Meer um Symbole der göttlichen Macht gegenüber den Kräften des Chaos. 21
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für das in Ez 1 und 10 geschaute Phänomen vor. Der Kontext macht deutlich, dass es nicht um einen einfachen Streitwagen geht. Es ist zu bedenken, dass in 1 Chr 28,11–1926 David seinem Sohn einen genauen Plan über die Ausstattung des Heiligtums übergibt. In vergleichbarer Weise, wie einst Mose am Sinai ein Modell des Heiligtums gezeigt bekam (Ex 25,9.40; 26,30; 27,8), übergibt David die Skizze / den Plan (tynIb.T;h;) dessen, was er selbst einer göttlichen Eingebung verdankt. Die prächtige Ausgestaltung, die der Chronist in der Beschreibung des Tempels vor Augen stellt, dürfte auf das Sinaiheiligtum Bezug nehmen, das Mose nach Ex 25–31 geschaut hat und das unter seiner Anleitung (Ex 36–40) gemäß dem zuvor geschauten Plan gebaut wird. Die wichtigen Elemente aus Ex 25,18–20 (die Kapporet, die aus Gold getriebenen Keruben, die Lade) tauchen auch in 1 Chr 28,11–19 auf: Sie werden nun, unter Rückgriff auf Ez 1 und 10, mit dem Kerubengefährt verbunden und als hbkrm bezeichnet. Wie der gesamte Plan (tynIb.T;, V. 11 und 19) aus der Hand JHWHs kommt (V. 19: lyKif.hi yl;[' hw"hy> dY:mi bt'k.Bi lKoh;),27 so auch der hb'K'r>m,h; tynIb.T; in 1 Chr 28,18. Wie für den Räucheraltar (trmil.) wird das Goldgewicht auch „für den Aufbau / das Modell des Wagens“ (hb'K'r>M,h; tynIb.t;l.W) festgelegt. Und wie schon in Ex 25 soll der „Thronwagen“ mit den vergoldeten Keruben und deren ausgebreiteten Flügeln verbunden sein, die die Lade des Bundes bedecken w"hy>-tyrIB. !Ara]-l[; ~ykik.sow> ~yfir>pol. bh'z" ~ybirUK.h;.28 und beschützen: h Zur Zeit des chronistischen Verfassers bzw. Bearbeiters29 ist der göttliche Thronwagen mit der Bezeichnung hbkrm wohl als bekannt vorauszusetzen. Die aus Ex 25 kommende Vorstellung von in Gold getriebenen Keruben wird so mit der Vorstellung vom göttlichen Thronwagen verbunden. Dies verstärkt den Bezug zum Buch Exodus, der bereits in Ez 1 und 10 gegeben war, nicht nur hinsichtlich einzelner Motive, sondern auch in der Gesamtaussage: Die Beweglichkeit Gottes und seine Unabhängigkeit vom Tempel ist auch in Ex 24,18–20 vorausgesetzt.30 Der ganze Abschnitt 1 Chr 28,11–18 bildet im hebräischen Original einen einzigen Satz. 1 Chr 28,18f.: „(18) Er verordnete geläutertes Gold für den Räucheraltar, mit Angabe des Gewichtes, und Gold für den Aufbau des Thronwagens, die Kerubim, die ihre Flügel ausbreiteten und die Bundeslade des Herrn bedeckten. (19) All das legte er dar in einer Schrift aus der Hand des Herrn, die über ihm ruhte, und erörterte alle Arbeiten, die der Plan vorsah.“ 28 Auf die Wiedergabe in der LXX wäre eigens einzugehen. Dies soll zu einem späteren Zeitpunkt geschehen. 29 Die Frage, ob und inwieweit die tabnît-Vorstellung in 1 Chr 28,11.18f. ein späterer Zusatz ist (vgl. Rudolf Mosis, Untersuchungen zur Theologie des chronistischen Geschichtswerkes [FThSt 92], Freiburg i. Br. 1973, 135 Anm. 33), braucht hier nicht erörtert zu werden. 30 Vgl. Christoph Dohmen, Exodus 19–40 (HThKAT), Freiburg i. Br. 2004, 252: „Geht man davon aus, dass die Lade ‚unter‘ der ‚Kapporet‘ mit ihren ‚Kerubim‘ deren Tragbarkeit ermöglicht, dann erschließt sich der Sinn der Kombination von Lade und ‚Kapporet‘: Insofern die Lade das ‚Zeugnis‘ der Offenbarung Gottes beinhaltet und so dieses ‚Zeugnis‘ über den 26 27
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3.2.2 Sir 49,8f. Jesus Sirach spricht in 49,8 so selbstverständlich und kommentarlos von der dass der Ausdruck seinen Adressaten bekannt gewesen sein muss. Offensichtlich war in den weisheitlichen Kreisen, mit denen er kommunizierte, die Schau Ezechiels aus Ez 1; 10 und 43 mit dem geprägten Ausdruck Merkaba bereits fest verknüpft und in Gebrauch. Der kurze Abschnitt über Ezechiel findet sich gegen Ende des sogenannten „Lobes der Väter“ Sir 44–49. Dabei ist auffallend, dass dieses Väterlob als erste Gestalt Henoch einführt (Sir 44,16), der zugleich eine der letzten Gestalten dieser Komposition ist (49,14).31 Für Ben Sira kommt offensichtlich der (außer biblischen) Henochtradition, die sich ihrerseits aus den Visionen Ezechiels speist, besondere Bedeutung zu. Der letzte Abschnitt im Lobpreis der Väter konzentriert sich auf die exilische und nachexilische Zeit. In Zusammenhang mit dem Untergang der Stadt Jerusalem erwähnt Sirach zunächst Jeremia (49,7), um dann in einem eigenen Abschnitt auf Ezechiel, Ijob und die Zwölf Propheten einzugehen (49,8–10),32 die hier als Einheit gesehen sind.33
hbkrm,
Der Text Sir 49,8–10: V. 8 V. 9 V. 10
hbkrm ynz dgyw qd[c ykr]d lk lklkmh ~t[xt twx]rp ~tmc[ yht … ..b whw[Xyw
harm har laqzxy ay[b]n bwya ta rykzh ~gw ~yaybnh rX[ ~ynX ~gw bq[y ta wmylxh rXa
Offenbarungsort hinweg getragen werden kann, wird der ‚markierte‘ Ort der Gottesbegegnung durch seine Verbindung mit der Lade ‚beweglich‘. Das bedeutet, dass die Ortsbindung aufgehoben wird: Die Gottesbegegnung wird an die ‚Träger‘ der Lade, d. h. die Empfänger der Offenbarung, also Israel, gebunden.“ 31 Ausführlicher dazu Johannes Marböck, Henoch – Adam – der Thronwagen. Zur frühjüdischen pseudepigraphischen Tradition bei Ben Sira, in: BZ 25 (1981) 103–111 (= ders., Gottes Weisheit unter uns. Zur Theologie des Buches Sirach, hg. v. Irmtraud Fischer [HBS 6], Freiburg i. Br. 1995, 133–143). 32 Zur Abgrenzung von Sir 49,8–10 vgl. Ralph Hildesheim, Bis daß ein Prophet aufstand wie Feuer. Untersuchungen zum Prophetenverständnis des Ben Sira in Sir 48,1–49,16 (TThSt 58), Trier 1996, 206–221. 33 Kanongeschichtlich ist interessant, dass Ben Sira die drei großen Propheten Jesaja, Jeremia und Ezechiel kennt und an Ezechiel die Zwölf Propheten als ein Werk anfügt. Damit verlässt er den historischen Durchgang, insofern die einzelnen Prophetengestalten des Dodekapropheton unterschiedlichen historischen Epochen angehören. Literarhistorisch ist seine Reihung jedoch stimmig, da das Dodekapropheton in der exilisch-nachexilischen Zeit seine Gestalt findet.
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Ezechiel ist nach Auffassung Sirachs unter den Propheten besonders ausgewiesen aufgrund seiner Vision. Der Ausdruck harm (V. 8a) wird in den Ezechielvisionen mehrfach verwendet, u. a. in 1,1 und 8,4. Während der Prophet in Ez 1,1 in erster Person sein eigenes Erleben bezeugt (~yhil{a/ tAar>m; ha,r>a,w"), wird hier in dritter Person über ihn berichtet.34 Die LXX fügt die δόξα ergänzend hinzu: Ιεζεκιηλ ὃς εἶδεν ὅρασιν δόξης. In der Fortführung in V. 8b erwähnt Ben Sira ganz selbstverständlich den Thronwagen: hbkrm ynz dgyw. Das Verb dgn taucht in Sirach mehrfach auf. Es kann sich auf das Bekanntmachen von bislang Unbekanntem und Verborgenem beziehen, etwa in Sir 14,12 und 16,22.35 Innerhalb des Väterlobs bringt das Verb zum Ausdruck, dass ein Prophet die Zukunft zu deuten versteht, so in 46,2036 und 48,25.37 Die Beschreibung und Erklärung des Thronwagens wird somit als zukunftsrelevante Aussage qualifiziert. Die Wortfügung hbkrm ynz nimmt auf die Gotteserscheinung von Ez 1,15–21 und 10,9–17 Bezug. !z kann sich entweder auf verschiedene Ansichten des Wagens beziehen38 oder – so interpretierend die Einheitsübersetzung – auf Gestalten.39 Der eher beiläufige Hinweis auf den Thronwagen unter Verwendung des Begriffs hbkrm spricht für einen Bezug Ben Siras sowohl zu 1 Chr 28,18, wo der Thronwagen bereits mit der Bundeslade zusammengehört, als auch zu Ezechiel.40 Dabei sieht der schriftgelehrte Weise Ezechiel in einer deutlich anderen 34 Die veränderte Kommunikationsrichtung zeigt sich auch in 4Q385 Frgm. 4 aus PseudoEzechiel, das folgendermaßen einsetzt: [ la]qzxy har rXa harmh („die Vision, welche geschaut hat Ezech[iel --]“). 35 Sir 14,12: „Denk daran, dass der Tod nicht säumt und die Frist bis zur Unterwelt dir unbekannt ist.“ ‒ Sir 16,22: „Das gerechte Tun, wer macht es bekannt? Und was darf ich hoffen, wenn ich das Gebot halte?“ 36 Nach Sir 46,20 kündigt die Erscheinung des Samuel das nahende Unheil für Saul an. 37 Sir 48,25 bezieht sich auf die Ankündigung der Zukunft durch Jesaja: „Für fernste Zeit verkündete er das Kommende und das Verborgene, bevor es geschah.“ 38 So Gershom Scholem, Art. Merkabah Mysticism, in: EJ 11 (1971) 1386f.: 1386. 39 Dass Sirach im folgenden V. 9 auf Ijob eingeht, erklärt sich von Ez 14,14.20 her, wo Ijob neben Noach und Daniel als exemplarisch Gerechter der Urzeit vorgestellt ist. Vom Satzbau her ist Ezechiel Subjekt in V. 9. Es ist somit Ezechiel, der Ijob „in Erinnerung brachte“ (rykzh), und zwar, wie der fragmentierte V. 9b zeigt, weil Ijob „alle Wege der Gerechtigkeit einhielt“ (Übersetzung nach Hildesheim, Prophetenverständnis [Anm. 32] 206). Dabei dürfte neben Ez 14,14.20 auch Ijob 1,1 im Blick sein. Dass Ijob als Prophet qualifiziert ist (ay[b]n bwya), wird darin seinen Grund haben, „dass der Nicht-Israelit Ijob als Prophet der Heiden angesehen wurde und das Buch Ijob unter die Prophetenbücher gerechnet wurde. […] Ijob wird hinter Ezechiel plaziert, weil er im Buch Ezechiel erwähnt wird und somit für Sirach eine logische Verknüpfung zwischen ihm und Ezechiel besteht. […] Dadurch ergibt sich eine Plazierung zwischen Jesaja, Jeremia und Ezechiel einerseits und den ‚Zwölf Propheten‘ andererseits“ (Hildesheim, Prophetenverständnis [Anm. 32] 213). 40 Inwieweit 1 Chr auf Ezechiels Visionen Bezug nimmt, wäre zu untersuchen. Lässt sich 1 Chr 28,18 nicht ausschließlich von Ex 25 her verstehen?
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Rolle, als dieser sie im Ezechielbuch selbst einnimmt. Ezechiel wird in Sir 49,8 zum Deuter und Vermittler der „Gestalten“ bzw. der „Ansichten“ des Thronwagens.41 Dies dürfte ein Indiz dafür sein, dass der Sirazide mit einem „apokalyptisch geprägte[n] Milieu“42 in Verbindung stand, das im Judentum seiner Zeit im Entstehen war und zu einer apokalyptisch-spekulativen Weisheitstheologie weiterentfaltet wurde. Dass Ben Sira in 49,9 nicht auf Daniel aus Ez 14,14.20 zurückgreift, der nach der Tradition der LXX die großen Propheten abschließt, sondern auf Ijob, dessen Verhalten gemäß der Gerechtigkeit hervorgehoben wird, dürfte seinen Grund darin haben, dass Sirach den „apokalyptischen Tendenzen keinen breiteren Raum in seinem Werk zubilligen“43 wollte. Eine Bezugnahme auf Daniel hätte einen klaren apokalyptischen Akzent gesetzt,44 eine Bezugnahme auf Ijob indes, der als Prophet qualifiziert ist und als solcher „alle Wege der Gerechtigkeit einhielt“ – so die Textrekonstruktion von V. 9b (qd[c ykr]d lk lklkmh)45 – weist in eine andere Richtung: auf das für die Prophetie wie die Weisheit wichtige Thema des Tuns der Gerechtigkeit, das sich an JHWHs Weisung orientiert. Gerade der toragemäße Lebenswandel ist das Herzensanliegen des Siraziden und ist apokalyptischen Visionen vorzuziehen. Diese implizite und zurückhaltende Kritik, die sich in der Bezugnahme auf Ijob statt Daniel sowie im nüchternen Verweis auf Ezechiels Thronwagen zeigt, verrät jedoch zugleich, dass Sirach in Auseinandersetzung mit den apokalyptischweisheitlichen Strömungen seiner Zeit steht, die er nicht ignorieren kann und will, die er aber in ihrem Stellenwert einschränkt. Auf diese Strömungen ist nun in Auswahl einzugehen.
4 Zur außerbiblischen und vorrabbinischen Rezeption 4.1 Die Himmelsreise Henochs nach 1 Hen 14–16 Etwa zeitgleich mit dem Buch Jesus Sirach entsteht im ausgehenden 3. oder im beginnenden 2. Jh. v. Chr. das „Buch der Wächter“ des äthiopischen Henoch Es wäre zu fragen, ob die Aussage Dohmens zu Ex 25,18–20 über den Offenbarungsträger nicht bereits bei Ezechiel aktualisiert und zugleich transformiert ist. Die Transformation bestünde in der Konzentration auf den Propheten als Offenbarungsempfänger. Im Kundtun seiner Schau öffnet sich seine Erfahrung für seine Adressaten. 42 Hildesheim, Prophetenverständnis (Anm. 32) 217, Bezug nehmend auf Marböck, Thronwagen (Anm. 31) 110. 43 Hildesheim, Prophetenverständnis (Anm. 32) 218. 44 Das gilt unabhängig davon, welche konkrete Gestalt die Danieltradition zur Zeit Sirachs besaß. 45 Ausführlicher dazu Hildesheim, Prophetenverständnis (Anm. 32) 206. Das Partizip Pilpēl lklkmh von lwk in Verbindung mit $rd bedeutet „die Wege einhaltend“. 41
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buchs (1 Hen 1–36), das aus fünf eigenständigen Stücken besteht.46 Auf die Einleitung 1 Hen 1–5 (1) und (2) die Geschichte vom Fall der Engel in 1 Hen 6–11, den wohl ältesten Teil des Erzählzusammenhanges, der auf Gen 6,1–4 Bezug nimmt, folgt der für uns entscheidende Abschnitt (3) 1 Hen 12–16: die Erzählung von der Himmelsreise des Henoch. Zahlreiche Anspielungen zeigen, dass die Thronwagenvision Ez 1–3 und 10 sowie die zweite Tempelvision Ez 40– 43 als Gebertexte im Hintergrund standen.47 Dennoch sind die Unterschiede unübersehbar: Während Ezechiel auf Erden bleibt und die göttliche Erscheinung ihm entgegenkommt, wird Henoch in eine Bewegung hinauf in die Himmel, vor den Thron der Gottheit hineingenommen.48 Um den Sinn und die Aussageabsicht dieser Himmelsreise zu verstehen, ist der Erzählzusammenhang zu beachten, der Fall der Wächterengel (1 Hen 6–11).49 Eine doppelte Grenzüberschreitung – (1) die Verbindung der himmlischen Wächterengel mit den schönen Menschen-Frauen, aus der die Riesen der Vorzeit hervorgehen und aufgrund welcher Gewalttat das Leben infiziert, und (2) die Preisgabe von geheimnisvollem Wissen, das die Menschen überfordert, weil sie zum rechten Umgang damit nicht fähig sind – führt dazu, dass das Chaos die Schöpfung gleichsam 46 Sicherlich ist 1 Hen kein in sich einheitliches Werk. Die fünf eigenständigen Stücke 1–5; 6–11; 12–16; 17–19 und 20–36 stellen einen redaktionell hergestellten Erzählzusammenhang dar, wobei 1 Hen 6–11 wohl den ältesten Textbestand bildet. 47 Zum Folgenden vgl. Beate Ego, Reduktion, Amplifikation, Interpretation, Neukontextualisierung. Intertextuelle Aspekte der Rezeption der Ezechielschen Thronwagenvision im antiken Judentum, in: Dieter Sänger (Hg.), Das Ezechielbuch in der Johannesoffenbarung (BThSt 76), Neukirchen-Vluyn 2004, 31–60: 48–54; dies., Henochs Reise vor den Thron Gottes (1 Hen 14,8–16,4). Zur Funktion des Motivs der Himmelsreise im „Wächterbuch“ (1 Hen 1–36), in: Jörg Frey / Michael Becker (Hg.), Apokalyptik und Qumran (Einblicke 10), Paderborn 2007, 105–121; Peter Schäfer, Die Ursprünge der jüdischen Mystik. Aus dem Amerikanischen von Claus-Jürgen Thornton, Berlin 2011, 83–102. 48 Nach Grözinger, Jüdisches Denken (Anm. 4) 35, ist zu unterscheiden zwischen „Visitationsmystik“ (Ezechiel) und „unitive[r] Weltfluchtmystik mit Himmelsreise“ (Wächterbuch), wobei zu fragen ist, ob die Himmelsreise damit in ihrer Aussageintention getroffen ist. 49 In 1 Hen 6–11, einer Erzählung, die auf Gen 6,1–4 Bezug nimmt, findet Henoch keine Erwähnung. Dies entspricht durchaus der biblischen Erzähllogik. Nach Gen 5,21–24 wird Henoch als siebtes Glied der Adamsgenealogie, die von Adam bis Noach reicht, mit 365 Jahren als Gerechter, der seinen Weg mit Gott geht, zu Gott entrückt. Erst danach erzählt die Bibel von den Göttersöhnen, die sich mit den Menschentöchtern verbinden, eine Grenzüberschreitung, die in der Bibel zur Geburt der Riesen der Vorzeit und zur Begrenzung der menschlichen Lebenszeit führt. Darauf folgt die Fluterzählung, die der anwachsenden Bosheit der Menschen ein Ende bereitet, zugleich aber mit der Rettung des gerechten Noach als des Sintfluthelden einen neuen Anfang ermöglicht. Insofern ist es stimmig, dass der bereits entrückte Henoch in 1 Hen 6–11 keine Erwähnung findet. Die Verknüpfung der Himmelsreise des Henoch mit dem Fall der Wächterengel ist für die Aussageabsicht von 1 Hen 12–16 im Blick zu behalten. Vgl. dazu auch Ego, Henochs Reise (Anm. 47) 106.
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überflutet. Um diesem Anwachsen der Zerstörung Einhalt zu gebieten, ergeht das göttliche Strafgericht über die Wächter. Als Bote dieses Gerichts kommt Henoch eine besondere Aufgabe zu. Henoch, der nach seiner Entrückung (vgl. Gen 5,21–24) bei den Wächtern und Heiligen weilt, wird von den himmlischen Wächtern als „Schreiber der Gerechtigkeit“ (12,4)50 beauftragt, den gefallenen Engeln das von Gott her bereits beschlossene Gericht kundzutun (12,4–6). Nachdem Henoch diesen Auftrag erfüllt hat, bitten ihn die gefallenen Engel, für sie fürbittend bei Gott einzutreten (13,4). Henoch verfasst eine Bittschrift und trägt diese vor, bis ihn der Schlaf übermannt (13,7). Er empfängt eine Traumvision, die den Ausgang seines Bittgesuchs zeigt: die Bestätigung des unabänderlichen göttlichen Strafgerichts über die Engel (13,8–10). Der erste Teil von Kap. 14 (V. 1–7) wiederholt noch einmal feierlich den feststehenden Ratschluss Gottes, wonach die gefallenen Engel ihren Stand im Himmel für immer verloren haben.51 Damit hat Henoch seinen Auftrag an sich erfüllt. Das Ergebnis des Bittgesuchs für die Wächter ist bekannt.52 Gerade hier setzt die Vision ein, die Henochs Aufstieg in die himmlische Welt beschreibt. Die Himmelsreise Henochs in 14,8–23 ist unverkennbar von den Visionen Ezechiels geprägt.53 Dazu nun einige Hinweise. Während in Ez 1 sich die Himmel öffnen und die Elemente der Sturm- und Throntheophanie auf die sich nahende göttliche Erscheinung verweisen, wird Henoch in umgekehrter Richtung hinweggenommen:54 (8) Und die Vision erschien mir folgendermaßen: Siehe, Wolken riefen mich in der Vision, und Nebel rief mich, und die Bahn der Sterne und die Blitze drängten mich zur Eile und trie Mehrfach wird Henoch so bezeichnet: als „Schreiber“ (12,3; 92,1), als „Schreiber der Gerechtigkeit“ (12,4: γραμματεὺς τῆς δικαιοσύνης), als „Schreiber der Wahrheit“ (15,1: γραμματεὺς τῆς ἀληθείας). 51 Die feierliche Eröffnung von 1 Hen 14,1 unterstreicht die Gültigkeit des göttlichen Ratschlusses: „Das (ist das) Buch der Worte der Wahrheit und des Tadels der Wächter, die von Ewigkeit sind, wie (es) der Heilige und Große befohlen hat in jener Vision.“ (Übersetzung nach Siegbert Uhlig, Das äthiopische Henochbuch [JSHRZ 5/6], Gütersloh 1984, 536f.) 52 George W. E. Nickelsburg, 1 Enoch. 1. A Commentary on the Book of 1 Enoch, Chapters 1–36; 81–108 (Hermeneia), Philadelphia 2001, gliedert in seiner Kommentierung von 1 Hen 14,1–16 den Text in drei Abschnitte: (1) 14,1–7 (der wieder in zwei Teile zerfällt: V. 1–4a: eine prosaische Einführung; V. 4b–7: ein poetisch gestaltetes Orakel), (2) 14,8–23 mit Henochs Himmelsreise und Vision und (3) 1 Hen 14,24–16,4 als göttliches Orakel, das in Form einer Gottesrede das göttliche Gerichtsurteil ausführlich und definitiv formuliert. 53 Neben Ezechiel finden sich deutliche Bezüge zum Buch Daniel, insbesondere zu Dan 7. Da das Buch Daniel später als 1 Hen zu datieren ist, ist entweder 1 Hen der Gebertext für Dan oder 1 Hen und Dan schöpfen aus einer gemeinsamen Quelle. 54 Im Folgenden beziehe ich mich auf die Übersetzungen von Uhlig, Henochbuch (Anm. 51) 538–541, und Schäfer, Ursprünge (Anm. 47) 83–102. 50
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ben mich, und die Winde in der Vision gaben mir Flügel und bewegten mich und hoben mich empor in den Himmel.
Die Elemente „Wolken“, „Blitze“, „Nebel“ (griechisch: ὁμίχλη; hebräisch: lpr[, kann „dichte Wolke“ bedeuten) greifen auf die „große Wolke mit flackerndem Feuer“ (Ez 1,4) oder ähnliche Theophanieschilderungen aus Ex 19,16 oder Ex 20,21 zurück.55 Im Unterschied zu den Vorgaben aus Ezechiel und Exodus kommen diese Phänomene nicht von oben her auf den Visionär zu, während er auf der Erde bleibt; stattdessen wird er im Wächterbuch von den Elementen angezogen und zu seiner Himmelsreise angetrieben. Die xwr, die als beflügelnde Kraft wirkt, ist auch in Ez 8,3 als Vehikel der Bewegung tätig. Sicherlich ist auch in Ez 8–11 und 40–48 von einer visionären Reise die Rede, die Ezechiel allerdings nicht durch die Himmel bewegt, sondern ihn nach Jerusalem bringt, wo er den entweihten (Ez 8–11) und den idealen zukünftigen Tempel (40–48) sieht.56 Der nächste Abschnitt – V. 9–14 – führt Henoch zunächst an eine Mauer, die seltsamerweise aus Hagelsteinen erbaut und mit Feuerzungen umgeben ist. Innerhalb des ummauerten Bereichs finden sich ein Haus, das leer ist, sowie – wie der Text später fortfährt – ein weiteres, zweites Haus. Offensichtlich ist hier, ähnlich wie in Ez 40–42, ein Tempelareal umschrieben. (9) Und ich ging hinein, bis ich nahe an einer Mauer war, die aus Hagelsteinen erbaut war, und Feuerzungen umgaben sie, und sie begann, mir Furcht einzujagen. (10) Und ich trat hinein in die Feuerzunge[/-n] und näherte mich einem großen Haus, das aus Hagelsteinen [/Schnee] erbaut war, und die Wand jenes Hauses (war) wie eine Mosaikfläche aus Hagelsteinen, und sein Boden (war von) Hagel [/Schnee], (11) seine Decke wie die Bahn der Sterne [/Feuerbälle] und (wie) Blitze, und dazwischen (waren) feurige Kerubim, und sein Himmel (war von) Wasser, (12) und flammendes Feuer umgab die Wand, und seine Tür flammte von Feuer. (13) Und ich trat ein in jenes Haus, und es war heiß wie Feuer und kalt wie Schnee, und keine Lebensfreude war darin. Furcht bedeckte mich, und Zittern ergriff mich. (14) Und ich war erschüttert und zitterte, und ich fiel nieder auf mein Angesicht …
Ex 19,16: Donner, Blitze und Wolken; Ex 20,21: dunkles Gewölk; Ez 1,4: Sturmwind, eine große Wolke von Lichtglanz umgeben. 56 Vgl. dagegen Paul Joyce, Ezekiel 40–42: The Earliest „Heavenly Ascent“ Narrative?, in: Henk Jan de Jonge / Johannes Tromp (Hg.), The Book of Ezekiel and Its Influence, Aldershot 2007, 17–41, der, Bezug nehmend auf Tuell, in Ez 40–42 das himmlische Heiligtum sieht, das Ezechiel schaut. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Position von Joyce ist an dieser Stelle nicht möglich. Mit Bernhard Heininger, Paulus als Visionär. Eine religionsgeschichtliche Studie (HBS 9), Freiburg i. Br. 1996, 54, wird man dem entgegenhalten können: „Wie die Zielangabe [i. e. Jerusalem in Ez 8,3, F.S.] unmißverständlich zu erkennen gibt, liegt für Ezechiel ein Himmelsaufstieg nach Art der späteren apokalyptischen Literatur noch außerhalb des Blickfeldes“. 55
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Es fällt auf, dass Henoch eine aktive Rolle einnimmt: „ich ging hinein“ – „ich trat hinein“ – „ich näherte mich“ – „ich trat ein (in jenes Haus)“ – „ich war erschüttert“ – „ich fiel nieder“ – „ich sah in der Vision“. Das Nebeneinander von Schnee/Hagelsteinen und Feuer kennzeichnet die Mauer wie das erste Haus, das als tyb das Tempelgebäude innerhalb der Mauer bezeichnet. Hagelsteine/ Schnee könnten an Ez 1,22 erinnern, wo das Gewölbe über den Lebewesen als ar"ANh; xr:Q,h; („furchterregendes Eis“) beschrieben ist. Auch die Keruben (V. 11) dürften von Ez 10 und 1 beeinflusst sein. Das Gebäude selbst, das von seiner Gestaltung her auf den Kosmos verweist (vgl. Sterne und Wasser an der Decke), löst beim Visionär Furcht und Schrecken aus, sodass er niederfällt. Die Proskynese kennt auch Ezechiel (1,28a; 3,23; 43,3; 44,4), allerdings ist diese bei ihm nicht ein solcher Ausdruck des Schreckens wie bei Henoch. Im Fortgang der visionären Himmelswanderung führt der Weg vom ersten Haus, in dem Henoch sich befindet, in ein zweites, größeres. Dort wird ein Thron ansichtig – und über dem Thron die thronende Gottheit. Insofern zeigt sich eine ähnliche steigernde Linienführung wie bei Ezechiel, wo die Schau des Thronenden den Höhepunkt darstellt. Zunächst jedoch führt der Weg in ein zweites Haus: … und ich sah in der Vision: (15) Und siehe, (da war) ein anderes Haus, größer als jenes, und die Tür war völlig offen vor mir, und es war aus Feuerzungen erbaut. (16) Und in allem war es so außergewöhnlich an Herrlichkeit, Pracht und Größe, dass ich nicht in der Lage bin, euch seine Herrlichkeit und seine Größe zu beschreiben. (17) Und sein Boden (war) von Feuer, und oberhalb von ihm (waren) Blitze und die Laufbahn der Sterne, und seine Decke flammendes Feuer. (18) Und ich blickte hin und sah darin einen hohen Thron, und sein Aussehen (war) wie Reif, und sein Umkreis (war) wie die Sonne, die leuchtet, und (wie) die Stimme der Kerubim. (19) Und unterhalb des Thrones kamen Ströme flammenden Feuers hervor, und man vermochte ihn nicht anzusehen.
Die Mauer, von der die Rede war, und die beiden Häuser, von denen sich das größere offensichtlich im kleineren befindet,57 spielen auf die Struktur des Jerusalemer Tempels an, wobei das größere Haus sowohl auf das höher gelegene Allerheiligste als auch auf dessen größere Bedeutung verweisen dürfte. Da das zweite Haus, das der Seher nicht betritt, vollständig aus Feuer besteht (nicht aus Feuer und Eis), wird auch hier noch einmal eine qualitative Steigerung angezeigt. Dieses bedeutendere zweite Haus, das „so außergewöhnlich an Herrlichkeit, Pracht und Größe“ ist, dass Henoch es nicht zu beschreiben vermag, gibt den So der Hinweis von Schäfer, Ursprünge (Anm. 47) 90: „Als er in dem Haus steht, das er betreten hat, erblickt Henoch ein zweites, sogar noch größeres Haus; da er das erste Haus noch nicht verlassen hat, muss sich das zweite im ersten befinden.“ Dies ist wohl ein Hinweis auf das Allerheiligste. 57
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Blick frei auf den göttlichen Thron, der – wie in Ez 1,26–28 – Zielpunkt der Vision ist. Einzelne Stichworte verweisen wieder auf Ez 1 als Gebertext: (1) Der „hohe Thron“ (14,18) evoziert – im Unterschied zum zweiten Haus, das ganz aus Feuer besteht – mit seinem Aussehen wie „Eiskristall“ (καὶ τὸ εἶδος αὐτοῦ ὡσεὶ κρυστάλλινον) Ez 1,22; dort war die feste Platte über den Häuptern einem „schreckenerregenden Kristall“ (ar"ANh; xr:Q,h; !y[eK.) ähnlich. In der LXX heißt es: ὡς ὅρασις κρυστάλλου.58 (2) Auch nach 1 Hen 14,18 hat der Thron Räder, die allerdings mit der Sonne verglichen werden (καὶ τροχὸς ὡς ἡλίου λάμποντος) und anders als in Ez 1,16f. nicht beweglich sind. Der Thron, den Henoch schaut, hat seinen festen Platz im Allerheiligsten. Außerdem sind die Räder in Ezechiel mit dem Glanz des Chrysolith verglichen: vyvir>T; !y[eK. ~h,yfe[]m;W ~yNIp;Aah' haer>m;; καὶ τὸ εἶδος τῶν τροχῶν ὡς εἶδος θαρσις. (3) Der Hinweis auf die Kerubim greift Ezechiel auf, der die Kerubim nach 10,1–22 mit den „Lebewesen“ von Ez 1 identifiziert hatte.59 (4) Dass unterhalb des Thrones „Ströme flammenden Feuers“ hervorkommen, findet sich in Ezechiel bei der Beschreibung des Thrones nicht,60 doch könnten die Aussagen aus Ez 1,13 wirksam sein, wonach der Zwischenraum zwischen den Lebewesen von Feuer erfüllt ist. Die Bezüge zu Ez 1 und 10 sind deutlich gegeben, doch werden die einzelnen Motive innerhalb der Gesamtdarstellung von 1 Hen 14 unterschiedlich eingesetzt. Am Höhepunkt der Vision wendet sich Henoch dem Thronenden zu, doch kaum kommt dieser in den Blick, gleitet der Blick auch schon wieder ab und konzentriert sich auf sein Gewand: (20) Und die große Herrlichkeit saß darauf, und ihr Gewand war strahlender als die Sonne und weißer als aller Schnee. (21) Und keiner von den Engeln konnte eintreten, noch sein Angesicht den Erhabenen und Herrlichen sehen, und keiner, der zum Fleisch gehört, vermag ihn zu sehen. (22) Flammendes Feuer (war) rings um ihn, und großes Feuer stand vor ihm, und niemand von denen, die um ihn waren, nahte sich ihm; zehntausendmal zehntausend (waren) vor ihm, aber er brauchte keinen Rat. (23) Und die Heiligen der Heiligen, die in seiner Nähe waren, entfernten sich nicht bei Nacht und verließen ihn nicht.
58 Schäfer, Ursprünge (Anm. 47) 91, betont den Bezug zum ersten Haus, der durch das Feuer-Eis-Motiv hergestellt wird, sieht aber keine Beziehung zu Ezechiel, da nach Ez 1,26 der Thron einem Saphir gleiche. 59 Schwierig ist die Aussage καὶ ὄρος χερουβίν, nach Uhlig, Henochbuch (Anm. 51) 540, „Stimme der Kerubim“, nach Nickelsburg, 1 Enoch 1 (Anm. 52) 258, „Wächter“ (οὖροι). 60 So zu Recht Schäfer, Ursprünge (Anm. 47) 92. Er weist darauf hin, dass hier Bezüge zu Dan 7,9f. bestehen.
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Die „große Herrlichkeit“ (V. 20), die Henoch auf dem Thron schaut, dürfte Ez 1,28 aufgreifen (hw"hy>-dAbK. tWmD> haer>m; aWh), das flammende Feuer, das den Thronenden umgibt (V. 22), wohl Ez 1,27. Die Unfassbarkeit Gottes artikuliert sich sowohl in mehrfacher Negation als auch positiv durch die unüberschaubare Zahl der Engel. Das Unfassbare der Gottheit kommt ferner darin zum Ausdruck, dass der Blick des Sehers sofort auf das Gewand des Thronenden gelenkt wird. Dessen Beschreibung „strahlender als die Sonne und weißer als aller Schnee“ verweist auf die Vision von Dan 7.61 Da das Buch Daniel deutlich später als 1 Hen zu datieren ist, ist entweder eine Abhängigkeit Daniels von 1 Hen anzunehmen oder es sind, wahrscheinlicher, Traditionsstoffe vorauszusetzen, aus denen beide, 1 Hen und Dan, schöpfen.62 Nach Martha Himmelfarb63 greift der Verfasser von 1 Hen mit der weißen Farbe des göttlichen Gewandes auf Lev 16,4 zurück, wonach der Hohepriester beim Betreten des Allerheiligsten einen reinen Leinenornat trägt.64 Da die Architektur des himmlischen Palastes den Tempel von Jerusalem nachahmt, wird mit der Bekleidung des Thronenden das zum Tempel gehörige Priestertum in Erinnerung gebracht. Mit anderen Worten, der Thronende mit seinem Ornat hat die priesterliche Autorität ganz an sich gezogen.65 Vermutlich kommt darin etwas von der argumentativen Frontstellung der Erzählung zum Tragen, die sich kritisch mit dem Tempel von Jerusalem und den dort amtierenden Priestern auseinandersetzt.66 Wie bei Ezechiel der Tempel aufgrund seiner Entweihung (Ez 8–11) als Ort der „Gottespräsenz“ untauglich geworden ist und deshalb göttliche Gegenwart nicht mehr vermitteln kann, so zeigt sich in 1 Hen eine deutliche Kritik am Jerusalemer Heiligtum und an der dort amtierenden Priesterschaft, die für die Vermittlung göttlicher Gegenwart nur mehr begrenzt geeignet sind. Das himmlische Heiligtum mit Dan 7,9: „Ich sah immer noch hin; da wurden Throne aufgestellt, und ein Hochbetagter nahm Platz. Sein Gewand war weiß wie Schnee (rW"xi gl;t.Ki HveWbl.), sein Haar wie reine Wolle.“ 62 Zu strukturellen und inhaltlichen Entsprechungen vgl. Nickelsburg, 1 Enoch 1 (Anm. 52) 254–256, der Jes 6; Ez 1f.40–44; 1 Hen 14–16 und Dan 7 synoptisch darstellt. 63 Martha Himmelfarb, Ascent to Heaven in Jewish and Christian Apocalypses, New York 1993, 16f. 64 Lev 16,4: „Ein geweihtes Leinengewand soll er anhaben (vB'l.yI vd ~h,yaer>m;W), und es schien so, als laufe ein Rad mitten im andern (!p'Aah' %AtB. !p;Aah' hy rb;d>Bi (= 32,6 LXX: τῷ λόγῳ τοῦ κυρίου); außerdem Hebr 11,3; 2 Petr 3,5; syrBar 14,17; 21,4 (hier neben dem Geist); 4 Esra 6,38: „Herr, deutlich hast du am Anfang der Schöpfung am ersten Tag gesprochen: Es werde Himmel und Erde. Dein Wort hat das Werk vollbracht.“ (Siehe auch 6,43: 65
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Jes 45,23; 48,3; 55,11).70 Konzeptionen von Gottes „Wort“ werden so in das Bild der Weisheit integriert und vice versa (zur Schöpfungsmittlerschaft vgl. etwa Sir 42,15: ἐν λόγοις κυρίου τὰ ἔργα αὐτοῦ).71 2.1.3 Alexandrinische Rezeption: Sophia und Logos In Weish 9,1f. werden σοφία- und λόγος-Tradition in einer chiastischen Struktur parallelisiert: Θεὲ πατέρων καὶ κύριε τοῦ ἐλέους ὁ ποιήσας τὰ πάντα ἐν λόγῳ σου καὶ τῇ σοφίᾳ σου κατασκευάσας ἄνθρωπον, ἵνα δεσπόζῃ τῶν ὑπὸ σοῦ γενομένων κτισμάτων …
Doch es ist in der Sapientia Salomonis die σοφία, die als „die Werkmeisterin von allem“ (7,21: ἡ γὰρ πάντων τεχνῖτις; vgl. 8,6; 14,2)72 auftritt, „alles durchzieht und durchdringt“ (7,24: διήκει δὲ καὶ χωρεῖ διὰ πάντων), „alles vermag und … alles erneuert“ (7,27: πάντα δύναται καὶ … τὰ πάντα καινίζει), „alles durchwaltet“ (8,1: διοικεῖ τὰ πάντα), durch ihre συμβίωσιν θεοῦ (8,3)73 „Eingeweihte des Wissens Gottes ist und Bestimmerin74 seiner Werke“ (8,4: μύστις γάρ ἐστιν τῆς τοῦ θεοῦ ἐπιστήμης καὶ αἱρετὶς τῶν ἔργων αὐτοῦ) sowie „alles wirkt“ (8,5: τῆς τὰ πάντα ἐργαζομένης). Weish 9,9 nimmt offensichtlich Spr 8,22‒31 auf: μετὰ σοῦ ἡ σοφία ἡ εἰδυῖα τὰ ἔργα σου καὶ παροῦσα (siehe Spr 8,27.30 LXX), ὅτε ἐποίεις τὸν κόσμον. Somit zeichnet sie – in betont aktiver Rolle – für das uranfängliche wie kontinuierliche Schöpfungswirken verantwortlich. Bei all diesen Aussagen zur Schöpfungsmittlerschaft scheint die – nicht ausdrücklich formulierte – Präexistenz mitvorausgesetzt. Temporale Aussagen treten gegenüber zeitlos-präsentischen Beschreibungen allerdings in den Hintergrund. Wesen und Wirken der Weisheit werden nicht nur in mythologischer Sprache artikuliert (vgl. 8,3 sowie ihre Charakterisierung als πάρεδρος in 9,4), sondern insbesondere auch unter Zuhilfenahme von Topoi griechischer Philosophie reflektiert.75 „Denn dein Wort ging hinaus, und sofort geschah das Werk.“ Zitiert aus: Josef Schreiner, Das 4. Buch Esra [JSHRZ 5/4], Gütersloh 1981, 338f.) 70 Vgl. ferner Ps 107,20 (= 106,20 LXX); 147,15‒19 (LXX: V. 4‒8). 71 Außerdem zu Sir 39,17 Spr 8,29 MT. Vgl. auch Sir 1,5 (Erweiterung in G II): πηγη σοφιας λογος θεου εν υψιστοις, και αι πορειαι αυτης εντολαι αιωνιοι. 72 Vgl. in Spr 8,30 MT !Ama'. 73 Die Gottesgemeinschaft wird in erotisch-mystischer Sprache formuliert (vgl. ihre Rolle als „Mystin“ in 8,4): εὐγένειαν δοξάζει συμβίωσιν θεοῦ ἔχουσα, καὶ ὁ πάντων δεσπότης ἠγάπησεν αὐτήν. 74 Das feminine Nomen αἱρετίς (zu αἱρέω) zeigt an, dass sie seine Werke „auswählt“. 75 So durchdringt die pneumatische Sophia (siehe die Assoziation von πνεῦμα und σοφία in 1,6; 7,7.22) „das All“/τὰ πάντα wie der λόγος/νοῦς oder das πνεῦμα in der pantheistischen Stoa: vgl. z. B. die bei Galenus referierte Beschreibung des Geistes in SVF 2,416: τὸ διῆκον
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Als Mutter des Logos und Schöpfungsmittlerin beschreibt Philo die Weisheit in De fuga et inventione: δι᾿ ἧς τὰ ὅλα ἦλθεν εἰς γένεσιν.76 Vor allem aber vermittelt bei Philo der – zwar „hypostasierte“, jedoch nicht konsequent personalisierte77 – Logos, den er auch als δεύτερος θεός (quaest. Gen. 2,62) bezeichnet, zwischen transzendentem Gott und Welt (siehe z. B. spec. 1,81: λόγος δ᾿ ἐστὶν εἰκὼν θεοῦ, δι᾿ οὗ σύμπας ὁ κόσμος ἐδημιουργεῖτο78). Ein ähnlich „hypostasiertes“ Logoskonzept findet sich allerdings z. B. ebenso in Weish 18,14– διὰ πάντων πνεῦμα, ὑφ᾿ οὗ τὰ πάντα συνέχεσθαι καῖ διοικεῖσθαι (ähnlich Weish 7,24, 8,1); analog in den Fragmenten 441 und 473 (vgl. außerdem 1021). Im etwa zeitgleich zur Sapientia entstandenen pseudo-aristotelischen Traktat De mundo wird auf diese Weise die alles durchwaltende göttliche „Kraft“ charakterisiert: μία διὰ πάντων διήκουσα δύναμις (5,396b28f.; vgl. dazu auch Philo, conf. 137). – In Diod. 1,11 wiederum durchwaltet Isis mit Osiris den gesamten Kosmos (ὑφίστανται τὸν σύμπαντα κόσμον διοικεῖν; zitiert aus: Diodori Bibliotheca historica ex recensione Ludovici Dindorfii 1/1, Leipzig 1828, 17,42), während Athenag., leg. 22,4/50f. in Bezug auf Athene referiert: περὶ τῆς Ἀθηνᾶς, ἣν φρόνησιν διὰ πάντων διήκουσάν φασι). 76 Fug. 109 (der Vater ist Gott). Vgl. det. 54 (… μητέρα δὲ τὴν σοφίαν, δι᾿ ἧς ἀπετελέσθη τὸ πᾶν …). In ebr. 31 ist die Weisheit Mutter des Alls. (Textzitate stammen aus der von Leopold Cohn und Paul Wendland herausgegebenen, siebenbändigen Edition: Philonis Alexandrini opera quae supersunt, Berlin 1896‒1930 [Ndr. 1962‒1963].) 77 Vgl. Bormann, Brief (Anm. 1) 93. Ähnlich betont Fossum, Image (Anm. 4) 19 Anm. 24: „Philo’s Logos, although often described in personal metaphors (e. g. being called God’s ‚Son‘), is a philosophical concept […].“ Daher ist er – im Unterschied zur neutestamentlichen Christologie (vgl. etwa die Verknüpfung von Logos- und Menschensohnchristologie in Joh) – trotz fug. 110 (καὶ διότι τὴν κεφαλὴν κέχρισται ἐλαίῳ) „auch nicht assoziierbar mit einer Person wie dem Messias“ (Folker Siegert, Der Logos, „älterer Sohn“ des Schöpfers und „zweiter Gott“. Philons Logos und der Johannesprolog. in: Jörg Frey / Udo Schnelle [Hg.], Kontexte des Johannesevangeliums. Das vierte Evangelium in religions- und traditionsgeschichtlicher Perspektive [WUNT 175], Tübingen 2004, 277–293: 283, der den λόγος als „jüdisch-stoische Neubenennung der hmkx / Σοφία des Schöpfers“ bezeichnet [279]). 78 Derselbe Relativsatz bezieht sich in sacr. 8 auf διὰ ῥήματος, das hier mit dem Logos in eins gebracht wird. In De opificio mundi zeigt Philo eine Synthese der platonischen Ideenwelt mit dem Logos, gleichsam als Bauplan, des die Welt (gerade mittels des Schöpfungswortes von Gen 1) erschaffenden Gottes auf (… οὐδὲν … τὸν νοητὸν κόσμον εἶναι ἢ θεοῦ λόγον ἤδη κοσμοποιοῦντος …, 24; vgl. 20). Als εἰκών Gottes ist der Logos die für den sinnlich wahrnehmbaren Kosmos (ὁ αἰσθητὸς κόσμος) archetypische (ἡ ἀρχέτυπος σφραγίς, 25) göttliche Idee (vgl. auch somn. 2,45: τὸν ὅλον ἐσφράγισε κόσμον εἰκόνι καὶ ἰδέᾳ, τῷ ἑαυτοῦ λόγῳ; fug. 12). Ausführlichere Analyse bei Jutta Leonhardt-Balzer, Der Logos und die Schöpfung: Streiflichter bei Philo (Op 20–25) und im Johannesprolog (Joh 1,1–18), in: Frey/ Schnelle (Hg.), Kontexte (Anm. 77) 295–319. – Der Logos als Werkzeug der Schöpfung (ᾧ καθάπερ ὀργάνῳ προσχρησάμενος ἐκοσμοποίει) und hypostasierte εἰκών Gottes begegnet etwa auch in all. 3,96, wo die gestufte Vermittlung beschrieben wird: ὥσπερ γὰρ ὁ θεὸς παράδειγμα τῆς εἰκόνος …, οὕτως ἡ εἰκὼν ἄλλων γίνεται παράδειγμα (vgl. conf. 97 in Bezug auf den Logos als τὴν εἰκόνα des Seienden). In Cher. 127 unterscheidet Philo zwischen Gott als Urheber (ὑφ᾿ οὗ) und dem Logos als ὄργανον (δι᾿ οὗ); vgl. auch migr. 6.
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16 (als strafendes Gotteswort beim Tod der Erstgeborenen in Ägypten), wo auch Sophia-Vorstellungen auf den Logos übertragen werden (V. 15),79 sodass die Logostheologie als „ein vitales Erbe wenigstens des alexandrinischen Judentums“80 erscheint. Der in der griechischen Philosophie geläufige λόγος vermag die alttestamentliche Tradition vom wirkmächtigen Gotteswort (das in der Rezeption gleichfalls „personifiziert“ wurde)81 zu integrieren, die personale Darstellung der σοφία scheint wiederum auf den Isiskult zu antworten82 (der Elemente anderer Göttinnen absorbierte zu einer weisen und rettenden Allherrscherin). In Philos Relecture des jüdischen Traditionserbes im alexandrinischen Kontext vor der Hintergrundfolie griechisch-philosophischer Konzepte und der ägyptischen Vorstellungwelt tritt die Verbindung von Sophia-Tradition und Logos-Spekulation noch stärker zu Tage. Einer solchen „Heirat der von Haus 79 Das Attribut παντοδύναμος taucht davor bei der Beschreibung der σοφία in Weish 7,23 auf, zum Herabkommen vom himmlischen Thron (ὁ παντοδύναμός σου λόγος ἀπ’ οὐρανῶν ἐκ θρόνων βασιλείων … ἥλατο …) vgl. Weish 9,10 (ἐξαπόστειλον αὐτὴν ἐξ ἁγίων οὐρανῶν καὶ ἀπὸ θρόνου δόξης σου πέμψον αὐτήν …). Im Unterschied zum richterlich-strafenden Logos (der in 16,12 aber auch als ὁ πάντας ἰώμενος charakterisiert wird: vgl. Ps 106,20 LXX) erweist sich die Sophia als Retterin (vgl. 9,18–11,1; siehe aber 1,6 in Bezug auf den Lästerer; 10,19). 80 Boyarin, Abgrenzungen (Anm. 24) 166. 81 Vgl. die Memra in den Targumim, z. B. Tg. Neophyti Gen 1,1: „From the beginning with wisdom the Memra of the Lord created and perfected the heavens and the earth.“ (Übersetzung von Martin McNamara in ArBib 1A.) 82 Vgl. Mack, Logos (Anm. 68) 63–72.90–96; John S. Kloppenborg, Isis and Sophia in the Book of Wisdom, in: HTR 75 (1982) 57–84; Helmut Engel, „Was Weisheit ist und wie sie entstand, will ich verkünden.“ Weish 7,22–8,1 innerhalb des ἐγκώμιον τῆς σοφίας (6,22–11,1) als Stärkung der Plausibilität des Judentums angesichts hellenistischer Philosophie und Religiosität, in: Georg Hentschel / Erich Zenger (Hg.), Lehrerin der Gerechtigkeit. Studien zum Buch der Weisheit (EThS 19), Leipzig 1990, 67–102: 83f.; Johannes Marböck, Die jüngere Weisheit im Alten Testament. Zu einigen Ansätzen in der neueren Forschungsgeschichte, in: ders., Gottes Weisheit unter uns. Zur Theologie des Buches Sirach, hg. v. Irmtraud Fischer (HBS 6), Freiburg i. Br. 1995, 3‒22: 18; Hubert Irsigler, „Meine Wonne ist es, bei den Menschen zu sein“ (Spr 8,31). Welt-Weisheit im Glauben des biblischen Israel, in: Thomas Böhm / Benedikt Barth (Hg.), Glaube und Kultur. Begegnung zweier Welten?, Freiburg i. Br. 2009, 39‒70: 60. Für Sir 24 reklamiert von Hans Conzelmann, Die Mutter der Weisheit, in: ders., Theologie als Schriftauslegung. Aufsätze zum Neuen Testament (BEvT 65), München 1974, 167–176 [Ndr. aus: Erich Dinkler (Hg.), Zeit und Geschichte (FS R. Bultmann), Tübingen 1964, 225‒234]: 169ff.; Textmaterial zu den Isis-Aretalogien bei Johannes Marböck, Weisheit im Wandel. Untersuchungen zur Weisheitstheologie bei Ben Sira. Mit Nachwort und Bibliographie zur Neuauflage (BZAW 272), Berlin 1999, 50‒53; reservierter jedoch ders., Gottes Weisheit unter uns. Sir 24 als Beitrag zur biblischen Theologie, in: ders., Gottes Weisheit (s. o.) 73‒87 [Ndr. aus: Verbum caro factum est (FS A. Stöger), hg. v. Professorenkollegium der Philosophisch-Theologischen Hochschule der Diözese St. Pölten, St. Pölten 1984, 55‒65]: 76.
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aus orientalischen Weisheit mit dem griechischen Logos“83 verdanken sich auch die kosmologischen Prädikationen im Kol. 2.2 „Bild des unsichtbaren Gottes“ Die Vermittlungsfunktion des „Sohnes“ kondensiert in der εἰκών-Prädikation in Kol 1,15, die den hymnischen Aussagen zur Mittlerschaft seit „Anfang“ wie eine Überschrift vorangestellt ist.84 Wie beim Terminus υἱός handelt es sich um einen relationalen Begriff, der die – repräsentative, teilhabende und vermittelnde – Beziehung zum Abgebildeten in den Fokus rückt.85 Eine ähnliche Kombination von Bildkonzeption und Familienmetaphorik zeigt sich auch in Röm 8,29, wo Vollenweider, Der Erstgeborene (Anm. 20) 65. Parallelität, Verwandtschaft bis Äquivalenz der umlaufenden hypostasierten Konzepte treten etwa auch bei Justin, dial. 61,1 zu Tage: Μαρτύριον δὲ καὶ ἄλλο ὑμῖν, ὦ φίλοι, ἔφην, ἀπὸ τῶν γραφῶν δώσω, ὅτι ἀρχὴν πρὸ πάντων τῶν κτισμάτων ὁ θεὸς γεγέννηκε δύναμίν τινα ἐξ ἑαυτοῦ λογικήν, ἥτις καὶ δόξα κυρίου ὑπὸ τοῦ πνεύματος τοῦ ἁγίου καλεῖται, ποτὲ δὲ υἱός, ποτὲ δὲ σοφία, ποτὲ δὲ ἄγγελος, ποτὲ δὲ θεός, ποτὲ δὲ κύριος καὶ λόγος, ποτὲ δὲ ἀρχιστράτηγον [vgl. Jos 5,14f.] ἑαυτὸν λέγει, ἐν ἀνθρώπου μορφῇ φανέντα τῷ τοῦ Ναυῆ Ἰσοῦ … (Textzitate mit Hervorhebungen aus: Iustini Martyris Dialogus cum Tryphone. Edited by Miroslav Marcovich [PTS 47], Berlin 1997). Dazu Boyarin, Abgrenzungen (Anm. 24) 155f. 84 Hier ist nicht der Ort für eine umfassende Darstellung der motivgeschichtlichen Linien des Begriffs sowie seiner politischen Implikationen gegenüber antiken Kultbildern (siehe bereits den εἰκών-Diskurs in Weish). Diesem zentralen Vermittlungskonzept widme ich mich im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts. Im vorliegenden Beitrag beschränke ich mich auf eine knappe Skizze im Kontext weisheitlicher Genesis-Interpretation. Für einen Überblick siehe etwa die grundlegenden Arbeiten von Jacob Jervell, Imago Dei. Gen 1,26f. im Spätjudentum, in der Gnosis und in den paulinischen Briefen (FRLANT N.F. 58), Göttingen 1960; ders., Art. Bild Gottes. I. Biblische, frühjüdische und gnostische Auffassungen, in: TRE 6 (1980) 491‒498; Friedrich-Wilhelm Eltester, Eikon im Neuen Testament (BZNW 23), Berlin 1958, sowie Jost Eckert, Christus als „Bild Gottes“ und die Gottebenbildlichkeit des Menschen in der paulinischen Theologie, in: Hubert Frankemölle / Karl Kertelge (Hg.), Vom Urchristentum zu Jesus (FS Joachim Gnilka), Freiburg i. Br. 1989, 337‒357; Helmut Merklein, Christus als Bild Gottes im Neuen Testament, in: JBTh 13 (1998) 53–75; Samuel Vollenweider, Der Menschgewordene als Ebenbild Gottes. Zum frühchristlichen Verständnis der Imago Dei, in: ders., Horizonte (Anm. 42) 53‒70 [Ndr. aus: Hans-Peter Mathys (Hg.), Ebenbild Gottes – Herrscher über die Welt. Studien zu Würde und Auftrag des Menschen (BThSt 33), Neukirchen-Vluyn 1998, 123‒146]; Friedrich Avemarie, Image of God and Image of Christ. Developments in Pauline and Ancient Jewish Anthropology, in: ders., Neues Testament und frührabbinisches Judentum. Gesammelte Aufsätze, hg. v. Jörg Frey / Angela Standhartinger (WUNT 316), Tübingen 2013, 575‒600. 85 Nach Gottfried Schimanowski, Weisheit und Messias. Die jüdischen Voraussetzungen der urchristlichen Präexistenzchristologie (WUNT 2/17), Tübingen 1985, 337, „drückt εἰκών […] die Gegenwart des Repräsentierten aus; so ist im ‚Bild‘ der ‚unsichtbare Gott‘ aus seiner Verborgenheit herausgetreten und für die Menschen sichtbar geworden.“ 83
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der Akzent auf der „Gleichgestaltung“86 gegenüber dem „Vor-Bild“ des „Sohnes“ liegt (… προώρισεν συμμόρφους τῆς εἰκόνος τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ), „sodass er Erstgeborener unter vielen Geschwistern ist“ (εἰς τὸ εἶναι αὐτὸν πρωτότοκον ἐν πολλοῖς ἀδελφοῖς). Wenn die Gottheit, deren Schöpfungshandeln mit theologischen Passiva von κτίζω umschrieben ist, in ihrer Transzendenz gegenüber der sichtbaren Welt als ἀόρατος charakterisiert wird, zeigt sich bereits ein Dialog der in der Hebräischen Bibel begegnenden Tradition mit der Terminologie griechischer Philosophie. In der LXX bezeichnet das Adjektiv, für das es kein hebräisches Äquivalent gibt, noch keine Eigenschaft Gottes,87 erst in späterer jüdischer bzw. jüdisch-christlicher Literatur.88 Mit seiner Ikonologie, die demgegenüber die Offenbarungsgestalt89 des „unsichtbaren Gottes“ thematisiert, knüpft der „Kolosserhymnus“, in paulinischer Tradition90 verwurzelt (vgl. 2 Kor 4,4: ὅς ἐστιν εἰκὼν τοῦ θεοῦ), an die schon in diesem Dialog stehende späte Weisheitsliteratur an. So verweist die εἰκών-Prädikation etwa auch auf den Lobpreis der σοφία in Weish 7, die ebenso in einer Bild-Relation zu Gott steht:91 Wie sie als „reiner Ausfluss der Vgl. Phil 3,21 (σύμμορφον τῷ σώματι τῆς δόξης αὐτοῦ). Zum Konzept von μορφή vgl. auch Gal 4,19 (μορφωθῇ Χρίστος ἐν ὑμῖν). 87 In der LXX kommt ἀόρατος dreimal davor – das erste Mal in Gen 1,2: ἡ δὲ γῆ ἦν ἀόρατος („nicht zu sehen“; außerdem in Jes 45,3; 2 Makk 9,5). 88 Siehe etwa TestAbr 16,3f.; Sib 3,12; im NT ‒ neben Kol 1,15 ‒ 1 Tim 1,17 (… ἀφθάρτῳ, ἀοράτῳ, μόνῳ θεῷ τιμὴ καὶ δόξα …); Hebr 11,27 (τὸν γὰρ ἀόρατον ὡς ὁρῶν ἐκαρτέρησεν); außerdem Röm 1,20 (τὰ γὰρ ἀόρατα αὐτοῦ ἀπὸ κτίσεως κόσμου τοῖς ποιήμασιν νοούμενα καθορᾶται, ἥ τε ἀΐδιος αὐτοῦ δύναμις καὶ θειότης). 89 In 2 Kor 4,6 erwirkt göttliche Erleuchtung, analog dem Schöpfungswort in Gen 1,3, die Erkenntnis τῆς δόξης τοῦ θεοῦ ἐν προσώπῳ Χριστοῦ (vgl. die Bezugnahme auf Mose in Ex 34,29‒35 im vorhergehenden Kontext von 2 Kor 3) bzw. τῆς δόξης τοῦ Χριστοῦ, „der Bild Gottes ist“ (2 Kor 4,4; vgl. Phil 2,6: ἐν μορφῇ θεοῦ ὑπάρχων). ‒ In Weish 7,25 ist die Sophia ἀπόρροια τῆς τοῦ παντοκράτορος δόξης εἰλικρινής; in 9,11 ist von ihrer δόξα die Rede. 90 Dazu etwa Stefanie Lorenzen, Das paulinische Eikon-Konzept. Semantische Analysen zur Sapientia Salomonis, zu Philo und den Paulusbriefen (WUNT 2/250), Tübingen 2008; George H. van Kooten, Paul’s Anthropology in Context. The Image of God, Assimilation to God, and Tripartite Man in Ancient Judaism, Ancient Philosophy and Early Christianity (WUNT 232), Tübingen 2008. 91 Wieder übernimmt die Sophia eine royale Funktion (zur Dekonstruktion der Rolle des Königs vgl. die Universalisierung der Gottesbildlichkeit in Gen 1,26–28 nach dem Ende des Königtums): Die Bild-Konzeption ist festes Prädikat des ägyptischen Gottkönigs (und allgemein altorientalischer Königsideologie); vgl. z. B. Mack, Logos (Anm. 68) 92; Walter Gross, Gen 1,26.27; 9,6: Statue oder Ebenbild Gottes? Aufgabe und Würde des Menschen nach dem hebräischen und dem griechischen Wortlaut, in: JBTh 15 (2000) 11‒38: 12‒18; Bernd Janowski, Die lebendige Statue Gottes. Zur Anthropologie der priesterlichen Urgeschichte, in: Markus Witte (Hg.), Gott und Mensch im Dialog (FS Otto Kaiser) 1 (BZAW 345/1), Berlin 2004, 183‒214: 190‒194, sowie die Studie von Boyo Ockinga, Die Gottebenbildlichkeit im Alten 86
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Herrlichkeit des Allherrschers“ (V. 25) an Gottes Kabod partizipiert und als Widerschein (ἀπαύγασμα) des ewigen Lichts Gottes Wirken spiegelt, repräsentiert sie als εἰκών seine Güte (V. 26)92. Ähnlich erweist sich im Kol der „Sohn“ als ikonische Vergegenwärtigung der transzendenten Gottheit.93 Im Hintergrund steht wiederum Gen 1 mit der Erschaffung des (geschlechtlich differenzierten) Menschen κατ’ εἰκόνα θεοῦ (V. 27 LXX; MT: ~yhil{a/ ~l,c,B.; V. 26: WnteWmd>Ki Wnmel.c;B. / κατ’ εἰκόνα ἡμετέραν καὶ καθ’ ὁμοίωσιν)94. Von daher ist die Imago-Konzeption eine theologische Schlüsselkategorie (trotz der beschränkten Zahl expliziter biblischer Belege), welche die bei der Schöpfung grundgelegte Ursprungs- und Zielbestimmung des Menschen definiert. Mit der „Gottesbildlichkeit“ verbinden sich in der Rezeption auch inhaltliche Füllungen wie die Teilhabe an der göttlichen δόξα (vgl. auch Ps 8,6).95 Über das Stichwort tWmD> lässt sich eine Verknüpfung mit der Theophanie in Ez 1 herstellen,
Ägypten und im Alten Testament (ÄAT 7), Wiesbaden 1984. – Im Christusbild kreuzen sich die Traditionslinien in einer Synthese von Weisheits- und Königschristologie (mit dem Ziel der Gottesbildlichkeit und -kindschaft für alle). Zur ägyptischen Vorstellung der „Einwohnung“ (vgl. Kol 1,19; 2,9) der Gottheit im Bild, das ihr leibhaftige Gestalt gibt (und nicht diese abbildet), siehe Jan Assmann, Ägypten – Theologie und Frömmigkeit einer Hochkultur (UTB 366), Stuttgart 1984, 53–63; ders., Ägyptische Geheimnisse, München 2004, 123–234 (Kapitel „Einwohnung. Die Gegenwart der Gottheit im Bild“). 92 Hebr 1,3 nimmt aus demselben Vers ἀπαύγασμα (hier τῆς δόξης) auf. 93 Zur Analogie in der joh Christologie (vgl. Joh 14,21) siehe Jörg Frey in diesem Band. 94 Im hebräischen Text sind die beiden (asyndetischen) Bildtermini in 1,26 mit unterschiedlichen Präpositionen verbunden. Doch erscheint in Gen 5,1 (vgl. dazu Adams Relation zu Set in V. 3: Aml.c;K. AtWmd>Bi) und 9,6 die Begrifflichkeit austauschbar: ~yhil{a/ tWmd>Bi / ~yhil{a/ ~l,c,B., was die LXX jeweils mit dem Lexem εἰκών wiedergibt: κατ᾿ εἰκόνα θεοῦ / ἐν εἰκόνι θεοῦ. Vgl. auch Sir 17,3 (κατ’ εἰκόνα αὐτοῦ). Zu den inhaltlichen Verschiebungen der LXX siehe Gross, Statue (Anm. 91) 35–37. Insbesondere die Übersetzung „nach dem Bild Gottes“ eröffnet – gerade auch vor dem Hintergrund griechischer Philosophie – Spekulationen hinsichtlich einer hypostasierten εἰκών Gottes (siehe Philos platonisierende Interpretation). 95 Siehe z. B. 4Q504 Frgm. 8 recto 4 („Adam, unseren Vater, hast du gebildet in der Ähnlichkeit deiner Herrlichkeit“) oder 1 Kor 11,7: εἰκὼν καὶ δόξα θεοῦ ὑπάρχων (als – im NT isolierte – unmittelbar anthropologische Aussage wie im hebräischen Text von Gen 1,26f., freilich mit androzentrischem Fokus; zur Mann-Frau-Relation vgl. Gen 2,20 LXX: ὅμοιος αὐτῷ). In Röm 3,23 erfolgt der Verlust der Imago als der δόξα Gottes: πάντες γὰρ ἥμαρτον καὶ ὑστεροῦνται τῆς δόξης τοῦ θεοῦ (die Wiederherstellung ereignet sich in der Auferstehung; siehe z. B. 1 Kor 15,43: ἐγείρεται ἐν δόξῃ). In Röm 1,23 (vgl. dazu Ps 106,20; Jer 2,11) wird im Kontext von Götzenbildpolemik „die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes“ kontrastiert mit ὁμοιώματι εἰκόνος φθαρτοῦ ἀνθρώπου.
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wo umgekehrt – in vorsichtiger Annäherung – die menschenähnliche96 KabodGestalt Gottes (auf dem Thron der Merkaba) beschrieben wird.97 Wie in der Sapientia Salomonis auch die Gottesbildlichkeit des Menschen thematisiert wird (der Begriff εἰκών begegnet noch in Weish 2,23: „Gott hat den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und zum Bild seiner eigenen Ewigkeit/Wesenheit hat er ihn gemacht“98), ist die εἰκών-Prädikation in Kol 1,15 in Beziehung zu setzen zur entsprechenden theologisch-anthropologischen Aussage im paränetischen Teil des Briefs in Kol 3,10: Mit dem Anziehen des „neuen Menschen“ in der Taufe (καὶ ἐνδυσάμενοι τὸν νέον; die Gewandmetaphorik99 spiegelt, dass wie durch Kleidung eine neue sozio-kulturelle Identität100 konstruiert wird) verbindet sich ein zielgerichteter Prozess der „Erneuerung“ (siehe das durativ-lineare Präsens-Partizip τὸν ἀνακαινούμενον).101 Diese vollzieht sich in der „Erkenntnis“ (εἰς ἐπίγνωσιν; vgl. 1,9f.; 2,2), „gemäß dem Bild dessen, der ihn erschaffen hat“ (κατ’ εἰκόνα τοῦ κτίσαντος αὐτόν). Die klare Bezugnahme
Hier können auch angelologische Vorstellungen anknüpfen (vgl. die Parallelität von Engel/Wolkensäule in Ex 14,19). Außerdem vermag kreative Exegese Verbindungslinien zur Figur vn"a/ rb;K. / ὡς υἱὸς ἀνθρώπου in Dan 7,13 zu ziehen, der (wie in Gen 1,28) die Herrschaft übergeben wird (zur ewigen βασιλεία in Dan 7,14 vgl. aber auch 2 Sam 7,16). 97 Siehe Ez 1,26 (LXX: καὶ ἐπὶ τοῦ ὁμοιώματος τοῦ θρόνου ὁμοίωμα ὡς εἶδος ἀνθρώπου ἄνωθεν); 1,28 (LXX: αὕτη ἡ ὅρασις ὁμοιώματος δόξης κυρίου). Vgl. 8,2 (LXX: καὶ εἶδον καὶ ἰδοὺ ὁμοίωμα ἀνδρός). 98 In der nunmehrigen Wesensbestimmung des Menschen καὶ εἰκόνα τῆς ἰδίας ἀϊδιότητος/ ἰδιότητος ἐποίησεν αὐτόν gibt es für die nähere Charakterisierung der Bild-Relation (die hier nicht durch κατά ausgedrückt ist) textkritische Varianten. Während ἀϊδιότητος im Sinne des Parallelismus membrorum besser zu passen scheint, könnte ἰδιότητος vielleicht auf einen Abschreibfehler zurückgehen (siehe Dieter Georgi, Weisheit Salomos [JSHRZ 3/4], Gütersloh 1980, 409). 99 Vgl. dazu Gal 3,27: Χριστὸν ἐνεδύσασθε; ähnlich Röm 13,14 (in anderem Kontext in V. 12: ἐνδυσώμεθα δὲ τὰ ὅπλα τοῦ φωτός; vgl. 1 Thess 5,8); außerdem 1 Kor 15,53f.; 2 Kor 5,2–4. In Eph 4,24 begegnet die Wendung in analoger Form wieder (καὶ ἐνδύσασθαι τὸν καινὸν ἄνθρωπον τὸν κατὰ θεὸν κτισθέντα …). 100 In Kol 3,11 wird diese durch die Aufhebung religiös-kultureller, ethnischer und sozialer Differenzen inklusiv bestimmt: ὅπου οὐκ ἔνι Ἕλλην καὶ Ἰουδαῖος, περιτομὴ καὶ ἀκροβυστία, βάρβαρος, Σκύθης, δοῦλος, ἐλεύθερος, ἀλλὰ [τὰ] πάντα καὶ ἐν πᾶσιν Χριστός. Im Vergleich zu Gal 3,28 liegt ein expliziter Akzent auf der Unterscheidung aufgrund der Beschneidung (siehe aber Gal 5,6; 6,15). Außerdem fehlt das Begriffspaar „männlich“ – „weiblich“ (womit Gal 3,28 die Schöpfung in Gen 1,27 transzendiert); anders die altlateinische Tradition, welche bei den lateinischen Kirchenvätern aufscheint. 101 Vgl. auch die „Metamorphose“ in 2 Kor 3,18 (τὴν αὐτὴν εἰκόνα μεταμορφούμεθα) sowie die Verwandlung (siehe 1 Kor 15,51f.: ἀλλαγησόμεθα) in Phil 3,21 (ὃς μετασχηματίσει τὸ σῶμα τῆς ταπεινώσεως ἡμῶν σύμμορφον τῷ σώματι τῆς δόξης αὐτοῦ; dazu vgl. 1 Kor 15,43f.) in eschatologischem Horizont. 96
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auf Gen 1,26f. (LXX: κατ’ εἰκόνα)102 deutet ebenso beim Motiv der „Erkenntnis“ auf eine intertextuelle Referenz (siehe bes. Gen 3,22 LXX: καὶ εἶπεν ὁ θεός Ἰδοὺ Αδαμ γέγονεν ὡς εἷς ἐξ ἡμῶν τοῦ γινώσκειν …), vielleicht auch bei ἐνδύω (vgl. unmittelbar davor Gen 3,21 LXX: ἐνέδυσεν αὐτούς).103 Die Metaphorik des Fruchtens und Wachsens in Kol 1,6.10; 2,19 erinnert zudem an den Auftrag in Gen 1,28 (vgl. auch V. 22), sodass die im Evangelium (siehe Kol 1,5f.) gründende Körperschaft (2,19 u. ö.) gleichsam als neue Schöpfung104 erscheint. Vermittelt wird – in einem Ineinander von Christologie und theologischer Anthropologie – das Ziel, dem Bild Gottes zu entsprechen, über Christus (vgl. 1,15; Röm 8,29; 2 Kor 3,18; 4,4), ἡ ἐλπὶς τῆς δόξης (Kol 1,27)105 – wie in der weisheitlichen Relecture der Gen die σοφία als Mittlerin auftritt. In der Sapientia Salomonis etwa vermittelt sie die Gottesbeziehung als „Bild seiner Güte“ (Weish 7,26), „erneuert alles und rüstet, indem sie von Geschlecht zu Geschlecht in gottesfürchtige Seelen eingeht, Freundinnen und Freunde Gottes (zur Freundschaft Gottes vgl. auch V. 14) und Prophetinnen und Propheten aus (V. 27: … φίλους θεοῦ καὶ προφήτας κατασκευάζει)“. Das Verb κατασκευάζω begegnet auch in 9,2 am Beginn von Salomos Gebet um Weisheit, wo der Sprecher deren fundamentale Rolle als mediatrix bei der Schöpfung des Menschen formuliert: τῇ σοφίᾳ σου κατασκευάσας ἄνθρωπον („mit deiner Weisheit hast du den Menschen bereitet“).106 Im Anschluss wird an die Übertragung der Herrschaft erinnert, die mit der repräsentativen Funktion als „Bild Gottes“ in Gen 1 verbunden ist (V. 28).107 Durch die Weisheit sollen die Menschen also (im Kontext insbesondere Salomo als der ideale, erwählte König) ihrer Rolle als εἰκὼν θεοῦ gerecht werden – sie vermittelt die Gottesbildlichkeit, Unvergänglichkeit (6,18f.; vgl. 8,17)108 und Herrschaft (6,20f.; vgl. 8,14; 10,2), die Gotteskindschaft (vgl. 5,5; 9,4),109 Nähe und Freundschaft Gottes („denn Gott liebt nur die
102 Zu Jak 3,9 (τοὺς ἀνθρώπους τοὺς καθ’ ὁμοίωσιν θεοῦ γεγονότας) siehe Gen 1,26 LXX. Vgl. auch slHen 44,1 („zur Ähnlichkeit seines Angesichtes“). 103 Vgl. auch Sir 17,3: καθ’ ἑαυτὸν ἐνέδυσεν αὐτοὺς ἰσχὺν καὶ κατ’ εἰκόνα αὐτοῦ ἐποίησεν αὐτούς. 104 Vgl. 2 Kor 5,17; Gal 6,15. 105 Die eschatologische Hoffnung auf die göttliche Herrlichkeit realisiert sich in 3,4 bei seinem „Offenbarwerden“ (ὅταν ὁ Χριστὸς φανερωθῇ, ἡ ζωὴ ὑμῶν, τότε καὶ ὑμεῖς σὺν αὐτῷ φανερωθήσεσθε ἐν δόξῃ). 106 Vgl. auch slHen 30,8: „Und am sechsten Tag befahl ich meiner Weisheit, den Menschen aus 7 Bestandteilen zu schaffen […].“ 107 Vgl. auch Ps 8,6‒9; Sir 17,2‒4. 108 Zur ἀφθαρσία bzw. ἀθανασία vgl. 1 Kor 15,42.50.53f. 109 Vgl. z. B. Röm 8,21; Gal 3,26‒4,7; Joh 1,12.
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mit der Weisheit Zusammenwohnenden“110, 7,28) sowie seine rettende Macht (9,18–11,4). Eine bezüglich der Mittlerschaft analoge, aber doch im Licht mittelplatonischer Einflüsse anders akzentuierte Relecture von Gen 1,26f. tritt bei Philo111 zu Tage, der im Rahmen seiner Logos-Lehre eine gestufte Relationalität ansetzt: Philo differenziert zwischen gleichsam hypostasierter112 εἰκὼν θεοῦ (= λόγος) und der Erschaffung κατ᾿ εἰκόνα,113 ferner aber auch zwischen dem unkörperlichen, unvergänglichen „himmlischen“ Menschen (als Idee oder Gattung) in Gen 1,26f. und dem geschlechtlich differenzierten, sterblichen „irdischen“ Menschen in Gen 2,7114 (vgl. dazu die Typologie in 1 Kor 15,49 in eschatologischer Perspektive)115. Vor allem der λόγος vermittelt die Ähnlichkeitsbeziehung zu Gott,116 wenn auch nicht als dessen personaler Repräsentant. Doch traditions- und rezeptionsgeschichtlich interessant ist, dass sich in der Figur des Logos Sophia- und Anthropos-Spekulationen kreuzen.117 Die εἰκών-Christologie des Kol zielt gegenüber zeitenthobenen Kategorien in heilsgeschichtlicher Dynamik auf die Erneuerung der schöpfungsgemäßen Imago, wie es dem paulinischen Erbe entspricht. In der zweiten „Strophe“ des Hymnus liegt der Fokus darauf, wie und wodurch dieses Ziel erreicht wird: Der Mittler der Schöpfung ist durch seine paradigmatische Auferstehung als „Erstgeborener aus den Toten“ auch „Anfang“ der neuen Schöpfung, „damit er in Zur erotischen Terminologie vgl. auch Jes 62,5. Eine solche Weisheitschristologie spiegelt sich etwa in Joh 14,21.23. 111 Siehe bereits Hans Willms, Εἰκών. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zum Platonismus. 1. Philon von Alexandria. Mit einer Einleitung über Platon und die Zwischenzeit, Münster 1935. 112 Die in der Konzeption des „Bildes“ angelegte Medialität bewirkte, dass auch die Kategorie εἰκών hypostasiert werden konnte. Zur Relation bezüglich des gesamten Kosmos siehe bereits oben. 113 Vgl. z. B. opif. 25; 69 (Ebenbildlichkeit des νοῦς); 139; all. 3,96; her. 230f. 114 Siehe z. B. opif. 134ff.; all. 1,31; 1,53–55; 1,88–94; 2,4; conf. 41 (ἄνθρωπον θεοῦ, vom Logos); 62f. (πρεσβύτατον υἱόν); 146 (der Logos als ὁ κατ᾿ εἰκόνα ἄνθρωπος). 115 Hier wird in einer antithetischen Gegenüberstellung von Vergangenheit und Zukunft bzw. einst und jetzt (vgl. die breit bezeugte Textvariante des adhortativen Imperativ Aorist anstatt der Futurform, im Sinne der bereits jetzt beginnenden endzeitlichen Zukunft) die εἰκών des irdischen bzw. himmlischen Menschen wie ein Gewand getragen (vgl. V. 53f.): καὶ καθὼς ἐφορέσαμεν τὴν εἰκόνα τοῦ χοϊκοῦ, φορέσομεν (v. l. φορεσωμεν) καὶ τὴν εἰκόνα τοῦ ἐπουρανίου. Der „letzte Adam“ fungiert als πνεῦμα ζῳοποιοῦν (V. 45; vgl. Gen 2,7); siehe dazu Christi Mittlerschaft in V. 22: οὕτως καὶ ἐν τῷ Χριστῷ πάντες ζῳοποιηθήσονται (vgl. Kol 2,13: συνεζωοποίσεν ὑμᾶς σὺν αὐτῷ) – als ἀπαρχή (V. 20.23) der von den Toten Auferweckten (vgl. Kol 1,18). 116 Siehe z. B. spec. 1,81; conf. 146f.; fug. 101; somn. 1,239; 2,45 sowie det. 82‒84. Zur (himmlischen) σοφία als εἰκών siehe all. 1,43. 117 Vgl. Vollenweider, Ebenbild (Anm. 84) 63. 110
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allem der Erste ist“ (V. 18). In umgekehrter Interpretationsrichtung offenbart im Licht der Ostererfahrung die hier erneut zu Tage tretende schöpferische Macht/ ἐνέργεια Gottes (vgl. 2,12) die uranfängliche Konstituierung der Schöpfung (vgl. das Erschaffensein εἰς αὐτόν in 1,16, in Korrelation zur Versöhnung εἰς αὐτόν in V. 20). In der Taufe wird in der präsentischen Eschatologie des Kol die Teilhabe am neuen Leben sowie am göttlichen πλήρωμα vermittelt (2,10–13).118 2.3 πρωτότοκος: Messianisch-königliche Tradition und Weisheits-/Logosspekulation Die in Kol 1,15.18 parallel verwendete Charakterisierung des „Sohnes“ als πρωτότοκος (vgl. Röm 8,29; Hebr 1,6)119 umreißt, einmal mit dem Genetiv attribut πάσης κτίσεως („Erstling der ganzen Schöpfung“), das andere Mal mit der präpositionalen Formel ἐκ τῶν νεκρῶν („Erstgeborener aus den Toten“) verbunden, prägnant das Thema der jeweiligen „Strophe“. In ganz ähnlicher Form findet sich das zweitere Syntagma auch in Offb 1,5 (ὁ πρωτότοκος τῶν νεκρῶν). Die Bezeichnung verknüpft das urchristliche Interpretament der Auferweckung (vgl. auch Kol 2,12: τοῦ ἐγείραντος αὐτὸν ἐκ νεκρῶν) mit der messianisch-königlichen Tradition hinter dem Titel πρωτότοκος (vgl. dazu Ps 89,28 = 88,28 LXX: κἀγὼ πρωτότοκον θήσομαι αὐτόν, ὑψηλὸν παρὰ τοῖς βασιλεῦσιν τῆς γῆς),120 wo bereits eine Metaphorisierung des Grundkonzepts der sakralen Sonderstellung aller Erstgeburt (siehe Ex 13) vorliegt.121 Der Terminus verweist hier auf den „Ersten“ (vgl. Apg 26,23: πρῶτος ἐξ ἀναστάσεως νεκρῶν), der allerdings den fundierenden „Anfang“ setzt (vgl. 1 Kor 15,20: … Χριστὸς ἐγήγερται ἐκ νεκρῶν, ἀπαρχὴ122 τῶν κεκοιμημένων). Ebenso bezeugt der auf den gesamten Schöpfungshorizont übertragene Titel in der ersten „Strophe“ den Rang im Gegenüber zur Schöpfung. Dies drückt Offb 3,14 mit ἡ ἀρχὴ (vgl. Kol 1,18) τῆς κτίσεως τοῦ θεοῦ aus.123 118 In diesem Kontext zeigt sich die der εἰκών Gottes übertragene Herrschaft in Vorordnung des Präexistenten und Sieg des Erhöhten über die Mächte (1,16; 2,10.15), an dem die Glaubenden teilhaben (siehe auch die Versetzung in die βασιλεία des Sohnes in 1,13). Vgl. den Konnex in 1 Kor 15,20‒57; Phil 3,21. 119 Vgl. ferner Lk 2,7: καὶ ἔτεκεν τὸν υἱὸν αὐτῆς τὸν πρωτότοκον. Klingt vor dem messianischen Hintergrund des Begriffs eventuell auch hier ein spezifischer titularer Gebrauch an? 120 Zur Geburtsmetaphorik vgl. Ps 2,7; 110,3. Vgl. außerdem etwa die Einsetzung als Sohn Gottes kraft der Auferstehung von den Toten in Röm 1,4. 121 Vgl. auch Bormann, Brief (Anm. 1) 92. Auf Israel bezogen in Ex 4,22. Siehe ferner den Vergleich in Sach 12,10 (… κοπετὸν ὡς ἐπ’ ἀγαπητὸν καὶ … ὀδύνην ὡς ἐπὶ πρωτοτόκῳ). 122 Vgl. auch 1 Kor 15,23. 123 Vgl. Justin, dial. 61,1: ἀρχὴν πρὸ πάντων τῶν κτισμάτων (s. o.); 84,2: τὸν πρωτότοκον τῶν πάντων ποιημάτων; 85,2: πρωτοτόκου πάσης κτίσεως; 100,2: πρωτότοκον μὲν τοῦ θεοῦ καὶ πρὸ πάντων τῶν κτισμάτων; 125,3: πρωτότοκον τῶν ὅλων κτισμάτων; 138,2: πρωτότοκος
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Insbesondere die von Sophia/Logos geerbte kosmische Mittlerfunktion geht über die mit dem πρωτότοκος-Titel verbundene messianische Tradition hinaus. Im Blick auf die Prädikation πρωτότοκος πάσης κτίσεως könnte man aber auch an Spr 8 denken, wo die Weisheit als tyviarE (V. 22), „Erstling“, vor aller Schöpfung „geboren“ (V. 24f.: yTil.l'Ax) wird.124 Gerade die Geburtsmetaphorik weist (neben der Ich-Rede und den Bildern in V. 30f.) gegenüber einer abstrakten Vorstellung der Weisheit auf eine personale Dimension der Figur (zumindest im hebräischen Text). Philo bezeichnet den λόγος als πρωτόγονος (er präferiert die Metapher der Zeugung statt der Geburt; vgl. Spr 8,23‒25 LXX: πρὸ … γεννᾷ με), auch als erstgezeugten Sohn (z. B. agr. 51: πρωτόγονον υἱόν).125 So lassen sich im πρωτότοκος-Titel ‒ wie auch in der Bezeichnung als Gottes „Sohn“ ‒ bereits messianisch-königliche Traditionen und Weisheits-/Logosspekulation (sowie angelologische Vorstellungen)126 assoziieren. Wenn die Sophia außerdem in Sir 24,4 als Thronende (ὁ θρόνος μου ἐν στύλῳ νεφέλης), in Weish 9,4 als „Beisitzerin“ auf dem göttlichen Thron (τὴν τῶν σῶν θρόνων127 πάρεδρον; vgl. auch V. 10: ἀπὸ θρόνου δόξης σου πέμψον αὐτήν) erscheint,128 lassen sich weitere Assoziationen knüpfen zu Messias- sowie (in πάσης κτίσεως. In AssMos 1,13 wird Israel „Erstling der Schöpfung“ genannt (Egon Brandenburger, Himmelfahrt Moses [JSHRZ 5/2], Gütersloh 1976, 57–84: 68). 124 Im von Kayatz, Studien (Anm. 60) 87‒89.93‒95, präsentierten ägyptischen Vergleichsmaterial erscheint die Präexistenz als fester Topos für die Begründung einer Vorrangstellung in der Götterhierarchie (z. B. Schu als „Erstgeborener“; ebd. 88). 125 Siehe außerdem conf. 63; 146; somn. 1,215. Vgl. ferner das Prädikat μονογενές für das der Sophia innewohnende πνεῦμα in Weish 7,22. 126 Fossum, Image (Anm. 4) 24‒28, rekurriert auf ein Fragment des apokryphen Gebet des Josef in Orig., comm. in Ioh. 2,31, § 189f., wo sich der Engel Jakob/Israel als πρωτόγονος παντὸς ζῴου (vgl. Ex 4,22 LXX: πρωτότοκός μου Ισραηλ) und ἀρχάγγελος δυνάμεως κυρίου vorstellt (SC 120,334.336). (Vgl. auch Schimanowski, Weisheit [Anm. 85] 203.) Siehe dazu Philo, conf. 146 (mit anschließendem Summarium zu den Bezeichnungen des „vielnamigen“ Logos): … τὸν πρωτόγονον αὐτοῦ λόγον, τὸν ἀγγέλων πρεσβύτατον, ὡς ἂν ἀρχάγγελον, πολυώνυμον ὑπάρχοντα· καὶ γὰρ ἀρχὴ καὶ ὄνομα θεοῦ καὶ λόγος καὶ ὁ κατ᾿ εἰκόνα ἄνθρωπος καὶ ὁ ὁρῶν, Ἰσραήλ, προσαγορεύεται (zum Logos als Erzengel vgl. her. 205) sowie Justin, dial. 125,3 (s. o.). 127 Der Plural für göttliche Throne findet sich in der LXX nur in Dan 7,9 sowie Ps 121,5 (= 122,5). 128 Auch die Lesart von !wma in Spr 8,30 als passives Partizip Qal von !ma, „Schoßkind“ (dazu Baumann, Weisheitsgestalt [Anm. 61] 131‒138), könnte in diese Richtung deuten. „Gott wird hier bei der Schöpfung thronend vorgestellt, während die Weisheit als sein Kind bei ihm auf seinem Schoß mitthronte […]“ (Gese, Weisheit [Anm. 32] 225). Vgl. ferner das Thronmotiv in Spr 8,27 LXX sowie im Lobpreis Gottes in äthHen 84,3: „[…] die Weisheit entgeht dir nicht und wendet sich nicht von dem deines Thrones und nicht von deinem Angesicht […].“ (Textzitate aus: Siegbert Uhlig, Das äthiopische Henochbuch [JSHRZ 5/6], Gütersloh 1984.)
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ihrem kosmischen Horizont zur Weisheit analogen) Menschensohnvorstellungen in der Tradition von Dan 7129 (vgl. etwa den zum Gericht thronenden Erwählten/Menschensohn in äthHen 45,3; 51,3; 55,4; 61,8; 62,2f.5; 69,27.29 und Mt 19,28; 25,31).130 Der Topos der Erhöhung einer messianisch-königlichen Gestalt „zur Rechten Gottes“ (Ps 110,1; vgl. den Menschensohn in Mk 14,62) findet im 1. Jh. vielfaches Echo, wie auch Kol 3,1 belegt (ἐν δεξιᾷ τοῦ θεοῦ καθήμενος).131 In der Christusfigur fließen die Traditionslinien zusammen. Eine gewisse Konvergenz von Weisheitstraditionen einerseits und Messias-/ Menschensohnvorstellungen andererseits tritt insbesondere auch in der HenochÜberlieferung zu Tage. Zugrunde liegt einer solchen Verknüpfung grundsätzlich die breit (z. B. auch in äthHen 49,3) rezipierte Vorstellung des Messias als Träger von Geist und Weisheit (Jes 11,2). So gilt etwa auch der als idealer weiser König stilisierte Salomo als messianisch-königlicher Repräsentant der Weisheit par excellence132 (welchen der „Menschensohn“ in Mt 12,42 par. Lk 11,31 überbietet: καὶ ἰδοὺ πλεῖον Σολομῶνος ὧδε). In äthHen 48 geht darüber hinaus die Präexistenz der Weisheit auf die messianische133 Gestalt des „Menschensohnes“ über (zur sprachlichen Struktur der Aussagen bezüglich der Vorzeitlichkeit gegenüber der Schöpfung vgl. etwa Spr 8,24‒26).134 Die Weisheit enthüllt den 129 Schon in der Thronsaalvision in Dan 7 ist die mit bzw. auf den himmlischen Wolken erscheinende Figur ὡς υἱὸς ἀνθρώπου (V. 13 LXX) mit messianisch-königlichen Traditionen überlagert (im Anschluss an die Vision kollektive Perspektive bei der Herrschaftsübertragung). Adela Yarbro Collins / John J. Collins, King and Messiah as Son of God. Divine, Human, and Angelic Messianic Figures in Biblical and Related Literature, Grand Rapids 2008, konstatieren „a blurring of the lines between human messiah and heavenly or angelic deliverer in the Son of Man tradition“ (85f.) und zeigen eine Transformation herkömmlicher Messianologie auf: „we find a growing tendency in this period to conceive of the messiah as a preexistent being of heavenly origin (or, conversely, to speak of a heavenly, angelic deliverer as messiah)“ (99). 130 Figuren, die neben oder auf dem göttlichen Thron sitzen, partizipieren im religiösen Symbolsystem an der göttlichen Identität. Zur Problematik um Metatron siehe den Beitrag von Daniel Boyarin in diesem Band. 131 Zur damit verbundenen Hoheitsstellung gegenüber Engeln und Mächten, Herrschaften und Gewalten vgl. etwa Hebr 1f.; Eph 1,20‒22; 1 Petr 3,22. 132 Zu Weish 7,7 siehe Jes 11,2 LXX (πνεῦμα σοφίας); ferner Sir 39,6 im Porträt des Weisheitslehrers (πνεύματι συνέσεως). ‒ Vgl. bereits (gerade auch für Weish) die ägyptische Tradition des Naheverhältnisses von Ma’at/Isis und König als Garant gerechter Ordnung (und Sohn des [Amun-]Re); dazu etwa Kayatz, Studien (Anm. 60) 100.117‒119; Mack, Logos (Anm. 68) 90‒95. Analog Spr 8,15f. 133 In äthHen 48,4 („Licht der Völker“) wird Jes 42,6; 49,6 (samt Kontext) eingespielt (zum Titel „Erwählter“ vgl. Jes 42,1; außerdem Ps 89,4.20). In äthHen 48,10; 52,4 findet sich die Bezeichnung „Gesalbter“. 134 Siehe bes. äthHen 48,3 (über die Berufung im Mutterleib etwa in Jes 49,1 hinausgehend): „Und bevor die Sonne und die beiden (Tierkreis-)Zeichen geschaffen wurden, bevor die
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verborgenen, vorzeitlich Erwählten den Heiligen und Gerechten.135 Im apokalyptischen Weisheitskonzept erfolgt die eschatologische Offenbarung verborgener Geheimnisse136 gerade auch durch eine himmlisch-messianische Figur. Nach äthHen 46,3 wird der Menschensohn „alle Schätze des Verborgenen“137, nach 51,3 „alle Geheimnisse der Weisheit“ offenbaren (gegen Ende der Bilderreden personifiziert im entrückten Henoch: siehe 71,14‒17)138. Im (allerdings jüngeren) hebräischen Henochbuch sind alle Schätze und Geheimnisse der Weisheit dem in Metatron verwandelten Henoch übergeben, sodass er die Funktion des angelus interpres übernimmt, eines göttlichen Offenbarers, verkörpert in einem erhöhten Menschen, als Repräsentant der Weisheit. Demgegenüber ist es in Kol 2,2f. Christus (als τὸ μυστήριον τοῦ θεοῦ; vgl. 1,26f.)139, „in dem alle Schätze der Weisheit und der Kenntnis verborgen sind“ (ἐν ᾧ εἰσιν πάντες οἱ θησαυροὶ τῆς σοφίας καὶ γνώσεως ἀπόκρυφοι).140 Sterne des Himmels geschaffen wurden, ist sein Name vor dem Herrn der Geister genannt.“ Dazu Collins/Collins, King (Anm. 129) 89f.: „It would seem that the Similitudes here have developed the identity of the Son of Man well beyond anything that we found in Daniel by applying to him language that is elsewhere used of wisdom.“ Vgl. aber auch Ps 109,3 LXX: πρὸ ἑωσφόρου ἐξεγέννησά σε. 135 Zur endzeitlichen Offenbarung des präexistenten Messias/Menschensohn vgl. auch äthHen 48,6f.; 62,7; 4 Esra 7,28; 12,32‒34 (als Richter); 13,26 (zu 13,3 siehe Dan 7,13); 14,9. 136 So preist etwa Daniel Gott in Dan 2,20‒23, weil er Weisheit verleiht und tief verborgene Geheimnisse offenbart. 137 In Jes 45,3 LXX verheißt Gott seinem „Gesalbten“ (Kyrus) θησαυροὺς σκοτεινούς, ἀποκρύφους ἀοράτους. In Weish 7,21 erkennt Salomo alles Verborgene (κρυπτά) aufgrund der Unterweisung durch die Sophia (ἡ γὰρ πάντων τεχνῖτις ἐδίδαξέν με σοφία), deren Reichtum er, gleichsam als ihr Mittler (seine Worte ersetzen ihre Ich-Rede; vgl. z. B. 6,11), „neidlos“ teilt (V. 13: … ἀφθόνως τε μεταδίδωμι τὸν πλοῦτον αὐτῆς οὐκ ἀποκρύπτομαι; vgl. 6,22). Nach Mack, Logos (Anm. 68) 63 Anm. 3, weist die Erwähnung des φθόνος (vgl. 6,23) „auf eine bewußte Stellungnahme den Mysterien gegenüber hin“; siehe dazu Philo, spec. 1,320. 138 Zur Identifikation Henochs mit dem Menschensohn siehe Daniel Boyarin, The Jewish Gospels. The Story of the Jewish Christ, New York 2012, 82‒95 (als Synthese von „Apotheose“ und „Theophanie“), sowie den Beitrag von Loren T. Stuckenbruck in diesem Band. – Auch Gese, Weisheit (Anm. 32), ortet einen „starken Einfluß der Weisheitstheologie auf die Menschensohnvorstellung“ (233), „wenn auch undeutlich bleibt, wie sich nun im einzelnen die Lehre von der Weisheit zu der Menschensohnvorstellung verhält, wieweit beides nebeneinander steht, wieweit beides im Bild des Menschensohns verschmilzt“; er verweist auf eine „innere Notwendigkeit, mit der sich die Universalität des Menschensohn-Messias mit der der Weisheit verbindet“ (234). 139 Am Briefende ist es τὸ μυστήριον τοῦ Χριστοῦ (4,3), das Paulus „offenbaren“ soll (4,4: ἵνα φανερώσω αὐτὸ). 140 Von θησαυροῖς σοφίας ist auch in Sir 1,25 die Rede. In syrBar 44,14 sind der Weisheit Schätze bei den Gesetzestreuen (als Erben der verheißenen Zeit bzw. kommenden Welt: 44,13.15) zu finden, in 54,13 sind sie unter Gottes Thron bereitet.
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Während in den ersttestamentlichen Weisheitstexten die Schöpfungsmittlerschaft nicht unmittelbar mit der Erlösungs- und Versöhnungsthematik (vgl. Kol 1,14.20.22; 2,13‒15) verbunden ist,141 setzt sich im Kol die Mittlerfunktion in der Stiftung des kosmischen Friedens fort (1,20; das maskuline Participium coniunctum εἰρηνοποιήσας142 ist dabei Gott als logischem Subjekt zuzuordnen)143. Mit dem Friedensbringer erfüllen sich messianische Verheißungen ersttestamentlicher Prophetie.144 Der kosmische Horizont kann ferner an apokalyptische Vorstellungen vom Menschensohn als Retter und Richter im endzeitlichen Kampf gegen gottfeindliche Mächte (vgl. etwa Kol 2,15)145 anknüpfen. Die über Röm 5,10f. und 2 Kor 5,18.20 (siehe aber V. 19) hinausgehende,146 vielleicht auch philosophische Anschauungen aufneh-
141 Doch vermittelt die Weisheit in Spr 8,35 Leben (vgl. Bar 4,1 in Bezug auf die Tora; siehe auch die Einladung der Gastgeberin in Spr 9,5; Sir 24,19) und göttliches Wohlgefallen (vgl. Kol 1,10), in Weish 6,18f. Unvergänglichkeit (ἀφθαρσία; vgl. 8,17: ἀθανασία) und Gottes Nähe, in 7,14 Gottes Freundschaft (φιλία; vgl. V. 27f.), in 9,18(ff.) Rettung; in den folgenden Beispielen vom Protoplasten bis zum Exodus (10f.) werden zentrale Traditionen von Gottes Geschichtshandeln unter der Perspektive der schützenden und rettenden Weisheit erzählt. 142 Das Verb εἰρηνοποιέω ist ein ἅπαξ λεγόμενον im NT (in der LXX siehe Spr 10,10; vgl. insbesondere auch Jes 45,7 LXX und Eph 2,15: ποιῶν εἰρήνην). Die Aoristformen im Vers verdeutlichen die im Kreuzestod definitive Versöhnung (vgl. zum Infinitiv ἀποκαταλλάξαι auch ἀποκατηλλάγητε in V. 22). 143 Im Anschluss an τὸ πλήρωμα als grammatisches Subjekt liegt eine constructio ad sensum vor (vgl. dazu etwa Schweizer, Brief [Anm. 3] 65f.; Stettler, Kolosserhymnus [Anm. 1] 250.269). Das wiederholte δι᾿ αὐτοῦ (fehlt u. a. im Vaticanus), das nach der Partizipialkonstruktion den Faden von V. 20a wieder aufnimmt, scheint als Lesehinweis diese Deutung zu signalisieren. In 1,2 wird den Adressierten εἰρήνη ἀπὸ θεοῦ πατρὸς ἡμῶν zugesprochen, während in 3,15 ἡ εἰρήνη τοῦ Χριστοῦ thematisiert wird. 144 Vgl. die messianische Vision in Jes 11 mit dem Tierfrieden in V. 6–8 (vgl. 65,25) sowie die mit dem Messias verbundenen Friedensverheißungen in 9,5f.; Mi 5,4; Sach 9,10; Ez 34,25; 37,26; außerdem etwa den Friedensboten für Zion in Jes 52,7 oder den Frieden vermittelnden „Gottesknecht“ (53,5). 145 Dazu vgl. 1 Kor 15,24f. und Eph 1,20–22 mit Zitat von Ps 110,1. Vgl. außerdem den Licht-Finsternis-Dualismus in Kol 1,13. Siehe aber auch das „apokalyptische“ Szenario in Weish 5,17–23, wo der Kosmos gemeinsam mit Gott kämpft (ähnlich 16,17.24); vgl. den Logos als πολεμιστής in 18,15 und die Gestalt des Vorkämpfers in 18,21–25. 146 Das Bikompositum ἀπο-κατ-αλλάσσω („wieder versöhnen“; vgl. ἀπο-καθ-ίστημι, „wiederherstellen“) ist außer in Kol 1,20.22 und Eph 2,16 nicht belegt. Vgl. aber Röm 5,10 (ἐχθροὶ ὄντες κατηλλάγημεν τῷ θεῷ διὰ τοῦ θανάτου τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ; in V. 1 kam die Rede bereits auf den Frieden mit Gott durch Jesus Christus) sowie 2 Kor 5,18 (τὰ δὲ πάντα ἐκ τοῦ θεοῦ τοῦ καταλλάξαντος ἡμᾶς ἑαυτῷ διὰ Χριστοῦ …); 5,19 (θεὸς ἦν ἐν Χριστῷ κόσμον καταλλάσσων ἑαυτῷ); 5,20 (καταλλάγητε τῷ θεῷ). – Die Rede von der „Versöhnung“ setzt eine Störung der ursprünglichen Schöpfungsordnung voraus, die hier nicht thematisiert wird.
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mende147 Versöhnung „des Alls“148 (welche fernerhin den politischen Horizont römisch-hellenistischer, insbesondere augusteischer, Friedenspropaganda149 transzendiert) ist erwirkt durch das Sühne stiftende „Blut“ (man beachte die kultischen Konnotationen)150 „seines Kreuzes(todes)“151 (in V. 22 ἐν τῷ σώματι τῆς σαρκὸς αὐτοῦ διὰ τοῦ θανάτου), in dessen Tiefe sich das „in ihm“ einwohnende „ganze Pleroma“ (V. 19) begibt, um die Feindesmacht des Todes zu überwinden (vgl. den Argumentationszusammenhang in 1 Kor 15,20–27). In einer weiteren Traditionsverschmelzung von Weisheits- und Martyriumstheologie wird – anders als in der Sapientia – die Sophia mit ihrem Repräsentanten, dem leidenden Gerechten (vgl. Weish 1–5; im Anschluss an Jes 52f.)152, identifiziert153 (siehe auch den Topos der Ablehnung der Weisheit) – wie etwa in 147 Vgl. stoische und pythagoreische Vorstellungen der durch den Kampf der Elemente gefährdeten kosmischen Harmonie (reflektiert bei Philo, spec. 2,190–192); dazu Schweizer, Brief (Anm. 3) 102–104. In De mundo 5 ist es die alles ordnend durchwaltende δύμανις, die ἡ τῶν στοιχείων ὁμολογία (396b34) „erzwingt“ (ἀναγκάσασα ὁμολογῆσαι, 396b32f.). 148 In Röm 11,15 (εἰ γὰρ ἡ ἀποβολὴ αὐτῶν καταλλαγὴ κόσμου, τίς ἡ πρόσλημψις εἰ μὴ ζωὴ ἐκ νεκρῶν;) ist der Akzent anders gesetzt. Zum Schöpfungshorizont der Erlösung vgl. aber etwa Röm 8,21f. 149 Siehe etwa Augustus, Res gestae 12f.; 25f. oder Vergils 4. Ekloge. Philo bezeichnet Augustus in Gai. 147 als εἰρηνοφύλαξ, schreibt denselben Titel aber in spec. 2,192 Gott zu (τοῦ εἰρηνοποιοῦ θεοῦ καὶ εἰρηνοφύλακος; vgl. opif. 33). Kritik gegenüber dieser Herrscher ideologie und der damit verbundenen Idolatrie formuliert Weish 14,22 (ἐν μεγάλῳ ζῶντες ἀγνοίας πολέμῳ τὰ τοσαῦτα κακὰ εἰρήνην προσαγορεύουσιν). 150 Vgl. auch die bewirkte Heiligung der Gemeinde in Kol 1,22. 151 Für das konkrete Syntagma διὰ τοῦ αἵματος τοῦ σταυροῦ αὐτοῦ mit seiner kühn zugespitzten Metaphorik gibt es keine Parallele. Die präpositionale Wendung διὰ τοῦ αἵματος (τοῦ ἰδίου/αὐτοῦ o. ä.) begegnet in Apg 20,28; Eph 1,7; Hebr 9,12; 13,12; vgl. 1 Joh 5,6 (δι’ ὕδατος καὶ αἵματος); in Offb 12,11 mit dem Akkusativ (διὰ τὸ αἷμα τοῦ ἀρνίου). Vgl. auch 4 Makk 17,22 (καὶ διὰ τοῦ αἵματος τῶν εὐσεβῶν ἐκείνων καὶ τοῦ ἱλαστηρίου τοῦ θανάτου αὐτῶν ἡ θεία πρόνοια τὸν Ισραηλ προκακωθέντα διέσωσεν). 152 Aus Weish 1,4 ergibt sich via negationis die Einwohnung der Weisheit in der (kollektiven) Identifikationsfigur des Gerechten (vgl. 7,27; in 10,16 im Blick auf Mose konkretisiert), der sich im Besitz der Erkenntnis Gottes und als παῖς κυρίου bezeichnet (2,13). ‒ Auch der παῖς Gottes in Jes 52,13–53,12 LXX wird charakterisiert durch σύνεσις (53,11; zur Parallelisierung jener mit σοφία siehe etwa 11,2 LXX). In Weish 2,18 wollen die ἀσεβεῖς prüfen, ob „der Gerechte“ tatsächlich υἱὸς θεοῦ ist; in 5,2–5 staunen sie angesichts seiner unerwarteten Rettung und Erhöhung (vgl. dazu die Erkenntnis des Erwählten auf dem Thron der Herrlichkeit durch die Könige und Mächtigen in äthHen 62f.): πῶς κατελογίσθη ἐν υἱοῖς θεοῦ καὶ ἐν ἁγίοις ὁ κλῆρος αὐτοῦ ἐστιν (V. 5; vgl. dazu Kol 1,12: εἰς τὴν μερίδα τοῦ κλήρου τῶν ἁγίων ἐν τῷ φωτί). Die Erbschaftsterminologie begegnet bereits in Jes 53,12 (LXX: κληρονομήσει); vgl. außerdem etwa 1QS XI,7f.; 1QH XI,11f.; äthHen 58,2; Apg 26,18. 153 Dazu Standhartinger, Studien (Anm. 51) 211f.: „Ob diese weitgehende Identifizierung von Weisheit und ihrem Gesandten erst in der Jesusbewegung vollzogen wurde oder
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der synoptischen Überlieferung das Porträt Jesu zwischen Prophet/Personifikation der Weisheit oszilliert (vgl. die Sophia-Logien in Q)154. 2.4 Weisheit – Wort – Tora: Konkurrierende Deutungen des definitiven Offenbarungswortes In Sir 24,3 tritt, wie bereits erwähnt, eine Verknüpfung der Weisheit mit dem göttlichen Wort zu Tage, das, „vom Mund des Höchsten“ ausgehend,155 auf der Suche nach einer Ruhestätte schließlich in Israel „zeltet“156 (V. 8; vgl. Joh 1,14);157 im entsprechenden Gebot des Schöpfers (τότε ἐνετείλατό μοι ὁ κτίστης ἁπάντων) klingt bereits Gottes gesetzgebendes Handeln an.158 Dagegen kehrt die Weisheit in äthHen 42,1f., da sie keinen entsprechenden Ort findet,159 in den Himmel zurück und nimmt bei den Engeln Platz.160 Tritt die Sophia in Sir 24,10 zunächst als „Liturgin“161 und Garantin des Kults auf, erfolgt ihre Einwohnung in V. 23 in Gestalt der mosaischen Tora als βίβλος διαθήκης θεοῦ ὑψίστου (die Gottesbezeichnung verklammert V. 2f.23).162 Die Weisheit als präexistenter Logos und kosmologische Größe konkretisiert sich geschichtlich. Im Schöpfungshorizont von Sir 24 gewinnt die Tora (welche V. 23 als bereits in der jüdischen Weisheitsbewegung, läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden.“ Vgl. auch äthHen 47. 154 Siehe z. B. Mt 23,34/Lk 11,49; zu Mt 11,28‒30 vgl. die parallele Einladung in Sir 24,19; 51,23 sowie zum Bild des Jochs 51,26f. (ζυγός, κοπιάω, εὐρίσκω, ἀνάπαυσις); 6,18‒30. (Zu den Weisheitslogien siehe den Beitrag von Martin Ebner in diesem Band.) Vgl. auch das Oszillieren der Flussmetaphorik in Sir 24,25‒34 in ihrem Bezug auf Weisheit sowie Weisheitslehrer. 155 Ebenso „öffnet“ die Weisheit „ihren Mund“, in der parallelen Formulierung von 15,5 den Mund des Weisen inmitten der Versammlung. 156 Vgl. demgegenüber ihr „Zelten“ ἐν ὑψηλοῖς in V. 4, thronend auf einer Wolkensäule (für die spezifische Rolle der Sophia in Sir ist insbesondere auch deren wegweisende Funktion in Ex 13,21f. zu beachten). 157 Vgl. auch ihre Erscheinung auf Erden in Bar 3,38 (ein frühchristlicher Zusatz?): μετὰ τοῦτο ἐπὶ τῆς γῆς ὤφθη καὶ ἐν τοῖς ἀνθρώποις συνανεστράφη. 158 Siehe Dtn 1,3; 2,37; 4,5.13f.; 6,1.4.20.24f.; 9,16; 28,69; 34,9. Vgl. auch Sir 24,23: durch Mose als Mittler (dazu Dtn 27,11; 31,10.23.25; 33,4). Zur Verknüpfung von Weisheit und Gesetz vgl. Dtn 4,6. 159 Zum Entschwinden der Weisheit vgl. auch 4 Esra 5,9f.; syrBar 48,36. 160 Martin Ebner, Wo findet die Weisheit ihren Ort? Weisheitskonzepte in Konkurrenz, in: Martin Faßnacht / Andreas Leinhäupl-Wilke / Stefan Lücking (Hg.), Die Weisheit – Ursprünge und Rezeption (FS Karl Löning) (NTA 44), Münster 2003, 79–103, sieht konkurrierende Schulen hinter Sir und äthHen mit differierender Weisheitsauffassung. Zu den Beziehungen zwischen den beiden Textcorpora siehe auch Daniel Boyarin in diesem Band. 161 Marböck, Weisheit im Wandel (Anm. 82) 65. 162 Vgl. Bar 4,1: αὕτη ἡ βίβλος τῶν προσταγμάτων τοῦ θεοῦ καὶ ὁ νόμος ὁ ὑπάρχων εἰς τὸν αἰῶνα.
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κληρονομίαν163 συναγωγαῖς Ιακωβ bezeichnet) universale Geltung und Bedeutung als „das Planbuch, das JHWH bei der Schöpfung leitete“164. Gleichzeitig liegt mit der Bindung der Weisheit an Israel, Jerusalem und Tempel eine spezifische interpretatio israelitica165 der kosmischen Weltordnung vor,166 als identitätsstiftendes Konzept in hellenistischer Zeit. Im Kontrast zur Entzogenheit der Weisheit gegenüber menschlicher Erkenntnis in Ijob 28167 (sowie apokalyptischen Konzepten) ist die Tora konkret verfügbar und soll studiert werden. In der rabbinischen Auslegung von Gen 1,1 wird tyviareB. entsprechend instrumental interpretiert: Mittels des Anfangs = der Weisheit = der Tora schuf Gott Himmel und Erde.168 Auf die Tora als Verkörperung identitätsstiftender Weisheit richtet sich im Kol (anders als etwa im Gal)169 kein expliziter Fokus; der Begriff νόμος taucht hier nicht auf.170 Freilich tritt die christozentrische Perspektive in der Rezeption der Weisheitstraditionen sowie in der Interpretation des definitiv geoffenbarten „Wortes“ Gottes171 implizit in Konkurrenz zu einer torazentrierten Deutung, welche Weisheit und Wort mit dem mosaischen Gesetz gleichsetzt. Heilsvermittlung läuft exklusiv über das Christusmysterium. In Aufnahme des apokalyptischen Konzepts der verborgenen172 Weisheit, die eschatologischer Offenbarung bzw. göttlich autorisierter Interpretation bedarf,173 bezeichnet die Stimme des Paulus (als legitimierter ἀπόστολος Χριστοῦ Ἰησοῦ διὰ θελήματος θεοῦ, Vgl. dazu V. 7f.12 (außerdem μέρος wie in Kol 1,12).20. Löning/Zenger, Anfang (Anm. 28) 89. 165 Marböck, Weisheit im Wandel (Anm. 82) 62.72; ders., Gottes Weisheit unter uns (Anm. 82) 80; vgl. auch ders., Gesetz und Weisheit. Zum Verständnis des Gesetzes bei Jesus Ben Sira, in: ders., Gottes Weisheit (Anm. 82) 52–72 [Ndr. aus: BZ 20 (1976) 1–21]: 59ff. Außerdem Irsigler, Wonne (Anm. 82) 58f. 166 Im Sabbatgebot etwa (Konfliktpunkt in Kol 2,16) zeigt sich ein Konnex mit der kosmischen Ordnung (vgl. Gen 2,3; Ex 20,11; 31,17). 167 In Bar 3 ist diese Perspektive – zugunsten eines Privilegs Israels – auf die Völker beschränkt. 168 Tg. Neophyti und das sogenannte Fragmententargum ergänzen „mit Weisheit“ und geben so den „Anfang“ doppelt wieder. In GenR 1,1 wird die Tora als Werkzeug und Bauplan der Schöpfung (vgl. die Baumeistermetaphorik in Philo, opif. 17ff.) beschrieben. Dazu Löning/Zenger, Anfang (Anm. 28) 89. Zur Präexistenz der Tora, welche die Rollen und Funktionen der Weisheit übernimmt und ebenso in Spr 3,19f.; 8,22–31 eingetragen wird, siehe außerdem Schimanowski, Weisheit (Anm. 85) 207–303. 169 Vgl. den Beitrag von Christoph Heil in diesem Band. 170 Anders etwa Eph 2,15. 171 Vgl. Hebr 1,2: ἐπ’ ἐσχάτου τῶν ἡμερῶν τούτων ἐλάλησεν ἡμῖν ἐν υἱῷ. 172 Hingegen wird in Sir 3,21‒23 der Suche nach dem Verborgenen eine Absage erteilt: ἃ προσετάγη σοι, ταῦτα διανοοῦ, οὐ γάρ ἐστίν σοι χρεία τῶν κρυπτῶν (V. 22; vgl. Dtn 29,28). 173 In 1QS XI,5‒7 wird den erleuchteten Erwählten verborgene Einsicht als Erbe zuteil. Vgl. auch CD III,13‒16. Zum Weisheitstext 4QInstruction siehe Robert L. Cavin, New Exis163 164
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1,1, sowie διάκονος κατὰ τὴν οἰκονομίαν τοῦ θεοῦ, V. 25) „das Wort Gottes“ (τὸν λόγον τοῦ θεοῦ, V. 25) als „seit Urzeiten und Generationen verborgenes Geheimnis“ (V. 26: τὸ μυστήριον τὸ ἀποκεκρυμμένον ἀπὸ τῶν αἰώνων καὶ ἀπὸ τῶν γενεῶν; vgl. 1 Kor 2,7 in Bezug auf die Weisheit174), das „jetzt aber seinen Heiligen offenbart“ wurde (zu ἐφανερώθη siehe die Rolle des Paulus in Kol 4,4: ἵνα φανερώσω αὐτὸ).175 Im Unterschied zu esoterischen Konzepten wird dabei die universale Verkündigung des Christusmysteriums176 betont (vgl. das dreifache πάντα ἄνθρωπον in 1,28), insbesondere die Entgrenzung auf die „Völker“ hin (V. 27). Im „Wort der Wahrheit des Evangeliums“ (1,5), das als ὁ λόγος τοῦ Χριστοῦ in der Gemeinde „einwohnen“ soll (3,16: ἐνοικείτω ἐν ὑμῖν), tritt der konkurrierende Anspruch klar zu Tage. Die exklusive Heilsmittlerschaft Christi zeigt sich insbesondere in der Abgrenzungsrhetorik gegenüber der Herausforderung durch eine konkurrierende Lehre177 (διὰ τῆς φιλοσοφίας, 2,8: der Terminus ist in einem breiteren Sinn zu verstehen)178, die sogleich als „leerer Trug“ disqualifiziert wird (καὶ tence and Righteous Living. Colossians and 1 Peter in Conversation with 4QInstruction and the Hodayot (BZNW 197), Berlin 2013, 186ff. 174 Vgl. die übereinstimmenden Stichwörter: ἀλλὰ λαλοῦμεν θεοῦ σοφίαν ἐν μυστηρίῳ τὴν ἀποκεκρυμμένην, ἣν προώρισεν ὁ θεὸς πρὸ τῶν αἰώνων εἰς δόξαν ἡμῶν … 175 Vgl. außerdem Röm 16,25f. (… κατὰ ἀποκάλυψιν μυστηρίου χρόνοις αἰωνίοις σεσιγημένου, φανερωθέντος δὲ νῦν …); ferner 1 Kor 2,10 (ἡμῖν δὲ ἀπεκάλυψεν ὁ θεὸς …). Zu Kol 1,27 siehe Röm 9,23f.; 16,25f. 176 Vgl. 1,27 (… τοῦ μυστηρίου τούτου ἐν τοῖς ἔθνεσιν, ὅ ἐστιν Χριστὸς ἐν ὑμῖν …); 2,2 (… εἰς ἐπίγνωσιν τοῦ μυστηρίου τοῦ θεοῦ, Χριστοῦ); 4,3 (τὸ μυστήριον τοῦ Χριστοῦ). 177 Einen Überblick über diverse Positionen zur religionsgeschichtlichen Einordnung der sogenannten „kolossischen Häresie“ (eine für das 1. Jh. anachronistische Etikettierung) bieten etwa Richard E. DeMaris, The Colossian Controversy. Wisdom in Dispute at Colossae (JSNTS 96), Sheffield 1994, 18–40; Ian K. Smith, Heavenly Perspective. A Study of the Apostle Paul’s Response to a Jewish Mystical Movement at Colossae (LNTS 326), London 2006, 19–38. Die Palette reicht etwa von jüdischen Synagogen, Gruppierungen oder Strömungen (Qumran/Essenismus, Apokalyptik, [Merkaba-]Mystik), tora-observanten Judenchristen und verschiedenen Richtungen griechischer Philosophie (Mittelplatonismus, Stoa, Neupythagoreismus) über (proto)gnostische oder synkretistische Tendenzen eines „heterodoxen“ Juden(christen)tums bis zu hellenistischen Mysterien- oder phrygischen Lokalkulten mit magischen Praktiken (inklusive variierender Kombinationen). 178 Dass der Terminus auch religiöse Lehren einschließt, belegt etwa die Bezeichnung jüdischer Überzeugungen, Richtungen oder Gruppierungen: vgl. etwa Philo, Gai. 156 bzw. 245 (τῆς Ἰουδαϊκῆς φιλοσοφίας); Mos. 2,216; contempl. 26; mut. 223 (τοῖς κατὰ Μωυσῆν φιλοσοφοῦσιν). Bei Josephus erscheinen Essener, Sadduzäer und Pharisäer gleichsam als philosophische Schulen bzw. Lehrtraditionen: Ἰουδαίοις φιλοσοφίαι τρεῖς ἦσαν ἐκ τοῦ πάνυ ἀρχαίου τῶν πατρίων, ἥ τε τῶν Ἐσσηνῶν καὶ ἡ τῶν Σαδδουκαίων, τρίτην δὲ ἐφιλοσόφουν οἱ Φαρισαῖοι λεγόμενοι (ant. 18,1,2, § 11; zitiert aus: Josephus. 9. Jewish Antiquities, Books XVIII‒XX. General Index to Volumes I–IX. With an English Translation by Louis H. Feldman
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κενῆς ἀπάτης), welche sich an der „Überlieferung der Menschen“ (κατὰ τὴν παράδοσιν τῶν ἀνθρώπων; vgl. Mk 7,8: hier im Kontrast zu τὴν ἐντολὴν [V. 8f.] bzw. τὸν λόγον [V. 13] τοῦ θεοῦ) und an den „elementaren Prinzipien der Welt“ (κατὰ τὰ στοιχεῖα τοῦ κόσμου; diese begegnen auch in Kol 2,20 sowie in Gal 4,3.9)179 – nicht aber an Christus (καὶ οὐ κατὰ Χριστόν) – orientiert.180 Die in 2,16 als Konfliktquelle angeführten Speise-, Sabbat- und Festvorschriften181 (Μὴ οὖν τις ὑμᾶς κρινέτω ἐν βρώσει καὶ ἐν πόσει ἢ ἐν μέρει ἑορτῆς ἢ νεομηνίας ἢ σαββάτων182) werden als σκιὰ τῶν μελλόντων (V. 17; vgl. Hebr 10,1 in Bezug auf „das Gesetz“), als Schattenbild gegenüber der kommenden Wirklichkeit „des Christus“ (τὸ δὲ σῶμα τοῦ Χριστοῦ) relativiert. Weiters werden die in V. 21 (μὴ ἅψῃ μηδὲ γεύσῃ μηδὲ θίγῃς)183 zitierten Tabus „gemäß den Geboten und Lehren der Menschen“ (κατὰ τὰ ἐντάλματα καὶ διδασκαλίας τῶν ἀνθρώπων, V. 22), eine Anspielung auf Jes 29,13 (LXX: ἐντάλματα ἀνθρώπων καὶ διδασκαλίας; zitiert in Mk 7,7), als nur scheinbare Weisheit (V. 23: λόγον μὲν ἔχοντα σοφίας) deklassiert. Die Diskussion um Speisegebote und Reinheitsfragen in Mk 7 legt für den Kol eine ähnliche Konfliktsituation aufgrund von Fragen der kultisch-
[LCL 433], London 1965, 8). In 18,1,2, § 9 und 18,1,6, § 23 spricht er außerdem von einer vierten Richtung. Vgl. auch bell. Iud. 2,8,2, § 119 (Τρία γὰρ παρὰ Ἰουδαίοις εἴδη φιλοσοφεῖται …; zitiert aus: Flavius Josephus. De Bello Judaico. Der jüdische Krieg. Griechisch und Deutsch. 1. Buch I‒III. Herausgegeben und mit einer Einleitung sowie mit Anmerkungen versehen von Otto Michel und Otto Bauernfeind, München 21962, 204). In 4 Makk 5,11 nötigt Antiochus Eleazar zum Verzehr von Schweinefleisch: „Willst du nicht aus eurer albernen Philosophie aufwachen (οὐκ ἐξυπνώσεις ἀπὸ τῆς φλυάρου φιλοσοφίας ὑμῶν) …?“ Darauf antwortet jener in V. 22: χλευάζεις δὲ ἡμῶν τὴν φιλοσοφίαν ὥσπερ οὐ μετὰ εὐλογιστίας ἐν αὐτῇ βιούντων … Vgl. außerdem 1,1; 7,9.21. 179 Dazu unten in 3.2. 180 Ähnlich wird in 1 Kor 1f. der „Weisheit der Welt“ (1,20: τὴν σοφίαν τοῦ κόσμου) bzw. „der Menschen“ (2,5: σοφίᾳ ἀνθρώπων; vgl. V. 13: ἀνθρωπίνης σοφίας) die „Weisheit Gottes“ (1,21: ἐν τῇ σοφίᾳ τοῦ θεοῦ; V. 24: Χριστὸν … θεοῦ σοφίαν; 2,7) gegenübergestellt, die „nicht von dieser Welt“ (οὐ τοῦ αἰῶνος τούτου; 2,6) sei. Ein Bruch mit den herrschenden Konzepten von „Weisheit“ wird auch in Mt 11,25 par. Lk 10,21 thematisiert (vgl. Jes 29,14). 181 Vgl. Röm 14; 1 Kor 8–11; Gal 4,5. 182 Zu dieser dreigliedrigen Formel vgl. in der LXX Hos 2,13 (… ἑορτὰς αὐτῆς καὶ τὰς νουμηνίας αὐτῆς καὶ τὰ σάββατα αὐτῆς …); Ez 45,17; 1 Chr 23,31; 2 Chr 2,3; 31,3; 1 Esra 5,51; 1 Makk 10,34; Jdt 8,6; außerdem Jub 1,14. 183 Da alle drei Verben im prohibitiven Konjunktiv (ἅπτομαι, γεύομαι, θιγγάνω) „essen“ bedeuten können (siehe Bauer/Aland, Wörterbuch [Anm. 29] 207), dürfte es sich um Speisetabus handeln (vgl. 2,16); vermutlich geht die Denkrichtung vom Verbot, etwas zu verzehren, dahin, dass bereits der bloße Kontakt tabuisiert wird. Zwar könnte ἅπτομαι auch die Forderung sexueller Askese andeuten (vgl. 1 Kor 7,1; siehe auch die Auseinandersetzung mit gegnerischer Lehre in 1 Tim 4,3), doch findet sich im Kontext kein konkreter Anknüpfungspunkt (abgesehen vom traditionellen „Lasterkatalog“ in Kol 3,5).
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rituellen Praxis nahe.184 Gegenüber einer solchen Orientierungskrise versichern die christologischen Vergewisserungen in 1,13–22; 2,9–15, dass Erlösung und Gottespräsenz definitiv durch Christus vermittelt sind. In der Auseinandersetzung mit anderen Weisheits- und Toralehrern185 (wie auch den für die heterogene, offenbar multikulturelle186 Adressatenschaft vorauszusetzenden Kontexten) legt die auktoriale Stimme eine Kriteriologie in paulinischer Tradition vor. Die fundamentale Signatur der eigenen φιλοσοφία als κατὰ Χριστόν setzt eine von Menschen stammende „Überlieferung“ mit ihren Ge- und Verboten sowie die Macht der στοιχεῖα τοῦ κόσμου außer Kraft. Dazu rekurriert der Kol auf den Horizont der Schöpfung.
3 Exklusive Mittlerschaft gegenüber kosmisch-angelischen Mächten 3.1 θρόνοι ‒ κυριότητες ‒ ἀρχαί ‒ ἐξουσίαι Wie schon in der strukturellen Analyse von Kol 1,16 herausgestellt, wird die „alles“ umfassende Schöpfungsmittlerschaft betont, die Himmel und Erde, Sichtbares wie Unsichtbares einschließt. Besonders hervorgehoben werden (als Explikation des Unsichtbaren?) „Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten“ (εἴτε θρόνοι εἴτε κυριότητες εἴτε ἀρχαὶ εἴτε ἐξουσίαι). Daher erhebt sich die Frage, was darunter im Briefkontext zu verstehen ist. Das in 2,10.15 wieder aufgenommene Hendiadyoin ἀρχή ‒ ἐξουσία verweist im Neuen Testament auf irdisch-politische (Amtsgewalt, Herrscher und Machthaber: Lk 12,11; 20,20; Tit 3,1; vgl. die Mahnungen an die Herrschenden in Weish 6) wie himmlisch-transzendente Mächte (1 Kor 15,24; Eph 1,21: neben Zugrunde liegt vermutlich eine bereits stereotypisierte Abgrenzungsrhetorik im Identitätsbildungsprozess gegenüber (anderen) jüdischen Kreisen; vgl. die spätere Polemik in Tit 1,14f. 185 Eine direkt gegen die Tora gerichtete Polemik fehlt. Auf der Linie von Mk 7 könnte es um grundlegende Differenzen in der Auslegung gehen im Ringen um die Interpretationshoheit. In Gal 3,19 spiegelt sich freilich – in einer bestimmten Konfliktsituation – eine Tendenz, den unmittelbar göttlichen Ursprung des „Gesetzes“ zu relativieren (διαταγεὶς δι’ ἀγγέλων ἐν χειρὶ μεσίτου; vgl. Apg 7,38.53; Hebr 2,2), im Unterschied etwa zur präexistenten ToraWeisheit; zur Auslegung dieses Verses siehe Christoph Heil in diesem Band. Für eine positive Sicht des Gesetzes vgl. in der paulinischen Tradition aber z. B. Röm 3,31; 7,12‒14. Negiert werden jedoch die endgültig Heil stiftende Rolle der Tora sowie eine rigoristische Gesetzesobservanz (siehe etwa das exklusive Selbstverständnis des Jahad). – Ähnlich reflektiert der Joh-Prolog in Aufnahme des Mythos von der abgelehnten Weisheit ein „Scheitern der Tora bei dem Versuch, dem Volk den Logos zu bringen“ (Boyarin, Abgrenzungen [Anm. 24] 152), sodass es in der Logik von Joh 1,17 einer Ergänzung bedarf. 186 Vgl. etwa Kol 3,11. 184
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κυριότης187; 3,10; 6,12); hier ist auch die „Macht (ἐξουσία) der Finsternis“ in Kol 1,12 (vgl. Lk 22,53), im Singular als Herrschaftsbereich188, einzuordnen.189 In Röm 8,38 werden in einer Reihe polarer Entsprechungen ἄγγελοι und ἀρχαί nebeneinander gestellt („weder Engel noch Mächte“); der Begriff ἄγγελοι fällt in Kol 2,18. In 1 Petr 3,22 begegnet die Kombination von Engeln mit ἐξουσίαι (ὑποταγέντων αὐτῷ ἀγγέλων καὶ ἐξουσιῶν καὶ δυνάμεων)190. Die Viererreihe in Kol 1,16 scheint am ehesten slHen 20,1 (Engelklassen)191 zu entsprechen. Diese Belege (sowie weitere in der apokryphen Literatur)192 deuten auf transzendente Mächte hin. Unabhängig von Datierungsfragen zeigt sich, dass offenbar eine geprägte Terminologie vorliegt, welche auf jüdische Angelologie verweist. In 2,10 wird Christus als „Haupt“ (vgl. 1,18: ἐστιν ἡ κεφαλή) „jeglicher Macht und Gewalt“ bezeichnet. Diese Feststellung folgt dem Rekurs auf die leibhaftige Einwohnung der ganzen göttlichen „Fülle“ ἐν αὐτῷ (vgl. 1,19) und hat auch Konsequenzen für die „in ihm Erfüllten“, insofern es etwa keiner weiteren Vermittlungsinstanzen bedarf. Die (bereits durch die Schöpfungsmittlerschaft in 1,16 implizierte) Unterordnung aller Mächte und Gewalten bildet mit 2,15 eine inclusio, wo deren öffentliche Bloßstellung im durch das Kreuz (vgl. 1,20) erwirkten Triumph193 konstatiert wird. Ihre Entmachtung setzt voraus, dass sie sich nach der Erschaffung ἐν αὐτῷ in 1,16 zwischenzeitlich eine andere Vgl. außerdem 2 Petr 2,10; Jud 8 (jeweils im Singular als Umschreibung für den κύριος); äthHen 61,10. 188 Zur räumlichen Konnotation von ἐξουσία vgl. in der LXX etwa 4 Kön (= 2 Kön) 20,13; Ps 113,2 (= 114,2); Sir 24,11. 189 Mythologische Sprechweise, die auf den zeitgeschichtlichen politischen Hintergrund hin transparent ist, tritt in Offb 13,2 zu Tage, wenn der Drache dem aus dem Meer steigenden Tier (vgl. Dan 7), welches Rom symbolisiert, seine Macht und Herrschaftsgewalt verleiht (καὶ ἔδωκεν αὐτῷ ὁ δράκων τὴν δύναμιν αὐτοῦ καὶ τὸν θρόνον αὐτοῦ καὶ ἐξουσίαν μεγάλην). 190 In Aufnahme von Dan 7,27 LXX: καὶ πᾶσαι αἱ ἐξουσίαι αὐτῷ (hier = λαῷ ἁγίῳ ὑψίστου) ὑποταγήσονται; in der Version des Theodotion: καὶ πᾶσαι αἱ ἀρχαὶ αὐτῷ δουλεύσουσιν. – Dass die Bezeichnungen austauschbar erscheinen, zeigt gegenüber 1 Petr 3,22 die ähnliche Aufzählung in 1 Kor 15,24: ὅταν καταργήσῃ πᾶσαν ἀρχὴν καὶ πᾶσαν ἐξουσίαν καὶ δύναμιν (vgl. Eph 1,21: ὑπεράνω πάσης ἀρχῆς καὶ ἐξουσίας καὶ δυνάμεως καὶ κυριότητος καὶ παντὸς ὀνόματος …). 191 Henoch berichtet von seiner Vision im siebenten Himmel: „Und ich sah dort ein über alle Maßen großes Licht, und alle feurigen Heerscharen der großen Erzengel und der körperlosen Kräfte [δυνάμεις] und Herrschaften [κυριότητες], der Obrigkeiten [ἀρχαί] und Mächte [ἐξουσίαι], der Cherubim und Seraphim, der Throne [θρόνοι] und Vieläugigen, 10 Scharen, den leuchtenden Stand der Ophanim.“ Zu den θρόνοι vgl. auch Dan 7,9 sowie TestLev 3,8 (neben ἐξουσίαι). 192 Siehe etwa Clinton E. Arnold, The Colossian Syncretism. The Interface between Christianity and Folk Belief at Colossae (WUNT 2/77), Tübingen 1995, 253‒255. 193 Zu θριαμβεύω vgl. 2 Kor 2,14. 187
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Position angemaßt haben. Während in 1 Kor 15,24–28194 die universale und endgültige Unterwerfung der gottfeindlichen Mächte erst am Ende (V. 24: τὸ τέλος) erwartet wird (der letzte Feind ist der Tod: V. 26) und danach die Übergabe der βασιλεία an Gott erfolgt, ist dieser Sieg im Kol mit seiner in räumlichen Kategorien gefassten präsentischen Eschatologie195 schon vollzogen: Aus dem Macht- und Herrschaftsbereich widergöttlicher Kräfte (ἐρρύσατο ἡμᾶς ἐκ τῆς ἐξουσίας τοῦ σκότους)196 hat Gott die Gemeinde bereits in die himmlische Sphäre des Lichts, „in die βασιλεία seines geliebten Sohnes versetzt“197 (Kol 1,13; vgl. die Aoristformen in V. 12f.; 2,11‒15). In der Rezeptionstradition von Dan 7 stehend, setzt der Kol die apokalyptische Vorstellungswelt des endzeitlichen Kampfes mit kosmischen Mächten voraus (vgl. 1QM)198, doch liegt hier der Fokus auf der bereits realisierten Erlösung (1,14) in der Partizipation (kraft der Taufe: 2,12) am durch (und „in“) Christus, dem „Erstgeborenen aus den Toten“ (1,18), vermittelten Triumph über sie. Im durch ihn eröffneten Heilsraum (der ἐκκλησία) ist die im Hymnus herausgestellte universale Versöhnung (1,20) schon präsent.199 3.2 τὰ στοιχεῖα τοῦ κόσμου Eine Auseinandersetzung mit kosmischen Gewalten tritt insbesondere auch im Rekurs auf die στοιχεῖα in 2,8.20 zu Tage, welche die opponierende φιλοσοφία charakterisieren, gegen die sich die auktoriale Stimme unter Aufnahme stereotyper antiker Topoi polemisierend abgrenzt. Offenbar wird mit diesem Stichwort „ein umfänglicherer Sprach- und Sachzusammenhang“200 aufgerufen, der jedoch nicht näher skizziert wird. In der LXX werden die στοιχεῖα etwa in Weish 7,17 erwähnt:201 In einer Formulierung, die platonisierende und stoische Einflüsse verrät, rekurriert die Figur des Salomo auf die ihm von Gott verliehene Vgl. neben Dan 7,27 auch Ps 8,7; 110,1. Siehe aber die im dynamischen Wachstumsprozess (1,6; 2,19) implizierte zeitliche Komponente (vgl. 3,4). 196 In der parallelen Formulierung von 2 Kor 1,10 geht es um die Rettung aus dem Tod: ὃς ἐκ τηλικούτων θανάτων ἐρρύσατο ἡμᾶς καὶ ῥύσεται. Vgl. Jes 25,8; Offb 21,4. Auch in Weish 1,14 wird in dualistischer Perspektive dem Tod (den Gott „nicht gemacht hat“: V. 13) kein βασίλειον auf der Erde zugestanden. Das Exodus-Paradigma der Rettung (siehe z. B. ἐρρύσατο in Ex 12,27 und 14,30 LXX) wird in Weish 10,6.9.13.15 auf die σοφία bezogen. 197 Vgl. demgegenüber Kol 4,11 (τὴν βασιλείαν τοῦ θεοῦ). 198 Zu Kol 1,12‒14 siehe etwa 1QM XIII,9‒14; XVII,5‒8 (Herrschaft eines Lichtfürsten/ Michaels). Vgl. auch 11QMelch II,5‒25. 199 Zum Frieden vgl. etwa 1,2; 3,15. 200 Bormann, Brief (Anm. 1) 129. 201 Daneben in Weish 19,18 (im Schlusswort über die sich wandelnden Elemente) sowie 4 Makk 12,13, wo die Unmenschlichkeit des Tyrannen gegen die „aus denselben Grundstoffen Gewordenen“ (ἐκ τῶν αὐτῶν γεγονότας στοιχείων) angeprangert wird. 194 195
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untrügliche Kenntnis des Seienden (τῶν ὄντων γνῶσιν ἀψευδῆ), um die kohärente Struktur des Kosmos und das Wirken der Elemente zu verstehen (εἰδέναι σύστασιν κόσμου καὶ ἐνέργειαν στοιχείων)“. Dieses Wissen bedeutet die Depotenzierung kosmischer Mächte – die gleichwohl eine (oft personal gedachte) Wirkkraft besitzen (vgl. demgegenüber die schöpferische „Wirkmacht Gottes“ in Kol 2,12). Dass das kosmische Gefüge (ἡ τοῦ κόσμου σύστασις in Plat., Tim. 32c)202 auf den vier Elementen beruht, erweist sich in der griechischen Philosophie als klassischer Topos.203 Hier nimmt der Kol eine christologische Akzentuierung vor:204 „in ihm“ hat alles Bestand (συνέστηκεν, 1,17). In Weish 13 werden die Elemente im Kontext von Götzenpolemik aufgezählt, wenn Menschen aus dem – als gute Schöpfung anders als im Platonismus nicht abgewerteten – „Sichtbaren“ (ἐκ τῶν ὁρωμένων ἀγαθῶν) nicht den wahrhaft „Seienden“ (τὸν ὄντα) zu erkennen vermögen (V. 1), sondern die geschaffenen Werke (ἔργα) selbst für Götter halten (V. 2;205 zur Argumentation vgl. Röm 1,18–25); in V. 13 fällt auch der Begriff εἰκών in diesem Zusammenhang (vgl. Röm 1,22). Auch Philo, der die Elementenlehre der griechischen Philoso-
202 In einem neuerlichen Anlauf der hier präsentierten Kosmologie setzt in 48b die ausführlicher entwickelte Lehre von den στοιχεῖα τοῦ παντός ein. Die mit dem Substantiv σύστασις korrelierenden Verbalformen beschreiben das Wirken des δημιουργός, den die Sprecherfigur in 28c als τὸν μὲν οὖν ποιητὴν καὶ πατέρα τοῦδε τοῦ παντός bezeichnet (vgl. 41a, auch zur Relation zu den traditionellen Göttern; außerdem SVF 2,1021: δημιουργὸν τῶν ὅλων καὶ ὥσπερ πατέρα πάντων): siehe z. B. das formelhafte ὁ συνιστὰς συνέστησεν in 29d.30c.32c (vgl. dazu Ijob 28,23 LXX: συνέστησεν); zum resultativen Perfekt συνέστηκεν siehe 30d (vgl. auch De mundo 6,397b15). Textzitate aus: Platon. Timaios. Griechisch – Deutsch. Herausgegeben, übersetzt, mit einer Einleitung und mit Anmerkungen versehen von Hans Günter Zekl (PhB 444), Hamburg 1992. 203 Ebenso wird z. B. von Chrysipp überliefert: … τῷ Χρυσίππῳ φήσαντι ἐκ τῶν τεσσάρων στοιχείων τὴν σύστασιν τῶν ὅλων γεγονέναι (SVF 2,555 = Achilles, Isagoge 4). Ausführlicher zur stoischen Terminologie: van Kooten, Christology (Anm. 3) 19‒22. Bei Philo findet sich etwa eine diesbezügliche Rezeption in her. 281 (τὰς τέτταρας ἀρχάς τε καὶ δυνάμεις, ἐξ ὧν συνέστηκεν ὁ κόσμος); det. 154 (εἰς τὴν τοῦ κόσμου σύστασιν); zum schöpferischen Wirken Gottes siehe all. 3,10 (τὸν τὰ ὅλα συστησάμενον ἐκ μὴ ὄντων; vgl. grHen 101,6: συνεστήσατο). 204 In Entsprechung zur Rolle des göttlichen Logos in Sir 43,26 (ἐν λόγῳ αὐτοῦ σύγκειται τὰ πάντα) und 2 Petr 3,5 (γῆ ἐξ ὕδατος καὶ δι’ ὕδατος συνεστῶσα τῷ τοῦ θεοῦ λόγῳ). 205 … ἀλλ’ ἢ πῦρ ἢ πνεῦμα ἢ ταχινὸν ἀέρα ἢ κύκλον ἄστρων ἢ βίαιον ὕδωρ ἢ φωστῆρας οὐρανοῦ πρυτάνεις κόσμου θεοὺς ἐνόμισαν. Auch astrale Mächte (die gerade für die Zeitstrukturen und damit den Kultkalender zuständig sind) wurden unter die στοιχεῖα subsumiert (dazu Arnold, Syncretism [Anm. 192] 162–183); vgl. slHen 15,1 („die Elemente, die Phönix und Chalkedrios genannt werden“; dazu vgl. 12,1); 16,7: „fliegende Geister und Elemente und Engel“; 23,1 („ihre Übergänge und Gänge“ sind wohl ihre Himmelsbahnen); 27,3 (Bildung ihrer Umläufe).
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phie in die biblische Schöpfungstradition integriert (vgl. z. B. opif. 131), schildert eine teilweise Vergöttlichung der „vier Prinzipien“.206 In diese Linie reiht sich Gal 4 ein,207 wo Paulus den Adressaten vorwirft, wieder zu den „schwachen und armseligen“ στοιχεῖα zurückzukehren (V. 9), denen er versklavende Macht zuspricht. Während er sich in V. 3 retrospektiv in ein „Wir“ einbezieht: ὑπὸ τὰ στοιχεῖα τοῦ κόσμου ἤμεθα δεδουλωμένοι, richtet er sich ab V. 6 an ein „Ihr“, die vom alten Götzendienst (siehe V. 8: … τότε μὲν οὐκ εἰδότες θεὸν ἐδουλεύσατε τοῖς φύσει μὴ οὖσιν θεοῖς …) in neuer Weise bedroht scheinen, wenn sie sich wieder (vgl. das doppelte πάλιν in V. 9) versklaven lassen. Im Fokus steht hier das „Gesetz“ (siehe in V. 5 den Loskauf derer ὑπὸ νόμον zur Gotteskindschaft) – welches im Kol freilich nicht explizit erwähnt wird. Doch betont auch Kol 2,20 in paulinischer Tradition die Freiheit von den Grundprinzipien des Kosmos als personifizierten Gewalten in ihrer vergötzten Macht:208 Wenn ihr gestorben seid mit Christus (Εἰ ἀπεθάνετε σὺν Χριστῷ), (und also frei) von den Elementen der Welt (ἀπὸ τῶν στοιχείων τοῦ κόσμου),209 was lasst ihr euch (dann) Vorschriften machen, als ob ihr in der Welt lebtet (τί ὡς ζῶντες ἐν κόσμῳ δογματίζεσθε210) …? 206 Siehe z. B. decal. 53: ἐκτεθειώκασι γὰρ οἱ μὲν τὰς τέσσαρας ἀρχάς, γῆν καὶ ὕδωρ καὶ ἀέρα καὶ πῦρ. Vgl. ferner spec. 2,255; contempl. 3f. In Cher. 127 bilden die Elemente ‒ in betonter Differenzierung ‒ die materielle Grundlage des Kosmos (ὕλην δὲ τὰ τέσσαρα στοιχεῖα ἐξ ὧν συνεκράθη) im Unterschied zu Gott als αἴτιον … ὑφ᾿ οὗ γέγονεν und dem Logos als ὄργανον … θεοῦ δι᾿ οὗ κατεσκευάσθη. 207 Darüber hinaus tauchen die στοιχεῖα im NT in der Vision vom Weltenbrand in 2 Petr 3,10.12 auf sowie in Hebr 5,12 als Elementarlehren (τὰ στοιχεῖα τῆς ἀρχῆς τῶν λογίων τοῦ θεοῦ). 208 Dabei ist es nicht nötig, sich auf einen spezifischen Kult der Elemente in Kolossä zu berufen wie Martin Dibelius, der einen jüdischen Bezugsrahmen ausklammerte: ders., Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten, in: Günther Bornkamm (Hg.), Botschaft und Geschichte. Gesammelte Aufsätze von Martin Dibelius. 2. Zum Urchristentum und zur hellenistischen Religionsgeschichte, Tübingen 1956, 30–79 [Ndr. aus: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Philosophisch-historische Klasse 4/1917]. 209 Vgl. dazu ‒ zumal die Hypotaxe ja stark an Röm 6,8 erinnert ‒ die Gedankenlinie in Röm 6,7: ὁ γὰρ ἀποθανὼν δεδικαίωται ἀπὸ τῆς ἁμαρτίας (in V. 2.10 mit dem Dativ als direktem Objekt) sowie 7,6: νυνὶ δὲ κατηργήθημεν ἀπὸ τοῦ νόμου ἀποθανόντες ἐν ᾧ κατειχόμεθα … (in V. 4 erneut mit dem Dativ; vgl. Gal 2,19). In diesem Zusammenhang scheint die präpositionale Phrase ἀπὸ τῶν στοιχείων τοῦ κόσμου in elliptischer Formulierung eine Trennung zu implizieren, die mit dem „Mit-Sterben“ in der Taufe vollzogen wird. In einer anderen Lesart könnte die Präposition ἀπό den Ursprung angeben, in dem sich die Vorschriften gründen: „Was lasst ihr euch von den Elementen der Welt her Vorschriften machen?“ M. E. sind – gerade durch die Mittelstellung der präpositionalen Wendung – beide Gedanken impliziert. Eine ähnliche rhetorische Frage, jedoch mit Akzent auf der „Sünde“, wird in Röm 6,2 gestellt: οἵτινες ἀπεθάνομεν τῇ ἁμαρτίᾳ, πῶς ἔτι ζήσομεν ἐν αὐτῇ; 210 Vgl. die δόγματα in 2,14.
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3.3 ἄγγελοι Ein expliziter Hinweis auf Engelverehrung findet sich im vieldiskutierten Vers Kol 2,18, allerdings eröffnet die unklare Syntax im mittleren Teil verschiedene Bezugs- und Deutungsmöglichkeiten der einzelnen Satzglieder: μηδεὶς ὑμᾶς καταβραβευέτω
Niemand soll euch disqualifizieren
θέλων
mutwillig / Gefallen habend / gerne
ἐν ταπεινοφροσύνῃ καὶ θρησκείᾳ τῶν ἀγγέλων
in Demut und Kult der Engel
ἃ ἑόρακεν
was er/sie gesehen hat
ἐμβατεύων
eintretend
εἰκῇ
vergeblich / grundlos
φυσιούμενος ὑπὸ τοῦ νοὸς τῆς σαρκὸς αὐτοῦ … aufgeblasen vom Verstand seines Fleisches …
Wie schon in 2,4, wo eine erste Warnung vor der Irreführung durch πιθανολογία211 (bei Plato, Theait. 162e auf die sophistische Methode der „Überredung“ bezogen) erfolgt, lässt das Indefinitpronomen μηδείς die oppositionelle Stimme unbestimmt (vgl. V. 8.16: μή τις), die sich in der auktorialen Perspektive arrogant als Richter aufspielt.212 Handelt es sich um externe Kritik oder um einen gemeindeinternen Konflikt, ausgelöst durch eine rhetorisch einflussreiche Position, die der implizite Autor aus dem angesprochenen „Ihr“ ausschließt? Generell zeigt sich eine gewisse Ambivalenz, da nicht klar hervorgeht, inwieweit Diskurspositionen (z. B. im Blick auf „Demut“ und „Kult der Engel“) auf der Basis einer gemeinsamen Vorstellungswelt bis zu einem gewissen Grad geteilt, aber modifiziert – oder verurteilt werden. Mehrfache Interpretationen ermöglicht bereits das Partizip θέλων, insofern es sich, absolut gebraucht, adverbiell auf καταβραβευέτω („mutwillig disqualifizieren“213, mit Angabe des Gegenstands der Kritik: ἐν …; vgl. die parallele Konstruktion in V. 16: Μὴ οὖν τις ὑμᾶς κρινέτω ἐν …) oder auch auf ἐμβατεύων („gern in214 … eintretend“)215 beziehen oder aber als Septua Vgl. Gal 5,8 (ἡ πεισμονή); 1 Kor 2,4 (ἐν πειθοῖ[ς] σοφίας [λόγοις]). καταβραβεύω τινά, ein ἅπαξ λεγόμενον im NT, bedeutet „als (Schieds-)Richter (βραβεύς) gegen (κατα-) jemanden entscheiden, ein negatives Urteil über jemanden fällen“ und so auch „jemandem den Kampfpreis (βραβεῖον) aberkennen, jemanden um sein Recht bringen“ (vgl. Bauer/Aland, Wörterbuch [Anm. 29] 831; Liddell/Scott/Jones, Lexicon [Anm. 30] 885). In 3,15 taucht – in positivem Sinn – das Simplex auf (ebenfalls nur an dieser Stelle im NT). 213 So die Übersetzung von Angela Standhartinger in der Bibel in gerechter Sprache; vgl. Friedrich Blass / Albert Debrunner / Friedrich Rehkopf, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, Göttingen 171990 [= BDR], § 418.5 Anm. 7: „absichtlich“. 214 In der Koine wird ἐν mit dem Dativ auch für εἰς mit dem Akkusativ (wohin?) verwendet. 215 Siehe die in Liddell/Scott/Jones, Lexicon (Anm. 30) 479 (3.), für das Partizip angeführte Bedeutung: „willingly, gladly“. Zu dieser Bezugsmöglichkeit vgl. die alte Luther 211
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gintismus („Gefallen habend an …“; vgl. zu θέλων ἐν … θρησκείᾳ die in der griechischen Bibel nur in Kol 2,23 vorkommende ἐθελοθρησκία)216 aufgefasst werden könnte. Vor allem erhebt sich jedoch bei θρησκείᾳ217 τῶν ἀγγέλων die Frage, ob die Engel im Sinne eines Genitivus obiectivus selbst Gegenstand der Verehrung sind – was in biblischer Tradition untersagt ist –218 oder der von den Engeln vollzogene Kultus im himmlischen Heiligtum (Genitivus subiectivus) gemeint ist.219 Im ersteren Fall wäre (unabhängig von der Richtung der Kritik) vermutlich von einer polemischen Zuschreibung eines „Engelkults“ ausübersetzung. – Oder sollte das Adverb εἰκῇ mit ἐμβατεύων verbunden werden („vergeblich eintretend“)? 216 In der LXX findet sich θέλω ἐν τινί in der Bedeutung „Gefallen haben an“ etwa in 1 Kön (= 1 Sam) 18,22; 2 Kön (= 2 Sam) 15,26; 3 Kön (= 1 Kön) 10,9; Ps 111 (= 112),1; 146 (= 147),10. Vgl. auch Bauer/Aland, Wörterbuch (Anm. 29) 722 (4.); Liddell/Scott/Jones, Lexicon (Anm. 30) 479 (I.9: „delight in“); BDR § 148 Anm. 3, sowie die – stark paraphrasierende – Einheitsübersetzung. Analog Fred O. Francis, Humility and Angelic Worship in Col 2:18, in: ders. / Wayne A. Meeks (Hg.), Conflict at Colossae. A Problem in the Interpretation of Early Christianity Illustrated by Selected Modern Studies (SBibSt 4), Missoula 1973, 163–195 [Ndr. aus: StTh 16 (1962) 109–134]: 166: „Let no one disqualify you, being bent upon humility and the worship of angels – which he has seen upon entering – being vainly puffed up by his mind of flesh.“ (Vgl. im selben Band ders., The Background of Embateuein [Col 2:18] in Legal Papyri and Oracle Inscriptions, ebd. 197–207: 197.) Die Präposition ἐν fehlt in a*. 217 Das Substantiv kommt im NT noch an zwei Stellen vor: In Jak 1,26f. wird der wahre Gottesdienst beschrieben, in Apg 26,5 bezeichnet die Stimme des Paulus damit die Zugehörigkeit zur jüdischen Kult- und Glaubensgemeinschaft (τῆς ἡμετέρας θρησκείας). In der LXX siehe 4 Makk 5,7.13 (mit dem Genitivus subiectivus Ιουδαίων bzw. pronominalem ὑμῶν) sowie Weish 14,18.27 (im Kontext von Idolatrie). Vgl. ferner Philo, det. 21; fug. 41; spec. 1,315; Gai. 232; 298. Am häufigsten tritt der Begriff bei Josephus auf; vgl. Arnold, Syncretism (Anm. 192) 91f. (mit weiteren Belegen). 218 Vgl. Dtn 4,19; 17,3; Jer 8,2; Zef 1,5; Offb 19,10; 22,8f.; außerdem ApkZef 10,3. Siehe auch die Depotenzierung Metatrons in hebrHen § 20; vgl. bḤagiga 15a (dazu Daniel Boyarin in diesem Band). Zu differenzieren ist freilich zwischen veneration im Sinn von Ehrerbietung wie z. B. in Tob 11,14 (vgl. 11Q14 1,II,4) und worship. 219 Grundsätzlich werden das Objekt der Verehrung wie diejenigen, die einen Kult vollziehen, mit einem Genitiv bezeichnet: vgl. z. B. Josephus, ant. 13,199 (ὃ κάλλιστον ἐκείνοις ἔδοξε, τὸ τελευτᾶν ὑπὲρ τῶν νόμων καὶ τῆς τοῦ θεοῦ θρησκείας ὑμῶν; zitiert aus: Josephus. 7. Jewish Antiquities, Books XII‒XIV. With an English Translation by Ralph Marcus [LCL 365], London 1966, 324). Loren T. Stuckenbruck, Angel Veneration and Christology. A Study in Early Judaism and in the Christology of the Apocalypse of John (WUNT 2/70), Tübingen 1995, 119, verbindet beide Interpretationsmöglichkeiten des Genitivs τῶν ἀγγέλων: „it is certainly possible that the notion of participating in angelic worship is regarded as dangerous not only on account of its superfluity for the believer, but also, and perhaps especially, because it posed a context in which a seer may be tempted to venerate angelic beings who are encountered during the ascent.“
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zugehen – außer man beruft sich wie Clinton E. Arnold auf populäre Praxis abseits der „offiziellen“ Überlieferung.220 Martin Dibelius brachte die στοιχεῖα als „kosmische Gottheiten“ ins Spiel.221 Mit Blick auf die Texte von Qumran ist aber auch eine angestrebte Teilnahme am himmlischen Gottesdienst der Engel in Betracht zu ziehen.222 Die (in 2,23 mit ἀφειδίᾳ σώματος verbundene) ταπεινοφροσύνη könnte, gerade in einem solchen Kontext, auf (für die Kultfähigkeit vorausgesetzte) asketische Praktiken223 verweisen. Zugleich findet sich die „Demut“ allerdings im Tugendkatalog innerhalb des paränetischen Briefteils (3,12). Dass der Kontrahent am Ende als „aufgeblasen vom Verstand seines Fleisches“ (εἰκῇ φυσιούμενος224 ὑπὸ τοῦ νοὸς τῆς σαρκὸς αὐτοῦ225) karikiert Anhand von breitem Quellenmaterial (wenngleich großteils aus dem 3./4. Jh.) dokumentiert Arnold, Syncretism (Anm. 192) 8–102, die auch für das 1. Jh. vorauszusetzende populäre Anrufung von Engeln (insbesondere in Verbindung mit magischen Praktiken) in paganen, jüdischen und christlichen Kontexten, mit speziellem Fokus auf kleinasiatische Lokaltraditionen. Der Begriff ἄγγελοι schließt dabei – dem höchsten Gott untergeordnete – Gottheiten, Geister und Dämonen sowie astrale Mächte und personifizierte Naturgewalten ein. Vgl. dazu auch die differenzierten Kompetenzen der Engel, Geister und kosmischen Mächte, die Elemente und Gestirne kontrollieren, in äthHen 60,11–22; 69,21f.; 75,1–3; 80,6; 82,4.7f.10–20; slHen 5f.; Jub 2,2; 1QH I,9–13. 221 Dibelius, Isisweihe (Anm. 208) 63 (vgl. bereits ebd. 56). Arnold, Syncretism (Anm. 192) 193, versteht jene wiederum „as evil spiritual ‚powers‘ equivalent to the ἀρχαὶ καὶ ἐξουσίαι (1:16; 2:10, 15)“, gegen deren feindlichen Einfluss die Anhängerschaft der „Philosophie“ Engel um Schutz anrief. 222 Zur (Kult-)Gemeinschaft mit den Engeln (vgl. 1 Kor 11,10) siehe z. B. 1QS XI,8; 1QH XI [III],19–23; 1QM VII,6; 1QSa II,8f.; 1QSb IV,25f. sowie die in 4Q400–405 (und 11QShirShab) überlieferten Sabbatlieder (siehe dazu Franz Sedlmeier in diesem Band sowie Beate Ego, Der Gottesdienst der Engel – Von den biblischen Psalmen zur jüdischen Mystik. Traditionskritische Überlegungen zu den Sabbatopferliedern von Qumran, in: ThLZ 140 [2015] 886–901); zum gemeinsamen Sabbathalten mit den Engeln (auch als Zeichen der Gottesähnlichkeit) ferner Jub 2,21f. Vgl. außerdem etwa Ps 29,1f.; 103,20–22; 148; Jes 6,2f.; Dan 3,52–90 LXX; 7,10; Dtn 32,43 LXX; äthHen 14,18ff.; 39f.; 61,10–12; Lk 2,13f.; Offb 4f.; ApkAbr 17f.; TestLev 3,5–8; AscIs 7–9. Weitere Belege bei Francis, Humility (Anm. 216) 178f. 223 In der LXX wird das Verb ταπεινόω im Zusammenhang mit Enthaltsamkeit verwendet: siehe z. B. Lev 16,29.31; 23,27.32; im Konnex mit Fasten: Ps 34,13 LXX (= 35,13); Jes 58,3.5; 2 Esra 8,21 (= Esra 8,21); in Dan 10,12 als Vorbereitung (siehe dazu V. 3) auf eine Vision (häufig in apokryphen apokalyptischen Schriften). Belege für einen womöglich technischen Gebrauch bietet Francis, Humility (Anm. 216) 168‒171, der die vorbereitende Funktion von Askese für Offenbarungen, Visionen und Himmelsreisen in jüdischer und christlicher Literatur dokumentiert. 224 Siehe dazu 1 Kor 8,1 (ἡ γνῶσις φυσιοῖ), wo die Liebe gegenübergestellt wird (ἡ δὲ ἀγάπη οἰκοδομεῖ; vgl. die Stichworte in Kol 2,2.7); es geht um die Frage des Götzenopferfleisches. Vgl. außerdem etwa Philo, somn. 2,115 (φυσώμενος ὑπ᾿ ἀνοίας). 225 Vgl. dazu Röm 8,5‒7 (τὸ φρόνημα τῆς σαρκός). 220
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wird, steht jedenfalls in ironischem Kontrast zur „Demut“, die er/sie (zumindest implizit, und zwar als mangelhaft) kritisiert bzw. in der er/sie sich selbst gefällt. Der Relativsatz ἃ ἑόρακεν226, der in diesem Zusammenhang möglicherweise auf visionär-mystische Erfahrungen anspielt, lässt sich unter anderem227 auch auf die nachfolgende Partizipialkonstruktion beziehen ‒ dann lautet die Charakterisierung: „in Bezug auf das (Accusativus Graecus), was er/sie geschaut hat, grundlos aufgeblasen“228, d. h. hochmütig aufgrund besonderer Visionen, eventuell der himmlischen Liturgie vor dem Thron Gottes, beim Eintritt in Himmelssphären bzw. ins himmlische Heiligtum.229 Für ἐμβατεύων könnte (neben der diskutierten kultisch-technischen Bedeutung)230 von Kol 1,12 her, wo wie in Jos 19,49.51 (Inbesitznahme des Landes als Erbantritt)231 das Stichwort κλῆρος auftaucht („Teilhabe am Erbe der Heiligen im Licht“)232, der – auch mit absolutem Gebrauch des Verbs belegte – semantische Gehalt „in das Erbe eintreten“ bzw. „das Erbe antreten“ interessant sein.233 Als primäre Hintergrundfolie Dass der Relativsatz interpretatorische Probleme aufgibt, zeigen bereits die Textvarianten (eingefügte Negationen) und diverse Konjekturen. 227 Der parataktischen Gedankenführung des Kol entsprechend, legt sich insbesondere eine unbestimmte Bezugnahme auf ἐν ταπεινοφροσύνῃ καὶ θρησκείᾳ τῶν ἀγγέλων nahe (vgl. auch ἅ in 2,17.22). 228 In BDR § 154 Anm. 3 findet sich die Übersetzung „auf das, was er bei seiner Einweihung geschaut hat, grundlos eingebildet“. 229 In 2 Kor 12,7 wehrt Paulus eine Überheblichkeit wegen der ihm zuteil gewordenen Offenbarungen (ἀποκαλύψεων) ab. In den Versen davor berichtet er von einem „bis in den dritten Himmel“ (V. 2) bzw. „ins Paradies“ (V. 4) Entrückten, der dabei „unsagbare Worte“ hörte. 230 Aufgrund epigraphischer Belege aus dem 2. Jh. vom Apollo-Tempel von Klaros (ca. 30 km nördlich von Ephesos) wurde ἐμβατεύω als absolut gebrauchter terminus technicus für die Initiation in einen Mysterienkult gedeutet: siehe dazu Dibelius, Isisweihe (Anm. 208) 57–63, der ausschließlich einen paganen Hintergrund für die kolossische „Philosophie“ annahm. Vgl. außerdem Liddell/Scott/Jones, Lexicon (Anm. 30) 539: „to be initiated into the mysteries“ sowie die Diskussion in Bauer/Aland, Wörterbuch (Anm. 29) 513 (4.). Kritisch Francis, Humility (Anm. 216) 172f.; ders., Background (Anm. 216) 199–204; er verweist auf das „Eintreten“ (in griechischen Quellen freilich εἰσέρχεσθαι) im Zuge von Himmelsreisen (Humility 174–176; Background 197.199.203f.): siehe z. B. grHen 14,9f.13. Ausführliche Erörterung auch bei Arnold, Syncretism (Anm. 192) 104–157, bes. 109–125. 231 Weitere Belege in der LXX sind 1 Makk 12,25; 13,20; 14,31; 15,40 (feindliches Eindringen); 2 Makk 2,30 (metaphorisch für die Aufgabe des Historikers: ἐμβατεύειν καὶ περίπατον ποιεῖσθαι λόγων). 232 Vgl. dazu z. B. 1QS XI,7f. (Gott hat den erleuchteten Auserwählten „Anteil am Los der Heiligen gegeben und ihre Versammlung mit den Söhnen des Himmels verbunden“); 1QH XI,11f. sowie äthHen 58 (Erbteil der Gerechten und Auserwählten, im Licht). 233 Francis, Background (Anm. 216) 199, verweist etwa auf TestLev 2,10.12; 5,1f., wo Levis Erbteil mit „heavenly entrance“ verknüpft ist. 226
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erscheint für einen solchen Interpretationszusammenhang das in apokalyptischen Texten, etwa in der Henoch-Literatur und anderen in Qumran rezipierten oder auch verfassten Schriften, bezeugte Interesse an Himmelsreisen, Visionen und Engeln (vgl. aber auch die Offb, insbesondere die Thronsaalvision in 4f.) naheliegender als ein paganer oder synkretistischer lokaler (Mysterien-)Kult, zumal auch andere Briefstellen auf einen gemeinsamen Vorstellungs- und Diskussionshorizont deuten. Abseits einer technischen Bedeutung von ἐμβατεύω könnte es freilich auch um eine Verurteilung der Kultpraxis im Kontakt mit der Gemeinde gehen: „Niemand soll euch mutwillig disqualifizieren, was Demut und ‚Kult der Engel‘ betrifft, (in Bezug auf das,) was er/sie eintretend gesehen hat, grundlos aufgeblasen vom Verstand seines Fleisches.“234 3.4 Superiorität gegenüber Engeln und Mächten Ein gesteigertes Interesse an himmlischen Mittlerwesen angesichts der im Hellenismus zunehmend in die Transzendenz gerückten Gottheit, mit entsprechendem Niederschlag in angelologischen Konzepten (gerade auch im monotheistischen Horizont), scheint in Bezug auf Status und Rang Christi durchaus Fragen aufgeworfen zu haben, zumal sich Engel als menschengestaltige, personale göttliche Repräsentanten235 gegenüber blasseren Hypostasen der Gottheit als Vergleichsfolie geradezu anbieten.236 Analog wird in Hebr 1f., mit Rekurs auf die Schöpfungsmittlerschaft des „Sohnes“ und unter Verwendung ähnlicher Sprachformen und christologischer Vorstellungen, eine mögliche Konkurrenz im Sinne einer Unterordnung der Engel aufgelöst (vgl. 1,4: κρείττων γενόμενος τῶν ἀγγέλων).237 Vgl. auch den Bedeutungsaspekt „besuchen“ (Bauer/Aland, Wörterbuch [Anm. 29] 513 [1.]) bzw. „frequent“ (Liddell/Scott/Jones, Lexicon [Anm. 30] 539). 235 Vgl. Beate Ego in diesem Band zum Engel Rafael als „Projektionsfläche der göttlichen Gegenwart“. 236 Zur „Angelologie als praeparatio christologica“ siehe Samuel Vollenweider, Zwischen Monotheismus und Engelchristologie. Überlegungen zur Frühgeschichte des Christusglaubens, in: ders., Horizonte (Anm. 42) 3–27 [Ndr. aus: ZThK 99 (2002) 21–44]: 16ff. Vgl. etwa die österlichen Epiphanie-Erzählungen. Der engelgleiche (vgl. äthHen 46,1) Menschensohn apokalyptischer Schriften bietet sich als besonderer Kristallisationspunkt an; siehe Dan 7,13f. und die Henoch-Literatur, aber etwa auch die Christusgestalt in Offb 1,13–16 (in Aufnahme von Dan 7,9.13; 10,5f. sowie Ez 1,24; 9,2f.11; 43,2). 237 Knut Backhaus, Der Hebräerbrief (RNT), Regensburg 2009, 93f., geht nicht von einer Polemik gegen einen als „Irrlehre“ verbreiteten Engelkult aus, sondern sieht im vergleichenden Rekurs auf die Engel, die „zum festen Repertoire der Himmelswelt [gehören]“ (94), eine (positive) Folie, vor der der göttliche Glanz Christi umso heller strahlt. Doch räumt er im Sinne eines Bemühens des Verfassers „um theologische Absicherung“ (94) ein, dass „dort, wo Hebr den Vermittler schlechthin vorstellt, […] – ganz konsequent – die Engel relativiert [wer234
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Im Blick auf die diskursive Auseinandersetzung mit der konkurrierenden φιλοσοφία steht jedoch insbesondere die konkrete kultisch-rituelle Praxis im Fokus, welche von der gegnerischen Seite als defizitär kritisiert wird (vgl. den gesamten polemisierenden Abschnitt in Kol 2,16–23): Demgegenüber wird die Freiheit von den personal gedachten kosmischen Mächten festgehalten, schon aufgrund der Vor- und Überordnung des exklusiven Mittlers gegenüber allen Mächten als Teil der geschaffenen Welt sowie aufgrund der Teilhabe am Triumph über sie. Diese konstituiert sich im Ablegen der „sarkischen“ Existenz (ἐν τῇ ἀπεκδύσει τοῦ σώματος τῆς σαρκός) „in der Beschneidung Christi“ (2,11),238 indem die Getauften zu neuem Leben „mit-auferweckt“ werden durch den Glauben an die in Jesu Auferweckung erwiesene Wirkmächtigkeit Gottes (2,12). Eine Verehrung von Engeln und Elementen ist in der Existenzorientierung κατὰ Χριστόν nicht (mehr) nötig.
4 σῶμα-Ekklesiologie und Schekina-Theologie Am Übergang zwischen den Strophen kommt in Kol 1,18 die (universal konzipierte)239 ἐκκλησία ins Spiel, die in paulinischer Tradition (1 Kor 6,15; 10,17; 12,12–27; Röm 12,4f.)240 als „Leib Christi“ vorgestellt wird (vgl. 1,24; 2,17.19; 3,15; außerdem 2,9). Die Körpermetaphorik kann dabei an antiken Vorbildern anknüpfen.241 In der Kosmogonie, welche die Figur des Timaios in den]“ (103), hält allerdings mit Blick auf Hebr 12,22; 13,2 fest: „Der himmlische Hofstaat wird freilich in Anknüpfung an die frühjüdische Apokalyptik auch im Christentum seine Rolle spielen.“ (103) Zum Hebr siehe den Beitrag von Wolfgang Kraus in diesem Band. 238 Zur περιτομῇ ἀχειροποιήτῳ vgl. die gottgewirkte Herzensbeschneidung in Dtn 30,6; außerdem die Metaphorik in 10,16; Jer 4,4; 1QS V,5. Im Rekurs auf die Beschneidung geht es nicht um Substitution, sondern Inklusion; vgl. Kol 3,11; Röm 2,28f. 239 Die weltweite Perspektive als Reflex der kosmischen Dimension in der Christologie (die ἐκκλησία ist sein σῶμα) überlagert das Konzept als konkrete Ortsgemeinde (siehe dazu Kol 4,15f.). So fällt auch das Fehlen des Begriffs in der Briefadresse in 1,2 auf (vgl. aber Röm und Phil). 240 Allerdings fehlt in den unumstrittenen Paulusbriefen die hier mit dem „Haupt“ (vgl. auch 2,19) gegebene Hierarchisierung. In Eph 1,22; 4,15; 5,23 sowie 1,10 (ἀνακεφαλαιόω) wird diese weitergeführt. Zur Vorrangstellung der κεφαλή in einem hierarchischen Körpermodell vgl. z. B. Plat., Tim. 44d: … τοῦτο ὃ νῦν κεφαλὴν ἐπονομάζομεν, ὃ θείοτατόν τέ ἐστιν καὶ τῶν ἐν ἡμῖν πάντων δεσποτοῦν … Bei Curtius Rufus wird das Bild des Körpers auf das Reich übertragen, das eines Hauptes bedarf (Curt. 10,9,2.4). 241 Vgl. zu 1 Kor 12 z. B. das Gleichnis des Menenius Agrippa in Liv. 2,32,9‒12. Außerdem siehe etwa Plat., rep. 462c‒e (Vergleich des Staats mit dem menschlichen Organismus). Zu stoischen Einflüssen bezüglich der Haupt-Leib-Metaphorik siehe van Kooten, Christology (Anm. 3) 17‒42.
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Platos gleichnamigem, in der Antike breit (u. a. auch von Philo)242 rezipierten Dialog vorträgt, ist der – im Unterschied zu der ihn durchwaltenden Seele243 – sichtbare „Allkörper“ (τὸ τοῦ παντὸς/κόσμου σῶμα: 31b.32a/32c)244 „Bild“, εἰκών (29b.92c), der paradigmatischen, unsichtbaren und ewigen ideellen Welt – als θεὸς αἰσθητός (92c). Dagegen wird im Kol der „Sohn“ als „Bild des unsichtbaren Gottes“ (1,15) bezeichnet, sein σῶμα aber ist die (universale) ἐκκλησία.245 In der ekklesiologischen Konzeption findet der Gedanke leiblicher Wahrnehmbarkeit der sich über den „Sohn“ vermittelnden und doch transzendent bleibenden Gottheit seinen Niederschlag. Dass im Schöpfungszusammenhang auf die ἐκκλησία rekurriert wird, erinnert aber auch an Sir 24, wo die Weisheit „inmitten ihres Volkes“ (ἐν μέσῳ λαοῦ αὐτῆς, V. 1) sowie „in der Versammlung des Höchsten“ (ἐν ἐκκλησίᾳ ὑψίστου, V. 2)246 berichtet, wie sie ihren himmlischen Wohnsitz verließ, um schließlich ihre Ruhestätte in Jerusalem zu finden (V. 11; vgl. Ps 132,8.13f.).247 In geschichtlicher Konkretisierung schlägt sie ihr Zelt248 in Jakob auf (V. 8; das Motiv der σκηνή verweist in V. 10.15249 auf den Tempelkult250) und fasst Wurzeln ἐν λαῷ δεδοξασμένῳ, ἐν μερίδι κυρίου, κληρονομίας αὐτοῦ (V. 12)251, um vom Zion
Siehe etwa Philos platonisierende Genesis-Interpretation in De opificio mundi. Siehe bes. Tim. 36e.46d. In all. 1,91 bezeichnet Philo Gott als „die Seele des Alls“ (ἡ γὰρ τῶν ὅλων ψυχὴ ὁ θεός ἐστι κατὰ ἔννοια). 244 Vgl. Philo, plant. 7: der Kosmos als τὸ μέγιστον σωμάτων (mit dem Logos als fester Stütze bzw. unzerreißbarem Band des Alls: 8f.; vgl. conf. 136; fug. 112); migr. 220: als größter und vollkommenster Mensch. 245 Auch nach Vollenweider, Der Erstgeborene (Anm. 20) 72 Anm. 26, „spielt der Verfasser mit den kosmischen Assoziationen des Leibes […], aber er identifiziert Kosmos (Schöpfung) und Leib (Kirche) nicht, sondern bestimmt deren Verhältnis vielleicht eher im Bild eines inneren und äusseren Kreises“. 246 Das doppelte Publikum wird durch das parallele καυχήσεται jeweils am Versende von V. 1f. unterstrichen. So offenbart sich die Sophia also gleichzeitig im Himmel und auf der Erde in ihrem Volk (vgl. dazu die rahmende Entsprechung in V. 12). Explizit auf Israel bezogen ist ἐκκλησία in Sir 50,13.20. 247 Vgl. außerdem Dtn 12,9f.; 25,19. 248 Zu ihrem himmlischen „Zelten“ in V. 4, thronend ἐν στύλῳ νεφέλης, siehe etwa die Motivkombination in Ex 33,9f.; Num 10,11 (Offenbarung der Gottespräsenz). Zur Einwohnung der göttlichen Herrlichkeit im Begegnungszelt siehe Ex 29,43–46. 249 Zu den Düften vgl. Ex 30,34. 250 Vgl. auch Weish 9,8: der Tempel auf dem heiligen Berg und der Altar ἐν πόλει κατασκηνώσεώς σου (vgl. Ez 37,27 LXX) als μίμημα σκηνῆς ἁγίας. 251 Zur κληρονομία vgl. V. 7f.20.23. Ähnliche Terminologie findet sich in Kol 1,12: εἰς τὴν μερίδα τοῦ κλήρου τῶν ἁγίων. 242 243
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aus ihr fruchtbares Wirken zu offenbaren (wie die ab V. 13 folgende Pflanzenbildlichkeit sowie die Flussmetaphorik in V. 25–31 veranschaulichen).252 Eine solche Verknüpfung von Weisheits-, Schöpfungs- und Schekinatheologie253 zeigt sich in Kol 1,19 wiederum im Motiv der „Einwohnung“ des – nur hier im Neuen Testament absolut verwendeten – πλήρωμα (in 2,9 πᾶν τὸ πλήρωμα τῆς θεότητος) „in ihm“. Die gleiche Formulierung begegnet in Ps 67,17 LXX, auf den Zion bezogen: τὸ ὄρος, ὃ εὐδόκησεν254 ὁ θεὸς κατοικεῖν ἐν αὐτῷ.255 Gegenüber dem linear-durativen Präsens-Infinitiv κατοικεῖν („zu wohnen“) setzt der Aorist-Infinitiv κατοικῆσαι („Wohnung zu nehmen“) in Kol 1,19 den Fokus auf den „Akt der Einwohnung“256, dessen Zeitpunkt allerdings offen bleibt. Der Gedanke taucht hier im Zusammenhang von Auferstehung (als Begründung von V. 18) und Versöhnung (vgl. auch die mit dem „Blut“ in V. 20 angedeutete kultische Dimension) auf. Außerdem verweist die göttliche „Fülle“ auf die Zionstheologie:257 Im offenbar bereits in einem spezifischen Sinn theologisch-technisch verwendeten258 Terminus πλήρωμα klingt an, wie die Herrlichkeit bzw. Gegen-
252 Vgl. das Bild des Lebensbaums in Spr 3,18. Die Garten- und Paradiesesmotivik (als Symbolik für die Leben spendende Gottespräsenz) spielt in der Tempeltheologie eine wesentliche Rolle. Zur Tradition der Tempelquelle (siehe Ez 47; Joël 4,18; Sach 14,8 etc.) vgl. die Paradiesesströme in Gen 2,10–14. 253 Dazu siehe etwa Bernd Janowski, Gottes Weisheit in Jerusalem. Sirach 24 und die biblische Schekina-Theologie, in: Hermann Lichtenberger / Ulrike Mittmann-Richert (Hg.), Biblical Figures in Deuterocanonical and Cognate Literature (DCLY 2008), Berlin 2009, 1–29; ders., Die Einwohnung Gottes in Israel. Eine religions- und theologiegeschichtliche Skizze zur biblischen Schekina-Theologie, in: ders. / Enno Edzard Popkes (Hg.), Das Geheimnis der Gegenwart Gottes. Zur Schechina-Vorstellung in Judentum und Christentum (WUNT 318), Tübingen 2014, 3–40: 5.27–34; Martin Leuenberger, Die personifizierte Weisheit als Erbin der atl. „Schechina“, in: ebd. 65–84. 254 Die Konstruktion mit Infinitiv für das Handeln Gottes findet sich weiter in Ps 39,14 LXX (= 40,14); Lk 12,32; 1 Kor 1,21; Gal 1,15f. Siehe insbesondere auch 2 Makk 14,35: ηὐδόκησας ναὸν τῆς σῆς σκηνώσεως ἐν ἡμῖν γενέσθαι. Ferner lässt das Verb assoziativ Taufe und Verklärung anklingen (siehe Mk 1,11 par. Mt 3,17; Lk 3,22 sowie Mt 17,5; 2 Petr 1,17; außerdem Mt 12,18 als explizites Zitat von Jes 42,1). 255 Vgl. etwa auch Ps 132,13f.; 135,21; 1 Kön 8,13; Jes 8,18 (mit κατασκηνόω in der LXX wie in Sir 24,4.8: Ps 73,2 LXX [= 74,2]; Joël 4,17.21; Sach 2,14; 8,3; Ez 43,7.9; κατασκήνωσις: Ez 37,27; Weish 9,8). Hingegen fragt Salomo in 3 Kön (= 1 Kön) 8,27 LXX im Blick auf den Tempel: εἰ ἀληθῶς κατοικήσει ὁ θεὸς μετὰ ἀνθρώπων ἐπὶ τῆς γῆς; (vgl. dazu Jes 66,1). 256 Bormann, Brief (Anm. 1) 100. Das Verb kommt im NT nur noch in Kol 2,9 sowie Eph 3,17 vor. 257 Vgl. Stettler, Kolosserhymnus (Anm. 1) 255‒262. 258 Im Unterschied etwa zu Röm 11,12.25; 13,10; 1 Kor 10,26; Gal 4,4; Mk 2,21 par. Mt 9,16. Siehe aber z. B. Joh 1,16.
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wart Gottes den Tempel259 (in Ex 40,34f. die σκηνή) – oder auch die ganze Erde260 bzw. Himmel und Erde261 – „(er)füllt“. Die Vorstellung von der die Welt (oder τὰ πάντα) erfüllenden göttlichen Präsenz tritt darüber hinaus, von philosophischen Konzepten beeinflusst, in der jüdisch-hellenistischen Weisheitsliteratur zu Tage.262 In Kol 2,9f. wird, unmittelbar nach der Warnung vor der konkurrierenden Lehre (V. 8), der Motivzusammenhang nochmals aufgenommen (V. 9: ὅτι ἐν αὐτῷ κατοικεῖ πᾶν τὸ πλήρωμα τῆς θεότητος σωματικῶς) und dabei ekklesiologisch vertieft (V. 10: καὶ ἐστὲ ἐν αὐτῷ πεπληρωμένοι). Gegenüber 1,19 wird die göttliche „Fülle“ durch den philosophisch-abstrakten Terminus θεότης263 expliziert, woran sich unmittelbar das – in einem solchen Rahmen vielleicht irritierende – Adverb σωματικῶς anschließt. Da σῶμα nicht mit σάρξ gleichzusetzen ist,264 zielt der Gedanke vermutlich nicht auf die Inkarnation im Sinne von Joh 1,14 (σὰρξ ἐγένετο), sondern auf die „leibhaftig“ sichtbare Präsenz des „unsichtbaren Gottes“ (vgl. Kol 1,15). Anders als der Aorist in Kol 1,19 (und wie Ps 67,17 LXX) hebt die Präsensform κατοικεῖ die Kontinuität der Handlung hervor. Inkorporiert in Christus, haben die Glaubenden Anteil an dieser 259 Siehe z. B. Ez 10,4 (LXX: καὶ ἀπῆρεν ἡ δόξα κυρίου ἀπὸ τῶν χερουβιν εἰς τὸ αἴθριον τοῦ οἴκου, καὶ ἔπλησεν τὸν οἶκον ἡ νεφέλη, καὶ ἡ αὐλὴ ἐπλήσθη τοῦ φέγγους τῆς δόξης κυρίου); 43,5 (LXX: πλήρης δόξης κυρίου ὁ οἶκος); ähnlich 44,4 und Jes 6,1 LXX; 1 Kön 8,10f. (= 3 Kön 8,10f. LXX: [V. 10: ἡ νεφέλη] ἔπλησεν [V. 11: δόξα κυρίου] τὸν οἶκον); 2 Chr 5,13f. (V. 13 LXX: καὶ ὁ οἴκος ἐνεπλήσθη νεφέλης δόξης κυρίου); Hag 2,7 (LXX: πλήσω τὸν οἶκον τοῦτον δόξης, λέγει κύριος παντοκράτωρ). 260 So Jes 6,3 (LXX: πλήρης πᾶσα ἡ γῆ τῆς δόξης αὐτοῦ); Num 14,21 (LXX: ἐμπλήσει ἡ δόξα κυρίου πᾶσαν τὴν γῆν); Ps 72,19 (= 71,19 LXX: πληρωθήσεται τῆς δόξης αὐτοῦ πᾶσα ἡ γῆ); vgl. Hab 2,14 (LXX: πλησθήσεται ἡ γῆ τοῦ γνῶναι τὴν δόξαν κυρίου). 261 Vgl. Jer 23,24 in der LXX: μὴ οὐχὶ τὸν οὐρανὸν καὶ τὴν γῆν ἐγὼ πληρῶ; λέγει κύριος. 262 Siehe z. B. Weish 1,7: πνεῦμα κυρίου πεπλήρωκεν τὴν οἰκουμένην. Außerdem Philo, conf. 136: ὑπὸ δὲ τοῦ θεοῦ πεπλήρωται τὰ πάντα. In gig. 27 erhält τὸ πνεῦμα (neben den Attributen τὸ σοφόν, τὸ θεῖον etc.) die Charakterisierung τὸ πάντῃ δι᾿ ὅλων ἐκπεπληρωμένον. Ähnliche Terminologie findet sich aber etwa auch im Isiskult (vgl. Mack, Logos [Anm. 68] 66). 263 Dieses ἅπαξ λεγόμενον in der griechischen Bibel (in Weish 18,9; Röm 1,20 begegnet freilich θειότης) „nimmt den sonst dominanten personalen Aspekt des biblischen Gottesgedankens zurück“ (Bormann, Brief [Anm. 1] 100). Die Differenz wahrt die Transzendenz Gottes. In Eph 3,19 wird die „Fülle“ hingegen direkt auf Gott bezogen (πᾶν τὸ πλήρωμα τοῦ θεοῦ), in Eph 4,13 auf Christus (τοῦ πληρώματος τοῦ Χριστοῦ); vgl. Joh 1,16 vom Logos. 264 Der Begriff σῶμα wird im Kol mit oszillierender Semantik leitmotivisch verwendet (1,18.22.24; 2,11.17.19; 3,15), insbesondere auch metaphorisch als sozialer Körper. In 1,22 wird Jesu physischer Körper seiner dem Tod anheimgegebenen irdischen Existenz demgegenüber durch das Genitivattribut τῆς σαρκὸς αὐτοῦ determiniert (der „fleischliche Leib“, τὸ σῶμα τῆς σαρκός, begegnet auch in 2,11). Analog verweist der Begriff σάρξ in 1,24 auf die körperlichen Leiden des Paulus im apostolischen Dienst (ἐν τῇ σαρκί μου ὑπὲρ [!] τοῦ σώματος αὐτοῦ).
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„Einwohnung“ des ganzen göttlichen Pleromas (vgl. das präsentische Perfekt: „und ihr seid in ihm erfüllt“).265 Dies entfalten dann die folgenden Verse (ἐν ᾧ καὶ περιετμήθητε περιτομῇ ἀχειροποιήτῳ … ἐν ᾧ καὶ συνηγέρθητε διὰ τῆς πίστεως τῆς ἐνεργείας τοῦ θεοῦ …; das doppelte ἐν ᾧ entspricht der Partizipation an Jesu Tod und Auferweckung in der Taufe266). Kol 2,9–15 spitzt Themen von 1,15–20 im Rahmen der Auseinandersetzung mit der kontroversiellen φιλοσοφία (2,4.8.16–23) noch einmal zu. – So erweist sich die Schekina „in“ Christus (lokal und instrumental) bzw. in der in ihm versammelten Gemeinschaft als seinem „Leib“, in dem sich die Gegenwart Gottes vermittelt.267 Der sich in Christus offenbarende Gott, die „in ihm“ einwohnende göttliche „Fülle“ wird in der Körperschaft der ἐκκλησία erfahrbar, die kosmisch-universal und inklusiv (vgl. Kol 3,11) konzipiert ist.
5 Kosmische Christozentrik Gegenüber parallelen und durchaus auch konkurrierenden Konzepten, was die Definitionsmacht in Fragen des Weltbildes, der Existenz- und Handlungsorientierung betrifft, entwickelt der Kol eine in universalen Dimensionen entfaltete Christologie, die aus verschiedenen Überlieferungszusammenhängen schöpft (und dabei auch eine innovative Relecture paulinischer Traditionen vornimmt). Anknüpfend an den Dialog jüdischer Weisheitstheologie mit den kosmologischen Spekulationen griechischer Philosophie, wie er für das griechischsprachige Diasporajudentum typisch ist, präsentiert der Kol seinen christologischen Entwurf, der ebenso in der weisheitlich-apokalyptischen jüdischen Vorstellungswelt des 1. Jh. verortet ist, zugleich im zeitgenössischen Sprachgewand popularphilosophischer Anschauungen der hellenistisch-römischen Bildungsschicht. In christozentrischer Perspektive wird der κύριος Ἰησοῦς zum Brennpunkt verschiedener Traditionslinien, auf den in einer Verknüpfung von messianischer Soteriologie und Weisheitstradition klassische Theologumena und Vgl. die exilische Übertragung der auf den Tempel bezogenen Schekina-Theologie auch auf das Volk Israel: Janowski, Einwohnung (Anm. 253) 19, verweist auf eine ergänzende „‚ekklesiologische‘ Dimension“. 266 Siehe 2,12. Dem „Ausziehen des Fleischesleibes“ in der „Beschneidung Christi“ (V. 11) wird das neue Leben (V. 12f.) gegenübergestellt. Diese Struktur wird in 2,20/3,1 (Εἰ ἀπεθάνετε/συνηγέρθητε …) sowie in der Paränese (3,5‒9/10ff.) wieder aufgenommen. 267 Ähnlich taucht in rabbinischen Texten die Vorstellung von der Schekina als Gottes Leib auf (vgl. Gershom Scholem, Von der mystischen Gestalt der Gottheit. Studien zu Grundbegriffen der Kabbala, Frankfurt a. M. 1973, 143.147f.); siehe auch Shiʽur Qoma in der HekalotLiteratur (dazu ebd. 7‒47; Fossum, Image [Anm. 4] 32‒39, welcher elementare diesbezügliche Spekulationen bereits im 1. Jh. ansiedelt). Die anthropomorphe Rede basiert auf Ez 1, wo der Prophet Gottes Kabod/Doxa als menschenähnliche Gestalt schaut. 265
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Titel bezogen werden. Gegenüber konkurrierenden Mächten erweist sich der exklusive Erlösungsmittler als Maßstab jeglicher Praxis (vgl. 3,17). Gerade für den universalen Horizont bieten dabei Weisheits- und Logosspekulationen mit ihrer Relecture der Gen entsprechende Denkformen an – Christus als tragender Grund der Schöpfung sowie definitives göttliches Wort, in dem in ikonischer Repräsentanz Gottes das gesamte Pleroma gegenwärtig ist. Die diskursive Auseinandersetzung mit literarisch konstruierten „Anderen“, deren genaues Profil der Text offen lässt, verweist auf identitätspolitische Abgrenzungsprozesse der Gruppe, die in Christus ihre korporative Identität (vgl. die σῶμα-Metaphorik) und die gebündelte Erfüllung der eschatologischen Erwartungen findet (welche in die Protologie extrapoliert wird, wo diese Zielbestimmung also bereits angelegt ist). Herausgefordert durch gegnerische Positionen und konkurrierende Heilskonzepte in einer vom Hellenismus geprägten multikulturellen Welt, interveniert der Autor mit paulinischer Autorität. Hier erhält auch das hymnische Textstück seine Funktion. Dabei werden die Kriterien für Inklusion („Teilhabe am Erbe“) und Exklusion, Identität und Differenz gegenüber anderen jüdischen Gruppierungen268 neu bestimmt (vgl. etwa den neuen Menschen κατ᾿ εἰκόνα in 3,10f.).
Die Grenzziehungen „jüdisch“ – „christlich“ aus der Retrospektive einzutragen, erweist sich für das 1. Jh. als anachronistisch. Die aufgezeigten Rezeptionslinien zeigen bei aller Neuinterpretation die Kontinuität gegenüber einer zugrunde liegenden Matrix von Vorstellungen in einem gemeinsamen Kontext an. Brüche entstehen vielfach durch später gezogene Grenzlinien (vgl. dazu Boyarin, Abgrenzungen [Anm. 24]). 268
Jesus als „Mittler“ im Hebräerbrief* Wolfgang Kraus In ihrem vielbeachteten Buch „Der Gott der Lebendigen“ schreiben Reinhard Feldmeier und Hermann Spieckermann: Im sogenannten „Rechtfertigungsbild“ im Heilsbronner Münster1 sieht man Gott mit einem gegen die Menschen drohend erhobenen Schwert. Zwischen ihm und den Menschen steht als „Mittler“ Christus, der mit der einen Hand die blanke Klinge des Schwertes festhält, während er mit der anderen auf seine Seitenwunde zeigt, um deutlich zu machen, dass sein Leiden den zornigen Vater davon abhalten soll, die sündigen Menschen zu vernichten. Versöhnung bedeutet hier die Umstimmung eines zornigen Richtergottes durch das vom Gottessohn dargebrachte Opfer. Diese Aufteilung von Zorn und Gnade auf die zwei Personen der Trinität, welche die beiden einander geradezu entgegensetzt, hat eine unverkennbare Affinität zu Aussagen des Hebräerbriefs, wo Gott allein durch das Selbstopfer des Sohnes zu einer Begnadigung veranlasst wird.2
Feldmeier und Spieckermann führen dann aus, dass die Stärke eines solchen Ansatzes darin bestünde, „dass er Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit und so den Gegensatz zur ungerechten und unheiligen Welt sehr ernst“ nehme.3 Versöhnung sei nur dann möglich, wenn Schuld nicht verharmlost oder übergangen, sondern gesühnt wird. Die Berechtigung dieses Anliegens ist gegen die sich gerade in unserer Zeit immer wieder findenden Versuche und Versuchungen von Theologen zu betonen, das Schreien der Opfer der Geschichte nach Vergeltung (Apk 6,10) durch eine zu eindimensionale Rede von der Liebe Gottes zu eliminie*1 Grundlage dieses Beitrages ist ein Vortrag, der beim Symposion zu Ehren von Johannes Marböck in Graz gehalten wurde. Der Stil der Rede wurde beibehalten. Die Fußnoten sind auf das Notwendige begrenzt. Vollständigkeit in der Literaturrezeption ist nicht beabsichtigt. Es geht darum, eine These zu entfalten. 1 Beim Heilsbronner Münster handelt es sich um eine bedeutende gotische Kirche im mittelfränkischen Heilsbronn; es beherbergt die Grablege der fränkischen Hohenzollern (1297–1625). Zum sogenannten Rechtfertigungsbild, dessen Darstellung vorreformatorisch einzuschätzen ist, siehe http://www.digitale-schule-bayern.de/dsdaten/387/31.pdf; https:// commons.wikimedia.org/wiki/File:Heilsbronn_Münster_Marienaltar_Rechtfertigungsbild. jpg; http://kempf-heilsbronn.de/muenster---teil-2.html [abgerufen am 16.03.2016]. 2 Reinhard Feldmeier / Hermann Spieckermann, Der Gott der Lebendigen. Eine biblische Gotteslehre (TOBITH 1), Tübingen 2011, 336f. (siehe auch: dies., God of the Living. A Biblical Theology, übersetzt von Mark E. Biddle, Waco 2011). 3 Feldmeier/Spieckermann, Gott (Anm. 2) 337.
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ren. Gleichzeitig lässt dieses Bild aber auch deutlich erkennen, worin die Problematik eines solchen Sühneverständnisses besteht, wie es im Hebräerbrief entgegentritt. Die Versöhnung ist nicht ungeteilter Ausdruck von Gottes Wesen, sondern ist einmalige Ausnahme und steht in Spannung zu anderen Wesenszügen, die im Gottesbild dominieren. Nicht der Vater erbarmt sich über seine Kinder, sondern der Hohepriester über seine Geschwister. Mitleid hat nur der Mittler, während Gott „an sich“ „ein verzehrendes Feuer“ (Hebr 12,29) ist, in dessen Hände zu fallen schrecklich ist. Mit diesem auf den Richter fixierten Gottesbild dürfte es auch zusammenhängen, dass der Hebräerbrief die Möglichkeit einer zweiten Umkehr ablehnt (Hebr 6,4–8; 10,26–31).4
Abgesehen von der Frage, ob Feldmeier und Spieckermann die rhetorische Funktion der Aussagen im Hebräerbrief richtig erfasst haben – nach Knut Backhaus haben die Aussagen zur Unmöglichkeit der zweiten Buße bzw. Passagen wie Hebr 12,16f.29 rhetorisch die „begrenzte“ Funktion, metus zu erzeugen und dürfen nicht 1:1 in dogmatische Aussagen umgesetzt werden5 –, stellt sich das viel schwerwiegendere Problem, ob mit diesen Einschätzungen von Feldmeier und Spieckermann die Mittlerfunktion Jesu im Hebr sachgemäß beschrieben ist und ob sich das Heilsbronner Bild wirklich dazu eignet, mit der Theologie des Hebr in Analogie gesetzt zu werden. Es handelt sich beim sogenannten Rechtfertigungsbild in Heilsbronn um ein Marienbild, auf dem in der linken Hälfte eine Darstellung der Trinität zu sehen ist. Auf dem blanken Schwert sitzt die Taube, die die dritte Person der Trinität symbolisiert. Um Jesus als „Mittler“ geht es hier nicht, vielmehr geht es um ein innertrinitarisches Geschehen. Die Menschen auf der rechten Seite werden nicht durch Jesus, sondern durch die Schutzmantelmadonna geschützt. Ebenso bedarf es bei den Aussagen zum Thema Opfer und Sühne, die Feldmeier und Spieckermann im Blick auf den Hebr anführen, der intensiven Nachfrage, ob damit die Ausführungen des Hebr richtig wiedergegeben sind. Es gibt im Hebr keine Stelle, an der Versöhnung sich so vollzieht, dass die durch die Sünde verletzte Heiligkeit des Vaters durch den Sohn wiederhergestellt wird, wie dies für die mittelalterliche Satisfaktionslehre kennzeichnend ist. Ich werde versuchen, durch meine Ausführungen eine Antwort auf die Frage nach Jesu Mittlerschaft im Hebr zu geben. Am Schluss komme ich noch einmal explizit auf Feldmeier und Spieckermann zurück. Über Jesus als „Mittler“ im Hebr wird in der Gegenwart vor allem in drei Zusammenhängen diskutiert: (1) Jesus als „Mittler“ des Gotteswortes und als Schöpfungsmittler. Hier geht es insbesondere um das Eingangskapitel des Hebr. Feldmeier/Spieckermann, Gott (Anm. 2) 337. Vgl. Knut Backhaus, Der Hebräerbrief (RNT), Regensburg 2009, 77f.; ders., Zwei harte Knoten. Todes- und Gerichtsangst im Hebräerbrief, in: ders., Der sprechende Gott. Gesammelte Studien zum Hebräerbrief (WUNT 240), Tübingen 2009, 131–151: 146–150. 4 5
Jesus als „Mittler“ im Hebräerbrief
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(2) Jesus als „Mittler“ zwischen irdischer und himmlischer Welt. Hier spielt speziell die Frage nach dem Mittelplatonismus als religionsgeschichtlichem Hintergrund des Hebr eine Rolle. (3) Jesus als „Mittler“ des Neuen Bundes im Hebr. Hier geht es vor allem um Texte aus dem zentralen Mittelteil Hebr 7–10 und schließlich Hebr 12,24. Ich nehme diese drei Bereiche im Folgenden als Gliederungspunkte und versuche zu Präzisierungen zu kommen, um dem Anliegen des Hebr-Autors gerecht zu werden.
1 Jesus als „Mittler“ des Gotteswortes und als Schöpfungsmittler Hebr 1,1–14 handelt von der unüberbietbaren Hoheit des Sohnes Gottes. Die Verse 1–4 bilden ein Proömium bzw. Exordium.6 Nach dem Eingang Hebr 1,1– 2a, in dem Gottes Reden in früheren Zeiten und Gottes Reden in der Endzeit in einem klimaktischen Parallelismus einander gegenüber gestellt werden,7 werden in V. 2b–4 mit relativischem Satzanschluss Aussagen über die Hoheit des Sohnes gemacht.8 Der Abschluss dieser aus nur einem Satz bestehenden Periode in V. 4, wonach der Sohn einen höheren Rang als die Engel erhalten hat, wird in V. 5–14 dahingehend fortgeführt, dass weitere (Schrift-)Argumente für die Erhabenheit des Sohnes beigebracht werden. Schon in den ersten beiden Sätzen wird deutlich: In Jesus hat Gott endgültig gesprochen. Er ist – so möchte man sagen, auch wenn das nicht explizit dasteht – „Mittler“ des Wortes Gottes. Aber er ist mehr: Er ist, so betont mit Recht Hans-Friedrich Weiß, der „Ort“, an dem Gott spricht.9 Wir haben es somit nicht mit einem instrumental zu verstehenden ἐν zu tun, sondern mit lokalem. Das hängt mit der Inspirationsauffassung des Hebr zusammen, wonach Gott 6 Martin Karrer, Der Brief an die Hebräer. 1. Kapitel 1,1–5,10 (ÖTK 20/1), Gütersloh 2002, 108: Proömium; Erich Grässer, An die Hebräer. 1. Hebr 1–6 (EKK 17/1), NeukirchenVluyn 1990, 46: Exordium, so auch Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 80; Hans-Friedrich Weiss, Der Brief an die Hebräer (KEK 13), Göttingen 1991, 133. 7 Zur Frage nach der Art des Parallelismus vgl. Karrer, Brief (Anm. 6) 112: synthetisch; Grässer, Hebr 1–6 (Anm. 6) 48: antithetisch (mit Bezug auf Calvin); ähnlich Weiss, Brief (Anm. 6) 137f.; richtig m. E. Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 82: „die für Hebr bezeichnende Form des eschatologisch überbietenden Parallelismus“. 8 Die Frage, ob der Verfasser des Hebr einen vorliegenden Hymnus aufgegriffen und bearbeitet hat und wie umfangreich dieser Hymnus gegebenenfalls gewesen ist, kann in unserem Zusammenhang auf sich beruhen bleiben. Vgl. zur Sache die detaillierten Analysen bei Jürgen Habermann, Präexistenzaussagen im Neuen Testament (EHS.T 362), Frankfurt a. M. 1990, 269–291. 9 Weiss, Brief (Anm. 6) 138.
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oder der Geist Gottes „in der Schrift“ oder „in den Propheten“ selbst sprach und jetzt „im Sohn“ gesprochen hat.10 Jesus ist also nicht nur „Mittler“ des Gotteswortes, sondern in ihm spricht Gott selbst. Endgültig und unüberbietbar hat Gott in Jesus gesprochen ἐπ’ ἐσχάτου τῶν ἡμερῶν τούτων (Hebr 1,20). Der Hebr nimmt damit das traditionelle urchristliche eschatologische Zeit- und Geschichtsverständnis auf, prägt es aber in bestimmter Hinsicht um: Durch die Einfügung des τούτων wird herausgestellt, dass die „Gegenwart der Adressaten zu ‚diesen letzten Tagen‘ gehört“11. Ähnlich heißt es in Hebr 9,26, dass Jesus „einmal beim Abschluss der Weltzeiten erschienen“ sei. In den Folgeversen 2b–14 lassen sich einerseits (1) Aussagen unterscheiden, die von V. 2b–4 in einer einzigen Satzperiode vom Sohn gemacht werden, um dessen absolute Hoheit auszudrücken. Zum andern (2) erfolgt in V. 5–13 die Begründung der absoluten Hoheitsstellung des Sohnes im Vergleich zu den Engeln anhand der Zitation einer ganzen Reihe alttestamentlicher Bibelstellen: Ps 2,7; 2 Sam 7,14 // 1 Chr 17,13; Dtn 32,43 LXX // Ps 96,7 LXX; Ps 103,4 LXX; Ps 44,7f. LXX; Ps 101,26–28 LXX; Ps 109,1 LXX.12 Schließlich (3) endet der Gedankengang in der zusammenfassenden Folgerung über die Engel: „Sind sie nicht alle dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil (die Rettung) erben sollen?“ 1.1 Hoheit und Handeln des Sohnes In V. 2b–4 heißt es vom Sohn: –– –– –– –– –– –– ––
Gott hat ihn eingesetzt zum Erben (V. 2b) Gott hat durch ihn die Äonen geschaffen (V. 2c) er ist Abglanz der Herrlichkeit und Prägebild göttlichen Wesens (V. 3a) er trägt das All durch sein mächtiges Wort (V. 3b) er vollbrachte eine Reinigung von Sünden (V. 3c) er setzte sich zur Rechten der Majestät in den Höhen (V. 3d) er wurde so viel gewaltiger als die Engel, wie er ihnen gegenüber einen vorzüglicheren Namen ererbt hat (V. 4).
10 Vgl. Weiss, Brief (Anm. 6) 138. Zum Schriftverständnis des Hebr siehe Michael Theobald, Vom Text zum „lebendigen Wort“ (Hebr 4,12). Beobachtungen zur Schrifthermeneutik des Hebräerbriefs, in: Christof Landmesser / Hans-Joachim Eckstein / Hermann Lichtenberger (Hg.), Jesus Christus als Mitte der Schrift. Studien zur Hermeneutik des Evangeliums (BZNW 86), Berlin 1997, 751–790. 11 Weiss, Brief (Anm. 6) 139. 12 Ob diese Stellen einer Sammlung von Testimonien entstammen oder vom Hebr-Autor selbst zusammengestellt wurden (wahrscheinlicher), kann für unsere Fragestellung unberücksichtigt bleiben.
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Zielaussage der Satzperiode ist das mit finitem Verbum ausgedrückte „sich Setzen zur Rechten der Majestät in den Höhen“ (V. 3d). Hier klingt erstmals ein zentrales Motiv des Hebr an. Es wird an weiteren Stellen begegnen (1,13; 8,1; 10,12; 12,2) und lässt sich als Leitmotiv verstehen. V. 2c bringt explizit zum Ausdruck, dass die Äonen durch den Sohn (διά c. gen.) geschaffen wurden. Jesus ist demnach Schöpfungsmittler.13 Von Bedeutung ist, dass die Aussage zur Schöpfungsmittlerschaft nach der über die Einsetzung zum Erben folgt, der Blick also nicht von der Protologie zur Eschatologie, sondern umgekehrt geht.14 Sachlicher Ausgangspunkt der christologischen Reflexion des Hebr ist die Erhöhung Jesu (Ps 109,1 LXX – Hebr 1,13). Sie begründet seine Würdestellung. Von ihr aus erschließt sich alles Folgende.15 Der „Erbe aller Dinge“ ist „dementsprechend auch“16 derjenige, durch den „die Äonen geschaffen“ wurden. Der Hebr steht hier in der Kontinuität und Tradition urchristlicher Theologie.17 Er spricht lediglich, ähnlich wie später in 11,3, nicht von der Erschaffung des Alls (τὰ πάντα), sondern von der der Äonen18 – wenngleich er auch die Ausdrucksweise τὰ πάντα kennt, wie aus V. 3b deutlich wird. Die hellenistisch-jüdische Weisheitsreflexion stellt die Grundlage für die Vorstellung der Präexistenz Jesu und dessen Schöpfungsmittlerschaft dar.19 Aber nicht nur in V. 2c, sondern auch in V. 3a ist dieser Hintergrund zu berücksichtigen: In Weish 7,25f. wird die Weisheit mit den Begriffen ἀπαύγασμα und δόξα bezeichnet.20 Im Hebr werden diese und weitere Prädikate der Weisheit auf Jesus übertragen. Neben ἀπαύγασμα und δόξα kommen χαρακτήρ und ὑπόστασις zu stehen. Jesus ist Abglanz/Widerschein der Herrlichkeit und Prägebild der Wirklichkeit des göttlichen Wesens. Es handelt sich um poetische Sprache. Die Begriffe sind synonym zu verstehen. Sie stammen allesamt aus der
13 Zur Vorstellung der Schöpfungsmittlerschaft in der Weisheitsreflexion des hellenistischen Judentums vgl. vor allem Harald Hegermann, Die Vorstellung vom Schöpfungsmittler im hellenistischen Judentum und Urchristentum (TU 82), Berlin 1961; Burton L. Mack, Logos und Sophia. Untersuchungen zur Weisheitstheologie im hellenistischen Judentum (StUNT 10), Göttingen 1973. Zusammenfassend: Habermann, Präexistenzaussagen (Anm. 8) 86–89. 14 Vgl. Weiss, Brief (Anm. 6) 142. 15 Vgl. Weiss, Brief (Anm. 6) 142. 16 Zu dieser Wiedergabe des adverbialen καί siehe Knut Backhaus, „Licht vom Licht“. Die Präexistenz Christi im Hebräerbrief, in: ders., Gott (Anm. 5) 77–99: 87 (im Anschluss an Gräßer und Weiß). 17 Vgl. Weiss, Brief (Anm. 6) 143; Grässer, Hebr 1–6 (Anm. 6) 57. 18 Vgl. Weiss, Brief (Anm. 6) 143. 19 Siehe Habermann, Präexistenzaussagen (Anm. 8) 86–89. 20 Siehe Habermann, Präexistenzaussagen (Anm. 8) 282f.
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Tradition hellenistisch-jüdischer Logos- und Sophia-Theologie und sind sachlich vergleichbar mit εἰκών in 2 Kor 4,4 und Kol 1,15.21 Bevor also der Hebr seine Zielaussage in V. 3d ansteuert („er setzte sich zur Rechten der Majestät in den Höhen“), die dann von V. 4 kommentiert wird, wird Jesus von seiner Herkunft her ganz auf die Seite Gottes gestellt. Die Aussage in V. 3b, wonach er τὰ πάντα durch sein machtvolles Wort trage – es geht wohl um die die Schöpfung erhaltende Wirksamkeit Jesu –, ist durch die Konstruktion mit φέρων τε eng an V. 3a angeschlossen.22 Auch hier steht hellenistisch-jüdische Tradition im Hintergrund. Im Unterschied zu Philon freilich, bei dem das vom Logos ausgesagte φέρειν auch im Sinn von „erschaffen“ steht, betont das Verbum φέρειν im Hebr an dieser Stelle die „das All tragende“, d. h. erhaltende Kraft des Wortes des „Sohnes“ und steht damit analog zu der entsprechenden Formulierung in Kol 1,17: „… und das All hat in ihm seinen Bestand“.23
In V. 3c wechselt das Tempus: Nach den bisherigen Partizipien im Präsens (ὤν, φέρων) wird jetzt mit Partizip Aorist (ποιησάμενος) auf eine einmalige geschichtliche Situation Bezug genommen. Jesus hat eine „Reinigung von den Sünden“ vollzogen. Mit dieser hier noch unspezifischen, weil weder Art und Weise noch die Objekte der Reinigung nennenden Formulierung nimmt der Hebr Septuaginta-Sprache auf (Lev 16,30 LXX; Ex 30,10 LXX; Ps 50,4 LXX; Sir 23,10; 38,10). Die „Reinigung“ (καθαρισμός) ist Aufgabe des Priesters im Kultgeschehen. Bereits hier im Exordium wird also das Thema benannt, „das im zentralen Teil des Hebr sodann aufgrund von Lev 16 in Gestalt einer typologischen Ausdeutung des Opferrituals des ‚Versöhnungstages‘ im einzelnen entfaltet“24 werden wird. 1.2 Zur Struktur der Schriftzitate Die Struktur der Schriftzitate in V. 5–13 hat Knut Backhaus herausgearbeitet.25 V. 4 und 14 stellen eine äußere Rahmung dar (transitus). Die Erwähnung der Engel dient dazu, die Unvergleichlichkeit des Sohnes herauszustellen. Gleichwohl, „[d]en roten Faden der Zitatenreihe bildet […] nicht das Verhältnis der Vgl. Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 86; Weiss, Brief (Anm. 6) 145. Zu εἰκών siehe Stefanie Lorenzen, Das paulinische Eikon-Konzept. Semantische Analysen zur Sapientia Salomonis, zu Philo und den Paulusbriefen (WUNT 2/250), Tübingen 2008. 22 Vgl. Weiss, Brief (Anm. 6) 146. 23 Weiss, Brief (Anm. 6) 146f. Als Belege für Philo nennt Weiß: her. 36; mut. 256; somn. 1,241; plant. 8. 24 Weiss, Brief (Anm. 6) 149. Inwiefern die Begrifflichkeit „sühnen/Sühne“ bereits hier evoziert werden soll (so Karrer, Brief [Anm. 6] 119), erscheint mir fragwürdig, zumal das Verbum ἐξιλάσκεσθαι im Hebr gar nicht und das Simplex ἱλάσκεσθαι nur in Hebr 2,17 gebraucht wird. 25 Siehe Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 94f. 21
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Engel zum Sohn, sondern das Verhältnis des Sohnes zu Gott.“26 Am Beginn und am Schluss werden jeweils durch eine rhetorische Frage Gottesworte an den Sohn eingeführt: Ps 2,7 LXX und Ps 109,1 LXX. In V. 5f. geht es um Gott und Christus, in V. 7–12 um Christus und die Schöpfung. Es läuft auf die Zielaussage hinaus, wonach Gott den Sohn erhöht und ihm den Platz zu seiner Rechten zugewiesen hat. Bei den Schriftzitaten in V. 5–13 ist bedeutsam, dass keine Rücksicht darauf genommen wird, wer ursprünglich spricht und an wen die Aussagen ursprünglich gerichtet sind. Sprecher aller Schriftworte in Hebr 1 „ist unmittelbar Gott“27. Alle Aussagen gelten jetzt dem Sohn. Das Verfahren kann als „endzeitlich-charismatische Lektüre“ bezeichnet werden, die allerdings nicht frei von „Willkür“ ist.28 Das führt dazu, dass der Sohn in V. 8f. zweimal als θεός bezeichnet wird.29 Es führt aber insbesondere zu dem Sachverhalt, dass in V. 10–12 eine ursprünglich sich auf Gott beziehende Vertrauensaussage eines Psalmbeters (Ps 101,26–28 LXX) jetzt als Gotteswort auf den Sohn als Kyrios angewandt wird.30 Das bedeutet: „Gott kennzeichnet seinen Sohn durch Worte der Schrift mit seinem eigenen Namen. Er redet ihn mit Kyrios, ‚Herr‘ an, wie er, der eine Gott, heißt (nach hebräisch adonaj), und vereindeutigt so das Gottesprädikat von 8.“31 Nach V. 10–12 ist der Sohn nicht nur Schöpfungsmittler, sondern gera Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 94. Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 92. 28 Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 92. 29 Auch der Logos bei Philo kann als θεός bezeichnet werden, allerdings in einem „abgeleiteten Sinn, sodass zwischen dem transzendenten Gott (durch Artikel bezeichnet: ho Theós) und dem Logos als seinem Bild, Hohepriester, ‚erstgeborener Sohn‘ unterschieden werden kann (vgl. somn. 1,229f.)“ (Backhaus, Hebräerbrief [Anm. 5] 99). Zur Bezeichnung Jesu als θεός in Hebr 1 vgl. Karrer, Brief (Anm. 6) 141f.; Ralph Brucker, Jesus als Gott. ΘΕΟΣ als christologischer Hoheitstitel und seine Implikationen für den neutestamentlichen Monotheismus, in: Wiard Popkes / Ralph Brucker (Hg.), Ein Gott und Herr. Zum Kontext des Monotheismus im Neuen Testament (BThSt 68), 2004, 101–138; Raymond E. Brown, Does the New Testament Jesus Call God?, in: TS 26 (1965) 545–573; Murray J. Harris, Jesus as God. The New Testament Use of Theos in Reference to Jesus, Grand Rapids 1992; Larry W. Hurtado, How on Earth Did Jesus Become a God? Historical Questions about Earliest Devotion to Jesus, Grand Rapids 2005. Zur Frage der Verehrung Jesu: James D. G. Dunn, Did the First Christians Worship Jesus? The New Testament Evidence, Louisville 2010; Wolfgang Kraus / Bernd Schröder, Beten zu Jesus? Christliche Gebetspraxis und christlich-jüdischer Dialog, in: Alexander Deeg / Irene Mildenberger (Hg.), „… dass er euch auch erwählet hat“. Liturgie feiern im Horizont des Judentums (BLSp 16), Leipzig 2006, 105–135. 30 Zur „Berechtigung“ des Autors, so zu verfahren, siehe Karrer, Brief (Anm. 6) 143, der auf den durch die Textgeschichte begründeten Sprecherwechsel abhebt. 31 Karrer, Brief (Anm. 6) 143; anders Weiss, Brief (Anm. 6) 167, wonach die Anrede mit κύριε „im Gesamtzusammenhang kein eigenes Gewicht“ habe, da der Schwerpunkt auf dem „bleiben“ liege (V. 11a.12c) und sich mit V. 8a und 12c eine inclusio ergebe. Ich kann 26 27
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dezu „Mitschöpfer“: Er hat – als Kyrios – „am Anfang die Erde gegründet“ und „die Himmel sind seiner Hände Werk“. Eine höchst erstaunliche Aussage. 1.3 Ergebnis: Die Einheit zwischen Gott und Sohn Wir können somit festhalten, dass es dem Hebr zu Beginn seines logos para kleseos darauf ankommt, die nicht aufzulösende Einheit zwischen Gott und Sohn herauszustellen. Es gibt hier kein Auseinander- oder In-Gegensatz-Treten von „zwei Personen der Trinität“ (s. o.), sondern nur ein Miteinander.32 Über Paulus hinaus werden Tätigkeiten oder Prädikate, die sonst Gott selbst vorbehalten sind, auf Jesus angewandt. Jesus ist mehr als nur „Mittler“ des Gotteswortes und „Schöpfungsmittler“. Hans-Friedrich Weiß fasst mit Recht zusammen: „In Gottes Rede ‚im Sohn‘ kommt niemand anderes als Gott selbst zur Sprache.“33 Und mit der Anwendung von Ps 101 LXX auf Jesus wird dieser zum Mitschöpfer. Auch deshalb gebührt ihm die Proskynese der Engelwesen (V. 6). Im weiteren Verlauf des Hebr spielen die Aussagen zur Schöpfungsmittlerschaft Jesu erstaunlicherweise keine eigenständige Rolle mehr. Das Motiv der Präexistenz Jesu klingt in Hebr 2,17 und 9,11 an, wohl auch in 9,26 und 10,5 im Sinne einer Voraussetzung, wird aber nicht näher entfaltet. Die Präexistenzvorstellung wie auch die im urchristlichen Umfeld häufig damit verbundene Schöpfungsmittlerschaft34 scheinen für den Hebr auf den ersten Blick keine Theologumena zu sein, an deren Entfaltung er ein eigenständiges Interesse hegt. Die Präexistenzaussagen gehören für den Autor zum überlieferten Bekenntnis.35 Wohl deshalb ist, wie Backhaus richtig herausstellt, die Präexistenz Christi darin keine sich ausschließende Alternative erkennen. Kritisch zu Weiß auch Peter Pilhofer, ΚΡΕΙΤΤΟΝΟΣ ΔΙΑΘΗΚΗΣ ΕΓΓΥΟΣ. Die Bedeutung der Präexistenzchristologie für die Theologie des Hebräerbriefes, in: ders., Die frühen Christen und ihre Welt. Greifswalder Aufsätze 1996–2001. Mit Beiträgen von Jens Börstinghaus und Eva Ebel (WUNT 145), Tübingen 2002, 58–72: 61. Zu den geringen Abweichungen des Psalmzitats von der Hauptüberlieferung der LXX-Handschriften siehe Karrer, Brief (Anm. 6) 143. 32 Richtig Backhaus, Licht (Anm. 16) 92: „Jede Aussage des Hebräerbriefs über den ‚Sohn‘ ist […] als Aussage über Gott zu lesen, der sich ‚im Sohn‘ ausspricht.“ Vgl. ders., Per Christum in Deum. Zur theozentrischen Funktion der Christologie im Hebräerbrief, in: ders., Gott (Anm. 5) 49–75. 33 Weiss, Brief (Anm. 6) 154. 34 Präexistenzvorstellung und Schöpfungsmittlerschaft sind aufeinander bezogen, jedoch zu unterscheiden. Aussagen zur Präexistenz ohne Schöpfungsmittlerschaft finden sich in 1 Kor 2,7; 10,4; 2 Kor 4,4; 8,9; Phil 2,6 (vgl. Pilhofer, Bedeutung [Anm. 31] 61); zur Sache siehe Jürgen Becker, Das Urchristentum als gegliederte Epoche (SBS 155), Stuttgart 1993, 65–71. 35 Richtig Backhaus, Licht (Anm. 16) 89. Insofern erscheint es mir fraglich, ob man die Präexistenz Jesu zur „Bedingung der Möglichkeit der dem Schreiben zentralen Mittler-Christologie“ machen soll, wie Knut Backhaus es formuliert hat (ebd. 84).
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„nicht unmittelbar Gegenstand des soteriologischen Aussagewillens des Hebräerbriefs und insofern auch kein Leitthema des Zentralteils“36. Wenngleich sie zu den Voraussetzungen seiner Theologie gehört, so gilt, dass erst von hier aus die Aussagen zum (Mit-)Leiden Jesu (Hebr 2,10.18; 4,15; 5,7–10) ihre Tiefenschärfe bekommen, denn Jesus „musste seinen Brüdern in jeder Hinsicht gleich werden, damit er ein barmherziger und treuer Hohepriester vor Gott werde, um die Sünden des Volkes zu sühnen“ (Hebr 2,17).37 In dieser Hinsicht kommt der Hebr zu Aussagen, die ihresgleichen im Neuen Testament suchen.
2 Jesus als „Mittler“ zwischen irdischer und himmlischer Welt? In diesem zweiten Zusammenhang spielt der religionsgeschichtliche Hintergrund des Hebr eine wichtige Rolle. Bei der Frage nach dem religions- und traditionsgeschichtlichen Hintergrund des Hebr ist in der Forschung derzeit kein wirklicher Konsens in Sicht. Als religionsgeschichtlich fruchtbar haben sich nach langwierigen Diskussionen zum einen die frühjüdische Apokalyptik, zum andern die mittelplatonische Metaphysik herausgestellt.38 Die Gnosis als religionsgeschichtlicher Hintergrund wird kaum noch bemüht.39 Knut Backhaus betont wohl zu Recht, dass man hier keine Alternativen sehen sollte, vielmehr gehe es um die Frage nach deren Verhältnis.40 Nach Backhaus spielt der Mittelplatonismus als religionsgeschichtlicher Hintergrund eine hervorgehobene Rolle.41 Das von ihm diagnostizierte theologische Problem des Mittelplatonismus sei die Sphärendifferenz von Gott und Mensch. Das gelte auch für die Adressaten des Hebr. In Komposition, rezeptionsleitender Metaphorik und theologischer Gedankenführung erweist sich die Christologie als Funktion einer theozentrischen Gotteslehre. Gott selbst überbrückt
Backhaus, Licht (Anm. 16) 84 (kursiv im Original); vgl. auch 88f. Zur These von Pilhofer, Bedeutung (Anm. 31) 68, wonach die Präexistenzchristologie eine notwendige Voraussetzung darstellen würde, um die Christologie nicht in „Melchisedekologie“ abgleiten zu lassen, siehe Backhaus, Licht (Anm. 16) 88f. Wie Backhaus m. E. richtig herausstellt, kann man bei Melchisedek nicht von einer wirklichen, sondern höchstens von einer ideellen Präexistenz sprechen. 38 Vgl. Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 54. 39 Sie wird nur noch von Grässer, Hebr 1–6 (Anm. 6) 130–133, zu Hebr 2,10–13 herangezogen. 40 Siehe Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 54. 41 Im Folgenden übernehme ich Überlegungen, die ich ausführlicher dargestellt habe in: Wolfgang Kraus, Zu Absicht und Zielsetzung des Hebräerbriefes, in: KuD 60 (2014) 250– 271. 36 37
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den ontischen Hiat zu den Gläubigen durch sein die Schöpfung und die Verheißungsgeschichte tragendes Wort (Wort-Gottes-Theologie).42
Da Gott aufgrund der Sphärendifferenz von unten aufsteigend nicht zu erreichen sei, werde in der Theologie des Hebr die Sphärendifferenz von oben herabsteigend durch Tod und Erhöhung Jesu überwunden.43 Es handle sich somit um ein himmlisch-irdisches Geschehen, das der Hebr zur Darstellung bringe, wobei Jesus als „Mittler“ zwischen himmlischer, irdischer und wiederum himmlischer Welt fungiere. Die Krise des Glaubens der Gemeinde wurzele letztlich in einem Defizit des Gottesbildes. Auf diese theo-logische Desorientierung reagiere der Hebr mit christo-logischer Darlegung.44 Dabei verbinde der Autor die überkommene Christus-Homologie mit dem Zeugnis der Schrift und mit dem in seiner Zeit (um 90 n. Chr.) aktuellen Entwurf mittelplatonischer Metaphysik.45 Nach Backhaus sei die Glaubenspraxis deswegen ermüdet, weil die Hörer ein „ermüdendes Gottesbild“ hätten, das von absoluter Transzendenz geprägt sei.46 Der Mensch erlebe sich als unüberbrückbar geschieden von der göttlichen Seinssphäre. Dies führe zu einem Leben, „als ob es Gott nicht gäbe“.47 Das soteriologische Grundmotiv des Hebr sei deshalb die Überwindung dieser Sphärendifferenz durch Christus als „Mittler“. Den Entwurf, den Knut Backhaus vorgelegt hat, kennzeichnet eine große Geschlossenheit. Gleichwohl stellen sich mehrere Probleme, die der Nachfrage bedürfen: (1) Die zu erwartende mittelplatonische Begrifflichkeit fehlt weitgehend im Hebr. Das hat vor allem Georg Gäbel herausgearbeitet.48 Der mittelplatonische Hintergrund ist somit semantisch nicht wirklich nachweisbar.49 (2) Christus vermittelt nach dem Hebr explizit gerade nicht zwischen Himmel und Erde oder Gott und Mensch, sondern ist „Bürge“ (ἔγγυος) und „Mittler“ (μεσίτης) einer besseren bzw. neuen διαθήκη.50 Backhaus, Licht (Anm. 16) 75 (kursive Hervorhebung durch W.K.). Siehe Knut Backhaus, Das wandernde Gottesvolk – am Scheideweg. Der Hebräerbrief und Israel, in: ders., Gott (Anm. 5) 195–213: 201–205. 44 Vgl. Backhaus, Per Christum (Anm. 32) 56. 45 Vgl. Backhaus, Licht (Anm. 16) 80. 46 Backhaus, Licht (Anm. 16) 81f. 47 Backhaus, Licht (Anm. 16) 82. 48 Siehe Georg Gäbel, Die Kulttheologie des Hebräerbriefes. Eine exegetisch-religionsgeschichtliche Studie (WUNT 2/212), Tübingen 2006, 112–117. 49 Vgl. Martin Karrer, Rez. Knut Backhaus, Der sprechende Gott, in: GGA 262 (2010) 73–87; ders., Rez. Knut Backhaus, Der Hebräerbrief, in: ThLZ 135 (2010) 1332–1335. 50 Vgl. Backhaus, Per Christum (Anm. 32) 68 Anm. 99. 42 43
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(3) Die von Backhaus selbst erwähnten Stellen in Bezug auf die ermattete Glaubenspraxis (5,11–14; 6,11f.; 10,19–25.35–39; 12,3f.12–17) lassen keine mittelplatonische Sphärenscheidung erkennen. Sie fordern vielmehr dazu auf, am Bekenntnis festzuhalten, die Verheißungen nicht zu vergessen, die äußeren Pressionen nicht zum Anlass werden zu lassen, um aufzugeben, und jetzt schon hinzuzutreten auf dem durch Christus eröffneten Weg ins Heiligtum. Ausharren, Geduld und Dabei-Bleiben bei der Verheißung sind deshalb für den Hebr die entscheidenden Begriffe (3,6.14; 6,11f.; 10,23.36). (4) Die von Backhaus erwähnten „rezeptionsleitenden Kernsätze“51 (2,17f.; 4,14–16; 8,1f.; 10,19–23) lassen ebenso auf ein anderes Problem als eine mittelplatonische Sphärendifferenz schließen. Sie sind bezogen auf die Hohepriester-Christologie des Hebr, deren Funktion nicht in der Überwindung einer Sphärendifferenz besteht, sondern darin, die gegenwärtige Wirklichkeit (Hebr 11,1!) des Heils zu exemplifizieren.52 Das alles lässt sich m. E. als Hinweis darauf verstehen, dass die mittelplatonischen Vorstellungen – wenn überhaupt – nur als Hilfsmittel der Darstellung fungieren. Sie sind nicht der eigentliche Ausgangs- bzw. Zielpunkt der Darlegungen. Christus ist – wenn diese Übersetzung sich als zutreffend erweist – „Mittler“, jedoch nicht im absolut-ontischen Sinn. Die Begrifflichkeit μεσίτης begegnet – wie Backhaus selbst erkennt – nie absolut, sondern immer nur in Genitivverbindungen.53 Er ist – wie wir später noch genauer sehen werden – μεσίτης einer besseren (κρείττων, 8,6), einer neuen (καινή, 9,15) und einer frischen, neuen, jungen (νέα, 12,24) διαθήκη. Nach 7,22 ist er ἔγγυος (Bürge) einer besseren διαθήκη. Wenn daher die mittelplatonische Sphärendifferenz nicht als Grundproblem der „Hebräer“54 identifiziert werden kann, dann kann das „soteriologische Grundmotiv“ des Hebr nicht die Überwindung des Hiats zwischen Himmel und Erde sein. Welches ist es dann? Ich nehme die These vorweg und begründe sie anschließend. Knut Backhaus formuliert zutreffend:55 Das heilvolle Ziel, das der Autor des Hebr im Auge habe, sei die volle eschatologische Gemeinschaft mit Gott. An ihr hätten die Gläubigen „proleptisch“ jetzt schon teil. Das allerdings impliziert, dass die Vollendung noch aussteht. Der Autor des Hebr ringt deshalb darum, Backhaus, Licht (Anm. 16) 84 Anm. 26. Vgl. dazu Kraus, Absicht (Anm. 41) 268f.; s. u. 2.3. 53 Siehe Backhaus, Licht (Anm. 16) 82 Anm. 19; ders., Per Christum (Anm. 32) 68 Anm. 99. 54 Ich verwende diese Begrifflichkeit in Anlehnung an die kanonische Überschrift: „An (die) Hebräer“, ohne dass damit eine Identifikation präjudiziert sein soll. 55 Siehe Backhaus, Per Christum (Anm. 32) 63. 51 52
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bisher Geschehenes und noch Ausstehendes in seiner Relevanz für die Gegenwart zu erklären. Das bedeutet: Ein Hiat, sofern er besteht, ist – zumindest für die Adressaten – noch nicht gänzlich überwunden. Eine stärker die Dimension von Verheißung und Vollendung in den Blick nehmende, d. h. heilsgeschichtlich orientierte Betrachtungsweise legt nahe, dass es nicht primär um die Überwindung des Hiats zwischen Gott und Welt, sondern zwischen Erhöhung Jesu und Vollendung des Heils geht. Es ist der gleiche Gott, der (vorläufig) in der Zeit der ersten διαθήκη gehandelt hat und (endgültig) durch Jesus die neue διαθήκη etabliert hat. Aber die Vollendung steht noch aus. Noch fehlt die Anschaulichkeit des Heils.56 Diese Unanschaulichkeit des Heils lässt die Erhöhung Jesu und die Einsetzung in seine Position bei Gott fragwürdig erscheinen. In Verbindung mit äußeren Problemen, die den „Hebräern“ aufgrund ihrer Rolle in der Gesellschaft erwachsen sind (vgl. vor allem Hebr 10,32–34), drohen sie die Zuversicht zu verlieren und deshalb vom Glauben abzufallen. Dieser doppelten Frage begegnet der Autor des Hebr mit christologischer Darlegung und paränetischer Mahnung. Der Hebr reagiert auf die Infragestellung Jesu mit einer Neuauslegung des urchristlichen Bekenntnisses zur Erhöhung Jesu. Er mahnt zum Durchhalten, weil die himmlische Erfüllung der Verheißungen gewiss ist. Zur Begründung dieser These sollen drei Sachverhalte angeführt werden: (1) das Psalmzitat Ps 8,5–7 LXX und seine Einbettung in Hebr 2,6–8; (2) die Eingangsformulierung des zentralen Teils in Hebr 8,1f.; (3) die Funktion der Hohepriester-Christologie. Dabei gehe ich von einem Konsens der Forschung aus, wonach der Hebr mit seiner Darstellung, bei der die Hohepriester-Christologie so großen Raum einnimmt, das urchristliche Bekenntnis neu auslegen will. 2.1 Ps 8,5–7 LXX in Hebr 2,6–8 Hebr 1 beginnt mit Ausführungen über Jesu Hoheit, gipfelnd in dem Zitat aus Ps 109,1 LXX in V. 13. Auch wenn es zutrifft, dass der Hebr sich nicht „von einem christologischen Denkschema wie ‚Erniedrigung und Erhöhung‘ leiten Damit wäre auch der Tatsache Rechnung getragen, dass im Hebr an mehreren Stellen Aussagen vorliegen, die die zeitliche Dimension stark betonen. Vgl. zu diesem Thema Wolfgang Kraus, Hab 2,3–4 in der hebräischen und griechischen Texttradition mit einem Ausblick auf das Neue Testament, in: Thomas S. Caulley / Hermann Lichtenberger (Hg.), Die Septuaginta und das frühe Christentum – The Septuagint and Christian Origins (WUNT 277), Tübingen 2011, 153–173. Nach Sebastian Fuhrmann, Vergeben und Vergessen. Christologie und Neuer Bund im Hebräerbrief (WMANT 113), Neukirchen-Vluyn 2007, 15f., werde in Hebr 1 und 2 eine Infragestellung des Heilsbringers sichtbar. Die „Betonung der Überlegenheit Christi über die Engel“ hängt nach Fuhrmann mit der in Hebr 2,6 aus dem Zitat von Ps 8 gewonnenen Erniedrigung Christi unter die Engel zusammen (ebd. 32). Ihre Aufhebung ist noch nicht sichtbar, weshalb die Erhöhung Jesu hinterfragbar bleibt. 56
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läßt“57, spielt diese Vorstellung im Hebr als Hintergrund der Argumentation eine bedeutende Rolle.58 Der Hebr setzt das überkommene Kerygma von Erniedrigung und Erhöhung voraus und legt es neu aus.59 Erkennbar wird dies an der Verwendung von Ps 8,5–7 LXX in Hebr 2. Mit Hebr 2,1–4 geht die theologische Reflexion in Paränese über: Die „Hebräer“ werden aufgefordert, das Gehörte in seiner überragenden Bedeutung ernst zu nehmen.60 Mit 2,5–18 richtet sich der Blick wieder auf den Sohn: Er ist es, dem der künftige Erdkreis unterworfen wurde, der aber um der Rettung der Menschen willen die Erniedrigung und das Leiden auf sich nahm, um – so zur Vollendung geführt – ein barmherziger und treuer Hohepriester zu werden (bes. V. 10.17). Mit der Einführungsformel „irgendwo gab jemand Zeugnis“ wird in V. 6 ein Zitat aus Ps 8,5–7 LXX eingeleitet.61 Dieses Psalmzitat muss in enger Verbindung mit dem Zitat von Ps 109,1 LXX in Hebr 1,13 gesehen werden. Eine solche Verbindung begegnet auch außerhalb des Hebr (1 Kor 15,25–27; Eph 1,20–22). Ps 8 stellt ursprünglich einen Lobpreis der Größe Gottes dar, der die Welt und darin den Menschen geschaffen hat. Im zweiten Teil wird der Mensch mit der himmlischen Welt in Beziehung gesetzt, woraus sich seine eigene Größe ergibt, in welcher ihm die Herrschaft anvertraut ist: Er ist wenig niedriger gestellt als die Engel und alles ist seinen Füßen untertan (V. 6f.). In Hebr 2 werden diese Verse auf den Sohn hin gelesen und als Aussage über seine Geschichte interpretiert: βράχυ τι (kurz)62 war er unter die Engel erniedrigt (V. 7), dann aber mit Herrlichkeit und Würde bekränzt (V. 8). Dass das Psalmzitat als Ausdruck der Geschichte des Sohnes zu lesen ist, bestätigt V. 9, wo die Erniedrigung im Tod und die Bekränzung mit Herrlichkeit und Würde eine Rolle spielen werden. Schon der Beginn in V. 5 zeigt an, worauf es dem Hebr mit der Aufnahme des Zitats ankommt: auf die Unterwerfung des künftigen Weltkreises. Nach dem Zitat wird dies in V. 8b wieder aufgenommen und erneut betont, dass nichts im All existiert, was dem Sohn nicht unterworfen wäre.
Harald Hegermann, Der Brief an die Hebräer (ThHK 16), Berlin 1988, 47; vgl. Karrer, Brief (Anm. 6) 116.120. 58 Vgl. Lukas Bormann, Ps 110 im Dialog mit dem Neuen Testament, in: Dieter Sänger (Hg.), Heiligkeit und Herrschaft. Intertextuelle Studien zu Heiligkeitsvorstellungen und zu Psalm 110 (BThSt 55), Neukirchen-Vluyn 2003, 171–205. 59 Vgl. Gäbel, Kulttheologie (Anm. 48) 14. 60 Vgl. Backhaus, Hebräerbrief (Anm. 5) 103. 61 Zu den Details der Zitation siehe Gert J. Steyn, A Quest for the Assumed LXX Vorlage of the Explicit Quotations in Hebrews (FRLANT 235), Göttingen 2011, 125–145. 62 Zur Diskussion um das temporale Verständnis der Wendung siehe Steyn, Quest (Anm. 61) 135f.; Weiss, Brief (Anm. 6) 197. 57
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Eingeschoben, sodass man es fast überlesen könnte, jedoch von zentralem inhaltlichen Gewicht ist V. 8c: „Jetzt aber sehen wir noch nicht, dass ihm das All unterworfen ist.“ Dass es sich nicht um einen vernachlässigbaren Nebengedanken handelt, geht aus Hebr 10,12f. hervor, wo der Hebr-Autor explizit darauf Bezug nimmt – und zwar wiederum in Verbindung mit der Erhöhungsaussage: „Dieser hat ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht und sich für immer zur Rechten Gottes gesetzt. Fortan wartet er, bis alle seine Feinde hingelegt sind als Schemel seiner Füße.“ Das bedeutet: Die Einsetzung Jesu zur Rechten Gottes ist erfolgt. Die vollständige Unterwerfung der Feinde steht aber noch aus.63 Die „eschatologisch entschränkte Herrschaft“ wird noch erwartet.64 Das könnte ein Anstoß gewesen sein. Die Unanschaulichkeit des Heils bzw. verzögerte Vollendung waren ein entscheidender Grund für die Ermüdungserscheinungen der „Hebräer“.65 In diesem „jetzt aber sehen wir noch nicht“ verschafft sich gerade die Glaubensanfechtung der Adressaten des Hebr ihren Ausdruck, ihre Anfechtung nämlich im Sinne der Wahrnehmung der Diskrepanz zwischen dem Anspruch einer Erhöhungschristologie, die den Erhöhten jetzt bereits als den Welten- und Allherrscher proklamiert, einerseits und den konkreten Erfahrungen des Christen in seiner Situation in der gegenwärtigen Welt andererseits.66
Es geht allerdings nicht einfach um jenes Problem, das normalerweise unter dem Stichwort „Parusieverzögerung“ bearbeitet wird. Es geht vielmehr um die vermeintlich mangelnde Realität des Heils. Mit der noch nicht erfolgten Vollendung wird die Gültigkeit von Ps 109,1 LXX in seiner Anwendung auf Jesus problematisiert. Die scheinbare Unerlöstheit wird zum Anstoß. Damit wird Jesu Inthronisation in Frage gestellt. Dieser Anstoß wird vom Autor bearbeitet.67 Das „soteriologische Grundmotiv“ bzw. die vom Autor bearbeitete „Grundfrage“ lautet daher nach Hebr 2: Wie ist die im Hebr bisher in immer neuen Variationen proklamierte Welt- und Allherrschaft des Erhöhten mit ihrem alle irdisch-weltlichen Erfahrungen überschreitenden Anspruch zusammenzudenken mit jener unerlösten und unheilvollen Weltwirklichkeit, wie sie gerade auch „jetzt noch“ der christlichen Gemeinde widerfährt?68
63 Die Parallelität zu 1 Kor 15,25 auch hinsichtlich der Aufnahme von Ps 109,1 LXX ist nicht zu übersehen. 64 Herbert Braun, An die Hebräer (HNT 14), Tübingen 1984, 56. 65 So mit Recht Grässer, Hebr 1–6 (Anm. 6) 26. 66 Weiss, Brief (Anm. 6), 195. 67 Hebr 2 klärt nach Grässer, Hebr 1–6 (Anm. 6) 114, über den „doppelt paradoxen Sachverhalt“ von Erhöhung und noch nicht erfolgter Durchsetzung auf (vgl. ebd. 121.155). 68 Weiss, Brief (Anm. 6) 195.
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2.2 Hebr 8,1f.: Der leitende Gesichtspunkt Der zweite Sachverhalt, der m. E. in den Blick genommen werden muss, um das „soteriologische Grundmotiv“ des Hebr sachgemäß zu erfassen, ist Hebr 8,1f. mit den Bezügen zum vorhergehenden und nachfolgenden Kontext: Worauf es aber ankommt bei dem, was dargelegt wird: Wir haben einen solchen Hohenpriester, der sich zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln gesetzt hat, ein Diener am Heiligtum und am wirklichen Zelt, das der Herr errichtet hat, nicht ein Mensch. (Übersetzung nach Herbert Braun)
Κεφάλαιον δέ steht betont am Anfang.69 Es geht um den leitenden Gesichtspunkt. Ἐπὶ τοῖς λεγομένοις heißt: im Blick auf „die laufende Darlegung“.70 Dass in Hebr 8,1f. das entscheidende Thema zur Sprache kommt, wird von den meisten Auslegern gesehen. Die Formulierung ἐπὶ τοῖς λεγομένοις macht klar, dass damit die Darlegung insgesamt gemeint ist und nicht nur die Passage Hebr 8,1– 10,18.71 Georg Gäbel bringt es sehr gut auf den Punkt: Es geht um den leitenden Gesichtspunkt, unter dem die Argumentation als ganze betrachtet und verstanden werden will und durch den alles andere erst seinen Sinn erhält. Am besten übersetzt man κεφάλαιον i. d. S. als „Pointe“, nämlich Pointe der ganzen Argumentation.72
Worin besteht die Pointe, der leitende Gesichtspunkt? Es sind drei Aspekte, die ins Gewicht fallen: (1) Es gibt einen Hohepriester mit ganz bestimmten Kennzeichen. (2) Dieser Hohepriester hat sich zur Rechten der Majestät in den Höhen gesetzt (ἐκάθισεν; vgl. Hebr 1,3). (3) Er vollzieht seinen Dienst am himmlischen Heiligtum, d. h. am wahrhaftigen/wirklichen Zelt. Georg Gäbel hat die inhaltliche Bedeutung der Aussage zusammengefasst: Nachdem Hebr in Kp. 7 den Eidschwur Ψ 109,4 ausgelegt hatte, verbindet er in Kp. 8 die Hohepriester-Thematik mit der sessio ad dexteram nach Ψ 109,1. In 8,1f kommen die beiden Hauptstränge der Christologie des Hebr (und die grundlegenden Belegstellen dafür aus der Schrift, Ψ 109,1.4) ausdrücklich zusammen; Hebr lehrt, den zu Gottes rechter Hand inthronisierten Christus des traditionellen Erniedrigungs- und Erhöhungsschemas als den himmli Nach Knut Backhaus kann man κεφάλαιον als terminus technicus antiker Rhetorik verstehen: ders., Der Neue Bund und das Werden der Kirche. Die Diatheke-Deutung des Hebräerbriefs im Rahmen der frühchristlichen Theologiegeschichte (NTA.NF 29), Münster 1996, 153; ders., Hebräerbrief (Anm. 5) 288. 70 Braun, Hebräer (Anm. 64) 227. 71 Mit Friedrich Bleek, Der Brief an die Hebräer erläutert durch Einleitung, Uebersetzung und fortlaufenden Commentar. Zweite Abtheilung, die Uebersetzung und den Commentar enthaltend, zweite Hälfte Kap. IV,14‒XIII, nebst Registern über den ganzen Commentar, Berlin 1840, 418, muss das Partizip (λεγομένοις) aufgrund der Präsens-Form auf „überhaupt die ganze Auseinandersetzung“ bezogen werden (zustimmend zitiert bei Gäbel, Kulttheologie [Anm. 48] 240). 72 Gäbel, Kulttheologie (Anm. 48) 240. 69
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schen Hohepriester zu verstehen. Die traditionelle Christologie und ihre Erhöhungsaussagen werden durch die Hohepriester-Christologie interpretiert. […] Dass Christus der Erhöhte ist, erlaubt es, ihn als melchisedekischen Hohepriester nach 7,26 zu zeichnen; dass er in den Himmel erhöht und dort inthronisiert ist, wird durch die Kulttheologie in seiner soteriologischen Bedeutsamkeit erschlossen.73
Die folgende Passage Hebr 8,3–13 hat nach 8,1f. die Funktion einer Begründung von der Schrift her (ist also ein Schriftbeweis),74 und zwar unter Rückgriff auf 7,22, wo zum ersten Mal das Stichwort διαθήκη fällt. Wenn es zutrifft, dass der Hebr das überkommene Bekenntnis von Erniedrigung und Erhöhung durch seine Hohepriester-Christologie neu auslegt, dann muss sich hier auch die Antwort auf das zugrunde liegende Problem finden. Nicht nur äußerer Druck führte zu Ermüdungserscheinungen, sondern das Bekenntnis selbst war fraglich geworden. Hierauf antwortet der Hebr mit einer ausführlichen Darstellung Jesu als Hohepriester. 2.3 Die Funktion der Hohepriester-Christologie Die Ursache für die breiten Ausführungen in Hebr 7,1–10,18 muss in einer Fragestellung liegen, die bei den „Hebräern“ virulent war. Die HohepriesterChristologie hat die Aufgabe, die gegenwärtige Relevanz des Heils den Adressaten vor Augen zu stellen. Hebr 7,1–10,18 läuft auf 10,19–25 zu. Jesus wird als der mitfühlende Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks vorgestellt. Er hat den Zugang zum Thron Gottes, den neuen, lebendigen Weg eingeweiht (10,19f.). Er ist als Hohepriester über Gottes Haus gesetzt (10,21). Die Glaubenden können jetzt Gott nahen (10,22). In der noch ausstehenden Zeit sollen sie sich gegenseitig zu tätigem Glauben ermuntern (10,23–25), wohl wissend, dass „der Tag“, d. h. die Vollendung nahe ist (10,25b). Bezogen auf die Fragestellung dieses Beitrags würde ich nicht davon sprechen, Jesus sei „Mittler“ zwischen irdischer und himmlischer Welt, sondern davon, dass er den Weg eröffnet hat, Gott zu nahen, und dass er Garant und Bürge für die Gültigkeit der Verheißung ist, die Gott gegeben hat. Sein hohepriesterliches Wirken im himmlischen Heiligtum hat dazu die Kraft. Wenn man ihn in diesem Kontext als „Mittler“ bezeichnen möchte, dann müsste man m. E. davon sprechen, dass er ein „Mittler“ zwischen Heilsverheißung und Heilsvoll endung ist.
Gäbel, Kulttheologie (Anm. 48) 240f. Zur Sache siehe Wolfgang Kraus, Die Rezeption von Jer 38,31–34 (LXX) in Hebräer 8–10 und dessen Funktion in der Argumentation des Hebräerbriefes, in: Johann Cook / Hermann-Josef Stipp (Hg.), Text-Critical and Hermeneutical Studies in the Septuagint (VT.S 157), Leiden 2012, 447–462. 73 74
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3 Jesus als „Mittler“ einer neuen/besseren/frischen Diatheke Das Stichwort μεσίτης begegnet im Neuen Testament sechsmal: zweimal in Gal 3,19f., bezogen auf Mose als Vermittler der Tora, einmal in 1 Tim 2,5 bezogen auf Jesus als Mittler zwischen Gott und den Menschen, dreimal im Hebr in Verbindung mit διαθήκη: 8,6; 9,15; 12,24.75 In Hebr 7,22 wird Jesus als ἔγγυος, d. h. Bürge einer neuen διαθήκη bezeichnet. Das Verbum μεσιτεύω (ein neutestamentliches hapax legomenon) wird in Hebr 6,17 gebraucht: Gott verbürgt sich durch einen Eid, um die Unwandelbarkeit seines Willens zu zeigen.76 Der Begriff μεσίτης begegnet im Alten Testament nur in Ijob 9,33 LXX,77 in den griechischen Pseudepigraphen an wenigen Stellen (TestDan 6,2; AssMos [Fragmenta] 2,17,1778), ist jedoch als Begriff der hellenistischen Rechtssprache geläufig (z. B. Diod. 4,54,7; Papyrus London II 254, Nr. 370,6.9.14; Ios., ant. 4,133). Das semantische Spektrum von μεσίτης hat drei Schwerpunkte: 1. Der Mittler als der neutrale Schiedsrichter, der zwischen zwei Parteien steht und unparteiisch im Rechtsstreit zwischen ihnen vermittelt. – 2. Der Bürge bzw. Zeuge, der bei einem Rechtsgeschäft für die Durchführung der Vereinbarung einsteht bzw. diese Vereinbarung in Kraft setzt. – 3. Der Vermittler, der zwischen zwei distanziert bzw. feindlich einander gegenüberstehenden Parteien durch sein persönliches Eintreten eine bislang nicht vorhandene Beziehung herstellt.79
Das Verständnis von μεσίτης im Hebr kann nur im Verbund mit dem Verständnis von διαθήκη geklärt werden.80 Letzteres begegnet im Hebr explizit 17-mal (7,22; 8,6.8.9 [bis].10; 9,4 [bis].15 [bis].16.17.20; 10,16.29; 12,24; 13,20). Zur Bedeutung von Diatheke im Hebr siehe Wolfgang Kraus, Die Bedeutung von Διαθήκη im Hebräerbrief, in: Eberhard Bons / Ralph Brucker / Jan Joosten (Hg.), The Reception of Septuagint Words in Jewish-Hellenistic and Christian Literature (WUNT 2/367), Tübingen 2014, 67–83. 76 Vgl. Albrecht Oepke, Art. μεσίτης, μεσιτεύω, in: ThWNT 4 (1942) 602–629: 624. 77 Von der Sache her kann Lev 26,46 verglichen werden, dort ist Mose der, durch dessen Hand τὰ κρίματα καὶ τὰ προστάγματα καὶ ὁ νόμος am Sinai ἀνὰ μέσον αὐτοῦ (= Gott) καὶ ἀνὰ μέσον τῶν υἱῶν Ισραηλ gegeben wurden. 78 In AssMos (Frgm.) 2,17,17 findet sich μεσίτης in Verbindung mit διαθήκη. Vgl. dazu den lateinischen Text in AssMos 1,14; 3,12: dort gilt Mose als arbiter (vgl. Philo, Mos. 2,166/3,19). Griechische Belege nach Albert-Marie Denis, Concordance grecque des Pseudépigraphes d’Ancien Testament. Corpus des textes. Indices, Leiden 1987, 541.843.901. 79 Jürgen Roloff, Der erste Brief an Timotheus (EKK 15), Neukirchen-Vluyn 1988, 121; vgl. zur Sache insgesamt Oepke, μεσίτης (Anm. 76); Dieter Sänger, Art. μεσίτης, in: EWNT 2 (1981) 1010–1012. 80 Vgl. Weiss, Brief (Anm. 6) 441; Erich Grässer, An die Hebräer. 2. Hebr 7,1–10,18 (EKK 17/2), Neukirchen-Vluyn 1993, 93f. Im Folgenden nehme ich Überlegungen auf, die ich ausführlicher in Kraus, Bedeutung (Anm. 75), dargestellt habe. 75
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Zu den 17 expliziten Belegen ist διαθήκη noch viermal implizit zu ergänzen (8,7.13; 9,1.18). Damit ist eine Gesamtzahl von 21 erreicht.81 Von den 17/21 Belegen stellen sechs Zitate aus dem Alten Testament dar, verteilt auf zwei Texte: Jer 38,31–34 LXX und Ex 24,8 LXX (wobei αἷμα τῆς διαθήκης aus Ex 24 erneut in 10,29 und 13,20 aufgenommen wird). In Hebr 9,4 werden zwei alttestamentliche termini technici gebraucht: κιβωτὸς τῆς διαθήκης und πλάκες τῆς διαθήκης. D. h. zehn von 17/21 Belegen sind von LXX-Kontexten her geprägt,82 oder anders gewendet: sieben/elf von 17/21 Belegen sind vom Autor selbst formuliert. Das Verständnis von διαθήκη in der zeitgenössischen Gräzität inklusive der Septuaginta ist nicht auf einen einzigen Inhalt festgelegt. Allein im Buch Jesus Sirach mit seinen 23 Belegen variiert die Bedeutung.83 Auch der dahinter stehende hebräische Begriff variiert: Διαθήκη ist in Sir an sieben (wenn man die textkritisch schwierige Stelle 44,18 hinzunimmt, an acht) Stellen die griechische Wiedergabe von tyrb. An zehn Stellen gibt διαθήκη jedoch das hebräische qwx wieder.84 Eine semantische Festlegung auf „Bund“ (im Sinn von tyrb) ist daher nicht möglich. In der Profangräzität meint διαθήκη die letztwillige Verfügung, das Testament. Dies findet sich so in Hebr 9,16f. Jörg Frey votiert deshalb beim Hebr mit Recht für die Wiedergabe mit „Verfügung, Ordnung, Stiftung, Setzung“.85 Die Wiedergabe mit „Testament“ hält er außer in 9,16.17 für nicht gerechtfertigt, die Wiedergabe mit „Bund“ sei „eher mißverständlich“86 – ich würde sagen: Sie ist nicht angezeigt. Das Stichwort διαθήκη begegnet erstmals in Hebr 7,22. Hiernach ist Jesus „Bürge“ einer besseren διαθήκη. Beim Begriff „Bürge“ (ἔγγυος) handelt es sich um einen juridischen Terminus, ein hapax legomenon im Neuen Testament und bei den Apostolischen Vätern. Knut Backhaus interpretiert den Begriff sogleich in Korrespondenz mit μεσίτης und mit ἱερεύς: „Jesus bürgt für die διαθήκη, indem er das neue Verhältnis zwischen Gott und Gottesvolk ein für allemal garantiert.“87 Das halte ich für eine Überinterpretation von Hebr 7,22. Die Angaben in Kraus, Bedeutung (Anm. 75) 72, sind zu korrigieren. Vgl. Jörg Frey, Die alte und die neue διαθήκη nach dem Hebräerbrief, in: Friedrich Avemarie / Hermann Lichtenberger (Hg.), Bund und Tora. Zur theologischen Begriffsgeschichte in alttestamentlicher, frühjüdischer und urchristlicher Tradition (WUNT 92), Tübingen 1996, 263–310: 266. 83 Siehe dazu Heinz-Josef Fabry, Exkurs. Zur Übersetzung von διαθήκη in Jesus Sirach, in: Martin Karrer / Wolfgang Kraus (Hg.), Septuaginta Deutsch. Erläuterungen und Kommentare. 2. Psalmen bis Daniel, Stuttgart 2011, 2182f. 84 tyrb als hebräisches Textplus findet sich außerdem in 11,34 (Plural) und 50,24 (vgl. Fabry, Exkurs [Anm. 83] 2182). 85 Frey, διαθήκη (Anm. 82) 267. 86 Frey, διαθήκη (Anm. 82) 267. 87 Backhaus, Bund (Anm. 69) 83. 81 82
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Im Profangriechischen und in Papyrusurkunden liegt bei „Bürge“ (ἔγγυος) eindeutig juridischer Gebrauch vor:88 Der Bürge nimmt eine Rechtsverpflichtung auf sich: Er ist Garant einer solchen Verpflichtung, aber nicht Garant eines Verhältnisses. Die Formulierung „bessere διαθήκη“ in 7,22 steht parallel zu „bessere Hoffnung“ in 7,19. Letztere richtet sich auf die Vollendung der Verheißung Gottes, die das Gesetz nicht bringen konnte (7,19a). Vom Kontext her ist Jesus Bürge der Zusagen, die Gott gemacht hat. Er ist nicht Bürge eines besseren Bundes, sondern Bürge einer besseren Setzung bzw. Verfügung oder (Heils-)Ordnung.89 Jesus ist nach Hebr 7,22 insofern Bürge einer besseren Verfügung/(Heils-)Ordnung, als er die Vollendung der Hoffnung garantiert. Fragt man nach der Funktion der διαθήκη-Vorstellung, so ist zu bedenken, dass die Einführung dieses Motivs in Hebr 7,22 zwar relativ unvermittelt erfolgt, dass aber bereits diese erste Nennung „sachlich die Thematik von 8,1–10,18 […] antizipiert“, auch wenn sie noch „ganz in der Argumentation von Hebr 7 und dem hier ausgelegten Ps 110(109),4“ gründet.90 Mit anderen Worten: Die Einführung der διαθήκη-Vorstellung ist verwoben mit der Argumentation der Hohepriester-Christologie. Diese ist das eigentliche Thema. Die Einsetzung Jesu zum Hohepriester wird begründet mit Ps 109,4 LXX. Die Frage, die im Hintergrund steht, lautet: Wie kann Jesus Hohepriester sein, wenn bereits eine legitime Priesterschaft existiert? Die Erklärung erfolgt durch die Begründung mit einer durch Gott verheißenen neuen, besseren διαθήκη. Damit begründet die διαθήκη-Vorstellung die vorher genannte „bessere Hoffnung“, die durch Jesu Wirken als Hohepriester geschieht. Die διαθήκη-Vorstellung hat hier also die Funktion eines begründenden Schriftbeweises für die legitime Anwendung von Ps 109,4 LXX auf Jesus.91 Dies wird sich dann auch in Hebr 8 bestätigen. Der nächste Beleg, den wir in unserem Zusammenhang zu erörtern haben, ist Hebr 8,6. Der Vers bezeichnet Jesus als den μεσίτης einer besseren διαθήκη. Der gleiche Begriff μεσίτης begegnet dann auch in 9,15 (hier καινῆς διαθήκης) und 12,24, an letzterer Stelle jedoch mit νέα διαθήκη. Es fällt auf, dass die Begrifflichkeit nicht völlig einheitlich ist. 7,22: 8,6: 9,15: 12,24:
ἔγγυος – κρείττονος διαθήκης μεσίτης – κρείττονος διαθήκης μεσίτης – καινῆς διαθήκης μεσίτης – νέας διαθήκης
Vgl. Backhaus, Bund (Anm. 69) 83. „Heilsordnung“ ist die Übersetzung von διαθήκη, die Weiß in seinem Kommentar bevorzugt. 90 Frey, διαθήκη (Anm. 82) 268. 91 Vgl. dazu auch Manuel Vogel, Das Heil des Bundes. Bundestheologie im Frühjudentum und im frühen Christentum (TANZ 18), Tübingen 1996, 101. 88 89
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Hebr 13,20 bietet darüber hinaus die auffällige und umstrittene Formulierung vom „Blut einer ewigen Diatheke“. Was folgt aus dieser Übersicht? Auch wenn zunächst die Bedeutung nahezuliegen scheint, dass „Jesus den Mittler des alten Bundes überbietet und ersetzt“92, so geht aus Hebr 7,22 hervor, dass der Hebr ἔγγυος als Synonym zu μεσίτης auffasst.93 Dann aber kann nicht einfach „Mittler“ gemeint sein. Im Profangriechischen stellt die Ausdrucksweise μεσίτης διαθήκης eine „im hellenistischen Erbrecht […] zwar seltene, aber mögliche Ausdrucksweise“94 dar. Das heißt, dass die Bedeutung „Garant“ für den Hebr die zutreffende ist:95 Das rechtliche Grundverständnis von μεσίτης im Hebr wird nicht zuletzt durch 9,15ff bestätigt, wenn an dieser Stelle ausdrücklich der Terminus διαθήκη im Sinne einer testamentarischen Verfügung festgelegt erscheint und in diesem Zusammenhang auch der Tod des μεσίτης eingeordnet wird.96
Dass Jesus μεσίτης einer besseren διαθήκη ist, wird in Hebr 8,6 mit dem vortrefflicheren Priesterdienst parallelisiert und dadurch bestätigt, dass die bessere διαθήκη durch bessere Verheißungen angeordnet wurde (νενομοθέτηται, vgl. 7,12!). Der Bezug zu 7,11f., wonach eine Veränderung des Priesterdienstes auch eine Veränderung des Nomos nach sich zieht, ist durch den Verbgebrauch unmittelbar deutlich. Mit Recht formuliert Knut Backhaus: Der himmlische Priester ist nach 8,6 „insofern μεσίτης διαθήκης […], als er durch die λειτουργία seines Sühnetodes die bessere διαθήκη herbeigeführt hat und ihren Bestand zugleich definitiv verbürgt“97. Die Schwäche der alten und die Stärke der neuen διαθήκη erweist sich, wie aus Hebr 8,7–13 und 10,1–4 hervorgeht, an der Sündenvergebung. Genau dieser Sachverhalt wird schließlich auch in der Wiederaufnahme des Jer-Wortes in 10,16f. betont. Besonders V. 17 bringt noch einmal durch die Hinzufügung von καὶ τῶν ἀνομιῶν αὐτῶν zum Jer-Zitat die Sündenvergebung als Hauptinhalt der besseren διαθήκη zum Ausdruck, und V. 18 bestätigt dies erneut. Das Besondere an der neuen διαθήκη besteht darin, dass die „ἐπαγγελίαι als Verheißungszusage […] im Christus-Ereignis sicher verbürgt (vgl. 7,20–22)“98 sind. In der hohepriesterlichen Heilstat Jesu sind sie „schon jetzt prinzipiell Oepke, μεσίτης (Anm. 76) 624. Vgl. Oepke, μεσίτης (Anm. 76) 624; Grässer, Hebr 7,1–10,18 (Anm. 80) 93. 94 Oepke, μεσίτης (Anm. 76) 624. 95 Vgl. Grässer, Hebr 7,1–10,18 (Anm. 80) 93f.; Weiss, Brief (Anm. 6) 441. Bei Oepke, μεσίτης (Anm. 76) 603f., Bedeutung 1b: Zeuge bzw. Garant für die Durchführung von Vereinbarungen. 96 Weiss, Brief (Anm. 6) 442; vgl. Grässer, Hebr 7,1–10,18 (Anm. 80) 93. 97 Backhaus, Bund (Anm. 69) 133. 98 Backhaus, Bund (Anm. 69) 137. 92 93
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verwirklicht […], obgleich ihre eschatologische Durchsetzung noch aussteht (vgl. 9,15).“99 Die eben getroffenen Feststellungen werden durch die beiden weiteren Stellen, an denen μεσίτης begegnet, unterstrichen: 9,15; 12,24. Auch hier kommt das μεσίτης-Sein Jesu im Kontext von Aussagen über sein hohepriesterliches Wirken zu stehen. 9,15 schließt mit καὶ διὰ τοῦτο an die vorausgehende Darlegung des Heilswirkens Jesu an und folgert dann: Er ist διαθήκης καινῆς μεσίτης, damit die Erwählten die ewige Erbschaft empfingen. Und in 12,24 wird Jesus in einer Aufzählung anderer Heilsgüter als διαθήκης νέας μεσίτης genannt, zu dem die Glaubenden hinzugetreten sind. Was ergibt sich aus dem Dargelegten für den „Mittler“ Jesus? Ich kann in diesem Zusammenhang den Ausführungen von Knut Backhaus zustimmen – sie raten allerdings davon ab, Jesus als „Mittler“ zu interpretieren: Jesus ist nicht in Analogie zu Mose „Stifter der nova lex“, denn die eschatologische διαθήκη war bereits vor Jesus angesagt. Aber sie wird von ihm „in Kraft gesetzt“.100 Nach 7,22 ist Jesus Bürge, der die Wirksamkeit und die Dauerhaftigkeit des göttlichen Heilswillens letztgültig und definitiv garantiert. […] Insofern die neue διαθήκη auch den Charakter einer in letzter Konsequenz noch ausstehenden Verheißung hat, bedarf sie des Bürgen, der für die Realisierung des Zugesagten einsteht. […] Jesus führt die neue, von Gott initiierte Heilsordnung herbei und verbürgt zugleich ihre Wirkung und ihren Bestand. […] Jesu hohepriesterliche Selbsthingabe hat, wie der Finalsatz 9,15 unzweideutig feststellt, die neue Gottesbeziehung herbeigeführt; zugleich wird im Licht von 7,20–22 deutlich, daß die hohepriesterliche Heilstat Jesu gerade die Funktion hat, die eschatologische Gottesordnung definitiv zu gewährleisten.101
Insofern ist Jesus Bürge, Garant und Realisator der neuen und besseren διαθήκη. Das Wort „Mittler“ würde ich vermeiden, da es missverständlich ist.
4 Zusammenfassung Die „Mittlerschaft“ Jesu im Hebr betrifft drei Bereiche: (1) Jesus als „Mittler“ des Gotteswortes und Schöpfungsmittler. (2) Jesus als „Mittler“ zwischen Gott und Welt. (3) Jesus als „Mittler“ einer neuen διαθήκη. Nach den vorangegangen Überlegungen ließe sich Folgendes zusammenfassen: Ad 1. Jesus ist mehr als nur „Mittler“ des Gotteswortes und Schöpfungsmittler. In ihm spricht Gott selbst. Er ist Mitschöpfer. Backhaus, Bund (Anm. 69) 137. Backhaus, Bund (Anm. 69) 144. 101 Backhaus, Bund (Anm. 69) 145. 99
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Wolfgang Kraus
Ad 2. Jesus ist nicht „Mittler“ zwischen Gott und Welt, die mittelplatonische Problemstellung eines ontischen Hiats ist nicht das Problem der „Hebräer“. Sie haben das Problem von Verheißung und noch nicht erfolgter Erfüllung. Jesus ist „Mittler“ zwischen Verheißung und Erfüllung – sprich: Garant und Bürge ihrer Erfüllung. Ad 3. Jesus ist auch Realisator, Bürge und Garant der neuen διαθήκη. Das himmlische Eintreten Jesu setzt die bessere διαθήκη in Kraft, gleichzeitig verbürgt Jesus die Gültigkeit der διαθήκη als Verheißung (denn auch die neue διαθήκη ist Verheißung).102 Die Anfechtung der „Hebräer“ kommt nicht aufgrund der Sphärendifferenz irdisch ‒ himmlisch, sondern aufgrund der noch nicht vollzogenen Unterwerfung des Alls unter Jesus ins Spiel (2,8). Dies wird vom Hebr beantwortet, indem er mittelplatonische Denkstrukturen aufnimmt, nämlich die Vorstellung, dass im Himmel alles schon vollendet ist und es nur noch darum geht, in den Heilsbereich endgültig einzutreten. Nach den Aussagen von Reinhard Feldmeier und Hermann Spieckermann treten im Hebr Gott, der Vater, und Jesus, der Sohn, als zwei Personen der Trinität in Gegensatz zueinander. Dies lässt sich aufgrund der Christologie des Hebr nicht bestätigen. Vielmehr gilt: Jesus ist „Abglanz der Herrlichkeit“ und „Abdruck der Hoheit“ Gottes (1,3). In ihm ist Gott präsent. Die Sühne, von der der Hebr spricht, hat nicht Gott als den zu Befriedenden im Blick, sondern den Menschen als den von Sünden zu Reinigenden. Jesus, der sich „durch ewigen Geist Gott dargebracht hat“ (9,14a), hat durch sein Blut die Gewissen der Glaubenden „von den toten Werken“ gereinigt (9,14b). Sein Tod bedeutet Reinigung und Weihe.103 So wie die erste διαθήκη nicht ohne Blut eingeweiht wurde (9,18), so wurde auch die neue, bessere διαθήκη durch Blut inauguriert (9,23). Sein „Opfer“ hat die Aufhebung der Sünde zum Ziel, so wie dies in der durch Jeremia angekündigten neuen διαθήκη verheißen wurde. Damit ist der neue Weg ins Allerheiligste eingeweiht (10,19f.), jedoch nicht ein Richtergott durch ein Opfer besänftigt. Jesus hat den Weg vor den Thron Gottes eröffnet, Vgl. Grässer, Hebr 7,1–10,18 (Anm. 82) 94: „Während an unserer Stelle [8,6] die Verheißung Rechtsgrundlage der Diatheke ist, ist in 9,15 umgekehrt die Diatheke Voraussetzung für den Empfang der Verheißung. Ob so oder so herum: Neben der ‚Korrespondenz‘, ja ‚teilweisen Identität von ἐπαγγελία und διαθήκη‘ kommt an beiden Stellen der juridische Charakter beider Größen klar zum Vorschein.“ (Teilweise Zitat von Ernst Käsemann, Das wandernde Gottesvolk. Eine Untersuchung zum Hebräerbrief [FRLANT 55], Göttingen 41961, 14.) 103 Zum Verständnis des Todes Jesu als Opfer im Hebr vgl. Christian Eberhart, Kultmetaphorik und Christologie. Opfer- und Sühneterminologie im Neuen Testament (WUNT 306), Tübingen 2013, 131–156. Vgl. jüngst ders., Der Opferbegriff im antiken Christentum. Zur Entwicklung und christologischen Applikation einer zentralen Kultkategorie, in: BThZ 33 (2016) 11–38. 102
Jesus als „Mittler“ im Hebräerbrief
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die Glaubenden dürfen in Freimut (10,19), mit wahrhaftigem Herzen und in der Fülle des Glaubens hinzutreten (10,22). Die Begrifflichkeit von „Sühne“, „Versöhnung“, „Vergeltung“ stellt theologische Beschreibungssprache dar. Sie entstammt unterschiedlichen Zusammenhängen und ist nur teilweise durch Begriffe der Bibel gedeckt.104 Vielleicht sollte das Wort „Sühne“ insgesamt eine Zeit lang gemieden werden, weil es in unserem Kontext eher Vergeltung, Bestrafung, Ersatz- oder Äquivalenzleistung assoziieren lässt, aber nicht als ein von Gott gestiftetes „Heilsgeschehen“ verstanden werden kann.105
Siehe dazu die Ausführungen bei Jörg Frey, Probleme der Deutung des Todes Jesu in der neutestamentlichen Wissenschaft. Streiflichter zur exegetischen Diskussion, in: ders. / Jens Schröter (Hg.), Deutungen des Todes Jesu im Neuen Testament (UTB 2953), Tübingen 2 2012, 3–50. 105 Zu dieser Begrifflichkeit Bernd Janowski, Sühne als Heilsgeschehen. Studien zur Sühnetheologie der Priesterschrift und zur Wurzel KPR im Alten Orient und im Alten Testament (WMANT 55), Neukirchen-Vluyn 1982 (22000). Diese Kennzeichnung des Sühnegeschehens gilt weiterhin, wenngleich die Interpretation der Sühnopfer durch Bernd Janowski nach der Analyse von Christian Eberhart, Studien zur Bedeutung der Opfer im Alten Testament. Die Signifikanz von Blut- und Verbrennungsriten im kultischen Rahmen (WMANT 94), Neukirchen-Vluyn 2002, nicht mehr aufrechterhalten werden kann, sondern der Modifikation bedarf (vgl. ders., Das Opfer als Gabe. Perspektiven des Alten Testaments, in: JBTh 27 [2013] 93–120). Diese Modifikation betrifft auch meine eigene Sicht der Dinge in Wolfgang Kraus, Der Tod Jesu als Sühnetod bei Paulus. Überlegungen zur neueren Diskussion, in: ZNT 3 (1999) 20–30. Dort war ich mit Janowski der Überzeugung, die Handaufstemmung beim Sündopfer ließe sich als Identifikationsgestus verstehen und die Sühneopfer könnten damit im Sinn von Existenzstellvertretung interpretiert werden. Dies ist nach den Analysen von Christian Eberhart nicht mehr haltbar. 104
Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes Daniel Boyarin: geb. 1946, Taubman Professor of Talmudic Culture an der University of California, Berkeley; PhD 1975 (Jewish Theological Seminary of America); NEH Fellow, Guggenheim Fellow, Fellow of the Institute for Advanced Studies in Jerusalem, Fellow of the American Academy in Berlin und am Wissenschaftskolleg zu Berlin, seit 2006 Fellow of the American Academy of Arts and Sciences. Forschungspreis der Humboldt-Stiftung, 1994 Crompton Noll Award from the Gay and Lesbian Caucus of the MLA. Zahlreiche Publikationen zu Talmud und Midrasch; Forschungsschwerpunkte: Cultural Studies mit Fokus auf rabbinisches Judentum, einschließlich Genderthemen, Beziehungen von Judentum und Christentum in der Spätantike. Nuria Calduch-Benages: geb. 1957, Professorin für Altes Testament an der Päpstlichen Universität Gregoriana (Rom), Gastprofessorin am Päpstlichen Bibelinstitut (Rom), Vizepräsidentin der International Society for the Study of Deuterocanonical and Cognate Literature (ISDCL), seit 2014 Mitglied der Päpstlichen Bibelkommission. Martin Ebner: geb. 1956, Studium der Theologie in Würzburg, Tübingen und an der École Biblique in Jerusalem, 1991 Promotion (Leidenslisten und Apostelbrief. Untersuchungen zu Form, Motivik und Funktion der Peristasenkataloge bei Paulus, FzB 66) und 1997 Habilitation (Jesus – ein Weisheitslehrer? Synoptische Weisheitslogien im Traditionsprozess, HBS 15) in Würzburg, von 1998–2011 Ordinarius für Exegese des Neuen Testaments in Münster, ab 2011 in Bonn. Beate Ego: geb. 1958, Studium in Tübingen und Jerusalem; Promotion 1987 und Habilitation 1994 in Tübingen. Professorin für Altes Testament und Antikes Judentum in Osnabrück (1998–2010); seit 2010 Inhaberin des Lehrstuhls für Exegese und Theologie des Alten Testaments an der Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Irmtraud Fischer: geb. 1957; 1988 Promotion; 1993 Habilitation; 1997–2004 Professorin für Altes Testament und Theologische Frauenforschung an der Katholisch-Theologischen Fakultät Bonn; seit 2004 Professorin für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät Graz. Gastprofessuren in Marburg, Wien, Bamberg, Jerusalem und Rom. Jörg Frey: geb. 1962, Studium der Theologie in Tübingen, Erlangen und Jerusalem, Promotion 1996 und Habilitation 1998 in Tübingen. Professor für Neues Testament in Jena (1998) und München (1999), seit 2010 Professor für Neutestamentliche Wissenschaft mit Schwerpunkten Antikes Judentum und Hermeneutik an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich.
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Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes
Christoph Heil: geb. 1965, Studium in Fulda, München und Washington, D.C., 1994 Promotion Universität Bonn, 2000 Habilitation Universität Bamberg, 2001/02 Lehrauftrag Universität München, 2002/03 Lehrstuhlvertretung Universität München, 2003/04 Lehrstuhlvertretung Universität Frankfurt, seit 2004 Professor für Neutestamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Graz. Forschungsschwerpunkte: Spruchevangelium Q, historischer Jesus, Galaterbrief. Wolfgang Kraus: geb. 1955. Nach Studium der Evangelischen Theologie in Neuendettelsau, Heidelberg, Göttingen und Erlangen von 1980–1990 im kirchlichen Dienst. 1990 Promotion, 1994 Habilitation in Erlangen. 1996–2004 Professor für Altes und Neues Testament in Koblenz, seither Professor für Neues Tetsament in Saarbrücken. Research Associate: Department of New Testament, University of Pretoria, South Africa, sowie Institut für Septuaginta und Biblische Textforschung (ISBT) Kirchliche Hochschule Wuppertal/Bethel. Ludger Schwienhorst-Schönberger: geb. 1957, Studium der Philosophie und Theologie in München, Münster und Jerusalem. Seit 2007 Professor für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Veröffentlichungen u. a.: Das Bundesbuch (Ex 20,22–23,33). Studien zu seiner Entstehung und Theologie (BZAW 188), Berlin 1990; Kohelet (HThKAT), Freiburg i. Br. 22011; Ein Weg durch das Leid. Das Buch Ijob, Freiburg 2007. Franz Sedlmeier: geb. 1954, Ordinarius für Alttestamentliche Wissenschaft an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Augsburg. Forschungsschwerpunkte: das Ezechielbuch und seine Rezeption im Alten und Neuen Testament, in Judentum und Christentum; die Psalmen: innerbiblische Wirkungsgeschichte, Psalmenrezeptionen in Judentum und Christentum, in Musik und Literatur; die Ijobgestalt: im alten Orient und in der Bibel, ihre Rezeption in Theologie, Literatur und Kunst; Hoseastudien. Loren T. Stuckenbruck: geb. 1960, Lehrstuhlinhaber für Neues Testament an der Durham University (2003–2009), am Princeton Theological Seminary (2009–2012) und an der Ludwig-Maximilians-Universität München (seit 2012). Letzte Monographien: The Myth of Rebellious Angels. Studies in Second Temple Judaism and the New Testament Texts (WUNT 335), Tübingen 2014; 1 Enoch 91–108 (CEJL), Berlin 2007. Andrea Taschl-Erber: geb. 1971, Studium der Katholischen Theologie und Klassischen Philologie/Griechisch an der Universität Wien, Promotion 2006 (Dissertation zu Joh 20,1–18, HBS 51); 2001–2007 Vertragsassistentin am Institut für Neutestamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Wien, danach Lektorin bis 2013; 2007–2011 Wissenschaftliche Mitarbeiterin, seit 2013 Universitätsassistentin am Institut für Alttestamentliche Bibelwissenschaft an der Universität Graz. Samuel Vollenweider: geb. 1953, Studium der Theologie und Religionswissenschaft in Zürich, Tübingen und Heidelberg, 1983 Promotion, 1987 Habilitation, 1988/89 Gastdozent für Neues Testament in Kyoto und Nishinomiya (Japan), 1989–2000 Professor für Neues Testament in Bern, seit 2000 Professor für Neues Testament an der Universität Zürich.
Stellenregister 1. Altes Testament Genesis 1
3f., 101, 103, 251f., 256, 259, 263, 265 250–253, 274 1,1 1,2 262 1,3 257, 262 1,6–8 78 1,22 265 1,26–28 262 1,26f. 205, 263, 265f. 240, 263, 265 1,26 1,27 263f. 1,28 264f. 1,31 250, 252 2 33 2,3 274 2,7 266 2,10–14 289 2,17 63 2,20 263 3,21 265 3,22 265 3,24 237 5,1 263 5,21–24 87f. 5,24 121 6,1–4 87 9,1–17 78 9,6 263 43, 49 11,27–32 11,28 48 12,1–3 48f. 12,1 48 15,6 230 16,1–14 15 16,7–13 15 21,8–20 15
21,17–20 15 22,1–14 15 22,2 48 22,11–18 15 22,12 247 22,16 247 22,20–24 43, 49 24,7 16 24,40 16 25,13 47 25,20 43, 49 43, 49 28,1–9 28,12 238 29–32 43 31,11 15 32,3 81 32,27 1 32,31 (= 32,30 Vg) 1, 54 34,25 23 36,9 44 48,15 34 49,3 252 49,24 41 Exodus 1,14 50 3,8 64 3,10–12 47, 49 3,13–15 41 3,13 42 4,22 267f. 6,6 47 6,7 47 6,13 47 6,26f. 47 7,5 47 8,18 21
320 12,27 279 13 267 13,21f. 273 14,19 264 14,25 82 14,30 248, 279 15,1 76 41, 48 15,18 15,19 48 15,21 49 16 33 19,16 89 20,11 274 20,19 2, 238 20,21 89 23 33 23,20f. 16 23,20 172 23,21 3 23,23 16 24,8 310 24,9–11 78 24,11 179 24,18–20 83 25 83, 85 25,9 83 25,18–22 76 25,18–20 83, 86 25,21f. 235 25,22 235 25–31 83 25,40 83 26,30 83 27,8 83 29,43–46 288 30,10 298 30,22–33 42 165, 288 30,34 31,17 274 32,1–6 101f. 33,9f. 288 33,11 1 1, 225 33,18 33,20 1, 179 34,10–26 50 34,29‒35 262
Stellenregister 36–40 83 37,7–9 76 40,34f. 290 Leviticus 16 298 16,4 92 16,29 284 16,30 298 16,31 284 23,27 284 23,32 284 26,46 2, 241, 309 Numeri 7,89 76 10,11 288 12,8 179 14,21 290 20,16 16 21 206 21,4–9 206 22,22–35 15 23,21 41 26,4 47 Deuteronomium 1,3 273 1,27 47 2,37 273 4,5 273 4,6 273 4,12 1 4,13f. 273 4,15 1 4,19 283 4,29 47 5,14 155 5,15 43 6,1 273 51, 242 6,4f. 6,4 214f., 242, 273 6,20 273 6,24f. 273 8,2 43 8,5 50
Stellenregister 8,18 43 9,16 273 10,16 287 12,9f. 288 16,3 47 16,6 47 17,3 283 18,14–22 4 18,15–18 3 21,17 252 21,18–21 158 25,19 288 27,11 273 28,69 273 29,28 274 30,1–10 47 30,6 287 31,10 273 31,23 273 31,25 273 32,11 162 284, 296 32,43 33,2 238 33,4 273 34,9 273 34,10 179 Josua 3,11 21 3,13 21 4,7 21 5,14f. 261 19,49 285 19,51 285 Richter 2,1–4 16 9,27 44 13,2–24 15 21,20f. 44 Rut 2,12 162
1. Samuel (= 1. Könige LXX) 4,4 76 8,7 41 12,12 41 18,22 283 2. Samuel (= 2. Könige LXX) 197, 248, 296 7,14 248, 264 7,16 7,18 248 15,26 283 22,11 76 22,51 42 1. Könige (= 3. Könige LXX) 6,23–28 76 7,33 82 8,6f. 76 8,10f. 290 8,10 290 8,11 290 8,13 289 8,27 289 10,9 283 10,29 82 22,19–23 93 2. Könige (= 4. Könige LXX) 1,3 15 18,31f. 46 20,13 278 1. Chronik 17,13 248, 296 23,31 276 28 82–86 28,11–19 83 28,11–18 83 28,11 83 28,18f. 83 7, 82–83, 85, 96 28,18 28,19 83 29,11f. 252 29,14 252 29,16 252
321
322
Stellenregister
2. Chronik 1,17 82 2,3 276 3,12 96 5,13f. 290 5,13 290 24,21 160 31,3 276 Esra 8,21 (= 2. Esra 8,21 LXX)
284
Nehemia 9,6 (= 2. Esra 19,6 LXX)
252
Tobit 1,3–3,6 14 3,7–15 14 3,16f. 14 4,1–10,13 15 5,17 16 5,18 16 5,22 16 6,1–3 16 7,11 14 8,17 17 11,14f. 18 11,14 17, 283 11,15 18 12,1–22 15 12,6–20 27 12,6–15 14, 18 16, 18 12,7–10 12,7 18 12,15 14 12,17–20 14, 18 12,22 19 13 19 13,1–18 15 13,15 21 13,16 19 14,4–11 15 14,11–15 15
Judit 2 26 2,5 21 2,12 241 3,8 21 4,2f. 20 4,11–15 20 6,2–4 21 8,6 276 8,11–27 22 8,21 20 23, 25, 241 8,33 9,2–14 23 9,2 23 9,8 20 9,9 25 9,10 23, 241 10,11 23 12,4 23, 25, 241 13,4f. 23 13,8 24 13,14f. 24f. 13,15 241 15,8–10 24f. 15,9f. 26 15,10 241 15,12 26 15,12f. 25 26, 28 15,14–16,17 16,2 26 26, 241 16,5 16,15f. 27 16,18–20 26 Ester 8,12 29 1. Makkabäer 10,34 276 12,25 285 13,20 285 14,31 285 15,40 285
Stellenregister 2. Makkabäer 2,30 285 9,5 262 10,7 27 14,35 289 Ijob 1,1 85 9,33 2, 309 10,11 251 28 254, 274 28,12–22 167 28,23–27 167 28,23 280 28,27 257 30,30 46 38,4 251 Psalmen 2,2 2,7
42, 110 171, 173, 197, 248, 267, 296, 299 8 304f. 8,3 166 8,5–7 304–306 8,6‒9 265 8,6f. 305 8,6 263 8,7 279 17,8 162 18,51 42 19,11 (= 18,11 LXX) 61, 64 23 66 23,1f. 34 23,2f. 49 23,2 47 27,10 50 29,1f. 284 31,8 43 32,11 43 257 33,6 (= 32,6 LXX) 35,13 (= 34,13 LXX) 284 36,8 162 37,13 (= 36,13 LXX) 162 40,14 (= 39,14 LXX) 289 45 35, 38, 42, 107
45,7f. (= 44,7f. LXX) 296 21 47,3 (= 46,3 LXX) 21 47,8 (= 46,8 LXX) 21 48,3 (= 47,3 LXX) 298 51,4 (= 50,4 LXX) 57,2 162 61,5 162 63,8 162 68,17 (= 67,17 LXX) 289f. 81, 101 68,18 72,19 (= 71,19 LXX) 290 74,1 41 74,2 (= 73,2 LXX) 289 77,21 41 78,43 50 80 45 34, 41 80,2 80,9 45 80,14 45 82 (= 81 LXX) 198 198 82,6 (= 81,6 LXX) 89,4 269 89,20 269 89,27 248 89,28 (= 88,28 LXX) 249, 267 90,2 (= 89,2 LXX) 251 91,4 162 91,11 16 93–100 41 93,1 34 93,2 (= 92,2 LXX) 251 21 97,5 (= 96,5 LXX) 97,7 (= 96,7 LXX) 296 21 97,9 (= 96,9 LXX) 98,6 34 102 (= 101 LXX) 300 102,26–28 (= 101,26–28 LXX) 296, 299 103 14 103,8–14 50 103,20–22 284 104,4 (= 103,4 LXX) 296 104,24 (= 103,24 LXX) 255 105,36 (= 104,36 LXX) 252 106,20 263 107,20 (= 106,20 LXX) 258, 260
323
324
Stellenregister
110 107 110,1 (= 109,1 LXX) 139, 269, 271, 279, 296f., 299, 304–307 110,3 (= 109,3 LXX) 267, 270 110,4 (= 109,4 LXX) 307, 311 112,1 (= 111,1 LXX) 283 114 49 114,2 (= 113,2 LXX) 278 116,6 (= 114,6 LXX) 166 118,24 43 118,26 (= 117,26 LXX) 168 120,5 47 121 47 122 47 122,5 (= 121,5 LXX) 268 124 47 124,2f. 47 132,8 288 132,13f. 288f. 135,21 289 43, 49 137,7 139,13 251 147,10 (= 146,10 LXX) 283 147,15–19 (= 147,4‒8 LXX) 258 148 284 150 14 Sprichwörter 1–9 38 38, 68 1,20–33 1,20–23 153 1,20f. 163 1,22 153 1,28 167 1,33 68 2,1–22 58 3,18 289 3,19f. 274 3,19 255 5,7 67 7,24 67 9, 250–252, 257, 8 268 58, 68 8,1–36
8,1–6 153 8,2f. 163 8,3 258 8,4 153 8,5 153 8,15f. 269 154, 165, 251, 254– 8,22–31 258, 274 255 8,22‒26 8,22–25 251 254f., 257 8,22f. 226, 251f., 257, 268 8,22 8,23‒25 255, 268 8,23 251 8,24–26 255, 269 251, 268 8,24f. 8,24 255 8,25 251 8,26 255 255, 257 8,27‒31 8,27–30 167 8,27 255, 258, 268 251, 255, 258 8,29 255, 268 8,30f. 258, 268 8,30 8,32–34 153 8,32 68 8,34 68 8,35 271 8,36 71 9,1–6 65 9,3–6 153 9,3 160, 163 9,4f. 153 9,4 258 9,5 271 10,10 271 16,16 163 23,19–21 158 24,13f. 64 42, 167 30,4 31,10–31 58 Kohelet 5,5 136 12,11 41
Stellenregister Hohelied 1,1 54 1,2–2,7 49 33, 40–43 1,2–4 1,2 54 1,3f. 42 1,3 41 1,4 40, 42f. 1,5f. 43–50 1,5 46f. 1,6 44–47 1,7f. 45 40, 47 1,7 1,8 47f. 47, 49 1,9–11 1,12–17 49 2,11 54 2,13 54 2,15 45 2,16 33 4,11 54, 64 4,16 63 5,1 64 5,10 46 5,11 46 6,3 33 6,8f. 51 6,10 46 41, 49 7,1 7,11 63 8,6 41 Weisheit 1–5 272 1,4 272 1,6 4, 172, 258, 260 1,7 290 1,13 279 1,14 279 2,13 272 2,16 167 167, 272 2,18 2,23 264 3,11 153 5,2–5 272 167, 265, 272 5,5
325
5,17–23 271 6–8 254 6 154, 277 6,11–16 153 6,11 270 6,14 153 6,15 153 265, 271 6,18f. 6,20f. 265 6,22 270 6,23 270 7 262 4, 258, 269 7,7 7,10f. 271 7,13 270 265, 271 7,14 7,17 279 7,21‒8,1 254 258, 270 7,21 7,22–24 225 7,22 4, 212, 258, 268 7,23 260 7,24 258f. 7,25f. 297 7,25 262f. 263, 265 7,26 7,27f. 271 7,27 160, 212, 258, 265, 272 7,28 266 8,1 258f. 8,3f. 167 8,3 258 8,4 258 8,5 258 8,6 258 8,9–18 38 8,14 265 8,17 265 167, 258 9,1f. 154, 253 9,1 9,2 265 38, 265, 268 9,4 9,8 288f. 154, 167, 258 9,9 9,10 195, 260, 268 9,11 262
326 9,13 248 9,17 248 9,18–11,4 266 9,18–11,1 260 9,18ff. 271 10,2 265 10,6 279 10,9 279 10,13 279 10,15 279 160, 272 10,16 10,17 153 10,19 260 13,1–16,14 212 13 280 13,1 280 13,2 280 13,13 280 13,17 271 14,2 258 14,18 283 14,22 272 14,27 283 16,12 260 16,24 271 18,9 290 18,14–16 259 18,15 260, 271 18,21–25 271 19,18 279 53,11 272 Jesus Sirach 1–24 58 1,1–3,5 60 1,4 257 1,5 258 1,6 63f., 167 1,8 167 172, 257 1,9 1,11–30 58 1,15 163 1,16f. 65 1,16 63f. 1,17 63 1,20 63f.
Stellenregister 1,25 270 1,26 62 3,21‒23 274 3,22 274 4,1–17(18) 57 4,10 167 63, 71 4,11–19 4,12–15 65 63, 68 4,15 4,20 70 4,21 69 4,26 70 5,4 70f. 5,15 61 6,18–37 58, 63, 66 6,18–34 153 6,18‒30 273 6,18f. 69 6,19 63, 65, 153 6,23–26 153 6,28 153 6,37 62 7,7 70f. 61, 70f. 7,36 10,29 70f. 11,34 310 13,4 68 13,5 70 14,12 85 14,20–15,10 63 63, 163 14,26 15,3 65 15,5 273 15,7 167 15,20 70 16,22 85 16,28–30,10 60 265 17,2‒4 263, 265 17,3 19 62 19,4 70 19,16 70 19,28 70 20,21 70 21,1 70 21,22 70
Stellenregister 22,25 70 23,10 298 23,11 70 23,22 64 23,25 64 23,26 64 23,27 64 24–51 58 4, 7, 9, 11, 57f., 60, 24 164, 195, 254, 257, 260, 273, 288 57–59, 72 24,1–22 58, 288 24,1f. 24,1 288 24,2f. 273 24,2 252, 288 24,3–22 58, 71 24,3–17(18) 59 24,3–7 59 24,3f. 58 61, 154, 167, 273 24,3 61, 268, 273, 288f. 24,4 24,5f. 257 24,5 212 24,7–11 127 24,7f. 274, 288 58f., 153 24,7 24,8–12 59, 164 58f., 273, 288f. 24,8 24,9 59, 154, 257 24,10f. 11 273, 288 24,10 24,11 278, 288 24,12–17 63 24,12–14 163 58, 64, 274, 288 24,12 24,13–17 59 24,13f. 164 24,13 289 24,14 61 24,15 165, 288 24,16f. 58, 61, 164 63, 64, 163 24,16 24,17 58, 61, 63f. 24,18 59 24,19–22 57, 59–66, 71, 153, 164
327
24,19–21 62 24,19f. 64 62f., 153, 271, 273 24,19 24,20–22 62 58, 62–65, 274, 288 24,20 24,21 65–67 7, 57–72, 153 24,22 12, 72, 155 24,23–34 24,23–29 58 7, 57f., 72, 273, 288 24,23 273 24,25‒34 24,25–31 289 24,28 61 58 24,30‒34 24,31 61 24,32–47 61 24,33 160 24,34 69, 153 25–43 58 25,20 43 27,1 70 27,9f. 69 32,12 70 33,16 69 33,18 69, 153 38,10 298 38,15 70f. 38,24–39,11 153 38,24–39 22 38,27–39,14 60 39,1–11 130 39,6 269 39,17 258 41,14–42,8 70 41,14–42,1 70 41,17 70 42,1–8 70 42,1 70f. 42,11 44 42,15 258 43,26 280 44–50 73 44–49 84 44,1 58 44,16 84 44,18 310
328 45,1–5 2 46,20 85 48,10f. 193 48,25 85 49,1 64 49,7 84 49,8–10 84 49,8f. 82–86 7, 73, 84–86, 96 49,8 61, 85f. 49,9 49,14 84 50 164 50,8 164 50,9 165 50,10 164 50,12 164 50,13 288 50,20 288 50,24 310 51 154 58, 63 51,13–30 51,13f. 66 51,18 70 51,19 69 51,23–29 153 51,23 153, 273 51,26f. 273 51,27 153 51,29 70 Jesaja 1,8 45 5 45 5,1–7 66 5,5f. 45 5,7 45 74, 92f., 102 6 6,1 290 6,2f. 284 79, 102, 290 6,3 6,5 41 8,18 289 9,2 43 9,5f. 271 11 271 11,2f. 248
Stellenregister 269, 272 11,2 11,6–8 271 11,9 248 11,10–16 49 24,23 41 25,6 65 25,8 279 25,9 42f. 27,2–6 45 28,9 141 29,13 276 29,14 276 33,22 41 40–55 41 40ff. 48f. 40,11 41 40,27–41,16 48 41,4 249 41,8f. 110 41,21 41 110, 269, 289 42,1 42,6 269 43,10 110 43,14–21 49 43,15 41 44,6 41, 227, 249 44,24 252 45,3 262, 270 45,7 271 45,23 258 46,10 252 48,3 258 48,12 227, 249 48,20f. 49 48,20 48f. 49,1 269 49,6 269 49,9 48 50,2 49 51,9–11 49 52f. 272 52,4 49 41, 271 52,7 52,11 48f. 52,12 49 52,13–53,12 107, 272
Stellenregister
329
53,5 271 53,11 110 53,12 272 54,4–8 35 54,48 51 55,1–3 65 195, 258 55,11 58,3 284 58,5 284 58,6 174f. 61,1f. 174f. 61,10f. 35 62,1–12 35 62,5 266 63,16 248 63,17 248 65,25 271 66,1 289 66,15 82
49,28 47 51,15 (= 28,15 LXX) 255 51,19 (= 28,19 LXX) 252
Jeremia 2 38 2,3 252 2,11 263 2,20–3,13 51 3,14 137 3,22 137 4,4 287 8,2 283 10,12 255 10,16 252 12,10 45 13,17 41 18,13 46 18,18 4 23,1 41 23,24 290 26,23 160 30–33 42 42, 49 31 31,3 (= 38,3 LXX) 42, 52 31,10 41 31,20 (= 38,20 LXX) 247 31,21f. 49 31,31–34 (= 38,31–34 LXX) 310
7, 73–86, 87, 94, 97f. 1f. 92 73f., 76f., 82–84, 1 88, 90f., 95f., 98, 101–103, 263, 291 1,1–28 95 1,1–3 74 1,1 85 1,3–28 74–78, 93 1,3–25 74 1,3f. 74–76 75, 89 1,4 1,5–12 74–77 1,7 95, 101f. 1,8f. 96 1,10 77, 102 1,12 76 1,13f. 74f. 1,13 91 1,15–21 74, 76f., 85 1,15 76 1,16f. 91 1,16 96 1,21 76 1,22–25 74, 76–77
Klagelieder 4,1 46 4,6–8 46 4,8 46 4,21f. 43 4,21 49 Baruch 3 274 3,15–31 167 3,32 167 3,37 167 3,38 273 4,1 271, 273 Ezechiel 1–3
330
Stellenregister
1,22 90f. 1,23f. 80f. 77, 80 1,23 77, 80f., 99, 286 1,24 1,26–28 74f., 78, 91, 95 1,26 78, 91, 264 75, 92, 99 1,27 1,28–3,15 78f. 78, 90, 264 1,28 2,1f. 78 2,1 108 78, 108 2,6 2,8 108 3,1 108 3,3 108 3,4 108 3,10 108 78f., 81 3,12–15 3,12f. 97, 99 3,12 78f. 3,13 80 3,14 80 3,17 108 3,23 90 3,25 108 4,1 108 4,16 108 5,1 108 6,2 108 7,2 108 74, 89, 92, 94 8–11 8,2 264 8,3 89 8,4 85 8,5 108 8,6 108 8,8 108 8,12 108 8,15 108 8,17 108 9,2f. 286 9,11 286 7, 73–87, 90f., 98, 101f. 10 10,1–22 91 10,2 75 10,4 290
10,6f. 75 10,8–18 76 10,9–17 85 10,10 96 10,11f. 77 10,13 77 77, 101 10,14 10,15 76 11,2 108 11,4 108 11,15 108 74, 94 11,16 12,2 108 12,3 108 12,9 108 12,18 108 12,22 108 12,27 108 13,2 108 13,17 108 14,13 108 14,14 85f. 14,20 85f. 15,2 108 16 38, 50 16,1–14 51 16,2 108 43, 49 16,3 16,14 47 16,15–58 51 43, 49 16,45 16,57 46 16,59–62 52 17,2 108 17,6 45 19,10–14 45 19,10 108 20,3 108 20,4 108 20,27 108 20,33 41 20,46 108 21,2 108 21,6 108 21,9 108 21,12 108
Stellenregister 21,14 108 21,19 108 21,28 108 22,2 108 22,18 108 22,24 108 38, 51 23 23,2 108 23,36 108 24,2 108 24,16 108 24,25 108 25,2 108 25,12–14 43, 49 26,2 108 27,2 108 28,2 108 28,12 108 28,21 108 28,26 45 29,2 108 29,18 108 30,2 108 30,21 108 31,2 108 31,5 108 32,2 108 32,18 108 33,2 108 33,7 108 33,10 108 33,12 108 33,24 108 33,30 108 34,2 108 34,11–16 41 34,25 271 35,2 108 36,1 108 36,17 108 37,3 108 37,9 108 37,11 108 37,16 108 37,26 271 37,27 288f.
331
38,2 108 38,14 108 39,1 108 39,17 108 89, 94 40–48 40–44 92 7, 73–87 40–43 40–42 89 40,4 108 84, 94 43 43,1–3 81f. 81f., 286 43,2 43,3 82, 90 43,5 290 43,7 108, 289 43,9 289 43,10 108 43,18 108 90, 290 44,4 44,5 108 45,17 276 47 289 47,6 108 48,14 252 52–56 74 56–63 74 64–70 74 Daniel 2,19–23 166 270 2,20‒23 3,1–30 17 3,52–90 284 3,92 (= 3,25 MT) 17 3,95 (= 3,28 MT) 17 3, 82, 88, 92, 107, 7 114f., 121, 139f., 186, 269, 278f. 7,9–14 105 7,9–13 139 91, 114 7,9f. 7,9 92, 268, 278, 286 7,10 284 7,13f. 166, 170, 286 110, 114, 264, 269f., 7,13 286
332 7,14 186, 264 7,22 186 7,27 278f. 8,15 15 9,21 15 10,3 284 10,5f. 286 10,12 284 12,1f. 186 12,1 15 12,3 61 Hosea 1–3 35, 45, 51 1,2 45 2 38 2,7 45 2,9 45 2,13 276 2,14 45 2,15 51 45, 51 2,16f. 2,16 52 8,13 43 9,1–6 43 9,3 49 9,10 252 10 43 10,1 45 10,10 45 11,1 52 11,4 42 14,5–9 35 14,5 51 14,10 38 Joël 1,15 162 2,23 43 3,1 160 43, 49 4,2f. 4,9 43, 49
Stellenregister 4,17 289 4,18 289 4,21 289 Amos 44, 49 1,11 9,1–4 74 Obadja 1–15
43, 49
Micha 4,7 41 4,13 21 5,4 271 Habakuk 2,14 290 3,8 82 Zefanja 1,5 283 Haggai 2,7 290 Sacharja 2,14 289 4,14 21 8,3 289 9,9 173 9,10 271 10,7 43 10,10–12 49 12,10 206, 267 14,8 289 Maleachi 1,14 21 16, 172 3,1 3,23f. (= 3,22f. LXX) 193
Stellenregister
2. Alttestamentliche Apokryphen und Pseudepigraphen Abraham-Apokalypse 17f. 284 Ascensio Jesaiae 7–9 284 Assumptio Mosis 1,13 268 2, 240, 309 1,14 2,17,17 309 3,12 2, 240, 309 Syrische Baruch-Apokalypse 14,17 257 21,4 257 41,4 162 44,13 270 44,14 270 44,15 270 48,36 273 54,13 270 1. Esra (LXX) 5,51 276 4. Esra 5,9f. 273 6,38 257 6,43 257 7,28f. 197 7,28 270 7,72 128 12,32–34 270 13 186 13,3 270 13,26 270 13,32 197 13,37 197 13,52 197 14,9 270 Gebet des Josef 268 A 7–8 111
1. Henoch (Äthiopisches Henochbuch) 87, 107 1–36 1–5 87 4–7 88 6–16 116 87, 94 6–11 87, 94 12–16 12,3f. 115 12,3 88 12,4–6 88 12,4 88, 115, 119 13,4 88 13,7 88 13,8–10 88 14–16 86–95, 100 14f. 113 91, 113–115 14 14,1–16 88 14,1–7 88 14,1–4 88 14,1 88 14,4–25 113 14,8–23 88 14,8 113f. 14,9–14 89 14,11 90 14,15–18 113 14,18–23 114 14,18ff. 284 14,18 91 14,19 113 14,20–23 91 14,20 92 14,21 113 14,22 92f., 113 14,24–16,4 88 14,24f. 114 14,24 113 119, 122 15,1f. 15,1 88, 113–116 15,2–16,3 113 17–29 118 17–19 87 19,3 118
333
334 20–36 87 105, 118 37–71 37–69 112 37,1 119 37,5 119 39f. 284 39,2 119 39,4–7 119 40,1f. 119 40,3 119 40,5–7 119 40,5 110 41,1–5 119 42,1–3 165 127, 165, 273 42,1f. 42,3 165 43,1f. 119 44,1 119 45,3 110–112, 121, 269 110, 112 45,4 45,6 121 46 115 46,1–18 121 108f., 121 46,1–4 46,1–3 114 46,1 111, 119, 286 105, 110 46,2–4 46,3 115, 270 46,4–6 111 47 273 47,3 119 3, 269 48 48,1 119 105, 108, 110 48,2 48,3 112, 269 112, 269 48,4 48,5 112 48,6f. 270 48,6 112 48,7 112 48,8–10 111 48,10 110, 269 49,2 110 49,3 112, 269 49,4 110 51,1–5 121
Stellenregister 110f., 269f. 51,3 51,4f. 112 51,5 110 52,1–3 119 110, 269 52,4 52,6 110 52,9 110 53,1 119 53,3 119 110, 112 53,6 54,1 119 54,2 111 55,3f. 111 110f., 121, 269 55,4 56,1 119 56,6 110 57,1 119 57,2 119 58 285 58,1 119 58,2 272 59,1f. 119 60,1f. 119 105, 108 60,10 60,11–22 284 60,24 108 61,1 119 61,5 110 61,8 110f., 121, 269 61,10–12 284 110, 278 61,10 62f. 272 62,1–12 111 62,1–5 121 62,1 110 62,2f. 111, 269 62,3 169 62,5 110f., 269 62,6f. 121 62,7 110, 112, 122, 270 62,8f. 112 110, 112, 169 62,9 62,14f. 112, 123 62,14 110 63,1–12 111 110, 121 63,11
Stellenregister 64,1 119 64,2 119 68,1 119 69,8–10 118 69,21f. 284 69,26 110 69,27–29 121 110f., 269 69,27 110f., 269 69,29 106f., 132 70f. 109, 113 70 70,1f. 114 109f., 113f. 70,1 70,3–71,17 114 70,3 113 70,4 119 70,14 109 70,17 109 71 108–111, 113–115, 119, 121–123, 133 71,1f. 119 71,2 113 71,5f. 113, 119 71,7 113 71,8f. 113 71,8 113, 119 71,11 113 71,12 123 270 71,14‒17 71,14 105f., 108f., 110f., 115, 123 71,15–17 109 71,17 110 72–108 107 74,2 117 75,1–3 284 80,6 284 81,1f. 117 81,6 117 82,1 117 82,4 284 82,7f. 284 82,10–20 284 84,3 268 86–88 119 87,2 120
89f. 119 89,59f. 119 89,61–64 120 89,61 117 89,76 117 90,14–20 120 90,14 117 90,17 117 90,22f. 120 90,22 117 90,31 193 88, 115, 117 92,1 93,2 117 93,11f. 145 103,2 117 104,1–6 122 104,9–13 118 104,10f. 117 105,1f. 121 105,2 197 106,7 118 2. Henoch (Slawisches Henochbuch) 5f. 284 12,1 280 15,1 280 16,7 280 20,1 278 22f. 132 22 107, 110, 133 22,8–10 107 22,11f. 110 23,1 280 27,3 280 30,8 265 44,1 265 64,5 252 65,1 252 Griechisches Henochbuch 14,9f. 285 14,13 285 101,6 280 Jakobs Leiter 2,7–19 111
335
336
Stellenregister
Josef und Asenat 12,1 252 Jubiläen 1,14 276 1,27–29 238 2,2 284 2,16 252 2,21f. 284 4 117 4,17 117 4,18f. 117 4,21 117f. 4,23 117 8,1–4 118 Liber Antiquitatum Biblicarum 48,1 193 4. Makkabäer 1,1 276 5,7 283 5,11 276 5,13 283 5,22 276 7,9 276 7,21 276 12,13 279 17,22 272
Psalmen Salomos 2,15 158 3,5 158 4,8 158 8,7 158 8,23 158 8,26 158 9,2 158 Sibyllinen 3,12 262 Testament Abrahams 16,3f. 262 Testamente der Zwölf Patriarchen 285 TestLev 2,10 285 TestLev 2,12 TestLev 3,5–8 284 278 TestLev 3,8 TestLev 5,1f. 285 TestDan 6,2 309 Vitae Prophetarum 160 Zefanja-Apokalypse 10,3 283
3. Schriftfunde aus Qumran; CD CD 274 III,13‒16 XV,15–17 122 1Q20 (1QapGen) II,20–21 118 XIX,24–25 117 1QH I,9–13 284 XI,11f. 272, 285 XI,19–23 284
1QM 279 122, 284 VII,6 XII,4 122 279 XIII,9‒14 XVII,5‒8 279 1QpHab 12,4
166
1QS V,5 287 XI,5‒7 274 122, 272, 285 XI,7f. XI,8 284
337
Stellenregister 1QSa II,8f.
122, 284
1QSb IV,25f.
284
4Q405 20–22,7–9 98–100 20–22,9–14 99
4Q174 1,I,3f.
122
4Q491 1–3.10
122
4Q203 8,4
116
4Q504 8 recto 4
263
4Q212 1,II,22
117
4Q530 114 2,I,8–12 116 2,I,14 116 2,II,6–7 116
4Q227/PsJubc 2,1 118 2,4 118 197
4Q246 II,1
4Q385 85, 95f. 4 4,5 96 4,6 96 4,7 95 4,10 96 4,11 96 4QShirShab 4Q400–405 284 4Q403 1,II,12 97 1,II,15f. 97
4Q531 14,6
118
4Q558 1,II,4
193
4QFlor I,6f.
197
4QInstruction 274 11QMelch II,5–25 279 11Q14 1,II,4
283
11QPsa
66, 70
11QShirShab 284
4. Griechischsprachige jüdische Schriftsteller Aristobul 225 Frgm. 1 (PVTG 3,217,18f.) Frgm. 1 (PVTG 3,219,34–220,2) 225 Frgm. 2 (PVTG 3,223,11–14.25) 225 Josephus Flavius Antiquitates Iudaicae 3,75–187 239 4,133 309 13,199 283 13,372 27 15,136 239
18,1,2, § 9 18,1,2, § 11 18,1,6, § 23
276 275 276
Bellum Iudaicum 276 2,8,2, § 119 6,294 164 6,300 164 Contra Apionem 2,174 155
338
Stellenregister
Philo von Alexandrien De Abrahamo 5
153
De agricultura 51 226, 268 De Cherubim 27 237 127 259, 281 De confusione linguarum 41 266 62f. 266 63 268 97 259 288, 290 136 137 259 146f. 266 146 5, 251, 266, 268 De decalogo 53 281 61 225 178 225 De ebrietate 30 226 31 259 De fuga et inventione 12 259 41 283 101 266 167, 259 109 110 259 226, 288 112 De gigantibus 27
290
De migratione Abrahami 6 259 220 288
21 226 23 226 24 259 259, 266 25 33 272 69 266 75 240 131 281 134ff. 266 139 266 170–172 226 De plantatione 7 288 8f. 288 8 298 De sacrificiis Abelis et Caini 8 259 De somniis 1,140–143 238 1,143 2 1,215 268 1,229f. 299 1,239 266 1,241 226, 298 259, 266 2,45 2,115 284 De specialibus legibus 1,45 225 1,81 259, 266 1,315 283 1,320 270 2,63 171 2,190–192 272 2,192 272 2,255 281 De virtutibus 95
171
De mutatione nominum 28f. 226 223 275 256 298
De vita contemplativa 3f. 281 26 275
De opificio mundi 17ff. 274 20 259
De vita Mosis 2,99f. 226 2,99 237
Stellenregister 2,166 2, 240, 309 2,216 275
Quaestiones in Genesim 1,59 237
Legatio ad Gaium 147 272 156 275 232 283 245 275 298 283
Quis rerum divinarum heres 36 298 127 226 205 268 230f. 266 234 226 281 280
Legum allegoriae 1,31 266 251, 266 1,43 1,53–55 266 1,88–94 266 1,91 288 2,4 266 3,10 280 3,96 259, 266
Quod deterius potiori insidiari soleat 21 283 54 259 82–84 266 154 280 2,62 259 Quaestiones in Exodum 2,13 5
5. Neues Testament Matthäus 1,18–25 165 1,23 181 3,5 170 3,7 170 3,15 173 3,17 289 7,12 171 9,13 152 9,15 53 9,16 289 10,5f. 170 10,16 170 11,2 158, 172 11,5 172 170, 172 11,18f. 158f., 172 11,19 11,20–24 170 11,25–27 170 11,25 276 11,28‒30 8, 151–156, 170, 273 11,28 61 12,1–14 155
12,18 289 12,42 269 17,5 289 18,7 158 19,28 269 21,4–7 173 21,5 155 21,33–44 45 22,34–40 171 23,1–39 170 23,1–5 159 23,3 154 23,4 154 23,6f. 159 23,24 159 23,34–36 170 170, 273 23,34 23,37–39 159, 163, 170 23,37 170 24,32 152 25,31–46 168, 173, 176 25,31 269 28,2 186
339
340 28,16–20 170 28,18–20 181 28,18 173 Markus 247, 289 1,11 1,16f. 182 1,23–27 181 2,1–10 181 2,19f. 33 2,19 53 2,21 289 4,34–41 181 6,2 241 6,20 187 6,30–44 49 6,30 174 7 276f. 7,7 276 7,8f. 276 7,8 276 7,13 276 8,29 191 9,7 247 9,11f. 193 10,45 214 12,6 247 12,28–34 171 12,37–40 159 12,38f. 159 13,24–27 168 14,61 191 14,62 139, 269 Lukas 1,32f. 173 1,35 173 2,1–5 174 2,7 267 2,13f. 284 3,22 289 4,9 174 4,18 174f. 5,34 53 6,13 175 7,8 175
Stellenregister 7,16 175 7,29 159 7,30 159, 174 159, 174 7,35 7,39 175 9,1 173 9,10 174 9,40 174 10,3 170 10,13–15 170 10,17 174 10,18 174 10,19 173f. 10,21 174, 276 10,22 174 11,22 174 11,31 269 11,43 159 173f., 273 11,49 12,11 277 12,32 289 162, 164 13,35 17,10f. 193 17,22 162 20,20 277 20,46 159 21,15 173 21,25–28 168 22,29 174 22,53 278 23,43 181 24,19 175 Logienquelle Q 6,23 160 7,19f. 191 7,31–35 8, 157–159, 169, 176 7,31–33 170 7,33–35 161 7,35 161, 169, 172, 174 9,57–60 160 10,2–16 160 10,16 168 10,21f. 8, 166f., 169f. 10,21 166f. 10,22 166f.
Stellenregister 11 160f. 11,16 165 11,29f. 165 11,39–41 160 11,42 160 11,43f. 160 11,46–52 160 8, 157, 159–161, 169f. 11,49–51 159, 170, 174 11,49 11,51 163 13 163 8, 157, 159, 161–165, 13,34f. 167–170 162f., 168 13,34 163f., 167–169 13,35 Johannes 1,1f. 182 180, 182, 191, 198 1,1 1,3 253 1,12 265 179, 182, 209, 273, 290 1,14 1,16 289f. 179, 277 1,17 1,18 1, 179f., 182, 191, 198, 202, 207f. 1,19–51 181f. 1,19–34 181 1,19–21 181, 188, 193 1,20f. 193 1,20 192 1,26f. 181 1,29 181f. 1,30 181 1,33 181 1,34 181 1,35–51 181 1,35–39 182 1,38f. 182 181f., 192 1,41 1,42 182 1,43 182 1,45 182 1,47f. 182 1,49 181f., 188, 192–194, 197
181f., 196 1,51 2,1–11 183 2,9f. 199 2,11 182f. 2,22 184, 189 3,3 194 3,5 194 3,11 185 3,13 196 3,14 196, 206 3,15 206 3,16f. 195 3,16 207f. 3,18 197 3,28 192 33, 53 3,29 3,32 185 198, 205 3,34 3,35 197, 247 4,14 66 4,19 194 4,25 192 4,26 187 4,29 192f. 188, 193 4,42 5 184 5,1–16 183 5,17 183f., 204 185, 197 5,18 5,19–47 185 185, 197, 204 5,19f. 197, 204, 247 5,20 5,21 185 198, 204 5,22f. 5,22 185 5,24 183 5,25 186, 197 5,26f. 198 185f., 204, 205 5,26 5,27 185f., 196 5,28f. 186 5,30 185, 197, 204 6 65 6,10 49 6,14 193f. 6,15 194
341
342
Stellenregister
6,20 187 6,26 194 6,27 197 66, 187 6,35 6,41 187 6,44 42 6,48 187 6,51 187 6,52 197 6,56 203 6,62 196f. 7 192 7,19 128 7,27 192 7,34 187 7,36 187 7,37f. 206 7,40f. 193 7,40 193 7,41 192f. 8,12 187f. 8,18 187 8,23 187 8,24 187 8,28 187, 196 8,58 187 9,4 183 9,5 187 9,9 188 9,17 194 9,22 194 9,33 194 9,35 194 9,38 194 10,7 187 10,9 187 10,11 187 10,14 187 10,17 197, 247 10,18 186 10,30 188, 191, 197, 203 10,33–39 197 10,33 185 10,34–36 198 10,36 197 10,38 197, 203
11,4 197 11,25f. 183 11,25 186f. 11,27 192f., 197 11,33 200 11,39 199 11,41f. 188 185, 204 11,42 11,43f. 186 12,3 199 184, 189 12,16 196, 201, 205 12,23 12,26 187 200, 201 12,27 12,32 42, 196 192, 196 12,34 12,37–43 202 13,19 187 13,20 195 13,21 200 13,23 207 13,30 200 13,31–14,31 200 196, 201 13,31f. 13,33 200 13,34f. 199 13,36–38 200 13,36 200 14,1–11 203 200, 203 14,1 14,2f. 200 14,3 187 14,4–6 201 14,4 200 14,5 200 14,6 187, 200 14,7ff. 203 14,7–9 201 180, 201 14,7 14,8f. 201 14,9–11 9 180, 197, 199–201 14,9 14,10f. 203 14,10 202–204 14,11 197, 203 14,12 204
Stellenregister 14,16f. 199 14,18 200 14,19 199 14,20 199 14,21–24 199 14,21 263, 266 14,23 266 184, 199 14,26 14,27 200 15,1–17 203 15,1 187 15,4 199 187, 199 15,5 15,7 199 197, 247 15,9 15,10 199 15,13 199, 207 15,17 199 15,18–25 200 199, 208 15,26 16,7–11 199 16,7 200 16,13–16 199 184, 208 16,13–15 16,16–19 199 17 197 17,3 207 17,11 188, 203 17,21–23 188 17,21 203 17,22 203 197, 247 17,23f. 17,23 203 17,24 187 17,26 197, 247 18,5 187f. 18,6 187f. 18,8 187f. 18,36f. 205 18,36 194 19 206 19,7 185, 197 19,30 189 19,36f. 206 19,37 206 20 206
20,5–7 186 197, 201 20,17 20,22f. 204 20,22 198, 204 20,23 204 20,27 199 191, 198 20,28 191, 207 20,30f. 192f., 197 20,31 21,18f. 200 21,24f. 207 Apostelgeschichte 2,23 241 2,36 173 4,12 220 5,12 241 7,25 241 7,38 239, 277 239, 277 7,53 11,30 241 13,33 173 14,3 241 14,14 175 15,23 241 15,32 175 17,25 241 19,11 241 213, 221 19,28 19,34 213, 221 20,28 272 21,9 175 21,10 175 26,5 283 26,18 272 26,23 267 Römer 1,4 267 1,18–25 280 1,20 262, 290 1,22 280 1,23 263 2,6–10 234 2,28f. 287 3,1 232
343
344 3,23 263 3,30 242 234, 277 3,31 5,1 271 5,8 191 5,10f. 271 5,10 271 5,20 232 6,2 281 6,5 122 6,7 281 6,8 281 6,10 281 7,4 281 7,6 281 7,7–13 232 7,12‒14 277 7,22 234 7,25 234 284 8,5‒7 8,7 234 8,21f. 272 8,21 265 261, 265, 267 8,29 8,38 278 9,23f. 275 11,12 289 11,15 272 11,25 289 11,36 253 12,2 123 12,4f. 287 13,10 289 13,12 264 13,14 264 14 276 14,9 191 14,15 191 16,25f. 275 1. Korinther 1f. 276 1,18 249 1,20 276 1,21 276, 289 254, 276 1,24
Stellenregister 2,4 282 2,5 276 2,6 276 275f., 300 2,7 2,10 275 2,13 276 6,10 216 6,15 287 7,1 276 7,19 234 8–11 276 8,1 284 8,4–6 216 8,4 216 8,5f. 216 8,5 216f. 8,6 9, 211, 214–217, 224, 242, 253 8,11 191 10,4 300 10,14 217 10,17 287 10,21 217 10,23 216 10,26 289 11,7 263 11,10 284 12 287 12,2 217 12,3 213 12,12–27 287 15,3 191 15,20‒57 267 15,20–27 272 15,20 251, 266f. 15,22 266 15,23 251, 266f. 15,24–28 279 15,24f. 271 15,24 277–279 15,25–27 305 15,25 306 15,26 279 15,42 265 15,43f. 264 15,43 263
Stellenregister 15,45 266 15,49 266 15,50 265 15,51f. 264 15,53f. 264–266 15,56 232 15,57 248 16,22 213 2. Korinther 1,10 279 248, 278 2,14 3 262 3,18 264f. 262, 265, 298, 300 4,4 4,6 262 5,2–4 264 5,17 216, 265 5,18–21 219 5,18 271 5,19 271 5,20 271 8,9 300 12,2 285 12,4 285 12,7 285 Galater 1,1–5 230 1,1 243 1,6–10 230 1,8 235 1,11–2,21 230 1,11–24 230 1,12 243 1,15f. 289 1,16 243 2,1–21 230 2,1–10 230 2,11–21 230 2,15–21 230 2,19f. 123 2,19 281 2,21 191 3,1–5,12 230 3,1–5 230
345
3,1 206 3,6–18 230 3,6 230, 243 3,8 243 3,10–13 232 233, 242f. 3,16 3,17f. 231f. 232, 234 3,17 3,18 243 3,19–25 230f. 3, 9, 211, 231–242, 309 3,19f. 2, 31, 229–244, 277 3,19 2, 31, 241f. 3,20 3,21 231 3,22f. 231 3,24f. 231 230, 265 3,26‒4,7 3,27 264 3,28f. 234 3,28 234, 264 3,29 242 4 281 4,3 276, 281 4,4 289 4,5 276, 281 4,6 281 4,8–20 230 229, 281 4,8 276, 281 4,9 4,14 243 4,17–20 230 4,19 262 4,21–31 230 5,1–12 230 5,2–12 230 5,6 264 5,8 282 5,11 249 5,12 230 5,13–6,10 231 6,11–18 231 6,15 264f. Epheser 1,6 247 1,7 272
346 1,10 287 269, 271, 305 1,20‒22 1,21 277f. 227, 287 1,22 2,14–18 219 2,15 271, 274 2,16 271 3,1–13 213 3,1 218 3,10 278 3,17 289 3,19 290 4,1–6 217 4,1–3 217 4,1 218 4,4–6 217f. 4,5f. 214 4,7–16 217 4,13 290 227, 287 4,15 4,24 264 227, 287 5,23 6,10–20 218 6,12 278 Philipper 1,21 124 209, 211, 220 2,5–11 2,6 262, 300 2,7f. 249 2,9–11 250 3,8f. 124 3,21 262, 264, 267 Kolosser 1 219 1,1 275 1,2f. 248 1,2 271, 287 1,5f. 265 1,5 275 1,6 265, 279 1,9f. 264 1,9 248, 254 248, 265, 271 1,10 1,12‒14 279
Stellenregister 1,12f. 1,12
248, 279 248, 272, 274, 278, 285, 288 1,13–22 277 247f., 267, 271, 279 1,13 1,14f. 247 248f., 271, 279 1,14 9, 218f., 245–250, 291 1,15‒20 1,15–18 218 1,15 219, 227, 249, 252, 255, 261f., 264f., 267, 288, 290, 298 248–250, 252, 267, 1,16 277f., 284 1,17f. 248f. 1,17 253, 255, 280, 298 218, 249 1,18‒20 1,18 227, 248–252, 255, 266f., 278f., 287, 289f. 263, 272, 278, 289f. 1,19 249, 267, 271, 278f., 1,20 289 1,22 271f., 290 1,24–2,5 213 1,24 287, 290 1,25 275 1,26f. 270 1,26 275 265, 275 1,27 254, 275 1,28 2 247 2,2f. 270 264, 275, 284 2,2 2,3 254 282, 291 2,4 2,7 284 9, 254, 275, 279, 282, 2,8 290f. 2,9–15 277, 291 2,9f. 290 2,9 263, 287, 289f. 2,10–13 267 2,10 267, 277f., 284, 290 279 2,11‒15 2,11 287, 290f. 2,12f. 291
Stellenregister 2,12 267, 279f., 287, 291 271 2,13‒15 2,13 266 2,14f. 250 2,14 281 2,15 267, 271, 277f., 284 287, 291 2,16–23 274, 276, 282 2,16 276, 285, 287, 290 2,17 278, 282 2,18 265, 279, 287, 290 2,19 276, 279, 281, 291 2,20 2,21 276 2,22 276, 285 254, 276, 283f. 2,23 3,1 269, 291 3,4 265, 279 291 3,5‒9 3,5 276 3,10ff. 291 3,10f. 292 3,10 264 3,11 264, 277, 287, 291 271, 282, 287, 290 3,15 3,16 254, 275 3,17 292 270, 275 4,3 4,4 270, 275 4,5 254 4,11 279 4,15f. 287 1. Thessalonicher 1,9f. 214 5,8 264 1. Timotheus 1,12–17 213 1,17 262 2,1–3,16 212 2,1–15 212 2,1–7 212 9, 212–215 2,4–7 2,5f. 213, 220 2, 31, 209–228, 240, 2,5 309
2,7 212 4,3 276 2. Timotheus 1,6–14 213 Titus 1,1–3 213 1,14f. 277 3,1 277 Hebräer 269, 286, 304 1f. 299, 304 1 1,1–14 295 1,2–14 296 1,2–4 296–298 1,2f. 247 253, 274 1,2 1,3 263, 307, 314 286, 298 1,4 1,5–13 296, 298f. 1,5f. 299 1,5 248 1,6 267, 300 1,7–12 299 1,8f. 299 1,8 299 1,10–12 299 1,11–12 299 1,13 297, 304f. 1,14 298 1,20 296 2 305f. 2,1–4 305 2,2 239, 277 2,5–18 305 2,5 305 2,6–8 304–306 2,6 186, 304f. 2,7 305 2,8 305f., 314 2,9 305 2,10–13 301 2,10 224, 253, 301, 305 2,17f. 303
347
348
Stellenregister
2,17 298, 300f., 305 2,18 301 3,6 303 3,14 303 4,14–16 303 4,15 301 5,7–10 301 5,11–14 303 5,12 281 6,4–8 294 6,11f. 303 6,17 309 7–10 295 7 307, 311 7,1–10,18 308 7,11f. 312 7,12 312 7,19 311 7,20–22 312f. 10, 303, 308–313 7,22 7,26 308 8 311 8,1 297 307, 311 8,1–10,18 8,1f. 303f., 307f. 8,3–13 308 2, 10, 31, 240, 303, 8,6 309, 311f., 314 8,7–13 312 8,7 310 8,8 309 8,9 309 8,10 309 8,13 310 9,1 310 9,4 309f. 9,11 300 9,12 272 9,14 314 9,15ff. 312 9,15 2, 10, 31, 240, 303, 309, 311, 313f. 9,16f. 310 9,16 309 9,17 309 9,18 310, 314
9,20 309 9,23 314 296, 300 9,26 10,1–4 312 10,1 276 10,5 300 10,12f. 306 10,12 297 10,16f. 312 10,16 309 10,18 312 303, 308 10,19–25 10,19–23 303 10,19f. 314 10,22 315 10,23 303 10,26–31 294 10,29 309f. 10,31 218 10,32–34 304 10,35–39 303 10,36 303 11,1 303 257, 297 11,3 11,27 262 12,2 297 12,3f. 303 12,12–17 303 12,16f. 294 12,22 287 2, 10, 31, 240, 295, 12,24 303, 309, 311, 313 218, 294 12,29 13,2 287 13,12 272 13,20 309f., 312 Jakobus 1,26f. 283 3,9 265 1. Petrus 2,22–24 247 269, 278 3,22
Stellenregister 2. Petrus 247, 289 1,17 2,10 278 257, 280 3,5 3,10 281 3,12 281 1. Johannes 3,1 54 4,10 207 4,11 207 4,12 179 5,6 272 Judas 8 278
1,13–16 286 1,14 186 227, 249 1,17 227, 249 2,8 3,14 251, 267 3,19f. 53 284, 286 4f. 6,10 293 12,11 272 13,2 278 14,14 186 19,20 283 21,4 279 21,6 249 22,8f. 283 22,13 227, 249
Offenbarung des Johannes 1,5 267 1,8 249
6. Schriften des antiken Christentums Eusebius von Caesarea
Aristides Apologia 131
171
Praeparatio evangelica 9,17,1–9 118
Athenagoras
Justinus
Legatio pro Christianis 22,4/50f. 259 22,4/51f. 254
Dialogus cum Tryphone Iudaeo 61,1 6, 261, 267 84,2 267 85,2 267 100,2 267 125,3 267f. 138,2 267
Augustinus De civitate dei 9,9 209 9,15 209 9,17 209 10,26–29 209 Confessiones 10,42,67 209 Clemens von Alexandrien Stromata 6,32,4
225
Lehren des Silvanus NHC VII 89,5–13 153 Oden Salomos 33,6–13 153
349
350
Stellenregister
Origenes
Petrusevangelium 34–42 186
Commentarius in Iohannem 2,31, § 189f. 268
7. Rabbinische Literatur und Verwandtes Babylonischer Talmud Ḥagiga 142, 146 11b–16a 12b 146 8, 107, 283 15a Horajot 12a 139 Mischna Avoda Sara 3b Megilla 31b Jadajim 3,5
140 139 53
Leviticus Rabba 19,23 163 Canticum Rabba 48 Shemot 23,13
76
Targum Neophyti Gen 1,1
260
Targum Pseudo-Jonathan 107 Gen 5,24
Genesis Rabba 1,1 274 68,12 111
3. Henoch (Hebräisches Henochbuch) 3–15 107 4,2 107 20 283
Exodus Rabba 15,1 76
Shiʽur Qoma 291
8. Pagane antike Literatur Achilles Isagoge 4 280 Alcinous Epitome 12,3
226
Aratus Phainomena 165 Pseudo-Aristoteles De mundo 4,396a30–32 224 5 272
5,396b27–34 224 5,396b28f. 259 5,396b32f. 272 5,396b34f. 224 5,396b34 272 5,397b5–8 224 6f. 223 6 236 6,397b13–16 223 254 6,397b13‒15 6,397b15 280 6,397b19–24 224 6,397b20 224 6,398a1–6 224 6,398a10–398b6 225
351
Stellenregister 6,398b7 224 6,398b10–22 224 6,399a12 224 6,399a17 224 6,400b8–11 224 7,401a12–15 227 7,401a28–401b7 227
Isis-Aretalogie aus Kyrene lin. 6
Augustus
Ab urbe condita 2,32,9‒12 287
212
Kleanthes Zeushymnus V. 1
227
Titus Livius
Res gestae 12f. 272 25f. 272
Marcus Aurelius Ad se ipsum 4,23 253 7,9,2 217
Curtius Rufus Historiae Alexandri Magni 10,9,2 287 10,9,4 287 Dio Chrysostomus
Numenius von Apamea Frgm. 11,11–14
226
Orphische Fragmente 21a [Kern] = 31 [Bernabé] 227 168 227
Orationes 1,1–3 173 12,47 180
Plato 287
Diodorus Siculus
De republica 462c‒e
Bibiotheca historica 1,11 259 4,54,7 309
Symposion 202b–204c 210 202c 2 202e–203a 236 202e 236
Diogenes Laertius De clarorum philosophorum vitis 7,147 254 Epictetus Dissertationes 4,8,28 Hesiod Erga 106–201 165 221–223 165 Isidorus Isishymnus 1,23f. 212
154
Theaitetos 162e
282
Timaios 28c 280 29b 288 29d 280 30c 280 30d 280 226, 288 31b 32a 288 280, 288 32c 36e 255, 288 251 37d‒e 41a 280 44d 287
352
Stellenregister
46d 255, 288 48b 280 92c 288
Porphyrius Frgm. 283
209
Stobaeus
Plinius Maior Naturalis historia 28,18 164
Eclogae 1,31,11
254
Publius Cornelius Tacitus
Plutarch De Alexandri magni fortuna aut virtute 173 Iulius Pollux
Historiae 5,13,1
164
Publius Vergilius Maro Eclogae 4 272
Onomasticon 8,124 180
Xenophanes von Kolophon Frgm. B 23
221
9. Mittelalterliche Theologen Meister Eckhart Expositio sancti evangelii secundum Iohannem 117f. (LW 3,101f.103) 54
Liber parabolarum Genesis 3,146 (LW 1,615) 54 54 LW 1,471
Register der Autorinnen und Autoren Adler, M. 238 Aland, K.u.B. 232f., 235, 241, 251, 253, 276, 282f., 285f. Alexander, P.S. 137, 140f., 144f. Allison Jr., D.C. 162, 168 Alonso Schökel, L. 67, 69 Amadi-Azuogu, C.A. 232, 235 Andersen, H. 107 Appold, M.L. 196 Argall, R.A. 127, 165 Arnold, C.E. 278, 280, 283–285 Ashton, J. 186 Assmann, J. 256, 263 Athanassiadi, P. 220 Avemarie, F. 261 Bachmann, M. 241 Back, F. 197 Backhaus, K. 286, 294f., 297–303, 305, 307, 310–313 Balla, I. 57, 63f. Barbiero, G. 40, 42f., 52 Barclay, J.M.G. 211 Barrett, C.K. 201 Bauckham, R. 192f., 197 Bauer, W. 232f., 235, 241, 251, 253, 276, 282f., 285f. Bauks, M. 251, 253, 256 Baumann, G. 4, 51, 251, 256f., 268 Bazitwinshi, C. 152, 165 Beauchamp, P. 65 Becker, E.-M. 68 Becker, J. 233, 235, 300 Beentjes, P.C. 57, 64, 66 Belayche, N. 220 Berger, K. 238 Berges, U. 41, 46, 48f. Bergmeier, R. 165 Bertoletto, P. 107
Betegh, G. 227 Betz, H.D. 233, 240f. Beyer, K. 13 Blank, J. 207 Blass, F. 162, 235, 241, 282f., 285 Bleek, F. 307 Block, D.I. 79 Boccaccini, G. 211 Boismard, M.-É. 190 Bormann, L. 245, 248, 250, 259, 267, 279, 289f., 305 Borse, U. 233, 235 Botha, P.J. 69 Böttrich, C. 252 Boustan, R. 125, 133–135, 142 Bovon, F. 162 Box, G.H. 68 Boyarin, D. 3–5, 127, 136f., 186, 222, 232, 234, 242, 250, 260f., 269f., 273, 277, 283, 292 Brandenburger, E. 240 Braulik, G. 51 Braun, H. 211, 306f. Broer, I. 239 Brown, R.E. 299 Brucker, R. 213, 299 Bruno, C.R. 232, 242 Bühner, J.-A. 185, 190, 195f. Burkett, D. 196 Bussino, S. 59 Calduch-Benages, N. 4, 60, 64, 153, 257 Camp, C.V. 64, 69, 72, 256f. Casey, M. 158 Cavin, R.L. 274 Cerutti, M.V. 221 Chaniotis, A. 213, 220 Charles, R.H. 105, 107 Charlesworth, J.H. 191
354
Register der Autorinnen und Autoren
Christ, F. 151, 153, 167 Coblentz Bautch, K. 118 Cohn, L. 237, 240 Collins, A.Y. 269f. Collins, J.J. 106, 191, 269f. Conzelmann, H. 212, 260 Corley, J. 71 Davies, P.R. 125f., 128, 130 Davies, W.D. 162, 239 de Boer, M.C. 231, 233, 235, 241 Debrunner, A. 162, 235, 241, 282f., 285 de La Potterie, I. 180 DeMaris, R.E. 275 Denis, A.-M. 309 deSilva, D.A. 20, 69 Dettwiler, A. 201, 219 Deutsch, C. 152, 167 Deutsch, N. 137f. Dibelius, M. 281, 284f. Diehl, J.F. 57 Dihle, A. 171 Di Lella, A.A. 68 Dohmen, C. 1, 83 Dormeyer, D. 233f. Dörrie, H. 215 Drawnel, H. 115 Drechsler, W. 221 Drecoll, H. 209 Dunn, J.D.G. 232f., 235, 240–242, 299 Eberhart, C. 314f. Ebner, M. 5, 156, 158, 165, 171, 173, 273 Eckert, J. 261 Eckstein, H.-J. 232, 235, 241 Egger-Wenzel, R. 57 Ego, B. 2f., 12f., 16, 19, 87, 95, 101, 155, 241, 243, 284, 286 Elliott, S.M. 231 Eltester, F.-W. 261 Engel, H. 20–25, 27, 172, 260 Erho, T.M. 109 Esler, P.F. 22 Evans, C.E. 191 Fabry, H.-J. 68, 310
Faust, E. 219 Feldmeier, R. 293, 294 Ferrer, J. 60 Feuillet, A. 39 Fischer, G. 42 Fischer, I. 1, 3, 22, 256 Fitzmyer, J. 13 Flasch, K. 55 Fleddermann, H.T. 157, 159, 162 Flogaus, R. 53 Fonk, P. 53 Fossum, J.E. 247, 259, 268, 291 Fournier-Bidoz, A. 63 Francis, F.O. 283–285 Franz, A. 53 Frede, M. 220 Frey, J. 5, 180, 183–187, 190–194, 197– 202, 205f., 208, 219, 229f., 232f., 263, 310f., 315 Fritzsche, O.F. 60 Fuhrer, T. 209 Fuhrmann, S. 304 Fürst, A. 210 Gäbel, G. 302, 305, 307f. Gathercole, S. 158, 211 Gehrke, H.-J. 26 Geller, M.J. 147 Georgi, D. 264 Gerber, C. 217 Gerhards, M. 35, 38 Gerlemann, G. 39 Gerstenberger, E.S. 3 Gese, H. 252, 256f., 268, 270 Gilbert, M. 57–59, 61–64, 66, 68 Gill, M. 214 Goodacre, M. 156 Goshen-Gottstein, A. 136f., 139 Gräßer, E. 239, 295, 297, 301, 306, 309, 312, 314 Greenberg, M. 50, 79 Grossberg, D.M. 139 Groß, W. 262f. Grözinger, K.E. 75, 87 Gruenwald, I. 131, 145, 146 Guittard, C. 164
Register der Autorinnen und Autoren Gunkel, H. 168 Habermann, J. 295, 297 Hagene, S. 153 Hahn, F. 190, 195–197 Hallermayer, M. 13 Halperin, D.J. 76f., 79–81, 97, 102 Hamp, V. 68f. Häner, T. 74 Hanhart, R. 13, 20, 238 Harrington, D.J. 172 Harris, M.J. 299 Hartin, P.J. 157 Hartom, E.S. 60 Haspecker, J. 70 Hays, R.B. 235 Hegermann, H. 297, 305 Heil, C. 2, 6, 157, 159, 211, 274, 277 Heilmann, J. 203 Heinemann, I. 238 Heininger, P. 89 Hengel, M. 156, 158, 167, 191, 193f. Herrmann, K. 135, 137 Hildesheim, R. 84–86 Himmelfarb, M. 92, 131f., 134, 143, 146 Hinrichs, B. 187 Hirsch-Luipold, R. 199 Hoegen-Rohls, C. 184 Hoffmann, P. 157, 159, 166 Hofius, O. 179, 215f., 249 Hogan, K.M. 64 Holtz, G. 213 Hossfeld, F.-L. 168 Humphrey, E.M. 153 Hurtado, L.W. 5, 192, 198, 211, 237, 299 Idel, M. 140, 143 Irsigler, H. 260, 274 Janowski, B. 5, 11, 57, 262, 289, 291, 315 Jenni, E. 251 Jervell, J. 261 Johnson-DeBaufre, M. 157 Jones, H.S. 251, 282f., 285f. Joyce, P. 89 Juhl Christiansen, E. 20
355
Kahana, A. 60 Kaiser, O. 34, 237 Karrer, M. 13, 238f., 295, 298–300, 302, 305 Käsemann, E. 195, 314 Kattel, R. 221 Kayatz, C. 256, 268f. Keel, O. 34, 37–39, 44, 53, 255 Kelsey, D.H. 123 Kister, M. 138f. Klauser, T. 213 Klie, T. 219 Kloppenborg, J.S. 157, 260 Klumbies, P.-G. 237 Knibb, M.A. 105f., 109 Koch, K. 17 Konkel, M. 82 Konradt, M. 154, 162, 170 Kotwick, M.E. 227 Kraus, H.-J. 168 Kraus, W. 2, 5, 9, 13, 218, 238, 287, 299, 301, 303f., 308–310, 315 Kraye, J. 223 Kügler, J. 171, 173 Kunath, F. 181 Kuschel, J. 152 Kvanvig, H.S. 106f., 144 Laansma, J. 155 Laurence, R. 106 Leicht, R. 146 Leonhard, C. 213 Leonhardt-Balzer, J. 259 Leuenberger, M. 4, 58, 154, 289 Liddell, H.G. 251, 282f., 285f. Liesen, J. 60 Limbeck, M. 154 Lindner, G. 221 Loader, W.R.G. 195 Löhr, H. 213 Löning, K. 154, 173, 251f., 273f. Lorenzen, S. 262, 298 Loretz, O. 34 Lorimer, W.L. 223 Lowth, R. 60 Luck, U. 154
356
Register der Autorinnen und Autoren
Lührmann, D. 235 Lull, D.J. 232f. Luz, U. 153–155, 162f., 166–169, 171f., 218 Macaskill, G. 124 Mach, M. 15, 235, 237–239 Mack, B.L. 226, 257, 260, 262, 269f., 290, 297 Marböck, J. 12, 58, 61, 64, 69, 84, 86, 153f., 163f., 260, 273f. Markschies, C. 213 Marshall, I.H. 174 Marttila, M. 58, 62, 66 Martyn, J.L. 233, 235, 243 Mazzinghi, L. 43 McDowell, M.H. 24f. McNamara, M. 260 Meeks, W.A. 190, 194 Merklein, H. 233, 235, 261 Meyer, A. 182 Milgrom, J. 252 Milik, J.T. 116 Milligan, G. 210 Miranda, J.P. 195 Mitchell, M.M. 214 Mitchell, S. 220 Moloney, F.J. 196 Morray-Jones, C.R.A. 137, 140, 144 Moser, M. 192 Mosis, R. 83 Moulton, J.H. 210 Mounce, W.D. 213 Müller, H.-P. 34 Müller, P. 157 Müller, U.P. 168 Mulzer, M. 173 Münz-Manor, O. 132 Mußner, F. 232f., 235, 241 Najman, H. 238f. Nichtweiss, B. 213 Nickelsburg, G.W.E. 88, 91f., 106–108, 110, 113, 115, 127 Nilsson, M.P. 223 Nissinen, M. 36, 57, 60, 64
Nordgaard, S. 239f. Ockinga, B. 262 Oegema, G.S. 191 Oepke, A. 2, 210, 232f., 235, 241, 309, 312 Oesterley, W.O.E. 68 Olson, D.C. 105, 109, 114 Orlov, A.A. 108, 111, 131, 133, 137–139, 144–146 Passow, F. 154, 158, 163, 167 Pearce, S.J. 4 Peters, N. 61 Petersen, S. 187 Peterson, E. 213 Pilhofer, P. 300f. Piovanelli, P. 126 Piper, R.A. 157 Piwowar, A. 69 Pizzuto, V.A. 246 Pohlenz, M. 223 Pohlmann, K.-F. 79 Pollmann, I. 233, 235, 241 Popkes, E.E. 5, 11 Radice, R. 225, 237 Rahlfs, A. 238 Rakel, C. 23–25 Rattray, S. 252 Reed, A.Y. 125, 128–130, 132, 136, 147f. Rehkopf, F. 162, 235, 241, 282f., 285 Reichardt, M. 168 Reitemeyer, M. 68 Rengstorf, K.-H. 196 Reynolds, B.E. 196 Rhea, R. 196 Richter, G. 190 Rickenbacher, O. 61, 67, 69 Ringe, S.H. 127 Robert, A. 39 Robinson, J.M. 157, 159 Rogers, J.F. 62, 154 Roloff, J. 213f., 309 Rosenberger, V. 164 Roueche, C. 213 Runia, D.T. 226, 237
Register der Autorinnen und Autoren Rüttgers, N.K. 154 Salzmann, J.C. 154 Sanders, E.P. 229, 233 Sanders, G.M. 231 Sanders, S.L. 128 Sänger, D. 2, 229, 233–235, 241, 309 Sasse, M. 196 Sauer, G. 68 Schäfer, P. 87f., 90–95, 99–103, 132, 135, 137, 143, 147 Scheer, T.S. 219 Schenke, L. 177 Scherer, H. 156, 160, 163, 168 Schipper, B.U. 155 Schlier, H. 233, 235, 241 Schmid, K. 39 Schmitz, B. 20–27 Schnackenburg, R. 195–197 Schnelle, U. 180, 190, 196, 233, 235f., 239f. Schnupp, B. 16f. Scholem, G. 85, 131, 145, 148, 291 Scholtissek, K. 179, 202–204 Schönberger, O. 223 Schönborn, C. 53 Schöpfling, K. 57 Schreiber, S. 171, 191 Schreiner, J. 68, 128, 258 Schröder, B. 299 Schroer, S. 152, 256 Schröter, J. 235 Schweizer, E. 246, 271f. Schwemer, A.M. 97f. Schwienhorst-Schönberger, L. 1, 32, 40, 48 Schwier, H. 164 Scott, R. 251, 282f., 285f. Sedlmeier, F. 3, 5, 76 Segal, M.Z. 60 Sellin, G. 32, 217, 237 Siegert, V. 259 Sinnott, A.M. 57, 64 Skehan, P.W. 22, 60, 68, 71 Smend, R. 61, 69, 71 Smith, D.A. 165 Smith, I.K. 275
357
Smith, J.Z. 125, 142, 143 Snaith, J.G. 68 Snell, B. 52 Söding, T. 231, 233 Spicq, C. 210 Spieckermann, H. 293f. Stählin, G. 231 Standhartinger, A. 254, 272, 282 Staudt, D. 211, 214f. Steck, O.H. 160, 168 Steins, G. 40 Stemberger, G. 239 Stettler, C. 245f., 250, 253, 271, 289 Steyn, G.J. 305 Stoellger, P. 219 Stokes, R.E. 114 Stone, M.E. 125 Strecker, G. 236, 239f. Strohm, H. 224f., 227 Strotmann, A. 152 Stroumsa, G.G. 145 Stuckenbruck, L.T. 3, 18f., 105, 109, 114– 117, 119, 121, 270, 283 Suggs, M.J. 151 Sugirtharajah, R.S. 157 Suter, D.W. 133, 145 Swain, S.R. 243 Takacs, S.A. 231 Talbot, T. 155 Taschl-Erber, A. 4f., 33, 218 Termini, C. 225, 237 Theisohn, J. 107 Theissen, G. 152f., 170f. Theobald, M. 166, 179f., 195, 296 Thiele, W. 60 Thom, J.C. 223, 227, 236, 254 Thyen, H. 179, 187 Tiwald, M. 167 Tournay, R.J. 39 Towner, P.H. 213 Trible, P. 51 Tromp, J. 240 Tzvetkova-Glaser, A. 224f. Uehlinger, C. 53
358
Register der Autorinnen und Autoren
Uhlig, S. 88, 91, 105f., 127, 268 Urbach, E.E. 131, 137 VanderKam, J.C. 106–108, 110f., 113, 127, 144 van der Kwaak, H. 168 Vanderlip, V.F. 212 van de Sandt, H. 152, 155 van Kooten, G.H. 246, 262, 280, 287 Van Nuffelen, P. 220f. Vielhauer, P. 214 Vogel, M. 311 Vollenweider, S. 2, 5f., 152, 209, 213–215, 218, 236, 245f., 249f., 253f., 261, 266, 286, 288 Vouga, F. 233, 235, 241f. Wacker, M.-T. 51 Wagner, C.J. 13 Watson, F. 156 Weinert, F.D. 163 Weiß, H.-F. 295–300, 305f., 309, 312 Welck, C. 183
Wendland, P. 238 Wengst, K. 213 Wiemer, H.-U. 213 Wilckens, U. 206 Willms, H. 266 Wischmeyer, O. 230 Wolfson, E.R. 140, 148 Wolter, M. 158, 162f., 166, 174f., 233, 245, 248 Wright, B.G. 68, 72, 130, 155 Wright, N.T. 233, 242 Zakovitch, Y. 35, 48 Zeller, D. 165, 215f. Zenger, E. 22, 24, 38, 47, 154, 168, 251– 253, 274 Ziegler, J. 58, 60f. Zimmerli, W. 79 Zimmermann, C. 235, 242 Zimmermann, H. 187 Zimmermann, J. 191 Zimmermann, R. 36f., 187, 190
Sachregister (Ab-)Bild Gottes 5, 10, 179–208, 219, 247, 252, 261–267, 288 Abra(ha)m 2, 48f., 75, 117, 137, 139, 230f., 233, 240, 242f., 247 Adam 5, 87, 119, 263, 266 ἄγγελος 14, 232, 235, 237–239, 261, 268, 276–278, 282–286 Allerheiligstes 5, 77, 90–92, 94, 99, 314 Angelologie, angelologisch 3, 12–20, 146, 264, 268, 278, 286 Angesicht 1f., 8, 21, 33, 43, 50, 54, 89, 91, 93, 113, 136, 179, 234, 238, 265, 268 Anthropologie, anthropologisch 32f., 262–265 Apokalyptik, apokalyptisch 5, 8, 86, 89, 111, 125–128, 130f., 133–136, 139, 142–148, 245, 270f., 274f., 279, 284, 286f., 291, 301 Apostel 175, 211, 214f., 230, 234 –– Apostelamt 230, 243 ἀρχή 166, 246, 249–253, 255, 257, 261, 267f., 277f., 280f., 284 Aschmodai 14, 20 Auferstehung 183, 186, 206, 219, 250, 263, 266f., 289 Auferweckung 173, 183, 186, 249, 267, 287, 291 Aufstieg 88f., 101, 103, 122f., 128, 132, 141 Augustus 174f., 272 Auserwählte(r) 2f., 107, 110–112, 114, 117, 121f., 167, 171, 265, 269f., 272, 274, 285, 313 Barmherzigkeit 13, 16–18 Basileia/βασιλεία 166, 194, 248, 264, 267, 279 Begegnung 1, 23, 53, 75, 78, 84, 102, 182, 185, 198, 200, 206, 288
Bekenntnis 9, 47, 182, 188, 191f. 194, 198, 215–217, 220, 226, 242, 300, 303f., 308 Berufung 48, 74–79, 181f., 230, 269 Beschneidung 6, 230, 264, 287, 291 Bevollmächtigung 136f., 185, 195f., 198, 204 Bild Gottes –– siehe Abbild Gottes Blut 21, 160, 206, 230, 247, 272, 289, 312, 314 Bote 3, 15, 88, 94, 159, 172, 211, 234, 238f., 271 Bund 2, 31, 39, 42, 50, 218, 231, 240, 295, 310–312 (Bundes-)Lade 83, 85 Bürge 2, 10, 210, 302f., 308–311, 313f. Chokma(h)/hmkx 152, 255f., 259 Dämon/δαίμων, dämonisch 2, 14, 17, 20, 157f., 159, 173–175, 181, 209, 217, 235f., 238, 284 Daniel 17, 28, 85f., 186, 270 David 2, 82f., 170 Diaspora 13, 28, 41, 74, 229, 291 Diatheke/διαθήκη 10, 240, 273, 302–304, 308–314 Doxa/δόξα 5f., 79f., 85, 182, 192, 260–265, 268, 275, 290f., 297 Duft, duften 40, 42, 54, 164, 199 Dynamis/δύναμις 6, 223–226, 236f., 252, 259–262, 268, 278, 280 Eikon/εἰκών 180, 205, 246, 251, 259, 261– 268, 280, 288, 292, 298 Einheit 9, 33, 84, 172, 185, 188f., 190f., 196f., 201, 203f., 217f., 220–222, 224, 226f., 300f.
360
Sachregister
Einwohnung 5, 11f., 28, 249, 263, 272f., 278, 288f., 291 –– einwohnen 10, 272, 275, 291 Einzigkeit 9, 211f., 214–218, 220, 222, 224, 226 Ekklesiologie, ekklesiologisch 217f., 227, 287–291 Elija 181, 193 Endzeit, endzeitlich 2, 42, 157, 168, 173, 266, 270f., 279, 295, 299 Engel 3, 5–7, 9–29, 77, 81, 87f., 91–95, 97–101, 105, 107f., 110–113, 115–120, 122, 125, 127, 132f., 136f., 140, 142, 144, 186, 211, 229–243, 245, 264, 268f., 273, 278, 280, 282–284, 286f., 295f., 298–300, 304f. Entrückung 88, 134, 165, 173 Erfahrung 18f., 42, 52, 86, 102, 123, 175, 182, 216, 228, 230, 245, 256, 267, 285, 306 Erhöhung 10, 23f., 107, 109f., 114, 138, 173, 196, 205f., 250, 269, 272, 297, 302, 304–308 Erlösung 5, 15, 54, 248f., 271f., 277, 279 –– Erlösungsmittler 292 Erbarmen 19, 24, 44 (Gottes-/Christus-)Erkenntnis 47, 98, 141f., 153, 166–168, 171f., 174, 189, 193f., 199, 201f., 208, 212, 215, 248, 256, 262, 264f., 272, 274 Erschaffung 165, 239, 263, 266, 278, 297 Erscheinung (visionär) 19, 74–76, 78, 82, 85, 87, 111, 118, 273 Erwählte(r) – siehe Auserwählte(r) Erzengel 6, 8, 113, 133, 268, 278 Eschatologie, eschatologisch 28, 52, 94, 118, 126f., 143, 147, 163, 168, 181, 185f., 193, 199f., 204, 249, 264–267, 270, 274, 279, 292, 295–297, 303, 306, 313 Ewigkeit 16, 18, 81, 88, 118, 123, 224, 251, 264 Exil 7, 13, 19, 28, 35, 42–49, 94 Exodus 7, 47–50, 271, 279 Ezechiel 7, 73–103
Feuer 41, 45, 75, 78, 82, 89–92, 95, 99, 113, 294 Freundschaft (Gottes) 265, 271 Friede 108, 219, 247, 249, 271f., 279 Gebet 14, 16, 19, 23f., 170, 188, 197, 203, 204, 212, 214, 220, 236, 265 Gebot 25, 85, 128, 182, 231, 233f., 240, 273, 274, 276 Gegenwart (Gottes) 2, 4–8, 11f., 16f., 19f., 22, 24, 27f., 33, 74, 76, 92, 94f., 100f., 103, 107, 109, 111, 113, 123, 125–149, 181f., 196, 199, 207f., 238, 243, 255, 261, 291 Geheimnis 78, 103, 108f., 118, 142, 167, 176, 182, 270, 275 Geist 4, 78, 80, 112f., 123, 146, 172f., 181, 184, 189, 198f., 204f., 208f., 211f., 216f., 231, 248, 257f., 269, 296, 314 Geister 97, 99, 109, 112, 270, 280, 284, 296 Gerechtigkeit 54, 85f., 88, 94, 105, 112f., 115f., 119, 122, 173, 230f., 234, 242, 293 Gericht 2, 7, 75, 82, 88, 93f., 111, 115f., 119–121, 158, 161, 166–169, 173, 176, 185f., 198, 204, 234, 269 Gesalbter 42, 110f., 114, 171f., 269f. Gesandte(r) 8, 156, 159, 161, 169, 185, 189f., 195–198, 203f., 272 Gesetz 4, 7, 9, 40, 69, 123, 128, 141, 155, 171, 175, 211, 231f., 234f., 238–242, 270, 273f., 276f., 281, 311 Gestalt 1–3, 15f., 20f., 33, 38, 46, 54, 73–103, 110, 149, 168, 173, 179, 182, 186, 193, 196f., 215, 245, 250f., 255– 257, 263f., 269, 271, 286, 291 Glanz 74f., 78, 89, 91, 96, 99, 286, 296f., 314 Glaube 37, 118, 123, 177, 187, 192, 200, 205f., 217, 230f., 233f., 242, 256, 286f., 302, 304, 306, 308, 315 –– Glaubende(r) 10, 183, 197, 203, 205, 216–218, 231, 267, 290, 308, 313–315 –– glauben 188, 200, 202f. Gottesdienst, gottesdienstlich 7, 13, 100, 122, 212f., 283f.
Sachregister Gotteskindschaft 197, 230, 265, 281 Gottesknecht 3, 110, 271 Gottespräsenz 1, 3, 5, 7, 11–29, 31–55, 92f., 210, 277, 288–290 Gottesschau 1, 5, 100, 179, 207 Gottessohn 180, 182, 228, 293 Güte 155, 237, 263, 265 Hand 7, 19, 22–27, 83, 106, 169, 223f., 229–243, 293, 307, 309 Hanna (Frau Tobits) 13–15 Haupt 25, 105, 114, 123, 227, 247, 252, 278, 287 Haus/οἶκος 19, 24, 49, 78, 80, 89–91, 96, 112f., 160, 162–164, 170, 174, 212, 290, 308 Heil, heilvoll 2, 10, 19, 181, 183, 189, 193, 206, 208, 212, 220, 231, 237, 277, 279, 292, 296, 303f., 306, 308, 313 –– Heilsbereich 248, 314 –– Heilsgeschehen 183, 212, 315 –– Heilsgüter 313 –– Heilsmittlerschaft 275 –– Heilsordnung 311, 313 –– Heilsplan 231 –– Heilstat 312f. –– Heilsvermittlung 274 –– Heilswirken 313 Heilige 14, 88, 91, 97, 112, 122, 186, 275, 285 Heiligkeit 98f., 241, 293f. Heiligtum 5, 7, 19, 27, 29, 50, 74, 82f., 89, 92–94, 98, 100f., 283, 285, 303, 307f. Hekalot 8, 130–143, 145f., 291 Henoch 2f., 6–8, 78, 84, 86–95, 105–149, 186, 270, 278 Henotheismus 216, 221 Herrlichkeit 1, 14, 19, 78f., 90–92, 98f., 111, 136, 141, 182f., 190, 225, 263, 265, 272, 288f., 296f., 305, 314 Herrscher 21, 25–29, 41, 110, 171, 173f., 211, 219, 237, 260, 263, 272, 277, 306 Herrschaft 3, 22, 35, 76, 78, 136, 192, 194, 219, 247, 252, 264f., 267, 269, 277–279, 305f. –– Herrschaftsideologie 12, 20–27
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Hilfe 15, 20, 23, 25–29, 118, 234 Himmel 5, 8, 16, 74, 76–78, 80, 87–90, 94, 98, 100, 106, 108, 112f., 115, 117, 120f., 127f., 134, 136f., 139–141, 145f., 165, 170, 173f., 176f., 181, 185, 196, 212, 220, 224, 227, 238, 240, 245, 247, 249– 252, 257, 270, 273f., 277f., 280, 285f., 288, 290, 300, 302f., 307f., 314 –– Himmelsreise 7, 75, 86–89, 93, 101, 103, 134, 165, 284f., 286 Hohepriester, hohepriesterlich 2, 10, 24f., 92, 100, 133, 164, 193, 218, 226, 294, 299, 301, 305, 307f., 311–313 –– Hohepriester-Christologie 303f., 308, 311 Hoffnung 2, 19, 100, 112, 192f., 217, 265, 311 Hofstaat 3, 14f., 225, 287 Holofernes 20f., 23f. Hypostase/ὑπόστασις 5f., 211, 221, 226, 286, 297 Identität 3f., 6, 9, 14, 18, 114–116, 120, 122f., 212, 218, 222, 245, 250, 256, 292, 314 Ijob 46, 85f. Immanenz 11, 203, 223, 227 –– reziproke Immanenz 9, 199, 201–205 Inthronisation 3, 42, 171, 176, 205, 306 Isis 212, 221f., 254, 259f., 269, 290 Israel 7f., 14, 19f., 23–26, 28, 32, 34f., 37f., 41–43, 45–51, 53, 59, 62, 78, 84f., 101, 119, 137–139, 155, 161, 165, 169–172, 179, 181, 192–194, 238, 240f., 252, 257, 267f., 273f., 288, 291 Jakob 1f., 23, 41, 44, 111, 181, 238, 268, 288 Jerusalem 5, 11–13, 19f., 22–28, 41, 43f., 46f., 50, 59f., 75–77, 84, 89f., 92, 94f., 100, 129f., 159–161, 163–165, 168–170, 173, 176, 230, 274, 288 Judit 2, 6f., 11–29 Kabod/dwbk 3, 5, 74, 79, 82, 97–99, 245, 263f., 291
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Sachregister
Kaiser 9, 171, 174, 176, 194, 214, 221f. Kerub/bwrk/χερουβ 73, 76f., 83, 89–91, 96–99, 102, 235, 237, 278, 290 κληρονομία 58, 60, 64, 248, 257, 274, 288 König, königlich 2, 5, 7f., 17, 20–22, 32–34, 38–43, 45, 47f., 76, 110f., 121, 136f., 144, 170–173, 175f., 181f., 192– 194, 205, 211, 223–228, 238, 248, 257, 262, 265, 267–269, 272 –– Königschristologie 5, 8, 171f., 175f., 263 –– Königsherrschaft 41, 98, 166, 174, 194 –– Königtum 2, 40f., 45, 194, 262 Körper (metaphorisch) 265, 287f., 290f. Kosmos 9, 59, 90, 108, 146, 155, 217, 223f., 226f., 255, 259, 266, 271, 280f., 288 Kosmologie, kosmologisch 3, 9, 118, 145–148, 223, 245, 249f., 256, 261, 273, 280, 291 Kraft 6, 9, 21, 23, 25, 76, 89, 223–225, 228, 236, 259, 280, 298, 308 Kreuz 189, 191, 205f., 228, 247, 249f., 271f., 278 –– Gekreuzigter 9, 194, 196, 199–208, 250 Kult 5, 12, 19–22, 25–28, 42, 94f., 100, 211, 213f., 218f., 221f., 230, 260, 273, 275, 280–286, 288, 290, 298, 308 –– Kultbild 1, 11, 261 Kyrios/κύριος 2, 6, 21–25, 79f., 162, 213, 216, 222, 238, 242, 248, 251, 257f., 261, 264, 268, 272, 278, 288, 290f., 299f. Lade –– siehe Bundeslade Lazarus 183, 186, 188f., 197 Leben als göttliche Gabe 42, 58f., 63, 65, 112, 183–186, 189, 197f., 204–208, 223, 227, 231, 234, 242, 267, 271, 287, 289, 291, 308 Leib, leibhaftig, leiblich 10, 44, 46, 113, 141, 183, 199, 206, 216f., 247, 263, 269, 278, 287f., 290f. Licht 14, 74f., 78, 89, 95, 98, 183, 187f., 225, 234, 242, 263, 269, 271, 278f., 285
Liebe 7, 13f., 32–34, 36f., 39, 41f., 47, 50–54, 171, 199, 205–207, 215f., 231, 248, 284, 293 Liturgie 48, 93, 99, 101, 122, 285 Lobpreis 7, 18, 24–28, 79, 81, 84, 97, 99f., 123, 166, 247, 250, 262, 268, 305 Logos/λόγος 4–6, 127f., 179, 182, 198, 223, 225f., 228, 237, 239, 245, 247–249, 251, 254, 257–261, 266, 268, 271, 273, 275, 277, 280f., 288, 290, 298–300 Ma’at 256f., 269 Macht 3f., 8, 22–24, 76, 82, 136, 165, 168, 172, 174, 176, 181, 186, 205, 216, 225, 237f., 245, 248, 266f., 272, 277–281, 291 Mächte 3, 8, 10, 136–140, 180, 216, 219, 235, 247, 252, 267, 269, 271, 277–287, 292 Mediation 100f., 209, 219 Medium 31f., 55, 101, 207, 210 mediator 31, 123, 210, 242 mediatrix 256, 265 Melchisedek 2, 301, 308 Menschensohn 3, 5, 7f., 78, 105–124, 133, 139, 144f., 158, 162, 166, 168, 170, 181, 186f., 190, 192, 194, 196–198, 206, 245, 259, 269–271, 286 Menschwerdung 53, 228 Merkaba/hbkrm 5, 7, 73, 77, 81–85, 96, 98, 101f., 131f., 135–137, 144, 148, 264, 275 μεσίτης 2f., 5, 10, 31, 210f., 213, 221, 232, 238, 240, 277, 302f., 309–313 Messias, messianisch 2f., 5, 7f., 32, 110, 181f., 190–194, 197f., 211, 259, 268–271 Metatron 3, 8, 107f., 110f., 125–149, 269f., 283 Metaphysik 10, 215f., 218, 254, 301f. Michael 3, 15, 107, 279 Mittler(in) 2f., 7, 9f., 31, 112, 123, 125, 209–243, 245––315 –– Mittlerfigur 2, 4, 6, 28, 214, 237 –– Mittlerfunktion 268, 271, 294 –– Mittlergestalt 149, 215
Sachregister –– Mittlerkonzept(ion) 32, 212 –– Mittlerrolle 247, 254, 257 –– Mittlerschaft 2, 4, 9f., 154, 209–211, 214, 220–222, 228, 261, 266, 277–287, 294, 313 –– Mittlerwesen 3, 286 Mittlung 211f., 218–221, 225f. Monolatrie 216, 221 Monotheismus 3, 6, 9, 22, 53, 198, 213, 216f., 220–222 Mose 1f., 9, 14, 31, 83, 128, 139, 179, 206, 231, 233f., 236, 238–242, 262, 272f., 309, 313 Mystik 5, 75, 87, 131, 134–136, 179, 247, 275 Name (Gottes) 3, 6, 10, 18, 33, 40–42, 54, 82, 109, 112, 162, 168, 179, 185, 220, 227, 250, 270, 296, 299 Nebukadnezzar 17, 20–22, 25–28, 47 Noach 85, 87, 108, 112 Nomos/νόμος 2, 231, 234, 239, 242, 273f., 281, 283, 309, 312 Offenbarung 2, 4f., 9, 16, 41, 83f., 86f., 101, 103, 114f., 125, 141, 145, 165–167, 179f., 182, 187f., 190, 195f., 200, 202, 207f., 229, 239, 243, 256f., 262, 270, 273–277, 284f., 288 Ordnung 4, 74, 109, 176, 222, 250, 255– 257, 269, 271, 274, 308, 310f., 313 Ostern 183f., 197, 200, 206 Paradies 63, 136, 181, 285, 289 Paulus 122–124, 135, 175, 212, 214–217, 222, 229–235, 239–243, 270, 274f., 281, 283, 285, 290, 300 Personifikation, personifiziert 4, 65, 69, 77, 97, 152, 154, 156, 245, 252, 256, 260, 270, 273, 281, 284 (Simon) Petrus 191f., 200 Philippus 200–202 Philosophie 4, 9, 32, 55, 209, 215, 219, 221, 227f., 251, 255, 258, 260, 262f., 275f., 280, 284f., 291
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Platonismus, platonisch, platonisierend 138, 140, 215, 217, 223, 226, 228, 254, 259, 263, 279f., 288 –– Mittelplatonismus, mittelplatonisch 4, 10, 266, 275, 295, 301–303, 314 –– Neuplatonismus 209 Pneuma/πνεῦμα, pneumat(olog)isch 208, 248, 258f., 266, 268f., 280, 290 Präexistenz 152, 181, 247, 255, 257f., 268f., 274, 297, 300f. Priester(in) 2, 5, 25f., 50, 92–95, 97f., 100, 163, 165, 168, 193, 211, 230, 236, 298, 308, 311f. Prophet(in) 2, 4f., 8, 38, 51, 74, 78–80, 84–86, 94, 108, 160f., 168–171, 174– 176, 181, 190, 193f., 198, 211, 239, 256, 265, 273, 291, 296 Protologie, protologisch 249f., 292, 297 Rafael 3, 7, 11–29, 286 Repräsentant(in) 3, 5, 8, 32, 165f., 181– 189, 197, 199, 266, 269f., 272, 286 Repräsentanz 1, 8, 180, 202–205, 292 Repräsentation 2, 165, 175f., 210, 219 Retter(in) 2, 24, 181, 193f., 260, 271 Rettung 15, 17, 20, 22, 25f., 28, 42f., 50, 75, 87, 248, 271f., 279, 296, 305 Richter 2, 40, 82, 115, 117, 122, 139, 168, 173, 185, 196, 210, 270f., 282, 293f., 309, 314 Ruaḥ/xwr 76, 78, 89, 94, 99 Sabbat 137, 155, 184, 274, 276, 284 –– Sabbat(opfer)lieder 5, 7, 96–100, 284 Salomo, salomonisch 27, 38, 43, 82, 96, 173, 212, 258, 264f., 269f., 279, 289 Sara –– als Frau des Abraham 230 –– als Frau des Tobias 14–17, 19 Schau 1, 5, 75, 84, 86, 90, 100, 137, 179, 185, 207 Schekina 3, 5, 11, 80, 137, 154, 163, 211, 245, 287–291 Schöpfer 3, 10, 22, 59, 205, 216, 224, 226f., 236, 252f., 257, 259, 273, 300, 313
364
Sachregister
Schöpfung 4f., 9f., 78, 87, 109, 112, 122, 156, 165–169, 174, 176, 180, 215f., 218, 226, 237f., 240, 245–292, 298f., 302 –– Schöpfungsmittler(in) 10, 219, 259, 292, 294–301, 297, 299f., 313 –– Schöpfungsmittlerschaft 9, 247f., 250– 254, 258, 271, 277f., 286, 297, 300 Schriftgelehrte(r), schriftgelehrt 22, 38, 73, 85, 126, 145, 147, 152f., 155, 168, 170, 175 Schutz 15f., 26, 28, 51, 284, 294 –– Schutzengel 16, 119 Sendung 78, 93f., 157, 165, 169f., 172, 176, 180, 195f., 208 Sinai 9, 75, 78, 81, 83, 101f., 211, 231, 238f., 241, 309 Sohn (als Titel) 2, 6, 8–10, 33, 54, 108, 110, 122, 151, 166f., 171, 174, 180–182, 185, 188, 190–193, 197–199, 201–204, 207, 215, 222, 226, 228, 243, 247–249, 252–254, 261–263, 267f., 279, 286, 288, 293–301, 305, 314 Sophia/σοφία 4, 158, 160, 212, 225f., 237, 248, 250–277, 279, 282, 288, 298 Soteriologie, soteriologisch 9, 54, 200, 291, 301–303, 306–308 Stimme (göttlich) 1, 77, 81f., 90, 95, 97f., 137, 139, 165, 205, 234 Stoa, stoisch 4, 218, 223, 225, 227, 253, 258f., 272, 275, 279f., 287 Sturm 74–76, 82, 88f., 180 Sühne, sühnen 161, 272, 294, 298, 301, 314f. –– Sühnetod 312 Sünde 33, 38, 46, 57, 61, 69–71, 120, 128, 136, 148, 182f., 231, 242, 281, 294, 296, 298, 301, 306, 314 –– Sündenvergebung 181, 312 σῶμα 246, 262, 264, 272, 276, 284, 287–292 Taufe, taufen 159, 173, 217, 264, 267, 279, 281, 289, 291 (Johannes der) Täufer 157–161, 169, 172, 181f., 188, 191, 193
Tempel 5–7, 10–13, 17, 19–22, 26–29, 32, 47, 49, 74, 76, 81–83, 87, 89f., 92, 94–98, 100, 141, 160–165, 167f., 176, 181, 211, 218, 245, 274, 285, 288–291 –– Zeit des Zweiten Tempels 2, 10, 33, 106, 111, 119, 126, 130f., 133–136, 139, 146, 148 Theophanie 74f., 77f., 82, 88f., 101, 263, 270 Thomas 198, 200, 206 Thron, thronen 3, 8, 38, 74–78, 87f., 90–93, 98f., 111, 113f., 120f., 136–138, 140f., 146, 205, 247, 260, 264, 268–270, 272f., 277f., 285f., 288, 307f., 314 –– Thronwagen 3, 5, 73–103, 132 Tobias 13–19 Tobit 12–20, 27f., 243 Tod 15, 41, 85, 122f., 165, 183, 185f., 191, 200–202, 205–208, 219, 228, 249f., 260, 271f., 279, 290f., 302, 305, 312, 314 Tora 4, 6–9, 11, 14, 32, 48, 57, 86, 101, 103, 127f., 141, 153–156, 158, 161, 167, 169, 173, 175f., 211, 229–243, 245, 257, 271, 273–277, 309 Transzendenz, transzendent 3, 9, 11, 221, 223, 226–228, 236f., 257, 259, 262f., 277f., 286, 288, 290, 299, 302 Unvergänglichkeit, unvergänglich 263–266, 271 Vater (als Gottesbezeichnung) 9, 33, 42, 138, 155, 166f., 174, 179–208, 215, 217, 237f., 240, 248, 259, 293f., 314 Verehrung 18, 20, 26, 28, 107, 110, 138, 282f., 287, 299 Vergegenwärtigung 210, 219, 263 Verheißung 10, 42, 47f., 201, 206, 231, 233, 242, 271, 302–304, 308, 311–314 Vermittler 2, 4, 86, 93, 166f., 211, 214, 216, 241f., 286, 309 Vermittlung 1f., 6f., 9–11, 31, 33, 92, 117, 176, 199, 204, 207f., 209, 211, 225f., 229–243, 245, 256, 259, 261, 274, 278 Versöhnung 9, 219, 233, 246–250, 267, 271f., 279, 289, 293f., 298, 315
Sachregister Vision, visionär 5, 7, 73–103, 109, 111, 113f., 118f., 121, 129, 131, 133, 136, 165f., 174, 179, 186, 217, 222, 245, 269, 271, 278, 281, 284–286 Volk 2, 5, 7, 11, 13–15, 19f., 22, 24, 26, 28f., 32f., 36f., 39, 42, 45f., 50–53, 181, 186, 188, 193, 240, 277, 288, 291, 301, 310 Völker 21, 43–46, 74, 119, 170f., 214, 239, 269, 274f. Vollmacht 166, 171, 174f., 177, 180f., 184–189, 195f., 203–205 Weisheit 3–8, 11, 16, 22, 32f., 38, 52, 57–72, 84, 86, 117f., 126–130, 134, 141– 144, 147f., 152–165, 167–170, 172–176, 195, 211, 226, 245, 247f., 250–252, 254–261, 265f., 268–277, 288, 297 –– weisheitlich 16, 18, 22, 27, 38, 84, 86, 153, 158, 167–169, 172–174, 250, 254, 256, 261, 265, 291 –– Weisheitschristologie 5, 151f., 154, 157–169, 171–176, 250–277 –– Weisheitslehrer(in) 10–12, 22, 155, 269, 273, 277 –– Weisheitsliteratur 4, 38, 212, 262, 290 –– Weisheitsreflexion 297
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–– Weisheitsspekulation 4, 8–10, 151–177, 219, 250–277, 292 –– Weisheitstheologie 9, 22, 86, 174, 227f., 253, 270, 272, 289, 291 –– Weisheitstradition(en) 5, 9, 152, 225, 247, 250, 269, 274, 291 Werkzeug 18, 20, 26, 235, 259, 274 Wille (Gottes) 123, 153, 155f., 165, 167, 176, 189, 207, 248, 309, 313 Wirken 15, 18, 25f., 27, 94, 154, 176, 184, 191, 204, 207, 216, 227, 237, 241, 243, 257f., 263, 280, 289, 308, 311, 313 Wissen 47, 87, 117f., 123, 125, 166f., 169, 182, 192, 258, 280 Wolke/νεφέλη 75, 78, 88f., 264, 268f., 273, 288, 290 Wort (Gottes) 2–5, 10, 33, 54, 93f., 185, 195, 200, 204, 245, 257–260, 262, 273– 277, 292, 294–302, 313 –– Ich-bin-Worte 187f., 197 –– Wort(e) Jesu/Christi 176f., 184, 188, 199, 204, 208 Zelt 5, 43, 47, 50, 273, 288, 307 Zeus 221, 227, 254 Zion 11, 38, 41–43, 271, 288f.