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German Pages 265 [268] Year 1925
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Eröffnungssitzung am Montag, den 14. September 1925, abends 6 Uhr, in der „Oper am Königsplatz" (Kroll).
Geh. Justizrat Prof. Dr. R i e s s e r: Meine sehr geehrten Herren! Als Vorsitzender des Vorstands des Centraiverbands des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes satzungsgemäß dazu berufen, habe ich die Ehre, den VI. Allgemeinen Deutschen Bankiertag zu eröffnen. Ich hoffe, daß er sich durch die Gründlichkeit und Sachlichkeit der Verhandlungen den früheren Bankiertagen würdig an die Seite stellen wird. Ich bitte, die Konstituierung des Bankiertags durch die Wahl eines Präsidenten und der Vizepräsidenten vollziehen zu wollen, und erwarte Vorschläge. Herr Dr. Eduard v o n E i c h b o r n hat das Wort. Dr. E d u a r d v o n E i c h b o r n , Breslau: Ich schlage vor, Herrn Geheimrat R i e s s e r zum Präsidenten und die Vorstandsmitglieder des Centraiverbands zu Vizepräsidenten für die Tagung zu berufen. (Beifall.) Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r: Ich darf fragen, ob die Versammlung gegen die beantragte Wahl des Präsidenten Widerspruch erhebt. — Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann danke ich der Versammlung auf das herzlichste, daß sie mich nunmehr zum sechsten Male zur Leitung des Bankiertags beruft, der diesmal so zahlreich wie noch nie zuvor aus allen Gauen Deutschlands und auch aus dem Auslande besucht ist. Es ist ferner beantragt worden, daß die Herren des Vorstands des Centraiverbands zu Vizepräsidenten gewählt werden. Es sind dies die Herren Dr. Arthur S a l o m o n s o h n , Barthold A r o n s , Geh. Kommerzienrat Otto F i s c h e r , Geh. Kommerzienrat Hermann F r e n k e 1, Generalkonsul Moritz v o n M e t z 1 e r , Bruno Edler v o n d e r P l a n i t z , Geh. Hofrat Adolf P ö h l m a n n , Präsident Dr. Friedrich S c h w a r t z , Konsul Dr. h. c. Heinrich v o n S t e i n und Dr. h. c. Max W a r b u r g . Meinerseits bitte ich, noch folgende Herren zu Vizepräsidenten bestimmen zu wollen: Kommerzienrat Eduard B e i t v o n S p e y e r , Frankfurt a.M., Geh.Kommerzienrat Dr. h. c. Louis H a g e n , Präsident der Handelskammer Köln, Kommerzienrat Dr. Paul M i l l i n g t o n - H e r r m a n n , Bankdirektor, Berlin, Bankier Alfred M a r o n , in Firma Bondi & Maron, Dresden, Franz v o n 1*
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M e n d e l s s o h n , Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstags und der Industrie- und Handelskammer zu Berlin, Bankdirektor Robert P f e r d m e n g e s , Köln, und Geh. KommerzienratRichard S c h m i d t , in Firma Hammer & Schmidt, Präsident der Handelskammer Leipzig. Gegen die Wahl dieser Herren erhebt sich kein Widerspruch; sie sind somit einstimmig gewählt. Ich darf die sämdichen Herren, ihr Einverständnis voraussetzend, bitten, hier am Tische Platz nehmen zu wollen. Ich ernenne nunmehr, kraft der Satzungen hierzu befugt, zu Schriftführern unsere Geschäftsführer und stellvertretenden Geschäftsführer im Centraiverband: die Herren Rechtsanwalt Otto B e r n s t e i n , Eugen B r i n k , Dr. Hans-Albrecht F r a e n k e 1 und Dr. Erich T r o s t . Wenn ich mich jetzt, meine Herren, zunächst der Ehrenpflicht des Präsidenten dieser Versammlung zuwende, unsere Ehrengäste aus dem Inlande und aus dem Auslande zu begrüßen, so danke ich zunächst allen dafür, daß sie durch ihr Erscheinen ihr Interesse an unseren Verhandlungen an den Tag legen. Es ist leider völlig ausgeschlossen, sie alle persönlich zu nennen; das ist aber im gedruckten Teilnehmerverzeichnis geschehen, wo zugleich mit unsichtbaren Lettern das Wort steht, das auch unseren Mitgliedern gilt, das herzliche und aufrichtige Wort: Willkommen! Nur zusammenfassend und ohne an eine erschöpfende Aufzählung auch nur der in Betracht kommenden Gruppen denken zu können, darf ich zunächst begrüßen von den Mitgliedern der Regierungen des Reiches und der Länder den Herrn R e i c h s w i r t s c h a f t s m i n i s t e r , den Herrn Rcichsminister der F i n a n z e n , den Herrn lieichsministcr des A u s w ä r t i g e n , der erst etwas später erscheinen k;:nn, die Herren Reichsminister des I n n e r n und der P o s t sowie den P r e u ß i s c h e n Herrn Minister für H a n d e l u n d G e w e r b e und den Preußischen Herrn F i n a n z m i n i s t c r , mit ihnen die Herren Staatssekretäre und die sonstigen Vertreter der Reichs-, Landes-, Kommunal-, Finanz-, Verwaltungsbehörden und behördlichen Organisationen, wobei ich wohl den Herrn Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg besonders nennen darf. Ich begrüße ferner die Herren Vertreter des Reichsrats, des Reichstags und der Landtage sowie des Preußischen Staatsrats, der Reichsschuldenverwaltung, des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats, des Deutschen Industrie- und Handelstags, der Industrie-, Handels-, Gewerbe-, Landwirtschafts-, Handwerks- und Maklerkammern sowie der Zulassungsstellen, der Börsenvorstände und Börsenkommissariate; die Herren Präsidenten, Vizepräsidenten und die sonstigen erschienenen Mitglieder des Direktoriums der Reichsbank, ihres Generalrats und der Vorstände ihrer Zweigstellen; die Herren Repräsentanten der öffentlichen Banken und Bankinstitute, die Herren Präsidenten und Vizepräsidenten und sonstigen Vertreter von hohen Gerichten des Reichs und der Länder, den Herrn Vertreter der Berliner Universität und die sonstigen Ehrengäste
Riesser von den Universitäten und Hochschulen und aus dem Vorstande von Anwaltskammern; die Herren Vertreter der amtlichen und nichtamtlichen wirtschaftlichen Verbände, insbesondere der Spitzenverbände aus Industrie, Landwirtschaft, Handel, Gewerbe und Handwerk, mit denen wir namentlich in den letzten Jahren in stets sich stärkendem Vertrauen in vielen großen Fragen zusammengearbeitet haben, sowie die diplomatischen Vertreter ausländischer Staaten und die Repräsentanten der Bank- und Bankiervereinigungen aus Österreich, der Schweiz sowie ausländischer Bankinstitute. Nicht minder herzlich begrüße ich die Herren Vertreter der in- und ausländischen Presse einschließlich der Fachpresse, die ihr Interesse an unseren Arbeiten so oft durch sachliche Kritik an den Tag gelegt haben, die, zustimmend oder ablehnend, willkommen ist, weil wir daraus lernen können. Gestatten Sie, meine Herren, daß ich diesen Begrüßungsworten, bevor ich den Herren, die sich bereits dazu gemeldet haben, das Wort zur Erwiderung erteile, einige sachliche Worte zur Einleitung unserer morgigen und übermorgigen Verhandlungen anschließe. Meine Herren! Wir treten in überaus schweren Zeiten zusammen, und wir im Vorstand des Ccntralverbandes waren zunächst zweifelhaft, ob wir ungeachtet dieser Zeiten den Bankiertag nach fünfjähriger Pause einberufen oder ihn wegen dieser Zeiten nicht einberufen sollten. Wenn wir uns für die Einberufung entschieden, so war für uns dieses Mal wie in den früheren Fällen entscheidend, daß man weit über die Kreise hinaus, die in fordaufender Berührung mit dem Bankwesen stehen, von einer sachverständigen und unpolitischen Seite aus Näheres über die Voraussetzungen, Gründe und Ziele der Bankpolitik kennenlernen möchte, die naturgemäß zugleich einen Einblick in die allgemeine Wirtschaftspolitik und Wirtschaftslage gewähren muß. Die Stellung der deutschen Privatbanken, denen man wohl mit Recht einen starken Anteil an der in der Vorkriegszeit so glänzenden Entwicklung unserer Wirtschaft, insbesondere der Industrie, des Handels, der Schiffahrt und der Kommunen, zugeschrieben hat, war schon damals k e i n e M o n o p o l s t e l l u n g , die Banken waren schon damals nicht a l l e i n i g e „Verwalter des deutschen Volksvermögens" und nicht „ L e i t e r des wirtschaftlichen Unternehmungsgeistes". Heute aber ist von einem Monopol der Banken überhaupt und namentlich auf dem Gebiete des Kreditverkehrs weniger denn je die Rede, denn es ist, wovon morgen des näheren gesprochen werden wird, neben ihnen und unabhängig von ihnen eine Fülle öffentlicher, halböffentlicher, gemeinwirtschaftlicher und genossenschaftlicher Geldinstitute, die in jeder Gruppe eine erhebliche Kapitalmacht darstellen, auf dem gleichen Arbeitsgebiete tätig. Mit dieser Maßgabe aber wird doch stets die Kreditpolitik des Bankgewerbes von erheblicher Bedeutung sein, so daß auch diesem ein Teil der Verantwortung für die Entwicklung der Kreditpolitik und des Kreditverkehrs ohne Zweifel zufallt.
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Ich darf dem ersten Berichterstatter, Herrn Direktor W a s s e r m a n n , der morgen sprechen wird, in bezug auf die von ihm vorzunehmende Prüfung dieser letzteren Fragen nicht vorgreifen und gestatte mir daher hierzu nur wenige Bemerkungen: Schon die Bank-Enquete-Kommission von 1909 hatte sich eingehend mit den gegen das deutsche Bankgewerbe damals in sehr scharfem Tone erhobenen Vorwürfen beschäftigt, daß es z u v i e 1 e u n d z u l e i c h t K r e d i t e g e w ä h r t und dadurch die Sicherheit der Depositen und die Liquidität der Bankbilanzen und der Gesamtwirtschaft gefährdet habe. Der V. Allgemeine Deutsche Bankiertag vom Jahre 1920 (Referent Geheimrat Frisch) hatte umgekehrt die Anschuldigung zurückzuweisen, daß die Banken die Kreditbedürfnisse speziell der Industrie n i c h t a u s r e i c h e n d b e f r i e d i g t hätten, was dem damaligen preußischen Handelsminister Dr. Fischbeck als Regierungsvertreter Anlaß zu der Bemerkung gab, „daß zu den volkswirtschaftlichen Aufgaben der Banken nicht nur gehört, Kredite zu geben, sondern unter Umständen a u c h K r e d i t e zu v e r w e i g e r n " . In neuester Zeit hat man aber wiederum, und zwar auch in scharfer Weise, von einer bei weitem zu starken Verweigerung der Kredite (Kreditrestriktion), sogar von einer „Abdrosselung der Kredite", gesprochen, und bei jeder der beiden Arten der Beschuldigungen tauchten auch Einwendungen gegen das ganze S»y s t e m , auf dem die deutschen Banken beruhen, auf. Nach meinen persönlichen Erinnerungen als Mitglied der Bank-Enquete-Kommission von 1909 glaube ich, daß wir, die Bankvertreter in dieser Kommission, gegen den Vorwurf der „Kreditinflation" und gegen die Forderung der Ersetzung unseres Banksystems durch Schaffung reiner Depositenbanken sowohl gründlichen wie erfolgreichen Widerstand geleistet haben. Ich glaube, heute der Zustimmung weitester Kreise sicher sein zu können, wenn ich sage, daß unser Banksystem als solches im Frieden und im Krieg sich bewährt hat, was sogar in England, dem Mutterlande der reinen Depositenbanken, vor und nach dem Kriege vielfach den Wunsch auf Übergang zum deutschen Banksystem auftauchen ließ. Mit dem jetzigen Vorwurf unberechtigter Krediteinschränkung werden die Herren Berichterstatter sich beschäftigen, und es wird sich dann nach ausgiebiger sachlicher Erörterung zeigen, ob und inwieweit er berechtigt ist. Sollte aber diese sachliche Prüfung ergeben, daß dem deutschen Bankwesen in dieser oder in anderer Richtung irgendwelche Fehler oder Irrtümer zur Last fallen, so möchte ich nicht unterlassen, schon heute rückhaltlos zu erklären, daß die deutschen Banken und Bankiers auch in bezug auf die Vermeidung von Fehlern oder Irrtümern eine Monopolstellung nicht haben (Heiterkeit) — auch nicht in Anspruch nehmen. Wer da aber glaubt, ein solches Monopol für sich oder ihm nahestehende Kreise oder Institutionen oder — verzeihen Sie — für Regierungs-
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stellen in Anspruch nehmen zu können (Heiterkeit), der hebe den ersten Stein auf! Wir werden alle Fälle, in denen beachtenswerte und nicht rein politisch gerichtete Kritiker dem deutschen Bankgewerbe schwere Fehler oder Unterlassungen vorwerfen zu können glauben, ohne Scheu untersuchen und zur Besprechung bringen; das ist unser Recht und unsere Pflicht. Wir haben nichts zu verheimlichen und nichts zu vertuschen, haben es in den langen Jahren des Bestehens des Centraiverbands — im März nächsten Jahres sind 25 Jahre seit seiner Gründung abgelaufen — stets vermieden, wie ich wohl sagen darf, eine reine Interessenpolitik zu betreiben, und verlangen von uns selbst und allen anderen wirtschaftlichen Verbänden und Wirtschaftsgruppen, daß die vaterländischen Interessen im Falle eines Widerstreits stets den privaten Interessen vorangestellt werden. Mit heimischen und internationalen Verbindungen, welch' letztere besonders auch für Handel und Industrie eine unbedingte Notwendigkeit bilden, n a t i o n a l e Z i e l e zu verfolgen, ist die Aufgabe des deutschen Bankgewerbes, sein Wegweiser und seine Richtschnur ist das Gemeinwohl und das Vaterland. (Beifall.) Meine Herren! Die großen Aufgaben der deutschen Bankwelt innerhalb der Gesamtwirtschaft erheischen nach meiner Überzeugung gebieterisch ein von gegenseitigem Vertrauen getragenes Z u s a m m e n w i r k e n des B a n k g e w e r b e s und der R e g i e r u n g e n , der Reichsregierung und der Länderregierungen, da nur ein solches die im öffentlichen Interesse unbedingt erforderliche Grundlage beiderseitiger erfolgreicher Arbeit bildet. Dieses Zusammenwirken aber kann und soll weder die Kritik der Regierung an den Geschäften und der Tätigkeit der deutschen Bankwelt noch die der letzteren an den Maßnahmen der Regierung irgendwie ausschließen. Es versteht sich von selbst, daß die Reichsregierung, ungeachtet der auch damals für die Allgemeinheit wie für das Bankgewerbe überaus schweren Zeiten, nicht vergeblich an die deutschen Banken und Bankiers appelliert hat, als es sich darum handelte, mit ihrem Kredit a u ß e n w i r t s c h a f t l i c h e K r e d i t e d e s R e i c h e s z u v e r b ü r g e n und z u r S c h a f f u n g d e r geldlichen Grundlagen für die Sanierung der R e i c h s f i n a n z e n und unserer Währung beizutragen. Aber, meine Herren, es versteht sich n i c h t von selbst, daß das Vertrauen der wechselnden Reichsregierungen zu unbegrenzter Mitarbeit der Banken sich auch betätigte durch Übertragung umfangreicher kostenloser Arbeiten (Heiterkeit), die an sich Sache des Reichs waren, so bei der Durchführung der Steuerauskunftspflicht, über die wir vielleicht auf dieser Tagung noch etwas Näheres hören, bei der seinerzeitigen Durchführung der Kapitalflucht- und Devisengesetze sowie aus neuester Zeit bei der Durchführung der Goldbilanzenverordnung und der Aufwertungsgesetze einschließlich
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der durch die Trennung von Alt- und Neubesitz bei der Aufwertung von Anleihen erforderlichen Arbeiten. Es versteht sich ferner n i c h t von selbst, daß mitunter aus dem Inhalt und sogar aus dem Ton der uns zugegangenen oder uns mitbetreffenden Zuschriften oder Verfügungen seitens solcher Kreise, welche die Sachlichkeit der Regierung nicht kennen oder verkennen, der sicherlich unrichtige Schluß gezogen wurde, daß beide — Inhalt und Ton — von der so häufig wechselnden öffentlichen Meinung oder von der Stimmung großer politischer Parteien wesentlich beeinflußt sein könnten. (Bravo!) Bei der großen Bedeutung eines dauernden reibungslosen Zusammenarbeitens zwischen Regierung und Bankwesen und entsprechend der, wenn auch nicht monopolistischen, so doch nicht untergeordneten Stellung des deutschen Bankwesens innerhalb der deutschen Wirtschaft muß aber auch endlich dem geradezu unwürdigen und von mir schon auf dem letzten Bankiertage, also vor fünf Jahren, als „unerhört" bezeichneten Zustande ein Ende bereitet werden, daß das gesamte große deutsche Bankwesen, also Privatbanken, Privatbankiers, Hypothekenbanken, Provinzbanken, bisher lediglich zwei seiner Mitglieder als offizielle Delegierte im Vorläufigen Reichswirtschaftsrat hat. Angesichts der offensichtlichen Unhaltbarkeit dieses Zustandes und entsprechend auch den Zusagen, welche zwei frühere Reichsminister auch mir persönlich gegenüber gemacht haben, darf ich wohl eine erhebliche Verbesserung des jetzigen Zustands bei der Schaffung des endgültigen Reichswirtschaftsrats erwarten und mich daher für die Zukunft einer Wiederholung unserer Forderungen für enthoben erachten. Wir unsererseits werden eine Regierung, die sich in ihren Maßnahmen auf dem Bankgebiet lediglich von sachlichen und nicht von rein politischen Gesichtspunkten leiten läßt, unterstützen. Insbesondere wird dies dann geschehen, wenn bei Fortdauer unserer Exportschwierigkeiten und sonstiger Hemmnisse die Frage der Möglichkeit unveränderter Fortzahlung der ungeheuren Verpflichtungen aus dem Dawes-Plan auftaucht und dann, wenn die unbedingt notwendige e n d g ü l t i g e F e s t s t e l l u n g d e s Gesamtbetrags unserer Reparations1asten sowie die v o l l e Anrechnung der vom deutschen Volke bereits gemachten Leistungen und die Anrechnung aller, namentlich im Ruhrgebiet, von französischer und belgischer Seite w i d e r r e c h t l i c h e r f o l g t e n B e s c h l a g n a h m e n auf Reparationskonto gefordert wird, was bald geschehen muß. Wir werden die Regierung ferner unterstützen bei der jetzt besonders wichtigen Frage, ob und inwieweit und mit welchen t a t s ä c h l i c h e n Erfolg versprechenden M i t t e l n eine P r e i s s e n k u n g auf allen Gebieten möglich ist. Meine Herren! Ein Vertrauensverhältnis sollte aber auch immer mehr zwischen den einzelnen Erwerbsgruppen denkbar sein, derart, daß eine allgemeine K a m p f p a r o l e ausgeschlossen ist und die Überzeugung Platz greift, daß die Gesamtheit leiden
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muß, wenn eines ihrer für sie wichtigen Mitglieder daniederliegt, möge der daniederliegende Teil die Industrie, die Landwirtschaft, der Handel, das Gewerbe oder das Handwerk sein. Die Versöhnungsund Ausgleichsparole, die hier und im Verhältnis zwischen Arbeitgebern einerseits und Angestellten und Arbeitern andererseits an Stelle der Kampfparole treten muß, ist und bleibt das wirkungsvollste Mittel, um die heutige, sich vielleicht noch verschärfende Krisis bestehen zu können und so allmählich zum Wiederaufbau einer tragfahigen Wirtschaft zu gelangen. Wird durch die ewige Wiederholung und Verschärfung eines rücksichtslosen K l a s s e n k a m p f e s die Wirtschaft geschädigt, welche alle ohne Unterschied stützen und fördern müßten, so werden auch die Arbeiter und Angestellten, die, ebenso wie die Unternehmer, nicht Selbstzweck, sondern nur verantwortliche Glieder des Gesamtorganismus sind, zu spät einsehen, daß sie damit den Ast abgesägt haben, auf dem sie sitzen, und die Quelle verschüttet haben, die auch ihnen in der Wüste der heutigen Wirtschaft noch die einzig mögliche Nahrung spendet. (Sehr richtig!) Ich freue mich, meine Herren, daß diese Gedanken bei der gemeinsamen Tätigkeit der Spitzenverbändc immer mehr als Voraussetzungen gedeihlicher Zusammenarbeit erkannt werden. Ich gebe aber auch der Genugtuung darüber Ausdruck, daß wir heute so viele und angesehene Vertreter der Parlamente des Reichs und der Länder in unseren Reihen sehen, die durch ihre Teilnahme an unseren Verhandlungen zeigen, daß für ihre Entschließungen nur sachliche, aus genauer Kenntnis der Tatsachen sich ergebende Gesichtspunkte bestimmend sind und bestimmend sein sollen. Meine Herren! Die überaus gefahrvolle Lage, in der sich die deutsche Gesamtwirtschaft aus bekannten Gründen derzeit befindet, aus der sie gerettet werden soll, gerettet werden muß und nach meiner Überzeugung gerettet werden wird — diese Lage gestattet mir nicht, zum Schlüsse lediglich den bekannten Zuruf zu wiederholen: „Das Vaterland erwartet, daß jeder seine Pflicht tut." Das deutsche Vaterland muß verlangen, daß jeder von uns seine m e h r tut, w e i t m e h r t u t a l s l e d i g l i c h P f l i c h t , daß ein jeder mit der äußersten Anstrengung seiner Nerven und seiner Lebenskraft, seines Denkens und seines Willens, seines Könnens, seiner Mittel und seiner Initiative die Wiederaufrichtung und Befreiung des Staates in unermüdlicher Arbeit sich als festes Ziel setzt. (Beifall.) Sie, meine Herren, werden hierbei und bei dem Schutze unserer Valuta, die unter allen Umständen erhalten bleiben muß und sicherlich auch erhalten bleiben wird, sich ohne Zweifel erneut erhebliche Opfer auferlegen, durch manche Krise noch hindurchgehen und vielleicht für längere Zeit noch auf hohe Gewinne verzichten müssen. Aber sie werden das große Ziel, das höchste, was wir haben, das Ziel der Wiederaufrichtung unseres Vaterlandes, erreichen, wenn sie erfüllt sind von dem lebendigen, erhebenden und unzerstörbaren Glauben an eine glückliche Zukunft des
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deutschen Vaterlandes, der in der Tat Berge versetzen kann, und von jenem eisernen Willen beseelt sind, den schwere Widerstände nur immer erstarken lassen. Das d e u t s c h e B a n k w e s e n w i r d in der e r s t e n R e i h e d e r K ä m p f e r um D e u t s c h l a n d s W i e d e r au f b au zu f i n d e n s e i n o d e r es w i r d n i c h t m e h r s e i n . Dieses letztere wird aber nicht eintreten. Das deutsche Bankwesen w i r d sein und bleiben, wird, wie das Vaterland, leben und vorwärtskommen unter kluger und weitsichtiger, vorsichtiger und doch wagemutiger Führung, die ihre hohe Verantwortlichkeit kennt und ihr Rechnung trägt. (Lebhafter, allseitiger, lang anhaltender Beifall.) Ich darf nunmehr das Wort erteilen dem Herrn Reichswirtschaftsminister Dr. N e u h a u s. Reichswirtschaftsminister Dr. N e u h a u s: Meine sehr geehrten Herren! Ich habe die Ehre, namens der Reichsregierung die Begrüßung durch Ihren verehrten Herrn Vorsitzenden auf das herzlichste zu erwidern und der Freude und Genugtuung darüber Ausdruck zu geben, daß nach nunmehr fünf Jahren wiederum ein Bankiertag sich in der Reichshauptstadt zusammengefunden hat, der, wie das reiche Programm erweist, die großen Gegenwartsfragen des Bankwesens, die aber zum großen Teil darüber hinaus Fragen der gesamten Wirtschaft sind, in sachlicher Arbeit klären und der Lösung näherbringen will. Mir will scheinen, meine Herren, daß Sie auch den richtigen Zeitpunkt zu Ihrer Tagung j e t z t gewählt haben, wo nach der Stabilisierung der Währung und den Dawes-Gesetzen sowie nach dem großen Gesetzgebungswerk dieses Sommers auf dem Aufwertungs-, Steuer und Zollgebiet eine gewisse Ruhe, wenn auch noch keineswegs eine endgültige wirtschaftliche Befriedigung eingetreten ist, die zur Selbstbesinnung und Prüfung der Lage ausgewertet werden muß. Als Vertreter des dem Bankwesen vorzugsweise nahestehenden Reichsressorts darf ich Ihnen versichern, daß ich die Bedeutung der Banken für unsere Wirtschaft nicht nur auf Grund meiner amtlichen, sondern auch auf Grund zwischendurch geleisteter privater Tätigkeit in stärkstem Maße würdige und es mit Freuden begrüße, daß die Entwicklung seit der Stabilisierung den deutschen Banken eine Kräftigung gebracht hat, die ihnen im Inland und Ausland wieder die Wege zum alten Ansehen eröffnet. Die Stellung der Banken innerhalb der deutschen Wirtschaft hat ja seit der Friedenszeit in Verfolg von Krieg und Inflation mehrfache Wandlungen durchgemacht. In die ersten 1V2 Jahrzehnte seit der Jahrhundertwende fällt ein großartiger Aufschwung der deutschen Wirtschaft, der oft genug in stolzen Rückblicken und zahlenmäßigen Übersichten dargestellt worden ist. In diesem Aufschwung waren die deutschen Banken nicht nur als ein Teil wie andere einbegriffen, sondern sie waren in weitestem Maße T r ä g e r u n d A n r e g e r der gesamten E n t w i c k l u n g n a c h o b e n . Indem sie mittels des immer weiter ausgedehnten Depositensystems die Kapitalien aus den einzelnen Kanälen der
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Wirtschaft zusammenholten und sie an den Sammelpunkten zur Ausleihung an Handel und Industrie oder zur Beteiligung bereitstellten, gaben sie der Industrie M ö g l i c h k e i t u n d A n t r i e b z u d e n g r o ß e n S c h ö p f u n g e n , wie wir sie irn Bergbau und in der Eisenindustrie, in Elektrizitätsindustrie und Maschinenbau, in chemischer Industrie und im Schiffahrtsgewerbe ziu den ersten der Welt zählen durften. Die Banken waren nicht nur Geldgeber, sondern Berater und Förderer der aufstrebenden Industrie und teilten sich in den Aufsichtsräten der Gesellschaften in freundschaftlichem, beiderseits förderlichem Zusammenwirken mit den Industriellen und Kauf leuten in den Einfluß, den nun eiinmal die Verfügung über die Mittel der Wirtschaft gewährt. Der Krieg brachte eine Wandlung in der Stellung der Banken. Ilhre wichtigste Aufgabe wurde die Finanzierimg des Krieges; und sie machten das Wort Lloyd Georges, daß die silbernen Kugeln — die finanziellen Kräfte — den Krieg entscheiden würden, zuschanden. Finanziell haben wir die vier Kriegsjahre durchgehalten, nicht zum wenigsten auf Grund der aufopfernden Arbeit des deutschen Bankgewerbes. In dieser Zeit der Kricgsanleihezeichnung mußten die Banken von der Industriefinanzierung einigermaßen abrücken; diese übernahm zum größten Teil das Reich mit den Kriegsaufträgen für die Industrie, aber doch auch wieder nur mit dem von den Banken auf dem Wege über die Kriegsanleihen bereitgestellten Gelde der Wirtschaft. I n d i e s e r Z e i t gewann bereits die I n d u s t r i e g e g e n ü b e r d e n B a n k e n a n K r a f t u n d S e l b s t ä n d i g k e i t — eine Folge der aus den Kriegslieferungen fließenden Gewinne. In der nun weiter einsetzenden Inflationsperiode verstärkte sich diese Entwicklung. Die Industrie ging frühzeitig dazu über, ins Ausland gegen Devisen zu verkaufen, und kam im Verlauf der Jahre 1921/1922 mehr und mehr dazu, auch im Inlande ihre Waren nur in Anlehnung an die Devisenkurse in rechnungsmäßiger Goldmark abzugeben. So konnten große Teile der Industrie ihren Sachstand erhalten und in mehr oder weniger wirtschaftlich glücklichen Konzernbildungen z u g e w a l t i g e n Machtfaktoren zusammenballen. Die Banken haben in dieser Zeit nicht Schritt halten können. Sie waren als Vermittlungspunkte des Geldverkehrs am stärksten mit der sich entwertenden Papiermark verknüpft; die Ware in ihrem Unternehmen war das Geld, die Mark, die sich von Monat zu Monat und schließlich von Tag zu Tag entwertete. Wenn schon nun die Entwertung sowohl die Einlagen bei den Banken wie die gewährten Kredite gleichmäßig ergriff, so waren doch auch die Eigenkapitalien der Banken der Entwertung mit ausgesetzt, und da Devisenkauf zur Vermögensanlage verboten war, mußte die Kapitalkraft der Banken mehr und mehr dahinschwinden. Die Versuche, dem entgegenzuwirken, Valorisierung der Kredite und Goldkonten für die Einlagen, kamen erst im Sommer 1923 zu einer Zeit zu weiterer Anwendung, als der rapide gewordene Absturz der Mark keine durchgreifenden organisatorischen Änderungen mehr zuließ und auch nicht mehr viel zu retten blieb.
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Das Ergebnis dieser kapitalzerstörenden Inflationszeit für die Banken war, daß in den Goldbilanzen, die zum 1. Januar 1924 aufgestellt wurden, das Kapital der Banken durchschnittlich auf weniger als ein Fünftel des Vorkriegskapitals gesunken war, während, wie bekannt, die Industrie, zu einem Teile wohl auch auf Grund der Gewinne aus von Banken gewährten Papiermarkkrediten, ein wesentlich günstigeres Verhältnis aufwies. Daß in dieser Zeit der Einfluß der Banken auf die Industrie zurückgedrängt wurde, und daß gerade umgekehrt ein E i n d r i n g e n d e s I n d u s t r i e k a p i t a l s in das Bankwesen durch G r ü n d u n g von K o n z e r n b a n k e n und Ü b e r n a h m e v o n A k t i e n m e h r h e i t e n alter Banken zu beobachten war, war die natürliche Folge dieser Verschiebung an Kapitalmacht. S e i t d e r S t a b i l i s i e r u n g hat sich nun das B l a t t wieder g e d r e h t . Die Konjunktur für die Industrie schwand, nachdem das Rechnen mit festen Werten den eingetretenen Grad der deutschen Verarmung offenbar gemacht hatte und alle Geldentwertungsgewinne in Wegfall kamen. Vielfach zeigten sich auch die in der Inflationszeit erworbenen Sachwerte und erstellten Anlagen nicht in dem Umfange produktiv, der den für sie aufgewendeten Mitteln entsprach. Allerorten begann das zum Weiterbetrieb der Unternehmungen erforderliche mobile Betriebskapital zu fehlen. M e h r a l s j e sind heute I n d u s t r i e u n d L a n d w i r t s c h a f t auf die H i l f e der Banken angew i e s e n , um sich die notwendigen Betriebskredite zu beschaffen, und für die Banken liegt heute dieses Problem unendlich viel schwerer als vor dem Kriege, weil es an den Spargeldern der breiten Bevölkerungsmassen fehlt. Es ist eine natürliche Folge dieses Kapitalmangels, daß die deutsche Wirtschaft mit Zinssätzen arbeiten muß, die weit über die im Ausland üblichen hinausgehen. Andererseits aber bildet die Höhe dieser Sätze eine große Hemmung für die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Industrie und ist neben anderen ein Grund der Verteuerung der deutschen Lebenshaltung. Die Reichsregierung ist daher bei der von ihr eingeleiteten Vcrbilligungsaktion wie an alle anderen Wirtschaftsgruppen auch an die Banken herangetreten, um mit ihnen die Mittel zu prüfen, die Kosten der Geldbeschaffung auf das unbedingt notwendige Maß herabzusetzen. Sie hat ihrerseits eine Reihe von Voraussetzungen zur Erreichung dieses Zieles geschaffen. Die Gesetzgebungsarbeit des letzten Jahres hat weitgehende Steuerermäßigungen — die übrigens auch gerade auf dem Bankgebiete wesentliche Erleichterungen herbeiführen — gebracht; sie hat die Hemmungen der Devisen- und Kapitalflucht-, der Ein- und Ausfuhrgesetzgebung bis auf geringe Reste beseitigt. Sie hat in den letzten Tagen entscheidende Schritte getan, um durch Änderungen in der Anlage der öffentlichen Gelder den von den Banken vertretenen Anordnungen entgegenzukommen. Sie erwartet, daß die Banken ihrerseits die Bestrebungen der Reichsregierung, die S p a n n e zwischen S o l l - u n d H a b e n z i n s e n bis auf einen mit den Unkosten noch verträglichen Stand zu ermäßigen, unterstützen,
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daß sie den A b b a u der noch aus der Inflationszeit herübergenommenen h o h e n und mannigfaltigen Prov i s i o n s s ä t z e vornehmen und daß sie eine Reihe anderer Maßnahmen ergreifen, über die wir an anderer Stelle in den letzten "Wochen gesprochen haben und in den nächsten Wochen sprechen werden. Die Reichsregierung hat das Vertrauen, daß die Banken alles tun werden, was irgend in ihrer Macht steht, um durch ihre Mitwirkung die Reichsregierung bei ihren Bestrebungen zur Erhaltung eines erträglichen Preisniveaus zu unterstützen. Während auf dem oben behandelten Gebiete die Ergebnisse des Zusammenarbeitens der Banken mit der Regierung noch in der Zukunft liegen und Gegenstand meiner zuversichtlichen Hoffnung sind, haben die Banken auf einem anderen Gebiete, das mich beschäftigt, zu meiner Freude in den letzten Tagen die Initiative ergriffen. Die Mißstände, die im Aktienwesen während der Inflationszeit eingerissen sind und sich insbesondere auch in der Schaffung und Benutzung von Mehrstimmenrechts- und Verwertungsaktien gezeigt haben, sind seit längerer Zeit Gegenstand der Aufmerksamkeit der Reichsregierung. (Bravo!) Die in der Öffentlichkeit vielfach gestellte Forderung, im Wege der Gesetzgebung Abhilfe zu schaffen, scheint mir jedoch nicht den geeigneten Weg zu weisen. Vielmehr haben w ir es nach meiner Überzeugung hier mit einem Überbleibsel der Inflationszeit zu tun, das wie andere derartige Reste am besten von den beteiligten Kreisen selbst beseitigt wird. Die Banken haben im Zusammenwirken mit der Industrie diese Frage in die Hand genommen und hierdurch gezeigt, daß sie bereit sind, den Anfang mit dieser P-einigungsarbeit zu machen. Den gleichen Willen bat die Berliner Zulassungsstelle in einer Veröffentlichung bekundet. Bei der ganzen, noch im Fluß befindlichen wirtschaftlichen Entwicklung scheint mir diese Art des Vorgehens die richtige zu sein. Trotzdem muß die Reichsregierung die Frage aufmerksam im Auge behalten. Eine genaue — unter Mitwirkung des Statistischen Reichsamts — durchgeführte Aufstellung der vorhandenen Mehrstimmenrechts- und Vorratsaktien wird feststellen, ob sich die allmähliche Aufsaugung dieser Papiere mit der erforderlichen Raschheit vollzieht. Ob die Regierung in der Lage sein wird, dabei ihre gesetzgeberische Zurückhaltung zu bewahren, wird auch davon abhängen, ob in der Zwischenzeit ein Mißbrauch der durch diese Aktienarten in die Hände der Verwaltungen gelegten Macht stattfindet. Sollte dies der Fall sein und sollten die Börsenzulassungsstellen nicht mit den in ihre Hand gegebenen Mitteln solchen Mißbräuchen wirksam entgegentreten, so könnte allerdings ein gesetzliches Einschreiten nicht vermieden werden. Meine Herren, es liegt mir fern, durch diese sachlichen Bemerkungen Ihren Verhandlungen vorgreifen und den festlichen Charakter des heutigen Abends stören zu wollen. Ich mußte diesen Mahnruf, der von ernstester Sorge für die deutsche Wirtschaft getragen ist, ergehen lassen und glaube damit im Rahmen Ihrer
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Tagung zu bleiben, die, wie die angesetzten Vorträge Ihrer führenden Herren und die uns überreichten Schriften belegen, doch gerade bestimmt ist, die Kümmernisse der Wirtschaft und des Bankwesens hier zu erörtern und einen Ausweg aus den uns alle bedrückenden Schwierigkeiten zu suchen. Ich darf, meine sehr geehrten Herren, schließen mit dem Wunsch, daß das auf dieser Tagung vereinte deutsche Bankgewerbe weiter erstarken und im Rahmen einer wiederaufgebauten deutschen Wirtschaft weiter diejenige führende Stelle einnehmen möge, die ihm nach seiner großen Vergangenheit und nach dem Maß der in ihm lebendigen geistigen Kräfte gebührt. (Lebhafter Beifall.) Preußischer Minister für Handel und Gewerbe Dr. S c h r e i b e r : Meine sehr geehrten Herren! Es gehört zu der guten Tradition der Allgemeinen Deutschen Bankiertage, dieser seltenen Veranstaltungen, daß auf ihnen Probleme zur Erörterung gelangen, die weit über den Kreis der Bankwelt hinaus für das gesamte deutsche Wirtschaftsleben von der erheblichsten Bedeutung sind. Die Preußische Staatsregierung wird daher Ihre heute beginnende Tagung, die dieser guten Tradition treugeblieben ist, nicht nur mit dem allerlebhaftesten Interesse verfolgen, sondern sie hat mich beauftragt, Ihnen, meine sehr geehrten Herren, ihre Grüße und aufrichtigen Wünsche für einen erfolgreichen Verlauf Ihrer Beratungen zum Ausdruck zu bringen. Indem ich mich dieses Auftrages entledige, darf ich ein Wort des Dankes anknüpfen für das freundliche Willkommen, das Ihr Herr Präsident den Vertretern der Staatsregierung vorhin entboten hat. Wir sind Ihrer Einladung um so bereitwilliger gefolgt, weil wir der Hoffnung sind, daß eine Reihe wichtiger Fragen, die den Gegenstand unserer amtlichen Prüfung bilden, durch Ihre Beratungen der Klärung nähergebracht wird. Meine Herren, Sie sind in einer Zeit zusammengetreten, wo die Aufgaben und die Tätigkeit der deutschen Banken vielfach nicht gerecht gewürdigt werden. Trösten Sie sich! Sie teilen dabei das Schicksal der deutschen Regierungen. (Heiterkeit.) Wie heute noch weite Kreise unseres Volkes geneigt sind, den Regierungen Unfähigkeit oder Böswilligkeit zu attestieren, weil nach den furchtbaren Verheerungen, die der viereinhalbjährige Weltkrieg und die Knebelung der deutschen Freiheit auf wirtschaftlichem und politischem Gebiete verursacht haben, das Leben in unserem Vaterlande noch nicht wieder so angenehm ist als vor dem Kriege, so wollen viele nicht verstehen, daß nach dem Schwund des Eigenkapitals der deutschen Banken und des Sparkapitals des deutschen Volkes der Kredit, den die Banken gewähren, noch nicht wieder so reichlich und so billig sein kann wie ehedem. Es wird auch auf diesem Gebiete leider nur ganz allmählich wieder vorangehen, und diejenigen, die an Wunder glauben, werden, wie es ihr Schicksal ist, vor Enttäuschungen nicht bewahrt bleiben. Und doch, wenn wir den Weg der deutschen Wirtschaft von der Stabilisierung unserer Währung und von der Neuordnung des Reparationsproblems entsprechend dem Dawes-Plane verfolgen
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— wirtschaftliche Entscheidungen, bei denen, wie Sie mit Stolz feststellen können, Angehörige Ihres Standes eine besonders hervorragende Rolle gespielt haben —, dann kann man nicht verkennen, daß auch auf dem Gebiete des Kreditwesens in Deutschland in den vergangenen Monaten erhebliche Fortschritte gemacht worden sind. Ich hoffe, daß diesen Fortschritten bald weitere folgen werden. Eine gesunde Entwicklung auf diesem Gebiete wird aber wesentlich davon abhängen, daß der Spartrieb im Volke, der gewisse hoffnungsvolle Ansätze zeigt, sich weiterentfaltet, daß die Möglichkeit der Betätigung dieses Spartriebes nicht durch übermäßige Steuerschöprung verringert wird (Sehr gut! und Bravo!), und daß die öffentlichen Gelder den dazu berufenen Organen des Kreditverkehrs zur Befriedigung des täglichen Bedarfes der Wirtschaft möglichst wohlfeil zur Verfügung gestellt werden. (Sehr richtig!) Daneben wird es die besondere Aufgabe der deutschen Banken sein, das große und berechtigte Vertrauen, das sie bei ihren Berufsgenossen im Auslande genießen, auszuwirken, um der deutschen Wirtschaft auch ausländische Leihgelder zu vermitteln. Ich will dabei die Frage ganz offen lassen, ob es zweckmäßiger ist, diese Gelder in Form von Anleihen oder in Form von Beteiligungen, insbesondere auf dem Wege über die Börse, der deutschen Wirtschaft dienstbar zu machen. In jedem Falle wird es angesichts des geringen Umfanges der innerdeutschen Aufnahmefähigkeit für Industriewerte wichtig sein, daß die deutschen Börsen wieder mehr als bisher das Interesse ausländischer Geldgeber anziehen. In diesem Zusammenhang werden Sie, meine sehr geehrten Herren, in Gemeinsamkeit mit den Unternehmungen, die sie beraten, zu prüfen haben, welche Wege die Dividendenpolitik zu gehen hat bei den Gesellschaften, die einen Gewinn ausweisen. Auch für die Beteiligung des deutschen Sparers am Effektenmarkt wird diese Frage von entscheidender Bedeutung sein. (Sehr richtig!) Bei der außerordentlichen Wichtigkeit der Leistungsfähigkeit der Effektenbörsen zur Beschaffung der von der Industrie benötigten Kapitalien ist die pflegliche Behandlung der Börsen gegenwärtig eine um so dringlichere Aufgabe, als es gilt, den führenden Effektenbörsen Deutschlands wieder die nationale und internationale Bedeutimg zu verschaffen, die sie vor dem Kriege hatte. Deshalb werden die auf den börsenmäßigen Handel bezüglichen Angelegenheiten, die Sie in Ihrer diesjährigen Tagung behandeln wollen, von meiner Verwaltung mit besonderem Interesse verfolgt werden. Neben der wichtigen Aufgabe der Banken, der deutschen Wirtschaft wieder Kredite in höherem Maße als bisher zu vermitteln, obliegt ihnen die, wie mir scheint, beinahe noch schwierigere, jedenfalls aber verantwortungsvollere Pflicht, die vorhandenen, sicherlich noch auf geraume Zeit knappen Kreditmittel der deutschen Wirtschaft so zur Verfügung zu stellen, daß sie im Rahmen der Gesamtvolkswirtschaft den größten und nachhaltigsten Nutzeffekt erzielen. Angesichts der Übersetztheit unseres Produktions- und Verteilungsapparates werden die Banken bei der Hergabe von Krediten im Interesse einer Gesundung der deutschen Wirtschaft
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weit sorgfältiger als früher auf Grund ihrer Kenntnis der Verhältnisse ihrer Kunden prüfen müssen, ob der kreditsuchende Betrieb nach seinen technischen Einrichtungen und nach seiner Leitung Lebensfähigkeit und Lebensberechtigung angesichts der veränderten Konkurrenzverhältnisse des In- und Auslandes besitzt. Je sorgfältiger die Banken in dieser Beziehung vorgehen, um so zuversichtlicher werden auch die Sparer ihnen ihre Gelder zur Verwaltung anvertrauen können. Meine Herren, man wird anerkennen müssen, daß die deutschen Banken bei der Bewältigung gewisser Krisen in jüngster Zeit mit Sachkunde und Geduld so zweckmäßige Maßnahmen getroffen haben, daß eine weitergehende Beunruhigung der Wirtschaft, als sie in der Natur dieser Erscheinungen seibst lag, vermieden worden ist. Ich hoffe, daß die deutschen Banken sich durch derartige vereinzelte Krisenerscheinungen nicht entmutigen lassen. Es mag sein, daß sich die Konsolidierung der deutschen Wirtschaft, wie jeder wirtschafdiche Aufstieg, auch in Zukunft nicht geradlinig, sondern in Wellenlinien vollzieht. Ich habe aber das feste Vertrauen, daß es doch allmählich und stetig weiter vorangehen wird mit der deutschen Wirtschaft, v/enn wir alle Energien zusammenfassen, die in unserem Volke lebendig sind. Ich hoffe und wünsche, daß es dem deutschen Bankierstande gelingen möge, den hohen Aufgaben, die ihm in diesem Rahmen gestellt sind, auch in Zukunft jederzeit und in vollstem Maße gerecht zu werden. (Lebhafter, lang anhaltender Beifall.) Reichsbankpräsident Dr. S c h a c h t (mit lebhaftem Beifall von der Versammlung begrüßt): Meine sehr geehrten Herren! Es ist mir als Reichsbankpräsident eine hohe Ehre, Sie heute abend namens des Reichsbankdirektoriums auf das herzlichste begrüßen zu dürfen. Darüber hinaus empfinde ich eine persönliche Freude und Genugtuung, in meinem derzeitigen Amte an dieser bedeutsamen Tagung teilnehmen zu können. Länger als 20 Jahre habe ich als einer der Ihrigen Leiden und Freuden des Bankberufes kennengelernt; und wenn ich mich auch nach wie vor damit abfinden muß, Zweifeln und absprechenden Urteilen über meine Amtseignung, meine währungs- und kreditpolitischen Ansichten zu begegnen, so wird doch das eine in diesem sachverständigsten Kreise anerkannt sein, daß die Entschließungen des Reichsbankdirektoriums bei der Not unserer Zeit immer getragen sind von der vollen Kenntnis und Berücksichtigung der schweren Aufgaben und der großen Verantwortung, vor die das deutsche Bankwesen heute gestellt ist. Meine Herren, mehr als in früherer Zeit bedarf heute die Reichsbank der engen Fühlung und des Vertrauens seitens der großen Öffentlichkeit. Bis zum Erlaß der neuen Bank- und Währungsgesetze war die Reichsbank ein unter Aufsicht der Reichsregierang stehendes Institut, und die Leitung der Bank mußte sich der Reichsregierung gegenüber verantwortlich fühlen. Unter der neuen Bankgesetzgebimg ist die Reichsbank mit einer Selbständigkeit ausgestattet, die ihrer Leitung eine eigene Verantwortung von
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höchstem Ausmaße auferlegt. Das ist einer der wesentlichen Gründe, warum das Reichsbankdirektorium den größten Wert darauf legt, die weitesten Wirtschaftskreise mit den Grundsätzen der Reichsbankleitung vertraut zu machen und die breite Öffentlichkeit über die Tragweite gesunder währungs- und kreditpolitischer Maßnahmen aufzuklären. Sie, meine Herren, sind in erster Linie berufen, das Reichsbankdirektorium in dieser Aufgabe zu unterstützen. Ihre heutige Tagung steht unter dem Zeichen einer ernsten Wirtschaftslage, die zwar vornehmlich durch die außerordentliche Kapitalknappheit entstanden ist, die aber im übrigen doch nicht nur auf materiellen Umständen beruht, sondern zu einem großen Teile auf psychologischen. Das gilt in erster Linie von der Frage des Preisabbaues. Es ist kein Zweifel, daß unsere Preisbildung nicht in erster Linie von den Produktionskosten, sondern in erheblichem Umfange von den Verteilungskosten bestimmt wird. Es wird vielfach nicht gefragt, wie billig kann diese Ware an das Publikum gelangen, sondern, wie teuer muß die Ware sein, um den nun einmal noch bestehenden aufgeblähten Apparat am Leben zu erhalten. (Sehr richtig!) Auch Sie, meine Herren, werden ernstlich prüfen müssen, wie weit Sie zu der Einschränkung dieses aufgeblähten Apparates beitragen können. Ich bin mir sehr wohl bewußt, daß die Herabsetzung der Zinssätze zwar die Produktion zu verbilligen vermag, aber die raschere Abstoßung von Warenbeständen seitens des Handels nicht begünstigt. (Sehr richtig!) Es wird deshalb über die Frage der Zinssätze hinaus Ihre Kreditpolitik darauf zu achten haben, daß die spekulative Durchhaltung von Warenbeständen unterbleibt. (Sehr richtig! und Bravo!) Besonders bedauerlich ist es, daß gewisse extreme Elemente links und rechts die bestehende Teuerung zum Anlaß nehmen, um die Währungspolitik der Reichsbank zu diskreditieren und in die Bevölkerung eine Beunruhigung dadurch zu tragen, daß sie diese Teuerung als Währungsinflation bezeichnen. Für diese auf völliger Verkennung der Tatsachen beruhenden Angriffe, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die unter schweren Mühen erkämpfte Stabilität unserer Währung bedrohen, ist kein Wort der Verurteilung scharf genug. (Bravo!) Ich habe mit all den vielen Einzelexistenzen, die durch die Inflation geschädigt sind, das größte Mitempfinden, ich bin aber überzeugt, daß die deutsche Allgemeinheit nichts weniger wünscht als einen neuen Währungsverfall (Sehr richtig!), und daß deshalb die Politik der Reichsbank gebilligt werden muß von allen denen, die das Wohl des Ganzen über das des Einzelnen stellen. (Sehr richtig! und Bravo!) Selbstverständlich wäre es mir eine große Freude gewesen, wenn ich Ihnen von dieser Stelle aus eine kleine Festgabe hätte zuteil werden lassen können (Heiterkeit), etwa in Gestalt einer Ausdehnung unserer Kreditgewährung oder Herabsetzung des Reichsbankaiskonts. (Heiterkeit.) Aber, meine Herren, die eben gemachten Ausfuhrungen werden gerade in Ihrem Kreise volles Verständnis finden, und deshalb darf ich zusammenfassend sagen, 2
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daß die gegenwärtigen Verhältnisse eine Änderung der bisherigen Währungs- und Kreditpolitik der Reichsbank nicht erlauben. Meine Herren, die Tagesordnung des VI. Allgemeinen Deutschen Bankiertages weist eine Reihe von Vorträgen auf über Fragen, die im Brennpunkt des öffentlichen Interesses stehen. Seien Sie versichert, daß das Reichsbankdirektorium den Ausführungen berufenster Vertreter des deutschen Bankgewerbes vollste Aufmerksamkeit schenken und ihnen eine eingehende Würdigung zuteil werden lassen wird. Wir wissen uns in den leitenden Gedanken der deutschen Währungs- und Bankpolitik mit Ihnen eins. Wir wissen, daß Sie sich leiten lassen von einem starken Verantwortlichkeitsgefuhl in dem Bewußtsein, daß in erster Linie auf das deutsche Bankgewerbe nicht nur das Inland, sondern die gesamte Finanzwelt des Auslandes ihr Vertrauen richtet. Möge der Verlauf Ihrer Tagung den Beweis erbringen, daß dieses Vertrauen gerechtfertigt ist, daß der deutsche Bankierstand den schwierigen Zeitverhältnissen gerecht zu werden willens und in der Lage ist. Das Reichsbankdirektorium wünscht und hofft, daß Ihre Beratungen zu Ergebnissen fuhren mögen, die zur weiteren Gesundung unseres deutschen Wirtschaftslebens beitragen. (Lebhafter, lang anhaltender Beifall.) Präsident des Deutschen Industrie- und Handelstags Franz v o n M e n d e l s s o h n : Meine sehr verehrten Herren! Im Namen des Deutschen Industrie- und Handelstags und damit sämtlicher amtlicher Handelsvertretungen Deutschlands habe ich die Ehre, dem hochverehrten Herrn Präsidenten für seine Begrüßungsworte den herzlichsten Dank auszusprechen. Auch wir sind der Einladung mit besonderer Freude gefolgt; wissen wir doch von früheren Bankiertagen her, daß hier von hoher Warte aus Fragen behandelt werden, die für die gesamte deutsche Wirtschaft bedeutsam sind. Das bezieht sich nicht nur auf die allgemeinen Probleme, die hier erörtert werden, sondern auch auf die eigentlichen Berufsfragen des Bank- und Bankiergewerbes. Es gibt wohl kein Gewerbe, das so mit allen Teilen von Industrie und Handel eng verknüpft ist wie das Bank- und Bankiergewerbe; und darum können wir wohl in Übereinstimmung mit dem, was Herr Präsident Riesser gesagt hat, es nur durchaus auf das wärmste anerkennen, daß gerade der Centraiverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes sich stets im Bewußtsein seiner Verantwortlichkeit für das Gedeihen der Wirtschaft bemüht hat, die Interessen des Bankierstandes mit denen des Allgemeinwohls zu vereinigen und die großen staats- und wirtschaftspolitischen Gesichtspunkte in den Vordergrund zu stellen. Hierdurch ist auch mit den übrigen Spitzenverbänden und, wie ich besonders hervorheben darf, mit dem Industrie- und Handelstag, worauf ja auch schon der Herr Präsident aufmerksam gemacht hat, eine enge Verwandtschaft und eine gemeinsame Arbeit entstanden, der auch der Erfolg nicht versagt geblieben ist. Diese gemeinsame Arbeit hat eine erhöhte Wichtigkeit dadurch erlangt, daß die Reichs- und Staatsregierung dankenswerter Weise
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sich mehr und mehr des Rats der Spitzenverbände bedient. Ich möchte im Zusammenhang hiermit noch erwähnen, daß die beiderseitigen Vertreter des Centraiverbandes und des Industrie- und Handelstags im Reichswirtschaftsrat sich wohl stets in voller Übereinstimmung über alle wichtigen Fragen, die dort verhandelt wurden, befunden haben. Meine Herren, die Bedeutung des Bankgewerbes für die Allgemeinheit und für die Gesamtheit von Handel und Industrie findet ihren sichtbarsten Ausdruck in den Allgemeinen Deutschen Bankiertagen. Noch jedesmal haben diese Verhandlungen Ergebnisse gezeitigt, die in Handel und Industrie ungeteilte Beachtung und allseitigen Widerhall fanden. Der Centraiverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes hat den diesjährigen Bankiertag, wie schon erwähnt worden ist, in ernster Stunde zusammenberufen, um wichtige Fragen von größter Bedeutung zu besprechen. Der Industrie- und Handelstag wird Ihren Beratungen mit der größten Aufmerksamkeit folgen und manche fruchtbare Bereicherung zur Lösung seiner eigenen Aufgaben daraus empfangen. Ich rufe Ihnen, meine sehr verehrten Herren, für Ihre beginnende Tagung ein herzliches und warmes Glückauf zu. (Lebhafter, allseitiger Beifall.) Abraham F r o w e i n , Erster Vizepräsident des Reichsverbandes der Deutschen Industrie: Meine Herren! Im Namen des Reichsverbandes der Deutschen Industrie spreche ich Ihnen den verbindlichsten Dank des Reichsverbandes für die Einladung zu Ihrer diesjährigen Tagung aus und wünsche Ihnen für Ihre Beratungen den besten Erfolg. Das Bankgewerbe hat stets, auch in einer gesunden Wirtschaft, eine der wichtigsten Aufgaben für die Gesamtwirtschaft zu erfüllen. Aber niemals wohl ist seine Aufgabe so bedeutungsvoll und so schwer gewesen wie heute in Deutschland. Alle Berufe und Stände leiden auf das schwerste unter Kapitalmangel und Kreditnot und blicken auf das Bankgewerbe als ihre natürliche Hilfe. Es kann meines Erachtens keinem Zweifel unterliegen, daß die Kreditnot und die damit verbundenen hohen Zins- und Leihsätze für Geld eine der wichtigsten Ursachen für die teueren Preise vieler Produkte und der dadurch entstehenden Schwierigkeiten auf dem Lohngebiete sind. Eine solche Auffassung wird zunächst überraschen, da man zur Zeit einer gesunden Wirtschaft durch hohe Zinssätze das Abstoßen überflüssiger Läger zu erzwingen versuchte und auch erzwang und infolge des vermehrten Angebots eine Herabdrückung der Preise erreichte. Ich sagte: in einer gesunden Wirtschaft. Bei uns liegen die Dinge aber leider so, daß der notwendige Lagerabbau längst erreicht ist und daß nunmehr die Kreditnot und die hohen Zinssätze anfangen, sich in ganz anderer Form auszuwirken, und zwar gerade in den Verkaufspreisen der Berufsschichten, die den Verkauf der für die Gesamtbevölkerung notwendigen Konsumwaren vermitteln. Der Schneider, der Fleischer, oder wer es auch immer sei, können und müssen sogar von ihrem Standpunkte aus relativ und absolut weit höhere Aufschläge für den Anzug und das Pfund Fleisch nehmen, um ihren bisherigen Lebensstandard aufrecht2*
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erhalten zu können. Sie können das um so unbedenklicher tun, weil sie nicht wie früher eine Konkurrenz von Berufsgenossen zu furchten haben, die ihre Umsätze durch eine Minderung der absoluten Gewinnspanne zu steigern versuchen. Sie wissen, daß niemand heute über das Kapital zur Steigerung des Umsatzes verfugt, und daß auch Kredite nicht oder nur in völlig unzureichendem Maße erhältlich sind. Ich erkläre ausdrücklich, daß ich keinen Vorwurf gegen diejenigen erheben will, die heute ihre Geschäfte in dieser Form betreiben. Aber ich halte es für notwendig, einmal auf diese wirklichen Ursachen der Teuerung hinzuweisen, weil in der Öffentlichkeit in erster Linie stets die Preise der Industrie und insbesondere die Preise der eigentlich nur mit drei Kreuzen zu schreibenden Kartelle für die Teuerung verantwortlich gemacht werden. Jeder, der sich einmal die Mühe gegeben hat, in diese Verhältnisse wirklich einzudringen, weiß, daß diejenigen fünf oder noch weniger Prozent, die beim Erzeuger den wirklichen Reinertrag bringen, gegenüber der Preiserhöhung, die das Produkt durchgemacht hat, bis es an den Verbraucher kommt, gar keine Rolle mehr spielen. Der Preiszuschlag per Tonne, der unseren ganzen Bergbau wieder ertragreich machen würde, ist geringer als die Kosten des Einschaufeins der Kohle in die Keller oder Läger der Verbraucher. In einer solchen Zeit der Kapitalnot hört selbstverständlich beim Leihgelde das Gesetz von Angebot und Nachfrage auf zu wirken, und ebenso selbstverständlich werden in einer solchen Zeit Meinungsverschiedenheiten darüber entstehen, ob das Geld, das durch Ihre Vermittelung der Produktion zur Verfügung gestellt werden kann, auch zu den Sätzen und Bedingungen zur Verfügung gestellt wird, die Ihnen angemessen und gleichzeitig der Produktion erträglich erscheinen. Dazu kommt, daß, wie in jedem Beruf, die Fehler einzelner Berufsgenossen verallgemeinert und dem ganzen Beruf zur Last gelegt werden. Es ist mir eine Genugtuung, als Vertreter des Reichsverbandes der Deutschen Industrie hier erklären zu können, daß wir stets bei Ihrem Verband Verständnis für diese Lage gefunden haben und daß es uns gelungen ist, über viele Wünsche und Beschwerden zu einer Einigung mit Ihnen zu kommen. Ich erkläre offen, daß mir solche Verständigungen zwischen den Berufen lieber sind und mir volkswirtschaftlich richtiger erscheinen als die Versuche, die volkswirtschaftlich richtige Lösung durch Maßnahmen der Regierung zu finden. (Heiterkeit und Bravo!) Alle Eingriffe der Regierung in die Wirtschaft bringen die Gefahr mit sich, daß die Entwicklung der Wirtschaftskräfte gelähmt oder gehemmt wird. Die Regierungen sollten sich darauf beschränken, offenkundige Mißbräuche einzuschränken. Tun sie das nicht, so erschweren sie gerade beim Charakter des Deutschen, der nicht gern unter Zwang handelt, die Verständigung, anstatt sie zu fordern. Das gilt nicht nur für die Frage, die wir zwischen uns zu behandeln haben, sondern vor allem auch für die für unsere Wirtschaft so lebenswichtige Frage der Entwickelung der Löhne.
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Der)eOer Reichsverband der Deutschen Industrie spricht die Hofflung aij a* aus, daß Ihre Tagung und Ihre Beratungen in dieser so schweren Zeit ei ei eine segensreiche Wirkung für unsere gesamte Wirtschaft laben :n ;n mögen. (Lebhafter Beifall.) Prä?rä'räsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Meine sehr verehrten en ;n Herren! Gestatten Sie, daß ich im Namen des Bankiertages den vc vt verehrten Herren Vorrednern unseren allerwärmsten Dank sage, d, 4 den Herren Vertretern der Regierung, weil sie bemüht waren, in gereere;rechter Weise abzuschätzen, was von den Vorwürfen, die man dem d c deutschen Bankwesen macht, auch nur mit einem Schein von G GGerechtigkeit aufrechterhalten bleiben kann. Wir, meine verehrten en;n Herren, haben nicht die Absicht und dürfen auch nicht die Absicbicbcht haben, uns auf früheren Lorbeeren, auf den Erfolgen der Vorkrikririegszeit, auszuruhen. Die heutige Zeit fordert ungeheure A r b tb f> e i t ; wir wollen und werden uns ihr nicht entziehen, und wir werdeideien namentlich mit dem Herrn Reichsbankpräsidenten jeden Angri^rififf auf unsere Valuta mit aller Energie zurückweisen. Wir werden aber a: a auch nicht ruhig hinnehmen, wenn man etwa angesichts der großedeien Beliebtheit, welche die heutige kapitalistische Wirtschaftsordnunuung und ihre Vertreter bei manchen Kreisen der Bevölkerung geniefießßen, für alle Schäden und Mängel der Wirtschaft das Bankwesenenn, oder wenigstens dieses in erster Linie, verantwortlich machen will. . Ich glaube, es ist dies eine doppelte Ungerechtigkeit, wenn man n i mit Notwendigkeit oder mitunter ohne volle Notwendigkeit I die W Wirtschaft mit einer ungeheuren Fülle von Steuern und sozialen Lastejtefcn belegt und sich dann wundert, daß diejenige Beweglichkeit bei d ddem deutschen Bankwesen noch nicht erreicht ist, die man von ii i'ihm zur Abstellung von Schäden fordern zu können glaubt. Es is is'st der Gipfel der Ungerechtigkeit, sich immer für unwillkomimirnene Erscheinungen des Wirtschaftslebens, die in der Regel auf e" ei.ine Fülle von Gründen verschiedenster Art und Entstehung zurücücbkzuführen sind, einen P r ü g e l k n a b e n auszusuchen, und wir v wvünschen nicht, der Prügelknabe der Parteien zu sein oder zu bleibdbeen. (Lebhafter Beifall.) N Mleine Herren, ich würde glauben, mich selbst und mein Leben zu v£ verleugnen, wenn ich nicht auch auf diesem Bankiertage gleich bei B Bieginn nochmals sage: Wir hier, w i r g l a u b e n a n d i e Z u h k i u n f t D e u t s c h l a n d s , wir hier, wir sind Optimisten und d wollen keine Pessimisten, denn wir wissen, meine Herren, daftß der P e s s i m i s m u s nie etwas P r o d u k t i v e s g e l i l e i s t e t h a t . Wir wissen, daß er jedem nur Knüppel zwischen die £ Beine wirft und daß von einem Fortschreiten niemals die Rede sein n kann, wenn statt eines lebensprühenden und anfeuernden Opthtirnismus der finstere und erschlaffende Pessimismus die Zügel fuhrtirt. (Beifall.) i Meine Herren, ich glaube, wir sollen und müssen dieser Zuversrsicht auch Ausdruck geben. Das ist nicht nur notwendig, weil weittite Kreise, müde und verbittert, nur allzuleicht in die Armee der J Nörsler und der an der Zukunft des Vaterlandes Verzweifelnden
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sich drängen lassen, sondern es ist notwendig um des Vaterlandes willen. Wir m ü s s e n vorwärts gehen, wir dürfen nicht rückwärts sehen und nicht rückwärts gehen und wir dürfen nicht ausruhen. Freilich, wer sich zufrieden gibt mit der Überzeugung, daß das deutsche Bankwesen ja früher viel geleistet habe und deshalb ganz sicherlich auch in der Zukunft viel leisten werde, wird sich täuschen; es sind andere Mittel anzuwenden wie die früheren und andere Wege zu gehen, denn die Aufgaben sind überaus viel schwieriger geworden. Es war natürlich auch leichter, bei einer blühenden Gesamtwirtschaft Großes zu leisten, wie jetzt. Es ist aber nicht zu verlangen, daß das Bankwesen nach allem, was geschehen, wieder die frühere Rolle in der Wirtschaft spielen solle, ohne daß man ihm eine angemessene Zeit gönnt und ohne daß man ihm alle die Erleichterungen verschafft, die man ohne Schädigimg des Gemeinwohls anderen gewähren kann. W e g b a h n e r sind f r e i l i c h allzu große S t e u e r n nie gewesen. (Sehr richtig! und Heiterkeit.) Dagegen haben sie gründlich oft die zur Verfügung stehenden Wege versperrt, und das darf nicht sein, denn die Kapitalknappheit unserer Zeit ist so ungeheuer groß, daß nicht auch noch von der einen oder anderen Seite wissentlich oder unwissentlich zu ihrer Vergrößerung beigetragen werden sollte. Und so möchte ich, vorbehaltlich einer geschäftlichen Mitteilung unseres Schriftführers, schließen mit der Erwartung — nicht nur mit der Hoffnung —, daß auch dieser Bankiertag sachliche und erfolgreiche Arbeit leiste und daß man sich auch auf der Seite der Regierung, deren Ausführungen erfreulicherweise über das Übliche: „Wir werden mit Interesse Ihren Verhandlungen folgen" (Heiterkeit), weit hinausgingen, sagen wird, daß wir selbst schon rechtzeitig die heute wichtigen Fragen gründlich geprüft haben. Ohne eine gründliche und von rein politischen Gesichtspunkten freie Prüfung des Pro und Contra lassen sich aber so verwickelte Fragen wirklich nicht behandeln. (Heiterkeit.) Und so denn zum Schluß der heutigen Sitzung: Glückauf zum VI. Allgemeinen Deutschen Bankiertag! (Lebhafter, allseitiger Beifall.) Das Wort hat unser Schriftführer, Herr Rechtsanwalt Otto Bernstein: Schriftführer Rechtsanwalt Otto B e r n s t e i n : Meine sehr geehrten Herren! Unser Herr Präsident hat vorhin schon mitgeteilt, daß der Vorstand des Centraiverbands im Zweifel gewesen sei, ob er den Bankiertag in einer solchen Zeit einberufen sollte. Ich möchte diese Mitteilung noch dahin ergänzen, daß uns selbst von verschiedenen Seiten Mitteilungen und Zuschriften zugekommen sind, in denen uns geraten wurde, uns auf einen spärlich besuchten Bankiertag gefaßt zu machen. (Heiterkeit.) Daß es anders gekommen ist, hat uns auf der einen Seite außerordentlich gefreut. Auf der anderen Seite ist das Gefühl unserer Verantwortung außerordentlich schwer geworden, einmal gegenüber den Gästen
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und Teilnehmern des Bankiertages, dann aber auch gegenüber der Vereinigung von Berliner Banken und Bankiers, der Interessengemeinschaft der Berliner Privatbanken und der Berliner Hypothekenbanken, die den Begrüßungsabend im Anschluß an die heutige Eröffnungssitzung veranstaltet und die äußeren Anordnungen vertrauensvoll in unsere Hände gelegt haben. Meine Herren, der Dichter sagt: Die Räume wachsen, es dehnt sich das Haus. Wir haben hier leider die Erfahrung gemacht, daß dieses architektonische Wunder nur in der Poesie, aber nicht in der Praxis der Dinge vorkommt (Heiterkeit), und wir haben uns genötigt gesehen, da das Haus sich nicht ausdehnen wollte, uns selber in dem Hause auszudehnen, und haben uns vor die Notwendigkeit gestellt gesehen, das Foyer mit heranzuziehen: der „Umgang" ist eine Unumgänglichkeit geworden. Für diese Unvollkommenheit unserer Veranstaltung sowie für sehr viele andere Unvollkommenheiten erbitten wir von Ihnen die gleiche Nachsicht, die Sie so oft und in so freundlicher Weise uns bei unseren sachlichen Arbeiten haben zuteil werden lassen. Und die Freundlichkeit, um die wir Sie bitten, möchten wir auch bitten, in des Wortes verwegenster Bedeutung jetzt für den Photographen zu betätigen (Heiterkeit), der diesen Augenblick auch für die Nachwelt festzuhalten den Wunsch hat. (Heiterkeit und lebhafter Beifall.) Es folgt die photographische Aufnahme der Versammlung. Damit schließt um 8 Uhr der sachliche Teil des Begrüßungsabends.
Erster Verhandlungstag. Dienstag, den 15. September 1925, vormittags 91/« Uhr, Sitzung in der „Oper am Königsplatz".
Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r: Ich eröffne die heutige Sitzung. Die Herren haben die Begrüßungsdepesche des Herrn Reichskanzlers in den Morgenblättern gelesen. Ich schlage Ihnen vor, folgende Erwiderung telegraphisch zu übersenden: Reichskanzler Dr. L u t h e r , Kampen auf Sylt. Für die freundliche und ehrenvolle Begrüßung des Deutschen Bankiertags danken wir aufrichtig und ergebenst. Die von der Reichsregierung angestrebte Preissenkung auf allen Gebieten ist das Bankgewerbe im allgemeinen Interesse wie in seinem eigenen zu fördern bereit. Eine gründliche Prüfung der hierfür bestehenden Möglichkeiten und namentlich die unbedingt nötige Klärung der Auffassungen über die keineswegs einfachen Beziehungen zwischen Kreditbedingungen und Warenpreisen ist eine der Hauptaufgaben unserer Tagung. Wir hoffen, daß ihre Ergebnisse die Grundlagen für eine gedeihliche, von strenger Sachlichkeit getragene Zusammenarbeit unseres Berufes mit den übrigen Stellen und mit der Regierung zum Wohle der Wirtschaft bilden werden. Ich darf wohl Ihr Einverständnis damit annehmen, daß diese Depesche abgeht. (Bravo!) Ich stelle das fest. Nunmehr erteile ich dem ersten Berichterstatter über das Thema: „Notwendige Vorbedingungen für die Erfüllung der heutigen gesamtwirtschaftlichen Aufgaben des privaten Bankgewerbes", Herrn Direktor Oscar W a s s e r m a n n , das Wort. Notwendige Vorbedingungen f ü r die Erf ü l l u n g der heutigen g e s a m t w i r t s c h a f t l i c h e n A u f g a b e n des p r i v a t e n B a n k g e w e r b e s . Berichterstatter Oscar W a s s e r m a n n , Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Berlin: Meine verehrten Herren! Seitens des Vorstandes des Centraiverbandes des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes ist mir der ehrenvolle Auftrag geworden, Ihnen hier einen Bericht über die not-
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wendigen Vorbedingungen für die Erfüllung der heutigen gesamtwirtschaftlichen Aufgaben des privaten Bankgewerbes zu erstatten. Es gibt keinen wirtschaftlichen Beruf, der nicht gesamtwirtschaftliche Aufgaben zu erfüllen hätte, und es gibt auch im einzelnen keine privatwirtschaftliche Betätigung, die sich nicht volkswirtschafdich auswirkt. Insofern unterscheidet sich das Bankgewerbe nicht von anderen Erwerbsständen. Selbstverständlich ist die Wichtigkeit, die der einzelne Erwerbszweig für die Gesamtwirtschaft hat, verschieden; sie ist auch keine konstante Größe, sondern wechselt je nach den Zeitumständen. Wichtig ist der Zweig, der der Volkswirtschaft das gibt, was sie dringend benötigt, am wichtigsten der, der liefert, wonach gerade der größte Bedarf besteht. Der Stand, der heute der Wirtschaft Geld und Kredit vermittelt, hat also eine besondere Wichtigkeit erlangt — eine besondere Wichtigkeit durch das einfache Schwergewicht der Tatsachen. Man spricht jetzt viel von einem Machtkampf zwischen Bankgewerbe und Industrie, bei dem angeblich das Bankgewerbe den Sieg davongetragen habe. Das ist vollkommen abwegig. Das Bankgeschäft will keinen Kampf fuhren und strebt keinen Sieg an. Es will nicht, darf nicht Herrin der Wirtschaft sein, es ist ihre Dienerin. Je schwächer der Herr ist, desto größer wird der Einfluß des Dieners sein. Das ist nicht Schuld des Dieners, sondern Schuld des Herrn. Als in den achtziger und neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Industrie und Handel zu ihrer Entwicklung großer Geldsummen bedurften, konnten diese nur durch das Bankgewerbe beschafft werden. Die großen Banken und Bankiers setzten ihren Emissionskredit ein, die kleineren sorgten für den Absatz der Emissionen und machten im Publikum, das bis dahin seine Ersparnisse fast nur in festverzinslichen Papieren angelegt hatte, den Kauf von Industrieaktien populär. Später wirkten die inzwischen gegründeten Depositenkassen der Banken im gleichen Sinne. Je größer diese Leistungen wurden, desto mehr wuchs der Einfluß der Banken bei den Unternehmungen, deren Aktien sie emittiert hatten. Das war nicht nur natürlich, sondern auch notwendig, denn die Banken hatten ja durch die Emission die Mitverantwortung für die Geschäftsführimg übernommen. Als Macht aber wurde dieser Einfluß nur geltend gemacht, wenn an dem Unternehmen etwas faul geworden war oder faul zu werden drohte. Und das war gut so. Mit dem Aufschwung unserer Wirtschaft im allgemeinen und der inneren Kräftigung der einzelnen Unternehmungen wurde der Anlaß zur Machtentfaltung immer seltener, und mit dem Wachstum des allgemeinen Wohlstandes, das die Geldbeschaffung immer leichter machte, verlor der Bankeinfluß immer mehr an Gewicht. Kreditbedürftig blieb unsere Wirtschaft, insbesondere Industrie und Handel, auch weiter, aber viel größer als die Summe der benötigten Kredite war das liquide Volksvermögen, das durch Betriebs-
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Gesamtwirtschaftliche Aufgaben des Bankgewerbes
Überschüsse und durch die Ersparnisse auch der nicht im Erwerbe stehenden Volksklassen ständig wuchs. Abgesehen von den Diensten, die der Abwicklung des Wirtschaftsverkehrs im Inlande und mit dem Auslande zu leisten waren, wurde es immer mehr zur Hauptaufgabe des Bankgeschäftes, als Ganzes betrachtet, für den flüssigen Vermögensbestand und für seinen jährlichen Zuwachs eine möglichst vorteilhafte und möglichst sichere Anlage zu schaffen. Einen Teil nur dieser Anlage bildete die Kreditgewährung; sie wurde also das Sekundäre, die Geldanlage das Primäre. Nun sind wir wieder zu dem früheren Zustande zurückgekehrt. Der Krieg mit seinen Folgen: Wegnahme des im Auslande befindlichen Privatvermögens, notgedrungener Verkauf der im Inlande befindlichen Auslandspapiere, Verkennung des Wesens und der Ursachen der Inflation haben das mobile Kapital in Deutschland vernichtet, den Mittelstand, der kulturell so bedeutend war, und aus dem jahraus, jahrein ungemessene Spargelder die Wirtschaft befruchteten, vollkommen aufgerieben, und durch die Reparationszahlungen ist dafür gesorgt, daß in Zukunft viel von den Erträgnissen unseres Fleißes und unserer Ersparnisse anderen, nicht uns zugute kommen. Geblieben ist uns, und wir wollen das nicht unterschätzen, abgesehen von den betrüblichen Gebietsabtretungen, unser ganzer immobiler Besitzstand, unsere Landwirtschaft, unsere Bergwerke und Fabriken, das meiste glücklicherweise in bestem Zustande erhalten, vieles aber auch vernachlässigt und veraltet und dadurch minderwertig geworden, alles aber ohne genügende Betriebsmittel, um den toten Besitz lebendig und in höchstmöglichem Maße werbend zu gestalten. Geblieben ist uns ferner, und darin liegt das weitaus größte Aktivum unserer Volkswirtschaft, darin liegt die sicherste Garantie für den Wiederaufstieg, geblieben ist Hirn und Hand einer Bevölkerung von über 62 Millionen, die an Intelligenz, Ausbildung, Arbeitskraft und Arbeitsfreude den Vergleich mit keinem Volke der Welt zu scheuen hat. Alles vermögen diese Menschen, aber sie sind ohnmächtig, wenn in Landwirtschaft und Industrie, im Handel und Gewerbe nicht das unumgänglich nötige flüssige Betriebskapital vorhanden ist. Hier sah und sieht sich das Bankgewerbe wieder vor einer Aufgabe, deren Wichtigkeit gar nicht übertrieben werden kann. Wie hat es sich bisher nun damit abgefunden? Nach den Goldumstellungsbilanzen betrugen die Debitoren derjenigen Banken, die wieder Zweimonatsbilanzen veröffentlichen (ohne Guthaben bei Banken und Bankiers, die in diesem Zusammenhange ja nicht zu beachten sind), 705 439 000 RM., die Kreditoren 1 430 392 000 RM. Nach der Bilanz per Ende Juli 1925 sind die Debitoren, ebenfalls ohne Guthaben bei Banken und Bankiers, auf 2 905 995 000 RM., also auf mehr als das Vierfache, die Kreditoren auf 5 179 095 000 RM. gestiegen. Man wird annehmen dürfen, daß die Debitoren sämtlich im Inlande sind. Dagegen wird ein
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erheblicher Teil der Kreditoren aus Einlagen und Leihgeldern vom Auslande bestehen. Der Wechselstempel hat im Juli 1913 1 877 000 RM. erbracht, das entspräche heute, da der Stempel inzwischen vervierfacht worden ist, einer Summe von 7 508 000 RM.; im Juli 1925 war das Ergebnis aber 8 091 000 RM. Aus dem Ertrage des Stempels allein läßt sich die Summe des Wechselumlaufes nicht berechnen oder zuverlässig schätzen. Aber unter Berücksichtigung aller Faktoren kann man es als Tatsache betrachten, daß der Wechselkredit in seiner Gesamtheit m i n d e s t e n s die Vorkriegshöhe erreicht hat, und damit sollte es auch genug sein. Sicherlich sind dagegen die Buchdebitoren prozentual geringer geworden als vor dem Kriege, doch das berührt uns hier nicht, denn den Buchkredit trägt der Betrieb, den mobilisierten Wechselkredit zum größten Teile der Bankier. Schon aus diesen wenigen Ziffern erhellt die enorme Leistung des Bankgeschäftes für unsere Wirtschaft seit der Währungsstabilisierung. Quantitativ hat das Bankgeschäft hier Bewundernswertes geleistet — mit dem Endeffekt, daß wir uns heute mitten in einer schweren Krisis befinden. Eine Krisis ist kein Anfang, sondern ein Ende, das Ende einer falschen Wirtschaftsführung, der jähe Absturz am Ende eines gefährlichen Weges. An einer Krisis ist noch nie die Wirtschaft zugrunde gegangen. Sie gesundet vielmehr durch den Krisenablauf. Je rascher man aber die Ursache erkennt und selbst unter Schmerzen und Opfern abstellt, desto eher kann die Wirtschaft wieder zu ruhiger, normaler Entwicklung gelangen. Es ist daher wichtig, über den Ursprung und das Wesen der Krisis, die wir jetzt durchlaufen, sich Rechenschaft abzulegen. Eine allgemeine wirtschaftliche Krisis tritt nur ein, wenn zuviel produziert und zuwenig abgesetzt wird. Wir haben keine Überproduktion, wenn man von der Kohlenindustrie absieht, deren Schwierigkeiten durch wirtschaftliche U m w ä l z u n g e n im Kohlenverbrauch verursacht und in ihrer Wirkung auf die Allgemeinheit durch rücksichtslose Produktionseinschränkung bereits ausgeglichen worden sind. Unsere Vorräte an Rohmaterial und Waren sind allgemein zu hoch, das liegt aber nicht an einer Überproduktion, sondern an Gewohnheiten, die aus den Zeiten des Wohlstandes im Frieden und aus der Geisteseinstellung während der Inflationszeit überkommen sind, für die heutige Zeit nicht mehr passen und geändert werden müssen. Man darf annehmen, daß die Geldbindung, welche die übermäßige Vorratswirtschaft mit sich bringt, mit eine der Ursachen unserer Krisis ist. Die Produktionshöhe ist es zweifellos nicht; sie ist zwar nicht so gering, wie man vielfach annimmt, aber auch nicht so hoch, wie neuerdings von einigen Seiten behauptet wird. Daß sie in ihrer Gesamtheit im ersten Halbjahr 1925 die Vorkriegshöhe schon erreicht habe, darf man aus guten Gründen bezweifeln. Jedenfalls aber haben sich bisher keine merklichen Absatzschwierigkeiten gezeigt; es kann also auch keine Konsumkrisis vorliegen. Die Vorräte sind nicht weiter gestiegen, der Auftragsbestand ist nicht zurückgegangen, die Arbeitslosigkeit hat nicht zugenommen, die Einnahmen der
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Eisenbahn aus dem Güterverkehr und der Ertrag der Warenumsatzsteuer sind nicht verringert. Unsere Ausfuhr an Fertigfabrikaten ist trotz aller Schwierigkeiten, die ihr entgegenstehen, in dauerndem Wachstum. Wenn man unsere Handelsbilanz ansieht, so drängt sich einem auf, daß eher zuviel als zuwenig, namentlich auch in sehr entbehrlichen Dingen, konsumiert wird. Meine Herren, es überrascht Sie vielleicht, daß ich mit ziemlicher Bestimmtheit mich mit Erfahrungen oder Tatsachen in Widerspruch stelle, die Ihnen gerade in der letzten Zeit, in den letzten Tagen oder Wochen bekannt geworden sind. Aber wenn in dem einen oder anderen Punkte, den ich hier berührt habe, in den letzten Wochen eine Wendung zum Ungünstigen eingetreten zu sein scheint, so ist das nur eine psychologische Folge, nicht die Ursache der Krisis. Es ist ja ganz Idar, daß, wenn eine Preissenkungsaktion vorgenommen wird, die Kauflust für den Moment zurückgeht, denn man wird annehmen dürfen, daß man in acht oder vierzehn Tagen oder drei Wochen mindestens nicht teurer kaufen wird. Also diese Wahrnehmung der letzten Zeit widerlegt mich nicht. Eine allgemeine Wirtschaftskrisis liegt also nicht vor. Hat aber die Warenerzeugung und der Warenverbrauch mit der Krisis nichts zu tun, so kann sie nur in den Geld- und Kreditverhältnissen begründet sein. Seit Kriegsende ist es als Haupterfordernis für unsere Wirtschaft und mit Recht anerkannt worden, ihr umfangreiche Kredite zuzuführen. Auslandskredit wurde zum Schlagwort. Das Ausland hatte aber noch nicht genügend Vertrauen zur Stabilität der politischen Verhältnisse in Deutschland gefaßt und hielt mit seinen Krediten sehr zurück. Inzwischen waren wir in die Inflationszeit geraten, die Handel und Industrie die Möglichkeit gab, sich ohne Auslandskredit zu behelfen. Mit Aufhören der Inflation war unsere Industrie, übrigens auch alle anderen Zweige der Wirtschaft, nicht nur kreditbedürftig, sondern nunmehr auch kapitalbedürftig geworden. Nur Verkauf eines gewissen Prozentsatzes des Volksvermögens an das Ausland, nicht Kreditaufnahme hätte das Kapital beschaffen können. Nicht gleichwertig, aber annehmbarer Ersatz fiir das Kapital wären s e h r l a n g f r i s t i g e f u n d i e r t e Kredite gewesen. Aber das Ausland war aus den verschiedensten Gründen nicht zum Kaufe deutscher Vermögenssubstanz und nicht zur Hergabe langfristigen Kredits bereit und ist es heute noch nicht. Dagegen gab es kurzfristigen Kredit. Man nahm ihn in der Hoffnung, ihn binnen kurzem langfristig umwandeln oder aus Erträgen tilgen zu können. Die Hoffnung hat getrogen. Auch der kurzfristige Inlandskredit, der sich trotz aller Restriktionen der Reichsbank sehr rasch entwickelt hat, wurde zum großen Teile genommen und gegeben in der Erwartung, daß die Umwandlung in Aktien oder Anleihen mit langer Laufzeit bald sich bewerkstelligen lassen werde. Verwendung aber fanden diese Kredite so, als ob Hoffnung und Erwartung auf Umwandlung schon in Erfüllung gegangen wären. Diese Gelder dienten nicht zur V e r s t ä r k u n g der mobilen Betriebsmittel, sie w a r e n d i e m o b i l e n B e t r i e b s m i t t e l , mitunter sogar die immobilen.
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Die Industrie als Geldnehmer und das Bankgewerbe als Geldgeber trifft hier gleiche Schuld. Zunächst legte man diesen Dingen keine sonderliche Bedeutung bei. Die Goldumstellungsbilanzen hatten eben erst gezeigt, daß die Industrie über große unbelastete Aktiva verfugte, und an der Rentabilität zweifelte man nicht. Hier trat wieder eine Enttäuschung ein. Trotz Steigerung der Produktion und Verminderung des anfangs noch sehr großen Leerlaufs brachten die Betriebe keinen Überschuß. Die maßlose Besteuerung und die Zinslast fraßen alles auf. Mit unrentablen Betrieben will aber weder der Aktionär noch der Gläubiger zu tun haben. Die Börse wurde unruhig und die Bankiers auch. Nicht weniger die Industriellen selbst, die nun erst die Gefahr bemerkten. Die Sachlage ist nun so: Industrie und Handel sind verschuldet, aber nicht überschuldet. Der Gegenwert ist vorhanden, aber die Kurzfalligkeit der Verpflichtungen bringt Unruhe in die Wirtschaft, und die Zinshöhe, noch weit mehr aber die übermäßige Besteuerung, erwecken Besorgnisse, ob die den Krediten gegenüberstehenden Aktiven auch genügend werbend bleiben. Dies scheint mir der hauptsächliche Grund der gegenwärtigen Krisis zu sein. Die Ursache, die zu große kurzfällige Schuld, läßt sich von heute auf morgen nicht beseitigen. Die Umwandlung kurzfristiger Schulden in sehr langfristige, soweit das möglich ist, vernünftige Steuerpolitik, Konzentration in Industrie und Handel, die die Eigenkapitalien durch Zusammenfassung stärkt, die Produktion durch Zusammenlegung verbilligt, den Kreditbedarf verringert und dem Kreditgeber größere Sicherheit bietet, sind die wirksamen Mittel zur Beseitigung des Übelstandes. Dabei darf aber nicht etwa versucht werden, bereits faul Gewordenes zu erhalten. Nur Gesundes mit Gesundem verbunden verdoppelt die Kraft. Das Bankgewerbe, das in der K r e d i t b e s c h a f f u n g das Beste geleistet hat, in der K r e d i t v e r t e i l u n g hat es also große Fehler begangen. Es ist nötig und gut, daß wir uns das eingestehen. Wer eine Aufgabe erfüllen will, muß die ihm gestellte Aufgabe vor allem klar erkennen. Die Aufgabe des Bankgeschäftes ist nicht damit erschöpft, Kredite zur Verfügung zu stellen; wie die Dinge heute in Deutschland liegen, hat jeder Bankier, ob klein, ob groß, die Pflicht, den Kredit, den er zur Verfügung stellen kann, an diejenigen Stellen der Wirtschaft zu leiten, wo er zweckmäßig ist und den größten Nutzeffekt erbringt. Nutzeffekt nicht für den Bankier, sondern für die Wirtschaft. Hinter diesem gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkt muß jedes Einzelinteresse zurücktreten. Es genügt nicht, daß der Bankier für den Kredit, den er gewährt oder vermittelt, ausreichende Sicherheit beansprucht» er muß auch kontrollieren, wo und wie das Geld verwendet wird. Der Kreditnehmer ist nicht immer geneigt, zwischen notwendig, wichtig und wünschenswert die nötige Unterscheidung zu machen, und daher muß es der Bankier tun. Er muß die Mitverantwortung
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übernehmen. Vor allem muß der Bankier darüber wachen, daß der Kredit, den er kurzfristig gibt, immer nur zur Vermehrung der f l ü s s i g e n Betriebsmittel verwandt, nicht aber in unentbehrliches Betriebskapital verwandelt wird. Er wird weiter mit größter Gewissenhaftigkeit darüber wachen müssen, daß durch seinen Kredit nicht Betriebe über Wasser gehalten werden, die nach den moralischen Eigenschaften und kaufmännischen Fähigkeiten der Leitung oder nach Stand und Leistungsfähigkeit der Betriebseinrichtimg auf die Dauer nicht lebensfähig sind. Einer der größten Schäden in der gegenwärtigen Wirtschaftslage ist die übermäßige Anzahl der Betriebe in allen Erwerbszweigen, auch im Bankgewerbe. Ausscheidung ist zur Gesundung unerläßlich, und es wäre eine Verkennung der Aufgabe des Bankiers, wenn er diesen Prozeß verzögerte; verhindern kann er ihn nicht. Die Produktionskosten in der ganzen Wirtschaft würden sehr erheblich verringert werden, wenn der dem Leistungs u n fähigen entzogene Kredit die Leistungsfähigen zur Mehrproduktion instand setzen würde. Dieser Weg würde nicht unbedingt über Arbeitslosigkeit führen müssen, denn der Ausfall an Beschäftigung an der einen Stelle würde durch Mehrbeschäftigung an anderer Stelle in der Hauptsache ausgeglichen werden. Um solche volkswirtschaftlich zweckmäßige und nötige Gewährung neuer und um die Umschichtung alter Kredite zu ermöglichen, bedarf es einer viel eingehenderen Kenntnis der Geschäfte des Kreditnehmers von seiten des Bankiers, als sie bisher in den meisten Fällen für nötig befunden wird. Man wird sich nicht mit der Vorlage einer mehr oder weniger summarisch aufgestellten Bilanz zufrieden geben können, wird vielmehr genaueren Einblick in die Grundlage des Geschäftes, in den Kreis der Abnehmer, in die Art der Rohstoffbeschaffung, in laufende Verträge oder Garantien, kurz in Dinge fordern müssen, die bisher als strenges Geschäftsgeheimnis gehütet worden sind. Der Bankier wird so der vertrauteste Vertraute des Kunden, ein Verhältnis, wie es vor Jahrzehnten zwischen Bankier und Kunden üblich war, worüber sich die Bankiers nicht, noch viel weniger aber Industrie und Handel zu beklagen hatten. Soll der Bankier in so ausgedehntem Maße das Vertrauen seines Kunden erhalten, so muß der Kunde selbstverständlich der strengsten Verschwiegenheit seines Bankiers sicher sein. Er wird sich zu offenbaren sicherlich nicht geneigt sein, wenn er befürchten muß, daß der Bankier, wenn auch nur über einzelne Dinge, die ihm so bekannt geworden sind, Dritten gegenüber zur Auskunft verpflichtet ist. Mit der Forderung der Wiederherstellung des Bankgeheimnisses werden wir daher immer wieder kommen, bis sie durchgesetzt ist. Nicht im Interesse des Bankierstandes, sondern ausschließlich im Interesse der deutschen Wirtschaft. Der Bankier kann kein Interesse daran haben, daß andere zuwenig Steuern zahlen, daher auf der einen Seite seine eigene Steuerleistung vermehrt und auf der anderen Seite der Kreis derjenigen vermindert wird, die gegen untragbare Lasten in legaler Weise mitankämpfen. Wenn er sein Interesse und das
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der Allgemeinheit richtig versteht, und an der Intelligenz unserer Bankiers im allgemeinen brauchen wir nicht zu zweifeln, wird er von sich aus keiner Steuerhinterziehung den geringsten Vorschub leisten. Hilfsorgan der Steuerbehörden zu sein, liegt aber außerhalb der Aufgabe des Bankgeschäftes. Wir haben gesehen, daß das deutsche Bankgeschäft unserer Wirtschaft, und das im wesentlichen erst seit der Stabilisierung, also seit wenig mehr als eineinhalb Jahren, sehr große Kredite zu beschaffen vermochte. Wenn trotzdem noch über Kreditmangel geklagt wird, so liegt das zum Teil an der unzweckmäßigen Kreditverteilung, von der ich gesprochen habe, zum anderen Teil aber daran, daß Kredit verlangt wird da, wo G e s c h ä f t s k a p i t a l nötig wäre. Ein Geschäft läßt sich auf gesichertem Boden nur betreiben, wenn neben dem immobil angelegten Geschäftsvermögen auch mobiles Kapital in gewissem Umfange vorhanden ist. Wer n u r immobiles Vermögen besitzt, der wird sein Geschäft entweder n i c h t oder nur unter größter Gefahr betreiben können, bis es ihm gelungen ist, das Entbehrliche an immobilem Vermögen zu verkaufen oder gegen Verpfändungen ein sehr langfristiges Darlehn zu erhalten oder endlich durch B e t r i e b s ü b e r s c h ü s s e das fehlende mobile Kapital zu verdienen. Das wäre natürlich das Beste, aber auch das Unwahrscheinlichste. Was vom einzelnen gilt, gilt genau so von der Gesamtheit. Der deutsche Gesamtbesitz — wir haben bereits davon gesprochen — ist sehr vermindert, aber noch immer außerordentlich wertvoll, er ist aber vollständig immobilisiert. Ich möchte es mir versagen, irgendeine Ziffer zu nennen; aber das eine kann als sicher betrachtet werden, daß einige P r o z e n t unseres Volksvermögens, aus dem immobilen Zustande in den mobilen gebracht, unsere Sorge um die Aufrechthaltung der Betriebe und Vermehrung der Produktion vollständig beheben würden. D a s ist das nächste g r o ß e P r o b l e m unserer Wirtschaft, und wenn es zu lösen ist, so kann das nur durch die Banken und Bankiers geschehen. Es handelt sich also darum, da das Kapital, das uns fehlt, nur vom Ausland kommen kann, deutschen Besitz an das Ausland zu v e r k a u f e n . Hier werden an die Intelligenz und an die Gewissenhaftigkeit des Bankiers große Anforderungen gestellt. Es ist nicht gleichgültig, welchen Besitz man an das Ausland verkauft. Es ist auch nicht gleichgültig, zu welchen Preisen verkauft wird. Es handelt sich ferner darum, langfristige Darlehn gegen Verpfandung oder ohne solche vom Auslande zu beschaffen. Langfristige in dem Sinne, daß das Kapital neben der jährlichen Zinsleistung aus l a u f e n d e n Überschüssen amortisiert werden kann. Auch hier hat der Bankier Verantwortimg nach beiden Seiten zu übernehmen. Er hat dafür zu sorgen, daß die gebotene Sicherheit nach menschlichem Ermessen unter allen Umständen ausreichend ist; denn Verluste, die das Ausland an solchen Krediten etwa erleiden würde, sind für uns kein Vorteil,
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sondern unermeßlicher Nachteil. Der Bankier hat auf der anderen Seite das größte Gewicht darauf zu legen, daß die dem Darlehnsnehmer zugemutete Zinsleistung auch ohne Schaden getragen werden kann. Endlich hat der Bankier Betriebsüberschüsse der Wirtschaft — es gibt ja noch solche —, soweit sie nicht in den Betrieben selbst benötigt werden, und zur Verfügung stehende Ersparnisse des Privatkapitals in Anlagewerte zu verwandeln. Je größer das Ersparte, desto rascher und leichter ist die Kapitalversorgung unserer Wirtschaft zu bewerkstelligen. Es wäre falsch, wollte man annehmen, daß zur Vermehrung dieses so bedeutsamen Postens nichts Besonderes geschehen könne. Die Spartätigkeit hat wieder eingesetzt. Mehr als das, und daß sie zu steigen scheint, möchte ich aus den Ziffern, die die Depositenbanken und die Sparkassen veröffentlichen, nicht herauslesen. Das ist aber schon recht viel, und es muß alles getan werden, um den Sparsinn weiter anzuregen. Die Betriebsergebnisse sind natürlich in erster Reihe von Produktion und Absatz abhängig. Daß aber auch Organisation einen wichtigen Faktor bildet, ist klar. Das Schlagwort von der Rationalisierung der Wirtschaft ist aber bisher noch zuviel bloßes Schlagwort. Es könnte mehr geschehen, und der Bankier wird hier häufig mit Nutzen die Initiative ergreifen können. Daß man v e r l u s t b r i n g e n d e Betriebe einschränkt oder stillegt, liegt zu sehr auf der Hand, als daß es der Weisheit letzter Schluß sein könnte. Man muß untersuchen, ob nicht auch l o h n e n d e Betriebe durch Konzentration noch lohnender oder wenigstens einfacher werden. Die Kaliindustrie hat diesen Weg ja schon längst beschritten, er scheint jetzt auch im Kohlenbergbau und in der Eisenindustrie begangen zu werden. Dabei sollte es aber nicht sein Bewenden haben. Ein Fall aus meiner Praxis der letzten Tage: Ein größeres Fabrikunternehmen produziert an drei Betriebsstätten; an allen drei mit erheblichen Überschüssen. Eine Untersuchung hat nun ergeben, daß bei Schließung von zwei Betrieben die Produktion, soweit sie gewinnbringend ist, an der dritten Stelle restlos bewältigt werden kann. Der Betriebsüberschuß wird, wenn nicht größer, so keineswegs geringer. Dagegen, und das ist das Überraschende und außerordentlich Wichtige, macht die Zusammenlegung liquide Betriebsmittel an Vorräten in Höhe von mehreren Millionen Mark frei. Man darf behaupten, daß ganz allgemein in unserer Wirtschaft die Höhe der Vorräte noch nicht nach der Abstufung: notwendig, wichtig, wünschenswert durchgeprüft ist. Sicher aber ist es, daß da, wo ein Unternehmen gleichartige Artikel an verschiedenen Produktionsstätten erzeugt, eine parallele Produktion hat, die Vorräte ohne jeden Schaden verringert werden können. Tatsache ist es, daß auch jeder Händler zu seinem Geschäftsbetriebe ein mehr oder minder großes Lager unterhalten muß; Tatsache ist es aber auch, daß die Berufsüberfüllung im Handel, in der Güterverteilung, am größten ist. Im Jahre 1924 wurden z.B. 412 000 Tabakhändler gegen noch 347 000 im Jahre 1920 gezählt, 1907 wies die Berufszählung nur 29 487 auf. Ich glaube,
33 es ist die Vermutung gestattet, daß, wenn nicht die Zahl von 1907, sicherlich aber die im Jahre 1920 vorhandenen Tabakhändler auch heute das Bedürfnis vollauf befriedigen könnten (Heiterkeit), und ich glaube, es ist weiter die Vermutung gestattet, daß dann weit weniger Vorrat gehalten werden müßte, als heute gehalten wird, weit weniger Geld gebunden würde, als heute gebunden wird. Der Bankier kann also manches dazu beitragen, daß der Kapitalbetrag, den wir vom Auslande benötigen, durch inländische Ersparnisse verringert wird. Der Bankier kann das tun, und er wird es auch tun. Er kann aber in dieser Hinsicht auch nicht im entferntesten das tun, was die Regierimg tun kann. Es ist von jeher ein selbstverständlicher Programmpunkt auf allen Tagungen der Berufsstände, über die S t e u e r l a s t zu klagen, unter der gerade der tagende Berufsstand seufzt. Daher machen diese Klagen, auch wenn sie noch so berechtigt sind, auf die anderen Stände und auf die Regierung wenig Eindruck. (Heiterkeit.) Auch wir hätten heute solche Klagen vorzubringen. Die Börsenumsatzsteuern sind trotz ihrer Ermäßigung noch viel zu hoch. (Sehr richtig!) Lebhafterer Wertpapierverkehr zwischen Deutschland und dem Auslande und auch innerhalb Deutschlands ist zur Kapitalbeschaffung und zur richtigen Kapitalverteilung unbedingt notwendig. Dieser Verkehr muß gefördert werden. Durch die Höhe der Börsenumsatzsteucr wird er erschwert oder ganz unterbunden. Ein wichtiger Gesichtspunkt, aber wir wollen seine Wichtigkeit nicht übertreiben. Wir wollen im Rahmen dieser Betrachtung überhaupt von keiner einzelnen Steuer sprechen, sprechen wollen wir aber, recht laut und eindringlich sprechen von der Gesamtbesteuerung, ihrem Ergebiiis und ihrer Auswirkung. Vor dem Kriege belief sich der Steuerbedarf des Reiches, der Länder und der Gemeinden auf 5 Milliarden Mark, jetzt beträgt er über 11 Milliarden Mark. Das englische Budget sieht, abgesehen vom sehr kostspieligen Anleihedienst, der bei uns keine Rolle spielt, nur Ausgaben in Höhe von 9 100 000 000 M. vor. Wir sollen also auf den Kopf der Bevölkerung 180 RM. jährlich an Steuer zahlen. Damit ist die Leistung aber noch nicht erschöpft. Für Versicherung von Arbeitern und Angestellten und für Erwerbslosenfürsorge müssen wir weitere 1610 Millionen aufbringen, zur Hälfte die Arbeitnehmer, zur Hälfte die Arbeitgeber. Es ist aber ganz klar, daß auch diese Hälfte der Arbeitnehmer von den Arbeitgebern gezahlt werden muß, weil die Lohnhöhe sich nach diesen Leistungen richtet. Das sind weitere 25 RM. Kopfleistung, also im ganzen 205 M. In dem reichen Amerika berechnen sich die Gesamtsteuern auf nicht mehr als 190 RM., was dort als zu drückend empfunden wird. Um wieviel unerträglicher muß sich das in dem verarmten Deutschland erweisen. Gewiß, Reich, Länder und Kommunen behalten die Steuereingänge nicht, sondern geben sie aus, leiten sie also in die Wirtschaft zurück. Aber erstens verleitet die Geldmenge leicht dazu, Ausgaben zu machen, die nicht notwendig, nicht einmal wichtig (Sehr richtig!), oft sogar nicht wünschenswert 3
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sind. (Sehr richtig!) (Namentlich die Kommunen scheinen solcher Anfechtung zu unterliegen (Sehr richtig!), aber auch die Länder. Ich kann es z. B. nicht zweckmäßig finden, wenn aus der Hauszinssteuer unkündbare Baugelder für 90 v. H. der Baukosten zu 2 bis 4 v. H. Zins gegeben werden.) (Hört, hört!) Das ist nicht notwendig, nicht wichtig und nicht wünschenswert. Zweitens gelangen die Ausgaben — und naturgemäß in ganz ungleicher Verteilung — nur an eine Minderzahl derjenigen zurück, die zur Einnahme beigetragen haben. Die ungerechte Vermögens- und Einkommensumschichtung, die Krieg und Inflation erzeugt haben, wird also mit veränderten Mitteln, jetzt aber ohne Not, fortgesetzt. Und nun noch ein Drittes: Da Staats- und Kommunalanleihen zurzeit in größerem Betrage weder im Inlande noch im Auslande unterzubringen sind, ist es notwendig, daß die tatsächlichen Einnahmen alle Ausgaben decken. Die Finanzverwaltung, sei es im Reich, in den Ländern oder in den Gemeinden, rechnet also außerordentlich vorsichtig, und daraus darf man ihr keinen Vorwurf machen. Die Folge ist aber, daß die so vorsichtig geschätzten Einnahmen die Ausgaben in Wirklichkeit erheblich übersteigen und daß sich große Überschüsse ergeben. Es haben sich so in öffentlicher Hand Riesenbeträge angesammelt, und trotz aller Voraussagen, vielleicht auch wirklicher Befürchtungen der Finanzminister und Kämmerer werden diese Beträge weitersteigen. (Hört, hört!) Man klagt über die unzweckmäßige Verwendung dieser Gelder in öffentlicher Hand. Die Klagen sind berechtigt. Man klagt darüber, daß die Verwalter dieser Gelder zu hohe Zinsen zu erzielen bestrebt sind und dadurch einer Ermäßigung des allgemeinen Zinsniveaus hinderlich sind. Auch diese Klagen sind berechtigt. Aber durch Abstellen d i e s e r Mängel würde noch n i c h t v i e l erreicht. Das Übel besteht nicht in der V e r w e n d u n g s a r t dieser Gelder, sondern in ihrem V o r h a n d e n s e i n . (Sehr richtig!) Diese Beträge fehlen ü b e r a l l i n d e r W i r t s c h a f t , und die gegenwärtige Krisis ist zum großen Teil auf die Wanderung dieser Gelder aus den Taschen in die öffentliche Hand zurückzuführen. (Sehr richtig! und Bravo!) Wenn man sagt, daß diese Gelder ja durch die öffentliche Hand der Wirtschaft wieder zugeführt werden, so ist das eine Täuschung. Sie k ö n n e n ihr gar nicht mehr z u g e f ü h r t werden, sie können ihr sogar nur in sehr b e s c h r ä n k t e m M a ß e d i e n s t b a r gemacht werden. Es ist nicht gleichwertig, wenn man jemandem, dem man Geld, das er besaß, weggenommen hat, dieses Geld leihweise wieder zurückgibt (Heiterkeit), auch nicht, wenn man es ihm sehr langfristig und gegen sehr billigen Zins gibt. Man gibt es aber gegen teuren Zins; gut, das kann man ändern, will man auch jetzt ändern; aber man gibt es nur kurzfristig, und das kann man zunächst n i c h t ändern, öffentliche Gelder müssen sicher und liquid angelegt '(werden, das war auch b i s h e r Grundsatz, mit Ausnahmen (Heiterkeit), aber die waren ja schlimm genug. Was unsere Wirtschaft braucht, ist langfristiger Kredit; kurzfristigen hat sie reichlich, er ist nur unzweckmäßig verteilt. Ein
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Anwachsen dieser öffentlichen Gelder also sollte als die Wirtschaft unendlich schädigend unter allen Umständen verhindert werden. Durch die vierteljährliche Steuervorauszahlung und die noch kürzere Abrechnung der Umsatzsteuer hat sich die Finanzverwaltung die Übersicht sehr erleichtert. Sie kann also rasch feststellen, ob die Erträge der einzelnen Steuern den Voranschlag überschreiten oder hinter ihm zurückbleiben, und nichts als der Mangel eines entsprechenden Gesetzes hindert, daß bei Überschüssen, soweit sie nicht durch Mindererträgnisse anderer Steuern aufgezehrt werden, die nächste Quartalszahlung entsprechend ermäßigt wird. (Sehr richtig! und Bravo!) Also in gewissem Rahmen variable Steuern. Nicht die Steuerersparnis ist das Wesentliche, sondern die Verhinderung der Bildung von Geldsummen in öffentlicher Hand. Mindestens ebenso wichtig aber ist es, daß die Summe des Budgets des Reiches, der Länder und Kommunen in Ausgabe und demgemäß in Einnahme ganz außerordentlich verringert wird. (Sehr richtig!) Wir k ö n n e n Steuern im bisherigen Umfange einfach nicht ertragen. Wir können es nicht ertragen, daß eine Summe von mehr als 12 Miliarden, und mit den voraussichtlichen Überschüssen kann es noch mehr sein, alljährlich in das Pumpwerk des Staats- und Kommunalbetriebes geleitet wird, weil wir die daraus resultierende Vermögens- und Einkommensverschiebung nicht aushalten können. Herr Dr. Luther hat das Volkseinkommen Deutschlands in seinem heutigen Umfange für 1913, also für die Zeit des Wohlstandes vor dem Kriege, auf 37V2 Milliarden Mark berechnet. Heute muß es natürlich viel geringer angenommen werden. Also weit mehr als ein Drittel des jetzigen gesamten Volkseinkommens soll als Steuer aufgebracht werden. Diese Ziffer muß sehr, sehr verringert werden. Je kleiner die Ziffern des Etats sind, desto zuverlässiger sind sie auch zu schätzen. Aber nicht nur aus den Steuereingängen haben sich in den Händen des Reichsfinanzministeriums Überschüsse gebildet, die der Wirtschaft unnötig Geld entziehen, ohne die Möglichkeit, es ihr zweckentsprechend wieder zuzuführen. Auch der Postscheckverkehr hat bis jetzt reichlich 600 Millionen Reichsmark an sich gezogen. Gewiß ist der Postscheckverkehr nützlich und notwendig, aber hier ist des Guten entschieden zuviel geschehen. Nicht aus Verschulden der Post, sie tut nur ihre Pflicht, sondern aus Lässigkeit des Bankgewerbes, das den Scheck- und Überweisungsverkehr allzusehr vernachlässigt. Die Reichsbahnen rechnen sich, sicherlich auch recht vorsichtig, einen Jahresüberschuß von 900 Millionen Reichsmark, der ungefähr in gleicher Weise verwendet wird wie Reichs- und Postgeld. Die Ansammlung solcher Riesenbeträge und die bisherige Art ihrer Verwendung trägt sehr viel zur Warenteuerung bei, unendlich viel mehr als die Bankbedingungen. Dem Produktionsprozeß sind diese Gelder wegen ihrer Kurzfälligkeit nur in sehr geringem Maße dienstbar zu machen. Werden sie billiger abgegeben, so zieht also die Produktion aus der Geldverbilligung wenig Nutzen. Zugute kommen diese Gelder im wesent3*
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liehen dem Diskontgeschäft und Warenhandel und ermöglichen in vielen Fällen das Durchhalten von Lagerbeständen, die sonst abgestoßen werden müßten. Wir müssen fordern, daß diese ganzen Summen, soweit sie nicht für die Kassaführung unbedingt nötig sind und daher liquid gehalten werden m ü s s e n , der Wirtschaft ganz anders nutzbar gemacht werden als bisher. (Sehr richtig!) Wir müssen fordern, daß über diese Dinge sehr ernstlich, aber nicht nur im Schöße der Regierung selbst, sondern im Zusammenarbeiten mit der Wirtschaft verhandelt wird. (Sehr gut! und Sehr richtig!) Die Forderung, die wir hier stellen, ist nicht Forderung des Bankgewerbes; sie ist Forderimg der deutschen Wirtschaft. Sie kann nur erfüllt werden, wenn nicht nur in diesem Saal, sondern überall in Deutschland bei der Regierung und im Volke die Überzeugung durchdringt, daß unter den heutigen Verhältnissen nicht nur die E r h a l t u n g unserer Wirtschaft, sondern ihre F ö r d e r u n g und E n t w i c k l u n g das Notwendige, das N o t w e n d i g s t e ist, das alleinige Ziel der Staatskunst und des Volksstrebens sein muß, dem alles andere unterzuordnen ist. Aus Krieg, Zusammenbruch und aus der Inflation ist unsere Wirtschaft mit Wunden bedeckt, aber noch immer kräftig und widerstandsfähig übriggeblieben. Ringsum sieht's schlecht aus. Es wäre unkluge Politik — und man hat diesen Weg in der Aufwertungsfrage betreten —, wollte man, um ausgleichender Gerechtigkeit zu dienen, dem einzigen noch grünenden und gesunden Stamme, der Früchte trägt und Schößlinge bilden kann, das Wasser entziehen, um es auf gut Glück ringsherum zu verspritzen. (Sehr gut! und Sehr richtig!) Man kann durch Handlungen und Unterlassungen die Wirtschaft verkümmern lassen, wird aber dadurch anderem nicht zur Blüte verhelfen können. Blüte der Wirtschaft dagegen befruchtet alles. Den politischen Aufstieg Preußens in den fünfziger und sechziger Jahren hatte es lediglich der Entwicklung seiner Wirtschaft zu danken; Preußen hat sich großgehungert. Erst später hat dann die politische Machtstellung Preußens und Deutschlands auf die Wirtschaft befruchtend zurückgewirkt. Diesen selben Weg können wir wieder gehen, m ü s s e n wir wieder gehen. Nur das Schwergewicht der wirtschaftlichen Stärke wird uns auch die politische Geltung zurückgeben. Nicht als ob wir die natürliche Gleichberechtigung sozialer, kultureller oder politischer Gesichtspunkte im geringsten antasten wollten. Aber sie sind h e u t e nicht das Primäre; das Primäre ist die Wirtschaft. Verlangen wir von der Regierung, verlangen wir vom ganzen Volke die Einsicht, daß Förderung der Wirtschaft das größte Interesse jedes einzelnen ist, weil es das Interesse des Vaterlandes ist, so müssen wir diese Erkenntnis um so mehr von jedem verlangen, der selbst im Wirtschaftsleben steht. Wir müssen verlangen, daß er einsieht, daß nicht gerade s e i n e Wirtschaft und nicht n u r seine Wirtschaft von überragender Bedeutung ist, daß sie ein Teil nur ist im großen Ganzen, daß es kein Wohlbefinden für ihn gibt, wenn sich nicht das Ganze wohlbefindet, und daß jedes Leiden
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des Ganzen sich binnen kurzem auch bei ihm fühlbar machen muß. Gemeinsame Interessen, gemeinsames Denken, gemeinsames Handeln. Das muß auch das Gesetz des Bankgeschäftes sein. Daß in unserem Gewerbe ausnahmslos nach diesen Grundsätzen verfahren wird, will ich nicht behaupten. Wir sind allzumal Sünder. Aber im Bankgeschäfte sicherlich auch nicht mehr als in irgendeinem anderen Berufe. Wir zählen heute in Deutschland etwa 5000 Bankbetriebe. Viel zuviel! Darin gibt es natürlich Menschen von sehr verschiedenem Grade der Moralität und der Charakterstärke. Wir wollen niemand in Schutz nehmen, der gegen das allgemeine Interesse handelt oder Vertrauen täuscht, und es wäre sehr zu überlegen, ob das Bankgewerbe nicht Einrichtungen treffen könnte, die es ermöglichen, unsaubere Elemente zu kennzeichnen und dadurch für die Allgemeinheit unschädlich zu machen. (Bravo!) Aber wenn man von vereinzelten Ausnahmen absieht, so sind die Angehörigen des Bankierstandes Männer, die, wie es der Stand erfordert, Ansehen genießen und denen man Verantwortlichkeitsgefühl nicht absprechen darf. Sie fühlen sich mit Recht aufs tiefste verletzt durch die Angriffe, die heute von den verschiedensten Seiten gegen das Bankgeschäft im allgemeinen gerichtet werden. (Bravo!) Sehen wir von diesem subjektiven Empfinden aber einmal ab und betrachten die Dinge rein objektiv. Daß diejenigen Kreise, die ihrer Weltanschauung nach antikapitalistisch eingestellt sind und im Bankier einen Hauptvertreter der kapitalistischen Wirtschaftsordnung erblicken, für unseren Stand nichts übrig haben, wird man begreifen. Aber auch diese Kreise haben doch größtes Interesse am Gedeihen der Wirtschaft, von der sie leben, und nach dem eklatanten Mißerfolg all der vielen Experimente, die man seit dem Umsturz gemacht oder versucht hat, sollten auch sie sich vor Übertreibungen hüten. Ganz unverständlich und in hohem Grade wirtschaftsschädlich aber ist die Bankfeindschaft, die heute in der Wirtschaft selbst von Einzelpersonen, von kleineren und von größeren Verbänden und sogar von Regierungsstellen offensichtlich zur Schau getragen und weiterverbreitet wird. (Sehr richtig!) In kein anderes Gewerbe kann die Regierung, können die anderen Erwerbsstände so leicht und so tief Einblick gewinnen wie in das Bankgewerbe. Es gibt bei uns keine Geheimnisse. Wie muß es da anmuten, wenn man immer wieder in Wort und Schrift der Behauptung begegnet, Banken und Bankiers seien Kriegsgewinner, Inflationsgewinner und Deflationsgewinner gewesen. Es gibt in Deutschland kaum zehn Bankiers, deren Vermögen heute größer oder auch nur annähernd so groß wäre, als es vor dem Kriege gewesen ist (Sehr richtig!), dagegen viele Hundert, deren Vermögen die Inflation völlig vernichtet hat und die nichts als ihren guten Namen bewahrt haben. Und was die B a n k e n an Kapital und offenen Reserven verloren haben, zeigten die Goldumstellungsbilanzen mit erschreckender Deutlichkeit, und die stillen Reserven, von denen man so viel spricht, sind bei keiner einzigen Bank auch nur annähernd halb so groß wie vor dem Kriege. Die Bankgebäude, Bankpaläste, auf die man immer verweist und
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denen man so großen Wert beimißt, — ich will dahingestellt sein lassen, ob ihre Errichtung, ihr Ausbau nötig oder zweckmäßig war (Heiterkeit), aber sie stehen nun einmal (Heiterkeit), und ihre Unterhaltung bildet keinen Gewinn, sondern nur eine Last. (Sehr richtig!) Was der Bankierstand sich über die Inflation hinweg voll bewahrt hat, ist das Vertrauen in seine Solidität und der Kredit, der ihm daraufhin im Inlande und Auslande gegeben wird. Ich darf daran erinnern, daß die Entente, als sie uns im Jahre 1921 zur Zahlung einer Goldmilliarde zwang, die wechselmäßige Bürgschaft der D-Banken für die Einhaltung der Zahlungsfristen bedang. Zu den Banken allein hatte das Ausland im zusammengebrochenen Deutschland noch Vertrauen. Sie allein waren noch Träger des nationalen Kredits. Dieses Vertrauen, dieser Kredit hat uns allein befähigt, der Wirtschaft die Milliarden Kredit zuzuführen, zu denen die eigenen Mittel auch nicht im entferntesten ausgereicht hätten. Untergräbt man das Ansehen des Bankierstandes, so mindert man ihm und dadurch sich selbst den Kredit. Das soll beileibe nicht bedeuten, daß man alles, was der Bankier zu tun für gut befindet, alles was Bankenvereinigungen beschließen, unbesehen und kritiklos hinnehmen soll. Aber zu sachlichen Erörterungen über diese Dinge bietet sich von Verband zu Verband und in den Industrie- und Handelskammern Gelegenheit genug, und das Bankgeschäft entzieht sich solcher sachlichen Aussprache nicht. Auf der anderen Seite liebt man aber solche Erörterungen nicht, beschränkt sich vielmehr auf Forderungen. Wie hat man über die Abstoßung der kleinen Konten und Depots durch die Banken im Herbst 1923 gezetert! Welche Interessen der Wirtschaft und der Allgemeinheit sind dabei durch die Banken verletzt worden ? Nichts hat aber der breiten Masse den Unwert der Milliarden, das Wesen der Inflation so klargemacht wie -gerade diese Maßregel. Sie hat sehr dazu beigetragen, der neugeschaffenen Rentenmark den Boden zu bereiten, den sie entgegen der Voraussage so vieler im Volke gefunden hat. Jetzt klagt man allgemein über die teuren Bankbedingungen. Alles, was die Banken und Bankiers an Zins und Provision für Kredite zusammen belasten, ist noch nicht soviel wie die neben den Steuern hergehenden sozialen Lasten in Höhe von 1610 Millionen Reichsmark, die wir aufzubringen haben. Man übersieht aber auch vollkommen, welche Veränderungen seit Januar 1924 in den Bankbedingungen erfolgt sind. Damals mußten für den Bankkredit mindestens 20 v. H., im April 1924 mindestens 25 v. H., im Juli 1924 mindestens 36 v. H., aber schon im Oktober nur noch 18 v. H., im Januar 1925 16V2 v. H. bezahlt werden, und seit Ende Februar dieses Jahres kostet der Kredit 14 v. H. Diese Ermäßigungen erfolgten, sobald es möglich war, freiwillig; und die Hauptsache dabei ist, daß die hier angegebenen Mindestsätze, die oft sehr stark, manchmal um das Doppelte, überschritten wurden, immer mehr zur Norm geworden sind. Mehrforderungen des Bankiers, je nach den Umständen des Falles und je nach den
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Mitteln, die ihm selbst zur Verfügung stehen, sind heute der Zahl nach schon Ausnahmen, und die Mehrforderung wird immer kleiner. Hier werden wir auch weiter wirken. Es müssen diese Mindestforderungen, die wir heute haben, die normalen Forderungen werden; und Ausnahmen müssen und werden immer weiter schwinden, bis sie überhaupt nicht mehr vorhanden sind. Aber zu dieser Ermäßigung der Bedingungen ist das Bankgewerbe nur durch den Zufluß fremden Geldes, der aus der Kreditorenzunahme der Zweimonatsbilanzen ersichtlich ist, instand gesetzt worden. Nehmen diese Gelder weiter zu, so kann Zins und Provision weiter ermäßigt werden. Wenn aber aus den Kreisen der Wirtschaft heraus eine Ermäßigung auf j e d e n Fall gefordert wird, so wollen diese Kreise für das Bankgeschäft diejenigen Wirtschaftsgesetze nicht anerkennen, die die Preishöhe ihrer eigenen Artikel in hohem Grade mitbestimmen; abgesehen von Angebot und Nachfrage, in erster Linie die Übersetzung aller wirtschaftlichen Berufe. Wir zählen, wie bereits erwähnt, heute 5000 Bankbetriebe in Deutschland. Vor dem Kriege waren es noch nicht 2500. Im Jahre 1913 kamen auf 1 Million Einwohner ohne Mitzählung der Sparkassen 39V2 Privatbankbetriebe, 1923 über 5373 und öffentlich-rechtliche 1913 nur 1 J 8 , 1923 aber über 3. Es ist klar, daß, wenn die heutigen Bankumsätze, die geringer sind als früher, sich auf 2500 Bankbetriebe verteilen würden, jeder einzelne billiger arbeiten könnte, als er es heute vermag. Daß die Übersetzung der Schuhgeschäfte im Preis des Stiefels zum Ausdruck kommt, weil die Geschäftsunkosten im Verhältnis zum beschränkten Umsätze zu hoch sind, findet man natürlich. Im Bankgeschäft findet man es unnatürlich. Neben dieser allgemeinen Übersetzung im Bankgewerbe macht sich auch das immer weiter getriebene Eindringen der a u c h allzu vielen Staats- und Kommunalbanken in das Privatbankgeschäft störend bemerkbar. Eine reinliche Scheidung des Wirkungskreises würde sicherlich Energie, Reibung und Kosten sparen und der Wirtschaft besser nützen. Ich denke, daß der Herr Mitberichterstatter Ihnen darüber noch einiges zu sagen haben wird. Nur der öffentlichen Meinung zuliebe, die falsch orientiert ist, k a n n der Bankier seine Bedingungen gar nicht ermäßigen. Er bedarf des Vertrauens der Geldeinleger. Dieses Vertrauen kann nicht nur durch das Eigenkapital des Bankiers, es muß im wesentlichen durch die Art seiner Geschäftsführung erworben werden. Wer Geld zu festem Zins beim Bankier anlegt, der will sich nicht von Konjunkturen abhängig machen, deren Vorteile er nicht genießt, auch gar nicht genießen will, von deren Rückschlägen er aber in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Das Bankgeschäft darf also kein Konjunkturgeschäft sein. Es muß unter größtmöglicher Beschränkung der Risiken und damit unter Verzicht auf schrankenlose Ausnutzung von Konjunkturen so geführt werden, daß es auch in u n g ü n s t i g e r Zeit Ertrag abwirft. Einem ertragslosen oder ertragsarmen Unternehmen will niemand sein Geld anvertrauen. Die Bankbedingungen können also, wenn man nicht Zurückziehungen der Einleger in Kauf
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nehmen will, nicht unter das Maß gesenkt werden, das noch einen angemessenen Gewinn läßt. Wenn man nun aber gar die Kreditbedingungen der Banken für die augenblickliche Teuerung mitverantwortlich machen will und die Ermäßigung der Sätze für den Preisabbau unbedingt nötig erklärt, so setzt man sich mit offenkundigen Tatsachen in Widerspruch. Wie bereits erwähnt, sind die Belastungen der Banken für Zins und Provision im Jahre 1924 mehrmals sehr bedeutend bis auf 14 v. H. im Februar 1925 herabgesetzt worden und seitdem unverändert geblieben. Der Großhandelsindex dagegen ist in der Zeit vom April 1924, wo er 122,3 stand, bis zum Februar 1925 auf 136,7 v. H. gestiegen, der Lebenshaltungsindex aber, und er gerade hat doch die Aktion gegen die Teuerung ausgelöst, ist seit Februar dieses Jahres bei vollkommen unverändert gebliebenen Bankkonditionen von Monat zu Monat gewachsen. Er beträgt heute 145 v. H. gegen 135,6 v. H. im Februar 1925. Selbstverständlich besteht zwischen allen Preisen in der Wirtschaft ein gewisser Zusammenhang, und sie wirken gegenseitig aufeinander ein. Die W i r k u n g der Bankkreditb e d i n g u n g e n auf die Waren P r e i s s t e i g e r u n g k a n n a b e r , wie die g e g e n s ä t z l i c h e B e w e g u n g der I n d e x z i f f e r n klar erweist, nur von ganz u n t e r g e o r d n e t e r B e d e u t u n g s e i n . Wenn heute die Bankzinsen bei der Selbstkostenkalkulation von Industrie und Handel eine viel größere Rolle spielen als früher, so liegt das mehr als in der Höhe der Bankzinsen in der Höhe des für die Geschäftsführung verwendeten Kreditbetrags. Eine Herabsetzung der Zinsen und Provisionen könnte übrigens die vielfach erwartete Wirkung auf das augenblickliche Warenpreisniveau aus inneren Gründen gar nicht ausüben. Ein Preisabbau mit sofortiger Wirkung kann nur so vor sich gehen, daß die heute vorhandenen Warenvorräte billiger abgegeben werden. Herabsetzung der Bankzinsen wäre aber im Gegenteil geeignet, das Durchhalten solcher Vorräte zu erleichtern. Zugute käme die Zinsermäßigung dem Herstellungspreis neuer Ware; sie könnte sich also nur im Laufe der Zeit auswirken und wäre für die augenblickliche Preissenkungsaktion nicht von Bedeutung; und diese Bedeutung könnte ihr auch durch einen Kabinettsbeschluß nicht verliehen werden. (Heiterkeit.) Nun wollen wir aber einmal annehmen, die Banken gäben dem demagogischen Drängen nach und setzten die Bedingungen so herab, daß sie alle dividendenlos blieben. Mehr wird man ja nicht von ihnen verlangen. (Heiterkeit.) Die Zweimonatsbanken haben zusammen 53 3 /j Millionen Reichsmark Dividende ausgeschüttet. Nehmen wir an, daß die anderen Banken und Privatgeschäfte zusammen ebensoviel Kredit geben wie die Bilanzbanken, so bedeutet das auf den Kopf der Bevölkerung3 1,75 Reichsmark, um die sich die Konsumkraft heben könnte. l / 4 Reichsmark gegen 205 Reichsmark an Steuern! Sollte die Schätzung der Kreditsumme, die die nicht kontrollierbaren Banken zur Verfügung
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stellen, zu niedrig sein, so würde sich der Betrag von 1,75 Reichsmark vielleicht auf 2 oder 2,25 Reichsmark erhöhen. Das ist aber auch alles! Dagegen steht die Dividendenlosigkeit und Ertraglosigkeit des deutschen Bankgeschäfts mit der Auswirkung in den Kreditoren und in dem Kredit, den es dann selbst wieder zur Verfügung stellen könnte. Selbstverständlich muß sich der Bankier aber bewußt bleiben, daß die berechtigten und notwendigerweise von ihm geforderten Zinsen und Provisionen in ihrer a b s o l u t e n Höhe eine schwere Last für die Wirtschaft und für den Kunden bedeuten, die ihm so rasch und so weit als möglich erleichtert werden muß; der Bankier muß hierzu alles tun, was in seinen Kräften steht. Sparsamkeit im Materialverbrauch, Verbesserungen der Betriebseinrichtungen, Personalabbau. Wir haben es seit der Währungsstabilisierung daran nicht fehlen lassen, und wir werden auf diesem Wege noch weiter fortschreiten. Die Wirkung, die der einzelne in seinem Betriebe erzielen kann, darf aber nicht überschätzt werden. Verringerung der Beamtenzahl auf die Hälfte bedeutet nicht Halbierung des Gehaltskontos (Sehr richtig!), denn es werden in der Hauptsache die jüngeren, billigeren Kräfte verabschiedet, die älteren, geschäftskundigeren, aber auch teureren, bleiben. Zum wenigsten aber wird man verlangen müssen, daß dem Personalabbau seitens des Demobilisierungskommissars — Demobilisierungskommissar im siebenten Friedensjahre! — (Heiterkeit) nicht Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. Gegen üblich gewordene Sitten oder besser Unsitten im Zahlungsverkehr, gegen die Schwierigkeiten, die die viel zu kleine Stückelung der Wertpapiere bereitet, ist der einzelne machtlos. Da können nur Organisationsänderungen großen Stils helfen. Das Bankgewerbe ist in dieser Beziehung durchaus nicht untätig, es fehlt auch nicht an Ideen, aber die Durchführung begegnet sehr großen Schwierigkeiten. Es ist schon nicht leicht, die deutschen Bankiers unter einen Hut zu bringen; die berechtigten Stammeseigentümlichkeiten (Heiterkeit) und manchmal auch Eigenbrödelei (Heiterkeit) spielen da eine Rolle. Wenn aber zu Reformen die Mitwirkung anderer Berufsstände, von Reichs- und Staatsbehörden oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften benötigt wird, dann werden die Schwierigkeiten riesengroß. Der Börsenterminhandel könnte längst eingeführt (Sehr richtig!), das Effektensammeldepot schon in der Bildung sein, nur Steuer- und Stempelfragen und kleinliche Bedenken rechtlicher Art bringen immer wieder Verzögerungen. Hindernissen begegnet die Betriebsvereinfachung aber auch und oft in erheblichem Maße dadurch, daß die Behörden die Arbeitsleistungen von Banken und Bankiers übermäßig beanspruchen. Ob diese Arbeit unentgeltlich verrichtet werden muß, oder ob sie, meist unzureichend, bezahlt wird, ist nicht das Wesentliche. Wesentlich ist, daß die Arbeit in der normalen Geschäftszeit mit normalem Personal nicht bewältigt werden kann, daß sie also den Betrieb stört. Stören heißt verteuern. Auch der F ö r d e r u n g d e s b a r g e l d l o s e n Zah-
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l u n g s v e r k e h r s — ich habe das schon gestreift — wird der Bankier wieder erhöhte Aufmerksamkeit schenken müssen. Gewohnheiten, die man in der Kriegs- und Inflationszeit sich notgedrungen angeeignet und heute ganz ohne Not beibehalten hat, stellen an den Zahlungsmittelumlauf übermäßigen Anspruch. Unnötig hoher Zahlungsmittelumlauf wirkt aber geldverknappend. Wenn die Bemühungen des Bankierstandes, hier Besserung zu schaffen, nicht von der übrigen Wirtschaft, von den Behörden und von der Reichsbank kräftig unterstützt werden, wird ihnen wesentlicher Erfolg nicht beschieden sein. Wenn man heute von den gesamtwirtschaftlichen Aufgaben des Bankgewerbes, wenn man von der Arbeit des Bankiers überhaupt spricht, so denkt man nur an die Versorgung der Wirtschaft mit Kapital und Kredit. Es ist dies ja auch in der gegenwärtigen Zeit natürlich die Hauptaufgabe, gegen die die sonstigen Obliegenheiten des Bankiers in den Hintergrund treten. Die Befriedigung des Anlagebedürfnisses, in der Vorkriegszeit die beherrschende Idee des Bankgewerbes, spielt heute natürlich nur eine geringe, aber recht wichtige Rolle. Sparen war ja in Deutschland in den Inflationsjahren fast unmöglich geworden, und die wenigen, die etwas sparen konnten, gingen in die Sachwerte, erlebten aber auch da manche Enttäuschung. Auch heute unter veränderten Verhältnissen ist Sparen noch etwas Seltenes. Viele, die es möchten, können es nicht, und die, die es können, wollen nicht. Es ist unmodern geworden. (Heiterkeit.) Wir Bankiers können da nicht soviel tun wie die Regierung. Sie sollte einsehen, wie wichtig es ist, nicht n u r in wirtschaftlicher Beziehung, einem neuen Mittelstand zur Bildung zu verhelfen. Zu verhelfen nicht dadurch, daß man den Besitzenden so viel wegnimmt, bis sie Mittelstand werden (Heiterkeit), sondern dadurch, daß man auch Geringbemittelten die Kapitalansammlung ermöglicht. Gewiß sieht die Regierung das auch vollkommen ein, nur wenn gerade Steuergesetze beraten werden, vergißt sie es. (Heiterkeit.) In einem so großen Lande wie Deutschland gibt es aber auch Unmoderne. Es gibt noch oder es gibt wieder Sparer, die muß der Bankier s e h r pfleglich behandeln. Sie sind die Zukunft des Landes. Sie sind auch die Zukunft d e r Bankiers, die von jeher das Effektengeschäft als Spezialität gepflegt haben, und das sind sehr viele. S e h e n S i e sich das P a p i e r , das Sie dem S p a r e r verk a u f e n , s e h r g e n a u an. Der Sparer will R e n t e haben, er will sie aber auch w i r k l i c h haben, und bei den gegenwärtigen Zinsverhältnissen hat er auch Anspruch auf eine ansehnliche Rente. Aber prüfen Sie genau, ob in dem Papier, das der Sparer kaufen soll, nicht mehr versprochen wird, als später, wenn die jetzige Geldnot überwunden ist — und sie wird einmal überwunden werden —, tatsächlich geleistet werden kann. Keine noch so hohe Vermittlungsprovision darf den Bankier dazu verführen, von solcher Prüfung Abstand zu nehmen. Bedenken Sie, daß auch die Vermittlungsprovision zu Lasten des Geldnehmers geht und die alljährliche Leistung, die er auf sich nimmt, erhöht.
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Vermittlungsprovisionen von 4 bis 5 v. H., wie sie üblich zu werden scheinen, ich möchte sagen: wie sie üblich zu werden drohen, belasten den Geldnehmer auf die g a n z e Dauer der Anlage mit reichlich 1/2 v. H. über die Anleihebedingungen hinaus. Die Betreuung auch des e i n z e l n e n Sparers ist s o wichtig, daß man sie den gesamtwirtschaftlichen Aufgaben des Bankgeschäftes zurechnen muß. Denn zum zweiten Male darf der Sparer sein Geld nicht verlieren. Zwischen Sparanlage und Spekulation muß ein d i c k e r Trennungsstrich gezogen werden. Aber auch die Spekulation ist eine wirtschaftliche Größe, und die Aufgaben, die dem Bankier auf diesem Gebiete gestellt werden, müssen ebenfalls unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet und behandelt v/erden. In der Wirtschaft gibt es keine k o n s t a n t e n Größen. Was gestern wichtig war, kann heute unwichtig erscheinen, und das Unbedeutende von heute kann morgen zu großer Bedeutung erwachsen. Wichtig ist das N ö t i g e , und die Spekulation i s t heute nötig. Der Zustand an unseren Börsen, der Kursstand unserer Wertpapiere, der sich mit den tatsächlichen Verhältnissen der Wirtschaft nicht genügend erklären läßt, ist auf das Fehlen der Spekulation zurückzuführen. Und die Spekulation fehlt, weil man ihr die Existenz unmöglich gemacht hat. Prohibitive Stempel, prohibitive Bankprovisionen haben ein Gitter gezogen, und dem, der sich durch dieses Gitter gezwängt hat, wurde das Geld verweigert oder nur so kurzfristig bewilligt, daß er damit nichts anfangen konnte. Vom täglichen Gelde kann die Spekulation nicht leben. Spekulation, die in der werdenden deutschen Wirtschaft eine große Rolle gespielt hatte, war im reich gewordenen Deutschland verpönt. Ein ganz natürlicher Vorgang. Man suchte sie, und das mit Recht, auf allen Gebieten einzuschränken und zu bekämpfen. Sie war u n w i c h t i g geworden. Jetzt wird sie wieder wichtig. Es gilt heute in Deutschland nicht nur Vermögen zu e r h a l t e n , wozu die konservativsten Methoden die besten sind, sondern auch Vermögen zu e r w e r b e n , und da kann man eines gewissen Wagemuts nicht entraten. Wie in so vielem anderen, müssen wir hier alle umlernen: Regierung, öffentliche Meinung und nicht zuletzt wir Bankiers selbst. Wir stehen da vor einer sehr schweren Aufgabe, vor einer sehr schweren Verantwortlichkeit gegenüber der Gesamtwirtschaft. Die Wirtschaft bedarf der Spekulation in einem gewissen Umfange, sie muß sich ihrer bedienen, nicht umgekehrt. Die Spekulation in die richtigen Wege zu leiten, sie nicht über die Stränge schlagen zu lassen, liegt oft in der Macht des Bankiers. Daß Spekulation von Spiel grundverschieden ist, brauche ich in diesem Kreise nicht zu betonen. In der öffentlichen Meinung aber wird zwischen beiden wenig unterschieden, und Aufklärung darüber zu verbreiten, ist Sache des Bankiers. Der Hasardspieler ist in der Gesellschaft ein u n e r w ü n s c h t e s ,
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in der Wirtschaft ein u n e r t r ä g l i c h e s Element. Der Spekulant — ich spreche dieses Wort, das noch einige Grade verpönter als Spekulation, beinahe zu einem Schimpfwort geworden war, bewußt aus —, der Spekulant, ein Kopfarbeiter, und einer, der eigenes Geld, nicht fremdes riskiert, ist nötig und wichtig. An der Börse hatte die Spekulation von jeher eine ganz bestimmte volkswirtschaftliche Aufgabe und hat oder hätte sie heute mehr denn je. Der Umsatz der bestehenden Wertpapiere, der Aktien sowohl als der festverzinslichen, läßt sich ohne Beteiligung der Spekulation am Geschäfte nur sehr mangelhaft und nur unter unnötig großen Kursschwankungen abwickeln. Es ist ja klar, daß nicht jedem, der einen bestimmten Betrag eines bestimmten Papieres verkaufen will oder verkaufen m u ß , jemand begegnet, der gerade d i e s e Art und gerade d i e s e Menge zur dauernden Kapitalsanlage erstehen will. Zur Markt- und zur vernünftigen Preisbildung kann die Spekulation nicht entbehrt werden. Ihr Niederhalten zeitigt Zustände, wie wir sie heute haben. Für die Schaffung und Unterbringung von Neuemissionen, und darauf beruht die so notwendige Bereitstellung von Kapital oder langfristigem Kredit für Landwirtschaft und Industrie, kann man auf die Dienste der Spekulation ebensowenig verzichten, bedarf ihrer vielmehr in weit höherem Grade als früher. Bei dem überwiegenden Anlagebedarf des reichen Vorkriegs-Deutschlands wurden Neuemissionen sofort bei der Zeichnung oder Börseneinführung völlig zu Dauerbesitz absorbiert. Jetzt wird der spekulative Zwischenbesitz wieder die Rolle spielen müssen, die er bis zur Jahrhundertwende auf diesem Gebiete gespielt hat. Das Börsengeschäft ist aber nur ein Ausschnitt der Spekulation; Spekulation ist es auch, wenn der Fabrikant oder Händler neue Artikel aufnimmt, im gegebenen Moment Vorräte verstärkt oder verringert, Filialen im Auslande errichtet und vieles andere. Nicht Spiel, sondern Spekulation, d. h. Berechnung und Abwägung des Für und Wider unter bewußter Übernahme der Gefahren eines Fehlschlages. Auch dieser Spekulation, ihr insbesondere, muß der Bankier seine Unterstützung leihen, nicht kritiklos natürlich, sondern mit großer Vorsicht und nur, wo gesamtwirtschaftliches Interesse vorliegt. Diese Forderung der Gesamtwirtschaft in der Praxis zur Geltung zu bringen, ist Aufgabe des Bankiers. N i c h t Aufgabe des Bankiers ist es, s e l b s t an die Stelle der Spekulation zu treten. Je mehr er sich von jeder Spekulation zurückhält, desto besser für die Allgemeinheit und für das Ansehen seines Standes. Nicht als ob Beteiligung an der Spekulation, immer natürlich im Rahmen der eigenen Mittel, etwas Verwerfliches wäre, das dem persönlichen Ansehen Abtrag tun könnte. Durchaus nicht; aber wer spekuliert, denkt notwendigerweise subjektiv, der Bankier soll aber stets objektiv und kühl bleiben. Es ist nichts Neues, was ich hier ausführe; hier im Saal ist jeder damit vertraut, und doch muß es ausgesprochen werden, recht oft und deutlich ausgesprochen werden, weil diese Tätigkeit des Bankiers, eine sehr schwierige und sehr verantwortungsreiche, nutzvoll nur entfaltet werden kann,
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wenn sie von der ganzen Wirtschaft nicht nur, sondern auch von der Regierung und von der öffentlichen Meinung verstanden und als nützlich anerkannt wird. Heute herrscht in der öffentlichen Meinung über diese Dinge noch arge Verwirrung. Auf der einen Seite hat man kein Verständnis dafür, daß der Bankier irgendwelche Spekulation unterstützen soll — es ist das wohl mehr Abneigung gegen das Wort als gegen die Sache —, auf der anderen Seite verargt man es aber dem Bankier, wenn er gegen eine Spekulation angeht, die gefahrlich zu werden droht oder sich schon als schädlich erweist. Ich erinnere nur an den F a l l S t i n n e s . Der Aufbau dieses Konzerns aus den verschiedensten Bestandteilen ohne organischen Zusammenhang war ein konstruktiver Gedanke, richtig, wenn es gelang, den organischen Zusammenhang durch Ergänzung und Organisation zu schaffen, falsch, wenn dieses mißlang. Das Gelingen wäre ein großer privatwirtschafitlicher und auch volkswirtschaftlicher Vorteil gewesen. Jedes der einzelnen Unternehmen wäre mehr wert geworden durch die Zusammenfassung und die erhöhte Leistungsfähigkeit, die das Für- und Ineinanderarbeiten ergeben mußte. Das Mißlingen mußte keinen volkswirtschaftlichen, nicht einmal einen privatkapitalistischen Schaden bedeuten; der einzelne Bestandteil blieb dann genau so wertvoll, nicht mehr und nicht weniger, als er vorher gewesen war. Mit konstruktiven Gedanken in der Wirtschaft ist es nämlich nicht anders als mit irgendwelcher Erfindung. Gelingt in der Technik oder Wissenschaft eine große Erfindung, so kann die Welt unendlich bereichert werden, gelingt die Erfindung nicht, so wird sie deshalb nicht ärmer. Hatte also Stinnes, der Vater, oder hatten die Söhne hier eine unrichtige Rechnung aufgemacht, so war das für die Gesamtwirtschaft ohne besondere Bedeutung. Sie wurde mit der Sache durch etwas anderes verquickt. Stinnes verband mit seinem konstruktiven Gedanken eine Spekulation (er antizipierte das Gelingen) und nahm zu der Durchführung Kredit in Anspruch. Damit begann das Interesse der Allgemeinheit an seinen Geschäften, und es wuchs in dem Maße, in dem die Kredite anwuchsen, die diese Geschäfte beanspruchten. Das privatwirtschaftliche und das gesamtwirtschaftliche Interesse, anfangs parallel laufend, wurde ein gegensätzliches in dem Moment, in dem die in Anspruch genommenen Kredite so anschwollen, daß sie auch bei Gelingen der Idee auf normalem Wege nicht mehr abgetragen werden konnten. Hier mußte eingegriffen werden, und von wem anders konnte das geschehen als von den Banken ? Man hat ihnen zum Vorwurf gemacht, daß sie die Kredite zu solcher Höhe erst haben anschwellen lassen. Dieser Vorwurf ist vollkommen unberechtigt. Die Kredite, die die deutschen Banken und Bankiers den Stinnesschen Firmen gewährt haben, sind nicht über das zulässige Maß hinausgegangen. Die Öffentlichkeit kann das genau kontrollieren, denn die gesamten Bankkredite sind in dem Stillhaltekonsortium vereinigt und betragen zusammen 45 Millionen Mark. Viel größere Summen waren vom Hause Stinnes abseits der Banken und ohne ihr Wissen in Deutschland und im Auslande aufgenommen worden. Ihre
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Höhe und Zusammensetzung ist den Banken bei ihrem Eingreifen nicht einmal in vollem Ausmaße mitgeteilt, sondern erst allmählich durch eingehende Untersuchung bekannt geworden. Je höher die Verbindlichkeiten festgestellt wurden, desto mehr mußten die privatwirtschaftlichen Gesichtspunkte hinter den gesamtwirtschaftlichen zurücktreten. Die ganze Affäre hatte im Inlande und im Auslande den denkbar schlechtesten Eindruck gemacht und drohte die Kredit- und Vertrauenskrise, in der wir uns befinden, zu verschlimmern. Da konnte es nicht mehr darauf ankommen, was man von Anfang an beabsichtigt und wofür man entsprechende Provision verlangt hatte, die Kredite so lange durchzuhalten, bis sich für die einzelnen Bestandteile des Konzerns Käufer zu hohen Preisen gefunden hätten. Es mußte vielmehr das Ziel energisch verfolgt werden, die Schuldsumme so rasch wie nur irgend möglich abzutragen bis zu einem Stande, der für den Rest eine langsamere Liquidation ohne Schaden für die Allgemeinheit gestattete. Daß die Banken unter diesen Umständen von sich aus die ursprüngliche Provisionsvereinbarung aufhoben, ist etwas Selbstverständliches. Es gebührt ihnen dafür keine besondere Anerkennung. Anders der Beschluß der führenden vier Banken, für die ganze gewaltige Arbeit, die mit der Entwirrung der sehr verwickelten Verhältnisse und Geschäfte des Konzerns und mit ihrer Liquidation verbunden ist, auf jede Entlohnung zu verzichten. Dieser Verzicht ist keine Selbstverständlichkeit, er ist das Gegenteil und gefaßt nur, um die in der Öffentlichkeit gegen die Banken erhobenen Angriffe ad absurdum zu führen. Das ist der Sachverhalt. Wer diese Dinge unbefangen prüft, wird zugeben müssen, daß sich die Banken in der Sache Stinnes ein großes Verdienst um die deutsche Wirtschaft erworben haben, und daß insbesondere auch der Reichsbank und ihrem Präsidenten für das Eingreifen im richtigen Augenblicke und den Herren, die führend die große und verantwortungsvolle Arbeit der Abwicklung zu leiten haben, großer Dank geschuldet wird. Im Auslande erkennt man das ohne weiteres an, in Deutschland selbst — na, sagen wir: nicht überall. (Heiterkeit.) Jedenfalls hat hier der Weg zum Herzen des Bankiers nicht über das Provisionskonto geführt. (Heiterkeit.) Ich bin am Ende meiner Ausführungen. Die notwendigen Vorbedingungen für die Erfüllung der heutigen gesamtwirtschaftlichen Aufgaben des privaten Bankgewerbes müssen, ich glaube das klargelegt zu haben, zu einem sehr großen Teile von der Regierung und den anderen öffentlichen Gewalten, zu einem weiteren Teile von den wirtschaftlichen Erwerbsständen und zum letzten, aber nicht zum geringsten endlich vom Bankierstande selbst erfüllt werden. Zu den notwendigen Vorbedingungen, die nur vom Bankier selbst abhängen, gehört auch ein gesunder Optimismus. Optimismus, nicht Kritiklosigkeit! — aber Glauben an die Zukunft und Arbeit an der Zukunft. Eines aber, das Wichtigste, braucht das Bankgewerbe zur Erfüllung seiner Aufgabe vom ganzen Volke: V e r t r a u e n . (Lebhafter, lang anhaltender Beifall.)
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Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r: Meine verehrten Herren! Gestatten Sie, daß ich Ihren lebhaften Beifall durch einige Worte in seiner Bedeutung klarstelle. Der Herr Berichterstatter hat, wie ich wohl ohne Übertreibung sagen darf, die sachlichen Ve. handlungen des Bankiertags von hoher Warte aus in geradezu glanzvoller Weise eingeleitet. Wir haben ihm nicht nur dafür zu danken, daß er seine wahrlich knapp bemessene Zeit uns zur Verfügung gestellt hat, sondern fast noch mehr dafür, daß er in seinem Vortrag, der fast alle wichtigen Fragen, die uns jetzt bewegen, berührt hat, mit so großer Sachlichkeit und Klarheit seine Ausführungen gemacht und daß er Kritik nicht nur an anderen, sondern auch an den Bankiers selbst und am Bankwesen geübt hat. Gerade hier, und das ist der beste Beweis für seine Sachlichkeit, ist er wohl einmal zu weit gegangen, wenn er geglaubt hat, es seien noch keine Einrichtungen getroffen, um unsaubere Elemente im Bankwesen zu kennzeichnen. Wir haben im Centraiverband des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes diese Einrichtung seit längerem nicht nur getroffen, sondern in sehr großem Umfange durchgeführt durch öffentliche Brandmarkungen von nicht vertrauenswürdigen Elementen, durch öffentliche Kennzeichnung von Geschäften als solche, welche ein anständiger Bankier nicht abschließen darf, durch Beseitigung marktschreierischer Firmen und dergleichen mehr. Dies nur nebenher. Der Herr Berichterstatter hat sich aber das besondere Verdienst erworben, daß er durch die Ruhe, die maßvolle Art und die Sachlichkeit seiner Darlegungen jenem Totengräber der Wahrheit und Sachlichkeit wirksam entgegengetreten ist, der vielleicht der größte Schädling unserer Zeit ist: dem S c h l a g w o r t , das sich auf dem Gebiete der sogenannten Konditionen und der von ihm berührten großen Fragen geltend gemacht hat. Schlagworte werden wohl nur von allen denen bevorzugt, die aus Lässigkeit oder aus Unkenntnis der Tatsachen nicht die Wahrheit untersuchen können oder wollen; sie haben sich vielleicht auch, wenn ich recht unterrichtet bin, mitunter in die politischen Vertretungen des deutschen Volkes einzumischen versucht. (Heiterkeit und Sehr richtig!) Und nun möchte ich diesen Dank schließen mit dem Ausdruck der festen Überzeugung, daß das, was der Herr Berichterstatter heute ausgeführt hat, einen kräftigen Widerhall in ganz Deutschland finden wird, nicht nur im Bankierstande, sondern weit darüber hinaus. (Bravo!) Wie seine Ausführungen nicht Schlagworte waren, sondern vielfach geflügelte Worte, die dauernd wirken werden, so war dieser ganze Bericht eine Freude für die Hörer und die durch ihn geschaffene Klärung eine Notwendigkeit. (Lebhafter Beifall.) Ich erteile nunmehr das Wort dem zweiten Berichterstatter, Herrn Karl L. P f e i f f e r , i. Fa. L . Pfeiffer, Cassel. Berichterstatter Karl L . P f e i f f e r , i. Fa. L . Pfeiffer, Cassel: Meine Herren! Der erste Herr Referent hat eine so große Zahl wichtiger Fragen angeschnitten und dabei so interessante
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Theorien hier erörtert, daß ich große Lust hätte, auf alle die Fragen auch meinerseits einzugehen. Aber dann würden Sie noch heute nachmittag hier sitzen und kämen um das Frühstück. Deshalb wül ich Ihnen das doch nicht antun, sondern will mich auf zwei Fragen beschränken, die mein Herr Vorredner nur kurz gestreift hat. Das ist einmal das Problem der öffentlichen Gelder und zum anderen die Frage des Wirkens der öffentlichen Banken. Wenn ich von den öffentlichen Geldern reden will, so habe ich dabei diejenigen Summen im Auge, die bei Reich, Staaten, Kommunen und Kommunalverbänden aus Steuern, Abgaben, Zöllen und gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen zusammenfließen und die vorübergehend verfügbar sind, weil sie nicht gleich für ihre eigentlichen Ausgabenzwecke gebraucht werden. Diese Summen haben schon vor dem Kriege eine gewisse Bedeutung gehabt. Aber sie haben doch lange nicht die Rolle gespielt wie heute, denn vor dem Kriege arbeiteten nach den Zahlen, die über die Sparkassen, Genossenschaften und Banken vorliegen, die deutschen Kreditinstitute mit ungefähr 40 Milliarden Mark Einlagen. Diesen 40 Milliarden Mark, einer Riesensumme, standen nur wenige hundert Millionen Mark öffentliche Gelder bei den Staaten und dem Reich — ich möchte zunächst von diesen allein sprechen — gegenüber. Und weil damals die Zinssätze niedrig waren, wurde von den vergebenden Stellen auf die Erzielung hoher Zinsen kein besonderes Gewicht gelegt, sondern als Hauptsache wurde damals betrachtet, daß die Gelder jederzeit wieder greifbar waren. So flössen sie der Reichsbank, der Seehandlung und den Staatsbanken und Notenbanken der übrigen Staaten zu und kamen der Wirtschaft zu günstigen Bedingungen restlos zugute. Das hatte sich, wie Sie alle wissen, als die Inflation zu Ende ging, völlig geändert. Herr Wassermann hat vorhin schon einige Zahlen für den damaligen Stand der Einlagen unserer Kreditinstitute angeführt. Den Sparkassen waren Ende 1923 ungefähr 350 Millionen Mark Einlagen verblieben, und die gesamten deutschen Kreditbanken und Genossenschaften haben nach meiner Ansicht nicht über mehr als 2 Milliarden zusammen verfügt. Man kann also annehmen, daß Ende 1923 in sämtlichen deutschen Kreditinstituten nur 2 1/2 bis 3 Milliarden Mark fremde Gelder steckten, und diesem geringen Betrag stand eine ständig steigende Summe von Staatsund Reichsgeldern gegenüber, weil durch die ungeheuren Verkehrsabgaben und die ebenso maßlosen direkten Steuern täglich Millionenbeträge in die Kassen des Reiches und der Staaten flössen, die sich schließlich zu Milliarden anhäuften.. Welche Höchstzahl jemals erreicht worden ist, das weiß wahrscheinlich niemand. Aber daß es eine ganze Anzahl von Milliarden gewesen ist, ist sicher; und es ist fraglos, daß mit diesen Summen Außerordentliches im vorigen Jahr, als unsere Wirtschaft gänzlich von Betriebsmitteln entblößt war, hätte geleistet werden können, wenn jene Gelder richtig verwandt worden wären. Aber die Inflation und die Revolution hatten auch da alles auf den Kopf gestellt. Neue Leute waren in Beamtenstellungen ge-
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kommen ohne Beamtenausbildung und ohne das sichere Empfinden für die Beamtenpflichten, wie wir es bei unseren alten deutschen Beamten gewöhnt waren. Und auch bei den alten Beamten war eine starke Verwirrung der Begriffe eingetreten. Persönliche Beziehungen und parteimäßige Einflüsse machten sich geltend, und die Inflation ließ spekulativen Gewinn und hohe Zinsen als das wünschenswerte Ziel jeder Geldanlage erscheinen. So kam es dazu, daß immer mehr Stellen, die über Reichs- und Staatsgelder verfugten, sich berufen fühlten, diese selbständig zu vergeben, und daß sie vergeben wurden mit dem alleinigen Zielder Erreichung möglichst großer Gewinne ohne jede Rücksicht auf die Lage der Wirtschaft. Dabei war noch besonders schlimm, daß nicht die wirklich bedürftigen Kreise der Wirtschaft diese Gelder erhielten, wenigstens nicht ausschließlich, sondern daß ein großer Teil von ihnen Leuten zufloß, die sie nur benutzten, um durch ihre spekulative Anlage oder durch ihre Weitergabe mit hohen Zinszuschlägen große Gewinne zu erzielen. Der Schaden, der durch diese planlose und falsche Vergebung der Reichs- und Staatsgelder entstanden ist, ist zweifellos ein ganz außerordentlicher gewesen. Der Herr Reichsarbeitsminister hat sich kürzlich in Osnabrück in sehr liebevoller Weise mit uns Banken beschäftigt und uns unter anderem vorgeworfen, wir hätten unsere Monopolstellung in bezug auf die Kreditbedingungen in gröblichster Weise mißbraucht. (Hört! Hört!) Es ist schon gestern von dem Herrn Vorsitzenden ausgeführt worden, daß wir Banken niemals eine Monopolstellung gehabt haben und daß wir sie auch jetzt nicht haben. Der Herr Reichsarbeitsminister nimmt aber vielleicht davon Kenntnis — er hat allerdings erklärt, er wäre niemandem Rechenschaft schuldig, eine etwas merkwürdige Äußerung bei einem Reichsminister (Heiterkeit und Zustimmung) —, er nimmt trotzdem vielleicht davon Kenntnis, daß das Reich und die Staaten voriges Jahr in bezug auf Geld wirklich eine Art Monopolstellung hatten, und daß diese Monopolstellung von ihnen in der unerhörtesten Weise ausgenutzt worden ist. (Lebhafte Zustimmung.) Dem Reich und den Staaten kosteten diese Gelder keine Zinsen, und doch haben sie sie zu Sätzen weitergegeben, die den Satz für Bankvorschüsse zeitweilig auf 60 bis 80 v. H. steigen ließen. Wenn es zu so unmöglichen Sätzen kam, so ist das zweifellos zu einem großen Teil auf die sinnlose Vergebung der öffentlichen Gelder zurückzuführen. (Sehr richtig!) Was weiter dadurch eingetreten ist, das wissen Sie alle: Reich und Staaten haben durch diese Vergebung der Gelder auch noch sehr große Verluste erlitten. Es ist aber über sie so viel geredet und noch viel mehr gedruckt worden, daß ich auf sie im einzelnen nicht eingehen will. Sie haben wenigstens das eine Gute gehabt, daß sie jedem klargemacht haben, daß es so nicht weiterging. Einer der ersten, der mit allem Nachdruck darauf hingewiesen hat, daß eine Änderung in der Vergebung der öffentlichen Gelder eintreten müßte, ist der Reichsbankpräsident Schacht gewesen. Er hat schon im vorigen Herbst, als uns allen, wenigstens in der (
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Provinz, die Verhältnisse noch nicht so klar waren wie jetzt, mit Nachdruck gefordert, daß die öffentlichen Gelder wieder zentral zusammengefaßt und von wenigen in enger Zusammenarbeit stehenden Instituten vergeben werden müßten, daß weiter angestrebt werden müßte, sie billig und restlos der Wirtschaft zuzuführen. Das ist die Forderung, die auch wir im Interesse der Allgemeinheit mit allem Nachdruck erheben müssen, denn die ganzen öffentlichen Gelder stammen ja zu einem großen Teil aus der Wirtschaft. Sie stellen gewissermaßen Blut von ihrem Blut dar, und deshalb hat die Wirtschaft, wie auch Herr Wassermann vorhin ausgeführt hat, ein unbedingtes Anrecht darauf, daß diese Gelder so lange wie es geht und zu so niedrigen Sätzen wie möglich ihr zugeführt werden. Man hat auch den Eindruck, daß es gelungen ist, auf dem Wege zu diesem Ziele weiterzukommen. Schon zu Beginn des Jahres sind Verhandlungen zwischen dem Reich und Preußen einerseits, der Reichsbank und der Seehandlung andererseits aufgenommen mit dem Ziele einer stärkeren Zusammenfassung der ganzen Reichsund Staatsgelder. Sie haben dahin geführt, daß die Reichsfinanzverwaltung, die übrigens mit der Reichsbank immer in sehr anerkennenswerter Weise zusammengearbeitet hat, ihre Gelder heute wieder restlos der Reichsbank überläßt, von wenigen Beträgen abgesehen, die der Reichskredit-Gesellschaft und einigen anderen Instituten zufließen. Auch die Reichspost ist damals angewiesen worden, ein Drittel ihrer ganzen Gelder wieder der Reichsbank zur Verfügung zu stellen, die von dieser benutzt werden, um Wechsel zu kaufen. Für die übrigen zwei Drittel sind ihr ebenfalls ganz bestimmte Vorschriften gegeben. In ähnlicher Weise ist auch der Reichsbahn und der Deutschen Verkehrskreditbank, die, wie Sie wissen, die Gelder der Reichsbahn verwaltet, vorgeschrieben worden, ihre Bestände in Wechseln und in Vorschüssen an Privatbanken anzulegen und dabei in Fühlung mit der Reichsbank zu bleiben. Die preußischen Gelder endlich fließen jetzt wieder restlos der Seehandlung zu, diese aber — das ist das Wichtigste — hat sich von dem Personalkreditgeschäft, das, wie Sie wissen, ihr schwere Verluste gebracht hatte, ganz zurückgezogen und hat sich wieder ausschließlich ihrer Vorkriegsaufgabe, die Bank der Banken zu sein, gewidmet. Sie legt heute alle ihre Bestände wieder in Wechseln an oder führt sie den Privatbanken zu. Sie hat dabei erfreulicherweise auch ihre alten Beziehungen zur Provinz wiederaufgenommen, so daß tatsächlich die Gelder, über die die Seehandlung verfügt, heute dem ganzen Staatsgebiete wieder zufließen. In ähnlicher Weise sollten auch die Staatsbanken und die Notenbanken der anderen Länder arbeiten. Man hat auch den Eindruck, daß es im allgemeinen geschieht. Allerdings sind unter ihnen einige, wie z. B. die Sächsische Staatsbank und die Thüringische Staatsbank, die immer noch an dem Personalkreditgeschäft festhalten trotz aller bedauerlichen Verluste und Mißgriffe, die bei den Ausleihungen im Personalkreditgeschäft eingetreten sind. Diese Institute verkennen auch heute noch, daß es ihre Aufgabe
f>l nicht sein kann, im Einzelfall einem Kreditbedürfnis abzuhelfen, sondern daß es ihre Aufgabe sein muß, auf eine Erleichterung des gesamten Geldmarktes hinzuwirken. Im ganzen betrachtet ist aber heute eine sachgemäße Verwendung der Reichs- und Staatsgelder doch erreicht. Fraglich muß bleiben, ob es zweckmäßig ist, daß alle diese Gelder kurzfristig angelegt werden, und ob sie zu so günstigen Bedingungen an die Wirtschaft weitergegeben werden, wie es möglich und erwünscht ist. Was die Dauer der Anlagen anlangt, so ist gar nicht zu verkennen, daß ein großer Teil der Gelder nach kurzer Zeit gebraucht wird und deshalb immer auch nur kurzfristig angelegt werden darf. Herr Wassermann hat vorhin gemeint, daß dagegen z. B. ein Teil der Gelder der Reichsbahn sehr wohl auch anders, d. h. auch langfristig, angelegt werden könnte. Ich muß aber gestehen, daß ich da seinen Ausführungen nicht ganz zu folgen vermag. Wenn es so wäre, daß die Reichsbahn wirklich über Gebühr große Beträge bei sich ansammelte, dann müßten wir nicht eine langfristige Ausleihung dieser Gelder anstreben, sondern eine Herabsetzung der Tarife durchsetzen, die von der Wirtschaft unbedingt gebraucht wird. Handelt es sich aber bei der Reichsbahn nicht um Gewinnüberschüsse, die nicht gebraucht werden, sondern, wie ich annehme, um Beträge, die sie für den Dawes-Plan oder für laufende Betriebszwecke benötigt, dann kann bei diesen Geldern auch nur eine kurzfristige Anlage in Frage kommen. Dagegen gibt es ein Institut, das über Gelder verfügt, die tatsächlich konstant sind; das ist die Reichspost. Sie hat in den Postscheckämtern heute ungefähr 700 Millionen Mark, und die Einlagen sind so ständig gestiegen, daß man wohl ruhig sagen kann, sie verfügt über einen festen Stamm von etwa 500 Millionen Mark. Es scheint mir in der Tat unbedenklich, einen derartigen Betrag von den Einlagen der Postscheckämter langfristig anzulegen. Sie alle wissen, daß der Bedarf der Wirtschaft gerade nach langfristigen Krediten ein noch viel größerer ist als der nach kurzfristigem Geld. Ich habe auch gestern von dem Herrn Präsidenten der Seehandlung gehört, daß schon ein Anfang mit einer derartigen Anlage der Postgelder gemacht wäre, indem die Post einen nicht unerheblichen Teil ihrer Gelder in Pfandbriefen angelegt hätte. Ich muß aber gestehen, daß mir das noch keine ganz glückliche Lösung dieser Frage darzustellen scheint, denn durch die Pfandbriefe wird immer nur ein verhältnismäßig sehr teurer Hypothekenkredit der Wirtschaft vermittelt. Würde dagegen die Post die Gelder unmittelbar zur Hypothekenausleihung zur Verfügung stellen, dann könnten Hypotheken zu wesentlich günstigeren Bedingungen gegeben werden. Daß die Post solche Ausleihungen nicht selbst vornehmen dürfte, liegt auf der Hand; sie würde sonst sicher ähnliche Mißerfolge erleben wie bei dem Personalkreditgeschäft, das sie eine Zeitlang betrieb. Aber wir haben so viele Hypothekeninstitute, öffentliche wie private, daß es ein leichtes wäre, in ihnen geeignete Vermittler für Posthypotheken zu finden. Was weiter die Billigkeit der öffentlichen Gelder anbetrifft, so glaube ich, daß alle diejenigen von Ihnen, die mit Stellen arbeiten, 4*
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die über solche Gelder verfügen, auch jetzt noch die Erfahrung machen müssen, daß diese Stellen im allgemeinen möglichst hohe Zinsen herauszuschlagen suchen. Das ist diesen Stellen meiner Ansicht nach auch gar nicht übelzunehmen, denn es handelt sich bei ihnen ja fast durchweg um selbständige Bankbetriebe, und es ist ganz natürlich, daß der Leiter eines Bankunternehmens nicht das Bestreben hat, so billig wie möglich, sondern eben so teuer wie möglich sein Geld zu verkaufen. Nach den Ausführungen, die der Präsident der Seehandlung im Frühjahr in Frankfurt gemacht hat, scheint es aber auch noch abgesehen von diesen rein bankmäßigen Betrieben einzelne Stellen zu geben, die immer wieder außergewöhnlich hohe Zinsen anstreben. Deshalb ist es zweifellos sehr begrüßenswert, daß die Reichsregierimg dieser Zinsfrage sich neuerdings angenommen hat und mit allem Nachdruck darauf ausgeht, eine Verbüligung der Sätze zu erreichen. Sie scheint dabei erfreulicherweise nicht daran zu denken, wie ihr das von Parteiseite, insbesondere noch in den letzten Tagen von der Wirtschaftlichen Vereinigung, nahegelegt worden ist, die Gelder zu benutzen, um besonders billige Sonderkredite bestimmten Wirtschaftskreisen zur Verfügung zu stellen. Solche Sonderkredite haben immer Ungerechtigkeiten und Unbilligkeiten zur Folge, indem sie manchen zufließen, die sie gar nicht brauchen, während wieder andere, die sie dringend benötigen, leer ausgehen. Ob die Reichsregierung auf dem Wege weiterkommen wird, den sie jetzt beschreiten will, nämlich dem der Festlegung bestimmter Höchstsätze, zu denen die Gelder weitergegeben v/erden dürfen, ist mir aber ebenfalls zweifelhaft. Ich glaube, daß es eigentlich nur einen sicheren Weg gibt, der zürn Ziele fuhrt, nämlich den der Anlegung aller dieser Gelder zum Tagessatz in Wechseln. Der größte Vorteil, den die stärkere Konzentrierung der Gelder zur Folge gehabt hat, hat doch zweifellos darin bestanden, daß eben dadurch Reichsbank und Seehandlung über wesentlich größere Mittel verfügten und infolgedessen in viel stärkerem Maße als im vorigen Jahre Wechsel kaufen konnten, daß es weiter möglich war, eine Einrichtung wieder ins Leben zu rufen, die wir vor dem Kriege hatten und die damals von größter Bedeutung war, den Privatdiskontmarkt. In ihm spiegelt sich mehr als irgendwo anders die Flüssigkeit oder die Steifheit des Geldmarktes. Werden ihm stärkere Mittel zugeführt, so gehen seine Sätze automatisch herunter, die Reichsbank wird entlastet und einer Ermäßigung ihrer Diskontbedingungen wird vorgearbeitet. Durch ihn ist auch die Wiedereinführung der Bankakzepte möglich geworden. Von ihnen laufen zurzeit schätzungsweise wieder 400 Millionen Mark um, was besagen will, daß es den Banken möglich war, in dieser Höhe Industrie und Handel besonders billige Zusatzkredite zu geben. Nun wird allerdings von manchen Seiten behauptet, daß der niedrige Privatdiskontsatz nur Berlin oder nur Großbanken oder nur der Großindustrie zugute käme, weil nur diese heute Bankakzepte bekämen und weil nur Bankakzepte zum Privatdiskont genommen würden. Aber das ist nicht richtig, denn am Privat-
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diskontmarkt wurden im Frieden nicht nur Bankakzepte, sondern Vor allem auch gute Warenakzepte gehandelt. Wird jetzt der Privatdiskontmarkt wieder stärker, dann werden bald wieder ebenso wie vor dem Kriege auch Warenwechsel im größten Umfange privatdiskontmäßig gehandelt werden. Wir Provinzbanken sind aber alle mit Berlin so intensiv verbunden, daß die Vorteile, die wir hier bei der Diskontierung von Wechseln herausschlagen können, auf dem Umweg über uns der gesamten Wirtschaft in Deutschland zugute kommen, in ähnlicher Weise, wie eine Erhöhung der Diskontierungsmöglichkeit der Reichsbank durch öffentliche Gelder auf dem Umweg über ihre mehr als 400 Filialen auf die ganze deutsche Wirtschaft günstig zurückwirkt. Es scheint mir deshalb, daß wir nichts Besseres fordern und der Regierung gegenüber vertreten können, als daß sie daran festhält, daß die Reichs- und Staatsgelder so scharf wie irgend möglich zusammengefaßt werden, daß sie ein Ausbrechen einzelner Stellen verhindert und die gesamten Gelder zu so niedrigen Sätzen, wie es nach der jeweiligen Geldmarkdage möglich ist, der gesamten Wirtschaft erreichbar macht, und zwar bei den Postgeldern durch wenigstens teilweise Zuführung an den Hypothekenmarkt, im übrigen durch Anlage in Wechseln. Ich komme nun zu der anderen Gruppe der öffentlichen Gelder, derjenigen der Kommunen und der Kommunalverbände. Eine Zusammenfassung dieser Gelder hat vor dem Kriege so gut wie völlig gefehlt. Sie wurden dezentralisiert vergeben und flössen den Privatbanken der betreffenden Orte entweder direkt oder indirekt auf dem Wege über die Sparkassen zu. 1908 hatte allerdings eine Reihe von großen Städten eine kommunale Geldvermittelungsstelle ins Leben gerufen, die anfänglich von der Stadt Cassel verwaltet wurde und die den Zweck hatte, die Vermittelung der Banken auszuschalten. Sie wollte die Gelder, die bei der einen Kommune verfügbar waren, unmittelbar einer anderen geldbedürftigen Kommune zuführen. Die Geldstelle hat jahrelang mit steigendem Erfolge gearbeitet. Aber das Bestehen dieser Geldvermittelungsstelle allein hätte sicher niemals zu der völligen Umwälzung führen können, die tatsächlich zu verzeichnen ist. Sie ist vielmehr zurückzuführen auf die kommunale Bankenorganisation, die, wie Sie wissen, in einem Zeiträume von ungefähr zehn Jahren entstanden war. Ich kann auf die Einzelheiten der Geschichte dieser Bankorganisation, so interessant sie auch ist, aus Mangel an Zeit hier mcht eingehen. Ich will nur kurz erwähnen, daß sie in ihren untersten Gliedern aus ungefähr 8000 Sparkassenstellen besteht, die vor dem Kriege sich durchweg nicht bankgeschäftlich betätigten, die jetzt aber sämtlich bankmäßig eingestellt sind. Dazu kommen 100 und einige Stadtbanken und Kreisbanken, die von 1912 bis jetzt gegründet worden sind. Diese untersten Glieder werden zusammengefaßt von den Girozentralen, die nach den einzelnen Staaten und in Preußen provinziell gegliedert sind, und fiir die die ihnen angeschlossenen Geldinstitute bezw. die hinter diesen stehenden Kommunen und Kommunalverbände haften.
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Dieses ganze Gebäude nun wird gekrönt von der Deutschen Girozentrale, die 1916/18 gegründet worden ist, auf der Haftung der Girozentralen beruht und einige Zeit nach der Gründung auch die Geldstelle der Kommunen wurde und die Geschäfte der kommunalen Geldvermittelungsstelle übertragen bekam, wie schon in ihrem Namen zum Ausdruck kommt, dem in Klammern die Worte „Deutsche Kommunalbank" beigesetzt sind. Dieser kommunalen Bankorganisation fließen die öffentlichen Gelder der Kommunen jetzt restlos zu, und wenn wir unbefangen urteilen wollen, dann, glaube ich, müssen wir ohne weiteres sagen, daß diese Zuführung der kommunalen Gelder an die Bankenorganisation vernünftig ist. Diese kann allerdings so billig wie die alte Geldvermittelungsstelle nicht arbeiten. Aber dafür bietet sie den Kommunen andere sehr wesentliche Vorteile. Sie verfügt ja durch die Spareinlagen über sehr viel größere Geldmittel als die Geldvermittelungsstelle. Sie kann also auch in viel stärkerem Umfange den Kreditbedarf der Kommunen decken. Sie hat weiter an der Seehandlung einen Rückhalt, die den kommunalen Banken die Abnahme von Akzepten der Kommunen für kurzfristigen Geldbedarf zugesagt hat. Ferner haben die Girozentralen mit großem Erfolg schon in der Inflationszeit städtische Anleihen übernommen und untergebracht, und Sie wissen, daß sie jetzt wegen einer gemeinsamen Girozentralenanleihe in Amerika verhandeln und hoffen auch, diese Anleihe zustande zu bringen. Sie wird es den Städten wiederum erleichtern, ihren Aufgaben gerecht zu werden. Alles zusammengenommen also, muß man sagen, daß die kommunalen Banken für die Kommunen wertvolle Dienste leisten und daß, so bedauerlich es auch für uns Privatbanken sein mag, die kommunalen Gelder zu entbehren, wir doch uns damit abfinden müssen, daß sie jetzt und in Zukunft der kommunalen Bankenorganisation zufließen. Ebenso müssen wir nach meiner Ansicht restlos anerkennen, daß die kommunalen Banken Vorzügliches geleistet haben in der Ansammlung von Kapitalien. Ich sagte vorhin schon, daß am Ende der Inflationszeit die Sparkassen über einen Einlagebestand von nur noch etwa 350 Millionen Mark verfügten. Sie haben es inzwischen zusammen mit den kommunalen Banken verstanden, fast 2 Milliarden Mark an Einlagen wieder zusammenzubringen; und da in den Girozentralen ungefähr 1 1 / t Milliarden eigene und Einlagengelder arbeiten, so verfügt die kommunale Bankenorganisation heute über ungefähr 3 Milliarden, wenn man etwa 500 Millionen Mark als Einlagen der Sparkassen bei den Girozentralen annehmen will. Das ist für die heutige Zeit ein sehr großer Betrag! Er erscheint um so beachtenswerter, wenn man ihn mit der Einlagensumme vergleicht, über die die deutschen Kreditbanken verfügen, die nach den Zweimonatsbilanzen am 30. Juni ungefähr 5 Milliarden Mark katten. Sicherlich ist nicht zu verkennen, daß die kommunalen Banken durch die Pflege des Depositenund Scheckverkehrs, der sie sich seit ungefähr 15 Jahren neben dem eigentlichen Sparverkehr widmen, für uns Banken eine heftige
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Konkurrenz geworden sind. Aber auch damit müssen wir uns abfinden; denn es wäre ganz unverständlich, wenn man in einer Zeit wie der jetzigen, wo jeder Pfennig zur Kapitalbildung herangeholt werden muß, den Sparkassen irgendwelche Schwierigkeiten in dem Betreiben dieser Geschäftszweige machen wollte. Ein Nachteil für die Allgemeinheit und auch für uns könnte aus dieser Betätigung der Sparkassen nur erwachsen, wenn sie zu hohe Zinsen für Guthaben gäben oder wenn sie auf andere Weise einer ungesunden Entwicklung Vorschub leisteten. Da ist aber nun erfreulicherweise die Tatsache zu verzeichnen, daß gerade die Girozentralen die Bedeutung der Habenzinsen für die Allgemeinheit durchaus erkannt haben und daß sie sich uns Privatbanken zur Verfugung gestellt haben, um auf eine Ermäßigung der Habenzinsen hinzuwirken. Ich muß auch feststellen, daß beispielsweise in meiner Stadt, in Cassel, wir auf das beste mit den Sparkassen zusammenarbeiten und daß die Sparkassen sich durchaus an die von uns festgelegten Zinssätze halten. In anderen Orten allerdings scheinen die Verhältnisse vielfach wesentlich ungünstiger zu sein. Ich habe aus einer ganzen Reihe von Gegenden Deutschlands Klagen vorliegen gehabt, aus denen hervorging, daß dort die kommunalen Institute es geradezu darauf anlegen, immer 1 bis 2 v. H. über unseren Habenzinssätzen zu bleiben. Selbst ein so großes Institut wie die Königsberger Stadtbank, heute offenbar eine der bedeutendsten Banken Königsbergs, scheut sich nicht, immer, wenn Zinsbekanntmachungen der Banken in den Zeitungen erschienen sind, am nächsten Tage ihre eigenen Bekanntmachungen mit 1 bis 2 v. H. höheren Sätzen erscheinen zu lassen. Aus Baden wieder wird geklagt, daß die Sparkassen zwar die Zinssätze scheinbar annehmen, daß sie aber kurzerhand Zinsen in der Höhe geben, in der sie ihnen im jeweiligen Falle gut scheinen. Das Schlimmste aber ist, daß vielfach noch an der Wertbeständigkeit der Einlagen festgehalten wird, wogegen ja die Reichsbank im Interesse unserer Währung so stark ankämpft. Auch da scheint gerade im Südwesten noch viel gesündigt zu werden. Es ist mir außerdem berichtet worden, daß sogar die Sparkasse eines so großen Instituts wie der Nassauischen Landesbank auf Wunsch den Kunden immer noch die Dollarbasis der Einlagen in den Einlagebüchern bescheinigte. Auch die Art, wie die Sparkassen Reklame für sich machen, ist vielfach noch sehr zu beanstanden. Ich habe eine ganze Reihe solcher Anzeigen in der Hand gehabt; darunter waren solche der Sparkasse Rendsburg, die wirklich in unmöglicher Weise jedes Gefühl für bankmäßigen Anstand — ich will gar nicht von den Grenzen reden, die für ein öffentliches Institut gezogen sind — vermissen ließen. Endlich ist es auch als sehr unerfreulich zu bezeichnen, daß vielfach die Städte und Kreise, die hinter den öffentlichen Instituten stehen, versuchen, durch behördlichen Druck diese zu fordern, daß sie bei Aufträgen an Industrie und Handwerk, bei Verkäufen von städtischen Grundstücken oder bei der Vergebung von Hypotheken das Arbeiten der Betreffenden mit ihren Instituten zur Bedingung machen.
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Gesamtwirtschaftliche A u f g a b e n des fJankgewerbe.s
Das sind alles sehr bedenkliche Mißbräuche und Entgleisungen der öffentlichen Banken. Erfreulicherweise haben jedoch auch da die Spitzeninstitute noch jüngst in Köln in Verhandlungen, die dem Sparkassentag vorangingen, ihre Dienste uns zur Verfügung gestellt und haben sich bereit erklärt, darauf hinwirken zu wollen, daß diese Mißstände abgestellt würden. Es wäre nur zu wünschen, daß sie sich wirklich auch den Sparkassen und Stadt- und Kreisbanken gegenüber durchzusetzen vermöchten. Was aber die Zinsfrage anlangt, so scheint es mir doch notwendig, daß ihrer sich auch die Reichs- und Staatsministerien annehmen, denn es liegt auf der Hand, daß, wenn die öffentlichen Banken auf diesem Gebiete nicht mit gutem Beispiel vorangehen, wir Privatbanken schlechterdings nichts ausrichten können, daß infolgedessen die Habenzinsen zu hoch bleiben und es dadurch unmöglich wird, in dem gewünschten Umfange die Debetbedingungen abzubauen. Ich komme nun, meine Herren, zu dem Passivgeschäft der Sparkassen, d. h. der Seite ihrer Betätigung, die sich am meisten gegen die Friedenszeit geändert hat und die auch am meisten zur Kritik herausfordert. Von den Einlagen der Sparkassen waren vor dem Kriege etwa 60 v. H. in Hypotheken angelegt, 36 1 / 2 v. H. in Wertpapieren und Vorschüssen an Kommunen und nur 31/., v. H. in Personalkrediten. Jetzt haben die Sparkassen 67 v. H. im Personalkreditgeschäft angelegt. Von den 1500 Millionen Einlagen, über die sie Ende März verfügten, waren rund 1000 Millionen im Personalkreditgeschäft tätig. Wenn man nun nach den Gründen dieser völligen Umstellung forscht, so sagen die Sparkassen zunächst, sie brauchten diese Personalkreditgeschäfte, weil sie nur durch sie die größeren Gewinne erzielen könnten, die sie nötig hätten, um ihre Unkosten zu decken. Aber das ist offenbar nicht richtig, denn auch im Hypothekengeschäft lassen sich heute ganz andere Zinsen als im Frieden erzielen, und die Sparkassen könnten unbedenklich 10 bis 14 v. H. Zinsen für Hypotheken nehmen. Sie würden zu solchen Sätzen, wie Sie alle wissen, sicherlich in kürzester Zeit ihre gesamten Gelder in Hypotheken los sein können. Und wenn sie sich dem Hypothekengeschäft mehr widmen würden, dann würden sie eben auch einen großen Teil ihres bankmäßigen Apparates abbauen und erheblich an Unkosten sparen können, die heute bei ihnen ebenso wie bei uns eine entscheidende Rolle spielen. Der zweite Grund, den die Sparkassen anführen, liegt in ihrem angeblichen Liquiditätsbedürfnis. Sie sagen, daß ihre Einlagen viel unbeständiger seien als früher und daß sie infolgedessen nicht riskieren könnten, sie in längere Zeit unkündbaren Hypotheken anzulegen, sie müßten sie vielmehr ausschließlich in jederzeit kündbaren Personalkrediten anlegen, um dadurch ihre Gelder jederzeit wieder greifbar zu haben. Aber, meine Herren, das scheint mir ganz verfehlt, denn ich glaube, wenn wir uns bei unseren Geschäften von dem Gedanken leiten lassen wollten, bei Geldbedarf unsere Außenstände flüssig zu machen, dann würden wir alle sehr bald am Ende unseres Könnens sein. Genau so würde es den Spar-
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kassen gehen, wenn sie Gelder brauchten und wirklich auf ihre Vorschüsse im Personalkreditgeschäft zurückgreifen müßten. Aber die Statistik beweist, daß die behauptete Unbeständigkeit der Einlagen ja gar nicht besteht. Es ist sehr wohl möglich, daß die einzelnen Einlagen stärker schwanken. Aber die Gesamtsumme der Spareinlagen und Giroeinlagen ist von Monat zu Monat um 40 bis fast 100 Millionen Mark gestiegen, und in noch keinem Monat hat ein Rückgang stattgefunden. Deshalb wäre es auch meiner Ansicht nach durchaus möglich, daß die Sparkassen wieder in ähnlicher Weise wie vor dem Kriege Hypotheken gäben, und ich würde es für ganz unbedenklich halten, wenn sie damit selbst wieder bis zu t30 v. H. der Einlagen gingen, vorausgesetzt, daß sie für den Rest ihrer Einlagen eine wirklich liquide Anlage wählten, d. h. echte Warenwechsel kauften und Guthaben bei ihren Girozentralen unterhielten. Als dritter Grund endlich wird von den Sparkassen angeführt, daß, wenn sie nicht dem Mittelstand mit Krediten zur Seite ständen, der Mittelstand kreditlos wäre. Nun, meine Herren, ich glaube, wir Privatbankiers haben heute alle nicht mehr die Mittel, um uns in Großkreditgeschäften zu betätigen, und wir sind in der Zwangslage, daß wir alle nur kleineren und mittleren Kredit geben können; aber selbst die Großbanken würden mit ihren Filialen in kleinen Städten keinen Erfolg haben können, wenn sie die kleinen und mittleren Kredite ablehnten. Und was ganz von den Sparkassen vergessen wird oder wenigstens worüber man hinwegsieht, das ist das Vorhandensein von etwa 22 500 Kreditgenossenschaften, die wir Ende vorigen Jahres in Deutschland hatten. Diese Kreditgenossenschaften — fast dreimal soviel, als es Sparkassenstellen gibt — sind doch ausschließlich Mittelstandseinrichtungen. Sie arbeiten sehr billig, weil ein großer Teil der erforderlichen Arbeit ehrenamtlich geleistet wird. Sie haben ferner durch die Mitarbeit ihrer Genossen eine Fühlung mit dem Mittelstande, wie sie die Sparkassen niemals haben hönnen, und vermögen durch all das den Mittelstand in einer Weise mit Geld zu versorgen, wie es den Sparkassen nie möglich sein wird. Also auch d a s ist nicht richtig, daß ohne die Sparkassen der Mittelstand kreditlos wäre. Aber anzuerkennen ist allerdings, daß die Einlagen der Sparkassen und der kommunalen Banken zum überwiegenden Teil aus dem Mittelstand stammen, und daß er den berechtigten Anspruch erheben kann, daß diese Gelder ihm wieder zufließen. Das würde ja auch durchaus der Fall sein, wenn die Sparkassen wieder Hypotheken gäben. Glauben diese aber, daß sie das zunächst nur in beschränktem Umfang tun können, und daß sie einstweilen trotz der von mir angeführten Gegengründe an einem starken Personalkreditgeschäft festhalten müssen, dann würden eben wegen des Ursprungs der Sparkasseneinlagen wohl nur wenige von uns etwas gegen eine derartige Betätigung von ihnen einwenden, wenn sie sich dabei in vernünftigen Grenzen hielten. Da aber ist leider festzustellen, daß diese vernünftigen Grenzen in keiner Weise, weder von den Sparkassen noch von den Kommunalbanken noch
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den Girozentralen, eingehalten worden sind. Der preußische Minister des Innern hat im Mai vorigen Jahres in einem Erlaß an die Sparkassen, der zum Zwecke hatte, die Sparkassen wieder in vernünftige Bahnen zu bringen, ausdrücklich betont, daß sie ausschließlich Mittelstandskredite geben sollten, und daß sie nur durchaus sichere Kredite geben dürften. Er hat aber diese von ihm selbst aufgestellten Grundsätze in demselben Erlaß eigentlich sofort dadurch verleugnet, daß er erklärt hat, die Sparkassen dürften bis 1 v. H. ihres Einlagebestandes im Einzelfalle Kredit geben. Nun hat beispielsweise die Sparkasse in Köln 25 Millionen Mark Einlagen. Sie könnte also nach dem Erlaß ohne weiteres, wenn es nach ihren Statuten erlaubt ist, bis zu 250 000 M. im Einzelfalle Kredit geben. Meine Herren, ich glaube, keiner von Ihnen wird zugeben, daß das noch Mittelstandskredit wäre. Der Minister hat aber darüber hinaus sogar zugelassen, daß, wenn ein Vorstandsbeschluß vorliegt, auch noch höhere Kredite als 1 v. H. der Einlagen gegeben werden dürfen. Er hat weiter im Gegensatz zu dem Grundsatz der absoluten Sicherheit auch Blankokredite zugelassen. Wenn aber der Minister über die Geschäfte der Sparkassen so liberal denkt, dann liegt es auf der Hand, daß die führenden Leute der Sparkassenbewegung in der Auffassung über das, was den Sparkassen erlaubt ist, noch viel weiter gehen. So habe ich in einem Aufsatz in der „Sparkasse", d. h. der maßgebenden Zeitschrift der Sparkassen, die Ansicht vertreten gesehen, daß zum Mittelstand jeder gehörte, vom kleinen Handwerker bis zum Großindustriellen, der frei werden wollte oder frei zu bleiben wünschte vom Großbankkapital und seiner Bevormundung. Das ist wirklich keine vernünftige Definition des Mittelstandes mehr! Ich habe weiter in einem anderen Aufsatz eines Grafen Reventlow in einer Denkschrift, die unter Mitwirkung des Sparkassenverbandes herausgegeben ist, Ausführungen über Personalkreditgeschäfte gefunden, die höchst bedenklich waren. Da suchte der Herr den Standpunkt zu vertreten, der übrigens auch von vielen anderen Sparkassenleuten vertreten wird, daß die Personalkreditgeschäfte keine größeren Risiken enthielten als das frühere Realkreditgeschäft der Sparkassen. (Heiterkeit.) Er hat sogar den Sparkassen nahegelegt, doch auch Blankokredite zu geben, denn die Blankokredite wären die allersichersten Kredite (Heiterkeit), und sie ließen sich nicht entbehren, weil es den Schuldnern vielfach peinlich wäre, auch nur Bürgschaften beizubringen. Ja, meine Herren, wenn solche Ansichten in maßgebenden Schriften über die Sparkassen, Schriften, die jeder Sparkassenleiter in die Hand bekommt, vertreten werden, dann liegt es nahe, daß die Leute schließlich jedes Gefühl für die Gefahr der Geschäfte, die sie abschließen, und jedes Gefühl für die Sicherheiten, die sie eigenüich fordern müßten, verlieren. Wenn Sie nun noch dann daran denken, daß diese Sparkassenleiter meist ja gar keine bankmäßige Ausbildung und keine bankmäßige Erfahrung haben, upd daß es mit den Leuten, die zu ihrer Kritik berufen sind, die ihre Aufsichtsinstanz bilden, den Landräten und Magistratspersonen, vielfach noch schlimmer aussieht, dann ist es für jeden klar, daß auch da
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sehr unerfreuliche Zustände eintreten müßten und daß ähnlich wie bei den öffentlichen Geldern sehr große Verluste die unvermeidliche Folge waren. Über solche Verluste ist sehr viel in den Zeitungen geschrieben worden. Ich kann es mir aber doch nicht versagen, zur Illustrierung dessen, was ich ausgeführt habe, auf einige von ihnen zu sprechen zu kommen. Da ist z. B. in meinem Arbeitsgebiet eine kleine Kreisbank. Sie fühlte sich berufen, irgendeiner faulen Hamburger Schieberfirma einen Kredit von 350 000 M., andere sagen 700 000 M., zu geben. Weil sie so viel Geld natürlich nicht hatte, stellte sie mutvoll darüber Einlagebücher aus, händigte sie dem Mann ein, und der konnte sie nun in Hamburg beleihen. (Heiterkeit und Hört! Hört!) Natürlich wurden sie auch beliehen, glücklicherweise allerdings nicht mit dem vollen Betrag. Dieselbe Bank hat es für nötig gehalten, für Schweizer Lieferungen eine Bürgschaft von 500 000 M. zu übernehmen. Sie hat außerdem noch eine ganze Reihe anderer recht unglücklicher Geschäfte gemacht, so daß sie eines Tages vollkommen festgefahren war und nur dadurch gerettet werden konnte, daß die Deutsche Girozentrale in Frankfurt a. M. einsprang und alles mit dem Mantel christlicher Liebe zudeckte. (Heiterkeit.) Noch heute weiß niemand, was eigentlich wirklich verlorengegangen ist, denn der Kreisausschuß hat darüber Auskunft nicht gegeben. Der Landrat aber, der in diesem Falle absolut mitverantwortlich ist, sitzt heute noch in Amt und Würden. Dann ist da der Fall der kleinen Sparkasse in Sinzig am Rhein. Sie sagte einer neuen Casseler Firma einen Kredit von 2 000 000 M. zu und stellte, weil auch sie das Geld nicht hatte, darüber Sparkassenbücher aus, die von anderer Seite mit l 1 / 2 Millionen Mark beliehen wurden. Inzwischen ist die Casseler Firma in Vermögensverfall geraten, und wie Sinzig aus diesem und anderen Geschäften herauskommt, ist noch sehr zweifelhaft. Um nun auch Fälle außerhalb meines Bezirks zu erwähnen, so ist einer der schlimmsten derjenige der Stadtbank in Magdeburg. Sie hat einem Spritschieber (Heiterkeit) oder einem Konsortium von Spritschiebern Kredite von ungefähr 1,8 Millionen Mark gegeben. Als die Sache brenzlig wurde, gründete sie eine G. m. b. H., auf die alle diese Kredite übertragen wurden. Schließlich war aber die Sache nicht mehr zu halten, und das ganze Kreditgeschäft brach zusammen. Darauf wurde vom Magistrat ein Ausschuß zur Prüfung eingesetzt, der zum Schluß kam, eigentlich wäre die Stadtbank sehr schön in Ordnung und ein wertvolles Glied der Kreditorganisation des Magdeburger Bezirks; allerdings müßte bedauerlicherweise festgestellt werden, daß nicht nur in dem Falle des Spritschiebers stark gesündigt worden wäre, sondern daß eigentlich kein Kredit, den die Stadtbank gegeben hätte, in Ordnung sei! (Heiterkeit.) Nehmen Sie einen anderen Fall! Die Sparkasse Rheydt fühlte den Drang in sich, einer Berliner Schieberfirma — ich weiß nicht mehr, wie sie hieß — einen Kredit von 3y 2 Millionen Mark für
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drei Monate im Frühjahr vorigen Jahres, in den Zeiten der schärfsten Kreditnot, zu geben. Der Mann konnte nach den drei Monaten das Geld nicht zurückzahlen. Dadurch kam die Sparkasse selbst in Verlegenheit. Um sich aus ihr zu helfen, drückte sie diesem hervorragenden Mann noch einmal 31/., Millionen Mark Akzepte von sich in die Hand. (Heiterkeit.) Und der Mann brachte es fertig, mit Erfolg wenigstens 900 000 M. davon loszuwerden. Er vergaß aber natürlich, die 900 000 M. an die Sparkasse abzuführen, sie wuchsen also seiner Schuld hinzu, so daß schließlich die Sparkasse vor einem Obligo von anscheinend ungefähr 41/., Millionen Mark stand. Auch da ist offenbar eine Zahlungseinstellung nur dadurch verhütet worden, daß in diesem Falle die Landesbank der Rheinprovinz mit einem Darlehen von 4 Millionen Mark eingesprungen ist. (Rufe: Unerhört!) Um nun die Girozentralen nicht ganz zu verschonen (Heiterkeit), die ja eigentlich zur Aufsicht und Kontrolle der Sparkassen berufen sind, und die ihnen deshalb in allem ein mustergültiges Vorbild sein sollten, so will ich nur beiläufig erwähnen, daß die Girozentrale Sachsen vor kurzem mit 2,9 Millionen, wenn ich es richtig im Gedächtnis habe, an der Zahlungseinstellung einer Uhrenfabrik beteiligt war, die im Jahre 1919 gegründet worden ist. Das Schlimmste aber ist der Fall der Bayerischen Girozentrale. In einer Sitzung des Bayerischen Landtags hat der Minister sich mit den schärfsten Worten dagegen gewandt, daß behauptet worden wäre, es handle sich da um eine Art Barmat-Skandal in Bayern. Es scheint mir aber, daß die Ähnlichkeit bestechend ist, denn die Girozentrale hat es fertiggebracht, von nicht ganz 25 Millionen Mark, die sie im Personalkreditgeschäft angelegt hatte, 8 1 / 2 Millionen Mark in einem Jahre als verloren abschreiben zu müssen (Heiterkeit); und sie hat sich nur dadurch halten können, daß die Mitglieder ihres Haftverbandes mit aller Energie ihr beigestanden haben, daß die Stadt München ihr Vorschüsse von 27 Millionen Mark gelassen hat und daß die Deutsche Girozentrale ihr durch ein Darlehen oder eine Bürgschaft oder auf andere Weise — man kommt ja nie anz dahinter, wie das gemacht wird — mit 4 Millionen Mark eigesprungen ist. Das sind nur einige wenige Beispiele der Verluste, die die kommunale Bankenvereinigung erlitten hat. Ich hätte leicht noch einige Dutzend weitere Fälle Ihnen vorführen können. Aber sie genügen, um Ihnen zu zeigen, wie unverantwortlich tatsächlich gewirtschaftet worden ist. Es ist ganz zweifellos, daß, wenn es möglich wäre, eine Statistik über diese Verluste aufzustellen, eine sehr, sehr große Millionensumme als verloren für das verflossene Jahr und für dieses Jahr herauskommen würde. Das Schlimmste dabei ist, daß zwar einige der führenden Sparkassenmänner das Gefahrliche jener Vorkommnisse anerkennen; besonders der Präsident der Deutschen Girozentrale hat auf der Tagung in Köln kürzlich mit allem Nachdruck erklärt, daß die Sparkassen eine innere Reinigung vornehmen müßten. Aber bei der überwiegenden Mehrheit der führenden Leute ist festzustellen, daß sie diese großen
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Verluste zu bemänteln suchen und vor allem damit operieren, daß sie sagen: letzten Endes wären die Verluste gar nicht so schlimm, denn sie wären nun einmal beim Personalkreditgeschäft unvermeidlich und kämen bei den Privatbanken ebenso wie bei den öffentlichen Banken vor. Aber erstens ist von nennenswerten Verlusten der Privatbanken im Vorjahre und in diesem Jahre wenig bekannt geworden, zweitens liegt doch ein fundamentaler Unterschied vor: wenn wir Geld verlieren, dann verlieren wir unser eigenes (Sehr richtig!); wir büßen die Verluste an unserem Gelde, und wer allzu leichtsinnig gehandelt hat, büßt es mit seiner Existenz. (Sehr richtig!) Die öffentlichen Banken dagegen arbeiten mit öffentlichen Geldern, und was sie verlieren, trifft die Allgemeinheit; es ist aber geradezu unerträglich, daß wir, die Steuerzahler, letzten Endes mit Steuern für alle diese Verluste restlos aufzukommen haben. (Lebhafte Zustimmung.) Wir zahlen wirklich genug Steuern, und es muß von der Regierung mit der größten Energie verlangt werden, daß sie dafür sorgt, daß diese ungeheuren Steuern nicht noch dadurch erhöht zu werden brauchen, daß die öffentlichen Bankinstitute, die für ganz andere Zwecke gegründet worden sind und früher verlustlos gearbeitet haben, jetzt in dieser unverantwortlichen Weise Gelder vergeuden. (Lebhafte Zustimmung.) Es ist ausgerechnet worden, daß das, was in Magdeburg bei der Stadtbank verlorengeht, 25 M . auf den Kopf des Magdeburger Steuerzahlers ausmacht. (Hört! Hört!) Aber es steht bei den kommunalen Banken noch mehr als lediglich Millionenverluste auf dem Spiele, es dreht sich auch darum, daß, wenn sie so weiterarbeiten, wie sie es bisher getan haben, sie einer Ermäßigung der Kreditbedingungen unmittelbar im Wege stehen, und daß sie geradezu eine Gefahr für den Geldmarkt darstellen, mindestens ihn unerträglich belasten. Der Grund dafür, daß wir Banken in unseren Kreditbedingungen nicht heruntergehen können, liegt, wie schon Herr Wassermann vorhin ausgeführt hat, in der Höhe unserer Unkosten. Die aber können nur dadurch vermindert werden, daß nicht nur der Apparat der einzelnen Bank reduziert wird, sondern daß vor allen Dingen die Zahl der Banken stark ermäßigt wird. Da steht nun als fast unüberwindliches Hindernis im Wege, daß nicht nur wir Privatbanken viel zu viele heute sind — Herr Wassermann hat ja vorhin angeführt, daß es heute 5000 Privatbanken gegen 2500 vor dem Kriege gibt — , sondern daß eben neben uns heute ungefähr 8500 öffentliche Geldstellen, die vor dem Kriege niemals an bankgeschäftliche Tätigkeit gedacht haben, sich bankgeschäftlich betätigen wollen. Diese öffentlichen Stellen aber denken in keiner Weise an einen Abbau, sondern sind im Gegenteil nur auf Zubau bedacht. Da kann also all unser Abbauen, all unser Auflösen von Filialen, all das Verschwinden von Privatfirmen gar nichts nützen; das wird mehr als zehnfach durch das ausgeglichen, was an kommunalen Banken hinzugekommen ist. (Sehr richtig!) All die Unkostenverminderung, die wir durchsetzen, bleibt belanglos gegenüber dem Mehr an Unkosten, das jene verursachen.
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Dazu kommt der Druck, den die öffentlichen Institute auf den Geldmarkt ausüben. Wenn man heute 8000 Stellen im Kreditgeschäft arbeiten läßt, und wenn da überall Leute sitzen, die Geschäfte machen wollen — und das wollen ja fast alle diese Rendanten —, dann ist es ganz klar, daß — man braucht nur an unsere Erfahrungen mit Filialen zu denken — diese 8000 Institute einen ganz ungeheuren Druck auf ihre Zentrale ausüben. Bei uns bilden noch ein gewisses Gegengewicht die eigenen Mittel. Die Deutsche Bank hat bei 200 Filialen — ich glaube, sie hätte auch ganz gern weniger (Heiterkeit) — 200 Millionen und die Disconto-Gesellschaft bei — ich schätze — 100 Filialen 150 Millionen Mark eigene Mittel. Die Deutsche Girozentrale dagegen, die 8000 und soundso viel Stellen versorgen will, hat ganze 8 Millionen Mark eigenes Kapital. Und wenn Sie das gesamte Kapital der Girozentralen zusammenrechnen, dann verfügt die Gesamtheit der Girozentralen nur über 51 Millionen Mark eigene Mittel. Bei einer solchen Sachlage ist es ganz unvermeidlich, daß die kommunale Bankenorganisation ständig nicht nur die Gesamtheit der kommunalen Gelder und Sparkasseneinlagen verbraucht, die in ihr zusammenfließen, sondern daß sie dauernd auch einen Druck auf den Geldmarkt ausübt. Dieser ist in der kritischen Zeit des vorigen Jahres sehr schlimm 'in die Erscheinung getreten und hat sicherlich mit dazu beigetragen, daß wir zu den damaligen, geradezu unmöglichen Zinssätzen gekommen sind. Aber auch heute noch tritt, wie ich höre, die kommunale Bankenorganisation immer wieder als Geldnehmer auf, während es umgekehrt sein soll; sie soll Geldgeber sein! Aber statt nun die Folgerungen aus dieser Sachlage mit aller Konsequenz zu ziehen, statt sich zu sagen, wir haben und zu weit vorgewagt und müssen energisch abbauen, geht das ganze Streben der kommunalen Banken auf eine Erschließung neuer Geldquelle und auf eine weitere Ausdehnung ihres ganzen Geschäftsbetriebes aus. Auf dem Kölner Sparkassen- und Kommunalbankentag hat die Hauptrolle der Ansturm auf die Reichsbank in der Richtung gespielt, daß sie den öffentlichen Banken in demselben Ausmaße Wechsel diskontieren müßte, wie sie es den Privatbanken gegenüber täte und wie es der Haftungskraft der öffentlichen Kreditinstitute entspräche. Meine Herren, wenn die Reichsbank das tun wollte und den kommunalen Geldinstituten entsprechend ihrer Haftungskraft, also doch wohl gemäß der Steuerkraft der hinter ihnen stehenden Kommunen und Kommunalverbände, Wechsel abnehmen wollen, dann wäre das nur dadurch möglich, da ja die Gesamtwechseldiskontierung der Reichsbank begrenzt ist, daß eine Umschichtung aller Wechselkredite erfolgte und daß die Reichsbank Industrie und Handel und uns Privatbanken einen großen Teil unserer Wechselobligos wegnähme. Eine solche Maßnahme müßte unvermeidlich zu einer neuen Kreditkrisis führen, und zwar vielleicht zu einer schwereren, als wir sie durch die Kontingentierung der Reichsbank im März vorigen Jahres erlebt haben. Es scheint mir daher ganz selbstverständlich zu sein, daß die Reichsbank den Forderungen der kommunalen Bankenorganisation bisher wider-
m strebt hat; und es scheint mir auch durchaus nicht im Interesse jener Organisation selbst zu liegen, daß ihnen willfahren wird, weil sie sonst zu noch uferloseren und gefährlicheren Geschäften verleitet würden. Es gibt eben tatsächlich für die kommunalen Banken kein anderes Mittel, um eine Gesundung zu erreichen, als das der Beschränkung. Sie muß eintreten nach meiner Überzeugung bei den untersten Gliedern bis hinauf zu den höchsten. Die Sparkassen sollten sich vor allen Dingen wieder ihrem Hypothekengeschäft widmen, und soweit sie daneben Personalkreditgeschäft treiben, sollte es unbedingt auf wirkliche Mittelstandskredite beschränkt werden. Ich bin mir aber ganz klar, daß der Drang nach vorwärts, der in den Sparkassen steckt, so stark ist, daß dieses Ziel niemals erreicht werden wird, wenn nicht die Regierung mit scharfen Bestimmungen eingreift. Ich glaube, sie kommt nur so zum Ziel, daß sie für die einzelnen Orte oder Bezirke je nach ihrer Größe und Bedeutung bestimmte Höchstsummen für Kredite, die vielleicht bei 25 000 oder 50 000 oder, wenn sie wollen, auch 100 000 M. liegen, festsetzt. Sie müßte meiner Ansicht nach weiter bestimmen, daß Blankokredite überhaupt nicht mehr gegeben werden dürften, weil sie grundsätzlich dem Wesen der Sparkassen widersprechen, und daß vor allen Dingen die Sparkassen sich in ihrem gesamten Anlagegeschäft auf ihre eigenen Mittel zu beschränken hätten, daß sie die Girozentralen nicht um dauernde Vorschüsse zur Geschäftserweiterung angehen dürften, sondern nur um vorübergehende, wie sie zum Ausgleich der an sie herantretenden Zahlungsanforderungen gelegentlich notwendig sind. Endlich müßte unbedingt auch bei den kommunalen Instituten ein Abbau eintreten. Ein Bedürfnis für neue städtische oder Kreisbanken kann meiner Ansicht nach niemals mehr anerkannt werden. Es fehlt mir jedes Verständnis dafür, wie noch kürzlich der preußische Innenminister eine neue Stadtbank in einer so großen Stadt wie Altona hat genehmigen können. Mit der Gründung neuer Banken müßte endlich aufgehört werden. Es müßte weiter geprüft werden, welche von den 8000 Sparkassenstellen unwirtschaftlich sind und mit Verlust arbeiten; diese müßten genau so abgebaut werden, wie das die Großbanken mit ihren unrentablen Filialen tun. Auch vor den Girozentralen darf nicht haltgemacht werden. Auch sie müssen zu stärkerer Beschränkung kommen. Sie haben, während sie eigentlich doch nur als Zentralinstitute Sinn haben, zum Teil in größtem Umfange Filialen gegründet, sogar in Städten wie Hamburg und Bremen für Exportzwecke. Die Sächsische Girozentrale hat noch dazu aus dem Bedürfnis heraus, möglichst viel Geschäfte zu machen, es für richtig gehalten, ihre zahlreichen Filialen durch sogenannte Arbeitsgemeinschaftsverträge mit Privatbanken zu ergänzen. Sie hat dadurch die Zahl der von ihr abhängigen Filialbetriebe auf schätzungsweise 50 gebracht. Auch hier ist nach meiner Ansicht unbedingt nötig, daß ein Abbau eintritt, daß ferner die Girozentralen wirklich die zentralen Geldreservoire des kommunalen Bankwesens werden, wie sie ursprünglich gedacht sind,
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und daß sie ihre Gelder ähnlich verwalten, wie es die Seehandlung tut, daß sie sie in Wechseln und in Vorschüssen an Banken anlegen. Wenn sie Vorschüsse an uns Privatbanken aus einer gewissen Opposition heraus nicht geben wollen, dann mögen sie sie ruhig Staats- oder Notenbanken geben. Würde all das geschehen, dann bin ich überzeugt, würde auch die Reichsbank ihre Stellung ändern und würde bei gelegentlichem besonderen Geldbedarf den kommunalen Banken in sehr erheblich größerem Maße als bisher Wechsel abnehmen. Zu den Forderungen, die ich erhoben habe, muß ich noch eine weitere hinzufügen, die die steuerliche Erfassung der kommunalen Geldinstitute betrifft. Die Girozentralen und Kreis- und Stadtbanken unterliegen, wie Sie wissen, jetzt nach dem neuen Körperschaftssteuergesetz der Körperschaftssteuer. Die Sparkassen aber sind frei, soweit ihre Erträgnisse aus dem eigentlichen Sparkassenverkehr fließen. Dabei ist die Bestimmung getroffen, daß der Reichsfinanzminister durch eine Verordnung festlegen wird, was eigentlicher Sparkassenverkehr und was bankmäßige Betätigung ist. Es besteht zweifellos die Gefahr, daß diese Verordnung so ausfällt, daß auch die Sparkassen, die sich durchaus bankmäßig betätigen, steuerfrei bleiben. Deshalb müssen wir mit allem Nachdruck fordern, daß diese Verordnung so erlassen wird, daß die Sparkassen, die so wie wir bankgeschäftlich arbeiten, die vor allem im Personalkreditgeschäft tätig sind, auch ebenso der Steuerpflicht unterliegen, wie es bei Aktienbanken und Banken, die als Gesellschaften mit beschränkter Haftung betrieben werden, der Fall ist. Es wäre weiter dringend zu fordern, daß auch bei der demnächstigen Neuordnung der Gewerbesteuer die kommunalen Institute ihr ebenfalls unterworfen werden und daß dann auch ihre Heranziehung zu Handelskammerbeiträgen möglich wird. Wenn jetzt Tausende von öffentlichen Instituten sich ebenso betätigen wie wir, dann ist es einfach ein Gebot der Gerechtigkeit, daß sie auch mit denselben Steuern belastet werden, damit sie nicht mit einem ungerechtfertigten Weniger an Belastung arbeiten, und damit nicht bei ihnen der Anschein von Gewinnen erweckt wird, wo wir durch die Steuern schon längst mit Verlusten arbeiten würden. Das sind, meine Herren, so viele Forderungen, die ich geglaubt habe mit Bezug auf die kommunalen Banken erheben zu müssen, und ich habe zum Teil so scharf sie zu kritisieren gehabt, daß es scheinen möchte, als wenn ich sie am liebsten im Orkus gänzlich verschwinden sähe. (Heiterkeit.) Aber wir alle sind uns darüber klar, daß die kommunalen Banken da sind und daß sie da bleiben werden; und ich glaube, ich habe doch auch zur Genüge zum Ausdruck gebracht, daß wir ihre geldsammelnde Tätigkeit und die guten Dienste, die sie für die Kommunen leisten, vorbehaltlos anerkennen. Wenn wir etwas kritisieren, so ist es im wesentlichen ihre Betätigung im Personalkreditgeschäft. Hätten wir da geschwiegen und hätten wir die Dinge einfach weitertreiben lassen, dann würden wir es meiner Ansicht nach an einer Pflicht gegenüber
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der Allgemeinheit haben fehlen lassen, und wir würden uns mitschuldig machen, wenn es dadurch, daß die Organisation in der jetzigen Richtung immer weiterarbeitet, eines Tages zu einem Unglück käme. So haben wir gezeigt, wie eine Gesundung zu erreichen ist, und haben, wie ich glaube, alle auch die Überzeugimg, daß, wenn der von uns aufgezeigte Weg beschritten wird, die kommunalen Banken die Stellung in unserem ganzen Kreditund Geldwesen bekommen werden, die für sie die gegebene ist, daß dann die Gefahren für sie selber und für den Geldmarkt beseitigt sein werden, und daß sie auf die gesamte Wirtschaft in hohem Maße befruchtend wirken werden. Wir Privatbanken aber würden dann in Zusammenarbeit mit den öffentlichen Banken uns noch zielsicherer und wirkungsvoller betätigen können als bisher. Ich glaube, ich darf es nicht nur als meinen, sondern auch als Ihren Wunsch aussprechen, daß es dahin kommt und daß dadurch erreicht wird, daß die deutschen Banken, und zwar wir Privatbanken ebenso wie die öffentlichen, sich wieder das Ansehen und die feste Stellung erringen, die sie vor dem Kriege hatten, und um die das Ausland einst Deutschland beneidet hat. (Lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r: Ich darf wohl dem zweiten Herrn Berichterstatter sagen, daß der reiche Beifall der Versammlung ein überaus wohlverdienter ist. Er hat uns einen Bericht geboten, der nicht nur mit Worten, sondern auch mit einer reichen Fülle von Tatsachen zu wirken suchte, auf einem Gebiete, das sehr selten so vollständig durchgearbeitet wird, und er hat sich dadurch, wie ich glaube, ein großes Verdienst erworben. Er hat sich überall enthalten, da, wo die von öffentlichen Unternehmungen ausgehende Konkurrenz als solche in Frage kommt, in seiner Kritik zu scharf oder ausfallend zu werden. Er hat gerade auf diesem Gebiete eine besonders starke Zurückhaltung bewiesen und sogar eine Anerkennung vollzogener Tatsachen vielleicht da ausgesprochen, wo sie auch vom Standpunkt der Gesamtwirtschaft aus nicht unter allen Umständen geboten wäre. Er hat sich bei seiner Kritik grundsätzlich auf die Fragen beschränkt, bei denen ein öfifendiches Interesse in Betracht kommt, namentlich auf den Gebieten des Geldmarkts, der Kreditorganisation und des Kreditverkehrs. Dafür schulden wir ihm den größten Dank. Wenn ich mir eine Bemerkung zu dem erlauben darf, was der Herr Berichterstatter in bezug auf die bekannten öffentlichen Erklärungen des Herrn Arbeitsministers Dr. Brauns in Osnabrück gesagt hat, so ist es die, daß ich es für notwendig halte, mitzuteilen» daß der Herr Reichsarbeitsminister Dr. Brauns unserm Centraiverband brieflich mitgeteilt hat, daß er in Osnabrück nicht als Minister, sondern lediglich als Politiker und Staatsbürger aufgetreten sei. (Heiterkeit.) Ob das einen großen Unterschied macht, darüber enthalte ich mich meinerseits jeder Äußerimg. (Heiterkeit und Bravo!) Bevor ich, meine Herren, nunmehr die Besprechung eröffne und dem ersten Redner, dem Herrn Präsidenten der Preußischen 5
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Staatsbank (Seehandlung), das Wort erteile, möchte ich bitten, mir zu erlauben, den Entwurf der Entschließung verlesen zu lassen, über den sich die beiden Berichterstatter geeinigt haben und den ich Ihnen nach der Besprechung zur Abstimmung vorzulegen beabsichtige Schriftführer Rechtsanwalt Otto B e r n s t e i n verliest die folgende Entschließung:
Entschließung zum Thema I. Notwendige Vorbedingungen für die Erfüllung der heutigen gesamtwirtschaftlichen Aufgaben des privaten Bankgewerbes.
Die Wohlfahrt eines Volkes und die politische Geltung eines Landes haben zur ersten Voraussetzung eine gesunde und blühende Wirtschaft. Die wesentlichen Hindernisse für die Erfüllung der heutigen gesamtwirtschaftlichen Aufgaben des privaten Bankgewerbes bestehen im allgemeinen in der unzulänglichen Erkenntnis dieser Wahrheit, im besonderen I. in der K a p i t a l s a r m u t d e r W i r t s c h a f t und dem unzureichenden Ausmaß sowie dem zu langsamen Fortschreiten der Kapitalneubildung, II. in M ä n g e l n d e r O r g a n i s a t i o n u n d d e s V e r f a h r e n s der K a p i t a l v e r s o r g u n g undKreditverteilung. Mögen diese Hindernisse auch zu einem großen Teil auf außenpolitische und außenwirtschaftliche, durch den Krieg und seinen Ausgang bedingte Verhältnisse zurückgehen, so können doch wichtige Wege der Besserung auf dem Gebiete der innerdeutschen Gesetzgebung und Verwaltung, nicht minder aber auf dem Gebiete der Organisation und Geschäftspolitik des Bankgewerbes selbst gefunden werden. 1. Der Bankiertag ist überzeugt, daß eine Verminderung privatwirtschaftlichen Verbrauchs und eine erhöhte Bildung neuen Sparkapitals in dem Maße Platz greifen wird, in welchem die noch immer in weiten Kreisen der Bevölkerung bestehende Besorgnis vor besitz- und kapitalfeindlichen Maßnahmen der Gesetzgebung, insbesondere auf steuerlichem Gebiete, schwindet und sich das Vertrauen auf die Sicherheit des Besitzes und des Ertrages der Arbeit befestigt. Er verlangt und erwartet eine endgültige und nicht bloß theoretische Abkehr von einer S t e u e r p o l i t i k , welche — vielfach unter Inanspruchnahme der Kapitalsubstanz und in weitem Umfange sogar des Kredits der wirtschaftlichen Unternehmungen — dem Fiskus des Reichs, der Länder und der Gemeinden Einnahmen zuführt, die deren in heutiger Zeit vertretbaren Finanzbedarf übersteigen und die Ansammlung von Betriebsmittelfonds in einer heute nicht zu rechtfertigenden Höhe gestatten. Diese Methode ist namentlich um deswillen verhängnisvoll, weil sie die Rentabilität
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inländischer Erwerbsunternehmen in Frage stellt; damit wird das Sparkapital von dem Erwerbe von Anteilen solcher Unternehmungen abgeschreckt und das Vertrauen der Kreditgeber beeinträchtigt. D a r i n , d a ß d e r W i r t s c h a f t d i e i h r e n t z o g e n e n M i t t e l zum T e i l in der F o r m von K r e d i t e n aus ö f f e n t l i c h e r Hand wieder zugeführt werden, erblickt der Bankiertag keinen Ausgleich der ents t a n d e n e n S c h ä d e n , er sieht vielmehr in diesem Verfahren angesichts der dabei obwaltenden Systemlosigkeit und der begangenen zahreichen schweren Mißgriffe eine ernste Gefahrdung und Störung gesunder Entwicklung der Wirtschaft und des Geldmarkts. Der Bankiertag hegt lebhafte Zweifel, ob durch die im August 1925 verabschiedeten Steuergesetzentwürfe eine hinlänglich pflegliche Behandlung des Einkommens und des Vermögens gewährleistet ist, insbesondere wird sich die vorgesehene Besteuerung des wirklichen an Stelle eines fiktiven Einkommens bei weitem zu spät auswirken. Eine allgemeine Senkung des Satzes der auf Grund des Steuerüberleitungsgesetzes zu entrichtenden Vorauszahlungen mindestens für bestimmte Wirtschaftsgruppen erscheint dringend erwägenswert. 2. D e r B a n k i e r t a g b e d a u e r t l e b h a f t , d a ß d i e von allen S p i t z e n v e r b ä n d e n der W i r t s c h a f t sowie des G e l d - und K r e d i t g e w e r b e s gemeinsam erhobene Forderung nach Wiederh e r s t e l l u n g des B a n k - und Sparkassengeheimnisses im Steuerermittlungsverfahren noch immer keine Verwirklichung g e f u n d e n h a t . Er sieht in dem gegenwärtigen Zustande eine wesentliche Erschwerung und Verlangsamung der Kapitalneubildung und infolgedessen eine mittelbare Beeinträchtigung auch der steuerlichen Interessen, die in ihrer Gesamtauswirkung den Vorteil weit übersteigt, den der Fiskus im Einzelfalle aus der Auskunftspflicht der Banken und Sparkassen etwa zu ziehen vermag. Vor allem aber stört die Auskunftspflicht des Bankiers das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinen Kreditnehmern, ohne welches eine sachgemäße Handhabung des Kreditgeschäfts undenkbar ist. II. l . I n dem M i ß v e r h ä l t n i s zwischen K a p i t a l n a c h f r a g e und K a p i t a l a n g e b o t sowie in den zum Schutze der W ä h r u n g gebotenen Krediteinschränkungen der Reichsbank liegt der wesentliche Grund der heutigen Kreditverteuerung. Der Bankiertag verwahrt sich gegen das wieder und wieder auftretende Bestreben, die Verantwortung hierfür dem privaten Bankgewerbe und seiner Geschäftsgebarung aufzuerlegen; auch vom gesamtwirtschaftlichen 5*
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Standpunkt aus betrachtet ist es nicht weise, von dem Bankgewerbe die Verfolgung einer Kreditpolitik zu verlangen, welche die Forderung der Sicherheit und Liquidität, und eine Konditionspolitik, welche den Gesichtspunkt der Rentabilität des Betriebes beiseite setzt. 2. Gleichwohl erkennt der Bankiertag an, daß auch in der Hand des Bankgewerbes selbst gewisse Möglichkeiten der Verbesserung liegen. I n s b e s o n d e r e m u ß b e i d e r K r e d i t g e w ä h r u n g auch von B a n k s e i t e mehr als b i s h e r z w i s c h e n K r e d i t e n zu v o l k s w i r t schaftlich notwendigen und zu volksw i r t s c h a f t l i c h entbehrlichen Zwecken unters c h i e d e n w e r d e n ; letztere müssen auch bei bester Sicherheit hinter Kreditforderungen der ersteren Art zurückstehen. Ferner muß seitens des Bankgewerbes mit größtem Nachdruck im Interesse besserer Befriedigung des soliden und berechtigten Kreditbedarfs bedenklichen Formen und Methoden der Kreditbeschaffung entgegengetreten, und es muß namentlich die Schaffung von Finanzwechseln zurückgedrängt, die Ausstellung ungedeckter Schecks beseitigt werden. Zur Bekämpfung solcher Mißstände erscheint ein Zusammenarbeiten zwischen den Spitzenverbänden des privaten und öffentlichen Baakgewerbes einschließlich der Sparkassen, der Industrie und des Handels besonders angezeigt. 3. Der V e r m i n d e r u n g d e r H a n d l u n g s u n k o s t e n i m B a n k g e w e r b e ist im Interesse der Hebung der Rentabilität und der Verbilligung der Konditionen nach wie vor die größte Aufmerksamkeit zu widmen. Unleugbar bestehen auf diesem Gebiete unter sozialem Gesichtspunkte erhebliche Hemmnisse. Wenn jedoch die öffentliche Gewalt für diesen Gesichtspunkt eine stärkere Berücksichtigung verlangt, als es die Lage des Geschäfts rechtfertigt, wenn sie gleichzeitig den Spesenapparat des Bankgewerbes durch Vermehrung unproduktiver Arbeit (Aufwertungs- und Anleiheablösungsgesetz) erhöht und durch auch heute noch übermäßige Kapitalverkehrssteuern die Möglichkeit gewinnbringender Betätigung außerhalb des Zinsgeschäfts unterbindet, so übernimmt sie für die Verzögerung des Konditionenabbaus eine w e s e n t l i c h e Mitverantwortung. 4. Der Bankiertag verschließt sich nicht der Erkenntnis, daß ein wesentliches Moment der Unkostenerhöhung und der Verminderung der Rentabilität der bankgewerblichen Betriebe in der z u g r o ß e n Z a h l d e r v o r h a n d e n e n W e t t b e w e r b e r liegt. Durch die in den letzten Jahren erfolgte umfangreiche Neubegründung staatlicher, kommunaler und gemischtwirtschaftlicher Banken sowie die Umwandlung öffentlicher Sparkassen zu bankgeschäftlichen Erwerbsunternehmungen ist diese Überfüllung des Berufs w e s e n t l i c h v e r s c h ä r f t worden. Der
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Bankiertag fordert dringend, daß dieser Entwicklung, für welche heute jedenfalls kein berechtigtes Bedürfnis mehr geltend gemacht werden kann, Einhalt geschieht. Die Erfüllung dieser Forderung ist auch im öffentlichen Interesse geboten, nachdem sich die Warnungen vor der Übernahme bankgeschäftlicher Risiken durch Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts in einer Vielheit von Fällen als nur allzu berechtigt erwiesen haben und nachdem, wie vorauszusehen, auch die staatliche Aufsicht solche Vorkommnisse nicht zu verhindern vermocht hat. In jedem Falle können öffentliche Sparkassen auf Mündelsicherheit und steuerliche Bevorzugungen nur dann Anspruch erheben, wenn sie sich sowohl im Passiv- als auch im Aktivgeschäft auf die Befriedigung des Anlage- und Kreditbedürfnisses derjenigen Bevölkerungskreise beschränken, deren Wohlfahrt sie zu dienen bestimmt sind, und wenn insbesondere die von ihnen auszuleihenden Gelder lediglich l a n g f r i s t i g innerhalb des örtlichen Bezirks vergeben werden. Der Bankiertag spricht die Erwartung aus, daß diesen Gesichtspunkten in den Anordnungen der Landesregierungen über den Geschäftskreis der öffentlichen Banken und Sparkassen, in den Ausführungsbestimmungen zu den Reichssteuergesetzen sowie bei der Durchführung des Gesetzes über Depot- und Depositengeschäfte, namentlich aber in der Praxis der staatlichen Aufsichtsbehörden Rechnung getragen werden wird. Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Ich bitte, nunmehr die Entschließung zur Verteilung zu bringen, eröffne die Besprechung und erteile dem Herrn Präsidenten der Preußischen Staatsbank (Seehandlung), Herrn Staatssekretär z. D. Dr. S c h r o e d e r , das Wort. Staatssekretär z. D. Dr. S c h r o e d e r , Präsident der Preußischen Staatsbank (Seehandlung): Meine sehr geehrten Herren! Einige Bemerkungen, die die beiden Herren Berichterstatter in ihren glänzenden Ausführungen gemacht haben, geben mir doch Veranlassung, kurz dazu Stellung zu nehmen, soweit es die öffentlichen Gelder betrifft. Herr Wassermann hat von den riesigen Beträgen der Gelder in öffentlicher Hand gesprochen. Herr Pfeiffer hat das noch schärfer unterstrichen, indem er davon sprach, daß im Anfang des Jahres 1924 mit diesen Geldern Ungeheures hätte geleistet werden können, und daß damals eine Monopolstellung des Reiches für die Gewährung von Kredit vorhanden gewesen sei. Meine Herren, ich glaube doch, daß man hierbei die Beträge der öffentlichen Gelder, die für den Verkehr zur Verfügung gestellt werden konnten, sehr stark überschätzt. Eine Ansammlung öffentlicher Gelder hat im Laufe des Jahres 1924 erst ganz allmählich stattgefunden. Zuerst haben sich größere Beträge im Postscheckamt wieder zusammengefunden. Das ist ja natürlich aus dem Übergang in die stabilisierte
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Währung. Die Steuern, die Ende 1923, Anfang 1924 beschlossen waren, haben aber nur ganz allmählich größere Beträge gebracht; und, meine Herren, man sollte doch, glaube ich, jetzt wirklich vorsichtig darin sein, aus diesen zu stark angezogenen Steuern einen starken Vorwurf gegen die damaligen Stellen herzuleiten, als wenn damit eine Thesaurierungspolitik und ein Unrecht gegenüber der Wirtschaft begangen wäre. Meine Herren, unsere Zeit ist ja schnellebig. Aber, bitte, versetzen Sie sich einmal in die Situation zurück, wie sie im Anfang des Jahres 1924 gewesen wart Damals fehlten der Finanzverwaltung — ich war damals noch im Reichsfinanzministerium tätig — doch alle Unterlagen für eine sichere Schätzung dessen, was die Steuergesetze etwa würden erbringen können, und es mußte die erste Sorge der Finanzverwaltung damals sein, daß die Erträge für das Reich so groß waren, daß wir nicht wieder in eine Inflation hineinkamen. Das Reich war von der Reichsbank getrennt. Wir konnten Reichsschatzwechsel nicht mehr bei der Reichsbank diskontieren. Wir mußten auf jeden Fall mit den Einnahmen auskommen. Da war es Pflicht der Reichsfinanzverwaltung, die Steuern so zu bemessen, daß sie auf jeden Fall den Bedarf dcckten. Wenn daraus jetzt Überschüsse entstanden sind, die in ihrer Höhe — das wird von allen Stellen anerkannt — zu groß geworden sind, dann ist inzwischen ja auch das Nötige dafür geschehen, um diese Beträge herabzumindern. Und, meine Herren, das hat auch schon Wirkung gehabt. Die Beträge an öffentlichen Geldern sind im ganzen auch im Jahre 1924, glaube ich, im Verhältnis zu dem, was aus der Privatwirtschaft für Kreditgewährung zur Verfügung stand, doch nicht so übermäßig groß gewesen. Es sind jetzt nach den Zweimonatsbüanzen der Banken, die diese Bilanzen veröffentlichen, an Kreditoren bereits über 5 Milliarden vorhanden. Dem gegenüber stehen öffentliche Gelder im Betrage von — ich schätze jetzt — etwa 1200, 1300 Millionen. Das ist gewiß erheblich genug, um einen Einfluß auszuüben, und ist gewiß erheblich genug, um alle Sorgfalt auf die Verwendung dieser öffentlichen Gelder und auf ihre schnelle Zufuhrung an die Wirtschaft zu verwenden. Aber es spielt doch nicht mehr die Rolle, die vielfach angenommen wird. Und, meine Herren, ich mache in dem eigenen Institut jetzt auch schon die Beobachtung, daß diese Gelder zurückgehen. Der preußische Finanzminister hat seine Einnahmen in der Hauptsache aus den Steuerüberweisungen des Reichs; aus seinen Guthaben kann daher ein Rückschluß auch auf die Reichseinnahmen gezogen werden. Ich sehe an den Guthaben des preußischen Finanzministers, daß diese jetzt, nachdem sie von Ende Mai noch etwas, aber nicht sehr stark bis in den Juli hinein gestiegen sind, seit Juli wieder schon abgenommen haben, so daß sie jetzt etwa den Stand von Ende Mai wieder erreicht haben. Ich bin nach dieser Entwicklung und nach der Gesetzgebung, wie sie jetzt eben erlassen worden ist, der Überzeugung, daß sich diese Abnahme in sehr schnellem Maße weiter fortsetzen wird. Wenn dann Herr Wassermann davon gesprochen hat, daß zu
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diesen Geldern nun in Reich uad Staat noch 900 Millionen aus der Reichsbahn hinzukämen, so ist das doch, glaube ich, ein Mißverständnis aus den Veröffentlichungen. Die 900 Millionen sind, wenn ich richtig unterrichtet bin, der Gesamtüberschuß, den die Reichsbahn überhaupt aufweist. Er ist aber nicht irgendwie als Kassenbestand vorhanden, sondern davon gehen zunächst 300 Millionen als Jahresbetrag an Verkehrssteuern ab, die sich also in den Beständen der Reichfinanzverwaltung aus Steuern im allgemeinen befinden und nicht als Sonderbestände der Reichsbahn. Es sind weiter die regelmäßigen Zahlungen an den Reparationsagenten zu leisten. Soviel ich aus unserem Geschäftsverkehr mit der Verkehrskreditanstalt der Reichsbahnverwaltung unterrichtet bin, sind da flüssige Beträge, die auch nur auf etwas längere Zeit gegeben werden können, ganz minimal vorhanden. Und das ist schon daraus verständlich, daß eben der Hauptüberschuß an die Reparation abzuführen ist und daß diese Zahlungen allmonatlich erfolgen. Mit Geldern, die längstens bis zum Monatsende zur Verfügung gestellt werden können und erst allmählich im Laufe des Monats anwachsen, ist natürlich für die Nutzbarmachung in der Wirtschaft verhältnismäßig wenig zu erzielen. Wenn dann Herr Wassermann und auch Herr Pfeiffer für die Vergangenheit eine Kritik an der unzweckmäßigen Verwendung der öffentlichen Gelder geübt haben, so glaube ich, hier darauf nicht näher eingehen zu sollen, so reizvoll das gerade für mich in einzelnen Punkten sein könnte, denn, meine Herren, der Mensch hat die Augen vorn und nicht hinten sitzen, und das soll man in jetziger Zeit mehr als je beachten. Ich freue mich, daß Herr Pfeiffer festgestellt hat, daß jetzt die Verwendung der öffentlichen Gelder und ihre Zuführung an die Wirtschaft in zufriedenstellender Weise geregelt ist. Ich gehe daher gleich zu der Frage der zu hohen Zinsen über. Meine Herren, ich habe mich an anderer Stelle auch schon über die zu hohen Zinsen, die von den Reichsstellen, bei denen sich die Gelder unmittelbar ansammeln, gefordert wurden, zu beschweren gehabt. Ich freue mich, feststellen zu können, daß es den Bemühungen des Reichfinanzministeriums jetzt gelungen ist, eine Vereinbarung zwischen den verschiedenen beteiligten Stellen herbeizuführen, die, glaube ich, als zufriedenstellend bezeichnet werden kann. Sie haben schon aus der Presse entnommen, daß die beteiligten Stellen sich verpflichtet haben, ihrerseits ihre Gelder zu 71/2 v. H. weiterzugeben. Eine Ausnahme davon machen nur die Gelder der Post, die auf etwa drei bis sechs Monate gegeben werden. Für die werden noch 8 v. H. gefordert. Meine Herren, es läßt sich darüber streiten, ob dieser Satz nicht auch ermäßigt werden könnte. Wenn man sich aber auf den Standpunkt stellen will, daß 8 v. H. doch auch für gute Anlagen vielfach von den Privatbanken gezahlt werden, so kann man dem Anspruch der Post, für ihre Gelder 8 v. H. zu erhalten, nicht jede Berechtigung absprechen. Es wird hoffentlich gelingen, auch diesen Zinssatz noch einmal herabzusetzen.
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Wie wird nun diese Ermäßigung, die die öffentlichen Stellen zunächst vorgenommen haben, für die Wirtschaft nutzbar gemacht ? Die Reichskreditgesellschaft und die Seehandlung haben sich dem Reichfinanzministerium gegenüber verpflichtet, die Ermäßigung der Zinsen in voller Höhe der Wirtschaft wieder zuzuführen. Das ist etwas Selbstverständliches. Wir haben uns weiter verpflichtet, daß wir im Durchschnitt auf die Gelder, die wir von den Reichsstellen bekommen, keinen höheren Aufschlag nehmen werden als bis höchstens 1 v. H., und haben uns weiter verpflichtet, auch im übrigen die Spanne zwischen unserem Aktiv- und unserem Passivzins nach Möglichkeit zu ermäßigen, obwohl, wie ich insbesondere als Leiter des von mir geführten Instituts betonen kann, diese Spanne sich jetzt schon in sehr mäßigen Grenzen hält. Sie liegt im ganzen für alle Anlagen bereits unter 2 v. H. Wenn wir nun in der Staatsbank uns zu überlegen hatten, wie wir diesem Versprechen nachzukommen hätten, so haben wir uns entschlossen, bei einzelnen Krediten, bei denen ein besonderes öffentliches Interesse obwaltet, die Ermäßigung der Zinsspanne um 1 v. H. dem Kreditnehmer in voller Höhe zugute kommen zu lassen. Das wisd insbesondere bei den bekannten Mittelstandskrediten, die vom Reichstag und Landtag beschlossen worden sind, der Fall sein. Im übrigen spielen die Reichsgelder bei den Gesamtgeldern der Staatsbank nicht diejenige Rolle, daß es etwa möglich wäre, bei allen Krediten um einen erheblichen Satz herunterzugehen. Von einem Prozent kann natürlich schon gar keine Rede sein. Aber auch in erheblicher Weise wird es nicht möglich sein, denn die Gelder, die wir vom Reiche haben, sind nur etwa, schätze ich, ein Sechstel bis ein Siebentel der gesamten Bestände. Danach muß man die Auswirkung beurteilen. Wir werden aber bemüht sein, die Ermäßigung in vollem Umfange der Wirtschaft dadurch zuzuführen, daß wir Wechsel zu einem billigeren Satze anzukaufen bestrebt sein werden als bisher. Das wird dann sich gleichmäßig auswirken und wird hoffentlich dazu beitragen können, auf den Wechselzinsfuß im allgemeinen zu wirken. Es ist natürlich die Auswirkung davon auf die einzelnen Banken nicht zu überschätzen, denn, meine Herren, wir haben uns ja gerade bemüht, unsere Gelder nicht allein in Berlin auszuleihen, sondern sie in ganz großem Umfange direkt den Provinzbanken zugute kommen zu lassen. Das führt natürlich dazu, daß die einzelnen Banken nicht allzu hohen Kredit bei uns haben können und daß daher wieder auf ihr Geschäft die Zinsauswirkung nicht allzu groß sein wird. Aber, meine Herren, ich glaube, daß mit diesem Vorgehen von den öffentlichen Stellen nunmehr das geschehen ist, was — das kann ich durchaus verstehen — von dem privaten Bankgewerbe als eine Voraussetzung bezeichnet worden ist, um seinerseits an die Prüfung der Frage der Herabsetzung der Zinsen oder der Provisionen herangehen zu können. Es wird nunmehr Ihre Sache sein, meine Herren, zu erwägen, ob nicht auch von Ihrer Seite aus zur Entlastung der Wirtschaft eine Herabsetzung der Belastung
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durch die Bankgebühren und Provisionen herbeigeführt werden kann. (Bravo!) Herr Geh. Kommerzienrat Hermann F r e n k e l , i. Fa. Jaquiers & Securius, Berlin: Meine sehr verehrten Herren! Gestatten Sie mir, auf einen von Herrn Direktor Wassermann in seinem Bericht bereits behandelten Punkt noch mit einigen Worten zurückzukommen, da mir gerade dieser Punkt von besonderer Bedeutung zu sein scheint. Daß sich unser Stand in einer sehr mißlichen Lage befindet, bedarf vor Ihnen weiterer Erklärung nicht. Ich möchte aber von einem besonderen Betriebszweige, der uns ja auch allgemein mitbetrifft, sprechen, und zwar von der Beratung des Publikums, unserer Kundschaft. Wenn wir in dieser Beziehung in letzter Zeit trübe Erfahrungen machen mußten, so lag das in den Umständen und Verhältnissen. Das Jahr 1924 hat uns die Umstellung der Aktienwerte gebracht. Wenn wir den Kunden gegenüber genötigt gewesen sind, die scharfe Zusammenlegung der Aktienkapitalien, die rigorose Reduktion des einzelnen und des ganzen Kapitals zu begründen, so ist das geschehen, indem wir den Leuten aus guter Überzeugung sagen mußten, daß nur eine derartige Reduktion zu einer Rentabilität, zu einer Dividendenzahlung führen könnte. Die Enttäuschung, die uns nach dieser Richtung hin das Jahr 1925 gebracht hat, ist eine sehr tiefgehende. Das hat unseren Kunden, unseren Beziehungen und uns selbst sehr harte Enttäuschungen gebracht. Wenn wir uns nun fragen, welche Ursachen zu dieser Enttäuschung geführt haben, so möchte ich sagen: Ursache und Grund dieser Verhältnisse ist die ungeheuerliche, die Grenzen des Erträglichen überschreitende steuerliche und soziale Belastung der Gesellschaften, die natürliche Folge aber die Stagnation der Börsengeschäfte und der allgemeine Rückgang der Kurse, wie wir ihn in diesem Jahre erleben mußten. Aus dem reichen Material, das mir in dieser Beziehung vorliegt, könnte ich Ihnen Hunderte von Beispielen anführen, um zu zeigen, welche Wirkung die Steuern auf die einzelnen Gesellschaften haben. Aber ich möchte Sie nicht mit Zahlen ermüden und mich deshalb auf einzelne Ausführungen beschränken. Eine chemische Gesellschaft schreibt in ihrem Geschäftsbericht: Auch an dieser Stelle sei öffentlich darauf hingewiesen, daß die Steuern und Abgaben, die durch Staat und Gemeinde erhoben werden, sich in geradezu vernichtender Weise für Handel und Industrie auswirken. Die Steuern werden bekanntlich nicht mehr vom Gewinn erhoben, sondern in mehr oder weniger roher Form vom Umsätze und vom vermeintlichen Vermögen, das auf Grund von zufälligen Börsenkursen errechnet wird. Die ununterbrochene Beschäftigung mit Steuerangelegenheiten, die durch die große Zahl der Gesetze und Verordnungen sowie durch die ständigen Vorauszahlungen
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notwendig wird, beansprucht eine starke Vermehrung unproduktiver Arbeit, die besonders in diesen ernsten Zeiten vermieden werden sollte. Es ist eine der dringendsten Aufgaben unserer gesetzgebenden Körperschaften, auf dem unerträglich gewordenen Gebiete der Steuern und ihrer Erhebung so rasch wie möglich von Grund auf Wandel zu schaffen. Anderenfalls ist es unausbleiblich, daß ein großer Teil der deutschen Wirtschaft zum Erliegen kommt. Bei zwei der größten Kaliwerke betrugen die Steuerlasten 9 respektive 103/4 v. H. der gesamten Roheinnahmen. Eine der bedeutendsten Metallgesellschaften schreibt in ihrem Bericht: Von sehr nachteiliger Wirkung wurden für uns, wie wohl für die meisten Industrien, die Steuergesetze, die das Jahr 1924 beherrschten. Als Beispiel erwähnen wir nur, daß nach dem steuerlichen Bewertungsgrundsatze unter Zugrundelegung des Börsenkurses von Ende 1923 unser Vermögen auf 47 Millionen Mark errechnet wurde, während wir es in der Goldmarkbilanz mit 12 Millionen Mark zuzüglich 4,5 Millionen Mark Reserven auswiesen. Gegen die Folgen dieser den tatsächlichen Verhältnissen aufs schärfste widersprechenden Bewertung werden wir uns mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln wehren. Nach dem eben veröffentlichten Bericht haben die KlöcknerWerke für 1924/25 einen Bruttoüberschuß von 19,5 Millionen Mark erzielt, von dem sie für Steuern und soziale Lasten 12,8 Millionen Mark gleich 66% v. H. zu zahlen hatten. Eine Dividende kam natürlich nicht zur Verteilung. Die A. E. G. hat im Frieden 1 v. H. ihres Umsatzes an Steuern bezahlt, im Jahre 1924 7,8 v. H. Bei einer Anzahl willkürlich ausgewählter industrieller Gesellschaften betrugen die Steuern in Prozenten des Bruttogewinns im Jahre 1913 4,1 v. H., im Jahre 1924 31,3 v. H. Bei unseren Großbanken betrugen die Steuern in Prozenten des Reingewinns im Jahre 1913 8,8 v. H., im Jahre 1924 den ungeheuer» liehen Satz von 65,7 v. H. (Hört! Hört!) Wenn man den Reingewinn des Jahres 1913 heranzieht und mit der Steuerlast für 1924 vergleicht, so ergibt sich im Durchschnitt eine Steuerlastziffer von 58,374 v. H. — bei einzelnen Gesellschaften ist sie noch erheblich höher —, d. h. also, daß die gegenwärtige Steuerlast so groß ist, daß auch in normalen Zeiten der größte Teil des Reingewinnes von der Steuer aufgezehrt wird. Die Mansfeld A.-G. für Bergbau und Hüttenbetrieb schreibt in ihrem Bericht, daß sie genötigt war, einen Teil der Kuxe einer Tochtergesellschaft zu veräußern, um die erdrückenden Steuern und die sozialen Lasten zu decken. Das Schlimme eben ist, daß die Steuern bar bezahlt werden müssen. Wie oft muß der Direktor oder Betriebsleiter sich den Kopf darüber zerbrechen, woher er das Geld für die fortdauernd fälligen Steuern beschaffen soll, statt sich
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mit produktiver Arbeit zu beschäftigen! Es ist klar, daß die Steuer, wenn sie den realisierten Gewinn übersteigt, von der Substanz getragen werden muß, und das ist das Allerschlimmste; denn ein derartiger Zustand kann vielleicht eine geraume Zeit getragen werden, muß aber schließlich jede Gesellschaft zum Erliegen bringen. Allerdings ist für die Zukunft eine Erleichterung insofern zu erwarten, als eine Ermäßigung der Reichssteuern in Aussicht zu nehmen ist, indem bei der Körperschaftssteuer eine Veranlagung nach dem Ertrage und nicht wie im vorigen Jahre nach ganz willkürlichen Grundsätzen erfolgen soll. Auch soll der Tarif des Vermögenssteuergesetzes um etwas erniedrigt werden. Es hat gestern der Herr Reichswirtschaftsminister darauf bereits hingewiesen und diese Steuerermäßigung als etwas Wesentliches hingestellt. Wir können meines Erachtens das nur als eine sehr geringe Abschlagszahlung für die Steuererleichterungen betrachten, die wir im Interesse der Wirtschaft auf das allernotwendigste verlangen müssen. Solange nicht auch in der Gewerbe- und Lohnsummensteuer Erleichterungen eintreten, wird das Gesamtbild kaum eine wesentliche Änderung erfahren. Was bietet uns also die Zukunft bei der Fortdauer dieser Steuerlast? Die nahezu völlige Ertrags- und Dividendenlosigkeit unserer Aktienunternehmungen, den Niederbruch unserer Industrie und den Ruin der Börse, die der Reflex unseres gesamten Wirtschaftslebens ist. Wenn gestern der Herr Preußische Handelsminister an die Banken den Appell gerichtet hat, daß sie ihre Tätigkeit darin sehen sollen, den Kredit, den wir notwendig brauchen, von dem Auslande zu vermitteln, so ist das sehr schön gesagt. Aber das setzt ja doch voraus, daß auch die, die den Kredit brauchen, die Unternehmungen, derartig fundiert sind, solche Erträgnisse abwerfen, solche Kurse auch an der Börse haben, daß sie eben dem Auslande gegenüber als kreditwürdig betrachtet werden. Wenn die Sache so, wie sie jetzt ist, weitergeht, so würde von einer derartigen Möglichkeit einer Kreditbeschaffung etwa für unsere industriellen Unternehmungen meines Erachtens unter diesen Umständen gar keine Rede sein können. Ich möchte aus meiner ja schon lange zurückhegenden Erfahrung Ihnen sagen, daß ich bereits die schlimmen Zeiten der Jahre 1873 bis 1879 miterlebt habe und daß ich Ihnen die Erklärung abgeben kann, daß es damals hier in Deutschland so entsetzlich aussah, daß man sich wunderte, wenn überhaupt noch ein Schornstein rauchte. Etwas anderes möchte ich Ihnen noch erzählen. Aus einem der wundervollen Briefe des alten Kaiser Wilhelm ist mir ein Brief im Gedächtnis geblieben, der, glaube ich, aus dem Jahre 1876 stammt. Der Kaiser war damals zum Besuch bei der Kaiserin im Schloß in Coblenz, und er schrieb an Bismarck: „Die Kaiserin macht mich darauf aufmerksam, daß auf dem Rhein keine Frachtdampfer mehr verkehren. Wenn das die Folge unserer Wirtschaftspolitik ist, dann muß diese Wirtschaftspolitik revidiert werden."
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Ob der Brief die Ursache der späteren Änderung der Wirtschaftspolitik gewesen ist, weiß ich nicht. Aber soviel ist doch die Folge gewesen, daß, allerdings erst im Jahre 1879, eine Änderung m dieser Wirtschaftspolitik eingetreten ist. Meine Herren, heute ist es eine falsche Steuerpolitik, die das Wirtschaftsleben gefährdet. Demgegenüber haben wir Bankiers als berufene Vertreter der geldlichen Interessen das Recht und die Pflicht, unsere warnende Stimme zu erheben. Meine Herren, in der Ihnen vorgelesenen Entschließung sind die Gesichtspunkte, die ich hier dargelegt habe, zum Ausdruck gekommen, und ich möchte die Hoffnung aussprechen, daß, wenn Sie, wie anzunehmen ist, dieser Entschließung Ihre einstimmige Billigung erteilen, sie nicht erfolglos bleiben, sondern bei den Regierungsstellen, bei den Stellen der Länder und Gemeinden und auch bei den Parlamenten des Eindrucks nicht ermangeln wird. (Lebhafter Beifall.) Geh. Regierungsrat Dr. K l e i n e r , Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes: Meine sehr geehrten Herren! Ich habe meine ursprünglichen Bedenken, gerade in diesem Gremium zu einer Angelegenheit Stellung zu nehmen, bei der schwerlich zwischen den beiderseitigen Organisationen eine völlige Einigung zu erzielen sein wird, zurückgestellt, nachdem ich gesehen habe, in wie sachlicher Weise nicht nur Ihre Geschäftsleitung ihres Amtes waltet, sondern wie sachlich die strittigen Fragen hier in der Hauptsache auch von den Herren Berichterstatter behandelt worden sind. Ich hoffe, meine Herren, daß Sie meine Ausführungen, die ich zu machen habe, daher auch Ihrerseits sachlich würdigen werden, und bitte Sie, überzeugt zu sein, daß ich letzten Endes bei meinen Ausführungen nicht ausschließlich das Wohlergehen und das Schicksal der von mir heute vertretenen Organisation, sondern das Schicksal der gesamten deutschen Wirtschaft im Auge habe, und daß ich der letzte wäre, der nicht zugeben wollte, daß auch die Interessen einer Organisation wie der unsrigen gegenüber zwingenden Gesamtinteressen der Wirtschaft überhaupt zurücktreten müssen. Meine Herren, ich habe leider von dem ersten Referate nur einen Teil hören können. Dagegen habe ich das zweite Referat vollständig gehört. Ich kann auch von meinem Standpunkte aus dem Herrn Berichterstatter das Zeugnis ausstellen, daß er sich im allgemeinen durchaus bemüht hat, dieses etwas kitzlige Thema in sachlicher, objektiver und würdiger Weise zu behandeln. Wenn ich gleichwohl an einigen Punkten seines Referats Kritik übe, so darf ich das als das Recht des Vertreters der Organisation in Anspruch nehmen, die schließlich ja doch angegriffen worden ist, wenn auch angegriffen aus allgemeinen Gesichtspunkten. Meine Herren, ich darf zunächst auf das zurückkommen, was der Herr Bericherstatter über die S p a r k a s s e n gesagt hat, und möchte rleich bei dieser Gelegenheit eine kleine Berichtigung einfließen assen, die sich auf die Zahl der unserer Organisation angeschlossenen
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Stellen bezieht. Es ist richtig, die Gesamtheit der Kassenstellen, die unserer Organisation angeschlossen sind, beträgt 8000. Aber — und das wird für Sie doch von besonderer Wichtigkeit sein — diese 8000 Stellen widmen sich durchaus nicht sämtlich auch dem Kreditgeschäft, sondern eine sehr große Anzahl von ihnen — etwa 5000 — sind lediglich Annahmestellen, die nicht die Berechtigung haben, ihrerseits die gesammelten Gelder in irgendeiner Form wieder anzulegen, sondern verpflichtet sind, diese Gelder der Hauptstelle zuzuführen. Ich komme dann zu der Art der Anlegung der Spargelder. Der Herr Berichterstatter hat es als wünschenswert bezeichnet und steht ja mit dieser Forderung auf einer Linie mit sehr vielen maßgebenden Persönlichkeiten und Faktoren, daß die Sparkassen nach Möglichkeit wieder zu dem Geschäftszweig zurückkehren möchten, den sie vor dem großen Kriege in der Hauptsache betrieben haben, zu dem Realkreditgeschäft. Meine Herren, wir gehen in diesem Wunsche mit dem Herren Berichterstatter, soweit die Leitung der Sparkassen- und Giroorganisation in Frage kommt, vollständig einig; ich darf versichern, meine Herren, daß wir uns ständig seit Jahr und Tag den Kopf darüber zerbrechen: wie können wir bei den Sparkassen eine stärkere Belebimg des Hypothekargeschäfts wieder erreichen und durchsetzen? Aber, meine Herren, wir können auch nicht mit dem Kopf durch die Wand. Obwohl wir erkennen, daß letzten Endes die Gesundung unserer Wirtschaft zu einem großen Teil davon abhängt, daß Realkredit wieder in größerem Umfange flüssig gemacht und gewährt wird, können wir uns doch auf der anderen Seite nicht der Tatsache verschließen, daß wir praktisch von den Sparkassen eine Unmöglichkeit verlangen, wenn wir von ihnen fordern, daß sie h e u t e s c h o n in gleichem oder annähernd gleichem Umfange wie in der Vergangenheit Hypothekarkredit, Realkredit gewähren sollen. Wie liegen denn die Dinge? Vor dem Kriege haben die Giround Kontokorrentgelder im Vergleich zu den eigentlichen Spareinlagen eine verhältnismäßig sehr bescheidene Rolle gespielt, bis zum Jahre 1908, bis auf Grund des Scheckgesetzes die Sparkassen die passive Scheckfahigkeit erhielten und im Anschluß daran auch die Erlaubnis, den Depositen- und Kontokorrentverkehr einzuführen. Aber immerhin hat bis zum Beginn des Krieges die Entwicklung zu dem Ergebnis geführt, daß sich die Spareinlagen zu den Giroeinlagen, um diese letztere Art Gelder kurz mit einem Namen zu bezeichnen, wie 10: 1 verhielten. Nachdem die Inflation dann die gesamten Spargelder hinweggefegt hatte, begann die Neubildung der Einlagen bei den Sparkassen erklärlicher-, ja man kann sagen, natürlicherweise zunächst nicht auf der Basis der Einzahlung eigentlicher S p a r gelder, sondern auf der Grundlage, daß, zunächst sehr zögernd, vorübergehend entbehrliche W i r t s c h a f t s gelder von der früheren Kundschaft bei der Sparkasse wieder eingezahlt wurden, die meist auf Abruf täglich fallig waren. Und so ergab es sich, daß in der ersten Zeit nach der Stabilisierung die Spargelder überhaupt gar keine Rolle spielten, sondern zu den
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Girogeldern im umgekehrten Verhältnis standen wie vor der Kriegszeit. Nun, meine Herren, werden Sie ohne weiteres zugeben, daß kurzfristige Gelder, wie es die Girogelder sind, nicht ohiie weiteres im langfristigen Realkreditgeschäft angelegt werden können. Man kann wohl darüber reden, daß man, wenn eine gewisse Stabilisierung der Verhältnisse eingetreten ist, wenn man mit einem gewissen festen Stamm der Girogelder rechnen darf, dann vielleicht auch einen mäßigen Prozentsatz der Girogelder langfristig anlegen kann; doch muß man hier mit der allergrößten Vorsicht vorgehen. Wie hat sich nun aber praktisch, meine Herren, die Sache entwickelt? Die Entwicklung hat dazu geführt — und ich glaube, das ist doch ein Faktum, das Sie interessieren wird —, daß von den Krediten, die die Sparkassen als sogenannte Personalkredite herausgegeben haben, nach den statistischen Ermittelungen, die jetzt vorliegen, etwa 65 v. H. durch Sicherheitshypotheken oder Grundschulden gesichert sind. Meine Herren, was heißt denn das anders, als daß hier verkappter Realkredit vorliegt. Das ist gar kein richtiger Personalkredit mehr, denn die Sicherheitshypothek bietet materiell den Sparkassen, was die Liquidität anlangt, unter den heutigen Verhältnissen nur das gleiche Instrument wie die eigenüiche Hypothek. Ich möchte von Einzelheiten, daß vom Schuldner verschiedentlich neben der Sicherheitshypothek auch noch Wechsel gegeben worden sind, einmal absehen. In Wahrheit haben wir damit zu rechnen, daß unsere Sparkassen etwa 65 v. H. ihrer herausgegebenen Mittel formell zwar kurzfristig, materiell aber mehr oder weniger langfristig angelegt haben. Und daraus ergibt sich für uns die ganz selbstverständliche Pflicht, daß wir alles versuchen müssen, um diese verkappten Realkredite sobald und so weit wie möglich in richtige Hypotheken umzuwandeln. (Sehr richtig!) Meine Herren, wir brauchen dazu gar keinen Antrieb von außen. Das müssen wir tun, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, daß die gesamten Sparkassen auf die Dauer illiquide werden. (Sehr richtig!) Sie dürfen daher versichert sein, daß wir alles, aber auch alles, was in unseren Kräften steht, tun werden, um das Realkreditgeschäft bei den Sparkassen stärker zu beleben und so schnell wie möglich zu fordern. Meine Herren, bei Behandlung des Personalkredits der Sparkassen hat der zweite Herr Berichterstatter auch auf einen in unserer Fachzeitschrift veröffentlichten Artikel des Landrats a. D. Grafen Reventlow, der Referent beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband ist, hingewiesen, in dem dieser angeblich den Sparkassen die Pflege des Blankokredits besonders nahegelegt haben soll. Ich bedauere, erklären zu müssen, daß der Herr Berichterstatter, wenn er diesen Artikel mit der gleichen Sachlichkeit gelesen hätte, mit der er sonst sein Thema behandelt hat, wahrscheinlich doch zu einem etwas anderen Schluß gekommen wäre. Meine Herren, in einem längeren Aufsatz — ich habe ihn mir heute noch einmal vorlegen lassen und ihn durchgelesen — war von Herrn Grafen Reventlow unter anderem etwa folgendes gesagt, und zwar im Jahre 1923: An
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sich ist der Blankokredit der sicherste. Meine Herren, ich habe auch einmal bei einer Bank eine Zeitlang „gelernt" — es ist schon lange her (Heiterkeit) —, und da ist mir auch als erste Weisheit aller Kreditpolitik gesagt worden: Wenn man von einem Kunden Sicherheit verlangen muß — schon faul! (Heiterkeit.) Also, meine Herren, an sich wird man theoretisch doch wohl darüber nicht streiten können, daß die Hauptsicherheit eines Kredits letzten Endes in der Bonität des Kreditnehmers liegt. Und nur von diesem Gesichtspunkte aus ist der Blankokredit in dem fraglichen Artikel behandelt. Im übrigen bin ich absolut kein Freund des Blankokredits unter den heutigen Verhältnissen. Heute sollte allerdings mehr oder weniger eine Sparkasse ohne genügende Sicherheiten überhaupt keinen Kredit geben; denn zurzeit ist auch der beste und kreditwürdigste Schuldner im allgemeinen nicht ohne weiteres in der Lage, seine Schuld pünktlich zurückzuzahlen. Was dann die vom Herrn Berichterstatter vorgebrachten Beschwerden über die Zinspolitik der Sparkassen, Reklameausschreitungen usw. anlangt, meine Herren, so darf ich auch hier versichern: wir gehen mit Ihnen vollständig einig! Es ist unseres Erachtens die selbstverständliche Pflicht der öffentlich - rechtlichen Geldinstitute, daß sie in dieser Beziehung die von der Reichsbankleitung zielbewußt betriebene Politik einer Senkung des Zinsfußes, namentlich des Debetzinsfußes, mitmachen und unterstützen; und ich bedauere eigentlich, daß die Reichsbank jetzt nicht mehr in dem Maße wie früher gerade auch der Bemessung des Aktivzinsfußes ihre besondere Aufmerksamkeit widmet; denn, meine Herren, wenn ein Geldinstitut für Einlagen einen besonders hohen Zinssatz zahlt, so ist die selbstverständliche Folge davon, daß es dementsprechend auch den Debetzinssatz festsetzen muß; das ist nun einmal nicht zu ändern. Jedenfalls wollen auch wir mit allem Nachdruck darauf hinarbeiten, daß die Zinssätze, die sonst unser Wirtschaftsleben zu erdrosseln drohen, gesenkt werden, und daß nicht aus einem übertriebenen Gefühl heraus, Einlagen um jeden Preis heranziehen zu müssen, der Kreditzinsfuß so bemessen wird, daß er nachher die nachteiligste Einwirkung auf die Festsetzung des Debetzinsfußes ausüben muß. Was die Reklamefrage anlangt, so gibt es gar keinen Zweifel für uns, daß sich die Reklame einer öffentlichen Sparkasse in jenen Grenzen halten muß, die ihr durch natürlichen Anstand, aber auch durch ihre Stellung als öffentliches Geldinstitut gezogen sind. Gerade in dieser Hinsicht haben wir aber doch auch bereits in Gemeinschaft mit Ihrer Organisation einen Weg beschritten, der nach unserer Auffassung die Sicherheit gibt, daß wir durch ständige Zusammenarbeit und nachdrückliches Einschreiten allmählich auf diesem Gebiete den Erfolg erreichen werden, den wir erreichen wollen und müssen. Wir haben mit Ihrer Geschäftsstelle vereinbart, daß Beschwerden über eine falsche Zinspolitik, über eine unwürdige Reklame und dergleichen gegenseitig ausgetauscht, untersucht und abgestellt werden. Ich glaube, daß Ihr Herr Geschäftsführer in der Lage sein wird, zu bestätigen, daß dieses Verfahren bereits gute
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Erfolge gezeitigt hat. Und ich darf Ihnen vor allem namens der Leitung des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes die feste Zusicherung geben, daß auf diesem Gebiete alles von uns geschehen wird, was geschehen kann, um Auswüchse zu beseitigen. Ich komme jetzt zur Kreditpolitik der Sparkassen im engeren Sinne. Ich glaube, meine Herren, wenn ich mich hier des breiteren über das von den Sparkassen beanspruchte Recht, auch Personalkredit zu geben, auslassen wollte, so würde das vielleicht eine zu lange Zeit in Anspruch nehmen und zu Erwiderungen Anlaß geben, für die die Zeit mcht vorhanden ist. Ich will das daher unterlassen. Aber ich will Ihnen das eine ohne weiteres zugestehen: auch wir sind keineswegs mit der bisherigen Kreditpolitik der Sparkassen so ohne weiteres zufrieden (Hört! Hört!), sondern, meine Herren, wir streben etwas ganz Ähnliches an, was Sie anstreben. Wir streben an, daß die Sparkassen sich in ihrem Personalkreditgeschäft auf ihren örtlichen Geschäftsbezirk beschränken möchten, daß sie nicht über diesen Bezirk hinausgehen und daß sie in diesem Bezirk in erster Linie das tun sollen, wozu sie in besonderem Maße berufen sind, nämlich M i t t e l s t a n d s k r e d i t e geben, daß sie dagegen nach Möglichkeit ihre Finger lassen sollen von dem sogenannten Industriekredit, namentlich von großen Industriekrediten. Sie sollen vor allem nicht an Industrien, die sich in weit entfernt gelegenen Gegenden befinden, in denen der betreffenden Sparkasse jede Kontrollmöglichkeit, jeder Überblick fehlt, Kredite geben. Sie sollen es ferner vermeiden, damit nicht eine unnötige Beunruhigung des Geldmarktes entsteht, vom offenen Geldmarkt Geld hereinzunehmen, um Kredite zu geben, sondern sie sollen sich im wesentlichen darauf beschränken, aus ihren eigenen Mitteln Kredite zu gewähren. Wenn sie einmal zur Ankurbelung ihres Kreditgeschäfts oder aus sonstigem besonderen Anlaß in mäßigen Grenzen fremdes Geld zur Kreditgewährung brauchen, sollen sie sich an die zuständige Girozentrale oder Landesbank wenden, die ihnen dann helfen wird, vorausgesetzt, daß die Sparkasse eine gewisse Licjuiditätsreserve, einen gewissen Bestandteil ihrer flüssigen Mittel bei der Girozentrale oder Landesbank als Guthaben unterhält. Nun, meine Herren, sind nicht nur bei den Sparkassen, sondern, wie der Herr Berichterstatter richtig erwähnt hat, auch bei den Girozentralen Mißstände und Auswüchse vorgekommen. Es wäre töricht, ja es wäre unwürdig, das irgendwie abstreiten oder beschönigen zu wollen. Diese Mißstände, meine Herren, müssen beseitigt werden und werden beseitigt werden. Wenn ich aber bei der Kritik des Herrn Berichterstatters etwas vermißt habe, so war es das, daß er nicht darauf hingewiesen hat, daß die Mißstände sich nicht ergeben haben aus dem System unserer Organisation, sondern daß sie letzten Endes doch darauf zurückzufuhren sind, daß auch in unserer Organisation nur Menschen tätig sind, Menschen mit allen Fehlern und allen Schwächen der Nachkriegszeit, der Inflationszeit. Und, meine Herren, noch eines darf ich meinerseits betonen. Für eine Organisation öffentlich-rechtlicher Institute, die unter
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Staatsaufsicht stehen, muß es immer von nachteiligsten Folgen begleitet sein, wenn die Staatsautorität am Boden liegt. Diese war aber doch unmittelbar nach der Staatsumwälzung so gut wie restlos beseitigt. Die Staatsautorität muß daher erst langsam wieder aufgebaut werden; und Sie können nicht verlangen, meine Herren, daß sich die Autorität einer Organisation in solchen Zeitläufen mehr durchsetzt als die Staatsautorität. Mit der weiteren Stabilisierung der Verhältnisse, mit der Wiederaufrichtung der Staatsautorität, von deren Notwendigkeit ich als früherer alter Beamter mehr als jeder andere überzeugt bin, wird es gelingen, auch hier eine völlige Gesundung herbeizuführen. Und wir werden es als unsere wichtigste Aufgabe betrachten, dazu nachdrücklich mitzuhelfen. Welche Wege führen denn aber zur Gesundung, meine Herren ? Ich glaube, daß wir uns darüber nicht ganz werden einig werden. Aber wir werden uns sehr nahekommen. Ich bin der Auffassung und stehe mit dieser Auffassung in unserer Organisation nicht allein da, daß die Girozentralen in Zukunft davon Abstand nehmen sollten, große Industriekredite, insbesondere Konzernkredite, zu geben; das kann ich letzten Endes nicht als unsere eigentliche Aufgabe betrachten. Ich sehe daher den Weg der Gesundung darin* daß wir unser Privatkreditgeschäft etwas zurückschneiden, namentlich was die Höhe des einzelnen Kredits anlangt. Aber, meine Herren, damit keine übertriebenen Auffassungen sich über den Umfang und die Bedeutung des Privatkreditgeschäfts der Girozentralen überhaupt festsetzen, möchte ich Ihnen doch mitteilen, daß nach einer Statistik, die zu einer Zeit gemacht worden ist, wo dieses Geschäft noch auf der Höhe stand, nur etwa 33 V3 v. H. der gesamten Mittel der Girozentralen im Privatkreditgeschäft festgelegt waren. Die anderen Kredite waren kommunale oder sonstige Kredite öffentlich-rechtlicher Art. Einen gewissen Ausgleich gegenüber dem Kommunalkreditgeschäft müssen wir aus Liquiditätsund Rentabilitätsgründen haben. Ob wir diesen Ausgleich aber dadurch finden, meine Herren, daß wir sogenannte Primadiskonten bezw. Bankakzepte kaufen oder daß wir Geld unmittelbar an die Privatbanken geben, ist eine ganz andere Frage. Ich möchte dabei gleich von meinem Standpunkte aus sagen, ich könnte mir sehr wohl eine Regelung dahin denken, daß wir namentlich seitens der Deutschen Girozentrale, also des Zentralgeldinstituts der Sparkassen- und Giroorganisation, im Interesse des großen Geldausgleichs einen Teil unserer flüssigen, verfügbaren Gelder in der Zeit der jetzigen Kreditnot an die Banken geben. Wir sind nicht so töricht, meine Herren, daß wir beanspruchen, eine Rolle in der Volkswirtschaft ganz isoliert spielen zu wollen. Aber vor einem müssen wir uns in acht nehmen: den Bogen zu überspannen! Es ist nicht so einfach, meine Herren, wie es sich der Herr Berichterstatter gedacht hat, eine bestimmte Höchstsumme zu nennen, über die hinaus im Einzelfall kein Kredit gegeben werden darf. Gerade dieser Punkt wird sehr sorgfaltig überlegt werden müssen. Wie schwer es ist, mit Zahlen das Richtige zu treffen, hat ja das Beispiel bewiesen, das der Herr Berichterstatter angeführt hat, nämlich 1 v.H. 6
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der Bilanzsumme als Höchstgrenze für den Einzelkredit einer Sparkasse. Es kommt eben ganz auf die Höhe der Bilanzsumme an. Andererseits wird man nach meiner Auffassimg große, technisch gut organisierte und geleitete Kassen doch etwas anders behandeln müssen als den Durchschnitt oder kleinere Kassen. Jedenfalls sind wir bemüht, meine Herren, im Wege der Selbstverwaltung und in ständiger Fühlung mit unserer Aufsichtsbehörde selbst bei uns Ordnung zu schaffen und das aus unsern Geldanstalten herauszubringen, was sich an Krankheitserscheinungen als Folge der Inflationszeit bei ihnen herausgebildet hat. Wir möchten Sie bitten, diesen unseren Bestrebungen zwar Ihre Aufmerksamkeit zu schenken, aber sie nicht zu durchkreuzen und nicht vorzeitig — das erwarten wir von Ihrem Gerechtigkeitsgefühl — von Ihrer Organisation aus den Versuch zu machen, die Gesetzgebung in Bewegung zu setzen; denn, meine Herren, nach meiner Uberzeugung werden schon heute so viele Gesetze gemacht (Sehr richtig!), daß wir alle ein Interesse daran haben, die Zahl dieser Produkte nicht zu vermehren. Und im übrigen, meine Herren, was nützt ein Gesetz, wenn es nicht ausgeführt wird? Es genügen bei uns absolut die satzungsmäßigen Bestimmungen und die sonst vorhandenen Vorschriften, wenn sie innegehalten werden. Bei den bedauerlichen Fällen, die vorgekommen sind, kann ich fast in jedem Falle nachweisen, daß die ganze Sache, wenn die verantwortlichen Personen die gegebenen Bestimmungen befolgt hätten, nicht passiert wäre. Wir müssen eben — und damit möchte ich schließen — dahin kommen, daß wir wieder dem Staat die nötige Autorität verschaffen und damit auch die Achtung vor seinen Gesetzen und seinen Vorschriften wiederherstellen! (Lebhafter Beifall.) Dr. Kurt v o n E i c h b o r n , i. Fa. Eichborn & Co., Breslau: Meine Herren! Es tut mir sehr leid, daß ich Ihre Geduld noch in Anspruch nehmen muß. Aber es müssen unbedingt noch einige Dinge hier gesagt werden. Das fallt mir um so leichter, als im Grundsätzlichen ich zu meiner großen Freude eine Übereinstimmung sowohl mit Herrn Präsidenten Kleiner wie mit Herrn Präsidenten Schroeder — sie waren doch eigentlich die Antiredner — festgestellt habe. Ich muß aber auch noch etwas handfester im Hinblick auf die Entschließung werden, die in Ihrer aller Hände liegt. Es muß erstens folgendes gesagt werden: Die Allgemeinheit erwartet etwas vom Bankiertage. Sie erwartet unbedingt eine Herabsetzung Ihrer Zinsen wie Ihrer Bankbedingungen, weil Sie an der Preisreduktion mitwirken sollen. Dazu muß ernsthaft von dieser Stelle aus noch einmal folgendes mitgeteilt werden. Ich bitte, daß auch die Presse uns darin unterstützt. Herr Präsident Schroeder war schon so liebenswürdig, auch von seinem Standpunkte aus, obwohl er nachher den üblichen Appell an uns richtete, zu betonen, daß nicht sehr viel Verbilligung der Wirtschaft von der Regelung zu erwarten sei, die über die Verwendung der öffent-
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liehen Gelder in Zukunft getroffen worden ist. Dazu muß ich nämlich folgendes einmal aus der Provinz ausführen, denn die Herren sollen nur Tatsachen und nichts anderes hören. In der Provinz liegen die Dinge zurzeit so, daß grundsätzlich öffentlich-rechtliche Gelder nur öffentlich-rechtlichen Anstalten zugewiesen werden. Die öffentlich-rechtlichen Gelder, die im Jahre 1924 noch den Privatbanken hier und da zuflössen, sind im Laufe des Jahres 1925 grundsätzlich und restlos zurückgezogen worden. Ein Haus wie das meinige hat etwa 3 v. H. öffentlichrechtliche Gelder nur von den anderen fremden Geldern, die ihm zur Verfügung stehen. Wenn diese 3 v. H. verbilligt werden, dann frage ich mich, wie ich diese Verbilligung in meinem Geschäft meinen Debitoren zugute kommen lassen soll. Also wir müssen erst einmal abwarten, ob die Maßnahmen, die nun getroffen sind, eine gleichmäßige und allgemeine Verteilung der öffentlich-rechtlichen Gelder zur Folge haben und die Banken tatsächlich in den Stand setzen werden, hier und da einmal etwas billiger zu werden. Aber, meine Herren — jetzt komme ich zu einem sehr wichtigen Punkt —, mit der Neuregelung der Bewirtschaftung der öffentlichrechtlichen Gelder sehe ich nicht unbeträchtliche Gefahren verbunden. Darauf muß allen Ernstes auf Grund der Erfahrungen in der Provinz aufmerksam gemacht werden. Es ist nämlich sehr eigenartig, daß diejenigen Stellen in der Provinz, die die Gelder erhalten haben und noch erhalten, durchgängig — bei uns ist es jedenfalls in Schlesien so; ich muß das dem Herrn Pfeiffer gegenüber ausführen — grundsätzlich höhere Zinsen für die anderen Gelder zahlen, die sie hereinnehmen. Das ist die Regel bei Sparkassen, Kreditgenossenschaften und wer es sonst sei. Sie gehen mit den Zinssätzen außerordentlich weit. Noch in der letzten Zeit haben Kreissparkassen und Kreisbanken für monatliches Geld bis 15 v. H. privaten Bareinlcgern für wenige tausend Mark gezahlt. (Hört! Hört!) Meine Herren, das stimmt außerordentlich bedenklich. Ich möchte mir einmal die Bilanzen dieser Institute ansehen. Und nun frage ich mich: Wenn eine andere Verteilung der öffentlich-rechtlichen Gelder kommt, wenn diesen Instituten die Gelder in Zukunft abgezogen werden, was werden sie denn dann zahlen müssen, um die Lücken zu füllen, die bei ihnen eintreten? Denn es ist sehr richtig bemerkt worden, daß die Kredite, die diese öffentlich-rechtlichen Institute gegeben haben, nicht weniger eingefroren sind als unsere eigenen Kredite. Ich meine daher, man sollte doch ein bißchen weiter gehen. Wir haben der Regierung nur Wünsche geäußert. Wir waren auch so unbescheiden, den öffentlich-rechtlichen Anstalten sehr weitgehende Forderungen zu unterbreiten. Wie wäre es, wenn wir versuchten, aus unserer fachmännischen Kenntnis des Bankgeschäfts heraus der Regierung sowohl wie anderen Stellen zugleich mit unserem Rate etwas zu Hilfe zu kommen? Es handelt sich hier nicht um Kritik, die ich jetzt üben will. Ich halte es aber für eine •wichtige Aufgabe des Allgemeinen Deutschen Bankiertags, daß er nicht nur allgemeine Wünsche formuliert, sondern vielleicht C*
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auch schon einige Wege zeigt, wie man diese Wünsche erfüllen kann. Es freut mich, Ihnen solche Vorschläge unterbreiten zu können, da ich annehme, daß sie den Beifall auch wohl des Herrn Präsidenten Kleiner finden könnten — mit einer Ausnahme. Ich will gleich mit der Ausnahme anfangen. Nach meiner Ansicht können wir die ganze Streitfrage, die hier herrscht, mit einem Schlage beseitigen, wenn wir einen Weg finden, klarer die Geschäfte der öffentlich-rechtlichen Anstalten zu übersehen, wenn wir Ihnen einen Weg weisen, der es Ihnen selbst ermöglicht, das bei sich durchzufuhren, was Sie selber wünschen. Und da ist nach meiner Ansicht nur folgendes möglich: Erstens: Es findet eine reinliche Trennung zwischen dem Sparkassengeschäft und dem Kreditgeschäft statt. Zwischen Sparkassenwesen und Kreditwesen ist durch reine Anordnung, durch eine Satzung d i e reinliche Scheidung zu erreichen, die wir unbedingt notwendig haben, es ist dadurch auch die Fehlerquelle des menschlichen Elements auszuschalten, die Herr Präsident Kleiner für seine Institute in Anspruch nahm. Ich stehe also auf dem Standpunkt, daß wir dazu kein neues Gesetz brauchen. Ich bin auch kein Freund von neuen Gesetzen; wir haben genug davon. Ich bin der Meinung, daß die Sparkassen wieder auf das zurückgeführt werden sollten, was sie im Frieden waren, reine Annahmestellen von Spargeldern. Dann haben sie den ungeheuren Vorteil, mit Hilfe der modernen Maschinenorganisation eine geradezu fabelhaft billige Organisation aufzuziehen, mit der sie jeden Tag abstimmen können. In dem Moment dagegen, wo sie Kreditgeschäfte machen, Personalkredite geben usw., brauchen sie sofort einen weiten bankmäßigen Apparat; und um den wieder auszunutzen, brauchen sie nachher viele Debitoren. Das ist der einzige Punkt, in dem ich von Herrn Präsidenten Kleiner abweiche. Ich will aber seinen Wünschen bei meinem zweiten Vorschlag sofort entsprechen. Über die Verwendung der Sparkassengelder hat Herr Präsident Kleiner bereits alles das gesagt, was notwendig war. Er hat ja nachher auch zugegeben, daß die Sicherheitshypotheken teilweise Industriekredite betreffen, also doch wohl keine reinen Formen der Mobilisierung des Realkredits sind. Im übrigen kann der Weg der Hypothekenausleihung nur langsam vorwärtsgehen. Aber wir müssen noch einmal von dieser Stelle aus hier betonen: Herr Wassermann hat durchaus recht gehabt, wenn er sagte, wenn nur wenige Prozent des immobilen Kapitals in Deutschland mobil gemacht werden könnten, so wäre das eine fabelhafte Erleichterung. Das ist doch ein Ziel, das wirklich des Schweißes der Edlen wert ist. Und ich stehe da im Gegensatz zum Herrn Präsidenten Kleiner auf dem Standpunkt, daß heute nach der Richtung hin tatsächlich schon mehr von den Sparkassen geschehen könnte. Ich erachte es für falsch, der Industrie ihren Kapitalbedarf durch kurzfristige Kredite zu gewähren, wie das in großem Umfange mit Sparkassengeldern geschehen ist, und wenn nicht von den Sparkassen, so von den Stadtbanken, die ihnen angegliedert worden sind. Aber darüber
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wird die Zukunft entscheiden, was die Sparkassen machen können. Zunächst jedoch einmal: reiner Tisch! Nun komme ich zu den öffentlich-rechtlichen Bankanstalten, und da muß ich hier doch etwas unterstreichen, was Herr Pfeiffer gesagt hat. Es ist ein unerträglicher Zustand, daß jede Gemeinde das Recht hat, eine Zwangsgenossenschaft jeden Tag, wenn auch abhängig von der Genehmigung des Ministeriums, ms Leben zu rufen zur Betreibung von Kredit- und Bankgeschäften aller Art, für die jeder Steuerzahler, auch jeder Bankier, sein Scherflein eventuell beitragen muß. Das ist ein unerträglicher Zustand. Er muß so bald wie möglich beseitigt werden. (Sehr richtig!) Andererseits will ich ja gar nicht, wie Herr Präsident Kleiner mit Recht auch gesagt hat, den Kommunen das Recht nehmen, eine Geldausgleichsstelle zu haben und sich gegenseitig mit ihren Mitteln zur Verfugung zu stehen, auch ihre Betriebsanstalten selber zu finanzieren, besonders in der Zeit der Kreditnot wie jetzt. Ich kann auch gar nichts dagegen sagen, daß sie dem Mittelstand und anderen Leuten Kredit gewähren wollen. Dann muß das aber in einer richtigen und klaren Form geschehen, und zwar ist die Form sehr einfach. Alle diejenigen öffentlich-rechtlichen Bankanstalten, die Bankgeschäfte irgendwelcher Art betreiben wollen, haben die für das Privatbankgeschäft vorgeschriebene Form anzunehmen, am besten in diesem Fall die Form einer G. m. b. H., aber nicht d i e Form beizubehalten, die auf der Steuerkraft aller Einwohner aufgebaut ist. Das ist ein unerträglicher Zustand. Dann wird es sich auch jeder überlegen, wieviel er seiner speziellen kommunalen G. m. b. H. von seinem Gelde anvertrauen will. Weiter ist unbedingt erforderlich — und ich würde mich sehr freuen, wenn der Gedanke von den öffentlich-rechtlichen Anstalten aufgegriffen würde —, daß erstens alle zwei Monate die Sparkassen einen Status aufzustellen haben hinsichtlich der Anlage der Gelder, wobei aber genau zu unterscheiden wäre, was an die eigene Kommune gegeben ist, was an andere öffentlich-rechtliche Anstalten gegeben ist und was sonst noch ausgeborgt ist. Ich setze hierbei voraus, daß die Sparkassen meinem Vorschlage entsprechend keinen Personalkredit mehr gewähren sollen. Ebenso hätte die kommunale Bankanstalt des Platzes solche Zweimonatsbilanzen aufzustellen, wobei ich voraussetze, daß ich nichts dagegen hätte, wenn jede größere Sparkasse, wo eine kommunale Bank noch nicht besteht, sich eine eigene Bankabteilung angliedern würde, die aber eine absolut selbständige G . m . b . H . sein müßte; also unter die Sparkassenbilanz kommt alle zwei Monate die G.m.b.H.Bilanz. In dieser G.m.b.H.-Bilanz wäre auszuweisen, was Sparkassengelder sind, was andere öffentlich-rechtliche Gelder sind, was von Privaten aufgenommene Gelder sind. Auf der Aktivseite hingegen wäre nicht nur aufzuführen, wie die Gelder angelegt sind, sondern genau abgestuft zu bezeichnen, wieviel Debitoren vorhanden sind. Dann würden wir nämlich auf einmal sehen, wieviel Mittelstandskredite wirklich gegeben werden, also soundso
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viel Debitoren bis 1000 M., 5000 M. usw. Das könnte in beliebigen Abstufungen geschehen. Nun kommt aber die Hauptsache: es müßte eine ganz besondere Staffelung bei den hohen Krediten gegeben werden, daß es also hieße, soundso viel Kredite über 100 000, über 200 000, 300 000 M. und so fort. Dann würde das erreicht werden, was Herr Kleiner jetzt als schwieriges Problem ansieht; eine bestimmte Höchstzahl für den einzelnen Kredit brauchte nicht festgelegt zu werden. Darauf lege ich auch gar keinen Wert. Aber ich lege auf eine klare Bilanz Wert, so daß die zuständigen Stellen — auch die öffentliche Kritik durch die Presse könnte hierbei mitwirken — sofort aufmerksam werden müßten: hier muß etwas nicht richtig sein. Ferner sollte genau angegeben werden, wieviel Geld an die eigene Kommune gegeben ist, an andere Kommunen, Private usw. Das sind Vorschläge, wie ich meine, die sich zum großen Teil mit dem decken, was die Herren selber wollen. Nur ist es in eine leicht zwangsläufige Form gebracht, die außerordentlich wünschenswert erscheint. Wenn solche Bilanzen ein halbes Jahr lang einmal veröffentlicht worden sind, dann wird man über diese ganzen Fragen viel leidenschaftsloser, aber auch viel sachlicher debattieren können als bisher. (Lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Herr Dr. von Eichborn, ich darf Ihre Ausführungen wohl dahin verstehen, daß Sie einen formellen Antrag nicht stellen, sondern daß Ihre Ausführungen selbst zur Ergänzung dessen bestimmt sind, was nachher in der Entschließung nur angedeutet ist. (Dr. Kurt v o n E i c h b o r n : Das will ich Ihnen ganz überlassen, Herr Präsident! Ich habe frei gesprochen.) Leopold M e r z b a c h , i. Fa. A. Merzbach Bankgeschäft G. m. b. H„ Frankfurt a. M.: Meine sehr geehrten Herren! Von allen Problemen, die wir zu behandeln haben, interessiert die Öffentlichkeit am meisten dasjenige der Preissenkung und der Einfluß der Zinshöhe auf diese Preissenkung. Die Frage, ob billiges Geld die Preise verbillige, wird allerdings in der Tagespresse verschiedenartig beurteilt. Ich meinerseits stehe auf dem Standpunkt, daß man ganz generell die Frage nicht entscheiden kann. Wenn auch gewiß ein hoher Zinssatz allgemein die Kaufkraft vermindert und dadurch preisdrückend auf die Gesamtheit der Waren wirkt, so kann dennoch die Herstellung eines Fabrikates, das einen langwierigen Fabrikationsprozeß durchläuft, durch einen niedrigen Zinsfuß verbilligt werden. Andererseits wird gewiß eine spekulative Anhäufung von Waren» wie Herr Direktor Wassermann schon ausgeführt hat, durch einen billigen Zinsfuß erst ermöglicht. Im Grunde genommen haben wir jedoch auf dem Geldmarkt zurzeit zweierlei Zinssätze. Der eine ist in Geltung für den kontingentierten Kredit, den die Reichsbank gewährt, und für Spezialausleihungen, wie sie beispielsweise aus dem durch die Mietzins-
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Steuer angesammelten Fonds dem Baugewerbe zur Verfugung gestellt wird. Der andere betrifft die Darlehen, die außerhalb dieser Sphären gewährt werden. Diejenigen Kreise, die auf die erste Weise zu niedrigen Zinssätzen Geld bekommen, sind in großem Vorteil gegenüber den anderen, auch dann, wenn der Zufluß aus dem privilegierten Geldmarkt nicht voll ihren Bedarf deckt. Sie können nämlich, weil sie nach einem Durchschnittssatz nur zu rechnen brauchen, eben durch den niedrigen Zinsfuß der kontingentierten Kredite, auf dem freien Markt für die Restbeträge die sie brauchen, höhere Zinsen zahlen. Dadurch werden die anderen benachteiligt. Die so benachteiligten Kreise haben begreiflicherweise eine Mißstimmung gegenüber dem Bankgewerbe, das sie irrtümlicherweise für die Mißstände verantwortlich machen. Das Bankgewerbe ist ja eigentlich an der a b s o l u t e n Höhe des Zinssatzes nur insofern interessiert, als es seine eigenen Gelder gibt. Diese eigenen Kapitalien sind aber nach den sehr interessanten Ziffern, die das Wassermannsche Referat uns gegeben hat, nur ganz geringfügig gegenüber demjenigen Kapital, für das das Bankgewerbe nur Durchgangsstation ist. Nun betonen die Anklagen gegen das Bankgewerbe, daß die Zinsmarge zwischen Kredit- und Debetzinsen eine allzu große sei. Meine Herren, diese Zinsmarge wird, wie wiederholt hervorgehoben worden ist, in erster Linie durch die Selbstkosten bestimmt, und in die Selbstkosten sind die Betriebsspesen einzuschließen. Da darf ich noch einmal darauf hinweisen, daß die unproduktiven Ausgaben, die uns zugemutet werden, die uns gerade heute namentlich wieder durch die Trennung von Alt- und Neubesitz der Anleihen treffen, unsere Spesen außerordentlich erhöhen. Es muß ferner gesagt werden, daß die Post, die in gewissem Sinne Schlüsselindustrie für das Bankgewerbe ist, für das Monopol des Telephons zu hohe Kosten uns abverlangt. Wenn von einer Preissenkung die Rede sein soll, so müßte im Grunde genommen die Postverwaltung vorangehen und die Gebühren ermäßigen, weil wir von ihr unbedingt abhängig sind. (Sehr richtig!) Ein sehr wesentlicher Faktor für die Marge zwischen Debetund Kreditzinsen ist meines Erachtens noch nicht genügend betont worden: die Risikoprämie, die wegen des Zweifels an der Debitorenbonität einzurechnen ist. Diese Risikoprämie kann eigentlich gar nicht hoch genug unter den heutigen Verhältnissen eingesetzt werden. Das trifft namentlich zu, was besonders auf einem Bankiertage betont werden sollte, für das Mittel- und Kleingewerbe des Bankierstandes, denn für das Großgewerbe ist durch die Margen, die es bei allerersten Sicherheiten erzielt, immerhin ein gewisser Ausgleich gegeben, ein besserer Ausgleich jedenfalls als für das Kleingewerbe. Wie hoch dieses zu berücksichtigende Risiko ist, habe ich in einer Kommission erfahren, die in der Handelskammer in Frankfurt existiert. Sie hatte Gutachten für die zahlreichen Zivil- und Strafprozesse, die eben wegen vermeintlich zu hoher Zinsen angestrengt worden sind, zu liefern. Da hat sich die erstaunliche Tatsache ergeben, daß die meisten
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Strafanzeigen von denjenigen Leuten gestellt worden sind, die nicht nur nicht die Zinsen entrichtet, sondern auch das Kapital nicht zurückgezahlt haben. (Heiterkeit.) Daraus geht also doch hervor, daß dieses Bonitätsrisiko in einem ungeheuren Maße existiert. Die Risikoprämie muß sich nach den Risiken richten, die in der Wirtschaft vorhanden sind. Geschieht das nicht, so geht das Bankgewerbe zugrunde. Und will man künstlich oder auf gesetzlichem Wege diese Risikoprämie herabsetzen, dann wird derjenige, dessen Sicherheit nicht über allen Zweifel erhaben ist, überhaupt keinen Kredit bekommen, weil eben eine entsprechende Risikoprämie ihm gegenüber nicht in Anrechnung gebracht werden darf. Einen Einfluß auf die Höhe der Risikoprämie hat demnach das Bankgewerbe eigentlich überhaupt kaum, weil sie von Faktoren abhängig ist, auf die das Bankgewerbe keinen Einfluß hat, nämlich von dem Risiko, das in der Wirtschaftsführung zurzeit liegt. Es ist aber zu hoffen, daß der Zinssatz überhaupt im Laufe der Jahre fallen wird, denn ein Zinssatz kann doch auf die Dauer nur in einer Höhe bestehen, in welcher eine Rentabilität aus der Wirtschaft herausgezogen werden kann. Wenn in der Inflationszeit eine andere Risikoprämie zu berücksichtigen war, nämlich die Prämie auf das Risiko der a l l g e m e i n e n Geldentwertung, so konnte diese Risikoprämie in dem Augenblick aus der Kalkulation ausscheiden, in dem der Glaube an eine feste Währung wieder da war. Und so wird auch unsere Risikoprämie, die unerläßlich und berechtigt ist, sich vermindern oder gar schwinden in dem Augenblick, in dem das Risiko innerhalb der Wirtschaft sich ermäßigt oder gar schwindet. Die Hauptgefahr in der augenblicklichen Wirtschaft für die Unternehmer besteht meines Erachtens darin, daß viele von ihnen ihre Fabrikation bezw. ihre Handelsumsätze ohne Rücksicht auf die ihnen zur Verfügung stehenden geringen Betriebsmittel einstellen. Durch die Überschreitung der Umsätze gemäß den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln kommen sie zu Verlusten. Es ist eine alte Erfahrung, daß Insolvenzen nicht aus einer schon vorhandenen Unterbilanz entstehen, sondern aus einer Unterbilanz, die sich dadurch bildet, daß eine Illiquidität des Unternehmens eine Verschleuderung der Aktiven veranlaßt, die alsdann nicht mehr die Höhe der Passiven decken. Solange also unsere allgemeine Wirtschaft nicht in der Lage ist, besser zu arbeiten, solange wir ein Mißtrauen in die Rentabilität, infolgedessen auch in die Solvenz unserer Debitoren haben müssen, müssen wir auch diese Risikoprämie kalkulieren. Das Wesentliche bei dem Problem der Spannung zwischen Kredit- und Debetzinsen ist also, daß durch Sparsinn sich Kapital bildet, wodurch Angebot von Geld entsteht, und daß die Wirtschaft ihrerseits rationell arbeitet. Zu diesem rationellen Arbeiten gehört allerdings nicht nur der nationale Aufbau, sondern Wiedergesundung der internationalen Gütertauschverhältnisse. Es ist unmöglich, daß das feine Räderwerk, das die Weltwirtschaft darstellt, in Gang kommt und in Gang erhalten wird, ohne daß die Völker wieder ungehemmt in Verbindung treten. Wenn die protektionistische Politik,
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wie das namentlich in den letzten Monaten der Fall war, immer mehr getrieben wird, dann ist natürlich ein ungehemmter Güteraustausch unmöglich, und es ist außerordentlich dankbar, daß eine Persönlichkeit wie Sir Josiah Stamp in London jetzt ausgesprochen hat: Wenn wir — wir, die Gläubigerländer in diesem Falle — Reparationen haben wollen, dann müssen wir eben dem Schuldner die Möglichkeit geben, sie durch Leistung oder Lieferung auf dem Weltmarkt zu bezahlen. So kann man wirklich zusammenfassend sagen: Nicht diese kleinen Verbesserungen, zu deren Durchsetzung der Bankierstand selbstverständlich beizutragen hat, können die Wehen der Wirtschaft beheben, sondern schuld ist die Unterbrechimg des Weltverkehrs. Sie ist die Wurzel aller Übel. In Kenntnis dieser Tatsache kann man auf die Wirtschaft eine Variation des Goethewortes anwenden: Es ist der Wirtschaft Weh und Ach, so tausendfach, aus einem Punkte zu erklären. (Lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Ich schließe die Besprechung mangels weiterer Wortmeldungen und frage die Herren Berichterstatter, ob sie das Schlußwort wünschen. Berichterstatter Oscar W a s s e r m a n n , Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Berlin (Schlußwort): Meine Herren! Ich glaube dadurch, daß ich liier vom Platze spreche, Ihnen die Sicherheit zu geben, daß meine Ausführungen nur ganz kurz sein und an Ihren Hunger keine weiteren großen Zumutungen mehr stellen werden. Es wäre außerordentlich reizvoll, auf die Ausfuhrungen des Herrn Präsidenten Dr. Schroeder, vielleicht zum Teil in polemischer Weise, Stellung zu nehmen, und ebenso reizvoll, zu den außerordentlich erfreulichen Darlegungen des Herrn Präsidenten Dr. Kleiner. Aber gerade die vorgerückte Stunde läßt es mir doch ratsam erscheinen, im einzelnen von irgendwelchen Ausfuhrungen dazu Abstand zu nehmen. Aber zwei Punkte, glaube ich, müssen betont werden. Der erste: von Vorwürfen unsererseits ist gar keine Rede. Wir konstatieren Tatsachen, nichts anderes. Wir machen niemandem einen Vorwurf, denn wir wissen ganz genau, daß jeder einzelne bestrebt ist, das Allerbeste zu tun, ob er in verantwortlicher Stellung in der Regierung sitzt, ob er in einer öffentlich-rechtlichen Gesellschaft ist, ob er in einer Bank oder in einem Bankgeschäft ist. Wir sind nicht der Meinung, daß wir allein nur die Verantwortung fühlen und daß sie andere nicht fühlen. Also persönliche Vorwürfe sind außer aller Frage. Aber Kritik müssen wir üben, und ich glaube, daß wir in der Kritik auch ziemlich maßvoll gewesen sind. Herr Präsident Dr. Schroeder hat mit Recht ausgeführt, daß die Finanzverwaltung große Vorsicht üben muß. Ich glaube, er selbst hat diese Vorsicht aus dem früheren Amt mit herübergenommen, wenn er in seiner Schätzung der augenblicklich verfügbaren öffentlichen Gelder ein bißchen vorsichtig war. (Heiterkeit.) Aber das ist nicht das Wesentliche. Das Wesentliche liegt ganz wo anders;
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und das ist ja auch, glaube ich, aus den bisherigen Reden ziemlich klar hervorgegangen. Das zweite, über das bereits auch gesprochen worden ist, ist das Verhältnis unseres Berufs und die Stellung, die unser Beruf, die wir selbst zu den Bankbedingungen einnehmen. Und da muß ich nun allerdings sagen, es muß außerordentlich befremdlich wirken, wenn uns hier gesagt wird, nachdem die öffentlichen Gelder ermäßigt worden sind, sollen wir in Erwägungen eintreten, ob wir nicht die allgemeinen Bankbedingungen ermäßigen könnten. Wir tun ja nichts anderes als erwägen; wir erwägen ja das ganze Jahr über. (Heiterkeit.) Es ist ja unser Beruf, zu erwägen. Und an Hinweisen, daß es unser Beruf und unsere Pflicht ist, hat man es ja nicht fehlen lassen. Wir lesen die Zeitungen; wir hören ja, was gesprochen wird. Meine Herren, wenn wir trotzdem die Bedingungen nicht ermäßigen w o l l t e n , wie S i e meinen, k o n n t e n , wie w i r meinen, und wenn wir heute — ich glaube, das ist doch ein klares Ergebnis dessen, was hier gesprochen worden ist — auch weiter der Meinung sind, wir können die Bedingungen nicht ermäßigen, ja, meine Herren, so ist das eben das Ergebnis solcher Erwägungen, die jetzt erst von uns verlangt werden, die wir aber schon lange angestellt haben. Ich glaube, das mußte gesagt werden. (Lebhafter Beifall.) Berichterstatter Karl L. P f e i f f e r , i. Fa. L. Pfeiffer, Cassel (Schlußwort): Ich darf ebenso kurz im Anschluß an das, was Herr Wassermann gesagt hat, Herrn Präsident Schroeder auf seine Ausführungen erwidern, daß ich nicht einsehen kann, wie wir Banken imstande sein sollten, durch eine Ermäßigung der Zinssätze der öffentlichen Gelder uns gegenüber in unseren Bedingungen im Kreditgeschäft herunterzugehen, denn ich glaube, kein einziger von uns könnte es verantworten, irgendwelche derartige Gelder in Vorschüssen an unsere Kundschaft zu verausgaben, sondern diese kurzfristigen Gelder, die doch höchstenfalls Monatsgelder sind, kann jeder seiner Verantwortung bewußte Bankier eigentlich ausschließlich in Wechseln anlegen. Die einzige Stelle also, wo eine Verbilligung eintreten könnte, ist das Wechseldiskontgeschäft; da aber wird sie ganz von selbst kommen, wenn der Privatdiskontsatz heruntergeht und wenn wir die Möglichkeit haben, einen großen Teil unserer Wechsel billig zu veräußern. (Sehr richtig!) Was weiter die Ausführungen des Herrn von Eichborn anlangt, so muß ich doch sagen, daß mir sein Vorschlag, daß jede Sparkasse jetzt auch noch eine selbständige Bank von sich abzweigen soll, im höchsten Grade bedenklich erscheint, und daß er diametral dem entgegenlaufen würde, was ich selbst für notwendig halte. Es ist gerade ein Abbau der Organisation und nicht noch ein Zubau notwendig. (Sehr richtig!) Die Ausführung der Idee des Herrn von Eichborn würde nur eine weitere Vermehrung von Instituten hervorrufen. In der Sache selbst würde die G.m.b.H.Form in keiner Weise eine Änderung herbeiführen. Wir haben
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ja schon solche G. m. b. H.s und Aktiengesellschaften bei den Kreisbanken und den Stadtbanken. Keine Gemeinde aber und kein Kreis könnte es verantworten, eine solche Aktiengesellschaft oder G. m. b. H. ihre Zahlungen einstellen zu lassen, sondern sie müßten ebenso für diese Unternehmen einstehen, wie sie für ihre Sparkassen einstehen müssen. Dagegen scheint mir sehr begrüßenswert der zweite Vorschlag des Herrn von Eichborn, der der Veröffentlichung von Zweimonatsbilanzen der Sparkassen. Dadurch würde wirklich einmal Material in unsere Hände gegeben, auf Grund dessen man ein klares Bild bekommen könnte. Es liegt aber heute so, daß diese Zweimonatsbilanzen ganz in dem Ausmaß, wie es Herr von Eichborn haben will, bereits vorliegen. Der preußische Innenminister hat diese Zweimonatsbilanzen in einer so detaillierten Form den Sparkassen vorgeschrieben, daß durch sie alle die Fragen Beantwortung finden, die Herr von Eichborn gestellt hat. Es wäre also nur nötig, daß diese Bilanzen auch in richtiger und übersichtlicher Weise zusammengestellt und veröffentlicht würden. Im übrigen aber habe ich den Eindruck, daß, wenn die Wege beschritten werden, die Herr Präsident Kleiner vorhin aufgezeigt hat, eine lange Diskussion über die öffentlichen Banken tatsächlich nicht mehr nötig ist, denn ich habe zu meiner großen Genugtuung festgestellt, daß, wenn er auch einzelne Ausführungen von mir kritisiert hat, er doch im Ziel, wie er unmittelbar erklärt hat, eigentlich mit mir einig ist. Ich habe deshalb auch die Hoffnung, daß die heutigen Erörterungen wirklich dazu führen werden, daß wir schon in verhältnismäßig kurzer Zeit zu gesunden Verhältnissen im öffentlichen Bankwesen kommen, und daß damit das Ziel eines geordneten Zusammenarbeitens von uns Privatbanken und den öffentlichen Banken erreicht wird. Mehr aber haben wir niemals erstrebt! (Lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Nunmehr, meine Herren, frage ich, da kein weiterer Antrag vorliegt, ob Sie der Ihnen vorgelegten Entschließung zustimmen wollen. — Ich stelle fest, daß kein Widerspruch erfolgt. Die Entschließung ist also einstimmig angenommen. Wir werden nunmehr eine Pause machen, bevor wir zum zweiten Thema übergehen. Um 3 Uhr wollen wir wieder anfangen. (Frühstückspause von 21/i bis 31/i Uhr.)
Nachmittagssitzung. Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Meine verehrten Herren! Ich eröffne die Versammlung und gebe für das Thema: „D i e d e u t s c h e W ä h r u n g v o r u n d n a c h d e r S t a b i l i s i e r u n g " dem ersten Berichterstatter, Herrn Franz U r b i g , Geschäftsinhaber der DiscontoGesellschaft, Berlin, das Wort.
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Franz U r b i g , Geschäftsinhaber der Disconto-Gesellschaft* Berlin. Meine verehrten Herren! Nachdem durch das Bankgesetz vom 30. August 1924 die Währungsverhältnisse in Deutschland wieder in feste Formen gegossen sind, ist über die aus den Beratungen und Beschlüssen der zweiten Hälfte des Jahres 1923 hervorgegangene Rentenmark sehr viel geschrieben und gesprochen worden. Ich werde mich in diesem Kreise deshalb bei meiner Besprechimg des Währungsthemas auf die Skizzierung von Momenten beschränken, die auf dem breiten Wege interessieren, den ein Rückblick einerseits und eine als Stückwerk menschlichen Wissens zu wertende Vorausschau andererseits erfaßt. Für jeden, der von einem Tage zum anderen nicht nur durch die Sorge um des Leibes Nahrung und Notdurft erfüllt war, wurde es um die Mitte des Jahres 1923 klar, daß der Schlußakt des Dramas eines völligen Verfalls der Papiermark schnell herannahte. Von Dortmund westwärts standen feindliche Truppen im Lande, die staatliches und privates Eigentum mit dem Ziele einer Erzwingung von Geld und Geldeswert verwalteten, in Wirklichkeit aber dieses Eigentum verwüsteten. Das übrige Deutschland war erfaßt von einer grenzenlosen inneren Zerrissenheit, in der politische Abenteurer und gierige, von jeder Scham befreite Inflationsgewinner ihre Geschäfte machten. Wer an die Zeit vom August bis November 1923 zurückdenkt, der kann noch jetzt von einem Gefühl des Schauderns ergriffen werden. Aus der Not der Zeit geboren, begann die Helfferichsche Idee, ein durch Realsicherheit getragenes Roggengeld zu schaffen, greifbare Gestalt zu gewinnen. Helfferich war sich, wie ich aus vertraulichen, im August 1923 mit ihm gehabten Unterhaltungen weiß, des praktischen Erfolges seines Planes bei der Durchfuhrung keineswegs sicher. Zwar schien die materielle Grundlage des neuen Geldzeichens auszureichen. Viel schwerer wog aber die Frage, ob es gelingen werde, mit einer durch den Ausfall der Sicherheiten im besetzten Gebiet verkürzten Gabe von etwa 900 Millionen Rentenmark, also Goldmark, das Budget des Reiches so lange auszugleichen, bis die neu aufzubauenden Steuererträge diese Aufgabe automatisch erfüllten. Für diesen Wiederaufbau hatte man einen Zeitraum von sechs Monaten ausgeworfen. Es war zweifelhaft, ob, wenn dies nicht gelang, die Organisation des mit der Ausgabe des neuen Geldzeichens zu betrauenden Instituts ausreichen würde, um einem Gewaltakt erfolgreich zu entgehen. Man sagte sich: Not bricht Eisen, warum soll sie nicht auch eine Organisation brechen können! In dieser Erwägung lag wohl auch der innere Grund dafür, daß Helfferich alle Aufforderungen, in den Verwaltungsrat der Deutschen Rentenbank einzutreten, ableimte. So begannen denn im August 1923 die Verhandlungen über die Roggenmark und liefen über den Namen einer Neumark und einer Bodenmark am 18. Oktober 1923 unter der Flagge einer Rentenmark in den Hafen der Deutschen Rentenbank ein. Am 15.November
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1923 wurden die ersten Rentenmarkscheine ausgegeben. Ihr Erscheinen wirkte auf weite Kreise wie eine Erlösung. Innerhalb der eiien Zeitraum von fast drei Monaten umfassenden Besprechungen tauchten viele Widerstände und Bedenken auf. Theorie und Praxis waren daran gleichmäßig beteiligt. Von Praktikern bedeutenden Namens wurde die Überzeugung verfochten, daß der Rentenbrief, gegen den die Rentenmark jederzeit getauscht werden konnte, viel höhere Zinsen tragen müsse als die in dem Projekte vorgesehenen 5 v. H., die zugleich das Niveau der Zinsbelastung der einzutragenden Grundschulden bestimmten. Bei 5 v. H. Zinsen für den Rentenbrief war dieser nach der verfochtenen Überzeugung nur 50 v. H. wert und mußte deshalb zwangsläufig die Rentenmark auf die Hälfte ihres Nennwertes herunterziehen. Diese Befürchtung wurde mit dem Hinweis bekämpft, daß die Bewertung der Rentenmark, wenn sie ihre Aufgabe erfüllte, voraussichtlich zu keiner Zeit von der Bewertung des Rentenbriefes abhängig sein werde, weil einmal ganz andere Faktoren den Wert der Rentenmark regulieren würden und weil andererseits die Rentenbank imstande sei, die ausgegebenen Rentenbriefe jederzeit eine Kleinigkeit unter Pari zurückzukaufen. Trotzdem haben gerade diese Befürchtungen noch in den ersten, einer Sturm- und Drangperiode vergleichbaren Wochen des Bestehens der Rentenmark eine große Rolle innerhalb der Beratungen des Verwaltungsrats gespielt. Die Befürchtung selber erwies sich als verfehlt, da im ganzen nur 235 500 M. Rentenbriefe gegen Rentenmark abgefordert worden sind. Durchdrungen von der absoluten Notwendigkeit eines Geschehens auf dem Gebiete der Währung standen die an den Beratungen beteiligten wirtschaftlichen Kreise einmütig auf dem Boden des damaligen Programms. Die führenden Männer der Landwirtschaft hatten längst erkannt, daß die Haufen von Papiergeld, die noch immer in den Truhen der Bauern lagen, sehr bald wertlos sein würden, und daß schon nach kurzer Zeit kein Landwirt gegen Papiermark noch etwas verkaufen werde. Dies hätte für die städtische Bevölkerung eine schlimme Lage geschaffen. Die Industrievertreter sahen das letztere Moment sich wie ein unheimliches Gespenst entwickeln, waren sich auch darin einig, daß der anfanglich bequeme Zustand nicht lange andauern könne, wonach vom Handwerker aufwärts bis zu den Spitzen der Industrie jeder seine Rechnung in Goldmark ausschrieb, während kein einziger Verbraucher Goldmark hatte. Industrie und Landwirtschaft waren fest entschlossen, sich über alles Zögern hinwegzusetzen und, wenn es sein mußte, das Projekt allein, also auf privatwirtschaftlicher Grundlage, durchzuführen. Diese Entschlossenheit war ein die Beratungen fördernder Gedanke, obschon seine Übertragung in die Praxis nicht so einfach gewesen wäre. Die Bedenken der von sehr geteilten Meinungen durchsetzten Bankkreise richteten sich gegen einzelne Teile des Projektes. Man wollte deutlich herausarbeiten, daß es sich nicht um neues Geld, sondern um ein Geldsurrogat handelte, mit dessen Ausgabe keine
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Devalvation der Papiermark verbunden war. Dies führte denn auch dazu, daß die Rentenmark nicht zum gesetzlichen Zahlungsmittel erklärt wurde. Zögernd und schwankend war zunächst die Haltung der Regierung. Und dies mit Recht. Denn man muß sich vergegenwärtigen, welche Verantwortung ein Finanzminister übernahm, der nicht nur ein in seinen Folgen stark umstrittenes Währungsexperiment mit seinem Namen decken sollte, sondern der auch für sich und seine Nachfolger die Verpflichtung übernahm, unter Stillegung der Notenpresse für eine Reihe von Monaten die nach einem verlorenen Kriege schwer zu übersehenden Bedürfnisse des Reiches mit einem Betrage zu decken, der aus der Inflation gesehen hoch, von der Goldrechnung aus betrachtet bescheiden erschien. Noch während die Beratungen im Gange waren, trat ein Kabinettswechsel ein, der Herrn Dr. Luther an die Spitze des Finanzministeriums brachte. Es war wohl eine der aufregendsten Zeiten, die einem Kabinett seit dem Wechsel der Verhältnisse in Deutschland beschieden waren. Wie groß aber auch die Bedenken gegen das Projekt sein mochten, die Dinge nahmen eine so rapide und eine so unheimliche Entwicklung, daß niemand mehr den Mut hatte, lange danach zu fragen, ob die mit der Rentenmark zu schlagende Brücke halten werde oder nicht. Sie mußte halten oder gehalten werden. Und so trat denn nach der am 18. Oktober 1923 vollzogenen Gründung der Deutschen Rentenbank die Rentenmark ihren Weg an, der zunächst — was Fernstehenden allerdings entging — recht mühselig und beladen war. Die Männer, welche sich bereit erklärt hatten, in den Verwaltungsrat der Rentenbank einzutreten, machten sich, das muß auch im Rückblick anerkannt werden, völlig frei von dem Gefühl politischer oder berufsständischer Voreingenommenheit. Ihnen allein stand täglich die Verantwortung vor Augen, die sie der breiten Öffentlichkeit gegenüber auf sich genommen hatten, als sie ihre Unterschrift unter den vom 1. November 1923 datierten Rentenmarkschein setzten. Sie waren einmütig entschlossen, nach ihren Kräften dafür zu sorgen, daß etwaige Gefahren nicht einen elementaren Umfang erhielten. Die erste Schwierigkeit lag im besetzten Gebiete. Es sprach alles dafür, daß man namentlich in Paris gegen die Belastung der Rheinlande mit der Rentenmark-Grundschuld Front machen werde. England hatte als Konkurrenzindustrieland kein Interesse an einer Zwischenlösung und überließ Frankreich die Entscheidung. In Frankreich empfand man es damals angenehm, durch eine ablehnende Haltung dazu beitragen zu können, daß die Rentenmark, kaum geboren, auch schon verloren schien. Man hoffte wohl auch in dem Währungschaos ein Mittel zu haben, das dem sogenannten, in seiner Bedeutung überschätzten, Separatismus Wasser auf die Mühle trieb. Die der Gründung der Rentenbank parallel laufende Idee, eine eigene rheinische Goldmarkbank nach dem Beispiel Hamburg zu gründen, wurde in Paris als ein glücklicher Gedanke aufgefaßt und in Coblenz von den Mitgliedern der Rheinland-
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kommission gefördert. Die berufenen deutschen Vertreter erkannten aber bald, daß auch in wirtschaftlichen Dingen der Gedanke: „Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an!" von hoher Bedeutung war und ist. Die Errichtung eines rheinischen Instituts unterblieb. Ein schweres Ungemach hatte die Rentenmark auf dem Gebiete der Wechselkurse zu überwinden. Das ganze Rentenmarkexperiment konnte letzten Endes nur gelingen, wenn ein festes Verhältnis zwischen der Papiermark, also dem gesetzlichen Zahlungsmittel, und ihr entwickelt wurde und auch gesichert blieb. Dies Verhältnis sollte so sein, daß ein Papiermarkschein von einer Billion gleich einer Rentenmark war. Mit dem Erscheinen der Rentenmark wurde die Notenpresse stillgelegt, und das Schaukelspiel auf dem Wechselmarkt begann. Der Stichtag war der 15. November 1923. Es stellte sich sehr bald heraus, daß die Bewertung der Papiermark, die in einem Verhältnis von 4,2 Billionen = 1 Dollar angestrebt werden mußte, zunächst nicht gelang und daß auch die Rentenmark in die Gefahrzone des Strudels gerückt wurde, mit dem sich die Bewegung der Papiermark vergleichen ließ. Die Devisenbestände der Reichsbank waren knapp geworden. Ein Zufluß konnte zum größten Teil nur hergestellt werden durch die Umwandlung des Goldes, das der Reichsbank noch verblieben war. In schneller Folge hatte sich der Goldbestand vermindert. Er betrug Ende Februar 1919 noch 2245 Millionen. Von da bis August verlor die Reichsbank 1 Milliarde an Gold auf Grund des Brüsseler Lebensmittelabkommens, eines der trübsten Kapitel in der Finanzgeschichte der Nachkriegszeit. Ende Februar 1923 war der Goldbestand noch rund 1 Milliarde, bis 15. November 1923 war er auf 467 Millionen gesunken. Die Regulierung des Wechselkurses war eine von widerlichen Erscheinungen begleitete Arbeit. In Berlin und im unbesetzten Gebiete Deutschlands wurde unter dem Einfluß der Devisenverordnung der sogenannte Einheitskurs auf 4,2 Billionen für den Dollar bei geringer Zuteilung gehalten. Saldomäßig mußte die Reichsbank an jedem Tage Devisen hergeben. Der Kurs war ein Kunstprodukt. Wer von Elberfeld nach Köln fuhr oder wer von Mannheim über die Rheinbrücke nach Ludwigshafen ging, konnte 100 Dollar, die er im unbesetzten Gebiete für 420 Billionen gekauft hatte, zu einem Preise los werden, der sich an einem Tage sogar auf 1150 Billionen stellte. Zu jener Zeit waren auch noch die erfolgreichen Besuche der Besatzungstruppen bei den Reichsbankstellen des besetzten Gebietes an der Tagesordnung. Die Riesensummen von Vorratsnoten, welche dabei weggeführt wurden, waren ein billiger Erwerb. Es kam nicht darauf an, ob man 4 oder 10 Billionen für den Dollar zahlte. Hauptsache war, sie loszuwerden, an dem Ruin der deutschen Währung, an der Förderung des Wirrwarrs mitzuwirken, denn von Thiers bis Poincaré zieht durch die nationalistischen Köpfe Frankreichs die These, daß ein zerrüttetes Deutschland der beste Boden für Frankreichs Macht sei. Am
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15. November 1923 notierte im besetzten Gebiet 1 Dollar 4,75 Billionen, am 20. 8 Billionen, am 21. 10,5 Billionen, am 23. und 26. 11,5 Billionen (der höchste Kurs), am 30. 8 Billionen, um dann innerhalb 14 Tagen auf 4,40 Billionen zurückzugehen. An der Amsterdamer Börse bewegte sich die Bewertung der Reichsmark auf ähnlichem Niveau. In der Periode dieses Wirrwarrs, um den 25. November herum, liegt ein denkwürdiger Tag. Unter Vorsitz von Dr. Schacht saßen sechs Männer im Bibliothekszimmer der Reichsbank und mußten sich innerhalb einer Stunde schlüssig werden, welche Linie im Kurswechselmarkte gehalten werden sollte. Die Differenz zwischen dem Berliner Einheitskurs und den Kursen außerhalb des unbesetzten Gebietes ließ den Umfang des an die Reichsbank gerichteten Begehrs an Devisen immer weiter anschwellen. Die Reichsbank, deren Leitung erst wenige Tage vorher von recht maßgebender Seite dazu gedrängt werden sollte, den Preis für den Dollar auf 6 Billionen zu setzen, stand vor der absoluten Gewißheit, daß sie selbst bei Zuteilung von nur ein Prozent diesem Ansturm nur noch kurze Zeit gewachsen war. Die Frage lautete: Soll man den Kurs von 4,20 Billionen für den Dollar halten oder soll man den Markt sich selbst überlassen ? Die Besprechung war sorgenvoll und kurz. Man machte sich klar, daß die Geldzirkulation neben den Giroguthaben zu jener Zeit nur etwa 200 Millionen Goldmark betrug und daß deshalb sehr bald der Tag kommen mußte, wo gegen Papiermark Devisen in nennenswerten Beträgen nicht mehr gekauft werden konnten. Mit dieser währungstheoretischen Erwägung setzte man sich über die wilden Erscheinungen im Devisenmarkt hinweg und beschloß, den Kurs im unbesetzten Gebiet noch weiter auf 4,20 Billionen für den Dollar zu halten. Die Erwägung war richtig, denn schon am 10. Dezember 1923 wurde im besetzten Gebiet der Dollar mit 4,15 angeboten. Eine Differenz in den Kursen zwischen dem besetzten und dem unbesetzten Gebiet blieb aber noch bestehen, solange die Reichsbank außerstande war, die Devisenkaufaufträge zu ihrem Einheitskurs voll zu befriedigen. Dies war ihr erst Anfang Juni 1924 möglich. Bis dahin wurde an den rheinischen und Auslandbörsen noch ein lebhafter Devisenhandel zu Kursen betrieben, die sich bis 4,75 Billionen für den Dollar stellten, und die in Wirklichkeit auch das allgemeine Preisniveau bei uns bestimmten. In eine außerordentlich prekäre Lage geriet das Finanzministerium nach der am 15. November 1923 erfolgten Stillegung der Notenpresse. Seitens der Rentenbank waren dem Reiche 300 000 000 M. für die Einlösung der bei der Reichbank diskontierten Schatzscheine und 900 000 000 M. für andere Zwecke zur Verfügung gestellt. Mit diesen 900 Millionen sollte das Reich, wie ich schon vorher erwähnt habe, bis zur Umstellung der Steuern auskommen. Kurz vor der Stillegung der Notenpresse waren noch 100 Trillionen Papiermark Schatzanweisungen auf die Reichsbank gelegt und dadurch ein Guthaben von 100 Millionen Goldmark geschaffen worden. Am 16. November 1923 standen sonach
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dem Reiche Kredite von rund 1000 Millionen zur Verfügung. Die Entwicklung war katastrophal. Am 14. Dezember, also innerhalb vier Wochen, waren von den 900 Millionen 780 verbraucht, und das Finanzministerium beantragte, unter Erhöhung des gesamten Rentenmarkrahmens dem Reich zunächst noch 400 Millionen zur Verfugung zu stellen. In einer zum 20. Dezember einberufenen Plenarsitzung des Verwaltungsrats der Rentenbank wurde dieser Antrag abgelehnt. Es ist den Mitgliedern des Verwaltungsrats nicht leicht geworden, diese Ablehnung auszusprechen. Man war aber von der Überzeugung durchdrungen, daß eine Genehmigung des Ersuchens damals eine Wendung im Schicksal der Rentenmark wahrscheinlich herbeigeführt hätte. Die Situation war außerordentlich ernst geworden, denn in der Reichskasse fehlten die Beträge, um die Gehälter der Beamten zu bezahlen. Das einzige, was der Rentenbank in dieser Notlage möglich erschien, war die Überweisung von 100 Millionen an das Reich aus dem Betrage für die Einlösung der diskontierten Schatzanweisungen, wofür schließlich nur 196,9 Millionen statt der dafür vorgesehenen 300 Millionen beansprucht wurden. Ich habe stets unter dem Eindruck gestanden, daß dieser 20. Dezember 1923 neben der von mir erwähnten Novemberberatung einer der bedeutungsvollsten Tage in der Geschichte der Rentenmark gewesen ist. Die Ebbe in der Reichskasse war eine böse Erscheinung, die Entfesselung einer Flut von Mißtrauen gegen die Rentenmark wäre aber erheblich schlimmer gewesen. Über die Ursachen, welche die Rentenmark und ihre Relation von 1: 1 Billion Papiermark gehalten haben, ist viel diskutiert worden. Der Verlauf ist schließlich ein durchaus natürlicher gewesen, denn mit Kunststücken irgendwelcher Art kann man die wirtschaftlichen Gesetze nicht aus den Angeln heben. Das Steuer war rapide von der Papiermark auf die Rentenmark herumgeworfen worden. Der Umlauf an Reichsbanknoten betrug am 15. November 1923 etwa 154 Millionen Goldmark neben etwa 300 Millionen anderen Geldsurrogaten, wie Goldanleihe, Notgeld usw. Das war vollständig ungenügend für eine verlangsamte Geldzirkulation. Bis auf die 300 und 900 Millionen Rentenmark, die dem Reiche zur Verfugung standen und alsbald in den Verkehr kamen, hielt die Reichsbank das Instrument der Kontraktion völlig in der Hand und hat es auch benutzt. Sie erdrückte damit die Tendenz, Devisen zu thesaurieren, und erzwang, versteckte Devisen zu verkaufen. Wenn sich diese Verkäufe auch nicht alle zu dem Berliner Einheitskurse vollzogen, so deckten sie doch den Bedarf der Importeure und stellten einen notdürftigen Ausgleich der Devisenbilanz her. Auch die hohen Zinssätze reizten zu einem Verkauf versteckter Devisen. Wurden doch im Dezember 1923 für Markvorschüsse an einigen Tagen bis 7 v. H. und im Durchschnitt nicht weniger als 3 1 / s v. H. pro Tag gezahlt. Die Reichsbank hatte im Gebäude der Rentenbank 20 Kassenschalter eröffnet. Dort wurden eine geraume Zeit hindurch etwa 4000 Umwechselungen ausländischer Banknoten in Rentenmark an jedem Tage vorgenommen. Es waren
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zumeist Privatleute, die diese Noten aus der Tasche zogen; sie standen oftmals bis weit in die Straße hinein. Dem erzwungenen Ausgleich der Devisenbilanz mußte die Deckung der Ausgaben des Reiches durch entsprechende Einnahmen sich anschließen, wenn die Rentenmark, eine Binnenwährung, bestehen sollte. Das ist auch gelungen, denn schon im Januar und Februar 1924 flössen der Reichskasse je etwa 380 Millionen an Steuern und Zöllen zu. Die gefahrvolle Situation, in der sich das Finanzministerium Ende Dezember 1923 befand — auch ein Heer von etwa 2,5 Millionen Arbeitslosen mußte unterhalten werden —, war also überwunden. Im Wege des Kredites hätte das Reich zu jener Zeit kein Geld mehr aufbringen können, nachdem sein Kredit bei der Rentenbank erschöpft war. Als Geldzeichen umlaufende Stücke einer Goldanleihe waren bald sehr unpopulär geworden. Auch der Notgeldunfug nahm ein Ende. Einschließlich etwa 250 Millionen, welche die Bahn ausgegeben hatte, liefen Ende Dezember 1923 noch fast 500 Millionen Goldmark Notgeld um. Das Reich war also darauf angewiesen, seine Einnahmen aus Steuern zu ziehen und zugleich seine Ausgaben einzuschränken. Seit jener Zeit hat das Reich, dessen Ausgabenbeschränkung sehr vorübergehend war, die Einziehung von Steuern so gründlich betrieben, hat das Parlament eine solche Freigebigkeit in der Bewilligung von Ausgaben entwickelt, daß man auf diese Gestaltung der Dinge nur mit der größten Sorge blicken kann. Der Grundsatz, daß Steuern, ganz gleich, in welcher Form sie erhoben werden, nur mit dem durch die Lebensbedingungen einer Bevölkerung begrenzten Prozentsatz aus dem Reineinkommen der Nation erhoben und dauernd erzielt werden können, ist über den Haufen geworfen. Im reichen Deutschland zahlten wir 5000 Millionen Steuern. Im armen Deutschland sollen wir 11 000 Millionen aufbringen. Reich, Länder und Gemeinden sind so ausgabenfreudig, als wenn wir nicht unsere etwa 80 Milliarden Betriebskapital verloren, sondern noch einmal soviel hinzuerworben hätten. Wir Bankiers brauchen nur unseren Blick auf die Bewertung der Aktien zu lenken, brauchen nur daran zu denken, daß eine mit 300 000 M. Verlust abschließende kleinere Gesellschaft vorher etwa 800 000 M. Steuern und öffentliche Lasten auszuzahlen hatte, um zu wissen, wohin die Reise geht. Es gibt nur zwei Auswege: entweder eine Erhöhung unserer Produktion auf das ungefähr Dreifache oder eine Einschränkung unserer Ausgaben und sozialen Lasten. Man wird sich besser auf das zweite Reiseziel einrichten. Mit Bedauern muß man dabei feststellen, daß der in unaufhaltsamer Lohnbewegung dahinflutenden Masse und ihren Führern die Erkenntnis unserer wirtschaftlichen Lage entgeht. Der hinter uns liegende Streik der Bauarbeiter hat diese Tatsache in grelle Beleuchtung gestellt. Rückschauend ist die Frage berechtigt, welche Ursachen den völligen Verfall unserer Papiermark herbeigeführt haben. Diese Frage ganz objektiv zu beantworten, ist nicht leicht. Nach meiner Überzeugung lagen die Ursachen ausschließlich auf dem politischen
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Gebiete der Nachkriegszeit. Der durch die Einstellung Frankreichs und seines vormaligen Führers Poincaré außerordentlich verschärfte Schwebezustand des Entschädigungsproblems lastete schwer auf Deutschland. Im Dezember 1922 hatte unsere Regierung nach Beratung mit führenden Männern der Wirtschaft nochmals den ernsten Versuch gemacht, diesem von dem Hirngespinst einer Jahresleistung von 6000 Millionen Goldmark durchzogenen Problem mit einem Angebot beizukommen, dessen Resultat eine Jahresleistung von 1000 bis 1500 Millionen war. Meine damalige Überzeugung, daß dies das Höchste ist, was Deutschland unter Voraussetzimg seiner völligen wirtschaftlichen Integrität sich leisten kann, ist durch den Gang der Ereignisse nicht erschüttert worden. Wäre dieses Angebot damals angenommen worden, so hätten wir zur Goldmark zurückkehren können mit einer Relation, die bedeutend höher lag als diejenige vom 15. November 1923. Leider wurde das Angebot verhöhnt, und jenseits der Vogesen setzte die Politik der produktiven Pfänder ein. Gerade unter den Männern, die viel mit der Gegenseite zu tun hatten, befanden sich einige, die noch wenige Tage vor dem Einmarsch ins Ruhrgebiet ein solches Ereignis für ausgeschlossen erklärten. Andere, und zwar führende Männer des Ruhrgebiets, vertraten die Meinung, daß das vollzogene Ereignis zu einem schnellen Mißerfolg führen müsse, und riefen im stillen zum passiven Widerstand auf. Namentlich durch den letzteren Umstand wurde die Stellung der Regierung kompliziert. Keine noch so spitzfindige Pariser Rechtsgelehrtheit wird uns beweisen können, daß mit dem Einmarsch in das Ruhrgebiet k e i n Bruch des Versaüler Vertrages vorlag. Die Regierung wäre sonach in der Lage gewesen, die Konsequenz aus diesem Vertragsbruch zu ziehen und zu erklären, daß sie bis auf weiteres jede materielle Leistung an die Gegenseite einstelle. Diese Erklärung hätte wohl auch in der Welt den geeigneten Resonanzboden gefunden. Die Reichskasse wäre dadurch von einer sehr großen, zum Teil in ausländischer Valuta auf ihr lastenden Verpflichtung befreit worden und hätte wahrscheinlich nicht mehr auf die Notenpresse zurückgreifen brauchen. Hier lag also der Wendepunkt in dem Schicksal der Papiermark. Es stand fest, daß mit einer derartigen Erklärung die Regierung das alt- und neubesetzte Gebiet nicht nur den Gelüsten der ungezügelten öffentlichen Meinung Frankreichs, sondern der Willkür einer Besatzungsarmee preisgegeben hätte, die nicht wirtschaftlich, sondern ganz anders denkt. Diese Erwägung — und ich weiß nicht, ob ich für den Fall, daß ich Mitglied des Kabinetts gewesen wäre, anders hätte handeln hönnen — ist für die Haltung der Regierung entscheidend gewesen. Sie wollte und konnte jene Gel>iete nicht sich selbst, nicht jener sich trotzdem schrankenlos betätigenden Willkür überlassen und nahm deshalb die finanziellen Folgen des passiven Widerstandes auf sich. Es war ausgeschlossen, Auslandskredite und Auslandsbeteiligungen in der deutschen Wirtschaft" Herrn Rudolf L ö b , i. Fa. Mendelssohn & Co., und Herrn Hofrat Josef S c h r e y e r , Vorstandsmitglied der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, zu hören. Die Nachmittagssitzung über „EfFektenverkehr und Börsenterminhandel" wird sich ja in einer behaglicheren Zeit abspielen. Ich rechne aber darauf, daß auch morgen früh die Versammlung rechtzeitig und ebenso zahlreich wie heute zur Stelle ist. Damit schließe ich die heutige Verhandlung. (Lebhafter Beifall.) (Schluß: 6 Uhr.)
Zweiter Verhandlungstag. Mittwoch, den 16. September 1925, vormittags 9 1 /« Uhr, Sitzung In der „Oper am Königsplatz".
Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r: Ich eröffne die Sitzung. Bevor ich zur Besprechung der Berichte das Wort gebe, möchte ich daran erinnern, meine Herren, daß ein Aufruf für dieZeppelinE c k e n e r - S p e n d e erlassen worden ist, ein Aufruf, der von einer ganzen Reihe von Herren aus unserem Kreise unterzeichnet worden ist. Ich hoffe, daß der deutsche Bankierstand nicht zurückstehen wird in dieser großen Sache, bei der es sich darum handelt, zu zeigen, daß wir Deutsche auch heute noch wie früher für ideale Zwecke einstehen und daß wir dafür sorgen wollen, daß die deutsche Kultur nicht zurückgehe — das Schlimmste, was uns begegnen könnte. Ich habe deshalb geglaubt, die heutige Sitzung mit der Mahnung eröffnen zu sollen, sich an der Spende zu beteiligen. Meine Herren, ich erteile nunmehr das Wort Herrn Rudolf L ö b , i. Fa. Mendelssohn & Co., über das Thema „ A u s l a n d s k r e d i t e u n d A u s 1 a n d s b e t e i 1 i g u n g e n in d e r deutschen Wirtschaft". Berichterstatter Rudolf L ö b , Mitinhaber des Bankhauses Mendelssohn & Co., Berlin: Sehr verehrte Herren! Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, daß vom Anbeginn des Krieges an alle Perioden politischer oder wirtschaftlicher Entwicklungen länger andauern, als man im allgemeinen geglaubt hatte; zunächst der Krieg selbst, dann die diplomatische Beendigung des Krieges, die Inflationsperiode, deren Dauer — schon was die besiegten Länder anbetrifft, mehr aber noch was einen Teil der Siegerstaaten angeht — erstaunlich ist, und schließlich die Periode der Deflation, in der wir uns hier in Deutschland gegenwärtig befinden, ohne sagen zu können, bis zu welchem Stadium dieser Periode wir gelangt sind. Es war nicht zu erwarten, daß die Wirkung der Inflation mit dem Zeitpunkt der Stabilisierung der Währung aufhören, daß das Leben des Volkes schnell in die Bahnen zurückkehren würde, aus denen es im Juli 1914 herausgeworfen worden ist. Und doch sind wir entmutigt, weil es nicht
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so ist. Am wenigsten war zu erwarten, daß die geistige Einstellung nach einer Periode unerhörter seelischer Erschütterungen sich sofort in idealer Weise den veränderten Verhältnissen anpassen könnte, man mußte vielmehr damit rechnen, daß noch lange Zeit ein Zustand bestehen blieb, in welchem jeder bei dem anderen unentschuldbare Fehler zu finden glaubt. Und darum schmähen wir uns gegenseitig, am meisten natürlich aber schmäht man die Banken und Bankiers, denn, wie Arthur Fischel schon lange vor dem Weltkriege gesagt hat: „Der Bankier ist der Paria der Gesellschaft." Sie fragen vielleicht, was das mit dem Thema „Auslandskredite und -beteiligungen in der deutschen Wirtschaft" zu tun hat. Ich glaube, sehr viel. Der Mangel an Verständnis für die Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit der Härten der Übergangsperiode, in der wir uns befinden, schafft in Deutschland selbst eine pessimistische Einstellung, welche sich notwendigerweise dem Ausland mitteilen und die Erlangung der ausländischen Kredite und Beteiligungen erschweren muß. Man kann, ohne zu übertreiben, sagen, daß die Verkünder des Pessimismus in bezug auf die Beurteilung der deutschen Zukunft fast ausschließlich in Deutschland selbst sitzen, und das wirkt nachteilig nicht nur auf die Erlangung von Geld aus dem Auslande, sondern es schwächt auch den Mut zur Arbeit in Deutschland und vor allem den Mut zum Wiederaufbau im kleinen, d. i. zum Sparen der breiten Schichten des Volkes. Ich schicke dies voraus nicht etwa, weil ich alles, was ist, schön und richtig finde, sondern um gleich von vornherein meinen Standpunkt dahin zu präzisieren, daß ich zu übermäßigem Pessimismus keinen Anlaß sehe, wenn ich die Entwicklung überblicke, die uns bisher zwar noch keineswegs aus den Gefahren heraus, aber doch immerhin schon ein gutes Stück von dem fast unausweichlich scheinenden Sturz in den Abgrund hinweggeführt hat, ferner weil ich klar sagen möchte, daß Kritik, soweit sie geübt werden muß, sich in den meisten Fällen gegen objektive Tatbestände richtet und meist nicht behaupten darf, daß bestimmten Personen oder Parteien subjektiv eine große Schuld beizumessen ist; denn nach all dem, was über dieses Land hergegangen ist würden selbst Götter nicht imstande sein, in kurzem alles wiedereinzurenken, und dabei kann man nicht einmal erwarten, daß nach einer solchen Zeit allzuviele von uns in vollem Maße gottähnlich sind. Es ist verständlich, wenn im jetzigen Zeitpunkt schon die bloße Tatsache der Aufnahme ausländischer Kredite eine kritische Stimmung in Deutschland selbst hervorruft, und diese kritische Einstellung ist sogar durchweg erfreulich, denn an sich sind wir bereits in der Periode, in welcher die Zahlungsverpflichtungen des Dawes-Plans einen steigenden Umfang anzunehmen beginnen, und es scheint nicht recht zusammen zu passen, daß man vom Ausland Geld in starkem Maße borgt in derselben Zeit, in welcher man an das Ausland zu zahlen hat. Andererseits aber sind wir gerade mit Rücksicht auf die wachsenden Leistungsverpflichtungen, die uns der Dawes-Plan auferlegt, gezwungen, unsere Produktionsfähigkeit so schnell wie möglich zu erhöhen, und man darf aus-
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ländische Kredite nicht beanstanden, insoweit sie zur Erreichung der Vervollkommnung des notwendigen Produktionsapparates und zur Ingangbringung der notwendigen Produktion unentbehrlich sind. Wenn ich von dieser allgemeinen Grundlage aus zur Betrachtung der einzelnen Arten der ausländischen Kredite übergehe, so glaube ich nicht, daß ich in diesem Kreise allzuviel über die Technik der einzelnen Kreditformen zu sprechen brauche. Sie finden mancherlei Angaben darüber in dem sehr interessanten Vortrag, welchen Herr Dr. Solmssen in der Juristischen Gesellschaft in Berlin im März d. Js. gehalten hat, und welcher im „Bank-Archiv" abgedruckt worden ist, sowie an manchen anderen Stellen, und ich möchte bei einer kurzen Erwähnung der einzelnen Kreditarten lediglich einige Punkte streifen, welche praktisch vielleicht in Betracht kommen können, und welche ich in der Publizistik noch nicht erwähnt gefunden habe. Zunächst ist zu sagen, daß reine Rembourskredite, d. h. Kredite, die nachweislich den Export und Import von Waren zu finanzieren bestimmt sind, schon seit längerer Zeit in allen in Frage kommenden Staaten leicht und in durchaus hinreichendem Maße erhäklich sind, vorausgesetzt, daß eine genügend bekannte deutsche Bankfirma dafür haftet. Selbstverständlich sind überall diejenigen Finanzierungsgeschäfte am liebsten gesehen, welche den Warenverkehr mit dem Lande des Akzeptanten selbst betreffen; aber sowohl in England wie in Amerika und auch in Holland können durch bankfähige Remboursakzepte auch Exportgeschäfte von Deutschland nach anderen Ländern als demjenigen des Akzeptanten finanziert werden, wie überhaupt die Notenbanken, besonders die grundsätzlich außerordentlich strengen Federal Reserve Banks dazu neigen, in der Auslegung etwas weniger streng zu sein, wenn die Inanspruchnahme durch inländische Bedürfnisse nicht übermäßig stark ist. Diese Inanspruchnahme überstieg aber beispielsweise in Amerika seit einiger Zeit keineswegs dasjenige Maß, welches den Banken erwünscht sein konnte, sie blieb sogar eher dahinter zurück. Interessant ist es, daß nach der amerikanischen Übung die Finanzierung solcher Ex- und Importgeschäfte, deren Produktionsprozeß sich länger als drei Monate hinzieht, auch durch Sechsmonatswechsel bewirkt werden kann, ohne daß dadurch die Bankfahigkeit der Wechsel beeinträchtigt wird. Verhältnismäßig leicht sind ausländische Kredite auch in den Fällen erhältlich, in welchen zwar nicht ein Remboursgeschäft im eigentlichen Sinne, wohl aber ein anderes kurzfristiges und sich aus sich selbst liquidierendes Warengeschäft vorliegt, zuweilen selbst dann, wenn der unmittelbare Zusammenhang zwischen irgendeiner ganz bestimmten Warenpartie und der betreffenden Finanzierung nicht vollkommen ersichtlich ist, sondern wenn nur nachgewiesen werden kann, daß das kreditsuchende Unternehmen mindestens in denjenigen Beträgen exportiert, in welchen es Kredit in Anspruch nimmt, ohne daß der Exporterlös durch andere Kreditoperationen belegt ist. Als solche Geschäfte kommen z. B. in Betracht die Finanzierungen der Zuckerkampagne und der
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Hopfenkampagne, bei denen es sich um Kredite auf sechs bis neun Monate handelt. Es ist vielleicht ganz interessant, bei der Erwähnung dieser Kredite, welche, soweit sie vom Ausland gegeben werden, meist in Form englischer oder amerikanischer Bankakzepte erfolgen, die Entwicklung des Bankakzeptes in Amerika kurz zu streifen. Das amerikanische Bankakzept ist eigentlich erst mit der Gründung des Federal-Reserve-Systems entstanden. Nach einem Bericht des Federal Reserve Board für 1915 wurde der Gesamtbetrag der Ende 1915 ausstehenden amerikanischen Bankakzepte auf 100 000 000 Dollar geschätzt, Ende 1924 dagegen schätzte der American Acceptance Council den Gesamtbetrag der amerikanischen Bankakzepte, der damals umlief, auf 821 000 000 Dollar. Auch diese Ziffer ist sehr klein, wenn man sie in Vergleich stellt beispielsweise zu dem Betrag der in Deutschland in der Vorkriegszeit umlaufenden Bankakzepte, und wenn man dabei das Verhältnis der fremden Gelder der deutschen Banken zu denen der amerikanischen Banken mit in Rücksicht zieht. Es ist also für diese Art von Krediten in Amerika auch nach dem heutigen Stande der Dinge noch viel Raum. Ich gehe nun in der Reihe der Finanzierungen von Warentransaktionen weiter in der Richtung vom reinen Rembourskredit zu denjenigen Kreditarten, die sich dem Charakter von speziellen Betriebskrediten nähern, und komme zu der dritten Art solcher Kredite, nämlich denjenigen, durch welche die Herstellung bestimmter, und zwar meistens vom Auslande bereits fest bestellter Industrieprodukte finanziert wird. Bei diesen Geschäften und bei anderen Krediten — besonders bei solchen, die den Charakter von sich stets erneuernden Krediten (Revolving Credits) haben — ist mehr und mehr die Sicherstellung durch Warenübereignung, häufig verbunden mit Kreditversicherung, gebräuchlich geworden, deren Notwendigkeit sich aus den Bedürfnissen der Nachkriegszeit ergeben hatte und deren Verwirklichung wohl mit der Zurverfügungstellung des holländischen Treuhandkredites in untrennbarem Zusammenhang steht. Ich möchte diesen Kredit nicht erwähnen, ohne darauf hinzuweisen, daß nur die unerwartet lange Dauer der Inflationszeit imstande sein konnte, die Richtigkeit des Gedankens, welcher diesem Kredite zugrunde lag, vorübergehend zweifelhaft erscheinen zu lassen. Solange man in Deutschland Kredite bekommen konnte, welche sich durch die Entwertung der Mark selbst amortisierten, konnte man Valutenkredite nur für solche Geschäfte verwenden, welche sich in Valuta ausglichen. Bei anderen Geschäften war man konkurrenzunfähig, wenn man Kredite laufen hatte, welche ohne Rücksicht auf die Entwertung der Mark in vollem Gelde zurückgezahlt werden mußten. Jetzt, wo der Schleier der Inflation verschwunden ist und die Kapitalarmut Deutschlands klar zutage liegt, besteht — glaube ich — keine Meinungsverschiedenheit mehr über die großen Vorteile, welche uns dieser Kredit gebracht hat. Es wäre undankbar, wenn man bei einer Besprechung der ausländischen Kredite und Beteiligungen vergessen. 9
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wollte, darauf hinzuweisen, daß die Gewährung dieses Kredites durch die holländische Regierung eines der nicht allzu häufigen großen Finanzgeschäfte war, für deren Eingehung nicht in erster Linie geschäftliche Gründe entscheidend gewesen sind. Es war ein zweifelloses Verdienst der holländischen Regierung und derjenigen Männer des holländischen Wirtschaftslebens, die sich trotz häufiger starker Anfeindungen für diesen Kredit eingesetzt haben, daß es gelungen ist, ihn zustande zu bringen, indem man den maßgebenden Instanzen die Überzeugung beibrachte, daß in einer Lage wie derjenigen, in der sich Europa damals befand — und wohl auch heute noch befindet —, zwischen zwei so aufeinander angewiesenen Ländern wie Deutschland und Holland eine weitgehende Solidarität der Interessen besteht, wenn eine Aktion in Frage kommt, die bestimmt ist, zur Aufrechterhaltung geordneter Zustände in dem Nachbarlande wesentlich mitzuwirken. Ich glaube, daß der Hollandkredit diesem Ziel gedient hat und noch heute dient. Die Notwendigkeiten der Nachkriegszeit haben übrigens auch in verschiedenen Ländern zur Gründung von neuen Banken geführt, welche speziell für die Kreditgewährung ins Ausland geschaffen worden sind, so in Amerika zur Gründung der International Acceptance Bank, und in Holland, teils durch holländische Banken allein, teils durch eine Vereinigung von holländischen und internationalen Banken, zur Gründung bankähnlicher Gesellschaften. Auch bei diesen geschieht die Kreditgewährung meist in Akzeptform und häufig mit Sicherung im Wege der Warenübereignung. Bevor ich das Gebiet des Akzeptkredites verlasse, möchte ich noch erwähnen, daß sowohl die englischen wie die amerikanischen Banken bei solchen Geschäften, welchen reiner Handelskreditcharakter innewohnt, ihren deutschen Bankkunden gegenüber zu jeder Zeit — auch als es für die deutsche Volkswirtschaft noch besonders dringlich war, solche Kredite zu erlangen — in den Akzeptkreditsätzen kaum einen Unterschied im Vergleich mit den Krediten an Länder in besserer wirtschaftlicher Situation gemacht haben. Es ist sicher, daß dieses Verfahren von den Banken nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit eingehalten worden ist, sondern daß dabei Konkurrenzinteressen und Rücksichten auf Interessen des eigenen Landes in erster Linie ausschlaggebend waren. Immerhin spiegelt sich darin ein Stück guter bankmäßiger Praxis, die auch bei uns allgemein anerkannt worden ist. In der Reihe der kurzfristigen Kredite sind dann fernerhin die Rediskontkredite der Golddiskontbank in den verschiedenen Ländern zu erwähnen, welche nach der praktischen Entwicklung, die dieses Geschäft genommen hat, zwar — dafür bürgt die Kontrolle der Golddiskontbank — sicher immer der Finanzierung von Warengeschäften dienen, aber doch von den reinen Rembourskreditgeschäften schon ziemlich weit entfernt sind. Ich glaube, daß gegen alle bisher besprochenen Arten von Krediten vom Standpunkt der deutschen Volkswirtschaft irgendwelche Bedenken kaum geltend gemacht werden können, und dies
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gilt auch für einige andere, seltener vorkommende, die ich nicht speziell erwähnt habe. Es folgen dann weiter kurzfristige Kredite an die deutsche "Wirtschaft, welche häufig mit Warengeschäften in keinem unmittelbaren Zusammenhang mehr stehen, in erster Linie die Diskontierung der sogenannten Domizile, und zwar solcher, welche n i c h t die Golddiskontbank und deren Kontrolle passiert haben. Wer diese Domizile kennt, der wird mit mir der Ansicht sein, daß — wenigstens war es so bei den meisten, von denen ich Kenntnis erhalten habe — gegen die Güte dieser Wechsel insofern nicht das geringste zu sagen ist, als sie durch Vermögenswerte garantiert sind, die auch nach englischen und amerikanischen Anschauungen als stattlich bezeichnet werden müssen, und durch Unternehmungen, deren Leitungen an Tüchtigkeit und Solidität keinen Vergleich zu scheuen brauchen. Und doch sind diese Wechsel als Wechsel nicht schön. Man kann sie nicht ansehen, ohne zu wünschen, sie möchten bald sterben und in die heitere Ruhe langfristiger Obligationen oder Aktien eingehen können. Es sind dann weiter zu nennen die Hereinnahmen kurzfristiger Valutenleihbeträge von ausländischen Banken. Diese Hereinnahmen bilden eine Form der Geldarbitrage, die man vor dem Krieg weniger gekannt hat, obwohl sie mit den damals teilweise üblich gewesenen Wechselpensionen eine gewisse Ähnlichkeit hat. Man darf dabei erwähnen, daß nicht nur deutsche Banken heute derartige feste Gelder in fremder Valuta in Verzinsung nehmen, und braucht sich deshalb doch nicht zu verhehlen, daß solche Geschäfte, gerade wenn sie von Deutschland aus in seiner jetzigen Lage geschlossen werden, privat- und volkswirtschaftliche Gefahren in sich bergen könnten, wenn nicht die Überzeugung gerechtfertigt wäre, daß erste Firmen und Institute, welche solche Gelder erhalten, nur mit besonderer Vorsicht über sie verfügen werden. Kurzfristige Leihgelder ausländischer Banken kommen übrigens vielfach auch in Form von Reichsmark nach Deutschland, sind aber dann meist nichts anderes als das Produkt im Ausland in Report gegebener fremder Valuta. Vorstehend aufgezählte Geschäfte zusammen mit den täglich fälligen Guthaben der Ausländer (hauptsächlich ausländischer Banken) in Deutschland und den deutschen Kontokorrentschulden im Ausland bilden im wesentlichen wohl die Formen der kurzfristigen ausländischen Kreditgewährung an Deutschland. Es ergibt sich immerhin eine Vielfältigkeit von verschiedenen Geschäftsarten, vor allem aber eine große Anzahl von einzelnen Geschäften, welche außerordentlich schwer durch die Statistik erfaßt werden können. Schätzungen der Gesamtsummen solcher Kredite müssen daher auf unsicheren Grundlagen beruhen und können auf irgendwelche Genauigkeit keinen Anspruch machen. Bevor ich auf diese Schätzungen näher eingehe, möchte ich über die langfristigen Kredite sprechen, die bisher getätigt worden sind. 9*
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Hinsichtlich dieser langfristigen Anleihen liegen statistische Zusammenstellungen vor, welche bis auf nicht zu große Abweichungen als genau angesehen werden können. Sie ergeben ohne die Dawes-Anleihe, aber einschließlich der Anleihe der Rentenbank-Kredit-Anstalt eine Gesamtsumme von etwa 660 Millionen Mark. Diese Summe müßte aber, um ein vollständiges Bild der langfristigen Kreditgewährung des Auslandes an Deutschland zu geben, um den Betrag der im ausländischen Besitz befindlichen, aber nicht im Ausland emittierten deutschen Anleihen jeder Art vergrößert werden: Papiermark-, Goldmark-, Sachwertanleihen, insbesondere Gold-Hypothekenpfandbriefe, und ferner um denjenigen der langfristigen privaten Kredite, insbesondere der in Händen von Ausländern befindlichen Hypotheken. Ich habe keine Möglichkeit ausfindig machen können, mir bezüglich der Summen, die hier in Frage kommen, einen Anhalt zu verschaffen, glaube aber — trotzdem die Beträge aufzuwertender Papieranleihen und -hypotheken sicher schwer irgendwie zu veranschlagen sind — nicht, daß es sich um Summen handeln wird, deren jährliche Zinsund Tilgungserfordernisse für die deutsche Zahlungsbilanz sehr stark mitbestimmend sein können. Außerordentlich schwer zu schätzen ist wohl auch der Wert des in Deutschland in Form von Eigentum an Grund und Boden und von Geschäftsbeteiligungen einschließlich des Aktienbesitzes investierten Vermögens, doch muß angenommen werden, daß hier — besonders infolge der ausländischen Käufe während der Inflationszeit, in erster Linie Käufe von Grundstücken und Häusern — sehr bedeutende Werte in Frage kommen, die vielleicht gegenwärtig zum erheblichen Teil noch nicht stark rentabel sind, sich aber voraussichtlich in nicht zu langer Zeit als bedeutende jährliche Belastung fühlbar machen müssen. Wenn ich nun auf die Höhe der kurzfristigen deutschen Verschuldung zurückkommen darf — dies ist ja die Summe, die für den Augenblick das aktuellste Interesse beansprucht —, so liegen hier verschiedene Schätzungen vor, deren Ergebnisse ziemlich stark voneinander abweichen. Die Erwägungen gehen sämtlich von dem Gedanken aus, daß die Passivität der deutschen Handelsbilanz im Jahre 1924 und der ersten Hälfte 1925 und der entgegen dieser Passivität erfolgte Zuwachs der Gold- und Devisenbestände ihre Deckung finden müssen teils in Verkäufen von Effekten und anderen, von der Handelsbilanz nicht erfaßten Werten, teils in der Verminderung in deutschen Eigentum befindlich gewesener Bestände an ausländischen Guthaben und ausländischen Noten, weiterhin in langfristiger Anleiheaufnahme und schließlich in kurzfristiger Anleiheaufnahme. Zweifelhafte Faktoren sind in dieser Rechnung — wenn man die Ziffern der Handelsbilanz als unzweifelhaft annimmt — die Höhe der Effektenverkäufe und der Betrag der Verminderimg der deutschen Guthaben im Ausland. Die neueste Schätzung, die mir bekannt geworden ist, ist die von dem Direktor im Statistischen Reichsamt Herrn Walter Susat in der Kölnischen Zeitung vom 4. September d. Js. gegebene, der zu dem Ergebnis
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kommt, daß die kurzfristige Verschuldung sich am 30. Juni d. Js. auf höchstens 1600 Millionen Reichsmark belaufen haben kann, es aber als sicher annimmt, daß diese Summe erheblich zu hoch gegriffen ist. Ich habe versucht, mir eine ungefähre Vorstellung davon zu bilden, wie viele ausländische Banken etwa als Ausleiher kurzfristiger Gelder nach Deutschland hauptsächlich in Frage kommen könnten und mit welchen Beträgen, andererseits wie viele deutsche Banken und Bankhäuser als Schuldner solcher Anleihen in Betracht kommen und wieviel sie wohl schulden können (sei es als direkte Geldnehmer oder auf Grund von Wechsel-Indossamenten, Garantien usw.), und möchte eigentlich nicht annehmen, daß die Summe, auch wenn ich in Ansatz bringe, daß sicherlich noch gewisse Geldbeträge auch von anderen Firmen als Bankfirmen hereingenommen worden sind, 1600 Millionen ausmachen kann, glaube vielmehr, daß sie erheblich niedriger sein muß. Wie dem auch sei, die Summe der deutschen schwebenden Schuld an das Ausland, wenn sie auch — worin man Direktor Susat beistimmen kann — keine effektive Gefahr darstellt, ist erheblich zu hoch, und es muß unser aller Bemühen sein, sie nicht weiter wachsen zu lassen, sondern auf ihre Verminderung hinzuwirken. Dabei ist zu bedenken, daß diese schwebende Schuld sicher zum nicht unerheblichen Teil entstanden ist, um rein innerdeutschen Gelderfordernissen zu genügen, daß also für die Entstehung zum Teil nicht die Passivität der Handelsbilanz oder Zins- oder Tilgungserfordernisse oder Gegenwerte der sogenannten unsichtbaren Einfuhr ursächlich gewesen sind. Es ergibt sich auch in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, die Bildung erhöhten deutschen Sparkapitals so wenig wie möglich zu behindern, was zweifellos geschieht, wenn in den öffentlichen Verwaltungen eine reichliche Ausgabenwirtschaft getrieben wird und daraus die Erhebung übermäßiger Steuern und Abgaben erwächst. Ein doppelter Schaden entsteht unzweifelhaft, wenn die Steuern und Abgaben so ausgiebig erhoben werden, daß sie den an sich schon zu großen Verwaltungsausgaben zeitlich und dem Ausmaß nach noch voraneilen. Diese kurzfristige Verschuldung hat übrigens noch eine Nebenwirkung, die nicht ganz außer acht gelassen werden darf; sie erzeugt nämlich die Notwendigkeit erhöhter, täglich fälliger Guthaben der deutschen Banken im Ausland, einerseits weil es nur der bankmäßigen Vorsicht entspricht, gegenüber in gewissen Abständen fällig werdenden Verpflichtungen Reserven in der gleichen Valuta zu halten, welche in unvorhergesehenen Fällen benutzt werden können, andererseits weil ein Brauch unter den Banken besteht, zu solchen Stellen, mit welchen man Kreditgeschäfte irgendwelcher Art abschließt, einen Teil dieser Kreditbeträge als Guthaben hinzustellen, die zwar keiner Sperrverpflichtung unterliegen, aber doch in einem gewissen Prozentsatz meist aufrechterhalten werden. Daraus ergibt sich einerseits ein Zinsverlust der deutschen Wirtschaft aus der Differenz zwischen den Zinsen, die für die Kreditgeschäfte in Anrechnung gebracht werden, und den Zinsen dieser täglich fälligen Gelder, andererseits
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allerdings auch eine gewisse Verminderung der Schwierigkeiten einer aus irgendwelchem Grund eintretenden erheblicheren AbZiehung kurzfristiger Auslandsforderungen. Eines ist klar: was für inländische Kredite gilt, daß nämlich auf Kredit beruhende Geschäfte nur dann gemacht werden dürfen» wenn die Mittel für so lange gesichert sind, bis die Rückzahlung aus dem Ergebnis des Geschäftes oder aus sonstigen Quellen erfolgen kann, das gilt fast noch in erhöhtem Maße für ausländische Kredite, und aus diesem Grunde können bei einem Teil der kurzfristigen Geldhereinnahmen aus dem Ausland Zweifel entstehen» ob solche Geschäfte den Gesetzen einer soliden Wirtschaft vollkommen entsprechen. Wenn man nun zu der Frage übergeht, inwieweit ausländische Kredite unter den heutigen Umständen vertretbar sind, falls diese auch für Inlandskredite geltenden Forderungen der privatwirtschaftlichen Solidität erfüllt sind, so ist zwar kaum anzunehmen, daß die ausländischen Kredite in größerem Umfange für die Entstehung der passiven Handelsbilanz ursächlich gewesen sind, aber es ist sicher, daß sie diese passive Handelsbilanz zum Teil erst ermöglicht haben. Die Unterscheidung zwischen demjenigen Ausmaß, in welchem die Kredite als Ursache von Importen mitgewirkt haben, und demjenigen, in welchem sie die Importe nur ermöglicht haben, ist übrigens außerordentlich schwer zu treffen. Die Frage, ob es besser gewesen wäre, weniger oder gar keine ausländischen Kredite in Anspruch zu nehmen, ist also identisch mit der Frage, ob es besser gewesen wäre, den Import zu vermindern. Man kann zugeben, daß die Luxuseinfuhr heute noch weit größer ist, als sie unter den Verhältnissen, in denen wir leben, sein dürfte trotz aller auf die deutschen exportierenden Luxusindustrien und auf den Fremdenverkehr zu nehmenden Rücksichten. Aber schließlich wird sich das Maß der Luxuseinfuhr bei einer gesunden Währung nach dem Stande der Wohlhabenheit von selbst regulieren, und so darf man hoffen, daß mit dem Wiedererwachen des normalen Spartriebes der Import von Luxuswaren von selbst auf ein normales Maß zurückgeführt werden wird. Im übrigen ist der Import gerechtfertigt, soweit er notwendigen, im Inland nicht zu befriedigenden Bedürfnissen des Konsums und der Produktion oder der Vervollkommnimg des Produktionsapparates dient, und zwar desjenigen Apparates, der unter den heutigen Umständen ausgenutzt werden kann. Die Voraussicht aber, inwieweit es richtig ist, den Produktionsapparat mit geborgtem Geld zu vervollkommnen, muß dem Urteil der Privatwirtschaft überlassen werden, da es eine andere Norm dafür kaum geben dürfte. Neben dieser für die spätere Produktion notwendigen Einfuhr wird man auch sehr schwer gegen diejenige augenblickliche Mehreinfuhr Einwendungen erheben können, welche sich aus dem Bedürfnis weiter Schichten des Mittelstandes ergibt, ihre Kleidung und Einrichtung zu ergänzen. Gewiß ist in dieser Hinsicht von manchen Kreisen der Bevölkerung gerade in der Inflationszeit nicht zuwenig, sondern zuviel geschehen, aber andere, und zwar weite Kreise der An-
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gestellten und Beamten, sind erst jetzt, nachdem die Stabilität der Währung eine Zeitlang angehalten hat, überhaupt in der Lage, wieder etwas zu kaufen, und es kann ihnen schwerlich verargt werden, daß sie zunächst nicht sparen, sondern sich wieder menschenwürdig ausstatten. Aus all diesen Gründen ist es unmöglich, aus der Passivität der Handelsbilanz an sich Schlüsse zu ziehen, außer dem einen, daß jeder von uns darauf halten muß, zur Gewährung von Auslandskrediten an die deutsche Wirtschaft tunlichst nur dann beizutragen, wenn es sich um eine Verwendung handelt, die auch unter den heutigen Verhältnissen vertreten werden kann. Das gilt übrigens in fast gleichem Maße hinsichtlich der Inlandskredite wie hinsichtlich der Auslandskredite, denn nachdem die Inflation aufgehört hat, gibt es keine unübersteigliche Scheidewand mehr zwischen Inlands- und Auslandsgeld, die Röhren kommunizieren, Verschwendung in Mark ist so schlimm für die Wirtschaft wie Verschwendung in Valuta. Wenn aber der Verwendungszweck der Kredite so ist, daß der Kredit auch unter den jeweils bestehenden allgemeinen Verhältnissen gerechtfertigt werden kann, dann, glaube ich, sollte man sich nicht fürchten, das ausländische Geld zu beschaffen, und — verzeihen Sie mir den Skeptizismus — ich glaube auch nicht an die von vielen nationalökonomischen Autoritäten als sicher angesehene „mindestens vorübergehende inflatorische Wirkung" solcher Kredite, wenn nur das Geld in die Hände von Leuten kommt, die wissen, daß man ihnen nichts geschenkt hat, sondern, daß sie Schulden gemacht haben. Am wenigsten glaube ich an die inflatorische Wirkung bei einer Wirtschaftslage wie der heutigen in Deutschland, wo wir einen Produktionsapparat haben, der vielfach zu teuer arbeitet, weil seine Kapazität nicht genügend ausgenutzt wird, und wo wir in den Bilanzen der Industriegesellschaften Warenbestände sehen, die den Bewertungen nach erheblich höher sind als diejenigen der Vorkriegszeit, ziemlich genau dem Großhandelsindex entsprechend höher, so daß sie in Wirklichkeit, wenn die Bilanzansätze von früher und jetzt als gleich angenommen werden, ebenso erheblich sein würden wie damals. Hereinströmendes ausländisches Geld sollte sich unter diesen Umständen sehr schnell in einer Verminderung der privaten Verschuldung bei der Reichsbank auswirken, so daß dem erhöhten Devisenbestand eine Verringerung der Anlage in Wechseln entspräche, wogegen wohl nichts einzuwenden sein würde. Der Verwendungszweck der Kredite — dies ist der springende Punkt. Ich kann nicht umhin, zu glauben, daß im allgemeinen größere Garantien für die Beschränkimg der Kreditnahme auf nur solche Fälle, in welchen ein entsprechender Ertrag zu erwarten ist, dann gegeben sind, wenn das Geld in die Privatwirtschaft geht und von der Privatwirtschaft geschuldet wird, als wenn es in den Besitz von Stellen kommt, welche wissen, daß nicht sie die Schulden zahlen, daß sie vielmehr aus Steuern gezahlt werden. Ich meine hier niemand, denn ich nehme ohne weiteres an, daß wir durchweg mit dem besten Willen regiert werden, jetzt, wo
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sich ja noch viel mehr Stellen darum bemühen, uns gut zu verwalten, als es früher der Fall war. (Heiterkeit.) Aber sicher hat jede Stelle, z. B. in jeder Stadtverwaltung oder partiellen Stadtverwaltung, das Bestreben, die Anlagen und Einrichtungen, so schnell es geht, auf die größtmögliche Höhe zu bringen, und das ist leider nicht immer in Einklang zu bringen mit der Lage, in der wir sind. (Sehr richtig!) Stadtanleihen auf ausländischen Märkten hat es auch früher gegeben, aber sie waren verhältnismäßig nicht allzu häufig und beschränkten sich im allgemeinen auf die Anleihen der allerbedeutendsten Städte. Augenblicklich aber haben ja die deutschen Kommunen und sonstigen öffentlichen Verwaltungen einen fast zu guten Kredit im Ausland; man hört vielfach die Meinung aussprechen, daß s i e das Geld hätten, welches der Privatwirtschaft fehlt, und solche Gerüchte sind sicher kreditfördernd — wenigstens für die öffentlichen Verwaltungen. (Heiterkeit.) Aber gerade deshalb muß man hoffen, daß diejenigen Stellen, welche über die Nützlichkeit der Aufnahme von Anleihen durch die Kommunen zu entscheiden haben (ich sage absichtlich nicht ausländischen Anleihen, denn die inländischen wirken genau so) oder welche über die Zweckmäßigkeit der Aufnahme solcher Anleihen gutachtlich gehört werden, vielleicht noch schärfer prüfen, als es schon bisher geschehen ist. Sicher werden oft produktive Zwecke nachweisbar sein, aber manchmal wird vielleicht die produktive Anlage auch ohne ausländische Kredite geschaffen werden können, wenn andere Ausgaben, die sicherlich auch sehr erwünscht, aber vielleicht doch nicht unbedingt sofort notwendig sind, zurückgestellt würden. Meine Herren! Es besteht in Deutschland keine Inflation mehr und es wird auch nach meiner Überzeugung, soweit wir vorausdenken können, keine mehr entstehen. Ein Volkskörper, der diese Krankheit in so furchtbarer Weise durchgemacht hat wie der unsere, ist für lange Zeit dagegen gefeit, nach meiner Ansicht mindestens solange das Andenken an die Erscheinungen der Inflation in den Köpfen der Menschen haftet. Der Staat könnte nicht mit einer neuen Inflation beginnen, selbst wenn er es wollte, und nur durch staatlichen Zwang auf die Notenbanken oder andere Stellen, welchen die Möglichkeit der Geldschöpfung zu Gebote steht, kann eine Inflation erzeugt werden, wenn man das Wort in einem deutlich erfaßbaren Sinne auslegt. Aber es bestehen noch Reste der Denkungsweise aus der Inflationszeit in uns allen; das kann nicht anders sein, und diese falsche Einstellung kann zu großen Schäden fuhren, wenn ihr nachgegeben wird. Fehler, die auf Grund dieser falschen Einstellung in der Privatwirtschaft gemacht werden, werden sich in erster Linie in der Privatwirtschaft und nur mittelbar an der Allgemeinheit rächen, Fehler der öffentlichen Verwaltungen aber viel unmittelbarer an der Gesamtheit. Wenn der Staat oder andere öffentliche Verwaltungen Ausgaben machen, welche über das Maß hinausgehen, das nach Lage der Wirtschaft vertretbar ist, so entstehen inflationsähnliche Wirkungen, denn schließlich war ja auch die Inflation eine über-
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mäßige Besteuerung für unproduktive Zwecke, und unproduktiv ist im Gebiet der Verwaltung jede Aufwendung, welche den Kräften der Wirtschaft und der allgemeinen Lage des Volkes nicht angemessen ist. Daß aber keineswegs nur in den Verwaltungen, sondern auch im gesamten Wirtschaftsleben noch Anschauungen herrschen und sich stark auswirken, welche ihren Urgrund in der Denkungsweise der Inflationszeit haben, dafür gibt der ausgezeichnete Aufsatz des Geheimrat Dr. Friedrich über „Wirtschaft und Reichsbank", den Sie in dem vorliegenden „Bank-Archiv" finden, den Beweis. Diese Fehler von Teilen der Privatwirtschaft, unter denen der ganze Mechanismus leidet, können sicherlich in einem gewissen Umfang durch Untersuchungen klargestellt werden, wie man sie jetzt anläßlich der Preissenkungsbestrebungen veranstaltet. Es ist auch sicher nützlich, eine tunlichst genaue Diagnose zu stellen, aber ich bin davon überzeugt, daß es eine Heilung für einen großen Teil dieser Schäden erst dann geben wird, wenn die deutsche Wirtschaft in einem bei weitem stärkeren Maße, als es jetzt noch der Fall ist, der freien Luft des ungehinderten Verkehrs mit dem Auslande ausgesetzt sein wird, wenn also Einfuhrverbote, die ja bisher noch bestanden, und Zölle, die zunächst noch in sehr erheblichem Maße bestehen werden, nicht mehr allzu stark dem internationalen Preisausgleich entgegenwirken können. Ich möchte hier ausdrücklich sagen, daß ich nicht beabsichtige, durch diese Bemerkung an den neuen Zollgesetzen Kritik zu üben, bei deren Ausarbeitung ja auf unzählige Gesichtspunkte Rücksicht genommen werden mußte. Ich will nur ganz objektiv darstellen, welche Tendenz obwalten muß, wenn man in bezug auf die gänzliche Beseitigung der Fehler des deutschen Wirtschaftsapparates zu stärkeren Wirkungen kommen will, als es durch bloße Mahnungen oder auch durch deutsche gesetzliche Vorschriften geschehen könnte. Über die Frage, zu welchen Zwecken Kredite im Ausland aufgenommen werden sollten, wüßte ich grundsätzlich kaum noch etwas Weiteres zu sagen und möchte nur im Hinblick auf die eben zum Abschluß gebrachte Anleihe der Rentenbank-Kreditanstalt erwähnen, daß diese Anleihe, wenn ihr Ertrag tatsächlich in vollem Maße der Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktion zugängig gemacht wird, wohl ein Muster für eine gerechtfertigte und erwünschte Beschaffung ausländischer Gelder ist. Ich darf aber darauf verzichten, auf das Gebiet des Immobiliarkredites näher einzugehen, da diese Art des Kredites von Herrn Hofrat Schreyer noch eingehend behandelt werden wird. Zum Gegenstand der ausländischen Beteiligungen möchte ich noch kurz erwähnen, daß zweifellos als eine der erwünschtesten Formen der ausländischen Beteiligung diejenige in deutschen Aktien anzusehen ist und daß uns nichts Besseres widerfahren könnte als das Erwachen eines lebhafteren Interesses der Ausländer für unsere Börse und unsere Börsenwerte. Im Anschluß an den Bankiertag finden ja Beratungen der Berufskreise über die Beseitigung oder Einschränkung von Institutionen des Aktien-
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rechtes statt, welche ihre Entwicklung lediglich den Erscheinungen der Inflationszeit verdanken. Wir dürfen wohl hoffen, daß diese Beratungen zu dem Ergebnis fuhren werden, daß jeder Aktionär wieder die Sicherheit bekommt, über denjenigen Einfluß und diejenigen Rechte zu verfugen, welche dem Verhältnis seines Besitzes zu dem gesamten Kapital, und zwar dem wirklich investierten Kapital, der Gesellschaft entsprechen. (Bravo!) Wenn dies erreicht wird, so werden wir hoffentlich wieder ein erhöhtes Vertrauen nicht nur unseres, sondern auch des ausländischen Publikums zu unserem Aktienmarkt schaffen. Wenn man von Vertrauen zu deutschen Wertpapieren spricht, so ist es unmöglich, zu verschweigen, ein wie großer Schaden auch im Auslande dem deutschen Emissionskredit durch die Bestimmungen unserer Aufwertungsgesetzgebung zugefugt worden ist, nämlich durch die Verletzung des Grundprinzips der Inhaberpapiere, welche in der willkürlichen Unterscheidung zwischen Alt- und Neubesitz liegt. (Sehr wahr!) Wir deutschen Banken und Bankiers können nicht oft genug sagen, daß wir dieses Vorgehen gänzlich mißbilligen; die Wirkungen auf das öffentliche Vertrauen aber können nur durch die Erwägung abgeschwächt werden, daß die Grundursache, die zu solcher Verletzung zugesagter Rechte gefuhrt hat, nämlich die Inflation, endgültig vorbei ist und nicht wiederkommen wird. Wenn man sich nun im einzelnen Falle entschließt, mit langfristigen Kreditgesuchen an den ausländischen Markt zu gehen, so sollte man darauf halten, diese Verhandlungen nur durch geeignete Zwischenstellen fuhren zu lassen. Viele Anleihegesuche sind schon dadurch aussichtslos, daß sie durch ungeeignete Personen vertreten werden. Die Erfahrung zeigt, daß es den ausländischen Banken und Bankiers lieb ist, wenn Anleihegesuche, mit denen sie sich beschäftigen sollen, durch deutsche Bankiers geprüft und vorbereitet werden, und es ist besonders in der jetzigen Zeit mit die wichtigste Aufgabe unseres Standes, uns das Vertrauen zu erhalten, welches wir im Ausland genießen. Niemand von uns wird, um Gewinne zu machen oder um dem inländischen Kunden dienlich zu sein, ein Anleihegesuch vertreten, das er nicht in jeder Hinsicht geprüft hat und geeignet befindet. Ein Mißerfolg kann bei der Erlangung weiterer Auslandskredite ungeheuren Schaden anrichten. Wenn es möglich ist, sollte sich der deutsche Bankier, der das Geschäft vermittelt, mit einem angemessenen Betrage daran beteiligen und so den deutlichsten Beweis liefern, daß er es für gut hält. Sache des deutschen Bankiers wird es auch sein, sich nur an solche ausländischen Firmen zu wenden, welche für das in Frage kommende Geschäft vollkommen geeignet sind. In Europa lag das Emissionsgeschäft im allgemeinen und speziell das Emissionsgeschäft ausländischer Werte — insoweit es sich um gute ausländische Werte handelte — fast ausschließlich in den Händen der allerersten Banken und Bankhäuser. Auch bei Emissionen in Amerika wird es sicherlich stets zweckmäßig sein, nur solche Stellen anzugehen. Eine Zeitlang bestand
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die Gefahr, daß auch gute deutsche Gesellschaften unter dem Eindruck des verlorenen Krieges und der schlimmen wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland ihre eigene Stellung in der Welt unterschätzten und glaubten, froh sein zu müssen, wenn sie irgendwo Unterkunft fanden. Diese Zeiten sollten endgültig vorbei sein, und man sollte lieber Verhandlungen aufschieben, als sie mit Stellen führen, welche der etwaigen Emission durch ihren Namen nicht das Ansehen verleihen, welches ihr gebührt. (Sehr richtig!) Da ich von den Verhandlungen über ausländische Kredite spreche, so möchte ich hier noch einige Sätze einfügen, die ich überschreiben müßte: Aus der Praxis für die Praxis. Meine Herren, wir sind durch die guten Zeiten vor dem Kriege wenig gewöhnt, im Auslande zu borgen. Es war erfreulich, daß es so war. Aber es ist nicht mehr so, und wir müssen uns etwas in die Stimmung im Auslande hineindenken, die durch die Art unserer Verhandlungen erzeugt wird. Ich will ganz praktisch sprechen und Ihnen Dinge darstellen, wie ich sie selbst drüben gesehen habe oder wie sie mir von Bankiers der verschiedenen Länder geschildert worden sind. Ich erwähne die Punkte nicht mehr, die ich schon erwähnt habe, nämlich die Geeignetheit oder die Ungeeignctheit der Person. Ich spreche jetzt nur von der Art des Verhandeins. Zunächst bemerkt man es beispielsweise in New York höchst mißlich, daß Vertreter deutscher geldsuchender Stellen damit anfangen, bei zehn Bankfirmen herumzugehen und so zu tun, als ob sie ernsthaft verhandeln wollten, während ihnen in Wirklichkeit nur daran liegt, zu kontrollieren, ob irgendein Gebot, das ihnen gemacht worden ist, angemessen ist. Man nennt das in New York „Shopping around" (Heiterkeit), und sie bezeichnen es vielfach heute als eine spezifisch deutsche Eigenschaft. (Heiterkeit.) Ich glaube, wir sollten es ablehnen, diese Eigenschaft als spezifisch deutsch anzuerkennen, sollten aber auch nichts dazu tun, diese Anschauung noch weiter Fuß gewinnen zu lassen. Ferner: Wenn man über Anleihen verhandelt, so soll man nicht versuchen, den Kurs zu übersteigern. (Sehr richtig!) Das ist eine Erfahrung, die jeder gemacht hat, der selbst im Emissionsgeschäft gewesen ist. Und diejenigen Staaten, die schon vor dem Kriege eine größere Routine darin hatten, im Auslande zu borgen, als sie Deutschland hat, wußten das ganz genau. Sie wußten ganz genau, daß, wenn es einem gelingt, den Bankier durch irgendwelche psychischen Einwirkungen, durch Einwirkungen auf seinen Ehrgeiz, auf seine Angst vor der Konkurrenz dazu zu bringen, die Anleihen zu Kursen zu übernehmen, welche einen zu hohen Emissionskurs bedingen, der Schaden aus einem solchen Verfahren auf den Anleihenehmer zurückfällt. Meine Herren, Anleihegeschäfte, Emissionen, an denen die Emissionskonsortien Geld verlieren, sind zunächst schon mit Geburtsfehlern behaftet, die sich in der Kursentwicklung lange, lange auswirken, oft fast so lange, wie die Anleihe überhaupt läuft. Die geistige Einstellung der
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sämtlichen Banken, die damit zu tun gehabt haben, ist diesem Papier ungünstig, solange jemand sich daran erinnert, wie unangenehm das Geschäft ausgegangen ist; das hinterläßt einen schlechten Geschmack. Meine Herren, und wenn der Bankier nichts verdient, wenn man ihn nichts verdienen läßt oder wenn er gar verliert — ich hoffe, ich finde allgemeinen Beifall, wenn ich sage: das ist unmoralisch. (Heiterkeit.) Aber schlimmer noch ist es, wenn das Publikum verliert. Wir hier in Deutschland sind in diesen Fragen in mancher Hinsicht mit falschen Anschauungen erzogen worden, denn wenn hier eine Anleihe aufgenommen werden soll, so denkt man, es gehe überall so wie in den Sitzungen des Preußenkonsortiums in der Seehandlung oder in der Reichsbank vor dem Kriege, wo man Kurse diktiert hat, die vielfach von vornherein die Sicherheit schufen, daß das Geschäft für die übernehmenden Banken mit einem Verlust enden mußte (Heiterkeit), und wo man die Tüchtigkeit darin gefunden hat, solche Kurse festzusetzen. Meine Herren, der eigene Staat kann sich etwas Derartiges allenfalls leisten (Zuruf: Nein!), obgleich er gegen sich sündigt, wenn er es tut. (Sehr richtig!) Aber er schädigt schließlich nur seinen Kredit. Auch der einzelne private Kreditnehmer kann, wenn er im Inlande über Kredite verhandelt, schließlich tun, was er will; er schädigt seinen Kredit. Aber der Staat, die Kommune oder der Private, der im Ausland heute verhandelt und solche Fehler macht, meine Herren, schädigt nicht nur seinen Kredit, er schädigt unser aller Kredit. (Sehr richtig!) Darum sollte jeder dieser Sache eingedenk sein. Man sollte nicht die Tüchtigkeit darin finden, ein viertel oder ein halbes Prozent mehr herauszuschlagen. Ich glaube, hier werden Denkfehler gemacht, die auch einmal erwähnt werden dürfen. Wenn ein Anleiheaufnehmer ein halbes Prozent mehr herausschlägt, so ist es ein Irrtum, zu glauben, daß das bei einer Anleihe von 100 Millionen für ihn einen Unterschied von 500 000 M. macht. Das ist nicht der Fall, sondern es macht einen Unterschied in der Amortisation und Verzinsung, denn seine Leistung, die dem Gelde gegenübersteht, das er bekommt, ist ja nur die Verzinsung und Amortisation. In der Verzinsung und Amortisation einer langfristigen Anleihe aber macht das halbe Prozent im Emissionskurs sehr wenig aus, außerordentlich wenig. Und wenn bei einer solchen Anleihe dadurch, daß sie richtig plaziert worden ist, daß sie beliebt ist, z. B. der Zeitpunkt der Konvertierung etwas eher kommt, als er bei einer falsch plazierten und unbeliebten kommen würde, dann kann das gerade bei den Verhältnissen, wie wir sie heute haben, gerade bei den hohen Zinssätzen, die wir heute dem Auslande gewähren müssen, einen Unterschied machen, der bei weitem größer ist als dieser Unterschied in der Amortisation und Verzinsung während der Laufzeit bis zu der eventuellen Konvertierung. Und auf noch etwas möchte ich aufmerksam machen, was vielleicht noch wichtiger ist. Meine Herren, sicher soll jeder, der über Anleihen verhandelt, tüchtig sein. Aber die Tüchtigkeit soll nicht darin bestehen, daß er Schlauheiten anwendet. Ich
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spreche hier nicht theoretisch» ich spreche aus ziemlich bitterer eigener Erfahrung und aus in ziemlich bitterem Ton mir gewordenen Mitteilungen von anderen. Man soll nicht so verhandeln, daß man den deutschen Bankier, der mitwirkt, und den ausländischen Bankier oder das ausländische Konsortium in den Glauben setzt, man verhandle mit ihm allein, während man in Wirklichkeit noch mit anderen daneben verhandelt. (Sehr richtig!) Man soll nicht ein festes Gebot auf 24 Stunden herausdrücken mit dem Hinweis auf technische Schwierigkeiten oder auf den Schnupfen irgendeines Vorgesetzten, der nicht sofort entscheiden könne, um an einer anderen Stelle dann etwas mehr herauszuhandeln. Solche Dinge sind vorgekommen. (Zuruf: Leider!) Sie sind sicherlich häufiger vorgekommen. Ich habe zufälligerweise nur von Fällen gehört, die hinsichtlich der Anleihenehmer absolut gleichartig lagen; und ich darf hier nicht sagen, wer diejenigen gewesen sind, bei denen etwas Derartiges vorgekommen ist, denn man würde sonst im Zusammenhang mit dem, was ich vorher gesagt habe, glauben, daß ich gerade gegen die Kommunalverwaltungen irgend etwas hätte. (Heiterkeit und lebhafter Beifall.) Meine Herren, das ist nicht der Fall. (Erneute Heiterkeit.) Aber alles in allem sollten wir uns etwas mehr auch in dieser Beziehung in die veränderte Position hineinfinden, die wir leider doch woU bei allem Optimismus für eine gewisse Zeit einnehmen müssen. Und wir sollten das Wort von Heinrich Heine im Gedächtnis behalten: „Lang ist ja die Lebensbahn, und du mußt noch manchmal borgen, wie du es so oft getan." (Heiterkeit.) Als Emissionsland für deutsche Werte kommt augenblicklich noch in erster Linie Amerika in Frage. Aber auch England wird sich sicherlich dem deutschen Markte wieder erschließen, sobald die währungspolitischen Gründe, welche in diesem Lande augenblicklich eine Einschränkung der Kreditgewährung an das Ausland veranlassen, fortgefallen sind. Es darf im übrigen als ein erfreuliches Zeichen angesehen werden, daß verhältnismäßig große Teile deutscher Anleihen schon im Laufe der vergangenen zwölf Monate in Holland untergebracht werden konnten und daß die Emissionen in Holland häufig auch in denjenigen Fällen von Erfolg gekrönt waren, in welchen dieses bezüglich des in Amerika emittierten Hauptbetrages derselben Anleihe nicht in vollem Maße zutraf. Man darf daraus schließen, daß in Holland das Vertrauen zu Deutschland wieder in starkem Wachsen ist, und wir können die Beurteilung, die sich darin kundgibt, um so höher einschätzen, als Holland m besonderem Maße in der Lage ist, sich eine zutreffende Meinung über die deutsche Entwicklung zu bilden. Was die Bedingungen anbetrifft, zu denen wir Anleihen im Ausland unterbringen können, so ist nicht zu vergessen, daß auch die Anleihen mancher anderen europäischen Staaten in Amerika einstweilen nur zu hohen Zinssätzen aufgelegt werden konnten. So stellt sich die Verzinsung der französischen Anleihen bei den gegenwärtigen Kursen auf über 772 v. H. Es handelt sich aber dabei keineswegs um eine besonders niedrige Bewertung französischer Anleihen, sondern
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auch die Bewertung von Anleihen anderer Staaten, zum Teil sogar solcher, die am Kriege nicht beteiligt waren, ist nicht viel besser. Voraussichtlich wird es noch eine gewisse Zeit dauern, bis wir in der Lage sind, den langfristigen Kreditbedarf im Ausland zu günstigen Bedingungen befriedigen zu können. Es wird nämlich stets eine Wechselwirkung stattfinden zwischen dem Markt für langfristige Anleihen in Deutschland selbst und demjenigen für deutsche langfristige Anleihen im Ausland. Wenn gegenwärtig zwischen den Zinssätzen, die bei der Anlage von Geld in langfristigen Anleihen in Deutschland selbst zu erzielen sind, und denjenigen, zu denen im Ausland langfristige Kredite an Deutschland gewährt werden, ein erheblicher Unterschied besteht, so hat dies seinen Grund darin, daß das Ausland bei der Gewährung langfristigen Kredites nach Deutschland vorläufig noch eine ungeheuer enge Auswahl trifft, so daß nur ein kleiner Teil der deutschen Kreditsuchenden überhaupt Zugang zu den ausländischen Märkten findet, und auch dieser kleine Teil nur für einen gewissen Prozentsatz seines Bedarfes. Es gibt also immer sehr große Teile auch allererster deutscher Krediterfordernisse, welche nicht im Ausland befriedigt werden können und daher auf dem deutschen Markt Unterkunft suchen. Eine wirklich sehr ins Gewicht fallende Verbilligung des Satzes für langfristige ausländische Leihgelder wird demgemäß erst dann eintreten, wenn auch der deutsche Kapitalmarkt wieder einigermaßen funktioniert, wenigstens insoweit, daß überhaupt eine Annäherung der deutschen Sätze für erste langfristige Kredite an die ausländischen Sätze stattfindet. Dies ist bisher noch keineswegs der Fall; man muß sogar konstatieren, daß das Heruntergehen des Zinssatzes der allerbesten deutschen Anlagewerte, z. B. der Hypothekenpfandbriefe erster Hypothekenbanken, der landschaftlichen Pfandbriefe, der vom Reich und Bayern garantierten Rhein-Main-Donau-Obligationen, der Hamburger £-Anleihe usw. usw., bei weitem langsamer fortschreitet als die Verbilligung der Kontokorrentkredite der Banken und Bankiers. Es besteht also heute in Deutschland zwischen der Entwicklung des Zinssatzes für Kontokorrentkredite und desjenigen für langfristige Anlagekredite weniger Parallelität, als es in der Vorkriegszeit der Fall war, obgleich der Unterschied zwischen den beiden Arten der Geldanlage, vom Standpunkt des Bankiers aus gesehen, geringer ist, als er m der Vorkriegszeit war, da die Kontokorrentkredite heute zweifellos weniger leicht flüssig zu machen sind als vor dem Kriege. Wenn man hinzunimmt, daß immer noch bei weitem mehr Kontokorrentkredite gefordert werden, als eingeräumt werden können, daß also eine Konkurrenz in dieser Beziehung nicht in Frage kommt, so ergibt sich auch aus einem Vergleich des Zinsfußes für langfristige Anleihen mit dem für Kontokorrente der Beweis, daß die deutschen Banken und Bankiers bei der Festsetzung der Kontokorrentbedingungen keineswegs lediglich die Tendenz walten lassen, möglichst hohe Gewinne zu erzielen, vielmehr stets auf die Interessen der Allgemeinheit die gebotene Rücksicht nehmen. Wenn das Vertrauen zu Deutschland
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•wächst, so wird im übrigen die Unterbringung auch großer Beträge deutscher Werte im Ausland voraussichtlich keine Schwierigkeiten machen, da, um nur von Amerika zu sprechen, die Emissionen europäischer Provenienz dort bisher — wenn sie auch, absolut genommen, groß sind — doch immer nur einen verhältnismäßig sehr kleinen Teil der gesamten amerikanischen Anlage in Wertpapieren ausmachen. Die Gesamtemission von Anleihen aller ausländischen Staaten, allerdings nur der Staaten, in Amerika hat während der ersten sechs Monate d. Js. nur 185 000 000 Dollar betragen bei einer Gesamtsumme der Emissionen von 3 700 000 000 Dollar. Aber je mehr wir hoffentlich in nicht zu langer Zeit in die Lage kommen werden, große Beträge im Ausland unterbringen zu können, desto mehr müssen wir darauf bedacht sein, die ausländische Verschuldung einzuschränken, denn auf einer sicheren Basis wird Deutschland erst dann stehen, wenn das Kapitel „Ausländische Kredite und Beteiligungen in der deutschen Wirtschaft" aufgehört hat, diejenige Bedeutung zu haben, die ihm augenblicklich noch zukommt, — wenn wir wieder, wie, glaube ich, Herr Paul Warburg bei seiner hiesigen Anwesenheit sich ausgedrückt hat, in vollem Maße unser eigener Bankier sein können. Meine Herren! Ich komme zum Schluß und möchte nur noch e i n e ausländische Beteiligung in Deutschland erwähnen, die auch gestern schon gestreift worden ist — die größte von allen. Es ist die Beteiligung, welche unsere früheren Gegner durch den Dawes-Vertrag in Deutschland erworben haben. Mit der Entwicklung, die diese Beteiligung nimmt, werden wir alle uns noch lange zu beschäftigen haben, und von ihr wird das weitere Schicksal Deutschlands zum nicht unerheblichen Teile abhängig sein. Niemand kann sagen, wieviel von den Lasten, die wir aufbringen müssen, in Zukunft wird transferiert werden können, aber ich glaube, die deutsche Wirtschaft ist einig in dem Gedanken, daß sie auf Grund dieser Verpflichtungen leisten muß, was sie leisten kann. Deutschland hat durch die Kraft, mit welcher es über furchtbare Zeiten hinweggekommen ist, schon heute einen Teil seines alten Kredites wiedergewonnen. Ich wage es, die feste Überzeugung auszusprechen, daß es auch über die Zeiten, in denen wir uns befinden, und noch über manche weiteren schweren Perioden als einheitlicher Staat und schließlich mit ungeschwächter Kraft hinweggehen wird. (Lebhafter, lang anhaltender Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Meine verehrten Herren! Ich glaube, nicht zuviel zu sagen, wenn ich mit dem herzlichen und aufrichtigen Dank für den Herrn Berichterstatter zunächst einmal die Behauptung verbinde, daß wir nur einen Satz in diesem Vortrage mit Bedauern gehört haben, den nämlich, wo er sagte: Ich komme zum Schluß. (Heiterkeit.) Meine Herren, trotz der Menge von ersten Kräften — das darf man wohl sagen —, über die wir zum Glück verfugen dürfen, würde es doch schwer geworden sein, einen geeigneteren Berichterstatter gerade für diese Frage zu finden, einen Berichterstatter,
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in dem sich so ungemein viel praktische Erfahrung mit tiefen theoretischen Kenntnissen auf diesem Gebiete verbindet. Wenn er bei Gelegenheit dieses Berichts einmal gesagt hat, daß er aus der Praxis für die Praxis spreche, so ist das zu eng, denn ich bin überzeugt — und das wird vielleicht auch aus der Besprechung hervorgehen —, daß auch die Theorie — nicht nur die Praxis — aus dem, was er gesagt hat, die nötigen Folgerungen zu ziehen nicht unterlassen wird. Das aber war das besonders Schöne an diesem Bericht und hat den Eindruck dieser Ausführungen zweifellos verstärkt, daß er von scharfen Äußerungen, heftiger Kritik, starken Angriffen von vornherein Abstand genommen hat, was auch gar nicht in der Natur dieses vorsichtigen, ruhigen Berichterstatters liegt. Er hat vielmehr da, wo er sie für nützlich erachtete, eine Waffe angewendet, die vielleicht besser wie scharfe Angriffe wirkt, nämlich jenen feinen, auch mit Ironie gewürzten Humor, den diejenigen, für die er bestimmt war, ganz sicher als eine scharfe Kritik empfunden haben. (Heiterkeit.) Mögen sie sich auch danach richten! Mir hat ganz besonders wohl getan die Erinnerung an Arthur Fischel, die gleich bei Beginn vorkam, einen Vorgänger des Herrn Berichterstatters, an den ich mich auch aus der Börsenenquetekommission und aus langjährigen Arbeiten mit ihm so gern erinnere und in dessen Art vieles gewesen ist, was mit der Art des heutigen Redners übereinstimmt. Wenn ich noch denke, mit welcher Aufmerksamkeit u. a. die Ausführungen Fischeis in der Börsenenquetekommission, wo er immer den Nagel auf den Kopf traf, über die Schaffung eines Goldmarktes aufgenommen wurden, so weiß ich, was ich tat, wenn ich gerade bei diesem Redner auch meinerseits das Andenken jenes ausgezeichneten Mannes wieder lebendig werden lassen wollte. (Beifall.) Darf ich dann zum Schluß noch eines hervorheben. Der Herr Berichterstatter war ohne Zweifel absichtlich vorsichtig auch da, wo er vielleicht bei einiger Leichtigkeit der Anschauung mit der Aufstellung statistischer Zahlen weitergehen konnte. Um so mehr wirkte es, wenn wir gehört haben, daß er seinerseits den Betrag der Anlagen in langfristigen Anleihen zwar nicht genau schätzen zu können erklärt, aber hinzugefügt hat, er glaube nicht, daß es sich um Summen handeln könne, deren jährliches Zinsen- und Tilgungserfordernis für die deutsche Zahlungsbilanz sehr stark mitbestimmend sein kann — ein sehr wertvolles Zeugnis. Das gleiche gilt, wenn er hinsichtlich unserer schwebenden, also der Kurzfristigen Schuld bemerkt hat, daß er nicht annehmen möchte, daß die Summe der schwebenden Schuld Deutschlands an das Ausland den Betrag ausmache, den ein Direktor im Statistischen Reichsamt mit 1600 Millionen Reichsmark ausgerechnet hatte. Die Fülle aber der praktischen Ratschläge und der Mahnungen, die direkt in die Praxis umgesetzt werden können, ist, glaube ich, so groß gewesen, daß wir alle, selbst diejenigen, die in der Materie selbst gut beschlagen sind, ganz gewiß nicht ohne eine lebhafte Förderung von diesem Berichte Abschied nehmen, und es ist be-
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dauerlich, daß wir von ihm — wenigstens für heute — schon Abschied nehmen müssen. (Lebhafter Beifall.) Ich erteile das Wort dem zweiten Berichterstatter, Herrn Hofrat Dr. S c h r e y e r . Berichterstatter Hofrat Josef S c h r e y e r , Direktor der Bayrischen Hypotheken- und Wechselbank, München: Meine sehr verehrten Herren! Vom allgemeinen Problem des Auslandskredits, das der Herr Vorredner in so meisterhafter Weise vor uns zergliedert hat, zu einem wichtigen Ausschnitt desselben, zum deutschen Immobile als Quelle von Auslandskredit. Wenn wir dieses Segment des Problems betrachten wollen, müssen wir uns zunächst ein klares Bild machen vom deutschen Realkredit überhaupt und im besonderen vom organisierten deutschen Realkredit. Wer reale Unterlagen für sein Kreditbegehren geben kann, ist in einer bevorzugten Lage gegenüber dem, der Personalkredit begehrt. Personalkredit ist Vertrauenssache; der Kreditgeber setzt voraus, daß der Kreditempfanger den Status seines Vermögens, seines Betriebes ihm richtig angegeben hat, daß er gut weiterwirtschaften, daß er nichts unternehmen wird, was die Sicherheit des Kredits zu gefährden geeignet ist. Mit und ohne Verschulden des Kreditnehmers können aber über Nacht Momente eintreten, welche zu einer Änderung in der Beurteilung der Sicherheit des gegebenen Kredites zwingen; deswegen muß die Möglichkeit bestehen, das Kreditverhältnis rasch zu ändern, der Personalkredit kann im Prinzip nur ein kurzfristiger sein. Wesendich anders liegt die Sache bei dem Kredite, der unterlegt ist durch entsprechende dingliche Sicherungen, wo auf dem Geschäftsgrundstück, auf dem Gut, auf einem Wohnhaus, einer Villa zur besonderen Sicherung des Kredits Hypothek oder Grundschuld für den Kreditgeber eingetragen wird. Hier haben wir als Substrat des Kredites einen bleibenden Sachwert. Aber auch der Wert des Immobiles ist kein ewig gleicher, kein unverrückbarer. Bei diesen Erwägungen scheiden selbstverständlich Wertsminderungen aus, die dem Immobile durch Brand oder Hagel oder durch Explosion drohen; dagegen gibt es den Versicherungsschutz, und der Gläubiger, welcher ein Immobile als Pfand nimmt, wird immer den Abschluß der erforderlichen Versicherungen bedingen. Aber auch von solchen Ereignissen abgesehen, kann z. B. das vorzüglichst bewirtschaftete Gut in verhältnismäßig kurzer Zeit heruntergewirtschaftet sein, das Haus kann durch Vernachlässigung der Wiederinstandsetzung schweren Schaden leiden, das Fabrikgrundstück kann unendlich an Wert verlieren, wenn der Betrieb, für den es erstellt war, notleidend wird, ein Geschäftshaus in erster Lage kann eine starke Werteinbuße erleiden, wenn z. B. der Bahnhof einer großen Stadt verlegt wird und damit die bisherige Bahnhofstraße, in der das Gebäude steht, von der prima Geschäftslage zu einer zweiten oder dritten Geschäftslage herabsinkt, mit einem Worte Wertverschiebungen gibt es auch beim Immobile. Aber
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in den meisten Fällen bleibt ein Wert, und es kommt nur darauf an, bei Hereinnahme des Immobiles als Sicherheitsgarantie sich genau zu überlegen, was von dem Werte, den es bei der Verpfandung repräsentiert, im Laufe der Jahre abbröckeln kann, was wohl der Wert des Immobiles sein wird, wenn es als notleidend auf den Markt kommt. Dann und wann kann einmal eine Prüfung des Immobiles auf seinen dauernden Wert auch dazu führen, ein Immobile als Kreditunterlage überhaupt abzulehnen, weil bei Eintritt ungünstiger Verhältnisse sich menschlicher Voraussicht nach niemand finden würde, der das notleidende Immobile erwerben wollte; es hat z. B. jemand weit weg vom Weichbild einer großen Stadt Gebäude für die Herstellung irgendeines, sagen wir keramischen, Spezialartikels errichtet, und die Anlage ist so, daß sie ohne die bedeutendsten Umbauten für einen anderen Betrieb nicht verwertbar ist; hier wird der seriös Prüfende die noch so schönen Bauten trotz des vielleicht gerade blühenden Betriebs nicht als nachhaltige Werte bezeichnen können. Das gleiche ist der Fall bei einem Grundstück, dessen Bestandteile (Kies, Lehm, Porzellanerde, Kohle, Torf) abgebaut, ausgebeutet werden. Nur das Immobile, dem hiernach auf Grund eingehender sachverständiger Prüfung ein sicherer, verlässiger Dauerwert zuerkannt werden kann, kommt mit dem als bleibend erkannten Wertsteile als Sicherheitsfaktor bei der Kredithingabe in Betracht. Und bei dieser Bestimmung des sicher bleibenden Wertsteiles darf nur auf das Immobile selbst gesehen werden, die besondere Rentabilität, die der besonderen Tüchtigkeit des derzeitigen Unternehmers zu verdanken ist, muß außer Berücksichtigung gelassen werden. So gewertet, ist die Kreditunterlage eine auf lange Sicht taugliche; auf sie kann sich aufbauen der langfristige Kredit, der sich als hypothekarisch gesichert qualifiziert. Häufig wird nun das Kreditbedürfnis, zu dessen Sicherung ein Grundstück angeboten wird, im Zusammenhang stehen mit dem Immobile. Der Landwirt will eine Scheune errichten, im Wohnhaus Auswechslungen vornehmen, Maschinen beschaffen, eine Wasserkraft ausbauen, der Hausbesitzer, der Hotelier will sein Objekt verbessern, umbauen, ausbauen, der Industrielle beabsichtigt eine Verbreiterung seines Geschäftsbetriebs, eine Modernisierung der Anlage, die Angliederung einer neuen Abteilung u. a. Das sind Bedürfnisse nach einem Investitionskredite, welcher der Natur der Sache nach nicht aus dem laufenden Betriebe in kurzer Zeit zurückgeführt werden kann, Kreditbedürfnisse auf lange Sicht, auf lange Dauer, die auch nach Tunlichkeit auf das Immobile zu verweisen sind, auf den langfristigen Immobiliarkredit. Aber auch sonst wird der Kreditbedürftige, auch wenn es sich nicht um einen Investitionskredit handelt, die Kreditquelle, die in einem ihm gehörigen Immobile liegt, nach Umständen in Zeiten günstiger Hypothekdarlehensbedingungen ausnutzen, eben wegen des langfristigen Charakters dieses Kredits und wegen der Stabilität der Kreditbedingungen, die meist für die ganze lange Laufzeit die gleichen sind.
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Den Kredit auf das Immobile kann der Private geben, kann eine Sparkasse, eine Versicherungsgesellschaft, eine Stiftung, irgendeine private, gemeinnützige oder öffentlich-rechtliche Genossenschaft oder ein sonstiges Kreditgebilde einräumen; das kann dem einen oder anderen dienen, das wird sich aber nie als eine Befriedigung des langfristigen Kreditbedürfnisses im großen darstellen. Hierfür haben wir die geeignete Form im PfandbriefHypothekengeschäft, vor allem der deutschen Hypothekenbanken. In Höhe der von der Bank zugesagten und für sie eingetragenen Hypotheken werden Pfandbriefe ausgegeben; aus dem Erlöse der Pfandbriefe werden die Hypothekendarlehen gegeben. Vom Absatz der Pfandbriefe hängt also ab der Umfang des Beleihungsgeschäftes. Es gebot sonach schon das eigenste Interesse den Hypothekenbanken, ihr Geschäft so zu führen, daß das Publikum die Pfandbriefe als risikofreie Anlage schätzte, daß es Vertrauen in die Geschäftspraxis der Hypothekenbanken bekam und behielt. Das gleiche Interesse hatte auch der Staat, der für eine entsprechende hemmungslose Befriedigung des Realkreditbedürfnisses besorgt sein muß. So sind denn im Reichshypothekenbankgesetze vom 13. Juli 1899, dem alle Aktienhypothekenbanken unterworfen sind, Vorschriften getroffen, die alle das eine Ziel haben, eine solide vorsichtige Beleihungspraxis zu gewährleisten. Für die Grundlage des Beleihungsgeschäftes, die Auswahl der Beleihungsobjekte und die Ermittlung des Beleihungswertes sind im Gesetze Bestimmungen verankert, welche die Einhaltung der bewährten eingangs besprochenen Grundsätze bezwecken. Auf dieser Basis kann das Beleihungsgeschäft aufgebaut werden. Bei der Beleihung darf nun aber niemals der ermittelte Wert, auch nicht der nach den dargelegten Grundsätzen errechnete Notverkaufswert, erreicht werden; die äußerste Grenze, bis zu welcher der vorsichtigst ermittelte Immobiliarwert durch die Beleihung erfaßt werden darf, ist nach dem Gesetz 60 v. H., bei landwirtschaftlichen Objekten 662/3 v. H. Damit bleibt zur Erhöhung der Sicherheit der Hypothek ein Wertsraum frei, der geeignet ist, Irrtümer in der Wertsfeststellung, unvorhergesehene Verschlechterungen des Wertes und Aufwendungen, welche infolge von Zahlungsverzug des Schuldners sich ergeben, auszugleichen. Die 6/10-Beleihungsgrenze gilt aber selbstredend nur für normale Zeiten; heute kann niemand daran denken, auch nur annähernd bis zu dieser Beleihungsgrenze zu gehen. Eine auf der Basis der Pfandbriefe gegebene Hypothek verlangt heute, wenn wir das Disagio der Pfandbriefe und die zur Deckung der Geldbeschaffungskosten erforderlichen Abzüge entsprechend mitberücksichtigen, einen Zinsendienst von 12 bis 13 v. H., weit mehr als das Doppelte von der Vorkriegszeit. Die Erträgnisse aber sind — auch abgesehen von dem zwangsbewirtschafteten, mit besonderen Abgaben belegten Hausbesitz — nicht wesentlich höher als im Frieden, und wenn man die wesentlich gesteigerten öffentlichen Lasten, die wesentlich gesteigerten Kosten für das Arbeitspersonal und für die Lebsucht berücksichtigt, in ihrem Nettoertrage sogar wesentlich schlechter als im Frieden. Deswegen sind auch zum 10*
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Teil die Verkaufspreise heruntergegangen, aber bei dieser Senkung der Preise ist keineswegs der so wesentlich gestiegene Leihzins auch nur annähernd so berücksichtigt, wie es sonst bei der Kapitalisierung des Ertrages eines Kaufobjektes der Fall ist. Nehmen wir an, ein Gut, das im Frieden 100 000 M. kostete, habe jetzt einen Verkaufswert von 75 000 M. Im Frieden war es mit 60 000 M. belastet, wofür vielleicht 41/.. v. H. Zins zu zahlen waren = 2700 M. Würde es heute mit 60 v. H. belastet, so ergäbe sich eine Hypothek von 45 000 M., die mit vielleicht 34 600 M. effektiv zur Auszahlung gelangen und einen Zinsendienst von mindestens 4050 M. erfordern würde; berücksichtigt man dann die Notwendigkeit einer Rückzahlung im vollen Nominalbeträge und nimmt man eine Laufzeit der Hypothek von vielleicht zehn Jahren an, so ergibt sich die Notwendigkeit, für den Ausgleich der Differenz zwischen der Barauszahlung und dem dann wieder bei der Rückzahlung in Erscheinung tretenden Nominalbetrage noch eine Mindestlast von 1000 M. pro anno zu den Zinsen hinzuzurechnen. Es würde also, wiewohl der effektiv zur Auszahlung gelangte Hypothekenbetrag sich nur wenig über die Hälfte der Friedenshypothek bezifferte, die Jahresleistung fast an das Doppelte des Friedenszinsendienstes heranreichen, und das trotz des wesentlich geringeren Nettoertrages. Eine solche Hypothek müßte zum Ruin führen. Die Hypothek darf keinen höheren Zinsen- und Tilgungsdienst erfordern, als er aus dem belasteten Objekte selbst herausgewirtschaftet werden kann nach Deckung aller Lasten, wozu beim landwirtschaftlichen Anwesen und überall da, wo die Arbeitskraft des Besitzers im Objekte Verwendung findet, die Kosten der Lebenshaltung der Besitzerfamilie gehören; sonst muß es unweigerlich zum Zugriff des Gläubigers auf die Substanz kommen mit der Frage, ob dann beim Notverkaufe Volldeckung erreichbar ist. Daher die Forderung: Unter keinen Umständen heute Beleihungen über 30 v. H., und auch in dieser Höhe nur unter ganz günstigen Verhältnissen; oft wird eine Beleihung mit einem Fünftel, ja mit einem Sechstel des Wertes das richtige sein. Wenn so verfahren wird, und so verfahren alle sachverständig geleiteten Hypothekenbanken, dann ist der langfristige Kredit ein gut fundierter. Dazu tritt noch außerhalb von Gesetz und Statut ein weiteres sicherheitsverstärkendes Moment, das begründet ist darin, daß die Gesamtheit der von einer Hypothekenbank errichteten Hypotheken der Gesamtheit ihrer Pfandbriefe haftet, daß also jeder Pfandbrief anteilmäßig Deckung hat in allen für die emittierende Bank errichteten Hypotheken. Diese Risikoverteilung ist bei den Hypothekenbanken in weitem Maße durchgeführt. Ihr Beleihungsgebiet erstreckt sich über das ganze Deutschland. Das richtig arbeitende Institut vermeidet es, sich etwa nur auf einige wenige Orte in seinem Beleihungsgeschäft zu beschränken, man sucht vielmehr den örtlichen Umriß des Beleihungsgebietes möglichst weit zu ziehen; andererseits wird auch bei Hereinnahme von Hypotheken richtigerweise danach gestrebt, nach dem wirt-
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schaftlichen Charakter der Pfandobjekte möglichst zu mischen, Landwirtschaft, Hausbesitz, Industrie nebeneinander als Beleihungsobjekt zu suchen, und es wird insbesondere vermieden eine allzu starke Häufung gleichartiger, namentlich größerer Risiken. Diese örtliche und sachliche Verteilung des Risikos hat zur notwendigen Folge, daß lokale Krisen, lokale Schäden in der Landund Forstwirtschaft, der Niedergang in einer Branche der Industrie oder des Handels, Verschiebungen in den Verkehrszentren und die damit gegebene Umwertung der Objekte in einer großen Stadt und was sonst noch an Gefahrenmomenten gegeben ist, keinen nennenswerten Schaden im Gesamtgeschäfte auslösen können. In der neuesten Zeit sind allerdings mehrfach Bestrebungen hervorgetreten nach Gründung von Realkreditinstituten für gewisse Zweige der Wirtschaft, nach Gründungen also, die von dem elementaren Grundsatz der Nützlichkeit des Risikoausgleichs abweichen. Es ist dabei vor allem zu erwähnen der Gedanke der Gründung einer Industriehypothekenbank für das Reich, die ausschließlich industrielle Objekte in den Kreis ihrer Beleihungstätigkeit ziehen soll, deren Wirksamkeit also beschränkt ist auf die Industrie, ein Gedanke, der bereits in einem Gliedstaate eine Verwirklichung gefunden hat. Bei näherer Betrachtung des Problems werden wir uns ohne weiteres von dem schweren Fehler überzeugen, der darin liegt, daß gerade hier der Fundamentalsatz der Risikoverteilung verlassen werden will. Schon in normalen Zeiten mußte der Hypothekenfachmann bei Vornahme von langfristigen Industriebeleihungen eine ganz besondere Vorsicht üben. Er hatte zu erwägen, daß die Rentabilität eines industriellen Unternehmens meist nur zu einem sehr kleinen Teile abhängt von den Anlagen, daß vielmehr ein Hauptfaktor ist die persönliche Tüchtigkeit des Unternehmers, die in kurzer Zeit wegfallen oder sich ins Gegenteil verkehren kann; er mußte sich vor Augen halten, daß im Zusammenhang mit ungünstigen Handelsverträgen, mit Lohnkämpfen, mit Geldknappheit, mit zurückgehendem Wohlstand der Käuferkreise, mit Konkurrenzgründungen und Konkurrenzmanövern, mit neuen bahnbrechenden Erfindungen u. a. die Prosperität eines einzelnen industriellen Unternehmens oder eines ganzen Industrie- oder Handelszweiges oder vielleicht der gesamten Industrie, des gesamten Handels eines Landstriches oder eines ganzen Landes heruntersinken kann bis zur Unrentabilität, er mußte sich klar sein, daß ein nicht mehr rentierendes oder ein heruntergewirtschaftetes Etablissement, mögen die Bauten und die Einrichtung auch noch so viel gekostet haben, in den allermeisten Fällen keinen Käufer findet oder höchstens Aussicht hat auf ein lächerlich niedriges Gebot in der Zwangsversteigerung. Heute kommt dazu die Industriebelastung, die keineswegs für die Folge zu übersehen ist, da sie von Jahr zu Jahr neu umgelegt wird; es kommen dazu die ganze Unsicherheit unserer wirtschaftlichen Lage, die gewaltig gewachsenen Schwierigkeiten der Konkurrenz mit dem Auslande, die Erschwerungen der Ausfuhr, die furchtbaren Lasten, welche auf dem ganzen Volke ruhen. Diese Betrachtungen
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müssen ohne weiteres zeigen, daß die Beschränkung der Beleihungstätigkeit auf diesen Ausschnitt aus dem Gebiete der Wirtschaft das Unternehmen als ein wesentlich risikoreicheres darstellen muß, als wenn das Gebiet der Beleihungstätigkeit ein räumlich und sachlich ausgedehntes, uneingeschränktes ist. Weiter ist in diesem Zusammenhange zu erwähnen die Gründung der Rentenbankkreditanstalt, welche die Belehnung lediglich landund forstwirtschaftlicher Objekte zum Ziele hat. Auch hier ist das Prinzip weitmöglichster Verteilung des Risikos nach der sachlichen Seite hin verlassen. Es muß aber anerkannt werden, daß die Risiken, die von diesem Institute hereingenommen werden, im allgemeinen als sehr gute, verhältnismäßig einem geringen Wechsel unterworfene zu qualifizieren sind, und es ist weiter dadurch, daß das Institut über das ganze Deutsche Reich hin arbeitet, die lokale Verteilung des Risikos in weitestem Umfange durchgeführt. Im Prinzipe muß aber unbedingt der alte, bei den Hypothekenbanken zum Teil durch eine fast neunzigjährige Praxis bewährte Grundsatz weitester Risikoverteilung hochgehalten werden; die Realkreditinstitute, welche ihre Beleihungstätigkeit weder örtlich einschränken noch sich auf Pfandobjekte besonderen wirtschaftlichen Charakters beschränken, sondern alle beleihungswürdigen Pfandobjekte, gleichviel welchen wirtschaftlichen Zwecken sie dienen, hereinnehmen, dienen dem Realkredit am besten. Die Zerreißung der Realkreditversorgung in der Weise, daß für die einzelnen Wirtschaftsgebiete gesonderte Institute geschaffen werden, müßte letzten Endes zu einer Gefahrdung einer wirklich durchgreifenden wirksamen Befriedigung des Realkredits in seiner Gesamtheit fuhren, da zu besorgen wäre, daß gerade aus dem Gesichtspunkte der mangelnden Risikoverteilung das Sparkapital sich wenigstens von der einen oder anderen Gruppe von Realkreditobligationen abwenden würde. Schließlich ist neben der sorgfältigen Auswahl der Beleihungsobjekte, neben dem vorsichtigen Ausmaß der Beleihungen, neben der wertvollen Risikoverteilung nach der örtlichen und sachlichen Seite hin zu erwähnen, daß der gesamte Betrieb der Hypothekenbanken unter staatlicher Aufsicht sich vollzieht, daß dem Pfandbriefgläubiger neben den ihm besonders verfangenen Deckungshypotheken wie jedem Gläubiger der Bank das gesamte Vermögen des Instituts haftet und daß der Pfandbriefgläubiger im Konkurse der Bank ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus den Hypotheken hat, die den Pfandbriefen mindestens in gleicher Höhe und mindestens mit dem gleichen Zinsertrage gegenüberstehen müssen. Der so unter Beachtung der strengsten Sicherheitskautelen geschaffene und mit besonderen Vorrechten in der Deckung ausgestattete Pfandbrief war in der Friedenszeit das gesuchteste deutsche Anlagepapier; durch den Pfandbrief war am Ende der Friedensepoche ein Betrag von IIV2 Milliarden Goldmark aus den Händen der Sparer dem langfristigen Immobiliarkredit zugeführt worden, und heute, nachdem noch keine zwei Jahre seit der Stabilisierung
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unserer Valuta verstrichen sind, ist der Betrag, der über die Pfandbriefe der Hypothekenbanken dem Immobilienbesitz als langfristiger Kredit zugeflossen ist, auf etwa 620 Millionen Goldmark zu veranschlagen. Das ist ein erfreuliches Zeichen für die fortdauernde Beliebtheit des Pfandbriefes und läßt darauf hoffen, daß wie früher, so auch n der Folge das Sparkapital diese Art der Kapitalsanlage mit Vorli: be wählen wird, und daß so immer mehr vom Inlande aus das Realkreditbedürfnis Befriedigung finden kann. Nun ist aber leider nicht zu bestreiten, daß das Sparkapital in Deutschland unter den gegebenen wirtschaftlichen Verhältnissen sich nicht so rasch und in so breitem Umfange bilden kann, daß das heutige Immobiliarkreditbedürfnis im Inlande allein restlos befriedigt werden könnte. Aber neben dem Sparkapital gibt es in der neuen Wirtschaft auch noch eine neue Geldquelle, die öffentlichen Gelder. Was liegt näher, als zu verlangen, daß ein Teil dieser Gelder zur teilweisen Befriedigung des Realkreditbedürfnisses, und zwar unmittelbar durch Ausleihung von Hypotheken, heranzuziehen sei. Damit gibt es sogar billigeres ImmobUiargeld, als es die Hypothekenbanken schaffen könnten. Nach meiner Ansicht kann vor der Beschreitung dieses Weges nur gewarnt werden. Wenn die verehrten Herren die Güte hatten, meinen Ausführungen über die Geschäftsführung richtig geleiteter Hypothekenbanken zu folgen, werden Sie mir zugeben, daß das Geschäft des Hypothekenbankdirektors sich nicht erschöpft in dem Lesen einer Taxe oder in der Division der Endsumme mit 1 / 2 oder 1/3, sondern daß dazu etwas mehr gehört, die Fähigkeit zur selbständigen Würdigung einer Taxe, die recht oft recht frisierte Werte enthält, selbst, fast hätte ich gesagt insbesondere, wenn sie eine öffentliche Taxe ist; dazu gehört eine Erfahrung, gesammelt durch jahrelange Praxis an gesunden, an kranken, an sterbenden Objekten, eine Skepsis gegenüber Empfehlungen, eine Stellung, die den Entscheidenden befähigt, keine Rücksicht zu kennen gegenüber Wünschen von prominenten Persönlichkeiten, von gemeindlichen Größen und deren Sippe. Wer es sich zutraut, ohne diese Qualitäten ein Anleihegeschäft für Immobilien aufzumachen, der geht auf einem steil abfallenden Grat; und es kann nicht ausbleiben, daß ein solches Experiment zum Schaden ausfällt. Dazu kommt, daß z. B. die Ausleihung einer Quote der Postgelder doch nicht die Befriedigung des Realkreditbedarfs der deutschen Wirtschaft darstellt, sondern nur eines verhältnismäßig kleinen Teils desselben, da ja aus Gründen der Liquidität nur ein kleiner Teil der Postgelder dazu verwendet werden könnte. Die Konsequenz wäre, daß ein Bruchteil der Kreditsucher zu einem niedrigeren Leihsatz, als er allgemein üblich ist, seinen Kreditbedarf decken könnte — ein Geschenk aus öffentlichen Mitteln an eine Gruppe Beglückter, ein Unrecht gegenüber der Allgemeinheit. Wenn ich so die unmittelbare Zuführung öffentlicher Gelder an Immobiliarkreditsuchende ablehne, bin ich weit entfernt, in Abrede zu stellen, daß der Teil der öffentlichen Gelder, der lang-
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fristig festgelegt werden kann, nicht dem Immobilienkredit wirksam zugeführt werden könnte — auf dem Wege des Kaufes der Pfandbriefe alter, nach richtigen wirtschaftlichen Gesichtspunkten belehnender Institute. Damit belebt sich das Immobilienkreditgeschäft, von dem jeder Besitzer kreditwürdiger Objekte Nutzen ziehen kann, damit — durch die steigende Nachfrage nach Pfandbriefen — hebt sich ihr Kurs, verbilligen sich die Kreditbedingungen. Aber all das zusammen mit dem emheimischen Sparkassenkapital deckt nicht die Nachfrage nach Kredit. Krieg, Revolution und Inflation haben Landwirtschaft, Hausbesitz und einen großen Teil der Industrie in die Lage versetzt, daß gewaltige Mittel neu bereitgestellt werden müssen, wenn die Betriebe wieder auf den Stand des Friedens gebracht werden sollen; im besonderen ist das Betriebskapital im weiten Umfange verloren. Wenn wir z. B. den Kreditbedarf der Landwirtschaft allein, die vor dem Kriege mit 12 Milliarden Mark verschuldet war, heute auf ein Drittel davon einschätzen, so wären schon nur für diesen Wirtschaftszweig 4 Milliarden aufzubringen. Es ist allerdings klar, daß ein solcher Bedarf nicht auf einmal da ist, da ja die auftretenden Bedürfnisse auch nur sukzessive zu befriedigen sind, und da die gewaltigen Lasten, die eine solche Verschuldung unter den heutigen Geldmarktverhältnissen mit sich bringen würde, nicht von heute auf morgen aus dem Boden herausgewirtschaftet werden könnten. Aber auch wenn wir als zunächst in absehbarer Zeit zu deckenden Bedarf nur eine Milliarde annehmen und erwägen, daß auch Hausbesitz und Industrie entsprechende Immobüiarkreditbedürfnisse anmelden, dann wird es ohne weiteres klar, daß Auslandskredit neben dem durch den inländischen Sparer zur Verfügung zu stellenden herangezogen werden muß. Die Hypothekenbanken haben natürlich nicht verfehlt, wegen der Heranziehung von Auslandskapital für den langfristigen Immobiliarkredit entsprechende Verhandlungen zu führen. Die Realisierung scheiterte immer vor allem an drei Punkten: das Ausland verlangte bis in die allerletzte Zeit unbedingt Stellung der Obligationen auf eine ausländische Valuta, speziell auf Dollar, und damit absolute Valutagarantie; es verlangte dann, insbesondere Amerika, ein Spezialpfand im Gegensatze zu unserer Generaldeckung der Pfandbriefe und endlich Freiheit von der Kapitalertragsteuer. Der Erfüllung der ersten Voraussetzung, der Schaffung eines reinen Valutapapiers, steht unsere deutsche Gesetzgebung entgegen. Zwar ist durch die Verordnung vom 13. Februar 1920, die Eintragung von Hypotheken in ausländischer Währung betreffend, die Möglichkeit geschaffen, für eine Forderung, die in ausländischer Währung zu zahlen ist, eine Hypothek in ausländischer Währung zu bestellen, aber die Bestellung einer solchen Vatutahypothek bedarf der Einwilligung der Landeszentralbehörde, die wiederum nur im Einvernehmen mit der Reichsbank handeln darf, und es ist dabei unter den Ländern Vereinbarung dahin getroffen, daß die Eintragung einer Hypothek in ausländischer Währung nur zugelassen wird, wenn sie allgemeinen volkswirtschaftlichen Interessen dient oder zur Erhaltung des wirt-
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schaftlichen Daseins des Schuldners notwendig ist. Angesichts dieser Beschränkungen kommen solche Valutahypotheken praktisch in großem Ausmaße nicht in Frage, jedenfalls kann auf Grund derselben das Bedürfnis weiter Kreise nach Auslandskredit nicht befriedigt werden. Für die Hypothekenbanken besteht überhaupt nicht die Möglichkeit, Hypotheken in fremder Währung als Deckung für Hypothekenpfandbriefe zu verwenden; hier steht das Hypothekenbankgesetz und im besonderen die Bestimmung des § 11 dieses Gesetzes im Wege, wonach deckungsfahig nur eine Hypothek ist, welche die ersten drei Fünfteile des Wertes des Grundstückes nicht übersteigt. Der Forderung dieses Gesetzesparagraphen ist aber dann nicht entsprochen, wenn die Höhe der Hypothek abhängig ist von einer ausländischen Kursnotiz und wenn damit die Möglichkeit einer Steigerung der Hypothek, in Inlandswährung ausgedrückt, gegeben ist bei gleichbleibenden Grundstückswerten; da die Grenze dieser theoretisch möglichen Steigerung nicht bestimmbar ist, ist die Sicherheit nicht gegeben, daß die Belastung des Grundstücks innerhalb der Sechs-ZehntelGrenze des Wertes bleibt, und deshalb ist eine solche Hypothek mit den gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar. Sollten wir nun eine Änderung der Gesetzgebung dahin, daß Valutahypotheken schlechthin auch als Unterlagen für dann zu kreierende Valutapfandbriefe zugelassen werden, erstreben? Ich glaube, die Frage ist nicht zu bejahen. Deutschland hat unter größten Opfern von Landwirtschaft und Industrie seine Währung gefestigt und darf hoffen, daß immer mehr auch das Vertrauen des Auslandes auf die Stabilität dieser Währung sich ausbreitet. Dazu kommt, daß auch aus allgemeinen volkswirtschaftlichen und währungspolitischen Gründen eine breite Verschuldung des inländischen Grundbesitzes in fremder Währung hintangehalten werden muß. Zudem gibt für die Übergangszeit, bis noch die letzten Reste von Mißtrauen gegenüber Deutschland geschwunden sind, das Gesetz über die wertbeständigen Hypotheken vom 23. Juni 1923 einen gewissen Ersatz für die Valutahypothek. Nach diesem Gesetz kann die Hypothek in der Weise bestellt werden, daß die Höhe der aus dem Grundstück zu zahlenden Geldsumme durch den amtlich festgesetzten Preis einer bestimmten Menge von Feingold bestimmt wird. Zins, Tilgung und Kapital ist in Feingold zu bezahlen, d. h. es ist soviel in Währungsgeld abzuführen, als nach dem Mittelkurse der Berliner Börse auf Grund der letzten amüichen Notierung vor dem Fälligkeitstage zum Kauf der geschuldeten Feingoldmenge erforderlich ist. Der auf Grund solcher Feingoldhypotheken ausgegebene Pfandbrief der deutschen Hypothekenbanken qualifiziert sich so als ein jedenfalls der Hauptsache nach von einer Währung unabhängiges Papier und erscheint angesichts der eingangs geschilderten vorzüglichen Struktur des Beleihungsgeschäftes dieser Banken und angesichts ihrer durch Gesetz und Staatsaufsicht verbürgten sorgfältigen Beleihungsgrundsätze als eine Vermögensanlage von denkbar höchster Sicherheit. Wenn der Ausländer die Qualitäten dieses Pfandbriefs richtig
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würdigt, muß er dazu kommen, ihn als erstes risikofreies Anlagepapier zu werten. Aber dieser Pfandbrief ist entgegen dem Wunsche der Amerikaner, die nur das Spezialpfand kennen, bei denen die Bonds die Hypothek auf ein bestimmtes hochwertiges Objekt mobilisieren, ein generell gedeckter. Meines Ermessens wird auch der Amerikaner beim Durchdenken unseres Systems der Deckung aller Pfandbriefe des Instituts durch alle quadrierenden Hypotheken dazu gelangen, den hohen Sicherheitsfaktor, der in der Risikoverteilung liegt, zu erkennen und namentlich in Berücksichtigung des Umstandes, daß in Deutschland durchschnittlich nicht sehr große Pfänder in Frage kommen, diese Art der Konstruktion des Pfandbriefhypothekensystems als die durch die deutschen Verhältnisse gegebene anerkennen. Aber es wäre wohl zu optimistisch, anzunehmen, daß es schon von heute auf morgen gelingt, den Amerikaner von der Richtigkeit des deutschen Systems der Generaldeckung der Pfandbriefe zu überzeugen. Wir müssen vielmehr nach einem Wege suchen, wie wir für den Fall, daß der Amerikaner wenigstens zunächst noch an der prinzipiellen Forderung eines Spezialpfandes festhält, seiner Mentalität soweit wie möglich entgegenkommen können. Daß ein reines Spezialpfand als Unterlage für den einzelnen Pfandbrief bei uns eine Unmöglichkeit ist, wird jeder Amerikaner, der die deutschen kleinen Verhältnisse studiert, ohne weiteres erkennen. Was konzediert werden kann, ist lediglich, daß für die in das Ausland gehenden Pfandbriefe a u s s c h l i e ß l i c h besondere Hypotheken gemeinsam haften, daß also die in das Ausland gehenden Goldpfandbriefe nicht gemeinsam mit den im Inlande schon in Umlauf befindlichen und noch zu emittierenden Goldpfandbriefen gedeckt sind durch alle schon gegebenen und noch zu gewährenden Hypotheken der betreffenden Bank, sondern daß, sagen wir für 10 Millionen Goldmarkpfandbriefe, welche eine Bank ins Ausland gibt, nur die 10 Millionen Hypotheken haften, auf deren Basis diese Pfandbriefe ausgegeben werden konnten; diese 10 Millionen neue Hypotheken haften also weder mit für die alten, schon früher ausgegebenen Pfandbriefe noch für die erst später herauskommenden. Ein solcher Rechtszustand ist aber nur zu erreichen, wenn die Hypothekenbank die Hypotheken, auf Grund deren sie eine Auslandsemission von Pfandbriefen veranstaltet, jeweils in ein besonderes Register eintragen darf, und das setzt wieder voraus eine entsprechende Änderung des Hypothekenbankgesetzes. In Erkenntnis der Möglichkeit, daß zur wirksamen Anbahnung eines Auslandsabsatzes deutscher Pfandbriefe die Zulassung von Hypothekensonderregistern notwendig werden kann, ist auch bereits von mehrfacher Seite eine Änderung des Hypothekenbankgesetzes angeregt worden, leider bislang ohne Erfolg. Meines Ermessens können gewichtige Bedenken gegen eine solche Änderung des Reichshypothekenbankgesetzes nicht vorgebracht werden; gewiß, wenn es einmal gelungen ist, die Amerikaner zur vollen Anerkennung unseres Systems der Kumulativdeckung zu bringen, wird kein Mensch an ein Sonderregister
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denken, und es bleibt unser aller Überzeugung, daß der Pfandbrief einer Bank in der Gesamtheit ihrer Hypotheken die beste risikoausgleichende Deckung findet. Aber wir opfern dieses System nicht, wenn wir der amerikanischen Mentalität durch die Schaffung eines Sondergruppenpfandes entgegenkommen, und es geschieht der Inlandsemission kein Leid, wenn die mit Hilfe ausländischen Geldes gegebenen Hypotheken durch die Bank in einem besonderen Register zu einer Sonderdeckung vereinigt werden; denn es sind das Hypotheken, die eben sonst mangels eines entsprechenden inländischen Pfandbriefabsatzes überhaupt nicht errichtet würden und damit auch nicht für den inländischen Pfandbrief als Deckungsunterlage in Frage kommen. Die vorgeschlagene Änderung des Hypothekenbankgesetzes ist eine Vorsichtsmaßregel, die uns in die Lage versetzen soll, jederzeit, wenn es nach dem Gange der Verhandlungen mit dem Auslande notwendig wird, in der Höhe der im Auslande unterzubringenden Pfandbriefe gewisse Hypotheken durch ein gesondertes Register ausschließlich für diese Pfandbriefe zu verpfänden. Es ist zu hoffen, daß Reichsregierung und Reichstag sich der Erkenntnis der Notwendigkeit einer solchen gesetzlichen Maßnahme nicht verschließen und damit ein Hindernis wegräumen, das besonders bei Verhandlungen mit Amerika nach den bisher gemachten Erfahrungen sich voraussichtlich in den Weg stellen wird. Die Gesetzgebung muß so gestaltet werden, daß sie in der Deckungsfrage den mit Amerika verhandelnden Banken die Bewegungsfreiheit gibt, welche zu einer gedeihlichen Fortführung von Besprechungen unbedingt erforderlich ist. So dürften die Schwierigkeiten, die sich aus der Forderung des Valutapfandbriefs und aus der Forderung des Spezialpfandes ergeben, durch entsprechende Aufklärung und eventuelles Entgegenkommen in der Struktur der Deckung zu überwinden sein. Aber noch haftet dem deutschen Pfandbrief ein wesentlicher Mangel an, die Belastung seiner Zinsscheine mit der Kapitalertragsteuer. Für die Inländer bedeutet sie der Regel nach nur eine Antizipation der Einkommensteuer; dem Ausländer kürzt sie den Zinsertrag, ohne daß er bei der Steuer Ausgleich finden kann. Und dazu kommt noch ein weiteres Bedenken: der Ausländer besorgt, daß einmal ein neues deutsches Gesetz den Kapitalertrag aus deutschen Anleihen noch mehr trifft und daß damit die Rente zu seinen Lasten weiter herabgedrückt wird. Im neuen Einkommensteuergesetz ist nun der Weg beschritten, um für das Ausland zu einem von dieser und jeder deutschen Steuersonderbelastung freien Papier zu gelangen. § 115 des Einkommensteuergesetzes bestimmt: „Der Reichsminister der Finanzen wird bis zum 31. Dezember 1930 ermächtigt, mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstags Einkünfte aus Anleihen, die im Auslande zahlbar sind und zum Handel an den deutschen Börsen zugelassen sind, von der beschränkten Steuerpflicht zu befreien." Damit ist die Möglichkeit gegeben, Auslandsemissionen zu veranstalten mit dem uneingeschränkten
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Aufdruck, daß sie frei sind von jeder deutschen Einkommensteuer. So kann nun, wenn insbesondere auch noch die erforderlichen Änderungen des Reichshypothekenbankgesetzes durchgeführt sind, mit wesentlich größerer Aussicht auf Erfolg die Werbearbeit für den Auslandsabsatz der Pfandbriefe der deutschen Hypothekenbanken fortgesetzt werden, und ich zweifle nicht, daß gerade die Pfandbriefe der zum Teile mehr als 90 Jahre glänzend bewährten Bodenkreditinstitute drüben in Amerika, und nicht zuletzt bei jener großen Schar von Amerikanern, die dem deutschen Boden entstammen, in nicht zu ferner Zeit den verdienten Anklang finden werden und daß durch die Vermittlung dieser Pfandbriefe der deutschen Wirtschaft ein namhafter Betrag von Auslandskapital zugeführt werden kann. Eines ist dafür allerdings unbedingt Voraussetzung: das Ausland muß sich darauf verlassen können, daß die Zeit des Experimentierens auf dem Gebiete des Immobiliarwesens vorüber ist, daß insbesondere die Aufwertungsfrage eine definitiv erledigte ist, daß nicht neuerlich Veränderungen in den Grundbuchblättern zu besorgen sind. Wer deshalb mit uns erfolgreiche Immobiliarkreditverhandlungen mit dem Auslande wünscht, der muß mit aller Schärfe den unverantwordichen Ruf nach einer neuerlichen Revision der Aufwertungsgesetzgebung entschiedendst zurückweisen. Lang genug hat die Zeit der Unsicherheit auf diesem Gebiete gedauert. Was endlich zustande kam im zweiten Aufguß nach beängstigenden Geburtswehen, ist gewiß nichts Ideales, wäre besser geworden, wenn es nicht die leidigen Parteirücksichten gäbe in unserem armen Vaterlande. Aber tausendmal schlimmer als die Mängel dieses Gesetzes wäre eine neue Beunruhigung der Wirtschaft, mit der unweigerlich verbunden wäre eine unheilvolle Erschütterung des aufkeimenden Vertrauens des Auslandes in die deutsche Wirtschaft, im besonderen in das deutsche Immobile und seine Kreditwürdigkeit. Der Erwartung, die ich hier aussprach, fehlt nicht ein Anhalt in der Geschichte der deutschen Wirtschaft. Als in den letzten Kriegsjahren die deutsche Valuta herabglitt, da lehnte das Ausland es ab, dem Reiche oder den Ländern ohne Deckung Kredit zu geben; als wünschenswerte Deckung wurden die Pfandbriefe deutscher Hypothekenbanken bezeichnet. Und auf dieser Basis erhielt das Reich wieder Kredit. So wird auch heute in gottlob anderer Zeit der Pfandbrief, dessen Struktur die gleiche geblieben, der Pfandbrief, der die deutsche Scholle als Unterpfand hinüberträgt über die Meere, das Vertrauen finden, das er verdient. Durch den deutschen Boden ist über das Wunder der Rentenmark die Sanierung unserer Währung erfolgt. Der deutsche Boden wird und muß auch die Basis werden für umfassende Auslandskredite, die dann, richtig verteilt und richtig verwendet, dazu beitragen werden, die deutsche Wirtschaft weiter zu festigen und dem deutschen Fleiße und der deutschen Arbeit wiederum die Entfaltung zu ermöglichen, die eine Grundbedingung ist für einen neuen Aufstieg. (Lebhafter Beifall.)
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Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s c r : Sehr verehrter Herr Hofrat! Ich danke Ihnen — die Versammlung hat Ihnen diesen Dank bereits durch ihren Beifall ausgedrückt — auch meinerseits auf das herzlichste und aufrichtigste dafür, daß Sie diesen Vortrag in einer für die meisten von uns so schwierigen, für viele von uns nicht in allen Einzelheiten bekannten Frage übernommen und damit die vereinbarte Ergänzung hinsichtlich des Realkredits geliefert haben, die notwendig war und die, wie ich glaube, von Ihnen mit großer Ruhe, Sachkenntnis und Autorität durchgeführt worden ist. Sie haben namentlich, was besonders willkommen war, diejenigen Schwierigkeiten im einzelnen geschildert, die im Auslande, namentlich in den Vereinigten Staaten, der Gewährung von Realkredit an Deutschland entgegenstehen. Sie haben die Gründe dargelegt, weshalb frühere Vorschläge, in dieser Beziehung die Gesetzgebung zu ändern, nicht ausführbar waren und weshalb man schließlich sich durch den § 115 des Einkommensteuergesetzes geholfen hat. Ob in dieser Beziehung das Richtige geschehen ist, ob mehr geschehen kann, haben Sie ja mit Vorsicht als nicht zweifellos bezeichnet. Sie haben sich auf den Boden gestellt, daß dasjenige geschehen muß, was nach der gegenwärtigen Lage notwendig ist, um den Realkredit zu fördern, den wir ja so dringend brauchen. Sie haben gesehen, daß Sie, sogar nach einem Vorredner, wie wir ihn heute zu unserer Freude gehört haben, durch Ihre klaren und sachlichen Darlegungen das Ohr des Hauses, um mich parlamentarisch auszudrücken, zu gewinnen wußten. Ich danke Ihnen nochmals aufs wärmste. (Lebhafter Beifall.) Nunmehr bitte ich, die Entschließung, auf die sich die Herren Berichterstatter geeinigt haben, gleich zu verteilen und dann zu verlesen. Die sofortige Verteilung und Verlesung ist der Wunsch von mehreren Teilnehmern der Versammlung, damit sie in der Lage seien, in Ruhe der Besprechung zu folgen. Schriftführer Rechtsanwalt Otto B e r n s t e i n verliest folgende Entschließung:
Entschließung zu Thema III: Auslandskredite und Auslandsbeteiligungen In der deutschen Wirtschaft.
1. Der Bankiertag verkennt nicht, daß die durch Krieg und Inflation herbeigeführte Vernichtung des Sparkapitals in Deutschland die Heranziehimg ausländischen Kredits und ausländischer Beteiligungen für die deutsche Wirtschaft äußerst erwünscht erscheinen läßt, der Bankiertag glaubt sogar, daß die deutsche Wirtschaft solcher Beteiligungen und Kredite dringend bedarf, und zwar insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit, ihre Leistungsfähigkeit so schnell wie möglich auf die erhöhten Anforderungen einzustellen, denen sie durch die im Londoner Abkommen (Dawes-Plan) übernommenen Verpflichtungen schon in der allernächsten Zeit und in steigendem Maße gegenübersteht.
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2. Gerade aber mit Rücksicht darauf, daß Deutschland ohnehin ungeheure Lasten gegenüber dem Ausland zu tragen haben wird, kann die Eingehung neuer ausländischer Verpflichtungen nur insoweit gerechtfertigt werden, als die vom Ausland hereingenommenen Beträge in Deutschland selbst auch bei richtiger Bewirtschaftung der vorhandenen Gelder nicht aufgebracht werden können; ferner nur insoweit, als mit Sicherheit zu erwarten ist, daß durch die Verwendung der Beträge eine Steigerung der deutschen Produktivität mit der Wirkung einer Vergrößerung der Ausfuhr oder einer Verringerung der notwendigen Einfuhr erzielt wird. 3. Richtige Bewirtschaftung der in Deutschland vorhandenen Gelder bedeutet besonders in einer Zeit großer Kapitalnot die Vermeidung alles dessen, was die Kapitalbildung hindert; die Kapitalbildung kann aber durch nichts mehr gehemmt werden als durch eine reichliche Ausgabenwirtschaft in den öffentlichen Verwaltungen und durch die sich daraus ergebende Notwendigkeit der Erhebung übermäßiger Steuern und Abgaben. Ein doppelter Schaden entsteht, wenn die Steuern und Abgaben so ausgiebig erhoben werden, daß sie den an sich schon zu großen Verwaltungsausgaben zeitlich und dem Ausmaß nach noch voraneilen. 4. Zu der sehr notwendigen Herabdrückung der Kreditansprüche an das Ausland auf das Mindestmaß wäre es erforderlich, daß die deutschen Gelder in möglichst weitem Umfange und möglichst unmittelbar zu denjenigen Stellen flössen, welchen die für die Verwaltung der Gelder und ihre Weitergabe an die Wirtschaft erforderliche Kenntnis, Erfahrung und Organisation als Ergebnis von jahrzehntelanger Arbeit zur Verfügung steht. 5. Der Bankiertag spricht die Überzeugung aus, daß bei der exponierten Lage, in welcher die deutsche Volkswirtschaft sich befindet, alles geschehen muß, um tunlichst zu verhindern, daß Ausländer, welche nach Deutschland Gelder hergeben, Verluste oder Enttäuschungen erleiden; er ist sicher, daß die deutschen Banken und Bankiers sich den Ausländern zur gewissenhaften Beratimg, Auskunfterteilung und Mitarbeit stets zur Verfügung stellen werden. Auf der andern Seite richtet der Bankiertag an die deutschen Stellen, welche im Auslande Kredit suchen, sowohl im Interesse des einzelnen Geschäfts wie des deutschen Ansehens, den dringenden Rat, sich nur erprobter und sachverständiger Mittelsmänner zu bedienen und stets nur e i n e Person oder e i n e Firma mit der Bearbeitung des Geschäfts zu betrauen; nichts wirkt schädlicher und peinlicher als das Herumtragen desselben Kreditgesuchs durch mehrere, oft noch dazu ungeeignete Personen. 6. Wenn schon für die Kreditinanspruchnahme im Inland der Grundsatz gelten muß, daß kurzfristige Kreditformen nur für Geschäfte geeignet sind, welche sich kurzfristig abwickeln, so ist zweifellos bei dem Kreditgeschäft mit dem Ausland die Beachtung dieses Prinzips von besonderer Bedeutung. Der Bankiertag ist von der Notwendigkeit überzeugt, daß Abweichungen von dieser
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Regel, welche sich aus der ganz außergewöhnlichen Lage der deutschen Wirtschaft ergeben haben, beseitigt werden müssen, sobald es nur irgend möglich ist. 7. Der Goldpfandbrief der deutschen Hypothekenbanken ist, befreit von der inländischen Kapitalertragssteuer, gemäß seiner erstklassigen Sicherheit eine geeignete Grundlage fiir die Hereinnahme von Auslandskredit; eine Änderung des Hypothekenbankgesetzes dahin, daß die Unterlagshypotheken für Auslandsemissionen eine Sonderdeckungsmasse bilden können, ist zu empfehlen. Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Ich eröffne nunmehr die Besprechung und erteile zunächst das Wort Herrn Dr. S o 1 m s s e n , Geschäftsinhaber der DiscontoGesellschaft. Dr. S o 1 m s s e n , Geschäftsinhaber der Disconto-Gesellschaft, Berlin: Meine sehr verehrten Herren! Nach den so erschöpfenden, ausführlichen und ausgezeichneten Ausführungen der beiden Herren Berichterstatter ist es schwer, über das Thema „Auslandskredite und Auslandsbeteiligungen in der deutschen Wirtschaft" noch viel Neues zu sagen. Es ist aber doch vielleicht gut, auf einzelne Punkte, die bereits hervorgehoben worden sind, noch mit etwas Nachdruck hinzuweisen. Bei der großen Schwierigkeit, in der sich Deutschland gegenwärtig befindet, sich die erforderlichen Betriebskapitalien zu verschaffen, ist der Wunsch und die Sucht, sich Auslandskredit zu holen, manchmal für den objektiven Beschauer beängstigend, weil er sich oft fragen muß: Wird es denn möglich sein, diese Valutaschulden später wieder in der gleichen Valuta zurückzuzahlen? Es kann deshalb ganz im Sinne der Ausführungen des Herrn Berichterstatters Löb nicht genug unterstrichen werden, daß nachdrücklich Sorge dafür getragen werden muß, daß nur diejenigen Valutakredit nehmen, die in sich auch die Kraft verspüren, Valutakredit zurückzuzahlen. Wir, die wir noch in den alten, unmodernen Prinzipien des Bankgewerbes aufgewachsen sind, die heute manchmal nicht mehr beachtet werden, haben gelernt, nie eine Schuld in anderer Währung zu kontrahieren als in der, in der wir in der Lage sind, sie auch später zu begleichen. Und so muß man es oft mit etwas Bedenklichkeit betrachten, wenn gerade die Frage, ob die erforderliche Valuta später zur Verfügung stehen wird, manchmal etwas leicht genommen wird. Auf der anderen Seite können wir unmöglich die nächsten Jahrzehnte überstehen, wenn uns nicht in reichem Umfange ausländisches Geld zur Verfügung steht. Wir müssen uns also darauf einstellen, daß wir das Steuer ganz herumzuwerfen haben und nicht wie früher ein geldgebender, sondern jetzt ein geldnehmender Staat sind, ein Schuldnerstaat in weitestem Umfange geworden sind und es bleiben müssen, und wir müssen darangehen, die-
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jenigen Einrichtungen zu treffen, die erforderlich sind, um diesen neuen Bedürfnissen gerecht zu werden. Auch da habe ich das Gefühl, als ob man sich noch nicht ganz der Tragweite dieser Umstellung immer bewußt ist. Gerade wenn man Sorge trägt, Valutaschulden kontrahieren zu lassen, kommt man ohne weiteres dazu, als Ausweg zu betrachten, eine sich in richtigen Grenzen und Maßen bewegende Beteiligung ausländischen Kapitals an unseren Unternehmungen herbeizuführen. Und so schwer es vielen von uns werden mag und geworden ist, sich auf diesen Gedanken einzustellen und sich mit der Tatsache abzufinden, daß wir Ausländer als Beteiligte unseres eigenen Besitzes werden begrüßen müssen — es ist dies doch ein Weg, der viel weniger Gefahren in sich schließt als die reinen Valutaschulden, weil er den Ausländer zwingt, sich in Mark zu engagieren. Es wird also nicht anders möglich sein, als daß Substanz abgegeben wird und wir uns mit dem Auslande zur Bewirtschaftung derselben vereinigen. Und da möchte ich eine Warnung aussprechen, gerade weil wir jetzt, wie der Herr Vorsitzende gestern so richtig sagte, in Zeiten des Schlagwortes leben und mehr oder weniger ihm insofern Untertan sind, als wir uns oft von dem lautwerdenden Geschrei der Masse, mehr als richtig wäre, beeinflussen lassen — da möchte ich doch die Warnung aussprechen, nicht zu rasch die Schranken niederzureißen, die den deutschen Eigenbesitz gegen Überfremdimg schützen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die Vorzugsaktie in der Form, wie sie sich in der Inflationszeit herausgebildet hat, als Schutz in erster Linie gegen Kriegs- und Inflationsgewinnler und in der Form, in der sie im einen oder anderen Fall auch mißbraucht worden ist, einer starken Einschränkung bedarf. Ich bitte doch aber auch zu bedenken, daß die Vorzugsaktie, richtig gehandhabt, den Schutz der Majorität darstelle, und zwar in viel höherem Umfange, als sich das große Publikum Idarmacht. Eine ordnungsmäßig geführte Verwaltung kann niemals gegen die Majorität des Kapitals, das in dem Unternehmen arbeitet, wirtschaften; sie würde anderenfalls weggefegt werden. Es ist daher sicherlich vollkommen richtig, wenn Auswüchsen des Vorzugsaktienprivilegs, welche versuchen, mit einer geringen Kapitalbeteiligung und starkem Stimmrecht die Majorität des wirklich besitzenden Aktionärs zu beherrschen, entgegengetreten wird. Es liegt doch aber so, daß es sehr schwer feststellbar ist, wenigstens auf den ersten Anhieb, ob wirklich die Majorität der Aktionäre das will, was vielleicht jemand fordert, der mit einem Paket Aktien nach sorgfaltiger Vorbereitung seiner Aktion in die Generalversammlung kommt und nun die wirkliche Majorität überrumpelt, weil sie gar nicht weiß, wohin die Reise geht, und deshalb mcht vertreten ist. Ich könnte mir doch denken, daß eine im Interesse der wirklichen Majorität arbeitende Verwaltung die Vorzugsaktie benutzt, um derartigen Bestrebungen zunächst ein Hemmnis entgegenzustellen und dadurch die Zeit zu gewinnen, welche erforderlich ist, um die wahre Meinung der wirklichen Majorität festzustellen.
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Ich werfe diesen Gedanken nur hin. Er ist meines Erachtens erörierungsbedürftig gerade jetzt, wo wir uns der Notwendigkeit gegenüber sehen, die Substanz mit dem Auslande zu teilen. Und, meine Herren, wir wollen doch auch da nicht zu leichtgläubig sein. Das Ausland macht mit uns Geschäfte, weil die Geschäfte für das Ausland nützlich sind. Genau so, wie ausländisches Geldangebot dem starken Bedürfnis des Auslandes entspringt, Werte zu finden, in denen freies Anlagekapital angelegt werden kann, genau so zeigt das Ausland, und zwar in für den sorgsamen Beobachter manchmal beängstigendem Umfange dort Verständnis für den Wert unserer Substanz, wo die Mitbenutzung dieser Substanz ihm nützlich ist. Es kann ja nicht ausbleiben, daß, nachdem zahlreiche Auslandsfirmen sich mit unseren Verhältnissen eingehend beschäftigt und dieselben studiert haben, sie nach und nach zu einer so günstigen Beurteilung unserer Aktiva kommen werden, daß es ihnen naheliegt, diese Aktiva ihren eigenen Zwecken nutzbar zu machen. Und gerade deshalb, weil damit zu rechnen ist, daß sich dieses Bestreben in progressivem Fortschreiten stark steigern wird, warne ich davor, jetzt den Schlagworten zuliebe Hals über Kopf alles einzureißen, was, allerdings unter anderen Verhältnissen, geschaffen wurde, aber doch schließlich auch damals dazu diente, die Substanz für diejenigen zu erhalten, welche sie geschaffen hatten und gewillt sind, das Majoritätsrisiko weiter zu tragen. Allerdings muß man in Anknüpfung an das, was gestern in so beredter Weise hier von den beiden Herren Berichterstattern des Vormittags ausgesprochen wurde, wieder darauf hinweisen, daß man leider bei den Staatsbehörden das Verständnis für diese Situation vermißt, insofern als jetzt durch die Übersteigerung der Steueranforderungen eine Lage geschaffen werden kann, die große Industrien zum Erliegen bringt. Damit wird das, was wir brauchen, nämlich eine sich in vernünftigen Grenzen bewegende Substanzbeteiligung des Auslandes, unmöglich gemacht; denn es ist ausgeschlossen, daß der Ausländer an irgendeinem Unternehmen Interesse nehmen wird, das nicht in absehbarer Zeit eine vernünftige Rente abwirft. (Sehr richtig!) Und noch schlimmer wäre es, meine Herren, wenn die Prophezeiung des Herrn Wassermann wahr würde und die Durchführung der — man kann sagen — beinahe dekretierten Herabsetzung unserer Provisions- und Zinssätze die deutschen Banken dividendenlos machte. Dann, meine Herren, können wir dem Auslandskredit für längere Zeit Lebewohl sagen. (Sehr richtig!) Was nun die Durchführung der bisher angebahnten Verhandlungen betrifft, um uns in den bisher üblichen Formen ausländisches Geld zuzuführen, so kann man mit Fug und Recht sagen, daß in all den Fällen, wo sich hüben und drüben Sachverständige gegenübergestanden haben, kein einziger Mißklang entstanden ist. Das große Gebiet des Remboursgeschäfts hat sich bisher eingeleitet und abgewickelt, ohne daß jemals von dem Auslande gegen den deutschen Geldnehmer ein Vorwurf erhoben werden konnte, weil eben Sachverständige diese Dinge behandelten ll
162 und sie in der Form und Art und Weise behandelten, in der sie gewohnt waren zu agieren. Das Kapitel, das Herr Löb überschrieben hat: „Aus der Praxis für die Praxis", war für jeden, dem beschieden ist, sich mit dem anderen Gebiete des Bedarfs des Auslandsgeldes zu beschäftigen, nämlich desjenigen Auslandsgeldes, das nicht in Form von Rembours zufließt, ein Labsal. Er hat uns allen, die wir uns auf diesem dornenvollen Wege zu bewegen haben, aus der Seele gesprochen. Allerdings werden auch da Fehler auf der anderen Seite gemacht. Die Sehnsucht nach dem Auslandsgeld und die Scheu, sich zur Beschaffung desselben der sachverständigen Vermittlung derjenigen Kreise zu bedienen, die mit der Materie vertraut sind, haben Erscheinungen gezeitigt, die eine Überspannung der Rechte der Gegenseite in sich schließen. Als die Verhältnisse sich bei uns zu konsolidieren begannen, war Deutschland von Vertretern ausländischen Kapitals überschwemmt, die hier nach Betätigung suchten und deren erstes Streben war, möglichst viele der zu erhaltenden brauchbaren Geschäfte mit Beschlag zu belegen. Man stieß immer wieder auf den Tatbestand, daß Verhandlungen eingeleitet worden waren, von denen sich der deutsche Geldnehmer sofort die Perfektion des Geschäfts versprach, während der ausländische Geldgeber naturgemäß sehr zurückhaltend sein mußte und erst nach genauester Prüfung einen Fortgang der Verhandlungen bei sich selbst in Aussicht nahm. Die Konsequenz dieser Anbandlung war aber häufig, daß der ausländische Geldgeber erwartete, der deutsche Geldnehmer halte sich nun an ihn in infinitum gebunden. Es sind Fälle bekanntgeworden, in denen Leitungen erstklassiger deutscher Großunternehmungen, deren Kredit über jeden Zweifel erhaben ist und die unbedingt gut sind, um die Fundierung einer Auslandsanleihe zu rechtfertigen, auf Besichtigung ihrer Werke durch ausländische Geldgeber hin sich diesen verpflichtet hatten, daß sie, wenn sie mit einem anderen ausländischen Partner verhandelten, den Abschluß nicht zu vollziehen, ohne der ersterschienen Partei die Möglichkeit zu geben, in die Verhandlungen einzutreten — also eine völlige Abtötung der Bewegungsfreiheit, die eigentlich für nichts verkauft war. Es sind eine ganze Reihe von Fällen vorgekommen, in denen mangels der Möglichkeit, alsbald mit fundierten Anleihen auf dem Auslandsmarkt vorzugehen, seitens ausländischer Geldgeber Zwischenkredite von ein, zwei und drei Jahren oder noch längerer Dauer gewährt wurden, also für kürzere Zeit, als für die eigentlichen fundierten Anleihen in Aussicht zu nehmen war. Und es ist durchaus verständlich und berechtigt, wenn der ausländische Geldgeber, der einen solchen Zwischenkredit gibt, daran die Forderung knüpft, daß er, wenn aus diesem Zwischenkredit ein dauernder, fundierter Kredit werden soll, als erster begrüßt werde, um diese Transaktion durchzuführen. Es ist nicht nur berechtigt, es ist auch vernünftig und klug, wenn die deutsche Seite diese Bedingung annimmt, denn es müssen ja auch der Gewährung der Zwischenkredite nähere Prüfungen vorangehen, die über sich
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ergehen zu lassen, nicht immer angenehm ist, und die bei Kontrahierung der fundierten Anleihe wiederholt zu sehen, nicht allzu angenehm ist. Es zeigte sich bei diesen Geschäften, daß aus ihrem Anlaß häufig Mißverständnisse zwischen den Parteien über die gegenseitigen Rechte und Pflichten entstanden und Optionen auf den Abschluß von Anleihen erteilt wurden, ohne zeitliche und quantitative Bindungen in präziser Weise festzulegen. Nachher war dann auf beiden Seiten der Kummer groß, wenn man merkte, daß man etwas verabredet hatte, was jeder Teil anders auslegte. Derartige verschiedene Auslegungen sind für unser Renommee im höchsten Grade schädlich. Und damit komme ich zu dem, was Herr Löb bereits betont hat, nämlich auf das Erfordernis, daß jeder, der Auslandsverhandlungen führt, sich bewußt ist, daß er dem Auslande gegenüber allgemein deutsches Interesse vertritt und nicht nur sein eigenes. So wie die Verhältnisse im Auslande liegen, insbesondere in den Vereinigten Staaten, wo ja nur eine ganz kleine Gruppe von Firmen in Betracht kommen kann, die auf Grund ihrer Kenntnis von Deutschland, ihrer internationalen Einstellung und der Stellung, die sie im Lande selbst haben, Geschäfte mit Deutschland im großen Kaliber durchfuhren können — gerade da wirkt nichts schlimmer, als wenn es einer dieser Firmen passiert, daß sie sich deutscherseits in einer Weise behandelt sieht, die mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar ist. So etwas spricht sich drüben sofort herum, und die Konsequenz ist, daß ein Schatten auf den deutschen Namen fällt, über dessen Tragweite sich gewöhnlich diejenigen, die das Unheil anrichten, gar nicht klar sind. Nun begreife ich, daß der Leiter einer großen Stadtgemeinde, der sich in der schwierigen Situation befindet, eine Auslandsanleihe aufnehmen zu müssen, und sich dabei mit seinem parteimäßig zerklüfteten Stadtparlament herumzuschlagen hat, voraussieht, daß — er mag machen, was er will — schließlich doch eine ätzende Kritik an seinem Tun geübt werden wird, und darum Angst davor hat, sich nachsagen zu lassen: Du hast zu teuer kontrahiert, sieh einmal, der andere bekommt es ja ein Zehntelchen billiger! Ich verstehe diese Einstellung, obgleich ich sie nicht billige. Unverständlich ist mir aber, wenn die Zentralbehörden nicht den Weitblick entfalten, um über diesen Dingen zu stehen und korrigierend einzugreifen, und noch weniger, wenn sie derartige Verhandlungsweisen befördern und den Gesichtspunkt aus dem Auge verlieren, daß ein einzelnes großes Geschäft mit Deutschland, das in dem Auslande nicht gegangen ist, für Monate wiederum die Kreditbeschaffung lahmlegt. (Sehr richtig!) Ich möchte in Anknüpfung an das, was Herr Löb in feinem Florettgefecht uns hier vor Augen geführt hat, dem Gesagten noch folgendes hinzufugen: Gerade in den Fällen, die Herr Löb im Auge hatte, ist ein Schaden angerichtet worden, der weit über das Maß dessen hinausgeht, das diejenigen erwarten konnten, die dabei beteiligt waren. Gerade weil verschiedene Anleihen erster u*
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deutscher Unternehmungen, die als solche das Schicksal nicht verdient hatten, das ihnen drüben zuteil wurde, auch jetzt noch nicht gehen und heute mit 8 bis 10 v. H. unter Emissionskurs notieren, hatten sich weitsichtige amerikanische Kreise, denen nicht nur an Gelegenheitsgeschäften liegt und die es auch verschmähen, eine Verhandlung zu stören, die einer ihrer Kollegen bereits führt, sich nach eingehenden Beratungen zu dem Zweck vereinigt, den Markt für die deutschen Anleihen wiederaufzubauen. Sie hatten ein Programm entworfen, das bestimmt war, um den Eigentümlichkeiten des amerikanischen Publikums gerecht zu werden und ihm diese Anleihen schmackhaft zu machen. Die Gruppe war überzeugt, daß, richtig angefaßt, ihr Plan ein Erfolg, und zwar ein großer und dauernder Erfolg, werden würde. Die Überlegungen, welche man anstellte, waren sehr einfach. Man stelle sich den amerikanischen Kapitalisten vor, der den Entschluß fassen soll, Geld in einer öffentlichen Anleihe in Deutschland anzulegen! Er kann das jeden Tag tun, indem er sich eine DawesObligation kauft. Wenn also der Neuemission einer öffentlichen deutschen Anleihe der Vorzug gegeben werden soll, so liegt es nahe, daß dem Amerikaner, der sie der international gesicherten Dawes-Anleihe vorziehen und sich mit der Schuldnerschaft eines Sonderteils Deutschlands begnügen soll, mehr geboten werden muß, als durch die Dawes-Anleihe geboten wird. Man hatte daher in dem mir vorschwebenden Falle zwar an Sicherheiten weniger gefordert, als der Dawes-Anleihe gewährt ist, aber in der Verzinsung ein Mehr für notwendig erachtet, das groß genug war, um den Erfolg sicherzustellen. Die preußischen Behörden haben es besser gewußt als die Sachverständigen, wie die Anleihe konstruiert werden müsse, um in Amerika einen Emissionserfolg zu haben. Sie haben gegen alle Warnungen, die man ihnen zugehen ließ, einen Zinsfuß dekretiert, der zum Mißerfolge führen mußte, und dieser Mißerfolg ist denn auch gründlichst eingetreten. Leider ist dabei auch das passiert, was Herr Löb bereits gebrandmarkt hat: das gleichzeitige Verhandeln nach mehreren Seiten, und zwar ist das passiert, ohne daß die Zentralbehörde eingeschritten wäre! Meine Herren, über eine derartige schlaue und listige Verhandlungsmethode kann man nur das Urteil sprechen: So etwas schickt sich nicht! (Sehr richtig! und Bravo!) Die dringende Bitte derjenigen, die berufen sind, die Zufuhr ausländischen Geldes nach Deutschland zu vermitteln, geht deshalb nicht an die Mitglieder unserer Vereinigung — diese wissen das und handeln danach —, aber an die große Außenwelt: Fernhaltung von Auslandsverhandlungen aller derjenigen, die von diesen Verhandlungen nichts verstehen, Wachhaltung des Prinzips, daß in jedem Einzelfalle an das Ganze gedacht werden muß, und Einprägung des Satzes, daß es nicht darauf ankommt, daß eine Stadt oder ein Freistaat vielleicht etwas besser abschneidet in der Konkurrenz mit einem anderen gleichartigen Gebilde, sondern daß bei einer jeden einzelnen derartigen Verhandlung stets dafür in erster Linie gesorgt werden muß, daß Deutschland
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als Ganzes nicht zu Schaden kommt, daß jede einzelne Anleihe die Stufe zu einer weiteren bilden kann, weil der Erfolg ihr sicher war, und jede Anleihe sich in den Dienst der Gesamtwirtschaft stelle. (Lebhafter Beifall.) Bankier Willy D r e y f u s , i. Fa. J. Dreyfus & Co., Frankfurt a. M.: Sehr geehrte Herren! Wie ein roter Faden zieht sich durch die Erörterungen dieses Bankiertags, sobald die Währungsfrage gestreift wird, ein Gedanke — ich muß sagen: ein Bekenntnis: die deutsche Währung, die wir jetzt wiederhergestellt haben, muß für alle Zeiten unantastbar und die Wiederkehr einer Inflation ausgeschlossen sein! Spät, zu spät ist dem deutschen Bankier die Erkenntnis gekommen, welche Folgen eine Währungszerrüttung nach sich zieht. Und ich glaube, wenn dies auch gestern schon ausgesprochen worden ist, ist es richtig, noch einmal hier zu betonen, daß die Opfer, die der Bankier durch die Inflation hat auf sich nehmen müssen, vielleicht größer sind als diejenigen sehr vieler anderer Erwerbsstände. Es erscheint mir wichtig, das zu sagen, denn die Bankiers galten ja eine Zeitlang als die großen Inflationsgewinner; und es kommt doch, so wie wir jetzt die Entwicklung übersehen, nur darauf an, den Saldo aus der ganzen Zeit zu ziehen, nicht eine einzelne Phase ins Auge zu fassen. Es ist darum so wichtig — gerade im Zusammenhang mit den Geschäften, die der deutsche Bankier im Auslande macht —, daß das Kapital, das ihm verblieben ist, geschont wird, geschont vor allem von der Steuergesetzgebung, die es ja nach den verschiedensten Richtungen hin auch heute noch vielfach in ungerechtfertigter Weise zu erfassen sucht. Diese Erkenntnis, daß die deutsche Währung unter der zielbewußten Führung der Reichsbank geschützt und gesichert bleiben soll, muß sich jetzt auch restlos im Auslande durchsetzen. Es darf — in Abwandlung eines Wortes, das vorhin Herr Löb gebraucht hat — nicht länger sein, daß die deutsche Währung der Paria unter den Valuten, genauer gesagt: unter den stabilisierten Valuten, bleibt. Wir müssen dafür sorgen, daß die deutsche Währung wieder ihre Weltgeltung zurückgewinnt. In dieser Beziehung, glaube ich, können Handel und Industrie einträchtig mit den Banken zusammenarbeiten. Es ist eine schwierige Aufgabe, die hier zu lösen ist. Aber der Nutzen wird allen Beteiligten zugute kommen, denn in demselben Maße, in dem die deutsche Währung wieder stärker zum internationalen Zahlungsausgleich benutzt wird, strömen wachsende ausländische Guthaben nach Deutschland, die dauernd hier bleiben, auch wenn sie nur kurzfristig angelegt sind. Daß dieses Geld nicht lange in den Kassen der Banken verbleiben, sondern Handel und Industrie wieder zugute kommen wird, davon werden diese gewiß auch überzeugt sein. Das kurzfristige Geld wird, glaube ich, alsdann in nicht zu langer Zeit auch in stärkerem Maße längerfristiges Geld in Reichswährung nach sich ziehen. Darauf kommt es an, da wir alles
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Interesse haben, uns von der Sorge um die Rückzahlung der Valutaschulden, die heute den größten Teil der kurzfristigen Verschuldung Deutschlands an das Ausland ausmachen, allmählich zu befreien. Allerdings wird dann zu überlegen sein, meine Herren, ob es sich nicht empfiehlt, auch von hier aus die Möglichkeit zu einer weiteren Terminsicherung dieser kurzfristigen Engagements für das Ausland zu schaffen. Wohl besteht heute schon ein gewisser Terminmarkt im Auslande. Aber er ist sehr beschränkt, und die Abschläge, die gefordert werden, sind sehr groß. Ich erwähne das aus dem Grunde, um darauf hinzuweisen, mit einem wie verhältnismäßig niedrigen Zinsfuß der ausländische Bankier sich schon zufrieden gibt, wenn er das Valutarisiko decken kann. Wenn wir auf diesem Wege fortschreiten, so besteht eine begründete Aussicht — so glaube ich es wenigstens —, daß durch das reichlichere Hereinströmen billiger Auslandsgelder auch eine Senkung des deutschen Zinsniveaus, die wir alle zusammen mit der Regierung erstreben, herbeigeführt wird. Und dann muß ein Drittes folgen. Das ist aber wohl das Schwierigste. Das ist die Gewöhnung und die Interessenahme des Auslandes an unseren langfristigen inneren Anleihen. Dieser Punkt ist deswegen so schwierig und seine Lösung bietet deswegen so viele Hindernisse, weil es da nicht nur gilt, das Interesse des Auslandes zu gewinnen, sondern in erheblichem Umfang es wiederzugewinnen. Wir haben es einst besessen, wir haben es verloren aus Gründen, die Sie alle kennen, und es bedarf ernstester Arbeit, um dieses verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. Aber ich darf vielleicht in diesem Zusammenhange auf eine Erfahrung hinweisen, die ich in meiner Lehrzeit in London — es ist schon eine ganze Reihe von Jahren vor dem Kriege gewesen — gemacht habe. Damals blühte der Handel in Japanese Internais, in den inneren japanischen Anleihen. Ein Haus, das sich diesem Geschäft besonders widmete, hat mit durch die darin erzielten Gewinne eines der größten heutigen City-Vermögen aufgebaut. Vielleicht genügt der Hinweis besser als eingehende Erörterungen über den Wert oder Unwert deutscher Anleihen, um das Ausland für sie zu interessieren. Ich komme damit auf das zurück, was gestern Herr Wassermann so richtig ausgeführt hat. Die Wiederaufrichtung des inneren deutschen Anleihemarktes ist ohne die Mithilfe der Spekulation auch meines Erachtens unmöglich. Es muß natürlich eine gesunde, vernünftige Spekulation sein und eine Spekulation, die auch von dem Auslande unterstützt werden sollte. Indes, ich glaube, auf spekulativem Wege allein werden wir die augenblicklich bestehenden Schäden nicht ausmerzen können, und wir sollten daher unser Augenmerk darauf richten, daß diese Verhältnisse, die man mit einem gewissen Recht schon fast als chaotische bezeichnen kann, durch eine mildernde und bessernde Hand eine Veränderung zum Guten erfahren. In dieser Beziehung ließe sich meiner Überzeugung nach durch ein vernünftiges und tat-
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kräftiges Zusammenwirken aller Beteiligten sehr viel erreichen. Es würde hier zu weit führen, im einzelnen die Wege zu weisen. Aber ich glaube, wenn der Gedanke erst einmal aufgegriffen wird, so sollte auch seine Verwirklichung sich nicht allzu schwer durchführen lassen. Ich komme nunmehr noch auf eine Steuerfrage, die hier noch angeregt worden ist. In dem neuen Einkommensteuergesetz vom 10. August 1925 ist eine Einkommensteuerpflicht der Zinserträge aus hypothekarisch gesicherten Auslandskrediten vorgesehen. Dies bedeutet eine nicht unbedenkliche Verteuerung wirtschaftlich gerechtfertigter Kredite für den deutschen Schuldner; und ich möchte Sie bitten, wenn die von dem Herrn Geschäftsführer vorgelesene Entschließung zur Abstimmung gelangt, Ihre Zustimmung zu geben, daß ein entsprechender Zusatz aufgenommen wird. Ich greife zum Schluß noch eine Anregung auf, die mir gestern hier gegeben worden ist. Sie alle, die Sie mit dem Auslande zu tun haben, wissen, daß eine mündliche Aussprache besser und schneller als jeder schriftliche Verkehr über die Kreditwürdigkeit und die Kreditbedürfnisse Deutschlands unsere ausländischen Geschäftsfreunde unterrichtet. Ich möchte darum anregen, daß vielleicht diesem nationalen Bankiertage in absehbarer Zeit ein internationaler Bankiertag folgen möge, der es erlaubt, diesen Gedankenaustausch durch den Verkehr aller Bankiers aus den am internationalen Kreditgeschäft beteiligten Ländern zu fordern. Ich schließe, meine Herren, indem ich ein Wort anführe, das Herr von Gwinner anläßlich einer Etatsberatung im Preußischen Herrenhause gesprochen hat. Er sagte damals: „Zum Verborgen gehört Klugheit, zum Borgen gehört Genie." Das war, meine Herren, in der Zeit des Aufstiegs Deutschlands. In der jetzigen Zeit, die hoffentlich den Wiederaufstieg Deutschlands einleitet, ist es nicht anders geworden. Aber ein Drittes muß heute noch mehr als damals zu beidem hinzukommen, und das ist: weise Beschränkung und Maßhalten. (Lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Ich möchte meinerseits sagen, daß es wohl auch der Anschauung des Herrn Redners entspricht, wenn ich betone, daß natürlich die Frage, ob und inwieweit gerade zur Erörterung dieser Kreditfragen ein internationaler Bankiertag empfehlenswert ist, erst im Vorstand sorgfaltig geprüft werden müßte. Dr. Walter S u l z b a c h , i. Fa. Gebrüder Sulzbach, Frankfurt a. M.: Meine Herren! Man kann die Interessenahme des Auslandes an deutschen Werten nach vielerlei Gesichtspunkten klassifizieren. Eine dieser Klassifikationen hat die Überschrift der heutigen Referate gewählt, indem unterschieden wurde zwischen Darlehensgabe und Beteiligung, eine andere ist die Unterscheidung zwischen kurzfristigen und langfristigen Darlehen; darüber hat Herr Löb sehr viel Interessantes gesagt. Aber es fehlt eine Unterscheidung,
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die mir wichtiger zu sein scheint als alle anderen und die bei der Wirkung ausländischer Kapitalhingabe nach Deutschland gern übersehen wird. Das ist die Klassifikation danach, ob diese ausländischen Gelder eine Verwendung zum Kaufen von Ware im Auslande finden, denen möglicherweise der Reexport auf dem Fuße folgt, oder ob das ausländische Geld in Mark konvertiert und zum Kauf von Gütern in Deutschland benutzt wird. Rein gefühlsmäßig sind wir freilich geneigt, zu sagen: Wenn deutsche Waren gekauft werden, so ist das vorzuziehen, denn dann erfahren Handel und Industrie in Deutschland eine Anregimg, und warum sollen wir dem Ausländer, der schon Zinsen erhält, auch noch ein Geschäft auf anderen Gebieten zuschanzen? Und trotzdem halte ich diese Anschauung für verkehrt. Und wenn ich das, was ich hier sagen möchte, zunächst überspitzt formulieren darf, so würde ich es dahin formulieren: Die ausländische Kredithingabe an Deutschland, wenn sie dazu dient, im Auslande Waren zu kaufen, die nach Veredelung vielleicht reexportiert werden, ist nützlich und fordert die deutsche Produktion; aber wenn sie dazu dient, in Mark konvertiert zu werden, um auf dem deutschen Markt Waren zu kaufen, dann ist sie zwecklos und schädlich. Vergegenwärtigen wir uns, was geschieht, wenn vielleicht im Falle des Kredits der Rentenbankkreditanstalt jetzt oder im klassischen Falle der Dawes-Anleihe das Geld, das von Amerika kommt, in Mark verwandelt wird! Nachdem die Sachverständigen in einer theoretischen Unbegreiflichkeit dekretiert hatten, daß die Dawes-Anleihe dem doppelten Zweck dienen sollte, einerseits die deutsche Währung zu fundieren und andererseits auch noch Sachlieferungen zu finanzieren, blieb der Reichsbank nichts übrig, als diese 800 Millionen Mark in Gold und Devisen hereinzunehmen und damit ihre Aktiven zu vermehren, und als Passivum entstanden gleichzeitig 800 Millionen Mark Giralgelder, die dem Reich zur Verfügung standen und für die Bezahlung der Sachlieferungen des ersten Jahres verwendet wurden. Ob nun die Reichsbank 800 Millionen so druckt ohne Deckung, oder ob sie die Deckung hat — ich persönlich möchte behaupten, daß das gleichgültig ist —, ist umstritten. Wenn ich mich der Ansicht des Herrn Dr. Hahn anschließe, die auch von Keynes und anderen vertreten wird, daß für das Preisniveau nicht die Deckung, sondern die Quantität der Umlaufsmittel entscheidend ist, so kann ich das natürlich hier nicht näher begründen. Aber sie werden mir zugeben: das Preisniveau Deutschlands wird höher liegen, wenn, sagen wir, 10 Milliarden Mark zirkulieren, die zu 100 v. H. mit Gold gedeckt sind, als wenn eine Milliarde zirkuliert, für die kein Pfennig Deckung da ist. Mit der Dawes-Anleihe fing es an, und viele anderen Anleihen, für die die Anleihe der Rentenbankkreditanstalt ein Muster abgibt, sind nachgefolgt. Und gerade bei dieser letzten Anleihe ist es nicht nur wahrscheinlich, daß sie in Mark konvertiert wird, es ist sogar sicher; denn bevor die Anleihe noch abgeschlossen wurde, stand ja schon in der Zeitung, daß sich die Reichsbank erboten
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hatte, sie umsonst zu konvertieren. Also was haben wir ? Wir haben auf der einen Seite eine Vermehrung der Golddeckung und auf der anderen Seite ein Überschießen des deutschen Zahlungsmittelumlaufs, also, wenn ich das verpönte Wort gebrauchen darf, Inflation. Freilich, diese Inflation kann nie die Mark dem Dollar gegenüber entwerten, denn die Mark kann ja gegenüber dem Dollar nur fallen, wenn Mark angeboten ist und Devisen gefragt werden. Hier aber wird gerade Mark gefragt und Devisen werden angeboten. Aber was sie vorläufig bewirken kann und bewirkt hat, diese Hingabe ausländischer Kredite, das ist eine Steigerung der Preise auf dem deutschen Markt. Wenn nun im Gegensatz hierzu — und bei der Landwirtschaft ist es ja wohl ganz klar, daß dieses Geld konvertiert und verwendet wird für den Ankauf deutscher Düngemittel, die Auszahlung deutscher Löhne usw. —, wenn nun im Gegensatz hierzu das Darlehen in der Weise verwendet wird, daß etwa eine Elektrizitätsgesellschaft im Auslande Kupfer kauft, verarbeitet und reexportiert, so findet eine Beeinflussung des deutschen Warenpreisniveaus nicht statt. Aber ich muß hinzufügen, für die H a n d e l s b i l a n z im ganzen ist es gleichgültig, was geschieht, denn ausländische Kreditnahme bedeutet unter allen Umständen passive Handelsbilanz; entweder nämlich wird das Geld nicht konvertiert und wird wie im Falle der Elektrizitätsgesellschaft Kupfer oder im Falle einer Textilfabrik Baumwolle importiert — dann liegt es ja auf der Hand, daß Kreditnahme und Passivität Hand in Hand gehen. Oder aber es wird konvertiert wie im Falle der Landwirtschaft; dann haben wir erhöhten deutschen Zahlungsmittelumlauf, erhöhte deutsche Preise und gleichzeitig in Amerika einen Ausfall von 25 Millionen Dollar, die nicht mehr auf dem amerikanischen Markt kaufen, infolgedessen eine Tendenz zur Preissenkung in Amerika und eine Preissteigerung in Deutschland, mithin ebenfalls die Tendenz zur passiven Handelsbilanz. Unter diesem Gesichtspunkt nun, daß in Mark konvertierte Anlagen, besonders auch solche der Kommunen, zwecklos und schädlich sind, gestatte ich mir noch, auf zwei Gesichtspunkte hinzuweisen. Der eine betrifft die Kommunen. Wie man immer das „Betriebskapital" definieren möchte — und es ist ja eine Banalität, daß es Deutschland an Betriebskapital fehlt —, also wie immer man sich darüber einigen möchte, was Betriebskapital ist, eins ist sicher, daß, wenn Kommunen Anleihen aufnehmen, um Elektrizitätswerke, Gaswerke, Wasserwerke herzustellen, sie damit nicht das deutsche Betriebskapital vermehren, sondern das deutsche Anlagekapital, und daß also ein oft konstatiertes Mißverhältnis der beiden Kapitalarten dadurch eher verstärkt wird. Im übrigen scheint es mir, daß, nachdem so viel von der Verwendung öffentlicher Gelder die Rede gewesen ist, und nachdem, wenn das richtig ist, was ich eben ausgeführt habe, es gleichgültig ist, ob wir 800 Millionen neue Mark schaffen, indem wir sie drucken oder indem wir Dollar in Mark konvertieren, es doch wohl richtiger gewesen wäre, die im letzten Jahre stattgefundenc Überbesteuerung dazu zu
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verwenden, den Gemeinden den Bau dieser Elektrizitäts-, Gaswerke usw. aus Steuergeldern zu ermöglichen. Das zweite betrifft die Zölle. Im Zusammenhang mit der Idee des Preisabbaus ist gestern schon von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen worden, daß es natürlich ein Widerspruch ist, gleichzeitig Zölle einzuführen, die doch überhaupt nur einen Sinn haben, wenn die Preise durch sie in die Höhe gehen, und dafür zu agitieren, daß die Preise heruntergehen. Aber diese Zölle haben durch das Medium der deutschen Geldvermehrung eine doppelte Wirkung auf das deutsche Preisniveau. Wer sich je mit der Geschichte ausländischer Kapitalbeteiligungen in Deutschland beschäftigt hat, der weiß, daß nach Beginn der Bismarckschen Zollgesetzgebung, also von Ende der siebziger Jahre ab, als ausländischen Exporteuren der deutsche Markt verschlossen wurde, eine große Anzahl leistungsfähiger und angesehener ausländischer Unternehmungen ihren Stand oder eine Filiale nach Deutschland verlegten und begannen, in Deutschland für den unter Freihandel schon okkupierten deutschen Markt zu produzieren. Auf diese Weise sind z. B. die Firmen Brown, Boveri & Cie., Gebr. Sulzer und viele andere nach Deutschland gekommen. Wenn nun das gleiche heute eintritt — und die Zeiten dafür sind da, besonders auf dem Gebiete der Automobilindustrie, wo ja schon Firmen existieren, die Bestandteile importieren und in Deutschland zusammensetzen —, wenn das eintritt, dann wird die Wirkung auf das deutsche Preisniveau eine doppelte sein, einerseits durch die Zölle als solche und auf der anderen Seite dadurch, daß Devisen in Mark konvertiert werden, die Mark sich vermehrt und das Plus an Mark zu deutschen Einkäufen Verwendung findet. Und insofern wird wahrscheinlich die Wirkung der Zollgesetzgebung eine sehr viel größere sein, als die Wirkung des noch so stark herabgesetzten Zinsfußes jemals sein könnte. Der Sinn dieser Unterscheidung und dieser Ausführungen ist somit der, daß man meiner Ansicht nach bei der Hereinnahme ausländischer Kredite nicht nur fragen darf, wem sie zugute kommen, denn daß sie einem solventen Schuldner zugute kommen müssen, ist selbstverständlich, und ob sie produktiv oder unproduktiv in dem Sinne verwendet werden, ob sie Verwendung für Maschinen oder für Zigaretten finden — das im einzelnen zu verfolgen, ist ja völlig unmöglich. Wichtig scheint mir vor allem, das Augenmerk darauf zu richten: Wie werden sie geldtechnisch verwendet? Was ist ihr nächstes Schicksal? Werden sie in Mark verwandelt, dann sind sie nutzlos. Werden sie zu ausländischen Käufen verwendet, dann sind sie nützlich. (Beifall.) Prof. Dr. P r i o n , Köln — jetzt Berlin —: Meine Herren! Ich hatte vor, mich gestern zum Worte zu melden, als der Herr Reichsbankpräsident zum ersten Male sagte: Wir haben keine Inflation, unsere Währung ist stabil, und es ist — nun weiß ich allerdings nicht mehr den genauen Wortlaut, aber meiner Erinnerung nach und vor allem nach dem Eindruck, den ich Joch habe — er sagte weiter: es ist verbrecherisch, heute von
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einer Inflation zu sprechen. Aber ich glaubte richtig zu handeln, wenn ich erst das hochbedeutsame Thema „Auslandskredite" abwarten sollte. Und ich habe mich nicht getäuscht. Es ist gut, daß ich gewartet habe; allerdings hat soeben mein Herr Vorredner just auf diesen Gesichtspunkt: ausländische Kredite und Währung, in ganz vorzüglicher Weise hingewiesen. Ich könnte also sagen: ich unterschreibe in allem fast das, was ich soeben gehört habe, möchte mir aber erlauben, ein paar Ergänzungen zu machen. Und nun muß ich Sie bitten, mir gestatten zu wollen, daß ich vor Ihnen, den Praktikern, doch ein wenig Theorie treibe. Ich nehme den Mut zu diesem Beginnen auch aus den Worten, die ein Mitglied Ihres Standes, ein Praktiker, nämlich Herr Dr. Hahn, selbst gestern hier vorgebracht hat, indem er zu Ihnen gesagt hat: auch die heutige Lage zwinge uns dazu, uns theoretisch einzustellen und uns um die Theorie zu kümmern; in der hinter uns liegenden Inflationszeit habe es häufig an der Erkenntnis gemangelt. Allerdings hat es heute nur historischen Wert, und es würde unsere Zeit übermäßig in Anspruch nehmen, wenn ich in Ihrem Kreise noch einmal darauf hinweise, in welch merkwürdiger Weise man in sonst sachverständigem Kreise, im Reichsbankdirektorium, wie auch der Reichsbankpräsident Havenstein und nicht zuletzt Dr. Helfferich über das Wesen der Inflation gedacht haben. Meine Ergänzungen, die ich zu machen habe, sollen einen anderen Zweck haben, nämlich den, Sie zu bitten, doch noch einmal die Gedankengänge, die wir soeben gehört haben, zu durchdenken und mit mir Mittel und Wege zu finden, um die Meinungsverschiedenheiten und vor allem die Mißverständnisse aus der Welt zu schaffen, die aufkommen, wenn wir dieses ominöse Wort „Inflation" gebrauchen. Ich darf Ihnen, meine Herren, aus meiner Praxis, d. h. nicht des Bankbetriebes, sondern aus meiner Praxis des Vortrags in Handels- und Industriekreisen wie vor Arbeitern, sagen, daß hier das Wort „Inflation" auch heute noch den allergrößten Schrecken hervorruft, und daß man dort — wie ja auch in einem Teile der Presse — immer noch von der Möglichkeit einer neuen Inflation spricht. Ich schicke voraus: es will mir scheinen, als ob ein großer Teil der Mißverständnisse, die hier vorliegen müssen, auch darauf zurückzuführen sind, daß wir noch nicht wissen, wie wir eigentlich dieses Wort Inflation definieren sollen und für welche Vorgänge wir im einzelnen das Wort Inflation anwenden wollen. Doch zunächst eine Ergänzung zu den Gedankengängen meines Herrn Vorredners. Es ist richtig, wie er ausgeführt hat, daß ausländische Kredite in den Fällen, wo sie in Markzahlungsmittel umgewandelt werden, inflationistisch wirken. Ja, ich pflege es sogar so auszudrücken: sie bedeuten in diesem Sinne immer eine Inflation, um dann nachher abschwächenderweise zu sagen, daß die inflationistischen Gefahren geringer sind, wenn sie dem Reexport dienen. Auf diese Weise ist es möglich, die Bedeutung der Kredite gerade vom Währungsstandpunkte aus zuerst in die Gehirne einzuhämmern. Ich könnte natürlich auch umgekehrt gehen, wie der Vorredner es tut, und sagen: wenn die Kredite zum Reexport
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verwendet werden, dann liegt keine Inflation vor; wohl können inflationsartige Erscheinungen eintreten. Nein, ich halte diese Dinge fiir so wichtig, daß ich den Satz an die Spitze stelle und sage: ausländische Kredite bedeuten unter allen Umständen eine Inflation. Und nun kommt es darauf an, uns darüber zu verständigen, was man unter Inflation zu verstehen hat. Man kann Kredit aus vorhandenem Kapital gewähren. Vorhandenes Kapital entsteht aus der Wirtschan, aus der Produktion, und wir nennen das Geld. Es ist ein alter Satz, den in Ihren Kreisen Herr Bendixen immer vertreten hat und der in diesem Falle unbedingt richtig ist, daß nur das Geld wirklich berechtigt ist, das aus der Wirtschaft selbst hervorgeht, und daß alles künstliche Geld, eine zusätzliche Kaufkraft, naturgemäß die Tendenz hat und haben muß, preissteigernd zu wirken, weil eine Geldvermehrung ohne gleichzeitige Gütervermehrung stattfindet. Also man kann Kredite aus vorhandenem Kapital gewähren. Dann wird einfach eine vorhandene Kaufkraft, die da ist, der gegenüber Güter in der Volkswirtschaft vorhanden sind, auf eine andere Wirtschaft übertragen. Irgendeine Veränderung in dem Verhältnis von Gütermenge und Geldmenge findet nicht statt. Das ist der hauptsächlichste Gesichtspunkt bei der Kreditgewährung, bei der vorhandenes Kapital — die Depositen der Banken — übertragen wird. Nun kann man auch Kredit gewähren, ohne dieses Kapital zu haben. Das geschieht, wenn die Notenbank neue Noten ausgibt; und das geschieht ferner, was vielfach übersehen wird, aber unbedingt richtig ist, was auch von Herrn Dr. Hahn betont worden ist, auch auf dem Wege, daß die Banken Buchkredite und Akzeptkredite gewähren. Ja, meine Herren, was vielfach übersehen wird, ist: jede Lombardierung von Effekten, Hypotheken usw. ist, sofern der Kredit nicht aus vorhandenem Kapital — Bargeld — gewährt, sondern bargeldlos verwendet wird, eine zusätzliche Kaufkraft. In diesem Falle werden Kapitalstücke, deren Gegenwert schon einmal zum Kaufen verwendet worden ist, wieder in Geld zurückverwandelt, also Geld wieder neu geschaffen. Solange dieses neugeschaffene Geld, diese zusätzliche Kaufkraft verwendet wird, wie es immer betont worden ist, für produktive Zwecke, so, kann man sagen, ist diese Vermehrung der Kaufkraft unter Umständen sogar erwünscht. Eine solche Kreditgewährung, die später aus den Verkäufen der zu schaffenden Produkte zurückgezahlt wird, bedeutet nichts anderes als eine Eskomptierung zukünftigen Kapitals; der Kredit tritt heute an die Stelle des sich in der Zukunft neubildenden Kapitals, sofern eben die Produktion gelingt und die Waren abgesetzt werden. Sie wissen aus der Erfahrung, daß fast alle Konjunkturen, die mit einer solchen Kreditgewährung eingeleitet und durchgeführt worden sind, nicht immer geglückt sind, sondern durch eine Überproduktion oder Absatzstockung zum Abschluß gebracht worden sind. Die inflationistische Wirkung liegt nun darin, daß im Augenblick der Kreditschöpfung neues Geld entsteht, und dieses neue Geld wird zum Kaufen verwendet. Die aus der Verwendung
173 dieser Kredite entstehenden Güter kommen immer erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn sie überhaupt in die Erscheinung treten, auf den Markt. Ich bitte, zu beachten: in dem Augenblick der Kreditgewährung wird mehr Geld geschaffen, dieses Mehrgeld wird zum Kaufen verwendet, und die mit diesem Geld zu produzierenden Güter erscheinen erst später. Ja sie können sogar nach Jahren erscheinen, wenn mit dem Kredit langwierige Produktionsanlagen, wie z. B. Kanäle, hergestellt werden. In dieser Zwischenzeit wirken alle künstlich geschaffenen Kredite inflationistisch, d. h. geldvermehrend. Nur hat man diese Vorgänge nicht immer inflationistische genannt. (Zuruf: Gott sei Dank!) Das Wort „Inflation", wenn wir genau zusehen, wird eigentlich für etwas ganz anderes verwendet. Es ist auch so, daß dieses Wort „Inflation" erst dann immer wieder in die Erscheinung tritt, wenn tatsächlich diese andere Verwendung eingetreten ist, und diese andere Verwendung ist, wenn man die künstlich geschaffenen Mittel, die zusätzliche Kaufkraft, konsumtiven statt produktiven Zwecken zufuhrt. Das größte Beispiel dieser Art von Inflation ist der Krieg, bei dem eme Geldvermehrung mit einer Gütervernichtung zusammentrifft. Deshalb möchte ich auch Sie bitten, wie ich es für mich schon tue — und ich würde es sehr begrüßen, wenn auch die Wissenschaft im ganzen diese Unterscheidung durchfuhren würde —, zu sagen: wir wollen nur von Inflation sprechen, wenn es sich um eben diese konsumtive Verwendung der neugeschaffenen Mittel handelt. Liegt eine produktive Verwendung der auf dem Kreditwege neugeschaffenen Mittel vor, dann wollen wir nicht von Inflation sprechen, sondern von Kreditschöpfung, einer besonderen Art der Kreditgewährung. Ich brauche vor Ihnen nicht hinzuzufügen, daß die Inflation zu konsumtiven Zwecken, vor allem für die Zwecke des Reiches, aus den hier schon angeführten Gründen der Reichsbank nicht mehr möglich ist. Und insofern hat der Reichsbankpräsident recht, wenn er meint, daß eine solche Inflation im Sinne der hinter uns liegenden nicht wieder vorkomme. Aber die preissteigernden Tendenzen, die sich aus einer Kreditschöpfung ergeben, sind vorhanden, und sie sind insbesondere bei den ausländischen Krediten vorhanden, die im Grunde nichts anderes darstellen als eine von außen auf die nationale Volkswirtschaft übertragene Kaufkraftmehrung, wenn diese Kaufkraftmehrung nicht sofort in Waren in die Volkswirtschaft einströmt. Ganz rein tritt diese Erscheinung — worauf auch der Herr Vorredner hingewiesen hat — auf, wenn ich die Devisen in Markzahlungsmittel umwandele; so entsteht ein Mehr an Mark, und wird dieses Mehr im Inlande zum Kaufen verwendet, dann entsteht eine Tendenz zur Preissteigerung. Ob es wirklich zu einer Preissteigerung kommt, ist eine andere Frage; das hängt von zahlreichen anderen Momenten, vor allem auch von der Kreditpolitik der Reichsbank ab. Aber — das ist die zweite Ergänzung, die ich machen möchte — auch in dem Fall, wo Ware importiert und sie nur für den Export zugerichtet wird, wo also eine Ware einströmt und wieder ausgeht, werden Sie, wenn Sie scharf zusehen, auch
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diese Tendenzen in den Fällen beobachten, wo — wie es jetzt vielfach vorgekommen ist — auch die Mittel für die aufzuwendenden Löhne an die deutschen Arbeiter aus den ausländischen Krediten aufgebracht werden. Dann entsteht durch die Umwandlung dieser Beträge in Mark und Auszahlung an die Arbeiter eine Kaufkraft, die im Augenblick in die Volkswirtschaft einströmt, wo eine Gütervermehrung noch nicht eingetreten ist. Es ist selbstverständlich: ohne die ausländischen Kredite kommt die deutsche Volkswirtschaft nicht vorwärts; aber ebenso notwendig ist es auch, an diese Seite der ausländischen Kredite zu denken. So besteht für mich, nachdem wir diese ausländischen Kredite haben, diese zusätzliche Kaufkraft in unsere Volkswirtschaft eingeströmt ist, kein Zweifel darüber, daß gerade diese ausländischen Kredite es gewesen sind, die die Preissteigerung herbeigeführt, zum mindesten das Preisniveau gehalten haben. Auf sie ist es in letzter Linie zurückzuführen, daß sich die allzuvielen Zwischenglieder in Bank, Handel und Industrie solange gehalten haben und noch halten können. Sie haben es ermöglicht, daß die Kaufkraft nicht völlig zum Erliegen gekommen ist, daß immer wieder von neuem Einkommen entstehen, daß Löhne gezahlt werden konnten. Ja, meine Herren, ich finde sogar, daß wir zum Teil sogar die Ansätze der Merkmale einer echten Inflation haben, einer Inflation zu konsumtiven Zwecken, wie ich das vorhin ausgeführt habe. Jede Inflation hat das Merkmal, daß sie zu einer Einkommensverschiebung führt, daß diejenigen, die zuerst von der neuen Kaufkraft getroffen werden, mehr Kaufkraft haben und sich weiter durchsetzen können. Ich glaube auch, daß die ausländischen Kredite zum großen Teil jetzt schon eine Art Einkommensverschiebung herbeigeführt haben, daß es bei uns Schichten gibt, die sich ganz wohl fühlen, weiter Schichten, die schon im Aufstieg begriffen sind, und andere Schichten, die den Druck der Preise außerordentlich spüren, die über die Schwierigkeiten ihrer Lebensführung zu klagen haben, wie z. B. die Festbesoldeten. Ich sage mit aller Vorsicht: die Anfänge einer echten Inflation, wenn man berücksichtigt, daß ein Teil der ausländischen Kredite eben nicht zur Vermehrung der Güterproduktion, sondern konsumtiven Zwecken zugeführt worden ist. Einen Beweis für meine Ausführungen wollen Sie darin erblicken, daß die Sparkassenstatistik merkwürdigerweise die Zunahme der Sparkonten auf die kleinen Handwerker und Händler zurückführt. Das sind also diejenigen, die zuerst von den Ausgaben der Lohnempfänger getroffen werden. Meine Ausfuhrungen gipfeln darin, daß wir, was wir auch nach Möglichkeit in die weitesten Kreise tragen wollen, von Inflation nur sprechen wollen, wenn es sich um eine konsumtive Verwendung der auf dem Kreditwege beschafften Geldmittel handelt. Es ist nicht meine Aufgabe, hier im einzelnen festzustellen, was von den bis jetzt schon aufgenommenen Krediten wirklich konsumtiv verwendet worden ist. Es ist von dieser Stelle aus des öfteren gesagt worden, daß beispielsweise die Kommunen dies und jenes getan haben, was nicht unter den Begriff der Produktivität
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fallt. Es liegt mir vollkommen fern, etwa nun sagen zu wollen, daß dieser oder jener bestimmte Teil der ausländischen Kredite nur konsumtiv verwendet worden ist. Das muß ich praktischen Feststellungen überlassen. Zum Schluß hat mein Herr Vorredner auch darauf hingewiesen, daß ja im Zusammenhang mit dieser Kaufkraftsteigerung und mit dem Festhalten an diesen Preisen jetzt die Preissenkungsaktion zusammenfällt. Und da glaube ich allerdings, etwas anderer Meinung sein zu sollen als der Herr Vorredner. Wenn nämlich die Verwendimg der Kredite — das ist allerdings meine Voraussetzung — produktiv gewesen ist, wenn jenes entsteht, worauf ich hingewiesen habe, eine Ingangsetzung der Produktion, dadurch Vermehrung der Waren, der Gütermenge — also der Geldvermehrung eine Warenvermehrung parallel gegangen ist —, dann werden die gekennzeichneten, nur zeitweilig vorhandenen Tendenzen aufhören, und das an den Markt kommende Gütermaterial wird nunmehr zur Senkung der Preise beitragen. Die preistreibenden Tendenzen der Auslandskredite werden zu Ende kommen, weil die Vermehrung der Güter einsetzt, eben wenn sie produktiv verwendet worden sind. Und so glaube ich im Gegensatz zum Herrn Vorredner, daß die im Gange befindliche Preissenkungsaktion von diesem Gesichtspunkte aus, sofern eben die weiteren ausländischen Kredite nun wirklich nicht mehr zu konsumtiven Zwecken verwendet werden, durchaus rechtzeitig gekommen ist und wahrscheinlich auch mit Erfolg enden wird. (Lebhafter Beifall.) Hermann H e c h t , i. Fa. Hecht, Pfeiffer & Co., Berlin (Delegierter des Reichsverbandes des Deutschen Ein- und Ausfuhrhandels) : Meine Herren! Einige Ausführungen, die ich privatim dieser Tage machte, haben dahin geführt, daß ich gebeten ward, dasjenige, was ich den betreffenden Herren mitteilte, hier öffentlich in Ihrem Kreise auszusprechen, weil die Meinung bestand, daß gerade unter den Gesichtspunkten, die hier bei den Fragen der zukünftigen Entwicklung unseres Wirtschaftslebens in Betracht kommen, diese Mitteilungen von Interesse sein können. Es handelt sich darum, ob es möglich sein wird, in absehbarer Zeit unsere Exporte zu vermehren, und welche Umstände dafür und welche dagegen sprechen resp. welche Mittel und Wege, abgesehen von denjenigen, die laufend behandelt werden, benutzt werden können. Die Tatsache ist folgende: Während wir früher uns bemühen mußten, die ausländischen Käufer heranzuziehen, — sei es durch die Regierungsmaßnahmen (Bemühungen der Konsulate und dergl.) oder durch die Initiative des Handels und der Industrie, — es handelte sich stets darum, das Interesse des Auslands für unsere Produktion heranzuziehen. Gegenwärtig ist es umgekehrt. Wir haben eine Unmenge Käufer, die nach Deutschland kommen und die wir nicht befriedigen können, weil wir außerstande sind, sie konkurrenzfähig zu bedienen. Ich habe im Laufe der letzten Woche
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in London einen unserer amerikanischen Großabnehmer getroffen,, der eine Anzahl seiner Einkäufer mit sich hatte, um in der Weise wie früher sie auch nach Deutschland zur Besorgung der Einkäufe zu senden. Der betreffende Herr ersuchte mich jedoch, zuvor mit den betreffenden Einkäufern, die in London anwesend waren, zu sprechen, um zu sehen, ob es möglich wäre, gegenwärtig ihre Wünsche, die sie für deutsche Einkäufe hätten, zu befriedigen, damit nicht in späterer Zeit, wenn die Verhältnisse günstiger, es schwer sein würde, die Betreffenden hierher zu bekommen, wenn sie jetzt mit ihrem Besuche keinen Erfolg haben würden. Ich habe mit all diesen Herren gesprochen, konnte jedoch nur wenigen anraten, hierher zu kommen. Die übrigen, die bereit waren, zu kommen, mußte ich ablehnen, weil ich überzeugt war, daß sie enttäuscht und unbefriedigt abgereist wären. Viele der Käufer, die mit bestimmten Absichten vom Umfange der Käufe, die sie hier zu machen wünschen, kommen, ziehen von Deutschland mit dem Eindruck fort: sie haben fast nichts gefunden. Bei den Fabrikanten findet man in vielen Fällen bereits eine vollständige Resignation gegenüber dieser Frage. Sie sagen: Wir können der Konkurrenz des Auslandes nicht begegnen; wir müssen darauf verzichten, diese Geschäfte aufzunehmen. Der Umstand ist hierbei stark maßgebend, daß die großen Konsumländer, die eigene Industrien haben, sich durch Zölle abgeschlossen haben und dadurch unsere Konkurrenzfähigkeit doppelt erschweren. Infolgedessen wird mehr und mehr der Teil unseres Exports, der sich auf Europa, auf die Länder mit eigener Industrie und besonders auf Nordamerika bezieht, sehr stark eingeschränkt. Es entsteht nun die Frage: Besteht eine Möglichkeit, hierfür einen Ausgleich zu schaffen? Dieser ist vielleicht dadurch gegeben, daß die Gebiete intensiv bearbeitet werden, die schwieriger zu bearbeiten sind als die industriell und kaufmännisch hochentwickelten, also fern abliegende Gebiete, die infolge des geringeren Konsums des Einzelartikels hauptsächlich für die Bearbeitung durch den Exporthandel sich eignen. Es muß die Kleinarbeit wieder aufgenommen werden wie vor 50 Jahren. Um dieses Geschäft weitgehend zu betreiben, fehlen gegenwärtig die Grundlagen, und zwar deswegen, weil die Geschäfte nach diesen Ländern ganz andere Anforderungen bezüglich der Kreditgewährung stellen als die wirtschaftlich hochentwickelten. Es müssen Kredite gegeben und Risiken eingegangen werden, die der Exporthandel allem unter den heutigen Verhältnissen nicht tragen kann. In England steht die Hilfeleistung der Regierung an den Exporthandel zur Erleichterung der Transaktionen längst auf der Tagesordnung; für Deutschland sind Maßnahmen für die Erleichterung dieser Geschäfte von ausschlaggebender Bedeutung. Der Bankier, die Banken, die Reichsbank, die Goldkreditbank können diese Geschäfte nicht fördern, aus dem einfachen Grunde, weil ein Risiko damit verbunden ist, das vom Bankgewerbe nicht getragen werden kann und das auch das nor-
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male Kreditversicherungsgewerbe nicht auf sich nehmen kann. Der Exporteur aber darf und kann diese Geschäfte unter den heutigen Verhältnissen nur in begrenztem Umfange machen, weil er nicht absolut sicher ist, daß die Einlösung der Tratten stets zur rechten Zeit erfolgt. Er würde seine Existenz aufs Spiel setzen, wenn er diese Art des Exportes über die eigenen, gegenwärtig zumeist engbegrenzten Mittel hinaus betriebe. Die Möglichkeiten jedoch, die diese Art des Exports bietet, sind recht bedeutende. Sie lassen sich zahlenmäßig schwer fassen. Ich möchte nun an dieser Stelle die Anregung geben, daß alle diejenigen, die mit mir davon überzeugt sind, daß die Aufbesserung unserer Handelsbilanz eine Lebensfrage für unsere Wirtschaft bedeutet, diese Frage eingehend studieren und versuchen, ihr eine Lösung zu geben, wie ich sie für möglich halte. Wenn man annimmt, daß Milliarden durch die Konfiskation der Auslandsguthaben der Industrie, des Handels, der Banken dem Getriebe des Exports entzogen sind, so würde ein relativ ganz kleiner Teil dieser nicht aufgewerteten Guthaben genügen, um einen Versicherungsfonds zu schaffen, um diese Geschäfte in weitgehender Weise zu ermöglichen. Ich würde diesen Vorschlag nicht machen, wenn Aussicht vorhanden wäre, daß in absehbarer Zeit die deutsche Industrie wieder konkurrenzfähig nach den wirtschaftlich hochentwickelten Ländern würde. Bei einer kürzlich von mir unternommenen Reise durch die Tschechoslowakei konnte ich jedoch feststellen, daß die Verhältnisse selbst in diesem nicht durch die Inflation beeinflußten Gebiete gegen uns in solch außerordentlicher Weise günstig für die Tschechoslowakei liegen, daß für diejenigen Artikel, die dort hergestellt werden, gar keine Aussicht für uns besteht, in absehbarer Zeit konkurrieren zu können, wenn nicht ganz andere Maßnahmen gefunden werden als diejenigen, die zur Preissenkung herangezogen sind. (Beifall.) Dr. jur. et phil. L. Albert H a h n , Vorstandsmitglied der Deutschen Effekten- und Wechselbank, Frankfurt a. M.: Meine Herren! Noch ein ganz kurzes Wort zu dem ominösen Begriff „Inflation". Wann man den Begriff „Inflation" anwenden will, ist im großen ganzen Geschmackssache. Die Wissenschaft ist sich nicht darüber einig, wann das Wort angewandt werden soll. Ich persönlich spreche bei Erscheinungen wie diejenigen, um die es sich augenblicklich bei uns handelt, so wenig von Inflation, wie ich bei den Erscheinungen der Vorkriegszeit, die man als Konjunkturen bezeichnet, davon sprechen würde. Ich habe mich in meinem gestrigen Referat gehütet, das Wort „Inflation" zu gebrauchen. Ich habe von Konjunkturentfaltung und Auftriebstendenzen im Zusammenhang mit Umlaufsmittelvermehrung gesprochen, und ich halte auch zur Vermeidung von Mißverständnissen diese Terminologie für die richtige. Es gibt eine Bauernregel, um zu wissen, wann Inflation vorliegt: Inflation liegt immer dann vor, wenn es verboten ist, von Inflation zu sprechen. (Heiter12
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keit.) Wenn es nicht verboten ist und jeder von Inflation spricht und sprechen darf, weil es unbedenklich ist, von Inflation zu sprechen, dann liegt keine Inflation vor. (Heiterkeit.) Da in einem Teile der Presse in den letzten Wochen von Inflation gesprochen worden ist, so ergibt sich daraus, daß keine Inflation vorliegt. (Heiterkeit.) Ich halte es auch für zweckmäßig, vorläufig daran festzuhalten, daß dem so ist. Nun zur Frage der Auslandskredite und ihrer Wirkung auf Preisniveau und Konjunktur. Diese Frage nach der eigentlichen volkswirtschaftlichen Wirkung der Auslandskredite ist eine Frage, über die man hier stundenlang sprechen könnte, ohne daß man sich wahrscheinlich einigen würde. Aber es ist zuzugeben, daß diese Frage eigentlich die allerwichtigste Frage ist, die wir überhaupt im Augenblick zu lösen haben. Es ist der Angelpunkt unserer ganzen Konjunktur- und Währungspolitik, um den es sich hier handelt. Ich begrüße es deshalb, wenn hier von zwei Herren bereits an diesem Morgen diese Dinge angeschnitten worden sind. Theoretisch liegen sie ja eigentlich ungeheuer einfach. Es ist weder richtig, zu sagen: Auslandskredite wirken inflatorisch, noch zu sagen, sie wirken nicht inflatorisch, sondern man muß sich darüber klar sein, daß es sich eigentlich um zwei Fragen handelt: die Frage nach der a u g e n b l i c k l i c h e n Wirkung und die Frage nach der d a u e r n d e n Wirkung der Auslandskredxte. Wenn ein Auslandskredit und solange ein Auslandskredit so verwandt wird, daß sein Gegenwert irgendwie in die Reichsbank fließt und dort zur Vermehrung der Zahlungsmittel führt, wirkt er preissteigernd und muß er preissteigernd wirken. Wenn die Reichsbank gegen die ihr angebotenen Devisen Noten ausgibt, so hat sie damit nur ihre Pflicht getan, die ihr auf Grund der neuen Reichsbankgesetzgebung obliegt. Die Vermehrung der Zahlungsmittel von 2 Milliarden, die im letzten Jahre eingesetzt hat, ist, wenn ich die Zahl richtig im Gedächtnis habe, ungefähr zur Hälfte dadurch entstanden, daß der Gegenwert ausländischer Kredite zur Reichsbank geflossen ist. Wie ich schon gestern sagte, sind genaue Ziffern über die Devisenbewegung der Reichsbank nicht bekannt. Aber man kann aus gewissen Indizien die Zahlen, um die es sich handelt, ganz roh schätzen. Die naturgemäße, eigentlich selbstverständliche Folge der Auslandskredite ist nun weiter, daß unter dem Einfluß der Preissteigerung eine Importerhöhung und eine Exporthemmung eintritt. Infolgedessen fließen die Devisen wieder aus der Reichsbank ab, und die gegen die Devisen emittierten Noten fließen wieder in die Reichsbank zurück. Dadurch werden die Preise wieder auf das Anfangsniveau ermäßigt, so daß das Einfließen von Auslandskrediten auf die Dauer eine Preissteigerung jedenfalls nicht hervorruft. Nun hängt natürlich der praktische Verlauf der Dinge sehr vom Verhalten der Zentralbank ab. Sie kann dreierlei tun:
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Sie kann erstens einmal den Dingen ruhig ihren Lauf lassen und nicht eingreifen. Dann nehmen die Dinge automatisch und reibungslos den zuvor gekennzeichneten Verlauf, der übrigens seit Jahrhunderten immer wieder geschildert worden ist und über den man sich wissenschaftlich im wesentlichen durchaus klar ist. Die Zentralbank kann aber ein Zweites tun: Sie kann, sobald die Valuten bei ihr einfließen, einen entsprechenden Teil ihrer sonstigen Kredite aus der Wirtschaft herausziehen. Dann findet keine Preissteigerung statt und die Valuten fließen nicht wieder ab. Es verwandelt sich dann der Kredit, der ursprünglich für die Wirtschaft gegeben worden ist, in einen Kredit, der tatsächlich zur Stärkung der Valutareserven der Reichsbank gegeben wurde. Ist man der Ansicht, daß solchc Valutareserven für eine Zentralbank ganz oder teilweise überflüssig sind, dann bedauert man, wenn dergleichen Ansammlungen von Valuten in den Zentralbanken stattfinden. Ich persönlich glaube, wie ich gestern in meinem Referat ausgeführt habe, daß es unter den gegebenen Umständen richtig ist, wenn die Reichsbank sich solche Reserven schafft. Ich bin der Ansicht, daß das, was heute in der Reichsbank an Gold und Devisen liegt, ganz abgesehen von den zwingenden Vorschriften des neuen Reichsbankgesetzes, unbedingt zu konservieren ist. Die Zentralbank kann aber auch ein Drittes tun. Sie kann in dem Moment, in dem die Devisen wieder abfließen und sich eine Wiederkontraktion des Geldumlaufs bemerkbar macht, die Verengung des Zahlungsmittelumlaufs dadurch kompensieren, daß sie ihre Kredite ausdehnt; und dies scheint die Reichsbank in den letzten Wochen bis zu einem gewissen Grade getan zu haben. Die Folge davon ist, daß wir einen Devisenabfluß, aber gleichwohl keine Kontraktion des Umlaufs und keine Preissenkimg erlebt haben. Es ist die Frage, was nun zu geschehen hat. Ich habe gestern der Auffassung Ausdruck gegeben, daß mit Rücksicht auf die Passivität der Devisenbilanz ein Druck auf das Preisniveau im Wege der Kreditrestriktion durchzuführen sei, und stimmte in dieser Beziehung mit den Ausführungen des Herrn Urbig überein, der auch der Ansicht war, daß es auf die Dauer kein ertragbarer Zustand ist, wenn die Devisenbilanz der Wirtschaft durch Abflüsse aus der Reichsbank ausgeglichen wird. Nur ist in diesem Zusammenhang ein wichtiger Punkt zu beachten, auf den mit einem Wort zurückzukommen ich die Gelegenheit gern benutze. Die Beurteilung der Frage nach der künftigen Kreditpolitik ist in allerletzter Linie abhängig von der Frage, wie man die Aussichten auf neue ausländische Kredite ansieht. Ist man der Auffassung, daß man vor einer Periode fortgesetzt weiter einfließender ausländischer Kredite steht, dann ist die Erhöhung der Preise oder wenigstens ein Teil dieser Erhöhung nicht nur nicht bedenklich* sondern natürlich und notwendig. Denn es muß, solange Auslandskredit einfließt, immer ein Zustand bestehen, aus dem heraus die Wirtschaft den Gegenwert der Kredite in Form von Gütern 12*
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Auslandskredite und -Beteiligungen
aufnimmt. Ein solcher Zustand besteht nur, wenn wir eine Preisentwicklung haben, die die Passivierung unserer Handelsbilanz erzwingt. Es ist eine Utopie, zu meinen, daß man die Vorteile ausländischer Kredite genießen könne, ohne eine entsprechende Passivierung der Handelsbilanz in Kauf zu nehmen. Der Versuch, ausländische Kredite für die Volkswirtschaft nutzbar zu machen, ohne einen entsprechenden Güterimport zuzulassen, ist ebenso unlösbar wie der Versuch, ins Wasser zu gehen, ohne naß zu werden. Ist man also der Meinung, daß weiterhin ausländische Kredite einfließen, so wird die Restriktion nur teilweise bezw. erst Hann einzusetzen haben, wenn man ein Nachlassen des Einiließens dieser Kredite furchtet. Ist man aber der Ansicht, daß es zu ungewiß ist, sich auf ausländische Kredite zu verlassen, dann muß, wie ich mir gestern auszuführen erlaubt habe, in der Tat jetzt schon eine auf Preisabbau hinzielende Politik durchgeführt werden — eine Politik, die in letzter Linie den Effekt erstrebt, daß die Devisenbilanz der Wirtschaft sich aus sich selbst heraus und nicht mittels des Gegenwerts ausländischer Kredite ausgleicht. (Lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Die Besprechung ist mangels weiterer Wortmeldungen geschlossen. Ich frage die Herren Berichterstatter, ob sie von dem Schlußwort Gebrauch machen wollen. — Zunächst Herr Löb! Berichterstatter Rudolf L ö b , i. Fa. Mendelssohn & Co., Berlin (Schlußwort): Meine Herren! Ich glaube, wir können alle den Herren Vorrednern für ihre Ausführungen nur sehr dankbar sein, besonders auch den Herren, die uns hier die theoretischen Grundlagen, die theoretischen Wirkungen der ausländischen Kredite nochmals vor Augen. geführt haben. Ich möchte nicht darauf eingehen, diese Dinge jetzt hier noch weiter zu vertiefen, denn ich fürchte, wir würden dann zum mindestens zu spät zum Frühstück kommen. (Heiterkeit.) Aber ich würde auch das nicht scheuen, wenn ich mir von solch einer Vertiefung eine weitere Klärung dieser Fragen versprechen könnte. (Sehr richtig!) Das, was hier ausgeführt worden ist, meine Herren, ist sicher Wissenschaft im höchsten Sinne, aber trotzdem nicht übereinstimmend (Heiterkeit), nicht vollkommen übereinstimmend. (Sehr richtig!) Und was folgt daraus? Es folgt daraus nach meiner Ansicht, daß es sich hier doch zum Teil um Gebiete handelt, bei denen die reine Wortdefinition noch gar nicht weit genug gedrungen ist, als daß man mit der Sicherheit diskutieren könnte, überhaupt auf einem vollkommen geklärten Boden zu diskutieren. Diese Wortdefinition aber hier zu klären, dazu, meine Herren, fühle ich mich nicht berufen. Ich fühle mich auch dazu — zum mindesten in der Zeit, die mir zur Verfugung steht — nicht befähigt. Ich kann nur sagen: das, was der letzte Herr Vorredner gesagt hat, ist sicher in vielen Dingen unbestreitbar; und doch
181 — ich führe das nur an, um eines herauszugreifen — würde ich an der Stelle der Reichsbank große Bedenken tragen, eine Vermehrung der Markkredite eintreten zu lassen, weil ich die Erwartung hätte, daß ausländische Kredite zuströmen, um diese ausländischen Kredite zuströmen zu lassen, sondern ich würde warten, was geschieht, und würde mich auf derartige Wahrscheinlichkeiten in keiner Weise verlassen. Aber ich weiß ganz genau, daß Herr Dr. Hahn das wahrscheinlich ebenso gemeint hat, und möchte diesen einen Punkt nur erwähnen, um ein, wie ich vermute, vollkommenes Einverständnis über eine etwas einengende Auslegung dessen, was er gesagt hat, zu konstatieren. Ich glaube, weiter dieser ja für uns alle außerordentlich interessanten Diskussion nichts hinzusetzen zu können, und glaube, daß wir aus dieser Diskussion das eine entnommen haben, nämlich die absolute Notwendigkeit, mit dem Wort „Inflation" vorsichtig umzugehen, da wir ja sehen, daß die ersten Autoritäten der Währungstheorie selbst sich doch noch nicht ganz im klaren sind (Heiterkeit), was eigentlich Inflation heißt. (Heiterkeit und Beifall.) Das Wort ist ein wirklich sehr scharfes Schwert, und nach der Zeit, die wir durchgemacht haben, ist die Haut jedes einzelnen von uns empfindlich, man soll damit nicht kitzeln. (Heiterkeit.) Ich habe keine Angst, denn ich sehe die Dinge so an, wie ich es heute morgen gesagt habe, ohne irgendwelche Absicht der innerpolitischen Wirkung, einfach meiner Überzeugung entsprechend. Aber ich weiß, es gibt viele, die nervöser sind. Darum würde ich vorschlagen, setzen wir uns gelegentlich hin, wenn wir allein sind, und versuchen wir, über diese Theorien so klar zu werden, daß wir ganz einer Meinung sind. Wenn das geschieht, meine Herren, dann können wir ruhig darüber sprechen, besonders, da ich überzeugt bin, daß, bis das geschieht, alle Gefahren vorüber sind. (Heiterkeit und lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Herr Hofrat Schreyer hat auf das Schlußwort verzichtet. Ich bitte jetzt, die Änderungen vorzutragen, die nach gestellten Anträgen noch an der verlesenen Entschließung vorgenommen werden sollen. Schriftführer Rechtsanwalt Otto B e r n s t e i n : Der Antrag, den Herr Dreyfus verlesen hat, würde sich zweckmäßig hinter Ziffer 6 der in Ihren Händen befindlichen Entschließung als Ziffer 7 einschalten. Es würde dann unter 7 lauten: Die im Einkommensteuergesetz vom 10. August 1925 vorgesehene Einkommensteuerpflicht der Zinserträge aus hypothekarisch gesicherten Auslandskrediten bedeutet eine nicnt unbedenkliche Verteuerung wirtschaftlich gerechtfertigter Kredite für den deutschen Schuldner. Die bisherige Ziffer 7 würde dann Ziffer 8 werden.
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Effekten verkehr und ßörsenterminhandel
Und dann ist eine kleine Fassungsänderung vorzunehmen. Die letzten Worte lauten bisher: „ist zu empfehlen"; sie sind infolge eines Druckversehens hineingekommen. Es muß heißen: „ist zu erwägen". Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r: Mit diesen Änderungen stelle ich die Entschließung zur Abstimmung und frage die Versammlung, ob sie mit ihr einverstanden ist. Es erhebt sich kein Widerspruch! Ich stelle fest, daß die Entschließimg einstimmig angenommen ist. Wir gehen nunmehr zur Pause über. (Frühstückspause von P/4 bis 2s/4 Uhr.)
Nachmittagssitzung. Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Ich eröffne die Verhandlungen über das Thema: E f f e k t e n verkehr und Börsenterminhandel, und gebe zunächst das Wort Herrn Bankier Moritz L i c h t e n h e i n , i. Fa. Königsberger & Lichtenhein, Berlin. Vorher jedoch möchte ich zur Geschäftsordnung folgendes bemerken : Herr Prof. Dr. P r i o n hat heute morgen nach der stenographischen Aufnahme folgendes gesagt: „Ich hatte vor, mich gestern zum Worte zu melden, als der Herr Reichsbankpräsident zum erstenmal sagte: Wir haben keine Inflation, unsere Währung ist stabil, und es ist — nun weiß ich allerdings nicht mehr den genauen Wortlaut, aber nach meiner Erinnerung und vor allem nach dem Eindruck, den ich noch habe: „und es ist v e r b r e c h e r i s c h , heute von einer Inflation zu sprechen." Da ich die Äußerung des Herrn Reichsbankpräsidenten anders verstanden hatte, so habe ich mir das stenographische Protokoll geben lassen, und danach kann ich feststellen, daß Herr Reichsbankpräsident Dr. Schacht gesagt hat: „Besonders bedauerlich ist es, daß gewisse extreme Elemente von links und rechts die bestehende Teuerung zum Anlaß nehmen, um die Währungspolitik der Reichsbank zu diskreditieren und in die Bevölkerung eine Beunruhigung dadurch zu bringen, daß sie diese Teuerung als Währungsinflation bezeichnen. Für diese auf völliger Verkennung der Tatsachen beruhenden Angriffe, die das Vertrauen der Öffentlichkeit in die unter schweren Mühen erkämpfte Stabilität unserer Währung bedrohen, ist k e i n W o r t d e r V e r u r t e i l u n g scharf genug." So hat die Äußerung des Herrn Reichsbankpräsidenten gelautet (Sehr richtig!), er ist nicht weiter gegangen. (Sehr richtig!) Ich bitte nunmehr Herrn Bankier Lichtenhein, das Wort zu nehmen.
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Berichterstatter Bankier Moritz L i c h t e n h e i n , i. Fa. Königsberger & Lichtenhein, Berlin: Meine sehr verehrten Herren! Die Zusammenhänge des Bankgewerbes mit den großen politischen und wirtschaftlichen Fragen sind in den bisherigen Sitzungen in so hervorragender Weise behandelt worden, daß im Vergleich zu diesen, die Weltwirtschaft beherrschenden Dingen das mir obliegende Thema Effektenverkehr und Börsenterminhandel winzig erscheinen mag. Nichtsdestoweniger ist für den Bestand und die Fortentwicklung des Bankgewerbes das Effektengeschäft von ausschlaggebender Bedeutung und erscheint die Betrachtung desselben für den Kreis unserer Aufgaben unerläßlich. Für den Privatbankierstand ist, insbesondere an den Börsenplätzen, der Wertpapierhandel stets der bei weitem wichtigste Teil seines Erwerbes gewesen, aber auch die Großbanken erblicken auf diesem Gebiet einen hervorragenden Teil ihrer Betätigung, um so mehr, als durch die allgemeinen Verhältnisse die Emissionstätigkeit stark eingeschränkt ist und durch die unerwünschte Konkurrenz der mit öffentlichen Mitteln arbeitenden Institute und der Beschränkung der eigenen Gelder dem Kreditgeschäft engere Grenzen gezogen sind. Das Bankiergewerbe dient der Verwertung und Anlage des mobilen Kapitals. Da in unserem Vaterlande aber infolge der allgemeinen Verhältnisse mobiles, Anlage suchendes Kapital nur in beschränktem Maße vorhanden ist, so sind die Voraussetzungen des Effektenverkehrs an und für sich zurzeit außerordentlich schlechte. Ich will im Rahmen dieser meiner Ausführungen weniger auf die ungünstigen Momente der Kapitalswirtschaft eingehen, vielmehr als Praktiker insbesondere die praktische Abwicklung des Effektenverkehrs und diejenigen Momente besprechen, die an und für sich das Effektengeschäft für das Bankgewerbe unrentabel gestalten. Will man auch nur eine bescheidene Existenzmöglichkeit des privaten Bankierstandes erreichen, so müssen für das Börsenund Effektengeschäft unbedingt Abänderungen erfolgen. Die steuerliche Überlastung hat dazu geführt, daß das Bankgewerbe außerstande ist, seine wirtschaftlichen Funktionen zu erfüllen. Wenn beim Ankauf und Verkauf von Effekten der Stempel sich so hoch stellt, daß von vornherein dem Unternehmer ein Nutzen kaum erwachsen kann, so werden selbstverständlich die Interessenten von irgendwelchen Geschäften abgeschreckt. Schließlich werden ja Effektengeschäfte an der Börse doch; dazu unternommen, daß der Käufer von Papieren eine entsprechende Verzinsung seines Geldes erhält und die in Wertpapieren angelegten Kapitalien nutzbringend verwandt werden. Die Anlage in deutschen festverzinslichen Papieranleihen hat aufgehört. Die Sachwert- und Goldanleihen begegnen aus begreiflichen Gründen nicht mehr dem gleichen Interesse wie früher, so daß die Umsätze noch keine gut funktionierenden Märkte zu
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Efiektenverkehr und Börsenterminbandel
schaffen vermochten. In Deutschland gehandelte Auslandspapiere gibt es sehr wenig. So verbleibt für die Börsenbetätigung hauptsächlich der Aktienmarkt, der seinerseits wiederum unter vielen Unzuträglichkeiten zu leiden hat. Abgesehen von der derzeit schlechten Lage der meisten Industrien und Unternehmungen hält auch die durch die Kapitalschwäche der Gesellschaften bedingte Scheu vor Dividendenverteilung das Publikum davor zurück, Aktienkäufe zu tätigen. Ferner haben die in der Kriegszeit entstandenen, mit mehrfachem Stimmrecht ausgestatteten Vorzugsaktien nicht gerade dazu beigetragen, das Interesse für Aktienkäufe zu erhöhen. Hierüber haben in den letzten Wochen Besprechungen des Centraiverbands des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes und der Berliner Bedingungsgemeinschaft für den Wertpapierverkehr stattgefunden, deren bisheriges Ergebnis in der Entschließung, deren Annahme wir empfehlen, zum Ausdruck gebracht ist und die demnächst mit einer Kommission des Reichsverbands der Deutschen Industrie fortgesetzt werden sollen. Die in Deutschland zur Berechnung gelangenden Unkosten sind unverhältnismäßig hohe. Es kosten den Privatkunden 10 000 M. deutsche Bankaktien ä 120% = 12 000 M. = 3 »/oo Kundenstempel 36,— M. V2 °/00 Börsenstempel 1 %o Courtage . . . 6 °/00 Provision . . . d. h. bei einem Objekt von 12 000 M. entstehen. . . 126,— M. Spesen, so daß etwa 2 % (1 % Ankauf, 1 °/0 Verkauf) Kurssteigerung erforderlich ist, bevor der Kunde zu verdienen beginnt. Vor dem Kriege kostete dieses selbe Objekt 0,55 M. pro 1000 M 6,60 M. V2 %o Courtage auf den Nominalbetrag . . . . 5,— „ und 1 %„ Provision 12,Zusammen . . . 23,60 M. Es sind somit die Spesen etwa auf das Sechsfache gestiegen, während die Verdienstmöglichkeiten wesentlich zurückgegangen sind. Die Stempelauslage ist zurzeit 42 M. gegenüber 6 M. vor dem Kriege, mithin das Siebenfache. Es erscheint abwegig, die Stempelkosten gegenüber den Schwankungen der einzelnen Papiere im Laufe einer gewissen Zeitspanne in Vergleich zu ziehen, da erfahrungsgemäß die Spannung zwischen dem höchsten und niedrigsten Kurs den Interessenten nicht zugute kommt, sondern, wenn überhaupt die Kursspitzen in Erwägung gezogen werden, dieselben höchstens in umgekehrtem Maße, nämlich auf der Verlustseite, in Erscheinung treten. Es geschieht eben weit häufiger, daß man zum höchsten Kurse kauft und zum niedrigsten verkauft, als umgekehrt.
185 Vergleicht man die Unkosten, die auf den Geschäften im Inland gegenüber denen des Auslandes liegen, so ergibt sich folgendes Bild: Es kosten in Italien 100 Aktien zum Preise von 415 % 41 500,— M. 100 Aktien zum Preise von 412 °/0 41 200,— „ Kommission 200,— „ Stempel und Spesen . 12,90 ,, Zusammen . . . 82 912,90 M. Mithin betragen die Unkosten 212,90 M. Nimmt man das gleiche Quantum deutscher Industriepapiere, so kosten 10 000 M. deutsche Industrieaktien ä 415 % 41 500,— M. 10 000 M. deutsche Industrieaktien ä 412 % 41200,— „ Courtage 82,70 M. Provision 248,10 „ Stempel . . 248,10 „ 578,90 „ Zusammen . . . 83 278,90 M. Mithin betragen die Unkosten 212,90 im Ausland (Italien) und 578,90 im Inland. Die Unkosten gegenüber Geschäften in Italien sind also etwa 2 7 a mal so hoch. In New York stellen sich die Unkosten bei einem Objekt von 83 Stück im Preise von 1157 s auf 24,07 Dollar, während das gleiche Objekt deutscher Industriepapiere für den Inländer 67 M., für den Ausländer 57,40 M. erfordert. Die Unkosten sind gegenüber Amerika etwa 2,8 mal so groß. Diese Beispiele treffen in ähnlicher Form auf das gesamte Ausland zu, so daß man damit rechnen kann, daß die Unkosten für Effektentransaktionen in Deutschland das Zwei- bis Dreifache von denen des Auslandes betragen. Hieraus ergibt sich unschwer, daß, abgesehen von den wirtschaftlichen Momenten, auch die Unkostenfrage allein dazu führen muß, unsere deutschen Effektenmärkte ihrer internationalen Bedeutung zu entkleiden. Eine Ermäßigung der Provision und Courtage wird vorbereitet, indes kann diese zurzeit nur in mäßigem Umfange in Frage kommen, da die Unkosten im Bankgewerbe sich in ungeheuerlicher Weise erhöht haben, und sie setzt jedenfalls eine erhebliche Ermäßigving der Börsenumsatzsteuer voraus: denn nur dann ist diejenige Steigerung der Umsätze zu erwarten, welche die Verminderung der Provision für das einzelne Geschäft tragbar machen kann. Die durch die Gesetzgebung veranlaßten, für die Unternehmer absolut unproduktiven Arbeiten erfordern im Innenbetrieb einen gegenüber der Vorkriegszeit bedeutend erhöhten Personalbestand. Auch an der Börse ist durch die bei der Zusammenlegung entstandenen Kleinaktien sowie durch den seit Kriegsausbruch ausschließlich bestehenden Kasseverkehr eine starke Vermehrung der Angestellten
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eingetreten. Für die Berliner Wertpapierbörse ergibt sich folgendes: Im Januar 1914 waren 1367 selbständige Börsenbesucher sowie 4 für Wertpapier- und Produktenbörse, zusammen 1371 selbständige Börsenbesucher, und 935 Angestellte eingetragen. Am 1. Januar 1925 verteilte sich der Börsenbesuch auf 1603 selbständige Börsenbesucher für die Wertpapierbörse und 169 für die Wertpapier- und Produktenbörse, zusammen 1772 selbständige Börsenbesucher, wohingegen 3344 Angestellte zum Börsenbesuch zugelassen waren. Es haben sich also in dieser Zeit die selbständigen Börsenbesucher um etwa 30 °/0 vermehrt, während die Angestellten um etwa 260 % zugenommen haben. In Frankfurt sind die Ziffern ähnlich: Es waren dortselbst 1913: 460 selbständige Börsenbesucher und 1925: 641 selbständige Börsenbesucher, d. h. etwa 40 % Erhöhung, angestellte Börsenbesucher 1913: 252, 1925: 773 = 200 »/„ Erhöhung. Diese Vermehrung der Börsenangestellten — inzwischen ist ja durch die Not der Verhältnisse allerdings ein starker Abbau der Bankbeamten erfolgt — ist eine der Ursachen, die die Rentabilität des Bankgewerbes beeinträchtigen und dazu zwingen, in Erwägungen einzutreten, die auf Abänderung verschiedener Organisationsfragen hinzielen. Der Eigentümlichkeit des Bankgewerbes, an bestehenden Einrichtungen zähe festzuhalten, ist es zuzuschreiben, daß sich im bankmäßigen Effektenverkehr seit einem Menschenalter nur wenig verändert hat. Während auf allen Gebieten wirtschaftlichen Lebens sich fortgesetzt zweckentsprechende Neuerungen vollziehen, besteht im Bankbetriebe noch größtenteils die Handhabung, wie sie vielleicht bei unseren Vorfahren angebracht erscheinen konnte, für die Jetztzeit aber als veraltet bezeichnet werden muß. Noch heute werden, wie zu meiner Lehrlingszeit, die Wertpapiere von Ort zu Ort mittels umständlich versiegelter Briefkuverts oder Pakete versandt, nachdem vorher umständliche Nummernverzeichnisse in einer im Ernstfalle oft versagenden Form "angefertigt worden sind. Die unproduktive, primitive Art der Effektenlieferung erhöht die Kosten des Betriebes und bringt eine Schwerfälligkeit mit sich, die den Verkehr beeinträchtigt und den Grundsätzen kaufmännischer Organisation widerspricht. Wertpapiere haben doch schließlich einen Gattungs- und keinen Spezialwert, es sei denn, daß es sich um besondere Ausnahmen von Verlosung, ausländischem Stempel usw. handelt. Wenn Waren zur Konsumierung, Rohstoffe zur Verarbeitung versandt werden, ist das doch nicht auch bei Wertpapieren erforderlich, bei denen nur das Eigentum und dessen Nachweis, nicht aber der körperliche Besitz in Frage kommt. Abgesehen von einigen gelegentlichen Ausnahmen könnte das Hin- und Herwälzen von Effekten sich vermeiden lassen, und so begrüße ich die Maßnahmen, die neuerdings behufs Herbeiführung eines stückelosen Verkehrs, auch mit der Kundschaft, bei der Bankwelt Berlins betrieben werden. Als Berliner Bankier, der ich unserem Platz schon 40 Jahre angehöre, kann ich speziell von unseren hiesigen Einrichtungen
187 sprechen und überlasse es meinem nach mir zum Worte kommenden Hamburger Kollegen, die Eigentümlichkeiten des dortigen Platzes zu erwähnen. Die Erwägungen, daß sich der Effektenlieferungsverkehr nicht auf die effektive Lieferung beschränken könne, liegen eine Reihe von Jahren zurück, als 1872 das Effekten-Giro vom Berliner Kassenverein aufgenommen wurde. Allerdings kam diese Einrichtung im Jahre 1874 wieder zum Erliegen, um nach langwierigen Vorverhandlungen in der bis jetzt noch bestehenden Form 1882 wiedereingeführt zu werden. Das Effekten-Giro umfaßte im Jahre 1882 38 Papiere, während es sich zurzeit bei 475 Mitgliedern auf 232 Effektengattungen erstreckt, so daß sich die Effektenlieferung bei der Berliner Bankwelt in diesen Papieren hauptsächlich durch den Scheckverkehr regelt, ein Verfahren, das sich bestens bewährt hat. Die Einrichtung litt aber u. a. darunter, daß sich die Großbanken derselben nur in beschränktem Maße zu bedienen vermochten, da sie ihrer Kundschaft gegenüber durch Nummernaufgabe verpflichtet waren, die Papiere in ihren Tresors zu halten und die effektive Abnahme und Lieferung zu bewerkstelligen. Außerdem bedingte die Versendung der Wertpapiere nach außerhalb eine fortgesetzte Bewegung der beim Kassenverein lagernden Bestände. Wenn wir uns von der primitiven Effektivlieferung und Wertpapierversendung freimachen und zu einem interurbanen Verrechnungssystem gelangen, wie solches bereits früher innerhalb einer Kommission des Ccntralverbands angeregt worden ist, dann erst, und nur dann, wird den Berliner Bestrebungen, den stückelosen Effektenverkehr zu schaffen, ein Erfolg beschieden sein, ein Erfolg, der sich zu einem vollen gestaltet, wenn der Anschluß der Staatsbanken, die vorerst noch Bedenken tragen, dem stückelosen Verkehr beizutreten, erfolgt sein wird. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist jedoch, daß diejenigen Institute, die zur Führung des Effekten-Giros berufen sind, sich bei der Gebührenberechnung die äußerste Mäßigung auferlegen und sich als gemeinnützige Unternehmungen, nicht als reine Erwerbsinstitute fühlen. Die rechtliche Seite dieser geplanten Einrichtung ist von autoritativer Stelle so eingehend behandelt worden, daß ich die Kenntnis der diesbezüglichen Rechtsgutachten in diesem Kreise voraussetzen darf und hierauf nicht einzugehen brauche. Nicht unerwähnt darf bei der Umgestaltung des Effektenverkehrs der Umstand bleiben, daß durch die Umstellung aut Reichsmark die Aktien auf ganz kleine Nominalbeträge gekommen sind, und daß diese oft schwer darstellbaren Kleinaktien das Bankgewerbe, solange man sich noch der Effektivlieferung bedient, ungeheuerlich belasten und einen rentablen Bankverkehr schier unmöglich machen. Mit Sehnsucht muß man dem Zeitpunkt entgegensehen, wo sie zu einigermaßen verkehrsentsprechenden Beträgen zusammengefaßt werden. Der stückelose Verkehr, wie er in Berlin angeregt worden ist, und dessen Einführung bevorsteht, wird auch für die
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Effektenverkehr und Börsenterminhandel
Geschäftsabwickelung der Kleinaktien von wesentlichem Vorteil sein und die Überfuhrung zu runden Beträgen erleichtern. Naturgemäß kann er die durch die Zersplitterung der Aktien entstandenen Schwierigkeiten und bankmäßige Belastung für den Moment nicht ganz ausräumen. Wenn ich auf die rein technische Handhabung des Effektenverkehrs ausführlicher zu sprechen kam, so geschah es, weil ich hierin eine der Möglichkeiten erblicke, die Unkosten herabzumindern, und überdies eine Anbahnung interurbaner Beziehungen zwischen den einzelnen Plätzen des Reiches für unbedingt erforderlich halte. Die Kapitalarmut Deutschlands hat dazu geführt, daß die einzelne deutsche Börse nicht mehr genügend breite Märkte hat und somit ein Zusammenschluß aller deutschen Börsen von größter Wichtigkeit erscheint. Die Zentralbörse kann, ebenso wie die einzelnen Plätze des Reiches, nur profitieren, wenn Lieferung und Handel zwischen den einzelnen Börsen und Plätzen des Reiches inniger und reibungsloser erfolgen. Der EfFektenverkehr kann sich nur auf Grund breiter beweglicher Märkte vollziehen, denn er ist der Niederschlag des mobilen Kapitals, bei dem die Spekulation nicht zu entbehren ist. Nicht die Kapitalsanlage als solche kann die Märkte alimentieren, vielmehr ist die mit kleinem und kleinstem Nutzen arbeitende Spekulation erforderlich, um dem m o b i l e n Kapital auch die Beweglichkeit zuzuführen. Es wäre durchaus abwegig, die spekulative Tätigkeit mit Geringschätzung abzutun. Ihr ist es u. a. zu danken, daß die Industrie m die Lage versetzt wird, Kapitalien für die Volkswirtschaft heranzuziehen, und daß Märkte entstehen, die jederzeit die Umsatzfahigkeit der Wertpapiere ermöglichen. Es erfüllt somit auch die Spekulation durchaus volkswirtschaftlich wichtige Aufgaben, wobei selbstverständlich deren Auswüchse auf schärfste bekämpft werden müssen. Die Gestaltung breiter beweglicher Effektenmärkte ist nun ohne Terminhandel bei uns unmöglich. Als das Thema „Terminhandel" auf die Tagesordnung des Bankiertages gesetzt wurde, bestand noch vielfach die Annahme, daß derselbe bei Beginn unserer Tagung bereits seine Wiedergeburt gefeiert haben würde und wir von einer, wenn auch kurzen Erfahrung berichten könnten. Steuerliche und technische Hemmnisse führten zu einer Verzögerung; und so trifft der Bankiertag den Terminhandel noch in den Geburtswehen an. Der Begriff des Terminhandels ist nicht nur in Kreisen, die der praktischen Volkswirtschaft fernstehen, ein mystisches Gebilde. Noch immer besteht der Irrglaube, daß Terminhandel mit Spekulation, womöglich sogar mit Differenzgeschäften identisch sei. Es sei hierbei bemerkt, daß das reine Differenzgeschäft, wie es das Gesetz unter § 764 BGB. vorsieht, meines Erachtens praktisch ein absolutes Unding ist. Es würde hierbei die Voraussetzung bestehen, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und dem Börsenpreis der Lieferungszeit von dem Verlierenden an den Gewinnenden lediglich am Stichtage gezahlt werden soll.
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Eine praktische Unmöglichkeit, denn beide Kontrahenten werden selbstverständlicherweise stets daraufhalten, mit irgendeiner anderen Person das laufende Geschäft zu jedem beliebigen Zeitpunkt auszugleichen, um dadurch den aus dem Termingeschäft laufenden Nutzen oder Schaden glattzustellen. Eine Bedingung, nur am Stichtage die Differenz auszugleichen, widerspricht jeder verständigen Auffassung, wie denn auch das Termingeschäft selbstverständlich stets eine Erfüllung voraussieht, sei es nun durch Abnahme und Lieferung oder Prolongation. Unter dem Termingeschäft ist lediglich die vollkommenste Art des Verkehrs zu verstehen, welche die Abwicklung der Geschäfte vereinfacht, sie auf einen bestimmten Termin zusammendrängt und weniger Zahlungsmittel in Bewegung setzt, als ohne Terminhandel erforderlich wären. Naturgemäß ist der Terminhandel kein Allheilmittel gegenüber den Nöten des Bankgewerbes, doch dürfte er, rationell gehandhabt, geeignet sein, gewisse Mißstände zu mildern. Vor allem gilt es, die Sicherheit und Promptheit zu gewährleisten, ohne die sich der Wertpapierverkehr auf die Dauer nicht aufrechterhalten läßt. Schon der Begriff der Selbstaufgabe, wie er auf Grund von § 10 der Bedingungen für die Geschäfte an der Berliner Fondsbörse besteht resp. ausgelegt werden kann, ist ein heißumstrittener und hat seit Jahren zu großen Unzuträglichkeiten geführt. Dem Charakter der Börsen als freien Märkten entsprechend, wäre es materiell und sozial unmöglich, die Zulassung zur Börse nur denjenigen Elementen zuzugestehen, die eine größere Kapitalkraft nachweisen, um so mehr, als sich ja dieser Zustand im Börsengeschäft sehr rasch verändern kann. Andererseits erscheint es undenkbar, daß alle diejenigen, die zum Besuch der Börse zugelassen waren und werden, nunmehr auch hierdurch das selbstverständliche Recht erwerben können, in jeder beliebigen Höhe als Selbstkontrahenten aufzutreten. In den Zeiten des früheren Ultimoverkehrs hat sich der Begriff der Aufgabe durch die Praxis geregelt. Seit Bestehen des alleinigen Kassaverkehrs ist indes in diesen Verhältnissen eine gewisse Verwirrung eingetreten, die dazu führen mußte, daß auch kapitalschwache Elemente sich den persönlichen Kredit zu eigen machten, ohne daß der Gegenkontrahent in der Lage war, ein Delkredere abzulehnen. Es kann unmöglich jemandem zugemutet werden, als Gegenkontrahenten ihm und der Börse absolut nicht in ihrer Kreditwürdigkeit bekannte Personen anzunehmen; andererseits ist dem Kursmakler nicht die Möglichkeit gegeben, Aufträge von Leuten, die an der Börse zugelassen sind, zurückzuweisen. Aus diesem, dem Grundsatz kaufmännischer Selbstverständlichkeit widersprechenden Dilemma haben sich für die Börsenfirmen endlose Unzuträglichkeiten ergeben. Die seit einiger Zeit an der Berliner Börse bestehende Einrichtung, eine Differenzierung zwischen Aufgabe- und Vermittlungsmakler vorzunehmen, hat sich zwar als zweckmäßig, nicht aber als für die Verkehrssicherheit ausreichend erwiesen. Obwohl man in den Kreisen des Berliner
Efiektcnverkehr und Börsenterminhandel
Börsenvorstandes seit Jahren bestrebt ist, diesem unlogischen Zustande zu begegnen, hat sich noch kein durchgreifendes Abhilfsmittel erreichen lassen, und man wird durch den Terminhandel, wenigstens was diesen betrifft, diese Gefahren in dem Bankbetriebe auszuschalten suchen. Die ausschließliche Herrschaft des Kassaverkehrs, wie solche seit Kriegsausbruch besteht, hat insbesondere in dem Berliner Effektenverkehr zu großen Unzuträglichkeiten geführt. Die prompte Lieferung der per Kassa gehandelten Papiere ist in der Praxis undurchführbar. In der Zeit der Inflation und der großen Geschäftszunahme ist die Lieferung infolge Überlastung der Bankbetriebe nicht prompt erfolgt. In letzter Zeit haben Baisseoperationen in umfangreichem Maße dazu beigetragen, die ordnungsgemäße Abwicklung der Lieferungsverpflichtungen zu vereiteln. Erst die letzten Wochen haben in dieser Beziehung mit unstreitbarer Deutlichkeit den Beweis dafür erbracht, daß wir zur ordnungsmäßigen Abwicklung der Effektengeschäfte den Terminhandel nicht entbehren können. Eine Förderung spekulativer Interessen braucht mit dem Terminhandel absolut nicht verbunden zu sein. In Zeiten der Geldkrisis ist natürlich der Terminhandel von besonderer Bedeutung, da durch denselben die für die Abwicklung erforderlichen Kapitaltransferierungen unterbleiben. Die Mittel, die der Terminhandel in Anspruch nimmt, gleichen sich indes, da jedem Abnehmer ein Ablieferer gegenübersteht, an sich genau so wie beim Kassahandel aus. Die Auffassung einer Steigerung der Spekulation durch das Termingeschäft wird dadurch widerlegt, daß wir, seitdem durch Kriegsausbruch das Zeitgeschäft unterbunden war, keine geringere Spekulation als vorher in Deutschland zu beobachten hatten. Auch in demjenigen Auslande, wo der Terminhandel nicht besteht — insbesondere kann sich Amerika bei seiner immensen Kapitalskraft den Luxus des ausschließlichen Kassahandels leisten —, ist die Spekulation nicht geringer. Als bei Kriegsausbruch das offizielle Börsengeschäft unterbrochen wurde, kam das Ultimogeschäft zum Erliegen. Inzwischen konnte der Faden naturgemäß nicht an der gleichen Stelle angeknüpft werden, wo er bei Kriegsausbruch jäh abgerissen worden war. Die Verhältnisse hatten sich von Grund auf geändert, sowohl objektiv wie subjektiv. Langwierige Vorbereitungen zur Wiedereinführung des Terminhandels waren erforderlich, da mannigfache Vorbedingungen zu erfüllen waren. Zuvörderst galt es, den Kreis der zum Terminhandel geeigneten Werte zu bestimmen, und es mußte erst die Umstellung auf Reichsmark abgewartet werden. In Berlin kommen für den Terminhandel vorerst nur Stammaktien von deutschen Unternehmungen mit mindestens 10 Millionen Goldkapital in Frage, und man hat unter diesen vorerst eine Auswahl von 48 prominenten Papieren getroffen, von denen zunächst 26 Papiere, die bereits in der Vorkriegszeit den Erfordernissen des § 63 des Börsengesetzes entsprachen, ab 1. Oktober zur amtlichen Notiz zugelassen werden.
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Als weitere Papiere für das Zeitgeschäft kommen vorerst gemäß Beschluß des Berliner Börsenvorstandes 22 in Frage, für welche die Genehmigung des Reichsrats unmittelbar nach dessen demnächstigen Zusammentritt zu erwarten ist. Doch dürfte die Zahl von 58 Werten, die bei Kriegsausbruch im Ultimoverkehr waren, bald erreicht werden, sobald sich erst die technische Abwicklung eingewöhnt haben wird. Es mußte aber für den Wiederaufbau des Terminhandels nicht nur die Frage „ W a s soll gehandelt werden", sondern vor allem auch „ M i t w e m soll gehandelt werden" einer Revision unterzogen werden. Angesichts der stark reduzierten Betriebskapitalien im Bankgewerbe und der Unmöglichkeit, die Leistungsfähigkeit der Gegenkontrahenten zu beurteilen, mußte man auf ein Mittel sinnen, durch das der Kreis der im Terminhandel zur Aufgabe berechtigten Firmen zwar begrenzt wurde, ohne aber diesen Geschäftszweig, von dem eine allgemeine Belebung erwartet wird, lediglich den Großunternehmungen vorzubehalten. Diese Erwägungen führten in Berlin dazu, den Liquidationsverein zu schaffen, der für seine Mitglieder die Verbindlichkeit der Erfüllung übernimmt und somit das persönliche Delkredere des einzelnen ausschaltet. Die Bedingung, daß jedes Terminengagement durch Sicherheitsleistung seitens der Großen ebenso wie der Kleinen gedeckt werden muß, räumt jegliche Schärfe aus und bietet den einzelnen Mitgliedern Gelegenheit, sich im Rahmen ihrer Mittel, aber auch nur innerhalb dieser Grenzen, zu betätigen. Die Zahl der für den amtlichen Terminhandel einzig als Aufgabe zugelassenen Mitglieder des Liquidationsvereins dürfte den Voranmeldungen zufolge sich auf über 200 belaufen, so daß die Vorbedingung für die Beteiligung eines genügenden Kreises von Interessenten gegeben ist. Das stufenmäßig als Kaution eingezahlte Kapital hat einen Umfang, der den nach menschlicher Voraussicht eintretenden Erfordernissen entsprechen dürfte, zumal für die Engagements, die eine gewisse Höhe übersteigen, eine SpezialSicherheit seitens der Beteiligten gestellt werden muß. Im Gegensatz zu den mir bisher bekanntgewordenen Bestimmungen des Frankfurter Platzes, die seitens der Liquidationskasse nur für den laufenden Monat und auch da nur eine quotenmäßige Garantie voraussehen, ist für den Berliner Platz die Garantieleistung des Liquidationsvereins unbegrenzt. Eine Maßnahme, die unbedingt erforderlich erscheint, wenn man das persönliche Delkredere vollkommen ausschaltet. Kontrolle durch einen aus Mitgliedern gebildeten Überwachungsausschuß sowie umfangreiche Sicherheitskautelen dürften eine genügend gefestigte Basis der Institution gewährleisten. Die höchst wichtige Kapitalfrage für die Prolongationen kann bestimmungsgemäß begreiflicherweise nicht gelöst werden und muß der Praxis vorbehalten bleiben. Es ist aber mit einigem Optimismus — und ohne diesen gibt es überhaupt keine Neuerung — anzunehmen, daß die Reportgelder für den Terminhandel, der angesichts der erforderten Sicherheiten ohne-:
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dies die Grenzen der Solidität nicht überschreiten kann, im Inlande und wohl auch im Auslande zur Verfügung stehen werden. Die selbstverständliche Voraussetzung, die erforderliche Sicherheitsleistung auch von der Kundschaft zu verlangen, schafft andererseits dem Terminhandel eine gesunde Basis und bietet die Gewähr fiir die Solidität und den Schutz vor Ausschreitungen. Die Bestimmungen des § 54 des Börsengesetzes haben in den Berliner Börsenusancen einen Niederschlag gefunden, so daß durch Schaffung einer Kongruenz zwischen den Geschäftsbedingungen der Bankwelt und den Börsenusancen der rechtliche Schutz für die Unanfechtbarkeit der demgemäß mit der Kundschaft abgeschlossenen Termingeschäfte besteht. Um die Höhe der Sicherheitsleistung den kapitalsarmen Zeitläuften anzupassen, wird der Terminhandel sich vorerst auf halbmonatliche Liquidationen — Medio und Ultimo — einstellen, so daß man sich für diese kurzen Perioden mit kleineren Einschüssen begnügen kann, eine Maßnahme, die, aus der Ungunst der Verhältnisse geboren, eine nicht unerhebliche Mehrarbeit mit sich bringt. Es besteht denn auch die Absicht, von der halbmonatlichen zur monatlichen Liquidation überzugehen, sobald sich die Verhältnisse einigermaßen geklärt haben und insbesondere die Reportierungsmöglichkeit durch die Praxis erwiesen sein wird. Von den bisherigen Gegnern des Terminhandels wurde stets behauptet, daß die Einfuhrung verfrüht sei und man die Klärung der Geldverhältnisse und der Börsenlage abwarten müsse. Ich bin der entgegengesetzten Ansicht und halte den psychologischen Moment für den Beginn des Zeithandels um so mehr für gegeben, als er in einer Zeit starker Zurückhaltung und nicht gespannten Kursniveaus erfolgt und er, was das Börsengeschäft betrifft, zweifellos eine Klärung bringen wird. Die Wiedergeburt des Terminhandels wird naturgemäß nicht nur der Arbitrage zugute kommen, sondern auch das Prämiengeschäft beleben. Insbesondere entsprechen Geschäfte, die sowohl im Risiko begrenzt sind als auch geringen Kapitalaufwand bedingen, der derzeit geringen Kapitalkraft der Wertpapierinteressenten. Ich kann mir wohl vorstellen, daß der Zusammenschluß der Liquidationsvereine in den verschiedenen Städten des Reichs dazu fuhrt, daß unter der Garantie der einzelnen Organisationen sich ein umfangreicher Arbitrageverkehr bildet, bei dem einerseits durch die gegenseitige Garantieleistung, andererseits durch den stückelosen Verkehr beim Ausgleich alle erdenklichen Erleichterungen für den Effektenverkehr geschaffen werden, die wiederum zu einer rentablen Ausgestaltung des Bankwesens führen. Voraussetzimg für eine gedeihliche Entwicklung des Terminhandels ist ferner eine entsprechende Ermäßigung des Börsenumsatzstempels, insbesondere für Kostgeschäfte. Der häufig wechselnde Umsatz im Terminhandel kann den bisher in Geltung stehenden Börsenumsatzstempel von 3 % 0 für Kunden und 1 %o für Händler unmöglich tragen.
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Die durch den Terminhandel erwartete Belebung und Erweiterung der Umsätze wird zweifellos auch bei einer erheblichen Ermäßigung der Steuersätze zu Mehreinnahmen für den Staat führen. Allerdings ist der Voranschlag, wie solcher für die Börsenumsatzsteuer mit 96 Millionen in Ansatz gebracht ist, absolut nicht zu erreichen. Die Börsenumsatzsteuer hat für den April 1925
5 630 000 gegenüber dem Soll-Aufkommen 8 000 000 = — 2 370 000 - 70,38 % , Mai 1925 4 720 000 gegenüber dem Soll-Aufkommen 8 000 000 = — 3 280 000 = 59,00 % , Juni 1925 4 270 000 gegenüber dem Soll-Aufkommen 8 000 000 = — 3 730 000 = 53,38 % erbracht. Seit Juni dieses Jahres sind die Umsätze angesichts der ungünstigen wirtschaftlichen Lage und der dadurch potenziert ungünstigen Börsenlage noch weiter wesentlich zurückgegangen. Es muß diese Depression zweifelsohne in der Statistik den Niederschlag finden. Leider sind die weiteren Veröffentlichungen, soweit mir bekannt — ich verdanke das Ziffernmaterial der freundlichen Unterstützung des Centraiverbandes —, noch nicht erfolgt. Das Effektengeschäft ist das Rückgrat des privaten Bankierberufes und bedarf einer pfleglichen Behandlung auch im Interesse der Industrie und des Publikums. Die für die Volkswirtschaft unentbehrliche Belebung des Bankgewerbes kann sich nur vollziehen, wenn seitens der Regierung im Rahmen der ihr zustehenden Ermächtigung die Börsenumsatzsteuer derartig ermäßigt wird, daß sie den Effektenverkehr, insbesondere den Terminhandel, nicht erdrosselt. Aus dieser unabänderlichen Voraussetzung allein kann das Bankgewerbe die Kraft und Zuversicht herleiten, die jetzigen traurigen Zeiten zu überstehen und trotz der unrentablen derzeitigen Verhältnisse seine volkswirtschaftlichen Funktionen sowie seine sozialen Aufgaben der Beamtenschaft gegenüber zu erfüllen. (Lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Ich erlaube mir, Ihnen, geehrter Herr L i c h t e n h e i n , den wärmsten und aufrichtigsten Dank für Ihre Erörterungen zu sagen, die schon deshalb erforderlich waren, weil sie eine Ergänzung der übrigen auf das Bankwesen im allgemeinen sich beziehenden Verhandlungen bildeten. Sie haben in klaren Worten eine treffende und kurze Übersicht über den, man kann wohlsagen, furchtbaren Zustand gegeben, in dem sich die Börse derzeit befindet, die auch heute noch ein unbedingt notwendiges Instrument ist, um große wirtschaftliche Maßnahmen mit Erfolg durchfuhren zu können. Es ist kaum begreiflich, daß man vielfach aus politischen und anderen Erwägungen heraus die Börse für Fehler leiden läßt, die andere gemacht haben. (Sehr richtig!) Es ist unbegreiflich, daß nicht schon in der letzten Zeit eine abermalige und scharfe Herabsetzung der Umsatzsteuer erfolgt ist, über deren Höhe der Herr Bericht13
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erstatter mit Recht geklagt hat. Ich kann in dieser Beziehung mitteilen, daß in den letzten Tagen wieder der Centraiverband an das Reichsfinanzministerium eine Eingabe auf sofortige erhebliche Ermäßigung der Börsenumsatzsteuer gerichtet hat, wobei auch die Zahlen, die Sie zuletzt erwähnt haben, mitgeteilt wurden. Diese Zahlen zeigen, daß man das Sollaufkommen aus der Börsenumsatzsteuer ohne jeden Grund so überaus hoch seitens der Regierung veranschlagt hat, daß natürlich der Istbestand ungemein dahinter zurückbleiben mußte. Solche Überschätzung der Börse ist mir in anderer Richtung bisher nicht begegnet. (Heiterkeit und Sehr richtig!) Sie haben dann die einzelnen Maßregeln erörtert, die sich aufdrängen zu einer Besserung des heutigen Zustands. Gewiß, wir können mit radikalen Maßregeln nicht kommen, denn die Börse ist im Augenblick, wie unsere Wirtschaft selbst, viel zu schwach, um scharfe Medizinen zu vertragen. Um durchgreifende Mittel handelt es sich also nicht. Aber das, was Sie vorschlugen, gestattet doch eine stufenweise Besserung der heutigen Zustände, die unerträglich sind, weil sie den Markt in jeder Weise einengen und schwächen, welcher der einzige ist, in dem ein Spiegelbild der gesamten Wirtschaft gefunden werden soll, aber leider nicht mehr gefunden werden kann. Wir müssen aber eine solche Zentrale haben, in der sich alle wirtschaftlichen Vorgänge konzentrieren, und wir werden sie haben. Der Weg dahin wird schwierig sein. Um so verdienter sind die Männer, die nicht ruhen und nicht rasten, bis wenigstens Verbesserungen erreicht sind, die sich beziehen auf die Vereinfachung des Effektenlieferungsverkehrs, auf den Zusammenschluß der Liquidationsvereine, auf die Verfeinerung der Technik des Börsenhandels, auf die Ermäßigung der Unkosten des Effektenverkehrs usw. Unter den Reformen, die nötig sind, haben Sie, wie ich glaube, mit Recht die Wiedereinführung des Terminhandels ausführlicher behandelt. Und dabei erinnere ich mich an die schweren Kämpfe, die wir hier auf dem Bankiertag und im Centraiverband schon vor langen Jahren für den Terminhandel haben führen müssen, der damals börsengesetzlich verboten war, und wie es sehr langer und wiederholter Vorstellungen bedurft hat, um hier eine Besserung herbeizuführen, die dann wieder während der Kriegszeit verlorenging. Damals schon haben wir darauf hingewiesen, daß das Verbot des Termingeschäfts schon deshalb keinen Sinn habe, weil das Termingeschäft sich vom Inlande nach dem Auslande ziehen kann, und daß ferner in anderen Ländern, wie namentlich in den Vereinigten Staaten, das Kassageschäft an die Stelle des Termingeschäfts mit Erfolg getreten ist, nur mit der Maßgabe, daß unendlich viel Mittel, die sonst liquide gewesen wären und der Wirtschaft hätten zufließen können, in das Kassageschäft abgewandert sind. (Sehr richtig!) So, glaube ich, ist es richtig, daß man nicht einen Augenblick anstehen läßt, um zu fordern, daß die heutigen unglaublichen Zustände an der Börse gründlich gebessert werden, soweit es irgend möglich ist. Hierzu veranlaßt durchaus nicht nur der Zustand der Börse an sich und die Lage der Männer, die von jeher an der Börse tätig gewesen
195 sind und heute nur mit schweren Sorgen und unter schweren Hemmnissen dort arbeiten können, sondern es ist die Rücksicht auf die Gesamtwirtschaft, die uns alle zwingt, für eine gute, leistungsfähige und widerstandsfähige Börse zu sorgen. (Lebhafter Beifall.) Ich erteile nunmehr das Wort dem zweiten Berichterstatter, Herrn Willy S i c k , i. Fa. Nordische Bank-Commandite Sick & Co., Hamburg, zu dem gleichen Thema. Berichterstatter Willy S i c k , Nordische Bank-Commandite Sick & Co., Hamburg: Meine sehr geehrten Herren! Herr Lichtenhein war so freundlich, mich einzuladen, über Hamburg zu reden. Ich verspreche Ihnen gleich, daß ich das n i c h t tun werde. Ich verspreche mir keinen Erfolg davon — höchstens, wenn Sie mir versichern, daß Sie demnächst Ihre sämtlichen Orders nach Hamburg geben. (Heiterkeit.) Denn dann könnte vielleicht die Rückwirkung von Hamburg auch auf die Berliner Börse befruchtend wirken. Also, meine verehrten Herren, ich komme jetzt auf das Thema. Ich werde mich nicht so eingehend wie Herr Lichtenhein über die T e c h n i k aussprechen, weil Sie da viel sachverständiger sind als ich. Im übrigen ist der Stoff „Effektenverkehr und Börsenterminhandel" gefahrenvoli groß, wenn man sich ihn näher ansieht, so eng begrenzt das Thema den Worten nach scheint. Der wesentlichste Teil der Fragen ergibt sich einfach aus der Lage der Gesamtwirtschaft. Er ist von den verschiedenen Herren Vorrednern gestern und heute bereits eingehend behandelt worden, und trotzdem wird es sich nicht umgehen lassen, daß auch ich darüber spreche, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil Börse und Wirtschaft nun einmal siamesische Zwillinge sind, die nicht von einander getrennt werden können, bei lebendigem Leibe jedenfalls nicht. Das sollten sich auch gewisse Stellen einmal notieren, die die Börse immer als eine absolut überflüssige oder gar schädliche Einrichtung ansehen. Der Grundgedanke meiner Ausführungen dreht sich um die große Frage und die große Sorge, die uns alle bewegt: W i e können wir die L e i s t u n g s f ä h i g k e i t des W e r t p a p i e r h a n d e l s u n d d e r B ö r s e zu unserem V o r t e i l u n d d a m i t g l e i c h z e i t i g zu d e m d e r G e s a m t w i r t s c h a f t und des S t a a t e s in ergiebigstem Maße steigern? Die erste sich ergebende Antwort lautet: D u r c h Vere i n i g u n g und Verbesserung unserer Arbeitsm e t h o d e n . Diezweite: Durch Beseitigung all der Hindernisse und Schwierigkeiten, die bisher die freie Entfaltung der Kräfte gelähmt oder ganz gehemmt haben. In erster Linie müssen wir ökonomischer umgehen mit Menschen, Zeit und Material! Diesem Ziele dienen die Bestrebungen, welche in allernächster Zeit zur E i n f ü h r u n g d e s s t ü c k e l o s e n E f f e k t e n l i e f e r u n g s v e r k e h r s in Berlin führen sollen. 13*
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Die sich daraus ergebenden Vereinfachungen und anderen Vorteile werden sich direkt zunächst allerdings nur in Berlin bemerkbar machen. Indirekt werden sie bei der Zentralstellung Berlins für das Wertpapiergeschäft dem ganzen deutschen Wertpapierhandel zugute kommen. Wir alle haben Anlaß, die auf diesem Gebiete erzielten Fortschritte zu begrüßen und d e n Herren aufs wärmste zu danken, die sich seit Jahren in ernster Arbeit damit beschäftigt haben! Die auf das gleiche Ziel gerichteten Bemühungen anderer Börsenplätze haben bedauerlicherweise greifbare Erfolge noch nicht erbracht. Die Untersuchungen dauern aber an. Ich glaube auch versichern zu können, daß auch die übrigen Börsenplätze sich der großen Vorteile voll bewußt sind, die durch die Reform der Effektenlieferung nach Berliner Muster erzielt werden können. Wenn trotzdem an diesen Plätzen bisher ein definitives Resultat noch nicht erzielt worden ist, so in der Hauptsache deshalb, weil die allerersten Vorbedingungen für einen Verkehr in den neuen Formen nicht vorhanden sind und sich unter den augenblicklichen Verhältnissen auch kaum oder überhaupt nicht schaffen lassen. Zu diesen Vorbedingungen zähle ich die unbedingte Gewähr für einwandfreies und zuverlässiges Funktionieren des neuen Verkehrs auf rechtlich wie finanziell absolut gesicherter Basis! Berlin bietet die Garantien dafür in seiner bewährten Institution der Bank des Berliner Kassenvereins! Ein solches Institut, dessen ganze Einrichtung und Einstellung geradezu nach Ausnutzung und Ausbau in der jetzt vorgesehenen Richtung schreit, besitzen andere deutsche Städte, einschließlich Hamburgs, leider nicht. Sie können ein solches Institut auch nicht nachmachen, so oft und so sehr dies zu den verschiedensten Zeiten erwogen worden ist. Auch ein solches Unternehmen braucht zu seiner Existenzfahigkeit Vorbedingungen! Und diese Vorbedingungen bieten andere Plätze leider nicht! Der Berliner Kassenverein ist so erdgewachsen, so typisch berlinisch, wie der Geldgiroverkehr Hamburgs für deutsche Verhältnisse typisch hamburgisch ist. Dessen ungeachtet muß anerkannt werden: d i e F r a g e d e r E i n f ü h r u n g der s t ü c k e l o s e n E f f e k t e n l i e f e r u n g a u c h im i n t e r u r b a n e n Verkehr D e u t s c h i a n a s ist von so g r o ß e r Bedeutung, daß die örtlichen G r u p p e n des d e u t s c h e n B a n k g e w e r b e s gem e i n s a m m i t B e r l i n sich in k ü r z e s t e r F r i s t zu e i n e r Arbeitsgemeinschaft zusammenfinden sollten! Meine sehr geehrten Herren! In der Verbesserung der T e c h n i k d e s L i e f e r u n g s v e r f a h r e n s allein kann die angestrebte Verbilligung und Leistungssteigerung sich natürlich nicht erschöpfen. Dazu gesellen muß sich die Vereinfachung und Verfeinerung der T e c h n i k d e s B ö r s e n h a n d e l s . Die Möglichkeit dazu liegt allein in der Wiedereinführung des E f f e k t e n t e r m i n g e s c h ä f t s ! Der augenblickliche Verkehr ist alles andere als zeitgemäß oder ideal. Er erinnert in seiner
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ganzen Art stark an die Primitivität des Verkehrs bei Berliner Verkehrsstreiks. Sein jetziger Zustand verhält sich zu dem normalen wie eins der bei Streiks auftauchenden Vehikel zum modernen Autobus. Man bedient sich ihrer ebenso teuren wie unvollkommenen Einrichtung zwar, aber nur notgedrungen. Wo irgend angängig, vermeidet man sie, weil sie nicht zweckmäßig genug und zuwenig anziehend sind! Es hat nicht an Stimmen gefehlt, an sachverständigsten sogar, die trotz der allen sichtbaren Nachteile des jetzigen Verkehrs und der auf der Hand liegenden großen Vorzüge des Terminhandels Bedenken hegten, gerade den j e t z i g e n Zeitpunkt für die Wiedereinführung des Effektentermingeschäfts zu wählen; die Undurchsichtigkeit unserer ganzen Wirtschaftslage, insbesondere der finanziellen Verhältnisse, selbst bei angesehenen und bewährten Gesellschaften, flößte zunächst große Bedenken ein, sodann die krisenhaften Erscheinungen in der Schwerindustrie, in Konzernen und ganzen Berufsgruppen. Nicht zuletzt aber auch die arge Kapitalschwächung, die gegenüber der Vorkriegszeit das ganze deutsche Bankgewerbe, also die Börsenkontrahenten untereinander, und deren Kundschaft erfahren hat. An Bedenken anderer, allerdings ebenfalls wesentlichster Art kamen hinzu: die noch immer zu hohen Börsenumsatzsteuern und die Zweifel, ob der Börse angesichts der herrschenden Kapitalknappheit die für Prolongationen notwendigen Gelder auch stets in ausreichendem Maße und zu erträglichen Bedingungen zur Verfügung stehen würden. Die Prolongationssorgen sind i n d e r H a u p t s a c h e zerstreut worden. Ich sage in der Hauptsache! Ganz werden sie erst verschwinden, wenn sich in der Praxis erwiesen hat, daß die für das Ausleihen der Reportgelder in Betracht kommenden großen Geldgeber sich ihrer Pflichten gegenüber den Fondsbörsen auch im vollen Maße bewußt sind! Ohne eine h o h e Wahrscheinlichkeit, die für die Prolongationen notwendigen Gelder zu erhalten, ist ein blühendes Termingeschäft einfach nicht zu denken! Die Börse erwartet ferner, daß nunmehr auch die Regierung im allerfiskalischsten Interesse zur Vermehrung der Umsätze beiträgt, indem sie von der ihr eingeräumten Ermächtigung zur Herabsetzung der Börsenumsatzsteuern ehestens Gebrauch macht. Die unsicheren und unklaren Wirtschafts- und Vermögensverhältnisse haben in den monatelangen Vorverhandlungen der Börsenvorstände und Bankenorganisationen eine ausschlaggebende Rolle gespielt. Es ist auf sie in den neuen Organisationen und Usancen für den Terminhandel so weit Rücksicht genommen, als sie in Angleichung an andere Faktoren wesentlicher Art überhaupt möglich war. So werden wir also in Deutschland vom 1. Oktober ab an den Börsen Berlin, Frankfurt und Hamburg den Börsenterminhandel in Wertpapieren wieder haben! Da dieser Beschluß erst nach eingehendster Würdigung aller dagegensprechenden Argumente gefaßt worden ist, bedeutet er die nüchterne Erkenntnis, daß ein Land von der wirtschaftlichen Bedeutung Deutschlands nicht mehr
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länger des Terminhandels in Wertpapieren entraten kann! Verzichtete es doch darauf, so hieße dies die wirtschaftlichen und nationalökonomischen Grundgesetze verleugnen und die an sich, so arg geschwächten deutschen Wertpapierbörsen zur weiteren Verkümmerung verurteilen. Es liegt jetzt an den Börsenorganisationen und den ihnen angeschlossenen Mitgliedern, dafür zu sorgen, daß dem Bankgewerbe und der Gesamtwirtschaft die großen Vorteile des Termingeschäfts zuteil werden. Dazu gehört nicht zuletzt die Anpassung an die außergewöhnlichen Verhältnisse unserer Zeit: gewissenhaftes Maßhalten und scharfe Ablehnung von solchen Menschen und Methoden, durch welche die Gesamtwirtschaft geschädigt und der Ruf des ganzen Standes in Mitleidenschaft gezogen wird. Nach der Bewährung der deutschen Börsen im Effekten- und Terminhandel der Vorkriegszeit braucht nicht daran gezweifelt zu werden, daß auch der neue Handel seiner Aufgabe gerecht werden und der Gesamtwirtschaft große Dienste leisten wird. Wenn etwas dazu beitragen kann, seine Leistungsfähigkeit zu erhöhen, so eine R e v i s i o n d e s B ö r s e n g e s e t z e s . Um die gesetzliche Regelung dieses Verkehrs sind seit Bestehen eines Terminhandels in Wertpapieren überhaupt» also seit rund 300 Jahren, in allen Ländern die heftigsten Kämpfe gefuhrt worden. Zu der Geschichte dieser Kämpfe und des Wandels der Auffassung von Berechtigung und Nichtberechtigung hat Deutschland ganz wesentliche Kapitel beigesteuert, allerdings — beschämt muß man es gestehen — wenig rühmliche! Das unsere Gesetzgebung noch heute überwuchernde Übel, wirtschaftliche Gesetze von politischen Gesichtspunkten und Erwägungen aus zu erlassen, ist leider auch in der wirtschaftlichen Gesetzgebung der alten Zeit nicht zu verleugnen, ganz gewiß jedenfalls nicht auf dem Gebiet der Börsengesetze! Ich kann es mir ersparen, vor d i e s e m Forum auf Einzelheiten einzugehen. Deshalb gerade aber glaube ich für die Zukunft fordern zu müssen: die Revision des Börsengesetzes! Meine sehr geehrten Herren! Deutschland ist stolz darauf, die wenigsten Analphabeten, die besten Volksschulen und die vielseitigsten Bildungsstätten der Welt zu besitzen. Es darf stolz sein auf den hohen Stand der Durchschnittsbildung seiner Bewohner und auf die musterhaften Einrichtungen vieler seiner Selbstverwaltungen. Es ist stolz auf die gewissenhafte Selbstdisziplin seiner verschiedenen Stände und ihrer Organisationen,, alles Einrichtungen und Eigenschaften, um die es von vielen Völkern beneidet wird. Wie verträgt sich aber damit der vormundschaftliche Schutz, den der Staat nach dem geltenden Börsengesetz noch heute breitesten und aufgeklärtesten Kreisen schuldig zu sein glaubt? Hat sich nicht seit Bestehen des Börsengesetzes zur Evidenz erwiesen, daß in ganz seltenen Fällen verleitete Opfer, in den meisten Fällen aber gewissenlose und ehrlose Gesellen sich die zweifelhaften Segnungen dieses Gesetzes — den Differenzeinwand — haben zugute kommen lassen? Kann es ernsthaft im Interesse des Staatsganzen liegen, die Sorge um reife Staatsbürger so zu überspannen, daß die Wirkung des Gesetzes in das Gegenteil
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der Absichten verdreht wird? In den westlichen Staaten, in denen der größten Kapitalsassoziationen und Kapitalstransaktionen, kennt man diese krankhafte Fürsorge des Staates nicht. Dort ist jeder für sich verantwortlich, und der Staat betrachtet es nicht als seine Aufgabe, den Bürger vor solchem Schaden zu schützen, den er sich selbst beibringt, oder den er hätte verhüten können! Auch im alten Hamburg fand der unredliche Spekulant keinen rechtlichen Schutz. Der Senat betrachtete die Spekulation als Privatsache jedes einzelnen, und es entsprach nicht der hamburgischen Auffassung, jemandem zwar zu gestatten, Geld zu gewinnen, ihn aber durch staatlichen Schutz daran zu hindern, sein Geld zu verlieren! Wenn eins dazu angetan ist, das neue Termingeschäft in gesunde Bahnen zu lenken und das materielle wie ethische Verantwortungsbewußtsein jedes einzelnen Kontrahenten zu stärken, so ist es eine Anpassung des Börsengesetzes an die Kulturstufe unseres Volkes! Meine Herren! Durch die beabsichtigten Reformen im Effektenlieferungsverkehr, durch den Terminhandel und nicht zuletzt durch den Abbau der in ihrer Höhe hemmenden Umsatzsteuern wird es möglich sein, die bisherigen Spesen des Wertpapiergeschäftes zu verringern und herabzusetzen. Gelingt es außerdem, die Sicherheit der Geschäfte durch Ausmerzung des mit unserer Zeit und der Auffassung von Treu und Glauben nicht mehr in Einklang zu bringenden Differenzeinwandes zu verstärken, so kann auch der in Ansatz zu bringende Risikozuschlag verringert werden. Wir werden auf diese Weise dem Ziel nahegekommen sein: durch erhebliche Verringerung der Unkosten und durch Verfeinerung der Technik des Handels und der Lieferung wesentliche Voraussetzungen für eine Vermehrung der Effektenumsätze und für eine Stärkung der Wertpapierbörsen geschaffen zu haben. Mit der Vermehrung und Verbesserung der technischen Mittel allein vermögen wir aber nur gewisse und begrenzte Wirkung zu erzielen. Darüber hinaus müssen d i e Voraussetzungen geschaffen werden, auf deren Bildung das Bankgewerbe nur einen sehr bedingten, jedenfalls keinen direkten Einfluß hat: K a p i t a l u n d Anregung! Die Kapitalneubildung muß wieder möglich werden, und Börse wie Wirtschaft müssen dem inländischen wie ausländischen Kapital wieder Reize bieten. Wie wenig das augenblicklich der Fall, ist wenigen so wie dieser Versammlung bekannt. Ohne Schaffung dieser Prämissen ist eine Belebung der Börse und ein Aufstieg der Wirtschaft aber nicht möglich! Ü b e r s p a n n t e S t e u e r n u n d zu g r o ß e s o z i a l e Lasten sind die ersten und größten H i n d e r n i s s e , die Verpflichtungen des Versailler Vertrages und des Dawes-Abkommens in Verbindung mit der ohnehin großen Kapitalarmut Deutschlands die nächsten. Um den verbliebenen geringen Bestand an flüssigem Kapital kämpfen Finanzamt, Wirtschaft, Hypothekenmarkt und Börse. Dieser Wettlauf erinnert lebhaft an den zwischen Swinegel und Hasen in unserer Buxtehuder Heide. Wenn die gehetzten Hasen: Wirtschaft, Hypothekenmarkt und
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Börse, glauben, wirklich mal an einem Ziel zu sein, so ist auch schon nicht Frau Swinegel, wohl aber der Exekutor vom Finanzamt da! Der Privatwirtschaft muß steuerlich mehr Luft gelassen werden, damit sie sich nach den Schwächungen der Nachkriegszeit erst einmal erholen und den Anforderungen der neuen Zeit anpassen kann. Bei unserer eigenen Armut muß außerdem Geld von draußen ins Land! Die Herren Löb und Schreyer haben ausführlich und sachverständigst dargelegt, wie es damit zurzeit bestellt ist und welche Bedingungen das für unsere Lebensfähigkeit nun einmal unbedingt notwendige ausländische Kapital erfüllt sehen will, wenn es einen Anreiz finden soll, sein Kapitel der deutschen Wirtschaft und den deutschen Börsen zur Verfügung zu stellen. Ich brauche hierauf also nicht im einzelnen einzugehen! Der Kapitalbedarf oder besser die Kapitalnot Deutschlands legt natürlich nicht nur dem Staat, sondern auch jedem einzelnen Stand die Verpflichtung auf, dieser Not stets eingedenk zu sein. Jeder muß für seinen Teil und an seinem Platz dafür sorgen, daß neues Kapital ersteht oder hereinkommt, und daß dieses die zweckmäßigste Verwendung, nicht zugunsten einzelner, sondern zugunsten des Volksganzen findet! D e r G e m e i n s i n n m u ß auch stärker werden! Mit Bedauern muß ich's aussprechen: Dieser Pflicht und dieses Ernstes sind sich weite Kreise unseres Volkes, und zwar aus den verschiedensten Ständen, nicht bewußt. Die Kanäle wirtschaftlicher Einsicht und Vernunft sind versandet mit dem Schwemmsand parteipolitischen Fanatismus und verkrautet mit den Schlinggewächsen des Stumpfsinns und gedankenlosen Nachbetens von Schlagworten eigensüchtiger Demagogen und vom Klassenkampf lebender Politiker! Wann wird endlich den großen Massen unseres braven Volkes, das sich in allen Leiden der harten Kriegszeit und der noch härteren Inflation so wunderbar bewährt hat, die Erleuchtung kommen, daß nicht im Zwiespalt und Hader, sondern einzig und allein in der Einigkeit, in der Bereitschaft des g e m e i n s a m e n Kampfes für g e m e i n s a m e Ziele die Errettung Deutschlands aus seinen wirtschaftlichen Nöten und damit aus den Nöten jedes einzelnen erfolgen kann! Nur wenn wir selbst Vertrauen zu uns, also Vertrauen einer zum andern haben, dürfen wir erwarten, daß auch das Ausland uns Vertrauen entgegenbringt. Also f o r t mit der innerpolitischen Brunnenvergiftung, f o r t mit den Windjackenkompanien! F o r t jedenfalls mit den t r e n n e n d e n Zeichen, wie Sowjetstern, Hakenkreuz und was es derlei sonst noch gibt! Sind diese Zeichen weg, dann mag die Windjacke a l l e i n bleiben, als Zeichen der Einigkeit, der Einstellung auf e i n Ziel, nämlich auf das des Wohles Deutschlands! Noch schärfer muß es natürlich verurteilt werden, wenn in unserem eigenen Beruf sich Firmen finden, die bewußt die Not vergrößern, um daraus eigensüchtig Kapital zu schlagen! Hierzu
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zähle ich die von zwei — Gott sei Dank nur zwei! — solcher Firmen neuerdings an breite Kreise erlassenen Aufforderungen, freiwerdende Kapitalien nicht mehr den angeblich wenig Chancen bietenden d e u t s c h e n Börsen zur Verfugung zu stellen, sondern für Spekulationen und Investierungen an a u s l ä n d i s c h e n Börsen zu verwenden! Meine sehr geehrten Herren, gewiß soll und darf Deutschland sich von der Außenwelt nicht abschließen. Wirtschaft und Börsen lassen sich nicht im Glashaus nationaler Leidenschaften und Wünsche entwickeln. Aber im jetzigen Zeitpunkt unserer katastrophalen Geldarmut zur Spekulation an ausländischen Börsen aufzufordern, ist eine Versündigung an unserer Wirtschaft und muß uns in den Augen aller anständig Gesinnten im In- und Auslande herabsetzen. Das hier versammelte Bankgewerbe lehnt eine Gemeinschaft mit solchen gewissenlosen Geschäftemachern ab! — Um den ganzen Ernst unserer Lage und den Grad unserer Armut kennenzulernen, ist es zweckmäßig, das J e t z t dem E i n s t gegenüberzustellen. Das große inländische Rentenkapital der Vorkriegszeit und die regelmäßigen Zinsen daraus sind so gut wie vernichtet; es gibt keine Kupontermine und fast keine Einnahmen aus Hypotheken mehr. Versiegt sind damit die großen Ströme neuen Kapitals, die Jahr für Jahr Börse und Wirtschaft befruchteten. Sie waren die feste und solide Grundlage des ganzen deutschen Bankgeschäfts. Verschwunden sind auch die stattlichen Posten ausländischer Renten und Aktien, Beteiligungen anderer Art und Niederlassungen. Besitz und Revenüen daraus sind dahin. Dagegen sind Staat und Wirtschaft jetzt dem Ausland verschuldet und fronpflichtig. Wie arbeitete unsere inländische Wirtschaft im übrigen vor dem Kriege bei erträglichen Steuern planmäßig und erfolgreich! Da zahlten die Gesellschaften noch Dividenden, möglichst stabile sogar, und all die Einnahmen flössen fast restlos über Sparkassen, Banken und Börse der Wirtschaft wieder zu. So verfügten Banken und Börse trotz lebhafter Beschäftigung über reichliche Mittel, um sich ausgiebigst im Kreditverkehr und Effektengeschäft Deutschlands, darüber hinaus aber auch im Ausland, insbesondere an den Weltbörsen und an den Welthandelsplätzen, betätigen zu können. Demgegenüber steht die deutsche Privatwirtschaft z u r z e i t im schwersten Kampf. Die meisten Gesellschaften sind dividendenlos, und auf ihnen wie auf d e n Kreisen, die früher die Käufer für Börsenwerte darstellten, lastet ein Steuerdruck, der nicht nur jede Kapitalneubildung verhindert, sondern in unzähligen Fällen sogar die Substanz angreift. Angesichts dieses Zustandes darf ich die Herren der hohen Regierung an einen Ausspruch erinnern, gegen den bei uns zurzeit systematisch gesündigt wird. Er gleicht in seiner nüchternen Klarheit einem Gemeinplatz, und doch entstammt er der Klugheit und Erfahrimg eines der erfolgreichsten und anerkanntesten Landesväter: „ G r o ß e u n d unerschwingliche Abgaben sind imstande, allen
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M u t u n d F l e i ß zu e r d r ü c k e n u n d ehemals blühende Länder in Verfall geraten zu lassen, weil die Größe der Abgaben nichts ü b r i g l ä ß t und den W o h l s t a n d wie die L u s t z u A r b e i t u n d U n t e r n e h m u n g e n z e r s t ö r t." Gewiß, auch die beste und weiseste Regierung kann Naturgesetze nicht umstoßen. Sie könnte nicht verhindern, daß die Auswirkungen des verlorenen Krieges, der Revolution und der Inflation, der schlimmsten der Weltgeschichte, sich in erschreckendem Maße im Staat und in der Wirtschaft fühlbar machen. Was sie aber abstellen würde und müßte, wäre das Abhängigmachen wirtschaftlicher und finanzpolitischer Gesetze und Entscheidungen von rein fiskalischen, rein politischen oder gar rein parteipolitischen Gesichtspunkten! Auch größere Sparsamkeit und schärfere Anpassung an die Not des Landes sollte mehr Pflicht des Staates sein als bisher! Staat, Länder und Gemeinden müssen nicht nur von den Bürgern das Strecken nach der Decke und Selbstenthaltung verlangen, sie müssen sich auch selbst nach diesen goldenen Lehren richten! Sparsinn und Arbeitslust werden im Volk im übrigen nur da angeregt, wo der einzelne auch in den Genuß der Früchte kommt, und nicht da, wo er immer und immer wieder durch übermäßige Steuern und andere Lasten um den Lohn seiner Entbehrungen und seiner Arbeit gebracht wird. Die Gegenüberstellung der Etats der Länder und Gemeinden mit denen der Privatwirtschaft ergibt von der Verkehrtheit der jetzigen Zustände eindrucksvolle Bilder. Dort meist Überschußwirtschaft, in einem Grade von Hypertrophie, hier Verschuldung, wenn nicht Überschuldung, keine oder nur geringe Überschüsse, dafür aber öffentliche Lasten, die das Vielfache des Friedensausmaßes übersteigen! Um nur einige zu nennen: Linke-HofmannLauchhammer: an Steuern für 1924 rund 8 Millionen Mark, an Dividende nichts. Das durch die Steuern entzogene Betriebskapital muß durch Anleihen zu hohen Zinsen wiederbeschafft werden. Anhalter Kohlenwerke: keine Dividende, an Steuern rund 1V2 Millionen Mark oder 6 v. H. des Goldmarkvermögens. Steuer im letzten Friedensjahr dagegen 86 500 M., also den fünfzehnten Teil! Die Norddeutsche Wollkämmerei zahlte für 1924 zwölfmal soviel Steuern als für 1913! Der für das Jahr 1924 gezahlte Steuerbetrag übersteigt die Summe um ein Erhebliches, die dieses deutsche Eliteunternehmen für das b e s t e Geschäftsjahr vor dem Kriege seinen Aktionären in der Gesamtheit an Dividende hat ausschütten können. Aus anderen verarbeitenden Industrien, aus der Schwerindustrie, dem Großhandel, und nicht zuletzt aus der Schiffahrt, überall dieselbe Klage und der Hinweis, daß die Steuern nicht aus Gewinnen und nicht aus flüssigen Mitteln, sondern aus der Substanz und aus angeliehenem Kapital bezahlt werden müssen! Meine sehr geehrten Herren! Muß diese übermäßige Blutentziehung aus dem kranken und schwachen deutschen Wirtschafts-
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körper schon unmittelbare Folgen zeitigen, wieviel mittelbare erst! Die Wirtschaft ist zurzeit nicht nur von allen flüssigen Mitteln entblößt, sie ist zu einem großen Teil sogar kurzfristig und langfristig verschuldet, und das zu hohen Zinsen, die eine Rentabilität nicht aufkommen lassen, oft dagegen die Werke gefährden. Und dies angesichts der Notwendigkeit, sich im Welthandel dem wesentlich verschärften Konkurrenzkampf anzupassen! Dazu gehört nicht allein allergenaueste Kalkulation und die höchste Arbeitsintensität von Mensch und Maschinen, es ist auch die Beschränkung der Lasten auf ein erträgliches Maß notwendig. In wie vielen Fällen bedingt die Konkurrenzmöglichkeit eine völlige Abkehr von bisherigen Arbeitsmethoden und vor allem eine Anpassung des Maschinenparks an die uns vielfach vorangeeilte, verfeinerte Technik des Auslandes. E r k e n n t der Fabrikant schon diese Notwendigkeit als vielleicht entscheidend für die ganze Zukunft seines Unternehmens, woher soll er die Gelder dafür nehmen, da er keine Überschüsse, keine flüssigen Mittel, wohl aber fortlaufende Verpflichtungen aus Steuern und Zinsen hat? Soll er auf Wunder warten? Er würde bald einsehen, daß es solche nicht mehr gibt. Wirtschaftliche Geschehnisse sind auch nichtd urch Stoizismus zu bannen, sie vollziehen sich nach ganz einfachen, tatsächlich elementaren Gesetzen! In dieser Not gibt es nur e i n e n Weg: Regierung und Wirtschaft müssen sich finden! Nur so können wir endlich Herr werden der Schwierigkeiten, die in immer bedrohlicherem Maße unser gesamtes Wirtschaftsleben gefährden. Diese Einigung ist auch vonnöten, wenn die technischen Verbesserungen des Effektengeschäfts sich an der Börse und im Bankgewerbe überhaupt sollen auswirken können! Ist dies insbesondere eine Voraussetzung für die Gesundung der A k t i e n m ä r k t e , so kommen für die R e n t e n m ä r k t e , insonderheit die der Staatsanleihen, noch andere Momente in Betracht. Das Vertrauen zu ihnen, den ehemals mündelsicheren, goldgeränderten Werten, ist restlos erschüttert. Die Folgen des verlorenen Krieges, der Inflation und zu guter Letzt der Kuhhandel der Parteien bei Beratung des Aufwertungsgesetzes haben dieses Marktgebiet breitesten Kreisen verleidet. Den Rest gab ihm aber die Unbilligkeit des Aufwertungsgesetzes selbst! Zu allen Zeiten war die größte und vornehmste Sorge der Staaten, bei den Börsengesetzen Fürsorge zu treffen, daß der Kredit des Staates und das Vertrauen zu seinen Anleihen gestärkt werde. In Fällen übergroßer Sorge ging man sogar so weit, Gesetze zu schaffen, die einen Terminhandel zum K a u f von Anleihen wohl gestatteten, den des V e r k a u f s und damit auch des Fixens per Termin aber mit hohen Strafen belegte, weil in dem Fixen der Staatsanleihen eine Gefahrdung des Staatskredits erblickt wurde. U n s e r e r Regierung und u n s e r e m Parlament ward die zweifelhafte Ehre zuteil, ein Gesetz zu schaffen, das die Fixer belohnte, dem Staatskredit aber gewiß nicht forderlich sein wird! Die gesamten deutschen Börsenvorstände haben in einer ad hoc einberufenen Versammlung noch in zwölfter Stunde vor den Härten
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Efiektenverkehr und Börsenterminhandel
und Folgen dieses Gesetzes gewarnt. Die Regierung hat diese Warnungen b e w u ß t überhört. Die Warnungen betrafen die höchst unzureichende Aufwertung der „K"-Schätze, der Sparprämienanleihe und der Zwangsanleihe, die Beschränkung der Aufwertbarkeit von Anleihen der Länder und Gemeinden, vor allem aber die Unterscheidung zwischen Alt- und Neubesitz! Aus der von den Börsenvorständen damals gefaßten und allen zuständigen Regierungsstellen übermittelten Entschließung bitte ich nur folgende Sätze wiedergeben zu dürfen: „Die Vorstände der deutschen Wertpapierbörsen warnen eindringlich davor, daß bei der Ausführung der auf die Milderung von Ungerechtigkeiten und die Stärkung des Vertrauens zu den deutschen Staatsanleihen gerichteten Absichten neue schwere Ungerechtigkeiten begangen und große allgemeine Interessen verletzt werden. Von diesem Standpunkt aus ist die verschiedene Behandlung von Alt- und Neubesitz unbedingt zu verwerfen. Ganz abgesehen davon, daß die Unterscheidung dem Bankgewerbe eine technisch kaum zu leistende Arbeit aufbürden und daß sie geradezu einen demoralisierenden Anreiz zu falschen Versicherungen bieten würde, wäre sie durchaus ungerecht, weil Alt- und Neubesitz keineswegs gleichbedeutend mit Besitz der Bedürftigen und Besitz der Wohlhabenden ist. Vor allem aber ist sie unvereinbar mit dem Wesen der Anleihen als Inhaberpapiere und mit den Grundsätzen der börsengesetzlichen Regelung der Zulassung von Wertpapieren zum Börsenhandel, auf welche sich die Erwerber der Anleihen verlassen haben und nach unserer bisherigen guten Überlieferung verlassen durften. D e s h a l b w ü r d e ein solcher Vorgang das Vertrauen zu deutschen Staatsanleihen nicht stärken, sondern a u f d a s s t ä r k s t e e r s c h ü t t e r n , die notwendige Unterbringung künftiger Anleihen ernsthaft gefährden und dem nach Schutz und Hebung verlangenden Ansehen Deutschlands im Ausland einen kaum erträglichen Schlag zufügen." Meine sehr geehrten Herren! Die Mahnung hat, wie gesagt, n i c h t s genützt. Die Regierung ist darüber zur Tagesordnung übergegangen. Ich darf wohl feststellen, daß sich trotzdem an dieser Auffassung der Börsenvorstände nichts geändert hat, und daß auch die heutige Versammlung sich auf den Boden der von den Börsenvorständen seinerzeit gefaßten Entschließung stellt! (Zustimmung.) Wenn das Bankgewerbe und die Börsenvorstände trotz des geflissentlichen Übergehens ihres sachverständigen Rates und trotz des Überhörens ihrer objektiven Warnungen auch bereit sind, sich nach wie vor in den Dienst des Staates und der Länder zu stellen, so glauben sie doch im Interesse der Neubelebung des erschütterten Vertrauens zu den inländischen festverzinslichen Werten die A u s d e h n u n g d e s Z u 1 a s s u n g s ve r f a h r e n s u n d d e s
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P r o s p e k t z w a n g e s auf A n l e i h e n des R e i c h e s , der L ä n d e r und der s o n s t i g e n i n l ä n d i s c h e n ö f f e n t l i c h - r e c h t l i c h e n K ö r p e r s c h a f t e n fordern zu sollen. Des ferneren glauben sie zur Stellung folgender Bedingung verpflichtet zu sein: E s m u ß d e r G r u n d s a t z A n e r kennung f i n d e n , d a ß die Besitzer von S c h u l d v e r s c h r e i b u n g e n niemals aus a u ß e r h a l b der U r k u n d e l i e g e n d e n G r ü n d e n , wie i n s b e s o n d e r e S t a a t s a n g e h ö r i g k e i t , Z e i t p u n k t des Erwerbs usw., e i n e u n t e r s c h i e d l i c h e B e h a n d l u n g e r fahren dürfen! Wenn sie diese Bedingung so kategorisch stellen, so aus der Erwägung, daß ein Land, das so sehr wie das neue Deutschland auf den öffentlichen Kredit der Welt angewiesen ist, sich immer des Wortes bewußt sein muß: D e r K r e d i t d e r W e l t i s t das P r e s t i g e in der Welt! Der Bankiertag ist in der glücklichen Lage, sich für die Rechtmäßigkeit und Dringlichkeit seiner Forderungen auf einen der hervorragendsten Sachkenner dieses Gebietes zu berufen. Kein Geringerer als Exzellenz Göppert, der langjährige und verdiente Staatskommissar der Berliner Börse, hat in der uns vorliegenden Festnummer des Bank-Archiv die uns zurzeit beschäftigenden Fragen des Börsengesetzes in eingehendster Weise einer Prüfung und Behandlung unterzogen. Auch Exzellenz Göppert kommt zu dem Schluß, daß die gesetzlichen Bestimmungen über die Prospektbefreiungen bei der Einführung von Anleihen des Reichs und der Länder als antiquiert anzusehen sind. Auch er empfiehlt — und zwar im eigensten Interesse der Länder — die Ausdehnung des Zulassungsverfahrens und des Prospektzwanges auf diese Anleihen! Meine sehr geehrten Herren! Ich komme zum letzten Teil meines Berichtes, dem Gebiet der u n n o t i e r t e n Werte. Gleichen schon die offiziellen Aktien- und Rentenmärkte einem Kampfgebiet, auf dem es viele Tote und Verwundete gegeben und der Rest sich in Unordnung zurückgezogen hat, wieviel mehr Tote und Blessierte muß die Armee dieser Werte aufweisen! Tatsächlich ist von den unnotierten Werten ein beträchtlicher Teil auf der Strecke geblieben. Insbesondere konnten die Jahrgänge 1921 bis 1923 — jenes Draufgängertum der Inflationsstürmer, das das Abbrennen von Feuerwerk für Scharfschießen hielt — das Stabilisierungsgas Dr. Schachts n i c h t vertragen. Als zum Sammeln geblasen wurde und die Neugruppierung in Goldmarkaufstellung erfolgte, fehlten ihrer gar viele. Das kann aber nicht hindern, festzustellen, daß die den Ortsausschüssen der Börsen unterstellten Märkte relativ gut funktioniert und daß ihre Einrichtungen sich bewährt haben. Die von der Ständigen Kommission des Centraiverbandes getroffenen Maßnahmen auf Fernhaltung solcher Werte, von denen eine Schädigung des Publikums zu befürchten ist, haben ihren Zweck ebenfalls erfüllt und sind imbedingt gutzuheißen. Soweit zu diesem Marktgebiet die Aktien altbewährter, fest fun-
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dierter Unternehmungen der Vorkriegszeit gehören, deren Aktien lange reif sind für den amtlichen Verkehr, muß der Wunsch ausgesprochen werden, daß die Ortsausschüsse durch geeignete Mittel auf die Einführung dieser Werte in den offiziellen Verkehr hinwirken ! Meine sehr geehrten Herren! Herr Lichtenhein und ich haben Ihnen mit wenigen Strichen skizziert, wie es um unseren Effektenverkehr und um den Börsenterminhandel bestellt ist. Die anderen Herren haben sich mit den übrigen, das Bankgewerbe und die deutsche Wirtschaft zurzeit besonders nahegehenden Fragen beschäftigt. Die sich danach für das jetzige Deutschland ergebende Lage drängt einen Vergleich auf. Unsere Lage erinnert in vielem an die Lage Mitteleuropas, insonderheit Preußens, nach früheren Kriegen. Ich glaube daher meinen Vortrag nicht besser schließen zu können als mit Worten des Mannes, der sich von den härtesten Schicksalsschlägen nicht hat unterkriegen lassen, sondern allen Widrigkeiten zum Trotz sein Land aus der Tiefe zu stolzer Höhe geführt hat. Die Worte sind entnommen dem politischen Testament des großen Königs: „ W i r h a b e n w e d e r e i n Mexiko noch ein Peru und keine a u s w ä r t i g e N i e d e r l a s s u n g , deren Handel den Besitzer b e r e i c h e r t . P r e u ß e n hat seine H i l f s q u e l l e n n u r in sich s e l b s t — z i e m l i c h u n f r u c h t b a r e m Boden, armen Einwohnern. Dessenungea c h t e t ist das L a n d d u r c h g r o ß e Ordnung und Gewerbefleiß imstande gewesen, einen h a r t e n , v e r d e r b l i c h e n K r i e g gegen die g r ö ß t e n M o n a r c h e n E u r o p a s zu f ü h r e n . Durch ang e s t r e n g t e A r b e i t k ö n n e n wir d a h i n gelangen, neben Frankreich, England und Spanien e i n e R o l l e zu s p i e l e n ! " Das walte Gott! (Lebhafter Beifall.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r: Sie haben sich, geehrter Herr Sick, die schwere Aufgabe gestellt, nach dem ersten Bericht Ergänzungen allgemeiner Natur zu geben und damit unsere heutigen und gestrigen Berichte zu schließen. Ich und wir alle wohl sind Ihnen dafür verpflichtet, daß Sie in der ungemein wichtigen Frage der Einführung der stückelosen Effektenlieferung, trotz großer Bedenken, die aus lokalen und sachlichen Gründen nicht nur in Hamburg, sondern wohl auch in Frankfurt und an anderen Orten vorhanden sind, sich dafür entschieden haben, daß unter allen Umständen eine Arbeitsgemeinschaft auf diesem Gebiete geschaffen werden muß. In der Tat, ich kann mir ein vorteilhaftes Arbeiten auf diesem Gebiete, ich kann mir irgendeinen wesentlichen Erfolg nicht vorstellen, wenn nicht lokale Widerstände möglichst zurücktreten und ein gemeinsames Arbeiten auf dem Gebiete der stückelosen Effektenlieferung erfolgt. Dann aber werden in der Tat die Erfolge, von denen Sie gesprochen haben, nicht ausbleiben. Ich sagte vorhin,
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B e r n s t e in
Sie haben Ihren Darlegungen, nach Verabredung mit dem ersten Herrn Berichterstatter zu diesem Thema, einen weiteren Rahmen gegeben. Sie haben die Schwierigkeiten der Kapitalneubildung beleuchtet. Sie haben die Fragen unserer Kapitalarmut und ihre Gründe nach den verschiedensten Richtungen erörtert, und Sie haben schließlich unsere Fronpflicht gegenüber dem Auslande, die ja schon mit dem Versailler Würgediktat begann, in kräftigen Worten geschildert. Nehmen Sie unseren wärmsten Dank für diese Ihre Arbeit entgegen und seien Sie überzeugt, sie kann und sie wird nicht vergeblich sein. (Lebhafter Beifall.) Dann bitte ich, nunmehr die Entschließung, welche die beiden Herren Berichterstatter vereinbart haben, zu verteilen und sie nach kurzer Pause dann auch zur Verlesung zu bringen. Schriftführer Rechtsanwalt folgende Entschließung:
Otto
Bernstein
verliest
Entschließung zu Thema IV: Effektenverkehr und
Börsenterminhandel.
Damit unsere verarmte Wirtschaft sich das ihr noch verbliebene bewegliche Kapital in gesteigertem Maße nutzbar machen kann, hält der Bankiertag eine Stärkung der Leistungsfähigkeit der deutschen Wertpapierbörsen und eine Verbilligung und technische Verbesserung des Eifektenverkehrs für dringend notwendig. Der Bankiertag erachtet einen weiteren Abbau der Börsenumsatzsteuer für Anschaffungsgeschäfte in Wertpapieren für unabweislich und richtet an die Reichsregierung die dringende Aufforderung, in diesem Sinne von der ihr durch das Gesetz über Verkehrssteuern vom 10. August 1925 erteilten Ermächtigung alsbald Gebrauch zu machen. Nur unter dieser Voraussetzung kann ein Abbau der sonstigen Spesen des Effektengeschäfts (Provision, Courtage) sich geschäftlich und wirtschaftlich in günstiger Weise auswirken. Der Bankiertag begrüßt die bereits fortgeschrittenen Bestrebungen zur Einführung des stückelosen Effektenlieferungsverkehrs; er empfiehlt, daß die örtlichen Gruppen des Bankgewerbes mit größter Beschleunigung Einrichtungen schaffen, welche die stückelose Effektenlieferung auch im Verkehr der verschiedenen Börsenplätze untereinander ermöglichen. Auch nach Einfuhrung dieser Verbesserung erblickt er jedoch in dem Fortbestehen der infolge der Umstellung und der Aufwertungsgesetzgebung entstandenen Wertpapiere über die allerkleinsten Beträge eine bedenkliche Erhöhung der Unkosten im Effektenverkehr; eine allmähliche Zusammenlegung derselben unter Schonung der Interessen der kleinen Besitzer ist deshalb unumgänglich. Die beabsichtigte Wiedereinführung des Effektenterminhandels ist sowohl eine technische als auch eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Unter den jetzigen Zeitverhältnissen ist es aber besonders geboten, den Terminverkehr auf eine solide Grundlage
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Schlußworte
zu stellen, die sowohl die prompte Abwicklung der Geschäfte gewährleistet, als auch namentlich das Kreditrisiko in vernünftigen Grenzen hält. Der für Berlin geschaffene Liquidationsverein für Zeitgeschäfte wird sich hoffentlich als ein geeignetes Vorbild für ähnliche Einrichtungen an den übrigen deutschen Börsen erweisen. Daneben muß im Verkehr zwischen Bankier und Kunden auf die Stellung angemessener Sicherheiten von vornherein Bedacht genommen werden. Der Bankiertag hält ein Bedürfnis, an den bewährten und gesunden Grundsätzen des deutschen Aktienrechts Änderungen vorzunehmen, nicht für gegeben und erblickt in gesetzgeberischen Experimenten auf diesem Gebiete eine beträchtliche Gefahr; er erwartet jedoch, daß die in der Inflationszeit geschaffenen Mehrstimmrechts- und Vorratsaktien insoweit, als diese eine wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Beschränkung der Rechte und Befugnisse der Stammaktionäre enthalten, durch die Gesellschaften selbst, unter zuständiger Mitwirkung der Börsenzulassungsstellen, beseitigt werden. Im Interesse der Neubelebung des erschütterten Vertrauens zu den inländischen festverzinslichen Werten empfiehlt der Bankiertag die Ausdehnung des Zulassungsverfahrens und des Prospektzwangs auf Anleihen des Reichs, der Länder und der sonstigen inländischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Des ferneren ist dem Grundsatz imbedingte Anerkennung zu verschaffen, daß die Besitzer von Inhaberschuldverschreibungen niemals aus außerhalb der Urkunde liegenden Gründen, wie insbesondere Staatsangehörigkeit, Zeitpunkt des Erwerbs usw., eine unterschiedliche Behandlung erfahren dürfen. Der Bankiertag stimmt den von der Ständigen Kommission des Centraiverbands des Deutschen Bank- und Bankiergewerbes für Angelegenheiten des Handels mit amtlich nicht notierten Werten und ihren Ortsausschüssen getroffenen Maßnahmen zu, welche darauf abzielen, solche Werte vom Freiverkehr fernzuhalten, von deren Vertrieb eine Schädigung des Publikums zu besorgen ist; er erachtet es andererseits für erwünscht, daß die genannten Stellen durch geeignete Mittel darauf hinwirken, daß die amtliche Zulassung solcher unnotierten Werte herbeigeführt wird, die für den amtlichen Börsenverkehr reif sind. Der Bankiertag hält es heute, wo die deutsche Währimg noch des Schutzes bedarf, für bedenklich, deutsches Kapital in erheblichem Umfange dem Ankauf von Effekten an ausländischen Börsen zu Anlage- oder Spekulationszwecken zuzuführen, und erwartet, daß die Mitglieder des Bankgewerbes jede hierauf gerichtete Werbetätigkeit unterlassen. Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Ich eröffne die Besprechung und frage, ob der einzige Herr, der sich zum Worte gemeldet hat, Herr Bankier Lewandowsky, i. Fa. Lincoln Menny Oppenheimer, Frankfurt a. M., nach den letzten Ausfuhrungen seine Anmeldung aufrechterhält. — Das
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scheint nicht der Fall zu sein. Ändere Wortmeldungen sind nicht erfolgt. Ich darf deshalb die Besprechung schließen. Ich frage nunmehr die Versammlung, ob sie mit der ihr vorgelesenen und vorgelegten Entschließimg über den Effektenverkehr und den Börsenterminhandel einverstanden ist. — Es erhebt sich kein Widerspruch. Ich darf feststellen, daß diese Entschließimg von der Versammlung einstimmig angenommen ist. Ich erteile das Wort zur Geschäftsordnung dem Direktor der Mitteldeutschen Creditbank, Herrn R e i n h a r t . Direktor Friedrich R e i n h a r t , Vorstandsmitglied der Mitteldeutschen Creditbank, Berlin: Meine sehr verehrten Herren! Der VI. Allgemeine Deutsche Bankiertag geht seinem Ende entgegen. Einer glänzenden Vorbereitung, die wir in erster Linie der unermüdlichen Arbeit unseres verehrten Geschäftsführers, des Herrn Rechtsanwalts Bernstein, verdanken (Lebhafter Beifall), entspricht ein ebenso glänzender Verlauf der Tagung. Die Verhandlungen des VI. Allgemeinen Deutschen Bankiertages standen — darin sind wir wohl alle einig — auf überragender Höhe. Sie werden Beachtung finden, und sie müssen Beachtung finden. Das verdanken wir aber in erster Linie wiederum der unvergleichlichen Leitung unserer Verhandlungen durch unseren verehrten Präsidenten, Herrn Geheimrat Riesser. (Lebhafter, allseitiger Beifall.) Nun zum sechsten Male steht Herr Geheimrat Riesser an der Spitze des Deutschen Bankiertages. Immer wieder bewundern wir seine jugendliche Frische. Immer wieder richten wir uns auf an seinem unverwüstlichen Glauben an die Zukunft unseres lieben Vaterlandes. Seiner Leitung verdanken wir die Höhe, auf der unsere Verhandlungen standen. Ich glaube, meine Herren, ich weiß mich mit Ihnen einig, wenn ich in dieser Stunde des Auseinandergehens Herrn Geheimrat Riesser unseren allerwärmsten Dank für die Arbeit sage, die er in diesen Tagen für die Interessen unseres Gewerbes wieder geleistet hat, und wenn ich der Hoffnung Ausdruck gebe, daß ein gütiges Geschick dem deutschen Bankgewerbe bescheren möge, Herrn Geheimrat Riesser noch recht oft an der Spitze unserer Tagungen zu sehen. (Allseitiger, lebhafter Beifall.) Meine verehrten Herren! Den Gefühlen, die uns in dieser Stunde des Abschieds beseelen, wollen wir Ausdruck geben, indem wir einstimmig rufen: Herr Geheimrat Riesser, sein unermüdlicher Mitarbeiter Herr Rechtsanwalt Bernstein, sie leben hoch, hoch, hoch! (Die Versammlung stimmt lebhaft in das dreimalige Hoch ein.) Präsident Geheimrat Prof. Dr. R i e s s e r : Meine hochverehrten Herren! Indem ich dem Herrn Vorredner und der Versammlung auf das herzlichste danke, da£^ Sie meiner in so überaus freundlicher Weise gedacht haben, möchte ich darauf 14
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hinweisen, daß ich doch meinerseits noch viel wichtigere Danksagungen auszusprechen habe. In erster Linie möchte ich unseren Mitgliedern und unseren Ehrengästen, die mit so großer Geduld, wenn eine solche angesichts der großen Höhe der Verhandlungen notwendig war, bis zuletzt hier ausgehalten haben, von Herzen danken und ebenso nochmals den Herren Berichterstattern, welche die Versammlung auf diese Höhe gehoben haben. Sodann möchte ich aber nicht verfehlen, unseren allerherzlichsten Dank — es ist ja eben schon, wenigstens zum Teil, geschehen — der Geschäftsführung unseres Verbandes zu sagen, die mit unvergleichlicher Sorgfalt diese Tagung vorbereitet und zu deren Erfolg ungemein viel beigetragen hat (Beifall), in erster Linie Herrn Rechtsanwalt Otto B e r n s t e i n , von dem ich nur sagen möchte, daß er, wie es mir scheint, nach klassischem Muster immer wieder aus der Berührung mit dem ihm heimatlichen Boden der Arbeit neue Arbeitslust und neue Arbeitskraft gewinnt (Beifall), und dann Herrn Dr. F r a e n k e l , der ihn treu unterstützt hat, sowie den anderen Mitgliedern der.Geschäftsführung und — das möchte ich doch nicht unerwähnt lassen — auch den sämtlichen übrigen männlichen und weiblichen Beamten des Centraiverbands, die in der Zeit vor der Eröffnung des Bankiertages recht schwere Tage und Wochen durchgemacht haben. (Beifall.) Ich weiß, daß sie diese große Arbeit gern geleistet haben, weil in der gesamten Verwaltung des Centraiverbands, bei den Beamten wie bei allen Mitgliedern seines Vorstands und Ausschusses, denen ich unser aller Dank herzlichst zum Ausdruck bringe, die Überzeugung herrscht, daß das Arbeiten für den Centraiverband eine eigene persönliche Sache ist. Meine Herren, unser Dank gebührt aber dann auch denen, die uns am 14. September in so liebenswürdiger und schöner Weise nach getaner Arbeit aufgenommen haben, also der V e r e i n i g u n g v o n B e r l i n e r B a n k e n u n d B a n k i e r s (Stempelvereinigung), der I n t e r e s s e n g e m e i n s c h a f t der Berliner Privatbankiers und den Berliner Hypothekenbanken. Hier an diesem Abend, den wir in bester Erinnerung haben und behalten werden, konnte nun jeder mit den andern sich aussprechen. Das gehörte ja stets auch zur Anziehungskraft des Bankiertags, daß man die Gelegenheit hatte, Herren, die man sonst selten sprechen kann, schon deshalb, weil sie beständig Sitzungen hatten oder telephonisch angerufen wurden (Heiterkeit), auch einmal ausgiebiger sehen und sprechen zu können. Am Begrüßungsabend des 14. September war aber auch die Stimmung, die von vornherein sich einstellte, eine so harmonische und kollegiale, daß man seine helle Freude daran haben konnte. Ich danke ferner denen, die uns den gestrigen Abend (15. September) zu einer besonderen Festlichkeit gestaltet haben, d e r I n d u s t r i e - u n d H a n d e l s k a m m e r B e r l i n , und hier wieder vor allem dem verehrten Präsidenten dieser Kammer, Herrn F r a n z v o n M e n d e l s s o h n , der immer bei
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unseren Bankiertagen zugegen ist, und dem Vorsitzenden des Börsenvorstandes, Herrn E d g a r R o s e n t h a l , die beide in so warmen Begrüßungsworten den Centraiverband und den Bankiertag gefeiert haben, wobei ich besonders hervorheben möchte, daß es wesentlich der liebenswürdigen, freundschaftlichen und freundlichen Art dieser beiden Vorsitzenden zu danken ist, daß der Centraiverband immer gern und erfolgreich mit der Industrieund Handelskammer Berlin hat arbeiten können und gearbeitet hat. Meine Herren! Über diese Dankesworte hinaus gestatten Sie mir noch wenige Worte an Sie zu richten. Wir haben den Centraiverband seinerzeit begründet, um die berechtigten Interessen des deutschen Bankgewerbes nach außen zu vertreten; und es ist, glaube ich, ein mühevoller Weg gewesen, den wir seitdem, also seit beinahe 25 Jahren, gegangen sind, ich möchte sagen, seit 50 Jahren, denn es waren Kampfjahre, die doppelt gezählt werden müssen. (Sehr richtig! und Bravo!) Wir haben dann unter lebhaftem Kopfschütteln auf allen Seiten, der Privatbankiers und auch der Banken, die B a n k i e r t a g e ins Leben gerufen, die noch nie in Deutschland existiert hatten, bei denen ein jeder sich herausstellen und für die gemeinsame Meinung oder für seine private Überzeugung in der Öffentlichkeit eine Lanze brechen sollte. Ich erinnere mich noch, wie heute, welcher Schrecken bei dem Gedanken durch die Reihen ging, daß ein Bankier oder ein Bankdirektor ö f f e n t l i c h sprechen sollte. Das war nicht Sitte, das war nicht die Gewohnheit, sondern das mußte sich erst allmählich einleben, und die Schrecken und Bedenken mußten erst überwunden werden, wurden aber auch ziemlich rasch überwunden. Es gelang uns, immer hervorragende Kräfte in unseren eigenen Reihen zu finden, welchen es zu danken ist, daß die Verhandlungen der Bankiertage einen weithin schallenden Resonanzboden in Deutschland fanden. Ich darf wohl daran erinnern, daß z. B. H e l f f e r i c h , dessen erschütternder Tod eine nicht auszufüllende Lücke gerissen hat, und dessen heute zu gedenken mir eine Herzenspflicht ist, nachdem er seine berühmt gewordene Rede auf dem Münchener Bankiertage (1912) gehalten hatte, während er bis dahin nur bei den Sachverständigen und in dem engeren Kreise der Regierungen bekannt war, mit einem Schlage in ganz Deutschland als emer der ersten Sachverständigen in Banksachen anerkannt wurde. Meine Herren, ich habe immer bedauert, daß mit dem Tode von führenden Männern aus unseren Reihen gewöhnlich das große Kapital persönlicher Erfahrungen und Kenntnisse, das sie in ihrem Leben erworben hatten, völlig verlorenging. Nun, die Bankiertage haben auch dafür gesorgt, daß dieses Kapital von Zeit zu Zeit durch fuhrende Männer des Bankwesens den Berufsgenossen und der Allgemeinheit auf den Bankiertagen zugute kam und auf diesem Wege auch auf andere übergehen konnte. Der mächtige Appell aber, den die Bankiertage an die Berufsgenossen und an alle richteten, die es ernst meinen mit einer gesunden Entwicklung unserer Wirtschaft, hat immer weitere Kreise zu der Überzeugung 14*
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gebracht, daß das deutsche Bankwesen denn doch etwas mehr ist als lediglich ein Objekt der Gesetzgebung. Was die Gesetzgebung anbetrifft, so hat sich auch heute wieder — und heute vielleicht mehr als auf früheren Bankiertagen — fiir den psychologisch fein Beobachtenden die Tatsache immer klarer herausgestellt, daß die Mitglieder des Bankiertags, gleichgültig, welchen Kreisen und Parteien sie angehören, keine Vorliebe — ich drücke mich sehr vorsichtig aus — für eine Vermehrung der Gesetzgebung auf unserem Gebiete haben. (Heiterkeit und Sehr richtig!) Und aus welchen Gründen? Wir sind doch so ziemlich alle ohne Ausnahme der Ansicht, daß es auf dem verwickelten Gebiete der Wirtschaft, der Finanzen und des Bankwesens, auf einem Gebiete, das man nicht irgendwie mit einem Ukas regeln kann, sondern das sachverständig und sorgfältig bearbeitet und geprüft werden muß, mit den Wegen und Mitteln der Gesetzgebung kaum etwas Wesentliches gebessert, wohl aber vieles verdorben, verschlechtert und in kaum entwirrbare Unordnung gebracht werden kann. Die Änderung und Besserung muß in erster Linie aus den Reihen der Berufsgenossen selbst kommen, die ja auch in dieser Tagung sich zu solchem Zweck versammelt haben. Auch der Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung auf wirtschaftlichem und finanziellem Gebiete scheint mir überhaupt ein geringer zu sein; und ich glaube fast, daß die kaninchenhafte Vermehrung der Gesetze überhaupt und die Flugzeuggeschwindigkeit der wechselnden Gesetze und Verordnungen, mit denen wir beglückt werden, nicht dazu beigetragen hat, unsere Glückseligkeit zu erhöhen. (Sehr richtig!) Die Gesetzgebung sollte in der Tat nur dann eingreifen, wenn es unumgänglich notwendig ist oder wenn böser Wille der Beteiligten eine notwendige Reform unmöglich macht. Wir werden dafür sorgen, daß etwaige Mißstände auf dem Gebiete des Bankwesens ein Eingreifen der Gesetzgebimg auch für d e n nicht nötig erscheinen lassen, der da glaubt, man habe in der Gesetzgebung ein Allheilmittel zur Verfügung. Nur haben wir allerdings den ernsten Wunsch für die, die sich zu entscheiden haben, ob neue Vorlagen eingebracht werden, daß sie Sachverständige hinzuziehen und deren Ausführungen erst prüfen, ehe sie eingreifen. Das bloße Anhören von Sachverständigen genügt freilich auch mitunter nicht, denn wenn wir — so habe ich mitunter erzählen hören — im Parlament nach langen Verhandlungen erreichen, daß Sachverständige aus unseren Reihen gehört werden, dann soll es — es ist sicher böswillig, so etwas zu behaupten (Heiterkeit) — vorgekommen sein, daß man zwar mit Geduld die Sachverständigen angehört hat, nachher aber zu den Verhandlungen und Abstimmungen übergegangen ist, als ob nichts geschehen sei. Wir verlangen, daß unser Wort Gehör findet, denn wir haben das Recht dazu kraft unserer Sachkenntnis. Und nur dann soll man es nicht hören, wenn man uns nachweisen kann, daß wir aus ödem Egoismus etwas angeraten haben, was gegen die Interessen des Vaterlandes ist. Einen solchen Rat aber werde
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ich im Centralverbande nicht erleben; ich kann behaupten, daß niemals in dem Vierteljahrhundert, in dem ich die Ehre habe, an seiner Spitze zu stehen, jemand an mich herangetreten ist, der auch nur auf Umwegen etwas von mir verlangt hätte, was ich als gegen das Wohl des Vaterlandes gerichtet betrachten konnte. (Lebhafter Beifall.) Nein, meine Herren, wir werden auch hier sein und bleiben S c h r i t t m a c h e r für nationale F o r d e r u n g e n . Wir werden sein und bleiben pflichterfiillte Bürger des Staates, die vom Staate nichts verlangen, was nicht Rechtens ist, und von ihm nur fordern, daß er uns gefalligst in Ruhe lasse, wenn es sich darum handelt, Wege zu gehen, in die eine Einmischung nicht nur nicht notwendig, sondern auch für die Allgemeinheit schädlich oder gefahrlich ist. (Beifall.) Von solchen Gedanken und Wünschen erfüllt, gehen wir auseinander mit dem Ruf, der für mich selbst vieUeicht ein etwas zu weitgehender ist: A u f f r o h e s W i e d e r s e h e n bei dem n ä c h s t e n Bankiertag! (Lebhafter, langanhaltender, allseitiger Beifall.) (Schluß: 5 Uhr.)
Gäste und Teilnehmer des VI. Allgemeinen Deutschen Bankiertags. Vertreter von Reichsbehörden: Reichsministerium des Äußern: Dr. S t r e s e m a n n , ReiclisminHster des Äußern, Berlin, Dr. v o n S c h u b c r t , Staatssekretär, Berlin, H o s s e n f e l d e r , Vortragender Legationsrat, Berlin.
Reichsfinanzministerium: v o u S c h 1 i e b e 11, Reichsfinanzminister. Berlin, Dr. F i s c h e r , Staatssekretär, Berlin, Dr. L o t h h o l z , Ministerialdirektor, Berlin, Dr. Z a r d e n , Ministerialdirektor, Berlin, Dr. N o r d e n , Geh. Regierungsrat, Abteilungsdirigent, Berlin, K a r I o w a , Ministerialrat, Berlin, Dr. S c h i p p e l , Ministerialrat, Berlin. H u s s 1 e i n , Oberregierungsrat, Berlin, Dr. N e u f e 1 d , Oberregierungsrat. Berlin, R a p s , Oberregierungsrat, Berlin, Dr. T r a p p , Oberregicrungsrat, Berlin, Dr. B a c c i o c c o , Regierungsrat, Berlin.
Reichswirtschaftsministerium: Dr. N e u h a u s , Reichswirtschaftsminister, Berlin, Dr. S c h ä f f e r , Ministerialdirektor, Berlin, Dr. R e i c h a r d t , Geh. Regierungsrat, Berlin, Dr. D a l b e r g , Direktor, Berlin, M e y e r , Regierungsrat, Berlin.
Reichsarbeitsministerium: Dr. G c i b , Staatssekretär, Berlin.
Reichsjustizministerium: Dr. S c h l e g e l b e r g e r , Geh. Regierungsrat, Professor, Abteilungsleiter, Berlin, Dr. S c h m ö l d e r , Berlin.
Gäste
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Reichsverkehrsministerium: Dr. S t a p e n h o r s t , Ministerialdirektor, Berlin. K o e n i g s , Ministerialdirigent, Berlin.
Reichspostministerium: S t i 11 g 1, Reichspostminister, Berlin, S a u 11 e r , Staatssekretär, Berlin, F c y e r a b c n d , Ministerialdirektor, Berlin, G e b b e , Ministerialrat, Berlin, Di. L ü n s m a n n , Ministerialrat, Berlin.
Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft. l)r. Q u a s s o w s k i , Ministerialrat, Berlin.
Pressestelle der Reichsregierung. Karl B r a m m e r ,
Referent im Auswärtigen Amt, Berlin.
Reichsbank: Dr. S c h a c h t , Präsident des Reichsbankdirektoriums, Berlin, Kauffmann, Geh. Oberfinanzrat, Vizepräsident des Reichsbankdirektoriums, Berlin. Dr. v o n G r i m m , Geh. Oberfinanzrat, Mitglied des Reichsbankilirektoriums, Berlin, Dr. B e r n h a r d , Geh. Finanzrat, Mitglied des Reichsbankdirektoriums, Berlin, S e i f f e r t , Geh. Finanzrat, Mitglied des Reichsbankdirektoriums, Berlin. Dr. V o c k e , Geh. Finanzrat, Mitglied des Reichsbankdirektoriums, Berlin. Dr. D r e y s e , Mitglied des Reichsbankdirektoriums, Berlin. Dr. N o r d h o f f , Reichsbankdirektor, Berlin.
Generalrat bei der Reichsbank: Dr. B r u i n s , Professor, Berlin. Dr. h. c. Louis H a g e n , Geh. Kommerzicnrat, in Fa. A. Levy, Köln a. Rh., v o n M e n d e l s s o h n , Franz, i. Fa. Mendelssohn & Co., Berlin, Dr. S c h a c h t , Präsident des Reichsbankdircktoriums, Berlin. U r b i g , Franz, Geschäftsinhaber der Disconto-Gesellschaft, Berlin, Dr. h. c. Max M. W a r b u r g , i. Fa. M. M. Warburg & Co., Hamburg, W a s s e r m a n n , Oscar, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, Berlin.
Reichsschuldenverwaltung: H a l l e , Wirkl. Geh. Oberfinanzrat, Präsident, Berlin, V i e r c g g e , Wirkl. Geh. Obcrfinanzrat, Vizepräsident. Berlin, Dr. M o l l , Geh. Finanzrat, Berlin.
Reichskreditgesellschaft: Felix H e i m a n n , Vorstandsmitglied, Berlin, Samuel R i t s c h e r , Vorstandsmitglied, Berlin, Leo S c h e i b n c r , Vorstandsmitglied, Berlin,
Gäste
216
Siegfried S i m m o n d s , Vorstandsmitglied, Berlin. Fritz K u t s c h e n r e u t e r , Stellv. Vorstandsmitglied, Berlin. Dr. Ernst S e e g a 11, Stellv. Vorstandsmitglied, Berlin.
Deutsche Rentenbank: Dr. L e n t z e , Staatsminister, Exzellenz, Präsident, Berlin, K i s s l e r , Geheimrat, Mitglied des Vorstandes, Berlin, L i p p , Direktor, Mitglied des Vorstandes, Berlin. Dr. S z a g u n n , Mitglied des Vorstandes, Berlin.
Deutsche Rentenbankkreditanstalt: Dr. L e n t z e , Staatsminister, Exzellenz, Präsident, Berlin.
Bank für deutsche Industrieobligationen: B a i 1, Ministerialdirektor im Preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe, Berlin, Dr. B ü c h e r , Wirkl. Legationsrat a . D . , Berlin, Dr. F l c c h t h c i m , Professor. Generaldirektor der Köln-Rottweil A.-G.. Berlin.
Reichsausgleichsamt: l)r. B r i l l .
Geh. Regierungsrat. Präsident, Berlin.
Treuhänder für das feindliche Vermögen : E g g e b r e c h t . Geh. Regierungsrat, Berlin.
Devisenbeschaffungsstelle G. m. b. H.: G 1 e i m i u s , Direktor, Berlin. S e c k c 1, Direktor, Berlin.
Reichsentschädigungsamt für Kriegsschäden: Dr. K a r p i n s k i ,
Präsident, Berlin.
Reichswirtschaftsgericht: Dr. L u c a s , Präsident, Berlin.
Statistisches Reichsamt: S u s a t , Direktor und Abteilungsleiter, Berlin.
Reichsaufsichtsamt für Privatversicherung: S c h a r m e r , Geh. Oberregierungsrat, Präsident, Berlin.
Reichsversicherungsanstalt für Angestellte: Dr. v o n
O l s h a u s e n , Geh. Regierungsrat, Präsident, Berlin.
Reichskommissar für Anleihe-Altbesitz: Dr. Karl H e i n r i c i , Staatssekretär z. D., Berlin.
217 Chef der Marineleitung, Stab: K a h 1 e r t , Konteradmiral, Berlin, S c h a 11 e r . Ministerialrat, Berlin. Deutscher Städtetag: M i t z 1 a f f , Oberbürgermeister, Berlin. Deutsche Reichsbahngesellschaft: D o r p m i'i 11 c r , stellv. Generaldirektor. Berlin, J a h n , Ministerialdirektor, Berlin, P r i n s , Ministerialrat, Berlin, Dr. H o m b e r g e r , Rsichsbahndirektor, Berlin, Dr. B a u m a n n . R-nchsbahnoberrat, Berlin. Landesiinanzämter: K u h n , Präsident des Landesfinanzamtes Brandenburg, Berlin, Dr. K u s c , Präsident des Landesfinanzamtes Groß-Berlin, Berlin, Dr. L ö b l i c h , Geh. Finanzrat, Abteilungspräsident im Landesfinanzamt Groß-Berlin, Berlin, Dr. S c h w a r z , Wirk 1. Geh. Oberfinanzrat. Präsident des Landesfinanzamtes Magdeburg. Magdeburg. Oberpostdirektion Berlin: G e n t z k e , Präsident, Berlin, G r o ß k u r t h , Abteilungsdirektor, Berlin. S c n g e r , Oberpostrat, Berlin, Z w i r n c r . Oberpostrat. Berlin. Mitglieder des Reichsrats: B a i 1. Ministerialdirektor (Preußen), Berlin, Dr. B o s 1 c r , Gesandter, Staatsrat (Württemberg), Berlin, Dr. C o n z e , Wirkl. Geh. Oberregierungsrat, Ministerialdirektor (Preußen), Berlin, D ö n h o f f , Staatssekretär (Preußen), Berlin, Dr. H ö p k e r - A s c h o f f , Staatsminister (Preußen), Berlin, Graf v o n H o l t , z e n d o r f f . Ministerialdirektor, Geheimer Rat (Sachsen), Berlin, Dr. L e n z , Ministerialrat, Geh. Oberregierungsrat (Preußen), Berlin, Dr. M u l e r t , Ministerialdirektor (Preußen), Berlin, M u s s e h 1, Ministerialrat (Preußen), Berlin, Dr. N e b e l t h a u , Gesandter und bevollmächtigter Minister (Bremen), Berlin, B ö h m e r , Staatsrat (Bayern), Berlin, S c h e i d t , Staatssekretär (Preußen), Berlin, Dr. S c h r a m m , Bürgermeister (Hamburg), Berlin, Dr. S c h r e i b e r , Staatsminister (Preußen), Berlin, Dr. T i s c h b e i n , Gesandter, Ministerialdirektor (Mecklenburg-Schwerin), Berlin, Dr. v o li W o 1 f , Staatsrat (Bayern), Berlin.
Gäste Mitglieder des Reichstags: Vizepräsident Dr. B e l l , Reiclisniinfstcr a. D., Berlin, Vizepräsident Dr. R i e s s e r , Geh. Justizrat, Professor, Berlin, Heinrich B e y t h i e n , Senator a. D., Verbandsdirektor, Berlin, Dr. Dr. Dr. Hektor B r e d t , ord. Universitätsprofessor, Marburg a./L.. Franz W. B r ü n i n g h a u s , Konteradmiral a. D.. Berlin, Dr. jur. Carl C r e m e r , Berlin, Walter D a u c h , Kaufmann, Hamburg, Dr. D e r n b u r g , Reichsminister a . D . . Exzellenz, Berlin, Hermann D i e t r i c h , Badischer Minister a. D., Berlin, Hermann D i e t r i c h , Geh. Justizrat, Rittergutsbesitzer, Prenzlau, E. E m m i n g e r , Roichsminister a. D., Augsburg, Otto F i s c h b o c k , Staatsminister a. D., Exzellenz, Berlin, Dr. jur. Hermann F i s c h e r , Rechtsanwalt, Berlin, E. K. H a r t w i g , Arbeitersekretär, Spandau, Dr. phil. Otto H o e t z s c l i , Professor, Berlin, Dr. phil. H u g o , Syndikus, Bochum, E. K o c h , Rcichsminister a . D . , Berlin, Dr. Paul L e j e u n e - J u n g , Berlin, Bernhard L e o p o l d , Bergwerksdirektor, Berlin, Oskar M e y e r , Staatssekretär a . D . , Syndikus, Berlin, Dr. Fritz M i t t e l m a n n , Syndikus, Berlin, A. M o r a t h . Oberpostinspektor, Berlin, Dr. Dr. P r e y e r , ord. Universitätsprofessor. Königsberg i. l'r., Dr. J . \V. R e i c h e r t . Syndikus, Berlin, Freiherr v o n R h e i n b a b e n , Staatssekretär z. D., Berlin, Dr. S c h n e e . Gouverneur z. D.. Wirkl. Geheimer Rat, Berlin, Gustav S c h n e i d e r . Berlin. Gottfried S c h u r i g , Senator a. D., ßrauereidirektor, Brcnieu, £r.=Qng. e. f). Dr. rcr. pol. h. c. Kurt S o r g e , Ehrenpräsident des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Berlin. Mitglieder des Vorläufigen Reichswirtschaftsrats: Georg B e r n h a r d , Chefredakteur, Berlin, Gustav B o e s s , Oberbürgermeister von Groß-Berlin, Berlin, Dr. Hermann B ü c h o r , Wirkl. Legationsrat a. D., Berlin, Max C o h e n , Schriftsteller, Berlin, Jacob C r e m e r , Direktor des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, Berlin, Abraham F r o w e i n , Fabrikant, Erster Vizepräsident des Reichsverbandes der Deutschen Industrie, Elberfeld, Otto G e n n e s , Regierungsrat a. D., Anwalt des Reichsverbandes der Deutschen . landwirtschaftlichen Genossenschaften, Berlin, Dr. G l u u d , Handelskammersyndikus, Bremen, Dr. G r u n d , Handelskammerpräsident, Breslau, Dr. h. c. Louis H a g e n , Geh. Kommerzienrat, Präsident der Industrie- und Handelskammer Köln, Köln a. Rh., Eduard H a m m , Reichsminister a.D., Erstes geschäftsführendes Präsidialmitglied des Deutschen Industrie- und Handelstages, Berlin,
Gäste
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Carl Fr. H a n s e n , Berlin, Dr. H c r k n e r , Geh. Regierungsrat, ord. Universitätsprofessor, Berlin, Hermann H e c h t , Vorstandsmitglied des Reichsverbandes des Deutschen Gin- und Ausfuhrhandels, Berlin, Karl H e r m a n n , Generalsekretär des Reichsverbandes des Deutschen Handwerks, Berlin, Dr. Ernst J ä c k h , Professor, Berlin, l)r. Maximilian K e m p n e r , Geh. Justizrat, Rechtsanwalt und Notar, Berlin, Franz v o n M e n d e l s s o h n , Bankier, Präsident des Doutschen Industrieund Handelstages und der Industrie- und Handelskammer zu Berlin, Berlin, Dr. August M ü l l e r , Professor, Staatssekretär a. D., Berlin, Franz N e u s t e d t , Berlin, Graf v. R o e d c r n , Staatsminister a. D., Exzellenz, Hamburg, Dr. S a l o m o n s o h n , Geschäftsinhaber der Disconto-Gesellschaft, Berlin, Dr. S c h m a l o n b a c h , ord. Universitätsprofessor, Köln a. Rh., Gustav S c h n e i d e r , Bundesvorsteher des Gewerkschaftsbundes der Angestellten, Berlin, Di. Friedrich S c h w a r t z , Geh. Regierungsrat, Präsident der Preußischen Central-Bodenkredit A.-G., Berlin, Dr. Walther W a l d s c h m i d t , Justizrat, Mitglied des Aufsichtsrates der Ludwig Löwe & To. A.-G.. Berlin.
Vertreter der Länderbehörden: Preußisches Ministerium für Handel und Gewerbe: Dr. S c h r e i b e r , Staatsminister, Berlin, D ö n h o f f , Staatssekretär, Berlin, B a i 1, Ministerialdirektor, Berlin, L i p p e r t , Geheimrat, I. Staatskommissar bei der Berliner Börse, Berlin. Dr. E r n s t , Ministerialrat, Berlin, Dr. F r i e l i n g h a u s , Ministerialrat, Berlin, S c h n i c w i n d , Oberregierungsrat, Berlin, N a u m a n n , Regierungsrat, Berlin, Dr. K o c h , Regierungsassessor. II. Staatskommissar bei der Berliner Börse Berlin.
Preußisches Finanzministerium: Dr. H ö p k e r - A s c h o f f , Staatsministcr, Berlin, v. S t h e n c k , Ministerialrat, Berlin.
Preußisches Ministerium des Innern: Dr. M u 1 c r t , Ministerialdirektor, Berlin, Dr. L e n z , Ministerialrat, Geh. Oberregierungsrat, Berlin.
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Gäste
Preußisches Justizministerium: G a d o v , Ministerialrat, Berlin. Preußisches Ministerium für Volkswohlfahrt: S c h e i d t , Staatssekretär, Berlin, Dr. C o n z e , Wirkl. Geh. Oberregierungsrat, Ministerialdirektor, Berlin, K a y s e r , Ministerialrat, Berlin. Preußisches Ministerium für Landwirtschaft, Domänen und Forsten : M u s s e h 1, Ministerialrat, Berlin. Bayerisches Staatsministerium für Handel, Industrie und Gewerbe: M i c h e l e r , Oberregierungsrat. München. Staatliche bayerische Wirtschaftsstelle in Berlin : Gustav B ö h m e r , Staatsrat, Berlin, Gottfried S c v b o t h , Ministerialrat, Berlin. Sächsisches Wirtschaftsministerium: Dr. G r o ß m a n n . Oberregierungsrat. Staatsvertreter bei der Dresdner Börse, Dresden. Pressestelle des Preußischen Staatsministeriums: G o s l a r , Oberregierungsrat und Pressechef der Preußischen Staatsregierun», Berlin. Mitglieder des Preußischen Landtags: Vizepräsident Dr. v o n K r i e s , Landrat z. D., Potsdam. Vizepräsident Dr. G a r n i c h , Geh. Oberregierungsrat, Berlin, v. E y n e r n . Geheimrat, Oberverwaltungsgerichtgrat a. D., Berlin, Dr. G r u n d , Handelskammcrpräsidcnt, Breslau, Dr. K r i e g e , Exzellenz, Wirkl. Geh. Rat, Berlin, Dr. L e i d i g . Professor, Regierungsrat a. D., Berlin, E. S c h i f f e r , Reichsminister a. D., Berlin, Emil W i g 1 o \v , Vorstandsmitglied der Deutschen Landesbankenzcntrale A.-G., Berlin, Dr. v. W i n t e r f e l d , Landrat a. D., Hauptritterschaftsdirektor, Berlin. Preußische Staatsbank: Dr. S c h r o e d e r , Staatssekretär z. D., Präsident, Berlin, R u g g e , Staatsfinanzrat, Stellv. Präsident, Berlin, K ö b n e r , Staatsfinanzrat, Berlin, Dr. H a b b e n a , Oberfinanzrat, Berlin, S o l d a t , Oberfinanzrat, Berlin. Preußische Zentral-Genossenschaftskasse: Dr. O g r o w s k y , Staatsfinanzrat, Berlin, P i l g e r , Staatsfinanzrat, Berlin.
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Kammergericht: Dr. T i g g e s , Geh. Oberjustizrat, Präsident, Berlin, Dr. D a v i d , Geh. Oberjustizrat, Vizepräsident, Vorsitzender des Juristischen Prüfungsamtes, Berlin. Preußisches Oberverwaltungsgericht: Dr. D r c w s , Staatsminister, Universitätsprofessor, Präsident, Berlin. Anwaltskammer: Dr. H e i n i t z , Geh. Justizrat, Rechtsanwalt, Berlin, Dr. Emst W o 1 f f , Rechtsanwalt, Berlin. Oberpräsident: Dr. M a i e r , Oberpräsident der Provinz Brandenburg und von Groß-Berlin, Berlin. Regierung in Potsdam: Dr. M o m in , Regierungspräsident, Potsdam. Magistrat der Stadt Berlin: B o c s s , Oberbürgermeister, Berlin, S c h o 11 z , Bürgermeister, Berlin, Dr. K a r d i n g , Stadtkämmerer, Berlin. Polizeipräsidium Berlin: Dr. F r i e d c n s b u r g , Vizepräsident, Berlin, S t a e m m l e r , Regierungs- und Bankrat, Berlin. Bayerische Staatsbank: Kurt F l a m m e , Oberfinanzdirektor, München. Sächsische Staatsbank: D e g e n h a r d t , Präsident, Dresden. Thüringische Staatsbank: Dr. agr. h. c. Dr. jur. J o s t , Geh. Finanzrat, Präsident, Weimar. Braunschweigische Staatsbank: Dr. S t u b b e n , Präsident, Braunschweig. Generalverwaltung der Staatstheater: W i n t e r , Geh. Rigierungsrat, Berlin, Dr. C a r s t e n s e n , Rigierungsrat, Berlin, S a w a d e , Regierungsrat, Berlin.
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Gesetzliche Berufsvertretungen von Industrie und Handel: Deutscher Industrie- und Handelstag: Delegierte: Franz v o n M e n d e l s s o h n , Präsident, Berlin, Eduard H a m m , Reichsminister a. D.. Erstes geschäftsfühiendcs Präsidialmitglied, Berlin, Dr. H u b e r , Geh. Oberregierungsrat. Zweites geschäftsführendes Präsidialmitglied, Berlin, Dr. K l u g , Rechtsanwalt, Syndikus, Berlin, Dr. jur. S c h r o c p f f e r , Landrat a . D . , Referent, Berlin, Dr. F r e n t z e 1, Referent, Berlin. Dr. R i d e r e r , Referent, Berlin.
Landesausschuß der Preußischen Industrie- und Handelskammern: Delegierte:
Franz v o n M e n d e l s s o h n , I.Vorsitzender, Berlin, Dr. h. c. Louis H a g e n , Geh. Kommerzienrat, I. stellv. Vorsitzender, Köln. Dr. Bernhard G r u n d , II. stellv. Vorsitzender, Breslau, Dr. H u b e r . Gell. Oherregierungsrat, Geschäftsführer, Berlin.
Delegierte:
W. C. B r ö c k e r , Vizepräsident, Itzehoe, Carl F r a h m , Vorstandsmitglied des Bankvereins für SchleswigHolstein A.-G.. Altona.
Delegierte:
Franz v o n M e n d e l s s o h n , Präsident, Berlin, i)r.=3ng. Konrad v o n B o r s i g , Geh. Kommerzienrat, Vizepräsident, Berlin, Friedrieh B r a n d e s , Direktor, Vizepräsident, Berlin, Dr. Karl G e 1 p c k e , Vorstandsmitglied der Hypothekenbank in Hamburg, Filiale Berlin, Vizepräsident, Berlin. Richard R i e 1, Vizepräsident, Berlin, Dr. D o v e , Geh. Justizrat, Syndikus, Berlin, Dr. Werner F e i l c h e n f e l d . volkswirtschaftlicher Sekretär, Berlin, Dr. Christoph K n i p p c r , Syndikus, Berlin, Dr. Erich L ö w e n s t e i n , Rechtsanwalt, Syndikus, Berlin. Oskar M e y e r , Staatssekretär a . D . , Syndikus, Berlin, Eduard M e y e r s t e i n , Rechtsanwalt und Notar. Syndikus, Berlin, Dr. Josef \V e i s b a r t , Syndikus, Berlin.
Industrie- und Handelskammer Altona:
Industrie- und Handelskammer zu Berlin:
Handelskammer Bremen: Delegierter: Dr. G l u u d ,
Syndikus. Bremen.
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Industrie- und Handelskammer Breslau: Delegierte:
Dr. Bernhard G r u n d , Präsident, Breslau, Dr. F r e y m a r k , Syndikus, Breslau.
Industrie- und Handelskammer Cassel: Delegierter: Karl L. P f e i f f e r , Bankier, i. Fa. L. Pfeiffer, Cassel.
Handelskammer Dresden: Delegierte:
Julius H e l l e r , Bankier, i. Fa. Philipp Elimeyer K.-G., Dresden, C. W. P a 1 m i e , Kommerzienrat, Direktor der Allgemeinen Deutschen Crcditanstalt, Abt. Dresden, Dresden.
Industrie- und Handelskammer Düsseldorf: Delegierter: Dr. W i l d e n , Geschäftsführer, Düsseldorf.
Industrie- und Handelskammer für die Kreise Essen, Mülheim-Ruhr und Oberhausen in Essen: Delegierter: Dr. Karl H o f f m a n n , Syndikus, Essen.
Industrie- und Handelskammer Frankfurt a. M.-Hanau: Delegierte: Willy D r e v f u s . Bankier, i. Fa. J. Dreyfus & Co., Frankfurt a. M., Moritz v o n M e t z l o r . Generalkonsul, i. Fa. B. Metzler seel. Solin & Co.. Frankfurt a, M.
Industrie- und Handelskammer Halle a./S.: Delegierter: Curt S t e c k n o r , Bankier, i. Fa. R'inhold Sterkner. Präsident, Halle a. S.
Handelskammer Hamburg: Delegierte: Dr. h. e. Max M. W a r b ü r g , Bankier, i. Fa. M. M. Warburg & Co., Hamburg, Dr. E. S c h w e n c k e , Syndikus. Hamburg.
Industrie- und Handelskammer Hannover : Delegierter: Dr. H e r z f o l d , Bankier, i. Fa. Gottfried Herzfeld, Hannover.
Industrie- und Handelskammer Köln: Delegierter: Dr. h. c. Louis H a g e n , Geh. Kommerzienrat, i. Fa. A. Levy, Präsident, Köln.
Handelskammer Leipzig: Delegierter: Richard S c h m i d t , Geh. Kommerzienrat, Hammer & Schmidt, Präsident, Leipzig.
Bankier,
i. Fa.
Handelskammer Lübeck: Delegierter: R. J a n u s , Vorstaiulsmitfrliecl der Commerzbank in Lübeck A.-G., Lübeck.
224 Industrie- und Handelskammer Magdeburg: Delegierter: Dr.
Z u c k s c h w e r d t , Geh. Kommerzienrat, i. Fa. schwerdt & Beuchel, I. Vorsitzender, Magdeburg.
Zuck-
Handelskammer Mannheim: Delegierter: Dr. h. c. Benno W e i 1, Vorstandsmitglied Disconto-Gesellschaft A.-G., Mannheim.
der
Süddeutschen
Handelskammer München: Delegierter: Dr. D i e t r i c h , Geh. Kommerzienrat, Bayerischen Vereinsbank, München.
Vorstandsmitglied
der
Handelskammer Nürnberg: Delegierter: Dr. Eichard K o h n , Kommerzienrat, Kohn K.-G., Nürnberg.
Bankier,
i. Fa. Anton
Industrie- und Handelskammer Oppeln: Delegierter: W. v o n S t o e p h a s i u s , Oppeln.
Landgerichtsrat
a.D.,
Syndikus.
Vorsteher der Kaufmannschaft zu Stettin: Delegierte:
Dr. HuIImut T o e p f f e r , Unterstaatssekretär a . D . , Stettin, Richard M e t t e g a n g , Direktor der Deutschen Bank, Filiale Stettin, Stettin, Johannes S e m m e l h a c k , Direktor der Darmstädter und Nationalbank, Filiale Stettin, Stettin.
Handelskammer Stuttgart: Delegierter: Otto F i s c h e r , Gjh. Kommerzienrat, Vorsitzender des Württembergischen Landesatisschusses der Deutschen Bank. Stuttgart.
Industrie- und Handelskammer Wiesbaden : Delegierter: Carl M e r t z , Aufsichtsratvorsitzender der Wiesbadener Bank, stcllv. Vorsitzender, Wiesbaden.
Geschäftsträger Schlesischer Städte und Handelskammern in Berlin: Delegierter: Dr. H a s s l a c h e r ,
Berlin.
Vereinigte Handelskammern Frankfurt a. M.-Hanau, Geschäftsstelle Berlin: Delegierter: Kurt B a 11 s e k , Geschäftsführer, Berlin.
Börsenvorstände und Maklerkammern: Vorstand der Börse zu Augsburg: Delegierter: Friedrich S c h m i d , Kommerzienrat, Bankier, i. Fa. Friedrich Sohmid & Co., Vorsitzender, Augsburg.
Gäste
226
Vorstand der Börse zu Berlin: Delegierte: Edgar B o s e n t h a l , Bankier, ¡.Fa. Gebr. Veit & Co., Vorsitzender, Berlin, Adolf M o s e r , Kommerzienrat, Bankier, i. Fa. Georg Fromberg & Co., stellv. Vorsitzender, Berlin, Richard P o h l , Bankier, GeschäftsfQhrer der Hardy & Co. G. m. b. H., stellv. Vorsitzender, Berlin. Vorstand der Börse zu Bremen: Delegierte: Heinrich W. M ü l l e r , Direktor der Darmstädter und Nationalbank, Filiale Bremen, Vorsitzender des Börsenvorstandes Abt. II, Bremen, Ferdinand B u 11 m a n n , Direktor der Deutschen Bank, Filiale Bremen, stellv. Vorsitzender des Börsenvorstandes Abt. II, Bremen. Vorstand der Börse zu Breslau: Delegierte: Emil H a n c k e , Direktor der DiBConto-Gesellschaft, Filiale Breslau, Vorsitzender, Breslau, Richard H c n s c h e I, Bankier, i. Fa. Marcus Nelken & Sohn, Breslau, Ernst M a r e k , Bankier, Breslau. Vorstand der Börse zu Chemnitz: Delegierter: Wilhelm B ö s s e l m a n n , Bankdirektor, stellv. Vorsitzender, Chemnitz. Vorstand der Börse zu Dresden: Delegierte: Julius H e l l e r , Bankier, i. Fa. Philipp Elimeyer K.-G., Dresden, Alfred M a r on , Bankier, i. Fa. Bondi & Maron, Dresden, C. W. P a 1 m i 6 , Kommerzienrat, Direktor der Allgemeinen Deutschen Creditanstalt, Abt. Dresden, Dresden. Vorstand der Börse zu Düsseldorf: Delegierte: Max T r i n k a u s , Kommerzienrat, Kgl. Spanischer Konsul, 1. Fa. C. G. Trinkaus, Vorsitzender, Dflsseidorf, Ernst "Wilhelm E n g e l s , Bankier, i. Fa. Ernst Wilhelm Engels & Co., stellv. Vorsitzender, Düsseldorf. Vorstand der Börse zu Essen (Ruhr) : Delegierte: Franz W o 11 z e , Direktor der Rheinischen Bank, Filiale der Disconto-Güsellschaft, 1. stellv. Vorsitzender, Essen, Kurt H i r s c h l a n d , Bankier, i. Fa. Simon Hirschland, 2. stellv. Vorsitzender, Essen, Dr. Alfred B u s c m a n n , Leiter der Bankabteilung der Friedrich Krupp A.-G., Essen, Sigmund M ü n z e s h e i m e r , Bankier, i. Fa. Münzesheimer & Co., Essen. 15
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Vorstand der Börse zu Frankfurt a. M.: Delegierter: Leopold M e r z b a c h , Geschäftsführer der A. Merzbach Bankgeschäft G. m. b. H., Frankfurt a. M.
Vorstand der Börse zu Halle a . / S . : Delegierte:
Willy S c h u m a n n , Direktor der Allgemeinen Deutschen (Kreditanstalt, Filiale Halle, Halle a. S., Walter S c h w a r z , Bankier, i. Fa. L. Schönlicht, Halle a. S
Delegierte:
Wilhelm 0 . S e h r o e d e r , Geschäftsinhaber der Norddeutschen B a n k in Hamburg K.-G. a. A., Vorsitzender, Hamburg. Willy S i c k , Bankier, i. Fa. Nordische Bankkommandite Sick & Co., Hamburg, Dr. A p p e 1 i u s , Syndikus. Hamburg.
Vorstand der Börse zu Hamburg:
Vorstand der Börse zu Hannover: Delegierter: Ludwig S i l b e r b e r g , Hannover.
Bankier,
i. Fa. Adolph Meyer
K.-G.,
Vorstand der Börse zu Köln a. Rh. Delegierte:
Dr. Paul S e l i g m a n u . Bankier, i. Fa. Leopold Seligmann, Vorsitzender, Köln. Dr. R o t h e , Direktor der Deutschen Bank, Filiale Köln, Vorsitzender des Vertrauensmännerausschusses, Köln.
Vorstand der Börse zu Leipzig: Delegierter: Paul
Meyer, Leipzig.
Bankier,
i. Fa.
Meyer & Co.,
Vorsitzender,
Vorstand der Börse zu Magdeburg: Delegierter: Gustav B o m k e , Konsul, Direktor der Diseonto-Gesellschafl, Filiale Magdeburg, Magdeburg.
Vorstand der Börse zu Mannheim: Delegierter: Dr. J a h r , Kommerzienrat, Direktor der Rheinischen bank A.-G., Mannheim.
Credit-
Vorstand der Börse zu München: Delegierter: Alfons C h r i s t i a n , Kommerzienrat, Vorstandsmitglied Bayerischen Vereinsbank, Vorsitzender, München.
der
Vorstand der Börse zu Stettin: Delegierter: Johannes S e m m e l h a c k , Direktor der Nationalbauk, Filiale Stettin, Stettin.
Darmstädter
und
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Vorstand der Maklerkammer zu Berlin: Delegierte:
Emil G o 1 d s t e i n , Berlin, Otto K n a t z , Berlin, Theodor L o m n i t z , Berlin, Hermann S t e i n , Berlin.
Vorstand der Maklergemeinschaft zu Berlin: Delegierte:
Karl H e r z b e r g , Bankier, i. F a . Karl Horzberg & Co., Berlin. Julius L i n n e m a n n , Berlin, Siegbert S e c k e l s o h n , Berlin.
Verbände von Handel, Industrie und Landwirtschaft: Reichsverband der Deutschen Industrie: Delegierte:
Sr.-Qing. e. Ij. Dr. rer. pol. Ii. c. K u r t S o r g e , Ehrenpräsident, Berlin, A. F r o w c i n , Fabrikant, Erster Vizepräsident, Elberfeld, Richard S c h w e i z e r , Vorstandsmitglied der J . Brüning & Sohn A.-G., Mitglied des Vorstandes, Potsdam, Kurt L i n d n e r , K o m m e r a e n r a t , Mitglied des Ausschusses f ü r Bank- und Kreditfragen, Sondershausen i. Th., Dr. R e u ß , Ministerialdirektor z. D., Geh. Regierungsrat, Berlin, Dr. H e r r in a n n . R'?gierungsrat a. D., Mitglied der Geschäftsführung, Berlin, Dr. L o e n i n g , Mitglied der Geschäftsführung, Berlin, Dr. R a m h o r s t , Mitglied der Geschäftsführung, Berlin, Dr. S i n g e r , Mitglied der Geschäftsführung, Berlin.
Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels: Delegierter: R. W i e 11 e e k e , Syndikus, Berlin.
Reichslandbund: Delegierter: Graf v. K a i c k r e u t h . Präsident, Berlin.
Deutscher Sparkassen- und Giroverband: Delegierte:
Dr. K l e i n e r , Geh. Regierungsrat, Präsident, Berlin, .1. O r e m e r , Direktor, Berlin, H. .1 u r s c h , Stadtrat a. D., Geschäftsführer, Berlin.
Delegierte:
Karl K o r t h a u s , Verbandsdirektor, Berlin, Fritz B ü n t e , Direktor des Deutschen Genossenschaftsverlages, Berlin.
Deutscher Genossenschaftsverband:
Verband Deutscher öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten: Delegierte:
Rudolf v o n B i t t e r , Landrat, Berlin, Dr. Hans P r ö h 1, Berlin.
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Reichsver1>and der Deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften : Delegierte: L ö w c n c c k , Kommerzienrat, Generaldirektor, München. G c n n c s , Regierungsrat a. D., Berlin. Generalverband der Deutschen Raiffeisen-Genossenschaften: Delegierte: Hermann D i e t r i c h , G